^m IM i'<^-j Wi-P\i\£ '^VV; \JJQ. OTTO HÜRRASSOWITZ Bastardierung als Ursache der Apogamie im Pflanzenreich Eine Hypothese zur experimentellen Vererbungs- und Abstammungslehre von Dr. Alfred Ernst Professor der Botanik an der Universität Zürich Mit 172 Abbildungen im Text und 2 Tafeln Jena Verlag von Gustav Fischer 1918 zxi Verlag von Gustav Fischer in Jena Ich erhebe in gleicher Weise wie der größere Teil der wissenschaftlichen Verlagsbuchhandlungen auf meine bis zum 31. Dezember 1916 erschienenen Verlagswerke mit Ausnahme der Zeitschriften einen Kriegsteuerungszuschlag von 20 Prozent auf die Ladenpreise, wie sie in den Katalogen und meinen Verlagsanzeigen genannt sind. Der vermittelnde Sortimentsbuchhändler hat das Recht, weitere 10 Prozent vom Ladenpreis aufzuschlagen. DlG Agaven. Beitrage zu einer Monographie. Von Alwin Berjäfcr. Mit 79 Ab- bil(luiio-en im Text und 2 Vor)>rpitungskarten. (VlTl. •2>'S S. Iionos:aniia. Erster Teil. Mit 661 Ab- bildungen im Text. (II, 1055 S. gr. 80). 1911. Preis: 30 Mark. Der 2. Teil des dritten Bandes befindet sich im Druck. Botanische .labrbücher. Band 44 : In den letzten Jahrzehnten liat das .«tudium der Archegoniaten teils durch entwickhings- geschichtliche Untersuchungen zahlreicher Forscher, teils durch wertvolle paläontologische Ent- deckungen 60 große Fortschritte gemacht, daß eine GesamtdarstelHIng dieser in phylogene- tischer Beziehung uns ganz besonders interessierenden Pflanzen sehr wünschenswert war. Lotsy hat nun mit weitestgehender Berücksichtigung aller einschlägischen Literatur und immer unter Verfolgung phylogenetischer Fragen uns ein Handbuch geliefert, das entschieden An- erkennung verdient und jedem Fachbotaniker unentbehrlich ist, zumal aus den herangezogenen Schriften alle nur einigermaßen wichtigen Figuren kopiert sind. Botanisches /cntralhhitt, Nr, 10 vom 3. März 1910 : Eine Lit«raturzusammenfassung, aber diese ist so klar geschrieben und so erschöpfend selbst in Detailfragen, daß sie bei der gegenwärtigen schweren Übersehbarkeit aller in Be- tracht kommenden Publikationen für jeden Fachgenossen ein außerordentlich nützliches Hills- mittel darstellt, um sich rasch und zuverlässig über den Umfang und die Lücken imserer Kenntnisse bei einer bestimmten Pflanzengruppe zu orientieren. Tischler, Heidelberg. Die Entstehung der Pflanzengallen verursacht durch Hymenopteren. Von Prof. Dr. Werner ^Hagnas. Mit 32 Abbildungen im Text und 4 Doppel- tafeln. (VIII, 160 S. gr. 8".) 1914. Preis: 9 Mark. / / Bastardierung als Ursache der Apogamie im Pflanzenreich Eine Hypothese zur experimentellen Vererbungs- und Abstammungslehre von Dr. Alfred Ernst Professor der Botanik an der Universität Zürich Mit 172 Abbildungen im Text und 2 Tafeln Jena Verlag von Gustav Fischer 1918 Alle Rechte vorbehalten Fürstlich priv. Hofbudidruckerti (F. Mitzlaff) Rudolstadt Meinem lieben Vater zum siebenzigsten Geburtstag Vorwort. Ein wissenschaftliches Buch ohne Beziehungen zu den weltbe- wegenden Fragen und Ereignissen der Gegenwart, ohne Anregung zu ihrer Beurteilung und Lösung, eine einfache Darlegung von Unter- suchungsresultaten und Fragestellungen über die Fortpflanzungser- scheinungen pflanzlicher Lebewesen unsere Zeit ist für Werke dieser Art nicht günstig. Im berechtigten Bestreben, ihre Tätigkeit mit den Forderungen des Tages in Einklang zu bringen, haben viele Gelehrte versucht, an der Lösung der Zeitfragen mitzuwirken und sich in den Dienst wirklicher, bisweilen auch nur vermeintlicher Be- dürfnisse der Gegenwart gestellt. Vielorts ist dies nicht ohne Über- schreitung der Fachgebiete und Kompetenz und daher vielleicht nicht immer ohne Schaden für die Wissenschaft und ihre Pflegestätten erfolgt. Verlangt die neue Zeit wirklich, daß alle Kreise der früheren wissenschaftlichen Tätigkeit gestprt und dem Nützlichkeitsprinzip geopfert werden? Gewiß nicht. Augenblickserfolge werden Ver- öffentlichungen, welchen eine solche Einstellung fehlt, zwar nicht erblühen; ihrer Berechtigung und ihrer Notwendigkeit für den Aus- bau des Kulturlebens geschieht damit aber kein Abbruch. Neue Annäherung im geistigen Leben der entfremdeten Völker ist viel- leicht gerade durch die rein wissenschaftliche Arbeit zu erreichen, die keinen Interessengegensätzen dient. Eine Aufforderung zu ge- meinschaftlicher Arbeit auf verschiedenen Spezialgebieten der Biologie enthält auch die vorliegende Studie. Sie geht von langjährigen Untersuchungen aus, deren letzte Ergebnisse einen neuen Weg zur Erforschung vieler Fortpflanzungsvorgänge im Pflanzenreich zu weisen scheinen. Aus Einleitung und Schluß einer gej)lanten kurzen Mitteilung über die Parthenogenesis von Ohara crinita ist schließ- lich der vorliegende Band geworden. Die Beantwortung der aufgeworfenen Frage nach der Bedeutung der Bastardierung für die Entstehung der Apogamie im Pflanzen- reich verlangt eine große Zahl von Untersuchungen verschiedenster Art, deren Durchführung weit über Zeit und Kraft eines einzelnen VI Vorwort. Forschers, wohl auch über die Leistungsfähigkeit eines einzelnen Institutes hinausgeht. Es handelt sich also nicht darum, in den Ab- schnitten dieses Buches nur die bisherigen Resultate eigener Unter- suchungen mitzuteilen, die Richtlinien weiterer Untersuchungen zu fixieren und dadurch gewissermaßen ein eben angeschürftes For- schungsgebiet mit Beschlag zu belegen. Durch eingehende Be- sprechung der Fortpflanzungsvorgänge einer größeren Anzahl von Pflanzen aus allen Stämmen des Pflanzenreichs wird vielmehr ver- sucht, die allgemeine Gültigkeit und Bedeutung der neuen Frage- stellung herauszuarbeiten und eine breite Grundlage zu schaffen, auf der weitere Untersuchungen ansetzen können. Anregung zu solchen in einen möglichst weiten Kreis von Biologen zu tragen, Forscher verschiedener Spezialgebiete, an verschiedenen Orten und unter verschiedenen Arbeitsbedingungen für die Bastardhypothese zu interessieren und um ihre Berücksichtigung bei neuen Unter- suchungen zu werben, ist der Hauptzweck des Buches. Dankbar empfinde ich es, daß mir gerade in der jetzigen Zeit selber die Gelegenheit zur Durchführung solcher Untersuchungen geschaffen worden ist. Von selten der Universitätsbehörden und der Stiftung für wissenschaftliche Forschung an der Universität Zürich wurde mir Unterstützung verschiedenster Art in reichem Maße ge- währt. An anderer Stelle ist erwähnt, in welch zuvorkommender und uneigennütziger AVeise mir die Hilfe von Gelehrten fast aller Länder Europas in der Beschaffung der Versuchspflanzen zu- teil wurde. Auch während der Kriegszeit sind mir noch zu wieder- holten Malen lebende Pflanzen aus Schweden und Dänemark, Öster- reich und Italien, England und Deutschland und neuerdings sogar aus Neuseeland und Australien zugekommen. Assistenten und Prä- parator des mir unterstellten Institutes haben mich bei den zahlreichen manuellen Arbeiten bereitwillig und mit Geschick unterstützt; meinem langjährigen Assistenten Dr. Arthur Scherrer verdanke ich die sorgfältige Ausführung der Vorlagen für die Mehrzahl der neuen Illustrationen. In ganz besonderem Maße bin ich dem Chef und dem leitenden Personal der Verlagsbuchhandlung Gustav Fischer in Jena ver- pflichtet, welche die Herausgabe dieses Buches übernommen und in aufopfernder Weise durchgeführt haben. In der Ausstattung des Werkes, das weit über den vorgesehenen Umfang hinausgewachsen ist, wurde mir in jeder Hinsicht das bereitwilligste Entgegenkommen gezeigt und keine Mühe gescheut, um die zahllosen durch die Zeitlage Vorwort. VII bedingten Schwierigkeiten zu überwinden. Zwei Übelstände haben sich nicht vermeiden lassen. Das Buch erscheint erst zwei Jahre nach dem Abschluß des Manuskriptes. Eine ganze Anzahl der seit Herbst 1916 erschienenen Arbeiten, besonders die jetzt erst ver- spätet eintreffende Zeitschriftenliteratur, konnte während des Druckes nicht oder nicht mehr in wünschenswertem Maße berücksichtigt werden. Die Titel dieser Arbeiten sind am Schlüsse des Literatur- verzeichnisses zusammengestellt. Die Erschwerung des Postverkehrs und anderes mehr machte eine Einschränkung der Korrektursen düngen notwendig; einige recht unliebsame Ungenauigkeiten und störende Druckfehler wurden übersehen und mußten nachträglich berichtigt werden. Für beide Mängel wird um Nachsicht gebeten. In meinen experimentellen Arbeiten, in der Sichtung eines weit- schichtigen Tatsachenmateriales der botanischen und zoologischen Literatur und im Bestreben, die bis jetzt noch fehlenden Fäden zur Verknüpfung völlig unabhängig erscheinender Vorgänge aufzufinden, habe ich in den letzten Jahren viele Stunden des Vergessens und der Befreiung von dem schwer lastenden Druck des Weltgeschehens gefunden. Die Absicht, ein Buch zu schreiben, war nicht vorhanden; nun ein solches doch vorliegt, wage ich zu hoffen, es möchte seine Rechtfertigung darin finden, daß es zum Ausgangspunkt für die Beantwortung eines umfangreichen und mannigfaltigen Fragenkom- plexes auf den Gebieten der Vererbungs- und Abstammungslehre wird. Zürich, im Juni 1918. Alfred Ernst. Inhaltsübersicht. Seite Einleitung 1 Erstes Kapitel. Bisherige Untersuchungen über Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis und verwandter Fort- pilanzungserscheinungen im Pflanzenreich 4 34 1. Verbreitung und Formen der Parthenogenesis und Apogamie bei Pflanzen 5—12 2. Bisherige Befunde und Hypothesen über die Ursachen von Partheno- genesis und Apogamie im Pflanzenreich 12 — 26 3. Die Methoden der experimentellen Parthenogenesis und ihre Be- deutung für die Erforschung der Ursache habitueller Parthenogenesis und Apogamie 26 — 32 4. Zusammenfassung 32 — 84 Zweites Kapitel. Bisherige Untersuchungen und Ansichten über die Parthenogenesis von Chara crinita 35—48 1. Geschlechtsverhältnisse von Chara crinita und Entdeckung ihrer Parthenogenesis 35 — 37 2. Ergebnisse von Kulturversuchen mit Chara crinita 37- — 41 3. Bisherige Untersuchungen und Hypothesen zur Kenntnis von Wesen und Ursache der Parthenogenesis von Chara crinita 41 — 48 4. Zusammenfassung 48 Drittes Kapitel. Ergebnisse eigener Untersuchungen über AmjDhimixis und Parthenogenesis bei Chara crinita . . . 49—85 1. Das Unter suchungsmaterial 49 — 61 2. Erste orientierende Untersuchungen und weitere Fragestellung . 61—65 3. Feststellung von Befruchtung und Parthenogenesis bei Chara crinita des Budapester Standortes 66 — 71 4. Generative oder somatische Parthenogenesis? 71—77 5. Die Chromosomenzahl der Kerne amphimiktischer und partheno- genetischer Pflanzen von Chara crinita 77 — 82 6. Zusammenfassung- und Thesen 83—85 •■& Viertes Kapitel. Fragestellung, Arbeitsprogramme und bis- herige Ergebnisse über experimentelle Erzeugung gene- rativer und somatischer Parthenogenesis bei Chara crinita 8Q-106 1. Versuche über künstliche Entwicklungserregung der Eizellen haploider Pflanzen von Chara crinita 88 — 92 X Inhaltsübersicht. Seit« 2. Erzeugung diploider Pflanzen von Chara crinita durch Unter- drückung der Reduktionsteilung bei der Keimung normal ent- standener, diploider Zygosporen 92 — 103 3. Zusammenfassung und Thesen 103 — 106 Fünftes Kapitel. Bastardierung als Ursache der Ent- stehung und der Apogamie der diploiden Chara crinita 107—141 1. Characeenbastarde und die Möglichkeit spontaner Bastardierung bei Characeen 107—112 2. Über die Möglichkeit spontaner Entstehung von Bastarden der Chara crinita 112 — 125 a) Die systematische Stellung von Chara crinita 112 — 114 b) Die Begleitarten von Chara crinita 114 — 119 c) Geschlechtsverteilung und Chromosomenzahl des zweiten Elters der apogamen Chara C7-inita 119 — 125 3. Beziehungen zwischen hybridem Ursprung der apogamen Form und dem Verschwinden der haploiden normalgeschlechtlichen Chara crinita 125 — 130 4. Der Polymorphismus der apogamen Chara crinita im Lichte der Hypothese ihres hybriden Ursprunges loO — 139 5. Zusammenfassung und Thesen 139 — 141 Sechstes Kapitel. Zur Definition von Parthenogenesis und Apogamie 142—157 1. Haploide und diploide Parthenogenesis in Pflanzen- und Tierreich 143 — 145 2. Der Verlauf der Tetraden- und Reduktionsteilung bei diploider Parthenogenesis und ovogener Apogamie 145 — 150 3. Unterschiede im Verhältnis von Parthenogenesis und Apogamie zu Amphimixis und Apomixis 150 — 155 4. Zusammenfassung und Thesen 155 — 157 Siebentes Kapitel. Über die Möglichkeit des Vorkommens und der experimentellen Erzeugung von Bastard-Apogamie in anderen Verwandtschaftskreisen des Pflanzenreichs . . 158 — 272 A. Algen und Pilze 159—191 1. Ztignemaceae 160 — 173 a) Resultate bisheriger Untersuchungen über Befruchtung, künstliche und natürliche Parthenogenesis bei Spirogyra 160 — 163 b) Über das Vorkommen von Apogamie bei Spirogyra . 163 — 169 cj Über Bastardbildung bei Spirogyra 169 — 173 2. Fucaceae 173—180 3. Phycoimjcctes 180—191 a) Amphimixis und Apomixis bei Mucoraccac und Sapro- kgniaceae 180 — 184 b) Experimentelle und natürliche Bastardierung bei Zygo- und Oomyceten 185 — 191 B. Moose 191—199 C. Homospore und heterospore Pteridophyten 199—240 1. Apogamie und Aposporie bei homosporen Filices .... 202 — 232 a) Kernverhältnisse und Chromosomenzahlen bei apospor- apogamen Farnen 206 — 208 b) Die Chromosomenzahlen obligat apogamer Farne ohne Aposporie 208—219 Inhaltsübersicht. XI _. ^ Seite c) Die Chromosomenzahlen in Fällen induzierter Aposporie und Apogamie 219 — 221 d) Bisherige Ansichten über die Ursachen von Aposporie und Apogamie bei Farnen 222 — 225 e) Über Farnbastarde und die Möglichkeit des hybriden Ursprunges der apospor-apogamen Formen 225 — 228 f ) Zur Methodik experimenteller Untersuchungen zum Nach- weis des hybriden Ursprunges der Apogamie und Apo- sporie bei Farnen 228 — 232 2. Apogamie und Bastardierung bei heterosporen Pteridophyten 232 — 240 a) Die Apogamie von Marsilia Driimniondii 232—234 b) Partielle Sterilität und Apogamie bei Selaginella . . 235—240 D. Angiospermen 240 261 1. Die Fortpflanzungsverhältnisse von Äntennaria 240 — 247 2. Apogamie und Bastardierung bei Alchemilla 247—253 3 Beziehungen zwischen Amphimixis, Bastardierung und Apo- gamie in der Gattung Hieraeium 253 — 261 E. Zusammenfassung und Thesen 261—272 Algen und Pilze 261—265 Moose 265—266 Pteridophyten 266—269 Angiospermen 269 — 272 Achtes Kapitel. Vergleiolmng der Fortpflanzungsverhält- nisse apogamer und hybrider Angiospermen 273—318 1. Bisherige Befunde über Entstehung, Häufigkeit, Fortpflanzungs- verhältnisse und Vererbung von Artbastarden 273—282 2. Bedeutung des heterozygotischen Charakters der Kerne für die somatische und generative Entwicklung der Hybriden .... 282 — 286 3. Die Pollenentwicklung bei den apogamen und hybriden Angio- spermen 286—299 a) Anomalien im Verlauf der Pollenbildung bei apogamen Angiospermen 286 — 291 b) Die Pollenbildung bei hybriden Angiospermen 291 — 299 4. Embryosackentwicklung undEibildung bei apogamen und hybriden Angiospermen 299—308 5. Die Entwicklungserregung der Eizelle im Embryosacke der Apogamen 308—315 6. Zusammenfassung und Thesen 315 — 318 Neuntes Kapitel. Die Chromosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen 319—365 A. Die Chromosomenzahlen der apogamen und verwandter sexueller Angiospermen 321 — 326 B. Die Chromosomenzahlen von hybriden Angiospermen .... 326 — 342 1. Bastarde mit iso- und hetero-diploider Chromosomenzahl . 326 — 331 a) Bastarde zwischen gleichchromosomigen Eltern . . . 326—327 b) Bastardierung zwischen Eltern mit verschiedener Chromo- somenzahl 327—331 2. Bastai-de mit tetraploider Chromosomenzahl 331 — 341 a) Primula Kewensis 332—335 b) Primula sinensis gigas 335 — 337 c) Die Gigas-Formen in der Gattung Oenothera .... 337 — 341 XII Inhaltsübersicht. Seite 3. Die Beziehungen zwischen Chromosomenverdoppelung, Hybri- dismus und Apogamie 341 — 342 C. Zeitpunkt und Mechanik der Chromosomenvermehrung bei Apo- gamen und bei Bastarden 343 — 363 1. Entstehung von Tetraploidie infolge abnormaler Teilungen von Zygotenkernen oder Vereinigung diploider Gameten . 343 — 352 2. Triploidie und Ditriploidie als Folge dispermatischer Be- fruchtung 352—355 3. Bedeutung der Bastardierung für das Auftreten abnormaler Teilungen von Zygotenkernen, die Bildung diploider Gameten und dispermatische Befruchtung 355 — 360 4. Bastardierung zwischen gleich- und verschiedenchromo- somigen Eltern und ihre Bedeutung für die Entstehung der Apogamen 360—363 D. Zusammenfassung und Thesen 363 — 365 Zehntes Kapitel. Die Erscheinungen der Pseudogamie im Lichte der Hypothese vom hybriden Ursprung der Apo- gamie: Pseudogamie als induzierte apogame Entwicklung 366 — 405 1. Einseitige und „falsche" Bastarde im Pflanzenreich 368 — 377 2. Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Erscheinungen der heterogenen Kreuzung im Tierreich und den metromorphen Pflanzenbastarden 877—885 3. Wirkliche und vermeintliche Fälle von Merogonie im Pflanzenreich 385 — 390 4. Pseudogamie und „fausse hybridation " als induziert apogame Entwicklung an Artbastarden 391 — 401 5. Zusammenfassung und Thesen 402 — 405 Elftes Kapitel. Hybrider Ursprung und Parthenokarpie 406—432 1. Über die Möglichkeit eines hybriden Ursprunges der Kultur- bananen 411 — 426 a) Bisherige Ansichten über die Entstehung der Kulturbananen 412 — 415 b) Die Pollenentwicklung der Kulturbananen 415 — 418 c) Die Ausbildung der Samenanlagen und des Embryosackes bei Kulturbananen 418—420 d) Die Chromosomenzahlen von wilden und Kulturbananen . 420 — 423 e) Die Möglichkeit der Befruchtung und Kreuzung von Kultur- bananen 424—426 2. Befunde bei anderen parthenokarpen Pflanzen 426—428 3. Zusammenfassung und Thesen 428 —432 Zwölftes Kapitel. Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angios23ermen 433—473 I. Autonome und induzierte Nucellarembryonie 440—454 1. Abhängigkeit der Adventivembryonen- Bildung von den Vor- gängen der Bestäubung und Befruchtung 446—449 2. Verschiedenheiten im Ort der Entstehung der Adventiv- embryonen 450—454 II. Über die Ursachen der Nucellarembryonie und ihre Stellung zu anderen Formen apomiktischer Fortpflanzung 454 — 470 1. Beziehungen zwischen Nucellarembryonie und ovogener Apogamie 459 — ^462 2. Nucellarembryonie und Aposporie 462—464 8. Beziehungen zwischen Nucellarembryonie und Parthenokarpie 464 — 470 III. Zusammenfassung: und Thesen 470 — 473 Inhaltsübersicht. XIII Seite Dreizehntes Kapitel. Ausdehnung der Bastardhypothese auf Pflanzen mit ausschließlich vegetativer Propagation 474—535 A. Die Möglichkeit des hybriden Ursprunges steriler, Bulbillen tragender Angiospermen 476 — 512 1. Liliuni bulbiferum 479 — 483 2. Bulbillentragende Agaven 483 — 490 3. Cardamine bulbifera (L.) Crantz 490 — 500 4. Poa alpina L. f. vivipara 500—512 a) Bisherige Untersuchungen über Vorkommen, .Standorts- verhältnisse der verschiedenen Formen von Poa alpina und Ergebnisse von Kulturversuchen 501 — 506 b) Untersuchungen über Entstehung und Bau der Blüten in viviparen Ährchen 506 — 507 c) Neue Fragestellung auf Grund der Bastardhypothese . 507—512 B. Bastardierung als Ursache des Geschlechtsverlustes bei Moosen und polymorphen Thallophyten 512 — 530 1. Moose mit ausschließlich vegetativer Vermehrung .... 512—515 2. Morphologisch hochdifferenzierte Algen mit ausschließlicher Fortpflanzung durch Propagation 515 — 527 a) Die Formenbildung in der Gattung Caulerpa .... 515 — 526 b) Geschlechtsverlust und Formenbildung der Udoteae . . 526 — 527 3. Über die Möglichkeit des Nachweises von Hybridisation als Ursache des Geschlechtsverlustes bei Pilzen 527 — 530 C. Zusammenfassung und Thesen 530 — 535 Vierzehntes Kapitel. Andere Ursachen verminderter Fertilität, von Sterilität und vegetativer Vermehrung im Pflanzenreich 536—588 I. Sterilität infolge Korrelations- und Ernährungsänderungen in Blüten 537—542 II. Cytologische Veränderungen als Ursache von Sterilität. . . . 542 — 555 1. Fertilität und Sterilität von apospor entstandenen diploiden und tetraploiden Laubmoos-Gametophyten 542 — 545 2. Fertilität und Sterilität der durch vegetative Sprossung ent- stehenden Gigas-Formen von Angiospermen 545 — 553 3. Sterilität als Folge einer Chromatindiminution? .... 553 — 555 III. Der Einfluß abgeänderter Lebensbedingungen auf die Ausbildung der Sexualzellen und die Fertilität 555 — 574 1. Störungen in der Sporen- und Gametenbildung durch direkte Beeinflussung 556 — 565 2. Sterilität als Folge künstlicher und natürlicher Standorts- änderung 565 — 574 a) Die Sterilität von Kulturpflanzen 565—569 b) Unfruchtbarkeit bei eingebürgerten exotischen Arten . 569 — 571 c) Unfruchtbarkeit von Pflanzen an den Grenzen ihrer natürlichen Verbreitungsgebiete 571 — 574 IV. Sterilität oder Geschlechtsverlust infolge parasitärer Einwirkungen 575 — 583 V. Zusammenfassung und Thesen 583—588 XIV Inhaltsübersicht. Seite Fünfzehntes Kapitel. Bastardierung und Apogamie, Art- begriff und Artbildung 589—615 1. Übersicht über die Fortpflanzungsei'scheinungen der Bastarde . 589 — 596 2. Apogamie, vegetative Propagation und der Artbegriff .... 596 — 599 3. Apomiktische Bastarde als Zentren neuer Formenbildung? . . 599 — 608 a) Formenbildung durch vegetative Spaltung und somatische Neukombination 599 — 601 b) Neue Formenbildung durch Rückkehr zur sexuellen Fort- pflanzung? 602—608 4. Bedeutung des Nachweises von Bastardierung als Ursache der Apogamie für die Deszendenzlehre 608 — 615 Literaturverzeichnis und Autorenregister 616 — 641 -o* Namen- und Sachregister 642 — 665 "a Berichtigungen 666 Einleitung. In den letzten Jahrzehnten sind auf den verschiedensten Gebieten der Tier- und Pflanzenkunde so viele übereinstimmende Resultate ge- wonnen worden, daß sich neben den Wissenschaften der Botanik und der Zoologie im engeren Sinne die vergleichende Disziplin der all- gemeinen Biologie entwickeln konnte. Neben der Erforschung des elementaren Aufbaues und der Grundeigenschaften der lebenden Substanz, der vergleichenden Darstellung von Morphologie und Physio- logie der Zelle, bilden vor allem die in neuester Zeit viel diskutierten Probleme der Zeugung, der Vererbung und der Artbildung ihre wichtigsten Aufgaben. In allen Teilgebieten der allgemeinen Biologie ist mit Erfolg die Einheit der wichtigsten Erscheinungen in beiden Organismenreichen festgestellt worden. Es muß daher einigermaßen überraschen, daß trotz dieser Übereinstimmung in fast allen Äußerungen des Lebens, gerade in den Fortpflanzungsvor- gängen der Tiere und Pflanzen weitgehende Unterschiede zu exi- stieren scheinen. Sie bestehen in der verschiedenen Bedeutung des Generationswechsels im Entwicklungsgange der höher organisierten Tiere und Pflanzen einerseits, vor allem aber in dem so verschieden- artigen Verhältnis zwischen geschlechtlicher und ungeschlecht.- licher Fortpflanzung anderseits. Schuld daran, daß diese Unter- schiede bis jetzt fast diskussionslos übergangen worden sind, mag zum Teil wenigstens der Umstand tragen, daß gerade die beiden letzten Bezeichnungen auf botanischem und zoologischem Gebiete in ver- schiedenem Sinne gebraucht werden. Die Zoologen teilen die ohne Befruchtung erfolgenden Fortpflanzungs- und Vermehrungsvor- gänge in eingeschlechtliche und ungeschlechtliche ein. Ihre eingeschlechtliche Fortpflanzung umfaßt alle diejenigen Erschei- nungen, in welchen es sich, im Gegensatz zu ungeschlechtlichen Fortpflanzungsvorgängen (wie z. B. der Fragmentation und der Knospung), um die Entwicklung einer Geschlechtszelle und damit wirklich um eine auch zur zw ei geschlechtlichen Fortpflanzung in einem gewissen Gegensatze stehende Art der Fortpflanzung handelt. Von den meisten Botanikern werden eingeschlechtliche und unge- schlechtliche Arten der Fortpflanzung nicht auseinander gehalten, sondern nur ungeschlechtliche (monogene) Fortpflanzung aus Ernst, Bastardierung'. 1 Einleituno' o* ST^ontan sich weiter entwickelnden Zellen einer Mutterpflanze und geschlechtliclie (digene) Fortpflanzung unterschieden, deren Verlauf durch die Verschmelzung von zwei vorher getrennten Zellen, der Ga- meten, eingeleitet wird (vgl. z.B. Jost 1913, S. 496.) Das ist wohl darin begründet, daß bei zahlreichen niederen Formen die Vermeh- rungszellen sich je nach den äußeren Bedingungen bald als Gameten, bald als vegetative Sporen verhalten und auch bei den höher organi- sierten Pflanzen Fälle typisch e i n geschlechtlicher gegenüber solchen tyj^isch ungeschlechtlicher Fortpflanzung außerordentlich selten sind. Trotzdem die Unterschiede in Bedeutung und Verbreitung der beiden Fortpflanzungsarten durch den verschiedenen Sprachgebrauch etwas verwischt werden, treten sie bei der Betrachtung der Fort- pflanzung höher organisierter Tiere und Pflanzen doch scharf hervor. Die höchst organisierten Tiere pflanzen sich ohne Ausnahme geschlechtlich fort, und die moderne Zoologie hat der Auffassung Bahn gebrochen, daß nach Erreichung einer bestimmten Organisations- stufe geschlechtliche Fortpflanzung im Kntwicklungszyklus eines tierischen Organismus sozusagen unerläßlich sei. Auch bei solchen Tieren, die neben der geschlechtlichen Fortpflanzung (Amphimixis) noch ungeschlechtliche oder eingeschlechtliche FortjDflanzung auf- weisen, folgt einer kürzeren oder längeren Reihe von Generationen monogen erzeugter Individuen sicher eine geschlechtlich (digen) er- zeugte Generation nach. Im Pflanzenreich dagegen gibt es in den niedersten bis zu den höchstentwickelten Verwandtschaftskreisen zahl- reiche Vertreter, für welche außer der ungeschlechtlichen (monogenen) Vermehrung keine andere Art der Fortpflanzung bekannt ist. Ver- schiedene Formenreihen niederer pflanzlicher Organismen umfassen einfachste, sich ausschließlich ungeschlechtlich fortpflanzende Formen, solche mit Zwischenstadien zwischen geschlechtlicher und unge- schlechtlicher Fortpflanzung und höchst entwickelte mit typisch ge- schlechtlicher Fort23flanzung. Innerhalb dieser Reihen ist sehr wahrscheinlich die allmähliche Entwicklung der geschlechtlichen aus der ungeschlechtlichen Fortpflanzung zu verschiedenen Malen unabhängig erfolgt. Steht also nach der Ansicht zahlreicher Forscher fest, daß ein Teil der niederen pflanzlichen Organismen noch nicht zur Ausbildunggeschlechtlicher Fortpflanzung gelangt ist, und sich ausschließlich monogen, durch ungeschlechtliche Schwärmer oder andere ungeschlechtliche Vermehrungszellen fort- pflanzt, so ist wohl ebenso sicher, daß ein anderer Teil derselben sekundär einenVerlust einer ehemals vorhandenen ge- schlechtlichen Fortpflanzung erfahren hat. So sind unter den Grünalgen zahlreiche vegetativ recht hochentwickelte Formen vorhanden, für die (z. B. Caulerpa, verschiedene Udoieaceac) außer der Fragmentation ihres Thallus keine andere Art der Fortpflanzung Einleltunsf O" oder Vermehrung bekannt ist. Von einer großen Anzahl von Pilzen wissen wir, daß sie die geschlechtliche Fortpflanzung völlig eingebüßt oder nur in reduzierter Form beibehalten haben. Auch unter den höheren Pflanzen, bei Moosen und Farnen, im besonderen aber bei den Samenpflanzen, sind zahlreiche Einzelfälle bekannt, bei denen die ge- schlechtliche Fortpflanzung völlig verschwunden ist und die Erhaltung der Art und die oft besonders reichliche Vermehrung ihrer Individuen ausschließlich durch vegetative Pro^^agation (Ausläufer, Ehizome, Knollen, Zwiebeln, Bulbillen usw.) stattfindet. Über die Ursache des im Pflanzenreich so häufigen Verlustes der geschlechtlichen Fortpflanzung existieren kaum mehr als bloße Vermutungen. Eine Grundlage für experimentelle Untersuchungen zu ihrer Feststellung war, wie mir scheint, bis heute noch nicht vor- handen. Im folgenden soll nun eine Arbeitshypothese für die Unter- suchung vor allem derjenigen Fälle der ungeschlechtlichen Fort- jDflanzung entwickelt werden, welche der geschlechtlichen Fortj)flan- zung noch am nächsten stehen und jedenfalls aus derselben hervor- gegangen sind, das heißt der unter den Bezeichnungen Partheno- genesis, Apogamie und Aposporie bekannten Erscheinungen. Ich schicke der Begründung dieser Arbeitshypothese zunächst eine kurze Darstellung des Standes unserer Kenntnis dieser eigen- artigen Fort23flanzungserscheinungen, der biologischen Verhältnisse ihrer wichtigsten Vertreter, sowie eine gedrängte Darstellung der bis- herigen Vermutungen und Hypothesen über ihre Entstehung voraus. Ausgangsjjunkt meiner eigenen Darlegungen über die Ursachen dieser Erscheinungen sind Ergebnisse von Untersuchungen an dem berühmtesten Fall habitueller Parthenogenesis im Pflanzen- reich, Cliara crinita. Es handelte sich für mich zunächst nur darum, einen Weg für Untersuchungen speziell über die Ursachen der Par- thenogenesis dieser Pflanze zu finden. Die Fragestellung, die sich schließlich ergab, schien mir nicht nur für die weitere Erforschung der Fortpflanzungsvorgänge meiner Versuchsjjflanze, sondern auch für das Studium aller anderen FortjDflanzungsvorgänge bei Pflanzen anwendbar zu sein, welche de Bary unter der Bezeichnung Apo- gamie zusammengefaßt und für die s]3äter "Winkler die Bezeich- nung Apomixis vorgeschlagen hat. Nach der Darlegung und Diskus- sion der bisherigen Ergebnisse auf meinem Spezialuntersuchungsgebiet sowie der weiteren Fragestellung soll also in einigen weiteren Ab- schnitten geprüft werden, wie sich die Übertragung der neuen Hypothese auf die verschiedenen Kategorien obligat ungeschlecht- licher Fortpflanzung gestalten würde und welche der bis jetzt bekannten Tatsachen zugunsten derselben s|)rechen. Erstes Kapitel. Bisherige Untersuchungen über Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis und verwandter Fortpflanzungs- erscheinungen im Pflanzenreich. Eine im einzelnen zwar noch ungenaue Kenntnis verschiedener geschlechtsloser oder sich doch nicht geschlechtlich reproduzierender pflanzlicher Organismen war wohl die Ursache, daß die Lehre von der Sexualität der Pflanzen erst spät durchdrang. Nach fast endlosen Diskussionen pro und contra konnte sie nach dem Er- scheinen der entscheidenden „Versuche und Beobachtungen über die Befruchtungsorgane der vollkommenen Gewächse und über die natür- liche und künstliche Befruchtung durch den eigenen Pollen" Gärtners (1844) als definitiv bewiesen gelten. Ein eigentümlicher Zufall fügte es sodann, daß nur ein Jahrzehnt sj3äter die kaum an- erkannte Lehre schon wieder eine Einschränkung erhielt durch die Resultate einer von A. Braun (1856) publizierten Untersuchung „Über Parthenogenesis bei Pflanzen". Als Beispiel für partheno- genetische Fort^Dflanzung beschrieb Braun neben der seit 1829 im Sexualitätsstreit oft genannten Caelebogync üicifolia den weiteren Fall der Chard crinita, einer Armleuchter-Pflanze, die, wie er nach- wies, an der großen Mehrzahl der Standorte ihres weiten Verbreitungs- gebietes ausschließlich in weiblichen Exemj^laren vorkommt und dennoch überall reichlich keimfähige Sporenfrüchte zur Reife bringt. Der Begriff der „Parthenogenesis" wurde von Braun sehr weit gefaßt. Er verstand darunter jede Erzeugung von Keimen ohne Mit Wirkung mann lieber Elemente bei zweifellos geschlecht- lich differenzierten Gewächsen. Auf zoologischem Gebiete ist von Anfang an eine engere und bestimmtere Fassung vorgeschlagen worden, die dann in der Folge auch viel weniger Wandlungen er- fahren hat. Unter lucina sine concuhitu der älteren Naturforscher oder Parthenogenesis verstand Siebold (1856), der Entdecker dieser eigenartigen Fortpflanzungs weise bei Bienen und Schmetterlingen, die „Fortpflanzung durch wirkliche Weibchen, daß heißt, durch mit vollkommen entwickelten jungfräulichen weiblichen Geschlechts- Voi-kommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. 5 Organen ausgestattete Individuen, welche ohne vorausgegangene Be- gattung unbefruchtete entwicklungsfähige Eier hervorbringen". Diese Definition ist später von den Zoologen nicht mehr wesentlich ver- ändert worden und nach 0. Hertwig (1912, S. 352) ist Partheno- genese die Erscheinung, „daß Zellen, welche sich in den weiblichen Geschlechtsorganen als Eier ausgebildet haben, mehr oder minder weit in den Entwicklungsprozeß eintreten, ohne vorher befruchtet worden, also mit einer männlichen Zelle in Verbindung getreten zu sein". Eine ähnliche Einengung des Begriffes wurde auch in der Botanik notwendig, als sich zeigte, daß „fruchtbare Samenbildung ohne Mitwirkung des Pollens" nicht immer auf der Entwicklung eines Embryos aus der unbefruchteten Eizelle beruht. Mit der Ent- deckung der Nucellar-Embryonie bei Angiospermen schied auch das eine der beiden von Braun angegebenen Beispiele für Partheno- genesis aus. Strasburger (1878a und b) erbrachte den Nachweis, daß die Embryonen von Caelebogyne zweifellos ohne Befruchtung entstehen, wie bei einigen anderen Blütenpflanzen aber nicht aus der unbefruchteten Eizelle hervorgehen, sondern als adventive Sprossungen des Nucellus in den Embryo- sack hineinwachsen. So blieb C harrt crinita bis gegen Schluß des letzten Jahrhunderts das einzige und daher viel zitierte Bei- spiel einer mit der tierischen Parthenogenesis für identisch gehal- tenen Fortpflanzungsart. 1. Verbreitung und Formen der Parthenogenesis und Apogamie bei Pflanzen. Der Parthenogenesis von Ohara crinita vergleichbare FortjDflan- zungsvorgänge sind erst in den letzten 20 Jahren auch bei anderen niederen wie bei höheren Pflanzen nachgewiesen worden. Zunächst lieferten die Untersuchungen von Klebs (1896 und 1898) den Nachweis, daß Parthenogenesis nicht nur in verschiedenen Verwandtschaftskreisen der Algen und Pilze vorkommt, sondern vor allem auch künstlich veranlaßt werden kann. Das spätere ein- gehende Studium der Fortpflanzungsverhältnisse bei Algen und Pilzen hat ergeben, daß fast bei allen Formen mit Gameten, die sich in ihrem Bau und offenbar auch in ihren physiologischen Eigenschaften nur wenig von ungeschlechtlichen Vermehrungszellen unterscheiden, parthenogenetische Entwicklungsvorgänge ziemlich häufig sind. Bei Ulothrix z. B. bestehen morj)hologische Unterschiede zwischen typi- schen Gameten und ungeschlechtlichen Schwärmern in den Größen- verhältnissen und der Zilienzahl (siehe Fig. 1); ihr Verhalten aber ist je nach den äußeren Bedingungen verschieden. Auch Spirogyra- Arten, andere Zijgneivaceae^ Cutleria, selbst typisch oogame Fu- caceae sind zu gelegentlicher (fakultativer) Parthenogenesis be- Erstes Kapitel. fähigt und können, wie die noch zu besprechenden Versuche von Klebs für Spirogif7'a, vonOverton für Fuciis gezeigt haben, durch Änderung gewisser Außenverhältnisse experimentell zur parthenogenetischen Entwicklung ihrer Gameten oder Eizellen veranlaßt werden. In den gleichen Verwandtschaftskreisen und auch sonst existieren Pflanzen von verhältnismäßig niedriger Organisation, für welche habi- tuellePar- thenogene- sis an zuneh- men ist. So ist für Spi- rogijra mi- rabiUs nur die Bildung von Azygo- sporen be- kannt, zahl- reiche Sa- prolegnia- ceae bilden ähnlich der Characrini- ta ihre Oo- sporen oh- ne Befruch- Fig. 1 tlirix Zygosporen- und Parthenosporenbild ung bei Ulo- onata. A Faden mit ausschlüpfenden Gameten, B Gamete, (7, D Verschmelzung zweier Gameten, £'und F Zygoten vor und nach tung. dem Ruhestadium, 0 Zygoten- oder Parthenosporenkeimung, i/ Faden \yl über- mit keimenden Zoosporen (x) und Parthenosporen (p). raschender Aus Klebs (1896, S. 317, Fig. 11). ,„ . , hat sich ergeben, daß Keimbildung aus unbefruchteten Eizellen bei den höheren Pflanzen außerordentlich verbreitet ist. Als erstes Beisj)iel der Embryobildung aus unbefruchteten Eizellen bei Angiospermen ist von Juel (1900b) Äutennaria alpina be- schrieben worden. Seither wurde für eine ganze Reihe weiterer Samenpflanzen Entwicklung der Eizellen oder anderer Zel- len-des Embryosackes zu Embryonen ohne vorausgehende Befruchtung nachgewiesen oder doch wahrscheinlich gemacht. Die- selbe Fortpflanzungsart wie bei Atitemiaria findet sich z. B. bei einer großen Anzahl von AI ehern i IIa- Arten (Murbeck 1901, Strasburger 1905), einigen Thalktrum-Arien, wie Th. Fendleri (Day 1896) und Ik. purpuraseens (0 verton 1902 und 1904), Fieiis hiria (Treub 1902), einer Reihe von Taraxaewn- Krieu (Raunkiaer 1903, Juel 1904) und Hieraeium- Arten (Ostenfeld und Raunkiaer 1903, Murbeck Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. 7 1904), Wikstroemia ijidica (Winkler 1904 und 1906, Strasburger 1909 a), bei diversen Saprophyten aus den Familien der Burmanniaceae (Meyer 1909, Ernst und Bernard 1912), Gentianaceen (Ernst 1918a), bei .E'/a/os/ewa-Arten (Strasburger 1910 d), bei Triuridaceae (Wirz 1910), bei schmarotzenden Balanophoraceae (Treub 1898, Lotsy 1899, Ernst 1913), Houttuynia cordata (Shibata und Miyake 1908), bei den Compositen Chondrilla juncea (Rosenberg 1912) und Enpaioriuni glandidosuvi (Holmgren 1916). Von Gymnospermen ist bis jetzt einzig Pimis Pinasier als Bei- spiel für Parthenogenesis genannt worden. Indessen sind die Fort- pflanzungsverhältnisse dieser Pflanze noch nicht in dem Maße er- forscht, daß sie eine allseitig befriedigende Erklärung gefunden hätten. Dagegen sind, ähnlich wie unter den Angiospermen, auch unter den Pteridophyten eine größere Anzahl von Arten und Gattungen bekannt geworden, bei welchen die geschlechtliche Fort- pflanzung durch Parthenogenesis oder andere im Effekt auf dasselbe hinauskommende asexuelle Fortpflanzungsvorgänge ersetzt worden ist. Auf einige besonders interessante Beispiele solcher Pteridophyten wird an anderer Stelle eingetreten werden. Bei der Mehrzahl dieser Pteridophyten und Angiospermen ist die ungeschlechtliche Keimbildung mit dem Verluste der geschlechtlichen Fortpflanzung verknüpft. De Bary (1878, S. 479) hat ihre eigen- artigen Fortpflanzungsvorgänge unter der Bezeichnung Ajiogamie zusammengefaßt und verstand darunter die Erscheinung, „daß einer Spezies (oder Varietät) die sexuelle Zeugung verloren geht und durch einen anderen Reproduktionsprozeß ersetzt wird". Da neuere Autoren, dem Beispiele Juels folgend, den Ausdruck Apogamie vielfach nicht mehr im de Bary sehen Sinne verwendeten, sondern ihm eine engere Bedeutung beilegten, hat Winkler (1908) denselben in seiner ur- sprünglichen Bedeutung durch die Bezeichnung Apomixis ersetzt. Unter Apogamie im engeren Sinne versteht er nunmehr die apo- miktische Entstehung eines Sporophyten aus vegetativen Zellen des Gametophyten. Die Erforschung der natürlichen Parthenogenesis und Apo- gamie im Pflanzenreich ist seit 1900 sozusagen zu einem beson- deren Forschungsgebiet geworden. Schon 1908 hat H. Winkler darüber in seiner Studie „Parthenogenesis und Apogamie im Pflan- zenreich" eine treffliche Zusammenfassung und Besprechung ge- geben und 1913 über den gleichen Gegenstand eine kürzere, auch die neuere Literatur berücksichtigende Fassung im Handwörterbuch der Naturwissenschaften veröffentlicht. Auf die Literaturangaben dieser beiden Übersichten, sowie auf deren allgemeine Kaj^itel sei an dieser Stelle eindringlich hingewiesen. Nach Winkler (1908, S. 303) und unter Berücksichtigung g Erstes Kapitel. einiger Abänderungsvorschläge Hartmanns (1909) sind die folgenden Untergruppen von Apomixis zu unterscheiden und wie folgt zu definieren: 1. Parthenogenesis, d. i. die apomiktische Entstehung eines Individuums aus einem Ei, und zwar: a) diploide^) Parthenogenesis, wenn das Ei einen Eikern mit der diploiden, unreduzierten Chromosomenzahl besitzt, b) haploide^) Parthenogenesis, wenn der Kern des Eies mit der haploiden, reduzierten Chromosomenzahl ausgestattet ist. 2. Apogamie, d. h. apomiktische Entstehung eines Individuums aus vegetativen Zellen des Geschlechtsindividuums, und zwar: a) diploide Aj^ogamie, wenn die Zelle oder der Zell komplex, von denen die Entwicklung ausgeht, in ihren Kernen die diploide Chromosomenzahl besitzen, b) haploide Apogamie, wenn die Kerne der Mutterzellen des Individuums nur die haploide Chromosomenzahl führen. 3. Vegetative Proj)agation, d. h. Ersatz der Befruchtung durch Ausläuferbildung, Entstehung blattbürtiger Sprosse, Viviparie und ähnliche Vorgänge. Diese Definitionen basieren in der Hauptsache auf dem Studium apomiktischer Fortpflanzungserscheinungen bei Archegoniaten und Samenpflanzen. Ihr Verständnis setzt die Kenntnis des eigenartigen Generationswechsels dieser Pflanzen voraus. Er äußert sich bekanntlich darin, daß in deren Entwicklungszyklus zwei mor- phologisch und auch in der Art der Fortpflanzung verschiedene Entwicklungsformen regelmäßig miteinander wechseln. Die eine der beiden Generationen, die Geschlechtsgeneration (Game- tophyt), pflanzt sich geschlechtlich durch Gameten (Ei- zellen, Spermatozoiden oder Spermakerne) fort, die in be- sonderen Sexualorganen erzeugt werden. Die ungeschlecht- ^) H. Wink 1er bat in seinen Definitionen nicht die Bezeichnungen haploid und diploid, sondern somatisch (statt diploid) und generativ (statt haploid) gebraucht. Diese Bezeichnungen gingen sehr wohl an für die Fortpflanzung der Blütenpflanzen, bei denen sich das Soma einigermaßen mit dem Sporophj'ten, die generativen Elemente einigermaßen mit dem Gametophyten decken. Eine Ausdehnung dieser Begriffe auf niedere Pflanzen, bei denen Gametophyt und Sporo- phyt in vegetativer Hinsicht gleich gut entwickelt sind, oder der Gametophyt eine weitergehende vegetative Entwicklung erfährt und das Soma darstellt, ist unbe- quem und irreführend. Die von Hartmann für die Darstellung der Fortpflan- zungsvorgänge bei Protisten gewählten Abänderungen in haploid (statt gene- rativ) und diploid (statt somatisch) scheinen mir auch für alle anderen Organismen passender zu sein, deren Vegetationskörper nicht Diplo-, sondern Haplophase ist. Das ist speziell auch bei den Characeen der Fall, mit welchen sich die nächsten Kapitel beschäftigen, und ich ziehe daher im folgenden die Hart- man n sehen Bezeichnungen vor. Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. liehe Generation (Sporophyt) bildet in besonderen Behältern, den Sporangien (Pollensäcke und Samenanlagen bei Gym- nospermen u. Angiosj)er- g b men), ungeschlecht- licheFortpflanzungs- zellen, die Sporen (Pollenkörner und Em- bryosäcke der Samen- pflanzen) durch den Prozeß der Tetraden- te i 1 u n g. Die beiden Ge- nerationen unterscheiden sich auch, wie zuerst von E. 0 verton (1893) fest- gestellt und nachher von Strasburger bestätigt worden ist, durch die Chromosomenzahl ihrer Kerne. Die Chromoso- menzahl der Geschlechts- generation und ihrer Ga- meten ist einfach (haploid). Durch die Vereinigung zweier Gameten entsteht ein diploider Zygoten- kern, dessen Chromoso- menzahl normalerweise bei allen höheren Pflan- zen in der aus der Zy- gote hervorgehenden un- geschlechtlichen Genera- tion bis zur Bildung ihrer Fortpflanzungszel- len, der Sporen, beibe- halten wird. Mit dem Vorgang derTetr ad en- teilung der Sporen- mutterzellen kombi- niert sich der Vorgang der Chrom osomen- reduktion, so daß Sporen mit haploider Chromosomenzahl erzeugt werden (Fig. 2). Fig. 2. Schema des Befruchtungsprozesses und der Reduktionsteilung bei Angiosper- men, a und b Kerne der zur Vereinigung kom- menden Cxameten (Eikern und Spermakern), c diploider Chromosomensatz in der Zj^gote und den somatischen Zellen des Sporophyten, d und e Prophasen und Spindel der heterotypischen Teilung, f Prophasen des zweiten Teilungsschrittes der Reduktions- und Tetradenteilung der Pollen- mutterzellen, (7 junge Pollentetrade. Nach Rosen- berg (1907, Fig. III, S. 150). 10 Erstes Kapitel. Bei der Aufstellung seiner Definitionen von Parthenogenesis und Apogamie betrachtete es Winkler für maßgebend, daß in den einen Fällen der Sporophyt aus einer Eizelle, in anderen aus einer oder mehreren vegetativen Körperzellen hervorgeht. Erst in zweiter Linie legte er Gewicht auf die Zahl der Chromosomen, die sich in dem Kerne der Ausgangszelle finden. Damit stellte er seine Definitionen in scharfen Gegensatz zu den Ansichten Strasburgers, der den Hauptnachdruck auf die Chromosomenzahl legte und die Bezeichnung Parthenogenesis nur für solche Fälle angewendet wissen wollte, bei denen (1907a, S. 170) „ein haploides, somit auf Be- fruchtung eingerichtetes Ei mit seiner einfachen Chromosomenzahl in die Keimbildung eintritt". Nun hat die Untersuchung sämtlicher Fälle spontaner Eientwicklung bei Angiospermen zu dem überein- stimmenden Resultat geführt, daß der bei den normal ge- schlechtlichen Arten mit dem Generationswechsel ver- bundene Wechsel in der Chromosomenzahl unterbleibt. Damit fällt auch der Reduktionsvorgang bei der Teilung der Kerne in den Sporenmutterzellen, oder wenigstens in den der Bildung der Kerne des weiblichen Gametophyten vorausgehenden Teilungen der Embryosackmutterzellen aus. Geschlechtliche und ungeschlechtliche Generation dieser Pflanzen weisen in ihren Kernen gleichviel Chromo- somen auf und zwar, bezogen auf die Chromosomenzahl nächstver- wandter geschlechtlich gebliebener Arten, mindestens deren diploide Anzahl. Nach Wink 1er ist diese mit Ausschaltung der Chromo- somenreduktion verbundene Eientwicklung, da die Chromosomenzahl der Kerne während des ganzen Entwicklungszyklus diejenige der ungeschlechtlichen Generation ist, als somatische Partheno- genesis zu bezeichnen. Winklers Auffassung ist nicht überall angenommen worden. Ein Teil der Forscher, die sich mit Fortpflanzungsfragen beschäftigt haben, beschränken mit Strasburger und Tischler die Bezeichnung Parthenogenesis auf diejenigen Fälle, in denen die Keim- bildung aus einer Gamete oder einerEizelle mit generativer Chromosomen zahl erfolgt. Die Weiterentwicklung einer Eizelle mit diploider Chromosomenzahl reihen sie (vgl. Strasburger 1909a, S. 80) der Erscheinung der Apogamie ein. Dafür sprach folgender Umstand. Untersuchungen an Pteridophyten und Angio- spermen, die einen Verlust der geschlechtlichen Fortpflanzung er- fahren haben, ergaben, daß bei einer Anzahl solcher Fälle nicht nur die unbefruchtete Eizelle, sondern neben oder so- gar an Stelle derselben auch andere Zellen der Ge- Schlechtsgeneration eine Weiterentwicklung zu Em- bryonen erfahren können. Da nun alle Zellen dieser Gameto- phyten mit derselben diploiden Chromosomenzahl ausgerüstet sind, Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. H erscheint die Entwicklung ihrer diploiden Eizellen nach der Auf- fassung Strasburgers als ein Sj)ezialfall der Weiterent- wicklung einer Zelle dieser abnorm chroniosomigen Ge- neration überhaupt. So belegte er sie mit den Namen ovogene Apogamie oder Oo -Apogamie. Außer Apogamie im Sinne Juels und Strasburgers ist mit dem Ausfall geschlechtlicher Fortpflanzung, besonders bei Pterido- phyten, doch auch bei einigen Angiospermen, die Erscheinung der Ap o- sporie verbunden. Sie bringt eine Bildung der Gametophyten-Gene- ration aus Zellen des Sporophyten unter Umgehung der Sporen- bildung mit sich. Da mit der Sporogenese auch die Reduktions- teilung ausfällt, weisen auch bei dieser Entwicklungsart beide Gene- rationen die gleiche, diploide Chromosomenzahl auf. Nach dem jetzigen Stand unserer Kenntnis sind sämtliche Fälle von Parthenogenesis und Apogamie bei Angiosi^ermen nach der Be- zeichnung Winklers somatischer, nach Hartmann diploider Natur oder Oo -Apogamie und gewöhnliche Apogamie nach Stras- burger. Für die Pteridophyten sind die Verhältnisse der bedeutend größeren Chromosomenzahlen wegen nicht so leicht zu übersehen. Zurzeit liegen Angaben über zahlreiche Fälle sicher diploider Par- thenogenesis und Apogamie bei Pteridophyten vor, für einige weitere Fälle ist generative (haploide) Apogamie angegeben worden, vielleicht aber (vgl. Kap. 7. C.) zweifelhaft. Als Beispiele eigentlicher oder haploider (generativer) Par- thenogenesis im Pflanzenreich werden in der neuesten Literatur zitiert: die bereits erwähnten Vorkommnisse spontaner Gametenent- wicklung bei isogamen Algen, die Fälle induzierter Partheno- genesis bei Spirngyra, Cufleria, also in der Hauptsache Fortpflanzungs- vorgänge, welche unter den erweiterten Begriff der fakultativen Parthenogenesis fallen. Von Formen mit typischer oogamer Fortpflan- zung werden dieser Kategorie zugeschrieben einzelne oogame Sa- prolegniaceae und schließlich Ch.crinita. In neuester Zeit hat Kylin (1916 a, S.557) auf die Möglichkeit hingewiesen, daß auch bei einzelnen ßotalgen, wie der von ihm untersuchten Bonnemaisonia asparagoides (Woodw.) Ag. Parthenogenesis, und zwar wie er annimmt, gene- rative Parthenogenesis nach der Bezeichnung von W i n k 1 e r , vorkomme. Außer entwicklungsgeschichtlich - cytologischen Feststellungen enthält die bisherige Literatur über Parthenogenesis und Apogamie im Pflanzenreich auch mannigfaltige Angaben über die Verwandtschafts- kreise, denen die einzelnen Fälle angehören, ihre biologischen Ver- hältnisse und im Anschluß daran Vermutungen und Hy]3othesen über Bedeutung und Ursachen dieser Erscheinungen. Auch über diese Punkte findet sich in den Strasburgerschen Arbeiten, besonders 12 Erstes Kapitel. aber in den Zusammenfassungen von Winkler das Wichtigste ver- einigt vor. Unter Hinweis auf diese Literatur kann ich mich damit begnügen, im nachfolgenden die bisherigen Angaben und Diskussionen über die Ursachen der Parthenogenesis und A2:)0gamie insoweit zu resümieren, als sich für die Ausführungen der folgenden Kapitel notwendig erweist. 2. Bisherige Befunde und Hypothesen über die Ursachen von Partheno- genesis und Apogamie im Pflanzenreich. Für die Beantwortung der Frage nach den Ursachen der Parthenogenesis und Apogamie bieten ersichtlich die Fälle fakultativer Parthenogenesis bedeutend einfachere Verhältnisse dar als habituelle Parthenogenesis und Apogamie. Die ersteren allein haben sich bis jetzt der ex23erimentellen Behandlung zugäng- lich erwiesen. Bei den meisten der in der Literatur zitierten Fälle gelegent- licher Parthenogenese, bei Protosiphon, Ulothrix, Braparnaldia, bei Chlamydomonadineen, Chroolepideen, Ectocarpus, Cutleria usw. handelt es sich um isogame Formen relativ niederer Organisationsstufen, deren Fortpflanzungszellen offenbar je nach den Umständen bald kopulieren, sich als Gr a m e t e n verhalten, bald sich isoliert ent- wickeln, also S p o r e n Charakter haben. Hier kann wohl eher von einer erst schwach akzentuierten Sexualität und fakul- tativer Kopulation als von einer aus deutlich differenzierter Sexualität sekundär abgeleiteten Parthenogenesis ge- sprochen werden. Bei einigen wenigen dieser Formen allerdings (vgl. auch Bonnet, 1914, S. 10) sind Gametennatur und sekun- därer Ausfall der Kopulation unverkennbar vorhanden. Es ist das Verdienst von K 1 e b s , zuerst an solchen einfachen Algen und ebenso an Pilzen die Bedingungen für das Ein- treten der Gametenent Wicklung ohne Befruchtung festgestellt zu haben. Seine Untersuchungen an Froiosiphon hotryoides (1896, S. 207) ergaben, daß dessen Schwärmer unter bestimmten Außenbedingungen selbständig entwicklungsfähig sind, unter anderen als Gameten funktionieren. Wurden Zellen aus einer Lehmkultur bei Gegenwart von Licht in Wasser gesetzt,' so fand eine äußerst lebhafte Kopu- lation der entstehenden Schwärmer statt. Wurde der Versuch da- gegen bei 26 — 27*^ C im Dunkeln ausgeführt, unterblieb die Kopu- lation und die Schwärmer kamen einzeln zur Ruhe. Zu gleichem Resultat führte die Kultur von Protosiphon in Nährlösungen von 0,4 — 1 % und nachfolgende Verdunkelung. Die entstehenden Schwärmer verhielten sich hierauf rein ungeschlechtlich und bildeten glatte Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. 13 Parthenosporen, die ohne Ruheperiode keimfähig waren. Wurden dagegen die Schwärmer aus der Nährlösung in reines Wasser ge- bracht, verhielten sie sich als Gameten und erzeugten dickwandige und sternartig mit Auswüchsen versehene Zygoten, die erst nach Absolvierung einer ßuheperiode keimten. Parthenosporenbildung hat Klebs auch an Fäden von Spirogyra varians auslösen können, die kurz vor der Kopulation in Zucker- oder .--^ Fig. 3. Bildung und Keimung der Parthenosporen von Spirogyra varians. a) Fäden nach Beginn der Kopulation in Nährlösung von P/q gebracht, x Zygote, p Parthenosporen. b) Keimende Parthenospore noch in der Bildungszelle eingeschlossen. Aus Klebs (1896, S. 249, Fig. 5 und 6). Nährlösung gebracht wurden. Die Kopulation wurde durch die Er- höhung des osmotischen Druckes verhindert und beide Geschlechts- zellen wandelten sich in „normal keimfähige Parthenosporen" um (Fig. 3). Erfolgreich waren auch seine Ex]3erimente mit ülothrix und Brapanialdia. Ebenso gelang es ihm, bei einem Pilz, Sporo- dinia grmidis (1898), durch verschiedenartige Mittel, Änderungen im Feuchtigkeitsgehalte der Luft, Erhöhung der Temperatur, intensive Beleuchtung und niederen Luftdruck, den Befruchtungsprozeß zu verhindern und die sonst zur Vereinigung kommenden Geschlechts- zellen in Parthenosporen umzuwandeln. In diesen Fällen künstlich induzierter Parthenogenesis löst also stets ein ganz be- stimmter Außenreiz das Eintreten der parthenogenetischen Entwicklung aus. Das besagt, daß wohl auch im Freien die 14 Erstes Kapitel. Außenwelt mit ihren mannigfaltigen, die Entwicklung jederzeit be- einflussenden Faktoren, den Fortpflanzungszellen solcher isogamer Formen bald die Neigung zur Kopulation verleihen, bald nehmen wird. Ihre Wirkung kann dabei darin bestehen, daß sie entweder die Reaktionsweise der bereits freigewordenen Sexualzellen bestimmt, oder schon einen entscheidenden Einfluß während deren Entwicklung ausübt. Nicht so einfach und klar liegen dagegen die Verhältnisse bei einigen anderen joarthenogenetischen Prozessen, bei welchen es sich um selbständige Weiterentwicklung von Gameten verschiedener Fig. 4. Kopulation der Gameten von Eetocarpus siliculosus. a zahl- reiche männliche Gameten in lebhafter Bewegung um eine bereits zur Ruhe gekommene weibliche Gamete, b—f verschiedene Stadien aus dem Vereinigungsprozeß einer männlichen mit einer weiblichen Gamete. Aus Oltmanns (1904, 1. S. 467, Fig. 284, 2, 3,^5—8). Größe handelt, die normalerweise im geschlechtlichen Fortpflan- zungsvorgang ein verschiedenes Verhalten zeigen. So sind nach Oltmanns (1904, I. S. 470) bei Eciocarims (Fig. 4) sowohl die männ- lichen wie die weiblichen Gameten zur Parthenogenese befähigt. Bei ihrer Auslösung spielt wiederum die Außenwelt eine entscheidende Rolle, ohne daß bis jetzt eine Präzisierung der einzelnen Faktoren möglich gewesen wäre. Ahnliches gilt nach Oltmanns (1905, IL S. 256) auch für die Parthenogenesis von Outleria und ihren Ver- wandten. Die Eizellen von Cntleria mitUifida z. B. entwickeln sich unter den im Golfe von Neapel gebotenen Lebensbedingungen nur nach vorausgegangener Befruchtung, an der englischen Küste dagegen parthenogenetisch. Auch bei Outleria adspersa keimen die Eizellen ohne Befruchtung und Sauvageau (1908b, S. 699—700 und 1908c, S. 166 — 167) konnte selbst bei Gegenwart männlicher Gameten eine Befruchtung dieser Eizellen nicht wahrnehmen. Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. 15 In denjenigen Verwandtscliaftskreisen der Algen, in welchen, wie beiden Vauclieriaceae, Coleochaetoceae, Oedogoniaceae, die Oogamie stark ausgeprägt ist, konnte natürliche Parthenogenese noch nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Altere Angaben von T huret über parthenogenetische Eientwicklung von Fucks sind später wieder in Zweifel gezogen worden. Daß dies vielleicht mit Unrecht ge- schehen ist, lehren die neueren Untersuchungen J. B. Overtons (1913) über künstliche Parthenogenese bei Fucks. Vorläufig steht aber das Beispiel von Ohara crinita unter den oogamen Algen noch völlig isoliert da, wobei aber gewiß, wie auch Oltmanns meint (1905, IL S. 255), „nicht ausgeschlossen ist, daß in der Familie der Characeen wie in den oben genannten Familien weitere Fälle nach- gewiesen werden, sobald man noch genauer untersucht". Was Entstehung und Ursache der bei Archegoniaten und Samenpflanzen verbreiteten habituellen Parthenogenesis, respektive der als solche gedeuteten Fortpflanzungserscheinungen anbetrifft, so hat man sich vielfach vorgestellt, daß sie aus der fakultativen Par- thenogenesis hervorgegangen seien. In diesem Sinne hat sich zum Beispiel A. de Candolle (1905, S. 269) geäußert. Er schied die damals bekannten Fälle natürlicher Parthenogenesis im Pflanzen- reich in solche mit ausschließlicher oder obligater Parthenoge- nesis von Pflanzen, bei welchen die normale Befruchtung durch völliges Fehlen männlicher Gameten unmöglich geworden ist, und solche mit ge- legentlicher oder fakultativer Parthenogenesis. Letztere vertritt die normale Amphimixis nur dann, wenn diese unter besonderen äußeren Umständen nicht möglich ist. Gelegentliche Parthenogenesis liegt nach de Candolles Auffassung bei den oben genannten Beisj^ielen von Algen und Pilzen, daneben aber auch bei Marsilia und TliaUctnim purpu7'ascens vor und er schreibt: „La Parthenogenese occasionelle ren- ferme tous les degres, depuis les cas oü eile ne se realise que dans des conditions exceptionelles (M. ucsfita) jusqu'ä ceux oü eile est presque exclusive (Ch. crinita, Saprolcgnia Thuretii). On ^eut supposer que les especes ä Parthenogenese exclusivele sont devenu graduellem ent, apres avoir passe par tous les degres de la Parthenogenese occasionelle." Die Ur- sache der exklusiven Parthenogenesis liegt seiner Ansicht nach nicht in inneren, sondern in äußeren Bedingungen und de Candolle regt an, durch Versuche in der Richtung derjenigen von Klebs und Nathan söhn festzustellen, „si certains facteurs, tels que la temjDerature et le degre de l'humidite, ne favorisent pas le deve- loppement vegetatif de la cellule-oeuf aux depens de la sexualite". Solche und ähnliche Überlegungen führten auch andere Forscher zur Annahme, daß die gleichen Faktoren, welche bei normalge- schlechtlichen Pflanzen fakultative Apomixis auszu- jß Erstes Kapitel. lösen imstande sind, auch als Ursache der habituellen Parthenogenesis sowohl bei niederen wie Taei höheren Pflanzen in Frage kommen könnten. Bei Algen und anderen im "Wasser lebenden Gewächsen ist der Vorgang einer solchen Beeinflussung leicht denkbar. Auf die Verhältnisse bei den Angio- spermen übertragen, führte diese Hy]3othese zur Annahme, daß sj)eziell chemisch-physikalische Zustandsänderungen in der Umgebung der Eizelle als das veranlassende Moment für den Ein- tritt der apomiktischen Keimbildung anzusehen seien. So hat zum Bei- spiel J. B. 0 verton (1902, S. 372), anknüpfend an Loebs Versuche über künstliche Parthenogenesis und die darauf gegründete Theorie der Befruchtung, die Ansicht vertreten, daß die dichte Plasmahülle, welche bei Tlialictrum piirpurascens die Eizelle umgibt, für das Zu- standekommen der parthenogenetischen Entwicklung ausschlaggebend sei. Er nimmt an, daß sie vor der Eiteilung physikalische Änderungen erfahre, durch welche auch der osmotische Druck innerhalb des Eies ver- ändert werde und daß nun diese Druckänderung, ähnlich wie bei Loebs Versuchen, Entwicklung auslösend wirke. Overtons Vermutung ist von Coulter und Chamberlain (1903,8.213) aufgenommen und durch die Annahme verallgemeinert worden, daß auch in anderen Fällen "an envelop of cytoj^lasm may result in the segmentation of the egg^\ Da bis jetzt Versuche, experimentell den Befruchtungs- prozeß der Eizellen höherer Pflanzen zu beeinflussen oder durch andere Entwicklung auslösende Reize zu ersetzen, noch nicht zu allgemein anerkannten positiven Resultaten geführt haben, ist auch die Mög- lichkeit solcher von außen kommender Einflüsse als Ursache der Apomixis bei höheren Pflanzen noch völlig unerwiesen. Zweifellos sind Parthenogenesis und Apogamie bei höheren Pflanzen von einer früher geschlechtlichen Fortpflanzung abzuleitende Vorgänge. S2)eziell für parthenogenetische Angiospermen und Pterido- phyten ist festgestellt worden, daß sie die Möglichkeit zu normaler, geschlechtlicher Fortpflanzung ganz oder fast ganz verloren haben. Parthenogenesis und Apogamie sind bei ihnen konstant (erblich) und alleinige Fortpflanzungsart geworden. In Anlehnung an die schon von de Bary (1878) geäußerte Ver- mutung, daß Pflanzen mit völligem Ersatz geschlechtlicher Fort- pflanzung durch Apogamie eine morphologische Degradation er- fahren und vielleicht „in ein letztes Stadium ihrer Existenz, in einen Beginn allmählichen Aussterbens getreten seien", hat man das Auf- treten von diploider Parthenogenesis (Oo- Apogamie) bei höheren Pflan- zen in Beziehung zu irgendwelchen Degenerationsvorgängen zu setzen gesucht. Dem widers23richt aber der Umstand, daß partheno- genetische (ooapogame) Fortpflanzungsvorgänge innerhalb der Reihen und Familien der Angiospermen ohne übersehbare Beziehungen zur Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. 17 systematischen Stellung auftreten. Dies und im besonderen ihre weite Verbreitung in der verhältnismäßig jungen Familie der Kom- positen scheint darauf hinzuweisen, daß kein Grund zur Annahme solcher Beziehungen zu irgendwelchen Degenerations Vorgängen vor- handen ist. Einer solchen Annahme würde auch die Tatsache wider- sprechen, daß in der Mehrzahl der Gattungen mit apomiktischen Ar- ten auch normal sexuelle gefun- den worden sind. Dies gilt sowohl für die Kompo- siten - Gattungen Anten7iaria, Ta- raxacum und Hie- racimn als auch für die Rosaceen Alchcmilla und Rosa, ferner für Thalictrum, Wik- stroemia, Balano- phora und Bur- mannia. Es ist sehr wahrschein- lich , daß bei Ausdehnung der Untersuchungen r^-r-n-TA ^^ r ^ >. • t-i ''i V, . , . rig. 5. Die üoppelberruchtung im Lmbryosacke von Ähnliches m al- Rafflesia Palma, a Embryosack mit Eiapparat, Antipoden, len anderen Ver- und Polkernen, über dem Scheitel des Embryosackes die Reste wandtschaftskrei- d^r zusammengedrückten Schwesterzellen, b Embryosack zur sen mit Anoe^a- ^^^^ ^^^ Befruchtung, der Pollenschlauch hat die Kernwarze T . seitlich durchbrochen, aus der im Embryosacke gebildeten ^ " blasenartigen Endanschwellung sind die beiden Spermakerne sen werden wird, schon ausgetreten; der eine derselben liegt dem Eikern, der Auch die Hau- andere den beiden Polkernen an. figkeit von Par- ^^^^ Ernst und Schmid (1913, Taf. 5, Fig. 7 und 11). thenogenesis und Apogamie unter den heterotrophen Angio- spermen, den chlorophyllarmen Saprophyten und Parasiten, bei denen allerlei Reduktionen in der generativen Sphäre neben den offenbar als Anpassung an besondere Ernährungsverhältnisse einge- tretenen vegetativen Reduktionen einhergehen, beweist keineswegs eine direkte Beziehung zwischen dieser Art der Fortpflanzung und den Änderungen in der Lebensweise. Die Feststellung normaler Sexualität bei Vertretern der Rafflesiaceae, welche, wie Bafflesia Palma (vgl. Fig. 5) und andere Arten dieser Gattung, in vege- tativer Hinsicht die stärkste Anpassung an die parasitäre Lebens- Ernst, Bastardierung. 2 18 Erstes Kapitel. weise erfahren haben, mahnt, bei anderen Sa23roj)hyten und Parasiten in der Annahme von Beziehungen zwischen Reduktionen in der vegetativen S^ohäre und Anomalien in der Embryosackent- wioklung, und hierzu gehört ja schließlich auch die Apogamie, vor- sichtig zu sein. In der Gattung Burmannia liegt z. B. gerade der Fall vor (vgl. Ernst und Bernard 1912, S. 234), daß die grüne Burmannia coelestis (Fig. 6) apogam ist, während die beiden holosaprophytischen Arten, 'Q. Candida und Cliampionii, völlig normal sexuell sind. Fig. 6. Ausbildung des Eiap parates \m Embryosacke der apogam en Burmannia coelestis. a junger Eiapparat mit noch wenig gestreckten Zellen, aber autt'allendom Unterschied in der Struktur der beiden Synergidenkerne und des Eikerns. b — d Beispiele für die verschiedene Gestaltung der Zellen und Kerne im Eiapparate. In h und d haben alle drei Zellen Gestalt und Plasmaverteilung von Synergiden, in c ist die kleine plasmareiche Zelle wahrscheinlich die Eizelle. Die Struktur der Kerne in den Zellen von b und c deutet auf die JCntwicklungsfähigkeit aller drei Zellen hin. wählend in d die Zelle links, nach der Struktur ihres nukleolushaltigen Kerns zu schließen, entwicklungsfähig war, die beiden anderen mit nukleoluslosen Kernen dagegen sich als nicht weiter entwicklungsfähige Zellen (Synergiden) verhalten haben würden. Nach Ernst (1912, Taf. 22, Fig. 8, 10—12. Vergr. 580/1. Die cy tologischen Untersuchungen an parthenogenetischen Blutenpflanzen haben Anlaß gegeben, zwischen Apomixis und der Chromosomenzahl der Kerne Beziehungen anzunehmen, die kausaler Natur sein könnten. Solche Beziehungen wären nach zwei Richtungen hin denkbar. Alle bisher bekannt gewordenen Fälle von Parthenogenesis und Apogamie bei Pteridophyten und Angiospermen sind d i p 1 o i d (somatisch). Die Eizellen dieser Pflanzen unterscheiden sich, wie übrigens auch die anderen Zellen ihrer weiblichen Grametojjhyten, von denjenigen der nächst verwandten amphimiktischen Arten nicht nur durch ihre Entwicklungsfähigkeit, sondern auch durch den Besitz der diploiden Chromosomenzahl. Die Annahme ist daher naheliegend, daß eventuell diese dojjpelte, sonst erst durch die Befruchtung zustande kommende Chromosomenzahl die Ursache der parthenogenetischen Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. 19 Entwicklung sein könnte. So vertrat z. B. 0 verton (1904,8.281) die Annahme, daß der Besitz der somatischen Chromosomenzahl allein schon die Entwicklungsfähigkeit des Eies garantiere und erklärte die Befruchtung von ThaUctrum pur]nirascens für „überflüssig", weil infolge der unterbliebenen Reduktion im Kern der Eizelle schon die somatische Chromosomenzahl vorhanden sei. Auch Kirchner (1904) und Strasburger (1907a, S. 139) haben einen ähnlichen Stand- punkt eingenommen, letzterer z. B., indem er schreibt: „Da die halbe Chromosomenzahl, wie sie jede Geschlechtszelle führt, die Gesamt- heit der Speziesmerkmale umfaßt, so handelt es sich in der auf die Doppelzahl eingerichteten Generation gleichsam nur um eine Ver- stärkung der Wirkung. Wäre diese nicht notwendig, so ließen sich kaum alle die apogamen Einrichtungen begreifen, die dahin gehen, der diploiden Generation der Pflanzen, bei Ausschaltung der Be- fruchtung die Doj^pelzahl der Chromosomen zu beschaffen." Wink- ler dagegen ist schon 1906 und wiederum in seinen Zusammen- fassungen über Parthenogenesis dieser Ansicht durch den Hinweis entgegengetreten, daß zwischen dem Besitze der einfachen oder doppelten Chromosomenzahl einer Zelle und ihrer Fähig- keit oder Unfähigkeit zur Entwicklung keinerlei direkte kausale Beziehungen bestehen oder zu bestehen brauchen. Es befähige weder der Besitz der somatischen Chromosomenzahl an sich zur Entwicklung, noch sei das Vorhandensein der reduzierten Zahl notwendig mit Unfähigkeit zur Entwicklung verknüpft. Mehrfach ist darauf hingewiesen worden (vgl. z. B. Stomjjs 1910, S. 32), daß apomiktische Pflanzen sich durch relativ hohe Chromosomenzahlen auszeichnen, ihr Chromosomensatz dopj^elt oder mehrfach so viele Einzelchromosomen zähle als die amphi- miktisch gebliebenen Arten derselben Gattung oder Familie. Auch Tischler gibt (1915, S. 207), allerdings in einem anderen Gedanken- gange, eine Liste nahe verwandter Pflanzen, von denen vielfach die- jenigen mit den höheren Chromosomenzahlen parthenogenetisch oder apogam sind. Aus dieser erhöhten Chromosomenzahl, die übrigens, wie später noch auszuführen sein wird, keineswegs bei allen Apogamen vorhanden ist, lassen sich keine einwandfreien Schlüsse ziehen. Ahnliche Verschiedenheiten in der Chromosomenzahl wie in den Verwandt- schaftskreisen mit Apogamie sind auch schon in Gattungen und Familien mit ausschließlich normal geschlechtlichen Arten gefunden worden. Durch die Untersuchungen von El. und Em. Marchai (1909 und 1911), sowie durch die neueste Untersuchung von Winkler (1916) ist überdies gezeigt worden, daß ex23erimentell erzeugte Rassen mit verdoppelter oder vervierfachter Chromosomen- zahl keineswegs einen Verlust der geschlechtlichen Fort- pflanzung zu zeigen brauchen. 2* 20 Erstes Kapitel. Neben physiologisclien Erwägungen und cytologisclien Befunden sind auch schon biologische Momente zur Erklärung von Parthe- nogenesis und Apogamie herangezogen worden. Die Feststellung der mannigfachen und eigenartigen Verhältnisse bei der Pollen- und Embryosackentwicklung diploid parthenogene- tischer und apogainer Angiosjoermen legte es nahe, einen Zusammen- hang zwischen Entstehung der Apomixis und einer Schwächung oder dem gänzlichem Verlust der Sexualität anzunehmen. Diese Vermutung ist zuerst von Str.asburger (1905, S. 158) ge- äußert worden. Er hat dabei die Ansicht vertreten, daß der Ge- schlechtsverlust dem Eintritt apogamer Fortpflanzung nach Art derjenigen von AlchemiUa, Taraxacum und Hierachim nicht immer voraus gehe, sondern daß sich die apogame Fort jDflan zu ng, wenn überhaupt, schon einstelle, wenn die sexuelle Fort- pflanzung zwar noch nicht erloschen sei, wohl aber bereits eine Schwächung erfahren habe. Hierfür schienen ihm die Ergebnisse seiner Untersuchung an den noch sexuell potenten aber sehr wenig fertilen subnivalen Alchemillen aus der Grupj)e der Alpinae zu sprechen, welche nach seiner Annahme bereits latent die Anlage zur Aj)Ogamie führen. Parthenogenesis und Apogamie in Verbindung mit dem Verluste geschlechtlicher Fortpflanzung finden sich innerhalb Verwandtschafts- kreisen mit sehr verschiedener Verteilung der Geschlechts- organe. Eine größere Anzahl parthenogenetischer Pflanzen ist monö- ziscli; einzelne derselben, so z. B. Ohara crinita, Antennaria, Thalic- trum, BalanopJwra sind diözisch. Das Auftreten von Partheno- genesis und Apogamie bei diözischen Pflanzen, im besonderen bei Thal/'ctntm purimrascens und Antennaria alpina, gab Veranlassung zu Überlegungen, ob nicht die apomiktische Fortpflanzung auch von einer Trennung der Geschlechter ursächlich aus- gehen könnte. So schreibt Overton (1904,8.279): „die Diözie mag die Ausbildung von Parthenogenesis bei TJialictrimi pwpnrasce7is begünstigt haben, während sie freilich, wie entsprechende Versuche lehrten, bei Thalictrum dioiciim diesen Erfolg nicht hatte". Doch hält er es nicht für unmöglich, daß bei Tlialictrum purpurascens das Ausbleiben der Bestäubung als Reiz wirkte und schließlich jaarthenogenetische Entwicklung auslöste. Nach der An- nahme von Strasburger (1905, S. 158) hat die Trennung der Ge- schlechter bei den genannten beiden Pflanzen die Bestäubung er- schwert und dadurch ähnliche Bedingungen geschaffen, wie sie in anderen Fällen die Verbildung des Pollens mit sich bringt. Auch für die parthenogenetische FortjDflanzung von Chara crinita erscheint ihm Auslösung infolge Diözie möglich, wobei es sich, wie er hinzu- fügt, frage, „ob es in diesem Falle sich auch um oogame AjDOgamie Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pllanzenreich. 2i oder um echte Parthenogenesis, das heißt Keimentwicklung aus einem Ei mit reduzierter Chromosomenzahl, handelt". Diözie und Geschlechtsverlust würden also nach S t r a s - burger Apomixis infolge Erschwerung der Bestäubung und Ausfall der Befruchtung bewirken. Durch die erschwerte Be- stäubung wird nach seiner Ansicht (1905, S. 152) das Fortbestehen der betreffenden Art gefährdet und „apogame Fortpflanzung stellt sich als Aushilfe in bestimmten Fällen ein, doch auch sie dürfte Rettung wohl nur für eine phylogenetisch begrenzte Zeitdauer bringen, da die apogame Art aller der Vorteile verlustig geht, welche die geschlechtliche Fortpflanzung mit sich bringt". Auch Kirchner, der sich fast gleichzeitig in ähnlichen Gedankengängen bewegt (1904, S. [95]), sieht in der Parthenogenesis „eine Einrichtung, welche in einer andersartigen Weise, als es die viel weiter verbreitete spontane Selbstbestäubung tut, dazu dient, um die Ausbildung von keimfähigen Samen in solchen Fällen sicher zu stellen, wo aus irgend einem Grunde der Eintritt von Befruchtung ungewiß oder schwierig geworden ist". Demgegenüber weist Winkler (1906, S. 258) darauf hin, daß sonst im Pflanzenreich ganz allgemein als Ersatz für vor- handene oder eintretende Bestäubungsschwierigkeiten Autogamie oder Begünstigung der vegetativen Vermehrung eintrete. Da innerhalb der Gattungen Alchemilla, Antennaria, Hieracmm und Taraxacuni bei vielen Arten Selbstbestäubung vorkomme, sich die Hieraciitiii- und Alchemilla- Arten überdies durch reichliche Ausläufer- bildung, Taraxammi durch große vegetative Regenerationskraft aus- zeichne, so werde kaum behauptet werden können, daß in diesen Verwandtschaftskreisen der Bestand der Arten ohne die Einführung eines so ungewöhnlichen Erhaltungsmittels, wie es die Parthenogenesis ist, erheblich gefährdet gewesen wäre. Auch in seiner ersten Zu- sammenfassung (1908, S. 427) hebt Winkler wieder hervor, daß alle diejenigen Hypothesen, welche Bestäubungsschwierigkeiten und aus- bleibende Befruchtung für die Entstehung von Parthenogenesis oder Apogamie verantwortlich machen wollen, auf der Annahme basieren, daß die Verbildung des Pollens als primärer Vorgang anzusehen sei. Diese Annahme ist außer von Strasburger (1905, S. 158) auch von 0 verton (1904, S. 279) und 1907 wieder von Tischler vertreten worden. Wink 1er macht gegen dieselbe gel- tend, daß dann die Frage offen bleibe, warum sich der Geschlechts- verlust nur auf die Mikrosporen beschränke, während bei Bastarden, bei welchen ja auch Geschlechtsverlust häufig eintrete, nicht nur die Mikrosporen-, sondern auch die Makrosporen- entwicklung anormal verlaufe, ferner warum bei einigen jDartheno- genetischen Pflanzen wie Thalictrum piüjnirascens und Hieracmm aurantiacam der Pollen nicht völlig untauglich sei. Bei letzterer 22 Erstes Kapitel. Pflanze finde zudem reichlicher Insektenbesnch statt, durch welchen, wie durch spontane Selbstbestäubung Befruchtung ermöglicht werde, so daß also nicht etwa fehlende Befruchtungsmög- lichkeit als Ursache für die Entstehung der Parthenogenesis geltend gemacht werden könne. Seine Überlegungen führen ihn zum Schlüsse (1908, S. 429), „daß für die Annahme, eine durch irgendwelche unbekannte Faktoren veranlaßte Sterilität der männ- lichen Keimzellen sei dasjenige Moment, das im Verlaufe der Phylogenese zur Einführung von Apogamie oder Parthenogenesis geführt habe, bisher keinerlei positive Anhaltspunkte vorliegen". Auch ßosenberg (1907) und Ostenfeld (1910) haben sich seit- her, unter Hinweis auf die Ausbildung guten Pollens bei einzelnen Hieracien gegen die Annahme geäußert, daß Apogamie als Reaktion auf Pollen Sterilität ausgelöst werde. Fig. 7 . A p 0 <>■ a ui e P] m b r y o b i 1 d u n g bei Burmannia coelestis Do7i. a Scheitel des dickwandigen Endospermzellkörpers einer älteren Samenanlage mit drei- zelligem, dünnwandigem Embryo in einem kleinen Hohlraum zwischen den obersten Endospermzellen. /; u. c Embryosäcke mit zwei ungefähr gleich großen und (wenigstens in c) auch in Zellgröße und Zellanordnung übereinstimmenden Embryonen. Nach Ernst (1912, Taf. 22, Fig. 3, 7 und 8. Vergr. 580 1). Zu Erklärungsversuchen der Aj)omixis ist schließlich noch der Umstand herangezogen worden, daß sich eine ganze Anzahl von Fällen apomiktischer Fortpflanzung in polymorphen Verwandt- schaft skr eisen vorfinden. Sieht man zunächst ab von den a230- gamen Vertretern der tropischen Parasiten und Saprophyten aus den Gattungen Thisuiia, Burmuunia (Fig. 7), Sciaphila, Coti/lantJwra, Balanophora, Helosis usw., die in fioristisch-sj'stematischer Hinsicht noch lange nicht so gründlich bekannt sind, wie unsere europäischen Florenelemente, ebenso von der japanischen Saururacee Houttmjnia cordata, deren Formenbildung ebenfalls noch nicht erforscht ist, so Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. 23 finden sicli alle übrigen Beispiele, zum mindesten unter den Diko- tyledonen, wie Ostenfeld (1910, S.270) schreibt, in solchen Genera, in welchen „at the j)resent time an intense evolution of species is supposed to be taking place." Die Grattungen AlchemiUa, Rosa, Taraxacum und Hierachim sind bekanntlich besonders formenreich. Antennaria zeigt Polymorphismus zum mindesten in seinen ameri- kanischen Arten, Thalicti iiu/ sowohl in seinen europäischen wie in den amerikanischen Vertretern. Auch Elatostema wird zu den „kriti- schen Genera" gerechnet und ebenso ist die von AVinkler und Strasburger untersuchte Wikströuda indica eine polymorphe Art. Als erste haben Murbeck und Raunkiaer bei Besprechung ihrer Untersuchungen an AlchemiUa und Taraxacum auf die Mög- lichkeit von Beziehungen zwischen Formenkonstanz in- folge Apogamie und Polymorphismus hingewiesen. Murbeck hat in einem besonderen Abschnitt seiner Untersuchungen über AlchemiUa die Bedeutung des Nachweises apogamer Fortpflanzung für das Verständnis der Formenkonstanz innerhalb der Gattung AlchemiUa besprochen. Er verweist darauf, daß durch die ein- gehenden Untersuchungen von R. B u s e r in Genf über die Syste- matik der AlchemiUen (Lit. vgl. bei Murbeck 1901, S. 36) ge- zeigt worden ist, daß die von altersher unterschiedenen wenig zahlreichen Arten der Sektion Enalchemilla in hohem Grade kol- lektiv sind, und einzelne derselben, im besonderen A. alpnia und vor allem A. vulgaris, aus einem ganzen Schwärm Typen niedrigeren Ranges bestehen. Diese „petites especes" oder Unterarten unter- scheiden sich durch zahlreiche, auf den ersten Blick ziemlich minu- tiöse, bei näherer Untersuchung aber erstaunlich konstante Charaktere. Im Gegensatz zu den häufig stark variabeln und durch zahlreiche Übergänge verbundenen Typen anderer polymorpher Gattungen sind die Arten der Eualchemillen durch ihre außerordentliche Form- beständigkeit ausgezeichnet. Die Erklärung dafür liegt nun in dem von M u r b e c k geleisteten Nachweis, daß die Embryobildung bei ihnen ein rein vegetativer Vorgang ist. Der Same mit der dar- aus aufwachsenden Pflanze ist, wie die Brutknospe oder der Steck- ling, ganz einfach ein selbständig gewordener Teil der Mutterpflanze, und eben weil keine Befruchtung stattgefunden hat, ist der Ab- kömmling nur im Besitz solcher Eigenschaften, die das Mutterindi- viduuni selbst kennzeichneten. Über die Ursachen der Parthenogenesis von AlchemiUa äußerte sich Murbeck nicht, doch ist aus verschiedenen Stellen seiner Ar- beit zu ersehen, daß er sich eine allmähliche Entstehung der Parthenogenesis vorstellte und den verschiedenen Grad der Pollensterilität, ebenso andere Merkmale, z. B. der Integument- gewebe der einzelnen Arten, gewissermaßen als Maßstab des 24 Erstes Kapitel. früheren oder späteren Überganges zur Parthenogenesis betrachtete. Auch in eingehende Erörterungen über die Entstehung des jetzt in der Glattung AJchemilla herrschenden Polymorphismus ist Murbeck 1901 nicht eingetreten, in der Überzeugung, daß die- selbe mit größerer Aussicht auf Erfolg erst nach Feststellung der geographischen Verbreitung der verschiedenen Formen be- handelt werden könne. Eaunkiaer vertritt (1903, S. 136) auf Grund der Tatsache, daß die von ihm untersuchten Taraxacum- Axien trotz ihrer Apogamie weit auseinanderreichende geographische Verbrei- tungsgebiete haben, die Ansicht, daß die Fähigkeit zur Samenbildung ohne Befruchtung in der Gattung Taraxacnm vor der Bildung der zahlreichen jetzigen Arten vorhanden gewesen sei und diese aus schon apogamen Stammformen, also ohne Befruchtung und Kreuzung, ihren Ursprung genommen hätten. Auch er ist der Ansicht, daß künftige Untersuchungen dieser Spezies und ihrer geographischen Verbreitung wichtige Aufschlüsse über das Problem der Entstehung der Arten geben würden. Während die beiden nordischen Botaniker sich mehr mit den Beziehungen zwischen Entstehung der Arten und Apo- gamie beschäftigten, hat sich im besonderen Strasburg er zu ver- schiedenen Malen mit den kausalen Beziehungen zwischen Ge- schlechtsverlust mit apogamer Fortpflanzung und Polymor- phismus und ebenso mit dem damit in Verbindung stehenden Problem vom Ursprung der Apogamie beschäftigt. So nimmt er (1905, S. 144) an, daß z. B. der hochgradige Polymorphismus der Eualche- millen als der Ausdruck einer starken Mutation gelten könne, die sich bei dieser Untergattung vollzogen habe. Er glaubt mit der An- nahme nicht fehl zu gehen, daß der Verlust des Geschlechts die Folge dieser übermäßigen Mutation sei. „Bastardierung zieht", so argumentiert er dabei, „leicht eine Schwächung der geschlechtlichen Funktionen nach sich, und jede durch Mutation entstandene Verän- derung muß notwendigerweise, wie de Vries hervorgehoben hat (Mutationstheorie II. S. 504), zu Kreuzungen führen. Denn ein Mutant wird höchst wahrscheinlich mit einem anderen Vertreter derselben Art, welcher überhaujjt nicht oder nicht in gleicher Richtung mutierte, geschlechtliche Verbindungen eingehen. Die Fruchtbarkeit der Nach- kommen braucht bei nächster Verwandtschaft solcher Verbindungen zunächst nicht zu leiden, möglicherweise geschieht dies aber doch mit der Zeit, wenn beim Auftreten immer neuer Mutanten die Wir- kungen anhaltender Kreuzungen sich häufen." So kommt er zur Ansicht, daß übermäßige Mutation die Schwächung der ge- schlechtlichen Potenz der Eualchemillen, also Verbildung des Pollens und Störungen in Bau und Funktion der weib- lichen Apparate veranlaßte und durch den Ausfall der Be- Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. 25 fruchtung mittelbar die Anregung zur apogamen Fortpflanzung gab. Bei der Beantwortung der Frage, inwieweit einem solchen Ein- fluß von Mutation und Polymorphismus allgemeinere Bedeutung zukomme, weist Strasburger (1905, S. 145) darauf hin, daß Ruhiis und Rosa bis jetzt trotz starkem Polymorphismus normal sexuell geblieben seien. Die Qualität ihres Pollens sei nur zum Teil beeinflußt worden und eine Verbildung der Samenanlagen nicht eingetreten. Er nimmt an, daß ihre Embryosackmutterzellen die Bildung der Makro- sporen durch Reduktionsteilung einleiten, und die Eizellen ihrer Embryosäcke generativ seien. Daraus schließt er, daß von einer Verallgemeinerung der Vorstellung, daß starke Mutation Geschlechts- verlust bedinge, beziehungsweise apogame Fortpflanzung veranlassen könne, abzusehen sei. Nachdem aber sjjäter in weiteren polymorphen Verwandtschaftskreisen Beisjoiele von Apogamie bekannt geworden waren, kommt er von neuem (1907 a, S. 171) auf die Möglichkeit zurück, daß Polymorphismus Geschlechtsschwäohung verursachen und der Apogamie den Weg bahnen könne. Außer den Eu- alchemillen kann er jetzt für diese Ansicht die Befunde in den Gattungen Taraxacum und Hieracium, sowie in der von ihm selbst untersuchten Gattung Marsüia anführen, innerhalb welcher die apo- game M. Dnnnmoiidü in ihrem Polymorphismus alle anderen Marsilia- gruppen bedeutend übertrifft. Er erwähnt ferner (1907a, S. 172), daß auch bei Nephrodium pseudo-rnas Rick., einem der interessantesten der damals bekannten Untersuchungsobjekte für Apogamie und Aposporie, ähnliche Beziehungen zwischen Apogamie und Poly- morphismus vorliegen könnten und zitiert die Bemerkung von L. Digby: „But it is of interest to note that within the limits of a (probably) Single, but highly variable species, almost all grades of apospory and apogamy, with the excej)tion of true partheno- genesis have been encountred". Bis 1910 hatte sich das Verzeichnis der vielgestaltigen ooapogamen Angiospermen um Wikströmia indica und Elatostema sessüc erweitert. Auch für eine Anzahl Rosen war nun ebenfalls Ovoapogamie wahr- scheinlich gemacht worden. Bei der Beurteilung dieser neuen Funde findet Strasburger die Tatsache, daß andere Rosen trotz Vielgestal- tigkeit ihre normale geschlechtliche Fortpflanzung beibehielten, in ihrer Bedeutung noch gesteigert und er variiert (1910 b, S. 430) seine Auffassung der Beziehungen zwischen Mutation, Polymorphis- mus und Apogamie dahin, „daß starke Mutation, nur wenn sie mit Chromosomenvermehrung zusammengeht, Ooapogamie fördert". Zur Einschränkung verweist er aber wieder auf die schon früher geäußerte Ansicht, daß eine über Diploidie hinausgehende Vermeh- rung der Chromosomensätze keineswegs als einzige Ursache anzu- 26 Erstes Kapitel. sehen sei, die zu Ooapogamie führen könne. „Ooapogamie stellte sich (1910 b, S. 427) vielmehr, allem Anschein nach, unter bestimmten Be- dingungen auch infolge von D i ö z i e ein, wenn diese die regelrechte Fortpflanzung erschwert hatte." So hat also Strasburger auch in der letzten Arbeit, in welcher er diese Probleme besprochen hat, durchaus an der Möglichkeit verschiedenen Ursprungs der bis damals bekannten Fälle habitueller Parthenogenesis und Apogamie festgehalten. Eine eingehende Besprechung und Kritik der hier nur kurz angeführten bisherigen Ansichten über die Ursachen von Par- thenogenesis und Apogamie ist im achten Kapitel der Winkler- schen Monograjibie von 1908 enthalten. PrinzijDiell neue Hypo- thesen sind seither meines Wissens über Ursache und Auslösung habitueller Parthenogenesis nicht aufgestellt worden und noch heute gelten die Worte, mit denen Winkler (1908, S. 430) seine Betrach- tungen über die Ursachen der Parthenogenesis und Apogamie im Pflanzenreich geschlossen hat: „Nach dem gegenwärtigen Stande unserer Kenntnisse können wir also über die Faktoren, die phylogene- tisch die Einführung der habituellen Parthenogenesis oder Apogamie bewirkt haben, ebensowenig etwas Sicheres aussagen als über die Natur der Reizvorgänge, die jeweils im Verlauf der Ontogenese sie auslösen." 3. Die Methoden der experimentellen Parthenogenesis und ihre Bedeutung für die Erforschung der Ursache konstanter Parthenogenesis und Apogamie. Wie aus der vorstehenden Übersicht hervorgeht, sind wir bis jetzt von einer einwandfreien Erklärung der Erscheinungen der kon- stanten (habituellen) Parthenogenesis noch weit entfernt. Unter den besprochenen Hypothesen liegen auch kaum eine oder zwei vor, welche als Arbeitshypothesen einen Weg zur experimentellen Erzeugung habitueller Apomixis weisen könnten. Als unerläßliche Bedingung für die Feststellung der Ursachen der natürlichen, habituellen Parthenogenesis erschien mir seit Jahren die Ausdehnung der Untersuchungen über künstliche Parthenogenesis bei Pflanzen. In der Zoologie hat seit 1900 das Forschungsgebiet der künstlichen Parthenogenesis seit den bahnbrechenden Entdeckungen J. Loebs (vgl. 1906 und 1909) einen gewaltigen Aufschwung genommen. Die Methodik dieses Foischungsgebietes besteht in der Hauptsache darin, unbefruchtete aber reife Eier der verschiedensten Tiere (Echinodermen, Würmer, Arthropoden und Wirbeltiere), die sich normalerweise nur durch befruchtete Eier forti^flanzen, durch geeignete Einwirkung mechanischer Natur (durch Schütteln, Stoßen, Verletzen, Anstechen), chemischer Natur (h^^per- und hypotonische Salzlösungen, Kohlen- Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. 27 säure, organische Säuren, Gifte usw.) oder thermischer Natur zur Entwicklung zu bringen. In den meisten der bis jetzt untersuchten Fälle blieb allerdings die Entwicklung auf früheren oder späteren Entwicklungsstadien stehen. Doch ist es Delage schon 1908 ge- lungen, durch künstliche Entwicklungserregung erhaltene Seeigel- Larven bis zum jungen Seeigel heranzuziehen und neuerdings sind mit der Anstechmethode Bataillons (1910) zur Entwicklung ange- regte Froscheier nicht nur zu Larven, sondern in einem Falle so- gar zum jungen Frosch herangezogen worden. Entsprechende Untersuchungen auf botanischem Gebiete, speziell an typisch oogamen Pflanzen, sind, nach den wenigen publizierten Ergebnissen zu urteilen, selten geblieben. Daß aber mit den in der zoologischen Parthenogenesisforschung gegebenen Methoden auch bei oogamen Pflanzen Erfolge zu erzielen sind, geht aus der Arbeit von Winkler (1901) über Merogonie bei Cystosira, sowie aus einer kurzen neueren Notiz Overtons (1913) über künstliche Parthenogenesis bei Fucus hervor. Aus beiden Untersuchungen ist zu ersehen, daß ähnlich wie bei zahlreichen Tieren auch bei oogamen Pflanzen Par- thenogenese künstlich durch Änderung der einwirkenden Faktoren, vor allem durch Temperaturänderungen, durch Änderung der chemisch-physikalischen Konstitution der Umgebung, eventuell auch durch Wundreize, hervorgerufen werden kann. Aus- dehnung dieser Versuche und vor allem Anwendung der Me- thoden der künstlichen Parthenogenesis S]Deziell auf Ver- treter solcher Verwandtschaftskreise, welche Beispiele natürlicher Parthenogenesis aufweisen, schien mir erstes Erfordernis zur Lösung der Frage nach den Ursachen der so häufigen Apomixis im Pflanzenreich. Angesichts der wenigen Resultate, welche Versuchen über künstliche Parthenogenesis im Pflanzenreich bis jetzt beschieden gewesen sind, erscheint allerdings dieser Weg zunächst recht dornenvoll und fast aussichtslos. Es stehen solchen Versuchen zwei Gruppen von schwer zu bewältigenden Hindernissen entgegen. Die einen bestehen darin, daß die mori^hologischen Verhältnisse bei den meisten Pflanzen, vor allem bei denjenigen mit ausgeprägtem Generationswechsel, eine direkte Beeinflussung ihrer Sexual- zellenbildung, der funktionsfähigen Sexualzellen, ihres Vereinigungsprozesses und der Entwicklung des Ver- einigungsproduktes durch chemische oder physikalische Reize sehr schwierig gestalten. Das gilt vor allem für diejenigen Pflanzenstämme, welche die meisten Beispiele von natürlicher Par- thenogenesis und Apogamie aufweisen, die Angiospermen und die Pteridophyten. Bei den Angiospermen spielen sich die Fortpflanzungsprozesse völlig im Innern geschlossener Gewebe und Organe ab. Die Kom- 28 Erstes Kapitel. plexe sporogener Zellen sind zur Zeit ihrer wichtigsten Teilungen noch mikroskopisch klein. Ihre Freilegung oder Isolierung ist ohne Schädigung der Weiterentwicklung nicht wohl möglich und in den intakten Organen sind die sporogenen Zellen der Pollensäcke und der Samenanlagen, ebenso später die Eizellen und die Zygoten, der experimentellen Beeinflussung fast unzugänglich. Eine Beeinflussung ihrer Entwicklung durch Injektion ist denkbar und hat in den Mac Dougalschen Versuchen (vgl. Rümker und Tschermak 1910, S. 29 und Mac Dougal (1911) zur Entstehung stark ver- änderter Pflanzen geführt. In technischer Hinsicht handelt es sich bei diesen Versuchen um die Injektion von Zuckerlösungen, verschiedener Salzlösungen (Ca-Nitrat 1:1000, Zinksulfat 1:10 000, Jodkalium 1 : 50 000 usw.) in die Ovarien der Versuchspflanzen einige Stunden vor deren Bestäubung. Die Versuche wurden mit Oenothera hiennis und Baimannia odorata begonnen und sj^äter auch auf zahlreiche weitere Pflanzen ausgedehnt. Die injizierten Ovarien lieferten einen gewissen Prozentsatz (z. B. 30%) abgeänderte In- dividuen. Die meisten Abänderungen waren monströser Art und charakterisierten die in die normale Entwicklung eingreifenden Vorgänge gewissermaßen als fötale Intoxikationen^). Von be- sonderer Wichtigkeit aber ist die Angabe Mac Dougals, durch diese Versuche dauernde Abänderungen einzelner Pflanzen er- reicht zu haben. Diese sollen teils in dem Auftreten neuer, den Eltern fehlenden Eigenschaften, teils im Verschwinden einzelner Merkmale derselben bestehen. Ein sicheres Urteil über diese An- gaben ist, bis weitere Mitteilungen über die Reinheit der von ihm verwendeten Versuchspflanzen, und über die erbliche Konstanz der erzeugten Abweichungen während einigen aufeinanderfolgenden Generationen vorliegen, noch nicht möglich. Die Schwierigkeit, durch Injektionen die generativen Entwick- lungsvorgänge bei Angiospermen, speziell die wichtigsten Stadien der Tetraden- und Reduktionsteilungen, aber auch diejenigen der Befruchtung zu beeinflussen, besteht darin, im einzelnen Falle das ge- naue Entwicklungsstadium der zu beeinflussenden Zellen festzustellen und im Experiment den Einfluß der zur Verwendung kommenden Reizmittel qualitativ und quantitativ zu regulieren. So scheint auch bei den Dougalschen 'j Starke Abänderungen im gesamten Habitus von Pflanzen sind auch bei Einwirkung von Chemikalien auf quellende Samen zu erreichen. So hat Dewitz (1913) Samen von Gurken in 0,5% Borsäure angequollen und aus den zur Keimung kommenden Samen stark modifizierte Pflanzen erhalten. Vor Pflanzen aus unbe- handelten Samen zeichneten sie sich durch niedrigen Wuchs und das Fehlen der Neigung zum Kriechen aus. Sie bildeten gewissermaßen Zwergpflanzen mit sehr großen und asymmetrischen Blättern. Ob diese Abänderungen auch auf die Nachkommen übertragen werden, wurde leider nicht untersucht, ist aber wohl wenig wahrscheinlich. Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. 29 Versuchen die Injektionsflüssigkeit nicht in den Embryosack einge- drungen zu sein, sondern nur die um die Mikropyle der Samenan- lagen gelegenen Zellen imprägniert zu haben. Eine direkte Beein- flussung der Elemente des weiblichen Gametophyten und insbe- sondere der Eizelle würde also nicht stattgefunden haben. Dagegen könnten die Pollenschläuche bei ihrem Wachstum in die Mikropyle mit den injizierten Elementen in Berührung gekommen sein und es wird sich, ein positives Ergebnis der Versuche als richtig ange- nommen, wahrscheinlich um eine Beeinflussung der Sperma- kerne durch die injizierte Lösung handeln. Immerhin ist ein weiterer Ausbau dieser Methode^) und speziell auch eine Auswahl der Untersuchungsobjekte denkbar, welche eine direkte Beeinflussung der generativen Zellen in der Samenanlage während der ver- schiedensten Stadien ihrer Entwicklung möglich machen würde. Auch bei den Moosen und vielen Pteridophyten sind die Größen- und Stellungsverhältnisse der Geschlechtsorgane einer direkten Beeinflussung nicht günstig. Die mit der Sporen- bildung verknüjjfte Reduktionsteilung findet, wie bei den Angio- spermen, im Inneren geschlossener Organe statt, deren Entwicklungs- stadium ohne Störung der weiteren Entwicklung wiederum nur an- nähernd bestimmt werden kann. Bei den meisten Thallophyten dagegen, bei welchen die Beein- flussung der Fortpflanzungsvorgänge leichter sein dürfte, stehen der Ausführung ausgedehnter experimenteller Untersuchungen noch Schwierigkeiten der Kultur entgegen. Das gilt im besonderen für die marinen Braun- und Rotalgen, von welchen nur an marinen Stationen, und auch dort nur nach Überwindung zahlreicher Schwierigkeiten, eine normale Entwicklung aus befruchteten und beeinflußten Eiern (vgl. Kap. 7, A.) zu neuen, ausgewachsenen und geschlechtsreifen Individuen erreicht werden dürfte. Auch der Ver- wendung einiger in morphologischer Hinsicht günstiger oogamer Süßwasseralgen hätten vorerst vielleicht nicht weniger mühsame Kulturversuche vorauszugehen. Eine Gruj^pe von Pflanzen nun, bei welchen beiderlei Schwierig- keiten überwunden werden können, sind die Characeen. Ihre Vor- züge gegenüber anderen Pflanzen waren zum Teil vorauszusehen. Andere haben sich im Verlaufe meiner seit Jahren im Gange be- findlichen Untersuchungen gezeigt: 1. Zahlreiche Vertreter der Familie lassen sich verhältnismäßig leicht kultivieren und zur normalen Fruktifikation bringen. Da die 1) Neben der Injektionsmethode hat Mac Dougal (1911, S. 249) auch Beein- flussung ganzer Infloreszenzen, also mit Blüten und Samenanlagen verschiedener Entwicklungsstadien, durch Gase und Dämpfe, u. a. mit Brom, zum Teil ebenfalls mit positiven Erfolgen, versucht. 30 Erstes Kapitel. \^ Characeen submerse Wasserpflanzen sind, ist die Anwendung ver- schiedener in der Entwicklungsmeclianik der Zoologen üblichen Methoden bei Versuchen zur experimentellen Beeinflussung der Ent- wicklung ihrer Sexualzellen, der Befruchtungsvorgänge und auch der Keimung der Sporen ohne weiteres möglich. 2. In morphologischer Hinsicht sind die Characeen zu solchen Ver- suchen durch Anordnung, Bau und Größe der Sexualorgane (Fig. 8) vortrefflich ge- eignet. Die Ei- zelle der Chara- ceen gehört zu den größten Ei- zellen desPflan- zenreichs.Sieist vom Außenme- dium nur durch eine Hülle sjiira- lig gewundener Hüllschläuche (zur Zeit der Be- fruchtung nicht einmal vollstän- dig) getrennt, also verhältnis- mäßig leicht be- einflußbar. Gre- genüber ande- ren wasserbe- wohnenden Al- gen (im beson- deren den für künstliche Par- thenogenese sonst offenbar günstigen Faca- besonderen Größe über das Ver- Fig. 8. Fertiles Blatt und medianer Längsschnitt durch einen fertilen Blattknoten von Ohara fragilis. A oh Oogonium (Eiknospe) mit c Krönchen, v Wendezelle, no Knotenzelle, po Stielzelle; a Antheridium mit na Basilarknoten- zelle, j) Stielzelle, m GrifFzellen, an deren zentral aufsitzenden Köpfchenzellen die spermatogenen Fäden entspiingen. Yergr. 60 1 . i? Fertiles Blättchen mit 4 fertilen Knoten, die je ein Antheridium und ein Oogonium, umgeben von einigen Blättchen, tragen. Vergr. 6/1. Nach Strasburger (1913, S. 315. Fig. 305,^ u B). ceen) liegen die Vorzüge der Characeen in der der Eizelle und in der leichten Übersicht hältnis und das Vo rkommen der beiderleiSexualorgane. 3. Die Befruchtung hat die Umwandlung der dünnwandigen Eizelle in eine Dauerzelle mit dicker und dunkel gefärbter Membran zur Folge. Eintritt und Ausbleiben der Befruchtung, ebenso die Wirkung eines dieselbe ersetzenden Reizes wird durch das Eintreten oder Ausbleiben der Membranbildung an der Eizelle schon von bloßem Auge deutlich sichtbar, ohne daß eine mikro- Vorkommen und Wesen von Parthenoffenesis usw. im Pflanzenreich. 31 skopische Untersuchung und damit ein störender Eingriff in die Kultur notwendig ist. 4. Die Diözie einzelner Arten und die leichte Unterscheidbar- keit der männlichen und weiblichen Pflanzen im fertilen Zustande geben die Möglichkeit, durch I n d i v i d u a 1 k u 1 1 u r e n in einfachster Weise jede ungewollte Befruchtung oder Kreuzung auszuschließen. Es bieten daher die diözischen Arten sowohl für Versuche über künstliche Parthenogenese als für künstliche Bastar- dierung besonders günstiges Material. Die europäische Characeen- flora weist zudem nicht weniger als elf diözische Arten auf, von denen namentlich die acht diözischen Ohara Axien ziemlich weit verbreitet und verhältnismäßig leicht zu beschaffen sind. Fig. 9. Sporenbildung an parthenogenetischen Pflanzen von Ch. crinita aus Praestö. a Scheitel eines Oogoniums mit Oospore aus dem zweituntersten fertilen Quirl des in Fig. 18a dargestellten Sprosses, h dickwandige Spore und b^ in Bildung begriffene Spore aus dem zum Teil dunkle Sporen und noch helle Oogonien führenden Blattquirl desselben Sprosses, e junges Oogonium mit noch dünnwan- diger Eizelle aus dem nächstfolgenden Quirl. Ein deutlicher Halsteil kommt während der ganzen Entwicklung von Oogonium und Partheno- spore nicht zur Ausbildung. Vergr. 87/1. Abgesehen von den bereits aufgezähltenVorteilen erfüllt die genannte Pflanzengrujjjje auch deswegen alle Anforderungen, welche an ein Unter- suchungsobjekt für aussichtsreiche Versuche zur Feststellung der Bedingungen für das Eintreten künstlicher und habituell natürlich erParthenogenese zu stellen sind, weil sie in (7/«/ra crm/to einen altberühmten, ja eigentlich den ersten sicheren Fall von Partheno- genesis im ganzen Pflanzenreich aufweist (vgl. Fig. 9). 32 Erstes Kapitel. So liefert diese Pflanzengruppe wirklich ein ausgezeichnetes Unter- suchungsniaterial für experimentelle Studien über Variabilität undVererbung, sowie zuUntersuchungen über experimentelle Parthenogenesis. Eine der im Gange befindlichen Untersuchungen hat, wie schon einleitend erwähnt wurde, zu einem unerwarteten Auf- schluß über das Wesen der Parthenogenesis von Chara crinita geführt und ist zum Ausgangspunkt dieser Studie über die Ursache der habi- tuellen Parthenogenesis und Apogamie im Pflanzenreich geworden. 4. Zusammenfassung. 1. Isogame und eine kleinere Anzahl heterogamer Thallophyten zeigen unter bestimmten Kombinationen der Außenbedingungen ge- legentliche (fakultative) Parthenogenesis. In denselben und anderen Verwandtschaftskreisen von Thallophyten verhältnismäßig niederer Organisation ist für einzelne Formen auch habituelle (konstante) Par- thenogenesis, als einzige Art der Fortpflanzung, festgestellt worden. Eine vielfach als Parthenogenesis bezeichnete Art der Fortpflan- zung, Entwicklung von diploidkernigen Eizellen ohne Befruchtung, ist bei Angiospermen stark verbreitet und auch bei Pteridophyten ist die geschlechtliche Fortpflanzung vielfach durch denselben oder andere im Effekt ähnliche apomiktische Fortpflanzungsvorgänge er- setzt. Sämtliche Fälle spontaner Eientwicklung bei Angiospermen und Pteridophyten sind charakterisiert durch den Ausfall der Chrom OSO menreduktion bei der Teilung der Kerne in den Sporenmutterzellen und damit des bei den normalgeschlecht- lichen Arten mit dem Generationswechsel verbundenen Wechsels in der Chromosomenzahl. Geschlechtliche und ungeschlechtliche Generation der parthenogenetischen Angiospermen weisen dieselbe unreduzierte Chromosomenzahl auf. Obligate Keimbildung aus vegetativen Zellen des Gameto- jDhy ten (Apogamie), sowie die Erscheinungen der Aposporie (Bildung eines in der Regel apogamen Gametophyten aus Zellen des Sporo- phyten) sind ebenfalls mit dem Ausfall der Reduktionsteilung verknüpft. Sämtliche Arten mit habitueller Parthenogenesis und Apogamie bei Angiospermen und wahrscheinlich auch bei Pteridophyten weisen mindestens die Chromosomenzahl des Sporophyten nächstverwandter geschlechtlicher Arten auf. Parthenogenesis und Apogamie sind somatisch (nach Winkler) oder diploid (nach Hartmann). Als Vorgänge generativer Parthenogenesis, sj^ontaner Ent- wicklung haploider Gameten oder Eizellen, gelten vor allem die Sporen- bildung aus nicht kopulierenden Isogameten, die Fälle induzierter Parthenogenesis bei wenig ausgeprägter Heterogamie, bei Formen mit typischer Oogamie die Sporenbildung einzelner Saprolegniaceae und vor allem von Chara crmita. Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. im Pflanzenreich. 33 2. Bei Pflanzen mit schwacli akzentuierter Sexualität und fakul- tativer Kopulation wird der Eintritt parthenogenetisclier Entwicklung durch bestimmte Kombinationen der Außenfaktoren veranlaßt. Habituelle Parthenogenesis und Apogamie bei Archegoniaten und Samenpflanzen sind vielfach als Weiterentwicklung der fakulta- tiven Parthenogenesis aufgefaßt und es ist als Ursache ihrer Auslösung das Eintreten chemisch-physikalischer Zustandsänderungen in der Umgebung der Eizelle angenominen worden. Als Ursache ihres Auftretens sind ferner vermutet worden: a) Degenerationsvorgänge und Reduktionen infolge besonderer Ernährungsbedingungen (Parasitismus und Saprophytismus), b) kausale Beziehungen zwischen Eintreten der Apomixis und der Chromosomenzahl der Kerne, a) Ausbleiben der Chromosomenreduktion und Diploidie der Gametophyten und der Eikerne, ß) eine im Verhältnis zu geschlechtlich gebliebenen Verwandten erhöhte Chromosomenzahl, c) Schwächung oder gänzlicher Verlust der Sexualität, Erschwe- rung der Befruchtung infolge Diözie, d) kausale und genetische Beziehungen zwischen PolymorjDhismus und Apomixis sowie Entstehung beider infolge Mutation. Die Einigung auf eine Hauptursache ist bisher noch nicht er- folgt und verschiedene Forscher, u. a. auch Strasburger, haben durchaus an der Möglichkeit verschiedenen Ursprunges der Apogamie festgehalten. 3. Versuche zur experimentellen Erzeugung habitueller (erb- licher) Parthenogenesis und verwandter Erscheinungen sind noch nicht ausgeführt. Eine aussichtsreiche Arbeitshypothese ist unter den bisher geäußerten Vermutungen und Hypothesen über die Ur- sache der Parthenogenesis und Apogamie nicht vorhanden. Als ein gangbarer Weg zur Erreichung dieses Zieles erschien die Ausdehnung der bisherigen Untersuchungen über künstliche Parthenogenesis im Pflanzenreich, speziell in solchen Verwandtschafts- kreisen, welche Beisj)iele natürlicher Parthenogenesis aufweisen. Wie in der zoologischen Technik werden auch bei der künst- lichen Entwicklungserreguug pflanzlicher Eizellen vor allem Tempe- raturänderungen, mechanische, chemisch-jDhysikalische Reize aus- lösend wirken. Bei Samenpflanzen, Pteridoj^hyten und Moosen stehen der direkten Beeinflussung der Sexualzellenbildung, der funktionsfähigen Sexualzellen, ihr es Vereinigungsprozesses und der Entwicklung des Vereinigungsproduktes schwer zu bewältigende Hindernisse morphologischer Natur entgegen. Krnat, Bastardierung'. 3 34 Erstes Kapitel. Vorkommen und Wesen von Parthenogenesis usw. Anwendung und Erfolg der Mac Dougal'schen Injektions- methode bei Samenpflanzen sind unsiclier, vor allem wegen der Schwierigkeit, das genaue Entwicklungsstadium der zu beeinflussenden Zellen festzustellen und im Experiment den Einfluß der zur Ver- wendung kommenden Reizmittel qualitativ und quantitativ zu re- gulieren. Bei zahlreichen Thallophyten ist die Beeinflussung der Fort- pflanzungsvorgänge verhältnismäßig leicht, doch stehen der Aus- führung ausgedehnter exj^erimenteller Untersuchungen Schwierig- keiten der Kultur entgegen. Günstige Untersuchungsobjekte für Versuche über künstliche Parthenogenesis, für die Erforschung der Ur- sache der habituellen Parthenogenesis und für Versuche über künst- liche Bastardierung sind die Characeen. Ihre Vorteile sind: a) Leichte Kultivierbarkeit und Möglichkeit vegetativer Ver- mehrung, b) Übersichtlichkeit in Anordnung und Bavi der Sexualorgane, ungewöhnliche Größe der Eizellen, c) Leichte Erkennbarkeit der männlichen und weiblichen Pflanzen diözischer Arten im fertilen Zustande und Möglichkeit, durch Individualkulturen ungewollte Befruchtung und Kreu- zung auszuschließen, d) Eignung zur experimentellen Beeinflussung der Sexualorgane, der Sexualzellen und ihrer Vereinigung, sowie der Sporenbil- dung und S|)orenkeimung unter Anwendung und Variation der Methoden künstlicher Entwicklungserregung und hetero- gener Befruchtung. Zweites Kapitel. Bisherige Untersuchungen und Ansichten über die Par- thenogenesis von Chara crinita. Den Ergebnissen meiner eigenen Untersuchungen schicke ich eine kurze Darlegung des Vorkommens von Chara crinita, der Ent- deckung ihrer Parthenogenesis und der bisherigen Ansichten über deren Entstehung und Wesen voraus. 1. Geschlechtsverhältnisse von Chara crinita und Entdeckung ihrer Parthenogenesis. Das Verbreitungsgebiet von Chara crinita Wcälr. ist weniger ausgedehnt als dasjenige vieler anderer Characeen. Es beschränkt sich auf EurojDa, Teile von Mittel- und Ostasien (Braun 1867, S. 902), Nord- afrika und Nordamerika (Braun und Nordstedt 1882, S. 138). Sie liebt schwach salziges Wasser und findet sich daher vorzugsweise in salzärmeren Meeren, in Sümpfen und Teichen in Meeresnähe und in den stehenden Gewässern von Gegenden mit Salzboden oder Salz- quellen. Ch. crinita ist diözisch, einjährig und im Gegensatz zu vielen anderen Charen nicht imstande, sich durch Bulbillen oder über- winternde Stengelknoten zu erhalten und vegetativ zu vermehren. Sie ist in dieser Hinsicht völlig auf ihre Oosporen angewiesen. Während nun bei anderen diözischen Charen ein geselliges Neben- einandervorkommen der beiden Geschlechter, bald mit leichtem Vor- wiegen der weiblichen Pflanzen (z. B. bei Niiella syncarpa, opnca, capitata), bald der männlichen Pflanzen (z. B. Ch. aspera, cerato- pkylla) beobachtet wird, macht Ch. crinita von diesem Gleichge- wicht in der Hervorbringung der beiden Geschlechter eine auffallende Ausnahme. A. Braun hat schon 1856 in seiner Untersuchung „Über Par- thenogenesis bei Pflanzen" und 1867 (S. 903) die Belege dafür ge- geben, daß an zahlreichen Standorten verschiedener Länder (Italien, Korsika, französische Mittelmeerküste, Meerbusen von Suez, Arabien, Algier, England, Irland, Holland, Deutschland, Ungarn, Däne- mark, in den südlichen Provinzen von Schweden, Finnland usw.) 3* 36 Zweites Kapitel. nur weibliche Pflanzen gefunden worden sind. Er führt an, daß keiner der zahh^eichen Autoren, welche diese Art behandelten, männ- liche Pflanzen beschrieben hat, obschon sich mehrere derselben speziell, aber immer ohne Erfolg, um die Auffindung von männlichen Pflanzen bemüht haben. Braun selbst gelangte bei der Durchmusterung seiner eigenen umfangreichen Sammlungen, zahlreicher fremder Herbarien, sowie bei der Untersuchung lebenden Materials, das er selbst an verschie- denen Standorten, im August 1853 z. B. in den neben dem Mansfelder Salzsee gelegenen Salzsümpfen bei Wansleben gesammelt hatte, oder das ihm zugeschickt worden war, ebenfalls zu einem negativen Re- sultat. So berichtet er u. a. über die Untersuchung eines reichen Materials von Ch. crinita, das ihm seine Söhne aus dem "VVamper "Wiek bei Stralsund frisch nach Hause gebracht hatten, (1. c. S. 348): ^Ch. crinifa wächst dort in unsäglicher Menge, gemischt mit ('hara cispera und spärlicher ToJyjjeUa nidifica, und zwar in allen Abstufungen von den kleinsten ^ — 1^2" hohen Formen am Ufer bis zu den fuß- langen in größerer Tiefe. Auch hier waren, besonders an den kleinen Formen, die unreifen Sporangien schön rot und die Pflanzen, ob sie gleich zum Teil auch schon schwarze Sporangien hatten, waren nicht so weit vorgerückt, daß man hätte annehmen können, die männlichen seien schon abgefallen oder die männlichen Pflanzen schon abgestorben. Unter der großen Masse dieser ExemjDlare war auch nicht ein einziges männliches zu finden, während die gesellig damit vorkommende Ch. aspera männliche und weibliche Exemplare zeigte, von denen die ersteren etwas häufiger zu sein schienen, als die letzteren." Trotzdem ist Braun der Nachweis gelungen, daß diese lokal eingeschlechtlich auftretenden Pflanzen einer diözischen Art ange- hören. Auf Grund spärlicher, einander teilweise widersprechender Literaturangaben und eigener Untersuchung kritischer Exemplare fremder Sammlungen, konnte er zeigen, das Ch. crinita in Wirklich- keit doch beide Geschlechter besitzt. Er fand männliche Pflanzen, die mit der weiblichen Ch. crinita im morphologischen Aufbau sicher zusammengehörten, entweder allein oder zusammen mit weiblichen Pflanzen in Proben getrockneter Charen von vier, allerdings weit auseinander liegenden Standorten, nämlich von Gurjew am kaspischen Meere, von Hermannstadt in Siebenbürgen, Piräus bei Athen und Courteison bei Orange in Südfrankreich. Nach diesen Befunden schien es ihm gewiß, daß es einzelne Lokalitäten gebe, an welchen Ch. crinita heidie Geschlechter hervorbringe, während sie offenbar gerade in denjenigen Gegenden, wo sie am reichlichsten wachse, nur eingeschlechtlich und zwar weib- lich erscheine. Da nun trotz des Fehlens männlicher Pflanzen an Bisherige Untersuchungen an Chara crinita. 37 allen übrigen Standorten, im besonderen an den zahlreichen Stand- orten des nördlichen Europa, die weiblichen Exemplare von Ch. crinita ebenso reichlich Oogonien und in diesen reife Sporen bilden wie andere Characeen, diese Sporen keimen und wiederum weibliche Pflanzen erzeugen, schloß Braun weiter, daß sich diese Charaart an den meisten Standorten parthenogenetisch fortpflanzen müsse. 2. Ergebnisse von Kulturversuchen mit Chara crinita. Gegen die Richtigkeit der indirekten Beweisführung A. Brauns für das Vorkommen von Parthenogenesis bei Ch. crinita ist meines Wissens in der Literatur nur einmal, von Clavaud (1878), Op- position gemacht worden. Seine Studie „Sur la pretendue Partheno- genese du Chara crinita'''' ist nicht leicht zugänglich. Sie blieb den meisten Charologen offenbar unbekannt und findet sich auch in den späteren Diskussionen über die Parthenogenesis von Cha7'a crinita niemals zitiert. Da sie immerhin eine ganze Anzahl beachtenswerter Beobachtungen und Angaben enthält, die bei der weiteren experi- mentellen Forschung berücksichtigt werden müssen, sei hiermit etwas eingehender auf dieselbe verwiesen. Clavaud, der sich auch in späteren Mitteilungen als sorg- fältiger Beobachter und gründlicher Kenner der Characeen ausgewiesen hat, geht in dieser Studie davon aus, daß die Geschlechterverteilung bei den Characeen im Gegensatz zu älteren Angaben in der Literatur^) keine absolut invariable sei. Dafür sprechen ihm eigene Funde von Individuen monözischer Arten, die eine deutliche Tendenz zur Diözie aufwiesen und anderseits mehrerer diö zisch er Charen und Nitellen, bei denen bisweilen beide Geschlechter in unregelmäßiger Verteilung auf demselben Stocke gefunden wurden. Es liegen also nach seinen Feststellungen bei verschiedenen Characeen ähnliche Verhältnisse vor, wie sie längst für diözische höhere Pflanzen, wie Mercnrialis, Bryonia, Cajmabis usw. bekannt waren. Er schließt daraus, daß das völlige Fehlen männlicher Stöcke keineswegs die Annahme parthenogenetischer Entwicklung der Sporen von Ch. crinita notwendig mache, sondern wahrscheinlich auch bei dieser Art an weiblichen Stöcken neben Oogonien vereinzelte Antheridien vorkommen möchten. Bei der großen Spermato- zoidenzahl, welche von einem einzigen Antheridium gebildet werde, sei damit die Möglichkeit zur Befruchtung einer größeren Oogonienzahl ^) A. Braun schrieb noch 1867 (S. 793): „Meine bisherigen Erfahrungen haben mir bei keiner einzigen Art dieser Familie ein Schwanken in der Verteilung der Geschlechter (Monözie oder Diözie) gezeigt, ich habe daher monözische und diözische Formen ihrer Beständigkeit wegen niemals derselben Hauptart zugeteilt, wiewohl dadurch zuweilen im Übrigen äußerst ähnliche Aiten (wie z. B. die monö- zische Nitella flexilis und die diözische N. opaca) getrennt werden." 38 Zweites Kapitel. geliefert. Diese vereinzelt auftretenden Antheridien sind nach seiner Ansicht Braun entgangen. In dieser Annahme glaubt er sich dar- auf stützen zu können, daß auch die Fort|)flanzungserscheinungen der von Braun für parthenogenetisch gehaltenen Caelebogyne seither ebenfalls eine andere Erklärung gefunden hätten. Weiter führt Clavaud aus, daß auch den einjährigen Characeen außer der sexuellen Reproduktion und der nur bei einigen Arten vorhan- denen stärkereichen Bulbillen eine reichliche Vermehrung durch erhalten bleibende basale Stengelknoten und Vegetationsspitzen mög- lich sei. So kommt er zum Schlüsse, daß Ch. crinita aller "Wahr- scheinlichkeit nach sich nicht nur durch das Mittel der Sporen vermehren könne und daß überdies bei der Bil- dung der Sporen Befruchtung der Eizellen wohl durch Spermatozoiden überzähliger Antheridien ermöglicht sei, welche ausnahmsweise auf weiblichen Pflanzen zur Ausbildung kämen. Clavaud gibt selbst an, Ch. crinita niemals lebend gesehen zu haben. Seine Opposition gegen die Braun sehen Angaben gründet sich ausschließlich auf Beobachtungen an anderen Characeen, Diese stimmen fast in allen Punkten mit Wahrnehmungen überein, die ich ohne Kenntnis der Clavaudschen Arbeit völlig unabhängig im Verlaufe von 15 Jahren ebenfalls an mehreren Characeen gemacht habe und auf welche in anderem Zusammenhange wohl noch zu- rückzukommen ist. Diese Wahrnehmungen waren geeignet, Zweifel an der Parthenogenesis von Ch. crinita aufkommen zu lassen. Den- noch haben sich die Schlußfolgerungen Clavauds und seine ener- gische Ablehnung der Beweisführung Brauns als unrichtig er- wiesen und gezeigt, welch mißliche Sache im allgemeinen Ana- logieschlüsse auf dem Gebiete der Biologie sind. Übrigens hat Clavaud auch übersehen, daß wenige Jahre vor seiner eigenen Publikation bereits Mitteilungen de Barys erschienen waren, die eine wesentliche Ergänzung der Braun sehen Angaben enthielten und weitere Zweifel an deren Richtigkeit fast völlig aus- schlössen. Schon 1872 hatte de Bary in der Sitzung der botanischen Sektion der 45. Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte zu Leipzig (vgl. 1872, S. 737) aus Sporen erzogene Exemplare von Ch. crinita vorgezeigt und über deren Ursprung die nachfolgen- den Angaben gemacht: „Im salzigen See (bei Halle) gesammelte Individuen waren sämtlich weiblich. Eins wurde isoliert in einem Glase gehalten, und fruktifizierte reichlich, ohne Spuren von Anthe- ridien zu zeigen. Aus den Sporen erwuchsen Pflanzen, die jetzt in Vegetation vorgezeigt wurden. Die Keimung erfolgte unter normalen Erscheinungen. Einzelne begannen am dritten oder vierten Wirtel Bisherige Untersuchungen an Ohara crinita. 39 bereits zu fruktifizieren ; die Sporen nahmen wieder die normalen Eigentümlichkeiten an." Daß bei diesem Kulturversiich de Barys besonderes Gewicht auf die Feststellung eventuell vor- handener männlicher Pflanzen oder einzelner Antheridien gelegt worden ist, geht aus den Schlußsätzen des kurzen Refe- rates hervor: „Man könnte vermuten, daß die männlichen Pflanzen sehr unscheinbar sind ; allein auch darauf gerichtete Untersuchungen durch Kultur ergaben ein negatives Resultat. Auch ein Verdacht hybrider Befruchtung durch andere Arten war hier ausgeschlossen, und es blieb somit nur die Annahme einer parthenogenetischen Zeugung übrig." In seiner Untersuchung „Zur Keimungsgeschichte der Charen", kommt de Bary (1875, S. 379) nochmals eingehend auf die par- thenogenetische Entwicklung von Ch. crinita zurück. Er stellt fest, daß die Oogonien dieser Art an denselben Orten entstehen und ihre Entwicklung genau die gleiche ist wie bei den anderen monözischen und diözischen Arten der Gattung. Wie die Oogonien anderer Arten vor der Befruchtung bilden diejenigen der Ch. crinita vor der Reifung der Sporen 5 Halsspalten, welche zwar klein blieben, aber nicht kleiner seien als z. B. diejenigen von Ch. scoparia. Ferner betont er, „daß die Reifung der Oosporen an isoliert kultivierten weiblichen Pflanzen, welche bei genauer, andauernder Kontrolle weder eine Spur von Antheridien zeigen, noch irgendwelche antheridientragende Pflanzen zu Nachbarn haben, in der ausgiebigsten Weise stattfindet. Man kann ohne Übertreibung behaupten, daß, auch in guter Kultur, so gut wie keine Oospore fehlschlägt. Die im Freien wachsende weib- liche Pflanze ist fruchtbarer als irgendeine ihrer Gattungsgenossen". Ausschlaggebend aber sind für seine Stellungsnahme im besonderen die Ergebnisse seiner Keimversuche. „Die an den isoliert und unter strenger Kontrolle kultivierten weiblichen Pflanzen gereiften Oosporen erwiesen sich als keimfähig. Von den am 9. Juli 1871 isolierten Pflanzen wurden am 10. November reife Oosporen abgenommen. An- fangs April keimten sie, und erzeugten normale Stöcke, deren erster Stengel oft schon auf seinem ersten Wirtel Oosporen trägt. Die Keimungserscheinungen sind an diesen ohne Befruchtung erzeugten Oosporen genau die gleichen wie an geschlechtlich erzeugten anderer Spezies." So kam auch de Bary zum Schluß: „An dem wirklichen Stattfinden einer Parthenogenesis, d. h. der Entwicklung einer unbefruchteten weiblichen Sexualzelle zum normalen, einem sexuell erzeugten gleichen Keime kann hier nicht der leiseste Zweifel bestehen". Die beiden Mitteilungen de Barys von 1872 und 1875 sind jedenfalls Clavaud 1878 noch nicht bekannt gewesen und nur unter der Annahme, daß sie ihm auch später nicht bekannt geworden 40 Zweites Kapitel. sind, ist es zu verstehen, daß er 1884 nochmals energisch gegen die Annahme einer parthenogenetischen Entwickkmg von Ch. crinita Stelhing genommen hat. Er geht wieder von der Tatsache aus, daß zahlreiche andere diözische Pflanzen als Parthenogenesis verdächtig gegolten hätten, wenn bei völliger Abwesenheit männlicher Stöcke an weiblichen Pflanzen vollkommene und normale Fruchtbildung fest- gestellt worden sei. In einem nach dem anderen dieser Fälle sei schließlich erkannt worden, daß die Befruchtung durch vorher un- bemerkt gebliebene männliche Blüten ermöglicht werde, die auf den weiblichen Stöcken selbst entstehen. In bezug auf die Fortpflanzungs- verhältnisse der Characeen erinnert er wieder daran, daß er mit Ge- wißheit bei verschiedenen Ohara- und Nitella-Arten völlig normale Antheridien in kleinerer Anzahl auf weiblichen Stöcken festgestellt habe und er schließt, „Si nos Characees indigenes dioiques presen- tent j)arfois des antheridies bien constituees sur les individus fe- melles, il n'y a pas de raison pour qu'il n'en soit pas de meme du Ch. crinita, dont la pretendue ^Parthenogenese s'exjjlique des lors de la meme facon que celle de la Courge, du Chanvre, de la Mercuriale et, en un mot, des diverses j)lantes dioiques qui ont ete soup9onnees de Parthenogenese." Ich wäre in dieser geschichtlichen Darlegung der bisherigen Forschungen an Ch. crinita nicht so eingehend auf die Anschauungen von Clavaud eingetreten, wenn sich nicht im Verlaufe meiner Unter- suchungen ergeben hätte, daß die von ihm mitgeteilten Tatsachen für das weitere Studium der Parthenogenesis bei Characeen von ge- wisser Wichtigkeit sind. Ferner hat sich gezeigt, daß der erste Teil seines letzten Analogieschlusses, die Annahme eines ausnahms weisen Vorkommens von Antheridien an weiblichen Pflanzen auch für Ohara crinita nicht absolut unzutreffend ist, dagegen für die Be- urteilung der natürlichen Parthenogenesis dieser Art nicht in Betracht kommt und auch in keiner Weise der Richtig- keit der von Braun und de Bary gemachten Beobach- tungen und Angaben Abbruch tut. Diese sind übrigens noch zu wiederholten Malen für Pflanzen von Standorten in Nordeuropa bestätigt worden. Ergebnisse weiterer sorgfältiger Kulturversuche teilt Migula (1897, S. 357) mit. Er hat die parthenogenetische Sporenentwicklung über zwei Generationen hinaus verfolgt. „Die im November 1888 ausgesäten Kerne waren nach viermonatlicher ßuhe gekeimt, im Mai zeigten sich schon an den jungen Pflänzchen Sporenknöspchen von anfangs gelbroter, später leuchtend roter Farbe. Die elf in einem größeren Gefäß befindlichen Pflanzen waren sämtlich weiblich und da ihre Entwicklung von der Keimung bis zur Sporenreife ver- folgt wurde, war auch jede Möglichkeit ausgeschlossen, daß irgendwo Bisherige Untersuchungen an Ghara crinita. 41 männliche Pflanzen oder männliclae Organe auftraten. Nichtsdesto- weniger bildeten die Sporenknöspchen eine Hartschale aus, begannen sich schwärzlich zu färben und fielen nach und nach von Mitte August an ab. Mitte Oktober, also zeitiger als an ihren natürlichen Standorten, waren die Pflanzen vollständig zerfallen und keine Spur von Wurzelknöllchen oder lebensfähigen Stengelknoten war übrig- geblieben. Die abgefallenen Sporenknöspchen zeigten vollständig ausgebildete Kerne mit schwarzer Hartschale; sie wurden sorgfältig herausgenommen und in ein zweites Gefäß mit gleicher Salzlösung gebracht. Die Kerne, die sich also hier tatsächlich ohne jede Be- fruchtung ausgebildet haben mußten, keimten nichtsdestoweniger zum weitaus größten Teil aus und entwickelten wiederum nur weib- liche Pflanzen, welche im Herbst 1890 wieder entwicklungsfähige Kerne brachten." Durch diese Versuche, zu denen er zwei verschiedene Formen von Ch. crinita, von der Insel Usedom und von dem „Loch an der Wester|)latte" benutzte, dürfte, schließt Migula, „die partheno- genetische Entwicklung der Ch. crinita wohl außer Frage stehen und auch überall für diejenigen Orte ihres Vorkommens anzunehmen sein, wo männliche Pflanzen bisher nicht aufgefunden wurden, also für ganz Deutschland, Skandinavien, Italien, den größten Teil Frankreichs und Österreich -Ungarns." Ob weitere Beispiele habitueller oder gelegentlicher Par- thenogenesis unter den übrigen diözischen Characeen vorkommen, ist noch nicht bekannt. Daß habituelle Parthenogenesis bei ein- zelnen diözischen Arten nicht vorkommt, ist dagegen durch die von Migula (1897, S. 50) mit Xitella capitata angestellten Versuche festgestellt. 3. Bisherige Untersuchungen und Hypothesen zur Kenntnis von Wesen und Ursache der Parthenogenesis von Chara crinita. Die Vorstellungen, die man sich bis jetzt auf Grund des Vor- kommens, der Standortsverhältnisse und der Kulturversuche über das Wesen und die Ursache der Parthenogenesis von Ch. crimta gemacht hat, gehen ganz allgemein dahin, für Ch. crinita ähn- liche Beziehungen zwischen Parthenogenesis und ökologi- schen Bedingungen anzunehmen, wie sie für eine Anzahl fakultativ parthenogenetischer Algen nachgewiesen wor- den sind. Es ist daher verständlich, daß auch Oltmanns im allge- meinen Teil seines vortrefflichen Algenbuches (II. 1905, S.257) die Par- thenogenesis von Chara crinita mit derjenigen der anderen Algen im iVbschnitt „Abhängigkeit der Fortj)flanzung von der Außen- welt" bespricht und dabei besonders eingehend die Analogie in 42 Zweites Kapitel, den Fortpflanzungsverhältnissen von Ch. crinita und der CuÜerien liervorliebt. Es sei gestattet an dieser Stelle, statt auf die Original- literatur selbst einzutreten, diesen Vergleich nach der Oltmann- schen Zusammenfassung durchzuführen. Cutler ia zeigt an südlichen Standorten, wie z. B. in Neapel, nach den Untersuchungen von Reinke (1878) und Falkenberg (1879) normale Befruchtung. Fig. 10. (rametenbildung und Befruchtung bei Cutleria muUiftda nach Thuret, Reinke und Falkenberg. 1 weibliche Gametangien (Oogonien), 2 männliche Gametangien (Antheridien), 3 Mikrogameten (Spermatozoiden), 4 be- wegliche Makrogamete, 5 zur Ruhe gekommene und abgerundete Makrogamete (Ei), im Momente der Befruchtung. Aus Oltmanns (1904. 1. S. 470, Fig. 286). Das Verhältnis der weiblichen und männlichen Pflanzen ist dort von Reinke als 2:3 festgestellt worden. Nach den Unter- suchungen Thurets (1850 und 1851) ist an der französischen Küste sowohl Weiterentwicklung befruchteter und unbefruchteter Gameten möglich. An der Küste Englands dagegen treten nach neueren Befunden männliche Pflanzen nur im August und auch dann nur ganz spärlich auf, in den übrigen Monaten des Jahres werden sie überhaupt nicht gefunden. Die weiblichen Exemplare sind da- gegen sehr reichlich vertreten und die entleerten Eier keimen fast alle ohne Befruchtung. Eine Analogie zwischen Cutleria und Bisherige Untersuchungen an Ohara crinita. 43 Ch. crinita wird nun darin gesehen, daß auch letztere im Norden unseres Kontinentes nur in weiblichen Exemplaren gefunden wird, an denen trotzdem die Eiknospen ausreifen, während an gewissen Standorten Südeuropas wiederum antheridientragende Exemj^lare in nennens- werter Menge vorkommen, so daß hier einer Befruchtung nichts im "Wege stehen dürfte. In anderer Hinsicht weichen die parthe- nogenetischen Vorgänge bei Cuileria und Chara, wie Oltmanns ausführt, von denjenigen bei den niederen Grünalgen ab. Es han- delt sich bei ihnen nicht um eine Hemmung der sexuellen Tätigkeit zweier vorhandener Gameten, sondern um die Beseitigung oder Nichtausbildung des einen Geschlechtes. „Hierfür äußere Faktoren verantwortlich zu machen, liegt um so näher, als es ja Klebs bei Taucher ia gelang, durch kulturelle Ein- griffe die bevorzugte Ausbildung des einen Geschlechtes herbeizu- führen; allein genauer joräzisiert sind weder für Cuileria noch für Chara jene Faktoren, und wenn Church (1898) glaubt, die Tempe- ratur sei für die erste Gattung das treibende Agens, so ist das wenigstens nicht mit voller Sicherheit erwiesen." So klingen also, meint Oltmanns, „die Befunde an Cuileria und Chara an das an, was Lotsy über Balanophoreen, speziell über B. glohosa berichtet. Von dieser Pflanze fand er überhaujDt keine männlichen Exemplare, und es ist fraglich, ob solche noch existieren. Die Pflanze dürfte „verwitwet'" sein, und es ist durchaus möglich, daß die Cutleria oder Chara einmal dasselbe Schicksal ereilt, es brauchen z. B. nur die relativ wenigen Standorte, welche männliche Pflanzen der Ch. crinita beherbergen, durch Natur oder Menschen- hand zerstört zu werden, um dieses Resultat herbeizuführen". Embryologisch- cytologisch ist Ch. crinita bis jetzt noch nicht untersucht worden. Die Kenntnis der Characeen weist in dieser Hinsicht überhaupt noch beträchtliche Lücken auf. Am längsten und am eingehendsten untersucht sind bis jetzt die Kernteilungsvorgänge verschiedener Chara- und Nitella-Arten. Seit 1880 ist infolge der älteren Untersuchungen von Schmitz (1879, S. 367), Strasburger (1880, S. 194) und Johow (1881) bekannt, daß bei den Characeen in Vegetationsspitze und Knoten Kernteilungen auf karyokinetischem Wege erfolgen und die schon früher bekannt gewordenen, eigentümlichen Amitosen auf die Inter- nodialzellen dieser Pflanzen beschränkt sind. Durch die späteren Untersuchungen von Kaiser (1896), Debski (1897) und Stras- burger (1897 b und 1908) wurde der Verlauf der Mitose in den teilungsfähigen Zellen und die auffällige Übereinstimmung des Kernteilungsvorganges der Charen mit demjenigen der höheren Pflanzen festgestellt. Auch in der Sj)ermatozoidenentwicklung (siehe Fig. 11, S. 44), die seit den ersten Untersuchungen von 44 Zweites Kapitel. Mettenius (1845) zalilreiche Forscher beschäftigt hat und in späterer Zeit im besonderen von Schottländer (1893, S. 288), Guignard (1889 a und b) und Belajeff (1894) studiert worden ist, schließen sich die Characeen ebenfalls an die höheren Formen wie Moose und Pteridophyten an. Die Entwicklung der Oogonien ist in den Haupt- zügen bereits von A. Braun (1853) in seiner bedeutungsvollen Untersuchung „Über die ßichtungs Verhält- nisse der Saftströ- me in den Zellen der Characeen" festge- stellt worden. Die fei- neren cytologischen Verhältnisse sind spä- ter von E. 0 verton (1890) für Nitella sijn- carpa , von Debski (1898) für Ch. fragi- lis und von Goetz (1899) für N. flexüis und Ch. foetida stu- diert worden. An ,,• , . r, . • n i • , , ^1 dessen Erörterungen Flg. 11. öp ermatoz 0 idenent w icklung von G%ara .., ,. -p n , fodida. 1—4 und 6 Stücke spermatogener Fäden in Seiten- ^^^^ '^^^ Bedeutung ansieht, 5, 7-9 spermatogene Fäden im Querschnitt, der sog. Wendezellen 10 freies Spermatozoid, k Kern, pl Plasma, bl Zilien- schließen sich die Ar- bildner (Blepharoplast) , g Geißeln (in der Seitenansicht j^g j^^g^ von Ernst spermatogener Zellen erscheinen dieselben im Querschnitt, /-.rini \ j n i i ^ " , , , n.. • V (1901a) und Goebel also punktiormig). ^ ^ ,. . ^ Nach Belajeff (1894), aus Oltman ns (1905, II, S. 42, (1902) an, die im Ge- Fig. 475). gensatzzu Goetz, der eine Ableitung der Oogonien von den Archegonien der Moose ver- suchte, auf die Analogien zwischen Antheridium- und Oogonium- entwicklung hinwiesen. Sj)eziell von Schenck (1908) ist dann auch noch die Ähnlichkeit der Antheridiumentwicklung von Chara mit der Ausbildung von Sori plurilokulärer Gametangien ge- wisser Braunalgen hervorgehoben worden. Über die Befruchtungsvorgänge bei (%ara und Nitella liegen erst einige wenige Angaben in den Arbeiten von 0 verton und Goetz vor. Die Kernverhältnisse der Zj^goten während der Ruheperiode und namentlich während der ersten Keimungsstadien sind schon oft, aber immer mit geringem Erfolg, gesucht worden. Die Ausbildung der harten und spröden Sporenschale, der große Stärkegehalt der Eizellen setzen diesen Feststellungen bedeutende, Bisherige Untersuchungen an Cliara crinita. 45 nur durch außerordentliche Geduld und Sorgfalt zu überwindende Schwierigkeiten entgegen. Diese Lücke in der Kenntnis des Entwicklungsganges der Zygo- sporen ist auch die Ursache, daß für die Characeen bis in die aller- jüngste Zeit die Feststellung des Ortes und des Verlaufes der ßeduktions- und Tetr adenteil ung ausstand. Ein Generations- wechsel mit verschiedener Chromosomenzahl der Generationen, wie er in neuerer Zeit auch für andere hochorganisierte Algen (Braun- und Rotalgen) nachgewiesen werden konnte, schien bei den Chara- ceen nicht vorhanden zu sein. Ebensowenig wie eine mit Reduk- tion verbundene Sporenbildung konnte in ihrem Entwicklungsver- lauf eine während der Oogonium- und Antheridiumbildung vor sich gehende Reduktionsteilung festgestellt werden, wie es bei Diato- meen, bei Fiiciis und anderen Braunalgen möglich gewesen ist. So haben Debski (1897 und 1898), ebenso Goetz (1899) umsonst nach einer Reduktionsteilung im Verlauf der Spermatogenese und der Oogoniumentwicklung von Cli. fragüis und foetida gesucht. Auch die Bemühungen Strasburg er s (1908, S. 31) blieben bei Untersuchungen an Cli. fragüis und N. syncayya in dieser Richtung- völlig ohne Erfolg. Der Umstand, daß die Kerne, die bei den Charen zur Bildung der Spermatozoiden Verwendung finden, ebensoviel Chromosomen wie die Thalluszellen aufweisen, veranlaßte Strasburger (1897 c, S. 413) zur Vermutung, daß sich bei Chara die Zahlenreduktion der Chromosomen sehr frühzeitig vollziehe und vielleicht der „Vorkeim" der Charen die diploide Chromosomenzahl führe. Damit kam er gewissermaßen auf eine Vorstellung zurück, welche schon 1878 durch Vines (vgl. Bonnet 1914, S. 2) entwickelt worden war, der Coleo- chaete und Chara im Gegensatz zu allen anderen Thallophyten einen richtigen Generationswechsel nach Art desjenigen der Moose zuschrieb, in welchem er den Proembryo (Vorkeim) von Chara dem Moossporogonium, also der diploiden Sporophytengenera- tion, homolog setzte. Aus morphologischen Gründen, auch wegen des völligen Mangels einer Bildung ungeschlechtlicher Sporen am Vorkeim oder an anderer Stelle der Charen, ist dieser Vergleich unhaltbar. So modifizierte auch Strasburg er in einer seiner spä- teren Arbeiten (1908, S. 38) die früher geäußerte Ansicht dahin, daß die Reduktionsteilune; der Characeen noch früher im Entwich- lungsgang, bei der Teilung des dij)loiden Zygotenkerns statt- finden müsse. Die gleiche Ansicht hat fast gleichzeitig und un- abhängig von Strasburger auch Winkler (1908, S. 310) geäußert. Es gehören die Characeen nach dieser Ansicht, die ich ebenfalls seit langem teilte und die in diesem Jahre in der vorläufigen Mit- teilung von Oehlkers (1916, S. 226) eine Bestätigung gefunden hat, 46 Zweites Kapitel. also zu denjenigen pflanzlichen Organismen, die als selbständige Bionten nur durch die Haploidphase vertreten sind. Ihr haploider Thallus erzeugt Geschlechtsorgane, das befruch- tete Ei liefert die diploide Zygote, welche nach einem mehr- monatlichenRuhestadium bei Beginn der Keimung die durch die Befruchtung verdoppelte Chromosomenzahl wieder auf die einfache Zahl zurückführt. Als Beispiele von Pflanzen, deren Diploidphase in ihrer einfachsten Form nur aus der Zygote besteht, galten bisher nur Chlamydomonadineen, die Conjiigaten, Oedogoniiim und CoJeochaete. Erst in allerneuester Zeit ist gezeigt worden, daß dieser Typus im Pflanzenreich, im besonderen auch bei höher orga- nisierten Algen, wahrscheinlich eine bedeutend weitere Verbreitung besitzt. So hat Svedelius (1915) in seiner eingehenden Studie über Scifiaia furcellata den Beweis erbracht, daß auch bei dieser Pflanze die erste Teilung des dij^loiden Kerns eine Reduktionsteilung ist. Als Resultat derselben entstehen vier Kerne. Er faßt Scinaia als Repräsentant eines besonderen Generationswechseltypus unter den Florideen auf, gekennzeichnet eben dadurch, daß die erste Teilung des diploiden Kerns eine Reduktionsteilung ist. Sämtliche Indivi- duen sind infolgedessen von einer und derselben Art, nämlich monö- zische haploide Geschlechtsindividuen. Svedelius bezeichnet nun Florideen mit diesem Reduktionsteilungs- und Generationswech- seltypus als hajjlobiontisch zum Unterschied gegenüber den diplo- biontischen Florideen, bei denen außer haploiden Geschlechtsindi- viduen auch diploide Tetrasjjoren- Individuen vorhanden sind, deren Reduktionsteilung also, ähnlich wie bei Dict/jota und Cutlerin, auf besonderen Pflanzen stattfindet. Die Characeen gehören, da sie eben- falls nur in einer Lebensform auftreten und ihre Reduktionsteilung sich ebenfalls bei der Teilung des Zygotenkerns absj^ielt, zu den liaj)lobiontischen Pflanzen'). Ausgehend von der Annahme, daß bei den amphimiktisch ge- bliebenen Charen die beiden ersten Teilungsschritte in der keimen- den Spore mit einer Reduktionsteilung verbunden sind, hat schon 1) Obiger Abschnitt ist, wie die einleitenden Kapitel des Buches überhaupt, im Sommer 1915 entworfen worden und hat im Winter 1915/16 seine definitive Fassung erhalten. Die vorgenommene Scheidung des Entwicklungsganges von Chara in Haploid- und Diploidphase ist auch in meiner vorläufigen Mit- teilung über experimentelle Erzeugung erblicher Parthenogenesis (bei der Schrift- leitung der ,, Zeitschrift für induktive Abstammungs- und Vererbungslehre" als Manuskript eingegangen am 30. September 1916) durchgeführt. Sie gründete sich auf dieselben Überlegungen über die Beziehungen zwischen Eeduktionsteilung und Generationswechsel, die ungefähr gleichzeitig und unabhängig voneinander auch Kylin (1916), Renner (1916) und Buder (1916) beschäftigt und zu ihren Mitteilungen über den Generationswechsel der Algen, die Terminologie des Gene- rationswechsels und den Generations-, Phasen- und Gestaltwechsel im Pflanzenreich Anlaß gegeben haben. Bisherige Untersuchungen an Ohara crinita. 47 Winkier (1908, S. 310) die Möglichkeiten diskutiert, die sich hieraus für die cytologischen Verhältnisse und die Entstehung der Parthenogenesis von Ch. crinita ergeben. Er ließ dabei noch unentschieden, ob es sich um somatische oder generative Partheno- genesis handle. Größere Wahrscheinlichkeit kommt nach seiner Ansicht der letzteren Annahme zu, „da nach ihr von allen Zellen nur die Oospore nicht die ihr gebührende Chromosomenzahl besitzt, während nach der anderen Annahme die Oospore als einzige von allen Zellen die normale Chromosomenzahl im Kern hat. Ent- scheidung bringen kann hier wohl nur der Befruchtungsversuch und der Vergleich mit den Chromosomenzahlen der anderen amphimik- tisch gebliebenen Chara- Arten". Angaben über die Chromosomenzahl von Ch. crinita und einiger anderer Charen hat Strasburger (1908) wenig vor dem Erscheinen der Wink 1 ersehen Zusammenfassung publiziert, so daß dieser sie nur noch in einem Nachtrage berücksichtigen konnte. Strasburger hat die Chromosomenzahl j)arthenogenetischer Pflanzen von Ch. crinita an Material aus Kiel zu 18 bestimmt. Die gleiche Zahl fand er auch bei Ch. fragilis. Unter der Annahme, daß die Reduktions- teilung sich beim ersten Teilungsschritt der Characeenzygote voll- ziehe, würde also, meint Strasburger, „Parthenogenesis, wie sie für Ch. crinita angegeben wird, auf nicht allzugroße Schwierigkeiten stoßen. Es braucht nur die Eeduktionsteilung bei der Keimung der Azygote ausgeschaltet zu werden. Für die auszubildende haploide Generation wäre ja die erforderliche Zahl von Chromo- somen da". Strasburger stellte ferner fest, daß die parthenogenetische Ch. crinita und die amphimiktische Ch. fragilis auch in der Größe ihrer Zellen und Kerne übereinstimmen. Ferner zeigten die Oogonien der beiden Arten, sowie die Kerne ihrer Eizellen auf gleichen Entwicklungsstadien dieselbe Größe. Da sonst im all- gemeinen diploide Eier und diploide Kerne apogamer Arten größer sind als die haploiden bei verwandten, sexuell gebliebenen Arten, schloß er, daß die oogonien- tragende Generation von Ch. crinita als haploid zu gelten habe. Der gleichen Ansicht hat sich auf Grund der Stras- burger sehen Befunde auch Winkler (1913) in seiner zweiten Übersicht über die Erscheinungen der „Apogamie und Parthenoge- nesis im Pflanzenreiche" angeschlossen. Er bezeichnet Ch. crinita als einziges sicheres Beispiel von generativer Parthenoge- nesis, also Keimbildung aus einem unbefruchteten Ei, dessen Kern nur mit der haploiden Chromosomenzahl ausgerüstet ist, bei typisch oogamen Pflanzen und fügt hinzu: „Ob eine Befruchtung bei der Pflanze noch möglich ist, ist nicht bekannt, muß aber wohl als 4g Zweites Kapitel. Bisherige Untersuchungen an Chara erinita. wahrscheinlich gelten. Denn es gibt Formen der Ch. erinita, z. B. im Lago di Pergusa bei Castrogiovanni in Sizilien, bei denen männliche Stöcke so häufig sind, daß auf zwei weibliche Individuen ein männliches kommt; das ist wohl nur möglich, wenn Amphimixis eingreift." Die meisten Schlüsse über das Wesen der Parthenogenesis von Ch. erinita basieren auf indirekter Beweisführung, die Annahme generativer Parthenogenesis vor allem auf dem Vergleich ihrer Chromosomenzahl mit derjenigen von Chara fragilis. Die Unter- suchungen, über die im nächsten Kapitel zu berichten ist, haben nun ergeben, daß Strasburger und mit ihm Winkler durch diesen Vergleich in der Deutung der Verhältnisse auf eine unrichtige Fährte gekommen sind. Trotz der Übereinstimmung der Chromosomenzahlen von Ch. fragilis und der parthenogenetischen Ch. erinita liegt bei der letzteren nicht die von Strasburger angenommene echte Par- thenogenesis oder generative Parthenogenesis nach Winkler, sondern, um an dieser Stelle dessen Bezeichnungsweise noch beizu- behalten, somatische Parthenogenesis vor. 4. Zusammenfassung. 1. Die diözische Ch. erinita ist an der großen Mehrzahl ihrer Standorte nur mit oogonienbildenden Individuen vertreten, die Parthenosporen bilden. Durch Kulturversuche mit isolierten Pflanzen solcher Standorte ist die parthenogenetische Entstehung ihrer Sporen, das völlige Fehlen männlicher Organe und damit von Befruchtungs Vorgängen völlig sicher gestellt. 2. Auf Grund des Vorkommens, der Standortsverhältnisse und der Kulturversuche sind für Ch. erinita ähnliche Beziehungen zwischen Parthenogenesis und den ökologischen Bedingungen wie bei fakul- tativ parthenogenetischen Algen angenommen worden, wobei aber, im Gegensatz zu diesen, unter dem Einfluß äußerer Faktoren nicht nur eine Hemmung der sexuellen Tätigkeit vorhandener Ga- meten, sondern die völlige Beseitigung resp. Nichtausbil- dung des männlichen Geschlechtes eingetreten sein soll. 3. Nach den Ergebnissen der bis jetzt vorliegenden entwicklungs- geschichtlich-zytologischen Untersuchungen wird die Parthenogenesis von Ch. erinita als generativ aufgefaßt. Ihre Parthenosporen führen im Kern gleichviel Chromosomen wie die übrigen Zellen der ganzen Pflanze und erfahren bei der Keimung keine ßeduktionsteilung. Befruchtung und damit Zygosporenbildung partheno- genetischer Pflanzen sind noch möglich und bleiben in der Regel nur aus, weil an den meisten Standorten der Pflanze die männlichen Individuen fehlen. Drittes Kaijitel. Ergebnisse eigener Untersuchungen über Amphimixis und Parthenogenesis bei Chara crinita. 1. Das Untersuchungsmaterial. Meine eigenen Untersucliungen an Chara crinita haben schon 1900 begonnen und sind veranlaßt worden durch, die Entdeckung des eigentümlichen Pseudohermaphroditismus bei der diözischen Nitella syncarpa (Ernst 1901a). Das Vorkommen von spermato- genen Fäden im Inneren der Oogonien eines weiblichen Stockes dieser Nitella (Fig. 12, S. 50) gab Veranlassung, bei Chara crinita nach ähnlichen Anomalien und damit nach einer weiteren, bis dahin noch nicht vorausgesehenen Möglichkeit gelegentlicher Befruchtung, einer völligen oder teilweisen Erklärung der so rätsel- haften Parthenogenesis dieser Chara zu suchen. Die Beschaffung von Untersuchungsmaterial von Ch. crinita ist trotz der weiten Verbreitung der Pflanze nicht leicht. Obschon die Characeen in mehrfacher Hinsicht Gegenstand interessanter Unter- suchungen gewesen sind und wohl auch in jedem Universitätslabo- ratorium zu kursorischen Zwecken gehalten oder doch untersucht werden, scheinen nur verhältnismäßig wenige Botaniker über die Characeen -Arten ihres Sammelgebietes genauer orientiert zu sein. So ist Strasburger, der für die Beschaffung des Materiales zu seinen Untersuchungen ausgedehnte Korrespondenzen und die Inan- spruchnahme von Fachkollegen aller Kontinente und Zonen nicht scheute, noch 1908 ausschließlich auf die Untersuchung einer Probe fixierten Materiales angewiesen geblieben, das seinerzeit G. Karsten in Kiel gesammelt und fixiert hatte. Aus diesem Grunde ist es vielleicht nicht ganz unangebracht, wenn ich über meine sich über mehr als ein Jahrzehnt erstreckenden Bemühungen, mir Ch. crinita zu verschaffen, hier etwas ausführlich berichte. Lebendes Material von Chara crinita erhielt ich 1900 und noch- mals 1902 und 1904 durch die gütigen Bemühungen von Konser- vator L. Holtz in Greif swald, einem bewährten Characeenkenner und Bearbeiter der Characeen Neu - Vorpommerns und der Insel Bügen und Usedom (1891). Ernst, BastardieruDg. 4 50 Drittes Kapitel. In den folgenden Jahren verscliaffte mir Dr. Ch. Sonder in Oldesloe, der 1890 mit einer Untersuchung über die Characeen der Provinz Schleswig-Holstein und Lauenburg promoviert hatte und auch später noch eifrig Characeen sammelte, zu wieder- holten Malen neue Sendungen. So habe ich seit 1900 Ch. cri7iita nebst anderen Charen und Nitellen fast ununterbrochen in Kultur gehalten. Fig. 12. P s e u d o - H 0 r m a p h r o d i t i s m u s bei Xitel /a syncarpa. a kurzes Adventivblättchen, ohne Endstrahl. Von den drei scheinbar endständigen Oogo- nien sind zwei vollständig mit spermatogenen Fäden erfüllt; im dritten Oogonium sind von den aus der ersten Wendezelle entstandenen Zellen nur noch zwei vorhan- den, h zentrale Zellpartie aus dem Hüllquirl eines vermännlichten Oogoniums lier- ausjn-ilpariert. k Knotenzentralzelle, tvll zweite Wendezelle, tclll dritte Wendezelle, «7F Eizelle, vi, manubriumartige Zelle, pl: primäre und sk sekundäre Köpfchen. Die spermatogenen Fäden aus 50 — 60 Spermatozoidmutterzellen zusammengesetzt. Aus Ernst (1901 a, Taf. 3, Fig. 32 und 33). Ausgedehnte Kultur versuche für die schon damals geplanten experimentellen Befruchtungsstudien und Untersuchungen über die Variabilität mußten leider der Raumverhältnisse unseres Institutes wegen unterbleiben. Eine Beschränkung auf die Heranzucht des zu morphologischen Untersuchungen notwendigen Materiales war geboten. Einer ßeihe von morphologisch -entwicklungsgeschicht- lichen Arbeiten über den Aufbau verschiedener Chara-Krten aus unserem Institut gehört auch die 1906 von AYitt jjublizierte Arbeit über Chara ceratopJn/lla Wal/r. und Ch. crinita Wcdir. an. iv'achweis von Ampliiniixis und Favthenogenesis bei Ckara crinita. 51 Die Vorgänge der Oogoninm- und Sporenbil- dung, sowie der Sporenkeimung waren in dieser Arbeit nicht in- begriffen. Hier- über war eine besondere Ar- beit in Aussicht genommen, wel- che allerdings in den folgenden Jahren, anderer Studien halber zu wiederholten Malen zurück- gestellt , nicht über das für an- dere Charen be- reits Bekannte hinaus gedieh. Hermaphro- ditische Sexu- alorgane oder normale An- theridien, de- ren gelegent- liches Vorkom- men anden weib- lichen Pflanzen von (1l criiiiia Clavaud ange- nommen hatte, waren trotz wie- derholter und sorgfältiger Un- tersuchung an diesen parthe- nogenetischen Pflanzen aus Norddeutsch- land nicht auf- Fig 13. Cliara cruiita ircW/c. aus N orddeiitsch land. 1 getrocknete Sprosse aus einer am 27. August 19)1 von Greifswald erhaltenen Material- sendung. 2 Sprosse aus einer liellbeleucliteton, 3 ein Sproß einer schwä- cher beleuchteten Laboratoriumskultur, beide vom 15. April 19U5 bis 25. August 1905 aus Stecklingen gewachsen. Auf halbe Größe verkleinert. 4* 52 Drittes Kiipücl. znfinden. So schien schließlich eine Anfklärung über das Wesen der Parthenogenesis von Ch. crhdUi von der Untersuchung der weib- lichen Pflanzen nördlicher Standorte nicht mehr zu erwarten. Mein Bestreben ging also dahin, mir Ch. criniia von einem der wenigen Standorte zu verschaffen, an denen männliche Pflanzen gefunden worden waren. Die Aussichten dazu waren während eines ganzen Jahrzehntes nicht besonders ermutigend. Die vier Standorte, von denen schon A. Braun männliche Pflanzen von Cli. crinita vorgelegen hatten, sind bereits genannt worden. Aus der Umgebung von Guriew am kaspischen Meere hatte Lessing (1834, S. 213) als C^h. Kare/ini n. sp. eine diözische Art beschrieben. A. Braun hat dieselbe dann (1856, S. 348) auf Grrund der Unters achung eines von Lessing stammenden Büschelchens dieser Ohara, das sich aus einem Gemisch weiblicher und männlicher Pflanzen zusammensetzte, als Ch. crinita erkannt. Die Möglichkeit, die Pflanze bei Guriew von neuem, ohne einen unverhältnismäßig großen Kostenaufwand suchen zu lassen, hat sich mir erst in aller- jüngster Zeit eröffnet. Über das Resultat dieser Nachforschungen in der Umgebung von Guriew, in welcher Lessing außer Ch. crinita auch noch eine der Chara ceratophijlla nahestehende Ch. Kirghisormn 71. sp. notiert hat, wird der Zeitumstände wegen erst später zu be- richten sein. Wegen der Beschaffung von Ch. crinita aus dem Piräus bei Athen trat ich 1914 mit Prof. S. Miliarakis in Athen in Verbindung. Er stellte mir, wie auch Privatdozent Dr. N. Monte santos, in liebens- würdiger Weise seine Mithilfe in Aussicht. Das Ergebnis mehrerer Nachsuchungen des letzteren im Piräus und dessen Umgebung führte leider nur zur Auffindung einiger Exemplare von Chara f'oetida, von Ch. crinita war keine Spur zu finden. Auch der Standort von Ch crinita in der Umgebung von Salzburg bei Hermannstadt in Siebenbürgen ist wahrschein- lich eingegangen. Im August 1847 hatte Schur in salzigem Wasser bei Salzburg eine kleine, dichtrasige Form einer diözischen Chara gefunden. Das A. Braun vorliegende Material dieses Standortes konnte nicht völlig sicher bestimmt werden, weil es nur aus männlichen Exemplaren bestand. Immerhin wurde die Pflanze von Braun als Ch. crinita var. transylvanica ad interim bezeichnet. Von Nachforschungen an diesem Standorte schien kein Erfolg zu erwarten, denn Pax berichtet in seinen Grundzügen der Pflan- zenverbreitung in den Karpathen (1908, S. 122), daß er unter Führung eines sach- und ortskundigen Freundes, des Apothekers Henrich in Hermannstadt, auf mehreren Exkursionen vergeblich nach Ciiara crinita gesucht habe. Nachweis von Amphimixis und Parthenogenesis bei CJiara crinita. 53 Nicht viel besser schienen die Verhältnisse zur Materialbeschaffung an dem von A. Braun (1856, S. 349) angegebenen Standort bei Courteison unweit Orange zu sein. Unter den hier vonßequien gesammelten Exemplaren der (li. crinita befand sich ein männ- liches, das mit vorzüglich erhaltenen Antheridien reichlich versehen war, während alle anderen in gewöhnlicher Weise reife und unreife Oogonien trugen. In der neuen Characeenflora von Frankreich gibt Hy (1913, S. 29) für Ch. crinita den von Braun genannten Standort bei Courteison nicht mehr an. Da er weder die Tatsache erwähnt, daß dort di. crinita cS gefunden worden sei, noch sonst über das Vorkommen männlicher Pflanzen berichtet, ist zu schließen, daß auch unter allen anderen seither in Frankreich gemachten Funden dieser Art niemals mehr männliche Exemplare, oder wenigstens nicht in größerer Zahl vorhanden gewesen sein werden. Die Mög- lichkeit, Nachforschungen in Courteison selbst anzustellen oder an- stellen zu lassen, ist in den letzten Jahren nicht vorhanden gewesen. So wären meine Bemühungen völlig resultatlos geblieben, wenn nicht in der neueren Characeenliteratur zwei weitere Standorte von Ch. crinita mit männlichen Pflanzen mitgeteilt worden wären. Diese Standorte sind wiederum ziemlieh weit voneinander abliegend, der eine im ungarischen Tieflande, der andere in Sizilien. Nachdem in der älteren floristischen Literatur (vgl. z. B. Leon- hardi 18(33, S. 181 und Filarszky 1893, S. 122) schon mehrere ungarische Standorte der weiblichen Ch. crinita angegeben worden waren, hat zuerst Kerner (1877, S. 133) zwischen Budapest und Soroksär, in Lachen unterhalb der Gubacs-Csärda Cli. crinita auch mit männlichen Pflanzen gefunden. Offenbar an den- selben Standorten, nämlich in zwei nahe bei einander liegenden Sümj^fen und einem Teich nächst der Gubacser Pußta ist sie bis in die neueste Zeit zu wiederholten Malen von F. Filarszky, z. Z. Direktor der botanischen Abteilung des ungarischen National- museums in Budapest, gesanmielt worden. Er hat Clt. crinita noch an einer größeren Zahl anderer Standorte in der näheren und wei- teren Umgebung von Budapest aufgefunden und dabei die "Wahr- nehmung gemacht, daß an der Mehrzahl dieser Standorte nur die weibliche Form vorkommt. Nur an einigen wenigen weiteren Standorten wurden, gleich wie an denjenigen der G-ubacser Pußta, mit den weiblichen Pflanzen auch männ- liche vereinigt vorgefunden (1893, S. 122). Ungefähr gleichzeitig mit Migula kam Filarszky durch Beob- achtung von Kulturen rein weiblichen Materiales zu Ergebnissen, welche ebenfalls die von den früheren Forschern festgestellte Par- thenogenesis dieser Art bestätigten. Das an einem Standorte aus- gehobene Material ging in der Kultur bald nach der Reife und dem g^ Drittes Kapitel. Abfallen der Oosporen vollkommen zugrunde. Im Frühjahr des folo-enden Jahres füllte sich das Kulturgefäß wieder mit neuen, jungen, aus dem Schlamme hervordringenden Pflänzchen, die alle ohne Ausnahme sich bald als weiblich erwiesen, indem schon nach Erlangung geringer Größe an jeder Pflanze reichlich Oogonien und hernach reife, schwarze Sporen zur Ausbildung gelangten. Dieser Vorgang wiederholte sich während 5 Jahren von Jahr zu Jahr und „auch meine gegenwärtige (1893) ganz reine, leicht und sicher kontrollierbare Kultur kann einzig und allein nur den auf par- thenogenetischem Wege entstandenen Oosporen ihr Dasein ver- danken". Dagegen war es Filarszky bei seinen wiederholten Exkursionen aufgefallen, „daß an solchen Standorten, wo beständig nur weibliche Pflanzen beobachtet wurden, von Jahr zu Jahr immer nur wieder weibliche Pflanzen auftreten, männliche Pflanzen hingegen nicht er- scheinen, wo hingegen weibliche Pflanzen mit männlichen gemischt auftreten, entwickeln sich immer von neuem wieder männliche und weibliche Nachkommen. Diese Erscheinung beobachtete ich schon seit Jahren in der Umgebung von Budapest an verschiedenen von- einander weit entfernten Standorten der Ch. erinita (diesseits und jenseits der Donau) und vielleicht werde ich nicht eben ganz un- begründet folgern, daß männliche Pflanzen der Ch. crinüa nur aus befruchteten Oosporen sich entwickeln, während weibliche Pflanzen aus befruchteten, aber auch aus unbe- fruchteten Oosporen entstehen können". Diese 1893 publizierten Beobachtungen Filarszkys, welche auch in einem Referate von Möbius^) erwähnt worden sind, wären geeignet gewesen, schon längst das ganze Problem der Parthenogenesis von Ch. erinita auf eine neue Basis zu stellen. Die schöne Publikation ist aber in der einschlägigen Literatur, ähnlich den Mitteilungen Clavauds, gänzlich übersehen worden und findet sich auch in Migulas sonst so trefflicher Bearbeitung der Characeen in Rabenhorsts Krypto- gamenflora von Deutschland, Osterreich und der Schweiz weder im allgemeinen Teil noch in der Besjjrechung von Ch. erinita erwähnt. Auf die Entwicklung der bisherigen Kenntnis von Ch. erinita ist diese Mitteilung bis jetzt völlig ohne Einfluß gewesen und ich nuiß gestehen, daß ich selbst die se23arat im Buchhandel erschienene und heute nur recht selten noch antiquarisch erhältliche Originalarbeit Filarszkys ebenfalls erst vor wenigen Monaten in die Hände be- kommen habe, und 1909 fast zufällig auf die Mitteilung seiner Funde von Ch. erinita in dem bereits zitierten Werke von Pax gestoßen bin. 1) Justs Botan. Jahresbericht 1893, 21, 1. S. 78. Nachweis von Ampbimixis und Parttienogenesis bei Chara crinita. 55 Als ich mich im Sj)ätsommer 1910 wegen Beschaffung lebender männlicher und weiblicher Pflanzen von Ch. crinüa an Dr. Filarszky wandte, stellte er mir sofort in liebenswürdiger Weise seine Hilfe >. ! %i.: v;f I •^ % / .7 *' 2. Fig. 14. AV e i b 1 i c li e (1 ) und m ä n n 1 i c h e (2) T f 1 a n z e v o n Chara crmiia Wallr.ZMS Budapest. Isolierte Pflanzen aus dem im Juli 1913 vom Standorte in der Gubacser Pußta erhaltenen Material. ' „ natürliche Größe. in Aussicht. Ein Ausflug, den er noch im Oktober jenes Jahres an den schon genannten Teich nächst der Gubacser Pußta unter- nahm, in welchem er früher stets massenhaft Ch. crinita männlich 56 Drittes Kapitel. und weiblich gefunden hatte, blieb resultatlos, da der Teich keinen Tropfen Wasser mehr enthielt. Auch einige andere Budapest näher gelegene Standorte der ausschließlich weiblichen Form waren völlig eingetrocknet. In den Jahren 1911 und 1912 wurde die Einsammlung der Pflanzen durch ungünstig hohen Wasserstand ver- unmöglicht. Dagegen hatten Dr. Filarszkys Nachforschungen im Sommer 1913 wieder Erfolg und am 27. Juni 1913 hatte ich die große Freude, von ihm eine Sendung gut erhaltener männlicher und weiblicher Pflanzen von Ch. crimia zu erhalten, von denen ein Teil fixiert, der Rest dagegen in Kultur genommen wurde und gut gedieh. Auch 1914 und 1915 hatte Dr. Filarszky die Güte, die Exkur- sionen an den Standort der seltenen Pflanze zu wiederholen, um für mich einiges Material zu sammeln. 1914 war nach seiner brief- lichen Mitteilung am 18. Juni der Wasserstand des Teiches sehr hoch. Die Pflanzen waren ohne Ausnahme stark gestreckt und Dr. Filarszky berichtete, früher niemals so lange Exemplare der Pflanze gefunden zu haben. Offenbar infolge der mit dem schlaffe- ren Bau verbundenen geringeren Festigkeit überstanden die 1914 gesandten Pflanzen die Reise weniger gut als diejenigen von 1913, in der Kultur gingen sie schlecht an und sind in der Folge bis auf ganz wenige zugrunde gegangen. Im August 1915 war der Wasserstand des Standortes so hoch, daß eine breite, sonst trocken liegende Zone des Ufers überschwemmt und die Einsamm- lung der Pflanze aus den inneren und tieferen Partien des Teiches unmöglich war. Einen zweiten, auch von Winkler (1913, S. 274) erwähnten neuen Standort von Ch. crinita mit männlichen Pflanzen hat H. Ross in Sizilien entdeckt. Er fand im Juli 1893 den flachen Seegrund des Lago di Pergusa, bei Castrogiovanni, zum größten Teil mit einer reich fruktifizierenden Ohara überdeckt. Sein Bericht über diesen und andere Characeenfunde in Sizilien ist erst 1905 publi- ziert worden. Die Ohara aus dem See von Pergusa ist vonHoltz, der die von Ross gesammelten Pflanzen bestimmte und beschrieb (1905 und 1906), als Ch. crinita Wnllr. erkannt und als f. pseudo-spino- sissima bezeichnet worden. Ross selbst macht über seinen wich- tigen Fund nach eigenen Beobachtungen und der Beschreibung von Holtz u, a. folgende Angaben. Ch. crinita bildet im See von Pergusa Pflanzen von 80 und mehr Zentimeter Länge. Ihre Stengelknoten sind sehr stark angeschwollen, was zuerst von Holtz als Anzeichen für die Möglichkeit einer Überwinterung gedeutet worden ist. Die Verzweigung ist spärlich, auf den oberen Drittel der Pflanze beschränkt, die Bestachelung reichlich. Die Antheridien der männlichen Pflanzen waren im Nachweis von Amiihiinixis und l'ai'thcnugt'nesi« lici Cliaru criiiita. 57 frisolien Zustande orangerot. Sie fanden sich zu vier, die Oogonien bis zu drei an den Blättern vor. Die männlichen Pflanzen bil- deten nach der Schätzung von Ross ungefähr einen, die weiblichen zwei Drittel des eingesammelten Materiales. In der ausführlichen Standortsliste von Ch. crmita in der Par- thenogenesisarbeit Brauns werden verschiedene Standorte auf der italienischen Halbinsel aufgeführt, dagegen das Vorkommen von Ch. crinita in Sizilien nicht erwähnt. In dem sizilianischen Floren- werke von Tornabene (1887) wird CJt. crinita für Palermo und Catania angegeben. Doch weder hier, noch in der neueren Auf- zählung der sizilianischen Characeen von Formiggini (1908) und ebensowenig für alle anderen Teile Italiens ist bis jetzt weite- res über das Vorkommen männlicher Pflanzen dieser Art berichtet worden. Es liegen also zum mindesten in Sizilien, vielleicht in Italien überhaupt, die Verhältnisse ähnlich wie in Ungarn, das heißt, (Jh. crinita mit männlichen Pflanzen ist selten, sozusagen eine Ausnahme, die meisten Standorte der Pflanze weisen ausschließlich weibliche Pflanzen auf. Meine Bemühungen, aus dem See von Pergusa lebendes Material zu erhalten, sind ebenfalls lange erfolglos geblieben. Von den Fach- koUegeii an den Universitäten in Palermo und Catania war im be- sonderen Prof. G. Lopriore der erwähnte Standort näher bekannt und von ihm auch in einer kurzen Publikation (1901) beschrieben worden. Er ist seither nach Siena übergesiedelt und war 1913 nicht in der Lage, mir andere Kollegen zu nennen, welche mit den Ver- hältnissen jenes Standortes persönlich vertraut waren. Im Sommer 1915 stellte mir Prof. L. Buscalioni in Catania seine Hilfe in Aus- sicht, aber erst im Sommer 1910 bot sich Gelegenheit zur Ausfüh- rung der notwendigen Exkursionen an den Lago di Pergusa. In zuvorkommender Weise hat sich dabei Prof. G. Muscatello in Vertretung des von Catania abwesenden Prof. L. Buscalioni der Angelegenheit angenommen und mir durch einen Angestellten des botanischen Gartens zweimal, im Juni und im Juli dieses Jahres, nach meinen Angaben IMaterial einsammeln und zweckdienlich präpariert und verpackt zuschicken lassen. Auch diese Pflanzen haben sich gut in Kultur nehmen lassen und werden eine Über- prüfung der inzwischen an dem Budapester Material erhaltenen Resultate möglich machen. Seit 1913 habe ich mich auch bemüht, weiteres Material der ausschließlich Aveiblichen Ch. crinita von möglichst verschiedenen Standorten Europas zu gewinnen. Dr. J. Groves, London, hat mir im August 1913 einige im Sommer 1912 in England gesammelte und getrocknete Exemplare von Ch. crinita mit scheinbar reifen Sporen übermittelt. Der Aussaat derselben ist leider keine Keimung 58 Drittes Kapitel. nachgefolgt. Dieses negative Ergebnis steht einigermaßen im Ein- klänge mit Erfahrungen Migulas (1897, S. 359), der angibt, daß die Keimkraft getrockneter Sporen der parthenogenetischen Pflanzen von Ch. crinita im Gregensatz zu den Sporen normal geschlechtlicher Characeen viel weniger lange erhalten bleibe. Von den Standorten Norddeutschlands, von denen mein erstes Untersuchungsmaterial herstammte, war es mir leider nicht möglich, in den letzten Jahren wiederum lebende Pflanzen zu erhalten. In Greifswald ist mit dem Tode von Konservator Holtz die Kenntnis der Fundorte von Ch. crinita offenbar verloren gegangen und in den neuen „Beiträgen zu einer Algenflora der Umgebung von Greif swald" von Wilczek (1913) und Schultz (1914) wird Ch. crinita in der Liste der Charen nicht aufgeführt. Dr. Ch. Sonder in Oldesloe hat hohen Alters wegen das Botanisieren aufgegeben und mein ehemaliger Schüler Dr. A. Witt, der sich auf meine Bitte hin der Mühe unterzog, an den seinerzeit in Begleitung von Dr. Sonder besuchten Standorten von Ch. crinita von neuem nach der Pflanze zu suchen, hatte leider weder dort noch an anderen Orten Erfolg. Dagegen ist es mir gelungen, sehr schönes Material von Ch. crinita aus Dänemark und Schweden zu erhalten. Fräulein A. Seidelin, Assistentin am botanischen Museum in Kopenhagen, besorgte mir Ende August 1913 gütigst lebendes Mate- rial von Ch. crinita mit reifen Sporen von einem ihr bekannten Fund- orte, Praestö Fjord, auf der Ostseite von Seeland, und legte am Standorte selbst zahlreiche Vegetationsspitzen weiterer Pflanzen in Fixierungsflüssigkeiten ein. Eine zweite Sendung lebenden Mate- riales hat sie mir auch im Oktober 1915 wieder besorgt. In Schweden bin ich Prof. Dr. Lager heim in Stockholm, dem hochverdienten Algenkenner Dr. 0. Nordstedt in Lund und meinem ehemaligen Schüler und Assistenten Dr. H. Huss, Botaniker am Gesundheitsamt in Stockholm, für freundliche Bemühungen zu Dank verpflichtet. Ganz besonderen Dank aber schulde ich Herrn Pastor 0. J. Hasslowin Hanaskog, der mir zwei habituell recht stark verschiedene Formen von Ch. crinita von Standorten bei Sölvesborg und Valjö in der Provinz Bleking, südliches Schweden, nicht nur im September 1913, sondern wiederum in den Jahren 1914 und 1915 mit großem Entgegenkommen besorgt hat. Prof. Dr. Dohrn, Leiter der zoologischen Station in Neaj)el, und sein derzeitiger Stellvertreter, Prof. Dr. Raffaele hatten die Güte, trotz der Ungunst der Zeitverhältnisse im Sommer 1915 in der Umgebung von Neapel, an einem schon von Braun (1856, S. 343) erwähnten, aber in der neueren Characeenliteratur Italiens nicht mehr aufgeführten Standort der Ch. crinita dem Lago d' Averno N achweis von Ampbimixi» und Partbenogenesis bei Ohara crmita. 59 bei Pozzuoli, nach, dieser Pflanze suclien zu lassen. Die Nach- forschung hatte unerwartet rasch Erfolg. Zwei reichliche Sendungen, die mir im August 1915 zukamen, enthielten gemischt mit anderen Charen eine außerordentlich langgliedrige, der von Ross im See von Pergusa gefundenen etwa vergleichbare, aber ausschließlich in weiblichen Exemplaren vorkommende Ohara criiiita. Auch dieses Material ist trotz einer mehr als achttägigen Reise in verhält- nismäßig gutem Zustande eingetroffen und hat sich gut in Kultur nehmen lassen. Alle die ge- nannten Fach- genossen und Kollegen haben durch ihre un- eigennützigen Bemühungen einen wesent- lichen Anteil an dem Zustande- kommen mei- ner Untersu- chungen. Ihnen allen, im be- sonderen aber Fräulein A. Sei- delin, Hrn. Dr. F. Filarszky und Herrn Pas- tor J.Hasslow, welche persön- licli zeitrau- bende Exkur- sionen für die Beschaffung der gewünschten Pflanzen aus- führten, bin ich zu außerordent- lichem Danke verpflichtet. So bin ich denn seit Sommer 1913 allmählich in den Besitz eines mannigfaltigen Materiales von Ch. crinifa^ rein weiblicher Pflanzen aus Dänemark, Schweden und Italien, sowie männlicher und Fig. 15. Chara, criuüa WaUr., p a r t b e n o g e n e t i s c li , aus dem Averner See bei Pozzuoli (Neapel). Die meist nur schwach verzweigten oder unverzweigt gebliebenen Sprosse des am 19. August 1915 erhaltenen und auf Papier ge- trockneten Materiales waren nur im oberen blattragenden Teil grün, der untere Teil der Sprosse war gelblich. Er setzt sich aus blattlosen, zum Teil leicht angeschwollenen Knoten und stachellosen Internodien zusammen. Auf die Hälfte verkleinert. 60 Drittes Kapitel. weiblicher Pflanzen aus Ungarn und Sizilien gekommen. Nach dem Bezüge unseres neuen Institutes im Herbst 1913 standen mir auch genügende und passende Räumlichkeiten für ausgedehnte Kultur- versuche zu Verfügung. Von Anfang an wur- den parallel gehende exjDerimentelle und cytologisch- entwick- lungsgeschichtliche Untersuchungen vor- gesehen. Die experi- mentelle Arbeit nahm ich selbst in Angriff. Die cytologisch -ent- wicklungsgeschicht- liche Untersuchung mit den Hauptauf- gaben: Feststellung allfälliger Befruch- tungsvorgänge und desReduktionsprozes- ses im ersten Verlauf der Keimung wurde als Dissertationsthe- ma vergeben. Leider ist hernach dieser Teil der Untersuchung in- folge Erkrankung der Mitarbeiterin zuerst nur langsam vorge- rückt und später mehr Fig. 16 F e r t i 1 e B 1 ä t t e r m ä ii n 1 i o h e r u n d weiblicher Pflanzen von Chara criiiita Wallr. 1. Blatt einer männlichen PÜanze, am untersten der drei fertilen Knoten zwei Antheridien, an den beiden an- deren je ein Antheridium, zwei sterile, Blättchen tragende als anderthalb Jahre Knoten und drei nackte Endglieder. 2. Blatt einer be- o;änzlichlie2;enp;eblie- ben. EristerstimWin- tersemester 1915/16 wieder aufgenommen, worden und wird nun fruchtuntjsbedürftigren weiblichen Pflanze mit drei oogonientragenden Knoten, einem sterilen Knoten und zwei nackten Endgliedern. Originalzeichnung 12/1 , bei der Reproduktion auf -/j verkleinert, im Sommer 1916 von neuem unterbrochen j'edenfalls, zumal inzwischen die Fragestellung durch die Ergebnisse der experimentellen Untersuchung wesentlich verändert und be- stimmter geworden ist, wohl verhältnismäßig rasch zum Ziele führen. So kann also vorerst nur über die von mir selbst vorgenommenen experimentellen Untersuchungen berichtet werden, die im Winter Nucbwcis von Amphiniixis und l'aitlumogenesis liei Charit criiiila. (^ 1914/15 und besonders im Frülijalir 1915 zu recht unerwarteten und zu eifriger Weiterarbeit anspornenden Resultaten geführt haben. Ich sehe an dieser Stelle von einer eingehenden Beschreibung der von den verschiedenen Standorten stammenden Pflanzen, im be- sonderen der noch fast gar nicht bekannten männlichen Pflanzen^) und des Geschlechtsdimorphismus von Ch. crinita, der ökolo- gischen Bedingungen ihrer Standorte, ebenso von Angaben über meine seit Jahren ausprobierte Kultur- und Versuchstechnik ab. Dies alles wird Gegenstand einer besonderen ausführlichen Arbeit sein, deren HaujDtziel die Untersuchung der Formen- undRassen- bildung innerhalb dieser interessanten Ohara- Art ist. 2. Erste orientierende Untersuchungen und weitere Fragestellung. Für die experimentelle Untersuchung war die Fragestellung zum Teil durch die im vorigen Kapitel skizzierten herrschenden Anschau- ungen über das Wesen der Parthenogenesis von ('li. crinita^ zum Teil auch durch die Befunde bei anderen parthenogenetischen und apogamen Pflanzen einigermaßen vorgezeichnet. Da bei fast allen aj)Ogamen Pflanzen nicht nur die Entwicklung der weiblichen, sondern auch der männlichen Sexualorgane und Sexual- zellen im Vergleich zu den normal geschlechtlichen Verwandten ge- stört ist, war auch an den in Kultur gezogenen männlichen Pflanzen von Ch. crinita vor allem die Entwicklung der Antheridien zu verfolgen. In Analogie zu den apogamen Samenpflanzen war die Frage zu prüfen, ob eventuell bei Cli. crinita die männ- lichen Organe sich nicht mehr, oder vielleicht nur noch innerhalb bestimmter Temperaturgrenzen normal entwickeln und funktions- fähige Spermatozoiden erzeugen und unter anderen ungünstigen Be- dingungen, trotz der Anwesenheit männlicher Pflanzen — vergleich- bar etwa der reichlichen Pollenbildung bei Taraxacuiii — alle Oogonien nur durch parthenogenetische Entwicklung Sporen liefern. Die Untersuchung hat nun in dieser Hinsicht festgestellt, daß sich Antheridium- und Spermatozoidenentwicklung an den in Kultur wachsenden Pflanzen in völlig normaler Weise ab- s ji i e 1 e n. Die Antheridien erreichen bei günstigen Kulturbedingungen ungefähr dieselbe Größe, Form und Färbung wie am natürlichen Standorte. Die Schildzellen reifer Antherid.ien fallen regelmäßig auseinander, so daß das Gewirr spermatogener Fäden als gallertiges Flöcklein zwischen den gelösten Schildzellen heraushängt und, was ^) So schreibt Migula (1897, S. 349) am Schlüsse seiner Liste der in der älteren Literatur voi'handenen Abbildungen von Gh. crinita: „Sämtliche Abbildungen geben nur die weiblichen Pflanzen wieder, es ist mir auch nicht erinnerlich, ir- gendwo Abbildungen einer männlichen Pflanze gesehen oder eine solche zitiert ge- funden zu haben." 62 Drittes Kapitel. die Hauptsache ist, die mikroskopisclie Untersucliung stellte die massenhafte Ausbildung völlig normaler Spermatozoiden fest, die sich im Wasser lebhaft bewegten. Die Möglichkeit war also vorhanden, auch an den Icultivierten Pflanzen Befruchtungsversuche auszuführen. Fig. 17. B 1 a 1 1 k n 0 t e n m i t 0 o g o n i u m u n d A ii t h e r i d i u m von kultivierten Pflanzen der Chara crinita Wallr. 1 Blatt- knoten einer männlichen Pflanze mit Antheridium, 2 Blattknoten einer befruchtungsbediirftigen weiblichen Pflanze mit Oogonium. Originalzeichnung 56 1, bei der Reproduktion auf die Hälfte verkleinert. Anhaltspunkte für die weitere Fragestellung gaben ferner einige bereits im Winter 1913 vorgenommene, variationsstatistische Unter- suchungen an reifen Sporen. Veranlassung zu diesen Messungen war die Wahrnehmung, daß die S])oren des vegetativ kräftig ent- wickelten BudajDester Materiales kleiner schienen als diejenigen der viel kleineren Pflanzen aus Dänemark und der zum Teil wahre Kümmer- formen darstellenden Pflanzen aus Schweden. Die Möglichkeit war also ins Auge zu fassen, daß eventuell nicht nur in der Sporengröße, sondern auch in der Art der Fortjjflanzung erbliche Rassen vorliegen könnten. Ich beschränke mich an dieser Stelle auf einige wenige Angaben über die Länge der Sjjoren, welche an den Standorten meiner Versuchspflanzen selbst gereift und von den mir zugekommenen Pflanzen abgeerntet worden sind. Als Klassengrenzen seien der Einfachheit halber die Teilstriche des Okularmikrometers (Obj. Leitz No. 3, Meßokular No. 2; Objekt- mikrometer von Zeiß 1 mm = 100 Teilstriche) angegeben. Für die Umrechnung in /< sei erwähnt, daß der wirkliche Abstand zweier Teilstriche des Mikrometers bei der angegebenen Vergrößerung 15,4 /< beträgt. Die Messung von zweimal je ca. 500 Sporen des am 2. Sep- tember 1913 von Pastor Haßlow in Sölvesborg, Schweden, gesammel- Nachweis von Amphimixis und Parthenogenesis bei Ohara crinita. (33 ten Materiales ergab folgende Verteilung der Sporen auf die ein- zelnen Klassen: Länge der Sporen in Teilstrichen des Okularmikrometers. 26 27 28 29 30 31 82 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 I I I Von 486 Sporen gehören obigen Klassen an Von 494 Sporen gehören obigen Klassen an 15 15 12 30 34 36 36 85 89 100 81 93 79 60 64 41 21 38 26 Die Verteilung der Varianten auf die einzelnen Klassen ent- spricht in diesem SjDorenmaterial also einer ziemlich regelmäßigen eingipfligen Kurve. Zu ganz ähnlichen Resultaten haben auch die Messungen der Sj)oren des Materials geführt, das am 31. August 1913 von Fräulein A. S e i d e 1 i n bei Praestö, Dänemark , gesammelt worden war. Ganz andere Zahlenreihen wurden dagegen bei der Messung der Sporen von dem im Juni und Juli 1913 aus Budapest erhalte- nen Material gefunden. Auch hier wurden zweimal je ca. 500 Sporen gemessen. Die Ergebnisse der beiden Auszählungen sind durchaus eindeutig. Es ergab sich folgende Verteilung auf die einzelnen Klassen : Länge der Sporen in Teilstrichen des Okular- mikrometers. Von 486 Sporen gehören obigen Klassen an Von 481 Sporen gehören obigen Klassen an 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 24 29 25 41 38 39 32 20 21 25 61 73 57 45 I I 50 31 42130 I I An Stelle von 13 — 14 Klassen wie die S^^oren der schwedi- schen und dänischen Pflanzen wies das Budapester Material 17 — 19 Klassen auf, zeigte also eine viel größere Variabilität als die Pflanzen der nordischen Standorte. Innerhalb dieser größeren Klassenzahl war überdies die Verteilung auf die einzelnen Klassen derart, daß ein niederes Maximum von Varianten auf die Klasse 25 — 26, ein größeres auf Klasse 30—31 entfiel. Eine Verteilung der Varianten also, die bei graphischer Darstellung stark von der typischen Zufallskurve abweicht und einer nicht sehr ausgeprägten zweigipfligen oder doch sehr stark asymmetrischen Kurve mit verlänger- tem und unregelmäßig ansteigendem Schenkel entspricht. Gegenüber dem SjDorenmaterial der Standorte in Schweden und Dänemark schien dasjenige von Budapest weniger einheitlicher Natur zu sein. 64 Drittens Kapit.(>l. Ein Gremisch von Sporen verschiedener Cliara-Arten lag nicht vor. Das aus Budajoest erhaltene und zur Sporen- gewinnung in Glasdosen aufbewahrte Material war ausschließlich eil. crinita selbst. Eine Verwechslung dieser Art mit irgendeiner anderen europäischen Art ist übrigens, wie nur nebenbei bemerkt sei, bei der Eigenart ihres ganzen Habitus und der schon von bloßem Auge oder mit der Lupe wahrnehmbaren Merkmale in der Berindung und Bestachelung völlig ausgeschlossen. So war also eine innere Verschiedenheit der kleineren und größeren Sporen von Ch. crinila dieses Standortes anzunehmen und zu versuchen, die stärkere Variabilität der S^^orenlängen mit dem Vorkommen der männlichen Pflanzen, respektive dem Eintreten oder Ausbleiben der Befruchtung der Eizellen weiblicher Pflanzen in Beziehung zu bringen. Die Ver- mutung drängte sich auf, ob an diesem Standort der männlichen und weiblichen Pflanzen von Ch. crinita eventuell nebeneinander Parthenosporen und Zygosporen gebildet würden und die ver- schiedene Entstehung die Größe der Sporen in dem Sinne beein- flusse, daß die eine S23orenform durchschnittlich größer sei als die andere. Bei Erwägung dieser Möglichkeit waren wiederum zwei Fälle denkbar: 1. An allen weiblichen Pflanzen entwickeln sich die Eizellen einzelner Oogonien ohne Befruchtung zu Parthenosporen, wäh- rend diejenigen anderer Oogonien befruchtet werden und Zygoten liefern. 2. Die sporenliefernden Pflanzen der Population verhalten sich verschieden, indem die einen ausschließlich sich parthenogenetisch entwickelnde, die anderen ausschließlich befruchtungsbedürftige Oogonien erzeugen. Die eben mitgeteilten Messungsresultate, sowie die sich daran knüpfenden Vermutungen waren Anlaß dafür, daß ich alle nach- folgenden Versuche zur Feststellung der Befruchtung und Parthenogenesis an den weiblichen Pflanzen des Buda- pester Materiales nicht an Kulturen mit kleinen Popula- tionen, sondern an sorgfältig isolierten Einzelpflanzen vor- nahm. Solche Individualkulturen wurden erhalten durch Einzel- aussaat von ca. 100 der im Sommer 1913 an den Budapester Pflanzen vorgefundenen reifen Sporen, sowie durch vegetative Vermehrung männlicher und weiblicher Pflanzen jener Sendung vermittelst einzeln gepflanzter Stecklinge. Beide Versuchsreihen haben in der Folge zu völlig übereinstimmenden Resultaten geführt. Die auf dem offenbar heterogenen Charakter des Buda23ester Sporenmateriales basierenden Vermutungen haben in Kombination mit der von den früheren Autoren angenommenen generativen Nachweis von Amphimixis und Pai'thenogenesis bei Ohara crinita. ()5 Parthenogenesis für die experimentelle Feststellung der Be- fruchtungs- und Keimungsverhältnisse zu folgender Frage- stellung Anlaß gegeben. 1. Für die Untersuchung der Population des Teiches nächst der Gubacser Pußta bei Budapest mit männlichen und weiblichen Pflanzen: Sind die isoliert gezogenen weiblichen Pflanzen dieses Stand- ortes zur parthenogenetischen Entwicklung einzelner, der Mehr- zahl oder aller Eizellen befähigt und wenn ja, gehen aus diesen Parthenosporen, wie aus denjenigen der Pflanzen anderer Stand- orte, ebenfalls ausschließlich weibliche Pflanzen hervor? Welcher Art sind die an diesen weiblichen Pflanzen zur Entwicklung kommenden Sporen, wenn bei gemeinschaftlicher Kultur mit männlichen Pflanzen die Möglichkeit zur Befruchtung ihrer Eizellen gegeben ist? Findet eine normale Befruchtung und damit Zygosporenbildung statt und wenn ja, gehen aus ihren Zygoten bei der Keimung etwa zu gleichen Teilen männliche und weibliche Pflanzen hervor? 2. Für die Untersuchung der Pflanzen von Standorten ohne männliche Pflanzen (Material aus Schweden, Dänemark und Neaj)el): Sind auch die Eizellen der habituell parthenogenetischen Pflanzen nördlicher Standorte unter günstigen Außenbedingungen noch befruchtungsfähig, und wenn ja, entstehen aus ihren Zygoten neben weiblichen ebenfalls wieder männliche Pflanzen? Ist even- tuell die Befruchtungsfähigkeit der von Neapel stammenden Pflanzen größer als diejenige der aus dem Norden stammenden Pflanzen? Die Versuche zur Beantwortung dieser Fragen sind sukzessive von Frühjahr bis Herbst 1915 ausgeführt worden. Es zeigte sich dabei bald, daß mit der Beantwortung der Fragen der ersten indirekt auch eine Lösung derjenigen der zweiten Gruppe gegeben war. Immerhin sind auch die für eine selbständige Lösung der Fragen der zweiten Gruppe notwendigen Versuche angestellt, d. h. habituell parthenogenetische Pflanzen von den Standorten in Schweden, Dänemark und Neapel zusammen mit männlichen Pflanzen aus Budajjest gezogen worden. Durch Kontrolle wurde zu wieder- holten Malen festgestellt, daß während der ganzen Fruktifika- tionszeit der weiblichen Pflanzen reichlich reife Antheridien und damit freiwerdende Spermatozoiden vorhanden waren, eine Be- fruchtung befruchtungsfähiger Eizellen also jederzeit möglich ge- wesen war. Ernst. Bastardierung. 5 66 Drittes Kapitel. Feststellung von Befruchtung und Parthenogenesis bei Ch. crinita des Budapester Standortes. aus Isoliert herangezogene weibliche Pflanzen, die reifen SjDoren des Standortes, teils teils durch vegetative Ver- mehrung der weiblichen Exemj^lare des Buda- pester Materiales erhalten worden waren , ergaben bei ihrer Prüfung auf Be- fähigung zu Parthenoge- nesis zu meiner Über- raschung das folgende Ergebnis: Ein Teil dieser Pflanzen bildete normal aussehende Oogonien, deren Eizellen sich ohne weiteres in Oosporen umwandelten. Unter gleichmäßig bleiben- den günstigenBedingungen erfolgte Sporenbildung fast durchweg in allen Oogo- nien dieser Pflanzen. Sie verhielten sich also völlig gleich wie die habituell parthenoge- netischen Pflanzen an- derer Standorte, sie lie- ferten ebenfalls Par- Fig. 18. Fertile Sprosse parthenoge- netischer Pflanzen von Ohara crinita mit sehe matisierterDar Stellung der Oogonium- und Parthenosporen- thenosporen. Verteilung in denjüngstenQuirlen. a) Chara crinita aus Praestö, Dänemark, Sproß von Ableger No. 379, vom 1. Juli 1916. Die bei- den jüngsten, durch makroskopisch wahrnehmbare Internodien getrennten Quirle führen noch in Ent- wicklung begriffene Oogonien. im dritten Quirl hat die Sporenbildung. Die die Umwandlung der Eizellen in Parthenosporen p-elblich-oranfferoten OoffO- begonnen, wobei die Sporenbildung nicht genau . -, ■,-, • \.i. .°, i..4.i rij r\ ■ -M- nien derselben erreichten mit der i^mtstehungsiolge der Oogonien uberem- . . n> -a t\- stimmt, b) parthenogenetische Ohara crinita aus ©ine bestimmte brrODe. JJie dem Teich nächst der Gubacser Pußta, Ungarn. Ausbildung der dunklen (Sproß von Ableger No. 403 vom 13. Mai 1916.) Hartschale an der Ober- Nur der jüngste Quirl führt noch junge Oogoniuni- ^^^^^ der Eizelle und da- anlagen, im zweiten Quirl ist bereits die Um- •. i tt ji Wandlung sämtlicher Eizellen in Parthenosporen ^^^ deren Umwandlung eingetreten. zur Spore fand nicht statt. An anderen weiblichen Pflanzen desselben Mate- riales dagegen unter- blieb bei Isolierung Nachweis von Amphimixis und Parthenogenesis bei Chara crinita. 67 Sie begannen nach einigen Wochen zu verblassen, wurden allmählig kreideweiß und fielen schließlich ab. Besonders wichtig erschien nun vor allem ein eingehenderes Studium der letzteren Pflanzen. Anhaltspunkte zur Deutung des besonderen Verhaltens ihrer Oogonien gaben eigene und fremde Beobachtungen an anderen Characeen. Weiße Oogonien werden auch bei anderen Charen und Nitellen in Kultur wie an den natürlichen Standorten, je nach Standort und Jahreszeit, bald häufiger, bald seltener beobachtet. Ihr Vorkommen ist schon lange bekannt, ihre Bedeutung aber verschieden beurteilt worden. A. Braun (1856, S. 338) hat sie als Degenerations- stadien der Oogonien aufgefaßt und gibt an, daß sie besonders in vorgerückter Jahreszeit sehr häufig seien, ihre Entstehung auf mangelhafter Ausbildung der die Spore umgebenden, harten Schale beruhe und daß sie offenbar unbefruchtet geblieben seien. 0 verton (1890, S. 38) vertrat dagegen die Ansicht, daß das Weiß- werden der Oogonien mit der Befruchtung nichts zu tun habe, sondern durch frühzeitiges Absterben der Hüllschläuche und das Ausbleiben ihrer Beteiligung an der Sporenwandbildung be- dingt werde. Migula hat diese Frage (1897, S. 50) durch Kultur- versuche an der diözischen Xilella capitata zugunsten der Braun- schen Ansicht einwandfrei gelöst. An isoliert gehaltenen weiblichen Pflanzen der genannten Art unterblieb an allen Oogonien die Ent- wicklung der Hartschale vollständig. Die Eizellen füllten sich fast reicher mit Stärke als an normal befruchteten Oogonien. Diese wurden nach einiger Zeit weiß und fielen schließlich ab. Daß den mem- branlos gebliebenen und weiß gewordenen Oogonien jede Entwick- lungsmöglichkeit abgeht, hat Migula zum Überfluß auch noch durch Aussaatversuche gezeigt, die programmgemäß resultatlos blieben. Zu völlig gleichen Resultaten bin ich nun auch mit den ge- nannten Pflanzen des Budapester Materiales von Ch. crinita ge- kommen. War damit die Unfähigkeit dieser Pflanzen zur parthenogenetischen Fortpflanzung unter der gegebeneu Kombination von Außenfaktoren festgestellt, so galt es jetzt, die Befruchtungsfähigkeit ihrer Oogonien zu prüfen. Ein erster Befruchtungsversuch wurde am 24. April 1915 aus- geführt. In zwei Kulturgläser mit je einer isoliert gezogenen, nicht parthenogenetischen weiblichen Pflanze mit zahlreichen fertilen Sprossen, deren unterste Quirle bereits weiß schimmernde, also ab- gestorbene Oogonien führten, wurden einige fertile Sprosse einer männlichen Pflanze hinzugefügt. Reife Antheridien, die bald nach dem Einsetzen der S^prosse in die weibliche Kultur sich öffneten, waren vorhanden. Am dritten, ebenso am vierten Tage nach Her- stellung der Befruchtungsmöglichkeit war noch keine von bloßem 68 Drittes Kapitel. Auge sichtbare Veränderung der Oogonien eingetreten. Am fünf- ten Tage waren einzelne dunkelgefärbte Sporen vorhan- den. An den folgenden Tagen nahm deren Anzahl rasch zu, wobei an den einzelnen Sprossen ein regelmäßiges Vorrücken der Sporenbildung von den Quirlen mit den ältesten noch entwick- lungsfähigen Oogonien gegen die jüngeren Quirle der Sproßspitze sehr schön festgestellt werden konnte. Fii^'. 19. B e 1' r u c h t u n g s V e 1- s u c li e mit Cham crinita 5 von Buda- pest (Klon 132, Ableger vom 26. Mai 1916, Aufstellung Ostseite des Warmhauses). a) Fertiler Sproß eines isoliert gezogenen Ablegers mit ausschließlich degenerierten und überreifen Oogonien in den unteren Wirtein und jungen Oogonium - Anlagen in den jüngeren Quirlen, b) Fertiler Sproß eines isoliert gezogenen Ablegers, zu welchem für die Zeit vom 18. August 10 h a. m. bis 21. August 8 h a. m. fünf männ- liche Sprosse mit reifen Antheridien zugesetzt worden waren. Am 23. und 24. August waren an der Kultur noch keine Veränderungen sichtbar, am 25. August 10 h a. m. dagegen waren an allen weiblichen Sprossen Sporen ungefähr in der an Sproß b eingezeichneten Zahl und Verteilung vorhanden, c) Fertiler Sproß eines Ablegers desselben Klons, der mit einer männlichen Pflanze in demselben Kultur- gefäß gewachsen ist. Fast sämtliche Oogonien haben Sporen gebildet. Nachweis von Amphimixis nnd Parthenogenesis bei Chara crinita. g9 Der Versuch ist im Verlaufe des Sommers 1915 und wiederum 1916 mit Nachkommen derselben wie mit anderen befruchtungsbedürftigen weiblichen Pflanzen vielfach wiederholt worden. Es ergab sich dabei, daß an den befruchtungsbedürftigen Pflanzen die Oogonien, je nach den Kulturbedingungen 2 — 5 Wochen im befruchtungsfähigen Zu- stande erhalten bleiben und bei nachträglichem Eintreten der Befruchtungsmöglichkeit rasch und gleichmäßig mehrere Quirle zugleich Sporen ansetzen können. In der Regel sind fünf bis sieben Tage nach dem Eintragen der männlichen Sprosse die ersten Ei- zellen empfängnisfähiger Oogonien in dickwandige, dunkle Sporen umgewandelt und die Sporenbildung schreitet in solchen Kulturen so lange fort wie reife Antheridien vorhanden sind. Setzt die Ent- leerung reifer Antheridien aus oder werden die männlichen Sprosse wieder aus der Kultur entfernt, so findet an den heranwachsenden Wirtein der weiblichen Pflanze wieder Degeneration der Oogonien unter Verblassung und Weiß werden statt. In Figur 19 ist das Ergebnis zweier Befruchtungsversuche schematisiert dargestellt, die Figuren von Tafel 1 geben Sprosse aus solchen Versuchsreihen naturgetreu wieder. Zur Ermöglichung der Befruchtung genügte es auch schon, daß je eine männliche und eine weibliche, in weiter Glasröhre kultivierte Pflanze in einem größeren, wassergefüllten Kulturgefäß zusammengestellt wurden. Von besonderem Interesse ist der Um- stand, daß auch ein mit großer Pipette sorgfältig ausge- führter vollständiger oder auch nur teilweiser Ersatz der Kulturflüssigkeit einer weiblichen Kultur durch die Kulturflüssigkeit einer männlichen K.ultur mit reifen Antheridien der ersteren eine genügend große Anzahl funktionsfähiger Spermatozoiden zuführt, um die Befruchtung der gerade befruchtungsfähigen Oogonien zu ermöglichen. Mit diesen Versuchen war für die nichtparthenogenetischen Exemplare der weiblichen Ch. crinita aus Budapest gezeigt, daß die Bildung der dunklen Hartschale der Spore und damit die Ausbil- dung des sog. Kerns des Oogoniums (d. h. der nach Auflösung der Hüllschläuche übrig bleibenden dickwandigen Sj)ore) erst nach er- folgter Befruchtung^) eintritt und ohne diese ausbleibt. Die ^) Abgesehen von dem beabsichtigten Nachweis der Befruchtung der Ch. crinita ist die letztere Methode vor allem auch deshalb wichtig, weil sie zeigt, daß die diözischen Characeen die bisher so kleine Anzahl niederer Pflanzen vermehren, bei welchen, ähnlich wie bei so zahlreichen tierischen Objekten, durch Zusam- menbringen ursprünglich getrennt gehaltener männlicher und weiblicher Geschlechts produkte die Vornahme künst- licher Befruchtung möglich ist. Es gibt diese Methode nicht nur das 7Q Drittes Kapitel. Bildung der dicken und dunkel gefärbten Sporenwand wird, da sie, wie unser Versuch zeigt, jedenfalls unmittelbar nach der Befruch- tung eingeleitet wird und sehr rasch fortschreitet, gewissermaßen zu einem von bloßem Auge wahrnehmbaren Erkennungs- zeichen für die stattgefundene Befruchtung. Um in der Annahme solcher Beziehungen zwischen Membran- bildung und Befruchtung völlig sicher zu gehen, habe ich ähn- liche Versuche auch mit anderen diözischen Characeen") angestellt, und für Kitella syncarpa und Chara ßeratophyUa schon 1915, für Ch. galioides 1916 völlig entsprechende Eesultate erhalten. Auch von diesen Arten wurden weibliche Pflanzen, jede in be- sonderem Kulturgefäß, völlig isoliert gezogen und erst nachdem ein Teil der ältesten Oogonien die kreidige Degeneration der Eizellen zeigte und abfiel, männliche Pflanzen hinzugesetzt. Nach acht Tagen waren bei N. syncarpa die ersten, von bloßem Auge glänzend schwarz erscheinenden Sporen vorhanden, während in den zwischen robusten Blättchen sitzenden und verhältnismäßig kleinen Oogonien von Chara ceratophylla die ebenfalls lange unscheinbar bleibenden Kerne sich erst am zehnten Tage erkennen ließen. Es ist also offenbar bei den einzelnen Characeen die Zeitdauer vom Eintritt der Befruchtung bis zur vollzogenen Ausbildung einer deutlich sichtbaren Sporenmembran verschieden. Mittel zur Ausführung von einwandfreien Bastardierungsversuchen, sondern wird sich auch für das cytologische Studium der Befruch- tungsvorgänge als besonders wichtig erweisen. Sie macht es möglich, in einfachster Weise völlig lückenlose Serien von Befruchtungsstadien zu gewinnen. Wird einer Kultur weiblicher Pflanzen mit befruchtungsfähigen Oogonien zu einer bestimmten Zeit spermatozoidenhaltiges Wasser zugesetzt oder werden einige männ- liche Sprosse mit reifen Antheridien in die Kultur hineingehängt, so werden nach der Entstehung der ersten schwarzen Sporen in dem diese Sporen aufweisenden Blattquirl und in den nächst jüngeren Quirlen alle nur wünschbaren Stadien der Be- fruchtung und der Oogoniumbildung zu finden sein. ^) Über die Verbreitung von M o n ö z i e und D i ö z i e bei den Characeen hat schon A. Braun (1856, S. 339) trefflich orientiert. Die Zahl der europäischen Charaarten beträgt unter Anrechnung einiger ausgezeichneter Varietäten oder Sub- spezies als Arten insgesamt 53, unter welchen sich 11 diözische befinden. Die Gesamtzahl der Arten verteilt sich nach Braun folgendermaßen auf die vier von ihm selbst unterschiedenen Gattungen und Untergattungen: Monözisch sind: Nitella 12, Tolypella 4, L(u)iprothamnus 5, Chara 21 Arten=42 Arten Diözisch sind: „ 3, „ 0, „ 0, ,, 8 ,, =11 ,, In der Characeenflora Australiens sind nach B r a u n umgekehrt die diözischen Arten überwiegend. Unter 33 damals bekannten Arten sind 16 diözische -und 13 monözische, während bei den vier übrigen Arten die Verteilung der Ge- schlechter noch zweifelhaft war. Von den europäischen Characeen sind diözisch: N/tella syncarpa*, capitata und opaca*, Chara stelligcra*, crinita*, ceratophylla*, aspera*, galioides*, connivens und fragifera, von denen ich die mit * bezeichneten in Kultur besitze und bereits zu verschiedenen Befruchtungs- und Kreuzungsversuchen mit anderen diözischen und monözischen Arten verwendet habe. Nachweis von Amphimixis und Partlienogenesis bei Chara crinitn. 71 Diese Kontrollversuche mit anderen diözischen Arten haben also, sofern überhaupt noch ein Zweifel berechtigt gewesen wäre, völlig sicher gestellt, daß zur Sporenbildung eines Teils der weiblichen Pflanzen von Chara crinita aus dem Teiche nächst der Gubacser Pußta bei Budapest, wie bei anderen normalgeschlechtlichen Characeen, Befruchtung notwendig ist, sie bilden Zygosporen. Aus der von jenem Standort er- haltenen Materialprobe haben sich also dreierlei Indivi- duen isolieren lassen: männliche, weibliche parthenoge- netische und weibliche befruchtungsbedürftige Pflanzen. 4, Generative oder somatische Parthenogenesis ? Unter Berücksichtigung der bisherigen Vorstellungen über Wesen und Entstehung der Parthenogenesis von Chara crinita und der von mehreren Forschern ausgesprochenen Hypothese, daß bei anderen apogamen oder parthenogenetischen Pflanzen eine allmählich eingetretene Schwächung und schließlich völliger Verlust der geschlechtlichen Fortpflanzung von gleichzeitigem oder unmittelbar nachfolgendem Ersatz durch Parthenogenesis oder Apogamie begleitet gewesen sei, war zu prüfen, ob diese Annahme etwa auch für Ch. crinita Gültigkeit habe. Vor allem war denkbar, daß bei dieser Chara ähnliche Verhältnisse vorliegen könnten, wie sie von 0 verton (1904) für Thalictrum purpurascens, von Ostenfeld (1910) für einige Hieraciitm-Arten festgestellt worden sind. Im Gegensatz zu anderen apogamen Pflanzen ist bei Thalic- trum und Hieracium nur ein Teil der Blüten apogam, andere dagegen sind befruchtungsfähig. Handelt es sich bei diesen beiden monözischen Pflanzen um ein verschiedenes Verhalten ein- zelner Blüten desselben Stockes oder desselben Blütenstandes, so war für die diözische Ch. crinita zu prüfen, ob Übergänge zwischen den beiden Typen weiblicher Pflanzen vorhanden seien, also Individuen, an denen bei Isolierung nur ein Teil der Oogonien Parthenosporen bildet, und die bei Herstellung der Befruchtungs- möglichkeit nur aus einem Teil der Oogonien Zygosporen, aus einem anderen Parthenosporen erzeugen. Im ersteren Falle müßten also die befruchtungsbedürftigen Oogonien absterben und eine unregelmäßige Verteilung von Parthenosporen und kreidigen Oogonien in den auf- einanderfolgenden Wirtein der Sprosse zustande kommen, im zweiten Falle dagegen alle Oogonien sich zu Sporen entwickeln. Solche Individuen sind aber trotz sorgfältiger Prüfung nicht gefunden worden. Die einen weiblichen Pflanzen bilden ausschließ- lich Parthenosporen, die anderen nur bei Herstellung der Befruchtungsmöglichkeit Zygosporen. Die auf dem Ergeb- nis der kleinen, variationsstatistischen Voruntersuchung der Sporen 72 Drittes Kapitel. ^t^ ^P' ^ ^^ :ä^&^ 7 • , 1/07 • • ren Tetradenzellen durch die zum Embryosack B. Candida und Champiom, ^^^^^^^^,^^, unterste Zelle. Nach Ernst und mit der Eeduktionsteilung b e m a r d (1912, Taf. 16, Fig. 1, 3, 6, 7, 9 und 14). auch ein vollständiger Ver- lauf der Tetradenteilung unter Bildung einer ty23ischen Zelltetrade verknüpft ist. Daneben gibt es allerdings auch unter den apogamen Angiospermen Fälle, wie denjenigen der ovoapogamen Saururacee Houthiynia cordata (vgl. Shibata und Miyake, 1908, S. 142), bei welchen auf den ersten Kernteilungsschritt der Embryosackmutter- zelle in der unteren der beiden Tochterzellen noch ein zweiter vollständiger Teilungsschritt nachfolgt und erst aus einer der beiden Enkelzellen wieder die gewohnte, aber ebenfalls diploide Embryo- sackbildung eintritt. Diese Verschiedenheiten zeigen, daß die Ausschaltung des ßeduktio nsvorganges die ererbte 10* 148 Sechstes Kapitel. Teilungsart der Embryosackmutterzelle nicht aus- schließt. Daß in der Regel aber eine Einschränkung dieser Teilungen erfolgt, ist verständlich, da ja der Prozeß der Vierteilung an das Wesen der Reduktionsteilung selbst geknüpft ist. Diese Befunde bei höheren Pflanzen ließen erwarten, daß bei den mit der Tetradenteilung pflanzlicher Embryosackmutterzellen vergleichbaren Teilungsvorgängen der tierischen Oooyten die Be- ziehungen zwischen Bildung der Richtungskörjoerchen und Eeduk- tionsteilung bei normal geschlechtlichen und bei parthenogene- tischen Formen verschiedener Art sein könnten. Im besonderen war zu erwarten, daß auch im Tierreich Verkürzung der Tetraden- teilung, kombiniert mit normalem Verlauf der heterotypischen Teilung und anderseits normaler Verlauf der Tetradenteilung mit Ausfall der Reduktion möglich sei. Dies ist nun wirklich auch der Fall. Was zunächst den Verlauf der Tetradenteilung (Teilung der Oocyte in Ei und Richtungskörperchen) anbetrifft, so liegen die Verhältnisse bei Tierformen mit parthenogenetischer Eientwicklung recht verschieden. Es möge genügen, als Belege einige wenige Beispiele zu zitieren. Die Insekten Bacillus rossii (v. Baehr, 1907, S. 187), Rhodites rosae, verschiedene Tentredinidae geben bei An- lage ihrer parthenogenetischen Eier zwei Richtungskörperchen ab. Bei den Blattläusen ist die Bildung der parthenogenetischen Eier von der Bildung nur eines Richtungskörperchens begleitet und bei Hydatina se)(ta schließlich tritt bei den auf partheno- genetischen! Wege Männchen erzeugenden Eiern ein, bei den Weibchen erzeugenden dagegen überhaupt kein Richtungskörperchen mehr auf. Das eingehende Studium der Eireifung hat aber, im Gegensatz zu den Befunden bei den „parthenogenetischen" Angio- spermen, ergeben, daß ganz unabhängig vom Verlauf der Richtungskörperbildung die Reduktionsteilung bald ein- tritt, bald ausbleibt. Im ersten Fall erfolgt die Entwick- lung haploider, im letzteren diploid-kerniger Eier. Unter den Fällen natürlicher Parthenogenese im Tierreich kommt also sowohl haploide (generative) wie diploide (so- matische) Parthenogenesis vor. Natürliche haploide Parthenogenesis liegt im Tier- reich nach den Untersuchungen von Meves (1907) bei Bienen, Hummeln und Wespen vor. Ihre Männchen gehen aus unbe- fruchteten Eiern hervor, die ihre Entstehung einer Reduktions- teilung mit Ausfall der Polzellenbildung verdanken oder in bota- nischer Ausdrucksweise aus einer Oocyte unter Durchführung der heterotypischen Kernteilung, aber unter Ausfall der Tetradenbildung, entstehen. Besonders eigentümlich ist dieser Fall haploider Parthe- Zur Definition von Parthenogenesis und Apogamie. 149 nogenesis deshalb, weil aus den parthenogenetischen Eiern nur Männchen hervorgehen, diese also nur die halbe Chromosomen- zahl der aus befruchteten Eiern hervorgehenden Weibchen auf- weisen. Trotz dieser eigenartigen Verschiedenheit zwischen Männ- chen und Weibchen sind nach den Feststellungen von Meves und Duesberg (1908) dennoch normale Befruchtungsvorgänge möglich. Bei der Ausbildung der Geschlechtsprodukte der Drohnen werden nämlich durch die dopj)elte Teilung der Spermatocyten sp.rk^ 2.rsp eik Fig. 41. Stadien aus dem Verlaufe derReitungsteilungen imDrohnenei von Apis mellifica. A. Stadium mit zwei Tochterspindeln, von denen die äußere derjenigen entspricht, welche normalerweise zur Bildung der ersten Polzelle führt, während die mehr nach innen liegende im gewöhn- lichen Verlauf der Reifungsteiluugen den Kern der zweiten Polzelle und den Eikern liefert. B. Ei mit vier Gruppen von Chromosomen, von denen die drei peripher gelegenen den Kernen der drei Polzellen entprechen, die vierte zum Eikern wird. sp. rh\ und 2. rsp erste und zweite Richtungsspindel, rk^p, rkiC und rk2 Chromosomengruppen, aus denen die Kerne der nicht zur Abschnürung kommenden Polzellen entstehen würden, eik Eikern. Nach Petrunkewitsch, aus Hertwig (1912, S. 306, Fig. 281 C und D). nicht Gruppen von vier gleich großen Spermatiden, sondern nur eine große Spermatide und zwei winzig kleine Zellchen gebildet. Mit Rücksicht auf Größe und Ent- stehung sind dieselben den Richtungskörperchen oder Polzellen der tierischen Eier und den zu verdrängenden Enkelzellen der Makro- sporen-Mutterzellen bei Pflanzen zu vergleichen. In der männlichen Sphäre der Pflanzen haben sie ein Analogon in den Vorgängen der Pollenbildung von Carex, bei welchen nach Juel (1900a) an Stelle einer Tetrade ebenfalls nur ein Pollenkorn mit drei degenerierenden Kernen gebildet wird. 150 Sechstes Kapitel. Das der ersten Polzelle der Oocyte vergleichbare Protoj)lasma- klümjjchen an der Oberfläche der Spermatide bleibt kernlos und die ungeteilt bleibende Sj)indel geht für kurze Zeit wieder in den bläschenförmigen Kern über. Der zweite Teilungsschritt des Kerns vollzieht sich als eine Äquationsteilung und erzeugt zwei ungleich große Schwesterzellen, von denen sich die große in eine Spermatide umwandelt, die kleinere dagegen als „zweites Richtungskörperchen" im Verlauf der Entwicklung früher oder später degeneriert. Diese Eigentümlichkeiten der Spermatogenese hangen, wie Meves, auch nach der Ansicht von Hertwig (1912, S. 308) mit Recht ausführt, damit zusammen, daß die Drohnen liefernden Eier nur einen redu- Fig. 42. Stadien aus dem Ve r 1 a u f der zweiten R e i f u n g s - teilung der Spermatocyten von Apis mellifica. Nachdem die erste Reifungsteilung zur Ausstoßung eines Richtungskörpers in Gestalt eines kern- losen riasmaballens geführt hat, wird bei der zweiten Teilung nach einer Äqua- tionsteilung des Kerns eine kernhaltige zweite Polzelle erzeugt. Nach Meves, aus Hertwig (1912, S. 308, Fig. 285-287). zierten Kern mit halber Chromosomenzahl und halber Chromatin- masse enthalten. Die aus ihnen hervorgehenden Individuen weisen demnach in allen Zellen ebenfalls Kerne mit der reduzierten oder haploiden Chromosomenzahl auf. Da dies auch für die Spermatocyten zutrifft, muß bei der Bildung der Spermatiden naturge- mäß eine weitere Reduktion ausbleiben, wenn die Äqui- valenz zwischen Samenkern und Kern derbefruchtungs- bedürftigen Eizelle, aus denen Königinnen und Arbeits- bienen entstehen sollen, gewahrt bleiben soll. 3. Unterschiede im Verhältnis von Parthenogcnesis und Apogamie zu Amphimixis und Apomixis. Die Ergebnisse der cytologischen Untersuchungen über Oogenese und Spermatogenese bei Bienen und Hummeln sind deswegen Zui- Definition von Parthenogenesis und Apogamie. 151 besonders bemerkenswert, weil sie zeigen,, daß haploide Partheno- genesis und damit die natürliche Entwicklung einer sonst diploiden Generation mit der haploiden Chromosomenzahl keinen Geschlechts- verlust der haploid gewordenen Generation zur Folge zu haben braucht und hajjloid kernige Individuen befähigt sein können, dur ch Un t er drückung der Keduktionst eilung in ihren Gamocyten wiederum normale, funktionsfähigeGeschlechts- zellenzu erzeugen, die sich mit den durch Reduktion entstandenen weiblichen Gameten diploider Individuen in normaler Befruchtung ver- einigen können. InAnalogiezu diesem merkwürdigen Fall natürlicher hajjloider Parthenogenesis könnte also auch in Fällen künstlicher haploider Parthenogenesis die Bildung normaler Geschlechtszellen mög- lich werden. Daß nach Einleitung künstlicher Parthenogenese haploid- kerniger Eier eine völlige Ontogenese durchgeführt werden kann und zur Bildung von geschlechtlich differenzierten Individuen führt, haben die Experimente von Delage (1908, 1909) ergeben^). Es ist ihm gelungen, aus den durch Einwirkung von Salzsäure und Ammoniak zu parthenogenetischer Entwicklung angeregten See- igeleiern zwei fast geschlechtsreif e Seeigel heranzuziehen. Die Genitaldrüsen des einen waren noch zu wenig entwickelt um eine sichere Geschlechtsbestimmung möglich zu machen, schienen aber dem männlichen Geschlechte anzugehören; diejenigen des zweiten enthielten dagegen zahlreiche und vollständig entwickelte Sperma- tozoen. Damit ist für die Seeigel-Eier, wie Delage schreibt, er- wiesen, „que la Parthenogenese experimentale peut donner des mäles. Kien n'indique encore qu'elle puisse donner des femelies". Völlig ausgeschlossen ist letzteres wohl noch nicht, sind doch, wie Delage in einem Nachsatz ebenfalls hervorhebt, „dans les produits de la Parthenogenese naturelle, chez les animaux ou eile existe, les mäles beaucoup moins frequents que les femelies". Mit diesen Befunden bei den Seeigeln einigermaßen vergleich- bare Resultate liegen nach den Mitteilungen von Siebold, viel- leicht auch bei der Parthenogenesis von Bombyx Mori vor. Bei einem der (1856, S. 133 — 34) beschriebenen Versuche wurden aus 544 Eiern jungfräulicher Seidensijinner 274 Räupchen erhalten, von denen 12 zum Einspinnen gebracht wurden. Sie lieferten 11 Schmetterlinge, 7 Männchen und 4 Weibchen. Drei dieser Weib- ') Es muß dahingestellt bleiben, ob hier und in anderen Fällen künstlicher Parthenogenese tierischer Eier, vielleicht auch im nachfolgend besprochenen Fall der Parthenogenesis von Bombyx mori, wirklich haploide und nicht diploide Parthenogenesis vorliegt. Aus der Literatur ist zu ersehen, daß z. B. die Reifungs- teilungen der Seeigeleier erst sehr spät vor sich gehen. Die Möglichkeit ist also vorhanden, daß ein größerer oder kleinerer Teil der Eier mit noch uni*eduzierten Kernen zur Entwicklung veranlaßt wird und vielleicht gerade die entstehenden diploiden parthenogenetischen Keime sich besonders lebenskräftig erweisen. X52 Sechstes Kapitel. chen wurden zur Ablage unbefruchteter Eier isoliert, die sich sämt- lich als nicht lebensfähig erwiesen. Das vierte j)arthenogenetisch entstandene Weibchen paarte sich mit einem der sieben aus den unbefruchteten Eiern hervorgegangenen Männchen. Die nach dem Begattungsakt von diesem Weibchen gelegten Eier waren größten- teils lebensfähig und lieferten im nächsten Jahre schöne Raupen. Von den weiteren sechs Männchen wurden zwei zur Begattung mit anderen gewöhnlichen Seidenspinner-Weibchen benutzt, die hernach ebenfalls lebens- und entwicklungsfähige Eier legten. Aus diesem und anderen der von Siebold mitgeteilten Versuche dürfte, sofern sich die Ergebnisse bei Nachuntersuchungen bestätigen, hervor- gehen, daß auch bei Bombyx Mori aus unbefruchteten Eiern männ- liche und weibliche Individuen hervorgehen können, die wiederum zur geschlechtlichen Fortj)f lanzung be- fähigt sind. Für gewisse Arthropoden, bei welchen geschlechtliche Fort- pflanzung und Parthenogenese im Entwicklungskreis zeitlich mit- einander abwechseln, ist festgestellt worden, daß aus unbefruchteten Eiern sich nicht nur Weibchen, sondern zu bestimmten Zeiten auch Männchen entwickeln. Eier, die als Geschlechtsprodukte weiblichen Charakter zur Schau tragen, der sich zunächst auch in der Bildung von neuen Weibchen offenbart, können also später eine sexuelle Umstimmung erfahren, die sie alsdann, ebenfalls ohne Befruchtung, zur Erzeugung von Männchen befähigt. Das gilt auch für eine An- zahl von Fällen, in denen sicher nicht haploide, sondern diploide Parthenogenesis vorliegt. Bei den von Stevens (1905) und den von Baehr (1909) studierten Blattläusen (Aphiden) geht die parthenogenetische Entwicklung von Eiern vor sich, die ohne Reduktionsteilung erzeugt wurden, somit die diploide Chro- mosomenzahl führen. Ahnliche Verhältnisse liegen auch vor bei den von Fries (1910) studierten parthenogenetischen Generationen der Artemia sallna und der von Doncaster (1910) untersuchten Gallwespe Neuroterus lenticularis. Aus den befruchteten Eiern der letzteren entstehen im Frühjahr nur Weibchen, von denen dann ein Teil ausschließlich männlich, ein Teil nur weiblich disponierte Eier produziert. Diese Eier, welche die diploide Chromosomen- zahl führen, entwickeln sich ohne Befruchtung. Die parthe- nogenetisch erzeugten Männchen und Weibchen bilden dagegen haploidkernige Eier und Spermatozoen auf dem Wege der Reduk- tionsteilung. In diesen wie in einigen anderen Fällen wird also die Ausbildung einer oder mehrerer 23arthenogenetisch entstehender und sich wiederum parthenogenetisch fortpflanzender Generationen zwischen die Erzeugung von Individuen mit befruchtungsfähigen und befruchtungsbedürftigen Fortpflanzungszellen eingeschaltet. Zur Definition von Parthenogenesis und Apogamie. 153 Bei Blattläusen, Rädertierclien usw. ist die parthe- nogenetische Fortpflanzung gewissermaßen eine Saisonerschei- nung. "Während der günstigen Jahreszeit folgen mehrere bis zahlreiche parthenogenetische Generationen aufeinander. Die be- treffende Tierart ist während dieser Zeit nur durch Weibchen ver- treten, die wiederum Weibchen erzeugen. Schließlich treten aber neben Weibchen, die befruchtungsbedürftige Eier erzeugen, auch wieder Männchen auf und der parthenogenetischen Fortpflanzung folgen Befruchtungsvorgänge nach. So sehen wir also, daß drei Formen parthenogenetischer Fort- pflanzung im Tierreich, künstliche haploide Partheno- genesis, wie natürliche haploide und diploide Parthe- nogenesis in keiner Weise mit einer Schwächung oder gar einer völligen Einbuße der geschlechtlichen Fort- pflanzung verbunden sind. In welcher Weise auch die par- thenogenetische Fortpflanzung zustande kommen mag, die par- thenogenetisch entstehenden Eier sind immer noch zu sexuellen Umstimmungen befähigt. Der Entwicklungszyklus dieser Tiere führt immer wieder zurBildung von Individuen, die im geschlechtsreifen Zustande zu normaler geschlecht- licher Fo rtj^f lanzung befähigt sind. Ein Verlust in der Erzeugung des einen Geschlechtes tritt nicht ein und der Ausbildung normaler, haploider Gameten und ihrer Vereinigung im Befruchtungsakt steht in keinem der drei Fälle etwas entgegen. Zu diesen Feststellungen über das Verhältnis künstlicher und natürlicher Parthenogenesis zur sexuellen Fortpflanzung im Tier- reich stehen die Befunde bei Pflanzen mit habitueller Entwicklung diploider Eizellen in starkem Gegensatz. Bei den vermeintlich diploid parthenogenetischen Pflanzen handelt es sich nicht um einen Fortpflanzungsmodus einzelner Individuen oder einzelner Entwick- lungsstadien in einem größeren Entwicklungszj^klus, sondern um eine die sexuelle Fortpflanzung ersetzende Fortpflanzungsform der be- treffenden Art überhaupt. Das ist nicht nur bei den Angiospermen, von welchen eine größere Anzahl genau untersucht worden sind, sondern sicher auch bei zahlreichen niederen Pflanzen der Fall. Das gilt für Marsilia, verschiedene Selaginellaceae und namentlich für Polypodiaceaej bei denen vielfach diejenige Form der Apomixis vorliegt, welche von Strasburger als Ovoapogamie, von Wink 1er als somatische Parthe- nogenesis und somatische Apogamie bezeichnet worden ist. Bei Algen kommt diese Art der Fortpflanzung außer bei Ch. crinlfa wohl auch für einzelne Zygne?naceae, vielleicht auch für Fucaceae in Frage. Sämtliche bis jetzt eingehend untersuchte Pflanzen mit spon- taner Entwicklung dijjloider Eier weisen ausnahmslos eine starke 154 Sechstes Kapitel. Schwäcliung oder noch häufiger einen völligen Ver- lust der geschlechtlichen Fortpflanzung auf. Diözischen Formen, wie der dij)loiden Ohara crinita^ ebenso Anfennaria alpina usw. fehlen die männlichen Pflanzen vollständig. Bei monö- zischen Formen ist die Unmöglichkeit einer Bestäubung und Be- fruchtung schon durch die abnorme iind selten zu Ende gehende Entwicklung der männlichen Organe und Zellen angezeigt. Charakteristisch für alle diese Fälle ist a) der Verlust der Fähigkeit zurAmphimixis. Männ- liche Pflanzen diözischer Arten, männliche Sexualorgane monözischer oder zwitteriger Arten fehlen vollständig oder liefern keine funk- tionsfähigen Gameten. b) der Generationswechsel dieser Pflanzen ist nicht mit einem Wechsel der Chromosomenzahl verbunden. Die Reduktionsteilung unterbleibt und die Gametophytengeneration wird mit einer Chromosomenzahl durchgeführt, welche zum mindesten die ursprünglich dem Sporophyten zukommende ist. Die Eizellen dieser Pflanzen sind weder befruchtungsbedürftig, noch, so- weit dies bis jetzt experimentell untersucht worden ist, befruch- tungsfähig. Die durchgehende Kombination sj)ontaner Entwicklung minde- stens diploidkerniger Eier und Einbuße der Amphimixis zeigt, daß hier eine von wirklicher Parthenogenesis prinzipiell verschiedene Art der Fortpflanzung vorliegt. Haploide (generative) und diploide (somatische) Parthenogenesis sind Fälle fakultativer Apo- mixis normal geschlechtlicher Organismen. Die genannten Entwicklungsvorgänge bei Pflanzen dagegen sind der obligaten A p o m i x i s einzureihen , für deren verschiedene Formen , Apo- gamie, Ai^osporie und ausschließlich vegetative Propagation, völliger Geschlechtsverlust typisch ist. Die vermeintlichen Fälle natürlicher somatischer Parthenogenesis im Pflanzenreich sind der hier entwickelten Anschauung zufolge als Apogamie aufzufassen. Diese ist zu definieren als obligat apomiktische Keimbildung aus Zellen di- oder hetero- ploider Gametophyten, oder unter Berücksichtigung unserer Hypothese von deren hybridem Ursprung, als die apomiktische Vermehrung der Nachkommenschaft von Bastarden aus Eizellen oder anderen Zellen von Gametophyten mit diploiden, von den beiden Eltern herstammenden Chromosomensätzen. Die häufigste Form dieser Apogamie, die ovogene Apogamie (Ooapogamie Straßburgers), zeigt in ihrem Verlaufe weitgehende Anklänge an die Erscheinungen der soma- tischen Parthenogenesis. Während aber diese, wie auch die künst- liche und die natürliche generative Parthenogenesis keinen Ge- Zur Definition von Parthenogenesis und Apogamie. ' 155 schlechtsverlust der parthenogenetisch entstandenen Nachkommen erfahren haben, ist für die ovogene Apogamie Geschlechtsverlust typisch. Die apogame Entwicklung ist als eine Teiler- scheinung der durch Artkreuzung bewirkten vielfachen Störungen in der sexuellen Sphäre von Bastarden auf- zufassen. 4. Zusammenfassung und Thesen. Die bisherige Terminologie der ohne Befruchtung erfolgenden Entwicklungsvorgänge von Eizellen und die Unterscheidung von Parthenogenesis und Apogamie beruhte ausschließlich auf morpho- logischen Merkmalen (Eizelle oder vegetative Zellen, haploide oder diploide Chromosomenzahl) der keimbildenden Zellen. Das ver- schiedene Verhalten der als parthenogenetisch und aj)Ogam bezeich- neten Pflanzen und Tiere hinsichtlich ihrer Befähigung zu normaler sexueller Fortpflanzung ist unberücksichtigt geblieben, hauptsächlich wohl aus dem Grunde, weil bis jetzt ganz allgemein eine allmählige Entstehung der obligaten Parthenogenesis und Apogamie aus fakultativ apomiktischer Fortpflanzung und damit das Vorkommen von Übergangsformen angenommen worden ist. Nachdem die neuen Befunde bei Chara crinita in dieser Richtung ganz andere Zusammen- hänge aufgedeckt haben, werden auf Grund der vorstehenden Aus- führungen für Parthenogenesis und Apogamie die nachfolgenden Definitionen vorgeschlagen : 1. Parthenogenesis ist die autonome oder durch äußere Ein- flüsse induzierte apomiktische Entwicklung von Gameten (insbe- sondere von Eizellen) einer sexuell differenzierten und sexuell funktionsfähigen Pflanzen- oder Tierart. Nach der Chromosomenzahl der Kerne und nach den Umständen des Auf- tretens sind zu unterscheiden: a) haploide (generative) Parthenogenesis. Entwicklung von Eizellen mit haploid chromosomigem Kern, dessen Entstehung eine normale Reduktionsteilung vorausgegangen ist; a) natürliche haploide Parthenogenesis. Infolge Beein- flussung der Gameten durch äußere Faktoren gelegentlich bei niederen Pflanzen, im Wechsel mit Amphimixis im Entwick- lungszyklus von Tieren, insbesondere Insekten, auftretend; ß) künstliche haploide Parthenogenesis. Entwicklungser- regung normal entstandener Eizellen von Pflanzen und Tieren (z. B. Fucus, Echinodermen). Sie führt zur Ausbildung sexuell differenzierter, haploidkerniger Nachkommen; b) diploide (somatische) Parthenogenesis. Autonome oder in- duzierte Weiterentwicklung von Eizellen mit diploidem Kern, deren Bildung ohne Chromosomenreduktion erfolgt ist; 156 Sechstes Kapitel. a) natürliche diploide Parthenogenesis. Im Wechsel mit Amphimixis im Tierreich (z. B. bei Blattläusen, Gallwespen usw.) nachgewiesen ; ß) künstliche diploide Parthenogenesis ist bis jetzt weder bei Tieren noch bei Pflanzen erhalten worden. 2. Zusammen oder an Stelle künstlicher haploider und diploider Parthenogenesis, namentlich bei höheren Pflanzen, mit ihrem stark reduzierten Gametophyten ist auch das Vorkommen von Keim- bildung aus vegetativen Zellen des Gametophyten als Folge spontaner Störungen der Fortpflanzungserscheinungen einzelner Individuen von sonst normal amj)himiktischen Pflanzenarten denkbar. Bei den Farnen (vgl. Kap. VII Cj sind einige solche, allerdings noch nicht völlig aufgeklärte Vorkommnisse bereits beschrieben worden. Da auch bei dieser Art der Fortpflanzung kein eigentlicher Ge- schlechtsverlust vorzuliegen braucht, gehört sie, wie die Partheno- genesis, nicht der obligaten, sondern nur der gelegentlichen oder fakultativen Apomixis an. Die Winkler-Hartmannschen Bezeichnungen haploide (generative) und diploide (somatische) Apo- gamie sind auf dieselben ebenfalls nur mit dem Zusatz fakultativ oder gelegentlich anwendbar. Besser allerdings wäre es meiner Ansicht nach, die Bezeichnung Apogamie völlig für bestimmte Fälle erblich apomiktischer Fortpflanzung zu reservieren und für die obengenannten Fortpflanzungsmöglichkeiten eine neue Bezeich- nung, haploide und diploide Pseudo-Parthenogenesis oder somatische Embryonie an hajoloiden oder diploiden Gamo- bionten einzuführen, je nachdem es sich um Embryobildung aus haploid- oder diploidkernigen vegetativen (somatischen) Zellen eines Gametophyten handelt. 3. Bei der Mehrzahl der bis jetzt als diploid parthenogenetisch beschriebenen Pflanzen handelt es sich nicht um einen apomiktischen Fortpflanzungsmodus einzelner Individuen oder einzelner Entwick- lungsstadien eines größeren Entwicklungszyklus, sondern um einen an die Stelle der ursprünglichen geschlechtlichen Fortj)flanzung der betreffenden Art getretenen Fortj)flanzungsmodus. Sie sind charak- terisiert durch starke Schwächung oder völligen Verlust der Fähigkeit zur Amphimixis und durch die Durchführung ihres Generations- wechsels ohne Änderung der Chromosomenzahl. Während hajDloide (generative) und diploide (somatische) Parthenogenesis als Fälle fakultativer Apomixis normal geschlechtlicher Organismen zu be- zeichnen sind, gehören sie der obligaten Apomixis an, für deren verschiedene Formen, A^^ogamie, AposjDorie und ausschließlich vegetative Propagation völliger Geschlechtsverlust typisch ist. 4. Apogamie ist die obligat apomiktische Keimbildung aus Zellen di- oder heteroploider Gametophyten; Zur Definition von Parthenogenesis und Apogamie. 157 a) ovogene Apogamie liegt vor, wenn der apomiktische Keim aus der Eizelle, b) somatische Apogamie, wenn er aus einer oder mehreren somatischen Zellen des Gametophyten seinen Ursprung nimmt. Unter Berücksichtigung der Hypothese vom hybriden Ursjjrung der apogamen Pflanzen ist Apogamie die apomiktische Ver- mehrung der Nachkommenschaft von Bastarden aus Eizellen oder anderen Zellen von Gametophyten mit diploiden, von den beiden Eltern herstammenden Chro- mosomensätzen. Apogame Entwicklung ist eine Teil- erscheinung der durch Artkreuzung bewirkten vielfachen Störungen in der sexuellen Sphäre von Bastarden. Siebentes Kapitel. Über die Möglichkeit des Vorkommens und der experimentellen Erzeugung von Bastard-Apogamie in anderen Verwandtschaftskreisen des Pflanzenreichs. Die aus den Befunden bei Chara crinifa hervorgegangenen Anschauungen über die Unterschiede zwischen Parthenogenesis und Apogamie und die als Arbeitshypothese aufgestellte Annahme eines hybriden Ursprunges der vermeintlich parthenogenetischen, in Wirk- lichkeit aber apogamen Ch. crinifa weisen auch der experimentellen Erforschung der Fortpflanzungsvorgänge in anderen Verwandt- schaftskreisen des Pflanzenreiches eine neue Bahn. Sie veranlassen, Umschau zu halten, ob in anderen Fällen vermeintlicher Par- thenogenesis, von Apogamie und Aposporie bei Pflanzen die oben definierte Apogamie vorliegen könnte und zu untersuchen, ob sich dieselben durch die neue Hjq^othese besser als bisher verstehen und erklären lassen. Ferner erscheint die Feststellung lohnend, ob schon die Resultate der vorliegenden Forschungen Anhalts- punkte für die Annahme artfremder Hybridation als allgemeiner Ursache der Apogamie und verwandter Erscheinungen bieten. Die neue Fragestellung läßt die Wahl günstiger Versuchs- objekte zur experimentellen Lösung der Frage nach den Ur- sachen der Apogamie von wesentlich anderen, zum Teil viel leichter zu erfüllenden Bedingungen abhängig erscheinen als bis jetzt angenommen worden ist. Die bei den meisten Pflanzen schwierige oder fast unmögliche Beeinflussung der Tetradenteilung fällt nunmehr außer Betracht. Die experimentelle Beeinflussung beschränkt sich auf den Ersatz des normalen Befruchtungsprozesses durch die Bastardierung. Hauptaugenmerk bei der Auswahl der Versuchsobjekte ist daher auf möglichst gute Trennung der beiden Geschlechter, Ausschaltung der legitimen Befruchtung und leichte und sichere Vornahme der Bastardbefruchtung zu richten. Zur Erleichterung der Hybridation zwischen den zu kreuzenden Arten wird wahrscheinlich nicht allzu selten die schon früher erwähnte Kombination von künstlicher Entwicklungserregung A. Über Bastard-Apogamie bei Algen und Pilzen. 159 und Bastardierung zu Hilfe zu ziehen sein, die ihrerseits eine leichte Beeiniiußbarkeit der Gameten zu künstlicher Parthenogenesis zur Voraussetzung hat. In engste Auswahl dürften also zunächst alle diejenigen Verwandtschaftskreise fallen, in welchen das Vor- kommen von Parthenogenesis oder Apogamie mit häufiger Bildung natürlicher Bastarde vereinigt ist. Es würde viel zu weit führen, schon jetzt alle die zahlreichen Pflanzen, die in den Zusammen- stellungen von Win kl er als sichere oder wahrscheinliche Beispiele der verschiedenen Formen der Apomixis aufgeführt worden sind, auf die Möglichkeit solcher Beziehungen zwischen Ajoomixis und Bastardierung hin durchzusprechen. Es muß genügen, eine An- zahl Beispiele unter den Kryptogamen und Phanerogamen heraus- zugreifen, die zu experimenteller Behandlung besonders geeignet erscheinen. A. Algen und Pilze. Unter den Algen scheinen vor allem die Familien der Zygne- maceae und der Fucaceae günstige Verhältnisse für die experimen- telle Feststellung von Beziehungen zwischen Bastardierung und Geschlechtsverlust mit obligater Apogamie aufzuweisen. Vielleicht kommen dafür ferner geschlechtlich differenzierte Formen von ein- zelligen Algen, vor allem Vertreter der Chlamydomonadineae^) in ^) Über erfolgreiche Kreuzungen zwischen verschiedenen Chlamydot^ionas- Arien hat vor kurzem Pascher (1916) berichtet. Er hat aus der Kreuzung zweier Arten, die sich durch eine ganze Anzahl von Merkmalen (verschiedene Größe und Form der Zellen, Form und Lagerung des Chi-omatophors, Unterschiede in der Beschaffenheit der Zygotenmembran usw.) unterscheiden, zahlreiche Heterozygoten erhalten und deren ca. 80 isoliert. Die Heterozygoten erwiesen sich als weniger leicht keimfähig als die Zygoten der Eltern, doch wurde in 5 Fällen die Keimung der Heterozygote direkt beobachtet, in 8 weiteren neue Kulturen aus je einer isolierten Heterozygote erhalten. Die Nachkommenschaft derselben verhielt sich verschieden. In einigen Kulturen traten nur die beiden Stammarten auf, andere dagegen setzten sich aus Misch- und Zwischenformen zwischen den beiden Stammarten zusammen. Diese Neu formen waren sehr schlechtwüchsig, weniger lebenskräftig als die Stammarten und neigten auch mehr zu Abnormitäten. Ob diese sich auch auf den Verlauf der sexuellen Fortpflanzung ausdehnten und ob die Mischformen überhaupt zur Zygotenbildung befähigt sind, ist leider, da die Kulturen frühzeitig eingingen, nicht festgestellt worden. Die Frage, ob einzelne in der Natur vorkommende Chlamydomonasformen ebenfalls aus Kreuzungen hervorgegangene Mischformen sein könnten, ist wohl noch nicht genauer untersucht worden. Die Möglichkeit des Vorkommens solcher Formen ist nicht von der Hand zu weisen. So erscheint es mir der Prüfung wert, ob nicht vielleicht die von Chodat (1916, S. 155) beschriebene Chlamrjdomonas intermedia Chod., für welche er die Möglichkeit der Bildung von Iso- und Heterogameten zugleich, sowie die häufige Verschmelzung von mehr als zwei Gameten angibt, als eine ferti le Mischform aus der Kreuzung zwischen einer isogamen und einer heterogamen Art hervorgegangen sein könnte. ](30 Siebentes Kapitel. Frage. Die letzteren bieten ähnlich den Vertretern der unter den Pilzen zu solchen Versuchen vor allem geeigneten Saprolegniaceae und Mucoraceae den Vorteil, daß sie sich nicht nur auf natürlichen, sondern auch auf künstlichen Nährböden ziehen lassen und damit nach verschiedenen Richtungen hin eine besonders exakte Analyse und Kombination der Versuchsbedingungen möglich machen. I. Zygnemaceae. Für Untersuchungen im Sinne unserer Arbeitshypothese liegen namentlich in der Gattung Spirogyra zahlreiche Anhaltspunkte vor. Für verschiedene Sjnrogyra- Arten ist die Möglichkeit künst- licher Parthenogenesis nachgewiesen worden. Natürliche Bastar- dierung zwischen Spirogyra -Arten ist ebenfalls schon mehrfach beschrieben worden und sehr wahrscheinlich enthält die Familie der Zygnemaceen, nicht wie die Characeen in Ohara crinita nur ein einziges, sondern mehrere Beisj^iele vermeintlich habitueller Par- thenogenesis, von denen zu prüfen ist, ob sie als Fälle der Bastard- Apogamie zu deuten sind. a) Resultate bisheriger Untersuchungen über Befruchtung, künstliche und natürliche Parthenogenesis bei Spirogyra. Die normalen Fortpflanzungsvorgänge von Spirogyra sind mor- phologisch und physiologisch sehr gut bekannt. Die Vorgänge der Konjugation, der Zygotenbildung und der Vereinigung der Gametenkerne sind schon von Schmitz (1879, S. 367), 0 verton (1888, S. 71) und Haberlandt (1890) eingehend verfolgt worden. Sie bilden weiter den Gegenstand eingehender Unter- suchungen aus neuerer Zeit von Karsten (1909) und Tröndle (1907 und 1911). Ihnen verdanken wir die Feststellung des eigen- artigen Verlaufes der Reduktionsteilung und den Nachweis, daß von der entstehenden Kerntetrade drei Kerne zugrunde gehen und nur der vierte zum Kern der Keimzelle wird. Spirogyra gehört also zu der verhältnismäßig geringen Anzahl derjenigen niederen Pflanzen, bei welchen vegetative Zellen und Gameten haploid sind und nur die Zygoten als diploide Phase oder Sporo- phytengeneration zu deuten sind. Die Bedingungen der ge- schlechtlichen Fortpflanzung von Spirogyra sind vor allem von Klebs eingehend untersucht worden. Seine Versuche haben ergeben, daß verschiedene dünnfädige Spirogyren, wie z. B. Sp. inflata, varians, longata usw. bei einiger Vorsicht sich ziemlich lange in Kultur halten lassen und verhältnismäßig leicht und schnell (d. h. durch intensive Beleuchtung oder Einwirkung von Rohrzucker- lösungenj zur Koj^ulation und Zygotenbildung zu bringen sind. Auch die Keimungsbedingungen der Zygoten von Spirogyra sind A. Über Bastard- Apogamie bei Algen und Pilzen. 161 bekannt und Keimlinge in größerer Anzahl von Klebs, später von Tröndle, Karsten u.a. erhalten worden. Schon in der älteren Algeuliteratur werden Beobachtungen mit- geteilt, die zeigen, daß die Protoplasten kopulierender Zellen ver- schiedener Zygnemaceen aus unbekannten, vielleicht zufälligen Gründen, nicht zur Verschmelzung gelangen, sondern für sich zur Ruhe kommen und sich mit einer Membran umgeben. Die ent- stehenden, den Zygoten ähnlichen Gebilde bezeichnete man als Azygosporen oder Parthenosporen. Fig. 43. Verlauf der Reduktionsteilung imKeiniungs- vorgang von Spirogyra longata. a erster, b zweiter Teilungsschritt des Zygotenkerns, c Zygote unmittelbar nach vollzogener Teilung des Zygotenkerns in 4 normal ausgebildete, haploide Kerne von ungefähr gleicher (jiröße, (/ Zygote mit einem großen und 3 degenerierenden kleinen Enkel- kernen. Aus T r ö n d 1 e (1911, S. 605-607, Fig. 10, 15, 18 und 19). Durch die Versuche von Klebs (1896, S. 247) sind für Spirogyra inflata und im besonderen für Sj). vmians auch die äußeren Ein- flüsse festgestellt worden, welche nach Einleitung der normalen Kopulation eine Verschmelzung der kontrahierten Protoplasten un- möglich machen und eine parthenogenetische Entwicklung zu Par- thenosporen auslösen, die vollkommen den Bau, die Struktur und Färbung der Zygoten besitzen und sich von ihnen nur durch etwas geringere Dimensionen unterscheiden. Bei Sj). tjibodensls hat von Faber (1912) je nach den Kulturbedingungen Bildung von normalen Zygosporen oder von Parthenosporen erreicht. Die Entstehung der Ernst, Bastardierung. 11 \Q2 Siebentes Kapitel. letzteren konnte bei Sp. tjibodensis, die zu den „schnell zerspringenden Formen" von Sjnrogi/ra gehört, schon auf Stadien ausgelöst werden, in denen noch keine Sj)ur von Kopulationsfortsätzen vorhanden war. Handelte es sich in den Versuchen von Klebs um eine Beeinflussung der bereits in sichtbarer KojDulation begriffenen Fäden durch Wasser entziehende Rohrzuckerlösungen, so fand bei Spirogyra tjibodensis Verflechtung und Verschlingung von Fäden als Einleitung zur Kopulation und die nachfolgende Auslösung der Parthönogenesis schon durch bloße starke Belichtung in stellendem Wasser statt. Ob bei Spirogyra tjibodensis oder einzelnen von Klebs untersuchten Arten auch in der Natur gelegentlich bei besonderer Kombination der äußeren Bedingungen Parthenosporenbildung eintritt, ist unbekannt. Für Spirogyra tjibo- densis speziell ist zwar anzunehmen, daß die im Experiment reali- sierten Bedingungen (stehendes AVasser, starke Belichtung) auch an den natürlichen Standorten hie und da zusammenwirken und einen ähnlichen Erfolg wie im Laboratoriumsversuch, also Parthenosporen- bildung, haben werden. Das Vorkommen gelegentlicher, natürlicher Parthenogenesis ist dagegen für verschiedene andere, normal geschlechtliche Spirogyra- Arten in der Literatur beschrieben worden (vgl. Oltmanns 1904, I. S. 70). So hat Zukal (1879, S. 294) anfangs April 1868 in einem Quellwassertümpel mit felsigem LTntergrund eine sehr reich fruk- tifizierende, der Sp. arcta Ktx. nahestehende Form gefunden, die keine Spur voü Kopulation zeigte. Die durch bloße Kontraktion der Plasmakörper entstandenen Sporen unterschieden sich nach seiner Angabe iti nichts von echten Zygosporen und verhielten sich bezüglich des Auskeimens als Dauersporen. Auch in den Fäden der von Rosenvinge (1883, S. 39) beschriebenen Sp. groenlandica waren zum Teil Zygoten, zum Teil Parthenosj^oren vorhanden. Die letzteren zeigten, ähnlich den von Chodat (1910; vgl. Fig. 44) er- haltenen Parthenosporen von Sp. qiiadrata var. mirabilis, verschiedene Entstehungsweise und damit verbunden auch keineswegs konstante Form und Größe. Wie Oltmanns (1904, L S. 71) bemerkt, ist die Fähigkeit zur Azj^gosjDorenbildung übrigens nicht auf die Gattung Spirogyra beschränkt, sondern kehrt auch bei anderen Zygnemaceae gelegentlich wieder. Im besonderen scheinen ähnliche Vorkomm- nisse wie bei den Spirogyren innerhalb der Gattung Zygnema ver- breitet zu sein. W. und G. S. AVest (1898, S. 48) erwähnen nicht weniger als 4 Arten dieser Gattung, bei denen von ihnen oder von anderen Autoren Parthenosporen aufgefunden worden sind. Chodat (1914, S. 3) beschreibt ferner einen Fall der Azygosporenbildung bei Mougcotia. Die von Klebs erhaltenen Parthenosporen ver- hielten sich wie die Zygoten als Dauersporen, waren aber auch A. Über Bastard-Apogamie bei Algen und Pilzen. 163 zu viel rascherer Keimung befähigt. Bei allen Versuchen lieferten sie durchaus gesunde, zur Fortpflanzung und Vermehrung fähige Keimzellen. Auch die von Faber erhaltenen Parthenosporen von Sp. tjibodensis unterschieden sich in der Art der Keimung in nichts von den durch Befruchtung entstandenen Zygoten. In beiden Fällen liegt nun offenbar generative Parthenogenesis von Gameten mit haploider Chromosomenzahl vor. Es ist also zu erwarten, daß bei der Keimung solcher Parthenosporen, deren Kerne nur Fig. 44, Zygosporen- und Parthenosporenbildung bei Spirogyra qiiadrata var. mirabilis Chodaf. a Zygosporenbildung durch nor- male leite r förmige Konjugation, h Bildung von Konjugationsfort- sätzen an zwei Zellen eines männlichen Fadens, und Bildung einer P a r - thenospore in der entsprechenden Zelle des weiblichen Fadens. c Vereinigung der beiden Protoplasten benachbarter Zellen durch die per- forierte Querwand, d und e Parthenosporenbildung in einer oder zwei Zellen eines Zellpaares nach vorheriger Einleitung der seit- lichen Konjugation. Nach C h o d a t (1910, Fig. A 1 u. 4, B 4. C. 2 u. 5). die haploide Chromosomenzahl der gewöhnlichen vegetativen Zellen führen, die Reduktionsteilung ausbleibt und die entstehenden Keim- linge wiederum normale vegetative Zellen liefern, die unter ge- gebenen Umständen späterhin zur geschlechtlichen FortjDflanzung befähigt sein werden. b) Über das Vorkommen von Apogamie bei Spirogyra. Wesentlich andere Verhältnisse als in den genannten Fällen künstlicher und natürlicher Parthenogenese liegen jedenfalls bei einigen anderen Zygnemaceae vor, für welche die Aus- 11* 164 Siebentes Kapitel. J bildung zy gotenähnlicher Sporen ohne Befruchtung als ausschließliche Art der Fortpflanzung festgestellt worden ist. Die bekannteste und schon mehrfach beschriebene dieser Formen ist >S^. mirabilis (HassalJ Kütx. Ihr Entdecker Hassal gab von ihr die nachfolgende und durch Figuren belegte Beschreibung (1845, S. 156, Taf. 35): „Filaments equal to those of 8p. commune in diameter. Cells about six times as long as broad, Sporan- gia oval, at first much elongated , and finally producing a slight in- Hation of the cells." Er erwähnt ausdrück- lich, daß im Gegensatz zu den Angaben eines anderen Beobachters in den Zellen dieser Art sich ohne Verbindung mit anderen Zellen des- selben oder anderer Fäden je eine braune Spore bilde, welche in der Mitte der ange- schwollenen Zelle liege. r\ \J M bi I'ig. 45. Spirogyra mirabilis Hass. i m tiven und fei'tilen Zustande von ver- schiedenen StandortenEuropas. a vege- tative Zellen mit leicht tonnenförmiger Erweiterung, j^ ^^^ ^^. ^^^ ^^ •;^. al Stück eines iadens mit rarthenosporen. Nach . -... ^ Petit (1880, S. 14 und Taf. III, Fig. 3, 4). b Zellen ÖV^'^^ mirabilis noch von eines rein vegetativen Fadens, bl Zellen zu Beginn einer grösseren Anzahl der Kontraktion der Protoplasten, b 2 vorgeschritte- nes Stadium im Verlaufe der Parthenosporenbildung, die sporenhaltigen Querzonen der Zellen schwach angeschwollen. Nach Hassal (1845, IL PI. 35, 1-3). von Algologen gefunden und beschrieben worden. Eine besonders ein- gehende Diagnose und genau ausgeführte Zeichnungen (vgl. Fig. 45a und a^) gab Petit (1880) in seiner Monographie der Spirogyren in der Umgebung von Paris. Über die Ursachen und den genaueren Verlauf der Par- thenosporenbildung von Sp. mirabUis sind verschiedene An- sichten geäußert worden. Die folgenden Angaben sind zum Teil den Ausführungen von Klebs (1896, S. 254) entnommen. B.raun nahm an, daß der Parthenosporenbildung in der einzelnen Zelle von A. Über Bastard-Apogamie bei Algen und Pilzen. 165 Spirogyra mirabilis eine Teilung und Wiedervereinigung des Proto- plasten vorangehe und Petit gab an, diesen Prozeß direkt beob- achtet zu haben, indem er (1. c. S. 14) schreibt: „Cette tres curieuse espece ne conjugue pas et ne laisse voir aucun tube copulateur; ä une certaine epoque de la vie de la plante, les cellules se renflent vers le milieu, l'endochrome se partage en deux parties qui se concentrent sous forme de globule aux deux extremites de la cellule, il se forme ainsi une differentiation entre les parties de l'endochrome. Bientöt les deux globules se rap- prochent vers la j^^-rtie renflee de la cellule et iinissent par se reunir en constituant ainsi la zygo- spore." De Bary hat dagegen nachgewiesen, daß ein- fach der Protoplast jeder Zelle sich kontrahiert und zu einer Spore umbildet. Solms-Laubach (1888, S. 648) war der Ansicht, daß die SjDoren der Sj). mirabilis ihre Entstehung der Vegetation einer äußerst zarten und schwierig festzustellenden Chytridieen- form verdanken, welche in den mit derber Membran umgebenen scheinbaren Azygosporen ihre Fruktifi- kationsorgane entwickle. Über die Keimung der Parthenosporen dieser Art erwähnt Lagerheim (1883, S. 55) in einer kurzen Notiz, daß . sie wie die- jenige der Zygoten anderer Arten verlaufe. Die eingehendsten Feststellungen über die Sporen- bildung von Spirogyra mirabilis verdanken wir Klebs selbst. Er hat die Bedingungen der Parthenosporen- bildung dieser Art und ihren Verlauf bei Labora- toriumsversuchen genau festgestellt und schreibt (1896, S. 254): „Man kann die sterilen Fäden leicht zur Sporenbildung bringen, wenn man sie in einem Gefäß mit Brunnenwasser der Sonne aussetzt. Dann gtückmitPar- beginnen in wenigen Tagen die Zellen sämtlicher thenospore (s) Fäden anzuschwellen; der Protoplast kontrahiert sich u. Keimling (i-i) und wandelt sich in eine braun gefärbte Spore um, ^"^^ Spirogyra j- m j rzx 1 iaj. mirabilis. Aus die vollkommen den Zygoten der anderen Arten ^j , n896 entspricht. Die Form der Sjioren schwankt sehr, s. 255, Fig. 7)! je nach den Zellen; alle Übergänge zwischen fast kugeligen bis zylindrischen finden sich vor." Es ergab sich also, daß die Parthenosporenbildung von Spirogyra mirabilis von den gleichen Bedingungen abhängig ist, wie die Zygoten- bildung durch Konjugation. Spirogyra mirabilis ist daher nach Klebs „eine Art, bei der auf ungeschlechtlichem Wege unter den Fig. 46. Faden- 166 Siebentes Kapitel. gleichen Bedingungen das gleiche Produkt, eine ßuhespore, ent- steht, die bei der Mehrzahl der anderen Arten geschlechtlich er- zeugt wird." Es scheint, daß Sp. mirabilis innerhalb der Zygnemaceen und verwandter Algen nicht das alleinige Beispiel von Apogamie bietet. Auch bei einigen anderen Formen kopulieren weder Zellen benach- barter Fäden miteinander, noch tritt bei der Sporenbildung eine seitliche Verbindung benachbarter Fadenzellen ein. Der Inhalt der einzelnen Zelle ballt sich ohne weiteres unter Ausstoßung von Flüssigkeit zusammen, umgibt sich mit einer derben Membran und bildet Azygosporen, welche wie Zygosporen keimungsfähig sind. Wittrock (1878, S. 9) hat solche Bildung von Parthenosporen für die von ihm neubeschriebene Oonato- nema ventr'icosum, angegeben, deren Zugehörigkeit zu den Mesocarpeae nach seiner Beschreibung und den beigegebenen Abbildungen zweifel- los ist. Anordnung und Bau dieser Parthenos|)oren sind Figur 47 zu entnehmen. In völlig übereinstim- mender Weise werden die Sporen auch bei den später von West (1898, S. 39) untersuchten G. Boodlei und G. tropicum gebildet. Nach ..nr-^n^L^M^^"''^ '"" ^^^'^ Nordstedt pflanzt sich Zygnema Sporen der Mesocarpee Oonato- ^ ^ ^■ o^• i t i -r, nema ventricosum. a Stück eines vegeta- spontaneiim ausschließlich durch Par- tiven Fadens mit sehr jungen Zellen, thenosporen fort und für eine zweite Chlorophyllplatten spiralig gedreht und Art derselben Gattung, Z. ret'i- von der Schmalseite gesehen, b und e ,ulatum, ist später von E. Hailas Stucke verschiedener Fäden mit reifen ,.r^r^^. . ^ -, i t oi- i Sporen. Nach Wittrock (1878, (l^^^) eingehend ausschließliche Fig. 3, 7 und 8). Fortpflanzung durch Azygosporen beschrieben worden. Bei dieser letzteren Art ist auch die Keimung der Azygosporen beobachtet worden. Sie weicht vom Verlaufe der Zygotenkeimung von Spiro- gyra und Zygnema dadurch stark ab, daß aus der Parthenospore nicht nur ein Keimling, sondern auch deren zwei und drei hervor- gehen können^). *) Deshalb wird diese Form von Oltmanns (1904, I. S. 55) nicht zu Zygnema, sondern zu den Mesotaenien gerechnet. A. Über Bastard-Apogamie bei Algen und Pilzen. 167 Da auch bei den Destnldiaceae natürliche Parthenogenesis vor- zukommen scheint (vgl. Oltmanns 1904, I, S. 89) und nach den Versuchsergebnissen von Klebs (1896, S. 260) auch experimentell erhalten werden kann, sind vielleicht Vertreter dieser Familie der Konjugaten zu ähnlichen Versuchen geeignet. Allerdings dürften die leichter kultivierbaren Zygnemaceen rascher zu einem ersten Ergebnis führen. Da in den letztgenannten Fällen der Azygosporenbildung Kopulationsfortsätze nicht entwickelt werden, ist die Deutung dieser Vorkommnisse zunächst unsicher. AVittrock (1878, S. 13) hebt hervor, daß zwei Wege zur Erklärung der ohne Konjugation ent- stehenden Sj)oren von Oonatonema ventricosum möglich seien. Nach der einen Auffassung wären dieselben als Agamosporen einer primitiven, neutralen Form dieser Familie zu be- trachten, welche den höheren Entwicklungsgrad, auf welchem ein Befruchtungsakt zur Bildung der Vermehrungszellen stattfindet, noch nicht erreicht hat. Nach der anderen Auffassung dagegen wäre G. ventricosum eine Form, bei welcher die bei anderen Mesocarpeen gelegentlich selbständige Entwicklung ein- zelner Gameten Regel geworden ist, die Sporen also Par- thenosporen sind. Mehrere Gründe, im besonderen der Ver- gleich mit der Parthenosporenbildung bei Moiigeoüa calcarea schienen ihm zu beweisen, daß die erstere Anschauungsweise die richtige sei. Klebs nimmt in der Auffassung der Spirogijra mirabilis einen ähnlichen Standpunkt ein. Er schreibt (1896, S. 255): „Man kann diese Art als den einfachsten Typus einer noch nicht ge- schlechtlichen Art betrachten, von der erst die konjugierenden Arten herstammen; oder man kann sie als eine abgeleitete, unge- schlechtlich gewordene Form auffassen. Entscheiden läßt sich natür- lich diese Frage nicht. Der Wunsch, sich eine Vorstellung von dem ersten Werden des Zeugungsvorganges machen zu können, ist viel- leicht der innerste Grund, daß ich dazu neige, an die erstere Mög- lichkeit zu glauben. Man würde so gerne aus dieser Sp. mirabilis sich die seitliche Kopulation zweier benachbarter Zellen, später die leiterförmige Kopulation von Zellen verschiedener Fäden herleiten. Bei der Ausstoßung der Flüssigkeit im Moment der Kontraktion von einer Sp. mirabilis-Zelle könnten Substanzen austreten, die auf die Nachbar- zellen einen Wachstumsreiz ausübten; es bildete sich die Fusion der Zellen aus, es entwickelte sich die Fähigkeit der Protoplasten, mitein- ander zu verschmelzen. " Der Auffassung, daß dasVerhalten der Sp. mirabilis ein primitives sei und von Vorgängen dieser Art die Kopulation der übrigen Zygnemaceen erst ab- geleitet sei, kann sich Oltmanns (1904, I. S. 71) nicht anschließen. 168 Siebentes Kapitel. Er ist der Ansiclit, daß es sich bei der Fortpflanzung von Spiro- gyra mirabilis wie bei einigen anderen Formen innerhalb der Zygnemaceae und Mesotaeniaceae um Apogamie handle. Ich möchte ebenfalls der zweiten von K 1 e b s erwähnten Möglich- keit, der Auffassung der Sp. mirabilis als einer abge- leiteten, ungeschlechtlich gewordenen Form den Vor- zug geben. Es liegt hier meines Erachtens ein der Chara crinita ganz analoger Fall, also aller "Wahrscheinlichkeit nach nicht haploide Parthenogenesis, sondern Geschlechtsverlust einer diploid gewordenen und sich apogam fort23flanzenden Form vor. Eine zytologische Untersuchung von Sp. mirabilis, deren Er- gebnisse für die Entscheidung dieser Frage maßgebend sein könnte, ist leider bis heute noch nicht vorgenommen worden. Dagegen liegen über die Chromosomenzahlen anderer Spirogyraarten Angaben in Spezialarbeiten vor. Nach der Zusammenstellung Tischler 's (1915, S. 170) wird die Chromosomenzahl der Haploidphase, also der Protoi^lasten der vegetativen Zellen und Gameten, für fünf der bis anhin untersuchten Arten (Sp. polytaeniata, setiformis, crassa, nitida und neglecta) von verschiedenen Forschern über- einstimmend zu zwölf angegeben. Für einige andere Arten sind geringe Abweichungen von dieser Hauptzahl gefunden worden. Tröndle (1911, S. 602) verzeichnete für Sp. calospora 8 — 10, für Sp. longata 10 — 12 Chromosomen, Karsten (1909, S. 7) für Sp. jiigalis und neuerdings auch Merriman (1913) für Sj). crassa deren 14. Einige Arten scheinen dagegen von der mittleren Chromo- somenzahl der Gattung bedeutender abzuweichen. Für Sj). tri- formis hat van Wisselingh (1900) beim Studium der vegetativen Kernteilungsvorgänge 6 und 12 Chromosomen vorgefunden, was, wie Tischler bemerkt, das Vorkommen uni- und bivalenter Rassen dieser Art möglich erscheinen läßt. Sp. dubia führt nach Merriman (1916) haploid 5, Sp. ternata sogar nur 4 Chromosomen. *S^. subaequa soll nach Mitzke witsch (1898, S. 107) 24 Chromo- somen besitzen, also im Vergleich zur Haujjtzahl der Arten diploid, im Vergleich zu den kleineren Chromosomenzahlen der Gattung zum mindesten tetraploid sein. In diesen Spjiroyyra- Arten wird bei normaler geschlechtlicher Fortpflanzung der Zygotenkern die diploide Chromosomenzahl ent- halten und die Reduktion derselben auf die hajjloide Zahl bei der Vierteilung zu Beginn der Keimung eintreten. Sj). mirabilis müßte also nach unserer Hypothese in den Kernen ihrer vegetativen Zellen und der zu Parthenosporen werdenden Gameten die doppelte Chromosomenzahl der Gameten ihrer normal geschlechtlichen Ver- wandten aufweisen. Die Entstehung ihrer erhöhten Chromosomen- A. Über Bastard-Apogamie bei Algen und Pilzen. 169 zahl wäre wie bei Chara crinita durch Annahme einer ohne Reduktion erfolgten Keimung einer Zygote heterogenen Ursprungs vorstellbar und es würde also wie bei Chara crinita, nicht generative Parthenogenesis, sondern Geschlechtsver- lust eines heteroploid gewordenen Bastards vorliegen. c) Über Bastardbildung bei Spirogyra. Spirogyrabastarde sind bis jetzt noch nicht beschrieben worden. Das ist indessen nicht verwunderlich, da die Spirogyren, wie die Mehrzahl der niederen Pflanzen, bis jetzt fast ausschließ- lich nach einzelnen Funden in der Natur beschrieben, dagegen noch nicht während mehreren aufeinanderfolgenden Generationen Fig. 48. Heterogene Konjugation bei Spiroc/yra. a Sp. majuscula Kg. < Durchmesser der Fäden 55 — 62 //, Zellen 2 — 4 mal länger als breit, 3 — 5 Spiral- bänder, Querwände nicht gefaltet), b Sp. calospora Cleve (Fadendurchmesser 36 — 40,». Zellen 6 — 12 mal länger als breit. Ein einziges Spiralband mit 4 — 5 Umgängen, gefaltete Querwände). Nach Wolle (1887, S. 221, Taf. 142, Fig. 5, 6). in der Kultur auf ihre Konstanz geprüft worden sind. Doch sind Angaben vorhanden, welche wenigstens die Bildung von Z3^goten durch Bastardierungsvorgänge sicherstellen. So ist Konjugation zwischen Zellen von Mougeoiia- Arten mit verschiedener Fadendicke festgestellt worden (vgl. West 1898, S. 38). Von besonderem Interesse ist, daß gerade Spirogyren verhältnißmäßig häufig solche Bastardzygoten zu erzeugen scheinen. In der Literatur habe ich bis jetzt vier verschiedene Angaben über Zygotenbildung zwischen Fäden verschiedener Spirogyra- Arten vorge- funden. Oltmanns erwähnt (1904, I. S. 72) eine mir leider nicht im Original zugängliche Angabe B e s s e y ' s , wonach zwischen Sj). majuscula und Sp. protecia, die leicht unterscheidbar sind, Bastar- dierung unter Bildung normal aussehender Zygoten stattfinde und empfiehlt diese eigenartige Sache erneuter Aufmerksamkeit. Wolle (1887, Taf. 142, Fig. 5, 6) hat einen Fall der Sporenbildung durch 170 Siebentes Kapitel. Konjugation zwischen Sp. majuscula und Sp. calospora abgebildet. An anderer Stelle (Taf. 138, Fig. 5, 6) gibt er auch eine Abbildung der Konjugation von Sp. maxima var. inaequalis und schreibt dazu (1. c, S. 228): Sp. maxima (Hass.) IVittr. var. inaequalis Wolle: „A singular variety of Spirogyra maxima; the one filament having a much larger diameter than the other conjugating with it. The larger measuring 125 /i, the smaller 80 ju. The zygosjDore is most frequently in the smaller filament, and in consequence considerably smaller than the zygo- spore of the typical form. The smaller filaments if seen indepen- dent of the other would pass for Sp). nitida^ or *S^. bellis.'-'' Fig. 49. Kopulation von Spirogyra maxima (Hass.) Wittr. var. inaequalis Wolle. Zygotenbildung zwischen Zellen von Fäden mit verschiedenem Durch- messer und verschiedener Spiralbandzahl. Durchmesser der weiten Fäden (a) 118 bis 125 n, Zellen wenig länger als breit. Zahl der Chlorophyllbänder 6 — 7, wovon jedes ^/j — ^U Windungen. Durchmesser des (Sp. nitida oder Sp. bellis ähnlichen) engeren Fadens fbj 80 ,«, Zahl der Spiralbänder in einer Zelle 4. Die Zygoten treten in den Zellen der engeren Fäden auf und sind bedeutend kleiner als die- jenigen der typischen Form. Nach Wolle (1887, S. 218, Taf. 138, Fig. 5, 6). Auch hier liegt sicherlich ein Vorgang der Bastardierung vor. Im Einzelnen allerdings kann der Befund Wolle's auf zwei ver- schiedene Arten gedeutet werden. Seine *S^. maxim,a var. inaequalis kann ein Gemisch aus zwei verschiedenen Arten, der eigentlichen *S^. maxima und einer dünnfädigen Art, ähnlich der von ihm ge- nannten Sp. nitida oder bellis sein. In diesem Falle würde es sich um Bildung von Zygoten durch Bastardierung handeln. Daneben ist auch die Möglichkeit vorhanden, daß die var. inaequalis aus Nachkommen von Artbastarden besteht, die fertil sind, untereinander sich kreuzen und dabei in Formen aufspalten, welche den Eltern mehr oder weniger ähnlich sind. Ein weiteres Beispiel der Bastardierung zwischen dünnfädigen Spezies erwähnen W. und G. S. West (1898, S. 43). Daß solche Kopulationen offenbar je nach den in Betracht kommenden Arten A. Über Bastard- Apogamie bei Algen und Pilzen. 171 ein verschiedenes Ergebnis zeitigen und nur melir oder weniger häufig zur Ausbildung eigentlicher Zygoten führen, geht aus ihrer Bemerkung hervor: „Several abortive attempts at hybridism were seen in this gathering, the two examples figured being the only two observed with thickwalled zygospores. These spores were of variable form and dimensions, and were present in both filaments." Interessante Beiträge zur Kenntnis der Kreuzungsmöglichkeiten bei S])irogyra verdanken wir Andrews (1911, S. 299). Er fand. in einer "Watte von Spirogyra crassa und Sp. communis neben allen Stadien artreiner Konjugation auch zahlreiche Konjugationen zwischen Zellen der beiden verschiedenen Arten. In einigen noch nicht kon- jugierenden Proben des Materials wurde Konjugation nachträglich beobachtet, als die Pflanzen im Laboratorium unter günstige Be- dingungen gebracht worden waren. Meistens wanderten die Pro- toplasten der dünnfädigen Sp. communis in die Zellen der dick- wandigen Sp. crassa hinüber. Immerhin war dies nicht ausschließ- lich der Fall und in Andrews Abbildung (vgl. Fig. 50 d) sind zwei Fadenstücke wiedergegeben, in welchen von 3 Heterozygoten zwei in den Zellen von Sp. crassa und eine im Faden von Sp. communis liegen. Da nach allgemeiner Annahme bei der Entstehung der Spirogyra-Zj goten nur die Chromatophoren der ruhenden Zelle erhalten bleiben, so würden in diesem Falle in der F^ Generation aus den Heterozygoten zum mindesten 2 verschiedene Bastardformen hervorgehen. Abgesehen von Unterschieden in Grröße und Form schienen die Bastard-Zy goten vollkommen normal zu sein. Die von Andrews in Aussicht gestellte Mitteilung über die Keimung der erhaltenen Heterozygoten ist leider nicht erschienen. Dagegen hat er 1912 eine weitere kleine Mitteilung über Kon jugations Vorgänge in seinem Gemisch konjugierender Sp. crassa und comtnunis veröffentlicht. Sie führt den Nachweis, daß die 1911 festgestellte Bildung von zweierlei Heterozygoten offenbar auf der Eigenschaft der ■ i.-.^'.- • ' rv^^^ S . .V, . ■; . : . l. ./ •/ :\ Fig. 66. Kernteilungen in Zellen des Gametopbyten und Sporo- pbyten von Athyrium Filix femina var. clarissima Bolton. 1 Kernteilung in einer Prothalliunizelle, 2 Kernteilung in einer Embryozelle. Nach Farmer und Digby (1907, Taf. 17, Fig. 26, 27). Vergr. 1500/1. bei dieser Form zwar keine reguläre Reduktion der Chromosomenzahl vollziehe, immerhin aber im Sporo- phyten eine leicht erhöhte Chromosomenzahl im Ver- hältnis zum Gametophyten vorhanden sei. Auf Grund des Vergleiches mit normalgeschlechtlichen verwandten Pflanzen halten aber Farmer und Digby doch dafür, daß die genannten Athy- rium-Arten nur im diploiden Zustande existieren, im Wechsel 208 Siebentes Kapitel. der Generationen also ihre Sporophyten stets wieder aus diploiden Eizellen oder aus ebenfalls diploiden vegetativen Prothalliumzellen hervorgehen müssen. Über die allgemeine Gültigkeit dieses Ergeb- nisses machen sie dagegen noch Vorbehalte, indem sie (1. c. S. 164) schreiben: „It would be unsafe to predict that no case of chromo- some reduction will ever be found to be associated with apospory, but at any rate it may be at once stated here that, so far as our jDresent knowledge goes, apospory is always found to imply the absence of the meiotic phase from the life-cycle of the organism. And the natural corollary of this conclusion is that the embryos, when they occur on the ,gametophytes' of such plants, always arise apogamously, that is, they are formed without fertilization from cells or tissues that already possess the füll comi^lement of ,sporophytic' chromosomes which have persisted unchanged throagh that period of the life-history which is commonly termed the gametophyte,'- Der hier wiedergegebenen Ansicht haben sich später auch die Mehrzahl der Forscher angeschlossen, welche selber weitere Fälle von Aposporie bei Farnen cytologisch untersucht haben oder in anderem Zusammenhange auf diese Verhältnisse zu sprechen ge- kommen sind. Für das aposjiore und apogame Trichomanes Kaulftissii var. nposporum hat z. B. Georgevitch festgestellt (1910, S. 169), daß die Chromosomenzahl in den Zellen des S25oroj)hyten beim Über- gang zum Gametojjhyten nicht reduziert wird, sondern in den Zellen des Prothalliums und des Sporophyten ca. 80 beträgt. Er läßt es aber unentschieden, ob diese Zahl die ursprüngliche Haploid- oder Dij^loidzahl dieser Art darstellt. Nach Goebel (1913, S. 419) ist das in der Art der Fortpflanzung sich ähnlich verhaltende Tricho- manes Kraussii „zugleich apospor und apogam und zwar, wie kaum zu bezweifeln ist, diploid". Ebenso nimmt Tischler in seiner Be- sprechung der Chromosomenzahlen die Haploidzahl dieser Farne als 40 an, so daß auch hier mit der A230sporie somatische Apogamie verknüpft wäre. b. Die Chromosomenzahlen obligat apogam er Farne ohne Aposporie. In ihren Arbeiten von 1903 und 1907 lassen Farmer und Digby der Beschreibung der mit Aposj)orie verknüpften Apo- gamie von Athyrium- Äxten noch ebenso eingehende Mitteilungen über zwei weitere Arten der Apogamie bei Farnen folgen, von denen wenigstens die eine nicht mit Aposporie verbunden ist. Nach ihren Untersuchungen gehen bei einigen Formen von Lastrea pseudo-tnas C. über Bastard-Apogamie bei liomosporen und heterosporen Pteridopliyten. 209 (^ I)rijo])te7'is Filix mas, var. pseudo-mas = Nephrodmm\ nämlich bei L. pseudo-mas var. poli/daefyla Wills und L. pseudo-mas var. polydactijla Dadds die Prothallien aus Sporen hervor, die als normale Produkte einer Tetraden- und Reduktionsteilung von Sj^orenmutterzellen entstanden sind. Die Prothallien der var. polijdaciyla Dadds zeigen reich- liche, diejenigen der var. polydactyJa Wills spärliche Antheridien- bildung. Bei der ersteren ist die Archegoniumbildung spärlich, die Fig. 67. Kernteilungen in Zellen des Gamet ophyten und Sporophyten von Laslrea pseudo-mas var. polydacfyla Wills. 1. Vorbereitungen zur hetero- typischen Teilung in einer Sporenmutterzelle, 2. Teilung des Kerns in einer vegetativen Prothalliumzelle, Stadium der Äquatorialplatte, mit erhöhter (diploider) Chi-omosomenzahl, 3. dasselbe Stadium der Kernteilung in einer Embryozelle. Nach Farmer und Digby (1907, Taf. 18, Fig. 39, 43, 44). Vergr. 1500/1. *) Um Irrtümern und Verwechslungen vorzubeugen, sei erwähnt, daß ich in diesen Ausführungen die von den zitierten Autoren gebrauchten Pflanzennamen auch dann beibehalte, wenn sie nach dem gegenwärtigen Stande der Nomenklatur- fragen durch andere ersetzt werden müßten. Es würde zu weit von unserem Thema abführen, gerade bei den Farnen mit ihren zahlreichen Formen, für welche in der Regel ja nicht einmal ganz sicher ist, ob sie bloße Wachstums- und Standorts- formen, sichere Varietäten oder Bastarde darstellen, die Nomenklatur bereinigen zu wollen. Die stete Aufführung der Synonymen würde auch den Gang unserer Dar- stellung zu sehr belasten. Wer sich für die eine oder andere der angeführten Pflanzen näher interessiert, wird sich selbst in der Literatur darüber zu orientieren vermögen, welche Spezies und Formen gemeint sind und die Synonyme selber fest- zustellen in der Lage sein. Ernst. Bastardierung. 14 210 Siebentes Kapitel. Arcliegonien sind aber normal beschaffen. Eine Befruchtung findet nicht statt, trotzdem auch die Spermatozoiden ausreifen und aktiv beweglich sind. Bei L. ijseudo-mas var. polydactyla Wills fehlen die Arcliegonien vollständig. Für beide Formen wird nun weiter Keimbildung aus vegetativen Prothalliumzellen angegeben, wobei bei var. polydadyla Dadds die Embryonen stets in der Nähe eines oder mehrerer Arcliegonien auftreten, vielleicht Fig. 68. Kernteilungen in Zellen des Sporophyten von Lastrea psciido-vias var. polijdac.fyla Dadds. 1. Prophasen der Teilung in einer Embryozelle, 2. Prophasen der Teilung in einer Zelle des jungen Arehespors, 5. Heterotypische Teilung in einer Sporenmutter- zelle. Nach Farmer und Digby (1907, Taf. 19, Fig. 57. 58, 60). Vergr. 1500/1. auch aus einer Oberflächenzelle des Archegoniums selbst ihren Ur- sprung nehmen. Für L. psciido-mas var. polydacttila Dadds haben Farmer und Digby Erblichkeit der Apogamie und Kon- stanz der Form durch mehrere Generationen hindurch verfolgt. In der Ausbildung der Prothallien, in der mehr oder weniger weitgehenden Reduktion und dem vollständigen Funktionsverlust der Geschlechtsorgane stimmen diese Formen durchaus mit den aposporen und apogamen Formen von Athyrium überein. Wichtige C. über Bastard-Apogamie bei homosporen und heterosporen Pteridophyten. 211 Unterschiede aber haben die Verfasser durch die Untersuchung der cytologischen Verhältnisse, speziell der Chroniosomenzahlen fest- gestellt. Bei der typischen Lastrea loscudo-mas haben sie in den Sporenniutterzellen 72 Chromosomen gezählt, hei L. pseudo- mos var. polydactijla Wills (vgl. Fig. 67) fanden sie während der Reduktionsteilung der Sporenmutterzellen nur 64 — 66 Chromosomen. Die gleiche Zahl wurde auch in einem Teil der vegetativen Prothalliumzellen fest- gestellt, während in anderen Prothalliumzellen allerdings eine viel höhere, nicht genau bestimmbare, aber sicher über 100 liegende Chromosomenzahl vorhanden sein soll. Bei Lastrea 2Jseudo-mas var. polydacfyla Dadds (vgl. Fig. 68) wurde bei den Reduktionsteilungen die Zahl von 96 Chromosomen festgestellt. Diese fand sich auch in einem Teil der vegetativen Prothalliumzellen vor, während wiederum andere dieser Zellen eine bedeutend höhere Zahl aufzuweisen schienen. Im Vergleich zum Tyj)us der Lastrea pseudo-ruas wird also die Chromosomenzahl der rar. Wills als vermindert, diejenige der «7ar. Dadds dagegen als beträchtlich erhöht angegeben. Die Entstehung von Prothalliumzellen mit verdoppelter Chromosomenzahl ist nach den genannten Autoren bei den beiden Varietäten auf das Vorkommen von Kernwanderungen und Kernverschmelzungen in haj^loidkernigen Prothallium- zellen zurückzuführen. Sie sollen bei var. polydactyla Wills sowohl in den dünneren seitlichen Partien als auch in den Zellen des Ge- webepolsters, besonders häufig allerdings in dessen jüngeren Partien hinter dem Vegetationspunkt stattfinden. Bei L. pseiido-mas var. polydactyla Dadds dagegen sind Kernwanderungen und Kernver- schmelzungen ausschließlich in geringem Abstand hinter dem Vege- tationspunkt, also in derjenigen Zone festgestellt worden, aus welcher auch die jungen Embryonen ihren Ursprung nehmen. Der Durchtritt des Kerns aus einer Zelle in eine benachbarte ist nach den beiden Autoren von Gestaltsveränderungen des wandernden Kerns (vgl. Fig. 69) begleitet und wird von ihnen auf die "Wirkung chemotaktischer Einflüsse zurückgeführt. In den zweikernig ge- wordenen Zellen soll eine Vereinigung der Kerne stattfinden und hernach die verdoppelte Chromosomenzahl bei den weiteren Teilungen beibehalten werden. Nur von solchen, durch den Verschmelzungsprozeß vegetativer Kerne gewissermaßen diploid gewordeneu Zellen soll dann die apogame Entstehung neuer S]3oroph3'ten ausgehen. Farmer und Digby stellten auch fest, daß die in den Prothallien dieser beiden Formen häufigen Kernwanderungen und Kernverschmelzungen in den Prothallien der tyj^ischen L. pseudo-mas und der untersuchten aposporen Athyrrnm-Yormen vollständig fehlen. Bei L. pseudo-was var. polydactyla waren dagegen von L. Digby schon 1905 in 14* 212 Siebentes Kapitel. nicht weniger als 73 ^/^ der untersuchten jungen Prothallien solche Kernverschnielzungen und nachfolgende Keimbildung nachgewiesen worden. Die beiden Autoren verglichen diese besondere Art des Er- satzes der sonst durch normale Befruchtung erfolgenden Chromo- somenverdopplung mit den ebenfalls als Befruchtungsvorgang auf- gefaßten Kernverschmelzungen bei Uredineen und Ascomyceten. Dieser Vergleich ist meiner Ansicht nach allerdings nicht gerade glücklich gewählt. Eine mehr als rein äußerliche Ähnlichkeit ist zwischen den verglichenen Vorgängen nicht wohl vorhanden, handelt Fig. 69. Kernübertritte und Kern Verschmelzungen in Prothallien von Lastrea pseudo-mas var. polydaetyla Wills. 1. Kernübei'tritte in verschiedenen Stadien, 2. Verschmelzung des Kernes einer Prothalliurazelle mit dem aus der benachbarten Zelle eingewanderten Kern. Nach Farmer und Digby (1907, Taf. 19 Fig. 46 u. 50). aus Winkler (1908). es sich doch nach den neueren Untersuchungen bei den genannten Pilzen um Organismen, die eine avißerordentlich starke Reduktion der geschlechtlichen Fortpflanzung erfahren haben, wobei aber die- jenigen Zellen, zwischen welchen es zu Kern Verschmelzungen kommt, immerhin als Reste oder als Ersatz von Greschlechtsorganen oder Geschlechtszellen gedeutet werden können. Bei den beiden Xas/rea-Formen dagegen liegt die eigenartige Erscheinung vor, daß völlig normal aussehende Geschlechtsorgane Ge- schlechtszellen zur Reife bringen, von denen sowohl die männlichen wie die weiblichen zur Fortpflanzung unfähig zu sein scheinen und an Stelle derselben in gewöhnlichen vegetativen Zellen durch Verschmel- zung von Kernen eine Verdopj^elu ng der Chromosomen- zahl und damit die Möglichkeit zur apogamen Ent- stehung von Keimen geschaffen werden soll. C. über Bastard- Apogamie bei homosporen und heterosporen Pteridophyten. 213 Nach der Chromosomenzahl der Kerne ihrer apogam entstehen- den Sporophyten würden also die beiden Las^rea- Varietäten der dij)loiden Apogamie beizurechnen sein. Von den übrigen Beispielen unterscheiden sie sich allerdings dadurch wesentlich, daß die diploide Chromosomenzahl ihrer Sporophyten nicht auf dem Ausbleiben der Reduktionsteilung und der Ausbildung diploider Gametophyten be- ruhen soll, sondern die Embrj^onen liefernden vegetativen Zellen des Gametophyten erst nachträglich durch vegetative Kernver- schmelzungen diploid werden. Natürliche Aposporie konnten Farmer und Digby weder bei rar. Wüls^ noch bei rar. iJadds feststellen. Versuche, sie durch An- wendung derjenigen Methoden künstlich zu erzeugen, welche an ab- geschnittenen Wedeln der besprochenen Athyrium -Formen reichlich Prothalliumbildung hervorrufen, blieben gänzlich ohne Erfolg. In beiden Varietäten würde also eine von Aposporie unabhängige diploide Apogamie vorliegen, deren prinzipiell wichtige Ab- weichung vom typischen Verlauf der Fortpflanzungsvorgänge der Polypodiaceac nicht in der apogam aus vegetativen Prothallium- zellen erfolgenden Embryobildung, sondern darin zu sehen wäre, daß die mit dem regulären Wechsel der Generationen verknüpfte Änderung der Chromosomenzahl hier einerseits durch reguläre Reduktionsteilung der Sporenmutterzellen, andererseits aber durch den Ersatz der normalen Befruchtungsvor- gänge durch vegetative Kernverschmelzung zustande kommen soll. Eine zweite, nicht minder eigentümliche Form der Apogamie ist von Farmer und Digby für L. pseiido-mas var. cristata apospcra Th-iiery beschrieben worden. Im Gegensatz zu den beiden var. polydactyla Wills und Dadds handelt es sich hier um eine sporen- lose Form, an welcher die Prothallien apospor und zwar nicht nur apikal und marginal, sondern auch aus den Flächen der Fiederchen hervorgehen. Antheridien sollen an diesen Prothallien nur sjDärlich erzeugt werden, Archegonien wurden niemals wahrgenommen und die Entwicklung des Embryos aus einer Hypertrophie festgestellt, die ihrerseits unmittelbar hinter dem Vegetationspunkt ihren Ur- sprung nimmt. Die Untersuchung der Chromosomenzahl dieser Form ergab, ähnlich wie bei Scolopendrium rulgare var. crispum Drimimondae., innerhalb der Organe und Gewebe desselben Individuums schwankende Zahlen. In Teilungsfiguren vegetativer Prothalliumzellen, ebenso in jungen Antheridien wurden durchschnittlich 60, in den Zellen von Embryonen dagegen 60 — 78 Chromosomen gezählt^). Eine ^) L. Digby hatte 1905 für diese Form als Mittel einer beträchtlichen An- zahl von Zählungen in Zellen des Gametophyten 43 Chromosomen angegeben und 214 Siebentes Kapitel. Chromosomenreduktion findet bei dieser Lastrea -VarietSit wie bei allen anderen aposporen Polypodiaceen nicht statt. Die Ver- fasser geben weiter an, daß sie eine größere Anzahl von Pro- thallien dieser Form umsonst nach Kernwanderungen und Kernverschmelzungen durchgesehen hätten. So würde sich also L. pseiido-mas var. cristata apospora Druery von den beiden Varietäten polijdadißa Wüls und Dadds nicht nur durch das Aus- bleiben der sonst einer Gametophytenbildung vorausgehenden Re- duktion, sondern auch das Unterbleiben der vegetativen Kernver- schmelzung unterscheiden. Bei der Diskussion der Frage, ob der Entwicklungsgang von L. pseiido-mas var. cristata apospora Druery mit der ursprünglichen Chromosomenzahl des SjDoroj^hyten oder des Gametophyten der Stammform zurückgelegt wird, machen die beiden Verfasser auf die im Vergleich zu den apogamen Zas/rea-Formen „kleinere" Chromo- somenzahl aufmerksam. Bei Vergleichung mit dem Gameto- phyten derselben und demjenigen der typischen Form seien diese Unterschiede allerdings nur gering, im Vergleich mit den Sporo- phyten dagegen auffallend. Daraus schließen sie, daß bei der Entstehung dieser Varietät eben ein Sj)oroj)hyt ohne Änderung der Chromosomenzahl aus einem Gametophyten entstanden sein müsse, welcher seinerseits aus einer durch normale Tetraden- und Reduktionsteilung entstandenen Spore hervorgegangen sein soll. Es bildet dieser Fall nach ihrer Ansicht gewissermaßen ein Gegenstück zum Verhalten der a230sporen und apogamen Athyrium- Formen, bei welchen ein Gametophyt unabhängig von der Reduktion aus einem Sporophyten entsteht, und beide Generationen die ur- sprüngliche Chromosomenzahl des Sporophyten aufweisen. Während alle aj)osj)oren Athyrium- Arten und die aj)ogame Lastrea psendo-mas polydactyla als Fälle diploider Apogamie erscheinen, würde hier ein Fall erblicher haploider Apogamie vorliegen. Farmer und Digby erwähnen 1907, daß die Resultate ihrer vorläufigen Mitteilung (1903) über die Fortpflanz ungs Vorgänge bei Lastrea mit einigem Zweifel aufgenommen worden seien und daß sie sich bemüht hätten, die geäußerten, wie andere vorauszusehende Bedenken sorgfältig zu prüfen. Sie sind nach der eingehenden und sorgfältigen Nachprüfung bei ihren früheren Angaben ver- blieben. Eine dritte, nicht minder eigentümliche Kombination von Apogamie und verschobener Chromosomenverdoppelung wird von R. Allen (1911) iüx Aspidium falcatum und von M. N. Steil (1915b) dazu bemerkt: „This calculation is certainly too low owing to the difficulty of realising every individual when dealing with high numbers; 50 is probably nearer the actual figure." C. über Bastard- Apogamie bei bomosporen und heterosporen Pteridophyten. 215 für Nephrodiuni hertipes angegeben. Die Sporophyten dieser Pflanzen sollen sich apogam aus vegetativen Zellen liaploidkerniger Pro- tliallien bilden und selber haploidkernig sein. Erst in den Sporan- gien würden dann diejenigen Zellen, die sonst den sporogenen Zellkomplex darstellen, sich paarweise zu den Sporenmutterzellen vereinigen und diese unter Reduktionsteilung die Sj^oren liefern. Ich glaube nicht, daß dieses unerwartete Generations- und Kern- phasenwechselschema einer eingehenden Nachuntersuchung stand- halten wird. Die Vorgänge der Kernverschmelzung, der vermuteten Reduktionsteilung sind noch nicht einwandfrei dargelegt, die Chro- mosomenverhältnisse derart unsicher zu übersehen, daß auch für diese Formen der haploide oder diploide Charakter der beiden Generationen noch in keiner Weise sichersteht. Die Hauptschwierigkeiten, die sich der sicheren Lösung all dieser Fragen entgegenstellen, bestehen in den großen Chromo- somenzahlen. Die Chromosomenzahl der Kerne scheint gerade in denjenigen Verwandtschaftskreisen der Folypodiaceae besonders groß zu sein, in welchen Apogamie und Aposporie häufig sind. Die von Farmer und Digby wie von anderen Forschern, die sich mit der Cytologie dieser Farne beschäftigt haben, festgestellten Zahlen und ein Blick ^auf die Zeichnungen, welche diese Angaben be- legen sollen (vgl. Fig. 67 und 68), ergeben ohne weiteres die außerordentliche Schwierigkeit dieser Aufgabe. Die Feststellung von Chromosomenzahlen von 40 an aufwärts ist eine Aufgabe, an die nur wenige Cytologen gerne herantreten. In der cytologischen und entwicklungsgeschichtlichen Literatur fehlt es nicht an zahlreichen Belegen dafür, daß die Bestimmung viel kleinerer Chromosomenzahlen wie 12, 16, 24 nicht leicht ist und schon bei solchen Zahlen die Angaben gewiegter Forscher für dieselbe Pflanzenart vielfach stark auseinandergehen. Diese Schwierigkeiten machen es begreiflich, daß einzelne Botaniker, die sich selbst mit der Zählung viel geringerer Chromosomenzahlen abgemüht haben, nicht unberechtigte Zweifel geäußert haben, ob Chromosomenzahlen von 60, 100 und mehr mit unseren gegenwärtigen Hilfsmitteln mit annähernder Genauigkeit bestimmt werden können. Ich muß auf Grund meiner eigenen Erfahrungen einen ähnlichen StandjDunkt einnehmen. Das schließt nicht aus, daß dem reichen Maß von Arbeit und der ungewöhnlichen Geschicklichkeit, auf welchen die von Farmer und Digby mitgeteilten Zahlen ganz sicher beruhen, große und aufrichtige Bewunderung gezollt wird. Daß diese Forscher selbst von der Schwierigkeit ihrer Aufgabe und der Möglichkeit von Fehlern aus eigener Erfahrung überzeugt waren, geht aus den Worten hervor, mit welchen sie z. B. die Angabe der Chromosomen- zahl (ca. 90) bei Athyrium Füix fenmia var. clarissima (1. c. S. 164) 216 Siebentes Kapitel. begleiten: „It will of course be readily understood by those who are familiär witli cytological work of this kind tliat an exact esti- mation is impossible, but we liave taken every care to get as near as possible to the real number. In oiir former communication the totals were iinderestimated, owing to the great difficulty of distin- guishing tlie individuals." 4 »Vf?^'?^ ^e«« Fig. 70. Kernteilungen aus dem Verlauf der Sporogenesc und der ersten Teilung der befruchteten Eizelle von Nepltrodium molle Dese. a Metaphase der ersten Kernteilung einer Pollen mutterzelle mit 64 bivalenten Chromosomen in Polansicht. b Anaphase desselben Teilungsschrittes in Seitenansicht, c Anaphase der Teilung des Zygotenkerns einer befruchteten Eizelle in Seiten- ansicht, d dieselbe Teilung in Polansicht, mit 128 Chromosomen. Nach Yamanouchi (1908a, Taf. 3, Fig. 29 u. 32; 1908b. Taf. 8, Fig. 57 u. 58). Einzelne Autoren haben darauf verwiesen, daß sjoeziell bei den Chromosomenzählungen an den genannten Lr/s^;-m-Formen Irrtümer unterlaufen sein könnten, und die große Variabilität der Zahlen- angaben für die verschiedenen Organe derselben Pflanze darauf beruhe, daß in manchen Kernteilungen schon längsgesjjaltene Chromosomen doppelt gezählt worden seien. Für die Eichtigkeit der Zahlenangaben von Farmer und Digby und damit indirekt C. über Bastard-Apogamie bei homosporen und beterosporen Pteridophyten. 217 zugunsten ihrer Sclilüsse auf das "Wesen der Apogamie dieser Formen sind zu verscliiedenen Malen die Angaben von Yamanouclii (1908) ins Feld geführt worden. Er gibt für das von ihm untersuchte, zu induzierter Aj)Ogamie befähigte Xephrodium, (Dryopteris) molle ebenfalls 64 — 66 Chromosomen als Haploidzahl des Gametophyten, 128 — 132 Chromosomen als diploide Zahl des Sj)oro2)hyten an. Damit ist natürlich für die Richtigkeit der Chromosomenzahlen der anderen Dri/opteris -Arten und ihrer Auffassung als haploid oder diploid nur ein indirekter Anhaltspunkt gegeben. Es könnte ja, wie z. B. Gates (1909, S. 546) ausführt, Dryopteris molle ähn- lich wie Oenothera giyas und einige andere später zu erwähnende Fälle, im Vergleich zu seinen Verwandten eine Chromosomen- verdoppelung erfahren haben, also tetraploid sein. Für den Sporoph3^ten vieler anderer Polypodiaceen sind nur halb so viele Chromosomen nachgewiesen. So könnte, wie Gates meint, eine solche Annahme erklären, warum das mit 64 oder 66 Chromosomen ausgestattete Prothallium von Dryopteris molle apogam auch einem Sporophyten mit dieser Chromosomenzahl den Ursprung geben könne, da diese Zahl im Verhältnis zli derjenigen der anderen sexuellen Arten immer noch eine diploide sei. Bei der Untersuchung des Kernteilungsverlaufes in den Wurzel- spitzen einiger Polypodiaceae hat Litardiere (1912) die dij^loide Chromosomenzahl von Pteris midtifida zu 52 (Calkins, 1897: 120 bis 130 Chromosomen!), diejenige von Äsplenium bidbiferum zu 64, diejenige von Adiantum cuyieatum zu ebenfalls ungefähr 64 (Calkins, 1897: 120 — 130) und diejenige von Dryopteris Filix mas var. crenata nach Zählungen in mehreren Polansichten zu 72 — 76 festgestellt. Die von Farmer und Digby angegebenen Zahlen von ca. 72 Chro- mosomen in den Kernen des Gametophyten der untersuchten Formen von Lastrea pseudo - mas könnten also sehr wohl der diploiden Chromosomenzahl der ursprünglich geschlechtlichen Form ent- sprechen. Da Farmer und Digby selbst bei den aposporen und apogamen Athyriiim-'EovTa.en und bei Scolopendvium ausschließ- lich diploide Chromosomenzahlen im GametojDhj^ten festgestellt haben, die Chromosomenzahl von Lastrea pseudo-mas var. cristata apospora ziemlich nahe an diejenige der diploid-chromosomigen apogamen Athyri am- Arten heranreicht, so ist wenigstens für diese Form die Möglichkeit diploider, an Stelle der postulierten haploiden Apogamie wohl nicht völlig von der Hand zu weisen. Eine ganze Anzahl von Schwierigkeiten, welche bei der von den beiden Autoren gemachten Annahme haploider Apogamie dem Verständnis der Besonderheiten in der Fortpflanzung dieser Form entgegenstehen, würden bei Annahme des dijoloiden Charakters ihrer Prothalliumkerne ohne weiteres wegfallen. Statt der eigen- 218 Siebentes Kapitel. tümlicli berührenden Angabe, daß an normal entstehenden Pro- thallien die normal haploidkernigen Spermatozoiden und Eizellen samt und sonders, nicht nur vereinzelt und unter bestimmten äußeren Bedingungen, sondern erblich zur normalen Fort- pflanzung unfähig sein sollen und deshalb vegetative Apo- gamie notwendig werde, hätten wir bei Annahme von Dij^loidie der Prothalliumkerne, genau wie bei einigen anderen aj)osporen Formen, Ausschaltung diploidkerniger Geschlechtszellen und Weiter- entwicklung diploidkerniger vegetativer Zellen. Auch für die beiden anderen Lastrea-Foriaen würde die Annahme von Diploidie ihrer Prothallien die vegetative Keimbildung an sich schon erklären. Es wäre weiter zu prüfen, ob die von Farmer und Digby be- obachteten Kernwanderungen und Kernverschmelzungen nicht etwa als abnorme Teilungs- und Verschmelzungsvorgänge aufgefaßt werden sollten, die in der Umgebung einzelner sich weiter entwickelnder vegetativer Zellen ausgelöst werden und also auch hier somatische Aj^ogamie vorliegen könnte. Dies hätte allerdings weiter zur Vor- aussetzung, daß die von Farmer und Digby für diese Formen angenommene Tetradenteilung der Sporenmutterzellen in den ersten Stadien der heterotyj)ischen Teilung vielleicht wirklich die Vorbe- reitungsstadien zur Reduktion aufweist, im weiteren Verlaufe aber, wie bei den apogamen Angiospermen, der heterotypische Teilungs- verlauf verlassen oder rückgängig gemacht wird und die Sporen nicht die haploide, sondern die diploide Chromosomenzahl erhalten. Ähnliche Überlegungen ließen sich an die Angaben von Allen und Steil anschließen. Dadurch werden aber vorderhand die auf ernst- haften Beobachtungen beruhenden Angaben dieser Forscher niclit umgestoßen. Es ist abzuwarten, in welchem Sinne spätere Unter- suchungen entscheiden werden. Alle bisher angegebenen Möglichkeiten der Entstehung von Apogamie sind also vorderhand im Auge zu behalten und in bezug auf die Chromosomenzahlen im AVechsel der Generationen apogamer und apogam-aposjoorer Farne vier Möglichkeiten zu unterscheiden: 1. Apogame Farne, deren Prothallien aus normal erzeugten, haploidkernigen Sporen hervorgehen, in ihren Zellen zum Teil haploide, zum Teil diploide Kerne aufweisen, welche durch Kern- wanderungen und Kernfusionen in vegetativen Zellen zustande kommen. Ursprung der Sporophyten aus vegetativen, diploidkernigen Prothalliumzellen. 2. Apogame Farne, deren Prothallien aus haploidkernigen Sporen entstehen und aus hajjloidkernigen vegetativen Zellen Sporo- phyten erzeugen. Sporophyten bis zur Bildung der Sporenmutter- zellen haploid; diese werden durch Kern- und Zellverschmelzungen diploid. C. über Bastard-Apoganne bei homosporen und heterosporen Pteridopliyten. 219 3. A230ganie Farne, deren Prothallien apos^jor aus sterilen Sporangien, in den Sori, apikal oder marginal an den Blattfiedern des SjDoropliyten entstehen, in allen Kernen die dij^loide Chromo- soriienzalil des Sporoj)liyten aufweisen und Embryonen entweder aus diploiden Eizellen oder diploiden vegetativen Prothalliumzellen erzeugen. 4. Apogame Farne mit aj^osporem Ursprung der Prothallien, wobei die ursprüngliche haploide Chromosomenzahl der Kerne des Gameto23hyten in beiden Generationen beibehalten werden soll und neue Sj^oroj^hyten aus vegetativen Prothalliumzellen hervor- gehen. c. Die Chromosomenzahlen in Fällen induzierter Aposporie und Apogamie. Mit der von Farmer und Digby angenommenen habituellen haploiden Apogamie wird die gelegentliche und induzierte Apogamie bei sonst normalgeschlechtlichen Formen, wenigstens in einigen Punkten übereinstimmen. Wieder anders werden die cytologischen Verhältnisse bei induzierter Apos]3orie an sonst normalgeschlechtlichen Formen liegen müssen. Über beide Mög- lichkeiten liegen in cytologischer Hinsicht erst wenige An- gaben vor. H e i 1 b r o n n konnte an den Prothallien von Cystopteris fragilis f. polyaijogama in keinem Falle Kerndurchtritte oder Kern- verschmelzungen in den apogamen Höckern wahrnehmen. Er läßt daher die Frage offen, „ob bei der Entwicklung des apogam ent- standenen Sporophyten die Chromosomenzahl regenerativ verdoppelt wird oder nicht". Leider kam seine Arbeit schon zum Abschluß, als die Blätter der von ihm erhaltenen Sporophyten zum ersten Male Sporen trugen. Eine Angabe über die Erblichkeit der von ihm studierten Form liegt daher noch nicht vor. Ebenso war es Heilbronn nicht gelungen, die Zahlenverhältnisse der Chromo- somen festzustellen. Er schließt aber aus der gleichzeitigen Ent- stehung von Pflanzen aus vegetativen Höckern und aus Eizellen auf dem nämlichen Prothallium, daß bei diesen Formen ein Fall generativer Apogamie nach der Definition von Winkler vorliege. Ein anderes Beispiel induzierter Apogamie, das bereits genannte Nephrodium molle TJesv. ist dagegen von Yamanouchi (1907 und 1908) in cytologischer Hinsicht in musterhafter Weise untersucht worden. Als Vorbereitung für das Studium der Apogamie von Nephrodium molle hat er in besonderen Arbeiten die Sporogenese (1908a, vgl. Fig. 70), die Spermatogenese, Oogenese und die Be- fruchtungsvorgänge (1908 b) dieses Farnes untersucht. Dabei hat er 220 Siebentes Kapitel. besonderes Gewicht auf ein eingehendes Studium der ruhenden Kerne, der Kernteilungen in den vegetativen Geweben beider Generationen, das besondere Verhalten und Aussehen der Chromo- somen bei der ßeduktionsteilung der Sporenmutterzellen und bei der Bildung der Sexualzellen gelegt, also kurz das Verhalten der chromatischen Substanz im ganzen Entwicklungszyklus der normale S^^orenbildung und Befruchtung aufweisenden Pflanze studiert. Die diploide Chromosomenzahl des Sporophyten wurde zu 128 — 132, ^■■**i r ' 1 ,T\ .f- e »*W^ \1''- *i iSm [^3p;.^i\l ' 3 ^rox. m M ^\) r ^ ¥a. _ .j Fig. 71. Kernteilungen in Zellen induziert a p 0 g a m e r P r o - thallien von iVe- plirodium molle Desv. lu. 2 späte Prophase und Metapliase von ! Kornteilungen im jungen Prothallium- gevvebe. 3 Polansicht einer späten Anaphase mit 64 Chromosomen. 4 Schnitt durch eine Prothalliumpartie, aus deren Teilungen die den Sporophyten liefernde Zellgruppe entsteht. In la eine Kernteilung dieses Gewebes ver- größert, Spindel dieser und ähnlicher Teilungen etwas breiter als im normalen Prothalliumgewebe, die Chromosomenzahl dagegen nicht verändert. NachYamanouchi (1908c, Taf. 9, Fig. 5, 6, 8, 10 und lOa;. die Anzahl der bei der Vorbereitung zur Reduktion in den Sporen- mutterzellen auftretenden Dopj^el- Chromosomen sowie die haploide Zahl einfacher Chromosomen der Sporenkerne, wie in den Zellen des Gametophyten zu 64 bis 66 bestimmt. Zum Überfluß ist schließlich auch wieder die erneute Anwesenheit von 128 — 132 Chro- mosomen in den der Befruchtung nachfolgenden Teilungen des Zy- gotenkerns und seiner ersten Teilungsprodukte (vgl. Fig. 70 c und d) festgestellt worden. C. über Bastai-d- Apogamie bei bomoeporen und heterosporen Pteridopbyten. 221 Die unter besonderen Kulturbedingungen (vgl. S. 222) erhaltenen apogamen Protliallien erzeugten frühzeitig und reichlich Antheridien. Archegonien blieben sjDärlich. Schon nach wenigen Wochen be- gann dagegen die Bildung einer lokalen Verdickung im mittleren Gewebepolster des Prothalliums. Weder in den Kernteilungen des gewöhnlichen vegetativen Gewebes dieser Protliallien, noch wäh- rend der Entstehung des den Sporophyten erzeugenden Gewebe- }3olsters waren Ab- weichungen von der Chromosomenzahl nor- malgeschlechtlicher Prothallien festzu- stellen. Yamanouchi beschließt seine Mit- teilungen über diesen ersten Fall der experi- mentellen Erzeugung eines haploiden Sporo- phyten im Pflanzen- reich^) mit den Worten: „Whether the sporo- phyte thus formed may produce spores has not yet been determined". Es sind also Unter- suchungen über die Entstehung haploider Farnsporophyten und über deren Sporen- bildung, ähnlich den Untersuchungen über die Fortpflanzungsvor- gänge experimentell erzeugter haploidchromosomiger Pflanzen und Tiere in Fällen gene- rativer Parthenogenesis der Zukunft vorbehalten. Fig. 72. Schnitte durch normale und apogame Prothallien von Nephrodiicm molle Desv. a nor- males Prothallium mit verschiedenen Entwicklungs- stadien von Archegonien. b und c apogame Prothallien. Die neben den verschieden weit entwickelten Arche- gonien liegenden Zellgruppen, die apogam zu Sporo- ph3-ten auswachaen, punktiert. Nach Yamanouchi (1908 c, Fig. la und b, S. 299 und Fig. 2 b, S. 301). ^) Die Richtigkeit der Angaben Yamanouchi 's wird neuerdings von Mottier (1915) bestritten. Es ist ihm trotz großer Erfahrung in der Prothallium- kultur nicht gelungen, an den Prothallien von Dryopferis mollis (Jarq.) Hieron. apogame Keimbildung im direkten Sonnenlicht zu erzielen, auch wenn die Be- fruchtung völlig ausgeschlossen wurde. Seine Befunde setzen auch stark in Frage, ob wirklich aus den in Yamanouchi's Zeichnungen punktierten Zellgruppen Embryonen hervorgegangen wären. 222 Siebentes Kapitel. d) Bisherige Ansichten über die Ursachen von Aposporie und Apogamie bei Farnen. Bei den Diskussionen über die Ursachen der Apogamie und Aposporie im Pflanzenreich sind die apogamen und apogam-apo- sporen Farne viel weniger besprochen worden als die a230gamen Angiospermen. Das ist besonders deswegen verwunderlich, weil doch bei einer ganzen Anzahl von Farnen Apogamie experimentell erzeugt worden ist. Das war schon bei den erstbeschriebenen Fällen , den Untersuchungen von F a r 1 o w und de B a r y der Fall. Ihre Versuchsmethode ist später, vor allem durch Lang (1898), vervollkommnet worden. Lang hat an Prothallien von zahlreichen Aspidium-, Athyrium-, Nephro- dium- usw. -Arten eine im einzelnen verschie- den verlaufende apo- game Entwicklung von Sporophyten oder ein- zelner Sporangien da- durch hervorgerufen, daß er sie ausschließ- lich von unten be- wässerte und direktem Sonnenlicht aussetzte. Auch Yamanouchi (1908 c), H. Woronin (1908) und W.N. Steil (1915 b) haben Prothal- lien von sonst normalge- schlechtlichen Kephro- dinm-, Pellaea- und No- thocl/laena - Arten zur Apogamie veranlaßt, indem sie dieselben von wenigzelligen Stadien an im Warmhaus, bei einer Temperatur von 28 — 32" C und ausschließ- licher Bewässerung von unten im direkten Sonnenlicht heranzogen. Es war naheliegend, auch bei den Formen mit erblichem Ge- schlechtsverlust ähnliche Ursachen anzunehmen. Hierfür schien vor allem die Häufigkeit der mit Aposporie verknüpften Apo- gamie bei kultivierten Farnen zu sprechen. Daß aber diese Modifikationen der Fortpflanzungserscheinungen offenbar nicht auf die abnormen Kulturbedingungen der Gewächshäuser zurückzu- führen sind, zeigt der Umstand, daß von den von Farmer und Digby untersuchten aposporen und apogamen Formen zwei, nämlich Athyrium Füix femina var. clarissima Bolton und Athyrium Fig. 73. Apospoi'ie von Tridwmanes Kraussü. Ende eines Blattfiederchens, dem teils fadenförmige, teils flächenförmige Pi-othallien entspringen. Ii = Haare des Blattrandes. Aus Goebel (1913, S. 419, Fig. 409). C. über Bastard- Apogamie bei homosporen und heterosporen Pteridophyten. 223 Filix femina rar. darissima Jones, ferner die Originalpflanzen der apogamen Lastrea ];)seudo-mas var. pohjdacfyla Wills wildwachsend gefunden worden sind. Auch von den später beschriebenen apogam-aposporen Formen wurden mehrere im Freien gesammelt. So gibt z. B. Goebel (1905, S. 243) an, daß die Prothallien von Trichomanes Kraussii auch an ihrem natürlichen Standorte auf Dominica nicht nur ajjogame Entstehung von Keimpflanzen aufwiesen, sondern dort auch Prothalliumbildung aus der Spitze des ersten Blattes einer Keimpflanze gefunden wurde. Diese Art hat, wie er später (1913, S. 421) schreibt, „ihre Aposjiorie in der Kultur seit mehr als 10 Jahren beibehalten. Sie ist also gegen- über der Normalform eine, wahrscheinlich durch Mutation ent- standene Neubildung". Bei der Beurteilung der Ursachen für das Zustandekommen der Apogamie der Farne hatte de Bary (1878, S. 476) darauf hingewiesen, daß an den Prothallien regulärer Spezies Sprossung infolge Ausbleibens der Archegonien- oder der Embrj^o- bildung weder an den rein männlichen, noch an den weiblichen eintritt. Werden die Archegonien nicht befruchtet, so wachsen sie kräftig weiter und erzeugen fort und fort neue Archegonien. Neuere Beobachtungen sprechen aber wohl dafür, daß auch in der Natur Ajiogamie bei Farnen nicht nur als konstante Eigenschaft, sondern auch sprungweise und sj^oradisch auftreten kann. Sie steht dann in Verbindung mit einer Störung der normalen Ent- wicklung, welche sich auch in anderen Merkmalen des morpho- logischen Aufbaues äußert. Durch erbliche Fixierung der neuen Eigenschaften wären dann, wie angenommen wurde, neben den sexuellen Stammarten die apospor-apogamen neuen Formen hervor- gegangen. So hielt es de Bary für unzweifelhaft, daß die Apogamie ..rasch und plötzlich, d. h. mit der Differenzierung einer Varietät, eintreten könnte" und „die beiden korrelativen Erschei- nungen (d. h. Eintreten der vegetativen Sprossung und Ausbleiben der regulären Embryobildung) sich nicht wechselweise ursächlich bedingen, sondern eine gemeinsame Ursache haben müssen, und ferner, daß diese Ursache in s^iezifischen, derzeit unerklärten Eigen- schaften liegt". H. Woronin (1908, S. 160) ist der Ansicht, daß die Apogamie durch Mutation entstanden und dann fixiert worden sein könnte. Als Ursache des Auftretens apogamer Sprossungen an Prothallien scheint ihr in einigen Fällen die Trockenheit in Frage zu kommen. Sie weist darauf hin, daß die von ihr untersuchten apogamen Pellnea- und NotJwchlae?ia- Arten Bewohner tropischer Kalkfelsen seien, auf denen die Temperatur ziemlich hoch und der Boden schon seiner Beschaffenheit wegen durch Trockenheit ausgezeichnet 224 Siebentes Kapitel. sei. „Infolge der Unmöglichkeit befruchtet zu werden, sind die Sexualorgane funktionslos geworden und allmählich atrophiert oder hypertrophiert, und Anhäufung von Nährmaterial, das sonst zur Entwicklung der befruchteten Eizelle verwendet wurde, hat hier die Bildung der apogamen Pflanze veranlaßt." Daß Aposporie und Apogamie wirklich spontan auftreten können, geht wohl am schönsten aus einer Beobachtung Goebels (1905, S. 239) hervor. Er hat an einem der im Münchener bota- nischen Garten kultivierten Exemplare von Asplenium dimorphuiii ein Blatt vorgefunden, das sich vor anderen Sporangien und „Adventivsjirosse" tragenden Blättern dadurch auszeichnete, daß die Sporangiumbildung seiner Fiedern reduziert war, diese dagegen apospor Prothallien erzeugten^). Die Pflanze, an welcher dieses eine aposjjore Blatt gefunden worden war, erwies sich im Laufe der beiden nächsten Jahre als völlig normal. Auch diejenigen Ableger, welche aus den von dem abnormen Blatte abgenommenen und weiter kultivierten Adventivsprossen herangezogen wurden, zeigten keine Aposporie. Es ist also, nach der Ansicht von Groebel, in diesem Falle die Aposporie eine in Verbindung mit anderen abnormen Vorgängen auf- tretende Mißbildung. Dahingestellt bleiben muß bei dieser Auf- fassung, ob die Fähigkeit zur aposporen Entwicklung latent in dieser Pflanze vorhanden ist, und nur unter bestimmten Be- dingungen hervortritt. AVahrscheinlicher allerdings ist, daß auch hier induzierte Aposporie, ein Gegenstück zur induzierten Apogamie vorliegt. Hier wie dort handelt es sich aber um keine mit Geschlechtsverlust verbundene erbliche Fortpflanzungsart. Auch bei dem von Heilbronn (1910) beschriebenen Cystopteris fragilis Bernhardi f. polijapogama Ileilbr. ist Apogamie nicht die einzige Fortpflanzungsart der Prothallien. Nach den Feststellungen ^) Nach Goebel (1905, S. 239) war der Übergang zur Aposporie an diesem Blatte von Asplenium (limorphiwi mit einer abnormen Teilung der Blattfläcbe und Ausbildung schmälerer Fiedern verbunden. Die Sporangiumbildung war stark reduziert. Die Sori fehlten entweder ganz oder waren abnorm ausgebildet. Das Indusium war kurz und teilweise lappig ausgewachsen, die Sporangien verkümmert. Prothalliunibildung aus abnormen Sporangien untei'blieb vollständig, dagegen wurden an den Knden der Blattfiedern reichlich Prothallien sichtbar, die ganz all- mähliche Übergänge in die Gewebe der Blattfiedern zeigten. Sie waren teilweise kraus verzogen, ließen aber vielfach eine Scheitelbucht erkennen und trugen auf ihrer Unterseite Archegonien, weniger häufig Antheridien, und kurz bleibende Rhizoiden. Auf Torf überpflanzt wuchsen diese Prothallien kräftig heran, ihre Antheridien und Archegonien waren abnorm gebaut. Vor allem fiel die be- deutende Größe der Antheridien auf, von der hernach Strasburger (1907a, S. 169) annahm, daß sie durch Doppelzahl der Chromosomen in den Kernen ausgelöst werde. Ihre Sexualzellen selbst waren offenbar „minderwertig" imd nicht zur Befruchtung geeignet. C. über Bastard-Apogamie bei homosporen und heterosporen Pteridophyten. 225 von Heilbronn ist bei diesem Farn im Spätherbst und Winter die Entwicklung von normalen Prothallien mit Sexualorganen und regulär entstehenden Sporophyten vorherrschend, während im Früh- jahr und Sommer die Neigung zu apogamer Fortpflanzung die Oberhand gewinnt. Durch Versuche konnte er dann zeigen, daß die Verschiedenheit der Lichtverhältnisse von Einfluß auf die Entwicklung im apogamen oder normalen Sinne ist. e) Über Farnbastarde und die Möglichkeit des hybriden Ursprunges der apospor-apogamen Formen, Sind auch bei den Farnen Anhaltspunkte für die Annahme eines hybriden Ursprunges apospor-apogamer Formen vorhanden? Ich möchte von vornherein diese Fragestellung auf diejenigen Fälle beschränken, in welchen der ganze Entwicklungszyklus ohne Chromosomenreduktion durchlaufen wird, Sporophyt und Gametophyt die gleiche diploide Chromosomenzahl auf- weisen und es sich um die erbliche Fort23flanzungsform handelt. Es kommen dabei mehrere Möglichkeiten des genetischen Verhält- nisses der beiden Generationen unter Ausschaltung der Reduktions- teilung in Betracht. Sie bilden eine Reihe, welche eine allmähliche, immer weitergehende Zurück Verlegung der Gametophyten- bildung im Entwicklungsgang des Sporophyten ausdrückt. Eine ganze Anzahl der bis jetzt untersuchten Fälle lassen sich gut in diese Reihe einordnen. Für andere Kategorien dagegen sind zurzeit Beispiele noch nicht bekannt. 1. Bildung diploidkerniger Prothallien aus Sporen, die ohne Reduktionsteilung aus Sporenmutterzellen hervorge- gangen sind (Sporogener Ursprung der Prothallien). Die Embryo- bildung erfolgt aus unbefruchteten, diploiden Eizellen oder aus di- ploiden, vegetativen Zellen des Prothalliums. 2. Bildung dij)loidkerniger Prothallien aus diploiden Zellen junger Sporangien oder aus Zellen desReceptaculums der Sori (Soraler Ursprung der Prothallien). Embryobildung aus unbefruchteten, dij^loiden Eizellen oder aus vegetativen Prothallium- zellen (z.B. Äthyrium Fii'ix femina var. darlssima Jones). 3. Bildung diploidkerniger Prothallien, sowohl soralen Ur- sprunges wie auch als apikale und marginale Bildungen der Blattspreite. Embryobildung aus unbefruchteten, diploiden Eizellen (Beispiele nach Farmer und Digby: Äthyrium F'illx femina var. clarissima Bolton und rar. Kuco-glomeratum Stansfield) , Embryobildung aus vegetativen Prothalliumzellen. 4. Bildung diploidkerniger Prothallien ausschließlich aus vege- tativen Zellen der Blätter (apikaler und marginaler Ursprung). Embryobildung aus unbefruchteten, dij)loiden Eizellen (Beispiel: Ernst, Bastardierung. 15 226 Siebentes Kapitel. Scolopendrium vulgare var. crispum), oder Embryobildung aus vege- tativen, diploidkernigen Prothalliunizellen. Nicht in Betracht kommt für unseren Erklärungsversuch der Fall von Lastrea pseudo-7nas var. cristata apospora Druery, sofern sich für denselben die von Farmer und Digby angenommene generative Apogamie bestätigen läßt. Er wird dagegen der ersten Kategorie einzuordnen sein, wenn sich, wie ich vermute, der diploide Charakter der Prothallien dieser Form ergeben wird. Das Gleiche gilt auch für die var. pjoli/dactyla von Lastrea pseudo- mas, bei welchen nach Farmer und Digby Pseudo-Apogamie, d. h. Ausbildung eines Prothalliums aus einer haploiden Spore und Bildung neuer Sj)orophyten aus vegetativen, durch Kernver- schmelzung diploid gewordenen Prothalliumzellen vorliegen soll. Finden die Angaben von Farmer und Digby späterhin Be- stätigung und Erweiterung, so liegen hier offenbar ganz andere Erscheinungen als in den eben aufgezählten vier Kategorien vor, und es ist anzunehmen, daß sie auch ganz andere Ursachen haben werden. Wahrscheinlicher ist aber, daß die Zukunft auch für diese Fälle eher eine Feststellung des diploiden Charakters der Sporen und Prothallien und damit Einordnung in die erste der oben aufgezählten vier Kategorien bringen wird. Zunächst sei darauf verwiesen, daß an natürlichen Bastarden innerhalb der Farne kein Mangel ist. Schon Focke (1881, S. 422) zählt in seiner Übersicht eine größere Anzahl teils natürlicher, teils in Kultur entstandener Bastarde aus den Gattungen Polypodmm, Gym- noyramme, Adianhun, Asplenium, Phegopteris und Aspidlum auf. Er erwähnt ferner einen Gattungsbastard, Scolopendrk(m vulgare Symonds X Ceterach officinarum Willd.^ der allerdings erst einmal und in einem einzigen Exemplare aufgefunden worden sein soll. Ich habe davon Abstand genommen, die ausgedehnte neuere Farnliteratur auf weitere Angaben über natürliche Bastarde durch- zusehen \). In den Florenwerken verschiedener Länder wären wohl unschwer unter den kritischen Formen zahlreiche weitere Bastarde oder als Bastarde aufgefaßte Formen ausfindig zu machen. So führen z. B. Scliinz und Keller (1914) für das kleine Gebiet der Schweiz nicht weniger als 12 Polypodiaceen-Bastarde (Cystopterls 1, Dryopteris 5, Aspleninm 6 Artbastarde) an. Die Fortpflanzungsverhältnisse der Farnbastarde sind bis jetzt noch nicht eingehend untersucht worden. Focke hat darauf verwiesen, daß an Stelle der bei Bastarden von Tieren und Angiospermen auftretenden Schwächung der geschlechtlichen Funktionen bei den Farnen in erster Linie nicht Hemmungs- ^) Eine neuere Zusammenstellung von Beispielen natürlicher Kreuzung bei Farnen gibt W. D. Hoyt (1910, S. 341 u. f.). C. über Bastard- Apogamie bei homosporen und heterosporen Pteridophyten. 227 bildungen an den Protliallien, sondern im Vorgange der Sporen- bildung zu erwarten seien. Angaben über mangelhafte Aus- bildung der Sporen bei hybriden Filicineen lagen Focke noch nicht vor, doch erwähnt er, daß bei dem schon damals bekannten Bastard Eqiiisetum arvense L. X E. limosum L. die Spore*ii größten- teils sehr klein und farblos blieben, die Schleudern fehlten und nur zuweilen einige wenige normal gebildete dazwischen lägen. Aus neuerer Zeit liegen Untersuchungen über zwei Farne vor, die mehrfach als Artbastarde betrachtet worden sind. H, Fischer (1909) berichtete über die Fortpflanzung \onAspidiiim 7'emotum AI. Br., das als Zwischenform oder Bastard zwischen Xephrodium Filix mas Rieh, und N. spinulosiim Desv. aufgefaßt wird. Sein Untersuchungs- material hatte er an zwei verschiedenen Standorten gesammelt und in der Kultur weiter beobachtet. Die Sporen von drei Pflanzen des einen Standortes waren nicht keimfähig, obschon sie durchaus normal gestaltet schienen und abortierte Sporen nicht häufiger als bei „guten" Arten vorhanden waren. Die S23oren des einen Stockes vom zweiten Standorte keimten reichlich. „Sie bildeten auch zahl- reiche junge Pflänzchen, blieben aber durchaus apogam." Ob die Erscheinung sich nur auf den einen Stock beschränkt, oder immer auftritt, wenn Sporen des A. remotum überhaupt keimen, ist unent- schieden. Mit der Annahme des hybriden Ursprunges von A. remotum und der Hypothese vom hybriden Ursj)rung der Apogamie läßt sich die Entstehung steriler und apogamer Stöcke sehr wohl vereinigen; die letzteren würden zu Ausgangspunkten für die Bildung aj^ogamer Klone. Von weiteren Untersuchungen an A. remotum und Versuchen zu seiner experimentellen Erzeugung darf also eine wesentliche Förderung der neuen Fragestellung erwartet werden. Sodann hat Heilbronn (1910, S. 16) die S23orenentwicklung hei Asplenium germa- nieum untersucht, das schon längst als Bastard zwischen anderen Asplenium- Arten aufgefaßt worden ist und dessen Bastardnatur er nun auch durch den Ausgang künstlicher Kreuzungsversuche zwischen den vermuteten Elternarten ziemlich wahrscheinlich machen konnte. Bei der Entwicklung dieses Aspleniums im Freien soll eine Verkümme- rung der SjDorangien mit frühzeitigem Zerfall des ArchesjDors Regel sein. In der Kultur dagegen trat eine größere Anzahl scheinbar normal entwickelter Sporangien auf: eine cytologische Untersuchung derselben ist nicht vorgenommen worden. Dagegen haben im gleichen Jahre Farmer und Digby (1910, S. 192) eingehend den Verlauf der Sporogenese von Polypodlum Schneideri beschrieben, das als Kreuzungsprodukt zwischen P. aiireum und P. vulgare rar. elegantissi- mum aufgefaßt wird. Die Entwicklung der Sporangien dieses Bastardes geht sehr verschieden weit. Ein Teil der Anlagen degeneriert früh, andere bilden sich bis zur Differenzierung der Sporenmutterzellen 15* 228 Siebentes Kapitel. aus, aber nur wenige Mutterzellen zeigen einen scheinbar normalen Verlauf der Tetradenteilung. Die entstehenden Sporen sind inhalts- arm. Keimung derselben wurde niemals beobachtet. Beweisend für das Auftreten der Sterilität infolge Bastardierung ist allerdings gerade dieses Beispiel nicht, weil aus den Mitteilungen von Farmer und Digby hervorgeht, daß die Fertilität bereits in dem einen der beiden vermuteten Eltern, F. vulgare var. elegantissimum, geschwächt ist. Das Vorkommen von sterilen Bastarden und aposporen Formen innerhalb derselben Verwandtschaftskreise der Farne macht genetische Beziehungen zwischen Bastardierung und Apogamie wahrscheinlich. Im besonderen ist die Häufigkeit der beiden Erscheinungen unter den Kulturformen der Gewächshäuser auffallend. Ist es nicht nahe- liegend, die Ursache dafür im Umstände zu sehen, daß hier die Bedingungen zu artfremden Bastardierungen in weit höherem Maße als in der freien Natur vorhanden sind? f. Zur Methodik experimenteller Untersuchungen zum Nachweis des hybriden Ursprunges der Apogamie und Aposporie bei Farnen. Trotz der Häufigkeit und Mannigfaltigkeit der apogamen Fort- pflanzungserscheinungen und des Vorkommens zahlreicher natür- licher Bastarde sind die Farne doch aus zwei Gründen für experi- mentelle Untersuchungen über die Ursache der Aposj)orie und Apogamie nicht ohne weiteres geeignet. Die Chromosomenzahl der Kerne ist gerade in denjenigen Ver- wandtschaftskreisen, in welchen Apogamie und Aposj^orie häufig sind, außerordentlich groß und daher das cytologische Studium der apogamen Formen, der vermutlichen Stammarten derselben, sowie der experimentell zu erzeugenden Bastarde stark erschwert. Eine völlig einwandfreie Beantwortung der Fragen, ob die einzelnen Fälle der Apogamie und Aposporie bei Farnen diploider oder haploider Natur sind, wie sich die Chromosomenzahlen künstlich erzeugter Bastarde zu denjenigen ihrer Eltern verhalten, im besonderen, wenn diese verschieden chromosomig sind usw., ist wohl ausgeschlossen, wenn nicht die Ergebnisse von Chromosomenzählungen durch andere Angaben, z. B. über die Kern- und Zellgrößen, gestützt werden. Ein zweiter ungünstiger Umstand für den experimentellen Nachweis genetischer Beziehungen zwischen Apogamie und Bastar- dierung in den Verwandtschaftskreisen der homosporen Filices besteht in der Monözie ihrer Prothallien^). ^) Neuere Untersuchungen haben ergeben, daß auch die Prothallien solcher homosporer Farne, für welche lange Zeit Diözie angegeben worden ist, in Wirk- lichkeit monözisch sind. So bildet Onoclea Struthiopteris nach Mottier (1910) auf Erde und unter optimalen Wachstumsbedingungen drei Formen von Pro- C. über Bastard-Apogamie bei bomosporen und beterosporen Pteridopbyten. 229 Einwandfreie Versuclie über künstliclie Parthenogenese sind daher für die meisten homosporen Farne wohl völlig ausge- schlossen, solche über künstliche Bastardierung außerordentlich erschwert. Durch gemischte Aussaat der Sporen von zwei ver- schiedenen Arten kann allerdings leicht die Möglichkeit einer spontanen Kreuzung geschaffen werden. Von diesem Verfahren ist auch schon vielfach von Gärtnern und Botanikern Gebrauch ge- macht worden (vgl Focke, 1881, S. 423 und Hoyt, 1910, S. 343). Heilbronn (1910) z. B. hat durch paarweise Mischung der Sporen von Äsplenium Ruta muraria, A. septentrionale und A. Trichoma)ies und Aussaat der Sporengemische versucht, den Nachweis für den hybriden Ursprung des Äsplenium germanicum zu erbringen. Eine Kreuzbefruchtung trat aber in diesen Mischkulturen niemals ein. Da- mit ist natürlich nicht gesagt, daß durch dieses Verfahren nicht doch gelegentlich einige Bastardpfianzen zu erhalten sind. Da aber die Eizellen der meisten Organismen der Kreuzbefruchtung einen ge- wissen Widerstand entgegensetzen, ist von vornherein zu erwarten, daß in solchen Mischkulturen mit ungefähr gleichen Mengen von Antheridien und Archegonien der beiden Arten in der Hauptsache normale Befruchtung erfolgt und Keimpflanzen der beiden Eltern- arten entstehen. Findet sich unter diesen gelegentlich eine Form vor, welche in ihren Merkmalen Bastardcharakter aufweist oder aufzuweisen scheint, so wird nicht einmal zu bestimmen sein, aus welcher der reziproken Kreuzungen zwischen den beiden Arten sie hervorgegangen ist. Eine Kontrolle solcher Befruchtungs- und Kreuzungsversuche ist wegen der Stellung der Sexualorgane auf der Unterseite der Prothallien, ihrer verhältnismäßig geringen Größe, der teilweisen Einsenkung in die vegetativen Gewebe usw., völlig ausgeschlossen. Es bleibt daher das Verfahren der einfachen Misch- kultur in seinen Ergebnissen ungewiß und für ausgedehntere Unter- suchungen zu umständlich. Auch für die Farne existiert aber die Möglichkeit, nach Vor- nahme sorgfältiger Vorversuche künstliche Bastardierung unter be- deutend günstigeren Bedingungen auszuführen. Es ist schon lange bekannt, daß die Ausbildung der Prothallien vieler Farne durch den Wechsel äußerer Einflüsse leicht und stark modifiziert wird. In einer Reihe neuerer Arbeiten, von denen nur diejenigen von Nagai (1915) und Klebs (1916) genannt seien, ist gezeigt worden, daß solche Einwirkungen sich auch auf thallien: kleine, ausschließlich Antheridien tragende Prothallien (männliche Gametophyten), größere Prothallien mit Archegonien (weibliche Gametophyten) und bisexuelle (monözische) Prothallien, welche Archegonien und Antheridien tragen und in einzelnen Versuchen zu ungefähr 10" „ der archegonientragenden Prothallien überhaupt festgestellt wurden. 230 Siebentes Kapitel. die Ausbildung der sexuellen Organe geltend machen und trotz der potentiellen Monözie der Prothallien eigent- licli die Ausbildung der beiderlei Geschlechtsorgane von der Mitwirkung besonderer äußerer Faktoren abhängig- ist. So erfolgt an den Prothallien von Todea^ Onoclea, Osmunday Asplenium, Ceträopteris usw. die Ausbildung von Antheridien auch unter ungünstigen äußeren Bedingungen, während die Ent- stehung von Archegonien von besseren Bedingungen abhängig- ist. Die Literatur über diese Pflanzen findet sich in den Arbeiten von Nagai und Klebs zusammengestellt. Nagai selbst hat für Asplenium Nidus und Osmiinda ^rynlis var. japonica den Einfluß der Ernährung auf die Ausbildung der Sexualorgane quanti- tativ festzustellen versucht. Er fand, daß bei Kultur der Pro- thallien in Knop scher Nährlösung Archegonien nur bei Konzen- trationen von mehr als 0,175%, Antheridien dagegen noch bei viel geringeren Konzentrationen ausgebildet werden. Zu ihrer Entwicklung ist immerhin für A. Nidus ein Minimum der Nähr- lösung von 0,0175 'Vo erforderlich; bei geringeren Konzentrationen bleiben die Prothallien völlig steril. Im Gegensatz dazu sollen die Prothallien der untersuchten Osmunda- Art noch Antheridien in destilliertem Wasser bilden. Auch Licht und Tem23eratur üben einen nachhaltigen Ein- fluß auf die Bildung der Geschlechtsorgane aus. Bei verschiedenen Farnen kann nach älteren Untersuchungen von Klebs (1893) ihre Ausbildung durch schwaches Licht völlig unterdrückt und das an sich kurzlebige Prothallium längere Zeit in sterilem Zustande am Leben erhalten werden. Zunehmende Lichtstärke läßt zunächst nur Antheridien, bei intensiverer Belichtung auch Archegonien ent- stehen. Bei einer mittleren Lichtintensität entwickeln sich beiderlei Organe am üppigsten. Im Verlaufe seiner neuen Untersuchungen über den Einfluß des Zusammenwirkens von Licht und Temperatur auf die Entwicklung der Prothallien von Pteris longifolia kam Klebs (1916a, S. 76) hinsichtlich der Bildung von Sexualorganen zu folgen- den Ergebnissen: Flächenförmige Prothallien mit Teilungen nach zwei Rich- tungen des Raumes entstehen bei einer Belichtungsintensität zwischen 200 und 250 Kerzen Osram, während bei geringerer Lichtstärke ausschließlich lange, quergeteilte Fäden oder sogar nur lange, schlauchförmige Zellen gebildet werden. Herzförmige Prothallien mit einem mittleren Gewebepolster wurden bei Lichtintensitäten von 500 — 1000 und noch mehr Kerzen erhalten. Erst in diesen durch hohe Lichtintensität hervorgerufenen Zellkör23ern entstehen Archegonien, während Antheridien bereits an flächenförmigen Pro- thallien bei niederer Lichtintensität auftreten können. C. Übei- Bastard- Apogamie bei lioinosporen und heterosporen Pteridophyten. 231 Vielleiclit gilt diese Beeinflußbarkeit des Geschlechtes nicht für die Prothallien aller homosporen Farne in gleichem Maße. Mottier (1910) betrachtete es z. B. als höchst wahrscheinlich, daß bei Onoclea StrutJüojjteris die Entwicklung rein männlicher und rein weiblicher Gametophyten nicht von den Ernährungs- bedingungen abhängig sei, sondern die sexuelle Tendenz in den Sporen voraus bestimmt sei. Männliche Prothallien entstehen bei dieser Form auch unter guten Kulturbedingungen, wie er an- nimmt, infolge der Dominanz der männlichen über die weibliche Tendenz der Sporen. Aus dem Umstände aber, daß archegonien- tragende Prothallien, welche ihr Wachstum ohne Bildung eines Sporophyten fortsetzen und dann häufig an zahlreichen kleinen Ausbuchtungen älterer Partien Antheridien ausbilden, schloß er, daß zum mindesten an den weiblichen Prothallien unter besonderen Einflüssen oder infolge Ausbleiben der Befruchtung eine Um- stimmung erfolge. Schließlich kam er aber ebenfalls zur Über- zeugung (1912, S. 85), daß die Natur der Geschlechtsorgane der Prothallien von 0)wdea Struthiopteris doch in weitgehendem Maße vom Grade der Belichtung abhängig sei, im diffusen Lichte sich große Prothallien mit Archegonien erzeugen lassen, im direkten Sonnenlichte dagegen nur kleine Prothallien mit Antheridien ge- bildet werden. So darf also erwartet werden, daß die Anwendung und der weitere Ausbau der in den Studien von Nagai und Klebs angegebenen Methoden auch für experimentelle Fort- pflanzungsstudien, vor allem für die künstliche Bastar- dierung von großer Bedeutung werden können. Sie er- öffnen die Möglichkeit, in verschiedenen Aussaaten von Sporen desselben Stockes, ja von demselben Blatte eines Stockes, je nach der Wahl der Kulturbedingungen ausschließliche Bildung von Antheridien zu veranlassen oder die Archegoniumbildung zu fördern. Nachträgliches Zusammenbringen derart herangezogener antheridien- reicher Prothallien einer Art mit archegonienreichen Prothallien einer anderen Art, oder Bespritzen weiblicher Kulturen der einen Art mit sj^ermatozoidenhaltigem Wasser aus Kulturen einer anderen Art schließen die Möglichkeit legitimer Befruchtung zwar nicht völlig aus, zum mindesten aber sind die Chancen für das Zustande- kommen einer illegitimen Befruchtung bedeutend erhöht. Über die wenigstens in einem Falle erfolgreiche Anwendung solcher Methoden hat schon Heilbronn (1910, S. 21) berichtet ^j. Er hat in arche- gonienreichen Prothalliumkulturen von Asplenium sejjtentrionale, die er mit Wasser bespritzte, das reichlich Spermatozoiden von ') Eine weitere Methode zur Vornahme von Kreuzungen unter mikro- skopischer Kontrolle ist im gleichen Jahre von Hoyt (1910, S. 346) be- schrieben worden. 232 Siebentes Kapitel. A. Rufa muraria entliielt, eine Pflanze erhalten, „welche dem schon längst als Bastard angesprochenen A. germanicum näher steht als irgend ein anderer bis jetzt bekannter Farn". Auch bei den homosporen Filices wird, wie bei den anderen Pflanzen, die als Versuchsobjekte für unsere neue Fragestellung in Frage kommen, von möglichst reinem Ausgan gsmaterial auszugehen sein. Empfehlenswert wäre, zu den Aussaaten für Bastardierungsversuche nur Sporen zu verwenden, welche von solchen isoliert gehaltenen Stöcken stammen, die vom Experimentator selbst aus Keimlingen herangezogen und in ihrer Nachkommen- schaft während mindestens zwei Generationen konstant befunden worden sind. Den vorstehend erwähnten Nachteilen, welche die Verwendung von homosporen Farnen erschweren, stehen verschiedene Vorteile gegenüber. Als solche seien die reiche Fruktifikation der Sj)oro- j)hyten, die leichte Gewinnung genügend großer Sporenmengen, das gute Keimungsvermögen der Sporen erwähnt. Diese Vorzüge lassen es als nicht ausgeschlossen erscheinen, daß bei homosporen Farnen vielleicht noch rascher als in scheinbar günstigeren Pflanzengrujjpen das in Aussicht genommene Ziel, die experimentelle Erzeugung einer apogamen oder aj)Osporen Form, zu erreichen sein wird. 2. Apogamie und Bastardierung bei heterosporen Pteridophyten. Leichter als bei den homosporen Filices dürfte ex2:)erim enteile Bastardierung bei denjenigen Pteridophyten sein, die getrennt ge- schlechtliche Prothallien aufweisen. Dies ist der Fall bei einzelnen Equisetaceen. Vor allem aber bieten diejenigen Formen günstige Untersuchungsobjekte, welche ihre Sporen, aus denen Prothallien verschiedenen Geschlechts hervorgehen, in besonderen Behältern erzeugen, wo sie infolge der verschiedenen Größe und Form dieser letzteren leicht voneinander unterschieden und getrennt gesammelt werden können. So liegen die Verhältnisse bei den heterosporen Formen. Unter diesen wiederum sind des Vorkommens a2:)0gamer Formen sowie der leichten Kultivierbarkeit wegen, vor allem die Gattungen MarsUia und SelagineUa als Untersuchungsobjekte für unsere Fragestellung geeignet. a) Die Apogamie von Marsilia Drummondii. Für Marsilia Drummondii hat schon 1897 Shaw bei Kultur- versuchen mit isolierten Makrosporen Keimbildung ohne voraus- gehende Befruchtung festgestellt. Diese Angabe veranlaßte Nathansohn (1900, S. 100), mehrere Marsilia -Arten^ im be- sonderen M. vestita und M. Drummondii als Objekte für Versuche C. über Bastard- Apogamie bei homosporen und heterosporen Pteridophyten. 233 über künstliche Partlienogenesis zu wählen. Chemische Reize, auch solche, welche die parthenogenetische Entwicklung bestimmter tierischer Eier veranlassen oder die Winterruhe von Knospen höherer Pflanzen unterbrechen, blieben ohne Einfluß. Dagegen glaubte Nathansohn eine Entwicklungserregung unter dem Einfluß erhöhter Temj^eratur nachgewiesen zu haben und es schien, als ob die Eier dieser Marsilien sich je nach den äußeren Umständen mit oder ohne Befruchtung entwickeln könnten, also Fälle echter Parthenogenese vorliegen würden. Aus- gedehnte Keimversuche und cytologische Untersuchungen von Stras- burger ^1907 a) haben später zur Feststellung geführt, daß bei dem ganzen Formenkreis der Marsilia Drummondii Sporophyt und Grametophyt die gleiche Chromosomenzahl 32 aufweisen. Bei Marsilia nardu, vestita, quadi'ifolia^ elata, hirsuta und macra haben die Kerne der weiblichen und männlichen Gametophyten 16 Chromo- somen; in den Embryonen dieser Arten dagegen können wiederum 32 Chromosomen festgestellt werden. Während diese Arten offen- bar auf Befruchtung eingerichtet sind, ergab sich für M. Drum- mondii das Ausbleiben der Reduktionsteilung bei der Makrosporen- bildung. Trotzdem entwickeln sich die aus den diploidkernigen Makrosporen hervorgehenden Prothallien genau so wie die haploid- kernigen von M. vestita. Aus den Befunden bei Antennaria, Thalictrnm und ÄlchemiUa usw. hatte Strasburger früher ge- schlossen, daß bei den apogamen Phanerogamen die dem Pro- thallium der Pteridophyten entsjorechende haploide Generation durch die Doppelzahl der Chromosomen in ihrem Entwicklungsgange nicht gestört wei'de und in der gewohnten Weise bis zur Bildung des Eiapparates und der Gegenfüßlerinnen fortschreite. Er glaubte dies dem besonderen Verhältnis der Generationen bei den Angiospermen zuschreiben zu müssen. Aus dem Verhalten der M. Drummondii zog er nunmehr den Schluß, „daß das zweimalige Vorhandensein eines jeden Chromosoms den Kern nicht an der Auslösung der spe- zifischen Merkmale der haploiden Generation hindere". Marsilia eignet sich meiner Ansicht nach wiederum mit großer Aussicht auf Erfolg zu Versuchen über die Ursache der Apogamie. Auch in diesem Falle handelt es sich um das Auftreten der Apo- gamie in einem sehr formenreichen Verwandtschaftskreis. Stras- burger hebt unter Berufung auf das Zeugnis von A. Braun (1870, S. 654) hervor, daß im besonderen M. Drummondii poly- morph sei. Da an den natürlichen Standorten der australischen Mar- silien ein geselliges Nebeneinandervorkommen verschiedener Arten konstatiert worden ist, besteht auch hier die Möglichkeit der Bastar- dierung zwischen verschiedenen Arten und damit der Entstehung- hybrider, apogamer Formen. Hinsichtlich der Kulturmethoden 234 Siebentes Kapitel. stehen den auszuführenden Versuchen keine großen Schwierigkeiten entgegen. Schon Braun (1872, S. 635) und auch wieder Stras- burger haben mit Erfolg geschlechtsreife Pflanzen aus Sporen her- angezogen. Die experimentelle Untersuchung allerdings hätte aus- zugehen von Pflanzen, die aus isolierten Makrosporen und Mikrosporen getrennt aufgezogen und auf den diploiden oder haploiden Charakter ihrer vegetativen Zellen, die Befruchtungsfähigkeit oder apogame Entwicklung der Eizellen, den Verlauf der Reduktionsteilungen usw. sorg- fältig untersucht worden sind. Die Beschaffung der notwen- digen Sjjorokarpien dürfte sich aus den Kulturen der größeren bo- tanischen Gärten, vielleicht auch diejenige von Originalmaterial aus Australien, verhältnismäßig leicht machen lassen. Fig. 74. Embryobildung bei Marstita Drummotulii und vestita. « parthenogene- tisch entstandene Keimanlage in einem Archegonium mit erhaltener Kanalzelle von M. Dnmimondii. b Geschlechtlich erzeugte Keimanlage von M. vestita, im und am Archegoniumhals abgestorbene Spermatozoiden, Archegoniumhals offen. Nach Strasburger (1907, Taf. IV, 27 und Taf. VI, 55). Eine Erscheinung in der Lebensgeschichte der Marsilia verdient noch besonderer Berücksichtigung emjDfohlen zu werden. Stras- burg er hat festgestellt, daß in den Sporangien von M. Dnimmondü ein Teil der Sporenmutterzellen eine Reduktionsteilung erfährt. Es sollte daher der Versuch gemacht werden, sowohl aus solchen Sporen mit reduzierten Kernen männliche und weibliche Pflanzen heranzuziehen, als auch aus sicher diploidkernigen Sjjoren. Es ist zu erwarten, daß die aus befruchteten Eizellen von M. Drimimondii entstandenen neuen Pflanzen wieder normalgeschlechtlich sein werden und keine apogamen Nachkommen erzeugen, während für die aus unbefruch- teten, aber diploiden Eizellen hervorgehenden auch in der späteren Deszendenz immer wieder Aufspaltvmg in fertile und ovoapogame Individuen wahrscheinlich ist. C. über Bastard- Apogamie bei bomosporen und beterosporen Pteridopbyten. 235 b. Partielle Sterilität und Apogamie bei Selaginella. Ebenso geeignet wie Marsilia, ja in einiger Hinsicht, spe- ziell für Bastardierung, noch günstiger, dürfte sich Selaginella ver- halten. Finden sich bei Marsilia die beiderlei Sporangien und Sporen dicht gedrängt in den Sporokarpien und ist es, wie die Versuche der Vorgänger Strasburgers, vor allem von Shaw und von Nathansohn gezeigt haben, offenbar nicht immer leicht, die Makrosporen völlig von anhaftenden Mikrosporen zu trennen, so liegen bei Selaginella bedeutend günstigere Verhältnisse vor. Makrosporangien und Mikrosj)orangien sind bei den meisten Arten Fig. 75. Sporenkeimung, Protballium- und Embryobildung bei Selaginella denticulata. 1. Keimende Mikrosporen (mi) und Makrosporen (ma). Vergr. 30/1. 2. Protballium mit Arcbegonien verschiedenen Alters und einem Embryo, im Längsschnitt, o äußere, i innere Sporenschale, rh Rhizoid- höcker. Vergr. 140/1. 3. Fertig angelegtes, aber noch ungeöffnetes Arche- gonium, h Halswandzellen, Ii/c Halskanalzelle, bk Bauchkanalzelle, e Eizelle. Vergr. 205/1. Aus Bruchmann (1912, S. 184/85, Fig. 1—3). schon lokal voneinander getrennt, nach Form und Größe leicht makroskoj)isch zu unterscheiden und daher die beiderlei Sporen einwandfrei isoliert zu gewinnen. Verschiedene Einrichtungen, um deren Kenntnis sich vor allem Goebel (1908) verdient gemacht hat, sorgen bei mehreren genau untersuchten Selaginella -Arten da- für, daß die Befruchtung der Eizellen der Makrosporangien durch Spermatozoiden aus derselben Blüte erschwert oder ganz verhin- dert wird. Es ist schon längst bekannt, daß in den „Blüten" zahlreicher Vertreter der artenreichen Gattung Selaginella die Mikrosporangien gegenüber den Makrosj)orangien zurücktreten. Für mehrere Arten, 236 Siebentes Kapitel. so z. B. für S. rugulosa Cesaii, S. longiaristata Hieron., S. intermedia (Bl.) Spring findet sich in der Literatur die Angabe (vgl. Hiero- nymus 1900 und 1911, S. 13), daß Mikrosporangien ganz zu fehlen scheinen oder doch selten vorhanden sind und dann meist nicht zur Reife gekommene, auf einem frühen Entwicklungsstadium stehen gebliebene und verkümmerte Mikrosporen enthalten. Die Ver- mutung von Hieronymus, daß bei diesen und anderen Formen Fig. 76. Prothallium- und ovoapogame Embryobildung bei Sela- ginella rubricaulis. 1 Prothallium mit jüngeren Entwicklungsstadien von Archegonien und einem größeren Embryo in einem geschlossenen Arche- gonium, im Längsschnitt, rh Rhizoidhöcker, o äußere, «"innere Sporenschale, Vergr. 135/1. 2 — 4 Längsschnitte durch den Scheitel von Pi'othallien mit verschiedenen Entwicklungsstadien ovoapogam entstehender Embryonen. a Archegonien, welche nach dem Öffnen zugrunde gehen, ap Archegonien mit geschlossener, in der Entwicklung gehemmter Halspartie und apogamer Keim- anlage. Vergr.310/L Aus Bruchmann (1912, Fig. 5, S. 186, Fig. 61—63, S.217). eine parthenogenetische Entwicklung der Eizellen stattfinden könnte, hat später durch die Untersuchungen von Bruchmann (1912) volle Bestätigung gefunden. Dieser konnte feststellen, daß auch bei solchen Arten, welche anscheinend normale Mikrosporangien und Mikrosporen neben Makrosporangien bilden, eine parthenogenetische Entwicklung der Embryonen erfolgt, „die Mikrosporen also völlig unnütz werden". So besitzt nach C. über Bastard-Apogamie bei homosporen und heterosporen Pteridophyten. 237 Bruchmann S. ruhricmilis AI. Br., eine vor mehr als 50 Jahren von ihren natürlichen Standorten im tropischen Westafrika in die europäischen Gewächshäuser übernommene Art, die Fähigkeit, Keimpflänzchen auf ungeschlechtlichem Wege zu er- zeugen. Er konnte auch durch mikroskopische Untersuchungen nachweisen, daß dieselben, ähnlich wie bei Marsilia^ aus den Eiern ungeöffneter Archegonien hervorgehen. Die sich öffnenden Archegonien dagegen gehen zugrunde. Ihre Befruchtung war weder durch Spermatozoiden derselben noch anderer Arten zu erzielen. Die Chromosomenzahl der Kerne ist nicht studiert worden, doch ist Bruch mann geneigt, für diesen wie für andere Fälle der un- geschlechtlichen Keimbildung bei Selaginellaceae ähnliche Verhält- nisse anzunehmen, wie sie von Strasburger für Marsilia nachge- wiesen worden sind, bei der die ungeschlechtliche Keimbildung ja ebenfalls und ausschließlich von Eizellen ungeöffneter Archegonien ausgeht. So wird also wahrscheinlich auch bei Selaginella während der Sporenbildung die Reduktionsteilung ausbleiben, die Sporenentwick- lung mit dij^loider Chromosomenzahl der Kerne vor sich gehen und damit der Unterschied in der Chromosomenzahl zwischen Gameto- phyt und Sporoj)hyt aufgehoben sein. Diese Voraussetzung würde es verständlich machen, daß solche Archegonien, welche sich wie diejenigen haj)loider Prothallien öffnen, auch dann nicht befruchtet werden, wenn Spermatozoiden vorhanden sind. Offenbar geht in diesem wie in allen anderen bis jetzt festgestellten Fällen den dijDloiden Eiern die Eignung zur Kopulation ab. Nach den bei Selaginella riibricaulis und M. Drvmmondli gemachten Feststellungen dürfte die Entstehung des Embryos aus einer Eizelle hinter geschlossenem Archegoniumhals als wichtiges und un- trügliches Merkmal für eine parthenogenetische Keimbildung bei Pteridophyten gelten. Sie wird, wie Bruchmann annimmt, noch bei einer größeren Anzahl von Arten dieser Gattung nachgewiesen werden können. Für die auf alpinen und subalpinen Wiesen von Lajipland bis zu den Pyrenäen und Aljien verbreitete und häufige Selaghiella spinulosa hatte Bruchmann schon 1897 das Vorkommen von Em- bryonen in geschlossenen Archegonien festgestellt und damals an- genommen, daß sich nach einem Befruchtungsvorgang die Hals- zellen wieder schließen würden. Die auf Grund der Ergebnisse an S. riibricaulis unternommene Nachprüfung ließ Bilder gewinnen, welche mit Gewißheit ebenfalls für parthenogenetische Keimbildung sprechen. Weiter macht Bruchmann apogame Keimbildung auch für S. rupesfrjs wahrscheinlich, für welche Hieronymus (1900, S. 660), ebenso wie für S. brasiliensis das konstante Fehlen der 238 Siebentes Kapitel. Mikrosporangien und Entwicklung einer großen Anzahl von Makro- sporangien mit ein bis zwei Makrosporen von ungewöhnlicher Größe festgestellt hatte. Die Vermutung Bruchmanns, daß diploid-parthenogenetische Keimbildung bei Selaginella weit verbreitet sein dürfte, wird auch gestützt durch neuere Befunde von Hieronymus (1913) und Goebel (1915, S. 324). Letzterer hat aus Eio Exemj^lare der S. hrasiliensis nahestehenden S. anocardia A. Br. lebend nach Hause gebracht, deren Blüten ebenfalls fast nur Makrosporangien hervor- bringen. Die bei der Aussaat isoliert entstandener Makrosporen gewonnenen Prothallien erzeugten ebenfalls reichlich Embryonen. Da diese Embryobildung auch an solchen Prothallien erfolgte, die innerhalb der Makrosporangien geblieben waren, so ist hier Embryobildung ohne Be- fruchtung sicher erwiesen. Auch Goebel nimmt an, daß hei Sela- ginella^ analog zu den anderen Fällen erblicher AjDOgamie, bei der Makrosporenbildung die Re- duktion der Chromosomenzahl unterbleibt, die Eizelle also diploid ist. Es wäre, wie er bemerkt^ Fig. 77. Ovoapogame Keimanlagen verschiedenen Alters von Selaginella spinulosa. 1 Geschlossenes Archegonium, Eizelle vor der Entwicklungserregung, 2. Archegonium mit zweizeiligem Embryo und mit ursprünglichem, völlig unge- störtem Gefüge der Halswandzellen. 3. vielzelliger Embryo; Embryoträger die untersten Zellen des Archegoniumhalses auseinandertreibend, die Zellen der beiden oberen Schichten dagegen noch völlig zusammenschließend. Vergr. 810 1. Aus Bruchmann (1912, S. 221, Fig. 65— 67). interessant, festzustellen, ob bei den bis jetzt untersuchten Sela- ginella-krtew auch die Entwick- lung der Mikrosporen mit diploider Chromosomenzahl stattfindet und ob die aus ihren Antheridien hervorgehenden Sper- matozoiden die Eizellen einer an- deren Art mit haploider Chromosomenzahl zu befruchten imstande wären. In bezug auf die Beziehungen zwischen den in der Mikro- und Makrosporenentwicklung eingetretenen Anomalien verweist Goebel darauf, daß das Fehlen, bzw. die Seltenheit der Mikrosporangien bei diesen Arten durch die apogame Embryo- entwicklung ermöglicht werde, daß aber nicht etwa die „Nutzlosig- keit" der Mikrosporangien ihr Verkümmern bedinge. Die Hypothese vom hybriden Ursprung apogamer Formen würde auch hier für apogame Entwicklung der Makrosporen C. über Bastard- Apogamie bei homosporen und heterosporen Pteridophyten. 239 und Ausbleiben der Mikrosporenbildung die gleiche Ursache an- nehmen. Sie läßt vermuten, daß nicht nur die Makrosporen, sondern auch die Mikrosporen sämtlich oder doch, wie bei M. Drummqndii^ teilweise ohne Chromosomenreduktion gebildet werden. Es werden also auch diploide S^Dermatozoiden entstehen, die, soweit in Analogie mit M. Drummondii und den ovoapogamen homo- sporen Füices geschlossen werden kann, nicht zur Vornahme einer Befruchtung fähig sein dürften. Die meisten Selaginella-Arten haben verhältnismäßig kleine Verbreitungsgebiete; in allen Erdteilen finden sich zahlreiche en- demische Formen vor. Hieronymus (1900, S. 668) hat zuerst die geringe Verbreitung der meisten Arten aus dem Vorhanden- sein der Heterosporie zu erklären versucht und später die Ver- mutung ausgesprochen, daß eine Anzahl weiter verbreiteter Formen nach den bereits genannten Störungen in der Ausbildung der Mikrosporangien oder Mikrosporen zu schließen, eine parthenogenetische (d. h. wohl apogame) Entwicklung der Eizelle aufweisen. Das ist mit der An- nahme eines hybriden Ursprunges der apogamen Formen sehr wohl vereinbar. Es ist aber wahrscheinlich, daß aus der gegen- wärtigen Verbreitung der apogamen Selaginellen und ihrer nächst verwandten geschlechtlichen Formen die Möglichkeit oder Unmög- lichkeit der Bastardierung in der Aszendenz nicht mehr erschlossen werden kann. Die Entstehung einzelner aj)Ogamer Bastarde kann schon sehr weit zurückliegen. Seither können Eltern und Bastard, oder vielleicht auch dieser allein, mannigfache Verschiebungen und Änderungen in ihren Verbreitungsarealen erfahren haben. Daß eine solche Ausbreitung einer lokal entstandenen Form durchaus möglich ist, geht u. a. auch aus einer Bemerkung von Hieronymus (1913), des zurzeit hervorragendsten Kenners der Selaginellaccae, hervor. Er gibt an, daß von den Selagmella- Arten Papuasiens einige vermutlich parthenogenetische (d. h. ajjogame) Arten im Gegensatz zu der großen Mehrzahl der anderen besonders weit ver- breitet seien. Eine dieser Arten, S. d' ürvillei\ ist z. B. außer auf Neu-Guinea auch auf Neu-Mecklenburg, Neu-Pommern, den Salomonsinseln, Neu-Hebriden und Fidschiinseln heimisch und findet sich noch auf vielen Koralleninseln vor. Er ist der An- sicht, daß diese, den Urwäldern der Ebene und der Küste ange- hörende Art auf abgerissenen, schwimmenden Inseln durch die Flüsse nach dem Meere geführt und dann durch Meeresströmungen an anderen Inseln gelandet worden sein könnte. Er meint zwar, „daß die Pflanze selbst ein längeres Verweilen im salzigen Wasser nicht aushalte, wohl aber, daß dieses den nicht selten mit ver- kieseltem Exosporium versehenen Makrosporen nichts schade. Auch 240 Siebentes Kapitel. ein Transport der Makrosporen im Gefieder von Vögeln oder im Kröpfe kleiner, körnerfressender Vögel könnte in gleicher Weise bei der Erklärung der weiten Verbreitung mancher dieser Selaginellen in Frage kommen". D. Angiospermen. Die Zahl der in den letzten 15 Jahren nach und nach festge- stellten Beispiele apogamer Angiospermen, von denen die wichtigsten schon S. 6 genannt wurden, ist bereits recht groß geworden. Auch bei den Angiospermen kommt Apogamie recht häufig in ]3oly- morphen Verwandtschaftskreisen vor, von welchen wir meistens viel besser als bei den Kryptogamen wissen, daß sie zahlreiche natürliche Bastarde aufweisen und experimentell besonders leicht Artbastarde ergeben. Vor allem gehören hierher die Gattungen Alchemilla, Hieraciurn, Taraxacum, ferner sind entschieden polymorph Wilistroemia mdica, Elaiostema sessile, nach neuesten Studien auch Anieruiaria alpina. Für die Verwandtschaft einiger anderer Fälle von Apogamie, wie z. B. TJiahctrum purpurascens^ stehen Angaben über Polymorphismus noch aus. Auch für Burmamda coelestis, die apogamen Vertreter saprophytischer Oeniianacee^i und j)arasitischer BakmopJioraceen liegen spezielle Angaben über Polymorphismus nicht vor. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß er, namentlich bei den letzteren, nicht doch vorhanden sein kann. Ich begnüge mich an dieser Stelle mit der eingehenden Dar- legung der Verhältnisse in denjenigen Gruppen apogamer Angio- spermen, die mir für die experimentelle Feststellung von Bastar- dierung als Ursache der Apogamie und verwandter Erschei- nungen besonders günstig zu sein scheinen; dies sind die Gattungen Antennaria, Alchemilla, Hieraciiim und Taraxacum. 1. Die Fortpflanzungsverhältnisse von Antennaria. Anievnaria alpina, diejenige Art, deren Apogamie am eingehendsten studiert worden ist, gehört zu den diözischen Vertretern der An- tennarien. Bis 1842 war sie nur in der weiblichen Form bekannt und da auch später nur vereinzelte Individuen männlichen Geschlechts gefunden worden sind, die weiblichen Stöcke aber dessen ungeachtet regelmäßig reife Samen erzeugen, galt die Art schon lange als parthenogenesisverdächtig. Kern er erbrachte 1876 den experimen- tellen Beweis dafür, daß A. alpina befähigt ist, unter Umständen, die eine Bestäubung sicher ausschließen, keimfähige Samen zu reifen. Über eine eingehende, entwicklungsgeschichtlich-cytologische Unter- suchung der Pflanze ist aber erst 1900 von H. 0. Juel berichtet worden. Es war zu erwarten, daß ihre Embryobildung in irgend- einer unregelmäßigen Weise vor sich gehe und es ist das große Ver- D. Über Bastard- Apogamie bei Angiospermen. 241 dienst Juels, mit dieser Untersuchung nicht nur den ersten un- zweifelhaften Fall von Parthenogenesis bei Samenpflanzen nachge- wiesen, sondern in allen wichtigen Punkten auch richtig gedeutet zu haben. Seither ist von verschiedenen Seiten (Lit. bei Winkler, 1908, S. 370) auch für einige nordamerikanische Äniennaria- Arten, wie .4. fallax und neodioica, Apogamie nachgewiesen, für andere, wie A. canadensis und Parlinii, wahrscheinlich gemacht worden. Über diese anderen xintennaria - Krten stehen genauere Untersuchungen zwar noch aus; immerhin ist sicher, daß innerhalb der Gattung Antennaria AjDogamie nicht nur im Formenkreis der A. alpina'^) zur Ausbildung gekommen ist und ferner, daß andere Arten der Gattung normal amphimiktisch geblieben sind. Einer der großen Vorzüge der J ii e 1 sehen Arbeit besteht darin, daß die Untersuchung der ohne Befruchtung samenbildenden An- tennaria alpina unter stetem Vergleich mit einer weiteren Art durch- geführt worden ist, bei welcher typische Verhältnisse zu erwarten waren. Dadurch wurde die Möglichkeit geschaffen, zwischen solchen Vorgängen zu unterscheiden, die für die Gattung charakteristisch und solchen, die von der ausbleibenden Befruchtung abhängig sind. Die Paralleluntersuchung hat nun ergeben, daß wirklich bei der ge- wählten A. dioica der Embryobildung eine Befruchtung vorausgeht, während bei A. alpina die unbefruchtete Eizelle den Embryo liefert. Makrosporenbildung und -Entwicklung verlaufen bei A. dioica durchaus nach dem normalen Schema der Angiospermen. Die Em- bryosackmutterzelle wird durch eine Tetradenteilung in vier Tochter- zellen zerlegt, von denen die basale unter Verdrängung der drei anderen zum Embryosack (Makrospore) wird. Mit der Tetraden- teilung von A. dioica ist eine typische Eeduktionsteilung verbunden. Der Kern der Makrospore und ebenso die Kerne des in dieser ent- stehenden Gametophyten haben die haploide Chromosomenzahl (12 — 14), während der Sporo23hyt durch die bei der Befruchtung erfolgende Kernverschmelzung (Eikern mit haploider Chromosomen- zahl + Spermakern mit haploider Chromosomenzahl) wieder die di- ploide Chromosomenzahl (24 — 28) erhält. ^) Antennaria alpina (L.) Gärtn. ist eine arktisch alpine, circumpolare Spezies. Porsild (1915) hat neuerdings verschiedene auf Grönland vorkommende und bis jetzt zu A. alpina gerechnete Formen unter ihren natürlichen Stand- ortsbedingungen und in Kultur studiert und gefunden, daß sie alle erb- lich konstant sind und daß auch diese Art, ähnlich den apogamen Formen der Gattungen AJchemiUa, Taraxacum und Hieraciinn als polymorph betrachtet werden muß. Er trennt dabei von der eigentlichen A. alpina (L.) Gärtn. drei selbständige Arten ab und unterscheidet A. alpina (L.) Gärtn., A. glabrata (J. Valil) n. sp., A. groenlandica n. nom. (A. dioica var. hyperborea Lange), A. intermedia (Rosenv.) n. sp. Alle vier Spezies sind nach Porsild weiblich und apogam : „no male specimen of any Antennaria has yet been found in Greenland". Ernst. Bastardierung. 16 242 Siebentes Kapitel. \ M) ^iy ^ m l^ m -'3 Die Entwicklungsvorgänge von A. aZpma^ unterscheiden sich von denjenigen der Ä. clioica zunächst durch den abweichenden Ver- lauf der Embryosackbildung. In ihren Samenanlagen unterbleibt die Vierteilung der Mutterzelle, so daß diese direkt zum Embryo- sack wird. Während aber bei anderen An- giospermen, die wie Lilmm, Tulipa usw. einen gleichen Ausfall der Tetradenteilung zeigen, die sonst mit der Tetra- denteilung verbundene Reduktion in den beiden ersten Kernteilungen im Embryosack durch- geführt wird, fehlt sie nach Juels Fest- stellung bei A. alpina vollständig. Die Aus- bildung des weiblichen Gametophyten und da- mit auch der Eizelle findet mit der Chromo- somenzahl des Sporo- phyten statt. Da bei A. dioica die den Kernen der ungeschlechtlichen Generation zukommen- de Chromosomenzahl 24, 26 oder 28 beträgt, seine Zählungen bei .4. alpina aber die Zahlen 45 — 50 als wahrschein- liches Resultat ergaben, so vermutet Juel, daß die Chromosomenzahl der letzteren Art doppelt so groß sein dürfte als bei A. dioica^ also entweder 48, 52 oder 56 beträgt. In morphologischer Hinsicht ist der Embryosackinhalt von A. alpina völlig normal. Die Verschmelzung der beiden Polkerne unterbleibt. Die Entwicklung des Eies zum Embryo, ebenso die Ausbildung des Endo- sperms findet ohne vorausgehende Bestäubung und Befruchtung statt c l> (l Fig. 78. Ovo-apogaine Embryobilclung von Äntenvaria alpina. a Fertig ausgebildeter Embryo- sack mit Eizelle und zwei Synergiden, Polkerne am Scheitel der Eizelle nebeneinander liegend: b Wachs- tum der Eizelle, die Polkerne bereiten sich zur Teilung vor, in der Mikropyle und neben den beiden degenerierenden Synergiden sind (im Gegensatz zu gleichaltrigen Stadien der amphimiktischen A. dioica) keine Spuren eines Pollenschlauches vorhanden ; cEmbi-yo zweizeilig, Polkerne in Teilung. Nach Juel (1900, Fig. V), aus Winkler (1908, S. 371, Fig. lOB). D. Über Bastard- Apogamie bei Angiospermen. 243 Die Feststellung der Cliromosonienzalilen von Sporophyt und GametoiDhyt der A. dioica (Zählungen während der Entwicklung des Embryosackes, sowie in Nucellus und Integumenten der Samen- anlagen) machen es zweifellos, daß bei A. alpina der Kern der Em- bry osackmutterzelle zwar gewisse Vorstadien der E-eduktions- t eilung durchmacht, die Pflanze aber doch ihren ganzen Ent- wicklungsgang mit der diploiden Chromosomenzahl durchläuft. Es liegt diejenige Modifikation der Eientwicklung vor, die nach dem später von Strasburger aufgenommenen Vorschlage von J u e 1 als 0 V 0 - A p o g a m i e , von Winkler als somatische Par- thenogenesis bezeichnet worden ist und für welche in dieser Studie Hybridation in der Aszendenz als Ursache nachzuweisen versucht wird. Trotz der technischen und morphologischen Schwierigkeiten, die gerade bei seinem Untersuchungsobjekt in besonders reichem Maße hinderlich waren, unterscheidet sich die Juelsche Arbeit von vielen nachfolgenden embrj^ologisch-cytologischen Untersuchungen durch die Genauigkeit der Beobachtungen und den sorgfältig durchgeführten Vergleich der apogamen mit der amj)himiktischen Art; darauf beruht die Sicherheit in der Deutung der vom typischen Generationswechsel der höheren Pflanzen so sehr ab- weichenden Verhältnisse. Die Ju eischen Untersuchungen sind für die cytologische Erforschung von Parthenogenesis und Apogamie bei Angiospermen grundlegend geworden. In den vergangenen 15 Jahren sind wir trotz der Häufung des Tatsachenmaterials in sehr vielen Punkten nicht oder nur unbedeutend weiter gekommen. In der den Schluß seiner Studie bildenden Zusammenstellung und Klassifikation der gesamten Fortpflanzungserscheinungen der höheren Pflanzen hat Juel auch dem von ihm festgestellten Vorgang der Ovo-Apogamie den richtigen Platz angewiesen. Um so eigentümlicher berührt es, daß bis zur Stunde seine An- sicht über die Ursache der habituellen Apogamie von A. alpina meines Wissens niemals in Diskussion gezogen worden ist. So war es mir eine große Überraschung, als ich bei der Redaktion dieses Abschnittes in der Originalarbeit Juels entdeckte, daß die Mög- lichkeit eines hybriden Ursprunges der A. alpina von ihm bereits erörtert worden ist. Daß dies in der Hauptsache in einem der eigentlichen, entwicklungsgeschichtlicli-cytologischen Ar- beit vorausgeschickten Abschnitt über die Blütenformen der untersuchten Antennarien geschah, mag mit dazu beigetragen haben, daß die Juelsche Vermutung hinsichtlich der Ursache der Apogamie übersehen werden konnte. Sie basiert auf den Ergebnissen seiner einleitend besprochenen Untersuchungen über das Vorkommen und die Ausbildung der 16* 244 Siebentes Kapitel. männlichen Blüten bei den untersuchten Antennarien. In den männlichen Blüten von Ä. dioica fand Juel kräftig entwickelte Staubblätter und normalen, funktionsfähigen Pollen. Auch die mit A. aJ'pina äußerst nahe verwandte A. monoceplmla (Torr, et Gr.) DC. tritt mit männlichen und weiblichen Individuen auf. Die von ihm untersuchten Blüten dieser Art enthielten ebenfalls normalen und reichlichen Blütenstaub, so daß auch sie ohne Zweifel durch typische geschlechtliche Fortpflanzung ausgezeichnet ist. In den untersuchten männlichen Exemj^laren von A. alpina dagegen, darunter auch in den von ihm selbst eingesammelten jungen Exemplaren mit noch nicht geöffneten Blüten, war meistens gar kein Pollen enthalten. Bei einem einzigen Exemplar aus Lapp- land enthielten die Pollensäcke eine geringe Menge eines gänz- lich abnormalen Pollens. Viele Kürner waren winzig klein und dünnwandig, andere sehr groß, noch andere bestanden offenbar aus einer ganzen Tetrade, deren einzelne Zellen nicht isoliert worden waren. Aus der Tatsache, daß die weibliche Form von A. alpina allein für die Fortpflanzung sorgt, die männliche Form sehr selten auftritt und in bezug auf Fortpflanzung nicht funktionsfähig ist, sowie aus dem Umstände, daß die anderen Arten der Gattung männliche und weibliche Individuen aufweisen, schließt Juel, daß auch die Vor- fahren von A. alpina sowohl männliche als weibliche Indi- viduen gehabt haben müßten. Er deutet das jetzt nur noch gelegentliche Auftreten männlicher Stöcke von A. alpina als einen Fall von Atavismus. Der männliche Typus der Art ist nach seiner Ansicht ausgestorben, „weil die Art sich auf parthenogenetische Fortpflanzung verlegt hat, aber zuweilen tritt ein Rückschlag ein und ein männliches Individuum wird wieder erzeugt". Juel weist weiter darauf hin, daß durch obige Annahme die Sterilität der Staubblätter in den männlichen Blüten von A. alpina kaum eine genügende Erklärung finde. Dagegen würde sich dieser Umstand erklären, wenn A. alpina als eine Hybride betrachtet werden dürfte. Er erinnert daran, daß auch hybride Pflanzen sehr häufig keinen Pollen oder Körner von ebenso verschiedener Größe und Aussehen erzeugen, wie er ihn bei A. alpina aufgefunden hatte. So kommt er dazu, sich auch die weitere Frage vorzulegen, ob es zwei Arten der -Gattung xl/2/e7?w«r/a gebe, „zwischen welchen A. alpina eine intermediäre Stellung einnimmt, und welche ein sol- ches Auftreten zeigen, daß eine Kreuzung zwischen ihnen möglich erscheinen kann". Seine Nachprüfung einzelner mor- phologischer Merkmale, der horizontalen und vertikalen Verbreitung, sowie der Blütezeit der im Verbreitungsgebiete der A. alpina vor- kommenden -weiteren Antennaria-ArteUj insbesondere \onA. dioica (L.) D. Über Bastard- Apogamie bei Angiospermen. 245 Gärtn , A. carimthica (Wg.) Bl. u.Fing. und A. monocejjJiala (Torr, et Gr.) DC, führte zum Schlüsse, daß die Möglichkeit eines hybriden Ursprunges bei A. alpina gar nicht ausgeschlossen sei und diese Annahme vielleicht dazu beitragen könnte, die abweichenden Fortjjilanzungsverhältnisse dieser Art zu erklären. Auch an anderer Stelle seiner Studie (1. c. S. 46) ist Juel nochmals auf den hybriden Ursprung von A. alpina zu sprechen gekonmien. Er nimmt an, daß sie ihre Entstehung vermutlich einer Kreuzung von A. dioica und einer anderen Art, vielleicht A. carpatkica oder monoccphala verdanke und schreibt: „Wenn dies der Fall ist, so müssen die ersten Exemplare von Antennaria alpina als durch Hybridisation entstandene Embryonen in typischen, mit reduzierter Chromosomenzahl versehenen Embryosäcken eines der Eltern geboren sein. Der erste Fortpilanzungsakt dieser hybri- den Exemplare sollte in Sporenbildung bestehen, und hier dürfte die abweichende Fortpilanzungsweise der Art zum erstenmal aufgetreten sein. Im Pollensack fand keine oder nur abnorme Pollenbildung statt, aber der Nucellus wurde fertil, indem eine Zelle im Archespor, die Embryosackmutterzelle, sich zum Gametophyten entwickelte". Die Ausführungen Juels über die Möglichkeit eines hybriden Ursprunges der A. alpina und die nach seiner Ansicht als Eltern ev. in Frage kommenden fertilen Arten geben eine erste Reihe von Anhaltsj)unkten, in welcher Weise unter Anwendung der durch die exakte Erblichkeitslehre gegebenen Methoden eine exj^erimentelle Erzeugung der apogamen Formen auch in diesem Verwandtschafts- kreis in die Wege geleitet werden kann. Eine wichtige Vorfrage wird vorher noch zu lösen sein. Die aus den Untersuchungsergebnissen an Chara crinita gewonnene Fragestellung ist auch für Antennaria alpina ins Auge zu fassen und es ist also zu prüfen, ob nicht innerhalb des als A. alpina zu- sammengefaßten Formenkreises, ähnlich wie bei Ch. crinita., noch eine normalgeschlechtliche Form mit einfacher Ohro- mosomenzahl neben den apogamen Formen mit ver- doppelter Chromosomenzahl existiert. Da die apo- gamen Antennarien bei Annahme von Kreuzung als Ursache ihrer Entstehung mehr oder weniger weitgehend metrokline Bastarde sein könnten, wird die Feststellung einer einfach chromosomigen und normalgeschlechtlichen Stammform dev A. alpina innerhalb ihrer jetzigen Populationen keine ganz einfache Sache sein. Wie dem nun auch sein wird, bei den Versuchen zur Lösung der von Juel angeregten und nunmehr erweiterten Frage nach dem Ursprünge der apogamen Antennarien werden den eigentlichen Bastardierungs- versuchen eine ganze Anzahl von eingehenden und zeitraubenden Vorversuchen vorauszugehen haben. 246 ■ Siebentes Kapitel. Vor allem wird es sich darum handeln, für die Kreuzungsver- s-uche ein in seinen erblichen Eigenschaften und hinsichtlich der Fortpiianzungsverhältnisse einheitliches und konstantes Ausgangs- material der in Frage kommenden Arten heranzuziehen. Dies ist in Anbetracht der schon von Juel festgestellten Ausbildungs- und Verteilungsverhältnisse der Blüten bei den einzelnen Antennaria- Arten keine leichte Aufgabe. Die Arten der Gattung Antennaria sind zweihäusig. Neben rein männlichen und rein weiblichen Blüten hat aber Juel bei A. dioica auch abweichende Blütenformen beob- achtet, welche typisch männliche mit rein weiblichen durch Über- gänge über die Zwitterblüten miteinander verbinden. Die typischen Exemplare von A. dioica sind streng diözisch. Die abweichenden Blüten dagegen können in Köpfchen auch gemischt auftreten, wodurch die betreffenden Stöcke andromonözisch oder gynomo- nözisch werden. Sehr wahrscheinlich sind auch bei den anderen für diese Bastardierung in Frage kommenden Arten ähnliche Anomalien der Geschlechtsverteilung vorhanden. Ein Grund mehr, den eigent- lichen Bastardierungsversuchen eine sorgfältige Untersuchung der zur Verwendung kommenden Stöcke vorausgehen zu lassen, ihre Konstanz in der Erzeugung bestimmter Blütenformen und im be- sonderen die Vererbungsverhältnisse rein weiblicher und gemischt geschlechtlicher Stöcke bei Bestäubung mit dem Pollen rein männ- licher Stöcke festzustellen. Auch bei Gnaplicdium^ das bei naher Verwandtschaft mit Anten- naria nach Juel doch einen älteren und weniger differenzierten Typus darstellt, ist in den Blüten die Trennung der Geschlechter nur unvollständig, in den Köpfchen gar nicht durchgeführt. Die Gattung ist durchaus gynomonözisch, wobei die weiblichen Blüten, wie bei den meisten gynomonözischen Kompositen die Peripherie, die zwitterigen die Mitte des Köpfchens einnehmen. Es kommen also voraussichtlich bei den anzustellenden Kreuzungen Gnaphalium- Arten nur als Pollenlieferanten in Frage; Kastrierung ihrer Blüten ist bei der Kleinheit der Köpfchen wohl ausgeschlossen. Gleichzeitig mit den Vorbereitungen zur künstlichen Erzeugung der apogamen Antennaria al^iina wären weitere Versuche in An- griff zu nehmen, um die Erblichkeitsverhältnisse einzelner im Freien eingesammelter Stöcke der apogamen Form und die Art ihrer Nachkommenschaft festzustellen. Das gelegentliche Vorkommen männlicher Exemplare von A. alpina ist von Juel mit dem spon- tanen Auftreten von Rückschlägen in Verbindung gebracht worden. So wird also zu untersuchen sein, ob und in welchem Pro- zentsatz bei Aussaat von Samen, die ohne jedeBestäu- bungsmöglichkeit entstanden sind, männliche Pflanzen D. Über Bastard-Apogamie bei Angiospermen. 247 gebildet werden. Ein positives Ergebnis solcher Versuche wäre mit der Annahme hybriden Ursprunges der apogamen Form einer ursprünglich diözischen Pflanze nicht ohne weiteres in Ein- klang zu bringen. Die Möglichkeit gelegentlicher Entstehung- männlicher Pflanzen als Rückschlag wird dagegen durch diese Hypothese nicht ausgeschlossen. Von vornherein scheinen indessen doch die folgenden beiden Annahmen größere Wahrscheinlichkeit zu haben: a) Die stellenweise noch vorhandenen männlichen Pflanzen sind auf vegetativem Wege erhalten gebliebene Nachkommen der männ- lichen Exemplare der F^-Bastard-Generation, b) Innerhalb gemischter Populationen befruchtungsfähiger und apogamer Individuen von A. alpina und der anderen an der Bastard- bildung beteiligten Arten findet der zur Apogamie führende Bastardierungsvorgang stets von neuem an einzelnen Individuen statt und in der entstehenden F^-Nachkommenschaft sind immer wieder einzelne männliche Individuen des nietroklinen Bastardes vorhanden. 2. Apogamie und Bastardierung bei Alchemilla. Eine ungewöhnliche Holle sj)ielt die Apogamie in der Gattung Alchemilla. R. Bus er hat gezeigt, daß mehrere von Linne auf- gestellte Alchemilla- Arien (z.B. A. vulgaris und alpina) Kollektiv- Spezies sind und je aus einer Reihe selbständiger Formen be- stehen, welche sich voneinander durch ganze Komplexe manch- mal zwar wenig hervortretender, aber konstanter und erblicher Merkmale unterscheiden. Buser (Lit. vgl. Murbeck, 1901, S. 36 und Strasburger, 1905, S. 89) hat auch festgestellt, daß diese Formen unter sich, obschon einzelne in der Natur sehr häufig unter- mischt vorkommen, keine Hybriden erzeugen. Durch die Unter- suchungen Murbecks (1901) und Strasburgers (1905) hat die bemerkenswerte Konstanz dieser Alchemillen eine unerwartete, aber einleuchtende Erklärung gefunden : die meisten derselben sind obligat apogam. Die Murbecksche Studie ist, wie diejenige Juels ojn A7iten- naria, das Resultat von Untersuchungen, die sich über mehr als ein halbes Jahrzehnt erstreckten. Murbeck konnte zeigen, daß sämt- liche der von ihm untersuchten Alchemillen aus der Sektion Eualche- milla Boiss., A. alpi?ia L. aus der Gruppe Alpinae, A. pubescens Lam,., A. sericata Reicht, aus der Gruppe Piibescentes, A. jmsloralis Bus., A. suhcrenata Bus., A. acutangula Bus., A. minor Hucls. und A. alpestris »Schmidt aus der Gruppe der Vulgares und A. speciosa aus der Gru|)pe der Calycinae apogam sind. Dagegen erwies sich 248 Siebentes Kapitel. die zur Sektion Apkanes gehörende und zum Vergleich heran- gezogene A. arvensis als normal befruchtungsfähig und befruch- tungsbedürftig. Die von Murbeck festgestellten Entwicklungsvorgänge der Alchemillen zeigen, mehr als es bei Antennaria alpina der Fall ist, eine ganze Reihe von Eigentümlichkeiten und Abweichungen vom gewöhnlichen Verhalten der Angiospermen. Nur diejenigen seien hier angeführt, welche für unsere Fragestellung in Betracht zu kommen scheinen. "Was zunächst die Ausbildung des Polleus der Alchemillen anbetrifft, so ergab die Untersuchung von Pflanzen einer Menge von Standorten im südlichen Schweden, der Kulturexemj)lare im botanischen Garten zu Lund, wie auch von Herbarmaterial aus verschiedenen Teilen Europas, daß gewisse Arten, wie ^4. alphia L., A. sericata Reichh., A. piibescens Lam. und A.vestiia (Bus.) Murb. nie ein einziges, befruchtungsfähiges Pollenkorn entwickeln. Das Innere ihrer Antheren ist stets mit einer schwärzlichen, aus desorganisierten Pollenzellen und Pollenmutterzellen bestehenden Masse erfüllt. Bei anderen Arten, z. B. A. aciitangida Bus., A. subcrenata Bus.., und A. alpestris Schmidt fanden sich wenigstens in einzelnen Antheren in die Masse desorganisierter Pollenzellen vereinzelte größere, plasma- gefüllte Pollenkörner eingemengt. Sie waren aber ebenfalls nicht entwicklungsfähig. Bei der zur Untergattung Aphanes gehörenden A. arvensis da- gegen gelangt der Pollen zur vollen Entwicklung. Gekeimte Pollen- körner wurden von Murbeck in geeigneten Entwicklungsstadien auf der Narbe jeder Schnittserie gefunden, sowie der Verlauf der Pollenschläuche durch den Griffel, die Plazenta und die Gewebe der Samenanlage bis zum Embryosack verfolgt. In den Samenanlagen d-er normal sexuellen wie der ovoapo- gamen Alchemillen wies Murbeck ein vielzelliges Archespor nach, von dessen Zellen mehrere zu embryosackbildenden Mutterzellen werden. Der Embryosack selbst nimmt bei den befruchtungsbedürftigen Arten und im Gegensatz zu Antennaria alpina auch bei den apo- gamen Alchemillen seinen Ursprung nicht direkt aus der Embryo- sackmutterzelle, sondern aus einer durch Tetrad enteilung entstandenen Enkelzelle derselben. Bei den ajjogamen Alchemillen ist dagegen die Tetradenteilung nicht von einer Reduktion der Chromosomen- zahl begleitet. Ebensowenig war eine solche bei den nachfolgenden Kernteilungen im Embryosacke festzustellen. Trotzdem völlig be- friedigende Zählungen der Chromosomen nicht durchgeführt werden konnten, ist Murbeck doch der Ansicht, daß auch die apogamen Alchemillen ihren ganzen Entwicklungszyklus mit unveränderter Chromosomenzahl durchlaufen. Von den D. Über Bastard- Apogamie bei Angiospermen. 249 mannigfaltigen Ergebnissen der M u r b e c k sehen Untersuchung hin- sichtlich der übrigen Gestaltungs- und Entwicklungsvorgänge im Ovulum sei nur noch erwähnt, daß bei Ä. alinna die Embryobil- dung sehr häufig schon eintritt, während die Blüte sich noch im Knospenstadium befindet, zu einem Zeitpunkt also, wo jede Mög- lichkeit der Befruchtung völlig ausgeschlossen ist. Damit in Zusammenhang steht vielleicht auch die Tatsache, daß die apogame Embrj^o- bildung bei den Alchemillen auffallend oft von Anomalien begleitet ist, welche von einer weniger streng durchgeführten Spezialisierung hinsichtlich der Zellen beziehungsweise der Kerne des weib- lichen Gametophyten zeugen. Polkerne sind in den meisten Fällen noch als solche vorhanden, nachdem die Embryobildung be- reits begonnen hat. Doch verschmelzen sie schließlich bei den meisten Arten noch zum Zentralkern, welcher später durch Zweiteilung die Endosj^ermbildung einleitet. Diese selbst steht mit der Embryobildung nur in sehr lockerem Zusammenhange. In zahlreichen Fällen wurde das Vorkommen überzähliger Polkerne festgestellt, und deren Entstehung jichemüla sericata. Von durch Umbildung von Synergiden- und Anti- den beiden Embryonen des podenkernen zu Polkernen erkannt. Auch Embryosackes ist der eine Polyembryonie ist bei AJcJmnilla nicht gerade fo^^Pogam ans der Eizelle, ,, -r*^, _ , , T. , ,,. der andere apogam aus einer selten. In der Eegel gehen die überzähligen g^^ergide hervorgegangen. Embryonen aus einer oder beiden Synergiden Die andere Synergide, so- hervor (vgl. Fig. 79). Von besonderem Inter- wie die drei Antipodenzellen esse ist aber die von Murbeck (1902) in Degeneration. Die Ver- p.. 1 T 1 ^ •^ ^ i -ri i ^ •^ ^ Schmelzung der beiden Pol- ausfuhrlich geschilderte Embryobildung aus , j i m. v ^-• -,, . kerne und damit die Em- Zellen, die außerhalb des sporogenen Ge- leitung der Endosperm- webes gelegen sind. Auffallend ist, daß solche bildung hat noch nicht ein- Fälle von Aposporie bei den untersuchten gesetzt. Nach Marbeck, Alchemillen verhältnismäßig selten zu sein aus Win klier (1913, S. 266, scheinen, während bei anderen Phanerogamen, z. B. bei den Hieracien, Aposporie die ovoa]30game Fortpflanzung zum großen Teil ersetzt hat (vgl. Kap. 12). In völlig einwandfreier und überzeugender Weise hat Mur- beck also den Nachweis erbracht, daß die Eizellen der Eualchemillen ohne Befruchtung Embryonen bilden und der Entstehung der Eier keine Reduktionsteilung vorausgeht. Die Kernverhältnisse und die Beziehung der Chromosomenzahlen zum Generationswechsel einer- Fig. 79. Polyembryonie im E m b r y 0 s a c k von 250 Siebentes Kapitel. seits, zur apogamen Fortpflanzung anderseits sind dagegen in seiner Arbeit nicht sehr eingehend berücksichtigt worden. In letzterer Hin- sicht hatte er z. B. die unhaltbare Vermutung ausgesprochen, daß ein Ausbleiben der Reduktionsteilung nicht nur bei den ovoapogamen Formen, sondern auch bei der nichtparthenogenetischen A. arvensis möglich wäre. Diese Lücken hat Strasburger (1905) unter Be- nützung der reichen Bus ersehen Alchemillensammlung auszufüllen versucht. In entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht hat seine Unter- suchung von ca. 40 verschiedenen Arten der Gattung in allen Haupt- punkten eine Bestätigung der Murbeck sehen Angaben gebracht. Auch von dieser Untersuchung seien nur diejenigen Ergebnisse her- ausgegriffen, welche in irgendeiner Weise mit unserer Fragestellung in Beziehung stehen. Die große Mehrzahl der von Strasburger cytologisch unter- suchten Eualchemillen besaß übereinstimmend minderwertigen Pollen, wobei allerdings der Grad seiner Verbildung abgestuft war. Er stellte fest, daß hinsichtlich der Pollenbildung nicht nur die ver- schiedenen Arten, sondern auch verschiedene Stöcke derselben Art, die Antheren verschiedener Blüten desselben Stockes oder sogar die An- theren derselben Blüte in ihrem Verhalten recht weit voneinander abweichen können. Immerhin zeigte sich auch der anscheinend beste Pollen stets funktionsunfähig. Der primäre Kern der Pollen- und Embryosackmutterzellen der Eualchemillen weist bei den Vorbereitungen zur Teilung 32 Doppel- chromosomen auf. Die Entwicklung des Pollens und des Embryo- sackes findet dennoch ohne Reduktionsteilung statt. Die Chromosomenzahl der Geschlechtsgeneration ist wie diejenige der ungeschlechtlichen Generation 64. Die Keimbildung erfolgt aus der di2iloiden Eizelle durch oogame Apogamie. Ausnahmen von diesem Verhalten machen von den unter- suchten 40 Arten der EuakJieniülae nur die A. pentaphylla umfas- sende Sektion der Penfaphj/llae, sowie einige Arten der Sektion Alpinae, im besonderen die hochalpinen A. gladalis und gelida. Sie weisen bei den Vorbereitungen zur Pollenbildung ebenfalls 32 Doppel- chromosomen auf, erfahren eine normale ßeduktionsteilung und bil- den gut entwickelten Pollen. Der Embryosackentwicklung geht eben- falls eine richtige Reduktionsteilung voraus, die ganze Entwicklung findet also mit normalem Wechsel zwischen Sporenbildung mit Re- duktion und Zygotenbildung durch Befruchtung der Eizellen statt. Von höchster Bedeutung für die Lösung des Problems von den Ursachen der A230gamie scheinen mir nun die Strasburg er sehen Feststellungen über das Verhalten einiger Formen zu sein, die von Buser als Bastarde zwischen A. pentap/fylla einerseits, A. gla- dalis, A. gelida anderseits aufgefaßt wurden, so z.B. A. gern- D. Über Bastard-Apogamie bei Angiospermen. 251 mia Bus. (A.glaciaKs X A.pentaphylla), sowie A.sahauda Bus. (A.penta- phylla X A. gelida) und einiger von diesen wiederum abgeleiteter Bastarde. Bei A. gemmia fand Strasburg er nur vereinzelt normal aussehende Pollenkörner. Die Antheren von A. sahauda enthielten körnige Massen und brachten es im besten Falle zur Ausbildung ganz unvollkommenen Blütenstaubes. Die meisten Samenanlagen beider Formen waren stark verbildet, normale Embryosäcke selten und die wenigen Fälle von Keimbildung erfolgten apogam. Die abgeleiteten Bastarde A. pent aphylloid es und A. tndlata wiesen ebenfalls schlechten Pollen und apogam erzeugte Keime auf. Auch A. de Candolle (1905, S. 265) hat eingehend auf diese wichtigen Feststellungen hingewiesen. Er hebt hervor, daß die Eltern der von Bus er als Hybriden aufgefaßten Formen normal gebildeten Pollen besitzen, welcher auf der Narbe keimt und die Eizelle befruchten kann. Der Pollen der als Bastarde aufgefaßten Formen sei dagegen unvollkommen entwickelt und ihre Reproduktion parthenogenetisch. Es würde daher, sofern die Angaben Busers und Strasburgers sich völlig decken und bestätigen lassen, nach seiner Ansicht, in diesem Falle obligate Parthenogenesis nicht allmählich aus gel egentlicher hervorgegan gen, sondern plötzlich entstanden sein. Ganz anders lautet der Erklärungsversuch Strasburg er s. In Anlehnung an seine sonstigen Anschauungen über die Ent- stehung der Apogamie sucht er das eigenartige Verhalten dieser Alchemillen, also Bildung apogamer Bastarde zwischen geschlecht- lich potenten Arten, folgendermaßen zu erklären (1905, S. 142): „Als Bastarde hätten sie (d. h. A. gemmia und A. sabanda, sowie die oben genannten abgeleiteten Bastarde) sehr wohl in sexueller Beziehung sich geschwächt zeigen können, daß sie aber den aj^ogamen Weg der Keimbildung einschlugen, dazu gehörte eine bestimmte, schon vorhandene Anlage. Diese, so läßt sich weiter behaupten, über- nahmen sie von dem zu den Alpinae gehörenden Eltern, da die A. pe?itaphylla, wie wir sahen, keine apogamen Fähigkeiten besitzt. Bei der Gruppe der Alpinae müssen dagegen auch in den sexuell potenten Arten latente apogame Anlagen schon vertreten sein, sonst könnten solche in den Bastarden nicht unmittelbar aktiv werden." So ergibt sich nach der Ansicht Strasburg ers aus dem Studium der Eualchemillen in bezug auf die Entstehung der Apogamie, „daß in diesem Subgenus die Neigung zur Apogamie sich hat wiederholt einstellen müssen, unabhängig in verschiedenen Arten, und daß sie somit als eine Aus- lösung zu betrachten sei, die ein gewisser im Laufe der phylogenetischen Entwicklung von diesem Sub- genus erreichter Zustand veranlaßte". Er ist der Ansicht, 252 Siebentes Kapitel. daß diese Sclilnßfolgerung, deren Richtigkeit sich allerdings nicht nachweisen lassen werde, nicht ohne allgemeine Bedeutung für die Probleme der organischen Entwicklung bleiben dürfte. Wohl wenige Stellen der Literatur über Parthenogenesis und AjDOgamie im Pflanzenreich zeigen so schlagend wie die vorstehenden Zitate die Unhaltbarkeit der bisherigen Anschauungen über die Ursachen dieser Erscheinungen. Wie kompliziert und dabei wenig fundiert ist die Annahme Strasburgers, daß sich im Subgenus der Eualchemillae die Neigung zur Apogamie wiederholt eingestellt haben müsse, unabhängig in verschiedenen Arten, und die Neigung zur Apogamie als eine Auslösung zu betrachten sei, die ein im Verlaufe der phylogenetischen Entwicklung von diesem Subgenus erreichter Zustand veranlaßt habe. Wie weit hergeholt und ge- zwungen ist ferner die Hypothese, daß auch in den sexuell potenten Arten der Alpinae latente ajjogame Anlagen schon vertreten sein müßten, da sie sonst in den Bastarden nicht unmittelbar aktiv werden könnten. Viel einfacher erscheint gegenüber all diesen An- nahmen die Hypothese, daß die artfremde Befruchtung selbst Ursache der Entstehung dieser apogamen Bastarde ist, und nicht nur die ajDogamen A. gennnia und A. sabauda, sondern auch alle anderen apogamen Alchemillen als sich apogam fortpflanzende Art- bastarde aufzufassen sind. Es liegt, wie mir scheint, im Formen- kreis der Alchemillen einer der günstigsten Fälle zur experimen- tellen Entscheidung der Frage nach der Ursache der Aj)Ogamie im Pflanzenreich vor. Es wird sich vor allem um die Feststellung handeln, ob die von Bus er als Bastarde zwischen A. pentaphylla und den genannten subnivalen Vertretern der Alpinae bezeichneten Pflanzen wirklich Bastarde sind und den von Bus er angenommenen Ursprung haben. Wie schon Strasburger bemerkt hat, ist an der Richtigkeit der Buser sehen Annahme nicht wohl zu zweifeln. Die von ihm als Eltern der hyjDothetischen Bastarde bezeichneten Arten sind gerade diejenigen, welche im Gegensatz zu der großen Mehr- zahl der anderen Formen des Subgenus geschlechtlich normal sind. Sie allein können als Eltern von Hybriden in Frage kommen, und für die Auffassung, daß A. geniviia und sabauda als ihre Bastarde aufzufassen seien, spricht weiter, daß sie nach Buser unverkennbare Merkmale der A. pentaphyllae und alpinae in sich vereinigen. Es wird sich nun darum handeln, unter Berücksichtigung aller Regeln der modernen exakten Erblichkeitslehre die ver- schiedenen Kreuzungen zwischen A. pentaphylla einerseits, A. gJacialis und gclida anderseits vorzunehmen. Sodann sind Fortpflanzungsart und Chromosomenzahl der zur Verwendung gekommenen Eltern- pflanzen mit Fortpflanzungsart und Chromosomenzahl ihrer durch D. Über Bastard-Apogamie bei Angiospermen. 253 Bastardierung als auch der durch legitime Bestäubung entstandenen Nachkommenschaft, sowie mit den in der Natur gefundenen und von Buser als Bastarde aufgefaßten A. gemmia und sabauda zu vergleichen. Es liegt in der Natur solcher Untersuchungen und der bei Alcheitiilla vorliegenden speziellen Verhältnisse, (Ausbildung kleiner Blüten mit geringer Anzahl von Staubblättern und Samenanlagen), daß der erfolgreichen Durchfüh- ' rung der experimentellen wie der entwicklungsgeschichtlichen Unter- suchung zahlreiche Schwierigkeiten entgegenstehen und einwandfreie, entscheidende Resultate erst nach mehrjährigen Bemühungen zu er- warten sind. 3. Beziehungen zwischen Amphimixis, Bastardierung und Apogamie in der Gattung Hieracium. Für die von den früheren Autoren angenommene allmähliche Entstehung der A2:)ogamie schienen vor allem diejenigen Angiospermen zu sprechen, deren Individuen so- wohl haploid- wie diploidkernige Pollenkörner und Embr3^osäcke und damit befruchtungsfähige und be- fruchtungsbedürftige sowie apo- game Eizellen ausbilden. Diese Möglichkeit ist von 0 v e r t o n (1902 und 1904) für ThaJicfniw piirpurascetis'^) und für die von Ostenfeld (1910) experimentell und von Rosenberg (1907) ent- wicklungsgeschichtlich-cytologisch untersuchten Hieracien festgestellt Fig. 80. Apospore Entstehung des Embryosackes von Hieracium flagellare. a vollständige Makrosporen- tetrade zu Beginn der Degeneration, b und e Makrosporentetrade desorgani- siert. Der zur Entwicklung kommende diploidkernige Embrjosack geht aus einer Integumentzelle, in unmittelbarer Nachbarschaft der verdrängten Tetrade hervor. NachRosenberg, aus Winkler (1913, S. 272, Fig. 5). ') Über die Ursachen dieses Verhaltens schi-eibt Ov ertön (1904, S. 275): „Meine Versuche und Beobachtungen führten mich zu dem Schlüsse, daß sich ThaUetrum jmrjmrascens auf dem Wege zu vollständiger Parthenogenesis befindet, so wie diese durch Antemiaria alpina, verschiedene Arten von Alchemilla, und wahrscheinlich auch Taraxacum officinale bereits erreicht wurde". 254 Siebentes Kapitel. worden. Nur am letzteren Beispiel sei im Folgenden gezeigt, daß auch die Untersuchung dieses Spezialfalles bereits Tatsachen zur Kenntnis gebracht hat, die durch unsere Arbeitshypothese besser als durch alle bisherigen Annahmen eine plausible Erklärung finden und zeigen, daß bei Hieracium vielleicht noch die Möglichkeit vor- handen ist, die Frage nach der Ursache der Apogamie experimentell zu lösen. In seiner zweiten Vererbungsschrift „Über einige aus künstlicher Befruchtung gewonnene Hieraciumbastarde" hat Mendel (1869) mitgeteilt, daß bei seinen Kreuzungen mit verschiedenen Hieracium- Arten die aus einer und derselben Kreuzung hervorgehenden Bastarde nicht uniform, sondern m e h r g e s t a 1 1 i g seien. Sie stellten zum Teil Mittelbildungen zwischen den Eltern dar, zum Teil näherten sie sich der einen oder anderen der beiden Stammpflanzen. Die durch Selbstbefruchtung gewonnene Nachkommenschaft der Bastarde variierte später nicht weiter, sondern stimmte in ihren Merkmalen vielmehr untereinander und mit dem Bastard, von welchem sie ab- stammte, überein. Diese Ergebnisse, welche teilweise zu denjenigen von Mendels erster Vererbungsschrift in direktem "Widerspruch standen, haben nun durch die Untersuchung von Ostenfeld und Eaunkiaer (1903), vor allem aber durch die eingehenden späteren For- schungen von Rosenberg (1907) und Ostenfeld (Lit. vgl. 1910) Aufklärung gefunden. Ihre entwicklungsgeschichtlich-cytologischen Untersuchungen und neueren exi^erimentellen Vererbungsversuche haben ergeben, daß viele Arten des Genus Hieracium absolut oder teilweise apogam sind. Die Embryosäcke ihrer Samenanlagen weisen Eizellen mit diploider Chromosomenzahl auf, welche ohne Befruchtung entwicklungsfähig sind und aucli die Ausbildung an- scheinend normaler Samen und Früchte auslösen. Nach den Untersuchungen Osten felds (1910) verhalten sich nun die drei Subgenera von Hieracium in bezug auf ihre Fortpflan- zung verschieden. Im Sul^genus Stenotheca ist die ursi^rüngliche Form der Fortpflanzung mit typischer Befruchtung beibehalten worden. Das Subgenus PiloseUa umfaßt apogame und typisch fer- tile Spezies, in der Hauptsache allerdings aj)ogame. Die Unter- gattung Archieracium weist unter ca. 60 untersuchten Formen nur in der Gruppe des H. iimhellaium noch befruchtungsbedürftige For- men auf. H. umhellatum selbst kommt nach der Feststellung Ostenfelds mit befruchtungsbedürftigen und apogamen Formen („Rassen") vor, ohne daß in morphologischer Hin- sicht ein Unterschied zwischen den beiden Formengrup- pen vorhanden wäre. Die Arten der Untergattung PiloseUa sind nach Ostenfeld D. Über Bastard-Apogamie bei Angiospermen. 255 mit Ausnahme von H. auricula sämtlich zur Bildung apogamer Früchte fähig. Sie sind indes nicht absolut apogam. Eine Anzahl Blüten ihrer Kö^ifchen bedürfen zur Samenbildung der Bestäubung und Befruchtung. Dies hat, wie übrigens durch die cytologischen Untersuchungen von Rosenberg (1907) nachgewiesen worden ist, die Ausbildung von zweierlei Eizellen zur Voraussetzung: Normaler Eizellen mit reduzierter Chromosomenzahl, deren "Weiterentwick- lung nur nach Befruchtung erfolgt, und Eizellen mit nicht redu- zierter, diploider Chromosomenzahl, die ohne Befruchtung entwick- lungsfähig sind. Diese Verschiedenheit der Eizellen und damit der Samenanlagen hat zur Folge, daß die Zahl guter Samen in kastrierten Blütenköpfchen geringer ist als in solchen, denen durch Insektenbesuch auch Gelegenheit zur Bestäubung und damit Befruchtung der Eizellen befruchtungsbedürftiger Samenanlagen ge- geben worden ist. Die Untersuchung einer genügend großen An- zahl kastrierter und nicht kastrierter Blütenköpfe einzelner Indivi- duen gab Osten feld ein Mittel an die Hand zur Beantwortung der Frage, welche Pflanzen die Fähigkeit zur Bildung befruchteter Samen ganz verloren, in welchem Verhältnis bei anderen die befruchteten zu den apogamen Samen stehen. Die befruchtungsbedürftigen Eizellen dieser Hieracien der Unter- gattung PüoselJa setzen nun, wie Ostenfeld weiter gefunden hat, nicht nur bei legitimer Bestäubung, sondern auch bei Kreuzung Samen an. Sie sind in diesem Falle also nicht nur zur Produktion von apogamen Früchten, sondern auch von Bastarden befähigt. Da- her werden bei Kreuzung von zwei teilweise apogamen oder einer teilweise apogamen Form als Mutterj^flanze mit einer völlig fertilen Form stets zwei Typen von Nachkommen zu erwarten sein, nämlich: a) Pflanzen, welche ausschließlich die Merkmale der mütterlichen Art aufweisen, gar keine Bastarde sind, sondern apogam aus den unbefruchteten dij^loiden Eizellen hervorgingen und daher auch völlig mit der mütterlichen Art übereinstimmen. b) Multiforme Hybriden aus den von artfremdem Pollen bestäubten und befruchteten Samenanlagen mit befruchtungsfähigen Eizellen. Das weitere Verhalten dieser Bastarde ist nun für unsere Auf- fassung von der Entstehung der Apogamie besonders wichtig. Die Ostenf eldschen Bastardierungsversuche haben den unerwarteten Nachweis gebracht, daß durch Bastardierung zwischen ver- schiedenen Spezies des Subgenus Pilosella neue Formen entstehen können, welche sich völlig konstant verhalten und durchaus das Aussehen neuer Arten zeigen. Diese neuen Formen sind apogam. Für unsere Bastardhypothese der Apogamie sind die nachfolgenden Ergebnisse der Ostenf eldschen Exi^erimente die wichtigsten: 256 Siebentes Kapitel. 1. Die Kreuzung zwischen Hieracium excellens X auranUacum lieferte in der F^-Generation neben reinem H. excellens auch Hj^briden. Die ersteren sind offenbar aus den Samenanlagen mit di23loiden und infolgedessen aj^ogam sich entwickelnden Eiern, die letzteren aus den befruchtungsbedürftigen Eizellen hervorgegangen. Die Bastarde waren morj^hologisch heterogen — Kombinationen der Eigenschaften ihrer stark verschiedenen Eltern. Auch in ihrer Fortpflanzung waren sie verschieden. Ein Teil derselben war steril, andere lieferten eine völlig homogene Nachkommenschaft, deren Konstanz am besten durch die Annahme apogamer Entstehung ihrer Samen zu erklären ist. 2. Bei Kreuzung von H. excellens und E. pilosella entstand in der F^- Generation eine weniger heterogene, eigentlich mehr di- morphe Nachkommenschaft. Alle Individuen der Fj-Generation waren fast völlig steril. Das Verhalten der Fo-Generation dagegen ist noch nicht völlig abgeklärt. „The few individuals of F 2 jioint to constancy, while the poor experiment of back-crossing may be said to show segregation." 3. Ein durch Kreuzung von //. pilosella X H. aurantiacum erhaltener Bastard ergab in 4 Jahren bei Kastration und Selbst- bestäubung keine Früchte. Er verhielt sich als selbststeril, während beide Eltern in ihren Blütenköpfchen eine große Anzahl apogamer Früchte ausbildeten. Die Fähigkeit zur A230gamie ist also in diesem Falle nicht auf den Bastard übertragen worden, die Befruchtungsfähigkeit der Eizellen dagegen erhalten geblieben. 4. Die Wiederholung der zuerst von Gregor Mendel vorge- nommenen Kreuzung zwischen H. auricula X aurantiacum ergab in F]^ eine in morjDhologischer Hinsicht sehr heterogene Nachkommen- schaft. Die meisten Individuen waren steril, einige wenige erzeug- ten apogam einige Früchte. Die Früchte eines jeden einzelnen fertileu Individuums lieferten eine vollständig homogene, mit dem elterlichen Individuum übereinstimmende Nachkommenschaft. H. auncula ist nun nach Ostenfeld nicht, H. aurantiacum nur teilweise apogam. Durch ihre Kreuzung entstand also eine teilweise sterile, teilweise apogame Nachkommenschaft (F^- Generation). So kommt Ostenfeld (1. c. S. 275) zum Ergebnis, daß gewisse Hieraciiim-iiyhYidQU imstande sind, sich apogam fortzupflanzen und dann natürlich konstant sind. Er resümiert: 1. That within Hieracium the evolution of new species goes on coincidently with the existence of a})ogamy; 2. that the new species reach constancy at once just because of the apogamy; D. Über Bastard-Apogamie bei Angiospermen. 257 3. that the polymorj^hism is correlated to the apogamy in such a manner only that apogamy, through the constancy of the spe- cies, apjjarently furthers the polyniorjjhisni." Hinsichtlich der Übertragung der Apogamie auf die Nach- kommenschaft bei Kreuzung nicht vollständig apogamer Formen haben die Ostenfeld sehen Untersuchungen also zu folgenden Re- sultaten geführt: a) Bei Kreuzungen zwischen zwei teilweise apogamen Arten, können zwei Typen von Bastarden entstehen: eine bei Isolierung fertile F^- Generation, mit Konstanz in F2 usw., also apogamer Fortpflanzung, und andererseits eine bei Isolierung zur Keimbil- dung größtenteils oder völlig unfähige, also selbststerile F^- Generation. b) Die Kreuzung zwischen einer befruchtungsbedürftigen und einer teilweise apogamen Art (H. miricula X H. aurcmtiacum) lie- fert eine bei Selbstbestäubung teilweise steril bleibende, teilweise dagegen aj^ogam sich fortjoflanzende und dann in der Deszen- denz der einzelnen Individuen konstant bleibende Nachkommen- schaft. In beiden Gruppen von Versuchen findet sich also die min- destens dem einen Elter zukommende Eigenschaft der AjDOgamie auch bei einem Teil der Nachkommen wieder. Wichtig ist, daß neben teilweise fertilen und apogamen Bastarden auch andere entstehen können, die völlig selbststeril sind oder sich nicht wie die Elternformen nur teilweise, sondern obli- gat ajDogam fortpflanzen. Es liegen also auch in der Gattung Hieracium sicher Beisj^iele der Erzeugung ajDOgamer Formen durch Kreuzung vor. Da in allen Versuchen Osten felds mindestens der eine Elter bereits teilweise a|)ogam war, kann, wie es bis- her auch aufgefaßt worden ist, das Wiederauftreten der Apogamie bei einem Teil der Bastarde auf der Übertragung der Tendenz zur Apogamie durch die Gameten beruhen. Die Tatsache aber, daß andere dieser Bastarde gänzlich steril sind, scheint mir mehr für die Hyjjothese zu sj)rechen, daß ihre Apogamie und Sterili- tät eher als Folge der Bastardierung auftreten resp. verstärkt werden. Eindeutig können die von Osten feld mit ganz anderer Fragestellung ausgeführten Versuche hinsichtlich unserer Hypothese schon aus dem Grunde nicht sein, weil die zur Verwendung ge- kommenen teilweise apogamen Eltern wohl nicht als reineArten, sondern selbst schon durch Apogamie fixierte Bastarde aufzufassen sind. Völlig eindeutige Resultate im Sinne unserer Hypothese wer- den nur durch Vornahme von Bastardierungen zwischen Indivi- duen solcher Arten zu gewinnen sein, für welche durch Isolierung, Ernst. Bastardierung. 17 258 Siebentes Kapitel. Kastrier- und Bestäubungsversuclie die Eeinheit in bezug auf Be- fruchtungsbedürftigkeit und völliges Fehlen von Apogamie einwand- frei festgestellt worden ist. Solche Arten sind nach den Feststellungen Ostenfelds offen- bar auch innerhalb aller drei Untergattungen von Hieracium vor- handen. Diejenigen des Subgenus Stenotheca sind nach den Erfah- rungen Ostenfelds für Versuche im nördlichen Europa nicht ge- eignet, kommen dagegen sehr wohl für Versuche amerikanischer Forscher in Betracht. Von den H. Pilosellae erscheint H. aiiricula L. besonders günstig, bei den Arcidcracien sei im besonderen auf H. umbeUatum und dessen nächste Verwandte verwiesen. Für H. umbellatnm speziell hat Ostenfeld bereits auf einen bei solchen Versuchen außerordentlich wichtigen Umstand aufmerksam ge- macht. Er hat (1910, S. 253) für diese Art die eigentümliche Tatsache festgestellt, daß die meisten ihrer Formen oder Rassen normal sexuell sind, eine einzige Form dagegen — Ostenfeld hatte die Samen derselben von Petersburg erhalten — sich apogam verhielt, ohne daß in ihrem Habitus irgendwelche Unterschiede gegenüber den normal sexuellen Formen festzustellen gewesen wären. Ostenfeld selbst hat schon auf die Bedeutung dieses einzigartigen Vorkommens innerhalb der Hieradeti hinsichtlich der Entstehung der Apo- gamie hingewiesen: „It seems to be a sjjecies whose fruiting at the present time is little stable and in which we might hope to find something to helj) us to an understanding of the mysterious l^henomenon of aj^ogamy. Still, I have as yet no hints of this understanding, but I hope that further investigations on this spe- cies will clear up the matter." Mit der Annahme eines zurzeit wenig stabilen Verhaltens von H. umbeUatum in bezug auf Frucht- und Samenbildung spielt Ostenfeld auf den von ihm vertretenen Standpunkt von der allmählichen Entstehung der Apogamie innerhalb die- ser Gattung an. Nach meiner Hypothese dagegen ist die Frage zu prüfen, ob das ajjogame H. umbeUatum von St. Petersburg nicht eher ein matrokliner Bastard ist und ob dessen Erzeu- gung bei Vornahme möglichst vieler Kreuzungen zwischen dem befruchtungsbedürftigen H. umbeUatum und anderen sexuellen oder erst teilweise a^DOgamen Arten nicht nochmals gelingen würde. Unzweifelhaft sind die Vorkommnisse von Apogamie in der Gattung Hieracium und einige ähnliche Vorkommnisse innerhalb der Gattung Thalictrum. in einem wichtigen Punkte von der vorher besj^rochenen Apogamie von Antemiaria und AlcliemiUa verschieden. Ihre Erklärung macht eine Erweiterung unserer Hypothese durch die Annahme notwendig, daß Artkreuzung nicht nur zur Bil- D. Über Bastard-Apogamie bei Angiospermen. 259 düng von Bastarden mit obligat apogamer Fortpflanzung, sondern auch von partiell apogamen Bastarden führen kann, die noch einen Teil ihrer Eizellen haploid und damit befruchtungs- fähig und befruchtungsbedürftig ausbilden. Über die cytologischen Vorgänge, welche dieses verschiedenartige Verhalten der Eizellen mög- lich machen könnten, wird im nächsten Ka23itel zu sprechen sein. Für die E rblichk ei ts Verhältnisse der nur teilweise apogamen Formen aber ist nach unserer Hypothese zu erwarten, daß ihre haploiden, befruchtungsbedürftigen Eizellen bei legitimer Bestäu- bung mit ebenfalls entwicklungsfähigem, haploidkernigem Pollen derselben Art, entsprechend der haploiden Ch. crinita oder der legitimen Bestäubung von Alchemüla pentapliylla^ wieder normale diploidkernige Pflanzen ohne ovoapogame Samenanlagen liefern werden. Nach den bisherigen Erfahrungen verhalten sie sich vielfach selbststeril, liefern aber Bastarde bei künstlicher Bastar- dierung, deren Blüten je nach der Kombination der Eltern steril bleiben oder wieder ausschließlich oder teilweise apogam sich entwickelnde Samen bilden. Vielleicht werden zukünftige Bastardierungsversuche mit noch völlig befruchtungsbedürftigen Arten zur Feststellung führen, welche Kreuzungen ausschließlich apogame, welche teilweise apogame, welche normal geschlechtliche und welche sterile Bastarde liefern. Das Vorkommen von Formen mit nur teilweiser Apogamie ist nicht etwa auf Hierammi und Taraxacuni beschränkt. Ahnliche Verhältnisse sind offenbar auch in anderen Verwandtschaftskreisen vorhanden und nach dem bisherigen Stande unserer Kenntnisse zu schließen, z. B. gerade bei Marsüia sehr wahrscheinlich. Wie Strasburger festgestellt hat (1907, S. 163), werden an den apo- gamen Pflanzen von M. Drummondii außer di23loiden auch ha- ploide Sporenanlagen gebildet und es hätte, wie er schreibt „an sich nichts Überraschendes, wenn es Pflanzen, selbst von M. Dricmmondii A. Br. gäbe, aus deren Sporokarpien sowohl apogame als auch sexuelle Pflanzen hervorgehen könnten. Wer etwa in Zukunft über solches il/«r.S77/«-Material verfügen sollte, hätte auch darauf zu achten, ob nicht die sexuell erzeugten Pflanzen dazu neigen, vorwiegend haploide, die apogam entstandenen vorwiegend diploide Sjooren zu bilden". Entgegen der in diesen Sätzen niedergelegten Erwartung Strasburgers, welche auf seiner Annahme einer allmählichen Entstehung der AjDOgamie und der Vererbung der Tendenz zur AjDogamie fundiert ist, ist nach unserer Hyjjothese zu erwarten, daß sexuell erzeugte Exemplare von M. Drummondii ausschließ- lich hajDloide S23oren liefern werden, aus denen wiederum Game- tophyten mit befruchtungsfähigen und befruchtungsbedürftigen Ei- zellen hervorgehen. Apogam entstehende Pflanzen dagegen werden 17* 260 Siebentes Kapitel. ausschließlich oder wenigstens teilweise ohne Bediiktionsteilung diploide Sporen erzeugen, die ebenfalls ohne Befruchtung entwick- lungsfähige Eizellen bilden und so wieder zu habitueller Apogamie führen. Eine Nachuntersuchung dieser Verhältnisse wird zu entscheiden haben, ob vielleicht die apogam entstehenden Individuen vegetativ stärker entwickelt sind und ob ihre Sporen rascher und in größerer Prozentzahl keimen. Diese Faktoren und übrigens auch schon das bloße Nebeneinandervorkommen von haploiden und diploiden Pro- thallien würden die Befruchtung erschweren und bei geringer An- zahl der männlichen Prothallien die Bildung neuer geschlecht- lich erzeugter Sporophyten hemmen. Schon nach verhältnismäßig wenigen Generationen wäre ein starkes Überwiegen des diploiden Bastardes gegenüber der ha23loiden geschlechtlichen Stammform zu erwarten. Nicht von vornherein ausgeschlossen ist die Möglichkeit einer gelegentlichen Entwicklung einzelner normaler, haploider Sporen und befruclitungsfähiger Sexualzellen an natürlichen wie an experi- mentell erzeugten aj^ogamen il/ars///a - Bastarden. Sollten solche Sporen wirklich vorkommen, so wäre weiter denkbar, daß ihre Bildung auch mit einer Sjjaltung der heterozygotischen Erbmasse des apogamen Bastardes verbunden ist. Der Verlauf dieser Spal- tung würde demjenigen bei der Bildung der r2"Greneration fer- tiler Bastarde vergleichbar sein und offenbar zur Bildung von zahl- reichen zwischen den beiden Eltern intermediären Formen führen. Blieben dieselben sexuell, so könnten sie wieder zum Ausgangs- punkt neuer Formenbildung werden, sowohl bei Befruchtung durch Spermatozoiden anderer fertiler Bastardformen, als auch bei Bastar- dierung mit solchen Formen, die wiederum zur Bildung neuer apogamer Bastarde führen. Die Auffindung solcher Spaltungs- vorgänge in der Aszendenz apogamer Pflanzen würde zeigen, daß in solchen Verwandtschaftskreisen bis drei verschiedene Ur- sachen an der Entstehung der Polymorphie tätig sein könnten, nämlich : a) Variabilität und Formenreichtum der an der Bastardierung beteiligten Arten. b) Verschiedene Kombination der elterlichen Merkmale im Ent- wicklungsgange der aus Heterozygoten zwischen verschiedenen Indi- viduen derselben beiden Elternarten hervorgehenden Bastarde. c) Bildung und Fixierung von Formen infolge nachträglicher Aufspaltung und Rückkehr einzelner Bastardindividuen zur ge- schlechtlichen Fortpflanzung. Ich verhehle mir nicht, daß die Hypothese vom hybriden Ursprünge der Apogamie zurzeit die so eigenartigen Verhältnisse E. Über Bastard-Apogamie — Zusammenfassung und Thesen. 261 innerhalb der Gattungen Hieracium, Thalictrum und Marsilia noch nicht restlos zu deuten vermag. Die bisherigen Versuche inner- halb dieser Gattungen sind eben, bei aller Anerkennung ihrer glänzenden Resultate, doch von ganz anderer Fragestellung aus unternommen worden. Es wäre müßig, vor der Ausführung be- sonderer, von unserer neuen Fragestellung ausgehenden Bastar- dierungs- und Vererbungsversuche mit fertilen und halbfertilen Formen dieser Gattungen die Resultate der bisherigen Bastardierungs- versuche und cytologischen Untersuchungen ausführlicher, als es schon geschehen ist, diskutieren zu wollen. Speziell die Gattung Hieracium erscheint mit ihren zahlreichen Formen zum Nachweis geeignet, daß auch die teilweise Apogamie einer Pflanze auf Bastardierung beruhen kann und daß weitere Bastardierungen mit solchen • Pflanzen schließlich zur Erzeugung von Formen füh- ren die in morphologischer Hinsicht nicht oder nur wenig abgeändert, in bezug auf Fortpflanzung aber gänzlich apogam geworden sind. Gerade die Befunde bei den apogamen AlchemiUen, bei Hiera- cium und Marsilia regen an, die Vergleichung der apogamen Formen mit Bastarden noch eingehender durchzuführen. In den nächsten Kapiteln soll der Nachweis versucht werden, daß mit der Annahme eines hybriden Ursprunges zahlreiche Merkmale und Eigentümlich- keiten der beststudierten ajoogamen Angiospermen viel leich- ter als mit den- bisherigen Erklärungsversuchen in Einklang gebracht werden können. E. Zusammenfassung und Thesen. Bei der Auswahl von Versuchspflanzen zur experimentellen Lösung der Frage nach den Ursachen der Apogamie ist auf gute Trennung der beiden Geschlechter als Vorbedingung zur Aus- schaltung der legitimen Befruchtung und zur sicheren Vornahme der Bastardbefruchtung zu achten. Zur Hybridisation zwischen nicht leicht sich kreuzenden Arten ist die Kombination von künstlicher Entwicklungserregung und Bastardierung zu Hilfe zu ziehen. Diese hat ihrerseits Befähigung der Gameten zu künstlicher Par- thenogenesis zur Voraussetzung. In engste Auswahl fallen alle diejenigen Verwandtschaftskreise, in welchen Parthenogenesis und Apogamie vorkommen und natürliche Bastarde häufig sind. Algen und Pilze. 1. Unter den Algen scheinen vor allem die Familien der Chlamydomo?iadineaej Zyyncmaceae und Fucaceae^ unter den Pilzen 262 Siebentes Kapitel. verschiedene Mucoraceae und Saprolegniaceae günstige Verhältnisse für die experimentelle Feststellung von Beziehungen zwischen Bastardierung und Geschlechtsverlust mit obligater A230gamie auf- zuweisen. 2. Für verschiedene normalgeschleohtliche Spirogyra- Arten, so- wie für einige andere Zygnemaceae ist Bildung von keimfähigen Parthenosporen unter besonderen Kombinationen der äußeren Bedingungen beschrieben und für andere Arten die Möglichkeit künstlicher Parthenogenesis nachgewiesen worden. Die Par- thenosporen von Spirogyra verhalten sich wie die Zygosporen als Dauersj^oren, sind aber auch zu viel rascherer Keimung befähigt. Sowohl bei künstlicher wie bei gelegentlich natürlicher Partheno- genesis normalgeschlechtlicher Arten liegt haploide (generative) Parthenogenesis von Gameten mit haploider Chromosomen- zahl vor. Es ist zu erwarten, daß die Keimung solcher Partheno- sporen unter Ausfall der Reduktionsteilung stattfindet, der ent- stehende Keimling wiederum normale, vegetative Zellen liefert und diese später zu normaler Kopulation befähigt sind. 3. Für einige Zygnemaceae, wie z. B. Spirogyra mirabilis, ist Aus- bildung zygotenähnlicher Sporen ohne Kopulation als ausschließ- liche Art der Fortpflanzung festgestellt worden. Nach den Unter- suchungen von Klebs ist die Parthenosj)orenbildung von Sp. mirabilis von den gleichen Bedingungen abhängig wie bei anderen Arten die Zygotenbildung durch Konjugation. 4. Die Parthenosporenbildung von Sp. mirabilis ist nicht als primitive, sondern als abgeleitete Fortpflanzungsart aufzufassen. Es liegt, analog zu Ohara crinita, aller Wahrscheinlichkeit nach auch hier nicht generative Parthenogenesis, sondern Geschlechtsver- lust einer di- oder heteroploid gewordenen und sich apo- gam fortpflanzenden Art vor. Während bei normalgeschlecht- licher Fortpflanzung der Zygotenkern der Spirogyren die diploide Chromosomenzahl enthält und die Reduktion auf die haploide Zahl zu Beginn der Keimung eintritt, müßte Sj). mirabilis nach unserer Hypothese in den Kernen ihrer vegetativen Zellen und der Par- thenosporen die doj^pelte Chromosomenzahl der Gameten ihrer nor- malgeschlechtlichen Verwandten aufweisen. 5. Zygotenbildung zwischen Fäden verschiedener Spirogyra- Arten ist in der Natur nicht gerade selten. Anhaltsjjunkte dafür, daß die Keimung der normal aussehenden Heterozygoten unter- bleibt, fehlen. Die Möglichkeit ist vorhanden, daß unter den bis jetzt beschriebenen Spirogyren auch Artbastarde vorkommen und die auffallende Mannigfaltigkeit in den Chromosomenzahlen dieser Gattung zum Teil wenigstens durch Bastardierung hervor- gerufen ist. Es ist zu erwarten, daß hybride Spirogyren auch E. Über Bastard-Apogamie — Zusammenfassung und Thesen. 263 Verschiedenheiten in der Art ihrer Fortpflanzung aufweisen und zu denselben auch ajoogame Formen, wie Sj). mirabilis, gehören. 6. Bei normalgeschlechtlichen Fucaceen führt künstliche Entwicklungserregung von Eizellen zu typisch haploider Parthenogenesis. Dementsprechend scheint auch die Heranzucht der Keimlinge auf ähnliche Schwierigkeiten zu stoßen wie in vielen Fällen künstlicher Entwicklungserregung tierischer Eier. Sollte es gelingen, die Kultur jjarthenogenetisch entstandener i^wc?/s- Em- bryonen bis zur Ausbildung geschlechtsreifer Pflanzen fortzusetzen, so ist zu erwarten, daß ihre Entwicklung unter Beibehaltung der haploiden Chromosomenzahl der Kerne vor sich geht. Ahnliche Kernverhältnisse sind auch in den durch Merogonie entstehenden Embryonen zu erwarten. 7. Die Ausbildung entwicklungsfähiger Geschlechtszellen an haploid parthenogenetischen oder durch Merogonie entstandenen i'^/^C'Ws- Pflanzen ist nur dann möglich, wenn die normalerweise zu Beginn der Oogonium- und Antheridiumentwicklung erfolgende Chromosomenreduktion ausfällt. 8. Natürliche Parthenogenesis ist bei Fueus nicht bekannt, dagegen das Vorkommen teilweise oder völlig steriler und auf Vermehrung durch Fragmentation des Thallus angewiesener For- men. Ob diese selbständige Arten darstellen oder als Bastarde zwischen anderen Arten zu deuten sind, ist noch nicht entschieden. 9. Künstliche Bastardierung zwischen verschiedenen Fucus- Arten ist möglich; auch für das Vorkommen natürlicher Fucus- Art- und Gattungsbastarde sind in neuerer Zeit sichere Anhalts- punkte gewonnen worden. Für ihre Entstehung sind die Bedingungen in der Natur dadurch gegeben, daß fast immer mehrere Arten der Gattung zusammen und mit Arten verwandter Gattungen unter- mischt vorkommen und die Entleerung ihrer Geschlechtsorgane gleichzeitig erfolgt. 10. Über die Ausbildung der Fortpflanzungsorgane, die Be- fruchtungsvorgänge und die Nachkommenschaft der natürlichen wie der experimentell erhaltenen i'z^cz/s- Bastarde liegen zurzeit noch keine Angaben vor. Aus den bisherigen Befunden über künstliche Parthenogenesis und Bastardierung, das Vorkommen natürlicher Apogamie und natürlicher Bastarde bei Fuchs darf geschlossen werden, daß auch dieser Verwandtschaftskreis wahrscheinlich alle Bedingungen erfüllt, welche eine erfolgreiche Ausführung von Versuchen zur experimentellen Erzeugung apogamer Bastarde er- fordert. 11. Unter den Oomycetes und Zygomycetes kommen Arten mit tyj)isch geschlechtlicher Fortpflanzung und andere mit verschieden- artigen Formen der Apomixis vor. 264 Siebentes Kapitel. 12. Verschiedene Zygomycetes sind zur Bildung von Azygo- sporen befähigt, welche bei ähnlichem Bau und ähnlicher Größe wie die typischen Zygosporen nicht durch Kopulation zweier Ga- meten entstehen, sondern aus der Endzelle eines Gametenastes her- vorgehen. Azygosporenbildung ist als fakultative Partheno- genesis von Formen denkbar, die daneben noch zu normaler ge- schlechtlicher Fortpflanzung befähigt sind. 13. Für diejenigen Miicor -Axten^ die wie M. neglectus und teimis nur Fortpflanzung durch Azygosporen aufzuweisen scheinen, ist zu untersuchen, ob die Ausbildung vereinzelt bleibender Ko23ulations- äste, das Ausbleiben der Gametenverschmelzung gepaarter Schläuche auf einem Geschlechtsverlust beruht, der nach unserer Hypothese seine Ursache in einer durch hybriden Ursprung zustande gekommenen unreduzierten di- oder heteroploiden Chro- mosomenzahl hat. 14. Bei den Saprolcgniaceae ist Sporenbildung ohne Befruchtung verbreitet. In einer ganzen Anzahl von Fällen fakultativer Par- thenosporenbildung bei sonst normalgeschlechtlichen x4.rten liegt jeden- falls haploide Parthenogenesis vor. In Fällen habitueller Parthenosporenbildung von Arten, denen die Antheridien voll- ständig fehlen, wäre auch diploide Parthenogenesis oder Ovo- Apogamie möglich. Eine sichere Unterscheidung der wirklich parthenogenetischen von obligat apogamen Fortj^flanzungsprozessen bei Saprolcgniaceae ist erst möglich, wenn festgestellt sein wird, ob und in welchen Fällen von Sporenbildung ohne Befruchtung die Amphimixis durch einen automiktischen Vorgang ersetzt wird. 15. Kreuzungsversuche machen bei Zygo- und Oomycetes Misch- kulturen zwischen verschieden geschlechtlichen Individuen ver- schiedener Arten notwendig. Die sonst infolge ihrer leichten Kulti- vierbarkeit zu experimentellen Arbeiten vorzüglich geeigneten Swpro- legniaceae können wegen Monözie zu Bastardierungsversuchen mit Aussicht auf Erfolg nur verwendet werden, wenn es gelingt, künst- lich eingeschlechtlich gemachte Individuen verschie- dener Arten in Mischkulturen zu vereinigen. Günstiger liegen die Verhältnisse bei den heterothallischen Mucoraceae^ bei denen auch die legitime Zygotenbildung zwischen den Gameten geschlecht- lich verschieden gestimmter Mycelien erfolgt. 16. Die homoth allischen Mucoraceae sind von hetero- thallischen als dem ursprünglicheren Typus der Mucormeae abzu- leiten. Ihre verschieden weit gehende Heterogamie, die sich in Ungleichheit der Größe, Form und Farbe der Gametenäste und Gameten äußert, ist das Resultat einer Tendenz zum Abortus, welche Ausbleiben der Zygosj)orenbildung, Produktion von Azygosporen und anderer ohne Sexualakt entstehenden Vermehrungsorgane und E. Über Bastard-Apogamie — Zusammenfassung und Thesen. 265 Zellen bewirkt. Weisen einzelne automiktische oder apomiktische homotliallisclie Formen die doppelte Chromosomenzalil nächstver- wandter heterotliallischer Formen auf, so ist als Ursache ihrer Ent- stehung wiederum artfremde Befruchtung in der Aszendenz anzu- nehmen. Moose. 1. Sollen die in der Vererbungslehre üblichen Bezeichnungen der Pj^-, F,-, Fg-, usw. Generationen von den Angiospermen auch auf die Pflanzen mit morphologisch selbständigen Gametophyten übertragen werden, so wird von einer F^-Sporophyt-Generation und einer F^-Gametophyt-Generation, von einer Fg-SjDorophyt-, F.^-Ga- metophyt-Generation usw. zu sprechen sein. 2. Was bis jetzt von Moosbastarden sicher beobachtet worden ist, sind ausschließlich hybride MooskajDseln, d. h. die auf nor- malen Gametophyten einer Moosart nach artfremder Befruchtung entstandene F^-Sporophyt-Generation. 3. Gelegenheit zur Bildung natürlicher Bastarde ist bei Moosen solcher Verwandtschaftskreise häufig, die reich an diözischen Arten sind. Geselliges Vorkommen mehrerer Arten derselben oder verschiedener Gattungen in größeren Rasen bringt für die weib- lichen Pflanzen diözischer Arten vielfach Erschwerung oder Aus- schluß der normalen und anderseits Ermöglichung der artfremden Befruchtung mit sich. 4. In den bis jetzt untersuchten hybriden Mooskapseln bleibt das sporogene Gewebe rudimentär; nur ausnahmsweise wurde be- ginnende Sporenbildung festgestellt, niemals dagegen völlig reife Sporen aufgefunden. In Analogie zu den mannigfaltigen Erscheinungen der Fertilität und Sterilität von Angios^^ermen-Bastarden ist zu erwarten, daß auch unter den Moosen fertile Bastard-Sporophyten vorkommen und aus den keimenden Sporen derselben hybride Gametophyten entstellen, die ebenfalls eine Kombination der Merkmale der Ga- metophyten ihrer beiden Elternarten zeigen. 5. Hybride Moos-Gametoj)hyten können, ohne selbst fertil zu sein, durch Fragmentation oder Propagation durch Brut- organe oder Stecklinge sich reichlich vermehren und zu neuen Sippen werden. 6. Da eine größere Anzahl von Laubmoosen v^ölligen Ge- schlechtsverlust und Ersatz der geschlechtlichen Fort- pflanzung sowie des antithetischen Generationswechsels durch apomiktische Vermehrung des Gameto j)hy ten erfahren haben, ist die Möglichkeit zu prüfen, ob einzelne derselben sterile Bastarde sind und ob sie experimentell durch Kreuzung ver- wandter fertiler Arten neu erzeugt werden können. 266 Siebentes Kapitel. 7. Die Ausführung von Versuchen über künstliche Partheno- genesis und vor allem zur Bastardierung von diözischen Laub- moosen nach allen Regeln der exakten Vererbungslehre scheint unter Anwendung der von den beiden Marchai ausprobierten Kulturmethoden wohl möglich. Ausgehend von der Regeneration vegetativer Teile von sorgfältig ausgewählten männlichen und weib- lichen Individuen diözischer Arten sind männliche und weibliche Individualkulturen zu gewinnen. Die Kreuzungsversuche selbst sind in der Art vorzunehmen, daß Kulturen weiblicher Pflanzen im fertilen Zustande mit sjoermatozoidenhaltigem Wasser aus Kulturen anderer diözischer oder monözischer Formen begossen werden, oder von Anfang an Mischkulturen der zu kreuzenden Arten herge- stellt werden. 8. Anhaltspunkte dafür, in welchen Verwandtschaftskreisen vorerst nach natürlichen Moosbastarden zu suchen sein wird und experimentelle Erzeugung von Bastarden Erfolg haben könnte, gibt im besonderen das Vorkommen von selten fruktifizierenden oder völlig sterilen Formen. 9. Für das Studium der Abstammung steriler Moose, wie auch natürlicher oder künstlich hergestellter Moosba- starde ist der Umstand günstig, daß die Kernverhältnisse und Chromosomenzahlen der Laubmoose, im Gegensatze zu denjenigen der Farne, ungewöhnlich übersichtlich sind. 10. Es ist zu prüfen, ob die sterilen und sich ausschließlich durch Brutkörper vermehrenden Laubmoose, wie z. B. die sterilen Arten der Gattung Bryum, im Verhältnis zu den Gametoj^hyten der verwandten sexuellen Arten diploid sind. Ist dies der Fall, so könnten sie sehr wohl aus der Keimung von Sporen hervor- gegangen sein, die ohne Reduktionsteilung aus den Sporen- mutterzellen einer hybriden F^-Sporophyt-Generation ent- standen sind. Pteridophyten. Bei den Pteridophyten ist habituelle Apogamie sehr häufig. Gelegentlich kommt auch fakultative Apogamie an sonst normalgeschlechtlichen Arten vor, auch ist Apogamie an Prothallien solcher Arten experimentell hervorgerufen worden. Natürliche oder ex23erimentelle Parthenogenesis, also Weiter- entwicklung unbefruchteter Eizellen als alleinige Abweichung vom normalen Forti^flanzungsvorgang ist zurzeit bei hom.os'poren Filices noch nicht, wohl dagegen innerhalb der heterosporen Gattungen Mai'siUa und Selaginella bekannt.- Auch hinsichtlich der Art der Ab- weichung vom normalen Generationswechsel liegen die Verhältnisse bei homosporen und heterosporen Pteridophyten verschieden. E. Über Bastard- Apogamie — Zusammenfassung und Thesen. 267 1 . Bei den homosporen Farnen ist die Mehrzahl der Fälle habi- tueller Apogamie mit Aposporie, d. h. Ausfall der Sporenbildung, verknüpft. In einigen Fällen der Aposporie ist die Sporangium- entwicklung gestört und einzelne Zellen der Sporangiumanlagen wachsen auf frühen Entwicklungsstadien zu Prothallien aus. Die Entstehung neuer Gametoj)hyten kann auch noch weiter in den Sporojjhyten zurückverlegt sein, sie entstehen an Stelle der Spo- rangien in den Sori oder gehen direkt aus den vegetativen Geweben der Blattspitze oder Blattränder hervor. 2. Apospor erzeugte Prothallien zeigen immer ajoogame Keim- bildung, dabei kommt als weniger starke Abweichung vom normaleii Verhalten ovogene Apogamie, als stärkere Abweichung Keim- bildung aus vegetativen Prothalliumzellen vor. 3. Der "Wechsel der Generationen ist bei den habituell apo- sj^or-apogamen und habituell apogamen Farnen nicht von einem Wechsel der Chromosomenzahl begleitet. Sj^orophyt und Gameto- phyt weisen in ihren Kernen die gleiche Chromosomenzahl auf. Ob diese Zahl die ursprüngliche des Gametophyten oder diejenige des Sporoj^hyten ist, ob sie als haj^loid oder diploid zu gelten hat, ist nicht in allen Fällen entschieden und vielleicht auch nicht mehr zu entscheiden. 4. Die relativ hohen Chromosomenzahlen aller Farne, ihre ge- ringe Konstanz innerhalb einzelner Gattungen und selbst der Formen- gruppen einzelner Arten erschweren die Feststellungen über Ha- ploidie, Diploidie und Heteroploidie der Generationen obligat und fakultativ ajjomiktischer Farne. Es ist daher die Möglichkeit zu prüfen, ob nicht auch bei den obligat apomiktischen Formen von Lastrea pseudo-mas die von Farmer nnd Digby angegebenen Ab- weichungen vom normalen Fortpflanzungsvorgang und Generations- wechsel mit dem Vorkommen einer di- oder heteroploiden Chromo- somenzahl der Kerne in beiden Generationen zusammenhängen könnten. 5. Für Fälle induzierter oder gelegentlicher Aposporie an sonst normalgeschlechtlichen Farnen ist Ausbildung des Ga- metophyten mit diploider Chromosomenzahl der Kerne, für Fälle induzierter Apogamie Ausbildung des Sporophyten mit haploider Chromosomenzahl der Kerne zu erwarten. 6. Gelegentliche und induzierte Aposporie sonst normalge- schlechtlicher Farne führt zur Bildung dij^loidkerniger Prothallien, die ohne weitere Nachkommenschaft bleiben oder apogam neue diploidkernige Sporophyten erzeugen, welche unter normalen Lebens- bedingungen wiederum zur normalen Sporenbildung mit Reduktion befähigt sind. 7. Durch Unterdrückung der Eeduktionsteilung im Verlauf 268 Siebentes Kapitel. ihrer Sporenbildung oder durch aposi^ore Erzeugung neuer haj^loid- kerniger und normalgeschlechtlicher Profchallien ist auch von solchen Farnsporo23hyten aus eine Rückkehr zum normalen antithetischen Generationswechsel denkbar, die durch induzierte haploide Apo- gamie entstanden sind. 8. Sowohl für die Fälle gelegentlich in der Natur auftretender wie experimentell induzierter Aj^osporie und Apogamie normalge- schlechtlicher Farne ist wenig wahrscheinlich, daß die durch ein- malige Beeinflussung hervorgerufene Abänderung im Verlauf des Generationswechsels erblich wird. Die bis jetzt angenommene Ent- stehung obligater Apogamie durch erbliche Fixierung der unter dem Einflüsse äußerer Faktoren erfolgten Abweichungen vom ur- sprünglichen Entwicklungsmodus fußt auf keiner einzigen völlig sicher gestellten Tatsache. 9. Farnbastarde sind verhältnismäßig häufig. Ihre Sporen- bildung weist dieselben Störungen auf, die auch in allen anderen Stämmen des Pflanzenreichs an Artbastarden festgestellt worden sind. Das Vorkommen von sterilen Bastarden und aposporen For- men innerhalb derselben Verwandtschaftskreise der Farne macht wiederum das Vorhandensein genetischer Beziehungen zwischen Bastardierung und Aposporie sehr wahrscheinlich. 10. Die Annahme eines hybriden Ursprunges kommt nur für die obligat apogamen Farne in Betracht, deren ganzer Entwicklungs- zyklus ohne Chromosomenreduktion durchlaufen wird, und die daher in Sporophyt und Gametojjhyt die gleiche dij)loide Chromosomen- zahl aufweisen. Das genetische Verhältnis der beiden Generationen ist verschieden. Die bis jetzt festgestellten Möglichkeiten gehören einer Reihe an, welche eine allmähliche, immer weitergehende Zurückverlegung der Gametophytenbildung im Entwick- lungsgang des Sporophyten zeigt. 11. Künstliche Bastardierung und damit Versuche zur experi- mentellen Erzeugung apospor-apogamer Farne werden trotz der potentiellen Monözie der Prothallien dadurch möglich gemacht, weil durch Änderung der Ernährung, der Lichtintensität und der Temperatur nicht nur die vegetative Entwicklung der Farnjjrothal- lien, sondern auch die Bildung der Sexualorgane außerordentlich stark beeinflußt wird und eingeschlechtliche Prothallien erzeugt werden können. 12. Von den heterosporen Pteridophyten sind infolge des natürlichen Vorkommens ajDogamer Formen, sowie der leichten Kultivierbarkeit die Arten der Gattungen MarsiUa und Selaginella in ganz besonderem Maße als Untersuchungsobjekte für die neue Fragestellung geeignet. 13. Für den hybriden Ursprung der apogamen Sipjjen von E. Über Bastard-Apogainie — Zusammenfassung und Thesen. 269 Marsilia Drummondii sprechen ihre Zugehörigkeit zu einem unge- wöhnlich polymorphen Verwandtschaftskreis und der Umstand, daß an den natürlichen Standorten der australischen Marsilien durch das gesellige Nebeneinandervorkommen verschiedener Arten die Mög- lichkeit der Bastardierung und damit der Entstehung hybrider, apogamer Formen wirklich gegeben ist. 14. Partielle Sterilität infolge Seltenheit oder völligen Feh- lens von Mikrosporangien, schlechter Ausbildung der Mikrosporen ist innerhalb der Gattung Selaginella weit verbreitet. Erbliche Apogamie ist nicht nur bei partiell sterilen, sondern auch bei solchen Arten gefunden worden, welche anscheinend normale Mikro- sporangien und Mikrosporen neben normal aussehenden Makrosjjoren ausbilden. Die Ausbildung der Geschlechtszellen, zum mindesten der Eizellen, erfolgt in diesen Fällen offenbar mit diploider Chromosomen- zahl und die Neigung zur Kopulation geht den Eiern ab. 15. Im Gegensatz zu den homosporen Farnen ist bei den Sela- ginellen noch in keinem Falle apogame Entwicklung vegetativer Prothalliumzellen, sondern ausschließlich ovogene Apogamie, Embryobildung aus Eizellen ungeöffneter Archegonien, festge- stellt worden. 16. Die Befunde über die gegenwärtige Verbreitung der normal sexuellen und der ovoapogamen Selaginellen stehen der Annahme eines hybriden Ursprunges der letzteren nicht ent- gegen. Es ist anzunehmen, daß die Entstehung einzelner ajjogamer Bastarde schon sehr weit zurückliegt. Eltern und Bastard oder vielleicht dieser allein können seither mannigfache Verschiebungen und Änderungen in ihren Verbreitungsgebieten erfahren haben, s o daß aus der gegenwärtigen Verbreitung der apogamen Selaginellen und ihrer nächstverwandten sexuellen For- men die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Bastardie- rung in der Aszendenz nicht mehr erschlossen werden kann. Angiospermen. Bei den Angiospermen ist AjDOgamie besonders in polymor- phen Verwandtschaftskreisen häufig, von denen vielfach bekannt ist, daß sie auch zahlreiche natürliche Bastarde aufweisen und experimentell besonders leicht Bastarde ergeben. Für die experi- mentelle Feststellung von Bastardierung als Ursache der Aj)o- gamie und verwandter Vorgänge scheinen mir die Gattungen A?i- tennaria, Alchemilla und Hieracium besonders günstig zu sein. 1. Für Antennaria alpina ist OvoajDOgamie die ausschließliche Fortpflanzungsart. Der Entwicklungsgang ihrer Samenanlagen unter- scheidet sich von demjenigen der A. dioica durch den Ausfall der Tetraden- wie der Reduktionsteilung. Die Ausbildung des weib- 270 Siebentes Kapitel. liehen GametojDhyten und damit der Eizelle erfolgt mit der Chromo- somenzahl des Sporoj^hyten. Diese ist bei A. alpina auf das dop- jDelte der diploiden Zahl von A. dioica erhöht. 2. Neben ovoapogamen weiblichen Pflanzen von A. alpina treten gelegentlich männliche Pflanzen auf. Es ist daher wahr- scheinlich, daß auch A. alpina von einer Form abzuleiten ist, welche wie die anderen Antennarien männliche und weibliche Individuen gehabt haben muß. Aus der Funktionsunfähigkeit der sporadisch auftretenden männlichen Pflanzen und der Übereinstimmung der Degenerationserscheinungen ihrer Staubblätter mit denjenigen von Hybriden hat schon Juel den Schluß gezogen, daß ^. a^^mr/ eine Hybride sein könnte. Auf Grund der Überi^rüfung morphologischer Merkmale, der horizontalen und vertikalen Verbreitung, sowie der Blütezeit der im Verbreitungsgebiet der A. alpina vorkommenden weiteren Arten hat er als ihre Eltern vor allem A. dioica (L.) Gärtn., A. carpathica (Wg.) Bl. u. Fing, und A. monocephala (Torr, et 6r.) DC. vermutet. 3. Die Feststellung ovoapogamer und befruchtungsbedürftiger Formen von Ohara crifiita regt zur Prüfung der Frage an, ob nicht auch innerhalb des als A. alpina zusammengefaßten Formenkreises noch eine normal geschlechtliche Form mit einfacher Chromo- somenzahl und beiden Geschlechtern neben den apogamen Formen mit verdoppelter Chromosomenzahl existiert. 4. Für die apogamen Formen von A. alpina ist außer der von Juel angenommenen Elternkombination auch noch die Entstehung als metrokliner oder intermediärer Bastarde zwischen einer ur- sprünglich befruchtungsbedürftigen A. alpina und einer oder meh- reren der von Juel als Eltern aufgefaßten anderen Arten denkbar. 5. Für die noch jetzt stellenweise auftretenden männlichen Pflanzen von A. alpina kommen neben der Entstehung als Rück- schläge aus apogam entstandenen Früchten auch die beiden nach- folgenden Möglichkeiten in Frage: a) Erhaltung männlicher Exemplare der F^- Bastard-Generation infolge steter vegetativer Propagation. b) Innerhalb gemischter Populationen von befruchtungsfähigen und ajiogamen Individuen der ^-1. alpina und anderen an der Bastard- bildung beteiligten Arten könnte der zur Apogamie führende Bastar- dierungsvorgang stets wieder von neuem erfolgen und so in der entstehenden Nachkommenschaft auch immer wieder das Auftreten von einzelnen männlichen Individuen des metroklinen Bastardes möglich sein. 6. Die meisten Arten aus den Gruppen der Alpinae, Puhescenies, Vulgares und Calycinae der Enalchemillae sind ovoapogam, ausnahms- weise tritt bei ihnen auch Aposporie auf. Eine Ausnahme von E. Über Bastard-Apogamie — Zusammenfassung und Thesen. 271 diesem Verhalten machen von ca. 40 untersuchten Arten nur die A. pentaphylla sowie einige Arten der Alpinae, im besonderen die hochalpinen A. glacialis und gelida. Diese weisen gleich der zur Untergattung ApJiancs gehörenden A. arvensis normal entwickelten und keimungsfähigen Pollen auf. Ihrer Embryosackentwicklung geht ebenfalls eine richtige Reduktionsteilung voraus, und die ganze Entwicklung findet mit normalem Wechsel zwischen Sporenbildung mit Reduktion und Zygotenbildung durch Befruchtung der Ei- zellen statt. 7. Einige Alchemillen, die von Bus er als Bastarde zwischen der normalgeschlechtlichen A. pentaphylla einerseits und A. glacialis und gelida anderseits aufgefaßt wurden, so z. ^. A. gemrnia Bus. und A. sabauda Bus., weisen nach Strasburger nur unvollkom- menen Blütenstaub auf. Ihre Samenanlagen sind meistens stark ver- bildet, normale Embryosäcke selten, die wenigen Fälle von Keim- bildung erfolgen apogam. Sofern die Angaben Busers und Stras- burgers sich völlig decken, sind A. gemrnia und sabauda Formen, die als apogame Bastarde zwischen geschlechtlich potenten Arten entstanden sein müssen. 8. Viel einfacher als durch die Strasburger sehe Annahme, daß sich im Subgenus der Emdchemillac die Neigung zur Apogamie wiederholt eingestellt habe, unabhängig in verschiedenen Arten, und auch in den sexuell potenten Arten der A. alpinae be- reits latente apogame Anlagen vertreten seien, die bei der Bastardierung aktiv werden, sind die Befunde innerhalb der Alche- millen durch die Hypothese zu erklären, daß die artfremde Be- fruchtung selbst Ursache der Entstehung dieser apogamen Bastarde ist und nicht nur A. gemrnia und A. sabauda, sondern auch alle anderen apogamen Alchemillen als Artbastarde aufzu- fassen sind. 9. Apogamie und Aposporie sind in der arten- und formen- reichen Gattung Hieracium außerordentlich verbreitet. Die Arten der drei Subgenera von Hieracium verhalten sich in bezug auf Fort- pflanzung verschieden. Neben Formen mit durchaus normalge- schlechtlicher Fortpflanzung kommen absolut und teilweise apogame Formen vor. 10. Die befruchtungsbedürftigen Eizellen der teilweise apogamen Hieracien setzen nicht nur bei legitimer Bestäubung, sondern auch bei Kreuzung entwicklungsfähige Samen an. 11. Bei Kreuzung von zwei teilweise apogamen oder einer teilweise apogamen Form als Mutterjjflanze mit einer völlig fer- tilen Form verhält sich das elterliche Merkmal der Apogamie in der Nachkommenschaft verschieden. Neben Bastarden, die wie die Eltern wieder teilweise apogam sind, können auch obli- 272 Siebentes Kapitel. gat apogame Bastarde und ferner völlig sterile Formen ent- stehen. 12. Da bei allen Ivreuzungsversuchen Ostenfelds mindestens der eine Elter teilweise apogam war, ist verständlich, daß das Wiederauftreten der Apogamie bei einem Teil der Bastarde als Übertragung der Tendenz zur Apogamie durch die Gameten aufgefaßt wurde. Der Umstand aber, daß andere der durch diese Kreuzungen entstandenen Bastarde gänzli ch steril waren, spricht mehr für die Hypothese, daß Sterilität und Apogamie dieser Hieracium -Bast Sir de als Folge der Bastardierung auftreten, resp. durch die erneute Mischung von heterogenen Gameten ver- stärkt werden. 13. Eindeutige Resultate im Sinne der Bastardhypothese sind nur von Bastardierungen zwischen völlig normalgeschlechtlichen Hieracien zu erwarten. Als günstiges Versuchsobjekt kommt vor allem der Formenkreis des Hieracium umheUatum in Frage. Neben zahlreichen normal sexuellen Formen gehört demselben auch eine völlig apogame Form an, welche in ihrem Habitus keine Unterschiede gegenüber den nonijal sexuellen Formen aufweist und wahrscheinlich als metro- oder j)atrokliner Bastard zu deuten sein wird. 14. Nach den Befunden bei Hieracium und Thalictnim ist zu erwarten, daß Artkreuzung nicht nur zur Bildung von Bastarden mit obligat apogamer Fortpflanzung, sondern auch zur Bildung von partiell apogamen Bastarden führen kann, die wenigstens einen Teil ihrer Eizellen haploid und damit befruchtungsfällig und -bedürftig ausbilden. Hinsichtlich der Erb- lichkeitsverhältnisse teilweise apogamer Formen ist zu er- warten, daß ihre haploiden Eizellen bei legitimer Bestäubung mit ebenfalls entwicklungsfähigem, hajjloidkernigem Pollen wiederum normal geschlechtliche Pflanzen ohne „j)arthenogenetische" Samen- anlagen liefern werden, während die aus ihren ajDogamen Eizellen hervorgehenden Pflanzen apogam bleiben oder wiederum in apogame und befruchtungsfähige Formen aufspalten. Achtes Kapitel. Vergleichung der FortpflanzungsverhältnissG apogamer und hybrider Angiospermen. In den vorstehenden Kapiteln ist gezeigt worden, daß obligat apogame Ganietophyten im ganzen Pflanzenreich wahrscheinlich immer dij^loid oder polyploid sind. Es hat sich ferner ergeben, daß Apogamie besonders in solchen Verwandtschaftskreisen häufig ist, die nicht nur polymorph sind, sondern auch zahlreiche schon bisher aIs Bastarde aufgefaßte Formen enthalten. In einigen Fällen schließlich ist Entstehung apogamer Formen durch Bastar- dierung sogar schon nachgewiesen oder doch sehr wahrscheinlich gemacht worden. Zur weiteren Begründung unserer Hypothese sollen im nachfolgenden die apogamen Pflanzen nach möglichst vielen Gesichtspunkten mit fertilen und sterilen Artbastarden ver- glichen werden. Vor allem ist ein eingehender Vergleich der Apo- gamen mit den sterilen Bastarden wichtig, die ebenfalls einen Verlust ihrer geschlechtlichen Fortpflanzung erlitten haben. Leider muß sich diese Parallele beim heutigen Stande unserer Kenntnisse fast ganz auf die Angiosjjermen beschränken. Einleitend sei der Vergleichung zwischen Apogamen und Bastarden eine kurze Orientierung über Entstehung und Häufigkeit, sowie die Fortpflan- zungs- und Vererbungsverhältnisse der Artbastarde vorausgeschickt. Ich folge darin in der Hau23tsache den einschlägigen Kapiteln von Darwins „Entstehung der Arten" (1859, S. 319), der „Mutations- theorie" von de Vries (II, 1903), sowie der neueren Vererbungs- bücher von Baur (1914) und Lang (1914a), soweit sich diese auf die Verhältnisse bei den Angiosj)ermen beziehen. 1 . Bisherige Befunde über Entstehung, Häuf igi^eit, Fortpf ianzungsverhäitnisse und Vererbung von Ärtbastarden. Kreuzungen zwischen Individuen, die nicht zur gleichen Spezies gehören, sind sowohl im Tierreich wie im Pflanzenreich aus den verschiedensten Stämmen und Abteilungen bekannt. In größter Zahl sind natürliche Bastarde bei den Angiospermen fest- gestellt worden und seit den grundlegenden Versuchen von Ernst, Bastardierung. 18 274 Achtes Kapitel. C. F. Gärtner (1849) sind von Botanikern und speziell auch in der gärtnerischen Praxis eine große Zahl von Art-Bastarden künst- lich erzeugt worden^). Als Anhaltspunkt über die Häufigkeit der Artbastarde bei den AngiosjDermen diene der Hinweis, daß das „Systematische Verzeichnis der bekannteren Pflanzenmischlinge'' in dem wertvollen Werke Fockes (1881) den Bastarden der Angiospermen nicht weniger als 417 Seiten widmet, während die damals vorliegen- den Angaben über Bastarde von Gymnospermen, Pterido^^hyten und Moosen noch kaum 10 Seiten füllten. Trotz der verhältnis- mäßig großen Leichtigkeit, mit der sich in vielen Verwandtschafts- kreisen der Angiospermen Arten derselben Gattung, in einzelnen Fällen auch solche verschiedener Gattungen künstlich kreuzen lassen, sind die meisten Artbastarde in der Natur nicht gerade häufig. Der Ursachen hierfür sind sehr viele. Zum Teil sind es rein äußere Verbinder ungs gründe, welche zur Folge haben, daß zwischen oft nahe verwandten Sippen und Arten keine Kreuzungen erfolgen. Als solche sind festgestellt: Räumliche oder geographische Isolierung. Die Wohn- oder Standorte kreuzungsfähiger Arten sind derart verschieden, daß es nicht zu einer Kreuzung kommen kann. Zeitliche Isolierung. Die Blütezeit zusammenwohnender Arten fällt verschieden, von zwei Spezies blüht z. B. die eine am Tage, die andere in der Nacht, die eine im Frühjahr, die andere im Sommer usw. Verschiedene Organisationsverhältnisse der Blüten und Anpassung an die Bestäubung durch verschiedene Insekten. Die äußeren Hemmnisse der geschlechtlichen Vereinigung brauchen in keiner Weise Henmmisse für den eigentlichen Befruch- tungsvorgang zu sein. Durch künstliche Bestäubung sind schon oft auch solche Varietäten oder Arten mit Leichtigkeit frucht- bar gekreuzt worden, die in der freien Natur aus diesen oder jenen äußeren Ursachen gewöhnlich keine Hybriden bilden. Vielfach ge- nügt es schon, kreuzungsfähige Arten verschiedener Standorte zu- sammen zu kultivieren, um reichliche Bastardbildung zu erhalten. So berichtet Wettstein (1908, S. 369) über die Entstehung von Hybriden in der polymorphen Gattung Sempervivurn: „Wenn irgend wo an einem natürlichen Standorte zwei Arten derselben Gattungs- ^) Als erster künstlich erzeugter Artbastard gilt die von KiUreuter 1760 ausgeführte Kreuzung Nicotiana rustiea x j^anictilata, der bald nachher Nicotiana transsylvanica x glutinosa nachfolgte. An diesen Bastarden konnte Kölreuter bereits alle die wichtigen Eigenschaften feststellen, welche seither als charakteri- stisch für Artbastarde erkannt worden sind, nämlich: Intermediäre Stellung zwischen den Eltern, große vegetative Üppigkeit und völlig verlorene oder stark herabge- setzte Fertilität. Fortptiauzungsverhältnisse apogamer und hybrider Angiospermen. 275 Sektion zusammentreffen, kann man mit ziemlicher Sicherheit auf die Auffindung hybrider Pflanzen rechnen; die Kollektionen der meisten Gärten stellen ein Gemisch der mannig- faltigsten Bastarde dar. Ich habe zur Sicherstellung der hy- briden Natur vieler solcher Formen zahlreiche Bastarde durch künst- liche Kreuzung erzielt und auch bei diesem Anlasse die Leichtig- keit der Bastardierung konstatieren können." In anderen Ver- wandtschaftskreisen, in denen natürliche Bastarde fast niemals in größerer Individuenzahl gefunden werden, ist es möglich, im künst- lichen Versuch die natürlichen Hemmnisse der Bastardierung zu beheben. In anderen Fällen aber gelingt es auch dem erfahrenen Exj^erimentator nicht, Bastarde zwischen zwei Spezies zu erzielen, oder es führen unter einer sehr großen Anzahl von Versuchen nur wenige, von den beiden zwischen zwei Spezies denkbaren reziproken Kreuzungen häufig auch nur die eine zum Ziel. Die inneren Ursachen für die Unmöglichkeit einer Kreuzung sind nicht immer bekannt. Vielfach sind es kleine chemische Ver- schiedenheiten, die zur Folge haben, daß die Keimung des Pollens auf der artfremden Narbe ausbleibt, die Pollenschläuche den "Weg zu den Eizellen nicht finden oder die Spermakerne nicht in die Ei- membran eindringen können. Für verschiedene, scheinbar ergebnislos bleibende Kreuzungen hat die entwicklungsgeschichtlich-cytologische Untersuchung auch eine Vereinigung der Sexualzellen festgestellt. Die frühzeitige Degeneration der entstehenden Embryonen und da- mit der Mißerfolg der Kreuzung kann darauf beruhen, daß die normalen chemischen Wechselbeziehungen zwischen Eizelle und Spermasubstanzen gestört sind, oder die beiden beim Befruchtungs- prozeß zusammengetretenen Chromosomensätze sich nicht zu einer sich dauernd bewährenden diploiden Chromosomen garnitur zu ver- einigen vermögen. Im allgemeinen hat der Grad der systematischen Ver- wandtschaft Einfluß auf das Gelingen einer Kreuzung. Sj^ezies, die einander morphologisch sehr nahestehen, sind meistens kreuzbar. Sind die Differenzen zwischen zwei Arten zahlreich, gehören sie verschiedenen Sektionen einer Gattung oder verschiedenen Gattungen an, so sind sie in der Regel nicht kreuzbar. In Gattungen, welche wie Nicofiana, Dianthus, Salix besonders viele Bastarde aufweisen, sind in der Regel die sich leicht kreuzenden Arten auch nahe ver- wandt. Immerhin fehlen weder in der freien Natur, noch unter den experimentell erzeugten Angiospermen-Bastarden solche zwischen Arten verschiedener Gattungssektionen, ja zwischen Arten aus recht verschiedenen Gattungen. Es ist also wahrscheinlich, daß ähnlich wie für das Zustandekommen von Transplantationen, Pfrop- fungen usw. auch der Erfolg der Kreuzung nicht direkt dei- systematischen Verwandtschaft parallel geht. 18* 276 Achtes Kapitel. Auch wenn die Ubereinstinnniing zweier Arten zur gegen- seitigen Befruchtung ausreicht, ist, wie de Vries (1903, S. 55) schreibt, das Leben des Bastardes noch keineswegs gesichert. Manche sterben als Keime innerhalb der unreifen Frucht. Das ist z. B. von Strasburger für die hybriden Keime von Orchis Morio nach Befruchtung mit Orchis fusca angegeben worden. Andere werden zu jungen Pilänzchen, sind aber zu schwach, um sich zu entfalten und gehen, wie zahlreiche von de Vries zwischen Oeno- thera Lamarckiana und 0. muricaia erhaltene Bastarde, in den ersten Wochen nach der Keimung zugrunde. Wieder andere erfolgreiche Kreuzungen führen stets zur Bildung schwach entwickelter Bastarde, offenbar, weil die heterogenen Merkmale der beiden Arten nicht zueinander passen. So hat z. B. Baur aus der Kreuzung zwischen Ahiitilon striatum und A. arhoreum sonderbar verkümmerte, langsam wachsende Pflanzen mit absonderlich gekrümmten, unsymmetrischen Blättern bekommen. In gewissen Fällen wieder wachsen einzelne kräftigere Individuen weiter, während andere, schwächere zugrunde gehen. Dies führt bei zweihäusigen Pflanzen bisweilen dazu, daß die männlichen Keimlinge eingehen, während von den kräftigeren Weibchen einige sich bis zur Blüte entfalten. Schließlich fehlt es aber nicht an Bastarden, die ebenso kräftig wie ihre Eltern ent- wickelt sind, oder ihre Stammarten sogar beträchtlich an Größe und an Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einflüsse übertreffen. Allgemein verbreitet ist die Kenntnis, daß Bastarde zwischen spezifisch verschiedenen Arten in ihren Fortpflanzungs- und Erb- lichkeitserscheinungen von reinen Arten und Bastarden zwischen Sippen derselben Art stark abweichen. Beruht bei den daraufhin gründlich untersuchten Angiospermen die große Mehrzahl der Unter- schiede zwischen den verschiedenen Sippen einer Sj^ezies auf mendelnden Erbeinheiten, die nach den Spaltungsgesetzen vererbt werden, so gestalten sich, soweit nach dem bisherigen Stande der Ver- erbungslehre geschlossen werden darf, die Vererbungserscheinungen in der Nachkommenschaft von Artbastarden wahrscheinlich verschieden. Auf Grund der züchterischen Erfahrungen von Kölreuter, Gärtner iisw. galt als Regel, daß Artbastarde in der heterozygoten Fl - Generation zwar mehr oder weniger intermediär'), aber nicht uniform, sondern multiform seien, d. h. durch mehrere bis viele ^) Eine exakte experimentelle Analyse der sog. „intermediären" Vererbung bei Artbastarden ist deswegen außerordentlich schwierig, weil, wie Lang (1914a, S. 119) ausführt, 1. die beiden gekreuzten Elternformen meist durch dermaßen zahl- reiche, oft fein vermischte und bisweilen stark fluktuierende Merkmale verschieden sind, daß es fast unmöglich ist, jedes Merkmal zu unterscheiden und im Auge zu behalten und man bei der Beurteilung des Bastardes auf die Beurteilung des Habitus angewiesen ist, und 2. viele Artbastarde untereinander unfruchtbar sind und auch Rückkreuzungen nur schwer gelingen Fortpflanzungsvfi-haltnisse apogtinier und liybiider Angiospermon. 277 ineinander übergehende Aus2)rägnugen der beiden elterlichen Typen repräsentiert sein könnten. Mit der Annahme dieser sog. Pleio- tj-pie der Artbastarde war bis vor kurzem auch die Anschauung verbunden, daß viele intermediäre Artbastarde in den sjjäteren (xenerationen konstant blieben. So schrieb z. B. a b Fig. 81. , Intermediärer" Artbastard und seine Eltern. aÄniirrhinum majus; b A.molle; c Fi-Bastard A. moUeX A. majus. Nach Baur (1914, Fig. 71 und 73). de Vries (1903, S. hl): „Die Erfahrung lehrt aber, daß die Kinder der Hybriden in diesen Fällen nicht jene Mannigfaltigkeit der Typen, nicht jene Spaltungen aufweisen, welche für die Varietätbastarde charakteristisch sind. Sie pflegen alle einander und ihren Eltern, den anfänglichen Bastarden, gleich zu sein, und diese Konstanz er- 278 Achtes Kapitel. hält sich im Laufe der Generationen. Demzufolge entstehen Bastard- rassen, welche, abgesehen von der etwas verminderten Fertilität, von echten Arten kaum zu unterscheiden sind". Nach der Aufzählung einiger in der freien Natur, anderer in Gärten aufgetretener oder künstlich erzeugter Beispiele solcher Bastardrassen schreibt er weiter: „Gar häufig werden solche Hybriden geradezu als Arten beschrieben, einerseits weil sie aus Samen sich ohne jegliche Abweichung zu wiederholen pflegen, und anderseits, weil in den systematischen Werken häufig den elementaren Arten keine ausreichende Berücksichtigung zuteil wird, und die Unter- scheidung solcher von den Bastardrassen oft keineswegs leicht ist". Auch A. Lang hielt noch 1909 (S. 58) intermediäre Stellung, Pleiotypie und Konstanz für die charakteristischen Erschei- nungen bei sexuell entstehenden Artbastarden. Neuere Untersuchungen einer ganzen Anzahl von Vererbungs- forschern, die 1909 mit denjenigen von Correns an 3Ii7'abüis- Arten einsetzten, haben in verschiedenen Verwandtschaftskreisen der Angio- spermen bei Artkreuzungen Uniformität der F^- Generation, und Multiformität der F.,- Generation festgestellt. A. Lang formuliert die Ergebnisse dieser Untersuchungen (1914a, S. 122) wie folgt: 1. Bei Artkreuzungen fällt die F^- Generation, unter der Vor- aussetzung, daß die zur Kreuzung benutzten Individuen der Eltern- arten vollkommen homo zygotisch waren, uniform aus und ist in der äußeren Gesamterscheinung mehr oder weniger intermediär. 2. Die Fg- Generation von Artbastarden spaltet in Riesen- populationen, wie sie zur Beurteilung der Vererbungsverhältnisse bei kompliziertem Poljdij-bridismus unbedingt notwendig sind, in ungeheuer komplizierter Weise auf. Sie ist bei außerordent- licher Multiformität in allen erdenklichen Nuancen und Spiel- arten vertreten, doch so, daß weitaus die große Mehrzahl ihrer In- dividuen den Typus der mehr oder minder intermediären F^- Gene- ration zur Schau tragen wird. Patrokline und metrokline Typen werden um so seltener vertreten sein, je stärker patroklin bzw. metroklin sie sind. „Die beiden reinen großelterlichen Spezies- typen werden in vollkommener Reinheit wohl überhaupt nicht auf- treten, denn wenn sie sich auch nur in 12 Faktoren unterscheiden, eine für Artdifferenzen im allgemeinen wahrscheinlich geringe Zahl, so ist in der Fg- Generation durchschnittlich erst auf rund 17 Mil- lionen Individuen das Auftreten eines Exemplars der beiden komplet homozy gotischen Stammformen zu erwarten. Kleine Fä-Populationen von einhundert oder einigen hundert Individuen werden durchaus den intermediären Charakter der F^-Generation zur Schau tragen, d. h. in den gewöhnlichen Fällen wird dem Züchter die Fortpflanzungsverhältnisse apogamer und hybrider Angiospermen. 279 intermediäre Bastardform als ziemlich konstant er- scheinen." Auch Banr hält, vor allem wohl auf Grund seiner eigenen eingehenden Versuche über Artkreuzung i), die Annahme der Entstehung konstant bleibender, intermediärer Art- bastarde in ihrer Verallgemeinerung sicher als falsch. Er empfiehlt alle Angaben über sofort konstante, d. h. nicht spaltende Speziesbastarde nur mit der größten Skepsis aufzunehmen, um so Fig. 82. Verschiedene Individuen aus Fg der Kreuzung Ä. majusxA. molle zur Demon- stration der Mannigfaltigkeit in Wuchs, Verzweigung, Blatt- und Blütengröße usw. Nach Baur (1914, Fig. 74). mehr, als die neueren Untersuchungen es durchweg wahrscheinlich gemacht hätten, daß Vererbung nach den Spaltungsgesetzen auch für die Unterschiede zwischen vielen sehr stark verschiedenen ^) Seine Versuche mit Antirrhinuni ergaben, daß sich A. majus und A. molk leicht kreuzen lassen und völlig fruchtbare Bastarde ergeben. Nach seinen Be- funden (1911), die später von Lotsy (1912) bestätigt und erweitert worden sind, entstehen durch Kreuzung der genannten Auf irrhrnftm- Arten in F^ ausgesprochene Kompromißbildungen, wobei die beiden reziproken Kreuzungen die gleichen Re- sultate ergeben. Alle Individuen sind einander sehr ähnlich, wirkliche Uni- formität existiert aber nicht. Fg ist in jeder Beziehung erstaunlich verschiedenartig in bezug auf Wuchs- form, Blattform, Behaarung, Blütengröße und -form, ebenso in bezug auf physio- logische Eigenschaften, wie Selbststerilität. Brüchigkeit des Stengels usw. Nach Baurs Feststellungen überschreitet die Formenmannigfaltigkeit die Grenzen der beiden Stammarten ganz beträchtlich und es treten Blütenformen in die Erscheinung, die weder bei Antirrhinuni, molle noch bei A. majus, ja überhaupt bei keiner ^?^<^>^•/^^V^^^w -Spezies, sondern nur in anderen Scrophulariaceen-Gattungen vorkommen. 280 Achtes Kapitel. Spezies erfolge. Er teilt daher (1914, S. 217) die Artbastarde nach Vererbung und Fortpflanzung in drei Gruppen: 1. Artbastarde, hervorgehend aus Arten, die bei der Kreuzung zunächst in F^ eine Kompromißbildung eingehen und hierauf in Fg infolge der Vielzahl selbständiger Faktoren in so ungemein kom- plizierter Weise aufspalten, daß bis jetzt eine genaue zahlenmäßige Analyse nicht möglich geworden ist. 2. Spezieskreuzungen mit völlig abweichenden Vererbungser- scheinungen, im besonderen mit anderem Verhalten der Fg- Gene- ration (Beispiel: verschiedene Oewo/Ä(?ra-Bastarde, deren Vererbungs- erscheinungen es sehr wahrscheinlich machen, ..daß hier bei den Bastarden und wohl auch schon bei manchen , Arten' die Eizellen und Pollenkörner erblich völlig verschieden von einander sind"). 3. Spezieskreuzungen mit Bildung ganz oder teilweise steriler, d. h. nicht fortpflanzungsfähiger F^- Bastarde. Bei den Bastarden dieser dritten Kategorie sind, wie bei den fertilen Bastarden, in der Regel im Verlaufe der vegetativen Entwicklung keine Störungen oder Mißbildungen sichtbar. Dagegen produzieren sie keine nor- malen Sexualzellen mehr und sind infolge dessen ganz oder teil- weise steril. Von besonderer Bedeutung für unsere Hypothese vom hybriden Ursprung der Apogamie sind Entstehung und Verhalten der sterilen Artbastarde. Im Tierreich und im Pflanzenreich kommen bei Kreuzungen zwischen verschiedenen Einheiten des Systems alle nur denkbaren Abstufungen zwischen Fruchtbarkeit und Sterilität vor. Vollkommene Fruchtbarkeit liegt dann vor, wenn Kreuzung- verschiedener Arten gesunde Nachkommen in normaler Zahl ergibt, welche sich ihrerseits wieder untereinander und in ihrer ganzen Nachkommenschaft als normal fruchtbar erweisen. Voll- kommen sterile Bastarde setzen weder bei Bestäubung unter- einander, noch bei Rückkreuzung mit den Eltern entwicklungsfähige Samen an. Im allgemeinen nimmt die Fruchtbarkeit der Bastarde mit dem Grade der systematischen Verwandtschaft ab. Morphologisch nahestehende Arten geben zumeist fertile, wenig- verwandte Spezies dagegen teilweise oder ganz sterile Bastarde, so daß also im allgemeinen häufig und leicht entstehende Bastarde eher fertil, ausnahmsweise oder doch nur selten zustande kommende Bastarde eher steril sind. Doch erwähnt schon Darwin (1868, IL S. 241), daß auch Fälle be- kannt sind, „wo Spezies mit Leichtigkeit gekreuzt werden können, aber außerordentlich sterile Bastarde ergeben, und umgekehrt andere, welche nur mit großer Schwierigkeit gekreuzt werden können, aber ziemlich fruchtbare Bastarde produzieren''. Fortpflanzungsverhältnisse a|iogamer und hybrider x\ngiospermeii. 281 Die Sterilität der Artbastarde^) äußert sich in sehr ver- schiedener Weise. In der Regel blühen die Bastarde früher und reichlicher als die Elternarten. Einzelne seltene Ausnahmen, z, B. manche Bhododendron- und Ejnlobium-Bsistsirde (vgl. Jost, 1913, S. 516), zeigen dagegen überhaupt keine Neigung zum Blühen. Bei Hybriden mit eingeschlechtlichen Blüten, nach Focke (1881, S. 478) z. B. bei Cucurbitaceae und Bego?iien, fallen die ' männlichen Blüten oft schon im Knospenzustande ab. Andere Artbastarde werfen ihre Blüten nach Beginn der Anthese mit Kelch und Stiel unverwelkt ab und wiederum bei anderen welkt die Krone erst nach viel längerer Dauer als bei den Stammarten, während der Fruchtansatz ausbleibt oder sich nur kümmerliche Früchte bilden. In den Blüten vieler Bastarde sind Verkümmerung und Mißbildungen innerhalb Androeceum und G y n o e c e u m häufig. Die Antheren bleiben vielfach klein und öffnen sich nicht. Die gewöhnlichste Folge des hybriden Ursprungs ist aber eine mangelhafte Ausbildung der Pollenkörner. Entweder bleiben die Antheren taub und enthalten zur Zeit der Anthese überhau23t keinen Blütenstaub oder dieser besteht, wie im folgenden Abschnitt eingehend an Beispielen darzulegen sein wird, nur aus kleinen, pulverigen, bei Anfeuchtung nicht quellenden Körnern von un- gleicher Form und Größe, denen hie und da eine größere oder kleinere Zahl wohlgebildeter, keimfähiger Körner beigemischt sind. Die Leistungsfähigkeit der weiblichen Organe ist in der Regel nicht so sehr geschwächt als diejenige der männlichen Organe. Doch bringen viele derselben niemals Früchte oder nur solche mit wenigen und zu- dem häufig verkümmerten oder doch nicht keimfähigen Samen hervor. Von ganz besonderer Bedeutung aber ist, daß es sich bei der Abnahme der Fruchtbarkeit nur um die geschlechtliche Fort- pflanzung handelt. Die vegetative Vermehrung wird davon nicht berührt. Einzelne Artbastarde lassen sich, wie auch Baur anführt, vegetativ durch Stecklinge, Ausläufer usw. leicht vermehren, und tun es vielfach auch spontan. Eine solche Erhaltung steriler Bastarde ist in den höheren Tierstämmen nicht möglich und des- wegen hebt Lang (1914a, S. 128) in seiner Besprechung der Ab- nahme der Fruchtbarkeit bei Bastarden auch besonders hervor: „Was die vegetative Vermehrung anbetrifft, so weiß man für manche pflanzlichen Artbastarde (und nur für solche), daß dieselbe in keiner Weise geschwächt erscheint". ') Eine eingehende Analyse des Sterilitätsproblems, speziell nach der physio- logischen Seite, gibt Sirks (1917) in seiner Studie „Sterilite, auto-inconceptibilite et diiferentiation sexuelle physiologique". Sie konnte an dieser Stelle leider nicht mehr berücksichtigt werden. 232 Achtes Kapitel. Die vegetative Vermehrung steriler Bastarde kann zur Ent- stehung von Sippen mit ausschließlich apomiktischer Vermehrung führen und trägt mit dazu bei, daß Artbastarde für die Formenbildung im Pflanzenreich von ungleich größerer Bedeutung sind als im Tier- reich. Ihr Anteil an der Zusammensetzung der Pflanzenwelt wird noch wesentlich erhöht, wenn der Nachweis gelingt, daß auch zahl- reiche weitere Pflanzen mit ausschließlich apomiktischer Fortpflanzung, darunter die ooapogamen Angiospermen, ebenfalls hybriden Ur- sprungs sind. 2. Bedeutung des heferozygotischen Charakters der Kerne für die somatische und generative Entwicklung der Hybriden. Es ist naheliegend, zu prüfen, ob die Vorstellungen, die man sich von den Ursachen der Bastardsterilität gemacht hat, auch geeignet sind, zur Stütze unserer Hypothese über die Ursachen der Ajjogamie herangezogen zu werden. In der nachfolgenden kurzen Darstellung der bisherigen Ansichten über die Ursachen der Bastard- sterilität verzichte ich auf eine Wiederholung der nun wohl schon allgemein bekannten Darlegungen über die cytologischen Grund- lagen der Befruchtung, die Doj^i^elnatur der aus dem Zy- gotenkern hervorgehenden Kerne und der mit der nume- rischen Reduktion der Chromosomen einhergehenden qualitativen Spaltung. Wie weit diese Probleme zur Erklärung der Sterilität von Bastarden herangezogen werden können, geht aus den ein- läßlichen Diskussionen, z. B. bei Hacker (1912, S. 218), Grold- schmidt (1913), Hertwig (1912, S. 376) auf zoologischer Seite, derjenigen Tischlers (1907 und 1908) auf botanischer Seite hervor. Ich begnüge mich hier mit der Wiedergabe einiger Argumentationen Tischlers. Der Einfluß des heterozygotischen Ursprungs einer Keimzelle auf den Verlauf ihrer weiteren Entwicklung ist offenbar je nach dem Verwandtschaftsgrade der beiden Eltern verschieden. Damit eine gedeihliche Entwicklung der Keimzelle möglich ist, müssen die den Gameten der beiden Eltern innewohnenden Entwicklungs- tendenzen zusammenpassen. Die beiden Sexualzellen müssen, wie der fachtechnische Ausdruck lautet, aufeinander „abgestimmt" sein. Nach Tischler (1907, S. 381 und 1908, S. 144)' sind nun die Ba- starde dann steril, wenn zu ihrer Bildung „zwei Sexualzellen zu- sammengetreten sind, die eine nicht identische Entwicklungsrichtung oder -Tendenz besitzen". Dabei kann bei den einen Bastarden der bei der Fusion der Gameten ausgelöste Reiz zu gering, bei anderen zu groß sein. In beiden Fällen ist er nicht dermaßen ausgeglichen, daß eine normale Ontogenese möglich wäre. Diese „Harmonie- Fortpflanzuiigsverhältnisse apogamer und hybrider Angiospermen. 283 Störung" wird beim Eintritt des Individuums in den besonders „kritischen" Zeitpunkt der generativen Phase auch äußerlicli doku- mentiert durch die bei den Vorbereitungen oder im Verlaufe der Tetradenteilung auftretenden Unregehnäßigkeiten. Diese tragen nach Tischlers Ansicht zur Unfruchtbarkeit der Bastarde bei, brauchen aber, wie er annimmt, ihre Weiterentwicklung noch nicht auszuschließen. Er betrachtet die im Verlaufe der Tetradenteilung auftretenden Unregelmäßigkeiten daher auch nicht, wie JueL Hacker und andere angenommen haben, als besonderes Charak- teristikum der Bastardnatur. Dagegen scheint ihm zu sprechen, daß dieselben cytologischen Bilder wie bei ganz oder teilweise sterilen Hybriden auch bei der Pollenentwicklung mutierender Pflanzen, beim Übergang von Spezies zurMonözie oder Diözie und bei Kulturpflanzen (vgl. Tischler, 1908, S. 144) gefunden worden sind. Bei all diesen Pflanzen scheint ihm ein gemeinschaftlicher Grund vorhanden zu sein, der sie hindert, ihre normale Ontogenie zu durchlaufen. „Ihr Idioplasma ist wohl in allen Fällen so erschüttert, daß eine harmonische Entfaltung aller Organe nicht mehr möglich ist und eine völlige Akkommodation an die Verhältnisse, unter denen sie leben, nicht mehr von ihnen vorgenommen werden kann." Diese Auffassung Tischlers ist nicht allerseits als stichhaltig- anerkannt worden. Vielfach wurden in der Literatur auch direkt ent- gegengesetzte Schlüsse gezogen. Aus den cytologischen Befunden bei Mutationen') und bei Kulturpflanzen'-) z. B. hat man auf deren Bastardnatur geschlossen. ^) So hat u. a. Gates (1911) die Ansicht vertreten, daß die mutierende Oenothera Lamarclcimia hybriden Charakter besitze, die Bildung einzelner ihrer Mutanten allerdings nicht als bloße Bastardspaltuug oder durch Annahme eines Verlustes von Charakteren erklärt werden könne, sondern als Ausdruck stark gestörter oder unstabiler Bedingungen im Keimplasma gelten müsse. Er ist allerdings nicht wie Davis (vgl. Lit. 1916 a und b) der Ansicht, daß 0. Lcwiarckiana als einfacher Bastard zwischen zwei anderen amerikanischen Arten, wie z, B. 0. grandiflora und 0. biennis aufgefaßt werden könne, dagegen nimmt' er an, daß in ihrer Aszendenz — vielleicht hunderte von Jahren bevor die Europäer nach Nordamerika kamen — Kreuzungen vorgekommen seien. Er glaubt auch, daß solche Kreuzungen wohl in der Aszendenz aller Angiospermen mit offen bestäubten Blüten angenommen werden müßten, bezweifelt in diesen Verwandtschaftskreisen die Existenz „reiner" Spezies und nimmt an, daß die Populationen jeder Spezies aus von Generation zu Generation wechselnden Kombinationen intermediärer Rassen zusammengesetzt seien. *) Die Fragen nach Herkunft und Entstehung der meisten Kulturpflanzen sind nicht nur recht schwierige, sondern größtenteils wohl überhaupt nicht mehr lösbare Probleme. Für verschiedene Kulturpflanzen ist ein hybrider Ursprung, wenn auch nicht direkt nachgewiesen, so doch wahrscheinlich gemacht worden. Auf die Besprechung der cytologischen Befunde sowie der Fortpflanzungserschei- nungen einzelner für solche Untersuchungen vielleicht besonders günstiger Kultur- pflanzen wird in den Kapiteln XI bis XIV eingetreten werden. 284 Achtes Kapitel. Vielfach macht sich der Einfluß des heterozygotischen Ursprungs einer Keimzelle nicht erst in der Fortj^flanzungssphäre, sondern schon bei der vegetativen Ausgestaltung des Bastardes geltend. Auch hier kann, nach den Ausführungen Tischlers, durch das Zusammentreffen nicht aufeinander angepaßter Kern- und Plasma- mengen im Vorgang der artfremden Befruchtung der Entwicklungs- rhythmus gestört sein und dadurch eine gedeihliche Entwicklung des aus der Keimzelle hervorgehenden Bastardes unmöglich werden. Je nach den Eigenschaften der beiden Eltern wird der Mangel gegenseitiger Anpassung darin zum Ausdruck kommen, daß der Ent- wicklungsanstoß in dem einen Falle zu gering, in anderen Fällen zu stark ist. Ist er zu gering, so genügt er nicht mehr, um alle Organe des Keimes zur Entwicklung zu bringen. Die Zygote geht nach wenigen Teilungen ein, bleibt auf dem Stadium eines wenig- zelligen Embryos stehen oder liefert die im vorigen Kapitel er- wähnten schwächlichen oder wenigstens in der Jugend sehr zarten Pflanzen, welche dem Konkurrenzkampfe mit den stärkeren Eltern und anderen Florenelementen des Standortes nicht gewachsen sind und daher rasch wieder verschwinden. Ist dagegen der in der art- fremden Bastardierung gegebene Entwicklungsanstoß zu stark, so wachsen die Pflanzen im Vergleich zu ihren Eltern mit viel größerer Kraft und werden in der Regel ungemein üppig und kräftig. Sie zeichnen sich, wie Focke (1881, S. 475) ausführt und mit Beispielen belegt, meistens durch Größe, Schnellwüchsigkeit, frühe Blühreife, Blütenreichtum, längere Lebensdauer, starke Vermehrungsfähigkeit, ungewöhnliche Größe einzelner Organe und ähnliche Eigenschaften aus. Schon Gärtner (1849, S. 526) hat der Luxuration der Bastarde ein besonderes Kapitel gewidmet, so daß unter Hinweis auf die von Gärtner und Focke mitgeteilten Tatsachen und Bei- spiele, die sich aus der neueren Bastardliteratur noch reichlich ver- mehren ließen, von der Anführung weiterer Daten abgesehen werden kann. Es haftet also den Bastarden infolge ihrer Entstehung teils eine gewisse Lebensschwäche an, teils kommt ihnen eine unge- wöhnliche Vegetationskraft zu. Indessen ist gerade die Ver- stärkung der Vegetationskraft nicht völlig aus den eigentümlichen Ver- hältnissen der Bastardzeugung zu erklären. Da luxurierende Bastarde oft unfruchtbar sind, so wurde früher vielfach der naheliegende Ge- danke ausgesprochen, daß das Luxurieren darauf zurückzuführen sei, daß infolge des Ausbleibens der Bildung von Fortjjflanzungs- zellen trophische Energie verfügbar bleibe und der kräftigen Entfaltung des Somas zugute komme. Daß aber größere vegetative Üppigkeit keineswegs eine Kompensation für verminderte sexuelle Fruchtbarkeit der Bastarde zu bilden braucht, ist gerade durch die FortpflariÄungsverhältnigsi' a[»ogaiinH- uiirl lijbricler Aiiffiospermeii. 285 Erfahrung gestützt worden, daß viele der fruchtbarsten Mischlinge, wie Daüira, Mirahilis, zugleich durch Riesenwuchs ausgezeichnet sein können, gewissermaßen im vegetativen Aufbau und zugleich in ihrer Fruchtbarkeit luxurieren. Die vorstehenden Überlegungen über die Ursache des beson- deren Entwicklungsverlaufes der fertilen und sterilen Bastarde haben fast ohne Einschränkung auch für die Entwicklung der apog amen Pflanzen Gültigkeit. Ein Teil derselben wird im besonderen den- jenigen Bastarden zu vergleichen sein, bei welchen der durch die Bastardierung gegebene abnorme Anstoß zu einer ungewöhnlich starken Entwicklung veranlaßt. Diese Ansicht stützt sich allerdings erst auf den einen Fall der Chara crinita^ bei welcher bis jetzt allein der Vergleich der haploiden geschlechtlichen mit der diploiden apo- gamen Form möglich ist. Hier ist die apogame Form wesentlich robuster gebaut als die geschlechtliche Pflanze. Ihre üppige vege- tative Entwicklung und die reiche Sporenbildung sind schon früher von anderer Seite, zuerst von de Bary (vgl. S. 39), hervorgehoben worden und haben, wie nunmehr wahrscheinlich gemacht ist, an den meisten Standorten der Pflanze direkt zur Verdrängung der weniger widerstandsfähigen und sich langsamer und spärlicher ver- mehrenden Geschlechtsform geführt. Für alle anderen apogamen Pflanzen ist zurzeit ein Vergleich mit den geschlechtlichen Formen, aus denen sie hervorgegangen sind, noch nicht möglich. Für einzelne derselben ist fraglich, ob ihre normal geschlechtlichen Eltern überhaupt noch vorhanden sind. Für andere sind sie zurzeit noch nicht bekannt oder wenigstens noch nicht isoliert. Dagegen kann schon jetzt festgestellt werden, daß einzelne apogame Angiospermen in vegetativer Hinsicht zum mindesten nicht schwächer entwickelt sind als geschlechtlich ge- bliebene Formen unter ihren nächsten Verwandten. Gerade für die Alchemüla- , Hieracium- und Taraxacimi- Axtew^ sowie Marsüia Drum- inondii, also diejenigen Kreise, in welchen nach meiner Ansicht die geschlechtlichen Eltern apogamer Formen noch am ehesten gefunden werden dürften, ist besonders ersichtlich, daß viele apogame Formen in der Anzahl ihrer Individuen den geschlecht- lichen Arten keineswegs nachstehen. Einzelne derselben, z. B. die Taraxacum- Arten, verdanken im Gegenteil der Üppigkeit ihrer vegetativen Entwicklung, der Leichtigkeit der vegetativen Ver- mehrung und im besonderen ihrer außerordentlich reichlichen und von der Witterung sozusagen unabhängigen Frucht- und Samen- bildung die ungeheure Verbreitung und Individuenzahl, die diese Pflanzen bekanntlich auszeichnet. Die Annahme eines hybriden Ursprungs der obligat apo- gamen Angiospermen läßt auch begreiflich erscheinen, daß mit der 286 Achtes KapiteJ. ungestörten oder sogar geförderten vegetativen Entwicklung trotz des Geschlechtsverlustes keine Reduktion in der Ausbildung des Schauap23arates und anderer Anlockungsmittel der Blüten stattgefunden hat und die völlig „nutzlos" gewordenen Schließbewegungen der Blütenstände ^j, die Farbe der Blüten, die Form der Scheibenblüten, die Ausbildung reichlichen Pollens und sogar des Nektars, trotz des Geschlechtsverlustes bei den Apogamen völlig erhalten geblieben sind. Viel eher als durch die Annahme eines regressiven oder progressiven allmählichen Entwicklungspro- zesses ist alles dies durch die Annahme einer plötzlichen, durch die Bastardierung bewirkten abweichenden Entwicklung in der ge- schlechtlichen Sphäre zu erklären. Bei dieser Entstehungsart der Apogamie kommen Zweckmäßigkeit und Unzweckmäßigkeit des Neu- entstehenden wenig in Frage. Einzelne zufälligerweise entstehende Eigenschaften können sich dennoch günstig erweisen und die neuen Formen werden sich nicht nur durch die Leichtigkeit ihrer Samen- bildung, sondern auch infolge anderer durch den Bastardcharakter bedingten Eigenschaften gegenüber den Eltern als für die Erhaltung und Ausbreitung besser geeignet zeigen. 3. Die Poilenentwicklung bei den apogamen und hybriden Angiospermen. Ein Vergleich der Entwicklungsgeschichte von apogamen und hybriden Angiospermen zeigt uns zunächst große Ähnlichkeiten in den Vorgängen der Pollenentwicklung. a) Anomalien im Verlauf der Pollenbildung bei apogamen Angiospermen. Fast bei allen apogamen Phanerogamen läßt die Entwicklung des Pollens tiefgreifende Störungen erkennen. Einigermaßen nor- malen Pollen weisen wahrscheinlich nur Thaliclnim, einige Taraxa- cum-KvievL, sowie Atamosco mexicana (vgl. Pace, 1913, S. 377) auf, alle übrigen zeigen Pollendegeneration. Diese ist zuerst von Juel im Verlaufe seiner Untersuchung der ooapogamen Antennaria alpina festgestellt worden. Im einzelnen liegen die Verhältnisse in den seither beschriebenen weiteren Beispielen der Apogamie verscliieden. Es muß genügen, an dieser Stelle Belege aus drei Gruppen von apogamen Angiospermen zu geben. Zunächst sei auf die Mitteilungen Murbecks und Strasburgers über die Pollenentwicklung bei den Ale hemilla- Arten verwiesen. ^) Von den zahlreichen Ilieraciu»/- und Taraxacuni -Avien z. B. wird meines Wissens in der Literatur nur für verschiedene Formen von H. alpinum, darunter z. B. für H. alp. L. var. Hallcri VilL, angegeben, daß ihre Blütenköpfe sich nicht mehr öffnen (Ostenfeld 1910, S. 247) und dennoch infolge ihrer Apogamie reich- lich Früchte mit keimfähisren Samen erzeusren. Fortpflanzung^ Verhältnisse apogamer und hybrider Angiospermen. 287 Die eingehende cytologische Untersuchung der Pollenbildung, die Murbeck (1901, S. 6) im besonderen bei Alchemllla alpina und A. sericata vornahm, ergab, daß nicht selten schon ein Teil derUr- mutterzellen der Pollensäcke desorganisiert ist. Von den Pollenmutterzellen sterben gewöhnlich 20 — 50° o im Dolichonema- stadium ab. In den übrigen Mutterzellen beginnt die gewöhnliche Tetradenteilung, doch werden zahlreiche Mutterzellen angetroffen, deren Teilung in irgendeiner "Weise unvollständig bleibt. Auch die aus scheinbar normal durchgeführter Tetradenteilung hervor- gehenden sekundären Tochterzellen bleiben im allgemeinen in der Membran der Mutterzelle eingeschlossen. Diejenigen, die frei werden und junge Pollenkörner repräsentieren, kommen nie zur vollen Aus- bildung. Es schien Murbeck sogar, als gelangten sie nicht einmal zu demjenigen Stadium der Entwicklung, auf welchem sich der In- halt in generative und vegetative Zelle differenziert. Der Inhalt der Pollenkörner ist völlig desorganisiert, bevor die Blüte sich öffnet. Bei Alchemilla speciosa und A. alpestris trat Tetradenteilung in fast jeder Mutterzelle ein. Der größere Teil der Pollenkörner starb aber ab, während sie noch ganz klein und einzellig waren. In anderen fand Murbeck den Inhalt in zwei Proto^Dlasten geteilt und einzelne dieser letzteren Körner erreichten eine solche Entwicklung, daß er versucht war, sie als keimfähig zu betrachten. Auch Stras- burger (1905, S. 96) gibt an, daß sich bei A. speciosa Synapsisstadium und Reduktionsteilung ohne sichtbare Störung vollziehen. Die Hemmungen setzen im allgemeinen erst später ein. Meistens ge- lingt es den jungen Pollenkörnern auch, sich voneinander zu sondern und sogar die Teilung in eine generative und eine vegetative Zelle durchzuführen. An dem von Strasburger untersuchten Material von A. sericata gingen die Pollenmutterzellen vor der ersten Teilung zugrunde. Bei der zur Untergattung Aphanes gehörenden A. arvensis ge- langt der Pollen zur vollen Entwicklung. Gekeimte Pollenkörner wurden von Murbeck in geeigneten Entwicklungsstadien auf der Narbe jeder Schnittserie gefunden, sowie Pollenschläuche auf ihrem Wege durch den Griffel, die Placenta und die Gewebe der Samen- anlage bis zum Embryosack verfolgt, Juel (1905) hat bei zwei nicht näher bestimmten Formen der Kollektivart Hieracium süvaticum (L.), sowie einer Form von H. rigi- dum (Hn) eine sehr mangelhafte Pollenbildung gefunden. „In der Knospe enthalten die Pollensäcke wenig dicht liegende Pollenkörner, die zwar verdickte Wände haben, aber doch kaum normal aussehen, und im übrigen ist der Raum mit einer Masse erfüllt, die aus Des- organisationsj^rodukten mit hie und da eingemischten kleinen dünn- wandigen Zellen besteht,'' Bei dem normalgeschlechtlichen und 288 Achtes Kapitel. Bastarde liefernden Hieracium umhellatum dagegen waren die Pollen- säcke mit wohlentwickelten Pollenkörnern dicht erfüllt und keine Zwischensubstanz vorhanden. Der Verlauf der Tetradenteilung er- folgte normal mit Reduktion, die Tetraden und ebenso die reifen Pollenkörner zeigten ein durchaus regelmäßiges Aussehen. Bei der Untersuchung der Tetradenteilung von Taraxacum fand Juel (1905) in seinem Material nur ein einziges Blütenköpfchen mit guter Pollenbildung, welche die Feststellung der Chromosomenzahl er- laubte. Dagegen ergab sich, daß, im Gregensatz zu den Embryosack- mutterzellen, in den Pollenmutterzellen dieses KöjDfchens die Reduktion, allerdings mit zahlreichen Un- regelmäßigkeiten, durchgeführt wurde. Im Verlauf der ersten Kernteihing der Pollen- mutterzellen wurden große, dicke Chromo- somen gebildet. „Ihre Spalthälften scheinen ziemlich fest zusammen zu haften, denn am Anfang derMetakinese werden sie gegen die beiden Pole gezerrt und in dünne Spitzen ausgezogen. Bei dieser Teilung dürften ein- zelne Tochterchromo- somen oder kleinere Gruppen derselben auf Abwege geraten, denn überzählige kleine Tochterkerne werden sehr oft gebildet. Wahr- scheinlich kommt es auch vor, daß ein oder mehrere Chromosomen ungeteilt in den einen Tochterkern gelangen, denn im zweiten Teilungsschritte sind oft die Chromosomenzahlen der beiden Kern- spindeln verschieden." Aus diesen und anderen Angaben Juels geht hervor, daß auch bei Taraxacum die Pollenbildung schon in frühen Fig. 83. Stadien aus dem Verlaufe der Teil uny der Pollenmutterzellen des apo^amen Enpa- iorium glandulosum. a Pollenniutterzelle mit Kern in Metaphase, teils gepaarte, teils ungepaarte Chromo- somen; h und c zwei Telophasen nach der ersten Teilung, in c außer den beiden großen Tochterkernen auch ein Sonderkern , sowie einige frei gebliebene Chromosomen im Cytoplasma. Nach H o 1 in g r e n (1916, Fig. 3, 5 und 6). Fortpflan zungsvei'hältnisse apocjamer und hybridpr Angiospei-men. 289 Stadien gestört ist und wenn es überliauj^t so weit kommt, offenbar an der Durchführung der Reduktionsteihmg in den Pollenmutterzellen besonders große Schwierigkeiten findet. Ahnliche Degenerations- erscheinungen sind, wie schon S. 244 ausgeführt worden ist, von Juel in den Antheren der wenigen männlichen Exemplare von Antennaria alpina gefunden worden und neuerdings hat Holmgren (1916) Gleiches bei dem. Antemiaria nicht allzu fern stehenden, eben- falls ooapogamen Eupatorium glandulosum festgestellt. Auch bei dieser Pflanze kommt es in den Antheren nicht zur Ausbildung von fertilem Pollen. Schon die Kerne der Pollenmutterzellen sind im Puhestadium recht chromatinarm. Sie durchlaufen eine mehr oder weniger typische Prophase, vom Diakinesestadium an werden die Unregelmäßigkeiten auffallender. In der Mehrzahl der Zellen sind die Chromosomen nicht paarig angeordnet und ihre Einordnung in die Spindel erfolgt in einer mehr an homöotypische Teilungen erinnernden Art und Weise. In denjenigen Zellen, die eine mehr oder weniger deutliche Paarung der Chromosomen aufweisen, bildet sich auch eine Spindel mit mehr heterotyioischem Charakter. „In der Ana^ohase bleiben in der Eegel ein oder mehrere Chromosomen im zentralen Teil der Spindel zurück (vgl. Fig. 83) und bilden dann in der Telophase sog. Zwergkerne, so daß schon nach der ersten Teilung eine recht schwankende Kernzahl auftreten kann. Die da- durch entstandenen Figuren werden durch spätere Teilungen und vielleicht auch durch Kernverschmelzungen noch weiter kompliziert und führen zur Bildung von Plasmaklumpen mit 10 — 12 Kernen verschiedener Größe, welche dann nach und nach ganz desorgani- sieren. Normale Tetraden sind in dem untersuchten Material bisher noch nicht gefunden worden." Die zuerst bekannt gewordenen Fälle von Ovo-Apogamie be- trafen ausschließlich Angiosjjermen der nördlich gemäßigten und kalten Zone. Mit den Feststellungen Winklers an Wik- stroemia indica iL) C. A. Mey war das Vorkommen derselben Fort- pflanzungsanomalien bei einer Tro]3enpflanze aufgedeckt und da- mit die Annahme von Einflüssen ungünstiger Außenbedingungen auf die Fortpflanzungserscheinungen und eines daraus resultierenden Überganges von Amphimixis zur Apomixis von vornherein in Frage gestellt. Seither sind in den Tropen noch verschiedene weitere Beisj)iele dieser Fortj^flanzungsart gefunden worden. In ihrer Pollen- entwicklung verhalten sich die ovoapogamen Tropenpflanzen genau wie diejenigen der gemäßigten und kalten Zone. Über den Verlauf der Pollenbildung von Wikstroemia indica z. B. berichtet Winkler (1906, S. 222): „Die zu beobachtenden Ano- malien in der Ausbildung der Mikrosporen treten in der Mehrzahl der Fälle erst während oder nach der Tetradenteilung auf, doch Ernst, Bastardierung'. 19 290 Achtes Kapitel. finden sich auch Antheren, in denen schon die Gronotokonten des- organisiert werden oder sich anormal verhalten, ohne die Tetraden- teilung auszuführen oder auch nur zu beginnen". Ahnliche Variationen in der Mißbildung und Verkümmerung des Pollens habe ich bei der apogamen Burmannia coelestis und bei Cotylanthera tenids feststellen können. Es liegen also bei vielen apo- gamen Angiospermen die Verhältnisse so, daß bei einzelnen derselben schon die Pollenmutterzellen vor der ersten Teilung zugrunde gehen oder im Verlaufe dieser Teilung degenerieren, bei anderen die Pollen- mutterzellen eine Teilung erfahren und die Teiljjrodukte degene- rieren oder die Tetradenteilung völlig durchgeführt wird, aber nur Fig. 84. Unregelmäßigkeiten im Verlaufe der Pollenbildung von Wikstroeinia indica. 1 Verschiedene Teilungsformen der Pollenmutterzellen. a Mutterzelle, die sich in 5 Zellen geteilt hat, von denen 2 abgestorben sind; b die Mutterzelle hat sich nur einmal geteilt, die eine der beiden Tochter- zellen ist abgestorben; c Pollenmutterzelle mit einer abgestorbenen Tochter- zelle und zwei aus der anderen Tochterzelle entstandenen Pollenzellen. 2. In Form und Größe abnorme Pollenkörner, alle demselben Pollensack entstammend. Nach Wink 1er (1906, Taf. 20, Fig. 5—8). verkümmernde und sich nicht normal ausgestaltende Pollenkörner liefert. Was die genetischen Beziehungen der Pollendegene- ration und des damit einhergehenden Geschlechtsverlustes zur Apogamie anbetrifft, war Strasburger (1905,0.158) der Ansicht, daß „dem Eintritt einer solchen apogamen Fortpflanzung, wie sie uns bei AlcheniiUen, Taraxacum, Hieraciiun entgegentritt, nicht immer ein Geschlechtsverlust vorauszugehen braucht". Es stellt sich nach seiner Ansicht „die apogame Fortpflanzung, wenn überhaupt, viel- leicht in allen Fällen schon früher ein, wenn die sexuelle Fort- pflanzung zwar noch nicht erloschen ist, wohl aber bereits eine Schwächung erfuhr". Tischler schreibt (1907, S. 383) in einer vorläufigen Mitteilung über seine Studien an Bastard jDflanzen: „Apogamie hat sich als , Aushilfe' auf die Mutation und Sterilität des Pollens eingestellt und Portpflanzungsverhältnisse apogamer unrl hybrider Angiospermen. 291 ist nicht das Primäre und die Pollenobliteration das Sekundäre." Diese Ansicht vertritt er auch wieder in den Thesen des allgemeinen Teils seiner „Studien an sterilen Bastardpflanzen", indem er über die Beziehungen zwischen Apogamie und Pollenreduktion (1908, S. 138) schreibt: „Es scheint wohl sicher, daß nicht die Apogamie das Primäre, die Pollenreduktion das Sekundäre ist, sondern daß gerade umgekehrt erstere sich einfand, nachdem eine normale Be- fruchtung nicht mehr möglich war." Winkler (1908) hat, wie schon in der einleitenden Besprechung der Hypothesen über die Ursache von Apogamie und Partheno- genesis ausgeführt worden ist, die Richtigkeit dieser Ansichten von Strasburger und Tischler bezweifelt. Er stellt die Frage zur Diskussion, ob nicht eher die Degeneration der Mikrospuren gleichzeitig wie die Ausbildung der Fähigkeit zur Apo- gamie (Parthenogenesis) erfolgt sei. Er bemerkt, es sei nicht wohl anzunehmen, daß diese beiden Vorgänge, nämlich eine Dege- neration der einen (Jrgane und eine den Effekt dieser Degeneration wieder aufhebende Entwicklungsänderung anderer Organe, auf aus- schließlich inneren Ursachen beruhen könnten. Viel wahrschein- licher seien diese Änderungen auf Einflüsse der Außenwelt zurück- zuführen und von vornherein wenig glaubhaft, daß derselbe Kom- plex von Ursachen, der die parthenogenetische Entwicklung der Eizelle resp. das Unterbleiben der Reduktionsteilung in der Makro- sporenbildung veranlasse, auch für das Rudimentärwerden der Mikro- sporen maßgebend werde. Die Arbeitshypothese vom hybriden Ursprung der Apogamen nimmt für die Unregelmäßigkeiten im Verlaufe der Ausbildung der männlichen und weiblichen Geschlechtsprodukte ebenfalls eine und dieselbe Ursache an und stellt die Frage zur Diskussion, ob dieselbe nicht in einem vorausgegangenen Bastardierungsvorgang gegeben sein könnte. Dafür spricht besonders der Umstand, daß ganz ähn- liche Störungen der Geschlechtszellenbildung wie bei den apo- gamen Angiospermen auch bei den sterilen und halbsterilen Bastarden auftreten. b) Die Pollenbilduug bei hybriden Angiospermen. Bei teilweise fertilen Bastarden wird ein Teil der beiderlei Sexualzellen vollständig ausgebildet. Nur ein Teil der Pollen- körner degeneriert, im Verlaufe ihrer Entwicklung und es sind solche Bastarde zur Erzeugung einer allerdings beschränkten Nach- kommenschaft befähigt. Bei anderen Bastarden ist die Sterilität in den beiden Geschlechtern ungleich. So ist z. B. der von Baur ge- zogene Bastard zwischen AntiryJnnum siculum und A. majus im weiblichen Geschlecht völlig steril, hat aber fertilen Pollen. In der 292 Achfps fsa.pifp). ßegel ist der sterilisierende Einfluß der Kreuzung ausgeprägter bei den männlichen Organen als bei den weiblichen. Nach Unter- suchungen Guignards (1886) zeigen Cisins-, Begonia- und Mon- öre^/a-Hybriden Atrophie des Pollens, gelegentlich auch der ganzen Antheren. Bei einzelnen der von ihm untersuchten Bastarde waren 6 — 7% des Pollens normal, während von den Samenanlagen fast alle eine offenbar normale Entwicklung aufzuweisen schienen. Andere Bastarde erzeugen weder entwicklungsfähige männliche noch weibliche Geschlechtszellen und schließlich ist für eine ganze Anzahl steriler Angiospermenbastarde festgestellt worden, daß schon die männlichen und weiblichen Sexualorgane nicht mehr normal ausgebildet werden oder bald nach ihrer Anlage verkümmern. Schlechte Pollenbildung ist eine bei hybriden Angiospermen so häutige Erscheinung, daß sie, wie schon Juel (1900a, S. 639) schreibt, „oft als ein Kriterium der Hybridität angewendet wird". Das ist nun allerdings in dieser allgemeinen Fassung nicht richtig. Pollensterilität kann ebensowenig als sicheres Kennzeichen hj^brider Natur bezeichnet werden, als es richtig wäre anzunehmen, daß diese stets mit Sterilität verbunden ist^). Allerdings erscheint die Pollen- bildung bei den H3^briden als eine Funktion der Fortpflanzung, die zwar nicht unterdrückt wird, aber auf gewisse Hindernisse zu stoßen scheint, die nur zuweilen überwunden werden können. Es ist von hohem Interesse, daß ganz ähnliche Störungen wie in der Pollen- bildung von Angiospennenbastarden auch im Verlauf der Samen- zellenbildung bei tierischen Bastarden vorkommen. Die Untersuchungen von PoU (1909 und 1911) an Enten- und Pha- s i a n i d e n bastarden haben ebenfalls ganz allgemein bei Art- und Gattungsh3'briden Störungen im normalen Verlauf der Gameto- genesis aufgedeckt. Es hat sich dabei gezeigt, daß die Bildung- reifer Gameten, im besonderen der Spermatozoen, um so mehr be- einträchtigt ist und die Anomalien im großen und ganzen um so früher eintreten und um so tiefer gehen, je weniger nahe ver- wandt miteinander die beiden Eltern derBastarde sind. Bei einzelnen der von Poll untersuchten Bastarde gelangten ge- legentlich beiderlei Geschlechtszellen in reifem Zustande zur Aus- ^) Kin besonders schönes Beispiel von PoUenfertilität bei Bastarden hat Lidforss (1914) angegeben. Der von ihm 1899 beschriebene Ruhus progenerans ist, wie sich bei seinen späteren Untersuchungen ergab, ein Bastardabkömmling von R. divergens X caesius. Die Fähigkeit des R. progenerans, neue Formen zu erzeugen, war Lidforss schon in den achtziger Jahren des vorigen Jahr- hunderts bekannt. Doch konnte er sich, wie er schreibt, „damals nicht ent- schließen, einen Brombeerstrauch, der regelmäßig 100 "/q guten Pollen hervor- brachte, als Bastard zu betrachten. Erst als sich herausstellte, daß künstlich ge- machte R. divergens ^ X caesius (^-Individuen mit R. progenerans völlig überein- stimmten und auch durchgängig 100 "/y guten Pollen hervorbrachten, klärte sich die Sache mit einem Schlage auf". Fortpflanzungsverhältnisso apogamer und liybrider Angiospermen. 293 bildung. Bei anderen wurde nur die eine Form der Geschlechts- zellen, die weiblichen, normal ausgebildet, während die männlichen völlig degenerierten. Als Endstadien wurden Formen festgestellt, denen jeder Ansatz und jede Andeutung der offenbar besonders seh wierigen Samenbildung völlig fehlte. Die cytologischen Untersuchungen haben ferner ergeben, daß die Samen- bildung bei den Fasanen-Enten mischlingen die gleichen Störungen aufweisen, wie die Pollenbildung der (von Poll selbst untersuchten) Kreuzung Digitalis pnrpurea 5 X D. lutea Q. Die langjährigen Zucht- und Kreuzungsversuche von Stand- fuß (vgl. z. B. 1905) haben ferner gezeigt, daß auch die Kreuzung distinkter Arten von Schmetterlingen, sofern sie überhaupt zur Entstehung einer lebensfähigen Nachkommenschaft führt, völlig- sterile Bastarde oder höchstens solche Formen ergibt, deren Fertilität stark herabgesetzt ist. Die Vorgänge der Spermatogenese von Art- bastarden aus den Gattungen Pygaera, Smerintkus, Dicra7iura und Chaerocampa sind in den letzten Jahren eingehend von Federley (1913 — 1916) studiert worden. Sie weisen, mit Ausnahme derjenigen des Bastardes Chaerocampa porcellus X elpenor, stets starke Anomalien auf, welche die Ausbildung normaler Spermatozoen völlig ausschließen. Die Übereinstimmung in den Vorgängen der Pollen- und der Samenentwicklung bei pflanzlichen und tierischen Bastarden spricht stark für die Annahme, daß sj^eziell die bei den Pflanzen so ein- gehend studierten Abweichungen vom normalen Verlauf von Tetraden- und Reduktionsteilung in der Hauptsache durch den hybriden Ur- sprung hervorgerufen worden sind. Im einzelnen ist natürlich der Verlauf der Pollen bildung bei halb und ganz sterilen Hybriden verschieden. Für die Vergleichung mit den Ajiogamen ist der Um- stand besonders wichtig, daß auch bei den sterilen Bastarden die Störung in ganz verschiedenen Stadien der Entwicklung auftreten kann. Der Eintritt der Störung fällt auch hier durchaus nicht immer, wie aus theoretischen Gründen etwa erwartet werden könnte, mit der Reduktionsteilung zusammen. Es würde nicht schwer fallen, bei verschiedenen Bastarden aus demselben Verwandt- schaftskreis eine ähnliche Abstufung von Verbildungen im Ver- laufe der Pollenbildung festzustellen, wie sie z. B. für die oben be- sprochenen AlcJ/einilla- Arten usw. angegeben worden sind. Eine Parallele zwischen den Vorgängen der Pollenbildung bei sterilen Bastarden und Apogamen ist also naheliegend und es sei hervor- gehoben, daß auch in der Literatur schon gelegentlich (vgl. z, B. 0. Hertwig, 1912, S. 355) darauf verwiesen worden ist, daß in cy- tologischer Hinsicht die „parthenogenetischen und apogamen Angio- spermen" mehrfache Anklänge an die Entwicklungsvorgänge der sterilen Bastarde zeigen. 294 Achtes Kapitel. Woher alle diese Sterilitätsersclieinungen rühren, was die Ur- sache des besonderen Verhaltens der einzelnen Bastarde ist, ist noch nicht bekannt. Besonders naheliegend war, einen Aufschluß hierüber von cytologischen Untersuchungen über den Verlauf der Geschlechtszellenbildung zu erwarten. Über die Cytologie von Angiospermenbastarden liegt eine reiche Zahl alter und neuer Untersuchungen vor. Auf ausführ- liches Eingehen auf diese Literatur muß an dieser Stelle verzichtet werden. Es genügt, für unsere Vergleichung der Fortpfianzungsvor- gänge zwischen Apogamen und sterilen Bastarden auf eine kleine Anzahl dieser Arbeiten zu verweisen. Weitere Anhaltspunkte und Fig. 8-1. Querschnitt durch eine junge Anthere des sterilen Bastardes Mirabilis Jalapa '. hibiflora. Zellen des Archespors aufge- lockert, nur einen kleinen Teil des Raumes innerhalb des Tapetums aus- füllend. Nach Tischler (1908, Fig. 3a, S. 38). Details sind den eingehenden und sorgfältigen „Zellstudien an sterilen Bastardpilanzen" Tischlers (1908) zu entnehmen, in denen außer den von ihm selbst untersuchten und beschriebenen Fällen die Literatur eingehend herangezogen und diskutiert worden ist. Bei den von Tischler untersuchten Pflanzen setzen die Ver- künimerungs Vorgänge in der Pollenentwicklung zu sehr verschiedener Zeit und verschieden stark ein. Für Mirfihüis Jalapa X M. fiibiflora be- schreibt er (1907, S. 376 und 1908, S. 63) ein frühzeitiges Locker- werden des Archespors, dessen Zellen nicht in dem Maße zu wachsen vermögen wie die umgebenden vegetativen Elemente. Unregelmäßig- keiten im Verlaufe der Reduktionsteilung und des vorangehenden Synapsis-Stadiums, Verzögerung des Auseinanderweichens der Chro- mosomen bis in das Stadium der Diakinese folgen nach, während die weiteren Stadien der beiden Kernteilungen wie auch die Tetraden- teilung scheinbar völlig normal verlaufen. Als weitere Merkmale der schließlich zur völligen Taubheit der Körner führenden Ano- Fortpflanzunffsvprhältnisse apogamer und liybrider Ancriospprmpn. 295 inalieii wurde Plasmamangel im unreifen Pollen unmittelbar nach der Loslösung aus dem Tetradenverbande und nachfolgende Schrump- fung und Degeneration des Pollenkorninhaltes festgestellt, während die Membran noch längere Zeit ein ungehemmtes Wachstum auf- wies. x4hnlich wie dieser und andere Mirabilis-'Baistarde weisen nach Tischler auch Ribes-Bsistsirde (1906) und P«9^ew////a-Bastarde bei ihrer Pollenbildung einen wenigstens äußerlich annähernd normalen Verlauf der Tetradenteilung auf. Bei Si/rhiga chinensis^) haben Juel (1900) und Tischler (1907, S. 379) eine ganze Anzahl zu verschiedener Zeit auftretender und unter sich verschiedenartiger Abweichungen von der normalen Tetradenteilung festgestellt. In das von Juel auf- Fig. 86. Pollenkörner von Mirahilis Jalapa , tubiflora mit fertig aus- fi;ebildeter Exine und schwach entwickeltem Protop lasten, a , volles" Pollenkorn, h und c auffallend kleine Protoplasten, Kerne mit deutlichen Zeichen der begonnenen Degeneration. Nach Tischler (1908, Fig. 25a und b, Fig. 29). gestellte Schema eingeordnet, sind dabei die folgenden Kategorien zu unterscheiden: a) Schon in den frühen Stadien der Archesporbildung auftretend: Verkümmerung der Archesporzellen oder der Pollenmutter- zellen beim Eintritt in das Spiremstadium. Durchschnürung der Kerne von Pollenmutterzellen vor der Synaj)sis oder im Spiremstadium. b) Im Verlauf der Tetradenteilung auftretend: Durchschnürung der Kerne während der heterotypischen Teilung, ^) Syrivga chinensis (= S. rothomagcnsis) gilt als Bastard zwischen S. vul- f/nris L. und S. persica L. Sie ist aus Aussaaten von Samen hervorgegangen, die der CTärtner Varin zu Rouen 1777 — 1804 von .?. persica var. laciniata nach Be- stäubung mit Pollen von S. vulgaris erhalten hatte. Diese Hybride hat sich bis jetzt als völlig steril erwiesen und ist seit ihrer Entstehung ausschließlich durch vegetative Vermehrung fortgepflanzt worden. Nach Focke (1881, S. 255) unter- scheiden die Gärtner mehrere Sorten von S. rothomagensis, die vielleicht aus ver- schiedenen Aussaaten Var ins stammen. Es wäre demnach sehr wohl möglich, daß Juel und Tischler, wie letzterer auch annimmt, verschiedene Formen dieses Bastardes untersucht haben. 296 Achtes Kapitel. Unregelmäßige Verteilung der Chromosomen während der Teilungen, Auftreten abnormer Sj^indelbildungen. c) Unregelmäßigkeit in der Ausgestaltung der Tetraden: Tetraden mit überzähligen Zellen, Überschüssige Kerne in den Zellen der Tetrade, Auftreten von zwei Kernen in den jungen Pollenspezial- zellen. Bei den von Juel untersuchten Pflanzen waren „die Pollen- körner zum allergrößten Teil geschrumpft und untauglich. Pollen- körner von nor- malem Aussehen kamen sehr spärlich vor". Tischler da- gegen weist darauf hin, daß an seinem Untersuchungs- material die erwähn- ten Unregelmäßig- keiten sich nur im Ent wicklun gsgang eines nicht allzu großen Teils der Pollenkörner dieses Bastardes geltend machten , während die Mehrzahl der Pollenmutterzellen eine scheinbar regel- mäßige Tetradentei- lung durchmachte. Da Syringa chinensis in den gärtnerischen Anlagen in ver- schiedenen Formen vorkommt, dürfte nach seiner Ansicht diese Differenz gegenüber Juel auf individuelle Verschiedenheit der untersuchten Bastarde zu- rückzuführen sein. An anderen Hybriden sind sowohl von Tischler wie auch von anderen Autoren zum Teil dieselben, zum Teil viel stärkere und gleichmäßiger im ganzen sporogenen Gewebe auftretende Un- regelmäßigkeiten beschrieben worden: darunter wieder völlige De- generation der Pollenmutterzellen vor dem Eintritt in die Peduktions- teilung ihrer Kerne, amitotische Durchschnürung des Mutterzell- Fig. 87. Stadien aus dem anormalen Verlauf der Reduktionsteilungen in den Pollenmutterzellen von Syringa chinensis (= S. rothomagensis = 5. vulgaris X S. persica?). a und b Unregelmäßigkeiten der ersten Teilung, c ziemlich typisch verlaufende zweite Teilung; d und e Stadien nach der zweiten Kernteilung, Chromatin- körperchen zum Teil noch im Protoplasma zerstreut (e), zum Teil bereits zu Sonderkernen vereinigt. Nach Juel (1900, Taf. 16, Fig. 11, 13, 17, 20 und 23). Fortpflanzungsverhältnisse apogamer und hybrider Angiospermen. 297 kerns während des SiDiremstadiuins, unregelmäßiger Verlauf der heterotypischen und homöotypischen Teilungen mit Ausstoßung- einzelner Chromosomen und ungleicher Chromosomenverteilung auf die Tochterkerne, Bildung von akzessorischen Kleinkernen, über- zähligen Pollenkörnern oder mehrkernigen Körnern. In der Deutung dieser Verhältnisse gehen die Ansichten der Autoren weit auseinander. Juel ist der Ansicht, daß die Anomalien in der Pollenbildung von Syringa chinensis dadurch hervorgerufen würden, daß die Chromosomen mit irgend einem Fehler behaftet seien, welcher sie an der Ausführung der heterotypischen Kern- teilung und damit einer normalen Tetradenbildung hindere. Aus dem Umstand, daß bei Syrin/-=? Fig. 93. Umwandlung der Eizelle zur Keimzelle im E m b r y o s a c k e der apogamen Balanophora elongata Bl. 1 Embryosackscheitel mit gut ent- wickelter Eizelle und den beiden degenerierenden Synergiden. Tinter der Eizelle reichliches, vakuoliges Embryosackplasma mit dem oberen Polkern foPj. 2 l'^mbryo- sackscheitel vor der ersten Teilung des oberen, stark gewachsenen Polkernes, Ei- zelle mit stark geschrumpftem Plasma, aber deutlichem Kern mit Nukleolus. 3 Eizelle und Reste der beiden Synergiden, Kern der einen durch Fragmentation in drei Stücke zerfallen, oberer Polkern in dichtem Plasma unterhalb der Eizelle in Teilung. 4 Eiapparat mit degenerierenden Synergiden und verkleinerter Ei- zelle, darunter die erste Endospermzelle mit großem Kern und vakuolenreichem Plasma (der kontrahierte Wandbelag der großen Basalzelle mit ihrem Kern nicht gezeichnet). 5 Scheitel des Embryosackes nach der zweiten Endospermkernteilune, die erste Endospermzelle ist durch eine Längsteilung in zwei nebeneinander liegende Zellen geteilt worden, darunter der dünne Wandbelag der Basalzelle mit großem Kern, am Scheitel des Embryosackes Reste der beiden Synergiden und die Eizelle. 6 Eizelle nach Beginn ihrer Entwicklung zur Keimzelle, mit vakuoligem Plasma und großem Kern, sowie Reste der Synergiden, zwischen den Zellen der oberen Etage des Endosperms eingesenkt, c Eizelle, s Sj^nergiden, E Endospermzellen, r>P oberer Polkern, Bk Kern der großen Basalzelle, kach Ernst (1913. Taf. 1. Fig. 13—17. Taf. 2, Fig. 1. Vergr. 620/1). Fortpflanzungsverhältnisse a-pogamer und li^'bridiM- Angiospermen. 311 allein schon die Entwicklungsfähigkeit des Eies garantiere und bei dem von ihm untersuchten Thalictrum purpurascens die Befruchtung „überflüssig" sei, weil infolge der unterbliebenen Reduktion im Ei schon die diploide Chromosomenzahl vorhanden sei. Nach St ras - burgers Ansicht ist das diploide Ei einer apogamen Pflanze in Wirklichkeit schon befruchtet und zwar in dem Sinne, daß der Zustand, den die Befruchtung in seiner Mutterpflanze schuf, in ihm noch fortdauert, da er nicht durch eine Reduktionsteilung, ge- wissermaßen durch Entfruchtung wieder aufgehoben worden ist. Da das diploide Ei schon bei seiner Anlage mit einer doppelten Chromosomenzahl versehen ist, tritt nach ihm nicht wesentlich Anderes in die Entwicklung als eine Zelle des Vegetationskörpers, welche eine diploide Knosj^enanlage oder einen diploiden adventiven Keim liefert. Die Verhältnisse liegen indessen doch nicht so ein- fach. Die Untersuchungen an verschiedenen apogamen Angio- spermen haben nämlich gezeigt, daß die Weiterentwicklung der im Embryosacke entstandenen diploidkernigen Eizelle oder anderer sie vertretender Zellen nicht immer in unmittelbarem An- schlüsse an ihre Entstehung erfolgt. Bei einzelnen apogamen Angiospermen setzt allerdings die Embryobildung sehr rasch ein und Beobachtungen von Murbeck d^n Alcheinilla, auch von Rosen- berg bei Hieracium haben ergeben, daß nicht nur völlige Ausbildung des Embryosackinhaltes, sondern auch die Em bryo entwich lung schon in ungeöffneten Blüten stattfinden kann. Bei mehreren anderen x4.pogamen ist aber die Wahrnehmung gemacht worden, daß die Weiterentwicklung ihrer Eizelle zum Keim erst nach einer Ruheperiode, vielfach auch erst nach Gestaltsände- rungen derselben und kräftig erst nach dem Beginn der Endo- spermbildung einsetzt. Solche Feststellungen sind, um nur einige Beisj)iele zu nennen, bei Burmannia coelestis^ sowie bei BaJanopliora elongata und f/lohosa gemacht worden. Bei diesen apogainen Pflanzen beginnt die Weiterentwicklung der Eizelle im Vergleich zur Endo- spermentwicklung sehr spät. Es geht ihr meistens eine starke Vo- lumenabnahme der Eizelle voraus. Ihr Saftraum verschwindet, der Zellraum wird dadurch erheblich vermindert und ist durch Zyto- jjlasma und Kern völlig ausgefüllt. Am auffallendsten ist die der Weiterentwicklung vorausgehende Verkleinerung der Eizelle bei Cotylanthera tem/is, einer saprophytischen Gentianaceae (vgl. Ernst, 1913 a, S. 142). Die Eizellen dieser Pflanze sind zur Zeit der freien Endospermkernteilung auf den Kern und eine umhüllende dünne Plasmaschicht reduziert und so klein und unscheinbar, daß sie über- haupt erst nach langem Suchen entdeckt wurden. Ahnliches ist übrigens nicht nur bei den Angiospermen, sondern auch bei Kryptogamen beobachtet worden. Für Marsilia Drummondii 312 Achtes? Kapitel. gibt Strasburger (1907a, S. 137) an, daß das unbefruchtete Ei, trotz seiner Doppelzahl von Chromosomen, erst verspätet in die apogamische Entwicklung eintritt, da offenbar ein gewisser Wider- stand zu überwinden sei. Auch bei der apogamen Ohara crinita konnte ich zu verschiedenen Malen Wahrnehmungen machen, welche an die Verzögerung der Eientwicklung bei höheren Pflanzen er- innern. Während bei den einen Kulturen apogamer Pflanzen reife Sporen bis fast an den Scheitel der Sprosse vorkommen, finden sich in anderen Kulturen Sprosse, die mehrere deutlich voneinander ge- trennte Quirle mit noch unentwickelten Oogonien aufweisen. Da nun im Verlaufe des Sommers durchschnittlich in der Woche ein Quirl gebildet wird, muß im einen Fall die Umwandlung der Ei- zellen zu Dauersporen im Verhältnis zum Sproßwachstum sehr rasch, im anderen dagegen verlangsamt stattfinden. Wahrscheinlich ist also in all diesen, in morphologischer Hin- sicht so verschiedenartigen Fällen die durch das Ausbleiben der Reduktion und die Ausbildung diploider Eizellen zum Ausdruck kommende Tendenz zu rascher Entwicklung an und für sich offenbar nicht genügend stark, um ohne weiteres die Entwicklung der Eizelle auszulösen. Der durch eine normale Befruchtung gegebene Reiz ist allerdings zur Weiterentwicklung der dijjloiden Eizelle nicht not- wendig. Sie scheint aber doch zu ihrer AVeiterentwicklung eines gewissen äußeren Anstoßes zu bedürfen. Winkler hat schon 1906 (1. c. S. 260) daraul hingewiesen, daß die Auslösung echter Parthenogenesis in Zusammenhang mit der experimentellen Erforschung der Zellteilung überhaupt zu be- handeln sein werde. Wird die Frage nach den Ursachen der letz- teren beantwortet, so dürfte damit nach seiner Ansicht auch die erstere entschieden sein; denn offenbar sei „für die Entwicklung des Eies das Wichtigste die Induzierung der ersten Teilung, wenigstens bei Eiern, die im Verbände mit der Mutterpflanze keimen. Ist diese erste Teilung einmal induziert, so scheint es keines weiteren besonderen Anstoßes zu bedürfen, um die Weiterentwicklung zu veranlassen". Da auch bei den apogamen Blüteni^flanzen von dem Momente an, da die Reduktion unterbleibt, die Weiterentwicklung keineswegs eine kontinuierliche ist, sondern das diploidkernige Ei häufig spät mit seiner Entwicklung beginnt, ist wahrscheinlich, daß es einen von außen kommenden Anstoß zu seiner Entwicklung erwartet. Winkler hält es für möglich, daß in der Ontogenie dieser Pflanzen sich Reize geltend machen, welche durch diejenigen der künstlichen Parthenogenese ersetzt werden könnten. Fraglich erscheint es ihm aber, ob diese oder ähnliche Reize auch die phylogenetische Entstehung dieser Fälle von Apogamie mit dem Aus- Fol'tpflanzungeverhältTiissp apogamer und hybrider Angiospermen. 313 bleiben der Reduktion und dem erfolgten Geschlechts- verlust verursacht haben könnten. Bei Cltara crinita sind es offenbar bestimmte Kombinationen der äußeren Faktoren (Konzentration der unigebenden Lösung, Er- nährungszustand der Pflanzen, Temperaturverhältnisse), welche die Auslösung der apogamen Entwicklung der einzelnen diploiden Eizellen fördern und beschleunigen. Bei den höheren Pflanzen ist anzunehmen, daß die der diploiden Eizelle schon innewohnende Entwicklungsfähigkeit durch solche Reize weiter angeregt wird, die in der Hauptsache von einer reichlichen Ernährung ausgehen. In- folge der organischen Einfügung des Embryosackes oder der den- selben vertretenden Zellen in den Gewebe- und Ernährungsverband eines größeren Organes werden solche trophische Reize bei den Angiosj^ermen eine ungleich größere Rolle spielen als bei der Ent- wicklungserregung diploider Eizellen von Moosen und Pteridoj^hyten. Übergangsstadien zwischen den homosporen Eilices und den Angio- spermen bilden allerdings auch in dieser Hinsicht die heterosporen Formen, wie Marsilia und Selaginella^ bei welchen ja Prothallium- entwicklung, Erzeugung der Geschlechtsorgane und bei den apo- sporen Formen wahrscheinlich auch der Keime, vielfach schon zu einer Zeit durchgeführt wird, da die Spore selbst noch in ihrem Behälter eingeschlossen ist. Mit der Annahme solcher durch die Nährstoffzufuhr gegebener entwicklungserregender Reize ziehen wir wiederum nur einen Faktor in den Kreis unserer Beweisführung, dessen Bedeutung wenigstens für das Zustandekommen des veränderten Tei- lungsverlaufes der Embryosackmutterzelle auch schon früher hervorgehoben worden ist. So schreibt Strasburger (1905, S. 145) : „Der Zufluß besonderer Nährstoffe nach den jungen Samenanlagen, wie er bei den ajiogamen Arten in der starken Inhaltsfüllung der Zellen und Anschwellung der Kernnukleolen sich kundgibt, löste wohl solche Vorgänge (d. h. apogame Fortpflanzung) aus. Da die sexuelle Keimerzeugung unterblieb, so fanden diese Nährstoffe keine Verwertung und veranlaßten schließlich eine vegetative Weiterent- wicklung des Archespors und damit auch die Bildung eines vege- tativen Keimes." Im Verlaufe von Betrachtungen über Fragen vergleichender Embryologie ist in allerletzter Zeit E. Jacobsson-Stiasny zu Ansichten und Schlüssen gelangt, welche mit den oben entwickelten Vorstellungen über die Vorgänge der Auslösung apogamer Embryo- bildung weitgehend übereinstimmen. Aus der Vergleichung der Embryosackentwicklung innerhalb verschiedener Angiospermen- Familien scheint ihr hervorzugehen, daß eine ganze Anzahl von Hemmungen und Förderungen im Verlaufe der Samenbildung 314 Achtes Kapitel. von Angiospermen durch Änderung der Ernährungsbedin- gungen, S23eziell durch reiche Nahrungszufuhr, veranlaßt werden. Diese Modifikationen des nonnalen Entwickhmgsganges äußern sich z. B. in der verschiedenen Ausbildung des Archespors, im Verlauf der Tetrad enteilung, im Schicksal der Makrosporen, in der Ausbildung des Basalendes im Embryosack (Antipoden), in der Ausbildung der den Embryosack umgebenden Nucelluszellen usw. Die Gesamtheit der zur Embryobildung bei Apogamen führenden Vorgänge bildet nur eine, allerdings wohl die komplizierteste GrujDpe dieser Hemmungs- und Förderungserscheinungen. Die Vergleichung der eigenartigen Verhältnisse bei der Tetraden- und Reduktions- teilung sowie der Embryosackentwicklung, besonders bei den Com- positen und Urticaceen, führt die Verfasserin (1916, S. 64) zur Frage, „ob nicht gerade eine Förderung der Nahrungszufuhr die Ursache dieser merkwürdigen Hemmung der Reduktionsteilung darstellt, die hier in so verschiedenen Stufen auftritt". Auf diese Weise würde sich, wie sie weiter ausführt, „das Vorkommen der Parthenogenesis auch hier ohne Beiziehung eines teleologischen Elementes befriedigend erklären lassen, indem günstige Ernährungs- bedingungen durch die Hemmung der Reduktionsteilung cytologisch die Möglichkeit der somatischen Parthenogenese, außerdem aber auch noch in dem Sinne die notwendigen Bedingungen schaffen, daß sie die Wirkung des Pollenschlauches ersetzen". Gegenüber den meisten früheren Erklärungsversuchen werden von E. Jacobsson- Stiasny für die beiden wichtigsten Momente im Vorgange der Samenbildung bei Apogamen — Ausfall der Reduktion und Ent- wicklungserregung der di2:)loiden Eizelle — sowohl in ihrem Ver- hältnis zueinander, wie auch im Vergleich zu den korrespondierenden Vorgängen bei amphimiktischen Verwandten, an Stelle finaler kausale Beziehungen angenommen. Unsere Arbeitshypothese setzt die Reihe kausaler Beziehungen noch weiter fort, indem sie als Grund der in der Embryosackentwicklung Hemmung und För- derung auslösenden Ernährungsänderung den h3^briden Ursprung der apogamen Pflanzen annimmt. Man könnte gegen die Annahme von Eniähruugseinflüssen für das Zustandekommen apogamer Entwicklung bei Bastarden einwenden, daß sich dieselben nicht bei allen Artbastarden geltend gemacht hätten, die zur geschlechtlichen Fortpflanzung unfähig sind, warum also nel)en apogamen noch sterile Bastarde existierten. Demgegenüber darf darauf hingewiesen werden, daß Verschieden- heiten in der Mitwirkung von Ernährungseinflüssen sowohl bei der Entwicklung des Archespors, im Verlaufe der Tetradenteilung und vor allem wieder bei der Entwicklung der Eizellen eben- sogut auf inneren Verschiedenheiten beruhen können, wie der bis Fortpfl an zunp^s Verhältnisse apo^anier und hybrider Angiospermen. 315 jetzt allgemein anerkannte, aber ebenfalls noch völlig unerklärte Umstand, daß ein Teil der Artbastarde steril, andere aber fertil sind. Durch die Annahme einer hinsichtlich ihrer Fortpflanzungs- erscheinungen neuen Kategorie, der apogamen Artbastarde, wird zunächst die Frage nach dem eigentlichen Grunde des ver- schiedenen Verhaltens der Bastarde weder kompliziert noch ver- einfacht. 6. Zusammenfassung und Thesen. » 1 . Das Vorkommen von natürlichen Bastarden gibt kein Maß für die Möglichkeiten der Bastardbildung innerhalb eines Verwandtschafts- kreises. Eine ganze Anzahl äußerer Hinderungsgründe, welche in der Natur Kreuzungen zwischen oft nahe verwandten Sijopen und Arten ausschließen, können im Experiment leicht beseitigt werden. Im allgemeinen ist der Grad der Verwandtschaft ausschlaggebend für das Gelingen der Kreuzung, doch geht in vielen Verwandt- schaftskreisen der Erfolg der Kreuzung — vergleichbar der Eignung zu Transplantationen, Pfropfungen usw. — der systematischen Verwandtschaft nicht direkt parallel. 2. Die Artbastarde zeigen in ihrer Fortpflanzung alle nur denk- baren Abstufungen zwischen vollkommener Fruchtbarkeit und völliger Sterilität. Auch die Fruchtbarkeit der Bastarde nimmt im allge- meinen mit dem Grade der systematischen Verwandtschaft ab, so daß im allgemeinen häufig und leicht entstehende Bastarde eher fertil, nur selten oder ganz ausnahmsweise entstehende Bastarde eher steril sind. Von der Abnahme der Fruchtbarkeit wird nur die geschlechtliche Fortpflanzung, dagegen nicht die vegetative Vermehrung der Artbastarde betroffen. 3. Vegetative Vermehrung steriler Artbastarde kann zur Ent- stehung von Sippen mit ausschließlich aj)omiktischer Vermehrung führen. Sie trägt dazu bei, daß die Artbastarde für die Zusammen- setzung und die Formenbildung im Pflanzenreich von ungleich größerer Bedeutung sind als für das Tierreich. 4. Artfremde Befruchtung führt häufig zur Vereinigung von Gameten mit nicht aufeinander angepaßten Kern- und Plasma- massen. Der durch solche Befruchtungsvorgänge ausgelöste Ent- wicklungsreiz ist in der ßegel nicht dermaßen ausgeglichen, daß eine mit den Elternarten übereinstimmende normale Ontogenese des Bastardes möglich wäre. Infolgedessen haftet vielen Bastarden eine gewisse Zartheit und Schwäche in der gesamten Entwicklung an, andere dagegen sind mit einer ungewöhnlichen Vegetationskraft begabt, wobei die Erscheinung der Luxuration sich ausschließlich in der vegetativen Gestaltung oder auch in der Fruktifikation geltend machen kann. 316 Arhtps Kapitel. 5. Die apogamen Pflanzen zeigen in ihrer vegetativen Entwicklung und vielfach auch in ihrer Fruktifikation besonders große Ähnlichkeit mit luxurierenden Bastarden. Einzelne sind in vegetativer Hinsicht entschieden besser, andere zum mindesten nicht schwächer entwickelt als die nächstverwandten sexuellen Arten. Verschiedene apogame Angiospermen verdanken der Üppigkeit ihrer vegetativen Entwicklung, der Leichtigkeit ihrer vegetativen Vermehrung und im besonderen ihrer außerordentlich reichlichen und von Witterungs- und anderen äußeren Einflüssen fast unabhängigen Frucht- und Samenbildung ihre weite Verbreitung und ihre lokal vielfach außerordentlich große Individuenzahl. 6. Den meisten apogamen Pflanzen geht wie den sterilen Art- bastarden die Fähigkeit ab, die Pollen entwicklung bis zur Bildung befruchtungsfähiger Geschlechtszellen durchzuführen. Beide Reihen von Entwicklungsvorgängen weisen Defekte auf, die sich schon bei der Ausbildung des Archespors. besonders häufig aber während der Vorbereitung, während oder unmittelbar nach der Durchführung der Tetraden- und Reduktionsteilung äußern. Auch scheinbar völlig normal durchgeführte Tetrad enteilungen liefern in der Regel nur verkümmernde und sich nicht normal ausgestaltende Pollenkörner. 7. Die Übereinstimnmng in den Anomalien der Pollenbildung bei sterilen und halbsterilen Bastarden einerseits, der apogamen Angio- spermen anderseits legt die Frage nahe, ob' nicht bei den letzteren gleich wie bei den ersteren die Ursache dieser Störungen in einem vorausgegangenen Bastardierungsakt gegeben sein könnte. Bei Annahme eines hybriden Ursprungs der apogamen Pflanzen würde die Ursache ihrer Pollensterilität gleich wie bei sterilen Hy- briden darauf beruhen, daß ihren Zellen infolge des stark hetero- zygotischen Charakters der Kerne ein von den fertilen Arten und Bastarden abweichender Bau zukommt, der sie an der Ausführung- gewöhnlicher Kern- und Zellteilungen nicht hindert, dagegen offen- bar die Vorbereitung und Durchführung der komplizierteren Re- duktions- und Tetradenteilung unmöglich macht. 8. Bei sterilen Hybriden wie bei apogamen Angiospermen ist die Rückbildung der männlichen Organe viel stärker als diejenige der weiblichen, doch zeigen auch diese häufig Degenerationsformen mit zeitlich sehr verschiedenem Beginn der sichtbaren Verkümmerung. Bei den sterilen Bastarden scheitert in sämt- lichen Samenanlagen die Ausbildung eines Embrj'osackes mit be- fruchtungsfähiger Eizelle an den mit den Vorgängen der Reduktion nicht vereinbaren Entwicklungstendenzen und -möglichkeiten der heterozygotischen Kerne. Der Versuch, den Übergang von der Sporo- phyten- zur Gametophyten-Generation dui'ch eine normale Reduk- FcrrtptianzungsverhältnissP apogämer und hybrider Angiospermen. 317 tions- und Tetradenteilung zu vollziehen, mißlingt. Bei den Aj^ogamen dagegen entwickelt sich wenigstens ein Teil der Samenanlagen ohne Befruchtung zu reifen, keimhaltigen Samen. Dies ist, auch bei An- nahme eines hybriden Ursprungs und damit einer den sterilen Hy- briden ents23rechenden Beschaffenheit der Kerne, dadurch möglich, daß die Reduktionsteilung in den Embryosackmutter- zellen völlig unterdrückt oder nach Zurückleg ung der ersten Stadien wieder rückgängig gemacht wird. Auf dem Wege gewöhnlicher, vegetativer Teilungen erfolgt die Fort- setzung des Entwicklungsganges von der S23oroj)hyten-Generation zu einer ebenfalls diploiden Gametophyten-Greneration. 9. Bei einer größeren Anzahl von apogamen Angiospermen ist ausschließlich die diploide Eizelle des Embryosackes zur Keim- bildung befähigt. In einigen wenigen Fällen können auch Syner- giden oder Antipoden zu Keimen auswachsen. Eine auffallende Eigentümlichkeit einzelner Angios23ermen mit Geschlechtsverlust besteht darin, daß die Embryobildung überhaupt nicht mehr auf die Elemente des Embryosackes beschränkt ist. Zellen umgeben- der Gewebe können als vegetative Keime in den Embryosack hin- einwachsen, oder ajjospore Embryosäcke außerhalb des sporogenen Gewebes der Samenanlagen entstehen und die Erzeugung eines Keimes übernehmen. Alle diese verschiedenen Möglichkeiten führen aber zu demselben Resultat: eine diploidkernige Zelle entwickelt sich in einer dem normalen Gametophyten analogen Bildung zu einem neuen Keime und regt da- durch gleichzeitig die AVeiterentwicklung der Samenanlage und im Verein mit anderen auch diejenige des Gynaeceums zur reifen Frucht an. 10. Die Weiterentwicklung der im Embryosacke apogämer An- giosjDermen enthaltenen diploidkernigen Eizelle zum Keim folgt ihrer Entstehung nicht immer unmittelbar nach. Sie setzt häutig erst dann ein, nachdem der Embryosack bedeutend gewachsen, die Endospermbildung schon weit vorgeschritten ist und nachdem die Eizelle selbst während einer Buheperiode auffallende Gestalts- und Größenänderungen erfahren hat. Die im Ausbleiben der Reduk- tion und in der Ausbildung des diploidkernigen Embryosackes zum Ausdruck kommende Tendenz zur raschen Zurücklegung des zwischen zwei SporojDhyten sich einschaltenden Gametophytenstadiums ist offenbar nicht immer stark genug, um auch die Entwicklung der Eizelle zum Embryo auszulösen. Der in einer normalen Befruchtung- gegebene Reiz zur Weiterentwicklung ist zwar für diese diploide Eizelle nicht notwendig, doch scheint sie immerhin eines gewissen äußeren Anstoßes zu bedürfen. 11. Bei wasserbewohnenden Thallophyten, wie z.B. bei Charu 318 Achtes Kapitel. crinita, sind es offenbar bestimmte Kombinationen der äußeren Faktoren (Temperatur, Konzentration der umgebenden Lösung, Ernährungszustand der Pflanzen), welche die Auslösung der apo- miktischen Entwicklung der einzelnen diploiden Eizelle fördern und beschleunigen. Bei den höheren Pflanzen, im besonderen den Angiospermen, werden infolge der organischen Einfügung des Embryosackes in die Gewebe und den Ernährungsverband eines größeren Organes des Sporophyten wohl vorwiegend trophische Reize als Auslösung der Entwicklung in Frage kommen. Neuntes Kapitel. Die Chromosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen. Unter den Ursachen uder doch wenigstens regelmäßigen Be- gleiterscheinungen der habituellen AjJOgamie ist sehr häufig auch eine im Verhältnis zu den verwandten befruchtungsbe- dürftigen Arten erhöhte Chromosomen zahl genannt worden. So hat u.a. B, osenberg (1907, S. 168) auf die Möglich- keit solcher Beziehungen hingewiesen: „In Hieracium there is a great Variation as regards the number of chromosomes, and it is remarkable that the greatest number is to be found in the apogamic fomis. It seems to me that this fact lies in connection with the apogamy, not the number itself, but the fact that it is a double number." Strasburger hat seit 1904 zu verschiedenen Malen ähnliche Gedankengänge verfolgt und schrieb in der letzten Unter- suchung, die sich mit den Problemen der Apogamie und Partheno- genesis beschäftigt (1910 b, S. 424): „Tatsächlich begleitet Chromo- somenreichtum die allermeisten der bisher konstatierten Fälle von Ooapogamie, so daß es von Anfang an nahe lag, einen Zusammenhang zwischen beiden Erscheinungen anzunehmen." An anderer Stelle der gleichen Arbeit bemerkt er allerdings, daß eine über Diploidie hinausgehende Steigerung der Chromosomensätze keinesfalls als einzige Ursache jener Änderung anzusehen sei, und allem Anscheine nach sich Ooapogamie auch infolge anderer Ursachen, z. B. infolge vonDioecie einstelle, wenn diese die regelrechte Fortpflanzung er- schwert habe. Die Durchsicht des bis jetzt vorliegenden Tatsachenmaterials scheint mir nun zu ergeben, daß Aj^ogamie durchaus nicht immer mit einerVermehi'ung der Chromosomenzahl ver- bunden ist. Andererseits ist nachträgliche Erhöhung der Chromo- somenzahlen auch in nicht apogamen Verwandtschaftskreisen, und was für unsere Hypothese besonders wichtig ist, auch bei Mutationen und im Anschluß an Bastardierungen sicher festgestellt worden. Es sei gestattet, hierfür die wichtigsten cytologischen Belege zusammenzustellen. Ich beschränke mieli dabei, wie im vorigen 320 Neuntes Kapitel. Kapitel, auf die Anführung von Beispielen aus der Reihe der An- giosjDernien. Die Verhältnisse bei den Pteridophyten, Moosen und Thallophyten werden in diesem Abschnitt nicht mehr berück- sichtigt. Wir haben ja bereits festgestellt, daß Angaben über das Vorkommen von natürlichen Bastarden bei denselben zum großen Teil fehlen, unvollständig oder unsicher sind. Außerdem sind auch experimentelle Untersuchungen über Bastardierung nicht nur bei Thallophyten und Moosen, sondern auch bei Pteridophyten noch außerordentlich selten. Bei diesen letzteren liegen überdies der hohen Chromosomenzahlen wegen für eine Vergleichung von wirk- lichen oder mutmaßlichen Bastarden mit Apogamen nur selten ein- deutige Verhältnisse vor. Auch bei den Angiospermen^) möchte ich mich auf anerkannt sichere Beispiele beschränken, für welche neben der Chromosomenzahl der apogamen Formen auch diejenige verwandter, befruchtungsbedürftiger Pflanzen, von Bastarden und ihren Eltern bekannt sind. Die Namen der Bastarde und der Apo- gamen seien in den nachfolgenden Listen gesperrt, diejenigen der befruchtungsbedürftigen Arten, resiDektive der Bastardeltern in ge- wöhnlicher Schrift wiedergegeben. Für jede Art wird die Chromo- somenzahl des Sjaorophyten und diejenige der Gametop hyten-Gene- ration getrennt aufgeführt. Bei den sexuellen Formen ist erstere diploid, die letztere haploid. Bei den Apogamen findet der ganze Entwicklungsgang mit der diploiden Chromosomenzahl statt. In- dessen ist mindestens bei der Hälfte der apogamen Angiosjjermen die Teilung der Pollenmutterzellen ganz oder teilweise mit einer Reduktion verbunden. Neben der Chromosomenzahl des Sporophyten wird daher in den nachfolgenden Listen speziell diejenige des weib- lichen Ganieto23liyten, des Embryosackes und der Eizelle, an- gegeben, deren Entwicklung bei den Ajjogamen allein für die Keim- bildung in Betracht kommt. Bei den sexuellen Formen stimmt selbstverständlich die Chromosomenzahl des weiblichen mit der- jenigen des männlichen Gametophyten und damit diejenige von Ei- zelle und S|)ermakern überein. ^) Bezüglich weiterer Angaben über Chromosomenzahlen sei auf die Arbeit Tischlers (1915) verwiesen. Sie enthält (S. 168—203) alle bis 1915 bekannt ge- wordenen wichtigeren Mitteilungen über Chromosomenzahlen bei Pflanzen und basiert auf den Angaben von ca. 550 im Literaturverzeichnis zitierten cytologischen Arbeiten. Eine weitere Liste von Chromosomenzahlen im Pflanzenreich, die mir aller- dings erst lange nach der Redaktion dieses Kapitels zugekommen ist, hat 1916 M. Ishikawa veröffentlicht. Sie enthält eine größere Anzahl neuester Angaben aus Arbeiten japanischer Forscher, die mir in den Originalen zur Zeit noch nicht vorliegen. Besonders zahlreich sind neue Daten über Composüac, von denen nicht weniger als 78 Arten (inkl. einiger Varietäten) aus 28 Gattungen aufgeführt wer- den, während die Liste Tischlers erst 15 Gattungen mit 34 Arten enthält. Die Chromosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen. 32l A. Die Chromosomenzahlen der apogamen und verwandter sexueller Angiospermen. Chi-omosomenzahl im Fort- pflanzung Sporo- 5 Gameto- Autoren phyt phyt Saururaceae. Houttuynia cordata') . . apogam 52—56 52—56 Shibata vmd Miyake Urticaceae. 1908 Elatostema sessile . . . r\ 32 32 Strasburger 1910 ^ a c u m i n a t u m ^) f partiell 32 32 od. 16 T> n \ apogam Urtica dioica sexuell 32 16 ii n Polygonaceae. Ruraex acetosa, hispanicus, ari- folius, nivalis f partiell \ apogam? 16 16 od. 8 Roth 1906 Rumpx scutatus sexuell? 24 32 12 16 , acetosella ftj 1^ ^^ VA ^^ A A • r „ cordifolius .... n ca. 40 ca. 20 71 n Ranunculaceae. Thalictrum purpuras- c e n s ^) f partiell 24 24 od. 12 Overton, J. B. 1904 \ apogam 48 48 od. 24 , . 1909 Thalictrum minus sexuell 24 12 . , 1904 Helleborus- , Delphinium - und Aconitumarten V 24 12 Lit.bei Tischler 1915 Rosaceae. Alchemilla, die meisten euro- päischen Elementararten dtn- Sectio n Eualchemilla . apogam 64 64 Strasburger 1905 Alchemilla pentaphylla, gelida, grossidens usw sexuell 64 32 r T Alchemilla arvensis .... V 32 16 Murbeck 1901, Stras- burger 1905 ^) Houttuynia cordata bildet, wie die meisten anderen apogamen Angio- spermen, nur verkümmerten Pollen von unregelmäßiger Gestalt, wenig Plasma- inhalt und kleinen Kernen aus. Sie unterscheidet sich aber von allen anderen Apogamen dadurch, daß in der eisten Teilung der Pollenmutterzellen die Paarung der Chromosomen gänzlich unterbleibt, die Tetradenteilung der Pollenmutterzellen ohne Reduktion vor sich geht und daher der ganze Entwicklungazyklus der Pflanze mit derselben Chromosomenzahl durchgeführt wird. Da noch für keine anderen Saururaceae die Chromosomenzahl bestimmt worden ist, kann vorderhand auch nicht entschieden werden, ob die bei Houttuynia festgestellte Zahl diploid, oder, was nach ihrer Höhe vielleicht vermutet werden darf, tetraploid ist. ^) Ein Teil der Embryosackmutterzellen macht wie die PoUenmutterzellen eine normale Reduktionsteilung durch und liefert demgemäß auch haploide Embryo- säcke und befruchtungsbedürftige Eizellen. Für einen Teil der Pflanzen und Blüten von Elatostema acuminatum und Tlialirtrinn pnrpurascens ergibt sich also ein nor- ' maier Generationswechsel mit Wechsel der Chromosomenzahlen, bei K. acuiniuatuui von 32 und 16, bei Th. jncrpurascens von 24 und 12. ErHst, Bastardierung:. 21 322 Neuntes Kapitel. Chvomosonienzahl im Fort- pflanzung Sporo- $ Gameto- Autoren phyt phyt Rosa livida sexuell 16 8 Strasburger 1905 u. 1910 „ cinnamomea .. 16 8 Strasburger 1905 , canina V 16 8 •K Tl „ canina var.persalicifolia^) apogam 32—34 32— 34(?) Rosenberg 1909 glauca var. Afzeliana . r 32—34 32— 34(?) - Polygalaceae. Epirrhizanthes cylin- drica*) apogam 22 22 Schadowski 1911 Epin-hizanthes elongata . . sexuell V 44—48 22— 24(?) *• T Thymelaeaceae. Wirz 1910 Wikstroemia indica-) . . apogam 52—56 52—56 Winkler 1906, Stras- burger 1909, 1910 , canescens . . sexuell 18 9 Strasburger 1910 Daphne Mezereum u. alpina . V 18 9 1909 Gnidia carinata T 18 9 )' >» ^) Nach der Ansicht von Rosenberg, dem in cytologischen Dingen eine große Erfahrung zukommt, dürften die von Strasburger untersuchten Rosen sexuell sein. Die beiden von ihm selbst untersuchten hochchromosomigen Varie- täten dagegen hält er für ziemlich sicher apogam. Der großen technischen Schwierigkeiten wegen, welche die Untersuchung der Früchtchen (der reichlichen Haarbedeckung wegen) bietet, ist zwar erst die Reduktionsteilung bei der Pollen- bildung eingehend untersucht, die Apogamie dagegen noch nicht auf Grund cyto- logischer Daten festgestellt. Doch ist, wie Rosenberg (1909b, S. 154) anführt, die Fähigkeit dieser und einiger anderer Rosen, ohne Befruchtung Samen mit typisch ausgebildeten Embryonen hervorzubringen, durch die Kastrationsversuche von A. E. Lundström (1909) einwiesen. J]s wird sich also, wenn diese Angaben über liosa in Zukunft auch noch in weiteren cytologischen Untersuchungen ihre Be- stätigung finden, die Zahl derjenigen Gruppen, innerhalb welcher Apogamie sich mit der tetraploiden Ghromosomenzahl kombiniert, um ein weiteres Beisjjiel erhöhen. ^) Die Tetradenteilung der Pollenmutterzellen von E. cylindrica ist nach Schadowski (1. c. S. 33) mit Reduktion verbunden. Im Verlauf der hetero typischen Teilung warben 11 Chromosomen zu zählen, in Zellen der Integumente und des Nucellus deren 22 — 23. Bei der Makrosporenentwicklung erfolgt keine Reduktion der Chromosomenzahl. Die Reduktionsteilung geht vor dem Synapsisstadium in eine gewöhnliche Mitose über und damit wird die diploide Anzahl von 22 Chromo- somen auch für die weiteren Teilungen im Embi-yosack beibehalten. — Pollen- schläuche hat Schadowski in den Samenanlagen von E. cylindrica nicht ge- funden. Ihr gelegentliches Vorkommen ist dagegen von Wirz festgestellt worden. Das deutet auf die Möglichkeit hin. daß E. cylindrica event. nur partiell apogam ist, oder in einem Teil der Samenanlagen stimulative Apogamie vorliegen könnte. ^) In Pollenmutterzellen, die ihre Reduktionsteilung zum Teil regelrecht ausführen, hatte Winkler in Polansichten der Reduktions-Kernplatte 26 Gemini gezählt. Stras- burgers (1909a, S. 56) Bestimmungen führten durchschnittlich zur selben Zahl. Auch später (1910 b, S. 401) verbleibt er bei derselben Zahl als der häufigsten, betont aber, daß sie nicht die einzig vorkommende sei. Es kann eine Anzahl von Gemini fehlen und ihre Gesamtzahl bis auf 22 zurückgehen, anderseits auch bis 29 steigen. Die Chromosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen. 323 Fort- pflanzung Chromosomenzahl im Sporo- phyt $ Gameto- phyt Autoren Compositae. Eupatorium glandulosum apogam 49 52 49-52 Holmgren 1916 Erigeron philadelphicus . . sexuell 16 8 Land 1900 ^ strigosus .... « 16 8 11 11 „ annuus Pers. . . apogam 26 26 Tahara 1915 a , linifolius .... ■i 26 1» 11 , dubius var. glabrata 7 9 1916, vgl. Ishikawa 1916 Antennaria alpina . . . apogam 48—56 52? 48—56 52? Juel 1900 , dioica .... sexuell 24-28 26? 12—14 11 11 Taraxacum officinale . . apogam 20—30 20—30 „ 1904 24-26 24-26 „ 1905 , albidum . . r 36—40 36—40 Ikeno 1910, Osawa 1913 „ confertum . . sexuell 16 8 Rosenberg 1909 „ platycarpum Tt lt5 8 Ikeno 1910, Osawa 1913 Tragopogon pratensis . . . ») 12 6 Beer 1912 14 7 Ishikawa 1916 Chondrilla juncea . . . apogam 14—16 14-16 Rosenberg 1912 Crepis japonica sexuell 16 8 Tahara 1910 ^ tectorum fl 8 4 Juel 1905 , taraxacifolia .... Tf 8 4 Digby 1914 ^ virens 11 6 3 Rosenberg 1909 a, Digby 1914 Hieraciura excellens^) . f partiell l apogam 34—36 Mehrzahl 17—18 seltener 34—36 Rosenbergl906,1907 , flagellare^) f partiell \ apogam 42 Mehrzahl 21 seltener 42 11 ^> ^< , venosum . . . sexuell 14 7 Rosenberg 1907 „ umbellatum . . n 18 9 Juel 1905 ^ auricula . . . ■n ' 18 9 Rosenberg 1907 ') Bei der Tetradenteilung der Embryosackmutterzelle der beiden Arten findet in weitaus den meisten Fällen eine Reduktion der Chromosomen statt. Ein Teil der so gebildeten Embryosackanlagen wachsen zu Embryosäcken aus, die völlig normal sind und befruchtet werden können. In Ausnahmefällen entwickelt sich der Embryosack mit diploider Chromosomenzahl. Sehr häufig wird, im besonderen bei H. flagcUm-c, unter Verdrängung der typischen Embryosackanlage ein aposporer f]mbryosack gebildet. Er nimmt bei H. excellens seinen Ursprung aus einer Zelle in der Nähe der Tetrade, bei H. flagellare aus einer Zelle des Integumentes oder der Chalazaregion des Nucellus, bei dem ebenfalls aposporen H. auranliacutn aus einer Epidermiszelle des Nucellus. Die beiden letztgenannten Formen der Embryosäcke bilden naturgemäß diploide Eizellen, die ohne Befruchtung zu Embryonen auswachsen. 21* 324 Neuntes Kapitel Fort- pflanzung Chromosomenzahl im Sporo- 5 Gameto- Autoren phyt phyt Burmanniaceae. Thismia javanica ') . . . . apogamC?) 12—16 12 Meyer 1909, Ernst u. Bernard 1 909 u. 19 11 Burmannia coelestis . . apogaui 30—36 30—36 Ernst U.Bern. 1912b „ Candida . . . sexuell 12 6 ,. „ ,. 1912a , Championii . . j? 12 6 » ?! >' !! Amaryllidaceae. Leucojum vernum .... ?? 24 12 E. 0 verton 1893 Atainosco texana (= Ze- phyranthes) apogam 24 24 Face 1918 Nei'ine rosea sexuell 22 24 11 12 Cl. Müller 1912 Agave virginica '■l Schaffner 1909 Aus dieser Liste geht ohne weiteres hervor, daß hinsichtlich der Chromosomenzahlen die Verhältnisse in den Verwandtschafts- kreisen mit Apogamie lange nicht so einheitlich liegen, wie noch 1910 angenommen werden konnte. Von den aufgezählten Gattungen mit apogamen Formen schließen wir in der nachfolgenden Betrachtung die beiden Gattungen Riimex und Epirrhixanthes vorläufig wohl am besten aus. Die bisherigen Angaben über diese Gattungen bedürfen noch der Bestätigung und Erweiterung, sowohl hinsichtlich der Apogamie als auch der Chromo- somenzahlen, die bei den apogamen Arten sogar kleiner zu sein scheinen als bei den befruchtungsbedürftigen Arten der Gattung 2). Die übrigen apogamen Angiospermen lassen sich nach dem Verhältnis ihrer Chromosomenzahlen zu denjenigen der nächstver- wandten befruchtungsbedürftigen Formen in die folgenden Gruppen einteilen. a) Der Entwicklungsgang der aj^ogamen Pflanze (Sporophyt und weiblicher Gametoph3^t) wird mit einer Chromosomenzahl durch- *) Die von K. Meyer in seinen .Untersuchungen über Thismia clandcstina^' bearbeiteten Pflanzen gehören, wie an anderer Stelle auseinandergesetzt worden ist (Ernst und Bernard 1909 11), nicht der auf Java seltenen Thismia clandestina Miq., sondern der Thismia javanica J. J. S»i. an. ^) E. cylindricaisi nach den bisherigen Untersuchungen wahrscheinlich partiell apogam. Bei E. elomjata haben außer Wirz auch Schadowski und R. Reiser (1910) Pollenschläuche in den Samenanlagen gefunden und diese Art als sexuell angesprochen. Ist dies richtig, so wäre ihre Chromosomenzahl gegenüber derjenigen der apogamen Art verdoppelt. Das müßte nicht nur hinsichtlich der sonstigen Be- ziehungen zwischen Chromosomenzahl und Apogamie aufftiUen, sondern wäre auch deswegen verwunderlich, weil E. eloiigata die viel schwächer entwickelte, weniger robuste der beiden Pflanzen ist und nach zahlreichen anderen Erfahrungen eher iür die kräftiger entwickelte und als apogam erkannte E. cylindrica eine höhere Chromosomenzahl zu erwarten wäre. Die Chroiuosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen. 325 geführt, welche doppelt so groß ist als diejenige des Sporo- phyten verwandter befruchtungsbedürftiger Arten und im Verhältnis zu deren Gametoj^hyten als tetraploid erscheint. Eine solche Chromosomenverdopj)elung finden wir bei den gesamten Eu- alchefniUen im Vergleich zu den Aphanes, ferner bei Rosa glauca und canina, Antennaria alpina'^) und wahrscheinlich auch bei Hie- radum excellens (bezogen auf die Chromosomenzahl von H. umhellatiwi). b) Der Entwicklungsgang der apogamen Pflanze (Sporophyt und weiblicher Gametophyt) wird mit einer Chromosomenzahl durch- geführt, welche mehr als das Doj^pelte der diploiden Zahl der befruchtungsbedürftigen Verwandten beträgt. In den meisten Fällen dürfte es sich dabei um hexaploide (ditriploide) und um oktoploide (ditetraploide) Chromosomenzahlen handeln. Dieser Gruppe gehören als Beispiele an: Wikstroemia indica, Hieracium flagellare (bezogen auf die Chromosomenzahl von H. venosum) und Burmannia coelestis. c) Der ganze Entwicklungsgang der apogamen Pflanze (Sporo- phyt und weiblicher Gametophyt) wird mit der dem Sporo- phyten.der befruchtungsbedürftigen Arten entsprechenden diploiden Chromosomenzahl durchgeführt. Dieser Gruppe gehören Elatostema sessile, Th. purp was cens, die apogamen Eiialche- mülen (bezogen auf die Chromosomenzahl der fertilen A.pentapliylla, grossidens usw.), Chondrüla juncea und Atamosco mexieana an. Das gleiche Zahlenverhältnis scheint auch in einer größeren Anzahl der in cytologischer Hinsicht so schwer übersehbaren Fälle der Apogamie bei Farnen zu existieren. Einwandfrei festgestellt ist es bei Marsi.lf'a Drummondii^ die in den Kernen beider Gene- rationen 32 Chromosomen führt, während die normal geschlecht- lichen Marsilia nardu, vestita, quadnfoUa, data, hirsiita usw. ihre Geschlechtsgeneration mit der haploiden Chromosomenzahl 16 bilden. Ebenso liegen, wie nun festgestellt worden ist, die Verhältnisse für Chara criniia. Ihre befruchtungsbedürftige Form hat, wie Ch. aspera und galioides, im Gametophyten 12 Chromosomen, in der diploiden Zygote 24 Chromosomen. Mit der letzteren, diploiden Zahl wird auch dei' ganze Entwicklungsgang der ajiogamen Form durchgeführt. Apogamie ist also, wie aus der obigen Zusammen- stellung hervorgeht, durchaus nicht immer mit Erhöhung der Chromosomenzahl verknüpft. Ungefähr in der Hälfte der genauer untersuchten Verwandtschaftskreise legen die Apogamen ^) Die im Vergleich zu den anderen apogamen Kompositen hohe Chromo- somenzahl von Antennaria alpina ist bis in die neueste Zeit ein Unikum geblieben. Erst 1916 hat Holmgren für das amerikanische Eiipatorhim ylnndulosum eine ungefähr entsprechende Zahl von 49 — 52 Chromosomen angegeben. Es ist anzu- nehmen, daß das apogame Ettpatoriuni gegenüber den sexuellen Arten wiederum eine Chromosomenverdoppelung erfahren haben wird. 326 Neuntes Kapitel. ihren ganzen Entwicklungsgang mit der dem Sporophyten der be- fruchtungsbedürftigen Arten zukommenden diploiden Chromosomen- zahl zurück. Die Änderung in der Chromosomenzahl dieser letzten Gruppe der Apogamen gegenüber ihren nicht apogamen Verwandten betrifft also ausschließlich die weibliche Gametophyten- generation und ist bedingt durch den Ausfall der ßeduktions- teilung in der Embryosackmutterzelle. Dieses Ergebnis ist für unsere Hypothese vom hybriden Ursprung der apogamen Pflanzen wichtig, denn es ermöglicht in mehrfacher Hinsicht weitere Parallelen mit den fertilen und sterilen Artbastarden. B. Die Chromosomenzahlen von hybriden Angiospermen. Genaue Angaben über die Chromosomenzahlen natürlicher wie künstlich erzeugter Artbastarde sind zurzeit noch nicht so zahlreich wie für die Apogamen. Dies ist auch begreiflich. Die Erforschung der Apogamie bei Angiospermen ist seit 1900 in der Hauptsache mit entwicklungsgeschichtlich-cytologischen Methoden erfolgt. Die Untersuchungen über den Verlauf der Reduktionsteilung und die Chromosomenzahl haben gerade die Hauptanhaltspunkte für die Feststellung von Apogamie und Befruchtung geliefert. Die Bastard- forschung dagegen ist in der gleichen Zeit seit 1900, wenigstens auf dem Gebiete der Botanik, haujDtsächlich vom Standpunkte der Erblichkeitslehre experimentell betrieben worden. Immerhin liegen zurzeit doch genügend cytologische Daten vor, die zeigen, daß das Verhältnis der Chromosoraenzahl von Bastarden und ihren Eltern in demselben Sinne und Grade wechselt wie bei den Apogamen und ihren sexuellen Verwandten. Nach ihren Chromosomenzahlen können die Bastarde ebenfalls in mehrere Gruppen eingeteilt werden. 1. Bastarde mit iso- und hetero-diploider Chromosomenzahl. Bei den meisten der bis jetzt untersuchten Angiospermen- Art- bastarden weist die aus der Heterozygote hervorgehende Diploid- phase in ihren Kernen die Summe der Chromosomenzahlen der beiden vereinigten Gameten auf. Die zur Vereinigung kommenden Gameten können dabei dieselben oder verschiedene Chro- mosomenzahlen aufweisen. Im ersteren Fall kann die Chromosomen- zahl des Bastardes als iso-diploid, im letzteren als hetero-di- ploid bezeichnet werden. a) Bastarde zwischen gleichchromosomigen Eltern. Der einfachere und jedenfalls bei natürlichen Bastarden häufigere Fall ist derjenige mit Chromosomengleichheit der Gameten, Die Chromosomenzahlen von apogamen und hybriden Angio.spermen. 327 resp. der Bastardeltern. Bastarde zwischen gleichchromosoniigen Eltern stimmen also in der Chromosomenzahl ihres S]3orophyten mit der diploiden Chromosomenzahl ihrer Eltern überein. Die Gameten solcher Bastarde zeigen, sofern sie fertil sind, ebenfalls die haploide Chromosomenzahl der Eltern. Hierfür einige Beispiele: Chromosomenzahl im Sporophyt Garaetophyt Autoren ni- Ribes intermedium Carr. ^) (R. grum L X sanguineum Prsh.) . . Ribes Gordonianum Lem. (R. aureum Prsh. X sanguineum Prsh.) . . Ribes pallidum (R. rubrum L. x pe- traeum) 16 16 20 8 8 10 Tischler 1906 Himmelbaur 1912 Die Chromosomenzahlen der Eltern dieser i?iie5>--Bastarde sind nicht direkt bestimmt worden, doch können sie nach Tischlers Ausführungen (1915, S. 191) wenigstens indirekt erschlossen werden. Die Reduktionsteilungen der drei Bastarde verlaufen nämlich nach Tischlers Feststellungen im großen und ganzen regelmäßig, d. h. sie erfolgen wenigstens ohne Bildung von „überzähligen" Chromosomen, die bei Bastardierungen zwischen verschieden chromosomigen Eltern in der Regel auftreten. Das macht wahrscheinlich, daß sich auch die Eltern dieser Hybriden in ihrer Chromosomenzahl nicht unter- scheiden. Demnach würden Eibes nigrum, aureum und sanguineum ebenfalls die Chromosomenzahlen 8 und 16, Eibes rubrum und pe- traeum dagegen 10 und 20 Chromosomen besitzen. Für den Bastard MirabiUs Jalapa X tubiflora hat Tischler (1907, 1908) Chromosomenzahlen von ca. 32 und 16 festgestellt und schließt auch hier aus den meist ganz normal verlaufenden allo- typischen Mitosen des Bastardes und dem Fehlen von „ungepaarten" Chromosomen, daß sich die Eltern wahrscheinlich in ihrer Chromo- somenzahl vom Bastard nicht unterscheiden. b) Bastardierung zwischen Eltern mit verschiedener Chromosomenzahl. Ein berühmtes und schon früh bekannt gewordenes Produkt einer Bastardierung zwischen Eltern mit verschiedener Chromosomen- zahl sind die dreichromosomigen Eier von Ascaris^ von denen durch Herla (1895) und Zoja (1895) nachgewiesen worden ist, daß sie das Resultat einer Kreuzung zwischen zwei Rassen, Ascaris megalo- cephala Uvalens X univalens darstellen. Im Pflanzenreich sind 1) Der Bastard B. intermedium Carr. ist fertil. R. Gordonianum Lern, da- gegen völlig steril. 328 Neuntes Kapitel. ähnliche Verhältnisse durch die Untersuchungen von Rosenberg') für einen Bastard zwischen Drosera rotundifolia X D. longifoUa •«O Fig. 94. Chromosomenzahlen von Drosera rotundifolia, longifoUa und ihres Bastardes. 1. Polansicht einer Kernplatte in einer Zelle der Wurzel- spitze von D. rotundifolia, mit 20 Chromosomen. 2. Polansicht einer Teilung des zweiten Teilungsschrittes einer Pollenmutterzelle von D. rotundifolia mit 10 längsgespaltenen Chromosomen. 3. Äquatorialplatte in einer Zelle der Wurzelspitze von D. longifoUa in Polansicht mit 40 Chromosomen. 4. Polansicht der heterotypischen Teilung in einer Pollenmutterzelle von D. longifoUa, 20 Gemini vorhanden. 5. Äquatorialplatte einer Teilungsfigur mit 30 Chromosomen aus einer Zelle der Wurzelspitze des Bastardes. G. Pro- phasen-Stadium der Pollenmutterzelle des Bastardes. Nach Eosenberg (1903, Taf. 7, Fig. 1, 3, 4, 7, 8 und 10). nachgewiesen worden. Die Chromosomenzahlen der beiden Eltern und ihres Bastardes sind: ^) Dieses Beispiel ist auch deswegen von großem Interesse, weil es uns zeigt, daß mit der Verdoppelung der Chromosoraenzahl bei nahe verwandten Arten durchaus kein Geschlechtsverlust und Übergang zur apogamen Fortpflanzung ver- bunden sein muß. Drosci-a longifoUa mit der im Vergleich zu D. rotundifolia für beide Generationen verdoppelten Chromosomenzahl ist nicht weniger fertil als diese. Das Gleiche gilt auch von Fallen der Chromosomenverdoppelung innerhalb anderer Gattungen. Saxifraga sponhemiea weist nach Pace (1912) im Sporo- phyten 30, im Gametophyten 15 Chromosomen auf. S. granulata dagegen hat nach Juel (1907) im Sporophyten ca. 60, im Gametophyten mehr als 30 Chromosomen, ohne jede Beeinträchtigung seiner Fertilität. Der dankenswerten Zusammenstellung von Tischler ist zu entnehmen, daß auch sonst innerhalb zahlreicher, engerer und weiterer Verwandtschaftskreise der Angiospermen, z. B. bei Monis, Kymphaea, bei Rosen, zahlreichen Liliaceen usw. im Verlauf der phylogenetischen Entwicklung Änderungen in den Chromosomenzablen eingetreten sein müssen, ohne daß mit der Erhöhung der Chromosomenzahl eine Änderung der normalen Fortpflanzungsver- hältnisse verbunden war. Chromosomenverdoppelung allein braucht also weder Sterilität noch Apogamie zur Folge zu haben, während Bastardierung in solchen Verwandtschaftskreisen zur Sterilität führen kann. Die Chrouiosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen. 329 Chromosomenzahl im Autoren Sporophyt Gametophyt Drosera rotundifolia 20 10 Rosenberg 1909 ,. longifolia 40 20 r '• „ rotundifolia x longifolia . 30 _^ 30 "2" •T ?? In der Diakinese der ßeduktionsteilung des Bastardes paaren sich 10 Chromosomen der D. rotunclifoUa mit 10 Chromosomen von D. longifolia zu 10 bivalenten Gemini, die 10 übrigen Chromosomen Fig. 95. Kernteilungen in denPollenmutterzellen des Bastardes Drosera rotundifolia x longifolia. 1 und 2 Kerne von Pollenrautterzellen in der Metaphase der ersten Teilung. In jeder Teilungsfigur 10 Doppelchromosomen und 10 einfache Chromosomen. 3 und 4 Pollenmutterzellen mit Metaphasen der zweiten Teilung. In der Kernplatte der Fig. 3 sind 13 Chromosomen vorhanden, 4 Chromo- somen liegen frei zwischen den beiden Kernen: die Kernplatte in Fig. 4 enthält 19 Chromosomen, 2 freie Chromosomen sind zwischen den beiden Spindeln. Nach Rosenberg (1909, Fig. 15 A und B, 20 B und C). von D. longifolia dagegen bleiben ungepaart. Die 10 bivalenten Chromosomen werden regelmäßig auf die Tochterkerne verteilt, da- gegen zeigen die ungepaarten Chromosomen sowohl in der hetero- typischen, wie in der homöotypischen Teilung verschiedenes Ver- halten. Es scheint zum Teil dem Zufall anheimgestellt, wohin diese Chromosomen kommen und die resultierenden Tetraden be- 330 Neuntes Kapitel. sitzen daher Kerne mit verschiedener Chromosomenzahl. Der Pollen des Bastards ist in der Hauj)tsache steril und nur bei Rückkreuzung mit einem Elter sind bis jetzt Ansätze zur Bildung einer Fg-Gene- ration erreicht worden. Noch mannigfaltigere Verhältnisse als bei der Kreuzung der ungieichchromosoinigen Drosera- Arten liegen bei Kreuzungen inner- halb der Gattung Oenothera vor. Es handelt sich hier um Kreuzungen zwischen den „typischen Arten" Oenothera biennis und 0. Lamark- Fig. !»(>. Kernteilungen aus Zollen des Bastardes Üeiiothcra Lavt. lata X 0. Lani. ylgas (haploide Chromosomenzahl von 0. lata = 7, von 0. gigas = 14). iaKern einer Pollenmutterzelle des Bastardes mit21 Chromosomen im postsynaptischen Stadium, die Kernmembran ist verschwunden, das Plasma zum Teil in die Kern- höhle eingedrungen, der Nucleolus noch vorhanden, 14 Chromosomen sind zu Paaren geordnet; 76 dieselbe Kernteilungsfigur, die gepaarten Chromosomen sind dunkel, die gesonderten weiß gehalten, um die Paare deutlicher hervortreten zu lassen; 2. die beiden Kerne einer Pollenmutterzelle während der Interkinese, in jedem der- selben 7 längsgespaltene Chromosomen und 3 resp. 4 kleine Chromosomen. 3. vege- tative Kernplatten des Bastardes mit 7 Chromosomenpaaren und 7 gesonderten Chromosomen, die gesonderteji Chromosomen weiß, die Chromosomenpaare dunkel gehalten. Nach Geerts (1911. Taf. VIII, Fig. 1, 4, 7, 9). klmia einerseits, die haploid im Gametophyten 7, dijoloid im Öporo- phyten 14 Chromosomen aufweisen, und konstanter mehrchromo- somiger Rassen derselben anderseits. Von diesen haben z. B. die Icita- Formen diploid 15, in ihren Gameten 7 und 8 Chromosomen, die gigas-Yorvaevi dagegen haploid und diploid die verdoppelten Zahlen 14 und 28. Die cytologischen Verhältnisse der von einer größeren Anzahl von Forschern vorgenommenen Kreuzungen (siehe An- merkung S. 353) dieser Formen und Rassen sind durchaus noch Die Chromosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen. 331 nicht eindeutig. Eine Besprechung ihrer Ergebnisse und der damit in Verbindung stehenden Kontroversen würde zu weit von unserer Fragestellung abführen. So sei an Stelle weiterer Ausführungen auf die Darlegung dieser Ergebnisse bei Tischler (1015, S. 210) verwiesen. Aus beiden Gruppen von Versuchen geht für unsere Frage- stellung zum mindesten hervor, daß sich die Chromosomenzahlen der aus den vereinigten, ungleichchromosomigen Gameten hervorgehenden Sporophyten verschieden verhalten können. In den einen Fällen werden offenbar schon frühzeitig im Entwicklungsgang der Hetero- zygote überzählige Chromosomen ausgeschieden und Bastardformen erzeugt, die in der Zahl ihrer Chromosomen mit dem einen der beiden Eltern übereinstimmen. Bei anderen Kreuzungen weist der Bastard in seinen vegetativen Zellen die den beiden Gametenkernen entsprechende Chromosomenzahl auf. Der Verlauf der Tetraden- teilung seiner Pollen- und Embryosackmutterzellen ist aber so un- regelmäßig, daß dadurch die Fertilität des Bastardes völlig ausgeschlossen ist oder nur dann zustande kommt, wenn im Ver- laufe dieser Teilungen durch Chromosomenelimination die Chromo- somenzahl (und vielleicht auch qualitativ der Chromosomensatz) des einen oder anderen Elters wieder hergestellt wird. Am wichtigsten aber sind für unsere Betrachtung diejenigen Kreuzungen unter gleich- und ungleichchromosomigen Oenotheren und Primeln, aus denen Bastarde mit konstanter oder annähernd kon- stanter neuer Chromosomenzahl hervorgehen. In anderen Verwandtschaftskreisen sind die Chromosomen der Eltern offenbar zu zahlreich und die Spindeln der Bastarde zu un- regelmäßig, als daß die Chromosomenzahl genau festgestellt werden könnte. Das trifft u. a. für den sonst cytologisch sehr eingehend untersuchten Bastard Syringa rofhomagensis = *S'. vulgai'is X 'S', persica (Juel 1900a, Tischler 1908) zu. 2. Bastarde mit tetraploider Chromosomenzahl. Trotzdem bis jetzt die Cytologie experimentell erzeugter Art- bastarde noch in den allerersten Anfängen steht, hat sie doch schon zur Feststellung eines Bastardes geführt, der nicht die diploide Chromosomenzahl aufweist, die der Vereinigung zweier ha- ploidkerniger Gameten seiner gleichchromosomigen Eltern entspricht, sondern tetraploid ist. Die Chromosomenzahl seiner Zellen ent- spricht der Summe der Diploidzahlen der beiden Eltern. Über Entstehung und Fortpflanzung dieses Artbastardes, der Primula Kewensis^ liegen Angaben vor, welche in mehrfacher Hinsicht für unsere Hyi^othese vom hybriden Ursprung der apogamen Pflanzen bedeutungsvoll sind. 332 Neuntes Kapitel. Außer diesem tetrajiloiden Bastard sollen auch noch, zwei weitere tetraploide Pflanzenformen besj^rochen werden, Primida sinensis gigas und Oenothera Lamarckia7ia gigas. Sie sind ebenfalls im Verlaufe experimenteller Untersuchungen entstanden, isoliert und studiert worden und liefern, obschon sie nicht direkt hybriden Ursprunges sind, weitere Vergleichspunkte für Diskussionen und Feststellungen über Änderungen der Chromosomenzahl bei Apogamen und Bastarden. a) Primula Kewensis. Die tetraploide und hybride Primula Kewefisis ist auf zwei Weisen entstanden. Einmal durch Kreuzung zwischen den Stamm- arten und anderseits aus dem sterilen und normal chromosomigen Fig. 97. Chromosomenzahl von Primula Kewensis (steril) und ihren Eltern. 7 Polansicht der Äquatorialplatte einer heterotypischen Teilung mit 9 Gemini, J homöotypische Spindel mit 9 Univalenten Chromosomen oder Chromosomenhälften von Pr. floribunda; 3 Polansicht der Äquatorialplatte der heterotypischen Teilung, 4 Interkinesis zwischen der ersten und der zweiten Reduktionsteilung von Pr. rerli- cillata; 5 Polansicht einer Äquatorialplatte einer heterotypischen Teilung mit 9 bivalenten Chromosomen von Pr. Kewensis (steril). Nach Digby (1912, Taf. 41, Fig. 34, Taf. 42, Fig. 41, 52, 53, 65). Vergr. 2250/1. Bastard infolge von Befruchtung einer zufällig entstandenen lang- griffeligen Blüte mit dem Pollen einer kurzgriffeligen Blüte. Über ihre nicht ganz einfache Entstehungsgeschichte ist zuerst im Bulletin von Kew (1910, S. 325) berichtet worden. Sie findet sich ausführlich dargestellt in der Einleitung zu den cytologischen Unter- suchungen von L. Digby (1912, S. 358). Primula Ketvensis trat 1899 in den Pflanzenhäusern von Kew zunächst in einem Exemplar in einer Aussaat von Samen von P. Die Chvomosomenzahlen von apogamen unrl hybriden Angiospermen. 333 floribunda auf. Diese waren von Pflanzen geerntet, welche im blühenden Zustande mit P. verticillata in größerer Stockzahl zu- sammengestanden hatten. Die von allen anderen Individuen der Aussaat abweichende Keimpflanze zeigte unverkennbar eine Ver- einigung verschiedener Eigenschaften der F. floribunda und P. ver- ticillata und hernach zur Blütezeit alle Merkmale eines inter- mediären Bastardes. Im Sommer 1900 wurde der gleiche Ba- stard auch durch künstliche Bastardierung von P. floribunda 9 X P. vei'ticillata rj" in einer größeren Anzahl von Individuen erhalten. Die sämtlichen Blüten des Bastardes waren kurzgriffelig und blieben steril. Infolgedessen konnten die Stöcke nur durch Stecklinge und durch Teilung erhalten und vermehrt werden. 1905 wurde eine an den sonst kurzgriffeligen Pflanzen s^^ontan und vereinzelt aufgetretene langgriffelige Blüte mit dem Pollen einer kurzgriffeligen Blüte bestäubt. Die entstehende Frucht ergab guten und keim- fähigen Samen. Die aus denselben gezogenen Pflanzen waren teils kurz- teils langgriffelig und lieferten bei legitimer Bestäubung wiederum keimfähige Samen \). Durch Selektion ist später eine Form derselben erhalten worden, welche den für P. verticillata charakteristischen mehligen Belag auf Blättern, Kelch und Krone aufweist und als P. Kewensis farinosa bekannt geworden ist. Auch diese Form ist völlig fertil. Erneute Kreuzungen zwischen P. floribimda und P verticillata, die in Kew vorgenommen wurden, ergaben nur der P. floribu7ida nahestehende Bastarde, dagegen keine einzige neue P Kewensis. Eine Kreuzung zwischen P verticillata und der blaßblühenden P floribimda isahellina lieferte indessen Bastarde vom Aussehen der P Kewensis farinosa. Sie stimmten wie diese mit der zuerst ent- standenen fertilen P Kewensis auch in der Chromosomenzahl völlig üb er ein. ') In obiger Wiedergabe der Entstehungsgeschichte der fertilen P. Keivcnsis bin ich den Angaben von L. Digby (1912, S. 358) gefolgt. C. Pellew und F. M. Durham (1916, S. 161) stellen die Genetik der fertilen Form wesentlich anders dai-. Nach ihren Quellen zeigte der sterile Bastard die nachfolgenden be- merkenswerten Eigenschaften: ,In the first place its main intiorescence bore pin- eyed (long styled) flowers. In the second place, though the style of the flowers was long, the stamens were in the position which they occupy in thrura-eyed flowers. In other words the flowers, though pin-eyed as judging by their styles, were tbrum-eyed as far as their stamens were concerned. In the third place other inflorescences which developed on this long styled plant bore ordinary thrum-eyed flowers". Über die Entstehung der Samen, aus denen dann die fertile Form her- vorging, heißt es weiter: „Self-pollination of the pin-eyed flowers resulted in the production of good seed, trom which have been raised all the fertile plants of P. Keiccnsis now in cultivation". Für unsere Betrachtung sind die Unterschiede in den Angaben über die Blütenformen des sterilen Bastardes belanglos; wichtig dagegen ist, daß nach beiden Darstellungen die fertile Form plötzlich aus dem sterilen Bastard bei Selbstbestäubung hervorgegangen ist. 334 Npuntes Kapitel. Eine erneute Erzeugung der tetraploiden P. Keivensis durch Kreuzung von Primula verticillata X floribunda, ist dagegen C. Pelle w und F. M. Durham (19 IG) gelungen i). Auch sie erhielten bei Kreuzungen der beiden genannten Arten als Nachkommen in der großen Mehrzahl der Fälle ausschließlich einseitige und zwar metrokline Bastarde. Im Samenmaterial aus 91 Kreuzungen P. ver- ticillata X floribunda und umgekehrt erschien P. Kcwensis nur zwei- mal und zwar immer nur in einem Exemplar. Beide Pflanzen waren fertil und blieben konstant. Die sterile Form des Bastardes wurde bei diesen Versuchen nicht erhalten. Chromosomenzahl im Autoren Sporophyt Gametophyt Primula floribunda . . . 18 9 Digby 1912, Dahlgren 1916 „ verticillata . . 18 9 „ Pr. Keweusis, steril . . 18 9 T „ „ fertil . . 36 18 , Dahlgren 1916 ,. .. ^farinosa" . 36 18 1* r Die Eltern des berühmten Bastards, P. floribunda und P. verti- cillata, haben beide 18 als diploide, 9 als haploide Chromosomenzahl. Der zuerst erhaltene sterile Bastard stimmt mit den Eltern in seinen Chromosomenzahlen überein. Die fertil e P. Keivensis''^) dagegen hat diese verdoppelt, ihr Gametophyt ist in Beziehung zu den Elternarten diploid, der Sporophyt tetraploid geworden. Im Ver- halten der Kerne unterscheidet sich der tetraploide Bastard^) von seinen Eltern vor allem durch eine vorübergehende Vereinigung von zwei bivalenten Chromosomen zu einem großen, quadrivalenten Chromosom bei der Vorbereitung zur ersten meiotischen Teilung, sowie durch eine besonders starke Kontraktion der Chromosomen im Stadium der Diakinese. Er stimmt mit den bereits genannten ^) Die Ergebnisse der Seite 398 ausführlich zu besprechenden Kreuzungsver- suche von C. Pellew und F. M. Durham machen es außerordentlich wahrschein- lich, daß bei der tetraploiden Primula Keuensis induzierte (stimulative) Apo- gamie vorliegt. Es ist daher zu erwarten, daß die von Digby und Dahlgren angegebene reduzierte Chromosomenzahl nur für die (^ Gametophyten, die Kerne des Pollenkorn- und Pollenschlauchinhaltes Gültigkeit hat, daß bei der Teilung der Embryosackmutterzelle dagegen die Reduktion unterbleibt, die Kerne des Embryo- sackes ebenfalls tetraploid sind und damit die Möglichkeit einer auf den Pollen- schlauchreiz hin erfolgenden apogamen Entwicklung der Eizelle gegeben ist. -) Die Chromosomenzahl der Nachkommenschaft des einen der beiden von Pellew und Durham experimentell erhaltenen fertilen Bastarde ist ebenfalls von L. Digby untersucht und haploid zu 18 und diploid zu 36 bestimmt worden. ^} Farmer und Digby (1914, S.5) haben ausgerechnet, daß das Gesamtvolumen der Chromosomen bei der fertilen P. Keivensis mit dem der sterilen Form ungefähr übereinstimme. Daraus ist der jedenfalls gewagte Schluß gezogen worden, daß die Chromosomenvermehrung durch Querspaltung der Chromosomen des ursprüng- lichen Chromosomensatzes und nicht durch Verdoppelung zustande gekommen sei. Dip Chroroosompn7.ah)pn von apogamen und hybrirlpn Anpfiospermpn. 335 tetraploiden Apogamen darin überein, daß die Kerne seiner Pollen- mutterzellen bedeutend größer sind als diejenigen der Elternarten. Für die tetraploide P. Kewensis ebenfalls Apogamie anzunehmen, lagen vorerst keine Anhaltspunkte vor. Kastrierte Blüten bilden nach den Feststellungen von L. Digby keine Samen, und eine Rück- kreuzung mit den Elternarten schien möglich. Beides s^^rach zusammen mit der reichlichen Samenbilduug und der verhältnismäßig guten Keimbarkeit der Samen durchaus für normale amphimiktische Fort- pflanzung. Nun machen die neuen Untersuchungen von C. Pellew und F. M. Durham für P. Kewensis apogame Fortpflanzung doch sehr wahrscheinlich, allerdings nicht in ihrer bis jetzt hauptsächlich Fig. 98. Zell- und Kerngröße, Chromosomenzahl der fertilen P. Kewensis. 1 Paarung der Chron)atinfäden zur Bildung der bivalenten Chromo- somen im Kern einer Pollenrautterzelle : 2 Mutterzelle mit Diakinesestadium des Kerns, 5 Polansicht eines Tochterasters der heterotypischen Teilung mit 18 Chromo- somen. Nach Digby (1912, Taf. 43, Fig. 76, 90. Taf. 44. Fig. 99)^ Vergr. 2250/1. studierten Form, sondern in derjenigen, die früher als Pseudogamie und Monolepsis bezeichnet wurde und im nächsten Kapitel als in- duzierte (stimulative) Apogamie zu besprechen ist. b) Primula sinensis gigas. Im Formenkreis der Primula sinensis existieren nach Unter- suchungen von Gregory Riesenformen mit diploider und solche mit tetraploider Chromosoraenzahl. Die von ihm zuerst (1909) beschriebene Riesenform stimmt in der Chromosomenzahl der haploiden und diploiden Phase mit der typischen Art völlig überein. Dagegen hatte er den deutlichen Eindruck, daß ein Unterschied in der Größe der Chromosomen, zum mindesten in der Metaphase der heterotypischen Teilung, ferner in der Größe der ruhenden Kerne und entsprechend in der Größe der ganzen Zellen existiere. Für die 1914 untersuchte tetraploide Primula sinensis gigas wurden die Chromosomenzahlen zu 48 im Sporophyten und 24 im Gametophyten bestimmt. Dabei wird besonders angegeben, daß 336 Neuntes Kapitel. zwischen den Chromosomensätzen der kurz- und langgriffeligen Form keine Unterschiede sichtbar seien. Chromosomenzahl im Spoi'ophyt Gametophyt Autoren Primula sinensis') 24 , 12 var. gigas I (1909) ! 24 ! 12 . II (1914) 48 24 Gregory 1909 1914 Nach ihrem Ursprung gehörten die 1914 untersuchten tetra- ploiden Riesen zwei verschiedenen Rassen an. Nur die eine davon ist in Gregorys eigenen Zuchten entstanden und auf diese be- schränken sich infolgedessen auch seine Angaben (1914, S. 485) über die Entstehung. .,Two non-giant diploid plants were crossed to- gether reci^jrocally. The F^ from one of these crosses gave a per- fectly normal Fg, consisting of non-giant plants among which all the expected classes of offsj)ring were represented in numbers closely approximating to expectation. The F^ from the reciprocal cross gave no seeds in a cross with one of its jDarent races and gave only four plants as a result of self-fertilization. These four plants were giants, and from one of them the race has been bred." Eine weitere Riesenform von P. sinensis, und zwar der Varietät „White Queen Star", ist ungefähr gleichzeitig von F. Keeble (1912) im Verlaufe von Selektionsexperimenten mit Pflanzen, deren Blüten überzählige Fetalen besaßen, erhalten und durch Selbstbefruchtung in 4 Generationen gezogen worden. Ob auch diese Riesenform tetra- ploid ist, ist noch nicht festgestellt, doch sehr wahrscheinlich, da sie in einer ganzen Anzahl von Eigenschaften mit (xregorys tetra- ploider gigas-Form übereinstimmt. Im Gegensatz zu der 1909 von ihm untersuchten diploiden Riesenrasse gaben die beiden tetrajjloiden Riesenrassen Gregorys bei Kreuzungen mit verschiedenen anderen diploiden Rassen keine fertilen Samen. Dagegen erzeugten sie bei Selbstbefruchtung eine verhältnismäßig kleine Anzahl von Samen, so daß ihre Bestände bis jetzt in jeder Generation fast immer gering geblieben sind. Ganz ähnlich ist das Verhalten von Miß Keebles „Giant White Queen Star". Während Pflanzen der normalen „White Queen Star" sowohl bei Selbstbestäubung als auch bei Kreuzung mit anderen Varietäten von P. sinoisls fertil waren, blieb die Riesenform relativ steril. Immerhin wurden durch Selbstbestäubung der erstmals 1908 erhaltenen Riesenform genügend Samen erhalten, um sie fortzupflanzen. Die partielle Sterilität der ersten Generation ') Die Chromosomenzahl der Primida- Arten scheint recht variabel zu sein. Für F. officinalis hat neuerdings Dahlgren (1916) die haploide Zahl zu 11. die diploide zu 22 bestimmt. Die Chroinosomenzahlen von ai)Oganien und hybriden Angiospermen. 337 trat später nur noch gemildert auf und ermöglichte in den folgen- den Jahren einen schönen Samenertrag. Insgesamt wurden während vier Generationen mehrere hundert Nachkommen kultiviert und sorgfältig beobachtet, alle haben ohne Ausnahme die gigas-Form unverändert beibehalten. Kreuzungen zwischen „Giant White Queen Star" und anderen Varietäten blieben erfolglos, ganz gleich, ob die Riesenform als Samen- oder als Pollenelter benutzt wurde. Auch bei Rückkreuzung mit der Elternform, welche zu wieder- holten Malen versucht wurde, war das Ergebnis, ein einziger zweifelhafter Fall ausgenommen, der zwei Samen lieferte, immer negativ. Die Entstehungsgeschichte der Riesenformen von Frimula si- nensis ist nach den vorstehenden Angaben von derjenigen der fertilen Primida Kewensis verschieden. Diese ist erstmals aus Samen hervorgegangen, die durch Selbstbestäubung an einer in der Haupt- sache sterilen F^ - Generation eines Artbastardes gewonnen wurden. Die Chromosomenverdoppelung ist hier also zunächst nicht als direkte Folge der Bastardierung aufgetreten, sondern derselbei^ erst bei der Erzeugung der Fg- Generation nachgefolgt, bei der Ent- stehung der P. Keive?isis farinosa dagegen schon unmittelbar nach der Bastardierung in der F^ - Generation vorhanden gewesen. Im Gegensatz dazu sind nun die Riesenformen von P. sinensis stets aus Kreuzungen zwischen Individuen derselben Rasse oder nach Selbstbestäubung entstanden. Der homozygotische Charakter der verwendeten Rassen dieser so formenreichen Zierj^flanze dürfte aller- dings bei der verhältnismäßig geringen Samenzahl der Primula- früchte trotz angegebener Konstanz während einiger Generationen nicht über alle Maßen einwandfrei sicherstehen. c) Die Gigas-Formen in der Gattung Oenothera. Den Beispielen für Chromosomenverdoppelung bei fertilen Prifmda-'H.yhriden schließt sich in mehrfacher Hinsicht ein schon einige Jahre früher zur Kenntnis gelangtes Vorkommnis innerhalb der an Mutationen reichen Formenkreise der Gattung Oenothera an. Aus der Fülle von Daten, welche in den letzten Jahren unsere Kenntnis der cytologischen Verhältnisse und Vorgänge am klas- sischen Studienobjekt- der Mutationstheorie erweitert haben, seien nur einige wenige zur Beleuchtung der plötzlichen Chromo- somenverdoppelung bei 0. Lamarcldana var. glgas herausge- griffen 1), 1) Zusammenstellungen mit den Chromosomenzalilen einer größeren Anzahl von Oenotliera-Avien, Mutationen und Bastarden und den entsprechenden Literatur- angaben finden sich bei Tischler (1915,8. 194195) und Gates (1915). Ernst, Bastardierung. 22 338 Neuntes Kapitel. Chromosomenzahl im Autoren Sporo- phyt Gameto- phyt Oenothera bieniiis 14 7 Gates 1909, Davis 1910. >> muricata 14 7 Stomps 1912, Renner 1914. Lamarckiana . . . Lam. Mutanten (rub- 14 7 Lutz 1907, Geertsl907, 1909, Gates 1907, Davis 1911. )) rinervis, nanella, laevi- folia, oblonga, albida) Lam. var. gigas . 14 28 7 14 Gates 1908, 1909, Lutz 1908. Lutz 1907, Davis 1911, Gates 1908, 1909, 1911, 1915. )> stenomeres var. gigas 28 14 Bartlett 1915 a. >) p r a t i n c 0 1 a var. giga'S 28 14 1915 b und c. Oenothera Lamarckiana var. gigas zeichnet sich durch ihre Ge- samtgröße und die bedeutendere Größe einzelner Organe vor allen anderen Mutanten der 0. Lamarckiana aus. Von dieser selbst ist sie (vgl. Fig. 100 und de Vries, 1901, I. S. 227) durch kräftigere Statur, breitere Blätter von besonders intensiv grüner Farbe, dickere Blütenknospen und größere Blüten unterschieden. Auch die Samen der 0. Lam. gigas sind größer und schwerer als diejenigen der Stamm joflanze, die Keimpflanzen kräftiger und die Blätter der jungen Pflanzen breiter'). Die an Kernen und Zellen vorgenommenen Messungen von Gates (1909, S. 529) haben eine der Chromosomen- verdoppelung entsprechende Zunahme des Volumens ergeben, wo- ^) Über die Bedeutung von Änderungen der Chromosomenzahl iür die Statur und die einzelnen morphologischen Merkmale der Oenothera-Mutanten und im be- sonderen über die Bedeutung der Chromosomenverdoppelung für das Zustande- kommen des Ö2V/as-Charakters gehen die Ansichten weit auseinander. Diejenigen Autoren, die Mutanten mit abweichender Chromosom enzalil auf „zufällige Unregel- mäßigkeiten bei der Chromosomenverteilung" zurückführen, betrachten in der Regel auch die Besonderheit des zufällig erworbenen Chromosomensatzes als ausschlag- gebend für die Abweichungen in der Statur der Mutanten. Stomps hat sich zu wiederholten Malen gegen so enge Beziehungen zwischen Statur und Chromosomen- zahl ausgesprochen. P]r ist der Ansicht, daß eine vei'änderte Chromosomenzahl viel- mehr als Folge der sämtlichen Mutationserscheinungen angesehen werden müsse, die zu gleicher Zeit die anderen Merkmale des neu aufgetretenen Individuums hervor- riefen. Als Beweis niaterial für seine Ansicht führt er (1916, S. 134fF.) verschiedene Tatsachen aus der Literatur und namentlich Ergebnisse eigener LTntersuchungen an triploiden und tetraploiden Mutanten an, die ihm sicher zu stellen scheinen, „daß eine Oigas nicht infolge einer zufälligen Verdopplung des Chromosomensatzes der Mutterart in Erscheinung tritt. Sie ist im Gegenteil als eine richtige Mutation mit wesentlich neuen Eigenschaften zu betrachten und unter diesen Merkmalen ist die erhöhte Chromosomenzahl sogar von nebensächlicher Bedeutung". Die Chromosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen. 339 bei S23eziell im SynajDsis-Stadium der Kerne von Pollen m utter- z eilen das Volumenverliältnis 2 : 1 festgestellt wurde. Konstante Größenunterschiede der Zellen und Kerne von 0. Lam. und 0. Lam. gigas lassen auch die Figuren zu den vergleichend -cytologischen Studien von Davis (1911) erkennen. Einige derselben sind in Fig. 99 wiedergegeben. Über die Entstehung der in Bartlett's Kulturen aufgetretenen und erst 1915 beschriebenen 0. stenomeres und 0. pratincola var. gigas liegen noch keine eingehenden Angaben vor. Die letztere ist in einem ersten Exemplare in einem von Bartlett untersuchten, 1a Fig. 99. Zellkerne gleicher Entwicklungsstadien aus dem Verlaufe der Pol! enhil düng von Ocnoihcra Lamarclciana (n) und 0. Lam. gigas (h). la und b Entsprechende Stadien (Telophase) der Teilung in einer Archesporzelle, Chromosomen noch sichtbar; 2a und b Kerne von Pollenmutterzellen mit großem Nukleolus, Chromatinkörpern und feinem Fadennetz; Sa und b Kerne von Pollenmutterzellen im Synapsisstadium. Nach Davis (1911, Fig. 1, 2, 8; 46, 48, 54). Vergr. 2000/1. Massenmutationen liefernden Stamme der 0. pratincola entstanden. An diesem Exemplare wurde die Chromosomenzahl bestinmit. Ein zweites Mal ist sie als Mutation aus der Nachkommenschaft eines anderen Stammes hervorgegangen, doch sind Chromosomenzahl und Erblichkeitsverhältnisse des letzteren Exemplares noch nicht be- kannt geworden. Oenothera Lamarcldana gigas dagegen ist schon bis 1909 nicht weniger als siebenmal entstanden. Sie erschien 1895 zum ersten- mal und in einem einzigen Exemplare im Experimentiergarten von Hugo de Vries (1901, I. S. 159; 1913, S. 175) inmitten einer Gruppe von 0. Lamarcldana^ welche während drei voraus- gegangenen Generationen konstant geblieben war. Irgendwelche 22* 340 Neuntes Kapitel. Zwischenstadien zwischen diesem einen stark abweichenden Indivi- duum und den anderen Exemplaren typischer 0. Lamarckiatia waren nicht vorhanden. Die aus selbstbefruchteten Samen gezogenen Nach- kommen dieses Individuums blieben konstant und waren ohne jede Ausnahme rein gigas. Dann stellte sie sich von neuem 1898 ein und zwar entstand sie dieses zweite Mal aus dem Samen einer Pflanze von 0. sublinearis^ welche ihrerseits ihren Ursprung un- mittelbar aus der Lamarckianagruppe genommen hatte. 1899 ent- A B Fig. 100. Oenot/iera Lani(ircl:ia)ia und Oenothera Lainarcl:iana yiyas. A. typische Form. Sproßgipfel am Anfang der Blüte. B. Gigas-Fovm, Sproßgipfel am Anfang der Blüte ; bei a ein Kronblatt einer Blüte abgebrochen, b verwelkende Blüten. Nach de Vries, aus Jost (1913, S. r,30, Fig. 120). stand sie zum dritten Male, und zwar als Resultat einer Kreu- zung von Oenothera lata mit (). Idrfella. Die 1898 aufgetretene Pflanze lieferte keine reifen Samen und die 1899 als Bastard ent- standene Gigus-TÜanze starb schon als Rosette ab. Auch die weiteren Exemplare von (). Lam. gigas, die in den Kulturen von D. T. Mac Dougal und A. R. Schonten (vgl. die Lit. bei R. Gates 1909, Davis 1911) entstanden, sind leider nicht cytologisch untersucht worden. Die obengenannten Chromosomenzahlen von 0. Lam. gigas sind ausschließlich an Nachkommen der 1895 in den Kulturen von de Vries aufgetretenen Gigas - Pflanze gefunden worden. Von Die Chromosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospei'nien. 341 ihnen stammt auch das Material zu den besonders eingehenden Untersuchungen von Gates (1911b) und Davis (1911) über den Verlauf der Reduktionsteilungen in den Pollenmutterzellen und ferner zu den interessanten Bastardierungsversuchen, die schon S. 330 erwähnt worden sind. Wie Primula Kewensis hat also auch Oenothera Lamarckiana gigcis verschiedenen Ursprung. F. Kewensis farinosa ist zweimal entstanden, das eine Mal direkt, das andere Mal indirekt als Hybride. In beiden Fällen ist die elterliche Chromosomenzahl verdoj^pelt. Das weist auf die Möglichkeit hin, daß auch Oenothera Lam. gigcis nicht nur in der bis jetzt allein untersuchten, nach der Entstehung als Mutant geltenden Form, sondern auch in der als Bastard entstandenen Form die gleiche erhöhte Chromosomenzahl haben könnte. Durch den Nachweis, daß eine Verdoppelung des Chromo- somensatzes sich bei der Entstehung von Primula Kewensis und P. sinensis gigas als direkte oder indirekte Folge der Bastardierung, bei der Entstehung von Oenothera Lam. gigas zwar aus bisher noch unbekannten Gründen, aber jedenfalls unter dauernder Aufsicht des Experimentators vollzogen hat, ist, um mit Strasburg er zu sprechen, „die ganze Vorstellung über Änderung der Chromosomen- zahlen aus dem Gebiete der Theorie auf den Boden der Tatsachen versetzt worden". Es wurden hier im Experiment Resultate er- reicht, ähnlich denjenigen, welche in der Natur zur Folge gehabt haben, daß innerhalb verschiedener Gattungen einzelne Arten die doppelte Chromosomenzahl anderer Arten aufweisen. 3. Die Beziehungen zwischen Chroniosomcnverdoppelung, Hybridismus und Apogamie. Die in den beiden vorstehenden Abschnitten besprochenen Tatsachen ergeben, daß ungefähr die Hälfte der bis jetzt als apogam befundenen Angiospermen im Vergleich zu den befruchtungsbe- dürftigen Verwandten eine Verdoppelung der Chromosomenzahl er- fahren hat. Ähnliche Verdoppelungen oder noch weitergehende Er- höhungen der Chromosomenzahlen werden auch innerhalb der fertilen Arten von Gattungen, bei Varietäten derselben Art, bei Mutationen, und was für unsere Beweisführung besonders wichtig ist, bei experimentell erzeugten, fertilen Artbastarden gefunden. Die Entstehung tetrajoloider, neuer Pflanzenformen aus Stamm- formen mit diploidem Sporophyten durch einmalige Verdoppelung der Chromosomenzahl ist also möglich. Sie kann bei der Ent- stehung apogamer SipjDen aus befruchtungsbedürftigen Stammformen ebenso plötzlich wie bei den besprochenen P/7/y?i'«/a-Bastarden und 342 Neuntes Kapitel. den Oenothera-Miitationen eingetreten sein. Aus der Tatsache, daß einige Spezies mit erhöhter Chromosomenzahl apogam oder apospor sind, hat man bisher den Schluß gezogen, daß die Vereinigung der Apogamie mit tetraploider Chromosomenzahl auf dem Vorhandensein kausaler Beziehungen zwischen beiden Erschei- nungen beruhe. Es müßten demnach ganz ähnliche Beziehungen auch zwischen Chromosomen Verdoppelung und Bastar- dierung, sowie zwischen Chromosomen Verdoppelung und Mutation existieren. Einer solchen Annahme gegenüber erscheint es wohl zweckmäßiger, die Erhöhung der Chromosomen zahl nicht als Ursache, sondern als Begleiterscheinung von Apogamie, Mutation und Bastardierung zu betrachten und die Frage zu prüfen, ob nicht in allen Fällen dieselbe oder ähnliche Ursachen dieselbe Folgeerscheinung aus- lösen. Eine Verdoppelung des Chromosomensatzes infolge Bastardie- rung trifft Sporophyt und Gametophyt. Bei fertilen Bastarden be- dingt sie eine gleiche Zunahme der Chromosomenzahl für Sperma- kern und Eikern. Trotz dieser Vermehrung können, wie die Bei- spiele der genannten Primeln und der 0. Lam. gigas zeigen, die geschlechtlichen Funktionen fortdauern. Immerhin ist zu er- wähnen, daß Ü. Lam. gigas^ wde ihre Stammart, partielle Sterilität der Pollenkörner und Samenanlagen zeigt. Den Studien von G- a t e s (1911b) und Davis (1911) über die Pollenentwicklung von 0. Lam. gigas ist zu entnehmen, daß Unregelmäßigkeiten in der Verteilung der Chromosomen im Verlauf der Beduktionsteilungen von 0. Law. und 0. Lam. gigas (vgl. Fig. 104) recht häufig sind und wenig- stens teilweise zur Pollensterilität dieser Formen beitragen werden. Partielle Sterilität und andere Eigentümlichkeiten im Entwick- lungsgang veranlaßten Gates sogar zur Hypothese, daß auch 0. Lam. gigas Zeichen von Apogamie ausbilde. "Weitere Unter- suchungen an 0. Lam. gigas und ebenso an 0. stenomeres und pra- iincola gigas^) werden sich also vor allem mit der Feststellung dieser Neigung zur Apogamie und mit dem Nachweis eines hybriden Ursj^runges dieser Formen besonders eingehend zu be- schäftigen haben. ') Von der primären Mutation Oenotlicra pratinrola gigas wurden aus einer größeren Anzahl von Kapseln nur eine geringe Anzahl von Samen er- halten, die insgesamt eine überlebende Nachkommenschaft von 16 Stöcken lieferte. Diese glichen alle nicht dem Elternstock, sondern anderen Mutationen der 0. pratincola. Auch die Kreuzung von 0. pratincola gigas mit 0. pratincola f. typica gab sehr verschiedenartige Nachkommen. Diese zeichneten sich gleich den reinen Nachkommen der 0. pratincola gigas und den anderen Massen- mutanten der 0. pratincola durch geringe Fruchtbarkeit und Bildung tauber Samen aus. Die Chromosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen. 343 C. Zeitj)unkt und Mechanik der Chroniosonienvermehrung bei Apogamen und bei Bastarden. Für unsere Hypothese vom hybriden Ursj)rung der Apogamen spricht weiter der Umstand, daß man sich im letzten Jahrzehnt über die Vorgänge der Chroniosonienvermehrung bei Ajiogamen einerseits, bei den experimentell erzeugten tetraploiden Bastarden anderseits ganz ähnliche Vorstellungen gemacht hat. 1. Entstehung von Tetraploidie infolge abnormaler Teilungen von Zygoten- kernen oder Vereinigung diploider Gameten. Über Zeitpunkt und Mechanik der Chromosomen- vermehrung bei Apogamen hat im besonderen Strasburger im Anschluß an seine Untersuchungen an W ikstroemia eingehende Erörterungen angestellt. Da Wikstroemia canesccns hinsichtlich ihrer Chromosomenzahlen mit den anderen bisher untersuchten Tlnjmelaeaceae übereinstimmt, so sind 9 als haploide, 18 als diploide Chromosomenzahl die Aus- Fig. 101. Chromosomenzahlen bei amphimiktischen und apomikti- schen Wikstroemia-kxien. 1 und 2 Stadien der ersten Kernteilung in Pollen- mutterzellen von \V. canesceus, 1 mit Seitenansicht der Reduktionsspindel, 2 Kern- platte mit 9 Chromosomen in Polansicht. 3 — J Stadien aus dem Teilungsverlauf der Pollenmutterzellen von W. indica. 3 Reduktionsspindel in Seitenansicht, 4 Reduktionskernplatte mit 28 Chromosomen in Polansicht. 5 Anaphase der Reduktionsteilung, in a und h die obere und die untere der beiden durch Teilung der Reduktionskernplatte erzeugten Tochterkernanlageu. Nach Strasburger (1910b, Taf. VI, Fig. 3, 4, 7, 8, 9a und b). Vergr. 1600/1. gangspunkte für Deutungsversuche anderer in der Gattung Wik- stroemia auftretender Chromosomenzahlen. Die Vergleichung der Reduktionssjjindeln in den Pollenmutterzellen von W. canescens und indica hat ergeben, daß die Vermehrung der Chromosomen- zahl von W. Indica keine Größe nabnah nie derselben zur Folge gehabt hat. Ihre Gemini sind vielmehr größer als die- 344 Neuntes Kapitel. jenigen von W. ccmescens und entsprechend der Zunahme der Chro- mosomenzahl ist auch der Durchmesser der Kerne gewachsen. Für das Zustandekommen der Chromosomenvermehrung können Vorgänge der Quer- oder Längsspaltung in Frage kommen. Querteilung aller Chromosomen von W. canescetis in je drei Stücke würde für den Sporophyten der W. indica 54 Chromosomen, für die Reduktionsteilung iu ihren Pollenmutterzellen 27 Gemini ergeben, also Zahlen, die mit den beobachteten annähernd übereinstimmen. Gegen die Wahrscheinlichkeit derartiger Querteilungen sprechen nach Stras- burger (1910b, S. 402) die beobachteten Größenverhältnisse der Chro- mosomen und Kerne, „welche gebieterisch die Annahme verlangen, daß sich bei W. indica die Zahl ganzer Chromosomen vermehrt habe". Es erscheint ihm daher nur die Vorstellung zulässig, daß eine A^er- mehrung der Chromosomen von W. indica auf dem Wege der Längs- spaltung erfolgt sei. Strasburger führt weiter aus, daß zwei Wege aus dem Bereiche der bisherigen Erfahrungen ^) ein solches Ergebnis zeitigen könnten: „eine mitotische Kernteilung, die von einer Wiedervereinigung der Tochterkerne gefolgt wird, oder über- zählige Längsspaltungen der Chromosomen in den Prophasen einer Kernteilung". Den phylogenetischen AVeg zu der bei ]Y. indica er- folgten Chromosomenvermehrung stellte sich Strasburger durch die Annahme vor, „es sei, aus gegebenen Gründen, in einem be- fruchteten Wiks1roemia-^\^ das die ursjjrünglichen 2 mal 9 Chromo- somen im Keimkern führte, einer Verdoppelung dieser 18 Chromo- somen nicht die Zellteilung gefolgt, was die Entstehung eines Kerns mit 36 Chromosomen veranlaßte". Dieser tetraploide Kern erst hätte dann als Ausgangspunkt für die Keimbildung gedient. Die Chromosomenverdoppelung im Keimkern selbst erschien Stras- burg er denkbar, sowohl als Folge einer unvollendeten Kernteilung, die nach vollzogener Trennung der Tochterchromosomen in der Anaphase rückläufig wird und ein Verschmelzungsj)rodukt mit ') Für eine Reihe von Fällen ist bekannt, daß in den Zellen mit abnorm ge- steigertem Stoffwechsel nicht nur eine starke Vermehrung des Chromatingehaltes der Kerne, sondern im Verlauf ihrer Teilungen auch eine deutliche Längsspaltung der Chromosomen außer der normal im Verlauf der Mitose eintretenden oder doch ein Anlauf dazu stattfindet. Als Beispiele für diese Vorgänge zitiert z. B. Tischler (1910, S. 659) Angaben von Rosenberg für die Kerne der Suspensorzellen von Capsella und für Kerne aus dem Konnektive von Drosera, das durch ein Insekt angestochen worden war. Ferner gehören hierher Angaben von v. Guttenberg über das Verhalten der durch Parasiten gereizten Kerne von Adoxa, von Nemec über die Erhaltung einer durch Hyperchro masi e erreichten höheren Chromo- somenzahl während der nächstfolgenden Kernteilungen in Zellen dekapitierter Wurzeln von Asplenium decussatiim. Schließlich gehört hierher auch die schon S. 303 erwähnte Eigentümlichkeit, daß im unteren Embryosackkern von Lilium und Tulipa bei besonders kräftiger Ernährung ebenfalls eine bis zur Verdoppelung gehende Zunahme der Chromosomenzahl stattfindet. Die Cbromosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen. 345 doppelter Chromosomenzahl liefert, oder auch verursacht durch die Wiedervereinigung der schon getrennten beiden ersten Kerne der Keimanlage, auf deren Bildung eine Zellteilung nicht nachfolge. Beide Vorgänge sind, unter Anwendung der zuerst von Nemec (vgl. 1910) ausgearbeiteten Methoden, z. B. in chloralisierten Erbsen- wurzeln künstlich zu erzeugen und führen, wie dieser gezeigt hat, stets zur Bildung von tetraj^loiden Kernen. Die Chromosomenzahl von WiJcstroemia indica wird durch die Annahme eines solchen Modus der Verdopj^elung nicht völlig er- 2b 2c Fig. 102. Heterotypische und vegetative Kernteilungen bei WiJcstroemia indica. la — c verschiedene Stadien der Ausbildung der Pollenmutter- zellen, a Kern im Synapsisstadium, c Kern im Stadium der Diakinese, b Polan- sicht der Reduktionskernplatte. 2 a — c verschiedene Kernteilungsstadien in diploid-somatischen Zellen jugendlicher Gewebe; a Kern einer Nucelluszelle in den Prophasen der Teilung, b Polansicht der Kernplatte in einer Nucelluszelle, c An- sicht der Kernplatte in einer Zelle der äußeren Zell reihe des inneren Integumentes. Nach Strasburger (1909a, Taf. 1, Fig. 4, 5, 10, 18, 23 und 28). Vergr. 1600/1. klärt. Sie macht noch eine weitere Hilfshypothese notwendig, auf welche später (vgl. S. 352) einzutreten sein wird. Dagegen könnte durch einen der beiden angegebenen Vorgänge sehr wohl die im Vergleich zu Alchemiüa arveiisis verdo23pelte Chromosomen- zahl bei fertilen und apogamen Eualchemillen entstanden sein. Auch hier zeigt nämlich nach Strasburger die Vergleichung der Kernteilungsbilder und der Kerngrößen, daß die Zahl ganzer Chromosomen bei den Eualchemillen gegenüber A. arvensis ver- doppelt worden ist. Nimmt man die Gametophyten von A. arvensis mit 16 Chromosomen als haploid, ihre Sporophyten mit 32 als di- ploid an, so sind die Sporophyten der Eualchemillen tetrajDloid. Andere Gattungen der Rosaceen, wie z. B. Ruhiis und Rosa^ weisen 346 Neuntes Kapitel. auch niedrigere Chroniosonienzahlen, 6 und 8 auf. Sollte also die Zahl 16 der Gemini in Pollenmutterzellen oder einzelner Chromo- somen in den Gametophytenkernen des Subgenus Aphanes der Gattung Alchemllla etwa die Verdoppelung einer ursprünglichen Zahl acht darstellen, so wären schon die Aplianes im Sporophyten tetraploid, die Eualchemillen dagegen oktojiloid. Auch die Chro- mosomenzahl von Antennaria alpina (52 Chromosomen im Sporophyten) fände, da die naheverwandte und normal geschlechtliche A. dioica nur 26 Chromosomen aufweist, durch diese Annahme ihre Erklärung. Fig. 103. Chromosonienzahlen der ampliimiktischen und apomik- ti sehen AlcliemiUcn. 1 und 2 Kernteilungsfiguren in Pollenmutterzellen von A. arvensis L. 1 Stadium der Diakinese, die bivalenten Chromosomen bei verschiedener Einstellung eingetragen; 2 Kernplatte mit 16 Doppelchromo- somen in Polansicht; 3—5 Kernteilungsstadien in Pollenmutterzellen von A. speeiosa Bus. 3 Stadium der Diakinese, 4 Kernplatte der heterotypischen Spindel mit 32 (Temini in Polansicht; 5 zweiter Teilungsschritt in der Pollen- mutterzelle, in der einen Tochterzelle die Kernspindel in Seitenansicht, in der anderen die Kernplatte in Polansicht mit 32 Chromosomen. Nach Stras- burger (1905, Taf. I, Fig. 1, 4, 11, 13 und 14). Vergr. 1500/1. Hinsichtlich der aj)oganien Hieracien hat sich Rosenberg schon 1907 ebenfalls dahin geäußert, es könnte die Doppelzahl von Chro- mosomen, die apogame Arten im Vergleich zu normalgeschlecht- lichen aufweisen, die Folge einer Längsspaltung von Chro- mosomen ohne nachfolgende Kernteilung sein. Auf dieselbe Möglichkeit hat er auch wieder in seiner Studie „Über die Chro- mosomenzahlen bei Taraxa cum und Fosn'-'^ (1909, S. 161) hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht, daß in dieser Formenreihe einzelne Arten mit der Chrom osomenvermehrung zugleich zur Apogamie übergegangen sind. Die Chromosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen. 347 Daß aber Cliromosomenverdoppelung nicht immer A230gamie zur Folge hat, sondern tetraploid gewordene Pflanzen auch fertil sein können, zeigen ja die bereits besprochenen Beispiele von 0. Lam. gigas und die tetraploid gewordenen Primeln. Auch für diese sind aber, soweit bis jetzt diesbezügliche Untersuchungen und Äußerungen überhaupt vorliegen, zum Teil ganz ähnliche Vorgänge der Chromosomenverdop23elun g angenommen worden. Die Tragweite der Chromosomenverdopjoelung von 0. Lam. gigas und der Frage nach dem Zustandekommen einer solchen Verdop- pelung ist von de Vries sofort erkannt worden und veranlaßte ihn (1908, S. 756) zu der Bemerkung: „Es ist eine sehr wichtige Frage, ob die Verdoppelung bei dieser Mutation durch eine Längsspaltung oder durch Querteilungen erreicht worden ist. Im ersteren Falle würde die 0. Lam. gi gas zwei vollständige Sätze von je 14 Chromosomen führen und dürfte jeder einzelne Satz für die Vertretung aller erblichen Eigenschaften genügen. Es würde dieses auf eine ähnliche Erklärung auch für anderweitig be- obachtete hohe Chromosomenzahlen hinweisen". Diese Gedanken hat Gates (1909, S. 549) weiter verfolgt und ist zur Ansicht gekommen, „that the double number of chromosomes in 0. gf'gas originated soon after fertilization, by the failure of a nucleus to complete its di Vision after the chromosomes had divided". Für die Annahme einer Verdopj^elung der Chromosomenzahl in ein- oder wenigzelligen Keimanlagen ist auch Davis (1911) eingetreten und ebenso war Strasburger (1910b) der Ansicht, daß diese Annahme unter den vorauszusehenden Möglichkeiten mehr Aussicht habe, das Eichtige getroffen zu haben als andere. Sicher ist nach ihm, „daß die 0. Lam. gigas gleich bei der Keimung des Samens, aus dem sie hervor- geht, sich durch die Merkmale, die H. de Vries veranlaßten, sie , gigas' zu nennen, als solche zu erkennen gibt". Auf eine weitere Möglichkeit der Entstehung einer tetraj)loiden Chromosomenzahl durch Längsteilung der Chromosomen ohne nach- folgende Kernteilung oder in Verbindung mit erneuter Verschmelzung der Teilkerne hat Gates (1911 und 1913) hingewiesen. Geerts 1909, S. 144) hatte bei seinen Untersuchungen an 0. Lamarcldana in einer Pollenmutterzelle statt 14 Chromosomen derer 28 vorge- funden. Während Stomps die Ansicht vertrat, daß eine solche Mutterzelle eine Chromosomenreduktion erfahre, die später ent- stehende (dij^loide) Eizelle nach normaler Befruchtung einen tri- ploidkernigen, nach Befruchtung mit einem ebenfalls diploiden Spermakern einen tetraploiden Embryo liefere, hält Gates in einem solchen Falle die Entstehung der tetraj^loiden Zahl ebenfalls für die Folge einer unterbrochenen und trotz bereits eingetretener Chromosomenteilung rückgängig gemachten Teilung. Die Annahme 348 Neuntes Kapitel. einer nachfolgenden Reduktion auf 14 Chromosomen mit sich an- schließender Embryosackentwicklung und Befruchtung des Eies hält 2a 2b Fig. 104. Stadien aus dem Verlauf der hetero- und homöotypi- schen Teilung in Pollenmutterzellen von Oenothera Lamarckiana (a) und 0. Lam. gigas (b). la und b Anaphase der heterotypischen Teilung, in der Teilung von 0. Lam. (a) gegen jeden Pol 7 Chromosomen, in der- jenigen von 0. Lam. gigas (Ib) je 14 Chromosomen wandernd, einzelne Chromosomen zeigen die den homöotypischen Teilungsschritt vorbereitende Längsspaltung. 2a und b Kerne der Interkinesis zwischen hetero- und homöotypischer Teilung, in a 7 Paare, in b 14 Paare meistens U-förmiger Chromosomenpaare. Sa und b Beginn der Anaphase der homöotypischen Teilung, in a je 7, in b je 14 Chromosomen gegen einen Pol wandernd. Nach Davis (1911, Fig. 28, 33, 37; 67, 72 und 75). Vergr. 2000/1. er nicht für zwingend. In Anbetracht der engen Beziehungen zwischen Tetraploidie und Apogamie hält er es für nicht weniger Die ChroTDOsomenzahlen von apogamen nnrl hybriden Angiospermen. 349 wahrscheinlich, daß sich eine solche Mutterzelle apogam ent- wickeln und ohne Reduktion und Befruchtung zur Keimbildung führen könnte. „Indeed, this may have been the manner of origin of 0. gigcts, instead of the failure to complete a mitosis in the fer- tilized egg as J previously suggested. A decision as to whether this suspended mitosis occurred in the megaspore mother-cell or in the fertilized egg or j^oung embryo will only be possible with further observations." Über das Zustandekommen der Chromosomenverdoppelung von Primula sinensis gigas liegen zurzeit leider noch keine Angaben vor. Auch über Primula Kewensis hat sich L. Digby, deren Haupt- aufgabe das Studium der Reduktionsteilung von Primula floribunda^ verticillata und ihrer Bastarde war, nur ganz kurz geäußert. Sie schreibt über die Entstehung der f ertilen P. Kewensis (1912, S. 372) „By some means, probably at the act of fertilization of the single pin (langgriffelig) fiower, by j^ollen of the thrum (kurzgriffelig) flower, borne on the sterile stock, the 4x nuniber of chromosomes has been obtained, and this 4x number is characteristic of all its sabsequent generations. Moreover, P. Kewensis with the 4x number is fertile, whilst P. Kewensis with the 2x number is sterile." Über die Mechanik der Chromosomenverdopj^elung selbst hat sich L. Digby nicht geäußert. Die von Strasburger zur Erklärung der Tetra- ploidie bei A]30gamen angenommene Längsspaltung der Chro- mosomen mit nachfolgender Kernverschmelzung in der Keimzelle, vielleicht auch die Gates sehe Annahme einer Chromo- somenverdoppelung und eines Ausfalles der Reduktion in Embryosack- mutterzellen sind jedenfalls auch bei weiteren Untersuchungen an den genannten Primeln ins Auge zu fassen. Eine zweite Möglichkeit der Entstehung von Tetraploidie be- steht in der Erzeugung tetraploider Zygoten aus diploiden Gameten. Auf diese Möglichkeit ist ebenfalls von verschiedenen Autoren hingewiesen worden. Sie hätte zur Voraussetzung, daß bei den Eltern tetraploider Bastarde und den Ursprungsformen von tetraploiden Mutationen sowohl bei der Teilung von Pollen- wie von Embryosackmutterzellen entweder gelegentlich die Reduktions- teilung ausbleibt und damit, oder sonstwie, die Entwicklung diploid- kerniger Pollenkörner und diploidkerniger Embryosäcke möglich wird. Nach den bis jetzt vorliegenden Beobachtungen ist zu er- warten, daß solche diploidkernige Pollenkörner und Embryosäcke bei sonst normalgeschlechtlichen Pflanzen, wenn überhaupt, nur in sehr kleiner Zahl gebildet werden. Die Möglichkeit, daß gerade diese diploidkernigen Gameten zur Vereinigung kommen, ist gering und die Entstehung tetraploider Nachkommen wird auch unter einer sehr großen Anzahl von Nachkommen solcher Pflanzen 350 Neuntes Kapitel. außerordentlich selten bleiben. Für 0. Lam. (jifjos haben im be- sonderen Stomps (1912, 1916) und de Vries (1913, 1915) die An- sicht vertreten, daß die Erhöhung der Chromosomenzahl auf dem Zu- sammentreten von zwei mutierten Sexualzellen mit verdoppelter Chromosomenzahl, also mit je 1 4 haploiden Chromosomen beruhe^). Mit dieser Annahme wäre auch die Entstehung der „Hero" oder semig i gas Form von 0. Lamarckknia und 0. bicnnis erklärt, deren Existenz un- abhängig voneinander von M. A. Lutz (1912) und Stomps (19 12b) nachgewiesen worden ist. Beide führen in ihren Kernen 21 Chromo- somen. Sie könnten somit entstanden sein durch das Zusammentreten einer mutierten Sexualzelle mit 14 Chromosomen und einer normalen Sexualzelle mit 7 Chromosomen. Im äußeren Aussehen und in ihrer Chromosomenzahl stimmen diese „Halbmutanten" auch vollständig mit den experimentell hergestellten Bastarden zwischen 0. Lam. gigas und 0. Lam. tyjyvs überein. Entsprechend ihrer Entstehungsart müßten die semigigas-Fornien bedeutend häufiger auftreten als die /y/V/as-Formen. Das ist nach den Feststellungen der Üpjiothe?-a-ForsGh.er auch der Fall. So geben Stomps (1912a, S. 415) und de Vries (1913, S. 329) an, daß in den Kulturen von (). Lam. die semigigas- Form zu 0,3 "/o aufgetreten ist, wälirend z. B. die Mutation 0. L^am. nanella zu 1 — 2°/o entstand. Daraus läßt sich nach Stomps schließen, „daß bei 0. Lam. bzw. einigen ihrer Mutanten unter 1000 Eizellen drei 14 Chromosomen aufweisen, und, wenn man annimmt, daß dasselbe auch bei den Pollenkörnern der Fall ist, daß der Mutations- koeffizient von 0. Lam. semigigas ungefähr 0,6 7o ist- Somit kann man unter einer Million Z,am«/x7t/ft«a-Pflanzen nur 9 wirkliche gigas- Pflanzen erwarten, oder mit anderen Worten, der Mutationskoeffizient von 0. gigas muß ungefähr Jq q '^ lOÖ "^ TOÖÖÖ °^®^ 0,0009% be- tragen"-). Noch kleiner ist die Anzahl von semigigas und gigas-F ormen ^) Die Besonderheiten in den Prophasen der Kernteihmg, aus der Tochter- kerne mit verdoppelter Chromosomenzahl hervorgehen, möchte ich an dieser Stelle gänzlich außer Diskussion lassen. Auch hierüber stehen sich zwei recht schwer beweisbare Ansichten gegenüber. Für unsere Fragestellung kommt zunächst nicht in Betracht, ob 0. Lamarclnana „gelegentlich unreduzierte Keimzellen hervorbringt" oder ob ihr die Befähigung zur Bildung von Keimzellen zukommt, ^in denen in- folge der Mutation in giyaa die Chromosomenzahl verdoppelt worden ist". Es genügt, hier die Möglichkeit einer Entstehung der 0. Lam. gigas durch Vereinigung von Geschlechtszellen mit verdoppelter Chromosomenzahl zu besprechen. ^) Ursprüngliches Mittel zur Bestimmung des Mutationskoeffizienten für 0. Iauu. semigigas und gigas war, aus den durch reine Selbstbestäubung gewonnenen Samen große Kulturen von 0. Lamarckiana zu züchten und in diesen die semigigas-In- dividuen zu zählen. Sjiäter ist eine sehr schöne und bedeutend einfachere Methode ausgearbeitet worden, die Stomps (1912a, S. 414 und 1916, S. 143) beschrieben und in ihren Resultaten diskutiert hat. Sie beruht auf Erfahrungen über die Lebensfähigkeit bestimmter 0. /-«w. -Bastarde. 0. Lam. gibt nach Bestäubung mit Die Cliromosoiiienzahlen von apoganieii und hybriden Angiospermen. 351 in der Nachkommenschaft selbstbestäubter 0. hiennis. Unter 8500 Pflanzen, die von Stomps seit 1905 ans Samen von drei bis vier Stöcken in reiner Linie gezogen worden waren, ist 0. bienm's semi- glgas in 4 Individuen, also zu 0,05 ''/q aufgetreten, während in der gleichen Nachkommenschaft acht Zwerge = 0,1% enthalten waren. Aus der ganzen ausgedehnten Kultur war dagegen keine einzige gigas-Form hervorgegangen. Ausgehend von der Annahme, daß auch bei 0. hiennis mutierte diploide Pollenkörner ebenso häufig seien wie diploide Eizellen, schreibt daher de Vries (1915a, S. 189): „With a chance of one sexual cell mutated into 0. gigas in every 2000, the exj)ectation for the coj)ulation of two such cells is evi- dently only one in every 4 000 000." Auf die Entstehung der tetraploiden Bastarde von Primula läßt sich diese zweite Hypothese über den Vorgang der Chromosomen- verdoppelung nicht gut anwenden. Gegen die häufige Entstehung diploider Gameten bei der sterilen 1\ Kewensis spricht der von L. Digby speziell hervorgehobene Umstand, daß auch in der Gameto- phytengeneration derselben 9 Chromosomen, also die haploide An- zahl, gefunden worden ist. Es könnte sich also auch hier nur um eine gelegentliche Ausbildung einzelner diploidkerniger Pollenkörner und Embryosäcke handeln. Es hieße daher doch wohl einen mehr als ungewöhnlichen Zufall in Rechnung ziehen wollen, wenn an- genommen werden sollte, daß im Gynaeceum der bewußten einen langgriffeligen Blüte gerade eine Samenanlage mit einer solchen di- ploiden Eizelle enthalten gewesen und vom Spermakern eines eben- falls ausnahmsweise entstandenen diploiden Pollenkornes einer an- deren, kurzgriffeligen Blüte befruchtet worden sei. Noch unwahrscheinlicher ist übrigens eine solche Entstehung der Tetraploidie für den 1910 in Kew experimentell erzeugten und völlig mit F. Kewensis firiitosa übereinstimmenden fertilen Bastard, der nicht auf dem Umwege über einen sterilen Bastard, sondern als direktes Bastardierungs23rodukt von P. verticUlata und P. flori- hunda isahellma entstanden ist. Da die tetrajijloiden fertilen Primeln sowohl als direkte Kreuzungsprodukte als auch indirekt durch Selbstbefruchtung eines Bastardes nach längerem, sterilem Zwischenstadium entstanden sind, ist es wahrschein- licher, daß in beiden Fällen die Chromosomenverdoppelung als Folge Pollen von 0. Millers ii, syrticola oder atrovirens Samen, aus denen fast ausschließlich gelbliche und bald absterbende Keimlinge hervorgehen. Kreuzt man dagegen 0. gigas mit diesen Arten, so wird eine vollständig grüne und lebensfähige erste Generation erhalten. Dasselbe ist natürlich auch der Fall, wenn in gigas mutierte Eizellen von 0. Lani. vom Pollen der genannten Arten beiruehtet werden. Da nach späteren Untersuchungen (vgl. Stomps, 1916, S. 143) auch 0. atrovirens in gigas mutieren kann, sind die oben angegebenen Werte für die Mutationskoef- fizienten von 0. Lam. semigigas und gigas eher noch etwas niedriger zu veranschlagen. 352 Neuntes Kapitel. der Kreuzung aufgetreten ist und nach der Verschmelzung ha- ploider Gameten in der für Wikstroemia beschriebenen Art und "Weise stattgefunden hat. Für die Annahme einer Verdoppelung der Chromosomenzahl durch Längsteilung des bei der Kreuzbefruchtung zustande ge- kommenen ChromosoiTiensatzes spricht vielleicht auch der Umstand, daß bei /'. Kewensis mit der Chromosomenverdoj^pelung zwar er- sichtlich der Übergang von Sterilität zur Bildung entwicklungs- fähiger Samen verbunden ist, dagegen keine weiteren neuen Eigen- schaften aufgetreten sind oder sonstige Änderungen im Keimplasma stattgefunden haben, was für die Kopulation „mutierter" Gameten doch sicherlich erwartet werden müßte. 2. Triploidie und Ditriploidie als Folge dispermatischer Befruchtung. Mit der Annahme einer der Zygotenbildung nachfolgenden Chromosomen Verdoppelung durch Längssj^altung der Chromosomen sind die erhöhten Chromosomenzahlen der Ajjogamen noch nicht vollständig erklärt. Einige ajDOgame Angiospermen, darunter die von Strasburger selbst untersuchte Wikstroemid mclica, weisen Chromo- somenzahlen auf, welche das sechs- bis achtfache der Haploidzahl befruchtungsbedürftiger Verwandten beträgt. Eine einmalige Kern- verschmelzung im befruchteten Ei oder ein anderer zur Chromo- somenverdoppelung führender Vorgang reicht also zu deren Er- zeugung nicht aus. Eine nochmalige Wiederholung desselben Vorganges an bereits tetraploid gewordenen Individuen würde, wie Strasburger (1910b, S. 405) ausführt, oktoploide, also noch chromosomenreichere Sporo- phyten liefern als sie W. indica zukommen. Die gleichmäßige Be- rücksichtiglmg all seiner an den Pollenmutterzellen dieser Pflanze ge- sanmielten Erfahrungen scheint ihm aber die Annahme einer zweimaligen Kernverschmelzung nicht auszuschließen, denn „tatsächlich haben uns die Zählungen der Gemini in den Kern- platten der Reduktionsspindeln Schwankungen zwischen 22 und 29 ergeben. An der vollen Sicherheit der Zählung war vielfach nicht zu zweifeln und aus ihr somit zu entnehmen, daß eine Verminderung der Zahl der Gemini innerhalb der beobachteten Grenzen möglich ist". So kommt er zum Schlüsse, daß die Chromosomenzahlen, die sich aus den phylogenetisch vorausgesetzten zweimaligen Kernverschmel- zungen ergeben, nämlich 72 für den oktoj^loiden Sporophyten und 36 für den tetraploiden Gametoj^hyten, im Laufe der Zeiten auf die jetzt zu beobachtenden Zahlen zurückgegangen seien. Den von ihm sonst vertretenen Anschauungen über Chromosomen- Individualität und konkrete Erbeinheiten würde, wie Stras- Die Cbromosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen. 353 burger bemerkt, die Annahme eines solcben Chromosomen Ver- lustes nicht widersprechen, da sie mit der Voraussetzung von Polyploidie verknüpft sei. Bei Annahme einer erblich fixierten Vermehrung ihrer Chromosomen durch LängssjDaltung sind die Kerne von W. indica mit einem mehrfachen Satze homologer Chro- mosomen ausgestattet. Jede Erbeinheit und jede Chromosomenart ist im oktoploiden Kern mehrfach vertreten, „so mögen diese Wieder- holungen Bedingungen schaffen, die zu einer Verminderung der überzähligen Chromosomen führen". Von der Erörterung anderer Möglichkeiten, die zu einer Vermehrung des Chromosomensatzes in den Kernen von \V. iiidica hätten führen können, sah Strasburger ab, da er bei den Versuchen, sie anzuwenden, auf noch wesentlich größere theoretische Schwierigkeiten gestoßen sei, als auf dem eben skizzierten Wege, „der allerdings auch nicht immer eben war". Bei Wikstroemia indica, wie auch bei Hieracium flagellai'e und Biir- wanniacoelestis beträgt die Chromosomenzahl ungefähr dasSechsfache der Haploidzahl bei befruchtungsbedürftigen Verwandten. Es scheint mir daher j^rüfenswert, ob sie statt auf dem Umwege einer zweimal wiederholten Längssj)altung des Chromosomensatzes mit nachfolgen- dem allmählichem Chromosomenverlust einer oktoploiden Pflanze nicht besser als Entstehung von Ditriploidie (Hexaploidie) gedeutet werden könnte. Triploidie und Ditriploidie sind denkbar als Produkte von di- oder polyspermatischer Befruchtung. Eine dis2:)ermatische Befruchtung hat eine Verschmelzung von drei hajjloiden Kernen (ein Eikern und zwei Spermakerne) zum Zygotenkern zur Folge. Der aus dem so befruchteten Ei hervor- gehende S23orophyt wird unter Umständen nicht diploide, sondern triploide Kerne ^) aufweisen. Von den bis jetzt bekannten apogamen ^) Triploide Chromosomenzahlen im Sporophyten können außer durch dispei-- matische Befruchtung auch durch Bastardierung von verschieden chromo- somigen Arten oder Varietäten zustande kommen. Als Beispiel ist schon Seite 329 Drosera rolundifolia x longifolia erwähnt worden. Recht zahlreich sind Bastarde mit triploider Chromosomenzahl innerhalb der (\-AiiungOenothera. Die wichtigsten derselben sind 0. Lavi. typ. x 0. Latn. giyas (= var. semigigas) und 0. Laut, lata x 0. Lam. ylgas. Ihre Chromosomenzahlen verhalten sich zu denjenigen ihrer Eltern wie folgt: Chromosomenzahl im Sporophyt jGametophyt Autoren Oenothera Lamarckiana ... 14 Oenothera Lam. gigas . . . ; 28 0. Lam. var. semigigas (= 0. Lam. typ. xO. Lam. gigas) 7-|-14 0. Lam. var. lata \h 0. Lam. var. semilata ... 15 O.Lara, lata x:0. Lam. gigas 7od.8-|-14 Ernst. Bastardierung. 14 _^ 2 1 7,8 7,8 2 l°a-2 2 2 Geerts 1907, Gates 1907, Lutz 1907. Lutz 1907, Gates 1908, 1909. Geerts 1911, Stomps 1912a, Gates 1913. Lutz 1909, 1912, Gates 1914. Gates und Thomas 1914. Lutz 1912. 23 354 Neuntes Kapitel. Angiospermen könnte, bei Annahme von Bastardierung als Ursache der Apogamie, Taraxacum officinale durch eine dis per mische Bastardbefruchtung entstanden sein. T. platycarpum und con- fertum z. B. haben 8 Chromosomen in haploiden Kernen. Tri|)loide Kerne müßten 24 Chromosomen führen und in der Tat besitzt T. officinale in somatischen Zellen 20 — 30 Chromosomen. Fig. 105. Normale und d i s p e r m a t i s c h e Befruchtung bei Gagea lutea, a und b Stadien der normalen Befruchtung; in a hat sich der männ- liche Kern eben an den P]ikern angelegt, die beiden Polkerne verschmelzen mit dem zweiten männlichen Kern; in b Verschmelzung der beiden Sexual- kerne in der Eizelle und der eine der beiden ersten Endospermkerne. c disper- matische Befruchtung, mit dem Eikevn verschmelzen zwei männliche Kerne. In der Figur sind ferner 2 von 4 bereits entstandenen Endospermkernen sichtbar. Nach B. Nemec (1912, Fig. 2, 5 und 13). Zu einer ditriploiden oder liexaj)loiden Chromosomenzahl gelangen wir unter Annahme einer disj)ermen Bastardierung- unter gleichchromosomigen Eltern und einmaliger Ver- doppelung der dem Zygotenkern anfänglich zukom- menden t r i p 1 o i d e n C h r o m o s o m e n z a h 1. Dieser Vorgang würde z. B. für Wiksfroemia zum gleichen Ergebnis führen, wie die Die Chiomosomenzahlen von apogamen und hybriden Angiospermen. 355 von Strasburger (1910b, S. 401) angenommene Querteilung ihrer Chromosomen in drei Stücke, d. h. es würden sich „für den Sporo- jihyt der W. indica 54 Chromosomen, für die Reduktionsteilung in seinen Pollenmutterzellen somit 27 Gemini ergeben, also Zahlen, die mit den beobachteten annähernd übereinstimmen". Der Gedanke, dispermatische Befruchtung zur Erklärung der Vermehrung der Chromosomenzahl heranzuziehen, hat sich im Ver- laufe meiner Betrachtungen über die Beziehungen zwischen Apo- gamie, Bastardierung und Chromosomenzahlen zwanglos ergeben. Es sei aber ausdrücklich darauf hingewiesen, daß die Priorität für diese Annahme B. Nemec (1912) zukommt. Er hat beim Studium der Befruchtungsvorgänge bei Gagea in einem Falle (vgl. Fig. 105) die Verschmelzung zweier Spermakerne mit einem Eikern festge- stellt. Im Anschluß an die Besprechung dieser Beobachtung dis- kutiert er eingehend die Möglichkeit, Dispermie als Ursache von triploiden und ditriploiden Chromosomenzahlen innerhalb einer Gruppe von verwandten Sippen heranzuziehen. Er ist ebenfalls der Ansicht, daß die Annahme einer Entstehung hexaploider Chromo- somenzahlen durch Dispermie und nachfolgende Verschmelzung von zwei triploiden Kernen gegenüber der S t r a s b u r g e r sehen Erklärung, die mit dem Schwund einzelner Chromosomen und Chro- mosomenpaare rechnen müsse, bedeutend einfacher sei und betont, daß ihr auch der Vorteil zukomme, die Bildung normal erschei- nender Gemini, wie sie z. B. bei W. indica auftreten, durch Paa- rung gleicher Chromosomen erklären zu können. 3. Bedeutung der Bastardierung für das Auftreten abnormaler Teilungen von Zygotenkernen, die Bildung diploider Gameten und dispermatische Befruchtung. Der Strasburger sehe Erklärungsversuch enthält keine An- deutung über die Natur des „gegebenen Grundes", welcher bei den Vorfahren der jetzigen Apogamen die Erhöhung der Chromo- somenzahl durch abnormale Teilung des Zygotenkerns und vor allem die Erblichkeit der plötzlich geschaffenen neuen Chromosomenzahl hervorgerufen haben soll. Nemec dagegen verweist darauf, daß nach den bisher vorliegenden Erfahrungen Kernverschmelzungen in sonst einkernigen, vegetativen Zellen nur dann möglich seien, wenn die Zellteilung nach einer Kernteilung unterblieben sei. Dies wiederum sei in embryonalen Geweben (also auch in der befruchteten Eizelle) nur unter abnormalen Umständen der Fall, wie sie z. B. durch Chloralisierung, Chloroformierung usw. geschaffen werden. Da Mac Dougal (1911) durch Injektion verschiedener Lösungen in das Gynaeceum eine erhöhte Bildung von Mutanten verursacht habe, sei denkbar, „daß abnorme Bedingungen zuweilen nicht nur 23* 356 Neuntes Kapitel. ein Ausbleiben der Zellteilung in der befruchteten Eizelle, sondern gleichzeitig auch eine mutative Veränderung der letzteren bewirken, so daß eine neue SijDpe entsteht, die gleichzeitig eine höhere Chro- mosomenzahl aufweist". Er hält es auch nicht für ausgeschlossen, „daß auch die dispermatische Befruchtung durch irgendwelche ab- norme Umstände bedingt werden kann, welche ein aberrantes Ein- dringen der beiden SiDermakerne in die Eizelle verursachen, wobei gleichzeitig die erwähnten Umstände auch die mutative Verände- Fig. 106. Kernverschmelzunofen in verschiedenen Zellen einer zweimal chloralisierten und nach 24 Stunden fixierten Wurzel- spitze von Lilium candidiun. i Zellen aus dem Übergang;' der nieristeniati- schen zur Streckungszone, Zellen mit eingeschnürten oder amöbenförmigen, tetraploiden Kernen und tetraploide Zellen mit mehreren, teils verschieden großen Kernen. 2 Tetraploide Zellen mit 2 ungefähr gleich großen, einander anliegenden Kernen. 5 und 4 Zellen aus dem meristematischen Teil der Wurzelspitze mit tetraploiden Kro.se/Y/ -Bastard sind auch wirklich sehr auffallend. Bei beiden Rosen zeigen sich die ersten Unregelmäßigkeiten ebenfalls schon im frühen Diakinese- stadium. Die Chromosomen treten in zwei Formen hervor, als ein- fache stäbchenförmige Chromosomen und zu Dopj)elelementen ver- einigte; es findet also, wie beim />yo.sera-Bastard, eine Scheidung in Doppel- und Einzelchromosomen statt. Die Zahl der ersteren beträgt nach den Ergebnissen der Zählung in ca. 30 Kernen des Diakinesestadiums 19 — 22, diejenige der Doppelchromosomen ge- wöhnlich 7, vereinzelt auch nur 6. Später wird die hetero typische Teilung derart durchgeführt, daß, wiederum in Übereinstimmung mit dem Z)rosera -Bastard, die Chromosomen der Doppelchromosomen und je einige der Einzelchromosomen an die beiden Pole gelangen und in die Bildung der beiden Tochterkerne einbezogen werden. Andere Einzelchromosomen bleiben im Äquator zurück und bilden kleine Sonderkerne, oft in beträchtlicher Anzahl. Die Chromosomen- zahl der Tochterkerne wird dadurch sehr ungleich, ist aber in der Regel doch größer als die Anzahl der Dop|)elchromosomen. Rosenberg hat das Auftreten bivalenter und univalenter Chromo- somen nicht nur bei den beiden genannten Rosen, sondern auch bei Hieracium excellens beobachtet und zunächst die Möglichkeit eines hybriden Ursprunges dieser Formen ebenfalls ins Auge gefaßt, indem er (1907, S. 153) schreibt: „In the beginning J found reasons which caused me to suppose tliat a hybrid form, two parents with a dif- r> 62 Neuntes Kapitel. ferent nuinber of chromosomes, had to be reckoned with, but later J observed tbat niy attention had to be given to a sort of division whicli conld be regarded as an intermediate stage between reduction division and vegetative division". Er nimmt an, daß die Univalenten Chromosomen, die im ersten Teilungsschritt ungeteilt dem einen oder anderen Pol zugeführt werden und sich erst im zweiten Teilungs- schritt der Länge nach spalten, in der weiteren Entwicklung der Apogamie diese Längsspaltung schon in der ersten Teilung aus- führen könnten und „dadurch den Übergang zu dem soma- tischen Teilungsmodus in der Embryosackmutterzelle bilden". Er verläßt damit den Gedanken, daß die teilweise Chro- mosomenpaarung in den Diakinesen des 7)ro.yer«- Bastardes und der apogamen ßosen und Hieracien auf derselben Ursache, vorausge- gangener Bastardierung zwischen Eltern mit verschiedener Chromo- somenzahl, beruhen könnte, zugunsten des anderen, daß das Vor- kommen bivalenter und univalenter Chromosomen in den Kernen von Pollenmutterzellen als Übergangs Stadium von eigentlicher heterotypischer zu somatischer Teilung mit verdoppelter Chro- mosomenzahl zu denken sei. Strasburg er schloß sich dieser An- sicht an, nicht zum wenigsten auch deshalb, weil Gates ähnliche Er- scheinungen auch in den Reduktionsspindeln der Pollenmutterzellen der tetraploiden Oenothcra Lam. gigas beobachtet hat und er kommt (1910b, S. 426) zum Schlüsse, daß bis jetzt „sexuelle Vereinigung von Arten mit ungleicher Chromosomenzahl, falls sie zu starke Störungen der sexuellen Reproduktion mit sich brachten, zu Sterilität, in keinem ihm bekannten Falle aber zu Ooapogamie geführt hätte". Mir scheint die Möglichkeit nicht völlig ausgeschlossen zu sein, daß einzelne apogame Rosen und Hieracien doch aus Kreuzungen zwischen verschiedenchromosomigen Eltern hervorgegangen sind. Notwendig ist allerdings diese Annahme nicht. Die Chromosomen- zahlen dieser Formen könnten, wie wir gesehen haben, auch durch Verdop23elung im Anschluß an eine Kreuzung, durch Vereinigung diploider Gameten und Kreuzung in Verbindung mit Dispermie entstanden sein. Es wird von den Ergebnissen weiterer Studien über die Chromosomenzahlen in diesen Verwandtschaftskreisen ab- hängen, ob der Annahme von Kreuzungen zwischen gleich- oder verschiedenchromosomigen Eltern größere innere Wahrschein- lichkeit gebührt. Vorderhand erscheint die Kreuzung zwischen gleichchromosomigen Arten plausibler, denn weder vor noch seit 1910 ist ein Fall von Ajjogamie bekannt geworden, zu dessen Er- klärung Bastardierung zwischen verschiedenchromosomigen Eltern angenommen werden müßte. Bei der auch von Tischler (1915, S. 207) betonten Seltenheit der Bastardierung von Arten mit verschiedenen Chromosomenzahlen muß es dahingestellt bleiben, ob künftige Kreu- Die Chromosomenzahlen von apogauien und hybriden Angiospermen. 363 Zungen zwischen verschiedenchromosomigen Eltern uns neben sterilen Bastarden auch einmal einen apogamen Bastard der- selben Abstammung bescheren werden. D. Zusammenfassung und Thesen^). 1. Apogamie ist durchaus nicht immer mit einer Vermehrung der Chromosomenzahl verbunden, x4.ndererseits ist Erhöhung der Chromosomenzahl auch in nicht apogamen Verwandtschaftskreisen, u. a. bei Mutationen und im Anschluß an Bastardierung sicher festgestellt worden. 2. Ungefähr die Hälfte der bis jetzt bekannten apogamen An- giospermen legt ihren ganzen Entwicklungsgang (Sporophyt + weiblicher Gametophyt) mit der dem Sj^orophyten der nächstver- wandten befruchtungsbedürftigen Arten zukommenden diploiden Chromosomenzahl zurück. Die Änderung in der Chromosomenzahl betrifft also ausschließlich die weibliche Gametophytengene- ration und ist bedingt durch den Ausfall der Reduktionsteilung in den Embryosackmutterzellen. 3. Eine weitere HauptgrujDpe apogamer Angiospermen ist im Verhältnis zum Gametoj)hyten der nächstverwandten befruchtungs- bedürftigen Arten tetraploid. Einige wenige AjDogame sind oktoploid, triploid oder ditriploid. 4 Die Chromosomenzahlen von Bastarden verhalten sich zu denjenigen ihrer Eltern in demselben Sinne und Grade verschieden wie diejenigen der Apogamen zu ihren sexuellen Verwandten. Bei den meisten der bis jetzt cytologisch untersuchten Angio- spermen-Artbastarde weist die aus der Heterozygote hervorgehende Diploidjihase in ihren Kernen die Summe der Chromosomenzahlen der beiden vereinigten Gameten auf, sowohl wenn diese verschieden- chromosomig, wie wenn sie gleichchromosomig sind. 5. Einige experimentell erzeugte Bastarde zwischen gleich- chromosomigen Eltern führen nicht die diploide Chromosomen- zahl, die infolge der Vereinigung zweier ha23loid kerniger Gameten zu erwarten wäre. Ihre Chromosomenzahl ist tetraploid, entspricht also der Summe der Dij)loidzahlen der Eltern. Tetraploide Bastarde sind bis jetzt in der Gattung Primida gefunden worden. Denselben schliessen sich in mehrfacher Hinsicht die ebenfalls tetraploiden G'igas-FoTniQn von Oenothera an. 6. Eine einmalige Verdoppelung der Chromosomenzahl kann bei der Entstehung ap)0gamer Sippen aus befruchtungsbedürftigen Stammformen ebenso j)lötzlich und in ähnlicher Weise wie bei den ^) Zusammenfassung und Thesen zu den Kapiteln 7D, 8 und 9 sind als vor- läufige Mitteilung in der Vierteljahrsschrift d. Naturforsch. Gesellschaft in Zürich, 62, 1917, S. 336—348 erschienen. 364 Neuntes Kapitel. tetraploiden Primiila-'Ba.sisirden und den ()e Jiother a-Muta,tioneu ein- getreten sein. Werden, wie es bis jetzt vielfach geschehen ist, zwischen Apogamie und tetraploider Chromosomenzahl kausale Beziehungen angenommen, so müssen ganz ähnliche Be- ziehungen auch zwischen Chromosomen -Verdo23j)elung und Bastardierung, sowie zwischen Chromosomen-Verdoppelung und Mutation existieren. 7. Die Erhöhung der Chromosomenzahl ist nicht Ursache, sondern Begleiterscheinung von Apogamie, Mutation und Bastardierung. Bei AjDogamie, Mutation und Bastardierung lösen dieselbe oder ähnliche Ursachen dieselbe Folgeerscheinung aus. 8. Über Zeit23unkt und Mechanik der Chromosomenverdo})pe- lung bei tetraploiden Apogamen und ex2:)erimentell erzeugten tetraploiden Bastarden sind unabhängig voneinander ungefähr dieselben Hyj^othesen entwickelt worden: a) Tetraploidie entsteht nach einer Befruchtung durch mitotische Teilung und Wiedervereinigung der Tochterkerne oder überzählige Längsspaltung in den Prophasen des Zygotenkerns von Keimzellen. b) Tetra])loidie entsteht durch Vereinigung diploid gewordener Gameten im Befruchtungsakt. 9. Unvollendete Kernteilungen, die nach vollzogener Trennung der Tochterchromosomen in der Anaphase rückläufig werden, ebenso Wiedervereinigung der schon getrennten beiden ersten Kerne einer Keimanlage, Vorgänge, die beide zu einer Chromosomenverdoppelung im Keimkern führen können, sind am besten denkbar als direkte Folge der Bastardierung. Sie sind erste Glieder in der langen Reihe von Anomalien, welche die Entwicklung von Embryonen und Samen nach Artkreuzung auszeichnen. 10. Tetraploidie infolge Vereinigung dij^loider Gameten ist nur innerhalb solcher Verwandtschaftskreise zu erwarten, deren Vertreter, ähnlich den Stammformen der tetraploiden Mutationen, durch par- tielle Sterilität oder andere Störungen in der Geschlechtssphäre ausgezeichnet sind, die auch ein gelegentliches Ausbleiben der Eeduktionsteilung bei der Teilung von Pollen- und Embryosack- mutterzellen und damit die Erzeugung vereinzelter diploidkerniger Pollenkörner und Embryosäcke möglich machen. 11. Die zwischen dem vier- und achtfachen der Ausgangszahl ihrer Gattung liegenden Chromosomenzahlen einiger Apogamen finden durch Annahme von Bastardierung mit Dispermie und nachfolgender Chromosomen -Verdoppelung die einfachste Erklärung. Kreuzung zwischen verschiedenen, gleichchromosomigen Arten führt bei Dispermie zur Bildung von trijjloid kernigen Bastarden und bei Annahme einer in der Keimzelle nachfolgenden Chromosomen- Verdoppelung zur Bildung von ditriploiden Formen. Die Chromosomenzalilen von apogamen und byliriilen Angiospermen. 365 12. Die (zur Erklärung der hohen Chromosomenzahlen bei Apogamen und Bastarden angenommenen) Vorgänge der Chromo- somenspaltung und Kernverschmelzung in der Keimzelle, ebenso die Annahme von Dispermie als Ursache der Ent- stehung triploider und ditriploider Chromosomenzahlen, vielleicht auch einzelne Fälle der Entstehung „mutierter" diploid gewordener Gameten haben in der durch artfremde Ba- stardierung erzeugten Disharmonie der vereinigten Kern- substanzen und ihrer Entwicklungstendenzen, sowie den da- durch hervorgerufenen Störungen der Kernplasmarelation in der Keimzelle eine gemeinsame, auslösende Ursache. 13. Alle bis jetzt bekannten Fälle von AjDOgamie bei Angio- spermen können vom Standpunkte der Bastard hypothese aus als Bastarde zwischen Eltern mit gleicher Chromosomenzahl aufge- faßt werden. Kreuzungen zwischen Arten mit ungleicher Chromo- somenzahl haben bis jetzt immer nur zur Bildung steriler Ba- starde geführt, doch ist nicht ausgeschlossen, daß bei sonstiger Eig- nung einzelner, ungleichchromosomiger Arten zur Kreuzung auch fertile und apogame Bastarde dieser Abstammung entstehen könnten. Zehntes Kapitel. Die Erscheinungen der Pseudogamie im Lichte der Hypo- these vom hybriden Ursprung der Apogamie: Pseudogamie als induzierte apogame Entwicklung. Ergebnisse von Untersuchungen an Ch. crinita haben zur Hy- pothese vom hybriden Ursprung ihrer apoganien Si23pen geführt. Hierauf ist geprüft worden, ob die Möglichkeit eines ähnlichen Ur- sprunges auch für a|)ogame Pflanzen aus anderen Stännnen vor- handen ist und ob Untersuchungsresultate an solchen Pflanzen sich unter Annahme dieses Ursprunges besser als bis jetzt erklären lassen. Die apogame Ch. crinita ist, sofern ihr wirklich Bastardcharakter zukommt, dem einen Elter, nämlich der haploiden Ch. cr'mita^ sehr ähnlich. In den letzten Kapiteln ist an verschiedenen Stellen die Vermutung ausgesi^rochen und begründet worden, daß auch die apogamen Formen unter den Pteridophyten und Angio- spermen trotz hybriden Ursprungs sich in ihrer Gestalt dem einen oder anderen Elter auffallend anschließen könnten. Es ist also zu prüfen, ob in den bisherigen Ergebnissen der Bastard- und Vererbungslehre Tatsachen vorliegen, welche für eine solche Möglichkeit sprechen. Soweit bis jetzt bekannt ist, verhalten sich die Artba- starde hinsichtlich ihrer Ähnlichkeit mit den Eltern außer- ordentlich verschieden ^). Je nach der Anzahl der von den beiden Eltern im Bastard sichtbar werdenden dominanten Merk- ^) Als wichtigste Folgerung aus der vorhandenen Literatur über Artbastarde schien sich für de Vries (1908, IL S. 20) zu ergeben, ,daß die sichtbaren Eigenschaften der Bastarde zwar in der Regel zwischen jenen der Eltern liegen, daß sie aber auf der Linie, welche diese beiden Extreme verbindet, jede beliebige Lage einnehmen können". Nach den äußerlich sichtbaren Eigenschaften unterscheidet er drei Hauptgruppen: 1. Die intermediären Bastarde , welche die Mitte zwischen beiden Eltern halten. 2. Die goneoklinen Bastarde, welche mehr zu dem einen oder dem anderen der Eltern hinneigen. 3. Die einseitigen Bastarde, welche den Typus eines der beiden Eltern mit Ausschluß des entgegengesetzten führen. Pseudogamie als induzierte apogame Entwicklung, 367 male ist derselbe mehr oder weniger „intermediär"^) oder nähert sich mehr dem einen Elter, bald dem Vater, bald der Mutter. Ge- wissermaßen als Grenzfälle dieser Kombination der elterlichen Eigenschaften sind Bastarde denkbar, welche trotz ihres hetero- zygotischen Charakters im Aussehen gänzlich mit der einen der beiden elterlichen Pflanzen übereinstimmen. Die dominanten Merk- male des einen Elters bestimmen die ganze Formentwicklung der Fj^- Bastardgeneration, während die an den anderen Gametenkern gebundenen Eigenschaften völlig latent bleiben. Wenn sich solche Bastarde vegetativ stärker entwickeln als die morphologisch ähnliche Elternart, sich durch vegetative Vermehrung oder apogam fort- pflanzen, so könnten sie, wie schon für Ch. crinita^ Antennaria usw. auseinandergesetzt worden ist, die morphologisch ähnliche aber ge- schlechtliche Stannnform nach und nach verdrängen. Die ursprüng- liche geschlechtliche Art wird durch den habituell ähnlichen apogamen Bastard als „Art" substituiert. Schon vor dem völligen Aussterben würde eine noch vorhandene Minderheit geschlechtlich gebliebener mütterlicher Pflanzen zwischen den immer zahlreicher werdenden Individuen der apogamen Form leicht unbeachtet bleiben. Der ganze Verlauf des Ersatzes der geschlechtlichen durch die apogame Form kann einen allmählichen Übergang einer Poj^ulation von der nor- malen geschlechtlichen Fortpflanzung zur Apogamie vortäuschen. Es fragt sich nur, ob für solche Annahmen in den bisherigen Be- funden der Bastard- und Vererbungslehre Anhaltspunkte vorhanden sind. Das scheint mir nun in recht ausgedehntem Maße der Fall zu sein. Über Bastarde mit einseitiger Vererbung liegt schon eine reiche Literatur vor. Es hat sich in derselben ergeben, daß sowohl eine einseitig mütterliche, wie eine einseitig väterliche Vererbung möglich ist. Bastarde mit rein mütterlichen Eigen- schaften bezeichnet man als metromorph, solche mit ausschließ- 1) Zahlreiche natürliche Artbastarde sind deswegen verhältnismäßig leicht auf- zufinden und ohne Experiment als Mischlinge zwischen bestimmten Arten erkenn- bar, weil ihnen in ihrem gesamten Habitus der Charakter „intermediärer" Formen zukommt. Die genauere Analj^se solcher Bastarde hat allerdings ergeben, daß ihr intermediärer Habitus nur zum Teil dadurch zustande kommt, daß die einander entsprechenden Anlagen erblicher Merkmale eine Kompromißbildung eingehen. Er ist in der Hauptsache vielmehr darauf zurückzuführen, daß von den korrespon- dierenden Erbanlagen nach bestimmten Regeln je nur die eine (dominante) zur Ent- faltung kommt, wähi'end die andere (rezessive) unentwickelt bleibt. Da die domi- nanten Merkmale der Bastarde zum Teil von dem väterlichen, zum Teil von dem mütterlichen Elter herstammen, beruht der intermediäre Habitus in der Hauptsache auf einer Mosaikbildung, zu der die beiden Filtern in ihren dominanten Merk- malen mehr oder weniger gleichmäßig Bausteincheu geliefert haben. Für die meisten Bastarde zwischen distinkten Arten gilt dies allerdings in der Hauptsache nur für die aus dem Bastardierungsakt direkt hervorgehende Fj-Generation. 368 Zehntes Kapitel. licli väterlichen Eigenschaften als 2:)atromor2Dh. Die in der mo- dernen Vererbungslehre übliche exakte Analyse der Nachkommen- schaft hat allerdings ergeben, daß es sich auch in diesen Fällen in der Regel nicht um Bastarde handeln kann, die mit den Eltern völlig identisch sind, sondern sich denselben nur sehr stark annähern, die also metroklin oder patroklin sind. 1. Einseitige und „falsche" Bastarde im Pflanzenreich. Angaben über die Möglichkeit einseitiger Vererbung bei Ba- starden sind schon in der älteren Bastardforschung vorhanden. Doch hat noch Gärtner (1849, S. 257) den Satz ausgesprochen: „Wir kennen kein Beispiel, wo der Tj^pus von einem der Stammeltern ganz unverändert in den Bastard übergegangen wäre." Bis in die 90 er Jahre des letzten Jahrhunderts ist diese Ansicht von der Mehrzahl der Forscher, die sich mit Bastardierung beschäftigten, geteilt worden. Dagegen erwähnt schon Focke (1881, S. 525), daß in verschiedenen Fällen Versuche, Bastarde zu erzielen, zur Erzeugung von Pflanzen geführt hätten, welche ihrer Mutterpflanze glichen, aber zum Teil in ihrer sexuellen Potenz auffallend ge- schwächt erschienen. Er vermutete, daß in diesen Fällen der fremde Blütenstaub keine wirkliche Befruchtung vollziehe, sondern nur die Anregung zur Ausbildung der äußeren Fruchtteile gegeben habe, die Samen dieser Früchte dagegen weder durch Kreuzung noch sonst durch geschlechtliche Zeugung, sondern parthenogenetisch ent- standen seien. Den sicheren Nachweis für das Vorkommen von Bastard- bildung mit einseitiger Vererbung mütterlicher oder väter- licher Eigenschaften und der späteren Konstanz solcher Bastarde verdanken wir Millardet (1894). Die von ihm in den Jahren 1884 — 1893 ausgeführten Kreuzungen zwischen Kulturformen verschiedener Erdbeerarten ^) ergaben, daß im allgemeinen Kreu- zungen zwischen amerikanischen Arten (Fragaria chiloensis Duch.j F. vinjiniana Ehrh.) unter sich mehr oder weniger intermediäre Bastarde liefern, welche bei Kombination der wichtigsten Eigen- schaften der beiden Eltern sehr häufig doch dem einen derselben näher stehen als dem anderen. Bei Kreuzungen zwischen Kultur- formen der einheimischen Fragaria vesca L. und F. elatior Ehrh. unter sich und mit Kulturformen der genannten amerikanischen Arten dagegen erhielt er neben mehr oder weniger intermediären Bastarden in ''/jy der Fälle Bastardpflanzen, die dermaßen der einen oder anderen Eiterform ähnlich waren, daß sie von dieser nicht oder erst nach langem Studium unterschieden ') Über die Geschichte der Erdbeervarietiiten und -sorten sowie die Ergebnisse der älteren Kreuzungsversuche vgl. auch Darwin (1868, I. S. 444 — 49). Ps('iulo£;-a,mi(' ti.ls inflir/.icrlt' ;i)K>;^niiM' I'liif wiclxlniiij. ;>H0 werden konnten. Unter diesen einseitigen Bastarden wogen die nietroniürphen, mit rein mütterlichen Merkmalen, vor. Von den in Millardets Publikation erwähnten Kreuzungen lieferten 14 ausschließlich metromorphe Bastarde. Nur in 6 Kreuzungen er- hielt er, und auch hier nur in vereinzelten Exemplaren, patromorj)he Formen^). Die einen wie die anderen dieser Bastarde zeigten kräftige Entwicklung, normale Fruchtbarkeit, und erwiesen sich merkwürdigerweise als s amen bestand ig. d. h. in ihrer Nach- kommenschaft konstant. Durch diese Versuche Millardets war der Nachweis erbracht, daß, entgegen der früheren Annahme, Bastardierung nicht immer eine Mischung der spezifischen Merkmale der beiden Eltern zur Folge hat, sondern auch zur Entstehung von Bastarden führen kann, welche vollständig den spezifischen Typus des einen Elters wieder- holen. Wie Millardet bemerkt, ist die Übereinstimmung der Bastarde mit dem einen Elter keine absolute, indem er (1894, S. 360) schreibt: „Je dois dire toutefois que si l'hybridation n'exerce aucune action essentielle sur la reproduction du type maternel, eile laisse cependant qaelquefois. dans la physiognomie des hybrides, quelques traces de son action. II n'est guere possible de constater ces der- nieres sans une comparaison des plus attentives de la mere avec les hybrides. On voit alors assez frequemment, surtout dans les hybrides oü le type elatior a joue le röle de mere, des modifications legeres dans la teinte des feuilles, dans le port de la plante, dans sa vigueur 3tc." Es liegen also auch hier nicht metromorphe und patromorphe, sondern metrokline und patrokline Bastarde vor. Immerhin fehlt diesen Bastarden das bis dahin als ausschlaggebend betrachtete Moment der Bastardierung, die mehr oder w^eniger vollständige Ver- einigung der Charaktere der beiden Eltern. Millardet schlägt deshalb für den von ihm entdeckten neuen Typus von Hybriden, ') So lieferten z. B. die Kreuzungen F. clatiur Ehrli. (Black-Hautbois) x F. virginiana Ehrh. (Globe) unter 15 Nachkommen 14 metrokline und 1 patroklinen Bastard; F. vesca L. (Fraisier des quatre saisons, blanc) x F. chiloensis Buch. unter 4 Nachkommen einen bis auf die Farbe der Früchte ractroklinen und 3 typische dem Vater gleichende patromorphe Bastarde. Bei de» Kreuzung von F. vesca L. (Fraisier des Alpes^ x F. virginiana EM/. (Ananas) waren von 24 Bastarden deren 23 metroklin, 1 patroklin. Über das Zustandekommen dieser und anderer i^ra^ar/rt-Kreuzungen mit ähn- lichen Resultaten gibt Millardet (1. c. S. 361) interessanten und für weitere Unter- suchungen wichtigen Aufschluß. Sie gelingen im allgemeinen ziemlich schwer, von 4—6 kastrierten und befruchteten Blüten haben in seinen Versuchen in der Regel nur 1 — 8 Früchte produziert, an welchen zudem die Achaenen selten waren. Ziem- lich häufig vertrockneten die bestäubten Blüten ohne Fruchtbildung und eine ganze Anzahl der versuchten Kreuzungen blieben selbst bei mehrfacher Wiederholung völlig resultatlos. Ernst. Bastardierune. 24 370 ZphnteK Kapitel. zur Unterscheidung von den Hybriden im bisherigen Sinne, den „hybrides normaux", die Bezeichnung „hybrides sans croisement" oder „faux hybrides" vor. Die Operation, der sie den Ursprung verdanken, nannte er „fausse hybridation'" oder „pseudohybridation". Ist der positive Nachweis des Vorkommens solcher „faux hybrides" erst durch Millardet erbracht worden, so lagen, wie er selbst ausführt, in der älteren Literatur bereits Angaben dafür vor, daß ähnliche Kreuzungsresultate schon von anderen Forschern erhalten worden sind. Er verweist darauf, daß z. B. Gärtner (1849, S. 128 u. a.) als Ergebnis einiger Kreuzungen völlig der Mutter gleichende Bastarde erhalten habe, ihre Bastardnatur aber nicht zu behaupten wagte, sondern ihre Entstehung TTnregelmäßigkeiten in der Kastration oder in der Isolierung der Pflanze, also der Möglichkeit einer Afterbe- fruchtung zuschrieb. Focke hat 1881 aus der Literatur ähnliche Angaben für Bastardierungen in den Grattungen Hymenocallis. Lilhim und Bilbergia angeführt. Auch die sog. Hybriden von CUvia miniata (Hook.) Benth. (Himmitophi/Ilum), welche sich gegenüber der Stammart durch beträchtlich größere und lebhafter gefärbte Blüten auszeichnen, sind nach einer späteren Mitteilung Fockes (1890) als Formen auf- zufassen, bei deren Bildung fremder Pollen von ähnlichem Einfluß gewesen zu sein scheine, wie in den oben genannten Fällen von Pseudogamie. Millardet selbst ist späterhin bei Bastardierung in verschie- denen anderen Gattungen wieder zu gleichen Resultaten gekommen. Zur Publikation gelangten leider nur noch einige Beobachtungen an Ampelideen (1901). Einige E-assen von Vif?'s vmifera, die mit dem Pollen von F. rotundifoh'a (Scuppernong) befruchtet wurden, ergaben völlig mit V. finifera übereinstimmende Pflanzen, deren Pollen weniger gut war. Aus der inversen Kreuzung gingen da- gegen gewöhnliche zwischen den beiden Eltern intermediäre Bastarde hervor. Ferner gibt er an, daß es ihm gelungen sei, mehrere Kassen von V. vmifera mit Pollen von Ampelopsis heder acea zu befruchten und dabei wiederum völlig mit V. vinifera überein- stimmende Pflanzen erhalten zu haben, während die inverse Kreu- zung zu keinen Resultaten führte. "Weitere Versuche Millardets in den Gattungen Rubus, Bego7iia, Primiila usw. sind, wie Giard (1903) mitteilt, leider durch den Tod Millardets unterbrochen worden. Correns hat 1903 in einem Referat über neue Untersuchungen auf dem Gebiete der Bastardierungslehre diese letzte Mitteilung Millardets eingehend besprochen und kritisiert. Er hat dabei, wie später auch Giard (1903, S. 780 1 zugegeben hat, wohl nicht ohne Recht hervorgehoben, daß diese Untersuchungen über die Kreuzung von Ampelideen, im besonderen diejenige zwischen Vitis vinifera und Ampelopsis hederacea.^ nicht völlig einwandfrei seien P^iciirloganiic als iTH'hi/.ipiii' riputjaim' F.iilwickliiiiLr. ;{71 und trotz aller Sorgfalt, mit welcher Millardet sonst seine Ver- suche anstellte, vielleicht doch eine verspätete Selbstbestäubung di^' Resultate beeinflußt habe. Daß die gemachten Ausstellungen sich nur auf die Angaben über die T'i^?.5-Bastarde beziehen und nicht auf alle anderen Untersuchungen Millardets ausgedehnt werden können, haben die seitherigen Untersuchungen gezeigt. Die Richtigkeit seiner Angaben über das Vorkommen einseitiger Bastarde bei Fragaria ist später von Solms-Laubach. derjenigen über das Vorkommen solcher Bastardformen bei Buhus durch Lidforss bestätigt worden. Auf die Untersuchungen Solms-Laubachs ist kurz an dieser Stelle, auf die- jenige von Lidforss später in anderem Zusammenhange einzutreten. Solms-Laubach (1907, S. 53) hat 1902 eine Anzahl einge- topfter Pflanzen von Fragaria virginia7ia mit weiblichen und durch- aus staubblattlosen Blüten mit den männlichen Blüten der ein- heimischen Fragaria elatior bestäubt und reichlichen Fruchtansatz erhalten. :,Von den zahlreichen Keimpflanzen gelangten 190-1 37 Stöcke zur Blüte. Sie waren teils (5, teils O und glichen samt und sonders so absolut dem Vater (F. elatior) , daß kaum ein Unter- schied von demselben zu entdecken war". Wie bei den Versuchen Millardets war indes die Übereinstimmung doch keine ganz voll- ständige und Solms-Laubach fügt bei: „Lnmerhin waren die Blüten der weiblichen Stöcke von auffallender Kleinheit, waren ferner die reichblütigen Infloreszenzen in tieferem Niveau in Zweige ge- teilt, als es bei F. elatior gewöhnlich der Fall, waren die Blätter unterseits fast haarlos, oberseits zwischen den SeitenripjDen weniger emporgewölbt und von mehr bläulich -grüner Farbe". Aus den Samen der F. virginiaiia waren hier fast ganz reine F. elatior auf- gegangen, es war „fecondation sans croisement" in schönster Form eingetreten. Während aber die reine F. elatior 1904 einen außer- gewöhnlich reichen Fruchtansatz erzielte, erwies sich die der F. elatior so ähnliche Bastardform absolut steril und pro- duzierte auch nicht den geringsten Fruchtansatz. Ein Teil der von Solms-Laubach durch die Kreuzungsversuche von 1902 erzielten Früchte wurden erst im Jahre 1903 ausgesät. Die aus denselben hervorgehenden 26 Pflanzen kamen 1905 zur Blüte. Sie stimmten in jeder Beziehung mit denjenigen überein, welche bereit? 1902 ausgesät und 1904 geblüht hatten, waren von diesen ununter- scheidbar und ebenfalls steril. Auch im Sommer 1906 waren alle diese Bastardpflanzen wiederum steriD). Immerhin fand Solms- V) Die 1909 vorgenommene eytologische Untersuchung von Blüten diesei- Bastarde durch Strasburger (1909a, S. 47) ergab das Vorkommen von verbildetem Pollen und von Samenanlagen, deren innere Entwicklung nicht über die Teilung der Embryosackmutterzellen hinausreichte. Mediane Längsschnitte durch Samen- anlagen fertiger Blüten zeigten tief im Gewebe des Nucellus eine Gruppe geteilter. (5 meist schon in Desorganisation begriffener Emlirvosackmutterzellen. 24* 372 Zehntes Kapitel. Laubaoh in diesem Jahre eine Blüte, bei welcher zwar das Carpiden- Köpfchen abgestorben, der Basalteil des Receptacnlums aber doch einigermaßen sukkulent geworden war. Die Vermutung Solms-Laubachs, daß es bei längerer Beobachtung vielleicht doch noch gelingen könnte, einmal eine keimfähige Frucht dieses Ba- stardes zu erzielen, hat nach anderen neueren Resultaten der Bastardlehre, wie z, B. den Erfahrungen von Wettstein (1908), den früher beschriebenen Verhältnissen bei den Primula Keivensis- Bastarden usw. viel Wahrscheinlichkeit für sich. Im Gegensatz zur eben beschriebenen Kreuzung führte 1903 die Bestäubung der im Gewächshaus isolierten F. virginiana 9 ™it F. coUina (j zur Bildung von Bastarden, die „eine viel dezidiertere Zwischenform zwischen den beiden Eltern darstellten", bei der von einer fecondation sans croisement keine Rede sein konnte. Auch diese Bastarde brachten in den beiden ersten Jahren ihrer Blüh- fähigkeit keine einzige Frucht zur Reife und erwiesen sich gänz- lich steril. Die Versuche Millardets hatten ferner ergeben, daß ein und derselbe Kreuzungs Vorgang zu verschiedenen Resultaten führen kann. Solms-Laubach war schon lange vor seinen Versuchen mit Fragaria bei 7' /^c//sm-Kreuzungen zu demselben Resultate gekommen ; er berichtet darüber (1907, S. 60): „Ich hatte 1891 die nahe ver- wandten mittelamerikanischen Arten Fucksia spleiidens und F. cor- difolia in beiderlei Geschlechtsrichtungen miteinander gekreuzt, um den Nachweis zu führen, daß eine von Hemsley aus Mittelamerika beschriebene wilde Art, die zwischen ihnen steht und Fiichsia intermedia genannt wurde, den spontanen Bastard beider Spezies darstelle. Zu meinem größten Erstaunen erwiesen sich nun, als sie blühten, \'on 2(3 Stöcken der Kreuzung F. cordifolia 9 X splen- dens (5 25 dem Vater, der Fuchsia splendens^ so absolut ähnlich, daß ich sie nicht zu unterscheiden vermochte. Das waren also „hybrides sans croisement". Aber die 26ste Pflanze nahm eine ausgesprochene Mittelstellung ein, indem sie in der Blüte mehr der F. cordifolia, in den Stipulae mehr der F. splendens ähnelte, ohne indes nach einer und der anderen Richtung völlige Überein- stimmung zu zeigen. Ahnliches, wenn schon nicht so prägnant, er- gab auch die Gegenkreuzung F. splendens 9 X cordifolia (5, von der ich indes nur 7 Stöcke zur Blüte brachte. Vier davon kamen ganz nahe an die Mutter, zwei an den Vater heran; nur einer ergab die gesuchte Mittelform, eben die echte F. intermedia Hemsley. Irr- tümer waren ausgeschlossen, da die Blüten sorgfältig und frühzeitig kastriert, alle sj^äteren Knospen entfernt worden waren, und die Pflanzen einzeln, in voneinander getrennten, keine sonstigen Fuchsien umschließenden Glashäusern kultiviert wurden." Pseuclogamie als induzierte apo^ame Entwicklung. 373 Von weiteren seit Miliar det exj)erimentell erzeugten ein- seitigen Bastarden seien ihrer Merkwürdigkeit halber wenigstens noch die von Hurst (1900) erzeugten Orchideen -Bastarde er- wähnt. Handelt es sich bei Fragaria und Bubus um Bastarde zwischen Arten derselben Gattung, so zeigen die Versuche von Hurst, daß wirklich auch Bastardierungen, wie sie Miliard et mit Viüs und Ampelopsis anstellte, also zwischen Arten verschiedener Gattungen, zum gleichen Resultate führen können. Bei Befruch- tung von Zygopetaluin Mackayi mit Pollen von vier ver- schiedenen Arten von Odontoglossum , einer Lycaste und einer Oncidium -Art (vgl. de Vries, 1903, H. S. 32) wurden als Nachkommen völlig übereinstimmend und ausschließ- lich reine Exemplare von Zygopetaliim Mackayi erhalten. Altere Angaben, die bei verschiedenen Vertretern der Ama- ryllidacpae Parthenogenesis oder Pseudogamie vermuten ließen, haben in einer Mitteilung Worsleys eine neue Stütze erhalten. Er gibt an (190(5, S. 412), in der Nachkommenschaft einer Kreuzung von Hahranthus (Zepltyranthes) 9 X Hippeastrum (j (30 Kreuzungen) in sieben Generationen niemals einen Einfluß der väterlichen Pflanze beobachtet zu haben. In neuester Zeit haben Collins und Kempton (1916) aus der Kreuzung Tripsacnm dactyloides 9 X Euchlaena mexicana c^ Bastarde gezogen, die während 3 Generationen und unter mannig- faltiger Variation der Kulturbedingungen völlig patromorph, ohne jedes Anzeichen von Eigenschaften des mütterlichen Elters blieben. Die Deutung dieser eigenartigen Bastardierungsvorgänge ist seit ihrer Entdeckung zu verschiedenen Malen und nach verschie- denen Seiten hin versucht worden. Pocke hat im Anschluß an die Besprechung der von ihm aus der älteren Literatur angeführten Beispiele metrokliner Bastarde die Vermutung geäußert (1881, S. 525), daß die Entstehung solcher mütterlicher Bastarde ohne Befruchtung der Samenanlage durch parthenogenetische Entwicklung der Eizelle unter dem entwicklungserregenden Ein- fluß des fremden Pollens erfolgen könnte, und hat für diese Erscheinung die Bezeichnung Pseudogamie vorgeschlagen. Mit dem Hinweis darauf, daß bei den von ihm studierten Fra- ^rar/a- Bastarden nicht nur metromorphe, sondern auch patromorphe Formen erzeugt würden, hat Millardet (1894) wenigstens indirekt gezeigt, daß seine fausse hybridation sich nicht völlig mit der Pseudogamie Pockes deckt und dessen Erklärungsversuch nicht für die faux hybrides Gültigkeit haben kann. Aus seinen Aus- führungen geht deutlich hervor, daß er unter den faux hy- brides wirkliche Bastarde verstanden wissen will. Die XJr- 37-1 Zohnk's KapiU'l. sauhe dafür, > dalo sie entweder ganz dem Vater oder der Mutter gleichen, sieht er im besonderen Verhalten der beiden Geschlechts- kerne im Befruohtungsprozeß und deren Anteil bei der Entstehung der neuen Pflanze. Er schreibt (1. c, S. 366): „Cela ne peut tenir qu'a ce fait que, par l'acte meme de la tecondation, certaines parties im- portantes de la cellule male ou femelle ont ete neutralisees, peutetre annihilees jDar la cellule adverse, comme deux substances chimiqnes qui se precipitent mutuellement." Auch Strasburger zog in einer Besprechung der Mi llardetschen Versuchsergebnisse (1894a, S. 850) den Schluß, „daß die Wechselwirkung der Chromosomen im Kerne Interferenzerscheinungen nach sich zieht. In denjenigen Fällen, wo der Bastard ganz dem Vater oder der Mutter gleicht, werden die Chromosomen des einen Elters durch diejenigen des anderen Elters in ihrer Wirkung völlig neutralisiert." Miliar de t selbst ist später wieder teilweise von seiner ursprünglichen Auffassung abgewichen, um sich einem Erklärungsversuch Giards anzuschließen. Giard hat zuerst in x4.nlehnung an Deutungsversuche der Befunde von Boveri (1895) und Belage (1899) über die Entwicklung von Spermatozoiden in kernlosen Eifragmenten einzelner Seeigel, Anneliden und Mollusken die Vermutung geäußert, daß die Entstehung der jjatroklinen i'Vft^ar^'a-Bastarde darauf beruhen könnte, daß aus einem unbekannten Grunde dei' Kern der Eizelle degeneriere und der entstehende „falsche Bastard" in Wirklichkeit das Produkt einer parthenogenetischen Ent- wicklung des Spermakerns in dem Plasma der Eizelle sei, daß es sich also um diejenige Erscheinung handle, welche eben in der experimentellen Zoologie unter der Bezeichnung Merogonie bekannt geworden war. Für die Entstehung der vc>lligen M u 1 1 e r g 1 e i c h h e i t der Fragar/a-B'Astiirde akzeptiert Giard den Erklärungsversuch Fockes unter Annahme von Pseudogamie, d.h. einer Parthenogenese, die unter dem EinHuß des durch den Pollenschlauch bewirkten Entwicklungsreizes ohne gleichzeitigen Kernübertritt zustande komme. Er faßt (1903, S. 781;, nachdem sich Millardet brieflich mit seiner Deutung einverstanden erklärt hatte, seine Ansicht über die Ursachen der fausse hybridation der 7^>«(/a7'w«-Bastarde in dem Satze zusammen: „Les faux hybrides sont le resultat dun developj)ement parthenogenetique, soit de la macrogamete (ressem- blance unilaterale maternelle), soit de la microgamete (ressemblance unilaterale ],)aternelle)". In ähnlichem Sinne haben sich in den folgenden .Jahren und bis in die neueste Zeit auch verschiedene andere Autoren geäußert. In seiner Besprechung der Millardetschen Befunde bei ]'ifis hat sich z. B. Correns (1903) ebenfalls dahin ausgesprochen, daß iiiöglicher weise der .im'pc/o'psis -J^oil'm nur Pseudogamie als induzierte apogamo p]ntwickluii^-. 375 als Stimulans die parthenogeiietische Entwicklung der Em- bryonen von T". vinifera ausgelöst habe. Er fügt hinzu: „Man würde in diesem Falle freilich nicht mehr von ,faux hybrides' im Sinne ihres Entdeckers si^rechen können" und weiter: „gleichen die Nach- kommen der Mutter, weil sie parthenogenetisch, aber auf den Stimulus des Pollens hin, entstanden sind, so bezeichnet man die Erscheinung mit Focke als Pseudogamie". Auch Hurst (1900) hat sich zur Erklärung seiner metromorphen Orchideenbastarde ^j der Hypothese angeschlossen, daß es sich bei diesen Formen um eine durch die Bestäubung ausgelöste Parthenogenesis handle. Winkler (1908, S. 432) bespricht die faux hybrides im Ver- laufe seiner Ausführungen über Ursache und Auslösung der fakul- tativen, d. h. derjenigen Form der Parthenogenesis, „die nur dann zustande kommt, wenn ein ganz bestimmter nachweisbarer Außenreiz sie auslöst". Drei Erklärungsmöglichkeiten kommen nach ihm für das eigentümliche Verhalten der faux h^^brides in Frage : a) Die Entstehung reiner Vitis yin?'/e>'ö!-Nachkommen bei Be- stäubung verschiedener Rassen von V. vinifera mit Pollen von Am- pelopsis hederacea und ebenso die Entstehung reiner Zygopetalum Mackayi-lßrut nach Bestäubung von Z. Mackayi mit dem Pollen der verschiedensten Arten von 6 anderen Orchideengattungen, könnte darauf beruhen, daß infolge der Bestäubung, etwa unter dem Einflüsse eines in dem Pollenschlauche enthaltenen Wuchseiizyms, Parthenogenesis im Vitis- oder Zygo- petalum-Ei ausgelöst wird. b) Entstehung echter Bastarde, bei denen sämtliche mütterlichen Charaktere dominierten. Da bei Zyg. Mackayi die zu erwartende Spaltung in der Fg-G-eneration ausblieb, scheint ihm zum mindesten für diese Pflanze diese zweite Möglichkeit ausgeschlossen. c) Die [)flanzlichen faux hybrides sind Analogiefälle zu den experimentell erhaltenen rein mütterlichen Echinid-Crinoid-Bastarden Godlewskis. Da bei der Bildung dieser Bastarde eine regel- rechte Verschmelzung des ^w/fr/ow -Spermakerns mit dem Echlniden- Eikern vor sich geht und sich das Chromatin des männlichen Kernes an der Bildung der Furclmngskerne beteiligt, muß dieser Vorgang und in Übereinstimmung dazu auch die Entstehung der metro- k 1 i n e n faux li y b r i d e s im Pflanzenreiche als das Ergebnis einer Befruchtung aufgefaßt werden, bei der die männlichen Erbträger nicht imstande sind, in dem fremden Cyto- ^) Die wichtigsten Resultate der nicht überall zugänglichen Mitteilung Hursts sind in der Mutationslehre von de Vries (Bd. IL 1903, S. 32) resümiert. Dort findet sich auch das Verzeichnis der von Hurst ausgeführten und besprochenen Kreuzungen. 376 Zehntes Kapitel. plasmamedium ihre Eigenschaften zur Greltung zu bringen. Dafür scheint ihm vor allem auch der Umstand zu sprechen, daß bei Fragarin nicht nur metrokline, sondern auch patromorphe faux hybrides bekannt geworden sind. „Bei ihnen kann natürlich keine Parthenogenesis der Eizelle vorliegen, sondern es muß unbe- dingt angenommen werden, daß geformte Elemente aus dem Pollen- schlauch in das Ei eindringen; wahrscheinlich geht die Befruchtung- regelrecht vor sich, nur sind es hier die weiblichen Erbträger, die ihre Eigenschaften nicht zur Geltung bringen können." Immerhin hält er durch diese Befunde noch nicht völlig widerlegt, daß in denjenigen Fällen, wo die Nachkommenschaft der Mutter gleicht, die Entwicklung der Eizelle auf einer durch die Bestäubung ausgelösten Parthenogenesis beruhen könnte. Bateson hat für die Bezeichnung „falsche Bastardierung'' den Ausdruck Monolepsis vorgeschlagen und im Gegensatz zu den An- schauungen Millardets nicht eine graduelle, sondern eine funda- mentale Verschiedenheit der „faux hj'brides" gegenüber den echten Bastarden angenommen. Auch Collins und Kempton (1916) sind der Ansicht, daß bei der Entstehung ihres metromorphen Bastardes Tripsaciiin dactyloides V X Euchlaeua uiexivana J' keine wirkliche Verschmelzung der beiden Gametenkerne und damit auch keine wahre Kreuzung erfolgt sei. Sie halten es für ausgeschlossen, daß nach Bildung eines wirklichen Zygotenkerns die Eigenschaften des mütter- lichen Elters durch diejenigen des männlichen Elters so völlig ver- deckt werden könnten. Wahrscheinlicher ist auch ihnen eine Ent- wicklung des männlichen Kerns in der Eizelle des Embryosackes bei gleichzeitiger völliger Ausschaltung des weiblichen Kerns. Solche Fälle der „falschen Bastardierung" bilden ihrer Ansicht nach in gewissem Sinne ein Gegenbild zur Parthenogenesis und sie schlagen dafür die Bezeichnung'Patrogenesis vor. Nach der Ansicht der meisten Autoren, welche sich bis jetzt eingehender mit der Entstehung der einseitig väterlichen oder mütterlichen Pflanzenbastarde beschäftigt haben, würden also ähn- liche Vorgänge vorliegen, wie sie in der experimentellen Zoologie in den Erscheinungsgruppen der künstlichen, artfremden Befruch- tung einerseits, der Merogonie anderseits erzeugt und in cyto- logischer Hinsicht sehr eingehend untersucht worden sind. Da auf botanischem Gebiete solche Untersuchungen noch fast völlig fehlen, ist es notwendig, die an zoologischen Objekten ge- wonnenen Resultate zu überschauen und zu prüfen, ob dieselben auch auf die besprochenen pflanzlichen Bastarde übertragen werden können. Es würde aber zu weit führen, einen auch nur einigermaßen vollständigen Überblick über die reiche zoologische Literatur dieser Pseudoganiio als iiulii zierte aijogamc Entwicklung. 377 Forschungsgebiete geben zu wollen. Es muß genügen, an dieser Stelle zur Begründung meiner Ansichten von der Verschiedenheit der bisher als fausse hybridation und Pseudogamie im Pflanzen- reiche bezeichneten Vorgänge gegenüber heterogener Kreuzung und Merogonie im Tierreich auf einige wenige, besonders bekannt gewordene Untersuchungen zu verweisen, die ich zum Teil nach den Originalmitteilungen, zum Teil nach einer vorzüglichen kleinen Zusammenfassung Längs (1914b), nach der allgemeinen Biologie Hertwigs (1912), den Zusammenfassungen von E. Godlewski jun. über „Physiologie der Zeugung'- (1912 — 1914) und „Fortpflanzung im Tierreich" (1915), sowie nach den Vererbungsbüchern von Baur (1914) und Lang (1914a) zitiere. 2. Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Erscheinungen der hetero- genen Kreuzung im Tierreich und den metromorphen Pflanzen bastarden. Seit den bahnbrechenden Untersuchungen Loebs (19U3) haben im besonderen die zahlreichen Versuche über Bastardbefruchtung an Seeigeleiern bei der Lösung des Problems nach dem Zustande- kommen von ausschließlich oder vorwiegend mütterlicher, resp. ausschließlich oder vorwiegend väterlicher Gestal- tung der Bastarde eine große Rolle gespielt. Loeb ist es be- kanntlich zuerst gelungen, Eier eines Seeigels in Meerwasser mit erhöhter Alkalinität (Zusatz von Natronlauge) dermaßen zu beein- flussen, daß sie durch die Spermazellen eines Seesterns befruchtet wurden. Aus solchen Eiern sind dann Bastardlarven hervorgegangen, welche durchaus die charakteristischen Merkmale der Larven ihrer mütterlichen Art aufwiesen. Aus späteren Versuchen von Herbst (1906 — 1912), deren Inhalt ich nach Lang (1914b, S. 37) zitiere, geht hervor, daß bei solchen Versuchen immerhin auch eine willkürliche Beeinflussung der Vererbungsrichtung nach der väterlichen oder mütterlichen Seite möglich ist. Als Material benutzte Herbst Sj^liaerechinus 9 ^^^ Strongyloceidrotus ,^, aus deren Kreuzung intermediäre (d. h. Mosaikformen mit den dominanten Merkmalen der beiden Eltern), doch bisweilen mehr metrokline und bisweilen mehr patrokline Bastardlarven hervorgingen. Eine Hau^jtrolle spielte dabei nach den Herbst sehen Ergebnissen die Hinausschiebung des Zeit- punktes, in welchem die künstliche Befruchtung der durch Fett- säurebehandlung leicht zur Entwicklung angeregten Eier von SpJiaerechinus durch den Samen von Stro?igijloce7itrotus vorgenommen Avurde. Durch fortschreitende Verzögerung der Befruchtung bis zum Zeitpunkte der Vorbereitung zur ersten Kernteilung gelang es Herbst^ nicht nur die Vererbungsrichtung weit mehr nach der ;}78 Zehntes Kapitel. gange fih- inütterliclien Seite hin zu verschieben, sondern sogar Larven von rein mütterlichem Habitus (metromorphe Larven) aus der Bastard- liefruchtuug hervorgehen zu lassen. Zahlreiche weitere . Untersuchungen an zo(jlogisclien Objekten haben ergeben, daß die Erscheinungen der heterogenen Kreuzung und Pseudogamie alle nur wünschbaren IJber- zwischen einfacher künstliclier Parthenogenese und t y p i s o h e r Bastardierung bilden können. Durch künst- liche Einführung eines Spermato- phors der euro- päischen Gottes- anbeterin Manüs feligiosa veranlaßte Przibram(1909) die ägyptische Grottesanb eterin ^'phodromantis bi- ocidala zur Ablage entwicklungs- fähiger Eier. Die sich nur in ge- ringer Anzahl und sehr langsam ent- AvickelndenLarven zeigten alle Cha- raktere der Spho- droma7iff><. In die- sem und anderen Fällen hetero- gener Befruch- tung, wie z. B. bei der Entwicklung der mit Sperma von Antedon rosacea (Seelilie) befruchteten Eier von Echmuts, Sphaert'chinus und anderen Seeigeln (vgl. Godlewski. 1906), den erfolgreichen Versuchen Kuppel avI es er s (1908) über die Befruchtung von Seeigeleiern mit dem Sperma der Miesmuschel (Mytilus) usw. handelt es sich um Entwicklungsvorgänge, die nor- malerweise erst nach Verschmelzung der Eizelle mit dem Spermatozoon der gleichen Spezies erfolgen, die aber auch künstlich durch verschiedene Reize, wie Einwirlcung von Salz- eik^ Fig. 1U7. Schema diT Jior malen Befr uclitung eines Seeigel-Eies. / das reife Ei im Momente der Befruch- tung mit Eikern 'eil:) und l^^mpfängiiishügel Am einge- drungenen Samenfaden ist der Kopf (/.•). das Mittelstück im) und der Endfaden zu unterscheiden. 2 — 4 Stadien aus dem Verlauf der Annäherung und Anlagerung des Spermakerns an den Eikern. sh Samen (Sperma)kern, eik Kikern, c Cen- trosom. erste Dotterhaut, e Empfängnishügel. Aus Hertwig (1916, S. 101, Fig. 10).' Pseudoganiip als iniln/.ierte apogame Entwicklung. 379 lüsimgeii usw. angeregt werden können. Die A¥irkung des art- fremden Spermas in den obigen Versuchen beruht also vielleicht darin, daß es ebenfalls Stoffe enthält, welche die parthenogenetische Entwicklung von Eiern anderer Arten auszulösen imstande sind. So brauchte die Besamung von Seeigeleiern mit Muschelsjjerma in diesem Falle keine Verschmelzung von Eikern und Spermakern zur Folge zu haben. Es würde genügen, wenn ein vom Sperma ausgehender chemischer Eeiz die Eizelle zur |)arthenogenetischen Entwicklung anregt, die natürlich rein mütterliche Nachkommen liefert. Auch bei Kreuzung von einander ziemlich nahestehen- den Arten sind rein mütterliche .,Pseudobastarde" bei Seeigeln er- halten worden. So hat z.B. Hagedorn (1908) aus den reziproken -~^\>'/ "-o -/' -^^'v' ^-O-'V-- ^,\i-^ ■/\\ Fig. 108. Ve r s c h i e cl e n e Lag e r u n g des C h r o ra a t i u s d er S p e r m a z e 11 e in der Teilungsfigur nach der Befruchtung von Echini/s-¥Äze\\en mit klassen- fremdem Sperma. Nach Kuppelwieser (1912. S. 368, Textfig. 1). Kreuzungen von zwei Seeigelarten, Stromjyhcefitrotus piirpuratus und S. franclscanus, rein mütterliche Larven erhalten, ebenso bei Kreuzungen zwischen S. pni'puratns und Astenas ochracea. Auch die von den englischen Zoologen Cresswell Shearer, W. de Morgan und H. M. Fuchs seit 1909 ausgeführten Hybridationsstudien an den Seeigelarten Echinus esculeutus und E. miliaris haben die Heran- zucht von älteren Larven und jungen Seeigeln möglich gemacht, die stets uniform die reinen Merkmale der mütterlichen Art trugen, also rein metromorph waren. Da auch die Eier von Stronyylocen- trotus, Echinus usw. durch verschiedenartige Reizmittel zu partheno- genetischer Entwicklung veranlaßt werden können, ist auch in diesen Fällen der „Bastardierung-' völlig unsicher, ob es in ihrem Verlaufe wirklich zu einem Sexualakt kommt, oder ob es sich auch in diesen Versuchen wieder um induzierte Parthenogenesis handelt. In einer größeren Gruppe von Fällen künstlicher artfremder Befruchtung im Tierreich ist eine Vereinigung von Sperma- tozoon und Eizelle mikroskojjisch sicher nachgewiesen w^orden. 380 Zehntes Kapitel. trotzdem rein mütterliclie Bastarde entstellen. Für die Erklärung dieses Umstandes fällt in Betracht, daß trotz der eingeleiteten Be- fruchtung der Spermakern eben nicht oder nur teilweise an der Entwicklung des Bastardembryos Anteil hat. Er wird frühzeitig ganz oder teilweise eliminiert und als Folge hiervon läßt sich ein verschieden starkes quantitatives Überwiegen der mütterlichen Kernsubstanz nachweisen. In dem abnormen Verhalten der väter- lichen Kernsubstanz sieht Herbst die direkte Ursache für die Ver- schiebung der Vererbungsrichtung nach der mütterlichen Seite und er betont, daß alle von ihm mitge- teilten Tatsachen mit der Hypothese in Übereinstim- mung seien, „daß die Vererbungs- richtung von dem Q,uantitätsverhält- nis der elterlichen Kernsubstanzen abhängig ist." Auch bei den Versuchen G o d - lewskis (1906) über Befruchtung durch f a m i 1 i e n- u. kl assenfremdes Sperma (Sphae- rech intfs granulär in, Strongylocentrotus livitlusun&Echiniis mi(roiuherculah(!< Fig. 109 Schema dos Verhaltens des Spermakei-ns während und nach der Befruchtung der Eizelle durch eine mindestens artfremde Saiuenzelle bei Bildung m e t r 0 m 0 r p h e r Larven. Das Sperma -Chromatin ist schwarz, das Ei -Chromatin schraffiert dargestellt, a Fiin- dringcu des Spermatozoons in das Ei, b Äquatorialplatte der 'reilunu' des Fikerns. Eine Kernverschmelzung ist der Teilun«- des Eikerns nicht vorausgegangen und der männliche Kern i ^ j i liegt neben der Äquatorialplatte, c Bildung der beiden X^^nteäonrosacea) ^ _,, ,.^., konnte eine A^er- der Äquatorialplatte, c Bildung Tochteraster und erste Anzeichen der Degeneration des Spermakerns: d die Ijeiden ersten Tochterzellen mit Ruhe- stadium der nur mütterliches Chromatin haltigen Kerne, Elimination des degenerierenden männlichen Chvomatins. Nach Lang (l'J14, Taf. 11, Fig. 3). einigung der väter- lichen und mütter- lichen Chromo- somen , also zu- nächst ein Bef ruehtungsakt, noch nicht, dagegen das spätere Schicksal der beiden vereinigten Chromosomengarnituren festgestellt werden. Immerhin spielte sich der ganze Fin-chungsprozeß. die Grastrulation , Skelettbildung und allgemeine Konhguration der Larven vollkommen nach dem mütterlichen Typus ab. Bei seinen späteren Untersuchungen über Befruchtung von Seeigeleiern PseiKl(i"amio itls induziertf iiiioi'aiiH' Kntwicidun"'. 381 mit Sperma des Kingelwurms (Jhaetopterus (1911) ergab die Untersiicliiing, daß die Chaot(ypterus-^Y'evrm&n stets in die Kchinideii- Eier eindringen und ihr Kern mit dem Eikern zu einem hybriden Kopulationskern verschmilzt. Später folgt diesem Prozeß wieder die Ausscheidung des väterlichen Chromatins aus dem Kopulationskern in das Protoplasma und aller Wahrscheinlichkeit dessen Auflösung nach. An der darauf beginnenden Kernteilung (vgl. Fig. 109) beteiligen sich ausschließlich die mütterlichen Chromosomen und die weitere Entwicklung führt zu typischen, rein metromorphen Seeigel -Pluteuslarven. Der Effekt der artfremden Befruchtung ist also auch in diesem Falle, trotz der primär er- folgten Kernverschmelzung, völlig derselbe wie derjenige einer künstlichen Parthenogenesis. Auch die von Kujopelwieser mit Fig. 110. Verschiedene Lagerung des eliminierten väterlichen Chromatins im Zweizellenstadium nach Entwicklungserregung von Eclmuis- Eizellen durch „artfremde Befruchtung". Nach Kuppelwieser (1912. S. 870, Textfig. 2). Sperma der Miesmuschel befruchteten Seeigeleier lieferten Seeigel- Pluteuslarven vom rein mütterlichen Typus. In cytologischer Hinsicht wurde in diesem Falle festgestellt, daß der Spermakern bei der Be- fruchtung zwar im Eiplasma gegen den Kern vorrückt, aber nicht mit demselben verschmilzt. Bei der Teilung des Eies teilt sich nur dessen mütterliche Chromosomengarnitur (vgl. Fig. 108), nicht da- gegen diejenige des Spermakerns. Der letztere gelangt vielmehr bei der Zweiteilung des Eies in die eine der beiden ersten Furchungs- kugeln (vgl. Fig. 110), wo er allem Anschein nach bald der Degene- ration anheimfällt. Die Entwicklung des Embryos geht also auch hier ausschließlich unter der Herrschaft des mütterlichen Chromatins vor sich. Auch bei der Besamung von Echinus-FÄerw mit Samen des Ringelwurms Atidou'mia fand nach der Feststellung von Ku|)pel- wieser (1912) zunächst eine scheinbar normale Befruchtung statt. Bei der ersten Kernteilung aber verhielt sich wiederum das männ- liche Chromatin anormal. An Stelle von Chromosomen von der be- kannten normalen Gestalt entstanden ausschließlich formlose Klum- pen, welche unregelmäßig auf die beiden ersten Tochterzellen ver- 382 /f'hntf? Kapi-tel. teilt und bei der weitei'en Entwicklung des Keimes ohne Anteil an der Kernbildung nur noch wenige Teilungsschritte mitge- schleppt wurden. Form und Zahl der Chromosoraen in den Zellen größerer Larven, sowie die Größe ihrer Zellkerne bewiesen sicher, daß ihr Chromatin rein mütterlicher Herkunft war. Auch andere artfremde Befruchtungen, mit Sperma der Muschel Mactra, der marinen Tellerschnecke Patella und des Ringel wurms Aricia führten ausschließlich zur Bildung metromorpher Seeigel und er- gaben in der Hauptsache ein gleiches Verhalten des väterlichen Chromatins. Ahnliche Befunde aus dem Pflanzenreich stehen bis jetzt noch völlig aus. Wichtig ist daher zum Vergleich mit der pflanzlichen Pseudogamie der von Baltzer (1909) erbrachte Nachweis einer nachträglichen Chromatinelimination aus Bastardkeimen. Der Inhalt der schönen Untersuchung sei wiederum im Anschluß an A. Längs treffliche Zusammenfassung kurz wiedergegeben. Baltzer befruchtete Echinodermeneier, die vorher nach der Methode Loebs in Seewasser mit erhöhtem Hydroxylgehalt übergeführt worden waren, mit art-, gattungs- und klassenfremdem Sj^erma. Über das Verhalten des väterlichen Cliromatins während der Ent- wicklung der Bastardkeime werden u. a. die nachfolgenden Angaben gemacht: Bei der Kreuzung von Sphaerechiniis gyanularls 9 X Stron- gyloeentrotus lividus -^ vereinigen sich im Befruchtungsprozeß die beiderseitigen Chromosomengarnituren in normaler AVeise und ver- tragen sich miteinander auch im Laufe der Entwicklung. Eine (•hromatinelimination findet hier nicht statt. Die Zellkerne der hybriden Pluteuslarven w^eisen also die beiden Chromosomengarni- turen der Eltern vereinigt auf. Damit steht die Tatsache in völligem Einklang, daß die Bastardlarven die Merkmale der elterlichen Larven gemischt zur Schau tragen. Bei der bedeutend schwerer gelingenden reziproken Kreuzung Strongylocentrotus y X Sphae- rechinus .-j vermag die väterliche Chromosomengarnitur schon bei der ersten Teilung des hybrid befruchteten Eies die Teilung nicht durchzuführen. Sie wird bis auf einige Chromosomen aus dem Kern ,entfernt und bleibt abseits im Plasma liegen, bis ihre Trümmer auf dem Blastulastadium in die Furchungshöhle aus- gestoßen werden. Die sich entwickelnden Plutei tragen infolge- dessen wieder rein mütterlichen Habitus zur Schau. Ähnlich gestalteten sich die Verhältnisse bei den beiden reziproken Kreuzungen zwischen Sphaerp.chinus fjramdaris und Echinus m'icrotuberculatus, Arbacia pustulosa X Sphaerechinus usw. Im allgemeinen liegen also bei diesen aus h e t e r o g e n e n B a s t a r d b e f r u c h t u n g e n hervor- gehenden, nicht intermediären Bastarden, wie auch in einer späteren Pspnflng-ainif' als indnziprtp Mpognim- Flnfwirk-lnng 1383 Arbeit von Boveri (1014) dargelegt worden ist, die Verhältnisse durchaus so, daß entweder der Kern des einen Elters von vornherein ganz ausgeschaltet ist oder während der Entwicklung durch die im jungen Embryo erfolgenden zellmechanischen Gesetzmäßigkeiten die Chromosomen des einen Elters allmählich ganz oder zum größten Teil aus den „Furchungssj)indeln" herausgestoßen werden. Die- jenigen des anderen bleiben allein oder doch in Überzahl zurück und di e Vererbungsrichtung ist entweder rein einelter- lich geworden oder doch nach einem Elter hin ver- schoben. Die Möglichkeit eines prinzipiell ganz anderen Verhaltens ist aber durch diese Untersuchungen gar nicht ausgeschaltet. Dafür sprechen die wohl noch nicht widerlegten Untersuchungen Baltzers über die Kreuzung zwischen Echiniden 9 ^^^id Cri- noiden (^. Nach Befruchtung von Strongylocentrotus Q und Echi- nus 9 ii^it Antedon 5 wurde keine Ghromatinelimination, sondern Entwicklung der Larven zu echten, exquisit metromorphen Pluteuslarven festgestellt, trotzdem deren Kerne augenscheinlich eine doppelte hybride Chromosomengarnitur besaßen. Nur die vor und während des Blastulastadiums auftretenden Erkrankungen ließen darauf schließen, daß etwas im Zellgetriebe nicht in Ordnung war. Baltzer suchte diese Verhältnisse durch die Annahme zu erklären, daß die Zellkerne der Seeigel-Antedon-Bastarde das väter- liche Antedonchromatin in passivem Zustande enthalten. Es könnten also wenigstens in diesem einen Falle künst- licher artfremder Bastardierung im Tierreiche Ver- hältnisse \' o r 1 i e g e n , wie wir sie für die Fälle natür- licher Pseudogamie im Pflanzenreich als Regel an- nehmen müssen. Über die Ausbildung der Geschlechtsprodukte der duroh artfremde Befruchtung wie der durch künstliche Parthenogenesis er- zeugten Tiere liegen zurzeit noch keine Angaben vor. Für die See- igel ist es bekanntlich trotz vielfacher Verbesserung der Methoden erst in den letzten Jahren gelungen, aus parthenogenetisch sich entwickelnden Eiern fertig ausgebildete Tiere zu erhalten. Von den Seeigelbastarden sind von Shearer, Morgan und Fuchs Larven in beträchtlicher Anzahl zur Metamorphose gebracht und junge Seeigel gezüchtet worden. Geschlechtsreife Tiere sind aber im einen wie im anderen Falle entweder noch nicht erzeugt oder wenigstens nicht in dem Maße, daß das erhaltene Material die Fest- stellung der Chromosomenzahl und das Studium der Geschlechts- zellenbildung möglich gemacht liätte. Hinsichtlich der Chromosomenzahl ihrer Kerne werden sich die metromorphen Echiniden -Bastarde, so weit bis jetzt aus 384 /plintcs Kapitol. den Angaben über die ersten Teilungen derselben geschlossen werden kann, völlig oder doch in der Hauptsache gleich den parthenogenetisch zur Entwicklung kommenden Formen verhalten. Es sind für dieselben drei Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Eine Ansicht, die früher verschiedene Anhänger hatte, war die, daß zu Beginn der parthenogenetischen Entwicklung durch Autoregulation eine Erhöhung der Chromosomenzahl auf die Normalzahl stattfinde. In der Neuzeit nimmt wohl die Mehrzahl der sich mit diesen Fragen beschäftigenden Forscher an, daß während der ganzen Entwicklung die Chromosomenzahl des Eikernes unver- ändert beibehalten wird. Ist bei der Eibildung die Reduktions- teilung unterdrückt worden, so werden auch die aus diesen Eiern hervorgehenden und zur Geschlechtsreife kommenden Tiere in den Oocyten und Sj^ermatocyten die normale Chromosomenzahl aufweisen. Eireifung und Spermatogenese könnten also durch den A'^organg normaler Eeduktionsteilung erfolgen. Hat dagegen bei der Ei- bildung eine Reduktionsteilung stattgefunden, so wäre die Bildung- normaler und entwicklungsfähiger Geschlechtszellen nur beim Aus- bleiben der Eeifeteilungen oder wenigstens der Chromosomenreduktion möglich. Im einen wie im anderen Falle wird es also zur Bildung von Geschlechtsprodukten, sj)eziell von Eiern kommen, für welche kein Grund zu einer autonomen Entwicklung vorhanden ist. Ihre Weiterentwicklung wird jedenfalls nur bei legitimer Befruchtung, Kreuzung, oder bei künstlicher Entwicklungserregung durch Par- thenogenesis auslösende Reize erfolgen und auch in den folgenden Generationen ausschließlich mütterliche Formen ergeben. Etwas anders liegen die Verhältnisse für die von Baltzer hergestellten „intermediären" Bastarde aus Echiniden- Kreuzungen, sowie die m e t r 0 k 1 i n e n Echiniden-Crinoiden-Bastarde, die in den Zellen ihres Somas die dem Furchungskern zukommende diploide Chromo- somenzahl aufweisen. Würde es gelingen, aus der Heranzucht der- selben geschlechtsreif e Individuen zu gewinnen, so würden diese wahrscheinlich auch in ihrer Fortpflanzung ein verschiedenes Ver- halten zeigen. Neben Bildung funktionsfähiger Fort]3flanzungszellen in Fj und Spaltung in F., wäre die Möglichkeit vorhanden, daß in den Organen metrokliner weiblicher Individuen die Reifeteilungen der Eier unterbleiben und ähnlich wie bei den höheren Pflanzen apogame Fortpflanzung aus Eizellen mit nicht reduzierter Chromo- somenzahl eintreten könnte. Abgesehen von diesen noch ungenügend bekannten Fällen liegen aber die Verhältnisse im Tierreich wohl durchaus derart, daß infolge heterogener Kreuzung oder P s e u d o g a m i e entstehende „ Pseudo- bastarde" in Wirklichkeit gar keine metromorphen Bastarde sind, sondern sich ähnlich wie rein parthenogenetisch entstandene Pseudogamie als induziei'te apogame Entwicklung. 385 mütterliclie Nachkommen verhalten '). Zum Unterschied von den pflanzlichen „faux hybrides", die diploid und heterozygot sind, durchlaufen sie ihren ganzen Entwicklungsgang wahrscheinlich mit der normalen Geschlechtszellen zukommenden haploiden oder einer davon numerisch und qualitativ nur wenig abweichenden Chromo- somengarnitur. 3. Wirkliche und vermeintliche Fälle von Merogonie im Pflanzenreich. Ebensowenig wie in den experimentellen und cytologischen Befunden über heterogene Kreuzung und Pseudogamie im Tier- reich eine Erklärung für Entstehung und Wesen der pflanzlichen metromorphen Artbastarde gegeben ist, vermögen die Erscheinungen der Merogonie die patromorphen „falschen" Bastarde im Pflanzen- reiche zu erklären. Auch hier liegen wiederum wesentlich verschiedene Verhältnisse vor. Über die cytologischen Grundlagen bei der Ent- stehung patrokliner Bastarde ist im Tier- und Pflanzenreich be- deutend weniger bekannt als über die metroklinen Formen. Im Tierreich haben die Seeigel wieder das günstigste Ausgangsmaterial zur Erzeugung solcher Bastarde geliefert. 0. und R. Hertwig war es gelungen, von Seeigeleiern durch Schütteln in Wasser kern- lose Stücke abzutrennen, die für einige Zeit lebensfähig blieben. Boveri hat dann 1889 in seiner Abhandlung „Ein geschlechtlich erzeugter Organismus ohne mütterliche Eigenschaften" gezeigt, daß solche Eifragmente durch SjDermatozoiden befruchtet werden können und hernach Zwerglarven entwickeln. Seine weiteren Studien ^) Für diese Annahme sprechen auch durchaus die Ergebnisse der im Berliner anatomisch -biologischen Institut vorgenommenen Untersuchungen über die Ent- wicklungsvorgänge von Wirbeltier-Eiei-n nach Befruchtung mit artfremdem, radium- bestrahltem Samen (vgl. P. Hertwig, 1917). Nach den Feststellungen früherer Forscher sterben die Kreuzungsprodukte von Bufo vulgaris 5 X I^ana fusca (j, sowie von R. escmlcnta $ x Ä. fnsca J nach scheinbar normaler Zweiteilung und Furchung auf dem Keimblasenstadium ab. G. Hertwig (1913) bestätigte durch Kontrollversuche dieses Resultat und erklärte die schlechte Entwicklung dieser Bastarde aus der Entstehung einer dis- harmonischen Idioplasmaverbindung, die durch die Kopulation der art- fremden Kerne zustande kommt. Er bestrahlte nun die Spermatozoen von R. fusca mit Radium und erreichte hierdurch, daß sich die Bastardlarven Bufo vulgaris $ X Rana fusca J und R. esculenta ^ x R. fusca J über das Keimblasenstadium hinaus zu kleinen Embryonen entwickelten: „Die Ui'sache zu der Erkrankung, die Vereinigung der beiden Bastaid-ldioplasmen zu einer disharmonischen Verbindung, ist ja bei den Radium-Experimenten durch die frühzeitige Elimination des art- fremden, radiumkranken Spermachromatins beseitigt". G. Hertwig bezeichnet die Entwicklung dieser , falschen Bastarde", da nur der haploide Eikern sie leitet, als eine haploid-parthenogenetische. Die Beobachtungen von G. Hertwig fanden volle Bestätigung in den Unter- suchungen von 0. Hertwig an Tritoneiern, sowie von P. Hertwig (Lit. vgl. 1917) bei Triton- und Fischeiern. Ernst. Bastardierung. 25 386 Zehntes Kapitel. (1895) ergaben, daß aus der hybriden Befruchtung normaler Eier von Sphaerechiuvs grannlaris mit Samenzellen von Echi- niis microtiiberculatus charakteristische, intermediäre Bastardlarven entstehen. Wurden dagegen Schüttelkulturen der Eier der erst- genannten Seeigelart mit den Samenzellen der zweiten Art be- fruchtet, so entstanden typisch intermediäre Bastardlarven normaler und Zwerglarven verschiedener Größe. Die ersteren gehen nach der Ansicht Boveris aus befruchteten intakten, die letzteren aus be- fruchteten kernhaltigen, größeren und kleineren Bruchstücken von Sphaerechhms -^iern hervor. Ferner entstanden vereinzelte Zwerglarven vom reinen Echimis imcrotubercidahis-Tyj^us, also rein p a t r o m o r p h e Formen. Diese einseitig väterlichen Ba- stardlarven sind nach Boveris Ansicht aus kernlosen von jE'c/imMs-Spermatozoen befruchteten Eifragmenten von Sphaerechiuus hervorgegangen. Sie blieben klein, weil sie nur aus Bruchstücken von Eiern hervorgegangen sind, patromorjoh, weil sie in ihrem Plasma als Kernmasse und Vererbungssubstanz ausschließlich den Spermakern enthielten. Die Resultate Boveris sind später durch Untersuchungen von Morgan und Seeliger bestätigt worden. Durch Delage (1899) wurde die Methodik der Merogonie wesentlich verbessert. Er erzielte analoge Entwicklungsvorgänge nicht nur bei Seeigeln, sondern auch bei einer Annelide (Lanice conchylrga) und bei einem Mollusken (Dentaliidn enteile). Auf botanischem Gebiete sind diesen Untersuchungen wiederum nur einige wenige Beobachtungen anzureihen, die sich zudem auf die eine Familie der Fucaceen beschränken. Farmer und Williams (1898, S. G83) haben festgestellt, daß bei der Entleerung der Oogonien von Halidnjs einzelne Eizellen beim Passieren des engen Ostiolums entzwei geschnürt werden. Die dabei entstehenden kernlosen Eifragmente ziehen die SjDermatozoiden gleich den kern- haltigen Eiern an. „It sometimes haj^ijens that these non-nuc- leated fragments become fertilised, and then they are seen to Sur- round themselves with a cell wall in the normal manner, whilst this never occurs, even in uninjured eggs, if they have escaped fertilisation." Experimentelle Untersuchungen über Merogonie bei Fucaceae sind von AVinkler (1901) vorgenonnnen worden. Es gelang ihm (vgl. auch S. 176), künstlich kernlos ge- machte Eistücke von Cystosira barbata durch legitime Befruch- tung zur Bildung von Keimlingen zu veranlassen. Diese blie- ben kleiner und schwächer als diejenigen aus normalen Eiern und erreichten auch nicht denselben Entwicklungsgrad wie solche Keimpflanzen, die aus kernhaltigen Eifragmenten ent- standen waren. Pseudogamie als induzierte apogame Entwicklung. 387 Wiederholt ist nun, im besonderen von Seiten der Zoologen, die Frage aufgeworfen worden, ob nicht auch die patromorphen Pflanzenbastarde ihren Ursprung der Merogonie verdanken könnten. Für die Miliar d et sehen patromorjohen i^^/r/y/arm-Bastarde ist dies zuerst von Giard (1899 und 1903) geschehen. Ergebnisse experimenteller und cytologischer Untersuchungen machten einen solchen Ursprung in den letzten Jahren auch für einzelne eigen- tümliche patrokline Oe^^o ^/ier^-Bastarde wahrscheinlich. De Vries (1911) hat durch Kreuzungsversuche festgestellt, daß Bastarde zwischen Oenothera biemiis L. und 0. muricata L. ganz Fig. 111. Befruchtung und Embryobildung bei Bestäubung von Oenothera biemiis $ mit Pollen von 0. muricata. a Embryosack mit Synergiden, Eizelle und Embryosackkern von 0. biciinis, b befruchtete Ei- zelle, c befruchtetes Ei mit der ersten Spindel, d zweikerniger Embryo, e zweizeiliger Embryo Nach Renner (1915, Fig. 3a, 4c, d, e und fj. allgemein eine starke Annäherung an die Pollenpflanze zeigen. Sie sind patroklin und zwar in beiden möglichen Kreuzungen. 0. hiennis 9x0. miiricaia ,5 liefert demnach 0. muricata ähnliche, 0. muricata 9 X O. biemiis (5 der 0. hiennis ähnliche, also in beiden Fällen patrokline Bastardgenerationen, die sich bei In- zucht konstant verhalten. Bei Bestäubung der 0. muricata ähnlichen Bastardpflanzen mit dem Pollen des 0. hiennis ähnlichen Bastardes wurden in der F^-Generation reine 0. i^e;2W(''5-Pf lanzen , und umgekehrt bei der Bestäubung des hiennis ähnlichen Bastardes mit dem Pollen des muricata ähnlichen Bastardes reine 0. muricata- Pflanzen erhalten. 25* 388 Zehntes Kapitel. Auf Grund dieser Vererbungsverhältnisse vermutete Grold- schmidt (1912), daß bei den Kreuzungen zwischen 0. biennis und muricata im befruchteten Ei eine Kernverschmelzung unterbleibe oder nachträglich der eine Chromosomensatz wieder ausgestoßen werde. Besonders wahrscheinlich erschien ihm, daß die Entwicklung des Embryos unter dem Einfluß der allein oder doch überwiegend wirksamen väterlichen Chromatinsubstanz vor sich gehe und der mütterliche Kern degeneriere. Ein solches Ergebnis ließe, in völliger Übereinstimmung mit den experimentell festgestellten Tatsachen, er- warten, daß z. B. der Bastard 0. bie)inis Q X 0. muricata -^ in seinem von dem mütterlichen 0. hiennis stammenden Plasma ausschließlich Kernsubstanz von 0. muricata aufweist und dementsiDrechend auch vorwiegend väterliche Eigenschaften mit geringem mütterlichen Einschlag besitzt. Würde bei den genannten Oenothera- Bastarden die Entwicklung der Eizellen wirklich mit dem väterlichen Chro- mosomensatz einsetzen, so müßten die entstehenden Keime in ihren Kernen wenigstens zunächst die haploide Chromosomenzahl auf- weisen. Seine entwicklungsgeschichtlich-cytologischen Untersuchungen schienen diese Ansichten zu bestätigen und er glaubte, in den Kernen des jungen Bastardembryos die haploide Zahl 7 anstelle der di- ploiden 14 Chromosomen zählen zu können. Goldschmidt rechnete dabei, in Übereinstimmung mit Anschauungen, die in der Partheno- genesislehre vielfach geäußert worden sind, mit der Möglichkeit, daß im weiteren Verlaufe der Entwicklung des haploidkernigen Keimes nachträglich eine Wiederherstellung der diploiden Chromo- somenzahl erfolge. Leider haben die Nachuntersuchungen Renners (1913 und 1914) die Vermutungen und vermeintlichen Feststellungen Gold- schmidts nicht bestätigt. Er hat die Vorgänge der Befruchtung so vollständig wie möglich verfolgt und die Chromosomenzahlen sowohl in den allerersten wie in späteren Entwicklungsstadien der Bastardkeimlinge bestimmt (vgl. Fig. 111 u. 112). Er ist dabei zum Ergebnis gekommen, daß nicht nur bei der genannten, son- dern auch bei der reziproken Kreuzung, ebenso bei den Kreu- zungen zwischen 0. Laniarckiana einerseits und 0. biennis oder muricata anderseits, die nach den Erfahrungen von de Vries dasselbe züchterische Verhalten zeigen, der Kern der befruch- teten Eizelle ein wirklicher Zygotenkern ist. Seine di- ploide Chromosomenzahl wird nicht nur in den nachfolgenden Kernteilungen beibehalten, sondern bei 0. biemiis Q X muricata (5 wie bei allen anderen 0(^'>?o^Äprrt-Bastarden (auch solchen mit ver- schiedenchromosomigen Eltern) während der ganzen Ausbildung des Bastardes bis zur Reduktionsteilung in seinen eigenen Pollen- mutterzellen beibehalten. Pseudogamie als induzierte aijogame Entwicklung. 389 Für die i'rf/f/örm- Bastarde hat schon Solms-Laubach (1907, S. 53) auf Grund seiner Beobachtungen über die völlige Sterilität isolierter weiblicher Pflanzen von F. virginiana die Anschauungen Giards über den merogonistischen Ursprung der patroklinen Bastarde in Zweifel gezogen. Sj^ätere Untersuchungen Strasburgers (1909a) haben die Berechtigung dieser Zweifel völlig erwiesen. Strasburger hat im Frühjahr 1909 in teilweiser Wiederholung der Versuche von Solms-Laubach und an dessen Versuchs- pflanzen die rein weiblichen Blüten isoliert gehaltener Stöcke von F. vinjhiiana mit Pollen von F. elaiior bestäubt. Die bestäubten '4ü-<>** vV %SM Fig. 112. Kernteilungen aus der frühesten Embi-yoentwicklu ng von Oenothera biennis 5x0. muricata ,J. a und a^ Eizelle mit Zygoten- kern in Metaphase, schräg durchschnitten; b zweite Mitose im P]mbryo, eben- falls in Metaphase; c Metaphase in Zelle eines älteren Embryos. In allen drei Kernteilungen 14 Chromosomen. Nach Renner (1915, Taf.XlI, Fig. 1, 5au.b, 6). Blüten wurden in Intervallen von je 12 Stunden, von der Be- stäubung an gerechnet, fixiert. Schnittserien von Samenanlagen, die zwischen 24 und 48 Stunden nach vollzogener Bestäubung der Narbe in Fixierlösungen eingelegt worden waren, zeigten die typischen Erscheinungen der Befruchtung (vgl. Fig. 113). In seinen Präparaten waren außerdem vorhanden: Gekeimte Pollenkörner auf den Narben und Pollenschläuche auf ihrem Wege zu den Samenanlagen; Spermakern und Eikern völlig verschmolzen im befruchteten Ei, doch noch zwei Nukleolen von verschiedener Größe im Keimkern; die aus den verschmolzenen Gametenkernen hervorgehende Kern- spindel in der gestreckten Keimanlage; zwei- und mehrzellige Keim- 390 Zehntes Kapitel. anlagen, dabei hin und wieder je zwei verschieden große Kern- körperchen in den Kernen; endlich auch Endospermkerne vor der Teilung mit drei Nukleolen. In der großen Mehr- zahl der unbefruchtet ge- bliebenen Samenanlagen dagegen zeigten die Ei- zellen Zeichen der be- ginnenden Degeneration. Nach all diesen Befunden ist also, wie Strasburger ausführt, nicht zu be- zweifeln, daß die von ihm mit F. elatior bestäubten Stöcke von F. virginiana durch den Pollen der ersteren Art regel- recht befruchtet wor- den waren. Der Keim- kern der befruchteten Eier war das Produkt der Verschmelzung von Spermakern und Eikern, und mit der einem Zy- gotenkern zukommenden diploiden Chromosomen- zahl trat die Keimanlage auch in weitere Entwick- lung ein. Es liegt somit auch bei der Keimbildung von F. virgiinana X datior keine Merogonie vor, sondern wirkliche Ba- stardierung. Da die Nachkommen dieser Kreuzung ganz der väter- lichen Art gleichen, so Fiij. 113. Befruchtung und Teilung des Zygotenkerns nach Bestäubung von Fra- garia virginiana mit Pollen von F. elatior. a oberes Ende des Embryosackes mit einer wenig veränderten und einer durch Pollenschlauchwirkung zerstörten Synergide. Eizelle gestreckt, im Plasma ihres Scheitels S)iermakern und Eikern. a^ Scheitel der Eizelle von Fig. a bei stärkerer Vergrößerung, die beiden Gaiuetenkerne nur durch schwache Ab- grenzung voneinander entfernt. Der Spermakern an Größe etwas hinter dem Eikern zurückstehend und durch ein kleineres Kernkörperchen kenntlich. b gestreckte, noch ungeteilte Keimanlage mit Teilung des Zygotenkerns. b^^ vergrößerter Scheitel derselben Keimanlage, Kernteilung in Anaphase und mit gleicher Chromosomenzahl wie in diploiden vegetativen Zellen, c Zelle mit Kern- teilung aus dem Zentralzylinder der Wurzelspitze von Fragaria elatior. Nach Strasburger (1909a, Taf. III, Fig. 86-88). beweist das eben, „daß in bestimmten Fällen die erblichen Merkmale des einen der beiden Kerne, die im Befruchtungsakt zur Vereinigung kamen, des anderen dominieren können". ganz über die Pseudogamie als induzierte apogame Entwicklung. 391 4. Pseudogamie und „fausse hybridation" als induziert apogame Entwicklung an Artbastarden. Für die neue Auffassung der Erscheinungen von Pseudogamie und fausse hybridation bei Pflanzen als induziert apogame Entwick- lung an Artbastarden scheinen mir vor allem die Studien von Lid- forss (1914) über i?«ö?^s-Bastarde zu sprechen. Die Brombeeren (Untergattung Eubatus Focke, Unterreihe Mori- feri Focke) haben nach seinen ausgedehnten und vieljährigen Kreu- zungsversuchen eine ausgesprochene Neigung zur Bastardbildung. Bei künstlicher Kreuzung erhielt er neben echten Bastarden fast regelmäßig auch falsche Bastarde, die der Mutter^iflanze ähnlich waren und stets eine völlig konstante Nachkommenschaft lieferten. Dabei schwankte das quantitative Verhältnis zwischen echten und falschen Bastarden je nach der Verwandtschaft der beiden Eltern innerhalb ziemlich weiter Grenzen. Nahe Verwandtschaft ergab gewöhnlich echte und falsche Bastarde in ungefähr gleicher Anzahl (z. B. R. caesius L. (^ X Arten aus der Gruppe Corylifolii, wie R. aciiniinatus Lindeb. '^, R. divergens Neum. 9? R- dissimidans Lindeb. 9 usw.). Bei anderen Kreuzungen wurde neben Hunderten von falschen Bastarden nur sehr selten einmal ein echter Bastard erhalten. Zu verschiedenen Malen wiederholte Bestäubungen von R. polyanthemiis Lindeb.^ R. insularis F. Äresch., R. Liiulebergii P. J- Müll. 9 ™it Pollen von R. caesius L. ergaben überhaupt nur falsche Bastarde. Auch aus den rezij^roken Kreuzungen gingen ausschließ- lich falsche Bastarde hervor, die vom typischen R. caesius L. nicht zu unterscheiden waren. Die sämtlichen falschen i??<ö?/s-Bastarde stimmten nach Lidforss vollkommen und ohne den geringsten väterlichen Einschlag mit ihrer Mutterpflanze überein und lieferten eine durchaus einheitliche Nachkommenschaft ohne die geringste S]3ur von Spaltungserschei- nungen. Da anderseits die echten (binären) Bastarde in der Fg-Gene- ration immer eine tiefgehende Spaltung erfuhren und eine fast un- begrenzte Polymorphie aufwiesen, schloß Lidforss, daß die falschen i?2<6?/s-Bastarde nicht durch einen normalen Sexualakt, sondern entweder durch Pseudogamie im Sinne Fockes, oder durch Mero- gonie entstanden sein müßten. Eine Entscheidung dieser Fragen durch cytologische Untersuchungen war ihm noch nicht gelungen, doch schien ihm ein normaler Befruchtungsakt absolut ausgeschlossen. Baur hat den Lidforssschen /??/-&M6f-Bastarden und den faux hybrides überhaupt eine Deutung gegeben, die sich derjenigen, welche sich aus der Hypothese vom hybriden Ursprung der Ajdo- gamie ergibt, in verschiedenen Punkten stark nähert. Diejenigen Ergebnisse der Lidforssschen Untersuchung, auf welche er sich 392 Zehntes Kapitel. dabei hauptsächlich bezieht, sowie sein Erklärungsversuch sind im folgenden kurz resümiert. Ruhus yiemoralis Aresc/t. var. aciiminatus Lindeh. wurde nach sorg- fältiger Kastrierung mit Pollen von E. caesius L. bestäubt. Ein Teil der erhaltenen Nachkommen waren typische Bastarde zwischen den beiden Arten. Sie zeigten bei der Weiterzucht die für die Nachkommenschaft von Artbastarden bekannte Vielgestaltigkeit. Andere dagegen waren ganz und rein ty|)ische Ruhus nemoralis var. acuminatus. Ein sol- ches Ergebnis muß, wie Baur (1914, S. 245) ausführt, zunächst immer den Verdacht erwecken, daß nicht sorgfältig genug kastriert worden ist und neben der Fremdbefruchtung auch noch eine unge- wollte Selbstbestäubung stattgefunden hat. Dieser Verdacht ist aber gegenüber den Versuchen von Lidforss gänzlich unbegründet. Von zahlreichen weiteren, von ihm nur kastrierten und nicht mit Pollen von anderen Arten befruchteten Blüten gab nämlich keine einzige Fruchtansatz. Dagegen erzeugten alle kastrierten und nachher mit artfremdem Pollen bestäubten Blüten reichlich Nachkommenschaft, die immer aus demselben Gemisch von Bastarden und von rein mütterlichen Individuen bestand. Die Bastarde erwiesen sich auch in F., als typische Bastarde und spalteten in eine große Anzahl von Neukombinationen auf, während die rein mütterlichen Individuen sich weiterhin als konstant rein mütterlich erwiesen. Die Frage, wie die rein mütterlichen Individuen zu verstehen sind, die aus solchen Artkreuzungen hervorgehen, diskutiert nun Baur im Anschluß an Lidforss folgendermaßen: „Man wird natür- lich in Erinnerung an die Sachlage bei Hieracium vermuten, daß auch bei Ruhus nonoralis zweierlei Eizellen vorkommen, solche, die sich parthenogenetisch entwickeln, und solche, die befruchtungsbe- dürftig sind; die ersteren geben die rein mütterlichen Pflanzen dieser Versuche, die letzteren die Bastarde. Aber die Sache liegt doch anders, denn wie wir gehört haben, geben die kastrierten und nicht bestäubten Blüten überhaupt keinen Samen. Nun wissen wir aber aus anderen Fällen, daß parthenogenetische Entwicklung von pflanz- lichen Eizellen durch die Bestäubung der Narbe mit Pollen ausge- löst wird. Es löst also hier der Bestäubungsreiz erst die Partheno- genese aus. Diese Erscheinung, daß scheinbar eine Befruchtung erfolgt, daß aber in Wirklichkeit nur eine durch den Bestäubungs- reiz ausgelöste parthenogenetische Entwicklung der Eizellen vorliegt, bezeichnet inan nach Focke als Pseudogamie. Sehr wahrscheinlich liegt bei Rtihus nemoralis und anderen i??/ÖMs-Arten, die analoge Resultate bei Kreuzungen ergeben, die Sache so, daß zweierlei Eizellen ebenso wie bei Hieracium vor- kommen, nämlich normale, befruchtungsbedürftige, aus denen bei Fremdbestäubung Bastarde hervorgehen, und zweitens partheno- Pseudogamie als induzierte apogame Entwicklung. 393 genetische Eizellen, die sich pseudogam entwickeln, nur auf den Bestäubungsreiz hin, und die natürlich auch bei Fremdbefruchtung rein mütterliche Nachkommen ergeben. Eine cytologische Unter- suchung, die ja die sichere Entscheidung bringen muß, ist bei Bubus noch nicht ausgeführt." Bei zahlreichen Kreuzungen zwischen sexuellen Rtthus-Arten^ z. B. bei Kreuzungen zwischen schwarzfrüchtigen Nicht- ^or/y/Z/b/n, wie R. thyrsanthus 9 ^^^ -ß- cciesitis (^^ hat Lidforss auffallende Relationen der entstehenden F^- und F2- Pflanzen zu längst be- kannten, wildwachsenden Arten aufgedeckt. Auch andere Resultate seiner Untersuchungen sprechen für den Bastardcharakter vieler wildwachsender Rubusarten^), so z. B. die Tatsache, daß die Fj-Generation der Kreuzung zwischen wildwachsenden Bubus-Arten. nicht wie andere Artbastarde uniform sind, sondern eine große Vielförmigkeit aufweisen. Die betreffenden Arten sind also schon heterozygotisch, „was wohl in den meisten Fällen mit einer in früheren Generationen stattgefundenen Artkreuzung zusammen- hängen dürfte". Im gleichen Sinne ist auch der von Lidforss ^) Auf die Bedeutung der Bastardierung für die Entstehung der Rubtis-Arien hat übrigens schon in den siebenziger Jahren des letzten Jahrhunderts Focke hingewiesen und später eine größere Anzahl solcher Mischlinge in seinem Buche über „Pflanzenmischlinge" aufgeführt. Im besonderen aber hat er (1914, S. 10) in seinen Specws Ruborum die Bedeutung der Bastardierung bei der Bildung der europäischeii Riibi eingehend besprochen. Er kommt hier ungefähr zu folgenden Schlüssen und Ergebnissen: Zu Anfang des Pliocens beherbergte Europa eine Anzahl von untei'einander nahe verwandten Rubtcs -Formen und zwar von solchen, die den R. floribundiis, cJiagalcnsis, adeiiotridios, Scllo/cii ähnlich waren. Bei Beginn der Abkühlung (Ende des Pliocens) zogen sich nach seiner Ansicht die alteuropäischen Eiibali nach Westen und Süden zurück. Die ursprünglich zirkumpolaren Siibcrcdi drangen von Norden her nach und mischten sich vielfach mit den Nachzüglern ihrer Vorgänger, mit denen sie widerstandsfähigere Kreuzungsformen bildeten. Auch die alteinheimischen Arten mußten sich vielfach durch Umgestaltung den ver- änderten Verhältnissen anpassen. Bei dem Rückzug der Gletscher kam es zu großen Verschiebungen der Verbreitungsbezirke. Die Bedeutung der Kreuzung für die Entstehung der Polymorphie bei Eubatus läßt sich aus der riesigen Zahl der Mittelformen erkennen, die ausnahmslos eine beträchtliche Menge tauben Pollens besitzen. Allerdings ist der Pollen auch bei manchen Arten mißbildet, die heute nicht mehr intermediär erscheinen; wahrscheinlich sind aber auch diese Arten in der Vorzeit einmal gekreuzt worden. Die Anführung dieser Stelle aus der Monographie des erfahrenen Rubus- Spezialisten und Bastardforschers zeigt, daß auch ganz andere Gesichtspunkte, als sie in dieser Studie vertreten werden, für die Annahme reichlicher Bastar- dierung in polymorphen Verwandtschaftskreisen mit obligater oder teilweiser Apogamie einzelner Formen sprechen. Die Annahme einer hervorragenden Be- deutung von Pflanzenwanderungen für das Zustandekommen von Kreuzungen und die Verbreitung von Bastai-den deckt sich mit Anschauungen, die in der Begründung unserer Hypothese an verschiedenen Stellen, vgl. z. B. S. 130 und 239 gegeben woi-den sind. 394 Zehntes Kapitel. erwähnte Umstand zu deuten, daß bei Aussaat von Samen aus selbstbestäubten Blüten vieler wildwachsender Brombeerarten eine Anzahl abweichender Formen zu erzielen sind, welche ihren neuen Typus auf ihre eigene Nachkommenschaft scheinbar unver- ändert übertragen. Diese Befunde gestatten es wohl, liubus nemoralis var. acumi- nat/is entsprechend unserer Hypothese als einen teilweise apo- gamen Artbastard aufzufassen. Die Unterschiede in seinem Verhalten gegenüber dem vonBaur zum Vergleich herangezogenen Fall von Hieracium sind dann gering, und, wie unten zu ersehen ist, eigentlich auf zwei Punkte reduziert. Zunächst ist nach meiner Ansicht zu erwarten, daß eine cyto- logische Untersuchung bei Rubus nemoralis, ähnlich wie bei Hiera- cium und bei Tkalictrmn purpurascens. zur Feststellung von zwei Arten von Eizellen kommen wird, solche;* mit haploider und solcher mit diploider Chromosomenzahl der Kerne. Dies dürfte seinen Grund darin haben, daß ein Teil der Embryosackmutterzellen sich mit normalem Verlauf der Reduktionsteilung, andere dagegen sich ohne Reduktion entwickeln. Die haploiden Eizellen sind befruch- tungsbedürftig, sie werden mit Pollen der gleichen Art wieder R. nemoralis und mit demjenigen des von Lidforss verwendeten R. caesius fruchtbare Bastarde erzeugen. Die diploiden Eizellen da- gegen liefern die rein mütterlichen Individuen, von denen Lidforss angibt, daß sie sich auch weiterhin als konstant rein mütterlich erweisen. Nicht mitgeteilt wird dabei allerdings, ob sich diese Konstanz nur bei Selbstbestäubung ergab, oder ob auch geprüft wurde — wozu allerdings wenig Ursache vorlag — ob diese Individuen bei weiterer Bastardierung konstante Nachkommenschaft liefern, ferner ob dieselben bei Kastrierung oder Isolierung hier und da Frucht ansetzen. Im ersteren Falle müßte zur Auslösung der Apogamie den durch das Ausbleiben der Reduktion und die Er- nährungsvorgänge im Embryosack schon gegebenen Anstößen sich im Gegensatz zu anderen Ajoogamen noch ein durch Pollen- schlauchwachstum gegebener Reiz summieren. Im letzteren Fall würde wenigstens einzelnen der diploiden Eizellen auch ohne diesen Reiz die Möglichkeit zur Entwicklung zukommen. Die wichtigsten Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen den von Ostenfeld und Rosenberg experimentell und cytologisch studierten Verhältnissen bei Hieracium und den experimentellen Befunden von Lidforss bei Ruhiis sind also auf Grund unserer Hyj)othese : 1. Bei beiden Gruppen von Versuchen sind zu den Bastar- dierungsversuchen als mütterliche Individuen Artbastarde ver- wendet worden, welche sowohl haploide wie diploide Eier ausbilden Pseudogamie als induziertfi apogame Entwicklung. 395 (mit und ohne Reduktion bei der Teilung des Embryosackmutter- zellkerns). 2. Bei Hieracium gehen die zur Entwicklungserregung der di- ploiden Eizellen notwendigen Reize ausschließlich vom Embryosack und dessen Umgebung selbst aus, während bei Bitbus hierzu noch Pollenschlauchwirkung notwendig erscheint. 3. Bei den Bastardierungsversuchen Osten felds wurden als Pollenpflanzen Hieracium-Kxtew verwendet, welche ebenfalls die Fähigkeit zu apogamer Fortpflanzung auf die entstehenden Zygoten übertragen können. Bei den Lidforssschen Versuchen kam da- gegen in Bubus caesius als Pollenpflanze eine Art zur Verwendung, welche mit R. nemoralis fruchtbare und sjDaltende Bastarde erzeugt. Wie für Rubvs scheint mir auch für alle anderen Phanerogamen, für welche bis jetzt „parthenogenetische" Entwicklung der Eizelle infolge Bestäubung der Narbe mit Pollen an- gegeben worden ist, eine Entwicklungserregung ohne Befruchtung nur möglich unter der Annahme, daß bereits diploide Eizellen vorhanden sind. Andernfalls läge Entwicklung der Sporophyten- generation angios23ermer Pflanzen mit hajDloider Chromosomenzahl, also induzierte generative Parthenogenesis vor, die bis jetzt auschließlich für Spirofjyra und andere verhältnismäßig niedrig or- ganisierte Pflanzen nachgewiesen ist. Für die Richtigkeit der obigen Auffassung spricht der Umstand, daß Verhältnisse, wie ich sie für Bubus und andere i^seudogame Angiospermen annehme, auch wirk- lich bei zwei der bisher bekannt gewordenen Apogamen durch cyto- logische Untersuchungen nachgewiesen, in einem dritten Fall durch Vererbungsversuche sehr wahrscheinlich gemacht worden sind. Bei Thalictrum imrpurascens und Atamosco mexicana erfolgt trotz der Diploidie der Kerne in der Geschlechtsgeneration die Embryobildung nicht ausschließlich aus inneren Gründen, sondern offenbar unter Mitwirkung eines von der Bestäubung ausgehenden Reizes. Overton (1904, S. 278) hat in bestäubten Blüten des par- tiell apogamen Th. purpurascens oft Pollenschläuche in der Mikro- pyle der Samenanlagen und sogar im Kontakt mit der Eizelle ge- funden. Die Vereinigung des zweiten Spermakerns mit dem Endo- spermkern wurde festgestellt, dagegen gelang in keinem Falle der Nachweis einer Vereinigung von Eikern und Sj^ermakern. Da in den Fruchtknoten nebeneinander Samenanlagen mit diploiden und haploiden Eizellen vorkommen, ist nicht sicher zu entnehmen, ob die Pollen schlauche nur in Samenanlagen mit haploiden oder auch in solche mit diploiden Eiern eintreten. Wahrscheinlich ist auch das letztere der Fall, und da die diploiden Eier weder befruchtungs- bedürftig sind noch sich befruclitungsfähig erweisen, könnte vom Pollenschlauch doch wenigstens der Anstoß zur Weiterentwicklung 396 Zehntes Kapitel. ausgehen. Ein Beispiel typisch induzierter Apogamie dürfte dagegen nach den Untersuchungen von L. Pace (1913) bei der Amaryllidee Atamosco mexicana vorliegen. Diese zeigt mehrere allgemeine Merk- male ajoogamer Angiospermen: Teilung der Embryosackmutterzelle ohne Tetradenteilung und ohne Eeduktion der Chromosomenzahl, Vorkommen aller Stadien von der Embr3^osackmutterzelle bis zum reifen Embryosack ohne ersichtliche Ordnung in demselben Frucht- knoten. Der Eiapparat von Atamosco ist, abgesehen von der di- Fig. 114. Pseud obef ru chtu ng bei Almuosco mexicana. i Eiapparat einos reifen Embryosackes mit Fadenapparat in den S3'norgidenzellen; 2 Basales Enibryosackende mit den drei Antipoden und den beiden nebeneinander liegenden Polkernen; ,9 Eiapparat nach dem Eindringen des Pollenschlaviches, Pollenschlauchende mit vegetativem Kern (f), Eizelle mit Eikern und (m) Sperniakern; 4 Verschmelzung der beiden Polkerne mit dem Spermakern; 5 Scheitel einer Eizelle mit Eikern und Spermakern, der zweite Spermakern (?») im Embryosackplasma neben der Eizelle. Nach Pace (1913, Taf. 13, Fig. 10-15). ploiden Chromosomenzahl seiner Kerne, wenigstens äußerlich normal und typisch entwickelt, nur gelegentlich sind zwei Eizellen vor- handen. Ihre Pollenentwicklung vorläuft, soweit auf mikroskopischem Wege festgestellt werden kann, normal, die Reduktion findet statt. Die Pollenkörner sind keimfähig und treiben auf der Narbe reichlich Pollenschläuche, die bis in den Embryosack der Samenanlagen hinunterwachsen. Trotzdem aber alle Einrichtungen, welche den Pseudogamie als induzierte apogame Entwicklung. 397 Spermakern bis zum Eiapparat hinunterführen, mit scheinbar nor- maler Funktion erhalten geblieben sind, erfolgt im apogamen Ei keine Verschmelzung seines bereits diploiden Kerns mit dem ein- gedrungenen haploiden Spermakern (vgl. Fig. 114). In ca. 600 Samen- anlagen, in denen L. Pace einen Spermakern im Ei feststellen konnte, war in keinem einzigen Falle die Verschmelzung der beiden Kerne eingetreten. In nicht weniger als 30 Samenanlagen wurde auch die Teilung der Eizelle festgestellt, ohne daß derselben eine Vereinigung des in ihrem Plasma befindlichen Spermakerns mit dem Eikern vorausgegangen wäre (vgl. Fig. 115). Dagegen konnte in vielen '"^^K^i^X^^ -^ '•'^t^^^J^ ::m^^^&-\H S. * 3. -■■^m:^/}'', „Badjah Sereh'-'' und der Var. ^^Njonja Bali'-'' hie und da normale Embryosäcke festgestellt, die mit denjenigen der reichlich samen- bildenden Musa coccinea durchaus übereinstimmten, und in zwei Fig. 123. Kntwicklungsstadien der Samenanlagen von MMsaparcrffe'- siaca rar. sapicntuni „Ajipclbacovc" und ,,Gros-j\Iicl/e!^'. 1 und 5 junge Stadien mit Beginn der Integumentbildung und der anatropen Krümmung. 3 Integu- mente über den Scheitel des Nucellus vorwachsend. 4 anatrope Krümmung und Bildung des Mikropjdenkanales vollzogen. Nach d'Angremond (1914, Fig. 8—11, S. 29 30). Samenanlagen von Badjak Siam auch befruchtete Embryosäcke entdeckt. Er erwähnt weiter, daß diese Sorten, im besonderen wieder „ßadjali Siam", relativ häufig anscheinend gute Samen her- vorbringen, von denen nach den Erfahrungen Went's einzelne keim- bar sind. D'Angremond hat bei seinen Bestäubungs versuchen an ver- schiedenen Bananensorten in Surinam festgestellt, daß Bastar- dierungen zwischen Eßbananen und wildwachsenden samen- bildenden Arten möglich sind. Es gelangen ihm Kreuzungen von M. sapientum ,, Gros- Michel'' (mit haploid 16 Chromosomen) 9X M. ornata var. chittagong c^ oder M. basjoo ,5, die beide ha]3loid 11 Chromosomen führen. Der Erfolg der Kreuzung war allerdings Hybrider Ursprung und Parthenokarpie. 42 Of, ein sjjärlicher. Aus 1539 bestäubten Blüten erhielt er bloß vier Samen. Zu etwas besseren Resultaten führte die Kreuzung von M. sapieyitum var. ^^Appelbacove'"'' (mit haploid 11 — 12 Chromosomen) 9 X einer der beiden genannten „wilden" Arten. Sie ergab auf 1150 Blüten 38 volle und 10 taube Samen. Die tauben Samen be- standen ausschließlich aus der gelb gebliebenen, wenig harten, per- gamentartigen Samenschale. Von den dunkelschaligen, harten Samen wurde nur einer mikroskopisch untersucht. Er enthielt ein völlig normal entwickeltes Endosi^erm und einen Embryo. Alle anderen Samen wurden zur Keimung ausgelegt. Die Entwicklung derselben wurde leider, wie sich nachträglich herausgestellt hat, infolge un- günstiger Wahl des Keimbeetes nicht erreicht. Die eben angeführten Ergebnisse zeigen, daß experimentelle Studien zur Feststellung der Ursachen von Sterilität und Partheno- Fig. 124. Ältere Samenanlagen von i¥«/s«-Arten mit beginnender Zellauflösung im Nucellus. /Samenanlage mit achtkernigem Embryo- sack von Musa coccinea. 2 Samenanlage mit normal entwickeltem Embryo- sack von M. sap. „Radjah Siam'\ In den punktierten Partien hat die Auflösung des Nucellusgewebes eingesetzt. Nach Tischler (1912, Fig. 9, S. 46, Fig. 13, S. 50). Vergr. 100/1. karpie also nicht unmöglich sind. Gewiß wird der Nachweis des hybriden Ursprunges der Kulturbananen wie der anderen sterilen oder parthenokarpen Kulturpflanzen nicht leicht sein. Die Möglichkeit ist eben nicht ausgeschlossen, daß sie durch Bastardierung nicht plötzlich, sondern erst durch zahlreiche Wiederholungen während Jahrhunderten oder Jahrtausenden den jetzigen völlig sterilen Zustand erreicht haben. D'Angremond (1. c. S. 101) hat bereits die Wege vorgeschlagen, welche die Bedeutung der Hybridation für die Entstehung der Eßbananen nachweisen lassen, und in Aussicht gestellt, dieselben nach seiner (inzwischen erfolgten) Rückkehr in die Tropen gelegentlich einzuschlagen. Er will die Möglichkeit prüfen, durch einmalige oder wiederholte Kreuzung fertiler oder nur teilweise steriler Bananen total sterile nach Art der gewöhnlichen Eßbananen zu erzeugen oder den Steri- lität und Parthenokarpie fördernden Einfluß der Bastardierung 426 Elftes Kapitel. wenigstens prinzij^iell nachzuweisen. Dann nimmt er in Aussicht, nach einer Varietät der Eßbananen zu suchen, bei welcher Pollen und Embryosack noch möglichst normal sind, hier durch Selbstbefruch- tung eine F^-Generation zu erzielen und dieselbe auf Homo- oder Heterotypie hin zu untersuchen, um damit Anhaltsj^unkte zur Ent- scheidung über die Hybridnatur der Ausgangsform zu gewinnen. 2. Befunde bei anderen parthenokarpen Pflanzen. Ganz ähnliche Verhältnisse wie bei den Bananen könnten, soweit sich auf Grand der vorliegenden Literatur beurteilen läßt, bei den Zuckerrohr-Sorten vorliegen. Im Gegensatz zu der früher verbreiteten und sich auf die fast ausschließlich vegetative Vermehrung des Zuckerrohrs im Plantagen- betrieb gründenden Ansicht, das Zuckerrohr bringe keine Samen hervor, hat Wakker (1896, S. 37) nachgewiesen, daß wilde und halb- wilde Formen des Zuckerrohrs kein ungewöhnliches Verhalten in der Fortpflanzung aufweisen. Bei dem „Cheribon"-E,ohr dagegen fand er sehr spärliche Pollenbildung. Die meisten Pollenkörner waren ganz geschrumpft, auch die bestentwickelten enthielten nur einen dünnen Plasmawandbelag init dem Zellkern. Samen dieser Sorte sind außerordentlich selten und von 48 zur Keimung ausge- legten Blütenrispen erhielt Wakker keine einzige Keimpflanze. Bei der Pollenbildung der Rasse „Baida" bleibt die Entwicklung schon während der Teilungen in den Pollenmutterzellen stehen, die Pollen-SjDezialzellen trennen sich nicht mehr völlig voneinander, sondern bleiben zu zwei oder vier zusammen. Sie nehmen auch, gleichviel ob lebend oder tot, die sonderbarsten eckigen Formen an und trocknen schließlich aus. Eine noch weitergehende Verküm- merung fand Wakker bei der Rasse „Banka Rottan", bei der schon meist die ganzen Staubbeutel taub waren. Die Blüten einiger anderer Rassen schließlich enthielten keine Fortpflanzungsorgane mehr. An deren Stelle war innerhalb der beiden äußersten Spelzen nur noch ein zylindrisches, unregelmäßiges Gebilde zu finden, das eine Anzahl Häutchen und Fädchen, die letzten Reste der Staub- blätter und Griffel, trug. Bei einer letzten Gruppe von Sorten endlich bleibt nach Wakker schon der ganze Blütenstand in Form und Aufbau auf einem frühen Jugendstadium zurück. Seine Blüten werden nicht mehr erzeugt und der Blütenstand selbst bleibt ge- wöhnlich in der obersten Blattscheide verborgen. Die 200 — 300 Zuckerrohr-Varietäten, die Wakker an der Versuchsstation zu Pasoeroean (Java) untersuchen konnte, bildeten also in bezug auf sexuelle Fortpflanzung Glieder einer kontinuierlichen Reihe zwischen normaler Fertilität und völliger Sterilität. Dennoch wird man dem Hybrider Urspiung- und Partlieiiokarpic. 427 Schluß Wakkers nicht zustimmen können, wenn er schreibt: „Beim Zuckerrohr liegt eine Verkümmerung der Fortpflanzungsorgane vor, die sicher nicht direkt durch die Kultur verursacht und ebenso- wenig absichtlich durch den Menschen gezüchtet worden ist. Da- her glaube ich denn auch, in dieser Verkümmerung unzweifelhafte Merkmale einer Degeneration sehen zu müssen". Eventuell kann seiner Ansicht nach die während langer Zeit geübte Auswahl von vegetativ gebliebenen Stöcken zur Abgabe von Stecklingen die Ursache des Niohtblühens, jedoch nicht der monströsen Aus- bildung der Blüten oder des Fehlschiagens des Pollens sein. Auch hier haben zum Studium der Ursachen der Sterilität sorgfältige Selektionsversuche und hernach Bastardie- rung zwischen morphologisch und cytologisch in mehre- ren Generationen genau untersuchten und konstant befundenen Individuen oder Klonen einzusetzen. Es erscheint mir nicht zweifelhaft, daß solche Versuche zu ähnlichen Ergebnissen führen, wie bei den Bananen, ja vielleicht noch rascher als dort zum Ziel führen werden. Nach der eingehenden Behandlung der Kulturbananen und obigen Ausführungen über die Zuck er röhr- Sorten sei auf die weiteren Beispiele parthenokarper Pflanzen, die sich zu ähn- lichen Untersuchungen eignen könnten, nur kurz verwiesen. Von ihren entwicklungsgeschichtlichen Verhältnissen sind am eingehend- sten diejenigen der Samenanlagen untersucht worden. Auch alle anderen j^^i'^henokarpen Pflanzen verhalten sich in bezug auf Anlage und Entwicklungsgrad der Samen verschieden. Nach den Untersuchungen von Tischler (1912b) und der von ihm gegebenen Zusammenstellung sind in dieser Hinsicht zwei Grupjien von parthenokarpen Pflanzen zu unterscheiden. Die Vertreter der einen weisen keine oder nur noch ver- kümmerte Samenanlagen auf, während diejenigen der zweiten Gruppe Samenanlagen mit scheinbar normalen Embryosäcken entwickeln. Einzelne Pflanzen der letzteren Gruppe stimmen wieder darin überein, daß während der Fruchtbildung sämtliche Elemente der Samenanlagen degenerieren. Dies gilt für JSIilhlenheckia platijclados, Pirus Malus, manche Rassen von P. coinmimis^ Vitis imiifera, Prunus Cerasus, Prunus Padus und Verwandte, Diospyros Kala usw. Andere zeichnen sich durch die Umbildung der Integumente zur Samen- schale aus, während alle inneren Teile der Samenanlagen zu- grunde gehen, so daß häufig völlig ausgewachsene, aber leere, sogenannte taube Samen entstehen (z. B. Ananassa sativa in einigen Varietäten, Carica cauliflora und Carica PajMJa, einige Rassen von Vitis vinifera und Pirus communis). Bei einer letzten Gru23pe end- lich geht in den normal beschaffenen Embryosäcken nur die Eizelle 428 Klt'k's Kapitel. zugrunde. Dagegen findet eine Entwicklung des Endosperms statt, so daß sich die Samen dieser Pflanzen von normalen nur durch das Fehlen eines Embryos unterscheiden. Dieses Verhalten ist z. B. bei einigen Sorten von Ficus Carica, bei IHospyros virginiana, einigen Ananas- A.vtei\ usw. festgestellt worden. Bei den letzteren kombinieren sich mit den Vorgängen der EndosjDermbildung eigen- tümliche und zum Teil an die Erscheinungen der Nucellarembryonie (vgl. S. 466) erinnernde progressive Änderungen im Nucellus, d. h. einem weiteren Teil des Sporophyten. Der Überblick über die verschiedenen Entwioklungsmöglich- keiten der Samenanlagen parthenokarper Pflanzen ergibt also die bemerkenswerte Tatsache, daß von den extremsten Fällen der Parthenokarpie aus, d. h. von Pflanzen, welche überhaupt keine Samenanlagen mehr bilden und bei denen auch der Stempel nur noch in Rudimenten oder gar nicht mehr vorhanden ist, eine fast lückenlose Reihe von Zwischenformen bis zu solchen Fruchttypen aufgestellt werden kann, die sich von denjenigen apogamer Pflanzen nur durch das Fehlen eines Embryos in den sonst mit allen anderen Bestand- teilen ausgerüsteten Samen unterscheiden. Doch ist nicht zu übersehen, daß wir in dieser Reihe weder eine aufsteigende noch eine absteigende Entwicklungsreihe haben, deren Endglieder durch Apogamie und tyj^ische Parthenokarpie gegeben wären. Ein Hauptunterschied bleibt eben zwischen den beiden Erscheinungen, sofern künftige Untersuchungen uns darüber nicht noch anders auf- klären, bestehen : die verschiedene Chromosomenzahl der Gameto- phyten, welche auf die Durchführung der Reduktionsteilung im einen (Parthenokarpie), ihr Ausbleiben im anderen Falle (Aj^ogamie) zurückzuführen ist. 3. Zusammenfassung und Thesen. Die bis j etzt im Vordergrund stehende Annahme einer all- mählichen Entstehung der Parthenokarpie fußt auf der alten, aber nicht einwandfrei gesicherten Ansicht, daß veränderte Lebensbedingungen, also vor allem die „Kultur" nicht nur das Sexualsystem einer Pflanze in starkem Maße beeinflussen, sondern auch völlig zerstören und damit zu völliger und erblicher Ste- rilität führen könnten. Mutationsvorgänge sind bis jetzt weniger für die Entstehung der Sterilität und Parthenokari^ie selbst als für die Bildung zahlreicher Rassen der steril gewordenen Formen angenommen worden. Als bedeutungsvoll für die Ent- stehung von obligater Parthenokai'pie ist auch schon der Um- stand bezeichnet worden, dal.1 in einigen Fällen s t i m u 1 a t i v e Parthenokarpie als Folge äußerer Einwirkungen (z. B. Entwicklung Hybridei- Ursprung und Parthenokarpie. 429 eines Mycelgefl echtes an Stelle unbefrucliteter Samenanlagen, Ent- wicklung von Insektenlarven im Innern eines Fruchtknotens) fest- gestellt werden konnte. Doch liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß auch Fälle konstanter oder erblicher Parthenokarpie auf solche Einflüsse zurückzuführen sind. Am einfachsten gestaltet sich die Erklärung der Parthenokarpie, wenn als Ursache ihrer Entstehung hybrider Ursprung ange- nommen wird, von welchem bekannt ist, daß er für sich allein nicht nur die verschiedensten ßeduktionsstadien in der Ausbildung der Geschlechtsorgane und der Geschlechtszellen, sondern auch völliges Schwinden der Fertilität auslösen kann. Für die Existenz kausaler Beziehungen zwischen dem Übergang normalgeschlecht- licher Pflanzen zur Parthenokarpie und Bastardierungsvorgängen sprechen die folgenden Tatsachen und Überlegungen: 1. Für zahlreiche sterile Hybriden ist die Fähigkeit zur Bildung von äußerlich wohl gebildeten, aber samenlosen Früchten, also zu autonomer oder induzierter parthenokarper Fruchtbildung sicher festgestellt. 2. Für den hybriden Ursj^rung obligat parthenokarper Pflanzen, im besonderen einer größeren Anzahl von Kultur j^flanzen, S23richt die Ähnlichkeit ihrer entwicklungsgeschichtlichen und cytologischen Verhältnisse (Entwicklung des Pollens, Verhalten der Samenan- lagen, im besonderen der Embryosackentwicklung, Variabilität der Chromosomenzahl ihrer Rassen und Varietäten) mit denjenigen fertiler und steriler Hybriden einerseits, mit denjenigen apogamer Formen anderseits. 3. Die Pollenentwicklung der meisten Rassen von Musa sapien- tinn verläuft außerordentlich unregelmäßig, nach Tischler sogar viel abnormer als bei sämtlichen von ihm studierten sterilen Bastar- den. Die Degeneration kann auf verschiedenen Stadien der Teilung der Pollenmutterzellen wie der Ausbildung der Pollenkörner ein- setzen und führt infolgedessen sowohl zur Bildung von scheinbar normalen Tetraden, überzähligen Zellen und Kernen, plasmaarmen Pollenkörnern mit geschrumj^ftem Inhalt, aber auch von einzelnen Körnern, die zur Bildung des generativen und vegetativen Kerns übergehen und nachher keimfähig sind. Absolute Pollen - Sterilität liegt wohl bei keiner einzigen Eßbanane vor. 4. Gegen die Annahme, daß die Unregelmäßigkeiten der Reife- teilungen in den Pollenmutterzellen der Kulturbananen auf äußere Ur- sachen, speziell auf die abweichenden Bedingungen der Kultur zurück- zuführen seien, sprechen auch die Ergebnisse der Untersuchungen an fertilen Musa- AxtBU. Weder unter den im Plantagenbau gegebenen Bedingungen, noch in geschützter Freilandlage am Alpensüdfuße und in den Gewächshäusern botanischer Gärten 430 Elftes Kapitel. sind irgendwelche größere Störungen in der Pollenentwicklung oder Abnahme der Keimfähigkeit des Pollens festgestellt worden. 5. Sämtliche Eßbananen weisen in ihren Samenanlagen Störungen in der Ausbildung der Embryosackmutterzelle, im Verlaufe der Tetradenteilung oder der Ausgestaltung einer Makrospore zum Embryosack auf. Ungleiche Verteilung und Versprengung der Chromosomen in hetero- und homöotypischer Teilung sind häufig. Wie in der Pollenbildung treten auch Sonderkerne, Amitosen, überzählige Kerne und Zellteilungen, unregelmäßige Ausbildung und Anordnung der Zellen in der Tetrade usw. auf. Gelegentlich folgt einer völlig oder fast völlig normalen Tetraden- und Reduk- tionsteilung auch eine ziemlich normale Entwicklung der untersten Tetradenzelle zum achtkernigen Embryosacke nach. Da bei den gleichen Rassen auch ein geringer Prozentsatz des Pollens aus- keimt, ist ähnlich wie bei vielen „völlig sterilen" Bastarden aus- nahmsweise Befruchtung und Samenbildung nicht ausgeschlossen. 6. Als Diploidzahlen sind bei den verschiedenen Eßbananen IG, 22 — 24, 32 und 48 Chromosomen gefunden worden. Die Störungen in Pollen- und Embryosackentwicklung sind bei den Formen mit niedriger Chromosomenzahl am geringsten und scheinen mit steigender Chromosomenzahl zuzunehmen. 7. Sofern Rassenbildnng auf der Basis abgeänderter Chronio- somenzahlen dem Geschlechtsverlust und der Ausbildung der Parthenokarpie nachfolgte, ist zu erwarten, daß vorwiegend hoch- chromosomige Rassen aus chromosomenärmeren hervorgegangen sein werden. Unter dieser Voraussetzung ist Bildung polyploider Rassen auf vegetativem "Wege, d. h. durch Verdoj)j)el^ing oder Verdreifachung der Chromosomen in somatischen Zellen denkbar und müßte auch die experimentelle Erzeugung neuer polyploider Rassen unter Benützung und Variation der von W i n k 1 e r und Nemec gegebenen Methoden möglich sein. 8. Der erste Anstoß zur Entstehung von il/. sapioihun-Jtassen mit verschiedenen Chromosomenzahlen dürfte von denjenigen Vor- gängen ausgegangen sein, welche wir bereits zur Erklärung der Verdoppelung und Vervielfachung der Chromosomenzahl bei Apo- gamen angenommen haben und welche für die durch Mutation oder Bastardierung entstandenen gigas -Formen zum Teil nachge- wiesen worden sind. Parthenokarpie und Änderung der Chromosomenzahl können gleichzeitig als Folge der Hy- bridisation aufgetreten sein. Wiederholte Längsspaltung der Chromosomen in heterozygoten Keimzellen oder Wiedervereinigung von Tochterkernen in Keimzellen können, ebensogut wie zur Ent- stehung tetraploider A]30gamen und gigas-Yovinen von Oenothrra und Prhmila, auch 7a\y Entstehung tetraploider Bananen geführt Hybrider Ursprung und Parthenokarpie. 431 haben, Dispermie bei Kreuzung zu triploiden Formen wie „Appel- bacove", dispermatisclie Befruchtung mit nachfolgender Chromo- somen-Längsteilung in der Keimzelle oder Wiedervereinigung von zwei triploiden Kernen zu ditriploiden Chromosomenzahlen. 9. Die Annahme von Hybridisation als Entstehungsursache der parthenokarjDen Eßbananen hat nicht notwendigerweise die Aus- führung bewußter und komplizierter Kreuzungen zur Voraussetzung. Die Möglichkeit spontaner Bastardierung war sowohl in den primi- tiven Kulturen der Naturvölker wie an den Standorten der fertilen Arten selbst vorhanden. Die Existenz der hypothetischen aus hetero- zygoten Samen hervorgegangenen, samenarmen oder gänzlich sterilen und parthenokarpen Individuen blieb infolge vegetativer Vermehrung durch Stockausschläge gesichert; künstliche Vermehrung solcher Stöcke durch den Menschen war leicht möglich. Die große Zahl der in allen Tropenländern verbreiteten M. sapientum -'Rassen spricht für ihren polyphyletischen Ursprung. 10. Zum exi^erimentellen Nachweis des hybriden Urs23runges der autonom parthenokarpen Kulturbananen werden folgende Ver- suche auszuführen sein: a) Versuche zur Erzeugung total steriler Bastarde durch ein- malige oder wiederholte Kreuzung fertiler oder nur teilweise steriler Arten und Rassen; b) Versuche zur Samengewinnung an autonom parthenokarpen Kulturbananen durch Selbstbestäubung. Untersuchung der aus diesen Samen hervorgehenden Nachkommenschaft zur Gewinnung von Anhaltsjjunkten über die Hybridnatur der Ausgangsform. Da für die Kulturbananen gelegentliche Befruchtung und aus- nahmsweise Bildung keimfähiger Samen, ferner die Möglichkeit von Kreuzungen zwischen fertilen Arten, sowie zwischen fertilen Arten und Kulturvarietäten festgestellt ist, sind beide Wege gangbar. Positive Ergebnisse sind nur bei Anwendung aller Methoden der Selektions- und Erblichkeitslehre, sowie bei Versuchsanstellung im Großen zu erwarten. 11. Entwicklungsgeschichtlich und wohl auch cytologisch ähn- liche Verhältnisse wie bei den Kulturbananen scheinen bei den Zuckerrohr- Varietäten vorzuliegen. Die von Wakker untersuchten Varietäten bilden in bezug auf ihre Fortpflanzungserscheinungen Glieder einer gleitenden Reihe, deren Endglieder sich durch normale Fertilität einerseits, völlige Sterilität anderseits auszeichnen. Auch in diesem Verwandtschaftskreise haben als Vorbereitung zum Studium der Ursachen der Sterilität sorgfältige Selektionsversuche und Ba- stardierungen zwischen morphologisch und cytologisch während mehrerer Generationen genau untersuchten und konstant befundenen Individuen einzusetzen. 432 Elftes Kapitel. 12. Ovogene Apogamie und Parthenokarj^ie sind keineswegs Anfang- und Endglied einer aufsteigenden oder absteigenden Ent- wicklungsreihe gesclilechtslos gewordener Angiospermen. Bei allen obligat parthenokarpen Angiospermen ist die Tetradenteilung der Pollen- und Embryosackmutterzellen, soweit sie überhaupt durch- geführt wird, mit einer Reduktion verbunden, während bei den Apogamen die Reduktion ausbleibt und zum mindesten die Embryo- sackbildung mit der diploiden Chromosomenzahl des Sporophyten durchgeführt wird. Dagegen gehören nach der Bastardhypothese Parthenokarjiie und Apogamie zwei divergierenden Formenreihen an, die beide von Fertilität zu völliger Sterilität führen. Auf gleichartige Ursachen ihrer Entstehung deutet auch der Umstand hin, daß sowohl mit Apogamie wie mit Parthenokarpie die Erschei- nung der Nucellarembr3^onie kombiniert auftritt. Zwölftes Kapitel. Zur Kenntnis der NucellarembryoniG bei Angiospermen. Eine Eigentümlichkeit der Samenbildung bei Angiospermen, •welche schon lange das Interesse der Botaniker auf sich gezogen hat, ist die Polyembrj'-onie, d. h. die Entwicklung von zwei oder mehreren Embryonen in demselben Samen. Polyembryonate Samen sind schon im 18. Jahrhundert bei mehreren Gymnospermen und Angiospermen beobachtet und beschrieben worden. A. Braun hat sodann 1859 im Anschluß an seine Untersuchungen „Über Poly- embryonie und Keimung von Caelehogyne ilicifolia''' nicht weniger als 53 Fälle in 38 Gattungen von Angiospermen aufgeführt, in welchen gelegentlich oder konstant 2 oder eine größere Anzahl von Embryonen in demselben Samen festgestellt worden sind. Auf Grund der schon vorliegenden Literatarangaben sowie eigener Un- tersuchungen hat er auch bereits verschiedene Ursachen und Möglichkeiten des Zustandekommens der Polyembryonie auseinander gehalten. Unter Einbezug der Gymnospermen unter- schied er folgende Abw^eichungen vom gewöhnlichen Verlauf der Samen- und Keimbildung: Verschmelzung oder Verwachsung mehrerer Samenanlagen, z. B. bei Viscum, Pirus Malus. Abnorme Teilung des Nucellus, z. B. als häufige Abnormität von Morris albus und gelegentlich bei Orchis Morio. Auftreten von mehr als einem Embryosack in einer Samenan- lage, z. B. bei Coniferen, Cheiranthus Cheiri, Rosen. Mehrzahl von Archegonien oder Eizellen im Embryosack einer Samenanlage, z. B. bei Coniferen, Alliiim (NotkoscordGu) fragrans, Fimkia coerulea, Citrus Äiirajüium. Spaltung der Keimanlage, z. B. bei Coniferen, Loranthus. Seither ist die Zahl der Fälle von Polyembryonie bei Angiosper- men noch bedeutend vermehrt worden. Es hat sich dabei aber ge- zeigt, daß die Anzahl derjenigen Pflanzen, bei welchen Polyembryonie habituell, d. h. bei einem großen Prozentsatz aller Samen vor- kommt, nur klein ist. Dagegen dürften die meisten, vielleicht alle Angiosjoermen, gelegentlich poly embryonische Samen bilden. Ernst, Bastardierung. 28 434 Zwölftes Kapitel. Polyembryonie führt in beiden Fällen bald zur Erzeugung mehrerer keimungsfähiger Embryonen, bald fallen die in Mehrzahl angelegten Embryonen von einem gewissen Stadium an der stärkeren Entwick- lung eines einzigen zum Opfer. Die Frage nach der Entstehung der Polyembryonie konnte in der Hauptsache erst gelöst werden, nachdem die Befruchtungser- scheinungen genauer bekannt geworden waren. Es ist das Verdienst Strasburgers, zuerst bei einer Anzahl polyembryonater Pflanzen die Entwicklungsgeschichte der Embryonen genau verfolgt zu haben und dabei zu Resultaten gekommen zu sein, die heute noch als richtig anerkannt werden. In seiner Studie „Über Befruchtung und Zellteilung" (1877 u. 78a) hat er nicht weniger als drei verschiedene Entstehungsarten der Polyembryonie eingehend beschrieben. In Bestätigung der von Braun gegebenen Auffassung beruht die Möglichkeit für Polyembryonie von Bosa livida nach Stras- burgers Feststellung (1878a, S. 36) darauf, daß bei dieser wie bei anderen Rosen der fleischige Nucellus der Samenanlage stets mehrere Embryo sacke enthält. In der Eegel soll allerdings nur einer dieser Embryosäcke bis zu den Integumenten vordringen und in seinem Scheitel den aus Eizelle und zwei Synergiden bestehenden Eiapparat aufweisen, während in den anderen Embryosäcken in der Regel nur eine Ansanmilung formlosen Plasmas am vorderen Ende des Sackes nachweisbar bleibt. Nach der Befruchtung nimmt der fertile Embryosack rasch an Größe zu und hat bald alle anderen verdrängt. Bei Sinnitigid Lindleyana stellte Strasburger (1878a, S. 46) in zwei Samenanlagen das Vorkommen von "zwei Eizellen an Stelle einer einzigen fest, von denen jede an einer der beiden Synergiden hing. Ein vier kerniger Eiapparat ist nach seinen Unter- suchungen dagegen bei dem früher schon mehrfach untersuchten Santalum albmn (1878 a, S. 46) fast durchweg Regel. Die vordere Spitze des schlauchförmigen Embryosackes wird von den beiden Grehilfinnen ganz ausgefüllt, an die sich dann nach unten die zwei Eizellen anschließen. Aus verschiedenen Umständen schließt Stras- burger, daß im Embryosacke von Snntahim der für die Eizelle bestimmte Kern noch eine weitere Teilung erfährt und so die für zwei Eizellen notwendigen Kerne geliefert werden. Nur in seltenen Fällen waren beide Eier völlig gleich entwickelt, gewöhnlich gewinnt das eine frühzeitig die Oberhand und verdrängt mehr oder weniger das andere; immerhin ist die Möglichkeit vorhanden, daß beide Eier entwicklungsfähig bleiben. Zu verschiedenen Malen hat Stras- burger das Eindringen mehrerer Pollenschläuche in dieselbe Samen- anlage festgestellt. Wenn also beide Eier normal entwickelt sind, können auch beide befruchtet werden, und sich gleichmäßig mit Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 435 einer Zellulosemembran umhüllen. Doch tritt dieser Fall, wie Stras- burger (1878a, S.60) schreibt, „relativ nur selten ein, da meist vor der Befruchtung das eine der beiden Eier obliteriert. Sind aber beide be- fruchtet worden, so verdrängt doch schließlich noch die eine Anlage die andere". Damit war nicht nur die Möglichkeit der Bildung von zweikeimigen Samen für Santalum selbst erklärt, sondern es war, was wichtiger schien, ein Anhaltspunkt für die Erklärung der habituell mit einer Mehrzahl von Embryonen versehenen Samen gegeben. Auf Grund der an Santalum gemachten Erfahrungen war nämlich zu erwarten, daß auch in den Embryosäcken dieser Pflanzen eine größere j Anzahl von Eizellen vor- handen sein müßte, von denen anzuneh- men war, daß sie statt durch eine einmalige Tei- lung des Ei- kerns durch eine mehrmalige Tei- lung desselben gebildet wür- den. Die Unter- suchung der von Braun als ha- bituell polyem- bryonisch auf- geführten Fiin- kia ovaia (Hosta coerulea), No- thoscordon fra- ar ans dier Citrus- ben der dreizellige Embryo; Cund Z) Vergr. 120/1. w Nucellus, ^. ' -] 0 Ei, s Synergiden, t Pollenschlauch, ii inneres Integument, Arten und von ^ giembryo, ae Adventivembryonen. Aus Straßburger- Caelebogijne ili- Kömicke (1913, Fig. 234, S. 642). cifolia führte aber zu einem gänzlich anderen, vollständig überraschenden Ergebnis. So viele Blüten dieser Pflanzen auch untersucht wurden, in den entwickelten Embryosäcken derselben waren immer nur je ein Ei und zwei Synergiden aufzufinden. Die weitere Vermutung war also, daß auch nur eine Embryonalanlage gebildet würde, die sich nachträglich spalte, was ja bereits für Coniferen und für einige Loranthaceen bekannt war. Die direkte Untersuchung bestätigte aber 28* Fig. 125. Entstehung von Eiembryo und Nucellarem- bryonen bei Funkia ovata. A Embryosack- und Nucellus- scheitel der Samenanlage iwit Eiapparat, vor der Befruchtung, B dasselbe im Zeitpunkt der Befruchtung, mit Pollenschlauch, Synergiden collabiert; A und B Vergr. 300/1. G das befruch- tete Ei mit zwei Kernen (Eikern und Spermakern), Zellen des Nucellusscheitels in Teilung begriÖen zur Anlage von Adventiv- keimen. D aus den Zellen des Nucellusscheitels sind zahlreiche Anlagen von Adventivkeimen hervorgegangen, zwischen densel- 436 Zwölftes Kapitel. auch diese Vermutung niclit, sondern zeigte, daß die in S23äteren Entwicklungsstadien vorhandenen Embryonen gar nicht aus den Elementen des Embryosackes hervorgehen, sondern zumeist den Zellen des Nucellus ihre Entstehung verr danken. Diese wachsen durch Sprossung in die Embryosackhöhle hinein, und entwickeln sich hier zu Keimen, die mit normalen Ei- embryonen, abgesehen von ihrem eigenartigen UrsjDrung, sonst völlig übereinstimmen. In späteren Untersuchungen Strasburgers wie anderer Forscher ist gezeigt worden, daß mit den eben angegebenen drei Möglich- keiten die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen, die zu Polyembryonie führen, noch lange nicht erschöpft ist. Um eine Übersicht über die verschiedenen Möglichkeiten der Polyembryonie zu gewinnen, hat man später vorgeschlagen, unter echter Polyembryonie diejenigen Fälle zusammenzu- fassen, bei welchen alle Embryonen eines Samens in demselben Embryosacke zur Entwicklung kommen, und unter unechter Polyembryonie diejenigen Fälle zu verstehen, bei welchen, wiederum mit verschiedenen Modifikationen, die Embryonen zwei oder einer Mehrzahl von Embryosäcken angehören. Eine Zu- sammenstellung der Beispiele und Literaturangaben für diese ver- schiedenen Formen der Polyembryonie habe ich erstmals in meiner Dissertation (1901b, S. 62) versucht. Mit einigen Ergänzungen ist sie von Coulter und Chamberlain in ihrer Morphology of Angiosperms (1903, S. 213) wiedergegeben worden. Die seither neu bekannt gewordenen Fälle der Polyembryonie hat Eichingei* (1910) aufgeführt. Unter Hinweis auf die in diesen drei Zu- sammenstellungen gegebene Literatur kann ich mich an dieser Stelle auf eine revidierte Übersicht über die verschiedenen Möglichkeiten der Polyembryonie beschränken, der nur die wichtigsten der älteren und die neuesten Literaturangaben beige- fügt seien. A. Unechte Polyembryonie. Embryonen eines Samens in mehreren Embryosäcken zur Entwicklung gelangend. 1. Die Embryonen liefernden Embryosäcke gehören nicht demselben Nucellus an. a) Verschmelzung zweier oder mehrerer unvollkommener Samenanlagen, die je einen Embryosack mit befruch- tungsfähiger Eizelle erzeugen. Als Ausnahmefall schon von A. Braun für rirus Malus angeführt, häufig bei Lorantims europaeiis und Viscum album. b) Teilung oder Gabelung des Nucellus einer Samenan- lage in zwei oder mehrere Partien, die je einen ein- Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 437 keimigen Embryosack liefern. Monis alba, Orchis Morio ^), Gymnadenia conopsea und Coffea arabica. 2. Nucellus einer Samenanlage mit mehreren Embryosäcken, die aus verschiedenen Mutterzellen eines mehrzelligen Archespors, seltener aus den Makrosporen einer und der- selben Mutterzelle entstanden sind: Rosa livida und andere Rosen, Cheiranthiis Chciri'^), TrifoUimt pratense, Taraxa- cum officinale, Elatostema acuminatum (Treub, 1906), Adoxa moschateJlina (Eichinger, 1910, S. 771). 3. Gleichzeitige Entstehung von Embryonen in einem aus dem Archespor hervorgegangenen und einem apospor ent- standenen Embryosack. Hieracium- Arten. B. Echte Polyembryonie. Bildung von zwei oder mehreren Embryonen in demselben Embryosack einer Samenanlage. I. Echte Polyembryonie mit intrasaccalem Ursprung der Em- bryonen. 1. Entstehung der Embryonen aus Zellen des Eiapparates. a) Eiapparat normal aus Eizelle und zwei Synergiden be- stehend. Aus der befruchteten Eizelle geht zunächst ein York eim trag er hervor, an dessen Scheitel 1 — 6 Proembryonen entstehen, von denen in der Regel nur einer zu einem ausgebildeten Embryo heranwächst: Erythronium americamiin und dens canis, Tulipa Ges- neriana (Ernst, 1901b), Cynanchum vincetoxiciim (ßee- feldner, 1912). b) Eiapparat normal aus morphologisch unterscheidbaren Synergiden und einer Eizelle bestehend. Embryo- bildung aus der befruchteten Eizelle imd einer oder beiden (bei niohtapogamen Pflanzen) ebenfalls be- fruchteten Synergiden. Zuerst von Dodel (1891) und 0 verton (1891) für Iris sibirica und LiUiim Martagon sicher festgestellt. Seither sehr häufig gefunden, z. B. bei Taraxacum officinale, Aconitum Napellus, Allium odorum, Naias major (Guignard, 1901), Alchemilla al- ^) Als häufige Abnormität in der Ausbildung der Samenanlagen von Monis a/6ff ist von Hofmeister das Vorkommen von 2 Nu celli innerhalb eines inne- ren Integumentes beschrieben worden. Für Orchis Morio hat Schacht das Vorkommen von zwei je von einem eigenen inneren Integument umge- benen Nucelli innerhalb eines gemeinsamen äußeren Integumentes angegeben. 2) Bei Rosen, die mehrere Embryosäcke im Nucellus führen, und ebenso bei Cheiranthiis, ist allerdings das Vorkommen von zwei oder mehr entwickelten Em- bryonen in demselben Samen nicht speziell angegeben worden, als Ausnahme immer- hin wohl möglich. 438 Zwölftes Kapitel. pina und A. sericcda Beichb. (Murbeck, 1902), Hiera- cium (Murbeck, 1904). c) Zellen des dreizelligen Eiapj^arates ohne die typische Differenzierung in Eizelle und Sj^nergiden; Entwick- lungsfähigkeit von mehr als einer Zelle vorhanden, Burmannia coelestis (Ernst, 1909). d) Eiapparat mit erhöhter Zellenzahl und Ausbildung von zwei oder mehr „potentiellen Eizellen". Normale Er- scheinung bei Santalum albiim, ausnahmsweise bei Sin- 7iingia Lindleyana und Gomjjhreua decumbens ( A. Fischer, 1880, S. 112). 2. Bildung von überzähligen Embryonen aus Zellen der Antipodenzellgruppe. Bis jetzt erst bei Allinm odorum festgestellt. Nach Tretjakow (1895) und Hegelmaier (1897) finden sich etwa in ^/g bis ^/g aller Samenanlagen dieser Püanze außer Ei- und ev. Synergidenembryonen auch ein bis drei, in der Regel wohl nicht lebensfähige Antipodenembryonen vor. 3. Embryobildung aus den Polkernen oder aus Zellen des Endosperms. Scheint im Gegensatze zu früheren An- gaben nicht vorzukommen. Wenigstens hat das früher viel zitierte Beispiel von Balanophnr<( (vgl. Ernst, 1913a u.b) eine andere Erklärung gefunden, welche auch für Helosis guyanensis (Chodat et Bernard, 1900), sowie die später angegebenen Beispiele von Bendrophthojri- Arten (York, 1913) gelten dürfte. II. Echte Polyembryonie mit extrasa'ccalem Ursprung aller oder einzelner Embryonen. 1. Entstehung überzähliger Embryonen infolge keimähnlicher Sprossung von Nucelluszellen in den Embryosackraum. Adventivembryonen aus Nucelluszellen (Nucellarembryo- nie), z. B. Caclebogijne ilicifolia, Kothoscordon fragrans, Ci- trus-Axten^ Fiinhia ovata usw. (vgl. S. 444). 2. Entstehung überzähliger Embryonen aus Zellen des inneren Integumentes, welche, gleich den Initialen der Nucellar- embryonie, in den Hohlraum des Embryosackes hinein- sprossen und sich zu Adventivembryonen entwickeln. Für Alliuni odorum von Hegelmaier in etwa ^j^^ der im ge- eigneten Stadium untersuchten Samenknosjsen festgestellt. Über Ursache und Bedeutung der Polyembryonie im all- gemeinen ist recht wenig diskutiert worden. Gemeinsame Merkmale sind bei der Verschiedenartigkeit der in Frage kommenden Verhält- nisse nur wenige vorhanden und höhere Gesichtspunkte in deren Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 439 Beurteilung schwer zu gewinnen. Immerliin haben einzelne Forscher versucht, wenigstens die Gesamtheit der Erscheinungen echter Polyembryonie vom gleichen Gesichtspunkt aus zu beurteilen. So schließt Murbeck seine Studie über die Anomalien im Bau des Nucellus und des Embryosackes bei den parthenogenetischen Arten der Gattung AlcheviUla mit den Worten: „Was die Ursachen und die Bedeutung der Polyembryonie betrifft, so scheint es mir wahr- scheinlich, daß diese Erscheinung auch bei den meisten übrigen Pflanzen, wo sie konstatiert wurde, als der Ausdruck einer weniger weitgetriebenen Spezialisierung der extra- und intrasaccalen Zellen resp. Kerne zu betrachten ist, und daß sie kaum einen tieferen Sinn hat, als zum BeisiDiel die Tatsache, daß Knospen, welche auf die Vermehrung der Art berechnet sind, nicht nur an den verschie- densten Teilen des Stammes, sondern auch an Wurzeln und Blättern entstehen können". Mir scheint, daß die Ursachen der verschiedenen Formen der Polyembryonie auch sehr verschiedenartiger Natur sein könnten und die von Murbeck geltend gemachte Ansicht höchstens bei obligat apomiktischen Pflanzen wirklich Berechtigung hat. Polj^embryonie in ihren verschiedensten Möglichkeiten ist sowohl bei amj)himiktischen wie bei apomiktischen Angiospermen nachge- wiesen worden. Bei der relativ noch kleinen Zahl bis jetzt bekannt gewordener aj)Ogamer Pflanzen ist naturgemäß auch die Anzahl der gleichzeitig polyembryonischen Vertreter nicht bedeutend. Zur Polyembryonie führen dabei im besonderen: Entwicklung mehrerer Zellen des Eiaj)parates, wie bei Burmannia coelestis^ ausnahmsweise Ausbildung von Synergidenembryonen bei den ajDogamen Hieracien und ÄlchemiUen und innerhalb der letzteren Gruppe auch Nucellar- embryonie^). Dies scheint mir die Frage nahe zu legen, ob nicht diejenige Form habitueller Polyembryonie, welche bei den meisten ihrer Vertreter mit einem Verlust sexuell erzeugter und entwick- lungsfähiger Eiembryonen verknüpft ist, nämlich die Nucellar- embryonie, mit den bereits besprochenen apomiktischen Fort- pflanzungserscheinungen, der Apogamie, Aposporie, Pseudogamie und 1) Daß nicht bei allen apogamen Angiospermen Polj-embryonie vorkommt, beruht wohl darauf, daß auch im diploiden Gametophyten die als Ei ausgestaltete Zelle entwicklungsfähiger sein muß als die ebenfalls diploidkernigen Synergiden und Antipoden. Als häufige Erscheinung ist Keimbildung aus mehr als einer Zelle des diploiden Embryosackes erst bei der apogamen Burinannia coelestis Don (Ernst, 1909, S. 162) festgestellt worden. Die Embryonen nehmen hier stets das Mikropylarende des Embryosackes ein. Nur der Eiapparat ist zu ihrer Bildung be- fähigt und es zeigen auch die sämtlichen sich zu Embryonen weiter entwickelnden Zellen e i ähnlichen Bau. Bei den apogamen Alchemillen ist Synergidenembryonie offenbar sehr selten. Sie begegnete Strasburger (1910c, S. 274) trotz des sehr reichlichen Materials, das von ihm untersucht worden war, in keinem einzigen Falle. 440 Zwölftes Kapitel. der Parthenokarpie, in genetischem Zusammenhange stehe und auf dieselben Ursachen zurückzuführen sei. Eine eingehendere Darlegung der Beziehungen zwischen Nucellar- embryonie und den anderen Formen apomiktischer Fortpflanzung macht eine Sichtung des vorliegenden Tatsachenmaterials notwendig. I. Autonome und induzierte Nucellarembryonie. In der Kenntnis der Entwicklungsvorgänge in Fällen der Nu- cellarembryonie sind wir noch nicht oder doch nur sehr wenig über das hinaus vorgeschritten, was Strasburger bereits in seinen Ar- beiten von 1877 und 1878 ausgeführt hat. Die Verhältnisse von Funkia ovata Spreng. (= Hosta coerulea [Andreivs] Tratt) und Nothoscordon fragrans (Vent.) Kunth müssen da- her als Ausgangspunkt unserer Betrachtung dienen. In den Samenanlagen won Funkia ovata fand Strasburger, im Gegensatz zu Hof meistert), der für diese Pflanze das Vorkommen einer größeren Anzahl von Eizellen angegeben hatte, am Scheitel des Embryosackes immer nur eine Eizelle und zwei Synergiden vor. Die Gehilfinnen erschienen in ihrem vorderen Teile homogen und schwach gestreift, führten eine große Vakuole (vgl. Fig. 125A) und scheitelständiges Plasma mit dem Kern. Die Eizelle ist etwas tiefer inseriert als die Synergiden, die Embryosackwand am Scheitel stark gequollen. Bei der Befruchtung dringt der Pollenschlauch in den Embryosack und zwar zwischen die S3^nergiden hinein. Befruchtete Eizellen sind stets von einer Zellulosemembran umgeben. In ver- schiedenen derselben hat Strasburg er (vgl. 1878 b, S. 649) zwei Zell- kerne, einen Keimkern mit zwei Kernkörperchen, sowie Teilungs- stadien desselben wahrgenommen. Erst nach vollzogener Befruch- tung setzt auch derjenige Vorgang ein, der zur Bildung der Ad- ventiv embryonen führt. Einzelne Zellen der einschichtigen Nu- celluskappe über dem Scheitel des Embryosackes beginnen sich in diesen hineinzuwölben. Sie teilen sich hernach und bilden alsbald mehrzellige Höcker. Aus diesen gehen in der Folge durch weiteres Wachstum und Zellteilung die Adventivembryonen (vgl. Fig. 125 Cu.D) hervor, deren Zahl, ihrer Entstehung entsprechend, unbestimmt bleibt. Die vom Scheitel entfernteren Nucellarzellen, die an dem Vorgang nicht beteiligt sind, werden hierdurch verdrängt, so daß die Nucellushöcker und später die Embryonen ausschließlich dem inneren Integument angrenzen. Dadurch wird durchaus der Eindruck erweckt, als wenn die Nucellarembryonen im Inneren des Embryosackscheitels ent- ^) Hofmeister hat die Entwicklungsvorgänge in den Samenanlagen von Funkia ovata zu wiederholten Malen besprochen. Vgl. z. B. 1858, S. 158; 1861, S. 672; 1867, S. 114. Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 441 standen wären. Die Membran des Embryosackes, die sie vorstülpten, läßt sich an ihrer Oberfläche nicht mehr unterscheiden. Strasburger hielt es für wahrscheinlich, daß die Ausbil- dung von Adventivembryonen nur in befruchteten Samenanlagen oder doch nur in solchen Fruchtknoten erfolge, deren Narben bestäubt worden waren. In allen Em- bryosäcken mit beginnender Nucellarembryonie fand er das Ei von einer Zellulosemembran umgeben. Eine bedeutende "Weiterentwicklung desselben konnte zwar in keinem Falle festgestellt werden. Er hält sie aber nicht für ausgeschlossen, falls die Adventivembryonen nicht zu nahe am Ei selbst entstehen und die Embryosackwand an dieser Stelle nicht zurückdrängen. Die Nucellushöcker selbst nehmen nach und nach den Bau typischer Liliaceen-Embryonen an und zeigen auch später nur deswegen häufig unregelmäßige Gestalt und ver- schiedene Größe, weil sie sich gegenseitig in ihrer Entwicklung stören. Bei Nothoscordon fragrnns, „einer Pflanze von fabelhafter Ferti- lität, bei der fast jedes Eichen zum Samen wird und zwei bis drei Embryonen führt", ist die Ausbildung der Adventiv-Embryonen auf die unmittelbare Nachbarschaft des Eiapparates lokalisiert. Schon während früher Entwicklungsstadien wird bei dieser Pflanze der Nucellus über dem Scheitel des Embryosackes zu einer einzigen Zellage reduziert. Ihre Zellen beginnen sich unmittelbar nach der Ausbildung des Embryosackinhaltes durch je eine tangentiale Teilung zu verdoppeln. Gewöhnlich erfolgen auch solche Teilungen in den an die Basis der Synergiden anstoßenden Nucellarzellen; doch werden die inneren der entstehenden Tochterzellen alsbald wieder von den Synergiden verdrängt. So ist also schließlich der Embryo- sackscheitel zur Zeit der Empfängnisfähigkeit von einem besonderen Polster inhaltsreicher Zellen umgeben. Nach Strasburgers späterer Feststellung (1878b, S. 651) ist indessen die Bildung dieses Polsters zeitlich nicht genau fixiert. Sie kann früher oder später beginnen. Manchmal ist dasselbe um einen kaum angelegten Eiapparat bereits völlig entwickelt, bald um einen fertigen dagegen erst angedeutet. Die Entstehung des Polsters ist auch durchaus nicht an das Vorhandensein des Eiapparates ge- bunden. In einzelnen Samenanlagen war der Eiaj^parat abortiert, das Polster dagegen entwickelt, und Strasburger vermutet, daß eventuell gerade die frühzeitige Überhandnähme des Polsters die Weiterentwicklung des Embryosackes unterdrückt habe. In einigen Fällen gelang es, den Pollenschlauch bis in den Nucellus zu verfolgen. Veränderungen an den Synergiden sowie die Ausbildung einer Zellulosemembran an der Eizelle deuteten auf den Vorgang der Befruchtung hin. Später wurden auch wieder- 442 Zwölftes Kapitel. holt zweikernige Eizellen und Stadien der Weiterentwicklung der befruchteten Eizelle festgestellt. Gleichzeitig j^flegen nun auch weitere Teilungen in dem den Eiapparat umgebenden Gewebepolster einzutreten. Sie erfolgen zu- nächst tangential, später in verschiedenen Eichtungen, so daß sich das Gewebepolster in Gestalt eines unregelmäßigen Walles zu er- heben beginnt. Die Synergiden werden dabei resorbiert, das Ei zur Seite gedrängt oder in den Embryosackraum vorgestoßen. Einzelne Stellen des Walles beginnen sich deutlicher abzuheben und auf folgenden Entwicklungszuständen werden die eigentlichen Adventiv-Embryoanlagen von einander gesondert, die äußeren Zellen des Nucellus dagegen allmählich resorbiert. Von den vielen Ad- ventivembryonen kommen schließlich nur 2 — 3, selten mehr zur definitiven Ausbildung und sind dann von denjenigen aus befruch- teten Eiern nicht mehr zu unterscheiden. Zu ähnlichen Ergebnissen wie für Fimkia ovata und Noilios- cordon fragrcms gelangte Strasburger auch für Citrus Änran- tinm. Dabei fiel ihm auf, daß in den befruchteten Samenan- lagen lange Zeit hindurch immer nur ein befruchtetes Ei im ein- zelligen Zustande getroffen wurde, während in älteren Samenlagen außer einem offenbar aus dem befruchteten Ei hervorgegangenen Embryo noch eine Anzahl ähnlicher in größerer oder geringerer Entfernung vorhanden waren. Im Gegensatze zu den beiden anderen Pflanzen gingen nun bei Citrvs diese Anlagen auch seit- lich, in einiger Entfernung von der Embryosackspitze, aus dem Nucellargewebe an der Oberfläche des Embryosackes hervor. Ferner wurde die Beobachtung gemacht, daß nicht alle Adventivkeime zu gleicher Zeit, sondern offenbar innerhalb ziemlich weiter Zeitab- schnitte succedan angelegt werden, so daß stets neben relativ weit vorgeschrittenen Zuständen auch noch ganz junge gefunden werden. In manchen Samenanlagen häufen sich die Embryonen ganz außer- ordentlich in der vorderen Embryosackhälfte, während an entfernteren Partien der Seitenwandung eine solche Anhäufung nicht zustande kommt und an der unteren Hälfte der Embryosackwand überhaupt kaum jemals Keimanlagen gebildet werden. Im Gegensatz zu Nothoscordoji^ dessen Embryonen in der Regel mit breiter Basis dem Nucellusgewebe aufsitzen, gehen bei Citrus die einzelnen Keim- anlagen meistens aus einzelnen, sich frühzeitig gegen das um- gebende Gewebe absondernden Zellen hervor, so daß sie infolge dieser Entstehungsart schon früh von Eiembryonen gar nicht zu unterscheiden sind. Bestäubung und Befruchtung liegen bei der Orange, wie schon Schacht (1858, S. 209 und 1859, S. 374) festgestellt hatte, etwa um vier Wochen auseinander. In südlicheren Gegenden geht nach Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospei-men. 443 erfolgter Befruchtung die Entwicklung ununterbrochen weiter, während bei Gewächshauskultur in Deutschland, wie Strasburger feststellte, die Adventivembryonen-Bildung nicht unmittelbar auf die Vorgänge der Befruchtung einsetzt, sondern mit der Entwicklung des be- fruchteten Eies erst nach einer längeren Ruheperiode in der nächsten Vegetationsperiode aufgenommen wird. Auch die zahlreichen Keime der Samen von CaeJebogyne ilici- foJia entstehen durch adventive Sprossung aus dem Nucellargewebe. Schon bald nach Fertigstellung des Embryosackes, der, wie bei den anderen Nucellarembryonaten, einen EiapjDarat aus zwei Synergiden und einer Eizelle, sowie eine dreizellige Antipodenzellgruppe auf- weist, beginnen sich GrupjDen von Nucellarzellen in die Embryo- sackhöhlung hineinzuwölben. Der sich bildende Höcker nimmt ent- weder die Embryosackspitze ein oder liegt seitlich etwas unterhalb derselben. Bei seinem Wachstum drängt er die Zellen des Ei- ajjparates vor sich hin, die Eizelle bleibt ohne Zellulosemembran und wird mit den Synergiden im weiteren Entwicklungs verlaufe resorbiert. Der Nucellarhöcker dagegen sondert sich in die Adventiv- embryonen. Um die Zeit der beginnenden Wucherung des Nucellar- gewebes fängt auch die freie Endosj)ernibildung im Umkreis des Embryosackes an. Sie schreitet rascher als die Entwicklung der Adventivembryonen vor. Wenn der Embryosack schon mit Endo- sperm erfüllt erscheint, haben die Adventivembryonen in der Regel erst geringe Dimensionen erreicht. Bei ihrem weiteren Wachstum haben sie dann das Endosperm in entsj)rechendem Maße zu verdrängen. Wie schon A. Braun ^) festgestellt hatte, wurde Caelebogyne während der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts in den euro- päischen Gewächshäusern nur in weiblichen Exemj^laren kultiviert. Ausbildung von Zwitterblüten ist an denselben außerordentlich selten. So konnte Strasburger (1878a, S.83) also mit Sicherheit schreiben: „Bei Caelebogyne werden diese Adventivkeime sicher ohne etwaigen vorhergehenden Einfluß des Pollenschlauchinhaltes gebildet; trotzdem liegt Parthenogenesis nicht vor, da ja diese Adventivkeime nicht aus unbefruchteten Eiern hervorgehen." Als Nutzanwendung für die weitere entwicklungsgeschichtliche Forschung fügt er hinzu: „Es erscheint mir als wahrscheinlich, daß in den meisten Fällen von Polyembryonie bei Metaspermen eine Bildung von Adventivkeimen aus dem Nucellargewebe vorliegt. Andererseits wird man auch alle Angaben über Parthenogenesis bei Metaspermen nunmehr auf adventive Keimbildung hin zu prüfen haben." Später (1878b, S. 666) präzisierte er namentlich auf Grund der Untersuchung an mehreren ^) Über die Geschichte der Kultur von Caelebogyne ilicifolia und die Ent- deckung der vermeintlichen Parthenogenesis vgl. A. Braun (1856,8.318) und ferner Blaringhem (1909, S. 128). 444 Zwölftes Kapitel. Orchideen'), die gelegentlich zweiembryonische Samen; aufweisen, seinen Standpunkt dahin, daß in allen denjenigen Fällen, in denen häufig mehr als zwei Keime in einem Embryosacke getroffen werden, auf adventive Nucellarembryonie zu schließen sei. Diese Vermutung hat sich auch in der Folge durchaus bestätigt und seit- her sind eine ganze Anzahl weiterer Fälle von Nucellarembryonie festgestellt worden. Zunächst hat Strasburger schon 1878 in seiner Arbeit „Über Polyembryonie" nach einer eingehenderen Darstellung der Verhält- nisse bei den eben besprochenen vier Beispielen der Nucellarem- bryonie nachgewiesen, daß auch bei mehreren anderen der bereits von Braun als poly embryonisch bezeichneten Pflanzen, nämlich bei Mangifera indica und EvomjDins laiifolius-) und aincricanus, Nucellar- embryonie vorliegt. Als weitere Beispiele sind seither noch ange- geben worden: Opuntia vulgaris (Ganong, 1898), Clusia alba (Göbel, 1900, S. 571), Etqjhorbia dulcis (Hegelmaier, 1903), Xanthoxylum Bungei (Longo, 1908). Als Ausnahmefälle sind Nucellarembryonen auch bei einzelnen der apogamen Alchemillen (Murbeck, 1902) ge- funden worden. Nach eigener Untersuchung weist auch Bombax aqiiaticnm in seinen Samen eine größere Anzahl Embryonen, vermut- lich nucellaren Ursj^runges, auf. Bei Colchicum autiimnale dagegen^ für welches Furlani (1904) nucellaren Ursprung des einen Embryos nachgewiesen haben wollte, liegt nach den Ergebnissen einer neueren Untersuchung, die unter meiner Leitung ausgeführt worden ist, in Wirklichkeit Eibürtigkeit des Keimes und seitliche Verlagerung desselben während des späteren Wachstums des Embryosackes vor. Ganz eigenartige Verhältnisse zeichnen nach den Untersuchungen von Tretjakow (1895) und Hegelmaier (1897) die Embryogenese von Alliu)}i odorum aus. Sie ist von einer Vielseitigkeit, die unter allen Angiospermen, auch den apomiktischen, einzig dastehen dürfte. Neben der Fähigkeit zur Bildung von Eiembryonen kommt dieser Pflanze auch die Fähigkeit zur Bildung von Synergiden- und ^) In Früchten von Orchis lalifolia, Cypripedium Calceolus und Gymnadetiia conopsea fand Strasburger besonders häufig Samen mit 2 Embryonen. Er nahm an, daß sie, in Analogie zu den Fällen von Sinningia Lindleyana und Sanfalum albiim, ihre Ursache in gelegentlicher Verdoppelung der Eizelle hätten. Nachdem nun aber seit 1891 gezeigt worden ist, daß die von Straßburger ab- gelehnte Möglichkeit der Embryobildung aus einer befruchteten Synergide vorkommt, und sogar verhältnismäßig häufig ist, könnte statt einer Verdoppelung der Eizelle auch für diese Orchideen, wie es bei Vertretern der Liliaceen und Iri- daceen gezeigt worden ist, Befruchtung der Eizelle und einer Synergide in Frage kommen. ^) Unter fünfzig von A. Braun (1859, S. 157) untersuchten Samen zeigten 28 Polyembryonie und zwar 24 mit zwei, 3 mit drei und 1 mit vier Keimlingen. Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 445 Antipodenembryonen, sowie vereinzelt auftretender adventiver Embryonen aus Zellen des Integumentes zu. Die gekrümmten Samenanlagen von ÄlUum oclorum enthalten nach Tretjakow (1895, S. 15) einen Embryosack mit normalge- staltetem Eiapparat aus Eizelle und zwei Synergiden. In der An- tipodenzellgruppe übertrifft eine der drei Zellen die beiden anderen an Größe, Sie zeigt in der Eegel auch in Anordnung von Kern und Cytoplasma Ähnlichkeit mit der Eizelle, während die beiden Fig. 126. Nucellar-Polj'embry onie bei Ojinntia vidgaris. 1 Embryo- sack mit unregelmäßiger Zellwucherung am Scheitel und drei seitlich inserierten Embryonen. 2 Diagonalschnitt durch den Scheitel des Embryo- sackes, Nucelluswucherung auf zwei gegenüberliegenden Seiten des Embr3'o- sackes, Vergr. 90/1. 3 längshalbierter Samen, ein großer Embryo mit Keim- blattanlagen und mehrere kleinere Proembryonen am Scheitel des Embryo- sackes, Vergr. 18/1. 4 Ciruppe der Keimlinge aus demselben Samen, nat. Gr. Nach Ganong (1898, Taf. 16, Fig. 1, 8, 10 und 14). anderen Antipoden ungefähr den Habitus von Synergiden haben. Die Entwicklung der verschiedenartigen Embryonen erfolgt auch bei Älliuin odorum immer erst nach dem Eintreffen des Pollen- sohlauches am Embryosackscheitel, also direkt oder indirekt auf die vom Pollenschlauche ausgehenden E.eize hin. Die Entwicklung des Ei- embryo ist nach der Ansicht Tretjakows und Hegelmaiers von der vollzogenen Befruchtung abhängig. In der Antij^odenzellgruppe findet Embryobildung am häufigsten aus derjenigen Zelle statt, 446 Zwölftes Kapitel. welche sich durch ihren eiähnlichen Habitus von den beiden anderen unterscheidet, bisweilen aber auch aus zwei oder aus allen drei An- tipoden. Da in sjDäteren Stadien die Embryonen in Ei- und Anti- podenzellgruppe auf gleicher Entwicklungsstufe gefunden werden, setzt offenbar ihre Entwicklung auch gleichzeitig ein. Es muß also auch die Bildung der Antipodenembryonen von der Befruch- tung der Eizelle resj^. von den vom Pollenschlauch ausgehenden Reizen abhängig sein. Da Pollenschläuche wohl am Scheitel des Embryosackes, dagegen niemals in dessen Chalazagegend wahrzu- nehmen waren, schließen beide Beobachter eine direkte Befruchtung der Anti23odenzellen wohl mit Recht aus. Außer überzähligen Em- bryonen intrasaccalen Urs23runges können nun nach Hegelmaier auch noch extrasaccale Adventivembryonen gebildet werden. Sie nehmen ihren Ursprung nicht, wie bei den eigentlichen Ver- tretern der Nucellarembryonie, aus Zellen des Nucellus, sondern des Integumentes. Schon die von Strasburger zuerst beschriebenen vier Fälle der Nucellarembryonie hatten gezeigt, daß die Entstehung der Ad- ventivkeime zu verschiedener Zeit, an verschiedener Stelle und offenbar auch in verschiedener Abhängigkeit von den Vorgängen der Bestäubung, der Befruchtung und der Entwicklung eines Ei- embryos erfolgt. Ahnliche Unterschiede sind auch bei allen seither bekannt gewordenen Beisj^ielen der Nucellarembryonie festgestellt worden. Die genauere Durchsicht der bis jetzt vorliegenden An- gaben ergibt nach zwei Eichtungen hin Anhaltspunkte zu einer Vergleichung mit den apogamen und ^^arthenokarpen Pflanzen. 1. Abhängigkeit der Adventivembryonen-Bildung von den Vorgängen der Bestäubung und Befruchtung. In den meisten Fällen setzt die Ausbildung der adventiven Embryonen sicher erst nach dem Eintreffen des Pollenschlauches ein und ist wohl auch von den Vorgängen der Befruchtung ab- hängig. Bei Citrus Aiirantium scheint sogar eine gewisse Ab- hängigkeit von der Entwicklung des Eiembryos vorhanden zu sein; wenigstens beginnt die Entwicklung von Adventivembryonen nicht unmittelbar nach der Befruchtung, sondern, wie die Eientwick- lung, erst nach einer RuhejDeriode. Für Fiinkia ovata sind die Be- ziehungen zwischen Entstehung der Adventivembryonen und der Entwicklung des Eiembryos nicht in gleichem Maße sichergestellt, doch wirken auch hier, für den Fall die Befruchtung nicht in jeder Samenanlage erfolgen sollte, zum mindesten vom Pollenschlauch aus- gehende Reize als auslösende Momente. Strasburger hat schon 1877 die Frage aufgeworfen, ob bei Funkia und Nothoscordon Ausbildung der Adventivkeime nicht auch Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 447 ohne Bestäubung und Befruchtung erfolgen könnte. Die Möglichkeit eines solchen Vorganges lag nicht allzu abseits, da ja bei Caelebogyne tatsächlich Polyembryonie ohne Bestäubung und Befruchtung sichergestellt worden war. Ohne Bestäubung fallen bei Ftinlda orata, wie ich aus eigener Erfahrung nach Versuchen von 1912 — 1914 mitteilen kann, nicht nur die Entwicklung der Adventivenibryonen, sondern auch Frucht- und Samenbildung völlig aus. Die Fruchtknoten kastrierter und isolierter Blüten bleiben allerdings längere Zeit erhalten, schwellen aber nur ganz unbedeutend an, werden allmählich schlaff, beginnen zu vergilben, schrumpfen und fallen schließlich ab^). Auch bei Opiuitia vulgaris liegt nach den Feststellungen Ganongs (vgl. Fig. 126) zum mindesten stimulative Fruchtbildung und wohl auch stimulative Bildung von Adventivembryonen vor. Gan ong selbst nimmt an, daß die Eizelle während der Entwicklung der Samenanlage bald verschwinde und zur Zeit der Adventivkeimbildung sicher nicht mehr vorhanden sei. Ist diese Angabe richtig, so müßte direkte Entwicklungserregung der in der Nähe des Pollenschlauchendes ge- legenen Nucelluszellen und indirekte Erregung der in anderen Partien der Nucelluszellschicht gelegenen Initialzellen angenommen werden. Ob diese etwas komplizierte Hypothese notwendig ist, ist zurzeit nur schwer zu beurteilen; ausgeschlossen ist eben nicht, daß die Angaben Ganongs über die frühzeitige Degeneration der Ei- zelle nicht vollkommen beweiskräftig sind 2) und die Verhältnisse ') Die Versuche sind im Sommer 1917 mit dem gleichen negativen Resultat von Dr. E. de Marcos-Hanel im Versuchsgarten unseres Institutes wieder- holt worden. Die Blüten von Fimlda ovata zeigten eine auffallende Empfindlich- keit gegen das Einhüllen. Während die Blüten zahlreicher Blutenstände bei freier Bestäubung fast ausnahmslos ansetzten, blieb die Fruchtbildung sowohl unter Pergamentdüten wie unter großen Drahtgeflechtkäfigen spärlich. Von 38 künstlich selbstbestäubten Blüten isolierter Blütenstände setzten 6 Frucht an, von 18 Blüten, die mit Pollen anderer Blüten desselben Stockes belegt wurden, deren 3. Auch von 21 mit Pollen von anderen Stöcken derselben Art belegten Blüten wurden nur 3 Früchte geerntet. 62 kastrierte und unbestäubt bleibende Blüten und ebenso 31 Blüten, denen vor der Anthese die Narben abgeschnitten worden waren, blieben ganz ohne Fruchtansatz. Kreuzungsversuche hatten bis jetzt nur in einem Falle Erfolg. Von 77 Blüten, die mit Pollen verschiedener anderer Funkien, wie F. Fortunei, Siebol- diana, tmdulata mediovariegata und lancifolia bestäubt worden waren, wurden keine Früchte erhalten. Dagegen setzten von 60 Blüten, die mit Pollen einer von van Tuber gen, Haarlem, bezogenen ,,Funkia Thoss Hbögg" bestäubt worden waren, deren 9 an und führten z. T. auch zur Bildung normal aussehender, samenhaltiger Früchte. Die Versuche werden fortgesetzt. 2) Aus Ganongs Angaben ist nämlich zu ersehen, daß sein Untersuchungs- material offenbar ungenügend fixiert gewesen ist und infolgedessen starke Schrumpfungen des Embryosackinhaltes aufwies. Daher könnte seine Angabe über die Degeneration der sämtlichen Zellen des Eiapparates sehr wohl auf Täuschung beruhen. 448 Zwölftes Kapitel. mit denjenigen bei Funida übereinstimmen. Hierfür würde weiter sprechen, daß auch bei Euphorbia dulcis die Adventivembryonen- bildnng durch die Bestäubung ausgelöst wird und unterbleibt, wenn die Blüten nicht bestäubt werden. Für die drei letztgenannten Pflanzen steht also wohl sicher, daß die Fruchtbildung von der Bestäubung abhängig ist. Ob die Entwicklungserregung für die Nucelluszellen ebenfalls direkt vom Pollenschlauch oder indirekt vom befruchteten Ei oder dem sich entwickelnden Embryo ausgeht, ist dagegen noch nicht entschieden. Für Frucht-, Samen- und Em- bryobildung sind aber sicher vom Pollen ausgehende Reize not- wendig, sie erfolgen nicht autonom, sondern induziert oder stimulativ. In einem wichtigen Punkte abweichende Verhältnisse liegen bei Nothoscordon fragrans vor. Strasburger hat zunächst an abgeschnittenen und in Wasser gestellten Blüten, hernach auch an den Stöcken selbst in kastrierten Blüten die ersten Entwicklungs- stadien der Adventivkeime auch ohne Bestäubung und Befruchtung sich bilden sehen. Die Samenanlagen blieben bei diesen Versuchen allerdings ziemlich klein und erfüllten die Fruchtknotenhöhle nur zum Teil. Nichtsdestoweniger zeigte sich, daß die GewebejDolster, welche die Adventivkeime erzeugen, sich weiterentwickelt hatten. In den größeren Samenanlagen hatten es manche sogar bis zur be- ginnenden Sonderung in die einzelnen Keimanlagen gebracht. Von den Zellen des Eiapparates war in allen Samenanlagen keine Spur mehr zu sehen, der Embryosack selber merkwürdigerweise in der Entwicklung zurückgeblieben oder öfters vom umgebenden Nucellar- gewebe ganz verdrängt, so daß das letztere nun die Anlagen der Adventivembryonen fast allseitig berührte. Die Zellen des Adventiv- gewebes erschienen inhaltsarmer als bei normaler Entwicklung, inhaltsreich aber gegenüber den sonstigen, fast vollständig entleerten Zellen der Samenanlagen. Schließlich waren die Samenanlagen ab- gestorben und alsbald völlig zusammengeschrumpft. Durch diese Versuche schien erwiesen, daß bei Nothoscordon fragrans eine volle Ausbildung der Samen ohne Zutritt des Pollenschlauches nicht möglich, das Adventivkeime liefernde Gewebepolster allerdings imstande sei, sich ganz unabhängig von äußeren Einflüssen zu entwickeln. Die Keimanlagen gehen aber zugrunde, weil die sie bergenden Samenanlagen nicht entwicklungsfähig sind. Diese sind in ihrer Entwicklung vom Zutritt des Pollenschlauches ab- hängig, wobei dahingestellt bleiben kann, ob er durch seinen Inhalt oder bloß durch den Kontaktreiz zu wirken hat. Bei Noiltoscordon /"ra^rr^^s- wäre demnach die Keimbildung autonom, die Samen- bildung dagegen stimulativ. Damit auch Ausbildung entwick- lungsfähiger Samen aus kastrierten Blüten möglich würde, müßte Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 449 zur autonomen Adventiv-Keimbildung auch die Fälligkeit der au- tonomen Ausbildung tauber Samen hinzukommen '). Beide Fähigkeiten vereinigt nun (\ic.lebogyne und wahrscheinlich auch Xanihophyllum Bangei. Zum mindesten für Caelebogync ist fest- gestellt, daß sie einerseits Adventivkeime aus dem Nucellargewebe, anderseits auch taube Samen auszubilden vermag. Kommen in den letzteren Adventivkeime zur Entwicklung, so entstehen die keim- fähigen und polyembryonaten Samen, die für diese Pflanze schon so lange bekannt sind und zu so vielen Diskussionen Anlaß ge- geben haben. Caelehogyne üicifolia und XantJwphyUum Bungei sind bis jetzt die einzigen Beispiele völlig autonomer Frucht- und Samenbildung in Verbindung mit Nucellarembryonie. Hinsichtlich ihrer Abhängig- keit von den Vorgängen der Bestäubung und Befruchtung liegen also die Verhältnisse bei den einzelnen Nucellarembryonaten ver- schieden. Drei Hauptfälle sind zu unterscheiden: a) Kombination von stimulativer Fruchtbildung mit stimulativer Samen- und Embryobildung. Fruchtbildung in allen Fällen zum mindesten abhängig von den Vorgängen der Bestäubung, wahr- scheinlich aber auch von der Befruchtung der Eizelle und den Vor- gängen der Samenbildung. Die Entstehung von Nucellarembryonen geht neben der Ent- wicklung eines Eiembryos einher: Citrus Aiirantium. Die Entstehung der Nucellarembryonen ist zum mindesten von direkter oder indirekter Eeizwirkung des Pollenschlauches, wahr- scheinlich aber von der Befruchtung der Eizelle abhängig: Funkia ovata, Opuntia vulgaris, Euphorbia dulcis. b) Kombination von wahrscheinlich fakultativ stimulativer Frucht- und Samenbildung mit autonomer Bildung von Nucellar- embryonen: Notlioscordon fragrans. c) Autonome Frucht- und Samenbildung, mit oder ohne Verbindung mit autonomer Embryobildung, also Fähigkeit zur Bildung von tauben wie von keimhaltigen Samen: Caelebogyne iliei- folia, Xaiitliopliylhim Butigei. ^) Nach einer Mitteilung von W. Bally (1916) ist bei Notlioscordon frngrans wenigstens partiell auch autonome Frucht- und Saüienbildung möglich. Während es Strasburger nicht gelang, in unbestäubten Blüten Samen zur Entwicklung und Reife zu bringen, schreibt Bally: „Bei einer genügend großen Anzahl von Kastrationsversuchen gelingt es ganz gut, etwa die Hälfte der kastrierten Blüten zur Weiterentwicklung und Samenbildung zu bringen." Auch er weist darauf hin, daß in den unbestäubten Blüten (d. h. wohl vor der Zeit der Anthese) die Nucellarwucherungen der Samenanlagen schon in einem ziemlich weit vorgeschrittenen Stadium angetroffen werden. Ernst, Bastardierung. 29 450 Zwölftes Kapitel. 2. Verschiedenheiten im Ort der Entstehung der Adventivembryonen. Eine zweite Grupj^e von Unterschieden im Verhalten der einzehien Nucellarembryonaten, die mit der verschiedenen Abhängigkeit von den Vorgängen der Bestäubung, Befruchtung und der Bildung eines Eiembryos wenigstens ungefähr parallel zu gehen scheint, betrifft den Ort der Entstehung der Adventivembryonen. Bei mehreren Vertretern der Nucellarembryonie, nämlich bei Funkia ovata, Mangifera indicu, Evonymus latifolius, ebenso bei NotJios- cordon fragrans bilden sich die Adventivembryonen stets in unmittel- barer Nachbarschaft des Eiapparates aus. Bei Kothoscordon ist nach Strasburger der Ursprung des Nucellarpolsters in einem einfachen Fig. 127. Nucellarembryonie bei Euphorbia duleis (Jacq.) furpurata Thuill. 1 Scheitel von Nucellus und Embryosack mit Eiapparat und ersten Endospermkernen. 2 Im Embryosackscheitel ein mit Suspensor versehener Proembryo (Eiembryo?), 3 Adventiv-Vorkeime ohne Suspensoi-en und Endo- spermkerne. 3 a und b Schnitthälften eines Embryosackes mit einer größeren Anzahl verschieden weit entwickelter Adventivembryonen nebst Endosperm- kernen, die Embryonen teilweise nur in Umrissen gezeichnet; 4 Gruppe von 3 Embryonen aus einem Samenscheitel herauspräpariert. Nacli Hegel- maier" (1903, Taf. II, Fig. 2, 4, 5, 8a und b, Vergr. der Fig. 1—3 370/1; Fig. 4 Vergr. 50/1; alle Fig. bei der Reproduktion auf ^/g verkl.). oder doppelten Zellenring am Scheitel des Embryosackes zu suchen, welcher direkt oder in geringem Abstand die oberste Zelle des Nucellus umgibt. Seine Zellen allein scheinen zur Bildung von Embryonen befähigt zu sein. Bei AlUum odorum entspringen die Adventivembryonen ver- schiedenen, ziemlich willkürlichen Stellen der Embryosackwand, fast durchweg aber in größerem Abstand vom Eia|)parat. Hierin, wie auch durch den morjjhologischen Charakter des Gewebes, aus welchem sie hervorgehen, unterscheiden sie sich wesentlich von den sonst ähnlichen Nucellarembryonen. Sie nehmen ihren Ursprung aus dem Integument und entsprossen seltener der konkaven Seite der stark gebogenen Samenanlage, weil diese offenbar nur Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 451 wenig freien Raum bietet, sondern gewölmlicli der stark gedelmten Konvexseite. Auch bei den Alchemillen dürfte eine ähnliche unregelmäßige Verteilung der Adventivembryonen möglich sein, wenigstens nimmt der von Murbeck für Alchemilla j^cistoralis ge- zeichnete Nucellarembryo seinen Urs23rung dicht an der Basis des Embryosackes. Die beiden eben beschriebenen Typen in der Lokalisierung der Embryonen sind durch solche Formen miteinander verbunden, die Fig. 128. Polyembryonie bei Allium odorum L. 1 Meclianscbnitt durch eine Samenanlage mit 4 Pi-oembryonen: Eiembryo, Synergidenembryo, Antipodenembryo und einem auf der konvexen Seite fast median gelegenen, wandständigen Proembryo, la Ei- und Synergidenembryo, Ib wand- ständiger Adventivembryo aus Fig. 1. 2 Teil eines Medianschnittes durch eine Samenanlage mit Eiembryo und einem auf der Konkavseite des Embryo - sackes entspringenden wandständigen Embryo, 3 jugendlicher, wandstän- diger Proembryo von der Konkavseite eines Embryosackes: 4 älterer Same halbiert, mit zwei noch nicht ganz ausgewachsenen Embryonen, einem Embryo aus einer Zelle des Eiapparates und einem wandständigen Adventiv- embryo, beide in festem Endosperm steckend. Nach Hegelmaie r, (1897, Taf. III, Fig. 2, 2 a und b, 5, 6 und 12). sowohl zur Bildung von Vorkeimträgern in der Umgebung des Eiapparates wie auch entfernter, einzelner Embryonen befähigt sind. Dies ist bei Citrus Äurantium und bei Opuntia vul- garis der Fall. Für die letztere Pflanze (vgl. Fig. 126) macht 29* 9 452 Zwölftes Kapitel. G-anong speziell darauf aufmerksam, daß die Embryonen an zwei verschiedenen Stellen gebildet werden: die einen aus unregel- mäßigen Zellkörpern am Mikropylarende des Embryosackes, die anderen aus seitlichen Partien der Embryosackwandung. Die ersteren seien von unregelmäßiger, an die Vorkeimträger erinnernder Gestalt, die letzteren mehr regulär gebildet. Eindeutige Beziehungen zwischen Entstehungsort der Adventiv- embryonen und den Vorgängen der Befruchtung sind noch nicht sicher festgestellt worden. Das Wesen der stimulativen Nucellarembryonie scheint aber immerhin Entwicklung der Adventivembryonen in der Um- gebung desEiapparates, also dem Orte der unmittelbarsten ßeizwirkung, zu begünstigen. Bei geringerer Notwendigkeit eines Entwicklung aus- lösenden Reizes dagegen treten Embryonen auch in größeren Ab- ständen vom Eiapparat auf und bei autonomer Nucellarembryonie ist die Fälligkeit zur Embryobildung aus irgendwelchen Nucellus- zellen an der Oberfläche des Embryosackes zu erwarten. Das gilt für nachgewiesenermaßen autonom apogame Pflanzen, wie Alchcinilla, trifft aber auch zu für das vermutlich induziert apogame Allifnn odoruni ^). Die autonom nucellarembryonate Caeleboyyiia allerdings macht von dieser Möglichkeit keinen oder wenigstens nicht einen auffallend starken Gebrauch. Die in unmittelbarer Umgebung des Eiapparates zur Entwick- lung kommenden Nucellarembryonen unterscheiden sich von den zerstreut und vereinzelt an der übrigen Oberfläche des Embryo- sackes auftretenden auch in der Art ihrer ersten Entwicklung. In ^) Frucht- und Samenbildung sind bei Allium odorum, wie bei einigen nucellarembryonaten Pflanzen, ebenfalls von den Vorgängen der Bestäubung ab- hängig, wahrscheinlich auch vom Eindringen der Pollenschläuche in die Samen- anlagen und von der Befruchtung der Eizellen. Dafür sprechen die Resultate von Bestäubungs- und Kreuzungs versuchen, die im Sommer 1917 von E. de Vries im Versuchsgarten unseres Institutes ausgeführt wurden. Selbstbestäubung und Fremdbestäubung lösten Frucht- und Samen- bildung aus. Autonome Parthenokarpie geht Allium odorimi gänzlich ab. Alle im Knospenstadium kastrierten und hernach isolierten Blüten setzten nicht an. Ebenso unterblieb jede Frucht- und Samenbildung an denjenigen Blüten, die mit Pollen einiger anderer, gleichzeitig blühender Älliuvi-Arien belegt worden waren: Bei künstlicher Selbstbestäubung . . . setzten von 45 Blüten 34 Frucht u. Samen an „ Bestäubg. m. Pollen anderer Blüten desselben Stockes . . . „ .. 23 „ 15 , „ ^ i< ,, Bestäubg. m. Pollen aus Blüten anderer Stöcke .... ^ „ Isolierung unkastrierter Blüten . . „ „ „ kastrierter „ . . „ „ Bestäubg. m. Pollen v. Allium porrum „ , „ „ „ „ J.. suaveolens „ A.angulosum „ A.roseum ,, 24 r> 14 75 n 26 42 r> 0 16 •n 0 13 11 0 11 VI 0 10 0 Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 453 der Umgebung des Eiapparates wird die Entwicklung der Keime fast stets durch Bildung unregelmäßiger Zellwucherungen einge- leitet, die hierauf zu Proembryoträgern werden, an deren Ober- fläche erst die eigentlichen Embr^^onen entstehen. Einzeln an ver- schiedenen Stellen der Embryosackoberfläche entsprossende Adventiv- embryonen dagegen scheinen stets aus je einer bestimmten Nu- celluszelle hervorzugehen und stimmen schon nach wenigen Teilungen im weiteren Verlauf ihrer Entwicklung mit typischen Eiembryonen in der Hauptsache überein. • Im einen wie im anderen Falle sind später die Adventivembryonen in ihfer Entwicklung und Differen- zierung von normalen Eiembryonen nur durch die abweichende Stellung im Inneren der Samen zu unterscheiden^). Für alle gilt wohl der Satz aus Strasburgers (1878a, S. 64) Beschreibung der Entstehung und Ausbildung der Nucellarembrj^onen bei Funkia ovata: „Sie verdanken einer Art innerer SjDrossung ihre Entstehung und ich wüßte sie zunächst mit nichts anderem, als etwa mit den Adventivsprossen zu vergleichen, die aus einzelnen Epidermiszellen der Begonienblätter entstehen, nur daß die Sprosse hier, dem Orte ihrer Entstehung gewissermaßen angepaßt, den vollständigen Habitus der Embryonen annehmen." Auch später ist in zusammenfassenden Übersichten die Ähnlich- keit der Adventivembryobildung mit anderen Vorgängen vege- tativer Keimbildung mehrfach betont worden. So weist Jost (1913, S. 495) auf die Gleichartigkeit der Adventivembryonen ver- schiedenen Ursprungs mit normalen Eiembryonen hin mit den Worten: „Es zeigt sich nämlich, daß alle Zellen, die im Embryo- ^) Ziemlich weitgehende Verschiedenheiten existieren dagegen im späteren Schicksal der adventiv erzeugten Embryonen. Sie kommen für unsere Auffassung vom Wesen der Nucellarembryonie weniger in Betracht. In Samen von Citrus Aurantium findet man häufig mehrere ungefähr gleich- groß und kräftig entwickelte Embryonen, neben anderen, die bedeutend kleiner geblieben sind. Bei der Keimung von C»/r?«s- Samen liefert die Mehrzahl mehrere Keimpflanzen. Das gleiche ist nach der Darstellung von Hegel maier (vgl. Fig. 127) auch bei Euphorbia duicis der Fall. In den reifen Samen von Mangifera indica fand schon Schacht (1859, IL S. 395) zwei bis vier Keime, während bei einer anderen nahe verwandten Art konstant nur ein Embryo im Samen vorhanden war. Auch in den großen Samen von Bouibax aquaticum sind stets mehrere gut ent- wickelte und entwicklungsfähige Keime vorhanden. Bei anderen Vertretern der Nucellarembryonie, die zunächst ebenfalls eine größere Anzahl von Embryoanlagen bilden, werden in späteren Stadien in der Regel nur noch ein oder wenige große und vollkommen ausgebildete Embryonen getroffen. Die anderen Anlagen sind im Wachstum zurückgeblieben und liefern bei der Keimung, wenigstens ohne künstliche Nachhilfe, keine Pflanzen. Das ist nach den Angaben von Hegelmaier offenbar bei Allium odorum der Fall Ganong gibt an, daß bei Üpuntia vulgaris nur ungefähr die Hälfte der Samen mehr als einen Keimling erzeugt. Auch meine eigenen Keimversuche mit Samen von Funkia ovata haben zu demselben Ergebnis geführt. 454 Zwölftes Kapitel. sack enthalten sind oder in ihn hineingelangen, die gleiche Form annehmen wie der ,normale' Embryo. Es muß also die Embryosack- zelle einen diesbezüglichen Reiz auszuüben imstande sein." So ist also die Adventivembryobildung aus Nucellar- oder In- tegumentzellen den Vorgängen vegetativer Vermehrung beigerechnet worden. Es handelt sich auch bei ihr um die apomiktische Entstehung von Sporophyten aus Teilen eines Sporophyten. Nach "Wink 1er (1908,8.303) unterscheidet sie sich „von der Entstehung adventiver Knospen etwa am Hypokotyl von Euphorbia cyparissias oder Linum usitatissinmm nur dadurch, daß sie sich innerhalb der Makrosjiore abspielt und daß die Adventivsprosse morphologisch echten Sprossen gleichen. Mit Parthenogenesis oder Apogamie direkt haben sie nichts zu tun". Den letzten Satz möchte ich nicht unterschreiben. Es erscheint mir wahrscheinlich und zum Teil jetzt schon beweis- bar, daß die Nucellarembryonie einerseits Beziehungen zur Apogamie, anderseits zur Parthenokarpie zeigt. Ich vermute, daß sie als eine weitere, mit diesen beiden Gruppen von Erschei- nungen durch dieselbe Ursache bedingte Abweichung vom nor- malen Fortpflanzungsprozeß aufzufassen ist. II. Über die Ursachen der Nucellarembryonie und ihre Stellung zu anderen Formen apomiktischer Fortpflanzung. Die große Ähnlichkeit in der Ausbildung der Nucellarembryonen mit sonstigen Vorgängen vegetativer Vermehrung ist wohl der Grund, daß über die Ursache der Nucellarembryonie, im Gegen- satz zur AjDogamie, fast gar nicht diskutiert worden ist. Wie bei zahlreichen anderen Beispielen des Ersatzes geschlechtlicher durch ungeschlechtliche Fortpflanzung schien auch hier Gleichzeitigkeit im Auftreten der adventiven Embryonen mit der Schwächung der Sexualität oder infolge der letzteren gegeben. Einzelne Anhalts- punkte dazu waren auch vorhanden. So schrieb Strasburger (1878a, S. 64) im Anschluß an seine Untersuchungen an Funkia ovata: „Ob der Umstand, daß die Pflanze sich auf solchem Wege vermehren kann, es mit sich bringt, daß die Antheren in den meisten Blüten mangelhaft stäuben, will ich dahingestellt sein lassen." Seiner späteren Stellungnahme zur Frage nach der Entstehung der Apogamie würde entsprechen die Annahme eines allmählichen Überganges von normaler Bildung sexuell erzeugter Eiembryonen zur Nucellarembryonie, vielleicht gerade als Folge einer Schwächung der Sexualität, der Pollenbildung und der Fähigkeit zur Entwicklung der Eiembryonen. Doch hat er, so weit ich ersehe, diesen Gedanken an keiner Stelle seiner zahlreichen Arbeiten über Fort- pflanzungsvorgänge eigentlich ausgesprochen. Eine in dieser Ge- Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 455 dankenrichtnng liegende, allerdings viel weitergehende Ansicht ist uns übrigens später nicht vorenthalten worden. Es schreibt nämlich Eichinger (1910, S. 770): „Von diesen Adventivembryonen ent- wickeln sich gewöhnlich eine Mehrzahl vollkommen normal und liefern bei der Keimung auch selbstständige Keimlinge. Man kann gerade aus letzter Tatsache eine Erklärung für die Bildung der Adventivembryonen dahin geben, daß man annimmt, daß die Pflanze wirklich Polyembryonie an- strebt, um ihre Verbreitungsmöglichkeiten zu vermehren (von mir gesperrt!). Sie erreicht dies dadurch, daß sie aus be- liebigen Nucellarzellen Embryonen erwachsen läßt, die den nur in der Einzahl vorhandenen normalen Embryo einfach verdrängen." Irgendwelche Anhaltspunkte, welche ernstlich für die Berechtigung dieser Ansicht und die Möglichkeit eines experimentellen Nach- weises ihrer Richtigkeit sprechen würden, scheinen mir völlig zu fehlen. Ähnlich wie für die parthenokarpen Pflanzen ist übrigens auch schon für die Vertreter der Polyembryonie ein Zusammenhang zwischen Lebensweise und ungewöhnlicher Fortpflan- zungsart angenommen worden. So weist Hegel maier auf diese Möglichkeit hin, allerdings unter starker Betonung der Schwierig- keiten, die sich dieser Annahme entgegenstellen, indem er (1897, S. 139) schreibt: „Mehrere der Mono- und Dikotyledonen, bei denen Polyembryonie bekannt ist, u. a. auch das (dem Älliiim. odorum) ver- wandte N. fragrans^ befinden sich seit mehr oder weniger langen Zeiträumen in domestiziertem Zustand; aber dasselbe ist ja von einer ganzen Anzahl anderer Formen gerade der Gattung Alliiim zu sagen, und wie sich jene Pflanzen im spontanen Zustand verhalten oder verhalten haben, ist nicht untersucht. Auch von Ällium odorum ist zurzeit in dieser Hinsicht nichts bekannt; das Material für meine Beobachtungen ist mindestens seit etlichen Jahr- zehnten im hiesigen Garten kultiviert und Ahnliches wird wohl auch von dem Material Tretjakows gelten, da die Pflanze im eu- ropäischen Rußland nicht einheimisch ist." Eine Ausdehnung unserer Arbeitshypothese vom hybriden Ur- sprung apogamer Pflanzen auf diese weitere Gruj)pe aj)omiktischer Fortpflanzungsvorgänge macht einen Vergleich der nucellarem- bryonaten Pflanzen mit Bastarden und mit den ande- ren apomiktischen Fortpflanzungsvorgängen notwendig, welche wir als Folgen von Hybridisation in Anspruch genommen haben. Für die Bastardnatur der bis jetzt bekannten Beispiele von Nucellarembryonie ist vorderhand recht wenig ins Feld zu führen. Einige derselben, wie Citrus AuranUum, Mangifera indica sind alte 456 Zwölftes Kapitel. Kulturpflanzen. Ihr Ursj)rung ist wolil nicht mehr zu analysieren. Bei ihrer Entstehung kann aber, dafür spricht schon die ßassen- und Sorten Vielheit der Citrus-Arten^)^ Bastardierung sehr wohl einen wesentlichen Anteil gehabt haben. Andere Pflanzen mit Poly- embryonie wie Fimkia ovata, NotJioscordon fragrans^ Alliimi odorum, Eu2)horbia didcis, Evonymus usw. gehören Verwaudtschaftskreisen an, in denen Bastarde häufig oder wenigstens nicht selten sind. Zwar nicht gerade für die Bastardhypothese, aber entschieden gegen die Annahme allmählicher Entstehung der Nucellarembryonie in Verbindung mit sexueller Schwächung, spricht auch der Umstand, daß sie in mehreren Verwandtschaftskreisen bei einzelnen Formen gänzlich isoliert auftritt. Das ist z. B. innerhalb der Gattung 0]mntia der Fall. Die Entdeckung der Nucellarembryonie von üpiintia vul- garis ist ganz gelegentlich, beim Studium der Samenkeimung, erfolgt, und Ganong gibt an, bei der Untersuchung von nicht weniger als 75 Arten dieser Gattung keinen weiteren Beisj)ielen von Poly- embryonie begegnet zu sein. Immerhin erwähnt er, daß schon früher (vgl. Braun, 1859, S. 155) Engel mann in einem Samen von Ojmniia tortispina zwei Embryonen angetroffen und Braun es für wahrscheinlich gehalten habe, daß auch bei OxJiintia glaucopJ/ylla dieselbe Erscheinung vorkommen könnte. Erst in allerneuester Zeit hat Hüll (1915) bei Opuntia diafinesquii einen neuen Fall habitueller Nucellarembryonie in dieser Gattung beschrieben. Gerade das verschiedenartige Auftreten, in einzelnen Verwandt- schaftskreisen als allgemein habituelle Fortpflanzungsart, in anderen beschränkt auf einen oder wenige einzelne Vertreter, macht meiner Ansicht nach die Annahme unabweisbar, daß in allen Fällen eine gemeinschaftliche Ursache vorhanden sein muß, die sicherlich nicht in verschiedenartigen äußeren Bedingungen zu suchen sein wird. Zugunsten eines hybriden Ursj)ruuges der Nucellarembryonie kann auch das Verhalten der Eiembryonen gedeutet werden. In keinem einzigen Falle von Nucellarembryonie ist sicher festge- stellt, daß der Eiembryo völlig entwicklungsfähig ist und daß aus demselben auch wirklich eine neue Pflanze hervorgeht. In den meisten Fällen setzt die Entwicklung des Eiembryos entweder gar nicht ein oder er wird schon auf frühen Stadien von den kräftigeren Nucellarembryonen überholt und allmählich verdrängt. ^) Nach Darwin (1868, I. S. 421) hat Gallesio schon in seinem Traitr du Citrus (1811) vier Citrus - kxten unterschieden, „von denen eine jede Art Gruppen von Varietäten, Monstrositäten und mutmaßlichen Bastarden Entstehung gegeben hat." Der gleichen Literaturstelle ist auch zu entnehmen, daß sich 1855 Alph. de C and olle in seiner Otogrnpliie botaiiique raisonuce für die Bastardnatur mancher O^^rws-Formen ausgesprochen Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 457 Bleibt also, was bei Caelehogijne nicht allzu selten ist, mit der Entwicklung eines Eiembryos auch diejenige von Adventivembryonen aus, so entstehen taube Samen, ganz gleich wie bei vielen Bastarden, welche nach vollzogener Befruchtung die Embryobildung auf ver- schiedenen Stadien der Entwicklung sistieren oder wenigstens (z. B. bei einzelnen Oe/?o/Ae/'a-Kreuzungen) doch keine oder nur selten entwicklungsfähige Keime liefern. Sowohl bei semisterilen Hybriden, wie bei den nucellarembryonaten Pflanzen scheinen trotz des Ein- tritts der Befruchtung die Wechselbeziehungen zwischen Ei- und Spermakern gestört oder zum mindesten nicht derart zu sein, daß eine harmonische Entwicklung der Embryonen möglich wäre. Übereinstimmungen zwischen nucellarembryonaten Pflanzen und anerkannten Bastarden ihrer Verwandtschaft festzustellen, muß weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben. Unsere bisherigen Kenntnisse sind auf die Feststellung der Nucellarembryonie und eventuell deren Abhängigkeit von den Vorgängen der Bestäubung und Befruchtung beschränkt. Keine einzige dieser Pflanzen ist seit der Feststellung ihrer Befähigung zur adventiven Keimbildung als Gegenstand eingehender Fragestellung erneut embryologisch und cytologisch untersucht worden. "Wir sind bei keiner einzigen (die ajDOgamen Alchemillen natürlich ausgenonnnen) über die Vor- gänge der Pollenentwicklung, der Tetradenteilung in der Embryosackmutterzelle und über die erste Entwicklung des Embryosackes orientiert. Der Verlauf der Eeduktions- teilung ist unbekannt und so ist auch noch für keine einzige dieser Pflanzen festgestellt, ob wirklich die Kerne der Pollenliörner und namentlich diejenigen der Embryo- säcke mit haj^loider Chromosomenzahl ausgerüstet sind. Auch über das Verhältnis der Chromosomenzahlen der wichtigsten nucellarembryonaten Pflanzen zu den nächstverwandten normal- sexuellen Formen liegen noch keine iVngaben vor, aus denen sich weitere Anhaltspunkte für ihren Ursprung ergeben würden. Eingehendere Kernteilungsstudien sind bis jetzt erst in den Verwandtschaftskreisen der polyembryonaten Fnnkla ovata und Al- lium odorum sowie an Citrus angestellt worden. In der Gattung Fimkia ist im besonderen die Chromosomen- zahl von F. Sieboldiana schon mehrere Male zu bestimmen versucht worden. Erstmals wurde ihre Chromosomenzahl, bzw. die Anzahl der Doppelchromosomen in den Pollenmutterzellen, von Stras- burger (1900, S. 45) zu 24 bestimmt. Sie sind, wie auch durch alle seitherigen Untersuchungen immer wieder bestätigt worden ist, von sehr verschiedener Größe. Neben 6 Paar langen Chromosomen wurden 18 Paare kurzer Chromosomen gefunden. Im übrigen blieben die Chromosomenverhältnisse von F. Sieboldiana noch in 458 Zwölftes Kapitel. melirfacher Hinsicht unklar^), doch dürfte nun wohl feststehen, daß F. Sieboldiana haploid 24, diploid 48 Chromosomen führt. Die letztere Anzahl, ebenso das Auftreten von 24 Gemini, gilt nach Sykes (1908) auch für Fimkia ovata. Ob aber auch die Embryo sack kerne von F. ovata diese Chromosomenzahl aufweisen, ist noch nicht unter- sucht worden. Etwas günstigere Verhältnisse liegen in bezug auf Chromosomen- größe und Chromosomen z a h 1 in den Gattungen Ällium und Citrus vor. Miyake (1906, S. 102) hat z.B. die reduzierte Chromo- somenzahl von Allimn Viciorialis und A. Cepa zu 8 bestimmt. Die gleiche Chromosomenzahl ist (vgl. Tischler, 1915, S. 200) vor- her und nachher bei einer ganzen Anzahl anderer AUmm-Arten festgestellt worden 2). Über Allium odorum allerdings steht noch jede Angabe über Chromosomenzahl im Sporophyten wie im Ga- metophyten völlig aus. Dieselbe niedrige Chromosomenzahl wie die meisten der untersuchten Allium -Arten weisen nach Stras- burger auch die Citrus-Arten und Rassen auf. Für Citrus Au- rantium subsp. amara und suhsp. sinensis gibt er acht als haploide Chromosomenzahl an. Ebensoviele fand er bei C. mcdica suhsp. Ba- joura und Osawa (1912) bei (\ nobilis f. „ Unshu''''. Immerhin sind zurzeit auch in cytologischer Hinsicht die not- wendigen Grundlagen für eine eingehende Vergleichung der eben genannten wie auch aller anderen nucellarembryo- naten Pflanzen mit sterilen und semisterilen Hybriden noch nicht vorhanden. Dagegen scheinen mir eine ganze Anzahl von Momenten gegeben zu sein, welche für Beziehungen der Nu- cellarembryonie zu verschiedenen Formen der Apomixis, im be- sonderen zur ovügenen Apogamie und Aposporie einerseits, ^) Strasburger erwähnt nämlich weiter, daß die Chromosomenzahl auch in den vegetativen Zellen nicht größer als 24 sei. Es erschien ihm fraglich, ob die Zahl 24 in den Pollenmutterzellen als die reduzierte Zahl gelten dürfe. Noch 1906 hat er und mit ihm Miyake die Annahme vertreten, „daß die reduzierte Chromo- somenzahl auch hier eigentlich 12, wie bei vielen anderen Liliaceen, beträgt und nur eine Erhöhung durch spätere Trennungen von 6 Chromosomen in kleinere Ab- schnitte erfuhr." Den Grund dieser Chromosomenzerlegung glaubte er darin sehen zu dürfen, „daß in der heterotypischen Kernplatte unter den gegebenen Raumver- hältnissen eine erwünschte Sonderung der gepaarten Elemente zustande kommt, während sich in den typischen Kernen die langen Chromosomen auf entsprechendem Stadium verflechten". 1908 ist es Sykes gelungen, in vegetativen Kernteilungen von Fiiulia Sieboldiana, wie auch bei Fimkia ovata, Chromosomenzahlen zwischen 36 und 48, meistens mit starker Annäherung an die letztere Zahl festzustellen. Daraus geht hervor, daß 24 wirklich die reduzierte, 48 die diploide Chromo- somenzahl dieser Funkien sein wird. -) Daß auch in dieser Gattung indes nicht völlige Übereinstimmung herrscht, zeigt der Umstand, daß Miyake bei Ällium Molly immer nur 7 Doppelchromo- sonien fand und diese Anzahl, wenigstens bei den von ihm untersuchten Individuen dieser Art, für die normale Zahl der reduzierten Chromosomen hält. Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 459 ZU den Ersclieiniingen der Parthenokarpie anderseits und ebenso dafür sprechen, daß die hypothetische Ursache all dieser Erscheinungen, die Hybridation, auch als Ur- sache der Nucellarembryonie in Anspruch genommen werden darf. 1. Beziehungen zwischen Nucellarembryonie und ovogener Apogamie. Auf Übereinstimmungen zwischen Nucellarembryonie und Apo- gamie hat zuerst de Bary (1878, S. 483) aufmerksam gemacht, kurz nach den ersten Mitteilungen Strasburgers über die Bildung der Adventivembryonen in den Samen von FmiMa ovata und Allium fragrans. In folgenden Punkten sah er eine überraschende Ähn- lichkeit zwischen den von ihm untersuchten apogamen Farnen und den Adventivembryonen bildenden Angiospermen: 1. Ausbildung von äußerlich anscheinend völlig normalen, aber funktionsunfähigen weiblichen Organen. 2. Vorkommen anscheinend regulärer und zeugungsfähiger männlicher Organe, also von spermatozoidenbildenden Antheridien einerseits, zur Schlauchbildung befähigter Pollenkörner anderseits. 3. Ersatz der regulären Embryobildung durch Sprossung und Entstehung der Adventivembryonen an oder dicht neben den Orten, wo bei geschlechtlichen Spezies die normale Embryobildung statt- findet. Das einzige Bedenken, welches de Bary gegen einen völligen Parallelismus der beiden Erscheinungen geltend machte, gründete sich darauf, daß nach den Beobachtungen Strasburgers bei einzelnen polyembryonaten Pflanzen ein Pollenschlauch in das Ovulum ein- dringt und dessen Mitwirkung für die Bildung der adventiven Em- bryonen notwendig erscheint. Ob dies wirklich der Fall ist, war damals noch nicht definitiv entschieden und müßte, wie de Bary beifügt, noch untersucht werden. Immerhin verweist er darauf, daß in einem Fall (Caelebogyne) adventive Embryonen sicher ohne Mit- wirkung eines Pollenschlauches gebildet werden, und also die Über- einstimmung mit der Apogamie der Farne wenigstens in diesem einen Falle vollkommen sei. Unter Berücksichtigung der neueren Ansichten über den Ge- nerations- oder Phasenwechsel bei den Embryo]3hyten ist allerdings, trotz der von de Bary hervorgehobenen Vergleichspunkte, eine wirkliche Homologie zwischen der Aj^ogamie der Farnprothallien und der Nucellarembryonie der Angiospermen nicht vorhanden. Die apogam entstehenden Farnkeime entstehen aus diploiden Zellen eines Gametophyten, die Nucellarkeime der Angiospermen da- gegen gehören ihrer Entstehung nach dem Sj)orophyten an. Ein direkter Vergleich ist nur zwischen den apogamen Keimen der 460 Zwölftes Kapite.. Farne und den intrasaccal entstehenden Embryonen von Angio- spermen, also den Fällen ovogener und somatischer Apogamie, d. h. Embryobildung aus Eizelle, Synergiden oder Antipoden di- ploidkerniger Embryosäcke, möglich. In ihrer Bedeutung für die Erhaltung und Fortpflanzung sind allerdings Apogamie und Nu- cellarembryonie der Angiosjiermen völlig gleichwertig. In beiden Fällen unterbleibt für die Bildung neuer Keime jede quantitative und qualitative Reduktion. Im einen Fall entwickelt sich der Keim aus einer Zelle eines diploidkernigen Gametophyten. Im anderen wächst eine diploidkernige Zelle des Sporophyten in den meistens wohl haploidkernigen Embryosack hinein, dessen Zellen selbst weder autonom noch stimulativ entwicklungsfähig sein dürften. Gerade diese Übereinstimmung im Effekt macht es auch begreiflich, daß Bildung von Adventivembryonen bei den ovoapogamen Angio- spermen trotz aller anderen Unregelmäßigkeiten, welche deren Fort- pflanzungsprozesse sonst auszeichnen, eine verhältnismäßig große Seltenheit bleibt'). Es schließen sich diese beiden Arten apomik- tischer Keimbildung in der Hauptsache schon aus ernährungs]3hy- siologischen Gründen von selbst aus. Nach Durchführung der Haploidphase mit der diploiden Chromosomenzahl ist ovogene oder somatische Apogamie das Naheliegendste. Die Entwicklungshem- mung ist für die diploidkernige Eizelle in Fällen autonomer Apo- gamie gering oder wird durch Ernährungseinflüsse überwunden. Die dem Embryosacke zugeführten Nährstoffe finden ohne weiteres die ihnen zukommende Verwendung, entwicklungserregende Reize auf andere Elemente der Samenanlagen und damit der Anstoß zur Entwicklung von extrasaccalen Adventivembryonen bleiben aus. Daß innnerhin ovogene Apogamie die Nucellarembryonie nicht völlig ausschließt, zeigen die Befunde von Murbeck (1902) bei den Alchemillen. Bei A. iKistoralis hat er, allerdings nur in einem einzigen Ovulum, einen adventiven Embryo unzweifelhaft nucellaren Ursprunges festgestellt. Im oberen Teil des betreffenden Embryo- sackes (vgl. Fig. 129) findet sich ein vierzelliger, aus der unbe- fruchteten Eizelle hervorgegangener Embryo nebst einer Synergide. An der Basis des Embryosackes sind die drei Antij^oden, in seiner Mitte liegt ein dreizähliger Kernkomplex, d. h. die beiden Polkerne und der zweite Synergidenkern, der hier wie auch bei anderen Pflanzen ausnahmsweise „beweglich" geblieben ist und sich den Polkernen zugesellt hat. Im untersten Teil dieses Embryosackes ist ein zweiter Embryo. Seine Zellteilungen haben sich nicht völlig nach demselben Schema wie in den Eiembryonen von Alchemiüa abgespielt. Immerhin stimmt er in der Form, in Größe und Plasma- •^) Vgl. S. 307 die AiigaLen über die Entstehung der gelegentlichen Poly- embryonie bei Elatoslema ucuminatum. Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 461 reiclitum seiner Zellen sowie in der kräftigen Ausbildung der Kerne so sehr mit denselben überein, daß an der Keimnatur dieser Bildung kein Zweifel lierrschen kann. Bemerkenswerterweise setzt sich dieser Adventivembryo aus einer größeren Anzahl von Zellen zusammen als der Eiembryo. Seine Entwicklung war auch im Momente der Fixierung, nach dem Teilungsstadium des Kerns in dessen Scheitel- zelle zu schließen, noch in vollem Gange. Der Urs]3rung dieses Embryos ist von M u r - b e c k ein- gehend un- tersucht und diskutiert worden. Er ist dabei zum Schlüsse gekommen, daß dessen Mutter- zelle keines- wegs dem sporogenen Gewebe des Nucellus an- gehört haben könne, son- dern vegeta- war, „der Embryo selbst ein Ad- ventivem- Fig. 129. Nucellarembryonie bei Alcheviilla. i Oberer, mitt- ,. , lyj- , , Ißi'ßi" und unterer Teil desselben Embryosackes von A. pastoralis ivei INatui ßjfg nebst dem umgebenden Nucellusgewebe. Im Embryosacke eine Synergide, ein vierzelliger Eiembryo, 3 große Polkerne, 3 Antipoden und ein aus einer Nucelluszelle hervorgegangener und in den Embryosackraum hineingewachsener Adventiv-Embryo. 2 Partie eines Längsschnittes durch eine Samenanlage von _ A. acutangnJa Bus. mit einer großen, an das Integument grenzen- bryo ist, der den, der Eizelle ähnlichen Nucelluszelle. Nach M u r b e c k (1902, durch S23ros- Fig. Ib und 2b, Original 290/1, bei der Reproduktion auf 2/3 verkl.). sung aus dem Nucellargewebe, d. h. wesentlich in derselben Weise wie nach Stras- burgers Untersuchungen die Adventivembryonen bei Funkia ovata, Citrus Aurantium usw. entstanden ist". Viel häufiger als bei Älchemilla ist die Bildung vereinzelter Adventivembryonen extrasaccalen Ursprunges bei ÄUium odoriim, von welchem auf Grund der bis jetzt vorliegenden Untersuchungen allerdings nicht sicher zu entscheiden ist, ob es normale Befruch- tung, oder was mir bedeutend wahrscheinlicher ist, induzierte A p o g a m i e mit den Erscheinungen der Adventivembryonie ver- 462 Zwölftes Kapitel. einigt. Für Apogamie spriclit, wie mir sdieint, das gleichzeitige Vorkommen von Ei-, Synergiden- und besonders der Antipoden- Embryonen. In liaploidkernigen Embryosäcken würde ihre Ent- stehung entweder [Befruchtung aller embryonenliefernden Zellen, oder neben normaler Amphimixis in der Eizelle induzierte haploide Apogamie für Synergiden und Antijjoden, also einen Vorgang vor- aussetzen, der bei den Angiospermen bis jetzt noch nicht nachge- wiesen und wenigstens als spontane Art der Fortpflanzung auch sehr unw-ahrscheinlich ist. Viel naheliegender erscheint mir, daß die Embryosäcke von Allium oclorum infolge Ausbleibens der Eeduktionsteilung diploidkernig sind, also Aj)Ogamie und zwar indu- zierte Apogamie, etwa ähnlich wie bei Atamosco mexicana vorliegt. Eine Entscheidung dieser Frage ist nur durch erneute und in cyto- logisch - entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht gründliche Unter- suchungen zu gewinnen, namentlich über die Vorgänge der Tetra- den- und Reduktionsteilungen der Embrj'-osack- und Pollenmutter- zellen, über die Chromosomenzahlen der beiden Generationen ver- glichen unter sich und mit den Chromosomenzahlen der nächst- verwandten normal sexuellen Arten, über das Verhalten der aus dem Pollenschlauoh in den Embryosack entleerten Kerne und den genauen Entwicklungsgang der verschiedenen Formen von Em- bryonen. 2. Nucellarembryonie und Aposporie. In genetischer Hinsicht scheint mir die Nucellarembryonie der Aposporie bedeutend näher zu stehen als der Apogamie. Apo- sporie ist zwar bei den Angiosj^ermen, im Gegensatz zu den Pteri- doj^hyten, nicht sehr verbreitet. Wie S. 437 ausgeführt worden ist, finden sich die auffallendsten Beispiele derselben innerhalb der Gattung Hieraciwn. Nach den Feststellungen Ostenfelds (1906) und Rosenbergs (1907) sind die Fortpflanzungsverhältnisse der schon vorher von anderen Autoren als apogam erkannten Hieracien wesentlich komplizierter als zuerst anzunehmen war. Einzelne Arten sind sowohl zur Frucht- und Samenbildung bei Befruchtung (Bastardierung), als auch infolge Apogamie bei Kastration befähigt. Die Ausbildung haploidkerniger und diploidkerniger Em- bryosäcke aus dem Archespor kann sich nun weiter kom- binieren mit den Erscheinungen der Aposporie. Siebestehen nach Rosenberg z. B. bei Hieraeium exceUens und flagellare darin, daß der von der Embryosackmutterzelle abstammende Embryosack in der Regel zugrunde geht und eine Zelle des Nucellus oder sogar der Integument-Basis sich apospor, ohne irgendwelche Andeutung einer Tetradenteilung, zu einem neuen Embryosack entwickelt. Sein Wachstum ist in der tyj^ischen Weise mit drei Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 463 Kernteilungen verbunden. Er zeigt ebenfalls die bekannte bipolare Lagerung zweier Vierergruppen, erzeugt 3 Antipodenzellen, 2 Syner- giden und eine Eizelle nebst zwei Polkernen, die miteinander zum sekundären Embryosackkern verschmelzen. Seiner Entstehung ent- sprechend weist der Embryosack in allen Kernen, also auch im Kerne der sich zum Embryo ent- wickelnden Eizelle, die unreduzierte Chromosomenzahl auf. Rosen- berg hebt besonders hervor (1907, S. 156) „It should be observed, that this somatic cell does not directly develop into an embryo, but first forms an embryosac, i. e. a game- tophyt generation, in which the egg cell without fertilization deve- lops into an embryo." Es wäre nun denkbar, daß in einzelnen Fällen die Ausbildung des apospor entstehenden Embryo- sackes Reduktionen aufweisen könnte, wie sie für den Embryo- sack archesporialen Ursprunges in großer Anzahl bekannt sind. Nu- cellarembryonie wäre dann gewissermaßen ein End- stadium der Aj^osporie: Statt einen aposporen Embryosack zu erzeugen, wird die zur Ent- wicklung gebrachte extrasaccale Zelle gerade zur Eizelle oder zur Initiale eines vegetativen Keimes. Zwischenstadien zwischen der für die Hieracien beschriebenen Form der Aposporie (Ausbildung di- l^loidkerniger Embryosäcke mit typischer Zahl und Lagerung der Zellen) und typischer Nucellar- embryonie sind allerdings zurzeit erst wenig bekannt. Als solches könnte etwa das Stadium gedeu- tet werden, das zufälligerweise von Murbeck (1902, S. 3) bei Alchemilla acutanguki Bus. gefunden worden ist. Im Embryosacke der in Frage kommenden Samenanlage fand sich ein aus der unbe- Fig. 130. Apospore Entstehung des Embryosackes von Hieraciimi flmiellare. a vollständige Makrospoven- tetrade zu Beginn der Degeneration, b und c Makrosporentetrade desorgani- siert. Der zur Entwicklung kommende diploidkernige Embryosack geht aus einer Integumentzelle in unmittelbarer Nachbarschaft der verdrängten Tetrade hervor. Nach Rosenberg, aus Winkler (1913, S. 272, Fig. 5). 464 Zwölftes Kapitel. fruchteten Eizelle entstandener vierzelliger Embryo, außerdem be- reits einige Endospermkerne. Unterhalb der Mitte des Embryo- sackes zeigte sich eine sehr große Zelle (vgl. Fig. 129, 2) an der Grenze des Integumentes, die einer der äußersten, wahrscheinlich sogar der alleräußersten Schicht des Nucellargewebes angehört. In ihren Dimensionen übertrifft sie eine intrasaccale Eizelle, im übrigen ist ihre Ähnlichkeit mit einer solchen auffallend: „der oberste Teil des Protoj^lasten wird von einer gewaltigen Vakuole eingenommen, das Plasma hingegen liegt an seinem Boden gesam- melt, wo auch der ansehnliche Zellkern seinen Platz hat." Ob diese Zelle ihre Entwicklung fortgesetzt hätte, erscheint Murbeck in Berücksichtigung des Umstandes, daß der Embryosack bereits einen mehrzelligen Embryo enthielt, zweifelhaft. Gegebenenfalls aber würde sie sich nach seiner Ansicht „nicht als eine Makrospore (Embryo- sack) verhalten haben, sondern sie hätte wohl durch Teilungen direkt einen Embryo hervorgebracht, und daß der Embryo sich bis an den Embryosack hervorgearbeitet und sich in diesen hineinge- wölbt haben würde, scheint ebenfalls, in Anbetracht der von Stras- burger bei Citrus geschilderten Verhältnisse, mehr als wahrschein- lich". Ähnliche Verhältnisse werden eingehendere Untersuchungen wahrscheinlich auch noch bei Allium odorum feststellen können. Dafür spricht die Angabe Hegelmaiers, daß bei dieser Pflanze die adventiven Embryonen extrasaccalen Ursprunges oft ziemlich weit entfernt vom Embryosacke im Gewebe des inneren Integu- mentes angelegt werden und erst später, offenbar unter Verdrängung und vielleicht Auflösung der diese Anlagen vom Embryosacke trennenden Zellschichten, in den Embryosack hineinwachsen, wo ihre weitere Ausbildung ähnlich den Embryonen intrasaccalen Ur- sprunges von statten geht. 3. Beziehungen zwischen Nuceilareinbryonie und Parthenokarpie. Die Nucellarembryonie ist wie die Apogamie meistens mit Parthenokarpie verknüpft. Sowohl bei autonomer Apogamie wie bei autonomer Nucellarembryonie entwickeln sich nicht nur die Embryonen und Samen ohne Bestäubung, sondern auch die Früchte. Auf die Beziehungen zwischen Parthenokarpie und Apogamie hat schon NoU (1902, S. IGO) hingewiesen und bemerkt, daß in Fällen autonomer Parthenogenesis (d. i. nach unserer Auf- fassung also autonomer ovogener Apogamie) auch Parthenokarpie vorliege, „die entweder von der Embr^^o- bzw. der Samenentwick- ung stimuliert wird (embryogene Parthenokarpie), oder aber auch selbständig neben dieser einhergelien könnte, und dann einzureihen wäre in die Erscheinungen der autonomen, sterilen Parthenokarpie". Die Frage, ob bei „somatisch j^arthenogenetischen" Pflanzen sich Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 465 die Parthenogenesis (ovogene Apogamie) mit embryogener oder mit vegetativer (autonomer) Parthenokarpie kombiniert, ob also die Frucht sich infolge korrelativer AVechselbeziehungen zu den Samen oder von diesen unabhängig ausbildet, ist nach "Win kl er zugunsten der embryogenen Parthenokarpie zu beantworten, wenn neben den samenhaltigen Früchten niemals normalgestaltete, aber samenfreie Früchte vorkommen. Bildet dagegen eine apogame Pflanze neben samenhaltigen auch taube Früchte aus, so wird man an- nehmen dürfen, daß auch die samenführenden Früchte sich autonom parthenokarp entwickelt haben. Offenbar ganz ähnliche Beziehungen wie zwischen Apogamie und Parthenokarpie existieren nun auch zwischen Nucellarembryonie und Parthenokarpie im Verhältnis von Embryo- und Samenbildung einerseits, der Fruchtbildung anderseits. Auch bei den Nucellar- embryonaten kommen autonome und induzierte Embryo- und Samenbildung, embryogene und autonome Partheno- karpie vor. Wie bei vielen parthenokarpen Pflanzen ohne keimfähige Samen gehen z. B. auch bei Caelebogyne nach den Mitteilungen Hansteins von den vielen Blüten, welche ein blühbarer Stock erzeugt, zahl- reiche zugrunde. Die Blühdauer der fruchtbildenden Blüten und ebenso die Dauer der Entwicklung ihrer Früchte sind sehr ver- schieden. In 17 Früchten, die von ihm und A. Braun während der ganzen Entwicklung kontrolliert worden waren, fand Hanstein (1877, S. 25) insgesamt 19 Samen und zwar fanden sich „deren fünf einzeln in je einem Fach von fünf Früchten, ein sechster und ein Zwillingspaar in zwei Fächern einer sechsten Frucht beieinander, eine Drillingsgruppe in einem Fach einer siebenten und zweimal Vierlinge in je einem Fache einer achten und neunten Frucht". Alle anderen Samen jener Früchte waren steril. Angefangen bei hohlen, verschrumpften Samen mit nicht mehr erkennbarem Kern- gewebe, waren alle Zwischenformen vorhanden bis zu solchen mit vollendet entwickeltem Endosperm von normaler Gestalt, bald ohne Keime, bald endlich mit einem, zwei, selbst vier Keimen. Es liegt also bei Caelebogyne iUcifoUa^ da sich ihre Fruchtbildung sowohl mit der Produktion tauber als auch Adventivembryonen führen- der Samen kombinieren kann, autonome Parthenokarpie vor. Würde C. üicifoUa ausschließlich Früchte mit keimlosen Samen ausbilden, so wäre sie nach Tischler derjenigen Gruppe der Par- thenokar23en einzuordnen, deren Samenanlagen zur Zeit der Anthese einen normalen Embryosack enthalten und während der Frucht- bildung zu progressiven Veränderungen im Gametophyten, vor allem also zu „parthenogenetischer" Endospermbildung be- fähigt sind. Ernst, Bastardierung. 30 4.66 Zwölftes Kapitel. Durcli die Bildung von Adventivembryonen aus Nucelluszellen in einem Teil der Samenanlagen wird aber mit der progressiven Veränderung im Gametophyten auch eine solche im Sporophyten verknüpft, die den tauben und nicht zur Fortpflanzung be- fähigten Samen zu einem keimfähigen Samen umgestaltet. Tischler hat (1912b) alle Fälle von Parthenokarpie, die mit irgendeiner Form der Embryoentwicklung verknüpft sind, also alle Pflanzen mit Apogamie und Nucellarembryonie aus seiner sonst so gründlichen Studie ausgeschlossen. Das ist um so auffallender, als er selber Beispiele von parthenokarpen Pflanzen mit ^progressiven Veränderungen im Sporojjhyten anführt, die zeigen, daß zwischen einzelnen der von ihm unterschiedenen Stufen der Partheno- karpie und ihrer Kombination mit Nucellarembryonie kein |)rinzi'^ieller Unterschied vorhanden sein kann. Belege dafür liefern vor allem die Ergebnisse seiner Unter- suchungen an verschiedenen Ananas -Varietäten. In ihren reifen Früchten waren nur sehr selten entwickelte Samen vorhanden. Von diesen wiederum blieb höchst unsicher, ob sie einen Embryo führen und keimfähig sind. Bei zwei dieser typisch parthenokarpen Varietäten nun fand Tischler in den Samenanlagen „allerlei in- teressante Übergänge von ZellkomiDlexen, welche jungen Embryonen glichen, zu Haaren und selbst Thyllen". Sie zeigen, wie er sagt, „daß bei ausbleibender Befruchtung nicht nur Entwicklungsvor- gänge ungestört ablaufen können, die man sich für gewöhnlich eben mit dieser eng verbunden denkt, sondern auch Neubildungen sich einfinden, für deren Gestaltung bei Vorhandensein eines Embryo keine Verwirklichungsmögiichkeit gegeben ist". Besonders schön waren diese Neubildungen bei den Sorten Ananassa sativa var. „Charlotte de Rothschild" und „Bracomorensis", in deren Embryo- säcken sie sich besonders bei fehlendem Endos|)erni mächtig ent- wickelten. Da diese Neubildungen im Embryosacke an- erkannt parthenokarper Kulturpflanzen meiner Ansicht nach für das Verständnis der Nucellarembrj^onie von fundamentaler Bedeutung sind, muß an dieser Stelle eingehender auf dieselben ein- getreten werden. Auf jüngeren Entwicklungsstadien der Früchte fand Tischler in den Embryosäcken der Samenanlagen vielfach „eine Anzahl von Zellhöckern, die Nucellarembryonen in den ersten Stadien glichen, gerade an der Stelle, an der man die Eizelle und die Synergiden erwarten durfte". Die Gefahr, diese Bildungen mit Zellen des Ei- ajDparates zu verwechseln war groß, „innnerhin aber belehrten mich die aufeinanderfolgenden Schnitte einer Serie, daß dann entweder mehr als drei solcher Gebilde vorhanden waren, oder aber, daß sich weiterhin noch an ganz anderen Stellen des Embryosackes genau die Zur Kenntnis der Nucellaiembryonie bei Angiospei'inen. 467 gleichen Sprossungen zeigten. Einige Male vermochte ich selbst daneben die Spuren der degenerierten Eizelle zu sehen." In späteren Stadien beginnen einzelne dieser plasmareichen Nucellaraus wüchse sich fadenförmig zu verlängern (vgl. Fig. 131), während gleichzeitig ihre Endzelle eigentümlich anschwillt und mehr- kernig wird. Mit diesem „Kernüberschuß" steht eine charakteris- tische Plasmaarmut dieser Zelle in merkwürdigem Kontrast. End- stadien der thyllenähnlichen Nucellars|)rossungen sind in der eben- falls Tischlers Abhandlung entnommenen Figur 132 dargestellt. Fig. 131. Niicellarsprossungen im Embryo sacke von Ananassa sativa var. Braconwrensis. 1 und 2 liaarälinliche Auswüchse mit angeschwolle- ner, plasmaarmer, aber zweikerniger Endzelle, in 2 die Anfangszellen des Fadens kollabiert; 3a und b einfache und verzweigte haarähnliche Nucellar- sprossungen aus demselben Embryosacke. Nach Tischler (1912, Taf. II, Fig. 23, 26, 28 a und k. Vergr. 1200/1). In seiner Besprechung dieser eigentümlichen Neubildungen im Embryosack der parthenokarpen Ananassorten geht Tischler vor allem auf den Vergleich mit moriDliologisch ähnlichen Bildungen wie Thyllen und Idioblasten ein und führt aus der Literatur eine lange Reihe von Pflanzen an, in deren Samenanlagen sich bei ausbleibender Bestäubung ebenfalls Teile des S23orophyten ganz oder fast normal zu entwickeln vermögen. Es handelt sich dabei zum großen Teil um die Verhältnisse bei 239.rthenokarpen Kulturpflanzen, wie Carica, Firus, Vitis- und Diosjjyros- Arten und -Formen. Für alle diese Pflanzen ist aber, wie im letzten 30* 468 Zwölftes Kapitel. den meisten Fällen wolil selir Angaben Nuc. Kapitel auseinandergesetzt worden ist, hybrider Ursprung zwar nicht immer nachgewiesen, aber in wahrscheinlich. Tischler zitiert ferner die älteren Gärtners über Fälle „täuschender Befruchtung" (Fructificatio erronea) bei zahlreichen Bastarden, deren Früchte meist schein- bar normal ausgebildet würden und neben vielen staubartig ver- trockneten Eichen und tauben Samen auch vollkominene Samen mit „einem medullosen Kern, welcher aber keinen Embryo ein- schließt", enthielten. äJ. Yür die Erklärung gerade dieser letz- ten Beisj)iele möchte Tischler die Mög- lichkeit offen lassen, „daß eine Befruch- tung doch erfolgt, der junge Embryo nur bald abgestorben und die Endosperm- bildung früh sistiert war". Kommen solche partheno- karpe Bastarde mit scheinbar „vollkom- menen Samen mit einem medullosen Kern" wirklich vor, so sind die Verhält- nisse bei den be- schriebenen A n a - n a s Varietäten sowie bei den Pflanzen mit Nucellarembryonie nur noch graduell von denselben verschieden. Die progressiven Neubildungen im Embryosacke der Ananas- arten schließen au andere progressive Entwicklungsvorgänge der dem Sjjorophyten angehörenden Teile der Samenanlage an. An das Ver- halten von Hybriden erinnert auch die gelegentliche Wuche- rung des Nucellusgewebes. Nach den Untersuchungen Tischlers ist bei gewissen Bastarden die Obliteration des Em- bryosackes von einer allmählichen Ausfüllung der entstehenden Höhlung durch wucherndes Nucellusgewebe begleitet. Ganz Ahn- liches ist auch bei nucellarembryonaten Pflanzen festgestellt worden. In seiner Beschreibung der Fortpflanzungsverhältnisse von Mangifera indica schreibt nämlich Strasburger (1878b, S. 658): „Das an den Fig. 132. Tliy llenähnliche Nucellarwuclierungen im Embryo sacke von Ananassa satlva var. BracoDio- rensis. äJ= äußeres Integument, ?J= inneres Integument, Nuc. = Nucellus. Nach Tischler (1912, Fig. 7 a imd b, S. 37. Vergr. 100/1). Embryosack grenzende Nucellargewebe hat hier, abgesehen von Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 469 der adventiven Keimbildung, die Neigung gegen den Em- bryosack vorzudringen und denselben mehr oder weniger zu verdrängen, ja manchmal bis auf den von den Adyentivanlagen eingenommenen Raum. Natürlich muß solches Nucellargewebe dann selbst wieder den wachsenden Adventivkeimen weichen." Auch bei Nothoscordon fragrans wuchert nach Ball 3^ (1916, S. 169) das Nucellusgewebe — und zwar in zwei verschiedenen Weisen — in den Embryosackhohlraum hinein. Entweder wölbt sich schon in den jugendlichen Samenanlagen das am Chalazaende gelegene nucellare Gewebe hervor und umgibt später die Embryonen mit langgestreckten, inhaltsarmen Zellen, oder es entwickeln sich in älteren Samenanlagen seitliche VorsjDrünge gleichen Ursprunges in den schon ziemlich großen Embryosackhohlraum hinein. Mit Beginn autonomer wie stimulativer Eruchtent- wicklung setzt ohne weiteres auch eine erhöhte Nahrungszufuhr zu den im Inneren des Fruchtknotens befindlichen Samenanlagen ein. Das ermöglicht die weitere Ausbildung der Integumente und wirkt als entwicklungserregender Reiz auch auf die übrigen ent- wicklungsfähigen Teile, also die Endospermanlage und die Nucellus- teile, ein. Bei Ananassa sativa werden einzelne dieser Zellen, zum Teil in ähnlicher Stellung wie die Initialen in den häufigsten Fällen der Nucellarembryonie, zu haar- und thyllenähnlichen Bildungen neben Ansätzen zu echten Nucellarembryonen in den gleichen Samenanlagen. Eine solche progressive Entwicklung ist für die weitere Fortpflanzung der betreffenden Pflanzenform ebenso völlig nutzlos wie die bloße Wucherung des Nucellusgewebes in obliterierten Embryosäcken von sterilen Bastarden. Daß nun in an- deren Fällen an Stelle nutzloser Nucelluswucherungen fortj)flanzungs- fähige Keime entstehen, ist leicht verständlich. Den Neubildungen, welche in den Embryosack, d. h. einen spezifischen Bildungsort für embryonales Gewebe hineinwachsen, kommt dort auch die spezi- fische Ernährung von Embryonen zugute und befähigt sie, sich ebenfalls zu Embryonen auszubilden. Bei der Entstehung der Adventivembryonen aus Nucellus- oder Integumentzellen handelt es sich also, um den gleichen Gedanken mit Pfeffers (I. 1897, S. 29) Worten in physiologisch einwandfreier Form auszudrücken, bloß um eine Art Knosp ung, wobei die spezifischen Bedingungen des Embryosackes, welche die Form des sexuell er- zeugten Embryos veranlassen, auch dieselbe Art der Ausbildung der adventiven Embryonen bewirken. So kommen wir also zum Schlüsse, daß die Angiospermen mit Nucellarembryonie im Verhalten ihrer Eiembryonen Anklänge an gewisse Artbastarde mit tauben oder keimungsunfähigen Samen zeigen, daß sie in verschiedener Weise mit autonomer oder stimu- 470 Zwölftes Kapitel. lativer Parthenokarpie aucli autonome oder stimulative Samen- und Keimbildung verbinden und daß Entstellung von Adventivembryonen aus Nucelluszellen in Samenanlagen von Artbastarden sehr wohl möglich ist. Einer Ausdehnung der Bastardhypothese auf die Pflan- zen mit Nucellarembryonie steht also, trotz der zurzeit noch völlig ungenügenden Erforschung von Entwicklungsgeschichte und Cyto- logie derselben, nichts im Wege. III. Zusammenfassung und Thesen. Polyembryonie ist sowohl bei amphimiktischen wie bei apo- miktischen Angiospermen nachgewiesen. Im Verhältnis zu der relativ noch kleinen Anzahl als a p o g a m bekannter Pflanzen ist die Anzahl ihrer gleichzeitig polyembryonischen Vertreter ziemlich groß. Das legt die Frage nahe, ob nicht diejenige Form habitu- eller Polyembryonie, welche in der Eegel mit dem Verlust sexuell erzeugter und entwicklungsfähiger Eiembryonen verknüpft ist, nämlich die Nucellarembryonie, mit den bereits besproche- nen apomiktischen Fortplianzungserscheinungen, der Apogamie, Aposporie, Pseudogamie und der Parthenokarpie, in genetischem Zusammenhange stehe und auf dieselben Ursachen zurückzuführen sei. Die eingehende Prüfung der Beziehungen zwischen Nucellar- embryonie und den anderen Formen der apomiktischen Fortpflan- zung führt zu folgenden Feststellungen und Überlegungen: 1. Die Entstehung der Adventivkeime aus Zellen des Nucellus oder des Integumentes erfolgt in den bis jetzt eingehender unter- suchten Fällen der Nucellarembryonie in verschiedener Abhängig- keit von den Vorgängen der Bestäubung, der Befruchtung und der Entwicklung eines Eiembryos. Bei Citrus Aurantium sind zur Frucht-, Samen- und Embryobildung sicher, für Funida ovata, Opuntia vulgaris und Eupliorhia dulcis sehr wahrscheinlich vom Pollen ausgehende Reize notwendig, sie erfolgen nicht autonom, sondern induziert oder stimulativ. Bei Nothoscordon fragraus ist partiell stimulative Frucht- und Samenbildung mit autonomer Bildung von Nucellar- embryonen kombiniert, und Caelcbogyiie ilicifoUa ist zu autonomer Frucht- und Samenbildung mit oder ohne Verbindung mit autonomer Embryobildung, also zur Bildung von tauben wie von keimhaltigen Samen befähigt. 2. Eindeutige Beziehungen zwischen Entstehungsort der Adven- tivembryonen und den Vorgängen der Befruchtung und ovogener Embryobildung sind zurzeit noch nicht sicher nachgewiesen. Immer- hin ist wahrscheinlich, daß stimulative Nucellarembryonie die Entwicklung von Adventivembryonen in der Umgebung des Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 471 Eiapparates, dem Orte der unmittelbarsten Reizwirkung, begün- stigt. Geringere Abhängigkeit von den Entwicklung auslösenden Reizen läßt Embryonen auch in größeren Abständen vom Eiapparat auftreten und bei autonomer Nucellarembryonie ist Befähigung zur Embryobildung aus irgendwelchen Nucelluszellen an der Ober- fläche des Embryosackes zu erwarten. 3. In unmittelbarer Umgebung des Eiapparates wird die Ent- stehung von Adventivembryonen durch unregelmäßige Ge- webewucherungen und Bildung von Proembryoträgern eingeleitet, an deren Oberfläche erst die eigentlichen Embryonen entstehen. Isoliert verschiedenen Stellen der Embryosackoberfläche entsprossende Adventivembryonen dagegen stimmen schon nach wenigen Teilungen im weiteren Verlaufe ihrer Entwicklung mit ty]3ischen Eiembryonen in der Hau]Dtsache überein. Im einen wie im anderen Falle sind die Adventivembryonen von Eiembryonen in der Regel nur noch durch die abweichende Stellung im Inneren der Samen zu unterscheiden, 4. Für die Nucellarembryonie ist bis jetzt, wie für andere Formen des Ersatzes geschlechtlicher durch ungeschlechtliche Fort- pflanzung, allmähliche Entstehung im Verlaufe einer Schwächung der Sexualität angenommen worden. Weil zu den Nucellarembryo- naten, ähnlich wie zu den parthenokarpen Pflanzen auch eine An- zahl Kulturpflanzen gehören, wurden als Ursache der unge- wöhnlichen Fort2:)f lanzungsart wiederum Einflüsse des Stand- ortes und der Lebensweise vermutet. Die Verschiedenartigkeit des Auftretens, in einzelnen Verwandt- schaftskreisen als allgemein habituelle Fortpflanzungsart, in anderen auf einen oder wenige Vertreter beschränkt, macht die Ansicht unabweisbar, daß für alle Fälle der Nucellarembryonie zwar eine gemeinschaftliche Ursache vorhanden sein muß, diese aber kaum in den sehr verschiedenartigen äußeren Bedingungen der Herkunfts- und jetzigen Standorte zu suchen sein wird. Eine Ausdehnung der Arbeitshypothese vom hybriden Ursprung apogamer Pflanzen auf die Nucellarembryonie macht einen Vergleich der nucellarembryonaten Pflanzen mit Bastarden und den anderen apomiktischen Fortpflanzungsvorgängen notwendig, welche wir als Folgen der Hybridation aufgefaßt haben. 5. Für die Bastardnatur der nucellarembryonaten Pflanzen sprechen : a) der Umstand, daß eine ganze Anzahl derselben als alte Kulturpflanzen schon durch ihre Rassen- und Sortenvielheit auf hybriden Ursprung hindeuten und andere Pflanzen mit Polyembryonie in Verwandtschaftskreisen vorkommen, in denen Bastarde häufig oder doch wenigstens nicht selten sind. 472 Zwölftes Kapitel. b) der Umstand, daß bei den meisten nucellarembryonaten Pflanzen, ganz gleich wie bei sterilen oder semisterilen Hybriden, die Bildung des Eiembryos auf verschiedenen Stadien der Entwick- lung sistiert wird und keine oder nur selten entwicklungsfähige Keime aus Eizellen gebildet werden. 6. Cytologische Daten zur eingehenderen Vergleich ung der nu- cellarembryonaten Pflanzen mit Hybriden fehlen noch vollkommen. Bei keiner einzigen derselben sind wir über die Vorgänge der Pollenentwicklung, die Tetradenteilung der Embryosackmutterzelle und über die erste Entwicklung des Embryosackes genau orientiert. Der Verlauf der Reduktionsteilung ist unbekannt, und noch nicht festgestellt, ob wirklich die Kerne der Pollenkörner und namentlich diejenigen der Embryosäcke mit haploider Chromosomenzahl aus- gerüstet sind. Auch über das Verhältnis der Chromosomenzahl der wichtigsten nucellarembryonaten Pflanzen zu derjenigen der nächst- verwandten normal sexuellen und der Bastarde ihres Verwandt- schaftskreises liegen noch keine Angaben vor, aus welchen sich Anhaltspunkte für ihren Ursprung ergeben würden. 7. Eine ganze Anzahl von Momenten sprechen für die Existenz von Beziehungen zwischen Nucellarembryonie und den verschiedenen Formen der Apomixis, im besonderen der ovogenen Apogamie und Aposj^orie und den Erscheinungen der Parthenokarpie, und ebenso dafür, daß die hypothetische Ursache all dieser Erscheinungen, die Hybridation, auch als Ursache der Nucellarembryonie in An- spruch genommen werden darf. 8. Für die Erhaltung und Fortpflanzung einer angiospermen Pflanze sind Apogamie und Nucellarembryonie im Effekt gleich- wertig. In beiden Fällen unterbleibt vor der Bildung neuer Keime jede quantitative und qualitative Reduktion. Die Übereinstimmung im Effekt macht es auch begreiflich, daß Bildung von Nucellarem- bryonen (wie übrigens auch von Polyembryonie intrasaccalen Ur- sprunges) bei den ovoaj)Ogamen Angiospermen trotz aller anderen Unregelmäßigkeiten, welche deren Fort^Dflanzungsprozesse sonst aus- zeichnen, verhältnismäßig selten bleibt und sich Bildung extrasaccaler Adventivembryonen und ovogene Apogamie offenbar, zum Teil schon aus ernährungsphj'^siologischen Gründen, von selbst ausschließen. 9. Bei Allium odoriim liegt wahrscheinlich nicht normale Be- fruchtung von Ei-, Synergiden- und Antipodenzellen haploid- kerniger Embryosäcke, sondern induzierte Apogamie diploid- kerniger Embryosäcke, in Verbindung mit den Erscheinungen der Adventivembryonie, vor. 10. Nucellarembryonie ist eine Form der Aposporie. Bei den aposporen Hieracien geht der Embryo aus der Eizelle eines dij^loid- kernigen, apospor entstandenen Embryosackes hervor. Es ist denk- Zur Kenntnis der Nucellarembryonie bei Angiospermen. 473 bar, daß in anderen Fällen der Aposporie die Ausbildung des Em- bryosackes ähnliche Reduktionen erfährt, wie sie auch für den Em- bryosack archesporialen Ursprunges in großer Zahl bekannt sind. Nucellarembryonie erscheint als ein Endstadium der Aposporie: Statt einen aposporen Embryosack zu erzeugen, wird die zur Ent- wicklung gebrachte extrasaccale Zelle gerade zur Eizelle oder zur Initialzelle eines vegetativen Keimes. 11. Zwischen Nucellarembryonie und Parthenokarpie herrschen in bezug auf Embryo-, Samen- und Fruchtbildung dieselben Über- einstimmungen wie zwischen Apogamie und Parthenokarpie: auch bei den N u c e 1 1 a r e m b r y o n a t e n kommen autonome und induzierteEmbryo-undSamenbil dungin Kombination mit embryogener und autonomer Parthenokarpie vor, 12. Zwischen den von Tischler unterschiedenen Stufen der Parthenokarpie mit verschieden weit gehenden progressiven Än- derungen imSporophyten und der Kombination von Nucellar- embryonie mit Parthenokarpie ist kein j^i'ii^zipieller Unterschied vorhanden. Im besonderen sind die im Embryosacke parthenokarper Ananas- Varietäten festgestellten Neubildungen als eine der Nucellar- embryonie nahestehende Erscheinung aufzufassen. 13. Obliteration von Embryosäcken und Ausfüllung der entstehenden Höhlung durch wucherndes Nucellusgewebe sind bei sterilen Bastarden, bei mehreren parthenokarpen Pflanzen und ebenso bei zwei Pflanzen mit Nucellarembryonie festgestellt worden. 14. Daß in einer größeren Anzahl von Fällen an Stelle nutz- loser Wucherungen aus den in den Embryosackraum vorwachsenden Nucelluszellen fortpflanzungsfähige Keime entstehen, beruht wohl darauf, daß sie im Embryosacke spezifische Wachstums- und Ernährungsbedingungen vorfinden, welche sie zu einer Ausbildung veranlassen, die derjenigen des sexuell erzeugten Embryos ähnlich ist. 15. Das Vorkommen steriler Bastarde mit j)i'Ogressiven Ände- rungen in Gametoph^^t und Sporophyt der Samenanlagen partheno- karj) entstehender Früchte und das Vorkommen von progressiven Neubildungen im Embryosacke der hybriden Ursprunges verdächtigen Kulturrassen von Anatiassa sativa weisen darauf hin, daß auch die Entstehungvonadventiven Keimen au sNuc eil uszellen in Samenanlagen von Artbastarden sehr wohl möglich und die Bastardhypothese auch auf den Ursprung von Pflanzen mit Nucellarembryonie auszudehnen ist. 'Pi7^<^y Dreizehntes Kapitel. Ausdehnung der Bastardhypothese auf Pflanzen mit ausschließlich vegetativer Propagation. Bei den künstlich und rein vegetativ vermehrten partheno- karpen und anderen sanienlosen Kulturpflanzen stehen der direkten experimentellen Neuerzeugung wegen der Schwierigkeit, geeignete Ausgangsformen mit geschlechtlicher Fortpflanzung ausfindig zu machen, besonders große Hindernisse entgegen. Für eine Anzahl wild wachsender Angiospermen dürften diese Schwierig- keiten etwas kleiner und zugleich die Anhaltspunkte zur Auswahl der für Kreuzung zu verwendenden Arten etwas größer sein. Wie wir gesehen haben, sind bei Artbastarden alle nur wünschbaren Übergänge von normaler Fertilität zu völliger Sterili- tät vorhanden. Ebenso existieren solche Formenreihen von Apo- gamie zu normaler, geschlechtlicher Fortpflanzung einerseits, zur Sterilität andererseits. Es steht außer Frage, daß in der Natur ziem- lich häufig völlig sterile Bastarde erzeugt werden, die weder durch Befruchtung noch apogam oder parthenokarp zur Frucht- oder Samenbildung befähigt sind. Sie kommen nur in der F^-Generation vor und verschwinden ohne Nachkommen nach einer Lebensdauer, die mit derjenigen ihrer Eltern wohl übereinstimmt, sofern sie nicht vorher eine Verjüngung erfahren. In der Kultur werden eine ganze Anzahl solcher Bastarde künstlich durch Stecklinge erhalten und vermehrt. Auch in der Natur dürfte eine Erhaltung solcher Formen möglich sein. Bastarde zwischen Arten, die außer zur Samenbildung auch zu vegetativer Vermehrung befähigt sind, werden wahrscheinlich von einem oder beiden Eltern das Ver- mögen zur vegetativen Vermehrung erwerben. Die häufig fest- gestellte, im Vergleich zu ihren Eltern ganz allgemein kräftigere Entwicklung gewisser (luxurierender) Bastarde könnte sich zudem in einer stärkeren Ausbildung der ererbten vegetativen Vermehrungsorgane äußern. Solche Bastarde würden sich also durch ihre vegetative Vermehrung nicht nur lange an ihrem Entstehungsort halten, sondern sich von demselben aus auch aus- breiten und je nach dem Grade ihrer Ähnlichkeit mit den Eltern dann als sterile Standortsformen, Varietäten oder Unterarten derselben erscheinen. Bastardhypothesp und vegetative Propagation. 475 Vegetative Fortpflanzung ist bekanntlich in den verschiedensten Abteilungen des Pflanzenreiches stark verbreitet. Ihre Rolle im Gesamtentwicklungsgang der Organismen ist sehr verschieden. Nicht nur bei der Mehrzahl der Embryophyten, sondern auch bei zahlreichen Algen und Pilzen ist mit dem Wechsel von Gene- rationen oder Phasen auch ein solcher zwischen zwei sehr ver- schiedenen Fortpflanzungsakten verbunden. Die Geschlechtsgene- ration, der Gametophyt, j)fla'nzt sich geschlechtlich, d. h. durch eine ßeihe von Vorgängen fort, welche mit der Bildung männlicher und weiblicher Gameten beginnt und mit der Befruchtung, der Vereinigung zweier Gameten, endigt. Die tyj^ische Fortpflanzungs- form der aus einer befruchteten Eizelle hervorgehenden ungeschlecht- lichen Generation, des Sporophyten, ist die Bildung von Sporen durch Tetradenteilung von Sporenmutterzellen. Außer Befruch- tung und Tetradenteilung sind im Entwicklungszyklus der meisten Pflanzen noch andere Fortpflanzungsvorgänge möglich ^). Zur Beur- teilung ihrer Bedeutung ist die Feststellung wichtig, welche Gene- ration oder Phase sich fortpflanzt und welche Generation oder Phase aus den erzeugten Keimen hervorgeht. Am häufigsten sind solche Vermehrungsvorgänge, durch welche Individuen einer Generation wiederum ihresgleichen, seltener Individuen der anderen Generation erzeugen. Alle diese Nebenformen der Fortpflanzung nun, in denen eine bestimmte Generation Abkömmlinge erzeugt, die ihr selbst ähnlich sind, können wir, Juel folgend, als Propagation be- zeichnen. Sie erfolgt bei niederen Pflanzen durch Conidien- bildung, Erzeugung von Schwärmsporen, Endosporen, Aki- neten. Besonders häufig sind die Vorgänge der Sproßablösung, in einfachster Form durch Freiwerden ausgewachsener Sj^rosse in- folge Fragmentation des Thallus, in höchster Form in der Bildung von metamorj^hosierten Brutknospen bestehend. Bei den Angio- spermen dienen denselben Zwecken Zwiebeln, Brutkörper, ßhi- zome, Knollen, Ausläufer usw. Bei den Thallophyten, Moosen und Pterido]Dhyten ist Proj)agation von Gametophyten und Proj^a- gation von Sporoj^hyten möglich. Bei den normal sexuellen Gymno- spermen und Angiospermen ist sie auf den Sporophyten beschränkt. Bei vielen Pflanzen fügt sich die Propagation in den antithe- tischen Generationswechsel ein, bei anderen dagegen ist sie die einzige Fortpflanzungsform und die sich propagierende ^) Stellung und Bedeutung der verschiedenen Fortpflanzungsarten im Gene- rations- und Phasenweclisel der Pflanzen sind in neuester Zeit von Buder (1916) und Renner (1916) kritisch besprochen worden. Ihre Arbeiten sind mir erst nach Abschluß dieser Studie zugekommen. Um ihren Umfang nicht noch \\ eiter zu ver- mehren, habe ich davon abgesehen, in diesem wie in anderen Abschnitten mich mit den Ausfühi-ungen der beiden Autoren, denen ich in vielem beipflichte, auseinander zu setzen. 476 Dreizehntes Kapitel. Generation die einzig existierende. Eine andere wird nicht mehr entwickelt oder ist wenigstens nicht mehr funktionsfähig. Pflanzen mit ausschließlich vegetativerPropagation sind in allen Abteilungen des Pflanzenreiches häufig. Unter Apomixis hatte Wink 1er (19ü8) den Ersatz der ge- schlechtlichen Fortpflanzung durch einen anderen unge- schlechtlichen Vermehrungsprozeß verstanden, worunter er auch die eben genannten Formen vegetativer Propagation einbe- zog. Hartmann (1909) hat vom Standjiunkt des Zoologen aus eine Einengung des Begriffes vorgesehlagen und AjDomixis definiert als „den vollen Verlust der Befruchtung und die Fortpflanzung eines Geschlechtsindividuunis (Gamont, Gametophyt) durch Zellen ohne Zell- und Kernverschmelzung". Den Einbezug der vegetativen Propagation lehnt er ab, weil diese nichts mit einer echten Keimzellverschmel- zung zu tun habe, während es sich bei apomiktischer Fortpflanzung um eine ursprünglich geschlechtliche Fortpflanzung handle. Die Hypothese vom hybriden Ursprung der apomiktischen Pflanzen ist sehr wohl mit dem weiteren Begriff der Apomixis im Sinne Winklers vereinbar. Nicht nur der Verlust der Befruchtungs- fähigkeit und der Fortpflanzung des Geschlechtsindividuums durch Einzelzellen, sondern auch der völlige Verlust der durch den Wechsel von Befruchtung und Tetradenteilung cha- rakterisierten Fortpflanzung, bei höheren Pflanzen also das Fehlen jeder Form der Samenbildung, sind als Folge derselben Ursache sehr wohl denkbar. Im folgenden soll also geprüft werden, was für die Ausdehnung unserer Hypothese auf die unter den Winkler sehen Begriff der Apomixis gerechneten Fälle ausschließlich vegetativerPro- pagation spricht, ob für einzelne der sich ausschließlich unge- schlechtlich fortpflanzenden Gewächse hybrider Ursprung noch nach- weisbar ist und ob sich ähnliche Formen auch jetzt noch durch Artkreuzung erzeugen ließen. Auch hier würde eine Sichtung und Besprechung des ganzen vorliegenden Tatsachenmateriales viel zu weit führen. Nur andeutungsweise seien einige wenige Gruppen von Pflanzen mit rein vegetativer Propagation genannt, welche auf die Möglichkeit hybriden Ursprunges ihrer Formen zu untersuchen sind. A. Die Möglichkeit des hybriden Ursi^runges steriler, Bulbillen tragender Angiosj)ermen. Eine erste Gruppe von Pflanzen, welche auf hybriden Ursprung zu untersuchen sein werden, sind die zahlreichen Angiospermen mit gänzlich fehlender, spärlicher und seltener Frucht- und Samen- bildung, welche sich aber reichlich durch vegetative Organe, Bul- Bastardliypothese und vegetative Propagation. 477 billen, Zwiebelchen, Knöllchen usw. vermehren. Eine ganze Anzahl solcher Pflanzen sind schon vielfach beschrieben worden. Als häufigste Form des sog. Lebendiggebärens führt A. Braun (1859, S. 177) das Auftreten von vegetativen Knospen, abfallenden Bulbillen oder auch wurzelschlagender Laubsprosse an, welche an Stelle oder in der Nähe der Blütenanlagen entstehen, durch ihre Entwicklung die Blütenbildung zuweilen ganz verdrängen, in anderen Fällen deren Fruchtbarkeit beeinträchtigen oder ganz verhindern, so daß die Fortpflanzung durch diese Brutknospen allein geschieht. Nach dem Bildungsort der zwiebelartigen Brutknospen (Bulbillen) stellt er die bekannteren Fälle in folgende Kategorien zusammen : a) Bulbillen, die Stelle der Blüten selbst vertretend, mit Blüten untermischt und dieselben zuweilen ganz verdrängend : Polygonum viviparum L. und hulbiferum Boyle. Allium vineale (Bulbillenbildung oft bis zur gänzlichen Ver- drängung der Blüten). Gagea Liotardi und seltener auch O. arvensis. b) Bulbillen, den Blüten vorausgehend oder zum Teil auch noch als akzessorische Knospenbildung in denselben Blattachseln mit den Blüten : Lilium bulbifermu L., L. Hgrinum GaivL, L. lancifolium Thunh. Gagea bulbifera Sclmlt. De?ita?ia bulbifera L. Saxifraga bulbifera und cernua L. Oicuia bulbifera usw. c) Bulbillen treten als akzessorische Knospen in den Achseln der Deckblätter von Blüten und Blütenstandszweigen auf und ver- eiteln häufig durch ihre Entwicklung die Frucht- und Samenbildung: Lilümi, Dioscorea, Agave, Fourcroya. Beziehungen zwischen vegetativer Propagation und Beeinträch- tigung oder völligem Ausfall der normalen Samenbildung sind hier schon angedeutet. Sie sind auch später mehrfach ange- nommen, allerdings nicht ohne einschränkende Vorbehalte vorsich- tiger Beobachter. So schreibt Darwin (1868,11. S. 229) : „Mehrere ausgezeichnete Botaniker und gute praktische Beurteiler glauben, daß lange fortgesetzte Fortpflanzung durch Senker, Ausläufer, Knollen, Zwiebeln usw., und zwar unabhängig von irgendwelcher exzessiven Entwicklung dieser Teile die Ursache davon ist, daß viele Pflanzen keine Blüten produzieren, und daß andere keine fruchtbaren Blüten produzieren, es ist, als hätten sie die Gewohnheit einer ge- schlechtlichen Zeugung verloren. Daß viele Pflanzen steril sind. 478 Dreizehntes Kapitel. wenn sie auf diese Weise fortgepflanzt werden, läßt sicli nicht be- zweifeln; ob aber die lange Fortdauer dieser Fortpflan- zungsform die wirkliche Ursache ihrer Sterilität ist, dar- über will ich wegen des Mangels hinreichender Beweise keine Meinung auszusprechen wagen". Auch de Bary (1878, S. 484) wies darauf hin, daß mit den als gänzlich samenlos bekannten kultivierten Scitamineen und Dios- coreen auch selten samenbildende Formen wie Ficaria, Dentnria Indhifera und die Allium- Axieu mit zwiebeltragenden Infloreszenzen zum Teil völligen Verlust resj). Funktionsunfähigkeit der beiderlei Sexualorgane, oder doch zum mindesten der männlichen erfahren hätten. „Von den meisten aber bedürfen die Geschlechtsverhältnisse einer genaueren Untersuchung und sind auch die kausalen Beziehungen zwischen der reichlichen Sproß- bildung und dem Fehlschlagen der Samen eingehender zu studieren". Außer den schon von Braun und de Bary genannten wären noch eine große Anzahl anderer Monokotyledonen und Dikotyle- donen mit ähnlichen Fortjoflanzungsverhältnissen aufzuzählen (vgl. z. B. Hunger, 1887, S. 4 und Nakano, 1910, S. 4). Vegetative Vermehrung durch Wurzelbrut und Brutknöllchen ist nach Hegi (II. S. 206) bei sämtlichen (lagea- Arten stark ausgebildet. „Sowohl an der Basis der grundständigen Laubblätter wie am Grunde des Blütenstandes finden sich oft ganze Häufchen von Brutzwiebelchen vor, die gelegentlich bereits am Stengel kleine Blätter erzeugen". Bei Gagea fishdosa rar. fragifera können die Blüten überhaupt völlig fehlen. Der Blütenstand wird (vgl. Kirchner, Low und Schröter, I. 3, S. 342) durch ein dichtgedrängtes Köpfchen aus kleinen Brutzwiebelchen von rötlicher Farbe ersetzt, das wie eine Erdbeere zwischen den Hochblättern sitzt und einer sehr aus- giebigen vegetativen Vermehrung dient. Von Dikotyledonen zeigen außer Cardamine bidbiferum auch verschiedene Saxifraga- Arten^ wie *S'. cernita, invalis und siellaris ein Vorwiegen der vegetativen Ver- mehrung über die geschlechtliche Reproduktion, und bei Polygonum viviparum f. bidbiferum finden sich im unteren Teile der Blütenähre zahlreiche Bulbillen, die nicht selten schon an der Mutterpflanze zu kleinen Pflänzchen auswachsen. Selbstverständlich soll in keiner Weise bestritten werden, daß reichliche vegetative Vermehrung durch Ausläufer, unter- irdische Zwiebeln, Rhizome, Knollen usw. sehr wohl neben reichlicher Fruktifikation bestehen kann. Ungeschlechtliche Vermehrung einer höheren Pflanze an sich braucht also weder einen Geschlechtsverlust noch einen hybriden Ursprung zu bedeuten. Für unsere Fragestellung kommt wohl nur ein Teil derjenigen Fälle näher in Betracht, wo ungeschlechtliche Organe, also z. B. Bastardhypothese und vegetative Propagation. 479 Bulbillen, direkt in den Blütenständen neben oder an Stelle von Blüten vorkommen, oder bei ausbleibender Frucht- und Samenbildung in den Achseln vegetativer Blätter auftreten. Bei Annahme hj'-briden Ursprunges solcher Formen ist sehr wohl denk- bar, daß gerade infolge ihrer Unfähigkeit zur normalen Durch- führung der Frucht- und Samenbildung eine Anhäufung von Bau- stoffen erfolgt, die eine stärkere Entwicklung von Achselknospen an vegetativen Teilen oder innerhalb der Blütenregion möglich macht und bei einjährigen Pflanzen oder einjährigen Organen zur Loslösung und selbständigen Weiterentwicklung dieser Teile führt. Auch die Pflanzen mit der eben beschriebenen Anord- nung und Ausbildung von Vermehrungsorganen brauchen nicht durchaus alle hybriden Ursprunges zu sein. So zeichnet sich Saxi- fraga gnumlata vor den meisten anderen Arten ihrer Gattung durch reiche und leichte vegetative Vermehrung aus, weist aber nach der eingehenden Untersuchung von Juel (1907) eine völlig normale ge- schlechtliche Fortpflanzung auf. Auch bei Ranuncidus Ficar'ia ist neben vegetativer Vermehrung durch Knöllchen nach den Fest- stellungen von Kindler (1914) eine unter verschiedenen äußeren Bedingungen verschieden starke, im allgemeinen aber doch spärliche Samenbildung möglich^). Einen hybriden Ursprung der beiden letztgenannten Pflanzen anzunehmen, liegt wohl zunächst keine Ursache vor. Dagegen sind unter den Pflanzen mit vorwiegend oder ausschließlich vegetativer ProiDagation andere vorhanden, für deren hybriden Ursprung sich schon mehr Gründe anführen lassen. Im Nachfolgenden wird nur auf einige wenige Beis|)iele näher eingetreten. Wahrscheinlich werden sich andere, vielleicht ebenso günstige oder noch vorteilhaftere leicht finden lassen. 1. Lilium bulbiferum. Die Formen der Lilium bulbiferum-Grnip'pe sind nach Fockes (1890) zahlreichen Versuchen bei Bestäubung mit eigenem Pollen fast immer vollständig unfruchtbar. Nach seiner Angabe sollen alle Exemplare eines Standortes auch während mehrjähriger Kultur und Heranzucht in verschiedenen Böden bei gegenseitiger Be- ^) Nach Beobachtungen von J. Beuget (vgl. Kirchner, Loew und Schröter, 1. 3, S. 342) soll Gagea fistulosa an ihren normalen Standorten in ca. 2000 m Höhe gut entwickelte Blüten bilden. In eine Höhe von nur 280 m versetzt, produ- zierte sie im ersten Jahre gar keine Blüten, sondern nur Brutzwiebelchen. Bei 2000 — 2600 m Höhe wurden Übergangsformen von der normalblühenden zu einer kleinen Form gefunden, die nur noch zwei schmale grundständige Blätter hatte und Häufchen von Brutzwiebelchen an deren Grunde aufwies. Auch diese Befunde würden, bei aller Unvollständigkeit, ähnlich denjenigen von Kindler für Ranunculus Ficaria, für die Möglichkeit der Beeinflussung des Verhältnisses von Samenbildung und vegetativer Propagation bei einzelnen Pflanzen sprechen. 480 Dreizehntes^Kapitel. stäubung keine Frucht ansetzen, sofern sie Nachkommen der- selben Samenpflanze sind. Bei seiner Untersuchung erwiesen sich acht L. bidbiferum-Form.en verschiedener Herkunft unterein- ander gekreuzt vollkommen fruchtbar, während mit eigenem Pollen bestäubt nur eine einzige derselben hie und da eine unvoU- Fig. 133. Kern- und Zellteilungen in den Pollenrautterzellen von Hemerocallis fidva. a Diasterstadium mit einem am Äquator zurück- gebliebenen unvollständig gespaltenen Chromosom, b Tochterkerne der ersten Teilung mit einem kleinen, ein Doppelchromosom enthaltenden Kern neben der Zellplatte, c zwei größere und ein kleiner Kern, von einer Y förmig gespaltenen Zellplatte getrennt, d und e Stadien aus dem Verlauf der zvreiten Teilung, in c^ 2 kleine, aus je einem Tochterchromosom ent- standene Kerne, symmetrisch zur Zellplatte gelagert, e Enkelkerne und Sonderkerne aus dem zweiten Teilungsschritt mit angelegten Zellplatten. Nach Juel (1897, Taf. 6, Fig. 6—8; Taf. 7, Fig. 11, Taf. 8, Fig. 31). kommene Frucht erzeugte. Seine Erfahrungen machen es ihm wahr- scheinlich, daß a) alle durch vegetative Sproßung aus demselben Sämling her- vorgegangenen Pflanzen (Pflanzen der nämlichen „Paar-Kerubrut", d. h. vegetativ erzeugte Nachkommen aus derselben Z^^gote) unter- einander zur Fruchtbildung unfähig sind, b) die Feuerlilien durch jeden Pollen, der von einem anderen Sämling desselben Formenkreises stammt, vollkommen befruchtet werden können. Bastardhypothese und vegetative Propagation. 481 Ganz ähnlich verhalten sich Hemerocallis flava und wahrschein- lich auch die übrigen Arten dieser Gattung (siehe Kirchner, Loew und Schröter, Liliaceae, I. 3, S. 324), von denen einzelne, wie H. fulra (vgl. Fig. 133), sich durch starke Unregelmäßigkeiten in der Pollen bildung den hybriden Formen nähern. Da auch die von Focke hervorgehobene Selbststerilität der bulbillen- tragenden LiHwm-Formen an die Selbststerilität vieler Ba- starde erinnert, ist die Annahme eines hybriden Ursprunges ein- zelner dieser Formen recht naheliegend. Neuere Untersuchungen von Heinrich er, die allerdings von ganz anderen Gesichtspunkten aus unternommen worden sind, haben zwar für diese Annahme keine weiteren Anhaltspunkte geliefert, ja scheinen derselben, wenigstens teilweise, entgegenzustehen. Heinrich er (1911) hat durch mehrfache Untersuchungen und vieljährige Kulturen die Unterschiede zwischen Lilium hulbiferum L. und Lilium croceum Chaix, sowie die Geschlechtsverhältnisse dieser Lilien (Androdiözie und Andromonözie) studiert. Er hat gefunden, daß die Ernährungsverhältnisse das Geschlecht der Blüten bestimmen und männliche Blüten als Hemmungsbildungen aufzufassen sind, die bei Mangel an Baustoffen entstehen. Er kam ferner zu den Feststellungen, daß die Neigung, Bulbillen zu bilden, beiden „Arten", ihren einzelnen Individuen aber in sehr ver- schiedenem Grade zukommt, daß Bulbillen auch an einem und dem- selben Individuum in einem Jahre fehlen, im anderen vorhanden sein können und daß schließlich auch die Bulbillenbildung teilweise von dem Ernährungszustand abhängt. Zwischen Blüten- und Bul- billenbildung walten nach ihm korrelative Verhältnisse ob. Förde- rung der einen hat eine Hemmung der anderen zur Folge. Immer- hin gibt er wenigstens eine teilweise Unabhängigkeit der beiden' Fortpflanzungsformen voneinander zu. „Im allgemeinen scheint sich ferner bei der Deszendenz der Bulbillenpflanzen auch eine größere Neigung zur Bulbillenbildung zu äußern als an der Des- zendenz der Sämlingspflanzen." Bei der aus Samen erzogenen Nachkommenschaft setzt die Bul- billenbildung erst nach dem Blühen ein. Die aus Bulbillen er- wachsenen Pflanzen aber beginnen schon vor dem Blühen mit der Ausbildung der Bulbillen, und damit in Korrelation dürfte die geringere Anzahl der von ihnen produzierten Blüten überhau23t sein. Diese Ergebnisse Heinrichers stehen mit den aus den älteren Wahrnehmungen Fockes ableitbaren Schlüssen in einigem Gegen- satz. Anderseits würde die Auffassung Sturms (1910, S. 12) über das genetische Verhältnis von L. hulhifenim und L. croceum wiederum für unsere Ansichten sprechen. Unter Berücksichtigung der in den neueren Arbeiten Heinrichers (1911, 1914) niedergelegten Resultate Ernst, Bastardieriinff. .31 482 Dreizehntes Kapitel. kann man dieselben etwa daliin modifizieren, daß im Gegensatz zu den früheren Anschauungen wohl nicht L. hulbiferum^ sondern L. croceum als ursprüngliche Hau23tart zu betrachten ist. Aus den achselständigen Knospen der Laubblätter entstanden Bul- billen, zunächst vielleicht an steril bleibenden Sprossen, an steril gebliebenen Blütensprossen nach der Befruchtung, bei gut ernährten kräftigen Pflanzen zum Teil auch gleichzeitig mit der Blütenbildung. Bei einzelnen Pflanzen blieb die Neuerwerbung vorübergehender Natur, bei anderen wurde sie erblich fixiert und die Bulbillen- bildung schon vor die Blüten- bildung verlegt. Das erstere ist nunmehr in der Hauptsache bei L. croceum^ letzteres bei L. hulhiferiim der Fall. Für beide ist aber die Möglichkeit denkbar, daß durch Kreuzungen blütensterile metrokline oder patrokline Formen geschaffen worden sind oder geschaffen werden könnten, die sich ausschließlich durch Bul- billen vermehren. Die Möglichkeit wäre aller- dings auch vorhanden, daß die Bulbillenbildung sich in der Aszendenz spontan ergeben hätte und alle nicht nur ge- legentlich oder erst nach der Blütezeit Bulbillen erzeugen- den Formen Bastarde wären. Daß Bastarde in diesem Ver- wandtschaftskreis sehr häufig sind, geht aus den Mitteilungen von Heinricher (1914, S. 1199) hervor, der im Anschluß an Ausführungen über die Kultur der beiden Lüium-Arten als Zierpflanzen bemerkt: „Dadurch kommen zahlreiche Bastardierungen zustande und diese ergeben dann in der Tat Übergangsstufen. Außerdem sind daraus vielfach Gartenflücht- linge hervorgegangen, die in den Floren dann bald als L. hulhiferam., bald als L. croceum aufgenommen erscheinen". Auch in der Lebensgeschichte der europäischen Blütenpflanzen wird von Loew und Kirchner (I, 3. Liefg. 17. 1913, S. 507) auf Hybridisation in der Aszendenz dieser Lilien und deren Bedeutung für die Sterilität ihrer Formen hingewiesen. Fig 134. Bulbillontragende Silmlings- pflanze von Liiium croceum. Cliaix. Aus Heinricher (1911, Fig. 1). Bastardhypotliese und vegetative Propagation. 483 Sie sind der Ansicht, daß „bei L. hulhiferum und L. croceum sowie bei anderen verwandten Formen die Selbststerilität der verwildert auftretenden Individuen die Folge zu naher Blutsverwandtschaft und andauernder Vermehrung auf vegetativem Wege ist. Dabei ist der ökologische Umstand von größter Bedeutung, daß diese Wildformen mit ausländischen, unter sich ebenfalls nahe verwandten Arten gekreuzt sind, die unter fremdartigen Lebensbedingungen einer längeren Kultur ausgesetzt waren; ihre oft aus einem und demselben Mutterstock entstammenden Abkömmlinge vermochten in bestimmter Gegend nur als sterile S23roßindividuen sich auszubreiten und zu erhalten". Der Habitus dieser Lilien brauchte sich, auch unter Annahme von Bastardierungen in der Aszendenz steriler bulbillen- tragender Formen, nicht stark geändert zu haben. Hein- richer (1914) gibt an, daß ein von ihm gezogener Bastard zwischen einer nicht näher bestimmbaren, aber L. ^i^ri^wm nahestehenden, völlig bulbillenfreien Form 9 i^^it L. croceum (5 in mehreren Individuen der Fj-Generation dem Vater sehr ähnlich war. Es lieferte diese Kreuzung also einen 23atroklinen Bastard, „der ohne Kenntnis der Verhältnisse leicht mit diesem verwechselt werden konnte", sich von demselben aber durch die absolute Bul- billenlosigkeit scharf unterschied. Hab sich bei dieser Kreuzung das Merkmal der Bulbillenbildung gewissermaßen rezessiv verhalten, so wäre möglich, daß bei anderen, vielleicht schon bei der umgekehrten Kreuzung, ein entgegengesetztes Resultat zu erhalten wäre und daß aus einzelnen Kreuzungen innerhalb dieses Verwandt- schaftskreises auch sterile, sich ausschließlich durch Bul- billen vermehrende patromorphe und metroraorphe Ba- starde hervorgehen könnten^). 2. Bulbillentragende Agaven. Eine weitere Gruppe von Angiospermen, innerhalb welcher vielleicht mit Erfolg die Feststellung von Beziehungen zwischen Bastardierung, Blütensterilität und vegetativer Propa- gation begonnen werden könnte, sind die Agaven. Über deren ^) Für diese Möglichkeit sprechen auch durchaus zwei von Focke (1881, S. 526) angeführte Fälle von Pseudogamie bei Liliaceen. Er erwähnt, daß Lilium superbuni Lmn. von Fr. P a r k m a n mit Pollen von acht anderen Arten bestäubt wurde, nachdem die Blüten schon in der Knospe kastriert worden waren. Es entstanden normal ausgebildete Früchte, in welchen keimfähige Samen in größerer oder geringer Zahl vorhanden waren. Aus diesen Samen wurde wieder reines L. superbum Lam. erhalten. Im zweiten der angeführten Fälle ergab Hymenocallis amoena Hrht. rar. princeps Ilrbt. nach Kastrierung und Bestäubung mit fremdem Pollen nur unvollkommene Samen. Aus diesen gingen indessen doch 4 ganz gleichförmige Pflanzen hervor. Habituell wichen sie von der Mutter- pflanze ab und „vermehrten sich durch Brut". 31* 434 Dreizehntes Kapitel. Fortpflanzungsverliältnisse hat erst letzthin Berg er (1915) in seiner ausführlichen Monographie der Agaven auf Grund der fast zwanzig- jährigen Studien berichtet, die er an der größten europäischen Sammlung lebender Agaven, in dem berühmten Hanbury 'sehen Garten in La Mortola bei Ventimiglia, vorgenommen hat. Aus dem einleitenden Kapitel seiner Monographie geht hervor, daß die Fähigkeit zur vegetativen Vermehrung durch Bulbillen in dieser formenreichen Gattung sehr stark verbreitet ist und daß deren Be- ziehungen zur sexuellen Fortj)flanzung und zur Samenbildung dabei außerordentlich verschieden sein können. Eine ganze Anzahl Arten der Reihe Bigidae Berger, z. B. A. miradorensis Jacohi, A. Franceschiana Trelease, sowie die in den tropischen Ländern der alten Welt, z. B. Java, Philippinen, reichlich verwilderte A. Cantala Roxi». (= Fourcroya Cantala Voigt) erzeugen in ihren Rispen regelmäßig Brutpfiänzchen. Sie sind nach den Feststellungen Bergers ausschließlich vivipar, setzen überhaupt keine Kapseln an oder bringen sie doch nie zur Reife. Unmittelbar während der Anthese entstehen bei diesen Arten neben den Blüten Bulbillen, oft in überraschend großer Menge. Bei Eufurcraea haben diese Bulbillen meist rich- tige Zwiebelform, bei der Sektion Roezlia wachsen sie aber bald zu BrutjDflänzchen aus, die bereits einige Würzelchen besitzen, wenn sie vom Winde abgeschüttelt werden und auf den Boden fallen. Schwächliche Eufurcraeen bilden nach der Beobachtung von Berger oft überhaupt keine Blüten, sondern nur noch Bul- billen aus. Einige andere Agaven, z. B. Agave Bergeri^ A. angusüfolia usw. sind nicht immer, und nicht immer in gleichem Maße vivipar. Sie bringen oft nur Kapseln und dann wieder neben Kapseln auch Brutpfiänzchen hervor. Dasselbe ist bei A. vivipar a L., A. Cocui Trelease der Fall, bei welchen ebenfalls reife Kapseln und daneben reichlich Brutpfiänzchen festgestellt worden sind. Berger hat ferner gefunden, daß auch an sonst nicht viviparen Agaven durch Verletzung des Blütenstandes Brutpfiänzchen entstehen, wie man das öfters an A. americana beobachtet. Gelegentlich eines kalten Winters wurden in La Mortola die jungen Blütenstände von A. marmorata und A. Willdingii durch Frost beschädigt. In beiden Fällen erzeugten sie im darauffolgenden Sominer eine ganze Menge von Brutpfiänz- chen. Ausnahmsweise sollen sich auch an den gewöhnlich nie vivi- paren und an gänzlich unverletzten Agaven Brutpfiänzchen im Blütenstand vorfinden. Berger hat das z. B. bei A. Salmiana und bei A. Ghieshrechtii beobachtet. In solchen Fällen müssen also wohl unbekannte äußere oder innere Einflüsse als Ursache der Bul- billenbildung angenommen werden. Bastardliypothese und vegetative Piopagation. 485 Aus diesen Beobachtungen Bergers kann man schließen, daß die Fähigkeit zur Brutkörperbildung innerhalb der Gattung Agave sehr verbreitet ist. Bei vielen Formen scheint Brut- körperbildung die einzige Vermehrungsart zu sein; bei anderen ist sie neben Samenbiidung möglich. Bei einer Anzahl von Formen ist die Fähigkeit zur Brutkörperbildung ebenfalls vorhanden, tritt dagegen erst bei besonde- ren äußeren Ein- wirkungen als %^: Ersatz der sexuellen Fruktifikation in Funktion. Hinsichtlich derFruktifika- t i o n verhalten sich nun die Agaven verschie- den. Berger hat in La Mortola gefunden , daß viele Agaven, so- wohl solche mit rispigem wie sol- che mit zjdin- drischem Blüten- stand, keine Früchte ansetzen. Sie sind dann, so- fern sie keine Bul- billen erzeugen, wie z. B. A. calo- clonta, A. Watsoni, A. littaeoides usw. für die Kultur verloren. Es muß nach Berger für diese Formen da- hingestellt blei- ben, ob sie völlig steril, oder nur selbststeril sind und ob sie bei Bestäubung mit Blüten anderer Individuen Frucht ansetzen würden. Nach den Erfahrungen Fockes mit Sippen von Lilium bulbiferum wäre diese Möglichkeit allerdings nicht auszuschließen, immerhin hat Berger bei anderen Formen festgestellt, daß sie Fig. 135. Fourcroya cuhensis Jacq. mit Blüten st and gegen Schluß der Anthese. Botan. Garten zu Buitenzorg, Java. 10. Jan. 1906. 486 Dreizehntes Kapitel. reichlich Kapseln ansetzen, wenn die Bestäubung von Ast zu Ast ausgeführt wird. Eine kleine Untersuchung, die ich im Februar 1906 im botanischen Garten zu Buitenzorg auf Java an einer als Fourcroya cnhensis Jacq. angeschriebenen schönen Pflanze ausführen konnte, spricht ebenfalls für völlige Selbststerilität, wenn nicht für absolute Sterilität der reichlich bulbillentragenden Form. Das betreffende Exemplar (vgl. Fig. 135) erzeugte während meines Aufent- haltes in Buitenzorg einen mächtigen terminalen Blü- tenstand, dessen Blütenzahl nach teilweiser Zählung auf insgesamt 40 000 geschätzt wurde. An der Basis des riesi- gen Blattschoj)fes waren zur gleichen Zeit fünf kleinere Blütenstände von Achsel- s|)rossen vorhanden. Drei der- selben trugen je etwa 2000, zwei ca. 500 Blüten. An diesen akzessorischen Blü- tenständen wurden Bestäu- bungs- und Befruchtungs- versuche vorgenommen. An einem derselben wurden vom 9. bis 14. Februar insgesamt 96 Blüten, an einem zweiten 15 Blüten bestäubt. Um festzustellen, ob die früh- zeitige und starke Entwick- lung der Bulbillen diejenige der Blüten hindere und eventuell auch Fruchtknoten mit befruchteten Samenan- lagen infolge mangelhafter Ernährung abfallen könnten, wurden an mehreren Zweigen eines dritten Blütenstandes die schon offenen Blüten sowie die sämtlichen Bulbillen und Anlagen zu solchen herausgebrochen. An den folgenden Tagen wurden sodann insgesamt 87 sich neu öffnende Blüten mit Pollen aus Blüten eines anderen Stockausschlages und eines Astes der terminalen Infloreszenz derselben Pflanze bestäubt. An allen drei Blütenständen zeigten aber die bestäubten Blüten in der Regel schon am zweiten Tage nach der Bestäubung Schrumpfung der Narbe und der anschließenden Grriffelpartie. Nach fünf Tagen fingen Fig. 136. Junge Samenanlage von Fourcroya ciibensis Jacq. Äußeres und inneres Integument am Nueellus emporwachsend, im Nucellus die langgestreckte Embryosackmutter- zelle, Plasma kontrahiert. Kern median gelagert. Vergr. 580/1. Bastardhypothese und vegetative Propagation. 487 die meisten Fruchtknoten an einzutrocknen und zu schrumjjfen. Nur eine kleinere Anzahl derselben schwoll leicht an, wurde aber später ebenfalls abgeworfen. An allen fünf seitlichen Blütenständen und ebenso an dem terminalen Blütenstand reifte keine einzige Frucht, dagegen bildete sich eine Unzahl von Bulbillen-Pllänzchen, die noch an der Mutterpflanze Längen bis 1 dm erreichten. Für die Fähigkeit fertiler Agaven zur Kreuzung und damit in- direkt für die Möglichkeit von Bastardierungen in der Aszendenz der jetzigen konstant sterilen Formen sprechen verschiedene Be- obachtungen. Nach Berger kommt besonders bei Arten mit zylindrischen Blütenständen häufig Bestäubung durch Insektenbe- such vor. Er führt auch an, daß künstliche Bestäubungen an mehreren Orten, so namentlich in Lyon, vorgenommen wurden, daß Kreuzungen in La Mortola nicht selten spontan vor- kämen und sich daher annehmen lasse, daß die Ent- stehung natürlicher Hybriden auch in der Heimat nicht ausgeschlossen sei. Cytologische Untersuchungen, welche durch Feststellung der Chromosomenzahlen, des Verlaufes der Pollen- und Embryosackent- wicklung weitere Anlialts23unkte zur Vergleichung der sterilen und bulbillenbildenden Formen mit Bastarden bieten könnten, sind leider an den Agaven noch fast gar nicht ausgeführt. Aus der Liste Tischlers (1915, S. 202) geht hervor, daß nach Schaffner die haploide Chromosomenzahl von A. virginica 12 beträgt, während Cl. Müller für A. americana „sehr viele" Chromosomen angibt. Es wäre wahrscheinlich eine dankbare Aufgabe, an Materi- alien aus einem der großen botanischen Gärten oder der Parkan- lagen südlicher Gegenden, vor allem natürlich des Gartens von La Mortola mit seinem gut bestimmten Material, die Chromosomen- zahlen, ebenso die Entwicklungsvorgänge in den Blüten einer größeren Anzahl von Arten zu untersuchen. Auch darüber liegen erst ganz wenige Angaben vor. Nach Schacht (1859, S. 477) sind die Blüten von Fourcroya glgantea „mit gut ausgebildetem Blüten- staub und normalen Samenknospen versehen, denen sogar die Keim- körperchen nicht fehlen". Doch setzen sie nach seiner Beobach- tung niemals an. Auch Goebel beobachtete, wie Hunger (1887, S. 62) mitteilt, in Cejdon und Java an kultivierten Exemplaren der- selben Spezies, daß die riesigen Infloreszenzen, trotzdem sie Hunderte großer Blüten tragen, keinen Samen ansetzen. „Es liegt hier", wie Hunger hinzufügt, „offenbar ein ausgeprägter Fall der Apogamie vor, der wohl genauere Prüfung lohnen würde". Über die Teilung der Embryosackmutterzelle und die Ent- wicklung des Embryosackes der bulbillentragenden und zum minde- sten selbststerilen Foiircroija euhensis Jacq. kann ich nach eigener 488 Dreizehntes Kapitel. Untersuchung folgendes berichten: Der schmale Nucellus junger Samenanlagen enthält auch zur Zeit, da die beiden Integumente bereits dem Nucellus entlang emporgewachsen sind, noch eine langgestreckte, ebenfalls schmale Embryosackmutterzelle (Fig. 136). Sie ist ziemlich plasmaarm, der Kern in der Regel median gelagert. Der Verlauf seiner Teilung ist noch nicht ein- gehend studiert worden. Der ersten Kernteilung folgt eine unge- fähr äquale Teilung der Mutterzelle (Fig. 137), der zweiten Kern- teilung eine erneute Zellteilung nach, so daß die Mutterzelle in eine Reihe von vier ziemlich gleich großen Enkelzellen zerlegt wird. Der Embryosack geht aus der untersten Zelle der Tetrade hervor. Er nimmt rasch an Größe zu, bleibt aber während der drei aufeinanderfolgenden Kernteilungsschritte immer plasmaarm. Fig. 137. Stadien aus dem Verlauf der Tetradenteilung der Em- bryosackmutterzelle von Fourcroya cubensis Jacq. 7 Kern der Embryo- sackmutterzelle in Teilung; 2 die aus der ersten Teilung hervorgegangenen Tochterzellen; 3 Kerne der beiden Tochterzellen in Teilung; 4 Tetrade aus vier in einer Reihe übereinanderliegenden Zellen. Vergr. 580/1. Ausbildimg des Eiapjiarates, der Antipoden und der beiden Pol- kerne gehen ohne auffällige Abweichungen vom Normaltyj^us vor sich. In abwelkenden, bestäubten Blüten wurden Pollenschläuche in der Mikroi^yle und am Scheitel des Embryosackes wahrge- nommen. Ob es zu einer wirklichen Befruchtung kommt, ist noch nicht festgestellt. In leicht angeschwollenen Fruchtknoten wurden hie und da Embryosäoke mit einer größeren Anzahl von freien Endospermkernen, dagegen bis jetzt noch nie solche mit Stadien der Embryobildung gefunden. Die Zellen des EiajDi^arates waren auch in Embryosäcken mit Endospermkernen sehr plasmaarm und zeigten häufig Schrumpfungen und andere Anzeichen der Degeneration (Fig. 138). Die Vorgänge der Pollenbildung sind noch nicht unter- sucht worden. Daß auch sie unregelmäßig verlaufen, lehrt das Bastardhypothese und vegetative Propagation. 489 Aussehen der PoUenkürner. Der Pollen von Fourcroya ist, wie schon Schacht (1859, S. 355) und H. Fischer (1890, S. 18) erwähnen, auch im reifen Stadium noch zu Tetraden angeordnet. Die Lagerung der Zellen in der Tetrade ist bei Fourcroya cuhensis sehr verschieden. Am häufigsten sind wirklich tetraedrische, sodann kreuzweise Lagerung der 4 Zellen (Fig. 139). Außer vollständigen Tetraden finden sich nun eine große Anzahl solcher mit geschrumpften Zellen. Am häufigsten sind ein oder zwei Körner der Tetrade, seltener deren drei degeneriert und zusammengeschrumpft, Tetraden Fig. 138. Samenanlage und Eiapparat aus abvpelkenden, bestäub- ten Blüten von Fourcroya cubensis Jacq. 1 Samenanlage mit degenerie- rendem Eiapparat am Scheitel der großen Embryosackhöhlung, an der Basis zwei Antipoden, im Plasma des Embryosackes eine größere Anzahl von Endosperm- kernen, Vergr. 87/1; 2 Eiapparat mit noch gut erhaltener, aber schon plasma- armer Eizelle; 3 Eiapparat mit völlig degenerierter Eizelle. Vergr. 580/1. mit überzähligen Zellen wurden nicht wahrgenommen. Die in den unvollständigen Tetraden zur Ausbildung gekommenen Körner sind stets ungefähr von gleicher Größe (vgl. Fig. 139), aber von etwas verschiedener Gestalt. Der genauere Verlauf der Pollenbildung ist dagegen bei Agave attenuata von Lary de Latour untersucht worden. Er hat in demselben verschiedene Unregelmäßigkeiten festgestellt, von denen die wichtigste darin besteht, daß in der heterotypischen, 490 Dreizehntes Kapitel. jedoch nicht in der homöotypischen Teilung, infolge des Zurück- bleibens von Chromosomen in der Aquatorialebene Sonderkerne entstehen. Über deren Schicksal berichtet der genannte Autor (1908, S. 835): „D'ailleurs le nombre de ces noyaux diminue rapide- ment, soit par suite de leur fusion avec le noyau principal, soit par suite de leur destruction dans le cytoplasme et l'on ne les trouve que tres rarement dans les grains de pollen formes." Er vergleicht seine Befunde an Agave attenuata mit denjenigen Juels an Hemerocallis fulva, sowie mit denen anderer Autoren bei Unter- suchungen an Bastarden. Indem er aber die von ihm untersuchte Agave attenuata, Hemerocallis fulva und die nach E,. Beer ähnliche Unregelmäßigkeiten aufweisenden Fuchsien als reine Arten Fig. 139. Pollentetraden von Fouraroya cubensis Jacq. 1 und 2 normal aussehende Vierergruppen mit tetraedrischer und kreuzweiser Lagerung der vier Körner, 3 Tetrade mit einer degenerierten Zelle, 4 und 5 Tetraden mit zwei und 6' Tetrade mit drei degenerierten Pollenkörnern. Die zur Entwicklung gekommenen Zellen stets ungefähr von gleicher Größe. Vergr. 320/1. auffaßt, kommt er zum Schlüsse, daß die festgestellten akzessorischen Kerne keinesfalls als Charakteristikum hybrider Natur aufzufassen seien. Diese Voraussetzung und dieser Schluß sind zum mindesten nicht einwandfrei. Sie sollen hier nicht weiter diskutiert werden; wir können uns • vorderhand mit der Feststellung begnügen, daß die bis jetzt vorliegenden entwicklungsgeschichtlich-cytologischen Angaben über die Agaven ebensosehr für wie gegen den hybriden Charakter der untersuchten Formen sj)rechen. 3. Cardamine bulbifera (L.) Crantz. Cardamine hulbifera unterscheidet sich von allen anderen Arten der Gattung Cardamine, Sektion Dentaria, durch den Besitz unge- fähr erbsengroßer, meistens rotbrauner Bulbillen, welche in den Blatt- winkeln entstehen. Sie setzen sich aus dicken, Beservestoffe spei- chernden Niederblättern zusammen, fallen im ausgewachsenen Zu- Bastarclhypotliese und vegetative Propagation. 491 stände zu Boden und wachsen im nächsten Frühjahr zu neuen Pflanzen aus. Die Bulbillen von Cardamine hulhifera können als eine beson- ders ausgeprägte Form der auch sonst bei Cardamine -Arten ver- breiteten vegetativen Vermehrungsorgane aufgefaßt werden. Ähn- liche Bulbillen bringen zwar nach 0. E. Schulz (1903, S. 287) nur noch C. tenella und mitunter auch C. californica hervor, allerdings nicht in den Achseln der Laubblätter, sondern einzeln oder in Klümpchen zu zwei bis drei an den langen, fadenförmigen Stielen der Rhizomblätter^). Mit der reichlichen Vermehrung durch Bulbillen geht bei C. hulhifera nach den Feststellungen zahlreicher Autoren eine spärliche oder völlig fehlende Samenbildung einher. An den meisten Standorten der Pflanze werden keine oder nur höchst selten reife Schoten mit Samen gefunden. Zuerst hat wohl Warming (1875, S. 84) nicht nur das Vorkommen normal gestalteter, wie bei anderen Dentaria- Arten im reifen Zustande auf- springender Schoten und normal keimungsfähiger Samen festgestellt, sondern auch den Keimungsvorgang dieser Samen eingehend ver- folgt. Frucht- und auch bulbillentragende Exemplare der Pflanze hatte er auf der kreidereichen Süd-Osts|)itze der dänischen Insel Möen gefunden. Sj^äter hat A. Winkler (1893, S. 42), nachdem er an zahlreichen Standorten Deutschlands vergebens nach fruchtenden Pflanzen dieser Art gesucht hatte, große Mengen reichlich samen- bildender Pflanzen auf dem ebenfalls kreidereichen Boden in der Umgegend von Crampas auf Rügen gefunden. Weitere Funde von samentragenden C. hulhifera-^xenip\d.ren sind selten geblieben, und Knuth (1898, 11^. S. 92) schreibt: „Nur an sonnigen Stellen, wo Insektenbesuch eintritt, erfolgt Fruchtansatz, im Waldesschatten ist die Pflanze fast immer steril und vermehrt sich hier durch große, bei der Reife schwarzviolette Bulbillen in den Blattachseln. Trotz häufiger Überwachung habe ich in den Wäldern bei Kiel und Flens- burg niemals Insektenbesuch wahrgenommen, sowie äußerst selten Fruchtansatz." Auch Schulz vermag 1903 erst fünf Standorte an- zuführen, an welchen fruchtende Pflanzen dieser Art gefunden worden sind. Alle sind, wie er besonders betont, merkwürdigerweise in der ') Zahlreiche andere Cardannne- Arien haben dagegen die Fähigkeit, akzes- sorische Sprosse in Gestalt von Adventivknospen auf den Blättern zu bilden. Schulz gibt das Vorkommen solcher Knospen für C. californica, hirsuta, impatiens, inacrophylla, pratensis, raphanifolia und uliginosa an. Sie entstehen in der Regel auf der Oberseite der Endblättchen, in der Achsel, welche durch die Gabelung zweier Nerven gebildet wird, in Form kleiner Höckerchen. Aus jedem derselben entwickelt sich, sobald die Blätter der Pflanze mit dem Ei'dboden in Berührung kommen, ein neues Pflänzchen, welches Wurzeln treibt, in seinem Auf- bau weitgehend mit einer Keimpflanze übereinstimmt und nach der Ver- witterung des Mutterblattes selbständig weiterwächst. 492 Dreizehntes Kapitel. Nähe das Meeres gelegen, so daß ihm eine Abhängigkeit der Fruktifikation dieser Art von gewissen Standortsbedin- gungen möglich erscheint. Es ist also, auch ganz abgesehen von unserer besonderen Fragestellung, interessant, diese Abhängigkeit der Samenbildung von C. hulhifcra von der Bestäubungsmöglichkeit und anderseits von der Zusammensetzung des Substrates, im beson- deren vom Kreide- oder Kalkgehalt des Bodens, einmal experimen- tell zu untersuchen. Auch an der Westgrenze des Verbreitungsgebietes dieser Art, in der Nordschweiz, hat Kägi (1915, S. 9) ebenfalls eine völlige Sterilität gefunden. „Die Blütezeit ist kurz, 8 — 10 Tage, die lila- farbigen Blüten verwelken bald, Schoten setzen sich nur selten an, und auch diese fallen früh ab. Die zarte Pflanze welkt überhaupt rasch und im Hochsommer ist meist wenig mehr von ihr aufzufinden. Da sie also keine Samen erzeugt, muß sie auf vegetativem "Wege für Vermehrung sorgen." Zu demselben Resultat haben im Sommer 1917 auch meine Nach- forschungen an zwei weiteren Standorten der C\ hiUhifera, im Ehe In- tal bei Buchs und am Luganersee, geführt. Trotz eifrigen Suchens konnte weder am einen noch am anderen Standorte eine reife Frucht gefunden werden. Die meisten Schötchen fallen gleichzeitig mit oder nur wenig nach den Kronblättern ab, ja es scheint, daß es an einer nicht kleinen Anzahl von Pflanzen überhaupt nicht zur Anthese kommt, sondern schon die Blütenknospen welken und verdorren. An beiden Standorten fiel ferner die große Anzahl blütenloser Exemplare auf. Im Vergleich mit den anderen Arten sind zudem die Blütenstände von ('. hulhifera auffallend blütenarm. An einem gemeinschaftlichen Standorte am Luganersee wiesen die Blütenstände von C. pi'nnata durchschnittlich 10,8, diejenigen von C. hulhifera 3,6 Blüten auf. Am Abhang des Alvier ob Buchs im Rheintal betrug die Blütenzahl der wenigen blühenden Exemplare von C hnlhifera durchschnittlich 3,1, diejenige von C.polyphylla 7,6 und von C. 2)enta- phylla 7,9. Beziehungen zwischen sj^ärlicher Blütenbildung, der gänzlichen oder teilweisen Blütensterilität und der reichlichen vegetativen Ver- mehrung dieser Art sind offenbar vorhanden und bis jetzt auch stets angenommen worden. „Infolge der bekannten vegetativen Vermeh- rung der Pflanze durch Bulbillen werden reife Schoten sehr selten beobachtet", schreibt Schulz und gibt auch an, daß an den Fruclit- exemplaren die Bulbillen nur in geringer Anzahl oder gar nicht ausgebildet würden. Welches dabei aber der ursächliche Zusammen- hang der beiden Erscheinungen ist, ob das Eintreten der Sterilität, wie z. B. aus dem angeführten Zitat von Kägi, oder die „An- passung an vegetative Vermehrung", wie aus demjenigen von Schulz Bastaidhypothese und vegetative Propagation. 493 geschlossen werden könnte, als primär zu betrachten ist, ist bis jezt völlig diskussionslos geblieben. Sehen wir auch hier, ob die Annahme eines hybriden Ur- sprungs der in Frage stehenden Pflanze geeignet wäre, Licht in die noch dunkeln Verhältnisse zu bringen. Der Gedanke, daß C. hulbi- fera ein in der Regel steriler und sich vegetativ fortpflanzender Bastard sein könnte, ist meines Wissens noch nicht geäußert worden, obschon die Verhältnisse so liegen, daß diese Auffassung nicht all- zuweit vom Wege liegt. Für den hybriden Ursprung der frag- lichen Form können viel mehr Gründe und Resultate bisheriger Untersuchungen ins Feld geführt werden, als zurzeit bei Lilium und Agave möglich ist. Artbastarde sind in der formenreichen Gattung Cardcmi'me und im besonderen in der Sektion Dentaria sehr häufig. Von Schulz ist auch schon die Bedeutung der Bastardierung für die Artbildung in dieser Gattung betont worden, indem er in seinem Kapitel „Entwicklungsgeschichte der Gattung Cardamine und ihrer Arten" über die Entstehung der Arten unter anderem schreibt : „ Vielfach entwickelten sich auch neue Arten durch Hybri- disation". Insgesamt nimmt er für 6 Cardam'me-Arten hybriden Ursprung an. Eine dieser Arten, C. maritima^ hält, wie er schreibt, „in den meisten Merkmalen die Mitte zwischen C. glauca und graeca var. eriocarpa, bisweilen nähert sie sich auch der einen oder anderen Stammart". Ob das Fehlschlagen vieler Samen sich aus der Bastard- natur der Pflanze erklärt, oder als Zeichen der geringen Lebens- kraft der Sektion Fteroneurum zu deuten sei, will er dahingestellt lassen. Wenn wir nun gemäß unserer Bastardhypothese auch die sterile C. hulhifera den nach Schulz durch Hybridation entstandenen Arten beizählen wollen, so haben wir vor allem zu untersuchen, welche anderen Arten als Eltern in Frage kommen könnten, und welche weiteren Merkmale außer der Sterilität und der vegetativen Vermehrung für einen hybriden Charakter der C. hulhifera s^arechen würden. Was zunächst die als Eltern des hypothetischen Bastardes in Frage kommenden Arten anbetrifft, so sind zwei Möglichkeiten seiner Entstehung denkbar: Die jetzt an den meisten Standorten vorkommende sterile und sich ausschließlich durch Bulbillen fort- pflanzende Form der C. hulhifera kann ein Bastard sein zwischen einer früher verbreitet gewesenen und wahrscheinlich auch jetzt noch lokal vorkommenden fertilen, habituell ähnlichen S t a m m a r t und einer anderen, in denselben oder den angrenzenden Gebieten vorkommenden weiß- oder gelbblühenden Art. Zweitens wäre die Möglichkeit einer Entstehung der C. hulhifera als eines sterilen Bastardes zwischen zwei anderen der auch gegenwärtig noch 494 Dreizehntes Kapitel. in denselben Gebieten vorkommenden Arten zu ^^rüfen. Eine größere innere Wahrscheinliclikeit dürfte, in Analogie zu den Ausführungen über die Entstehung der apogamen Formen in den Gattungen Än- tennaria, AlchemiUa, Hieracium und vor allem der Chara crinita^ der ersteren Möglichkeit zukommen. Indessen ist auch die zweite nicht zu vernachlässigen, um so mehr, als sie zurzeit leichter zum Aus- gangspunkt für orientierende Untersuchungen gemacht werden kann. Fig. 140. S p 0 n 1 11 n e B a s t a r d - b i 1 d u 11 g z w i s eh e n Cardaniine- Arten der Sektion Dentaria. iC.polyphylla (W. und K.) 0. E. Schulz. 2 C. penta- phylla (Scop.) R. Br. :i ver- mutlicher Ba- stard C. polj- phylla X pen- taphylla. u Erste Anhaltspunkte für die Prüfung der Wahrscheinlichkeit einer Entstehung der bulbillentragenden sterilen C. hulbifera durch Kreuzung anderer Arten werden zunächst das Studium der Verbreitungsgebiete der C. hulbifera und der anderen europäischen Arten sowie die Vergleichung ihrer wichtigsten morphologischen Merkmale ergeben. Die gegenwärtige Verbreitung der C. hulbifera und der in Frage kommenden anderen Arten allein gibt allerdings, wie für einen Teil der als Bastarde aufgefaßten apogamen Pflanzen, keinen unanfechtbaren Aufschluß. Auch hier könnten Bastard und Bastardhypothese und vegetative Propagation. 495 Bastardeltern nacliträglich verschiedene Änderungen ihrer Verbrei- tungsareale erfahren haben. Es sei also unter Hinweis auf die langen Standortslisten in der Monographie der Gattung Cardamine Fig. 141. Blattragender Sproßteil von Cardamme bulbifera (L.) Crantz. \, natürl. Größe. von Schulz gestattet, von einer eingehenden Vergleichung der gegenwärtigen Verbreitungsgebiete der europäischen Arten der Sektion Dentaria abzusehen und sich auf die Anführung derjenigen 496 Dreizehntes Kapitel, mitteleuropäisclien Arten zu beschränken, welclie am ehesten als Eltern der C hullnfera in Frage kommen könnten. Es sind Cardamine pentaphylla (Scop.) R. Br. = C. digüata (Lam.) 0. E. Schulz „ polyphi/Ua (W. K) 0. E. Schulz „ pinnata (Lam.) R. Br. „ enneajjhylla (L.) Crantz Die Verbreitungsgebiete von C. hulbifera dürften sich auch zur- zeit noch mit denjenigen der C. pentapjhißla einerseits und denjenigen der C.yolyphylla und ermeaphyUa, etwas weniger auch der C.phinata teils decken, teils berühren. Damit wird die Annahme ihrer Entstehung aus einer der Kreuzungen C. pentaphylla X C. polyphylla, xnnnata, enneaphylla wenigstens diskutierbar. Weitere Anhaltspunkte gibt sodann die Vergleichung der eingehenden Artdiagnosen bei Schulz, aber auch der kürzeren Fassungen in den mitteleuropäischen Floren. Die Diagnosen der genannten Arten lauten in den Floren von Schinz und Keller für die Schweiz und Wünsche- Abromeit für Deutschland wie folgt: Schinz und Kelle v (3. Aufl. 1909, S. 242/43). 30 — 50 cm. Laubblätter fingerförmig zerschnitten, Cardamine pentapliylla (Scop.) R. Br. (syn. Dentaria digitata Lam.) Cardamine h/dhifcra (L.) Crantz^) (syn. Dentaria bulbi- fera L.) Cardamine pinnata (Lam.) R. Br. die unteren 5-, die oberen 3-zählig. Kronblätter lil a od. rosenrot. 80- 60 cm. Laubblätter zum Teil fiederschnittig, die unteren 2— 4paarig tief fiederschnittig, die oberen einfach. Laub- blattwinkel erbsengroße Brutknospen tragend. Kronblätter weiß, blaß rosenrot oder lila. 30— 60 cm. Alle Laubblätter tiederschnittig, Abschnitte Wü n s c h e - A b r 0 m e i t (10. Aufl. 1916, S. 273). 30—50 cm . Blä tter Wechsel - ständig, gefingert, 5-zählig, . . der Laubblätter lanzettlich, (syn. Dentaria pmnata gpitz, grob gesägt. Lam.) Kronblätter weiß od.blaß lila Cardamine polyphylla 20— 30 cm. Alle Laubblätter fiederschnittig, Abschnitte der Laubblätter lanzettlich, lang zugespitzt, scharf gesägt. obere 3-zählig. Krone rosenrot. 30— 60 cm. Untere Blät- ter gefiedert, die ober- s ten ungeteilt, 1 an zet t- lich. Alle in Blattachseln- mit schwärzlichen Zwiebel- knospen. Krone lila-, b 1 a ß r o t oder weißlich. 30 — 60 cm. Blätter sämt- lich gefiedert, ohne Zwiebel- knospen. Krone weiß oder blaßl IIa. Kronblätter gelblichweiß. (W. K.) O.E. (syn. Dentaria poly- phylla W. K.) ( 'ardamine ennmpitylia (L.) Crantz (syn. Dentaria ennea- phyllos L.j ( ' Die Angaben über die Laubblatt- und K r o n b 1 a 1 1 m e r k m a 1 e von C. bulbifera zur Hervorhebung des ungefähr intermediären Charakters von mir gesperrt. 20—30 fingert. cm. 3- Blätter ge- oder 5-teiliff. Krone gelblichweiß. Bastardhypothese und vegetative Propagation. 497 Aus dieser Nebeneinanderstellung der Diagnosen scheint mir hervorzugehen, daß (X hulbifera mit ihrer variabeln Blattgestalt und der ebenso variabeln Blütenfarbe sehr wohl eine ungefähr inter- mediäre Stellung zwischen C. i)entaphiilla und den drei anderen auf- geführten Arten zugeschrieben werden kann. Im Habitus der blühenden Sj^rosse allerdings scheinen auf den ersten Blick beträcht- liche Unterschiede vorhanden zu sein. Die Laubblätter der C.pen- taphi/Ua, pinnata und polyphylla (vgl. Fig. 140) stehen, nur durch niedrige Internodien voneinander getrennt, fast alle auf derselben Höhe, während bei C. hulbifera der blattragende Sproßteil (Fig. 141) stark verlängert erscheint. Wahrscheinlich sind aber nur die unteren fiederschnittigen und häutig ebenfalls dicht übereinanderstehenden Blätter mit den Laubblättern der anderen Arten zu vergleichen. Die oberen einfachen Blätter scheinen mir bereits dem überverlän- gerten Blütenstand anzugehören. Sie sind durch Zwischenformen mit den Tragblättern der Blüten verbunden und wohl selber als stark- ent wickelte Tragblätter aufzufassen, in deren Achsel keine Blüten, sondern nur mehr Bulbillen zur Entwicklung konnnen. Von großem Interesse ist nun, daß von C. pinnata, polyphylla und enneaphylla Bastarde mit C. pentaphylla bekannt und schon vielfach beschrieben worden sind. Es sind dies C.pe7itaphylla(digitata)y^' Fig. 148. Caulerpa racemosa vor. uvifera. a Thallusstück mit zwei Assimilatoren in natürlicher Größe, b zwei beerenförmige Seitenglieder, schwach vergrößert. Nach A. Weber van Bosse (1898, Taf. 33, Fig. 6 und 6 a). Bastardhypothese und vegetative Propagatioii. 519 durch Tliallus-Fragmentation bekannt war und an denen bis in die neueste Zeit (vgl. ßeinke, 1915, S. 342) keine Spur von Sexual- organen gefunden wurde, sind ja nicht geschlechtslos^). Außer diesem Analogieschlüsse liegen auch direkte Beobachtungen vor, aus denen sich die Möglichkeit einer Schwärmer- oder Gametenbildung bei einzelnen Caulerpen ergibt. Bei einem kurzen Besuche der Korallenriffe der vor Tandjong Priok (Java) liegenden Insel Edam fand ich 1906 unter anderen Siphoneen auch einige Stöcke von Caulerpa racemosa var. uvifera, an deren traubenförndg gegliederten Assimilatoren zum Teil schon Fig. 149. Bildung netzförmig angeordneter Plasmaansammlungen in den blasigen Assimilatoren von Caulerpa racemosa. 1 — -3 verschiedene Stadien aus der von der Basis nach dem Scheitel allmählich sich ausbreitenden Kontraktion des Protoplasmavsrandbelages; Vcrgr. 5/1. 4 Längs- schnitt durch den Scheitel eines Assimilators mit noch dünnem, nach unten hin anschwellendem Wandbelag. 5 Stück eines Querschnittes durch die Zone der netzförmig angeordneten Plasmastränge. In 4 und 5 sind auch die von der Seitenwand ausgehenden Zellulosebalken eingezeichnet; Vergr.55/1. von bloßem Auge, besser mit der Lupe, eine ähnliche Anord- nung des chlorophyllhaltigen Plasmas in dichten, netz- ^) Im Dezember 1915 hat Sauvageau die überraschende Mitteilung gemacht, daß er bei einem Vertreter dieses Verwandtschaftskreises, Saccorhixa bulbosa, oogame Foi'tpflanzung in Verbindung mit Generationswechsel festgestellt habe. Seine weiteren Untersuchungen (1916 a und b) haben dieses Ergebnis nicht nur bestätigt, sondern auch gezeigt, daß diese Fortpflanzungsart auch anderen Vertretern der Familie, z. B. Lammaria flexieaulis (L. digitataj, L. saccharina und Alaria escidenta zukommt. (Vgl auch F. Pechoutre, La sexualite heterogamique des Laminaires et la reproduction chez les Algues pheosporees 1916). Nachunter- suchungen von Kylin (1916b) und Kuckuck (1917) haben die Richtigkeit der Angaben von Sauvageau, wie bei der Kompetenz dieses bewährten Forschers nicht anders zu erwarten war, durchaus bestätigt. 520 Dreizehntes Kapitel. förmig verlaufenden Strängen wahrnehmbar war, wie sie in den Fiederchen der Bryopsis-Arten bei der Vorbereitung zur Gametenbildung unter dem Mikroskop wahrgenommen werden kann. Nach dem an Ort und Stelle fixierten Material ist Fig. 149 entworfen worden. Leider war es mir nicht möglich, später nochmals zur näheren Verfolgung des Verlaufes und der Bedeutung dieser Strukturänderung nach Edam zurückzukehren. Meine Be- obachtung ist aber, wie sich mir seither aus der Literatur ergeben Fig. 150. aHabitusbildvon Caulerpa peltata var. macroclisca. Nach Reinke, aus Oltmanns (1904, I. S. 310, Fig. 192, 6), b drei Assimilatoren mit netzförmiger Verteilung des Protoplasmas. Vergr. 1 Vz- Nach Weber van Bosse (1898, Taf. 31, Fig. 10). hat, nicht vereinzelt. A. Weber van Bosse hat, wie sie an meh- reren Stellen ihrer Monographie von Caulerpa mitteilt, ganz ähn- liche Wahrnehmungen gemacht und ebenfalls die Möglichkeit einer Gametenbildung einzelner Caulerpen diskutiert. So beschreibt sie solche Strukturen nach einem frischen Funde von Caulerpa peltata var. macrodisca (C. macrodisca Ag.): „La couleur des ramules, en sor- tant de l'eau, etait d'un vert-gris, mais quelques disques frappaient l'oeil j)ar une disposition en reseau du protoplasme. Les mailies de Bastardhypothese und vegetative Propagation. 521 ce reseau etaient colorees par les ohromatophores, les interstices etaient incolores. La plante qui portait ces ramules, fut immedia- tement mise dans de l'alcool et examinee plus tard. La disposition du protoplasme (vgl. Fig. 150 b) rapj^elait l'asj^ect que revet le Botry- dium granidosum, avant l'apparition des spores." Sie erwähnt weiter, daß die einzelnen Zweige dieser Pflanze auf der Mitte ihrer Ober- seite je drei mikroskopisch feine, hyaline haarähnliche Fortsätze trugen und ähnliche, aber im Kreise gestellte Fortsätze um die Unterseite der Ansatzstelle vorhanden waren, während an den Zweigen aller anderen Pflanzen solche Fortsätze vollkommen fehlten. Bei Annahme einer Gameten- oder Sporenbildung könnte es sich hier also um besondere Austrittsstellen handeln, etwa vergleichbar den papillenähnlichen Fortsätzen, welche an den reifenden Anthe- ridien einzelner Vaucheria - Axien in Ein- oder Mehrzahl gebildet werden. Eine ähnliche netzförmige Anordnung des Protoplasmas, aber keine Ausbildung solcher hyaliner Fortsätze fand sie später an Exem- plaren von C. clavifera. Auch hier erweckte ihr dies den Eindruck, „que cette disposition du protojDlasme pouvait etre une indication d'une reproduction par spores". An anderer Stelle (1. c. S. 276) er- wähnt sie weiter, daß sie an lebendem Material von C. flagelliformis eine Beobachtung bestätigen konnte, welche Suhr an getrockneten Exemplaren gemacht hatte, d. h. das Vorkommen von völlig entleerten vorderen Thalluspartien, welche von den ba- salen durch eine Wand abgetrennt waren. Auch hier mußte sie aber, da ihre weiteren Untersuchungen zu keinen Resultaten führten, dahingestellt lassen, ob das Vorkommen der weißen und entleerten Spitzen als Folge der Bildung und Entleerung von Schwärmern oder Gameten aufzufassen sei. Die Möglichkeit einer solchen Fort- pflanzung von Caulerpa scheint ihr schließlich noch erhöht durch die Feststellung von Okamura, daß die Pflänzchen von C. amh'igua immer einzeln erscheinen, ohne jede SjDur von Stolonen, eine Art des Wachstums und des Erscheinens, für welche die gewöhnliche Art der Vermehrung durch Fragmentation unwahrscheinlich ist und welche ohne Annahme einer Vermehrung durch Sporen oder Ga- meten nicht wohl zu erklären sein wird. Läßt sich also in Zukunft für einzelne Caulerpen, wie nach diesen Befunden zu erwarten ist, wirklich noch Schwärmer- oder Gametenbildung nachweisen, so wird dadurch auch wahrscheinlich gemacht, daß amj)hiiniktische Fortpflanzung in dieser Gattung früher verbreiteter war als jetzt und Kreuzung ursprünglich sexuell sich fortpflanzender Arten wirklich auch zur Bildung ste- riler Bastarde geführt haben könnte. Ahnlich wie bei der Ent- stehung der apogamen Cliara crinita wäre dann auch in der Aszen- 522 Di-pixehntes Kapitel. denz der heutigen geschlechtslosen Caulerpen ein Ausbleiben der Eeduktionsteilung bei der Keimung von Heterozygoten und damit die Bildung diploider Gametophyten möglich gewesen. Diploidie und heterozygotischer Charakter der Kerne könnten wiederum üppige vegetative Entwicklung, die Vorgänge der Luxuration, ausgelöst haben. Weiter wäre denkbar, daß infolge des Heterozygotismus der Kerne solcher Bastarde die Vorgänge der Gametenbildung mit ihren Kernteilungsvorgängen und Plasmaumlagerungen Störungen und Hemmungen aufweisen, welche eine normale Gametenbildung aus- sohliessen, dagegen vegetatives Wachstum, Prolifikation und Ver- mehrung durch Fragmentation sehr wohl gestatten. Neben Bastardierung oder in Kombination mit derselben könnte auch Dispermie oder Polyspermie bei diesem Verlust der ge- ■V !. i: ^^ ■■■'■■ :>>»<■ 1 > V- V sp Fig. 151. Normale Befruchtii iig unel Polyspermie bei Fucus vesiculosus. 1 Spermakern im Plasma der Eizelle, an der Oberfläche des Eikerns liegend. 2 Zygotenkern aus einer normalen Vereinigung von Eikern und Sperraakern. 3 Eikern nach Aufnahme von 2 Spermakernen. Nach Farmer und Williams (1898, Taf. 21, Fig. 20, 22 und 23). schlechtlichen Fortpflanzung eine Rolle gespielt haben. Sowohl unter den niederen wie unter den höheren Algen sind eine ganze Anzahl von Fällen sicher nachgewiesen worden, in welchen Kopulation von mehr als zwei Gameten beobachtet worden ist. Die Literatur über solche Fälle von Polyspermie bei Boiryclwm, ProtosipJion, Chlamydomo- nas, S2)haeroplea, Ectocarpus, Fucus ^) usw. ist bei Bonnet (1914, S. 10) nachzusehen. Von besonderem Interesse ist in unserem Zusammen- hang der Hinweis darauf, daß von Strasburger (vgl. deBaryund Strasburg er 1877) auch bei der marinen Siphonee .4 cetoA//7arm ge- legentlich Konjugation von mehr als zwei Gameten festgestellt worden ^) Über den von ihnen eingehend studierten Befruchtungsvorgang von Fucvs schreiben Farmer und Williams (1898, S. 632): „In most cases only one antherozoid succeeds in penetrating the egg, but we have seen, amongst several thousand preparations, three cases of polyspermy in which two antherozoids had efi'ected an entrance." Bastardhypothese und vegetative Propagation. 523 ist '). Über die Ursachen, welche diese mehrfachen Verschmelzungen bedingen und vor allem über das Schicksal der aus denselben hervor- gehenden Zygoten ist sozusagen noch nichts bekannt. Die Möglichkeit wäre aber, nach all den für die höheren Pflanzen besprochenen Tat- sachen, sicher vorhanden, daß Vereinigung von mehr als zwei Gameten zur Bildung von polyploiden Nachkommen und bei hetero- genem Ursjjrung der betreffenden Gameten auch zum Verl u st der geschlechtlichen Fortpflanzung in der Nach- kommenschaft führte. Wie in den anderen besprochenen Verwandtschaftskreisen könnte es sich auch bei den in der Phylogenie der Gattung Caulerpa ein- getretenen Hybridationen ebensowohl um die Entstehung von patro- und metromorphenBastarden, wie um intermediäre Formen und solche mit Neukombinationen der elterlichen Merkmale handeln. Wenn irgendwo bei Bastarden, so wäre bei hybriden Si- phoneen infolge ihrer besonderen Organisation, des Fehlens eines zellulären Baues und der Einheitlichkeit der zahlreiche Kerne füh- renden Plasmamasse, Bildung von Mosaikbastarden und Vor- kommen vegetativer Spaltungen denkbar. In Verbindung mit nachfolgender Propagation könnten diese wiederum beträchtlich zum ge- samten Formenreichtum dieser Gattung beigetragen haben. An solchen, an die verschiedenen Kategorien von Bastarden erinnernden Formen scheint mir nun innerhalb der bekannten Caulerpen kein Mangel zu sein; hält es doch schwer, oder ist es oft ganz unmöglich, die Grenzen der einzelnen Arten genau zu umschreiben. Als Beweis seien zwei Bei- spiele aus der monographischen Studie von Frau Weber van Bosse angeführt. Die kompetente Algologin hat Caulerpa scalpelliformis Ag. und C'.denticulata Dec. zu einer Art, ('. scalpelliformis vereinigt, weil, wie sie schreibt, „il m'a ete impossible, ä cause du grand nombre de ') Bei der Vereinigung von mehr als zwei Gameten ist der einfachste Fall der, daß sich drei Gameten in gleichartiger Richtung aneinander legen; doch sah er auch Komplexe, in welchen zwei Gameten in der gleichen, der dritte in entgegengesetzter Richtung zur Verschmelzung zusammengetreten waren. Aus- nahmsweise wurden auch große Zygoten mit bis 5 Zilienpaaren beobachtet, von denen anzunehmen ist, daß sie aus der Vereinigung einer entsprechenden Anzahl von Gameten ihren Ursprung genommen haben. Auch diese polygameten Zygoten sind wie die normalen Zygoten länger beweglich als unverbunden gebliebene Gameten. Sie runden sich schließlich ab, wobei zunächst noch die farblosen Stellen der copulierten Gameten deutlich erkennbar bleiben. Schließlich ver- schwinden sie wie auch die Zilien, die Zygote wird zu einer grün gefärbten Kugel, an der eine entsprechende Anzahl roter Striche, d. h. die Pigraentflecke der Gameten, noch erkennbar bleiben. Über das weitere Verhalten dieser polygameten Zygoten fehlen Angaben. Es muß also dahingestellt bleiben, ob der Vereinigung der Gameten auch eine Kernvereinigung nachfolgt, ob also auch tri-, tetra- und pentaploide Zygoten- kerne entstehen und vor allem, wie sich diese im Keimungsvorgang, der normalerweise mit einer Reduktionsteilung eingeleitet werden dürfte, verhalten. 524 Dreizehntes Kapitel. formes intermediaires, de tracer une limite entre ces deux algues". Sie teilt den Formenkreis der früher unterschiedenen beiden Arten in drei Gruppen, C. scalpdliformis var. typica, intermedia und denti- culata, die sich außer in ihrer Gestalt auch durch ihre Verbreitungsge- biete voneinander unterscheiden sollen. C. scalj)elliformis var. typica Fig. 152. Verschiedene Formen von Cmilerpa scalpelliformis . a var. typica (Exemplar von der Südküste Austi-aliens), Fiederchen der Assimila- toren mehr oder weniger alternierend, ganzrandig, am Scheitel gerundet oder zugespitzt; b var. dentieulata (Exemplar aus dem Roten Meere), Loben stark genähert, Rand derselben auf der Außenseite gezähnt; c f. intermedia, Form der Fiederchen wie bei a oder b, Rand glatt oder gezähnt; d Rhizom- stück mit je einem der var. dentieulata und intermedia angehörenden Assimilator. Nach A. Weber van Bosse (1898, Taf. 23, Fig. 3, 5, 8, 10). ist nämlich an den Küsten des südlichen Australien, die var. inter- media in der Umgebung der Ceylonischen Inseln, die var. dentieulata zu- sammen mit var. intermedia dagegen im Roten Meere gefunden worden. Die drei Typen sind in Fig. 152 a bis d wiedergegeben. Vorkommen und morphologische Ausbildung der var. intermedia stehen ersichtlich der Bastardhypothese und vegetative Propagation. 525 Annahme hybriden Ursprunges in keiner Weise entgegen. Nur auf dieser Basis scheint mir eine, ebenfalls aus dem ßoten Meer stam- mende Form erklärbar zu sein, welche auf demselben ßhizom einen typischen A ssimilat or der var. denticulata z-aBa,m.m.en mit einem der var. typica sehr nahekommenden Assimilator der vwr. intermedia trägt, an welchem von insgesamt 19 Fie- derchen nur deren zwei gezähnt sind. Ahnliche Vorkommnisse sind bei den Caulerpen nicht allzu selten. Aus den der Web er sehen Monographie beigegebenen Figuren allein wären hierfür noch einige weitere Beispiele aufzuführen. Es sei aber nur noch er- wähnt, daß das von Reinke besprochene Exemplar von C. plumaris einer Formenreihe angehört, welche nach A.Weber van Bosse die in allen tropischen Meeren ver- breitete C. plumaris vaii der im Roten Meere bis Neu-Guinea vorkommenden C se^a^o verbindet. Die in Fig. 147 wiedergege- benen Zeichnungen stellen Thallusstücke einiger Formen der C. plu- maris f. Farlowi dar, von der Frau Weber ganz besonders annimmt, daß sie Übergangsformen von C. pluynaris zu C. selago enthalte. Sie lassen ersehen, daß diese Formen alle möglichen Übergänge von zweireihig gegenständiger zu alternierender und drei- bis vielreihiger Anordnung der Assimilatoren an demselben Rhizom bilden, und daß dieser Reihe schließlich auch Formen angehören, welche sowohl nach der großen Zahl als nach der Stellung der Fiederchen mit C. selago über- einstimmen. Das von Reinke erwähnte Vorkommen eines dreireihig gefiederten Assimilators an einem Rhizom von C. plmnaris, dessen andere Assimilatoren sich durch typisch zweireihige Anordnung der Fiederchen auszeichnen, ist also nicht vereinzelt und durch die An- nahme von Knospenmutation, also progressiver Entwick- lung, nicht leicht erklärbar. Das betreffende Individuum gehört einer zwei Arten verbindenden Formenreihe an, deren Existenz durch Annahme von Kreuzung als Ursache besser als durch die An- nahme von Knospenmutationen verständlich sein dürfte. Ich möchte nicht bestreiten, daß auch ^progressive Entwicklung Anteil am Zustandekommen des jetzigen Formenreichtums von Caiüerpa gehabt haben kann. Aber auch die Bildung solch neuer Formen könnte sehr wohl in Einklang mit unserer Bastardhypothese gebracht werden und in Variation einiger Sätze Reinkes (1915, S. 344) etwa folgender- maßen gedacht werden. Der hybride Ursprung hat eine Störung des morphologischen Gleich- gewichtes dieser Formen zur Folge gehabt, aus der neue stabile Gleichgewichtszustände entspringen können. „Knospenvariationen" schaffen dann, infolge Fehlens einer sexuellen Fortpflanzung nicht mehr rückgängig zu machende, also erbliche Abänderungen. Ob die jAllogonien" sich dabei in größeren oder in unmerklich kleinen Sprüngen 526 Dreizehntes Kapitel. vollziehen, ist ohne Belang .Kleine Abänderungen haben eine Gliederung der „Art" in eine Anzahl wenig verschiedener Klone zur Folge. Erheb- liche Diskontinuitäten in der Abänderung dagegen würden zur Ent- stehung von Formen führen, die als „neue Arten" zu bezeichnen wären. b) Geschlechtsverlust und Formenbildung der Udoteae. In ganz ähnlicher Weise wie bei Caulerpa könnte Bastardierung auch bei der Entstehung der vegetativ hoch organisierten Codiaceen Anteil an Formbildung und Geschlechtsverlust haben. Bei verschiedenen Vertretern der Codieae, wie Codium- und Pseudocodium-Arten, finden wir geschlechtliche Fortjoflanzung durch Gameten, während andere zum weiteren Verwandtschaftskreis ge- hörende Gattungen wahrscheinlich nur noch ungeschlechtliche Schwärmer aufweisen. Bei den Udoteae dagegen, vor allem bei den Arten der Gattungen PeniciUiis, Äurainvillea, niijoccphalux und Udotea sind typische Fortj)flanzungsorgane und Fortpflanzungszellen noch niemals wahrgenommen worden. Bei einzelnen Arten konnten sie (Ernst, 1904, S. 231) auch in der Kultur unter Bedingungen, welche andere Algen zur Fortpflanzung veranlassen, nicht hervorgerufen werden. Es scheinen sich also auch diese Udoteen ganz ähnlich den Caulerpen in der Hauptsache vegetativ durch Prolifikation und Fragmentation des Thallus zu erhalten und zu vermehren. Auch hier wäre es aber verfrüht, einen Geschlechtsverlust für den ganzen Formenkreis annehmen zu wollen. Man wird, wie ich schon 1904 ausführte, „zu einem solchen Schlüsse vielmehr erst dann berechtigt sein, wenn auch eine während mehreren aufeinander- folgenden VegetationsjDerioden ununterbrochen durchgeführte Be- obachtung der Pflanzen an ihren natürlichen Standorten und nament- lich auch während längerer Zeit wiederholte Versuche, die Fort- pflanzung durch Kultur unter, nach den bisherigen Resultaten der Fortjjflanzungsphysiologie in bestimmten Richtungen veränderten Lebensbedingungen zu veranlassen, ebenfalls erfolglos geblieben sind". Daß es sich auch in diesem Formenkreis nicht um primitive, geschlechtslos gebliebene Formen, sondern um sekundären Geschlechtsverlust handeln wird, scheint mir zweifellos zu sein^). ^) In Arbeiten der Jahre 1902 und 1904 liabe ich die Ansicht vertreten, daß die Vmichen'a ähnliche oogame Siphonee Dichofomosiphon tuherosus nicht der Familie der Vaucheriacene einzuordnen sei. Es wurde vorgeschlagen, sie an den Anfang der Udoteae zu stellen, mit deren einfachsten Formen (z. B. Udofea tninima Ernst) sie bemerkenswerte Analogien zeigt, oder sie zum mindesten als Uber- gangsform zwischen Vaticl/eria und den Udoteae zu bezeichnen. Für diese Auf- fassung sprachen: die Merkmale der aufrechten, niemals wattenbildenden Wachs- tumsart, die dichotome Gliederung der Schläuche, die Bildung der für die Udoteae charakteristischen Membranverdickungen an den Gabelungs- und FAn- schnürungsstellen der Schläuche, die Bildung von Stärke in den Chloroplasten (im Gegensatz zur Bildung von Fett an der Oberfläche der Chloroplasten bei Bastardhypothese und vegetative Propagation. 527 Wie für die Caulerpen wäre es wertvoll, neue Untersuchungen zur Festeilung der Sexualität von Udoteen nicht nur an der nörd- lichen Grenze ihres Verbreitungsgebietes, sondern wo möglich an tropischen Standorten, Ceylon, im malayisehen Gebiete, oder an den an Codiaceae besonders reichen Küsten der großen und kleinen Antillen und von ehemals dänisch Westindien (vgl. z. B. Börgesen 1913) vornehmen zu können. In diesen Hauptzentren ihrer Verbreitungsgebiete wachsen sie unter offenbar optimalen Be- dingungen und in diesen Gebieten dürften am ehesten solche Formen zu finden sein, welche auch in der Fortj^fianzung noch die ursprüng- licheren Verhältnisse dieser Pflanzengrup2je aufweisen. Solange solche Untersuchungen fehlen, muß wohl für die üdoteae wie für die Caulerpa- Arten dahingestellt bleiben, ob überhaujDt noch genauere Anhaltspunkte über ihre Entstehung zu gewinnen sind und ob die Mög- lichkeit zur experimentellen Erforschung ihres Ursprunges wenig- stens für einzelne derselben noch gegenwärtig vorhanden ist. 3. Über die Möglichkeit des Nachweises von Hybridisation als Ursache des Geschlechtsverlustes bei Pilzen. Pflanzen mit außerordentlicher Mannigfaltigkeit in der Fort- pflanzungssphäre sind bekanntlich die Pilze. Neben Formen mit ausgeprägter geschlechtlicher Fortj^flanzung finden sich zahlreiche andere mit reduzierter oder völlig geschwundener Sexualität vor. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle auf die Fortpflanzungs- verhältnisse der Pilze eingehend eintreten zu wollen. Es sei in dieser Hinsicht auf die ausführliche Darstellung von Lotsy (I. 1907), sowie die Zusammenfassungen von Vuillemin (1908), von E. Fischer (1913) und von Guiliiermond (1913) hingewiesen. In der letzteren ist speziell eine Gruppierung der verschiedenen Fortj^flanzungsmodi versucht worden, welche für unsere neue Fragestellung besonders wertvoll erscheint. Guiliiermond hat nämlich die Einteilung der Fortpflanzungsvorgänge bei den Pilzen in die von Hartmann (1909) für Protisten vorgeschlagenen Gruppen der Amphimixis, Auto- mixis und Apomixis mit ihren verschiedenen Unterabteilungen vorgenommen. Dabei werden eine große Anzahl von eigentümlichen Vauclieria). Nach neueren Untersuchungen von Mirande (1913, S. 189) und de Puymaly (1917, S. 124) ist als Beweis für die angenommeiffe Verwandtschaft auch der Chemismus der Zellmembran anzuführen. Dichotomosiplion fi(bcrosi/s weist wie die Codiaceae und Gaulerpaceae in den Membranen Pektinsub- stanzen und Callose auf, während die Membran der Vauclieria- kview Pektinsubstanzen und Cellulose enthält. Für die angenommene Verwandt- schaft spricht weiter der Umstand, daß nach Virieux (1910, S. 4) eine von Co 11 ins aufgestellte weitere D-iehototnosipkon-Art, der in Amerika vorkommende Dichotomosip/ion pitsülus, auch in seinem Vorkommen noch einen Über- gang zu den marinen Codiaceae markieren würde. 528 Dreizehntes Kapitel. Fortpflanzungsf ormen, wie Pädogamie (Kopulation zwischen Gameten desselben Behälters), Parthenogamie (Verschmelzung von Kernen des weiblichen Gameten oder von zwei weiblichen Gameten), Pseu- dogamie (Vereinigung von zwei nicht als Gameten differenzierten Zellen oder Kernvereinigung in einer vegetativen Zelle) als Auto- mixis zusammengefaßt. Erscheinungen geschwächter Sexualität und des Ersatzes eigentlicher Sexualität durch vegetative Kern- oder Zell- verschmelzungen leiten von der Amphimixis zum völligen Verlust von Kern Verschmelzungen, den Erscheinungen der Apomixis, über. An Beispielen völligen Geschlechtsverlustes mit apomik tischer Portpflan- zung ist innerhalb der Pilze kein Mangel. Schon de Bary hat die Aufmerksamkeit auf die allmähliche Degradation der Sexualität bei den Sapro- legniaceae gelenkt und ge- zeigt, daß einzelne Formen derselben progressive Degene- ration und Schwinden von Antheridien, andere völlige Unterdrückung der Antheri- diumbildung erfahren haben. Häutiges Vorkommen apomik- tischer Fortpflanzungsprozesse ist ferner bei Mucoraceae fest- gestellt. Die Zusammenfassung Guiliiermonds zeigt ferner die Häufigkeit weiterer Bei- spiele bei den Hemiascomy- ceten, niederen Ascomyceten, im besonderen bei den Hefe- jDilzen, bei Uredineen und Fig 153. Parthenogamie und Pseudo- gamie bei Asconiycetes. 1 und 2 Partheno- gamie bei Ascophanus carneus, paarweise Ver- einigung von Kernen in Oogonien (nach Cutting); 3 Pseudogamie bei Humaria rutilans, Kernverschmelzungen in vegetativen, zur Peritheciumbildung übergehenden Hyphen Autobasidiomyceten (nach Fräser); aus Guiliiermond (1913, Fig. 59 und 60, S. 498). über die Ursache und den allmählichen Verlauf der Reduktion der Sexualität in den verschiedenen Abteilungen der Pilze ist noch nicht viel diskutiert worden. Das rührt wohl davon her, daß für die ausschließlich heterotrophen Pilze die An- nahme von Beziehungen zwischen Geschlechtsverlust und Lebensweise besonders naheliegend war. Nachdem nun aber die Untersuchungen an höheren Pflanzen im allgemeinen er- geben, daß der Übergang von der Autotrophie zur Heterotrophie Bastardhypothese und vegetative Propagation. 529 nicht als direkte Ursaclie von Scliwächungen in der sexuellen Sphäre angenommen werden kann, ist auch für die Pilze zum mindesten der Nachweis für die Richtigkeit der gegenteiligen An- nahme noch nicht erbracht. Ihr Übergang zur heterotrophen Lebens- weise ist offenbar schon sehr früh erfolgt. Die Eigentümlichkeiten ihres äußeren und inneren Aufbaues, die als Anpassungen oder Folgen der besonderen Lebensweise gedeutet wei-den, sind derart stark, daß sie auch indirekt eine Beeinflussung der Fort- pflanzung zur Folge gehabt haben könnten. Eine Parallelität zwischen dem Grade der Anjoassung an die heterotrophe Lebensweise und dem Grade der Reduktion in der Ge- schlechtssphäre ist indessen keines- wegs vorhanden. Anhaltspunkte für andere Frage- stellungen zur Erforschung der Ur- sachen der Reduktion und des völligen Verlustes der geschlecht- lichen Fortpflanzung bei Pilzen scheinen zu fehlen. Für alle Ver- wandtschaftskreise mit völligem Geschlechtsverlust oder aus- schließlich automiktischen Fortj)flanzungs Vorgängen wird wohl überhaupt die Frage nach der Ursache des Verlustes der Amphi- mixis nicht mehr direkt zu lösen sein. So wird sich auch die Arbeits- hyj)othese vom hybriden Ur- sprung der a p o m i k t i s c h e n Pflanzen nur an denjenigen Ver- wandtschaftskreisen der Pilze er- proben lassen, welche neben auto- Fig. 154. Ast von Achli/a polyandra miktischen und apomiktischen Arten mit gänzlich unterdrückter Bil- und Rassen auch noch typisch ^^""§' männlicher Äste. Oogonien n • -1 , • 1 T7 _L j. r • in verschiedenen Stadien der Partheno- amphnniktische Vertreter auf weisen. .■•,■, m i, ij • i • ^ Sporen bildung. JNacn Frings heim wie S. 180 u. f. ausgeführt (1873/74, Taf. 17, Fig. 5). allem bei den algen- ähnlichen und wohl von Algen (Conjityaten und SipJionee^i) ab- stammenden Phycomycetes der Fall. Mit einer solchen Einschränkung in der Wahl der Unter- suchungsobjekte erfolgt auch ohne weiteres die Einschränkung auf Fortpflanzungsvorgänge, welche der Parthenogenesis und Apo- gamie autotropher Thallojjhyten und der höheren Pflanzen durch- Ernst, Bastardierung. 34 Das ist. wurde, vor 530 Dreizehntes Kapitel. aus zur Seite zu stellen sind und für welche günstige Untersuchungs- objekte aus der Reihe der Phycomycetes bereits im siebenten Kapitel besprochen wurden. Würde es aber gelingen, durch Bastardierung normalgeschlechtlicher, heterothallischer Mucoraceen oder durch Kreuzung sexueller Saprolegniaceen eine neue apo- game Form zu erzielen, so wäre durch ein solches Ergebnis wenigstens indirekt gezeigt, daß auch in den anderen Verwandt- schaftskreisen der Pilze der Übergang von früherer Amphimixis zur jetzigen Auto- und Apomixis durch Bastardierung in der Aszendenz veranlaßt worden sein könnte. C. Zusammenfassung und Thesen. Als vegetative Propagation werden diejenigen Nebenformen der Fortpflanzung bezeichnet, durch welche eine bestimmte Generation oder EntwicklungsjDhase einer Pflanze Abkömmlinge erzeugt, die ihr selbst ähnlich sind. Sie erfolgt bei niederen Pflanzen durch Conidienbildung, Erzeugung von Schwärmsporen, Endosporen, Akineten, Fragmentation desThallus und Brutknosjjen- bildung. Bei den höheren Pflanzen dienen denselben Zwecken die Produktion von Zwiebeln, Brutkörpern, Rhizomen, Knollen, Ausläufern usw. Bei vielen Pflanzen fügt sich die Propagation in den antithetischen Generationswechsel ein; bei anderen dagegen ist sie die einzige Fort23f lanzungsf orm. Die Hypothese vom hybriden Ursprung der apomiktischen Pflanzen kann sehr wohl auch auf die im Pflanzenreich so außerordentlich verbreiteten Pflanzen mit ausschließlich vegetativer Propagation ausgedehnt werden. Nicht nur der Verlust der Befruchtungsfähig- keit und der Fortpflanzung des Geschlechtsindividuums durch Einzel- zellen, sondern auch der völlige Verlust der früheren Fort- pflanzung und des damit verbundenen Generations- oder Phasen wechseis — bei den höheren Pflanzen also das Fehlen jeder Form der Samenbildung — ist ebenfalls als Folge von Bastardierung denkbar. Sterile Bastarde zwischen Arten, die außer zu geschlechtlicher Fortpflanzung auch zu vegetativer Vermehrung befähigt sind, werden sich wahrscheinlich ebenfalls auf vegetativem Wege erhalten und vermehren können. Die so häufig festgestellte, ganz allgemein kräftigere vegetative Entwicklung der Bastarde gegenüber ihren Eltern spricht sogar dafür, daß sich bei sterilen Bastarden die Erscheinungen der Luxuration auch in einer verstärkten Ausbildung der ererbten vegetativen Propagations- organe äußern wird. Jedenfalls aber ist die Möglichkeit vorhanden, daß völlig sterile Bastarde sich durch vegetative Vermehrung nicht nur lange an ihrem Entstehungsorte erhalten, sondern sich von dem- selben aus auch ausbreiten können. Vorgänge der Bastardierung Bastardhypothese und vegetative Propagation. 531 werden so zur Bildung von Formen führen, die ohne Kenntnis ihres Ursprunges als sterile Standortsformen, Varietäten oder Unterarten der Elternarten gelten. Thesen: 1. Vegetative Vermehrung kann sehr wohl neben reichlicher Fruktifikation bestehen und braucht an sich weder einen Verlust des Geschlechtes noch einen hybriden Ursi^rung zu bedeuten. Zu- zugeben ist auch die Möglichkeit, daß das Verhältnis der sexuellen Fortpflanzung zur vegetativen Propagation bei solchen Pflanzen durch äußere Faktoren beeinflußbar ist und je nach den Bedingungen bald die eine, bald die andere Fortpflanzungsart vorherrscht oder die andere ganz ausschließt. Für unsere Fragestellung kommen nur diejenigen Pflanzen näher in Betracht, für die erblicher Verlust oder doch unter den verschiedensten äußeren Bedingungen sehr starke Einschränkung der sexuellen Fortpflanzung oder unregel- mäßiger Verlauf derselben nachgewiesen ist. 2. Die Formenkreise von Lilium croceum und hidhiferum sind durch das Vorherrschen vegetativer Pro^Dagation bei einzelnen Sij^j^en ausgezeichnet, die auch durch ihre absolute Selbststerilität an Hybriden erinnern. Bastardierung hat nach allgemeiner Annahme bei der Entstehung des Formenkreises dieser Lilien eine große KoUe gesj)ielt und Bastarde mit rein einseitiger Vererbung sind exj^eri- mentell nachgewiesen. Die Möglichkeit ist also vorhanden, daß sowohl im Formenkreis des L. hulbiferum wie des L. croceum durch Kreuzung bluten sterile metrokline und patrokline Formen ge- schaffen worden sind, die sich ausschließ lic.h durch Bulbillen vermehren. 3. Bei vielen Vertretern der Gattung Agave ist Bulbillenbildung neben Samenbildung möglich; bei anderen scheint vegetative Pro- pagation erst auf besondere äußere Einwirkungen hin als Ersatz der sexuellen Fruktifikation in Erscheinung zu treten und für eine An- zahl Arten ist Vermehrung durch Bulbillen die einzige be- kannte Fortpflanzungsart. Für die Annahme von Bastardierungs- vorgängen bei der Entstehung ausschließlich viviparer Formen spricht der Nachweis der völligen Sterilität oder Selbststerilität ihrer zahlreichen Blüten, die an die Befunde bei Bastarden erinnernden Unregelmäßigkeiten in der Pollen- und Embryosackentwicklung, sowie die Möglichkeit der Kreuzung fertiler Arten in der Kultur. 4. Auch bei Cardamine Imlhlfera ist reichliche Vermehrung durch Bulbillen mit außerordentlich spärlicher oder völlig fehlender Samen- bildung kombiniert. Auf Grund der bisherigen Befunde über samen- bildende Sippen von C. hidbifera ist eine Abhängigkeit der Fruktifi- kation dieser Art von günstigen Bedingungen für die Bestäubung 34* 532 Dreizehntes Kapitel. und von der Zusammensetzung d es Substrates, im besonderen vom Kreide- oder Kalkgehalt des Bodens angenommen worden. In- dessen ist auch zu wiederholten Malen auf die Existenz von Beziehungen zwischen der ganzen oder teilweisen Sterilität und der vegetativen Vermehrung dieser Pflanze hingewiesen worden, wobei allerdings die Ansichten über den ursächlichen Zusammenhang der beiden Erscheinungen auseinander gingen und bald das Eintreten der Sterilität, bald die „Anpassung an vegetative Vermehrung" als primär betrachtet wurde. Für die Auffassung der C. huJhifera als eines in der Regel sterilen und sich vegetativ fortpflanzenden Artbastardes sprechen außer ihrer Sterilität auch ihre Verbreitungsverhältnisse, ihre intermediäre Stellung zwischen anderen Arten, der bereits erbrachte Beweis, daß Artbastarde innerhalb der Gattung Cardamine sehr häufig sind, so- wie der Umstand, daß die Bedeutung der Hybridisation für die Artbildung in dieser Gattung auch schon von systematischer Seite betont worden ist. Hinsichtlich des Bastardierungsaktes kommen zwei Möglichkeiten in Betracht. Die an den meisten Standorten sterile und sich aus- schließlich durch Bulbillen fortpflanzende Form ist a) ein Bastard zwischen einer früher verbreitet gewesenen und wahrscheinlich auch jetzt noch lokal vorkommenden fertilen, habi- tuell ähnlichen Stammart und einer in denselben oder angren- zenden Gebieten vorkommenden weiß- oder gelbblühenden Art, oder b) ein Bastard zwischen zwei anderen der auch gegenwärtig noch in denselben Gebieten vorkommenden Arten, vermutlich zwischen C.^eMtaphylla und einer der fiederblätterigen, weiß- oder gelbblühenden Arten, C. polypliijUa, pimiata, enneaphijUa. 5. Durch die bisherigen Untersuchungen über Entwicklung und Aufbau der Ährchen und Blüten von Poa alp'ina f. livipara sind Korre- lationen zwischen der Verminderung oder völligen Unterdrückung, der Funktionsunfähigkeit der noch zur Ausbildung kommenden Blüten einerseits, der Bulbillenbildung anderseits festgestellt. Die vorge- nommenen Kulturversuche sprechen dafür, daß außer fertilen und halb fertil-viviparen Sippen und Stämmen ganz sicher auch Indi- viduen oder Stämme von P. alpina vorkommen, die sich aus- schließlich apomiktisch fortjDflanzen, nur unter ungünstigen Kulturbedingungen eine Hemmung der Bulbillenbildung erfahren und damit eine Rückkehr zur samenbildenden Form verbinden. Um- wandlung einer P. alpina fnictif er a in eine f. viripara durch Änderung der Kulturbedingungen ist bis jetzt nicht gelungen. Als Ursache der Entstehung der „spontan entstehenden, erb- lichen und mehr oder weniger konstanten" /'. vivipara ist vom Stand- punkte unserer Arbeitshypothese aus Bastardierung in der Aszendenz Bastardhyjjothese und vegetative Propagation. 533 anzunehmen. Für den hybriden Ursprung der reinen hidbifera-Fornien sprechen die Resultate der bis jetzt vorliegenden Untersuchungen über die Degradationen der Blüten in den Bulbillen erzeugenden Ährchen, die Funktionsunfähigkeit der Antheren und Samenanlagen und besonders die Unregelmäßigkeiten im Verlauf der Pollen- und Embryosackentwicklung, die in der Regel nicht zur Ausbildung funktionsfähiger Geschlechtszellen führen. Versuchen über experi- mentelle Erzeugung einer viviparen Poa durch Hj^bridation haben vorerst die Feststellung der Erblichkeitsverhältnisse der sich ver- schieden fortpflanzenden Formen und deren cytologische Unter- suchung vorauszugehen. 6. Völliger Verlust der geschlechtlichen Fortpflanzung ist nicht nur bei Blütenpflanzen, sondern auch unter den niederen Pflanzen häufig. Auch hier zeichnen sich geschlechtslose Formen vor ihren sexuellen Verwandten nicht selten durch eine, an die Luxuration der Bastarde erinnernde ungewöhnlich üppige vegetative Entwick- lung aus. 7. Ein Antagonismus zwischen sexueller und ungeschlechtlicher Fortpflanzung ist bei den Moosen nicht vorhanden. Die Ausbildung vegetativer Vermehrungsorgane kann nicht als Ursache des Ge- schlechtsverlustes einzelner sich aiisschließlich apomiktisch fortjjflan- zender Arten aufgefaßt werden. Dagegen könnten einzelne der nur in einem Geschlecht vorkommenden oder völlig sterilen Moosformen sterile Bastarde sein, die sich als ausdauernde F,-Ga- metophyt- Generation durch Brutorgane oder Frag- mentation des Thallus erhalten und vermehren. 8. Für Caulerpa und einige andere Gruj^pen vielgestaltiger, „geschlechtsloser" Schlauchalgen ist ebenfalls die Möglichkeit zu prüfen, ob nicht ein Teil ihrer Formbildung durch Bastardierung in der Aszendenz verursacht worden sein könnte. Unter dieser Vor- aussetzung würden auch diese Pflanzen wieder mit der Sterilität von Bastarden üppige vegetative Entwicklung und Vermehrung verbinden. Bessere Anpassung der luxurierenden Bastarde an die äußeren Fak- toren hätte allmählich zur völligen oder doch lokalen Verdrängung der sexuellen Stammformen geführt. 9. Die bisherigen Versuche, den Formenreichtum innerhalb der Gattung Caulerpa zu erklären, basieren auf der Auffassung der ve- getativen Propagation als der ursprünglichen Fortpflanzungsart dieses Formenkreises und gipfeln in der Annahme von Mutation durch Knospenvariation. Eine ganze Anzahl von Beobachtungen machen es aber wahrscheinlich, daß auch jetzt noch einzelnen Cau- lerpen Fortpflanzung durch Schwärmsporen oder Gameten zukommt. Ihre sichere Feststellung würde dafür sprechen, daß in diesem Ver- wandtschaftskreise nicht eine ursprüngliche Geschlechts- 534 Dreizehntes Kapitel. losigkeit, sondern s e k u n d är e r G e s c h 1 e c h t s v e r 1 u s t vorliegt, amphimiktisclie Fortpflanzung in dieser Gattung früher verbreiteter war als jetzt und Kreuzung zwischen sexuellen Arten auch zur Bil- dung von sterilen Bastarden, d. h. der Mehrzahl der jetzigen ge- schlechtslosen Formen geführt haben kann. 10. Ahnlich wie bei der Entstehung der apoganien Ohara cri- nita ist auch in der Aszendenz einzelner der heutigen geschlechts- losen Caulerpen ein Ausbleiben der Reduktionsteilung bei der Keimung von Heterozygoten und damit die Bildung diploider Ga- metophyten erfolgt. Dij^loidie und Heterozygotismus der Kerne haben wiederum üppige vegetative Entwicklung, die Vorgänge der Luxuration ausgelöst, während die Gametenbildung mit ihren Kern- teilungsvorgängen und Plasma-Umlagerungen Störungen und Hem- mungen aufwies oder völlig ausgeschaltet wurde. 11. Sollten dereinst cytologische Untersuchungen weitgehende Verschiedenheiten in den Chromosomenzahlen der Caulerpen fest- stellen, so wäre die Möglichkeit zu berücksichtigen, daß neben Bastardierung oder in Kombination mit derselben auch Dispermie oder Polyspermie zur Veränderung der Chromosomenzahlen und zum Verlust der geschlechtlichen Fortpflanzung beigetragen haben. 1 2. Wie in allen anderen besprochenen Verwandtschaftskreisen kommen auch für die in der Phylogenie der Gattung ( kiuleriia an- genommenen Hybridisationen ebensowohl die Entstehung von patro- und metromorphen Bastarden wie intermediärer Formen und von Neukombinationen der elterlichen Merkmale in Frage. Wenn irgendwo im Pflanzenreich, so werden bei hybriden Siphoneen infolge ihrer besonderen Organisation Bildung von Mosaikbastarden und vegetative SjDaltungen möglich sein, die in Verbindung mit nachfolgender Propagation als scheinbar progressive Mutationen mit zum Formenreichtum dieser Gattung beitragen. 13. Ahnlich wie bei Caulerpa könnte Bastardierung auch bei der Entstehung der vegetativ hoch organisierten Udoteae Anteil an Formbildung und Geschlechtsverlust haben. Auch in diesem For- menkreis liegt nicht primitive Geschlechtslosigkeit, sondern sekun- därer Geschlechtsverlust vor. 14. Erscheinungen geschwächter Sexualität und des Ersatzes eigentlicher Sexualität durch vegetative Kern- oder Zellverschmel- zungen leiten innerhalb der Pilze von der Amphimixis zum völligen Verlust von Kernverschmelzungen, den Erscheinungen der Apomixis über. Beispiele völligen Geschlechtsverlustes und rein apomiktischer Fortj^flanzung sind innerhalb der Pilze häufig. Der Übergang der Pilze zur heterotrophen Lebensweise ist offenbar schon frühzeitig erfolgt. Die Eigentümlichkeiten ihres äußeren und inneren Aufbaues, die alsAnj)assungen oderFolgen Bastarclhypothese und vegetative Propagation. 535 der besonderen Lebensweise gedeutet werden, legten auch die Annahme von Beziehungen zwischen Geschlechtsverlust und Lebens- weise besonders nahe. Wie bei den höheren Püanzen ist aber auch bei den Pilzen der Übergang von der autotrojihen zur heterotrophen Lebensweise nicht als direkte Ursache von Schwächungen in der sexuellen Sj)häre anzunehmen, sondern höchstens indirekt dafür bedeutungsvoll geworden. Eine Parallelität zwischen dem Grade der Anpassung an die heterotrophe Lebensweise und dem Grad der Reduktion in der Geschlechtssphäre ist auch hier nicht vorhanden. 15. Für alle Verwandtschaftskreise der Pilze mit völligem Ge- schlechtsverlust oder ausschließlich automiktischen Fortj^flanzungs- vorgängen ist die Frage nach der Ursache des Verlustes der Arnj^hi- mixis nicht m.ehr direkt zu lösen. Die Arbeitshypothese vom hybriden Ursprung der apomiktischen Pflanzen wird sich also nur an denjenigen Verwandtschaftskreisen der Pilze erproben lassen, welche neben automiktischen und aj)omiktischen Arten und Rassen auch noch typisch amphimiktische Vertreter aufweisen. Vierzehntes Kapitel. Andere Ursachen verminderter Fertilität, von Sterilität und vegetativer Vermehrung im Pflanzenreich. Beobachtungen aus den verschiedensten Abteilungen des Pflanzen- reichs haben gezeigt, daß sich die HyjDothese vom hybriden Ursprung der Aj^ogamen zwanglos auf einen Teil derjenigen Pflanzen ausdehnen läßt, welche nicht nur einen Verlust der Zygotenbildung, sondern auch der Erzeugung von Fortpflanzungszellen und -Organen erlitten haben und sich ausschließlich durch vegetative Vermehrung erhalten und verbreiten. Es liegt mir aber ferne, so weit gehen zu wollen, wie Jeffrey, der neuerdings (1914, 1916) die Anschauung vertreten hat, daß die in allen Verwandtschaftskreisen der Pflanzen, von den Algen bis zu den Angiospermen, verbreitete teilweise oder völlige Sterilität der Sexualzellen im allgemeinen stets als sichtbare Spur der in der Aszendenz erfolgten Kreuzung aufgefaßt werden müsse. Dieser Auffassung ist entgegenzuhalten, daß auch in der Sexualsphäre der Organismen, wie in allen anderen Lebenserscheinungen, derselbe Effekt sehr wohl durch verschiedenartige Einflüsse hervorgerufen werden kann. Es ist zu erwarten, daß auch die Sterilität von Ga- meten oder von Sporen verschiedene Ursachen haben kann^). Die Jeffrey sehe Hypothese ist als Kritik der Grundlagen der Muta- tionstheorie aufgestellt worden. De Vries macht in ihrer Be- sprechung darauf aufmerksam, daß außer der Kreuzung auch andere Faktoren, Ernährungs- und klimatische Einflüsse, sodann Entwick- lungsstörungen durch j)fl^iizliche oder tierische Parasiten usw. Sterilität zur Folge haben. In Berücksichtigung dieser Tatsachen möchte ich meine Hypothese nur auf solche Fälle der Sterilität an- wenden, bei welchen sich mit derselben ein erblicher, oder doch über Generationen wirksamer Geschlechtsverlust geltend macht. ') Wohl mit Recht weist Jeffrey (1916) aber darauf hin, daß in verschie- denen Verwandtschaftskreisen, wie z. B. in den Gattungen Bctnla, Quercus, Solanum, Alopecnnis, Potamogcton usw., deren Arten sich durch große Variabilität und Ga- metensterilität auszeichnen, hybrider Ursprung sehr verbreitet sein dürfte. Dafür spricht auch, daß monotypische Spezies derselben Gruppen, wie Zizania aquatica, Zannichellia, Zostera u. a. vollkommen entwickelten Pollen bilden. Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 537 Für vorübergehende Sterilität sind eine ganze Anzahl anderer Ursachen möglich. Auch für einzelne Fälle obligater Sterilität sind mehr oder weniger klar zu übersehende andere Ur- sachen festgestellt worden. Es wird genügen, im Nachfolgenden kurz auf einige Gruppen solcher Erscheinungen hinzuweisen. I. Sterilität infolge K o r r e 1 a t i o n s - und E r n ä h r u n g s - änderungen in Blüten. Bei verschiedenen Pflanzen sind Korrelationen zwischen einzelnen Blütenorganen, in anderen zwischen Blüten desselben Blütenstandes, zwischen Blüten und anderen Organgruj^pen als Ursache der Sterilität erkannt worden. • Stärkere Abweichungen vom normalen Bau der Blüten können, selbst wenn sie die ßeproduktionsorgane nicht direkt affi- zieren, zu geschlechtlicher Impotenz führen. Als Beispiele hierfür erwähnt Darwin (1868, II. S. 224) die anormalen Blüten von Be- gonia frigida, die Primeln mit petaloider Ausbildung des Kelches. Weiter führt er die geringe Fertilität pelorischer Blüten verschiedener Pflanzen, wie Linaria vulgaris, Corydalis soliäa, sowie einzelner Ge- wächshaus-Pe largo nien an. Er betont indessen, daß in anderen Fällen ungewöhnlich weitgehender Monstrosität keine Schwächung der Fertilität eingetreten sei, so daß also Monstrosität nicht immer Ursache von Unfruchtbarkeit, dagegen die letztere gelegentlich eben- falls Ursache des monströsen Wachstums sein werde. Aus der neueren Literatur seien zwei Fälle vernünderter Fertilität infolge ab- weichenden Blütenbaues angeführt. Nachuntersuchungen von Correns (1905) sind bei Campanula medium f. calgcanthema mit der j)etaloiden Umbildung des Kelches auch Änderungen in der Ausbildung der Kapseln und vor allem in der Fruchtbarkeit verbunden. Während die Sippen der Campanula medium f. typica Kapseln bilden, deren fünf Fächer mit Klappen aufspringen und reichlich Samen bilden, bleiben bei der f. calycanthema die Kaj^seln in der Regel geschlossen. Sie liefert bei freiem Aufblühen viel weniger oder gar keinen Samen und bei künstlicher Bestäubung wurden überhaupt nur ausnahmsweise ein- zelne Samen erhalten. Dabei bleibt allerdings das Androeceum voll- kommen intakt. Der Pollen der f. calycanthema ist so reichlich aus- gebildet wie bei f. typica, die einzelnen Körner sind durchgängig ebensogut entwickelt und genau so tauglich wie bei der f. typica. Der Grund der Sterilität der f. calycanthema hängt nach Correns wohl zusammen mit der Unterständigkeit des Fruchtknotens. Die Nährstoffe werden zur Bildung des j)etaloiden Kelches verbraucht und können nicht mehr in genügender Menge zum Gynaeceum ge- langen. Ein weiterer Grund der Sterilität ließ sich nicht nachweisen. 538 Vierzehntes Kapitel. Die Samenanlagen der f. calycanthema unterschieden sich, wie Correns (1. c, S. 467) besonders bemerkt, nicht von denjenigen der f. typica und besaßen einen gutentwickelten Embryosack. Eine ähnliche „Abdämmung der Nährsubstanzen" von den Samen- anlagen findet im ob er stand igen Fruchtknoten der calyccmthema- Individuen von M'miuliis tigrinus offenbar nicht statt. Sie sind oft normal fruchtbar. Ebenso hat sich Primala polyantha calycanthema bei legitimer Bestäubung fruchtbar erwiesen. Auch die Pelorien verhalten sich hinsichtlich ihrer Fertilität durchaus verschieden. Nach den übereinstimmenden Erfahrungen aller Forscher sind, wie de Vries (1901,1. S. 555) schreibt, „die Blüten der Linaria vulgaris peloria in hohem Grade steril. Der Pollen ist schlecht ausgebildet, aber auch der Fruchtknoten ist meist atroj)isch. ,3 - l^eopn-sicwn König ^^^ GlgciS-Formen als Folge ein- Humbert, gelbrrnchtig" (n) und Ä li/eo- p , ^i -, perswum c,jr,as (g). Natürliche Grciße. Aus ^^cher Cliromosomenverdoppe- Winkler (1916, S. 455, Textfigur 7). lung in vorher normal diploiden Zellen, etwa infolge Wundreiz, spricht. Die zweite Art der Entstehung wäre möglich, weil wirklich tetraploide Zellen in den normalen Geweben der beiden Pflanzen vor- kommen. Am meisten Wahrscheinlichkeit aber kommt seiner Ansicht nach der dritten Art der Entstehung, derjenigen infolge Kern durch- tritt e und Kern Verschmelzungen zu. „Man wird sich vorstellen müssen, daß durch die mechanischen Beeinflussungen Porenerweite- rungen und Bisse in den Zellwänden eintreten, die den Weg öffnen, auf dem unter dem Einfluß der Pressungen und Spannungen im Gewebe der Inhalt einer Zelle ganz oder zum Teil in die andere hinübergedrängt wird". „Auf diese Weise können", schreibt Winkler weiter, „zwei-, drei- und mehrkernige Zellen und die plasmodiumähnlichen Zusam- menfließungen entstehen, die sich im Kambialkallus beobachten lassen und bei nachfolgender Verschmelzung der Kerne können sich j)oly- ploide Kerne bilden, deren Größe in direktem Verhältnis zu ihrer Chromosomenzahl steht. Bei entsprechender Lage der Dekapitations- Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 547 Schnittfläche kann es dann vorkoiTimen, daß eine solchermaßen tetra- ploid gewordene Zelle, die mitten zwischen normal diploid geblie- benen liegt, zum Aufbau eines adventiven Vegetationspunktes mit herangezogen wird". ^^_ ^ i^ m A X -.ä^ ■■■^ f 1 •-A Fig. 159, K e r n t e i 1 u n g s b i 1 d e r von Solanum lycopersieum iypus und gigas. 1 und 2 Kernplatten der ersten Reduktionsteilung in Pollen- mutterzellen von S. lyc. tgpvs mit 12 Chromosomen; 5 Kernplatte einer somatischen Mitose (Rindenzelle einer Adventivwurzel) von S. lye. fyjnts mit 24 Chromosomen; 4 Pollenrautterzelle der Oigas-Form, in der Äquatorial- platte der ersten Teilung 24 Chromosomen; 5 Kernplatte einer somatischen Mitose (Rinde einer Adventivwurzel) der 6'?V/rtSrForm, Stadium der Äqua- torialplatte mit 48 Chromosomen. Aus Wink 1er (1916, Taf. IV, Fig. 1, 2, 3, 5 und 12). Solanum nigrum und ebenso S. lycopersieum kamen bei diesen Versuchen Winklers in sehr konstanten reinen Linien zur Ver- wendung. „Weder S. nigrum noch S. lycopersieum, Sorte ,König 548 Vierzehntes Kapitel. Humbert, mit gelben Früchten' sind mutierende Arten im Sinne von de Vries. Sie sind vielmehr völlig konstant, soweit die Beob- achtung reicht." Beide Arten wurden seit 10 Jahren in reinen Linien kultiviert, tausende von Individuen unter Beobachtung ge- halten. „Es haben sich niemals auch nur die geringsten Abweichungen gezeigt. Beide Arten bestäuben sich übrigens regelmäßig selbst. Ein Zweifel daran, daß beide Arten bei Aussaat völlig konstant sind, ist demnach nicht möglich." Es handelt sich hier also sicher um die Verdoppelung des diploiden Chromosomensatzes vegetativer Zellen reiner, nicht hybriden Ursprunges verdächtiger Arten. Winklers weitere Angaben liefern daher auch sichere Beiträge zur Beantwortung der Frage, welche Bedeutung einer solchen ChromosomenverdojJj^ehmg für die liösung des Sterilitätsproblemes zukommt. Da liegen nun die Verhältnisse wie folgt: S. lycopersicum weist haploid 12, diploid 24 Chromosomen auf. Bei ( ?8 \, 4 Fig. 160 Kevnteilungsbilder von .S'. nigrimi typus und gigas. 1 und 2 Kernplatten der ersten Reduktionsteilung in Pollenmutterzellen von S. nigrum typus mit 36 Chromosomen; 3 Kernplatte einer somatischen Mitose (Rindenzelle einer Wurzel) mit 72 Chromosomen; -/ Pollenmutterzelle der Gigas -Yonw, Äquatorialplatte der ersten Reduktionsteihing mit 72 Chromosomen; 5 Kernplatte einer somatischen Mitose (Zelle aus der innersten Rindenschicht des Griifels) der Ö^'g'as-Form, Äquatorialplatte mit 144 Chromo- somen. Aus Wink 1er (1916, Tat. VI, Fig. 1, 2, 3, 6, 9). zu verlaufen. Gelegentlich zeigten sich allerdings auch Abnormi- täten. Als eine solche wird z. B. eine Pollenmutterzelle mit ab- normem Verlauf der zweiten Teilung abgebildet. Anstatt der zu erwartenden Anzahl von 72 Chromosomen haben die beiden Kern- 550 Vierzehntes Kapitel. platten eine sehr verschiedene Anzahl von Chromosomen erhalten: die eine umfaßt nur 7 Chromosomen, die andere enthält den ganzen Rest der 144 Chromosomen. Solche und ähnliche Degenerations- erscheinungen sind nach Win kl er „in den Antheren des S. nigrum gigas außerordentlich häufig, und zu einer völlig normalen Aus- bildung des gesamten Pollens kommt es überhaupt nicht. Nur als gelegentliche Ausnahme findet sich einmal ein fertig ausgebildetes Pollenkorn mit anscheinend normalem Plasmainhalt". Die Entwicklungsgeschichte der Samenanlagen und ihrer Em- bryosäcke ist für beide Ci^rfs-Formen noch nicht untersucht. Die vorgenommenen Bestäubungsversuche haben, vor allem bei S. nigrum gigas, nur eine geringe Fertilität ergeben. Während die Stammart S. nigrum vollkommen fertil ist und infolge der regelmäßig ein- tretenden Selbstbestäubung sich fast jede Blüte zu einer zahlreiche Samen bergenden Frucht ausbildet, ist die Gigas-Forrw während der 1916 beschriebenen Versuche Winklers beinahe völlig steril ge- blieben. Die meisten Früchte waren taub oder enthielten nur einige wenige, halb verkümmerte Samen. Da beim Nachtschatten die Fruchtgröße nachweislich von der Samenzahl abhängt, sind die Früchte der Gigas-Form kleiner als diejenigen der Normalform, mit welchen sie sonst die tyjDische Gestalt und Farbe teilen. In einer einzigen der während des AVinters 1915/16 entstandenen Früchte von S. nigrum gigas war ein Same zur fertigen Ausbildung gekommen. Er war etwas größer als die Samen der Stammform und erwies sich als keimfähig. Aus der ganzen Gestaltung der Keimpflanze, die cytologisch noch nicht untersucht war, schließt Winkler, daß sie zur tetraploiden Form gehört, die demnach samenbeständig sein wird. Unter den günstigeren Kulturbedingungen im Frühling und Frühsommer setzten alle Gigas-J^üa,nzen von S. nigrum zahlreiche Früchte an und zwar, wie Winkler schreibt, „zumeist hervorge- gangen aus Blüten, die ich mit Gigas-Pollen bestäubt habe. Auch bei Rückkreuzung mit dem typischen S. nigrum setzen die Gigas- Blüten rasch an". Von denjenigen Blüten, die nicht künstlich bestäubt wurden, fruchtete ungefähr der dritte Teil. Die Zahl der Samen blieb auch in diesen Früchten gering. Aus 20 Früchten wurden 36 Samen geerntet, die alle keimfähig waren und Keim- linge der Gigas-¥orm. erzeugten. Von S. lycopersicuni gigas besaß Winkler im Frühsommer 1916 noch keine reifen,, wohl aber zahlreiche in Entwicklung begriffene Früchte. Auch hier hatte die künstliche Bestäubung Erfolg, um so mehr, als der Pollen der Gigas-Forrn. bei den späteren Versuchen bis etwa zu 5*'/o gut entwickelte Körner aufwies. Ebenso führte die Rückbestäubung der Gigas-Wrüien mit dem Pollen der diploiden Form zu raschem Fruchtansatz. Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Ptianzenreich. 551 Die Wink 1er sehe Studie von 1916 trägt in einzelnen Ab- schnitten noch stark den Charakter der vorläufigen Mitteilung. Sicher werden seine weiteren Arbeiten auch die Kenntnis der Fortpflanzungs- und Fertilitätsverhältnisse der exj)erimentell erzeugten G^? ^a.s-Fornien bedeutend erweitern. Schon jetzt aber steht fest — und das kommt an dieser Stelle einzig in Betracht, daß wenigstens bei den untersuchten Solanum- Arten mit der auf vegetativem Wege erreichten C h r o ni o s o m e n v e r d 0 p p e 1 u n g nicht Sterilität, sondern eine, wenn auch in der ersten Generation sehr beschränkte Fertilität verbunden ist. Ferner hat sich als sicher ergeben, daß der Grad der Fertilität ein wechselnder ist — und vergleichbar demjenigen der Bastarde — in starkem Grade von der Lebenslage und wohl auch vom Lebens- alter und der vegetativen Kraft der zur Blüte kommenden Pflanzen abhängig ist. Ungünstige Vegetationsbedingungen, Lichtmangel während der Winterszeit, haben die Fertilität des Pollens und wohl auch die Entwicklung der Samenanlagen ungünstig beeinflußt und damit den Fruchtansatz beider (j/ir/as-FoTinen herabgesetzt. „Seit mit dem Eintritt hellerer Witterung sich die Vegetationsbedingungen für unsere Pflanzen wesentlich gebessert haben, sind nun auch diese Pollen-Degenerationserscheinungen nicht mehr so stark vor- handen. Es kommt öfters zur Ausbildung von — immerhin ver- einzelten — Pollenkörnern, die normal zu sein scheinen", heißt es für S. lycopersicum gigas. Auch für S. nigrum gigas wird ähnliches konstatiert: „Nur als gelegentliche Ausnahme findet sich einmal ein fertig ausgebildetes Pollenkorn mit anscheinend normalem Plasnia- inhalt. Wenigstens war das während des ganzen Winters der Fall. Seit Beginn des lebhaften Wachstums in diesem Frühjahr finden sich viel häufiger normal aussehende Pollenkörner vor." An anderer Stelle wird deren Anteil an der Zusammensetzung des Pollensack- inhaltes zu ungefähr 5% angegeben. Nicht ausgeschlossen ist, daß sich die Fertilität in der aus Samen gezogenen Nachkommenschaft dieser Oigas-F orraen erhöhen wird. Nach Winklers Auffassung sind die von ihm erzeugten Gigas- Formen „den diploiden gegenüber durch ihre hochgradige Sterilität und vielleicht auch einige andere Eigenschaften in entschiedenem Nach- teil, so daß sie trotz ihres Riesenwuchses in der freien Natur kaum dau- ernd erhaltungsfähig wären. Es ist kaum zu bezweifeln, daß für noch höher polyjfloide Formen das gleiche gilt und weiteres hinzukommt". Dieser Ansicht ist gewiß in der Hauj)tsache zuzustimmen. Wink 1 er s G^i^«s-Fornien von Solanum- Krier^ zeigen in ihren Fortpflanzungs- verhältnissen mehrfache Anklänge an das Verhalten der aj^ospor entstandenen bivalenten und besonders der tetravalenten Laubmoose. So ist also auch zu erwarten, daß seine neuen Rassen, insbesondere 552 Vierzehntes Kapitel. diejenigen des schon im Ty^^^is nngewölinlich chromosomenreichen S. nigrum, mit jeder weiteren Steigerung der Chromosomenzahl, also z. B. bei Hexaploidie oder Oktoploidie völlig steril würden. Dagegen ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß K. lycoperslcum und Arten mit noch niedrigeren Chromosomenzahlen Verdoppelung oder eine noch weitergehende Vervielfachung ihres eigenen Chro- mosomensatzes ohne ebenso weitgehende Schädigung in ihrer Fort- pflanzungssphäre ertragen könnten. Vorderhand aber sind solche absolut sterile Formen durch das Mittel der Verdoppelung oder Vervielfachung des diploiden Chromosomensatzes im Gefolge von Regenerationserscheinungen noch nicht erzeugt. Die Möglich- keit ihrer Entstehung soll aber in keiner Weise angezweifelt werden, im Gegenteil scheint mir die Bildung völlig steriler, sich aber vegetativ selbsttätig reproduzierender Formen auf dem von Winkler eröffneten Wege durchaus im Bereich des Mög- lichen zu liegen. Sie würde verwirklicht, wenn es in Zukunft z. B. gelingen sollte, Solanum tuberosum oder andere knollenbildende Formen auf demselben Wege tetraploid oder in noch höherem Grade polyploid zu erhalten. Es ist zu erwarten, daß solchen Arten auch bei weitgehenden Störungen im äußeren oder inneren Aufbau und bei völliger Sterilität der Sexualorgane die Fähigkeit zur Knollenbildung in gleichem oder vielleicht noch in verstärktem Maße erhalten bliebe. Damit wäre dann auf experimentellem Wege eine völlig sterile und sich ausschließlich auf vegetativem Wege natürlich erhaltende Kultur^Dflanze erzeugt. Auch wenn solchen Experimenten ein voller Erfolg beschieden sein sollte, ist damit kein Beweis gegen die Auffassung der Bastardierung als der Haupt- ursache von Sterilität und Apogamie im Pflanzenreich gegeben. Die Fragen, ob ähnliche Vorgänge der Chromosomenverdoj^pelung auf vegetativem Wege auch in der Natur zur Entstehung neuer Formen führen, ob eventuell solche Vorgänge als Ursache stark variierender Chromosomenzahlen innerhalb einzelner Verwandtschafts- kreise gelten und Anteil haben könnten am Zustandekommen kon- stant steriler oder sogar ovoapogamei Formen i), werden wohl ') Eine eingehende vergleichend-cjtologische Untersuchung der Keduktions- und Tetradenteihmg der Embryosackmutterzellen sowie der Embryosackentwicklung von S. lycopersictim gigas und S. oiigrum gigas steht noch aus. Bis ihre Ergeb- nisse vorliegen, könnte angenommen werden, daß die gelegentliche Samenbildung dieser Formen auch auf dem Ausfall von Reduktion und Befruchtung beruhen, also ovogene und durch Pollen reizwirkung induzierte Apogamie vor- liegen könnte. Ist dies nicht der Fall, wird die künftige Untersuchung vielmehr die Durchführung der Reduktion auch in den Makrosporenmutterzellen, das Vor- kommen diploider Pollenkorn- und Eikerne, den Eintritt der Befruchtung bestätigen, so bilden die tetraploiden Solanum-V ox\üen wohl einen der schönsten indirekten Beweise für unsere Hypothese vom hybriden Ursprung der im Vergleich zu den sexuellen Verwandten tetraploidkernigcn Apogamen. Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 553 auch durch die künftigen Untersuchungen kaum bejaht. Die Win kl er sehen Versuche lassen erkennen, daß die Entstehung der tetraploiden Solanum-Fornien wenigstens vorläufig nur unter Be- dingungen erfolgt, die in der Natur kaum je realisiert sein dürften. Sie sind zwar als adventive Bildungen, aber trotz der Untersuchung unzähliger Sprosse erst dreimal und nicht einmal rein, sondern als Komponenten von Chimären entstanden. Die zu ihrer Ent- stehung geeigneten Bedingungen scheinen nur an Pfropfstellen gegeben zu sein. Adventivs^^roßbildung an gewöhnlichen Dekaj)i- tationsstellen führte bis jetzt zu keinem positiven B;esultat. In der Natur aber sind wohl nur dieser letzteren Versuchsanstellung un- gefähr gleichkommende Schädigungen und Neubildungen an regene- rationsfähigen Pflanzenteilen zu erwarten. 3. Sterilität als Folge einer Chromatindiminution? Wie Chromatin Vermehrung scheint auch eine Chromatin Ver- minderung oder ein Ausfall von Chromosomen als Ursache oder Begleiterscheinung von Sterilität in Frage kommen zu können. Bis jetzt sind allerdings erst wenige Beobachtungen gemacht worden, welche in diesem Sinne gedeutet werden können. Am positivsten ist in letzter Zeit Delaunay (1915) für die Existenz von Be- ziehungen zwischen Chromatinverlust und Sterilität eingetreten. Er fand unter den von ihm untersuchten Muscari-Arten eine Reihe von Formen, innerhalb welcher ein allmählicher Rückgang in der Ausbildung fertiler Blüten zu beobachten war. Diese Reihe endigte mit dem völlig sterilen M. comoi ß e n - abnähme der Chromosomen bei Muscari. Entstehung und Ver- schwinden der Satelliten- oder Trabantenchromosomen. Nach Delaunay (1915, S. 51, Fig. 2). Parallel laufend mit der fortschreitenden Reduktion in der Fertilität ließ sich bei diesen eine immer deutlicher hervortretende Rück- bildung bestimmter Chromosomenpaare feststellen. Das End- glied der Reduktionsreihe, 31. comosum monstruosum., hatte die kürzesten Chromosomen. Etwas weniger sterile Formen wiesen entsprechende Chromosomenpaare mit Satelliten auf, andere zeigten längere Chromosomen mit einer deutlichen Einschnürung und die normalsten Glieder der Reihe hatten überhaupt längere und breitere Chromo- somen. Delaunay nimmt an, daß bei der Entstehung der von ihm festgestellten Formenreihe eine allmähliche Abtrennung und ein nachfolgendes Verschwinden von bestimmten Chromosomenteilen und damit eine Verkürzung der Chromosomen erfolgt sei. Chromo- somen mit Trabanten, wie sie bei einigen Arten beobachtet werden konnten, sind dabei als Übergangsstadien zwischen längeren und kürzeren Chromosomen aufgetreten. Über die Ursache des von ihm angenommenen „processus phylogenetique de la reduction caryolo- gique" und des nebenhergehenden oder davon abhängigen Verlustes Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 555 fertiler Blüten macht Delaunay keine Mitteilungen. Seine An- nahme, daß ein solcher Vorgang im Organismenreich weit verbreitet sei, bedarf wohl, wenigstens auf botanischem Gebiet, der Erhärtung durch weitere Untersuchungen. Vorderhand kommt Chromatin- diminution — es sei denn eine solche in der Nachkommenschaft von Fig. 162. Kern platte somatischer Teilungen einiger Muscari- Arten mit abnehmender Größe einzelner Chromosomenpaare. 1 M. comosum MilL, 2 M. tcnuiflori(m Tausch., 3 M. monsiruosnm Mill. Nach Delaunay (1915, Tat. I, Fig. 1— 3, Vergr. 2800/1). Hybriden — wohl nicht als Ursache konstanter oder erblicher Ste- rilität ernstlich in Frage, III. Der Einfluß abgeänderter Lebensbedingungen auf die Ausbildung der Sexualzellen und die Fertilität. Die Fertilität der einzelnen Individuen einer jeden Pflanzenart ist verschieden, Sie ist abhängig von ihrer Lebenslage. Bestimmte Kombinationen äußerer Bedingungen lassen eine reichliche Fort- pflanzung zu, andere vermindern die Fertilität und für jeden Orga- nismus sind auch Bedingungen denkbar, unter denen er ausschließlich vegetativ bleibt. Am einfachsten ist die Abhängigkeit des vegetativen Wachstums, der ungeschlechtlichen sowie der geschlechtlichen Fort- pflanzung von der Lebenslage bei niederen Formen zu übersehen, und Klebs (1896) hat in seinem schon mehrfach angeführten "Werk für eine ganze Anzahl von Algen und Pilzen die Bedingungen der Fort- pflanzung festgestellt. In seinen späteren Studien an Sempcrrivum (vgl. 1905 u. 1913 b) hat er sich zum Ziel gesetzt, die Bedingungen für das Wachstum, die vegetative Vermehrung durch Tochterrosetten, sowie für die geschlechtliche Fortj^flanzung in Form der Blütenstände heraus- zufinden. Seine Bemühungen haben zum gleichen Ergebnis geführt wie die Untersuchung von Algen und Pilzen. Jeder der genannten Ent- wicklungsvorgänge von Seinpervivum steht in einem andersartigen 556 Vierzehntes Kapitel. Verhältnis zur Außenwelt. „Man kann mit Hilfe der Kenntnis der notwendigen Faktoren durchaus bestimmen, wie die Entwicklung stattfindet. Es gelingt, die Rosetten jahrelang für sich wachsen zu lassen ohne Bildung von Tochterrosetten oder mit zeitweiliger Bil- dung von solchen, aber ebenso kann man die Bildung der Infloreszenz mit ihren Blüten hervorrufen." Damit ist gezeigt, daß auch an ein- jährigen und ausdauernden Blütenpflanzen die Blüten- und Frucht- bildung unterdrückt und das vegetative Wachstum erhalten werden kann. Die Möglichkeit ist also vorhanden, gewisse Pflanzen im Ex- periment über unbeschränkte Zeit, d. h. innerhalb der Lebenszeit eines Forschers, im vegetativen Zustande zu erhalten und den Ein- fluß der erzwungenen Sterilität auf das Fortpflanzungsvermögen festzustellen. Kombinationen von Außenbedingungen, die Sterilität einzelner Pflanzenarten im Gefolge haben, können auch in der Natur ver- wirklicht sein und lokal zu steril bleibenden Populationen führen. Daher stellt sich die Frage zur Beantwortung, welchen Einfluß länger andauernde Unterdrückung der Fortpflanzung auf die Fähigkeit zur sexuellen Fortpflanzung und den Ver- lauf ihrer einzelnen Prozesse ausübt. Für die Entstehung erblicher Sterilität infolge einer solchen Unterdrückung der sexu- ellen Fortpflanzung wären verschiedene Möglichkeiten, jede für sich allein oder in verschiedenem Grade mit einander kombiniert denkbar: so z. B. Entstehung erblicher Sterilität infolge gänzlichen Verlustes der Fähigkeit zur Erzeugung von Sexualorganen resp. fertiler Sprosse bei höheren Pflanzen, ferner Eintritt von Störungen in der Ausbildung der Sporen- und Sexualzellen, die Sterilität bedingen. Was für An- haltspunkte für die Annahme solcher Entstehungs weisen der Steri- lität sind nun vorhanden? 1. Störungen in der Sporen- und Gametenbildung durch direkte Beeinflussung. Um die Bedeutung äußerer Einwirkungen für das Sterilitäts- problem festzustellen, seien zuerst die Abweichungen angeführt, welche durch künstliche Veränderung der Außenbedingungen bei normal geschlechtlichen Arten erreicht worden sind. Einzelne derselben führen zur Entstehung von Abnormitäten in der Teilung der Sporen- und Pollenmutterzellen, ähnlich denen, die bei Hyb- riden festgestellt worden sind. In dieser Richtung sind namentlich die Wirkungen chemischer Substanzen sowie gewisser Strahlen ausprobiert worden. So hat z. B. Körnicke (1905, S. 409) gezeigt, daß die Pollen- mutterzellen von Lilium Martagon durch Bestrahlung mit Röntgen- oder Radiumstrahlen starke Störungen in der Vorbereitung zur Andere Ui'sachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 557 hefcerotypischen Teilung und im späteren Verlauf der Reduktions- und Tetradenteilung erfahren. Eine Anzahl der beobachteten Ano- malien, Zurückbleiben einzelner Chromosomen oder Chromosomenpaare in der Teilungsebene, Bildung von „Sonderkernen", überzähliger Tetraden usw., sind in gewisser Hinsicht denjenigen der Apogamen, der sterilen Hybriden und der jDarthenokarj^en Pflanzen zur Seite zu stellen. Möglich wäre, daß bei solchen Bestrahlungs-Versuchen, ähnlich wie bei den nachfolgend zu besprechenden Narkose-Ver- suchen, Pollenkörner mit abgeänderter Chromosomenzahl der Kerne entstehen, die trotzdem keim- und zeugungs- fähig sind. Auf genügend brei- ter Basis und mit 239^ssenden Versuchsobjek- ten angestellt, könnten solche Versuche eben- falls zur Er- zeugung von Pflanzen mit abgeänderter Chromosomen- zahl führen. Ferner werden sich im Pflan- zenreich auch Objekte finden lassen, an denen mit Aussicht auf Erfolg ähnliche Versuche auszuführen sind, wie sie im Berliner ana- tomisch-biologischen Laboratorium von 0., G. und P. Hertwig (vgl. P. Hertwig 1917) vorgenommen werden. Befruchtung von Eiern mit artfremdem, radiumbestrahltem Sperma führt zur Erzeugung „falscher Bastarde", d.h. hajiloid-, oder dij^loidparthenogenetischer Entwicklung ha23loid-,oder diploidkerniger Eizellen. Ausgewachsene, geschlechtsreife Tiere sind bis jetzt aus den durch Röntgen- und Radiumstrahlen beein- flußten Sexualzellen noch nicht herangezogen worden. Für alle Fälle ist zu erwarten, daß bei solchen Versuchen zwar wohl eine verschie- denchromosomige Nachkommenschaft erzeugt werden kann, diese dagegen, sofern ihre Entstehung nicht mit einer wirklichen Bastar- dierung eingeleitet worden ist, keine prinzipielle Änderung in Fig. 163. Durch Radiumbestrahluno- erzeugte abnorme Kern- und Z e 1 1 1 e i 1 u n g s t'i g u r en im Ve r 1 a u f e der Pollenbildung von Lilium Martagon. a und b Verzöge- rung in der dizentrischen Wanderung der Chromosomen im heterotypen Teilungsschritt und Fänleitung zur Bildung von Sonderkernen; c und d Pollentetraden mit überzähligen Zellen oder unregelmäßig verteilter Kernmasse, e Pollenkorn mit großem progamem Ivprn und mehreren Sonderkernen. Nach Kör nicke (1905, Taf. 18, Fig. 11. 12, 15, 20 und 21). 558 Vierzehntes Kapitel. der Fortpflanzung zeigen wird. Sie wird also eventuell j)artielle oder totale Sterilität, dagegen keinen der unter Apogamie zu- sammengefaßten abgeleiteten Fortpflanzungsvorgänge aufweisen. Ähnliche Ergebnisse sind auch durch chemische Beeinflussung, vor allem durch Einwirkung von Narkotica erhalten worden. Erste Angaben hierüber sind ungefähr gleichzeitig von Nemec (190(3) und Woycicki (1906) veröffentlicht worden. Sie wurden durch sjiätere Untersuchungen von' Nemec in wichtigen Punkten korrigiert und ausgebaut. Er berichtet 1910 über den Einfluß des Chloroformierens auf die Pollenmutterzellen von Taxus haccata, Larix decidiia, Lilium candiäum und die Sporenmutterzellen von Equisefum limosum. Be- sonders eingehend sind die Veränderungen im Entwicklungsverlauf der Pollenmutterzellen und der Pollenkörner von Larix decidua untersucht worden. Über diese allein wird hier kurz referiert. ^) Was die Versuchstechnik von Nemec anbetrifft, sei auf seine ausführliche Beschreibung (1910, S. 193) verwiesen. Je nach dem Entwicklungs- stadium der generativen Teile bei Beginn der Narkose handelt es sich dabei um eine Beeinflussung der beiden Reduktions- und Tetraden- teilungsschritte der Pollenmutterzellen oder um die Beeinflussung der aus normal verlaufener Tetradenteilung hervorgegangenen Pollen- zellen in den verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung. Durch mehr- malige Wiederholung der Narkose wurden kombinierte Modifikationen von Tetraden- und ßeduktionsteilung und der aus dieser hervorge- ^) In den Pollenmutterzellen von Larix werden die Rediiktions- und Tetraden- teilungen im normalen Verlauf derart ausgeführt, daß zuerst die beiden hete- rotypischen Kernteilungen erfolgen und erst nachher die Mutterzelle simultan in vier Enkelzellen, die Pollenzellen, zerlegt wird. Die Pollenkörner von Larix zeigen, wie diejenigen der meisten anderen Gymnospermen, ein streng voraus- bestimmtes Verhalten. Ihre Fähigkeit zu weiterer Ditferenzierimg und weiterem Wachstum ist etwas weniger eng begrenzt als bei den Angiospermen. Im Ent- wicklungsgang des einzelnen Pollenkornes finden nämlich normalerweise fol- gende weiteren Teilungen statt. Es zerfällt durch einen ersten Teilungsschritt in eine kleine bikonvexe Zelle, die der Wand einseitig anliegt und als vegetative Prothalliumzelle gedeutet wird. Ihr Inhalt wird bald stark lichtbrechend, ihr Kern undeutlich, der Zellraum flacht sich ab." Wenn diese Zeichen der Degene- ration sich eingestellt haben, folgt der zweite Teilungsschritt der großen l'ollen- kornzelle und liefert eine zweite, ähnliche Zelle an derselben Stelle wie die erste. Auch sie fällt demselben Schicksal anheim, worauf die große Zelle sich nochmals teilt und einer dritten, weit größeren und stärker vorgewölbten Tnnenzelle (der An- theridiumzelle) den Ursprung gibt. Diese setzt an derselben Wandstelle an wie die beiden ersten, während dagegen ihr vorgewölbter Innenkörper der Längsachse des inzwischen elliptisch gewordenen Pollenkoi-nes nachfolgt. Die beiden ersten Zellen schrumpfen schließlich so zusammen, daß sie nur noch wie Spalten in der Wandung des Pollenkornes erscheinen. Die Antheridiumzelle dagegen bleibt erhalten und teilt sich in eine niedrigere, der Wand zugekehrte Stiel- oder Wandzelle und eine höhere, von ihr abgekehrte Kör per zelle. Während der Schlauch bildung teilt sich die Körperzelle nochmals in zwei Zellen, welche die generativen Zellkerne ür die Befruchtung liefern. Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 559 gangenen Pollenkörner erreicht. Im einen wie im anderen Falle kam es zur Einstellung begonnener Kern- und Zellteilungen, zur Entstehung zwei- und mehrkerniger Zellen, zum Eintritt von Kern- verschmelzungen, sowie zu zahlreichen weiteren Abnormitäten, die für unsere Fragestellung von geringerem Interesse sind. Einfache und wiederholte Narkose während des Ver- laufes der Tetraden- und Reduktion st eilung führte zur Fig. 164. Pollenmutter Zellen aus einer achtmal chloroformierten und nach 15 Stunden fixierten Blüte von Larix deeidim. i ungeteilte, einkernige Pollenmutterzelle, mit einer Pollenhaut umgeben; 2 — 6 zwei- bis vierkernige Pollenmutterzellen, zum Teil mit Pollenhäuten umgeben, die großen Kerne aus nachträglicher Verschmelzung vorher entstandener Tetra- denkeme hervorgegangen: 7 vierkernige Pollenmutterzelle durch eine Mem- branlamelle unvollständig geteilt, zwei Kerne in Verschmelzung begritfen. Nach Nemec (1910, aus Fig. 98 und 99). Entstehung folgender irregulärer Zwischen- und Endstadien der- selben: Pollenmutterzellen, ungeteilt, mit zwei verschmelzenden Kernen, Pollenmutterzellen, ungeteilt, mit zwei oder mehr freien Kernen, Pollenmutterzellen, ungeteilt, von einer Pollenmembran um- geben, mit 2 — 3 meniskenartigen.(Prothallium-)Zellen und einer anthe- ridialen Zelle, Pollenmutterzellen mit einer meniskenartigen Zelle und meh- reren Kernen im übrigen Plasma, Pollenmutterzellen mit einer meniskenartigen Zelle und meh- reren Scheidewänden im übrigen Zellraum, Pollenmutterzellen in zwei große Zellen geteilt, welche je mit einer Pollenmembran umgeben sind und 1 — 2 meniskenartige Zellen sowie eine generative Zelle besitzen, Pollenmutterzellen in fertige Tetraden geteilt. Durch Chloroformnarkose schon iu Teilung begriffener oder sich eben zur Teilung vorbereitenden Pollenmutterzellen werden also Zellen erzeugt, die mit einer Pollenmembran versehen sind und deren ver- 560 Vierzehntes Kapitel. schiedene Größe und Lagerung dafür sprechen, daß sie teils ganzen Pollenmutterzellen, teils deren Hälften oder Vierteln entsprechen. Besonders zahlreich wurden Pollenzellen gefunden, die durch ein- malige Teilung von Pollenmutterzellen entstanden waren. Sie waren sehr häufig zweikernig und hie und da mit einer ringartigen Scheide- wandanlage versehen, die unvollendet blieb. Andere waren in der Mitte eingeschnürt und zuweilen auch mit einem hanteiförmigen Kern versehen. Fast ebenso mannigfaltig sind die Störungen, welche Narkose während des Verlaufes der Pollen entwicklung zur Folge / / / ^ «S« 1 Fia:. 165. Kernteilungen in Tollen m utterzellen und Tollenkö mern chlorolormierter Blüten von Lan'x decidiia. 1 Teilungen in zweimal chloroforuiierten und nach 24 Stunden fixierten Pollen rautterzellen; 2 und 3 haploide, 4 di]ik)ide Teilungsfigur in Polleidcörnern aus viermal chlorofor- mierten und nach 24 Stunden fixierten Staubblättern. Nach N e m e c (1910, Tat. 111, Fig. 59, 70—73). hat. Auch diejenigen Pollenzellen, die aus mehr oder weniger tief- greifend beeinflußten Mutterzellen hervorgehen, sind weiter entwick- lungsfähig. Sie zeigen aber zahlreiche weitere Anomalien, die für unsere Betrachtung weniger wichtig sind. Dagegen ist zur Prüfung der Frage, ob die durch chemische Beeinflussung der Pollenentwick- lung hervorgerufenen Abnormitäten zur exj)erimentellen Erzeugung von Formen mit abweichenden Chromosomenzahlen Verwendung finden könnten, das Verhalten der Chromosomen während der anor- malen Teilungen zu berücksichtigen. Die haploide Chromosomenzahl von Larix decidua (vgl. auch Tischler, 1915, S. 187) ist 12, die diploide Zahl 24. Demgemäß Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 561 werden bei den normalen Teilungen der Pollenmutterzellen 12 Gemini aus längsgespaltenen Chromosomen, also 12 Vierergruppen, festge- stellt. Als Unregelmäßigkeiten im ersten oder im zweiten Teilungs- schritt fand nun Nemec: Verspätung einzelner sich trennender Chromosomen, unregelmäßige Verteilung der VierergrupjDcn in der hetero- typischen Teilungsfigur, Verklebung von zwei oder mehr Vierer- gruppen zu großen und unregelmäßigen Chromatinklumpen, Auflösung der scheinbar zweimal längsgespaltenen Gemini der Mutterzellen in ihre Elemente, d. h. die Längshälften einfacher Chromo- somen und Bildung von Teilungsfiguren mit Aquatorialj^latten, die 24 einfache, längsgespaltene Chromosomen oder 48 Chromosomenhälften aufweisen. Damit tritt an Stelle einer allotypischen eine tjq^ische Kernteilung. Besonders wichtig ist, daß gelegentlich durch Chloro- formnarkose die allotypischen Teilungen in Pollenmutter- Fig. 166. Unvollständige Tetradenteilnng von Pollenmutter- zellen (aus derselben Blüte von Larix deciclua wie die Stadien von Fig. 164). 1 und 2 Pollenmutterzelle in zwei Tochterzellen geteilt: 3 Pollentetrade mit einer unvollendeten Scheidewand; 4 Trennung der Pollenkörner aus dem Verbände. Nach Nemec (1910, aus Fig. 98 und 99, S. 215 u. 216). Zellen ganz unterdrückt werden und letztere direkt zu Pollenkörnern werden. In der Regel ist dieser Vorgang verbunden mit einem Ausfall der Reduktion und daher ge- eignet, als Ausgangspunkt zur Bildung diploider Gameto- phyten zu werden. „Die ungeteilten Pollenmutterzellen", schreibt Nemec (1910, S. 208), „die sich mit einer Pollenhaut umgeben, er- fahren später Teilungen, welche meistens gerade so verlaufen, wie in einem normalen Pollenkorn", d. h. es werden zunächst die beiden degenerierenden Prothalliumzellen gebildet, hernach die Antheridial- zelle, welche sich in Stiel- und Körperzelle teilt. „Leider ist es mir nicht gelungen, die erste Teilungsfigur in diesen Pollenkörnern zu Gesicht zu bekommen. Das wäre nämlich darum interessant, weil vielleicht die verhinderten Reduktionsteilungen erst jetzt voll- bracht werden könnten. Sie können ja auch bei der Entwicklung Ernst, Bastardierung. 36 562 ^Vierzehntes Kapitel. des Embryosackes auf verschiedene Stadien verschoben werden." Immerhin hat Nemec später in solchen großen Pollenkörnern mehr- mals Stadien ans dem Verlaufe der zweiten Teilungsfigur gesehen. Die Chromosomenzahl 24 und überdies die „ schleif enförmige Form der somatischen Chromosomen" sprachen durchaus für den typisch somatischen Verlauf dieser Teilungen. „Auch die dritte Teilungs- iigur ist nicht allotypisch^ und ich habe gar keine Anzeichen ge- funden für die Annahme, daß während der weiteren Teilungen in einem Pollenkorn, das aus ungeteilter Pollenmutterzelle entstanden ist, eine nachträgliche Chromosomenreduktion vor sich geht." Ungeteilt zu Pollenzellen gewordene Mutterzellen können also zur Bildung von diploidkernigen Spermazellen führen. Das gleiche Ergebnis kann auch noch durch zwei weitere Gruppen von Teilungsanomalien eingeleitet werden; nämlich 1. durch Weiterentwicklung von Pollenkörnern, die durch Zwei- teilung einer Pollen mutterzelle entstanden sind. Die Diploidie ihrer Kerne kann darauf beruhen, daß a) diese Zelle im Verlaufe einer die erste allotypische ersetzenden somatischen Teilung bereits einen diploidchromosomigen Kern erhalten hat, b) eine nachträgliche Verschmelzung der im zweiten allotypi- schen Teilungsschritt entstandenen hajjloiden Kerne einge- treten ist. 2. Durch Unterdrückung einer Zellteilung in den durch normale Tetradenteilung entstandenen Pollenzellen und Wiedervereinigung zweier Kerne. Die der ersten und zweiten Kernteilung im Pollen- korn normalerweise nachfolgende Anlage einer uhrglasförmigen Scheidewand kann durch die Chloroformierung verhindert werden; die beiden Kerne legen sich aneinander und verschmelzen. Auf diese Weise können nach Nemec nicht nur syn haploide, sondern ge- legentlich auch syndiploide, also tetraj)loide Kerne entstehen. Beides wurde namentlich in solchen Versuchen erreicht, in deren Verlauf Blüten mit Pollenmutterzellen, deren Vierteilung eben vol- lendet war, während sieben aufeinanderfolgenden Tagen insgesamt 13mal je 30 Minuten lang chloroformiert wurden. Aus allen diesen Versuchen geht hervor, daß wiederholte Chloro- formierung bei Larix decidua und wohl auch bei anderen Coni- feren in verschiedener Weise Anlaß zur Bildung polyploidkerniger Antheridialzellen und von Spermakernen geben kann. Frag- lich oder wenigstens noch nicht experimentell festgestellt ist, ob diese polyploidkernigenPollenkörner nach Übertragung auf Samenanlagen auch zur Schlauchbildung und ob ihre Sjjer- makerne zur Befruchtung der Eizellen normal entwickelter Archegonien befähigt sind. Sollte dies der Fall sein, so wäre Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 563 damit die Möglichkeit zur experimentellen Erzeugung von Keimen mit abgeänderten Chromosomenzahlen gegeben. Aus ver- schiedenen Gründen aber dürfte die genauere Analyse der bei solchen Versuchen erhaltenen Nachkommenschaft außerordentlich mühsam und vor allem erst nach Verlauf von Jahren möglich werden. Indessen steht einer Ausdehnung dieser Chloroformierungver- suche auf die Ausbildung des Pollens günstigerer Versuchsobjekte nichts im Wege. Aus bereits vorliegenden Arbeiten ist zu ersehen, daß der im Verhältnis zu den Gymnosjjermen abgekürzte Entwick- lungsverlauf des Pollens von Angiospermen ähnliche Abweichungen von der Norm hervorbringen kann. So hat Sakamura (1916) durch Chloralisierung der Pollenmutterzellen von Vicia Faha nachfolgende Abnormitäten im Verlauf der Reduktions- und Tetradenteilung sowie in der Pollenkornentwicklung erhalten. a) Im Verlauf der heterotypischen Kernteilung: Chromosomenbrücken, Isolierung einzelner Chromosomen, Tripolare Teilungen, Verschwinden der achromatischen Sj)indelfigur, Zerstreuung der Chromosomen. b) In der homöotypischen Teilung traten noch kompliziertere Abnormitäten auf als im heterotypischen Teilungsvorgang, was Sakamura darauf zurückführt, daß diese Teilung im Gegensatz zur ersteren normalerweise von einer Zellteilung begleitet ist. Es wurden festgestellt: Multipolare oder as^anmetrische Spindeln (Fig. 167, 1), Isolierung einzelner Chromosomen, Entstehung ungleich großer hyper- und hypochromatischer Kerne, / Rekonstruktion eines diploiden und zweier haploider Kerne in den zwei Teilungsfiguren einer Tetrade (Fig. 167, 2). Aus solchen Zellen werden sj)äter Pollenkörner verschie- dener Form und Größe, die einen unregelmäßig gestalteten großen oder zwei Kerne (Fig. 167, 3 u. 4) enthalten. Nicht selten wurden auch kleine, hypochromosomige Pollenkörner (Fig. 167, 5) gefunden. In der Mehrzahl der beeinflußten Pollenkörner erschien das Cyto- plasma ganz gesund, die Membran gut differenziert, doch gestattete Sakamuras Untersuchungsmethode nicht, „Pollenkörner mit ab- weichender Chromosomenzahl zu schaffen, da das weitere gesunde Wachsen der Blütenknosp>en eingestellt wird und die Antheren end- lich verderben". Sakamura kündigt die Fortsetzung seiner Ver- suche an und hofft, „daß taugliche Gameten mit abweichender Chromo- somenzahl weiter geschaffen werden, wenn man das Experiment und 36* • 564 Vierzehntes Kapitel. den Betrieb sorgfältig ausfülirt". Wohl möglich ist, daß Chloro- formierung an Stelle von Chloralisiernng zu besseren Ergebnissen führen wird. Im einen oder anderen Falle aber dürfte es möglich werden, eine genügende Anzahl modifizierter Pollenkörner zu er- halten, um mit Aussicht auf Erfolg Bestäubungsversuche und nach- folgend die zytologische Analyse der Nachkommenschaft vorzu- nehmen. Die von Sakamura ausgewählten Versuchspfianzen Vicia Faha und Pisum sativum dürften zu solchen Versuchen, ihrer ver- hältnismäßig niederen Chromosomenzahlen i) wegen, recht wohl ge- eignet sein. Ob aber solche Versuche zur Entstehung fertiler oder steriler heteroploider Nachkommen führen werden, muß vorderhand dahingestellt bleiben. Die Befunde au allen anderen experimentell erzeugten Pflanzen mit künstlich erhöhter Chromosomenzahl, vgl. die Fig. 167. Pollenmutterzellen und l'ollenkörner aus chloralisierteii Blüten von Vicia Faba. 1 Homöotypische Teilung mit multipolarer Spindel und gestörter Verteilung der Chromosomen; 2 abnorme Tetradenteilung unter Bildung zweier haploidkerniger P]nkelzellen und einer dritten diploid- kernigen Zelle. .9 und 4 Hyperchromosomige, wahrscheinlich diploide Pollenkörner, ö Hypochromosomiges, kleines Pollenkorn. Nach Sakamura (1916, Tat. IV. Fig. 17, 18, 21-2;J). Versuche der Marchai wie von Winkler, sprechen durchaus dafür, daß auch auf diesem nicht minder mühsamen und unsicheren Wege ebenfalls wieder f e r t i 1 e wie sterile Pflanzen zu erwarten sein werden. In der Natur ist eine zu ähnlichen Abweichungen vom normalen Entwicklungsgang führende chemische Beeinflussung der Gonoto- konten wohl ausgeschlossen. Dagegen könnten andere Abänderungen ^) Die Chromosomenzahlen von Vicia Faba sind in der Literatur (vgl. Tischler, 1915, S. 192) zu haploid 6, diploid 12, von Pisum sativum zu 7 und 14 angegeben worden. Damit stimmen auch die neuen Angaben von Sakamura überein, der zudem auf Grund seiner Untersuchungen bei einigen F^c^rt-A^•ten, Pisum sativum,, Lens escnlenta und Latliyrus vernus annimmt, „daß bei Vicieae die Chromosomenzahlen 12 und 24 allgemein verbreitet sind." Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 555 der äußeren Lebensbedingungen (i. b. niedere Temperaturen) viel- leicht zu ähnlichen Ergebnissen führen. Im Vergleich zu der un- geheuren Anzahl normal erzeugter Gameten wird aber diejenige der auf solchen Wegen entstehenden modifizierten Gameten stets gering bleiben. Trotz der bei allen phylogenetischen Betrachtungen in Rechnung zu setzenden langen Zeiträume ist nicht zu erwarten, daß die auffallenden und zahlreichen Verschiedenheiten in der Chromosomenzahl enger Verwandtschaftskreise und unter den Arten mit ersichtlich abgeänderter Chromosomenzahl wiederum diejenigen mit stark ausgeprägter Sterilität gerade auf diesem Wege ent- standen seien. 2. Sterilität als Folge künstlicher und natürlicher Standortsänderung. Außer der unmittelbaren Beeinflussung der Ausbildung von Sporen und Geschlechtszellen sowie der Erzeugung heteroploider Rassen auf dem Umwege über adventive Sj^roßbildung aus vegeta- tiven Geweben sind noch andere Vorgänge denkbar, die infolge von Einwirkungen der Umwelt Sterilität zur Folge haben können. Weit- gehende Änderungen der Außenbedingungen, von denen angenonnnen wird, daß sie allmählich zu Sterilität führen, sind für viele Pflanzen mit dem Übergänge aus dem wilden in den domestizierten Zustand verbunden. Für andere erfolgen sie im Zusammenhang mit natür- lichen oder den direkt oder indirekt durch den Menschen veranlaßten Pflanzenwanderungen. Die meisten Standortsänderungen haben auch eine Klimaänderung im Gefolge, also Verschiedenheiten in der absoluten und zeitlichen Menge und Verteilung von Wärme und Kälte, Feuchtigkeit und Trockenheit, Licht und Elektrizität. Dazu gesellen sich ferner die Unterschiede in der Bodenbeschaffenheit. Sehen wir also zu, inwieweit und in welchem Sinne Standorts- und Klimawechsel bis jetzt bei der Lösung des Sterilitätsj)roblemes gewertet worden sind. a) Die Sterilität von Kulturpflanzen. Mit sterilen Kulturpflanzen haben wir uns schon im Ab- schnitt über Parthenokarpie beschäftigt und dort den Nachweis zu führen versucht, daß zahlreiche Kulturpflanzen hybriden Ursj)runges, und als Bastarde teilweise oder völlig steril seien. Sicher übt die Kultur selbst einen starken Einfluß auf das Fortpflanzungs- system gewisser Pflanzen aus, insbesondere wenn mit dem Eintritt in den domestizierten Zustand eine Verpflanzung in eine andere klimatische Zone verbunden ist. Daß Sterilität durch Kultur hervorgerufen werden kann, ist längst bekannt und schon im Jahre 1816 eingehend von Galesio 566 Vierzehntes Kapitel. in seiner „Teoria della riproduzione vegetale" besprochen worden. Darwin (1868,11.8. 198) hat im 18. Kapitel seiner Studien über „Das Variieren der Tiere und Pflanzen im Zustande 'der Domesti- kation" auf Grund eines reichen Tatsachenmateriales aus beiden Reichen die These begründet, daß geringe Veränderungen in den Lebensbedingungen von günstigem Einfluß auf die Erhaltung vorteilhafter Eigenschaften kultivierter Pflan- zen seien, daß dagegen starke Änderungen der Lebensbe- dingungen zur Unfruchtbarkeit führen könnten. In den Wirkungen veränderter Lebensbedingungen und denjenigen der Kreuzung sieht er zwei parallele Reihen von Tatsachen, welche offenbar in naher Beziehung zueinander stehen: Unbedeutende Veränderungen in den Lebensbedingungen wirken auf Pflanzen und Tiere günstig, durch die Kreuzung von Varietäten werden Größe, Kraft und Fruchtbarkeit ihrer Nachkommen erhöht. Anderseits verursachen stärkere Änderungen in den Lebensbeding- ungen Sterilität, und Sterilität folgt gleichfalls einer Kreuzung sehr stark verschiedener Formen nach. Belege für die Richtigkeit der Auffassung veränderter Lebens- bedingungen als Ursache sjDontaner Sterilität sieht Darwin z. B. in der mangelhaften oder völlig ausbleibenden Samenbildung verschie- dener Alpen- und Moorpflanzen bei Kultur in Gärten der Niederungen, in der Sterilität infolge Uberdüngung, infolge der ver- änderten Temperatur, des Zeitjjunktes und der Art der Bewässerung. Er weist aber darauf hin, daß diese Seite des Sterilitätsproblemes durch mehrere andere Umstände verdunkelt werde. Als solche führt er an: die von Gärtner festgestellte Verkümmerung (Kontabeszenz)^) der Antheren, das Vorkommen von Monstrositäten, die Ausbildung ge- füllter Blüten, wie diejenige vergrößerter aber samenloser Früchte bei lang fortgesetzter oder exzessiver Vermehrung auf vegetativem Wege, die Unfruchtbarkeit infolge ungewöhnlich starker Entwick- lung der vegetativen Organe. In seiner Besprechung der Fort})flanzungsverliältnisse ende- mischer und naturalisierter Pflanzen hat Darwin (1. c, S. 231) den Schluß gezogen, daß einzelne derselben „infolge einer exzessiven Vermehrung durch Knospen steril geworden seien, da einer solchen die Unfähigkeit Samen zu produzieren und zu ernähren folgt". Die Sterilität anderer dagegen soll von den eigentümlichen Bedingungen ^) Gärtner (1849, S.331, .j(;9 usw.) bezeichnete mit diesem Ausdruck eine eigen- tümliche Degeneration der Antheren gewisser Pflanzen, in deren Verlauf .sie ver- schrumpfen oder braun und zähe werden und ähnlich den Antheren der meisten sterilen Bastarde keinen guten Pollen ausbilden. In dieser Weise fand er Pflanzen aus verschiedenen Ordnungen gelegentlich afflziert, am häufigsten Ver- treter der Carijopliijllacpav und I.iliareac, denen D a r w i n auf Grund eigener Untersuchungen auch die Erkaceac anrcilit. Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 567 abhängen, unter denen sie leben und denen sie sonst so ausgezeichnet ange^Daßt seien, daß sie imstande sind, ihre Stellung gegen ein ganzes Heer von Konkurrenten zu behaupten. Die Sterilität, welche das Gefülltsein der Blüten, die ex- zessive Entwicklung der Früchte und eine bedeutende Stärkung der Vegetationsorgane begleitet, spricht nach ihm dafür, „daß die ganze Wirkung selten mit einem Male verursacht worden ist". Große AVahrscheinlichkeit kommt seiner Ansicht nach der folgenden Annahme zu, die ihm geeignet erscheint, alle vor- stehend genannten Tatsachen untereinander in Verbindung zu bringen. Sie geht dahin, „daß Veränderte und unnatürliche Lebensbedingungen zuerst eine Neigung zur Sterilität veranlassen, und da infolge hier- von die ßeproduktiousorgane nicht länger imstande sind, ihre ihnen eigenen Funktionen zu erfüllen, so strömt eine Quantität organischer Substanz, welche zur Entwicklung des Samens nicht erforderlich ist, entweder in dieselben Organe, und macht sie blättrig, oder in die Früchte, Stämme, Knollen usf. und vermehrt ihre Größe und Saftigkeit". So scheint ihm die wahrscheinlichste Ansicht die zu sein, „daß bei kultivierten Pflanzen die Sterilität die exzitierende Ursache und gefüllte Blüten, reiche samenlose Früchte und in manchen Fällen bedeutend entwickelte Vegetationsorgane usw. die indirekten Folgen sind, wobei noch diese Resultate in den meisten Fällen durch fortgesetzte Zuchtwahl vom Menschen bedeutend an- gewachsen sind". Darwin ist aber, wie er hinzufügt, weit davon entfernt, leugnen zu wollen, „daß es unabhängig von einer be- ginnenden Sterilität einen Antagonismus zwischen den beiden Formen der Reproduktion gibt, nämlich zwischen der durch Samen und der durch Knosjjen, wenn eine von beiden bis zu einem äußersten Grade geführt wird". Ebenso hat Darwin darauf hingewiesen, daß auch Sterilität infolge hybrider Abstanmiung zu denselben Folgeerscheinungen (ge- füllten Blüten, exzessiv vergrößerten und samenlosen Früchten, üj^piger Entwicklung der vegetativen Organe) führen könne. Gehen nun vielleicht die von Darwin angenommenen beiden parallelen Reihen von Erscheinungen nicht vielleicht doch von derselben Ur- sache aus? In der späteren morphologischen Forschung ist zu wiederholten Malen auf die Anomalien in der Pollenentwicklung von Kultur- pflanzen hingewiesen worden. So hat Wille (1886) bei zahlreichen kultivierten Pflanzen Mißbildungen der Pollenmutterzellen, bei anderen einen unregelmäßigen Verlauf der Tetradenteilung mit Entstehung von ein, zwei, drei, fünf bis sieben Pollenzellen aus einer Mutterzelle festgestellt. Bei einigen dieser Kulturj^flanzen, insbesondere bei Azalea indica. Begonia spcc, Fiichsia spec. und Lonicera coerulea 568 Vierzehntes Kapitel. wurden 7 — 14 Abkömmlinge aus einer „Tetrade" festgestellt. Die Erklärung für dieses unregelmäßige Verhalten suchte Wille ganz in der Richtung der Darwinschen Lehre zu geben. „Es scheint somit, als ob das durch Kultur hervorgebrachte größere Variations- vermögen dieser Pflanzen sich nicht allein auf die direkt äußerlich hervortretenden Teile erstreckt, sondern auch, wie man übrigens erwarten durfte, auf Stadien zurückgeht, welche nur temporär sind (Spezialmutterzellen) und keine oder nur geringe Einwirkung auf das biologisch hervortretende Schlußresultat (Pollenkorn) haben". Auch neuerdings wieder hat Tischler (1908) darauf verwiesen, daß innerhalb der Gattung Syringa nicht nur die kultivierten Ba- starde steril seien, sondern auch Syringa persica bei Kultur unter abnormen äußeren Bedingungen steril werde. Alles weist nach seiner Ansicht darauf hin, „daß sowohl bei sterilen Bastarden, wie auch bei Mutanten und gewissen Kulturpflanzen ein gemeinsamer Grund vorhanden ist, der die Pflanzen verhindert, ihre normale Ontogenese zu durchlaufen". Die frühere Annahme, daß bei jetzt pollensterilen Pflanzen das Variationsvermögen durch die Kultur im Sinne Darwins derart gesteigert worden sei, daß sich die Ab- weichungen auch auf solche Organe bezögen, die normalerweise da- von nicht betroffen würden, modernisiert er dahin, daß er sagt, „durch die Kultur ist bei gleichbleibendem Genotyjius eine solche Fülle von veränderten Außenbedingungen geschaffen worden, daß dadurch in der individuellen Ontogenese Störungen realisierbar werden, für deren Auftreten am natürlichen Standorte keine Ver- anlassung gegeben war". Die Tatsache, daß gerade die Sexualzellen es seien, vor deren Bildung die Schädigungen auftreten, während die vegetative Entwicklung nicht gelitten zu haben brauche, lasse sich, wie er meint, auf Grund der Untersuchungen von Klebs dahin verstehen, daß die zufälligen äußeren Bedingungen, unter denen die betreffende Pflanze lebe, besonders für das vegetative Wachstum günstig seien, dagegen nicht für den „kritischen Punkt der Ontogenese", die Anlage der Fortpflanzungsorgane. Beweisend für die Entstehung erblicher Sterilität unter dem Einflüsse der Kultur sind, wie mir scheint, alle die vorstehenden Angaben nicht. Sichergestellt ist nur der Eintritt indivi-, dueller Sterilität unter dem Wechsel der äußeren Be- dingungen. Noch für keine einzige dieser Pflanzen ist dagegen der Nachweis erbracht, daß durch die Kultur vorher normal sexueller Individuen im Verlaufe einer Generation plötzlich, oder im Verlaufe mehrerer Gene- rationen durch Steigerung einer anfänglich partiellen Sterilität absolute Sterilität hervorgerufen wird und sich diese auch nach dem Zurückbringen der betreffenden Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 569 Pflanze unter die früheren Bedingungen während Gene- rationen erhält und nicht wieder in Fertilität zurück- schlägt. Gewiß wird das Variations vermögen bei kultivierten Pflanzen besonders stark zum Ausdruck kommen und vielleicht durch die Kultur selbst gesteigert werden. Besonders auffällig wird der Effekt der Kultur in dieser Richtung aber dann sein, wenn die in Zucht ge- nommenen Pflanzen von Anfang an als Bastarde heterozygot sind, oder in der Kultur direkt oder indirekt Kreuzungen erfolgen. Nicht umsonst hat "Wille schon 1886, also vor Beginn der cytologischen Aera in der Erforschung der Vorgänge bei der Pollenbildung, darauf aufmerksam gemacht, daß die Sterilität bei Kulturpflanzen sich in denselben Störungen der Pollenbildung äußere, die auch bei Bastarden häufig sind. Seither ist in der Literatur noch zu wiederholten Malen auf diese Ähnlichkeiten verwiesen worden. Sie haben sich zudeixi bedeutend vermehrt, seit das Augenmerk der Forscher von den Zellteilungsvorgängen im Verlaufe der Pollenbildung auf die Vorgänge der Kernteilungen übergegangen ist. So dürfte als Ursache für das Vorkommen absoluter Sterilität bei Kulturj)flanzen neben oder vielleicht sogar an Stelle der Ein- flüsse der Kultur wieder hybrider Ursprung in erste Linie gerückt werden. b) Unfruchtbarkeit bei eingebürgerten exotischen Arte n, Unfruchtbarkeit der Blüten kennzeichnet häufig eingebürgerte exotische Arten. So erstreckt sich z. B., wie schon Darwin (1868, IL S. 230) angeführt hat, das Verbreitungsgebiet von Acorus Calamus über einen großen Teil der Erde. „Er zeitigt aber seine Früchte so selten, daß diese nur von wenigen Botanikern gesehen worden sind." Nach Deutschland, bzw. West-Euro23a ist Acorus Calamus um die Mitte des 16. Jahrhunderts eingeführt worden. Nach Mücke (1908 a) erzeugt er hier wohl zahlreiche Blütenkolben von anscheinend normaler Beschaffenheit, dagegen weder hier noch sonstwo in Europa oder in Westasien keimfähige Samen. Pollen und Ovula zeigen in gleichem Maße Entwicklungshemmungen, welche eine Samenbildung vollkommen ausschließen. Die Embryosäcke der Samenanlagen gelangen niemals zur Ausbildung vonEiapparat und AntijDoden. Sie degenerieren frühzeitig, der Nucellus schrumpft unter Loslösung von den Inte- gumenten zusannnen und schließlich gehen die ganzen Samenanlagen zugrunde. Der Verlauf der Pollenbildung ist nicht eingehend untersucht, dagegen wohl festgestellt worden, daß in älteren An- theren die Pollenkörner deformiert erscheinen, eckig, zusammen- gedrückt, gefaltet sind und nur geringe Plasmareste enthalten, die jeder Struktur entbehren. 570 Vierzehntes Kapitel. Der aus Japan stammende Acorus gramineus dagegen besitzt normal entwickelte Samenanlagen und Pollenkörner. Er vermag infolgedessen keimfähige Samen zu liefern. Nach Mücke ist die Heimat des in Europa sterilen A. Calamiis zweifellos in Südost-Asien zu finden und es erscheint wahrscheinlich, daß er bei seinen Wan- derungen nach Norden und der VerjDÜanzung nach Europa ^ wohl infolge der ungünstigen klimatischen Verhältnisse der neuen Heimat — eine Entwicklungshemmung erfahren und total steril geworden ist. Daß speziell die Entwicklungshemmung der Blüten durch die niedere Temperatur bedingt sein dürfte, haben vergleichende Kultur- versuche Mückes mit Stöcken aus der Umgebung Straßburgs und solchen, die frisch aas Indien importiert waren, gezeigt. Die Blüten eines im Warmhaus gebildeten Kolbens der letzteren wiesen reichlich normale Pollenkörner und ebenso einige normal entwickelte Ovula auf, während der europäische Kalmus nie zur Bildung eines normalen Embryosackes gelangte. Ahnlich verhält sich vielleicht auch das mediterrane Rohrgras, Scolochloa (Arundo) Donax. Dasselbe ist nach Thellung (1915) wahr- scheinlich aus dem Orient eingeführt und gibt im westlichen Mittel- iTieergebiet keinen Samen. Ferner bringt die in den Gewässern Süd- frankreichs naturalisierte amerikanische Oenotheracee Jussiaea repens rar. grandiflora, die sich durch ihre Rhizome äußerst stark ver- breitet und vermehrt, fast stets nur unfruchtbare Blüten hervor. Für die Annhme eines allmählich eintretenden Geschlechts- verlustes infolge Änderung der äußeren Verhältnisse ist von Strasburger (1910d) auch das Verhalten der Elodea canadensis^ angeführt worden. Sie ist diözisch, kommt in ihrer Heimat mit männlichen und weiblichen Exemplaren vor, ist aber wahrschein- lich nur mit weiblichen Exemj^laren nach Europa importiert worden. Seit der im Jahre 1836 erfolgten ersten Feststellung in Irland hat sie sich bei ihrer Einwanderung und Ausbreitung auf dem europäischen Kontinent ausschließlich auf vegetativem Wege ver- mehrt. Für diese alten europäischen Weibchen der Elodea cana- densis hat nun Strasburger (IQlOd, S. 445) Abweichungen gegen- über der amerikanischen Form festgestellt. Er hat gefunden, daß die amerikanischen Weibchen in den Fruchtknoten ihrer Blüten bis (3 Samenanlagen, die alten europäischen Pflanzen dagegen meist nur deren 2 — 3 enthalten. Experimentelle und cytologische Unter- suchungen ergaben aber, daß trotz der seit 70 Jahren ununter- brochen fortgesetzten Fortpflanzung auf rein vegetativem Wege, die Blüten der eurojoäischen Pflanzen die Fähigkeit, befruchtet zu werden, noch nicht eingebüßt haben, sich dagegen allerdings in dieser Fähigkeit wesentlich geschwächt erwiesen. Die Feststellung aber, ob eine Annäherung frisch importierter amerikanischer Elodea Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 571 an die seit 70 Jahren in Europa vegetativ erhaltenen weiblichen Pflanzen schon bald oder erst nach längerer Zeit erfolgen würde, und ebenso der umgekehrte Nachweis, ob aus Europa nach Ame- rika zurückgebrachte weibliche Pflanzen dort wieder das normale Verhalten zeigen würden, steht noch aus. Für keine einzige der eingehender untersuchten, in historischer Zeit eingebürgerten Pflanzen ist festgestellt, daß sie an ihren neuen Standorten einen definitiven Verlust der geschlechtlichen Fortpflanzung erlitten hätte. c) Unfruchtbarkeit von Pflanzen an den Grenzen ihrer natürlichen Verbreitungsgebiete. Schon seit langem ist bekannt, daß eine bedeutende Anzahl von Pflanzen an den Grenzen ihrer natürlichen Verbreitungsareale steril sind. So verweist Darwin (1868, 11. S. 229) darauf, daß viele alpine Pflanzen im Gebirge über die Höhe emporsteigen, auf welcher sie Samen produzieren können, und sich an dieser oberen Grenze ihres Verbreitungsgebietes fast ganz oder sogar ausschließlich durch vegetative Vermehrung erhalten. Hedera Helix wird nach Darwin bis im nördlichsten Schweden und Eußland gefunden, blüht aber und trägt Früchte nur in den süd- lichen Provinzen. Auch für zahlreiche weitere Pflanzen ist bekannt geworden, daß sie sich im hohen Norden ausschließlich oder fast aus- schließlich vegetativ vermehren, weiter gegen Süden dagegen reichlich reife Samen bringen. Das gilt nicht nur für L a n d - sondern auch für V^ass er pflanzen, nicht nur für einzelne marine Algen, worüber in den einleitenden Kapiteln über generative Parthenogenesis referiert worden ist, sondern auch für Blütenpflanzen. So sind nach Wesenberg- Lund (1912, S. 303) in Dänemark Sagittan'a und Butoimis sehr oft unfruchtbar, Lenina blüht äußerst spärlich; Acorus bringt nie reife Früchte. Auch Hydrochnris ist nach seiner Angabe noch niemals mit reifen Früchten gefunden worden und trägt auch sehr selten männliche Blüten. Da in interglazialen Mooren Dänemarks zahl- reiche Samen von Stratiotes und Hydrocliaris zusammen mit Samen von Brassenia, Trapa usw., Knochen von Sumj)fschildkröten und süd- lichen Mollusken gefunden worden sind, nimmt er an, daß der jetzigen Wasserflora die Eiszeit ihre besonderen Merkmale aufgeprägt hat. „Ganz besonders war es die Vermehrungsart und Vermehrungskraft, die unter der Eiszeit umgebildet worden waren; so wie heutzutage manche von den Arten, die hier im Land reichlich Frucht bringen, in den arktischen Gegenden auf vegetative Vermehrung ange- wiesen sind, ging die Moorflora und Moorfauna der Interglazialzeit auf der norddeutschen Tiefebene, während dieser nördliche Teil mit Eis bedeckt war, über zu vegetativer Vermehrung. Ist so die j^ost- glaziale nordische Moorflora ganz allgemein durch deren Unfähig- 572 Vierzehntes Kapitel. keit, reife Früchte zu bringen, charakterisiert, so reagierten beim Übergang zur vegetativen Vermehrung die einzelnen Arten doch verschieden: einige kommen nicht zum Blühen, einige bringen ste- rile Früchte, einige neigen zu Parthenokarj^ie, wieder bei anderen ist man vorläufig gezwungen zu glauben, daß sie auf der Wande- rung nach Norden unterwegs das eine Geschlecht ,verlieren' und in solchem Fall — merkwürdig genug — stets das männliche (Hydro- eh aris, Stra t io fes) . " Für die Richtigkeit der Annahme solcher Beziehungen zwischen den Veränderungen der klimatischen Bedingungen in der Inter- glazialzeit und den dadurch bedingten Pflanzenwanderungen einer- seits, der Schwächung und dem Verlust geschlechtlicher Fortflan- zung andererseits sprechen nach Wesenberg sowohl seine eigenen Beobachtungen wie die früheren biologischen Daten über Strafiotes. Stratiotes alokles L. ist nach allgemeiner Annahme diözisch. Sie kommt in Norddeutschland noch mit beiden Geschlechtern vor, in Dänemark und weiter nach Norden dagegen nur mit weiblichen Blüten. An der Nordgrenze ihres Verbreitungsgebietes (ca. 68" n. Br.) blüht Stratiotes überhaupt nicht mehr, sondern vermehrt sich nur vegetativ. Bis 56° n. Br. finden sich nur Pflanzen mit weib- lichen Blüten, männliche Pflanzen sind in diesen Gebieten unbekannt. In den Nord-seeländischen Moorteichen Dänemarks besteht dagegen nach der Beobachtung Wesenbergs an diesen weiblich blühenden Pflanzen ein scharfer Unterschied in der Ausbildung der Knospen. Sie bilden gestielte Knospen, die ohne Ruhestadium sich weiter entwickeln und nachdem sie sich von der Mutterpflanze losgelöst haben, den nächsten Sommer wiederum nur weibliche Blüten her- vorbringen. Daneben entstehen noch Dauerknospen, die sich im Herbst von der Mutterpflanze ablösen, erst im Frühjahr aber aus- treiben. Diese erzeugen ausschließlich kleine schwache — nach Wesenberg jedenfalls männliche Pflanzen^), die im Laufe des Jahres ^) Wesenberg faßt auf Grund seiner Untersuchungen Stratiotes nicht, wie es bisher geschehen ist, als eine zweihäusige, sondern als einhäusige Pflanze mit zweierlei geschlechts prädestinierten Sprossen auf. Die einen gehen aus den langgestielten Knospen hervor und tragen immer nur weibliche Blüten, die anderen, un gestielten, bilden sich in großen Teilen des Verbreitungsareales zu Dauerknospen um, sind in ihrer Entwicklung gehemmt, bringen keine Blüten hervor und können sich nach seiner Ansicht auch nicht als das dokumen- tieren, was sie wirklich sind, nämlich als männliche Sprosse. In der wärmeren Interglazialzeit haben nach Wesenbergs Ansicht nicht nur in Norddeutschland, sondern auch in Dänemark beide Sproßformen zur Blütenbildung geführt. Infolge der nach der Interglazialzeit eingetretenen Klima- verschlechterung ist nach der Annahme Wesenbergs der männliche Sproß allmählich in eine Dauerknospe umgewandelt und dabei in solchem Grade abgeschwächt worden, daß er seine Blüten nicht mehr zur Entwicklung bringen konnte. Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 573 beinahe alle zugrunde gehen und in Dänemark niemals zur Blüte gelangen. Von 56° n. Br. an kommen weiter nach Süden beide Geschlechter vor. Aus dem Umstand, daß die männlichen Pflanzen von Stratiotes im ganzen eine südlichere Ausbreitung haben als die weiblichen Pflanzen, schließt Wesen berg, daß zu ihrer Blütenbildung offenbar eine höhere Temperatur notwendig sei als zu derjenigen der weib- lichen Blüten, die Pflanze also im Norden unter ungünstigen Be- dingungen lebe, welche die Produktion männlicher Blüten ganz ausschließen und auch die Entwicklung der Blütenstände weiblicher Pflanzen oft beträchtlich hemmen. Verschiedene Umstände, im besonderen die Konstatierung, daß nicht nur Stratiotes, sondern auch andere Hydrocharitaceae, wie Hydrocharis und Hydrüla, an ihrer Nordgrenze nur im weib- lichen Geschlecht vorkommen, die Samen dieser Pflanzen da- gegen in interglazialen Torfschichten zu finden sind, schließen die sonst naheliegende Annahme aus, daß zufälligerweise nur das eine Geschlecht, nicht aber das andere nach Norden eingewandert sei. Sie führen vielmehr zur Frage: „Warum und in welcher Weise ist die männliche Pflanze aus den nördlichen Teilen des Verbreitungsbezirkes der Art seit der Interglazialzeit verdrängt worden, während die weibliche sich hier noch findet?" Be- ziehungen zwischen Klimaänderung und dem allmählichen Aus- sterben der männlichen Pflanzen sind hier wohl zweifellos vor- handen und ebenso sicher ist, daß mit dem Zurücktreten der männ- lichen Pflanzen allmählich eine Unterdrückung der geschlechtlichen Fort]Dflanzung und der Samenbildung — indirekt als Folge der- selben äußeren Faktoren — eingetreten sein muß. Nicht festgestellt ist aber, ob diese Hemmung der Frucht- und Sameubildung zu einem definitiven und erblichen Verlust der Fähigkeit zur ge- schlechtlichen Fortj^flanzung der weiblichen Pflanzen geführt hat. Es ist zu hoffen, daß die interessanten Fragesteilungen, die sich aus Wesenbergs Befunden und seiner HyjDothese über die Natur der -Sfra^iofes- Winterknospen ergeben, bald zu eingehenden Kulturver- suchen mit Stratiotes Anlaß geben werden. Nachdem vorerst die Geschlechtsverteilung an Stratiotes - Pflanzen südlicherer Stand- orte nochmals einer eingehenden Revision unterworfen worden ist, wird es sich vor allem darum handeln, durch Kulturversuche mit gestielten und un gestielten Knospen von Pflanzen nörd- licher Standorte zu prüfen: a) Ob ihre weiblichen Pflanzen trotz des Jahrhunderte- oder wohl jahrtausendelangen Ausschlusses der geschlechtlichen Fort- pflanzung und trotz der ausschließlich vegetativen Vermehrung die Fähigkeit zur Amphimixis beibehalten haben, also nach Bestäubung ö 574 Vierzehntes Kapitel. mit Pollen von Pflanzen südliclierer Standorte befruchtet werden oder nicht. b) Wie sich die Samenanlagen der Pflanzen nördlicher Stand- orte in entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht verhalten und ob die Fähigkeit, „daß die weibliche Pflanze ihre Fruchtknoten, trotzdem sie nur Samenanlagen enthalten, doch beinahe zu ihrer vollen Ent- wicklung bringt" mit der Unterdrückung der geschlechtlichen Fort- pflanzung in Verbindung steht und eine leichte Form der Parthe- nokarpie darstellt, welche den unbestäubt gebliebenen Fruchtknoten der Pflanzen südlicher Standorte abgeht. c) Ob unter günstigeren Temperatur- und Lichtverhältnissen eine Entwicklung von Sprossen mit männlichen Blüten aus den Dauerknospen noch möglich ist und ob die eventuell entstehenden männlichen Blüten auch noch normalen keim- und befruchtungsfähigen Pollen erzeugen. d) Ob und innerhalb welcher Zeitdauer die aus einer südlichen Gegend nach dem Norden verbrachten »SY/Y/^?ofes-Pflanzen eine ähn- liche Einbuße der Fähigkeit zur Produktion männlicher Blüten und damit auch der Frucht- und Samenbildung erleiden. Auch für die an der Grenze des Verbreitungsgebietes ihrer Art vorkommenden Populationen steril bleibender Individuen ist also ebenso wenig wie bei den eingebürgerten exotischen Pflanzen und den Kulturpflanzen der Nachweis einer Entstehung obligater Sterilität und völligen Verlustes der geschlechtlichen Fortpflanzung erbracht. Ebenso wenig ist festgestellt, ob in den besprochenen und in anderen Fällen ähnlicher Beeinflussung die Schwächung der Fertilität allmählich eintritt oder plötzlich als Re- aktion auf die abgeänderten Lebensbedingungen erfolgt, ob die in- dividuelle Sterilität eine definitive ist oder ob die betrefl'enden In- dividuen, in günstigere Verhältnisse zurückgebracht, wieder fertil würden. Vorderhand erscheint mir wahrscheinlich, daß auch für die spontane Sterilität infolge abgeänderter Lebensbedingungen der Satz gilt, den Darwin an die Besj^rechung des Umstandes angeknüj^ft hat, daß sowohl gewisse eingeborene wie naturalisierte Pflanzen selten oder niemals Früchte erzeugen oder wenn sie blühen, niemals Samen j)roduzieren : „Aber niemand wird hierdurch zu einem Zweifel ver- anlaßt, daß es ein allgemeines Naturgesetz ist, daß phanerogamische Pflanzen Blüten produzieren sollen und daß diese Blüten Samen produzieren sollen. Schlagen sie fehl, so glauben wir, daß solche Pflanzen unter verschiedenen Bedingungen ihre eigentlichen Funk- tionen ausführen werden, oder daß sie es früher taten und es auch wieder tun werden." Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 575 IV. Sterilität oder Geschlechtsverlust infolge parasitärer Einwirkungen. Zahlreiche Störungen in der Sexualsphäre vieler Pflanzen, die zu vorübergehender Sterilität oder einem völligen Verlust der Ge- schlechtsorgane führen, kommen durch Parasitismus zustande. Solche Fälle sind von den Algen an aufwärts aus den verschiedenen Abteilungen des Pflanzenreiches bekannt. Am eingehendsten sind natürlich die durch Parasiten bewirkten Veränderungen an Blütenpflanzen und von diesen wiederum die- jenigen an Kulturpflanzen studiert worden. Es möge genügen, die Besprechung dieser Verhältnisse an Hand einiger weniger Bei- spiele vorzunehmen. Sie sind zum Teil dem Abschnitt „Umbildung, Verkümmerung, Verwachsung und Teilung" der Organographie von Goebel (1913) entnonmien. Weiteres ist dort, sowie in den Lehr- büchern über Pflanzenteratologie, Pflanzenkrankheiten und Pflanzen- gallen zu finden. Völlige Sterilität ist eine häufige Folge der von parasi- tischen Pilzen an höheren Pflanzen bewirkten Mißbildune'en. So sind die auf den Asten der Weißtanne vorkommenden durch MelampsoreJla caryophyllacearum verursachten orthotrojjen „Hexen- besen" stets steril. Das gleiche gilt auch für die von Uromyces Plsi befallenen Sprosse verschiedener Eiq)horhia- Arten. Bei der von Tischler (1912a) eingehend untersuchten Eiiphorhia CyiKirlssias sind die infizierten Sprosse, sofern der Pilz nicht frühzeitig eine Zurück- drängung aus dem Vegetationspunkt erfahren hat, in der großen Mehrzahl völlig steril. Nur ausnahmsweise können sie zur Blüten- bildung gelangen, wobei dann hie und da der Pilz auch in die Blüten mitgeht. Auch, diese Blüten aber sind in wechselndem Maße verkümmert. Samenanlagen und Pollenkörner werden nicht mehr ausgebildet und an Stelle der ersteren können sich P^d^niden entwickeln. In den von Peronospora violacea befallenen Blüten von Knaiiüa arvensis erfolgt öfters Hemmung der Staubblattentwicklung, das Auf- treten blumenblattartiger Flügel an Stelle von Pollensäcken oder sogar eine völlige Umwandlung der Staubblattanlagen in violette Blumenblätter, also eine „Füllung" der Blüten. Auch die von üstilago cmtherarum befallenen Blüten von Saponctria officinalls erfahren eine Umwandlung der Staubblätter in Blumenblätter. Es leiten diese Fälle über zu einer weiteren Gruppe krankhafter Veränderungen an Blüten. Sie sind mit Störungen und Hemmungen der Blütenentwicklung verbunden, in deren Verlauf ein Teil oder alle Blütenorgane laubblatt- ähnliche Entwicklung erfahren. Der Grund zu diesen, namentlich bei Kulturpflanzen weit verbreiteten „Vergrünungen" ist, wie Goebel schreibt, „meistens unbekannt, in 576 Vierzehntes Kapitel. einigen Fällen ist sie, wie Pey ritsch experimentell nachgewiesen hat, durch Insekten veranlaßt, in anderen dürfen wir wohl annehmen, daß durch Ernährungsverhältnisse die sexuelle Potenz geschwächt, die vegetative gesteigert ist". An zahlreichen Pflanzen sind „Vergrünungen" und andere Bildungsabweichungen experimentell erzeugt worden. Vor allem ist es Pey ritsch (1888) gelungen, durch ein einfaches, leicht an- zuwendendes Verfahren^) bei Vertretern verschiedener Familien, im besonderen bei Valerianaceen und Cruciferen, teils abnorme Blattformen, teils verschiedene Blütenfüllungen und sprossende Blüten hervorzurufen. So wurden bei Centrant/ms-Arten die verschiedensten Formen der Blütenfüllung erzielt. Alle Stadien von Petalodie einzelner Staubblätter und Carpiden bis zur vollkommensten Füllung waren vertreten, „so daß solche gefüllte Blüten sich mit gefüllten Rosen in Miniatur vergleichen ließen". Ebenso wurden Durchwachsungen der Blüten, dojjpelte und dreifache Corollen, Calycanthemie, Auf- treten von Sprossungen innerhalb der Blüten und dergleichen mehr beobachtet. Bei Arabis-Arten usw. ist die Vergrünung der künstlich infizierten Blütenknos23en auch von einer Störung der Sporophyll- Entwicklung und vor allem von der Ausbildung rudimentären und offenbar funktionsunfähigen Pollens begleitet. Ahnliche Mißbildungen und Entwicklungshemmungen der An- theren sind an zahlreichen Beispielen s23ontan auftretender vergrünter Blüten festgestellt worden. Ebenso sind sehr häufig auch die Frucht- knoten weitgehend verändert, vergrößert, aufgeblasen oder in die einzelnen Fruchtblätter aufgelöst und diese in Laubblätter umgewandelt. An vollständig vergrünten Fruchtblättern fehlen die Samenanlagen gänzlich. In Fällen wenig weit vorgeschrittener Vergrünung finden sich im Innern der Fruchtknoten Bildungen vor, die offenbar aus abnormer Entwicklung der Samenanlagen hervorgegangen sind. Bei den einen Pflanzen erfahren dabei die Integumente, bei anderen der Funiculus eine stärkere vegetative Ausbildung. Der wichtigste Teil der Samenanlage allerdings, der Nucellus, ist verkümmert und funk- tionsunfähig, das sporogene Gewebe fehlt. Wohl am eingehendsten ist die Mannigfaltigkeit der Deformationen für die Blütencecidie von Lonicera Periclymenum von Diels (1913) ^) Auf die Knospen gewisser Versuchspflanzen wurden z. B. degenerierte Knospen einer im Freien eingesammelten Valeriana tripteris aufgelegt, die Phytoptus beherbergten. Die Erscheinungen waren verschieden, je nachdem die Versuchspflanzen sich als geeignete Nährpflanzen von Phytoptus erwiesen oder nicht. Im ersteren Falle erhielt sich der Parasit dauernd auf der Nährpflanze, pflanzte sich fort und Mißbildungen traten an allen, auch den nicht direkt infi- zierten Blütenknospen auf. Im letzteren Falle blieb der Aufenthalt der Parasiten lokal, ihre Lebenszeit war kurz und damit auch das Auftreten von Monstrosi- täten auf die unmittelbare Umgebung der Infektionsstellen beschränkt. Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 577 eine dargelegt worden. Ich beschränke mich auf die Anführung einiger seiner Befunde über Fruchtknoten- und Staubblattentwicklung. In der Entwicklung des Gynaeceums verraten sich die ceci- dogenen Störungen schon sehr früh, ja es sind die Hemmung der Makrospore nbildung, das Verkümmern der Samenan- lagen und das Schwinden der Plazenten bei Lonicera Peri- clijuienum eigentlich die ersten Stadien der cecidogenen Deformation. Äußerlich werden sie schon in den Dimensionen des Ovariums und in der Länge des Griffels kenntlich. Die Degenerationsstufe der Ovula ist innerhalb desselben Fruchtknotens infolge ihres ungleichen Alters sehr verschieden. Im allgemeinen sind sie gekennzeichnet durch eine starke Hypei^trophie des Funiculus (Fig. 168) in Ver- bindung mit Reduktion und schließlich völligem Schwinden des Nucellus. Zur Entwicklung kommende Embryosäcke haben beschränkte Expansions- kraft, die Verdrängung des Nucellus erfolgt nur teil- weise. Die Polkerne schei- nen normal, der Eiapparat dagegen zeigt Symptome der Schwächung. Die Beeinflussung des An droeceums äußert sich vor allem in der Größen- zunahme des sterilen Teils der Antheren. Er wird breiter, seine Ränder sind vielfach schmal geflügelt und dehnen sich mit zwei zahnartigen Auswüchsen neben derAntherenbasis aus, bei gleichzeitiger Schwächung der Fächerbildung (Fig. 169). In den Thecae selbst ist der Reduktionsvorgang entschieden abgestuft. „Oft zeigt eine Anthere ihre Sjjorangien noch normal zur Tetradenteilung gelangt, teils im Archesjjorium völlig desorganisiert. Der Form nach besteht große Ähnlichkeit mit den Erscheinungen, die bei ,nornialen' und ,hybriden' Sterilisierungen gewöhnlich sind." Weitere Phasen der vorschrei- tenden Vergrünung führen zur Ausbildung staminoider Griffel, An- drogenie. Sie gibt sich in Antheren bildung an den Griffeln kund und führt bei hinreichend frühzeitiger Infektion zur völligen Unter- drückung der Sporangien und damit zu totaler Petalodie und Phyllodie (Fig. 170). Im Anschluß an die Vergrünungen und die in ihrem Gefolge auftretende Sterilität sind auch gewisse Änderungen der Geschlechts Verhältnisse von Pflanzen zu erwähnen. Solche Ernst, Bastardierung:. 37 Fig. 168. Cecidogene Deformation der Samenanlagen von Lo)neera sempcreircus. A Samenanlage einer normalen Blüte. B — I) Samenanlagen mit hypertrophiertem Funiculus, E rein vegetativ gewordene Samenanlage. Aus Diels (1913, S. 194, Fig. 2). 578 Vierzehntes Kapitel. sind z, B. jüngst von Schneider (1915) für weibliche Exemj^lare von Mercunalis annua beschrieben worden. Die aus dem Versuchs- material Strasburgers (1910 d) stammenden Pflanzen zeigten eine Reduktion der weiblichen Blüten und männliche Neubildungen. Fig. ] 69. Staubblätter deformierter Blüten von Lonicera Perielymeniim mit seitlicher Ausdehnung des Filamentteiles. A und B aus verschiedenen, G~F aus derselben Blüte. Aus Diels (1913, S. 199, Fig. 5). Viele scheinbar wohlausgebildete Blüten dieser Pflanzen enthielten obliterierte Embryosäcke oder gänzlich verkümmerte Samenanlagen. Die neu auftretenden männlichen Charaktere bestanden zum Teil in der Bildung überzähliger männlicher Blüten auf der verlängerten Blütenachse oder in Plazentar- ausvvüchsen der Fruchtfächer, die alle oder teilweise statt zu Samen- anlagen zu Pollensäcken aus- wuchsen. Völlig normale männ- liche Blüten, wie sie sonst gelegent- lich an Mercurialis annua 9 vor- kommen, waren nicht vorhanden, der abnorm gebildete Pollen war nur teilweise funktionsfähig. Immerhin wurden durch künst- liche Bestäubung normaler weib- licher Blüten dieser Pflanzen mit ihrem abnorm gebildeten Pol- Fig. 170. Total sterile Blüten- knospe von Lonicera Periclymenum. Ä junge Knospe geschlossen, von den 5 Kelchblättern 4 sichtbai*. B Dieselbe Blüte ausgebreitet, Kelch entfernt, 5 Blumenblätter, 5 Staubblätter und 3 Grif- fel von ungleicher Größe. Aus Diels (1918, S. 205, Fig. 12). len doch eine größere Anzahl von Samen erhalten, von denen sich indessen nur wenige als entwicklungsfähig erwiesen. Aus 55 zur Kei- mung ausgelegten Samen wurden 5 Pflanzen erhalten, davon waren drei rein weiblich, zwei rein männlich. Ebenso waren 4 Steck- linge der Mutterpflanze völlig weiblich. Die Anomalie hat sich also weder geschlechtlich noch ungeschlechtlich auf Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 579 die Nachkommenschaft übertragen. Das spricht dafür, daß der Geschlechtswandel der untersuchten Pflanze wahrscheinlich auf einer bestimmten zeitlich begrenzten Einwirkung äußerer Einflüsse beruhte, deren Erreger allerdings nicht festgestellt werden konnte. Ahnliche Änderungen sind aber in anderen Bei- spielen sicher durch Einwirkung von Parasiten erzielt worden. Auch die Entwicklung von gewöhnlich verkümmernden Organen, i. b. von Antheren und Fruchtknoten, kann durch pflanz- liche oder tierische Parasiten angeregt werden. Eine Entwicklungsförderung von Antheren ist z. B. bei Melandrium alhimi festgestellt worden. Dieses ist gewöhnlich diözisch, kommt aber gelegentlich scheinbar mit Zwitterblüten vor. Das ist, wie Goebel anführt, „in fast allen genauer untersuchten Fällen da- Fig. 171. Blüten von Melandrium album. Links eine männliche, rechts eine weibliche, . in der Mitte eine infolge Pilzinfektion scheinbar zwitterig gewordene Blüte (halbiert): die in der Figur nicht sichtbaren, aber stets vorhandenen Antherenanlagen der weiblichen Blüte sind durch TJstilago violaeea zur Weiterentwicklung angeregt worden. Aus Göbel (1913, S. 338, Fig. 337). durch veranlaßt, daß weibliche Blüten von Ust'üayo riolacea befallen wurden, einem Pilz, der die Ausbildung der sonst auf einem frühen Entwicklungsstadium stehen bleibenden Staubblattanlagen veranlaßt" (Fig. 171); in den Antheren bilden sich aber statt der Pollenkörner lJstila(/oSj)or eil aus, der weibliche Sexualapparat verkümmert größten- teils". Nach Strasburger (1910 d, S. 487), der sich besonders ein- gehend mit den an Melandrium album und rubrum hervorgerufenen Geschlechtsänderungen beschäftigt hat, steht in den infizierten Blüten weiblicher Melandrium-'&iiöckQ das Auftreten von Staubblättern nicht in Korrelation zu dem erst nachher erfolgenden Zurückbleiben der Fruchtknotenentwicklung, sondern zu einer spezifischen "Wirkung des Parasiten, die dahin führt, „daß die Antheren erzeugt werden, die er zu seiner Ernährung und zur Erzeugung seiner Brandsporen braucht. Die Entziehung der Nahrung dürfte es vor allem sein die dem Fruchtknoten der Blüte dann nicht mehr gestattet, völlig auszureifen". 37* 580 Vierzehntes Kapitel. In anderen Fällen werden durch Brandpilze an männliclien Blüten Merkmale hervorgerufen, die sonst weiblichen Blüten zu- kommen. So soll (vgl. Julin, 1894, S. 602) Ustilago Caricis in den männlichen Blütenständen von Carex praecox die Entwicklung der sonst abortierten Ovarien hervorrufen. Tilleüa Buchlaeana infiziert die männlichen Pflanzen von Buchiaea dactyloides und veranlaßt die Ausbildung anormal großer Fruchtknoten. Ahnliches ist für andere Gramineen und weitere Caryophyllaceen festgestellt worden. In diesen letztgenannten Fällen veran- lassen die von einem Parasiten ausgehenden Reize eine sonst ausbleibende Entwicklung gewisser gene- rativer Organe. In der Regel führen sie aber doch nicht zur normalen Ent- wicklung und i'unktionsfähig- keit der geför- derten Organe und sind zudem vonderDegene- ration oder doch a Fig. 172. Deformation der Blüten und Blütenstände bieiinia. a Blütenstand und Blatt in normaler b 3 normale und zwi'i durch Eriophyes infizierte, Blütenstände mit vergrünten Blüten. V'g — '/2 Aus Potonie (1912.' S. 273/74, Fig. 3 und 4). von Crepis Ausbildung, deformierte nat. Größe. von weitgehen- der Schädigung- anderer Blüten- teile begleitet. Die allgemeine Bedeutung des Parasitismus für das Auftreten von Entwicklungshemmungen und Entwicklungsabweichungen im Pflanzenreich ist verschieden gewertet worden. Peyritsch (1888, S. 605) betrachtete die Ergebnisse seiner interessanten Versuche als „eine weitere Stütze für die Lehre, daß weitaus die meisten Ki'ank- heiten und Bildungsabweichungen durch parasitische Organismen bewirkt werden". Soweit es sich um eigentliche Krankheiten handelt, kann man, wie Vochting (1898, S. 470) schreibt, dieser Ansicht zustimmen, nicht aber hinsichtlich der Bildungsabweichungen. „So gewiß es nach den von Peyritsch angestellten und älteren Ver- Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 581 suchen ist, daß manche der ins Gebiet der Teratologie gehörenden Erscheinungen durch den Einfluß von Parasiten hervorgerufen werden, ebenso sicher ist, daß zahlreiche andere durchaus verschiedenen Ursprungs sind." Die durch Parasiten bewirkten Abänderungen vom normalen Blütenbau stimmen größtenteils mit anderen überein, die als Folgen modifizierter Ernährungsverhältnisse, che- mischer oder physikalischer Beeinflussungen auftreten. Auch experimentelle Störungen der Korrelationsverhältnisse von Organen führen, wie die von Klebs (vgl. 1906, 1916b) und Blaringhem (1907, 1911) erzeugten künstlichen Metamor^Dhosen und Anomalien zeigen, zum selben Resultat. Sicher aber ist, daß Parasitismus, im besonderen in der Blütenregion der Pflanzen deren Sterilität fördert. Hierin herrscht durchaus Übereinstimmung mit dem Tierreich. Ver- schiedene Formen des Parasitismus, z. B. Entwicklung von Parasiten in den Gronaden von Tieren, führen zu Sterilität. Giard (1887/88) faßte diese Erscheinungen unter der Bezeichnung parasitäre Kastration^) zusammen, die er (1888, S. 758) im weitesten Sinne definierte, als „l'ensemble des modifications produites par un parasite, animal ou vegetal, sur l'appareil generateur de son hote ou sur les parties de l'organisme en relation indirecte avec cet appareil". Über die Erblichkeits Verhältnisse der durch Para- sitenwirkung hervorgerufenen Abänderungen in den Fortpflanzungsorganen und der damit in Verbindung ste- henden teilweisen oder völligen Sterilität ist noch nicht viel be- kannt. Durchaus eindeutig scheinen die Verhältnisse im Tierreich zu liegen. Schon Giard hat hervorgehoben, daß der para- sitären Kastration nicht der Charakter einer defini- tiven Kastration zukommt. Sie ist nur temporär. Sind die Sterilität hervorrufenden Parasiten abgestorben oder entfernt, so können sich sowohl die Geschlechtstätigkeit als auch die sexuellen Charaktere entfalten. Weniger gleichmäßig sind die bisherigen Be- funde im Pflanzenreich gedeutet worden. Die Ähnlichkeit gewisser erblicher Bildungsabweichungen mit den durch Parasitismus hervor- gerufenen Erscheinungen, die häufige Degeneration der Geschlechts- organe, die 23artielle oder vollständige Sterilität, machen es begreif- lich, daß zu wiederholten Malen kausale Beziehungen zwischen Para- sitisnnis und der Ausbildung erblicher Bildungsabweichungen sowie erblichen Geschlechtsverlustes und Sterilität angenommen worden ^) Zahlreiche Beispiele derselben sind von ihm und anderen Autoren im besonderen bei Krustaceen, Insekten, Mollusken und Echinodermen beobachtet vi'orden. Eine eingehende Zusammenstellung derselben hat J u 1 i n (1894) gegeben; die wichtigsten Beispiele und die Literatur sind bei Godlewski (1912 — 14, S. 594) aufgeführt. 582 Vierzehntes Kapitel. sind. Das entsprach auch völlig der Anschauungsweise der biolo- gischen Forschung im engeren Sinne (Ökologie), die während langer Zeit bewußt, später häufig auch unbewußt auf Grund der Annahme einer Vererbung erworbener Eigenschaften gearbeitet hat. Außer dieser im Unterbewußtsein vieler Biologen tätigen Vorliebe für lamarckistische Anschauungen scheinen für die Annahme jener kausalen Beziehungen auch einzelne neuere, auf exakten Methoden basierende Erfahrungen der experimentellen Zoologie und Botanik zu sprechen. Diese haben gezeigt, daß unzweifelhaft gewisse exper im enteil herbeigeführte Änderungen auf die Nach- kommenschaft übertragen werden können. Auf botani- schem Gebiete haben das vor allem die Untersuchungen von Klebs (vgl. z.B. 1909, 191(3 b) dargetan. Noch nicht entscheidend genug aller- dings sind deren Ergebnisse, wie Klebs (1909, S. 27) selbst aussagt, zur Beantwortung der Frage, ob es möglich ist, neue Rassen auf experimentellem Wege zu gewinnen. „Denn aus dem Verhalten der ersten Generation kann man den Grad der Erblich- keit nicht beurteilen. Die Einwirkung auf die Geschlechtszellen kann sich auf die ersten Nachkommen beschränken und durch die Gegenwirkungen der normalen Kulturbedingungen wieder beseitigt werden." Ebenso vorsichtig ist die Erblichkeit der von Blaringhem experimentell erzeugten Anomalien zu beurteilen. In seiner Be- sprechung der von Blaringhem an Zea Mays durch Verletzung hervorgerufenen Bildungsabweichungen weist Goebel (1913, S. 335) daraufhin, daß diese Versuche mitKulturjDflanzen angestellt worden sind, von denen zahlreiche zu Mißbildungen befähigte Rassen existieren. Bei den durch Verletzungen ausgelösten Organbildungen handelt es sich also nach seiner Ansicht darum, daß eine sonst nur gelegentlich zutage tretende Fähigkeit zu abnormer Ausbildung infolge der ver- änderten Ernährungsverhältnisse sich häufiger und stärker mani- festiert. Da auch die Samen der unter abnormen Bedingungen aus- gebildeten Blüten unter denselben abnormen Verhältnissen entstanden, hält er es für sehr wohl möglich, daß auch bei deren Nachkommen die abnormen Gestaltungsverhältnisse stärker als gewöhnlich zutage treten. „Ob aber die weiteren Generationen, falls sie unter ,nor- malen' Verhältnissen sich entwickeln, die Disposition zu abnormer Ausbildung gleichfalls in verstärktem Maße zeigen, scheint mehr als fraglich — wahrscheinlicher ist es, daß sie die Eigenschaften der ursjDrünglichen Versuchspflanzen aufweisen werden!" Ist also mit diesen und anderen Versuchen die Erblichkeit künst- lich erzeugter Variationen und Mutationen noch nicht absolut be- wiesen, so erscheint sie doch möglich. Dann rückt aber die Er- zeugung erblicher Abänderungen in den Korrelationen von Organen und neue Gestaltung einzelner Organe unter dem Einfluß parasi- Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich 583 tärer Einwirkungen ebenfalls in das Bereich experimenteller For- schung. Die im Laboratoriumsexperiment mögliche Beeinflussung einer Pflanze durch Änderung äußerer iDhysikalischer Faktoren oder Einwirkung chemischer Agentien wird sowohl nach Intensität als Qualität — wenigstens für die befallenen Organe — wohl vielfach übertroÖ'en durch die physikalische und stoffliche Einwirkung eines Parasiten auf seine Wirtpflanze. Es könnte also erwartet werden, daß diese im Gefolge der viel weitergehenden Störung des normalen Verlaufes ihrer Baustoff bildung und -Verteilung auch solche Ver- änderungen erfährt, die sich bis in die Konstitution der Geschlechts- zellen geltend machen. Offenbar ist das aber in den meisten Fällen von Parasitismus im Pflanzenreich nicht der Fall. „Die Eiche und andere Bäume inüssen seit uranfänglichen Zeiten Gallen getragen haben und doch produzieren sie keine erblichen Auswüchse", schreibt Darwin (1868, IL S. 31). Auch für die Annahme einer allmäh- lichen Entstehung der jetzt existierenden erblich sterilen Pflanzen- formen aus Fällen der individuellen Sterilität infolge joarasitärer Einwirkungen sind zurzeit noch ebensowenig Anhaltspunkte vor- handen wie für die Erblichkeit von Gallen und anderen auf para- sitärer Einwirkung beruhenden Mißbildungen. Wer trotzdem be- haupten wollte, daß vielleicht doch manche Bildungsabweichungen von Kulturpflanzen dem Einfluß unbekannter Parasiten ihre Ent- stehung verdanken, der hätte, wie schon Vöchting (1898, S. 471) bemerkte, eine wichtige Bedingung zu erfüllen, „nämlich zu be- weisen, daß solche Anomalien den Nachkommen der befallenen Pflanzen erblich übertragen werden können." Es ist nicht zu erwarten, daß Versuche in dieser Richtung zu positiven Resultaten führen werden. Alle zurzeit bekannten Tatsachen sprechen dafür, daß im Tier- und Pflanzenreich erbliche Einschränkung der Fertilität oder erbliche Sterilität infolge parasitärer Wirkungen nur in Verbindung mit erblichem Parasitismus, also Übertra- gung des Parasiten in irgendeiner Weise auf die Nach- kommenschaft, zu erwarten ist. V. Zusammenfassung und Thesen. Die bei einzelnen Arten zahlreicher Verwandtschaftskreise der Pflanzen, von den Algen bis zu den Angiospermen, vorkommende teilweise oder völlige Sterilität ist nicht ausschließlich eine Folge von Bastardierung. In der Fortpflanzungssphäre der Organismen kann, ebensowohl wie in allen anderen Lebenserscheinungen, der- selbe Effekt durch verschiedenartige Faktoren, z. B. Ernährungs- und klimatische Einflüsse, Entwicklungsstörung durch jDflanzliche oder tierische Parasiten usw., hervorgerufen werden. Für zahlreiche Bei- 584 ■ Vierzehntes Kapitel. spiele individueller Sterilität, sowie für einige Fälle konstanter Ste- rilität von Rassen oder Arten sind nicht Bastardierungsvorgänge, sondern andere mehr oder weniger klar zu übersehende Ursachen festgestellt worden. Für die Mehrzahl aller Vorkommnisse des erb- lichen oder doch über Generationen sich erhaltenden Geschlechts- verlustes bleibt Annahme hybriden UrsjDrunges immerhin die aus- sichtsreichste Hypothese. Thesen: 1. Verschiedene auffallende Abweichungen vom normalen Bau der Blüten, wie petaloide Ausbildung des Kelches, Ent- stehung vonPelorien, sind häufig mit Unfruchtbarkeit verbunden. Die Mißbildung an sich kann, da sie die eigentlichen Reproduktions- organe nicht immer affiziert, kaum als direkte Ursache der Sterilität an- gesehen werden, um so weniger, als nicht nur sterile, sondern auch äußerst fertile Calycanthema-Formen und Pelorien bekannt sind. Än- derungen der Außenbedingungen kommen als direkte Ursache der Petalodie und Pelorie ebenfalls nicht ernstlich in Frage, Sie beruhen auf inneren Ursachen, die ihrerseits wieder in Änderungen der Konstitution der betreffenden Spezies infolge Kreuzung in der As- zendenz begründet sein könnten. 2. Abdämmung von Nährstoffen, vielleiclit in Kombination mit verschiedenartiger Beeinflussung durch äußere Faktoren, spielt bei der Ausbildung der Blüten und Früchte vieler Pflanzen eine Rolle. Sie führt zur Sterilität einzelner Blüten, einzelner Blüten- stände, seltener zur völligen Sterilität ganzer Individuen einzelner Arten, dagegen nicht zur Entstehung völlig steriler Rassen. 3. Apospor entstehende diploide Gametophyten monözi- scher Laubmoose sind in der Regel fertil, nur ausnahmsweise steril. Dagegen scheint Sterilität konstant mit der Diploidie und Monözie der apospor entstehenden Gametophyten diözischer Laub- moose verbunden zu sein. 4. Auslösung von Laubmoos -Aposporie ist nicht nur experi- mentell möglich, die Bedingungen dafür können auch in der freien Natur gegeben sein (Protonemabildung an jungen Sporogonien, die durch Tierfraß oder anderweitige Schädigungen verstümmelt worden sind). Die bivalenten Rassen der Moose kommen in der Üppigkeit der vegetativen Entwicklung zum mindesten den typischen Formen gleich, ihre Konkurrenzfähigkeit im Kampf um den Standort steht außer Frage. Es ist daher mit der Möglichkeit zu rechnen, daß bei den Laubmoosen neben der Bastardierung auch die Aposporie zur Bildung von sterilen und sich rein vegetativ erhal- tenden Formen beige+.ragen haben kann. Andere Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 585 5. Die auf vegetativem Wege entstandenen tetraploiden Hola- num nigrum und Ä Iyco2:)ersicuni-'RsiSsen Winklers sind trotz der Verdoppelung ihrer an sich schon hohen Chromosomenzahl nicht völlig steril. Sie weisen eine beschränkte Fertilität auf, die — vergleichbar derjenigen der Bastarde — in starkem Grade von der Lebenslage und wohl auch vom Lebensalter der zur Blüte kommenden Pflanzen ab- hängig ist. Wahrscheinlich wird sich die Fertilität in der aus Samen gezogenen Nachkommenschaft diploider (7i^as-Formen noch erhöhen; doch dürfte noch weitergehende Steigerung der Chromosomenzahl zu völliger Sterilität führen. Die experimentelle Erzeugung völlig steriler, sich aber vegetativ selbsttätig reproduzierender Formen dürfte möglich sein, wenn es gelingt, auf dem von Winkler gewiesenen Wege, z. B. Solanum tuberosum oder eine andere knollenbildende Art tetraploid oder in noch höherem Grade polyploid zu machen. 6. Tetraploide Solanu}n-Yorvß.e,n sind vorläufig nur unter Be- dingungen entstanden, die in der Natur kaum je realisiert sein dürften. Da die Möglichkeit ihres Auftretens in Form reiner Adventivsprosse an gewöhnlichen Dekapitationsstellen noch nicht nachgewiesen ist, liegen keine Anzeichen dafür vor, daß apogame oder sterile B.assen mit erhöhter Chromosomenzahl in der Natur auf eine den Win kl er sehen Versuchen einigermaßen vergleichbare Art und Weise entstanden sein könnten. 7. Neben Chromatin- und Chromosomen Vermehrung sind auch Chromatinverminderung und Ausfall von Chromosomen als Ursachen oder Begleiterscheinungen von Sterilität angegeben worden. Innerhalb der Gattung Muscari ist eine mit der fortschreitenden Ab- nahme der Fertilität ungefähr parallel laufende, immer deutlicher hervortretende Rückbildung bestimmter Chromosomenpaare feststell- bar. Solange ähnliche Beobachtungsreihen in anderen Verwandt- schaftskreisen mit Sterilität fehlen, bleibt die Natur der inneren Beziehungen zwischen Chromatindiminution und Sterilität von Muscari völlig unbekannt. 8. Künstliche Veränderung von Außenbedingungen, so z. B. Bestrahlung mit Röntgen- oder Radiumstrahlen, Einwir- kung von Narcotica, wie Chloroform und Chloralhydrat, veran- lassen bei normalgeschlechtlichen Arten vielfach Abnormitäten in der Teilung der Sporen- und Pollenmutterzellen, zum Teil ähnlich denjenigen, die bei Hybriden festgestellt worden sind. Andere Ab- normitäten sind mit einer völligen Unterdrückung der allotypischen Teilungen verknüpft und führen zur Bildung von diploid- kernigen generativen Zellen. Sofern die diploidkernigen Pollenkörner nach Übertragung auf die Narbe oder die Samenanlagen zur Schlauchbildung und ihre Sperma- 586 Vierzehntes Kapitel. kerne zur Befruchtung von normal entwickelten Eizellen befähigt sind, ist die Möglichkeit zur experimentellen Erzeugung von Keimen mit abgeänderter Chromosomenzahl gegeben. Ob solche Versuche zur Entstehung fertiler oder steriler heteroploider Formen führen werden, wird wie bei den unter 3 und 5 genannten Experi- menten von der Geschlechtsverteilung und der Höhe des Chromo- somensatzes der Versuchspflanzen abhängig sein. 9. In der Natur ist eine zu ähnlichen Abweichungen vom nor- malen Entwicklungsgang der Gonotokonten führende chemische Be- einflussung wohl ausgeschlossen. Immerhin könnten gelegentliche Änderungen der beeinflussenden Faktoren (im besonderen niedere Temperaturen) ebenfalls zur Entstehung von Gameten und Zygoten mit veränderter Chromosomenzahl Anlaß geben. Doch ist nicht denk- bar, daß die auffallende Verschiedenheit der Chromosomenzahlen inner- halb zahlreicher Verwandtschaftskreise und in diesen sj)eziell wieder die zahlreichen Formen mit Apogamie oder sonstiger asexueller Fort- pflanzung auf diese Weise entstanden sind. 10. Die Domestikation übt einen starken Einfluß auf das Fort- pflanzungssystem der Pflanzen aus, im besonderen, wenn der dome- stizierte Zustand mit einer Verpflanzung in eine verschiedene kli- matische Zone kombiniert ist. Für keine einzige Kulturj^flanze ist aber der Nachweis erbracht, daß durch Domestikation ursprüng- lich normal sexueller Individuen plötzlich oder im Verlaufe mehrerer Generationen durch Steigerung einer anfänglich nur partiellen Sterilität absolute Sterilität entstanden ist. Ebensowenig ist erwiesen, daß sich die Sterilität domestizierter Individuen nach dem Zurückversetzen derselben unter die frühereii Bedingungen während Generationen erhält und niclit wieder in Fertilität zurückschlägt. 11. Das Variations vermögen kultivierter Pflanzen soll durch die Kultur selbst gesteigert werden. Besonders glaubhaft erscheint ein Effekt der Kultur in dieser Richtung, wenn die in Zucht genommenen Pflanzen von Anfang an als Bastarde heterozygotisch sind oder in der Kultur selbst spontan oder infolge künstlicher Kreuzung Bastarde entstanden sind. Für den hybriden Ursprung vieler Kulturpflanzen spricht der Umstand, daß ihre Sterilität sich häufig in denselben Störungen der Pollenbildung äußert, die auch für Bastarde tyi^isch sind. Als Ursache für das Vorkommen absoluter Sterilität bei Kulturpflanzen dürfte also neben, besser aber wohl an Stelle der Einflüsse der Kultur hybrider Ursprung zu setzen sein. 12. Unfruchtbarkeit der Blüten mit teilweiser oder völliger Ver- bildung des Pollens und der Ovula ist bei eingebürgerten exo- Andeie Ursachen verminderter Fertilität usw. im Pflanzenreich. 587 tischen P f 1 a n z e n (z. B. Acorus Calamus) festgestellt worden. Die seit 1836 auf dem europäischen Kontinent ausschließlich in weib- lichen Exemplaren verbreitete und auf vegetativem Wege vermehrte FAodea canadensis erzeugt in den Fruchtknoten ihrer Blüten eine kleinere Anzahl von Samenanlagen als in Amerika. Die zur Aus- bildung gelangenden Samenanlagen haben ihre Befruohtungsfähigkeit noch nicht eingebüßt und es ist zu erwarten, daß aus Europa nach Amerika zurückverbrachte weibliche Pflanzen dort wieder das nor- male Verhalten annehmen würden, eine erbliche Fixierung der in Europa aufgetretenen Abweichung noch nicht erfolgt ist. Ebensowenig wie für Elodea ist für irgendeine andere der in historischer Zeit eingebürgerten Pflanzen festgestellt, daß sie an ihren neuen Standorten einen definitiven Verlust der geschlechtlichen Fortpflanzung erlitten hätte. 13. Alpine und nordische Pflanzen kommen an den Grenzen ihrer natürlichen Verbreitungsareale mit Populationen steril bleiben- der Individuen vor. Von diözischen Arten gehen häufig die weiblichen Pflanzen weiter nach Norden. Wo Beziehungen zwischen Klimaänderung und dem Fehlen männlicher Pflanzen vorhanden sind, führte das allmähliche Verschwinden der männlichen Pflanzen auch zu einer immer stärkeren Einschränkung und schließlich zur völligen Unterdrückung der geschlechtlichen Fortpflanzung und der Sanienbildung. Auch für diese an der Grenze ihres Verbreitungsgebietes vorkommenden Pojoulationen steriler Individuen ist, ebensowenig wie für die eingebürgerten exotischen Pflanzen und die Kulturpflanzen, der Nachweis erbracht, daß die Hemmung der Frucht- und Samenbildung zu einem defini- tiven und erblichen Verlust der Fähigkeit zur geschlechtlichen Fortpflanzung geführt hat. 14. In der Sexualsphäre vieler Pflanzen werden Störungen des normalen Verlaufes durch pflanzliche und tierische Para- siten veranlaßt. Die infolge parasitärer Einwirkung auftretenden Abänderungen vom normalen Blütenbau (partielle oder völlige Sterilität von Staub- und Fruchtblättern, Änderung der Geschlechts- verhältnisse einzelner Blüten oder ganzer Pflanzen, Vergrünen von Blüten, Petalodie usw.) stimmen zum Teil überein mit solchen, von denen angenommen wird, daß sie, wie z. B. die Erscheinungen der Calycanthemie und der Pelorie, aus inneren Gründen auftreten können. Andernteils stinmien sie überein mit solchen Störungen der Korrelationsverhältnisse unter den Organen, die als Folgen modi- fizierter Ernährungsverhältnisse, oder von chemischen und physika- lischen Beeinflussungen experimentell hervorgerufen werden können. 15. Für die Annahme allmählicher Entstehung der jetzt existie- renden absolut sterilen Pflanzenformen aus Fällen der individuellen 588 Vierzehntes Kapitel. Sterilität infolge joarasitärer Einwirkung sind ebensowenig An- haltspunkte vorhanden, wie für die Annahme der Erblichkeit von Gallen und anderen auf parasitärer Einwirkung beruhenden Miß- bildungen. Alle zurzeit bekannten Tatsachen sprechen dafür, daß im Tier- und Pflanzenreich erbliche Einschränkung der Fertilität und absolute Sterilität infolge para- sitärer Wirkung nur in Verbindung mit erblichem Para- sitismus, also bei embryonaler Übertragung des Para- siten auf die Nachkommenschaft, zu erwarten sein wird. Fünfzehntes Kapitel. Bastardierung und Apogamie, Artbegriff und Artbildung. Einer Übersiclit der Fortpflanzungserscheinungen bei Bastarden auf Grund der neuen Hypothese, sowie einer kurzen Besprechung der Beziehungen zwischen Bastardierung und Aj)Oganiie einerseits, des Artbegriffes und der Artbildung anderseits, sei das Schluß- kapitel gewidmet. 1. Übersicht über die Fortpflanzungserscheinungen der Bastarde. Nach ihren Fortj^flanzungserscheinungen sind bis jetzt im Tier- und Pflanzenreich f ertile und sterile Bastarde unterschieden worden. Die in den vorstehenden Kapiteln entwickelte und begründete Hypothese nimmt die Existenz einer dritten großen Gruppe, der apogamen Bastarde an. Sie gilt zunächst nur für das Pflanzen- reich, denn eine mit völligem Geschlechtsverlust einhergehende Apomixis scheint im Tierreich, wenigstens bei allen höher organi- sierten Tieren, zu fehlen. Unterschiede zwischen tierischen und pflanzlichen Bastarden hinsichtlich ihrer Erhaltung und Vermehrung fallen ohne weiteres auf. Sie sind begründet in der verschiedenen Rolle, welche der geschlechtlichen und der ungeschlechtlichen Fortpflanzung in den beiden Organismenreichen für die Erhaltung der einzelnen S|)ezies zukommen. Die allen Stämmen des Pflanzenreiches, auch den höchstorganisierten Pflanzen eigene Fähigkeit zu ausgiebiger vegetativer Vermehrung, neben oder an Stelle geschlechtlicher Fort- pflanzung, fehlt den höher organisierten Tieren. Dies steht wieder im Zusammenhang mit dem Gegensatze zwischen der früher oder später völlig abgeschlossenen Ontogenie des tierischen Organismus und der ununterbrochenen Tätigkeit von Vegetationspunkten und der Neubildung von Organen an Pflanzen. Soll also trotz des fundamentalen Unterschiedes in der Organisation des Pflanzen- und Tierkörpers geprüft werden, ob die Hypothese vom hybriden Ur- sprung der Apogamie auch auf das Tierreich ausgedehnt werden kann, so erscheint es von vornherein unwahrscheinlich, ja ausge- schlossen, entsprechende Verhältnisse in solchen Verwandtschafts- 590 Fünfzehntes Kapitel. kreisen aufzufinden, die ausschließlicli geschlechtliche Fortpflanzung aufweisen. Daher ist Apogamie auch in denjenigen Verwandtschafts- kreisen des Tierreiches — Echinodermen, Würmer — nicht zu er- warten, deren Vertreter sich so gut zu Versuchen über künstliche Parthenogenesis und Pseudogamie eignen. Eher könnte sie bei solchen Tieren zu finden sein, deren Entwicklungszyklus geschlecht- lich erzeugte und parthenogenetisch entstehende Individuen in be- stimmtem Wechsel umfaßt. In der Gresamtheit ihrer Fortpflanzungsvorgänge direkt mit den höheren Pflanzen vergleichbar und vielleicht zu denselben Mo- difikationen der Fortpflanzungsvorgänge befähigt, sind wohl nur diejenigen Tiergruj)pen, deren Arten stock bildend auftreten und deren Individuen sich nicht nur geschlechtlich, sondern auch durch Teilung und Knospung fortjoflanzen. Das ist bei Protozoen, vor allem bei einigen koloniebildenden Ciliaten, unter den Metazoen bei Coelente raten, Rotatorien, Tunicaten und Bryozoen der Fall. Wenn sich Vertreter dieser Gruppen für Bastardierungsversuche eignen, so ist die Möglichkeit vorhanden, daß — je nach dem Grade der Verwandtschaft der ausgewählten Elternpaare — aus ihrer Kreuzung außer fertilen auch sterile Bastarde hervorgehen. Durch Teilung und Knospung würden auch die letzteren stockbildend tätig sein und könnten, genau wie vegetativ sich erhaltende Pflanzenbastarde, zur Entstehung ganzer Populationen führen. Wie für die Pflanzen würde auch für solche Tierbastarde die Mög- lichkeit offenstehen, die vegetative Vermehrung durch unbefruchtete, dijDloide Eier zu besorgen. Aus diesen ginge, wie durch jede andere Art der Apomixis, eine konstante Nachkommenschaft hervor, da sie ohne Chromosomenreduktion und damit auch ohne jede Ver- änderung des durch die Kreuzung zustande gekommenen hetero- zygotischen Chromosomensatzes entstehen würde. Ob in der Natur solche Bastardformen existieren und ob die unserer Fragestellung entsprechenden Versuche durchzuführen sind, nmß ich dem Urteil und Ermessen der Zoologen anheimstellen. Soweit ich die Verhältnisse zu übei'sehen vermag, ist vielleicht die Möglichkeit in Erwägung zu ziehen, daß auch in einigen weiteren Klassen des Tierreiches einzelne Formen unter dem Einfluß art- fremder Bastardierung einen Verlust der geschlechtlichen Fort- pflanzung erlitten haben und sich durch obligat eingeschlecht- liche Fortj)flanzung erhalten. Für eine Anzahl Würmer (vgl. z.B. Godlewski, 1912/14, S. 668 und 1915, S. 463), für verschiedene Phasmiden und Gallwespen wird in der Literatur angegeben, daß sie konstant parthenogenetisch seien, ihre Reproduktion aus Eiern stets ohne Befruchtung verlaufe. Von einigen dieser Formen Bastardierung und Apogamie, Artbegrüf und Artbildung. 591 sind bereits größere Reihen ausschließlich parthenogenetischer Ge- nerationen gezogen worden, die ausschließlich aus Weibchen be- standen. Männchen traten in diesen Zuchten niemals auf, zyklische oder heterogonische Parthenogenesis, d.h. "Wechsel der partheno- genetischen Zeugungsform mit geschlechtlicher Rej^roduktion in ge- setzmäßigem Rhythmus, scheint nicht vorzuliegen. So erwähnt M. Daiber (1904), daß bei Bacillus rossii Fabr., B. gallicus und bei Eurycnema herculeana Männchen außerordentlich selten sind. Von isolierten Weibchen dieser und anderer Phasmiden sind par- thenogenetisch entwicklungsfähige Eier gewonnen worden, aus denen ausschließlich Weibchen hervorgingen. M. Daiber hat schon 1904 die Möglichkeit der Erzeugung zweier aufeinanderfolgender partheno- genetischer Generationen von B. rossii in Gefangenschaft festgestellt. Später hat v. Baehr (1907, S. 189) neun, M. Daiber (nach freundlicher mündlicher Mitteilung) sogar mehr als zehn weitere Generationen her- angezogen, ohne daß einmal ein Unterbruch der parthenogenetischen Fortj)flanzung durch Erzeugung einer zweigeschlechtlichen Generation erfolgt wäre. Wird diese vielleicht durch die Einflüsse der Gefangen- schaft verhindert? Sollte dies, was allerdings nicht viel Wahrscheinlich- keit für sich hat, der Fall sein, so wäre zu prüfen, ob die in Gefangenschaft parthenogenetisch entstandenen Weibchen von im Freien gesammelten Männchen begattet würden und ob aus den befruchteten Eiern wieder Männchen und Weibchen hervorgingen. Die Befruchtungs- möglichkeit der sonst j^arthenogenetischen Eier von Bacillus rossii würde hajjloide Parthenogenesis voraussetzen. Wahrscheinlich ist aber der Verlauf der Eireifung und die Bildung der Ilichtungs- körperchen nicht von einer Reduktionsteilung begleitet. Es liegt also, sofern künftige Untersuchungen des offenbar große Schwierig- keiten bietenden Objektes die Ergebnisse von v. Baehr (1907) in dieser Richtung sichern, eher diploicle Parthenogenesis vor. Wäre diese gleicher Art wie diejenige anderer Insekten (vgl. S. 152), in deren Entwicklungszyklus geschlechtlich erzeugte und partheno- genetisch entstehende Individuen abwechseln, so dürfte sie wohl ebensowenig von einem Geschlechtsverlust begleitet sein. Liegt aber wirklich Verlust der Fähigkeit zur Erzeugung befruch- tungsbedürftiger Eier vor, so drängt sich die Frage auf, ob nicht bei Bacillus rossii und anderen sich ähnlich verhaltenden Insekten, gleich wie bei Ohara crinita^ neben einer sexuellen Rasse noch eine apogame weibliche Form vorkommt. Die erstere würde zyklische oder heterogonische Parthenogenesis aufweisen und in gesetzmäßigem Wechsel parthenogenetische Weibchen und haploide Geschlechtszellen erzeugende Männchen und Weibchen liefern ; letztere würde ausschließlich aus di- oder heteroploiden Weibchen bestehen, die aus ebensolchen Eiern immer wieder nur Weibchen erzeugen. 592 Fünfzehntes Kapitel. Das Vorlierrsclien der Weibchen und lokal völliges FeUen von Männchen wäre dann durchaus dem so verschieden häufigen Vor- kommen der befruchtungsbedürftigen und der ajDogamen Ohara crinita zu vergleichen und anzunehmen, daß die sich eingeschlecht- lich fortpflanzende Form die ursprüngliche, mit zweigeschlechtlicher Fortpflanzung lokal verdrängt hat. Ob die Entstehung der einge- schlechtlichen aus der zweigeschlechtlichen Rasse unter dem Ein- fluß artfremder Befruchtung erfolgt ist und die eingeschlechtlichen Phasmiden, wie unsere HyjDothese annimmt, ebenfalls Bastarde sind, darüber eingehender zu diskutieren und Versuche anzustellen muß den Zoologen und Entomologen überlassen bleiben. Da also zurzeit noch nicht sicher zu entscheiden ist, ob im Tierreich ebenfalls der Aj)0gamie der Pflanzen vergleichbare Fortpflanzungsvor- gänge spontan vorkommen oder im Experiment zu erzeugen sind, nimmt die nachfolgende Übersicht über die Fortpflanzungsmöglichkeiten bei Bastarden nur Rücksicht auf die Verhältnisse bei den Pflanzen. Die Pflanzenbastarde und ihre Nachkommen (vgl. S. 594) sind nach unserer Hy23otliese, entsprechend der Art ihrer Fortpflanzungserscheinungen, in 3 Hauptgruppen zu teilen, die unter sich durch zahlreiche Über- gänge und Zwischenformen verbunden sind. Diese Gruppen sind: 1. Artbastarde mit völlig normaler oder nur teilweise gestörter geschlechtlicher Fortpflanzung in der F^-Gene- ration. Diese selbst ist mehr oder weniger intermediär, dem einen oder anderen Elter ähnlich oder fast gleich (metro- oder pa- troklin, metro- oder patromorph). Ihre spätere Nachkommenschaft zeigt von der zweiten Filialgeneration an entweder Spaltung in die Elternarten, Konstanz metrokliner oder patrokliner Formen bei Inzucht, Entstehung konstanter neuer, zum Teil intermediärer Formen (Neukombination der Erbeinheiten der beiden Eltern, Auf- treten neuer Eigenschaften). 2. Artbastarde mit teilweisem oder gänzlichem Verlust der geschlechtlichen Fortpflanzung und Ersatz durch ver- schiedene Formen der ungeschlechtlichen Keimbildung. Bei den asijDhonogamen und siphonogamen Embryophyten ist mit dieser Art der Fortpflanzung die Beibehaltung des Generations- wechsels und des vollständigen oder teilweisen Verlaufes der Sporen- uncl Geschlechtszellenbildung verbunden^). a) Im einfachsten Falle, d. h. der ursprünglichen geschlecht- lichen Fortpflanzung am nächsten stehend, erfolgt die Bil- dung eines Keimes aus einer diploiden Eizelle unter Aus- ') Hierlier rechnet man in der Regel auch diejenigen Fälle, in welchen die Sporenbildung treibst ganz oder teilweise unterdrückt wird, resp. die Sporen- mutterzellen oder ihre Tochterzellen als Sporen funktionieren. Bastardierung und Apogamie, Artbegriff und Artbildung. 593 fall der Eeduktionsteilung, zum mindesten bei der Tetraden- teilung der Makrosj)oren-(Embryosack)mutterzellen (Apogamie mit ovogenem Ursprung des Keimes). b) Eine stärkere Abweichung vom normalen Entwicklungsgang ist die Keimbildung aus anderen, vegetativen Zellen der Geschlechtsgeneration mit diploider Chromosomenzahl (Apo- gamie mit somatischem Ursprung des Keimes). c) Bei Farnen und einigen Angiospermen ist als weitere Modi- fikation der apomiktischen Keimbildung mit Durchführung des Generationswechsels die Aposporie hcäufig, deren Haupt- eigentümlichkeit in der vorzeitigen Bildung der Ge- schlechtsgeneration aus diploiden Zellen des Sporophyten, also unter Ausfall der Sporenbildung, besteht. Die Keimbildung erfolgt wiederum ohne Befruchtung und ist in den einen Fällen ovogen, in anderen somatisch. Beide Generationen der apo- gamen und aposjioren Embryophyten führen in ihren Kernen dieselbe, im Verhältnis zu den nächstverwandten geschlecht- lichen Formen, zum mindesten diploide Chromosomenzahl. Auch apomiktische Formen von Thallophyten ohne antitheti- schen Generationswechsel, deren Diploidjjhase normalerweise ausschließlich aus der Zygote besteht, behalten die erhöhte Chro- mosomenzahl während des ganzen Entwicklungsganges bei. d) Eine weitere Form der ungeschlechtlichen Keimbildung bei vermutlich hybriden Pflanzen ist auf die Angiospermen be- schränkt. Bei der Nucellarembryonie geht die Embryo- bildung von Nucellus- oder Integumentzellen, also von Zellen des Sporophyten aus, die in späteren Entwicklungsstadien in den Embryosack der Samenanlagen hineinwachsen und in demselben eine Weiterentwicklung zu Embryonen erfahren. 3. Sterile Bastarde ohne eine von der früheren sexu- ellen Fortpflanzung ableitbare und noch mit regulärem Generationswechsel und mit K e i m b i 1 d u n g verbundene Art der Fortpflanzung. Die eine oder andere der beiden Generationen ist dagegen zu vegetativer Vermehrung be- fähigt. Bei Algen und Pilzen, auch bei Moosen, ist diese Genera- tion in der Regel der Gametophyt, bei Pteridophyten ist eine vege- tative Vermehrung beider Generationen möglich. Bei den Samen- pflanzen beschränkt sie sich auf die Sporophyten-Generation. Die in der Natur vorkommenden Pflanzen ohne Befähigung zu sexueller Fortpflanzung sind offenbar nur zu einem geringen Teil unmittelbare Produkte von Kreuzungsvorgängen. Die meisten werden wohl der auf vegetativem Wege erzeugten Nachkommen- schaft solcher Bastarde angehören. Nur für die wenigsten natür- lichen „Artbastarde" wird ohne weiteres zu entscheiden sein, ob sie Ernst, Bastardierung-. 38 594 Fünfzehntes Kapitel. einer unmittelbar entstandenen F^-Bastard- Generation angehören oder Nachkommen von Bastarden i) sind. Nur von solchen sterilen Bastarden, denen das Vermögen zu vegetativer Vermehrung völlig abgeht, ist jedes einzelne Exemplar das unmittelbare Produkt einer illegitimen Befruchtung. Der Anteil dieser letzteren Kategorie von Bastarden an der Zusammensetzung der Pflanzenwelt ist abhängig von der Häufigkeit des betreffenden Bastardierungsvorganges und von der Lebensdauer (ein- oder zweijährige Kräuter, ausdauernde Stauden, Sträucher und Bäume) der Bastardeltern. Sterile Bastarde aus- dauernder Stauden, im besonderen aber solche von Bäumen und Sträuchern, werden, auch wenn der zu ihrer Bildung führende Kreu- zungsakt nicht häufig eintritt, auch ohne natürliche Vermehrung verhältnismäßig zahlreich scheinen, da das einzelne Exemplar lange Zeit erhalten bleibt. Sterile Bastarde kurzlebiger Arten ohne vege- tative Propagation werden naturgemäß nur als Glieder einer F^- Generation vorkommen und daher im allgemeinen seltener sein. In der Natur wie unter der Kultur des Menschen bleiben zahl- reiche sterile Artbastarde nicht nur über die normale Lebensdauer der Individuen normal sexueller Arten hinaus erhalten, sondern erfahren durch die Mittel der vegetativen Propagation eine Vermehrung der Individuenzahl. Sie erfolgt in der Natur durch Fragmentation des Thallus, Schwärmerbildung, Knospung, Conidien usw. bei Thallophyten, durch Ausläufer, Zwiebeln, Knöllchen usw. bei höheren Pflanzen. Die Fähigkeit zur vegetativen Vermehrung ist dabei in der Regel von dem einen oder anderen, auch von beiden Eltern des Bastardes ererbt wor- den. Daneben scheint auch eine stärkere Entwicklung der vegetativen Teile und damit der ungeschlechtlichen Vermehrungsorgane in Korre- lation mit dem Ausbleiben der Frucht- und Samenbildung als direkte Folge der Bastardierung nicht allzu selten zu sein. 1) Wenn man Bastarde definiert als , Organismen, deren Eltern verschiedenen systematischen P^inheiten angehören, so hat das", wie Winkler (1912, S. 9; aus- führt, ,.notwendigerweise zur Konsequenz, daß die Nachkommen der Bastarde (sofern sie durch Selbstbestäubung oder durch Befruchtung identischer Fj-Individuen entstanden sind), also die Generationen Fj bis Fn nicht als Bastarde gelten kön- nen. Denn sie haben ja nicht zwei zu verschiedenen Biotypen gehörige Eltern". Die de- finitionsgemäß erforderliche, scharfe Unterscheidung zwischen den Bastarden und ihren Nachkommen ist nach Winkler auch sachlich durchaus gerechtfertigt, da zwischen den Bastarden der ersten Generation und denen aller folgenden Generationen nicht nur der Abstammung nach, sondern auch sonst wesentliche Unterschiede existieren. Unterschiede zwischen Bastarden und ihrer Nachkommenschaft sind nun nur bei fertilen Bastarden zu erwarten. Sterile Bastarde und ihre auf vegetativem Wege entstehenden späteren „Generationen" werden immer konstant sein. Die durch vegetative Propagation wie die durch apo- game Fortpflanzung entstehenden neuen Individuen sind — vom Standpunkt unserer Hypothese aus — sich immerfort erhaltende Teile der F, -Generation von Bastarden. Sie können daher ebensogut wie die unmittelbar aus dem Kreuzungspi-odukt her- vorgegangenen Individuen als Bastarde bezeichnet werden. Bastardierung und Apogamie, Artbegriff und Artbildung. 595 Für alle sterilen Bastarde, auch für diejenigen, welche beson- derer Vermehrungsorgane entbehren, ist die Möglichkeit der künst- lichen Vermehrung durch Stecklinge, durch Propfen und Okulieren gegeben. Für die Vermehrung zahlreicher Kulturpflanzen vermut- lich hybriden Ursprungs wird davon häufig Gebrauch gemacht. So werden Bananen, Ananas, Zuckerrohr usw. ausschließlich durch Stecklinge, unsere nicht samenbeständigen Kern- und Steinobst- sorten durch Pfropfreiser und Okulierung erhalten und vermehrt. Sie sind jedenfalls zum großen Teil Deszendenten zeitlich weit zurück- liegender, vielfacher Bastardierungsvorgänge und daher nur durch das Mittel der künstlichen vegetativen Vermehrung mehr oder weniger „rein" zu erhalten. Dasselbe gilt auch für eine große Anzahl von Sorten uralter Zierpflanzen wie Astern, Chrysanthemen, Kamelien, Nelken, Päonien und ßosen, die ebenfalls hy- briden Ursprungs sind, in der Regel nicht samenecht bleiben und ausschließlich vegetativ vermehrt werden. Eine Eigentümlichkeit vieler steriler Bastarde von Angiospermen, im besonderen wiederum von Kulturpflanzen, besteht darin, daß infolge der anormalen Entwicklung der Sj^oren und Geschlechts- produkte, die Ausbildung keim haltiger Samen unterbleibt, da- gegen eine verschieden weitgehende Entwicklung der keimlos bleibenden Samenanlagen sich mit vollkommener Frucht- bildung (Parthenokarpie) kombinieren kann. Die Weiterentwicklung nicht befruchteter oder nicht befruchtungsfähiger Sainenanlagen zu tauben Samen in Verbindung mit Fruchtbildung kann autonom oder induziert erfolgen. Für die Vergleichung mit den Erschei- nungen der autonomen und der induzierten Apogamie sind beson- ders diejenigen Fälle der induziertenParthenokarj)ie wichtig, bei welchen der zur Entwicklung notwendige Reiz vom Pollen derselben oder einer anderen Pflanze geliefert wird. Nach dem Ausbildungsgrad der Samenanlagen 23arthenokarper Pflanzen sind nach Tischler (1912b) verschiedene Stadien der all- mählichen Reduktion zu unterscheiden: 1. Samenanlagen mit scheinbar normalen Embryosäcken zurzeit der Anthese. a) Samenanlagen mit progressiven Veränderungen im Gameto- phyten (Endosperm, abnormale Vergrößerung und eventuell auch Teilung des Kerns der Eizelle); Bildung tauber Samen ohne Embryo, aber mit Endosperm. b) Samenanlagen ]xiit progressiven Veränderungen im Sporo- phyten (Nucellus oder Integumente der Samenanlagen zeigen bei Degeneration des GametoiDhyten Wachstumsphenomene); Bildung tauber Samen ohne Endosperm und Nährgewebe. c) Samenanlagen mit Degeneration aller Elemente; die Ovula 38* 596 Fünfzehntes Kapitel. vertrocknen vollständig, ohne irgendwelche Weiterentwick- lung zu erfahren. 2. Samenanlagen mit vorzeitiger Hemmung des Wachstums im Gametophyten, so daß das achtkernige Stadium des Embryosackes nicht mehr erreicht wird. Einzelne sterile Hybriden von Angiospermen haben nicht nur das Vermögen zur Samenbildung, sondern auch zur Frucht- bildung vollkommen eingebüßt (Apokarpie). Dagegen erzeugen sie noch Blüten, die nach Ablauf der Bestäubung ohne Fruchtansatz, oder sogar ohne daß Bestäubung erfolgt, abfallen. Wiederum bei anderen Formen, besonders bei zahlreichen hybriden Thallophyten, sind die nicht mehr zur normalen geschlechtlichen Fortpflanzung fähigen Geschlechtsorgane sehr stark reduziert oder sogar völlig verschwunden. Einige hybride Angiospermen erzeugen nur noch selten vereinzelte oder überhau j)t keine Blüten mehr (Apoflorie). Es ist schon darauf verwiesen worden, daß die unterschiedenen drei HaujDtgruppen der fertilen, apogamen und sterilen Bastarde nicht scharf voneinander getrennt werden können, sondern durch zahlreiche Übergänge miteinander verbunden sind. So führen Formenreihen von völliger Fruchtbarkeit zu absoluter Sterilität mit und ohne vege- tativer Vermehrung, ebenso von obligater Apogamie zu völliger Sterilität. Eine eigentümliche Zwischenstellung zwischen sexuellen und apogamen Formen nehmen zahlreiche Arten der Gattung Ilie- racium, TJialictrum purpurascens und Formen von Marsilia Drum- mondii ein, die zum Teil apogam entwicklungsfähige, zum Teil be- fruchtungsbedürftige Eizellen erzeugen. Eine Verbindung zwischen den verschiedenen Gruppen ajDogamer und steriler Bastarde stellen die nucellarembryonaten Pflanzen her. Die Gesamtheit aller ungeschlechtlichen Fortpflanzungsersehei- nungen bei Bastarden zeigt — bei Einbezug der Apogamen gemäß unserer Hypothese — eine von der normalen Am})himixis der Eltern ausgehende Reihe von immer größer werdenden Abweichungen. Sie läßt sich nicht wohl in einer tabellarischen Übersicht zusammenstellen. Dagegen macht eine Beschränkung auf die Verhältnisse bei den Pterido- phyten und Angiospermen die Aufstellung einer Übersicht möglich, aus welcher die Beziehungen der verschiedenen apomiktischen Fort- pflanzungsarten untereinander recht deutlich werden (vgl, S. 59(;)a). 2. Apogamie, vegetative Propagation und der Artbegriff. Nach der Hypothese vom hybriden Ursprung der apomiktischen Pflanzen ist der Anteil der Pflanzenbastarde an der Zusammensetzung der jetzigen Pflanzenwelt ein bedeutend größerer und wichtigerer als bis jetzt ganz allgemein angenommen worden ist. Das gilt für 596 a Ampbiniixis. Antithetischer Generations- wechsel verbunden mit Wechsel der Fortpflanzung durch Sporen und Gameten. ZygotenbUdung nach legi- timer oder illegitimer Befruchtung von haploJd- kernigen Eizellen. Übersieht über die Fortpflanzuogserseheinungeii der hybriden Farne nnd Samenpflanzen auf Grund der Hyputliese vom hybriden Ursprung der Apomixis. Fortpflanzung der Bastarde. .ipoiiiixis mit Beibehul- liiug des autithetisehen Ueueratiouswechsels. Apomixis, Fortpflanzung und Vermeh- rung unter Ausschaltung des Befruchtungsprozesses, Apoiiiix^is uiit Aiissehal- tiiug des Hutithetisebeu lieueriitiuusivechsel». Bastarde ohne a m p h i - m iktische und a p o - miktische Fortpflanzung, nur als obligat sterile Sporophyten der F,-Ba3- tardgeneration existierend. (In der Kultur ev. Er- haltung und Vermehrung durch Stecklinge, Pfropfen, Okulieren usw.). Apogamie. Bildung von Gametophyteii und Keimen nach somatisch durchgeführter Teilung der Sporen- (Embryosack) mui- terzellen. Aposporle. Bildung von Ganietophyten unter Umgehung der Spo- reiibildung. Fortpflanzung der Gametophyten durch ovügene oder somatische Apogamie. Ovogeue Apogamie. Somatische Apogamie. Keinibildung aus diploiden Keimbildung iius vegeta- Kizellen tiven (diploiden) Zellefi des Gametophyten. induziert. autonom. Weiterentwicklung der Ei- Weiterentwicklung der Ei- zelle auf äußere Einwir- zelle ohne äußere Einwir- kung hin (Bestäubung, kung. PoUenschlauch Wachstum). (.Pseudogamie.') Friiflit- u, Samcubildiiug beibehalteu Nucellarembryouie. Bildung von Früchten mit keimhaltigen Samen. Em- bryonale Entwicklung von *NuceIlu8- oder Integument- zellen. induziert. Bildung der Adventiv- euibryonen nach Beginn der Keimbildung aus der befruchteten Eizelle. autonom. Bildung der Adventiv- embryonen ohne voraus- gehende Bestäubung und Befruchtung. Partlienoltarpie. Bildung von Früchten ohne keimhaltige („taube" oder ^jizlich verkümmerte) Sa- men. induziert. Fruchtbildung von äuße- rer Einwirkung abhängig {Bestäubung. Insektenstich usw.) autonom. Fruchtbildung ohne äu- ßere Einwirkung. Fnulit* II. Saiiieiihildiini- ausfallend. F.v. Beibehaltung der Bil- dung von völlig steril tdei- benden und nach der An- these abfallenden Blüten. Apokarpie. Apotlorie. Natililiche vegetative Natürliche vegetative Propagation mit Bil- Propagation mit Bil- dung von Bulbillen, Knollen düng von Vermehrungsor- nebeu oder an Stelle steril ganen außerhalb der Blü- bleibender Blüten. tenregion (Bulbilh'n, Knol- len, Zwiebeln, Ausläufer), Bastardierung und Apogamie, Artbegriff und Artbildung. 597 die Anzahl der durcli Bastardierung entstandenen For- men, im besonderen aber der Bastard- In divid uen, da viele ge- schlechtslose Pflanzen die bekanntesten fertilen und die sich nicht vegetativ fortpflanzenden sterilen Artbastarde an Individuenzahl be- deutend übertreften. Führen also die Versuche zur exjDerimentellen Erzeugung apogamer Bastarde auch nur in einem Falle zu positiven Ergebnissen, so kann für eine große Anzahl von Aj)omikten in allen Abteilungen des Pflanzenreiches, die bis jetzt als selbständige Arten betrachtet worden sind, hybrider Ursprung als erwiesen gelten. In morj^hologischer Hinsicht werden, wie an verschiedenen Stellen bereits ausgeführt worden ist, solche apomiktische Bastarde sich zu ihren Eltern verschieden stellen. Die einen sind intermediär, andere dem einen Elter mehr als dem anderen ähnlich. Vermutlich recht viele sind patro- oder metromorj^h, vom einen Elter daher, ab- gesehen von den Veränderungen in der Art der Fortj)flanzung, nicht oder fast nicht zu unterscheiden. Es kann die Frage aufgeworfen werden, ob die apomiktischen Pflanzenformen auch nach dem Nachweis ihres hybriden Ursprunges noch als „Arten" aufzufassen sind oder nicht. Das hängt ofi'enbar davon ab, welche Bedeutung der Fortpflanzung bei der Fassung des Artbegriffes gegeben wird. In der Zeit nach Linne spielte das Merkmal der Fertilität lange Zeit eine große Eolle als Kriterium der Spezifität. Die Art galt als „die oberste Sij^pe, die höchste systematische Einheit, deren Glieder sich miteinander frei paaren und fruchtbare Nachkommen erzeugen". Darwin hat in seiner „Entstehung der Arten" das Dogma von der Konstanz der Arten angegriffen und versucht, den Nach- weis zu erbringen, daß Arten sich aus anderen, schon vorhandenen zu bilden vermögen. Sie sind nach seiner Ansicht befähigt, als Nachkommen abweichende Formen, Varietäten zu bilden, welche in der Bildung begriffene neue Arten oder Artanfänge dar- stellen. Infolge der Langsamkeit des Verlaufes dieser Formenbildung führt sie zur Entstehung von Übergangsformen zwischen den Arten. Deshalb hält es nach Darwin schwer, die Arten zu begrenzen und daher ist auch „der Kunstausdruck , Spezies' als arbiträrer und der Bequemlichkeit halber auf eine Reihe voneinander sehr ähnlichen Individuen angewendeter" zu betrachten. Die meisten Definitionen des Begriffes „Spezies", die seit Darwin sukzessive gegeben worden sind, zeichnen sich, wie aus der Übersicht von Lotsy (1913) hervor- geht, nicht durch übermäßige Klarheit und Genauigkeit aus. Den meisten derselben, im besonderen denjenigen der Botaniker, fehlt auch jeder Hinweis, welche Anforderungen hinsichtlich der Fort- pflanzung an die „Arten" gestellt werden sollen. Nach Wettstein (1911, S. 14) ist als Art die Gesamtheit aller Individuen zu bezeichnen, 598 Fünfzejintes Kapitel. „welche in allen, dem Beobachter wesentlich erscheinenden Merk- malen untereinander und mit ihren Nachkommen übereinstimmon". Faßt man mit de Vries (1903, II. S. 644) „jede Form, welche durch Neubildung einer inneren Anlage entstanden ist, als Art, jede andere, welche ihre Eigentümlichkeit nur einer Umprägung einer bereits vor- handenen Anlage verdankt, als Varietät auf", so sind sicherlich alle Apo- gamen, auch wenn sie sich als metromorj^he oder patromorj)he Bastarde vom einen ihrer Eltern nur durch den Merkmalkomplex der Apogamie unterscheiden sollten, neue Arten. Sie sind vielleicht auch Arten, wenn man mit Johannsen zu einer Art alle homozygoten Indivi- duen rechnet, welche aus demselben Anlagekom23lex bestehen, oder wenn, wie Lotsy sich ausdrückt, „alle bei Aussaat sich, bei Anwen- dung der besten Beobachtungs- und Messungsmethoden, in einem Worte der Johannsen sehen Methode, konstant erweisende Formen Arten sind". In allen diesen Definitionen ist die unbeschränkte Fruchtbarkeit als Kriterium der spezifischen Zusammengehörigkeit fallen gelassen worden. Dies ist wohl kein Zufall, sondern eine still- schweigende Berücksichtigung des Vorkommens zahlreicher Pflanzen mit ausschließlich vegetativer Vermehrung. Gelegentlich ist das Merk- mal der vegetativen Propagation auch in die Artdefinition aufge- nommen worden. So schreibt Ivlebs (1905,8.290): „Zu einer Spe- zies gehören alle Individuen, die vegetativ oder durch Selbstbe- fruchtung vermehrt, unter gleichen äußeren Bedingungen viele Ge- nerationen hindurch übereinstimmende Merkmale zeigen." „Die Zoo- logen sind", wie Lang (1914, S. 127) schreibt, in dieser Hinsicht „bis in die jüngste Zeit konservativer geblieben." Die viel gesetzmäßigere und wichtigere Rolle der Sexualität bei der Fortpflanzung der Tiere ist wohl der Grund, daß die Merkmale der Sexualität und der ge- schlechtlichen Fortj)flanzung in den Definitionen des Artbegriffes der Zoologen immer noch eine Bolle spielen. Sie stellen allerdings nicht mehr so ausschließlich auf dieselbe ab, wie seinerzeit Oken, der (zitiert nachPlate) kurz und bündig sagte: „Was sich scharet und paaret, soll zu einer Art gerechnet werden." Unter den 5 Ge- sichtspunkten aber, die in Plates eigener Definition^) zum Ausdruck kommen und von denen drei morphologischer, die beiden letzten physiologischer Natur sind, postuliert innnerhin der letzte ebenfalls „fruchtbare Nachkommenschaft durch viele Generationen". ^) Plate (1914) definiert, im Anschluß an Döderlein: ,,Zu einer Art gehören sämtliche Individuen, welche die in der Diagnose festgestellten Merkmale besitzen — wobei vorausgesetzt wird, daß die äußeren Verhältnisse (Klima, Nahrung usw.) sich nicht ändern — ; ferner alle davon abweichenden Individuen, die mit ihnen durch häufig auftretende Zwischenformen innig verbunden sind, ferner alle, die mit den vorgenannten nachweislich in direktem genetischem Zusammenhang stehen oder sich durch Generationen fruchtbar mit ihnen paaren." Bastardierung und Apogamie, Artbegriff und Artbildung. 599 Die systematische Stellung der apomiktischen Pflanzen ist also, immer unter Annahme ihres hybriden Ursprunges, je nach der Formulierung des Artbegriffs verschieden. Wird in derselben Kon- stanz einer Pflanzen- oder Tierform bei sexueller Fortpflanzung verlangt, so wären alle Apomikten aus der Liste der Arten zu streichen. Sie werden Arten bleiben, wenn ganz allgemein die Konstanz der Nachkommenschaft — also auch einer vegetativ erzeugten — ge- nügt. Ganz sicher aber steht der Nachweis aus, daß sie reine Arten und nicht heterozygotischen Ursprunges sind. Reine Arten sexuell reproduktionsfähiger Organismen sind nach Lotsy (1916 a, S. 109) zu definieren als „l'ensemble de tous les individus homozygotes de meme Constitution hereditaire". Während also für sexuell funktions- fähige Organismen die Artreinbeit definierbar ist und durch Analyse der Nachkommenschaft auch teilweise erkennbar wird, ist für die Or- ganismen mit ausschließlich apomiktischer Fortpflanzung weder das eine noch das andere der Fall. Nur die experimentelle Erzeugung ähnlicher apomiktischer Formen wird deren Ursprung zu erklären vermögen. 3. Apomiktische Bastarde als Zentren neuer Formenbildung ?^ Auf ungeschlechtlichem Wege entstehende Nachkommenschaft ist nach den bisherigen praktischen Erfahrungen und theoretischen Anschauungen konstant, jedenfalls konstanter als Nachkommenschaft durch geschlechtliche Fort23flanzung. Exjoerimentelle Erzeugung apomiktischer Bastarde bedeutet daher zunächst Erzeugung neuer, konstanter Pflanzenformen. Noch ganz unentschieden ist zurzeit aber die Frage, ob die Konstanz der Apomikten auch in phylogenetischer Hinsicht als absolut zu gelten hat, ob sie gleichsam als unveränderliche, keine weitere Entwicklung erfahrende Kurztriebe im Stammbaume der Organismen auftreten oder ob auch weitere Formbildung von ihnen ausgehen kann. Bei Annahme hybriden Ursprunges wären sie nach zwei verschiedenen Richtungen hin als Ausgangspunkte neuer Formbildung denkbar: durch vege- tative Spaltung und somatische Neukombination elterlicher Merkmale bei bestehenbleibender apomiktischer Fortpflanzung und durch Rückkehr zur sexuellen Fortjiflanzung. a) Formenbildung durch vegetative Spaltung und somatische Neukombination. Auf die Beziehungen zwischen Polymorphismus und apomik- tischer Fortpflanzung ist schon in verschiedenen Kapiteln dieser Ausführungen eingegangen worden. Es möge deshalb genügen, die Besprechung an dieser Stelle nochmals an Hand je eines Bei- spieles des Polymorphismus in einem Verwandtschaftskreis mit Apogamie und mit vegetativer Propagation durchzuführen. 600 Fünfzehntes Kapitel. Neben Strasburger haben vor allem die nordischen Botaniker ein- gehend die Frage erläutert, ob die Formenbildung der aj)ogamen Angio- spermen vor oder nach dem Verlust der geschlechtlichen Fort]Dflanzung erfolgt sei. In seinen mehrfach zitierten wichtigen Hferacinii/Studien ist Osten feld (1910, S. 275) zum Schlüsse ge- kommen, daß nichts der Annahme im Wege stehe, „tliat new species can originate from aj)Ogamic parents". Er hält es für durchaus un- wahrscheinlich, daß die jetzt bestehenden Arten der Gattung Hie- rachtni vor dem Eintritt der Apogamie entstanden seien. Es ist von hohem Interesse, daß Ostenfeld, nach langjährigen experi- mentellen Vererbungsversuchen, in dieser Eichtung durchaus einig geht mit den auf entwicklungsgeschichtlich-cytologischen Studien fußenden Ansichten von Raunkiaer und Murbeck über die gene- tischen Beziehungen zwischen Artbildung und Apogamie innerhalb der Gattungen Taraxaciun und Hieracium. Aus dem Umstände, daß die von ihm untersuchten Taraxacwn- Arten trotz ihrer AjDOgamie weit auseinanderreichende geographische Verbreitungsgebiete haben, hat Raunkiaer (1903, S. 136) geschlossen, daß die Fähigkeit zur Samenbildung ohne Befruchtung in der Gattung Taraxacuni vor der Bildung der zahlreichen jetzigen Arten vorhanden gewesen sei und diese aus schon aj^ogamen Stamm- formen, also ohne Befruchtung und Kreuzung, ihren Ursprung ge- nommen hätten. Zu einem ganz ähnlichen Schluß kam Murbeck (1904, S. 29(i) für den Ursi^rung der hunderte von kleinen Arten der Gattung Hierachini^ welche auf die skandinavische Halbinsel beschränkt sind und teilweise nur kleine Partien derselben bewohnen. Unter den übrigen Phanerogamen Skandinaviens seien Endemismen äußerst selten, da ja die ganze Flora der Halbinsel nach der Eiszeit eingewandert sei. Daher könne angenommen werden, „daß eine große Menge Hieracien in einer verhältnismäßig sehr späten Zeit daselbst entstanden sind und daß eine lebhafte Artbildung sozusagen vor unseren Augen stattfindet. Dagegen ist man geneigt, die Apogamie bei dieser Gattung als eine Erscheinung von verhältnismäßig hohem Alter zu betrachten, da sie innerhalb verschiedener Gruppen und auch bei der Untergattung Piloi- Literaturverzeichnis und Autorenregister. 619 C o r r e n 8 , C. 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Die Abonnenten des Werkes werden das neue Heft mit um so größerer Freude be- grüßen, als ihm ein ausführliches Sachregister zu dem nunmehr vollständig vorliegenden zweiten Teil beigegeben ist. Der dritte Teil und damit der Schluß des genannten Werkes soll in einigen Jahren folgen. Früher erschien Erster Teil: Allgemeine Organographie Zweite umgearbeitete Auflage. (X, 514 S. gr. s".) 1913. Preis: 1<> Mark, geb. 17 Mark. Inhalt: Einleitung. Aufgaben der Organographie. I. Beziehungen zwischen «iestalt und Funktion. II. Die Organbildung auf den verschiedenen Stufen des Pflanzenreichs. III. Symmetrieverhältuisse. IV. Umbildung, Verkümmerung, Vei'- wachsung, Teilung. V. Verschiedenheit der Organbildung auf verschiedenen Ent- wicklungsstufen: Jugendformen und Folgeformen. VI. Die Abhängigkeit der Organ- bildung von inneren und äußeren Faktoren. — Namen- und Sachregister. Hofbuchdruckerei Rudolstadt IH/^'W^ m^m^- k?"'.-- ':' r^:■n^i/ i&i^^'^^^tec i;^i<^-.>^'^:':^:-i>>. ^^:^r