iR ee ih z Sr Hund B —ıi = rn Eu . Br r ©: n ee u Bau und Leben der Pflanzen In zwölf gemeinverständlichen Vorträgen von Dr. Fr. Vierhappt una Dr. K. Linsbauer Assistent am botanischen Garten Privatdozent, Assistent am pflanzen- und Museum der Wiener physiologischen Institut der Wiener Universität Universität Mit 22 Abbildungen WIEN, 1905 Verlag von Carl Konegen Bau und Leben der Pflanzen In zwölf gemeinverständlichen Vorträgen von Dr. Fr. Vierhapper uud Dr. K, Linsbauer Assistent am botanischen Garten Privatdozent, Assistent am pflanzen- und Museum der Wiener physiologischen Institut der Wiener Universität Universität Mit 22 Abbildungen WIEN, 1905 Verlag von Carl Konegen “er Ey, ” a TEL y u Ya 7) LIBRARY NEW YORK BOTANICAL Vorwort. nn Auf Einladung des Herrn Verlegers entschlossen sich die Verfasser, ıhre im Winter 1903 ım Wiener Volksheim ab- gehaltenen „volkstümlichen Universitätskurse“ zu veröffent- lichen. Wenngleich sich der Text dieser Vorträge nicht genau mit dem gesprochenen Worte deckt, was schon aus dem Grunde unmöglich ist, weil bei den Vorträgen auf Demon- strationen und Experimente ein Hauptgewicht gelegt wurde, so ist doch im allgemeinen Umfang und Anordnung des Stoffes und soweit als tunlich die Art der Darstellung beibehalten worden, welche auf die Hörerschaft, die sich aus den ver- schiedensten Berufszweigen zusammensetzte, Rücksicht nehmen mußte. Da manche Hörer nur den ersten Vortragszyklus be- suchten, während andere wieder zum zweiten Kursus neu hin- zukamen, mußten die Verfasser bestrebt sein, in jeder Serie von Vorträgen ein möglichst abgerundetes Ganze zu bieten. So erklärt es sich, daß bereits im anatomischen Teile manche physiologische Kapitel gestreift wurden, um den Zusammen- hang zwischen dem Bau eines Organs mit seiner Funktion hervortreten zu lassen, während im zweiten Teile zum besseren Verständnis der Lebensvorgänge auf manche anatomische Tat- sache hinzuweisen war. Wien, ım Februar 1904. Die Verfasser. og“ IB y PER Zu in xX I Ill. v. Inhalt. Der Bau der Pflanzen. Vortrag. Einheitlichkeit im inneren Aufbau der Pflanze. — Die Zelle und ihre Bestandteile. — I. Die Vegetationsorgane. 1. Lagerpflanzen. «) Einzellige. £) Coenobien (Schleimpilze, Spalt-, Joch- und eigentliche Lagerpflanzen), — Lokomotion . Vortrag y).Vielzellige. Der Thallus der Algen. Das Mycel der Pilze. Der Thallus der Flechten. -— 2. Moospflanzen. Leber- und Laubmoose. Die Torfmoose - Vortrag..3. Farn- und Blütenpflanzen. A. Aalen Karben. Die drei Grundorgane. — a) Die Wurzel. Haupt- und Neben- wurzeln. Adventivwurzeln. Luft-, Kletter- und Saugwurzeln. Senker. — b) Der Stamm. Der Sproß. Arten der Verzweigung. Ober- und unterirdische Stammgebilde. Stammdornen. Stämme der Kletterpflanzen. Besondere Typen von Stämmen. — c) Das Blatt. Nieder-, Mittel- und Hochblätter. Das Laubblatt. Blatt- stellung. Laubfall. — d) Trichome und Emergenzen , - Vortrag. B. Innerer Aufbau. Die Gewebe. Die Formen der Zellen im Gewebeverbande. Zellfusionen. — a) Der Stamm. Bau des Stammes der Dikotylen. Bildungs- und Dauer- gewebe. Haut-, Grund- und Stranggewebe. Leitungs-, mecha- nische Gewebe usw. Das sekundäre Dickenwachstum. Der Stamm der Gymnospermen, Monokotyledonen, Pteridophyten. — 5b) Das Blatt. Mesophyll. Epidermis. Spaltöffnungsapparat. Trichome. Gefäßbündel. — c) Die Wurzel I u Vortrag. II. Die Fortpflanzungsorgane. 1. Ungeschlecht- liche. — Fortpflanzung der einzelligen Pflanzen durch Tei- lung. — Karyokinese. — Vermehrung der Coenobien bilden- den Pflanzen durch Zerfall. — Die Zoosporen der Algen. Die Endo- und Exosporen der Pilze. Fortpflanzung der Schleim- pilze. Die Asco- und Basidiomyceten. Generationswechsel bei Pilzen: Mutterkorn, Rost- und Brandpilze. Fortpflanzung der Flechten. Die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Moos-, Farn- und Blütenpflanzen. — 2. Geschlechtliche. A. Bei den Lagerpflanzen. Kopulation unbeweglicher Zellen. Gametenkopu- lation. Die Fortpflanzungsorgane der Algen. Die Sexualität der Pilze ‚Seite 45 70 Vl. Vortrag. D. Bei den Moos-, Farn- und Blütenpflanzen. Der IE III. IV. N; Generationswechsel der Moose, der gleich- und ungleich- sporigen Farnpflanzeu. Die geschlechtliche Fortpflanzung der Blütenpflanzen. Die Blüte. Frucht und Same. Der Keimling. Nackt- und Bedecktsamige Das Leben der Pflanzen. . Vortrag. Bedeutung und Aufgabe der Pflanzenphysiologie. — Mannigfaltigkeit der Lebenserscheinungen. — Zusammen- setzung des Pflanzenkörpers. — Der Boden als Nahrungs- mittel. — Veränderung des Bodens durch die Pflanzendecke. — Düngung. — Nahrungsaufnahme durch die Wurzel. — Osmose. — Wurzeldruck en Vortrag. Die Luft als Wahrchexotreleh — Bedeutung des Kohlenstoffes,. — Das Blatt als Organ der Kohlensäureauf- nahme. — Die Blattgrün(Chlorophyll-)körner. — Die Kohlen- säureassimilation und die Bildung der Stärke. — Bedarf an Kohlensäure. — Bedeutung des Lichtes für die Pflanze. — Das Aufsuchen des Lichtes. — Lichtschutz. — Das Streben nach Licht als Ursache der Entwicklung von Lianen und Epiphyten. — Die Atmung der Pflanze : Vortrag. Die Wasserverdunstung in der Piadee ee: ration). — Das Aufsteigen des Wassers. — Das Wasserleitungs- system im Holze. — Regelung der Verdunstung durch Spalt- öffnungen. — Hygrophyten und Xerophyten . Vortrag. Besondere Ernährungstypen: Insektenver- dauende Pflanzen. — Parasiten. — Saprophyten. — Lebensge- meinschaft zwischen verschiedenen Pflanzenarten (Symbiose). — Flechten, Wurzelknöllchen und Wurzelpilze (Mycorrhiza). — Symbiose zwischen Pflanzen und Tieren. — Ameisenpflanzen. . Vortrag. Das Bewegungsvermögen der Pflanzen. Physikalische und vitale Bewegungen. — Die amöboide Be- wegung. — Geibelbewegung. — Die Bewegung des Proto- plasmas in behäuteten Zellen. --— Wachstumsbewegungen, Heliotropismus, Geotropismus etc. — Bewegungen infolge un- gleichen Turgors, Schlafbewegungen. — Reizbewegungen. — Die Reizbarkeit des pflanzlichen Protoplasmas : Vortrag. Fortpflanzung und Vermehrung. Tiebene: dauer. Tod und Scheintod (latentes Leben). — Vegetative Fortpflanzung und Vermehrung. — Geschlechtliche (sexuelle) Fortpflanzung. — Vorgang der Befruchtung. — Das Wesen des Befruchtungsaktes. — Selbstbestäubung und Fremdbe- stäubung Seite 148 157 169 151 Literatur.”) Büsgen, Bau und Leben der Waldbäume. Jena, Verlag Fischer, 1897. 225 8. Cohn, Die Pflanze. Vorträge aus dem Gebiete der Botanik. 2. Aufl. Breslau, Verlag Kern, 1596. 2 Bde. Haberlandt, G., Eine botanische Tropenreise. Leipzig, Verlag Engelmann, 1893. 296 8. Kerner, A., Pflanzenleben. 2. Aufl. 2 Bde. Knut, P., Grundriß der Blütenbiologie. Kiel und Leipzig, Ver- lag Lipsius, 1894. 102 S. Kohl, F. G., Pflanzenphysiologie. Kursus wissenschaftlicher Vor- lesungen für Lehrer und Lehrerinnen zu Marburg. Marburg, Verlag Elwert, 1903. Zeitschriften, welche über die Ergebnisse der botanischen For- schung in populärwissenschaftlicher Weise regelmäßig berichten: Naturwissenschaftliche Rundschau. Herausgegeben von W. Sklarek, Braunschweig. Naturwissenschaftliche Wochenschrift. Herausgegeben von H. Potoni£. Berlin. Prometheus. Herausgegeben von O. N. Witt, Berlin. Schriften des Vereins zur Verbreitung naturwissen- schaftlicher Kenntnisse. Selbstverlag, Wien. *) Das nachfolgende Verzeichnis beschränkt sich auf die Auf- zählung einiger populärwissenschaftlicher Werke, die ein tieferes Ein- dringen in den vorgetragenen Gegenstand ermöglichen, ohne spezielle Fachkenntnisse zu erfordern. Die Darstellung selbst stützt sich haupt- sächlich auf die bekannten Hand-, beziehungsweise Lehrbücher von Strasburger, Noll (Jenenser Lehrbuch), Schimper, Warming, Wettstein, Wiesner. Ein genauerer Quellennachweis ist bei dem populären Charakter dieser Schrift wohl nicht am Platze. Der Bau der Pflanzen. (Pflanzenmorphologie.) Sechs Vorträge Dr-Er, Vierhapper., Systematische Übersicht über die Hauptgruppen des Pflanzenreiches.*) Abkürzungen: Ff. — Farbstoff, Fg. = Fortpflanzung, u. — ungeschlechtlich, g. — geschlechtlich, Z. — Zelle, veg. — vegetativ. 1. Stamm: Myxophyta. | — . Einzellig oder vielzellig. Veg.-Z.membranlos. Hetero- troph. Fe. u. 1. Kl. Myxomycetes (Schleimpilze) 1. Kl. Schizophyceae (Spaltalgen) Autotroph. Ff. Phycocyan . Kl. Schizomycetes (Bakterien) Heterotroph 1. Kl. Peridinrae (Peridineen [Geisel- algen]). Zellwand: Zellulose Längs- 2. Stamm: Schizophyta. Einzellıg oderCoenobien. | , ‚ Veg -Z. mit Membran. Fg.u. | ” 3. Stamm: Zygophyta. und Querfurche und Geisel. Ff. Einzelligoder Coenobien. Chlorophyll-Peridinin Veg.-Z. mit Meıubran. Auto- | 2. Kl. Bacillarieae (Kieselalgen) | troph. Ff. Chlorophyll. Fe. Zellwand: Zellulose - Kieselsäure. u., bei höheren g. 2 Schalen Ff. Chlorophyll-Diatomin ' 3. Kl. Conjugatae (Jochalgen) Zellwand : Zellulose. Ft Chlorophyll 4. Stamm: Euthallophyta. | 1. Kl. Chlorophyceae (Grünalgen) Einzellig oder vielzellig. Autotroph. Ff Chlorophyll Veg.-Z. mit Membran. Fg.u. | 2. Kl. Fungi (Pilze) und ©. | Heterotroph - 5 Stamm: Phaeophyta. Vielzellig. Veg.-Z. mit 1 Membran. Autotroph. Ff. Phycophaein. Fe. u., selt. eg. 6. Stamm: Rhodophyta. Vielzellig. Veg.-Z2. mit Membran. Autotroph. Ff. Phycoerythrin. Fe.u und go. . Kl. Phaeophyceae (Braunalgen) ' 1. Kl. Rhodophyceae (kotalgen) 1. Kl. Bryophyta 1. Musci(Laubmoose) | (Moose) \2. Hepaticae\ Leberm.) | 2. Kl. Pteridophyta (Leitbündelkrypto- | | gamen, Farnpflanzen) | 1. Filicinae (Farne) TEL. BE h a) Isospore, b) Heterospore es: reelle Ver nit 2. Equisetinae (Schachtelhalme) Membran. Autotroph (selten 2 Sr a et heterotrph.).Ff.Chlorophyli. | ° -/eopoaınge Var apt In 5 | a) Isospore, b) Heterospore Fg. g., oft auch noch u. |, Kl. Anthophyta (Blütenpflanzen) | Gliederung in Wurzel, |”, Pr ee | : | l. Gymnospermae (Nacktsamige) Stamm, Blatt. : or | a) Cyecadinae(Farnpalmen) b)Gink- | goinae ( Ginkgogewächse), c) Coni- ferae (Nadelhölzer), d} G@netinae 2. Angiospermae (Bedecktsamige) a) Monocotyledonae( Einkeimblättrige) b) Dicotyledonae (Zweikeimblättrige) | Stamm 1—6 und Stamm 7 Kl. 1-2 sind die „Kryptogamen“ der älteren Systeme, während Stamm 7 Kl. 3 den „Phanerogamen“ entspricht. Die Pflanzen der ersten sechs Stämme kann man auch als Lagerpflanzen (Thallo- phyta) den Sproßpflanzen (Cormophyta) des siebenten Stammes gegenüberstellen. =) Nach Wettstein, Handbuch der systematischen Botanik. I. Band. 1901. Wien. Deuticke. 1* Erster Vortrag. Hugo von Mohls Lehre, daß die Pflanzen ebenso wie die Tiere einen einheitlichen inneren Aufbau besitzen, indem alle Teile ihres Körpers aus einerlei in den verschiedensten Formen auftretenden Elementarorganen, Zellen genannt, be- stehen oder der ganze Pflanzenleib eine einzige solche Zelle ist, gehört zu den bedeutendsten Errungenschaften, welche die Botanik im vorigen Jahrhunderte zu verzeichnen hat. Diese heute über alle Zweifel erhabene Tatsache entspricht unserem Bedürfnisse nach einer einheitlichen Naturauffassung in ebenso vollkommener Weise, wie etwa das sogenannte periodische System der Elemente m der Chemie, und ıst mit der von Lamarck und Darwin begründeten Theorie von der Ent-- wiekelung der gesamten Tier- und Pflanzenwelt aus gemein- samem Ursprunge viel leichter ın Einklang zu bringen als die alte Ansicht, daß der Pflanzenkörper aus drei verschiedenartigen Elementen: „Bläschen*, „Fasern“ und „Röhren“ zusammen- gesetzt ist. Zur Erleichterung des Verständnisses des Baues der Pflanzen dürfte es sich empfehlen, zunächst einige allgemeine Angaben über das Grundorgan des Pflanzenkörpers, die Zelle, zu machen. Alle jene Eigenschaften und Erscheinungen, durch welche sich die lebende von der leblosen Welt unterscheidet, also vor allem der Stoffwechsel, bestehend in der Aufnahme und Verarbeitung der Nahrung und Abgabe gewisser auszu- scheidender Substanzen, das Wachstum und die Fähigkeit der 5) Fortpflanzung, kommen auch schon dem Elementarorgan der ersteren, der Zelle, zu. Um uns über den Bau der Zelle im allgemeinen zu orientieren, vergegenwärtigen wir uns der Einfachheit halber einen Organismus, der aus einer einzigen, nach allen Seiten gleichförmig ausgebildeten Zelle besteht, zum Beispiel ein Individuum der sehr häufigen, auf Baumrinden, Holzzäunen, Mauerwerk und dergleichen grüne Überzüge bildenden Alge Pleurococcus vulgaris’). Solch ein Individuum ist mit freiem Auge kaum wahrnehmbar, hat, wie wir unter dem Mikroskop sehen können, die Gestalt eines kugeligen Bläschens und besitzt einen Durchmesser von circa 4—6 u.?). Es zeigt uns ohne jegliche Komplikation die wichtigsten Bestandteile einer Zelle. Der Inhalt besteht aus einer farblosen, feinkörnigen Masse, welche sich bei näherer Untersuchung als eine zähschleimige Flüssig- keit erweist, die viele kleine Körnchen enthält. Diese Flüssig- keit samt den Körnchen heißt Cytoplasma. Dasselbe wird von einem dünnen, festen, durchsichtigen, hauptsächlich aus Zellulose bestehenden Häutchen, der Zellwand oder Zell- membran, eingeschlossen. Den von der Zellwand umgebenen Raum nennt man das Lumen der Zelle. Im Cytoplasma legen mehrere grüne ellipsoidische Körperchen, welche bedeutend größer sind als die Körnchen des Üytoplasmas und in die Kategorie der Chromatophoren (Farbstoffträger) gehören. Die Grundsubstanz derselben ist Cytoplasma und enthält einen Chlorophyll genannten Farbstoff, dem die Pleuro- coccus-Kolonien ihre grüne Färbung verdanken. Ferner ent- hält das Cytoplasma noch ein scharf umschriebenes, kugeliges, farbloses, sehr leicht färbbares Gebilde, welches, von ähnlichem, aber dichterem Gefüge als das Cytoplasma, die Chromatophoren an Volumen bedeutend übertrifft, den Zellkern, und schließ- lich an ihrem starken Lichtbrechungsvermögen leicht kenntliche Öltröpfehen. Außer den Chromatophoren und dem Zell- kerne treten im Cytoplasma älterer Zellen vieler Pflanzen 1) Vergl. Abb. 5. Er 00 Emm: 6 noch Hohlräume auf, die mitunter beträchtliche Größe er- reichen und mit einer sauer reagierenden Flüssigkeit, dem Zellsaft, erfüllt sind, die sogenannten Vacuolen!), welche sich oft zu einer einzigen großen, mittelständigen Vacuole, dem Saftraum, vereinigen, ferner Stärkekörner, Kleber- körner (Aleuron), Kristalle usw. Im Zellkerne finden sich in Ein- oder Mehrzahl die Kernkörperchen. Setzt man der lebenden Zelle wasserentziehende Mittel (Glyzerin, Zucker- oder Kochsalzlösung etc.) zu, so tritt sogenannte Plasmolyse ein, das heißt es zieht sich das Cytoplasma zu- sammen, tritt von den Wänden zurück und es entsteht zwischen Cytoplasma und Zellmembran ein leerer Raum, gegen welchen das erstere durch ein überaus zartes, aus cytoplasmatischer Substanz bestehendes Häutchen, den Primordialschlauch. abgegrenzt ist. Auch gegen die verschiedenen Einschlüsse in seinem Innern, die Chromatophoren, Vacuolen, den Zell- kern usw., grenzt sich das Öytoplasma durch ähnliche Haut- schichten ab. Cytoplasma, Zellkern und Ohromatophoren?) sind die wesentlichen Bestandteile einer Zelle und werden zusammen Protoplasma oder schlechtweg Plasma genannt. Jenes wunderbare Etwas, das wir Leben nennen, ıst an das Proto- plasma gebunden. Wo kein Protoplasma, dort ist kein Leben. — Ein besonders wichtiger Bestandteil ist auch die Zell- membran ?). Nicht jede Zelle hat jedoch eine Zellmembran und auch das Protoplasma ıst nicht in allen Zellen in die drei wesentlichen Bestandteile gegliedert. Es gibt vielmehr un- behäutete Zellen, denen der Kern und die Chromatophoren fehlen und in welchen das ungegliederte Plasma — Archi- plasma genannt — allein die Funktionen des Lebens versieht. Zellen, wie die Pleurococeus-Individuen, welche ein ın Cytoplasma, Kern und Chromatophoren gegliedertes, mit einer Zellwand umgebenes Protoplasma besitzen, weisen bereits eine beträchtliche Arbeitsteilung auf, so zwar, daß die Membran das Cytoplasma, den eigentlichen Träger des Lebens, als ı) Vergl. Abb. 6, Fig. 1, 2. 2) Vergl. Abb. 4. 7 schützende Hülle umgibt und die für die Ernährung und das Wachstum nötigen wässerigen mineralischen Lösungen un- gehindert passieren läßt, während der Primordialschlauch des Plasmas gewissermaßen über die aufzunehmenden Substanzen eine Entscheidung trifft, indem er nur für gewisse Substanzen passıerbar ist, der in den Chromatophoren aufgespeicherte grüne Farbstoff im Sonnenlichte die Umwandlung der anor- ganischen Nahrung in Bestandteile des Zelleibes vollzieht, . sie assimiliert, und der Kern vor allem beim Wachstum und bei der Fortpflanzung von großer Bedeutung ist. Bei Zellen, denen die Zellhaut fehlt, vertritt die ceytoplasmatische Haut- schichte deren Stelle, in kernlosen Zellen vereinigt das un- gegliederte Archiplasma ın sich die Funktionen des Cytoplasmas und des Kernes. Entbehren endlich alle Zellen einer Pflanze der chlorophyliführenden Chromatophoren, so ist diese nicht imstande, anorganische Nahrung in organische Substanz um- zusetzen, sie muß vielmehr schon verarbeitete Nahrung auf- nehmen und heißt heterotroph, im Gegensatze zu den autotrophen Pflanzen, welche, weil sämtliche oder doch viele ihrer Zellen geeignete Chromatophoren besitzen, zur selb- ständigen Assimilation befähigt sind. Wir ersehen also aus dem bisher Gesagten, daß eine einzige Zelle selbst dann, wenn sie nur aus Archiplasma be- steht, alles das in sich vereinigt, was es ihr ermöglicht, sich zu ernähren, zu wachsen und sich fortzupflanzen, mit einem Worte zu leben, und es darf uns demnach nicht wunder- nehmen, wenn wir bei der Betrachtung der verschiedenen Formen des weiten Pflanzenreiches vielen Typen begegnen werden, welche zeitlebens einzellig bleiben. Der Körper der höher organisierten Pflanzen ist stets vielzellig und weist eine äußerliche Gliederung in verschiedene Teile auf, welche, insoferne als sie im Dienste verschiedener Funktionen stehen, Organe genannt werden. « Wir werden uns im folgenden bei der Besprechung des Baues der Pflanzen, soweit es sich um höherstehende Formen handelt, mit dem Bau ihrer Organe zu beschäftigen haben und hierbei mit Vorteil die vor allem dem Stoffwechsel Ss dienenden Vegetationsorgane gesondert von den Fort- pflanzungsorganen behandeln. Die einzelligen und die auf niedriger Entwicklungsstufe stehenden vielzelligen Pflanzen sind nicht in dem Sinne wie die höheren in Vegetations- und Fortpflanzungsorgane gegliedert. Alle Lebensfunktionen werden hier entweder von einer einzigen Zelle besorgt, oder es beteiligen sich alle Zellen in gleicher Weise an den Aufgaben des Stoffwechsels und der Fortpflanzung. Aber auch sie sollen hier eine getrennte Behandlung erfahren, indem im ersten Abschnitte der Bau ihres Körpers, im zweiten aber die Art und Weise ihrer Fortpflanzung besprochen wird. I. Die Vegetationsorgane. 1. Die Lagerpflanzen (Thallophyta). Der Vegetationskörper (Thallus) der den niedrigen Stämmen des Pflanzenreiches angehörigen Formen besteht oft nur aus einer einzigen Zelle oder ist ein Aggregat mehrerer Zellen, von denen jede einzelne eine gewisse Selb- ständigkeit bewahrt, indem sie bei zufälliger Isolierung als selbständiger Organismus weiterlebt, und heißt dann Coeno- bium. Erst vom vierten Stamme an aufwärts begegnen wir wirklich vielzelligen Pflanzen, deren Körper ım all- gemeinen eine um so größere Arbeitsteilung aufweist und im Zusammenhange damit um so komplizierter gebaut ist, eine je höhere Stellung sie im Systeme einnehmen. Die Arten des nur heterotrophe Typen umfassenden ersten Stammes, der Schleimpilze, haben mehrere Ent- wickelungsstadien und sind nur im ersten und zweiten, als sogenannte Schwärmer und Amöben, einzellig. Die Schwärmer, welche unmittelbar aus dem Fortpflanzungsorgan, der Spore, hervorgehen, sind membranlose Zellen mit Cyto- plasma und Kern. Wie schon der Name sagt, sind sie be- weglich, Sie tummeln sich entweder durch Schwingen eines zarten fädlichen Fortsatzes des Cytoplasmas, der Cilie, herum oder kriechen durch langsames Ausstrecken von Fortsätzen (Pseudopodien) auf dem Substrate dahin (amöboide g Bewegung). Später verringern die Schwärmer ihre Beweglich- keit — die eine Cilie tragenden ziehen dieselbe ein — und werden zur Myxamöbe, deren Bewegung stets eine 'amö- boide ist. A Der zweite Stamm zerfällt in zwei Reihen; eine auto- trophe, die Spaltalgen, und eine heterotrophe, die Spaltpilze oder Bakterien. In beiden Reihen sind die meisten Formen einzellig.. Die Zelle der Spaltalgen ist meist kugelig, unbeweglich und hat eine Membran, welche gewöhnlich in eine nicht aus Zellulose bestehende Innenschichte und eine leicht - gallertig verquellende Außenschichte geschieden ist. Als Zellinhalt tritt ein peripherischer Chromatophor auf, welcher einen zentralen, farblosen Teil, den Zentralkörper, umschließt. Ein Zellkern wurde nicht beobachtet. Der Chro- matophor enthält außer Chlorophyll noch einen meist blauen Eiweißkörper, das Phycocyan, welches mit dem Chlorophyll die meist blaugrüne Färbung dieser Algen bedingt. — Die Spaltpilze oder Bakterien haben die kleinsten Zellen, die wir überhaupt im Pflanzenreiche kennen (bis zu 01 v). Die Bakterienzelle hat keinen Kern, ihr undifferenziertes, durch die leichte Färbbarkeit an Kerne erinnerndes Plasma ist Archiplasma. Statt der Zellmembran ist nur eine verdichtete plasmatische Außenschichte vorhanden, von welcher der archı- plasmatische Inhalt ähnlich wie ein Brotleib von seiner Kruste umgeben wird. Als heterotrophe Formen entbehren die Bak- terien des Farbstoffes. Sie haben die Form von Kugeln: Coccus, geraden Stäbchen: Bacterium (ohne Geiseln), Baeillus (mit Geiseln) und gekrümmten oder gewundenen Stäbchen: Spiril- um (mit Geiseln), Spirochaete (ohne Geiseln). Sehr mannig- faltig ist ihre Bewegung. Die kleinen, geiscllosen Kokken haben die eigentümliche, wimmelnde Bewegung kleinster Teilchen, zum Beispiel sich bildender Mikrokristalle von Jod. welche Brownsche Molekularbewegung genannt wird. Die mit Geiseln ausgestatteten Formen (Baeillus, Spirillum) bewegen sich mit Hilfe dieser überaus feinen plasmatischen Fäden, die Spirochaete-Arten endlich durch schlangenartiges Ikrümmen und Winden ihres biegsamen Zelleibes. 10 Von den Typen des dritten Stammes, den stets auto- trophen Jochalgen, sind die Geiselalgen, die einen wesentlichen Bestandteil der schwebenden Wasserflora, des pflanzlichen Planktons, bilden, zumeist einzellige, überaus mannigfaltig geformte Organismen. Sie haben stets eine zu- meist aus zwei oder mehreren Platten bestehende, oft in horn- oder flügelförmige Fortsätze erweiterte Zellulosemembran, im Cytoplasma einen deutlichen Kern und große, meist korn- oder plattenförmige Chromatophoren, welche nebst Chlorophyll oft noch einen zweiten Farbstoff, das braune Peridinin, ent- halten und dann eine gelbe oder braune Färbung besitzen. Sehr oft sind sie durch zwei aus einer Öffnung der Membran, der Geiselspalte, hervortretende Geiseln beweglich, welche im Ruhestadium in je einer an der Oberfläche befindlichen Furche, der Längs- und Querfurche, ruhen. — Auch die zweite Untergruppe der Jochalgen, die Kieselalgen, weist größtenteils einzellige Formen von sehr verschiedenartiger Gestaltung auf. An ihnen ist vor allem die Zellmembran auf- fällig, welche aus zwei stark verkieselten, ungemein zart ge- zeichneten und skulpturierten, voneinander getrennten Platten, die wie Boden und Deckel einer Schachtel übereinander- greifen, besteht. Der Kern ist meist in einer zentralen Plasma- ansammlung eimgelagert, an deren beiden Seiten sich meist große Vacuolen und je ein durch eine Mischung von Chloro- phyll und einem braunen Farbstoftl, dem Diatomin, braun gefärbter Chromatophor befinden. Sehr kompliziert ist die Bewegung dieser Pflanzen. Sie äußert sich in einem langsamen Hinkriechen in der Längsachse und wird durch Strömungen des Plasmas veranlaßt, die, aus dem Innern der Zelle her- vortretend, an der Oberfläche derselben verlaufen. Glüht man Kieselalgen, so bleiben nur die kieselreichen Schalen zurück, deren unendlich feine Struktur dann noch deutlicher zu Tage tritt. Größere Ansammlungen von Schalen ausgestorbener Kieselalgen früherer Erdepochen bilden als Kieselguhr eines der wichtigsten Überbleibsel aus längst vergangenen Erdepochen unter den niederen Pflanzen. — Auch in die dritte Gruppe der Jochalgen, die Konjugaten, gehört 1 eine große Abteilung stets einzelliger Organismen, die Desmidiaceen, ausschließlich Bewohner des Süß- und Brackwassers, welche sich zum Unterschiede von den Geisel- und Kieselalgen nicht aus eigenem, sondern, soviel bis jetzt bekannt, nur auf Veranlassung von Licht oder infolge chemi- scher Reize bewegen. Ihre Membran ist eine einfache, weder verkieselte, noch auffällig skulpturierte Zellulosehaut. Zu beiden Seiten des mitten im Cytoplasma liegenden Kernes befindet sich je ein großer, oft sehr zierlich geformter Farb- stoffträger, der nur Chlorophyll enthält und die grüne Färbung dieser schönen Algen bedingt. In der vierten Gruppe, den eigentlichen Lager- pflanzen, gibt es, namentlich unter den autotrophen Formen, den Grünalgen, viele einzellige Arten (zum Beispiel der oben erwähnte Pleurococcus vulgaris), welche sich von den einzelligen Desmidiaceen hauptsächlich dadurch unterscheiden, daß sie ebenso wie die Zellen der Blütenpflanzen nicht zwei große, sondern mehrere oder viele kleine körnchenförmige Chromatophoren, Chlorophyllkörner genannt, besitzen. Andere Färbungen, wie zum Beispiel bei der den roten Schnee bildenden einzelligen Alge, werden durch im Zellsafte der Vacuolen gelöste Farbstoffe veranlaßt. Manche dieser ein- zelligen Formen sind mit Hilfe von Geiseln beweglich, welche das Protoplasma durch äußerst feine Öffnungen der Zellwand nach außen entsendet. — Unter den drei höchst organisierten Stämmen gibt es keine eimzelligen Arten. Die Coenobien der einzelnen Klassen bestehen aus Zellen, welche denen der einzelligen Formen der entsprechenden Klassen im Baue vollkommen gleichen, so daß hier eine be- sondere Beschreibung der Zellen selbst überflüssig ist. Als Coenobien kann man zunächst gewisse Entwicke- lungsstadien der Schleimpilze, die sogenannten Plas- modien, bezeichnen, welche durch mehr minder innige Ver- schmelzung der Myxamöben, die sich vorher gewöhnlich durelı Teilung vermehrt haben, zustande kommen. Diese Plasmodien sind formlose, meist ungefärbte, schleimige Plasmamassen von sehr wechselnder Größe. Die Zahl der sie zusammensetzenden 12 Zellen ist, da keine Membranen vorhanden sind, nur aus der Zahl der Kerne zu erkennen. Gleich den Myxamöben bewegen sich auch die Plasmodien durch Ausstrecken und Einziehen von Pseudopodien. Auch die Spaltpflanzen bilden nicht selten dadurch, daß sich ihre Zellen teilen und nicht voneinander absondern, Coe- nobien. Erfolgt die Teilung immer nur nach ein und derselben Richtung des Raumes, so entstehen fadenförmige Gebilde, wie sie uns sowohl bei gewissen Spaltalgen (zum Beispiel bei den Oscillatorien) als auch bei gewissen Spaltpilzen (zum Beispiel bei den durch das Auftreten von Schwefelkörnern in den Zellen ausgezeichneten Schwefelbakterien) begegnen. Während die einzelligen Formen zumeist frei in Flüssigkeiten schweben, sind diese Fäden nıcht selten an dem einen Ende festgewachsen, und es ist dann zumeist ein Unterschied zwischen den untersten festgewachsenen und den oberen Zellen des Fadens vorhanden, indem die letzteren viel länger und schmäler sind als die ersteren. Die obere Endzelle ist zumeist in eine Spitze zusammengezogen. Es ıst dies die erste Gliederung inner- halb_der Zellen eines Pflanzenkörpers, hervorgerufen durch die verschiedene Arbeitsleistung derselben. Gewisse dieser Fadenalgen zeigen — je nachdem sie frei oder angewachsen sind — eigentümliche kriechende oder schwingende („oszil- lierende*) Bewegungen. Sehr oft sind die Zellfäden von einer gemeinsamen, bei den Spaltalgen von der Zellmem- bran, bei den Spaltpilzen von der plasmatischen Außenhaut abgesonderten, geschichteten Gallerthülle umschlossen. Wenn an irgendeiner Stelle eine Trennung eines Fadens im zwei Stücke eintritt, so wächst nicht selten das eine Stück an dem anderen innerhalb der Hülle vorbei und es kommen da- durch Scheinverzweigungen zustande. _ Erfolgt die zur Entstehung der Coenobien führende Teilung der Zellen nach zwei Richtungen des Raumes, so kommen flächige, wenn nach allen dreien, klumpenförmige Bildungen zustande (zum Beispiel die „Paketbakterien“), die gleichfalls zumeist in gallertigen Hüllen stecken. Mitunter (zum Beispiel bei der Blaualgen- gattung Gloeocapsa), umgeben sich die bei den Teilungen 15 entstehenden Zellen innerhalb der gemeinsamen Gallerte mit neuen Gallerten, so daß sehr zierliche Formen zustande kommen. Unter den Geiselalgen gibt es keine Coenobien. — Die Kieselalgen dagegen bilden oft durch entsprechende Aneinanderlagerung ihrer in einen losen Zusammenhang treten- den Zellen Coenobien von faden-, fächer- oder kettenförmigem Aussehen. Seltener sind größere, formlose, in gemeinsamen Hüllen. steckende Massen. Die mehrzelligen, fadenförmigen Jochalgen!) werden, da jede ihrer einzelnen Zellen beim Zer- fall des Fadens zum Ausgangspunkte eines neuen Fadens werden kann, und die Fäden von Gallerten umhüllt sind, jetzt gleichfalls als Öoenobien betrachtet. Je nachdem sie festge- wachsen sind oder frei im Wasser schwimmen, zeigen die Zellreihen einen Unterschied zwischen Basis und Spitze oder nicht. Die Grünalgen sind in ihren niedriger organisierten Familien oft als Coenobien ausgebildet, die, in Faden-, Flächen- oder Klumpenform auftretend, Cilienbewegung zeigen oder der Beweglichkeit entbehren. — Unter den zum vierten Stamme gehörigen Pilzen und den Formen der drei höchsten Stämme des Pflanzenreiches gibt es keine Coenobien. Bei den einzelligen und Coenobien bildenden Pflanzen ist uns sehr häufig eine Eigenschaft begegnet, welche man früher nur dem Tierkörper zugeschrieben und als einen der wichtigsten Unterschiede zwischen Tieren und Pflanzen be- trachtet hat, nämlich die Fähigkeit der Ortsveränderung oder Lokomotion. Das Medium der aktiven Bewegung der Pflanzen ist, um es nochmals zu wiederholen, entweder der Erdboden oder aber das Wasser. Der Bewegung auf dem Erdboden sind nur hautlose Organismen, wie es die Schleimpilze sind, fähig, denn nur der Mangel der Membran ermöglicht es der Zelle, nach beliebigen Richtungen Pseudopodien auszustrecken. Die Bewegung im Wasser ist sehr verschiedener Art. Bei vielen Bakterien, den Geiselalgen und bei den schwimmenden echten Algen veranlassen Geiseln, die wir als in Ein- oder Mehrzahl !) Vergl. Abb. 7. 14 auftretende, dıe Hülle durchsetzende feine Fortsätze des Plas- mas kennen gelernt haben, durch lebhaftes Hin- und Her- schwingen die Bewegung der betreffenden Zelle oder Zell- familie. Bei den Kieselalgen ist die Ursache der Ortsver- änderung eine Strömung von Plasma an der Außenseite der Jellmembranen; gewisse Bakterien verändern ihre Lage im Raume durch schlängelnde Bewegungen ihres ganzen Körpers, andere, die kleinsten Formen, zeigen Brownsche Molekular- bewegung, das ist die Bewegung kleinster Teilchen. Die Be- wegungen der Desmidiaceen sind noch nicht völlig aufgeklärt. Man weiß nur, daß sie durch Lichtwirkungen und chemische Eirflüsse zustande kommen. Bei angewachsenen Formen ist natürlich eine Lokomotion ausgeschlossen. Regelmäßige Be- wegungen des ganzen Körpers oder einzelner Teile desselben gehören zu den Seltenheiten. Es wäre nur der rätselhaften oszillierenden Bewegungen gewisser Spaltalgen zu gedenken. Bei allen anderen festgewachsenen Typen sind außer von Fall zu Fall auftretenden, durch gewisse Reize veranlaßten Bewegungen einzelner Teile nur mehr Strömungen des Plas- mas innerhalb der einzelnen Zellen, namentlich augenfällig bei gewissen Wasserpflanzen, als Bewegungserscheinungen zu beobachten. Zweiter Vortrag. Während die Zellen der Coenobien nur in losem Zu- sammenhange stehen und eine gewisse Selbständigkeit be- wahren, so daß der ganze Organismus eigentlich nicht als In- dividuum im wörtlichen Sinne, sondern als Summe von Einzel- individuen angesprochen werden darf, bestehen die im eigentlichen Sinne vielzelligen Pflanzen aus einer Summe von Zellen, welche durch die Vereinigung der äußersten Schichte ihrer Menıbranen zur sogenannten Mittellamelle miteinander mechanisch ver- bunden, ihre individuelle Selbständigkeit verloren haben und dadurch, daß ihre Plasmen in Form äußerst zarter Stränge die benachbarten Zellhäute durchsetzen und miteinander im /usammenhange stehen, einen einzigen, einheitlichen Organıs- mus konstituieren. Vielzellisen Formen begegnen wir zum erstenmal im Stamme der eigentlichen Lagerpflanzen. Während die Grün- algen, die autotrophe Reihe des vierten Stammes, ebenso wie die stets autotrophen Formen des fünften und sechsten Stammes, die Braun- und Rotalgen, eine sehr große Mannigfaltigkeit im Baue ihres Vegetationskörpers aufweisen, ist der vegetative Aufbau der Pilze, der heterotrophen Reihe des vierten Stammes, sehr einfach. Es hängt dies mit der Funktion des vege- tativen Körpers, des Thallus (man bezeichnet mit diesem Ausdrucke überhaupt den Vegetationskörper niederer Pflanzen), aufs innigste zusammen. Während nämlich die Algen als autotrophe Formen anorganische Substanz assimilieren und in- folgedessen im Verhältnis zu ihrer Gesamtgröße möglichst viele 16 dem Lichte ausgesetzte Zellen mit Chromatophoren ausbilden müssen, bedürfen die Pilze als heterotrophe Typen dieser Zellen nicht und haben infolgedessen zumeist einen stark rück- gebildeten Vegetationskörper. Die Grünalgen sind fast stets Wasserpflanzen. Ihr Thallus besteht immer aus Zellen mit Zellulosemembran, Cytoplasma, Kern und Chlorophylil- körnern und ist im einfachsten Falle fadenförmig!), freischwebend, auf fester Unterlage angewachsen oder schließlich im Sub- strat eingewachsen und weist dann bereits eine Gliederung in ein Befestigungs- und in ein eigentliches Vegetationsorgan auf. Während die Zellen des letzteren Chlorophyll führen, fehlt dieses denen des ersteren. Die Fäden sind entweder.unver- zweigt oder verzweigt. Auch die flächig entwickelten Thallusse sind entweder freischwebend oder festgewachsen. Das Wachs- tum erfolet bei den Fadenalgen durch Teilung der Zellen nach einer, bei den flächigen nach zwei Richtungen des Raumes. Die höchststehenden Formen sind aus Zellen, welche nach allen drei Richtungen des Raumes angeordnet sind, zusammengesetzt. Sie sind zumeist festgewachsen und zeigen mitunter (Sipho- neen) eine Gliederung in ein Organ, welches den Thallus im Boden befestigt (khızoid), und in ein Assimilationsorgan, welches wieder m die eigentliche assimilierende Fläche (PhylI- loid), die möglichst viele Zellen mit Chromatophoren dem Lichte darbietet und in deren stengelförmigen Träger (Cauloid) gegliedert sein kann. Die bei den Teilungen der Zellen der Grünalgen neu ent- stehenden Zellen sind entweder durch Membranen voneinander getrennt (Converfineen) oder es werden keine Zwischen- wände ausgebildet, so daß dann der Thallus, wenn auch mannig- taltıg gegliedert und außen von einer Zellulosehaut umgrenzt, innerlich nicht in Zellen gesondert ist, sondern nur in einer einheitlich erschemenden Plasmamasse eine Menge von Kernen enthält. Ein solches Gebilde, das entweder Fadenform haben oder aber auch sehr hoch differenziert und mit Rhizoiden, Cauloiden und Phylloiden ausgestattet sein und eine ansehn- 1) Veregl. Ahh. 8, 170 liche Größe erreichen kann, repräsentiert scheinbar eine ein- zelne Zelle, ist aber in Wirklichkeit ein vielzelliger Organis- mus, in welchem nur die Zwischenwände fehlen und der aus ebensovielen Zellen besteht, als Kerne vorhanden sınd. Solche vielkernige Gebilde werden Goeloblasten genannt. Im Gegensatze zu den einfacher gebauten Confervineen heißen diese aus (Coeloblasten bestehenden Algen Siphoneen oder Schlauchalgen. Während der Thallus von Gattungen wie Vaucheria, Caulerpa etc. ein einziger Coeloblast ist, wird der Vegetationskörper der Armleuchtergewächse von vielen Coeloblasten, deren Wände reichlich mit Kalk inkrustiert sind, gebildet. Dieselben setzen, in einer Reihe stehend, einen Hauptfaden zusammen, an welchem ın regelmäßigen Abständen quirlig angeordnete, gleichgestaltete Coeloblasten als an Blätter erinnernde Seitenäste entspringen, durch deren Teilung bei der Gattung Chara neue ÜCoeloblasten entstehen, welche den Hauptfaden berinden. Die Braun- und Rotalgen, fast ausschließlich festge- wachsene Meeresbewohner und. der wesentlichste Bestandteil der festsitzenden Meeresflora (Benthos), haben stets viel- zellige Vegetationskörper. Die Zellen haben Cytoplasma, Kern, Wand und Chromatophoren, welche außer dem Chlorophyll bei den Braunalgen noch einen braunen Farbstoff, das Phyco- phaein, bei den Rotalgen aber einen roten Farbstoff, das Phyeoerythrin, enthalten. An dem reichgegliederten Thallus der höchsten Formen kann man gewöhnlich Rhizoide, Cau- loide und manchmal auch Phylloide (Sargassum: Beerentang) als die drei Grundtypen der Organe der höchststehenden unter den niedriger organisierten Pflanzen unterscheiden. Die Rhizoide sind oft als Haftscheiben entwickelt, die Phylloide tragen mit- unter Schwimmblasen. Bsi Sargassum sind eigene Organe als Schwimmblasen ausgebildet. Auch im inneren Aufbau zeigen sich nicht selten An- klänge dieser Organismen an höhere Pflanzen, indem die ober- flächlichen Zellen der Cauloide und Phylloide oft eine hauptsäch- lich dem Schutze und der Assıimilation dienende Rindenschichte bilden, während im Innern Zellen zur Speicherung von 09) a 15 Nahrungsstoften, längsgestreckte, röhrenförmige Zellen, die mit der Nahrungsleitung im Zusammenhange stehen, und manch- mal sogar Siebröhren, Gebilde, denen wir erst wieder bei den höchsten Pflanren begegnen, vorhanden sind. Auch Zellen mit stark verdiekter Membran, die vor allem die Festigkeit erhöhen, findet man nicht selten. Die hohe innere Gliederung kommt äußerlich manchmal dadurch zum Ausdruck, daß an dem Thallus eine Mittelrippe (Fucus: Blasentang) zu sehen ist. Das Wachstum erfolgt bei höherstehenden Formen durch Vermittlung emer Scheitelzelle, das ist einer Zelle an der Spitze jedes wachsenden Organs, durch deren gesetzmäßige Teilungen fortwährend neue Zellen, so zwar, daß immer die untersten die ältesten sind, gebildet werden. Berindungen der Cauloide, wiesie für Characeen charakteristisch sınd, zählen bei den Rotalgen nicht zu den Seltenbeiten. Zu den Braun- algen gehören unstreitig die größten Pflanzenformen (von 200 bis 300 ın Länge), wie sie eben nur das Meer hervorbringen kann. Während dasjenige, was man gewöhnlich als „Schwämme * bezeichnet, den Fruchtkörpern der betreffenden Pilzarten (hete- rotrophen Euthallophyten) entspricht, die als Fortpflanzungs- organe Im zweiten Hauptabschnitte näher besprochen werden sollen, ist der Vegetationskörper der Pilze, Mycelium ge- nannt, meist ein sehr unscheinbares Geflecht einzelner Zellfäden (Hyphen), die entweder wie die Confervineen aus getrennten Zellen bestehen oder wie die fadenförmigen Siphoneen als Coeloblasten anzusprechen sind. Die Zellen der Pilze haben eine deutliche, aus einer Abart der gewöhnlichen Zellulose bestehende Membran, Plasma und einen Kern, entbehren aber als heterotrophe Typen, zum Unterschiede von den demselben Stamme angehörenden autotrophen Grünalgen, der Chromato- phoren. Das Mycel der saprophytischen Pilze wuchert ähnlich wie der Körper der meisten Schleimpilze und wie die Fäulnis-, Gärungs- und Farbstoffbakterien auf toter organischer Substanz. Die Träger des Mycels der parasitischen Pilze sind dagegen, wie die der krankheitserregenden Bakterien und eines einzigen Schleimpilzes (der die „Kohlhernie* erzeugenden Plasmodiophora Drassicae) lebende Organismen, Pflanzen oder 19 Tiere. Die Hyphen dieser Schmarotzer dringen meist durch Öf- nungen zwischen den Zellen des Wirtes in dessen Inneres, wachsen hauptsächlich in den Hohlräumen zwischen seinen Mem- branen weiter und treiben von da eigentümliche rhizoiden- artige Fortsätze, die Haustorien, m das Lumen seiner protoplasmareichen Zellen. Nur selten nimmt der Vegetations- körper der Pilze eine von dem gewöhnlichen Myceltypus ab- weichende Form an, wie etwa gewisse zum Überwintern be- stimmte Dauerstadien, zum Beispiel die Sklerotien des Mutterkornes, jene bekannten, aus den Getreideähren heraus- ragenden,schwarzvioletten, hornigen Körper, welchenichtsanderes sınd, als die vom Mycel des parasitischen Pilzes durchwucherten und krankhaft aufgetriebenen Fruchtknoten der infizierten Ge- treidepflanze; oder aber gewisse, durch eine dichte Verfilzung von Hyphen entstandene wurzelähnliche Bildungen, wie zum Beispiel die „Rhizomorphen* des Hallımasch, eines unserer bekanntesten eßbaren Schwänme. Zu den merkwürdigsten Bildungen im weiten Reiche der Pflanzen gehört der Thallus der Flechten. Derselbe ıst mannig- fach gefärbt und präsentiert sich entweder als krustenförmiger Überzug auf Baumrinden oder Gestein, der aber keineswegs etwa nur äußerlich aufsitzt, sondern auch ins Innere seiner Unterlage eindringt, oder als eine laubartige, mit Rlizoiden im Erdboden oder auf Holz befestigte Masse oder schließlich als reichlich verzweigtes, gleichfalls Bäumen oder Felsen an- haftendes Gebilde. Diesen Unterschieden entspricht die land- läufige Einteilung der Flechten in Krusten-, Laub- und Strauchflechten. Von besonderem Interesse ist aber der innere Aufbau einer Flechte. Unter dem Mikroskop sieht man nämlich, daß jede Flechte aus einem Gewirr farbloser Fäden besteht, zwischen welchen entweder gleichmäßig oder in bestimmte Zonen angeordnet kleine, einen blaugrünen oder grünen Farbstoff führende Zellen oder Zellgruppen, Gonidien, in großen Mengen auftreten. Die farblosen Fäden bilden in den eifanchsten Fällen ein gleichartiges Geflecht, meistens aber eine dichte Rindenschichte und eine lockere Markschichte, bei den höchsten strauchigen Formen ist auch ein zentraler Zylinder I 20 e vorhanden, der aus mit seiner Längsrichtung parallelen farblosen Fäden besteht. Die Rhizoiden werden nur von farblosen Zellen gebildet. DieVerbindung zwischen den Gonidien und den un- gefärbten Fäden ist eine sehr innige, indem erstere von letz- teren dicht umsponnen werden. Ja man hat sogar beobachtet, daß diese auf ähnliche Weise, wie die Haustorien parasitischer Pilze die Zellwände ihrer Nährpflanzen durchsetzen, in das Plasma der Gonidien Fortsätze treiben. Eingehende Untersu- chungen über die Natur des Flechtenkörpers haben nun das über- raschende Resultat zutage gefördert, daß die farblosen Fäden nichtsanderes sind als Pilzhyphen, die blaugrünen oder grünge- färbten Zellen oder Zellfäden dagegen Algen aus der Gruppe der Spalt- und Grünalgen angehören, die auch außerhalb des Verbandes der Flechte zu den häufigsten Typen gehören. Man hat es also in der Flechte mit einer Verbindung zweier ganz verschiedener Organismen, eines heterotrophen und eines autotrophen, eines Pilzes und einer Alge, offenbar zu gegen- seitigem Vorteile — der Pilz ıst allerdings mehr im Vorteile als die Alge— zu tun. Eine solche Vereinigung zweier Or- ganismen zu gegenseitigem Vorteil nennt man Symbiose. Die Flechten sınd also eine symbiotische Vereinigung zwischen Pilzen und Algen. — Die merkwürdige Vereinigung gewisser Schmetterlingsblütler (Lupine, Klee) mit Bakterien, die m eigenen Knöllchen an den Wurzeln der ersteren auf- treten!), sowie die Erscheinung, daß die Wurzeln mancher unserer Waldbäume (z. B. der Tanne und der Rotbuche) mit Pılzhyphen umsponnen sind, dürften ähnliche Fälle von Symbiose sein. — Gerade so wie bei den letztgenannten Vereinigungen die Bakterien, beziehungsweise die Pilzhyphen der grünen Laubpflanze die Aufnahme gewisser Nahrungsstoffe, vor allem des Stickstoffes, vermitteln, wofür sie von dieser Nahrung und eine Wohnstätte erhalten, ist wohl auch bei den Flechten der Pilz derjenige Teil, welcher vor allem die Aufnahme von Nahrung und, wie wir später noch kennen lernen werden, auch die Fortpflanzung besorgt, während der Alge vor allem die Aufgabe der Assi- 1) Vergl. Abb. 18. 21 milation der aufgenommenen Nährstoffe zufällt. Wie gut sich dieses gegenseitige Zusammenwirken bewährt, ist insbesondere daraus ersichtlich, daß die Flechten in so ungemein großer Artenzahl über die ganze Erde verbreitet sind, und daß sie sich mit immenser Anpassungsfähigkeit den ungünstigsten Bedingungen anzuschmiegen und selbst dem härtesten Felsen Nahrung abzutrotzen vermögen. Gerade die ins Gestein ein- dringenden Krustenflechten sind es ja, welche, indem sie das Gestein zersetzen und einen geeigneten Nährboden für höher organisierte Pflanzen vorbereiten, eine so überaus wichtige Aufgabe im Haushalte der Natur erfüllen. 2. Die Moospflanzen (Bryophyta). Bevor wir nun zu den höchst organisierten Pflanzen, den Farn- und Blütenpflanzen, übergehen, haben wir noch eine große Gruppe, die Moose, zu besprechen, deren Vegetationskörper in gewisser Beziehung eine vermittelnde Stellung zwischen den Gefäßpflanzen und den tieterstehenden Formen einnimmt. Dieses Verhalten der Moose hat seinen Grund in der gerade in dieser Reihe sich vollziehenden Emanzipation vom Wasser- leben und der immer vollkommeneren Anpassung an den Land- aufenthalt. Sämtliche Moose sind autotrophe Formen, welche stets chlorophyllführende Zellen besitzen. Der Thallus der höchststehenden, sogenannten frondosen Lebermoose, z. B. der sehr häufigen Marchantia polymorpha, ist ein grünes flächenförmiges, gewöhnlich mehrschichtiges, mannigfaltig ge- lapptes Gebilde, welches dem Erdboden anliegt und mit vielen auf seiner Unterseite auftretenden chlorophyllfreien Rhizoiden in demselben befestigt ist. Unterseits tritt oft in der Mitte eine Rippe auf, welche alle Lappen durchzieht, und zu beiden Seiten derselben findet sich zwischen den gleichfalls längs der Mittel- rıppe stehenden Rhizoiden je eine Reihe kleiner schuppen- förmiger, bleicher oder bräunlicher Blätter, die nur aus einer einzigen Zellschichte bestehen. Legt man durch die Rippe eine Vertikalebene, so zerfällt der Thallus in zwei symmetrische Hälften. Er ist also bilateral (zweiseitig) symmetrisch. Seine Lappen sind an ihrer Spitze ausgebuchtet und haben in dieser 22 Bucht eine Zelle, von welcher sich durch fortgesetzte Teilungen abwechselnd links und rechts rückwärts neue Zellen absondern. Inden diese Zellen allmählich zur normalen Größe heranwachsen, schieben sie die zuerst genannte Zelle, die Scheitelzelle, immer weiter nach vorwärts, der Thallus wächst in die Länge, Querteilungen veranlassen zu gleicher Zeit das Breitenwachstum desselben. Es kann auch der Fall eintreten, daß sich die Scheitelzelle einmal in zwei gleich große Zellen, eine rechte und linke, teilt, von denen jede zur Scheitelzelle eines neuen Lappens werden kann. Dadurch wird eine fortgesetzte Zwei- teilung des Thallus veranlaßt, die man Gabelverästelung oder Dichotomie nennt. Bei den Lebermoosen vom Baue der Marchantia polymorpha hat der flächige Thallus die Aufgabe der Assimilation. An die Spaltöffnungen höherer Pflanzen er- innernde Bildungen besorgen die Durchlüftung des Körpers dieses Mooses. Im Gegensatze zu den frondosen haben die foliosen Lebermoose meist einen dünnen, dem Substrat anliegenden Stengel, welcher beiderseits je eine Reihe relativ großer grüner und auf der Unterseite noch eine Reihe kleiner rück- gebildeter Blätter, die Amphigastrien, trägt. Der Bau ist wieder ein bilateral symmetrischer. Die Assimilationstätigkeit wird hier von den großen Blättern versehen. Der Unterschied dieser Formen von den früher genannten nach dem Marchantia- Typus gebauten ist, so verschiedenartig sie auch aussehen mögen, kein wesentlicher. Denken wir uns den Thallus der ersteren verbreitert, alle Blätter aber auf die Unterseite ge- rückt und verkleinert, so haben wir ein Moos vom Baue der letzteren. Bei den foliosen Lebermoosen sehen wir zum erstenmal Formen, welche eine deutliche Gliederung in ein der Nahrungsleitung dienendes Stämmchen und hauptsäch- lich die Assimilation besorgende Blätter aufweisen. Bei den Laubmoosen finden wir ausschließlich Formen mit beblätterten Stämmchen. Die Stengel sind aber hier zumeist nicht der Unterlage angeschmiegt, sondern aufrecht, die Blätter nicht in zwei Zeilen, sondern in Spirallinien am Stämmchen an- geordnet. Dieses wird durch viele Rhizoiden im Boden befestigt “)* 23 und wächst an der Spitze wieder mit einer Scheitelzelle, welche aber nicht nach zwei, sondern nach drei Seiten neue Zellen durch Teilung erzeugt. Sie hat die Form eines umgekehrten Kegels und sondert nach unten durch fortgesetzte Teilungen Zellen ab, welche in drei vertikalen Zeilen stehen. Jede dieser Zellen teilt sich wieder ın eine äußere und eine innere, von denen die letztere sich am Aufbaue des Stämmchens beteilist, während die erstere zum Ausgangspunkte eines Blattes wird. Die Blätter stehen somit zunächst in drei vertikalen Zeilen und erlangen erst später durch Drehungen des weiter- wachsenden Stämmchens ihre spiralige Anordnung. Die innersten Zellen des Laubmoosstämmchens sind zumeist lang- gestreckt und dienen vor allem zur Leitung der bereits durch die Assimilationstätigkeit des Chlorophylis in den Blättern er- zeugten Nahrung. Gruppen solcher langer Zellen finden sich auch in den Blättern und durchziehen dieselben in der Fornı eines Stranges, den man ım durchfallenden Lichte schon beı schwacher Vergrößerung sehen kann. Den Lebermoosblättern fehlt eine solche Mittelrippe. Durch gewisse Zellen dieses Stranges wird die von den Rhizoiden in Form von äußerst verdünnten Nährsalzlösungen aus dem Boden aufgenommene Nahrung den Chlorophyll führenden Zellen des Blattes zu- geführt, um dort assimiliert zu werden Die Assimilate wandern dann wieder durch andere Zellen des Mittelstranges ın den Stengel zurück. Bei den Lebermoosen, die dem feuchten Substrat aufliegen und überall durch Ithizoiden die Nahrung aufnehmen können, ist eine solche Leitung überflüssig und infolgedessen auch die Bahn für dieselbe nicht vorhanden oder doch nur sehr rudimentär. Wir schen also, daß der Vegetations- körper der Laubmoose mehr dem Läandleben angepaßt ist, als der der meisten unserer Lebermoose, und infolgedessen eine Gliederung aufweist, wie wir sie bisher nicht beobachten konnten. Aber trotzdem sind die Beziehungen der Laubmoose zam Wasser noch viel innigere als die der höchsten Formen des Pflanzenreiches. Wenngleich ihr Vegetationskörper nicht mehr im Wasser lebt, so besitzt er doch infolge ganz merk- würdiger Einrichtungen in mehr minder hohem Grade die 24 Fähigkeit, Wasser festzuhalten. Die Blätter der Laubmoose sind zumeist dem Stämmchen derartig augedrückt, daß zwischen ihrer auf der Seite des Stämmchens befindlichen Oberseite und diesem selbst Hohlräume entstehen, welche untereinander ın Verbindung sind und so gewissermaßen um das Stämmchen ein System von „Haarröhrchen“ (Kapillaren) bilden, durch welches vom Boden beständig das Wasser aufgesogen, bis zur Spitze der ganzen Pflanze emporgehoben und mit großer Hartnäckigkeit festgehalten wird. Bei unseren Polytrichum- Arten, wird diese Fähigkeit noch dadurch erhöht, daß ihre Blätter oberseits senkrecht zu ıhrer Fläche viele dichtstehende, längsverlaufende Lamellen tragen. Durch dieses Vermögen das Wasser festzuhalten, erklärt sich die große Bedeutung, welche den gesellig wachsenden Moosen im Haushalte der Natur zukommt. Wehe den (regenden, die man ihrer Wälder beraubt. Mit den Wäldern verschwinden die Moose, die so gern in ihrem Grunde sich aufhalten und einen großen Teil des als Regen zur Erde fallenden Wassers in ıhren schwellenden Polstern zurückzu- halten vermögen. Da der Boden, welcher von Moosen ent- blößt wurde, nicht die Fähigkeit hat, all das Wasser, das sonst die Moose festgehalten hätten, aufzunehmen, wird dasselbe abfließen und durch allmähliche Abtragung des Humus an Ort und Stelle und durch Überschwemmungen großen Schaden anrıchten. Am vollkommensten besitzen die Torfmoose (Sphagna- ceen) eine durch ihren Bau besonders charakteristische Gruppe der Laubmoose, die Eigenschaft, sich mit Wasser vollzusaugen. Die Blätter dieser Moose bestehen nur aus einer Zellschichte, in welcher zweierlei Zellen, schmale, Chlorophylikörner führende, für die Assimilation bestimmte und große leere Zellen mit Löchern in den durch Leisten genügend ausgesteiften Wänden miteinander abwechseln. Den letzteren ähnliche Elemente treten auch in der Rindenschichte des Stämmchens auf und bedingen in Gemeinschaft mit diesen das bleiche Aussehen der Torfmoose in trockenem Zustande. Durch diesen Bau wird die Haarröhrchenwirkung, welche das Aufsteigen des n 25 Wassers in den Stämmchen und Blättern veranlaßt, wesentlich erhöht. Ein Büschel trockener Sphagnen ins Wasser gelegt und dann großem Drucke ausgesetzt, verhält sich genau wie ein vollgesogener Badeschwamm. In der Natur sind die Sphagnen, die stets an feuchten Stellen leben und in den durch sie erzeugten Torfmooren oft ungeheure Bestände bilden, stets in größerem oder geringerem Maße mit Wasser durchtränkt. Dritter Vortrag. 3. Die Farn- und Blütenpflanzen (Pteridophyta und Anthophyta). A. Äußerer Bau der Farn- und Blütenpflanzen. Während wir bei den bisher besprochenen Pflanzen nur von wurzel-, blatt- und stammähnlichen Gebilden gesprochen haben, finden wir bei den infolge ihrer vollkommenen An- passung an das Landleben viel höher organisierten Farn- und Blütenpflanzen stets echte Wurzeln, Stämme und Blätter. Um uns über das Wesen und die Bedeutung dieser Organe zu in- formieren, untersuchen wir zunächst den Samen einer Blüten- pflanze, zum Beispiel einer Bohne, in welcher, wie in allen Samen, die junge Pflanze mit ihren drei Grundorganen als Keimling (Embryo) bereits vorgebildet ist. Nach Entfernung der harten Samenschale sehen wir zwei den ganzen Innenraum erfüllende, gleichgroße fleischige Lappen, die Keimblätter oder Kotyledonen, welche em kleines Zäpfehen, das Wür- zelchen (Radicula) und ein noch kleineres Gebilde, das Federchen(Plumula), an welchem man schon bei schwacher Vergrößerung mehrere von außen nach innen an Größe ab- nehmende Blattanlagen beöbachten kann, umschließen. Bei der Keimung wächst das Würzelchen vertikal nach abwärts. In seiner direkten Verlängerung nach oben befindet sich das Federchen, an dessen Basis, also zwischen Radicula und Plumula, die beiden Keimblätter in gleicher Höhe einander gegenüberstehend festgewachsen sind. Bei genauerer Betrachtung Le} 27 erweist sich der von den Blättchen verhüllte Teil der Plumula als ein Achsenstück, das, ebenso wie die Kotyledonen und die Radicula aus sehr vielen dünnwandigen, protoplasmareichen Zellen bestehend, an seiner Spitze nicht mit einer Scheitel- zelle, sondern mit einem vielzelligen Vegetationskegel weiterwächst. Auf diesem Vegetationskegel, der sich durch fortgesetzte neue Zellteiluing und Vergrößerung der neu ent- stehenden Zellen immer weiter von der Ansatzstelle der beiden Kotyledonen wegschiebt, wodurch die Verlängerung der Achse bedingt wird, bilden sich nun als seitliche Höcker die An- lagen der Blätter, so zwar, daß in der Regel die untersten die ältesten sind. Es ist also die schon im Samen vorhandene Plumula die Uranlage des Stammes samt den Blättern, während die Radicula die Anlage der primären Wurzel ist. Die Koty- ledonen bezeichnen nicht immer genau die Grenze zwischen der Uranlage des Stammes und der Wurzel, indem oft noch ein Stück zwischen der letzteren und den Keimblättern als so- genanntes Hypokotyl zum Stamme gehört. Wurzel, Stamm und Blätter sind die drei Grundorgane des Vegetationskörpers der höheren Pflanzen. Sie teilen sich zumeist in der Weise in die wichtigsten Funktionen des pflanzlichen Lebens, daß die Wurzel die Aufnalıme, der Stamm die Leitung und die Blätter die Verarbeitung der Nahrung besorgen. Bei den Blüten- oder Samenpflanzen finden wir die drei Grundorgane schon in dem im Samen ent- haltenen Keimling der Anlage nach vorhanden. Auch bei den Farnpflanzen („Leitbündelkryptogamen‘“), Gewächsen, die noch keine Samen ausbilden, sehen wir, daß am Keimling die drei Grundorgane in analoger Weise vorgebildet sind. Wir können die Organe einer Pflanze nur dann, wenn sie auf die geschilderte Weise angelegt sind und sich weiter- entwickeln, als echte Wurzeln, Stämme und Blätter ansprechen. Zu diesen charakteristischen Eigenschaften in der Anlage und Entwickelung gesellt sich aber auch noch eine Reihe wichtiger Merkmale des äußeren und inneren Baues, welche für die ein- zelnen Grundorgane bezeichnend sind und zur sicheren Unter- scheidung derselben auch im fertigen Zustande voneinander 28 und von den als Rhizoide, Cauloide und Phylloide bezeichneten Organen der im ersten und zweiten Vortrage behandelten niederen Pflanzen verwendet werden können, a) Die Wurzel. Unter den drei Grundorganen ist dem äußeren Aufbaue nach die Wurzel das einfachste. Eine echte Wurzel trägt nie- mals Blattgebilde und weist also zum Unterschiede von unter- irdischen Stammgebilden niemals die Narben abgefallener Blätter auf. Die wichtigsten Funktionen der Wurzel sind die Aufnahme der Nahrung aus dem Boden und die Befestigung der Pflanze im Substrat. Im Dienste der zuerst genannten Funktion stehen die später noch näher zu besprechenden Wurzelhaare!), welche an den Enden der Haupt- und aller Nebenwurzeln nicht weit von den Spitzen entfernt in großen Mengen auftreten. Durch Erstarken der Radicula, welche infolge reich- licher Zellteilungen an ihrem am unteren Ende befindlichen Vegetationspunkte immer tiefer in den Boden eindringt und sich alsbald auch zu verzweigen beginnt, entsteht die primäre Wurzel'). Den direkt aus der Radicula durch Vergrößerung derselben hervorgegangenen, senkrecht nach abwärts gerich- teten Teil nennt man Hauptwurzel, die Verzweigungen, welche, schwächer als die Hauptwurzel, schief nach abwärts oder horizontal gerichtet sind, Nebenwurzeln ersten oder zweiten Grades. Solche primäre Wurzeln findet man an den- jenigen Gewächsen, welche in einem Jahre entstehen (oder doch im Herbste des Vorjahres), blühen, fruchten und wieder zugrunde gehen, den sogenannten einjährigen (beziehungsweise zweijährigen) Pflanzen oder Kräutern. Gewöhnlich spindelig, wird die primäre Wurzel in manchen Fällen, namentlich in der Kultur (zum Beispiel bei der gelben kübe), rübenförmig oder gar nahezu kugelig und dient dann gleich manchen noch zu besprechenden unterirdischen Stamm- gebilden zur Speicherung gewisser von der Pflanze assimilierter Substanzen. '), Vergl. Abb. 13. 29 Bei der Mehrzahl der durch mehrere Jahre lebenden krautigen Pflanzen, den sogenannten Stauden und bei vielen Holzgewächsen (Sträuchern und Bäumen) geht die Radı- cula zugrunde, an ihrer Stelle erstarkt das zu den Stamm- gebilden gehörige Hypokotyl oder auch ein Teil des ober den Kotyledonen befindlichen Teiles des Stammes (Epikotyl), der nachträglich in die Erde gezogen wird, und an diesen Stamm- teilen entstehen nachträglich neue Wurzeln, welche sich mit denselben in die Funktionen einer primären Wurzel teilen. Man bezeichnet diese‘ Wurzeln, wie überhaupt alle jene Wurzelgebilde, welche nachträglich, auch an oberirdischen Stamm- oder ausnahmsweise auch Blattgebilden entstehen, als Adventivwurzeln. Wenn das Hypokotyl mehr minder vertikal gestellt ıst, kann es leicht mit einer primären Haupt- wurzel verwechselt werden. In vielen Fällen ıst eine sichere Unterscheidung nur dann möglich, wenn man die Entwickelung des Gebildes verfolgt. Bei gewissen Stauden und Holzgewächsen bleibt die primäre Wurzel während der ganzen Lebensdauer er- halten. Die an oberirdischen Stammgebilden auftretenden Ad- ventivwurzeln haben manchmal, namentlich dann, wenn sie gar nicht mehr in den Boden eindringen, eine ganz andere Funktion, als man zunächst von ihnen erwarten würde, und zeigen dem- entsprechend verschiedene Abweichungen vom normalen Bau einer Wurzel. In diese Kategorie gehören vor allem die Luft- “wurzeln der ın den Tropen so häufig auf Bäumen vege- tierenden Überpflanzen (Epiphyten), die sich vor allem aus den Familien der Orchideen und Bromeliaceen rekru- tieren. Diese Pflanzen sind an der Rinde der Bäume be- festigt, indem sich ihre Wurzeln in die Ritzen und Spalten der Rinde zwängen, ohne in das Innere des Baumes einzu- dringen!). Die auf der Rinde durch den Wind abgelagerten Staubpartikelchen ete. liefern samt dem Regenwasser die anorganische Nahrung dieser interessanten Formen. Da die Rinden der Bäume das Wasser nicht zu halten vermögen, !) Vergl. Abb. 15. 50 würde es den Epiphyten nicht möglich sein, die für ıhr Leben nötigen Wasserquantitäten zu erwerben und namentlich in regenlosen Perioden würde ein völliges Austrocknen derselben unausbleiblich sein, wenn nicht gewisse Teile des Stammes als Wasserspeicher funktionierten unl wen» nicht die Luft- wurzeln vorhanden wären, Adventivwurzeln, welche ohne Stütze nach abwärts wachsen und infolge sehr zweckmäßiger innerer Einrichtungen zur Aufnahme von liquidem Wasser, das sie in Form von Tau oder Regen benetzt, sehr geeignet sind. Andere Epiphyten verstehen es, sich direkt Bodennahrung zu verschaffen, indem sie vertikal nach abwärts Wurzeln ausbilden, die in den Boden eindringen. Auch die an der Unterseite der Stämmchen kletternden FEpheus auftretenden Gebilde sind Adventivwurzeln, deren Hauptfunktion die Befestigung des Kletterers ist, weshalb sie auch den Namen Kletterwurzeln führen. — Als einer be- sonderen Form von Wurzeln sei noch der Saugwurzeln oewisser parasitischer Blütenpflanzen gedacht. Die verschie- denen Arten der Gattung Cuscuta (Seide) sind Schlinggewächse, deren dünne Stengel, welche im Zusammenhange mit der die Assimilation überflüssig machenden parasitischen Lebensweise nur ganz winzige Blätter tragen, sich um die betreffende Nährpflanze (Klee, Lein ete.) wimden und, den Haustorien der pavasitischen Pilze vergleichbar, mycelartige Wurzeln in das Innere des Stammes der Nährpflanze bis zu ihren nahrungs- leitenden Geweben treiben, um ihr einen Teil der Nahrung zum Aufbau des eigenen Körpers zu entziehen. Die Senker der Leimmistel (Visecum album) gehören in dieselbe Kategorie von Wurzeln, sind aber nicht mycelartig. b) Der Stamm. Die Stammgebilde tragen zum Unterschiede von den Wurzeln zumeist Blätter. Ein einfaches Stammgebilde mit seinen Blättern nennt man einen Sproß (Cormus), die Stellen, an denen Blätter entspringen, Knoten, die Stengelstücke zwischen diesen Internodien. Kräuter, wie zum Beispiel der Gartenmohn, bestehen mitunter nur aus einer unter- öl irdischen primären Wurzel und einem oberirdischen Stengel, der verschiedene Blätter (Kotyledonen, Mittel- und Blüten- blätter) trägt, also aus einem einzigen Sproß. Der Sproß hat sich aus der Plumula dadurch entwickelt, daß sich die Achsen- teile zwischen den allmählich zu Blättern auswachsenden Blatt- anlagen zu längeren oder kürzeren Internodien streckten und den Vegetationskegel der Plumula immer weiter vom Erdboden entfernten, bis er schließlich durch die Bildung der letzten Blattanlagen, derjenigen des Fruchtknotens, aufgebraucht wurde, womit sein Längenwachstum ein Ende erreichte. In der Regel bestehen aber die Pflanzen nicht aus einem einzigen, sondern aus mehreren bis vielen Sprossen. Sie sind verzweigt. Unverzweigte Pflanzen wie der Gartenmohn sind nicht eben häufig. Die Stauden, Sträucher und Bäume sind stets verzweigt. Man unterscheidet verschiedene Haupttypen der Verzweigung höherer Pflanzen. Verhältnismäßig selten ist hier der bei Marchantia geschilderte analoge Fall, daß der Vege- tationskegel der Plumula sich in zwei Vegetationskegel teilt, aus deren jedem sich wieder zwei Vegetationskegel bilden. Diese fortgesetzt gabelige Teilung heißt Dichotomie und kommt unter den höheren Pflanzen zum Beispiel bei den Bärlappartigen vor. Gewöhnlich erfolgt jedoch die Verzweigung nicht durch Zweiteilung der alten, sondern nur durch Anlage neuer Vege- tationskegel und man nennt eine solche Verzweigung ein Monopodium. Die zwei Haupttypen der monopodialen Verzweigung stimmen in folgendem überein. Die neuen Vegetationskegel eines einfachen, sich zur Verzweigung an- schickenden Sprosses entstehen zwischen dem Grunde seiner Blätter und dem Internodium, kurz gesagt, in der Blattachsel. Sie haben ähnlich wie die Plumula verkürzte Internodien und schon eine Anzahl Blätter entwickelt, welche den Vege- tationskegel schützend überwölben. Die äußersten dieser Blätter sind entsprechend dieser Funktion des Schutzes, namentlich an denjenigen Vegetationskegeln, welche einen Winter über- dauern sollen, derb und scheiden manchmal (zum Beispiel Iioßkastanie) harzige Sekrete aus. Man nennt einen solchen 32 Vegetationskegel samt seinen Blättern und den verkürzten Internodien zwischen denselben eine Knospe. Die in den Blattachseln eines Sprosses angelegten Knospen heißen Achsel- knospen. Bei unseren ausdauernden Pflanzen, den Stauden, Sträuchern und Bäumen wird der Vegetationskegel der einfachen Sprosse nicht immer zur Bildung einer Blüte aufgebraucht, sondern bleibt oft, wenn in der betreffenden Vegetationsperiode das Wachstum eingestellt wird, erhalten, hat, indem er von den letzten Blättern umhüllt wird, ganz dasselbe Aussehen wie die Achselknospen und bildet die Terminalknospe. Die Terminalknospe ist also das ruhende, eines weiteren Wachstums fähige Ende eines Sprosses, eine Achselknospe aber die Anlage eines neuen Sprosses. Die Plumula ist eigentlich nichts anderes als die Terminalknospe der Keimpflanze, in deren Kotyledonen schon Achselknospen, Kotyledonarknospen, entstehen können. Gerade so wie aus der Plumula der primäre Stengel dadurch entsteht, daß sich die Internodien zwischen den Blättern verlängern und diese selbst zur normalen Größe heranwachsen, entstehen aus den Achselknospen neue Sprosse. Die Knospenschuppen, die zum Schutze der Knospe gedient haben, werden als funktionslos gewordene Organe abgeworfen. Wenn man irgendeinen Sproß als primären Sproß be- zeichnet, sind die aus seinen Achselknospen entstehenden Sprosse sekundäre Sprosse. Diese können wieder Achsel- knospen entwickeln, die Anlagen neuer, der tertiären Sprosse. Einen Sproß samt den Achselsprossen der verschiedenen Grade nennt man ein Sproßsystem. Pflanzen wie der Garten- mohn, bei denen schon der direkt aus der Plumula hervor- segangene Vegetationskegel zur Bildung der Blüte aufgebraucht wird, heißen einachsig. Solche einachsige Gewächse müssen aber durchaus nicht immer unverzweigt sein. Es können viel- mehr aus den Achseln der Laubblätter noch seitliche Sprosse entstehen, die gleichfalls mit einer Blüte endigen können. Von zwei-, drei-, n-achsigen Pflanzen spricht man dann, wenn erst die Achsen zweiter, dritter, nter Ordnung mit Blüten abschließen. Unsere Stiefmütterchen, die Acker-Ehrenpreise usw. sind zwei-, die heimischen Wegericharten dreiachsige Pflanzen. Das Längenwachstum der Internodien ist ein begrenztes. Wenn einmal das Bildungsgewebe im Dauergewebe über- gegangen ist, !) wächst ein Internodium nur mehr sehr selten (durch „interkalares“ Wachstum, wenn sich in gewissen Zonen teilungsfähige Gewebe erhalten) in die Länge. Das Längen- wachstum der ganzen Pflanze erfolgt somit nicht durch Ver- längerung der alten, sondern nur durch Ausbildung immer neuer Internodien aus den Vegetationskegeln. Ein Sproß kann auf zweifache Weise verlängert werden. Im einen Falle bleiben alle Terminalknospen emer Pflanze erhalten und verlängern in der nächsten Vegetationsperiode die Sprosse, zu denen sie gehören. Bei dieser monopodial im engeren Sinne genannten Art der Verzweigung ist also das Wachstum der einzelnen Sprosse, indem ihre Vegetations- kegel erhalten bleiben, ein gewissermaßen unbegrenztes. Wir finden solche -Monopodien besonders schön entwickelt bei unseren Nadelhölzern. Der Stamm einer dreißigjährigen Tanne ist, wenn man den primären aus der Plumula hervorgegangenen Sproß als solchen erster Ordnung bezeichnet, noch immer derselbe Sproß erster Ordnung. Die Hauptäste des Baumes sind mit Bezug auf diesen Sproß solche zweiter Ordnung usw. In anderen Fällen, zum Beispiel bei unseren Kätzchenbäumen (Hasel, Buche, etec.), fällt die Terminalknospe eines Sprosses entweder allein oder mit dem obersten Teil des Sprosses ab. Die oberste Achselknospe rückt an ıhre Stelle und der aus ıhr entstehende Sproß setzt in der nächsten Vegetationsperiode seinen Muttersproß fort. Man nennt ein auf diese Art sich ver- zweigendes Sproßsystem ein sympodiales Monopodium. Wenn sich der betreffende Achselsproß vollkommen genau in die Richtung des Muttersprosses stellt, ıst diese Art des Längenwachstumes von einem typisch monopodialen auf den ersten Blick nicht zu unterscheiden. Auch an den Tochter- sprossen erster Ordnung fallen die Terminalknospen ab und die entsprechenden Tochtersprosse zweiter Ordnung über- nehmen die Verlängerung ihrer Muttersprosse. Es ist demnach 2) Vergl. S. 51 4 verständlich, daß der Stamm einer Buche oder Eiche nicht seiner ganzen Länge nach ein Sproß erster Ordnung, sondern vielmehr em System ebensovieler Sprosse verschiedener Ordnung ist, als er Vegetationsperioden durchlebt hat. Gewisse Pflanzen mit gegenständigen !) Blättern (Mistel) sind falsch diehotomisch verzweigt. Es geht da die Terminal- knospe des Sprosses erster Ordnung zugrunde. Aus den Achsel- knospen je zweier gegenständiger Blätter entstehen Sprosse zweiter Ordnung, welche das Wachstum des Sprosses erster Ordnung wiederholen usw. Die falsche Diehotomie ist nur ein spezieller Fall sympodialer Verzweigung. Während die Terminal und Achselknospen an ganz be- stimmten Stellen der. Sprosse entspringen, entstehen die Adventivknospen an beliebigen. Die aus den Adventiv- knospen hervorgehenden Sprosse heißen Adventivsprosse. Diese können an Stämmen, Blättern oder Wurzeln (Wurzelbrut bei Pappeln etc.) entstehen. Auch eine Verwundung des Pflanzen- körpers kann ihre Bildung anregen. Der „Stockausschlag* unserer Laubbäume besteht aus solchen, meist durch besonders großes, oft abweichend gestaltetes Laub ausgezeichneten Adventivsprossen. Sprosse, deren Internodien sehr kurz bleiben, heißen Kurztriebe. Bei vielen Kurztrieben stellt der Vegetationskegel sein Wachstum dauernd ein (z. B. bei den Nadelbüscheln der Lärchen, Zedern, Föhren), bei anderen bildet er jedes Jahr neue kurze Internodien, oder es können auch wieder lange Inter- nodien entstehen, der Kurztrieb kann in einen Langtrieb auswachsen. Unter Langtrieben versteht man Sprosse mit verlängerten Internodien. Wenn wir von Stämmen im allgemeinen sprechen, denken wir zunächst an oberirdische Stämme. Diese Stämme tragen die Laubblätter dem Lichte entgegen und leiten ihnen die zu verarbeitende Nahrung zu. Man kennt mehrere Formen der- selben. Beblätterte Stämme einjähriger Pflanzen oder Stauden nennt man Stengel. Ein vollkommen blattloser Stengel !) Vergl. S. 42. 3) heißt Schaft (Löwenzahn). Der Stengel der Gräser besitzt oft hohle Internodien und stets massıve Knoten und heißt Halm. In diesen Knoten bleibt eine wachstumsfähige Zone erhalten, vermittels derer eine Aufrichtung der durch Hagel oder andere Einflüsse niedergestreckten Grashalme stattfindet. Die am Boden hingestreckten, sich bewurzelnden und even- tuell auch ablösenden Stämme heißen Ausläufer. Stämme schlechtweg nennt man die verholzenden Stämme der Bäume. Unterirdische Stämme sind den meisten Stauden eigen. Sie fungieren während der durch Trockenheit oder Kälte her- vorgerufenen Zeiten des Stillstandes der Lebenstätigkeit der Pflanze ähnlich wie die Stämme der Bäume hauptsächlich als Nahrungsspeicher und ihre Zellen sind mit sogenannten Reserve- stoffen (Stärke ete.) reichlich angefüllt. Wenn dann bei gün- stigen Verhältnissen die Pflanze zu neuem Leben erwacht, neue Blätter treibt usw., werden hierzu die auf gestapelten Reserve- stoffe benützt. Es gibt drei Typen unterirdischer Stämme: 1. Das Rhizom (z. B. Farne, Salomonssiegel), ein langer, horizontaler oder schief absteigender, meist zylindrischer, unter- irdischer Stamm, der oft kleine schuppige Blätter trägt. Ihı- zome sind sehr häufig und können leicht Anlaß zu einer Ver- wechslung mit einer Wurzel geben, von der sie aber infolge des Besitzes von Blättern leicht auseinanderzuhalten sind. 2. Der Knollen (Kartoffel), ein ellipsoidisches oder rundes unterirdisches Stammgebilde, meist mit einer Hülle ver- korkter Zellen umgeben, und mit dem Wurzelstock durch Über- gänge verbunden. Die Blätter sind wie bei diesem klein und schuppenförmig. Die Augen des Kartoffelknollens sind kleine Knospen. 3. Die Zwiebel (Liliengewächse etc.). Während beim Rhizom und Knollen die Reservestoffe ausschließlich ım betref- fenden Stammgebilde aufgespeichert sind, sind sie bei der Zwiebel vor allem ın den Blättern. Der Stammanteil der Zwiebel ist meist scheibenförmig und heißt Zwiebel- scheibe oder Zwiebelkuchen. Unten ist er mit gewöhn- lich nur randständigen Adventivwurzeln besetzt, auf der Ober- seite trägt er viele ineinandergeschachtelte Blätter, von denen D%* oO 36 die äußersten oft dünn, trockenhäutig und braun (Zwiebel- schalen), die inneren, die Zwiebelschuppen, fleischig und saftstrotzend, die eigentlichen Träger der Reservestoffe sind. Die innersten (obersten) Blätter sind die an die Erdoberfläche hervortretenden Laubblätter. Bei manchen Pflanzen (Schlehdorn, Weißdorn) bilden sich gewisse Triebe zu Dornen um, indem ihr endständiger Vegetationskegel sein Wachstum einstellt und das mit einer stechenden Spitze endende Gebilde erhärtet. Als Schutzmittel gegen Tierfraß haben diese Dornen eine gewisse Bedeutung. Während viele Hauptstämme vertikal nach aufwärts, also gerade der Hauptwurzel entgegengesetzt wachsen und eine der zu tragenden Last der Zweige und des Laubwerkes ent- sprechende Festigkeit besitzen, fehlt den Stämmen der Kletter- pflanzen (Lianen) dieses Vermögen. Es benötigen diese Stämme Stützen, an welchen sie emporklettern. Man unter- scheidet Spreizklimmer, windende und mittels Ranken kletternde Pflanzen und Wurzelkletterer.t) Die Spreizklimmer, Pflan- zen, welche gewöhnlich in dichtem Buschwerk vorkommen, stützen sich gewöhnlich mit ihren abstehenden Ästen oder Blättern auf die Gewächse ihrer Umgebung und gewinnen so den entsprechenden Halt; oft treten Widerhaken an den Stämmen und oft auch an den Blättern auf, mit Hilfe derer sie sich verankern. Auf diese Weise gewinnt ihr Stamm, der so wenig Festigkeit besitzt, daß er sich allein nicht aufrichten könnte, immer neue Stützen für weiteres Wachstum. Bei den win- denden Pflanzen sind es die Stengel selbst, welche die betref- fende Stütze, z. B. die Stämme eines Strauches, umschlingen, indem sie sich gegen dieselbe krümmen und an ihr weiter- wachsen. Durch die kontinuierliche Krümmung und das bestän- dige Wachstum erhält der Stamm einer solchen Liane die Form einer Spirale, welche dem betreffenden Stamme dicht anliegt. Man unterscheidet rechts und links windende Stämme; zu ersteren gehört der Hopfen, zu letzteren die Bohne. Relativ selten sind Pflanzen (z. B. der Weinstock), 1) Über diese vergl. S. 30. al bei welchen gewisse Sprosse als Ranken ausgebildet sind, das heißt zu Organen, welche auf den durch Berührung mit fremden Gegenständen hervorgerufenen Reiz in der Weise reagieren, daß sie sich krümmen, den Gegenstand umfassen und so den weiterwachsenden Stamm halten. Solche aus Stamm- gebilden hervorgegangene Ranken bezeichnet man als Stamm- ranken — im Gegensatze zu den später noch zu besprechen- den Blattranken. In besonders trockenen Gegenden, wo die Ausbildung großer Laubmassen die Gefahr allzu großer Verdunstung und das Absterben laubreicher Pflanzen zur Folge hätte, werden die Blätter oft sehr rückgebildet oder verschwinden ganz, und die Stämme übernehmen ihre Funktion und erhalten dann oft ein von dem normalen sehr abweichendes Aussehen. Solcher die Blätter in ıhrer Tätigkeit ersetzender Stammgebilde gibt es wieder mehrere Kategorien. Stets liegt aber diesen Bil- dungen die Tendenz eimes möglichst großen Widerstandes gegen die Trockenheit durch möglichste Verkleinerung der verdunstenden Flächen zugrunde. Die Stammsukkulenten (Euphorbien, Kakteen) haben gar keine oder sehr kleine, oft in Dornen umgewandelte Blätter. Der Stamm ist zu einem grünen, meist sehr voluminösen, wasserspeichernden Assimilationsorgan umgewandelt. Die eigentliche Hauptfunktion eines Stammes erscheint hier diesen sekundären Funktionen gegenüber ganz zurückgedrängt. Gegen Wasserabgabe sind diese Stämme durch Verdickung der oberflächlichen Zellwände, Wachsüberzüge usw.., gegen die Angriffe der Tiere, denen sie in den Trockenperioden eine willkommene, erfrischende Nahrung bieten würden, häufig durch ein Stachelkleid oder durch giftige Inhaltsstoffe sehr gut geschützt. Bei den besonders für das Mittelmeergebiet und die trockenen Distrikte Südafrikas und Australiens charakte- ristischen Rutensträuchern sind ebenfalls dıe Blätter sehr reduziert oder fehlen ganz. An ihrer Stelle sind die meist zahl- reich auftretenden rutenförmigen grünen Äste zu Assimilations- organen geworden, welche infolge ihrer relativ kleinen Ober- fläche und aus anderen später noch zu erläuternden Gründen sehr wenig transpirieren. In manchen Fällen (z. B. beim 38 Mäusedorn) sind die Äste den Funktionen der Blätter so voll- kommen angepaßt, daß sie diesen auch äußerlich gleichen. Solche Phyllöcladien müssen als Stammorgane bezeichnet werden, weil sie meist Blätter und auch Blüten tragen, was bei einem echten Blatte nie zu beobachten ist. or Des Blatt. Die Blätter bilden sich, wie schon erwähnt, als seitliche Höcker am Vegetationskegel des Stengels, meist vom Grunde gegen die Spitze fortschreitend, so daß die untersten die ältesten sind. Ihr Wachstum ıst im Gegensatze zu dem der Stämme ein begrenztes und erfolgt durch sich teilungsfähig erhaltende Gruppen von Zellen ın der Mitte des Blattes oder an seinem Grunde. Ein Wachstum an der Spitze, wie dies bei Stämmen die Regel, gehört hier zu den Ausnahmsfällen und kommt nur bei Farnen vor, deren manche, wie die ranken- den Gleichenien, ein unbegrenztes Wachstum ihrer Blätter auf- weisen. Nach ihrer Lage an einem Sprosse unterscheidet man Nieder-, Mittel- und Hochblätter. Die ersteren, als die zuerst entstehenden, sind schon an den Knospen häufig als derbe oder als trockenhäutige Schuppen ausgebildet (wir haben sie schon als Knospenschuppen kennen gelernt) und dienen zum Schutze des Vegetationskegels und der inneren noch zarten, wenig entwickelten Laubblätter. DieHochblätter sind gleich den Niederblättern oft ver- hältnismäßig kleine, schuppenförmige Gebilde, deren Funktion gleichfalls nicht vor allem in der Transpiration und Assimi- latıion, sondern vielmehr häufig ın dem Schutze der Blüten- anlagen besteht. Meist stehen sie zu den Blüten in Beziehungen. Aus ihren Achseln entspringen nicht selten einzelne Blüten und sie heißen dann Tragblätter oder wohl auch Bracteen. Die Hüll- oder Involuceralschuppen der Köpfchen unserer Korb- blütler usw. sind nichts anderes als Hochblätter, welche in- folge Stauchung der sie trennenden Internodien die bekannte Hülle oder das Involucrum dieser Gewächse bilden. Auch die Hüllkelche vieler Malven, die Hülle der Anemonen usw. 59 werden von Hochblättern gebildet. Als solche Hüllblätter zeichnen sich die Hochblätter nicht selten durch bunte Fär- bung, spreuartige Beschaffenheit etc. aus. Die wichtigsten Blätter der vegetativen Zone sind aber die zumeist als Laubblätter ausgebildeten Mittelblätter, die Blätter schlechtweg. In gewissen Fällen gehen die Nieder- blätter allmählich ın die Mittelblätter und diese ın die Hoch- blätter über, in anderen Fällen sind die einzelnen Blattypen scharf voneinander geschieden. Die Hauptfunktionen eines normalen Laubblattes sind die Assimilation und Transpiration '). Blätter, die diesen beiden Anforderungen in vollkommener Weise entsprechen, haben daher sehr viele chlorophylihältige Zellen und nehmen eine möglichst große Fläche ein. Der wesentlichste Teil eines Laubblattes ist seiner Aufgabe semäß die Blattspreite, welche in bezug auf Größe, Kon- sistenz, Form, Spitze, Grund, Rand, Farbe und Nervatur sehr veränderlich ist. Die „Blattnerven“ entsprechen den noch näher zu behandelnden, die Zu- und Ableitung der Nahrungsmittel besorgenden Gefäßbündeln des Blattes und den diese zur Er- höhung der Festigkeit begleitenden Bastbelegen. Will man die Funktion der Gefäßbündel in den Blattnerven hervorheben, so kann man sie vergleichsweise als Adern, um dagegen die festigende Rolle des Bastes zu betonen, als Itippen bezeichnen. Die Funktionen der tierischen Nerven haben aber die Blatt- nerven nicht. Sie sind entweder parallel, mit verbindenden Querbalken oder miteinander zu einem mehr minder eng- maschigen Netze verbunden. Im ersteren Falle spricht man von einem gestreiftnervigen, im letzteren von einem netznervigen Blatte. Bei. netznervigen Blättern durch- zieht meist ein stärkerer Nerv als „Mittelnerv* die Mitte der Spreite, die er gewöhnlich in zwei symmetrische Hälften teilt, und es vereinigen sich nicht selten gewisse Nerven des Randes zu einem Strange, der das Einreißen der Blattfläche verhindert. Bei den handnervigen Blättern entspringen die 1) Vergl. 8. 61, 148. 40 stärksten Seitennerven von einem Punkte des Hauptnerves, bei den fiedernervigen einzeln oder paarweise von verschiedenen. Auf die Details der Konsistenz, der Größenverhältnisse, Ge- stalt, Randbeschaffenheit, Nervatur der Spreite, die oft wichtige Behelfe für die Systematik liefern, kann hier nicht näher ein- gegangen werden. + Die Spreite entspringt am Stengel entweder ohne Stiel oder wird von einem entsprechend seiner Aufgabe als Träger derselben durch Festigkeit sich. auszeichnenden Blattstiel ge- tragen. Im ersteren Falle nennt man das Blatt sitzend, im letzteren gestielt. Der Blattstiel ist zylindrisch, häufig oberseits rinnig und auch seitlich nicht selten gefurcht, ein Bauprinzip, durch welches bei größtmöglicher Ersparnis an Material die größtmögliche Festigkeit erzielt wird. Mitunter ist er an der Basis zur Blattscheide verbreitert und um- faßt dann nicht selten den Stengel zur Gänze oder doch einen großen Teil desselben. Bei Gräsern, jungen Palmen usw. sind diese Blattscheiden so groß, daß sie den schwachen Stamm vollkommen bedecken. Sie sind dann durch große Festigkeit ausgezeichnet. Wichtig ist der Unterschied zwischen einfachen und zusammengesetzten blättern. Derselbe bezieht sich vor allem auf die Spreite. Wenn der Rand derselben eine unge- brochene, kontinuierliche Linie bildet, so nennt man das Blatt ganzrandig. Häufig ist aber der Rand der Blätter wellig ausgebuchtet, gekerbt, gezähntoder gesägt. Gehen die Einkerbungen tiefer, so bezeichnet man, je nachdem sich dieselben bis zu etwa !/,, 1a, ®/, oder bis zum Mittelnerv der betreffenden Blatthälfte erstrecken, das Blatt als lappig, spaltig, teilig, schnittig. Die Trennung der einzelnen Teile kann so weit gehen, daß sie nur mehr durch den Mittel- nerven miteinander in Verbindung sind. Solche Formen stellen den Übergang von tief geteilten zu zusammengesetzten Blättern dar. Von solchen spricht man erst dann, wenn die einzelnen Teile eine gewisse Selbständigkeit erlangen, die sich vor allem darin äußert, daß sie einzeln von der Mittelrippe abfallen und manchmal sogar gestielt sind. Man nennt die 41 einzelnen Teile eines solchen Blattes Blättchen. Diese sitzen an der gemeinsamen Mittelrippe, dem gemeinsamen Blattstiel. Entpringen die Blättchen, wenn ıhre Zahl eime ungerade ist, von einem Punkte des gemeinsamen Blattstieles, der sich dann als Mittelrippe des Mittelblättchens fortsetzt, so nennt man das Blatt gefingert, entspringen sie da- gegen an verschiedenen Punkten zu zweien oder einzeln in zwei Zeilen, gefiedert. Sind die Blättchen in ungerader Anzahl vorhanden, so heißt das Blatt unpaarıg gefiedert. Der gemeinsame Blattstiel endet dann als Mittelnerv des End- blättchens. Gefiederte Blätter mit einer geraden Anzahl von Blättehen heißen paarig gefiedert. Der gemeinsame Blattstiel endet entweder an der Ansatzstelle der zwei letzten Blättchen oder setzt sich noch als kleines Spitzchen über dieselbe hinaus fort. Trägt der gememsame Blattstiel nur drei Blättchen, so nennt man das Blatt dreizählig (Goldregen). Die gefingerten Blätter entsprechen den handnervigen, die gefiederten den fiedernervigen einfachen Blättern. Bei gewissen Pflanzen (Akazien) trägt der gemeinsame Blattstiel statt einzelner in fingeriger oder fiederiger Anordnung stehender Blätter wieder gefiederte Blätter. Wir haben es da mit doppelt zusammen- gesetzten Blättern zu tun). Viele Blätter haben an der Basis zu beiden Seiten des Stieles je ein zumeist kleines, pfriemliches Gebilde von blatt- artiger Beschaffenheit, die Nebenblätter, welche oft sehr frühzeitig abfallen, in anderen Fällen aber ausdauern und manchmal sogar zu Dornen umgestaltet sind (zum Beispiel Robinien, viele kaktusartige Euphorbien etec.). Bei Lathyrus Aphaca sind die Laubblätter in Ranken umgewandelt und die vergrößerten Nebenblätter übernehmen die wichtigsten sonst Laubblättern zukommenden Tätigkeiten, indem sie die Hauptassimilationsorgane dieser Pflanze reprä- sentieren und auch den größten Teil der Transpiration be- sorgen. In der durch den Besitz von gegenständigen ?) Blättern !) Vergl. Abb. 20. = Vergl. 97 42 42 und Nebenblittern ausgezeichneten Familie der Rubiaceen sind bei manchen Gattungen (Galium, Asperula) die Neben- blätter von gleicher Größe und Form wie die Blätter. Es enstehen dadurch scheinbar sechs- oder durch Verwachsungen oder Teilungen der Nebenblätter auch vier- oder acht- oder noch mehrblättrige Quirle, in denen aber nur die eigentlichen Blätter Achselknospen haben. Wie bei Robinie die Nebenblätter, so sind in gewissen Fällen die eigentlichen Laubblätter im Dornen umgewandelt. Die zu dreien bis sieben vereinigten oder auch in der Einzahl an den Langtrieben auftretenden Dornen unserer Berberitze ent- sprechen stets einem einzigen Blatte, das seine Natur auch insoferne nicht verleugnet, als in seiner Achsel ein Kurztrieb entspringt, welcher die normalen Laubblätter der Berberitze trägt. Die Stämme der Kaktus-Euphorbien haben je einen, zwei oder drei Dornen, je nachdem die Blätter oder die Neben- blätter oder die Blätter samt den Nebenblättern in Dornen umgewandelt sind. In manchen Fällen sind auch die ganzen Blätter oder, was besonders häufig, die obersten Blättchen zu- sammengesetzter Blätter ın Ranken umgewandelt, welche in yanz gleicher Weise wie die Stammranken funktionieren (Wieken). Die Blätter der meisten australischen Akazıen haben keine Blattspreiten. An deren Stelle übernimmt der flächig verbreiterte oder dornige Blattstiel die Funktionen der Assı- milation und Transpiration (Phyllodien) Die Stellung der Blätter an der Abstammungsachse ist keine regellose, sondern eine ganz gesetzmäßige. Diese Gesetzmäßigkeit steht aber immer mit den tatsächlichen Be- dürfnissen der Pflanze in vollem Einklange, denn wir finden stets eine Stellung realisiert, durch welche einerseits eine un- günstige einseitige Belastung der Achse vermieden und anderer- seits eine möglichst vorteilhafte Stellung der Blätter zum Lichte erzielt wird. Wenn je zwei Blätter an einem und dem- selben Knoten entspringen und einander gegenüberstehen, heißen sie gegenständig. An aufrechten Sprossen ist dann das nächstfolgende Blattpaar gegen das untere um 90% gedreht, das dritte steht über dem ersten usw. Diese Blattstellung ist die 45 dekussierte. An wagrechten oder schiefen Sprossen mit de- kussierter Blattstellung sind meist nur die Blattbasen dekussiert, die Spreiten haben sich, wie dies auch bei anderer Blattstellung an solchen Sprossen der Fall ist, um das einfallende Licht auszunützen, insgesamt in eime Ebene gestellt. Entspringen mehrere Blätter an einem Knoten, so heißt die Blattstellung quirlig. — Zumeist steht aber an jedem Knoten ein einziges Blatt. Die Blätter sind dann wechselständig. Aber auch da ist die Blattstellung eine vollkommen gesetzmäßige, weil die Blätter in ganz bestimmten Reihen am Stengel verteilt sind. Im einfachsten Falle, bei der zweizeiligen (!/,) Stellung (Gräser), steht das dritte Blatt über dem ersten, das vierte über dem zweiten usw. In einem anderen sehr häufig vorkommenden Falle ist das sechste Blatt über dem ersten, das siebente über dem zweiten usw. zu finden. Diese Stellung heißt 2/,-Stellung. Außerdem gibt es eine !/,-, 3/g-, ?/ıs-Stellung. Wenn man die Blattbasen wechselständiger Blätter nach ihrer Entstehungs- folge am Stengel verbindet, erhält man eine Spirale, die Grundspirale.. Der Nenner der genannten verschiedene Blatt- stellungen bezeichnenden Brüche zeigt an, wie viele Blätter die Grundspirale tangiert, um von einem Blatte bis zu dem nächsten genau darüberstehenden zu gelangen, der Zähler bezeichnet die Zahl der Umdrehungen dieses Teiles der Grund- spirale um den zylindrisch gedachten Stengel. Bei der ?/;- Stellung macht also die Grundspirale. um von einem Blatte zum nächsten genau darüberstehenden zu gelangen, zwei Um- drehungen und berührt dabei fünf Blätter. Die Blätter ausdauernder Arten bleiben nicht während der ganzen Lebensdauer der Pflanze an ilırem Sprosse, sondern sie fallen nach einer gewissen Zeit ab. Dieser Ab- lösungsprozeß ist ein organischer Prozeß. Es entsteht an der Basis der Anwachsungsstelle des Blattes durch gesetzmäßiges Absterben gewisser Zellpartien eine verengte Stelle, an welcher das Blatt infolge seiner Schwere abfällt. Am Sprosse vernarbt die Stelle, an der das Blatt sich abgetrennt hat, und hat jetzt als Blattnarbe eine für die verschiedenen Typen charakte- ristische Form. In ganz gesetzmäßiger Weise vollzieht sich 44 der Abfall der Blätter an den sogenannten sommergrünen Bäumen und Sträuchern jener Gebiete, in denen Wärme- mit Kälte- oder Regen- mit Trockenperioden wechseln, jedesmal zu Beginn der letzteren. Die in der nächsten Vegetations- periode zur Weiterentwicklung bestimmten Achselknospen mit der Blattnarbe am Grunde lassen an den Sprossen solcher im Winter, respektive in der Trockenheit völlig laublos dastehender Holzgewächse die Stellung der abgefallenen Blätter erkennen. d) Trichome und Emergenzen. An den Hauptorganen der höheren Pflanzen, den Wurzeln, Stämmen und Blättern, treten oft noch in der Gestalt soge- nannter Trichome und Emergenzen Nebenorgane auf, denen gleichfalls ganz bestimmte Leistungen obliegen. Selten sind Stengel und Blätter vollkommen kahl, zumeist sieht man an ihnen zerstreut oder ın mehr minder dichten Überzügen auf- tretende, mannigfach gestaltete haarıge, borstige, drüsige Ge- bilde oder auch Stacheln. Die genauere Beschaffenheit der Haare und Stacheln, welch letztere, auch wenn sie an Stämmen auftreten, mit äußerlich ähnlichen, aus Sprossen oder Blättern hervorgegangenen Bildungen nichts zu tun haben und schon durch ıhre völl ungesetzmäßige Anordnung von Stamm- 15 oder Blattdornen leicht zu unterscheiden sind, werden wir im nächsten, dem inneren Aufbaue der höheren Pflanzen geltenden Vortrage genauer besprechen.!) Es sei hier nur noch erwähnt, daß man zumeist die Haare und ähnliche Bildungen je nach ihrer Entstehung zwei verschiedenen Grundorganen, den Trichomen oder Emergenzen, zuordnet. Die später noch zu besprechenden Wurzelhaare gehören in die Kategorie der Trichome. 1) Vergl. 8. 64, 65. Vierter Vortrag. B. Innerer Bau der Farn- und Blütenpflanzen. Der hohen äußeren Gliederung dieser Gewächse ent- spricht auch ein sehr vollkommener innerer Bau. Wenn wir die innere Organisation der Formen der einzelnen Pflanzen- stämme vergleichend betrachten, sehen wir bei den niedersten Typen die Gesamtheit der Lebensäußerungen an eine einzige oder an mehrere gleichartige Zellen gebunden. Bald macht sich aber eine Arbeitsteilung geltend, indem verschiedene Zellen oder Zellgruppen eines Pflanzenindividuums in den Dienst verschiedener Verrichtungen treten und demgemäß eine verschiedene Ausbildung aufweisen. Einem der einfachsten Fälle einer solchen Arbeitsteilung begegnen wir bei den einer festen Unterlage aufgewachsenen Fadenalgen, bei denen die Zellen am Grunde von denen des freien Endes oft beträchtlich verschieden sind. Bei den Leber- moosen mit flächenförmigem Lager sind die Rlızoiden wesent- lich anders gestaltet als die assimilierenden Zellen des Thallus. Die ersteren sind langgestreckt, fädlich und chlorophylifrei, die letzteren flach, plattgedrückt und enthalten reichliches Chloro- phyll. Bei den Laubmoosen, welche, vom Boden empor- strebend, einer Leitung der Nahrungsstoffe und einer gewissen Festigung bedürfen, finden wir langgestreckte, dünnwandige Leitzellen und mechanische Zellen mit verdickten Wänden neben den Rhizoiden und den Assimilationszellen des Stamm- umfanges und der Blätter. 46 Bei den Gefäßpflanzen ist die Arbeitsteilung am weitesten vorgeschritten. Um uns über ihren Bau zu orientieren, em- pfiehlt es sich zunächst, die ihren Körper zusammensetzenden Elemente, die entweder einzelnen Zellen entsprechen oder durch Vereinigung mehrerer gleichartiger Zellen entstanden sind, kennen zu lernen. Die ursprünglichste Gestalt der Zellen, die Kugelform, kommt nur an solchen Zellen vor, welche in ihrer Ausbildung nach allen Richtungen ungehindert sind, also vor allem an vielen einzelligen Pflanzen. Das Zusammen- treten der Zellen zu Verbänden (Geweben) bedingt eine gegenseitige Einschränkung ihrer Ausbildung und imfolge- dessen eine Änderung ihrer Form. An noch im Wachstume befindlichen Teilen des Pflanzenkörpers, wie an den Vege- tationskegeln, sind die Zellen oft polyedrisch und ändern erst durch nachträgliches Wachstum, ihren verschiedenen Aufgaben entsprechend, Form und oft auch innere Beschaffenheit. Während junge Zellen nicht selten mit Protoplasma ganz erfüllt sind, tritt dieses später an die Wände zurück oder durehzieht nur mehr in einzelnen zusammenhängenden Strängen den Innenraum der Zelle und umschließt große, mit Zellsaft gefüllte Hohlräume (Vacuolen). Alte Zellen führen gewöhn- lich nur mehr Zellsaft oder gar nur mehr Luft in ıhrem Innern. Häufig geht auch mit dem zunehmenden Alter der Zelle eine chemische Veränderung in der ursprünglich nur aus Zellulose bestehenden Zellmembran Hand in Hand, indem dieselbe ver- holzt oder verkorkt Die Verschiedenheit der Zellen in der äußeren Form kommt aber durch ein sehr verschiedenartiges Wachstum der Zellmembran zustande. Je nachdem näm- lich diese nach einer oder nach mehreren Richtungen an Fläche zunimmt, je nachdem sie sich verdickt oder nicht, und je nach der Art der Verdickung ist die Form der Zellen eine sehr verschiedene. Dünnwandige Zellen heißen, wenn sie von allen Seiten ziemlich gleichmäßig ausgebildet sind, Parenchymzellen, wenn sie aber nach einer Richtung einen bedeutend größeren Durchmesser haben, Prosenchym- zellen. Zellen mit dieken, verholzten Wänden heißen, wenn sie die äußere Form von Parenchymzellen haben, Skleren- 47 chymzellen, wenn sie aber nach Art des Prosenchyns langgestreckt sind, Sklerenchymfasern. Die Collen- chymzellen sind stets unverholzte prosenchymatische oder seltener parenchymatische Zellen, deren Seitenwände nur längs der Kanten verdickt sind, so daß sie im Querschnitte ein Vieleck mit verdiekten Ecken ergeben. Die einzelnen Zellen jeder höheren Pflanze hängen mit den aneinanderstoßenden äußersten Teilen ıhrer Membran, welche sich in ihrer chemischen Zusammensetzung von den übrigen Teilen der Zellwand unterscheiden und gemeinsam ein dünnes Häutchen, die Mittellamelle bilden, zusammen. Solange die Zellen noch Plasma führen, stehen ihre Anteile an demselben, ‚wie schon erwähnt, durch feinste Stränge (Plasmodesmen), welche die Zellwände, auch wenn sie noch so dick sind, durchsetzen, untereinander in Verbindung, und es kommt so die Einheitlichkeit der betreffenden Pflanze als eines unteilbaren ganzen Individuums zum Ausdrucke. An der Verdiekung der Zellmembran beteiligt sich nur ihre von der Mittellamelle umschlossene Mittelschichte. Die Mittellamelle selbst bleibt unverdickt. Die verdickten Wandstellen erstrecken sich nicht gleichmäßig über die ganze Wand, sondern es bleiben gewisse unverdickte Partien er- halten. Die gegenseitige Abhängigkeit der Zellen kommt da- durch zum Ausdrucke, daß die verdiekten und unverdickten Stellen der einen Zelle ganz cenau denen der anerenzenden oO oO oO Nachbarzelle entsprechen. Zu den einfachsten Fällen der Wandverdickung gehören die einfachen Tüpfel. Die verdickten Teile der Zell- wand werden durch meist kreisförmig umschriebene unverdickte Stellen unterbrochen. Zu jeder solchen unverdickten Partie einer Zelle gehört eine solche der Nachbarzelle, so daß hier die Lumina der beiden Zellen je einen nach der größeren oder geringeren Dicke der übrigen Wand längeren oder kürzeren, überall gleichbreiten Kanal gegeneinander senden, der auf beiden Seiten bis zur gemeinsamen Mittellamelle reicht. Hoftüpfel kommen dadurch zustande, daß sich der Kanal auf beiden Seiten vom Zell-Lumen gegen die Mittellamelle zu 48 verbreitert und infolgedessen nicht zylindrisch, sondern kegel- förmig oder halbkugelig ist, und daß überdies die trennende Partie der Mittellamelle in ihrem mittleren Teile eine scheiben- förmige Verdickung (Torus) hat, welche etwas größer ist als die entweder kreis- oder auch schief spaltenförmige Mündung (Porus) des Kanals ın das Zellumen. In anderen Fällen, hauptsächlich bei langgestreckten Elementen, nehmen die Wandverdickungen eine geringere Fläche ein als die unver- dickten Stellen und sind nur mehr als Ringe, schraubige oder ein Netz bildende Leisten ausgebildet. Sind Zellen mit ver- dickten Wänden im Verbande mit anderen, so ragen die verdickten Partien naturgemäß immer in das Lumen der betreffenden Zelle, also nach innen. Nur bei freien Zellen (Sporen etc.) sind sie außen zu finden. — Während die Ver- diekungen der Membran der Festigung des Pflanzenkörpers oder gewisser Teile desselben dienen, erleichtern die ver- dünnten Partien die Passage der Nahrungsflüssigkeit von einer Zelle zur anderen. Wenn sich bei einem Hoftüpfel der Torus an die Öffnung eines der beiden Kanäle legt, ver- schließt er dieselbe und erschwert oder verhindert dadurch das Weiterströmen der Flüssigkeit; wenn er sich dagegen in der Mitte des Tüpfels befindet, kann diese durch die ihn umrahmenden Stellen der dünnen Mittellamelle ungehindert passieren. Es ermöglicht also diese wunderbare Einrichtung der Hoftüpfel den betreffenden Zellen, trotz ihres festen Baues die Nahrung zu leiten. Die Parenchymzellen haben sehr oft einfach getüpfelte Wände. Im Gegensatze zu ihnen zeichnen sich die prosen- chymatischen Elemente durch eme große Mamniefaltigkeit ihrer Wandverdickungen aus. Tracheiden nennt man Prosenchymzellen, die, vor allem der Wasserleitung dienend, dünne oder dicke Wände mit großen Hoftüpfeln haben, an beiden Enden zugeschärft sind und nur Luft als Inhalt führen. Sehr langgestreckte Tracheiden mit besonders weitem Lumen und netzförmig, schraubig oder ringförmig verdiekten Wänden heißen wohl auch Gefäßtracheiden. Sind dagegen die Wände relativ dick und die Lumina eng, so spricht man von 49 Fasertracheiden. Ein solches Element vereinigt in sich die Funktionen der Nahrungsleitung ım Pflanzenkörper und der Festigung desselben. Elemente, die ausschließlich der letzteren dienen, haben im Zusammenhange hiermit ein be- sonders enges, ja manchmal verschwindendes Lumen und in den sehr stark verdickten Wänden zumeist nur wenige spalten- förmige, schief gestellte Tüpfel. Es sind die schon genannten Sklerenehymfasern. Die Milchröhren sind sehr lang- gestreckte, oft mannigfaltig verzweigte Zellen mit unverholzten Zellulosemembranen, protoplasmatischem Wandbeleg und einem milchigen Zellinhalt, welcher eine ganze Menge pflanzlicher Stoffwechselprodukte, Harze etc. aufgelöst enthält. Solche ein- zellige Milchröhren sind gewissen Pflanzenfamilien, zum Beispiel den Euphorbiaceen, eigen, entstehen schon in der Keimpflanze und durchziehen schließlich den ganzen Körper der betreffen- den Pflanze. Der Milchsaft ist die bei Verwundung einer Wolfsmilch hervorquellende weiße Flüssigkeit. Sehr oft, namentlich bei den höchststehenden (Blüten-) Pflanzen, entsprechen die der Leitung dienenden Elemente nicht einer einzigen Zelle, sondern sind durch Vereinigung mehrerer Zellen entstanden. Die auffälligsten und häufigsten dieser sogenannten Zellfusionen sind die Gefäße (Tracheen). Dieselben entstehen aus einer langen Reihe von Zellen, welche ganz dieselben Wandverdickungen aufweisen wie die Gefäb- tracheiden, dadurch, dab die trennenden Querwände aufgelöst werden. Die fertigen Gefäße sind den Gefäßtracheiden, ent- sprechend der völlig gleichen Funktion, sehr ähnlich, führen wie diese nur Luft und unterscheiden sich nur durch ıhre größere Länge und dadurch, daß sie, als Zeichen ihrer Ent- stehung, die Reste der aufgelösten Querwände nur als wand- ständige Ringe, wenn diese quergestellt waren, oder als durch mehrere Löcher durchbrochene Platten — bei früher schräger Stellung derselben — erkennen lassen. — Auch die Sieh- röhren sind Zellfusionen, die gleichfalls aus einer Längsreihe von Zellen hervorgehen, deren Querwände jedoch nicht völlig aufgelöst, sondern nur siebartig durchlöchert werden. Durch die kleinen Poren der Siebplatte stehen die Inhalte der ein- 4 50 zeinen Glieder der Siebröhre miteinander in Verbindung. Die Siebröhren sind sehr reich an schleimigem Inhalt, haben unverdickte und unverholzte Wände, an denen sich ein proto- plasmatischer Beleg eıhält — die Wände der anderen leitenden und der mechanischen Elemente sind zumeist verholzt — und sind gewöhnlich mit mehreren sehr plasmareichen, kernfüh- renden „G@eleitzellen“ m Verbindung. Während die Gefäß- tracheiden und Tracheen die Leitung des die unverarbeiteten Nährsalze enthaltenden Wassers besorgen, obliegt den Sıieb- röhren der Transport bereits verarbeiteter Stoffe. — Eine dritte Kategorie von Zellfusionen bilden die Milchgefäße, welche, in Aussehen und Funktion mit den Milchröhren voll- kommen übereinstimmend, sich wieder nur durch die Ent- stehung von diesen unterscheiden, indem sie Produkte der Verschmelzung mehrerer oder vieler milchsaftführender Zellen sind. Sie kommen vor allem den Mohngewächsen zu und führen dort den das Opium liefernden Milchsaft. a) Der Stamm. Die eben geschilderten Elemente finden wir ım Körper der höheren Pflanzen in mannigfaltiger Weise verbunden. Ihre Anordnung ist jedoch keine regellose, sondern vielmehr eine ungemein gesetzmäßige und möglichst zweckmäßige. Viele Sklerenchymfasern bilden jene Stränge, welche, den ganzen Stamm durchziehend, die große Biegungstestigkeit desselben bedingen, zahlreiche Gefäße und Siebröhren setzen mit Paren- chymzellen, Sklerenchymfasern usw. jene uns immer wieder begegnenden Bündel zusammen, die vor allem die Nahrungs- leitung versehen. Plattenförmige, meist chlorophylifreie Pa- renchymzellen bilden die äußerste Schichte, die Haut des Körpers dieser Gewächse. Solche innige Vereinigungen von Zellen, die uns entweder infolge ihrer ganz bestimmten Lage oder weil sie immer eine und dieselbe Funktion versehen, gewissermaßen als Einheiten höherer Ordnung im Leibe der Pflanze erscheinen, bezeichnen wir als Gewebe, In bezug auf die Entstehung und endgültige Anordnung können wir mehrere Grundtypen der Gewebe unterscheiden, und wir wollen öl dieselben zunächst an einer zweikeimblättrigen Blütenpflanze in ihrer Entstehung und vollendeten Ausbildung betrachten. -Anı Keimling eines solchen Gewächses, etwa einer Osterluzei- pflanze (Aristolochia Sipho), ıst der Herd des Wachstums des Stammes stets der Vegetationskegel der Plumula. Hier finden wir jene protoplasmareichen, polyedrischen, dünnwandigen _ Zellen, welche durch fortgesetzte Teilung immer neue Zellen erzeugen, die dann unter verschiedenartigen Veränderungen ihrer Gestalt und ihres Inhaltes die Gewebe des Stammes und der Blätter der fertigen Pflanze zusammensetzen. Dieses bildungsfähige Gewebe an der Plumula und an den Vege- tationskegeln überhaupt, dessen Zellen in beständiger Teilung und stetigem Wachstum begriffen sind, nennt man Bildungs- gewebe oder Meristem im Gegensatze zu den Geweben mit nicht mehr teilungs- und wachstumsfähigen Zellen, welche die ausgebildete Pflanze zusammensetzen, den Dauergeweben. Die Entwickelung und das Wachstum der Osterluzeipflanze besteht wie beı jeder anderen höheren Pflanze in nichts anderem als im der fortgesetzten, ın unseren Rlımaten durch gewisse periodisch wiederkehrende kuheperioden (Kälte und Trockenheit) unterbrochenen Umwandlung von Meristemen in Dauergewebe. Wenn wir an einem ein Jahr alten Individuum einer Oster- luzeipflanze in einiger Entfernung vom Vegetationskegel einen Stammquerschnitt machen !), sehen wir die Dauergewebe des Stammes. Vor allem bemerken wir ein Gewebe aus sehr vielen, an ihren Ecken meist kleine, im Längsverlaufe miteinander in Verbindung stehende Lufträume (Interzellularen) frei- lassenden, dünnwandigen Parenchymzellen, welche das Zen- tram und den äußeren Teil des kreisförmigen Schnittes einnehmen und außerdem in mehrere Streifen, wie Radien eines Kreises, die beiden Teile miteinander verbinden. Die äußeren dieser Zellen führen zumeist Chlorophyll, die inneren Stärke und andere Substanzen. Die äußeren zwei bis drei Zellschichten des peripherischen Teiles bestehen aus collen- !) Vergl. Abb. 1. 4* chymatischen Elementen, die inneren neun bis zehn enthalten Sklerenchymfasern und bilden einen sehr festen Hohlzylinder, der die große Biegungsfestigkeit des Stammes bedingt. Dieses ganze aus parenchymatischen, collenchymatischen und skle- renchymatischen Zellen gebildete Gewebe nennt man das Grundgewebe. Die Zellen der alleräußersten Schichte des Stammes, die an die eben erwähnten Collenchymzellen anschließt, sind mehr minder plattenförmig — im Querschnitt rechteckig, auf der Abb. 1. Querschnitt durch einen 5 mm dicken Zweig von Aristolochia Sipho,. »ı Mark, fv Gefäßbündel, und zwar: vl Holzteil, eb Siebteil, fe und ‘fe Cambium, p Siebparenchym an der Außenseite des Siebteiles, sk Sklerenchymring, e Stärke- scheide, e primäre Rinde, in dieser cZ Collenchym. — Vergr. 9. — Nach Stras- burger. Außenseite viel stärker verdickt als an den Seiten und Innen- wänden und führen kein Chlorophyll. Sie gehören dem Haut- sewebe an und bilden die Epidermis. Zwischen den farb- losen Epidermiszellen sind in verhältnismäßig großen Zwischen- räumen je zwei chlorophyliführende Zellen eingeschaltet, welche, gleichfalls zum Hautgewebe gehörend, eine kleine, in einen darunter im Stamme befindlichen Luftraum mündende Spalte zwischen sich frei lassen, die Schließzellen, welche den Spaltöffnungsapparat bilden. Auf diesen für viele Hautgewebe charakteristischen Bestandteil werden wir bei Besprechung des Blattes zurückkommen. ap) Zwischen den radial angeordneten Grundgewebestreifen befindet sich je ein Strang von Zellen, welche, sehr ver- ‚schieden großes Lumen aufweisend, eine überaus gesetzmäßige Anordnung zeigen. Aus dem Längsschnitte erkennt man, daß die Elemente dieser Zellstränge größtenteils prosenchymatisch, und zwar vor allem Siebröhren, Gefäße, Tracheiden und Skleren- chymfasern sind, zwischen denen aber auch Parenchymzellen auftreten. Man nennt dieses Gewebe das Stranggewebe Wh IM l 7m J = Abb. 2. Fig 1. Stück eines Stengels der Sonnenblume Helianthus annıus, am Querschnitte sind die im Grundgewebe p eingebetteten Gefäßbündel % ersichtlich. — Natürliche Größe. — Fig. 2, Querschnitt durch ein einzelnes dieser Gefäßbündel, h Libriformfasern, 9 Gefäße, und zwar von links nach rechts ein Hoftüpfel-, Ring- und Spiralgefäß, e Cambiumzellen, dp Siebparenchym, s Siebröhren, b Bastfasern, p Grundgewebe. — Vergr. 25. — Fig. 3. Dasselbe Gefäßbündel stärker vergrößert im Längs- und Querschnitte. Bezeichnungen wie in Fig. 2. — Vergr. 100. — Nach Wettstein. — Schematisch. oder seiner Aufgabe nach das Leitungsgewebe. Ein einziger solcher Zellstrang wird als Gefäßbündel bezeichnet. In jedem Gefäßbündel sind zwei wesentlich von einander ver- schiedene Teile veremigt, deren äußerer, gegen den Stammum- fang zu gelegene, der Siebteil (Phloem), vor allem Sieb- röhren mit ihren Geleitzellen, Sklereuchymfasern (Bastfasern) und Sıebparenchym enthält, während der innere, viel größere, der Gefäßteil (Xylem), aus Gefäßen, Tracheiden, Faser- tracheiden, Sklerenchymfasern (Libriformfasern) und Holzparen- chym, größtenteils verholzten Elementen, zusammengesetzt ist. 54 Dieser Gliederung in zwei verschiedene Teile, wie wir sie bei allen Gefüßbündeln antreffen, entspricht auch eine Sonderung der Funk- tionen, indem im Gefäßteil vor allem die Leitung des Wassers mit den aufgelösten Nährsalzen, im Siebteil dagegen hauptsächlich die bereits verarbeiteter Substanzen stattfindet. Ein Gefäßbündel, in welchem das Phloem außen und das Xylem innen liegt, wie dies zumeist der Fall, wird kollateral genannt. Ist dem Xylem auch innen Phloem angelagert, so heißt das Gefäßbündel b i- kollateral (zum Beispiel bei den Kürbisgewächsen). Die Gefäßbündel der Osterluzeipflanze sind gleich denen fast aller Dikotyledonen wie die Seiten eines Zylindermantels angeordnet. Die Gesamtheit der Gefäßbündel mit dem sie um- schließenden Sklerenchymringe und dem ganzen Grundgewebe innerhalb desselben nennt man den Zentralzylinder des Stammes. Das Grundgewebe im Zentrum des Zentralzylinders heißt man das Mark, das außerhalb desselben die primäre Rinde, das zwischen den einzelnen Bündeln die prımären Markstrahlen. Die primären Markstrahlen sind also Ge- webeplatten zwischen den Gefäßbündeln und verbinden die primäre Rinde mit dem Mark. Ihre Zellen sind parenchymatisch, lassen aber zumeist eine Streckung in der Richtung des Stammradius erkennen, woraus man schließen kann, daß sie ebenso, wie die in der Längenrichtung des Stammes gestreckten Elemente der Gefäßbündel zur Nahrungsleitung der Länge nach dienen, für die Leitung der Nahrung in radialer Richtung bestimmt sind. Außerdem dienen sie aber gleich den Parenchyın- zellen des Markes als Speichergewebe zur Aufspeicherung von Reservestoffen (Stärke usw.). Zur primären Rinde der Osterluzeipflanze gehören also außer der Epidermis das collenchymatische und parenchyma- tische Grundgewebe außerhalb des Getäßbündelringes. Das vor allem der Festigung dienende Sklerenchymgewebe des Zentral- zylinders ist bei vielen anderen Pflanzen nicht in Form eines Hohlzylinders vorhanden, sondern häufig nur als mehr minder mächtiger Belag an der Außen-(Phloem-)Seite jedes Bündels. Hierbei wird Material erspart und doch dieselbe Wirkung erzielt, indem dann je zwei einander diagonal gegenüberstehende 1038) Bastbelege als „Träger“ und die zwischen ihnen sich befinden- den Bündel und das Markgewebe als „Füllung“ wirken.’ Manches- mal kommen auch Sklerenchymfasern an der Innenseite der Bündel oder auch im Marke vor. Häufig ist die innerste Schichte der primären Rinde als Gefäßbündelscheide, und zwar als Parenchymscheide (Stärke- oder Zucker- scheide) — wenn die Zellen zur Leitung von Stärke oder Zucker bestimmt sind — oder als Schutzscheide — wenn die tangentialen Wände verkorkt sind, so daß der Saftaustritt aus den Bündeln in die Rinde unterbleibt — ausgebildet. Die Zellen der Gefäßbündelscheiden sind langgestreckt, parenchy- matisch und haben gewellte Radialwände. Das Längenwachstum des Stammes erfolgt in der Weise, daß vom Vegetationskegel aus fortwährend neue Zellen in Dauer- sewebe umgewandelt werden. Oft läßt sich schon in der noch im Wachstume begriffenen Zone die Gliederung in Haut-, Grund- und Stranggewehe erkennen, indem aus der äußersten OD Zellschichte — Dermatogen — die Epidermis, aus dem zentralen Teile — Plerom — die relativ langgestreckten Zellen und Zellfusionen des Stranggewebes und aus den zwischen Dermatogen und Plerom liegenden Schichten — dem Periblem — das Gewebe der primären ltinde hervorgeht. Alle jene oberirdischen Stengel dikotyler Pflanzen, welche nur eine Vegetationsperiode erhalten bleiben, weisen zur Zeit ihrer vollen Entwickelung einen dem eben ge- schilderten ähnlichen oder gleichen Bau auf und wachsen auf die angegebene Weise vom Vegetationskegel aus. Wenn aber ein solcher Stengel zu längerem Leben bestimmt ist, wie dies bei unseren Holzgewächsen der Fall, so spielen sich noch eine Reihe anderer Wachstumsvorgänge und Um- gestaltungen in seinem Inneren ab. Das Längenwachstum er- tolgt, wie schon erwähnt, durch die fortgesetzte Bildung neuer Internodien vom Vegetationskegel aus. Gleichzeitig wachsen aber die schon angelegten Internodien auch in die Dicke. Es erhält sich nämlich bei allen Dikotyledonen !) in jedem 1) Verel. Abb. 2. 6 Gefäßbündel zwischen Holz- und Siebteil eine wachstumsfähige Zone, das Kambium, das ist ein Meristem, das im Gegen- satze zu dem ursprünglichen oder Urmeristem des Vege- tationskegels als ein Folgemeristem bezeichnet wird. Die Zellen des Kambiums selbst sind prosenchymatisch und wie alle in Teilung begriffenen Zellen sehr protoplasmareich und mit einer dünnen, unverholzten Membran versehen. In diesem Bildungsgewebe beginnen nun zu Anfang jeder neuen Vege- tationsperiode, während an den Vegetationskegeln neuerdings das Längenwachstum einsetzt — das ja durch die Vergröße- rung der neugebildeten Zellen natürlich auch mit einem Dicken- wachstum verbunden ist — Zellteilungen in radialer Rich- tung gegen die Rinde und das Mark zu, so zwar, daß nach innen neue Holz-, nach außen neue Siebelemente gebildet werden. Durch die fortgesetzte Anlagerung neuer Holzelemente an die Holzkörper der Gefäßbündel muß naturgemäß das Kam- bıum immer weiter nach auswärts rücken, was nur dadurch möglich wird, daß nicht nur in radialer, sondern auch m tan- gentialer Richtung Zellteilungen erfolgen. Ursprünglich nur in den Bündeln auftretend, durchsetzt das Kambıum alsbald auch die Markstrahlen und erzeugt in diesen nach außen und nach innen neues Markstrahlengewebe. Es entsteht also außerhalb des Holzkörpers ein Hohl- zylinder aus Kambium (Kambiunmring), dessen Tätigkeit sich von nun an in jenen Zeiten, in denen überhaupt ein Wachs- tum möglıch ist, unausgesetzt bald energischer, bald langsamer in der eben geschilderten Weise abspielt. Dadurch, daß sich das Kambium immer weiter vom Zentrum entfernt, wird sein Umfang immer größer, seine durch fortgesetzte Tei- lung in der Richtung der Tangente immer neu entstehen- den Zellen immer zahlreicher. Aus dieser Art des Wachs- tumes ersieht man, daß die dem Kambium zunächstliegenden Schichten des Sieb- und Holzteiles, also die innersten des ersteren und die äußersten des letzteren, die jüngsten Schichten sind. | Das Mark beteiligt sich gewöhnlich nicht mehr am weiteren Wachstum. Seine Zellen verschrumpfen zumeist und spielen 57 keine Rolle beim weiteren Wachstume des Stammes. Die einzelnen Gefäßbündel sind als Einheiten kaum mehr zu er- kennen; ihre großen Xyleme bilden den soliden zylindrischen Holzkörper des Stammes und den diesen als Hohlzylinder umgebenden viel schwächeren Siebteil. Neben den primären Markstrahlen werden jetzt, gleichfalls in radialer Richtung, innerhalb der ursprünglichen Bündel neue Markstrahlen vom Kambium aus gebildet, de sekundären Markstrah- len, welche sich von den primären nur dadurch unter- scheiden, daß sie nicht bis zum Zentrum des Stammes, sondern um so weniger weit nach innen reichen, je später sie entstanden sind. Die Markstrahlen sind wenige Zellreihen hoch und erschemen im radialen Längsschnitte als breite Querstreifen, im tangentialen als sehr schmale Längsstreifen. Infolge der fortgesetzten Zunahme des Umfanges des Kambiums und der Vergrößerung des Holzkörpers wird auf die außerhalb des Kambiums liegenden, meist nicht mehr wachstumsfähigen Gewebe, vor allem die Epidermis und die primäre Rinde, ein Druck ausgeübt, der schließlich oft das Zerreißen der peripherischen Teile des Stammes zur Folge hat. Es gibt nur sehr wenige Arten (zum Beispiel die Mistel), deren Stammepidermis sich durch Jahre lebensfähig erhält und, ohne zu zerreißen, mit dem Dickenwachstum gleichen Schritt zu halten vermag. In den meisten Fällen zerreißt jedoch die primäre Rinde oder wenigstens deren äußerer Teil samt der Epidermis und der Pflanzenkörper schreitet zur Bildung einer sekundären Rinde. Es ent- steht außerhalb des Kambiums entweder in der primären Rinde oder sogar in den äußeren Teilen des Phloems ein zweites pheripherisches Folgemeristem, das Phellogen, welches nach außen ein neues Dauergewebe, das Periderm (Korkgewebe) erzeugt, dessen Zellen meist prismatisch mit rechteckigem Querschnitte sind und zumeist dünne, verkorkte Wände aufweisen, die für Wasser völlig undurchlässig sind. Das Periderm bildet zusammen mit den anderen, ‘außerhalb des Phellogens liegenden Schichten die sekundäre Rinde, welche jetzt, oft in Gemeinschaft ‘mit einem nach innen zu Zu 8 abgeschiedenen Gewebe, dem oft chlorophyliführenden Phello- derm, an Stelle der primären Rinde die Funktion des Schutzes des heranwachsenden Stammes nach außen (gegen Fäulnis, mechanische Eingriffe) übernimmt. Solche Periderm- bildungen kommen auch an unterirdischen Stämmen, zum Beispiel an den Kartoffelknollen, vor. Die „Schale“ der Kartoffel ist ein Periderm. — An Stelle der Spaltöffnungen der Epidermis sind jetzt andere Öffnungen — die Lenti- cellen — getreten, welche, von vielen Zellen des Periderns begrenzt, in Lufträume der primären Rinde führen und auch in alten Stämmen den für die Pflanze sehr wichtigen Austausch der Luft und des Wassers in Dampfform ermöglichen. Wird das Phellogen in entsprechender Tiefe angelest, so lösen sich die äußersten Teile der sekundären Rinde mit fortschreitendem Diekenwachstume ab und bilden die Borke, welche als ein abgestorbenes Gewebe zu betrachten ıst und keine Rolle im Stoffwechsel spielt, sondern nur gewissermaßen als Abschluß gegen außen dient. Je nachdem das Phellogen einen geschlossenen Zylinder bildet oder nur an gewissen Stellen des Stammquerschnittes auftritt, entstehen verschiedene Arten der Borke (Ringel-, Schuppenborke usw.). Mit zu- nehmendem Alter des Baumstammes bilden sich immer neue Phellogenschiehten. welche immer neue‘ Borkenbildung be- wirken. Gewisse Gerbstofie in den Zellen verleihen der Borke ihre spezifische Färbung. Im Wachstume des Stammes und besonders des Holz- teiles wechseln Perioden lebhafterer mit solchen langsamerer Neubilduug oder (wie an unseren Holzpflanzen) auch völligen Stillstandes. In unseren Gegenden werden im Frühjahre, wo die Aufnahme der Nahrungsflüssigkeit für die Ausbildung neuen Laubes und die Entwickelung der Blüten weitaus am lebhaftesten stattfindet, zur Erleichferung dieser Leitung Ge- füße mit sehr weitem Lumen und dünnen Wänden, also leitende Elemente, gebildet; gegen Schluß der Vegetationsperiode da- gegen, wenn das Saftsteigen allmählich aufhört, erzeugt das Kambium größtenteils mechanische Elemente, Fasertracheiden und diekwandige Gefäße mit kleinem Lumen. Die zuletzt ge- 59 bildeten Gefäße haben die dicksten Wände und das kleinste Lumen. Im nächsten Frühjahre beginnt dann die erneute Tätigkeit des Kambiums mit der Erzeugung neuer dünn- wandiger Elemente, um wieder mit der mechanischer Zellen abzuschließen, und so wiederholt sich derselbe Prozeß in jeder Vegetationsperiode. In dem viel kleineren Siebteile herrscht kein solcher Gegensatz zwischen dünnwandigen Frühlings- und dickwandigen Herbstelementen. Während die Elemente des Holzkörpers, die innerhalb einer Vegetationsperiode gebildet werden, alle möglichen Über- gänge von dünn- zu diekwandigen zeigen, ist zwischen dem verhältnismäßig kompakten Gewebe des Herbstholzes und dem lockeren Gewebe .des im nächsten Frühlinge gebildeten Holzes eme scharfe Grenze, der Jahresring, schon mit freiem Auge leicht wahrzunehmen. Die Zahl dieser Jahresringe läßt das Alter des betreffenden Baumes erkennen. Im Siebteile sind Jahresringe nicht zu unterscheiden. Gleich den äußersten bestehen auch die innersten Schichten eines Holzstanmes nur mehr aus abgestorbenen Zellen, welche statt des Protoplasmas Luft führen und nicht mehr der Nahrungsleitung, die ausschließlich von den dem Kambium zunächst liegenden Elementen besorgt wird, sondern lediglich der Festigung dienen. Reichlich aufgestapelte Gerb- stoffmassen bewahren häufig diese Teile vor Fäulnis. Gleich der Borke ist dann der innerste Teil des Holzkörpers dunkler gefärbt als der äußere, dessen lebende Gefäße, Tracheiden usw. noch der Wasserleitung dienen. Diesen bezeichnet man dann als Splint, jenen als Kern. In anderen Füllen ıst kein solcher Unterschied zwischen Splint- und Kernholz vorhanden, indem in letzterem keine Gerbstoffe aufgespeichert werden. Die Röhren des inneren Holzes werden dann oft durch Gummi (Kerngummi) oder durch Zellwucherungen, Thyllen, ver- stopft und es wird dadurch das Aufsteigen des Wassers, das in diesen abgestorbenen Elementen nur Fäulnis zur Folge hätte, verhindert. In manchen Fällen tritt übrigens tatsächlich eine Zersetzung des zentralen Holzkörpers ein, wofür die oft an den Rändern unserer Bäche anzutreifenden hohlstümmigen 50 Weiden ein sehr gutes Beispiel abgeben. — Soviel über den Bau des Stammes der zweikeimblättrigen Blütenpflanzen. (Dikotyledonen). Die Gymnospermen, bei uns durch die Nadelhölzer vertreten, gleichen den Dikotyledonen in allen wesentlichen Momenten, vor allem ım sekundären Dickenwachstume und unterscheiden sıch nur dadurch, daß ıhr Holzteil keine Gefäße, sondern nur Tracheiden besitzt (mit Ausnahme der Gmetinae). Ganz anders gebaut ist dagegen der Stamm der Mono- kotyledonen (einkeimblättrigen Blütenpflanzen). Die Gefäßbündel sind hier nicht in einem Ringe angeordnet, sondern über den ganzen Stammquerschnitt verteilt, es bildet sıch in ıhnen kein Folgemeristem, kein Kambıum aus; im Gegensatze zu den offenen Bündeln der Dikotyledonen haben die Monokotyledonen geschlossene Bündel. Das Dickenwachstum solcher Stämme erfolgt hier entweder nur durch Entstehen immer neuer Bündel oder (bei Drachen- bäiumen, vielen Palmen etc.) durch einen außerhalb der Gefäß- bündel innerhalb der Rinde sich bildenden Verdickungsring, welcher zunächst nur nach innen neues Dauergewebe erzeugt. Die die Bündel konstituierenden Elemente sind aber bei den Monokotyledonen dieselben wie bei den Dikotyledonen. Die Pteridophyten entbehren mit wenigen Ausnahmen der echten Gefäße. Gleich den Gymmospermen haben sie nur Tracheiden. Ihre Bündel stehen auf niederer Stufe, indem in denselben zumeist der Siebteil ringsum von Holzelementen umschlossen ist. Eines oder mehrere solcher konzentri- scher Bündel durchziehen den Stamm der Farne und Bär- lappe. Nur die Schachtelhalme haben kollaterale Bündel. ?) b) Das Blatt. Die Blätter sind ihren wichtigsten Aufgaben, das ist der Umwandlung der Kohlensäure der Luft und der durch die Wurzeln aus dem Boden aufgenommenen Nährsalze zu Bestand- teilen des Pflanzenkörpers (Assimilation im weiteren Sinne) - !) Genaueres hierüber noch auf S. 97. 61 und der Abgabe des Wassers in Dampfform (Transpiration), in vollendeter Weise angepaßt. Zumeist sind sie flächenförmig ausgebildet und haben dorsiventralen Bau, das heißt die Ober- seite ist anders gestaltet als die Unterseite, und lassen sich durch eine Ebene in zwei symmetrische Hälften zerlegen (bilaterale Symmetrie). Andere Blätter, zum Beispiel die Kiefer- nadeln, sind isolateral gebaut, indem kein ausgesprochener Unterschied zwischen Ober- und Unterseite vorhanden ist. Um den inneren Bau eines dorsiventralen Blattes kennen zu lernen, betrachten wir einen Querschnitt senkrecht zum Mittelnerv irgendeines flachen Laubblattes eines unserer hei- mischen Gewächse, z. B. der Erdscheibe (Oyelamen Europaeum)'). Ne N e = $ Bi 9.0289 EN NER YRCE Abb. 3. Querschnitt eines Blattes von Cyelamen Eurpaeum. O obere, O0’ untere Epi- ‚dermis, s Spaltöffnung, M Mesophyll, ?P Pallisadenparenchym, S Schwammparenchym, 9 Gefäßbündel. — Vergr. 300.— Nach Wiesner. Wir finden ohne Mühe dieselben Gewebearten wie im Stamme. Vor allem fällt uns hier das Grundgewebe auf. Während ım Stamme nur die Zellen der äußersten Schichten des Grundge- webes Chlorophyll enthalten, sind hier alle Grundgewebszellen durch reichlichen Chlorophyligehalt ausgezeichnet. Es besteht dieses Grundgewebe oder Mesophyll aus 4 und mehr Schichten mit Chlorophylikörmern angefüllter Parenchym- zellen. Die Elemente der Oberseite sind in Anordnung und Form von denen der Unterseite beträchtlich verschieden. Während die 1) Vergl. Abb. 3. ersteren zylindrisch sind, auf der Oberfläche senkrecht aufstehen und enge aneinanderschließen, lassen die mehr minder unregel- mäbıg gestalteten, oft etwas verzweigten Zellen der Unterseite zwischen einander viele Lufträume frei und enthalten weniger Chlorophyllkörneralsdiese. Mannennt das Mesophyllder Oberseite Pallisaden-, das der Unterseite Schwammparenchym. Entsprechend dieser Anordnung dient im allgemeinen das erstere vor allem der Assımilation, das letztere der Transpiration. Die äußerste Zellschichte, das Hautgewebe des Blattes, besteht gewöhnlich aus chlorophyllfreien, plattenförmigen Zellen und heißt Epidermis.!) DieAußen wände der Epidermiszellen sind wieder viel stärker verdickt als die Seiten- und Innenwände und außen gemeinsam mit einem dünneren oder dickeren, gegen chemische Einwirkungen sehr widerstandsfähigen Häutchen, der Kutikula, die von der Zellwand abgeschieden wurde, überlagert. Während die Zellen der oberseitigen Epidermis gewöhnlich lückenlos aneinanderschließen, haben die der Unterseite, wie man sich am leichtesten überzeugt, wenn man die Epidermis abzieht und von der Fläche betrachtet, viele, oft regelmäßig in Reihen angeordnete Spaltöffnungen.!) Jede dieser Spalten wird von zwei Zellen der Epidermis, den Schließzellen gebildet, welche im Gegensatze zu ihren Nachbarinnen Chlorophyll ent- halten. Die Schließzellen haben meist Nierenform und lassen, indem sie mit ihren konkaven Seiten gegeneinander gekehrt sind, zwischen sich eine ovale Spalte frei, welche ın einen unmittelbar darüber im Schwammgewebe befindlichen Luftraum führt, Es kommuniziert also an diesen Stellen die Luft”des Blattes — die Interzellularen stehen ja untereinander in Zu- sammenhang — mit der Außenluft. Infolge einer sehr sinn- reichen Eimrichtung vermögen die Schließzellen ihre Form in der Weise zu verändern, daß bei herabgemindertem Druck des Plasmas und des Zellsaftes auf die Zellwand (Turgor) die Spalte geschlossen wird, während sie bei erhöhtem Turgor offen ist. Eine Herabminderung des Turgors tritt aber stets bei geringer, eine Erhöhung bei großer Luftfeuchtigkeit ein. te] 1) Vergel. Abb. 4. 65 Es werden also in ersterem Falle die Spalten geschlossen, in letzterem aber geöffnet sem. Die Spaltöffnungen erleichtern also nicht nur die Transpiration, das ıst die Abgabe von Wasserdampf aus den Zellen durch die Wände in die Luft- kanäle und von diesen in die Außenluft, sondern sie ver- mögen dieselbe auch zu regulieren. — Blätter, welche ledig- lich der Assimilation dienen und nicht transpirieren, wie die im Wasser untergetauchten Blätter gewisser Wasserpflanzen, Abb. 4. Spaltöffnungsapparat des Laubblattes einer angiospermen Pflanze, Fig. 1. Von der Fläche. — Fig. 2. Im Querschnitte. s Schließzelle, e Epidermiszellen, « Luft- raum. In Fig. 1 zeigen die Schließzellen, in Fig. 2 die den Luftraum nach unten begrenzenden Zellen des Schwammparenchyms Cytoplasma, Kern und Chlorophyll- körner. — Vergr. 400. — Nach Reinke. haben keine ausgebildeten Spaltöffnungen, was uns ja, da wir deren Funktion kennen, nicht wundernehmen darf. Während man an dorsiventral gebauten Blättern die Spaltöffnungen zumeist nur auf der Unterseite findet, kann man sıe beı "Blättern isolateralen Baues in der Regel beiderseits antreffen, während sie bei Schwimmblättern nur oberseits auftreten. Außer durch die Spaltöffnungen vermögen aber auch durch die Zellwände der Epidermiszellen hindurch Gase, allerdings in viel geringerem Grade, in die Außenluft zu gelangen. Bei Pflanzen trockener Gegenden, die der Gefahr des Austrocknens ausgesetzt sind, finden wir zumeist an den Blättern Vorkeh- rungen, welche darauf abzielen, die Transpiration durch die Epidermiszellen und auch durch die Spaltöffnungen möglichst einzuschränken. Die Kutikula solcher Gewächse ist sehr mächtig, häufig sind die Blätter mit einem abwischbaren, dem freien 64 Auge als Reif erscheinenden Überzuge bedeckt, der sich bei mikroskopischer Untersuchung als eine aus Körnchen, Krusten oder Stäbchen gebildete Wachsschichte erweist. Das Wachs wird von der Oberhaut ausgeschieden, ist krystallinisch und gehört zu den echten Fetten (Glyceriden). Sehr häufig sind die Spaltöffnungen nicht auf gleicher Höhe mit den übrigen Epidermiszellen, sondern mehr oder minder tief ins Blatt- gewebe eingesenkt, so daß zur Zeit lebhafter Verdunstung über ihnen Räume mit großer Luftfeuchtigkeit entstehen, welche eine fortgesetzte allzu rasche Transpiration hintanhalten. Viele Gräser haben Rollblätter, die, nur oberseits Spaltöffnungen tragend, sich zu Zeiten großer Dürre mittels eigener, zu beiden Seiten des Hauptnerven oder überhaupt zwischen je zwei Ge- fäßbündeln liegender Gelenkszellen der Länge nach schließen, wodurch die Transpiration auf ein Minimum herabgesetzt wird. In anderen Fällen sind es Haarüberzüge, welche dem Transpirationsschutze dienen. Im einfachsten Falle sind diese Haare oder Trichome warzenförmige stark vorgewölbte Epidermiszellen. Oft sind sie der Länge nach in mehrere Zeilen gegliedert oder bestehen aus mehreren Zellreihen, so daß sie auch quergeschnitten mehrzellig erscheinen. In anderen Fällen können sie wohl auch sternförmig sein. Solche Haare treten nun mitunter an Stengeln und Blättern, namentlich bei Pflanzen trockener Gebiete in so großen Massen auf, daß diese, wie in einen dichten, meist weißen Pelz eingehüllt, gegen allzu starke Wasserabgabe trefflich geschützt sind. — Sehr häufig haben nur die jungen Blätter Haarüberzüge (Huflattich), während die alten Blätter verkahlen. Diesem Haar- filze kommt hier und in vielen anderen Fällen nicht nur die Aufgabe zu, das im Werden begriffene Blatt vor allzu starker Wasserabgabe zu bewahren, sondern auch das ın den jungen Zellen entstehende, noch sehr empfindliche Chlorophyll gegen starke Beleuchtung zu schützen. — Trichome, namentlich der Hochblätter der Blütenregion und auch des obersten Teiles des Stengels, tragen nicht selten an der Spitze ein ein- oder mehrzelliges Köpfchen, aus dessen Innerem eine oft klebrige l"Jüssigkeit abgeschieden wird. Manchmal sitzen diese „Drüsen“ # 65 direkt auf der Oberfläche der Organe. Die Bedeutung der- selben liegt in der Absonderung gewisser Stoffe, welche, für den Stoffwechsel überflüssig geworden, immerhin auch jetzt noch der Pflanze von Vorteil sein können, indem sie dieselbe vor Tierfraß schützen, gewissen Schädlingen das Hinaufkriechen zu den Blättern verweigern und dergleichen mehr. Während die Trichome nur Oberhautgebilde sind, nehmen an der Bildung der ähnlichen, aber meist viel größeren Emer- genzen (z. B. Stacheln an der Fruchtschale der Roßkastanie, „Dornen“ der Rosen etc.), die häufiger an Stammgebilden als an Blättern auftreten, auch das Grund- und Stranggewebe An- teil. Als Stacheln dienen die Emergenzen zum Schutze gegen Tierfraß. — Das Stranggewebe tritt auch in den Blättern, wie wir beim Zyklamenblatt, von dem wir ausgegangen sind, sehen, in der Form von Gefäßbündeln auf. Um ihrer Hauptfunktion, der Weiterleitung der vom Stengel und den Ästen zuströmen- den Nahrung zu den Verarbeitungsstätten, den Mesophylizellen, und auch wieder zurück in die Äste und den Stamm, dienen zu können, müssen sie mit den Stammbündeln in Zusammenhang stehen. An Längsschnitten kann man sich leicht davon überzeugen, daß gewisse Bündel des Stammes tatsächlich in die Blätter übertreten, ja an gewissen zarten Schattenpflanzen, z. B. bei Impatiens parviflora, kann“ man dies ohne jede Ver- größerung konstatieren, wenn man ein Exemplar im durchfal- lenden Lichte betrachtet. Es gibt aber auch Bündel, welche nur dem Stamme angehören und im Gegensatze zu den „Blatt- spursträngen“ stammeigene Bündel genannt werden. Entsprechend dem Anschlusse der Bündel der Blätter an die der sie tragenden Achsen kommt in ersteren das Phloem auf der Unterseite, das Xylem auf der Oberseite zu liegen. Das Auf- treten netznerviger Blätter bei den Dikotyledonen und ge- streiftnerviger bei den Monokotyledonen erklärt sich dadurch, daß bei ersteren meist je ein großes Bündel in jedes Blatt eintritt, das sich dann sehr reichlich verzweigt und in immer kleinere Bündel auflöst, während die Blätter der letzteren meist von einer größeren Anzahl geschlossener Bündel, die d 66 nur ganz feine Seitenzweige abgeben, der ganzen Länge nach durchzogen werden. — Wie im Stamme fällt auch in den Blättern den Bündeln vor allem die Aufgabe der Nahrungsleitung zu, und sie bestehen daher aus ebendenselben Elementen, Siebröhren, Tracheen, Tracheiden, Sklerenchymfasern usw. wie in diesem. Im Interesse einer möglichst gleichmäßigen Versorgung aller Teile der assimilierenden Laubfläche mit Nahrungsflüssigkeit ist die Verästelung der Bündel eine sehr weitgehende. Sie erinnert an die Verästelung der die Ernährungsflüssigkeit (Blut) leitenden Röhren (Adern) im tierischen Körper. Nach dieser Analogie werden die feinen Verzweigungen der Blattbündel als Adern (viel weniger bezeichnend als Nerven) angesprochen. Die dünnsten Ästehen bestehen meist nur aus einer oder doch nur einigen wenigen sehr zarten Tracheen, aus welchen die ihnen eng anliegenden Zellen des Pallisadengewebes die Nahrungsflüssigkeit erhalten. Die assimilierten Substanzen wandern in den Röhren des Siebteiles wieder in den Stamm zurück, um von hier aus zu den verschiedenen Verbrauchs- und Speicherungsstellen transportiert zu werden. Auber den Siebröhren des Phloems ıst es noch ein eigenes Gewebe, die jedes Bündel als eng anschließender Mantel umgebende Ge- fäßbündelscheide, welcher gleichfalls die Rückleitung der assimilierten Nahrung obliegt. Die strahlenförmige Anordnung der Schwammparenchymzellen um die Gefäßbündelscheide er- leichtert die Zufuhr der Nahrung in dieses leitende Gewebe. Zur Herstellung der nötigen Festigkeit werden die Bündel in ganz ähnlicher Weise wie in den Stämmen, und zwar bei den Monokotyledonen alle Hauptbündel, bei den Dikotyledonen dagegen nur die Bündel der Mittelrippe und der kräftigsten Seitenadern von Sklerenchymfasersträngen begleitet. Häufig finden wir bei netznervigen Blättern einen durch die Ver- einigung der Enden der Seitennerven entstandenen Randnerv, welcher mit mechanischen Elementen ausgerüstet ist, um das Einreißen der Blattspreite vom Rande aus zu verhindern. Isolaterale Blätter unterscheiden sich von den dorsi- ventralen gewöhnlich nur dadurch, daß kein strenger Unter- schied zwischen Ober- und Unterseite vorhanden ist, was sich 67 sowohl im Bau des Haut- als auch des Grundgewebes äußert, indem in der Epidermis die Spaltöffnungen häufig über die ganze Oberfläche verteilt sind, im Mesophyll aber kein scharfer Gegensatz zwischen Pallisaden- und Schwammparenchym existiert. c) Die Wurzel. Während die rings vom Wasser umgebenen Algen die Nahrung mit der ganzen Oberfläche ihres Körpers aufnehmen, teilen sich bei den höheren Pflanzen die Blätter mit der Wurzel derartig in dieses Geschäft, daß von den ersteren die Kohlensäure der Luft, von den letzteren aber das Wasser mit den Nährsalzen dem Boden entnommen wird. Auch bei den normalen Wurzeln finden wir ein Haut-, Grund- und Strang- gewebe. Das Hautgewebe einer echten Bodenwurzel ist dadurch ausgezeichnet, daß seine Zellen außen nicht kutiku- larisiert sind — wegen dieses Verhaltens hat man ıhm zum Unterschiede von der Epidermis den Namen Epiblem gegeben — und daß in einer gewissen Entfernung von den Spitzen der Seitenwurzeln seine Zellen in lange, dünnwandige, saft- reiche Trichome umgewandelt sind, welche sich den Boden- partikelchen fest anschmiegen und ihnen die Nahrungsstoffe entnehment). Die durch die vielen Wurzelhaare bedingte Ober- flächenvergrößerung gestattet die Aufnahme möglichst vieler Nahrungsflüssigkeit zur selben Zeit. Den Grundgewebs- zellen fehlt das Chlorophyll. Die Gefäßbündel sind nicht gegen die Peripherie, sondern gegen das Zentrum zu gerückt und haben anfangs radialen Bau, indem die Phloemelemente nicht außerhalb der Xyleme, sondern neben denselben zu liegen kommen. In den Xylemen sind nicht wie in denen des Stammes die äußersten, sondern die ınnersten Gefäße die weitesten. Das Dickenwachstum erfolgt in der Weise, daß sich zwischen Phloem und Xylem ein Kambiumring einschaltet, welcher ebenso wie beim Stengel nach außen neues Phloem, nach innen neue Holzelemente absondert. Dort, wo die Haupt- wurzel mit dem Stamme zusammenhängt, findet eine Drehung !) Vergl. Abb. 13. 68 ihrer Bündel in der Weise statt, daß die Holz- und Bastteile derselben an die des Stammes direkten Anschluß haben, so daß der Leitung der Nahrung kein Hindernis im Wege steht. Auch hier trennt eine eimschichtige Gefäßbündelscheide den Zentralzylinder von der Rinde. Viele mechanische Elemente sind in der Wurzel nicht vonnöten. Soweit sie vorhanden, liegen sie gegen das Zentrum zu, da die Wurzel weniger biegungs- als vielmehr zug- und druckfest gebaut sein muß, Besonders charakteristisch ist der Vegetationskegel der Wurzel. Er ist von emer ganzen Menge sich abstoßender und nur durch eime schleimige Absonderung in Verbin- dung bleibender Zellen, der Wurzelhaube, überkleidet, welche die zarten Zellen der Vegetationsspitze vor der Be- rührung mit den Steinchen des Bodens bewahrt. Die Seiten- wurzeln entstehen ähnlich wie die Seitenäste eines Sprosses in der Weise, daß die am weitesten von der Wurzelspitze entfernten, also hier die obersten, die ältesten sind. Während jedoch die Verzweigungen eines Stammes exogen entstehen, indem sich nur die äußeren als Dermatogen und Periblem bezeichneten Schichten des Vegetationskegels an ihrem Zu- standekommen beteiligen und sie erst nachträglich mit Gefäß- bündeln versehen werden, erfolgt die Neuanlage einer Neben- wurzel endogen, vom Gefäßbündel der Mutterwurzel aus, innerhalb der Gefäßbündelscheide. — Diese Schilderung des inneren Aufbaues der höheren Gewächse konnte die einzelnen Organe nur insoweit berück- sichtigen, als sie typisch ausgebildet sind und ihren normalen Funktionen dienen. Wenn sie für andere Aufgaben bestimmt sind, ändert sich natürlich ihre Struktur entsprechend der Art der neuen Funktion. Bei im Wasser untergetauchten Stämmen, zum Beispiel sind die Bündel samt den mechanischen Ele- menten gegen die Achse gerückt, da diese Pflanzen fast nur auf Zugfestigkeit beansprucht werden, die Luftwurzeln ent- behren ım Zusammenhange mit ihrem Auftreten außerhalb der Erde einer Wurzelhaube und haben zur Aufnahme von Wasser ein charakteristisches, zur Zeit der Trockenheit weiß erscheinendes parenchymatisches Gewebe (velamen radicum) — usw. So groß jedoch auch diese Abweichungen sein mögen, die eben geschilderten wesentlichen Merkmale treten doch in den meisten Fällen so auffällig zutage, daß es nur selten schwer fallen dürfte, zu entscheiden, ob man es mit einem Stamm, einem Blatt oder einer Wurzel zu tun hat. Fünfter Vortrag. II. Die Fortpflanzungsorgane. Die Existenz jedes Organismus ıst an zeitliche Grenzen gebunden. Jedes Individuum geht nach Ablauf eines gewissen für jede Art konstanten Zeitraumes aus uns unbekannten Ur- sachen zugrunde. Es würde demnach jede Art, auch wenn sie in Millionen von Individuen auf der Erde verbreitet wäre, ın kurzer Zeit aussterben, wenn ihr nicht die allem Organischen eigene Fähigkeit der Fortpflanzung bei gleichzeitiger Ver- erbung aller charakteristischen Eigenschaften, also die Fähig- keit, aus sich selbst ihresgleichen zu erzeugen, gegeben wäre. Die Fortpflanzung besteht immer in eimer Abgliederung gewisser Zellen oder Zellgruppen des Organismus, welche zu einem neuen Individuum derselben Art heranzuwachsen ver- mögen. Je nachdem dieser Bildung der Fortpflanzungszellen oder — Zellgruppen eme Verschmelzung zweier Protoplasten, Befruchtung genannt, also ein geschlechtlicher Akt vor- ausgegangen ist oder nicht, spricht man von einer ge- schlechtlichen oder ungeschlechtlichen Fortpflanzung. 1. Ungeschlechtliche Fortpflanzungsorgane. Die ungeschlechtliche Fortpflanzung ist eine im Pflanzen- reiche weitverbreitete Erscheinung. Die einzelligen Orga- nismen und Coenobien haben keine eigenen Organe zur Fortpflanzung. Bei den ersteren besteht der ganze Akt der ungeschlechtlichen Fortpflanzung in einer Teilung und Trennung des einzelligen Körpers in zwei Zellen, deren jede die Rigen- schaften des Mutterindividuums ererbt und auch wieder zu dessen Größe heranwächst und nach einer gewissen Zeit sich ol ebenso teilt wie dieses. Auf solche Weise vermehren sich vor allem die Spaltpflanzen, viele einzellige Konjugaten und Grün- algen !). Bei den Spaltpflanzen, welche noch keinen eigentlichen Kern besitzen, bildet sich in der Mitte der Zelle eine neue Mem- bran, an welcher dann die Trennung in der Weise erfolgt, dab jede neue Zelle die Hälfte der neu gebildeten Membran erhält; das junge Individuum wächst dann zur ursprünglichen Größe der Mutterpflanze heran. Wenn die Zellen sich nicht trennen, entstehen eben Coenobien. Bei den einen Kern enthaltenden Formen geht der Sonderung des Plasmas und der Bildung der neuen Zellwand eine meist komplizierte Teilung des Kernes voraus, die Karyokinese. Durch die Tatsache, daß bei diesen Abb. 5. Pieurococeus vulgaris. Fig. 1. Einzelnes Individuum. m Zellwand. — Fig. 2. Zelle in Teilung begriffen. Bei « Bildung der neuen Membran. — Fig. 3. Die durch die Teilung entstandenen Tochterzellen. — Vergr. 400. — Nach Wettstein. Kernteilungen selbst die kleinsten Partikelchen des Kernes noch geteilt werden, wird das Wesen der Vererbung, das heißt der Übertragung der Eigenschaften des Organismus auf seine Nach- kommen unserem Verständnis näher gerückt. Denn diese klemsten Teilchen sind offenbar die Träger vieler individueller Eigen- schaften der Mutterpflanze. Die Karyokinese spielt auch bei vielen anderen Zellteilungsvorgängen, die nicht gerade mit der Fortpflanzung im Zusammenhange stehen, eine wichtige Rolle und ist ein im ganzen Pflanzenreiche weitverbreiteter Vorgang. Während bei der Fortpflanzung der eben besprochenen einzelligen Organismen aus einer Zelle deren zwei hervor- sehen, vermehren sich die Coenobien meist durch Zerfall ihres Körpers in seine Zellen oder doch in einzelne Gruppen von Zellen. Die Trennung kann entweder an beliebigen Stellen auftreten oder sie erfolgt an ganz bestimmten, von 1) Vergl. Abb. 5. 72 den übrigen Zellen der betreffenden Pflanze verschiedenen Grenzzellen, den’Heterocysten (XNostoe). Bei den mehrzelligen Algen und Pilzen finden wir schon sehr oft gesonderte Fortpflanzungszellen, welche zumeist in ganz bestimmten Partien des Körpers entstehen und schließ- lich abgegliedert werden oder ausschwärmen, um zum Aus- gangspunkte eines neuen Individuums zu werden. In der Ausbildung solcher Zellen herrscht ein sehr großer Gegensatz zwischen den als selbständig assimilierende Pflanzen im Wasser lebenden Algen und den Pilzen, welche zumeist außerhalb des Wassers eine saprophytische oder parasitische Lebens- weise führen. In Anpassung an die Verhältnisse im Wasser haben die Algen sehr oft aktiv bewegliche Fortpflanzungs- zellen, Zoosporen, während die Fortpflanzungszellen der Pilze meist keine eigene Beweglichkeit besitzen, sondern durch den Wind verbreitet werden. Den Zoosporen der Algen begegnen wir zunächst bei den Grünalgen?), woselbst sie in sehr mannigfaltiger Form auftreten. Sie entstehen in Ein- oder Mehrzahl in einer Zelle der Algen und verlassen dieselbe, um im Wasser, zumeist ohne Membran, als nackte, mit zwei, vier oder auch vielen Geiseln ausgestattete Protoplasmaklümpchen herumzuschwin- men. Die Bewegung kommt nicht nur durch Geiseln, sondern oft auch durch eine vom Protoplasma umschlossene pul- sierende Vacuole zustande. Nachdem sie sich eine Zeit- lang herumgetummelt, setzen sich die Zoosporen fest, umgeben sich mit einer Zellwand und wachsen durch für jede Art genau bestimmte Teilungen wieder zu einem vollkommenen Algen- körper heran. Die ungeschlechtliche Fortpflanzung durch 700sporen ist auch in den Stämmen der Braun- und Rotalgen eine häufige Erscheinung. Den letztgenannten Formen sind auch fast immer bewegungslose, ungeschlechtliche Fortpflanzungs- zellen eigen, welche gewöhnlich ‘zu vieren entstehen und deshalb Tetrasporen heißen. Im Gegensatze zu den autotrophen gewöhnlich im Wasser ı) Vergl. Abb. 8, Fig. 2 und 3. 1 © lebenden Algen haben die heterotrophen, zu allermeist ans Landleben angepaßten Pilze unbewegliche Fortpflanzungs- zellen. Je nachdem diese innerhalb einer Zelle durch Zerfall ‘des Inhaltes derselben, das ist endogen, oder durch reihen- weise Abschnürung nach außen, das ist exogen, entstehen, nennt man sie EndosporenoderExosporen(Konidien). Endogene Sporenbildung sehen wir schon bei den Bakterien, deren Zellen nicht selten, wenn die Verhältnisse zu weiteren Teilungen ungünstig sind, innerhalb ihres Zell- leibes eine Dauerspore bilden, welche, ungemein widerstands- fähig, die höchsten Temperaturen (bis zu —130 und +140° C.) auszuhalten imstande ist und erst, wenn neuerdings günstige Vegetationsbedingungen vorhanden sind, wieder zu einer normalen Spaltpilzzelle wird. Besonders typische Fälle der Endosporenbildung finden wir aber im großen Heere der eigentlichen Pilze. Eines der besten Beispiele hierfür ist der gewöhnliche Schimmelpilz (Mucor Mucedo), dessen Mycel auf Brot, Tinte, Schuhwerk und anderen Substanzen organischer Abkunft wuchert. Wenn sich dieser Pilz zur Vermehrung anschickt, erheben sich gewisse Hyphenfäden aus dem Substrat, wachsen vertikal nach aufwärts und tragen an ihrem Ende eine kugelige, mit einer Membran umgebene, inhaltsreiche Zelle, deren Plasma schließlich in eine große Anzahl von Sporen zerfällt. Durch das Gewicht des Köpfchens wird der Träger nach abwärts gebogen, nach einer gewissen Zeit wird die Membran der Mutterzellen auf- gelöst und die Sporen gelangen ins Freie, um entweder auf derselben Unterlage oder, durch Luftströmungen fortgeführt. auf einem anderen Nährboden auszutreiben und ein neues Mycel zu bilden. Auf ähnliche Weise vermehren sich auch viele andere Pilze. Einer besonderen Art der Bildung von Sporen begegnen wir in der Reihe der Schleimpilze. Wir haben den Ent- wickelungsgang derselben schon früher bis zur Ausbildung des Plasmodiums verfolgt!). Nach einer bestimmten Zeit er- 1) Verel. 8. 11. 74 hebt sich aus dem Plasmodium ein ziemlich kompliziert ge- bauter, oft schön gefärbter, bei verschiedenen Typen sehr nannigfach gestalteter, von einer derben Hülle umgebener „Fruchtkörper‘, das Aethalıum, welches gewöhnlich in seinem Innern ein ungemein zartes, vielfach verästeltes Geflecht, das Kapıllıtium, birgt. Im Inneren des Aethaliums bilden sich die einzelligen Sporen. Dieselben werden später frei und besorgen die Verbreitung des Pilzes. Konidien treffen wir besonders häufig unter den eigentlichen Pilzen. Ein schönes Beispiel bieten uns die verschiedenen Pinselschinmmel (Aspergillus und Penicillium). Abb. 6. Bierhefe (Saccharomyces cerevisiae). Fig. 1. Einzelliges Individuum. Es sind die Zellwand, das Protoplasma, zwei große und mehrere kleine Vacuolen zu sehen. — Fig. 2. Zelle mit zwei Konidien („sprossend*). — Fig. 3. Zelle mit Endosporen. — Vergr. 1200. — Nach Wettstein. : Diese Gattungen haben ein ähnliches Mycel wie Mucor, aus welchem sich ein wie bei diesem vertikal nach aufwärts wachsender Sporenträger entwickelt. Das Ende desselben ist nun bei Aspergillus kopfförmig verbreitert und es schnüren sich an demselben außen in vielen Reihen die Konidien ab, welche schließlich durch die Luft verbreitet werden. Beim ge- wöhnlichen grünen Pinselschimmel (Penieillium) geht das Ende des Trägers in mehrere stäbchenförmige Äste über, an deren Enden sich erst die Konidien in großer Anzahl abschnüren, so zwar, daß die oberste die älteste, zuerst gebildete ist. Die Konidienbildung der Hefepilze, jener einzelligen Organismen, welche in zuckerhältigen Flüssigkeiten Alkoholgährung hervor- rufen, wird Sprossung genannt). 1) Vergl. Abb. 6, Fig. 1 und 2. 15 Die höchststehenden Pilze, zu denen unter anderen auch unsere „Schwämme“ gehören, lassen sich in zwei große Gruppen teilen, deren eine durch den Besitz ganz bestimmter endogener, die andere durch ebenfalls ganz charakteristische exogene Sporen ausgezeichnet ist. Sie bilden jene mehr oder minder kompliziert gebauten Sporenträger aus, die uns als gestielter „Hut“ bei den Schwämmen oder als Schwamm schlechtweg bekannt sind. Die erste Gruppe bilden die so- genannten Schlauchpilze, die zweite die Basidienpilze. Diejenige Schichte des Hutes, in welcher die Sporen, respek- tive die Sporen erzeugenden Gewebe zu finden sind, heißt das Hymenium. Von den Schlauchpilzen haben nur wenige Formen, wie die Morcheln und Lorcheln (Morchella und Helvella) große Sporenträger. Der eigentliche Vegetationskörper eines solchen Pilzes, zum Beispiel einer Morchel, ist sehr unscheinbar, denn er besteht nur aus dem im Humus des Waldes oder der Wiese wuchernden Mycelium. Aus diesem Mycelium erhebt sich nun, wenn sich der Pilz zur Sporeubildung anschickt, ein Frucht- körper, welcher eben das ist, was wir Morchel nennen. Der Strunk sowohl als auch der eiförmige Hut bestehen aus einem sehr engmaschigen Geflecht von Hyphenfäden, das außer der dichteren Rinde keine Gliederung in verschiedene Gewebe erkennen läßt. Das Hymenium ist jene Schichte, welche den äußeren, grubigen Teil des Hutes überzieht. Hier 8, senkrecht zur Oberfläche gestellt, länglich sackförmige und zwischen diesen kommen in vollkommen regelmäßiger Anordnun fadenförmige Zellen zur Ausbildung. In den ersteren zerfällt das Protoplasma in zwei, vier und schließlich acht Teile, deren jeder sich mit einer Membran umgibt und eine Spore darstellt. In jedem Sacke befinden sich demnach acht Sporen. Die einzelnen Säcke (Schläuche oder Ascı) stehen eng- gedrängt nebeneinander und sind nur durch die erwähnten Fäden (Saftfäden oder Paraphysen) getrennt. Jur Zeit der Sporenreife werden die Schläuche aufgelöst und die Sporen kommen ins Freie, um durch den Wind verbreitet zu werden und unter günstigen Verhältnissen ein neues Mycelium zu bilden. 76 Ähnlich sind die Verhältnisse bei den meisten andern Schlauch- pilzen. Die Trüffel zum Beispiel hat unterirdische, knollige, harte Fruchtkörper; das Hymenium ist im Innern dieser Knollen. Die verhältnismäßig großen, dunkelbraunen, stacheligen Sporen entstehen zu vieren in je emem Schlauche. Die Verbreitung erfolgt durch die Exkremente von Tieren (Schwemen), welche -die wohlriechenden und -schmeckenden Fruchtkörper ausgraben und verzehren. Bei vielen Gattungen sitzen die Schläuche in Perithecien, das ist in flachen oder krugförmigen Ver- tiefungen eines Fruchtträgers, welche mit kleinen Öffnungen an der Oberfläche desselben münden. Noch viel mannigfaltiger in der Ausbildung des Frucht- körpers sind die Basidienpilze Ebenso wie für die Schlauchpilze die Schläuche, sind für diese die Basıdıen charakteristisch. Es sind dies an den Enden gewisser Hyphen aufretende keulige Gebilde, deren jedes 2—8 (meist 4) Stielchen, die Sterigmen, trägt. An jedem dieser Sterigmen wird eine einzige Spore (Basidiospore), die also eine Konidie ist, abgegliedert. Das die Basidien tragende Hy- menium überzieht ganz bestimmte Teile des Fruchtkörpers. Bei den Hautpilzen (Hymenomyceten) ist es außen an den Fruchtkörpern, bei den Bauchpilzen (Gasteromy- ceten) im Innern derselben. Zu den Hymenomyceten gehören unsere wichtigsten Schwämme. Der Vegetationskörper derselben ist zumeist ein im Boden lebendes Mycel, ganz ähnlich dem einer Morchel.e. Am Fruchtkörper kann man meistens Hut und Strunk unterscheiden. Beim Champignon, Fliegen- schwvamm und vielen anderen Pilzen befindet sich das Hy- menium, gegen Regen wohlgeschützt, auf vielen radialen Blättchen an der Unterseite des zusammen mit dem Strunke einem Regenschirm ähnelnden Hutes. Das Hymenium selbst besteht aus Basidien und Paraphysen. Bei anderen Pilzen stehen die Basidien nicht auf Blättchen, sondern m Röhren, zum Beispiel beim Herrenpilz. Manchmal fehlt auch der Strunk (Polyporusarten : Zunderschwamm). Wieder in anderen Fällen überkleidet das Hymenium Stacheln (Hydnum: Habichts- schwamm) oder die Enden von Keulen (Olavaria: Bären- | m tatze). Die Bauchpilze, zu denen der. bei uns häufige Flockenstäubling gehört, tragen das Hymenium im Innern ihres Fruchtkörpers. Gewöhnlich ist außer den Basidien noch ein dichtes Geflecht vieler Hyphenfäden vorhanden, zwischen welchen sich die von den Basidien abgetrennten Sporen be- finden und welches dann, wenn die vertrocknende Hülle zer- reißt, samt den Sporen als bräunliches Pulver vom Winde verbreitet wird. Viele Schlauch- und Basidienpilze haben außer dem Stadium der gewissermaßen normalen Sporenbildung noch andere einfachere Konidienbildungen, welche an die des Asper- gillus erinnern. Bei manchen findet em ganz regelmäßiger Wechsel von Konidien und Asco-, beziehungsweise Basidio- sporen bildenden Stadien statt; es liegt also hier ein Fall von Generationswechsel vor. Zwei einfache Beispiele mögen dies erläutern. Unser gewöhnliches Mutterkorn, Claviceps purpurea, ist jenes hornförmige Gebilde, welches wir bereits als Dauermycel_ unter den Namen Sklerotium kennen gelernt haben !). Dieses Ge- bilde tritt im Sommer an den Ähren mehrerer Getreidearten auf und fällt im Herbste zu Boden und überwintert. Im nächsten Frühjahre treibt es nun unter günstigen Verhält- nissen eine größere Anzahl (10—20) dünner Strünke, welche an ihrer-Spitze je ein kugeliges Köpfchen tragen. Strünke und „Hüte“ bestehen aus einem ebenso dichten, ein Parenchym vortäuschenden Geflechte von Hyphen, wie der Fruchtkörper einer Morchel. An einem Querschnitte durch das Köpfchen erkennt man, daß in dasselbe zahlreiche flaschenförmige Peri- thecien eingesenkt sind, welche mit je einer kleinen Öffnung nach außen münden. In jedem Perithecium sitzt am Grunde eine große Anzahl von Schläuchen, deren jeder acht faden- förmige Sporen bildet. Zur Zeit der Getreideblüte verlassen die Sporen die sich auflösenden Schläuche und gelangen durch die Öffnung des Peritheciums ins Freie. Kommt nun eine solche Spore auf den Fruchtknoten einer Getreideblüte — die an 1) Vergl. 8. 19. . 18 sich geringe Wahrscheinlichkeit hiefür wird durch die ungemein große Menge der Sporen wesentlich erhöht — so treibt sie einen Schlauch ins Innere derselben, aus welchem sıch alsbald ein den ganzen Fruchtknoten durchwucherndes und aussaugen- des Mycelium entwickelt. Die einzelnen Hyphen desselben sondern an ihren Enden an der Oberfläche des Fruchtknotens viele Konidien ab. Durch eine gleichzeitig entstehende süb- liche Absonderung werden Insekten angelockt, denen sich die Konidien anhetten, um so von Fruchtknoten zu Fruchtknoten verbreitet zu werden und neue Mycelien zu erzeugen. Nach einer gewissen Zeit, zur Getreidereife, stellt der Pilz die Konidienbildung ein und es wird jetzt das Mycel zum Sklero- tium, das später zu Boden fällt und überwintert, um im Frühjahre auf die bereits geschilderte Weise die Entwickelung des Pilzes fortzusetzen. Wir sehen also, daß uns der Mutterkornpilz zu verschiedenen Zeiten in zwei ganz verschiedenen Generationen entgegentritt — einer Ascosporen- und einer Konidiengeneration — und nennen diese Erscheinung Generationswechsel. Auch die Pinselschimmel sind Schlauchpilze, welche zu gewissen Zeiten in Gebilden, welche den Fruchtkörpern der höheren Asco- myceten analog sind, Schläuche mit Ascosporen tragen. Die früher !) besprochenen charakteristischen Träger mıt den exogen entstehenden Sporen entsprechen nur einer Konidienform dieser Pilze. — Die Hefepilze, deren Konidienform wir bereits kennen gelernt haben?), erzeugen unter bestimmten Ernährungsverhältnissen gleichfalls Zellen mit Endosporen ®). Auch unter den Basidiomyceten gibt es sehr typische Fälle von Generationswechsel. Der gefürchtete in die Gruppe der Rostpilze (Uredineen) gehörende Grasrost (Pieci- nia graminis) bildet im Sommer auf den Blättern und Stengeln verschiedener Grasarten, auf denen er sich als Parasit ange- siedelt hat, längliche, mißfarbige Streifen, den sogenannten Rost. Bei näherer Untersuchung findet man im Innern der Wirts- pflanze das Mycel des Pilzes, dessen Hyphen an gewissen Stellen zu Büscheln vereint die Epidermis des befallenen 1) Vergl. S. 74. ?) Vergl. Abb. 6, Fig. 2. °) Vergl. Abb. 6, Fig. 3. -] .n — Organs durchbrechen, um an die freie Oberfläche zu gelangen. Jede Hyphe des Büschels schnürt eine eimzellge, dünnwandige, dunkelbraune Konidie, die Uredospore, ab. Diese kann wieder ein Gras befallen und eine Hyphe ins Innere desselben treiben, die zu einem neuen, Uredosporen erzeugenden My- celium heranwächst. Im Herbste entstehen statt der Uredo- sporen zweizellige, dickwandige, zur Überwinterung bestimmte Teleutosporen, welche auf der Erde überwintern und im Frühjahre ein Promycelium, das ist ein mehrzelliges, saprophytisch am Humus lebendes fädliches Gebilde, erzeugen, an dessen Enden sich ähnlich wie bei den Basidiomyceten vier Exosporen, die Sporidien, abschnüren. Diese werden durch Luftströmungen fortgeführt, können sich aber merkwürdiger- weise nur dann weiterentwickeln, wenn sie auf die Blätter des Berberitzenstrauches gelangen. Hier keimen sie, treiben einen Schlauch, der ins Innere des Blattes eindringt und zu einem Mycelium wird. Nach Ablauf einer gewissen Zeit bilden sich aut der Unterseite des befallenen Blattes breite, becher- förmige Gebilde mit weiter Mündung, in welche Hyphenfäden hineinragen, die in großen Mengen neue Konidien, die Aecidio- sporen, absondern. Auf der Oberfläche des Berberitzenblattes erzeugt das Pilzmycel engere, in ihrer Form den Peri- thecien des Mutterkornpilzes ähnliche Behälter, die Sper- mogonien, in welchen Hyphen des Myceliums die Pykno- konidien abschnüren. Die Aecidiosporen werden auch durch den Wind verbreitet und befallen die Vegetationsorgane der Gräser, um hier wieder zum Ausgangspunkt eines neuen Uredosporen liefernden Myceliums zu werden. Auch die Pyknokonidien sind ungeschlechtliche Fortpflanzungszellen. Der Generationswechsel der Rostpilze besteht also in einer regelmäßigen Aufeinanderfolge einer saprophytischen (Pro- mycel) und mehrerer parasitischer Generationen, die sogar auf verschiedenen Wirten (ähnlich wie die Trichine) schmarotzen. Jede dieser Generationen erzeugt Fortpflanzungszellen un- geschlechtlicher Natur. — Verhältnismäßig einfacher ist der Ge- nerationswechsel der gleichfalls unliebsam bekannten Usti- lagineen oder Brandpilze. Hier wechseln nur zwei Ge- Su nerationen: ein im Frühjahre entstehendes, saprophytisch lebendes Promycel und ein parasitisches Stadium, dessen in den Fruchtknoten vieler Gräser massenhaft auftretende Konidien ein dunkles Pulver (Brand der Gräser) bilden. Die Flechten haben wir als Organismen kennen gelernt, die aus einem Pilze und emer Alge zusammengesetzt sind Der Alge fällt vor allem die Aufgabe der Assimilation, dem Pilze die Herbeischaftung der anorganischen Nahrung zu. Die Flechtenpilze sind zu allermeist Ascomyceten. Diese Pilze bilden die für die Flechten charakteristischen Apothecien aus, das sind scheiben- oder schüsselförmige Behälter der Schläuche, wie sie auch bei frei lebenden Pilzen zu finden sind, Auch Perithecien, in den Thallus eingesenkte Behälter mit nach außen mündender Öffnung, werden von vielen Flechtenpilzen gebildet. In den Apothecien und Perithecien liegen — genau wie bei den frei lebenden Pilzen — die Schläuche, in welchen auf die uns schon bekannte Weise die Ascosporen entstehen. Außer diesen können von den Hyphen des Flechtenpilzes Exo- sporen, sogenannte Pyknokonidien, abgeschnürt werden, ähn- liche Fortpflanzungszellen wie die Gebilde gleichen Namens der Uredineen. Meist entstehen diese Pyknokonidien in den Spermogonien dieser Pilze gleichwertigen Gebilden, den Pykniden,. Eine solche Ascospore aus den Apo- oder Peri- thecien oder eine Pyknokonidie aus den Pykniden einer Flechte ist aber, wenn sie keimt, allein nicht imstande, eine neue Flechte zu bilden. Sie würde vielmehr alsbald zugrunde gehen. Nur wenn der Keimschlauch auf Algengonidien trifft, ist die Möglichkeit der Bildung eines neuen Thallus gegeben, indem er diese innig umschlingt und gemeinsam mit ihnen alsbald lebhafte Teilungen eingeht. — Außerdem haben aber die Flechten noch eine andere Art ungeschlechtlicher Fortpflanzungs- organe, welche die wunderbare Natur dieser eigenartigen Ge- bilde besonders schön zum Ausdrucke bringen. Es sind dies dieSoredien, Ballen von Algengonidien und Pilzhyphen, welche sich entweder an ganz bestimmt umschriebenen Stellen (Sorale) oder am ganzen Flechtenkörper, ihn oft wie ein Pulver überziehend, entwickeln. Aus einem solchen Soredium, 81 das meist durch den Wind verbreitet wird, kann durch ent- sprechende Teilungen ohne weiteres ein neuer Flechtenthallus entstehen. Bei den Moosen ist die vegetative Fortpflanzung eine überaus mannigfaltige. Teile der Rhizoiden, Stämmchen, Blättehen und vor allem des später noch zu besprechenden Protonemas können bei Laubmoosen zum Ausgangspunkt für die Bildung eines neuen Moospflänzchens werden. Das ge- sellige Vorkommen der Moose ist ja eine Folge ihrer überaus mannigfaltigen Vermehrung auf ungeschlechtlichem Wege. Organe, die nur der vegetativen Fortpflanzung dienen, sind verhältnismäßig selten. Vor allem sei an die Brutkörper gewisser thallöser Lebermoose (Marchantia usw.) erinnert, welche sich in becherförmig umgrenzten Theilen des Lagers entwickeln. Sie sind vielzellige, bereits Chlorophyll ent- haltende Zellplatten, welche sich von der Mutterpflanze ab- lösen und, wenn sie günstige Ernährungsbedingungen finden, sich alsbald bewurzeln und zu einem neuen Lebermoosindi- viduum heranwachsen. Auch im großen Reiche der Farn- und Blütenptlan- zen ist die vegetative Fortpflanzung, wenn auch nicht so vor- herrschend wie bei den Moosen, keine seltene Erscheinung. An den verschiedensten Teilen des Pflanzenkörpers können Sprosse mit verkürzten Internodien und dichtgedrängten, meist schuppigen Blättern: Ableger, gebildet werden, die schließ- lich vom Mutterindividuum abgetrennt werden, Wurzeln treiben und zu einer neuen Pflanze derselben Art sich entwickeln. Wir begegnen solcher Ablegerbildung in den Achseln von Niederblättern bei Zwiebelpflanzen, zum Beispiel bei Lauch- arten, wo sich am Zwiebelkuchen der alten Zwiebel neue, in den Achseln der Zwiebelschuppen entstandene Brutzwiebeln bilden, oder in denen der Laubblätter, zum Beispiel bei der Feuerlilie, oder bei Dentaria bulbifera, deren Knöllchen nichts anderes sind als Ableger, die sich, nachdem sie abgefallen sind, bewurzeln, um zu einer neuen Pflanze zu werden, oder sogar ausschließlich in der Blütenregion, wie bei gewissen Laucharten oder Gräsern (Arten von Poa ete.), bei denen im Blüten- 6 32 stande an Stelle von Blütensprossen Vegetationssprosse, die gleich den Früchten zur Vermehrung dienen, zur Ausbildung gelangen. Eine und dieselbe Art kann in Gegenden, deren Klima die verhältnismäßig langwierige Entwickelung der Samen ermöglicht, wirklich blühen und fruchten, während sie in Gebieten, in denen sie nicht dıe für das Reifen der Samen nötigen Wärmeverhältnisse findet (zum Beispiel in den Alpen usw.), sich durch Jahre hindurch nur auf ungeschlechtlichem Wege vermehrt. Ja es gibt Grasarten, von welchen man bis- her überhaupt keine Blüten gefunden hat. Bei manchen Typen (zum Beispiel bei Asplenium viviparum, einem tropischen Farne) treten sogar an den Blättern neue Sprosse auf, welche in ähnlicher Weise wie die Brutknospen der Feuerlilie der ungeschlechtlichen Fortpflanzung dienen. Auch die Bewurzelung von Ausläufern und Lostrennung der- selben von der Mutterpflanze zum Zwecke der Bildung eines neuen Individuums, wie wir dies bei der Erdbeere finden, ist als vegetative Vermehrung anzusprechen. Auch die künstliche Vermehrung gewisser Pflanzen durch Stecklinge oder einzelne Blätter ıst ein ungeschlechtlicher Fortpflanzungsakt. Der Mensch hat sich nämlich die Fähig- keit vieler Pflanzen, an Sprossen (zum Beispiel beim Oleander) oder sogar an Blättern (zum Beispiel bei Begonien) neue Wur- zeln zu bilden, zunutze gemacht und versteht es, dieselben auf Grund dieser Eigenschaft zu vermehren. 2. Geschlechtliche Fortpflanzungsorgane. A. Die geschlechtlichen Fortpflanzungsorgane der Lagerpflanzen (Thallophyta). Das Wesen der geschlechtlichen Fortpflanzung besteht darin, daß der Bildung der zur Fortpflanzung bestimmten Zellen oder Zellgruppen eine Verschmelzung zweier Proto- plasten, ein Befruchtungsakt, vorausgeht: In den einfachsten Fällen sind die beiden Protoplasten einander vollkommen gleichartig, während es ein Zeichen höherer Organisation ist, wenn sich ein Unterschied zwischen dem befruchtenden und befruchteten Protoplasten erkennen läßt, ein Unterschied, 83 der sich zumeist auch auf die Zellen erstreckt, von denen die Protoplasten umschlossen sind. Man nennt den befruchtenden Protoplasten den männlichen, den befruchteten den weib- lichen. Vielen der niedersten Formen des Pflanzenreiches (Schleimpilze, Spaltpflanzen) fehlt überhaupt geschlecht- liche Fortpflanzung. Zum erstenmal begegnen wir derselben erst bei den Jochpflanzen. Doch finden wır hier noch nirgends eigene Fortpflanzungsorgane. Als ein einfaches Bei- spiel sei der geschlechtliche Akt, wie er bei der zu den Kon- jugaten gehörigen Alge Mougeotia stattfindet, geschildert. Die Mougeotiaarten sind gewöhnlich im Wasser freischwebende, Watten bildende Zellfäden. Die Zellen der zur geschlecht- lichen Fortpflanzung bestimmten Fäden sind einander voll- kommen gleich. Die einander gegenüberliegenden Zellen paralleler Fäden dieser Algen treiben bis zur gegenseitigen Berührung Fortsätze (Kopulationsschläuche) gegeneinander. Die plattenförmigen Chromatophoren werden aufgelöst und die Protoplasmen samt der Kernsubstanz ballen sich zusammen, gleiten in die Kopulationsschläuche und verschmelzen nach Auflösung der trennenden Membranen in der Mitte zwischen den beiden Fäden. Mit der Vereinigung der Protoplasmen geht eine solche der Kerne Hand in Hand und gerade in ıhr liegt das Wesen der Befruchtung. Das Produkt der Verschmelzung, welches sich alsbald mit einer derben Zellwand umgibt, wird als Zygospore (Joch- spore) angesprochen. Sie ist eine Dauerspore, das heißt erst nach einer längeren Ruheperiode kann sie durch entsprechende Teilungen einen neuen Mougeotiafaden bilden. Man nennt diese Art der Verschmelzung zweier Protoplasten Kopulation. Bei gewissen Spivogyraarten findet die Vereinigung der Proto- plasten, der eigentliche Befruchtungsakt, nicht in der Mitte zwischen beiden Fäden, sondern in einer der beiden Zellen statt, deren Inhalte kopulieren, und man kann diese Zelle als die weib- liche, die andere als die männliche bezeichnen !). Am höchsten !) Vergl. Abb. 7. 6* s4 stehen jedoch diejenigen Arten, bei denen sich die weiblichen Zellen auch durch ihre gedrungenere, mehr tonnenförmige Gestalt von den zylindrischen männlichen Zellen unterscheiden. Ein ähnliches Verhalten, wie die Spirogyren zeigen auch die ein- zelligen Desmidiaceen, die Kiesel- und gewisse Geisel- algen. Bei allen diesen einzelligen Formen sind es natürlich Abb. 7. Eine Spirogyraart. Fig. 1. Ein einzelner Faden mit vier Zellen, e Chroma- tophor, s Stärkekorn. — Fig. 2. Zwei Fäden mit kopulierenden Zellen, «—d aufein- anderfolgende Stadien der Befruchtung. — Fig. 3. Reife Zygospore. — Vergr. 350. — Nach De Bary und Wettstein. ganze Individuen, deren Protoplasten sich am Kopulationsakte beteiligen. Die Kopulation ist die für den Stamm der Kon- jugaten charakteristische Art der Fortpflanzung. Unter den Grünalgen finden wir bei den niedersten Formen (zum Beispiel bei Pleuwrococceus) überhaupt keine ge- schlechtliche Fortpflanzung. Erst auf höherer Stufe treffen wir Kopulation, die aber hier nicht innerhalb der gegeneinander wachsenden Zellhäute stattfindet. Es verlassen vielmehr die zur 3 So Kopulation bestimmten Protoplasten die Zellmembranen, um als unbehäutete, mittels Cilien aktiv bewegliche Schwärmer sich im Wasser herumzutummeln. Sie sehen den früher besprochenen Zoosporen sehr ähnlich, Um ihre geschlechtliche Funktion anzudeuten, hat man sie @Gameten genannt. Nach einer gewissen Zeit der Bewegung legen sie sich zu zweien aneinander, ziehen ihre Wimpern ein und verschmelzen 'zu einem einzigen Proto- plasmaklümpchen, welches sich entweder sofort oder nach längerer Bewegung mit einer Membran umgibt und jetzt auch als Zygospore bezeichnet wird. Die weitere Entwickelung der Zygospore ist der der Konjugaten sehr ähnlich. In den einfachsten Fällen sind die Gameten einander vollkommen gleich, ein Unter- ‚schied zwischen männlich und weiblich ist noch nicht vorhanden. Auf höherer Stufe läßt sich eine größere (weibliche) von einer kleineren (männlichen) Gamete unterscheiden. Bei den höchststehenden Grünalgen finden wir bereits männliche und weibliche Fortpflanzungsorgane!). Die ersteren heißen Antheridien, die letzteren Dogonien. Die Antheridien sınd Zellen, aus deren Inhalt sich zumeist viele, mittels Cilien frei bewegliche Schwärmer, Spermato- zoiden entwickeln. Die Oogonien umschließen zumeist eine einzige Zelle, die Eizelle, deren Protoplasma zur Befruchtung durch die Spermatozoiden bestimmt ist. Diese schwimmen. nachdem sıe das Antheridium verlassen, im Wasser umher und dringen schließlich in die Eizelle ein, um mit dieser zu ver- schmelzen. Dieser Akt der Verschmelzung ist die eigentliche Befruchtung. Ein einziges Spermatozoid genügt zur Befruch- tung einer Eizelle. Das Resultat der Befruchtung ist die Bildung einer mit einer Membran umgebenen Spore, der Öospore, aus welcher in ähnlicher Weise wie aus den Zygosporen ein neuer Algenthallus entsteht. Die kom- pliziertesten Antheridien und Oogonien treffen wir im Bereiche der Grünalgen bei den Armleuchtergewächsen (Characeen). Auch bei den Braunalgen entbehren die niedersten Formen der geschlechtlichen Fortpflanzung. Höher organi- 2) Vergl. Abb. 8, Fig. A und 5. S6 sierte Formen zeigen Gametenkopulation. Bei ausbleibender Kopulation können sich auch die Gameten wie ungeschlechtliche 7oosporen verhalten. Die höchststehenden Braunalgen, haben ziemlich kompliziert gebaute Antheridien und Oogonien. Beide sitzen zumeist in Vertiefungen (Konzeptakeln) des Thallus. Die aus den Antheridien frei werdenden, im Wasser durch Cilien beweglichen Spermatozoiden befruchten die aus den Abb. 8. Eine fadenförmige Grünalge (Oedogonium tumidulum). Fig. 1. Vierzelliger Faden. — Fig. 2. Faden mit freiwerdender Zoospore b, a Zelle vor, e nach dem Ausschwärmen der Zoospore. — Fig. 3. Zoospore, w Wimpern. — Fig. 4. Faden mit Oogonium o. — Fig. 5. Fadenstück mit Antheridien an, s Spermatozoiden. — Vergr. 320. — Nach Pringsheim und Wettstein. Oogonien austretenden und ohne aktive Bewegung im Meer- wasser schwimmenden Eizellen. Besonders kompliziert ıst die Befruchtung bei den Rot- algen. Die Typen dieser sehr formenreichen Gruppe haben zum Unterschiede von den Grün- und den meisten Braun- algen nur passiv bewegliche männliche Fortpflanzungszellen, die Spermatien. Die Eizelle, Karpogon, hat an ihrer Spitze zumeist eine haarartige Verlängerung, das Trichogyn. Im Wasser fortgetrieben, gelangen die Spermatien an die Trichogyne und verschmelzen mit denselben. Diese Ver- 37 einigung ist aber nicht immer die eigentliche Befruchtung, sondern oft erst gewißermassen ein Anstoß zu derselben, indem jetzt der Inhalt des Carpogons mit anderen Zellen des Eiapparates Verschmelzungen eingeht, deren Resultat die Bil- dung der Rhodophyceenfrucht ist. Die Pilze haben in Anpassung an den Landaufenthalt nicht 'nur meist die Bildung von Zoosporen, sondern auch die der beweglichen Protoplasten, die zur geschlechtlichen Fort- pflanzung dienen, also der Gameten und zumeist auch der Spermatozoiden eingebübt. Geschlechtliche Fortpflanzung ist überhaupt bei den Pilzen viel seltener als bei den Algen. Nur einige im Wasser lebende Pilze zeigen Befruchtung von Eizellen durch Spermatozoiden. Alle anderen Befruchtungs- arten bestehen in Verschmelzungen ruhender Protoplasten. Der einfachste Fall ist nach Analogie der Konjugaten Kopu- lation. Wir finden dieselbe besonders schön beim gewöhn- lichen Köpfchenschimmel. Zwei Fäden des Mycels wachsen bis zur Berührung der Wände gegeneinander, sondern dann durch Querwände je eine Zelle ab, deren Inhalte schließlich zu einer sich später mıt einer derben braunen Membran be- kleidenden Zygospore verschmelzen. Eine nur bei Pilzen vorkommende Art der Befruchtung finden wir bei dem Kartoffelpilze (Phytophthora infestans); einem bekannten Schädlinge, dessen Mycel hauptsächlich im Gewebe der Kartoffelblätter lebt und auf deren Unterseite durch die Spaltöffnungen Konidienträger nach außen treibt. An ge- wissen Mycelfäden im Innern des Blattes finden sich nun Oogonien mit einer Eizelle. An anderen in der Nähe befind- lichen Hyphen werden sogenannte Pollinodien angelegt, männliche Befruchtungsorgane, die keine Spermatozoiden aus- bilden — dieselbe wären ja auch hier ohne Bedeutung, da sie >) in der Luft der Blattintercellularen von ihren Cilien keinen Gebrauch machen könnten — sondern gegen das Oogonium einen Schlauch treiben, der dessen Wandung durchdringt. Das Plasma des Pollinodiums gelangt dann in das Oogonium und verschmilzt mit dem Plasma der Eizelle. Die Bildung einer Oospore ist das Resultat der Befruchtung. 88 Den höheren Pilzen — Asco- und Basidiomyceten — kommt nach den heute herrschenden Ansichten überhaupt keine geschlechtliche Fortpflanzung zu. Man hat allerdings gewisse Kernverschmelzungen, welche der Bildung der Asei, be- ziehungsweise Basidien vorausgehen sollen, als geschlecht- lichen Akt gedeutet, doch hat sich diese Ansicht bisher nicht zu einer herrschenden Lehre auszugestalten vermocht. An Stelle der geschlechtlichen Fortpflanzung haben diese Pilze jene so ausgiebigen und mannigfaltigen Arten der unge- schlechtlichen Vermehrung, welche wir ja früher in ihren wichtigsten Formen kennen gelernt haben. Sechster Vortrag. B. Die geschlechtlichen Fortpflanzungsorgane der Moos-, Farn- und Blütenpflanzen (Bryophyta, Pteridophyta und Anthophyta). Die höheren Pflanzen von den Moosen aufwärts lassen sich in bezug auf ihre Fortpflanzung in eine natürliche Reihe bringen, deren Glieder, die Bryophyten, gleich- und ungleich- sporigen Pteridophyten, Gymnospermen und Angiospermen, in ihren Befruchtungseinrichtungen eine immer vollkommenere Anpassung an das Landleben erkennen lassen. Während sich bei den Bryophyten und Pteridophyten die Befruchtung noch im Wasser vollzieht, haben sich die Gymnospermen und Angiospermen als höchstentwickelte Landpflanzen von der Befruchtung im Wasser vollkommen emanzipiert, aber nicht, wie die Pilze, dieselbe verloren, sondern an ihrer Stelle Ein- richtungen erworben, welche eine Befruchtung außerhalb des Wassers ermöglichen. Die Bryophyten oder Moose sind zwar zumeist Land- pflanzen, welche nur durch Rhizoiden in dem wasserhältigen Boden befestigt sind, aber sie besitzen, wie wir bereits bei der Besprechung ihrer Vegetationsorgane kennen gelernt haben, in hohem Grade die Fähigkeit, Wasser in flüssıgem Zustande festzuhalten, und sind somit noch in hohem Grade vom flüssigen Element abhängig. In der gesamten Pflanzenwelt nehmen sie demnach in gewisser Beziehung eine Zwischenstellung ein zwischen den größtenteils ans Wasserleben angepaßten niederen 90 Formen und den höheren Gewächsen, die größtenteils Land- pflanzen sind. Die Befruchtung der Moose erfolgt aber immer im Wasser. Meist an der Spitze des Vegetationskörpers oder in den Achseln gewisser Blätter — es soll zunächst nur von den Laubmoosen die Rede sein — entstehen die männ- lichen und weiblichen Zeugungsorgane, die Antheridien und Archegonien. Dieselben treten bei manchen Arten an ein und demselben Individuum auf, bei anderen tragen gewisse Individuen nur Antheridien, andere nur Archegonien. Im ersteren Falle spricht man von einhäusigen, im letzteren von „weihäusigen Moosen. Häufig sind die Geschlechtsorgane von eigenen, aus Blättern gebildeten Hüllen (Perianthium) um- eeben. Die Antheridien sind kugelige oder ellipsoidische Gebilde und enthalten ein parenchymatisches, nach außen durch eine aus einer Zellschichte bestehende Wand abgeschlossenes Ge- webe, aus dessen Zellen die bewimperten, nur ım Wasser beweglichen Spermatozoiden hervorgehen. Die Archegonien sind komplizierter gebaut als die Oogonien der Algen. Sie haben meistens Flaschenform. Die kugelige Eizelle wird näm- lich von einem flaschenförmigen Gewebe, der Wand, um- schlossen, das aus einer Zellschichte besteht. Die Zellen des Halses dieser Flasche lassen zwischen sich einen zur Eizelle führenden Kanal frei, in welchem sich mehrere Zellen befin- den, deren untere, unmittelbar über der Eizelle liegende die Bauchkanalzelle genannt wird, während die oberen, die den Halskanal nach außen abschließen, Halskanalzellen heißen. Die Eizelle und Bauchkanalzelle samt den sie um- schließenden Wandzellen bilden den Bauchteil, die Hals- kanalzellen mit ihrer Wand den Halsteil des Archegoniums. Zur Zeit der Empfängnisreife der Eizelle verschleimen die Halskanalzellen und ihr Inhalt tritt über den Rand des Arche- goniums. Die inzwischen aus dem Antheridium freigewordenen, mit zwei Cilien versehenen Spermatozoiden bewegen sich im Wasser — ihr Austritt erfolgt nur zu Zeiten der Feuchtig- keit, in welchen die Perianthien mit Wasser gefüllt sind und der Mooskörper mit einer Wasserhülle umgeben ist — bis 98 zum Halse eines Archegoniums, werden hier durch den Schleim der Kanalzellen festgehalten, dringen durch den Hals bis zur Eizelle vor und vollziehen hier die Befruchtung. Ein einziges Spermatozoid genügt zum Befruchtungsakte. Dieser selbst besteht in einer Verschmelzung des Kernes und Plasmas des Spermatozoids mit dem der Eizelle. Nach der Befruchtung beginnt sich die Eizelle, ohne vom Moosstämmchen abzufallen, zu teilen. Durch fortgesetzte gesetzmäßige Teilungen und das Heranwachsen der neu ge- bildeten Zellen entsteht das Sporogon, das ıst die Moos- kapsel(wohl auch Moosfrucht genannt), samt dem Fuße, jenem Gewebsteile, welcher das Sporogon im Moospflänzchen befestigt. Meist erhebt sich das Sporogon an einem auch erst nach der Befruchtung durch Teilungen der Eizelle ent- standenen, langen Stiele, der Seta, über das Moospflänzchen. Die Verbindung des Fußes mit diesem ist aber stets nur eine lose, niemals ist eine organische Verwachsung zu konsta- tieren. — Den Torfmoosen (Sphagnen) fehlt die Seta. An ihrer Stelle ist der oberste Teil des Moosstämmchens als Pseudo- podium stielartig verlängert. — Während der Entwickelung der befruchteten Eizelle wird der Hals des Archegoniums von dessen Grundteil abgerissen und entweder abgeworfen oder er bedeckt, indem er sich vergrößert, den obersten Teil des Sporogons und wird von diesem, wenn es durch die Seta emporgehoben wird, als sogenannte Haube (Calyptra) mit- genommen, während der untere Teil als Scheide (Vagınula) zurückbleibt. Die Kapsel selbst besteht aus einer, mehrere Zell- schichten dieken, meist Spaltöffnungen führenden Wand und aus einem von dieser umschlossenen Gewebe, aus dessen Zellen auf ungeschlechtlichem Wege zu vieren (in Tetraden) die einzelligen Sporen entstehen. Fast immer ist das sporen- erzeugende Gewebe von einer Säule steriler Zellen, der Golumella, zumeist der ganzen Länge nach — bei den Torfmoosen nur ım unteren Teile — durchsetzt. Oben hat das Sporogon zumeist einen sehr zierlichen, oft gestielten Deckel, welcher zur Zeit der Sporenreife. abfällt und dabeı nicht unregelmäßig, sondern in der Weise abgetrennt wird, 92 daß das zurückbleibende Gewebe an der Abtrennungsstelle desselben eine größere oder geringere Anzahl von Zähnen, den Mundbesatz oder das Peristom, aufweist. Diese Zähne sind sehr hygroskopisch, bei trockenem Wetter sind sie, um den Sporen den Austritt zu gestatten, nach auswärts gekehrt, bei feuchtem Wetter dagegen schließen sie zusammen und verhindern so den Eintritt des Wassers in die Sporen- kapsel. Die Sphagnen haben kein Peristom. Die Sporen sind kugelige Zellen mit einer Membran, deren äußerer Teil, das Exospor, stark kutikularisiert, während die innere Schichte, das Endospor, dünnwandig ist. Das dicke Exospor schützt den Inhalt der Spore gegen schädliche äußere Einflüsse. Wenn die Spore unter entsprechende Licht-, Feuchtigkeits- und Wärme- verhältnisse gelangt, keimt sie, indem das Exospor gesprengt wird und das nur von dem Endospor umgebene Plasma einen Schlauch treibt, welcher, in die Länge wachsend, alsbald ein Rhizoid in den Boden sendet. Der am Boden weiterwachsende Teil des Schlauches teilt sich alsbald in mehrere Zellen. Später verästelt er sich und die Zellen ergrünen durch Aus- bildung von Chlorophylikörmern. Man nennt dieses einer Fadenalge sehr ähnliche Stadium das Protonema. Bei den Torfmoosen ist dasselbe flächig gestaltet. An irgendeiner Stelle des Protonemas bildet sich durch gesetzmäßige Zell- teilungen eine Knospe, welche an der Spitze eine Scheitel- zelle besitzt und zu dem vegetativen Mooskörper heranwächst, an dem sich schließlich neuerdings die Antheridien und Arche- gonien entwickeln, deren Befruchtung sich wieder in der be- reits geschilderten Weise vollzieht. So geht im wesentlichen die Entwickelung aller Laubmoose vonstatten. Bei den Lebermoosen ist das Protonema zumeist sehr unscheinbar, oft flächig entwickelt und erinnert an das Pro- thallıum der später zu besprechenden Farne. Die Geschlechts- organe werden bei den frondosen Formen oft auf Teilen des Thallus angelegt, die als Träger wesentliche Umänderungen erfahren haben (zum Beispiel bei Marchantia). Die Bauch- wand des Archegoniums wird niemals als Haube abgehoben, sondern bleibt an der Basis des Sporogons als Scheide zurück. 9 u» Eine Columella fehlt mit einer einzigen Ausnahme vollständig. Außer den Sporen werden in der Kapsel noch die sogenannten Schleuderzellen, Elateren, gebildet, welche unter anderem oft auch beim Ausstreuen der Sporen eine Rolle spielen. Die Kapsel öffnet sich zumeist durch Klappen, seltener durch einen Deckel. In der Art der Entwickelung stimmen die Lebermoose mit den Laubmoosen vollkommen überein. Wir erkennen in der Entwickelung aller Moose einen Generationswechsel, bei welchem mit einer durch keine Ausnahme gestörten Regelmäßigkeit eine geschlechtliche und eine ungeschlechtliche Generation (Gametophyt und Sporo- phyt) abwechselt. Die erstere umfaßt das aus der Spore sich bildende Protonema samt dem aus einer Knospe desselben entstehenden Moosstüämmchen, das dann die Befruchtungswerk- zeuge trägt (daher der Name Gametophyt). Durch Befruchtung der Eizelle des Archegoniıums entsteht eine neue, die unge- schlechtliche Generation, das Sporogon, das mit der geschlecht- lichen nicht organisch verbunden ist, seine Unabhängigkeit von dieser vielmehr unter anderem dadurch zu erkennen gibt, daß es oft Spaltöffnungen aufweist, was beim Gametophyten nie vorkommt. Ohne eine nochmalige Befruchtung, also auf ungeschlechtlichem Wege, entstehen im Sporogon die Sporen. Man nennt daher diese Generation auch den Sporophyten. Der eigentliche Vegetationskörper der Moose ist aber der Gametophyt. Die Farnpflanzen sind ım Vergleiche zu den Moosen schon viel mehr an das Landleben angepaßt, und im Zu- sammenhange hiemit können wir auch sehr leicht die Be- deutung der Unterschiede verstehen lernen, welche zwischen dem Generationswechsel dieser Gruppe und dem der Farn- pflanzen besteht. Wir wollen zunächst die Entwickelung eines gleichsporigen !) Typus, zum Beispiel eines der Farnkräuter unserer Wälder ins Auge fassen. Die an dem Farnwedel entstehenden Sporen sind ganz ähnlich gebaut wie die Sporen der Mooskapsel. Bei der Keimung, die auf der Erde statt- 1) Vergl..S. 98. 94 . findet, wird das Exospor gesprengt, das von dem Endospor umhüllte Plasma tritt als Zellfaden, der sich sogleich mit einem Rhizoid im Boden befestigt, aus der Hülle des Exo- spors und beginnt sich alsbald zu teilen. Durch fortgesetzte Teilungen bildet sich eine kleine, meist herzförmige, an den Seiten einschichtige, grüne Zellfläche, das Prothallium, welches mit einer in der Bucht zwischen den beiden Lappen vorn be- findlichen zweischneidigen Scheitelzelle weiterwächst und im ausgewachsenen Stadium meist nicht einmal 1cm? Flächen- inhalt besitzt. Auf der Unterseite ist es namentlich in der Mitte und an dem der Scheitelzelle gegenüberliegenden Ende mit vielen Rhizoiden im Boden befestigt und trägt vorn, zwischen den Rhizoiden, die Archegonien, welche, zum Teil im Prothalliumgewebe eingesenkt, viel einfacher gebaut sind als bei den Moosen, aber doch denselben Typus erkennen lassen, indem die Bauchkanalzelle, die Halskanalzellen und auch die Zellen der Halswand vorhanden sind. Aus anderen, weiter hinten gelegenen Zellen entstehen sehr einfach gebaute, kleine, aus dem Prothallium wenig hervorragende Antheridien (das Prothallium ist also einhäusig) mit Wandzellen und einer die Spermatozoiden bildenden Mittelschichte. Zur Zeit der (eschlechtsreife verlassen die Spermatozoiden das Antheridium, bewegen sich mittels zahlreicher Cilien ım Wasser an der Unterseite des Prothalliums und dringen schließlich ganz wie bei den Moosen in den Hals der Archegoniums und befruchten die Eizelle. Alsbald nach der Verschmelzung des Spermatozoids mit dem Plasma derselben beginnt sich diese zu teilen. An einem Prothallium geht stets nur aus der Eizelle eines Archegoniums eine Farnpflanze hervor. Zunächst entstehen zwei, dann vier Zellen. Diese sind bereits die Anlagen der Hauptorgane der ent- stehenden Farnpflanze, indem aus einer dieser Zellen die Wurzel, aus der zweiten der Stamm, aus der dritten das erste, sehr einfache Blatt (Keimblatt) des Farnes hervorgeht. Aus der vierten Zelle wird der Fuß, welcher den jungen Farnembryo im Prothallium befestigt und es dem heranwachsenden Pflänz- chen ermöglicht, dem Prothallium Nährstoffe zu entziehen. Es 95 erfolgt jetz ein lebhaftes Wachstum, und alsbald sieht man an dem aus der einen der ersten vier Zellen entstandenen Stämmchen nach aufwärts ein Blatt und nach abwärts ein Würzelchen wachsen. An der Spitze des Stämmchens hatsich der Vegetations- kegel gebildet, durch dessen Teilungen das Stämmchen weiter- wächst und neue Blätter entstehen. Bei den meisten Farnen bleibt der Stamm kurz, bei unseren einheimischen sogar unter- irdisch (als Rhizom), nur bei den Baumfarnen der Tropen er- hebt er sich oft hoch über den Boden. In ganz gesetzmäßiger Anordnung, stets wechselständig, entstehen an ihm die großen, in der Regel an ihrem Stiele mit eigenartigen Trichomen, den Spreuschuppen, bekleideten, meist kompliziert zu- sammengesetzten Blätter, welche in der Jugend spiralig nach einwärts gerollt sind. An den Blättern der ausgewachsenen Exemplare bilden sich unterseits in verschiedenartiger Anordnung Häufchen soge- nannter Sporangien, gestielter oder sitzender Säckchen mit einer aus einer Zellschichte bestehenden Wand, dem sporen- erzeugenden Gewebe im Innern und der Tapeten- schichte zwischen beiden. Wie bei den Moosen entstehen die Sporen aus je einer Mutterzelle zu vieren (in Tetraden). Die Sporangienhäufchen (S ori) sind entweder von einer Wucherung der Epidermis des Blattes, dem Schleier (Indusium), dessen Anheftung zur Zeit der Sporenreife sehr verschiedenartig sein kann, überdeckt oder nackt. Eigentümlich verdickte Zellen, welche in bestimmten Teilen der Sporangienwand auftreten und zu- sammen den Rin gbilden, bewirken die Öffnung des Sporangiums zur Zeit der Reife der Sporen. Die Sporen werden vom Winde fortbewegt und keimen, auf einen entsprechenden Nährboden gelangt, um in der bereits geschilderten Weise ein neues Prothallium zu bilden. Blätter, an denen Sporen entstehen, wie dies bei den Farnen der Fall ist, nennt man Sporen- blätter oder Sporophylle, Blätter, welche nur der Assi- milation, also der Ernährung dienen, Ernährungsblätter oder Trophophylle. An den meisten unserer Farne ver- einigen die Blätter die Eigenschaften eines Tropho- und Sporophylles. Nur bei einigen, wie beim Straußfarn (Onoclea 96 Struthiopteris) wird die Assımilation von eigenen Trophophyllen, die Fortpflanzung von später entstehenden, ganz anders ge- stalteten Sporophyllen besorgt. Wenn wir den eben geschilderten Generationswechsel der Farne mit dem der Moose vergleichen, so sehen wir, daß bei den ersteren die geschlechtliche Generation bedeutend unterdrückt ist, indem sıe nur mehr aus dem kleinen, unschein- baren Prothallium besteht, während als ungeschlechtliche Ge- neration die ganze mächtige Farnpflanze mit ihren oft zahl- losen Sorı auftritt. Es entspricht also das Prothallium der Farne dem Protonema der Moose samt dem ganzen Vegetations- körper dieser Pflanzen, während die hochorganisierte, mit einem bereits aus Tracheiden (oder gar Tracheen) und Siebröhren zusammengesetzten Leitungsgewebe, Spaltöffnungen etc. aus- gerüstete Farnpflanze, die man gewöhnlich einzig und allein als Farn bezeichnet, dem unscheinbaren Moossporogon gleich- wertig ist. Dieses deutet allerdings dadurch, daß es allein am Moose Spaltöffnungen besitzt, darauf hin, daß es ein der Farn- pflanze ebenbürtiges Gebilde ist. Es erscheint demnach bei den Farnen der Sporophyt bedeutend gefördert, der Ga- metophyt im Zusammenhange mit den viel geringeren Be- ziehungen dieser Gewächse zum flüssigen Wasser bedeutend unterdrückt. Die übrigen gleichsporigen Pteridophyten verhalten sich im Prinzip wie die Farne. Nur ist der Bau der Sporophyten ein ganz anderer. Die Sporen der Schachtel- halme haben ein Exospor, welches sich ın Form zweier riemenförmiger Stränge ablöst und sehr hygroskopisch ist, wodurch die Bewegung und Verbreitung der Sporen gefördert wird. Aus verschiedenen, der Gestalt nach gleichen Sporen ent- stehen zweierlei Prothallien, männliche und weibliche, die also wie gewisse Moose zweihäusig sind. Die Prothallien sind noch unscheinbarer als bei den Farnen. Die Befruchtung und Bildung des Sporophyten erfolgt in ähnlicher Weise wie bei den Farnen. Der Bau dieses Sporophyten ist nun ein ganz anderer, Während es bei den Farnen hauptsächlich die Blätter sind, welche der ganzen Pflanze das charakteristische Gepräge IT verleihen, sind hier die Blätter meist sehr klein, nicht geteilt, oft schuppenförmig und nicht wechselständig, sondern quirlig und an der Basis stets zu Scheiden verwachsen. Entsprechend der quirligen Stellung der Blätter ist auch die Verzweigung der Stämme, wenn überhaupt vorhanden, eine quirlige und auch die Seitenäste tragen an ihren Knoten Blattquirle. Die Assimilation fällt hauptsächlich den stets grünen, der Länge nach fein gerippten, verkieselten Stammgebilden zu. Manche Equisetumarten (zum Beispiel Equisetum arvense) haben zweierlei Sprosse: unverzweigte, bleiche Sprosse mit Sporophyllen im Frühling (fertile oder Fortpflanzungssprosse) und reich verzweigte, grüne Sprosse ohne Sporophylle ım Sommer (sterile oder Ernährungssprosse). Bei Zquisetum sil- vaticum und anderen nehmen die Fortpflanzungssprosse nach Abwerfen der Sporophyllistände die Eigenschaften der Er- nährungssprosse an. Kquwisetum hiemale, variegalum usw. endlich zeigen keinen Unterschied in ihren Sprossen. Vie Gefäßbündel sind nicht konzentrisch wie bei den Farnen, sondern kollateral und stehen wie bei den Diko- tyledonen in einem Kreise. Die Stämme sind von einem großen zentralen und mehreren kleineren, der Zahl der Bündel entsprechenden und mit diesen abwechselnden peripherischen Lufträumen der Länge nach durchzogen. Auch die Bündel selbst führen je einen Luftkanal. — Die Sporophylle sind von den Trophophylilen verschieden und am Ende des Haupt- stammes und oft auch gewisser Seitenäste zu je einem Sporo- phylistande vereinigt. Sie sind gewöhnlich schildförmig und tragen auf der Unterseite mehrere Sporangien, welche durch einen Längsspalt sich öffnen und die Sporen, die wie bei den Farnen entstehen, entleeren. Gewöhnlich bildet unterhalb des Sporophylistandes ein Kreis unfruchtbarer Blätter den so- genannten Ring, eine Andeutung der Blütenhülle der Samen- pflanzen. Während die Sporophylle der Farne sehr viele Sori tragen, deren jeder wieder viele Sporangien enthält, so daß also die Zahl der gesamten Sporangien an einem Sporophyll eine sehr beträchtliche ist, übersteigt sie hier selten die Zahl zehn und es ersetzt die große Zahl der Sporophylle die d 93 geringe Zahl »der Sporangien an einem solchen Blatt- gebilde. Die gleichsporigen Bärlappe endlich haben tetraedrische Sporen ohne Exospor. Die aus diesen hervorgehenden knollen- förmigen Prothallien sind einhäusig, rüben- oder walzenförmig und leben, da sie wenig oder gar kein Chlorophyll führen, saprophytisch. Die in den Antheridien entstehenden Spermato- zoiden haben wie die der Moose nur zwei Cilien. Die befruchtete Eizelle teilt sich zunächst ın zwei Zellen, von denen die eine zum Embryoträger wird, während aus der anderen durch weitere Teilungen — in ähnlicher Weise wie aus der ganzen Eizelle der Farne und Schachtelhalme — die Uranlage des Stammes, ersten Blattes, der Wurzel und endlich der Fuß hervorgeht. Der Sporophyt selbst besitzt diehotom-sympodial verzweigte Stämme mit konzentrischen Bündeln und nadel- oder schuppenförmigen, wechselständigen Trophophylilen und an den Enden der Sprosse meist zu Ähren vereinigte, gleichfalls schuppenförmige Sporo- phylle, welche oberseits an der Basis je ein einziges Sporan- gium tragen, das sich durch eine Längsspalte öffnet und die Sporen (Semina Lycopodi) entleert. Jeder dieser Gruppen von gleichsporigen (1s0- sporen) Pteridophyten entspricht eine Gruppe von un- gleichsporigen (beterosporen): den Farnen die Wasser- farne, den Schachtelhalmen die bereits ausgestorbenen Kala- miten, den Bärlappen endlich die sogenannten Moosfarne (Selaginellaceen) und die Isoetaceen. Das Charakte- ristische des Generationswechsels dieser heterosporen Pterido- phyten wollen wir an einer der in unseren Gewächshäusern häufig kultivierten Arten der Gattung Selaginella kennen lernen. Zum Unterschiede von den gleichsporigen Bärlappen entstehen hier an den Sporophyten, die denen der Bärlappe ähnlich sind, zweierlei Sporangien, kleinere (Mikrosporangien), in welchen zahlreiche kleine Mikrosporen, und größere (Makrosporangien), in welchen nur vier große Makro- sporen gebildet werden. Die Sporen verlassen die Sporangien und keimen auf feuchter Unterlage. Aus beiden Arten von Sporen bilden sich sehr kleine Prothallien, welche aus der 99 Sporenhülle, die bei der Keimung gesprengt wird, nicht heraustreten und nicht assımilationsfähig sind. Die Prothallien der Mikrosporen entwickeln ein einziges, sehr einfach ge- bautes Antheridium, aus dessen zentralen Teilen wieder die Spermatozoiden entstehen. Die Prothallien der Makrosporen tragen an ihrem freien oberen Ende ein paar sehr kleine, ein- gesenkte Archegonien. Die zweiwimperigen Spermatozoiden bewegen sich auch hier im Wasser des Bodens zu den Arche- gonien, befruchten deren Eizellen, und aus einer der Eizellen eines weiblichen Prothalliums entsteht in ähnlicher Weise wie bei den Bärlappgewächsen der Embryo des Sporophyten. Die beiden ersten Blätter des Sporophyten sind von den später entstehenden nicht unbeträchtlich verschieden. Der wichtigste Unterschied dieser Formen gegenüber den gleichsporigen liegt also erstens in der Ausbildung von zweierlei verschieden ge- stalteten Sporen für das männliche und weibliche Prothallium und zweitens in der noch weitergehenden Rückbildung der geschlechtlichen Generation. Am weitesten haben sich die Blütenpflanzen (Antho- phyta) oder auch Samenpflanzen (Spermatophyta) genannt, vom Wasser unabhängig gemacht, indem die Makro- und Mikrosporen dieser ausnahmslos heterosporen Gewächse vor der Befruchtung überhaupt nicht mehr zu Boden fallen, um hier Prothallien mit Archegonien und Antheridien zu bilden. Es bleiben vielmehr die Makrosporen in den Makrosporangien auf dem betreffenden Sporophyten, das ist auf der eigentlichen Pflanze, und die Mikrosporen werden zum Zwecke der Be- fruchtung durch die Luft zu ihnen getragen. Der Gametophyt, den wir bei den Moosen als das ganze Moospflänzchen, bei den gleichsporigen Pteridophyten noch als selbständig assi- milierendes Prothallium, bei den heterosporen Pteridophyten nur mehr als ganz rückgebildetes, die Spore nicht mehr ver- lassendes Prothallium kennen gelernt haben, ist hier noch mehr unterdrückt, indem er schon bei den Gymnospermen von den Sporen umschlossen bleibt, bei den Angiospermen aber über- haupt kaum mehr nachzuweisen ist. Man kann bei diesen höchststehenden Pflanzen die Sporophyten als die geschlecht- m* 100 liche Generation und ihre Makro- und Mikrosporen als die Geschlechtsorgane auffassen. Die Mikrosporen der Blütenpflanzen nennt man Pollen- körner, die Makrosporen Embryosäcke. Die Mikrospo- rangıien sind die Pollensäcke (Loculi), die Makrosporangien die Samenanlagen oder Samenknospen (Ovula). Beide Arten von Sporangien kommen auch hier an Sporophyllen zur Ausbildung. Die Sporophylle, welche die Staubbeutel tragen, heißen Staubblätter, die Sporophylle mit den Samen- anlagen Fruchtblätter (Karpide). Wie die Trophophylle (Laubblätter) stehen auch die Sporophylle an Stammachsen. Zumeist bilden die Anthophyten Sprosse, welche nur Tropho- phylle, und solche, welche Sporophylle, das ist Staub- und Fruchtblätter und meist noch einen oder zwei Kreise steriler Hüllblätter tragen. Die ersteren nennt man Laubsprosse, die letzteren Blütensprosse. Der oberste Teil eines Blüten- sprosses, an dessen einander genäherten Knoten die Sporophylle (und meist auch Blütenhüllblätter) sitzen, heißt Blüte, der untere Teil Blütenstiel. Dieser trägt entweder eines (Monokotyledonen) oder zwei (Dikotyledonen, zum Beispiel Veilchen), selten mehr Vorblätter oder ist nackt. Ist der Blütenstiel nicht entwickelt, so heißt die Blüte sitzend. Manchmal kommt es vor, daß ein Sproß in seinem unteren Teile Laubblätter und in seinem oberen Staub- und Fruchtblätter trägt. Auch dann kann natürlich nur dieser obere Teil als Blüte bezeichnet werden (zum Beispiel beim Klatschmohn, wenn er unverzweigt ist). Während das Wachstum eines Laubsprosses oft un- begrenzt ist, indem er sich durch die Terminalknospe oder durch Achselknospen weiter zu entwickeln, zu verlängern und zu verzweigen vermag, ist die Blüte von begrenztem Wachstum, da, wenn einmal die Staub- und Fruchtblätter ausgebildet sind, ein Wachstum durch die Terminal- oder durch Achselknospen nicht mehr eintritt. Ist dies doch der Fall (bei „durchwachsenen“ Rosen oder Nelken), so haben wir es mit einer abnormen Erscheinung zu tun, welche zeigt, daß wir der Manniefaltigkeit in der Natur mit unseren Be- 101 zeichnungen nicht gerecht zu werden imstande sind. Unter den Samenpflanzen haben nur die weiblichen Exemplare der Gymnospermengattung Cycas (Farnpalme) keine Blüten, indem der Stamm, welcher die Fruchtblätter trägt, terminal über dieselben hinauswächst, um neue Laubblätter zu erzeugen. Anderseits kann man auch die Sporophylistände gewisser Pteri- dophyten, nämlich der Selaginellen, als Blüten ansprechen. Auf den Sporophylistand der Schachtelhalme wollen wir je- doch diese Bezeichnung nicht ausdehnen, da wir es hier mit ısosporen Pflanzen zu tun haben, Blüten, welche nur Staubblätter oder nur Fruchtblätter haben, heißen eingeschlechtig (monoklin) und zwar im ersteren Falle männlich (S), im letzteren weiblich (?); Blüten, welche Staub- und Fruchtblätter tragen, zweige- sehlechtig (diklin) oder zwitterig (hermaphroditisch). Pflanzen, deren “männliche und weibliche Blüten auf ver- schiedene Individuen verteilt sind, nennt man zweihäusig (dioecisch). Sind männliche und weibliche Blüten auf dem- selben Individuum, so spricht man von einer einhäusigen (monoecischen), wenn neben männlichen oder weiblichen Blüten auch noch zwitterige, oder wenn solche mit männlichen und weiblichen Blüten auf einem und demselben Individuum vorkommen, von einer polygamen Pflanzet). Staubblätter und Fruchtblätter sind die wesentlichen Bestandteile einer Blüte. Die Gesamtlieit der Staubblätter einer Blüte heißt Androeceum, die der Fruchtblätter Gynaeceum. Häufig treten unterhalb dieser Blattkreise, wie schon erwähnt, noch andere Blattgebilde auf, welche ın ver- schiedenen Fällen verschiedene Funktionen versehen und als Blütenhülle oder Perianth bezeichnet werden. Alsähnliche Bildung haben wir schon den Ring der Schachtelhalme kennen gelernt. Die Blütensprosse entspringen entweder einzeln in den Achseln von Laubblättern (zum Beispiel bei den Ackerehren- preisen), selten wohl auch direkt aus dem Stamme (Kakao- !) Im Sinne Linn&s. Auf die Erklärung des Begriffes Poly- gamie in neuerer Fassung kann hier nicht eingegangen werden. 102 baum) oder aber sie sind zu besonderen, von der Laubblatt- region der Pflanze sich mehr minder deutlich abhebenden Sproß- systemen, denBlütenständen(Infloreszenzen), vereinigt, innerhalb derer die Tragblätter zumeist hochblattartig und oft sehr hinfällig sind. Wie in der vegetativen (Laubblatt-) Re- gion der -Pflanze kann auch bei den Infloreszenzen die Art der Verzweigung eine monopodiale oder sympodiale sein. Danach unterscheidet man racemöse und cymöse Inflores- zenzen. Bei jenen ist das Wachstum der Hauptachse, wenn sie auch sehr verkürzte Internodien hat, ein gewissermaßen unbegrenztes, indem sie immer neue Seitensprosse erster Ordnung hervorbringen kann, bei diesen dagegen endet die Achse erster Ordnung mit einer Blüte (Terminalblüte) und die Verzweigung erfolgt durch eine, zwei oder mehrere gleich- falls mit je einer Blüte endende Achsen zweiter Ordnung usw. Die Pollenkörner der Blütenpflanzen entstehen, wie schon erwähnt, in den den Mikrosporangien der Selaginellen ent- sprechenden Pollensäcken der Staubblätter. Auch im diesen Pollensäcken kann man eine Wandschichte, eine Tapeten- schichte und em sporenerzeugendes Zentralgewebe unter- scheiden, in dessen Zellen die Pollenkörner zu vieren ent- stehen. Die ausgebildeten Pollenkörner sind kugelig-ovale Körper mit einer dicken Membran, an der man eine kutinisierte Aussenschicht (Exine) und eine zellulosereiche Innenwand (Intine) unterscheiden kann. Sie sehen den Sporen der Farne und den Mikrosporen der Selaginellen sehr ähnlich. Die Embryosäcke kommen in den auf den Frucht- blättern sitzenden Samenanlagen!) zur Entwickelung. Häufig sınd jene Teile des Fruchtblattes, an welchem sich die Samen- knospen befinden, vom umliegenden Gewebe verschieden und heißen Placenten. Das Gewebe, mit welchen die Samenanlage an der Placenta befestigt wird, nennt man den Funiculus (Nabelstrang). Durch denselben führt zum Zwecke der Er- nährung der Samenknospe ein Gefäßbündel in diese. Die Ein- trittsstelle dieses Bündels in das Ovulum heißt Chalaza. ', Verel. Abb. 10. 103 Der wichtigste Bestandteil der Samenanlage ist das Innengewebe derselben, der Knospenkern (Nucellus). Derselbe ist das eigentliche Makrosporangium und wird zumeist von einer oder zwei an seinem Grunde entspringenden und eine Öffnung, die Mikropyle, freilassenden Hüllen, den Integumenten, Abb. 9. Längsschnitt durch die Mitte der empfängnisreifen Samenanlage einer Fichte. e Embryosack mit dem Endosperm (Prothallium) gefüllt und an der Spitze mit zwei Archegonien, « Bauchteil, e Halsteil eines Archegoniums, o Eizelle, n Kern derselben, ne Nucellus, » Pollenkörner, £ Pollenschläuche, ö Integument, s Samenflügel. — Vergr. 9. — Nach Strasburger. umgeben. Die Form der Ovula ist zumeist die eines breiten Ellipsoides. Fällt die Längenachse desselben in die direkte Ver- längerung des Funiculus, so heißt die Samenknospe ortho- trop. Die Mikropyle ist dann soweit als möglich von der Chalaza entfernt. Wenn dagegen die Samenanlage dem Funiculus ange- wachsen ist, so daß die Mikropyle neben die Chalaza zu liegen kommt, so nennt man das Ovulum anatrop. Jene Linie, längs 104 derer es dem Funiculus angewachsen ist, heißt die Raphe. Als campylotrop werden Samenanlagen bezeichnet, die nieren- förmig gekrümmt sind. Am Nucellus kann man eine Wand und ein Mittelgewebe unterscheiden, dessen äußerste Schichte der Tapetenschichte des Makrosporangiums einer Selaginella entspricht. Im innersten Teile, dem sporenbildenden Gewebe, entsteht fast immer eine einzige Makrospore, der Embryo- sack. In diesem entwickelt sich vor der Befruchtung bei den Gymnospermen !) ein vielzelliges Prothallium mit mehreren Archegonien, die der Halskanalzellen entbehren, während er bei den Angiospermen nur zwei Kerne, die später zumeist zu einem verschmelzen (Polkerne) und sechs freie Zellen enthält. Von diesen liegen drei, die Eizelle und die beiden Syner- giden oben, die drei Antipoden unten. Die Synergiden sind Reste eines Archegoniums, die Antipoden eines Prothalliums, Bei den Gymnospermen sitzen die Samenknospen ähn- lich wie die Sporangien der Bärlappe und Selaginellen frei auf den Karpiden (daher der Name Gymnospermen — Nacktsamige) bei den Angiospermen (Bedecktsamigen) sind die Frucht- blätter um die Samenknospen zum sogenannten Frucht- knoten vereinigt. Im ersteren Falle kann der Pollen direkt auf die Mikropyle gelangen, woselbst er durch einen ausge- schiedenen Flüssigkeitstropfen festgehalten wird, im letzteren Falle dagegen wird vom oberen Teile der Fruchtblätter ein besonderes Gewebe zum Auffangen des Pollens, die Narbe und gewöhnlich auch ein Leitungsorgan für den Pollenschlauch, der @riffel, ausgebildet. Fruchtknoten, Griffel und Narbe bilden zusammen den Stempel?) (das Pistill) der Angiospermen. Zur Zeit der Geschlechtsreife gelangen die Pollenkörner durch die Luft zur Mikropyle der Samenanlage oder Narbe des Fruchtknotens. Die Übertragung erfolgt entweder durch den Wind oder durch Tiere (Insekten, Kolibris), an denen die Pollenkörner haften bleiben. Im ersteren Falle sind sie glatt und leicht (wie die Lycopodiumsporen), im letzteren "alle dagegen klebrig oder mit Stacheln usw. versehen. In 1) Vergl. Abb. 9. ?) Vergl. Abb. 10. 105 seltenen Fällen erfolgt die Übertragung des Pollens im Wasser. Ist das Pollenkorn bei den Gymnospermen zur Mikropyle, bei den Angiospermen zur Narbe gelangt, so treibt es einen Schlauch, der bei jenen direkt in die Samenknospe eindringt, bei diesen zunächst den Griffel durchwachsen muß, um m das Innere des Fruchtknotens und zur Mikropyle einer Samen- il | Abb. 10. Stempel eines Knöterichs (Polygonum Convolvulus) während der Befruchtung (Längsschnitt). Der Fruchtknoten umschließt eine Samenanlage.ys Basis, fo Wand des Fruchtknotens (Karpid), g Griffel, n Narbe, fu Funieulus, era Chalaza, nu Nucellus, ie äußeres, ii inneres Integument, mi Mikropyle, e Embryosack, ek Embryosackkern, ei Eiapparat (die zwei oberen Zellen sind die Synergiden, die untere ist die Eizelle), an Antipoden, p Pollenkörner, ps Pollenschläuche. — Vergr. 48. — Nach Strasburger. knospe zu gelangen. Auch im Pollenkorn lassen sich noch die Reste eines Prothalliums nachweisen mit vegetativen Zellen und einem Antheridium, doch sind die einzelnen Zellen ohne Membranen und nur mehr in ihren Kernen erkennbar. Zwei dieser Kerne entsprechen den Spermatozoiden der Pterido- phyten, und diese werden jetzt mit dem fortwachsenden Pollen- schlauch bis zum Embryosacke gebracht, um bei den Gymno- 106 spermen mit der Eizelle eines Archegoniums, in dessen Hals der Pollenschlauch eingedrungen ist, bei den Angiospermen mit dem Kern der Eizelle und dem des Embryosackes vu verschmelzen. Nur bei Farnpalmen und dem japanischen Ginkgobaume sind es noch wahrhaftige vielwimperige Sperma- tozoiden, die sich im Pollenschlauche selbständig bis zum Embryosacke bewegen, um hier die Befruchtung zu vollziehen. Die Verschmelzung der Spermatozoiden, respektive Kerne des Pollenschlauches mit dem Kerne der Eizelle ist der eigentliche Akt der Befruchtung. Die befruchtete Eizelle schreitet jetzt zur Embryobildung, die noch auf der Mutterpflanze erfolgt. Nur bei Ginkgo entwickelt sich der Embryo erst, nachdem die Samenanlage vom Baume abgefallen. Außer dem Embryo selbst geht aus der Eizelle auch ein Embryoträger hervor. Die An- lage des Stammes, des ersten Blättchens und des Würzelchens sind Produkte der ersten Teilungen der befruchteten Eizelle. Die Bildung geschieht innerhalb des Embryosackes. Bei den Gymnospermen liegt dieser im Endosperm, mit welchem Namen man das Prothallium, das schon vor der Befruchtung angelegt war), und dessen Zellen sich jetzt reichlich mit Reservesubstanzen (Biweiß, Stärke ete.) füllen, bezeichnet. Das Gewebe des Nucellus vertrocknet, aus den Integumenten wird die Samenschale (Testa) und so ist aus der Samenanlage der den fertigen Embryo enthaltende Same geworden. Durch- schneidet man denselben, so findet man zu äußerst dıe Testa, von dieser umschlossen das Endosperm und in diesem den Embryo. Bei den Angiospermen ist, wie erwähnt, vor der Be- fruchtung kein eigentliches Prothallium vorhanden, es wird aber durch die gleichzeitig mit der eigentlichen Befruchtung stattfindende Verschmelzung des eimes Kernes‘ des Pollen- schlauches mit dem Kerne des Embryosackes?) der Anstoß zu einer reichlichen Zellbildung innerhalb des Embryosackes gegeben, so daß auch hier der Embryo alsbald von einem Endosperm umhüllt ist. In manchen Fällen wird auch das Gewebe des Nucellus als Perisperm zu einem Ernährungs- !) Vergl. Abb. 9. °) Vergl. Abb. 10. 107 gewebe entwickelt und ım wieder anderen Fällen, wenn im Embryo selbst — zumeist in den Keimblättern — genügend Nahrungsstoffe gespeichert werden, unterbleibt die Bildung des Endo- und Perisperms. Am Embryo finden wir bei den meisten Blütenpflanzen bereits die drei Grundorgane, Stamm, Blatt und Wurzel, als Plumula, Kotyledonen und Radicula ausgebildet. Die Kotyledonen, als die ersten Blattorgane, sind von den später entstehenden Blättern zumeist nicht unerheblich verschieden, indem sie viel einfacher gebaut sind als diese. Erst nachdem der Embryo im Samen seine für jede Pflanze charakteristische Ausbildung erhalten hat, löst sich der Same von dieser ab. Am Samen erkennt man die Anheftungsstelle des Funiculus als Nabelfleck oder Hılum, und auch die Mikropyle ist meist noch zu sehen. Manchmal ist am Hilum ein fleischiges, meist lebhaft gefürbtes Gebilde (Arıllus) vorhanden, das mit der Verbreitung der Samen in Zusammen- hang steht. Ähnliche Auswüchse an der Mikropyle nennt man Karunkel (Wolfsmilchgewächse). Bei den Angiospermen beteiligt sich auch das Gewebe des die Samenanlagen um- schließenden Gehäuses des Fruchtknotens an dem nach der Befruchtung eintretenden Wachstum. Es wird aus dem Frucht- knoten die Frucht. Oft werden auch die Griffel, ja selbst Teile der Blütenhülle oder der Achse, ja manchmal selbst ganze sporophyllose Sproßsysteme bei der Fruchtbildung heran- gezogen. Übrigens gibt es auch viele Gymnospermen, bei denen sich die Fruchtblätter nach erfolgter Befruchtung ver- größern und verholzen oder fleischig werden. Nach kürzerer oder längerer Ruheperiode beginnen die Samen der Blütenpflanzen auf der ihnen zusagenden Unterlage zu keimen. Die Samenschale wird gesprengt, und der Embryo treibt zunächst die Radıcula in den Boden. Erst nachdem er sich dort hinlänglich befestigt hat, kommen, wenn ein Endo- sperm vorhanden ist, die Keimblätter samt der Plumula ans Tageslicht. Der Embryo bleibt aber noch mit dem Samen solange in Verbindung, bis er dem Endosperm die gesamten Nahrungsstoffe entzogen hat. Inzwischen sind die ersten Blätter ergrünt und das jugendliche Pflänzchen ist jetzt schon im- 108 stande, sich selbständig zu ernähren). Ist kein Endosperm in den Samen, so bleiben die in diesem Falle mit Nahrungs- stoffen erfüllten Kotyledonen im Samen eingeschlossen, um — gerade so wie im früheren Falle das Endosperm — ausgesaugt zu werden, und nur die Plumula beginnt sich dem Lichte und der Luft entgegenzustrecken. Die Gymnospermen, zu denen von den bei uns ein- heimischen Pflanzen nur die Nadelhölzer gehören, sind ein- oder zweihäusige Holzgewächse. Die männlichen Blüten sind von zapfen- oder kätzchenartigem Aussehen und haben häufig ein Perianth. Sie stehen entweder terminal (zum Beispiel Zypressen- artige) oder in den Achseln von Blättern und sind dann häufig zu monopodialen, durchwachsenen Infloreszenzen vereinigt (zum Beispiel unsere Kiefern, Tannen usw.). Die Zahl der Staubblätter in den männlichen Blüten ist gewöhnlich eine große. Sie stehen entweder spiralig (zum Beispiel Kiefern- artige) oder quirlig (Zypressenartige) an der Achse der Blüte. Bei den Farmpalmen sind sie schuppenartig und tragen unter- seits zahlreiche Pollensäcke, bei den meisten anderen schild- förmig mit nur zwei Pollensäcken auf der der Blütenachse zu- gsewendeten Seite. Die Pollensäcke öffnen ‘sich durch Risse. Die Pollenkörner werden stets durch den Wind verbreitet und haben manchmal (Kiefern ete.) zwei große Luftsäcke. Die weiblichen Blüten fehlen nur bei der tropischen Gattung Cycas (Farnpalme 2). Die Fruchtblätter dieser Gattung sind am Hauptstamme spiralig angeordnet. Die Terminalknospe desselben wird aber von ihnen nicht aufgebraucht, sondern liefert vielmehr über den Fruchtblättern neue Laubblätter, was der früher gegebenen Definition der Blüte widerspricht. Die anderen Zykadeen und die zypressenartigen Gewächse haben endständige, die übrigen Gymnospermen achselständige, selten einzelne, meist zu zapfenförmigen, monopodialen Infloreszenzen vereinigte Blüten. Die einzelnen Deckblätter tragen nur wenige Fruchtblätter, bei unseren einheimischen Arten nur zwei. Die Fruchtblätter werden entweder bei der Bildung der Samen- !) Vergl. Abb. 13. °) Ihre Blätter werden sehr häufig als „Palmen- blätter* für Grabkränze verwendet. 109 knospen fast ganz aufgebraucht (Ginkgo) oder sind schuppige Ge- bilde (Fruchtschuppen unserer Kiefergewächse), auf denen die Ovula sitzen. Diese sind anatrop (Kiefer, Fichte, Tanne, Lärche) oder orthotrop (Zypresse, Wachholder). Die Embryonen haben 2—15 Keimblätter. Die Samen sind von sehr verschiedenartiger Beschaffenheit, teils außen fleischig mit hartem Inneren (Cycas, Ginkgo), teils hart, und zwar entweder mit fleischigem Mantel (Eibe), oder ohne solchen (Kiefer- und Zypressengewächse). Bei den Kieferartigen wachsen nach der Befruchtung auch die einzelnen Tragblätter (Deckschuppen) der Blüten der weiblichen Blütenstände heran, verholzen und bilden mit der gleichfalls verholzenden Achse der Infloreszenz den be- kannten Zapfen. Bei den Zypressenartigen sind es die Frucht- blätter selbst, welche sich mächtig vergrößern und entweder ver- holzen (Zypresse) oder fleischig werden (Wachholder). Es sind dies schon den Früchten der Angiospermen nahekommende Bil- dungen. In noch höherem Grade gilt dies von den Früchten der Gnetinae, bei deren einer, der Welwitschie (Tumboa Bainesii) der südwestafrikanischen Wüsten wir sogar schon Andeutungen von Zwitterblüten finden. Die Angiospermen sind die höchstentwickelte und weit- aus formenreichste Gruppe des ganzen Pflanzenreiches. Ihre Blüten sind in der Regel Zwitterblüten. — Nur von diesen soll im folgenden die Rede sein. Hingeschlechtige Blüten zeigen ähnliche, aber einfachere Verhältnisse. — Während die Staub- und Fruchtblätter der Gymnospermen an den Blütenachsen zumeist spiralig gestellt sind, ist hier die quirlige Anordnung der Sporophylle die Regel. Gewöhnlich finden sich in einer /Awitterblüte einer oder zwei Kreise von Staubgefäßen und ein Wirtel von Fruchtblättern, welche, stets ın der Blüte zu innerst stehend, den Vegetationskegel derselben aufbrauchen. Eine Blütenhülle ist in der Regel vorhanden, doch ist sie ın den meisten Fällen nicht einfach, sondern doppelt, aus zwei Kreisen von Blättern bestehend. Deräußere Kreis, Kelchgenannt, besteht meist aus grünen, unscheinbaren Blättern, der innere dagegen wird ın der Iegel von größeren, lebhaft gefärbten Blättern gebildet und heißt Blumenkrone oder Korolle. 110 Sind beide Kreise des Perianths einander gleich, so nennt man es Perigon. Vier oder fünf Kreise von Blättern: Kelch, Korolle, einer oder zwei Staubblattkreise und ein Fruchtblattkreis sind bei den Zwitterblüten der angiospermen Pflanzen zumeist anzu- treffen. Die Gesamtheit der Staubblätter einer Blüte nennt man, wie schon erwähnt, Androeceum, die Gesamtheit der Fruchtblätter Gynaeceum. Blüten, in denen Kelch-, Kron-, Staub- uud Frucht- blätter in Quirlen stehen, nennt man zyklische, solche, in denen durchwegs schraubige Stellung der Blätter herrscht, azyklische Blüten (Seerosen). Nicht selten sind Kelch und Kronblätter quirlständig, Staub- und Fruchtblätter aber wechsel- ständig. Dann spricht man von hemizyklischen Blüten, Bei zyklischen Blüten haben die einzelnen Kreise sehr oft gleichviel Blätter (zum Beispiel fünf) und alternieren, das heißt es fallen die Blätter der Korolle zwischen die des Kelches, die des ersten Staubblattkreises zwischen die der Korolle und genau über die des Kelches usw. Störungen der Alternanz sınd sehr selten. Jener Teil des Blütensprosses, an welchen die ver- schiedenen Blätter angewachsen sind, heißt Blütenboden. Derselbe hat sehr verschiedene Gestalt. Zumeist ist er ab- gekürzt und unverdickt, so daß die einzelnen Wirtel einander sehr genähert sind. Oft ist er oben verbreitert und abgeflacht und es stehen dann die einzelnen Wirtel nicht über-, sondern nebeneinander. In wieder anderen Fällen ist er verbreitert und kegelig zugespitzt (zum Beispiel Hahnenfußgewächse) oder eingesenkt, so dab die Fruchtblätter tiefer zu stehen kommen als Kelch, Korolle und Staubgefäße. Unter einem Diskus versteht man ring- oder polsterförmige Verdickungen des Blütenbodens zwischen einzelnen Blütenkreisen. In der Regel folgen die einzelnen Wirtel ohne Internodien aufeinander, manchmal sind aber zwischen einzelne derselben kürzere oder längere Achsenstücke eingeschaltet. So ist beispielsweise bei den Kapperngewächsen das Gynaeceum von den anderen Wirteln, bei den Nelkenartigen oft das Androeceum und 111 Gynaeceum samt der Korolle vom Kelche durch ein längeres Internodium getrennt. Die Zahl der Blätter in den einzelnen Kreisen ist bei zyklischen Blüten meist eine ganz bestimmte. Oft sind in allen Kreisen gleich viele Glieder. Bei den Monoko- tyledonen herrscht die Zahl drei vor, bei den Dicotyledonen ist die Fünfzahl die Regel. Innerhalb des Androeceums erfolgt nicht selten eine Vermehrung, innerhalb des Gynaeceums eine Verminderung der charakteristischen Zahl. Von den beiden Kreisen des Perianthes ist die Korolle in bezug auf Form und Farben ihrer Blätter bedeutend mannig- faltiger als der Kelch. Die einzelnen Blätter des Kelches sind entweder getrennt oder an den Rändern verwachsen. Das gleiche gilt von der Korolle. Oft sind Kelch und Korolle verwachsenblättrig. — Der Kelch umhüllt im Knospenstadium der Blüte die inneren Teile derselben und schützt sie gegen schädigende äußere Einflüsse. Bei gewissen Familien (Mohngewächse, Kreuz- blütler) ist dies seine Hauptaufgabe, und seine Blätter sind dann meist sehr hinfällig. Sehr häufig bleibt aber der Kelch noch an der abgeblühten Pflanze erhalten, um — oft unter er- heblicher Vergrößerung — in den Dienst der Entwickelung und vor allem der Verbreitung der Früchte zu treten. Über die Funktion der Korolle vergleiche man das auf S. 113 Gesaste. Die Staubgefässe der Angiospermen haben fast stes vier Pollensäcke. In der Regel vereinigen sich je zwei derselben zu einem Fache (der Theca). Das Sporophyll selbst ist meist nur als ein Träger (Filament) entwickelt, an welchem die beiden Fächer in sehr verschiedener Weise befestigt sind. Das Ver- bindungsstück der Thecae nennt man Konnektiv. Die beiden Fächer samt dem Konnektiv bilden die Anthere. In der Form des Filamentes, des Konnektives und der Fächer herrscht die größte Mannigfaltigkeit. Das Öffnen der letzteren erfolgt zu- meist durch Längsrisse entweder gegen die Achse der Blüte zu (intrors) odernach entgegengesetzter Richtung (extrors), seltener durch Löcher, Klappen usw. Gleich den Kelch- und Blumenkronblättern verwachsen auch die Staubgefüße nicht selten, und zwar entweder mit 112 den Filamenten (zum Beispiel Schmetterlingsblütler) oder mit den Antheren (Korbblütler). Wenn die Korolle verwachsen- blättrig ist, sind die Filamente zumeist an ihr angewachsen. | Das Gynaeceum bildet stets den obersten Teil der Blüte Durch die Fruchtblätter wird der Vegetationskegel der Achse aufgebraucht und somit das Wachstum derselben erschöpft Das einzelne Karpıid sieht einem gewöhnlichen Laubblatt viel ähnlicher als ein Staubblatt. Auf der der Oberseite eines Laubblattes entsprechenden Fläche, entweder längs der beiden Ränder oder am Mittelnerven trägt es in verschiedener Anzahl die Placenten genannten Wucherungen, an denen die Samen- anlagen befestigt sind. Längs der Mittelnerven ist es in der Weise zusammengefaltet und mit den Rändern zu einem Gehäuse verwachsen, daß die, Samenknospen innen sind, die der Unterseite eines gewöhnlichen Blattes entsprechende Fläche aber außen zu liegen kommt. Der Mittelnerv bildet die Rückennaht, die Linie, längs derer die Ränder verwachsen sind, die Bauchnaht. Untereinander sind die Karpide entweder frei oder ver- wachsen. Im ersteren Falle spricht man von einem apokarpen (Hahnenfuß-, Rosengewächse), im letzteren von einem syn- karpen Gynaeceum. Eine Blüte mit synkarpem Gynaeceum hat also einen einzigen aus mehreren Karpiden bestehenden Fruchtknoten mit einem oder ebenso vielen Griffeln als Frucht- blätter vorhanden sind, eine solche mit apokarpem Gynaeceum mehrere Fruchtknoten mit je einem Fruchtblatte und eigenem Griffel. Fruchtknoten der ersteren Art sind zumeist durch echte oder falsche Längswände in ebensoviele Fächer geteilt als Fruchtblätter vorhanden sind. Die echten Scheidewände sind aus den nach einwärts gekrümmten, verwachsenen Rand- teilen, die falschen aus Wucherungen der Karpide hervor- gegangen. Wenn die Ränder bis zur Mitte reichen und hier gegenseitig miteinander verwachsen, ist die Fächerung eine voll- kommene, im anderen Falle dagegen unvollkommen. Stehen die Placenten am Rande der Fruchtblätter, so spricht man von marginaler, stehen sie am Mittelnerv, von parietaler Placen- tation. Im synkarpen Gynaeceum sind bei marginaler Placen- 113 tation die Samenanlagen in den Winkeln zu finden, welche die Karpiden um die Längsachse des Fruchtknotens bilden. Die Lage der einzelnen Samenknospen im Fruchtknoten ist eine sehr mannigfaltige. Je nach der Ausbildung des Blütenbodens ist die Stellung des Gynaeceums zu den anderen Wirteln der Blüte eine ver- schiedene. Ist der Blütenboden konvex, so ist das Gynaeceum zu oberst und heißt oberständig, ist der Blütenboden flach oder konkav, so steht es, da die Blätter der übrigen Wirtel am Rande angewachsen sind, gleich hoch oder zu unterst und wird mittelständig oder, wenn in letzterem Falle der Blütenboden sich vollkommen über dasselbe wölbt und mit den (synkarpen) Fruchtblättern verwächst, unterständig genannt. Oft sieht man den mittelständigen Fr uchtknoten nur als einen speziellen Fall des oberständigen an. Die Übertragung des Blütenstaubes auf die Narben ge- schieht bei den Angiospermen entweder durch den Wind, das Wasser oder durch Tiere, vor allem Insekten. In letzterem Falle muß die Blüte den Tieren Nahrung bieten und Ein- richtungen haben, um dieselben anzulocken und um sie derart zu beschäftigen, daß sie wirklich den Pollen auf die Narbe über- tragen. Die Anlockung erfolgt durch Farben oder Düfte. Zu- meist ist die Korolle als „Schauapparat“ ausgebildet, indem ihre großen Blätter in den zartwandigen Zellen mannigfache Farbstoffe gespeichert haben, so daß die Blüte einer solchen auf Insektenbefruchtung angewiesenen Pflanze meist weithin sichtbar ist. Die den Insekten dargebotene Nahrung besteht in Blütenstaub oder süßen Säften (Nektar), welche, meist für die Besucher schwer erreichbar, an den vers chiedensten Teilen der Blütenblätter oder der Achse, oft in eigenen Be- hältern, den Nektarien, gebildet werden. Als solche Nektarien funktionieren umeebildete Kronblätter oder Teile derselben (Sporne), Staubblätter oder auch Bildungen des Diskus. Während viele Blüten strahlig gebaut sind, indem sie mehrere Symmetrie- ebenen aufweisen (Liliengewächse, Kreuzblütler, Rosenartige, Nachtschatten), haben andere im Zusammenhange mit der Insektenbefruchtung einen symmetrischen Bau (Orchideen, 8 114 Schmetterlings-, Lippenblütler). Sie haben für die Tiere eine eigene Anflugsstelle, zumeist charakteristische Zeichnungen, Streifen usw. ausgebildet, welche den Tieren als Wegweiser zum begehrten Honig dienen sollen. Auf Wind- oder Wasser- bestäubung eingerichtete Blüten haben eine sehr unscheinbare oder gar keine Korolle, keine Nektarien und sind geruchlos. Während bei den Gymnospermen nur racemöse Blüten- stände vorkommen, sind bei den Angiospermen cymöse In- floreszenzen mindestens ebenso häufig. Man erkennt die race- mösen Blütenstände oft daran, das zuerst die untersten oder äußersten, die cymösen, daß der Reihe nach die Endblüten erster, zweiter usw. Ordnung aufblühen. Bei den einfachen racemösen Infloreszenzen sind sämtliche Blütensprosse Achsen zweiter Ordnung an einer entweder verkürzten oder unbegrenzt weiterwachsenden Achse erster Ordnung (Spindel). Die Trag- blätter der Blütensprosse bleiben entweder erhalten oder fallen alsbald ab. Racemöse Blütenstände mit verlängerter Spindel und gestielten Blüten heißen Trauben (Kreuzblütler), mit sitzenden Blüten Ähren (Wegerich), mit verkürzter Spindel und 'gestielten Blüten Dolden (Kirsche), mit sitzenden Blüten Köpfchen (Klee). Hängende Ähren, die nur männliche Blüten tragen und als ganzes abfallen, heißen Kätzchen (Hasel), Ähren mit verdickter, fleischiger Spindel Kolben (Aaronsstab). Zu den Trauben, bei denen auch Achsen höherer als zweiter Ordnung vorkommen, gehören die Rispen und Sträuße. Als Rispen bezeichnet man häufig reichverzweigte, vielblütige In- floreszenzen von kegelförmigem Aussehen, gleichgültig ob sie cymös oder racemös sind. Bei den eymösen Infloreszenzen ist das Wachstum der Achse erster Ordnung durch eine Terminalblüte abgeschlossen. Achsen zweiter Ordnung setzen die Infloreszenz fort, enden aber gleichfalls mit Terminalblüten und übertragen das Wachs- tum auf Achsen dritter Ordnung usw. Der einfachste Fall eines cymösen Blütenstandes ist das Diehasium. Wie bei der falschen Diehotomie hat die Achse erster Ordnung zwei Seiten- zweige zweiter Ordnung, jeder dieser wieder zwei Zweige dritter Ordnung usw. Nelkengewächse zeigen schöne Dichasien 115 (Trugdolden).. Beim Monochasium wird die Achse erster Ordnung wie beim Sympodium nur durch einen Seitenzweig zweiter Ordnung fortgesetzt usw. Je nachdem diese aufein- anderfolgenden Seitenzweige auf einer und derselben oder ab- wechselnd auf verschiedenen Seiten liegen, ist das Monochasium ein Schraubeloder en Wickel (Rauhblättrige). Sind mehr als zwei Seitenzweige derselben Ordnung vorhanden, so ent- stehen Pleiochasien. Durch Verkürzung der Achsen werden die cymösen Infloreszenzen knäuelartig (Meldengewächse) und sehen manchmal einem Köpfchen sehr ähnlich. — Gewisse Blüten- stände täuschen einzelne Blüten vor, indem ıhre äußeren Blüten durch große, oft lebhaft gefärbte Korollen die Blumenkrone, die inneren, einfacher gefärbten Blüten das Androeceum und die zu einer Außenhülle vereinigten Hochblätter den Kelch einer Einzelblüte nachahmen (Korbblütler). In bezug auf die Art des Wachstumes des Pollen- schlauches zu der Samenknospe scheidet man die Angio- spermen in chalazogame und porogame. Chalazogamıe, nur bei nieder organisierten Formen (Casuarineen, Amentaceen) bekannt, äußert sich darın, daß der Pollenschlauch, nachdem er den Griffelkanal passiert hat, auf der Wand des Karpides weiterwächst. Beim Funiculus des Ovulums angelangt, wächst er durch die Chalaza in dieses hinein und befruchtet die Ei- zelle. Bei den Porogamen, zu denen die größte Mehrzahl der Angiospermen gehört, macht er nicht diesen Umweg, sondern wächst vom Griffelkanal direkt durch die Luft zur Mikropyle, um von hier aus zur Eizelle vorzudringen. Die Befruchtungsvorgänge wurden bereits geschildert. Der Embryo besitzt bei denMonokotyledonen ein Keimblatt mit seitlich sitzender Plumula, bei den Dikotyledonen zwei Keim- blätter, welche dıe Plumula einschließen. Ist einmal der Blütenstaub auf die Narbe gelangt, so gehen Korolle und Staubgefäße als funktionslos gewordene Ge- bilde alsbald zugrunde. Nur die Kelchblätter bleiben oft noch erhalten, um — wie schon erwähnt — der heranreifenden Frucht als Assimilationsorgane oder Verbreitungsmittel oder als beides zu dienen. g+ 116 Nach der Befruchtung wird die Samenknospe zum Samen, das Gynaeceum zur Frucht. Die Wand des Fruchtknotens wird zum Perikarp. An diesem kann man nicht selten drei Schichten (Ektokarp, Mesokarp, Endokarp) von außen nach innen unterscheiden. Früchte mit trockenem Perikarp heißen, wenn sie mehrsamig sind, und das Perikarp sich bei der Reife öffnet, um die Samen zu entlassen: Kapseln; wenn sie einsamig sind, das Perikarp infolgedessen geschlossen bleibt, und sie zugleich mit dem Samen abfallen: Schließfrüchte; wenn sie, aus mehreren Karpiden bestehend, in einsamige Teil- früchte zerfallen: Spaltfrüchte (Doldenpflanzen). Kapseln, die aus einem Fruchtblatte bestehen. nennt man, wenn sie an der Bauchnaht aufspringen, Balgfrüchte (Hahnenfußge- wächse), wenn sie sich aber an beiden Nähten öffnen, Hülsen (Schmetterlingsblütler.. Die Schote (Kreuzblütler) ist eine aus zwei Fruchtblättern bestehende Kapsel mit falscher, nicht aus den Karpiden selbst gebildeter Scheidewand. Die meisten Kapseln öffnen sich mit Zähnen, Klappen, Deckeln, Löchern usw. Die N uß ist eine hartschalige Schließfrucht, die Caryopse oder Kornfrucht (Gräser) eine Schließfrucht mit an das Peri- karp festgewachsenem Samen, während dieser bei der auch zu den Schließfrüchten gehörigen Achaene (Korbblütler) frei ist. Früchte mit vollkommen fleischigem Perikarp heißen Beeren (Heidelbeere, Weinbeere), Früchte mit häutigem Ektokarp, fleischigem oder faserigem Mesokarp und steinhartem Endokarp dagegen Steinfrüchte (Steinobstarten, Walnuß. Kokos). Sehr auffällig sind die Früchte vieler Rosengewächse, an deren Bildung sich außer den Fruchtknoten noch der meist fleischig werdende entweder hohle (Rose) oder kegelförmige (Erdbeere, Brombeere) Blütenboden beteiligt. Solche Früchte heißenScheinfrüchte,im Gegensatze zu den echten Früchten, die nur aus dem Gynmaeceum hervorgehen. Scheinfrüchte im weiteren Sinne sind auch alle aus unterständigen Frucht- knoten entstandenen Früchte, da an ihrer Bildung außer dem Fruchtknoten selbst stets auch der mit diesem verwachsene Blütenboden teilnimmt (Kapsel der Glockenblumen, Spaltfrucht der Rubiaceen, Achaene, Beere der Heidelbeere usw.) Sammel- 117 früchte nennt man Gebilde vom Aussehen einer Frucht, die nicht aus einem Fruchtknoten hervorgegangen sind, sondern einem ganzen Fruchtstande entsprechen (Maulbeerbaum, Feige.). Die Verbreitung der Früchte und Samen erfolgt durch den Wind, das Wasser oder die Tiere. Wir bemerken an den Früchten eine Unzahl verschiedener, zumeist aus Trichomen oder Emergenzen gebildeter Flug-, Schwimm- und Anheftungs- einrichtungen, welche alle der Verbreitung förderlich sind, Diese Einrichtungen treten nicht an den Früchten allem auf, sondern es werden oft auch noch andere Blütenbestandteile, Griffel, Kelche, Achsen, Tragblätter zum Zwecke der Ver- breitung der Früchte herangezogen. Ja manchmal werden ganze Fruchtstände samt ihrem in einen Flügel umgewandelten Tragblatte losgetrennt (Linden) oder sogar ganze Sproßsysteme in den Dienst der Fruchtverbreitung gestellt. Auch Samen, welche die Früchte verlassen, sind mit Verbreitungsmitteln aller Art versehen. Bei vielen ist es das geringe Gewicht (Orchideen), bei anderen sind es haarartige Bildungen des Funiculus oder der Testa oder aber Schleudervorrichtungen der Karpiden (Rührmichnichtan), welche die Verbreitung durch die Luft be- wirken, während fleischige Arillusbildungen mit der Verbreitung durch Tiere in Beziehungen stehen. ne. rs am Moers a ae GERT art EEK IE, DER Bu: BE en RT 44 TIER N, e 2 F K 28 Fr rn L; s a a Fa ul re ch | f i “ Rz u ) ra be a Re TE ur 2%. 5A ee - ey rer u 4. t = » 2 z N i 2 r ter Pr U HELILIE u Zr E-ITER ar [2 e od # " d » [722° N 5 De 3 m n ’ € n% x r u ,%* * “ ” i f f » 5 1? ; / rt IN re euyp r e ’ £> “ 2 Hl F- f AN. t ” ’ ; % Er y Au Inn} v4 ee 4 % ” nn . . ? N} it 4 h a re ee | ya TE ee ae | Ar Be TE I r 5 De Das Leben der Pflanzen. (Pflanzenphysiologie.) Sechs Vorträge von Dr. K. Linsbauer. Erster Vortrag. Gleichwie nur derjenige eine Maschine vollständig be- herrscht, der sowohl ihre Konstruktion als auch ihre Wirkungs- weise kennt, ebenso können wir in die Erkenntnis eines lebenden Organısmus, der so vielfache Ähnlichkeiten mit einer Maschine aufweist, nur dann tiefer eindringen, wenn wir in seinen Bau und in sein Leben Einblick zu gewinnen streben. Während in dem vorausgehenden Abschnitte der Aufbau der Pflanzen — die Pflanzenmorphologie — in den Vordergrund der Betrachtung gestellt wurde, wird sich die folgende Darstellung mit den wichtigsten Eigenschaften der emzelnen Organe, den Leistungen oder Funktionen derselben, welche in ihrer Ge- samtheit das Leben der Pflanzen ausmachen, zu befassen haben. Das Studium der Lebenserscheinungen der Pflanzen ist der Gegenstand eines eigenen Wissenszweiges: der Pflanzen- physiologie, eines der wichtigsten Kapitel der Lehre von den Pflanzen, der Botanik, überhaupt. Die Physiologie hat also die Aufgabe, die einzelnen Lebenserscheinungen zu be- schreiben sowie womöglich ihren Zweck und ihre Ursache klarzulegen. Denn erst wenn wir die Bedeutung eines Lebens- vorganges und den Grund oder die Ursache desselben erfaßt haben, verstehen wir ihn vollkommen. Dazu gehören aber nicht allein sorgfältige Beobachtung, sondern hauptsächlich auch wohlüberlegte Experimente, zu deren Ausführung oft alle Hilfsmittel, welche uns vor allem Physik und Chemie liefern können, herangezogen werden müssen. Die Klarlegung der pflanzlichen Lebenserscheinungen bedeutet für uns einen doppelten, nicht zu unterschätzenden 122 Gewinn. Wenn wir etwa die Ernährungsverhältnisse einer Pflanze kennen lernen oder wenn wir tiefer in das Verständnis der Vererbung von Eigenschaften einer Pflanze auf ihre Nach- kommen eindringen, so wird — wie ohne weiteres klar ist — zunächst die Pflanzenzüchtung, Gärtnerei, Land- und Forstwirt- schaft direkten praktischen Nutzen aus unseren Erfahrungen ziehen können. Aber auch für unsere theoretische Erkenntnis ist die Pflanzenphysiologie von hervorragender Bedeutung, um so mehr als die Lebensvorgänge bei Pflanzen und Tieren. wie wir sehen werden, in mancher Beziehung weitgehende Übereinstimmungen aufweisen, so daß jede tiefere Erkenntnis des Lebens‘ der Pflanzen gleichzeitig einen Fortschritt im Verständnis des tierischen Lebens anbahnt und somit ein tieferes Eindringen in die Probleme des Lebens überhaupt ermöglicht. Wie das Tier, so zeigt auch jedes Pflanzenindividuum eine große Reihe mannigfaltiger Lebenserscheinungen. Ich erinnere nur — um einige der wichtigsten Beispiele zu nennen — an die Keimung, die Ernährung, das Wachstum, die Fortpflanzung usw. Wenngleich diese Lebensvorgänge in ihren wesentlichsten Zügen bei den meisten Pflanzen übereinstimmen, so treten uns doch im speziellen bei den einzelnen Pflanzenarten die mannigfaltigsten Verschiedenheiten entgegen, was uns schon deshalb nicht wundernehmen kann, da wir wissen, unter welchen ver- schiedenen Lebensbedingungen die Pflanzen zu gedeihen ver- mögen, ein Umstand, der allein einen Unterschied in den Lebensäußerungen bedingen muß. Da finden wir Gewächse, die ihre ganze Entwicklung unter Wasser durchmachen wie etwa die Mehrzahl der Algen, dort solche, welche durch Monate anhaltender Dürre Widerstand leisten müssen, Be- suchen wir etwa den berühmten Karlsbader Sprudel, so sehen wir das Brunnenbecken vollständig von einer prächtig smaragd- grünen Schichte ausgekleidet, welche, wie die mikroskopische Untersuchung lehrt, aus äußerst kleinen, zierlichen Pflänzchen besteht, verschiedenen fadenförmigen Algen, die im heißen Gischt des Sprudels bei einer Temperatur von zirka 60° C. üppig gedeihen. In den Alpen hingegen treffen wir vielleicht 123 gelegentlich auf Gletschereis, das von rötlichem Anfluge wie von Blut bedeckt ist. Auch er besteht aus mikroskopischen Algen, aber von ganz anderer Art, die befähigt sind, bei Tem- peraturen nahe dem Gefrierpunkte zu wachsen und sich zu ver- mehren. Manche Gebiete der Tropenzone bieten den Pflanzen durch ihre Wärme und Feuchtigkeit, welche das ganze Jahr hindurch kaum nennenswerten Schwankungen unterworfen ist, die Möglichkeit einer ununterbrochenen Vegetation. Aber auch in gewissen Teilen des nördlichen Sibiriens treffen wir eine verhältnismäßig reiche Pflanzenentwicklung, ja selbst zu- sammenhängende Nadelwälder af, obgleich hier die Vegetations- zeit auf wenige Monate beschränkt ist und eine Winterkälte von — 40°C,, verbunden mit häufigen Stürmen, jedem Lebewesen den sicheren Tod zu bringen scheint. Um im allgemeinen einen vorläufigen Überblick über die verschiedenartigen Lebenserscheinungen zu gewinnen, wollen wir zwischen solchen Lebensvorgängen unterscheiden, welche zur Erhaltung des Individuums nötig sind, und solchen, welche der Erhaltung der Art, das beißt der Fortpflanzung des Einzelwesens dienen. Die wichtigsten Lebenserscheinungen, welche im Dienste der Selbsterhaltung stehen, sind: der Stoff- wechsel, das heißt die Aufnahme von Stoffen, die Umwand- lung derselben in Bestandteile des eigenen Körpers und die Ausscheidung von Substanz, das hierdurch ermöglichte Wachs- tum und dee Bewegung. Wir wollen diese als vegetative Lebensvorgänge zusammenfassen und ihnen die Erscheinungen der Fortpflanzung als generative Lebensvorgänge gegenüber- stellen; nur müssen wir uns vor Augen halten, daß eine solche der bequemeren Übersicht halber gemachte Unter- scheidung in Wirklichkeit nicht mit gleicher Schärfe durch- geführt werden kann, gewisse Lebenserscheinungen vielmehr, wie wir sehen werden, in beiden obengenannten Gruppen unterzubringen wären. Wenden wir uns zunächst dem Studium jener Erschei- nungen zu, welche die Ernährung der Pflanzen ausmachen. Ehe wir die Nahrungsmittel derselben besprechen, wollen wir untersuchen, aus welchen Bestandteilen die Pflanzen eigent- lich bestehen. Erhitzen wir zu diesem Zwecke irgendeine Pflanze oder einen Pflanzenteil in einem geschlossenen Glas- gefäße, so sehen wir sofort, daß sich die Gefäßwand mit Wasser beschlägt. Die Pflanze gibt Wasser ab, wobei sie verwelkt und schließlich vollständig vertrocknet. Setzen wir nun die Erwärmung so lange fort, bis (bei zirka 1100 C.) kein Wasser mehr abgegeben wird, was daraus zu erkennen ist, daß die Pflanze keinen weiteren Gewichtsverlust erleidet, so erhalten wir eime vollständig wasserfreie Substanz (Trocken- substanz), deren Gewicht als „Trockengewicht“ bezeichnet wird zum Unterschiede von dem bedeutend höheren „Lebend- gewicht“, welches die frische Pflanze vor der Erwärmung besaß. Wir erfahren aus diesem einfachen Versuche, der mit irgendeinem beliebigen Pflanzenteile durchgeführt werden kann, daß das Wasser einen Hauptbestandteil jeder lebenden Pflanze darstellt. Erhitzen wir nun die Trockensubstanz noch stärker, so verbrennt sie bei hinreichend hoher Temperatur und kräftigem Luftzutritt und hinterläßt eine geringe Quan- tität nicht brennbarer Substanz, weißliche Asche. Die gesamten brennbaren Substanzen des verwendeten Pflanzenteiles be- zeichnen wir im Allgemeinen als organische Substanz, worunter wir Verbindungen von Kohlenstoff mit anderen Sub- stanzen, hauptsächlich Sauerstoff, Wasserstoff, Stickstoff, even- tuell auch mit Phosphor und Schwefel verstehen. Diese organischen Substanzen sind die wichtigsten Be- standteile des Pfanzen- (und Tier)körpers; die Zellulose der Zellwand, Stärke und Zucker, Fett und Eiweiß sowie zahllose andere Stoffe, welche denselben zusammensetzen, stellen alle derartige organische Verbindungen dar. Daß alle die genannten Körper tatsächlich Kohlenstoff enthalten, lehrt uns abermals ein einfaches Experiment. Wir brauchen nur irgendeinen der genannten Körper bei geringem Luftzutritt (zum Beispiel in Glasröhrchen, welche unter dem Namen Eprouvetten bekannt sind) zu erhitzen, so verwandelt er sich in eine schwärzliche Masse, die nichts anderes als Kohle darstellt. Die bisher nachgewiesenen Bestandteile des Pflanzenkörpers: Wasser, Kohlenstoffverbindungen oder organische Substanz und Asche 125 oder Mineralsubstanz, setzen stets alle Pflanzen und deren Organe zusammen, wenngleich sie, wie nachfolgende Übersicht zeigt, in außerordentlich wechselnder Menge anzutreffen sind. o 700 9 Kart offel Apfel Wasser Organ.Subst. Asche Be Abb. 11. Wie aus dieser Darstellung erhellt, kann der Wasser- gehalt namentlich fleischiger Pflanzenteile eine ganz enorme Höhe erreichen. So enthält zum Beispiel 1 kg Champignon 980 y Wasser, während das Gewicht der Trockensubstanz nur 20 g beträgt, wovon wieder nur ein verschwindender Bruchteil auf die Asche entfällt. Aber selbst verhältnismäßig trockene Pflanzenteile wie Holz enthalten noch gegen 50 Prozent Wasser, während der Wassergehalt in grünen Blättern auf 715 bis SO Prozent steigt. Unterziehen wir die Pflanzenasche einer näheren chemi- schen Prüfung, so finden wir sie gleichfalls, je nach der Pflanzenart und dem Pflanzenteile, welcher der Veraschung unterworfen wurde, verschieden zusammengesetzt sowohl in bezug auf die Art als auch auf das Mengenverhältnis der einzelnen Bestandteile; nur eine beschränkte Anzahl von Substanzen treffen wir mit Sicherheit regelmäßig an, es sind vornehmlich Kalk (Calcium), Kalı, Eisen und Bittererde (Magnesium), Phosphor und Schwefel. Nachdem wir nun über die wichtigsten Pflanzenbestand- teile orientiert sind, können wir an die Beantwortung zweier Fragen herantreten, die sich uns zunächst aufdrängen: 1. Wo- her nimmt die Pflanze die verschiedenen Stoffe, dıe sıe ent- hält? 2. Benötigt die Pflanze auch die Mineralstoffe, welche bei der Verbrennung als Asche znrückbleiben, zu ihrer normalen Entwicklung oder sind diese Stoffe nur vielleicht zufällig mit der übrigen Pflanzennahrung aufgenommen worden und ohne Bedeutung für die Ernährung, worauf die geringe Menge derselben hinzuweisen scheint? Sehen wir zunächst von den Wasserpflanzen und ge- wissen Ausnahmsfällen ab, so ist es klar, daß für die Pflanze, welche im Gegensatz zum Tiere an die Scholle gefesselt ist, überhaupt nur der Boden und die Luft als Nahrungsquelle in Betracht kommen können. Tatsächlich finden wir im Erd- boden alle Bestandteile wieder, welchen wir schon ım Pflanzen- körper begegneten. Zunächst treffen wir im Boden stets eine mehr oder minder reichliche Menge Wasser an, welche den- selben durchtränkt und selbst dann noch nachweisbar ist, wenn er für unser Gefühl völlig trocken erschemt. Die Erde selbst besteht aus einer Reihe verschiedener Substanzen, die ihren Ursprung teils der Verwitterung der Gesteinsarten ver- danken, teils durch Verwesung tierischer und pflanzlicher Stoffe, zumal abgefallener Blätter, entstanden sind. Gerade in den verbreitetsten Gesteinen aber (Granit, Gmeis, Glimmer etc.) finden wir zum größten Teile jene Substanzen wieder, welche wir in den Pflanzenteilen antrafen (Kalk, Kali, Bittererde, Eisen sowie Phosphor und Schwefel). Anderseits werden dem Boden durch die Zersetzung abgestorbener Organismen auch organische Verbindungen, also Verbindungen des Kohlen- stoffes, zugeführt. In der Luft finden wir hauptsächlich neben Wasserdampf nur Stickstoff (790/,) und Sauerstoff (21°/,) sowie eine ganz 127 geringe Quantität von Kohlensäure (genauer Kohlendioxyd), bekanntlich ein Gas, welches aus Kohlen- und Sauerstoff besteht. Ich will nachfolgend die bisher gewonnenen Resultate übersichtlich in Form einer Tabelle gruppieren. Bestandteile des Pflanzenkörpers. Wasser Trockensubstanz nn -— — organische Sub- Asche stanz oder Mineralsub- d. bh. Verbindungen von stanz Kohlenstoff enthält: ‚ mit einem od. mehreren Kalk (Calcium) 1) der folgenden Körper: ; - x Kali Wasserstoff ; 3 s Bittererde Sauerstoff 8: P Eisen etc. Stickstoff 3 Schwefel Phosphor °) Bestandteile des Bodens. Wasser Verwesungs- Verwitterungs- produkte produkte (Humus) des Gesteines: hauptsächlich bestehend Kall; aus ze Subst., a : Kali Kohlenstoff Birnen W asserstoff Eisen Sauerstoff Phosphor Stickstoff u. a. Schwefel etc. !) Die hier genannten Stoffe kommen weder in der Pflanze noch iım Boden rein als solche (als Elemente) vor, sondern stets in Form von Verbindungen, zumeist sogenannten Salzen; so treffen wir nicht etwa reines Calcium an, sondern z. B. schwefelsaures Calcium oder Gips, salpetersauren Kalk, phosphorsaures Eisen etc. ?) In der lebenden Pflanze treten die Mineralsubstanzen häufig als Bestandteile von Kohlenstoftverbindungen (in sogenannter organischer Bindung) auf; nach dem Verbrennen findet man sie jedoch gleichfalls in der Asche. 128 Bestandteile der Luft. Wasserdampf Stickstoff Sauerstoff Kohlensäure (bestehend aus Kohlenstoff und Sauerstoff) ” \ 2 1 3 { ; \Norupal OR A Abb. 12. Wasserkulturen von Bohnen (Phaseolus vulgaris). Gleichaltrige Wasserkulturen von Bohnen in einer vollständigen Nährlösung (normal) in einer Lösung, welche sämtliche Stoffe, mit Ausnahme von Kalk, enthielt (Ca-frei) und in destilliertem Wasser (Agua dest.)‘). In den beiden letzten Fällen sind Wurzeln, und Stengel kümmerlich entwickelt ; die letzteren sind erkrankt und beginnen bereits zu faulen. Wie diese Übersicht zeigt, sind die Mehrzahl der nötigen Baustoffe ausschließlich im Boden anzutreffen; da aber einige derselben, wie Kohlen- und Stickstoff, auch ın der Luft nach- weisbar sınd, läßt sıch von vornherein nicht entscheiden, welches von beiden Medien als Bezugsquelle dieser Stoffe zu gelten hat. !) Ich verdanke diese Kulturen sowie die Erlaubnis zu deren Reproduktion dem freundlichen Entgegenkommen des Herrn Leop. R. v. Portheim. “ Die Lösung dieser wichtigen Fragen verdanken wir zahllosen sorgfältigen Experimenten, welche auf der jedem Blumenfreunde bekannten Erfahrung beruhen, daß Blumen, zum Beispiel Hyazinthen, sich ohne Erde, ausschließlich im Brunnenwasser kultivieren lassen. Dieser Versuch gelingt mit den meisten Pflanzen ohne sonderliche Mühe, sofern man nur dafür Sorge trägt, daß das Brunnenwasser zeitweise erneuert und das Glasgefäß, ın dem sich die Wurzeln ausbreiten, verdunkelt wird, um die Bildung von grünen Algenanflügen hintanzuhalten. Zu unseren entscheidenden Kulturen ver- wenden wır aber nıcht Brunnenwasser, das bereits eine Reihe von Stoffen gelöst enthält, sondern destilliertes Wasser, dem wir die verschiedenen Substanzen, die wir im Pflanzenkörper beobachteten, in entsprechendem Verhältnis zusetzen. Auf diese Weise läßt sich mit Sicherheit entscheiden, welche davon als Nahrungsmittel für die Pflanze unbedingt nötig sind und welche von diesen mit Hilfe der Wurzeln aufgenommen werden. Aus solchen Kulturen entnehmen wir zunächst, dab Pflanzen im destillierten Wasser zugrunde gehen, hingegen ein üppiges Gedeihen zeigen, sobald ihnen Kalk, Kali, Bittererde (Magnesium), Phosphor, Schwefel und Stickstoff sowie eine Spur Eisen zugeführt wird. Fehlt auch nur einer dieser Stoffe, welche als wahre Nährstoffe zu bezeichnen sind, zum Beispiel Kalk, so ist die normale Entwicklung gestört, die Pflanze erkrankt und geht früh- zeitig zugrunde. Von größter Wichtigkeit ist auch die Tatsache, daß alle diese Substanzen, um nicht eine schädliche Wirkung hervorzu- bringen, nur in ganz geringen Dosen (zusammen höchstens 2 y pro ! Wasser) geboten werden dürfen, ja daß die minimalen Mengen derselben im (Wiener) Hochquellenwasser (zirka 02 y ım /) zur Entwicklung hinreichen !). Daraus ergibt sich aber, !) Die am häufigsten angewandte „Nährstofflösung“ (nach Knop) enthält auf 1 destilliertes Wasser: 1 9 salpetersauren Kalk, 0'25 g sal- petersaures Kali, 025 g saures phosphorsaures Kali, 025 g schwefelsaure Magnesia und cine Spur Eisenchlorid. Es ist in den meisten Fällen empfehlenswert, diese Lösung mit der gleichen Menge Wasser zu ver- 2) 130 daß durch verschwenderische Düngung den Pflanzen eher Schaden als Nutzen gebracht wird. Da die Pflanzen mit so geringen Nährstoffmengen ıhr Aus- langen finden, ist der Materialverbrauch im Boden ein sehr be- schränkter; so entzieht zum Beispiel selbst die anspruchsvolle Buche dem Boden, in welchem sie ıhre Wurzeln ausbreitet, inner- halb eines Zeitraumes von 40 Jahren nur 2:7 kg Kali. Bedenkt man, daß durch die absterbenden Pflanzenteile, die Waldstreu, den Boden wieder ein großer Teil der entnommenen Mineral- stoffe zurückgegeben wird und durch den Einfluß von Wind und Wetter immer neue Gesteinsschichten der Verwitterung anheimfallen, wodurch neuerlich für die Pflanzen verwertbare Stoffverbindungen geschaffen werden, so wäre eine Verarmung des Bodens an Nahrungsmitteln nicht zu befürchten, wenn nicht hauptsächlich durch das Regenwasser immer ein großes Quantum löslicher und daher für die Pflanzen wichtiger Stoffe entführt würde. Dadurch aber hauptsächlich trıtt häufig eme immer mehr zunehmende Verarmung des Bodens ein, während eine Bereicherung desselben mit Nährstoffen nur selten, zum Beispiel dort zu beobachten ist, wo durch regelmäßige Über- schwemmungen neue Stoffe ım Boden abgelagert werden. Die Folge dieser Verarmung und anderer Erscheinungen, auf welche hier nicht näher eingegangen werden kann, wird in längeren Zeiträumen darin zum sichtbaren Ausdrucke kommen, daß eine Vegetation, welche verhältnismäßig reichliche Nähr- stoffe beansprucht (etwa ein Buchenwald), auf solchen Böden allmählich zurückweichen und weniger anspruchsvollen Ge- wächsen, zum Beispiel Kiefern, den Platz räumen wird, bis auch diese einer trostlosen Heide mit ihren genügsamen Sträuchern und Stauden weichen müssen, wie es in der berühmten nord- deutschen Heide erwiesenermaßen der Fall war. Wir haben hier ein klares Beispiel vor uns, wie die dünnen. Die „Wasserkulturen“ werden am besten in der Weise ange- legt, daß man die Nährstofflösung in ein weites Einsiedeglas füllt, dieses mit Organtin zubindet und darauf die auf feuchtem Fließpapier angekeimten Samen so auflegt, daß die Würzelchen ins Wasser reichen. Das verdunstende Wasser wird durch destilliertes ersetzt. 131 Pflanzendecke im Laufe der Zeiten sich ohne jegliches Zutun des Menschen völlig verändern kann, selbst ohne daß zunächst das Klima einer Veränderung unterworfen zu sein braucht. Eine bedeutend rapidere Verarmung des Bodens tritt aber natürlich auf dem Kulturboden, zum Beispiel auf unseren Wiesen und Feldern, ein, da hier mit den gemähten Kultur- pflanzen auch alle m diesen aufgespeicherten, aus dem Boden stammenden Mmeralsalze weggeführt werden, ohne daß ein natürlicher Ersatz dafür eintritt. Infolgedessen geht das ganze Streben des Landmannes dahin, eine Bereicherung des Bodens an Pflanzennährstoffen zu erzielen. Das auf uralter Erfahrung begründete Pflügen und Brachliegen des Feldes bezweckt in erster Linie, eine kräftigere Verwitterung des Bodens zu er- möglichen, während durch das Düngen der Erde neue Nahrungs- vorräte für die kommende Saat zugeführt werden. Während man in früherer Zeit fast ausschließlich Stallmist als Dünge- mittel in Anwendung brachte, erfreut sich bekanntlich bei den Landwirten in unseren Tagen der Kunstdünger einer steigernden Beliebtheit. Im wesentlichen besteht der Vorgang rationeller, das ist zweckentsprechender Düngung darin, daß man unter Berücksichtigung der Bedürfnisse der zu bauenden Pflanzenart dem Boden die in zu geringer Menge vorhandenen Nährstoffe zuführt. Ist der Stickstoffbedarf ein großer, so wählt man zum Beispiel Chilisalpeter; fehlt dem Boden Kalı, so düngt man mit Kainit; zeigt sich Phosphormangel, so wird Phosphorit, Guano und dergleichen in Anwendung gebracht. So glänzend die mit künstlichem Dünger erzielten Resultate sind, so macht er ın der Regel den Stalldünger doch nicht entbehrlich. Ein guter Boden muß eben nicht allein nährstoffreich sein, sondern auch eine Reihe von Eigenschaften besitzen, die wir als physikalische zusammenfassen. Vor allem soll er für Wasser nicht zu durch- lässig sein (wie es zum Beispiel bei Sandboden der Fall ist), vielmehr Wasser und Wärme zurückhalten. Diese und manche andere wertvollen Eigenschaften verdankt aber der Boden den verwesenden Pflanzenteilen, dem Humus; darin ıst zunächst auch dessen große Bedeutung für die Pllanze gelegen, während er als Nährmittel für die meisten Pflanzen wertlos ist, was gE 132 schon daraus erhellt, daß die Wasserkulturen sich vollkommen entwickeln können, ohne daß ihnen Humus oder eine andere organische Substanz geboten würde. Der Stalldünger verbessert aber im Gegensatze zum Kunstdünger zum Teil auch diese physikalischen Eigenschaften des Bodens. Um die Nährstoffe des Bodens möglichst ausnützen zu können, senden die Pflanzen zahlreiche, vielfach verzweigte Wurzeln aus, welche denselben nach allen Richtungen durch- setzen. Je reichlicher sich eine Wurzel verästelt, desto mehr Abb. 13. Senfkeimlinge (Sinapis alba.) Fig. 1. In Erde kultiviert, Wurzelhaare in- folge der anhaftenden Erdteilchen nicht sichtbar. Fig. 2. In feuchter Luft gezogen mit deutlichen Wurzelhaaren. — Natürliche Größe. — Nach Burgerstein. Nährstoffe kann sie dem Boden entziehen. Daher vermag wohl auch die Kiefer, die etwa 24—-30 mal mehr Wurzelfasern entwickelt als die Tanne, aus einem armen Boden noch hinreichend Nahrung zu gewinnen, so daß sie uns viel genüg- samer erscheint als die anspruchsvolle Tanne. Die Nahrungsaufnahme erfolgt jedoch nicht durch die gesamte Wurzel, vielmehr ausschließlich durch die Wurzelenden, weshalb gerade diese oft in enormer Zahl ausgebildet werden, wie zum Beispiel bei der Buche, wo man an einem einjährigen Pflänzchen 136 Wurzelspitzen zu zählen vermochte. Diese Endver- zweigungen der Wurzeln tragen viele Hunderte von zylindrischen Zellen als eigentliche Aufnahmsorgane, die sogenannten W ur- 155 zelhaare. Es sind einzelne, von einer Zellwand völlig um- schlossene haarförmige Gebilde von einigen hundertstel Milli- meter Weite und ein bis wenigen Millimeter Länge, erfüllt von Protoplasma und Zellkern. Sie treten regelmäßig an den soeben ausgewachsenen Partien der Wurzeln auf, funktionieren gewöhnlich nur kurze Zeit, worauf sie wieder absterben, während sich gegen die Spitze hin immer wieder neue Härchen entwickeln und die Ernährung übernehmen. Die Wurzelhaare, welche die Oberfläche der Wurzeln um das 5—12fache ver- größern, besitzen die Fähigkeit, sich an feste Erdtteilchen innig anzuschmiegen und sie förmlich zu umklammern, wobei sie ihnen alle brauchbaren Substanzen entreißen. Überdies fällt ihnen eine zweite wichtige Aufgabe zu; indem sie sich nämlich an die Erdpartikelchen so fest anklammern, dab sie eher abgerissen werden, bevor sie sich von ihnen los- lösen lassen, bieten sie der wachsenden Wurzelspitze den nötigen Haltpunkt, um in den Boden eindringen zu können. Damit hängt es auch zusammen, daß sie um so näher der Wurzelspitze entspringen, je größer die Festigkeit des Bodens ist. Auf welche Weise nehmen nun die Wurzelhaare die Nahrung aus dem Boden auf? Zunächst ist klar, daß sie nur zur Aufnahme gelöster Stoffe befähigt sind, woraus hervorgeht, daß vor allem nur jene Substanzen für die Pflanze brauchbar sind, welche in wasserlöslicher Form im Boden vorhanden sind. Zum Teil können jedoch auch im Wasser unlösliche Stoffe für die Pflanzen nutzbar gemacht werden, indem die Wurzel- haare sauer reagierende Substanzen ausscheiden, welche jene in Lösung überführen. Zum Beweis dessen kann man Kresse- samen auf feuchtem, blauem Lakmuspapier zum Keimen bringen, worauf überall, wo die Wurzelhärchen dem Papier anliegen, eine hötung des Papiers eintritt, was auf eine saure Aus- scheidung zurückgeführt werden mub. Die gelösten Substanzen treten nun durch die Zell- membran hindurch in die Wurzelhaare ein, em Vorgang, den wir als Osmose bezeichnen. Zur Erläuterung dieses Prozesses sei in Kürze auf em physikalisches Experiment verwiesen. 154 Legt man ein zylindrisches Glasgefäß (etwa einen m der Mitte abgeschnittenen weiten Lampenzylinder), das mit einer ziemlich konzentrierten Zuckerlösung vollgefüllt und beiderseits mit einer Schweinsblase fest verbunden wurde, ın Wasser, so sieht man bald, wıe diese Menıbranen sich nach außen immer mehr vorwölben, ein Beweis, daß die Flüssigkeit im Innern an Menge zugenommen hat; dadurch nimmt auch der Druck ım Innern des Gefäßes ımmer mehr zu, worauf die Spannung der Blase zurückzuführen ist; durchsticht man dieselbe nach einigen Stunden, so spritzt ein Wasserstrahl mit beträchtlicher Kraft empor. Der mit Zuckerwasser gefüllte Apparat hat also offenbar Wasser von außen durch die Schweinsblase hindurch aufgenommen, und zwar jedenfalls mehr, als Substanz ın umgekehrter Richtung die Membran passieren konnte. Das Eindringen von Wasser hält so lange an, bis der Zuckergehalt außer- und innerhalb unseres Appa- rates der gleiche ist. Dabei macht sich im Apparat ein Druck geltend, der bei Anwendung einer zehnprozentigen Zuckerlösung unter bestimmten Umständen bereits 13 Atmos- phären !) beträgt. Ähnlich wie unser Apparat verhält sich auch die Pflanzen- zelle. Sie besteht bekanntlich aus einem einen Zellkern führenden Protoplasma (Cytoplasma), welches sich sowohl gegen die Zellhaut als gegen den Saftraum hin durch eine derbere Beschaffenheit auszeichnet, weshalb wir diese Partien als „Hautschichte“ des Protoplasmas bezeichnen. Sie ist es, welche die Aufgabe der Schweinsblase in unserem Apparat vertritt, während der Zell- saft, welcher den vom Plasma eingeschlossenen Raum erfüllt, die Zuckerlösung ersetzt. Indem nun das Bodenwasser mit den in Lösung befindlichen Stoffen durch die Hautschichte des Plasmas hindurch in den Saftraum eintritt, wird ın der Zelle ein Druck hervorgerufen, welcher das zarte Protoplasma innig an die Zellwand anpreßt, die ihrerseits als schützendes Wider- lager ein Zerreißen des Plasmas verhindert. Alle lebenden Zellen sind infolge des in ihrem Innern herrschenden Druckes !) 1 Atmosphäre entspricht einem Drucke von 1'055 Ag auf Lem?. 155 in einem Zustande der Spannung, den wir als Turgor bezeichnen. Dieser Turgordruck erreicht oft eine ansehnliche Höhe, oft 10 Atmosphären und darüber, was um so erstaun- licher ist, als selbst unsere Hochdruckmaschinen nur mit einem Drucke von 6—14 Atmosphären arbeiten. Die Pflanzenzelle ist aber noch bedeutend leistungsfähiger als es unser kleiner osmotischer Apparat war. Wır können die Hautschichte mit einem Sieb von bestimmter, wahrscheinlich veränderlicher Maschenweite vergleichen, das nur Körpern ganz bestimmter Größe und Form den Durchtritt gestattet, und auf diese Weise anschaulich machen, daß die Zellen nur jene in Wasser gelösten Stoffe aufnehmen, welche sie benötigen, während anderen der Eintritt in den Saftraum verwehrt wird und die Zelle selbst nur geringe Substanzmengen nach außen abgibt. So verstehen wir es, wenn zum Beispiel ein Wach- holder, trotzdem er auf tonerdehaltigem Boden wächst, keine Spur von Aluminium (= Tonerde) aufnimmt, während ein Bärlapp, der etwa in seinem Schatten wuchert, 58 Prozent davon in seiner Asche enthält. Wie bei unserem Apparat würde auch in der Zelle ın kurzer Zeit ein Gleichgewichts- zustand eintreten, womit jeder weiteren Ernährung eine Grenze gezogen würde, wäre nicht wieder eine besondere Einrichtung getroffen, welche das Zustandekommen eines solchen ver- hindern würde; dies wird in einfacher Weise dadurch erreicht, daß in der Zelle die Nährstoffe ganz oder teilweise in unlös- liche feste Stoffe verwandelt werden, wodurch die Konzentration des Zellsaftes verringert und er neuerlich befähigt wird, Wasser mit gelösten Nahrungsmitteln beladen an sich zu saugen. Da nun nicht alleın dıe Wurzelhaare, sondern alle leben- den Zellen solche kleinste osmotische Apparate von höchster Vollendung darstellen, wandern die gelösten Stoffe nach Bedarf von Zelle zu Zelle. Das durch die Wurzelhaare aufgenommene Wasser gelangt auf diese Weise in die Gefäße des Holzes, ın welchen es mit ansehnlichem Turgordrucke („Wurzeldruck“) bis zu einer gewissen Höhe emporgepreßt wird. Darauf beruht eine Erscheinung, welche namentlich bei der Weinrebe leichtzu beob- achten und unter dem Namen „Bluten der Rebe“ bekannt ist, Sie besteht darin, daß eine Weinrebe — der Versuch gelingt im Frühjahre am besten — in einiger Höhe über dem Boden abge- schnitten, in Kürze eine ziemlich beträchtliche Wassermenge aus der Schnittfläche hervorquellen läßt, was auf den „Wurzel- oder Blutungsdruck* zurückzuführen ist. Freilich reicht diese Kraft keineswegs hin, das mit Nährstoffen beladene Wasser bis in die Baumkronen hinaufzupressen, doch wir werden bei einer späteren Gelegenheit noch eine andere Kraft kennen lernen, welche das Aufsteigen des Saftes, das „Saftsteigen“, befördert. Zweiter Vortrag. Während die Nahrungsmittel, welche wir bisher kennen lernten, dem Boden entstammen, wird der Kohlenstoff, wie das Gedeihen unserer Wasserkulturen, denen wir keine Spur kohlenstoffhaltiger Substanzen zusetzten, überzeugend bewies, nicht dem Boden, sondern der Luft entnommen. Gerade dieser Körper ist aber von höchster Wichtigkeit im Haushalte der Pflanzen, nachdem, wie wir schon früher erkannten, der überwiegende Teil der pflanzlichen Trocken- substanz aus organischen Verbindungen, das heißt Verbindungen des Kohlenstoffes besteht. Auch der tierische Körper besteht in gleicher Weise vorwiegend aus organischer Substanz. Die Tiere decken jedoch den hierzu erforderlichen Bedarf an Kohlen- stoff durch direkte Aufnahme organischer Substanz, indem sie pflanzliche oder tierische Nahrung zu sich nehmen. Aber auch in letzterem Falle verdanken sie die organische Nahrung doch wieder den Pflanzen, da die als Nahrung verzehrten Tiere ihrerseits in letzter Linie auf Pflanzenkost angewiesen sind. Die Pflanzen allein hingegen sind imstande, organische Verbindungen aus den hierzu erforderlichen anorganischen zu bilden, wobei sie die Kohlensäure der Luft, eine Verbindung von Kohlenstoft mit Sauerstoff, als Kohlenstoffquelle benützen. Dieser Fähigkeit verdanken demnach wir Menschen ebenso wie das Tier unsere Nahrung und Existenz, aber auch unsere Kultur und Industrie. Die Pflanzenfasern (Baumwolle, Flachs, Hanf etc.), aus welchen wir unsere Kleiderstoffe weben, das Papier, welches wir aus Pflanzenteilen darstellen, das Holz, das uns als Bau- und Brennmaterial unersetzlich ist, all das sind Kohlenstoff- (organische) Verbindungen (der Hauptsache 158 nach Zellulose), welche die Pflanzen im Laufe ihres Daseins mit Hilfe des Kohlenstoffes der Luft aufbauen. Selbst die Wärme und Betriebskraft, welche wir durch Verbrennung der Kohle, die bekanntlich gleichfalls pflanz- lichen Ursprunges ist, gewinnen, verdanken wir derselben wunderbaren Lebenstätigkeit, welche Pflanzen vor vielen Jahrtausenden entwickelten. Welcher unschätzbare Gewinn uns daraus erwächst, wird sofort klar, sobald wir die durch das Verbrennen derselben erzielte Arbeit berechnen. Man hat ausgerechnet, daß mit der in einem Jahre in England allein geförderten Kohle eine Arbeitsleistung vollführt werden kann, zu deren Bewältigung —- achtstündige Arbeitszeit vorausgesetzt — 4000,000.000 Menschen, zirka dreimal so viel als den Erdball bevölkern, ein volles Jahr hindurch tätig sein müßten. Diese für uns so eminent wichtige Fähigkeit, den aus der Kohlensäure der Luft stammenden Kohlenstoff zum Auf- bau organischer Verbindungen zu verwerten, gewinnt wo- möglich noch erhöhtes Interesse, wenn wir bedenken, daß die Kohlensäure nur einen verschwindenden Bruchteil der Luft darstellt, indem 10.000 /! Luft nur 3 1 Kohlensäure enthalten. Der Kohlenstoff bildet aber wieder nur einen Bestandteil der Kohlensäure. Wir können annehmen, daß 10.000 7 Luft 2 g Kohlenstoff enthalten. Nachdem nun ein Baum von 100 Zentner Gewicht 50 Zentner (= 2500 kg) Kohlenstoff enthält, so muß er zu dessen Gewinnung 12,500.000 »3 Luft ihrer Kohlensäure beraubt haben. Das Laboratorium, in welchem diese gewaltige Arbeit vor sich geht, ıst in allen grünen Pflanzenteilen, also zunächst in den Blättern zu suchen. Durchschneiden wir ein Blatt senkrecht zu seiner Fläche, so finden wir bei mikroskopischer Betrachtung viele Tausende von kleinen, zu einem Gewebe zusammenschließenden Zellen, die in der oberen Blatthälfte in dichten Reihen nebeneinander stehen, während sie in der Blattunterseite ein lockeres, schwammiges Gefüge besitzen, indem die Zellen durch große Lücken voneinander getrennt sind. Wir bezeichnen dieses Gewebe als Schwammgewebe 159 im Gegensatze zu dem dichtgefügten Palisadengewebe der Blattoberseite. Alle diese Zellen, namentlich aber die des letztgenannten Gewebes führen in ihrem Zelleibe (Protoplasma) prächtig smaragdgrüne Körnchen (Chlorophyllkörner), denen das Blatt seine Farbe verdankt. Diese Zellmassen werden von faserförmigen Zellsträngen den Gefäßbündeln durchzogen, die dem freien Auge als „Blattnerven“ erscheinen, während sie oben und unten von einer aus tafelförmigen Zellen gebildeten Haut (Oberhaut oder Epidermis) bedeckt werden. Die oben- Abb. 14. Querschnitt durch ein Blatt von Cyelamen. O, 0‘ Oberhaut, s Spaltöffnung, P Palisadengewebe, S Schwammgewebe, g Gefäßbündel. In den Zellen von Pund S zahlreiche Chlorophylikörner. — Vergröferung 300. — Naclı Wiesner. erwähnten Chlorophylikörner sind nichts anderes als kleine, einige Tausendstel Millimeter große Protoplasmagebilde von meist linsenförmiger Gestalt. Im Dunkeln sind sie durch einen gelben Farbstoff (Xanthophyll) gefärbt, worauf die gelbe Farbe der im Dunkeln getriebenen, „vergeilten“ Pflanzen zurückzu- führen ist. Im Lichte aber tritt daneben noch ein zweiter Farbstoff, das Blattgrün (Chlorophyll) auf, der in wenigen Stunden ein deutliches Ergrünen vergeilter Sprosse hervor- ruft, der aber durch starkes Sonnenlicht wieder zerstört wird I Die Chlorophylikörner sind die eigentlichen Apparate, in welchen die Bildung der organischen Verbindungen oder die Kohlensäureassimilation vor sich geht. 1) Vol. 8. &. 140 Wie aber der Chlorophylifarbstoff nur im Lichte entsteht, so erfolgt auch die Assimilationstätigkeit der Chlorophylikörner nur im Lichte. Dieser Vorgang besteht im wesentlichen darin, daß die Chlorophylikörmer die Kohlensäure der Luft in ihre beiden Bestandteile, Kohlenstoff und Sauerstoff, zerlegen; dieser wird wieder ausgeschieden und der Atmosphäre zurück- gegeben, während der erstere im Chlorophylikorn selbst mit den Bestandteilen des Wassers (Wasserstoft und Sauerstoff) zu einer organischen Verbindung vereinigt wird, deren ursprüng- liche Natur wir zwar nicht kennen, die sich zumeist jedoch in kurzer Zeit in Stärke umwandelt. Die Eigenschaft der letzteren, sich mit Jodlösung blau zu färben, können wir benützen, um mikroskopisch das im Lichte erfolgende Auftreten von einem oder mehreren winzigen Stärkekörnchen in jedem Chlorophyll- korn zu konstatieren. Taucht man das ganze beleuchtet ge- wesene Blatt, nachdem vorher durch Auskochen in Wasser und Alkohol der störende grüne Farbstoff entfernt wurde, ın Jodlösung, so färbt sich (schon dem freien Auge sichtbar) das ganze Blatt blauschwarz. Behandeln wir jedoch auf gleiche Weise ein Blatt, das wır bereits am frühen Morgen gepflückt oder durch 24 Stunden verdunkelt hatten, so zeigt sich keine Spur emer Bläuung; es nımmt vielmehr das ganze Blatt nur einen gelblichbraunen Farbenton an, ein Beweis, daß die ım Lichte in den Chlorophylikörnern gebildete Stärke während der Verdunklung wieder verschwindet. Die an sich im Wasser unlösliche Stärke wird nämlich in Zucker umgewandelt und wandert als solcher von Zelle zu Zelle an die Stellen des Bedarfes, einerseits zu den im Wachstum begriffenen Partien, anderseits in Organe, wo er gewöhnlich nach neuerlicher Umwandlung in Stärke oder Öl als Nahrungsvorrat oder Reservestoft aufgespeichert wird. Solche Nahrungsspeicher finden wir in der mannigfaltigsten Ausbildung bei den ver- schiedensten Pflanzen. Bald sind es unterirdische, stärke- führende Knollen (Kartoffel), bald Wurzelstöcke oder fleischige /Zwiebelblätter oder es dienen gewisse Zellen des oberirdischen Stammes (Mark, Markstrahlen ete.) als Nahrungsdepot. Auch den Samen mub für die erste Periode ihres Lebens Nahrung 141 mit auf den Weg gegeben werden. Daher finden wir auch in den meisten Samen bestimmte Gewebe, die bald von Stärke vollgepfropft sind (Getreidefrüchte, Hülsenfrüchte), bald reich- lich fettartige Substanzen enthalten (Mandel-, Lein-, Nuß- samen). Bei diesem Prozeß der Kohlensäureassimilation, bei dem, wie wir gesehen haben, Kohlensäure aufgenommen und an ihrer Stelle Sauerstoff ausgeschieden wird, werden ungeheure Kohlen- stoffquantitäten aufgespeichert. So produziert 1 ha Laubwald jähr- lich ungefähr 3000 kg Kohlenstoff, wozu 11.000 kg Kohlensäure erforderlich sind. Der gesamte Waldkomplex von Niederösterreich allein (ca. 673.000 ha) würde dementsprechend jährlich zwei Millionen Tonnen Kohlenstoff aus der Luft abscheiden. Nach- dem nun der Kohlensäuregehalt der Luft an und für sich ein minimaler ist, liegt die Frage nahe, ob nicht der Kohlensäure- gehalt der Luft in ständiger Abnahme begriffen ist. Dagegen läßt sich in erster Linie anführen, dab der in dem ungeheuren Luftreservoir, welches unsere Atmosphäre darstellt, vorhandene Kohlensäurevorrat schätzungsweise 3000 Billionen Kilogramm beträgt, welche 800 Billionen Kilogramm Kohlenstoff enthalten. Dazu wird der Kohlensäuregehalt der Luft teilweise durch den Atmungsvorgang, dem alle Lebewesen unterliegen, erneuert. Ein Mensch atmet durchschnittlich pro Tag 900 g Kohlensäure aus, die 245 g Kohlenstoff enthalten, woraus sich eine Jahres- produktion von 894 kg Kohlenstoff ergibt. Daraus läßt sich leicht berechnen, daß bereits die Atmungstätigkeit von 3% Menschen genügt, um 1 ha Wald mit der erforderlichen Kohlensäuremenge zu versorgen. Trotzdem reicht natürlich die Tätigkeit der Menschenlungen lange nicht hin, um die von den Pflanzen verbrauchte Kohlensäuremenge vollständig zu ersetzen. Der gesamte Waldbestand in Niederösterreich allein erfordert davon eine solche Quantität, daß zirka 23 Millionen Menschen, das sind fast neunmal so viel als die Bevölkerung beträgt, zur Deckung des Bedarfes erforderlich wären. Ein großer Teil der Kohlensäure wird aber der Atmo- sphäre durch Verbrennung von Holz und Kohle wieder zu- geführt. So produzieren die Wiener städtischen Gaswerke 142 allein mehr Kohlensäure als die gesamte Bevölkerung von Niederösterreich. Dazu kommt noch die Atmung der Tiere, die Kohlensäurebildung bei der Verwesung, natürliche Kohlen- säurequellen in vulkanischen Gebieten ete., so daß eine Ver- minderung des Kohlensäuregehaltes der Luft nicht zu ge- wärtigen ist, zumal das produzierte Gas sich immer wieder völlig gleichmäßig im Luftraume verteilt. Da sowohl das Ergrünen der Pflanzen als auch die Bildung organischer Substanz an das Licht gebunden sind, ein Überschreiten emer gewissen Helligkeitsgrenze jedoch eine Zer- störung des notwendigen Blattgrüns bewirkt, ist es verständ- lich, daß die eigentlichen Organe der Kohlensäureassimilation, die Blätter, fähig sind, sich mäßiges Licht vollständig zunutze zu machen, allzu hoher Lichtstärke hingegen auszuweichen. Wir können an Zimmerpflanzen, namentlich wenn sie gestielte Blätter besitzen, leicht die Beobachtung machen, daß sich alle Blattflächen zur Richtung des stärksten einfallenden Lichtes senkrecht stellen. Wird die Pflanze nun in eine andere Lage zum Lichte gebracht, so wenden und drehen sich die Blätter, solange sie noch nicht zu alt geworden sind, derartig, daß sie auf kürzestem Wege wieder eine zur Ein- fallsrichtung des Lichtes normale Lage, „die fixe Lichtlage®, einnehmen. Bei aufmerksamer Beobachtung treffen wir diese Erscheinung häufig auch unter natürlichen Beleuchtungs- verhältnissen an. So sehen wir zum Beispiel sehr häufig im Waldesschatten, daß sämtliche Blätter emes Zweiges sich m einer horizontalen Ebene ausbreiten, da das verhältnismäßig stärkste Licht von oben einfällt; an Ästen hingegen, die frei der vollen Wirkung des Lichtes ausgesetzt sind, ist die Lage der Blätter eine ganz andere. Bald richten sie sich steil auf, so daß die Sonnenstrahlen die Blattfläche nur unter spitzem Winkel treffen, wodurch natürlich die Wirksamkeit bedeutend abgeschwächt wird, bald ist das Blatt in der Mitte wie ein Bogen Papier gefaltet oder auf dem Rande aufgekrempt oder zurückgekrümmt, so daß dem Lichte niemals die volle Blatt- fläche geboten wird. Wieder in anderen Fällen (Kompab- pflanzen und anderen) drehen sich alle Blätter so um ihre 143 x Längsachse, daß sie dem stärksten Lichte nur ihre Kanten darbieten, oder das Blatt erscheint glänzend wie gefirnißt, da durch seine oberste Schichte ein großer Teil des auf- fallenden Lichtes wie von einem Spiegel zurückgeworfen wird. Häufig schützen sich die Blätter mit verschiedenartigen Haar- überzügen wie mit einem Schleier vor den sengenden Sonnen- strahlen. Da besonders die jugendlichen Blätter gegen Sonnen- licht empfindlich sind, sind derartige . Schutzeinrichtungen gegen zu starkes Licht oft in der Jugend deutlicher ausge- prägt, während sie im Alter vollständig fehlen können. Am wirksanısten schützen sich solche Blätter wohl in vielen Fällen allein dadurch, daß sie bei der Entfaltung der Knospe vertikal aufgerichtet stehen, wobei häufig noch die allerjüngsten im Schutze der älteren heranwachsen. Das Streben nach dem unentbehrlichen Lichte ist nicht allein mitbestimmend für die Lage und Ausbildung der Blätter und anderer assimilierender Organe, sondern hat bisweilen noch viel weitergehendere Anpassungen zur Folge. Zunächst sind es zwei Pflanzentypen, deren ganze Ausbildung und Örganısation im Zusammenhange mit dem Streben nach Licht steht: die Lianen und die Epiphyten, welche ihren größten Formenreichtum im Urwalde des feucht-heißen Tropenge- bietes in üppigster Weise entfalten, während sie in unserem Klima nur an Zahl und Entwicklung spärliche Vertreter auf- zuweisen haben. Die Lianen, worunter wir alle Kletter- und Schling- pflanzen verstehen wollen, sind dadurch charakterisiert, daß sie sich durch meist rapides Wachstum und unter möglichst geringem Materialaufwande über die Kronen der beschattenden Bäume erheben, um ihr eigenes Laub dem Lichte auszusetzen. Die Mittel, welche ihnen dabei zu Gebote stehen, sind höchst mannigfaltiger Art. Im einfachsten Falle sind die rutenförmigen Zweige oder Blattstiele mit zurückgekrümmten Stacheln besetzt; werden diese schwankenden Gerten durch den Wind gepeitscht, so klammern sie sich an allen Gegenständen fest, die in ihren Bereich kommen, wodurch sie allmählich durch das Geäste der als Stütze benützten Sträucher oder Bäume ans Licht ge- 144 langen. Zu dieser Lianenform, welche wir als „Spreizklimmer*“ bezeichnen, zählt in unserer Flora zum Beispiel die Brombeer- staude. In den Tropen ist diese Art des Kletterns weit verbreitet. Zu den bekanntesten Vertretern dieser Gruppe gehören die Kletterpalmen oder Rotangpalmen (Calamus), welche das „spanische Rohr“ des Handels liefern. Die Blätter dieser Palmen gleichen im allgemeinen denen der Dattel- palmen, nur sind sie. zu einer langen, durch zahlreiche kräftige Dornen bewehrten Geißel ausgezogen, die als Organ zum Klettern und Festklammern dient. Sterben diese Blätter ab, so gleitet der schwere Stamm der Palme infolge der eigenen Last all- mählich von seiner Stütze, bis er sich neuerlich mit den Geißeln der jüngeren Blätter im Gezweige eines Stützbaumes verankert. Infolgedessen sieht man diese Palmenstämme bald in weiten Windungen am Boden hingestreckt, bald bogen- föormig von Stütze zu Stütze ausgespannt, während Blätter und Blüten für den Beschauer oft unauffindbar über den Kronen weit entfernter Bäume zur Entfaltung kommen. Im Palmen- quartier des botanischen Gartens von Buitenzorg auf Java, des großartigsten Tropengartens der Welt, erreicht der Stamm einer Kletterpalme die enorme Länge von 240 m. Stünde er aufrecht, er würde ungefähr die Höhe des Leopoldsberges bei Wien (vom Ufer der Donau gemessen) erreichen. Andere Lianen wieder, wie zahlreiche Aroideen (zu welchen der als Zimmerpflanze beliebte Philodendron mit seinen großen durchlöcherten Blättern gehört) und Fieus-Arten, er- heben sich dadurch über die Baumkronen, daß sie sich mit Hilfe von kleinen Wurzeln, ähnlich unserem Efeu, an die rissige Borke der Bäume oder an andere Unterlagen anklammern, weshalb sie als Wurzelkletterer bezeichnet werden. Wieder andere Pflanzen (Rankenkletterer) bilden eigene Kletterorgane, verschiedenartige Ranken, aus, welche sie be- fähigen, sich an Stützen festzuklammern, wie es bei Erbsen, bei wildem und echtem Wein der Fall ist, während sich die „windenden“ Pflanzen dadurch auszeichnen, daß sich ıhr Stamm an lebenden oder toten Stützen schraubenförmig empor- windet. 145 Bei vielen Wurzelkletteren stirbt häufig, ohne daß der Pflanze daraus Nachteil erwüchse, der unterste Stammteil ab, so daß sie den Zusammenhang mit dem Boden vollständig verlieren. Solche Lianen bilden den Übergang zu den Epiphyten, worunter wir solche Gewächse verstehen, welche auf Ästen oder Zweigen (bisweilen sogar auf Blättern) anderer gedeihen, ohne aber diesen Nahrung zu entnehmen. Ist schon bei den Lianen mit ihren enorm langen Stämmen die Wasserversorgung eine schwierige, so gilt dies natürlich in erhöhtem Maße für die Epiphyten. Es ist daher wohl verständlich, daß beide Pflanzentypen nur im feuchten Tropenklima zu reicher Ent- wicklung gelangen können, während in unseren Gegenden hauptsächlich nur anspruchslose Moose und Flechten epiphy- tisch gedeihen, indem sie bald die Rinde der Bäume mit grünen Polstern überdecken, bald wie Quasten. oder Strähne von den Ästen herabhängen (Bartflechte, Usnea). Manche der tropischen Epiphyten (Aroideen, Fieus) ent- wickeln zahlreiche „Luftwurzeln“, welche, straff gespannten Seilen vergleichbar, aus dem Geäste der von ihnen bewohnten Bäume herabhängen. Viele derselben sind befähigt, Feuchtig- keit aus der Luft aufzunehmen, während andere den Boden erreichen und sich reich verzweigend Bodenwasser und Boden- nahrung dem hoch auf einem Aste sich festklammernden Epiphyten zuführen. Solche Wurzeln erstarken in vielen Fällen derartig (Stützwurzeln), daß die astbewohnende Pflanze auf ıhre Unterlage nicht mehr angewiesen ist. Wenn auch der Baum, auf dessen Ästen sie sich zuerst ansiedelte, ab- stirbt und vermodert, so wird sie von ihren eigenen Stütz- wurzeln ın einer Höhe erhalten, daß sie ihre Blätter im Lichte auszubreiten vermag. Manche Ficus-Arten bilden im Alter mächtige Bäume von vielen Metern Umfang; aus der dichten Laubkrone werden zahlreiche Luftwurzeln in den Boden versenkt, die allmählich sich verdicken und den Eindruck hervorrufen, als wären es aus dem Boden emporgeschossene Stämme. Der ganze Baum mit seinen zahlreichen säulenförmigen Wurzeln gleicht eher einem Fieushain als einem einzigen Individuum, das als junge Pflanze 10 146 auf einem schon längst abgestorbenen und vermoderten Baume sem Dasein fristete. Andere Epiphyten, welche keine Luft- und Bodenwurzeln besitzen, sind ausschließlich auf das an Blättern und Zweigen herabrieselnde Wasser angewiesen; sie besitzen dann oft be- sondere Einrichtungen, um das Wasser aufzufangen und festzu- halten. So schließen zum Beispiel die Blätter der Bromeliaceen (zu deren bekanntesten Vertretern die nicht epiphytische Ana- nas gehört), welche in einer Rosette angeordnet sind, so dicht zusammen, daß sie förmlich einen Becher bilden, in welchem das an den Zweigen herabrieselnde Wasser aufgefangen wird (daher Zisternepiphyten). Die Blätter sind von eigentümlichen, schuppenförmigen Haaren bedeckt, welche das Wasser aufzu- nehmen befähigt sind. Derartige Epiphyten sind oft ein Muster von Anspruchslosigkeit, wie zum Beispiel die südamerikanische Bromeliacee Tillandsia, deren fadendünne graugrüne Zweiglein, welche als vegetabilisches Roßhaar auch in europäischen Handel kommen, in dichten Büscheln von den Zweigen der ver- schiedensten Bäume herabhängen, ganz ähnlich der Bartflechte auf den Nadelbäumen in unseren Gebirgswäldern. Reisende erzählen, daß solche Büschel bisweilen vom Sturme abgerissen und vertragen werden, ohne daß die abgetrennten Teile dadurch zugrunde gehen. Überall, wo sie hängen bleiben, selbst an Telegraphendrähten, gedeihen sie weiter. Tau und gelegent- licher Regen versorgt sie mit Wasser, vom Winde angewehter Sand und Staub deckt ihren Bedarf an mineralischer Substanz. Während die Fähigkeit der Kohlensäureassimilation aus- schließlich der grünen Pflanze eigen ist, sind sämtliche Pflanzen in gleicher Weise wie die Tiere der Atmung unterworfen. Dieser Vorgang ist der Kohlensäureassimilation gerade entgegengesetzt, indem dabei Sauerstoff ein- und Kohlen- säure ausgeschieden wird. Der Atinung unterliegt jede lebende Zelle, sei sie grün gefärbt oder farblos, im Lichte sowohl als auch im Dunkeln. Die Ausscheidung von Kohlensäure kann leicht durch folgenden Versuch bewiesen werden. Man bringt die zu untersuchenden Pflanzenteile (keimende Samen, Blätter, Blüten) sowie ein offenes Schälchen, welches eine klare Lösung von Kalk- oder von Barytwasser ent- 147 hält, in ein absolut luftdicht verschlossenes Gefäß; wird Kohlen- säure ausgeschieden, so bildet sie mit Kalk, beziehungsweise Baryum eine unlösliche Verbindung, die eine Trübung der früher klaren Lösung zur Folge hat. Läßt man eine größere Quantität in Wasser gequollener Samen (Weizen) einige Tage in einem Gefäß mit gut schließendem, eingeriebenem Glas- stöpsel stehen, so kann man schon nach 24 Stunden die ent- wiekelte Kohlensäure dadurch nachweisen, daß ein ın das Gefäß versenktes brennendes Kerzchen sofort erlischt. Der bei der Atmung aufgenommene Sauerstoff der Luft verbindet sich mit dem Kohlenstoffe einer organischen Ver- bindung, wobei diese in ihre Bestandteile zerfällt. Durch die Atmung wird demnach ein Teil der organischen Substanz geschaffen wurde. Auf diesem wunausgesetzten Wechsel von Aufbau und Zerstörung organischer Substanz beruht das Leben aller verbraucht, welche durch die Assımilation Organismen. Stoffwechsel und Leben sind so innig mitein- ander verknüpft, daß wir uns eines ohne das andere nicht zu denken vermögen: Stoffwechsel ist Leben. Wir können uns vorstellen, daß die Kraft der Sonnen- strahlen, welche vom Chlorophylikorn zur Bildung organischer Substanz verbraucht wurde, jetzt bei deren Zerstörung wieder frei wird. Sie liefert die Betriebskraft für alle Lebensvorgänge, so wie die Verbrennung der Kohle die Betriebskraft für eine Dampfmaschine liefert. Im wesentlichen ist ja auch die Atmung nichts anderes als eine Verbreunung, das heißt eine Verbindung mit Sauer- stoff, eine Oxydation. Sie ist immer mit einer Wärmeent- wicklung verbunden, die wir bei Pflanzen nur hauptsächlich deshalb nicht leicht nachweisen können, weil infolge ihrer großen Oberfläche wieder eine beträchtliche Abkühlung ein- tritt. Befinden sich aber zahlreiche keimende Samen dicht gehäuft in einem Gefäße, so tritt oft eme Temperaturerhöhung um 2—4° (. ein. Die Blüten der Aaronstäbe (Araceae) oder die riesigen Blüten der Königin unter den Teichrosen, der Victoria regia, atmen sogar so energisch, daß die Temperatur in denselben 15—20° höher als die der Umgebung ist. 10* Dritter Vortrag. Durch Umwandlung des ersten, sicher nachweisbaren Assımilationsprodukts, der Stärke, kann sich wohl eine Reihe der wichtigsten organischen Verbindungen, wie Zucker und Zellstoff (Zellulose), bilden. Die wichtigsten derselben, die Eiweißkörper, welche die Hauptmenge der lebenden Substanz, des Protoplasmas, darstellen, bedürfen aber zu ihrer Bildung noch anderer Stoffe, wie Stickstoff, Phosphor und Schwefel, Stoffe, die in Form von in Wasser löslichen Verbindungen dem Boden entnommen werden. Wie gelangen nun diese von den Wurzeln aufgenommenen Substanzen in den Bereich der Blätter? Wir können diese Frage heute noch nicht mit voller Bestimmtheit beantworten, doch ist jedenfalls sicher- gestellt, daß dabei neben dem Wurzeldrucke (siehe Seite 135) der Transpiration, das heißt der Wasserverdunstung, eine sehr wesentliche Rolle zufällt. Alle Zellen sind reich mit Wasser erfüllt, sie sind „turgeszent“. Indem dasselbe nun verdunstet und als Wasser- dampf die Zellwände durchdringt, sammelt sich dieser in den Lücken zwischen den Zellen (den Interzellularräumen) an, welche ein kompliziertes Durchlüftungssystem, das heißt ein allseits miteinander in Verbindung stehendes Netz von Hohl- räumen bilden. Wir haben gesehen, daß die Blätter, welche begreiflicherweise der Verdunstung am stärksten preisgegeben sind, namentlich in dem Gewebe der Blattunterseite, dem Schwanmgewebe, reich an solchen Lücken sind. Die Blätter müßten aber infolge der Verdunstung am Stamme vertrocknen, wenn sie nicht eine Einrichtung besäßen, welche 149 die Wasserabgabe erschwerte. Diese Aufgabe fällt nun in erster Linie dem Hautgewebe, der Blattepidermis, zu, dessen Zellen vermöge der starken Verdickung ihrer an die Luft grenzenden (äußeren) Membranen nicht allein ähnlich der tierischen Haut das darunter liegende Gewebe vor schädlichen äußeren Einflüssen schützen, sondern auch die Verdunstung wesentlich einschränken Diese wird aber um so mehr er- schwert, als die Oberhautzellen selbst wieder von einem zarten, korkähnlichen Häutchen, der von ihnen selbst ausgeschiedenen Cuticula bedeckt sind, welches für Wasser nur sehr schwer durchlässig ist. Eine völlige Hemmung des Austrittes von verdunstendem Wasser wäre jedoch für die Pflanzen ebenso verderblich wie eine übermäßige Wasserabgabe. Daher finden sich zumeist auf der Blattunterseite in geschützter Lage kleine, aber zahlreiche Lücken, die Spaltöffnungen, durch welche der in den Interzellularräumen angesammelte Wasserdampf seinen Weg ins Freie nimmt. Sie sind zugleich die Pforten für den Durchtritt der für die Pflanzen nötigen Gase: Kohlensäure und Sauerstoff. Wenn nun Wasser verdunstet, so ziehen die Zellen durch Osmose (siehe Seite 133) neuerlich Wasser aus den benach- barten Zellen zur Deckung des Verlustes heran; diese sorgen auf gleiche Weise für Ersatz, so daß sich eine von Zelle zu Zelle fortschreitende Saugung geltend machen muß, durch welche das Aufsteigen des Wassers im Stamme wesentlich befördert wird. Auf diese Weise entsteht ein durch die Transpiration hervorgerufener „Transpirationsstrom*, welcher das mit Nährstoffen beladene Wasser in alle Teile der Laub- krone emporschafft. Das Wasser selbst ist in diesem Falle nur Transportmittel der Bodennahrung. Wenn das Wasser, wie wir gehört haben, auch nur geringe Spuren derselben gelöst ent- hält, so sammelt sich doch nach dem Verdunsten von größeren Quantitäten des Lösungsmittels eine entsprechende Menge solcher Bodensalze an den Stellen des Bedarfes an, welche zur Bil- dung von Eiweißkörpern und anderen Substanzen erforderlich sind. Das Aufsteigen des Wassers geht um so leichter vor sich, als Wurzel, Stamm und Blätter von einem zusammen- 150 hängenden System von Wasserleitungsröhren, den Gefäßen, durchzogen werden. Tausende solcher zierlich gebauter Röhrchen, welche nur in den günstigsten Fällen, zum Bei- spiel an Querschnitten durch Eichenholz als nadelförmige Poren für das freie Auge sichtbar sind, schließen zu Strängen zu- sammen, die im Blatte die bekannten „Blattnerven“ bilden, während sie im Stamme unserer Holzgewächse die Haupt- masse desjenigen Zellgewebes ausmachen, welches wir im praktischen Leben als „Holz“ bezeichnen. Anzahl und Weite dieser Leitungsröhren ’ıst ganz dem Bedürfnisse der Pflanzen angepaßt. Einen hübschen Beweis dessen liefern die Lianen. Mit der kletternden Lebensweise derselben hängt es zusammen, daß ihre Stämme verhältnis- mäßig schlank gebaut sind; da aber die oft unverhältnismäßig große Laubentwicklung eine reichliche Wasserversorgung er- fordert, finden wir zum Beispiel bei unserer einheimischen Waldrebe oder bei dem vielfach technisch verwendeten spanischen Rohr, welches den Stamm einer kletternden Palme, des Rotang oder Calamus, darstellt, so weite Gefäße (bis über !/,; mm) ausgebildet, daß wir sie an einem scharf geführten Querschnitte deutlich mit freiem Auge erkennen können, Umgekehrt sind langsam wachsende und wenig tran- spirierende Pflanzen, wie Buchs und Eibe, durch auffallend enge Gefäße ausgezeichnet. Hierdurch nimmt ihr Holz einen dichten und ungemein festen Charakter an, weshalb es sich für gewisse technische Zwecke besonders gut eignet. Einen Zusammenhang zwischen der Größe der Leitungs- bahnen und dem Wasserbedarfe erkennen wir auch bei allen einheimischen Bäumen. Begreiflicherweise ist derselbe zur Zeit des Austreibens im Frühjahre am größten; infolgedessen bildet der sich verdiekende Stamm zu Beginn jeder Vege- tationsperiode reichlich weite Wasserleitungsröhren aus. Sind bereits Gefäße in hinreichender Zahl gebildet, um die Baum- krone mit Wasser zu versorgen, dann erst tritt das Bedürfnis nach Festigung des Stammes in den Vordergrund. Gegen Ende des Sommers werden demnach engere Gefäße mit dickeren Jellwänden oder Elemente gebildet, die allein der Festigung 151 dienen. Auf diese Weise legen sich an den Holzkörper all- jährlich weite und dünnwandige und später allmählich engere und diekwandige Zellen an, was schon mit freiem Auge als abwechselnd heller und dunkler gefärbte Zonen im Holze zu erkennen ist, wodurch die Bildung der sogenannten „Jahres- ringe“ zustande kommt. Wie das Holz der Leitung des Wassers, so dienen zarte Leitungsröhren der Rinde (Siebröhren) dem Transport der in den Blättern gebildeten organischen Verbindungen. Da der Nährstoffgehalt des Wassers ein sehr geringer ist (siehe Seite 129), so muß ein großes Wasserquantum die Pflanze durchströmen, um die erforderliche Menge der Nähr- salze emporzuschaffen. Wir finden es demnach verständlich, daß gerade schnell wachsende Pflanzen besonders stark tran- spirieren, weshalb sie in der Kultur, wie wir aus Erfahrung wissen, auch stärker begossen werden müssen. Eine Sonnen- rose zum Beispiel verdunstet an einem heißen Sommertage nahezu 1 Z! Wasser. Eine 50jährige Buche transpiriert schätzungsweise 10 /, eine 11l5jährige sogar 50 I täglich. Daraus ergibt sich, daß 1 ha eines solchen Buchenbestandes täglich das ansehnliche Quantum von 25—30.000 ! Wasser benötigt. Trotzdem sehen wir selbst nach längeren Trocken- perioden kaum ein Welken der unter natürlichen Bedingungen wachsenden Pflanzen, was darauf zurückzuführen ist, daß die Wurzelhaare befähigt sind, dem Boden fast die letzten Wasser- reste zu entreißen, sowie darauf, daß die Größe der Wasser- verdunstung innerhalb weiter Grenzen dem Bedürfnis ent- sprechend beliebig reguliert werden kann. Die Spaltöffnungen, durch welche der Wasseraustritt er- folgt, sind nämlich durch einen höchst sinnreichen Mechanismus ausgezeichnet. Der ganze Apparat besteht im Wesen aus zwei wurstförmigen Zellen, die miteinander nur an den beiden Enden in fester Verbindung stehen. (Vergl. S. 63.) Wenn sie durch Wasserverlust erschlaffen, so legen sie sich in ihrer ganzen Länge aneinander, wodurch dem Wasserdampf der Durchtritt verwehrt wird. Im wasserreichen (turgeszenten) Zustande hingegen weichen sie in dem mittleren Teile auseinander, wobei sie sich gegen die benachbarten Zellen vorwölben, zwischen einander aber einen spaltförmigen Kanal bilden. Dieser Spalt schließt sich dem- nach bei trockenem Wetter oder wasserarmem Boden, während er im umgekehrten Falle weit auseinander klafft, um eine kräftige Transpiration zu ermöglichen. Obgleich die offenen Spalten nur eine Weite von einigen Tausendstel Millimetern besitzen, erreicht die Verdunstung doch infolge ihrer unglaub- lichen Anzahl bedeutende Werte. Auf einem mm? der Blatt- unterseite stehen in der Regel emige hundert solcher zierlicher Apparate. Ein Kohlblatt besitzt davon etwa 11, die Blätter einer Sonnenrose ca. 13 Millionen. Es muß übrigens bemerkt werden, daß der Transpiration wahrscheinlich neben dem Transport der Bodennährstoffe noch eine andere Bedeutung zukommt. Die Blätter müßten sich nämlich durch das Sonnenlicht in einer beträchtlichen und für die Pflanzen schädlichen Weise erwärmen, wenn nicht durch die Verdunstung wieder eine weitgehende Abkühlung erzielt würde, so daß die Temperatur des Pflanzenkörpers annähernd der Lufttemperatur entspricht. Dort, wo die Tran- spiration einen sehr geringen Grad erreicht, wie bei den später zu besprechenden Fettpflanzen, kann man jedoch leicht eine namhafte Temperatursteigerung nachweisen. So wurde beobachtet, daß bei einer Lufttemperatur von 280 C. die Blätter, beziehungsweise Stämme von Hauswurzen (Sempervivum) und Kakteen auf 40 die meisten unserer heimatlichen Pflanzen kaum vertragen 50% erwärmt wurden, eine Temperatur, welche könnten. Obgleich die meisten Pflanzen die Verdunstung inner- halb weiter Grenzen regulieren können, so wären sie doch ohne besondere Anpassungen nicht imstande, in Klimaten mit extremen Feuchtigkeitsverhältnissen zu vegetieren. Es ist von vornherein klar, daß Gewächse feuchter Standorte Ein- richtungen besitzen müssen, welche es ihnen gestatten, auch bei feuchter Luft einen Transpirationsstrom zu erhalten, den sie zur Beschaffung der Bodennährstoffe benötigen, während Pflanzen, die an Niederschlägen arme Gebiete, wie Wüsten, Steppen etc. bewohnen, mit den geringen Wassermengen, 153° - die ihnen zur Verfügung stehen, im höchsten Grade haus- halten müssen. Die an feuchtes Klima angepaßten Pflanzen (Hygro- phyten) sind gewöhnlich schon an ihren zarten, dünnen Blatt- spreiten zu erkennen. Die dünnwandigen Oberhautzellen setzen dem Entweichen des Wasserdampfes keinen großen Wider- stand entgegen, so daß er nicht allein durch die massenhaft vorhandenen Spaltöffnungen, sondern zum großen Teile auch durch die Zellwände hindurch seinen Weg nimmt. Die Schließ- zellen sind oft nach außen stark vorgewölbt, wodurch die Transpiration natürlich in hohem Grade gesteigert wird. Noch mannigfaltiger sind die Einrichtungen, welche die Bewohner trockener, regenarmer Gegenden (Xerophyten) zum Schutze gegen Wassermangel aufweisen. Denn Wassermangel bedeutet für die überwiegende Zahl der Pflanzen den Tod. Deshalb wird die Verdunstung auf die verschiedenste Weise möglichst herabgemindert. Die nach außen grenzenden Zellen haben derbe, stark verdickte und verkorkte (kutinisierte) Membranen; die in geringer Zahl auftretenden Spaltöffnungen sind oft in grubenförmige Vertiefungen eingesenkt oder werden von benachbarten Oberhautzellen kuppelförmig überwölbt, so daß sie vor jedem Windhauche geschützt sind. Oft besorgt ein Pelz von Haaren oder ein zarter Überzug von Schüppchen oder ein aus fettartigen Körpern bestehender Wachsüberzug einen weiteren Schutz der Spaltöffnungen. Die verdunstende Oberfläche wird häufig überdies ver- kleinert, indem sich die Blätter einrollen oder die Form von Nadeln oder Schuppen annehmen. Es kommt sogar nicht selten vor, daß Blätter überhaupt nicht ausgebildet werden, vielmehr die grünen Zweige die Aufgabe des Blattes, zunächst die Assimilation der Kohlensäure, übernehmen. Die sogenannten Rutensträucher (Spargel, Besenginster und viele andere) bieten hierfür Beispiele. Bei einer großen Gruppe von Xerophyten wird nicht alleın für die Herabsetzung der Transpiration, sondern auch für die Anlegung eines Wasserreservoirs für die Zeit des Bedarfes Sorge getragen, indem bald der Stamm, bald 154 die Blätter enorme Wassermengen aufspeichern. Solche Pflanzen bezeichnen wir als Fettpflanzen oder „Sukkulente*. Am bekanntesten sind die Stammsukkulenten, zu denen die vielfach kultivierten und formenreichen Kaktusarten mit ihren kugeligen oder zylindrischen, mannigfaltig gerieften und be- wehrten Stämmen gehören. Auch hier haben die saftreichen Stämme gleichzeitig die Aufgabe der Blätter übernommen. Hierher gehören auch viele wüstenbewohnende Wolfsmilch- arten (Kuphorbien), die äußerlich den Kaktusarten in einer Weise gleichen, daß sie jeder Laie für solche halten mub. Wir sehen an diesem Beispiele, wie in vielen Fällen die gleichen äußeren Umstände bei den verschiedensten Pflanzen ein auffallend ähnliches Aussehen und einen ähnlichen Bau bedingen können. Welche enormen Wasserquantitäten ein solcher „sukku- lenter“ Stamm aufzuspeichern vermag, lehrt die Tatsache, daß zum Beispiel ein Igelkaktus (Kchinocactus) SO— 900], Wasser enthält. Bedenkt man, daß einzelne Individuen dieser kugeligen Stämme gefunden wurden, welche ein Gewicht von 1000 ky aufwiesen, so erhellt daraus, daß ein solcher Kaktus- riese ein Reservoir von zirka 800 Z Wasser darstellt. Auch unter den Blattsukkulenten finden wir viele wohl- bekannte Zimmer- und Gartenpflanzen, wie zum Beispiel die starrblättrigen Agaven, die verschiedenen Echeveriaarten mit ihren weiß bereiften Blattrosetten, die absonderlich gestalteten Mesembrianthemum u. v. a. Hierher gehören auch die in der Volksmedizin häufig verwerteten Hauswurzen (Sempervivum), die, ohne Wasser und fast ohne Erde auf den Dächern der Bauernhäuser intensiver Sonnenglut ausgesetzt, ein echt xero- phytisches Dasein führen. Unter Umständen können aber auch Gewächse eine weitgehende xerophytische Ausbildung aufweisen, ohne daß sie in einem besonders trockenen Klima gedeihen. So sehen wir die meisten unserer wintergrünen Bäume und Sträucher mit nadel- oder schuppenförmigen Blättern besetzt, wodurch jedenfalls eine Einschränkung der Transpiration erreicht wird; ein Schutz gegen zu weit gehende Verdunstung ist aber oO 155 auch bei diesen mindestens im Winter nötig, wo dıe Wurzeln infolge der niederen Temperatur selbst aus nassem Boden nur wenig Wasser aufzunehmen vermögen. Ebenso finden wir häufig auch die Epiphyten des tropi- schen Regenwaldes, obgleich feuchte Atmosphäre an sich die Transpiration wesentlich einschränkt, xerophytisch ausgebildet, da die Wasserversorgung auf den von ihnen besiedelten Bäumen eine sehr mangelhafte ist. Daher treffen wir bei zahlreichen tropischen baumbewohnenden Orchideen als Wasserspeicher Abb. 15. Blühendes Pflänzchen der epiphytischen Orchidee Tueniophyllum mit seinen grünen Wurzeln auf einer Baumrinde wachsend. — Nat. Größe. — Nach Wiesner. fungierende knollenförmige Anschwellungen des Stammes, dick- lederige Blätter mit tief eingesenkten oder in anderer Weise geschützten Spaltöffnungen, Einschränkung der transpirierenden Oberfläche durch Rückbildung der Blätter etc. Diese Reduktion der transpirierenden Organe kann dazu führen, daß die Bildung der Blätter völlig unterbleibt und auch der Stanım eine nur ganz unbedeutende Entwicklung erfährt. Eine solche Pflanze, wie zum Beispiel die tropische Orchidee Taeniophyllum, be- steht fast ausschließlich aus einer Anzahl bandförmiger, der Baumrinde dicht anliegender grüner Wurzeln, die aber dem besiedelten Baume keinerlei Nahrung entnehmen, hingegen 156 befähigt sind, das an der Rinde herabrieselnde Wasser auf- zunehmen und wıe Blätter die Kohlensäure der Luft zu assi- milieren. Nach dem Gesagten dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir unter Umständen selbst Bewohner des ständig feuchten Bodens xerophytisch ausgebildet finden; es handelt sich eben nicht darum, ob der Boden reich an Wasser ist, sondern ob dieses für sie erreichbar ist. Daher finden wir auch bei vielen Bewohnern von Torfmooren (Moorbeere | Vaceinium uliginosum |], Moosbeere | Oxycoceus], Andromeda, Sumpfporst | Ledum] ete.) kleine, aber derb lederige Blätter, Eimrollung der Blattspreite, versenkte Spaltöffnungen etc., durchwegs Emrichtungen, welche als Schutzmittel gegen übermäßige Transpiration aufgefaßt werden müssen. Wenngleich diese Pflanzen in einem mit Wasser gesättigten Boden gedeihen, so bedürfen sie doch einer derartigen Schutzeinrichtung, da die Wurzeln das an sogenannten Humussäuren reiche Wasser nur schwer auf- nehmen können. Desgleichen zeichnen sich die Gewächse, welche salzigen Boden bewohnen, namentlich die Meerstrand- pflanzen, durch einen xerophytischen Bau aus, indem sie wie andere Sukkulente fleischige Stengel oder Blätter ausbilden. Obgleich sie häufig dem salzigen Gischt der Brandung aus- gesetzt sind, bedürfen sie eines Transpirationsschutzes, wie wir glauben deshalb, weil eine reichliche Verdunstung eine zu große Aufnahme des salzreichen Wassers erfordern würde, wodurch wieder eine übermäßig große und daher schädliche Anreicherung von Salzen in den Pflanzenorganen bewirkt würde. Vierter Vortrag. Wir haben bisher nur von solchen Pflanzen gesprochen, die trotz der verschiedenartigsten Anpassungen im einzelnen doch alle in gleicher Weise befähigt sind, aus Wasser und den Mineralbestandteilen des Bodens sowie aus der Luft die Stoffe des eigenen Leibes zu bilden. Im folgenden wollen wir einige Pflanzentypen kennen lernen, die zu ihrem vollen Gedeihen noch anderer Substanzen bedürfen. Die interessanteste Gruppe unter ihnen bilden einige hundert (zirka 400) Pflanzenarten, welche unter dem Namen „Insekten fressende“ (Insektivoren) oder besser „Insekten ver- dauende“ Pflanzen bekannt sind. Einige der merkwürdigsten Vertreter finden wir ım unseren Gegenden wild wachsend: so auf den Torfmooren den zierlichen Sonnentau (Drosera), auf feuchten Bergwiesen das blau oder weiß blühende Fettkraut (Pinguicola montana und Pinguicola alpina) sowie in Wasser- gräben mehrere Arten des Wasserschlauches (Utricularia) mit seinen untergetauchten, fein zerschlitzten Blättchen und orange- gelben, an festem Stiele über das Wasser emporgehobenen Blumen, deren Form an die Blüten des Löwenmauls erinnert. Eine größere Zahl von Insektivoren beherbergen die Sümpfe ım südlichen Nordamerika und in Kalifornien; die meisten derselben, zum Beispiel die Venusfliegenfalle (Dionaea), Sarracenia und Darlingtonia, werden wegen ihrer interessanten Lebensweise mit Vorliebe in unseren Gewächshäusern gezogen, zumal manche unter ılınen den Beschauer durch die Schönheit 158 der Blüten wie durch die absonderliche Gestalt und prächtige Zeichnung der Blätter in gleicher Weise fesseln N). Die große Gruppe der bekannten Kannenpflanzen (Ne- penthes) bewohnt die Flußufer von Ostindien, Ceylon und den Molukken. So gering die Zahl insektenverdauernder Pflanzen ist, so manniefaltig sind die Einrichtungen zum Anlocken, Fest- halten und Verdauen der Insekten. Manche von ihnen führen zu diesem Zwecke auffallende Bewegungen ihrer Blätter aus. Hierher gehört zunächst die Venustfliegenfalle (Dionaea), deren rundlich elliptische Blattspreite um den Mittelnerv wie um ein Scharnier beweglich erscheint. Während der Blattrand durch zahlreiche Borsten gewimpert ist, stehen oberseits auf jeder Blatthälfte je drei kräftige Borsten sowie zahlreiche mikro- skopisch kleine Drüsenhärchen. Kommt nun irgendein stick- stoffhaltiger Körper (ein Insekt, ein Stückchen Fleisch oder Hühnereiweiß) mit den Borsten der Blattoberseite in Be- rührung, so bewegen sich die beiden Blatthälften wie die Deckel beim Zusammenklappen eines Buches gegeneinander, wobei sich die etwas aufgekrümmten Randborsten der gegen- überliegenden Seiten kreuzen und auf diese Weise jedes Ent- kommen eines angeflogenen Insekts verhindern. Gleichzeitig scheiden die Drüsenhärchen eine verdauend wirkende Substanz aus, welche das gefangene Insekt bis auf die Flügeldecken und andere unverdauliche Teile vollständig aufzehrt. Nach 8 bis 14 Tagen breitet sich das Blatt neuerlich aus, der anfliegenden Beute harrend. Auch unser Sonnentau führt Bewegungen zum Fange der Insekten aus. Die kleinen kreisrunden Blättchen sind von zirka 200 borstlichen 1/, cm langen Haaren bedeckt, die, einem Schneckenfühler nicht unähnlich, in ein kugeliges Köpfchen endigen. Bei sonnigem Wetter scheidet jedes der- selben ein schleimiges, glashelles }Flüssigkeitströpfehen aus, wodurch die Blätter in der Sonne wie von glitzernden Tau- !) Eine der reichhaltigsten und prächtigsten Kollektionen fleisch- verdauender Pflanzen beherbergen die Palmenhäuser des kaiserlichen Lustschlosses Schönbrunn bei Wien. 159 perlen bedeckt erscheinen. Kleine Insekten haften sofort an diesem klebrigen Exkret und werden, je mehr sie flatternd sich zu befreien streben, von desto mehr Haaren festgehalten). Nach und nach krümmen sich alle Härchen über das Insekt zusammen, dasselbe immer fester umklammernd und gleich- zeitig eine Verdauungssubstanz ausscheidend. Abb. 16. Fig. 1. Sonnentau (Drosera rotundifolia). Natürliche Größe. — Fig. 2. Blatt einer Venusfiegenfalle (Dionaea muscipula) often. — Fig. 3. Dasselbe geschlossen. — Etwas vergrößert. — Nach Wettstein. Ganz anders geht die Bewegung der Blätter bei den Arten der Gattung Pinguicola vor sich. Diese breiten und dicklichen Blätter, welche dem freien Auge völlig glatt er- !) Diese Bewegung erfolgt ziemlich schnell; ein Haar krümmt sich in 10 Minuten um etwa 90°. Dabei genügt zum Beispiel ein Menschenhaar von !/, mm Länge, dessen Gewicht schätzungsweise !/,.0, mg beträgt, um eine derartige Bewegung zu veranlassen. 160 scheinen, sind von zahllosen Drüsenhaaren — man schätzt ihre Zahl pro cm? auf 25.000 — bedeckt, welche die Ober- fläche des Blattes mit einer schleimig-klebrigen Ausscheidung überziehen. Bleibt ein über die Blätter hinkriechendes Insekt kleben, so beginnt sich das Blatt sofort von den Rändern her einzurollen, während die Drüsenhärchen eine Verdauungs- substanz absondern. Abb. 17. Fig. 1. Blatt einer Nepentnes. — Fig. 2. Blatt einer Sarracenia, — Etwas verkleinert. — Nach Wettstein. Die oft meterlangen Blätter der strauchartigen Kannen- pflanzen (Nepenthes) hingegen führen keinerlei Fangbewegungen aus. Sie bestehen aus einem blattartig verbreiterten Blattstiel, der in einen stielrunden Teil übergeht, welcher befähigt ist, sich an Zweigen festzuranken; dieser Teil trägt an seinem Ende ein krug- oder kannenförmiges Organ, über dessen Öffnung sich die eigentliche Blattspreite, einem Deckel ver- 161 gleichbar, ausbreitet, derart, daß das Eindringen von Regen, ohne den Insekten den Zugang zu verwehren, verhindert wird, Angelockt durch die lebhafte Färbung der Kannen sowie durch den am Rande derselben ausgeschiedenen Honig fliegen ver- schiedene Insekten an, gleiten jedoch, da der überaus glatte Kannenrand selbst dem Insektenfuße keinen Halt gewährt, ab und stürzen in die Kanne, welche bis etwa zur Hälfte mit einer sauren Flüssigkeit erfüllt ıst. Ein Entkommen ist jetzt um so mehr ausgeschlossen, als die Kannenwände mit abwärts gerichteten spitzen Stacheln und Borsten ausgekleidet sind, die ein Aufkriechen unmöglich machen. Ist ein stick- stoffhältiger Körper in die Kanne geraten, dann wird von zahlreichen Drüsen eine verdauende, das heißt eiweiblösende Substanz ausgeschieden, welche mit dem Pepsin unseres Magensaftes große Ähnlichkeit aufweist. Auch die Blätter von Sarracenia und Darlingtonia bilden einen verschieden gestalteten, mit Flüssigkeit erfüllten Hohl- raum aus, der als „Fanggrube* für Insekten dient. Hier werden jedoch keine Verdauungssäfte ausgeschieden, vielmehr nehmen diese Blätter die Zersetzungsprodukte der in großer Menge sefangenen und zugrunde gegangenen Insekten auf, wes- halb man. diese Pflanzengruppe auch als „Aasfresser* be- 2 zeichnet. Hierher sind auch die Wasserschlauch - (Utrieularia-) Arten unserer Flora zu zählen, deren zerschlitzte Blättchen zahlreiche, kaum über Millimeter große Bläschen tragen, welche durch Umwandlung von Blattzipfeln entstanden sind. Der Eingang in den Hohlraum derselben ist durch eine Art Klappe verschlossen, die kleinen Krebsen und dergleichen den Zugang nach innen ermöglicht, ein Entweichen jedoch verhindert, so daß gelegentlich in jeder Blase mehrere Tierchen gefangen werden und verenden. Sämtliche insektenverdauenden Pflanzen können auch ohne jegliche tierische Nahrung gezogen werden, doch ent- falten sie sich unter sonst normalen Lebensbedingungen je- denfalls bei dieser Kost üppiger. Sie benützen die organische Substanz zur Ergänzung ihrer Stickstoffnahrung, welche andere j 11 162 Pflanzen ausschließlich aus den salpetersauren Salzen des Bodens gewinnen. Es gibt zahllose Gewächse, welche gleichfalls organischer Nahrung zu ihrem Gedeihen benötigen; sie bedürfen aber nicht wie die Insektivoren des Stickstoffes, sondern des Kohlenstoffes, da ihnen die Fähigkeit, Kohlensäure der Luft zu assimilieren, teilweise oder ganz verloren gegangen ist. Die organische Substanz verschaffen sie sich dadurch, daß sie lebende Tiere oder Pflanzen befallen (Schmarotzer oder Parasiten) oder in- dem sie der Zersetzung anheimgefallene Organismen oder andere organische Substanzen ausbeuten (Verwesungspflanzen, Humusbewohner oder Saprophyten). Beide Ernährungstypen weisen untereinander viele Ähnlichkeiten auf und gehen ge- legentlich auch ineinander über. | _ Verhältnismäßig selbstindig sind die Halbschmarotzer, wie die auf unseren Wiesen häufig anzutreffenden Vertreter der Gattungen Euphrasia, Melampyrum, Alectorolophus usw., welche reichlich Blattgrün führen und infolgedessen zur Bildung organischer Substanz befähigt sind, die aber trotzdem auf den Wurzeln verschiedener Wiesenpflanzen schmarotzen. Andere Parasiten haben ihr Chlorophyll schon völlig verloren und sind daher zum Bezuge von Kohlenstoifverbindungen auf die be- fallene Pflanze, den „Wirt“, angewiesen. Solche Schmarotzer, zu denen die häufig auf Pappelwurzeln lebende Schuppenwurz (Lathraea) gehört, erscheinen bleich oder gelblich, oft rot überlaufen und tragen meist nur schuppenförnuge Blätter. Je vollständiger überhaupt die parasitischen Bigenschaften ausgeprägt sind, desto mehr treten alle Vegetationsorgane zurück. So besitzt der für unsere Kleefelder so gefürchtete Teufelszwirn (Cuseuta) nur ein fadendünnes, zahlreiche Blüten- knäuel, aber keine Blätter tragendes Stämmchen, welches, reich verzweigt, weithin alle erreichbaren Pflanzen umstrieckt und tötet, indem es in ihre Stengel Saugorgane (Senker oder Haustorien) treibt, welche die Wirtspflanze allen Nährmaterials berauben. Von anderen Schmarotzern, wie den in den Tropen heimischen Rafflesien, ist äußerlich überhaupt weder Stamm noch Blatt zu erkennen, da sie vollkommen innerhalb der 163 Wirtspflanze wuchern. Man wird des Schmarotzers vielmehr erst dann gewahr, wenn er sich zum Blühen anschickt. Dann brechen aus den befallenen Wurzeln der wilden Reben die Knospen hervor, die bald in Größe und Form einem Kohl- kopfe gleichen. Die offenen, dickfleischigen Blumen, welche bei der sumatranischen Rafflesie den enormen Durchmesser von einem Meter erreichen, sind durch eine eigentämliche Fleischfarbe und einen ekeligen Aasgeruch, der ihnen ent- strömt und weithin wahrnehmbar ist, ausgezeichnet, wodurch zahlreiche Fliegen und andere widerliche Aasinsekten ange- lockt werden. Eine eigentümliche Gruppe unter den Schmarotzern nimmt unsere, namentlich auf Pappeln so häufige Mistel (Viseum) und ihre Verwandten ein. Sie vermag selbst reich- lich zu assimilieren und entzieht der Wirtspflanze daher keine organische Substanz, sondern wahrscheinlich ausschließlich Wasser mit den gelösten Bodennährstoffen, so daß sie als nicht sonderlich schädlich bezeichnet werden kann. Auch unter den Humusbewohnern gibt es bleiche, blatt- lose Gewächse, die, im dichtesten Waldesschatten gedeihend, ihren Kohlenstoffbedarf aus dem Moder des Waldbodens, dem‘ Humus, decken. Einige der merkwürdigsten und schönsten Orchideen unserer Heimat, wie die Nestwurz (Neottia), Epipogon und andere, sind hierher zu rechnen. Selbst viele der prächtigen Pflänzchen, denen unsere Alpenmatten ihr saftiges Grün und ihr buntes Farbenkleid verdanken, wie Enzian und Glockenblumen, vermögen trotz ilıres reichen Chlorophyligehalts wenigstens teilweise organische Substanz aus dem Humus aufzunehmen. Ebenso sind die meisten Epiphyten auf eine saprophytische Lebensweise an- gewiesen. An dieser Stelle ist auch des ungezählten Heeres der Pilze und Bakterien zu gedenken, welche, des Blattgrüns völlig entbehrend, teils parasitischer, teils saprophytischer Lebensweise huldigen. Näher auf ihre Ernährung einzugehen, verbietet der knappe Rahmen dieser Vorträge, zumal noch einem anderen interessanten und bedeutungsvollen Ernährungs- RE 164 vorgange, der Lebensgemeinschaft oder Symbiose, einige Worte gewidmet werden sollen. Wie beim Parasitismus, so stehen auch hier zwei ver- schiedene Pflanzenarten in einer innigen Beziehung zu ein- einander; während aber dort nur dem einen Partner, dem Schmarotzer, aus dem Zusammenleben Vorteil erwächst, der Wirt hingegen mehr oder minder stark geschädigt wird, gereicht dieses Verhältnis den an der Symbiose beteiligten Pflanzen zum gegenseitigen Vorteil. Den ausgesprochensten Fall eines solchen genossen- schaftlichen Verhältnisses treffen wir bei den Flechten an, unscheinbaren Pflänzchen von meist gelblicher oder weißlich- grauer Farbe, die bald in Form von Krusten Holz und Gestein überziehen, bald als echte Epiphyten in blattförmig gelappten oder büschelig verzweigten Formen die Rinde der Stämme besiedeln, oder sparrigen Sträuchlein oder zierlichen Trichtern gleichend auf Sand- und Heideboden vegetieren. Die mikro- skopische Untersuchung lehrt, daß diese anscheinend einfachen Pflänzchen aus zwei ganz verschiedenen Pflanzenarten bestehen, und zwar aus einem Pilze, welcher die Gestalt der gesamten Pflanze bestimmt und aus kleinen, meist einzelligen Algen, welche ausgezeicbnet durch den Besitz von Chlorophyll zwischen den dicht verschlungenen Zellfäden des Pilzes geborgen sind. Daß es sich wirklich um zwei verschiedene Pflanzenarten handelt, ist über jeden Zweifel erhaben, seit es gelang, Pilz und Alge getrennt zu kultivieren, ja sogar beide wieder künstlich zu einer Flechte zu vereinen. Der Pilz gewinnt nun durch Vermittlung der grünen Alge den Kohlenstoff der Luft, während er seinerseits die Alge mit Wasser und Mineral- stoffen versorgt. Durch dieses einträchtige Zusammenwirken beider Teile sind gewisse Flechten imstande, selbst auf blankem Fels zu gedeihen, wo keine andere Pflanze ihr Dasein fristen könnte )). !) Es soll nicht verschwiegen werden, daß manche Botaniker ein symbiotisches Verhältnis zwischen Pilz und Alge bestreiten und die Flechten für Pilze halten, welche auf Algen schmarotzen, indem sie dieselben einschließen und ihrer Kohlenhydrate berauben. 165 Ein anderer Fall von Lebensgemeinschaft, der praktisch von größter Bedeutung ist, betrifft die Hülsenfrüchtler (Le- guminosen, zum Beispiel Klee, Bohne, Erbse, Goldregen etc.), welche mit Bakterien zumeist ein Genossenschaftsverhältnis eingehen. Es ist eine bekannte Tatsache, daß die Düngung eines mit Hülsenfrüchten bebauten Feldes. mit einem Stick- stoffdünger (zum Beispiel Chilisalpeter) von keinem wesent- Abb. 18. Wurzel von Pisum sativum (Erbse) mit Wurzelknöllchen (vw). — Natürliche Größe. — Nach Wiesner. lichen Einflusse ist, während gerade dieser Dünger den Er- trag anderer Feldfrüchte erheblich steigert. Die Untersuchung der Wurzeln von Hülsenfrüchtlern ergibt nun die regelmäßige Anwesenheit kleiner knötchenförmiger Anschwellungen, der Wurzelknöllchen, welche aus dünnwandigen Zellen bestehen, die zum Teil dicht mit Bakterien erfüllt sind. Da diese Wurzelbakterien imstande sind, den Stickstoff der Luft auf- zunehmen und zu verarbeiten (assimilieren), führen sie den 166 Hülsenfrüchtlern den Luftstickstoff zu, der sonst für die Pflanze völlig unverwertbar ist, da — wie wir gesehen haben — Stickstoff nur aus dem Boden aufgenommen wird. Durch die Tätigkeit dieser Bakterien wird demnach Luftstickstoff in der Pflanze gebunden. Ackern wir demnach ein mit Hülsenfrüchten (zum Beispiel Lupinen) bestandenes Feld um, so wird der Stickstoffgehalt des Bodens vermehrt werden. Wir machen uns diese Erfahrung bei der sogenannten Gründüngung zunutze. Statt durch Kunst- oder Stalldünger den Stickstoffgehalt des Bodens zu steigern, wird derselbe vor der zu bauenden Feldfrucht mit Lupinen bepflanzt, welche in einem gewissen Entwicklungsstadium in den Boden ein- geackert werden. Ein ha Lupinen führt dem Boden auf diese Weise über 200 kg Stickstoff zu. Welche Vorteile die Bakterien aus dem Zusammenleben mit Leguminosen ziehen, konnte noch nicht mit Sicherheit entschieden werden. Die Fähigkeit, den Stickstoff der Luft oder den haupt- sächlich bei der Verwesung tierischer Exkremente auftretenden Ammoniak in eine für die Pflanze verwertbare Form zu bringen, teilen die Bakterien der Wurzelknöllchen (Baect. radieicola) mit anderen, frei im Boden lebenden Arten, den „nitrifizierenden* Bakterien, welche deshalb ım Haushalte der Natur eine ebenso wichtige Rolle spielen wie in der praktischen Pflanzenzucht. In ziemliches Dunkel gehüllt ist auch noch ein anderer weit verbreiteter Fall von Symbiose, nämlich das Genossen- schaftsverhältnis zwischen höheren Pflanzen und Pilzen (Wur- zelpilze oder Mycorrhiza). Bei einer großen Anzahl von Bäumen und Sträuchern, wie Buche, Hasel, Kiefer und vielen anderen, bei zahlreichen Orchideen und fast allen Saprophyten findet man an Stelle der Wurzelhaare zarte Pilzfäden, welche das Ge- webe nach allen Richtungen durchsetzen. Wenngleich es fest- steht, daß diese Pilze das Gedeihen der befallenen Pflanzen fördern, so wissen wir doch nicht sicher, welche Rolle sie dabei spielen. Während ihnen manche Forscher eine ähnliche Funktion wie den Knöllchenbakterien zuschreiben, sehen andere ihre Bedeutung in der Begünstigung der Aufnahme von Wasser 167 mit den darin gelösten Nährstoffen. Noch zweifelhafter ist es, ob den Pilzen aus dem Verbande mit höheren Pflanzen ein Vorteil erwächst und worin dieser besteht. Ebenso wie verschiedene Pflanzenarten untereinander, so können auch Pflanzen mit Tieren einen Genossenschafts- verband eingehen. So ist es lange bekannt, daß Süßwasser- schwämme und -polypen, Infusorien und andere tierische Organismen grüne, den pflanzlichen Chlorophylikörmern ähn- liche Kügelchen enthalten. Eine eingehende Untersuchung ergab, daß diese Gebilde eimzellige Algen repräsentieren, welche in den tierischen Körper einwandern und durch ihre Kohlensäureassimilation demselben organische Nahrung ver- schaffen. Auch zwischen Pflanzen und Ameisen herrscht oft ein ähnliches, wenngleich weniger inniges Genossenschaftsverhältnis. Wir kennen bereits namentlich ın den Tropen eine Reihe solcher „Ameisenpflanzen®, die in ihrem hohlen Stamm, in vielfach gekammerten Knollen, in hohlen, bauchig erweiterten Blattdornen usw. den Ameisen ein Obdach gewähren, ihnen gelegentlich sogar Nahrung in Form von Zucker oder Eiweiß darbieten, als Preis dafür jedoch von diesen kampflustigen Tierchen gegen andere tierische Feinde geschützt werden. Am interessantesten ist diesbezüglich eine brasilianische Ameisenpflanze, ein Bäumchen namens Cecropia, in dessen hohler Stamm sich sogenannte Aztekenameisen ansiedeln, nachdem sie ihn an den dünnsten Stellen, welche äußerlich als grübchenförmige Vertiefungen kenntlich sind, durchbissen und sich so Eingang in das Innere des Stammes verschafft haben. An der Unterseite der Blattbasis werden zwischen samt- artigen Härchen fett- und eiweißreiche eiförmige Körperchen (Müllersche Körperchen) gebildet, welche von den Ameisen abgeweidet werden. Welcher Vorteil dem Baume aus der Besiedlung mit Ameisen erwächst, ist ersichtlich, wenn die Aztekenameisen auf irgendeine Weise fern gehalten werden; solche Bäume werden in kurzer Zeit das Opfer der ge- fürchteten Blattschneideameisen (Atta), welche mit ihren kräftigen Mundwerkzeugen die Blätter in kleine Stückchen 163 zerschneiden und mit erstaunlicher Geschwindigkeit den ganzen Baum seines Blattschmuckes berauben. Diese Blatt- schneider leben selbst wieder in einem höchst merkwürdigen (Genossenschaftsverhältnis mit einem Pilze, den sie — wie ver- läßliche Beobachter mitteilen — auf den zusammengetragenen Blattstücken in förmlicher Reimkultur züchten („Pilzgärten“) und durch beständige Verletzungen zu Wucherungen veran- lassen, welche ihnen selbst zur Nahrung dienen. Überschauen wir nochmals alle die Lebenserscheinungen und Lebensgewohnheiten der Pflanzen, von denen bisher die Rede war, so ergibt sich daraus folgende grundlegende Er- kenntnis: Die Pflanze ist in wesentlich gleicher Weise wie das Tier einem Stoffwechsel unterworfen, indem einerseits durch den Vorgang der Ernährung gewisse Stoffe aufgenommen und zur Bildung von Substanz des Pflanzenleibes verarbeitet (assimiliert) werden, anderseits ein Teil der- selben durch die Atmung, welche genau wie beim Tiere verläuft, wieder zerstört wird. Wesentlich unterscheidet sich hingegen die Mehrzahl der Pflanzen (nämlich jene, welche durch den Besitz von Öhlorophyll ausgezeichnet sind) von den Tieren im allgemeinen dadurch, daß jene allein unter allen Lebewesen befähigt sind, aus’ Kohlensäure der Luft Wasser Mineralstoffen des Bodens organische Substanz zu bilden, während diese auf bereits vorgebildete organiSche Substanz zur Bildung ihrer Körper- substanz angewiesen sind. Fünfter Vortrag. Nachdem wir nun einen Einblick in die wichtigsten Kapitel der „Physiologie des Stoffwechsels* gewonnen haben, wollen wir einen anderen Lebensvorgang näher studieren, der bei den Tieren eine so große Rolle spielt, daß er allein in der Regel als untrügliches Zeichen des Lebens gilt: die Bewegung. Daß Pflanzen unter Umständen Bewegungen ausführen, ist bekannt, es ist nur fraglich, .ob dieselben als Erscheinungen des Lebens aufzufassen sind, das heißt ob sie nur unter den Bedingungen des Lebens vor sich gehen oder ob sie nicht, an dasselbe geknüpft, auf rein physikalischen Ursachen be- ruhen, wie zum Beispiel das Abwärtskrümmen eines Astes infolge seines eigenen Gewichtes (Lastkrümmung) oder die Wanderung der Samen und Früchte unter dem Einflusse von Wind- und Wasserströmungen. Solche oft recht auffallende "physikalische Bewegungen sind auch diejenigen, welche auf einer ungleichmäßigen Quellung eines Pflanzenteiles beruhen ; die stärker quellbare Seite wird bei Befeuchtung natürlich zur längeren und krümmt sich demnach ‘konvex, während sie sich bei Wasserverlust verhältnismäßig stärker zusammenzieht und einen konkaven Bogen beschreibt. Das Öffnen der trocken- häutigen Hüllblätter gewisser Disteln (Wetterdistel oder Carlina) bei trockenem Wetter, das Schließen derselben bei zunehmender Luftfeuchtigkeit, wodurch der Blütenstaub vor Benetzung geschützt wird, die korkzieherförmigen Windungen der grannenartigen Fortsätze der Storchschnabelfrüchte (G@e- ranium), die sich je nach dem Feuchtigkeitsgehalte der Luft 170 auflösen oder verengern, weshalb sie sich als Zeiger für Wetterhäuschen großer Beliebtheit erfreuen, gehören in diese Kategorie von Bewegungen. Auf ähnliche Ursachen sind zumeist die Bewegungen zurückzuführen, welche sich beim Aufspringen trockener Früchte einstellen und die häufig in den Dienst der Samenverbreitung gestellt sind. Obgleich der- artige Bewegungen mit dem Leben nicht direkt zusammen- hängen, können sie doch, wie man sieht, für die Pflanze von großer Bedeutung sein. Diesen Bewegungen stehen jene gegenüber, die an die Lebenstätigkeit gebunden sind (vitale Bewegungen), welche demnach nur so lange vor sich gehen, als die Bedingungen des Lebens — Anwesenheit von Sauerstoff, entsprechende Temperatur ete. — vorhanden sind. Im übrigen können sie sich ganz unabhängig von äußeren Einflüssen einstellen (spontane Bewegungen) oder aber erst als Folge eines äußeren Anstoßes, also einer pbysikalischen Ursache, wie Licht, Schwerkraft usw., auftreten (paratonische Bewegungen). Die größte Ähnlichkeit zwischen der Bewegungsweise von Pflanzen und Tieren tritt uns bei den am einfachsten gebauten Formen entgegen, wie ja überhaupt die trennenden Unterschiede zwischen Pflanze und Tier sich immer mehr verwischen, je niedriger die Organisation der verglichenen Lebewesen beschaffen ist. Eine der emfachsten Bewegungsformen ist die amö- boide Bewegung, welche wir in gleicher Weise bei den tierischen Amöben und weißen Blutkörpern der Wirbeltiere als auch bei amöbenähnlichen Entwicklungszuständen gewisser pflanzlicher Organismen, der Schleimpilze oder Myxomyceten, stets aber nur an nackten, membranlosen Zellen antreffen. Die Bewegung dieser mikroskopisch kleinen, schleimigen, mit Zellkern und verschiedenen Inhaltskörpern ausgestatteten Plasmaklümpchen geht in der Weise vor sich, daß der Proto- plast nach verschiedenen Richtungen hin Fortsätze (Pseudo- podien) ausstülpt, die entweder wieder eingezogen werden, oder in welche die übrige Körpermasse wie ein zähflüssiger Schleim nachströmt. Indem sich dieser Vorgang in gleicher ud -1 N " Weise wiederholt, vermag die Amöbenzelle langsam über eine feuchte Unterlage hinzukriechen. Weiter verbreitet als diese Bewegung ist die Geibel- bewegung, die ebenfalls sowohl nieder organisierten Tieren (zum Beispiel Infusorien) als auch bestimmten Zellen des Wirbel- tierkörpers (Luftröhrenschleimhaut), in gleicher Weise aber auch einfach gebauten Pflanzen, wie gewissen Bakterien, Algen und Pilzen sowie Fortpflanzungszellen eigentümlich ist (siehe Seite 158). Der lebende Zelleib besitzt in diesem Falle eigentüm- liche protoplasmatische Bewegungsorgane, nämlich eine oder mehrere Geißeln oder Cilien von äußerster Zartheit, welche bald an den Enden angeordnet sind, bald seine ganze Ober- fläche bedecken. Durch bestimmt regulierten Geißelschlag gleitet die Zelle im Wasser nach beliebigen Richtungen da- hin. Die Hauptmasse der lebenden Substanz beteiligt sich nur insofern an dieser Bewegung, als sie den Geißelschlag nach Bedarf reguliert. Denn die Bewegungen dieser Schwärmer, wie man die geißeltragenden Zellen bezeichnet, gehen keines- wegs planlos vor sich. Lassen wir zum Beispiel ein größeres mit Wasser gefülltes Glas lange Zeit hindurch unberührt an einem Fenster stehen, so können wir nicht selten beobachten, daß sich nur an der Lichtseite ein grüner Anflug gebildet hat; er besteht aus grünen Algen, welche aus Schwärmsporen her- vorgegangen sind, die, alle dem Lichte zustrebend, sich auf dieser Seite des Gefäßes festsetzten und entwickelten. Das Licht beeinflußt demnach die Bewegungsrichtung der Schwärmer., indem sie sich entweder zur Lichtquelle hinbewegen oder aber, wenn deren Intensität ein gewisses Maß überschreitet, von ihr entfernen. Wie das Licht, so können auch andere Ursachen, wie in Wasser aufgelöste Stoffe, die Bewegungsrichtung be- einflussen. Der dabei zurückgeleste Weg ist natürlich ein minimaler und beträgt etwa 1 m pro Stunde. Berücksichtigt man jedoch die außerordentliche Kleinheit der Schwärmzellen, so gewinnt man ein ganz anderes Urteil über die Geschwindig- keit, mit der sie sich fortbewegen. Die schnellsten unter ihnen vermögen in einer Sekunde einen Weg zurückzulegen, welcher 172 das Doppelte bis Dreifache ihrer Körperlänge mißt, eine respektable Leistung, wenn wir berücksichtigen, daß unsere ' schnellsten Schiffe ihre Länge in 10—15 Sekunden durchfahren. Das Vermögen, Bewegungen auszuführen, welche in den besprochenen Fällen zu einer Ortsveränderung führten, hat sich das Plasma auch in. den Fällen bewahrt, wo es von einer Zellmembran eingeschlossen ist, was bei der Mehr- zahl der Pflanzen der Fall ist. In der Regel verläuft diese Plasmabewegung freilich so langsam, daß wir sie häufig nur Abb. 19. Querschnitt durch eine Wasserlinse (Lemna trisulca). In den großen Zellen Chlorophylikörner (ec). S Stellung derselben im Sonnenlichte, D im Schatten. — Stark vergrößert. — Nach Stahl. aus der Umlagerung des Zellkernes und der Inhaltskörper erschließen können, die, selbst unbeweglich, durch das langsam flutende Plasma fortgeschwemmt werden. Einen der interessantesten Fälle stellt die Lageverände- rung der Chlorophylikörner unter dem Einflusse des Lichtes dar. Wir wissen, daß dasselbe für die Assımilationstätigkeit der Chlorophylikörner unbedingt erforderlich ist, daß aber zu kräftiges Licht den grünen Farbstoff zersetzt. In günstigen Fällen, zum Beispiel bei Wasserlinsen, können wir beobachten, daß sich die linsenförmigen Chlorophylikörner bei schwachem Lichte alle mit ihrer Breitseite an die zur Richtung der ein- 175 fallenden Lichtstrahlen senkrecht stehende Wand anlegen, wodurch sie in die günstigste Beleuchtung gerückt sind, während sie sich bei grellem Sonnenlichte unter Annahme einer mehr kugeligen Gestalt an die dem Lichteinfalle parallelen Wände anschmiegen und so den zerstörenden Strahlen aus- weichen. Bisweilen erreichen derlei Plasmabewegungen aber auch eine ansehnliche Geschwindigkeit und dann sehen wir ım Mikroskop deutlich, wie das gesamte Plasma in gleichmäßigem Strome die Zellwand entlang gleitet oder in zahlreiche Stränge aufgelöst auch das Zellinnere nach allen Richtungen durch- setzt (Beispiele: Wasserpest, Brennhaare der Nessel etec.). Neben diesen Bewegungen des Protoplasmas gibt es eine große Gruppe von Bewegungserscheinungen, welche sich bald als Krümmungen, bald als Drehungen bemerkbar machen und dadurch zustande kommen, daß die Seiten eines Organs mit verschieden großer Geschwindigkeit in die Länge wachsen oder durch den Turgor eine ungleich starke Dehnung er- fahren. Um einen Überblick über diese mannigfaltigen und für die Pflanzen sehr charakteristischen Bewegungen zu gewinnen, wollen wir je nach dem Zustandekommen derselben zwischen Wachstumsbewegungen und Turgorbewegungen unterscheiden, wenngleich sich zwischen beiden keine absolut scharfe Grenze ziehen läßt, da jedes Wachstum von Turgoränderungen be- gleitet ist. Derartige Bewegungen stellen sich zuweilen im einem bestimmten Entwicklungstadium ohne jede äußere Veranlassung ein; sie beruhen auf „inneren“, das heißt im Organismus gelegenen, uns völlig unbekannten Wachstumsursachen. Ein Beispiel hierfür liefern die meisten Blätter, welche in der ‚Jugend auf ihrer Unterseite im Wachstum vorauseilen, so daß die Blattoberseiten konkav eingekrümmt werden; indem sie sich derartig von allen Seiten schützend über die wachsende Zweigspitze (Vegetationsspitze) legen, bilden sie eine Knospe. Die Entfaltung derselben beruht darauf, daß in einem gewissen Stadium die Blattoberseite relativ schneller zu wachsen beginnt. 174 Bekannt ist auch das Nicken vieler Keimlinge, zum Beispiel ' der Bohnen, Sonnenblumen und vieler anderer ın den ersten Stadien der Entwicklung, wodurch das Durchbrechen des Bodens bei der Keimung erleichtert wird. Ebenso wird die Richtung der Zweige sehr wesentlich durch eine derartige ungleichmäßige Verteilung des Wachstums bedingt. Die größte Bedeutung aber im Leben der Pflanzen ge- winnen die auf äußere Anlässe hin erfolgenden Wachstums- bewegungen; denn ihnen allein verdanken sie die Möglichkeit, sich verschiedenen äußeren Einflüssen in zweckvoller Weise durch Lageänderung ihrer Organe zu akkommodieren. Diese verhältnismäßig langsam vor sich gehenden Bewegungen bieten der Pflanze einen teilweisen Ersatz für die ihnen abgehenden Muskelbewegungen, die allerdings mit unverhältnismäßig srößerer Geschwindigkeit vor sich gehen. Unter den äußeren Ursachen, welche eine Wachstums- bewegung zur Folge haben, stehen an erster Stelle Licht und Schwerkraft. Es ist bei der großen Wichtigkeit des Lichtes für das Gedeihen der Pflanzen begreiflich, daß deren Organe in be- stimmter Weise zu demselben orientiert sein müssen; be- kanntlich krümmen sich auch die meisten Stengel in die Richtung des Lichtes, indem sie auf der beschatteten Seite einem intensiveren Wachstum als auf der Lichtseite unter- worfen sind, ein Verhalten, das wir als positiv heliotropisch bezeichnen. Manche hochempfindliche Pflanzen (Wicken- keimlinge) reagieren schon auf fabelhaft geringe Lichtstärken ; in wenigen Stunden neigen sie sich dem Lichte zu und wachsen, sobald sie in die Richtung der Strahlen gelangt sind, direkt gegen die Lichtquelle hin. Das umgekehrte Verhalten, das Wegwenden vom Lichte, der negative Heliotropismus, ist häufiger an Wurzeln als an stengeln zu beobachten. Die Kletterwurzeln der Lianen ver- danken es vorwiegend dieser Eigenschaft, daß sie innig an ihre Unterlage angeprebt werden. Die Art, wie sich eine Pflanze dem Lichte gegenüber verhält, hängt oft auch mit ihrem Entwicklungsstadium zu- 175 sammen. Während zum Beispiel die Blütenstiele des Juden- bartes (Linaria cymbalaria) positiv heliotropisch sind, wodurch es den Blüten ermöglicht wird, sich im Lichte zu entfalten, werden sie nach erfolgter Befruchtung negativ heliotropisch, so daß die reifenden Früchte in die dunklen Ritzen der Felsen, welche diese Pflanzen mit Vorliebe bewohnen, geleitet werden, wo die ausgestreuten Samen die günstigsten Keimungsbe- dingungen vorfinden. Ähnlich wie das Licht wirkt auch die Schwerkraft aut die Pflanze ein, indem sie zweckentsprechende Krümmungs- bewegungen veranlaßt. Mag ein Same in was immer für einer Lage dem Boden anvertraut werden, stets sprießt der Stamm unter der richtenden Wirkung der Schwerkraft senkrecht empor (negativ geotropisch), während die Wurzel, durch die- selbe Schwerkraft beeinflußt, ın gerade entgegengesetzter Richtung (positiv geotropisch) in den Boden eindringt. Da- durch, daß sich die Wirkung dieser Kraft auf Seitenzweige und Seitenwurzeln nicht genau in derselben Weise geltend macht, wird eine gegenseitige Behinderung der Organe in der Ausnützung des Luft- und Bodenraumes vermieden und eine zweckentsprechende Ausbreitung gewährleistet. Beobachten wir einen durch einen Sturm zu Boden ge- drückten oder sonstwie horizontal gebogenen Zweig, so sehen wir ihn nach Verlauf einiger Zeit sich wieder aufrichten und allmählich in die ursprünglich eingenommene Lage zurück- kehren. Bei älteren Pflanzen können wir jedoch bemerken, dab sich nur die jüngsten Spitzenteile, soweit sie noch im Längenwachstum begriffen sind, erheben, ein klarer Beweis, daß die geotropische Krümmung eine Wachstumsbewegung darstellt. \ Bei denjenigen Pflanzen, deren Stengelelieder durch knotenförmige Anschwellungen ausgezeichnet sind, wie wir es zum Beispiel bei Nelken oder Getreidehalmen schön be- obachten können, erfolgt die (negative geotropische) Auf- richtung ausschließlich in diesen Organen, welche durch die Schwerkraftwirkung zu neuem Wachstum angeregt werden, so daß derartige Pflanzen die Fähigkeit, sich aufzurichten, 176 auch dann noch bewahren, wenn ihre Stengelglieder längst ausgewachsen sind. Wie Licht und Schwerkraft, so können auch andere äußere Umstände eine Wachstumsbewegung veranlassen, so- fern sie nur auf die gegenüberliegenden Seiten eines Organs verschieden einwirken. So reguliert der Einfluß der Boden- feuchtigkeit, die Qualität der im Boden gelösten Stoffe, ihre Konzentration ete. die Bewegungen der Wurzel in zweck- mäßigster Weise. Aber auch Temperaturunterschiede, ein- seitige Verwundung, bei den Ranken der Kletterpflanzen auch einseitige Berührung und Reibung können derartige Krüm- mungen veranlassen, deren Vorteil - für die Pflanze außer jedem Zweifel steht. Alle Organe, die allen zu Wachstumsbewegungen be- fähist sind, büßen naturgemäß ihre Bewegungsfähigkeit in einem bestimmten Alter ein, was unter Umständen den Pflanzen zum Nachteile gereichen kann. Wenn wir eine im Treiben begriffene Pflanze lange Zeit hindurch unverrückt auf dem Blumentische stehen lassen, bis sich alle Blätter senkrecht auf das stärkste einfallende Licht gestellt haben, bis sie — wie wir zu sagen pflegen — ihre „fixe Lichtlage“ eingenommen haben, was gleichfalls auf verschiedene Wachstumsbewegungen zurückzuführen ist, dann aber den Blumentopf um 180° wenden, so werden die bereits ausgewachsenen Blätter, welche nicht mehr imstande sind, ihre Stellung zum Lichte zu ändern, in- folge der ungünstigen Beleuchtungsverhältnisse häufig ver- gilben und zugrunde gehen. Derselbe Vorgang spielt sich häufig genug unter natürlichen Umständen ab, wenn völlig entwickelte Blätter in den Schatten eines Zweiges gelangen. Aus diesem Grunde und wegen ihres bedeutend schnelleren Verlaufes erscheinen uns die Turgorbewegungen, welche in voller Unabhängigkeit vom Wachstume vor sich gehen, eine vollendetere Bewegungsform darzustellen. Besonders günstige Objekte zum Studium derartiger Bewegungen liefern uns die zusammengesetzten Blätter der Schmetterlingsblütler (Papilio- naceen), wie zum Beispiel Bohne, Klee, Akazıe und viele andere. Den eigentlichen Bewegungsapparat stellen die Blattgelenke 177 (Blattpolster) dar, eigentümlich knotenförmige Anschwellungen, die an der Basis des Blattstieles oder an seinem Übergange in die Blattspreite auftreten und durch einen besonderen anatomischen Bau ausgezeichnet sind. Die Bewegung wird dadurch veranlaßt, daß in der oberen oder unteren Hälfte des Blattpolsters der Turgor sinkt, während er in der entgegen- gesetzten Hälfte gleichzeitig zunimmt. Wie ein durch einge- preßtes Wasser gespannter Gummiballon sofort erschlafft und einen geringeren Raum einnimmt, wenn der Druck im Innern durch Austritt von Wasser sich verringert, ebenso verkleinern sich die Zellen, sobald sich ihre Turgorspannung durch Wasser- verlust verringert. Je nachdem nun die untere oder obere Gelenkshälfte erschlafft, bewegt sich das Blatt abwärts oder hebt sich empor. Am bekanntesten unter diesen Bewegungen sind die sogenannten Schlafbewegungen, die sich häufig bei eintretender Dunkelheit einstellen. Die bei Tag flach aus- gebreiteten Blätter trachten dabei eine möglichst vertikale Lage einzunehmen, indem sie sich bald aufrichten, wie. die Blättchen des Klees, oder sich nach unten zusammenlegen, wie es deutlich bei dem ım Schatten feuchter Wälder häufigen Sauerklee zu beobachten ist. Verminderung der nächtlichen Abkühlung und Verringerung der Taubildung auf den Blatt- flächen ist die zweckmäßige Folge dieser Schlafstellung der Blätter. Manche Blätter führen im intensiven Lichte Bewegungen aus, welche in entgegengesetztem Sinne als die Schlaf- bewegungen vor sich gehen. Während zum Beispiel die Blättchen unserer Akazıe in mäßig hellem Lichte flach aus- gebreitet sind, um die unter diesen Umständen günstigste Beleuchtung zu gewinnen, sich bei eintretender Dunkelheit hingegen so weit nach unten schlagen, daß sich die Blatt- unterseiten berühren, erheben sie sich bei zunehmender Licht- stärke derart, dab sich ıhre Oberseiten zu nähern streben, wodurch allzu kräftiges Licht, welches eine Zerstörung des Chlorophylis und eine übermäßige Transpiration zur Folge hätte, zum größten Teile abgewehrt wird. 178 Gleichwie das Licht, rufen oft schon geringe Temperatur- schwankungen Änderungen im Turgor hervor, welche sich in Bewegungen äußern. So bewirkt eine Temperatursteigerung von nur 0:5° C. unter günstigen Umständen bereits ein walır- nehmbares Auseinanderweichen der Blumenblätter (genauer Abb. 20. Sinnpflanze, Mimosa pudica. Fig. 1. Zweig mit normal ausgebreiteten Blättern. Fig. 2. Derselbe Zweig nach erfolgter Berührung, Blätter in der Reizstellung. — Ver- kleinert. — Nach Wettstein. Perigone) von Crocus, während sich die Blüten der Tulpe bei einer Temperaturerhöhung von 2— 3° zu Öffnen beginnen. Am auffallendsten sind jedenfalls jene Turgorbewegungen, welche bei manchen Pflanzen durch Erschütterungen, durch Stoß oder andere mechanische Einflüsse veranlaßt werden. Ein geradezu klassisches Beispiel für diese Bewegungsform liefert uns die wegen ihres auffallenden Verhaltens sprich- wörtlich gewordene Sinnpflanze, Mimosa pudica (und einige 1,79 verwandte Arten), eine in den Tropen allerwärts anzutreffende Leguminose, die sich aber ohne viel Mübe auch als Zimmer- pflanze ziehen läßt. Ihre zierlichen, doppelt zusammengesetzten Blättehen führen nicht allein typische Schlafbewegungen aus, sondern zeigen auch bei verhältnismäßig schwacher Berührung eine lebhafte Bewegung, indem die Blättchen nach oben hin zusammenneigen und die Blattstiele sich senken; bei etwas kräftigerer Berührung geht diese Bewegung auch auf die be- nachbarten Blätter über, bis schließlich das gesamte Laub anscheinend schlaff herabhängt, um nach -kurzer Zeit wieder in die frühere Stellung zurückzukehren. Im wesentlichen dieselbe Eigenschaft wie die Sinnpflanze besitzen noch eine ganze heihe anderer Gewächse, auch unsere Akazie, obgleich hier selbst eine sehr kräftige Erschütterung eine nur geringfügige Lageänderung zur Folge hat. Auch die Bewegung des Blattes der Venusfliegenfalle beim Fange von Insekten, von der bei einem früheren Anlasse die Rede war, gehört in diese Kategorie. Hierher zählen auch die bei Be- rührung von Staubgefüßen (Centaurea) oder Narben (Mimulus) eintretenden Bewegungen, welche bei einer Reihe von Pflanzen ım Dienste der Befruchtung stehen. Die Bewegungen, welche bei Berührung von Mimosa- Blättern auftreten, erinnern uns mehr als irgend andere an tierische Bewegungen, nicht als ob sie m ähnlicher Weise zustande kämen — die Ähnlichkeit mit der Bewegung infolge von Muskelkontraktion ist ganz äußerlich — sondern vielmehr wegen der Schnelligkeit, mit welcher sie vor sich gehen, sowie wegen des Fortschreitens der Bewegung an solchen Stellen, welche nicht direkt berührt werden. In richtiger Erkenntnis dieser überraschenden Tatsache hat man von jeher diese Form der Bewegung als Reizbewegung, wie wir sie bei Tieren allgemein vorfinden, aufgefaßt. Der Reizvorgang ist als eine Kette von Erscheinungen aufzufassen, welche sich bei der Mimose augenscheinlich aus denselben Gliedern zusammen- setzt wie bei den höheren Tieren. Ein äußerer Anlaß, eine Reizursache, wirkt zunächst auf die für Reize empfängliche lebende Substanz ein, welche den Reiz aufnimmt, ihn perzipiert. 12* 150 Wir erkennen aus dem Fortschreiten des Bewegungsvorganges, wie der Reiz weitergeleitet wird. Die Bewegung selbst ist die Antwort, die Reaktion, des Protoplasmas auf den wirk- samen Reiz. Denken wir nun zurück an die Wachstumsbewegungen, so steht nichts im Wege, auch sie als Reizvorgänge aufzu- fassen; durch diese Erkenntnis wird erst Klarheit in manche Erscheinungen gebracht, die sonst nur schwer verständlich wären. Wenn wir einen Stab in horizontale Lage bringen und an einem Ende belasten, so sinkt er infolge, der Wirkung der Schwerkraft unter die Horizontale. Ganz anders wirkt dieselbe Schwerkraft auf einen lebenden Pflanzen- teil ein. Unter ihrem Einflusse richtet sich die Wurzel nach unten, der Stamm nach oben. Die Schwerkraft wird eben vom lebenden Organismus als Reiz empfunden; jedes Organ antwortet aber auf denselben in seiner besonderen Weise, wie eine Lokomotive nach dem Belieben des Führers bald vor-, bald zurückgeht, wenngleich die bewegende Kraft stets dieselbe bleibt. Daß die Wachstumsbewegungen in die Kategorie der Reizbewegungen fallen, ist um so weniger zu bezweifeln, als auch bei ihnen in gewissen Fällen eine Reizleitung mit Sicherheit nachgewiesen werden konnte. Eine eingehende Überlegung lehrt, daß auch die Proto- plasmabewegung, welche wir eingangs kennen lernten, eine Reizbewegung darstellt. Eme Reizreaktion muß aber keines- wegs immer in einer Bewegung zum Ausdrucke kommen; auch die Änderungen im Stoffwechsel, welche von äußeren Einflüssen in Abhängigkeit stehen oder durch die Lebens- tätigkeit des Protoplasmas beherrscht werden, lassen sich als Reizvorgänge auffassen, was schon daraus erhellt, daß durch eine bestimmte Intensität gewisser Reizanlässe Lähmungs- und Erregungszustände wie bei Tieren hervorgerufen werden. Die Reizbarkeit kommt demnach dem pflanz- lichen Protoplasma in gleicher Weise zu wie den tierischen Organismen, sie ist demnach für das Leben überhaupt ebenso charakteristisch wie der Stofiwechsel. Sechster Vortrag. Nachdem bisher die wichtigsten Erscheinungen des Stoff- wechsels und des Bewegungsvermögens der Pflanzen in Kürze besprochen wurden, erübrigt es noch, die Fortpflanzung und Vermehrung derselben in ihren wesentlichsten Zügen zu ver- folgen, jene Lebenserschemungen, welche wir einleitend als generative Prozesse den vegetativen gegenüberstellten. Die Lebensdauer der Gewächse ist wie bei allen Orga- nismen eine beschränkte. Manche nieder organisierte, das heißt einfach gebaute Pilze vollenden schon innerhalb weniger Tage ihren gesamten Lebenslauf; doch finden wir auch unter den höchst entwickelten Blütenpflanzen viele, denen nur eine Da- seinsfrist von wenigen Wochen vergönnt ist, In dieser kurzen Spanne Zeit entwickelt sich das Individuum aus dem Samen bis zur Blüte und zur Fruchtbildung, der in vielen Fällen der Tod des Individuums folgt. Die Samen solcher Pflanzen sind entweder sofort keimfähig, so daß in emem Jahre sich mehrere Generationsfolgen entwickeln können (zum Beispiel Stellaria media, Veronica hederaefolia etc.), oder sie müssen eine längere Ruheperiode durchmachen, während welcher sie unter keinen Umständen zum Keimen zu bringen sind; die volle Entwicklung derartiger Pflanzen erfolet dann erst in dem der Fruchtbildung folgenden Jahre, weshalb sie einjährige oder annuelle Pflanzen genannt werden im Gegensatze zu den zweijährigen Gewächsen, bei welchen bis zur Fruchtbildung zwei Vegetationsperioden notwendig sind. Viele Pflanzen be- nötigen jedoch noch eine längere Zeit, bis sie zur Fort- 1 Rn 2 pflanzung schreiten können. Auch sie erreichen zum Teil mit der Blütenbildung den Höhepunkt ihrer Entwicklung und gehen, nachdem durch die Fruchtbildung für die Nachkommen- schaft gesorgt ist, zugrunde (Agave). Der Fortpflanzungs- prozeß kann in den bisher besprochenen Fällen geradezu als T'odesursache des Individuums angesehen werden, was schon daraus hervorgeht, daß wir in gewissen Fällen (zum Beispiel Reseda) die Lebensdauer beträchtlich verlängern können, wenn wir die Blütenbildung künstlich durch Abschneiden der Knospen verhindern. Eine große Gruppe von Gewächsen erschöpft sich jedoch keineswegs durch den einmaligen Akt der Fortpflanzung, be- wahrt sich vielmehr die Fähigkeit, trotz wiederholter Frucht- bildung weiter zu vegetieren; hierher gehören unsere Bäume und Sträucher, die Zwiebelpflanzen sowie die durch unter- irdische Wurzelstöcke überwinternden Stauden oder Perennen, mit einem Worte die überwiegende Mehrzahl der mehrjährigen Pflanzen. Derlei Gewächse können daher unter Umständen ein Alter von vielen hundert Jahren erreichen, wofür unsere Eiben, Linden und Eichen, der südeuropäische Ölbaum, die Drachen- blutbäume und viele andere Zeugnis ablegen. Sie alle werden aber durch die kalifornischen Mammutbäume (Sequoia) weit übertroffen. An einem derartigen Stammquerschnitte des Berliner Museums, der im Durchmesser 47 »n mißt, wurden über 1500 Jahresringe gezählt. Bedenkt man aber, daß Exemplare dieses Baumriesen bekannt geworden sind, welche bei einer Höhe von 100 m einen Durchmesser von 12 m aufweisen, so kann man sich eine annähernde Vorstellung von dem fabelhaften Alter machen, welches diese Nadelbäume erreichen. Allerdings dürfen wir nicht vergessen, daß das Alter der einzelnen Zellelemente, welche eine Pflanze aufbauen, meist nur kurz bemessen ist. Nur die im teilungsfähigen Zustande verbleibenden Zellen, von denen das Längen- und Diekenwachstum des Stammes und der Wurzel sowie alle Neu- bildung von Organen ausgeht, sind so alt wie die Pflanze selbst. Der größte Teil von Holz und Rinde büßt jedoch schon frühzeitig seinen lebenden protoplasmatischen Zellinhalt ein; oO 185 ‚auch den Blättern ist nur ein kurzes Dasein beschieden, : wie nicht allein die Bäume und Sträucher unseres Klimas zeigen, welche einem alljährlich wiederkehrenden herbstlichen Laubfall unterworfen sind, sondern auch die sogenannten immergrünen Bäume, wie unsere Nadelhölzer, deren Blätter gleichfalls im Verlaufe von wenigen Jahren allmählich abgestoßen werden. Die Entwicklung jeder Pflanze ist demnach stets mit einem teilweisen Absterben ihrer Gewebe verbunden. Oft sind wir daher kaum m der Lage, in einem bestimmten Augenblick den eingetretenen Tod einer Pflanze zu konsta- tieren, zumal wir einen untrüglichen Unterschied zwischen lebendem und totem Plasma nicht kennen, wenngleich wir in der Praxis natürlich zumeist ein Absterben einer Pflanze aus gewissen Anzeichen zu beurteilen vermögen. Auch in dieser Beziehung gleicht die Pflanze dem Tiere. Bei diesem betrachten wir ım gewöhnlichen Leben das Versagen der Herzmuskulatur als den Augenblick des eintretenden Todes. 'Erwiesenermaßen leben aber dessenungeachtet gewisse Gewebe des tierischen (natürlich auch des menschlichen) Körpers noch stunden- und tagelang weiter, so daß auch hier der Tod die einzelnen Gewebe nur allmählich ereilt. Es wurde allerdings an einer früheren Stelle gesagt, daß das Leben einer Zelle durch deren Stoffwechsel gekenn- zeichnet ist, doch erleidet auch dieser Satz eine Ausnahme. Trockene Samen sowie andere eingetrocknete Organismen lassen nämlich auch bei Anwendung der empfindlichsten Untersuchungsmethoden keine Spur eines Stoffwechsels er- kennen, erwachen aber nach Zufuhr von Wasser sofort zu neuem Leben. Ein solcher Organismus zeigt also nicht die geringsten Lebenserscheinungen, kann aber trotzdem nicht als tot bezeichnet werden; wir sagen, er führt ein latentes (das heißt ein uns verborgenes) Leben, um für diesen rätsel- haften Vorgang wenigstens ein bezeichnendes Wort zu haben. Man hat diesen Zustand des Scheintodes durch den Vergleich mit einer Uhr anschaulich gemacht, die zwar aufgezogen, aber in ihrem Gange aufgehalten ist, im Gegensatze zu einer gebrochenen Uhr, welcher ein toter Organismus gleicht. 184 Da nun jedem Organismus eine Daseımsgrenze gezogen ist, muß ihm die Tätigkeit innewohnen, Nachkommen zu er- zeugen. Die Art und Weise, wie in der Natur für diesen Prozeß, auf dem der Bestand der Lebewesen beruht, gesorgt ist, zeichnet sich durch eine unerschöpfliche Mannigfaltig- keit aus. Im einfachsten Falle, wie bei den Bakterien, teilt sich das ganze einzellige Individuum in zwei genau gleiche Hälften, welche ihrerseits wieder — zu normaler Größe herange- wachsen — sich in derselben Weise verdoppeln. Dieser Vor- gang der Fortpflanzung ist demnach jn diesem Falle mit einer lebhaften Vermehrung verbunden. Um eine anschauliche Vor- stellung davon zu gewinnen, wollen wir annehmen, daß ein stäbchenförmiges Bakterium mittlerer Größe sich unter günstigen Lebensbedingungen befindet, so daß es eine Teilung pro Stunde vollendet. Wie eine einfache Rechnung ergibt, sind demnach nach zwei Stunden vier, nach drei Stunden acht Nachkommen gebildet. Würde die Vermehrung in gleichem Maße fort- schreiten, so müßten nach 24 Stunden bereits 17 Millionen, nach 3 Tagen 4372 Trillionen Individuen, nach 41/, Tagen 3 Millionen Kubikmeilen Bakterien entstanden sein, eine Masse, welche dem Weltmeere an Größe gleichkommt. In Wirklichkeit wird natürlich auch nicht annähernd eine so enorme Vermehrung erzielt, da derselben eine Reihe von Faktoren entgegenarbeiten, auf welche hier nicht näher eingegangen werden kann. Andere einzellige Organismen, wie die Hefe, ein Pilz, der aus elliptischen Zellen von etwa 0'008 mm Durchmesser besteht, vermehren sich ın der Weise, daß die einzelnen, von einer Membran eingeschlossenen Zellen seitliche Aus- sackungen treiben, welche heranwachsen und sich allmählich abschnüren, ein Vermehrungsvorgang, den wir als Sprossung bezeichnen. Kommt eine Hefezelle unter gewisse ungünstigere Vegetationsverhältnisse, dann ändert sich die Art und Weise der Fortpflanzung; das Protoplasma zerfällt ohne Rest in vier. kugelige Zellen, Sporen, welche sich je mit einer neuen Membran umkleiden und nachdem die Zellhaut der ursprünglichen Zelle zugrunde gegangen ist, frei werden. Die auf solche Weise 155 entstandenen Nachkommen zeichnen sich durch große Wider- standsfähigkeit gegen Austrocknung und andere ungünstige Einflüsse aus. Die bisher geschilderten Fälle der Fortpflanzung bezeichnen wir als ungeschlechtliche oder vegetative Fortpflanzung; mit ihr Hand in Hand geht zu- meist eine lebhafte Vermehrung. Die Fähigkeit, die Nachkommen auf ungeschlechtlichem Wege zu erzeugen, ist in der Pflanzenwelt ungemein verbreitet. In der Gruppe der Algen und Pilze finden wir ganz allgemem, daß sich auf die verschiedenste, aber für jede Art charakteristische Weise einzelne teils unbewegliche, teils durch Geißeln bewegliche Zellen (Schwärmer) abspalten und zum Ausgangspunkte neuer Individuen werden. Die staubige Substanz, welche sich ın den Abb. 21. Bierhefe (Sacharomyces cerevisiae). Fig. 1. Einzelne Zelle. Fig. 2. Dieselben durch Sprossung sich vermehrend. Fig. 3. Eine Zelle mit Sporenbildung. — Ver- größerung 1200. — Nach Wettstein. bekannten Mooskapseln vorfindet oder bei Farnen auf der Blattunterseite in mikroskopisch kleme Behälter (Sporangien) eingeschlossen ist, die, in größerer Zahl gehäuft, den Ein- druck von braunen Punkten oder Strichen machen, besteht durchwegs aus ungeschlechtlichen Fortpflanzungszellen oder Sporen. Bei höheren Gewächsen werden besondere Organe, also Zellkomplexe, ausgebildet, welche, reich mit Reservestoffen erfüllt, sich gelegentlich von der Mutterpflanze ablösen und den Ausgangspunkt zu einer neuen Generation bilden. Der- artige Organe stellen zum Beispiel die Brutzwiebeln dar, welche bei den meisten Zwiebelgewächsen, besonders reich- lich beim Knoblauch auftreten. Auch in den Blattachseln mancher Pflanzen (Lilium bulbiferum, Dentaria bulbifera, 156 Saxifraga bulbifera) !), selbst in der Blütenregion (gewisser Allium-Arten) können kleme grüne Zwiebelchen (Bulbillen) gebildet werden, dıe demselben Zwecke dienen. Hierher ist auch die ungemein häufige Fortpflanzung durch Ausläufer, Knollen und Wurzelstöcke zu rechnen. Die Fähigkeit der vegetativen Fortpflanzung macht sich oft der Gärtner zur bequemen und schnellen Vermehrung der Pflanzen zunutze, indem er die „Zwiebelbrut“ oder die Wurzelstöcke teilt oder Sproßteile zu Senkern oder Stecklingen verwendet. Selbst Blätter oder Blatteile können normal oder künstlich zur Vermehrung dienen. So vermehrt man zum Bei- spiel die bekannten Blattbegonien in einfachster Weise derart, daß man abgeschnittene Blätter auf ständig feucht gehaltenen Sand auflest und die starken Blattnerven durchschneidet, worauf sich in kurzer Zeit an diesen Stellen junge Pflänzchen entwickeln. Während diese ungeschlechtliche Fortpflanzung nur bei den niederen Pflanzengruppen, zum Beispiel Bakterien, die einzige Form der Neubildung von Individuen darstellt, treffen wir bei der überwiegenden Mehrheit der Pflanzen noch eine zweite wesentlich verschiedene, die geschlechtliche oder sexuelle Fortpflanzung an, welche dadurch charakteri- siert ıst, daß zweı verschiedene Fortpflanzungszellen daran beteiligt sind; jede derselben ist für sich nicht weiter ent- wicklungsfähig und geht, sich selbst überlassen, meist schon in kurzer Zeit zugrunde. Ist jedoch beiden die Möglichkeit geboten, sich zu vereinigen, so verschmelzen sie miteinander zu einer neuen Zelle, welche zum Ausgangspunkt eines neuen Individuums wird. Diesen Akt der Verschmelzung zweier Fort- pflanzungszellen bezeichnen wir als Befruchtung oder Kopulation. Eines der klarsten Beispiele hierfür liefert uns die in unseren stehenden Gewässern sehr häufige Schraubenbandalge (Spirogyra), deren zylindrische Zellen zu langen Fäden anein- ander gereiht sind. Jede dieser Zellen ist durch ein in das Proto- plasma eingebettetes schraubenförmiges smaragdgrünes Chloro- !) bulbiferus — knollentragend. 187 phyliband ausgezeichnet, welches die Stelle der Chlorophyll- körner, wie wir sie im Blatte der höheren Pflanzen antrafen, ersetzt. Der Befruchtungsvorgang wird dadurch eingeleitet, dab sich je zwei einander gegenüberliegende Zellen benachbarter Fäden vorstülpen; diese Aussackungen wachsen immer mehr gegeneinander, bis sie endlich aufeinander stoßen, worauf die trennende Scheidewand aufgelöst wird, so daß nun beide Zellen | Abb. 22. Spirogyra. Fig. 1. Faden mit vier Zellen. e Chlorophyliband. Fig. 2. Zwei Fäden derselben Alge zur Zeit der Kopulation. a,b, ce, d fortschreitende Stadien des Befruchtungsvorganges. Fig. 3. Reife Spore. — Vergrößerung 350. — Nach Wettstein. wie durch ein Rohr mitemander in Verbindung stehen. Der lebende Zellinhalt, welcher sich indessen samt dem Chlorophyll- bande zu einem kugeligen Gebilde zusammengeballt hat, wandert nun aus den Zellen des einen Fadens durch die offene Kommunikation in die gegenüberliegende Zelle, mit deren Jıelleib er innig verschmilzt. Ist dieser Prozeß vollzogen, so umgibt sich die Zelle mit einer derben, sehr widerstandsfähigen Membran. Indem die alte Zellhülle zugrunde geht, wird 188 diese Zelle frei und bildet wieder den Ausgangspunkt eines neuen Spirogyrafadens. Dieser Fall der sexuellen Fortpflanzung lehrt uns gleichzeitig, daß diese nicht immer mit einer Ver- mehrung verbunden ist; in dem besprochenen Falle verschmelzen je zwei Zellen zu einem Individuum, während bei vegetativer Fortpflanzung derselben Alge jede einzelne Zelle zu einem neuen Faden werden kann. Bei den höher organisierten, vielzelligsen Gewächsen macht sich insofern noch eine weitere Arbeitsteilung geltend, als nicht alle Zellen des Pflanzenkörpers befähigt sind, Fort- pflanzungszellen zu bilden. Die überwiegende Mehrzahl dient vielmehr der Ernährung und Erhaltung des Individuums und ermöglicht höchstens eine vegetative Fortpflanzung; diese Zellen führen demmach ein rein vegetatives Leben. Gewisse Zellgruppen, bestimmte Organe, welche sich gewöhnlich schon äußerlich von den übrigen unterscheiden, übernehmen hin-: gegen ausschließlich dıe Aufgabe, für die sexuelle Fortpflanzung durch Bildung der Geschlechtszellen zu sorgen. Während diese aber in dem oben beschriebenen Falle von Spirogyra keinen oder nur einen unbedeutenden Unterschied erkennen lassen, erweisen sie sich auf höherer Stufe der Organisation unter- einander wesentlich verschieden. Die eine der beiden kopulierenden Zellen, die männliche oder Samenzelle (Spermatozoid), ist zumeist auffallend klein und beweglich. Sie besteht gewöhnlich aus einem verdickten, bei der Bewegung nach vorn gerichteten Teil (Kopf des Spermatozoids), welcher den Zellkern birgt, und den protoplasmatischen Be- wegungsorganen, nämlich verschieden angeordneten Geißeln oder Cilien, welche in wechselnder Zahl ausgebildet sind und durch lebhafte, in gewissem Takt erfolgende Schwingungen ein Schwimmen in bestimmter Richtung ermöglichen. Die andere Fortpflanzungszelle, weibliche oder Eizelle (Oosphaere) genannt, übertrifft jene zumeist bedeutend an Größe und Plasmareichtum, besitzt jedoch kein Bewegungsvermögen. Beide Zellen entbehren meist der Zellulosemembran, weshalb man sie als nackte Zellen bezeichnet. Bei den im Wasser lebenden Algen und Pilzen erfolgt 189 die Befruchtung in der Weise, daß die männlichen Zellen, sobald sie ihre volle Entwicklung erreicht haben, die Mutter- zelle, in der sie gebildet wurden, verlassen und sich schwimmend der Eizelle nähern. Trifft em Spermatozoid ein empfängnis- reifes Ei, so legen sich die beiden Zellen innig aneinander und verschmelzen in kurzer Zeit vollständig, wobei sich Zell- kern mit Zellkern, Protoplasma mit Protoplasma vereinigt, worauf sich die neue Zelle mit einer derben Zellulosemembran umkleidet. Den Schwärmern, welche auf eine bereits be- fruchtete Eizelle stoßen, ist das Eindringen verwehrt; sie gehen in kurzer Zeit zugrunde. Um die Wahrschemlichkeit einer Befruchtung zu er- höhen, wird immer ein bedeutender Überschuß an männlichen Zellen gebildet. Die Bewegung der letzteren wird überdies von der Eizelle dadurch beeinflußt, dab der weibliche Apparat gewisse Stoffe ausscheidet, welche auf die männlichen Zellen anziehend wirken. So konnte man nachweisen, daß bei Laub- moosen Rohrzucker, bei Farnen Apfelsäure zur Anlockung der Schwärmer ausgeschieden wird. Auch beı den letztgenannten Pflanzen, welche zumeist den Landpflanzen zuzuzählen sind, erfolgt die Befruchtung „unter Wasser“, nämlich im feuchten Boden oder in einem Tröpfchen Tau, welcher die mikroskopisch kleinen Sexualorgane benetzt und nicht alleın das Austreten der Spermatozoiden bewirkt, sondern auch die Bewegung derselben ermöglicht. Moose und Farne, allgemeiner gesagt Bryophyten und Pteridophyten, benötigen also wenigstens zeitweise eine direkte Benetzung mit Wasser. Mit fortschreitender Ausbildung der Landpflanzen trat begreiflicherweise auch insofern eine Änderung im Be- fruchtungsvorgange ein, als derselbe von der Anwesenheit von Wasser völlig unabhängig wurde, was eine weitgehende Umgestaltung des ganzen Fortpflanzungsapparates zur Folge hatte: es kam zur Entwicklung einer „Blüte“. Auch in der Blüte treffen wir eine Differenzierung in männliche und weibliche Organe: einerseits Staubgefäße, ander- seits Fruchtknoten mitihren Griffeln und Narben. (Vergl. S. 100.) 190 Die Fortpflanzungszellen selbst bedürfen hier begreiflicherweise eines erhöhten Schutzes gegen die verschiedenartigsten schädlichen Einflüsse. Durchschneiden wir den Fruchtknoten irgendeiner Blüte, so finden wir darin ein oder zahlreiche weißliche Körnchen, die „Samenknospen* oder „Samenanlagen“. In jeder derselben liegt abermals sorgfältig umhüllt, eine einzige nackte Eizelle, zu der nur ein äußerst schmaler Ein- gang offen steht. Entnehmen wir einer Blütenknospe, etwa einer Lilie, ein Staubgefäß, so erkennen wir unter der Lupe, daß an dem Staubfaden vier zarte gelbliche Säckchen, die „Pollensäcke*, befestigt sind, in welchen der derbwandige Blütenstaub oder Pollen entsteht, welcher die männliche Zelle umschließt. In der sich entfaltenden Blüte wird der Pollen durch Öffnung der schützenden Pollensäckchen entleert, „die Blüte stäubt“, Gelangt nun ein Pollenkorn auf die Narbe einer Blüte der zugehörigen Pflanzenart, so beginnt er unter dem Ein- flusse der von dem weiblichen Organe ausgeschiedenen zucker- hältigen Flüssigkeit zu keimen. Seine Membran reißt auf und nun beginnt das Pollenkoın auf Kosten der in demselben an- gehäuften Reservestoffe zu emem schlauchförmigen, mehr- kernigen Faden, dem „Pollenschlauch“, auszuwachsen, welcher allmählich, einem Pilzfaden vergleichbar, im Gewebe des Griffels nach abwärts wächst, bis er in der Höhlung des Frucht- knotens auf eine Samenanlage trifft, in welcher er bis zur Ei- zelle vordringt. Nun entsteht am Ende des Pollenschlauches eine Öffnung, durch welche der Zellkern der männlichen Zelle zur Bizelle gelangt, mit welcher er innig verschmilzt. Die Befruchtung wird also dadurch eingeleitet, daß der Blütenstaub in irgendeiner Weise auf die Narbe gelangt. Da er keiner selbständigen Bewegung fähig ist und die Fort- pflanzungsorgane oft sogar in beträchtlichem Maße räumlich getrennt sind, muß die Übertragung durch fremde Hilfe er- tolgen. Die Mehrzahl der Pflanzen benötigt hierzu als Trans- portmittel des Windes (windblütige Pflanzen) oder bestimmter Insekten (insektenblütige Pflanzen) ; bei gewissen Gewächsen stehen aber .auch Schnecken, kleine honignaschende Vögel, 19T selbst Fledermäuse im Dienste der Befruchtung. Da die Fort- pflanzungsorgane dementsprechende, oft überraschend zweck- mäßige Anpassungen aufweisen, erklärt sich zum Teil schon daraus die fast unübersehbare Mannigfaltigkeit von Blüten- formen. Zumeist kann man schon aus dem charakteristischen Bau einer Blüte auf die Art der Pollenübertragung, auf welche sie eingerichtet ist, schließen. Bei den windblütigen (anemophilen) Pflanzen, bei welchen häufig eine Trennung der Geschlechter zu beobachten ist, in- sofern als männliche und weibliche Organe in verschiedenen Blüten auftreten, wird die Möglichkeit einer Bestäubung da- durch gesichert, daß die staubförmigen Pollenkörner in enormer Masse ausgebildet werden. Da noch dazu die männlichen Blüten zu schwankenden Kätzchen vereinigt sind (Erle, ‚Hasel) oder die Staubbeutel an zarten Fäden pendeln (Gräser), wirbelt der schwächste Lufthauch ganze Wölkchen von Blütenstaub empor. Die weiblichen Blüten, welche zumeist höher als die männ- lichen entspringen, lassen eine Reihe von Einrichtungen zum Auffansen des Pollens erkennen, indem die Narben bald pinselförmig gespalten sind (Haselnuß) oder als langes Büschel zahlreicher Fäden herabhängen (Mais), bald wieder die Gestalt zierlicher Federchen annehmen (Gräser). Mit der Windbe- stäubung hängt es offenbar auch zusammen, dab die hierher- gehörigen Laubhölzer ıhre Blüten öffnen, ehe die Blattknospen sich entfalten, da sonst das Laub den größten Teil des Blüten- staubes auffangen würde. Aus demselben Grunde fehlen auch größere Kelch- und Blumenblätter, so daß anemophile Pflanzen stets durch unscheinbare Blüten ausgezeichnet sind. Der Pollen der insektenblütigen (entomophilen) Gewächse hingegen ist zumeist klebrig, so dab er leicht am Körper der die Blüten besuchenden Insekten haften bleibt. Die verschieden gestaltete Narbe trägt an ihrem Scheitel kleine, kurzen Härchen vergleichbare Papillen, zwischen denen der von den Insekten abgestreifte Pollen festgehalten wird. Die Insekten, welche zu dessen Übertragung nötig sind, werden durch den Duft und wahrscheinlich auch durch die Farbe der Blüten angelockt 192 und finden in derselben Nahrung in Form von ausgeschiedenem Honig (Nektar) und Blütenstaub. Teils um die „Schaubarkeit“ der Blüten zu erhöhen, teils um die Fortpflanzungsorgane zu schützen oder den Nektar vor unerwünschten Insekten zu bergen, treten auch die Blumenblätter und andere Blütenteile indirekt in den Dienst der Fortpflanzung. Im Gegensatze zu den unscheinbaren, duftlosen Blüten der windblütigen Pflanzen treffen wir daher hier zumeist durch Farbe oder Duft ausge- zeichnete Blumen an. Alle die mannigfaltigen und sinnreichen Einrichtungen, welche im Bauplan der Blüte zum Ausdrucke kommen, umfassen eine solche Fülle von interessanten Tat- sachen, daß deren Kenntnis ein eigenes Studium erfordert (Blütenbiologie), weshalb hier nur darauf hingewiesen wer- den kann. Wozu dient nun — müssen wir uns fragen — dieser enorme Aufwand von Stoff und Energie, welchen die Orga- nismen, deren Bau und Leben sonst ein Muster von Stof- und Kraftersparnis darstellt, zum Zwecke der Befruchtung machen, zumal nebenher eine mit lebhafter Vermehrung ge- paarte vegetative Fortpflanzung auf viel einfacherem Wege erzielt wird? Oft tritt sogar ein ganz gesetzmäßiger Wechsel zwischen ungeschlechtlicher und geschlechtlicher Fortpflanzung ein, was wir als Generationswechsel bezeichnen. Daraus folgt aber offenbar, daß der sexuellen Fortpflanzung eine überaus wichtige Rolle zufallen muß, welche von der vegetativen nicht übernommen werden kann. Daß das Wesen der Befruchtung zunächst nicht in einer Vermehrung besteht, zeigen schon gewisse einzellige Algen, wie Diatomeen und Desmidiaceen, wo aus der Verschmelzung zweier geschlechtlich verschiedenartiger Individuen nur ein neues Individuum hervorgeht. Die höher organisierten viel- zelligen Pflanzen entwickeln allerdings zumeist zahlreiche Fortpflanzungszellen, so daß ein Individuum eine große An- zahl von Nachkommen zeugt, doch kann dieser Umstand allein die Notwendigkeit der sexuellen Fortpflanzung nicht erklären. Man hat mit Rücksicht darauf, daß sich die Fortpflanzungs- zellen nicht weiter zu entwickeln vermögen, vielmehr emem 195 baldigen Tode verfallen, die Bedeutung der Befruchtung lange Zeit allen darin gesucht, daß eine für sich nicht teilungsfähige Zelle durch Verschmelzung mit einer zweiten zu neuen Teilungen angeregt wird. Dieser Anstoß zur Ent- wicklung kann jedoch nicht die einzige Aufgabe des Be- fruchtungsvorganges sein, da in gewissen Fällen einzelne weibliche Zellen ohne Befruchtung entwicklungsfähig werden können. So ist zum Beispiel eine Alge namens Chara crinita in Nordeuropa nur in weiblichen Exemplaren vertreten und doch reifen deren Eizellen heran, als ob sıe befruchtet worden wären. Solche Fälle, bei welchen eine Fortpflanzungszelle ohne Kopulation entwicklungsfähig ist — ein Vorgang, der unter dem Namen Parthenogenese bekannt ist — konnten bereits für eine Reihe von Pflanzen !) mit Bestimmtheit nachgewiesen werden. Es mub also die Anregung zur Entwicklung auch auf andere Weise als durch Befruchtung hervorgerufen werden können. Tatsächlich wurde konstatiert, daß eine partheno- genetische Entwicklung durch Wärme oder durch Zusatz ge- wisser Salze zu den Eizellen ermöglicht oder gefördert wird. Wir schließen daraus, daß auch durch den Befruchtungs- vorgang ein ähnlicher Reiz auf die weibliche Zelle ausge- übt wird. Wenngleich die Existenz einer derartigen Reizwirkung kaum zu bezweifeln ıst, so dürfte doch die wesentlichste Be- deutung des Befruchtungsvorganges in der Verschmelzung zweier Zellen selbst gelegen sein. Wir wissen, daß es ebensowenig zwei genau gleiche Pflanzen gibt, wie nicht zwei in jeder Beziehung völlig gleiche Menschen zu finden sind. Die einzelnen Individuen weichen, wenngleich derselben Art angehörend, doch in manchen Punkten voneinander ab, sie „variieren“. Daß derlei Abweichungen zu- stande kommen, läßt schließen, daß jedes einzelne Individuum ganz bestimmte Eigenschaften oder Qualitäten besitzt. Wird nun eine Pflanze ausschließlich vegetativ vermehrt, so werden ') Parthenogenese ist auch bei gewissen niedrig stehenden Tieren nachgewiesen worden, fehlt hingegen allen höheren Tierklassen. 13 194 die Eigenschaften des Stammindividuums auf alle Nachkommen vererbt werden; wird jedoch der Blütenstaub einer Pflanze auf die Narbe einer anderen gebracht, die zwar derselben Art angehört, aber doch verschiedene individuelle Abweichungen aufweist, so wird die Befruchtung eine Kombination väter- licher und mütterlicher Eigenschaften bewirken; mit anderen Worten: bei der vegetativen Fortpflanzung erbt der Sprößling die spezifischen Eigenschaften (Qualitäten) eines Individuums, bei der sexuellen hingegen diejenigen eines Individuumpaares, nämlich beider Eltern. Gerade in dieser Ergänzung elterlicher Eigenschaften, wodurch gleichsinnige Anlagen verstärkt, ein- ander entgegengesetzte hingegen abgeschwächt werden, dürfte das Ziel des Befruchtungsakts gelegen sein. Von diesem Gesichtspunkte aus ist es sehr verständlich, daß wir bei zahlreichen Gewächsen eine Trennung der Ge- schlechter in der Weise durchgeführt finden, daß ein Indi- viduum nur weibliche, ein anderes nur männliche Blüten trägt (zweihäusige Pflanzen, zum Beispiel Eibe, Hanf, Weiden), Hingegen müssen wir wohl annehmen, daß in den Fällen, wo weibliche und männliche Organe zwar auch auf verschiedene Blüten verteilt, jedoch an ein und demselben Pflanzenindividuum anzutreffen sind, die individuellen Schwankungen zwischen den beiden Geschlechtszellen zu unbedeutend sınd, als daß bei einer gegenseitigen Befruchtung eine Mischung verschiedener Eigenschaften erreicht werden könnte. Dasselbe gilt natürlich in noch erhöhterem Mabe für die überwiegende Mehrzahl der Pflanzen, welche Staubgefäße und Fruchtknoten in derselben Blüte beherbergen, also durch Zwitterblüten ausgezeichnet sind, bei welchen man eine Selbstbestäubung erwarten sollte. Diese scheinbaren Ausnahmen bestätigen aber unsere An- schauung über die Bedeutung der Befruchtung. Denn bei den meisten dieser Pflanzen ist eine „Selbstbestäubung*“ ausge- schlossen, das heißt es sind Vorkehrungen getroffen, welche es verhindern, daß der Blütenstaub einer Blüte auf die Narbe derselben Blüte gelangen kann. Bald wird der Pollen früher entleert als die Narbe empfängnisreif geworden ist oder um- gekehrt, bald wieder ist die Stellung der Fortpflanzungsorgane 195 eine solche, daß eine Selbstbestäubung erschwert oder ge- hindert ist; es sind selbst Pflanzen bekannt, bei welchen der Blütenstaub auf den Narben der Blüten desselben Stockes nicht zu keimen vermag. Bei gewissen Orchideen soll das. Bestäuben mit eigenem Pollen sogar ein Absterben der Blüte zur Folge haben. Allerdings gibt es eine Reihe von Pflanzen, welche bei ausbleibender Insektenbestäubung oder sogar regelmäßig der Selbstbefruchtung unterworfen sind, so daß durch die Be- fruchtung eine Mischung verschiedener Eigenschaften ebenso- wenig wie bei der vegetativen Fortpflanzung erreicht wird. Ob diesen Pflanzen trotzdem aus der sexuellen Fortpflanzung ein Vorteil entspringt, welcher auf vegetativem Wege nicht erreicht werden kann, wissen wir nicht mit Bestimmtheit zu sagen, wie sich denn überhaupt dem tieferen Eindringen in das Problem der Befruchtung mannigfaltige Schwierigkeiten entgegenstellen. Gerade in neuester Zeit wurden allerdings die Bemühungen, durch das Studium der Bastardbildungen und durch sorgfältigste mikroskopische Untersuchungen einiges Licht in das Dunkel des Befruchtungsvorganges zu bringen, von manchen Erfolgen gekrönt, doch sind die bisherigen Resultate zu lückenhaft und zum Teil widersprechend, als daß wir hier näher darauf eingehen könnten. Wir wollen uns mit der Erkenntnis der verschiedenen Formen der Fort- pflanzung bescheiden und nur hinzufügen, daß wir sie ın gleicher Weise im Tierreiche ausgeprägt finden. Auch hier treffen wir bei niederen Formen ausschließlich vegetative Fort- pflanzung. Bei allen höheren Tieren tritt sie jedoch immer mehr in den Hintergrund, während die sexuelle Fortpflanzung an Bedeutung gewinnt. Erinnern wir uns, daß auch die übrigen Grunderscheinungen des Lebens, welche wir an den Pflanzen beobachten konnten, Stoffwechsel, Wachstum, Bewegungsvermögen und Reizbarkeit, einerseits im ganzen Reiche der Pflanzen in gleicher Weise zu beobachten sind, anderseits auch das Leben der Tiere charakterisieren, so erkennen wir, daß nicht allein der Bau aller Organismen ein einheitlicher ist, in- 13* 196 dem die lebende, Protoplasma führende Zelle den Baustein des Pflanzen- und Tierkörpers dar- stellt, sondern daß sich auch das Leben der ge- samten organischen Welt, vom Bakterium bis zum Menschen, in denselben Bahnen abspielt. FRAU DLAITN Sachregister. Seite Mblever.. . : . 81 Achaene .. 116 Achselknospen . 32 Adventivknospen . . 34 dventivsprosse" .. 21... : 84 Adventivwurzeln . Aecidiosporen re Bleen) ......- 114 Aethalium . 74 NE DIE re a 6 Ameisenpflanzen . 164% Amöben ea ie) Amphigastrien . 22 Androeceum . 101 ziemopbıl.. ..... . 190 Anthere.. . > 111 Antheridien Ba 85, 90, 94 Antipoden ..... 104 Apothecien ..... so Archegonien . . 90, 94 Drchiplasma.; . . . Cu: 6 | Arillus 107 Asche . 124 Asci I 75 Assimilation s. Kohlensäure- assimilation, mung. 0 146 ee EURER EN autotroph 7 Balgfrüchte SR e 116 Basidien , Garn 76 Basidiospore , 74 Bastfasern . Bauchkanalzele . ... .. 9% Banehnahl ser... aaa Bauchteil Beeren Befruchtung . Benthos . Bestäubung 70, 123, II 123, ste) Bewegung . amöboide . Cilien- . Geisel- . — Krümmungs- lee, oszillierende paratonische physikalische Protoplasma- Reiz- . Schlaf- . spontane Turgor- vitale Weachstums- 5.227 2,22173, Bestandteile des Bodens — der Luft — des Pflanzenkörpers bikollateral . . . Bildungsgewebe ..... Blitiehen :.. . „une Blätter, doppelt zusammenge- setzte . — dreizählige . — einfache . . — fiedernervige _ . .is+, . 124, Seite 55 ), 94 112 90 116 151 17 195 169 170 az ke! 175 12 170 169 172 179 177 170 178 170 174 127 198 Blätter, gefiederte gefingerte gegenständige gekerbte esägte estielte gestreiftnervige . gezähnte . . | gs — 0 ge handnervige lappige netznervige paarig gefiederte quirige schnittige sitzende spaltige teilige unpaarig ehedeute wechselständige . wellig ausgebuchtete - zusammengesetzte . ee Blattdornen . . Blattgrün siehe Chloropkylil Blattnarbe . Blabtnervene. 39: Blattranken Blattscheide . Blattspreite Blattspurstränge . Blattstiel Blüte Blüten, aarklieehe dikline . n eingeschlechtige . hemizyklische hermaphroditische .. männliche monokline sitzende '. — weibliche . 3 zweigeschlechtige . . . . zwitterige , zyklische 7.20% 139, ‚100: 45 189 | 110 101 101 110 101 101 | 101) 100 101 101 101 110 | Seite Blütenboden 273 110 Blütenhülle 101 Blütensprosse . 100 Blütenstände.. . . 2 eg Blütensuelve Sr er 100 Blumenkrone 109 Blutungsdruck . re NO Bodenbeschaffenheit 196.5150 Borke..2,%, ..2.,. 2 Ver 585 Bracteen eo. 35 Brownsche _ Molekularbewe- gung 9 Brutkörper sl Brutzwiebeln sı1 Bündel, geschlossene . 60 — konzentrische . 60 —— solleners.. wre 60 — stammeigene 65 Galyptla .ı 2. vn seo 91 Caryopse 116 Cauloid 16 Chalaza 102 Chalazogamie 5 Chlorophyll .... „m 0 Sep — -kömer re 159, 172 Chromatophoren Arte 5) Gilies= „an nr ee 5 Coeloblast . 17 Coenobium Ss Collenchymzellen . 47 Columella . 91 Cormus 30 Cytoplasma 5 siehe auch Pre Dauergewebe . 51 Dauerspore . .. u 0.0 me dekussiert . 45 Dermatogen 5) Diatomin ı «u... =. ce 2 Dichasium . Be hilal Dichotomie : . 22, 31 —.falsche . .......1. er IOECISCh rn 2 101 Seite PRISKUSE Eure 110 Woldenm ae. rare 114 Dornen Rn, BG mAD, dorsiventral . . .» .» 61 Dmeung ....,.. » .131,:166 EEE er a) DIE E Se A ER 101 Eizelle ... » 85, 104 Ektokarp .. . 116 Elateren . u 95 DE TE LP EEFRN 26 Embryosäcke 100 dimergenzen .. . . 44, 65 Endokarp RT RAU 116 Endosperm .. 106 Endospor 99 Balosporen „ . .". 2....% 0.78 Beamophil u... 0290 Be dee en 0 Berdermia,... .. 2... cn 02: 62 Epikotyl. . . RR re art) Epiphyten ..... 29, 143, 155 IE Er Ermährungsblätter. .. . . ...._.9 Ber ee LO BROSDON ....... IR ee BCRSEUBOE 2 ren. LI2 — unvollkommene .. .. — vollkommene”. .... ... . 112 Barbstoflträger‘ u... -* & . 5 Fasertracheiden 49 Federchen . .. . 26 | Filament .. .. »- 1219| Blechten. -\ . - - % 164 Folgemeristem . : Fortpflanzung .. . . 123, 181 — geschlechtliche . . 70 — ungeschlechtliche . .... 70 Fortpflanzungsorgane ... fe) Frucht Fr 107 Fruchtblätter 100 Ne) D D Oo Seite Fruchtknoten 104 Funiculus ES 2102 El 9, 94 Gabelverästelung . 22 Gamelenmen 2 ar rd Gametophyt . . . 95 ganzrandig 40 Gefäßbündel . SE Gefäßbündelscheide 55, 66,68 Gefäße 49, 150 Gefäßtracheiden 48 Geiselspalte 10 Geleitzellen 50 Generationswechsel . 17. 93 Genossenschaftsverhältnis =. Symbiose. (Geotropismus 175 Gewebe . .. . EURER EN — sporenerzeugendes 95, 102 Gonidien, 2. .5.» 19 Griftel 104 Grundgewebe ..82,:61 Grundspirale 43 Gynaeceum 101 — apokarpes 112 — mittelständiges 113 — oberständiges . 115 — synkarpes 112 — unterständiges 115 Haarüberzüge . . 64 Ellen , Halskanalzelen . .. ... 90, 94 Hlalsteil er 0.0.00, 20,2 Sr 290 Haube : 91 Hauptwürzel .). , . » „el 28 Haustorien- ı.;-. .. =, aunnuersuld Hantgewebe.... „2052162967 Heliofropismus. .... ... „aml74 Heterocysten 72 heterotroph 7 Eilumz ee 107 Hochblätter . Co 200 Hottüpfel . Holz Holzparenchym Holzteil Hülse Humus . dherolne: ehe Enrdr- phyten. Hut: Hygrophyten Hymenium Hyphe . Hypokotyl Individuum Indusium . Infloreszenzen — cymöse racemöse . Insektenbestäubung Insektenverdauende Pflanzen . =103 Integumente . Internodien Interzellularen . Intine isolateral . Jahresringe Kätzchen . Kambium . Kambiumring Kapillitium Kapseln Karpide Karpogon . Karunkel.. Karyokinese . Keimblätter . keimen Keimling . Kelch Kern Kernkörperchen 47 95 157 50 51 . 102 61 1022 . 102 | . 102 ‚195 Kieselguhr Kleberkörner Kletterpflanzen . Kletterwurzeln . Knollen Knospe Knospenkern Knospenschuppen . Knoten Köpfchen . Kohlensäureassimilation . Kohlenstoffproduktion Kolben . kollateral . Konidien . Konnektiv Konzeptakeln Kopulation Korolle Kolvladonarkuospen ; Kotyledonen . Kräuter Kristalle Kurztrieb . Kutikula . Langtrieb . Laubblätter Laubsprosse . Seite 10 ri 36, 143 ae). Beh, Ilse) . 100 Lebendgewicht der Du . 124 Lebensgemeinschaft sieheSym- biose. Leitungsgewebe 55 Lenticellen 2 re Lianen . .36, 143, 150 Libriformfasern . eaeno Lichtlage, fixe . 142, 176 Loculi . . 100 Lokomotion . 13 Luftwurzeln . 29 Lumen . 5 Makrosporangien 98, 100 Makrosporen . 98, 100 I | Seite Merk 3 Es 54 Markstrablen, primäre . 2... 54 — sekundäre = 57 Materialverbrauch im Enden .. 130 Meristem . 51 Mesokarp . . 116 Mesophyll . 61 Mikropyle. 105 | Mikrosporangien 98, 100 Mikrosporen . 98, 100 | Milchgefäße . 50 Milchröhren . euer Ag Mineralsubstanz siehe Asche Mittelblätter . FIRE Mittellamelle . „15,47 Mittelnerv. id Meier .u >, ., m8lim28 Mittelschichte ee, Monechasium . . ...:2 „11 monoeeisch 101 Memopnodıum... .. .,...x..81,.833 — sympodiales . „2:2... 38 Moosfrucht 9] Mooskapsel AG Niondbesatz=.. ..: :, zu 5: 5 ..99 Mycelium.. 18 Mycorrhiza ea re Bmamobe;, . 7 aa 0 Nabelfleck . 107 Nabelstrang . . 102 Nährstofflösung . 129 Nährstoffmenge . 150 Nahrungsaufnahme . . . .132 Narbe 104 Nebenblätter . 41 Nebenwurzeln 23 Nektar . 113 Nektarien . 113 Niederblätter 35 Nucellus 103 Nuß. 116 Öltröpfehen 5 Oogonien . 85 201 Seite Osmose . 133,_149 Oospore 85 rganEe .r..> ;- genen REN oszillierende Beyleung 5 12 Ovula 100 Pallisadenparenchym . 62 Paraphysen rein Parasiten siehe Schnaretacr Parenchymscheide 55 Parenehymzellen 46 Parthenogenese . 195 Perenne 152 Perianth 101 Perianthium . 90 Periblem 55 Periderm 57 Peridinin . 10 Perigon . 110 Perikarp . 116 Perisperm . 106 Peristom 2.90 Perithecien 76, 80 Pflanzen, een 182 — einjährige 28, 181 —yemzelliges ee en Pr eneg Zviekzellige u a ee —Awandenden sera — zweijährige 28 Phelloderm 55 Phellogen . 57 Phloem a ee Phycoeyan .:...:..2mig Phycoerythrin 17 Ehyeophaein..? 7 We wei 2 Ehyligeladien.t u. 27 20 0e 098 Phyllodien 42 Phylloid 16 Pistill 104 Placentation . 12 — marginale 112 — parietale . 112 Placenten . 102 Plankton 10 202 Seite Plasma . 6.199 Plasmodesmen 47 Plasmodium . 11 Plasmolyse . 6 Pleiochasien . 115 Plerom . 55 Plumula 26 Pollenkörner . 110 Pollensäcke 100 Pollinodien 57 polygam 101 Porogamie 115 Porus BEE 48 Primordialschlauch . . . . 6 Promycelium . 79 Prosenchymzellen . 46 Prothallium . 94 Protonema 292 Protoplasma . 6, 139 — -bewegung 172 Pseudopodien s Pseudopodium 91 Pykniden . > = 80 Pyknokonidien . 79, 80 Radicula 26 Randnerv . 2266 Raphe . . 104 Reizbarkeit . 180 Reizbewegungen siehe Bewe- gungen. Rhizoid. Rhizom . Rhizomorpha . Rinde, primäre . — sekundäre Ring Rispen . Rollblätter Rückennaht Rutensträucher . Saftfäden . Saftraum *. Saftsteigen 16 35 19 54 al Sn el s aalal 64, 155 , hl 37, 153 75, 153 5 ı 136 Seite Same . 2106 Samenanlagen 100, 190 — anatrope . 1103 — campylotrope 104 — orthotrope . 2,2208 Samenknospen 100, 190 Samenschale . 106, 190 Sammelfrüchte 7 Saprophyten . . 162 Saugwurzeln . 30 Schaft . 35 Scheide hl Scheidewände 8 -- echte 1 — falsche. 112 Scheinfrüchte . 116 Scheintod . . 183 Scheinverzweigung 12 Scheitelzelle . 15 Schläuche . 75 Schleier : 95 Schleuderzellen . en Schließfrüchte '. »» . 2 ZEz6 Schließzellen . . 52, 62 Schmarotzer . 162 Schote . 116 Schraubel . 115 Schutzscheide 55 Schwärmer : ) Schwammparenchym . 62 Schwerkraftwirkung siehe Geo- tropismus. Selbstbestäubung 194 Senker . 30 Seta . { 9 Siebparenchym . 55 Siebplatte . ee. Siebröhren 49, 151 Siebteil N, Sklerenchymfasern . 47,49 ° Sklerenchymzellen 46 Sklerotien 19 Sorale.. . s0 Soredien 30 Seite Sori. E | Spaltfrüchte . 116: | Spaltöffnungen . 62, 149, 151 ET eunesapparat 52 ' Spermatien 36 Spermatozoiden 35 | Spermogonien 79 Spindel. 114 Splint 59 Sporangien 95 Bere. 0. 8 Sporenblätter 95 Sporidien . 79 Sporogon . 91 Sporophylle . 95 Sporophyt 95 Spreizklimmer 36 Spreuschuppen . 95 Sproß 30 Sprossung. 74, 184 Sproßsystem . 32 Stämme, links vrindende 36 -— rechts windende . 36 Erokekomer 2... 0 0.0,08..786 Stärkescheide 55 Stamm . 30 Stammdornen 36 Stammranken 37 Stammsukkulenten 37 Staubblätter . . 100 Stauden 29, 182 Stecklinge 82 Steinfrüchte . [18 Stempel . 104 Stengel 34 Sterigmen 26 ern. . 166 Stockausschlag . 34 Stoffwechsel . 123, 168 Sträuße . 114 Stranggewebe A) Substanz, Mineral- 124, 125 — organische 124, 157 — Trocken- . 1247137 203 i Seite Sukkulente . 154 Symbiose . 5 20, 164 Symmetrie, Bilgterale . 61 Synergiden . 104 Tapetenschichte 95, 102 Teilung 154 Teleutosporen 035 Terminalknospe '. .. . un. Testa 106 Tetrasporen . 12 Thallus 8,065 Theca . 111 Thyllen 59 Torus 48 Tracheen . 49 Tracheiden EN SE AS Tragblatber 4 u. %.. © au 2.8 Transpiration 148 Transpirationsstrom . 149 Trauben 114 Trichogyn 56 Trichome . 44 Trockengewicht 124 Trockensubstanz 124 Trophophylle 95 Trugdolden . 115 Tüpfel, einfache 47 — Hof- ER Turgeszenz 148, 151 Turgor. ee 62, 135 -bewegungen s. Bewegung, — -druck . 139 Überpflanzen ... ».... x 89 Uredospore 79 Urmeristem . 56 Naeuolest .. nr ee — pulsierende . . . „2... Vaginula . 91 Vegetationskegel 27 Vegetationsorgane. . . ne: Vermehrung =. Korte ängang‘ 204 Seite Verwesungspflanzen .s. Sapro- phyten. Vorblätter Sin/wssite irrt‘ | Wächsschichte . .. . “Ödntaramn6d Wachsium? .. 2 en sa re 128 — -bewegungen s. Bewegung. Wange er 090 Wandschichter., =... .=,102 Wassergehalt . . . . . 124 Wasserkulturen . . . 130, 132 Wasserleitung . - . -» « . 150 Wasserspeicherung . . . . 154 Wasserverdunstung siehe Tran- spiration. Wasserversorgung. » . . . 151 Wuckelt ware. 5.2 elle Windbestäubung®.. 2...12..2191 Wiirzelchen me. Er Er \Viurzele ne ee — primäre? „in. nee Wunzelbakterien . . . . . 16 \Vunzelbrute. ve 2. we \Wiurzeldrueee 7.22. 222 \Wulzelhaaresr 20.0007227298, 2182 Wiurzellhauber ze is Waszelkletterer . . 22... 56 Wurzelknöllchen Wurzlspitze Xanthophyl] , | iR Xerophyten . Xylem . Zapfen Zelle Zellfusionen . Zellkern Zellmembran .. Zellsaft Zellwand . Zentralkörper Zentralzylinder . Zoosporen Zuckerscheide zwelachsig zweihäusig Zwiebel Zwiebelkuchen . Zwiebelschalen . Zwiebelscheibe . Zwiebelschuppen Zygospore Bas, . 83, 85 Gesellschafts-Buchdruckerei Brüder Hollinek, Wien, .IIL, Erdbergstraße 3. Verlag ton Car ionegen, 2 I Die vornehmjte Wochenfchrift ift die Öfterreichifche Rundfchau herausgegeben von Dr. Alfred Freiherr v. Berger und Dr. Karl @lofty. br Zwed tft: Erweiterung des Wifiens durc) Dar: A ftellungen in allgemein verftändficher Form, Erörterung aller Br. das staatliche, wirtfchaftliche und joziale Leben IR berührenden Angelegenheiten, Pflege der Heimatkunde und der Gejhichte Dfterreichs jowie objektive Würdigung aller aftuellen - stagen der Gegenwart. ‚Ohne ein eigentlich politijches Drgan jein zu wollen, bietet die „Dfterreichiiche Rumdichau" auch Staate- BE männern und Bolttifern Gelegenheit, ihre Anfichten frei von jeder Be Leidenschaft und streng fachlich darzulegen; außerdem verzeichnet fie die politischen Ereignifje in überfichtlicher Weije = Allgemeines Intereffe erregen die in diejer Zeitjchrift, zum Veröffentlichung gelangenden Memoiren hervorragender Diter- reicher. Bisher ift diefer Zweig gejchichtlicher Darjtellung in Dfterr reich nur im bejcheidenem Mape gepflegt worden und it es ge E: lungen, auf diefem Gebiete neue Quellen zu erjchließen. EN ‚von befonderer Wichtigkeit ift die Chromif der „Dfter- r EN. verchiichen Rumdjchau*. In diefem Abfchnitte wird jeder Zweig Bi der geijtigen und materiellen Kultur und die einjchlägige Literatur 5 in periodisch erjcheinenden Artikeln von hervorragenden Fade Be mönnern bejprochen umd ein getreues Bild des geiftigen und Ba wirtjchaftlichen Fortfchrittes geboten. B% Ku) Die „Ofterreichifche Nundichau“ erjcheint jeden Donnerstag B und foftet vierteljährlich in Dfterreich - Ungarn Kronen 6.—, n Bi Deutjchland Marf 6.—, in allen übrigen Ländern Mark 7,50. ; Einzelne Hefte 70 Heller oder 60 Pfennige. } Br Hu beziehen durch alle Buchhandlungen oder direkt vom. ir Ih Q "a Verlag Carl Konegen, Wien, T, Opernring 3. RE New York Botanical Garden Library QK81 .V52 Vierhapper, Friedri/Bau u UT => 2468