HARVARD UNIVERSITY. 17B RAY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOOLOGY. \SaAUS e N, - a, NIpR, BEITRÄGE CHEMISCHEN PHYSIOLOGIE UND PATHOLOGIE ELFTER BAND BEITRÄGE ZUR CHEMISCHEN PHYSIOLOGIE UND PATHOLOGIE Te ZEITSCHRIFT FÜR DIE GESAMTE BIOCHEMIE UNTER MITWIRKUNG VON FACHGENOSSEN HERAUSGEGEBEN VOoN en, el FESSOR DER PHYSIOLOGISCHEN CHEMIE AN DER UNIVERSITÄT STRASSBURG ELFTER BAND BRAUNSCHWEIG DRUCK UND VERLAG VON FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN 19083 Alle Rechte, namentlich dasjenige der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. 1. II. 1a VE vn. INHALT DES ELFTEN BANDES. A. Abhandlungen. . Über die Polypeptidphosphorsäure (Paranucleinsäure) des Caseins. Von Dr. med. Alfred Reh, Kinderarzt in Straßburg. Ausgeführt mit Unterstützung der wissenschaftlichen Gesellschaft zu Straß- burg. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) Über das Verhalten des Glykosamins und seines nächsten Um- wandlungsproduktes im Tierkörper. Von Dr. K. Stolte, Assi- stenten am physiologisch-chemischen Institut. (Aus dem physio- logisch-chemischen Institut zu Straßburg.) . .. .» . 22... Zur Kenntnis der Neutralsalzwirkungen. Von Rudolf Höber. (Aus dem physiologischen Institut der Universität Zürich.) . . . Über das spektroskopische und chemische Verhalten des Pigment- sekretes von Aplysia punctata. Von Dr. Raffaele Paladino, Assistenten des physiologisch-chemischen Instituts. (Aus der chemischen Abteilung der zoologischen Station und dem physio- logisch-chemischen Institut der Universität zu Neapel.). .. . . . Über die enzymatische Wirksamkeit des nicht mehr in den Darm sezernierenden Pankreas. Von Dr. Ugo Lombroso, Assistent. (Aus dem physiologischen Institut der Königlichen Universität Ela Direktorbrot. Br Imerami)e ne en nn. Über die Einwirkung chemischer Substanzen auf die Zueker- ausscheidung und die Acidose. Zweite Mitteilung. Von Julius Baer und L&on Blum. (Aus der medizinischen Klinik zu Straßburg [Geh. Med.-Rat Prof. Moritz].)... .. ........ Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. Von Privatdozent Dr. Wilhelm Wiechowski, Assistenten am Institute. Ausgeführt mit Unterstützung der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böh- men. (Aus dem pharmakologischen Institut der deutschen ÜUmvensitat Prag.) 0 .c.na.e:: ENTER TER ER SE RN Seite 65 101 VI VII. IX. XI. XL. XI. RIVE XV. XVl. xVv1. XVII. Inhalt des elften Bandes. Über den Nachweis der Glyoxylsäure und ihr Vorkommen im Mensehenharn. Von Dr. E. Granström (St. Petersburg). (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) . . . . Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Erste Mitteilung. Das Verhalten der normalen d-l-«-Amino- Seite 132 säuren der Fettreihe im Organismus des Hundes. VonE. Fried- mann. (Aus dem physiologisch -chemischen Institut zu Straß- | One) Pa a Er u ann 5 5 . Zur Kenntnis des Abhbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Zweite Mitteilung. - Das Verhalten der normalen methylierten d-lI-«-Aminosäuren im Organismus des Hundes. Von E. Fried- mann. (Aus dem physiologisch -chemischen Institut zu Strab- büre:) 3 2 ee ee ale ea) Sr Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Dritte Mitteilung. Das Verhalten der verzweigten, methylierten d-I-a-Aminosäuren der Fettreihe im Organismus des Hundes. Von E. Friedmann. (Aus dem physiologisch - chemischen Institut zu/Strabburgs)R men un a ee Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Vierte Mitteilung. Das Verhalten der normalen dimethylierten d-l-«-Aminosäuren im Tierkörper. Von E. Friedmann. (Aus dem physiologisch-chemisehen Institut zu Straßburg.) . Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Fünfte Mitteilung. Über eine Synthese der Acetessigsäure bei der Leberdurehblutung. Von E. Friedmann. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) . .. . . . Über die fermentative Veränderung der Glyoxylsäure durch Organbrei. Von Dr. E. Granström (St. Petersburg). (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) . . . . Zur Kenntnis des Eiweiß- und Mineralstoffwechsels pankreas- diabetischer Hunde. Von Privatdozent Dr. W. Falta (Wien) und Dr. James Lyman Whitney (Branford, Conn. U.S. A.). (Aus der ersten medizinischen Universitätsklinik in Wien. Vorstand: Prof.C. vom Noorden.).re ur, a Zur Kenntnis der Eiweißbpeptone. Dritte Mitteilung. Von Dr. F. Rogozinski (Krakau). (Aus dem physiologisch-ehemischen Institut zu Strahbune,), Sa ea en Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. Vierte Mitteilung. Von Dr. F. Rogozinski (Krakau). (Aus dem physiologisch-ehemischen Institib Zu Straß Bine) ee Bei Zur Kenntnis der Giftsubstanzen des artfremden Blutes. Von Dr. G. Lefmann, wissenschaftlichem Assistenten der medizin. Universitäts-Poliklinik. Mit einer Kurve im Text. (Aus dem pharmakologischen Institut zu Heidelberg. Prof. R. Gottlieb.) 151 158 177 194 202 214 224 229 241 255 XIX. xXX. XXI. XXI. XXI. XXIV. XV. xXXVI. XXVıL. XXVII. XXX. Inhalt des elften Bandes. Zur Kenntnis des Lysinogens der Blutscheiben. Von Dr. Kenji Takaki (Tokio, Japan). (Aus dem physiologisch - chemischen Inka an StraNbüre.) Sana re ee Über Tetanusgift bindende Bestandteile des Gehirns. Von Dr. Kenji Takaki (Tokio, Japan). (Aus dem physiologisch- ehemischen Institut zu Straßburg.) . .....: 22... R Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Sechste Mitteilung. Zur Theorie der Homogentisinsäurebildung. Von E. Friedmann. (Aus dem physiologisch - chemischen nstihnb zu. StraBbure re ee ee ana, ale Über das Glykokoll des normalen Harns. Von Dr. Gustav Embden und Dr. Alfred Marx, derzeit Assistenzarzt am städtischen Krankenhause zu Karlsruhe. (Aus der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses [damaliger Oberarzt: Prof. €. v. Noorden] und aus dem chemisch -physiologischen Institut der städtischen Krankenanstalten zu Frankfurt a. M.) Über Acetonbildung in der Leber. Dritte Mitteilung. Von Dr. Gustav Embden undDr. Alfred Marx, derzeit Assistent am städtischen Krankenhaus zu Karlsruhe. (Aus der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a. M. Damaliger Oberarzt: Prof. C. v. Noorden.). ....... = Über Acetessigsäurebildung in der Leber. Von Dr. Gustav EmbdenundHans Engel. (Aus dem chemisch-physiologischen Institut der städtischen Krankenanstalten zu Frankfurt a. M.) Über die Acetessigsäurebildung in der Leber des diabetischen Hundes. Von Gustav Embden und Leone Lattes (Turin). (Aus dem chemisch - physiologischen Institut der städtischen Krankenanstalten zu Frankfurt. 3. MY 35 2. 2 2.52. 8% Über den Abbau der Acetessigsäure im Tierkörper. Erste Mitteilung. Von Gustav Embdenund Louis Michaud. (Aus dem chemisch-physiologischen Institut der städtischen Kranken- Anstalten" zur Kranlkfurkeas MT ar: Über das Verhalten der optisch-isomeren Leucine in der Leber. Von Gustav Embden. (Aus dem chemisch -physiologischen Institut der städtischen Krankenanstalten zu Frankfurt a. M.) Über den Mechanismus der Saponinhämolyse. Von Kurt Meyer. (Aus dem Institut für Hygiene und Bakteriologie der Universität Straßburg.) .). nr a u. Si an AN RE Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Siebente Mitteilung. Über die Bildung von Acetessigsäure aus Isovaleriansäure bei der Leberdurchblutung. VonE.Fried- mann. (Aus der ersten ‘medizinischen Universitätsklinik zu NIE TE a a een are es air vu Seite 274 288 304 308 318 323 327 332 348 357 365 VII XXX. XXXI. XXX. XXXIl. XXXIV. XXXV. XXXVl XXXVL, Inhalt des elften Bandes. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Achte Mitteilung. Über das Verhalten der «, $-ungesättigten Säuren bei der Leberdurchblutung. Von E. Friedmann. (Aus der ersten medizinischen Universitätsklinik zu Berlin.) . Eine neue Synthese des Isoleuein. Von W. Brasch und E. Friedmann. (Aus der ersten medizinischen Universitäts- klinslezu Berlin.) . 1.2.27. 2 De Quantitative Untersuchungen über den Reststickstoff des Blutes. Von Dr. Hermann Hohlweg (Gießen) und Dr. Hans Meyer (Basel). (Aus dem physiologisch - chemischen Institut zu Straß- BUT) net en een all Se en Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. Siebente Mitteilung. Salzionenverbindungen mit amphoterem Eiweiß. Von Wolfgang Pauli und stud. med. Hans Handovsky. Ausgeführt mit Unterstützung der Gesell- schaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Lite- ratur in Böhmen. (Aus der biologischen Versuchsanstalt in Wien, physikal-"ehem, Abteilume)n ..... u... er Darstellung und Eigenschaften des proteolytischen Leukocyten- fermentes. Von Dr. med. G.Joehmann und Dr. phil. G. Locke- mann. (Aus. dem königl. Institut für Infektionskrankheiten [Direktor: Geh. Obermedizinalrat Prof. Dr. Gaffky] und der Infektionsabteilung des Rud. Virchow - Krankenhauses [dirig. Arzt Privardozenv Dr Jochmanm])) 2 2 Über den osmotischen Druck des Nierenparenehyms. Zugleich ein Beitrag zur Frage der Funktion des Nierenmarkes. Von Dr. Waichi Hirokawa (Tokio). (Ausgeführt unter Leitung des a. ö. Prof. Dr. Otto v. Fürth im physiologischen Institut der: Wiener Universität.) -. 220002 on au a ae Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Kolloiden. Von B. H. Buxton und Alfred H. Rahe. (Department of Experimental Pathology, Loomis Laboratery, Cornell Medical College; New Mork)ı 2,02 me 5 0 N Der chemische Nachweis der degenerativen Nervenkrankheiten. “Bildung von Alkylaminen. Von Koloman Bauer, Landes- chemiker. (Aus dem Laboratorium der chemischen Landes- anstalt mn) Budapest)... “nt. By ke ae MER e oare, B. Kürzere Mitteilungen. . Über den giftigen Bestandteil des Harns bei Eklampsie. Von Dr. M. Savare (Florenz). (Aus der gynäkologisch - geburts- hilflichen Klinik in Florenz [Direktor: Prof. G. Resinelli].). . Über das Nucleoproteid der Placenta. Von Dr. M. Savare (Florenz). (Aus dem physiologisch - chemischen Institut zu SEE BaDRT BR) We nen an N IT RE f Seite 371 376 381 415 449 458 479 502 71 Inhalt des elften Bandes. 3. Zur Charakteristik der Guanylsäure. Von Ivar Bang (Lund). 10. 11. 12. . Über das Urochrom. Von Dr. chem. Ottorino Bocchi. (Aus dem Institut für Pathologie zu Parma.). . .. 2. ....... . Über den Einfluß des o-Tyrosins auf die Homogentisinsäure- ausscheidung beim Alkaptonuriker. Von L. Blum. (Aus der medizinischen Klinik zu Strahburse) 2 en. . Über das Verhältnis von dysoxydablem Kohlenstoff zu dysoxy- dablem Stickstoff bei verschiedener Ernährung. Von K. Spiro. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) . Über die chemische Stellung der Pankreasnucleinsäure (Guanyl- säure). Zweite Mitteilung. Von Dr. Otto von Fürth, a. ö. Professor für medizinische Chemie an der Wiener Universität, undscand. med Brnst Jerusalem... 2 can ar. 2 . Eine Farbenreaktion des Histidins.. Von Franz Knoop. (Aus der medizinischen Abteilung des chemischen Laboratoriums deraUniversität, Kreibure 1. Br.) 2... 00... . Einige Bemerkungen zu der Mitteilung von Friedmann „Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper“. Von H. D. Dakin. (Aus dem Laboratorium des Herrn Dr. C. A. een pP NEWANOrK Na ee ae lee Notiz über die «-Chlor-$-Imidazolylpropionsäure. Von A.Win- daus und W. Vogt. (Aus der medizinischen Abteilung des chemischen Laboratoriums der Universität Freiburg i. Br.). Zur Frage der Schwefelwasserstoffbildung aus Eiweiß und Schwefel. Von Dr. med. Herm. Hildebrandt, Privatdozent an der Universität Hallea.S. (Aus dem oe chen Institut ZUWEIA] EHas SSR Sr le NE EB ee er Zur Oxydation von Fettsäuren. Von Franz Knoop. .... IX Seite 76 79 143 144 146 356 404 406 409 Beiträge Be; ;; Re ER Bet Chemischen Physiologie _ und Pathologie Zeitschrift für die gesamte Biochemie Ser > Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben | Franz Hofmeister | DER Professor der physiologischen Chemie an der Universität Straßburg XI. Band 1. und 2. Heft (Ausgegeben Dezember 1907) "Braunschweig nn. Druck und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn | | | Ban. AR Inhalt des 1. und 2. Heftes. Seite I. Alfred Reh. Über die Polypeptidphosphorsäure (Paranucleinsäure) des Caseins. Ausgeführt mit Unterstützung der wissenschaftlichen Gesellschaft zu Straßburg. (Aus dem physiologisch - chemischen Mnstıtut im Stsabburgin, En)... Ne een ee ee 1 II. K. Stolte. Über das Verhalten des Glykosamins und seines nächsten Umwandlungsproduktes im Tierkörper. (Aus dem physiologisch- chemischen Institut zu Strabburg i. E) . : » » 2». 222.00. 18) III. Rudolf Höber. Zur Kenntnis der Neutralsalzwirkungen. (Aus dem physiologischen Institut der Unwersität Zürich) ...... 35 IV. Raffaele Paladino. Über das spektroskopische und chemische Ver- halten des Pigmentsekretes von Aplysia punctata. (Aus der chemischen Abteilung der zoologischen Station und dem physiologisch-chemischen Institut der Universität zw Neapel). » N... one 65 Kürzere Mitteilungen. 1. M. Savard. Über den giftigen Bestandteil des Harns bei Eklampsie. /Aus der gynäkologisch - geburtshilflichen Klinik vn lorenz.(Dinelstor-MR1:002 16. resineliü)] nr 71 3. M. Savar&. Über das Nucleoproteid der Placenta. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strahburgi. E.)....... 73 3. Ivar Bang. Zur Charakteristik der Guanylsäure. ...... 76 4. Ottorino Bocchi. Über das Urochrom. (Aus dem Institut für Pathologieszu, Batman) sms warı 'e Sehe Selle A RSREN race ne Veh Re 79 Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erschei- nen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von etwa 30 Druck- bogen zum Preise von M. 15, — bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maßgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre erscheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Manuskriptsendungen sind an den Herausgeber, Straßburg i. E., Wimpfelingstraße 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlichkeit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung maß- gebend sein. Polemische Ausführungen, welche den Rahmen einer tatsächlichen Richtigstellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mitteilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein beson- ders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40,— für den Druck- bogen und 50 Sonderabzüge. I. - Über die Polypeptidphosphorsäure (Paranucleinsäure) des Caseins. Von Dr. med. Alfred Reh, Kinderarzt in Straßburg. (Aus dem physiologisch : chemischen Institut in Straßburg i. E.) (Ausgeführt mit Unterstützung der wissenschaftl. Gesellschaft zu Straßburg.) 1. Das Casein der Milch gehört den phosphorhaltigen Eiweiß- stoffen, und zwar der kleinen, aber überaus wichtigen Gruppe an, die durch den Mangel von Nucleinbasen ausgezeichnet ist. Es ist ein bemerkenswertes Zusammentreffen, daß die meisten von den dieser Gruppe — „den Phosphorproteiden einschließlich der Phos- phorglykoproteide* — angehörigen Eiweißkörpern, die Caseine der Milch, die Vitelline der Vogeleier, die Ichthuline der Fischeier, der Ernährung des ganz jungen, in lebhaftestem Wachstum befind- lichen Organismus dienen. Nun ist der Bedarf des jungen Orga- nismus an phosphorhaltigen Verbindungen einerseits wegen der in diesem Stadium vor sich gehenden Knochenbildung, andererseits wegen der lebhaften Zellproliferation, die ja eine entsprechende Neubildung der phosphorhaltigen Nucleinstoffe voraussetzt, beson- ders groß. Es liegt daher die Vermutung überaus nahe, daß der Phosphor in den Phosphorproteiden in einer für Knochenbildung und Gewebsansatz besonders geeigneten Form vorliegt. Die Auf- klärung dieser Bindungsweise erscheint sonach als ein theoretisch und praktisch gleich wichtiges Problem. Da das in der Milch aufgenommene Casein, ehe es im Körper zur Verwendung kommt, der Verdauung unterliegt, so liegt die Notwendigkeit vor, zunächst das Schicksal des betreffenden phos- phorhaltigen Komplexes während der Verdauung — und zwar zu- nächst der Pepsinverdauung — zu untersuchen. Beitr. z. chem. Physiologie. XT. 1 2 Alfred Reh, Salkowski!) gebührt das große Verdienst, die Aufklärung dieser Frage angebahnt zu haben. Er beseitigte das seit Ljubavins Untersuchungen eingebürgerte Vorurteil, daß der Phosphor des Caseins bei der Magenverdauung nahezu ganz in einem unlöslichen und für weitere Verdauung schwer angreifbaren Produkt (dem Dyspepton Meissners, dem Paranuclein späterer Autoren) zurück- bleibt, indem er nachwies, daß unter günstigen Verdauungsbedin- gungen der größte Teil des Caseinphosphors in organischer Form in Lösung geht und erklärte die abweichenden Resultate anderer Autoren durch die Wahl ungeeigneter Versuchsbedingungen und namentlich durch die Verwendung ungenügender Pepsinmengen. Daß die löslichen Verdauungsprodukte auch Phosphor enthalten, wurde auch von v. Moraczewski?), Krehl und Matthes), und Alexander*) beobachte. Alexander fand überdies, daß die zweite Ammonsulfatfraktion (obere Fällungsgrenze bei 72 Proz. Sättigung), die er als Deuteroalbumose A bezeichnet, einen auf- fällig hohen Phosphorgehalt aufwies. Ebenso konnte Alexander auch die Angabe Salkowskis bestätigen, daß eine Ausscheidung von „Paranuclein* überhaupt nicht zu erfolgen braucht. Salkowski wandte sich dann weiter der Untersuchung des phosphorhaltigen Verdauungsproduktes zu. Er konnte zunächst zeigen, daß der gesamte in der Verdauungslösung gelöste Phosphor organisch gebunden ist. Auf die hohe physiologische Bedeutung dieses Befundes weist er mit folgenden Worten hin: „Solange man annimmt, daß der Phosphor des Caseins bei der Verdauung als Paranuclein unlöslich abgespalten wird, ist nicht wohl einzusehen, zu welchem Zwecke das Casein phosphorhaltig ist — es müßte denn das Nuclein im Darmkanal gespalten werden. Entstehen da- gegen lösliche phosphorhaltige Verdauungsprodukte, so läßt sich wohl denken, daß dieselben bestimmte Funktionen haben, welcher Art sie auch sein mögen, sei es, daß sie ihre Wirkung im Darm- kanal entfalten, sei es, daß sie, in die Blutbahn übergehend, in irgend einer Beziehung zur Zellenbildung im allgemeinen oder zur Knochenbildung stehen oder sonstige Allgemeinwirkung ausüben.“ Die letzte einschlägige Arbeit Salkowskis: „Über die Para- nucleinsäure aus Casein“5) brachte einen wichtigen Fortschritt. Y) Zentralbl. f. A med. Wiss. 1893, Nr. 23 u. 28; Zeitschr. f. physiol. Chem. 27, 297, Salkowski und Hahn, Panedes Arch 59, 225; ebenda 63, 401. >) Deitsehr. f. physiol. Chem. 20, 28. ®) Arch. f. experim. Pathol. u. Pharm. 36, 439. *) Zeitschr. f. physiol. Chem. 25, 411. ) Ebenda 32, 245. Über die Polypeptidphosphorsäure (Paranucleinsäure) des Caseins. 3 Es gelang ihm, aus der Verdauungslösung des Caseins ein phos- phorreiches Verdauungsprodukt, zunächst als Eisenverbindung, dann in freiem Zustande zu isolieren und zur Analyse zu bringen. Nach seiner Beobachtung bleibt eine aus dem Casein durch zwei- bis dreitägige Verdauung erhaltene genau neutrale Lösung bei Zusatz einer nicht zu konzentrierten Lösung von Eisenammoniakalaun un- verändert oder zeigt nur eine geringe Trübung; erhitzt man aber dann zum Sieden oder einige Zeit auf dem Wasserbade, so scheidet sich ein phosphorhaltiger Eisenniederschlag aus. Bei Einhaltung bestimmter Versuchsbedingungen gelang es, den organischen Phos- phor bis auf bedeutungslose Reste auszufällen. Der abfiltrierte, ausgewaschene und getrocknete Eisennieder- schlag, der allerdings nicht ganz von Schwefelsäure befreit werden konnte, ‚gab bei der Analyse folgende Werte: C 31,90 Proz., HAAS Bror, N 972 Proz, P 255 Proz, Ee 21,37 Proz: Aus der Eisenverbindung isolierte dann Salkowski den phos- phorhaltigen Komplex, die „Paranucleinsäure“, in der Weise, daß er den feuchten Eisenniederschlag mit Wasser in der Reibschale zu einer ganz gleichmäßigen Suspension verrieb, bei Zimmertempe- ratur mit Halbnormallauge bis zur vollständigen Lösung durch- rührte, bis zur Umsetzung erhitzte und nun möglichst schnell in einen Filtrierkolben, welcher etwa drei Viertel der zur Sättigung der Natronlauge erforderlichen Quantität Essigsäure enthielt, filtrierte. Das sauer reagierende Filtrat fällte er nunmehr mit Kupferacetat, zersetzte mit Schwefelwasserstoff, dampfte das Filtrat ein und fällte schließlich mit dem mehrfachen Volumen absoluten Alkohols. ‘ Die erhaltene Paranucleinsäure zeigte, wie nach der oben er- wähnten Beobachtung Alexanders zu erwarten war, Biuretreaktion und war durch Ammonsulfat fällbar, wäre somit dem gewöhnlichen Sprachgebrauch nach den Albumosen zuzuzählen. Da sie aber keine Reaktion nach Adamkiewicz gab, ist anzunehmen, daß es - sich um ein bereits vom Casein weiter abstehendes Abbauprodukt handelte. Die Zusammensetzung ergab sich nach dem Trocknen Demi #0 Dis 115% im, Mittel zu: C 42,73 Proz, H 7.03 Broz., N 13,40 Proz., P 4,18 Proz. Der in der Verbindung enthaltene Phosphor konnte sehr leicht abgespalten werden. Es genügte, die lproz. Lösung mit dem glei- . chen Volumen kalt gesättigten Barytwassers zum Sieden zu erhitzen, um die Ausscheidung eines phosphorhaltigen Niederschlages zu er- halten. Durch halbstündiges Erhitzen mit Natronlauge von 1,54 D. auf dem Wasserbade wurde Orthophosphorsäure abgespalten. 1* 4 Alfred Reh, 2. Darstellung der Uranylverbindung der Polypeptid- phosphorsäure. Die von Salkowski benutzte Methode zur Darstellung der Paranucleinsäure läßt die Möglichkeit offen, daß das erhaltene Pro- dukt noch Albumosen beigemengt enthält. Wenigstens führt die Bildung eines Eisenniederschlages in einer Eiweißalbumosenlösung, nach im hiesigen Laboratorium gemachten Erfahrungen namentlich beim Erhitzen, sehr leicht zu einer Mitausfällung von Albumosen, deren nachträgliche Abtrennung auf Schwierigkeiten stößt. In der Tat gelang es, bei Anwendung eines anderen Fällungsmittels, des Uranylacetats, und entsprechender Reinigung durch Umfällung zu Produkten mit erheblich höherem Phosphorgehalt zu gelangen. l. Versuchsanordnung. Bezüglich der Versuchsanordnung kann ich mich kurz fassen, da ich im Ansetzen des Verdauungs- versuches im großen und ganzen den Angaben Salkowskis ge- folgt bin, mit der Ausnahme, daß ich ein anderes Pepsin an- gewandt habe. Ich gebrauchte ausschließlich das Pepsinum anglicum von Parke, Davis u. Co. Das Präparat ist entweder in Pulverform oder in kleinen Lamellen käuflich, in Wasser löslich und milchzuckerfrei. 302 Caseinum technicum wurden mit 1 Liter 0,2 proz. Salzsäure, in der vorher 2,5. Pepsin gelöst waren, mehrere Stunden in der Schüttel- maschine geschüttelt. Das aus dieser Emulsion durch Filtration ganz klar gewonnene Filtrat wurde mit 0,2 proz. Salzsäure auf 2 Liter aufgefüllt und bei 40° der Verdauung überlassen. Nach zwei Tagen wurde die Verdauung abgebrochen. Die Lösung war ganz klar und nur schwach gelb gefärbt. Wie bereits erwähnt, habe ich bei meinen Verdauungsversuchen nie auch nur eine Trübung von Paranuclein zu sehen bekommen. In mehreren Versuchen ließ ich drei Wochen verdauen, in wenigen einige Monate; auch da trat niemals Trübung oder gar Bildung eines Niederschlages ein. 2. Das Auftreten der Orthophosphorsäure. Nie fand sich nach zwei- bis dreitägiger Verdauung Phosphorsäure. Wie schon Salkowski bemerkt, ist es manchmal recht schwierig, sicheres über An- oder Abwesenheit von abgespaltener Phosphorsäure in der Verdauungslösung auszusagen. Mit Ammonmolybdatlösung erhält man regelmäßig in der mit Salpeter- säure angesäuerten Flüssigkeit eine gelbgrüne Trübung, die sich bei längerem Stehen und beim Kochen zu einem Niederschlag verdichtet, der aber in keiner Weise dem Ammonmolybdänphosphat gleicht. Mit Ammoniak und Baryumchlorid bleibt die Probe meist klar. Eine geringe Trübung, die aber selbst bei stundenlangem Stehen nicht zur Bildung eines Niederschlages führte, sah ich nicht für beweisend an. In einem einzigen Versuch mit lange dauernder (dreiwöchentlicher Verdauung war die Über die Polypeptidphosphorsäure (Paranucleinsäure) des Caseins. 5 entstandene Trübung nicht eindeutig, so daß ich die gesamte Flüssigkeit vor weiterer Verarbeitung mit ammonikalischer Chlorbaryumlösung ausfällte, um etwa abgespaltene Phosphorsäure zu entfernen. Übrigens ist durch Untersuchungen von Plimmer und Bayliss') nachgewiesen, daß die Abspaltung der Phosphorsäure aus dem Casein durch Pepsinsalzsäure äußerst langsam erfolgt. Selbst nach 149 tägiger Verdauung war nur eine minimale Menge von freier Phosphorsäure nachweisbar. 3. Darstellung und Reinigung der Uranverbindung. Nachdem die Verdauungslösung 48 Stunden bei 40° im Brutofen gestanden hatte, wurde sie neutralisiert und auf etwa die Hälfte eingedampft. Von dem entstandenen geringen flockigen Nieder- schlage wurde abfiltriert, das Filtrat auf freie Phosphorsäure unter- sucht. Gewöhnlich fiel, wie erwähnt, die Phosphorreaktion negativ aus, und die Lösung konnte gleich weiter verarbeitet werden. Die neutrale Lösung wurde mit Essigsäure stark angesäuert und mit einer konzentrierten Lösung von Uranylacetat so lange versetzt, bis kein Niederschlag mehr entstand. Wenn der Niederschlag sich gut abgesetzt hatte, wurde abfiltriert. Das Filtrat gab in wieder- holten Fällen, wo darauf untersucht wurde, nach Eindampfen zur Trockne und Schmelzen mit Soda-Salpetermischung keine Spur von Reaktion mit Ammonmolybdatlösung, während der ebenso be- handelte Niederschlag starke Phosphorreaktion gab. Es war somit der gesamte Phosphor in den Uranniederschlag übergegangen. Zur Reinigung wurde der weiße gelatinöse Niederschlag in verdünnter Salzsäure (10 proz.) aufgelöst, die Flüssigkeit filtriert, mit Uranyl- acetatlösung versetzt und mit Natronlauge bis zur beginnenden Trübung abgestumpft. Nun wurde konzentrierte Natriumacetat- lösung zugegeben, bis nichts mehr ausfiel. Der Niederschlag wurde abfiltriert, wieder in lO proz. Salzsäure gelöst und die Prozedur so oft wiederholt, bis das Filtrat nach dem Natriumacetatzusatz keine Biuretreaktion mehr gab. Es darf dabei der Zusatz von etwas Uranylacetatlösung zu der salz- sauren Lösung des Uranniederschlages vor dem Abstumpfen mit Natronlauge und Natriumacetatlösung nicht vergessen werden, da sonst von dem Uran- niederschlag, der selbst die Biuretreaktion gibt, etwas in Lösung bleibt und so selbst Biuretreaktion im Filtrat bedingen kann. Bei kleineren Mengen genügt ein dreimaliges Umfällen, bei größeren kommt man damit nicht aus. Es empfiehlt sich, den zuletzt gewonnenen Niederschlag, dessen Filtrat biuretfrei ist, mit einer Nutsche auf einem gehärteten Filter abzusaugen, damit man die anhaftenden letzten Reste von Uranylacetat und Natrium- acetat durch Auswaschen entfernen kann. Das Waschwasser prüft man auf die Anwesenheit von Uran am besten mit Salzsäure und Ferrocyan- ') Journal of Physiology 33, 439 (1905—1906). N 6 Alfred Reh, kalium. Der sorgfältig ausgewaschene Niederschlag wird auf Tonplatten gestrichen. Die trockenen braunen Brocken geben fein pulverisiert ein leicht gelb gefärbtes Pulver. 4. Einfluß der Verdauungsdauer. Um zu sehen, ob die Dauer der Verdauung auf die Zusammensetzung der Uranverbin- dung Einfluß hat, wurde der Urankörper aus der Verdauungslösung in einem Versuche erst nach achttägiger, in einem weiteren erst nach dreiwöchentlicher Verdauungszeit dargestellt. In letzterem Falle gab die neutral eingedampfte und vom auskoagulierten Eiweiß befreite Lösung mit Ammoniak und Baryumchlorid eine nicht ein- deutige Trübung. Um daher ganz sicher zu gehen, versetzte ich sie mit Ammoniak und Baryumchlorid, filtrierte nach einigen Stunden von dem entstandenen Niederschlag ab und fällte in der nun keine freie Phosphorsäure mehr enthaltenden Lösung in der üblichen Weise mit Uranylacetat. Das so gewonnene Produkt zeigte in seinem Phosphor- und Stickstoffgehalt keine Abweichung von dem bei achttägiger und dem bei zweitägiger Verdauung erhaltenen. 3. Eigenschaften und Zusammensetzung der Uranylverbindung. Die Uranverbindung ist in Salzsäure leicht löslich. Die Lösung gibt schöne Biuretreaktion. Phosphorwolframsäure erzeugt darin starken Niederschlag. Die Millonsche und Xanthoproteinreaktion sind positivv. Molischs Probe und Tryptophanreaktion sind negativ. Die Substanz ist schwefelfrei. Kocht man mit Baryt- wasser eine halbe Stunde lang, so entsteht ein voluminöser flockiger Niederschlag, der den gesamten Phosphor enthält. Das Filtrat ist phosphor- und biuretfrei, aber fällbar durch Phosphor- wolframsäure. Die Phosphorbestimmungen wurden nach Neumanns!) alkali- metrischer Methode ausgeführt. Die Methode hat sich mir bei den zahlreichen Bestimmungen vorzüglich bewährt. Nur das Dekan- tieren des Ammoniumphosphormolybdats fand ich unbequem und zeitraubend und habe es, angeregt durch eine Angabe von Plimmer und Bayliss?), auf einfache Weise umgangen. Gewöhnlich verfuhr ich so, daß ich zu der in einem Rundkolben mit langem Halse befindlichen Substanz etwa Scem des Säuregemisches hinzu- fügte und nun auf einem Baboblech zuerst mit kleiner, dann mit stärkerer Flamme erhitzte. Ein weiteres Zutröpfelnlassen von Säuregemisch war nie !) Zeitschr. f. physiol. Chem. 37, 115. 2), A. a, 0. Über die Polypeptidphosphorsäure (Paranucleinsäure) des Caseins. 7 nötig. In fünf bis zehn Minuten war die Veraschung zu Ende und der Rückstand beim Erkalten wasserhell oder von Uran schwach gelb gefärbt. Die Weiterbehandlung geschah nach Neumann, nur mit dem Unterschied, daß ich den Molybdansäureniederschlag auf einen gewöhnlichen Goochtiegel mit Tonsiebehen und einer sorgfältig mit Säure und Alkali behandelten, dann mit Wasser bis zur neutralen Reaktion ausgewaschenen Asbestlage sammelte und an der Saugpumpe auswusch. In fünf Minuten war das Waschwasser neutral, so daß bei der Kürze der Einwirkung zum Auswaschen Wasser von Zimmertemperatur benutzt werden konnte. Nun wurde der Tiegel abgenommen und Niederschlag samt Asbest und Tonsieb durch Blasen von außen durch den durchsiebten Boden in den schon gebrauchten Rund- kolben hineingeblasen. Um dies zu ermöglichen, war es zweckmäßig, von vornherein einen Rundkolben mit so weitem Hals zu wählen, daß der Tiegel mit seiner oberen breiteren Hälfte hineinpaßte. Die dem Tiegel noch an- haftenden letzten Reste des Niederschlages wurden mit n-NaOH in den Kolben nachgespült. Ich setzte zu diesem Zwecke dem Kolben einen Trichter auf, setzte den Tigel in den Trichter hinein und ließ durch Tiegel und Trichter langsam aus einer Bürette n„-NaOH (Neumann empfiehlt /,n-NaOH) in den Kolhen laufen, bis alles im Tiegel gelöst war. Nun wurde mit Wasser ordentlich nachgespült, Trichter mit Tiegel entfernt und direkt in den Kolben noch so viel n-NaOH aus der Bürette gegeben, bis auch im Kolben der ganze gelbe Niederschlag gelöst war; dazu kam dann noch der übliche Übersehuß von n-NaOH. Asbest und Tonsieb bleiben im Kolben bis zum Schlusse der Bestimmung, sie stören weder das Kochen, noch die Titra- tion. Auf diese Weise konnte ich zwei Bestimmungen in etwa einer Stunde ausführen. Überdies wurde stets der Glührückstand bestimmt, und zwar in der Art, daß die Substanz, um Reduktion zu vermeiden, wieder- holt mit Salpetersäure befeuchtet wurde. Es war zu erwarten, daß der Niederschlag wesentlich aus Uranylpyrophosphat bestehen würde. Wie sich herausstellte, enthielt der Niederschlag konstant Phosphor und Uran in äquimolekularem Verhältnis. In zwei besonderen Versuchen wurde der Glührückstand ge- wogen, dann in Salpetersäure gelöst und das Uran nun nach Zusatz von Natriumphosphat aus essigsaurer, mit Natriumacetat versetzter Lösung gefällt, ausgewaschen und geglüht. Wäre nicht an Phosphor- säure gebundenes Uran vorhanden gewesen, so hätte durch weitere Bildung von Uranylpyrophosphat eine Gewichtsvermehrung eintreten müssen. Das war aber nicht der Fall. 0,348 g& Substanz lieferten beim Glühen 0,1720g Rückstand; dieser gab, in obiger Weise behandelt, beim zweiten Glühen 0,1710 g Uranylpyrophosphat. 0,3000 8 Substanz gaben beim ersten Glühen 0,1490 9, nach Vornahme obiger Behandlung beim zweiten Glühen 0,1488g Rückstand. 0,2216 & Substanz gaben, ebenso behandelt, beim ersten Glühen 0,1090, beim zweiten 0,1095 g Rückstand. 8 Alfred Reh, Der Glührückstand besteht sonach aus Uranylpyrophosphat, und sein Gewicht kann daher gleichzeitig zur Berechnung des Phosphors und Urans dienen, wie dies in unten folgender Tabelle durch- geführt ist. Die C- und H-Bestimmungen wurden durch Verbrennen mit Blei- chromat, die N-Bestimmungen teils nach Dumas, teils nach Kjeldahl ausgeführt. Die nachfolgend mitgeteilten Analysen beziehen sich auf bei 110° bis zur Gewichtskonstanz getrocknete Substanz. Es kamen zahlreiche Präparate verschiedener Darstellung zur Analyse. 1. 0,2016 g gaben 0,1764 g 00, = 23,84 Proz. C und 0,0752g H,O —4,17 Proz. H. 2. 0,2019, „ 01773, „ =3% „ „ „ 0051, ,„ =416 „ „ 3. 0,1621, „ 0142, „ =2426 „ „ „ 005297, „ —=365 „ „ 4. 0,2003, „ 12,87 cem N bei 19,5°C und 766,1mm B —=7A5 5 °N (Dumas). 5. 0,8258 , erforderten 44,8cem '/,n-H,S0, = 7,59 Proz. N (Kjeldahl).- 6. 0,3474 „ 5 19,16 „ > = MINDER a 7. 0,1386 „ D) 7,48 „ 6) —=T6l „ „ n 8. 0,3290 „ s 19,300 SEES OT RAT ED 9. 0,2855 „ „ 11,62% " = 450 10. 0,1843 „ n Ge ” — SA WON 11. 0,1393 )) 52, ” —413 „ ” 12. 0,1619 „ n 6,0, " — 410, 5; 5 13. 0,2287 „ ” 93 „ ” —450 „ 14. 0,2312 , „ NSS: " = ,4,36 nu, 15. 0,2618, " 967, 5 — A002 16. 0,3160 „ » 118 „ Da —=413 „ » 17. 0,1395 „ n 32, e a ee R 18. 0,2042 gaben beim Glühen 0,1002 & Rückstand P,0,(U0,), —= 4,24 Proz. P und 32,79 Proz. U. 19. 0,2489 & gaben beim Glühen 0,1236g Rückstand P,0,(U0,), = 4,29 Proz. P und 33,18 Proz. U. 20. 0,2360 gaben beim Glühen 0,1133 g Rückstand P,0,(U0,), = 4,15 Proz. P und 32,08 Proz. U. 21. 0,1830g gaben beim Glühen 0,0950 g Rückstand P,0,(U0,), = 4,39 Proz. P und 33,96 Proz. U. 22. 0,2661 g gaben beim Glühen 0,1377 & Rückstand P,0,(U 0,), = 4,47 Proz. P und 34,58 Proz. U. 23. 0,2659g gaben beim Glühen 0,1371 g Rückstand P,0,(U0,), = 4,47 Proz. P und 34,53 Proz. U. 24. 0,2216g gaben beim Glühen 0,1090g Rückstand P,0,(U0,), = 4,25 Proz. P eh 32,87 Proz. U. 25. 0,3480 g gaben beim Glühen 0,1710g Rückstand P,0,(U0,), = 4,25 Proz. P und 32,84 Proz. U. 26. 0,3000g gaben beim Glühen 0,14889 Rückstand P,0,(U0,), = 4,29 Proz. P und 33,16 Proz. U. Über die Polypeptidphosphorsäure (Paranucleinsäure) des Caseins. 9 Zusammenstellung. P C H N bestimmt bestimmt U nach aus d. Glüh- Neumann | rückstande Proz. Proz. Proz. Proz. Proz. Proz. 23,84 4,17 7,45 4,47 4,24 32,79 23,95 4,16 7,99 4,50 4,29 33,18 24,26 3,65 7,70 4,02 4,15 32,08 — — 7,61 4,13 4,39 33,96 — — — 4,10 4,47 34,58 — — — 4,50 4,47 34,53 — — _ 4,36 4,25 32,37 — — — 4,06 4.25 32,84 — — —_ 4,13 4,29 33,16 ER: == _ 4,13 = == Mittel: 24,02 | 4,00 7,59 4,24 | 4,31 33,33 Im Mittel ergibt sich demnach folgende Zusammensetzung: C 24,02 Proz., H 4,00 Proz., N 7,59 Proz., P 4,27 Proz., U 33,33 Proz., O 26,81 Proz. Aus den vorstehenden Analysenzahlen geht hervor, daß die auf beschriebene Weise dargestellten Uranylpräparate sehr an- nähernd konstante Zusammensetzung aufweisen. Das Verhältnis der Phosphoratome zur Zahl der Uranatome ergibt sich bei Be- rechnung als 1:1,009, d.h. P und U sind in äquimolekularer Menge vorhanden. Die Zusammensetzung der Verbindung ist dem Uranylammoniumphosphat (UO,)(NH,)PO, zu vergleichen; nur ist das Ammonium durch einen Albumosenkomplex, der überdies wohl esterartig, nicht salzartig gebunden ist, ersetzt. So erscheint auch die Bildung von Uranylpyrophosphat beim Glühen ohne weiteres verständlich. Danach könnte es scheinen, daß eine relativ einfache Verbin- dung, eine gepaarte Orthophosphorsäure vorliegt. Die weitere Unter- suchung zeigte aber, daß die Verhältnisse leider nicht so einfach liegen. Schon der Versuch einer Formelberechnung führt zu einer Bruttoformel, die mindestens zwei Phosphoratome enthält. Ich führe sie umstehend an, ohne ihr einen anderen als orientieren- den Wert beizumessen. Noch deutlicher ergab sich aus der Hydrolyse, daß die vor- liegende Verbindung einen unerwartet komplizierten Bau hat. 10 Alfred Reh, Berechnet für C,H;,,N,P,U,0,, Gefunden RE Er a 24,14 Proz. 24,04 Proz. 15 OR Re ala 4,00 „ N a a DR N re 0 A: Te EN 33,25 „ 33,33 „ OL. 26,62 „ 26,81 „ 4. Hydrolyse der Uranylverbindung. Zunächst wurde behufs Orientierung die Verteilung des Stick- stoffs nach bekanntem Verfahren ermittelt. Es wurde auf 100N erhalten: 23,8 Amid-N, 18,7 Diamino-N, 56,7 Monamino-N, ein Resultat, das wegen der hohen Amidzahl, die ungefähr einem Viertel des Gesamtstickstoffs entspricht, bemerkenswert ist. Behufs Gewinnung des Materials für eine Hydrolyse in größerem Umfange wurden etwa 400 & der Uranylverbindung dargestellt. 3kg Casein technie. werden in der oben beschriebenen Weise mit 200 Liter Pepsinsalzsäure acht bis zehn Tage lang bei 37 bis 40° verdaut. Nach dieser Zeit wird die Verdauungslösung neutralisiert, mit wenig Essig- säure angesäuert und auf die Hälfte eingedampft. Nach Abfiltrieren von dem koagulierten Eiweiß wird mit Uranylacetat gefällt, der voluminöse Niederschlag zur Reinigung in Salzsäure gelöst und mit Natronlauge und Natriumacetat wieder ausgefällt. Nachdem diese Prozedur noch fünfmal wiederholt worden ist, gibt das letzte Filtrat des Uranniederschlages keine Biuretreaktion mehr. Es werden so 450g trockener Substanz gewonnen. Davon werden 380g in 2 Liter 25 proz. Schwefelsäure aufgelöst und in zwei Kolben sechs Stunden lang gekocht. Die Zersetzungsflüssig- keit ist dunkel gefärbt und scheidet beim Verdünnen schwarze Flocken ab. Diese werden abfiltriert und getrocknet. Sie wiegen 1,68 mit einem Stickstoffgehalt von 0,051g. Die Zersetzungsflüssigkeit gibt schwache Millonsche Reaktion, keine Reaktion nach Molisch, keine Biuretprobe, keine Fällung mit Jodquecksilberkalium, starke Fällung mit Phosphorwolframsäure. Von der Erwägung ausgehend, daß das Ausgangsmaterial von 380 g Uranniederschlag etwa 50 Proz., im ganzen somit etwa 2009 organische Substanz enthält, wurden, um die Mitausfällung der Diaminotrioxydodekansäure zu vermeiden, die 2 Liter Zersetzungsflüssigkeit auf 20 Liter aufgefüllt. So wurde eine Flüssigkeit mit dem Gehalt von etwa 1 Proz. organischer Substanz und 21/, Proz. H,SO, erhalten, welche nun zum Aus- fällen der Diaminosäuren mit Phosphorwolframsäure versetzt wurde. Der voluminöse Phosphorwolframsäureniederschlag wird noch zweimal in schwefelsäurehaltigem Wasser suspendiert, scharf ab- Über die Polypeptidphosphorsäure (Paranucleinsäure) des Caseins. 11 gesaugt und dann aus viel siedendem Wasser umkristallisiert. Beim Erkalten fallen schöne Nadeln aus. Die Kristalle werden abgesaugt, getrocknet und gewogen: 170g. Der Gehalt an © betrug 3,8 Proz., der an N 2,3Proz. Das Verhältnis von C:N war 18:1, also nahe 2:1. Gesamtstickstoff des Niederschlages gleich 3,91 g. Ein nicht unbeträchtlicher Teil des Niederschlages blieb beim Behandeln mit siedendem Wasser ungelöst. Vermutlich lag Am- moniumphosphorwolframat vor. Der 170g wiegende kristallinische Phosphorwolframsäureniederschlag wird in siedendem Wasser gelöst und mit gepulvertem Baryt zerlegt. Nach vollendeter Umsetzung wird der Niederschlag abgesaugt, das Filtrat mit Kohlensäure gesättigt und aufgekocht. Das Filtrat vom Baryumkarbonat wird auf ein kleines Volumen eingedampft, es reagiert alkalisch und enthält noch etwas Baryum, das durch Zusatz von 40cem 5 proz. H,SO, vollständig ausgefällt wird. a) Histidin. Das Filtrat, das den erforderlichen Gehalt von 2'/, Proz. H,SO, ent- hielt, wurde nach Kossel und Patten mit Mercurisulfat ausgefällt. Nach 24 Stunden wird der Niederschlag abgesaugt, nochmals in verdünnter Schwefelsäure suspendiert und wieder abgesaugt. Die vereinigten Filtrate — b werden auf Arginin und Lysin verarbeitet. Der Niederschlag wird mit Schwefelwasserstoff zerlegt, das Filtrat vom Quecksilbersulfid durch Luft- durchleiten von Schwefelwasserstoff und durch Zusatz von Barytwasser von Schwefelsäure befreit, das überschüssige Baryum zum größten Teil als Karbonat, der letzte Rest mit Schwefelsäure quantitativ entfernt. Das restierende alkalische Filtrat wird mit konzentrierter Salzsäure auf ein kleines Volumen eingedampft. Nach mehrtägigem Stehen im Exsikkator über Schwefelsäure erfolgte reichliche Kristallisation von Histidindichlorid. Die Ausbeute betrug 0,68. Der Schmelzpunkt betrug 230°. Kutscher gibt den Schmelzpunkt des Histidindichlorids zu 231 bis 233° an. Die Kristalle sowie die Mutterlauge gaben deutliche Imidazolreaktion (Pauli'). Zur Reinigung wurden die Kristalle nach Kossel zweimal in wenig heißer kon- zentrierter Salzsäure gelöst und mit Alkoholäther gefällt, abgesaugt und mit Äther gewaschen. 0,1574g gaben 0,2011 g AgCl. Berechnet für C,H,N,0,.2HC1l Gefunden EDER EL N NE 31,10 Proz. 31,59 Proz. k s b) Arginin. Das Filtrat vom Histidinquecksilber wird nach Kossel mit gepulvertem Silbersulfat so lange behandelt, bis eine Probe mit Barytwasser Gelbfärbung gibt. Nun wird mit Barytwasser übersättigt und nach 24 Stunden abgesaugt. Der Niederschlag wird abermals mit gepulvertem Baryt zerrieben. Der Silberniederschlag liefert nach Entfernung von Silber und Schwefelsäure und weiterer Reinigung schließlich ein alkalisches Filtrat, das nach dem Ein- !) Zeitschr. f. physiol. Chem. 42, 508. 12 Alfred Reh, dampfen auf ein kleines Volumen mit Salpetersäure neutralisiert und mit alkoholischer Silbernitratlösung versetzt wird. Von dem zuerst ausfallenden amorphen Niederschlag wird abgegossen, mit absolutem Alkohol und vor- sichtig mit Äther versetzt und geschüttelt. Es fallen schöne Kristalle aus, deren Menge nach weiterem Schütteln mit Äther zunimmt.‘ Es gelang schließlich, 0,4& zu gewinnen. Nach wiederholtem Umkristallisieren reichte die übrig bleibende Menge nicht mehr zu einer Analyse. Die Substanz schmolz bei 166°, nach weiterem Umkristallisieren zersetzte sie sich bei 172°. Gulewitsch gibt als Schmelzpunkt 176 bis 183° an. Trotz dieser Differenz ist auf Grund der Darstellung und der Eigenschaften an der Identität der Kristalle mit Argininsilbernitrat nicht zu zweifeln. ec) Lysin. Das Filtrat vom Argininsilber enthielt Baryum und Silber, die durch Kohlensäure und Schwefelwasserstoff entfernt wurden. Das hellgelbe Filtrat wurde zur Trockne eingedampft, mit wenig Wasser aufgenommen und noch- mals eingedampft, wobei es zum Kristallbrei erstarrte.. Nachdem die Kri- stalle in wenig Wasser wieder in Lösung gebracht waren, wurde mit alko- holischer Pikrinsäurelösung gefällt. Unter Kohlensäureentwickelung fiel ein gelber, körniger Niederschlag aus. Ausbeute —= 183g. Nach Umkristalli- sieren aus wenig siedendem Wasser fielen sofort prachtvolle gelbe Nadeln aus, die sich nach zweimaligem Umkristallisieren als Lysinpikrat erwiesen. 0,2481 g Substanz gaben 39,59 ccem N bei 15,1°C und 751,0 mm B. Berechnet für Gefunden C,H.N,N,.C,H,(N0,),0OH Nena ee 18,69 Proz. 18,47 Proz. d) Aminosäuren. Das Filtrat vom Phosphorwolframsäureniederschlag wurde nun mit Barytwasser völlig ausgefällt, wodurch Phosphorwolframsäure, Phosphorsäure, Schwefelsäure und Uran entfernt wurden. Das Filtrat wurde durch Einleiten von Kohlensäure, Aufkochen und Filtrieren vom Barytüberschuß befreit, auf ein kleines Volumen eingedampft und nach Entfernen des nachträglich aus- gefallenen Baryumkarbonats mit Alkohol gefällt: Alkoholniederschlag — B,, alkoholische Lösung = B,. B,. Der Alkoholniederschlag wurde in Wasser aufgelöst, mit Schwefel- säure vom Baryum quantitativ befreit, verdünnt und mit Kupferkarbonat gekocht. Das blaue Filtrat wurde eingedampft und zur Kristallisation ge- bracht. Es schieden sich zweierlei Kupfersalze aus, die tyrosinähnlichen blauen Nadelbüschel des Kupferasparagats und Wetzsteinformen des glutamin- sauren Kupfers. Da eine scharfe Trennung der beiden Kupfersalze sich durch Umkristallisieren nicht erreichen ließ, wurde alles in Salzsäure ge- löst, Schwefelwasserstoff eingeleitet, das Filtrat von Schwefelkupfer: auf ein kleines Volumen eingedampft und mit Salzsäuregas gesättigt. Es erfolgte reichliche Kristallisation von Glutaminsäurechlorhydrat. Die Stickstoff- bestimmung nach Kjeldahl, die mit den bei 110° getrockneten schneeweißen Kristallen vorgenommen wurde, ergab folgendes: Über die Polypeptidphosphorsäure (Paranucleinsäure) des Caseins. 13 0,1685 & verbrauchten 8,95 cem Y,n-Na0OH = 7,39 Proz.N. 0,1215 B) 6,38 „ ” — 1731 „ ) Berechnet für C,H,NO,CIH Gefunden a 7,64 7,39 Proz. Bol Die Kristalle waren rechtsdrehend. Die Ausbeute betrug 20 g. Das viel Salzsäure enthaltende Filtrat vom Glutaminsäurechlorhydrat wurde wiederholt behufs Vertreibens der Salzsäure eingedampft, schließlich wurde so lange mit Kupferoxydul gekocht, bis in der Flüssigkeit nur mehr wenig: Chlor nachweisbar war. Von dem unlöslichen Kupferchlorür wurde abfiltriert und die blaue Lösung mit Kupferkarbonat gekocht, wobei sie nur wenig Kupfer mehr aufnahm. Das Filtrat wurde auf ein kleines Volumen eingedampft. Nach längerem Stehen fiel asparaginsaures Kupfer in typischen Formen aus. 0,2071 lufttrockenes Kupfersalz gaben beim Glühen 0,0604 & CuO. Berechnet für CuC,H,NO,+41,H,0 Gefunden (ae 23,06 Proz. 23,30 Proz. Die Ausbeute betrug nur 1,5g, doch war die vorhergehende Behand- lung sicher mit großen Verlusten verbunden. B,. Aus der alkoholischen Lösung wurde der Alkohol abdestilliert. Beim Eindampfen schieden sich neben leucinähnlichen Kugeln tyrosinähn- liche Nadelbüschel aus, die einen Schmelz- und Zersetzungspunkt von 265 zeigten und sehr schwach Millonsche Reaktion gaben. Alles wurde in viel Wasser gelöst, wobei ein sehr geringer Rest (Tyrosin ?) zurückblieb, der nicht weiter untersucht wurde. Nach Entfernung des Baryums. mittels Schwefelsäure wurde behufs Nachweis von Diaminotrioxydodekansäure noch- mals mit Phosphorwolframsäure gefällt. Der geringe Niederschlag wurde umkristallisiert, wobei ein Teil ungelöst zurückblieb. Die ausgefallenen Kristalle hatten Kugelformen, sie wurden der allzu geringen Menge wegen nieht weiter verarbeitet. Das Filtrat wurde mit Barytwasser von Schwefel- säure und Phosphorwolframsäure befreit, das überschüssige Baryum durch CO, entfernt, die Lösung zur Trockne eingedampft und auf Prolin ver- arbeitet. Es gelang indessen nicht, bei Anwendung der Methode von Kossel und Dakin!) durch Extraktion mit absolutem Alkohol genügend Substanz zu isolieren, um Prolin zu identifizieren. Der in absolutem Alkohol unlösliche Teil des Trockenrückstandes wurde nach Fischer verestert, er wog 40g. Beim Sättigen mit CIH fielen noch 20 & BaC], aus, entsprechend 13,13 g Ba, so daß also etwa 27 & organische Substanz verestert wurden. Bei der Destillation der Ester erhielt ich drei Fraktionen. Druck Temperatur mm innen | des Bades Braktionesple ae ra 5—2 24—60° 75° Braktion DIsn a 0 ee: 2 60—82° 100° raktfon le A 2 ek 2 110—152° 110— 200° !) Zeitschr. f. physiol. Chem. 41, 410. 14 Alfred Reh, Die zweite Fraktion wurde nochmals bei 2mm Druck und 40° Wasser- badtemperatur destilliert, wobei aber nichts überging. Die drei Fraktionen wurden nun in der von Fischer angegebenen Weise weiter verarbeitet. Fraktion I und I. Aus Fraktion I wurden nach Verseifen mit Wasser durch fraktionierte Kristallisation drei Fraktionen gewonnen: A, B und C. Fraktion II erstarrte beim Eindampfen zum Kristallbrei und wurde zur Trockne gebracht = D. B, C und D wurden mit absolutem Alkohol ausgekocht, wobei jede Fraktion in einen alkoholischen Rückstand B,, C, und D, und eine alkoholische Lösung B,, C, und D, getrennt wurde. a) Alle in absolutem Alkohol unlöslichen Teile der Fraktion I und II, also A, B,, C, und D, wurden in Wasser gelöst und mit Kupferkarbonat gekocht. Beim Erkalten des Filtrats fiel ein blaßblaues Kupfersalz aus. Durch wiederholtes Eindampfen und Kristallisieren gelang es, eine scharfe Trennung in ein in Wasser fast unlösliches und in ein wasserlösliches Kupfer- salz zu erzielen. Die Ausbeute an unlöslichem Kupfersalz betrug 1,68. Es handelte sich der Hauptmasse nach um Leueinkupfer. Die lufttrockene Sub- stanz verlor bei 100° nicht an Gewicht. 0,2061 & gaben beim Glühen 0,0488 & CuO. Berechnet für Cu(C,H,N0,), Gefunden Ban N a neh 19,63 Proz. 18,92 Proz. b) Die in Wasser leicht löslichen Kupfersalze der Aminosäuren von Fraktion I und II stellten eine schöne blaue Lösung dar, aus der beim Ein- dampfen prachtvolle Kristalldrusen, bestehend aus unregelmäßigen Platten, erhalten wurden. Die Ausbeute betrug 3,74g. Das schöne blaue Kupfersalz enthielt etwa 5 Proz. Kristallwasser und 19 Proz. Kupfer. Die Eigenschaften der Verbindung, sowie ihre Zusammensetzung er- innerten an die von E. Fischer!) beobachteten Mischkristalle von Leucin- kupfer und aminovaleriansaurem Kupfer. Aber erst unter Zuhilfenahme der Angaben F. Ehrlichs”) über das Isoleucin gelang es, die Substanz so weit zu reinigen, daß die Analysenzahlen mit den Fiseherschen übereinstimmten. Ehrlichs Beschreibung des Isoleucinkupfers stimmt fast genau zu dem Verhalten meines Kupfersalzes; nur der Kristallwassergehalt hielt mich von der Annahme zurück, daß ich es einfach mit Isoleucinkupfer zu tun hatte. Das Salz benetzte sich mit Wasser schwer, war aber beim Schütteln in Wasser gut löslich, löste sich leicht und mit dunkelblauer Farbe in Methyl- alkohol und zum großen Teil auch in Benzylalkohol. Beim Auflösen von 3,2 in Methylalkohol blieben nur 0,2g eines blaßblauen Kupfersalzes un- gelöst (siehe unter c). Nach Abdestillieren des Methylalkohols kristallisierte wieder das Kupfersalz aus. Die Kristallmenge nahm zu, als ich dem Destil- lationsrückstand Wasser zusetzte. Die Kristalle erwiesen sich mikroskopisch als schöne dreiseitige Platten mit zwei abgestumpften Ecken. Es wurde alles in wenig heißem Wasser gelöst und filtriert. Beim Erkalten und Ein- dampfen kristallisierte das Salz wieder in unregelmäßigen Platten aus. \) Zeitschr. f. physiol. Chem. 32, 162. 2) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 1904, 8. 1809. Über die Polypeptidphosphorsäure (Paranucleinsäure) des Caseins. 15 I. 0,1912 & lufttrockene Substanz gaben beim Glühen 0,0448 & CuO. II. 0,3244 „ n e verloren bei 110° 0,0173, H,O. III. 0,4112 , a B verloren bei 110° 0,0227, H,O. IV. 0,2220 „ wasserfreie # gaben beim Glühen 0,0567 „ CuO. Berechnet für C,H,N,0,Cu+H,0 Gefunden IE I. JUDE IV. Proz. Proz. Proz. Proz. Proz. EI en in 5,50 — 5,33 5,52 —_ Cu im lufttrockenen Salz. . 19,39 18,73 — — E= Cu im wasserfreien Salz . . 20,52 —_ — — 20,40 Es lag somit ohne Zweifel das von E. Fischer beschriebene Gemenge von Kupfersalzen der Aminovaleriansäure und einer Aminocapronsäure vor. Um die Natur der letzteren zu bestimmen, führte ich in einem Vergleichs- versuch äquimolekulare Mengen von aktivem Leuein und Valin (aus Kürbis- keimlingen) in das Kupfersalz über, dampfte die blaue Lösung zur Trockne ein und behandelte mit Methylalkohol. Dabei ging fast nur das Valinkupfer in Lösung, während das Leucinkupfer als in Methylalkohol und kaltem Wasser unlösliches hellblaues Pulver zurückblieb. Das erhaltene Gemenge kann sonach nicht Leucinkupfer als wesentlichen Bestandteil enthalten. Höchstwahrscheinlich handelt es sich um ein äquimolekulares Gemenge von Isoleucin und Valin, denn Valin- und Isoleueinkupfer zeigen, wie ich mit Schultze und Winterstein!) finde, im Gegensatz zu Leuein- und Alaninkupfer sehr große Löslichkeit in Methylalkohol, und daß die Anwesen- heit des Valinkupfers nicht die Löslichkeit des Leucinkupfers darin erheblich steigert, geht aus obiger Beobachtung hervor ?). c) Der in Methylalkohol unlösliche Teil im Gewicht von etwa 02g ging beim Behandeln mit wenig siedendem Wasser größtenteils in Lösung; ein unbedeutender Teil (vermutlich Leueinkupfer) blieb als schwer lösliches Pulver zurück. Die Ausbeute an dem leichter löslichen Kupfersalz betrug nach dem Umkristallisieren 0,1637 &. Das Salz verlor bei 110° noch 3,97 Proz. Wasser. 0,1441 & der getrockneten Substanz gaben 0,0472& CuO, was einem Kupfergehalt von 26,16 Proz. am Alaninkupfer (C,H,N0,),Cu ver- langt 26,52 Proz. Cu. d) Die vereinigten absolut-alkoholischen Auszüge aus Fraktion I und II wurden im Vakuum zur Trockne gebracht, der Rückstand gab, in Wasser gelöst und mit Kupferkarbonat gekocht, eine tiefblaue Lösung von eigen- tümlichem, jedesmal beim Eindampfen in charakteristischer Weise auf- tretendem Geruch. Beim Eindampfen kristallisierte wiederholt noch etwas Leucinkupfer aus, das beim Lösen in kaltem Wasser zurückblieb. Schlieb- lich wurden 1,2 g eines wasserlöslichen Kupfersalzes erhalten, das die Fichten- spanreaktion gab und vakuumtrocken einen Kupfergehalt aufwies, der jenem des Prolinkupfers entspricht. !) Zeitschr. f. physiol. Chem. 45, 60. 2) Auch F. Ehrlich (Ber. d. deutsch. chem. Ges. 1907, S.2533) weist in seiner zweiten Mitteilung über die Isomeren des Leueins auf die Misch- kristalle von Isoleuein- und Valinkupfer hin. 16 Alfred Reh, 0,2010 & gaben 0,0532 & CuO = 21,14 Proz. Cu. 0,1770 g gaben 0,0481 g CuO = 21,68 Proz. Cu. Prolinkupfer (C,H,N0,),Cu verlangt 21,79 Proz. Fraktion I. Die Fraktion III wurde nach Lösen mit Wasser zunächst mit Äther extrahiert. a) Nach Abdestillieren des Äthers wurde das Extrakt mit konzentrierter Salzsäure eingedampft und die gewonnene geringe Kristallmenge mit Am- moniak zur Trockne gebracht. Der Versuch, durch Auslaugen mit kaltem Wasser das Produkt vom Chlorammonium zu trennen, erwies sich wegen der geringen Menge als unausführbar. Hingegen gelang es, durch Kochen mit Kupferkarbonat 0,1120 9 eines Kupfersalzes zu erhalten, das beim Oxy- dieren mit Bichromat und Schwefelsäure ausgesprochenen Geruch nach Phenylacetaldehyd entwickelte und einen für Phenylalaninkupfer sprechen- den Kupfergehalt besab. 0,1060 & bei 110° getrockneter Substanz gaben beim Glühen 0,0210 g CuO — 15,82 Proz. Cu. (C,H,„N 0,),Cu verlangt 16,23 Proz. Cu. b) Die nach der Ätherextraktion zurückbleibende wässerige Lösung wurde mit Barytwasser auf dem Wasserbade einige Stunden digeriert, dann mit Kohlensäure von überschüssigem Baryt befreit, eingeengt und dasauf ein kleines Volum gebrachte Filtrat mit Alkohol gefällt. Der Niederschlag, der noch Asparaginsäure und Glutaminsäure hätte enthalten können, wurde wegen allzu geringer Menge nicht verarbeitet. Die alkoholische barytfreie Lösung wurde durch Destillation von Alkohol befreit, der Rückstand in Wasser ge- löst und mit Kupferkarbonat gekocht. Aus dem schön blauen Filtrat fiel beim Erkalten und Stehen ein tiefblaues Kupfersalz, freilich nur in sehr ge- ringer Menge, aus. Es enthielt kein Kristallwasser. 0,0425 & gaben beim Glühen 0,0098 g CuO, was 18,42 Proz. Cu entspricht. Da dieser Kupfergehalt jenem des Kupfersalzes der Diaminotrioxy- dodekansäure entspricht (E. Fischer findet 18,40 Proz. Cu), so könnte in diesem Befunde ein Hinweis auf die etwaige Gegenwart dieser Säure gesehen werden, auf die indes direkt vergebens gefahndet wurde. ce) Das in Lösung gebliebene Kupfersalz gab noch Phenylacetaldehyd- reaktion. Es konnten noch 0,13g Kristalle eines Kupfersalzes erhalten werden, das lufttrocken etwa 17,5 Proz. Cu enthielt. Ein Salz vom Verhalten des Leucinkupfers wurde hier nicht erhalten. Auf Purinbasen bin ich während der Verarbeitung der Uranyl- verbindung nirgends gestoßen. Es wurden sonach bei der Hydrolyse erhalten: Glutamin- säure (13,4&), Lysin (7,08), Isoleucin (1,5 g), Aminovaleriansäure (1,4 g), Leucin (1,3 g), Asparaginsäure (1,0 g), Prolin (0,9 g), Histidin (0,4 8), Arginin (0,28), Phenylalanin (0,1 g), Alanin (0,15), Tyrosin (Spuren). Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß die angegebenen Ausbeuten nur insofern einen Wert besitzen, als sie zeigen, daß Über die Polypeptidphosphorsäure (Paranucleinsäure) des Caseins. 17 einzelne der im Casein enthaltenen Aminosäuren in der Uranyl- verbindung in überwiegender Menge vorhanden sind, andere fehlen oder doch sehr zurücktreten. Für eine quantitative Betrachtung müssen erst durch genauere Bestimmungen der einzelnen Spaltungs- produkte die nötigen Grundlagen gewonnen werden. 5. Zusammenfassende Bemerkungen. Wie aus vorstehendem hervorgeht, läßt sich der phosphor- haltige Komplex des Caseins aus der durch Pepsinverdauung er- haltenen Lösung mittels Uranylacetat in Form eines konstant zu- sammengesetzten Niederschlages ausfällen. Das Atomverhältnis darin stellt sich zu 1,5 C0:3,9N:1P:1DU. Aus Salkowskis Eisenverbindung der „Paranucleinsäure“ berechnet sich dieses Ver- hältnis zu 32,3 C:8,4 N:1P, aus seiner freien Paranucleinsäure zu 26,40 : 7,1N : 1P. Die von mir erhaltene Substanz ist somit er- heblich phosphorreicher; sie enthält, uranylfrei berechnet, 6,9 Proz. P, während Salkowski in seiner Paranucleinsäure höchstens 4,31 Proz. findet. Da einerseits der Phosphor der Substanz leicht quantitativ abgespalten werden kann, andererseits der darin enthaltene orga- nische Komplex durchaus die Eigenschaften und den Bau eines Polypeptids darbietet, darf man die vorliegende Substanz als eine Polypeptidphosphorsäure (bzw. als ein Gemenge solcher Säuren, siehe unten) bezeichnen. Da diese Säure einen achtmal größeren Phosphorgehalt als das ursprüngliche Casein (0,83 Proz.) besitzt, muß sie, die gleiche Zahl P-Atome vorausgesetzt, ein mindestens achtmal kleineres Molekular- gewicht besitzen. Danach könnte ein relativ niedriges Molekular- gewicht erwartet werden. Auf Grund des Phosphorgehaltes würde es sich etwa zu 450 oder einem Multiplum davon berechnen. Dieser einfachen Vorstellung widerspricht jedoch die große Zahl der bei der Hydrolyse erhaltenen Spaltungsprodukte. Selbst wenn man — nicht ohne Willkür — die nur in sehr geringer Menge erhaltenen Produkte (Phenylalanin, Alanin) und die nicht ausreichend identifizierten (Trioxydiaminododekansäure, Tyrosin) als dem Molekül nicht angehörige Beimengungen von der Berechnung ausschließt, bleiben als nicht zu vernachlässigende Spaltungsprodukte immer noch Lysin, Arginin, Histidin, Leuein, Isoleuein, Valin, Glutaminsäure, Prolin und Asparaginsäure, was selbst für den Fall, daß jede Amino- säure mit nur je einem Molekül vertreten wäre, zu einer Verbindung mit 49 Kohlenstoffen führt. Tatsächlich müßte aber das Mole- Beitr. z. chem, Physiologie. XI. 2 18 Alfred Reh, Über die Polypeptidphösphorsäure des Caseins. kulargewicht noch viel höher veranschlagt werden, da das Lysin und die Glutaminsäure in vergleichsweise zu großer Menge vertreten sind, um bloß einem Molekül zu entsprechen. Dasselbe ergibt sich aus dem Vergleich des Diaminostickstoffs mit dem Gesamtstickstoff. Die gefundenen geringen Mengen Arginin und Histidin können, trotz- dem sie dem Lysin gegenüber sehr zurücktreten, nicht einfach als Beimengungen angesehen werden, da die Bestimmung des um- kristallisierten Phosphorwolframats das Verhältnis C: N = 18:1 ergeben hatte, im Lysin aber dieses Verhältnis — 3:1 ist, so daß die Annahme einer erheblichen Beimengung von Arginin (C:N=1,:1) oder Histidin (C:N = 2:1) oder von beiden nicht zu umgehen ist. Dann aber ergibt sich für die einfachste Annahme (1 Lysin-+1 Argin + 1 Histidin — 9 N), da die Menge des Diaminostickstoffs zu nahe 20 Proz. gefunden wurde, eine Mindestzahl von 45 N ım Gesamtmolekül. Es bleiben zur Erklärung dieser quantitativen Verhältnisse folgende Annahmen übrig: 1. Bei der Hydrolyse entstehen aus einzelnen Aminosäuregruppen des Polypeptids mehr als eine Aminosäure, so daß die Zahl der hydrolytischen Produkte größer ist als die der zugrunde liegenden Gruppen — eine Annahme, die allenfalls für Glutaminsäure und Prolin herangezogen werden könnte, im übrigen aber nichts für sich hat. 2. Das Molekül der Polypeptidphosphorsäure ist sehr groß, nicht viel kleiner und ein- facher, als man es bisher für das Casein postuliert hat. 3. Es liegt trotz der Konstanz der Zusammensetzung des Uranylnieder- schlages darin nicht bloß eine Polypeptidphosphorsäure vor, son- dern ein konstantes Gemenge von zwei oder mehr solchen Säuren, die im Bau alle dem Schema Polypeptid— PO.(OH), entsprechen. Welche von diesen Annahmen sich bei weiterer Untersuchung als die zutreffende erweisen dürfte, kann vorläufig unerörtert bleiben. Die Möglichkeit, auf dem eingeschlagenen Wege zu der reinen Polypeptidphosphorsäure des Caseins, bzw. zu einem kon- stanten Gemenge solcher Säuren zu gelangen, weist den Weg zu weiterer erfolgreicher Untersuchung, und ich hoffe binnen kurzem selbst über Versuche einerseits nach dieser Richtung, sodann aber auch über die physiologische Verwertung der Polypeptidphosphor- säure im Tierkörper berichten zu können. II. Über das Verhalten des Glykosamins und seines nächsten Umwandlungsproduktes im Tierkörper. Von Dr. K. Stolte, Assistenten am physiologisch-chemischen Institut. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) 1. Bei dem häufigen Vorkommen des Glykosamins als Spaltungs- produkt von Eiweißkörpern ist es verständlich, daß schon eine ganze Reihe von Forschern sein Verhalten im Tierkörper zum Gegenstand der Untersuchung gemacht haben. Aus den vor- liegenden Arbeiten ist ersichtlich, daß es sich bei dem Abbau des Glykosamins nicht um eine einfache Desamidierung und darauf- folgende Zerstörung nach Art eines stickstofffreien Kohlehydrats handeln kann. Denn die Versuche von Fabian!) (mit salzsaurem Glykosamin), sowie die von Offer und Fränkel?2) und später von Cathcart?) (mit der freien Base) beweisen deutlich, daß Glykos- aminfütterung keine Glykogenbildung zur Folge hat. Wenngleich die interessanten Untersuchungen Forschbachst) über die Aus- nutzung des Glykosaminkohlensäureäthylesters, sowie die Versuche von Kurt Meyer?) mit Acetylglykosamin darauf hindeuten, daß möglicherweise gerade die eigenartige Bindung des Glykosamins im Eiweißmolekül einen wesentlichen Einfluß auf seine Zerstörung im Organismus auszuüben vermag, so steht andererseits schon seit Fabians Untersuchungen fest, daß auch nicht derartig gebundenes Glykosamin zum Teil vom Kaninchen zerstört wird. Über den !) Zeitschr. f. physiol. Chem. 27, 167—177. 2) Zentralbl. f. Physiologie 13. ®) Zeitschr. f. physiol. Chem. 39, 423. *) Diese Beiträge 8, 313. 5) Ebenda 9, 134. 9* 20 K. Stolte, Weg des Abbaues, sowie über die Mengen, die ein Tier zu zer- stören vermag, wissen wir aber vorläufig noch recht wenig. Die nachstehenden Untersuchungen, die ich auf Herrn Prof. Hofmeisters Veranlassung unternahm, hatten die Aufgabe, diese Lücke auszufüllen. Zunächst galt es, die Größe des Glykosamin- verbrauches am lebenden Tiere zu bestimmen. Dann aber zog ich noch eine andere, bisher wenig beachtete, aber in engster Be- ziehung zum Glykosamin stehende Substanz in den Bereich meiner Untersuchungen. Es ist bekannt, daß das freie Glykosamin ein recht un- beständiger Körper is. Lobry de Bruyn untersuchte den sehr komplizierten Zersetzungsvorgang genauer!). Dabei fand er, daß die Rechtsdrehung wässeriger und methylalkoholischer Lösungen des Glykosamins bei längerem Stehen langsam zurückging, und daß nach einem Monat aus dem Methylalkohol eines der Zer- setzungsprodukte, ein linksdrehender Körper, auskristallisierte, der sich mit einer anderen, vom gleichen Autor durch Einwirkung von ammoniakalischem Methylalkohol auf Fruktose erhaltenen Substanz?) als identisch erwies. Gleichzeitig zeigte er, daß die Zersetzung des Glykosamins, „bei der zweifellos Feuchtigkeit und Sauerstoffzutritt, sowie wahrscheinlich Gegenwart freien Alkalis beteiligt sind“, bei mäßig erhöhter Temperatur eine sehr erhebliche Beschleunigung erfährt. Übertrifft doch die Menge des Umwandlungsproduktes bei 32° die bei Zimmertemperatur gebildete um mehr als das Fünffache! Bot schon allein die Frage nach der chemischen Konstitution dieses einen der Umwandlungsprodukte des Glykosamins genügendes Interesse, so war in Anbetracht des Umstandes, daß sich alle soeben angeführten, die Umwandlung begünstigenden Momente in den Gewebsflüssigkeiten der Tiere finden, die Prüfung der Frage nahegelegt, ob sich nicht auch im lebenden Organismus eine gleiche Umlagerung des freien Glykosamins nachweisen läßt. 2. Über das Fruktosazin und seine Überführung in Pyrazindicarbonsäure. Um reichlichere Mengen des Umwandlungsproduktes des Glykosamins zu erhalten, benutzte ich das von Lobry de Bruyn angegebene Verfahren der Darstellung aus Fruktose: !) Rec. d. trav. chim. d. Pays-Bas 18, 77—83. ®) Ebenda 18, 72—76. Über das Verhalten des Glykosamins im Tierkörper. 31 1kg Fruktose wurde in 5kg bei gewöhnlicher Temperatur mit NH, gesättigtem Methylalkohol gelöst und in einem 10 bis 12 Liter fassenden Standgefäße unter Pergamentpapierverschluß am sonnigen Fenster sich selbst überlassen (nur von Zeit zu Zeit wurde die Lösung durch leichtes Schwenken des Gefäßes gründlich durchgemischt). Binnen 2 bis 2), Monaten kristalli- sierte das Produkt, etwa 100 bis 120g, aus. Es wurde abfiltriert und mittels Tierkohle von anhaftendem gelbem Farbstoff befreit. Die so erhaltene reine Substanz stellt ein schneeweißes, aus kleinen dünnen, quadratischen Blättehen bestehendes, in heißem Wasser leicht, in sehr kaltem Wasser und in Alkohol sehr schwer, in Äther, Petroläther, Essigäther, Aceton, Chloro- form, Eisessig, Benzol, auch in geschmolzenem Urethan bzw. Stearinsäure unlösliches Produkt dar, das sich beim Erhitzen auf 210 bis 2200 bräunt und sich bei einer Temperatur von 232,5° unter lebhafter Gasentwickelung zersetzt. (Lobry de Bruyn gibt nur „Zersetzung unter Braunfärbung bei 210 bis 220°“ an.) Eine 0,86proz. Lösung dreht im 1 dm-Rohr — 0,691, woraus sich die Drehung [«@]p = — 80,3 berechnet (L. de Bruyn fand für 1 proz. Lösung [«]p = — 80,0. Die Substanz reduziert langsam in der Kälte ammonjakalische Silberlösung, Fehlingsche Lösung erst bei längerem Kochen. Die Substanz gärt nicht mit Hefe. Auch die Elementaranalyse ergab ähnliche Zahlen, wie sie L. de Bruyn erhalten hat: 0,1038 & Substanz gaben 0,1717 & CO, und 0,0608 H,O 0,1246 & gaben 10,1 cemN bei 19° und 724 mm Hg. Daneben stelle ich die von Gefunden L. de Bruyn gefundenen Zahlen Un, 2... 45,11 Proz. 45,5 Proz. .. 45,2 Proz. Era 0,08. 5 TE blos, IN ET WS,SONNT 5 3.047, —_ Die gefundenen Werte entsprächen einer Substanz, deren C-, H- und N-Gehalt zwischen GERNG, C,H,,NO0, VE ee 45,26 Proz. 44,69 Proz. EI ee. D.2102.0),, 6.88 0, Ne ee 8:8) , 8200 7, liegt. Lobry de Bruyn stellt die Zahlen nebeneinander, ohne sich für die eine oder andere Formel zu entscheiden, „da ihm die Molekulargewichtsbestimmung fehlte“. Dagegen hat er bereits festgestellt, daß salpetrige Säure auf die Substanz nicht einwirkt, und daß der Körper ein „Tetraacetat“ zu bilden imstande ist. Die Frage nach der Molekulargröße suchte ich, da sich kein geeig- netes Lösungsmittel für die Substanz fand, mittels Bestimmung der durch ihr Tetraacetat bedingten Gefrierpunktdepression zu entscheiden. Das nach Lobry de Bruyn dargestellte Tetraacetat schmolz bei 174° und gab bei der Analyse folgende Zahlen: 0,1472 gaben 0,2764g CO, und 0,0697 g H,O. 22 K. Stolte, Somit wurden gefunden: 3 U 51,21 Proz. EI NTHENS 5.300, Mit 1,2574 dieser Substanz wurde in 17,678g (= 20ecm) frisch ge- frorenem Benzol die Molekulargewichtsbestimmung vorgenommen. Es betrug die Gefrierpunktserniedrigung 0,5755". Hieraus berechnet sich ein Molekulargewicht von 607,5. Daher muß das der einfachen Formel 0,,H,;NO; entsprechende Molekül (— 328) verdoppelt werden. Demgemäß ist als richtige Formel der nicht acetylierten Sub- stanz C,H, N,O, anzunehmen, was auch den bei der Analyse gefundenen Zahlen am besten entspricht: Berechnet für C,H, N;0, Gefunden GES 44,96 Proz. 45,11 Proz. EA 6297 655, Naar ale STEHE 889 „ Ähnlich beim „Tetraacetat“, besser Octacetat: Berechnet für 0,,H,,N50,s Gefunden Ga u 51,18 Proz. 51,21 Proz. ERS Ale 53, SE Über die Verkettung des tertiären N-Atoms mit den C-Atomen gab die Oxydation Aufschluß. Nach mehreren ergebnislosen Ver- suchen mit verschiedenen Oxydationsmitteln führte nachstehende Methode zum Ziele: 3g des Glykosaminderivats wurden in 150ccm 6proz. Wasserstof- superoxyds gelöst. Auf Zugabe von 6g Natronhydrat in Stangen begann in- folge der Erwärmung bei der Lösung des Natrons eine lebhafte Sauerstoff- entwickelung, die durch Einstellen in den Brutschrank unterhalten wurde. Am folgenden Tage wurden weitere 5ccm 30 proz. H,0, (Merck) hinzugegeben und die Oxydation auf dem Wasserbade bei 80° vollendet. Der beste Maß- stab für die Vollendung der Reaktion ist das Verschwinden des Reduktions- vermögens der Lösung; es empfiehlt sich daher, so lange mit dem Zusatze kleiner Mengen Wasserstoffsuperoxyds fortzufahren, bis dieser Punkt erreicht ist. Während der Oxydation färbt sich die Lösung zunächst leicht gelb, wird dann wieder fast farblos. Auf Zusatz von starken Mineralsäuren zu den noch heißen Lösungen kommt es unter lebhafter CO,-Entwickelung zu- nächst zur Lösung des während der Oxydation sich regeimäßig bildenden Niederschlages; danach aber beginnt die Lösung sich zu trüben, und es fallen beim langsamen Abkühlen lange Kristallnadeln, beim Umschütteln und raschen Erkalten kleinste (mikroskopische) stark elänzende Kriställchen aus. Die Ausbeute beträgt etwa 60 Proz. Durch Behandeln mit Tierkohle oder: durch Reinigen über das in Alkohol sehr schwer, in Wasser viel leichter lösliche Ammoniaksalz werden sie von stets anhaftendem gelblichem Farbstoff befreit. Beim Erhitzen sublimiert die Substanz. Bei 272° zersetzt sie sich. In kaltem Wasser ist sie sehr schwer löslich. Mit Calcium Über das Verhalten des Glykosamins im Tierkörper. 23 und Baryum bildet sie sehr schwer lösliche Salze. Ihr Ammonium- salz ist in Wasser ziemlich leicht, in Alkohol sehr schwer löslich. Sie gibt in wässeriger Lösung mit Eisenvitriollösung eine pracht- volle Violettfärbung. Beim Trocknen im Vakuum über Schwefelsäure verlieren die Kristalle erheblich an Gewicht. 0,4542 & lufttrockener Substanz büßten 0,08149& —= 17,94 Proz. an Ge- wicht ein. Bei der Analyse der über konzentrierter Schwefelsäure im Vakuum zur Gewichtskonstanz getrockneten Substanz gaben: 0,1708 0,2703 & CO, und 0,0431 H,O, 0,0998 & bei 15,9 und 754,8mm Hg 14,61 cem N. Hieraus berechnet sich die Formel 0,H,N,0, + 2H,0 Berechnet Gefunden EI IR en su. 17,65 Proz. 17,94 Proz. Für die kristallwasserfreie Substanz: Berechnet Gefunden (ee 42,94 Proz. 43,17 Proz. ERS U 240 , 2,892 , IN A re I6;69=0R, 16.970 Auf Grund der Eigenschaften und Zusammensetzung !), sowie der Eisenvitriolreaktion ist die Substanz als identisch mit der von Stöhr?) beschriebenen Pyrazin-2,5-dicarbonsäure anzusehen 3). Das aus Fruktose unter Ammoniakeinwirkung entstandene Produkt, ebenso auch der aus Glykosamin bei der Zersetzung auf- tretende Körper ist somit als 2,5- Ditetraoxybutylpyrazin (die An- wesenheit von acht Hydroxylgruppen ist durch das Octacetat bei tertiärem N bewiesen) a 107 Neeno, GE,0,—0, JO 8 N I) Stöhr findet für sein analysiertes Präparat genau die gleiche Kohlenstoff- und Wasserstoffzahl, nämlich 45,17 und 2,3 Proz. (Journ. f. prakt. Chem. 47, 488). ?) Journ. f. prakt. Chem. a7, 487. ®) Seltsamerweise finden sich über den Schmelz- bzw. Zersetzungspunkt der Pyrazin-2,5-diearbonsäure sehr wechselnde Angaben. Nach Stöhr (Journ. f. prakt. Chem. 47, 487) sublimiert die Substanz aus dem offenen Röhrchen unter Zurücklassung von wenig Kohle gegen 270° und schmilzt im zu- geschmolzenen Rohr bei 255 bis 256°, nach Wolf (Ber. d. deutsch. chem. Ges. 26, 772) bei 282°. 24 K. Stolte, Der Kürze halber sei im folgenden mit Rücksicht auf den Pyrazinkern und die Darstellung aus Fruktose die Bezeichnung Fruktosazin gebraucht. Die Bildung von Pyrazinderivaten aus Zucker ist schon von Stöhr!) bemerkt worden. Er hat den Beweis erbracht, daß unter den aus Traubenzucker sowohl bei Gärung als auch infolge von Ammoniakeinwirkung bei höherer Temperatur entstehenden Basen neben Pyridin auch Pyrazinbasen vorkommen. Stöhr nahm an, daß die Bildung der Pyrazin- und Pyridin- basen als Produkte der Ammoniakeinwirkung auf Traubenzucker bei Wasserbadtemperatur durch Zerreißen der sechsgliederigen Kohlenstoffkette erfolge, wie ja auch sonst der leichte Zerfall der stark mit Sauerstoff beladenen Zuckermoleküle, namentlich bei Alkalieinwirkung, oft beobachtet sei. Es bliebe dahingestellt, ob etwa die Bildung von Milchsäure oder von Aldehyd vorausgehe. Die Bildung des Fruktosazins aus Glykosamin und aus Fruktose zeigt nun aber, daß eine Spaltung der Kohlenstoffkette keineswegs der Synthese vorauszugehen braucht. Die Bildung aus Glykosamin er- folgt vielmehr anscheinend nach der Gleichung 20H; NO; +0 = C3HyN;0; +3H,0 und läßt sich einfach in folgendem Sinne deuten: NH, as EN COH HC-C,H,0, He? \e oa a “= | C,H,0—CH COH GE,0,—0, JCH NH, N Die Bildung aus Fruktose kann durch die Gleichung 2C;H,0;, #2 NH, +0 = C5H3»N;30; +5H,0 ausgedrückt werden. Auch sie ist einfacher durch Anlagerung von Ammoniak an den Kohlenstoff des Carbonyls und nachträg- liche Kondensation als durch vorgängigen Zerfall der Kohlenstoff- kette zu erklären. Mit Rücksicht auf die wichtigen Dienste, die mir einige Farbenreaktionen zum qualitativen Nachweise von Pyrazindicarbon- säure und von Fruktosazin geleistet haben, sei darüber nachstehen- des mitgeteilt. !) Journ. f. prakt. Chem. 54, 481 f. Über das Verhalten des Glykosamins im Tierkörper. 25 Pyrazindicarbonsäure gibt (wie schon Stöhr erwähnt) in neu- traler oder schwach saurer Lösung mit Ferrosulfat eine prachtvolle, noch bei einer Verdünnung von 1: 100000 (nicht zu dünne Schicht!) deutlich erkennbare Violettfärbung, die beim Alkalisch- machen verschwindet. Das Ammoniaksalz der Pyrazindicarbonsäure gibt, mit Ferrosulfatlösung versetzt, einen prachtvoll dunkelblauen Farbenton. | Fruktosazin gibt auf Ferrosulfatzusatz nur in schwach soda- alkalischer (nicht in neutraler und nicht in saurer!) Lösung eine violette, in durch NaOH alkalischer Lösung eine dunkelblaue Fär- bung, die noch bei einer Verdünnung von 1: 2500 als schön blau- violette Farbe bestehen bleibt. Unterschichtet man ferner Fruktosazinlösung mit konzentrierter Schwefelsäure, so bildet sich binnen !/, bis 3/, Minute ein an Breite langsam zunehmender, zart purpurroter Ring (Glykosamin, Dextrose und Fruktose geben bei der gleichen Probe braun- schwarze Ringe). 3. Versuche über das Verhalten von Glykosamin und Fruktosazin im Tierkörper. Meine ersten Untersuchungen richteten sich auf die Bestim- mung der Sättigungsgrenze von Kaninchen für Glykosamin. Chemisch reines, nach dem Verfahren von Breuer!) hergestelltes (HCl-freies) Glykosamin wurde in genau derselben Weise, wie sie Blumenthal bei seinen Zuckerinjektionen beschrieben hat ?), Kaninchen in die Ohrvenen eingespritzt. Unmittelbar vorher, sowie meist 3 und 6 Stunden nachher wurde der Harn durch Kathe- terisieren den Tieren entnommen und mittels Reduktionsprobe und Polarisation im ldm-Rohr auf Anwesenheit von Glykosamin unter- sucht. Es wurde mit der Injektion von 0,5& pro Tier — also einer im Verhältnis zum Traubenzucker schon recht geringen Menge — begonnen. Doch mußte bis zu dem außerordentlich kleinen Werte von 0,1& pro Tier (mittleren Gewichtes) herab- gegangen werden, um zu derjenigen Menge zu gelangen, die völlig vom Tiere zerstört wird. War doch sogar die geringe Dosis von 0,15g in Versuch 10 (Tab. I) noch von vermehrter Rechtsdrehung gefolgt, während die Harne in Versuch 12 und 15 3 Stunden nach _ Injektion von 0,2g deutlich Fehlingsche Lösung reduzierten! !) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 31, 219. 2) Diese Beiträge 6, 329. K. Stolte, 26 ndg=dg :Zunqreggug (01298) (eygoro7) KeSrgeur) zug (45) ‘CD ‘Cw) Suorppnpoy og =++ oyoımap——+ oypenyos—= (+) gI pug | ero+ & ie _ sto+| 06 IE | “| pug wl|Fro+ | see To & a ‘purp'geoi-c00- | 99 yng * 5 Bot ELCH a HUT 2004 | est) 20 S a “ssu | g00+| 08 ge So 850 I En uonds 70/0 7077| @eeio a ug 'T| sto+t| ge 9“ ı purı|lsrtot| 9 IE °*| mu ezo+ | om) To 2 9 ug '3s| z0°0-+| 98 DL 3 bE.OE | Te Ce — 80o+ | ı)l zo = A) pug w| 6To-+| Fr gm ale wa 0“ — 700-4 | OIT| = rI [ea] rd as a ae ® Bora > {eb} © = & = 80 ii Re SL 29 © zZ SS a Sue Bea eo 2 a8 ooo ocel Seas S|E°®ı ++ +44 +++ [>] RS [= m) 5) 50 2 =| s::leoeoso ar. »o© u o 2laaoS vwaa on & S — — + Fi ) a | co 7 rei [>) Sn Pr: an = 8 SR EN SENE te a = ec 8 = Ss = 34 As = 5 +50 mn DER (=) So ea) AA 43 m [eb] - > je} Ss ae en . Az) &n SS „A ıo [eoWferiXer) SH x „ll sR3leargm osa SQ ® FElScSc Sc Se Ex a a NT = A oO Ss {=} © 19 m 5 0 5 \ n = sa3lrz8oa ao „ox = oe 3 | a as Gele) ae) ae) ©) Ss = g - -„ | am = ao ss 2 eo re ee EN Ss 3 EEE FEN EB > ’ TED Eee |. | a ac se vo® ar SE ae n-Sulfate: sofort nach Mischung NH, 39,32 — Mittel. | 37,56 Mittel . 37,43 2. 20ccm In-HCl + 20cem 2n-LiCl + 2ccm Methylacetat. t a | K t a | K ) 95,65 er ) 95,52 er 23 98,48 44,15 19 27,86 44,35 155 39,88 43,11 179 41,14 43,20 =... 1le® 41,65 43,64 195 42,17 43,90 198 49,48 43,39 210 43,00 44,10 213 43,33 43,68 227 43,68 43,47 250 44,35 44,50 : 249 44,58 43,14 955 45,15 43,60 978 45,87 43,67 335 48,02 43,41 294 46,40 43,45 (6) 54,83 — 314 47,07 43,41 [6)) 54,85 — 330 47,58 43,50 == — — [6>) 54,44 —_ = _ = Le) 54,50 — Mittel . 43,56 Mittel . 43,62 Zur Kenntnis der Neutralsalzwirkungen. 43 3. 20ccm 1n-HCl + 20cem 2n-NaCl + 2ccm Methylacetat. t a 7 t a K ) 25,82 ns 0 25,53 re 169° 41,00 43,76 25 23,53 43,70 199 42,50 42,92 185 41,51 43,40 213 43,26 43,07 200 49,33 43,42 229 43,90 49,54 215 43,13 43,56 244 44,80 43,46 231 43,81 43,21 269 45,62 42,57 255 44,90 43,37 283 46,30 43,16 269 | 45,50 43,51 299 46,95 43,49 285 46,10 43,51 315 47,50 43,57 301 46,65 43,44 3368... 48,16 43,65 321 47,30 43,44 352 48,63 43,74 © 54,41 ee ) 54,87 — (6) 54,54 — @ 54,84 _ = = — Mittel . 43,27 Mittel. | 43,46 4. 20cem In-HCl + 20cem 2n-KCl + 2ccm Methylacetat. t a K t a | K 0 13,62 — 0 18,80 —_ 315 33,78 42,31 274,5 32,92 41,23 350,5 34,56 41,43 305 33,68 41,04 390,5 35,36 41,74 343 34,60 41,38 435 35,92 40,86 381 35,38 41,67 476 36,62 42,00 425 36,11 41,78 » 00) 39,44 —_ 468,5 36,68 41,56 >) 39,44 — oo 39,65 — — — — [6 39,63 — Mittel . | 41,67 Mittel . 41,44 5. 20cem 1n-HCl + 20ccm 2n-RbCl 4 2cem Methylacetat. t Bir | K | t | a K 0) 19,03 — 0 19,08 — 386 35,39 41,58 380 35,29 41,46 411 35,71 41,68 405 35,74 41,66 473 36,65 41,58 436,5 36,22 41,78 509,5 37,09 41,92 503 36,93 41,08 e 39,52 — © . 39,54 — 0) 39,50 — [e.) 39,50 = — en — [6 ) 39,52 = Mittel . 41,69 Mittel . 41,49 44 Rudolf Höber, 6. 20 ccm In-HCl + 20ecm 2n-CsCl + 2cem Methylacetat. t | =@ K t a | K | ) 37,02 au 0 37,10 ° 2 108 52,45 40,98 103,5 51,85 40,23 256 | 64,84 40,42 252,5 64,81 | 40,40 279 66,28 40,62 273 66,10 40,52 328 68,73 40,48 301,5 67,62 40,42 355 69,85 40,80 355 70,05 40,25 411 71,80 40,07 382,5 71,34 40,71 437 72,70 40,14 406,5 72,10 40,57 464,5 73,48 40,13 431,5 72,6 | 40,74 486,5 74,11 40,54 462 73,80 40,64 [6 ) 80,21 — 479,5 74,39 40,96 © 80,13 2 © 80,41 gi ca je = es 80,44 er Mittel . 40,44 Mittel . 40,55 Folgende Geschwindigkeitskonstanten wurden also gefunden: | 1. | 2 | Mittelwerte | | 1. | 2. | Mittelwerte — 37,56 37,43 37,49 K..|| 41,67 41,44 41,56 Li. .|| 43,56 43,62 43,59 Rb .|| 41,69 41,49 41,59 Na 02.1 43,2% 43,46 43,36 Cs .| 40,54 40,55 40,54: Sämtliche Chloride der Alkalien steigern also die Ge- schwindigkeit der Esterkatalyse, CsCl am wenigsten, LiCl am meisten, sie ordnen sich nach ihrem Einfluß in die Reihe: Ce. 0,58 = 2392 9,53 135,1 [6 ) 0,59 — 2615 2,40 134,2 x w. & a 0,58 — — — — © 0,50 —. = | = — Mittel . 136,3 Mittel . 136,9 Folgende Konstanten wurden also ermittelt: 1. 2 | Mittelwerte Be 30,11 29,92 "30,01 Li 26,66 26,69 26,67 K 96,83 26,94 26,88 Rb 27,00 26,98 26,99 Cs 27,26 97,38 27,32 Die Chloride der Alkalien vermindern also die Ge- schwindigkeit der Saponifikation, ÜsCl am wenigsten, LiCl am meisten; die Geschwindigkeit N. in der Kationenreihe: Ik 6, also in der Reihe der Atomgewichte. Zur Kenntnis der Neutralsalzwirkungen. 47 Vergleicht man dies Ergebnis mit dem Ergebnis der Katalysen- versuche, so sieht man, daß die Ionen im sauren Reaktionssystem in der umgekehrten Reihenfolge die Reaktion begünstigen, als im alkalischen System. Man wird sofort an den analogen Fall er- innert, welcher vorher hervorgehoben wurde, daß die Kationen auf Eiweiß in der inversen Folge wirken wie auf Lecithin. Damit ist aber die Analogie auch ziemlich erschöpft; denn die Reihenfolge der Kationen ist hier und dort fast durchweg eine andere, nur beim Einfluß des Sulfat-Jodidgemisches auf Hühnereiweiß wurde die Reihe der Atomgewichte ebenfalls gefunden. Hiernach könnte es scheinen, als ob nur eine recht oberfläch- liche Vergleichbarkeit zwischen den Neutralsalzwirkungen in homo- genen und in kolloidalen Lösungen bestände. Die in Wirklichkeit häufig betonte Verwandtschaft der beiden Gebiete beruhte denn auch bisher in erster Linie auf der Ähnlichkeit der Anionen- wirkungen; über die Kationenwirkungen existierten zu wenige Daten. Aber wir werden später sehen, daß auch die Analogie in den Kationenwirkungen sich weit besser durchführen läßt als es bis hierher den Anschein hat. Zunächst sollen jedoch die Anionen- wirkungen kurz besprochen werden. | 5. Der Einfluß der Anionen auf die Säurekatalyse und die Ver- seifung von Estern. Von Spohr!) ist gezeigt worden, daß Zusatz von Alkali- sulfat die Geschwindigkeit der Esterkatalyse herabsetzt, Zusatz von Chlorid und noch mehr von Bromid sie steigert. Umgekehrt beschleunigen nach Arrhenius?) und Spohr?°) Sulfat und Thio- sulfat die Esterverseifung, Acetat, Chlorid, Bromid, Nitrat, Jodid hemmen sie in steigendem Maße. Das Gegenstück zur Esterkata- lyse bildet die Rohrzuckerinversion, welche auch durch Sulfat ver- langsamt, durch Chlorid und Bromid beschleunigt wird), das Gegenstück der Saponifikation die Umwandlung von Diaceton- alkohol in Aceton bei Gegenwart von Basen, wobei Chlorid und noch mehr Nitrat hemmen, Sulfat und Thiosulfat steigern 5). !) Journ. f. prakt. Chem. (2) 33, 265 (1886). Siehe auch: Ostwald, ebenda 28, 449 (1885). 2) Zeitschr. f. physikal. Chem. 1, 110 (1837). ®) Ebenda 2, 194 (1888). *) Löwenthal und Lenssen, Journ. f. prakt. Chem. 85, 321 und 401 (1852). — Spohr, Zeitschr: f. physikal. Chem. 2, 194 (1888). 5) Koelichen, Zeitschr. f. physikal. Chem. 33, 176 (1900). 48 Rudolf Höber, Wir finden also bei alkalischen Reaktionssystemen, daß die Anionen die Reaktion begünstigen in der Reihe: KZENO, < Br <= C < Aketatr 25,0, 250, bei sauren Systemen, daß sie begünstigen in der Reihe: SO, == Or Also gerade wie wir eben bei den Kationen fest- stellten, eine Gegensätzlichkeit im Verhalten je nach saurer oder alkalischer Reaktion des Systems! Da nun, wie weiterhin besprochen werden wird, unter be- stimmten Bedingungen die gleichen Anionenfolgen, wie die eben genannten, bei der Neutralsalzwirkung auf Eiweiß und anderes vorkommen, so wurden zur weiteren Durchführung der Analogie zwischen homogenen und kolloidalen Systemen noch einige Ver- seifungsversuche ausgeführt. Ähnlich wie die Sulfate wirken nämlich auf die Kolloide Tartrate und Oxalate; danach ist zu erwarten, daß diese die Säurekatalyse hemmen, die Saponifikation beschleunigen. Ersteres ist jedoch nicht ohne weiteres zu ermitteln, da Tartrate und Oxalate die Säurekatalyse schon deshalb verlangsamen, weil sie einen Teil der H-Ionen wegfangen!).,. Die Verseifungsversuche lassen sich jedoch durchführen: 1. 40ccm '/,,n-NaOH + 80 cem 2n-K,SO, +4 40cem Y,, n-Äthylacetat. t a K t a K 0 8,30 — 0 8,80 —_ 697 4,60 156,1 222 6,80 153,8 1072 3,73 151,8 417 5,73 159,4 1482 2,98 159,6 775 4,32 159,8 1682 2,81 154,4 933 3,98 159,3 1972 DIGan 150,4 1530 2,92 159,9 2258 2,25 159,3 2133 Dr 156,3 3430 2,17 155,9 2338 2,20 158,8 o 0,28 ul © 0,9. au (6) 0,29 — 16%) 0,30 == — — — (6) 0,23 —_ Mittel . 154 Mittel . 156,7 !) Davon, daß das auch für die Salze der relativ starken Oxalsäure gilt, habe ich mich durch Messung geeigneter galvanischer Ketten überzeugt. Zur Kenntnis der Neutralsalzwirkungen. 49 2. 40cem Yn-NaOH + 80cem 2n-K,(000), + H,O + 40cem Y/,, n-Äthylacetat. t a K t a K 0 8,51 — 0 8,84 — 545 4,98 161,1 738 4,46 159,4 730 4,45 155,8 908 4,05 157,8 900 4,01 155,9 1420 3,13 157,1 1080 3,60 158,6 1560 2,98 155,0 1238 3,29 161,5 1702 2,77 159,3 1547 2,90 159,1 3655 2,32 160,6 @ 0,34 — [60) 0,57 — (6) 0,31 — @ 0,36 — [0>) 0,32 — [0 0,33 — En ee — 63) 0,37 = Mittel . 158,7 | Mittel . 158,2 3. 40cem Y,,n-NaOH + 80cem 2n-K,(C00.CHOH), + 40 cem UV, n-Äthylacetat. ne K ! a K 0 | 8,10 — 0 8,06 — 551 4,70 169,0 826 3,37 168,9 821 3,92 168,3 1122 3,24 171,4 1307 2,94 167,4 1267 3,06 167,2 1755 2,50 167,8 1496 2,82 169,5 2017 2,28 167,4 1555 2,62 174,8 2250 2,10 168,9 1717 2,50 169,6 & 0,28 I = 0,20 Eu & 0,20 a & 0,20 = Mittel . 168,1 Mittel . 170,2 Die Versuche ergaben also folgende Konstanten !), denen ich die vorher bei der Verseifung in Abwesenheit von Neutralsalzen gefundene Konstante beifüge: ll DR | Mittelwerte — 30,11 29,92 30,01 Sulfat . . 31,08 31,34 31,21 Ozalat. . 31,74 31,64 31,69 Tartrat 33,62 34,04 33,83 !) Die berechneten Konstanten sind aus dem S.44 angegebenen Grunde wegen der analogen Versuchsausführung sämtlich durch 5 dividiert. Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 4 50 Rudolf Höber, Wie vorauszusehen war, beschleunigen also auch Tartrate und Oxalate die Verseifung. 6. Der Einfluß der Anionen auf Eiweiß und Leeithin. Bekanntlich stellte Hofmeister fest, daß die Entquellung von Gelatinegallerte und die Fällung von Eierglobulin durch die Anionen der Neutralsalze begünstigt wird in der Reihenfolge: Br < NO, < Cl< Acetat < Tartrat < SO.. Das gleiche gilt, wie wir vorher (8. 38 und 40) sahen, auch für Serumalbumin und für Lecithin. Die Anionen wirken also auf die Entmischung dieser kolloidalen Systeme in genau demselben Sinne fördernd ein, wie sie im alkalischen Reaktionssystem die Esterspaltung fördern. Nun ist aber zuerst von Posternak!) und später von Pauli?) gezeigt worden, daß, wenn man Eiweißlösungen schwach ansäuert, die Reihe für das Fällungsvermögen der Anionen sich umdreht; die Reihe lautet dann: Acetat <= Cl = NO, = br 217 =SEeN: Schon vor längerer Zeit habe ich zuerst darauf aufmerksam gemacht), daß das Analogon hierzu der Anioneneinfluß auf die Esterspaltung in sauren Systemen ist; wir sahen, daß die Reihe dort lautet: SON EHE EBr. Ich habe schon damals hervorgehoben, daß ich die Existenz dieses Parallelismus in den Neutralsalzwirkungen bei homogenen und kolloidalen Systemen nicht bloß für die, Aufklärung der bis heute noch ganz rätselhaften Neutralsalzwirkungen für sehr wichtig halte, sondern ich habe auch betont, daß unsere Vorstellungen vom Verhältnis von Lösungsmittel und Gelöstem, die ja noch keines- wegs als fixierte gelten können, durch diese Tatsachen bestimmte Direktiven erfahren. Ich bemerke das hier noch einmal, weil ich später zeigen will, daß der Parallelismus weiter geht, als aus dem bisher Gesagten erschlossen werden kann. Über den Modus der Umdrehung der Anionenfolge ist nun noch folgendes zu sagen von Wichtigkeit: Wenn man zu einer gewöhnlichen oder einer alkalischen Eiweißlösung, in denen beiden die Anionen im gleichen, vorher genannten Sinne fällend: wirken können, Säure zusetzt, um die Umdrehung der Anionenfolge her- !) Annales de Institut Pasteur 15, 85 (1901). ®) Diese Beiträge 5, 27 (1903). ®) Physikal. Chem. der Zelle und der Gewebe, 1. Aufl., 1902. Zur Kenntnis der Neutralsalzwirkungen. 51 beizuführen, so kann man bemerken, daß die Umdrehung nicht plötzlich bei einer bestimmten Reaktionsstufe eintritt, sondern daß zwischen den beiden gegensätzlichen Reihen Zwischenglieder mit ganz unregelmäßigen Anionenreihen liegen. Dies ist schon aus den vorher zitierten Untersuchungen von Pauli ersicht- lich, geht aber auch besonders deutlich aus folgender Versuchs- reihe hervor, die mir einiges physiologisches Interesse zu haben schein. Man kann nämlich die Umdrehung der Anionen- reihe, ohne Änderung der Reaktion mit Säure oder Lauge, auch eventuell einfach dadurch erzielen, daß man die Konzentration der Salze ändert. Pauli!) hat gezeigt, daß die Hofmeistersche Anionenreihe auch beim Einfluß der Salze auf die Temperatur der Hitzekoagulation von Hühnereiweiß zur Geltung kommt. Bei Wiederholung seiner Versuche mit noch niedrigeren Salzkonzentrationen fand ich folgendes: 1. Koagulationstemperatur bei 0,5n-Salzgehalt. NH, Li Na Rb | Cs | K Acetat . — 61,8 62,4 — —— 62,0 Ola 61,9 61,6 62,6 61,7 65,7 62,0 BriyPl®: 61,9 63,6 64,3 _ 66,2 66,5 INOL ZT; 62,1 65,8 67,0 _ — 66,4 ES 467,0 70,0 70,6 76,2 — 76,5 SON 2 OB 739 Y 76,8 V Ley ZEN 772 2. Koagulationstemperatur bei 0,25 n-Salzgehalt. NA, | Mi Na Rb RER: Acetat . — A 60,2 A 60,2 u \ — A 60,2 | GR 60 60,0 60,6 60,4 61,4 60,2 Br, 24% 59,4 59,6 59,6 — 59,4 60,4 NO, -. || 594 60,0 60,6 ze 60,5 ll na 57,7 58,6 | 59,6 57,5 59,0 61,1 SCN..| 569 37,6 62,7 — = 63,3 3. Koagulationstemperatur bei 0,15 n-Salzgehalt. NH, | EEE Acetat .)..0% 2 a \ 59,0 | 58,8 | 59,5 A ST RR TR 59,4 | 59,0 59,6 59,3 | TE 57,2 37,5 57,8 57,6 SO 56,7 57,0 58,0 = 1) Pflügers Arch. 78, 315 (1899). 59 Rudolf Höber, Man sieht, daß bei Verwendung von 0,5n-Salzlösung die Koagulationstemperatur in der Richtung vom Acetat zum Rho- danid ansteigt, bei Verwendung von 0,15 n-Salzlösung umgekehrt in der Richtung vom Rhodanid zum Acetat. Die Konzentration 0,25n bedeutet dann aber eine Zwischenstellung; denn bei den Kalisalzen läuft hier die Anionenreihe invers im Verhältnis zu den übrigen Salzen, bis auf die Na-Salze, die indifferent sind bzw. eine irreguläre Anionenstellung bedingen, welche aber auch schon bei den Li-Salzen angedeutet ist. Man kann sich übrigens leicht davon überzeugen, daß die höhere Salzkonzentration dasselbe leistet, wie ein wenig Lauge, die niedere dasselbe wie ein wenig Säure; die beiden folgenden Tabellen zeigen dies ohne weiteres: 4. Koagulationstemperatur bei 0,ön-Salz- und 0,015n-Schwefel- säuregehalt. | NH, | Na | K Acetat. . — 62,2 61,9 VIER 50,7 2 | 50,4 | Bram. 45,4 — — IND — — Rate 36,0 39,6 39,4 SEN, 2% 28,2 37,0 32,0 5. Koagulationstemperatur bei 0,15 n-Salz- und 0,00125 n-Natron- laugegehalt. | Na | K Acetat . . | "63,6 | 59,6 BIETE 64,6 64,6 Tas 2 73,6 78,0 SICHNIE Er: 35,04 79,4.) Bei 0,5n-Salzgehalt, bei dem vorher die Anionenreihe vom Acetat zum Rhodanid gerichtet war, läuft sie also unter gleich- zeitigem Zusatz von etwas Säure so, wie vorher bei 0,15 n-Salz- gehalt, d. h. vom Rhodanid zum Acetate Und Laugenzusatz bewirkt bei 0,15n-Salzgehalt gerade das Umgekehrte. Schließlich ist noch zu sagen, daß man diese Einflüsse der Salzkonzentration nicht bloß bei Hühnereiweiß, sondern auch bei Lösungen von reinen Eiweißkörpern, z. B. von Serumalbumin, beob- Zur Kenntnis der Neutralsalzwirkungen. 55 achten kann, wenn man vorher durch geeigneten Lauge- oder Säure- zusatz für eine entsprechende indifferente Reaktion sorgt; z. B.: 6. Koagulationstemperatur von Serumalbumin in Kalisalz- lösungen. 0,5n | 0,15n le 55,6 47,9 a ee 58,0 33,4 Die Prüfung der Reaktion mit der Indikatorenmethode !) ergab, daß hier die Umkehr durch Salzkonzentrationsänderung bei einem H+-Gehalt von etwa 10% eintrat. Die angeführten Versuche sind in zweierlei Hinsicht von Be- deutung. Erstens existieren Anhaltspunkte, wenn auch noch keine guten Beweise dafür, daß verschiedene physiologische Funktionen durch die verschiedenen Anionen bald in dem einen, bald in dem anderen Sinne der nun oft genannten Aufeinanderfolge abgestuft werden können 2); für die Erklärung solcher Erscheinungen kämen die oben angeführten Experimente mit in Frage. Zweitens er- weisen sich die Reihen 50, < Cl < Br < J und ihr Spiegel- bild als Grenzfälle, die mit Bestimmtheit nur bei einem gewissen Grad von saurer oder alkalischer Reaktion auftreten; zwischen diesen Grenzreihen liegen aber, wie wir sahen, alle möglichen Übergangsreihen, die je nach Reaktion und Salzkonzentration verschieden lauten können. Und da wir die Grenzreihen bei aus- gesprochen saurer und alkalischer Reaktion auch für die Ester- spaltung gültig fanden, so können wir es als wahrscheinlich an- sehen, daß auch bei diesem Vorgange in einem homogenen System, oder auch bei ähnlichen Vorgängen im homogenen System, auf welche die Neutralsalze einwirken, eventuell, d. h. bei geeig- neter, vom Neutralpunkt nicht weit entfernter Reaktion, die eine oder‘ andere Übergangsreihe in Erscheinung treten kann, welche dann nur im Zusammenhang mit den anderen Reihen, zumal den Grenz- reihen, erklärbar wird, während sie ohne Rücksichtnahme auf diesen Konnex den Eindruck einer unverständlichen Ausnahme von der Regel machen muß. Auf solche Ausnahmen bei Vorgängen in homagenen Systemen, die vielleicht als Übergangsreihen zu deuten sind, werde ich nachher zu sprechen kommen. !) Siehe Salm, Zeitschr. f. physikal. Chem. 57, 471 (1907). 2) Siehe Höber, Physikal. Chemie der Zelle und der Gewebe. 2. Aufl., 1906, 8. 977. 54 Rudolf Höber, 7. Noch einmal der Einfluß der Alkaliionen auf die Fällung von Hühnereiweiß. \ Sobald man den Einfluß der Alkalikationen auf den Lösungs- zustand von Eiweiß in Gegenwart verschiedener Säure- oder Laugen- mengen untersucht, so wie es oben in der analogen Art und Weise für den Anioneneinfluß geschehen ist, so werden nun mit einem Male die nach den vorher (8. 36ff.) angegebenen Experimenten anscheinend so komplizierten Verhältnisse beim relativen Fällungs- vermögen der Kationen ganz verständlich. Folgendes wurde früher festgestellt: l. Die Kationen ordnen sich nach ihrem Fällungsvermögen gegenüber dem Eiweiß in allerlei unregelmäßige Reihen, welche, je nach dem begleitenden Anion, verschieden lauten und welche meist in keiner Beziehung zu der nach der Abstufung der chemi- schen oder elektrochemischen Eigenschaften gebildeten Reihe stehen (S. 36 bis 38). 2. Beim Einfluß auf die Esterzersetzung ordnen sich die Kationen in eine ganz andere Reihe, als beim Einfluß auf das Eiweiß, nämlich in die Reihe der Atomgewichte; dabei lautet die Reihe für die Wirkung bei alkalischer Reaktion gerade umgekehrt, wie für die Wirkung bei saurer Reaktion (S. 47). 3. In Gegenreihen ordnen sich die Kationen auch, je nachdem sie auf Eiweiß oder auf Lecithin wirken ($. 40). Vergegenwärtigt man sich jetzt diese Fakten noch einmal, so erinnern sie offenbar an mehrere Erscheinungen, welche soeben beim Studium der Anionenwirkungen erkannt wurden, nämlich: 1. findet man, daß die eben als „Übergangsreihen“ gekenn- zeichneten Anionenfolgen zum Teil je nach dem begleitenden Kation oder auch sonst je nach der Konzentration des Salzes ver- schieden lauten; | 2. ist festgestellt, daß man von dem Gebiete der variablen Übergangsreihen durch Herstellung von saurer oder alkalischer Reaktion zu konstanten Endreihen gelangen kann, welche gleich lauten, aber einander entgegengesetzt gerichtet sind. Diese Beziehungen legen es nahe, den Kationeneinfluß auf die Kolloide auch in Gegenwart wechselnder Säuren- und Laugenkonzentrationen zu untersuchen. Darüber existierte bisher bloß die kurze Angabe von Poster- nak!), daß in saurer Lösung das Fällungsvermögen gegenüber !) Annales de l’Institut Pasteur 15, 85 (1901). i Zur Kenntnis der Neutralsalzwirkungen. 55 Eiweiß steigt in der Reihenfolge: NH,, K > ” 16 ” ee Ash 2,2 ” ” Zusammen = 20,7 ccm Y,n-Na0H lccm Denkerosernulsion + 5ecm Mandelöl verbrauchten nach 6 Stunden 5,5cem Y.n-NaOH. II. Pankreas eines normalen Kaninchens mittlerer Größe. /, ccm Pankreasemulsion bildet, wie oben behandelt, aus 19 Weizen- stärke in Y, Stunde 60,5 cg Zucker (Mittel aus zwei Bestimmungen). Ill. 2,400kg schweres Kaninchen, 36 Stunden nach Unterbindune und Durchschneidung des Wirsungschen Ganges. !/,cem Pankreasemulsion bildet aus 1g Weizenstärke: 36,8cg Zucker, (Mittel aus zwei Bestimmungen). l1ccem Pankreasemulsion + lccm Galle (von der Gallenblase desselben Kaninchens') + 5cem Mandelöl: nach 3 Stunden gebildete Fettsäuren ent- SPLeChend mu an. ee 9,4 ccm Y.n-Na0OH nach 6 Stunden weitere . . „2. .7.. BET, e Zusammen: 12,3cem \/.n-Na0OH IV. 2,100 kg schweres Kaninchen , vier Tage nach Unterbindung und Durchschneidung des Wirsungschen Ganges. /), ccm Pankreasemulsion bildet, wie oben geprüft: 28,1 cg Zucker (Mittel aus zwei Bestimmungen). lcem Pankreasemulsion + lccm Galle (von demselben Tiere) + 5cem Mandelöl: nach 3 Stunden im Brutschranke Fettsäuren . 6,2cem n-NaOH el 5 WEItere si een: 0,8 ER ” Eee LEN Zusammen: 7,0cem Y,,n-Na0H !) Die Galle der schon operierten Kaninchen besitzt keine lipolytische Wirksamkeit, wie ich bereits beim Hunde nach einem solchen Eingriff beob- achtet habe. Da ich ferner bemerkt habe, daß auf das lipolytische Pankreas- enzym die Galle verschiedener Tiere verschieden einwirken kann, so gebe ich Fall für Fall an, von welchem Tiere die angewendete Galle stammte. Über die enzymatische Wirksamkeit des Pankreas. 87 - VW. 2,200kg schweres Kaninchen, neun Tage nach Unterbindung und Durchschneidung des Wirsungschen Ganges. '/), eem Pankreasemulsion bildet, wie oben geprüft: 14 cg Zucker (Mittel aus zwei Bestimmungen). lecm Pankreasemulsion + lcem Galle (von demselben Tiere) + 5 ccm Mandelöl benötigen: DACHT3ESIUNGEN".. u. na res 3,8cem /.n-NaOH e6 » weiteren. Sa ee 14 „ = Zusammen: 5,2ccm /.n-Na0OH VI. 2,350 kg schweres Kaninchen, 14 Tage nach Unterbindung und Durehschneidung der Duktus. /, ccm Pankreasemulsion bildet, wie oben geprüft: 60 cg Zucker (Mittel aus zwei Bestimmungen). leem Pankreasemulsion + lccem Galle (von demselben Tiere) + 5cem Mandelöl. Nach 3 Stunden Fettsäuren 1,5 ccm Y,n-NaOH. lccm Pankreasemulsion + 2ccm Rindergalle + 5cem Mandelöl ver- brauchten nach 6 Stunden 2,8ccm Y,n-NaOH. VI. 3,050 ke schweres Kaninchen, 19 Tage nach Unterbindung und Durchscehneidung der Duktus. /, cem Pankreasemulsion bildet, wie oben geprüft: 52 eg. Zucker (Mittel aus zwei Bestimmungen). z lcem Pankreasemulsion + l1ccm Galle (von demselben Tiere) + 5ccm Mandelöl verbrauchen nach '3 Stunden lcem \/.u-Na0OH, nach 6 Stunden weitere 2 Tropfen '/,n-NaOH. -VIII. 2,200 kg schweres Kaninchen, 28 Tage nach Unterbindung und Durchschneidung der Duktus. !/, ccm Pankreasemulsion bildet, wie oben behandelt, nach einer halben Stunde nicht bestimmbare Spuren Zucker (eine Bestimmung); nach drei Stunden im Brutschranke 2,5 cg. lcem Pankreasemulsion 4 l1ccm Galle (von demselben Tiere) + 5cem Mandelöl verbrauchten nach 6 Stunden 0,6 cem '/,n-NaOH. IX. 1900kg schweres Kaninchen, 35 Tage nach Unterbindung und Durchschneidung der Duktus. /,cem Pankreasemulsion bildet, wie oben behandelt, in einer halben Stunde 13cg Zucker (eine Bestimmung); nach 3 Stunden 35 cg (eine Bestim- mung). lccm Pankreasemulsion + lccm Galle (von demselben Tiere) + 5cem Mandelöl verbrauchen nach 6 Stunden 0,8ccm \/,n-Na0OH. In diesem Falle bemerkt man, besonders in bezug auf die Amylolyse, eine größere Wirksamkeit als in den zwei vorhergehenden Versuchen. Be- achtenswerterweise war aber eben in diesem Falle eine größere Menge von Epithelelementen (Zellhaufen, Schläuche und Gänge), wenn auch verändert, nachweisbar. 38 Ueo Lombroso, X. 2,500 kg schweres Kaninchen, 54 Tage nach Unterbindung und. Durchschneidung der Duktus. '/,ecm Pankreasemulsion bildet, wie oben behandelt, in einer halben Stunde keinen Zucker; nach 6 Stunden finden sich unbestimmbäre, ganz ge- ringe Spuren. 2ccem Pankreasemulsion bilden aus 1& Weizenstärke (in 30 ccm destil- ‚liertem Wasser gekocht) in 6 Stunden unbestimmbare Spuren Zucker. lcecm Pankreasemulsion + lccm Hundsgalle (die Gallenblase des Ka- ninchens wurde vollkommen leer gefunden) + 5cem Mandelöl verbrauchten nach 6 Stunden 1,2cem Y,,n- NaOH. XI. 2,900 kg schweres Kaninchen, 90 Tage a Unterbindung und Durchschneidung der Duktus. '/,cem Pankreasemulsion bildet, wie oben behandelt, in einer halben Stunde keinen Zucker. 2ccm Pankreasemulsion bilden aus 1g Weizenstärke in 6 Stunden un- bestimmbare Spuren Zucker. 2ccm Pankreasemulsion bilden aus1g errnskis in 24 Stunden 4 cg Zucker. lcem Pankreasemulsion + l1ccm Galle (von demselben Tiere) + 5 ccm Mandelöl verbrauchten nach 6 Stunden 1,6 cem Yon-NaOH. Fig.1. Amylolyse. 0: 1 22 2 9 en 1072808 an ana Be ERROR ex ---- Enzymatische Wirksamkeit, nach dem Schützschen Gesetz berechnet. Enzymatische Wirksamkeit in Prozenten. In vorstehendem Schema stelle ich graphisch die Zahlen der enzymatischen Tätigkeit des Kaninchenpankreas dar, gegenüber den Werten, denen sie nach dem Scehützschen Gesetze entsprechen. Über die enzymatische Wirksamkeit des Pankreas. S9 Die Ergebnisse der mitgeteilten Versuche zeigen, daß nach der Unterbindung und Durchschneidung des Wirsungschen Ganges beim Kaninchen eine rasche und starke Abnahme der enzyma- tischen Tätigkeit des Pankreas eintritt. In einer verhältnismäßig kurzen Zeit (14 bis 19 Tage) ist diese so herabgesetzt, daß sie bei weitem nicht mehr mit derjenigen der normalen Drüse verglichen werden kann (weniger als 1/0 derselben nach der Schütz- Borissowschen Regel!).. In einer vom Eingriff noch weiter ab- stehenden Zeit wird diese Wirksamkeit noch geringer, so daß sie nur als ein Überbleibsel der normalen, ähnlich der fast allen Ge- weben eigenen Wirksamkeit angesehen werden kann. Fig.2. Lipolyse. 100 —-—--— Enzymatische Wirksamkeit, nach dem Schützschen Gesetz berechnet. Enzymatische Wirksamkeit in Prozenten. Die Abnahme der enzymatischen Tätigkeit ist eine allmäh- liche. In einigen Fällen wurde eine gewisse Abweichung von dieser Erscheinung beobachtet, jedoch in so geringem Maße, daß dies in die Fehlergrenze der angewandten Bestimmungsmethode fällt; jedenfalls wird dadurch die Erscheinung in ihrem Wesen nicht beeinträchtigt. Wir haben oben erwähnt, daß Tiberti!) die Leistungsfähig- keit des Kaninchenpankreas nach Unterbindung des Wirsungschen !) Tiberti, Lo Sperimentale, 1. e. 90 Ugo Lombroso, Ganges zu untersuchen unternommen hatte. Dieser Forscher be- hauptet, daß in den ersten Tagen eine Anhäufung der sogenannten Zymogenkörnchen, hierauf allmählicher Schwund der alten und end- lich nach einer gewissen Zeit (30 bis 40 Tagen) Bildung von neuen, auch in bezug auf ihren Zymogenkörnchengehalt vollkommen nor- malen Drüsenschläuchen erfolgt. Nimmt man die von Tiberti gegebene Beschreibung im wesentlichen an, und vergleicht man die von ihm betreffs der Zymogenkörnchen erzielten Ergebnisse mit demjenigen, was wir in bezug auf die Enzymwirkung des Pankreas beobachtet haben, so sieht man, daß die Abnahme der letzteren von dem Gehalt an Zymogenkörnchen unabhängig ist. Tatsächlich haben wir eine Ab- nahme der Enzymwirkung auch in der Zeit (36 bis 60 Stunden) gesehen, in der die Körnchen abnehmen sollen, und eine gewisse Wirksamkeit zu einer Zeit, in der sie vollständig geschwunden sind; schließlich haben wir die Abwesenheit der Enzymwirkung zu einer Zeit beobachtet, in der nach Tiberti die Körnchen wieder- erscheinen. Diese Beobachtungen können vielleicht zur Beantwortung der schon von vielen erörterten und noch strittigen Frage über die Be- deutung der Zymogenkörnuchen beitragen. Obgleich die Mehrzahl der Forscher dazu neigt, sie als Anhäufungen von Profermenten anzusehen, bezweifelt Laguesse, der in diesem Gegenstande so kompetente Forscher, auf Grund eigener Untersuchungen diese Deutung. Laguesse!) schreibt: ... . „nous tendons & croire, qu'il faut seulement modifier ou preciser l’acception actuelle du mot, et entendre pour grain de zymogene, non pas, A proprement parler, un prestade de la trypsine, mais une substance albumoide speciale, capable seulement & donner naissance A la longue (par une sorte de fermentation probablement) et par petites quantites longtemps renouvables, ä& une trypsine tres active sous un faible volume.“ Wenn aber auch meine Untersuchungen gezeigt haben, daß das Sekret des Kaninchenpankreas eine gewisse Zeit nach der Unterbindung und Durchschneidung des Ausführungsganges keine der äußeren enzymatischen Eigenschaften besitzt (außer auf die Amylase und Lipase habe ich auch auf die Trypsinase usw. ge- prüft), so kann man ihm doch noch nicht alle enzymatische Tätig- keit absprechen. Man darf nämlich nicht vergessen, daß nach !) Laguesse, Le Panereas. Lyon 1906. Über die enzymatische Wirksamkeit des Pankreas. 9] einigen Autoren [|Laguesse!), Diamare?2), Lepine?°) u. a.] die innere Funktion des Pankreas sich durch eine innere Sekretion ausdrücken soll; man könnte also vermuten, daß die Körnchen unter diesen Verhältnissen die Zymogene darstellen, welche bei der inneren Funktion in Tätigkeit treten. B. Versuche mit Hundepankreas nach Unterbindung und . Durehschneidung der Ausführungsgänge. Über die enzymatische Tätigkeit des nicht mehr in den Darm sezernierenden Hundepankreas sind schon Versuche angestellt worden; doch waren sie höchst einfach und hatten einen von dem unsrigen ganz verschiedenen Zweck. Man wollte nämlich dabei bloß ermitteln, ob unter die Haut transplantierte oder nach Aus- schneidung des Pankreas in der Bauchhöhle zurückgebliebene Pankreasstücke noch funktionsfähig blieben. Dazu genügte die qualitative Bestimmung der Fermentwirkung. Tiroloix*), Hedon’), Minkowski®) u. a. führten derartige Versuche aus, ohne vor- her festzustellen, ob das in Frage stehende Pankreasstück noch Sekret abscheiden konnte oder nicht. Nun gingen aber diese Forscher eben bloß auf die Ermittelung der Frage nach der Funk- tionsfähigkeit der Pankreasstücke aus”), und konnten feststellen, daß wenigstens qualitativ die enzymatischen Eigenschaften erhalten blieben. Ich habe in der angegebenen Weise die amylolytische und lipolytische Wirksamkeit des Pankreas von sieben Hunden nach Unterbindung und Durchschneidung beider Duktus und bei vier Hunden die Wirksamkeit des zwischen den Peritonealblättern jenseits vom Hauptduktus und au dem dem Pylorus entgegengesetzten Ende gelegenen freien und beweglichen Pankreasanteils nach Verpflanzung ‚unter die Bauchhaut untersucht. !) Laguesse, Le Pancreas. Lyon 1906. 2) Diamare, Journal international d’Anatomie VII, 1899. Studi com- parativi sulle insule del Langerhans del Pancreas. ®) Lepine, Semaine mediecale, 2. Decembre 1903. De la Glycolyse dans ses rapports avec le diabete. *) Tiroloix, Arch. de Phys. 1892, p. 716. >) Hedon, Arch. de medicine experimentale 1893, p. 695. °) O0. Minkowski, Untersuchungen über den Diabetes mellitus. Leipzig 1893, 3. 35) 7) Diese Untersuchung stellt eine der Grundlagen dar, auf die sich die Lehre von einer inneren Funktion des Pankreas stützt; solange das Pan- kreasstück erhalten blieb, trat kein Diabetes auf. Dieser hing also nicht mit der äußeren, sondern mit der anderen Pankreasfunktion zusammen. 923 - Ugo Lombroso, ER Normaler Hund, 7,900 kg schwer. ER eem Pankreasemulsion, wie oben geprüft, Free 580g Ziehen lccm Pankreasemulsion — 1lccm Hundegalle + 5cem Mandelöl ver- brauchten nach einer Stunde im Brutschranke 33cem '/ıo n-NaOH. I; Hund, 8,400 kg schwer, 40 Tage nach Unterbindung und Durch- schneidung der Duktus. '/,ecm Pankreasemulsion, wie oben geprüft, ‚bildete 39 eg Zucker. 1ccm Pankreasemulsion # 1cem Hundegalle- + 5cem Mandelöl ver- brauchten nach einer Stunde im Brutschranke 24,5 cem /,,n-NaOH. III. 9,300 kg schwerer Hund, 14 Tage nach Unterbindung. und Durch- schneidung der Duktus. ),cem Pankreasemulsion, wie oben geprüft, bildete 21 cg Zucker. lccm Pankreasemulsion = 1 cem Hundegalle Oxybutter- Tag Stickstoff| Zucker | Aceton Se Injizierte Substanz 8 8 mg 8 2. 9,60 27,3 410,6 1,70 3. 11,09 30,2 583,8 2,87 4. 9,28 27,9 305,0 1,29 | 9,48 Azelainsäure (> mr). Mit der berechneten Menge | NaHCO# neutralisiert. Zu Ende des Versuches Hund | schwer krank, erholt sich. Aus °°%, 000 des wie oben behandelten Urins 2,33& Substanz. Schmelz- punkt 106,5°. Sebacinsäure. - Käufliches Mercksches Präparat, aus Wasser einmal um- kristallisiert. Schmelzpunkt 132,50. Versuch IX). Gewicht des Hundes: 7700g. 1,2g Phlorizin. : Oxybutter- Tag Stickstoff Zucker | Aceton ee | Injizierte Substanz 8 gs mg g $) 7,84 20,2 260,1 0,73 = 6,82 17,5 960,1 0,39 4. 7,58 20,8 131,4 0,22 oe Sepsis Fr). Mit der berechneten Menge | | NaHCO3 neutralisiert. Aus °°% 0. des Urins vom dritten Versuchstage werden nach einmaligem Umkristallisieren aus Wasser unter Zusatz von etwas Tierkohle 2,289 Säure gewonnen. Schmelzpunkt 132,5°. ‘) In diesem Versuche zeigte die Acetonkörperausscheidung keinen all- mählichen Anstieg, wie wir ihn sonst immer beobachtet hatten; einen Grund hierfür (Versehen bei der Injektion des Phlorizins?) können wir nicht an- geben. 108 Julius Baer u. L&on Blum, Einwirkung chemischer Substanzen usw. Versuch X. Gewicht des Hundes: 7700g. 1,2g Phlorizin. . h Oxybutter- Tag Stiekstoff| Zucker | Aceton un Injizerte Saba g g mg g 2 8,83 25,0 301,1 1,34 3 8,25 23,0 533,9 232 4 8,59 23,7 393,9 1,36 10,1 g Sebaeinsäure (2 nn )- Mit der berechneten Mense NaHcCO? neutralisiert. Aus **%,o00 Urin des Versuchstages auf gleiche Weise wie in Versuch IX 0,33 g kristallinische Säure erhalten. Versuch XI. Benzoösäure. Gewicht des Hundes: 12000g. 2g Phlorizin. Tag Stickstoff| Zucker | Aceton Oxybutter- säure Injizierte Substanz g g mg g 2 9,57 29,1 626,9 — 3 9,76 27,5 1,29 — 4 12,50 25,6 1,41 = 7,2 8 benzo&saures Na Y. Mol. j ( 2 7 nn )- Subcutan im h 2 Portionen. 2 Hund sehr schwer krank, er- holt sich. v1. Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäure- stoffwechsel. Von Privatdoz. Dr. Wilhelm Wiechowski, Assistenten am Institute. (Aus dem pharmakologischen Institute der deutschen Universität Prag.) (Ausgeführt mit Unterstützung der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen.) 1. In einer früheren Mitteilung!) habe ich gezeigt, daß Harn- säure durch überlebende Hundeleber und Rinderniere zu Allantoin oxydiert wird. Die Reaktion erwies sich als eine vollständig- ver- laufende: die Harnsäure wurde restlos zersetzt. Außer dem Allantoin wurde kein anderes stickstoffhaltiges Produkt bei dieser Zersetzung gefunden, das Allantoin aber nahezu in quantitativer Ausbeute erhalten. Die Bedeutung dieses Befundes für das Schicksal der Harn- säure im Säugetierorganismus war noch durch entsprechende Ver- suche am Lebenden darzutun, da die über diesen Gegenstand bis- her veröffentlichten Versuche die Frage des Schicksals der Harnsäure teils nicht entscheiden, teils in einem anderen Sinne zu beantworten scheinen als die erwähnten Zersetzungsversuche. Die hier interessierende Literatur über das Quale der Harn- säurezersetzung durch das Säugetier und über das Vorkommen von Allantoin im normalen Säugetierharne habe ich in der erwähnten Abhandlung bereits zusammengestellt. — Es genüge daher, hier nur kurz noch einmal folgendes zu erwähnen: Salkowski?) einerseits und L. B. Mendel mit seinen Schülern Brown?) und White) andererseits haben bei Hunden und Katzen !) Diese Beiträge 9, 295, 1907. ?) Zeitschr. f. phys. Chem. 35, 494—500. .. °) Amer. Journ. of Phys. 3, 261—270. “) Ebenda 12, 85—94. 110 Wilhelm Wiechowski, nach Harnsäurezufuhr (per os oder intravenös) Allantoin mehr oder minder reichlich im Harn nachweisen können. Eine Vorstellung aber über das Ausmaß dieser Allantoinausscheidung im Verhältnis zur Menge der eingeführten Harnsäure gestatten diese Versuche, abgesehen von den unzulänglichen Methoden der Allantoinbestim- mung, deshalb nicht, weil weder auf eine eventuell vorhandene normale Allantoinausscheidung Rücksicht genommen, noch auch stets der unverändert ausgeschiedene Teil der beigebrachten Harn- säure bestimmt wurde, und übrigens die Resorption der Harnsäure im Darm des Hundes ungenügend ist. Poduschka!) und Pohl?) haben nach Zufuhr mäßiger Mengen von Harnsäure per os kein Allantoin im Hundeharn nachgewiesen. Desgleichen hat Swain?) nur nach sehr großen Harnsäuredosen Allantoin im Harn von Hunden gefunden. Während es dergestalt also noch nicht end- gültig entschieden ist, in welchem Umfange Hunde nach Harn- säurezufuhr Allantoin ausscheiden bzw. ob sie dies überhaupt tun, geben Salkowskit) und Mendel und White5) übereinstimmend an, daß Kaninchen nach Harnsäurefütterung (bzw. Injektion) kein Allantoin im Harn ausscheiden. Daraus folgerte man, daß die Pflanzenfresser im Gegensatz zu den Fleischfressern Harnsäure zu Harnstoff abbauen und dachte wohl an einen generellen Unter- schied inı Wesen der Urikolyse zwischen diesen Säugetiergruppen $). Was nun das für den Harnsäurehaushalt des Säugetieres ebenso wichtige Vorkommen von Allantoin in normalen Harnen anlangt, so ergibt sich aus der Literatur, daß nur gelegentlich Allantoin in normalen Harnen gefunden wurde und man es dem- gemäß nicht als einen regelmäßigen (normalen) Harnbestandteil anzusehen gewohnt ist. Das geht auch daraus hervor, daß in allen angeführten Versuchen eine solche normale Allantoinausscheidung gänzlich unberücksichtist bzw. unerwähnt bleibt. Als erster fand Salkowski’”) Allantoin im Harn mit Fleisch gefütterter Hunde, ein Befund, der dann namentlich von Mendel und seinen Mitarbeitern bestätigt wurde. Dagegen konnte Mendel im Harn von mit Fleisch gefütterten Katzen kein Allantoin finden. In großem Umfange ') Arch. f. exper. Path. u. Pharm. 44, 59. :) Ebenda 48, 367. ®) Amer. Journ. of Phys. 6, 38—47. A, 2.0. 7 A.03.20. °%) R. Burian, Die Bildung und Ausscheidung der Harnsäure beim Menschen. Med. Klinik 1905 und oben 8.12 u. 16 des Separatabdruckes. 7).B.,.B. 329: Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. 111 wurde ferner Allantoin im Hunde- und Katzenharn bei purin- reicher Ernährung nachgewiesen. Während Meissner!) im Jahre 1868 in zwei Kaninchenharnen Allantoin fand, wurde es, wie ge- sagt, in neuerer Zeit hier stets vermißt?), dagegen wies es Sal- kowski3) in normalem Kuhharn nach, und dieser Befund ist wohl mit Rücksicht auf die bisherigen Anschauungen über das Wesen der Pflanzenfresserurikolyse von großer Bedeutung. Die Abwesenheit von Allantoin in den meisten Harnen würde nun a priori nicht beweisen, daß es nicht intermediär im Stoff- wechsel gebildet wird. — Mendel und White (l. c.) sowie Swain (l. ec.) machen in der Tat diese Annahme, wobei sie sich auf Versuche von Luzzatto®) stützen, der nach Allantoinzufuhr beim Kaninchen vermehrte ÖOxalsäureausscheidung gefunden hat. — Doch muß hier die erwiesene Unangreifbarkeit des Allantoins im Hundeorsanismus [Minkowski’), Poduschka®)] zur Vorsicht mahnen, ohne weiteres bei anderen Säugetieren eine weitgehende Allantoinzersetzung anzunehmen. Inı Gegenteil, es war eher zu vermuten, daß, wenn Allantoin im Lebenden ebenso aus Harnsäure entsteht wie in überlebenden Organen, es im Harn auch gefunden werden müsse. In diesem Sinne nun stimmen meine zitierten Zersetzungsversuche mit der Mehrzahl der publizierten Befunde nicht überein. Ich habe daher das Allantoin von neuem nach Harnsäurefütterung bzw. Injektion im Harn gesucht. Da die teilweisen Widersprüche in der Literatur dieses Gegen- standes durch Mängel der Methodik hervorgerufen sein konnten und mir Versuche mit den bisherigen Methoden der Allantoin- bestimmung keine befriedigenden Resultate geliefert haben, suchte ich nach einer neuen Methode. Nach vielfachen Versuchen bin ich schließlich zu einem Verfahren gelangt, welches ermöglicht, Allantoin aus Harn quantitativ und analysenrein, kristalli- siert abzuscheiden. Die Methode beruht auf der Beobachtung, daß eine verdünnte Lösung von Mercuriacetat bei Gegenwart von viel Natriumacetat das Allantoin quantitativ als weißen Niederschlag ausfällt. Im Harn, der mit Phosphorwolframsäure, Blei- und Silber- acetat gereinigt ist, fällt eine 0,5 proz. mit Natriumacetat versetzte !) Zeitschr. f. rationelle Medizin 31, 303. ®) L. B. Mendel und B. White, 1. c., p. 86. ®) Zeitschr. f. phys. Chem. 42, 213 (1904). “) Ebenda 36, 537—543 (1903). 5) Arch. f. exp. Pathol. u. Pharm. 41, 375 (1898). °) Ebenda 44, 59 (1900). 112 Wilhelm Wiechowski, Quecksilberacetatlösung nur das _Allantoin, dieses ‚aber vollständig aus. Aus dem gewaschenen und mit Schwefelwasserstoff zer- setzten Niederschlage kristallisiert das Allantoin beim Eindampfen sofort schmelzpunktrein aus (siehe Methodik S.121). | 2. Die normale Allantoinausscheidung. Die Anwendung dieser Methode auf verschiedene Tierharne führte zu dem überraschenden Resultat, daß in allen untersuchten Harnen von Hunden, Kaninchen (einer Katze und einem Affen) Allantoin in reichlicher Menge vorhanden war und selbst nach vieltägigem Hungern nicht daraus verschwand. Ja, es zeigte sich, daß die Allantoinausscheidung von vorher mit Hafer gefütterten Kaninchen und fleischfrei ernährten Hunden im Hunger!) gar nicht abnahm. Gesamt-N Fortl. des Harns Allan- | Harn- Num- Tierart von toin |säure Ernährung mer 94 Stund. | g g 8 1. 2 Hund A, 3450g 4,70 0,19 | — |/Semmeln und Fett. 2; 5 3450 „ 3,86 028 —- ‚Fleisch, Speck, Semmeln. 3% 2 3450 „ 137 | 021 | — |seit 48 Stunden Hunger. 4. | 5 3450 „ 1,38 0,18 | — |seit 3 Tagen Hunger. D). e 2860 „I 1,36 0,19 | — |seit 7 Tagen Hunger. 6. ® Hund B 1,20 0,28 | 0,02 |seit 24 Stunden Hunger. ; früher Semmeln und Fett. Te # 5250 „ 1,43 0,29 | 0,02 |seit 4 Tagen Hunger. 8. || o' Kaninchen I, 1550 „ — 0,099 | — Hafer. , = 12505 — 0,11 ı — |seit 4 Tagen Hunger. 10. | o‘ Kaninchen II, 1320 „ 0,39 015 | — Hafer. 18 e 1320 „ 0,49 0,14 | — Hafer. 12. | & Kaninchen III, 1680 „ 0,70 0,09 | 0,02 || Hafer. 13. 5 1680 „ — 0,10 | — || Hafer. 14. | &' Kaninchen IV, 1620 „ 0,74 0,14 | 0,009 | Hafer. 15. A 1630, | 0,76 | 0,13 | 0,008 | Hafer. 16. 60 cem Katzenharn — 0,09 | 0,003 x 17. | 100ccm Affenharn — 0,10 0,000 | ? kein Fleisch. !) Nach Abschluß dieser Arbeit erschien der Bericht über die Sitzung der Society for Experimental Biology and Medicine in New York vom 22. Mai 1907 im Zentralbl. f. Physiol. 21, 295, demzufolge F. P. Underhill in dieser Sitzung über „das Vorhandensein von Allantoin im Urin von fastenden Hunden“ berichtet hat. Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. 113 Wir haben also das Allantoin als ein konstantes Pro- dukt des inneren Stoffwechsels der genannten Tiere an- zusehen. Bei Berücksichtigung des Befundes von Salkowski!), daß normaler Kuhharn reichlich Allantoin enthält, liegt es nahe, anzunehmen, daß diese Erkenntnis für alle Säugetiere Geltung habe. Von Wichtigkeit erscheint insbesondere auch mit Rücksicht auf die negativen Befunde von Salkowski (l. ec.) und Mendel und White (l. c.) das regelmäßige Vorkommen von Allantoin im Kaninchenharn und im Hinblick auf das noch zu erwähnende Ver- halten des Menschenharns, das Vorkommen von Allantoin im Harn des Affen. Die Betrachtung der Tabelle lehrt ferner, daß der Allantoin- wert des 24stündigen Harns für ein und dasselbe Tier bei purin- freier Kost eine sehr konstante Größe besitzt, trotz ausgiebiger Schwankungen der täglichen Gesamtstickstoffausscheidung (Nr. 1 und 3, 4, 5; ferner 6 und 7, sowie 10 und 11 der Tabelle), und daß die täglich ausgeschiedene Allantoinmenge verschiedener Individuen (Kaninchen) in keinem Verhältnis zu ihrem Gewichte und der Größe ihrer täglichen Gesamtstickstoffausscheidung steht. Diese Regelmäßigkeit stimmt gut mit den Erfahrungen überein, die man über die Konstanz der Purinausscheidung beim Menschen gemacht hat, bzw. mit der Unabhängigkeit der endogenen Harnsäuremenge des Harns von der (purinfreien) Ernährung (vgl. Burian und Schur?2). — Das Quantum der täglichen Allantoinausscheidung bei purinfreier Kost erscheint so als ein zahlenmäßiger Ausdruck für die Individualität eines Tieres, und stellt vielleicht ein prägnanteres Maß für die reagierende Masse des Organismus dar als sein Gewicht. Die Größe der Allantoinausscheidung ist verhältnismäßig be- trächtlich. Mittelgroße Kaninchen scheiden pro die 0,10 bis 0,15, kleine Hunde (von 3,5 bis 5kg) 0,2 bis 0,35 Allantoin aus. Jeden- falls ist die Ausscheidung groß genug, um den Wert des nach den gebräuchlichen Methoden bestimmten Harnstoff-N deutlich zu beeinflussen, der ja z. B. nach den Methoden von Mörner-Sjögqvist oder Pflüger-Schöndorff bzw. Pfaundler auch den ganzen Allantoin-N in sich begreift. Im Zusammenhange mit der bereits (durch Minkowski und Poduschka) experimentell festgestellten Unangreifbarkeit des Allantoins im Hundeorganismus spricht die reichliche Allantoin- \) Zeitschr. f. phys. Chem. 42, 213 (1904). ®) Pflüg. Arch. 94, 273 (1902). Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 8 114 Wilhelm Wieehowski, ausscheidung der Kaninchen dafür, daß auch in deren Organismus eine irgend in Betracht kommende Allantoinzersetzung nicht statt- findet. Es ist zu vermuten, daß diese Annahme auch für Katzen und Affen und nach dem zitierten Befunde von Salkowski auch für Rinder Geltung habe. Entsprechende Versuche habe ich zwar noch nicht angestellt, und wenn auch noch andere Sängetierharne in dieser Richtung untersucht werden sollen, so glaube ich doch, daß schon das vorliegende Material den Schluß gestattet: daß das Allantoin ein terminales Produkt des Säugetierstoff- wechsels darstellt. | Gegenüber dem hohen Allantoingehalt der untersuchten Säuge- tierharne ist deren niedriger Harnsäuregehalt bemerkenswert (Nr. 6, 7, 12, 14, 15, 16, 17 der Tabelle), wobei noch zu bedenken ist, daß bei so geringen Harnsäuremengen die Bestimmungen meist zu hoch ausfallen bzw. überhaupt unsicher sind). Dieses bei allen untersuchten Tierharnen wiederkehrende typische Bild: viel Allantoin und wenig Harnsäure, gestattet schon, wenn — wie wohl mit Recht — hauptsächlich oder aus- schließlich eine oxydative Entstehung des Allantoins im Säugetier- organismus angenommen wird, unter Berücksichtigung des oben ausgeführten den Schluß, daß das Allantoin das Endprodukt des Harnsäurestoffwechsels der Säugetiere darstellt und daß die geringen Mengen gleichzeitig ausgeschiedener Harnsäure als durch vorzeitige Ausscheidung der Oxydation entgangenes Zwischenptodukt anzusehen sind. Allantoinbestimmungen im Harn von Hunden und Kaninchen haben denn auch die Richtigkeit dieses Schlusses erwiesen, indem sie zeigten, daß eingeführte Harnsäure bei diesen Tieren als Allan- toin ausgeschieden wird. 3. Die Harnsäurezersetzung durch Hunde und Kaninchen. a) Hundeversuche. Die Versuche wurden an hungernden weiblichen Hunden ausgeführt, denen durch hintere Kolpotomie die Urethralöffnung !) Die Harnsäure wurde nach Ludwig-Salkowski isoliert und durch N-Bestimmung der schließlich auf dem Filter gesammelten minimalen, braunen Flocken gemessen. Bei Inarbeitnahme eines Drittels bis Viertels der Tagesharnmenge wurden immer nur Bruchteile eines Cubikceentimeters /on-Säure verbraucht. — Eine typische kristallinische Abscheidung wurde in normalen Kaninchen- und Hundeharnen niemals beobachtet. Vgl. zur Bestimmung geringer Harnsäuremengen: Brugsch und Schittenhelm, Zeitschr. f. exp. Pathol. u. Pharm. 4, 440 (1907). Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. 115 freigelegt worden war. — Der Harn wurde alle 24 Stunden mittels Katheter abgegrenzt. Die Harnsäure wurde als Lösung von Natrium uricum (Schuchardt) in destilliertem Wasser mittels Bürette unter die Kückenhaut genau zugemessen. Der Rest der Injektionsflüssigkeit wurde stets analysiert. Der erste Versuch wurde in der Periode der gleichmäßigen N-Ausfuhr angestellt. Stuhl wurde während der Versuchsdauer nicht abgesetzt. Hündin A. Da Gewicht | Gesamt-N | Allantoin Bemerkungen g g g 8. April 1907 3450 — — Nahrung entzogen, | | Wasser ad lıbitum. 9. ” ” =>: 7 Ag) | 10,2 y; — 1,08 — | an ne — 1,37 0,21 | aa 2 — 1,38 0,18 a en —_ - — 0,45 & Harnsäure sbet. | = 0,42g Allant. = 0,15g. N. 1as2; % — 1108 0,44 I — 1,40 0,21 : I Fe „ 2360 1,36 0,19 ARE: e _ an 0,18 Zugeführt wurden 100 cem einer Lösung von harnsaurem Natrium, von der 5cem nach Kjeldahl bestimmt, 0,00763& N enthielten, somit 0,45 & Harnsäüre (= 0,42 & Allantoin). Die normale Allantoinausscheidung betrug im Mittel aus zwei Vortagen und zwei Nachtagen etwa 0,19g, daher die Mehrausscheidung am Injektionstage 0,25g. Die Steigerung der Allantoin- ausscheidung nach Harnsäureinjektion ist also sehr ansehnlich; ein Ver- gleich mit der Einfuhr ist aber nicht möglich, weil in diesem Falle die Harnsäureausscheidung nicht bestimmt wurde. — Die durchaus gleich- mäßige Gesamtstiekstoffausscheidung erfährt am Injektionstage eine Steige- rung, die über das Maß des zugeführten N weit hinausgeht. Wir haben es hier jedenfalls mit einer toxischen Steigerung des N-Stoffwechsels zu tun, welche jedoch auf den Injektionstag beschränkt bleibt. Eine ge- - steigerte Diurese am Versuchstage war nicht vorhanden, im Gegenteil, der Harn war so konzentriert, daß das Allantoin in der vorgelegten Schale in schönen Kristallen ausfiel. In einem zweiten Versuche (Hündin B) wurden auch die Details der N-Ausfuhr im Harn studiert. 8*F 116 Wilhelm Wiechowski, H wa Nicht basischer De Gewicht Gesamt-N FE —.r Gesamt-N | Amidartiger N Pen = a g 8 g g | 10. Juli 1907| — - 2 _ j B EN 1,3335 1,2075 1,1235 ; 11. Juli 1907 9395) 13835 | 1’1970, 1,20225 iropl 1182 | 0,0840 | 1,8790) 1,6590 . | 1,5544 12. Juli 1907 5250 1,8790f 1,3790 a 1,6537 a 1,5962 h : 1,5225 1,4280) 1,3440 13.Juli 1907|) — a 1,5225 | 1’aosof 1280| 174 0) 1,3440 Die N-Fraktionierung geschah nach Pfaundler, somit ist der Gesamt-N, und vom nichtbasischen N der Gesamt-N und der amidartige N bestimmt, der festgebundene N!) und der gesamte basische N berechnet. Der Allantoin-N ist nach der weiter unten beschriebenen Methode teils direkt bestimmt, teils aus dem gewogenen Allantoin berechnet, der Harnstoff-N ist aus dem amid- artigen N durch Abziehen des Allantoin-N ebenfalls berechnet. Die Harn- säure wurde nach Ludwig-Salkowski isoliert und durch N -Bestimmung nach Kjeldahl gemessen. Injiziert wurden 167,3 cem emails Je 10cem der Lösung wurden mit Salzsäure auf dem Wasserbade eingeengt und der N-Gehalt der ausgeschiedenen @ nach Kjeldahl ermittelt. Die normale Harnsäureausscheidung betrug im Mittel aus den gut übereinstimmenden Werten des Vor- und Nachtages 0,022 9. Die Ausscheidung am Versuchstage 0,15g. Von der subeutan gereichten Harnsäure — 0,5984 g wurden daher an diesem Tage 0,128 & — 21,4 Proz. der Zufuhr unverändert ausgeschieden. Die normale Allantoinausfuhr betrug im Mittel aus dem Vor- und Nach- tagswerte 0,29, am Versuchstage 0,75, somit die Mehrausscheidung am Versuchstage 0,461g. Die nicht wieder ausgeschiedene Harn- säure — 0,47 g entspricht 0,442 & Allantoin, wovon 0,46 = 104,5 Proz. ausgeschieden worden sind. Die Gesamtstickstoffausscheidung erfährt am Tage der Harn- säurezufuhr eine weit über das Maß des injizierten N hinaus- gehende Steigerung, auch am Nachtage wird noch deutlich mehr !) Oxyprotein- und Aminosäuren. Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. ler Stickstoff Basischer Stickstoff En H R — Allantoin Harnsäure 3 lantoin-N stofE.N en “| Harnsäure-N = 8 ers g g & g rn | Futter — = = — = = ent- zogen Si IS = =) 098 05 1,020 15 || 0,131 25 %, 007 56 Da 0,280 \, 0228 = © 5 ’ 0,007 0756 in 0,278 | ° 0,0228 1998 0: = Don 0,049 93 0,752 0,1506 a ‘ ) 3 ’ | 0,262 751,273 45 | 0,225 3 0,049 9510.049 98 0,750 \ 0,751 0 1506,01506 39 0,006 72 0,2969 0,0203 (01039 |1,2401 10,095 | Sog75 510,007 14 | 009 6910,2969 i 0999100215 E N ausgeschieden. Diese Mehrausscheidung erfolgt an beiden Tagen auf Kosten des Harnstoffs. Während der „festgebundene* N, der Harnsäure- und Allantoin-N am Vor- und Nachtage gut überein- stimmende Werte aufweisen, ist der Harnstoff-N am Nachtage nur wenig kleiner als am Tage des Versuches. Also auch in diesem Versuche hatte die Harnsäureinjektion eine toxische Steigerung des Stoffzerfalles verursacht. Dagegen ist der „festgebundene* N am Versuchstage vermindert. Die subeutan injizierte Dense erschien somit zu 21 Proz. unverändert im Harn, der Rest aber wurde vollständig in Allantoin übergeführt und als solches ausgeschieden; für eine Umwandlung zu Harnstoff oder Aminosäuren fehlt jeder Anhaltspunkt. — In Übereinstimmung mit dem Zersetzungsversuche durch überlebende Hundeleber zeigt also auch dieser Versuch am Lebenden, daß das einzige stickstoffhaltige Zersetzungsprodukt der Harnsäure beim Hunde das Allantoin ist. b) Versuche an Kaninchen. Die Versuche wurden an männlichen Tieren ausgeführt; der Harn mittels Katheter abgegrenzt und die Harnsäure als Natrium uricum (Schuchardt) in Lösung teils per os, teils in derselben Weise, wie bei den Hundeversuchen angegeben wurde, subcutan _ injiziert. s 118 Wilhelm Wiechowski, Kaninchen A. Datım Gewicht | Harnmenge | Allantoin Beeren g g g 5. Dez. 1906 | 1530 45 0,093 F.P.234| Hafer entzogen. ee _ 45 — De 1380 105 — 8 ” ” RU: 125 FR SB en 1250 58 a 0,112 10 72 Fr — 0,2 Natr. uricum = 0,122 Allantoin per os. 1 U RSG en ern 1200 125 0,21 ee — — — Diarrhoe. lets 1050 — — 14. ” ” Cr au: Fi T- Nach fünftägigem Hunger war die Allantoinausscheidung pro 24 Stun- den im wesentlichen unverändert geblieben. Sie betrug im Mittel 0,10; nach Eingabe von 0,2 Natriumurat per os, welche 0,12 Allantoin entsprechen (0,2 des Präparates enthalten nach zahlreichen Bestimmungen 0,13 @), schied das Tier 0,21 Allantoin aus, somit 0,11 mehr als an den Normaltagen, —= etwa 92 Proz. der aus der gereichten Harnsäure berechneten Allantoin- menge. In diesem Versuche wurde also die gereichte Harnsäure so gut wie quantitativ als Allantoin ausgeschieden. Etwas anders verlief ein zweiter Versuch, wo Harnsäure sub- cutan injiziert wurde. Neben “@ und Allantoin wurde auch die N-Verteilung im Harn nach Pfaundler ermittelt. Für diesen Versuch haben demnach alle bei Hündin B gemachten analytischen Bemerkungen ebenfalls Geltung. Injiziert wurden 93,5 com Urat- lösung, von der je dccm zufolge N-Bestimmung nach Kjeldahl enthielten: 0,0160 und 0,0160& &. (Vgl. Tabelle S.120.) Die normale Harnsäureausscheidung, aus den Werten des Vor- und Nachtages berechnet, beträgt 0,0085 g; die ü-Ausscheidung am Injektionstage 0,025 g, es wurden also 0,0165& “@ unverändert aus- geschieden, d.i. etwa 5,6 Proz. der injizierten Menge von 0,299 87 g; aus dem nicht ausgeschiedenen Rest berechnet sich eine Allantoin- menge von 0,266 8. — Als Normalwert für die Allantoinausscheidung nehme ich den Wert des Nachtages — 0,13 g Allantoin an, da am Vortage nur eine einfache Bestimmung in wenig Harn gemacht werden konnte. Die Allantoinausscheidung des Versuchstages be- trägt 0,28g, ist somit um 0,15 gegen die Norm erhöht, welche Mehrausscheidung etwa 56,4 Proz. der sich aus dem nicht aus- Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. 119 geschiedenen Teile der injizierten Harnsäure berechnenden Allan- toinmenge von 0,266g ausmacht. Also wurde hier im Verhältnis zu der verarbeiteten Harnsäuremenge bedeutend weniger Allantoin ausgeschieden als im vorigen Versuche. Nun ist aber der N-Stoff- wechsel des Versuchstieres durch die Harnsäureinjektion offenbar in arge Unordnung geraten. Die aus den gut übereinstimmenden Werten für Gesamtstickstoff von Vor- und Nachtag sich berechnende durchschnittliche Stickstoffausscheidung pro die — 0,75g gesetzt, ergibt sich am Versuchstage bei Zufuhr von rund 0,19 N und einer Ausscheidung von rund 0,695 ein Stickstoffdefizit von 0,16g. Des- gleichen wird am Injektionstage weniger Harnstoff ausgeschieden. Dagegen weist der „festgebundene* Stickstoff am Tage der Harn- säurezufuhr eine Vermehrung um 0,0895 auf gegenüber dem aus den übereinstimmenden Werten des Vor- und Nachtages sich ergebenden Mittel von 0,07g. Dieser Befund läßt aber nicht den Schluß zu, daß ein Teil der injizierten Harnsäure als Aminosäuren ausgeschie- den worden sei, vielmehr charakterisiert er sich schon dadurch als pathologisch, daß die Mehrausscheidung an Aminosäuren-N das Defizitim Harnsäure-Allantoin-N (0,042 N) (gegenüber der injizierten Stickstoffmenge) um 100 Proz. übersteigt, abgesehen davon, daß diese Fraktion des Harnstickstoffs nicht einheitlich den Amino- säuren, sondern vermutlich größtenteils den Oxyproteinsäuren an- gehört. Auch der hohe Wert für basischen Stickstoff am Nach- tage zeigt noch eine ausgiebige Störung im N-Stoffwechsel an. Merkwürdigerweise bleibt das Gewicht des Tieres während des ganzen Versuches konstant. Auch in einem anderen Versuche, wo Harnsäure subeutan injiziert wurde, war ein ähnliches Ver- halten der Gesamtstickstoffausscheidung zu beobachten, diese fiel von 0,7 auf 0,2(!) am Tage der Injektion. — Subcutan injizierte Harnsäure ist offenbar für Kaninchen nicht gleichgültig, sondern verursacht eine in ihrem Wesen noch aufzuklärende Stoffwechsel- störung !). Jedenfalls aber kann als sichergestellt gelten, daß auch Kanin- chen nach Harnsäurezufuhr reichlich Allantoin ausscheiden. Nach Versuch 1 zu schließen, führen auch die Kaninchen Harn- säure quantitativ in Allantoin über (wie die Hunde). Anhalts- punkte für eine Weiterzersetzung des Allantoins, für Bildung von Harnstoff aus eingeführter Harnsäure, bieten die Versuche nicht. ı) E. Starkenstein, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharm. 57, 27 (1907), beobachtete in unserem Laboratorium nach intravenöser Harnsäureinjektion an Kaninchen gelegentlich Eiweißausscheidung im Harn. 120 Wilhelm Wiechowski, Kanıinche@ Nicht basischer een Gewicht Gesamt-N Fest Schu Gesamt-N Amidartiger N dener NM g g g ge s 5 Ä 2! 9. Juli 1907 1620 — an ae | s 0,7350) , 0,720\ 0,644 10. Juli 1007 _ a! 0,738 0,720/ 0,720 aaa] 0651 0,069 | 0,686 0,658) " 0,518), % 11. Juli 1907 || 1630 at 0,6945 0.672/ 0,665 I 0,518 0,147 { | : 0,763) , - > 0,616] 0,532 # 12. Juli 1907 | 1630 0,763 0,588/ 0,602 . 0,532 |. 0,0705 | Ein Teil der Hunden und Kaninchen subcutan gereichten Harnsäure wird unverändert im Harn ausgeschieden. — Die be- treffenden Bruchteile der injizierten Mengen weisen in den mit- geteilten Versuchen durchaus nicht jene Werte auf, die Burian und Schur?) gefunden haben (bei Hunden 3 bis 5 Proz., bei Kaninchen 15 bis 16 Proz. der Zufuhr) und als konstant ansehen, indem sie die Annahme machen, daß jedem Tiere ein für die Spezies sozusagen charakteristisches Ausmaß der Urikolyse zukomme. — Die Menge der unzersetzt ausgeschiedenen Harnsäure hängt offenbar von sekundären, mehr äußerlichen Momenten ab (Schnellig- keit der Resorption, Individualität, Ausmaß der Diurese usw.) und ist nicht im Wesen der Urikolyse begründet. — Im allgemeinen wird die in Zirkulation gesetzte Harnsäure ebenso restlos zu Allan- toin oxydiert, wie es durch überlebende Organe geschieht, und nur durch vorzeitige Ausscheidung kann ein Teil der Harnsäure der vitalen Zersetzung entgehen). EAIEEEGAEERT LREZLEHERTTE TE FREE EEG EEE A ea ENTER ENEIETEEEINLTTTENE !) Oxyprotein- und Aminosäuren. ®) Pflügers Arch. 87. ®) Ganz anders als die besprochenen Säugetiere scheint sich der Mensch zu verhalten. Wiewohl die von mir befolete Methode auch im Menschenharn vollkommen befriedigende Resultate liefert, habe ich niemals in diesem Allantoin mit Sicherheit nachweisen können. Bestenfalls kann es sich bloß um Allantoinspuren handeln. In dieser Beziehung fällt das gegensätzliche Verhalten gegenüber den untersuchten Tierharnen besonders deutlich auf, wenn die gleichzeitige Harnsäureausscheidung berücksichtigt wird. Im Tierharn viel Allantoin und wenig oder keine Harnsäure, im Menschenharn kaum oder nur Spuren von Allantoin und viel Harnsäure. — Die im Anschluß an diese Beobachtungen unternommenen Versuche über die Beziehungen des Allantoins zum Harnsäurestoffwechsel des Menschen und über das Schicksal der Harnsäure im menschlichen Organismus sollen später mitgeteilt werden. METER Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. 194 Basischer Stickstoff Tales 5 { ® Allantoin | Harnsäure Bemerkung Abort |samt-N |, auverl 8 8 8 g = 0,29937 ü 0,0035] — 0,010 N ’ 0,049 | 0,602 || 0,0185 |’ 0,00315 0,14 |’ 0,009 | <— 0,099 49 N ; 0,00285 0,1413) ? ” 0,0084 | len: 0,009 | 0,2816 0,0232 0,098 | 0,420 || 0,0295 0,0077 0,00835 0 an 0,28 0,0274) 9 0,025 0,0028\ 0,130 Rs 9? ‚008 0,045 | 0,487 | 0,161 RR 0,0028 0,128/ 0,129 Re 0,008 4. Methodik. Die bisher bekannt gewordenen Fällungsreaktionen des Allan- toins: mit Silbernitrat bei schwach alkalischer Reaktion und mit Mereurinitrat haben für die Praxis der Allantoinbestimmung nur wenig Brauchbares geleistet. — Mit den auf Grund der Silber- fällung von Löwi und Poduschka für den Harn ausgearbeiteten Allantoinbestimmungsmethoden, habe ich keine günstigen Erfah- rungen gemacht. Abgesehen von den Störungen durch oft weit- gehende Schwärzung der Niederschläge, scheint bei beiden Metho- den die Fällung weder stets quantitativ zu sein, noch auch aus- schließlich das Allantoin zu betreffen!). Das Mercurinitrat fällt aber neben anderen leicht entfernbaren Substanzen auch den schwer zu entfernenden Harnstoff aus. Versuche, Allantoin und Harnstoff durch eek zu fällen und aus dem durch Schwefelwasserstoff zerlegten Nieder- schlage das Allantoin durch Weglösen des Harnstoffs mit Amyl- alkohol?) zu isolieren, führten zwar zu reinen Produkten, die Methode erwies sich aber als viel zu umständlich für fortlaufende Versuche und dürfte sich mit Vorteil nur für präparatorisches !) Auch H. D. Dakin, Journ. of biol. Chem. 3, 51—79 (1907), hat, wie ich nach Abschluß dieser Arbeit sehe, mit der Löwischen Methode keinen Erfolg gehabt. Er fand das erhaltene Produkt unter anderem reichlich ver- unreinigt mit durch Phosphorwolframsäure fällbaren Substanzen und mit Harnstoff. Seine Angaben stimmen mit meinen Erfahrungen überein, wes- halb ich nicht weiter auf die Kritik der Silbermethoden eingehe, sondern auf die Dakinsche Arbeit verweise. 2) In ähnlicher Weise, wie Lippich zur Lösung des Harnstoffs ein Gemisch von Amyl- und Äthylalkohol benutzt hat. 122 Wilhelm Wiechowski, Arbeiten zur Trennung von Harnstoff und Allantoin eignen. Da das Allantoin, welches aus Mercurinitratniederschlägen abgeschieden wird, sich im Gegensatze zu dem aus der Silberverbindung frei- gemachten durch eine auffallende Neigung zu kristallisieren aus- zeichnet, suchte ich nach einem anderen Quecksilberoxydsalz, wel- ches das Allantoin fällt, ohne aber auch den Harnstoff nieder- zuschlagen. Von allen untersuchten Quecksilbersalzen entsprach nur das Quecksilberacetat bei Einhaltung gewisser Bedingungen dieser Anforderung. Das Quecksilberacetat löst sich leicht im Wasser zu einer sauer reagierenden Flüssigkeit, welche beim Stehen allmählich gelbes Oxyd ab- setzt. Diese Lösung erzeugt, wenn überhaupt, nur in konzentrierten Allan- toinlösungen einen weißen, Hockigen Niederschlag; wird sie aber durch Ein- tragen von Natriumacetat neutralisiert oder schwach alkalisch gemacht, so löst sich das abgeschiedene Quecksilberoxyd wieder auf und diese Lösung fällt nun auch aus ganz verdünnten Allantoinlösungen das Allantoin quanti- tativ aus, insbesondere dann, wenn man in dem Reaktionsgemisch noch Natriumacetat bis zur alkalischen Reaktion auflöst!). Stellt man nun die Reaktion mit einer Harnstofflösung an, so zeigt sich bei reichliehem Zusatz von konzentrierten Mercuriacetatlösungen zu verdünnten Harnstofflösungen nach einiger Zeit ebenfalls ein allerdings geringfügiger und sandiger Nieder- schlag, in stärkeren Harnstofflösungen tritt dagegen keine Fällung ein. Setzt man jedoch zu den mit Mercuriacetat bewirkten ungefällten Harnstoft- lösungen fixes Alkali bis zur deutlichen alkalischen Reaktion, so wird der Harnstoff ebenso niedergeschlagen, wie unter den gleichen Bedingungen durch Sublimat. Offenbar fällen sehr konzentrierte Mercuriacetatlösungen partiell den Harnstoff auch bei Abwesenheit von freiem Alkali, diese Fällung ist aber (wie man sich leicht überzeugen kann) sehon in mäßigem Harn- stoffüberschuß löslich, weshalb in konzentrierten Harnstofflösungen mit dem Reagens kein Niederschlag zu erzielen ist. Der Unterschied in der Fällbar- keit des Harnstoffs und des Allantoins durch Mereuriacetat ist also zwar ein sehr bedeutender, aber bloß quantitativer. Es- genügt z. B. von einer mit Natriumacetat neutralisierten 5 proz. Mercuriacetatlösung '/,, Volumen, um eine 0,1 proz. Allantoinlösung vollständig auszufällen — für eine 0,1 proz. Harnstofflösung braucht man aber das gleiche oder doppelte Volumen, um eine geringe staubige Fällung zu erzielen. Der Unterschied in der Fällbar- keit von Allantoin und Harnstoff ist so groß, daß mir anfangs die partielle Fällbarkeit des Harnstoffs durch das Reagens überhaupt entgangen war. Verdünnt man nun das Reagens successive, so verliert es nichts an seiner Wirksamkeit gegen Allantoinlösungen, wogegen man immer größere !) Der die Ausflockung fördernde Einfluß des Natriumacetats tritt nicht erst bei Erzielung alkalischer Reaktion, sondern schon weit früher ein (die alkalische Reaktion zeigt nur das Vorwalten des Natriumacetats an) und dürfte daher nicht in dieser, sondern in der Zurückdrängung der Dissoeiation der die Quecksilberverbindung des Allantoins lösenden frei- werdenden Essigsäure begründet sein. Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. 123 Mengen braucht, um auch in verdünnten Harnstofflösungen eine geringe Reaktion zu erhalten, bis diese schließlich überhaupt ausbleibt und man mit einer 1 bis 0,5 proz. mit Natriumacetat neutralisierten Lösung von Mereuri- acetat unter keinen Umständen eine Reaktion in Harnstofflösungen erzielt; mag man schwache oder starke Harnstofflösungen verwenden oder gar in viel Reagens wenig Harnstoff in Substanz eintragen, bemerkenswerterweise auch nicht bei Anwesenheit von Salpeter; es läßt sich eben bei Verwendung eines so verdünnten Reagens niemals diejenige Konzentration an Mercuri- acetat erzielen, bei welcher der Harnstoff auszufallen beeinnt. Es wurde auf Grund dieser Erfahrungen für die Versuche eine 0,5 proz. Auflösung von Mercuriacetat in etwa 30 proz. Natrium- acetatlösung hergestellt, welche Harnstoff nur auf Zusatz von viel Alkali partiell fällt, dagegen Allantoin noch in größter Verdünnung als weißen flockigen Niederschlag ausfällt. Als Beleg führe ich folgenden Versuch an: 0,1 proz. ; : : Alarme Wasser Reaktion auf Zuatz weniger Tropfen Reagens lösung au ccm sofort nach 24 Stunden 1 9 Te) flockig abgesetzt- 5 19 Ale gi: ” ” 1 39 ai ” » 1 79 Spur a 1 99 | e) Spur Wie Harnstoff, verhalten sich allem Anscheine nach auch die Oxyproteinsäuren, die wie der Harnstoff — bis auf die durch Bleiessig fällbare Alloxyproteinsäure — nur durch Quecksilbersalze aus dem Harn gefällt werden, übrigens nach den Literaturangaben nur im Menschenharn in größerer Menge vorkommen dürften: Sie werden bloß durch konzentrierte (20 proz. bis heiß gesättigte) Lösungen, bzw. erst bei weiterem Sodazusatz niedergeschlagen, wobei außerdem die Fällung der Oxyproteinsäure, der an Masse überwiegenden Substanz dieser Gruppe, selbst bei Gegenwart von freiem Alkali durch Natriumacetat gestört wird 2). Jedenfalls werden diese Säuren, auf deren große Bedeutung jüngst Ginsberg‘) unter O. v. Fürths Leitung in einer ausführlichen Unter- suchung eingegangen ist, bei der von mir befolgten Methode nicht mit !) Die Intensität der Reaktion ist hier wie später durch die ent- sprechende Anzahl von Pluszeichen veranschaulicht. 2) St. Bondzynski, St. Dombrowski und K. Panek, Zeitschr. f. phys. Chem. 46, 83 (1905). ®) Diese Beiträge 10, 411 (1907). 194 Wilhelm Wieehowski, - gefällt, da das (aus Harn) erhaltene Allantoin rein ist (vgl. unten). Eine Beimengung von Oxyproteinsäuren müßte sich bei den stark auseinander- liegenden Stickstoffwerten beider Stoffe (Oxyproteinsäuren 15 Proz., Allantoin 35,44 Proz.) insbesondere auch im Stickstoffgehalte des erhaltenen Allantoins äußern. Die Anwendung dieses wenig konzentrierten Reagens läßt nicht nur jede auch spurweise Verunreinigung des gefällten Allan- toins mit Harnstoff sicher vermeiden, sondern hat auch den Vorteil, daß bei der Unmöglichkeit, in der Reaktionsflüssigkeit durch un- vorsichtigen Reagenszusatz höhere Konzentrationen an Mercuriacetat zu erzeugen, eine partielle Auflösung des einmal gebildeten Nieder- schlages auch bei reichlichem Überschuß von Reagens ausgeschlossen ist, wiewohl der Niederschlag in konzentrierten Mercuriacetat- lösungen nicht völlig unlöslich ist. Einen Vergleich über das Ausmaß der Allantoinfällung durch die verschiedenen Reagentien gestattet der folgende Ver- such, in welchem der N-Gehalt von 5ccm Allantoinlösung und der N-Gehait der aus 5 ccm der gleichen Allantoinlösung erzielten gut ausgewaschenen Fällungen nach Kjeldahl ermittelt wurden. N-Gehalt in Cubik- Bezeichnung der Probe centimeter '/,,n-HÜl 5cem Allantoinlösung 0,2 ad50......... 4,9 5 ccm derselben Allantoinlösung mit Silbernitrat und MgO gefällt, silberfrei gewaschen (die Probe hat sich leicht geschwärzt) . ..... 4,7 Je 5ccm derselben Allantoinlösung mit Mercuri- nitrat unter Neutralisation gefällt; Hg-frei BEWascHeng Ra ee en ee ee 4,85; 4,85 Je 5cem derselben Allantoinlösung mit Queck- silberacetat unter Zusatz von Natriumacetat gefällt. Nach 24 Stunden filtriert. He-frei EEWASCHEN Fee ee ee Rei 4,9; 4,9 In reinen Allantoinlösungen läßt somit die Empfindlichkeit der Reaktion nichts zu wünschen übrig; anders verhält es sich bei Gegenwart einiger Salze, freier Säuren und von Harnstoff — hier ist die Reaktion unvollständig oder bleibt ganz aus. Während sich der gewaschene und in Wasser suspendierte Niederschlag nur in freien Säuren, aber nicht in Salzlösungen auf- löst, verschwindet der in einer Allantoinlösung durch das Reagens erzeugte Niederschlag sofort auf Zusatz einiger Tropfen starker Kochsalzlösung; das gleiche Verhalten zeigen übrigens auch die mit h Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. 1235 Mercurinitrat erzeugten Allantoin-!) und Harnstoffniederschläge. Salpeter oder Natriumacetat lösen nicht. Ammonsalze hemmen die Reaktion ebenfalls, wie der folgende Versuch zeigt (desgleichen Sulfate). \\ , proz. Verdünntes | Reaktion auf einige Tropfen Reagens Allantoin Ammoniumacetat sofort TO Senden ccm ccm 1,0 9,0 + flockig abgesetzt 1,0 19,0 () Trübung 1,0 39,0 8 x In gleicher Weise wie bei Zusatz von Kochsalz ist die Allan- toinfällung auch durch Hinzufügen von viel Harnstoff (am besten in Substanz) wieder aufzulösen, doch ist sie noch in mindestens 1 proz. Harnstofflösung ebenso ausgiebig wie in Wasser. Als Beleg diene folgender Versuch. 1 proz. Ver Reaktion auf Zusatz weniger Tropfen Reagens SE 10 a ge Uno | Sl sofort nach 12 Stunden | nach 24 Stunden ccm ccm 4,5 0,5 +++ flockig flockig abgesetzt 4,7 0,3 + 2” ” ” 4,8 0,2 Spur ” » ” 4,9 0,1 2) Spur 2 5 5,0 — 2) [) ) Gegenüber diesen die Reaktion hemmenden Stoffen gibt es aber auch naturgemäß solche im Harn, welche ebenso wie das Allantoin auch von dem verdünnten Reagens niedergeschlagen werden: die Phosphorsäure, freies Ammoniak und organische ba- sische Stoffe, insbesonders auch Purinkörper. Aus dem Gesagten ergibt sich also, daß der Harn von or- ganisch-basischen Stoffen, Ammoniak, Phosphor-, Salz- und Schwefel- säure befreit und soweit verdünnt sein muß, und daß die Harnstoff- konzentration nicht viel mehr als 1 Proz. beträgt, ehe man ihn mit dem Reagens auf Allantoin prüft oder dieses quantitativ be- stimmt. Außerdem gibt es aber noch ein einfaches Mittel, sich beim Ausbleiben der Reaktion davon zu überzeugen, ob wirklich ı) Das ist auch der Grund, warum nach Löwis Methode beim Zer- setzen des Ag-Niederschlages durch Salzsäure die nachherige Fällung des Allantoins mit Mercurinitrat nur „bei sehr genauem Arbeiten“, d.h. bei Ver- meidung jedes Überschusses an HC], befriedigende Resultate gab. 126 Wilhelm Wiechowski, kein Allantoin vorhanden oder dessen Fällung nur gehindert ist: man setzt zu der klar gebliebenen Probe einen Tropfen einer 1/,, proz. frischen Allantoinlösung. Entsteht eine deutliche Trübung, so ist nichts versehen, im entgegengesetzten Falle sind noch nicht alle hemmenden Einflüsse beseitigt. Auf diese Weise wurden viele der oben aufgezählten, die Reaktion hemmenden Stoffe entdeckt. Zum Beispiel: ein zersetzter, stark ammoniakali- scher Hundeharn gab nach Ausfällen mit Mercuronitrat, Entfernen des über- schüssigen Quecksilbers und Neutralisieren mit dem Reagens keine Fällung, aber auch bei Zusatz von Allantoinlösung zu der klar gebliebenen Probe erfolgte keine Reaktion. Wurde derselbe Harn aber nacheinander mit Phosphorwolframsäure, Blei- und Silberacetat behandelt, so erzeugte das Reagens nach Entfernung der Schwermetalle und Neutralisieren einen mächti- gen Niederschlag. Andererseits blieb der Harn einer schwangeren Frau, in letzterer Weise behandelt, auf Zusatz des Reagens klar, jeder Tropfen zugesetzter Allantoinlösung erzeugte aber eine dauernde Trübung der Probe, als Beweis, daß wirklich kein Allantoin in dem untersuchten Harne vor- handen war. Schließlich gelingt es aber durch Zusatz von fixem Alkali bis zur deutlichen alkalischen Reaktion wohl die meisten oder alle der angeführten Hemmnisse unwirksam zu machen. Bei Gegenwart von freiem Alkali hemmen weder Chloride noch Sulfate usw., dagegen fällt eventuell ein kleiner Teil Harnstoff und das Ammoniak mit aus. Zersetzt man den gewaschenen Niederschlag und verdampft zur Trockene, so verflüchtigt sich das Ammoniak vollständig. In der filtrierten Lösung des Rückstandes wird dann durch neuer- lichen alleinigen Reagenszusatz nur Allantoin und zwar quantitativ niedergeschlagen. Die Eigenschaft, durch verschiedene Salze gehemmt zu werden, kommt übrigens nicht nur der Mercuriacetat- und -nitrat-, sondern auch der Silber- fällung des Allantoins zu. Auch diese erfolgt nicht in jeder Flüssigkeit quantitativ und kann beispielsweise durch Anwesenheit von viel Ammon- salzen (Acetat, Sulfat, Nitrat) ganz aufgehoben werden. Die Befreiung des Harns von den genannten Stoffen kann in verschiedener Weise geschehen. In den meisten Fällen genügt es, organisch-basische Körper und Ammoniak durch Phosphorwolfram- säure, Phosphor- und Schwefelsäure durch basisches Bleiacetat und das Chlor durch Silberacetat zu fällen, auf diese Weise werden alle Säuren durch Essigsäure ersetzt, von Metallen verbleibt in der Flüssigkeit nach Einleiten von Schwefelwasserstoff nur Natrium und Magnesium (Ca und K werden gleichfalls durch Phosphor- wolframsäure niedergeschlagen) und gleichzeitig ist bei steter Ver- wendung aliquoter Filtratteile eine etwa fünffache Verdünnung der Wr 1.0 ad Dr rn A DE Zi a a RER ze ae a Fe Rn Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. 1237 Ausgangsflüssigkeit erzielt. — Bei Anwesenheit von viel Ammoniak habe ich dieses mit Vorteil oft als Tripelphosphat ausgefällt. Das Ammoniak wurde durch Verreiben des Harns mit viel M&O frei gemacht, in die abgenutschte Flüssigkeit Magnesiumsulfat und einfach saures Natriumphosphat in Substanz reichlich eingetragen, in der Reibschale ver- rieben und mehrere Stunden stehen gelassen. Die alkalische Reaktion der Flüssigkeit ändert sich hierbei nicht, gleichwohl wird das Ammoniak völlig gebunden, der eigentümliche Geruch des alkalischen Harns verschwindet und mit Lackmuspapier läßt sich keine Ammoniakentwickelung mehr nachweisen. — Nach dem Absaugen wurde das Filtrat auch in diesem Falle natürlich “ nacheinander mit Blei- und Silberacetat gefällt. Nach Entfernung des Über- schusses der Schwermetalle durch Schwefelwasserstoff reagierte die Flüssig- keit mit Phosphorwolframsäure meist gar nicht oder nur minimal. Das von freier Essigsäure stark saure Filtrat von den Schwer- metallsulfiden muß vor dem Zusatze des Reagens mit Natronlauge (aus Natrium) genau neutralisiert werden. In einem so behandelten Harn ist die Allantoinfällung durch das Reagens ebenso ausgiebig wie in wässerigen Allantoinlösungen, d. h. quantitativ. Der folgende, das Gesagte illustrierende Versuch wurde in einem zer- setzten Hundeharn ausgeführt: Entfernung des Ammoniaks als Tripel- phospat, Blei- und Silberfällung, Einleiten von H,S, nach dem Filtrieren Ausblasen des überschüssigen H,S. Vom Filtrate wurden zwei Proben zu 20ccm (a und a,) und zwei Proben zu 50cem (b und b,) abgemessen und neutralisiert. 0,2 Allantoin wurden zu 25 ccm in Wasser gelöst, je 5cem dieser Lösung zu a, und b, zugesetzt und in zwei anderen Proben von je 5 ccm der Stickstoffgehalt nach Kjeldahl ermittelt. a und .a,, bund b, wurden mit einem Überschuß an Reagens und Na-acetat in Substanz versetzt, die Niederschläge nach zwölf Stunden aufs Filter gebracht und quecksilberfrei gewaschen; dann wurde in allen vier Proben samt Filtern der Stickstoff- gehalt nach Kjeldahl bestimmt. Die Resultate sind in Cubikcentimeter verbrauchten '/,„n-HCl angegeben: bcem! Allantoinlesung . . .. ... 10,0 ccm /.n-HCl Eee " EEE SEE “ a ohne ee EAN REN ENT Be e ’ a, mit 5cem Allantoinlösung. . . . 11,75 „ N \ Differenz 10,0 b. ohne Allantoinlösung ..:.... #15 „ a j db, mit 5cem Allantoinlösung .. . 1415 „ 3 \ Differenz 10,0 Es wurde also alles zugesetzte Allantoin niedergeschlagen. Daß die Fällung nur das Allantoin betrifft, ergibt sich nicht unmittelbar, da jeder Tierharn allantoinhaltig gefunden wurde und demgemäß ein nicht reagieren- des Ausgangsmaterial nicht gegeben war, sondern erst aus dem Schmelz- punkt, Stiekstofgehalte und den Reaktionen des nach dem Zersetzen des Niederschlages erhaltenen Produktes. Bei der Zersetzung der quecksilberfrei gewaschenen Allantoin- niederschläge durch Schwefelwasserstoff wird das Quecksilbersulfid 128 Wilhelm Wiechowski, zum großen Teil nicht ausgeflockt, sondern bleibt colloid gelöst, auch wenn man die Zersetzung bei Siedehitze vornimmt. Eine unmittelbare Filtration ist daher unmöglich, vielmehr ist es not- wendig, die Flüssigkeit zur Trockne einzudampfen, wobei der größte Teil des Sulfids unlöslich wird, und das Allantoin in schönen weißen Kristallen anschießt. Nach dem Wiederauflösen muß man durch ein dichtes Filter eventuell mehrere Male filtrieren, um ein völlig klares, von Sulfid freies Filtrat zu erhalten. Beim Ver- dampfen desselben auf dem Wasserbade kristallisiert das Allantoın in wenig gefärbten, gut ausgebildeten Kristallen, welche eventuell nach einmaligem Umkristallisieren bei 230 bis 234° schmelzen und ohne Rückstand verbrennen. Die so erhaltenen Allantoinkristalle lassen sich durch Behandlung der Lösung mit Tierkohle nicht entfärben, weil diese aus halbwegs konzentrier- teren Lösungen Allantoin zurückhält, das sich nur äußerst schwierig wieder herauswaschen läßt. Dagegen kann man die Kristalle mit wenig 3 proz. Wasserstoffperoxyd lösen und auf dem Wasserbade wieder zur Trockene bringen, wobei sie ganz farblos werden, ohne sich etwa partiell zu zersetzen (der Schmelzpunkt bleibt unverändert), übrigens aber an Gewicht nicht abnehmen. Den Stickstoffgehalt des mit dem Reagens gefällten Produktes habe ich in Parallelproben in der Weise ermittelt, daß von dem zur Fällung verwendeten letzten Filtrate zwei gleiche Volumina abgemessen und gefällt wurden. Die eine Probe wurde dann zur Darstellung und Wägung des Allantoins benutzt und in dem gut- gewaschenen Niederschlage der anderen Probe der Stickstoffgehalt nach Kjeldahl ermittelt. Die aus diesem berechnete Allantoinmenge zeigt gute Über- einstimmung mit der direkt durch Wägung gefundenen der ande- ren Probe. (Der Titrationsfehler beträgt + 0,0002 bis 0,0004 & Al- lantoin.) ' Allantoin as Datum | ._ aus dem Stickstoffgehalt des 1907 Bee zewyegzn Niederschlages berechnet Kaninchen 5. Juli 0,0037 0,0040 4 11,0, 0,0261 0,0264 5 1954, 0,0118 0,0122 Hund In ae 0,0225 0,0228 4 12, 3%, 0,0606 . 0,0608 . 13.0, 0,0240 0,0240 Katze TeaBan 0,0169 0,0168 vr er Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. 129 Durch Schmelzpunkt und Stickstoffgehalt ist demnach das er- haltene Produkt als Allantoin gekennzeichnet (wobei übrigens das Hauptgewicht auf den Schmelzpunkt zu legen ist, da bei dem Stick- stoffgehalt von Allantoin (35,44 Proz.) und Harnstoff (46,7 Proz.) eine Beimengung des letzteren bis zu etwa 10 Proz. die Stick- stoffwerte der oben angeführten kleinen Allantoinmengen nicht wesentlich, d. h. höchstens in der dritten Dezimale, zu beein- flussen imstande ist. Die Reste der zur Kristallisation verwendeten Lösung wurden überdies zur reaktionellen Prüfung des abgeschiedenen Allantoins auf seine Reinheit benutzt. Phosphorwolframsäure, Silbernitrat, Bleiessig und Mercuronitrat dürfen in der Flüssigkeit eine Trübung oder einen Niederschlag nicht hervorrufen. Dagegen muß die Lösung mit Mercurinitrat sowie mit dem benutzten Allantoinreagens unter Bildung eines weißen, flockigen Niederschlages reagieren. Schließlich muß die klar gebliebene Silberprobe durch verdünntes NH, flockig gefällt werden, dieser Niederschlag im Überschuß von NH, löslich ünd durch weiteren Silberzusatz wieder aus- fällbar sein. ; Zum Schlusse sei die Methode, wie sie sich mir für den Harn am geeignetsten erwiesen hat, zusammenhängend beschrieben. Hunde- und Kaninchenharn wurden zunächst verdünnt, Menscehenharn wurde ohne vorausgehende Verdünnung verwendet. Im allgemeinen habe ich die 24stündige Harnmenge von Kaninchen!) auf 150, die von Hunden auf 300 ccm, eventuell unter Verwendung der Käfigspülung, ergänzt. Die Verdünnung ist für die Vornahme der Phosphorwolframsäurefällung not- wendig und schafft außerdem das nötige Volum für allfällige Analysen anderer Harnbestandteile (Harnsäure, Gesamt-N, N-Verteilung usw.). Für die Allantoinbestimmung wurden 100 cem mit 1Occm etwa 8 proz. Schwefel- säure versetzt, mit der gerade ausreichenden (durch Austasten vorher er- mittelten) Menge 10 proz. Phosphorwolframsäurelösung (Merck) in einem Meßkolben von passender Größe gefällt und mit Wasser bis zur Marke ergänzt. Nach mindestens einstündigem Stehen wurde durch ein dichtes Faltenfilter in eine Schale filtriert und das klare meist tiefdunkel gefärbte Filtrat unter Verreiben so lange mit Bleicarbonat versetzt, bis keine Kohlen- säureentwickelung mehr stattfand, und die Flüssigkeit nur schwach oder gar nicht sauer reagierte. Hierauf wurde von den ungelösten Bleisalzen auf der Nutsche scharf abgesaugt, ein rundes, möglichst großes Volum, des manchmal noch schwach blauen, aber stets neutralen Filtrates unter Ver- meidung eines Überschusses, mit der durch Austasten ermittelten Menge Bleiessiglösung im Meßkolben gefällt und das fehlende Flüssigkeitsvolumen durch Wasser ersetzt. Das Filtrat von der Bleifällung wurde mit Schwefel- !) Bei meinen mit Hafer gefütterten Tieren meist nicht mehr als 18 bis 30 ccm. Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 9 130 Wilhelm Wiechowski, wasserstoff behandelt und das vom Bleisulfid mit der Luftpumpe vom ge- lösten H,S befreit. Bei Anwesenheit von Chlor wurde dann ein aliquoter runder Teil, dieses von freier Essigsäure sauren Filtrates mit Silberacetat- lösung wieder im Meßkolben gefällt und Wasser bis zur Marke nachgegossen. Das Filtrat vom Chlorsilber wurde in derselben Weise wie das von der Bleifällung mit H,S und das vom ausgeschiedenen Silbersulfid mit Luft be- handelt. In diesem essigsauren letzten Filtrate habe ich mich stets von der Vollständigkeit der vorgenommenen Fällungen durch Versetzen kleiner Proben mit Phosphorwolframsäure, Bleiessig und Silbernitrat überzeugt. Fielen diese Reaktionen absolut negativ aus, so wurde in zwei runden ali- quoten Teilen nach vorausgegangener genauer Neutralisation mit chlor- freier (aus Natrium bereiteter) Natronlauge die Allantoinfällung mit Queck- silberacetat und Natriumacetat vorgenommen. Das Reagens wird am besten so hergestellt, daß man käufliches essig- saures Quecksilber (Merck) zu 1 Proz. in Wasser löst, bis zur Sättigung reines Natriumacetat einträgt und mit Wasser soweit verdünnt, daß der Gehalt an Quecksilberacetat 0,5 Proz. beträgt. Die Vollständiekeit der Al- lantoinfällung wurde durch weiteren Reagens- bzw. Allantoinzusatz zu einer Filtratsprobe festgestellt. Nach mindestens einstündigem Stehen wurden die gebildeten Niederschläge auf Filter gebracht und bis zum Verschwinden der Fällung bzw. Gelbfärbung des Filtrates durch Schwefelnatrium mit Wasser gewaschen. Die eine Probe wurde dann der Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl unterworfen. Der Niederschlag der anderen Probe wurde mit Wasser in ein Becherglas gespritzt und unter Erhitzen bis zum Sieden in die Flüssigkeit bis zur völligen Zersetzung des Niederschlages H,S ein- geleitet. Auf dem Wasserbade wurde hierauf zur Trockne verdampft, der Rückstand mit Wasser digeriert, quantitativ in einen kleinen Meßzylinder oder Kolben übertragen und das Volumen (meist 25 cem, bei viel Allantoin 50cem) mit Wasser ergänzt. Die schließlich folgende Filtration wurde durch sehr diehtes Material vorgenommen und eventuell so lange wiederholt, bis das Filtrat ganz klar war. Ein rundes Volumen desselben wurde auf gewogener Schale verdampft, diese dann bei 100° getrocknet und gewogen. Der Rest des Filtrates diente zu den oben besprochenen Reinheits- bzw. Identitätsreaktionen. Waren die Allantoinkristalle gefärbt, so wurden sie bisweilen mit Wasserstoffsuperoxyd in der angegebenen Weise gebleicht. Entweder unmittelbar oder nach einmaligem Umkristallisieren wurde der Schmelzpunkt des erhaltenen Produktes bestimmt sowie eine kleine Probe desselben auf dem Platinblech verbrannt. Zum Schlusse wurden die er- mittelten Werte für Allantoin und Allantoinstiekstoff durch Multiplikation mit sämtlichen Volumzahlen (Harnvolumen, Volumen nach Zusatz von Phosphor- wolframsäure nach Zusatz von Bleiessig, nach Zusatz von Silberacetat, End- volumen nach Zersetzung der Allantoinfällung) und Division durch die Werte der verwendeten aliguoten Teile auf die gesamte Harnmenge umgerechnet. Die Bestimmung nimmt nicht mehr als 6 bis 12 Stunden in Anspruch. Der Fehler, den die Verwendung aliquoter Filtratteile mit sich bringt (infolge der Vernachlässigung der Niederschlagsvolumina ist die berechnete Zahl größer als der wirkliche Wert), ist erfahrungsgemäß minimal, wenn nicht im Verhältnis zur Flüssigkeitsmenge sehr mächtige Niederschläge in Betracht kommen, und kann vernachlässigt werden; weit mehr ist die Ge- Die Bedeutung des Allantoins im Harnsäurestoffwechsel. 131 nauigkeit des Resultates durch die zahlreichen Volummessungen gefährdet; ich habe daher auf diese die größte Sorgfalt verwendet, indem ich erstens nur nachgeeichte und übereinstimmende Pipetten und Meßkolben benutzt und andererseits in nach Tunlichkeit großen Volumina gearbeitet habe, wo- durch nicht nur die Abmessungsfehler, sondern auch der durch Vernach- lässigung der Niederschlagsvolumina gegebene Fehler geringer werden. Über etwaige andere Fehler der Methode, die jedoch nur unwesentlich sein können, da, wie oben erwiesen, die Fällung quantitativ ist, kann ich nichts aussagen, jedenfalls geht aber die Genauigkeit der schließlichen Zahlen nicht weit über die zweite Dezimale hinaus, da infolge der meist entstandenen fünffachen Harnverdünnung auch bei Inarbeitnahme einer ganzen Hälfte des Tagesharns die tatsächlich gemessenen Mengen nur den zehnten Teil der Gesamtmenge ausmachen, und demnach das Resultat im besten Falle zehn- mal weniger genau als die Wägung oder Titration ist. In beiden Fällen müssen demnach die Endresultate um mindestens + 0,002 bis 0,004 fehler- haft sein. Es ist daher überflüssig, diese genauer als in zwei bis drei Dezimalen anzugeben. Damit entfallen alle Unterschiede, die die Größenordnung von + 0,01& Allantion pro die nicht überschreiten, für die physiologische Be- wertung der Ergebnisse. September 1907. 9* VIII. Über den Nachweis der Glyoxylsäure und ihr Vor- kommen im Menschenharn. | Von Dr. E. Granström (St. Petersburg). (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) Bei Prüfung von Menschenharn auf Glyoxylsäure mit Hilfe von Indollösung und konzentrierter Schwefelsäure erhielt Eppinger!) öfter eine positive Reaktion. Aus seinen mehr gelegentlichen Be- funden glaubte er auf einen Zusammenhang von Glyoxylsäure- ausscheidung mit Alkoholzufuhr einerseits, mit Darmstörungen (Dysenterie, Typhus) andererseits schließen zu können. Indessen bedürfen diese Befunde um so mehr einer Nachprüfung, als sich bei Untersuchungen von Inada?), Dakin?), Schloss*) und O. Adler>) herausgestellt hat, daß die Indolglyoxylsäurereaktion in der von Eppinger benutzten Form nicht alle bei Untersuchung des Harns in Betracht kommenden Fehlerquellen vermeidet. Als solche Fehlerquellen sind bis jetzt nachgewiesen: 1. Die Möglichkeit einer Verwechslung mit der Nitrosoindol- reaktion bei Anwesenheit von Nitriten im Harne; 2. die Dunkelfärbung des Harns durch konzentrierte Schwefel- säure, wodurch der Nachweis geringerer Mengen Glyoxylsäure gänzlich unmöglich werden kann. Die von E. Schloss angegebene Modifikation der Probe — vorheriger Säurezusatz zur Entfernung der salpetrigen Säure und Behandlung mit Tierkohlle — ermöglicht es, diese Schwierig- keiten großenteils zu beseitigen und gestaltet zugleich den Gly- !) Eppinger, diese Beiträge 6, 49. ?) Inada, ebenda 7, 473. ®) Dakin, Journal of biological Chemistry 1, 271. *) Schlossi diese Beiträge 8, 445. °) Adler, Arch. f. exper. Pathol. u. Pharmakol. 56, 231. E. Granström, Über den Nachweis der Glyoxylsäure usw. 133 oxylsäurenachweis sehr empfindlich. Sie schließt aber eine weitere Fehlerquelle nicht aus, auf die ich im Laufe der später mitzu- teilenden Harnuntersuchungen gestoßen bin, nämlich, daß Hexa- methylentetramin (bzw. Formaldehyd) mit Indol in ähnlicher Weise reagiert wie Glyoxylsäure. Ich habe daher die Methode des Glyoxylsäurenachweises einer neuerlichen Prüfung unterzogen. Für die Überlassung von Glyoxylsäurelösung bin ich der Firma Kinzlberger u. Co. in Prag zu größtem Danke verpflichtet. 1. Verhalten verschiedener Aldehyde gegen einige Indolderivate. Bei der Indolglyoxylsäureprobe kann die konzentrierte Schwefel- säure durch andere auch verdünnte Säuren ersetzt werden. Wenn man Indollösung mit Glyoxylsäure und konzentrierter Phosphor- säure, Salzsäure, Salpetersäure, Schwefelsäure, Trichloressigsäure oder Eisessig erwärmt oder bei 40° einige Stunden stehen läßt, so bildet sich ein schön roter Niederschlag; auch Chlorzink gibt die Reaktion unter denselben Versuchsbedingungen, doch viel langsamer und unvollständiger, es tritt in derselben Zeit nur eine Rotfärbung auf. Skatollösung und Glyoxylsäure gibt mit den genannten Säuren eine rotblaue Farbe; die Reaktion ist aber weniger empfindlich als beim Unterschichten mit konzentrierter Schwefelsäure. Tryptophan und Glyoxylsäure gibt, mit konzentrierter Schwefel- säure unterschichtet, einen grünblauen Ring; mit konzentrierter Phosphorsäure gibt es keine, mit konzentrierter Schwefelsäure nur bei großem Säureüberschuß eine schwache Reaktion. Methylketol gibt bei der gewöhnlichen Versuchsanordnung keine Reaktion mit Glyoxylsäure und Mineralsäuren; mit der alko- ‚holischen Lösung des Methylketols gelingt jedoch die Reaktion mit Glyoxylsäure und Mineralsäuren ebenso leicht, wie die Indol- reaktion; man bekommt einen schönen dunkelvioletten Niederschlag. Wie Glyoxylsäure reagieren auch andere Aldehyde mit Indol- abkömmlingen unter Farbstoffbildung. C. Reichl!) hat schon 1890 Versuche mitgeteilt, aus denen hervorgeht, daß Aldehyde mit Indol, Skatol und Eiweiß bei Gegenwart von verdünnter Schwefel- säure und Ferrisulfat Farbenreaktionen geben. In jüngster Zeit haben Konto?) und Rosenheim?) nachdrücklich auf die Indol- !) Reichl, Monatshefte f. Chem. 11, 155 (1890). ?) Konto, Zeitschr. f. physiol. Chem. 48, 185. ®) Rosenheim, Biochemical Journal 1, 233. Sepyosaopeın + Sepyasaopeın yyonsaoyun 40.1 A9401UNG.IA 1990. Jor4 yoruneıg yypıu 40.1 For} —- go.1For4 ° pAyapgepkareg > | zıemgos usyun | SeryosaoparN nejq uoyos uogo 4041 ‘unıduneıg |dooıqzefooueıo| —- yoruneıg | —- goayosum + yoaunssgq + 99u810 ° " pÄyopjezuag Seyosaopsın |+ SefypsaopaıN yyonsaoyun goruneıg JOZIBMUOS 19301 191} gorune.ıg yyoru — 9dueı1o —- 3o1jor4 pÄyopjeuoadeg SepgosıopeLN zonepgqjory aopo |+ Sepyosıopary JO.AYOS.IIY JOZIeMyoS esol uneıgq uneıgq uneıg —+ odue1o901 | * PÄyopjerofer Sepyosaopaıy | Sejyasaopeın ayons.ıoyun ZABMUOS JOZIBMYOSUNnBıg 949JOTA uneaig yyoru — gozuneag — 999[01A " pÄyopfeuogo1g Noyoısenpg | SerfoszoparN A 40.1 9701701} aoqjo.sunerg gorune.ig uorgeoy oury | + 301 uoyos | + J0105ueIo | ° ° * " oames 1: ZABMUYOS ISILEIN ZEERTE | = Sepyosaopern |4- Sergos1operNn DU STE SERIE =) uneıg For} AOZIBMUDS 1940.1UNE.IA, goaune.tg ur ‘unıd 3oaune.ıg + odue.ıoesor | ' pAyopjepkdoug 5 yyonsıoyun yyonsasyun |+- Sejyostopary| — nejqneı1o — nejqneıs — yoıpyoa 5 yyoru yyoru 040.1 goemyos yOeMyos yoemyos uneag | —+ 4010Sue1o | * ° ° " JexoAfg = —- Sepy9s1opsıN — Sefyasıopern + 199J0TA 19999J0TAY0.AL 19901 499]0TAnEIQ . —+ nepq — + 29570719012 | + —+ 401 yaejs|| ° aumespÄxoAfg — oysıssnng | — Moyaısenpg | worseoy JOAUOS.IIH 9979J0TANETA, esoıneıo outoy uoly8Boy ouroy | uorNeayy eures | uorgeoyg ouroy | * ' ' * TeIoıyg —- Seryosaoparn + Sefyosıopaın + — ounıg sur | 4 ounınd sur unıs or} JOUNLDO 9s141870.0u810 | ziemyosuneig | ‘ZIeMyasnELD goıfgfoo + odue1o ° pAyoppegsay —- Sepyosaoparn + Seyosaopaın| uoryeoy yyoru 19449JOTA 9449J0TA ouIoy nejquneıg q93 yoıoa | + + y99jorA | * PpAyoppeuıog | joyoypefkuvy o.ımeszeg eANBEszIeg eımesppppmnyog | eunespppemyog | oanespppemyag | aımesppfenyag non pun pun pun pun pun pun = -TogesyÄugen arq TOPITÄUYIL Topu uoydoq wegdoydAr, 1ore1s Topu] 2 BE Mr ' UFER WERTEN Über den Nachweis der Glyoxylsäure usw. 135 formaldehyd- bzw. die Tryptophanformaldehydreaktion aufmerksam gemacht. Dakin!) hat dann einen Vergleich der Farbenreaktionen von Formaldehyd einerseits und Glyoxylsäure andererseits mit Indol, Skatol und Tryptophan durchgeführt. Die Farbenreaktionen einer Reihe von Aldehyden, sowie der Glyoxylsäure mit Indol, Methylketol, Skatol und Tryptophan, sowie Pepton (Wittepepton) sind aus nebenstehender Tabelle zu entnehmen. Es empfiehlt sich, nur Spuren von Aldehyd zu nehmen, wenn man reinere Farbentöne erhalten will. Bei vielen von diesen Reaktionen resul- tieren schöne, charakteristische Farben, bei anderen sind sie trübe und ver- waschen. Die ersteren Fälle sind mit +, die anderen mit — bezeichnet. Mit Salzsäure wurden die Proben so ausgeführt, daß zu der Indol- aldehydmischung ungefähr '/, Volumen konzentrierter Salzsäure zugefügt und dann die Flüssigkeit einige Stunden im Brutschrank stehen gelassen wurde. Aus der Tabelle ist zu ersehen, daß alle untersuchten Aldehyde (außer Chloral) mit Indol und meistens auch mit seinen Derivaten unter Farbstoffbildung reagieren. Am schönsten und am charakte- ristischsten sind die Indolreaktionen, dann folgen die Färbungen der Methylketol- und Tryptophanverbindungen; das Skatol gab oft unreine, verwaschene Farbentöne. Mit Pepton gab Glyoxylsäure die beste Reaktion. Beim Glyoxal trat nur eine sehr schwache Reaktion auf. Von den anderen Aldehyden gaben gute Reaktionen Acetaldehyd und Benzaldehyd. Die Brenztraubensäure reagierte gut mit Indol, Skatol und Methylketol, gab keine Reaktion mit Trypto- phan und Pepton. Lävulinsäure, Glykolsäure, Aceton und Diphenyl- keton gaben keine oder nur schwache Färbungen, denen ich keine Bedeutung zumessen möchte. Über die Verbindungen des Indols und seiner Abkömmlinge mit Aldehyden liegen genauere Untersuchungen von E. Fischer und Wenzing?) vor. Sie haben farblose, kristallinische Verbindungen von Methylketol, Pr-l1-Methylindol und Skatol mit Benzaldehyd durch Einwirkung von Chlorzink bei 100° dargestellt. Darin waren je zwei Methylindole mit einem Benzaldehyd verbunden. Um mich über die Eigenschaften der bei der Indolreaktion entstehenden Farbstoffe zu orientieren, habe ich die gefärbten Ver- bindungen von Methylketol und Glyoxylsäure, Indol und Glyoxyl- säure und Methylketol und Formaldehyd dargestellt. Da Vorversuche gezeigt hatten, daß man bei einem Über- schuß an Indol nicht immer einheitliche Substanzen erhält (der ‘) Dakin, Journal of biologieal chemistry 2, 289. ®) E. Fischer, Ber. d. deutsch. chem. Ges. 19, 2988; M. Wenzing, Liebigs Ann. 239, 239. 136 E. Granström, Farbstoff löste sich nicht vollständig in Alkali), so wurde immer mit einem Überschusse an Glyoxylsäure bzw. Formaldehyd ge- arbeitet. Methylketol und Glyoxylsäure. Frisch destilliertes Methylketol wurde in konzentrierter Schwefel- säure gelöst, durch Verdünnen mit Wasser ausgefällt, auf dem Filter bis zur neutralen Reaktion des Waschwassers gewaschen und über Schwefelsäure getrocknet. 1,16 g dieses Präparates wurden in 50ccm absoluten Alkohols und 100cem konzentrierter Salz- säure gelöst und dann mit 100ccm lproz. Glyoxylsäurelösung 24 Stunden im Brutschrank stehen gelassen. Der reichliche dunkel- rotviolette Niederschlag wurde abfiltriert, bis zu neutraler Reaktion des Waschwassers gewaschen, in möglichst wenig verdünnter reiner Kalilauge gelöst und durch Salzsäure wieder ausgefällt. Der Niederschlag fiel jetzt gallertis aus; er wurde abfiltriert, aus- gewaschen und über Schwefelsäure getrocknet. Die erhaltene, sehr hygroskopische, nicht kristallinische Substanz ist löslich in Aceton, Äther, Methylalkohol, Äthylalkohol, Amylalkohol, Pyridin, weniger löslich in Essigäther, Petroläther, Chloroform, unlöslich in Benzol, Xylol, Toluol, Anilin. In Wasser löst sie sich sehr wenig, da- gegen leicht in Alkali, und zwar mit orangegelber Farbe; in Säuren ist sie wenig löslich. Bei langdauerndem Trocknen bei 95° scheint sich die Substanz etwas zu verändern, sie wird dunkler, löst sich dann in verdünnten Alkalien nur beim Erwärmen; nach dem Ansäuern fällt aber der Niederschlag von ur- sprünglicher Farbe wieder aus. In Amylalkohol löst sich die bei 95° ge- trocknete Substanz nur unter Erwärmen und mit brauner, nicht violetter Farbe. Sie zersetzt sich zwischen 165 und 175°. Die bei 50° über Schwefelsäure getrocknete Substanz ergab die Zusammensetzung: Gefunden Berechnet für Präparat I II C,H,NO, OR. 70:93 70,03 70,55 Hase 374 6,03 4,85 NN 7 IB amd 9 ee 7,50 Es treten somit je ein Mol. Methylketol und Glyoxylsäure unter Wasseraustritt zusammen: GE,N+CG,H,0, = C,H, NO, +H,0. Die entstandene gefärbte Verbindung hat schwach sauren Charakter und entspricht vermutlich der Formel (C,H, N):CH.COOH. Über den Nachwein der Glyoxylsäure usw. 137 Indol und Glyoxylsäure. 0,5 Indol (Merck) wurden in 250cem heißem Wasser gelöst, mit einem Überschuß von Glyoxylsäure und mit 50cem konzen- trierter Salzsäure versetzt und 14 Stunden im Brutschrank stehen gelassen. Der rote Niederschlag wurde auf dem Filter aus- gewaschen und über Schwefelsäure getrocknet. Die Substanz ist löslich in Äther, Methylalkohol, Alkohol, Amylalkohol, Aceton, Essigäther, Petroläther, Chloroform, Pyridin; unlöslich in Xylol, Toluol, Benzol; wenig löslich in Wasser, etwas mehr in Säuren. In Alkali löst sie sich mit gelber Farbe und wird durch Ansäuern wieder als roter Niederschlag ausgefällt. Die über Schwefelsäure bei 58° getrocknete Substanz gab bei der Analyse folgende Werte: Berechnet für Gefunden GC, HaN40% ar) 74,44 Ho % 2025,56 4,86 INER>. 7958 9,67 Die Zahlen stimmen annähernd zu einem Kondensations- produkt aus zwei Molekülen Indol und einem Molekül Glyoxyl- säure, vermutlich (0; H,N),:CH.COOH: 26H, N+ 0,H;,0; = 65H, N 9 + H30. Methylketol und Formaldehyd. 4,08 wie oben gereinigten Methylketols wurden in Alkohol und konzentrierter Salzsäure aufgelöst, mit überschüssiger 10 proz. Formaldehydlösung versetzt und in den Brutschrank gestellt. Nach 24 Stunden wurde der reichliche, braunviolette Niederschlag ab- filtriert und mit Wasser ausgewaschen, wobei der Niederschlag viel heller und schließlich braungrau wurde. Dieselbe Veränderung der Farbe beobachtet man, wenn man den braunvioletten Nieder- schlag mit Alkali benetzt; beim Ansäuern nimmt er wieder die dunkle, braunviolette Farbe an. Die Substanz ist weder in organischen Lösungsmitteln, noch in Wasser, Säuren oder Alkalien löslich; bis 280° schmilzt sie nicht und zersetzt sich auch nicht merklich, wird nur etwas dunkler. Die Analyse ergab für die Berechnet für bei 58° bei 120° getrocknete Substanz C„H,NO GER27215:274Br07: 75,96 Proz. 76,26 Proz. TE 6,42 und 6,60 Proz. 640 „ Nere..7,28008,, 7,39. E02 8,1077, 138 E. Granström, Demnach haben sich je zwei Moleküle Formaldehyd unter Ab- gabe eines Moleküls Wassers an ein Molekül Methylketol angelagert: C,H, N+2CH,0O m C,H, NO+H,O.- Wie aus den Analysen der erhaltenen Farbstoffe hervorgeht, verläuft die Kondensation der Aldehyde mit Indolderivaten recht verschieden. Die Annahme, daß die Glyoxylsäure mit den Indol- körpern nicht selbst, sondern nur ihr beigemengter oder aus ihr entstehender Formaldehyd!) reagiert, findet keine Stütze. Methyl- ketol wenigstens gibt mit Glyoxylsäure ein durchaus anderes Konden- sationsprodukt als mit Formaldehyd. Wie die Untersuchungen von Feist?) lehren, erfolgt auch beim Pyrrol die Anlagerung von Aldehyden nicht immer in gleicher Weise. Meist treten zwei Pyrrole mit einem Aldehyd zusammen, beim Benzaldehyd wurde aber eine Verbindung mit nur einem Pyrrol erhalten. 2. Über das Vorkommen der Glyoxylsäure im Menschenharn. Da die Farbenreaktionen der Glyoxylsäure zwar sehr empfind- lich sind, aber die Verwechslung mit anderen gelegentlich vor- kommenden Stoffen nicht sicher ausschließen, haben sich Eppinger und Dakin bemüht, zuverlässigere Nachweismethoden ausfindig zu machen. Beide empfehlen, die Glyoxylsäure nach Ansäuern mit Phosphorsäure abzudestillieren. Dakin konzentrierte überdies das Destillat nach Zusatz von etwas Calciumcarbonat bei 45° in vacuo, konnte aber auch dadurch einen Verlust an Glyoxylsäure nicht ganz verhindern. Einen Verlust an Glyoxylsäure bei der sauren Destillation hatte aber schon Inada beobachtet. Nach Schloss gibt sogar eine lproz. Glyoxylsäurelösung im Destillat nur eine schwache Reaktion, und O. Adler fand nur bei Destillation von konzentrierten sirupösen Glyoxylsäurelösungen im Destillat Glyoxylsäure wieder. Ich war bei Versuchen, die Glyoxylsäure im Vakuum überzudestillieren, nicht glücklicher. Die Versuche wurden in der Weise ausgeführt, daß reine Glyoxylsäure- lösungen, die noch bei 10- bis 20fachem Verdünnen eine deutliche Indol- reaktion gaben, mit Phosphorsäure schwach angesäuert wurden und dann. bei 20 bis 25 mm Quecksilberdruck und einer 50° nicht übersteigenden Temperatur destilliert wurden, wobei die Dämpfe zuerst in der gut ge- !) Vgl. Rosenheim, Biochem. Journ. 1, 233. — Vgl. Dakin, Journal of biolog. Chemistry 2, 295. 2) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 35, 1647. | | Über den Nachweis der Glyoxylsäure usw. 139 kühlten Vorlage enthaltenes Wasser mit etwas aufgeschwemmtem Caleium- carbonat passieren mußten. Dann wurde das Destillat vorsichtig konzentriert. In derselben Weise wurde Harn destilliert, dem 10- bis 20mal mehr Glyoxyl- säure zugesetzt war, als man nach der Methode von Schloss (Entfärben mit Tierkohle und Zerstörung der Nitrite mit Schwefelsäure) deutlich nach- weisen konnte. Im Destillat wurde immer nur eine sehr schwache oder keine Indolreaktion gefunden. Der Rückstand gab aber fast immer noch eine deutliche, manchmal sogar starke Reaktion. Der Nachweis der Glyoxylsäure durch Destillation ist also bei einer so niedrigen Konzentration, wie sie Harn und andere tierische Flüssigkeiten darbieten, nicht ausführbar. Dasselbe gilt nach Eppinger und Dakin von jenen Methoden, die auf der Über- führung der Glyoxylsäure in Oxalsäure oder Allantoin und auf der Reaktion mit Phenylhydrazin beruhen. Von mir unternommene Versuche, ein geeignetes Extraktions- mittel für Glyoxylsäure zu finden, schlugen fehl, da niedrige Alkohole, Äther, Acetessigester schon selbst oft Spuren von Gly- oxylsäure enthalten, glyoxylsäurefreie Stoffe aber, wie Benzol, Toluol usw. die Glyoxylsäure zu wenig aufnehmen. Hingegen wurde folgende Methode geeignet gefunden: Mög- lichst viel von dem die Indolprobe zeigenden Harn (!/, bis 1 Liter) wird mit Tierkohle entfärbt und mit Kalkhydrat ausgefällt. Das von überschüssigem Kalk mit Kohlensäure befreite Filtrat wird mit Essigsäure neutralisiert und im Vakuum auf 100 bis 150 cem eingedampft. Dann wird mit einem kleinen Überschuß von basi- schem Bleiacetat gefällt. (Manchmal ist ein kleiner Zusatz von Ammoniak zur vollständigen Fällung nötig.) Der Bleiniederschlag wird mit nicht viel Wasser gewaschen, mit Schwefelsäure zerlegt, das Filtrat mit Calciumearbonat neutralisiert, in vacuo auf ein kleines Volumen eingedampft, der abgeschiedene Gips abgesaugt, mit wenig kochendem Wasser ausgezogen und die ganze Flüssig- keit im Vakuum auf ein kleines Volumen (30 bis 40ccm) ein- geengt. Darauf kann die Glyoxylsäure in der Flüssigkeit durch Überführung in Oxalsäure oder in die Amidoguanidinverbindung (Dakin) nachgewiesen werden. In letzterem Falle empfiehlt es sich, die Flüssigkeit im Vakuum bis zur Trockne einzudampfen, zur Entfernung von Chlorcaleium mit Alkohol zu extrahieren, den Rückstand in wenig heißem Wasser zu lösen und mit einer konzentrierten Lösung von Amidoguanidinnitrat aufzukochen. Nach 1- bis 2tägigem Stehen in der Kälte, manchmal erst in einer Kälte- mischung, kristallisiert die Amidoguanidinglyoxylsäure in schönen Nadeln vom Schmelzpunkt 155 bis 156° aus. 140 E. Granström, Das Verfahren gestattete noch 0,2 g zugesetzte Glyoxylsäure in 500 bis 1000cem Harn als Oxalsäure oder als Amidoguanidin- glyoxylsäure nachzuweisen. Die direkte Fällung des Harns mit Amidoguanidin, wie sie Dakin empfiehlt, ist weniger empfindlich: 0,2& Glyoxylsäure zu 100cem Harn zu- gesetzt, wurden durch Amidoguanidin nicht gefällt; 0,3& Glyoxylsäure in 100ccm Harn gaben mit Amidoguanidin nur spärliche Kristalle. Meine Harnuntersuchungen gingen vor allem dahin, festzu- stellen, ob der Glyoxylsäure eine pathognomonische Bedeutung zukommt. Im ganzen untersuchte ich den Harn von 302 Indi- viduen mit den verschiedensten Krankheiten. Der Harn wurde von den medizinischen, chirurgischen und gynäkologischen Kliniken in Straßburg erhalten, wofür ich den Herren Professoren und ihren Assistenten auch an dieser Stelle meinen Dank ausspreche. Ich verwandte möglichst frischen Harn; in den meisten Fällen war ich in der Lage, den Morgenharn noch an demselben Morgen zu untersuchen. Vor den Indolproben auf Glyoxylsäure wurden die Harne mit Tierkohle entfärbt und mit Stärkelösung, Jodkalium- lösung und Ansäuern mit Schwefelsäure auf etwaiges Vorhanden- sein von Nitriten geprüft. In den Fällen, wo Nitrit vorhanden war, wurde es durch Schwefelsäure nach der Angabe von Schloss zerstört und danach erst die Indolreaktion ausgeführt. Außer mit Indol wurde die Reaktion in derselben Weise mit Skatol gemacht, welchem allerdings ein geringerer Wert für den Nachweis der Glyoxylsäure zukommt, und dem schon Eppinger einen nur orien- tierenden Wert beilegte. Die Indol- und Skatollösungen waren 0,2proz.; davon wurde ungefähr lccm zu 2 bis 3ccm Harn zugesetzt und mit konzentrierter Schwefelsäure unterschichtet. Es empfiehlt sich, das Probierrohr nicht umzuschwenken, sondern einige Zeit ruhig: stehen zu lassen, weil die Proben dann reinere Farbentöne annehmen. Bei der in dieser Weise ausgeführten Reaktion bleibt der Harn auch beim Fehlen der Glyoxylsäure nicht farblos, sondern es bildet sich meistens ein Ring, der nicht selten orange, oft braun oder grün, selten schwarz ist, der aber meistens die Glyoxylsäurereaktion nicht stört. In den Fällen, wo die Indol- und Skatolproben positiv waren, wurde der Harn nach der oben beschriebenen Methode weiter verarbeitet. Zur Untersuchung gelangten Harne von 57 Kranken mit verschiedenen Formen der Tuberkulose; ” 24 ” » ) „ „ Herzinsufficienz 5 „ 20 » » D) » „ Nephritis chron.; rl) a „ lleotyphus; in RER P „ Polyarthritis rheum.; Über den Nachweis der Glyoxylsäure usw. 141 von 12 Kranken mit verschiedenen Formen der Lebercirrhose; 9 5 „ akuter Pneumonie; er 3 „ Bronchitis chron.; Ye 28 R „ verschiedenen Carcinomen; eiila? 5 „ Pleuritis; „ je # Kranken mit Diabetes mell., Angina und Neurasthenie; u) n „ Leukämie (und Pseudoleukämie) und Arteriosklerosis ; a y „ Enteritis, Gastritis, Uleus ventriculi, Puerperium, Anaemia, Tabes dorsalis, Apoplexie, Ischias, Hysterie; „ je 3 Kranken mit Influenza, Scarlatina, Sepsis, Choleeystitis, Arthritis ehron., Dystrophia muscul. progr., Trigeminus-Neuralgie; „ je 2 Kranken mit Adipositas, Achylia gastrica, Pleuritis purul., Febris herpetica, Morbus Basedowii, Morbus Addisonii, Lues cerebri, Chorea, Selerosis multiplex, Polyneuritis; je 1 Kranken mit Hypochlorhydrie, Gastroptose, Perityphlitis, Ikterus, Cystitis, Pneumothorax, Endocarditis, Myxoedem, Arthritis gonorrh., Asthma bronch., Arthritis uriea und Bleiintoxikation, Tumor mediastini, Pleuritis et ascites (Neoplasma?), Tumor cerebri, Lumbago, Lysolver- eiftung, Friedreichsche Krankheit, Psychose; „ 1 Neugeborenen. Eine scheinbar positive Indol- und Skatolreaktion, d. h. einen roten Ring an der Grenze der Schwefelsäure und des Harnes, fand ich in mehreren Fällen. In den meisten davon hing die Reaktion von dem Vorhandensein von Jod ab. In diesen Fällen wurde ein roter Ring bei der Unterschichtung mit konzentrierter Schwefelsäure auch ohne Indol oder Skatol erhalten, und der Harn gab die Jodreaktionen. Eine positive Indolreaktion war auch in mehreren Cystitis- harnen vorhanden, nur war der Ring nicht rein rot, sondern rot- violett. Bei der Bleifällung blieb die Substanz in Lösung und es wurde nachgewiesen, daß die Reaktion von dem den Kranken ver- abreichten Urotropin herrührte. Das Urotropin war in diesen Harnen nachweisbar 1. durch Überführung in Formaldehyd bei Destillation und Nachweis des Formaldehyds mit den bekannten Reagenzien!), und 2. durch Fällung mit Quecksilberchlorid, Aus- waschen des Niederschlages, Destillieren mit verdünnter Schwefel- säure und Prüfung des Destillats auf Formaldehyd. Außer bei den Jod oder Urotropin enthaltenden Harnen fand ich eine schwache positive Indol- und Skatolreaktion noch in Harnmen von einer Typhusrekonvaleszentin, von einem Kranken, der an Carcinoma ventriculi litt, aber schon nach 2 Tagen starb, und, was ich hier mitanführen möchte, einmal im Harne eines nor- malen Hundes. 1) Zeitschr. f. analyt. Chem. 39, 332; 40, 161 und 42, 451. 143 E. Granström, Über den Nachweis der Glyoxylsäure usw. Der Harn des carcinomatösen Kranken konnte nicht genauer auf Glyoxylsäure untersucht werden, da die Methode der Blei- fällung damals noch nicht genügend ausgearbeitet war. In den Harnen der Typhusrekonvaleszentin und des Hundes rührte die positive Indol- und Skatolreaktion nicht von Glyoxylsäure her, da die Substanz nicht von Blei gefällt wurde. Nebenbei sei bemerkt, daß ich bei diesen Untersuchungen nur einmal auf Nitrite in frisch entleertem Harn gestoßen bin und zwar bei einem Falle von Üystitis. Es ist nach diesem Ergebnis gegenüber Eppingers positiven Befunden fraglich, ob überhaupt jemals Glyoxylsäure im normalen oder pathologischen Harn auftritt. Jedenfalls wäre dies ein sehr seltenes Vorkommnis. Es stimmt dieses Ergebnis mit den Tier- versuchen von Eppinger, Schloss und Adler überein, welche nach Verfütterung der Glyoxylsäure dieselbe im Harn nicht wiederfanden, woraus sich neuerlich ergibt, daß eingeführte Gly- oxylsäure gewöhnlich so schnell im Tierkörper zerstört wird, daß man sie im Harn nicht wiederfindet. Meine weiteren Untersuchungen gingen demgemäß dahin, Näheres über die Bedingungen dieser Zerstörung zu ermitteln. Ich berichte darüber in einer demnächst folgenden Mitteilung. Kürzere Mitteilungen. 5. Über den Einfluß des o-Tyrosins auf die Homogentisin- säureausscheidung beim Alkaptonuriker. Von L. Blum. (Aus der medizinischen Klinik zu Straßburg.) Im Anschluß an früher mitgeteilte Versuche!) über das Verhalten der drei Oxyphenylessigsäuren und des m-Tyrosins beim Alkaptonuriker soll im folgenden kurz das Resultat des schon damals in Aussicht gestellten Versuches mit o-Tyrosin mitgeteilt werden. In zwei Versuchen brachte Tossa ebensowenig wie das m-Tyrosin eine Vermehrung der Homogentisinsäureausscheidung zustande. Homogentisinsäureausscheidung: In 6200: 4. 598g 20.103, 5. 58 „ — 5g 0-Tyrosin 3.58 „ — 5g o-Tyrosin 67 25,95,, Die Einzelheiten über die erwähnten Versuche sowie über die Dar- stellung und Eigenschaften der bisher noch nicht bekannten Substanzen sollen in einer späteren ausführlichen Mitteilung erfolgen. !) Verhandl. des Kongresses für innere Medizin 1907, 8.240. Straßburg, 25. November 1907. 6. Über das Verhältnis von dysoxydablem Kohlenstoff zu dysoxydablem Stickstoff bei verschiedener Ernährung. Von K. Spiro. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) Bei der außerordentlich komplexen Natur des Harns, dessen einzelne Bestandteile wir nicht einmal vollständig kennen, sind wir, - wenn wir über seine biologische Bedeutung etwas aussagen wollen, auf indirekte Methoden angewiesen. Der erste, der dies Ziel in systema- tischen Untersuchungen verfolgte, war E. Pflüger, der durch seine Schüler L. Bleibtreu, F. Meyer und B. Schöndorff namentlich die elementare Zusammensetzung des Harns, speziell auch das Verhalten von Harnstoff zu Gesamtstickstoff, bei gemischter und Fleischnahrung feststellen ließ). Später hat dann M.Pfaundler auf F.Hofmeisters- Veranlassung?) für das Studium der Verteilung des Stickstoffs im Harn eine genaue und einfache Methodik ausgearbeitet, mit der er z. B. bei Phosphorvergiftung ein Abweichen von der Norm konstatieren konnte. Zur Charakterisierung der Harnzusammensetzung kann man auch, wie in der vorhergehenden Mitteilung?) ausgeführt wurde, das Ver- hältnis C:N im Harn verwenden. Stellen wir die bisher bei beiden Methoden gefundenen Tatsachen für physiologische Verhältnisse zu- sammen, so ergibt sich, daß der relative Harnstoffgehalt (bezogen auf Gesamt N) bei Eiweißnahrung am größten, bei Kohlehydratnahrung am kleinsten ist, während umgekehrt das Verhältnis C:N bei Kohlehydrat- nahrung am größten, bei Eiweißnahrung am kleinsten gefunden wird. Da nun das Verhältnis C:N in keinem anderen Bestandteile des normalen Harns so niedrig ist wie im Harnstoff, konnte man zu der Annahme neigen, daß der niedrige Wert C:N im Fleischharn nur durch den hohen Harnstoffwert bedingt sei, daß also, abgesehen von dem mit der Nahrung wechselnden Gehalt an diesem Körper, die Zu- sammensetzung des Harns auch bei verschiedener Nahrung dieselbe sei, was a priori, da wir es im Harn mit einem Exkret zu tun haben, teleologisch nicht unwahrscheinlich war. Die in meiner letzten Arbeit gegebenen Zahlen erlauben darüber ein Urteil, da in ihnen gleichzeitig außer. dem Gesamt-N der Kohlen- stoffgehalt (durch Elementaranalyse des nicht eingetrockneten Harns) und der Harnstoffgehalt bestimmt wurden. Die Betrachtung der beiden Harnstoff-N 0 ae LURERE ; h Verhältnisse Se und N bei verschiedener Nahrung sprechen !) Eine Übersicht der Literatur siehe bei Schöndorff, Pflüg. Archiv 115. | 2) Zeitschr. f. physiol. Chemie 30. ®) Diese Beiträge 10, 277. Daselbst Hinweise auf die Literatur. % K. Spiro, Über das Verhältnis von dysoxydablem Kohlenstoff usw. 145 gegen die obige Vermutung. Legen wir der Berechnung die beiden am meisten auseinander liegenden Zahlen (bei Kohlehydrat- und bei Fleischfütterung) zugrunde: Bei Kohlehydratfütterung entsprechen 21,4 Teilen Rest-N 44,53 Teile nicht in Form von Harnstoff vor- kommenden, sogenannten „dysoxydablen“ C; bestände dasselbe Ver- hältnis bei Eiweißnahrung, so würden den nicht in Form von Harn- stoff vorhandenen 9,2 Teilen Rest-N 19,15 Teile C entsprechen, wir hätten also auf 100 Teile N insgesamt 58,07 Teile C, während 60,05 beobachtet wurden. Ebenso ist das Verhältnis BZ auch bei N-freier Nah- rung sehr verschieden: Für Fett — 36,1, für Kohlehydrat — 44,0 (während es bei Fleischnahrung 20,9, bei Hunger 42,2 beträgt). Wir sind aber nicht berechtigt, den Harnstoff als alleiniges physiologisches Endprodukt zu bezeichnen, vielmehr müssen wir auch das Ammoniak berücksichtigen. Bei der Mitteilung meiner Ammoniak- zahlen ist mir leider ein Versehen unterlaufen, indem ich die Werte um eine Dezimale zu klein angegeben habe. Es betrug also der NH;- Gehalt bei Fleischfütterung 4,98 Proz., bei Fettfütterung 3,95 Proz., bei Kohlehydratfütterung 3,2 Proz. und bei Hunger 3,62 Proz. Nennen wir den Teil des im Harn ausgeschiedenen Kohlenstoffs und Stickstoffs, der nieht in Form von Harnstoff oder Ammoniak erscheint, dysoxy- dablen C bzw. dysoxydablen N, so erhalten wir für deren Verhältnis bei Fleisehfütterung: Fettfütterung: 1:4,768 1:7,067 1:2,74 1:2,78 1:4,501 1: 4,278 1: 2,94 1:3,25 im Mittel: 1:5,153 im Mittel: 1:2,95 Kohlehydratfütterung: Hunger: 1.:2,35 1: 2,42 1: 2,26 1:2,42 1: 2,41 1: 2,50 1279,35 1:2,52 im Mittel: 1:2,42 | im Mittel: 1:2,38 Wie man sieht, ist das Verhältnis bei Eiweißfütterung wesentlich verschieden von dem bei anderer Fütterung. Wir haben einen etwa um das Doppelte höheren Koeffizienten, d. h.: Die Zusammensetzung des Harns bei wechselnder Nahrung ist verschieden, es erscheinen bei reiner Fleischnahrung relativ kohlenstoffreiche Körper im Harn. Sie werden also nicht in dem Umfang verbrannt wie die intermediären Produkte bei Kohlehydrat- und Fettnahrung. Wenden wir diesen Befund auf die Beobachtungen am hungernden Tiere an, so sieht man an dem hierbei gefundenen Koeffizienten, dab meine Tiere wesentlich auf Kosten ihres Kohlehydrat- und Fettbestandes gelebt haben, bzw. ihr eigenes Eiweiß nicht so verbrauchten, wie sie es mit dem reichlich zugeführten fremden Eiweiß taten. Ob.es sich hier um eine Differenz des Eiweißmaterials oder um einen Regulationsprozeß handelt, können vielleicht Versuche mit längeren Hungerperioden entscheiden. Beitr. z. chem. Physiologie. XT. 10 7. Über die chemische Stellung der Pankreasnucleinsäure (Guanylsäure). Zweite Mitteilung. Von Dr. Otto von Fürth, a. ö. Professor für medizinische Chemie an der Wiener Universität, und cand. med. Ernst Jerusalem. Aus der Mitteilung von I. Bang „Zur Charakteristik der Guanyl- säure!)“ entnehmen wir, daß unsere Ansichten von denjenigen, zu welchen Bang nunmehr hinsichtlich der chemischen Stelluig der Pankreasnucleinsäuren gelangt ist, keineswegs so sehr abweichen, als es Bangs polemischen Ausführungen nach auf den ersten Blick scheinen dürfte. Hammarsten?) hat seinerzeit ein Nucleoproteid aus dem Pankreas nach folgendem Verfahren dargestellt: „Wenn die fein zer- schnittene oder zerhackte, vorher rein präparierte frische Pankreasdrüse von Rindern in Wasser rasch gekocht wird, so erhält man leicht ein ganz klares, blaßgelb gefärbtes Filtrat, in dem man nach dem Erkalten durch Zusatz von Salzsäure bis zu 1 bis 2 Prom. oder von Essigsäure 5 bis 10 Prom. einen reichlichen weißflockigen Niederschlag erhält. Durch wiederholtes Auflösen in Wasser mit Hilfe von möglichst wenig Alkali und Wiederausfällen mit einer Säure kann dieser Niederschlag, welcher aus dem Proteide besteht, gereinigt werden.“ Durch Spaltung dieses Nucleoproteids hat nun Bang?) die Guanyl- säure (d-Guanylsäure) zuerst dargestellt und in einer Ausbeute von nur etwa 20g aus 1200 Stück Ochsenpankreas gewonnen. Einige Jahre später hat nun aber Bang?) gemeinsam mit Raaschou ein neues Verfahren ermittelt, um die Guanylsäure in viel bequemerer Art und unvergleichlich besserer Ausbeute zu gewinnen. Während die Guanylsäure früher nur aus jenem Anteile des Pankreas- gewebes dargestellt wurde, welcher dem in siedendem Wasser löslichen Nucleoproteide Hammarstens entspricht, und die Hauptmenge der Pankreasproteide dabei von der Verarbeitung zu Nucleinsäure aus- !) Diese Beiträge 11, 76. ?2) 0. Hammarsten, Zur Kenntnis der Nucleoproteide. ZS. f. physiol. Chemie 19, 20 (1894). ®) Bang, l. c. Diese Beiträge 10, 174. *) Bang und Raaschou, l. c. Diese Beiträge 10, 174. 0. v. Fürth u. E. Jerusalem, Über die chemische Stellung usw. 147 geschlossen geblieben war, wurde nunmehr das ganze Pankreas durch Wirkung erwärmter Natronlauge verflüssigt und in die Ver- arbeitung einbezogen. Das dieser Darstellung zugrunde liegende Prinzip war folgendes: Zerkleinertes Ochsenpankreas wurde mit 1proz. Natronlauge angerührt und die Mischung 24 Stunden lang erwärmt, bis die Lösung dünnflüssig geworden war. Dieselbe wurde nunmehr mit Essigsäure schwach angesäuert, filtriert, mit Ammoniak schwach alkalisch gemacht, stark konzentriert und mit Alkohol gefällt. Die so erhaltene Nucleinsäure (X-Guanylsäure), welche durch wiederholtes Lösen in Wasser und Fällen mit Alkohol gereinigt werden konnte, sollte sich nun, Bangs Angaben zufolge, von der früher beschriebenen ß-Guanylsäure lediglich durch den Mehrgehalt einer Glyce- rinpentosegruppe unterscheiden (vgl. die beiden Formelbilder auf 8.179 der Abhandlung von Bang und Raaschou) und durch Einwirkung von Alkali in dieselbe übergeführt werden. Dieses Präparat («-Guanylsäure) umfaßt nun, seiner Darstellungs- weise entsprechend, offenbar die Gesamtmenge der im Pankreas enthaltenen Nucleinsäuren, etwa mit Ausnahme der ß-Guanylsäure. Denn alle Nucleinsäuren geben ja in Wasser lösliche Alkalisalze und können durch Alkohol gefällt werden. Alle, mit Ausnahme der P-Guanylsäure, sind durch Essigsäure nicht fällbar, daher dürfte nur die #-Guanylsäure beim Ansäuern der alkalischen Pankreaslösung mit Essigsäure ausgefallen und der weiteren Verarbeitung entgangen ‚sein. Auf diese &-Guanylsäure bezogen sich nun unsere Einwände gegen die Existenz der Guanylsäure. Dieselben basierten auf der Fest- stellung, daß die Hauptmenge der Pankreasnucleinsäure oder, genauer ausgedrückt, des nach Neumanns Verfahren dargestellten Nucleinsäurengemenges (vorausgesetzt, daß es sich um mehrere chemische Individuen handelt) durchaus den Charakter der Thymo- nucleinsäuren trägt. Wenn nun Bang den Vorwurf gegen uns erhebt, daß wir unsere Ergebnisse von der &-Guanylsäure auf die ß-Guanylsäure übertragen haben, so ist dieser Vorwurf vollkommen unberechtigt, denn diese Übertragung basierte ja eben auf Bangs eigenen, sehr bestimmt lautenden Angaben, denen zufolge die beiden Guanylsäuren sich vonein- ander nur durch eine heran unterscheiden und durch einfache Alkaliwirkung ineinander übergeführt werden können. Es war daher nicht nur statthaft, sondern selbstverständlich, daß wir zum Zwecke des Studiums der Guanylsäure das neuere Darstellungs- verfahren Bangs gewählt haben, welches, Bangs eigenen Angaben zufolge, den älteren Methoden gegenüber einen erheblichen Fortschritt bedeutete und den großen Vorteil einer unvergleichlich besseren Aus- beute bot. . Ebenso selbstverständlich bar ist es, daß die Berechtigung einer Übertragung unserer Befunde von der &-Guanylsäure auf die ß-Guanyl- säure in demselben Augenblicke entfällt, wo Bang aufgehört hat, an der Annahme einer nahen Verwandtschaft und eines engen Zusammen- hanges dieser beiden Substanzen festzuhalten. Wir glauben annehmen zu dürfen, daß dies gegenwärtig der Fall ist, da ja offenbar eben die 148 Otto v. Fürth und Ernst Jerusalem, Erkenntnis einer weitgehenden Verschiedenheit der &@-Guanyl- säure und der ß-Guanylsäure jenem gegen uns erhobenen Vor- wurfe zugrunde liest. Auch spricht sich jetzt Bang selbst ausdrück- lich dahin aus, „daß das Pankreas neben der bloß Guanin enthaltenden Guanylsäure noch andere Nucleinsäuren ent- hält, wie sie ja in der Tat von Levene u.a. beschrieben worden sind“. Falls wir also Bang recht verstanden haben und er jetzt einerseits die Existenz einer Thymonucleinsäure im Pankreas zugibt (und aus einer solchen bestand das als &-Guanylsäure beschriebene Präparat zum größten Teile), andererseits aber an der nahen Ver- wandtschaft der beiden Guanylsäuren nicht mehr festhält, entfällt für uns selbstverständlicherweise jeder Grund, die Existenz der aus dem Hammarstenschen Nucleoproteide nach Bangs älterer Methode gewonnenen ß-Guanylsäure, die wir niemals dargestellt und studiert haben, anzuzweifeln. Ein Satz auf S.186 unserer ersten Ab- handlung ist also dahin zu berichtigen, „daß es sich empfehlen dürfte, die Bezeichnung &-Guanylsäure (nicht Guanylsäure im allgemeinen), als auf einer irrigen Annahme basierend, fallen zu lassen“. Die ß-Guanylsäure, also die Guanylsäure im Sinne von Bangs älteren Untersuchungen, wird durch diese Feststellung nicht berührt. Durch die neuen, die Konstitution der Inosinsäure betreffenden Untersuchungen von Neuberg und Brahm!), sowie durch diejenigen Bauers?) aus dem Laboratorium Hofmeisters, ist der Beweis erbracht worden, daß eine aus je einem Molekül Phosphorsäure, Pentose und Hypoxanthin zusammengesetzte kristallisierbare Substanz in einem Organextrakte tatsächlich vorkommt. Die Guanylsäure wäre demnach anscheinend als ein Analogon der Inosinsäure anzusehen, welche an Stelle des Hypoxanthins eine Guaningruppe enthält, und dürfte Bangs ältere Vorstellung hinsichtlich der Beschaffenheit derselben nur in bezug auf die Beteiligung des Glycerins an ihrem Aufbau zu berichtigen sein. Trotzdem wir die ß-Guanylsäure, wie gesagt, nicht in Händen gehabt haben, scheinen uns die für ihren Glyceringehalt an- geführten Reaktionen nicht eindeutig und wenig beweisend zu sein. Übrigens wird ja der von Bang in Aussicht gestellte direkte Versuch wohl auch über diese Frage Gewißheit erbringen, und spricht Bang selbst die Ansicht aus, „daß die Anwesenheit der Glyceringruppe für die Stellung der Guanylsäure innerhalb der Nucleinsäuren nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist.“ Wir halten die genaue Untersuchung von nach Art der Inosinsäure und Guanylsäure konstituierten einfachen Bruchstücken der Nucleo- proteidmoleküle, die sich bei geeignetem Vorgange vielleicht nicht nur aus Muskeln und aus dem Pankreas, sondern auch aus anderen Organen !) C. Neuberg und B. Brahm, Über die Inosinsäure. Biochem. Zeitschr. 5, 438 (1907). ®) F. Bauer, Über die Konstitution der Inosinsäure und die Muskel- pentose. (Aus dem physiologisch - chemischen Institut zu Straßburg.) Diese Beiträge 10, 345. Uber die chemische Stellung der Pankreasnucleinsäure. 149 isolieren lassen würden, für um so wichtiger und dankenswerter, als die Untersuchung der kompliziert gebauten Nucleinsäuren durch die Schwierigkeit, ihre chemische Einheitlichkeit sicherzustellen, sehr erschwert wird. Es ist nunmehr in allen Organen, auch in der Milchdrüse!) und im Pankreas, welche eine Ausnahmestellung einzunehmen schienen, die Existenz typischer „IThymonucleinsäuren“ sichergestellt worden, und es fragt sich, ob es denn nicht zweckmäßig wäre, die Bezeichnung „Nuclein- säure“ für diese Thymonucleinsäuren zu reservieren und für einfachere Verbindungen von der Art der Inosinsäure und Guanylsäure eine andere Bezeichnungsweise zu wählen, um so mehr, als diese letzteren durch ihren Gehalt an hydrolytisch abspaltbarem Zucker und durch das Fehlen von Pyrimidinderivaten in ihrem Molekül zweifellos eine chemische Sonderstellung einnehmen. Schließlich sei es uns noch gestattet, einen weiteren von Bang gegen uns erhobenen Vorwurf zu widerlegen. „. » . Ebenso angreifbar“, schreibt Bang, „ist die Versuchsanord- nung, mit der die Verfasser (Fürth und Jerusalem) das Adenin im Guaninfiltrate bestimmen. Sie gehen dabei von der Vorstellung aus, daß das Guanin durch Ammoniak quantitativ gefällt wird und sehen den der Fällung entgangenen Anteil, soweit er durch ammoniakalisches Silber niedergeschlagen wird, schlechtweg für Adenin an... ... Es darf also der der Ammoniakfällung entgangene Anteil der Purinbasen nicht ohne nähere Untersuchung als Adenin angesprochen werden.“ Wie sehr ‚uns Bang Unrecht tut, wenn er bei uns die Unkenntnis der letzteren zweifellos richtigen Tatsache voraussetzt, ist durch einen Blick in die unter der Leitung des einen von uns ausgeführte, die Milchdrüsennucleinsäure betreffende Arbeit von Löbisch zu ersehen). Wenn wir also, trotzdem uns obige Tatsache sehr wohl bekannt war, die im Filtrate der Ammoniakfällung enthaltene Base dennoch als Adenin bezeichnet haben, so geschah es, weil die Probe mit Meta- phosphorsäure (Pohl), welche selbst sehr kleine Guaninmengen anzeigt), ') W.Löbisch, Über Nueleinsäure-Eiweißverbindungen unter besonderer Berücksichtigung der Nucleinsäure der Milchdrüse. Diese Beitr. 8, 191 (1906). ?) „Ich möchte es nicht unterlassen“, schreibt Löbisch (diese Beitr. 8, 197), „eine Beobachtung mitzuteilen, die darauf hinweist, daß bei Bestimmung des Guanins in der üblichen Weise durch einfache Ammoniakfällung leicht die tatsächlich vorhandene Guaninmenge zu gering bewertet werden kann: ein Quantum Milchdrüsennucleinsäure wurde mit 10Oproz. Salzsäure einige Stunden erhitzt und die Zersetzungsflüssigkeit vorsichtig mit einem Über- schuß von Ammoniak gefällt. Aus dem Filtrate konnte der durch Ammoniak nicht unmittelbar fällbare Rest der Purinkörper durch Zusatz von Silber- nitrat gefällt werden. Der Silberniederschlag wurde mit Salzsäure zerlegt. In dem Filtrate vom Chlorsilber erzeugte nun Ammoniak neuerlich einen Niederschlag, der sich durch die Murexidreaktion als Guanin erwies. Es wurde nun der Rest der Purinkörper wieder mit Silbernitrat gefällt, der Niederschlag wiederum wie vorhin behandelt und so noch eine dritte Guaninfraktion erhalten.“ ®) Vgl. Hammarsten, 6. Aufl., 8.161: „Von Pikrinsäure wie auch von Metaphosphorsäure werden selbst sehr verdünnte Guaninlösungen gefällt.“ 150 O0. v. Fürth u. E. Jerusalem, Über die chemische Stellung usw. im Ammoniakfiltrate tatsächlich negativ ausgefallen war. Wenn wir uns aber mit dieser einfachen Probe begnügt und nicht noch weitere Versuche in dieser Richtung ausgeführt haben, so taten wir dies, weil durch die sehr zahlreichen und sorgfältigen Versuche von Kutscher, Inoko, Levene & Stooky, Jonas & Whipple, Lohmann und M. Schenk (Literatur, 1. e., diese Beitr. 10, 176 u. 184) der volle und zweifellose Beweis längst erbracht war, daß bei Spaltung der Pankreas- nucleoproteide neben Guanin noch andere Purin- oder Pyrimidin- derivate auftreten. Da nun das als &-Guanylsäure bezeichnete Präparat die Gesamtmenge der bei Spaltung der Pankreasnucleoproteide auf- tretenden Nucleinsäuren (etwa mit Ausnahme der durch Essigsäure fällbaren ß-Guanylsäure) umfaßt, unterliegt es keinem Zweifel, daß dieses Präparat neben Guanin auch noch andere Sub- stanzen basischer Natur enthalten hat. Für die aus dem Hammarstenschen Nucleoproteid gewonnene ß-Guanylsäure haben wir dagegen, wie wir ausdrücklich hervorheben wollen, nunmehr keinen Grund, die Angabe Bangs, sie enthalte von basischen Substanzen nur Guanin, anzuzweifeln. Für diese, aber auch nur für diese Substanz ist daher die Bezeichnung Guanylsäure zutreffend. Das Pankreasgewebe enthält sonach, wie aus den nunmehr vorliegenden Erfahrungen hervorgeht und wie wir noch einmal zusammen- fassend bemerken wollen, Nucleoproteide verschiedener Art. Die Hauptmenge derselben liefert, nach Neumanns Prinzip verarbeitet, „Thymonucleinsäure“, die sich von den aus anderen Organen nach dem gleichen Verfahren gewonnenen Nucleinsäuren dieser Art nicht in auffallender Weise unter- scheidet. Außerdem liefert das Pankreas noch ein Nucleo- proteid besonderer Art, welches durch seine Löslichkeit in heißem Wasser ausgezeichnet ist (Nucleoproteid Hammar- stens). Dieses gibt nach Bang bei der Spaltung Guanyl- säure, welche durch ihren einfachen Aufbau aus Phosphor- säure, Guanin und Pentose von anderen Nucleinsäuren unterschieden ist. Nur auf diese Substanz, nicht aber auf das früher als &-Guanylsäure bezeichnete Präparat darf die Bezeichnung Guanylsäure mit Recht angewandt werden. Nachschrift bei der Korrektur. In einem kürzlich erschienenen Aufsatze hat H. Steudel (Über die Guanylsäure aus der Pankreasdrüse, Zeitschr. f. physiol. Chemie 53, VI, 539, ausgegeben am 22. November 1907) Bangs Angaben einer neuerlichen experimentellen Nachprüfung unterzogen. Er gelangt zu Resultaten, die mit unserer oben begründeter Auffassung des Gegen- standes in allen Punkten übereinstimmen; er vermißt das Glycerin auch in der nach Bangs älterem Verfahren dargestellten Guanylsäure. Die Sachlage erscheint also nunmehr definitiv klargestellt. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Baumert, Prof. Dr. Georg, Lehrbuch der gerichtlichen Chemie. In zwei Bänden. Zweite gänzlich umgearbeitete Auflage bearbeitet von Prof. Dr. Georg Baumert, Prof. Dr. M. Dennstedt und Dr. F. Voigtländer. gr. 8. Erster Band. Der Nachweis von Giften und gesundheitsschädlichen Stoffen in Leichenteilen, Harn, Nahrungs- und Genußmitteln, Gebrauchsgegenständen, Wasser, Luft und Boden, mit Berücksichtigung steueramtlicher Untersuchungen, sowie der Vegetationsschädigung durch Rauch u. dgl. Mit 53 Abbildungen. x Preis geh. M. 12.—, geb. M. 13.—. " Zweiter Band. Der Nachweis von Schriftfälschungen, Blut, Sperma usw. unter | besonderer Berücksichtigung der Photographie. Mit 98 Abbildungen einschl. i einer farbigen Spektraltafel. Preis geh. M. 9.—, geb. M. 10.—. Celsus, Aulus Cornelius, Über die Arzneiwissenschaft, in acht Büchern. Über- setzt und erklärt von Eduard Scheller. Zweite Auflage. Nach der Text- ausgabe von Daremberg neu durchgesehen von Walter Frieboes. Mit einem Vorwort von Prof. Dr. R. Kobert zu Rostock. 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Graebe-Genf als einem seiner ältesten Schüler ie | BER Fehler, nnd ne m an die gesamte o ismische Wet |, ol ne ahilten Herchfn. ala Gemeingut aller Chemiker in keiner ce R ) Arbeitsstätte fehlen. = beziehen durch jede ae ERnE hr 1 Friedr. Viewog & & Sohn in Braunächweik Kinematik organischer Gelenke. Von Prof. Dr. Otto Fischer in Leipzig. Mit 77 BR en Ban en. 8. Preis geh. 8 Sa, ah. 9 Js. Dero gegenwärtige Stand der Abwässerfrage dargestellt für die Industrie unter besonderer Berücksichtigung der a ach Auf Veranlassung des Vereins der Deutschen Tea Düsseldorf von Dr. Georg Adam. gr. 8. Preis geh. 3 M. De es 2,27 Ep ie a EL a. | gi er 57 Ei a N ey | R x Ra Chemischen Physiologie ia N ee = Pathologie Zeitschrift für die gesamte Biochemie N > u Br dr ren vi I a | Mitwirkung von Fachgenosson ee ; ac | Franz Herister | & 0. Professor der a Chemie ı an der FR Straßburg a | xt. Band 5. und 6. N (Ausgegeben Februar 1908) * wei BER | Druck und Verlag von Friedrich an und Sohn. | 190 &, oa Inhalt des 5. und 6. Heftes. = Seite IX. E. Friedmann. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Erste Mitteilung. Das Verhalten der normalen d-l-«-Aminosäuren der Fettreihe im Organismus des Hundes. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.). . . 151 X. E. Friedmann. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Zweite Mitteilung. Das Verhalten der normalen methylierten d-l-«-Aminosäuren im Organismus des Hundes. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strahburg.). . . 158 XI. E. Friedmann. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Dritte Mitteilung. Das Verhalten der verzweigten, methylierten d-l-«- Aminosäuren der Fettreihe im Organismus des Hundes. (Aus: dem physiologisch -chemischen Institut zu BStrabbung.): Snake 0. SEHE En Man vn ode le. ur ale Er See 177 X]. E. Friedmann. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Vierte Mitteilung. Das Verhalten der normalen dimethylierten d-l-«- Aminosäuren im Tierkörper. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strahburg.). . » ».. » - 194 XUl. E. Friedmann. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Fünfte Mitteilung. Uber eine Synthese der. Acetessigsäure bei der Leberdurchblutung. (Aus dem physiologisch- chemischen Instztut zu Strabbung) 2 2 2 Ser 202 XIV. E. Granström. Über die fermentative Veränderung der Glyoxyl- säure durch Organbrei. (Aus dem physiologisch - Elremizchen Imstiiut eu. Strabburg) Aa ur see ee ee 214 XV. W. Falta und James Lyman Whitney. Zur Kenntnis des Eiweib- und Mineralstoftwechsels pankreasdiabetischer Hunde. /Aus der ersten medizinischen Universitätsklinik in Wien (Vorstand: Prof. OSB N OOTAen)S]MR Re ee es ee ee ee 224 Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erschei- nen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von etwa 30 Druck- bogen zum Preise von M. 15, — bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maßgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre erscheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Manuskriptsendungen sind an den Herausgeber, Straßburg ı. E., Wimpfelingstraße 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlichkeit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung maß- gebend sein. Polemische Ausführungen, welche den Rahmen einer tatsächlichen Richtigstellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mitteilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein beson- ders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40,— für den Druck- bogen und 50 Sonderabzüge. ba BE a el nl U en te nn IX. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Erste Mitteilung. Das Verhalten der normalen d-l1-«-Aminosäuren der Fettreihe im Organismus des Hundes. Von E. Friedmann. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) J Die Untersuchungen von Wöhler!), Buchheim 2) und seinen Mitarbeitern und von Schotten) haben gezeigt, daß die Säuren der Essigsäurereihe [Essigsäure *), Propionsäure, Buttersäure, Va- leriansäure, Capronsäure] als Salze dem tierischen Organismus zu- geführt, vollständig verbrannt werden. Über die chemischen Vor- gänge, die sich bei diesem Abbau der Karbonsäuren abspielen, liegen keine Erfahrungen vor, die einen Einblick in die Natur der im Organismus in Betracht kommenden Reaktionen gestatten. Die ersten Beobachtungen, aus denen hervorgeht, daß der “ physiologische Abbau der Karbonsäuren, wie ich der Kürze halber den Abbau der Karbonsäuren im tierischen Organismus bezeichnen möchte, bestimmten Gesetzmäßigkeiten unterworfen ist, finden sich in der Arbeit von Knoop°) „Über den Abbau der aromatischen Fettsäuren im Tierkörper“. Knoop stellte hier die wichtige Tat- sache fest, daß die aromatischen Fettsäuren mit gerader Kohlen- ‘) Zitiert nach A. Heffter, Ergebn. d. Physiologie 4, 215 (1905). ”) Ebenda. ®) Zeitschr. f. physiol. Chem. 7, 375. *) Pohl, Arch. f. exp. Path. 37, 413. °®) Diese Beiträge 6, 150. Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 10* 152 E. Friedmann, stoffseitenkette (Phenylessigsäure, Phenylbuttersäure, Phenylcapron- säure) als Phenacetursäure, und die mit ungerader Kohlenstoff- seitenkette (Benzoesäure, Phenylpropionsäure, Phenylvaleriansäure) als Hippursäure zur Ausscheidung gelangen. Die Deutung, die Knoop!) den Ergebnissen seiner Untersuchung gibt, formuliert er in folgenden Worten: „es scheinen mir, wenigstens für die ge- sättigten, normalen, endständig phenylsubstituierten Fettsäuren, so- weit der gegenwärtige Stand der synthetischen Chemie überhaupt eine Prüfung zuläßt, alle gefundenen Tatsachen die Berechtigung einer Annahme des Oxydationsangriffes in ß-Stellung zu erlauben, ja als die einzig" mögliche Erklärungsform für die Versuchsergeb- nisse hinzustellen“. Von rein chemischen Gefiälepunkien setzt sich aber die An- nahme eines Oxydationsangriffes in ß-Stellung zur Carboxylgruppe in Widerspruch zu den Tatsachen, die über Oxydation, Substitution und Kondensation von normalen Fettsäuren bekannt sind, da nur die Wasserstoffatome des &-Kohlenstoffs sich als reaktionsfähig erwiesen haben und keine Beobachtnng vorliegt, daß die Wasser- stoffatome am ß-Kohlenstoffatom überhaupt reaktionsfähig sind. Es kann daher die Annahme eines Oxydationsangriffes in ß-Stellung zur Oarboxylgruppe nicht als eine chemische Erklärung der von Knoop ermittelten Gesetzmäßigkeiten beim Abbau der aromati- schen Fettsäuren angesehen werden, wenigstens nicht in dem Sinne einer Zurückführung auf bekannte chemische Analogien. Ferner ist darauf hinzuweisen, daß es nicht bewiesen und nach chemischer Analogie unwahrscheinlich ist, daß die zuerst einsetzenden Vorgänge, die sich beim physiologischen Abbau der Fettsäuren abspielen, Dr dationsprozesse sind. Um der Frage nach den Prozessen, die den Abbau der Fett- säuren im tierischen Organismus vermitteln, näher zu kommen, scheint die Lösung einer anderen Frage Vorbedingung zu sein. Diese Frage lautet: Welche chemischen Bedingungen muß eine Fettsäure erfüllen, um im Tierkörper absehalle werden zu können? Ich habe versucht, zur Lösung dieser Frage beizutragen, in- dem ich das Verhalten substituierter Fettsäuren im tierischen Or- ganismus prüfte, und habe damit begonnen, das Verhalten der nor- malen, racemischen Amidosäuren, sowie ihrer None odukte zu untersuchen. 1. e.,.8. 10% Zur Kenntnis des. Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 153 Ich bediente mich folgender Methodik, um die Ausscheidung einer verfütterten Substanz zu verfolgen. Im 24stündigen Hunde- harn ist das Verhältnis von Kohlenstoff zu Stickstoff, wie durch die Untersuchungen von Voit, Rubner,. Crämer und anderer fest- gestellt worden ist, ein recht konstantes, eine Tatsache, auf. die Spiro!) erst kürzlich wieder die Aufmerksamkeit gelenkt hat., Er- scheint eine verfütterte Substanz ganz oder teilweise im Harn wieder, .so verschiebt sich das Verhältnis C:N, und. die Bestim: mung.des Quotienten C:N der Versuchstage im Vergleich zu dem Quotienten C:N der Vor- und Nachperiode liefert Anhaltspunkte zur Berechnung, wieviel von der verfütterten Substanz im Harn wieder ausgeschieden wird. Ich habe dieses Verfahren .benutzt, um die Menge der verfütterten Substanzen zu bestimmen, die den Tierköper unverändert passieren, und diese Bestimmung wurde, so- weit es möglich war, durch Isolierung der ausgeschiedenen -Sub- stanz kontrolliert. Beide Methoden wie alle Fütter ungeversuche, bei denen nicht gleichzeitig der Gasstoffwechsel untersucht wird, direkten Auf- schluß nur über die im Harn ausgeschiedene Substanzmenge; über das Schicksal desjenigen Anteils, der nicht zur Ausscheidung ge- langt, geben sie keine Auskunft. Ich möchte daher vermeiden, von dem Nichtauftreten einer Substanz im Harn auf ihre „Ver- brennung“ im Organismus zu schließen, und ziehe vor, anstatt von der Verbrennung einer Substanz im Organismus von ihrer Aus- nutzung durch den Organismus zu sprechen. In vorliegender Mitteilung seien meine Erfahrungen an den normalen &-Aminosäuren vom Glykokoll bis zur &-Amino-n-capron- säure aufwärts mitgeteilt. Das Resultat ist kurz gefaßt folgendes. Nach Verfütterung von Glykokoll, d-l-Alanin, d-l-Amino-n-butter- säure, d-l-Amino-n-valeriansäure in Dosen zu 5g per os an einen 9,2 bzw. 8,4kg schweren Hund war vollständige Ausnutzung dieser Substanzen zu konstatieren, während der Kohlenstoff der d-l-Amino- n-capronsäure nach Applikation von 5 g Substanz per os zu 13,52 Proz. im Harn ausgeschieden wurde. Bezüglich des Glykokolls und des d-l-Alanins bietet dieser Befund nur eine Bestätigung bekannter Tat- sachen, während Beobachtungen über das Verhalten der d-l- Amino- n-buttersäure, d-l-Amino-n-valeriansäure und der d-l-Amino-n-capron- säure bisher nicht vorliegen. \!) Diese Beiträge 10, 277. Hier auch die Literatur. 154 E. Friedmann, Experimenteller Teil. Die in den unten beschriebenen Versuchen mitgeteilten Kohlen- stoffbestimmungen wurden nach Messinger!) in 5ecm Harn aus- geführt mit der Modifikation, daß ich die Verbrennung im Sauer- stoffstrom ausführte. Die entweichenden Gase wurden, nachdem sie mittels Schwefelsäure und Chlorcaleium getrocknet waren, durch ein 52cm langes mäßig erhitztes Rohr geleitet, das eine 27cm lange Schicht von grobem Kupferoxyd enthielt, dem sich zwei mit Bleisuperoxyd gefüllte Schiffehen anschlossen. Die mitgeteilten Zahlen sind das Mittel von gut übereinstimmenden Doppelbestim- mungen. | Der Stickstoff wurde nach Kjeldahl bestimmt. Auch hier wurden stets Doppelanalysen ausgeführt. » Die Versuchshunde wurden mit 250g Hundekuchen, der in 1000 ccm Wasser eingeweicht war, ernährt. | Der von selbst entleerte Harn wurde von 8 Uhr morgens des einen Tages bis 8 Uhr morgens des anderen Tages gesammelt und analysiert. l. Glykokoll. Das verfütterte Glykokoll war ein von Kahlbaum bezogenes reines Präparat. Der Versuchshund B wog 9,2 kg. Volumen des Datum z ee Gesamt-N | Gesamt-C | C: N Bemerkungen Dez. 1906 ccm g g 8.— 9. 497 3,929 3,117 0,793 5 Glykokoll in 9.—10. 1095 8,978 7,394 0,817 50 ccm Wasser Schlundson- 10.—11. 962 6,673 4,817 0,721 Br Es Be 11.—12. S4l 7,128 5,266 0,739 Wasser nachge- 12.—13. 738 5,791 4,613 0,797 spülk Die mitgeteilten Zahlen zeigen, daß das eingeführte Glykokoll vollständig ausgenutzt ist. Dementsprechend konnte in den ver- einigten Harnen vom 10.—11. und 11.—12. mit Hilfe von ß-Naph- talinsulfochlorid kein Glykokoll nachgewiesen werden. 2. d-l-Alanin. Das verfütterte d-l-Alanin war ein von Kahlbaum bezogenes Präparat. Der Versuchshund B wog 9,2 kg. !) Berl. Ber. 21, 2910; 23, 2756. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 155 Volumen des Datum = unnngen Gesamt-N| Gesamt-C C:N Bemerkungen Dez. 1906 ccm g g 2.— 3. 815 6,074 5,037 (0,827 3.— 4. 975 6,503 4,866 0,748 iR g d-l-Alanin in 50 cem 4.— 5. 620 3,649 Da u Taly|. N r DorEchinndson- 6 1020 6,382 4,718 | 0,739 \ nachgespült 5g d-l-Alanin in 50 ccm 6.— 7. 1109 6,861 5,468 | 0,797 { went: a 2 gen rg 815 5,145 |. 4,188 | 0,814 au 8— 9. - 497 3,929 3,117 | 0,793 9,10. 1095 8,979 7,334 | 0,817 Bei der ersten Fütterung am 4. Dezember preßte der Hund einen Teil der eingegossenen Alaninlösung durch die Schlundsonde wieder heraus. Der Versuch wurde deshalb am 6. Dezember wiederholt. Das eingeführte d-l-Alanin wird restlos ausgenutzt. Beim Behandeln mit ß-Naphtalinsulfochlorid gibt der Harn der Versuchs- tage kein Naphtalinsulfoalanin. 3. d-l-&-Amino-n-buttersäure. ‚ Der Versuch wurde wieder am Hund B (9,2kg) ausgeführt. Die verfütterte Aminobuttersäure war von Kahlbaum bezogen. Volumen des Datum = Hars N | Gesamt-N | Gesamt-C | C:N Bemerkungen Dez. 1906 8 g 12.—13. 5,791 4,613 0,797 . 5g d-1-&-Amino-n- 13.—14. 6,223 4,818 0,792 buttersäure in50 ccm 14.—15. 1 j 5 8,100 6,800 0,839 Wasser Be = sonde,. 1 ccm 15.—16. 1040 6,965 5,900 „0,847 een 16.—17. 832 6,477 5,714 0,882 17.—18. 993 7,704 5,906 0,767 Die nn d-1-&- Amino-n-buttersäure wird vollständig ausgenutzt. Auch mittels -Naphtalinsulfochlorid ist im Harn des Versuchstages keine Aminosäure nachzuweisen. 4. d-M-x-Amino-n-valeriansäure. d-I-x-Amino-n-valeriansäure stellte isch mir durch Einwirkung von Ammoniak auf «@-Brom-n-valeriansäure !) dar. Von der Reinheit des Präparates überzeugte ich mich durch eine Stickstoffbestimmung. ") Bull. soc. chim. 37, 4. 156 > E. Friedmann, 0,2014g Substanz gaben 20,93 ccm N (15,8°, 7529mm). - .- - Berechnet für 0,H,,NO, . . Gefunden RR. 0 11,99 Proz. 12,03 Proz. Der Versuchshund A wog 8,4 kg. ——— Volumen des : > Datum 22 ndee Gesamt-N | Gesamt-C | C:N Bemerkungen Dez. 1906 | ccm ST g E I 5 | 11.12. 746 6,505 4,7455 0,713 | ; 19.13, 840 5,699 4,211 | 0,738 > 13.14. 685 8,529. 6,306: :| 0,739 || „vaio A-1880, |, 7418 ..| 5,722 1078619 Befkmannaieer Hit 15.—16. 798 6,431 |. 4836 10,759 || S0cem Wastz naeh ee 5899 | 4,734 | 0,804 | Su Die untersuchte d-l-“-Amino-n-valeriansäure wird restlos aus- genutzt. Iın Harn des Versuchstages ist keine Aminosäure mittels ß-Naphtalinsulfochlorids nachzuweisen. 5. d-l-«-Amino-n-capronsäure. d-l-«-Amino-n-capronsäure wurde durch Einwirkung von Am- moniak auf &-Brom-n-capronsäure dargestellt!). Zur Kontrolle der Reinheit wurde eine Stickstoffbestimmung ausgeführt. 0,1922 & Substanz gaben 17,81 cem N (14,8°, 755 mm). Berechnet für 0C,H,NO, Gefunden IN ER ZERE 10,71 Proz. 10,79 Proz. Der Versuch wurde an Hund A ausgeführt. Die verfütterte Substanz wurde in 38ccm Normalnatronlauge gelöst, die Lösung mit 12cem Wasser verdünnt und per Schlundsonde dem Tiere beigebracht. Darauf wurde mit 50ccem Wasser nachgespült. Volumen des Datum az Gesamt-N | Gesamt-C | C:N Bemerkungen Harns Jan. 1907 cem 8 'g 3.— 6. 735 6,584 4,859 | 0,738 BT, 740 5,918 4,133 | 0,698 Tan, 874 6,892 5,053 | 0,733 Be 1065 6,003 5,182 | 0,863 | Sedn nee 9.—10, 891 7,526.5|% »52397*\.0,696||-N -SapLOnEauzE 10.-1l.-]| +. 882 6,742 5,096 | 0,774 11,—12, | 746 | 6,505 4,745 0,713 ') Journ. f. prakt. Chem. [2] 1, 6. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 157 Der Quotient C;N im Mittel der drei Vortage und der drei Nachtage beträgt 0,725, der Quotient ©:N des Versuchstages 0,863, zeigt also eine deutliche Verschiebung zugunsten des Kohlen- stoffs. Die Gesamtstickstoffausscheidung des Versuchstages be- trägt 6,0085 N, eine Menge, der, unter Zugrundelegung des nor- malen Quotienten ©:N — 0,725, eine Kohlenstoffausscheidung von 4,3558 C entsprechen würde. Tatsächlich gefunden sind 5,182 g. Die Differenz des gefundenen und: des berechneten Kohlenstoff- wertes Gefunden! 2... ).,..2..- 318226 Berechneb. man. 2. 4,3558 0 ergibt- die Mehrausscheidung an Kohlenstoff für den Versuchstag. Diese Mehrausscheidung setzt sich aus zwei Summanden zusammen: der eine wird bedingt durch den Übergang des eingeführten Natrium- hydroxyds in Natriumbikarbonat !), der andere durch die Ausschei- dung des Anteils der Aminocapronsäure, der nicht völlig ausgenutzt ist. Da 38cem n-NaOÖH eingeführt wurden, die 1,52& NaOH und 0,874& Na entsprechen, so berechnet sich die maximale Menge von Kohlenstoff, der zur Bindung: des Natriumhydroxyds verwendet wird, zu 0,456& CO. Die Subtraktion dieser Zahl von denı Werte, der für die Mehrausscheidung an Kohlenstoff für den Versuchstag ermittelt ist, ergibt die Menge des unausgenutzten Kohlenstoffs. | Mehrausseheidung .U.I... -- 20,827 6 Als NaHCO, gebundener C ... . 0,4568 © “Unausgenutzter O0 0,371g C ” Da 5g der eingeführten Substanz 2,745 g Kohlenstoff ent- sprechen, so sind 13,52 Proz. des Kohlenstoffs der Aminocapron- säure ausgeschieden worden. Unter der Annahme, daß diese Menge auf unveränderte Aminocapronsäure zu beziehen ist, wären 0,6768 &%-Amino-n-capronsäure zur Ausscheidung gekommen. Zur Isolierung der Substanz wurde der Harn vom 8.—9. mit Bleiacetat geklärt und das Filtrat in bekannter Weise mit 6,88 ß-Naphtalinsulfochlorid behandelt. Beim Ansäuern der Reaktions- füssigkeit wurde ein öliges Naphtalinsulfoderivat erhalten, das ein schwer lösliches Kalksalz lieferte, dessen Menge aber zur Rein- darstellung nicht ausreichte. ) Bei Ausscheidung des eingeführten Natriumsalzes in anderer Bindung würde sich eine höhere Ausscheidung der eingeführten Substanz berechnen. X. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Zweite Mitteilung. Das Verhalten der normalen methylierten d-1-&- Aminosäuren im Organismus des Hundes. Von E. Friedmann. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) Die ersten Versuche, am Stickstoff substituierte Aminosäuren zum Studium der im Tierkörper sich abspielenden Prozesse heran- zuziehen, stammen von Schultzen!). Schultzen verfütterte Sar- kosin an Hunde und erhielt dabei Resultate, die von Salkowski?). und von Baumann und v. Mering?) dahin berichtigt wurden, daß Sarkosin beim Menschen und bei Hunden zum größten Teile un- verändert ausgeschieden wird. In jüngerer Zeit hat Magnus- Levy) benzoylierte Aminosäuren Kaninchen subcutan beigebracht, um die Möglichkeit einer Bildung von Glykokoll aus höheren Aminosäuren zu prüfen. Magnus-Levy verfütterte Benzoyl-d-l- alanin, Benzoyl-d-l-aminobuttersäure, Benzoyl-]- und d-l-leuecin, Benzoyl-l-asparaginsäure und Benzoyl-l-glutaminsäure und stellte fest, daß die genannten Benzoylverbindungen mit Ausnahme des Benzoylleueins annähernd quantitativ wieder ausgeschieden werden, während das Benzoylleucin in Hippursäure übergeht. Die Versuche von Magnus-Levy scheinen darauf hinzudeuten, daß die Abbaufähigkeit der Aminosäuren durch Substitution eines Wasserstoffatoms der Aminogruppe durch einen Acylrest aufgehoben ') Berl. Ber. 5, 578. °) Ebenda 7, 116. ”) Ebenda 8, 584. *) Münch. med. Wochenschr. 1905, S. 2168. E. Friedmann, Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren usw. 159 wird, daß also allgemein die Gruppe R.CH(NH Aeyl).COOH nicht abbaufähig ist. Die zu dieser Deutung in Widerspruch stehende Tatsache, daß Benzoylleuein in Hippursäure übergeht, legt die Vermutung nahe, daß die Abbaumöglichkeit des Benzoylleueins bedingt wird durch den chemischen Bau der Gruppe R der allgemeinen Formel R.CH(NH.Acyl). COOH. Nun liegt dem Leucin ein Kohlenstoffskelett mit verzweigter Kohlenstoffkette zu- grunde, während die beiden von Magnus-Levy verfütterten benzoylierten Aminosäuren, die zum Leucin chemische Vergleichs- punkte bieten, das Benzoylalanin und die Benzoylaminobuttersäure eine normale Kohlenstoffkette haben. Es erhebt sich daher die Frage: Besteht ein prinzipieller Unterschied beim Abbau normaler und verzweigter Karbonsäuren im Tierkörper ? Zur Beantwortung dieser Frage habe ich das Verhalten der normalen und der verzweigten methylierten Aminosäuren im Organis- mus des Hundes untersucht und berichte in der vorliegenden Arbeit zunächst über die Resultate, die ich über das Verhalten der nor- malen methylierten &-Aminosäuren gewonnen habe. 1 Die verfütterten Substanzen wurden in Dosen zu 5g in 100 ccın Wasser gelöst und per Schlundsonde appliziert. Geprüft wurde das Verhalten der ersten fünf Glieder der Reihe des Sarkosins, also des Sarkosins, der d-l-&-Methylaminopropionsäure, der d-l- &-Methylamino-n-buttersäure, der d-l-x-Methylamino-n-valeriansäure und der d-l-«-Methylamino-n-capronsäure. Die nachstehende Tabelle gibt die Zusammenstellung der er- haltenen Resultate. i Eingeführt Ausgeschieden C-Ver- |C-Vermehrung rt Iinauge) Anl] Omen mare in Bear menu Substanz | ten Substanz g g g g Proz. CH,(NH.CH,).COOH. 5 2,020 0,701 1,735 34,70 CH,.CH(NH.CH,) BOEWOH.L A) 2,305 0,770 1,670 33,41 CH,.CH,.CH(NH.CH,) EEWOEH. 3 20 5 2,539 0,761 1,499 29,97 CH,.CH,.CH,.CH(NH ZUHSE COOH... +, 5 2,745 2,738 4,873 97,47 CH,-CH,.CH,.CH, .CH(NH.CH,).COOH 5 2,895 2,241 3,870 77,40 160 ERS . E. Friedmann, Die Tabelle zeigt, daß die niedrigen Glieder der Reihe, das Sarkosin, das d-l-«-Methylalanin und die d-l-x-Methylaminobutter- säure zu ungefähr einem Drittel unverändert wieder ausgeschieden werden, während die höheren Glieder, die d-l-&-Methylamino- valeriansäure und die d-l-&-Methylaminocapronsäure zum größten Teil unangegriffen den Organismus verlassen. . Da. ich in der voran- gehenden Arbeit 2) zahlenmäßig den Nachweis habe erbringen können, daß die nicht methylierten normalen &- Aminosäuren von Ö, bis C, vollständig ausgenutzt werden und nur die normale &- Amino- capronsäure zu 13,52 Proz. den Organismus passiert, so ergibt der Vergleich dieser Reihe mit der Reihe der entsprechenden mono- methylierten Aminosäuren, daß der Ersatz. eines Wasserstoffatoms der N H,-Gruppe durch die CH;-Gruppe für die Glieder C,, C;, C, eine erhebliche Erschwerung und für die Glieder C, und C, nahezu eine Aufhebung des Abbaues bedeutet. Diese -Feststellung ist auch nach einer anderen Richtung von Interesse. Sie zeigt, daß die von Knoop?) für die phenylsubsti- tuierten Fettsäuren ausgesprochene Hypothese eines Oxydations- angriffes in ß-Stellung zur Carboxylgruppe im Tierkörper für die normalen methylierten &-Aminosäuren nicht nachweisbar ist. Experimenteller Teil. 1. Sa rkosin. ‘Das untersuchte ‘Sarkosin war ein von Kahlbaum bezogenes Präparat. Um eine Wiedergewinnung des Sarkosins aus dem Harn, die bisher nicht geglückt war, zu ermöglichen, suchte ich das Sarkosin durch Darstellung des Phenyleyanats und des ß-Naphtalin- sulfoderivats zu charakterisieren. Phenyleyanat des Sarkosins. 1,3g Sarkosin werden in 20 ccm !/,„n-Natronlauge gelöst und unter starker Kühlung all- mählich mit 2,4g Phenyleyanat versetzt. Nach beendeter Reaktion wird mit konzentrierter Salzsäure angesäuert und die kristallinische Ausscheidung aus heißem Alkohol umkristallisiert.. Es scheidet sich zunächst Diphenylharnstoff (0,1g) aus, darauf beim Stehen im Eisschrank 2 g des gesuchten Phenyleyanats. Aus der 15-fachen ') Diese Beiträge 11, 151. ?) Ebenda 6, 150.) u ee Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 161 Menge heißen Wassers umkristallisiert, bildet die Substanz lange Nadeln mit beiderseitig abgestumpften Enden. F. 106°. Zur Analyse wurde die Substanz im Vakuum über Schwefel- säure getrocknet. 0,1352 g Substanz gaben 0,3133 g CO, und 0,0689 H,O. 0,2045 „ „27,58 cem N (20,9°, 748 mm). Berechnet für C,H.N.20; Gefunden (OD 63,09 Proz. 63,30 Proz. TE 530 „ 5700", N ae 14,90 „ Die Analysen zeigen, daß das Anhydrid der Methylphenyl- hydantoinsäure!) vorliegt. Auch bei der Darstellung von anderen Phenyleyanaten N -methylierter &- Aminosäuren habe ich stets die Anhydride erhalten. Bemerkenswert ist, daß diese Anhydride durch- gängig in Äther löslich sind. ß-Naphtalinsulfosarkosin. 1,8g Sarkosin werden in 20 com 1/0n-Natronlauge gelöst und mit einer ätherischen Lösung von 9g ß-Naphtalinsulfochlorid vier Stunden geschüttelt. Nach je einer Stunde werden je 20 ccm !/,,n-Natronlauge hinzugefügt. Beim An- " säuern mit konzentrierter Salzsäure werden 7,6g eines kristallinischen Produktes erhalten, das aus einer siedenden Mischung von 140 ccm Wasser und 40cem Alkohol umkristallisiert wird. Die Ausbeute beträgt 4,9 g Substanz vom Schmelzpunkt 172 bis 173%. Die Sub- stanz kristallisiert aus wässerigem Alkohol in platten Nadeln und einseitigen Plättehen und gibt in verdünntem Ammoniak gelöst mit Baryumchlorid und Caleiumchlorid langsam entstehende kri- stallinische Fällungen. Zur Analyse wurde die Substanz bei 110° getrocknet. 0,1410 g Substanz gaben 0,2933 & CO, und 0,0672g H,O. 0,2100 & ® »„ 960 cem N (22,9°, 755 mm). Berechnet für C,H,NSO, Gefunden Rn ee 55,87 Proz. 56,73 Proz. ER NH 70 BE Nor 2.022%,, D.lomaE,, Das verfütterte Sarkosin wurde zu 5g in 50cem Wasser ge- öst und Hund A (8,4kg) mittels Schlundsonde beigebracht, darauf wurde mit 50cem Wasser nachgespült. !) Unter etwas anderen Bedingungen ist von Paal und Ganser (Berl, Ber. 28, 3227) aus Phenyleyanat und Sarkosin die ne Ureidosäure halten worden. Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 11 162 E. Friedmann, ; Volumen des Datum ; 24 stündigen Gesamt-N Gesamt-C C . N Bemerkungen Harns Dez. 1906 ccm g g 8.— 9. 834 7,637 5,859 0,767 9.—10. . 835 5,342 3,702 0,693 10.—11. 860 6,501 5,390 0,3829 | 5g Sarkosin 11.12. 305 2,722 2,040 0,749 12.—13. 2378 3,764 - 2,795 0,743 Der Quotient C:N des Versuchstages beträgt 0,829, das Mittel der Quotienten C:N der Vor- und Nachtage 0,738. Es hat also eine Vermehrung des im Harn ausgeschiedenen Kohlenstoffs statt- gefunden, die 1,7358 unverändert ausgeschiedener Substanz ent- spricht. Das eingeführte Sarkosin wird demnach zu 34,7 Proz. wieder ausgeschieden. Auch das Bild, das die Verteilung des Stickstoffs im Harn nach Verfütterung von Sarkosin zeigt, ergibt deutlich, daß Sarkosin zum Teil unverändert ausgeschieden wird. Jedoch sind die nor- “malen Schwankungen der im 24stündigen Harn ausgeschiedenen Monamimosäurenmengen zu große, um eine Berechnung der aus- geschiedenen Sarkosinmenge zu gestatten. Die einzelnen Fraktionen der ausgeschiedenen stickstoffhaltigen Sub- stanzen wurden nach Pfaundler') in der von Stolte?) beschriebenen . Weise bestimmt. Der Übersichtlichkeit halber gebe ich nur die Zahlen der Gesamtstickstoffausscheidung und die der Monaminosäurenfraktion wieder. Volumen des Aminosäuren-N Datum | 24 ds en | Gesamt-N Gesamt-N | Bemerkungen Juni 1906 ccm g g Proz. 25.96, . 538 5,146 | 0,323 5,92 26.—27. 1336 6,456 0,034 0,62 27.—28. 875 4,922 0,550 11,18 5gSarkosinHund A 28.— 29. 1084 7,346 0,480 6,27 29.—30. 1180 5,946 0,586 9,87 Zur Isolierung des im Harn wieder ausgeschiedenen Sarkosins wurde der Harn des Versuchstages mit Bleiacetat ausgefällt, das überschüssige Blei mit Schwefelwasserstoff gefällt. Das Filtrat ‘) Zeitschr. f. physiol. Chem. 30, 75. °) Diese Beiträge 5, 15. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 163 wurde vom Schwefelwasserstoff durch Einleiten von Luft befreit, mit Natronlauge genau neutralisiert, darauf mit 42 ccın !/,, n-Natron- lauge und einer ätherischen Lösung von 19g ß-Naphtalinsulfo- chlorid sechs Stunden geschüttelt, unter dreimaligem Hinzufügen von je 42ccm 1/,,u-Natronlauge nach je einer Stunde. Beim An- säuern mit konzentrierter Salzsäure wurde eine milchige Trübung erhalten, die rasch einer kristallinischen Ausscheidung Platz machte. Nach 12stündigem Stehen im Eisschrank wurde das Reaktions- produkt abgesaugt, in 100ccm Wasser suspendiert und durch tropfenweisen Zusatz von verdünntem Ammoniak zur Lösung ge- bracht. Nach 12stündigem Stehen wurde das ungelöste ß-Naphtalin- sulfamid abfiltriert und das Filtrat mit verdünnter Salzsäure an- gesäuert. Der jetzt ausfallende Niederschlag hatte bereits den Schmelzpunkt des ß-Naphtalinsulfosarkosins. Seine Menge betrug 5,2g, entsprechend 34,56 Proz. der eingeführten Menge Sarkosin. Da das Präparat noch etwas braun gefärbt war, wurde es in der 20fachen Menge heißen Wassers unter tropfenweisem Hinzufügen von Alkohol gelöst, die Lösung mit Tierkohle entfärbt und das in der Kälte ausfallende Produkt noch einmal aus wässerigem Alkohol umkristallisiert. { Zur Analyse wurde die Substanz bei 110° getrocknet. 0,1490 g Substanz gaben 0,3086 & CO, und 0,0674g H,O. 0,2127 & 5 » 9,99 ccm N (18,9°, 751 mm). Berechnet für 0,,H,;NSO, Gefunden (See 55,87 Proz. 56,49 Proz. er RL K7OR =, 50a, NAEH 503°, Ba Die Analyse zeigt, daß die Substanz ß-Naphtalinsulfosarkosin ist. Dem entspricht, daß ein Gemisch gleicher Teile von syntheti- schem ß-Naphtalinsulfosarkosin und dem aus dem Harn isolierten ß-Naphtalinsulfoderivat scharf bei 172 bis 173° schmolz. Die Menge des aus dem Harn isolierten 8-Naphtalinsulfo- sarkosins beträgt 34,56 Proz. des eingeführten Sarkosins und zeigt gute Übereinstimmung mit der aus der Änderung des Quotienten C:N berechneten Menge von 34,7 Proz. : 2. d-1-&-Methylaminopropionsäure. Darstellung. «- Methylaminopropionsäure ist von Linden- berg!) durch Einwirkung von gesättigtem wässerigen Methylamin ') Journ. f. prakt. Chem. [2] 12, 244. Jule 164 E. Friedmann, auf &-Chlorpropionsäureester bei 120 bis 130° dargestellt worden. Ich habe es vorgezogen, diese Substanz aus &-Brompropionsäure und 33 prozentiger wässeriger Methylaminlösung in der Kälte zu be- reiten. 50& «&-Brompropionsäure werden in 100ccm 33 prozentiger wässeriger Methylaminlösung unter guter Kühlung eingeträufelt und die Reaktionsflüssigkeit drei Wochen bei Zimmertemperatur sich selbst überlassen. Darauf wird durch Kochen mit 800 cem kalt gesättigter Barytlösung unverändertes Methylamin verjagt, der Baryt mit Schwefelsäure genau entfernt, der gebildete Bromwasser- stoff durch Eintragen von frisch gefälltem Silberoxyd beseitigt und das in Lösung gegangene Silber als Schwef£elsilber gefällt. ‘Nach Verjagen des Schwefelwasserstoffs durch Einleiten von Luft wird die erhaltene Flüssigkeit eingedampft und die beim Einengen gewonnene Kristallisation durch Zusatz von Alkohol und Äther ver- vollständigt. Es wurden 27,49 Rohprodukt erhalten, die aus 250 ccm 95 prozentigem siedenden Alkohol unter Zusatz von einigen Tropfen Wasser umkristallisiert wurden und 20 analysenreine Substanz lieferten. Zur Analyse wurde die Substanz bei 1100 getrocknet. 0,1940 & Substanz gaben 22,29 ccm N (21,2°, 758 mm). Berechnet für C,H,NO, Gefunden NEE, 13,01 Proz. 13,57 Proz. Phenyleyanat der d-l-«-Methylaminopropionsäure. 2g «-Methylaminopropionsäure werden in 20 cem !/,, n-Natronlauge gelöst und ‚unter starker Kühlung allmählich mit 2,5 & Phenyl- cyanat versetzt. Nach dem Verdünnen mit Wasser wird von einem bei der Reaktion entstandenen Niederschlag abgesaugt und das Filtrat mit konzentrierter Salzsäure angesäuert. Das sich aus- scheidende Produkt besteht aus dünnen Plättchen, die häufig kammartige Anordnung zeigen. Nach einmaligem Umkristallisieren aus 20ccm 95prozentigem Alkohol werden 3,1g einer Substanz erhalten, die in schmalen, langen, vierseitigen Plättchen kristallisiert und bei 145 bis 146° schmilzt. Zur Analyse wurde die Substanz bei 100° getrocknet. 0,1519g Substanz gaben 0,3636 CO, und 0,0847 g H,O. 0,1982 , „24,02 ccm N (21,5°, 760 mm). Berechnet für 0,,H.N;0, Gefunden BR. 64,65 Proz. 65,28 Proz. au Are 3590.40, 624 , Ne. 18:79:17. 13:76. 27, Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 165 Die Analyse zeigt, daß das Anhydrid des Phenylcyanats der &-Methylaminopropionsäure vorliegt. Dem entspricht, daß die Sub- stanz unlöslich in Soda und löslich in Äther ist. Mit Natronlauge erwärmt geht die Substanz in Lösung, um beim Erkalten das schwer lösliche Natronsalz abzuscheiden. Verhalten im Tierkörper. Die Bestimmung des Quotienten C:N nach Fütterung von d-1-&-Methylaminopropionsäure wurde an Hund A (8,4kg) ausgeführt. Es wurden 5g Substanz in 50 ccm Wasser gelöst und mittels Schlundsonde eingegossen, darauf wurde mit 50cem Wasser nachgespült. Volumen des | Datum 24 ne en | Gesamt-N | Gesamt-C | C:N Bemerkungen Nov. 1906 ccm g g 25.—26. 1002 4,542 3,645 0,803 26.—27. 825 3,684 2,988 0,811 [ 5g& d-l-«-Methyl- 27.—28. 1036 4,736 4,644 0,981 aminopropion- 28.—29. 1037 5,230 4,208 0,805 | säure 29.— 30. 897 4,370 4,728 0,853 i Der Quotient C:N im Mittel der Vor- und Nachtage beträgt 0,818, der Quotient O:N des Versuchstages 0,981. Die Vermehrung des im Harn ausgeschiedenen Kohlenstoffs entspricht 1,670g Sub- stanz oder 33,41 Proz. der eingeführten d-l-«-Methylaminopropion- säure. Die Stickstoffverteilung nach Fütterung von d-1-&-Methyl- aminopropionsäure wurde an Hund B (9,2kg) verfolgt. Es wurden 5g Substanz in 50ccm Wasser gelöst und mittels Schlundsonde eingegossen, darauf wurde mit 50cem Wasser nachgespült. Volumen des Aminosäuren-N 24 stündigen & Datum Harn S Gesamt-N N Bemerkungen Juni 1906 ccm g g Proz. 25.—%. 55 | 7488 | 0,384 5,13 26.— 27. 948 6,951 0,233 3,34 5g d-l-«-Methyl- 27.—28. 830 5,887 0,581 9,88 aminopropion- 28.—29. 972 6,974 0,220 3,14 säure 29.—30. 815 7,793 0,306 3,95 Die Tabelle zeigt ebenfalls, daß d-1-&-Methylaminopropion- säure den Körper zum Teil unverändert passiert. 166 E. Friedmann, Zur Isolierung der &-Methylaminopropionsäure diente der Harn vom 27.—28. Nov. 1906. Derselbe wurde eingedampft, mit 100 ccm Wasser aufgenommen und filtriert. Das Filtrat wurde mit 100ccm Y,,n-Natronlauge alkalisch gemacht und mit 109 Phenyl- cyanat allmählich unter energischem Kühlen versetzt. Nachdem das Phenylcyanat verbraucht ist, wird die Flüssig- keit mit Salzsäure genau neutralisiert und die trübe Lösung auf dem Wasserbade eine Viertelstunde erwärmt. Dabei klärt sich die Flüssigkeit und setzt außer reichlichen Mengen von Diphenyl- harnstoff klebrige, braune Massen ab. Die Ausscheidungen werdeıf durch Filtration in der Wärme beseitigt und das Filtrat zur Kristallisation aufgestellt. Schon die warme Flüssigkeit setzt reich- lich Kristalle ab, die sich bei 12stündigem Stehen in der Kälte vermehren. Ihre Menge beträgt 3,5g. Sie sind das Natriumsalz des xesuchten Phenyleyanats. Zur Überführung in das Phenyl- cyanat werden sie in 200cem heißen Wassers unter Zusatz von wenig verdünnter Salzsäure gelöst. Aus der erkalteten. Lösung scheiden sich prächtige, noch etwas braun gefärbte Kristalle aus, die aus 30 ccm 95prozentigem Alkohol unter Zusatz von etwas Tierkohle umkristallisiert werden. Es wurden 2,5 g Phenylceyanat erhalten. l Die Substanz schmilzt bei 145 bis 146%. Denselben Schmelz- punkt zeigt ein Gemisch gleicher Teile dieser Substanz mit dem oben beschriebenen Phenyleyanat der d-1-&-Methylaminopropion- säure. Sie ist also mit dieser identisch. Die Substanz ist in 10 prozentiger alkoholischer Lösung optisch inaktiv. Zur Analyse wurde die Substanz im Vakuum über Schwefel- säure getrocknet. Ä 0,1399 & Substanz gaben 0,3341 & CO, und 0,0787 g& H,O. 02040 , „ 2%4,83cem N (24°, 760 mm). Berechnet für 0,,H,,N,0, Gefunden Ve 64,65 Proz. 65,12 Proz. FERNEN DON boss: NER aa 13,70 „ Die Menge der aus dem Harn isolierten d-1-&-Methylamino- propionsäure entspricht 1,269 oder 5,25 Proz. der eingeführten Substanz, während sich die im Harn vorhandene Menge aus der Änderung des Quotienten C:N zu 33,41 Proz. berechnet. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 167 $, d-1-&-Methylamino-n-buttersäure. Darstellung der d-1-&-Methylamino-n -buttersäure. &-Methylamino-n-buttersäure ist von Duvillier!) durch Ein- wirkung wässeriger Methylaminlösung auf &-Brombuttersäure im geschlossenen Gefäß in der Wärme dargestellt worden. Ich habe ebenfalls gute Ausbeuten an Methylaminobuttersäure erhalten, indem ich 50 & &-Brombuttersäure mit 85 ccm 33 prozentiger Methylamin- lösung bei Zimmertemperatur 14 Tage stehen ließ und die Reaktions- flüssigkeit nach Duvillier aufarbeitete. Ausbeute 25,7 g. Zur Analyse wurde die Substanz bei 100° getrocknet. 0,1976 g Substanz gaben 21,39 ccm N (21,9°, 751 mm). Berechnet für C,H,,NO, Gefunden IN 11.997 Error. 12,18 Proz. Phenyleyanat der d-l-«-Methylamino-n-buttersäure. 2,7& d-l--Methylamino-n-buttersäure werden in 20 ccm !/,,n-Natron- lauge gelöst und mit 2,49 Phenyleyanat unter starker Kühlung all- mählich versetzt. Beim Ansäuern mit konzentrierter Salzsäure fällt die Substauz als öliger, rasch erstarrender Niederschlag aus. Seine Menge beträgt 4,1g. Zur Reinigung wird sie aus viel heißem Wasser umkristallisiert, aus dem sie in schönen Nadeln sich ab- scheidet. Ausbeute 2,88. F. 104°. Zur Analyse wurde die Substanz im Vakuum über Schwefel- säure getrocknet. 0,1258 g& Substanz gaben 0,3082 g CO, und 0,0777 g H,O. 0,1805 & 7 „..21,28cem N (22,2°, 756,5 mm). Berechnet für C,H,,N,0, Gefunden (EEE 66,01 Proz. 66,81 Proz. VE a PER EA 35, Narr ur 19,80... a. Die Substanz ist unlöslich in Soda, löst sich in warmer Natron- lauge und ist leicht löslich in Äther. | Verhalten im Tierkörper. Die Bestimmung des Quotienten C:N nach Fütterung von &- Methylamino-n-buttersäure wurde an Hund B (9,2kg) ausgeführt. Es wurden 5g Substanz in 50 cem Wasser gelöst und mittels Schlundsonde dem Versuchstier ein- gegossen, darauf wurde mit 50ccm Wasser nachgespült. !) Ann: de Chim. [5] 20, 188. 168 ‘ E. Friedmann, Volumen des Datum = 3 ne EN | Gesamt-N | Gesamt-C| C:N Bemerkungen Nov. 1906 ccm 8 g 25.—26. 950 5,546 4,581 0,826 26.—27. 867 4,755 3,982 0,837 5g d-l-«-Methyl- 27.—28. 857 5,126 4,861 0,953 amino-n-butter- 28.—29. 885 6,574 5,083 0,773 säure 29.—30. 738 5,583 4,282 0,767 Der Quotient C:N im Mittel der Vor- und Nachtage beträgt 0,800. Der Quotient C:N des Versuchstages 0,953. Die Ver- mehrung des im Harn ausgeschiedenen Kohlenstoffs entspricht 1,499 & Substanz oder 29,97 Proz. der eingeführten &-Methylamino- n-buttersäure. | Die Stickstoffverteilung nach Fütterung von d-l-«-Methylamino- n-buttersäure wurde am Hund B (9,2kg) verfolgt. Es wurden 5g Substanz in 50ccm Wasser gelöst und mittels Schlundsonde dem Versuchstier eingegossen, darauf wurde mit 50ccm Wasser nachgespült. Volumen des Aminosäuren-N Datum 24 en Sam | Gesamt-N Bemerkungen Juli 1906 ccm g g | Proz. 1.—2 458 5317 0,036 2,38 2.—3. 584 4,163 0,411 9,88 5g d-l-«-Methyl- 3.—4. 1000 5,559 0,933 16,77 amino-n-butter- 4.—5 650 5,987 0,549 9,21 säure 5.—6 650 6,460 0,465 7,19 Die Änderung in der Ausscheidung der Aminosäurenfraktion spricht ebenfalls dafür, daß ein Teil der eingeführten « -Methyl- amino-n-buttersäure im Harn wieder zur Ausscheidung gelangt. Zur Isolierung der &- Methylamino-n-buttersäure diente der Harn vom 27.—28. Nov. 1906. Derselbe wurde eingedampft, der Sirup mit 100ccm Wasser aufgenommen und filtriert. Das Filtrat wurde mit 100 ccm !/,,n-Natronlauge alkalisch gemacht und mit 10g Phenylcyanat allmählich unter starker Kühlung versetzt. Nachdem das Phenyleyanat verbraucht war, wurde die Reaktions- Nlüssigkeit neutralisiert und eine Viertelstunde auf dem Wasserbade erwärmt. Der ausgeschiedene Diphenylharnstoff wurde abfiltriert und das Filtrat stark eingeengt, darauf mit verdünnter Salzsäure 4 j" a ä Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 169 angesäuert und mit Äther wiederholt ausgeschüttelt. Die ätheri- schen Auszüge wurden mit geglühtem Natriumsulfat getrocknet und hinterließen nach Abdestillieren des Äthers 4,5g eines öligen Rückstandes. Derselbe wurde in 10 prozentiger Natronlauge in der Wärme gelöst, und die alkalische Lösung im Vakuum über Schwefel- säure konzentriert. Dabei scheidet sich das Natriumsalz der ge- suchten Verbindung in schön ausgebildeten Nadeln ab. Diese wurden auf Ton abgepreßt und in Wasser unter Zusatz von wenig Salzsäure in der Wärme gelöst. Aus der erkaltenden Lösung fällt das Phenyleyanat als rasch kristallinisch erstarrendes Öl nieder. Es wurde aus verdünntem Alkohol umkristallisiert und lieferte 2,2g analysenreine Substanz vom Schmelzpunkt 104°. | Zur Analyse wurde die Substanz im Vakuum über Schwef£el- säure getrocknet. 0,1472 g Substanz gaben 0,3596 CO, und 0,0894 g H,O. 0,1821 g e » 20,89 ccm N (22,3°, 759,5 mm). Berechnet für C,H,,N,O, Gefunden (RER TEE 66,01 Proz. 66,62 Proz. 1 ee 6A, 6,79%. , I 19,87 , 108 Die Analyse ergibt, daß die erhaltene Substanz das Anhydrid des Phenylceyanats der «-Methylamino-n-buttersäure ist. Dem ent- spricht, daß eine Mischung gleicher Teile dieses Produktes und des oben beschriebenen Phenyleyanats der &-Methylamino-n-butter- säure keine Erniedrigung des Schmelzpunktes erkennen läßt. Das erhaltene Phenylceyanat ist in 10 prozentiger alkoholischer Lösung optisch inaktiv. Die Menge der aus dem Harn isolierten d-1-&-Methylamino- n-buttersäure entspricht 1,189 oder 26,61 Proz. der eingeführten Substanz, während sich die im Harn vorhandene Menge aus der Änderung des Quotienten C:N zu 29,97 Proz. berechnet. 4. d-1-&-Methylamino-n-valeriansäure. Darstellung der d-l-&-Methylamino-n-valeriansäure. «&-Methylamino-n-valeriansäure ist von Menozzi und Belloni?) durch Erwärmen äquivalenter Mengen Butyraldehyd und konzen- trierter wässeriger Blausäurelösung, nachherigem Hinzufügen von 1 Mol. Methylamin und Verseifen des gebildeten Nitrils mit Salz- säure erhalten worden. Nach den Angaben dieser Forscher enthält 1) Gazz. chim. 17, 116. 170 E. Friedmann, diese methylierte Aminosäure 1 Mol. Kristallwasser und zersetzt sich von 110° an. Ich habe diese Angaben nicht bestätigen können. Die Substanz wurde auf zwei verschiedenen Wegen dargestellt. Erste Darstellung. ao COOH Brompropylmalonsäure. CH,.CH,.CH,.CBr COOH 11,2g Propylmalonsäure!) werden in 5öcem trockenem Äther gelöst und bei Sonnenlicht mit 5,2 cem Brom tropfenweise versetzt. Das Brom wird zu Anfang rasch, später etwas langsamer verbraucht. Nach einstündigem Stehen wird die ätherische Lösung mit Wasser unter Zusatz von etwas schwefliger Säure versetzt und, nachdenı Entfärbung eingetreten ist, zweimal mit wenig Wasser gewaschen. Die ätherische Lösung wird mit Natriumsulfat getrocknet, der Äther abdestilliert und die letzten Ätherreste im Vakuum über Schwefel- säure entfernt. Dabei erstarrt das Produkt vollständig: kristallinisch. 22 Propylmalonsäure lieferten 38,2 g Brompropylmalonsäure. @-Bromvaleriansäure. 38,2g Brompropylmalonsäure wurden im Ölbade bei 145° erhitzt, bis keine Kohlensäureentwickelung mehr stattfand, und lieferten 27 & &-Bromvaleriansäure. &@-Methylamino-n-valeriansäure. 27g &-Bromvaleriansäure wurden unter guter Kühlung mit 31/, Mol. 33 prozentigem Methyl- amin übergossen und die Reaktionsflüssigkeit 14 Tage bei Zimmer- temperatur sich selbst überlassen. Darauf wurde das überschüssige Methylamin durch Kochen mit 1 Liter kalt gesättigtem Barytwasser vertrieben und die Flüssigkeit vom Baryum genau mit Schwefel- säure, vom Bromwasserstoff durch Silberoxyd und vom gelösten Silber durch Schwefelwasserstoff befreit. Nach Verjagen des Schwefelwasserstoffs durch Einleiten von Luft wurden durch Ein- dampfen 14,5 g Rohprodukt erhalten, das aus wässerigem Alkohol umkristallisiert wurde. Ausbeute ll analysenreine Substanz. Zur Analyse wurde die Substanz durch Sublimation gereinigt und bei 100° getrocknet. 0,1300 & Substanz gaben 0,2609 CO, und 0,12440 H,O. 0,2054 & Re »„ .22ccm N (22°, 760 mm). Berechnet für 0,H,,NO, Gefunden Or: 54,92 Proz. 54,72 Proz. Eon. A goger : 10707 Ne 11.86, % :) Monatsh. f. Chem. 9. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 171 Zweite Darstellung. Bei der zweiten Darstellung wurde von käuflicher n-Valerian- säure ausgegangen und diese nach den Angaben von Juslin!) in die &-Brom-n-valeriansäure übergeführt. 505g «-Brom-n-valeriansäure wurden unter Kühlung in 75 ccm 33 prozentigem Methylamin eingetragen, die Reaktionsflüssigkeit zwei Monate bei Zimmertemperatur sich selbst überlassen und darauf wie bei der ersten Darstellung aufgearbeitet. Zur Reinigung wurde die Substanz aus Methylalkohol wieder- holt umkristallisiert. Die Ausbeute betrug 24,7 g. Die analysierte Substanz war bei 100% getrocknet. 0,1946 g Substanz gaben 18,538 ccm N (19,2°, 755,9 mm). Berechnet für C,H,NO, Gefunden Ne, 10,71 Proz. 10,84 Proz. Die auf beiden Wegen erhaltene Methylaminovaleriansäure ist kristallwasserfrei und zeigt beim Erhitzen das Verhalten der übrigen homologen methylierten Aminosäuren: sie sublimiert un- zersetzt etwa von 252° an, ohne vorher zu schmelzen. Sie unter- scheidet sich aber von den niedrigen homologen Gliedern dyrch die Leichtigkeit, mit der sie in alkoholisch-wässeriger Lösung gallertige Lösungen bildet, die das Reinigen der Substanz erheblich erschweren. Phenyleyanat der d-l-«-Methylamino-n-valeriansäure. 29 &-Methylaminovaleriansäure (aus erster Darstellung) werden in 15,3cem !/,, n-Natronlauge gelöst und unter starker Kühlung all- mählich mit 1,8 Phenyleyanat versetzt. Beim Ansäuern mit starker Salzsäure fällt die Substanz als rasch erstarrendes Öl aus. Sie wird in 50 ccm heißen Wassers unter Hinzufügen von 15 cem absol. Alkohol zur Lösung gebracht und die beim Erkalten auftretende Trübung durch tropfenweisen Zusatz von Alkohol gehoben. Die klare, erkaltete Lösung wird mit Wasser bis zur bleibenden Trübung versetzt, die nach wenigen Minuten eine prächtige Kristallisation von glitzernden, dünnen, regelmäßigen, sechsseitigen Plättchen ab- setzt. Die Ausbeute betrug 1,79. In derselben Weise noch ein- mal aus Alkohol-Wasser umkristallisiert, schmilzt das erhaltene Phenylcyanat bei 84 bis 85°. Die im Vakuum über Schwefelsäure getrocknete Substanz gab bei der Analyse folgende Werte: \) Berl. Ber. 17, 2504. 172 E. Friedmann, 0,1465 g Substanz gaben 0,3655 & CO, und 0,0927 & H,O. 0,2028 , „ 20,97 ccm N (18,7°, 773 mm). Berechnet für C,,H,,N,0, Gefunden RE ER 67,19 Proz. 67,04 Proz. ER (ok 7.0370, Nee 12,09 , 11.080, Die nach zweiter Darstellung erhaltene &-Methylaminovalerian- säure lieferte dasselbe Phenyleyanat vom Schmelzpunkt 84° bis 85°. Auch die Mischprobe der beiden Phenyleyanate ergab Identität. Zur Analyse wurde das Phenylceyanat im Vakuum über Schwefel- säure getrocknet. i 0,1884 g Substanz gaben 20,78ccm N (17,1°, 752,2 mm). Berechnet für C,H,,N,0, Gefunden IN re 12,09 Proz. 12,69 Proz. Die Analysen zeigen, daß das erhaltene Produkt das Anhydrid des Phenyleyanats der &-Methylamino-n-valeriansäure ist. Es ist unlöslich in Soda, leicht löslich in Äther und gibt, mit 10 proz. Natronlauge erwärmt, ein in Natronlauge schwer lösliches Natriumsalz. Naphtyleyanat der d-l-«-Methylamino-n-valeriansäure. 2g @-Methylamino-n-valeriansäure werden in 15 cem 1/,,n-Natron- lauge gelöst und mit 2,59 Naphtyleyanat unter gelindem Kühlen allmählich versetzt. Schon in alkalischer Lösung entsteht ein reich- licher Niederschlag, der das gesuchte Reaktionsprodukt mit wenig Dinaphtylharnstoff verunreinigt enthält. Es wird mit heißem Alkohol, der den Dinaphtylharnstoff ungelöst zurückläßt, ausgezogen und aus der alkoholischen Lösung mit Wasser gefällt. Nach wieder- holtem Umkristallisieren aus verdünntem Alkohol bildet das Pro- dukt feine glitzernde Nadeln vom Schmelzpunkt 152 bis 153°. Zur Analyse‘ wurde die Substanz im Vakuum über Schwefel- säure getrocknet. 0,1397 & Substanz gaben 0,3715 CO, und 0,0861 g H,O. 0,1983 & » »„ 175ccm N (22,5°, 760 mm). Berechnet für C,,H,,N,0, Gefunden RE! 72,29 Proz. 72,52 Proz. >: Ban, 6,89 „ IN EIRADENE ar Sıya an Verhalten im Tierkörper. Die Bestimmung des Quotienten C:N nach Fütterung von d-I-«-Methylamino-n-valeriansäure wurde an Hund A (8,4kg) ausgeführt. Es wurden 5g Substanz in 50 ccm Wasser gelöst und mittels Schlundsonde dem Versuchstier ein- gegossen, darauf wurde mit 50ccm Wasser nachgespült. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 173 Volumen des Datum une Gesamt-N | Gesamt-C| C:N Bemerkungen Nov. 1906 ccm g g 18.—19. 662 3,838 3,127 | 0,805 19.20. 843 4,907 3,941 | 0,803 p & d-l-a-Methyl- 20.—21. 900 4,511 5,204 1,154 amino-n-vale- 21.—22. 357 3,338 3,504 1,051 \ riansäure 22.—23. 975 5,618 4,861 0,865 23.—24. 816 3,068 2,461 0,802 25.—26. 1002 4,542 | 3,645 | 0,803 26.27. 825 3,684 2,988 | 0,811 Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß die Ausscheidung der &%-Methylamino-n-valeriansäure sich über drei Tage erstreckt. Der Quotient C:N im Mittel der Vor- und der Nachtage beträgt 0,804. Der Quotient C:N am ersten Tage der Ausscheidung beträgt 1,154 entsprechend 1,578g C der Substanz, der Quotient C:N am zweiten Tage der Ausscheidung 1,051 entsprechend 0,824 & © der Substanz, der Quotient C:N am dritten Tage der Ausscheidung 0,865 ent- sprechend 0,336 8 C der Substanz. Die Mehrausscheidung an Kohlenstoff an denjenigen Tagen, die unter dem Einfluß der ein- geführten Methylaminovaleriansäure stehen, beträgt also 2,738 g C. Eingeführt mit der Substanz sind 2,7459 C, so daß also 4,873 g. oder 97,47 Proz. der verfütterten &-Methylaminovaleriansäure mit dem Harn wieder ausgeschieden sind. Die Stickstoffverteilung im Harn wurde gleichzeitig mit der Bestimmung des Quotienten O:N verfolgt. Volumen des Aminosäuren-N Datum = nie ED | Gesamt-N | Gesamt-N | Bemerkungen Nov. 1906 cem g g Proz. 18.—19. 662 3,838 | 0,123 320 _ 19.—20. 843 4,907 0,092 1,89 5g d-I-«-Methyl- 20.—21. 900 4,511 0,421 9,31 aminovalerian- 21.22. 357 3,338 | 0,278 8,34 säure 22.—23. 975 | 5,618 0,205 3,65 23.—24. N 816 | 3,068 0,098 | 3,19 | Auch diese Tabelle zeigt, daß die Ausscheidung der Methyl- aminovaleriansäure sich über mehrere Tage erstreckt. Deutlich ist der Ausschlag am 20.—21. und am 21.—22., während der dritte Tag eine sichere Vermehrung des Aminosäuren-N nicht er- kennen läßt. 174 { E. Friedmann, Die Isolierung der &-Methylamino-n-valeriansäure wurde auf folgendem Wege ausgeführt. Die Harne vom 20.—23. wurden vereinigt und eingedampft. Der dicke Sirup wird mit 100ccm Wasser aufgenommen, mit 100 cem !/,,n-Natronlauge versetzt und unter starker Kühlung mit 10 g Phenyleyanat allmählich versetzt. Nach beendeter Einwirkung wird mit Salzsäure genau neutralisiert, eine Viertelstunde auf dem Wasserbade erwärmt und filtriert. Das Filtrat wird auf etwa 75 ccm eingeengt und im Eisschrank zur Kristallisation aufgestellt. Die ausgeschiedenen Kristalle sind Phenylharnstoff. Sie werden ab- gesaugt und die Mutterlauge nach dem Ansäuern mit Schwefel- säure ausgeäthert. Der ätherische Auszug wird eingedampft, der ölige Rückstand in Alkohol gelöst und mit Tierkohle entfärbt. Der nach dem Abdampfen des Alkohols zurückbleibende Sirup erstarrt nach sechs Monate langem Stehen im Vakuum über Schwefelsäure. Die erhaltenen Kristalle werden durch Abpressen auf Ton von der Mutterlauge befreit und aus wässerigem Alkohol wiederholt umkristallisiert. Die Ausbeute an reiner Substanz betrug 0,5g. Ihr Schmelz- punkt lag bei 84 bis 85%. Denselben Schmelzpunkt zeigte ein Gemisch gleicher Teile dieser Substanz und des oben beschriebenen Phenyleyanats der &-Methylamino-n-valeriansäure. Die Analyse des im Vakuum über Schwefelsäure getrockneten Körpers gab folgende Zahlen: 0,1573 Substanz gaben 0,3879g CO, und 0,0990 & H,O. Berechnet für 0 ,H,,N;0, Gefunden One at 67,19 Proz. 67,25 Proz. EN ER, 7,04 „ 5. d-l-@-Methylamino-n-capronsäure. &-Methylamino-n-capronsäure ist von Duvillier!) aus «-Brom- capronsäure und Methylamin dargestellt. Bei der Darstellung der Substanz habe ich den von Duvillier angegebenen Weg ein- gehalten, nur habe ich auch hier gute Ausbeuten beim Einwirken von Methylamin in der Kälte auf «-Bromcapronsäure erhalten. Eine Stickstoffbestimmung überzeugte mich von der Reinheit der dar- gestellten Substanz. ‘) Ann. de Chim. [5] 29, 166. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 175 Zur Analyse wurde die Methylaminocapronsäure im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet. 0,1981 g Substanz gaben 17,39 cem N (21,2°, 754,8 mm). Berechnet für C,H,,NO, Gefunden Nee a 9,68 Proz. 9,98 Proz. Phenyleyanat der d-l-«-Methylamino-n-capronsäure. 2,9g «&-Methylamino-n-capronsäure werden in 20cem !/,„n-Natron- lauge gelöst und unter starker Kühlung mit 2,49 Phenyleyanat allmählich versetzt. Der während des Schüttelns sich bildende Niederschlag wird durch Zusatz von Wasser zum größten Teil gelöst. Nach beendeter Einwirkung wird filtriert und das Filtrat mit konzentrierter Salzsäure angesäuert. Der zuerst ölige Nieder- schlag erstarrt nach längerem Stehen im Eisschrank kristallinisch. Seine Menge beträgt 3,9g. Aus wässerigem Alkohol umkristalli- siert, bildet die Substanz große Blättehen vom Schmelzpunkt 52 bis 53°. Die Analyse des im Vakuum über Schwefelsäure getrockneten Körpers gab folgende Zahlen: 0,1401 & Substanz gaben 0,5511 CO, und 0,1012g H,O. 0,2028 & e) »„ 20,39cem N (14,7°, 741,1 mm). Berechnet für C,H,N,;0, Gefunden Br 68,24 Proz. 68,35 Proz. EEE Ba, 808 „ Neun 11,42 7, iaes2 ec, . Die Analyse zeigt, daß die Substanz das Anhydrid!) des Phenyl- cyanats der &-Methylamino-n-capronsäure ist. Verhalten im Tierkörper. Die Bestimmung des Quotienten C:N nach Fütterung von «-Methylamino-n-capronsäure wurde an Hund A (8,Akg) ausgeführt. Es wurden 5g Substanz in 50 cem Wasser gelöst und mittels Schlundsonde dem Versuchstier ein- gegossen; darauf wurde mit 50ccm Wasser nachgespült. ') Es dürfte von Interesse sein, auf den eigentümlichen Verlauf der Kurve der Schmelzpunkte, die die Phenylhydantoine in der homologen Reihe des Sarkosins zeigen, aufmerksam zu machen. Anhydrid des Phenyleyanats des Sarkosins . .. . 2. ..... 106° F. y Fe en der «-Methylaminopropionsäure . . 145—146° „ > s; " „ «-Methylamino-n-buttersäure . 1045 5 % 3 „ @-Methylamino-n-valeriansäure S84— 85° „ = n n „ «-Methylamino-n-capronsäure . 52— 55° „ 176 E. Friedmann, Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren usw. Volumen des Datum = ae Gesamt-N | Gesamt-C | C:N Bemerkungen Dez. 1906 ccm g g 2.— 3. 292 3,276 2,384 0,728 3.— 4. 932 5,570 4,049 0,727 5g d-l-«-Methyl- 4.— 5. 412 3,269 2,955 0,904 | amino-n-capron- 5.— 6. 1271 4,751 4,666 0,982 säure 6.— 7. 850 4,669 4,004 0,858 71.— 8. 257 2,247 1,920 0,855 8.— 9. 834 7,637 5,859 0,767 9.— 10. 835 5,342 4,309 0,807 Die Tabelle zeigt, daß die Ausscheidung der &-Methylamino- n-capronsäure sich auf vier Tage erstreckt. Die Kohlenstoff- vermehrung dieser Tage entspricht 3,870 & oder 77,40 Proz. der eingeführten Methylamino-n-capronsäure. Die Isolierung ist mir in diesem Falle nicht geglückt. XI. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Dritte Mitteilung. Das Verhalten der verzweigten, methylierten d-1-&-Amino- säuren der Fettreihe im Organismus des Hundes. Von E. Friedmann. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) Beobachtungen, daß Substanzen mit verzweigter Kohlenstoff- kette bei biologischen Vorgängen eine andere Rolle spielen als Körper mit normaler Kohlenstoffkette, liegen in der Literatur ver- einzelt vor. So hat Seifert!) gezeigt, daß Essigbakterien Alkohole mit normaler Kohlenstoffkette besser verarbeiten als die entsprechen- den mit verzweigter Kette, Bokorny ?) hat mit analogem Resultat Untersuchungen angestellt über den Nährwert von n-Buttersäure und n-Valeriansäure einerseits und Isobuttersäure und Isovalerian- säure andererseits, Magnus-Levy?) hat beobachtet, daß Benzoyl- aminoisobutylessigsäure bei subcutaner Injektion bei Kaninchen in Hippursäure übergeführt wird, während die Benzoylderivate von Aminosäuren mit normaler Kette unverändert den Organismus ver- lassen, und schließlich sei an die eingehenden Untersuchungen von Embden) und seiner Mitarbeiter und die von Baer und Blum) erinnert, die die Abhängigkeit der Bildung des Acetons und der ß-Oxybuttersäure von der normalen bzw. von der ver- zweigten Struktur bestimmter Fettsäuren festgestellt haben. So ') Zentralbl. f. Bakt., II. Abteilung, 3, 337. :) Chem. Zentralbl. 1, 327 (1897). ®) Münch. med. Wochenschr. 1905, 2168. *) Diese Beiträge 8, 129. °) Arch. f. exp. Path. 55, 94. Beitr. z. chem. Physiologie. XT. 12 178 E. Friedmann, bildet zum Beispiel nach den Untersuchungen von Baer und Blum n-Valeriansäure CH,.CH,.CH,.CH,.COOH beim schweren Dia- betes keine ß-Oxybuttersäure, während die verzweigte Isovalerian- säure, cu .CH,.COOH, in ß-Oxybuttersäure übergeht; so 3 entsteht ferner bei der Durchblutung der Leber (Embden) aus NH, dem gewöhnlichen Leucin, a .CH,.CH.COOE, Acetessig- 3 NH, säure, während das normale Leuein, CH, . CH,.CH,.CH,.CH.COOH, keine Acetessigsäure liefert. Diese Beobachtungen führen dazu, nach chemischen Analogien zu suchen, die die besondere Stellung der Substanzen mit ver- zweigter Kohlenstoffkette veranschaulichen. Erfahrungen nach dieser Richtung auf rein chemischem Gebiete liegen vor. R. Meyer!) hat gezeigt, daß allgemein Kohlenstoffverbindungen, die ein ter- tiäres Wasserstoffatom enthalten, durch Natronlauge und Kalium- permanganat der direkten Hydroxylierung fähig sind, indem dieses tertiäre Wasserstoffatom durch die Hydroxylgruppe ersetzt wird. So geht z. B. Isobuttersäure in Oxyisobuttersäure, Cuminsäure in Oxypropylbenzoesäure über: CH; CH, cm >CH.C00OH — (y>C(0H).Co0oN, Isobuttersäure Oxyisobuttersäure COOH.GH,.CHCH.CH,.COOH —_ CH,.C(0H).CH,.COOH Isovaleriansäure Methyloxybernsteinsäure ar COOH cn >cH .CH,.CH,.COOH — CH,.C(OH).CH,.CH,.COOH Isocapronsäure Methyloxyglutarsäure !) Ann. 219, 234; 220, 59. ?) Berl. Ber. 14, 1780. 4 3 i - Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 179 Die normalen Fettsäuren zeigen ein solches Verhalten nicht. Es lag nahe, diese chemischen Erfahrungen auf physiologisches Gebiet zu übertragen und das Verhalten von Substanzen mit ter- tiärem Wasserstoff im Tierexperiment zu prüfen. Hierzu wählte ich die verzweigten methylierten Aminosäuren, da ich das Verhalten der normalen methylierten Aminosäuren, die die Grundlage eines Ver- gleiches bieten mußten, in einer früheren Arbeit!) festgestellt hatte. Die nachstehende Tabelle zeigt die gewonnenen Resultate: T. Eingeführt Ausgeschieden 2 C-Ver- C-Ver- Substanz & Entspr. C-Ver- ee aucbnugt: 9) ; x E z © 0 es Substanz en Ss s g g Proz. CH,_„_NH.CH l. cm, >CH ; CHR, Or 5 | 9,745 EN Sun er ; 3 orasıl — 3 ER CH NH.CH 3. en, CH B CH<« 00H 3.2. 5 2,895 0,271 0,468 9,36 H, NH.CH e 4. CH >CH .cH,.cmNH.CH.| 5 [2805| 0089 | 1022 | 3244 Zum Vergleich lasse ich die für die entsprechenden normalen methylierten Aminosäuren erhaltenen Zahlen folgen: CH,.CH,.CH,.CH, NH.CH, -CHC00H 29,97 Proz. ausgeschieden sind, wird die entsprechende &-Methyl- _NH.CH, >C00H geschieden. Der Ersatz des &-ständigen tertiären Wasser- Rn: RR NH.CH;, stoffs durch den Methylrestin der Gruppe RR. CHCH. CH; .COOH, die nach den Untersuchungen von Embden?) als nächstes NH, ACH, Abbauprodukt des Leueins, ‚77 —>CH.CH,.CH.COOH, angesehen 3 werden kann, eingerichtet sein muß, so ergibt sich, daß für die Abbaumöglichkeit der verzweigten methylierten Aminosäuren mit P-ständigem tertiären Wasserstoff in dem Verhalten der Isovalerian- säure das physiologische Paradigma gegeben ist. Die Möglichkeit ist daher zuzugeben, die gefundenen Tatsachen im Sinne einer Oxy- dation der das tertiäre Wasserstoff tragenden Gruppe vorläufig zu deuten, einer Oxydation, für die die ß-Stellung des tertiären Wasserstoffs zur Carboxylgruppe die begünstigte Konfiguration bietet. Diese Überlegungen haben eine gewisse äußere Ähnlichkeit mit der von Knoop entwickelten Hypothese eines Angriffspunktes der Oxydation in ß-Stellung zur Carboxylgruppe. Sie unterscheiden sich aber von den von Knoop?°) ausgesprochenen Vorstellungen ') Um einige Beispiele unter vielen herauszugreifen, sei an die Ver- schiedenheit des Oxydationsangriffes in der Zuckerreihe erinnert, je nach- dem als Oxydationsmittel Brom, Salpetersäure oder Wasserstoffsuperoxyd verwendet wird. Ebenso bekannt ist in der Terpenreihe die Abhängigkeit des Oxydationsproduktes vom angewendeten Oxydationsmittel. ?) Diese Beiträge 8, 129. ®) Ebenda 6, 150. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 183 iusofern wesentlich, als es sich in den erörterten Fällen allein um die oxydative Angreifbarkeit von tertiärem Wasserstoff handelt, also um eine allgemeine chemische Reaktion dieser Gruppierung, während nach der Knoopschen Regel Wasserstoff normaler Fett- säuren in ß-Stellung zur Oarboxylgruppe als Angriffspunkt der Oxydation angenommen wird, eine Annahme, auf deren Unwahr- scheinlichkeit von chemischen Gesichtspunkten aus ich an anderer Stelle!) hingewiesen habe. Hierzu kommt weiter, daß die von Knoop beim Abbau der aromatischen, normalen Fettsäuren ge- fundene Regel schon deshalb auf die methylierten Aminosäuren keine allgemeine Anwendung finden kann, da gezeigt worden ist, daß bei den normalen methylierten Aminosäuren 2) die Knoopsche Regel nicht nachweisbar ist. Das Verhalten der verzweigten me- thylierten Aminosäuren, das darauf hinweist, daß für diese Sub- stanzen tertiärer Wasserstoff in ß-Stellung zur Carboxylgruppe die günstigste Anordnung für ihre oxydative Angreifbarkeit im Tier- körper bedeutet, zeigt, daß der physiologische Abbau normaler und verzweigter Säuren verschiedenen Gesetzmäßigkeiten unter- worfen ist. Während das Verhalten der Säuren mit verzweigter Kohlenstoffkette noch nicht genügend durchgearbeitet ist, um hier allgemein geltende Regeln aufzustellen, scheint dies für die nor- malen Fettsäuren möglich zu sein. Von den normalen Säuren der aromatischen Reihe hat Knoop beobachtet, daß die Säuren mit gerader Kohlenstoffseitenkette zu Phenylessigsäure, diejenigen mit ungerader Kohlenstoffseitenkette zu Benzoesäure abgebaut werden, und für die normalen Säuren der Fettreihe liegen Beobachtungen von Embden:) vor, nach denen die überlebende Leber aus n-Butter- säure und n-Capronsäure, nicht aber aus n-Valeriansäure Aceton bereitet. Die Knoopsche Vorstellung der ß-Oxydation ist zur Deutung dieser Tatsachen entbehrlich, und ich möchte diese Be- obachtungen unabhängig von jeder Hypothese zusammenfassen als Regel des paarigen Abbaus normaler Fettsäuren. Eine andere Deutungsmöglichkeit könnte ihren Ausgang von der che- mischen Beobachtung nehmen, daß normale und verzweigte Fettsäuren ver- schiedene Reaktionsgeschwindigkeit besitzen *). Diese Deutung kann aber ') Diese Beiträge 11, 151. ?) Ebenda. ®) Ebenda $, 129. *). Beobachtungen über die verschiedene Reaktionsgeschwindigkeit nor- maler und verzweigter Säuren liegen vor für die Esterbildung (Menschutkin, zitiert nach Beilstein 1, 389) und für die Amidbildung (H. Goldsehmidt und R. Bräuer, Berl. Ber. 39, 101). 184 E. Friedmann, für die gefundenen Tatsachen nicht in Betracht kommen, da die größere Reaktionsgesehwindigkeit den normalen Säuren zukommt, die größere Angreifbarkeit im Tierkörper aber den verzweigten, methylierten Amino- säuren. Ferner geht aus der Bildung von $-Oxybuttersäure und Acetessig- säure beim physiologischen Abbau der Isovaleriansäure deutlich hervor, daß die ersten nachweisbaren Veränderungen der Isovaleriansäure im Tierkörper die Isopropylgruppe betreffen. Experimenteller Teil. 1. d-l-«-Methylaminoisobuttersäure. CH; _NH.CH; CH ÖC00H Darstellung der d-l-x-Methylaminoisobuttersäure. 509 «-Bromisobuttersäure werden unter Kühlung in 85 cem 33 proz. wässeriges Methylamin eingetragen und die Reaktions- flüssigkeit zwei Monate bei Zimmertemperatur sich selbst über- lassen. Darauf wird das unverbrauchte Methylamin durch Kochen mit kalt gesättigtem Barytwasser vertrieben. Die Lösung wird vom Baryt genau durch Schwefelsäure, vom Bromwasserstoff durch Silberoxyd, vom gelösten Silber durch Schwefelwasserstoff, vom Schwefelwasserstoff durch Einleiten von Luft befreit und zum Sirup eingedampft. Dieser setzt beim Stehen im Vakuum über Schwefelsäure spärliche Kristalle ab, die mit Alkohol verrührt und abgesaugt werden. Nach Umkristallisieren aus Alkohol werden 5g analysenreines Produkt erhalten. Die Substanz kristallisiert in Nadeln und sublimiert beim Erhitzen bei annähernd 272° ohne vorher zu schmelzen. Zur Analyse wurde die Substanz im Vakuum über Schwefel- säure getrocknet. 0,1398 g Substanz gaben 0,2659g CO, und 0,1216g H,O. 0,2059 g Substanz gaben 21,8ccm N (23,5°, 746 mm). Berechnet für C,H,,NO, Gefunden BRD NET 51,19 Proz. 51,87 Proz. 1ER 7 946 , 973 Ni ea 11,98 „ 178% Das in üblicher Weise dargestellte Phenylcyanat der &-Me- thylaminoisobuttersäure kristallisiert in Plättchen und schmilzt bei 98 bis 99%. Es ist unlöslich in Soda, löst sich nur sehr unvoll- kommen in heißer Natronlauge und ist leicht löslich in Äther. Die Analyse der im Vakuum über Schwefelsäure getrockneten Substanz Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 185 ergab, daß die Substanz das Anhydrid des Phenylcyanats der &-Methylaminoisobuttersäure ist. 0,1481 & Substanz gaben 0,3593 g CO, und 0,860 H,O. 0,1800 & Substanz gaben 21,15cem N (22°, 757 mm). Berechnet für C,,H,.N50, Gefunden Ve 66,01 Proz. 66,17 Proz. Eee et 6,46 „ 6,50%, NR I 12,87 , 13,25 ” Verhalten im Tierkörper. Die Bestimmung des Quotienten C:N nach Fütterung von d-1-&-Methylaminoisobuttersäure wurde an Hund A (8,4 kg) aus- geführt. Es wurden 4g Substanz in 40ccem Wasser gelöst und dem Versuchstiere mittels Schlundsonde eingegossen, darauf wurde mit 50cem Wasser nachgespült. Volumen des Datum z ee Gesamt-N Gesamt-C| C:N Bemerkungen 1907 ccm g g 23.—24. Jan. 880 6,665 5,040 | 0,736 24.—25. „ 491 5,449 3,966 | 0,724 25.—26. „ 880 6,791 4,939 | 0,727 26.—27. „ 768 5,189 3,779 | 0,728 DaB 675 5,899 4,1355 |0,701 |f 4g d-I-a-Methyl- 28.—29. ,„ 832 5,995 5,890 | 0,983 aminoisobutter- 29.—80. ,„ S61 6,274 5,161 | 0,823 säure 30.—31l. „ 460 3,458 2,632 | 0,761 31.— 1. Fbr. 982 5,752 4,703 | 0,818 era: 615 4,294 3,385 | 0,788 | Die Tabelle zeigt, daß die Ausscheidung der &-Methylamino- isobuttersäure sich über zwei Tage erstreckt. Der Quotient C:N im Mittel der Vor- und Nachtage beträgt 0,748, der Quotient O:N der beiden Tage, die unter dem Einfluß der verfütterten Substanz stehen, 0,983 und 0,823. Die Mehrausscheidung von Kohlenstoff an diesen beiden Tagen entspricht 1,975 & C —= 3,8838g Substanz oder 97,20 Proz. der eingeführten &-Methylaminoisobuttersäure. Die Stickstoffverteilung im Harn nach Fütterung von &-Methyl- aminoisobuttersäure wurde an Hund A (8,4kg) verfolgt. Zu diesem Zweck wurden 3 & Substanz in 50 cem Wasser gelöst und dem Versuchstier mittels Schlundsonde eingegossen, darauf wurde mit 50 ccm Wasser nachgespült. 186 E. Friedmann, wolsedes A Aminosäuren-N Datum | 24 stündigen R Er Bemörkam 2 gen Harns N samt-N Juli 1906 ccm g g Proz. 1.—2. 880 6,088 0,180 2,90 2.—3. 1742 4,733 0,483 10,32 3g d-l-«-Methyl- 3.—4 1125 5,178 0,878 16,96 aminoisobutter- 4.5 640 4,703 0,410 6,50 säure 5.—6. 1036 5,458 | 0,536 9,83 Auch hier tritt die Vermehrung des Stickstoffs der Amino- säurenfraktion am Versuchstage deutlich hervor. Zur Isolierung der &-Methylaminoisobuttersäure aus dem Harn wurde der Harn vom 3. bis 4. Juli 1906 eingedampft, der Rück- stand in 100Occm Wasser aufgenommen und filtriert. Das Filtrat wurde mit 100ccm !/,n-Natronlauge versetzt und darauf unter starker Kühlung 10g Phenyleyanat allmählich hinzugefügt. Nach beendeter Reaktion wurde mit Salzsäure genau neutralisiert, die neutrale Flüssigkeit eine Viertelstunde auf dem Wasserbade er- wärmt und filtriert. Das Filtrat wurde auf ein kleines Volumen eingeengt, mit Salzsäure angesäuert und ausgeäthert. Der ätheri- sche Auszug hinterließ nach Abdestillieren des Äthers 3g eines öligen Rückstandes, der beim Stehen unter Wasser fest wurde. Er wurde in 50ccm 50 proz. Alkohol m der Wärme gelöst. Die Lösung setzte beim Erkalten 0,12g Diphenylharnstoff ab. Die wässerig-alkoholische Mutterlauge wurde eingedampft und der Rückstand in verdünnter Natronlauge gelöst; es bleibt eine geringe Menge einer öligen Substanz ungelöst, die von der alkalischen Flüssigkeit abgetrennt wurde und rasch erstarrte. Sie wurde aus verdünntem Alkohol umkristallisiert und lieferte 0,4g analysen- reines Produkt. Der Schmelzpunkt der Substanz lag bei 98 bis 99°, denselben Schmelzpunkt zeigte ein Gemisch gleicher Teile dieser Substanz und des oben beschriebenen Anhydrids des Phenylceyanats der &-Methylaminoisobuttersäure. 2 Zur Analyse wurde die Substanz im Vakuum über Schwefel- säure getrocknet. 0,1382 & Substanz gaben 0,3357 &g CO, und 0,767 g& H,O. 0,1770 g Substanz gaben 20,05 cem N (23°, 756 mm). Berechnet für 0,,H,,N,0, Gefunden (ee 2 66,01 Proz. ! 66,25 Proz. He: 6,46 „ 621,75 N Fe 19,87, TaTreE, Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 187 2. d-l-«-Methylaminoisovaleriansäure. CH, _NH.CH II 3 cu > CH. CH o6H Darstellung der &-Methylaminoisovaleriansäure. &%-Methylaminoisovaleriansäure ist von Duvillier!) durch Einwirkung von Methylamin auf &-Bromisovaleriansäure in der Wärme dargestellt worden. Ich erhielt ebenfalls gute Ausbeuten, als ich die beiden Substanzen bei Zimmertemperatur vier Wochen sich selbst überließ und die Reaktionsflüssigkeit nach Duvillier aufarbeitete. Die im Vakuum über Schwefelsäure getrocknete Substanz gab bei der Analyse folgende Zahlen: 0,2117 g Substanz gaben 19,97 cem N (19,9°, 756,5 mm). Berechnet für C,H,NO, Gefunden NEE 10,71 Proz. 10,77 Proz. Phenyleyanat der &-Methylaminoisovaleriansäure. 2g Substanz werden in 15,3 ccm !/, n-Natronlauge gelöst und unter starker Kühlung tropfenweise mit 1,8 & Phenylcyanat ver- setzt. Es findet eine geringe Ausscheidung von Diphenylharnstoff statt, die nach Verdünnen mit 10 cem Wasser durch Filtration beseitigt wird. Das Filtrat gibt beim Ansäuern mit konzentrierter Salzsäure 2,2& des gesuchten Körpers. Er wird in 20 ccm Alkohol gelöst, und vorsichtig mit Wasser bis zur eben auftretenden Trü- bung versetzt und diese durch Zusatz eines Tropfen Alkohols wieder gehoben. Nach kurzer Zeit scheidet sich die Substanz in prächtigen langen Nadeln aus. Die Kristallisation wird jetzt durch -Zusatz von Wasser vervollständigt. Der Schmelzpunkt der Substanz liegt bei 75 bis 77°. Sie ist unlöslich in Soda, löslich in Äther. Die Analyse der im Vakuum über Schwefelsäure getrockneten Substanz ergab, daß das Anhydrid des Phenyleyanats der &-Methylaminoisovaleriansäure vorlag. 0,1503g& Substanz gaben 0,5703 CO, und 0,0955 & H,O. 0,1953g Substanz gaben 20,97 ccm N (16,9°, 749,8 mm). Berechnet Gefunden ee 67,19 Proz. 67,17 Proz. 1a a 6,94 „ 7,12 N re 123277 12,09 ') Ann. de Chim. [5] 21, 434. 188 E. Friedmann, Verhalten im Tierkörper. Die Bestimmung des Quotienten C:N wurde an Hund B (9,2kg) ausgeführt. Es wurden 5g Substanz in 50ccm Wasser gelöst und dem Versuchstier mittels Schlundsonde eingegossen, darauf wurde mit 50 ccm Wasser nachgespült. Volumen des Datum 24 a EN | Gesamt-N [Gesamt-C C:N Bemerkungen 1906 — 1907 cem g g 17.—18. Dez. Se. os 7,704 5,906 | 0,767 ,( 5g d-l-«-Methyl- 18.—19. „ 1037 7,254 5,572 0,768 | aminoisovalerian- 19.20. 44, ze 7,051 4,923 | 0,698 säure PIE ET RER 820 7,078 5,068 [0716| 21.—22. „ 897 7.90 5,671 |0,711 5.— 6.Jan. | 800 6,852 4,983 | 0,727 BE, 595 6,854 4,803 | 0,701 7—8. „ 1172 7,675 5,082 | 0,662 ( 5& d-l-«-Methyl- SI 860. 7,202 5,737 0,797 aminoisovalerian- 9.—10. „ 974 8,348 6,572 | 0,787 säure, 10.—1l. „ 980 7,219 5,410 | 0,749 11.—12. „ 965 7,425 5,522 10,727 Der Quotient C:N zeigt in beiden Reihen keine Änderung gegenüber der Norm. Die d-1-x-Methylaminoisovaleriansäure wird also vollständig ausgenutzt. Die Verteilung des Stickstoffs nach Fütterung von d-l-«-Methyl- aminoisovaleriansäure wurde an Hund A (8,4 kg) verfolgt. Es wurden 5g Substanz in 50ccm Wasser gelöst und dem Versuchs- tier mittels Schlundsonde eingegossen, darauf wurde mit 50 ccm Wasser nachgespült. N, E Aminosäuren-N Datum || 24stündigen D: ee Bears 2 gen Harns samt-N samt-N Nov. 1906 ccm g g Proz. 7.— 8. 910 4,866 0,175 3,40 8— 9. 1025 4,577 0,326 7,13 5& d-l-«-Methyl- 09.—10. 895 3,933 0,250 6,36 aminoisovalerian- 10.—11. 880 4,211 0,292 6,95 säure 11.—12. 1000 4,726 02 6,60 Der Stickstoff der Aminosäurenfraktion ist am Versuchstage nicht vermehrt. Ob eine Retention von Stickstoff stattgefunden Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 189 hat, wie dies Abderhalden und Samuely!) für den Stickstoff des Leucins nachgewiesen haben, konnte nicht festgestellt werden, da der Harn der einzelnen Tage nicht durch Kathetrisieren ab- gegrenzt wurde. 5) 3. d-1-@x-Methylamino-ß-methylvaleriansäure. CH; __ NH.CH, GET COOH Als Ausgangsmaterial zur Darstellung der &-Methylamino-ß- methylvaleriansäure benutzte ich die von Romburgh?) dargestellte sekundäre Butylmalonsäure. CH.CH< H,__ 000 eu ae oo 25,5g sekundäre Butylmalonsäure werden in 130 cem trocke- nem Äther gelöst und allmählich mit 10cem Brom versetzt. Nach einstündigem Stehen wird die ätherische Lösung mit wenig Wasser gewaschen, unverbrauchtes Brom mit schwefliger Säure entfernt, die Lösung noch zweimal mit wenig Wasser gewaschen, der Äther mit geglühtem Natriumsulfat getrocknet und abdestilliert. Es hinterbleiben 46g eines dicken IB Brombutylmalonsäure ISCH. CHBır NC00H 46 g Brombutylmalonsäure wurden im Ölbade auf 135 bis 145° (Temperatur des Bades) erwärmt, bis die Kohlensäureentwickelung aufgehört hat. Der ölige Rückstand wurde mit Äther aufgenommen, die ätherische Lösung mit wenig Wasser gewaschen und mit Na- triumsulfat getrocknet. Nach Abdestillieren des Äthers hinter- blieben 31g ölige, unreine Bromisobutylessigsäure. Bromisobutylessiesäure $ e CH, NH.CH - - _ (od D' Io EL 3 &-Methylamino-ß-methylvaleriansäure G, I e CHE COOH 3lg der rohen Bromisobutylessigsäure wurden unter Kühlung mit 41 ccm 33 proz. wässerigem Methylamin versetzt, und die Reaktionsflüssigkeit 14 Tage bei 40° sich selbst überlassen. Dabei scheiden sich reichliche Kristallmengen aus. Die ausgeschiedene Kıristallmasse wird mit Alkohol angerührt und abgesaugt. Ihre Menge betrug 10g. Sie wurden aus 50 proz. Alkohol umkristalli- \) Zeitschr. f. physiol. Chem. 47, 549. 2) Rec. d. trav. chim. d. Pays-Bas 6, 153. 190 E. Friedmann, siert. Die Substanz kristallisiert in farblosen, garbenförmig an- geordneten Nadeln. Sie sublimiert bei 280° ohne vorher zu schmelzen. Zur Analyse wurde die Substanz bei 100° getrocknet. 0,1353 g Substanz gaben 0,2878 CO, und 0,1316 H,O. 0,2112 g Substanz gaben 16,9 ccm N (21,2°, 770 mm). Berechnet für C,H,,NO, Gefunden (3 57,91 Proz. 58,01 Proz. BI a 10,23.3,, 10,86 „ NE IS 946 „ Verhalten im Tierkörper. Der Quotient C:N wurde an Hund B (9,2kg) bestimmt. Es wurden 5g Substanz in 50ccm Wasser gelöst und dem Versuchs- tier mittels Schlundsonde eingegossen, darauf wurde mit 50 ccm Wasser nachgespült. Volumen des Datum | % a en | Gesamt-N | Gesamt-C | C:N | Bemerkungen 1907 ccm g g 23. —24. Jan. 888 7,123 5,147 0,723 24.25. , 756 6,498 4,820 | 0,742 De 945 7,874 6,093 | 0,888 26.27. , 713 6,316 5,040 | 0,798 97.38. , 910 8,285 6,542 | 0,790 | ( 5g d-I-«-Methyl- 28.--29. „ 841 7,418 6,161 0,830 | amino-ß-methyl- 29.—30. „ 840 7,454 5,833 0,782 valeriansäure nenn 750 8,174 6,860 | 0,839 1. 9, Fhr. 780 6,852 5,270 | 0,769 Der Quotient C:N des Versuchstages beträgt 0,830, der Quotient ©:N der Vor- und Nachperiode im Mittel 0,794. Es sind also nur 0,4689 oder 9,36 Proz. der eingeführten &-Methylamino- ß-methylvaleriansäure wieder ausgeschieden worden. Diese Zahl ist jedoch als Maximalzahl anzusehen, da der Harn an zwei Normal- tagen während der Versuchsperiode einen höheren Quotienten C:N (0,888 und 0,839) aufwies als am Versuchstage (0,830). 4. d-1-#»-Methylaminoisobutylessigsäure. NH.CH, CH; on, CH @Elsr CH en neugebildeten Lana eier ge Durchblutungsflüssigkeit > EN S Acetons aus neu- 53 5 > Gesamt- ; = | = 5 gebildeter Acet- = = a acetons Er 3 5 essigsäure Zi g Minuten mg mg 2g Acetaldehyd 100 eem physiol. NaCl- Lösung 2 Natriumbicarbonat | | 1500 ccm Rinderblut 262 | 60 33,74 _ 25,64 Lösung 1500 eem Rinderblut 2g Aldehydammoniak 100 cem physiol. NaCl- Lösung 1500 ceem Rinderblut 135 |.105 59,25 51,31 2g Aldehydammoniak 100 cem. physiol. NaQl- Lösung i 1500 ecem Rinderblut - 2g Aldehydammoniak ° | = 100 com Ringersche 195) 50 34,3 ” Lösung: Ser 1500 cem Rinderblut 160 | 81 66,84 en 2g Aldehydammoniak 7 100 cem physiol. NaCl- 170| 76 64,63 58,95 Einen Anhaltspunkt für den Weg, auf dem diese Synthese der Acetessigsäure aus Aldehyd bei der Durchblutung der Leber sich vollzieht, schien die bekannte Tatsache zu liefern, daß alka- lisch reagierende Salze so wie andere Kondensationsmittel Aldehyd mit Leichtigkeit zum Aldol kondensieren, und es war daher zu prüfen, ob Aldol bei der Leberdurchblutung Aceton und Acet- essigsäure bildet (Tabelle IV). u E g F = Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 207 Tabelle III. U = L © = &n Menge des | - Mense ge e ge E pro Liter Blut Bioaluie int 3.8 a 3 se neugebildeten Eeugehildeten 2 e Durchblutungsflüssigkeit = = = Gesamt. | Aeetons aus neu- Ber iS 5 ER gebildeter Acet- = 5 A acetons nr = SEN essigsäure ö g Minuten mg mg 100 cem physiol. NaCl- 11 Lösung j 200 | 81 18,45 (21,81) 1500 cem Rinderblut 100 cem Ringersche 12 Lösung 290 | 50 8,26 (14,64) 1500 cem Rinderblut Nach den Zahlen der Tabelle IV ist Aldol ein ausgezeichneter Bildner von Aceton und Acetessigsäure. Der chemische Vorgang, der sich hierbei abspielt, besteht in einer Oxydation einer sekun- dären Alkoholgruppe zur Ketongruppe und einer Aldehydgruppe zur Carboxylgruppe: CH;.CH(OH).CH,.COH —. CH,.C0.CH,.COOH. Tabelle IV. ı Pe} 3 | Menge des ®) = &n Menge des SR 2 RAR E pro Liter Blut Be Die 8a i 3 33% bilde: neugebildeten os E Durchblutungsflüssigkeit = = S er ent, en = 2 Aretbns gebildeter Acet- = 5 essissäure € 3 Minuten mg mg 22 Aldol 100 cem physiol. NaÜl- | =. 95 | 1alagumn Sanz {>} | 1500 eem Rinderblut 2g Aldol 100 cem physiol. NaCl- ! 14 an . DE: 109,86 (130,16) 1500 eem Rinderblut Die mitgeteilten Versuche zeigen, daß von den untersuchten Substanzen mit zweigliedriger Kohlenstoffkette allein der Acet- aldehyd bei der Leberdurchblutung zur Acetessigsäure synthetisiert 208 E. Friedmann, werden kann. Bei der chemisch leichten Kondensierbarkeit des Acetaldehyds zum Aldol, und der nachgewiesenen Bildung von Acetessigsäure aus Aldol, ist die Vermutung berechtigt, daß die Synthese der Acetessigsäure bei der Durchblutung aus Aldehyd über die Zwischenstufe des Aldols verläuft. Man kann demnach diese Reaktionskette in folgende Formeln kleiden: I. CH,.COH + CH,.COH — CH,.CH(0H).CH,.COH. II. CH,.CH(OH).CH,.COH + 0 — CH,.CH (OH).CH, .COOH. II. CH,.CH(OH).CH,.C0O0OH +0 = CH,.C0.CH, .COOH+H,0. IV. CH,.C0.CH,.COOH = CH,.C0.CH, + 00,. Der durch Gleichung I wiedergegebene Vorgang entspricht der Kondensation des Acetaldehyds zum Aldol, während die in Gleichung II und III ausgedrückten Vorgänge die Oxydation des Kondensationsproduktes bedeuten. Für den Ort der Oxydation des Aldols kann bei der beschrie- benen Versuchsanordnung nur die überlebende Leber in Betracht kommen, dagegen besteht für die Kondensation des Aldehyds zum Aldol die Möglichkeit, daß sie entweder im Blut oder in der Leber sich abspielt. Bei Versuchen, die ich nach dieser Richtung mit Leberbrei angestellt habe, habe ich keinen Anhaltspunkt dafür gewinnen können, daß die Leber als Ort dieser Kondensation in Betracht kommt. Dagegen habe ich nach Zusatz von Aldehyd- ammoniak zum Blute die Möglichkeit einer sich hier abspielenden Kondensation nicht völlig ausschließen können. Es muß daher weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben, die näheren Bedin- gungen der Reaktion aufzuklären und festzustellen, ob dieser Syn- these eine Bedeutung für die Bildung der ß-Oxybuttersäure im Tierkörper zukommt. Methodik. 1. Allgemeine methodische Bemerkungen. Die Versuchstiere hatten vor dem Versuch 24 Stunden ge- hungert. Die Entblutung wurde aus der Carotis vorgenommen. Das Blut wurde nach Schenk koaguliert und in je 500cem Fil- trat die Bestimmungen ausgeführt. Es wurden stets Doppel- bestimmungen ausgeführt. a a ie Aa Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 209 Die Bestimmung des Gesamtacetons geschah im wesentlichen nach Messinger-Huppert. Da ich häufig bei den Versuchen Aldehyde oder Substanzen, die im Organismus möglicherweise zu Aldehyden oxydiert wurden, untersuchte, war es nötig, diese Sub- stanzen, die bei der jodometrischen Bestimmung des Acetons zu fehlerhaften Zahlen geführt hätten, zu entfernen. Es wurden daher die Destillate mit Silberoxyd behandelt. Im einzelnen wurde hier- bei in folgender Weise verfahren: | 500 ccm Filtrat wurden auf ein Drittel ihres Volumens abdestilliert, das Destillat mit überschüssigem Silberoxyd versetzt und fünf Stunden auf der Schüttelmaschine geschüttelt. Nach zwölfstündigem Stehen wurde vom Silber- oxyd filtriert, das Silberoxyd mit Wasser ausgewaschen und von dem Filtrat nach Zusatz von 4ccm 24proz. Schwefelsäure zwei Drittel seines Volumens abdestilliert. In dem so gewonnenen Destillate wurde das Aceton nach Messinger-Huppert jodometrisch bestimmt. Die als Gesamtaceton mitgeteilten Zahlen sind sämtlich auf diese Weise bestimmt. Beim Schütteln mit Silberoxyd werden nur geringe Mengen von Aceton zerstört. 5ccm einer verdünnten Acetonlösung wurden mit 500 ecem Wasser ver- dünnt und auf ein Drittel Volumen destilliert. Das Destillat wurde direkt titriert. Es wurden 7,20 cem '/,n-Jodlösung verbraucht. 5cem derselben Acetonlösung wurden mit 500 cem Wasser verdünnt und auf ein Drittel Volumen destilliert. Das Destillat wurde mit über- schüssigem Silberoxyd fünf Stunden geschüttelt. Nach Filtration des Silber- oxyds wurden 4cem 24proz. Schwefelsäure hinzugefügt und von neuem de- stilliert. Das Destillat verbrauchte 6,80 ccm '/,, n-Jodlösung. Die Bestimmung der Acetessigsäure geschah nach den von Embden!) kürzlich gemachten Angaben. 5cem Acetonlösung, die 7,46ecem '/,n-Jodlösung entsprachen, wurden im Vakuum nach der Vorschrift von Embden destilliert, der Rückstand auf ein Drittel Volumen destilliert und das Destillat titriert. Es wurden 0,65 ccm 1/,,n-Jodlösung verbraucht. Zur Berechnung wurde der von 500cem Filtrat des Normal- blutes verbrauchte Anteil Y/,nn-Jodlösung sowohl von dem nach Behandeln mit Silberoxyd als Gesamtaceton ermittelten Wert wie von der nach Embden bestimmten Acetessigsäure in Abzug ge- bracht. Es sei erwähnt, daß ein Teil der jodbindenden Substanz des Normalblutes von Silberoxyd zerstört wird. Nach dieser Richtung wurden drei verschiedene Blutproben untersucht. ') Zentralbl. f. d. ges. Phys. u. Path. d. Stoffwechsels. N.F., 2, 250 u. 2, 290. Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 14 % 210 u E. Friedmann, Blut I. a). 500 ecm Filtrat wurden destilliert, das Destillat direkt titriert. Verbraucht von '/,,n-Jodlösung 0,66 cem. b) 500 ccm Filtrat wurden destilliert, das Destillat mit Silberoxyd geschüttelt und das Filtrat vom Silberoxyd destilliert und titriert. Verbraucht 0,37 ccm '/,,n-Jodlösung. Blut IL. a) 500 ecm Filtrat, wie Blut Ia) behandelt, verbrauchten 1,12cem Yun-Jodlösung. b) 500cem Filtrat, wie Blut Ib) behandelt, verbrauchten 0, = cem "/, n-Jodlösung. Blut III. a) 500cem Filtrat, wie Blut Ia) behandelt, verbrauchten 1,29 cem Y,,n-Jodlösung. b) 500 cem Filtrat, wie Blut 2 behandelt, ver- brauchten 0,60 ccm '/,,n-Jodlösung. Dieses Verhalten scheint darauf hinzudeuten, daß die im nor- malen Blute vorhandene jodbindende flüchtige Substanz nicht aus- serla lo Aceton ist. 2. Methodische Bemerkungen zu Tabelle I. Bei der jodometrischen Bestimmung des Acetons neben Äthyl- alkohol wurde hier wie bei allen übrigen Acetonbestimmungen die alkalische Hypojoditlösung genau fünf Minuten bei Zimmertempe- ratur auf: das auf Aceton zu prüfende Destillat zur Einwirkung gebracht. Die Anwesenheit von Äthylalkohol neben Aceton be- dingt unter diesen Umständen nur eine geringe Fehlerquelle für die quantitative Bestimmung des Acetons. "2 cem Äthylalkohol wurden in 1500 cem Wasser gelöst: a) 100 cem dieser Lösung mit 400cem Wasser verdünnt, direkt titriert, verbrauchten 0,81 cem \/,n - Jodlösung. .b) 100ccm dieser Lösung aaen mit 400 cem Wasser verdünnt, destilliert und das Destillat filtriert. Es wurden verbraucht 0,81cem !/,n-Jodlösung. c) 100 ccm dieser Lösung wurden mit Wasser ver- dünnt, eine halbe Stunde bei 30° (5 mm) destilliert, der Rückstand wurde destilliert und das Destillat titriert. Es wurden ebrauch 0,43 ccm YoR- Jodlösung. Das zur Dre verwandte Präparat von ı enthielt nur Spuren von jodbindender Substanz. 1,8 ccm Äthylenglykol wurden in 1500 cem Wasser gelöst: 100 cem dieser Lösung. wurden mit 400 cem Wasser verdünnt und direkt titriert. Es wurden verbraucht 0,55 cem '/,,n-Jodlösung. 100 ccm dieser Lösung wurden mit 400 ccm Wasser verdünnt, nach Zu- satz von 4 cem Schwefelsäure destilliert und das Destillat titriert. Es wurden verbraucht 0,49 cem '/,,n-Jodlösung. 3. Methodische Bemerkungen zu Tabelle 00 Es ist der Nachweis zu erbringen, daß ln durch Schütteln mit Silberoxyd quantitativ zerstört wird. Su a BE TURN Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 211 Zu diesem Zweck wurden 2g Aldehydammoniak in 1500 eem- Wasser gelöst (Lösung I), von dieser Lösung 50cem mit 400 ccm Wasser verdünnt und nach Zusatz von 5eem 24proz. Schwefelsäure destilliert. Das Destillat wurde titriert. Es wurden verbraucht 61,85 ccm '/,, n-Jodlösung. Es wurde außerdem eine verdünnte Lösung von Aceton dargestellt (Lö- sung II), von der.-5ccem 7,46cem !/,,n-Jodlösung verbrauchten. a) 5 cem Acetonlösung (Lösung II) und 50 cem Aldehydammoniaklösung (Lösung I) wurden mit 400 cem Wasser verdünnt und nach Zusatz von 5cem 24 proz. Schwefelsäure destilliert. Das Destillat- wurde fünf Stunden mit überschüssigem Silberoxyd geschüttelt und vom Silber und Silberoxyd nach 12stündigem Stehen durch Filtration befreit. Das Filtrat wurde mit 5cem 24 proz. Schwefelsäure angesäuert und destilliert. Das Destillat verbrauchte 6,13 cem Y,,n-Jodlösung. b) 5cem Acetonlösung (Lösung II) und 100 ccm Aldehydammoniak- jösung (Lösung I) wurden in derselben Weise, wie unter a) beschrieben, be- handelt. Es wurden ver "braucht 6,27 eem '/,,n-Jodlösung. Diese Zahlen zeigen, daß der Aldehyd durch Schütteln mit’ Silberoxyd vollständig zerstört wird. Auch vom Aceton wird bei Anwesenheit von Acetaldehyd durch Schütteln mit Silberoxyd ein Teil zerstört. Die in der Tabelle II als Gesamtaceton aufgeführten Zahlen sind daher Minimalzahlen und unter diesem Vorbehalte ein- wandsfrei. Für die Bestimmung der Acetessigsäure war zu prüfen, ob Aldehyd neben Aceton unter den von Embden angegebenen Be- dingungen im Vakuum vollständig flüchtig ist. Dies ist, wie der nachstehende Versuch zeigt, nicht der Fall. 5cecm Acetonlösung (Lösung II) und 100 cem ee (Lösung I) wurden mit 400 cem Wasser verdünnt und nach Zusatz von 5cem 24proz. Schwefelsäure eine halbe Stunde im Vakuum (30%, 5mm) destil- liert. Der Rückstand wurde destilliert und das Destillat titriert. Es wurden verbraucht 7,46 cem '/,, n-Jodlösung. : Aus diesem Grunde ist die Bestimmung der a wir: nur bei Abwesenheit von Aldehyd einwandsfrei. Dieser Bedingung entspricht Versuch 6, 7 und 8, da in diesen Fällen bei der Be- stimmung des Gesamtacetons nach dem Schütteln mit Silberoxyd wie ohne Schütteln mit Silberoxyd dieselben Zahlen erhälten wurden. Dagegen war in Versuch 9 und 10 Aldehyd nachweisbar, weshalb die Bestimmungen der Acetessigsäure in diesen Fällen unberück- sichtigt geblieben sind. Im Versuch 9 und 10 konnte die Neubildung von Aceton außer auf jodometrischem Wege durch Bestimmung der Ausbeute an p-Nitrophenylhydrazon des Acetons vom sEseuelap nt A festgestellt werden. 14* 212 E. Friedmann, Unter genau gleichen Bedingungen lieferten p-Nitrophenylhydrazon 1 Liter Blut vom Versuch 9 . . . . 44,5mg here „ » Kontrollversuch 11 . 243 ,„ Ve 5 „ 0, Versuch” 10:5 na el a & „ Kontrollversuch 12 . 00, 4. Methodische Bemerkungen zu Tabelle III. Die in Tabelle III mitgeteilten Zahlen scheinen zu zeigen, daß die als Acetessigsäure gefundenen Acetonmengen größer sind als die Gesamtacetonmenge. Dies ist natürlich unmöglich, die mit- geteilten Zahlen erklären sich vielmehr dadurch, daß ein Teil der flüchtigen, jodbindenden Substanzen, die bei der Durchblutung der normalen Leber entstehen, durch Silberoxyd zerstört werden, also kein Aceton sind. Es würde sich im Versuch 11 die Neubildung der Gesamtmenge Aceton ohne Schütteln mit Silberoxyd zu 28,63mg und im Versuch 12 zu 16,83mg ergeben. Demnach sind im Versuch 11 10,28mg und im Versuch 12 8,57 mg (beides als Aceton berechnet) gebildet worden, die kein Aceton sind. 5. Methodische Bemerkungen zu Tabelle IV. Die Zerstörung durch Schütteln mit Silberoxyd, die beim Aldehyd vollen Erfolg hatte, war beim Aldol keine vollständige. 2g frisch im Vakuum destillierten Aldols wurden in 1500cem Wasser gelöst: 10ccm dieser Lösung wurden mit 500ccem Wasser verdünnt, destilliert und das Destillat titriert. Es wurden verbraucht 10,91 cem "/,,n-Jodlösung. 50ccm dieser Lösung wurden mit 500 cem Wasser verdünnt und destil- liert. Das Destillat wurde mit Silberoxyd geschüttelt und in der beim Acet- aldehyd beschriebenen Weise aufgearbeitet. Es wurden verbraucht 6,61 ccm Yn-Jodlösung. 10Occm dieser Lösung wurden mit 500cem Wasser verdünnt und im Vakuum 30 Minuten (30°, 5mm) destilliert. Der Rückstand wurde destilliert und das Destillat titriert. Es wurden verbraucht 9,72 cem '/,, n-Jodlösung. In diesem Falle sind also weder die als Gesamtaceton, noch die als Acetessigsäureaceton angegebenen Zahlen einwandsfrei. Berücksichtigt man aber, daß die ohne Schütteln mit Silberoxyd. erhaltenen Titrationswerte einer Gesamtacetonvermehrung von 141,9mg gegen 131,29 mg nach dem Schütteln mit Silberoxyd im Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 213 Versuch 13 und in derselben Weise 140,26 mg gegen 109,86 mg im Versuch 14 entsprechen, so können die Versuchsfehler kaum erhebliche sein. Einwandsfrei konnte die Vermehrung des Acetons im Blute nach Durchströmung der überlebenden Leber im Versuch 14 fest- gestellt werden, indem die Ausbeute an p-Nitrophenylhydrazon des Acetons in einem Liter Durchblutungsblut bestimmt wurde. Diese beträgt 85,7 mg oder das Dreieinhalbfache der im Normalver- - such 11 erhaltenen Ausbeute. xW. Über die fermentative Veränderung der Glyoxylsäure | durch Organbrei. Von Dr. E. Granström (St. Petersburg). (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) Aus meiner vor kurzem erschienenen Mitteilung!) geht hervor, daß die Indolprobe auf Glyoxylsäure trotz ihrer außerordentlichen Empfindlichkeit nicht für den positiven Nachweis genügt; hingegen berechtigt, wie auch Adler?) betont, ihr Fehlen zu dem Schlusse, daß irgend merkliche Mengen von Glyoxylsäure nicht vorhanden sind. Danach ist die Indolprobe ein wertvolles Hilfsmittel, die Umwandlung der Glyoxylsäure zu verfolgen. Wie alle Beobachter bisher festgestellt haben, wird Glyoxylsäure im Tierkörper sehr rasch zerstört, d. h. so verändert, daß sie durch keine Reaktion, auch nicht durch die Indolreaktion nachgewiesen werden kann. Die Veränderung, die sie dabei erfährt, ist nur insofern bekannt, als aus den Versuchen Pohls:), Eppingers*) und Adlers hervorgeht, daß sie, innerlich eingeführt, zu einer Vermehrung der Oxalsäureausscheidung führt, als ferner sowohl Eppinger wie auch später Adler daneben eine allerdings nicht beträchtliche Vermehrung der Allantoinausscheidung im Harn gefunden haben, die Eppinger auf eine synthetische Allantoinbildung aus Glyoxyl- säure bezieht. Was den Ort der Umwandlung der Glyoxylsäure im Tier- körper anlangt, geben Organbreiversuche von Schloss5) einen ") Diese Beiträge 11, 132. :) Adler, Arch. f. exper. Path. u. Pharm. 56, 202. ®) Pohl, ebenda 37, 413. *) Eppinger, diese Beiträge 6, 49. ») Diese Beiträge 8, 445. E. Granström, Über die fermentative Veränderung d. Glyoxylsäure usw. 215 Hinweis. Diesem zufolge wird die Glyoxylsäure am stärksten von der Leber zerstört. Dann folgen, nach ihrer Wirkung auf die Glyoxylsäure geordnet, Gehirn, Nieren und Muskeln, Lunge und Milz. Dem Blute scheint die Wirkung äuf. die Glyoxylsäure zu fehlen. 1. Versuche zur Isolierung des die Glyoxylsäure umwandelnden Fermentes: Ich versuchte mit verschiedenen Methoden die Glyoxylase, wie ich das die Glyoxylsäure verändernde Agens des Leberbreies vor- läufig der Kürze wegen nennen will, möglichst frei von Bei- mengungen zu erhalten. Ä Von den zur Isolierung von Fermenten empfohlenen ans methoden habe ich die Alkohol-, Aceton-, ee und Am- monsulfatfällung angewandt. Die mit Quarzsand zerriebene Erälllefer wurde mit dann gleichen Volumen Ringerscher Lösung auf der: Schüttelmaschine geschüttelt und koliert. Die ganz trübe Flüssigkeit, .welche ge- wöhnlich die Glyoxylsäure ebenso rasch veränderte wie der Leber- brei selbst, wurde mit den genannten Fällungsmitteln gefällt und der Niederschlag mit verschiedenen Lösungsmitteln extrahiert. Um eine möglichst gute Ausbeute an Glyoxylase zu erhalten, wurden alle Manipulationen so schnell als möglich ausgeführt: 1. weil von verschiedenen Autoren, unter anderen von Jacoby!) für die Al- dehydase, angegeben wird, daß die Fermentausbeute desto geringer wird, je später das Ferment aus dem Niederschlage extrahiert wird, und 2. weil Vorversuche gezeigt hatten, daß die Glyoxylase sehr wenig beständig ist. Läßt man die trübe Flüssigkeit oder die verriebene Leber auf Eis oder bei Zimmertemperatur, bei neu- traler oder bei schwach alkalischer Reaktion stehen, so verschwindet das Vermögen, die Glyoxylsäure zu zerstören, meist schon nach 1 bis 2 Tagen. Die Fällungen mit Alkohol und mit Aceton wurden teils mit kleinen Mengen (dem gleichen oder zweifachen Volumen), teils mit großen Mengen (dem 10 bis 12fachen Volumen) absoluten Alkohols und Acetons ausgeführt?). In den Niederschlägen konnte die Glyoxylase nachgewiesen werden, die Wirkung war aber immer schwächer, als die der entsprechenden Menge der ursprünglichen ‚trüben Flüssigkeit. !) Zeitschr. f. physiol. Chem. 30, 142 (1900). ”) Buchner und Hahn: Zymasegärung.‘ 1900. 216 E. Granström, Die Niederschläge, welche durch Zusatz großer Mengen Alkohol oder Aceton erhalten wurden, waren fast immer merklich wirksamer, als die mit kleineren Mengen der Fällungsmittel erhaltenen. Bei fraktionierter Fällung mit Alkohol oder Aceton waren die späteren Fraktionen meist wirksamer als die ersten Niederschläge, aber immer viel weniger wirksamer als die ursprüngliche Flüssigkeit. Die Filtrate nach Entfernen des Alkohols und Acetons im Vakuum bei 30° waren unwirksam. Die Acetonniederschläge waren fast immer wirksamer als die Alkoholfällungen, was wohl auf eine raschere Zerstörbarkeit des Fermentes durch Alkohol hindeutet. Mit Uran wurde nach der von Jacoby und Rosell!) be- schriebenen Methode verfahren. Die Uranniederschläge, mitRinger- scher Lösung und glyoxylsaurem Natron verrieben, zerstörten die Glyoxylsäure meist etwa so stark wie die Acetonniederschläge, waren also auch weniger wirksam als die ursprüngliche Flüssigkeit. Es gelang nicht, die Glyoxylase aus diesen Niederschlägen zu extra- hieren. Die Niederschläge wurden mit Ringerscher Lösung, 0,2 proz. Soda- lösung, 0,9 proz. Natriumehloridlösung, destilliertem Wasser, 5 proz. Harn- stofflösung, 5 proz. Glycerinlösung verrieben und einige Stunden auf Eis stehen gelassen. Dann wurden die Niederschläge, sowie die abfiltrierte Flüssigkeit auf Glyoxylase untersucht. Die Niederschläge zerstörten noch die Glyoxylsäure, aber schwächer als gleich nach der Fällung, die Filtrate waren unwirksam. Es ist noch hinzuzufügen, daß es nicht immer gelingt, gleich wirksame Niederschläge durch Fällung mit Alkohol, Aceton oder Uranylacetat zu er- halten. Die Wirksamkeit der Niederschläge wechselt trotz anscheinend gleicher Darstellungsbedingungen. Die Fällung mit Ammonsulfat wurde nach der von Jacoby?) für die Isolierung der Aldehydase empfohlenen Methode ausgeführt. Die Niederschläge und das Filtrat wurden einige Stunden gegen Ringersche Lösung dialysiertt und darauf auf ihr Vermögen, Glyoxylsäure zu zerstören, untersucht. Die Niederschläge und Filtrate waren unwirksam. } Ich versuchte noch, das Ferment nach der von Wiechowski3) für das Harnsäure zerstörende Enzym beschriebenen Methode zu iso- lieren. Nach der Toluolextraktion war die Fermentwirkung des rasch getrockneten Leberpulvers geringer als in der frischen Leber; die Fermentwirkung nahm bei Extraktion des Leberpulvers mit Aceton, dem 1!/, Volumen Toluol zugefügt war, noch weiter ab. Nach einem Monat war das Vermögen, Glyoxylsäure zu zerstören, fast ganz verschwunden. ') M. Rosell, Über Nachweis und Verbreitung intrazellulärer Fermente. Diss. Straßburg i. E. 1901. ?) Zeitschr. f. physiol. Chem. 30, 137 (1900). *) Diese Beiträge 9, 232. Über die fermentative Veränderung der Glyoxylsäure durch Organbrei. 217 Ein nur mit Toluol extrahiertes Leberpulver von einer anderen { Darstellung erwies sich von vornherein als wenig wirksam. { Hingegen büßte ein Niederschlag, welcher durch Fällung der Leberflüssigkeit mit dem l0fachen Volumen Aceton erhalten und B rasch getrocknet worden war, nur langsam an Wirksamkeit ein. } Er war noch nach einigen Monaten aktiv. f 2. Zur Charakteristik der Glyoxylase. - Da ich bei den Versuchen, das Ferment zu isolieren, immer > nur Präparate erhielt, welche von vornherein vier- bis achtmal weniger wirksam waren als die frische Leber und beim Auf- j bewahren noch weiter an Wirksamkeit verloren, so habe ich die g Eigenschaften der Glyoxylase an frischer Rindsleber zu studieren x versucht. £ Die ganz frische Rindsleber wurde von gröberen Stücken = Bindegewebe befreit, in der Fleischhackmaschine zerkleinert und Br mit Quarzsand verrieben. Mit dem gleichen Volumen physiologi- scher Kochsalzlösung oder Ringerscher Lösung gemischt zerstörte x die Leber das ihr im Verhältnis 4:1000 des Gewichtes zugefügte a glyoxylsaure Natron bei 37° in 4 Stunden vollständig. Fast immer ; war schon nach 1 bis 1!/, Stunden diese Menge Glyoxylsäure bis & auf Spuren verschwunden. (Um eine bessere Mischung des Leber- £ breies mit dem glyoxylsauren Natron zu ermöglichen, wurde 3 physiologische Kochsalzlösung oder Ringersche Lösung zugefügt.) Nach abgeschlossener Digestion bei 37 bis 40°, während welcher & die Flüssigkeiten mehrmals durchgeschüttelt wurden, wurde das ‚Eiweiß durch Zusatz von U; bis !/; Volumen 24 proz. Schwefel- säure ausgefällt. Schloss hat empfohlen, die Ausfällung mit konzentrierter Trichlor- Be; essigsäure auszuführen. Es scheint aber, daß die Trichloressigsäure in dieser Beziehung keine Vorzüge vor der Schwefelsäure hat. Bei der Koagulation R mit Trichloressigsäure bekommt man meistens trübe, oft fast milchige 3 Lösungen, während man nach der Ausfällung mit Schwefelsäure durch Fil- E tration viel öfter klare, oder fast klare Lösungen erhält. Außerdem bildet im sich bei der Unterschichtung mit konzentrierter Schwefelsäure in der Tri- & chloressigsäure enthaltenden Lösung eine Schicht von braunen, beim Vor- handensein von Glyoxylsäure braunroten oder roten Tropfen, welche bei 3 geringen Mengen Glyoxylsäure die Abschätzung erschweren. Bei Ausfällung = mit Schwefelsäure fehlt diese Erscheinung. Nach Koagulation mit Schwefelsäure und Filtration wurde £ Indollösung zugefügt, die Flüssigkeit mit konzentrierter Schwefel- F säure unterschichtet und mit den Kontrollproben verglichen. Zur 9is : E. Granström, Kontrolle wurden gleich nach dem Mischen des Leberbreies mit Glyoxylsäure 10 bis l5cem abgegossen und sofort mit dem halben Volumen 24 proz. Schwefelsäure versetzt, wodurch die Ferment- wirkung aufgehoben und gleichzeitig das Eiweiß entfernt wird. Zur Feststellung der Temperatur, bei welcher die Glyoxylase zerstört wird, wurden Proben von Leberbrei mit einem Volumen Ringerscher Lösung gemischt und 10 Minuten lang im Wasserbade auf 50, 60, 70, 80 und 90% erwärmt. Darauf | wurden die Proben mit glyoxylsaurem Natron im Verhältnis 2:1000 gemischt und nach vierstündiger Digestion im Brutschrank mit den: Kontrollproben verglichen.. Die auf 80 und 90° erwärmten Proben zeigten keine Abnahme der Glyoxylsäurereaktion, die Fermentwirkung war also aufgehoben. In den auf 700 er- wärmten Proben war die Glyoxylsäurereaktion deutlich, aber ge- ringer als in der Kontrollprobe. In den auf 50 und 60° erwärmten Proben war keine Glyoxylsäurereaktion vorhanden, ebensowenig in den nicht erwärmten Proben. Das Temperaturoptimum für die Glyoxylase liegt ungefähr von 35 bis 40°; bei Temperaturen von 18 bis 20° einerseits, von 50° andererseits ist die Wirkung des Fermentes bereits merklich geringer... j Zur Untersuchung des Einflusses der Reaktion wurden zweierlei Versuche angestellt, von denen ich je einen von jedem Typus anführe. ; | £ 1. Vorbehandlung der Fermentlösung mit Säure und Alkali. 30 & des mit Quarzsand verriebenen Leberbreies werden mit 30 cem /, u-Natronlauge bzw. Schwefelsäure verrührt. Nach 5 Minuten Alkali- bzw. Säurewirkung wird mit Lauge bzw. Säure genau neutralisiert und 0,068 glyoxylsaures Natron, also im Verhältnis 2:1000, zugesetzt. Nach 5 Stunden "bei 40° ist die Glyoxylsäure in allen Proben total zerstört. “ Nach 10 Minuten langer Einwirkung derselben Menge YUni- - Natron- lauge bzw. Schwefelsäure und unter sonst gleichen Versuchsbedingungen erhält man mit Indol noch Spuren Rosafärbung. In mehreren Versuchen war die Reaktion nach Säureeinwirkung besser ran als nach Alkali- einwirkung. 2. Einfluß alkalischer und saurer Reaktion während der Digestion. Zusatz ‘von glyoxylsaurem Natron im Verhältnis 2: 1000. a) 30g Leberbrei werden mit 30 cem physiologischer Kochsalzlösung und 20 ccm "/,n-Schwefelsäure innig verrieben, dann mit 0,06 gelyoxyl- sauren Natrons versetzt. Nach 4 Stunden bei 40° eine viel schwächere Reaktion auf Glyoxylsäure als in der Kontrolle. b) 30g Leberbrei werden mit 30 ccm physiologischer Kochsalzlösung verrieben, mit Essigsäure bis zu schwach saurer Reaktion, darmm mit 0,06 & WE Über die fermentative Veränderung der Glyoxylsäure durch Organbrei. 219 elyoxylsauren Natrons versetzt. Nach 4 Stunden bei 40° eine sehr schwache Glyoxylsäurereaktion. c) 30& Leberbrei werden mit 30 cem physiologischer Kochsalzlösung und 30cem "/.n-Natronlauge verrieben, dann ‘mit 0,06 g Biyexyleauren Natrons versetzt. .Nach-4 Stunden nur eine Spur Reaktion. d) 308 Danenlansn werden mit 30ccm physiologischer Kochsalzlösung und 10 ccm '/,n-Natronlauge verrieben, dann mit 0,069 glyoxylsauren Natrons versetzt. Nach 4 Stunden ist die Glyoxylsäure total zerstört. e) Um festzustellen, ob die Glyoxylsäure vielleicht durch die Alkali- wirkung allein bei 40° zerstört wird, werden 60 ecm physiologischer Koch- salzlösung mit 30 cem '/,n-Natronlauge und 0,06% elyoxylsauren Natrons 4 Stunden bei 40° gehalten. Es ist keine Abnahme der Glyoxylsäure im Verhältnis zur Kontrollprobe erkennbar. Von verschiedenen Antiseptica wurden betreffs ihres Ein- flusses auf die Glyoxyläse Toluol, Chloroform, Blausause, Chinin und. Fluornatrium untersucht. | Je 30% Leberbrei wurden a) mit Iccm Toluol und 30cem Ringer- scher Lösung, b) mit 2ecem Chloroform und 30cem Ringerscher Lösung, c) mit 30cem 2 proz. Blausäure und 0,03 Kochsalz, d) mit 30 ecm 2 proz. Lösung von Chininum hydrochlorieum, e) mit 30cem 5 proz. Fluor- natriumlösung und f) mit 30cem 8 proz. Fluornatriumlösung innig ge- mischt, dann wurde glyoxylsaures Natron in der Proportion von 4 auf 1000 Leberbrei zugefügt. Nach 4 Stunden bei 40° war in allen sen die Glyoxylsäure zerstört, ebenso wie in der Eonwellpzete, welche keinen antiseptischen Zusatz erhalten hatte. Dasselbe Resultat erhielt ich in einer Versuchsreihe, wo ich statt der frischen Leber die Versuche mit dem nach Wiechowsky anzenie ler Leberpulver ausführte. “ Bei einem Verhältnis von 5 Teilen glyoxylsauren Natrons auf 1000 Teile Leberbrei war in den Proben mit Zusatz der Antiseptica, ebenso wie in der Kontr ollprobe ohne Antiseptica, nach 4 SunzLaı nur eine sehr schwache Glyoxylsäurer eaktion vorhanden. ‚Da es sich bei diesen Versuchen herausstellte, daß die Gly- oxylase gegen Säure- und Alkalieinwirkung, wie auch gegen Anti- septica relativ beständig ist, in der Leber aber spontan nach 1 bis 2 Tagen verschwindet, so ergab sich die Frage, ob die Glyoxylase nicht vielleicht durch die autolytischen Fermente der Leber zer- stört werde. Wie der nachstehende Versuch zeigt, ist dies, wenig- stens bei kurzer Einwirkung, nicht der Fall. Es wurden gleiche Volumina frischen Leberbreies bzw. Leberflüssigkeit (durch Schütteln des Leberbreies mit dem gleichen Volumen Ringerscher Lösung und Zentrifugieren gewonnen) mit den gleichen Volumina von seit 3 und 7 Tagen im Brutofen unter Toluol gehaltenen autolytischen Flüssig- keiten nach vorgängigem Neutralisieren gemischt, dann 10 Minuten bzw. 30 Minuten mit glyoxylsaurem Natron im Verhältnis von 4g auf 1000 g Leber 220 E. Granström, versetzt. Nach 4 Stunden bei 40° war in allen Proben die Glyoxylsäure völlig zerstört. Da die nach Wiechowsky dargestellten Leberpulver gegen- über Glyoxylsäure fast unwirksam waren, so untersuchte ich, ob diese Pulver noch die Fähigkeit besaßen, harnsaures Natron zu zerstören. a) 5g Leberpulver wurden mit 30 ceem Ringerscher Lösung und 0,2g darin gelösten harnsauren Natrons 4 Stunden im Brutschrank unter häufigem Umschütteln in bis zur Hälfte gefüllten Flaschen stehen gelassen. Dann wurde die unzerlegte Harnsäure nach Ludwig-Salkowski bestimmt. b) 208 frischen Leberbreies wurden mit 10Ocem Ringerscher Lösung und 0,2g harnsauren Natrons 4 Stunden im Brutschrank unter ebenso häufigem Umschütteln stehen gelassen. Das Leberpulver hatte 47,6 Proz., die frische Leber 45,8 Proz. der zu- gefügten Harnsäure zerstört. In einem zweiten gleichen Versuch zerstörten 5g Lesenlsse 51,7 Proz. und 20 & des frischen Leberbreies 54,2 Proz. der zugefügten Harnsäure. Dabei zerstörte die frische Leber das ihr in der Proportion 4: 1000 zugefügte glyoxylsaure Natron total in 4 Stunden, wogegen in der Probe des Leber- pulvers nur eine geringe Abnahme der Glyoxylsäurereaktion im Verhältnis zur Kontrolle vorhanden war. Danach ist die Glyoxylase nicht mit dem Harnsäure zer- störenden Fermente identisch. Für diese Verschiedenheit sprechen auch die folgenden Versuche über den Einfluß des Sauerstoffs. Frischer Rindsleberbrei wurde mit dem gleichen Volumen Ringer- scher Lösung !/, Stunde geschüttelt, zentrifugiert und von der ganz trüben Leberflüssigkeit wurden in vier Einschmelzröhren von 55 bis 60 ccm Inhalt je 20 cem eingefüllt, dann wurde bis auf 2 bis 53mm Hg evakuiert. Darauf wurden in kleinen Röhrchen 0,08, 0,04, 0,02, 0,01g glyoxylsaures Natron gelöst in die Röhren eingeführt, die Röhren wiederum evakuiert, während des Evakuierens zugeschmolzen und erst darauf die Leberflüssigkeit mit dem glyoxylsauren Natron gemischt. Als Kontrolle dienten Proben, welche die- selben Mengen Leberflüssigkeit mit den gleichen Mengen glyoxylsauren Natrons enthielten und im Brutschrank ebenso oft geschüttelt wurden, wie die evakuierten Röhren. Nach 4 Stunden wurden die Röhren geöffnet und ihr Inhalt ebenso, wie auch der der Kontrollproben, sogleich mit je 10 cem 24 proz. Schwefelsäure gemischt. In drei dieser Versuche war in den Kontrollproben und auch in den evakuierten Röhren die ganze Glyoxylsäure zerstört worden, im vierten Versuche war die Glyoxylsäure überall ver- schwunden, außer in der Probe, wo 0,03g glyoxylsaures Natron in die eva- kuierte Röhre eingeführt worden war; in dieser Probe war noch eine sehr schwache Glyoxylsäurereaktion vorhanden. In einem fünften Versuche wurde durch die Kontrollprobe Luft durch- geleitet, die Hauptprobe wurde bis auf 13mm Hg evakuiert, dann das Rohr mit Kohlensäure gefüllt, dann wiederum evakuiert, sodann wurde während des Versuches gewaschene, durch alkalische Pyrogallollösung geleitete Kohlen- säure durchgeleitet. In einer Probe, wo 0,4g glyoxylsaures Natron auf varzt a ch EL SAN IE = 2 hen NE m = Dan I 2 ar Über die fermentative Veränderung der Glyoxylsäure durch Organbrei. 221 100g Leberflüssigkeit zugefügt war, war in 4 Stunden bei 40° die ganze Glyoxylsäure zerstört, ebenso wie in der Kontrollprobe. In einer Probe, wo 0,6& glyoxylsaures Natron auf 100g Leberflüssigkeit zugefügt war, ergab sich nur eine schwache Glyoxylsäurereaktion, ebenso wie in der Kontrollprobe. Bekanntlich ist es sehr schwierig, bei ähnlichen Experimenten jede Spur Sauerstoff auszuschließen. Trotzdem scheinen mir die angeführten Versuche sehr deutlich gegen eine Rolle des Sauer- stoffs bei dem Verschwinden der Glyoxylsäure zu sprechen. Denn die Oxydation von 0,4g Natriumglyoxylat, selbst wenn sie bloß zu saurem Natriumoxalat geführt hätte, würde nicht bloß Spuren, son- dern nicht weniger als etwa 0,0679 — 47 ccm Sauerstoff erfordert haben. Dieses Verhalten spricht gegen eine Identifizierung der Glyoxy- lase mit dem Harnsäure zerstörenden Fermente, denn Wiechowsky und Wiener!) haben gefunden, daß die Harnsäure unter Sauer- stoffabschluß fast gar nicht zerstört wird: Von 0,2& harnsauren Natrons (= 0,14 g Harnsäure) wurden nach dreimaligem Eva- kuieren, Füllen der Flasche mit Kohlensäure und vierstündigem Schütteln bei 40° nur 0,02g Harnsäure zersetzt, während beim Schütteln mit Luft in derselben Zeit 0,13 bis 0,149 Harnsäure zerstört wurden. i 3. Wird die Glyoxylsäure durch die Glyoxylase in Oxalsäure übergeführt ? Das unerwartete Resultat, daß zur Zersetzung der Glyoxylsäure durch die Glyoxylase Sauerstoffzutritt nicht nötig ist, stimmt mit dem überein, was ich über die chemische Umwandlung der Glyoxyl- säure durch das Leberferment ermitteln konnte. Im Hinblick auf die oben angeführten Befunde Pohls, Eppingers und Adlers war zu erwarten, daß die Glyoxylsäure durch das Leberferment zu Oxalsäure oxydiert würde. Außer- dem ist ja bekannt, daß die Glyoxylsäure auch außerhalb des Tier- körpers leicht in Oxalsäure übergeht; so entsteht sie aus Glyoxyl- säure bei der Oxydation, ja schon beim Kochen mit Alkali. Ich habe in vier Versuchen den Nachweis der Oxalsäurebildung zu führen getrachtet. In den ersten zwei Versuchen kamen je 30g Leberbrei und 0,06 g Natriumglyoxylat und je eine Kontrollprobe von 30g Leberbrei zur Verwendung. Nach vierstündiger Digestion bei 40°, als jede Glyoxyl- säurereaktion verschwunden war, wurden beide Proben durch Kochen koaguliert, die Coagula mit schwacher Salzsäure ausgezogen, Auszug und !) Diese Beiträge 9, 247. 999 E. Granstrom, Koagulationsfiltrat vereinigt und die neutralisierte eingeengte Lösung durch Fällung mit Caleiumchlorid und Extraktion des in Salzsäure gelösten Nieder- schlages mit Äther auf Oxalsäure untersucht — in beiden Proben ohne Erfolg. Zwei weitere Versuche, die mit je 100g Leberbrei, 049g Natrium- glyoxylat und fünfstündiger Digestion ausgeführt wurden, führten bei sorg- fältigstem Arbeiten zu-dem gleichen Resultat. - Die Tatsache, daß sich nach Verschwinden der Glyoxylsäure im Leberbrei keine Oxalsäure nachweisen läßt, steht im Einklang mit dem obigen Befunde, daß sich dieses Verschwinden auch bei Abwesenheit von Sauerstoff vollzieht. Danach besitzt der Organis- mus, wenigstens die Leber, die Fähigkeit, die Glyoxylsäure noch in anderer Art als durch Oxydation zum Verschwinden zu bringen. Man kann vermuten, daß diese Art des Abbaues auch für den Fall, daß intermediär im Tierkörper Glyoxylsäure auftritt, die ge- wöhnliche sein dürfte. | Da die Oxalsäure im Tierkörper, wie wir seit Gaglio und Pohl wissen, gar nicht oder nur in minimalen Mengen zersetzt wird, so würde, falls die Glyoxylsäure im Organismus nachweisbar zu Oxalsäure umgewandelt würde, der verschwindend geringe Ge- halt des Harns an Oxalsäure dafür sprechen, daß Glyoxylsäure im intermediären Stoffwechsel nicht in merklicher Menge auftritt. Wenn aber die Glyoxylsäure nicht oder nur zu einem kleinen Teil in Oxalsäure übergeht, so ist die Möglichkeit des Entstehens der Glyoxylsäure im intermediären Stoffwechsel vorläufig nicht von der Hand zu weisen. Ich habe noch Versuche angestellt, ob aus Glykolsäure, Allantoin und Harnsäure bei der Digestion mit Leberbrei Glyoxyl- säure entsteht. Eppinger und Schloss!) haben bei der Oxydation von Glykolsäure, beim Kochen von Allantoin mit Alkali, und Almagia?) und Schloss nach dem Digerieren von Harnsäure mit Kalilauge eine positive Indolreaktion beobachtet. Ich habe nach der Digestion von 30g Leberbrei mit O,lg Allantoin und 30 g Leberbrei mit 0,2 glykolsauren Natrons keine positive Indolreaktion erhalten, ebensowenig bei der Digestion von 30 & Leberbrei und 0,2g harnsauren Natrons. Endlich sei noch ein Versuch angeführt, der ausgeführt wurde, um zu sehen, ob die Phosphorvergiftung die Glyoxylasewirkung der Leber beeinflußt. Hl. ae: er * Diese Beiträge 7 472 Über die fermentative Veränderung der Glyoxylsäure durch Organbrei. 223 Einem Hunde wurde täglich gesättigtes Phosphoröl injiziert. Er starb am sechsten Tage. Am dritten und am fünften Tage nach dem Beginn der Phosphorinjektionen wurden ihm 2g bzw. 3g Calciumglyoxylat gelöst per os eingegeben. Im Harn wurde keine Glyoxylsäure gefunden. Die 3 Stunden nach dem Tode entnommene stark verfettete Leber zerstörte die im Ver- hältnis 4:1000 zugefügte Glyoxylsäure ebenso rasch, wie die normale Leber. Dieser negative Befund ist nicht überraschend, wenn man bedenkt, daß die Phosphorvergiftung in der Leber hauptsächlich zu einer Vermehrung autolytischer Fermente führt, diese aber, wie oben gezeigt wurde, die Glyoxylase nicht merklich schädigen. Aus den eben angeführten Untersuchungen ist zu schließen, daß die Glyoxylase der Leber nicht mit der Aldehydase identisch ist. Es folgt dies einerseits aus den erfolglosen Versuchen, die Glyoxylase nach der von Jacoby für die Aldehydase beschriebenen Methode darzustellen, andererseits daraus, daß die Glyoxylase zu ihrer Wirkung anscheinend nicht des Sauerstoffs bedarf, vermutlich somit überhaupt kein oxydierendes Ferment ist; sie ist auch nicht mit dem Harnsäure zerstörenden Fermente Wiechowskys iden- tisch, denn ich habe Leberpräparate erhalten, die gegen Glyoxyl- säure fast unwirksam waren, Harnsäure aber energisch, ungefähr wie die frische Leber, zersetzten. Außerdem bedarf das Harnsäure zersetzende Ferment des Sauerstoffs zu seiner Wirkung. Da die Glyoxylsäure im Leberbrei nicht nachweisbar zu Oxal- ‚ säure oxydiert wird, so muß es sich um andere chemische Um- wandlungen handeln. Dabei ist im Hinblick auf ihre Aldehyd- natur wohl in erster Reihe an synthetische Vorgänge zu denken, worauf schon Eppingers Allantoinversuche hinweisen. Doch fehlt es zu einer endgültigen Schlußfolgerung noch an- ausichenden Beweisen. Die Glyoxylase ist nach ihrem ganzen Verhalten er inte, zelluläres. Ferment. Sie ist so fest an Zellreste und Zellen ge- bunden, daß es nicht gelingt, sie davon zu trennen. Dement- sprechend konnte sie nicht in klarer Lösung erhalten werden. Auch beim Filtrieren der Leberflüssigkeit durch das Chamberland- filter wird die Glyoxylase zurückgehalten. 5 XV. Zur Kenntnis des Eiweiß- und Mineralstoffwechsels pankreasdiabetischer Hunde. Von Privatdozent Dr. W. Falta (Wien) | und Dr. James Lyman Whitney (Branford, Conn. U. S. A.). (Aus der ersten medizinischen Universitätsklinik in Wien. Vorstand Prof. C. von Noorden.) Vor kurzem haben Falta, Grote und Stähelin!) darauf hin- gewiesen, daß bei Hunden nach der Exstirpation des Pankreas eine enorme Steigerung der Hunger-Eiweiß-Zersetzung eintrete, deren Ursache ähnlich wie bei derjenigen, welche bei maximaler Phlorizinvergiftung auftritt, hauptsächlich in dem Ausfall der Kohlehydrate zu suchen ist. In den erwähnten Versuchen ließ sich jedoch nicht mit voller Sicherheit ausschließen, ob nicht in- fektiöse Prozesse, wenn auch nur in geringem Grade, an dieser Steigerung des Eiweißumsatzes mitbeteiligt waren. Wir haben daher diese Versuche wiederholt und dabei auch die Salzausfuhr studiert. Es war ja natürlich zu erwarten, daß mit der Mehreinschmelzung von Körpereiweiß auch mehr Salze zur Ausscheidung gelangen würden. Es schien uns aber die Frage doch von Interesse, ob die Beziehungen, welche bei normalen hungernden Hunden zwischen Eiweißumsatz und Aschenausfuhr durch den Harn bestehen, beim experimentellen Diabetes dieselben bleiben. Methodik. Bei den betreffenden Hunden wurde zuerst während einer vier bis fünftägigen Hungerperiode Stickstoff- und Salzausscheidung im Harn untersucht. Dann wurden die Hunde durch mindestens ‘) Falta, Grote und Stähelin, Versuche über Stoffwechsel- und Energieverbrauch an pankreaslosen Hunden. Diese Beiträge 10 (1907). W. Falta u. J. L.' Whitney, Zur Kenntnis des Eiweißstoffwechsels usw. 295 acht Tage reichlich gefüttert. - Am Tage vor der Operation er- hielten sie bloß Milch. Am Tage der Operation selbst hungerten sie. Die Operationen wurden von Herrn Privatdozent Dr. Clair- mont, Assistenten der ersten chirurgischen Universitätsklinik in Wien, ausgeführt. Wir sagen ihm hiermit für seine liebenswürdige Unterstützung unseren herzlichen Dank. Es wurde stets nur in Äthernarkose operiert. Nach der Exstirpation des Pankreas wurde die Bauchhöhle mit körperwarmer physiologischer Kochsalzlösung ausgespült, dann die Bauchwunde durch Etagennaht geschlossen. Die Werte für die NaCl- Ausscheidung im Harn sind daher an den ersten zwei Tagen nach der Operation für unseren Zweck nicht zu gebrauchen. Es sei gleich erwähnt, daß sich bei der Sektion der Hunde niemals Reste von Pankreasgewebe fanden. Die Bauchwunde erwies sich immer als glatt verheilt. Betreffs der Temperatur siehe die umstehende Tabelle. Wir haben im ganzen vier Versuche ausgeführt. Sie er- gaben im großen Ganzen übereinstimmende Resultate. Es genügt daher, nur einen dieser Versuche genauer zu beschreiben. Versuchsprotokoll Nr. IV. 18kg schwerer Pudel. A. Hungerperiode. N-Ausscheidung: Erst Abfall, dann allmählicher geringer Anstieg. P,O,- Ausscheidung: Dasselbe. N:P,0,: Erst Abfall, bleibt dann konstant. NaCl: Erst starker Abfall, dann allmählicher geringer Anstieg. Ca0: Zeigt ein anderes Verhalten, als die bisher beschriebenen Harn- bestandteile. Zuerst sehr niedrige Werte, dann allmählicher Anstieg bis auf das Doppelte. Gesamtasche: Hier ist der anfängliche Abfall und der spätere Anstieg am deutlichsten ausgesprochen. N: Gesamtasche: Erst Anstieg, dann deutlich ausgesprochener Abfall. Körpergewichtsabnahme: Zeigt dieselbe Kurve, wie die Ausscheidung des Stickstoffs und der meisten Mineralbestandteile; pro die 280, 180, 290, 360; in Mittel pro die 270. B. Nach der Pankreasexstirpation. D-Ausscheidung: Sofort rascher Anstieg; von der 14. bis zur 38. Stunde werden bereits 353g D ausgeschieden. D bleibt dann konstant. N- Ausscheidung: Ebenso rascher Anstieg; von der 14. bis zur 38. Stunde nahezu 12g N. N bleibt dann konstant. Quotient D:N: Beträgt schon in den ersten 14 Stunden 2,35, erhält. sich dann auf voller Höhe zwischen 2,88 und 3,18. Die Hungereiweißb- zersetzung ist demnach um das 3,l1fache gesteigert. NaCl: Es ist anzunehmen, daß die NaCl-Ausfuhr ebenso gesteigert ist wie die N-Ausscheidung, da die Werte am 3. und 4. Hungertage von der Kochsalzinfusion kaum mehr wesentlich beeinflußt sein dürften. Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 15 u IT De osorı | zu | zua | ste | osz'se | ssso‘o | oor’s | ort | za6ia | s0zco | zroaı | " mars" 12 [4 R N — | ger | gr | ses | ones | 62000 | zur | ost | zeueig | zeRo | sc | “1a © c08 8 g'gg ’ a RE n 5 = Dee 068 FL | 60% 086 Fre | 6g0'8E | zzstto | ua | 720 | 59294 — FEg“IL DIS TG "Oz STq '6L s Se 08971 | 360 20% gez | 8921 | 7100 | FrY°T | ZE8T LESGL == 00.9 | "PAS FI «OT '6I STq ag 'SI g = "3077 gT yyoımoesıodaoyy a9 Z06L TInf '8T voryerodg [..] E ıse | osegı | 06T | 64< = — | 99e0‘0 | 9820 | 2480 oe Ed a SR 5 o'se | 08891 | 99° 70'9 = — grzo‘o | 6E9o | sro | zur | orero | me | cn EI se | 02121 819 LUG = == 86100 | ssCo | SITO | 06IT'O — ee re) T’8E a 2 \ | a i & So \ En : S gt’E 90°8 = == c110'0 | 7990 | «e2/0 | 2269°L en ats || 9 sıq 'G = 0688 | 08941 | e 4 LO6T runp E 3 6) & 5 Zi - 3 E S o: ze. GE 9yose 9ımes ® Er 2.2 [’O’a:Nı N:dA a (01:0) o°d | TEN |.gureseg | -ureH N unyeq EN = + 226 u a ie na z Zur Kenntnis des Eiweiß- und Mineralstoffwechsels usw. 297 Ca0: Die Steigerung beträgt in den drei letzten Tagen der Periode das 3,9 fache. P,0,: Verhält sich ebenso wie die N-Ausscheidung. Der Quotient N:P,O, bleibt im Mittel derselbe wie in der Hungervorperiode. Harnsäure: Steigerung um das Doppelte. Gesamtasche: Die erste 14 stündige Periode fällt wegen Eingießung der Kochsalzlösung aus. Von nun an sehr schöne Einstellung. Steigerung um das 4,lfache. Sie ist also größer als die Erhöhung des Eiweib- umsatzes. Dementsprechend liegen alle Werte des Quotienten N : Gesamt- asche tiefer, als die entsprechenden Werte der Vorperiode. Gegen Ende nähern sich die Werte beider Perioden einander. Körpergewichtsabnahme: Im Mittel pro Tag 670g; etwa 2,5 mal größer als in der Vorperiode. Körpertemperatur: Nur am 20. Juli morgens leichte Steigerung der Temperatur. Kleiner, ganz oberflächlicher Nahtabszeß. Nach dessen Eröffnung sofort Absinken der Temperatur zur Norm. Ergebnisse. 1. Bei normalen Hunden tritt in den ersten Hungertagen eine Abnahme der Stickstoffausscheidung und fast aller Mineralbestand- teile ein, worauf am dritten und vierten Tage meistens eine allmähliche geringe Wiedererhebung der betreffenden Werte folgt. Die Gesamt-Aschenausscheidung durch den Harn läßt diese Sen- kung und den nachfolgenden geringen Anstieg deutlicher erkennen als der Stickstoff. Das Verhältnis N: Gesamtasche fällt daher deut- lich ab. Auf die Ursache des Wiederanstieges der Eiweißzersetzung wollen wir hier nicht eingehen, da diese vielumstrittene Frage durch unsere kurzdauernden Versuche nicht weiter gefördert wird. Das Verhalten des Quotienten N :Gesamtasche könnte so gedeutet werden, daß zuerst das salzärmere Reserveeiweiß verbrennt, wäh- rend später salzreicheres organisiertes Eiweiß einschmilzt. Viel- leicht nimmt auch die Atrophie des Knochengewebes mit dem Schwunde leicht zersetzlichen Materials zu. Für diese Annahme könnte man den Anstieg der Calciumausscheidung heranziehen. 2. Nach der Exstirpation des Pankreas tritt regelmäßig eine enorme Steigerung der Eiweißzersetzung ein, die hier sicherlich durch infektiöse Prozesse nicht hervorgerufen oder beeinflußt ist. Die Verhältnisse liegen hier klarer als bei der Phlorizinglykosurie, wo sich bei maximaler Vergiftung kaum Steigerungen der Tempe- ratur vermeiden lassen, die als Phlorizinwirkung aufgefaßt werden müssen; denn sie treten auch bei Verwendung alkoholischer Lösungen auf, wo von einer Infektion keine Rede sein kann. 238 W. Falta u. J. L. Whitney, Zur Kenntnis des Eiweißstoftwechsels usw. 3. Mit der Steigerung der Eiweißzersetzung geht eine Ver- mehrung in der Ausfuhr sämtlicher (untersuchter) Mineralbestand- teile des Harns einher. Die Steigerung der Gesamt- Aschenaus- scheidung ist dabei größer als die der Stickstoffausfuhr. In einem anderen Versuch (Versuchsprotokoll III) mit völlig fieberfreiem Verlauf war die Stickstoffausscheidung um das 4,6 fache, die Gesamt- Aschenausscheidung um das 5,6fache gesteigert. Die Werte für den Quotienten N :Gesamtasche liegen demnach sämtlich tiefer als die der betreffenden Tage der Vorperiode. Da bei pankreas- diabetischen Hunden sich nur eine geringe Azidose zu entwickeln pflegt!), so dürfte dieser ausgiebige Verlust an Mineralbestandteilen wohl darauf beruhen, daß das salzarme Reserveeiweiß rascher auf- gebraucht ist, und es so noch viel rascher als im bloßen Hunger und viel ausgiebiger zur Einschmelzung salzreichen Organeiweißes und zur Atrophie des Knochengewebes kommt. 4. Nach der Pankreasexstirpation findet sich auch die endogene Harnsäureausscheidung vermehrt. 5. An der gesteigerten Ausfuhr der Stoffwechselschlacken be- teiligt sich der Darm nur in untergeordnetem Maße. In einem Versuche (Versuchsprotokoll III) wurde auch in dem genau ab- gegrenzten Kote der betreffenden Perioden Stickstoff und Gesamt- asche bestimmt. Der Hund war 10kg schwer. Es fanden sich in der Hungerperiode pro die 0,10& N und 0,2697 Asche; in der Periode nach der Pankreasexstirpation pro die 0,568 N und 0,3591 g Asche. Überblicken wir die angeführten Versuche, so lassen dieselben kaum den Schluß zu, daß sich nach der Exstirpation des Pankreas gewisse Gewebe in besonderer Weise an dem Zerfall beteiligen. Wir finden vielmehr einen Hungerstoffwechsel, der genau die Ver- hältnisse vor der Exstirpation des Pankreas, allerdings um das 3,5 bis 4,5 fache vergrößert, wiedergibt. . ') Auch bei den von uns untersuchten Hunden wichen die durch Titration und Polarisation erhaltenen Zuckerwerte höchstens um 0,1g von- einander ab. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Aulus Cornelius CGelsus über die Arzneiwissenschaft in acht Büchern. Übersetzt und erklärt von Eduard Scheller. Zweite Auflage. Nach der Textausgabe von Daremberg neu durchgesehen von n Walther Frieboes, \ bisherigem Assistenten am Institut für Pharmakologie und physiologische Chemie zu Rostock. Mit einem Vorworte von Professor Dr. R. Kobert zu Rostock. Mit einem Bildnis, 26 Textfiguren und 4 Tafeln. gr. 8. Preis geh. 18 M, geb. in Halbfranz 20 %b Handbuch der Physiologie des Menschen. In vier Bänden. Bearbeitet von Chr. Bohr-Kopenhagen, R. du Bois-Reymond-Berlin, H. Boruttau- Berlin, 0. Cohnheim-Heidelberg, M. Cremer-München, M. von Frey- Würzburg, A. Gürber- Würzburg, F. B. Hofmann-Innsbruck, J. v. Kries-Freiburg i. Br., O0. Langendorff- Rostock, R. Metzner-Basel, W. Nagel-Berlin, G. F. Nicolai-Berlin, K. Oppenheimer- Berlin, E. Overton-Würzburg, J. Pawlow-St. Petersburg, K. L. Schaefer-Berlin, Fr. Schenck-Marburg, P. Schultz-Berlin, H. Sellheim-Düsseldorf, T. Thunberg- Lund, R. Tigerstedt-Helsingfors, A. Tschermak-Wien, E. Weinland-München, O0. Weiss-Königsberg, O0. Zoth-Graz. ’ Herausgegeben von W. Nagel in Berlin. Bisher erschienen: I. Band. Physiologie der Atmung, des Kreislaufs und des Stoff- wechsels. 1. Hälfte. Mit 27 Abbildungen. Preis 9 /6 — 2. Hälfte, 1. Teil. Mit 14 Abbildungen. . Preis 8 % IH. Band. Physiologie der Drüsen, Physiologie der inneren Sekre- tion, der Harn-, Geschlechts- und Verdauungsorgane. Mit 213 Abbildungen und 3 Tafeln. Preis geh. 32 M, geb. 35 M III. Band. Physiologie der Sinne. Mit 134 eingedruckten Abbildungen und 2 Tafeln. Preis 22 Mb, geb. 24 M IV. Band. Physiologie des Nerven- und Muskelsystems. 1. Hälfte. Mit 68 Abbildungen. Preis 12 /6 — 2. Hälfte, 1. Teil. Mit 18 Abbil- dungen und 1 Tafel. Preis 6 %b Leitfaden der Physik zum Gebrauch bei Experimentalvorlesungen nach Frick, physikalische Technik, 7. Auflage von Dr. 0. Lehmann, Professor der Physik an der technischen Hochschule in Karlsruhe. Mit 81 eingedruckten Abbildungen. kl. 8. Preis geh. 4,50 M, geb. 5 M Die tierischen Gifte. Von Edwin Stanton Faust, Dr. phil. et med., Privatdozent der Pharmakologie an der Universität Straßburg. gr. 8. Preis geh. 6 #, geb. in Lnwd. 6,80 % Kiemaninrar Best. v. N, S, Halogen in org. Subst. | Chem. Lab. v. Dr. H. Weil, en, | id Rudolfstr. 18. Yorlaa von u Fried Viemag & Sohn in en, Deutsche VrerEehan run öffentliche Gesundheitspflege. Organ des „Deutschen Vereins für öffentliche Gesund heitspilege”. Herausgegeben von _ Oberbürgermeister Dr. F. Adickes (Frankfurt a. Main), Oberbürgermeister Dr. med. hon. P. Fuss (Kiel), Geh. Medizinalrat Professor Dr. G. Gaffky, Direktor des Institutes für Infektionskrankheiten (Berlin), Hofrat Professor Dr. Max Gruber (München), Dr. Sigmund Merkel (Nürnberg), Geh. Ober- Medizinalrat a. D. Dr. M. Pistor (Berlin), Dr. Pröbsting (Köln), Regie- rungs- und Geh. Medizinalrat Dr. Roth (Potsdam), Ober- und Geh. Baurat Dr. J. Stübben (Berlin), Regierungs- und Geh. Medizinalrat j Dr. R. Wehmer (Berlin. Redigirt von Mer Pistor und Sigmund Merkel Berlin. Nürnberg. Jährlich vier oder fünf Hefte von etwa 10 bis 14 Bogen Text mit Abbil- dungen und Tafeln. gr. 8. geh 39. Band. (5 Hefte.) Preis 33,50 sb — 40. Band im Erscheinen. Handbuch der topographischen Anatomie zum Gebrauch für Ärzte von Dr. Fr. werke: Professor der Anatomie in Göttingen. Mit zahlreichen mehrfarbigen Abbildungen. gr. 8. geh. Erster und zweiter Band. Preis pro Band 28 ‚%, geb. 30,75 % Dritter Band. Preis 36,50 sr geb. 39 s Anleitung zur Ausmittelung der Gifte und zur Erkennung der Blutflecken bei gerichtlich -chemischen | Untersuchungen. | Von Prof. Dr. Fr. Jul. Otto. Siebente Auflage, neu bearbeitet von Dr. Robert Otto, weil. Professor der Chemie an der Herzoglichen technischen Hochschule zu aeg Geh. Hof- und Medizinalrat. Für Chemiker, Kestheker, Medizinalbeamte und Juristen, Leit- faden in Laboratorien und bei Vorträgen. Mit eingedruckten Holzstichen und 1 farbigen Tafel. gr. 8. geh. Preis 8 % ne Yun N I ma Fer IY j hi [Aa a0 BE | = aller Ba re a NEN AUT Br N ar 2 ARME R BR PAndE FAR y« Et 4 NR BT Ben, Inhalt des 7. bis 9. Heftes. : Seite XVI. F. Rogozinski. Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. Dritte Mitteilung. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu SER@DDURG) TA EI EI A u ee Re ee 229 XVIl. F. Rogozinski. Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. Vierte Mitteilung. (Aus dem physiologisch -chemischen Institut zw Straßburg.) DV LIK AN TED ee 241 XVII. 6. Lefmann. Zur Kenntnis der Giftsubstanzen des artfremden Blutes. Mit einer Kurve im Text. (Aus dem pharmakologischen Institut zu Heidelberg. Prof. R. Gottlieb) ....... Ba. 5 XIX. Kenji Takaki. Zur Kenntnis des Lysinogens der Blutscheiben. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strahburg.). . 274 XX. Kenji Takaki. Über Tetanusgift bindende Bestandteile des Gehirns. (Aus dem physiologesch-chemischen Institut zu Straßbung:) „4. 21h AR ee ee . 288 XXI. E. Friedmann. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Sechste Mitteilung. Zur Theorie der Homo- gentisinsäurebildung. (Aus dem physiologisch - chemischen Instotub 2W Stnabburg.) ze... 0 Pas ee. 304 XXI. Gustav Embden und Alfred Marx. Über das Glykokoll des normalen Harns. (Aus der inneren Abteilung des städtischen » Krankenhauses [damaliger Oberarzt Prof. C. von Noorden] und aus dem chemisch-physiologischen Institut der städtischen Krankenanstalten zu Frankfurt a. M.) ....... 2... 308 XXIII. Gustav Embden und Alfred Marx. Über Acetonbildung in der Leber. Dritte Mitteilung. (Aus der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a. M. Damaliger Oberarzt: Proj. C. von. Noorden.).. : .. 2. en u ». 8318 XXIV. Gustav Embden und Hans Engel. Über Acetessigsäure- bildung in der Leber. (Aus dem chemisch - physiologischen Institut der städtischen Krankenanstalten zu Frankfurt a. M.) 323 XXV. Gustav Embden und Leone Lattes. Über die Acetessigsäure- bildung in der Leber des diabetischen Hundes. (Aus dem chemisch - physiologischen Institut der städtischen Kranken- anstalten, zus Frankuntras Ma. 2 ee 327 XXVI. Gustav Embden und Louis Michaud. Über den Abbau der Acetessigsäure im Tierkörper. Erste Mitteilung. (Aus dem chemisch -physiologischen Institut der städtischen Kranken- anstalten ZU Erankfürt a2 IM). 2 332 XXVU. Gustav Embden. Über das Verhalten der optisch - isomeren Leucine in der Leber. (Aus dem chemisch-physiologischen Institut der städtischen Krankenanstalten zu Frankfurt a. M.) 348 Kürzere Mitteilungen: 8. Franz Knoop. Eine Farbenreaktion des Histidins. (Aus der medizinischen Abteilung des chemischen Laboratoriums der Unmwersat Freiburga, Br). : on so. nennen 356 XVI. Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. (Dritte Mitteilung.) Von Dr. F. Rogozinski (Krakau). (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) 1. Das Arginin-Histidin-Pepton aus Bluteiweiß. Um die von Raper!) begonnene Bearbeitung der Pepsin- peptone aus der Jodquecksilberkaliumfraktion der Bluteiweißver- dauung weiterzuführen, habe ich die von Raper dargestellte, mir von Herrn Prof. Hofmeister freundlichst überlassene Phenyliso- cyanatverbindung Ab (nach Rapers Bezeichnung) näherer Unter- suchung unterzogen. Diese Verbindung war von Raper erhalten worden als der aus heißem Alkohol beim Erkalten ausfallende Teil des Nieder- schlags, der in der alkalischen Lösung der Peptonphenylisocyanat- fraktion A durch Sättigung mit Kohlensäure entstand. Die durch oft- maliges Umfällen gereinigte Substanz, welche aus Alkohol als weißes, nicht doppelbrechendes Pulver ausfiel, schmolz nach dem Trocknen _ konstant bei 178 bis 180° unter Zersetzung. Nach den Bestim- mungen von Raper enthielt sie: 55,59 Proz. C, 6,77 Proz. H und 16,46 Proz. N. Ihr Molekulargewicht ergab sich, nach dem Neu- tralisationsvermögen berechnet, zu 715 bzw. einem Vielfachen davon. Die Zahl der eingetretenen Phenylcarbaminsäuregruppen wurde auf Grund der von Raper dargestellten Bromphenylisocyanat- verbindung zu drei bestimmt. Unter Zugrundelegung der Analysen- ergebnisse berechnete Raper für die Phenylisocyanatverbindung die Formel C,,H,;N;0,, für die Bromphenylisocyanatverbindung C,;, Hgs Br, N;6 0], woraus sich bei Annahme des Eintritts von drei !) Diese Beiträge 9, 168. Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 15* 230 F. Rogozinski, Phenylisocyanatgruppen für das zugrunde liegende Polypeptid die einfachste Formel C,,H,; N,;0,, ableitet. Die Substanz für sich gab nur Biuret- und Xanthoproteinsäurereaktion.e Die Reaktionen nach Millon, Molisch und Adamkiewicz waren negativ. Das von mir untersuchte Präparat löste sich in 1/,n-Kalilauge leicht zu einer klaren, gelblichen Flüssigkeit auf. Auf Zusatz von Baryumacetatlösung bildete sich ein gelatinöser Niederschlag. Die Substanz zeigte bei den allgemeinen Eiweißreaktionen das von Raper angegebene Verhalten. Um die Vorprüfung in dieser Richtung zu ergänzen, wurde eine kleine Menge (0,05 g) 6 Stunden lang mit konzentrierter Salzsäure am Rückflußkühler gekocht. Die Lösung färbte sich anfänglich violett, dann wurde sie braun. Die hydrolysierte Flüssigkeit, welche keine Biuretreaktion mehr zeigte, gab deutliche Rotfärbung mit Millons Reagens. Es scheint somit in der Phenylisocyanatverbindung die Tyrosin- bzw. eine Oxy- phenylgruppe in einer Weise gekoppelt zu sein, welche ihr Reak- tionsvermögen aufhebt. Die Reaktionen von Molisch und Adam- kiewicz!) waren auch in der hydrolysierten Flüssigkeit negativ. 2. Stickstoffverteilung. Um näheren Aufschluß über die quantitativen Verhältnisse der vorhandenen stickstoffhaltigen Gruppen zu gewinnen, habe ich in der vorliegenden Substanz die Stickstoffverteilung nach den von Hausmann?) angegebenen, von Gümbel?) und Rothera) ver- voliständigten Methoden untersucht. Zu diesem Zweeke wurden 0,4578 g Substanz mit 20 ccm Salzsäure vom spez. Gewicht 1,19 10 Stunden lang am Rückflußkühler gekocht, die Salz- säure im Vakuum bei 45° soweit als möglich abdestilliert, der Rückstand im Wasser gelöst, wobei von der minimalen entstandenen Trübung abfiltriert wurde, das Filtrat mit Schwefelsäure versetzt, bis der Gehalt daran 5 Proz. betrug, und auf 100cem gebracht. 25ccem davon wurden mit Phosphor- wolframsäure im geringen Überschuß ausgefällt, der Niederschlag mit schwefelsäure- und phosphorwolframsäurehaltigem Wasser gut ausgewaschen, in starkem Alkali gelöst, die Lösung auf 100 cem gebracht. Ebenso wurde das Filtrat mit der Waschflüssigkeit zusammen auf 100 cem gebracht. In aliquoten Teilen sowohl der einen wie der anderen Lösung wurde der Stick- stoff bestimmt und auf die Gesamtmenge berechnet. In 40 ccm der schwefel- !) Die Tryptophanreaktion wurde, wie auch in allen übrigen .Fällen, sowohl nach dem Verfahren von Adamkiewicz mit Eisessig, wie nach dem von Hopkins mit Glyoxylsäure ausgeführt. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. 27, 95 u. 29, 136. ®) Diese Beiträge 5, 297. *) Ebenda 5, 442. Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. 931 sauren Lösung wurde das Ammoniak bestimmt: die Lösung im Becherglas mit frisch ausgeglühter Magnesia neutralisiert, in einem Kolben mit Magnesia vermengt, welche 1 Stunde lang mit Wasser ausgekocht worden war, und der Destillation unter gewöhnlichem Druck unterworfen. Im Destillat wurde das abgespaltene Ammoniak durch Titration bestimmt. Bei der Destillation mit Magnesia wurde auch das Anilin, welches, wie Raper gezeigt hat, bei der Hydrolyse aus den Phenylcarbaminsäuregruppen entsteht, als nicht titrierbare Base übergetrieben. Um seine Menge zu ermitteln, wurde das Destillat auf ein bestimmtes Volumen gebracht, aliquote Teile davon mit Schwefelsäure angesäuert, eingeengt, schließlich nach Kjeldahl verbrannt, und der Gesamtstickstoff des Destillats bestimmt. Nach Abzug des bei Magnesiadestillation erhaltenen Ammoniakstickstoffs ergab sich die Menge des Anilinstiekstoffs. Es wurden in den verschiedenen Fraktionen, auf die gesamte Substanz berechnet, folgende Stickstoffmengen erhalten: 1. Im Phosphorwolframsäureniederschlag 0,0381 N —= 8,32 Proz. De ee re 0.039222, — 78,56 oO SsnAls Ammoniak... Le, mu 0,0032 8 „ = 0,69 ” ” Von dem gesamten in 1. und 2. gefundenen Stickstoff entfallen somit: auf den Amid- und Diaminostickstoff 49,28 Proz., auf den Anilin- und Monaminostiekstoff 50,72 Proz. Die Verteilung des Stickstoffs in der vorliegenden Substanz ist somit: Gefunden: Berechnet auf 16 Atome N = 100: Ammoniak-N. .... 4,08 Proz. für EN Er EEE, 6,25 Proz. NE EnEN].. 4300248020, 18,50%, SON a N 1979 5 Bramıno-Nv. 2 ,..2.=.. 4520 ©, TEN I et Aula N Monamino-N ..... 32,16; rar 32922, Die analysierte Substanz enthielt nach meinen Bestimmungen: 15,53 15,34 im Mittel 15,65 Proz. N, 15,58 somit in 0,4578 0,0717& N. Statt dessen ergibt die Summe von 1. und 2. 0,0773& N, was mit der Erfahrung im Einklang steht, daß die Methode meist ein Plus an Stickstoff ergibt. Die Menge des Anilinstickstoffs ent- spricht genau der von der Raperschen Formel verlangten Zahl der Phenyl- earbaminsäuregruppen. Bei Vergleich der gewonnenen Zahlen mit jenen, welche Raper für die von ihm untersuchte Phenylisocyanatverbindung Ace ermittelt hat, ergeben sich zwischen beiden auffällige Unter- schiede. Raper findet nachstehende Stickstoffverteilung für das Ac- Phenylisocyanat: 232 F. Rogozinski, Gefunden: Berechnet auf 16 Atome N = 100: Ammoniak-N . .... 15 Bror: TUE N EAN Se 12,5 Proz. AniilinsNv er Ran A, EAN NR 250 „ Diamino-N/-. 2 are 25,8 SANT PUR DU Monamino-N . .ı. ... 35,9 ,„ a I ir 37,97%, Während die aus der Analyse sich ergebenden Bruttoformeln für die Ab- und Ac-Verbindung Rapers (C,H,N;0, und C,H, N;0,) nur auf eine sehr geringe Verschiedenheit der zu- grunde liegenden Polypeptide hinzudeuten scheinen, weist schon die von Raper ermittelte Tatsache, daß das Ab-Pepton drei, das Ac-Pepton vier Phenylisocyanatgruppen aufnimmt, auf eine tiefer greifende Differenz, und das obige Ergebnis der Stickstoffverteilung läßt keinen Zweifel, daß es sich um zwei ganz verschiedene Poly-, peptide handelt. Einerseits enthält die von mir untersuchte Ab- Verbindung höchstens 1 AtomN (von 16) als NH;, die Ac-Verbin- dung dagegen 2 Atome. Andererseits ist der Gehalt an Diamino-N in Ab (45,20 Proz.) viel höher als in Ac (25,80 Proz.). Das Ver- hältnis des Diamino- zu Monaminostickstoff, welches bei Raper 0,72 beträgt, ist bei mir doppelt so hoch, 1,41. Dieser Umstand ließ a priori vermuten, daß in der von mir untersuchten Substanz N-reichere Basen (Arginin oder Histidin) vertreten sein müssen, im Gegensatz zu der Verbindung von Raper, welche bloß Lysin enthält. 3. Hydrolyse der Ab-Phenylisocyanatverbindung. Um die Anwendung der Salzsäure, welche bei weiterer Ver- arbeitung lästig ist, zu vermeiden, wollte ich ursprünglich die Spaltung mit Schwefelsäure ausführen. Bei einem Vorversuch mit geringer Substanzmenge stellte sich jedoch heraus, daß selbst nach 20 Stunden fortgesetztem Kochen mit 15proz. Schwefelsäure ein ungelöster Rückstand blieb. Dieses Ergebnis, welches an der Hand späterer Erfahrungen leicht verständlich wurde, bezog ich zunächst auf unvollständige Spaltung und zog es daher vor, die Spaltung mit Salzsäure auszuführen. 65 Substanz — die ganze Menge, die mir zur Verfügung stand — wurden mit 120ccm Salzsäure vom spez. Gewicht 1,19 10 Stunden lang am Rückflußkühler gekocht. Die Flüssigkeit wurde vorübergehend violett, dann braun, blieb aber klar und lieferte nur eine minimale Menge melaninartigen Rückstandes. Sie wurde behufs Entfernung der Salzsäure im Vakuum bei 40° destilliert, bis der Rückstand beim Erkalten erstarrte. Dieser FR de. uER AR we PIE er ag ‘ Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. 233 wurde mit kaltem Wasser aufgenommen, wobei ein Teil in Form einer dunkelbraunen, harzigen Masse ungelöst blieb. Dieser Rückstand, der auch in 5proz. Schwefelsäure unlöslich war, bestand der Hauptmasse nach aus einer gut kristallisierenden, stickstofffreien, bei 99 bis 101° schmelzenden Säure. Er löste sich fast klar in kochendem Wasser und fiel beim Erkalten aus, löste sich in Natronlauge zu einer gelblichen Lösung, aus welcher er durch Essigsäure floekig gefällt wurde, und war äußerst leicht löslich in Alkohol. Zur Reinigung wurde die Substanz in wenig absolutem Alkohol gelöst und die Lösung der freiwilligen Verdunstung überlassen. Es schieden sich kristallinische Massen aus, neben welchen jedoch eine Beimengung in Form von dunkelbraunem Öl vorhanden war. Die weitere Trennung wurde durch Benzolbehandlung erzielt: die Substanz wurde in Benzol gelöst, von dem geringen harzig-öligen Rückstand abfiltriert; nach dem Verdunsten des Benzols schied sie sich in Form von gelblichen Tropfen aus, die zu wachsartigen Massen erstarrten. Um sie besser kristallisiert zu erhalten, wurde sie noch zweimal aus absolutem Alkohol umkristallisiert. Schließlich wurde die Substanz in Form von rein weißen, seidenglänzenden, strahlig angeordneten Nadeln erhalten. Die Kristalle waren weich, erinnerten in ihrer Beschaffenheit an höhere Fettsäuren. Der Schmelzpunkt, der bei dem Rohprodukt 78° war, stieg nach der Reinigung auf 98° und nach nochmaligem Umkristallisieren aus petrolätherhaltigem Benzol auf 99 bis 101°. Die mit allen Kautelen nach der von Hofmeister!) an- gegebenen Modifikation der Lassaigneschen Probe ausgeführte Prüfung auf Stickstoff gab ein negatives Resultat. Auf dem Platinblech erhitzt, schmilzt die Substanz leicht und verbrennt unter Entwickelung eines wachsartigen Geruches ohne Rückstand. Die reine Substanz löst sich in Kalilauge klar, wird durch Essigsäure gefällt, die Fällung wird von Ather klar gelöst. Durch Eintragen von Kochsalz läßt sie sich aus der alkalischen Lösung aussalzen. Die alkalische Lösung gibt mit Caleiumchloridlösung einen feinflockigen Niederschlag. Die Substanz ist leicht löslich in Benzol und Äther, sehr leicht löslich in Alkohol. Aus der Benzol-, aber nicht aus der Alkohollösung ist sie mit Petroläther fällbar. Das ganze Verhalten erinnert an jenes hoher Fettsäuren, namentlich der Oxyfettsäuren. Im Schmelzpunkt und manchen anderen Eigenschaften besteht eine auffallende Ähnlichkeit mit der bei Spaltung des Cerebrons ‘) Leitfaden für den praktisch-chemischen Unterricht der Mediziner. 2. Aufl., 1906, S. 42. 234 F. Rogozinski, erhältlichen Cerebronsäure'). Andererseits ist eine Beziehung zu der von Raper bei der Hydrolyse der Ac-Phenylisocyanatverbindung erhaltenen ätherlöslichen Säure, F.-P. 110 bis 111°, nicht ausgeschlossen. Der Nachweis, daß bei der Spaltung der Eiweißderivate bzw. Eiweißkörper Fettsäuren auftreten, wäre sowohl in chemischer als in physiologischer Hinsicht von größter Wichtigkeit. Daß es sich um eine dem verdauten Serumeiweiß anhaftende Beimengung handelt, die bei den zahlreichen Trennungs- und Reinigungsproze- duren (Salz- und Metallfraktionierung, Darstellung und Reinigung des Phenylisocyanats) gerade in diese konstant schmelzende Fraktion geraten wäre, ist durchaus unwahrscheinlich. Doch möchte ich angesichts der geringen Ausbeute mit den sich auf- drängenden Vermutungen zurückhalten, bis eine Bestätigung des Befundes und die Analyse der Substanz vorliegt. Ich hoffe durch weitere Untersuchungen, die ich mir vorbehalte, etwas mehr Licht in diese Frage bringen zu können. Die nach Abtrennung der geschilderten Substanz erhaltene wässerige Lösung der übrigen Spaltungsprodukte enthielt noch Salzsäure. Um sie davon zu befreien, wurde fein gepulvertes Silbersulfat eingetragen, bis das ganze Chlor gebunden war. Der abfiltrierte Chlorsilberniederschlag wurde mit Wasser ausgekocht, das Waschwasser mit dem Filtrat vereinigt und die gesamte Flüssigkeit mit Schwefelwasserstoff von Silber befreit. Nach Ent- fernung des überschüssigen Schwefelwasserstoffs wurde die Flüssig- keit unter Zusatz von Schwefelsäure mit Wasser auf 600 cem gebracht, so daß der Gehalt an Säure 5 Proz. betrug, und mit überschüssiger Phosphorwolframsäure gefällt, der Niederschlag gut ausgewaschen und scharf abgesaugt. Der Phosphorwolframsäureniederschlag wurde durch Zerreiben mit kristallisiertem Barythydrat und Auskochen mit Barytwasser, welche Behandlung dreimal wiederholt wurde, zerlegt, die gesamte Flüssigkeit vereinigt, durch Kohlensäure von über- schüssigem Baryt befreit, aufgekocht, filtriert und auf dem Wasser- bade eingeengt. Nachdem die Flüssigkeit auf etwa 20 ccm ge- bracht war, schied sie beim Erkalten einen fein kristallinischen Niederschlag aus, der abfiltriert wurde. Die Menge des Roh- produktes betrug nur etwa 0,08g. Die Substanz wurde aus 70 proz. Alkohol umkristallisiert, mit absolutem Alkohol, worin sie unlöslich war, ausgewaschen. Nach zweimaligem Umkristallisieren wurde !) Thierfelder, Zeitschr. f. physiol. Chemie 43, 21—31. HAND Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. 935 der Schmelzpunkt zu 231 bis 2330 gefunden; beim Schmelzen trat Gasentwickelung ein. Auf dem Platinblech erhitzt, entwickelte die Substanz deutlichen Geruch nach Phenylisocyanat und Anilin, beim Erhitzen mit festem Kali und Zinkstaub einen Geruch nach Anilin. Sie gab weder Biuretreaktion, noch die Reaktionen nach Millon, Molisch und Adamkiewicz. In kaltem Wasser war sie wenig, im kochenden besser, in Säuren und Alkalien leicht löslich; in absolutem Alkohol unlöslich, in heißem 70 proz. Alkohol dagegen ziemlich leicht löslich. Sowohl die Darstellungsweise wie auch das ganze Verhalten und der Schmelzpunkt sprechen für ihre Identität mit der von Raper beschriebenen „schwer- löslichen Base“ (F.-P. 231 bis 235%). Die von mir erhaltene Menge an gereinigter Substanz (etwa 0,07 g) reichte kaum für eine N-Bestimmung. 0,0564 & bei 100° getrockneter Substanz gaben: 8,8lcem N bei 19,8° und 756,4mm Hg = 17,84 Proz. N. Dieses Ergebnis, mit den Analysenangaben von Raper zu- sammengestellt, führt zu der Zusammensetzung: 5343 Pro2.C> 1,18 Proz >H:;'17,84 Proz.'N. Das Filtrat von der schwerlöslichen Base wurde nunmehr, nachdem Vorversuche gezeigt hatten, daß es kein Lysin enthielt, mit Schwefelsäure angesäuert, bis der Gehalt daran 5 Proz. betrug, und mit mäßigem Überschuß des Hopkinsschen Histidinreagens versetzt. Es entstand dabei ein reichlicher Niederschlag. Der Niederschlag wurde nach 24stündigem Stehen abfiltriert, mit Wasser gewaschen und im Vakuum getrocknet. Sein Gewicht im trockenen Zustande betrug 1,0064g. Er wurde fein zerrieben, in Wasser suspendiert und mit Schwefelwasserstoff zerleet, das Filtrat nach Entfernung von Schwefelwasserstoff mit Barythydrat von der Schwefelsäure befreit, der Überschuß von Baryt durch Kohlensäureeinleiten und Aufkochen entfernt, die filtrierte Lösung auf ein kleines Volumen eingeengt. Da sie noch Spuren von Baryt enthielt, wurde letzteres quantitativ mit Schwefelsäure entfernt, die Lösung mit konzentrierter Salzsäure schwach sauer gemacht, zum dünnen Sirup eingedampft und der Kristallisation über- lassen. “Es wurden schließlich einige langgestreckte, dünne Prismen erhalten, die Histidindichlorid sein konnten; ihre Menge war jedoch für eine weitere Untersuchung zu gering. Ich mußte mich daher mit dem qualitativen Nachweis von Histidin begnügen: die Lösung (sie war tyrosinfrei) gab eine sehr starke Imidazolreaktion > 936 F. Rogozinski, (nach Pauly!) und die für Histidin charakteristische Herzogsche Reaktion — deutliche Biuretfärbung beim Erhitzen mit Natronlauge und einer Spur Kupfersulfat. Das Filtrat vom Quecksilber-Histidinniederschlag wurde mit Schwefelwasserstoff von Quecksilber, mit Barythydrat von Schwefel- säure und mit Kohlensäure von Baryt befreit und auf ein kleines Volumen gebracht. Da der wiederholte Versuch, in dieser Lösung Lysin mit alkoholischer Pikrinsäurelösung nachzuweisen, neuerlich ein negatives Resultat gab, wurde sie, nachdem sie mit Schwefel- säure quantitativ von Baryt befreit worden war, nach dem Vor- gang von Gulewitsch?) auf Arginin verarbeitet. Die Lösung wurde mit Salpetersäure schwach angesäuert, mit konzen- trierter alkoholischer Lösung von Silbernitrat versetzt, zum Sirup eingeengt, wobei eine teilweise Reduktion des Silbers stattfand, die sirupöse Flüssigkeit in absolutem Alkohol gelöst und im Reagenzglas mit Ather überschichtet. Es entstand hierbei eine starke Trübung, die sich bald unter Klärung der Lösung als ölige Masse absetzte.e. Das Öl wurde bald kristallinisch. Die Kristalle wurden auf Ton von Mutterlauge befreit und im Vakuum ge- trocknet. Ihre Menge betrug 0,1g. Die mit der offenbar noch nicht ganz reinen Substanz ausgeführte Bestimmung ergab 25,50 Proz. Ag. (Nach Gulewitsch beträgt der Silbergehalt des sauren Argininsilbernitrats 26,50 Proz. Ag.) Das Filtrat vom Phosphorwolframsäureniederschlag wurde mit Barythydrat bis zur schwach alkalischen Reaktion versetzt, der ent- standene Niederschlag von Baryumsulfat und -Phosphorwolframat mit Wasser gewaschen und ausgekocht, die gesamte Lösung durch Kohlensäureeinleiten von Baryt befreit und auf ein kleines Volumen eingeengt. Sodann wurde die noch heiße Flüssigkeit behufs Fällung von glutaminsaurem und asparaginsaurem Baryum unter Umrühren in die fünffache Menge absoluten Alkohols ein- gegossen. | Es entstand eine starke milchig-weiße Trübung. Da sie sich auch nach 24 Stunden nieht absetzte, wurde die Flüssigkeit mit '/, Volumen Äther versetzt; dabei wurde der Niederschlag flockig und filtrierbar. Der Nieder- schlag wurde in kaltem Wasser gelöst, wobei etwas Baryumkarbonat zurück- blieb. Die Lösung wurde nochmals mit absolutem Alkohol gefällt, da jedoch der entstandene Niederschlag auch durch Ätherzusatz nicht zum Absetzen gebracht werden konnte, wurde die gesamte Lösung zur Trockne gebracht, im Wasser gelöst, das noch vorhandene Baryt quantitativ mit Kupfersulfat- lösung entfernt und die Lösung mit Kupferkarbonat gekocht. Das tiefblaue !) Über die Konstitution des Histidins. Zeitschr. f. physiol. Chem. 42, 508. ?) Über das Arginin. Zeitschr. f. physiol. Chem. 27, 178. ur ri le ae SS ca Dun ce x r X ! b. 2 n ee Da et A EREIPÄNENEEHEE OLE BRLEE EEE BEER “Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. 937 Filtrat wurde, um es von eventuellen Beimengungen zu trennen, mit 60 proz. Alkohol versetzt, wobei eine starke ölige Fällung entstand. (Eine Spur davon im Wasser gelöst, gab mit Silbernitrat bei vorsichtigem Zusatz von Ammo- niak, und ebenso mit basischem Bleiacetat einen weißen, flockigen Nieder- schlag, welche Reaktionen die Gegenwart von Glutaminsäure wahrscheinlich machen.) Die gesamte Fällung wurde sodann von der Flüssigkeit getrennt, im Wasser gelöst (die Lösung war nunmehr viel heller und mit einem deutlichen grünlichen Stich), eingeengt und stehen gelassen. Nach 24 Stunden schieden sich die wetzsteinförmigen, sehr charakteristischen grünen Kristalle des glutaminsauren Kupfers aus. Am Rande der Schale, in der zuerst ausgeschiedenen Portion, waren himmelblaue Kristalle zu sehen, die sich schon der Farbe nach von dem Rest deutlich unterschieden; sie wurden daher von dem letzteren getrennt. Unter dem Mikroskop zeigten sie die für das asparaginsaure Kupfer charakteristischen Formen (Büschel von feinen Nadeln). Ihre Menge war äußerst gering. Das glutaminsaure Kupfer wurde abgesaugt, mit wenig Wasser, absolutem Alkohol und Äther ge- wasehen. Die Menge des lufttrockenen Materials betrug 0,1202g. Die damit ausgeführte Kupferbestimmung ergab 25,19 Proz. Cu. [Nach Hofmeister!) enthält glutaminsaures Kupfer 25,08 Proz. Cu.] Die Lösung der alkohollöslichen Substanzen wurde zur Trockne gebracht und wiederholt mit absolutem Alkohol ausgekocht, um das Prolin in Lösung zu bringen. Die hierbei erhaltene stark gelbe alkoholische Lösung, welche beim Erkalten einen beträchtlichen Niederschlag von beigemengten Aminosäuren ausfallen ließ, wurde zur Trockne verdampft und der gelbe, teigige Rückstand mit kaltem, absolutem Alkohol wiederholt ausgezogen. Das Prolin ging dabei in Lösung und es blieb ein weißer Rückstand, der mit der Hauptmasse der in absolutem Alkohol unlöslichen Aminosäuren vereinigt wurde. Die Prolin- lösung wurde zur Trockne gebracht, in Wasser gelöst und mit Kupfer- karbonat gekocht. Die entstandene tiefblaue Lösung entwickelte beim Ein- dampfen sowie beim Erwärmen mit Alkali den charakteristischen Geruch und gab deutliche Fichtenspannreaktion. Sie wurde stark eingeengt und der Kristallisation überlassen. Da aber auch nach längerem Stehen keine Kristalle zur Ausscheidung kamen, wurde die Lösung mit Schwefelwasser- stoff von Kupfer befreit, alkalisch gemacht und mit Phenylisoceyanat behandelt. Es bildete sich hierbei ein mit Säure fällbares Kondensationsprodukt, seine Menge aber war so äußerst gering, daß die Überführung in das Anhydrid nach dem von Fischer?) angegebenen Verfahren als aussichtslos unterlassen wurde. Der im absoluten Alkohol ungelöst gebliebene Rückstand wurde nunmehr mit 60 proz. Alkohol aufgenommen, um das darin unlösliche Tyrosin abzutrennen. Der größte Teil ging dabei in ) Ann. d. Chem. 189, 6. 2) Über die Hydrolyse des Caseins durch Salzsäure. Zeitschr. f. physiol. Chem. 33, 151. 238 F. Rogozinski, Lösung; der ungelöste Rückstand, aus heißem Wasser umkristalli- siert, zeigte die für das Tyrosin so typische Kristallform und gab sehr starke Millonsche Reaktion. Die Menge des in der Hauptkristallisation erhaltenen Tyrosins betrug 0,0178. Aus der Mutterlauge konnten noch weitere 0,0034 &, somit im ganzen 0,0212 g (bei 100° getrocknet) erhalten werden. Die nach Kjeldahls Methode ausgeführte N-Bestimmung ergab 8,39 Proz. N statt der berechneten 7,73 Proz. Die nur annähernde Übereinstimmung kann bei der geringen Menge des Materials nicht befremden. Die nach Abtrennung des Tyrosins erhaltene Lösung der übrigen Aminosäuren in 60proz. Alkohol wurde zur Trockne gebracht. (Der Rückstand gab die für Leucin charakteristische Sublimationsreaktion, wobei aber ein kleiner Rest zurückblieb.) Der Rückstand wurde in kaltem Wasser gelöst, wobei noch eine Spur Tyrosin ungelöst blieb, und die Lösung mit Kupferkarbonat gekocht. Das erste Aufkochen lieferte ein tiefblaues, das zweite Auskochen des Rückstandes dagegen ein hellblaues Filtrat. Die erstere Lösung wurde nunmehr zur Trockne gebracht und in der Kälte mit Methylalkohol behandelt. Ein Teil ging dabei in Lösung. Die tiefblaue methylalkoholische Lösung, in der Valin und Isoleucin zu vermuten waren, wurde eingeengt; es gelang aber nicht, die von Fischer!) beschriebenen Mischkristalle zu bekommen. Es muß somit unentschieden bleiben, welche von den beiden Amino- säuren vorhanden war; jedenfalls war wenigstens eine Aminosäure, obgleich in sehr geringer Menge, vertreten, die ein in Methyl- alkohol leicht lösliches Kupfersalz liefert. Der nach Methylalkoholbehandlung zurückgebliebene Rückstand wurde im Wasser gelöst und eingeengt. Charakteristische Kristalle von Phenylalaninkupfer konnten daraus nicht erhalten werden; seine Anwesenheit wurde aber durch folgende Reaktionen wahr- scheinlich gemacht: die angesäuerte konzentrierte Lösung gab eine starke Fällung mit Phosphorwolframsäure; bei Oxydation mit Kaliumbichromat und Schwefelsäure gab die Lösung einen starken Geruch nach Phenylacetaldehyd. Eine Ausscheidung von Alaninkupfer erfolgte nicht. Endlich schied die hellblaue Lösung des schwer löslichen Kupfersalzes nach starkem Einengen und Erkalten Kristalle aus, !) Über die Hydrolyse des Kaseins durch Salzsäure. Zeitschr. f. physiol. Chem. 33, 162. "Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. 239 ud die nach ihrer Schwerlöslichkeit, Farbe und mikroskopischen Form, wie auch der Sublimatbildung und dem Geruch beim Erhitzen, typisches Leucinkupfer darstellten. 4. Im folgenden stelle ich die von mir gefundenen Spaltungs- produkte der Substanz Ab denjenigen gegenüber, welche Raper bei der Hydrolyse der Substanz Ac ermittelt hat: Substanz Ab Substanz Ac Base F.-P. 231 bis 233° Base F.-P. 231 bis 233° Histidin Lysin Arginin —_ Glutaminsäure Glutaminsäure (Prolin ') Prolin Asparaginsäure — Leuein Leuein Tyrosin Tyrosin (Phenylalanin) — (Valin oder Isoleuein) — Anilin Anilin Ammoniak Ammoniak N-freier Körper F.-P.: | Ätherlösl. Körper F.-P.: 99 bis 101° 110 bis 111° Was an diesem Ergebnis am meisten überrascht, ist, neben der großen Zahl verschiedener Aminosäurengruppen, wie sie schon Raper aufgefallen ist, der tiefgreifende Unterschied in der Natur der basischen Komponenten der beiden in ihrer Zusammensetzung so nahestehenden Substanzen. Das Lysin, welches die Haupt- masse der basischen Spaltungsprodukte der Substanz Ac darstellt, konnte in Ab gar nicht gefunden werden, während Ab sicher Arginin und Histidin enthielt. Auf Grund dieses Unterschiedes empfiehlt es sich, das Pepton, das im Phenylisocyanat Ab, F.-P. 178 bis 180°, enthalten ist, vorläufig als Arginin-Histidin- pepton, das Pepton des Phenylisocyanats Ac, F.-P. 169 bis 170°, als Lysinpepton zu bezeichnen. Da das von Raper verwendete Blutalbumin ein Gemenge von Serumalbumin und Serumglobulin zu annähernd gleichen !) Ich führe die nur qualitativ charakterisierten Substanzen, deren Nachweis einer Bestätigung bedarf, in Klammern an. 240 F. Rogozinski, Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. Teilen darstellt, liegt die Möglichkeit vor, daß eines dieser Peptone aus dem Albumin, das andere aus dem Globulin entstanden sei. Aber es ist ebensogut möglich, daß beide Produkte aus bloß einem dieser Eiweißkörper oder aber auch aus beiden nebenein- ander hervorgegangen seien. Darüber können nur Versuche mit reineren, am besten kristallisierten Eiweißkörpern entscheiden. Solche Versuche sind denn auch in der Tat bereits im hiesigen Laboratorium in Angriff genommen. ee Ve EEE XV. Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. (Vierte Mitteilung.) Von Dr. F. Rogozinski (Krakau). (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) 1. Zur Kenntnis der Trypsinpeptone aus Bluteiweiß. Stookey!) und Raper?) haben bereits die Peptone der pep- tischen Verdauung nach der von Hofmeister angegebenen kom- binierten Salz- und Schwermetall- Fällungsmethode bearbeitet; ich habe mir in der folgenden Arbeit als Ziel gesetzt, die bei der Trypsinverdauung entstehenden Peptone in ähnlicher Weise zu untersuchen. Da der Abbau der Eiweißkörper bei der Trypsin- verdauung viel rascher fortschreitet als bei der Pepsineinwirkung, so war dabei ein Überwiegen von einfacher gebauten Peptonen zu erwarten. Von der Vorstellung ausgehend, daß diese einfacheren Produkte der Aussalzung und Ausfällung schwieriger zugänglich sein dürften, habe ich meine Untersuchung auf die letzte Fällungs- fraktion, d. h. die in gesättigter Ammonsulfatlösung durch Jod- quecksilberjodkalium fällbaren Peptone beschränkt, während die Untersuchung der übrigen Fraktionen einem späteren Zeitpunkte vorbehalten wurde. Durch den Verlauf der Untersuchung ist allerdings zweifelhaft geworden, ob die obige Voraussetzung zutrifft. Die trotz großen Materialaufwandes (12 kg Eiweiß) erzielte sehr geringe Ausbeute aus der Jodquecksilberfraktion trägt schuld, daß die vorliegende Arbeit einen vorwiegend orientierenden Charakter angenommen hat. Als Ausgangsmaterial habe ich, ebenso wie Raper, käufliches, trockenes, gepulvertes Blutalbumin benutzt; als Pankreaspräparat ') Diese Beiträge 7, 590. ?) Ebenda 9, 168. Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 16 242 F. Rogozinski, diente in den Hauptversuchen Pankreatinum purum absolutum der Fabrik Rhenania, Aachen. In Vorversuchen habe ich durch 24stündige Selbstverdauung bereitete Pankreasauszüge verwendet, die in der Tat gute Wirksamkeit: besaßen; in der angewandten Konzentration (Auszug aus 350 g frischer Pankreassubstanz auf 100 g Blutalbumin) brachten sie in Mettschen Röhrchen bei 40° in 24 Stunden 9mm koaguliertes Pferdeserumeiweiß in Lösung. Da aber bei der Autolyse des Pankreas zahlreiche, nieht vom Albumin abstammende Produkte entstehen, die möglicherweise geeignet sind, die Er- gebnisse der eigentlichen Albuminverdauung zu verdunkeln, habe ich mich nach reineren Trypsinlösungen umgesehen. Die von Schwarzschild!) be- nutzte Methode der Trypsingewinnung durch. Fällung mit Uranylacetat erwies sich für meine Zwecke weniger geeignet; einerseits weil das Trypsin nicht ganz in das erste Extrakt übergeht, andererseits aber weil die Wirk- samkeit des Auszuges in unberechenbarer Weise von Fall zu Fall wechselt. Dies veranlaßte mich, für die Darstellung der Peptone im Großen das oben- genannte käufliche Trypsinpräparat zu benutzen, das den Vorzug gleich- mäßiger Wirksamkeit besitzt. Das Pankreatin Rhenania ist ein gelblich- weißes Pulver, das mit Wasser eine opaleszente Lösung gibt, wobei ein un- gelöster Bodensatz bleibt. Ein Teil: des Fermentes bleibt im Bodensatz zurück; denn die Flüssigkeit besitzt nach der Filtration eine gerineere Wirksamkeit als vor derselben: nach Filtration verdaute sie in Mettschen Röhrchen bei 40° in 24 Stunden im Mittel 5mm, ohne Filtration — 7,5 mm Bluteiweiß. Eine 0,5 proz. Lösung von Pankreatin besaß die gleiche Wirk- samkeit wie die von mir in den Vorversuchen benutzten Pankreasextrakte. Da meine Untersuchung auf die durch Quecksilberjodidjodkalium fäll- bare Fraktion gerichtet sein sollte, war es wichtig, zu prüfen, ob das Pankreatin bei Selbstverdauung nicht selbst zu dieser Fraktion gehörige Produkte liefert. Um diese Frage zu entscheiden, ließ ich 1g Pankreatin unter Toluol bei 40° 6 Tage lang stehen. Die anfangs vorhandene Biuret- reaktion blieb bis zum Ende der Selbstverdauung bestehen; bei Sättigung mit Ammonsulfat fiel ein ziemlich reichlicher Niederschlag aus; das Filtrat gab einen geringen Niederschlag mit ammonsulfatgesättigter Eisenammoniak- alaunlösung. Das Filtrat von demselben, von Eisen befreit, gab nach An- säuern keine Trübung mit salzgesättigter Quecksilberjodidjodkaliumlösung. Es ist somit erwiesen, daß aus dem Pankreatin keine dieser Fraktion an- gehörigen Peptone entstehen. / Bei Darstellung von Pepton in größerem Maßstabe verfuhr ich wie folgt: 500g Pankreatin wurden in 100 Liter Wasser gelöst und unter Toluol bei 400 24 Stunden lang stehen gelassen. Zu dieser Lösung wurden 5 kg gepulvertes Serumalbumin zugesetzt und bei gleicher Temperatur unter häufigem Umrühren 6 Tage verdaut. Nach beendeter Verdauung wurde die Lösung erhitzt, um ‘das unveränderte Albumin auszukoagulieren. Die Filtrate !) Diese Beiträge 4, 155. NEE Bee ©. Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. 243 wurden auf dem Wasserbade (bei dem zweiten Versuche im Vakuum bei 45°). auf etwa ein Zehntel des ursprünglichen Volumens: ein- geengt. Beim Erkalten fiel ein. beträchtlicher körniger Nieder- schlag aus,. aus welchem Tyrosin in großer Menge dargestellt werden konnte. Die von dem Niederschlag abgesaugte, dunkel gefärbte Flüssigkeit wurde bei Zimmertemperatur mit Ammon- sulfat in Substanz gesättigt, der aus ausgesalzenen Albumosen be- stehende Niederschlag. abfiltriert und scharf abgesaugt; das Filtrat gab mit salzgesättigter Zinksulfatlösung gar keine, mit salzgesättigter Kupfersulfatlösung eine ganz minimale Trübung; es wurde daher unmittelbar mit ammonsulfatgesättigter Eisenammoniakalaunlösung so lange versetzt, als sich ein Niederschlag bildete. Das Filtrat von der Eisenammoniakalaunfällung wurde durch Einleiten von Schwefelwasserstoff unter Zugabe von Ammoniak von Eisen befreit, neuerdings mit Ammonsulfat gesättigt, mit ammonsulfatgesättigter 10 proz. Schwefelsäure schwach sauer ge- macht und mit ebenso angesäuerter, nach Rapers!) Vorschrift bereiteter Lösung von Quecksilberjodidjodkalium vollständig aus- gefällt. Dabei entstand eine starke, milchige Trübung; der zu- nächst ausfallende Teil war ziemlich zähe, der übrige viel dünn! flüssiger. Das Absetzen des Niederschlages bis zur vollständigen Klärung der überstehenden Flüssigkeit nahm zweimal 24 Stunden in Anspruch. Nach dieser Zeit lagerte die Hauptmasse des Nieder- schlages als gelbe, diekflüssige Masse am Boden des Gefäßes, der Rest haftete in Form von Tropfen am Glasstabe und an den Seitenwänden. Die gesamte Ausbeute war im Vergleich mit der bei Pepsinverdauung in der gleichen Fraktion zu erhaltenden außer- ordentlich gering. Der gesamte Nedenchlas wurde behufs Reinigung in 10 proz. Jodkaliumlösung gelöst. Im Gegensatze zu der gleichen Fraktion der Pepsinverdauung, die darin total löslich zu sein pflegt, blieb ein Teil in Form eines weißlichen, flockigen Niederschlages ungelöst. zurück. Dieser Teil wurde abgesaugt und weiter für sich. be- handelt. Aus der Jodkaliumlösung wurde nunmehr die Pepton- verbindung durch Eintragen von feingepulvertem Ammonsulfat zur Abscheidung gebracht. (Der Versuch, die Jodkaliumlösung mit. Ammonsulfat fraktioniert zu fällen, hatte keinen Erfolg.) Die aus- geschiedene Verbindung wurde mit kleinen, wiederholt erneuerten Portionen destillierten Wassers sehr anhaltend durchgeknetet, 1) A. a. O., 8.169. 16* D44 F. Rogozinski, solange noch etwas in Lösung ging. Im ganzen kamen etwa 1500cem Wasser zur Verwendung. Es lösten sich bei dieser Be- handlung etwa zwei Drittel des Niederschlages. Die ursprünglich flüssige Masse wurde dabei immer zäher und nahm schließlich Teigkonsistenz an. Sie wurde nunmehr auf die gleiche Weise mit 5 proz. Ammoniumkarbonatlösung bis zur vollständigen Er- schöpfung behandelt. Der dabei verbleibende, ziemlich beträcht- liche, noch härtere Rückstand, dem Raper in seinen Versuchen mit Pepsinverdauung gar nicht begegnet ist, löste sich nicht, wie es bei Stookey der Fall war, in 15proz. Ammoniumkarbonat- lösung, ebensowenig in 1Oproz. Ammoniak. Erst durch anhaltendes Schütteln mit 20proz. Ammoniak ging er unter reichlicher Ab- scheidung von Quecksilberjodid in Lösung. Bei der Trypsinverdauung lassen sich somit in dem Queck- silberjodidjodkaliumniederschlag mehr Fraktionen unterscheiden als bei Pepsinverdauung: 1. Der in 10proz. Kaliumjodidlösung unlösliche Teil des ur- sprünglichen Niederschlages; 2. der wasserlösliche Teil des Niederschlages (entsprechend der Fraktion B bei Raper); 3. der in 5proz. Ammoniumkarbonatlösung lösliche Teil (ent- sprechend der Fraktion A bei Raper); 4. der in 20 proz. Ammoniak lösliche Teil. 2 1. Der in 1Oproz. Kaliumjodidlösung unlösliche Teil. Die Substanz wurde nach dem Absaugen einmal mit 1Oproz. Kalium- jodidlösung und dann dreimal mit Wasser fein zerrieben, nach jeder Be- ‚handlung scharf abgesaugt, das zum Schluß erhaltene schmutzig - grüne Pulver mit Schwefelwasserstoff zerlegt, aus dem Filtrat, welches frei von Ammoniak und Schwefelsäure war, das Jod mit Bleiacetat beseitigt, dann das überschüssige Blei mit Schwefelwasserstoff entfernt. Die Lösung, bei 40° eingeengt, gab starke Biuretreaktion und wurde in der von Raper be- schriebenen Weise mit Phenylisocyanat behandelt!). Beim Ansäuern fiel das Kondensationsprodukt flockig aus; nach dem Trocknen bildete es eine !) Bei den Kondensationen habe ich ausschließlich Phenylisocyanat be- nutzt, da es nach Rapers Erfahrungen am leichtesten gut charakterisierte Produkte liefert. Vorversuche, die ich mit Benzoylchlorid, Benzolsulfochlorid, Naphtalinsulfochlorid und auch mit dem neuerdings von Neuberg und Manasse (Die Isolierung der Aminosäuren. Ber. d. d. chem. Ges. 38, I, 2359) empfohlenen «- Naphtylisocyanat ausgeführt habe, haben gezeigt, daß diese Kondensationsmittel in dem vorliegenden Falle dem Phenylisocyanat gegenüber keine besonderen Vorteile bieten. Nies ri 4 wen r® “ = F En nd 2 £ » . Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. 345 dunkelbraune, harzige Masse. Ein Teil blieb in der Flüssigkeit gelöst und konnte daraus durch Eintragen von Kochsalz in Substanz bis zur Sättigung abgeschieden werden. Nach Erschöpfung mit Äther schmolz die Substanz unter Gasentwickelung unscharf bei 120 bis 140°. In Wasser, auch kochen- ‚dem, war sie ziemlich schwer löslich und fiel beim Erkalten aus. In Alkali war sie leicht löslich und aus dieser Lösung mit Essigsäure fällbar. In absolutem Alkohol und Aceton löste sie sich auch beim Kochen nicht, da- gegen in wasserhaltigem, heißem Alkohol und Aceton, und fiel aus der ersteren Lösung beim Erkalten ölig aus. Sie gab starke Xanthoproteinsäure- reaktion, schwache Biuret- und Millon-Reaktion, keine Reaktionen nach Molisch und Adamkiewicz. 2. Fraktion B!). Die wässerige Lösung wurde mit Schwefelwasserstoff von Quecksilber, mit Baryt von Schwefelsäure und durch anhaltendes Luftdurchleiten von Ammoniak, schließlich mit Bleiacetat von Jod befreit. Da die erhaltene Lösung noch immer Ammoniak enthielt, wurde sie mit etwas mehr als der nötigen Menge Natronlauge versetzt und bei 40° so lange destilliert, bis kein Ammoniak mehr überging. Sodann wurde die mit Essigsäure neutral gemachte Lösung bei der gleichen Temperatur stark eingeengt, schwach alkalisch gemacht und in der üblichen Weise mit Phenylisoeyanat behandelt. ; Die Arbeit wurde sehr erschwert durch das starke Schäumen der Flüssigkeit: beim Schütteln wandelte sich die ganze Lösung in eine dicke Schaummasse um, die sich auch bei stundenlangem Stehen nicht absetzte. Diese Erscheinung war, wie die mikroskopische Betrachtung lehrte, durch teilweises Aussalzen des gebildeten Produktes schon bei alkalischer Reaktion bedingt. Andererseits gestattete die ziemlich beträchtliche Löslichkeit des Produktes in Wasser keine Verdünnung. Teilweise konnte ich diesem Übel- stande dadurch steuern, daß ich die Behandlung mit Phenylisocyanat wieder- holt ausführte, wobei nach jeder Behandlung die Lösung mit Essigsäure gefällt, das ausgeschiedene Produkt abgesaugt, das Filtrat im Vakuum ein- geengt, alkalisch gemacht und wieder mit Phenylisocyanat behandelt wurde. Das Kondensationsprodukt fiel in Flocken aus, die bald nach der Abscheidung starr und harzig wurden. Sie wurden abgesaugt und mit wenig kaltem Wasser gewaschen. Die weitere Verarbeitung des Rohproduktes gestaltete sich folgendermaßen: Da, wie Verversuche- gelehrt hatten, die von Raper benutzte Methode der Kohlensäurefällung der alkalischen Lösung in meinem Falle nicht zum Ziele führte, benutzte ich zur Trennung die auluns mit Baryumacetat. !) Der Übersichtlichkeit wegen behalte ich die von Raper en Bezeichnungen bei.. 946 " F. Rogozinski, Das Rohprodukt, das im Vakuum äußerst schwierig zu trocknen war, wurde direkt in kohlensäurefreier Kalilauge gelöst und mit einem mäßigen Überschuß einer 1Oproz. Lösung von Baryumacetat versetzt. Es fiel ein rein weißer, flockiger Niederschlag aus, der ab- gesaugt und mit kaltem Wasser, worin er unlöslich war, gewäschen wurde. Es konnte somit das Kondensationsprodukt in zwei, der Löslichkeit ihrer Barytsalze nach verschiedene Teile zerlegt werden. Das unlösliche Barytsalz wurde sodann mit Äther extrahiert, wobei wenig Diphenylharnstoff überging, dann ‘mit Essigsäure zerlegt, die freie Säure in Alkali gelöst, nochmals mit Baryumacetat gefällt, das Barytsalz mit Essigsäure zerlegt und die Substanz mit Wasser ausgewaschen. Die auf diese Weise gereinigte Substanz stellte ein wenig gefärbtes Pulver dar und schmolz vakuumtrocken scharf bei 167 bis 169°. Von der genannten Substanz liegen zwei Analysen vor; die eine, mit noch aschenhaltigem Material ausgeführt, ergab folgende Werte: 0,112 g Substanz 0,2241 g CO, — 54,96 Proz. C und 0,0626 & H,0 — 6,50 H. (Die Substanz enthielt 0,0125 g Asche, darin 0,00 )7 & Baryumsulfat.) Die mit reinerem Material ausgeführte Analyse ergab: 0,0690 $ Substanz gaben 0,1437 00, —= 56,79 Proz. C und 0,0425 H,O — 6,89 Proz. H. , 0,0716 & Substanz gaben 10 cem N bei 20,0° und 752,9 mm Hs —15,86’Proz.N. A Die Substanz ist in kaltem Wasser schwer, besser in kochen- dem löslich und scheidet sich beim Erkalten wieder aus; in Alkali ist sie leicht löslich und fällt beim Ansäuern mit Essigsäure flockig aus. In absolutem Alkohol ist sie schwer, dagegen in 90 proz. und 50proz. Alkohol sehr leicht löslich. Aus der klaren, gelblichen Lösung in 50 proz. Alkohol scheidet sie sich in Form von kuge- ligen, gallertigen Gebilden aus, die jedoch keine Doppelbrechung aufweisen. In absolutem Aceton ist sie nicht, in verdünntem sehr leicht löslich. Sie gibt Biur etreaktion (beim Erwärmen), Millon- sche und Xanthoproteinsäur ereaktion. Die Reaktionen von Molisch und Adamkiewicz fehlen. Beim Verbrennen auf dem Platin- blech schmilzt sie unter Gasentwickelung und verbreitet zunächst den Geruch nach Phenylisocyanat, dann aber einen aromatischen, an verbrennendes Tyrosin erinnernden Geruch. RERRCHES ' Schmelzpunkt und Löslichkeitsverhältnisse machen. es. sehr wahrscheinlich, daß hier derselbe Körper vorliegt, ‚den Raper: "bei = 1 . Fi $ R 3 “ N 2. Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. 247 Pepsinverdauung aus der B«&-Fraktion erhalten hatte und den er wie folgt beschreibt!): „Die... Substanz wurde aus der alkali- schen viseiden Lösung durch Essigsäure gefällt. Aus ihrer Lösung in 50Oproz. Alkohol schied sie sich in ‚gallertigen Wärzchen aus- Sie schmolz scharf bei 167 bis 169° und änderte den Schmelz- punkt bei weiterem Reinigen nicht. Sie gab nur die. Biuret- reaktion, war unlöslich in absolutem: Alkohol und Aceton, aber sehr löslich in 90proz. Alkohol und verdünntem Aceton.“ Wenn sich die vermutete Identität bestätigt, so ist damit zum ersten Male in exakter Weise gezeigt, daß beim Abbau durch Trypsin zum Teil dieselben Peptone, d. h. Biuretreaktion gebende Polypeptide, auftreten, wie bei der Pepsinverdauung. Das Filtrat von dem unlöslichen Barytsalz wurde mit Essig- säure bis zur schwach sauren Reaktion versetzt. Es fiel hierbei ein flockiger Niederschlag aus, der abgesaugt, mit wenig Wasser ge- waschen und im Vakuum getrocknet, daun mit Äther erschöpft wurde. Die Substanz wurde während der Extraktion wiederholt getrocknet und aufs neue gepulvert. (Aus dem Äther schieden sich schon in dem Be konerken reichlich weiße, blätterige Massen aus. Der Ätherrückstand wurde mit, Ammoniak behandelt, um ihn von Diphenylharnstoff zu befreien; der ungelöst gebliebene Teil wurde aus absolutem Alkohol umkristallisiert: Es schieden sich dabei blätterige Kristalle aus, die, auf Ton von der. Mutterlauge befreit. und im Vakuum getrocknet, den Schmelzpunkt 168 bis 170" zeigten [ein anderes Präparat schmolz bei 166 bis 168°]; .bei weiterem Umkristallisieren änderte sich dieser Schmelzpunkt nicht. ; Die Zusammensetzung der bei 100° getrockneten Substanz vom Schmelz- punkt 168 bis 170° war die folgende: 0,0998 g Substanz gaben 0, 2611 g CO, = 71,36 Proz. C und 0,0603 8 H,0 = 6,76 Proz. H.:- 0,1180 g Substanz gaben 11, ‚9 ccm N bei 20, 5° und 759. mm He = 11,42 Proz. N. Beim Verbrennen auf dem Platinblech Bier die Substanz und ver- brennt mit einem Geruch zunächst nach Phenylisoceyanat, sodann nach Eiweiß. Im Reagenzrohr erhitzt, schmilzt sie und sublimiert zum Teil. Sie ist in Kalilauge löslich und wird durch Essigsäure flockig gefällt; der Niederschlag löst sich beim. Erwärmen und scheidet;.sich beim Erkalten wieder aus. In Äther und absolutem Alkohol ist die Substanz ziemlich leicht löslich. Die Biuretreaktion und die Reaktionen nach Millon, Molisch und Adamkiewiez sind negativ; die Xanthoproteinsäurereaktion a Fine "Bei einer früheren Darstellung, wo ich die Ätherextraktion des Roh- produktes ohne u Trennung nit t Baryumacetat vornahm, wurde im 7 n a BE DuhN) a Be S. Eyes Baden ENG sh 5 » 248 F. Rogozinski, Ätherrückstand eine Substanz gefunden, die sich aus absolutem Alkohol in weißen, opaken Blättehen abschied, ohne Zersetzung bei 189 bis 191° schmolz und nach einer vorläufigen, mit wenig aschenhaltiger Substanz ausgeführten Bestimmung 15 Proz. N enthielt.‘ Sie gab keine Biuretreaktion, war in Wasser, verdünntem Alkali und verdünnten Säuren unlöslich; in Ather und absolutem Alkohol löslich, aus letzterer Lösung mit Wasser fällbar; die Fällung verschwand beim Erwärmen, trat beim Erkalten wieder auf. Auf dem Platinblech erhitzt, verbreitete die Substanz zunächst den Geruch nach Phenylisocyanat, sodann nach Horn. Ob es sich bei diesen krystallisierten Produkten um Peptonverbindungen gehandelt hat, bleibt dahingestellt.) Nach der Ätherextraktion ließ sich die mit Essigsäure fällbare Substanz zu einem leichten, gelblichen Pulver verreiben. Vakuum- trocken schmolz sie unter Zersetzung unscharf bei 110 bis 140°, Beim Verbrennen auf dem Platinblech schmolz sie unter Gasent- wickelung, blähte sich stark auf und verbreitete den Geruch nach verbrennendem Horn. In Wasser war sie etwas, besser in kochen- dem löslich, löste sich in Alkali und fiel beim Ansäuern aus; die Fällung ging beim Erwärmen in Lösung und schied sich beim Erkalten wieder aus. In absolutem Alkohol und Aceton war die Substanz unlöslich, wohl aber löste sie sich darin nach Wasser- zugabe schon in der Kälte. Sie gab Biuretreaktion (auch in der Kälte) und starke Xanthoproteinsäurereaktion; die Reaktionen nach Millon und Molisch waren negativ; die Reaktion nach Adam- kiewicz dagegen positiv. Bei der Kalischmelze entwickelte die Substanz fäkalen Geruch; bei der Fichtenspanreaktion trat deut- liche, obgleich nicht sehr starke Rotfärbung auf. Die Versuche, das hier offenbar vorliegende Gemenge weiter zu zerlegen, führten nicht zum Ziele. Ein Produkt von ähnlichem Verhalten konnte weiter aus dem essigsäurehaltigen Filtrat durch Aussalzen mit Natriumchlorid aus- gefällt werden. Nach Trennung vom beigemengten Kochsalz mit Hilfe von Aceton, Lösen in wenig Alkali und Fällen mit Essig- säure wurde es in fester Form erhalten. Es schmolz unter Gas- entwickelung und Bräunung bei 75 bis 95°. Auch dieses Produkt gab die Indolreaktion mit Glyoxylsäure und bei der Kalischmelze fäkalen Geruch. 3. Fraktion A. Aus der Lösung des Niederschlages in 5proz. Ammonium- karbonat wurde auf genau die gleiche Weise wie bei Fraktion B Quecksilber, Schwefelsäure, Ammoniak und Jod beseitigt, die Lösung bei 40° stark eingeengt, mit Phenylisocyanat behandelt, Zur Kenntnis: der Eiweißpeptone. 249 das gewonnene Kondensationsprodukt in kohlensäurefreiem Alkali gelöst und mit Baryumacetat gefällt. Ebenso wie bei Fraktion B ließ sich auch hier eine Trennung auf Grund der Unlöslichkeit der Barytsalze herbeiführen. Die sehr geringe Ausbeute erlaubte aber eine genauere Verarbeitung nicht. Es sei darüber nur folgendes bemerkt: Die nach der Fällung mit Baryumacetat im Niederschlag er- haltene Substanz wurde durch zweimaliges Überführen ins Baryt- salz gereinigt. Die barytfreie Substanz wurde als leichtes, gelb- liches Pulver erhalten, das bei 145° sinterte und unter Zersetzung bei 155 bis 160° schmolz. Sie war in Wasser, auch kochendem, ziemlich schwer löslich und fiel beim Erkalten wieder aus. Die alkalische Lösung wurde in der Kälte von Essigsäure flockig ge- fällt. In absolutem Alkohol, besonders beim Erwärmen, löste sie sich ziemlich gut; in verdünntem Alkohol äußerst leicht. In ab- solutem Aceton war sie unlöslich, löste sich aber bei geringstem Wasserzusatz leicht auf. Sie gab Biuretreaktion in der Kälte und starke Xanthoproteinsäurereaktion ; die Reaktionen nach Millon und Molisch waren negativ, die Reaktion nach Adamkiewicz dagegen stark positiv. Die Substanz entspricht in Eigenschaften und Schmelzpunkt dem von Raper ebenfalls als Barytsalz isolierten, bei 155 bis 160° schmelzenden Phenylisocyanat aus Fraktion A) der Pepsinverdauung. Nach Abtrennung des unlöslichen Barytsalzes wurde das Filtrat mit Essigsäure gefällt. Der im Vakuum getrocknete Niederschlag zeigte folgende Löslichkeitsverhältnisse und Reaktionen: in Wasser, auch in kochendem, war die Substanz schwer löslich und fiel aus der Lösung beim Erkalten aus. In absolutem Alkohol und Aceton war sie auch beim Erwärmen unlöslich; in denselben Lösungsmitteln, mit Wasser verdünnt, löste sie sich leicht. Von den Reaktionen gab sie nur Xanthoproteinsäurereaktion, schwache Biuret- reaktion erst beim Erwärmen. Durch Sättigung des essigsauren Filtrates von der vorigen Substanz mit Kochsalz konnte ein weiterer Niederschlag erzeugt werden. Die darin enthaltene Substanz zeigte in ihren Löslichkeitsverhältnissen genaue Über- einstimmung mit der vorigen. Im Gegensatz dazu gab sie aber außer der Xanthoproteinsäurereaktion auch eine sehr starke, schon in der Kälte auf- tretende Biuretreaktion. 4. Die in 20 proz. Ammoniak lösliche Fraktion des Quecksilberjodidpepton-Niederschlages lieferte nach Entfernung von Quecksilber, Ammoniak und Jod eine stark gelbe Flüssigkeit, die erst beim Erwärmen eine schwache Biuretreaktion zeigte. Weiter wurde diese Fraktion nicht untersucht. ») 1. e., $:172. 250 a F. Rogozinski, 3. Der zeitliche Ablauf der Peptonbildung. Um mich über die Natur der aus Blutalbumin bei längerer Trypsinwirkung entstehenden Produkte, sowie über ihr Verhältnis zu dem von E. Fischer und E. Abderhalden 1) beschriebenen polypeptidähnlichen Stoff zu orientieren, habe ich folgenden Ver- such ausgeführt, wobei ich die Methodik teilweise, um sie der von Fischer benutzten näher zu bringen, umgeändert habe. 200 g Blutalbumin und 20% Pankreatin wurden unter Zusatz von 2cem Ammoniak und etwas Chloroform in 2 Liter Wasser gelöst und unter Toluol bei 40° stehen gelassen. Das Verdauungs- gemisch wurde in den ersten Tagen mehrmals täglich, später einmal jeden Tag gründlich durchgeschüttel. Die Verdauung dauerte 30 Tage. Nach dieser Zeit wurde die Flüssigkeit, die immer noch eine deutliche Biuretreaktion gab, auf dem Wasser- bade erhitzt, wobei sich ein ziemlich beträchtliches Koagulum ab- schied. Das klare Filtrat davon gab nur schwache Biuretreaktion. Es wurde nunmehr unter Toluol für 3 Tage in den Eisschrank gestellt, wobei eine reichliche Ausscheidung von Tyrosin erfolste. Das Filtrat vom T'yrosinniederschlag wurde auf 4 Liter gebracht, mit Salzsäure versetzt, bis der Gehalt daran 5 Proz. betrug, und mit einem Überschuß von Phosphorwolframsäure gefällt. (Die Verdünnung hatte den Zweck, ein etwaiges Mitausfällen von Phenylalanin zu verhüten.) Der Niederschlag wurde möglichst abgepreßt, dann durch Zusatz von Alkali gelöst und die stark (auf 8 Liter) verdünnte Lösung, um die noch anhaftende Mutterlauge möglichst zu entfernen, durch Salzsäure unter Zugabe von über- schüssiger Phosphorwolframsäure zum zweiten Male gefällt. Der mögliehst scharf abgesaugte und abgepreßte Niederschlag wurde fein zerrieben und 12 Stunden mit überschüssigem Barythydrat geschüttelt, die von Baryumphosphorwolframat abfiltrierte Lösung nach Entfernung des Baryts mit Schwefelsäure ‘im Vakuum auf 1 Liter eingeengt und mit festem Ammonsulfat gesättigt. Die salzgesättigte Flüssigkeit gab auch beim Stehen keinen Niederschlag, ebensowenig bei Zusatz von salzgesättigten Lösungen von Zink- und Kupfersulfat, mit salzgesättigter Eisenammoniak- alaunlösung nur eine schwache, allmählich entstehende, nicht filtrierbare Trübung. Sie wurde deshalb direkt ‚mit salzgesättigter Schwefelsäure. angesäuert und mit ‚ ebenso angesäuerter, salz- gesättigter Lösung von Quecksilberjodidjodkalium; ausgeiälli.,. !) Zeitschr. f. physiol. Chem. 39, 81; 40, 215. + Hart % & 3 Fe En ey SP Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. 351 Der Quecksilberniederschlag bestand anscheinend wie sonst aus zwei Teilen: der eine schied sich sofort in weißen Flocken aus, die zu harten, gelblichen Klümpchen zusammensinterten; der andere bildete anfänglich eine weiße, milchige Emulsion, die sich erst nach 24stündigem Stehen in gelben, öligen Tröpfchen auf dem Boden und den Wänden des Gefäßes abschied. Das klare Filtrat von diesem Niederschlage, mit Wasser auf die Hälfte ver- dünnt, von Quecksilber befreit und zunächst mit Ammoniak neu- tral, dann mit Essigsäure schwach sauer gemacht, gab, mit 5 proz. Tanninlösung versetzt, keine Trübung. Der Quecksilberjodidjodkalium-Peptonniederschlag wurde in 1Oproz. Kaliumjodidlösung aufgelöst, wobei er ohne Rückstand in Lösung ging, aus derselben durch Eintragen von fein gepulvertem Ammonsulfat wieder abgeschieden und mit immer wieder er- neuerten Portionen Wasser durchgeknetet, solange etwas in Lösung ging. Dabei löste er sich zum größten Teile. Der in Wasser unlösliche Rückstand ging in 5proz. Ammoniumkarbonatlösung unter Ausscheidung von Quecksilberjodid vollständig in Lösung. Wie aus diesem Versuche zu entnehmen, ist die bei kurzer Verdauung in reichlicher Menge vertretene Eisenammoniakalaun- fraktion nach 30 Tagen nicht mehr im Phosphorwolframsäure- niederschlag nachzuweisen. Auch die Löslichkeitsverhältnisse der daraus erhaltenen Jodquecksilberfraktion sind andere als bei kurz- dauernder Verdauung. Sie entsprechen eher jenen bei langdauernder Pepsinverdauung, insofern, wie bei Raper, nur zwei Fraktionen zu unterscheiden sind, eine größere, schon in Wasser, und eine kleinere in 5proz. Ammoniumkarbonat lösliche. Jedenfalls ergibt die Phos- phorwolframsäurefällung noch in einem vorgeschrittenen Ver dauungs- stadium ein Gemenge von peptonartigen Produkten. Daß in der Tat erhebliche Verschiedenheiten in betreff der Di kürzerer und langdauernder Trypsinverdauung nachweisbaren Peptone bestehen, konnte in nachstehendem. Dauerversuche, bei dem der Verlauf der Peptonbildung schätzungsweise quantitativ verfolgt: wurde, noch. genauer sichergestellt werden. 200 g Blutalbumin und 20 g Pankreatin wurden in 4 : Wäsner gelöst und nach Toluolzusatz unter ats Umschütteln bei etwa 40° stehen ge- lassen, Vom zweiten Tage ab wurden aus dem Verdauungsgemische .in bestimmten Zeiträumen abgemessene, stets gleiche Portionen herausgenommen und wie folgt verarbeitet: die ganze Portion wurde zunächst auf dem Wasser- bade auskoaguliert, das Filtrat mit festem Ammonsülfat gesättigt, der ent- standene Niederschlag abgesaugt. Je 10 cem des salzgesättigten Filtrates wurden nunmehr mit je 5 cem von 'salzgesättigten Lösungen von Zinksulfat, 252 F. Rogozinski, Kupfersulfat und Eisenammoniakalaun. versetzt. Da mit Zinksulfat keine Fällung entstand, die mit Kupfersulfat aber stets gering war, wurde die gesamte Lösung direkt mit Eisenammoniakalaun gefällt, der Niederschlag abfiltriert, das Filtrat von Eisen befreit und mit Ammonsulfat neuerdings gesättigt. 10 cem des Filtrates wurden mit 2 ccm salzgesättigter Schwefel- säure und 5 ccm der Raperschen Quecksilberjodidjodkaliumlösung versetzt. Das gesamte Filtrat wurde ebenso mit dieser Lösung ausgefällt, der Nieder- schlag abfiltriert, das Filtrat zur Hälfte mit Wasser verdünnt, von Queck- silber befreit und ein Volumen von 10cem mit 1Occm 5proz. Tanninlösung versetzt. Durch Zusammenstellung der Proben von verschiedener Ver- dauungsdauer ließ sich ein recht anschauliches Bild von dem Ver- laufe der Fermentwirkung gewinnen. Die Ergebnisse des Versuches waren folgende: Nach 2 Tagen: das Eiweiß ist gelöst, Tyrosin beginnt sich aus- zuscheiden. Das Hitzekoagulum sehr beträchtlich; der ausgesalzene Albumosenniederschlag spärlich. Das Filtrat gibt mit Zinksulfat!), wie auch in allen übrigen Fällen, keine, mit Kupfersulfat starke, sich allmählich absetzende Trübung, mit Eisenammoniakalaun starken Niederschlag, mit dem Raperschen Reagens minimale Fällung. Mit Tannin nachher, wie in allen übrigen Fällen, keine Trübung. Nach 4 Tagen: Hitzekoagulum bedeutend schwächer, bleibt von hier ab in den folgenden Proben ungefähr gleich; Albumosen- fällung etwas schwächer; mit Kupfersulfat schwache Trübung, nach langem Stehen geringer Bodensatz; Eisenammoniakalaunniederschlag etwas schwächer; Niederschlag mit Raperschem Reagens be-. deutend stärker. Nach 6 Tagen: Albumosenniederschlag etwas schwächer; er bleibt von hier ab in den weiteren Proben etwa gleich stark; mit Kupfersulfat wie im vorigen Falle; Eisenammoniakalaunniederschlag auf die Hälfte von dem nach 2 Tagen erhaltenen reduziert; mit Raperschem Reagens starker, öliger Niederschlag. | Nach 9 Tagen: Kupfersulfatniederschlag wie früher; bleibt weiter auf gleicher Höhe; Eisenammoniakalaunniederschlag etwa halb so stark als in der vorigen Probe; Quecksilberjodidnieder- schlag sehr stark. Nach 15 Tagen: Eisenammoniakalaunniederschlag etwas schwächer als nach 9 Tagen; Quecksilberjodidniederschlag be- deutend schwächer. | Nach 22 Tagen: genau dasselbe Bild, wie nach 15 Tagen. !) Die Salze der Schwermetalle stets mit Ammonsulfat gesättigt. Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. 953 ‚4. Zusammenfassende Bemerkungen. So wenig befriedigend das Ergebnis der vorliegenden Unter- suchung im Verhältnis zur aufgewandten Arbeit erscheinen mag, so darf doch die gewonnene Erkenntnis nicht unterschätzt werden, daß die Methode der Fraktionierung mit Schwermetallsalzen in salzgesättigter Lösung bei den Produkten der Trypsinverdauung ebenso wie bei der Pepsinverdauung zu einer besseren Trennung der peptonartigen Produkte führt, als sie sonst erreicht werden kann. Nur ist bei der so viel intensiveren Wirkung des Trypsins die Ausbeute eine weit geringere, und demgemäß wird bei Weiter- führung dieser Versuche das Hauptaugenmerk auf den Zeitpunkt zu richten sein, in dem bestimmte Fraktionen besonders reichlich auftreten. Als feststehende Ergebnisse lassen sich schon jetzt folgende anführen: Im Gegensatz zu der Pepsinverdauung lassen sich keine mit Zinksulfat (in ammonsulfatgesättigter Lösung) fällbaren Produkte nachweisen, mit Kupfersulfat fällbare aber nur in minimaler Menge. Stark vertreten sind die Eisenammoniakalaun- und die Quecksilber- jodidjodkaliumfraktion. Die Abnahme der Eisenfraktion scheint zum Teil mit der Zunahme der Quecksilberfraktion Hand in Hand zu gehen. Die Filtrate von den Quecksilberjodidjodkalium-Nieder- schlägen geben stets Biuretreaktion; die darin enthaltenen Pro- dukte sind mit Tannin nicht fällbar. Die Zahl der Peptonfraktionen im Jodquecksilberniederschlag ist größer als bei der Pepsinverdauung; nach längerer Einwirkung des Fermentes (30 Tage) wird sie auf zwei, analog den von Raper bei 6 Wochen dauernder Pepsinverdauung erhaltenen reduziert. Die als Phenylisocyanatverbindungen erhaltenen Produkte der Trypsinverdauung zeigen zum Teil das gleiche chemische Verhalten wie jene der peptischen Verdauung und sind anscheinend damit identisch; dahin gehören die als unlösliche Barytsalze isolierten Produkte aus den Fraktionen B und A, und zwar: l. das in 10 proz. Alkohol lösliche, durch Kohlensäure fällbare Phenylisocyanat, F.-P.167 bis 169° (unkorr.), der Fraktion B, das übrigens in Zusammensetzung und Reaktionen dem von Raper genauer untersuchten, nur vorzugsweise in der A-Fraktion erhaltenen Lysinpepton so nahe steht, daß an völlige Identität gedacht werden muß; 954 F. Rogozinski, Zur Kenntnis der Eiweißpeptone. [nn 2. das durch Kohlensäure nicht fällbare, ein schwer lösliches Barytsalz bildende Phenylisocyanat, F.-P. 155 bis 1600, der Fraktion A. Die in diesen, Phenylisocyanaten enthaltenen Polypeptide sind sonach gegen Trypsin relativ widerstandsfähig. Das Pepton, welches dem von Raper und mir genauer untersuchten Phenyl- isocyanate der Fraktion Ab, F.-P. 178 bis 180° (Arginin-Histidin- Pepton), zugrunde liegt, ist mir bei der Trypsinverdauung nicht begegnet. Entweder entsteht es bei Trypsinwirkung nicht, oder wird, was wahrscheinlicher ist, rasch weiter gespalten. Beachtenswert ist, daß- eine Anzahl der erhaltenen Phenyl- isocyanatverbindungen eine unverkennbare Reaktion nach Adam- kiewicz geben, was auf die Anwesenheit von Tryptophan in ihrem Kerne hindeutet. Die Abspaltung des Tryptophans durch Trypsin ist somit wenigstens in der ersten Zeit der Trypsinwirkung keine durchgreifende. Methodisch bemerkenswert scheint mir endlich, daß die Fällung mit Barytsalzen mit großem Vorteile zur Trennung von sauren Phenylisoeyanatverbindungen der Peptone benutzt werden kann. G 3 Br r | A 2 8, Br ii \ E) } XVII. Zur Kenntnis der Giftsubstanzen des artfremden Blutes. Von Dr. 6. Lefmann, wissenschaftlichem Assistenten der med, Universitäts-Poliklinik. (Aus dem pharmakologischen Institute zu Heidelberg. Prof. R. Gottlieb.) (Mit einer Kurve im Text.) Die Wirkungen der Bluttransfusion haben. wieder an Interesse und Bedeutung gewonnen, seitdem man den Versuch gemacht hat, körpeifremdes, dem Blute entstammendes Material auch zu anderen Heilzwecken als zum Ersatze großer Blutverluste zu benutzen. Verwendet wird sowohl artfremdes Blutserum als artgleiches defi- - briniertes Vollblut!). Die Frage nach der Giftigkeit körperfremden Blutes ist deshalb auch von praktischem, jedenfalls aber von großem theoretischen Interesse. Ich habe deshalb auf Veranlassung von Herın Prof. Gottlieb und anfänglich in Gemeinschaft mit ihm einige Versuchsreihen angestellt, die einen weiteren. Beitrag zur Kenntnis der Giftstoffe des artfremden Blutes liefern sollen ?). Bekannt ist, daß sich im Serum artfremden Blutes Eiweißkörper finden, die bei intravenöser Injektion die Nieren des Blut- empfängers schädigen. Ein schlagendes Beispiel von Serumgiftigkeit gibt Brodie°), nach dessen Versuchen alle von ihm geprüften Serumarten bei der Katze zu einer vorübergehenden Blutdruck- herabsetzung führen. Dies gilt auch vom Katzenserum selbst: Aus den Untersuchungen Brodies scheint jedoch hervorzugehen, daß die aktive Substanz nicht im Plasma gelöst enthalten ist, 1) Morawitz, Die Behandlung schwerer Anämien mit Bluttransfusionen. Münch. med. Nincasnsein. 1907, 8.767. 2) Gottlieb und Lefmann, Über die Giftstoffe ze artfremden Blutes. Medizinische Klinik 1907, Nr. 15. ®) Brodie, The immediate action of an intravenous injection of blood serum. Journ. of physiol. 26, 48. 256 G. Lefmann, sondern erst bei der Gerinnung aus den Blutzellen ins Serum übertritt. Diese giftige Substanz des Serums stammt also aus zer- fallenen Blutkörperchen, und daß in denselben Giftstoffe vorhanden sind, ist bekannt. Aber über die Natur dieser Giftstoffe weiß man wenig und kennt als giftige Substanzen aus den Erythrocyten nur die Kalisalze genauer. Sie verursachen die bekannten Ver- giftungserscheinungen des Herzens und des Nervensystems, wenn. sie bei der rapiden Auflösung der roten Blutkörperchen bestimmter Tierarten durch das Serum des Blutempfängers in genügender Menge . in den Kreislauf gelangen. Diese Wirkung der Kalisalze aus den roten Blutkörperchen macht sich bei der Injektion in gleicher Weise geltend, wenn die Impermeabilität der roten Blutkörperchen für dieselben im Reagenzglas aufgehoben wird, wie dies durch Lack- farbenmachen des Blutes mit destilliertem Wasser geschieht. Aber auch dann wirken nur die kalireichen Blutsorten giftig, die kaliarmen keineswegs. Da nun der Kaligehalt der kalireichsten Blutsorten den der kaliarmen um das zwanzigfache übersteigt!), so ist es begreiflich, daß die Wirkung des lackfarbenen Blutes sich je nach der verwendeten Blutart sehr verschieden gestalten muß. Während 1000 Gewichtsteile der Blutkörperchen von Katze und Hund nur 0,25 bis 0,29g K,O enthalten, beträgt der K,O-Gehalt der Kaninchenerythrocyten 5,22 g in 1000 Teilen!). Dadurch erklärt es sich, daß z. B. lackfarbenes Kaninchenblut, dem Kaninchen. intravenös injiziert, die Versuchstiere unter den typischen Erschei- nungen der Kalivergiftung des Herzens tötet, während lackfarbenes Hundeblut, auch in größeren Mengen injiziert, beim Kaninchen keinerlei akute Giftwirkung hervorruft. Für diesen Parallelismus zwischen Kaligehalt und Giftwirkung des lackfarbenen Blutes auf das Herz geben die Versuche von Langendorff?) und Branden- burg?) am isolierten Herzen schlagende Beweise: lackfarbenes Kaninchenblut ruft akute Giftwirkung auf das isolierte Kaninchen- und Froschherz hervor, während die Tätigkeit des überlebenden Hundeherzens bei der Speisung mit lackfarbenem Hundeblut und die des Katzenherzens mit lackfarbenem Katzenblut ungestört vor sich geht, und beide Blutsorten die Tätigkeit des Froschherzens gut unterhalten. Zur weiteren Illustration dieser Tatsachen mögen ') Vgl. Abderhalden, Zeitschr. f. physiolog. Chem. 23, 521 (1897) und 25, 65 (1898). | 2) O. Langendorff, Über die angebl. Unfähigkeit des lackfarbenen Blutes, den Herzmuskel zu ernähren. Pflüg. Arch. f. Physiol. 93, 286 (1903). ») E. Brandenburg, Die Wirkung des lackfarbenen Blutes auf das isolierte Froschherz. Pflüg. Arch. f. Physiol. 95, 625 (1903). VER - Zur Kenntnis der Giftsubstanzen des artfremden Blutes. 957 die beiden folgenden Versuche dienen, die von mir gelegentlich als Kontrollversuche angestellt wurden, und von denen der eine die starke Giftigkeit des lackfarben gemachten Kaninchenblutes, der andere die völlige Ungiftigkeit des lackfarbenen Hundeblutes zeigt. Versuch I. Kaninchen, 1480 g, erhält innerhalb 5 Minuten 18 ccm mit der doppelten Menge destillierten Wassers lackfarben gemachten und mit Kochsalz wieder auf Isotonie gebrachten Kaninchenblutes. Während der Injektion in die Vena jugularis sinkt der Blutdruck ohne Prodromalerscheinungen von 78mm Hg plötzlich zur Abszisse. Herztod. Erst nach dem Herzstillstande treten Krämpfe auf. Versuch 1. Kaninchen, 800g, erhält in 3 Minuten 20 ccm mit der doppelten Menge destillierten Wassers lackfarben und mit Kochsalz wieder isotonisch ge- machten Hundeblutes in die Vena jugularis injiziert. Nach der Injektion sinkt der Blutdruck von 116mm He auf 112mm Hg. Sonst keine Er- scheinungen. Für die Kaliwirkung gelöster Blutkörperchen ist nach dem Gesagten nur die verwendete Blutsorte, nicht aber die Tierart des Blutempfängers entscheidend. Wie aus Versuch II hervorgeht, werden dabei recht beträchtliche Mengen gewisser Blutarten gut vertragen, während andere, und zwar keineswegs ihrem Kaligehalt entsprechend, schon in geringer Menge giftig wirken, wie z.B. dem Kaninchen injiziertes Schweineblut. Aber auch kaliarmes Blut wirkt unter Umständen giftig. Batelli!) und Mioni?) stellten fest, daß rote Blutkörperchen in- travenös injiziert immer giftig wirken, wenn das Serum des Blut- empfängers die Fähigkeit besitzt, die injizierten Blutkörperchen rasch aufzulösen. Es gilt dies namentlich auch für solche Blut- körperchen, die bei der Injektion an eine andere Tierart, in deren Serum sie nicht gelöst werden, gänzlich unwirksam bleiben und auch lackfarben gemacht keine Giftwirkung entfalten. Dies läßt sich nur dadurch erklären, daß die roten Blutkörperchen zweierlei Arten von giftigen Substanzen enthalten, einmal die Kalisalze, welche schon bei der Wasserhämolyse frei werden, und zweitens Giftstoffe bisher unbekannter Art, die erst bei der Auf- lösung der Stromata durch das hämolytisch wirkende Serum des Blutempfängers in den Kreislauf gelangen. Ein Beispiel mag !) Batelli und Mioni, Compt. rend. de la Soc. de Biol. 56, 848 u. 1041 (1904). ”) Mioni, Compt. rend. de la Soc. de Biol. 56, 762 (1904). Beitr. z. chem. Physiologie. XT. 1177 258 G. Lefmann, dies erläutern. Die intravenöse Injektion von lackfarbenem Hunde- blut hat keinen Einfluß auf die Herztätigkeit und den Blutdruck des Kaninchens; selbstverständlich ist dies auch nicht der Fall bei der Injektion von ‚defibriniertem, sonst intaktem Hundeblut. Löst man jedoch das Hundeblut vor der Injektion durch das Serum eines Kaninchens, das gegen Hundeblut immunisiert worden war, auf, so beobachtet man eine sehr energische Giftwirkung an dem Kaninchen, wie dies die Versuche IV und V demonstrieren. Um die Ungiftigkeit einer Transfusion von defibriniertem Hunde- blut am Kaninchen zu erhärten, sei das Protokoll eines solchen Kontrollversuches (III) vorausgeschickt. Versuch I. Kaninchen, 1250g, erhält innerhalb 3 Minuten 10ccm defibrinierten Hundeblutes in 40 ccm Kochsalzlösung intravenös injiziert. Der Blutdruck steigt während der Injektion von 92 mm Hg auf 110 mmHg. Das Tier bleibt am Leben. Versuch IV. l10cem defibrinierten Hundeblutes wurden mit 76cem Blutserum eines Kaninchens, das gegen Hundeblut immunisiert worden war und dessen Serum Hundeblutkörperchen stark hämolysierte, versetzt und 3 Stunden im Brutschrank belassen. Nach Auflösung des Hundeblutes wurden einem Kaninchen von 1500g 44cem der obigen Mischung — entsprechend etwa 6cem Hundeblut — in einem Zeitraum von 3 Minuten intravenös injiziert. Der Blutdruck sank von 100mm Hg auf 48mm Hg und blieb dauernd niedrig. Der Versuch wurde dann abgebrochen. Am anderen Morgen lag das Tier tot im Käfig. Versuch V. Von der gleichen Mischung von Hundeblut und Kaninchenserum wie in Versuch IV wurden einem Kaninchen von 1050g in 2 Minuten 19 ccm in die Vena jugularis injiziert. Der Blutdruck sank zunächst von 100 mm Hg auf 54mm Hg: danach wurden nochmals in 3 Minuten 9cecm injiziert — im ganzen also eine etwa 4ccm Hundeblut entsprechende Menge —, worauf unter Krämpfen und starker Blutdrueksenkung der Tod eintrat. Schon Batelli hatte einen Versuch gemacht, aus dem hervor- geht, daß immunisierte Kaninchen für die Stromabestandteile des betreffenden artfremden Blutes giftempfindlich sind, und daß das Ausbleiben jeder akuten Giftwirkung beim nicht vorbehandelten Versuchstier darauf beruht, daß artfremde Erythrocyten im nor- malen Kaninchenorganismus nicht sofort zugrunde gehen, während sie bei den vorbehandelten Kaninchen rasch zerfallen und ihre Giftwirkung entfalten können. Ebenso wie solche gegen artfremdes Blut immunisierte Kaninchen verhält sich z. B. der Hund von vorn- herein gegen Injektionen von defibriniertem Kaninchenblut, da das Fan ere a. VE Sr reree rd Zur Kenntnis der Giftsubstanzen usw. Hundeserum in hohem Maße die Fähig- keit hat, Kaninchenblutkörperchen zu hämolysieren. Durch Batelli und Mioni war auch bereits bekannt, daß Kaninchen- blutkörperchen - Injektionen den Blut- druck des Hundes stark herabsetzen; in größeren Mengen in den Kreislauf ge- bracht, führen sie den Tod des Hundes herbei, wie dies bei früheren Versuchen !) auch von mir regelmäßig beobachtet wurde. Auf den Einfluß der Kalisalze kann dies nicht zurückgeführt werden, denn trotz der starken Hämolyse, der das intravenös eingeführte Kaninchen- blut unterliegt, ist das Vergiftungsbild ein ganz anderes als bei der Kali- vergiftung, außerdem enthielt die ein- geführte Blutmenge nicht so viel Kali- salze, daß dadurch allein der Tod der Tiere erklärt werden könnte. Die Hunde boten vielmehr trotz der angewandten Morphinnarkose bald Zeichen eines starken Schmerzes. Sie wurden unruhig und warfen sich, schrieen auch öfters laut auf, um dann allmählich in ein Stadium tiefer Lethargie überzugehen; dabei wurden Atmung und Herzschlas beschleunigt (Wegfall des zentralen Vagustonus), der Blutdruck ging, wie aus der nebenstehenden Kurve ersicht- lich ist, langsam bis nahe zur Abszisse herunter, blieb einige Zeit niedrig und stieg dann ganz allmählich wieder an. In nicht wenigen Fällen sistierte auch die Atmung völlig und mußte durch künstliche Respiration ersetzt werden. So sank beispielsweise in einem Falle der Blutdruck von 180mm Hg auf 78mm Hg: der Hund hatte 50 ccm ') G. Lefmann, Diese Beiträge 9, 80. 3 Min, nach beendigter In), I" beendet Fig. 1 Dauer der Injektion [" beginnt Abszisse Zeit 260 G. Lefmann, Kaninchenblut, d. h. 5 pro Kilogramm seines Körpergewichtes in 2 Minuten erhalten. Die Menge des eingeführten Blutes war also eine relativ sehr kleine; eine Menge von 5eem pro Kilogramm ge- nügte jedoch stets, um eine starke Blutdrucksenkung hervor- zubringen. Das geschilderte Vergiftungsbild kam auch zustande, wenn die wasserlöslichen Substanzen, also auch die Kalisalze, aus den Kaninchenblutkörperchen zuvor entfernt waren und man statt derselben nur die Stromata verwendete. Die Bereitung der Stro- mata geschah nach der von Sachs!) gegebenen Vorschrift; es wurde schließlich eine grauweißliche Masse erhalten, die auf das ursprüngliche Blutvolumen mit Kochsalzlösung verdünnt und gut durchgeschüttelt wurde. Zum Beweise ihrer Giftigkeit dient am besten folgender Versuch: Versuch VI. Hund, 5200 &, erhält in 6 Minuten 25cem, d.h. etwa 5 pro Kilogramm, Kaninchenblutstromata. Der Blutdruck sinkt, während der Injektion langsam von 156mm Hg auf 13mm Hg, um dann allmählich zur früheren Höhe an- zusteigen. Tier wird nach der Injektion verblutet. Es geht aus diesem Versuch hervor, daß die wirksame Gift- substanz im Stroma der roten Blutkörperchen enthalten ist, und daß sie entweder fest an das Stroma gebunden oder in Wasser bzw. Kochsalzlösung unlöslich ist. Es war daher, um die Gift- substanz einigermaßen zu isolieren, notwendig, andere Lösungsmittel zu verwenden, und. als das zweckmäßigste Verfahren erwies sich mir die Ätherausschüttelung nach Bang und Forssmann?), ein Verfahren, das sich, wie aus einer früheren Mitteilung) ersichtlich ist, durchaus bewährt hat. Hierzu wurde, das zu untersuchende Blut nach der Entnahme defibriniert und die Blutkörperchen durch Zentrifugieren vom Serum getrennt, danach sechsmal mit 0,85 proz. Kochsalzlösung gewaschen und mit Quarzsand zu einem gleichmäßigen Brei verrieben. Dieser Brei wurde sechsmal je 2 Stunden auf-der Schüttelmaschine mit Äther extrahiert. Danach wurde die abgegossene Äthermenge auf das ursprüngliche Volumen der Blutmenge eingeengt. Direkt vor dem Tierversuch wurde der Äther meist unter dem Gebläse durch einen Luftstrom bis auf 3 bis 4ccm verjagt und unter Zusatz von 2 bis 3ccm Alkohol in ‘) H. Sachs, Zur Kenntnis des Kreuzspinnengiftes. Diese Beiträge 2, Heft 1—3. ?) Bang und Forssmann, Beiträge 8, 238. ®) R. Gottlieb und G. Lefmann, Mediz. Klinik 1907. rd Du Zur Kenntnis der Giftsubstanzen des artfremden Blutes. 261 Kochsalzlösung gegossen, wobei gewöhnlich eine gleichmäßige Emulsion entstand. Diese Emulsion wurde, nachdem sie zuvor durch ein feinmaschiges Tuch koliert worden war, wie das früher verwendete Blut intravenös injiziert. Als sich nun herausstellte, daß die ätherlöslichen Bestandteile, die zunächst aus Kaninchenblut- körperchen bereitet und an Hunden geprüft worden waren, stets dieselben Erscheinungen hervorriefen wie das früher verwendete Kaninchenblut, da erhob sich die Frage nach dem allgemeinen Vor- kommen derartiger durch Äther extrahierbarer Stoffe, die nach dem Vorgang von Bang und Forssman als Lipoidsubstanzen be- zeichnet werden mögen, in den roten Blutkörperchen und nach ihrer Einwirkung auf den artfremden und auf den artgleichen Organismus. Die Übereinstimmung der Vergiftungssymptome einerseits bei Injektion der Blutkörperchenlipoide und andererseits bei der Gift- wirkung der verschiedenen Vollblutarten, für deren Blutkörperchen das Serum des Blutempfängers ein Hämolysin enthält, sprach dafür, daß die Lipoidsubstanzen an der Giftwirkung der gelösten art- fremden Blutkörperchen beteiligt sind. Über ihre Einwirkung auf artgleiche Tiere ließ sich jedoch überhaupt nichts mutmaßen, da unter normalen Umständen Isolysine im Serum nicht vorhanden sind, artgleiche Blutkörperchen also nicht gelöst werden. Um über diese Fragen Aufschluß zu erhalten, wurden an verschiedenen Tierarten Versuche sowohl mit artfremden, als mit artgleichen Lipoidsubstanzen ausgeführt, und zwar am Hunde, an der Katze und am Kaninchen. A. Versuche am Hunde. Versuch VI. Hund, 3120g, erhielt in Morphinnarkose innerhalb 2 Minuten 11 cem Kaninchenblutätherextrakt,. die ebensoviel Cubikeentimeter Kaninchenblut entsprachen (3,7 pro Kilogramm). Der Blutdruck sank bald nach Beginn der Injektion von 75mm Hg auf 12mm Hg, stieg dann allmählich wieder an. 30 Minuten nach Beginn der ersten Injektion wurden abermals 11 cem des gleichen Extraktes (3,7 pro Kilogramm) infundiert. Der Blutdruck sank von 355 mm Hg auf 11 mm Hg ‚und stieg dann allmählich wieder an. Während der Injektion war das Tier unruhig, atmete rascher wie zuvor, auch die Pulsfrequenz nahm zu. Tötung durch Verbluten. Versuch VII. Hund, 4500g, erhält in 4 Sekunden 4cem einer Kaninchenblutextrakt- emulsion, die 35 cem Kaninehenblut entsprachen (7,7 pro Kilogramm). Der Blutdruck sank zunächst rapid von 90mm Hg auf 21mm Hg, hielt sich einige Zeit auf dieser Höhe und sank dann langsam zur Abszisse. Tod des Tieres. 262 | G. Lefmann, Die Giftigkeit des Kaninchenblutätherextraktes für den Hund steht nach diesen Versuchen außer Zweifel. Allerdings scheinen die Lipoide der Kaninchenblutkörperchen nicht ganz so giftig zu wirken als natives Kaninchenblut, da die Menge Ätherextrakt, die nötig war, um eine deutliche Wirkung zu erzielen, fast immer größer ist, als die wirksame Menge von Kaninchenblut. Es kann dies auf Substanzverluste bei der Bereitung und beim Kolieren der Emulsion oder auf ungenügende Ausschüttelung zurückgeführt werden. Jedenfalls kann man durch die Injektion von Kaninchen- blutlipoidemulsion die gleichen Erscheinungen, Blutdrucksenkung, Atmungs- und Pulsbeschleunigung, an Hunden hervorrufen, wie mittels nativer Kaninchenblutkörperchen. Bei Zuführung größerer Mengen von Lipoidsubstanzen erfolgte der Tod; aber wenn die Tiere nicht während der Versuche eingingen, und wenn der Blut- druck nach vollendeter Injektion wieder in die Höhe ging, so blieben sie meistens am Leben, im Gegensatz zu den bei den Versuchen mit nativem Kaninchenblut verwendeten Hunden, die ausnahmslos an den Folgen der Injektion zugrunde gingen. Danach scheinen die Giftsubstanzen entweder bei dem geübten Verfahren nicht vollständig in Äther überzugehen oder es sind überhaupt nicht alle Giftsubstanzen der Stromata ätherlöslich. Auch ein anderer Unterschied zwischen der Einwirkung von nativen Blutkörperchen und den Lipoiden des Kaninchens muß hier Er- wähnung finden. War nach der Injektion der Kaninchenblut- körperchen der Blutdruck des Hundes gesunken, so vermochte eine zweite Injektion von Kaninchenblutkörperchen keine weitere Senkung hervorzurufen; dies beruht auf dem Unvermögen des- Hundeserums, die bei der zweiten Injektion in den Kreislauf ge- langten artfremden Blutkörperchen aufzulösen. Die Lipoidemulsion wirkte indessen bei jeder neuen Injektion von neuem blutdruck- senkend (vgl. Versuch VII), da eine Mitwirkung des Serums des Blutempfängers dabei nicht in Frage kommt. Von artfremden Lipoiden wurden am Hunde noch Katzen- lipoide auf ihre Wirkung geprüft. Die Bereitung derselben ge- schah in der gleichen Weise, ihre Wirkung war jedoch geringer als die der Kaninchenlipoide, wie aus den folgenden Versuchen ersichtlich ist. Versuch IX. Hund, 8000 g, erhält in Morphinnarkose in 2 Minuten 40cem Katzen- lipoidemulsion, entsprechend 80cem Katzenblut (10 pro Kilogramm). Der Blutdruck sank von 140mm Hg auf 80 mmHg. Nach der Injektion war'das Zur Kenntnis der Giftsubstanzen des artfremden Blutes. 263 Tier, das sich vorher lebhaft bewegt hatte, schlaff gelähmt, der Corneal- reflex fehlte, die Atmung war dyspnoisch und aussetzend. N. vagus bei 20mm Rollenabstand (8 Einheiten) erreebar. Allmählich besserte sich der Zustand des Tieres, der Blutdruck stieg, die Atmung wurde ruhiger und regelmäßiger; 40 Minuten nach Beendigung der Injektion ist das Tier völlig munter und läuft umher. Bleibt am Leben. Versuch X. i Hund, 4500, erhält in 2 Minuten 40cem Katzenlipoidemulsion , ent- sprechend 80 ccm Katzenblut intravenös injiziert (17,7 pro Kilogramm). Nach der Injektion sinkt der Blutdruck von 122mm Hg auf 92mm He, die Atmung wird beschleuniet, die Muskulatur erschlafft; allmählich steigt der Blutdruck wieder, das Tier erholt sich, bleibt am Leben. Wie aus diesen Versuchsprotokollen hervorgeht, wurden durch- schnittlich größere Mengen von Katzenlipoiden als von Kaninchen- lipoiden verwendet, und obwohl die Tiere nach der Injektion von Katzenlipoiden stets schwer vergiftet waren, der Blutdruck stark sank, die Atmung beschleunigt und die Muskulatur schlaff wurde, also die nämlichen Erscheinungen eintraten, wie nach der Injektion von Kaninchenlipoiden, blieben die Hunde fast stets am Leben. Es scheint mir hieraus hervorzugehen, daß die Katzenlipoide für den Hund entweder weniger giftig sind als die Kaninchenlipoide, oder daß aus Katzenblut weniger von diesen ätherlöslichen Giftstoffen extrahiert wird als aus Kaninchenblut. Derartige quantitative Unterschiede entsprechen durchaus den Erfahrungen, die man sonst bei der Injektion artfremden Blutes hinsichtlich seiner Giftigkeit macht, wenn das Serum des Blutempfängers gleich stark hämolytisch auf verschiedene Blutsorten einwirkt. Von prinzipieller Bedeutung ist Jedoch, daß auch das Katzenblut Lipoidsubstanzen enthält, die für den Hund giftig sind. Ganz anders gestalteten sich die Versuche mit Hundelipoiden an Hunden. Die hierzu nötigen Emulsionen werden genau in der früher angegebenen Weise bereitet. Versuch XI. Hund, 4000 g, erhält in 10 Minuten 50 ccm Hundelipoide, entsprechend 80 ccm Hundeblut (20 pro Kilogramm). Blutdruck steigt während der In- jektion von 196 mm Hs auf 198mm Hg, sonstige Erscheinungen treten nicht ein. Tier bleibt am Leben. Versuch XI. Hund, 4200, erhält innerhalb 3 Minuten 45cem Hundelipoide, ent- sprechend 90 cem Hundeblut (21,4 pro Kilogramm) intravenös injiziert. Die ‚Atmung blieb ruhig, der Hund zeigte keine abnormen Erscheinungen. Der Blutdruck sank nach Injektion von 150mm Hg auf 140mm Hg. Tier blieb am Leben. 264 G. Lefmann, Während also die Injektion artfremder Lipoid- emulsionen stets eine starke Vergiftung des Hundes zur Folge hatte, wurden artgleiche Lipoidemulsionen vom Hunde stets gut ertragen. Weder am Blutdruck noch an der Atmung noch sonst irgendwie zeigten sich bedrohliche Erschei- nungen. Dabei wurden stets größere Mengen (20 bzw. 21,4 cem pro Kilogramm in Versuch XI und XII) artgleicher Lipoidsubstanzen eingeführt als artfremder. Auch wurden die verwendeten Lipoid- substanzen stets auf ihre Giftigkeit für artfremde Tiere, Katze und Kaninchen, geprüft, um der Wirksamkeit der Emulsion sicher zu sein. Schließlich wurden auch die zu den Versuchen mit art- gleichen Lipoiden verwendeten Hunde auf ihre Empfindlichkeit gegen artfremde Lipoide geprüft, wie dies z. B. im folgenden Versuche geschah: Versuch XI. Hund, 3200 &, erhält innerhalb 2 Minuten 25ccem Hundelipoide, ent- sprechend 50cem Hundeblut (14,3 pro Kilogramm) intravenös injiziert. Blutdruck steigt während der Injektion von 112mm He auf 134mm He. Tier ganz normal. Nach 7 Minuten Injektion von 25ccm Katzenlipoiden, entsprechend 50 ccm Katzenblut (14,3 pro Kilogramm) in die gleiche Vene. Blutdruck sinkt von 134mm Hg auf 80 mm Hg. Allmählicher Wiederanstieg des Blutdrucks. Tier wird verblutet. Aus den angeführten Versuchen, die mehrfach wiederholt wurden und stets in der gleichen Weise ausfielen, geht demnach hervor, daß Kaninchen- und Katzenlipoide für den Hund giftig, Hundelipoide aber ungiftig sind. B. Versuche an der Katze. An der Katze wurden Versuche mit Kaninchen-, Hunde- und Katzenlipoiden angestellt. Die Versuche wurden dadurch etwas erschwert, daß die Katze gegen intravenöse Blutinjek- tionen überhaupt sehr empfindlich ist; bei einer Injektion von defibrinierttem Katzenblut sank beispielsweise der Blutdruck von 141mm Hg auf 155mm Hg. Diese auch von Brodie konstatierte Empfindlichkeit der Katzen wurde schon früher erwähnt. Im übrigen waren die Resultate jedoch bei der Injektion von art- gleichen und von artfremden Lipoidemulsionen derartig verschieden, daß sie sehr wohl in den Rahmen der übrigen Versuchsergebnisse hineinpassen. Versuch XIV. Katze, 3000 g, erhielt in '/, Minute 12,5ecm Kaninchenlipoidemulsion, entsprechend 25 cem Kaninchenblut (8,3 pro Kilogramm) intravenös injiziert; Dr EEE a Zur Kenntnis der Giftsubstanzen des artfremden Blutes. 265 der Blutdruck sank von 148 mm Hg auf 483mm Hg. Das Tier zeigte Schmerz- äußerungen, die Atmung blieb stehen, erholte sich jedoch nach wenigen Minuten wieder. Auch der Blutdruck stieg wieder an. Nach 11 Minuten weitere Injektion von 10cem Kaninchenlipoiden in 1 Minute, entsprechend 20cem Kaninchenblut (6,6 pro Kilogramm). Der Blutdruck sank von 164mm He auf 54mm Hg, die Atmung stand still, erholte sich jedoch wieder. Auch der Blutdruck stieg wieder auf 158mm Hg. Das Tier wurde ab- gespannt, die Corneal- und Hautreflexe fehlten völlige. Trotz hohen Blut- druckes völlig ausgebildete schlaffe Lähmung. Tier blieb am Leben. Versuch XV. Katze, 3000, erhielt in 1'/, Minuten 14 ccm Hundelipoidemulsion, ent- sprechend 28ccm Hundeblut (9,3 pro Kilogramm) intravenös injiziert. Der Blutdruck blieb anfänglich hoch, trotz eintretenden Atemstillstandes. Die Cornealreflexe fehlten nach vollendeter Injektion. Allmählich ging auch der Blutdruck, der zuvor 180mm Hg betragen hatte, auf 34mm Hg herunter. Tod des Tieres 3 Minuten nach der Injektion. Das Vergiftungsbild, das Kaninchen- und Hundelipoide an der Katze hervorrufen, ist demnach etwas abweichend von dem am Hunde beobachteten. Die Blutdruckveränderungen treten gegen- über den allgemeinen schweren . Vergiftungs- und Lähmungs- erscheinungen mehr in den Hintergrund, obwohl auch bei der Katze Blutdrucksenkungen nie ausblieben. Allerdings waren die- selben mehr vorübergehender Art, während die übrigen Erschei- nungen länger andauerten, wie dies z.B. der angeführte Versuch XV zeigt. Die benötigten Mengen waren weder für die Kaninchen- noch für die Hundelipoide besonders groß. Um eine deutliche Giftwirkung hervorzurufen, genügten etwa 6 bis 10 ccm pro Kilo- gramm. Etwas eingehender müssen jedoch die Einwirkungen der Katzen- lipoide an der Katze betrachtet werden, wie sie die folgenden Versuchsprotokolle wiedergeben. Versuch XVl Katze, 19002, erhält in 2 Minuten l14ccm Katzenlipoidemulsion, ent- sprechend 28ccm Katzenblut (14,7 pro Kilogramm) intravenös injiziert. Der Blutdruck sinkt von 128mm He auf 122 mm Hg, das Tier zeigt sonst keine Störungen. Bleibt am Leben. Versuch XVN. Katze, 1750 OD erhält in 4 Minuten 50cem Katzenlipoidemulsion, ent- sprechend 50 cem Katzenblut (28,5 pro Kilogramm) intravenös injiziert. Der Blutdruck sinkt von 142mm Hg auf 120 mm Hg, das Tier we: jedoch munter und zeigt keine Spur von Narkose. 266 G. Lefmann, Versuch XVII. Katze, 1650, erhält in 2 Minuten 25ccm Katzenlipoidemulsion, ent- sprechend 50 ccm Katzenblut (30 pro Kilogramm) intravenös injiziert. Der Blutdruck sinkt von 110mm Hg zur Abszisse. Tier nach Beendigung der Injektion tot. Versuch XIX. Katze, 2350, erhält in 3 Minuten 25cem Katzenlipoidemulsion, ent- sprechend 50ccm Katzenblut (21,2 pro Kilogramm) intravenös injiziert. Blutdruck sinkt von 166mm He auf 146mm Hg. Tier sonst normal. Nach 20 Minuten weitere Injektion von 25 ccm Hundelipoidemulsion, entsprechend 50ccm Hundeblut (21,2 pro Kilogramm). Der Blutdruck, der wieder auf 164mm Hg gestiegen war, sinkt auf 112mm Hg. Die Muskulatur ist völlig schlaff, die Atmung erfolgt stoßweise (Frequenz 14 bis 16 pro Minute). Der Cornealreflex fehlt. Nach dem Abspannen zeigt das Tier keine Reaktion auf Kneifen der Zehen usw. Die Atmung wird allmählich besser, es treten tonische und klonische Muskelkrämpfe auf, Pupillen sind maximal erweitert, völlige Reaktionslosigkeit. Nach 45 Minuten Wiederauftreten des Corneal- reflexes, ruhigere Atmung. Tier kann sitzen, aber noch nicht stehen. Bleibt am Leben. Die Versuche XVI, XVII und XVIII zeigen eine deutliche Zunahme der Giftwirkung der artgleichen Lipoidemulsion pro- portional der injizierten Menge; während 14,7 ccm pro Kilogramm noch gut vertragen wurden, sank bei 28,5 pro Kilogramm der Blut- druck, ohne daß sonstige Erscheinungen auftraten. Bei 50,0 pro Kilogramm trat der Tod ein. Dieser Befund steht im Gegensatz zu der Ungiftigkeit artgleicher Blutkörperchenlipoide am Hunde und, wie wir später sehen werden, mit den damit analogen am Kaninchen gewonnenen Versuchsergebnissen. Vom Hunde wurden artgleiche Lipoide in einer Menge von 20,0 und 21,4 pro Kilogramm gut vertragen und ebenso lösten 25,0 pro Kilogramm beim Kaninchen keine Giftwirkung aus. Worauf das abweichende Verhalten der Katze beruht, läßt sich nicht sagen. Zufälligkeiten bei der Ver- suchsanordnung können wir nicht annehmen, da die Versuche mehrfach wiederholt stets das gleiche Ergebnis hatten. Indessen besteht doch insofern eine Übereinstimmung der Katzenversuche mit den am Hunde erhaltenen Resultaten, als auch an der Katze artfremde Lipoide ungleich giftiger wirkten als artgleiche, wie dies z. B. aus Versuch XIX deutlich hervorgeht, in dem 21,2 pro Kilo- gramm Katzenlipoide ohne weiteres vertragen wurden, während die Injektion der gleichen Menge Hundelipoide schwere Störungen, Narkose und Krämpfe, zur Folge hatte. Es sind also für die Katze Hunde-, Kaninchen- und Katzenlipoide giftig, letztere aber erst in weit größerer Menge als die beiden ersteren. ara ZEN WEL I De TE = A AlEE - ee et Da Zar ET FERIENTERMINE TEEN Zur Kenntnis der Giftsubstanzen des artfremden Blutes. 267 C. Versuche am Kaninchen. Am Kaninchen wurden außer Hunde-, Katzen- und Kaninchen- lipoiden noch Schweine- und Rinderlipoide geprüft, um die Wirk- samkeit verschiedener Lipoidarten untereinander vergleichen zu können. Die Bereitung der Emulsion geschah gewöhnlich in der beschriebenen Weise, nur die Rinderlipoide wurden in der Weise gewonnen, daß der Blutkörperchenbrei zunächst bei etwa 30% im Vakuum zur Trockne gebracht und das so erhaltene Pulver 24 Stunden im Soxhletapparat extrahiert wurde, ein Verfahren, auf das später kurz noch eingegangen werden soll. Im übrigen können wir auf eine Wiedergabe der vollständigen Versuchs- protokolle bei den Kaninchenversuchen verzichten, da dieselben im großen und ganzen den Hundeversuchen gleichen. Die In- jektion erfolgte stets in die Vena jugularis, der Blutdruck wurde in der Carotis gemessen. Die artfremden Lipoide riefen regelmäßig Blutdrucksenkung, beschleunigte Atmung und erhöhte Pulsfrequenz hervor, wie dies schon früher bei der Katze und beim Hunde be- schrieben wurde. Die narkotisierende Wirkung der Emulsion kam weniger deutlich zum Vorschein, weil die Kaninchen meist urethani- siert waren und für die Beobachtung der ersten Narkosesymptome ungeeignetere Objekte sind als Katze und Hund. Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Giftigkeit der einzelnen Lipoidarten beim Kaninchen. Dauer der Blutdruck Injektion Verlauf in Minuten pro Kilogramm Hundelipoide . . 6,6 120— 0 1,5 . tot Rinderlipoide . . 12,7 100— 0 1,0 tot Schweinelipoide . 14,1 102—46 2,0 verblutet Katzenlipoide . . 14,2 120—48 5,0 —_ Kaninchenlipoide. 25,0 90—86 3,0 bleibt am Leben -Am giftigsten wirken nach dieser Tabelle die Hunde- und die Rinderlipoide, weniger die Schweine- und die Katzenlipoide. Die Kaninchenlipoide riefen überhaupt keine Giftwirkung beim Kaninchen hervor. Diese Beobachtung entspricht durchaus nicht den Erfahrungen, die bei der Transfusion der entsprechenden art- fremden intakten Blutkörperchen gemacht wurde. Unveränderte Katzenblutkörperchen wurden beim Kaninchen allerdings nicht in- Jiziert. Von den übrigen Blutarten wirken erfahrungsgemäß am giftig- sten die Schweineblutkörperchen, weniger die Hundeblutkörperchen 268 G. Lefmann, und erst in sehr großen Mengen die Rinderblutkörperchen. Diese Inkongruenz ist aber ohne weiteres verständlich, wenn man sich das Zustandekommen der Giftwirkung bei Injektionen artfremder Blut- körperchen, wie es zu Beginn dieser Arbeit geschildert wurde, vergegenwärtigt und namentlich für das Schweineblut die Wirkung der Kalisalze berücksichtigt. Wollte man den Versuch machen, festzustellen, ob aus verschiedenen Blutsorten hergestellte Lipoid- emulsionen hinsichtlich ihrer Giftigkeit mit den verwendeten Blut- arten genauer übereinstimmen, so müßte man einmal die Wirkung der Kalisalze ausschalten, also nur Blutkörperchenschatten ver- wenden; ferner aber müßte der Hämolysingehalt des Serums des Blutempfängers für alle verwendeten Blutsorten ganz gleich sein, eine Forderung, der kein Versuchstier entspricht und die sich auch durch vorherige immunisatorische Behandlung nicht erreichen läßt. Von prinzipieller Bedeutung ist jedoch die Tatsache, daß alle verwendeten artfremden Lipoidemulsionen mehr oder minder stark giftig wirken, während die artgleichen Lipoide selbst in sehr großer Menge gänzlich wirkungslos blieben. Dieser Befund stimmt durchaus mit den am Hunde er- hobenen überein. Die ätherlösliche, giftige Substanz der artfremden Blut- körperchen wurde bisher kurz als Lipoidsubstanz bezeichnet, im Anschluß an die gleichartige Nomenklatur von Bang und Forss- man, die in den roten Blutkörperchen zahlreiche chemisch nicht genau charakterisierte Substanzen festgestellt haben, die sie mit den Immunkörpern — den natürlichen sowohl wie den künstlich erzeugten — in Beziehung bringen. Inwieweit es sich hier um Cholesterine und Leecithine oder auch um Substanzen handelt, die mit den Eiweißkörpern in Beziehung stehen, d.h. um Verbindungen der Lecithine mit Eiweiß, soll nicht genauer erörtert werden. Die Lipoidsubstanzen geben jedenfalls zum Teil die Biuretreaktion. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß sich aus dem Ätherextrakt der roten Blutkörperchen durch fraktionierte Darstellung Körper von verschiedener physiologischer Wirkung isolieren ließen, und daß sich eine genauere Definierung des Giftstoffes oder, was das Wahr- scheinlichere ist, der verschiedenen Giftstoffe ermöglichen ließe, die in der Lipoidemulsion enthalten sind. Es wurden auch Versuche nach dieser Richtung angestellt, die aber noch nicht zum Abschluß gekommen sind. An dieser Stelle sollen nur einige Eigenschaften des nach dem "Verfahren, von Bang und Forssman erhaltenen a2. Aus Dec za A er n n znn lu an ERNANNT Ze ey = N Ma Zur Kenntnis der Giftsubstanzen des artfremden Blutes. 269 Ätherextraktes besprochen werden. Vorerst drängte sich die Frage auf, ob das hellgelbliche fettige Substanzgemenge, das bei der Extraktion der roten Blutkörperchen gewonnen wurde, nicht aus- schließlich bei Anwendung gewöhnlichen wasserhaltigen Äthers, sondern auch bei der Extraktion mit völlig wasserfrei gemachtem Äther zu erhalten sei. Um dies zu entscheiden, wurde eine größere Menge Äther (etwa 2 Liter) mehrmals mit destilliertem Wasser gewaschen, um etwa vorhandenen Alkohol zu entfernen; danach die Ätherschicht vom Wasser getrennt und 10 Tage über fein geschnittenem Natrium unter Chlorcaleiumabschluß getrocknet. Der so bereitete Äther wurde dann zur Extraktion verwandt und zwar wurden getrocknete Kaninchenblutkörperchen damit ausgeschüttelt und Rinderblutkörperchen im Soxhletapparate extrahiert. Den Versuch am Hunde mit Kaninchenlipoiden gibt folgendes Versuchs- protokoll wieder: Versuch XX. 100 ccm Kaninchenblut wurden defibriniert und sechsmal mit 0,85 proz. Kochsalzlösung gewaschen; zuletzt scharf zentrifugiert, bis nur eine kleine Volummenge Blutkörperchen übrig blieb. Dieselbe wurde im Vakuum bei 30° getrocknet und die so erhaltene braunschwarze Masse fein gepulvert, danach in üblicher Weise mit dem wasserfreien Äther auf dem Schüttel- apparate extrahiert. Nach Einengung der Äthermenge bis auf etwa 3cem und Zusatz von 2cem absoluten Alkohols wurde mit etwa 22cem 0,85 proz. Kochsalzlösung eine trüb-milchige Emulsion erhalten und einem Hunde von 3000g in 1 Minute in die Vena jugularis injiziert. Der Blutdruck wurde in der Carotis gemessen. Nach der Injektion sank der Blutdruck von 134mm Hg auf SO mm Hg, das Tier war völlie schlaff gelähmt, die Atmung und der Puls beschleunigt. Nach kurzer Zeit erholte sich das Tier wieder, auch der Blutdruck stieg wieder an. Das Tier ward verblutet. Das durch Injektion der mit wasserfreiem Äther extrahierten Kaninchenlipoide am Hunde erzeugte Vergiftungsbild unterschied sich also durch nichts von dem früher beschriebenen, das durch Injektion von Lipoiden, die mit gewöhnlichem Äther extrahiert worden waren, hervorgerufen war. Ebenso verliefen die anderen am Hunde angestellten Versuche mit durch wasserfreien Äther extrahierten Kaninchenlipoiden. Es kann deshalb keinem Zweifel unterliegen, daß die giftig wirkenden Substanzen der roten Blut- körperchen in wasserfreiem Äther löslich sind. Es mögen hier noch zwei Versuche Erwähnung finden, die über die Löslichkeit der Giftsubstanzen im Alkohol und in Chloro- form Aufschluß geben sollten; als geeignetstes Objekt wurden wieder Kaninchenlipoide am Hunde geprüft und wie folgt ver- fahren. 270 G. Lefmann, Versuch XXI. 85 cem defibrinierten Kaninchenblutes wurden wie gewöhnlich mit Äther extrahiert und nach Einengung des Äthers bis auf etwa 2 ccm 20 cem absoluten Alkohols zugesetzt. Der hierbei entstehende dicke Niederschlag wurde sorgfältig abfiltriert und das Filtrat auf dem Wasserbade bis auf 2cem eingedampft, hierauf mit Zusatz von 22cem 0,85proz. Kochsalzlösung eine Emulsion bereitet und einem Hunde von 8000 (6,10 pro Kilogramm) in einer Minute injiziert. Der Blutdruck sank nach der Injektion von 171mmHg auf 162mm Hg. Sonstige Erscheinungen traten nicht ein. Dem gleichen Tiere wurde 22 Minuten nachher eine zweite Emulsion injiziert, die ebenfalls aus 8öcem Ätherextrakt aus Kaninchenblutkörperchen bereitet war; nach Einengung des Äthers auf etwa 2cem wurden 20 cem Chloroform zugesetzt und der entstandene feine Niederschlag durch glattes Filterpapier abfiltriert. Das Filtrat wurde auf dem Wasserbade bis auf 2ccm etwa ein- gedampft und unter Zusatz von 2cem Alkohol mit 20 ccm 0,85 proz. Koch- salzlösung aufgenommen. Die so entstandene Emulsion wurde ebenfalls in- travenös injiziert; der Blutdruck sank nach der Injektion von 167mm He auf 127mm He; sonstige Erscheinungen traten jedoch nicht ein. Nach wenigen Minuten stieg der Blutdruck wieder an; das Tier blieb am Leben. Es scheint demnach, daß die Kaninchenlipoide weder in Alkohol noch in Chloroform löslich sind. Wahrscheinlich stellen sie den weißen Niederschlag dar, der bei dem Zusatze von Alkohol bzw. Chloroform zu dem Ätherrückstand ausfiel. Daraus würde sich auch die Beobachtung erklären, daß die nach der Entfernung der Niederschläge entstehende Emulsion nicht sehr trübe ist. Ob sich die Lipoidsubstanzen aus den Niederschlägen wieder in Lösung bringen lassen, und danach die typischen Er- scheinungen bei intravenöser Injektion hervorrufen, bedürfte noch genauerer Untersuchung. Um die Löslichkeitsverhältnisse der giftigen Substanz zu charakterisieren und die Bezeichnung „Lipoide* zu rechtfertigen, wurde mit Rücksicht auf das von Hans Meyer und Overton für die Narkotika aufgestellte Gesetz auch die Fettlöslichkeit der giftigen Substanz geprüft. Zu diesem Zwecke mußte zunächst festgestellt werden, ob aus Olivenöl, das nach der Angabe von Hammarsten säurefrei gemacht worden war, Stoffe in Kochsalz- lösung übergehen können, welche den Blutdruck des Kaninchens verändern. Wie zu erwarten war, fiel ein derartiger Versuch völlig negativ aus. Ein Kaninchen von 1100g vertrug sehr gut eine intravenöse Injektion von 50ccm Kochsalzlösung, die zuvor 2 Stunden lang mit Olivenöl geschüttelt und durch Zentrifugieren vom Öl wieder vollständig getrennt worden war. Nachdem somit die Methodik keine Schwierigkeiten mehr bot, wurden folgende Versuche angestellt. E m WIRT FALTEN UT =. a E12 » Zur Kenntnis der Giftsubstanzen des artfremden Blutes. 271 Versuch XXI. 200 cem Rinderlipoide, die durch Extraktion mittels des Soxhlet- apparates gewonnen waren und von denen l4 cem genügten, um ein Kaninchen von 1000 g fast sofort zu töten (12,7 pro Kilogramm), wurden bis auf etwa 5ccm eingedampft und mit 2cem Alkohol versetzt, hernach mit Kochsalz- lösung auf 100ccm gebracht, wobei eine ziemlich trübe Emulsion entstand. Dieselbe wurde mit 100cem des zuvor geprüften Olivenöls 2 Stunden auf dem Schüttelapparate geschüttelt und dann die wässerige Schicht von der öligen durch Zentrifugieren getrennt. Die wässerige Emulsion, die viel weniger trübe war, als die ursprüngliche Kochsalzemulsion vor der Aus- schüttelung, wurde dann einem Kaninchen von 1250 & intravenös in 3 Minuten injiziert. Das Tier verhielt sich dabei ganz ruhig, bot keinerlei Schmerz- äußerungen dar. Erst nachdem 40cem entsprechend 80cem Rinderblut (63,2 pro Kilogramm) injiziert worden waren, wurde das Tier dyspnoisch. Allmählich sistierte die Atmung und der Blutdruck sank von 62mm He zur Abszisse. Tod des Tieres 5 Minuten nach Beginn der Injektion. Versuch XXI. Kaninchen, 1000 &, erhält in 1 Minute 15 eem Rinderlipoide, entsprechend 30ccm Rinderblut (30 pro Kilogramm) intravenös injiziert, die genau wie in Versuch XXII mit Olivenöl zuvor ausgeschüttelt worden waren. Der Blutdruck stieg nach der Injektion von 100 auf 103mm Hg. Tier 15 Mi- nuten nach Beginn der Injektion völlig unverändert, zeigt keine Spur von Narkose. Während von den verwendeten Rinderlipoiden 12,7 pro Kilo- gramm den sofortigen Tod des Tieres herbeiführten, gelang es somit, durch vorheriges Ausschütteln mit Olivenöl die Emulsion ‚fast völlig zu entgiften; 30,0 pro Kilogramm wurden ohne erkenn- bare Schädigung vertragen und der sonst beobachtete Vergiftungs- zustand trat erst ein, als etwa das Fünffache (63,2 pro Kilogramm) der tödlichen Dosis injiziert worden war. Es ist also möglich, die Giftigkeit der Lipoidemulsion durch Ausschüttelung mit Olivenöl stark herabzusetzen infolge der Fettlöslichkeit der giftigen Lipoidsubstanz, deren Affinität zum verwendeten Olivenöl offenbar sehr viel größer ist als zu der physiologischen Kochsalz- lösung. Die Lipoidsubstanzen stimmen somit in bezug auf ihren Teilungskoeffizienten mit dem von Hans Meyer und Overton für die indifferenten Narkotika festgestellten Verhalten überein. Wie schon mehrfach erwähnt, wurde die Ätherausschüttelung nach der von Bang und Forssman angegebenen Methode in der Kälte vorgenommen, und bei der Extraktion mit wasserfreiem Äther wurde das zur Verwendung kommende Blut bei einer 300 nicht übersteigenden Temperatur im Vakuum getrocknet. Es geschah dies in erster Linie deshalb, weil mit der Möglichkeit ge- 972 G. Lefmann, rechnet werden mußte, daß es sich um Substanzen handle, die höhere Hitzegrade und länger andauernde Hitzeeinwirkung nicht vertrügen. Zur genaueren Orientierung wurden jedoch Lipoid- emulsionen, deren Wirkung zuvor bekannt war, auf ihre Wärme- empfindlichkeit geprüft, worüber die folgenden Versuche Aufschluß geben. | Versuch XXIV. Kaninchen, 1750&, erhält in 1 Minute 18ccm Schweinelipoide, die \/, Stunde im Wasserbade bei 70° erhitzt worden war, entsprechend 36 cem Schweineblut (20,5 pro Kilogramm) intravenös injiziert. Der Blutdruck sank sofort von 61mm He zur Abszisse. Tod des Tieres. Versuch XXV. Ein kleiner Hund von 1700& erhält in Y/, Minute 5ecm Kaninchen- lipoidemulsion, die 2 Stunden bei 60° auf dem Wasserbade erhitzt worden war, entsprechend l10ccm Kaninchenblut (2,8 pro Kilogramm) intravenös injiziert. Der Blutdruck sank von 68mm Hg auf 62mm Hg. 20 Minuten nach vollendeter Injektion erneute Injektion von weiteren 5ccm Kaninchen- lipoiden, die in gleicher Weise präpariert worden waren, in ebenfalls ‘/, Minute. Der Blutdruck sank von 33mm Hg auf 12mm Hg. Das Tier ist völlig narkotisiert und schlaff gelähmt; Cornealreflexe erhalten; erholt sich langsam wieder; bleibt am Leben. Die Möglichkeit, die Lipoidemulsion auf ihre Kochbeständigkeit zu prüfen, war dadurch erschwert, daß bei längerer Einwirkung der Siedehitze große Flocken ausfielen, die vor der Transfusion entfernt werden mußten, um Thrombosen und Embolien zu ver- meiden. Kurzdauernde Einwirkung von Siedetemperatur wurde dagegen vertragen und die Lipoidemulsion war in gleicher Weise wirksam wie nach längerer Einwirkung von Temperaturen von 60 und 70°, die, wie aus den Versuchen XXIV und XXV hervor- geht, die Giftigkeit in keiner Weise herabsetzen. Auch beeinflusst die Extraktion mit siedendem Äther im Soxhletapparate, wie sie zur Darstellung der Rinderlipoide in Anwendung kam, die Wirksamkeit der Emulsion in keiner Weise. Es handelt sich hier also offenbar um Substanzen, die in hohem Grade thermo- stabil sind. Die Untersuchung der Lipoide der roten Blutkörperchen fand in erster Linie statt, um ihre Beteiligung bei den Transfusions- wirkungen artfremden und artgleichen Blutes klarzustellen; es ist jedoch anzunehmen, speziell mit Rücksicht auf die ganz ähnlichen Wirkungen, welche artfremdes Zellmaterial, in den Kreislauf ge- bracht, hervorruft, daß die gleichen oder ähnliche Substanzen ENTE REEL Zur Kenntnis der Giftsubstanzen des artfremden Blutes. 2753 überall im Organismus vorkommen, und daß zahlreiche, bisher nicht genauer bekannte Vorgänge bei der Einführung artfremden Zellmaterials zum Teil wenigstens auf einer Mitbeteiligung der betreffenden Lipoidsubstanzen beruhen. Es bedarf jedoch erst einer genaueren Kenntnis der in den verschiedenen Zellen des Organismus vorkommenden Lipoidsubstanzen, um eine derartige Fragestellung zu ermöglichen. Schlußsätze. 1. Die intravenöse Injektion von Lipoidsubstanzen artfremder roter Blutkörperchen ruft beim Hunde, bei der Katze und beim Kaninchen ein Vergiftungsbild hervor, das sich durch Blutdruck- senkung, Atmungs- und Pulsbeschleunigung, Erscheinungen von Lähmung und Narkose kennzeichnet. 2. Die Lipoidsubstanzen der artgleichen roten Blutkörperchen sind für den Hund und das Kaninchen in der Regel ungiftig, für die Katze zwar giftig, jedoch erst in viel größerer Menge als die artfremden Lipoidsubstanzen. 3. Die giftig wirkenden Lipoidsubstanzen sind in wasserfreiem Äther löslich, in Alkohol und Chloroform unlöslich. 4. Die Lipoidsubstanzen lassen sich aus einer Kochsalzemulsion durch Schütteln mit Olivenöl größtenteils entfernen. 5. Die Lipoidsubstanzen sind, mit Kochsalzlösung zu einer Emulsion gebracht, thermostabil. Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 18 xIx. | Zur Kenntnis des Lysinogens der Blutscheiben. ‘Von Dr. Kenji Takaki (Tokio, Japan)] E.[(Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) Für die wissenschaftliche Kenntnis der Vorgänge, die zur Bildung der Hämolysine im Tierkörper führen, ist eine nähere Kenntnis der chemischen Natur des Lysinogens, d.h. jenes Bestand- teiles der Blutscheiben, der die Hämolysinbildung auslöst, von besonderer Wichtigkeit. Vor kurzem haben nun Bang und Forssman eine ergebnisreiche Arbeit über die Natur der hämo- lysinogenen Substanz der roten Blutkörperchen veröffentlicht, deren Ergebnisse wörtlich lauten: | „Durch Extraktion der Blutkörperchen oder der Stromata mit Äther läßt sich eine Substanz ausziehen, die bei Injektion in den Versuchstieren Hämolysinbildung bewirkt. Der Immunkörper, den man hierdurch erhält, ist mit dem identisch, den man durch In- jektion von Blutkörperchen erhält. Die lysinogene Substanz verträgt in Kochsalzlösung suspendiert Siedetemperatur durch 1 bis 2 Minuten (vielleicht auch länger, was wir jedoch nicht untersucht haben), ist also kochbeständig. Sie verträgt auch kurzes, !/, Minute dauerndes, Kochen in einem alkalischen und salzsauren Medium. Sie ist in Äther, Aceton, kaltem und heißem Alkohol verschiedener Konzentration und in Essigäther unlöslich, während sie von kochendem Benzol gelöst wird und darin auch nach dem Abkühlen gelöst bleibt. Daß sie trotz der Unlöslichkeit in reinem Äther in das erste Ätherextrakt übergeht, läßt sich aus der Gegenwart acetonlöslicher Körper er- klären, welche ihre Ätherlöslichkeit vermitteln. Auf Grund ihrer chemischen Reaktionen läßt sich mit Sicherheit sagen, daß sie nicht Fett oder Cholesterin oder ein Eiweißkörper ist; ebensowenig Zur Kenntnis des Lysinogens der Blutscheiben. 375 ist sie nach ihren chemischen Eigenschaften unter die bis jetzt bekannten Phosphatide oder Oerebroside einzureihen.“ Letzterer Ausspruch gründet sich auf die von den Autoren untersuchten Löslichkeitsverhältnisse der lysinogenen Substanz, nicht etwa auf analytische Befunde. Die Beobachtung, daß die lysinogene Substanz sich aus feuchten Blutkörperchen durch Äther extrahieren läßt, wurde bereits von Landsteiner und Dautwitz bestätigt. Doch ist gegen die Beweiskraft dieser Beobachtung der Einwand erhoben worden, es sei nicht ausgeschlossen, daß die Ätherlöslichkeit des Lysinogens nur durch Beimengung von Wasser oder nicht sicht- barer und nicht abfiltrierbarer kleinster Mengen von Blut und Blut- bestandteilen bedingt sein könnte, zumal die erzielte Hämolysin- bildung stets nur eine sehr geringe war. Dieser Einwand verliert allerdings im Hinblick auf die von Bang und Forssman aus- geführte oftmalige Extraktion und Filtration stark an Gewicht, zumal sich damit die beobachtete Löslichkeit des Lysinogens in heißem, und Unlöslichkeit in kaltem Benzol schwer vereinigen läßt. Jedenfalls war es von großem Interesse, auf dem von Bang und Forssman gewiesenen Wege der Natur der fraglichen Substanz nachzugehen. Ich folgte daher gern der Aufforderung von Herrn Prof. Hofmeister, sie besser zu charakterisieren und ihre Natur womöglich durch Analyse festzustellen. Die nächste Aufgabe war, zu ermitteln, wie man möglichst große Menge von Lysinogen am bequemsten extrahiert. Zu diesem Zwecke habe ich als Ausgangsmaterial trockene Blutkörperchen benutzt, obgleich Bang und Forssman frisches Material vor- ziehen. Das verwendete Pferdeblut war gleich nach dem Tode entnommen. Die Blutkörperchen wurden durch Zentrifugieren von Serum befreit, zweimal mit 0,9proz. Kochsalzlösung gewaschen; von der Kochsalzlösung durch Zentrifugieren getrennt, auf Glasplatten in dünner Schicht bei 370 getrocknet, die trockene Masse dann in einer Pulvermühle pulverisiert. Das erhaltene Blutkörperchen- pulver ging ohne Schwierigkeit durch ein feines Pferdehaarsieb und war für die Extraktion sehr geeignet. Es wurde in einem selbsttätigen großen Extraktionsapparate mit kochendem Benzol extrahiert. Etwa 1,200 g Blutpulver wurden mit stets erneuten Portionen (von drei bis vier Liter) Benzol und zwar jedesmal etwa 20 Stunden extrahiert. Je nach der Versuchsanordnung wurde 187 276 Kenji Takaki, die Extraktion mit immer gewechseltem Benzol bis zu 120 Stunden fortgesetzt. Das Benzolextrakt war bernsteingelb bis braun gefärbt und klar; es wurde durch ein dickes Filterpapier filtriert, über Nacht stehen gelassen und dann nochmals filtriert. Dann wurde das Benzol bis auf ein kleines Volum abdestilliert, der flüssige Rück- stand durch ein gehärtetes Filter filtriert, bei 370 verdunstet und im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet. Der Rückstand dieses Extraktes war schwarzbraun gefärbt und seine Beschaffenheit wechselte je nach der Periode der Extraktion. Die ersten Extrakte setzten einen ziemlich festen Rückstand ab, die Rückstände späterer Extrakte waren mehr ölig. Zu den Injektionsversuchen wurden die von Lösungsmitteln befreiten Rückstände in bestimmter Menge mit 10 bis 20cem 0,9 proz. Kochsalzlösung und 0,lproz. Natriumcarbonatlösung in einer Reibschale emulgiert und den Versuchstieren — Kaninchen — intraperitoneal eingespritzt. Am achten Tage nach der In- jektion wurde das Serum auf seine hämolytische Wirkung unter- sucht. Zum Nachweis der erzielten hämolytischen Wirkung wurden in allen Versuchen 2ccm einer 5proz. Aufschwemmung von dreimal mit 0,9 proz. Kochsalzlösung gewaschenen Pferdeblutkörperchen in der gleichen Kochsalz- lösung benutzt. Behufs annähernder quantitativer Bestimmung bediente ich mich zweier Verfahren. I. Die Mischung des Serums mit der Blutkörperchenaufschwemmung wurde nach 2stündigem Stehen bei 37° schnell von den Blutkörperchen durch Zentrifugieren getrennt und der Farbenton der klaren Flüssigkeit in kleinen, stets gleich weiten Reagenzgläschen im gelben Gaslicht gegen einen weißen Hintergrund mit dem Rubinglas des Fleischlschen Hämometers verglichen. Die Flüssigkeit wurde, wenn nötig, verdünnt. Die Skalen- einteilung, die mit dem Rubinglas verbunden ist, gestattete die Farben- intensität der Lösung bequem zahlenmäßig festzustellen. Diese Methode läßt, wenn man für den Vergleich die günstigsten Bedingungen wählt (namentlich bei Betrachtung durch einen schmalen Schlitz), eine ziemlich genaue, für den vorliegenden Zweck genügende Bestimmung zu. II. Die Serumblutkörperchenmisehung wurde nach einstündigem Stehen bei 37°C, 24 Stunden im Eisschrank absitzen gelassen, dann wurde die über- stehende Flüssigkeit von den abgesetzten Blutkörperchen durch Abgießen getrennt und in kleinen Reagenzgläschen wie oben mit der Fleischlschen Farbenskala verglichen. Ich halte nach meinen Erfahrungen das erstangeführte Verfahren für zuverlässiger und habe davon in allen anzuführenden Versuchen, wo nichts anderes bemerkt ist, Gebrauch gemacht. Zum Vergleich sei zunächst folgendes über die hämolytische Wirkung des Kaninchenserums bemerkt. EEE Wr re er > 2 Zur Kenntnis des Lysinogens der Blutscheiben. 977 Das normale Kaninchenserum wirkt nur schwach hämolytisch auf Pferdeblutkörperchen. Die folgende Tabelle zeigt bei A die höchsten und bei B die niedrigsten hämolytischen Werte, welche ich in zahlreichen Kontrollversuchen, die zu den Versuchen mit Immunserum als Kontrolle an- gestellt wurden, nach Verfahren I beobachtete. Die Zahlen bedeuten, wie in den später anzuführenden Protokollen, Skalenteile des Hämometers für ‘ unverdünntes Serum. A. Norm. Kaninchen- serum -. . . . 5Tropfen + 2cem Pferdeblutaufschwemmung — 70 Dasselney 22... 2.610, >, +2 ,„ 5 — 20 Besllasselbe, . zu... 00, +2, n — 55 Dasselbe’ ..... “2 107°, +2 ,„ = 750 Die Zahlen bei A sind ungewöhnlich hoch und sind nur einmal beob- achtet; gewöhnlich schwankten die Zahlen zwischen 35 bis 50 für 5 Tropfen und 50 bis 80 für 10 Tropfen. Das Verfahren II gibt durchwegs höhere Werte und zwar auch für die normale Hämolyse, z.B. für 5 Tropfen Serum auf 2ccm Pferdeblut 110, für 10 Tropfen 160 Skalenteile. I. Einfluß der Dauer der Benzolextraktion auf die Wirksamkeit der Extrakte. Die Rückstände der verschiedenen Benzolextrakte zeigten je nach der Periode der Extraktion verschiedene hämolysinbildende Wirkung. Das erste Extrakt wirkt am stärksten. Die späteren Extrakte nehmen an Wirksamkeit mit der Dauer der Extraktion rasch ab. Um diesen Punkt klar zu stellen, habe ich Blutkörperchen mit Benzol durch 160 Stunden extrahiert und die Wirksamkeit für die verschiedenen Extraktperioden festgestellt. Die Resultate sind aus folgenden Versuchen zu ersehen. Versuch]. Im ganzen erhielten sechs Kaninchen (Nr. 78, 79, 82, 84, 85, 86) je 0,1g des Benzolextraktes, gewonnen in den Extraktionsperioden von der 1. bis 30., 30. bis 68., 68. bis 91., 91. bis 112., 112. bis 136. und 136. bis 160. Stunde, intraperitoneal. Die zugehörigen Sera ergaben folgende Werte: Serum 5 Tropfen + 2ccm Pferdeblutaufschwemmung = 130 Nr. 78 p E ; ” 10 „ En ” — 345 5 5 Re +2, h; — 100 a \ 6) 10 6) aa )) = 200 5 +2 — 9 Nr. 82 [ ” ” ” p)] 22 10 % ar 2 ” ” = 130 5 +2, —70 N 2 84 | ”» ” , ” 2 ” 10 ” _- 2 ” ” = 85 5 +2 —395 Nr. 85 { ” ” ” ” ” 10 ” +2, D) = 6 278 Kenji Takaki, Nr. 86 ! Serum 5 Tropfen + 2ccm Pferdeblutaufschwemmung = 20 INT, ) 10 » ie » = 40 Normales hr> u; +2, „ =.50 Kaninchenserum \ 10 ” +2, b =D Man sieht sehr deutlich, daß nur die ersten drei Bis vier Ex- trakte wirksam sind, die späteren nicht mehr. Die Erscheinung kann dahin gedeutet werden, daß die lysinogene Substanz in ziem- lich kurzer Zeit, ungefähr in 100 Stunden, aus den Blutkörperchen vollständig extrahiert wird, oder aber, daß sie durch das lange Er- hitzen verändert und zwar entweder unwirksam oder in kochendem ‚Benzol unlöslich wird, oder endlich, daß ihre anfängliche Extrahier- barkeit durch die Anwesenheit von anderen Blutkörperchenbestand- teilen bedingt ist. Die erste Möglichkeit kann ausgeschlossen werden, weil sich herausstellte, daß das Blutkörperchenpulver, welches 160 Stunden mit kochendem Benzol extrahiert worden war, noch die Fähigkeit besaß, Hämolysinbildung zu veranlassen. In bezug auf die zweite Möglichkeit ist die folgende Tatsache zu berücksichtigen. Der unten folgende Versuch V zeigt zwar, daß die lysinogene Substanz durch langes Kochen mit Benzol an Wirksamkeit verliert, daß aber dabei, wie aus der Wirksamkeit des extrahierten Blutkörperchen- pulvers hervorgeht, die lysinogene Substanz nur zum Teil in die unwirksame Form umgewandelt wird. Die dritte Möglichkeit scheint mir am wahrscheinlichsten. Es ist durch die Untersuchungen von Thudichum, Bang und Forssman, Erlandsen usw. bekannt, daß die verschiedenen „Lipoide“* in ihrer Löslichkeit durch die Anwesenheit anderer Substanzen in höchstem Grade beeinflußt werden. Es ist danach von vornherein wahrscheinlich, daß die lysinogene Substanz anfangs in Gegenwart von anderen benzollöslichen Bestandteilen in Benzol übergeht, aber später, wenn diese Substanzen bereits ausgezogen sind, nicht mehr. Außerdem ist möglich, daß die lysinogene Substanz in Abwesenheit von anderen benzollöslichen Blutkörperchenbestand- teilen in irgend einer Weise fixiert wird, die die Extraktion hemmt. In der Tat, wenn man nach Pascuceci dargestellte Stromata statt des Blutkörperchenpulvers mit kochendem Benzol extrahiert, ist das Wirksamkeitsverhältnis ein anderes, und die späteren Extrakte sind noch ziemlich wirksam. Versuch D. 49 Stromata, nach Pascucei dargestellt, wurden 206 Stunden mit kochendem Benzol extrahiert und die Extrakte von verschiedenen nz der Extraktion auf ihre Wirkung untersucht. NE TE EEE EN Zur Kenntnis des Lysinogens der Blutscheiben. 2379 Kaninchen Nr.105 erhält das halbe Benzolextrakt von der 1.— 18.Stde. ” ” 107 ” ” ganze ” ” n 106.—130. >) e) „ 109 ” „ » ” B) „. 230. —150.2, ” ” 117 ” ” ” ” » ” 150.—206. ” 5 Tropfen + 2cem Pferdeblut — 160 Serum Nr. 105 { 10 ; Ebay 5 — 600; 5 12 — 5 107 N ” „ D) “ r 10 » + 2er: » —= 280 5 12 un 109 » » D) Y i | 10 „ == 2 „ ” — 120 5 ad — 30 117 )) „ ” x ° { 10 ) 4 2 en) ” el Normales 5 ” +2 ,„ es —250 Kaninchenserum 10 5 +2, ur =. 80 Dieser Unterschied in der Extrahierbarkeit des Lysinogens aus dem Blutkörperchenpulver und den Stromata beruht vielleicht auf der Anwesenheit von Hämoglobin und anderen Blutkörperchen- bestandteilen. Bemerkenswert ist, daß die 206 stündige Benzolbehandlung die Wirksamkeit der Stromata zwar herabgesetzt, aber nicht ver- nichtet hatte. » Versuch II. Kaninchen Nr. 104 erhält 0,1g Pascuceische Stromata intraperitoneal. Kaninchen Nr. 121 erhält 0,1g 206 Stunden extrahierte Stromata intra- peritoneal. na [ 5 Tropfen + 2ccm Pferdeblut = 140 ln 540 131 f B) 5) 0) — 100 { \ \ 10 ” +2, )) — 300 H. Fraktionierung des Benzolextraktes. Zur weiteren Reinigung des Lysinogens habe ich zunächst nach dem Vorgehen von Bang und Forssman Aceton benutzt. Nach diesen Autoren ist die lysinogene Substanz in kaltem Aceton unlöslich. Zur Extraktion wurde das Benzolextrakt- des Blut- körperchenpulvers in einem kleinen Rundkolben mit kochendem Aceton unter öfterern Wechseln des Acetons erschöpft, bis das Aceton beinahe farblos blieb. Das Wechseln des Acetons geschah immer durch Dekantieren (nicht Filtrieren). Die acetonlösliche Fraktion enthielt kein Lysinogen, wohl aber die acetonunlösliche. Die wirksame acetonunlösliche Fraktion des Benzolextraktes wurde nach Verdunsten des Acetons mit kaltem Äther erschöpft, bis nichts mehr überging. '980 | Kenji Takaki, Das Lysinogen blieb im ätherunlöslichen Teile zurück. Dieser wurde mit kochendem absoluten Alkohol erschöpft, wobei nur eine sehr kleine Menge Substanz in den Alkohol überging. Die un- gelöst gebliebene Fraktion enthielt allein die lysinogene Substanz. Sie stellte ein braunes Pulver dar und war viel wirksamer als das ursprüngliche Benzolextrakt. Sie sei der Kürze wegen als „Roh- lysinogen* bezeichnet. Die Elementaranalyse verschiedener Proben des Rohlysinogens hat zwar, wie später erwähnt werden soll, ver- schiedene Zahlen ergeben, aber wir können doch annehmen, daß dieses Produkt das reine Lysinogen in größerer Menge enthält, zumal da es beinahe frei von Eiweiß ist, welches ja ungefähr 70 Proz. der Stromata ausmacht. Zur besseren Übersicht füge ich die Skizze des Extraktions- vorganges bei. Benzolextrakt + kochendes Aceton löslicher Teil unlöslicher Teil + kalter Äther en) unlösl. Teil + koch. abs. Alkohol löslicher Teil ne irk unlöslicher Teil löslicher Teil en (= Rohlysinogen) (unwirksam) IIE. Wirksamkeit des Rohlysinogens. Die Wirksamkeit des Rohlysinogens im Vergleich mit dem ursprünglichen Benzolextrakt ist aus den folgenden Versuchen zu ersehen. Versuch IV. Die hämolytischen Sera Nr.3 und 5 sind nach Injektion von 0,04 Benzolextrakt der Blutkörperchen gewonnen, die Sera Nr.8 und 9 nach In- jektion von 0,02g Rohlysinogen. Der Grad der Hämolyse in diesen Versuchen ist nach Verfahren II be- stimmt. 5 Tropfen + 2cem Pferdeblut = 200 Serum Nr.3 { 10 D) +2, D) = 370 5 5 ” + 2 ”„ ” = 180 N 3 10 ” + 2, ” — 420 8 5 ” E32 ” — 360 7 ? 10 5) 72, » — 550 9 5 ” = 2 ) — 420 i $ 10 D) +2, 5) — 760 Normales 5 5 +2, „ 10 Kaninchenserum \ 10 ” +2, R — 160 Es ist bemerkenswert, daß die immunisierende Wirkung des Rohlysinogens nicht viel größer ist als die des ursprünglichen ee VO RERTVIER SUSE FI SEE EFEN Er en Zur Kenntnis des Lysınogens der Blutscheiben. al Benzolextraktes, namentlich wenn man berücksichtigt, daß man aus 4 bis 5g Benzolextrakt nur einige Centigramme Rohlysinogen erhält. Die wahrscheinlichste Erklärung davon dürfte sein, daß das Rohlysinogen bei den chemischen Manipulationen allmählich an Wirksamkeit verliert, d. h. in eine nicht mehr wirksame Substanz übergeht. Diese Annahme wird durch die folgenden Versuche unterstützt. Proben des Benzolextraktes, dessen Wirksamkeit vorher bestimmt war, wurden nebeneinander mit kochendem Aceton, absolutem Alkohol und Benzol, sowie mit kaltem Äther 50 Stunden lang behandelt und je 0,1g des Rück- standes den Versuchstieren intraperitoneal beigebracht. Versuch V. Nr. 78 erhält 0,1g Benzolextrakt A 5 ” 118 ” 0,1 ” ” B £ „ 87° ,„ 0,1, mit kochendem Benzol 50 Std. behand. Benzolextrakt A au, 2897204 057,7 „> kaltem Äther 50 „ N % A Sg „= 1192 5.208, 251. koch. Aceton 50 „ A 5 B „12062. 7012, koch. abs. Alkohol’507;,, = h B Die Sera zeigten nachstehende Wirksamkeit: 5 Tropfen + 2cem Pferdeblut = 130 Serum Nr. 78 ; 10 ” air Ad 6) — 345 f 5 3) +2, )) — 10 ; nrl1B \ 10 & +2 5 — 480 87 f 5 ” — 2 ” = 20 R fi u 20 ” +2, ” = 4 89 f 5 BD) Sr 2 „ ” = 3 ö er \ 10 ” SI 20, ” —= 8 5 ” 2 ” = 30 a „= 5 ’ == 2 ” ” = 35 2 A n | 10 ” + 2 » ” == 100 Diese Versuche zeigen sehr deutlich, daß längerdauernde Be- handlung mit kochendem Benzol, Aceton und absolutem Alkohol, sowie mit kaltem Äther eine starke schädigende Wirkung auf die Wirksamkeit des Lysinogens ausübt. Bei der Darstellung des Roh- lysinogens aus dem Benzolextrakt dauerte die Behandlung mit den einzelnen Lösungsmitteln allerdings nie so lange, z. B. die Be- handlung mit kochendem Aceton und Alkohol gewöhnlich nicht über 10 Stunden, doch ist eine teilweise Schädigung des Lysinogens sicher anzunehmen. Wie zu erwarten, wirkt das aus den ersten Benzolextrakten - dargestellte Rohlysinogen immer stärker als das aus den späteren gewonnene. Das zeigt folgender Versuch. 282 Kenji Takaki, Versuch VI. Es wurden zwei Proben von 0,02g Rohlysinogen — von denen die erste (A) aus dem Benzolextrakt der ersten 30 Stunden, die zweite (B) aus dem Benzolextrakt von der 50. bis zur 160. Stunde herstammte — den Kaninchen Nr.93 und 95 injiziert. Die entsprechenden Sera ergaben: cem Pferdeblut . . j 5 Tropfen + 2 — 180 Serum Nr. 93 \ 10 5 ale 9 N x = 490 95 | ) 2) Er ” = 8% $)) ” 10 5; -H 2) m ip — 150 Normales je n +2, » — 6 Kaninchenserum \ 10 > == 5 » = 8 IV. Eigenschaften und Zusammensetzung des Rohlysinogens. Das Rohlysinogen wird als ein braunes Pulver erhalten, dessen Farbe manchmal mehr grau, manchmal mehr dunkelbraun ist. Es ist in Äther, Chloroform, Essigäther, Petroläther, heißem und kaltem Alkohol, heißem und kaltem Aceton, kaltem Benzol, Xylol und Wasser unlöslich, während es teilweise von kochendem Benzol, ziemlich vollständig von ı/‚n-Natronlauge in der Kälte gelöst wird. Beim Verbrennen riecht es etwas nach Horn und läßt eine schwer verbrennbare Asche zurück, die Eisen, Phosphorsäure und Schwefelsäure enthält. Es gibt positive Molischsche Reaktion, spaltet aber beim Sieden mit Salzsäure keine reduzierende Substanz ab. Die Eiweiß- reaktionen sind negativ. Auch die Lösung, welche durch einstündiges Schütteln mit !/‚n-Natronlaugelösung hergestellt wurde, gab keinen Niederschlag mit Phosphorwolframsäure, keine Biuret-, keine Millonsche-, keine Xanthoprotein-, keine Cystinreaktion, wohl aber eine positive Molischsche Probe. Beim Ansäuern mit Salzsäure gab sie einen Niederschlag, welcher durch Zusatz von überschüssiger Säure wieder gelöst wurde. Auch dieser Niederschlag gab keine Biuret-, keine Millonsche- und auch sonst keine Eiweißreaktion. Die Analyse gab die folgenden Zahlen. I. Rohlysinogen, erhalten aus dem Benzolextrakt der ersten 40 Stunden: 0,1200 & Substanz gaben 0,2019g& CO, und 0,0724g H,O 0,1287 g 5 » 380ccm N bei 19° und 761,5mm Hg. Zur Kenntnis des Lysinogens der Blutscheiben. 283 Gefunden Dt ee 45,87 Proz. Io ya ee Dr EIN Pe a Hanns SE Sale. I. Rohlysinogen aus dem Benzolextrakt, gewonnen von der 30. bis zur 120. Extraktionsstunde: 0,1136 g Substanz gaben 0,1345 CO, und 0,0527 & H,O 0,1014 g n » .378ccm N bei 22° und 755 mm Hg. Gefunden EL Er 32,28 Proz. ER an ae 519 „ NEE EL: MON, 4,68 „ III. Rohlysinogen aus einem Benzolextrakt von der 20. bis zur 120. Ex- traktionsstunde: 0,1241 g Substanz gaben 35,78ccm N bei 21,1° und 764,3 mm Hg. Gefunden IN Se, 3,50 Proz. Leider reichten die erhaltenen Mengen stets nur zu den angeführten Analysen, so daß nicht einmal die Aschenbestimmung' ausgeführt werden konnte. Die Aschenbestimmungen von zwei anderen Darstellungen ergaben 34,90 und 35,8 Proz. Asche. 0,0708 & Substanz gaben 0,0247 g Asche —= 34,% Proz. 0,0439 „ 001548, = 35.08. „ Es sind sonach auch die analysierten Präparate sicher sehr aschenreich gewesen. Wie aus den Analysen hervorgeht, ist die Zusammensetzung des Rohlysinogens je nach der Darstellung verschieden. Dieser Umstand, sowie der hohe Aschengehalt, verbieten es, das Lysinogen mit einem bestimmten Bestandteile des Stromas in Beziehung zu bringen. Der Aschengehalt, der vor allem auf Gegenwart von Eisenoxyd beruht, konnte auf Hämatinbeimengung hinweisen. Indes gelang es, in der alkalischen braunen Lösung weder direkt noch nach Reduktion mit Schwefelammonium ein darauf hinweisendes Absorptionsspektrum nachzuweisen. Überdies ergab sich, daß das aus reinen Stromata dargestellte Rohlysinogen keinen nennens- werten Eisengehalt aufwies. Immerhin läßt sich aus den Reaktionen, dem geringen Stick- stoffgehalt und dem Verhältnis von C:N entnehmen, daß. die Hauptmasse des Rohlysinogens sicher kein typischer Eiweißkörper ist. Eher ließe sich vermuten, daß darin ein Phosphatid, eventuell, da auch organischer Schwefel vorhanden war, ein Gemenge von 284 Kenji Takaki, Phosphatid und Sulfatid vorliegt. Die starke Molischsche Probe deutet andererseits auf einen Kohlehydratkomplex hin. Ein Anlaß, im Rohlysinogen die Anwesenheit eines der beschriebenen Phos- phatide, oder Cerebroside, oder eines bestimmten Lipoids zu ver- muten liegt nicht vor. | Bei der äußerst mühseligen Darstellung und verschwindend geringen Ausbeute erscheint der eingeschlagene Weg für eine Gewinnung des reinen Lysinogens wenig aussichtsvoll, namentlich wenn man sich vor Augen hält, daß keine Gewähr dafür vorhanden ist, daß das Rohlysinogen auch nur der Hauptmenge nach aus dem eigentlichen Lysinogen besteht. V. Nachweis der Wasserlöslichkeit des Lysinogens. Wie schon aus den Erfahrungen von Bang und Forssman hervorgeht, wechseln die Lösungsverhältnisse des Lysinogens außer- ordentlich je nach der Natur der es begleitenden Stoffe. Während es bei direkter Extraktion der Blutscheiben in Äther überging, erwies es sich nach Entfernung der acetonlöslichen Stoffe als äther- unlöslich. Ebenso konnte oben gezeigt werden, daß es bei Be- handlung mit heißem Benzol zuerst von diesem aufgenommen wurde, später aber nicht mehr. Es gelten daher alle Beob- achtungen über die Löslichkeitsverhältnisse des Lysinogens streng genommen nur für ganz bestimmte Bedingungen. Es ist daher nicht überraschend, daß sich bei weiteren Ver- suchen mit Rohlysinogen die Wasserlöslichkeit des physiologisch wirksamen Gemengteiles, des eigentlichen Lysinogens, herausgestellt hat. Dieser Befund ist von Interesse, weil er auf bisher nicht be- tretene Wege zur Isolierung des Lysinogens hinweist, weil er ferner die Wirksamkeit desselben im Tierkörper verständlicher erscheinen läßt, als wenn es sich um einen in Wasser gänzlich unlöslichen Körper handelte. Wurde Rohlysinogen mit 1/‚,n-Natronlauge eine Stunde lang geschüttelt, dann die abfiltrierte Lösung mit verdünnter Salzsäure genau neutralisiert, so fiel ein bräunlich gefärbter Niederschlag aus, der dem größeren Teile der angewandten Substanz entsprach. Wurden nun alle drei Fraktionen, nämlich ungelöst gebliebener Anteil des Rohlysinogens, Neutralisationsniederschlag und Filtrat, Kaninchen beigebracht, so erwies sich das Filtrat als sehr energisch wirksam, während der Niederschlag jeder Wirkung ent- behrte. je rn rg er a w. Eu Zur Kenntnis des Lysinogens der Blutscheiben. 385 Versuch VI. 0,1g Rohlysinogen wurde mit 40 cem '/,,n-Natronlauge durch 1 Stunde geschüttelt und weiter, wie oben erwähnt, behandelt. Die ungelöst ge- bliebene Substanz wurde dem Kaninchen Nr.99, je eine Hälfte des Neu- tralisationsniederschlags den Kaninchen Nr.100 und 101 und je eine Hälfte des Filtrats den Kaninchen Nr. 102 und 103 injiziert. Die zugehörigen Sera Nr.99, 100, 101, 102 und 103 zeigten folgendes Verhalten. 5 Tropfen + 2ccm Pferdeblut in. oo [ Ungelöst ge- 10 5 +2, 5 — 250) bliebener Teil 100 5 ” = 2 ” 3 = 2 % 10 R +2, 5 — 95 | Neutralisations- 101 5 5 +2, n — 40| Niederschlag 2 ? 10 ” 25 5) = 8% 5 +2 == 120 1023 | ” ” ” ” ” —— 10 D) I 2 ” ” — 420 Filtrat 103 5 „ == 2, 5) — 200 ” ” Or ee e — 450 Normales 5 3 Er % — 50\ Kaninchenserum { 10 e Sy). £ — 80f Bonxull Versuch VII. 0,1& Rohlysinogen, wie oben behandelt. Kaninchen Nr. 111 erhält die Hälfte des Filtrats, Kaninchen Nr. 112 die Hälfte des Niederschlags injiziert. » } 5 Tropfen + 2cem Pferdeblut — 160 Serum Nr.111 { 10 j a, < — 550 9 J ET, D) ” EM 1 108, uhr au. ago Versuch IX. 0,03 & Rohlysinogen, wie oben behandelt. Kaninchen Nr. 125 erhält das Filtrat, Kaninchen Nr. 126 den Niederschlag injiziert. 5 Tropfen + 2cem Pferdeblut — 260 Serum Nr. 125 { 10 & es i eco 5 ” == 2 ” ” = 66 ee Normales ee) 4 +2, > —=..50 ’Kaninchenserum \ 10 A 2 —80 Wie man sieht, geht die lysinogene Substanz aus dem Roh- lysinogen ziemlich leicht in !/,,n-Lauge über und wird aus ihr nicht durch Neutralisation gefällt, ist somit in der verdünnten Kochsalzlösung löslich. Demgegenüber ist es von Wichtigkeit, daß die direkte Ex- traktion der Stromata zum entgegengesetzten Resultate führt. 986 Kenji Takaki, Versuch X. 0,2g nach Pascuceci dargestellter Stromata wurden in 40cem Y.,n- Natron gelöst, die Lösung mit Salzsäure neutralisiert, je die Hälfte des Niederschlages den Kaninchen Nr. 116 und 128, je die Hälfte des Filtrats den Kaninchen Nr. 113 und 127 injiziert. N rgg f 5 Tropfen + 2cem Pferdeblut — 120 Lel8 2 ” me Niederschla 128 J 5 ” ne 2 ” ” = 110 IT 5 f b \ 10 » 2 ” — 400 113 f 5 ” == 2 ” ” = 20 ” r \ 10 eo — 65 r 2 ; Filtrat 197 ) ” En 2 ” ” — | z z 10 Ran » — 100 Normales Mr n +2, 5 —BaN Kaninchenserum | 0 „ +2, = —,.90% Kontrolle In diesem Versuche bleibt das Lysinogen bei der Neutrali- sation in dem vorwiegend aus Eiweißstoffen bestehenden Nieder- schlage, das Filtrat ist unwirksam. Danach muß man schließen, daß Lysinogen bei Anwesenheit der Stromaeiweißstoffe — vielleicht übrigens auch anderer alkalilöslicher Substanzen — in das Neutrali- sationspräzipitat eingeht; ob in Form einer lockeren chemischen Bindung oder durch Absorption, entzieht sich der Beurteilung. Es lehrt dieses Verhalten neuerdings, wie wenig man berechtigt ist, aus den zu beobachtenden Lösungsverhältnissen des Lysinogens Schlüsse auf seine chemische Natur zu ziehen. Es war von Interesse, die chemischen Reaktionen des wässerigen lysinogenhaltigen Filtrats zu prüfen; es ergab sich im ganzen Übereinstimmung mit den beim Rohlysinogen ermittelten. Auch diese Lösung gab trotz großer Verdünnung Molischs Probe; sie zeigte keine der allgemeinen Eiweißreaktionen, auch keine Fäll- barkeit durch Phosphorwolframsäure und durch Alkohol. Beim Verdampfen hinterließ das Filtrat einen weißen Rückstand, der viel Kochsalz enthielt. Der Rückstand verkohlte beim Glühen mit Geruch nach verbrennendem Fett und die Kohle gab eine starke Phosphorsäurereaktion mit Molybdänsäure. Auf Schwefel konnte wegen mangels an Material nicht untersucht werden. Die quantitative Bestimmung der organischen Substanzen im Rückstande gab 0,0158& aus 0,0890 9 Rohlysinogen. Mit Rücksicht auf die Intensität der Wirkung darf man sagen, daß die lysinogene Sub- stanz eine äußerst wirksame Substanz sein muß, was mit den An- gaben von Friedberger und Dorner) übereinstimmt. Wie oben gezeigt, liegt keine Tatsache vor, die als Beweis für die Eiweißnatur des Lysinogens angeführt werden könnte, was Zur Kenntnis des Lysinogens der Blutscheiben. 287 mit den Befunden von Bang und Forssman übereinstimmt. Andererseits wird man gut tun, seine Einreihung unter die „Lipoide“, deren Begriff allerdings mehr ein physiologischer als ein chemischer ist, nur als vorläufig anzusehen. Sicher ist, daß es überaus leicht sowohl Eiweißkörpern als Lipoiden in Niederschläge bzw. Lösungen zu folgen vermag. Nimmt man an, daß die chemischen Reaktionen der möglichst eiweiß- und lipoidfreien Lysinogenlösung wirklich dem Lysinogen und nicht etwa ihm immer noch anhaftenden Beimengungen zukommen, so muß man ihm einen Gehalt an Phospor und an Kohlehydrat zusprechen. Eine Be- ziehung zu einem der bekannten Phosphatide ist aber nicht nach- weisbar. Literatur. !) Bordet, Les Serums hömolytiques etc. Ann. de l’Inst. Pasteur 1900. ?) Bang und Forssman, UEREITENEN über die Hämolysinbildung. Diese Beiträge 8, 236 (1906). 2) anniz und Landsteiner, Über die Beziehungen der Lipoide zur Serumhämolyse. Diese Beiträge 9, 431 (1907). *) Pascucei, Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. Diese Beiträge 6, 543 (1905). °) Thudichum, Die chemische Konstitution des Gehirns usw. Tübingen 1901. °) Bang, Biochemie der Zellipoide. Ergebnisse der Physiologie 1908. 7) Erlandsen, Untersuchungen über die lecithinartigen Substanzen des Myocardiums und der quergestreiften Muskel. Zeitschr. f. physiol. Chem. 51, 71 (1907). 2) Friedberger und Dorner, Über die Hämolysinbildung durch In- jektion kleinster Mengen von Blutkörperchen und über den Einfluß des Aderlasses auf die Intensität der Bildung hämolytischer Ambozeptoren beim Kaninchen. Zentralbl. f. Bakteriologie 38 (1905). XX. Über Tetanusgift bindende Bestandteile des Gehirns. Von Dr. Kenji Takaki (Tokio, Japan). (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) I; Den Ausgangspunkt nachstehender Untersuchungen bildete die bekannte Beobachtung von Wassermann und T. Takaki!), der zufolge frische Gehirn- und Rückenmarksemulsion die Fähigkeit besitzt, beim Zusammenbringen mit Tetanusgift nach kurzer Zeit dessen Wirkung aufzuheben. Dönitz?) zeigte später, daß diese antitoxische Wirkung vornehmlich der grauen Substanz zukommt. Nach Milchner:!) geht sie durch Kochen, nach W olff-Eisner und Rosenbaum) durch Autolyse verloren. Über die chemische Seite der Frage liegen nur spärliche Untersuchungen vor. Asakawa!‘) fand die giftbindenden Stoffe des Gehirns in Kochsalzlösung mit und ohne Glycerinzusatz, sowie auch in der Gewebsflüssigkeit unlöslich. Ignatowski) gibt an, daß Cholesterin und Leecithin, nicht aber Protagon gift- bindende Wirkung besitzen. Im Gegensatze dazu zeigten Land- steiner und Eisler), daß Cholesterin und Lecithin, sowie äthe- rische oder alkoholische Extrakte des Gehirns allein nur in geringem Maße Tetanustoxin zu neutralisieren vermögen und daß, wenn man die Gehirnemulsion vor der Mischung mit dem Toxin mit Äther be- handelt, dann die giftbindende Wirkung der Emulsion viel geringer ist. Sie sprechen die Vermutung aus, daß die eigentümliche Zu- sammensetzung der Hirnsubstanz aus Verbindungen von Protein und Lipoiden für die giftbindende Eigenschaft der Nervensubstanz von wesentlicher Bedeutung sei. Später veröffentlichte Land- steiner®) gemeinschaftlich mit A. Botteri eine Untersuchung EEE rn TER at Een EEERENIEN IE UTTIEE En Über Tetanusgift bindende Bestandteile des Gehirns. 289 „über Verbindungen von Tetanustoxin mit Lipoiden“. Er fand das Protagon unter den untersuchten Lipoiden am stärksten wirksam. Diese Untersuchungen zeigen, daß die Lipoide der Nerven- substanz bei dem Wassermannschen Phänomen eine Rolle spielen können. Auf Veranlassung von Herrn Prof. Hofmeister habe ich versucht, über die chemische Natur der dabei beteiligten Substanzen des Gehirns Näheres zu ermitteln. Als Ausgangsmaterial habe ich trockenes Gehirnpulver ge- wählt, weil es sich mit den wichtigsten Lösungsmitteln, wie Äther, Benzol und Alkohol usw., viel schneller und vollständiger ausziehen läßt als frisches Material. Es wurde zuerst festgestellt, daß das trockene Gehirnpulver noch die giftbindende Wirkung gegen Tetanustoxin besitzt. Bereitung des Gehirnpulvers: Menschengehirne, welche innerhalb 24 Stunden nach dem Tode entnommen waren, wurden von Häuten und Gefäßen sorgfältig befreit, fein geschnitten und durch ein feines Pferdehaar- sieb getrieben. Der entstandene dünne Brei wurde auf Glasplatten in dünner Schicht ausgebreitet, bei 37 bis 40° schnell eingetrocknet und der Rückstand in der Reibschale fein pulverisiert. Bei den mitzuteilenden Versuchen wurde, wo nichts anderes bemerkt ist, das Hirnpulver oder die aus Gehirn extrahierte Substanz mit 10 cem Tetanustoxinlösung') gut gemischt, durch eine Stunde bei Zimmertemperatur unter häufigem Umschütteln stehen gelassen, dann so oft filtriert, bis das Filtrat eine klare Flüssigkeit oder eine feine Emulsion bildete. Ebenso wurden die geprüften Hirnstoffe — feste oder ölige Substanzen — mit der Toxinlösung innig verrieben, dann wurde filtriert und durch Tierversuche ermittelt, ob der Toxingehalt der Lösung sich vermindert hatte, und zwar wurden 0,5cem des Filtrates Mäusen in der Nähe der Schwanzwurzel unter die Rückenhaut injiziert. ‚ Die umstehende Tabelle zeigt die giftbindende Wirkung des Gehirnpulvers. In dieser und allen folgenden Tabellen ist in Kol. I die geprüfte Sub- stanz, in Kol. II deren Menge in Grammen, die mit 10ccm Toxinlösung behandelt wurde, in Kol. III die Zahl der in 10 ccm Toxinlösung enthaltenen letalen Dosen, in Kol. IV das Gewicht Toxin in den injizierten 0,5 ccm der Toxin- lösung, in Kol. V das Gewicht der Versuchsmäuse in Grammen, in Kol. VI der Effekt der Injektion von 0,5cem der filtrierten Lösung, in.Kol. VII u: Zeit des Todes in Tagen nach der Injektion angegeben. !) Die Toxinlösung wurde aus sporenfreiem, trockenem Tetanusgift hergestellt. _ Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 19 290 E* Kenji Takaki, E Versuch I. I 17220 IV V a j VII Kontrollversuch zur Gift- auswertung . . . . . — | — | 0,000 01 | 10'/, Tetanus 3 Dir 7 = 9.0.00008 [15 E 3 EN EA SEE 272282 701000:02. 118 R ee BERRORL BEN INH TEE I" — | — | 0,00002 | 19 s Dr Gehirnpulver ..... 0,5 | 20 .| 0,000 01 | 11'/, |leicht. Tetanus jüberlebt DEM. 7% 0,5 | 20 | 000001 I14Y,, „ 2 & EEAREMN AR 0,5 | 40 | 0,00002 la1Y/,| „ £ s h 0 278022.100,5.20515.0:00002%] 7713 Tetanus 7 Diese Versuche zeigen, daß 0,5 & trockenes Gehirnpulver mit 20 und 40 letalen Dosen gemischt eine erhebliche Abschwächung der Giftwirkung bedingt. 2. Die toxinbindende Wirkung kommt den Cerebrosiden zu. Ich versuchte nunmehr durch Fraktionierung der Hirnbestand- teile mittels Lösungsmitteln die Natur der wirksamen Stoffe fest- zustellen. Es ist klar, daß dabei nur jene giftbindenden Bestand- teile in Betracht kommen, die dem betreffenden Extraktionsverfahren widerstehen. Die mitgeteilten Versuche haben demgemäß nur auf solche widerstandsfähige Bestandteile Bezug. Behufs Fraktionierung wurde das Gehirnpulver zunächst mit kaltem Äther, kaltem und heißem Benzol und heißem Alkohol extrahiert. | Nach Verdunsten der Lösungsmittel bilden alle Extrakte eine braune, schmierige Masse und geben mit der Toxinlösung eine Versuch 1. I al vu Kaltes Ätherextrakt , . | 05 | 20 | 0,00001 | 17 Tetanus 21 3 N .. 105 | 20 | 0,00001 | ı8 A 19 „ Benzolextrakt. . || 0,5 | 20 | 0,00001 | 12% * 7 & 2 .. | 05 | 20 | 0,00001 | 22 R 7 Heißes n, - . | 0,5 | 20 | 0,000 01 | 221), n überlebt : n .. 05 | 20 |0,00001 | ı1 s 16 „ Alkoholextrakt . | 0,5 | 20 | 0,00001 | 26 ‚leicht. Tetanus überlebt i 5 . | 05 | 20 | 000001 | 24 ee & 2 a . | 0,5 | 40 | 0,00002 | 28 Tetanus 14 > £ . | 0,5 | 40 | 0,00002 |ası,, Kontrollversuche wie in Versuch I. 11 Über Tetanusgift bindende Bestandteile des Gehirns. 291 milchartige Emulsion. Diese Emulsionen gehen sehr leicht durch Filterpapier und das Filtrat bleibt, trotz mehrmaliger Filtration, trübe. Die Wirksamkeit der verschiedenen Extrakte zeigt vor- stehende Tabelle. Aus diesem Versuche ist zu er sehen, daß alle Be Extrakte, und zwar das kalte Benzolextrakt am schwächsten, das heiße Alkoholextrakt am stärksten, giftbindende Wirkung besitzen. Um- gekehrt besitzt das mit heißem Alkohol extrahierte Gehirnpulver nachher die schwächste giftbindende Wirkung, das mit, kaltem Benzol extrahierte Hirnpulver die stärkste. Versuch III. I Eee; vI vu Mit kaltem Benzol extra- | hiertes ee . 0,5 | 20 | 0,00001 | 16 | kein Tetanus [überlebt Mesa 22... 05 | 20 | 0,00001 | 22 5 e 3 Mit heißem Akahal eX- trahiertes Gehirnpulver || 0,5 ! 20 | 0,00001 | 23!,, Tetanus . 8 DON 0,5 | 20 | 0,000 01 | 2061. : > 5 Kontrollversuch in Versuch I. Wie man sieht, ist man imstande, dem Gehirnpulver beinahe alle entgiftenden Eigenschaften durch heißen Alkohol zu entziehen. Die Frage, ob die giftbindende Wirkung des alkoholischen Extraktes der gesamten Wirkung des Gehirnpulvers und der frischen Gehirnemulsion entspricht, wurde nicht untersucht. Das heiße alkoholische Extrakt setzte beim Abkühlen und Stehen einen weißen Niederschlag — die „weiße Materie“ von Thudichum®) — ab. Der Niederschlag wurde abfiltriert und sowohl Niederschlag als auch Filtrat nach dem Trocknen mit Toxin- ‚lösung gemischt, das Filtrat den Versuchsmäusen injiziert. Versuch IV. I IE IE IV V VI vu Die „weiße Materie“. . | 0,2 | 20 | 0,00001 | 19 | kein Tetanus überlebt. » » » - . ı 0,2 | 20 | 0,00001 | 20 | „ = D Das Pıiltrat. ..... ... - 0,2 | 20 | 0,00001 | 14'), Tetanus 4 N le D2r 205 1 0.000.01.18% | er Die heiße alkoholische Lösung läßt sich sonach durch Abkühlen in eine in der Kälte unlösliche wirksame und eine in der Kälte lösliche unwirksame Fraktion trennen. Die wirksame Fraktion — die 19* 999 | Kenji Takaki, „weiße Materie“ — enthält nach Thudichum vor allem Cerebroside, :Cerebrinacide, daneben geringere Mengen Kephalin, Leecithin, Para- myelin, Myelin, Cholesterin und Amidolipotide; die unwirksame Frak- tion — das Filtrat —, welches die „butterige“ und die „letzte ölige. Materie“ absetzt, enthält Cholesterin, Leeithin, Paramyelin, Kephalin, Myelin, Amidomyelin, Amidolipotide und wenig Cerebroside neben anderen an Menge geringfügigen Beimengungen. Die „weiße Materie“ wurde zunächst nach Thudichumss) Methode weiter hehandelt, und zwar zuerst mit kaltem Äther in einer Flasche durch Schütteln erschöpft. Dabei gehen alle Substanzen, außer den Cerebrosiden, Cerebrinaciden, einem Teile der Amidolipotide, und etwas Phosphatid in Lösung. Wie die folgenden Versuche beweisen, zeigt sich nur die ätherunlösliche Fraktion wirksam. Versuch V. I 10E) ı008 IV Var VI vu Die „weiße Materie“, ätherunlöslicher Teil 0,2 | 20 | 0,00001 | 16 | kein Tetanus überlebt Destaa rn ed 0,2 | 20 } 0,00001 ı 15 | „ N # Die „weiße Materie“, _ ätherlöslicher Teil. . | 02 | 20 | 0,00001 | 14 Tetanus 5 Desgl ne 2 ae Ne 0,2 ' 20 | 0,00001 15 h 5 Die wirksame, ätherunlösliche Fraktion wurde jetzt mit kochen- dem Äther extrahiert, um die Amidolipotide und das anhaftende Phosphatid zu entfernen. Das Ätherextrakt war unwirksam. Da der in warmem Alkohol lösliche, in kaltem Alkohol und in Äther un- lösliche Anteil der „weißen Materie“ (Phrenosinfraktion) jene Sub- stanzen enthalten muß, die die Hauptmasse des „Protagons“ der Autoren bilden, so stehen meine Erfahrungen mit der Angabe von Landsteiner und Botteri, wonach Protagon unter den Hirmn- Jipoiden die stärkste giftbindende Wirkung entfaltet, in guter Übereinstimmung. Für die weitere Trennung der Bestandteile der Phrenosin- fraktion habe ich mich zunächst an die Angaben Thudichums gehalten. Die Fraktion wurde zuerst, um die Anhydridbildung der Phosphatide zu verhindern, mit heißem Wasser behandelt. Sie wurde dann in heißem 95proz. Alkohol gelöst und mit alkoholischer ammoniakalischer Bleizuckerlösung versetzt, solange Niederschlag erfolgte. Die Flüssigkeit wurde einige Zeit gekocht, dann heiß abfiltriert. DER nr ah Über Tetanusgift bindende Bestandteile des Gehirns. 293 Nach Thudichum besteht der Niederschlag hauptsächlich aus den Bleisalzen der Cerebrinacide und wenig bekannter schwefel- haltiger Körper, während das Filtrat vor allem die Cerebroside — Phrenosin und Kerasin —, dann Sphingomyelin und andere wenig untersuchte Körper enthalten soll. Diese zwei Fraktionen wurden in folgender Weise weiter untersucht: l. Der Bleiniederschlag wurde mit kochendem danndz, Alkohol erschöpft, um alles Phrenosin und Kerasin auszuziehen. Er wurde dann getrocknet, gepulvert, in kochendern 95 proz. Alkohol suspendiert, durch Einleiten von Schwefelwasserstoff von Blei befreit und heiß filtriert. Beim Abkühlen setzte die Lösung einen weißen kristallinischen Niederschlag ab, der die freien Cerebrinacide ent- halten mußte. Es wurde zur Trockne gebracht, mit Toxinlösung zusammengebracht und wie oben auf seine Wirksamkeit geprüft. Versuch VI. I | Im I | vI VL. Phrenosinfraktion, blei- ” fällbarer Teil... . . | 0,05| 40 | 0,00002 |16'/, | kein Tetanus überlebt De 0,05. 40 | 0,00002 | 16 | „ y a TR ee ae 0,05 | 100 | 0,000 05 | 15!/, Tetanus 19 STREITEN RR 0,05 100 | 0,00005 | 18 R 17 2. Das Filtrat von der Bleifällung setzte beim Erkalten einen weißen kristallinischen Niederschlag ab und wurde nach 24 Stunden abfiltriert. Die Mutterlauge wurde auf ein kleines Volumen ein- gedampft, mehrere Tage stehen gelassen, bis nichts mehr ausfiel, und dann abfiltriert. Die Niederschläge wurden vereinigt und in heißem absoluten Alkohol gelöst, um einen Rest von Bleisalz, welches un- gelöst zurückbleibt, zu beseitigen. Die heiße alkoholische Lösung wurde heiß filtriert, eingedampft und der Rückstand auf gift- bindende Wirkung untersucht. Versuch V1. I | a vu Phrenosinfraktion, durch Bleinichtfällbarer Teil | 0,05| 40 | 0,00002 | 15 | kein Tetanus jüberlebt Desell hu: 0,05| 40°| 0,00002 | 14 | „ E i RE :0,05| 100 | 0,00005 | 16 | „ v RR EEE 0,05 | 100 | 0,00005 | 16 r 5 294 Kenji Takaki, Die Versuche VI und VII zeigen, daß sowohl die bleifällbare Fraktion, welche hauptsächlich aus Cerebrinaciden besteht, als auch die nicht fällbare, welche Phrenosin, Kerasin usw. enthält, wirk- sam sind, aber die letztere in erheblich höherem Grade. Deshalb wurde die mit Blei nicht fällbare Phrenosinfraktion weiter ver- arbeitet. Der Rückstand derselben wurde in heißem absoluten Alkohol gelöst und heiß filtriert. Die Lösung setzte beim Ab- kühlen und später beim Stehen weiße Niederschläge ab (Phrenosin und Kerasin). Aus der Mutterlauge wurde nach Entfernung ' des Sphingomyelins mittels Chlorcadmiums noch etwas Kerasin .er- halten. Phrenosin und Kerasin wurden nach Thudichums Verfahren durch fraktionierte Kristallisation getrennt und dann auf ihre giftbindende Wirkung untersucht. Die Wirksamkeit der übrigen in der Fraktion enthaltenen Stoffe konnte wegen der kleinen Ausbeute leider nicht näher geprüft werden. Das gereinigte Phrenosin war ein weißes Pulver, das aus heißem Alkohol beim Erkalten in Kugeln und Rosetten kristallisierte und alle Eigenschaften des Phrenosins aufwies. Das Kerasin fiel aus warmem Alkohol in Flocken aus, welche hauptsächlich aus feinen Nadeln bestanden. Doch war die Kurs ismn weniger einheitlich. Versuch vn. it Ir) IM IV V VI VII Phrenosna. Do ce. 0,05 | 100 | 0,00005 | 17 | kein Tetanus überlebt ME DENE 0,05 | 100 | 0,00005 |ı7Y, | , e N Ne 0,05 | 200 | 00001 | 15 | „ 5 eu BT EN . 0,05 | 209 | 0,0001 | 1 |, % h EEE 0,05 | 300 | 0,00015 | 16 Tetanus | 6 a ISIN 0,05 | 300 | 0,00015 | 17 a 8 RR 0,05 | 400 | 0,0002 | 14 Aa De EN WINE AN TREE, 0,05 | 400 |.0,0002 | 15 R 2 Kerasn: . 2... 0,05 | 100 | 0,00005 | 17 | kein Tetanus überlebt EL te ne, 0,05 | 100 | 0,00005 | 15 R 5 9 an a ae 0,05 | 200 | 0,0001 | 4 | „, s x ERNEST: 0,05 | 200 | 0,0001 15 5 a r ee ee . | 0,05 | 300 | 0,00015 | 16 Tetanus 7 ee 2 10,05) 300,11.0.000.15 18%, sn 7 er 0,05 | 400 | 0,000 2 16 = 5 8 re 0,05 | 400 | 0,0002 | 18 ” Kentrollversuch zur Gift- auswertung RER 0: 77 70.0000 792 EHE | 3 Dose... oe: a ee ar 3 N el | e 2 N 22% 2590000:027 7. 5 2 EEE ENT a TE ne BR ’ Über Tetanusgift bındende Bestandteile des Gehirns. 295 Beide Substanzen besitzen eine annähernd gleiche und zwar im Vergleich mit den bis jetzt bekannten Stoffen eine sehr er- hebliche giftbindende Wirkung. 3. Die toxinbindende Wirkung des Cerebrons. In letzter Zeit ist ein dem Phrenosin Thudichums in vieler Beziehung nahestehender Körper von Thierfelder rein dar- gestellt und als Cerebron bezeichnet worden. Es war zu vermuten, daß die giftbindende Wirkung des Phrenosins auch dem Cerebron zukommen würde. Ich konnte mich eines reinen Cerebronpräparates bedienen, für dessen Überlassung ich Herrn Prof. Thierfelder zu größtem Danke verpflichtet bin. Die Prüfung auf giftbindende Wirkung wurde in üblicher Weise vorgenommen. Versuch IX. I Lu u | v vI VII Verebrton„ „.... 2... 0,05 | 200 | 0,0001 |12!/,| kein Tetanus |überlebt a 0,05 | 200 | 0,0001 Iıay,| , x x EN Nana 0,05 ı 300 | 0,00015 | 20 Tetanus 7 RT RNNE 0,05 | 300 | 0,000 15 | 13%/, 2 7 Re 0,05 | 400 | 0,0002 | 19 E 2 a Le 0,05 | 400 | 0,0002 19%, R 2 Kontrollversuch wie in Versuch VIII. Somit verhält sich das Cerebron genau wie Phrenosin, und wir dürfen die mit Phrenosin erhaltenen Versuchsergebnisse wohl auf’ Cerebron übertragen. Wegen der geringen Menge Cerebron, welche zu meiner Verfügung stand, habe ich viele Versuche mit nach Thudichum dargestelltem Phrenosin anstatt mit Cerebron ausgeführt. Die giftbindende Wirkung des Kerasins wurde nicht weiter untersucht, weil diese Substanz noch nicht ausreichend charakterisiert ist. In den nachstehenden Versuchen suchte ich zunächst. Näheres über den Vorgang der Giftbindung zu ermitteln. Die giftbindende Wirkung des Cerebrons ist viel niedriger, wenn man die Cerebrontoxinmischung nach der Einwirkung ohne vorgängiges Abfiltrieren injiziert. 296: .. ‘ Kenji Takaki, 0,05g Cerebron wurde in 10ccm der Toxinlösung gut verteilt. Nach 1stündigem Stehen bei Zimmertemperatur, unter häufigem Schütteln, wurden von der Mischung 0,5 cem injiziert. Versuch X. I ı | m VEN: Dan vu Cerebron . 2 2... 0,05 ' 40 | 0,00002 | 19 | kein Tetanus |überlebt € 2 10.05. 4020:000,02, 16, 5 R u 22 20.05.1004 0/00005, er a 3 EN RE DE 0,05 | 100 | 0,00005 | 16 | „ 2 ;“ U GEN EL 0,05 | 200 | 0,0001 | 20 Tetanus 5 EEE ERS 0,05 | 200 | 0,0001 |18'/, i 6 Kontrollversuch wie in Versuch VII. Bei dieser Versuchsanordnung ist also die giftbindende Wirkung des Cerebrons ungefähr halb so groß wie in Versuch IX. Die Bindung zwischen Toxin und Cerebron ist sonach sehr locker und wird im Tierkörper wieder zum Teil gelöst. | Ferner bedarf es nach der Mischung einer gewissen Zeit, um die „Neutralisation“ des Toxins zu erreichen. Toxin und Phrenosin wurden, wie in anderen Versuchen, gemischt und eine Probe nach 5 Minuten, eine zweite nach 10 Minuten und eine dritte nach 20 Minuten dauerndem Schütteln in der Schüttelmaschine den Ver- suchstieren beigebracht. Versuch XI. I I | II IV V VI vu Naeh 5 Minuten . . . | 0,05 | 200 | 0,0001 | 20%, Tetanus 6 a >... 10,05| 200 | 0,0001 | 19 s 6 10 0,05 | 200 | 0,0001 | 18 | kein Tetanus überlebt NE NOER = ..2|(005)K20p| 0.0001 Su N u 5 -.....)0,05 | 200 | 0,0001 |14/),| „ 5 a TEL .... [0,05 | 200 | 0,0001 | 14 | „ R 2 Kontrollversuch wie in Versuch VIII. Es bedarf sonach einer gewissen Zeit (10 bis 15 Minuten) nach der Mischung, um die Entgiftung vollständig zu machen. Wenn man die Toxinlösung gleich nach der Mischung mit Cerebron ohne vorgängiges Filtrieren injiziert, ist die Entgiftung kaum wahrnehmbar. | Über Tetanuseift bindende Bestandteile des Gehirns. 997 Versuch XI. I II | DI IV | V VI vl Perebron.. hehe 0,05 | 40 , 0,00002 | 18 Tetanus 3 Dan.L 3 Yun Mal: 0,05 | 40 | 0,00002 | 15', B 3 a 0,05 | 100 | 0,000.05 | 14%, R 2 RE In 0,05 | 100 | 0,00005 | 19 Ä 2 Kontrollversuch wie in Versuch VII. Ferner wirkt das Phrenosin entgiftend, wenn man seine Chloroformlösung mit Toxinlösung schüttelt. Zu diesem Zwecke wurde Phrenosin (0,039) in einer kleinen Menge Chloroform gelöst und mit 10ccm Toxinlösung geschüttelt. 0,5ecm der Toxinlösung wurde injiziert. Versuch XIII I Bun, nes eva Phrenosin in CHCl,. . 0,03 | 40 | 0,00002 | 16 | kein Tetanus überlebt f 005 40 0.000.08 F1s re, & ”_ ) ) ” . . | 0,03 , 100 | 0,00005 | 15 5 h a ” ” » =.» 0,05 | 100 | 0,00005 | 16 7 Um festzustellen, ob es nach erfolgter „Verfestigung“ möglich ist, das Toxin aus der Phrenosinverbindung wieder frei zu machen, habe ich folgende Versuche ausgeführt. Wenn man das mit Toxin imprägnierte Phrenosin in Chloro- form löst, so geht das Toxin mit dem Phrenosin in Lösung und geht nicht mehr in Wasser hinein, auch wenn man noch so lange mit Wasser schüttelt. Auch bleibt das Toxin an das Phrenosin gebunden, wenn man dieses aus der Ohloroformlösung durch kalten Alkohol ausfällt. Es scheint hier eine ähnliche Bindung zu be- stehen wie zwischen Cobragift und Lecithin im „Üobralecithid“. Auf die Frage, wie diese Bindung zu deuten ist, soll hier nicht näher eingegangen werden. Es kann kaum einem Zweifel unterliegen, daß diese Lipoid- affinität des Toxins eine Rolle in dem Wassermanschen Phae- nomen spielt. Man darf auch daran denken, daß sie bei der Auf- nahme des Toxins durch die peripheren Nerven !0) bzw. der Verbreitung im Organismus von Wichtigkeit ist. Andererseits ist folgendes zu bedenken: Man findet die Cere- broside (Phrenosin und Kerasin) nach Baumstark !!) und Koch?) N 998 Kenji Takaki, vorwiegend in der weißen Substanz des Gehirns, und danach sollte diese viel stärker giftbindend wirken als die graue. Nach Dönitz ist aber, wie oben erwähnt, gerade das Gegenteil der Fall. In bezug auf diese Frage erwähnt Ignatowsky:), daß „die graue Substanz sauer und die weiße alkalisch reagiert (Neumeister, Lehrbuch der physiologischen Chemie), und die Acidität der grauen Hirnsubstanz für das Tetanusgift, das gegen Säuren überhaupt sehr empfindlich ist, nicht gleichgültig sein kann“. Meine ein- schlägigen Versuche bestätigten die Dönitzschen Befunde, und ich bin daher geneigt, anzunehmen, daß die Wirksamkeit der grauen Substanz von anderen Momenten als dem Vorhandensein von Cerebrosiden abhängt, ohne aber der vermeintlich sauren Reaktion entscheidende Bedeutung beizumessen. _ 4. Die Wirksamkeit der Spaltungsprodukte des Cerebrons. Das Cerebron zerfällt nach Thierfelder durch Behandlung mit Säuren in Galaktose, Sphingosin und eine Säure, die von Thierfelder!*) nach genauerer Untersuchung als Cerebronsäure bezeichnet wurde. Ich habe nach Thudichum dargestelltes „Phrenosin* nach Thierfelders Angabe mit 10 proz. Schwefelsäure in Methylalkohol Versuch XIV. ea IS LT IV V VI vll SpıImeosınana. a: 0,05 | 40 | 0,00002 | 14 Tetanus 3 a a a 0,05 | 40 | 0,00002 | 20° e 3 Sphingosinsulfat. . . . 0,05 | 40 | 0,00002 | 15 5 6 a ..2..)005| 40 | 0,00002 | ı1 iR fer Cerebronsäure. . . .. . 0,05 | 200 |, 0,0001 |19!/, kein Tetanus jüberlebt Sale aka le 0,05 | 200 | 0,0001 |17%, | „ 5 ce EN SEE 0,05 | 400 | 0,0002 | 20 | „ 3 ih: BR RR, 0,05 | 400 | 0,0002 | 22 x $ ” a 2.2... || 0,05 | 600 | 0,0003 19 |leieht. Tetanus r el ragen 0,05.\ 600 | 0,0003 | 19 & u n Cerebronsäuremethylester | 0,05 | 200. | 0,0001 |20'/,| kein Tetanus e R | 0,05 | 200 | 0,0001 |22%,| „ Due Dee %, |[0,05 | 400 | 0,0002 | 19 | „ x N : 0505. App | 0,0002 7 u ER „10,05 | 600 | 0,0003 | 18 | Tetanus 4 wear 0,05 | 600 | 0,0003: | 21 f ib Über Tetanusgift bindende Bestandteile des Gehirns. 299 gespalten.‘ Die entstandenen Produkte entsprachen den Angaben von Thierfelder!3) über die Spaltungsprodukte des Cerebrons; die erhaltene Cerebronsäure schmolz bei 100°C und deren ehr ester bei 65°C. - Sämtliche Produkte (außer Galaktose) — Cerebronsäure, Cere- bronsäuremethylester, Sphingosin und Sphingosinsulfat — wurden auf giftbindende Wirkung untersucht. | Die Emulsion der Cerebronsäure mit Toxinlösung zeigte saure Reaktion gegen Lackmus, die anderen Emulsionen waren. neutral. Wie aus der Tabelle XIV ersichtlich ist, geht die giftbindende Wirkung des Cerebrons bei der Spaltung auf die saure Kom- ponente über. Die Wirksamkeit des neutralen Üerebronsäure- methylesters ist ungefähr doppelt so groß wie die des Cerebrons, und die freie Cerebronsäure ist noch wirksamer. Die stärkere Wirkung der Cerebronsäure hängt vermutlich von deren Säure- charakter ab, da im allgemeinen Tetanustoxin gegen Säure sehr empfindlich ist. 5. Verdankt das Tetanusheilserum seine Wirkung einem Gehalt an Cerebrosiden? Wie die ausgeführten Versuche lehren, ist die antitoxische Wirkung eines gut definierten kristallinischen Körpers, der Cere- bronsäure, und ihrer Derivate nicht unbedeutend. 1x Cerebron neutralisierte danach (Versuch XI) mindestens 4000, 1 g Cerebron- säuremethylester (Versuch XVI) mindestens 8000, 1g Cerebronsäure (Versuch XVI) mindestens 12000 letale Dosen. Es dürfte danach daran gedacht werden, daß die Wirkung des Tetanusheilserums und anderer Sera zu ihrem Gehalte an Üere- brosiden, vielleicht auch anderen „Lipoiden“, in Beziehung steht. Es wurde demgemäß untersucht, ob Immunsera einen größeren Gehalt an Cerebrosiden bzw. an chloroformlöslichen Lipoiden auf- weisen als normale Sera. Die betreffenden Immunsera stammten aus dem k. k. serothera- peutischen Institut zu Wien, und ich bin Herrn Prof. R. Paltauf, sowie Herrn Privatdozenten Dr. E. P. Pick für deren Überlassung zu größtem Danke verpflichtet. . Als Vergleichssera dienten zuerst hier gewonnene Sera von Straßburger Tieren. Zur Sicherung des Resultates erwies es sich als wünschenswert, Normalsera von Tieren zu benutzen, die unter annähernd gleichen Ernährungsbedingungen gehalten wurden wie die Tiere, die die Immunsera geliefert hatten. Darauf hatten die oben genannten Herren neuerdings die Güte, 300 Kenji Takaki, dem hiesigen Institut: auch eine Reihe Normalsera zur Verfügung zu stellen. Die Bestimmung des Gehaltes an chloroformlöslichen Lipoiden wurde in folgender Weise ausgeführt: 25 bis 50cem Serum wurden mit dem zweifachen Volumen 95 proz. Alkohol versetzt und 15 Minuten auf 75° erhitzt. Der Niederschlag wurde abfiltriert, mehrmals mit absolutem Alkohol gewaschen, Waschalkohol und Filtrat zusammen eingedampft, der Rückstand dem Niederschlage hinzu- gefügt und dieser jetzt mit viel Chloroform dreimal je 3 Stunden lang im Schüttelapparat geschüttelt. Nun wurde abfiltriertt und der gesamte Rück- stand des Chloroforms nach dem Trocknen über Schwefelsäure gewogen. Das Gewicht wurde auf 100 cem Serum umgerechnet. Versuch XV. Normales Serum von Straßburger Pferden. Nies ll) a ne 0,2940 g LI ER 0,3150 „ De Be ee hy 0,3254 „ u A ERSTEN 0,3660 „. ED Er Eee te 0,3670 „ BE Eh 0,3750 „ ENT RnB Re 0,4880 „ Durchschnitt . . 0,5614 & Normales Serum von Wiener Pferden. 5 Max EIER NR 0,3920 & „ManuseunentLite 0,4580 ‚, „eartınSe nee ns 21,7.0,49327,, »Marsehalleay 2 227. 0,5036 „ „Meister. 6 u 0,5860 „ Durchschnitt. . 0,4866 Immunsera. Tetanusserum vom Pferde „Mylight“ . . 0,5204 g » » »Drususene 2.220,61008, $)) ” $)) „Genius“ BalSaEn 0,6120 » Durchschnitt... 0,5808 Diphtherieserum vom Pferde „Kondor“.. . 0,5564 g A „81,0% Kunier“ 90,020 » ) » „Landsturm“ 0,5660 „ D) ” » „Kurat“* . . 0,5840 „ 2) n) » „Leander“ . 0,5920 „ Durchschnitt . . 0,5721 g Über Tetanuseift bindende Bestandteile des Gehirns. 501 Dysentesieserum ne ine a 0,5500 Searlatinaserüum,. .:12.3 » salaı ene i- 0,5172 „ Iyphusserum........ ev aa). 0,6588 „ Durchschnitt für alle Immunsera . . 0,5760 g Aus diesen Daten ist zu ersehen, daß die Immunsera durch- schnittlich und individuell (Normalserum „Meister“ scheint eine Ausnahme zu sein) mehr chloroformlösliche Lipoide als normale Sera enthalten. Die Vermutung jedoch, daß dieser erhöhte Lipoidgehalt mit der antitoxischen Wirkung zusammenhängen könnte, bestätigte sich, wenigstens für das Tetanusserum, nicht. Das Chloroformextrakt desselben enthielt keine nachweisbare Menge Cerebrosid, denn es lieferte beim Sieden mit Salzsäure keine reduzierende Substanz. Ferner fehlte dem Chloroformextrakt die spezifische antitetanische Wirkung. Versuch XVl. 25 ccm Tetanusimmunserum wurden wie in den vorigen Versuchen be- handelt, aber unter Vermeidung von Erhitzung. Das Eindampfen des Fil- trates und des Waschalkohols geschah im Luftstrome. I I III IV V VI Chloroformextrakt des Tetanus- immunserums 25 cem .... 20 | 0,00001 | 19 Tetanus 8 Ders en 20 | 0,00001 | 19 5 8 BER IRRE SEE HE SER 40 | 0,00002 | 15 Ä 3 a ERNST: SENSE eek, 40 | 0,000. 02 | 17'/, 2 3 Kontrollversuchf.Giftauswertung | 40 | 0,000 01 | 17% & | 3 2 : \ 40 | 0,00001 | 16 g 3 Die geringe Verzögerung des letalen Endes, die hier nach- weisbar ist, dürfte eher auf die geringe antitoxische Wirkung des auch in Chloroform übergehenden Cholesterins bzw. der Cholesterin- ester zu beziehen sein. Immerhin hat die Tatsache, daß die Immunisierung eine Ver- mehrung des Lipoidgehaltes im Serum nach sich zieht, insofern Interesse, als sie zeigt, daß die Immunisierung mit einem Abbau der‘ Gewebe einhergeht, wobei sog. Lipoide ins Blut übertreten und hier lange Zeit verbleiben, ähnlich wie man das für die spe- zifischen Antikörper annehmen muß. 5 Auf Grund des Beobachteten ergab sich die Frage, ob es nicht möglich wäre, Tiere gegen Tetanus durch Vorbehandlung 302 7 Kenji Takaki, mit den dargestellten giftbindenden Stoffen zu schützen. Zu diesem Zwecke habe ich Versuche mit Öerebron und Cerebronsäure in Angriff genommen. Sie konnten jedoch wegen meiner Rückkehr nach Japan nicht zu Ende geführt werden. Ich hoffe, über ihr Ergebnis bald Näheres berichten zu können. Über die toxinbindenden Bestandteile der grauen Substanz des Gehirns sind weitere Untersuchungen im ‚hiesigen Institut in Aussicht genommen. i Auf Grund meiner Versuche gelange ich zu kolsendie Schluß- folgerungen: _ | Trockene Gehirusubsiane a bei Basnsim. ‚mit heben Alkohol reichlich Tetanusgift bindende Substanzen an den Alkohol ab und wird dabei selbst unwirksam. Unter den abgegebenen Stoffen sind die neutralen Cerebroside, vor allem das Cerebron, besonders wirksam; den Cerebrinaciden kommt anscheinend eine schwächere Wirkung zu. Von den Spaltungsprodukten des Üere- brons wirkt nur die Cerebronsäure, aber diese sehr stark giftbindend (1g neutralisiert bis 12000 [für Mäuse] letale Dosen). Auch der -Methylester der Cerebronsäure ist sehr wirksam. Die giftbindende Wirkung der weißen Hirnsubstanz ist großen- teils auf den Gehalt an den genannten Substanzen zu beziehen. Doch ist nicht ausgeschlossen, daß sie im frischen Zustande noch andere antitoxische Stoffe enthält, die bei der Extraktion zerstört werden. Da die graue Substanz, obgleich sehr arm an Cerebro- siden, noch stärker giftbindend wirkt als die weiße, muß sie noch unbekannte, im gleichen Sinne wirksame Stoffe enthalten. | Literatur. 1) Wassermann'und T. Takaki, Berl. klin. Wochenschrift Nr.1, 1898. 2) Dönitz, Deutsche Klinik. Urban und Schwarzenberg 1903. S. 581. ») Alfred Wolff-Eisner und Adolf Rosenbaum, Über das Ver- halten von Organrezeptoren bei der Autolyse, spez. der Tetanus bindenden Substanz des Gehirns. Berl. klin. Wochenschrift 43, 945—947. 4) Ignatowsky, Zentralbl. f. ‘Bakteriologie 35 (1903). 5) Landsteiner und v. Eisler, Über Agglutinin- und Lysinwirkung. Zentralbl. f. Bakteriologie 39 (1905). ;,.%) Landsteiner und Botteri, Über Verbindungen von Tetanustoxin mit Lipoiden. Zentralbl. f. Bakteriologie 42 (1906). ?) Biltz, Much und Siebert, Behrings Beiträge, Heft 10. 5) Thudichum, Die chemische Konstitution des Gehirns des Menschen und der Tiere. Tübingen 1901. - °). Hammarsten, Lehrbuch der physiol. Chem. 6. a s. 483. Über Tetanusgift bindende Bestandteile des Gehirns. 303 10) Meyer und Ransom, Untersuchungen über den Tetanus. Archiv f. exp. Path. und Pharm. 49, 6. ı) Baumstark, Hammarstens Lehrbuch der physiol. Chem. 6. Aufl, S. 488. 12) Koch, Americal Journal of Physiology 11. 1) Wassermann, Handbuch der pathogenen Mikroorganismen von Kolle und Wassermann, Bd, IV. 1) Thierfelder, Zeitschr. f. physiol. Chem. 30, 43 und 49. 15) R. Milehner, Nachweis der ehemischen Bindung von Tetanus durch Nervensubstanz. Berl. klin. Wochenschrift 1898, Nr. 17. 16) Asakawa, Zentralbl. f, Bakteriologie 24 (1898). XXI. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Sechste Mitteilung. Zur Theorie der Homogentisinsäurebildung. Von E. Friedmann. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg.) Der Abbau des Tyrosins zur Homogentisinsäure vollzieht sich nach den bekannten Untersuchungen von Wolkow und Baumann!) unter einer eigentümlichen Atomverschiebung, Die chemischen Vorgänge, die diesen Übergang des Tyrosins in Homogentisinsäure vermitteln, formulieren diese Forscher in folgenden Gleichungen: OH+HH H H/ NH oH/ \H A \, 0 A us NH, + 00, £2H,0. a 3“ CH,.CH(NH,).COOH CH,.COOH HH „Man sieht daraus,“ schreibt ein Schüler Baumanns, H. Embden ?), „daß der im Körper des Alkaptonmannes verlaufende anomale Vorgang, der zur Bildung der Homogentisinsäure führt, sich darstellt als eine Kombination von gleichzeitig an demselben Molekül verlaufenden Reduktions- und Oxydationserscheinungen, eine Kombination, wie sie bekanntlich das charakteristische Merk- mal der durch Hefen bewirkten Umwandlungen ausmacht.“ !) Zeitschr. f. physiol. Chem. 15, 277. ?) Ebenda 17, 184. | } Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 305 Die Untersuchungen von Zincke!), Auwers?) und besonders die von Bamberger?) haben nun eine Klasse von Verbindungen bekannt gemacht, bei denen der Übergang der Parareihe in die Metareihe, der im wesentlichen die Umlagerung bei der Bildung der Homogentisinsäure charakterisiert, eine regelmäßig zu beob- achtende Erscheinung ist. Es sind dies die Chinole. So geht z. B. Toluchinol unter Wanderung der Methylgruppe in Methyl- hydrochinon über: OEL’ "CH, OH NE | ES /S_om, a ek 0) OH Toluchinol Methylhydrochinon Als Ausgangsmaterial zur Darstellung dieser Chinole dienten Bamberger die Arylhydroxylamine, bei denen sich nach den ausgedehnten Untersuchungen dieses Forschers und seiner Schüler die Umlagerungen im Sinne folgender Gleichungen abspielen: CH; OH CH; ON CH, OH SS“ Ne | ES er) .9- | | ] | NH.OH NH Ö OH Ebenso gelang es Bamberger), aus p-Kresol durch Oxy- dation mit Caroscher Säure Toluchinol darzustellen, eine Substanz, die leicht in Toluhydrochinon umgelagert werden kann: CH, oH CH, oH | BER, | ee SZ ya NZ - \ OH !) Berl. Ber. 28, 3121 u. 34, 253. ?) Ebenda 30, 755 u. 32, 3443. ®) Ebenda 33, 3600. *) Ebenda 36, 2031. Beitr. z. chem. Physiologie. XT. 30 306 E. Friedmann, Bei dieser Sachlage liegt die Vermutung nahe, chinolähnliche Verbindungen als Zwischenglieder beim Übergang von Tyrosin in Homogentisinsäure anzunehmen, etwa im Sinne folgender Formeln: CH,.CH(NH,).COOH OH CH,.COOH | OR ( 3 | [f ) ( I ° NZ SA a | | OH OH 10) Tyrosin Homogentisinsäure Ich habe im Januar 1907 im physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg nach dieser Richtung Versuche angestellt und damit begonnen, zu prüfen, ob Arylhydroxylamine mit saurer Seitenkette ebenfalls die typischen Chinolumlagerungen erkennen lassen. Obgleich diese Versuche, wie die damit zusammenhängenden physiologischen Experimente noch nicht zum Abschluß gelangt sind, möchte ich doch den mich leitenden Gedankengang zur Kenntnis der Fachgenossen bringen, um so mehr, als die Bearbeitung der Bildung der Homogentisinsäure von verschiedener Seite in Angriff genommen ist, und die in dem soeben!) erschienenen Heft der Berliner Berichte mitgeteilte Arbeit von Kumagai und Wolffenstein), in der über die Bildung von Homohydrochinon aus p-Kresol durch Oxydation von p-Kresol mittels Kaliumper- sulfats in saurer Lösung berichtet wird, die chemischen Tatsachen, die mich zur Anstellung meiner Versuche geführt haben, einem breiteren Publikum wieder in Erinnerung bringen. p-Hydroxylaminophenylessig säureäthylester. Die Darstellung des p- Hydroxylaminophenylessigsäureäthyl- esters geschah analog der Darstellung des Mesitylhydroxylamins aus Nitromesitylen 3). 10g& p-Nitrophenylessigsäureäthylester wurden in 25ccm ab- solutem Alkohol gelöst und mit 10 cem einer 10proz. Am- moniumchloridlösung versetzt. In die klare Lösung wurden bei 67 bis 72° innerhalb von 20 Minuten 16 g Zinkstaub eingetragen. Nach Abfiltrieren des Zinkstaubes und Auswaschen dieses mit wenig !) Heft vom 8. Februar 1908. ®) Berl. Ber. 41, 297. ®) Ebenda 33, 3626. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 307 Alkohol wurde die alkoholische Flüssigkeit auf 150 & Eis gegossen und der dabei auffallende, zuerst ölige, dann erstarrende Körper nach dreistündigem Stehen abgesaugt. Das Filtrat wurde mit 200 cem gesättigter Kochsalzlösung versetzt und ausgeätherte. Der äthe- rische Auszug hinterließ nach Abdestillieren des Äthers und Ent- fernung der letzten Ätherreste im Vakuum über Schwefelsäure 3,8 g einer öligen, rasch kristallisierenden Substanz. Zur Reinigung wurde diese wiederholt aus Benzol-Petroläther und Schwefelkohlen- stoff-Petroläther umkristallisiert. Die Substanz kristallisiert in großen Blättehen vom Schmelzpunkt 64,5° (unkorrigiert) und ist das ge- ' suchte Hydroxylaminoderivat. Sie reduziert Fehlingsche Lösung bereits in der Kälte und läßt nach Behandeln mit Schwefelsäure typische Chinolreaktionen erkennen. Zur Analyse wurde die Substanz im Vakuum über Schwefel- säure und Paraffin getrocknet. 0,1284 & Substanz gaben 0,2901 g CO, und 0,0854g H,O, 0,2164 „ m „ 13,59ecm N (13,6°, 767,8 mm). Berechnet für 0,,H,,N 0, Gefunden a RT 61,51 Proz. 61,62 Proz. IE ee 06.72, RT INK 1.20 748 „ Berlin, den 9. Februar 1908. 20* XXI. Über das Glykokoll des normalen Harns. Von Dr. Gustav Embden und Dr. Alfred Marx, derzeit Assistenzarzt am Städtischen Krankenhause zu Karlsruhe. (Aus der inneren Abteilung des Städtischen Krankenhauses [damaliger Oberarzt Professor C. v. Noorden] und aus dem chemisch-physiologischen Institut der Städtischen Krankenanstalten zu Frankfurt a. M.) Nachdem Ignatowski!) im Harn unter gewissen patho- logischen Verhältnissen, namentlich in Fällen von Gicht, Leukämie und Pneumonie Glykokoll aufgefunden hatte, gelang es Embden und Reese?) aus einer größeren Zahl normaler Harne unter An- wendung einer geringfügigen methodischen Modifikation Glykokoll zu gewinnen. Dieser Befund ist von einer Reihe von Forschern zum Teil nachgeprüft, zum Teil der Kritik unterzogen worden. Die Er- gebnisse dieser Nachprüfungen und Kritiken unserer Versuche sind recht verschiedenartig. Jedenfalls waren sie für uns Veranlassung, die früheren Versuche nochmals zu wiederholen und nach ver- schiedenen Richtungen zu erweitern. Die Resultate dieser neuen Untersuchungen sollen im folgenden an der Hand der wesent- lichsten gegen unsere frühere Arbeit erhobenen Einwände dar- gelegt werden. In aller Kürze nur soll hier zunächst auf die Einwendungen Kionkas eingegangen werden, dem früher „bei genauer Befolgung der Ignatowskischen Vorschrift in zahlreichen Kontrollunter- suchungen am normalen Menschen und am Hunde“ der Glykokoll- !) A. Ignatowski, Über das Vorkommen von Aminosäuren im Harn, vorzugsweise bei Gicht. Zeitschr. für physiol. Chem. 42, 388 (1904). ”) G. Embden, XXII. Kongreß für innere Medizin. Wiesbaden 1905. G. Embden und H. Reese, Über die Gewinnung von Aminosäuren aus normalem Harn. Diese Beiträge 7, 411 (1905). Gustav Embden und Alfred Marx, Über das Glykokoll usw. 309 nachweis niemals gelungen war!) und der neuerdings behauptet, daß es für den Glykokollnachweis im Harn ganz gleichgültig sei, „ob man bei schwacher, wie Ignatowski, oder bei starker Alkaleszenz, wie Embden es vorschlägt, die Reaktion zwischen der Amino- säure und dem ß-Naphtalinsulfochlorid geschehen läßt“ 2). Wir möchten demgegenüber auf Grund vielfältiger Versuche darauf hinweisen, daß es für die Gewinnung der Glykokollverbindung und von anderen ß-Naphtalinsulfoaminosäuren aus Harn in erster Linie auf den Alkaleszenzgrad des Harns ankommt. Hierin stimmen mit uns auch Abderhalden und Schittenhelm überein, welche, nachdem sie in früheren Versuchen bei schwacher Alkaleszenz des Harns keine oder doch nur geringe Mengen von Reaktionsprodukten erhalten hatten), Glykokoll im normalen menschlichen Harn nach- weisen konnten, wenn sie sich an die von uns angewandten Versuchs- bedingungen hielten“). Auch Samuely gelangt im wesentlichen zu dem gleichen Ergebnisse, wenn er auch die Anschauung aus- spricht, daß die „stark alkalische Reaktion keine conditio sine qua non für den qualitativen Nachweis“ des Glykokolls ist5). Auf die Bedeutung des Alkaleszenzgrades bei der Anwendung der Naphtalinsulfochloridmethode auf den Harn werden wir weiter unten zurückkommen müssen, hier wollen wir nur eins nochmals hervorheben: An der Tatsache, daß sich aus jedem normalen Menschenharn Glykokoll gewinnen läßt, kann unseres Er- achtens kein Zweifel mehr bestehen. Ist nun aber dieses Glykokoll wirklich als solches im Harn präformiert? Wir selber haben uns in unserer ausführlichen Mitteilung sehr vorsichtig über diesen Punkt ausgesprochen und ausdrücklich auf die Möglichkeit hingewiesen, daß das Glykokoll im Harn ur- ") H. Kionka, Glykokoll und Harnstoff in ihren Beziehungen zur Harn- säure. Zeitschr. für experimentelle Pathologie und Therapie 2, 23, Fuß- note (1906). ®) H. Kionka und E. Frey, Beiträge zur Kenntnis der Gicht. Zeit- schrift für experimentelle Pathologie und Therapie 3, 598 (1906). ®) E. Abderhalden und A. Sehittenhelm, Über den Gehalt des normalen Menschenharns an Aminosäuren. Zeitschr. für physiol. Chem. 47, 340 (1906). *) Ebenda, S. 342. °) F. Samuely, Zur Frage der Aminosäuren im normalen und patho- logischen Harn. Zeitschr. für physiol. Chem. 47, 378 (1906). 310 Gustav Embden und Alfred Marx,. sprünglich nicht in freier, sondern in Form irgendwelcher. ge- paarter Verbindungen vorhanden ist!). Verschiedene Autoren sehen es als ausgemacht an, daß die von uns gewonnene beträchtliche Glykokollmenge erst während der chemischen Verarbeitung des Harns aus anderen Substanzen abgespalten wird. So zunächst Wohlgemuth und Neuberg?). Sie bemängeln einmal, daß wir den Harn in unseren früheren Versuchen nach Bleifällung, Entbleien und Ansäuern mit Mineralsäure zur Ent- fernung der Hippursäure 16 bis 20 Stunden im Extraktionsapparat mit Äther bei mineralsaurer Reaktion extrahierten und sprechen die Anschauung aus, daß wir hierdurch anstatt der Beseitigung der Hippursäure wahrscheinlich eine Spaltung dieser Substanz unter Glykokollbildung bewirkten — ohne freilich diese Anschauung einer experimentellen Prüfung zu unterziehen. Wir haben uns nun davon überzeugt, daß unter den von uns gewählten Versuchsbedingungen eine Spaltung der Hippursäure bei der Extraktion auch nicht im geringsten Umfange eintritt. Versuch: 0,5204 & trockener Hippursäure wurden in Wasser sus- pendiert und in einem großen Extraktionsapparat nach Kutscher-Stendel bei mineralsaurer Reaktion extrahiert. Die zugesetzte Säuremenge (etwa 5ccem offizineller Salzsäure) war größer als in den Harnversuchen, wo meist 2 bis 3cem Säure zur Verwendung kamen. Die Extraktion wurde nach drei Tagen unterbrochen und der Inhalt des Extraktionskölbehens zu einer Stickstoffbestimmung nach ‘Kjeldahl verwendet. Die gefundene Stick- stoffmenge betrug 0,0406 g, während sich für 0,5204 Hippursäure 0,0407 & Stiekstoff berechnen. Der Stickstoff der Hippursäure war also quantitativ in den Äther übergegangen, und es konnte demzufolge während der Ex- traktion keine Spaltung der Hippursäure unter Bildung des äther- unlöslichen Glykokolls stattgefunden haben. Es sei hier überdies ausdrücklich hervorgehoben, daß in allen späteren Versuchen von Embden und Reese, insbesondere in allen Versuchen, in denen Glykokoll isoliert wurde, die Beseitigung der Hippursäure nicht durch Extraktion mit Äther im Extraktions- apparat, sondern durch fünf- bis sechsmaliges Schütteln mit Essig- ester bewirkt wurde. ') G. Embden und H. Reese, l. c., S. 424. ?) J. Wohlgemuth und C. Neuberg, Zur Frage des Vorkommens von Aminosäuren im normalen Harn. Medizinische Klinik 1906, S. 227. Über das Glykokoll des normalen Harns. 311 Auf ein weiteres, von Wohlgemuth und Neuberg gegen unsere Versuche erhobenes Bedenken werden wir am zz unserer Arbeit noch eingehen müssen. Im übrigen gelangen Wohlgemuth und Neuberg zu ihrer hlnßfolrerung, daß im Harn „präformiert keine physiologisch irgendwie in Betracht kommenden“ Glykokollmengen sich finden, nicht auf Grund einer Nachprüfung unserer Versuche mittels der Fischer-Bergellschen Naphtalinsulfochloridmethode, sondern sie wenden die Naphtylisocyanatmethode von Neuberg und Manasse an. Diese Methode hat sich aber unterdessen gerade in ihrer Anwendung auf den Harn als so wenig brauchbar erwiesen !), daß wir den mit ihr gewonnenen Resultaten Wohlgemuths und Neubergs keinerlei Beweiskraft zuzuerkennen vermögen. Ebensowenig wie ein Laborationsprodukt aus Hippursäure, ist -das von Embden und Reese im Harn nachgewiesene Glykokoll ein solches aus Harnsäure, wie Hirschstein?) das annimmt. Hirschstein gelangt zu seiner Annahme auf Grund von Ver- suchen, in denen er reine Harnsäure längere Zeit mit Natronlauge von 5 Proz. und 8-Naphtalinsulfochlorid schüttelte.e Er gewann so ‚ein Reaktionsprodukt, das er auf Grund seiner leichten Löslichkeit in Ammoniak und der starken Fällung durch Baryumsalzlösung als ß-Naphtalinsulfoglykokoll ansieht. Ganz abgesehen davon, daß durch diese Angaben Hirsch- ‚steins die Identität des von ihm erhaltenen Reaktionsproduktes mit ß-Naphtalinsulfoglykokoll unseres Erachtens in keiner Weise erwiesen ist, arbeitete er unter völlig von den unseren abweichen- ‚den Versuchsbedingungen. Hirschstein ließ die Einwirkung von Naphtalinsulfochlorid auf Harnsäure bei einem Gehalt an Natronlauge von 5 Proz. vor sich gehen! In der Arbeit von Embden und Reese?) ist der ‚Alkalizusatz zum Harn ausdrücklich angegeben. Wenn der bei ihrer Versuchsanordnung vor der Schüttelung stark saure Harn mit so viel Alkali versetzt war, daß blaues Lackmuspapier ‚eben nicht mehr gerötet wurde, fügten sie dem Harn etwa 20 bis 40 ccm Normalnatronlauge pro Liter zu. Der Gehalt !) L. Hirsehstein, Berl. Klin. Wochenschr. 19096, Nr. 19; ferner Th. Brugsch und A. Schittenhelm, Zur Stoffwechselpathologie der Gicht. Verhandl. des 24. Kongresses für innere Medizin. Wiesbaden 1907. Dis- kussionsbemerkungen, S. 250 und 251. ?®) L. Hirschstein, Die Beziehungen des Glykokolls zur Hacnsirs, Zeitschr. für experimentelle Pathologie und Therapie 4,.129 und 130. (1907). ®) Embden und Reese, 1. c,8. 413. - ‘ 312 Gustav Embden und Alfred Marx, des Harns an Natriumhydroxyd betrug demnach in ihren Versuchen etwa 0,08 bis 0,16 Proz. Es war demnach der Alkali- gehalt in den Versuchen von Hirschstein 31 bis 62 mal größer als in den Versuchen von Embden und Reese. Daß unter diesen Umständen die Deduktionen Hirsch steins hinfällig sind, bedarf keiner weiteren Erörterung. Wir möchten dennoch an dieser Stelle den Hinweis darauf nicht unterlassen, daß Hirschstein auch in jenen Fällen, wo er — nach seiner Meinung im Gegensatz zu der von uns verwandten „stark“ alkalischen Reaktion — bei „schwach“ alkalischer Re- aktion arbeitete, in Wahrheit dem Harn erheblich größere Alkali- mengen zuführte als wir sie in unseren Versuchen mit „starker“ Alkaleszenz jemals anwendeten. Hirschstein!) fügte dem genau neutralisierten und von 400 auf 100 ccm eingeengten Harnquantum 10cem Normalnatronlauge hinzu, was einem Gehalt an Natrium- hydroxyd von etwa 0,36 Proz. entspricht, gegenüber den eben er- wähnten 0,08 bis 0,16 Proz. in den Versuchen von Embden und Reese. Abderhalden und Schittenhelm?) bestätigten das Tat- sächliche der von Embden und Reese erhobenen Befunde in allen Punkten. Nur geben sie dem Glykokollbefund im Harn in- sofern eine bestimmtere Deutung, als die eben genannten Autoren, als sie es als sicher ansehen, daß das unter den von Embden und Reese gewählten Alkaleszenzbedingungen im Harn in erheb- licher Menge nachweisbare Glykokoll nicht in freier Form vor- handen ist?) (wenn sie auch auf Grund ihrer Beobachtungen am schwach alkalisierten Harn das Vorhandensein von freien Amino- säuren in geringer Menge zugeben). Sie gelangten zu der An- nahme einer besonderen Bindung des nach Embden und Reese aus normalem Harn gewinnbaren Glykokolls an der Hand von Ver- suchen mit Aminosäurezusatze Dem Urin zugesetzte Amino- säuren sind nach ihnen — im Gegensatz zu dem aus Harn ohne Zusatz gewinnbaren Glykokoll — bereits bei schwächerer Al- kaleszenz nachweisbar. Es mag dies für größere, dem Harn zugefügte Aminosäure- mengen zutreffen; dem Harn zugefügte geringe Glykokollmengen »-ESHirschatein, 1. e,8.119. Ar Arderielden an) A. Sehittenhelm, Über den Gehalt des normalen Menschenharns an Aminosäuren. Zeitschr. für physiol. Chem. 47, 339 bis 345. ®) Dieselben, 1. c., S. 344, *) Dieselben, 1. e., S. 340. Über das Glykokoll des normalen Harns. 313 reagieren mit ß-Naphtalinsulfochlorid erst bei demselben Alkaleszenz- grade, wie das von vornherein im Harn vorhandene Glykokoll. Versuch: Je 315 cem desselben schwach alkalisch reagierenden Harns') werden getrennt verarbeitet: Portion A ohne weiteren Zusatz. Portion B nach Zusatz von 0,1g lufttrockenem Glykokoll. Beide Harnportionen werden im übrigen völlig gleich behandelt: Erste Sehüttelung: Drei Stunden unter Zusatz von je 10 ccm 10 prozentiger ätherischer #-Naphtalinsulfochloridlösung. Beide Flüssigkeiten reagieren nach dieser Zeit amphoter. Je llccem werden entnommen. Beim Ansäuern mit Salzsäure tritt keine Spur von Trübung auf. Zweite Schüttelunge: Zu den verbleibenden Flüssigkeiten wird je lcem einer doppeltnormalen Natronlauge zugesetzt. Der Harn reagiert deutlicher alkalisch als vor der ersten Schüttelung, aber noch mit violetter Farbe. Wiederum wird drei Stunden geschüttelt und in derselben Weise, wie bei der ersten Schüttelung Proben entnommen. Beim Ansäuern tritt in beiden Proben keine Spur von Trübung auf. Dritte Schüttelung: Zu jeder Flüssigkeit werden nunmehr 2,2 ccm doppeltnormaler Natronlauge hinzugefügt. Rotes Lackmuspapier wird stark violett gefärbt. Nochmaliger Zusatz von 20 cem 8-Naphtalinsulfochlorid- lösung und abermalige dreistündige Schüttelung. In den hiernach wiederum entnommenen Proben tritt beim Ansäuern eine deutliche, in beiden Flüssig- keiten etwa gleich starke Trübung auf. i Aus diesem Versuch geht, wie wir glauben, mit Sicher- heit hervor, daß dem Harn zugefügte geringe Glykokoll- mengen mit ß-Naphtalinsulfochlorid erst bei demselben Alkaleszenzgrade zu reagieren beginnen, wie das von vornherein im Harn vorhandene Glykokoll. Ganz entsprechende Versuche mit d-l-Alanin haben übrigens bereits Embden und Reese mit dem gleichen Ergebnis ausgeführt und kurz veröffentlicht ?). Nach Abderhalden ist es auch deswegen naheliegend, an eine Abspaltung von gebundenem Glykokoll zu denken, weil dieses erst gewonnen werden konnte, wenn der Harn mehrere Stunden, ja mehrere Tage mit ziemlich reichlichen Alkalimengen behandelt worden war?). Es ist nun zunächst richtig, daß Embden und Reese in ihren Versuchen den Harn sehr lange mit ß-Naphtalinsulfochlorid ') Der Harn war zuvor mit Blei gefällt, durch Schwefelwasserstoff ent- bleit, von Hippursäure (durch Ausschütteln mit Essigäther bei mineralsaurer Reaktion) befreit und schwach alkalisiert worden. ®2) Embden und Reese, |. c., S. 424. ®) E. Abderhalden, Lehrbuch der physiologischen Chemie, S. 287 (1906). 314 Gustav Embden und Alfred Marx, ‘geschüttelt haben, aber nicht deshalb, weil die Reaktion langsam einsetzte, sondern deshalb, weil sie langsam zu Ende ging. In neuen Versuchen haben. wir, bei zum Teil sehr kurz an- dauerndem Schütteln, zwar wesentlich ‘geringere Mengen Roh- produkt, dagegen recht erhebliche Ausbeuten an völlig reinem oder doch nahezu reinem ß-Naphtalinsulfoglykokoll erhalten. Es ist dies wohl dadurch bedingt, daß das Glykokoll besonders leicht und rasch mit ß-Naphtalinsulfochlorid reagiert und daher bei früher Unterbrechung des Versuchs weit weniger mit anderen Reaktionsprodukten verunreinigt ist, als nach lange anhaltendem Schütteln. Oft ist das nach kurz dauerndem Schütteln gewonnene Reaktionsprodukt von vornherein nahezu frei von ß-Naphtalin- sulfamid. Jedenfalls kann nach Abtrennung des Amids durch ein- faches Umkristallisieren aus warmem Wasser!) sehr leicht analysen- reine Glykokollverbindung in oft reichlicher Menge erhalten werden. Wir teilen im folgenden eine Reihe solcher Versuche kurz mit: 1. Harn vom Laboratoriumsdiener I. 1140 cem Tagesmenge. Nach dem Entbleien verarbeitete Menge 750cem. Schüttelungsdauer zwölf Stunden. Gewonnene Menge £-Naphtalinsulfoglykokoll: (Schmelzpunkt 153° bis 1549) . ... . el Auf die Tagesmenge berechnet... .... —= 0,587 g. 2. Harn von derselben Versuchsperson. Tagesmenge 1270 ccm, davon verarbeitet 910cem. Schüttelungsdauer vier Stunden. Nach mehr- maligem Umkristallisieren aus warmem Wasser hat die Substanz den Schmelz- punkt 151° bis 152. Ausbeute: 0,4065 g. Auf die Tagesmenge berechnet. ...... —= 0,516 g. 3. Harn von derselben Versuchsperson. Tagesmenge 1020 ccm, davon verarbeitet 750cem. Schüttelungsdauer eine Stunde. Ausbeute: 0,264 g eines bei 147° schmelzenden Präparates. ‘Auf die Tagesmenge berechnet. ...... —. 0,3998. 4. Harn vom Laboratoriumsdiener II. Gesamtmenge 2450 ccm, davon ver- arbeitet 1400 ccm. Schüttelungsdauer zweieinhalb Stunden. Aus- beute: 0,240g eines bei 146° schmelzenden Präparates. Auf die Tagesmenge berechnet. . . . . ee 02 Elementaranalyse: 0,10969 Substanz gaben 0,2192g CO, und 0,0406g H,O. !) Wir haben in unseren neuen Versuchen das zum Umkristallisieren benutzte Wasser nur auf dem Wasserbade erwärmt, nicht wie früher zum Sieden erhitzt. Wir folgten. hierbei einer Angabe Samuelys (l. c., 8. 383), die sich uns bewährte. . Über das Glykokoll des normalen Harns. 315 Für $-Naphtalinsulfoglykokoll gefunden: 4 : berechnet: 54,54 Proz. C 54,34 Proz. C 4,14 I, H ": . 415 » H 5. Harn von derselben Versuchsperson. Tagesmenge 2500 cem, davon verarbeitet 1800cem. Schüttelungsdauer eine Stunde. Ausbeute an einem nicht völlig scharf bei 146° schmelzenden Präparat: 0,280, auf die Tagesmenge berechnet 0,394 g. Elementaranalyse: 0,1126 & Substanz gaben 0,2268 CO, und 0,0460. H,O. Gefunden: Berechnet: 54,90 Proz. C 54,34 Proz. C 456 „ H 4,15. 5 El 6. Harn von derselben Versuchsperson. Tagesmenge 2400 cem, davon verarbeitet 1600 ccm. Schüttelungsdauer vier Stunden. Das aus Wasser zweimal umkristallisierte Präparat schmilzt bei 153 bis 154°. Aus- beute: 0,317 g. Auf die Tagesmenge berechnete reine Glykokollverbindung: 0,476 2. Die beiden Laboratoriumsdiener, an deren Harn die eben mitgeteilten Versuche angestellt wurden, waren anscheinend völlig gesund. Aus dem Harn der ersten Versuchsperson wurden — auf die Tagesmenge berechnet — nach zwölfstündigem Schütteln mit $-Naphtalinsulfochlorid 0,587 g (Ver- » such 1), nach vierstündigem Schütteln 0,516 analysenreines $- Naphtalin- sulfoglykokoll gewonnen. Nach einstündigem Schütteln wurde aus dem Harn derselben Versuchsperson ein etwas zu niedrio schmelzendes Präparat ‘in einer Menge von 0,359 (auf die Tagesmenge berechnet) erhalten. Ein bei der gleichen Temperatur schmelzendes, nach . zweieinhalb- stündigem Schütteln gewonnenes Präparat aus dem Harn der Versuchs- person II, dessen Menge 0,420 & (auf die Tagesmenge berechnet) betrug, gab trotz seines etwas zu niedrigen Schmelzpunktes mit den richtigen völlig übereinstimmende Analysenwerte, während ein durch einstündige Sehüttel- dauer aus dem Harn derselben Versuchsperson gewonnenes Produkt bei der ‚Analyse etwas zu hohe Kohlenstoffwerte gab. (Versuch IV.) Sehr stark war aber, wie aus der Analyse hervorgeht, auch dieses Präparat, dessen Menge, auf das Tagesquantum berechnet, 0,394 & betrug, nicht verunreinigt. (Versuch V.) Nach vierstündigem Schütteln wurde aus dem Harn der gleichen -Versuchsperson ein richtig schmelzendes Präparat in einer auf das Harn- tagesquantum berechneten Menge von 0,476 & gewonnen. Ziehen wir nun jene Präparate in Betracht, welche sich ent- weder durch ihren Schmelzpunkt, oder durch die Elementaranalyse als praktisch rein erwiesen, so wurde, um es nochmals zu wieder- holen, aus der Harntagesmenge der ersten Versuchsperson nach zwölfstündigem Schütteln 0,587 g, aus einer anderen Harntages- menge nach vierstündigem Schütteln 0,5167 & f-Naphtalinsulfo- glykokoll gewonnen. 316 Gustav Embden und Alfred Marx, Die Harntagesmenge der zweiten Versuchsperson lieferte nach zweieinhalbstündigem Schütteln 0,420 g und nach vierstündigem Schütteln 0,476 & reines Naphtalinsulfoglykokoll. Die von anderen Autoren, namentlich von Abderhalden und Schittenhelm!) aus normalem Harn gewonnenen Glykokollmengen lassen sich mit den von uns erhaltenen Ausbeuten nicht streng vergleichen, da sie auf 1000 ccm Harn berechnet sind. Immerhin dürfte es sich, wenigstens bei einem Teil unserer Versuche, um die größten bisher überhaupt aus normalem Harn erhaltenen Glykokollmengen handeln. Zweierlei möchten wir noch bezüglich dieser Glykokollmengen hervorheben. Das von uns gewonnene Glykokoll entspricht, wie wir ganz in Übereinstimmung mit den von Abderhalden und Schitten- helm aus ihren Versuchen gezogenen Schlußfolgerungen betonen möchten, sicherlich nicht der gesamten, im Harn vorhandenen Menge. Das Umkristallisiieren des ß-Naphtälinsulfoglykokolls aus warmem Wasser ist naturgemäß mit sehr großen Verlusten ver- bunden. Andererseits soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dab keineswegs sich aus jedem Harn reine Glykokollverbindung in den oben mitgeteilten. Mengen gewinnen ließ. Die Darstellung der reinen, oder annähernd reinen Substanz gelang uns zwar überall, wo wir sie versuchten, war aber durchaus nicht immer so leicht durchführbar, wie bei den beiden oben genannten und mehreren anderen Versuchspersonen. | Nach unseren Erfahrungen scheint die Glykokollmenge im normalen Menschenharn individuell nicht unerheblich zu schwanken, oder mindestens die Gewinnung der normalen Substanz nicht bei allen Versuchspersonen gleich leicht zu sein. : Verschiedene Autoren, so namentlich Abder las und Schittenhelm, sowie auch Wohlgemuth und Neuberg weisen auf die Möglichkeit hin, daß durch die von uns angewandte „stark* alkalische Reaktion Substanzen, welche Glykokoll in ge- paarter Form enthalten, sehr leicht gespalten werden könnten. Demgegenüber ist hervorzuheben, daß in unseren Versuchen die dem Harn zugefügte Alkalimenge den vorhandenen Mengen an Amidosäuren gegenüber zwar möglicherweise erheblich größer !) Abderhalden und Schittenhelm, 1. e., S. 343. Über das Glykokoll des normalen Harns. Eilr war, als es der ursprünglichen Fischer-Bergellschen Vorschrift entspricht; die prozentische Konzentration an Alkali war aber weit geringer, als in den Versuchen von Emil Fischer und Bergell. Fischer und Bergell lösten die Aminosäuren in der äquimolekularen Menge normaler Natronlauge, während in unseren Versuchen der Alkalizusatz zum Harn etwa 0,08 bis 0,16 Proz. Natronlauge entspricht. Der von uns gewählte Alkalizusatz erhebt sich jedenfalls nicht wesentlich über den zum Nachweis von Aminosäuren, welche dem Harn in geringer Menge zugesetzt wurden, notwendigen. Will man also geringe Mengen von Aminosäuren im Harn überhaupt mittels der ß-Naphtalinsulfochloridmethode nachweisen — wir halten die ß-Naphtalinsulfochloridmethode für die einzige einstweilen für diesen Zweck überhaupt in Betracht kommende —, so muß man sich des von uns gewählten Alkaleszenzgrades be- dienen. Werden hierbei glykokollhaltige Verbindungen — bekannter oder unbekannter Art — gespalten, so gibt es einstweilen kein Mittel, um diese Spaltung zu umgehen. Es ist aber unseres Er- achtens kein Anhaltspunkt dafür vorhanden, daß das mittels der ß-Naphtalinsulfochloridmethode aus normalem Harn gewinnbare Glykokoll in irgend einer anderen Form, als in der der freien Aminosäure präformiert ist. Sicher ausschließen läßt sich die Möglichkeit einer besonderen Bindung bezüglich des Glykokolls ebensowenig, wie bezüglich irgend einer anderen nur durch mehr oder weniger komplizierte chemische Methoden aus Harn gewinn- baren Substanz. In der vorliegenden Untersuchung konnten wir also die früher von Embden und Reese gemachten Angaben durchaus bestätigen. XXI. Über Acetonbildung in der Leber. tee ee Von Dr. Gustav Embden! und Dr. Alfred Marx, derzeit Assistent am städtischen Krankenhaus zu Karlsruhe. (Aus der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a.M. Damaliger Oberarzt: Prof. C. von Noorden.) In der zweiten Mitteilung über Acetonbildung in der Leber gelangten Embden, Salomon und Schmidt!) auf Grund von Durchblutungsversuchen mit Isobuttersäure, Isovaleriansäure und Isobutylessigsäure und im Anschlusse an Untersuchungen früherer Autoren, namentlich diejenigen von Knoop?) über den Abbau aromatischer Fettsäuren, zu der Anschauung, daß die aliphatischen Fettsäuren unter Abspaltung von 2 C-Atomen vom Carboxylende her abgebaut würden. Diese Anschauung haben wir an den höheren normalen Homo- logen der Buttersäure bis zur Dekansäure hinaus einer experimen- tellen Prüfung unterzogen. Die wesentlichsten Ergebnisse dieser Untersuchung hat Embden ‚bereits auf dem 23. Kongreß für innere Medizin 3) mitgeteilt. Ihre ausführliche Veröffentlichung erfolgt aus äußeren Gründen erst jetzt. | Wir gingen bei unseren Versuchen von folgender Überlegung aus: Wenn beim Abbau der normalen höheren Homologen mit !) @. Embden, H. Salomon und Fr. Schmidt, Über Acetonbildung in der Leber. Diese Beiträge 8, 129. 2) Fr. Knoop, Der Abbau aromatischer Fettsäuren im Tierkörper. Diese Beiträge 6, 150. ®) G. Embden, Beitrag zur Lehre vom Abbau des Fettes. 23. Kongreß für innere Medizin, München 1906. Gustav Embden und Alfred Marx, Über Acetonbildung in der Leber. 319 gerader Kohlenstoffatomzahl immer 2 C-Atome abgespalten wurden, so mußten aus diesen Substanzen wiederum Stoffe (wahrscheinlich Säuren) mit gerader Ö-Atomzahl entstehen. _ . Waren diese Voraussetzungen richtig, so mußten aus der nor- malen Dekansäure über die Oktyl- und die Capronsäure, Butter- säure und demzufolge ß-Oxybuttersäure, Acetessigsäure und Aceton gebildet werden, während das Gleiche bei den entsprechenden ' Säuren mit ungerader C-Atomzahl nicht der Fall sein durfte. Die Versuche wurden ganz in der gleichen Weise, wie die früheren von Embden, Salomon und Schmidt, angestellt, so daß bezüglich aller technischen Einzelheiten auf deren Arbeit ver- wiesen werden kann; erwähnt sei nur, daß die Durchblutungszeit auch hier 75 Minuten betrug, mit Ausnahme weniger Versuche, in denen sie etwas geringer war. In allen Fällen waren die Säuren mit Ammoniak möglichst genau neutralisiert in wenig Wasser gelöst. Tabelle I. 1 2 3 4 5) D Gebildete Im ganzen | Im Mittel aus zwei n Menge Aceton | gebildete Barallelversuchen Nr. Durchblutungsblut : pro Liter gebildete zugefügte Substanz pro Liter |Menge Aceton| Acetonmenge mg mg mg 1 2g Normalbuttersäure 148 237 a 1 108 173 1 = 3 2 ,, Normalvaleriansäure 19 30 al 3 21 34 } = 5 2 „ Normalcapronsäure 89 142 1 100 6 2, n 111 178 7 2 „ Normalheptylsäure 9 14 1 B ae, ® 15 24 9 2 „ Normaloktylsäure 60 96 \ 60 10 ar, 5 60 96 | at 2 „ Normalnonylsäure 2) 15 \ e 12 25, r 29 46 13 2 „ Normaldekansäure 71 114 | =3 14 1,5g ® 46 ‚74 f Die Ergebnisse dieser Versuche sind aus Tabelle I ersichtlich; die Versuche sind nach der steigenden Kohlenstoffatomzahl der Säuren geordnet. Mit jeder Säure wurden zwei Parallelversuche angestellt. Als Versuche 1 und 2 (Normalbuttersäure) sind zwei 320 Gustav Embden und Alfred Marx, bereits von Embden, Salomon und Schmidt!) früher veröffent- lichte mit angeführt. In Kolonne 3 der Tabelle ist die Menge des pro Liter Blut gebildeten Acetons, in Kolonne 4 die auf die gesamte Blutmenge (1600 ccm) berechnete Acetonmenge angegeben. Aus Kolonne 5 sind für je zwei Parallelversuche die Mittelwerte der pro Liter Blut gebildeten Acetonmengen ersichtlich. Aus den Kolonnen 3 und 4 geht hervor, daß die von uns erwartete Gesetzmäßigkeit in der Tat besteht, d. h. daß nur die Säuren mit gerader C-Atomzahl eine Steigerung der Acetonbildung in der Leber bewirken, während bei den Säuren mit ungerader C-Atomzahl die gebildeten Acetonmengen nicht größer sind, als die früher von Embden und Kalberlah?) bei der Durchblutung der Leber mit normalem Blute ermittelten. Die Anschauung, daß der Abbau von Fettsäuren — wenigstens solcher mit unverzweigter Kette — in der früher angenommenen Weise erfolgt, gewinnt durch diese Versuche außerordentlich an Wahrscheinlichkeit. Nicht nur die Entstehungsart von Oxybuttersäure, Acetessig- säure und Aceton aus Fettsäuren wird durch die von uns gewonnenen Resultate dem Verständnis näher gerückt, auch die Bildung niederer Fettsäuren aus höheren, durch Abbau vom Carb- oxylende her, wird durch sie recht wahrscheinlich gemacht, wenn auch der direkte Beweis für diese Entstehungsart niederer Fett- säuren — durch deren Isolierung bei der Durchblutung mit höheren — noch zu erbringen sein wird. Mit dieser Entstehungsart der niederen Fettsäuren würde es im besten Einklange stehen, daß im tierischen Organismus und in der Natur überhaupt sich von den normalen Fettsäuren ganz vor- wiegend solche mit gerader Kohlenstoffatomzahl finden, worauf Knoop?°) auf Grund seiner Fütterungsversuche mit aromatisch substituierten Fettsäuren bereits aufmerksam gemacht hat. Aus der Kolonne 5 der Tabelle ist ersichtlich, daß die Menge des aus den normalen Fettsäuren mit gerader C-Atomzahl ge- bildeten Acetons von 128mg bei der Buttersäure bis 58 mg bei der Dekansäure sinkt. Dies erscheint ohne weiteres verständlich, !) G. Embden, H. Salomon und Fr. Schmidt, Diese Beiträge 7, 147, Versuche 32 und 32a. 3 ®) G. Embden und Fr. Kalberlah, Über Acetonbildung in der Leber. Diese Beiträge 7, 121 (1906). *) Fr. Kuoop, Le. } | Über Acetonbildung in der Leber. 391 denn einmal wird der Vorgang der Acetonbildung um so kompli- zierter, je länger die Kohlenstoffkette ist, je mehr Fettsäuren also intermediär gebildet werden müssen, und zweitens werden von jeder acetonbildenden Fettsäure nur die drei vom Carboxylende am weitesten entfernten Kohlenstoffatome in Aceton umgewandelt. Gleiche Acetonmengen können also nicht aus gleichen, sondern aus äquimolekularen Gewichtsmengen verschiedener acetonbildender Fettsäuren im Organismus entstehen. In der bereits eingangs erwähnten Arbeit gelangten Embden, Salomon und Schmidt auf Grund der Tatsache, daß das Leuein im Gegensatz zu der ihm entsprechenden Fettsäure, der Isobutyl- essigsäure, und in Übereinstimmung mit dem nächstniederen Homo- logen der letzteren, der Isovaleriansäure Aceton bildet, sowie auf Grund der Resultate früherer Untersuchungen zu der Anschauung, daß die Aminosäuren unter Abspaltung des Carboxylkohlenstoff- atoms in Substanzen — wahrscheinlich Fettsäuren — mit einem C-Atom weniger umgewandelt würden. Hiernach mußten also Aminosäuren mit gerader C-Atomzahl in Fettsäuren mit ungerader C-Atomzahl, Aminosäuren mit ungerader O-Atomzahl in Fettsäuren mit gerader C-Atomzahl umgewandelt werden. | Von den den höheren normalen Homologen der Buttersäure ent- sprechenden &- Aminosäuren mußten nach dieser Vorstellung die- jenigen mit ungerader O-Atomzahl Aceton bilden, während dies bei den Aminosäuren mit gerader C-Atomzahl nicht der Fall sein durfte. Wir haben bisher nur Versuche mit drei Homologen, der &-Aminonormalbuttersäure, der &-Aminonormalvaleriansäure und der &-Aminonormalcapronsäure ausgeführt. Die Versuche mit der letzteren Substanz sind bereits in der mehrfach erwähnten Arbeit von Embden, Salomon und Schmidt als Versuch 11 und 12 veröffentlicht. Aus der Tabelle II, deren Anordnung ganz die gleiche wie jene der Tabelle I ist, geht hervor, daß die erwartete Gesetz- mäßigkeit für die drei untersuchten Homologen in der Tat vor- handen ist. Die Aminonormalbuttersäure (Versuch 15) bildet ganz im Gegensatz zu der ihr entsprechenden Normalbuttersäure kein Aceton, während sich die der nicht acetonbildenden Normal- valeriansäure entsprechende &- Aminonormalvaleriansäure als ein kräftiger Acetonbildner erweist. Im Gegensatz zur Normalcapronsäure und in Übereinstimmung mit der Normalvaleriansäure beeinflußt wiederum die Aminonormal- capronsäure die Acetonbildung in der Leber nicht. Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 21 399% Gustav Embden und Alfred Marx, Über Acetonbildung in der Leber. Tabelle II. 1 2 3 Re 1 wer Gebildete Im ganzen Menge Aceton | gebildete Dem Nr. Durchblutungsblut i Bemerkungen ns Smaskanz pro Liter |Menge Aceton hi mg mg 15 | etwa l1,1g «- Aminonor- malbuttersäurein wenig Wasser... 20.78.27 8 16 26 — 16 | 2g«-Oxybuttersäure mit : Ammoniak neutralisiert 15 24 N 17 | 2g«-Oxybuttersäure mit Ammoniak neutralisiert 21 34 — 18 | 1,5g «-Aminonormal- valeriansäure in wenig Wasser. re ee, 64 102 — 19 | 1,5g «-Aminonormal- valeriansäure in wenig Wassers 41 66 — 20 2 -Ami 1- Am > Versuche 11 und capronsäure in 200 cem 19 Emb Kochsalzlösung. . . . 23 al F s 1 DE "© 21 | 2g «-Aminonormal- a - = ? und Schmidt, capronsäure in 150 eem i Kochsalzlösung. . . . 20 35 ve Ganz ähnlich wie die &-Aminosäuren scheinen sich die &-Oxy- säuren zu verhalten; wenigstens bildet die &-Oxybuttersäure, die die einzige bisher von uns untersuchte Oxysäure ist wa 16 und 17), kein Aceton. ; er Durch die von uns bei den oben genannten drei homelacd Aminosäuren gewonnenen Resultate werden die früher von Embden, Salomon und Schmidt über den Abbau der Amino- säuren geäußerten Vorstellungen wesentlich gestützt. : Der Abbau der normalen homologen Fettsäuren unter Ab spaltung zweier Kohlenstoffatome vom Carboxylende her darf auf Grund der vorliegenden Untersuchung als rue ba 22 v2 trachtet werden. ir | | XXI. Über Acetessigsäurebildung in der Leber‘). Von Gustav Embden und Hans Engel. (Aus dem chemisch-physiologischen Institut der städtischen Krankenanstalten zu Frankfurt a. M.) In einer Reihe von Untersuchungen, die gemeinschaftlich mit Almagia, Kalberlah, Salomon, Schmidt und Marx vor- genommen wurden, konnte Embden zeigen, daß bei der künst- lichen Durchblutung der lebensfrischen Leber mit normalem Blute Aceton gebildet wird. Die Menge des im Destillat aus dem Blute nachweisbaren Acetons konnte durch Zusatz bestimmter Substanzen sehr erheblich gesteigert werden, wobei es keinem Zweifel unterlag, daß die ge- steigerte Acetonbildung auf Kosten der dem Blute zugefügten Substanzen erfolgt war. Für eine Reihe der Botenbiklenden Substanzen war es von vornherein sehr wahrscheinlich, daß die Acetonbildung aus ihnen unter intermediärem Auftreten von ß-Oxybuttersäure und Acet- essigsäure erfolgte, während bei mehreren anderen — nämlich der Isovaleriansäure und dem gewöhnlichen Leucin — nach unserer Anschauung das Aceton ohne diese intermediäre Bildung von B-Oxybuttersäure und Acetessigsäure dir ekt: aus der Isopropylgruppe entstehen sollte. Der direkte Nachweis von ß-Oxybuttersäure in dem Durch- blutungsblute, den wir in bisher unveröffentlichten Versuchen mehrfach zu erbringen versuchten, gelang in keinem Falle mit Sicherheit. !) Ein Teil der dieser Arbeit zugrunde liegenden Versuche wurde. bereits von Embden auf dem 24. Kongreß für innere Medizin zu Wiesbaden, 1907, kurz erwähnt. 21 324 Gustav Embden und Hans Engel, Vor kurzem haben Embden und Schliep!) eine Methode der getrennten Bestimmung, von Aceton und Acetessigsäure (zu- nächst für den Harn) angegeben, und es lag nunmehr für uns sehr nahe, diese Methode zur Entscheidung der Frage, ob im Durch- blutungsblut am Ende der Durchblutung vorwiegend Aceton oder Acetessigsäure vorhanden ist, anzuwenden. Die Ausführung der Methode gestaltet sich auch hier äußerst einfach ; wie früher, wurde in aliquoten, gemessenen Teilen des nach Schenck ge- wonnenen Blutfiltrats (je 500 cem) vor und nach der Durchblutung die Bestimmung des „Gesamtacetons“ nach Messinger-Huppert vorgenommen. Eine ebenfalls 500cem betragende Filtratmenge wurde möglichst genau neu- tralisiert und darauf durch eine Vakuumdestillation das präformierte Aceton daraus entfernt; es war bei der relativ großen Flüssigkeitsmenge notwendig, die Vakuumdestillation etwas länger als bei den Harnversuchen vor sich gehen zu lassen. Kontrollversuche, in denen wir dem Filtrat von normalem Blute Aceton hinzufügten, erwiesen eine 50 bis 60 Minuten dauernde Vakuum- destillation, bei der etwa 100 ccm übergingen, als völlig ausreichend zur Entfernung des zugesetzten Acetons. Nach Beendigung der Vakuumdestillation wurde die im Vakuumkolben zurückgebliebene Flüssigkeit angesäuert und nunmehr das durch Destillation bei Atmosphärendruck gewinnbare Aceton bestimmt. Dieses Aceton durfte als „Aceton aus Acetessigsäure“ angesprochen werden. Die sämtlichen Bestimmungen wurden möglichst rasch nach der Durch- blutung vorgenommen, da augenscheinlich beim Stehen der sauren Flüssig- keit ziemlich bald eine Spaltung von Acetessigsäure unter Acetonbildung einsetzt. Die Versuche wurden stets mit 1600 ccm Rinderblut angestellt; die Durchblutungsdauer betrug 60 bis 75 Minuten; auch in den übrigen Einzel- heiten des Versuches suchten wir möglichst die gleichen Bedingungen wie in den früheren Versuchen einzuhalten. Unsere Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle, welche neun Versuche umfaßt, zusammengestellt. Aus Kolonne 2 dieser Tabelle geht die dem Durchblutungs- blut zugesetzte Substanz hervor; aus Kolonne 3 die pro Liter Blut gebildete „Gesamtacetonmenge“; aus Kolonne 4 das aus Acetessig- säure gewonnene Aceton, beides in Milligrammen, während Kolonne 5 die Menge des Acetons aus Acetessigsäure in Prozenten des Gesamt- acetons angibt. In den beiden ersten Versuchen (1 und 2) wurde die Durch- blutung ohne Zusatz einer acetonbildenden Substanz vorgenommen. In Versuch 1 sind von 30 mg Gesamtaceton nicht weniger als 28 !) G. Embden und L. Sehliep, Über getrennte Bestimmung von Aceton und Acetessigsäure. Zentralbl. f. d. ges. Physiol. u. Path. d. Stoff- wechsels, 1907, 8. 7 u. 8. : Über Acetessigsäurebildung in der Leber. 3235 1 2. 3. 4. 3. Gebildete Gebildete | Gebildete Menge Nr. Dem . Menge Menge „Aceton „Aceton aus 3 en Durchblutungsblut „Gesamt- aus Rn „Acetessigsäure er- aceton essigsäure in Prozenten des suchs zugesetzte Substanz pro Liter pro Liter | „Gesamtacetons“ mg mg Proz. 1 Nichts 30 28 93 2 cn 16 14 88 3 Normalbuttersäure 2g (mit Ammoniak neutra- lisiert in wenig Wasser) 128 93 73 4 | Isovaleriansäure 2g (mit ; Ammoniak neutralisiert) 63 51 8 5 Dasselbe 2124 5° 61 86 6 | Synthetisches Leuein 2g in 100 cem Kochsalz- lösung von 0,85 Proz. 55 50 91 7 Synthetisches Leuein 2g in 200 ccm Kochsalz- losungo ha 2 aa 82 70 85 Sr NElyrosmad.g. .y.0. 93 8 87 I d-l-Phenylalanin 2g .. 109 8 74 auf Acetessigsäure zu beziehen (95 Proz.). Im Versuch 2 von 16 mg 14. Dabei ist noch zu bedenken, daß die Werte für Acetessig- säure auch hier, gerade so wie bei den Harnversuchen von Embden und Schliep, als Minimalwerte anzusehen sind. Man würde auf Grund dieser Versuche das Auftreten freien Acetons bei der Durchblutung mit normalem Blute überhaupt in Zweifel ziehen können, wenn nicht Embden und Kalberlah!) gezeigt hätten, daß eine — allerdings sehr kleine — Acetonmenge schon während der Durchblutung mit dem arterialisierenden Luft- strome verloren geht. In Versuch 3, wo die Durchblutung unter Zusatz von 2g Normalbuttersäure erfolgte, waren von 128mg Gesamtaceton 93 mg (73 Proz.) als Acetessigsäure vorhanden. Auch in den übrigen sechs Versuchen, in denen verschieden- artige acetonbildende Substanzen dem Durchblutungsblut zugesetzt wurden, ist überall in demselben nach Beendigung des Versuches ganz vorwiegend Acetessigsäure vorhanden. Für die Normalbutter- säure (Versuch 3) hatten wir dies von vornherein nicht anders ‘) Embden und Kalberlah, Diese Beiträge 8, 128 (1906). 326 Gustav Embden und Hans Engel, Über Acetessigsäurebildung usw. erwartet; hingegen hatten wir — wie bereits oben erwähnt — für die Isovaleriansäure und das Leucin angenommen, daß hier die Bildung des Acetons ohne intermediäres Auftreten von oeteii säure direkt aus der Isopropylgruppe erfolge, er Unsere früher über diesen Punkt geäußerte Anschauung, welche von Baer und Blum!) auf Grund von Versuchen an Zucker- kranken, bei denen nach Verabreichung der oben genannten Sub- stanzen eine Vermehrung der Oxybuttersäureausscheidung im Harn auftrat, bekämpft wurde, erweist sich also als unrichtig. Freilich war uns erst jetzt durch die Methode der getrennten Bestimmung von Aceton und Acetessigsäure die Möglichkeit gegeben, die hier vorliegende Frage direkt experimentell anzugreifen. Aus den Versuchen 8 und 9 (Phenylalanin und Tyrosin) geht hervor, daß auch das aus dem aromatischen Kern abgespaltene Aceton unter intermediärer Acetessigsäurebildung entsteht. Über diesen Punkt hatten wir selbst eine bestimmte Anschauung bisher nicht geäußert, während Baer und Blum, ' welche auf Grund unserer Durchblutungsversuche die oben genannten Substanzen an Diabetiker verabreichten, auch hier, wie bei den Versuchen mit Leucin- -und Isovaleriansäure, eine Venmehtte yasni scheidung feststellen konnten. Aus den eben geschilderten Versuchen geht hervor, daß augen- scheinlich alle bisher untersuchten Substanzen, die bei der Leber- durchblutung Aceton bilden, intermediär Acetessigsäure und dem- nach voraussichtlich auch ß-Oxybuttersäure entstehen lassen, 1) J. Baer und L. Blum, Über den Abbau der Fettsäuren beim Diabetes mellitus. Arch. f. experim. Path. u. Pharmak. 55, 108 ff. (1906). XXV. Über die Acetessigsäurebildung in der Leber des diabetischen Hundes. Von Gustav Embden und Leone Lattes (Turin), (Aus dem chemisch-physiologischen Institut der städtischen Krankenanstalten zu Frankfurt a. M.) ; Während im normalen intermediären Stoffwechsel allem An- ° scheine nach dauernd aus verschiedenartigen Substanzen sehr erheb- liche Mengen Acetessigsäure — und daneben auch geringere Mengen Aceton — entstehen, treten von den genannten Substanzen nur Spuren ins Blut und in den Harn über. Unter pathologischen Verhältnissen — so namentlich im Dia- betes mellitus und im Fieber — und ferner auch — wenigstens beim Menschen und bei einzelnen Säugetierarten unter gewissen abnormen Ernährungsbedingungen — steigt die Ausscheidung von Acetessigsäure und Aceton an, und daneben tritt im Harn ß-Oxy- buttersäure auf. Da im normalen intermediären Stoffwechsel wahrscheinlich die Leber das einzige Acetessigsäure bildende Organ ist, so lag die Vermutung nahe, daß die Veränderung, welche unter abnormen Verhältnissen zu vermehrter Acetonkörperausscheidung führt, eben in der Leber ihren Sitz habe. Wir haben diese Vermutung im folgenden einer experimen- . tellen Prüfung unterzogen. Wir stellten unsere Versuche ausschließlich an Hunden an, welche unter der Einwirkung eines teils durch Pankreasexstirpation, teils durch Phlorizinvergiftung hervorgerufenen Diabetes mehr oder weniger erhebliche Mengen von „Acetonkörpern“ durch den Harn ausschieden. - -- Die Tiere wurden zu verschiedenen Zeiten nach Ausführung der Pankreasexstirpation bzw. nach Beginn der Phlorizinvergiftung | | Gustav Embden und Leone Lattes, 328 1100 0091 ‘tadungg wex -19848 Q9eu sapuny saure Tr 67 TE ei aogerg op Sungnpqyomg | 7 = HEIOBSPETEIE TEDNTUNTE u "OLZLIOJUT 9 80'0 yaıdey eug o3eL 7 u 198 a ‘3700 yorder Teuug Lo Ry 2 UOBIWUIDTILENTENTG punp op YJeIyıo 98%], G UEYEI9 Ip pueıyeM — 80T 89 cr dogeg dep Sunmqypang | 9 "zusjsqng ‚epuspurgpol "ıasryong uaındg anı oToJoIT 9 2'zI UoA uaddejjoayuoyy um | "U900M95 Yypıu SunynfqyoAnd] Top IoA ap. mm „„_IqTepurg W109 0091 doq9TeIg 'FYonsıa‘ Ur oIM osIay\, USUDTOLO SUngFLIIOAUTZLIOTUT 198 | d9p ur yonsao‘A WOEP OA 998], 9 UEYZYOL -19819 yoeu sopuny Bouro 19P PuO.IUBM U94,5[0719 uEULOTFJE[UrUTZLIOTYI OT — 691 907 09 aagerp Aop Sunmpgyoang | "zuegsqng Jopuapurgpol ‘toöryyong uaındg nu ayroJorf 9 g‘,T uoA uoddejjoayuoyy „„ Fgaepury W100 0091 ug 3 09T emo Sungnpqygoand, 19p OA UDO ZU RD 198 d9gor] A9P IUOIMEH "UIZLIOTUT 9 FO'0 al Teug -1924 7 yoeu sapunf] saure yoısey use] 7 pusigem yoıyıo puny aa coL 0IG rET 09 aogerp Aep Sungnggpang | F 'zuejsqng A9puspurgpol ‘aooryyong ueındg 'Inqopurg WOO 09T JruL nu 4.19JoIl] SQ] uoA usddejjoiyuoyy aayuue.ı uolyedutIsxoseo1rsgueT -30g8 Sunynfqyoan(y dop IoA um "O OFT ENIE 19p yoeu ode], g sap uspnuen) pun ][eFyo1oMZ guyo Sunynjqyoanı -unpj uosoJsea.ıyued saure 9p J0A Jaeger Op Iypıman, "SundeyIg ouToy eoL 961 Fra 09 dagag Aep Sungnpqyaand | € "zue4sgqng dopuapurgpol ‘ıasryyong ueandg anu 9ıJoI] © 6] UoA ueddejjoyuoy um "urop tage] 'Jezsgeuoyoepyoneg LadLanJöuLteNn rg YIL 102 09 SQ BBBELHE EEG 'zuejsqng dopuspurgpol ‘tesıyyong uaındg "InfqA9pury WOAHOIT FL anu 319Jo1l] 8 [g uoA uaddejjoayuoyy doyuuaı uoryedmysxosgongugg -9598 Sunynjqydand] Op A0A um '9 047 8199 J9p yoeu 9oeL, $ up uopmuen) pun [feFyp1eMZ augo Sunynfgqyoanı -unF ussofsea.ıyued Tauro d9p JOA Age] A9Pp YyaImary) "Sunuayimg ouroy Im rar 6£I 09 aagerp dep Sungnpqyamg | I pi Ju Zu Sur uomurpt sognfqssun! Byozs aoytrp ord ee Aranoang y19z Sunupzougsyonsior -I9aA SINRSBTIESEJEOY ane Se alonch Be = aduapı eropITgeH g G uozue3 up | "@Oeywesog) e49PpI!499 v SS TE Über die Acetessigsäurebildung in der Leber des diabetischen Hundes. 329 in Äthernarkose getötet und ihre‘ Leber mit le Rinderblut künstlich durehströmt. ee RR Im Durchblutungsblute würde. die Gesamtacetonmenge, in einem Teile der Versuche ‘auch die Acetessigsäuremenge bestimmt. Die gewonnenen „Gesamtaceton“*- Werte wurden mit den früher von Embden und Kalberlah bei Durchblutung der normalen Leber erhaltenen verglichen. Die Größe der. Tiere war annähernd dieselbe, wie sie früher von Embden und Kalberlah verwendet worden war. Die Einzelheiten der Versuchsanordnung waren genau die gleichen wie in den Versuchen der eben genannten Autoren, nur daß die Arterialisierung des Blutes stets, wie über- haupt in allen unseren neueren Durchblutungsversuchen, mit Sauer- stoff geschah. Eine wesentliche Veränderung im Umfange der Acetonbildung tritt hierdurch nicht ein. Die Pankreasexstirpation wurde unter möglichst vollkommener Asepsis ausgeführt. Keines der zum Versuche verwendeten Tiere hatte gefiebert. { Die Phlorizinvergiftung geschah in der von Knopf beschrie- benen Weise durch subeutane Injektion einer lproz. Phlorizin- lösung in 25proz. Alkohol. 5 Nach der Pankreasexstirpation, sowie nach Beginn der Phlo- rizinvergiftung erhielt keines der Tiere Nahrung. | Weitere Angaben über die Versuchsanordnung werden bei den einzelnen Versuchen gemacht werden. | | Die sämtlichen Versuche sind in der nebenstehenden Tabelle I zusammengestellt. Sie finden sich hier in der Reihenfolge, in der sie ausgeführt wurden. % “ Die Versuche 1 bis 3 der Tabelle wurden an der Leber von pankreaslosen, die Versuche 4 bis 6 an der Leber von phlorizin- vergifteten. Hunden vorgenommen. Wir betrachten zunächst die Versuche an pankreaslosen Hunden (Versuche 1 bis 5). Die Menge des während einer 1stündigen Durchblutung mit 1600 ccm Rinderblut pro Liter gebildeten „Gesamtacetons“ (prä- formiertes Aceton + Aceton aus Acetessigsäure) ist ın Versuch 1 — 139, in Versuch 2 = 71, in Versuch 3 = 122 mg: Bei den Untersuchungen von Embden und Kalberlah an der Leber normaler Hunde hielt sich — unter sonst ganz gleichen Versuchsbedingungen — die Acetonbildung zu Liter zwischen 12 und 27 mg. 330 -: ‘ Gustav Embden und Leone Lattes, KR Die Leber des pankreaslosen Hundes bildet also weit größere Acetonmengen !) als die normale, in den Versuchen 1 und 3 sg große, wie sie die normale Leber nur bei Zusatz der stärksten Acetonbildner (Buttersäure und. ß- Pe zum Durch- blutungsblut entstehen läßt, Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse Een der Leber phlorizin- vergifteter Hunde. Die Acetonbildung bewegt sich in diesenV ersuchen (Versuche 4 bis 6, Kolonne 4) zwischen 68 und 131 mg pro Liter. . „ Wir dürfen es demnach als erwiesen ansehen, daß die Leber bei der diabetischen Acetonkörperausscheidung - eine Änderung ihrer normalen Acetessigsäure bildenden Funktion im Sinne einer gewaltigen Steigerung ?) erleidet, und wir müssen es, im Zusammen- halt mit den früheren Versuchen von Embden und Kalberlah, für sehr wahrscheinlich halten, daß die Leber der ausschließliche Sitz nicht nur der normalen, sondern auch der krankhaft ge- steigerten Acetessigsäurebildung ist. : ER Welcher Art der zu vermehrter Koskemenalultir führende Zustand der Leber ist, ob es sich um eine cellulär be- dingte Änderung im Ablauf von Fermentreaktionen, oder ob es sich vielleicht nur um die Wirkung eines besonders reichlichen Gehaltes der Leber an Acetessigsäure bildendem Material handelt, darüber geben unsere Versuche keinen Aufschluß. _ Wir wollen an dieser Stelle den Hinweis auf eine recht eigen artige, während der Durchblutungsversuche von uns gemachte Be- obachtung nicht unterlassen. Das dem Organ entströmende Blut war, trotz großer Strömungsgeschwindigkeit und vollkömmenster Arterialisierung, ganz auffällig venös gefärbt, viel mehr, als das gewöhnlich der Fall ist. Vielleicht war diese starke Venosität des Leberblutes durch eine Steigerung des et Stoffwechsels in der Leber bedingt. Die unmittelbare Vorstufe der Acetessigsäure, die ß- ‚Oxybutke säure, ist in der diabetischen Leber, wie wir uns besonders über- zeugten, jedenfalls höchstens in ganz geringfügigen Spuren vor- banden: Auch der Gehalt der Leber an Acetessigsäure selbst ist — vor der Durchblutung bestimmt — nur ein minimaler (ei die Bemerkungen zu Versuch 1 bis 5). £ | i ı) Wir enden hier das Wort esta im Sinne von „Gesamtaceton“ (präformiertes Aceton + Aceton aus Acetessigsäure) an. 2) Wir lassen die Frage, ob es sich hierbei wirklich um eine primäre Steigerung der Acetessigsäurebildung, oder aber um eine Verminderung des Acetessigsäureabbaues in der Leber handelt, einstweilen unberührt. Über die Acetessigsäurebildung in der Leber des diabetischen Hundes. 331 Wir haben des öfteren von vermehrter Acetessigsäure- bildung in der Leber gesprochen. Daß es sich wirklich im wesentlichen um vermehrtes Auftreten von Acetessigsäure und nicht von Aceton handelt, geht aus den Angaben der Kolonnen 6 und 7 hervor. Der Acetessigsäure- gehalt beträgt in den 4 Versuchen (4 bis 7), in denen Bestimmungen ausgeführt wurden, 76,7 bis 85,4 Proz. des Gesamtacetons, wobei zu bedenken ist, daß die gewonnenen Zahlen für Acetessigsäure Minimalwerte darstellen. | Alle zu unseren Versuchen verwendeten Hunde hatten nach der Pankreasexstirpation bzw. nach Beginn der Phlorizininjektionen gehungert. Es war daher noch nötig, die Wirkung des Hungers an sich auf den Umfang der Acetessigsäurebildung in der Leber festzu- stellen. Wie aus Versuch 7, in dem die Leber eines Hundes, der 8 Tage gehungert hatte, zur Verwendung kam, hervorgeht, ist der einfache Hunger ohne jeden, oder doch ohne jeden merklichen Einfluß auf den Umfang der Acetessigsäurebildung in der Hunde- leber, ganz entsprechend der bekannten Tatsache, daß der Hunde- harn, im Gegensatze zum menschlichen, im Hunger keine Vermehrung der Acetonkörper aufweist. Ein Parallelismus zwischen dem Umfange der nach Messin ger- Huppert bestimmten „Aceton“-Ausscheidung durch den Harn und der bei der Durchblutung gebildeten „Gesamtaceton“-Menge ist in unseren Versuchen nicht erkennbar. In der letzten vor dem Versuche gewonnenen ieh wurden folgende Mengen „Gesamtaceton“ ausgeschieden: Menge Aceton Versuchsnummer => mg Op m Wie man sieht, bleibt in allen Fällen die während 24 Stunden durch den Harn ausgeschiedene Acetonmenge weit ‚hinter der während einer 1stündigen Durchblutung der Leber gebildeten zurück. XXVl. Über den Abbau der Acetessigsäure im Tierkörper. (Erste Mitteilung.) Von Gustav Embden und Louis Michaud. (Aus dem chemisch-physiologischen Institut der städtischen Krankenanstalten zu Frankfurt am Main.) In einer von Embden und Engel!) ausgeführten Unter- suchung wurde gezeigt, daß die früher, bei der künstlichen Durch- strömung der Leber mit Blut beobachtete „Acetonbildung“* in Wahrheit ganz wesentlich eine Bildung von Acetessigsäure ist. In allen Fällen — mochte während der Durchblutung ein Zu- satz „acetonbildender* Substanzen zum Blut erfolgt sein oder nicht — entstammte das im Destillate aus dem Durchblutungs- blute nachweisbare Aceton wenigstens seiner Hauptmenge nach der im Blute am Ende des Versuches vorhandenen Acetessigsäure. Die letztere Substanz wurde dadurch als ein Abbauprodukt recht verschiedenartiger Körper nachgewiesen. Von diesen erwähnen wir nur alle höheren Homologen der Essigsäurereihe mit unver- zweigter Kette und gerader Kohlenstoffzahl, ferner die Isovalerian- säure, das Leucin, das Tyrosin, das Phenylalanin. Allem Anschein nach ist sonach die Acetessigsäure ein über- aus wichtiges, normales intermediäres Stoffwechselprodukt, das sowohl bei der Eiweiß-, wie auch bei der Fettzersetzung in voraus- sichtlich sehr großer Menge auftritt. Es lag daher nahe, nachdem der Ursprung der Acetessigsäure im intermediären Stoffwechsel bis zu einem gewissen Punkte klar- gelegt: war, nunmehr auch an die Frage heranzutreten, welche Schicksale dieses intermediäre Stoffwechselprodukt bis zu seinem !) G. Embden und H. Engel, Über Acetessigsäurebildung in der Leber. Diese Beiträge 11, 323 (1908). Gustav Bauer und Louis Michaud, Über den Abbau usw. 833 endlichen Abbau zu Kohlensäure und Wasser durchzumachen hat. Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, daß verfütterte Acet- essigsäure recht leicht verbrennlich ist!), leichter als in den Orga- nismus eingeführtes Aceton?), das durch den Harn und vor allem durch die Atemluft zu einem wesentlichen Anteil ausgeschieden wird. Aus der jüngsten Zeit liegt eine Untersuchung von Pollak?) über die Einwirkung von ÖOrganauszügen auf Acetessigsäure vor. Pollak fand, daß nicht nur verschiedene Organauszüge, sondern auch Eiweißkörper und außerdem peptonartige Substanzen, Amino- säuren, gewisse Amide und auch Ammonsalze aus Acetessigsäure Aceton abspalten. . Die nach Messinger-Huppert bestimmbaren Acetonmengen änderten sich unter der Einwirkung der genannten Faktoren nicht wesentlich. Es fand also in den Versuchen. von Pollak wohl eine Umwandlung von Acetessigsäure in Aceton, nicht aber ein Verschwinden flüchtiger, jodoformbildender Substanz statt. Die vorliegende Arbeit fand ihren Ausgangspunkt in einer mehr zufälligen Beobachtung, die Embden gelegentlich der gemeinsam mit Lattes*) unternommenen Untersuchung über. die Acetessigsäurebildung in der Leber von diabetischen Tieren machte: Kurze Zeit nach dem Ende eines Durchblutungsversuches, bei dem sehr reichliche Acetessigsäuremengen sich gebildet hatten, wurde eine Bestimmung des Gesamtacetons mit der zerhackten Leber angesetzt. Es ließen sich im Destillate, trotzdem die Leber bei der Durchblutung sehr erhebliche Mengen des stark acetessig- säurehaltigen Blutes in sich aufgenommen hatte, kaum Spuren von Aceton nachweisen. Wir haben nun zunächst untersucht, ob das Lebergewebe Acetessigsäure und auch Aceton zum Verschwinden bringen kann und späterhin unsere Untersuchungen auch auf andere Organe ausgedehnt. Wir wandten bei unseren Versuchen teils Organe von Hunden, teils solche von Rindern und Schweinen an. Mit wenigen, unten !) L. C. Schwarz, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 40. 185—186 (1898); Geelmuyden, Untersuchungen über Acetonkörper. Skandin. Arch. f. Physiologie 11, 114—115 (1900). 2) Sehwarz, l.c. Geelmuyden, Über Aceton als Stoffwechselprodukt. Zeitschr. f. physiol. Chem. 23, 431 (1897). Müller, Sitzungsber. d. physik.- mediz. Gesellsch. in Würzburg 1898, S. 2—6. °®) L. Pollak, Über die Abspaltung von Aceton aus acetessigsauren Salzen durch Organauszüge und Eiweißkörper. Diese Beiträge 10, 232 (1907). *) G. Embden und L. Lattes, Diese Beiträge, dieser Band, S. 327. 334 . Gustav Embden und Louis -Michaud, näher zu besprechenden Ausnahmen kamen die Organe so frisch wie ‚möglich zur Verarbeitung, Hundeorgane sofort nach Tötung des Tieres, . diejenigen von Schlachthaustieren so rasch, als es die ziemlich nn Entfernung ges u vom az gestattete. Die Organe "wurden mit der Fleischhackmaschine raöglichet gut zer- hackt, kleine Organe wie Milz und Niere vom Hunde, mit dem Wiege- messer. Der gewonnene Organbrei wurde teils mit Hinderbkair teils mit physiologischer Kochsalzlösung in bestimmtem Verhältnis versetzt und zu gleichen, aliqguoten Teilen dieser Mischung die gleiche Menge einer mög- liehst neutral reagierenden Lösung von acetessigsaurem Natron hinzugefügt. Ein Teil wurde sofort mit der gleichen Menge Wasser und der doppelten Menge Salzsäure von 2 Proz. und Quecksilberchloridlösung von 5 Proz. nach Schenck gefällt, während einer bestimmten Zeit in der Kälte aufbewahrt, und in dem nach dieser Zeit gewonnenen Filtrate eine Aceton- bestimmung nach Messinger-Huppert vorgenommen. Die anderen, gleich großen Teile der Mischung wurden in sterilisierte Pulverflaschen, die mit dicht schließenden Glasstopfen versehen waren, über- führt. Sie verblieben unter häufigem Schütteln verschieden lange in einem Wasserbade, dessen Temperatur auf 40°C gehalten wurde. Die Zeit des Aufenthaltes im Wasserbade schwankte zwischen 15 und 90 Minuten. Nach dieser Zeit wurden die dem Wasserbade entnommenen Flaschen in ver- schlossenem Zustande auf 5 bis 15 Minuten in Eis gekühlt, um Aceton- verluste beim Öffnen der Flaschen zu vermeiden. Dann wurden die Organ- gemische genau in der gleichen Weise wie der sofort angesetzte Anteil weiter verarbeitet; insbesondere wurde darauf Bedacht genommen, daß von der Fällung der Gemische mit Salzsäure und Sublimat bis zur Filtration bei den einzelnen nu desselben Versuches stets dieselbe Zeit verging. Die Bestimmungen nach Messinger- Huppert wurden stets an mög- lichst großen, innerhalb der einzelnen Versuche stets gleichen, aliquoten Teilen des Filtrates angestellt, in den meisten Versuchen an 500 cem, Die gewonnenen Werte wurden auf Acetessigsäure und auf die gesamte, nach Fällung mit Salzsäure und Sublimat vorhandene F Iursiekeun a umgerechnet. Hierbei wurde der Eiweißniederschlag vernachlässigt. In allen späteren Versuchen wurde das acetessigsaure Natron aus der Pipette dem Inhalt der einzelnen Flaschen zugefügt. Diese Flüssigkeits- menge war so gering, daß wir sie bei der Berechnung der Acetessigsäure- menge auf die ekenatihnake: nieht zu berücksichtigen brauchten. Die Acetessigsäure wurde aus Acetessigester , der durch Sehütteln mit Baryumearbonat in Wasser von sauren Beimengungen befreit war, dar- gestellt. Die Verseifung geschah dureh Normal-Natronlauge in geringem Überschuß. Nach 48stündigem Stehen im Eisschrank wurden unverseifte Reste von Acetessigester durch öfteres Schütteln mit Äther entfernt, und die Flüssigkeit mit YYo- -Normalsalzsäure genau neutralisiert. Nunmehr wurde der Äther, sowie der bei der Verseifung . gebilden Alkohol durch Destillation unter möglichst geringem Druck entfernt. Die Temperatur des Heizwassers überstieg 29 bis 32° nicht. Hierbei mußte B Über den Abbau der Acetessigsäure im Tierkörper. 335 gleichzeitig etwa vorhandenes Aceton beseitigt werden!). Die so gewonnene von Acetessigester, Äther, Alkohol und Aceton freie, neutral reagierende Lösung wurde bei möglichst niederer Temperatur aufbewahrt und bildete die Stammlösung der bei den einzelnen Versuchen benutzten Verdünnungen. Die Verdünnung geschah mit Kochsalzlösung von 0,85 Proz. Bald stellte es sich heraus, daß bei längerem Stehen im Eisschranke die Lösungen von acet- essigsaurem Natron augenscheinlich für unsere Versuche unbrauchbar wurden, ohne daß sich mit einfachen analytischen Mitteln eine Veränderung nach- weisen ließ. Wir haben daher im weiteren Verlaufe der Arbeit stets mög- liehst frisch bereitete Acetessigsäure benutzt. Der Gehalt der Lösung an Acetessigsäure wurde kurze Zeit vor dem Ansetzen des Versuches durch Destillation eines gemessenen Teiles bei salzsaurer Reaktion und Titration des in das Destillat übergehenden Acetons bestimmt. Danach wurden die den Organgemischen zuzufügenden Quantitäten berechnet. Die in den sofort angesetzten Versuchen ermittelten Acetonwerte stimmten mit den bei der direkten Bestimmung an der Lösung gefundenen ausreichend überein. Wir gingen vorerst der oben erwähnten Beobachtung nach und untersuchten die Einwirkung von Leberbrei, dem Blut oder Kochsalzlösung von 0,85 Proz. N war, auf acetessigsaures Natron. Die Versuche sind in umstehender Tabelle I zusammgestellt. Die Versuche 1 bis 7b wurden mit Mischungen von Leberbrei und Rinderblut, die Versuche 8 bis 15 mit Mischungen von Leber- brei und Kochsalzlösung angestellt. Aus Kolonne 2 geht die Menge der Lebermischung und der Grad der Verdünnung der Leber durch Blut bzw. Kochsalzlösung hervor. Kolonne 3 gibt die in dem sofort angesetzten Anteil des Organbreies aus der Bestimmung nach Messinger-Huppert berechnete Menge Acetessigsäure in mg an, während aus den Kolonnen 4 bis. 7 die ebenso er- mittelten Mengen der Acetessigsäure nach verschieden langem Stehen des Organbreies bei 40°C ersichtlich sind. In Kolonne 8 und 9 ist die Abnahme der Acetessigsäure für den längsten Aufent- halt im Wasserbade in mg und Prozenten berechnet. Wie man sieht, findet in diesen Versuchen eine zum großen Teil ganz bedeutende Abnahme der Acetessigsäure statt. Diese Abnahme schwankt bei den mit 150 ccm Lebermischung aus- geführten Versuchen, wenn wir von dem gleich zu besprechenden Versuch 7b absehen, zwischen 14mg (Versuch 9) und 66 mg (Ver- such 3) und zwischen 13,6 Proz. (Versuch > und 64,0 Proz. ‚(Versuch 1). !) Siehe Embden u. Schliep, Über getrennte Bestimmung von Aceton und Acetessigsäure. Zentralbl. f. d. ges. Physiol. u. Pathol. d. Stoffwechsels 1907, 2Ne..2 u. 8: 336 Gustav Embden und Louis Michaud, . . a Tabelle I a 1... 2- eo 4 5 5 | Sofort Nach 15 Min. | N ach 30 Min. |! : - - Versuehsanordnung 2 2 Es ae ee Are =) säure säure säure A } inmg in mg in mg 1 150cem Blut-Lebermischung 25 — 12 (2:1) 1) 150 cem Blut-Lebermischung 45 23 19 (3:1) 3 350 ccm Blut-Lebermischung 125 — 56 8: | [54] 4a 150 ccm Blut-Lebermischung 103 — 80 u (38 1) (nach 25 Min.) | 4b Dasselbe mit 0,- Durchlei- 103 — 86 Ds tung (nach 25 Min.) | 5a | 150cem Blut-Lebermischung 55 — 7 | | (3,7:1) 5b Dasselbe mit 0, - Durchlei- 55 — 34 tung 6 125 cem Blut-Lebermischung 115 86 85 Fe (4: 1) (nach 20 Min.) (nach 40 Min.) 7a | 150cem Blut-Lebermischung 94 77 83? i (2:1) (nach 15 Min.) (nach 30 Min.) 7b || Dieselbe Mischung nach 24- 95 — 95 stündigem Stehen im Eis- schrank 8 150 ccm physiologische Koch- 1b 88 87 salzlösung - Lebermischung (2:1) - -9 150 ccm physiologische Koch- 100 = 86 salzlösung - Rinderleber- mischung (2:1) 10 150 cem physiologische Koch- 94 — 69 salzlösung - Lebermischung, (2229) 11 150 cem physiologische Koch- 61 — 29 salzlösung - Lebermischung 2:1) 12 150 cem physiologische Koch- 89 70 60 salzlösung - Lebermischung I) - 13 150 cem physiologische Koch- 110 _ 99 salzlösung - Lebermischung (4:1) 14 150 ccm physiologische Koch- 170 — 1295 salzlösung + 40 g Leberbrei Bu: 15 .. || 700 cem physiologische Koch- 482 _ — | salzlösung + 150g Leberbrei | N Es \ Über den Abbau der Acetessigsäure im Tierkörper. 337: Tabelle]. 6 7 Bye 10 Nach 60Min.) Nach 90Min. Abnahme _ _ Acetessig- | Acetessig- der Acetessigsäure & kr _ säure säure | in Proz. zu nen in mg in mg ie I 9 9 16 64,0 Hundelebern. 20 = 25 55,6 a 59 _ 66 52,8 Gesamtaceton. [38] Aceton aus Acetessigsäure. E32 == 30 29,1 IM (nach 50 Min.) 76 — « 27 26,2 —_ (nach 50 Min.) E34 _ 21 38,2 — Es = 19 34,5 ES . 69 — 46 40,0 —_ ‘(nach 89 Min.) 73 em 91 2» 3 Rinderleber. (nach 60 Min.) n 6 Z 0 0 ” F co- _ 37 31,6 — | m _ 14: 14,0 Er R 50 — 44 46,8 = # Die Leb ird di Zerklei 1 u 7 2 ” 52,4 | mit NaCkLösung durchgenpült, bis die aus- & fließende Flüssigkeit nur noch schwach rosa % | gefärbt ist. N öl | — 38 42,7 Dasselbe. u Vor Anset des V: h ird die Leb 3 D 13,6 ie ei den heiden rigen Versuchen uch: gespült und außerdem während 1, Stunde in Eis liegen gelassen. 114 Ar 56 32,9 = 257 e 295 46,6 - Beitr. z. chem. Physiologie. XI. bb) 338 Gustav Embden und Louis Michaud, Der sich dem Nachweise entziehende Teil der Acetessigsäure ist jedenfalls kein Aceton, da ja in diesem Falle eine Abnahme der Titrationswerte nach Messinger-Huppert nicht stattfinden könnte. Das Verschwinden der Acetessigsäure findet außerordentlich rasch statt. Schon nach 15 bis 20 Minuten (Kol. 4) erreicht der Verlust sehr erhebliche Werte. Die anfangs sehr steile Kurve der Abnahme wird wenigstens in vielen Versuchen bald flacher. Wir haben im allgemeinen unsere Versuche nicht über 60 Minuten aus- gedehnt, um störende Nebenwirkungen, namentlich bakterieller Art, auszuschalten. In den zwei Versuchen, wo die Versuchsdauer bis auf 90 Minuten verlängert wurde, ist die Abnahme gegenüber derjenigen nach 60 Minuten nicht stärker geworden. Zwei Versuche (4 und 5) wurden derart angestellt, daß wäh- rend des Aufenthaltes bei 40° durch einen Teil der Flaschen Sauerstoff dürchgeleitet wurde, während die übrigen verschlossen blieben. Durch aufgesetzte Rückflußkühler wurden Verluste an etwa auftretendem Aceton verhindert, wovon wir uns dadurch überzeugten, daß in vorgelegten Waschflaschen mit kaltem Wasser sich am Ende des Versuches keine Spur jodbindender Substanz nachweisen ließ. Ein sicherer Einfluß der Sauerstoffdurchleitung auf den Umfang der Acetessigsäureabnahme war nicht erkennbar. Die Abnahme war in den Flaschen ohne Sauerstoffdurchleitung zum mindesten nicht geringer, als in denjenigen mit Sauerstoff- durchleitung. Der Umfang und Verlauf der Reaktion unterscheidet sich in den Versuchen mit Blutlebergemischen und solchen mit Kochsalz- lösung und Leber nicht wesentlich. Auch dann, wenn man die Leber von der Pfortader aus mit Kochsalzlösung möglichst blut- frei spült, hat sie anscheinend durchaus nicht an Wirksamkeit ver- loren (Versuch 11). Einer besonderen Besprechung bedarf noch Versuch 7b. Hier hatten wir dasselbe Gemisch aus Rinderblut und Rinderleber, das für Versuch 7a angewendet worden war, und eine sehr deutliche Abnahme der Acetessigsäure herbeigeführt hatte, 24 Stunden im Eisschrank stehen lassen. Der am nächsten Tage angesetzte Ver- such, bei dem: die gleiche Acetessigsäuremenge wie in Versuch 7a angewendet wurde, verlief völlig negativ. Es hatte also der 24 stündige Aufenthalt im Eisschrank genügt, um die Acetessig- säure-zerstörende Kraft der Leber völlig zu vernichten. Über den. unten der Acetessigsäure im Tierkörper. 339 Man wird daher bei derartigen Versuchen nur mit ganz frischen Organen arbeiten dürfen. Wir wollen noch besonders hervorheben, daß ein quantita- tiver Vergleich der Abnahme in den verschiedenen Versuchen des- wegen nicht streng durchzuführen ist, weil eine Reihe von Ver- suchsbedingungen, so namentlich das Verhältnis von Blut bzw. Kochsalzlösung zur Leber, der Ernährungszustand der Versuchs- tiere und ferner auch die Menge der zugesetzten Acetessigsäure schwankten. Die Größe des Acetessigsäurezusatzes ist aber auf den Umfang des Verschwindens der Acetessigsäure von wesentlichem Einfluß, wie aus dem in Tabelle II wiedergegebenen Versuch 16 hervorgeht. Tabelle II, Versuch 16. 1 2 3 4 5 6 u F>} $ © SE Abnahme 25% = & > Versuchsanordnung |, 58 Versuchsanordnung 3ER| . in Proz. 52.8 aaa, des =& BI ® mg |Anfangs- 102) z4 wertes a | 150cem Rinderblut | 150 || 150ccm Blut-Leber- | 111 39 26,0 + 30 cem Acet- misch. + 30 ccm essigsäurelösung Acetessiesäure 150cem Rinderblut | 102 — — — — + 20 cem Acet- essiesäurelösung b | 150cem Blut-Leber- | 103 || 150 cem Blut-Leber- | 74 | 29 98,1 misch. + 20 cem misch. + 20 ccm Acetessigsäure- Acetessigsäure lösung e | 150 ccm Rinderblut | 48 | 150cem Blut-Leber- | 32 16 33,3 + 10 ccm Acet- misch. + 10cem essigsäurelösung Acetessigsäure | d | 150cem Rinderblut | 24 | 150cem Blut-Leber- | 10 14 58,3 + 5cem Acet- misch. — 5 ccm essigsäurelösung Acetessigsäure Überall gelangten gleiche Mengen des gleichen Blut-Leber- gemisches zur Anwendung. In Versuch a wurden 30 ccm, in den Versuchen b bis d 20, 10 und 5ccm derselben Lösung von acetessig- Saurem Natron zugefügt und alle Flüssigkeiten durch entsprechenden Zusatz von Kochsalzlösung auf gleiche Volumina gebracht. Hier ist die Abnahme bei dem stärksten Acetessigsäuregehalt (Versuch a) in mg zwar am größten, in Prozenten der zugesetzten Acetessig- 22* 340 Gustav Embden und Louis Michaud, säuremenge aber am geringsten, während bei dem geringsten Acetessigsäurezusatz (Versuch d) das Umgekehrte der Fall ist. Die beiden dazwischen liegenden Versuche b und c zeigen ein völlig dementsprechendes Verhalten. Die oben angegebenen Werte für die Abnahme De Acet- essigsäure sind in der Weise berechnet, daß wir die am Ende des Versuches vorhandene Menge an flüchtiger jodoformbildender Sub- stanz auf Acetessigsäure bezogen. Ist die Annahme, daß am Ende des Versuches alle bei saurer Reaktion flüchtige jodoformbildende Substanz noch als Acetessigsäure vorhanden war, berechtigt? Wir haben diese Frage bisher nur in einem einzigen Versuch durch gleichzeitige Acetessigsäurebestimmung nach Embden und Schliep zu entscheiden versucht (Versuch 3, eingeklammerte Zahlen). In diesem Versuche ist nach einer halben Stunde, wo die Abnahme an flüchtiger, jodoformbildender Substanz bereits abgeschlossen. ist, Aceton in meßbarer Menge nicht vorhanden, während nach einer Stunde eine sehr deutlich nachweisbare Acetonmenge auf- getreten ist. Wir unterlassen es, diesem Versuche irgend eine Deutung zu geben, bevor uns weiteres Versuchsmaterial vorliegt. Nachdem durch die eben geschilderten Versuche der Nach- weis geliefert war, daß der Leber eine mächtige Acetessig- säure-zerstörende Wirkung zukommt, haben wir nunmehr zunächst untersucht, ob unter den gleichen Versuchsbedingungen auch zu- gefügtes Aceton von der Leber zum Verschwinden gebracht wird. Die auf diesen Gegenstand gerichteten Versuche sind in Tabelle III, deren Anordnung ganz dieselbe ist wie Tabelle I, wiedergegeben. Man sieht aus Kolonne 6 und 7, daß auch hier eine ganz unverkennbare Abnahme des Acetons stattgefunden hat. Zum direkten Vergleiche mit den früheren Acetessigsäureversuchen lassen sich die Zahlen der Kolonne 6 nicht ohne weiteres ver- werten, weil sie auf das kleinere Molekül des Acetons berechnet sind. Dagegen gestatten die Prozentzahlen in Kolonne 7 einen unmittelbaren Vergleich. Man sieht, daß das Maximum der pro- zentischen Abnahme (25 Proz., Versuch 17) weit hinter der in der Mehrzahl der Acetessigsäureversuche beobachteten Abnahme zurück- bleibt. In vier von den sieben Versuchen der Tabelle III (Ver- such 18, 20, 21 und 23) bleibt der prozentische Abnahmewert hinter den früher beobachteten Minimalwerten zurück. | Wir möchten noch darauf hinweisen, daß anscheinend auch der Verlauf der Abnahmekurve ein weniger steiler ist als bei den Acetessigsäureversuchen. 3 = gel “ vs 98 68 = 0/91 L As 07 (4 £ = LOL 8 °% 9% 86 = = LG G gg v8 et} ER ESSIARL 5 Sunsof = -uoggoV ZzoaddI moc—+ = = 891 9 Is bei 18 mg wo900T + Paqıogerg 300g 5 SUNSOJLOgaoYy —+ =: Sunsojzfesygooyyp PUPSTOOTOIS ® = II 9 9% — 29 -Ayd umo 00T + 1erqaegeg I 6L n "uodor sig ur opunyg °/; ‘2 Joderp arp Iqrorq seypns 3 Toy sop uurseg don 4 3SYT-IOeN Fur aogorı E 19p Sunpndsydand ayaıy > -punad yoeuee] "omg 3 -Ypanp uronerg pun ynrq ("UI 08 yowu) Junsojuogaoy + Sunsof 5 SS UTC LES [LS] DLIELEN 0'95 11 88 Ir vv -zpesyooyy + Toaqtogerg © 09T E Boom Ju ur Sur ur z = -söuejuysop Ju ur uogsoy uogoy oLUERUN 5 = zodg ur | eneha aey| wenn Mil uoJ39Yy unup.ouesyonsTo A u) ussunyd9wag 2 410J08 suoJ89Yy sep auyeugy yoeN ydeN L ) G y & G 86 66 IG 0° 6L SI nm ri J9umwnN ri TRIER, 342 Gustav Embden und Louis Michaud, Im ganzen kommen wir dahin: Die Leber vermag wie Acet- essigsäure, so auch Aceton zu zerstören, die letztere Substanz aber in weit geringerem Maße. Bevor wir nunmehr unsere Versuche auch auf andere parenchy- matöse Organe ausdehnten, untersuchten wir, ob auch dem Blute die Fähigkeit der Acetessigsäure- und Acetonzerstörung zukommt. Aus den Versuchen 24 und 25 (nebenstehende Tabelle IV), in denen die angewendete Blutmenge mehr als das Doppelte bzw. das Doppelte der früheren Blutlebermischungen beträgt, ist eine geringe, aber namentlich im Versuch 24 unverkennbare Abnahme ersicht- lich. In diesen beiden Versuchen wurden neben den Bestimmungen nach Messinger-Huppert auch Acetessigsäurebestimmungen an- gestellt. In beiden Fällen trat eine sehr deutliche Abnahme des Acetons aus Acetessigsäure auf oder mit anderen Worten: es hatten sich erhebliche Acetonmengen aus der Acetessigsäure ge- bildet. Im Versuch 25 war übrigens von vornherein schon etwas Aceton vorhanden. Aus den Versuchen 26, 27, 28, die mit Aceton angestellt wurden, geht hervor, daß das Blut anscheinend unter den gewählten Versuchsbedingungen ohne jeden oder doch nur von sehr geringem Einfluß auf das Aceton ist. Von anderen Organen wurden die Niere, die Muskulatur, die Milz und in einem Versuch auch die Lunge untersucht. Die Nierenversuche sind in Tabelle V (a. S. 344), Versuch 29 bis 36, zu finden. In den Versuchen 29 bis 31 kamen Hundenieren (in Versuch 31 solche von einem phlorizin-vergifteten Hunde) zur Verwendung, in den Versuchen 32 bis 35 frisch aus dem Schlacht- haus bezogene Schweinenieren, in Versuch 36 solche, die in einem Metzgerladen als „frisch“ gekauft worden waren. In den Ver- suchen 29 bis 35 ist überall eine deutliche, zum Teil recht beträchtliche Abnahme der Acetessigsäure eingetreten. Die abso- luten Abnahmen schwanken zwischen 9mg (Versuch 29) und 28 mg (Versuch 32), die prozentischen zwischen 9,5 Proz. (Versuch 29) und 34,8 Proz. (Versuch 31). Da die Verdünnung des Nierenbreis mit Blut bzw. mit Koch- salzlösung in diesen Fällen meist eine stärkere ist als in den Leber- versuchen, so ist ein quantitativer Vergleich der Nieren- mit der Lebermischung einstweilen nicht möglich. Versuch 36 zeigt wiederum, daß für das Gelingen der Ver- suche die völlige Frische der Organe Vorbedingung ist. 4 343 NIE SITE = el) — 88 = se 88 sqjosseq || SG . — 97 ö = [67 = er 7 sqpessell | 25 8 5 = Sunsojuogeoy "zoad I = — 0 0 — gg — = GE wo g + miqaopuny wumo OgT || 95 {eb} = :u oO 90% E 9 V = B & Tel II = 8 78 == 78 } ungen | ‚on eqIessec. tale g = 16 16 = 96 samBsöIssogaog {- Mg WOO 008 | 47 8 a In, N iz) 84 16 = oIT \ UMLIeN SE our vorsspano T’eI u 6 gol Ol — Il SOINES.dIss04908 -— Ing WO 0GE | FZ e) = ro :HOINBESOTSSE9IO DOW E 2 = salloM « -säueguy | Sur ur su ur | „suur | Su ur | Ju ur Pe = so : . wu ® uosunydoulag Zt ur "Up 06 | "um 09 | ur 08 | "um CT S 5 SUnUupxouesyonsaoN 5 rn 410708 = ougyeugqYy DEN ydeN ydeN yDeN 3 Be) Se = oL 6 8 L 9 q 2 8 2 1 "UOLOLN. ayosııyr IyOTu Puod (ur 08 yoeu) (um 07 yoeu) 5344 -0Z9q usperg woure Eny 0) 0) TOT TOI Se TOL 9aTasseıT 98 p 887 LG 68 ZOT == 9TT sqresse || GE 3 gl GT 69 (de 5 2) eqpesse | 78 T9IQUOIOIN 9 05 + Sunsofzjes ee ; GE vs 82 18 = SoL 10037 zeypstdojotsänd mroa007 | EE = "uodoz un Cu 08 pen) rquogaın gg + Sunsorzpes A yostız (uoromentonug | 8'02 87 90T [ert] 201 el -q90y doyosrdojorsäyd uno 00T | 78 3 (1:98%) = en an sen) SUNYOSTULUOLaLN - Sunsofzfes 5° -uzprrogggson uoreın | 8'TE £ _ 2 = 99 -go0y doyostsogorsäyd u0 09 || TE 1 = 2'0% 3% _ 99 = 18 (1:g‘g) yosruuorery-urg wwagg | 08 Ro] a (1:8'8) > "uno 1oruspung &6 6 De 18 = 96 SUNYOSTWUAIOIN -ynpg WODOGCH 66 8 er er Sur ur Su u Sur ur Su ur = a Su ur oanes ones dans dhnes u9sunyLoWag 'z0ag ur -S1S899990VY | -OIsSEJ20Y | -oIssog9oYy | . _— 7) our 09 | vomurm og | wognurp gr | "OFFROPOV SUIGEUO N] uoeN uoeN DeN 410708 6 8 L 9 g v | 8 ASS OS EESTE Über den Abbau der Acetessigsäure im Tierkörper. 545 Die Versuche an Muskeln, an der Lunge und der Milz (Ver- such 37 bis 43) sind in umstehender Tabelle VI vereinigt. Überall, mit Ausnahme der Lungenversuche, finden wir eine Abnahme; die Abnahme ist im ersten Versuch der Tabelle allerdings so gering, daß sie fast innerhalb der Fehlergrenze der Bestim- mung liegt. In den übrigen Versuchen ist sie aber unverkennbar. Der Umstand, daß auch diese Versuche mit Zusatz von phy- siologischer Kochsalzlösung mindestens ebenso gut gelangen, wie die mit Blutzusatz, läßt darauf schließen, daß es sich hier keines- wegs um eine bloße Wirkung des zugefügten bzw. in den Organen befindlichen Blutes handelte. Auf den bisher vereinzelten Lungenversuch möchten wir keinen Wert legen, sondern teilen ihn nur der Vollständigkeit halber mit. Die weiteren Einzelheiten der Versuchsanordnung und der Resultate sind aus der Tabelle ersichtlich. In aller Kürze sei noch darauf hingewiesen, daß Versuche mit Preßsäften aus Leber und Nieren bisher zu einem positiven Er- gebnis nicht geführt haben, so wahrscheinlich die fermentative Natur des in Frage kommenden Prozesses auch sein mag. Das wesentlichste Ergebnis unserer bisherigen Ver- suche ist, daß lebensfrischer Organbrei Acetessigsäure in ganz bedeutendem Umfange, Aceton in geringerem zum Verschwinden zu bringen vermag. Die biologische Bedeutung unserer Beobachtungen wird sich erst dann klar übersehen lassen, wenn der chemische Prozeß, der sich bei dem Verschwinden der Acetessigsäure unter der Ein- wirkung von lebensfrischen Organen abspielt, aufgeklärt sein wird. Dann wird sich auch erst übersehen lassen, ob das Ver- schwinden des Acetons in engem Zusammenhange mit demjenigen der Acetessigsäure steht oder nicht. Immerhin möchten wir schon jetzt die Vermutung äußern, daß das Verschwinden der Acetessig- säure unter den von uns gewählten Versuchsbedingungen einer auch in den lebenden Organen vorhandenen physiologischen Funk- tion entspricht. Am nächsten scheint uns die Annahme zu liegen, daß die zerstörende Wirkung von Organbrei auf Acetessigsäure als der Ausdruck eines Abbauvorganges anzusehen ist. Hiermit würde auch im besten Einklange stehen, daß genau so, wie in den lebenden Organismus eingeführte Acetessigsäure weit vollständiger verbrannt wird als zugefügtes Aceton, auch in unseren Versuchen an lebensfrischen Organen die zerstörende Wirkung auf Acetessig- säure weit ausgeprägter war, als jene auf Aceton. Gustav Embden und Louis Michaud, 346 (T: 01) & Torgzm 9 G —+ Sunsogzjes Er vgl 8 i22 — rg 39 -gooy Aayosrsojoısäyd wooo0g || EF @ = (T:0) o 8 g 19 > > 8L Torqzprpr + gg WO 00L cr = (1:g) waq a2) 0 0 QL — — gl, -uodung 02 + mg woo 001 | IF = (1:5) 1oxq = 8 un -[oysnpp 3cg + Sunsogzjes Bu g'gT 81 68 >= T0I 20T -g904] AOy9stöofoısAyd WOOGzT 0F De (L:z) waq & Car ar see) -[ogsnpf 909g —+ Sunsojzjes 2 078 a1 88 = Zr 09 -yooy deyostdoporsäyd mooo0T | 68 3 (1:87) toaq BE 018 el ei 18 =: LG -oasnm 2cg + mg wooooL | 88 & B (1:8) vr G 37 & > G UOSTULISTE OSTSEITE TUDDOET LE | en Su ul Su ul Sur ul Zur ur en Sur ur a.umes ones oanes nen: = uesuny Lower | "zorq ur -DISS0J00Y | -OISSOJ00V | -SLssEI0oy ER S SUnup.ouesTonsTo A‘ B uomurp 09 | uepnurp 08 | wognurm gr | "OHFOROV 5 owysugYy yoeN yoeN yoeN +10J05 E 6 8 L 3) ei y 8 G I UNSERE EISIOFERTE Über den Abbau der Acetessigsäure im Tierkörper. 347 Welcher Art die bei diesem Abbau auftretenden intermediären Stoffwechselprodukte sind, darüber geben unsere Versuche keinen Aufschluß. Der Umstand, daß Sauerstoffdurchleitung auf den Umfang der Acetessigsäurezerstörung ohne Einfluß ist, scheint darauf hinzudeuten, daß es sich nicht um einen oxydativen Abbau- vorgang handelt. Die rein chemischen Beobachtungen an der Acetessigsäure und nicht minder die biologischen Erfahrungen über das Auftreten von Essigsäure im Harn unter normalen und pathologischen Verhältnissen weisen auf die Möglichkeit hin, daß es sich in unseren Versuchen um eine, der bekannten Säure- spaltung des Acetessigesters entsprechende Essigsäurebildung handle. Eine Bildung von Essigsäure während der Versuchsdauer konnte bisher von uns nicht nachgewiesen werden. Jedoch halten wir es für keineswegs ausgeschlossen, daß der Nachweis bei ver- besserter Methodik gelingen wird. Die Essigsäurebildung aus Acet- essiosäure würde ein vollkommenes Analogon zu der von Knoop für aromatische Fettsäuren und von verschiedenen Autoren in Ge- meinschaft mit Embden für aliphatische Fettsäuren erwiesene Spaltung zwischen &- und ß-C-Atom darstellen. | Die Acetessigsäure ist mit Sicherheit als ein Abbauprodukt einer ganzen Reihe von Fett- und Eiweißabkömmlingen erwiesen und durch Nachweis der Bildung der Essigsäure aus Acetessigsäure würde daher die Entstehung der Essigsäure im Organismus in sehr klare Beziehungen zum Fett- und Eiweißabbau gebracht werden. Natürlich werden unsere weiteren Versuche sich keineswegs auf das Verhalten der Essigsäure zu beschränken haben, sondern sich auch nach anderen Richtungen, die uns in einem Teil unserer Ver- suche angedeutet zu sein scheinen, erstrecken müssen. Die Fähigkeit der Acetessigsäureumwandlung ist an kein bestimmtes Organ gebunden, wenn auch quantitative Unterschiede in der Wirksamkeit verschiedener Organe vorhanden sind. XXV1. Über das Verhalten der optisch-isomeren Leueine in der Leber. Von Gustav Embden. (Aus dem chemisch-physiologischen Institut der städtischen Krankenanstalten ; zu Frankfurt a. M.) Gelegentlich einer gemeinschaftlich mit Hans Engel!) unter- nommenen Untersuchung über die Acetessigsäurebildung in der Leber wiederholten wir auch die früheren Versuche mit Zusatz von Leucin zum Durchblutungsblute. Bei dem ersten dieser neuen Versuche wurden 2g natürliches, aus mit Säure gespaltenem technischen Casein durch fraktionierte Kri- stallisation gewonnenes Leucin dem Durchblutungsblute zugefügt; die Dauer der Durchblutung betrug 50 Minuten. Der Umfang der „Gesamtacetonbildung“ 2) (präformiertes Aceton + Aceton aus Acet- essigsäure) war in diesem Versuche (Versuch 1 der Tabelle I) nicht größer als in unseren früheren Normalversuchen. Der Versuch wurde mit einem anderen, aus der gleichen Caseinspaltung gewonnenen Präparat wiederholt. Die Durchblutungs- zeit betrug hier 60 Minuten. Auch in diesem Falle war eine ver- mehrte Acetonbildung unter dem Einflusse des Leucins nicht ein- getreten. Die Elementaranalyse eines der verwendeten Präparate gab für C, H und N mit den für Leuein berechneten völlig überein- stimmende Werte; die spezifische Drehung war um ein geringes zu hoch. !) G. Embden und H. Engel, Diese Beiträge, dieser Band, S. 323. ?) Es wird in dieser Arbeit bequemlichkeitshalber überall von „Aceton“- Bildung gesprochen werden, wiewohl der überwiegende Anteil der flüchtigen, jodoformbildenden Substanz im Blute als Acetessigsäure vorhanden ist. Gustav Embden, Über das Verhalten der opt.-isomeren Leueine usw. 349‘ Für zwei weitere Leucinversuche verwendeten wir nunmehr ein synthetisch gewonnenes, von Kahlbaum käuflich bezogenes: Präparat. Beide Versuche (Tabelle II, Versuche 11 und 12) fielen durchaus positiv aus. In Versuch 11 betrug die Acetonbildung pro Liter bei einer Durchblutungsdauer von 90 Minuten trotz sehr mangelhaft gelungener Durchblutung 55 mg, in Versuch 12 bei einer Durchblutungsdauer von 70 Minuten 82 mg (d. h. annähernd das Zwei- bzw. Dreifache der bisher beobachteten maximalen Nor- malwerte !). Wodurch war nun das verschiedene Verhalten des Casein- leueins und des synthetischen Leucins in bezug auf die Aceton- bildung bei der Durchblutung bedingt? Daß es sich hier um einen bloß technisch bedingten Versuchs- fehler handle, schien mir bei der Einheitlichkeit der sämtlichen früheren Versuchsresultate von vornherein recht unwahrscheinlich. Es war demnach vor allem geboten, die Versuche an Casein- leucin und an synthetischem Leuein unter möglichst gleichartigen Bedingungen zu wiederholen. Zu dem Zwecke wurde zunächst eine größere Menge völlig reinen Leucins aus Casein (dasselbe Präparat diente auch für eine Reihe weiter unten zu schildernder Versuche) dargestellt. Das Rohprodukt war von vornherein durch fraktionierte Kristallisation von Tyrosin fast völlig befreit, es wurde in nicht zu wenig Wasser gelöst und die wässerige Lösung nach Entfärbung mit Tierkohle mit Kupfercarbonat gekocht. Ein großer Teil der Kupferverbindung fiel sofort aus. Nach dem Erkalten wurde der Niederschlag von der tiefblauen Flüssig- keit abgesaugt, gründlich mit kaltem Wasser, Methylalkohol, Äthylalkohol und schließlich mit Äther gewaschen. (Hervorgehoben sei, daß bei der gewählten Konzentration der Lösung der Kupfer- niederschlag von vornherein stets völlig frei von Isoleucinkupfer war, während die überstehende Flüssigkeit allem Anscheine nach sehr viel von dieser Verbindung enthielt.) Der Kupferniederschlag wurde in sehr viel heißem Wasser suspendiert, durch Schwefelwasserstoff in der Siedehitze zerlegt, nach dem Wegkochen des überschüssigen Schwefelwasserstoffs heiß filtriert und die resultierende, fast ungefärbte Flüssigkeit bis zur beginnenden Kristallisation eingeengt. Das nach dem Erkalten ausgeschiedene Leucin wurde nochmals aus Wasser umkristallisiert. ‘) Diese beiden Versuche sind bereits in der Arbeit von Embden und Engel veröffentlicht. 350 Gustav Embden, Tabelle Il. 1 2 3 4 5 6 Nr. ihn Dauer | Gebildete |Im ganzen Ya der Menge | gebildete va Durchblutungsblut Durch- Aceton Menge Bemerkungen suchs | zugefügte Substanz blutung | pro Liter | Aceton Min. mg mg 1 |2g natürliches Leu- 50 20 34 ein in 100 ccm Koechsalzlösung von 0,85 Proz. 2 |2g natürliches Leu- 60 26 44 cin in 100 ccm Kochsalzlösung 3 |2e natürliches Leu- 50 14 24 Zu diesem und dem ein in 100 cem Versuch? (Tab.II) Kochsalzlösung dasselbe Blut. 4 Dasselbe 50 31 53 Nach 30 Minuten Acetonbildung pro Liter 25 mg. 5 Dasselbe 50 2 Mi 246 Zu diesem Versuch dasselbe Blut wie zuVersuch9.Nach 30 Minuten Ace- tonbildung pro Liter 16 mg. 6 Dasselbe 50 30 51 Nach 30 Minuten Acetonbildung pro Liter 25 mg. Für die folgenden Versuche mit Caseinleucin (Tabelle I, Ver- suche 3 bis 6) diente ein und dasselbe Präparat. Die Dauer der Durchblutung betrug in diesen 4 Versuchen 50 Minuten. Die Acetonbildung während dieser Zeit schwankt zwischen 14 mg (Versuch 3) und 31 mg (Versuch 4) pro Liter Durchblutungs- blut), d.h. sie übertrifft die Acetonbildung in Leerversuchen ent- weder gar nicht, oder doch nur um ein ganz geringes. Zwei in der ganz gleichen Weise angestellte Versuche mit synthetisch gewonnenem Racemkörper (Tabelle II, Versuche 7 und 8) zeigten dagegen — ganz in Übereinstimmung mit den !) Mehrfach (Versuche 4 und 6, Bemerkungen) wurden bereits nach /, Stunde Blutproben (110 bis 120cem Blut) entnommen. Zu dieser Zeit war die Acetonbildung merklich geringer als nach 50 Minuten. ee 1 ne Kch a e u a au Über das Verhalten der optisch-isomeren Leueine in der Leber. 351 Tabelle II. 1 2 3 4 b) 6 Nr D Dauer Gebildete | Im ganzen der em der Menge | gebildete we Durchblutungsblut Durch- Aceton Menge Bemerkungen suchs) zugefügte Substanz blutung | pro Liter | Aceton Min. mg mg 7 |2 g synthetisches 50 70 119 | Dasselbe Blut wie zu Leuein in 100 ccm Versuch 3, Tab. I. Kochsalzlösung Nach 30 Minuten Acetonbildung pro Liter 50 mg. 8 Dasselbe 50 88 150 |Nach 30 Minuten Acetonbildung pro Liter 60 mg. 9 |2 & racemisches 50 46 78 |Nach 30 Minuten Leucin aus natür- Acetonbildung lichem Leucin in pro Liter 34 mg. 100cem Kochsalz- Zu diesem und lösung zu Versuch 5 das- : selbe Blut. 10 Dasselbe 50 56 95 Nach 30 Minuten Acetonbildung pro Liter 37 mg. 1l |2 & synthetisches 90 55 83 Während der ersten Leuein in 100 cem halben Stunde Kochsalzlösung verlief die Durch- blutung schlecht. 12 |2 g synthetisches 70 8 148 Leuein in 200 cem | - Kochsalzlösung früher erwähnten Versuchen 11 und 12 — eine sehr stark vermehrte Acetonbildung. Zweifellos bestand also in dem Verhalten des Caseinleucins und des synthetischen Leucins in der Leber ein sehr wesentlicher Unterschied: Das Caseinleucin bildete unter Umständen, unter denen sich das synthetische Leucin als kräftiger Acetonbildner erwies, kein Aceton. Zur Erklärung dieses Unterschiedes mußte von vornherein hauptsächlich an zwei Möglichkeiten gedacht werden. Entweder bestand das Caseinleuein ganz oder teilweise aus einem isomeren Leuein von besonderer chemischer Struktur, oder das differente Verhalten der beiden Leucinarten bei der Durchblutung war durch ihre verschiedenartigen physikalischen Eigenschaften bedingt. 352 Gustav Embden, Was zunächst die erste Möglichkeit betrifft, so sei hier noch- mals hervorgehoben, daß das angewandte Präparat alle Eigen- schaften des reinen Leucins hatte. Insbesondere war es sicher völlig frei von Isoleucin. Ich habe mich — so wenig aussichtsreich ein solches Unter- nehmen von vornherein auch erschien — in ziemlich ausgedehnten, hier nicht näher zu schildernden Versuchen bemüht, aus isoleuein- freiem Caseinleucin durch verschiedenartige Methoden der Frak- tionierung Fraktionen von verschiedenen Eigenschaften zu ge- winnen — ohne jeden Erfolg. Ließen sich also einerseits Verschiedenheiten in dem chemischen Verhalten der beiden angewandten Leucinarten nicht auffinden, so konnte andererseits leicht gezeigt werden, daß ihr verschiedenes biologisches Verhalten in der Leber nur durch ihre sterischen Unterschiede hervorgerufen wird. Dasselbe Leueinpräparat aus Casein, das unter den oben geschilderten Versuchsbedingungen kein Aceton bildete, bildete nach einfacher Racemisierung unter ganz den gleichen Bedingungen Aceton !). Die Versuche finden sich in Tabelle II (Versuche 9 und 10). Die Acetonbildung betrug 46 bzw. 56mg pro Liter Blut. Da sich das racemische Leucin von dem natürlichen 1- Leuein nur dadurch unterscheidet, daß es zur Hälfte aus d-Leucin besteht, lag es nahe, nunmehr auch die Einwirkung der letztgenannten Substanz auf die Acetonbildung in der Leber zu prüfen. Versuch 13. Durchblutung einer kleinen Leber mit 1,5& d-Leuein in 100 cem Kochsalzlösung. Dauer 50 Minuten. Acetonbildung pro Liter: 66 mg; im ganzen: 112 mg; nach 30 Minuten Acetonbildung pro Liter: 48 mg. Der Versuch zeigt, daß auch das d-Leucin ein ausgezeichneter Acetonbildner ist. Besonders auszuführende Versuche werden fest- zustellen haben, ob es unter geeigneten Bedingungen kräftiger als der Racemkörper auf die Acetonbildung in der Leber einwirkt. Die Tatsache, daß das d-l-Leucin und ebenso auch das d-Leucin in der isolierten Leber Aceton bilden unter Umständen, unter denen das natürliche I-Leucin Aceton nicht entstehen läßt, mag auf den ersten Blick befremdlich erscheinen. Wissen wir doch, daß bei Verabreichung von racemischen Aminosäuren an den Hund !) Die Racemisierung wurde — in üblicher Weise — durch längeres (24stündiges) Erhitzen mit Barytwasser auf 160° erreicht. er ee a ee ea er ee nn. PUR” Über das Verhalten der optisch-isomeren Leucine in der Leber. 353 die unnatürliche Komponente weit schlechter ausgenutzt wird als die natürliche, und zum Teil im Harn wieder erscheint. Auf Grund früherer Versuche sind wir ferner zu der Vor- stellung gelangt, daß das Aceton — bzw. die Acetessigsäure — ein normales, beim Abbau des Leueins in der Leber intermediär auftretendes Stoffwechselprodukt ist. In dem Auftreten von vermehrter Acetonbildung bei der Durchblutung mit Leucin wäre demnach jedenfalls ein Zeichen dafür zu erblicken, daß ein Abbau von Leucin erfolgt ist. Dürfen wir umgekehrt aus dem Ausbleiben vermehrter Aceton- bildung in den oben geschilderten Versuchen mit natürlichem Leuecin schließen, daß das Leucin hier nicht abgebaut wurde? Ein solcher Schluß ist gewiß nieht ohne weiteres statthaft. Es läßt sich nicht ausschließen, daß der Abbau auf einem anderen, nicht über die Acetessigsäure führenden Wege erfolgte. Weit wahrscheinlicher erscheint mir allerdings eine andere Möglichkeit: Das Leucin wurde nicht abgebaut, sondern im Gegenteil, es wurde synthetisch verwendet. Gelangt man doch mehr und mehr zu der Erkenntnis, daß der Aufbau der Eiweißkörper im tierischen Organismus aus ihren niedersten Spaltungsprodukten — eben den Aminosäuren — er- folgt oder doch erfolgen kann. Und weiß man doch, daß am Aufbau der Eiweißkörper — und auch der Peptide — nur die in der Natur vorkommende optisch-aktive Form der Aminosäuren beteiligt ist. Ich will aber die eben angedeutete Vorstellung einer syn- thetischen Verwendung des natürlichen Leucins in der isolierten Leber an dieser Stelle um so weniger weiter entwickeln, als ich hoffe, sie auf einem anderen Wege als dem hier beschrittenen er- weisen zu können. Nur darauf möchte ich die Aufmerksamkeit lenken, daß eine solche Vorstellung mit dem Verhalten des d-l-Leucins und des d-Leucins in der Leber aufs beste vereinbar wäre. Das unnatürliche d-Leuein, beziehungsweise die unnatürliche Komponente des d-l-Leueins, können synthetisch nicht verwandt werden. Die Leber weiß mit ihnen gleichsam nichts besseres an- zufangen als sie als Brennmaterial zu benutzen, sie — unter inter- mediärer Acetessigsäurebildung — abzubauen. Die geringere Ausnutzbarkeit der unnatürlichen Komponenten der Aminosäuren im Tierkörper ist dementsprechend vielleicht weniger durch ihre geringere Verbrennlichkeit, als durch ihre Beitr. z. chem. Physiologie XI. 23 354 Gustav Embden, mangelnde Fähigkeit, am Aufbau komplizierterer Aminosäurever- bindungen teilzunehmen, bedingt. Kann nun aber nicht das natürliche Leucin unter Acetessig- säurebildung in der Leber abgebaut werden? Dafür sprachen namentlich früher von Embden, Salomon und Schmidt gemeinsam ausgeführte Versuche ). In diesen Versuchen war allerdings die Menge des dem Durchblutungsblute zugefügten l-Leucins zumeist weit größer als 2g und ferner betrug die Durchblutungszeit nicht, wie in den hier bisher mitgeteilten Versuchen, 50 Minuten, sondern 75 Minuten. Es scheint nun, daß bei Anwendung von 2g Leuein und einer Durchblutungszeit von 75 Minuten in der Tat bereits vermehrte Acetonbildung auftreten kann (Tabelle III, Versuch 14, Aceton- bildung pro Liter 41 mg). Tabelle III. 1 2 3 4 5 6. N Dauer | Gebildete | Im ganzen ass der Menge | gebildete a Durchblutungsblut Durch- Aceton Menge Bemerkungen suchs| zugefügte Substanz blutung | pro Liter | Aceton Min. mg mg 14 ‚2 natürliches Leu- 75 41 70 ein in 100 cem Kochsalzlösung 15 6g natürliches Leu- 75 62 112 Nach 50 Minuten ein in 200 cem Acetonbildung Kochsalzlösung pro Liter 49 mg. 16 Dasselbe 75 61 110 Die Acetonbildung wurde aber genau so stark, wie in den früher veröffentlichten Versuchen, als ich ähnliche Leucinmengen, wie in der Mehrzahl dieser Versuche, anwendete. In den Versuchen 15 und 16 der Tabelle III wurde mit je 65 desselben Leueinpräparates, das auch zu den Versuchen 3 bis 6 Verwendung fand, während 75 Minuten durchblutet. Die Aceton- bildung betrug 62 beziehungsweise 61 mg pro Liter. In Ver- such 14 war nach 50 Minuten eine Acetonbildung von 49 mg pro Liter eingetreten 2). !) Embden, Salomon und Schmidt, 1. c. ”) Die Resultate der vorliegenden Untersuchung stehen also in bester Übereinstimmung mit den früheren Angaben von Embden, Salomon und DE N ee Über das Verhalten der optisch-isomeren Leucine in der Leber. 355 Bietet man also der Leber ein Übermaß von natürlichem Leuein, so wird das letztere genau so wie die unnatürliche Kom- ponente zu einem Teile über Acetessigsäure abgebaut. Zum Schlusse möchte ich nur noch betonen, daß in den Ver- suchen dieser Arbeit, und ebenso in unseren früheren Durch- blutungsversuchen, die am Ende des Versuchs vorhandene Acet- essigsäuremenge aller Voraussicht nach keineswegs der gesamten, während des Versuchs gebildeten entspricht. Aus den Befunden von Embden und Michaud!) geht vielmehr hervor, daß die Leber in hohem Maße die Fähigkeit besitzt, Acetessigsäure zum Ver- schwinden zu bringen. Die am Ende des Versuches gefundenen Gesamtacetonwerte sind also nur als Minimalwerte aufzufassen. Schmidt über die Acetonbildung aus Leucin. Nur ein Versuch der ge- nannten Autoren (Embden, Salomon und Schmidt, 1. c., S. 135, Ver- such 10) erscheint auffällig. Hier erfolgte bei Anwendung von 2g Leucin aus Casein eine Acetonbildung von 93 mg pro Liter, allerdings bei einer Durchblutungsdauer von 75 Minuten. Leider stand mir nichts mehr von dem damals verwendeten Präparat zur Verfügung. Es erscheint nach der Darstellungsweise nicht völlig ausgeschlossen, daß es mehr oder weniger vollständig racemisiert war. !) G. Embden und L. Michaud, Über den Abbau der Acetessigsäure im Tierkörper. Erste Mitteilung. Diese Beiträge, dieser Band, S. 332. Kürzere Mitteilungen. S. Eine Farbenreaktion des Histidins. Von Franz Knoop. Aus der med. Abt. des chem. Laboratoriums der Universität Freiburg i. Br. Auf dem Physiologen-Kongreß in Heidelberg konnte ich eine Farbenreaktion des Histidins demonstrieren, die wir ım Verlaufe unserer Untersuchungen über das Histidin!) beobachtet hatten. Ihre Anwendung scheint bei der Aufarbeitung von Eiweißspaltgemischen mehrfach gute Dienste geleistet zu haben, und ich entspreche einem Wunsche von seiten englischer und deutscher Physiologen, wenn ich das Wesentliche kurz zusammenstelle. Versetzt man eine wässerige Lösung von Histidin oder Histidin- ‚salz mit Bromwasser, so tritt anfangs schon in der Kälte Entfärbung ein, nach weiterem Bromzusatz bleibt ein gelblicher Ton bestehen. Er- hitzt man jetzt, so wird die Lösung zunächst wieder farblos, um nach kurzem eine rötliche Färbung anzunehmen, die sich zu dunklem Wein- rot vertieft. Schließlich scheiden sich schwarze amorphe Teilchen ab, die die Lösung schmutzig trüben. In der Kälte treten die gleichen Er- scheinungen entsprechend langsamer ein. In Lösungen, die freies Alkali enthalten, bleiben sie aus. Die Menge des Broms wählt man am besten so, daß in der Kälte die Gelbfärbung gerade bestehen bleibt; weniger Brom läßt die Färbung schwächer ausfallen, ein großer Überschuß verhindert ihr Auftreten ganz. Die Empfindlichkeit der Reaktion ist keine sehr große. In Lösungen von 1:100 entsteht eine sehr starke Färbung, in solchen von 1:1000 eine immerhin charakteristische. Von nahestehenden » Histidinderivaten geben Imidazolpropionsäure, -essigsäure, -carbonsäure, -&-milchsäure (Öxydesaminohistidin) und die demnächst zu beschreibende ß-Imidazol-&-chlorpropionsäure keine Färbung mit Brom. Nur das Imidazoläthylamin gibt eine Rotfärbung, doch ist das Verhalten hier etwas abweichend. \!) Diese Beiträge 7, 144; 8, 407; 10, 111. Freiburg i. B., Februar 1908. Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erschei- nen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von etwa 30 Druck- bogen zum Preise von M. 15, — bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maßgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre erscheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Manuskriptsendungen sind an den Herausgeber, Straßburg i. E., Wimpfelingstraße 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlichkeit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung maß- gebend sein. Polemische Ausführungen, welche den Rahmen einer tatsächlichen Richtigstellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mitteilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein beson- ders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40,— für den Druck- bogen und 50 Sonderabzüge. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Leitfaden für den praktisch-chemischen Unterricht der Medıizimer zusammengestellt von Franz Hofmeister, Professor der physiologischen Chemie an der Universität Straßburg. Zweite neu durchgesehene und vervollständigte Auflage. 8. Preis geh. 3,50 Mb, geb. in Lnwd. 4 M% Lehrbuch der gerichtlichen Chemie in zwei Bänden. Zweite gänzlich umgearbeitete Auflage bearbeitet von Dr. Georg Baumert, | Dr. M. Dennstedt, Professor u. Leiter d. Universitäts - Laboratoriums Professor und Direktor des chemischen für Nahrungsmittelchemie in Halle a. S. Staats - Laboratoriums in Hamburg und Dr. F. Voigtländer, Assistent am chemischen Staats- Laboratorium in Hamburg. Erster Band. Der Nachweis von Giften und gesundheitsschädlichen ‚Stoffen in Leichenteilen, Harn, Nahrungs- und Genußmitteln, Gebrauchsgegenständen, Wasser, Luft und Boden, mit Berück- siehtigung steueramtlicher Untersuchungen, sowie der Vegetationsschä- digung durch Rauch u. dgl. Mit 53 eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 12 M, geb. 13 %b Zweiter Band. Der Nachweis von Schriftfälschungen, Blut, Sperma usw. unter besonderer Berücksichtigung der Photographie. Mit 98 Abbildungen einschließlich einer farbigen Spektraltafel. gr. 8 Preis geh. 9 M, geb. 10 % Biomentaramnirsan Best. v. N, S, Halogen in org. Subst. em. Lab v. Den Wen München, | | E aatiella Rudolfstr. an | = N J I. } m | nn V : D . hil. ed. F IC ri na M Biochemie der Pflanzen. u. n . u h in Prag (jetzt in Onernowite). Zwei Bände. Preis: broschiert 39 Sb, ge- | bunden 41,504. 1 | Inhalt: Geschichtliche Einleitung. Allgemeiner Teil. ‚Spe- Ij zieller Teil. Der Kohlenhydratstoffwechsel der Pilze. — Der Kohlenhydrat- 11 stoffwechsel von Samen und anderen Pflanzenorganen. — Der Eiweißstoffwechsel I} der Pilze und Bakterien. — Der Eiweißstoffwechsel der Samen und anderer WM Pflanzenorgane. — Die stickstoffhaltigen Endprodukte des pflanzlichen Stoff- WE wechsels. — Die Sauerstoffaufnahme. — Stickstofffreie Endprodukte des Stoff- 5 ir — Die ee im eh N "Verlag v von Aug. Hirschwald in Berlin. Neu erschien: nz ch Utrucg i von Dr. med. C. S. Engel. Dritte Auflage. | | 1908. gr. 8. Mit u, und 2 Tafeln. 5 Mb Vorie, von era Viowog & Sohn in Brauche Kineiatik organischer Gelenke. Von Prof. Dr. Otto Fischer in Leipzig. Mit 77 Ber ae gr. 8. Preis TER 8 Mb, geb. 9 * | Der gegenwärtige ‚Stand. der Abwässerfrage dargestellt für die Industrie unter besonderer Berücksichtigung der Textilveredlungsindustrie. Auf Veranlassung des Vereins der Deutschen Textilveredlungsindustrie Düsseldorf von Dr. Georg Adam. gr. 8. Preis geh. 3 4 h a > FE LEV) Inhalt des 10. Heftes. 1 j Seite XXVIIl. Kurt Meyer. Über den Mechanismus der Saponinhämolyse. (Aus dem Institut für Hygiene und Bakteriologie der Univer- SITOE SETADDURG) | N ve ee ee ee Re. er ee en XXIX. E. Friedmann. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Siebente Mitteilung. Uber die Bildung von Acetessigsäure aus Isovaleriansäure bei der Leberdurchblutung. (Aus der ersten medizinischen Uniwversitätsklinik zu Berlin.) 365 XXX. E. Friedmann. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Achte Mitteilung. Uber das Verhalten der «, 8-ungesättigten Säuren bei der Leberdurchblutung. (Aus der ersten medizinischen Universitätsklinik zu Berlin) ... . 371 XXXI W. Brasch und E. Friedmann. Eine neue Synthese des Isoleueins. (Aus der ersten medizinischen Universitätsklinik ZUBELUN Re u ee ee Te N RE AR ES e 376 XXXIH. Hermann Hohlweg und Hans Meyer. Quantitative Unter- suchungen über den Reststickstoff des Blutes. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strahburg.) - »....- 381 Kürzere Mitteilungen: 9. H.D. Dakin. Einige Bemerkungen zu der Mitteilung von Friedmann „Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. (Aus dem Laboratorium des Herrn Dr. C. A, Herten 0.New Xork) een else le er 404 10. A. Windaus und W. Vogt. Notiz über die «-Chlor-$-Imid- azolylpropionsäure. (Aus der medizinischen Abteilung des chemischen Laboratoriums der Universität Freiburgi.Br.). . 406 11. Herm. Hildebrandt. Zur Frage der Schwefelwasserstoff- bildung aus Eiweiß und Schwefel. (Aus dem Pharmakolo- gischen Institut, zu, Hallesa. S.) ze 2. en Se 409 12. Franz Knoop. Zur Oxydation von Fettsäuren... .... 411 Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erschei- nen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von etwa 30 Druck- bogen zum Preise von M. 15, — bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maßgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre erscheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Manuskriptsendungen sind an den Herausgeber, Straßburg ı. E., Wimpfelingstraße 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlichkeit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung maß- gebend sein. Polemische Ausführungen, welche den Rahmen einer tatsächlichen Richtigstellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mitteilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein beson- ders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40,— für den Druck- bogen und 50 Sonderabzüge. XXVIH. Über den Mechanismus der Saponinhämolyse. Von Kurt Meyer. (Aus dem Institut für Hygiene und Bakteriologie der Universität Straßburg.) Die ersten Untersuchungen über den Mechanismus der Saponin- hämolyse wurden von Ransom!) unternommen. Er fand, daß normales Blutserum eine Hemmungswirkung gegenüber der Saponin- hämolyse ausübt, und stellte fest, daß die hemmende Substanz sich dem Serum durch Ätherextraktion entziehen läßt. Weiter beob- achtete er, daß auch durch rote Blutkörperchen das Saponin gebunden und unwirksam gemacht wird, daß die Bindung durch die Stromata, nicht durch das Hämoglobin erfolgt und daß auch hier die bindende Substanz sich durch Äther extrahieren läßt. Es lag also nahe, diese Substanz unter den Lipoiden zu suchen. In der Tat konnte Ransom nachweisen, daß Cholesterin eine gewisse Menge Saponin unwirksam zu machen vermag, während beim Leeci- thin eine solche Wirkung nicht festzustellen war. Auf Grund dieser Tatsachen faßt Ransom die Saponinhämo- lyse so auf, daß „eine Affinität oder ein Lösungsverhältnis zwischen Saponin und Cholesterin besteht, wodurch es dem ersteren möglich ist, auf die Gewebe, welche letzteres enthalten, als Gift zu wirken, das letztere aber unter gewissen Bedingungen zum Schutzkörper gegen das erstere macht. Das Saponin ist für die roten Blut- körperchen giftig, indem es einen wesentlichen Teil ihrer Struktur — das Cholesterin — angreift“. Gelegentlich einer früheren Arbeit wies ich?) darauf hin, daß die Deutung Ransoms sich auf überzeugende Beweise nicht stützt. Ransom hat nur nachgewiesen, daß eine Bindung des ') Ransom, Deutsch. med. Wochenschr. 27, 194 (1901). *) Kurt Meyer, Archiv f. Hygiene 65, 293 (1908). Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 93* 358 Kurt Meyer, Saponins an das Cholesterin möglich ist. Die weitere Annahme, daß dieser Vorgang bei der Hämolyse tatsächlich eine Rolle spielt, und vor allem, daß die Verbindung des Saponins mit dem Cho- lesterin eine Schädigung des Blutkörperchenstromas bedeutet, be- gründet er durch keine Tatsachen. Es ist nun, wie mir scheint, durchaus nicht ohne weiteres ein- zusehen, warum durch die Bindung des Saponins an das Cholesterin eine Auflösung des Blutkörperchens erfolgen soll. Die Cholesterin- Saponinverbindung ist eine wasserunlösliche Substanz, die in ihren physikalischen Eigenschaften sich vom Cholesterin nicht wesentlich unterscheidet, und man darf wohl annehmen, daß gerade diese für die funktionelle Aufgabe des Cholesterins innerhalb der Blut- körperchenstruktur maßgebend sind. Von wesentlicher Bedeutung dürfte dagegen die Löslichkeit des ja einen Hauptbestandteil des Blutkörperchenstromas bildenden Leeithins in Saponinlösungen sein. Kobert!) hatte bereits gezeigt, daß Saponin beim Erhitzen große Mengen Lecithins löste, und er hatte sogar durch Berechnungen nachzuweisen versucht, daß eine bestimmte Qummtität Saponin gerade so viel Blutkörperchen zu lösen vermag, als deren Lecithingehalt entspricht. Obgleich er demnach der Saponinlöslichkeit des Lecithins den Hauptanteil bei der Hämo- lyse zuschrieb, so ließ er doch die Ransomsche Hypothese gelten und nahm nebenher eine durch die Verbindung des Cholesterins mit dem Lecithin bedingte Schädigung des Blutkörperchens an. Auch H. Meyer?) vertritt noch ganz neuerdings die An- schauungen Ransoms. Deingegenüber zeigte Paseucci?) bei seinen auf Hofmeisters Veranlassung unternommenen Versuchen an „künstlichen Blut- körperchen“, d. h. Leeithin - Cholesterin - Seidenstoffmembranen, daß diese der Saponinhämolyse einen um so größeren Widerstand bieten, je mehr Cholesterin im Verhältnis zum Leeithin sie ent- halten. Allerdings gab sich diese Resistenz nur durch eine Ver- zögerung, nicht durch ein vollständiges Ausbleiben der Hämolyse zu erkennen. Ich wies nun bereits früher darauf hin, daß sich ein Urteil ‚über die Rolle des Cholesterins innerhalb des „lebenden“ Blut- körperchens vielleicht durch vergleichende Untersuchungen an den Erythrocyten verschiedener Tierarten, die in dem Verhältnis ihres \) Kobert, Beiträge z. Kenntnis der Saponinsubstanzen. Stuttgart 1904. ?) H. Meyer, Wien. klin. Wochenschr. 21, 607 (1908). ®) Pascucci, Diese Beiträge 6, 552 (1905). Über den Mechanismus der Saponinhämolyse. 359 Leeithin- und Cholesteringehaltes zum Teil bedeutende Differenzen aufweisen, gewinnen ließe. Ich habe seitdem diese Versuche aus- führen können und will hier kurz über sie berichten. Ransom hatte auf eine Bindung des Saponins an das Cho- lesterin geschlossen, weil das Cholesterin die Saponinhämolyse hemmt, während er beim Leecithin eine solche Wirkung nicht beobachten konnte. Auch Noguchi!) sah nur beim Cholesterin, nicht beim Lecithin einen hemmenden Einfluß. Ich selbst habe die Versuche wiederholt und konnte abweichend von diesen Autoren eine deutliche Hemmung durch Leecithinzusatz feststellen; sie äußerte sich allerdings nicht in einem Ausbleiben der Hämo- lyse, sondern nur in einer bedeutenden Verzögerung, die sich noch gegenüber der zehnfachen lösenden Menge Saponin deutlich bemerkbar machte. Von einer protokollarischen Wiedergabe der Versuche sehe ich ab, weil sich der Moment der beginnenden und eben vollständigen Hämolyse nicht mit genügender Sicherheit bestimmen läßt. Da die von mir verwendeten Mengen Lecithins, 0,2 bis 0,5 mg, schon an sich stark hämolytisch wirken, so darf die verspätet be- ginnende Hämolyse wohl überhaupt als Lecithinwirkung aufgefaßt werden, für die gerade ein langsamer Eintritt charakteristisch ist. Wenn Kobert bei der von ihm dargestellten Saponin- Lecithin- verbindung noch eine hämolytische Wirksamkeit beobachtete, so braucht diese nicht auf das Saponin bezogen zu werden, kann vielmehr auch durch das Leeithin bedingt sein. Ich glaube dem- nach, daß im Hemmungsversuch sich auch eine Affinität des Saponins zum Lecithin nachweisen läßt, daß also der Ransomschen Theorie, die auf Grund jenes Versuches im Cholesterin den alleinigen Angriffspunkt des Saponins erblickt, ihre wesentlichste Stütze entzogen ist. Mit den Tatsachen, die sich bei der vergleichenden Unter- suchung verschiedener Blutarten ergaben, dürfte sich die Theorie ebenfalls nicht vereinigen lassen. Ich verwendete mehrfach gewaschene Blutkörperchen vom Pferd, Kaninchen, Schwein, Hund, Hammel und Rind und zwar in 5prozentiger Aufschwemmung. Das von mir benutzte Saponin war ein Mercksches Präparat. Ich arbeitete stets mit der gleichen Stammlösung. In allen Versuchen wurde durch Kochsalzlösung das gleiche Volumen hergestellt. !) Noguchi, University of Pennsylvania Medical Bulletin. Nov. 1902. 360 Kurt Meyer, Angaben über den Lecithin- und Cholesteringehalt der Blut- körperchen verschiedener Tierarten finden sich bei Abderhalden!). Ich stelle hier die Zahlen zusammen und füge die Werte für den Gesamtlipoidgehalt und das Verhältnis von Leeithin : Cholesterin hinzu. 1000 Teile Erythrocyten enthalten bei _ =! 5 = - = — je! 2 Be | see a ES | En | = Sea ja Es S an am loc} un an ee) Cholesterin . . . . || 0,888 0,661 0,720l0,480 9,155/1,255 2,360 3,59313,37911,824 lkeeithneaa se: 3,973 Gesamtlipoidgehalt . || 4,361 Leeithin : Cholesterin 10,240 4,855 4,627 3,456|2,568 2,296 3,379|4,163 3,748|2,850 5,536 5,347 3,945|4,723 3,451 5,7457,756|7,1274,674 7,345 6,426 7,067 1,19211,829 1,428 1,15911,1091,563 Man ersieht aus den Zahlen zunächst, daß ziemlich erhebliche individuelle Unterschiede vorkommen. Dennoch lassen sich ohne weiteres zwei Gruppen sondern, die eine mit niedrigem Chelesterin- gehalt: zu ihr gehören Pferd, Kaninchen, Schwein; die andere cholesterinreich: sie umfaßt Hund, Schaf und Rind. Der Gesamt- lipoidgehalt weist weniger große Unterschiede auf. Die nachfolgende Tabelle zeigt das Ergebnis der Hämolyse- versuche bei diesen Tierarten (Tab. I). Auch in der Empfindlichkeit gegenüber dem Saponin zeigen sich innerhalb einer Blutart individuelle Unterschiede. Trotzdem ergibt sich aus den Zahlen mit Sicherheit eine mit steigendem Cholesteringehalt zunehmende Resistenz der Blutkörperchen. Stellen wir die Grenzwerte zusammen, bei denen eben noch komplette Hämolyse zu beobachten war, so finden wir sie beim Pferd bei... . 2... 0,04—0,08 „a. Kanmehenober er u. 0,04 —0,06 „osSchwein bei. nm var. 0,06—0,08 „2, Elund ibei 1. ee ee 0,08 „maklammel-beirswerstaz ar 0,1 it» indiibenr ee 0,1 Berücksichtigen wir noch die Werte für die beginnende Hämo- lyse, so finden wir auch zwischen Hammel und Rind Empfindlich- keitsunterschiede. Mit Ausnahme des Kaninchens gehen also, wie sich aus diesen Zahlen ergibt, Resistenz und Cholesteringehalt parallel. Kaninchen, Pferd und Schwein besitzen die empfindlich- ‘) Abderhalden, Zeitschr. f. physiol. Chem. 25, 65. Über den Mechanismus der Saponinhämolyse. 361 Tabelle I. Saponinmenge in mg Tierart 0,1 0,08 0,06 0,04 0,02 ende ler 1} EHEERN k.uHl: Iae f..k.aH. |, Spur 0 Elan 11°. 1.20.00, 000: k.-H. kB: te A 0 BierdSiilN. en loan. k. H. al k H. ka Ele” T. H, BiendsIV 1.22. 2008: ee k. H. k. H. 1. BD. 0 Keninehen.d. . u. 1.2... k.'H: k.-. k. H. k-uEl: 0 Kaninchen II... - ka. E, k. H. k.H; kuHl., si: HL Kaninehen IM ..... „x. k. H. k%H: Kr, Hl: kSpElz 16 1 4b. Kaninchen IV ......... k.-H. k. H. la 1. Te 0 Schwemsl... 3r- K0El: km. Sal Spur 0 Schwein Il. ı."..... Kerl: KH. kı ER LH. 0 Behweinlll: .=...... .\. k.H. k:H. k..D: SHE 0 Schweine DV 7... wu. 78, k.H. ke. RaE Alk a Schwein Vi. Wenseigs ie kH. Ikplal k. H. i. H 0 Schwen SI. #0... 27. k...H; FeaEle KAHr FISCH 0 LE free be ] Ele k2ıER kSH: ie H. 0 0 HunakEl 402... k. H. k. H. 5. koBkalierH: 0 Hammel, ı.2 7.1... k-H. 1. . Spur 0 0 HammelSll "2..0...30%.,. k. H. ak. 1. H, Spur 0 Himmel MI 7... ...., KH. Fakt: 2cH Spur 0 HammelslV? 2... 0. k. H. Fk: PEN. Spur 0 0 Hammel!V 2. 2.2202. ik. HD, 1. H: Spur 0 0 Hammel: NIE... =. kB bele.H. ee 0 0 Kanlekorwew.. das: FAR, YH: 1) H: Spur 0 0 Binde k. H. le IH. Spur 0 0 Banner ne: k, H, DR, LH, 0 0 Band IVa.n a k. H. : H. 0 0 0 ua. ner ee en k. H: 1. DH: Spur 0 0 k. H. = komplette Hämolyse, f. k. H. — fast komplette Hämolyse, 1. H. = inkomplette Hämolyse. Ablesung nach einstündigem Aufenthalt bei 37°. sten Blutkörperchen; dementsprechend ist bei ihnen der Quotient Leecithin : Cholesterin hoch. Beim Kaninchen ist allerdings der Quotient nach Abderhalden etwas niedriger als beim Pferd und Schwein; da aber nur eine einzige Analyse vorliegt, so darf man vielleicht annehmen, daß bei anderen Individuen sein Wert größer ist. Bei Hund, Hammel und Rind, deren Blutkörperchen einen reichen Cholesteringehalt aufweisen, zeigt sich eine viel größere Resistenz, und auch innerhalb dieser Kategorie sinkt die Empfind- lichkeit mit dem Quotienten Leeithin : Cholesterin. Es ergibt sich also aus den Versuchen, daß das Blutkörperchen der Saponinhämolyse gegenüber um so resistenter ist, je mehr 362 Kurt Meyer, Cholesterin im Verhältnis zum Lecithin es enthält, daß also auch innerhalb der Erythrocyten dem Cholesterin eine Schutzwirkung zukommt und der eigentliche Angriffspunkt des Saponins im Leeci- thin zu suchen ist. Die Annahme, daß die verschiedene Resistenz der Blutkörper- chen auf ihrem Cholesteringehalt beruht, habe ich noch in anderer Weise zu stützen gesucht. Wie ich früher gefunden habe, besitzt gegenüber der Seifenhämolyse das Cholesterin keine hemmende Wirkung. Es war demnach zu erwarten, daß auch das in den: Blutkörperchen enthaltene Cholesterin keine Schutzwirkung aus- üben würde, und daß also bei der Seifenhämolyse sich nicht die gleiche Empfindlichkeitsskala finden würde wie bei der Saponin- hämolyse. Ich prüfte daher auch das Verhalten der verschiedenen Blutarten gegenüber der Einwirkung ölsauren Natrons (Tab. I). Tabelle II. Ölsaures Natron in mg Tierart oo m 0,08 0,06 0,04 | 0,02 Pferd@ll re PrerdeIIR2r Dr PterdaoVse ea Kaninchen U ..... Kaninchen DI ..... Schwensl .rr Schwein Il 2.222, ” Spur 0 k. H. 3. 0 [e>) Hammel IV . 2.22. Hammel Vers aeg ’ Ro BHumE, BE m. -. an (©) >" b=| ©, B < karı Jar I Ir kan bar Ir Kart ka a ar nr rar DEEHeEkmkekkekkbmEk: Fri Er El m En Ei Ei Ed FE in FE ar sr ar ar le ar ar rar ar ar else EHEmskmEFbkemkEkk Rand VE N ee EFFFFFFRFFFRFFRR FT Wenn auch die bei der Seifenhämolyse sich ergebenden Werte ziemlich unregelmäßig sind, so geht doch das klar aus ihnen hervor, daß irgend ein Parallelismus zwischen Resistenz und Cholesteringehalt nicht besteht. -Ja es scheint, daß gerade die cholesterinreichen Rinderblutkörperchen am empfindlichsten sind, die cholesterinarmen dagegen, von Pferd und Schwein, am resistentesten, Über den Mechanismus der Saponinhämolyse. 363 Nur das Kaninchenblut zeigt auch gegenüber der Seife eine hohe Empfindlichkeit. Durch die Seifenversuche wird auch noch ein anderer Ein- wand entkräfte. Die gegen Saponin empfindlichen Blutarten zeigen einen etwas niedrigeren Gesamtlipoidgehalt als die resistenten. Man könnte daher glauben, daß bei ihnen erst nach Auflösung einer größeren Menge die Sättigungsgrenze der Saponinlösung für Lipoide erreicht wird. Demgegenüber zeigt aber der Ausfall der Seifenhämolyse, die wohl ebenfalls im wesentlichen als Lösung des Lecithins aufzufassen ist, daß den geringen Unterschieden im Gesamtlipoidgehalt keine Bedeutung zukommt. Noch eine andere, allerdings sehr gezwungene Deutung könnte den Saponinversuchen gegeben werden. Man könnte sagen, daß eine Schädigung des Blutkörperchens erst eintritt, wenn die Saponin- konzentration im Cholesterin einen gewissen Grad überschritten hat und daß dieser Wert bei den cholesterinreichen Erythrocyten erst bei größerer Saponinmenge in der Außenflüssigkeit erreicht wird als bei den cholesterinarmen. Eine experimentelle Wider- legung dieser Deutung vermag ich nicht zu geben. Vor allem wäre gegen sie einzuwenden, daß sie einen durch nichts bewiesenen schädlichen Einfluß der Bindung des Saponins an das Cholesterin voraussetzt und daß sie die augenfällige Wirkung des Saponins - auf das Leecithin nicht berücksichtigt. Wir werden uns demnach die Saponinhämolyse als eine Auf-' lösung des Lecithins im Saponin vorzustellen haben, wobei ein Teil des Saponins an. das Cholesterin, zu dem es vielleicht eine etwas größere Affinität besitzt als zum Lecithin, gebunden wird. Je höher aber der Gehalt des Blutkörperchens an Cholesterin ist, um so mehr Saponin wird von diesem gebunden und für das Lecithin unschädlich gemacht,» d. h. um so größere Mengen sind zur Hämolyse erforderlich. Von Interesse ist, daß das Verhältnis Leeithin : Cholesterin noch für andere Vorgänge von Bedeutung zu sein scheint. Zunächst sei an den Befund von Kyes!) erinnert, daß zwar die Blut- körperchen von Hund, Pferd und Kaninchen von Cobragift ge- löst werden, nicht aber die von Rind und Hammel, also die cholesterinreichen; bei diesen tritt Hämolyse erst nach Zusatz von Lecithin ein, nachdem also der relative Cholesteringehalt des ganzen Gemisches herabgesetzt ist. Allerdings fällt bei der !) Kyes, Berl. klin. Wochenschr. 39, 886 (1902). 364 Kurt Meyer, Über den Mechanismus der Saponinhämolyse. Schlangengifthämolyse das Hundeblut aus der Reihe; es wird viel leichter gelöst als Pferde- und Kaninchenblut, obgleich es einen bedeutend höheren Cholesteringehalt aufweist als diese Blut- arten. Es muß daher zweifelhaft bleiben, inwieweit bei der Cobragifthämolyse der Quotient Leecithin: Cholesterin von Bedeu- tung ist. | Mit viel größerer Berechtigung darf man ihm wohl bei einer anderen Erscheinung eine Rolle zuschreiben. Hirschfeld!) hat gefunden, daß die Blutkörperchen verschiedener Tierarten bezüg- lich ihrer Agglutinabilität durch die verschiedensten Normalsera, durch Abrin usw. eine konstante Reihenfolge bilden; sie ist die gleiche wie bei der Saponinhämolyse: Pferd, Kaninchen, Schwein, Hund, Hammel, Rind. Die Übereinstimmung ist zu auffallend, als daß man nicht gleiche Ursachen vermuten sollte. Wie hier die Beziehungen zum Leecithin- und Cholesteringehalt liegen, ist schwer zu sagen. Nach den Untersuchungen von Porges und Neubauer?) sind Lecithinsuspensionen viel stabiler als solche von Cholesterin, und man könnte daher erwarten, daß mit steigendem Cholesteringehalt auch die Agglutinabilität zunimmt. Aber gerade das Gegenteil ist der Fall. Überraschen kann das nicht; denn wir wissen, besonders auch aus den Untersuchungen von Hirschfeld, daß die Hämagglutination von ganz anderen Gesetzen beherrscht wird als die Ausflockung der Suspensionskolloide. Es bedarf aber weiterer Untersuchungen, um festzustellen, welcher Zusammenhang zwischen Agglutinabilität und chemischer Zusammensetzung des Blutkörperchens besteht. ') Hirschfeld, Archiv f. Hygiene 63, 237 (1907). ?2) Porges u. Neubauer, Biochem. Zeitschr. 7, 152 (1907). ERBETEN NT XXIX. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. Siebente Mitteilung. Über die Bildung von Acetessigsäure aus Isovaleriansäure bei der Leberdurchblutung. Von E. Friedmann. \ (Aus der ersten medizinischen Universitätsklinik zu Berlin.) Gelegentlich von Untersuchungen über das Verhalten der ver- zweigten methylierten &- Aminosäuren im Tierkörper!) habe ich beobachtet, daß die verzweigten methylierten Aminosäuren mit tertiäirem Wasserstoff in ß-Stellung zur Karboxylgruppe in hervor- ragender Weise vom Tierkörper ausgenutzt werden können. Ich glaubte diese Tatsachen vorläufig im Sinne einer Oxydation der das tertiäre Wasserstoffatom tragenden Gruppe deuten zu können, einer Oxydation, für die die 8-Stellung des tertiären Wasserstoffs zur Karboxylgruppe die begünstigte Anordnung bietet. Um den chemischen Vorgängen des Abbaues der verzweigten Säuren näher zu kommen, habe ich versucht, die von Embden ?) beobachtete Bildung von Acetessigsäure aus Isovaleriansäure, ci >CH.CH,. COOH — CH,.C0.CH,.C00H : Isovaleriansäure Acetessigsäure näher zu verfolgen, und prüfte, unabhängig von den erwähnten theoretischen Vorstellungen, solche Derivate der Isovaleriansäure auf ihr Vermögen, bei der Leberdurchblutung Acetessigsäure zu bilden, die sich von der Isovaleriansäure durch Ersatz von Wasser- stoff durch Hydroxyl oder von Methyl durch Karboxyl ableiteten. !) Diese Beiträge 11, 177. 2) Ebenda 8, 129, 366 E. Friedmann, Ich begann diese Durchblutungsversuche mit der Prüfung, ob &-Oxyisovaleriansäure in der überlebenden Hundeleber zu Acet- essigsäure abgebaut werden kann. Tabelle I. De Gewicht| Durch- Menge des pro a Darenne e der blutungs- || Liter Blut neuge- ee Leber zeit bildeten Acetons Versuches 5 g Minuten mg j 2g «-Oxyisovaleriansäure f 100 cem physiol. NaCl-Lösung | , 275 1 34,1 | 1500 „ Rinderblut 28 «-Oxyisovaleriansäure 2 100 cem physiol. NaCl-Lösung | , 290 110 23,2 1500 „ Rinderblut Die Versuche zeigen, daß «-Oxyisovaleriansäure nicht in Aceton und daher auch nicht in Acetessigsäure übergehen kann. Anders war das Verhalten der ß-Oxyisovaleriansäure. Tabelle II. n - Menge des BE . = & Menge des | pro Liter Blut > © - E-7) 5 A i Bi: 32 3 & || pro Liter Blut neugebildeten = Durchblutungsflüssigkeit 2,8 2 3 || neugebildeten | Acetons aus neu- = ‚© 5 ARE Gesamtacetons| gebildeter Acet- = Fr = = essigsäure | g Minuten mg mg 1,5g ß-Oxyisovalerian- säure 3 100 ccm physiol. NaCl- | 7354 75 43,3 I Lösung 1500 cem Rinderblut 1,5 & $-Oxyisovalerian- säure 4 100 cem physiol. NaCl- | 7 342 86 54,4 ‚48,6 Lösung 1500 cem Rinderblut Die Tabelle II zeigt, das ß-Oxyisovaleriansäure ein Bildner von Acetessigsäure und Aceton ist. Darauf ging ich dazu über, das Verhalten einer in y-Stellung zur Karboxylgruppe durch Oxydation veränderten Isovaleriansäure bei der Leberdurchblutung zu prüfen und wählte hierzu die Brenz- weinsäure, Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 367 ‘Tabelle II. Koma Gewicht | Durch- Menge des pro d Dir EIER der blutungs- | Liter Blut neuge- = au pn) Leber zeit bildeten Acetons Versuches ; g Minuten mg J 2g Brenzweinsäure | 5 100 cem physiol. Na Cl-Lösung 175 75 24,9 \ 1500 „ KRinderblut 2g Brenzweinsäure 6 100 ccm physiol. Na Cl-Lösung 283 75 16,8 1500 „ Rinderblut Die Brenzweinsäure geht, wie die Zahlen der Tabelle III ergeben, nicht in Aceton über, eine Tatsache, die in guter Über- einstimmung mit den Beobachtungen von Baer und Blum!) steht, die beim schweren Diabetes nach Eingabe von Brenzwein- säure keine Vermehrung der ß-Oxybuttersäureausscheidung erzielen konnten. Ebensowenig wie die Brenzweinsäure kann die Citramalsäure als Zwischenprodukt bei der Bildung von N aus Iso- valeriansäure in Betracht kommen. Tabelle IV. Ne Gewicht | Durch- Menge des pro d { RER der | blutungs- || Liter Blut neuge- es Durchblutungsflüssigkeit a it idsten Adatoı Versuches eber zel ıladeten cetons g Minuten mg 2g Citramalsäure | 7 100 ecm physiol. NaCl-Lösung: | , 288,5 168 20 1500 „ Rinderblut | J lg Citramalsäure fe) 100 eem physiol. NaCl-Lösung | } 202,7 89 29,8 1500 „ Rinderblut Die Tabelle V gibt die Zusammenstellung der gewonnenen Resultate. Von den untersuchten Sahstamen kann allein die ß-Oxyiso- valeriansäure als Zwischenprodukt beim Übergang von Isovalerian- säure in Acetessigsäure in Betracht kommen. Unabhängig von dieser Möglichkeit weisen die mitgeteilten Versuche darauf hin, daß der Abbau der Isopropylgruppe der ') Arch. f. exp. Path, u, Pharm. 56, 9. 368 E. Friedmann, ‚Tabelle V.' 3 Übergang in SEbEIELD CH,.C0.CH,.COOH Isovaleriansäure, CEs>CH CHLOOH ET + (Embden) 3 «-Oxyisovaleriansäure, et H.CH(OH).C 00H. _ 3 B-Oxyisovaleriansäure, 01°>C(OH).CH,.COOH .| + 3 2) 22 CH i Brenzweinsäure, co on >CH ICH ACOME 27... — 2 CH Citramalsäure, cooH>C(OH).CH,.COOH RR — Isovaleriansäure im Tierkörper nicht auf dem Wege der Oxydation einer Methylgruppe zur Karboxylgruppe und nachträglicher Elimi- nation der entstandenen Karboxylgruppe verläuft, da weder Brenz- weinsäure noch Citramalsäure in Acetessigsäure übergehen. Da neuere Versuche!) gezeigt haben, daß auch die chemische Oxy- dation der Methylgruppen nicht notwendigerweise zur Karboxyl- gruppe führt, so sollen die Versuche nach dieser Richtung fort- geführt werden. Chemischer Teil. l. &-Oxyisovaleriansäure wurde nach den Angaben von Schmidt und Sachtleben?) dargestellt. Zur Charakterisierung führte ich sie in das von Lipp) beschriebene Zinksalz über, das bei 110% getrocknet und analysiert wurde. 0,2917 g Substanz gaben 0,0792 g ZnO. Berechnet für C,,H,,0,Zn Gefunden ZW aba 8 21,83 Proz. 21,82 Proz. Zur Durchblutung wurde diese Substanz wie die folgenden in N T. versetzt und die Lösung auf 100 ccm mit Wasser aufgefüllt. 2. Zur Darstellung der ß-Oxyisovaleriansäure habe ich folgenden Weg eingeschlagen. 62,58 Jodessigester werden mit 21,2ccm Aceton vermischt und auf 19g geraspeltes Zink langsam unter guter Kühlung ein- getröpfelt. Nachdem die Hälfte des Reaktionsgemisches in sechs, der berechneten Menge — Natronlauge gelöst, mit 0,88 Kochsalz !) Berl. Ber. 32, 432; 34, 2423; 41, 297. ®) Ann. d. Chem. 193, 106. ®) Ebenda 205, 28, Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 369 Stunden eingetragen ist, läßt die Reaktion an Heftigkeit nach, und die zweite Hälfte kann bei Zimmertemperatur innerhalb drei Stunden eingetragen werden. Nach 24stündigem Stehen wird das Ganze zum Schluß noch drei Stunden auf dem Wasserbade erwärmt. Die dickliche braune Flüssigkeit wird in Eis eingekühlt und mit 'eisgekühlter Schwefelsäure zersetzt. Es bleiben 5g Zink unan- gegriffen. Die wässerige Flüssigkeit wird mit Äther wiederholt ausgezogen, mit Bisulfit und darauf zweimal mit je 50 cem 5 proz. Sodalösung durchgeschüttelt. Nachdem die ätherische Lösung über geglühtem Natriumsulfat getrocknet ist, wird der nach Abdestillieren des Äthers erhaltene sirupöse Rückstand unter vermindertem Druck fraktioniert. Bei 13 mm und 68 bis 69° gehen 22,5 g einer wasserklaren Flüssigkeit über. Diese ist ein Gemisch von un- verändertem Jodessigester und ß-Oxyisovaleriansäureester, deren Trennung mir nicht gelang. Zur Gewinnung der ß-Oxyisovalerian- säure aus diesem Gemisch werden 20g Ester mit 129g Kalium- bydroxyd und 50ccm Wasser emulgiert und in der Wärme ver- seift. Die Verseifung ist in wenigen Minuten beendigt. Nach dreistündigem Erwärmen im offenen Gefäße wird die Flüssigkeit mit Schwefelsäure angesäuert, wiederholt mit Äther ausgeschüttelt, der Äther über Natriumsulfat getrocknet und abdestilliert. Der zurückbleibende Sirup wird in 1 Liter Wasser gelöst und die Lösung in der Wärme mit Silberoxyd gesättigt. Beim Eindampfen werden 11,9g Silbersalz der ß-Oxyisovaleriansäure erhalten. Zur Analyse wurde das Silbersalz aus Wasser umkristallisiert und bei 100° getrocknet. 0,1444 & Substanz gaben 0,0691 g Ag, 0,1634, & „ 0,1627& CO, und 0,0595g H,O. Berechnet für C,H,0,Ag Gefunden ER 26,67 Proz. 27,16 Proz. ER DER 403, 4.07.05; N ee ATI, AST, Zur Durchblutung wurde das analysierte Silbersalz in 50 ccm Wasser, das die berechnete Menge Kochsalz enthielt, in der Wärme eingetragen, vom Chlorsilber abfiltriert, das Filtrat mit 0,8g Kochsalz versetzt und auf 100ccm mit Wasser aufgefüllt. 3. Brenzweinsäure wurde nach den Angaben von Bechamp!) dargestellt. Zur Charakterisierung stellte ich das Kaliumsalz dar, cas bei 110° getrocknet und analysiert wurde. ») Zeitschr. f. Chem. 1870, S. 371. ? Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 24 370 E. Friedmann, Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren usw. 0,2080 & Substanz gaben 0,1721g& K,SO.: R Berechnet für 0,H,0,K, Gefunden Kr Nur SaIeroz 37,17 Proz. 4. Citramalsäure wurde nach der von Michael!) gegebenen Vorschrift bereite. Bei der Analyse des bei 110° getrockneten Kaliumsalzes wurden folgende Zahlen erhalten. 0,2099 g Substanz gaben 0,1601 g K,SO.. Berechnet für 0,H,0,K, Gefunden IR. 22 234. Il Error 34,25 Proz. !) Journ. f. prakt. Chem. [2] 46, 287. XXX. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im | Tierkörper. Achte Mitteilung. Über das Verhalten der «, P-ungesättigten Säuren bei der Leberdurchblutung. Von E. Friedmann. (Aus der ersten medizinischen Universitätsklinik zu Berlin.) Über das Verhalten der ungesättigten Säuren im Tierkörper liegen nur spärliche einschlägige Untersuchungen vor. Von den aliphatischen ungesättigten Säuren ist bekannt, daß Akrylsäure, nach Versuchen von Luzzatto!) an Hunde als Natronsalz ver- füttert, anscheinend zerstört wird, ohne daß eine Ausscheidung von Derivaten derselben beobachtet werden konnte, wogegen die Crotonsäure nur bezüglich ihrer physiologischen Wirkung geprüft zu sein scheint?2).. Von den aromatischen, ungesättigten Säuren ist durch Graebe und Schultzen?®) ermittelt worden, daß Zimt- säure als Hippursäure zur Ausscheidung gelangt, und für die Phenylisoerotonsäure hat Knoop) ‚gezeigt, daß diese Säure in Phenacetursäure umgewandelt wird. Bei Versuchen, die ich anstellte, um den chemischen Vorgang der Bildung von Acetessigsäure aus Isovaleriansäure kennen zu lernen 5), hatte ich auch Veranlassung genommen, Dimethylakryl- säure auf ihr Vermögen, in der überlebenden Hundeleber Acet- essigsäure zu bilden, zu prüfen, und habe dabei beobachtet, daß Dimethylakrylsäure ein ausgezeichneter Bildner von Acet- \) Diese Beiträge 7, 456. 2) Albertoni, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 18, 218. ®) Ann. d. Chem. 142, 345. *) Diese Beiträge 6, 150. 5) Diese Beiträge, siebente Mitteilung. 312 E. Friedmann, essigsäure ist. Die nachstehende Tabelle gibt die erhaltenen Zahlen wieder. Tabelle ]. n za Menge des Su os ‚® Menge des ro Liter Blut 9) »„ A 5 p! B = = 5 &% ||pro Liter Blut | neugebildeten = 2 Durchblutungsflüssigkeit 2,8 3 5 |ineugebildeten | Acetons aus neu- WR 3 2 3 ||Gesamtacetons| gebildeter Acet- 5 > o° = essigsäure g Minuten ng mg | 1,5 &g Dimethylakrylsäure 1 100 ccm phusıeln NaCl- 343,8 78 67,8 48,3 | Lösung 1500 cem Rinderblut | 1,5 g Dimethylakrylsäure 9, 100 cem physiol. NaCl- 991 74 74,8 62,1 | Lösung 1500 ccm ande Es bestand nun die Möglichkeit, dieses Resultat in der Weise zu deuten, daß der Tierkörper über Bedingungen verfügt, die eine Methylgruppe des Isopropylrestes in der Isovaleriansäure als Karb- oxylgruppe von der Dimethylakrylsäure aus zu eliminieren, und es war daher zu untersuchen, ob die beiden isomeren Säuren, die Citrakonsäure und die Mesakonsäure, bei der Durchströmung der überlebenden Leber in Acetessigsäure übergehen. Tabelle II. Gewicht| Durch- || Menge des pro Nenz x SEHEN der blutungs- Liter Blut neuge- des Durchblutungsflüssigkeit : : ; Leber zeit bildeten Acetons Versuches £ g Minuten mg 100 ecem physiol. Na Cl-Lösung 2g Citrakonsäure 3 329 75 98,5 1500 „ Rinderblut 100 eem physiol. NaCl-Lösung 312 8l 94,7 1500 „ Rinderblut 2g Mesakonsäure 100 cem physiol. NaCl-Lösung 1500 „ Rinderblut 2g Mesakonsäure 100 eem physiol. Na Cl-Lösung 1500 „ Rinderblut 296 78 31 285 76 27,97 2g Citrakonsäure | \ J Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 373 Die Tabelle II zeigt, daß weder Citrakonsäure noch Mesakon- säure in Acetessigsäure übergehen. Es bestand aber noch eine andere Möglichkeit, die Bildung von Acetessigsäure aus Dimethylakrylsäure zu erklären. Dimethyl- akrylsäure konnte durch Wasseranlagerung in ß-Oxyisovalerian- säure übergehen, deren Abbau zu Acetessigsäure ich nachgewiesen hatte). Sollte diese Deutung zutreffen, so war in analoger Weise zu erwarten, daß Crotonsäure in Acetessigsäure übergeführt werden kann. >Fabelle HI = > Menge des ©, = un Menge des pro Liter Blut =o m au = = 2 & pro Liter Blut | neugebildeten e2 Durchblutungstlüssigkeit 2 E 3 \neugebildeten | Acetons aus neu- = = = |Gesamtacetons; gebildeter Acet- == x ® essigsäure g Minuten mg mg 2 g Crotonsäure 7 100 cem physiol. NaCl- 973 , 108 50,8 39,5 Lösung 1500 ccm Rinderblut 2.0 Crotonsäure | 8 100 com physiol. NaCl- 955 74 107,9 75,2 Lösung | 1500 ccm Rinderblut | Die Tabelle III zeigt, daß Crotonsäure ein ausgezeichneter Bildner von Acetessigsäure ist. Die gewonnenen Resultate sind in der Tabelle IV zusammen. gestellt. Tabelle IV. Übergang in Substanz CH,.C0.CH,.COOH Dimethylakrylsäure, 61>C=CH.000H . . ... .E 3 Citrakonsäure, C DU c ISCO DIE. 2 — = CH ae Mesakonsäure, HOO c>=CcH COOL ee Protonsaure, CH... CH CH: COOH... Dr — ‘) Diese Beiträge, 1. c. 374 - E. Friedmann, Die. Bildung von Acetessigsäure aus ÜOrotonsäure ist wohl kaum anders als durch intermediäre Bildung von ß-Oxybuttersäure zu erklären: CH,.CH—-CH.COOH — CH,.CH(0OH).CH,.COOH — CH,.C0.CH,.COOH. Analog ist für. die Entstehung der Acetessigsäure aus Di- methylakrylsäure das Auftreten von ß-Oxyisovaleriansäure als Zwischenprodukt anzunehmen: CH. CH, CH >C=CH.C00H — up>0(0M).CH,.000H — CH,.C0.CH,.COOH. Der Abbau der untersuchten «&, ß-ungesättigten Säuren im Tierkörper zur Acetessigsäure scheint also in der Art zu erfolgen, daß diese Säuren unter Wasseranlagerung in die entsprechenden ge- sättigten ß-Oxysäuren übergehen und als solche abgebaut werden. Die Versuche bringen ferner eine Bestätigung für die bereits früher !) ermittelte Tatsache, daß der Abbau der Methylgruppe des Isopropylrestes in der Isovaleriansäure nicht über die Karb- oxylgruppe verlaufen kann, da weder Citrakonsäure noch Mesakon- säure, wohl aber Dimethylakrylsäure und Crotonsäure in Acetessig- säure übergehen. Chemischer Teil. Darstellung der ß-Dimethylakrylsäure Diese Säure wurde zum Teil nach der von Perkin2) gegebenen Vorschrift dargestellt. Auch die Kondensation von Aceton und Jodessigester 'bei Gegenwart von geraspeltem Zink liefert Dimethylakrylsäure in befriedigender Ausbeute. 659g Jodessigester, 22 ccm Aceton und 209 Zinkspäne wurden in der bei der Darstellung der ß-Oxyisovaleriansäure 3) geschilderten Weise zur Reaktion gebracht. Bei der Destillation des Roh- produktes unter vermindertem Druck wurden 26,38 Ester erhalten, die ein Gemenge von unverändertem Jodessigester und ß-Oxyiso- valeriansäureester waren. Die Wasserabspaltung wurde nach der Methode von Wallach) durch zweistündiges Erhitzen auf 140 \) Diese Beiträge, siebente Mitteilung. ?) Journ. of the Chem. Soc. 69, 1471. ») Vgl. die siebente Mitteilung. *), Ann. d. Chem. 357, 51. Zur Kenntnis des Abbaues der Karbonsäuren im Tierkörper. 575 bis 1450 mit der doppelten Menge Kaliumbisulfat erzielt. Das hierbei erhaltene Reaktionsprodukt lieferte bei der Destillation bei 19mm Druck und 67 bis 75° 12,5g eines wasserklaren Öles, das bei der Verseifung mit 6g Kaliumhydroxyd und 1l15ccm Wasser 7,5g Dimethylakrylsäure ergab. Zur Analyse wurde die Substanz (F. 69 bis 70%) im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet. 0,1127 g Substanz gaben 0,2489 CO, und 0,0841 g H,O. Berechnet für C,H,0, Gefunden OT PER 60,00 Proz. 60,23 Proz. Re 800 „ 8,35 n XXXI. Eine neue Synthese des Isoleucins. Von W. Braseh und E. Friedmann. (Aus der ersten medizinischen Universitätsklinik zu Berlin.) Für die synthetische Darstellung des Isoleucins sind zwei Wege beschrieben worden. Der eine stammt von dem Entdecker des Isoleueins, F. Ehrlich!), und nimmt seinen Ausgangspunkt vom d-Valeraldehyd, dessen durch Anlagern von Blausäure und Ammoniak dargestelltes Amidonitril beim Verseifen ein Gemenge von ungefähr gleichen Teilen d-Isoleuein und Alloisoleuein lieferte. Die andere Synthese ist von Bouveault und Locquin?) aus- geführt worden. Diese Forscher ließen sek.-Butyljodid auf Natrium- acetessigester einwirken und spalteten den erhaltenen sek. Butyl- acetessigester mittels Nitrosylsulfat in schwefelsaurer Lösung in Essig- säure und Oximino-sek.-butylessigsäureäthylester, 0,H;.CH(CH,) .CG NOH).COOC,H,. Durch Reduktion dieser Verbindung mittels Zink und alkoholischer Salzsäure wurde der &- Amino -sek.-butyl- essigsäureäthylester erhalten, der durch Schütteln mit verdünnter Natronlauge zur &-Aminomethyläthylpropionsäure, dem synthetischen Isoleucin, aufgespalten werden konnte. Die Trennung dieser Substanz in die optisch-aktivren Kompo- nenten führte Locquin?®) mit Hilfe der Brucinsalze des Formyl- derivates aus und identifizierte die d-&-Amino-ß-methyläthylpropion- säure mit dem natürlichen d-Isoleuein. _ x !) Berl. Ber. 37, 1809; 40, 2538. 2) Chem. Zentralbl. 1905, II, S. 615; 1906, II, S. 1829. ®) Ebenda 1907, II, S. 895, 896. W. Brasch und E. Friedmann, Eine neue Synthese des Isoleueins. 377 Gelegentlich von Untersuchungen über das Verhalten der verzweigten methylierten &- Aminosäuren im Tierkörper hat der eine!) von uns die Synthese der racemischen &-Methylamino- ß-methyläthylpropionsäure ausgeführt, und es lag daher nahe, die analoge Methode zur Darstellung der entsprechenden Aminosäure, des racemischen Isoleucins, in Anwendung zu bringen. Als Ausgangsmaterial diente die von Romburgh?) be. schriebene sek.- Butylmalonsäure (Formel I). Durch Einwirkung von Brom wurde aus dieser die «-Brom-sek.-butylmalonsäure dar- gestellt (Formel II), die durch Kohlensäureabspaltung in die a-Brom-ß-methyläthylpropionsäure (Formel III) übergeführt wurde. Diese lieferte beim Stehen mit konzentrierttem Ammoniak die gesuchte &-Amino-ß-methyläthylpropionsäure (Formel IV) in einer Ausbeute von etwa 60 Proz. der Theorie. IE re S H COOH 5 H COOH H>CH.CHOH.CBr» 2.00.C°0,° c0, In betreff der physiologischen Oxydation der Phenylpropionsäure zu Benzoesäure (und anderer ähnlicher Reaktionen) bemerkt Friedmann (S. 103), die „Knoopsche Vorstellung der ß-Oxydation ist zur Deutung dieser Tatsachen entbehrlich“. Demgegenüber habe ich mitzuteilen, daß ich bei weiterer Untersuchung des Schicksals der Phenylpropion- säure im Tierkörper neben der Entstehung und Ausscheidung von Benzoesäure (Hippursäure) durch den Harn das Auftreten von Phenyl- ß-Oxypropionsäure und Acetophenon feststellen konnte: GH, .CH,.CH,.C00H — C,H,.CH(0OH).CH,.COOH { — (C4H;.00.CH,.COOH — C,H,.C0.CH; +C0, — C,H,.COOH Dieses Resultat ist der deutlichste Beweis des Vorkommens der ß-Oxydation im Tierkörper und macht es sehr wahrscheinlich, daß „die zuerst einsetzenden Vorgänge, die sich beim physiologischen Abbau der Fettsäuren abspielen, Oxydationsprozesse sind“. Mit rein chemischen Mitteln (nämlich mittels Wasserstoffsuperoxyd) ist es mir weiter gelungen, Phenylpropionsäure unter Bildung von Acetophenon, und ferner ebenso Acetophenon unter Bildung von Benzoe- säure zu oxydieren — Reaktionen, welche in gleicher Weise im tierischen Organismus verlaufen können. Ich komme deshalb, entgegen Friedmanns Ansicht, zu dem Schluß, daß tierische Oxydation von Fettsäuren und phenylierten Fett- säuren wenigstens teilweise in ß-Stellung stattfindet, und daß diese Art Umwandlung in engster Analogie mit chemischen Reaktionen steht, wie sie außerhalb des Organismus zu erhalten sind. !) Journ. Biol. Chem. 4, 77 (1908). ”) Ebenda, S. 97 (1908). ®) Ebenda, S. 221 (1908). *) Ebenda, 8. 233 (1908). New York, 23. März 1908. 10. Notiz über die «-Chlor- 8-Imidazolylpropionsäure. Von A, Windaus und W. Vogt. (Aus der med. Abt. des chem. Laboratoriums der Universität Freiburg i. Br.) Gelegentlich synthetischer Versuche in der Imidazolreihe wollten wir uns die „Chlorhistinkarbonsäure“ (&-Chlor-ß-Imidazolylpropionsäure) nach den Angaben von S. Fränkel!) bereiten. Fränkel beschreibt die Darstellung dieser Verbindung folgendermaßen: „5 g feingepulvertes Histidinchlorhydrat wurden in 50 g rauchender Salzsäure verteilt; dazu wurden unter Eiskühlung und stetem Rühren 5g Natriumnitrit in konzentrierter wässeriger Lösung tropfenweise zu- gefügt. Die Lösung blieb mehrere Stunden bei Zimmertemperatur stehen, dann wurde Luft durchgeblasen und nun die fast farblose Flüssigkeit über Glaswolle vom Kochsalz abfiltriert, zur Trockne ver- dampft, mit Alkohol von 95 Proz. aufgenommen, vom auskristallisierenden Kochsalz getrennt und eingeengt. Der restierende Sirup war nicht zur Kristallisation zu bringen, er löste sich in jedem Verhältnis in Alkohol und Wasser, war unlöslich in Äther, löslich in Eisessig. — Der in Eisessig gelöste Sirup wurde mit Zinkstaub reduziert, die ab- filtrierte Flüssigkeit mittels Schwefelwasserstoff vom Zink befreit, mit: Silberacetat versetzt, filtriert, wiederum mit Schwefelwasserstoff be- handelt, filtriert und zur Kristallisation eingeengt; die Kristalle aus Wasser umkristallisiert. Centimetergroße, wasserklare Tafeln, F. 80°.“ Diese Tafeln enthalten nach Fränkel 1 Mol. Kristallwasser, das bei 120° entweicht. Welchen Zweck bei dieser Vorschrift die Behandlung des ersten Reaktionsproduktes mit Zinkstaub und Essigsäure verfolgt, ist nicht recht verständlich; diese Reaktion ist um so merkwürdiger, da weiter von Fränkel angegeben wird, daß die Chlorhistinkarbonsäure durch Kochen mit Zinkstaub und Wasser reduziert und in die „Histinkarbon- säure* (ß-Imidazolylpropionsäure) verwandelt werde. Trotz dieser Bedenken haben wir die Darstellung der Chlorhistin- karbonsäure nach den Angaben von Fränkel versucht, doch haben wir hierbei niemals etwas anderes als die chlorfreie Imidazolylpropion- säure erhalten; und dieses Resultat blieb unverändert, selbst als wir nach einer brieflichen Vorschrift des Herrn S. Fränkel arbeiteten, in ‘) Diese Beiträge 8, 158. ia: a ed TERN ERENTO. REIN , 1 3} 2) Er A. Windaus u. W. Vogt, Notiz über die «-Chlor-$-Imidazolylpropionsäure. 407 welcher Zeitdauer und Temperatur bei der Einwirkung des Zinkstaubes genauer angegeben waren. Wir haben eine große Anzahl verschiedener Versuche ausgeführt und können mit Bestimmtheit angeben, daß nach der Fränkelschen Vorschrift zur Bereitung der „Chlorhistinkarbon- säure“ nicht diese, sondern die ß-Imidazolylpropionsäure entsteht. Die Ausbeute ist hierbei so vorzüglich (65 Proz. der theoretischen), daß das Verfahren zur Bereitung großer Mengen Imidazolylpropionsäure sehr bequem ist. Wir haben uns dann die „Chlorhistinkarbonsäure“* auf einem anderen Wege und ohne Verwendung von Zinkstaub bereitet: Das Histidin !) wurde genau nach den Angaben von Fränkel mit konzentrierter Salzsäure und Natriumnitrit behandelt; nach Entfernung des Kochsalzes und Verdampfen des Lösungsmittels wurde der Rück- stand, der aus dem Chlorhistinkarbonsäurechlorhydrat besteht, durch vierstündiges Kochen mit 10 proz. alkoholischer Salzsäure verestert; aus der konzentrierten alkoholischen Lösung wurde das salzsaure Salz des Chlorhistinkarbonsäureesters mittels Äther ausgefällt; das salzsaure Salz wurde in wenig Wasser gelöst, der Ester durch Pottasche frei gemacht, mit Äther aufgenommen und durch ätherische Oxalsäure als Öxalat abgeschieden. Das Oxalat wurde abfiltriertt und aus Methyl- alkohol umkristallisiert. Es bildet vierseitige, aufeinander geschichtete Blättchen, die beim Erhitzen im Schmelzpunktsröhrchen bei 161° schmelzen. Aus dem Oxalat wurde der Ester ın der üblichen Weise bereitet und hierbei als nicht kristallisierendes Öl erhalten; um ihn in die freie &-Chlor-ß-Imidazolylpropionsäure zu verwandeln, wurde er durch mehr- stündiges Kochen mit n-Schwefelsäure verseift, dann wurde die Schwefel- säure mittels Ätzbaryt genau entfernt und die Lösung im Vakuum ein- gedampft. Hi rbei kristallisiert die Chlorhistinkarbonsäure in kleinen derben Prismen, die sich als harte Kruste am Boden des Gefäßes absetzen. Die lufttrockene Chlorhistinkarbonsäure enthält kein Kristall- wasser; beim Erhitzen im Schmelzpunktsröhrchen schmilzt sie bei 191° unter Zersetzung; sie ist ziemlich leicht löslich in Wasser, sehr wenig löslich in Alkohol, unlöslich in Aceton und Äther. Aus einem Gemisch von Wasser und Aceton läßt sie sich leicht umkristallisieren: Analyse: 0,1842 & Substanz gaben 0,2801 & CO, und 0,0736 H,O, 0,1577 & 5 „.. 22,4cem N (192.759 mm), 0,1991 & n 0,1602 AcCl. C,H,N,;,0,C1 C H N Cl Bereehnt ...... 41,25 4,04 16,09 20,31 Gefunden...» 4.45%. 41,47 4,47 16,23 19,90 Die auf diesem Wege bereitete Chlorhistinkarbonsäure ist also be- stimmt völlig verschieden von der Fränkelschen Substanz. Sie besitzt !) Das Histidin haben wir in guter Qualität von der Firma Dr. Th. Schuchardt in Görlitz bezogen. 408 A. Windaus u. W. Vogt, Notiz über die «-Chlor-3-Imidazolylpropionsäure. einen um 110° verschiedenen Schmelzpunkt und enthält kein Kristall- wasser; auch die Löslichkeitsverhältnisse sind andere. Beim Erwärmen mit Zinkstaub und Essigsäure — ein Verfahren, das Fränkel zur Dar- stellung der Chlorhistinkarbonsäure benutzt — geht sie glatt in ß-Imidazolylpropionsäure über; ja selbst durch Behandeln mit Silber- acetat wird die Chlorhistinkarbonsäure zersetzt. Die von Fränkel als „Chlorhistinkarbonsäure* beschriebene Sub- stanz ist also bestimmt — trotz der publizierten analytischen Daten — etwas anderes gewesen. Durch einen Zufall haben wir festzustellen vermocht, welche Substanz Fränkel ın Händen gehabt hat. Gelegent- lich beobachteten wir nämlich, daß das salzsaure Salz der Imidazol- propionsäure bei 80° schmilzt und erinnerten uns, daß dies der von Fränkel für seine Chlorhistinkarbonsäure angegebene Schmelzpunkt ist. Wir haben darum das Imidazolylpropionsäurechlorhydrat genauer unter- sucht und festgestellt, daß es tatsächlich alle Eigenschaften besitzt, die Fränkel der Chlorhistinkarbonsäure zuschreibt. Es kristallisiert in großen durchsichtigen Tafeln, es ist löslich in Wasser und auch in Alkohol, unlöslich in Äther. Es schmilzt lufttrocken bei 80° und ver- liert beim Erhitzen (genau wie Fränkel angibt) 1 Mol. Kristallwasser. 1,0768 & Substanz (luftrocken) verloren bei 105° 0,0972 H,O. C,H,0,N,C1H,0 Berechnet. ... 1H,0 = 9,26 Proz. Gelunden kn sen. Sala 7 Es ist also höchst wahrscheinlich, daß Fränkels „Chlorhistin- karbonsäure“ nichts anderes ist als Imidazolylpropionsäurechlorhydrat. In den analytischen Zahlen finden sich folgende Differenzen: c H N | cl C,H;0,N, Cl (Chlorbistinkarbon- | SAUREN La NER 41,25 4,04 16,09 | 20,31 C,H,0,N,Cl (Imidazolylpropion- | säurechlorhydrat) . .. .. . 40,77 5,14 15,90 | 20,08 Fränkels Analyse ergab . ... . 41,22 4.01 15,90 | — Fränkel fand also merkwürdigerweise über 1 Proz. Wasserstoff zu wenig. Wie ist nun der Irrtum Fränkels zu erklären? Öben haben wir festgestellt, daß man bei genauem Befolgen seiner Vorschrift ß-Imid- azolylpropionsäure erhält. Der Befund: von Fränkel läßt sich nur so verstehen, daß er (entgegen seinen Angaben) die Salzsäure aus dem Reaktionsgemisch nicht völlig entfernt hat und dann das Imidazolyl- propionsäurechlorhydrat wegen seines Chlorgehaltes mit der „Chlor- histinkarbonsäure“ verwechselt hat. | | ’ 4 | Bi ae RD 11. Zur Frage der Schwefelwasserstoffbildung aus Eiweiß und Schwefel. Von Dr. med. Herm. Hildebrandt, Privatdozent a, d. Universität Halle a. S. (Aus dem Pharmakologischen Institut zu Halle a. S.) Von Rösing!) war die Angabe gemacht worden, daß Anti- septica, falls sie nicht das Eiweiß fällen, ohne Einwirkung auf die Schwefelwasserstoffbildung aus Eiweiß und Schwefel sind. A. Heffter?) jedoch fand, daß die mittels Phenol aus Eiweiß erhaltenen Nieder- schläge die H,S-bildende Fähigkeit nicht eingebüßt haben. Beim Tannothymal — einem Kondensationsprodukt aus Thymol, Formaldehyd und Tannin —, welchem vermöge seiner Tanninkomponente eiweißfällende und dementsprechend adstringierende Wirkungen zu- ° kommen, vermißte ich gleichfalls die Eigenschaft, jenen Vorgang auf- zuheben. Das Tannin, das ja in evidenter Weise Eiweiß fällt, störte ebenfalls nicht die Fähigkeit des Eiweißes, den Schwefel zu reduzieren. In einer Eiweißlösung, die einen Zusatz von 2 Proz. Tannin erhielt, war sicher alles Eiweiß ausgefällt, da im klaren Filtrate keine Eiweiß- reaktion, wohl aber noch Tanninreaktion mit Eisenchlorid erhalten wurde, und dennoch blieb hier die Fähigkeit, mit Schwefel Schwefel- wasserstoff zu bilden, unverändert. Es erinnert diese Tatsache an die Beobachtung Heffters, wonach gekochtes oder mit Alkohol behandeltes Eiweiß die reduzierende Fähigkeit auf Schwefel keineswegs eingebüßt hat. Dagegen hatte schon Rösing gefunden, daß die reduzierende Wirkung des Eierklars auf Schwefel durch kleine Mengen oxydierender Agentien, Kaliumpermanganat, Jod, Ferricyankalium aufgehoben wird, und Heffter fand das Gleiche für Ferrichlorid und Kupfersulfat. Wenn man zu einer verdünnten Eiweißlösung einen Zusatz von 0,06 Proz. Sublimat macht, so tritt eine nicht unbeträchtliche Aus- scheidung von durch den Sublimat verändertem Eiweiß ein; ein Teil aber bleibt in Lösung, da das klare Filtrat noch Fiweißreaktion zeigt, ist jedoch durch die Gegenwart des zugesetzten Sublimats der Fähigkeit beraubt worden, aus zugesetztem Schwefel Schwefelwasserstoff zu bilden. Bringt man das in Lösung befindliche Eiweiß durch Alkohol zur Ausfällung, um es von freiem Sublimat zu befreien, trocknet es und 1!) Inaug.-Diss. Rostock 1891. 2) Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 5 (1904). 410 Herm. Hildebrandt, Zur Frage der Schwefelwasserstoffbildung usw. stellt nun die Reaktion mit Schwefel an, so ergibt sich, daß auch jetzt die Fähigkeit, den Schwefel in Schwefelwasserstoff überzuführen, ver- loren gegangen ist. Auch dieser Versuch beweist, daß es nicht die Eigenschaft einer Substanz, Eiweiß zu fällen, ist, welche das Eiweiß unfähig macht, den Schwefel zu reduzieren, vielmehr kommen zwei voneinander un- abhängige Momente in Betracht, die eiweißfällende und die das Eiweiß chemisch wesentlich — wie bei der Wirkung der Metalloxyde — ver- ändernde Wirkung, welche allerdings im Falle des Sublimats zusammen- treffen. Dementsprechend hebt auch nachträglicher Zusatz von Sublimat zu dem durch Tannin gefällten Eiweiß dessen Wirkung auf den Schwefel auf. Schließlich sei bemerkt, daß der zu den Versuchen benutzte prä- zipitierte Schwefel weder SH, enthielt, noch, z. B. mit bloßem Gummi arabicum emulgiert, solchen entwickelte. a a a a a a u } ie EEE Be a A TR Er I ERBE TTS, RE: Mr En er ET 12. Zur Oxydation von Fettsäuren. Von Franz Knoop. Friedmann hat in seinen Arbeiten über den Abbau der Amino- säuren!) meine Ansichten über den physiologischen Abbau von Fett- säuren ?2) einer Kritik unterzogen, die ich nicht unwidersprochen lassen möchte. Durch seine Erörterungen scheint meine Fragestellung, wie ich sie verfolgt, in mehr als einem Punkte verschoben, und ich möchte deshalb meinen Standpunkt ihnen gegenüber kurz präzisieren. Meine Frage lautete zunächst: Wie werden normale Fettsäuren im Körper abgebaut? — Um ihr näher zu kommen, glaubt Friedmann, sei die Lösung einer anderen Frage Vorbedingung, nämlich der: Welche chemischen Bedingungen muß eine Fettsäure erfüllen, um im Tierkörper abgebaut zu werden? — Durch solchen indirekten Weg, der auch die- jenigen Atomgruppierungen um das angriffsbestimmende Carboxyl fest- ° zustellen hat, die den oxydativen Einwirkungen des Organismus Wider- stand leisten, bestimmt sich zunächst die Wirkungsbreite, nicht aber der Wirkungsmechanismus tierischer Oxydationsreagentien; und solches Vorgehen kann weit vom Thema abführen und Fragen nahelegen, denen einstweilen eine direkte physiologische Parallele fehlt, wie z. B. die: in welchem Maße sind dimethylierte &-Aminosäuren oxydabel? Demgegenüber bezog sich meine Arbeit vorerst auf normale, nicht &-substituierte Fettsäuren. Diese werden nun einmal fortwährend in größter Menge im Körper abgebaut, das steht fest. Warum soll nun die Frage nach dem chemischen Reaktionsmechanismus, also nach dem „wie“ dieser Oxydation, erst beantwortet werden können, nachdem die andere Frage: Welche Säuren werden sonst noch abgebaut? gelöst worden ist? — Mir scheint, als käme umgekehrt erst nach Feststellung des Reaktionsmechanismus dann als zweites die Frage an die Reihe: Unterliegen auch andere, z. B. &-Oxy- oder &-Aminosäuren dieser Form des Abbaues, oder einer anderen und welcher ? — Auf den Abbau dieser Substanzen bezogen sich meine bisherigen Untersuchungen nur nebenbei, als die Möglichkeit einer intermediären Bildung von &-Oxysäuren ins Auge gefaßt werden mußte, die sich aus meinen Befunden ablehnen ließ. Mit der Untersuchung, wie sich nun derartige Substanzen im Tierkörper verhalten, bin ich erst jetzt beschäftigt und zwar auch im Gebiete der phenylsubstituierten Säuren, von denen Phenyl-«-oxybutter- !) Diese Beiträge 11, 151. °) Freiburg, Speyer u. Kaerner, 1904. 412 Franz Knoop, säure und die von mir dargestellte Phenyl- «-amidobuttersäure mir am meisten Aussicht auf Erfolg zu bieten scheinen. Darüber hoffe ich bald berichten zu können. Bisher handelte es sich also im wesentlichen um normale Fett- säuren, über deren physiologischen Abbau vor meinen Untersuchungen nichts gesetzmäßiges bekannt war. Durch die Versuche von Schwarz!) und anderen war für den Diabetiker der Übergang von Buttersäure in P-Oxybuttersäure nachgewiesen, ob durch direkte Oxydation oder Syn- these, blieb unentschieden, und als Schwarz diese Frage diskutierte !), erwähnte er bereits, daß eine chemische Analogie für einen derartigen Oxydationsmechanismus fehle, da die Oxydation voraussichtlich in & Stellung angreifen würde?). — Nun war es im Gebiete der phenyl- substituierten Fettsäuren, die den Vorzug hatten, bei ihrem physiolo- gischen Abbau einen Rest zu lassen, der Anhaltspunkte für den Oxy- dationsmechanismus geben konnte, bekannt, daß Phenylpropionsäure und Benzoesäure, die bei der Darmfäulnis aus Eiweiß entstehen, als Benzoesäure (wenn wir von der Paarung mit Glykokoll absehen) aus- geschieden werden. Phenylessigsäure wird dagegen nicht oxydiert, und selbst ihr &-Oxydationsprodukt, die Phenyl-“-oxyessigsäure (Mandel- säure), wird nicht verändert. Diese Substanzen konnten also nicht intermediär aus Phenylpropionsäure entstehen. Dadurch wurde die Frage nahegelegt, einerseits ob wohl ein Angriff auf das &-Kohlenstoff- atom überhaupt nicht erfolge, auch nicht intermediär, andererseits ob die Oxydationsprodukte von Fettsäuren auch sonst wıe bei der Phenyl- propionsäure eine Verminderung um zwei O-Atome aufwiesen. Die Verfütterung von Phenyl-&-oxypropionsäure ergab ein völlig anderes Verhalten als das der Phenylpropionsäure®), während Phenyl-ß-oxy- propionsäure sich etwa wie Phenylpropionsäure verhielt. Die ent- sprechenden Ketonsäuren verhielten sich ebenso. Dadurch war die erste Frage beantwortet: es schloß sich eine primäre Bildung von %-Oxydationsprodukten aus — sie konnten auch nicht intermediär ent- stehen und etwa durch Abspaltung und Anlagerung von einem Molekül Wasser über die ungesättigte Zimtsäure in ß-Oxypropionsäure über- gehen. — Die Entstehung von Oxydationsprodukten, die stets eine gerade, nie eine ungerade Zahl von ÖÜ-Atomen weniger enthielten, konnte dann durch die Bildung von Phenylessigsäure aus Phenylbuttersäure und von Benzoesäure aus Phenylvaleriansäure erwiesen werden. Diese Befunde wurden nun in Analogie gestellt: !) Verhandl. des Kongr. für innere Medizin 1900. ?2) Warum Friedmann es ohne nähere Ausführung als „nach chemi- scher Analogie unwahrscheinlich“ bezeichnet, „daß die zuerst einsetzenden Vorgänge, die sich beim physiologischen Abbau der Fettsäuren abspielen, Oxydationsprozesse sind“, das entzieht sich meiner Beurteilung. Vielleicht geht er noch einmal auf diese Anschauungen ein. *) Ein spezifisches Verhalten des Organismus gegen diesen dem Eiweib- spaltungsprodukt Phenylalanin nahestehenden Körper als Grund dafür anzu- führen, hat in diesem Zusammenhange keinen Wert, da dieses spezifische Verhalten dem aus Phenylpropionsäure etwa entstehenden, gleichen Produkt gegenüber wohl in derselben Weise in die Erscheinung treten müßte. Er er er re ei Er ii Bere 7 2 2 PER K 2 ; IE TV TER D a 7 Fr age RR > RÄT EN Zur Oxydation von Fettsäuren. 415 1. mit dem Auftreten von Fettsäuren mit nur gerader C-Atom- zahl (18, 16, 14, 12, 10, 8, 6, 4) in der Milch, die am ein- fachsten unter dem Gesichtspunkt der oxydativen Ent- stehung auseinander durch den analogen Abbau werstanden werden konnte; 2. mit der Bildung von ß-Oxybuttersäure aus Buttersäure beim Diabetiker; 3. mit der demgegenüber fehlenden Bildung von „Aceton- körpern“* aus Lävulinsäure, CH,-C0-CH,-CH,-COOH. Die erste Analogie ist direkt einleuchtend. — Die Analogie zu der Bildung von ß-Oxybuttersäure war eine Hypothese, die die Vermutung einschloß, daß sich z.B. Phenyl-ß-oxybuttersäure aus Phenylbuttersäure bilden würde, bevor Phenylessigsäure daraus entsteht. Diese Analogie wurde deshalb auch keineswegs behauptet, sondern als möglich be- zeichnet. Aber auf Grund dieser Analogie wurde die Vermutung der intermediären Bildung von B-Oxysäuren bei der Oxydation der Fett- säuren in der Tat als die einfachste Erklärungsform für .diese ver- schiedenen Beobachtungen ausgesprochen. Und nach diesem Reaktions- mechanismus konnte Lävulinsäure keine „Acetonkörper“ bilden. Nur so ließen sich die angeführten Tatsachen unter einem Gesichtspunkte verstehen, allerdings einem hypothetischen, dem Prinzip der „B-Oxy- dation“. Daß dieser Vorstellung die rein chemische Analogie fehlte, ist jedem Chemiker bekannt und war schon von Schwarz besonders betont worden. Aus dem Grunde bezeichnete Friedmann diese Hypothese nicht als eine chemische Erklärung der von mir gefundenen Gesetz- mäßigkeiten, wenigstens nicht in dem Sinne einer Zurückführung auf bekannte chemische Analogien — und anderenorts als „zur Deutung dieser Tatsachen entbehrlich“. —. Ich habe nun nie behauptet, damit meine Befunde auf bekannte chemische Analogien zurückgeführt zu haben, sondern nur versucht, eine Anzahl physiologisch beobachteter Tatsachen unter diesem einen Gesichtspunkte einheitlich aufzufassen. Mir war im Gegenteil sehr wohl bekannt, daß damit etwas prinzipiell Neues gefunden schien, daß den bekannten Oxydationsreaktionen der organischen Chemiker gegenüber in der Tat etwas ganz Unerwartetes darstellte. Aber der lebende Organismus gestattet sich gewiß noch manche Reaktion, die dem organischen Chemiker noch unbekannt ist. Wenn sich deswegen in Fällen, wie hier, physiologische Analogien zu derartigen Beobachtungen finden lassen, die einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit für sich haben, so halte ich die vorsichtige Dis- kussion einer solchen Hypothese nicht nur für erlaubt, sondern sogar für oft recht förderlich oder gar unentbehrlich. Vielleicht hat sie sich auch Dakin, der inzwischen tatsächlich ß-Oxydationsprodukte, nämlich Phenyl-ß-oxypropionsäure, als Oxydationsprodukt der Phenyl- propionsäure aufgefunden hat, nützlich erwiesen. Friedmann will dann „ß-Oxydation“ durch „paarigen Abbau“ ersetzt wissen und will mit diesem Ausdruck offenbar alles Hypothe- tische meiden. Damit geschieht indessen streng genommen dasselbe, was er hier ablehnt. Der paarige Abbau, unter dem doch wohl dıe 414 Franz Knoop, Zur Oxydation von Fettsäuren. paarweise Absprengung von immer zwei C-Atomen zu verstehen sein wird, bleibt z. B. für die Phenylvaleriansäure so lange Hypothese, als wir nicht Verbindungen mit ausschließlich 9 C-Atomen als die einzigen Zwischenprodukte bei dem Abbau dieser Säure zu Benzoesäure kennen, also nachgewiesen ist, daß die C-Atome tatsächlich immer nur paar- weise abgesprengt werden. Und auch diese Hypothese stellt, selbst vor Dakins Publikation, keine „chemische Erklärung im Sinne einer Zurückführung auf bekannte chemische Analogien“ dar, da wir für solchen paarigen Abbau keine chemische Reaktion kennen, bei der durch Oxydation von Fettsäuren stets nur solche mit n x 2 C- Atomen weniger gebildet werden. Jetzt aber ist diese Bezeichnung sogar ganz bedenklich geworden, wenn Dakin!) nachgewiesen hat, daß in vitro fettsaure Ammonsalze mit H,O, zwar ß-Oxydation zeigen, aber unter Absprengung nur eines Ö-Atomes als CO, zunächst in die ß-Ketone übergehen; und wer also in dieser H,0,-Oxydation die rein chemische Analogie sehen will, muß jetzt wohl das Wort „B-Oxydation“ als das vorsichtigere anerkennen und den „paarigen Abbau“ wieder streichen. Der Befund von Acetophenon als Abbauprodukt der Phenylpropionsäure zwingt ihn dazu — immer vorbehaltlich der richtigen Deutung der Dakinschen Befunde durch ihren Autor, dessen ausführliche Publikation noch nicht vorliegt. Im übrigen hat es unseres Erachtens keinen Zweck, über die Ent- behrlichkeit von Hypothesen zu diskutieren und eine durch die andere zu ersetzen, solange man sie nicht durch neue Tatsachen stützen oder erschüttern kann. Und solche liegen vorderhand nicht vor. Bestätigen sich dagegen Dakins Befunde, so scheinen durch sie die von mir entwickelten Vorstellungen ihren Beweis gefunden zu haben, !) Amerie. Journ. f. biolog. Chem. 4, 77 (Jan. 1908). Freiburg ı.B., Mai 1908. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Deutsche a öffentliche Gesundheitspflege. Orsan des „Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspilege“, Herausgegeben von Oberbürgermeister Dr. F. Adickes (Frankfurt a. Main), Oberbürgermeister Dr. med. hon. P. Fuss (Kiel), Geh. Medizinalrat Professor Dr. G. Gaffky, Direktor des Institutes für Infektionskrankheiten (Berlin), Hofrat Professor Dr. Max Gruber (München), Dr. Sigmund Merkel (Nürnberg), Geh. Ober- Medizinalrat a. D. Dr. M. Pistor (Berlin), Dr. Pröbsting (Köln), Regie- rungs- und Geh. Medizinalrat Dr. Roth (Potsdam), Ober- und Geh. Baurat Dr. J. Stübben (Berlin), Regierungs- und Geh. Medizinalrat Dr. R. Wehmer et Redigirt von Moritz Pistor und Sigmund Merkel Berlin. Nürnberg. Jährlich vier oder fünf Hefte von etwa 10 bis 14 Bogen Text mit Abbil- dungen und Tafeln. gr. 8. geh. 38. Band. Supplement. Preis 14 / — 39. Band. (5 Hefte.) Preis 33,50 % — 40. Band im Erscheinen. Der moderne Krankenhausbau - vom hygienischen und wirtschaftlich - technischen Standpunkte. Referate erstattet auf der XXXII. Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege in Bremen am 13. September 1907 von Professor Dr. med. H. Lenhartz, Direktor des Eppendorfer Krankenhauses in Hamburg und Baurat F. Ruppel in Hamburg. Mit 50 in den Text eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 2,40 Der gegenwärtige Stand der Abwässerfrage dargestellt für die Industrie unter besonderer Berücksichtigung der Textilveredlungsindustrie. Auf Veranlassung d. Vereins d. Deutschen Textilveredlungsindustrie Düsseldorf von Dr. Georg Adam. gr. 8. Preis geh. 3 M Die Kohlenoxyd-Vergiftung in ihrer klinischen, hygienischen und gerichtsärztlichen Bedeutung monographisch dargestellt. Von Dr. med. Willy Sachs. Mit einer Spektraltafel. gr. 8. Preis geh. 4 alas von Aug. Hirschwald in Berlin. Soeben erschien: Zeitschrift I für experimentelle Pathologie und Therapie. Herausgegeben von I Brieger (Berlin), H. E. Hering (Prag), F. Kraus (Berlin), R. Paltauf (Wien). IA y. Th 1. Heft. gr. 8. Mit # Tata, und Verden Preis 8. N Br we Best. v. N, S, Halogen in org. Subst. | Chem. Lab. v. Dr. H. Weil, München, E I | BanoE Rudolfstr. 18. | | Verlag von Friedr. Vioweg & 5 & Bohn in Braunschweig. Die Fntneelung von gewerblichen Betriebsräumen, Eine gewerbliche Studie. | Von Dr. Georg Adam. Auf se a des Vereins der Deutschen Testivredetung | industrie herausgegeben. or 8, Preis Rem, 2 PR Die Entneblung von Färbereien. Studienbericht | der Ingenieure | N und area | erstattet dem Komitee der französischen Färberei-Industrie in Paris am 28. März 1907. | Übersetzt und bearbeitet im Bureau ds Vereins der Deutschen Textilveredelungsindustrie, Düsseldorf. Mit 20 ingedrnakten Abbildungen. gr. 8. ie geh. aan sK Handbuch ( der topographischen Anatomie zum Gebrauch für Arzte von Dr. Fr. Merkel, | Professor der Anatomie in Göttingen. Mit zahlreichen mehrfarbigen Abbildungen. gr. 8. geh. Erster und zweiter Band. Preis pro Band 28 %, geb. 30,75 % Dritter Band, Preis 36,50 Mb, geb. 39 % Zu Fe un 0 BET IEr I A 2" - Dre ARLAEN ch ln A re Er N Inhalt des 11. und 12. Heftes. Seite XXXIII. Wolfgang Pauli und Hans Handovsky. Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. Siebente Mitteilung. Salzionenverbindungen mit amphoterem Eiweiß. Ausgeführt mit Unterstützung der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen. (Aus der biologischen Versuchsanstalt in Wien, physikalisch- chemische, Abteulangl)\ I. en nee 415 XXXIV. 6. Jochmann und 6. Lockemann. Darstellung und Eigen- schaften des proteolytischen Leukocytenfermentes. (Aus dem königl. Institut für Infektionskrankheiten [Direktor: Geh. Obermedizinalrat Prof. Dr. Gaffky] und der Infektionsabteilung des Rud. Virchow-Krankenhauses [dirig. Arzt: Privatdozent Dr: Jochmann])un. nen Rene ER el Re 449 XXXV. Waichi Hirokawa. Über den osmotischen Druck des Nieren- parenchyms. Zugleich ein Beitrag zur Frage der Funktion des Nierenmarkes. (Ausgeführt unter Leitung des a. ö. Prof. Dr. Otto v. Fürth im physiologischen Institut der Wiener UNIDEerSität) u en ee een: BE Ds 458 XXXVI B.H. Buxton und Alfred H. Rahe. Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Kolloiden. (Department of Experi- mental Pathology, Loomis Laboratory, Cornell Medical College, INEUN Vor) ee ale ee ee Re act ee 479 XXXVI. Koloman Bauer. Der chemische Nachweis der degenerativen Nervenkrankheiten. Bildung von Alkylaminen. (Aus dem Laboratorium der chemischen Landesanstalt in Budapest.) . 502 Zur, Nachricht 21a ak ee ee de ee Re .. 515 Verzeichnis der Mitarbeiter des elften Bandes . . . ..... 2 2... 516 Titel und Inhaltsverzeichnis des elften Bandes . . ........ I bis IX Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erschei- nen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von etwa 30 Druck- bogen zum Preise von M. 15, — bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maßgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre erscheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Manuskriptsendungen sind an den Herausgeber, Straßburg ı. E., Wimpfelingstraße 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlichkeit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung maß- gebend sein. Polemische Ausführungen, welche den Rahmen einer tatsächlichen Richtigstellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mitteilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein beson- ders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40,— für den Druck- bogen und 50 Sonderabzüge. XXXII. Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. (Siebente Mitteilung.) Salzionenverbindungen mit amphoterem Eiweiß. Von Wolfgang Pauli und stud. med. Hans Handovsky. (Aus der biologischen Versuchsanstalt in Wien, physikal.- chem. Abteilung.) (Ausgeführt mit Unterstützung der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen.) ‘Im Verlaufe unserer kolloidehemischen Untersuchungen am Eiweiß hat sich eine allmähliche Verschiebung ihrer Richtung er- geben. Ursprünglich an natürlichen tierischen Flüssigkeiten, wie Eierklar oder Serum vorgenommen, waren sie zugleich bestimmt, in relativ kurzer Zeit ein reiches Material für den auch als heuristi- sches Prinzip angewendeten Satz vom Parallelismus kolloidaler und funktioneller Änderungen in der lebendigen Substanz beizubringen. Die große Mannigfaltigkeit in den Beziehungen der Elektrolyte zu den Eiweißstoffen, welche sich bei diesen Versuchen offenbarte, mußte dazu führen, auch im Organismus eine im physikalisch- chemischen Sinne viel komplexere Verbindung der Eiweißkörper mit den Elektrolyten anzunehmen, als zumeist vorausgesetzt wird. Um einen tieferen Einblick in diese Verhältnisse zu erreichen, erschien nun jener Weg am aussichtsvollsten, der, von einer in physikalisch-chemischer Hinsicht einfachen Eiweißlösung ausgehend, zu willkürlich veränderten komplexen Formen derselben fortschreitet. In einer früheren Mitteilung war berichtet worden, daß es mittels einer weit getriebenen Dialyse gelingt, Eiweiß als stabiles, (prak- tisch) elektrisch neutrales Sol zu erhalten. Ein solches Eiweiß he- steht fast nur aus elektrisch neutralen Teilchen und stellt also eine in physikälisch - chemischer Hinsicht einheitliche kolloidale Flüssig- Beitr. z. chem. Physiologie. XI. I6 F* 416 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, keit dar. Wir wollen es der Kürze halber als amphoteres Ei- weiß bezeichnen im Gegensatze zu dem einsinnig geladenen Alkali- oder Säureeiweiß, welches zudem infolge von lonisation und hydrolytischer Dissoziation verschiedenartige Moleküle und Ionen enthält und daher ein viel komplexeres Verhalten seiner Zustands- änderungen darbietet. Die vorliegenden Versuche beschäftigen sich mit den Beziehungen der Salze zum amphoteren Eiweiß, wo- bei in erster Linie auf die Erscheinungen bei niederem Salzgehalte Rücksicht genommen ist, die für die Beurteilung der physiologi- schen Verhältnisse von besonderer Wichtigkeit sind. I. Man muß es als ein wichtiges Postulat aufstellen, daß Ver- suche, welche die physikalisch-chemischen Veränderungen von Ei- weiß unter dem Einflusse gleichzeitig anwesender Kristalloide auf- klären wollen, methodisch auf einer für das Eiweiß charakteristischen oder demselben in besonders starkem Maße zukommenden Eigen- schaft aufgebaut sein sollen. Versuchsverfahren, welche etwa zum Nachweise von Beziehungen der Eiweißkörper zu Elektrolyten auf die Veränderungen der Eigenschaften der letzteren gegründet sind, werden selten genügende, in der Regel negative Ergebnisse liefern. Dies ergibt sich daraus, daß zu Veränderungen des hochmolekularen Eiweißesin seinen physikalisch-chemischen Eigenschaften sehr geringe absolute Mengen der Elektrolyte ausreichen könnten, deren Wegfall mit den meisten Methoden nicht merkliche Änderungen in der Lösung hervorruft. In der Tat haben negative Versuche mit Hilfe der Leitfähigkeitsbestimmung oder der Gefrierpunktsbestimmung oder mit anderen zurzeit nicht genügend genauen Methoden zu der Anschauung geführt, daß die Salze mit den Eiweißkörpern in einer Lösung nicht in engere Verbindung treten. Für eine gegen- teilige Anschauung ‚haben wohl verschiedene Wahrnehmungen ge- sprochen, aber bisher die zwingenden Beweisstücke gefehlt. Wir wählten zunächst als Verfahren zum Nachweise solcher Salzeiweißbeziehungen die Hitzekoagulation von amphoterem Eiweiß, welche — wie sich herausstellte — durch Elektrolyte in charakteristischer Weise abgeändert wird. Die Versuchmethodik für die Feststellung der Koagulations- temperatur war im Prinzip die gleiche wie in früheren Arbeiten), ) W. Pauli, Pflügers Arch. 78, 315, diese Beiträge 10, 53; vgl. auch Spiro, Zeitschr. f. physiol. Chemie 30, 182. Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 417 sie mußte nur durch einige Abänderungen für die Zwecke der vorliegenden Untersuchung verfeinert’ werden. Von den zwei Momenten der Hitzegerinnung, der eben eintretenden Trübung (TI) und jenem Grade der Undurchsichtigkeit (II), der durch das Ver- schwinden einer und derselben Druckprobe charakterisiert ist, ge- stattet nur der zweite eine weitergehenden Ansprüchen auf Schärfe und Reproduzierbarkeit genügende Fixierung. Die Bestimmung der Temperaturbreite zwischen Punkt I und II hat dennoch ein gewisses Interesse für die Beurteilung der Geschwindigkeit des Wachstums der Koagula. Diese kann verschieden von der Koagu- lationstemperatur variieren. Ein Salz, das beispielsweise die Hitze- gerinnbarkeit, kenntlich an der Erhöhung der Koagulationstempe- ratur, hemmt, kann gleichzeitig das Wachstum der ausgeflockten Teilchen vom Momente der bläulichen Opalescenz bis zu dem der opaken Trübung beschleunigen und sehr scharfe Umschläge und damit sehr sichere Ablesungen der Koagulationstemperatur ge- statten, wie dies z. B. beim Natriumsulfat schon in dünnen Kon- zentrationen sehr auffällig der Fall ist. Auch in bezug auf die Zahl, die Größe und die Art des Wachstums der „Koagulations- kerne“ bestehen Verschiedenheiten, die, wiewohl einer quantitativen Messung schwer zugänglich, für das Bestehen qualitativer Unter- schiede des Vorganges in geeigneten Fällen verwertbar sind. In dem einen Fall geht die Trübung aus einem Stadium bläulicher Opalescenz nur allmählich in ein solches einer makroskopisch sicht- baren Ausflockung über; hier bleibt die Lösung relativ lange durch- sichtig. Das ist die Regel bei niederem Salzgehalt. Bei sehr hohem Salzgehalt ist meist schon die erste Trübung grau und bald so dicht, daß sie völlig undurchsichtig wird; hier erfolgt die Bildung großer Flocken spät. Die Koagulationskerne sind in diesem Falle zahlreich und wachsen lange jeder für sich ohne starke Tendenz zur Vereinigung in größeren Aggregaten. Alle diese Verschiedenheiten im Ablauf der Hitzegerinnung bilden ein Hemmnis für die Gewinnung von befriedigenden Beob- achtungswerten. Allein die wichtigste Fehlerquelle ist der un- gleiche Anstieg der Erwärmung, welcher unter sonst gleichen Um- ständen zu Koagulationspunkten führt, die selbst um einige Grade auseinanderliegen. Hier mußten gleichförmige Versuchsbedingungen geschaffen werden, wobei sich folgendes einfache Mittel am besten bewährte. Mit Hilfe einer vorläufigen Bestimmung wurde die Koagulationstemperatur einer Probe der zu untersuchenden Eiweiß- mischung festgestellt; hierauf wurde das Bad, in das die Eprouvette Beitr. z. chem. Physiologie. XT. 27 418 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, mit der Eiweißprobe taucht, auf 1 bis 2 Grade über die Koagu- lationstemperatur gebracht "und auf dieser Höhe mit Hilfe einer kleinen Flamme konstant erhalten. So konnte die thermische Vor- geschichte der zu prüfenden Eiweißlösung genügend gleichmäßig gemacht werden. Eine Reihe von. Bestimmungen, in der gleichen Art ausgeführt, ergab Schwankungen, die meist über 0,2 bis 0,4 Grade nicht hinausgingen. Aus einer größeren Anzahl so ge- wonnener Werte wurde das Mittel genommen. Eine künstliche Lichtquelle, die vor dem Beobachter stand und gegen denselben durch einen Schirm verdeckt war, so daß das Licht nicht in dessen Augen, sondern nur schräge von vorn durch die. Eiweißlösung fiel, genügte für die Herstellung gleichförmiger optischer V-ersuchs- bedingungen. Das Eiweiß war stets ein durch mindestens sechs Wochen ohne Kohlensäurezutritt gegen ständig gewechseltes de- stilliertes Wasser dialysiertes Rinderserum, das durch Toluol vor Fäulnis geschützt war. Am Schlusse wurde es filtriert, zur Klärung‘ von feinsten Globulintrübungen ruhig durch 3 bis 5 Monate stehen gelassen, hierauf abermals filtriert. Es war völlig klar, koagulierte sehr vollkommen durch Hitze und Alkohol und leitete den elek- trischen Strom nicht merklich besser als unser destilliertes Wasser. Sämtliche Salzlösungen wurden aus analysenreinen Handelspräpa- raten hergestellt, bis 0,ln durch Verdünnung aus Normallösungen, alle höheren Konzentrationen wurden, wo nichts anderes vermerkt ist, durch Wägung der Salze und Zusatz zu dem entsprechenden Volumen, meist 100 cm3, Wasser oder gleicher Teile von Wasser und Eiweiß bereitet. Es mußte von der Anwendung von Normallösungen im gebräuchlichen chemischen Sinne Abstand genommen werden, weil bei diesen ein Teil des Wassers durch Salz ersetzt ist und so mit wachsendem Salzgehalte immer weniger Wasser auf die gleiche Eiweißmenge gekommen wäre. Eine steigende Eiweißkonzentration erhöht aber den Koagulationspunkt beträchtlich, wodurch die Ein- wirkung der zugesetzten Substanz hätte verdeckt werden können. Es sind also sämtliche Versuche bei konstantem Eiweißgehalt ausgeführt, soweit nicht die Stammlösung des verwendeten Eiweißes verschieden war. Es standen drei gereinigte Eiweißlösungen zur Verfügung, deren spezifische Gewichte in halbverdünntem Zu- stande 1,0042 (A), 1,0030 (B) und 1,00284 (C) betrugen. Der entsprechende Eiweißgehalt aus der Stickstoffbestimmung, nach Kjeldahl berechnet, ergab für die unverdünnten Lösungen A:3,29 Proz.; B:2,355 Proz; C:2,23 Proz. Die zugehörigen Koagulationspunkte waren 60,5, 64,7 und 64,6 Celsiusgrade. ne ee 1 5 Per an u ml. 372 Dann DB ee “ a a WS Zu 2 ee 2, = RAMTEET & BAT: Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 419 Die Untersuchung ergab, daß die Salze schon in sehr niedrigen Konzentrationen den Koagulationspunkt beein- flussen und zwar ausnahmslos erhöhen!). Darüber belehrt die folgende, mit ganz besonderer Sorgfalt aus zahlreichen Be- stimmungen gewonnene Tabelle. Tabelle I. Salz | 0,00n | 001n | 0,02n | 003n | 0,04n | 005n NaScN ... | 603 |era-es| 0, 70,6 71,6 79,5 N2,S0, 60,3 | 66,7 68 685 .| . 691 69,7 NaCl 60,3 | 63,16 65,7 6A | 078 67,9 NaC,H,0, 60,3 | 669 69,2 70,6 71,5 72,1 KSCN 646 | 683 er 69,5 = 70,3 On 0,01n 0,02n 0,03n 0,04n 0,05n \) Die regelmäßige Erhöhung der Koagulationstemperatur durch Neutral- salze in niederen und mittleren Konzentrationen wurde zum ersten Male von Pauli (1899) am nativen Hühnereiweiß beobachtet und systematisch untersucht (Pflügers Arch. 78, 315). Starke hat dann (1901) die gleiche 27* 420 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, Wie aus der Tabelle und noch besser aus der zugehörigen Fig. 1 hervorgeht, ist die durch die Salze bedingte Erhöhung des Koagulationspunktes bei niedrigen Konzentrationen relativ bedeuten- der als bei hohen, worauf noch im Zusammenhang zurückgekommen wird. Gegenüber dem einheitlichen Charakter der Koagulations- Tabelle II}). Chloride — Eiweiß B (64,7°). Kation | 0,05n 0,ln 05n In 2n 3n Li... |69,0—69,4 71 72,8 73,8—73,7 | 72,8—72,7 | 71,2— 71,4 IK 5: 68,8 70,5 73,0—73,2 73,9 74,8 75,6 Na pr: 70,2 70,3—70,7 73,2 73,4 74,6— 74,8 73,6 NEL: 68 69,2 70,8 71,4 71,4 71,6 Ca 68 70,4 71,2—71,4 69,8 68,2—68,4 66,0 Ba)... 268,4 70,2 72,2 70,4—70,6 69,4 67,2—67,4 SEAT, 69 70,8 72 71 71 69,2—69,5 Mg . . |68,0—68,2| 69,4—69,6 72,6—72,8 72,8 73,8 75,4 Tabelle III2). Kalisalze — Eiweiß B (61,7°). Anion 0,05n 0,1ln 0,5n In . 2n 3n EEE 68,8 705 \73,0—732| 73,5 74,8 75,6 Br ee EIS ne Ta 73,6 74,2 734 NO. ...|0270:8 71,3 73,8 73,6 | 72,8-73,0 | 72,8—73,0 BONS ze 71,5 73,8 0 ) ) IE a 70,6 73,4 74 ) ?) G,H,0, ...| 738 75 74,6—74,8| 73,8 |73,8—74,0 | 73,8—74,0 SON en 7o 71 73 74,6 | 74,6—74,8 | 74,6—74,8 GOTT 73,4—73,6| 73,4 72,6 69 a2 C30,. nz 75,4 73,8 72,6 70 AL ne = 73,5 75,7 73 28 - Neutralsalzwirkung an einer durch mehrtägige Dialyse bei 54° C gewonnenen Albuminlösung gefunden. Seine Mitteilungen sind nur mit wenigen Ver- suchsdaten belegt. Die angewandte Konzentration der Salze bewegte sich um In und betrug nur in einem Falle 0,2n MgSO, (Zeitschr. f. Biologie 42, 223—226). Bei dieser Gelegenheit hat Starke als erster die wertvolle Feststellung gemacht, daß Glykose in viel geringerem Maße die Konzentration hemmt als Neutralsalze. (Zwei Versuche 0,3n und 1,15n.) Daran knüpft er einen kurzen Hinweis auf die relative Bedeutung der elektrolytischen Dissoziation für das Zustandekommen der Koagulationshemmung. Von einer theoretischen Verwertung seiner Befunde sieht Starke ab. Dazu reicht auch das geringe Tatsachenmaterial nicht aus. !) Siehe vorstehende Anmerkung. ®) Das Zeichen # bedeutet, daß beim Kochen keine Hitzekongul erfolgt, + bedeutet Fällung bei Zimmertemperatur, — nicht untersucht. Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 421 hemmung bei niederem Salzgehalt, kommt es bei höherem zu einer großen Mannigfaltigkeit der Koagulationsbeeinflussung. Darüber belehren die Tabellen II und III, aus denen auch der Einfluß der Kationen und Anionen auf die Hitzegerinnung von amphoterem Eiweiß ersichtlich ist. Nach diesen Versuchen haben sowohl die Kationen als auch die Anionen Einfluß auf die Hitzegerinnung. Bezüglich der Kationen gilt folgendes (vgl. Fig. 2). Die Chloride von K, Na, NH, und Mg geben Kurven von ähnlichem Verlauf, welche anfangs rasch, dann langsam ansteigen, hingegen zeigen Ca, Sr und Ba einen von diesem Verhalten verschiedenen, innerhalb dieser Gruppe aber ähn- lichen Einfluß auf die Hitzekoagulation. Die Kurven für die Erd- alkalien ergeben bei 0,5n ein Maximum der Koagulationstemperatur und dann stetigen Abfall derselben. Die Kurve für LiCl liegt zwischen diesen zwei Gruppen, indem sie erst bei In ein Maximum und dann den Abfall des Koagulationspunktes anzeigt. Die Rolle der Anionen ist eine stark variante (vgl. Fig. 3). SO,, Cl, Br und NO, bilden eine Gruppe, deren Kurven der &Gerinnungstemperatur einen recht ähnlichen Gang aufweisen. Erst rascher Anstieg bis 0,5 bis In, dann nur sehr geringe Schwankungen der Koagulationspunkte im Bereiche von 1 bis 3n Salzgehalt. Diesen Kurven schließen sich allerdings nur bis zur Konzentration 0,5 bzw. In die Salze des SCN und J an, welche oberhalb dieser Konzentration eine rasch zunehmende Hemmung der Hitzekoagulation bewirken. Von In bzw. 2n an wird diese Hemmung eine voll- ständige und bleibt es bis zu dem höchsten erreichbaren Salz- gehalt. Von diesem eigenartigen Verhalten, welches charakteristischer- weise erst bei höheren Konzentrationen eintritt, während sich bei niederen keine Anomalie zeigt, weicht die folgende Salzgruppe sehr erheblich ab. Zu ihr gehören das Citrat, Acetat und Oxalat, bei denen es in den Konzentrationen 0,05 bis 0,ln zu einem jähen Anstieg der Koagulationstemperatur kommt, worauf die Kurve mehr oder minder abschüssig verläuft. Am stärksten ist dies beim _ Citrat ausgesprochen. In allen diesen Fällen handelt es sich um _ die stark hydrolytisch dissoziierenden Salze schwach organischer Säuren mit starkem Alkali, wobei es offenbar in den niederen Konzentrationen mit stärkster Hydrolyse mehr oder minder zu Bildung von Alkalieiweiß kommt, das nicht hitzekoagulabel ist. Je nach dem Grade dieser Bildung wird der Gehalt an übrig- bleibendem hitzekoagulablen Eiweiß variieren. Über das Verhalten Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, 422 Fig. 2. < > Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 423 hydrolytisch stark dissoziierender Salze wird in einem besonderen Abschnitte berichtet werden. Steigertt man die Konzentrationen der Salze über 5n, dann können sich die Verhältnisse der Hitzegerinnung weiter ändern, Am auffallendsten zeigen sich hier die Mg-Salze und zwar Chlorid und Nitrat, welche von einer Konzentration von 6n und 4n ab die Hitzegerinnung vollständig hemmen (vgl. Tabelle V). Andere Salze wie NH,Cl und NH,NO,;,, deren hohe Löslich- keit eine Verfolgung ihres Einflusses auf die Hitzekoagulation bis zu einem bedeutenden Salzgehalt gestattet, zeigen schließlich ein geringes Absinken der Koagulationstemperatur (vgl. Tabelle IV). Im allgemeinen ist das Absinken der Koagulationstemperatur nach Überschreitung eines Maximums bei denjenigen Salzen am deutlichsten ausgeprägt, welche in der Kälte in höheren Kon- zentrationen das amphotere Eiweiß ausfällen. Selbst wenn man von dem stark eiweißfällenden Citrat und Oxalat wegen der Kom- plikation durch die Hydrolyse absieht, so bleibt diese Maximum- bildung mit darauf folgendem jäheren Abfall auch noch für das stark fällende Fluorid und die Sulfate sehr charakteristisch (vgl. auch Tabelle IV und V). Das MgSO, schließt sich dabei den anderen Sulfaten an. Tabelle IV. Eiweiß B. Salz | ie | 2n | 3n | an | eo | 6n | 9n NIE GL | ZA en Wa | Tan sag 2694 NH,NO, . | 689 |_ 68,6 eu = 67,6 | 66 NEI.SOL. | 735. | 743° 2, 68 Ei = = e— Tabelle V. Eiweiß B. Salz 05n In | 2n | 3n | An | 5n 6n 9n MeCl,..... |72,6-79,8 728 738 | 754 | 2 | 848 98 8 5 ö unvollständig Me(NO,), . 695 | 6892| 85 0 8 8 ) MgS0, .. Dennis sn er ee Z e Diese Versuchsergebnisse lassen die völlige Verschiedenheit in dem Verhalten von amphoterem und elektrisch geladenem Ei- weiß (Alkali- oder Säureeiweiß) in geeigneten Konzentrationen bei 424 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, der Hitzekoagulation zutage treten. In letzterem Falle!) bewirken Salze stets den Eintritt und eine zunehmende Förderung der Gerinnung, im ersteren stets eine. bis zu einem gewissen Grade mit der Konzentration wachsende Koagulationshemmung, die erst bei hohem Salzgehalte einer Änderung der Koagulations- beeinflussung Platz macht. Die Hitzegerinnung kann dann völlig aufgehoben werden, wie bei den Rhodaniden und Jodiden, oder es kann wieder mit wachsender Salzkonzentration eine zunehmende Koagulierbarkeit eintreten, wie bei Fluorid, Sulfat, Citrat, Oxalat, Acetat. Dieselbe Erscheinung findet sich nur in sehr abgeschwächtem Grade und bei hohen Konzentrationen, bei Chloriden und Nitraten. Nicht nur mit dem verwendeten Anion, sondern auch mit dem Kation hängt die Abänderung des Ganges der Hitzekoagulation zusammen. In hohen Konzentrationen bewirken Mg-Salze (das Sulfat ausgenommen) eine völlige Aufhebung der Hitzegerinnbarkeit, während bei dem gleichen Anion Li und namentlich die Salze der Erdalkalien eine zunehmende Steigerung der Koagulierfähigkeit, kenntlich an dem Absinken der Gerinnungstemperatur, zur Folge haben. II. Nach dem Vorangegangenen wird es sich empfehlen, bei der theoretischen Behandlung der Versuchsergebnisse die Erscheinungen bei niederem Salzgehalt von denen bei hohem zu trennen. Die ersteren sind völlig einheitlich, wenn man von den als besondere Fälle leicht erkennbaren Anomalien der hydrolytisch stark ge- spaltenen Salze absieht. Hingegen sind die Verhältnisse bei hohem Salzgehalt überaus mannigfaltig und weisen durch ihre Beziehungen zu den Neutralsalzfällungen von Eiweiß auf eine sekundäre Beein- flussung des Gerinnungsvorganges hin. Eine Hemmung der Hitzegerinnung, kenntlich an der Erhöhung der Koagulationstemperatur, wie sie sämtlichen Salzen in niederer Konzentration eigentümlich ist, wird im allgemeinen auf zweifache Weise möglich sein, wenn man von einer direkten Verminderung des hitzekoagulabeln Anteiles der Eiweißlösung, also einer Ver- dünnung, absieht. Es kann sich entweder um eine Hemmung jener chemisch irreversiblen, in ihrem Wesen noch dunkeln Veränderung ?) !) Vgl. diese Beitr. 10, 53. 2) Starke vermutet im Anschlusse an Michailow, daß es sich bei der Hitzekoagulation um den Verlust von Wasser aus dem Eiweißmolekül handelt, welches nach Art des Kristallwassers darin gebunden ist (Zeitschr. f. Bohr 42, 206). Siehe auch L. Moll, diese Beitr. 4, 563. a BE Ar re a ee BE ZU Ki De © en cr f Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 425 des gelösten Eiweißes in der Hitze handeln oder um eine Be- hinderung des Zusammentrittes der durch die Hitze veränderten kleinsten Eiweißteilchen zu größeren, schließlich als Trübung und Flocken erkennbaren Aggregaten. Für die Annahme einer Ver- hinderung der chemischen Hitzeveränderung findet sich in analogen Fällen kein Beispiel. Selbst dort, wo die Hemmung der sicht- baren Hitzekoagulation eine vollständige ist, wie bei Alkali- und Säureeiweiß, läßt sich zeigen, daß das Erhitzen mit einer dauernden chemischen Veränderung, einer Denaturierung, verbunden ist. Es braucht nur auf die gegenüber den nativen Eiweißstoffen voll- ständig geänderten Fällungsverhältnisse solcher denaturierter Proteine durch Neutralsalze verwiesen zu werden. Auch für die oben be- schriebene Unterdrückung der Hitzegerinnung durch Rhodanid und Jodid hat sich zeigen lassen, daß es sich nur um die Hemmung der sichtbaren Ausflockung, nicht der Denaturierung handelt. Versuch: Eine Eiweißsalzmischung, welche 2n KSCN enthält, wird einige Minuten aufgekocht und in zwei Proben geteilt; die eine unter Toluol bei Zimmertemperatur stehen gelassen, die andere geschlossen gegen häufig gewechseltes destilliertes Wasser dialysiert. Während die Kontrollprobe klar bleibt, zeigt die dialysierte eine mächtige grobflockige Fällung, die sich von völlig wasserklarer, eiweißarmer Flüssigkeit absetzt. Der Versuch gelingt in gleicher Weise mit KJ oder den entsprechenden Natriumsalzen. Gekochtes und abgekühltes amphoteres Eiweiß wird bei Zimmertempe- ratur durch Zusatz von Rhodanid nicht wieder gelöst, wohl aber fast voll- ständig aufgehellt durch neuerliches Aufkochen mit dem Rhodansalz. Daraus geht hervor, daß auch die Salzhemmung der Hitzekoagulation nur zu einem Ausbleiben des sicht- baren Zusammenflockens nicht aber der Denaturierung führt. Faßt man nun für die als Erhöhung der Koagulationstempe- ratur sich äußernde Störung der Hitzegerinnung durch schwache Salzlösungen gleichfalls die Möglichkeit einer Behinderung der Flockenbildung ins Auge, so liegt es am nächsten, an eine durch das Salz bedingte Veränderung der Oberfläche der Eiweißteilchen zu denken. Dieselbe könnte in einer Adsorption des Salzes und zwar der Ionen bestehen, da es sich um sehr verdünnte Lösungen handelt. Die Annahme einer engeren Verbindung des Eiweißes mit den Salzionen ist schon vor längerer Zeit von dem einen von uns (Pauli!) anläßlich des Studiums der Löslichkeitsbedingungen des ') l.e., Pflügers Arch. 78, 315. Anzeiger d. Kais. Akademie d. Wissensch., 12. Okt. 1899. 426 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, En Globulins und fast gleichzeitig und unabhängig von J. Loeb!) auf Grund seiner bekannten Studien über physiologische Ionenwirkungen aufgestellt worden?). Seither hat sich im Anschlusse an die grund- legenden Versuche von van Bemmelen?°) durch eine Reihe von Arbeiten, insbesondere durch die überaus aufklärenden Unter- suchungen von H. Freundlich), die Lehre von den Adsorptions- erscheinungen stetig fortentwickelt. Von Bayliss°) wurde für die Bindung der Salze in Gelatine auf Grund von fortlaufenden Leit- fähigkeitsbestimmungen ausgewaschener Gelatine und von Wolf- gang Ostwald®) anläßlich der Beobachtung der Leimquellung in sehr verdünnten Salzlösungen die Vermutung ausgesprochen, daß es sich beim Leim um Ionenbindung durch Adsorption handelt. Wolfgang Ostwald”) hat auch den Versuch gemacht, die in unserer letzten Mitteilung über Hitzekoagulation von Säureeiweiß enthaltenen Tabellen, welche den Einfluß der Salze auf diesen Vorgang: betreffen, unter der Annahme zu berechnen, daß die Kurven dem Adsorptionsgesetze folgen und in einigen Fällen gute Übereinstimmung erhalten. Noch bessere Harmonie zwischen Beob- achtung und Berechnung ergab die gleiche Verarbeitung von Ver- suchen Bonmartinis®) durch Wolfgang Ostwald”), welche die Herabdrückung des Koagulationspunktes eines nativen Muskel- eiweißes durch zugesetzte Salze betreffen. Wolfgang Ostwald äußert sich über die Frage nach dem Zusammenhange einer Ände- rung der Gerinnungstemperatur mit einem Adsorptionsvorgange in seinem Falle mit Recht sehr zurückhaltend. Denn die von ihm herangezogenen Versuche betreffen zweifellos die komplizierten Ver- hältnisse von Säure- und einem nativen Alkalieiweiß, deren Hitze- gerinnung durch Salzzusatz befördert wird®). In unserem Falle handelt es sich um ein im physikalisch-chemischen Sinne einheit- !) Amer. Journ. of physiol. III, 327, vgl. Dynamik der Lebens- erscheinungen, Leipzig 1906; das. Literatur. ?2) Auch in den Untersuchungen von T. B. Robertson (Journ. of biol. Chem. 1, 279, 507) hat sich die Annahme von Ioneneiweißverbindungen für die Deutung des Einflusses von Elektrolyten auf die Gewebsfärbung, sowie auf die Giftigkeit der Alkaloide förderlich erwiesen. ®) Literatur s. Müller, Allg. Chemie d. Kolloide. Leipzig 1907, 8. 111. *) Zeitschr. f. physik. Chemie 57, 385. Zeitschr. f. Chemie u. Industrie der Kolloide II, 65 (1907). >) Biochemical Journal 1, 175 (1906). °) Pflügers Arch. 111, 581 (1906). ”) Zeitschr. f. Chemie u. Industrie d. Kolloide II, 108 u. 138 (1907). ®) Siehe Wo. Ostwald, L ce. °) Die Erörterung dieser Erscheinung folgt in der nächsten Mitteilung. er EVER TEEN Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 497 liches Eiweiß, dessen Gerinnbarkeit in der Hitze durch zugesetzte Salze gehemmt wird. Hier ist eine einzige Molekülart, nämlich elektrisch neutrale, vorhanden und eine uniforme Beeinflussung der- selben durch den Salzzusatz vorauszusetzen. Nimmt man an, daß die Erhöhung des Koagulationspunktes der durch Adsorption gebundenen Salzmenge proportional ist, so wird für dieselbe die Gleichung gelten — ty —= Kc", wo K und m Konstante, c die Salzkonzentration und t bzw. {% die Koagulations- temperatur von Salzeiweiß und reinem Eiweiß gleichen Eiweiß- gehaltes sind. Allerdings ist hier die Salzkonzentration c aus der . zugesetzten Salzmenge und nicht nach Abzug des adsorbierten An- teiles berechnet, während die Adsorptionsgleichung streng ge- nommen nur für die miteinander im Gleichgewichte stehenden Konzentrationen zutrifft. Infolge der geringen absoluten Salz- mengen, die adsorbiert werden, zeigt sich der aus dieser Substitution erwachsende Fehler nicht störend genug, um die vorhandenen Beziehungen zu verdecken. Die obige Gleichung wurde nach Wilhelm Ostwald!) geprüft, indem die Kurve für die Logarithmen von t— {P und c konstruiert wurde. Sie muß eine Grade sein, falls das Exponentialgesetz zutrifft. Die folgende Fig. 4, welche als Ordinate die log(t — t,) und als Abszisse die logc enthält, zeigt die weitgehende Geltung der obigen Formel. Aus dieser graphischen Darstellung folgt, daß, abgesehen von einem einzigen herausfallenden Werte von NaCl (0,01n), das Ex- ponentialgesetz für NaCl, NaSCN, N23,SO,, KSCN, NaC,H,0, gilt. Bei NaC,H,O, ist die Kurve der logarithmischen Werte von t — t, und ce sehr schwach gekrümmt, entsprechend relativ zu großen Werten von t bei den Anfangskonzentrationen, eine Abweichung, die durch die merkliche Hydrolyse dieses Salzes ihre Erklärung finden könnte. Es ist leicht ersichtlich, daß die Werte, die man für die Konstanten der Adsorptionsgleichung X und m erhält, in unserem Falle nicht jene Bedeutung haben können, wie in jenen Bestim- mungen?), denen die Konzentration des adsorbierten Salzes und die Gleichgewichtskonzentration der äußeren Lösung zugrunde liegt. Bei diesen werden auf Abszisse und Ordinate die gleichen Einheiten (z. B. Millimole im Cubikcentimeter) aufgetragen und K und m sind eindeutig bestimmt, während in unserem Falle das Größen- \) Lehrb. d. allg. Chemie, II. Aufl., 3, 232. °) H. Freundlich, Zeitschr. f. physik. Chemie, S. 392 u. 393. 4938 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, verhältnis der verwendeten Abszissen und Ordinateneinheiten in keiner uns derzeit bekannten Korrelation steht und der Willkür überlassen ist, da die Kenntnis der vorauszusetzenden funktionellen Beziehung zwischen Koagulierbarkeitsänderung und Konzentration des adsorbierten Salzes noch aussteht. Daß für die Beeinflussung der Hitzekoagulation nicht die bei den verschiedensten. Wirkungen konzentrierterer Neutralsalze auf Wasser und auf hydrophile Kolloide betrachtete Reihenfolge SCN, Cl, SO, gilt, lehrt ein Fig. 4. 1,100 ; NascN | a i 5 Na acet 1,000 Na>80, 0,900 Nat} 0,800 KSCN 0 ‚log c — log 2 : log; 3 log4 log, 5 Blick auf die Tabelle, welche über die relativen Werte von K orientiert. Dieses steigt in der Reihenfolge Cl, SON, SO,. Die graphisch ermittelten Werte von mc — 0,422, mscn — 0,295, mso, — 0,238 weisen gleichfalls auf diese Reihe. Be. Über Konzentrationen von O,ln hinaus gilt für unser reines Eiweiß die Exponentialformel nicht, entsprechend der zunehmenden Komplikation des Vorganges durch eine offenbar sekundäre Neutral- salzwirkung. Daß diese eine gewisse Verwandtschaft zu den Neutralsalzfällungen von nativem Eiweiß hat, ist von vornherein zu erwarten. Schon Hofmeister hat die gleiche Reihenfolge der ‘ fällenden Salze bei sehr verschiedenen hydrophilen Kolloiden nach- gewiesen und es ist ja späterhin wiederholt von dem einen von Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 429 uns und sehr eingehend von Spiro!) auf den Zusammenhang dieser Neutralsalzfällungen mit anderen Salzwirkungen auf das wässerige Lösungsmittel hingewiesen worden. Die Versuche von Bayliss, H.Freundlich und jüngst Höber?) unterstützen diese Auffassung von neuen Seiten her. Es liegt deshalb nahe, anzunehmen, daß so, wie das native Eiweiß, Leim und andere hydrophile Kolloide auch die durch Hitze denaturierten Ei- “ weißteilchen bei steigendem Salzgehalte einer koagulierenden Neutral- salzwirkung unterworfen sein werden. Die Verwandtschaft dieser Erscheinung mit den bekannten Salzeiweißfällungen äußert sich darin, daß auch hier die fällenden Fluoride, Sulfate, Oxalate, Tartrate mit zunehmender Konzentration die Hitzegerinnbarkeit fördern, während sie durch Rhodanide und Jodide völlig aufgehoben wird. Acetat, Chlorid, Nitrat stehen in der Mitte. Es wäre verfrüht, über den Hinweis auf diese allgemeine Beziehung hinauszugehen, bevor die im Gange befindlichen Versuche über das Verhalten von amphoterem Eiweiß gegen konzentrierte Neutralsalze zum Abschluß gebracht sind. III. Jedes Bemühen nach einem tieferen Verständnis der Vor- gänge bei der Hitzegerinnung von Eiweiß muß an zwei funda- mentale Tatsachen anknüpfen: Die sehr vollkommene Hitzekoagu- lation von salzfreiem Eiweiß und ihre Behinderung durch Elekrolyte. Aus diesen Tatsachen ergibt sich die Ablehnung aller Erklärungen, die in der Hitzegerinnung eine Ausfällung durch die Salzionen erblicken, begünstigt durch die Steigerung der Ionisation mit der Temperaturerhöhung. Das amphotere Eiweiß bildet vielmehr nach dem eben Angeführten bei Anwesenheit von Neutralsalz allem An- scheine nach, und zwar nicht erst infolge der Temperaturerhöhung, Verbindungen mit den Salzionen, welche den Charakter von Ad- sorptionsverbindungen besitzen. Da das gelöste Eiweiß nachweis- lich ein heterogenes System aus dispersen gequollenen Teilchen in einer flüssigen Phase bildet, so steht nichts im Wege, sich die Joneneiweißverbindung als eine die Eiweißteilchen mehr oder weniger vollständig umhüllende Schicht adsorbierter ee vorzustellen. Man kann diese Anschauung auf mehrfache Art stützen. So hat es sich in einer größeren Untersuchung, die in unserem Institut !) Diese Beiträge 4, 313. ?) Ebenda 11, 35. 430 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, von dem einen von uns (Pauli) in Gemeinschaft mit H. Leo Brüll ausgeführt wurde, herausgestellt, daß ganz analog den Verhältnissen bei der Hitzekoagulation die Alkoholfällung von amphoterem Ei- weiß bei Zimmertemperatur durch Elektrolyte ausnahmslos und von niedrigen Konzentrationen relativ am stärksten gehemmt wurde. Über diese Versuche wird noch besonders berichtet werden. Ein anderer Weg ergibt sich aus folgendem Gedankengang: Eiweiß erhöht schon in geringen Konzentrationen die innere Reibung von Wasser sehr beträchtlich, während diese von anorganischen Salzen in Konzentrationen bis 0,05n nur in sehr geringem Ausmaß verändert wird. — Da nun unter sonst gleichen Bedingungen die innere Reibung einer Eiweißlösung nur von der Beschaffenheit der Oberfläche der Eiweißteilchen abhängen wird, so sind mit Ände- rung derselben Änderungen der inneren Reibung der Eiweißlösung zu erwarten. Denkt man sich die begrenzenden Flächen der Ei- weißpartikel mehr oder minder mit Salzteilchen beladen, so wird eine Abnahme der inmeren-Reibung‘ der Lösung in dem Grade möglich sein, als die Reibung statt zwischen Wasser und Eiweiß zwischen Wasser und Salz erfolgt. Gewiß kann diese Vorstellung nur ein grobes und unvollkommenes Bild der Wirklichkeit ver- mitteln, doch hat sich bisher ein auffallender Widerspruch mit der Erfahrung nicht ergeben. Es wurde nämlich regelmäßig gefunden, daß neutrale Salze, welche au sich die Vis- kosität von reinem Wasser erhöhen, die innere Reibung von amphoterem Eiweiß ausnahmslos erniedrigen. Die Versuche wurden in der üblichen!) Weise ausgeführt. Mit Rücksicht auf die geringen Unterschiede der Reibungs- koeffizienten bei niedriger Salzkonzentration wurde auf die Wahl passender Reibungsröhren, die exakte Regulierung des Thermo- staten, auf eine größere Zahl von Bestimmungen der Durch- strömungszeiten, aus denen das Mittel genommen wurde, Gewicht gelegt. Das spezifische Gewicht wurde für die meisten Lösungen mit einem Ostwald-Sprengelschen Pyknometer von 20 cm3 In- halt und nur bei einigen hohen Salzkonzentrationen (siehe Tab. VIII u. IX) mit einem Regnaultschen Pyknometer von 25 cm3 Volumen bestimmt. Die Temperatur des Thermostaten betrug 24,5° © und schwankte nur um -+ 0,02 Celsiusgrade. Die Salzkonzentrationen wurden bis 0,05n durch passende Mischungen einer n/,.-Lösung, für hohen Salzgehalt durch Zusatz einer zu dem gemessenen Volumen von ', Otswald-Luther, Physikochemische Messungen, II. Aufl. .® SE ai Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 431 Wasser bzw. Wassereiweißgemisch zugewogenen Salzmenge bereitet. Da die in der Literatur niedergelegten Daten für die Reibungs- koeffizienten und spezifischen Gewichte von Salzlösungen sich nur auf die gebräuchlichen Äquivalentlösungen beziehen und zum größten Teil für unsere niedrigen Konzentrationen gar nicht vor- liegen, erwies es sich als notwendig, auch diese Größen festzustellen. Alle Lösungen wurden mit unserem Laboratoriumswasser angesetzt, das nur einmal destilliert war, wie das bei der Dialyse unseres Rinderserums verwendete Wasser. Die Dichten der Lösungen sind aus rechnerischen Gründen sämtlich auf Wasser von 24,5° C, unsere Versuchstemperatur, bezogen. In den folgenden Tabellen bedeutet c die Konzentration, 8 und S’ die Dichten der Salzlösungen bzw. Salzeiweißgemische, 7 und n’ die zugehörigen Reibungskoeffizienten. Da es nach den Erfahrungen über Leimquellung nicht ausgeschlossen erschien, daß die Salze den Quellungsgrad der Eiweißteilchen und damit die Dichte des absorbierten Wassers ändern, wurde auf die Werte S’ besonders geachtet; es zeigte sich jedoch kein anomaler Gang derselben für Salzeiweiß. Interpolationen von S und n Werten sind durch ein beigesetztes Sternchen kenntlich gemacht. Tabelle VI. Eiweiß A. c | 0,00n | 0,01n | 0,02 n | 0,03n | 004n | 0,05n S ... | 1,00000 | 1,00028 | 1,000.90 | 1,00136 | 1,00149 | 1,001 90 Na) S’- - | 100420 | 1,0047 | 1,005 21 | 1,00561 | 1,00586 | 1,006 12 n 1,000 0 = 5:171.0049 — | 10219 | 1,0304 7" ..11,1049 | 1,0998 | 1,0992 | 1,0961 | 1,1003 | 1,1034 S ... || 1,000.00 | 1,000.05 | 1,000 34 | 1,000 54 | 1,00125 | 1,007 15 Nason)S’- - | 100420 | 1,00421 | 1,00462 | 1,005.07 | 1,005 10 | 1,005 51 7 1,0000 | 1,0009 | 1,0059: | 1,0075 | 1,0098 | 1,0149 „ 1,1049 | 1,0984 — | 1,0980 = 11.0996 S ... | 1,00000 | 1,00089 | 1,001 13 | 1,00226 | 1,002 63 | 1,003 60 Na.so.J 8’; - | 100420 | 1,004 98 | 1,005 78 | 1,006 40 | 1,007.00 | 1,008 23 ey 1,0000 | 1,0009 une — . [1,0281 „' 11019 108004 |. 11050 | —. ı 110280 Während die reinen Salze NaCl, NaSCN, Na,SO,, CaCl],, KSCN in den Konzentrationen 0,01 bis 0,05n die Viskosität des Wassers erhöhen, wird die Viskosität von amphoterem Eiweiß durch dieselben ausnahmslos unter die des reinen Eiweißes erniedrigt. 439 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, Tabelle VII. Eiweiß C. e 0,00n | 0,0ln | 0,02 0:03n | 0,04n S .. | 1,00000 | 1,0003%*| — |1,0006*| — Ss’. .:| 1,00284 | 1,0013 | — |1,00175*| — \ . . | 1,0000 | 1,0901 2, 1.9.0901 u " ..)1,0684 | 106950) — | 1,0669 es 3° 2.000008 a en [s .../ 1,00284 | 1,00819 | — |) 1,00388 | 1,004 23 ® | .. | 1,000 0 an — | 1,0080 r „" ...11,0684 | 1,0563 — 110555 | 1,0574 1,1100 1,1000 Fig. 5. 1,0900 1,0800 1,0700 0,01n 0,02n 0,03n 0,04n 0,05n Bei NaCl und CaÜl, zeigt sich sehr deutlich ein Minimum von n', das bei 0,02 und 0,04n liegt. Beim KSCN liegen be- sondere Verhältnisse vor. Daß es wie andere Kalium- und Ammo- niumsalze in höheren Konzentrationen die Viskosität des Wassers erniedrigt, ist bekannt. Wir fanden aber durch Kontrollversuche bestätigt, daß dieser Erniedrigung in Konzentrationen bis O,ln eine Erhöhung vorausgeht, die bei 0,05n ein Maximum hat, wenigstens für unser Mercksches Präparat und unser destilliertes ° Wasser. Die Reibung einer Eiweißsalzlösung wird nicht allein durch die Beschaffenheit der Eiweißteilchen, sondern auch durch die zwischen denselben befindliche Lösung bestimmt. Solange die Konzentration derselben gering ist, wird die innere Reibung des Gemisches vorwiegend von dem Zustande der Eiweißteilchen ab- hängen, wächst der Gehalt an Salz, dann muß dessen Einfluß auf DER RT Fe = al N Ze > “ \ oe a4 Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 433 die Viskosität der zwischen den Eiweißteilchen befindlichen Flüssig- keit immer mehr zur Geltung kommen. Bei Salzen, die die Vis- kosität des Wassers erhöhen, wird also die innere. Reibung der Eiweißsalzmischung ein Minimum passieren, dann zunehmen und schließlich die Reibung des reinen Eiweißes übertreffen. Das obige Minimum der Viskosität bei CaCl,- und NaCQl-Eiweiß ist eine An- deutung dieses Verhaltens, das in den folgenden Versuchen bei höherer Konzentration noch deutlicher wird. Tabelle VIII. Eiweiß B. NaCl ec S s' n ED NE TE 1,00000 | 1,00300 | 1,0000 1,0783 | en OR ER WEL 1,00190 | 1,00544 | 1,0304 1,0592 1,1087 U nee 1,004 43 1,007 68 1,0435 1,0681 1,1218 DHL SER EHRE 1,01944 | 1,00222 | 1,0854 1,1064 1,1637 Te en 1,038 76 1,041 59 1,1322 1,1596 1,2105 a ee 1,075 58 1,080 54 1,2467 1,3005 1,3250 Tabelle IX. Eiweiß B. : (NH,),SO, Ss Ss’ n 7" zu Non nn. 1,000 00 | 1,00300 | 1,0000 1,0783 = WOHNTEN 1,00202 | 1,00512 1,0019 1,0582 1,0802 ER ne a ae 1,004 12 1,006 79 1,0251 1,0725 1,1034 (EN Er 1,018 84 1,022 22 1,0649 1,1020 1,1432 an N ee, 1,03659 | 1,03953 | 1,1295 1,1746 1,2078 2 Se EEE | 1,066 50 1,071 03 1,2334 1,3305 1,3117 Erst in einer Konzentration oberhalb O,ln wird somit bei NaCl und (NH,),SO, das n’ von reinem Eiweiß durch den Reibungskoeffizienten der Salzeiweißlösung übertroffen. Eine gute Anschauung davon gibt die Fig. 6, welche das Verhalten von NaCl in Wasser und Eiweiß: illustriert. Aus Versuchen mit indifferenten Substanzen (s. u.) ergibt sich, daß in solchen Fällen n’ die Summe aus der Reibung der reinen Eiweißlösung und der Viskositätsänderung von Wasser durch den Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 28 434 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, kristalloiden Stoff darstellt. In den Tabellen ist der in dieser Art berechnete Wert in der Reihe n” angeführt. Mit Ausnahme der einen Zahl für 2n (NH,),SO, liegt das gefundene n’ stets unter- halb des berechneten 7". Die Erniedrigung der Reibung von Ei- weiß durch zugesetztes Salz hält also bis in NaCl+ hohe Konzentrationen an, eine für die Theorie - der Erscheinung wich- tige Feststellung. Von besonderem In- teresse ist der Gang der Viskositätsände- rung beim Kaliumrho- danid (Tab. X). Das- selbe erhöht in niederen Konzentrationen die innere Reibung von Wasser und demgemäß ist der korrespondie- rende Abschnitt der Reibungskurve des Salzeiweißes ähnlich wie bei den Salzen in Tabelle VIII und IX. Bei höherem Gehalt an KSCN wird aber die Reibung von Wasser und entsprechend vom Salzeiweiß zunehmend erniedrigt. Es müßte also die Kurve des Salzeiweißes, die anfangs durch ein Minimum geht, umkehren und absinken, was auch wirklich der Fall ist (Fig. 7). Die zugehörigen n”’-Werte sind hier natürlich durch Subtraktion von 1—n von der Viskositätskonstanten des reinen Eiweißes gewonnen; sie liegen auch hier stets höher als die tatsächlich gefundenen n’-Werte. Durch die Feststellung, daß sämtliche untersuchten Salze die innere Reibung von amphoterem Eiweiß erniedrigen, wird die aus den Erscheinungen bei der Hitzekoagulation abgeleitete Annahme der Bildung von Adsorptionsverbindungen zwischen Salz und 1,3000 1,2500 1,2000 m] 1,1500 ‘ Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 435 Tabelle X. Eiweiß C. KSCN e Ss S' n 7 Hi N ee 1,000 00 1,002 84 1,0000 1,0684 — VNDm ee: 1,002 26 1,004 88 1,0119 1,0608 — ONE; 1,004 19 1,007 00 — 1,0631 — Von ie es 1,019 63 1,022 23 0,9916 1,0351 1,0600 EN a} 1,042 73 1,043 06 — 1,0139 1,0592 De ET EBENT 1,079 58 1,081 25 0,9754 1,0010 1,0478 amphoterem Eiweiß sehr gestützt. Die Tatsache, daß die Er- niedrigung der inneren Reibung von Eiweiß auch in den hohen Salzkonzenträtionen in der gleichen Weise fortbesteht, eoliugehe es nicht zu einer Ausfällung Big. 7. kommt, steht mit der An- 10 nahme von Adsorptions- verbindungen vollkommen in Übereinstimmung, da solche nur durch Verdün- nung, nicht aber durch Konzentrierung der äuße- ren Lösung reversibel sind. 1,0600 1,0500 1,0400 1,0300 IV. So wertvoll die Über- einstimmung der Ergeb- in nisse bei der Hitzekoagu- IN lation(und Alkoholfällung) |, von amphoterem Eiweiß in Anwesenheit von Neu- tralsalzen mit den durch die Untersuchung derinne- 9990 ren Reibung von Eiweiß- salzmischungen gewonne- on nen Resultaten für die Theorie erscheint, so läßt sie immerhin den Einwand zu, daß dieses Zusammentreffen auch ein zufälliges sein. kann. Dieses Bedenken gewinnt dadurch an Gewicht, daß eine befrie- digende Theorie der so mannigfaltigen Beobachtungen über die 28* 1,0200 0,9900 436 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, innere Reibung verschiedener Lösungen und Mischungen, die eine sichere Vorhersage gestatten würde, bisher nicht existiert. Die von Arrhenius!) empirisch abgeleitete Exponentialformel ist weit davon entfernt, allgemeine Gültigkeit zu besitzen, vielmehr ist ihr Zutreffen von zufälligen Umständen abhängig (vgl. Rudorf?). Wiewohl bei wässerigen Lösungen von so niederem Gehalt, wie wir sie zum Teil benutzten (0,01 bis 0,05n), im allgemeinen die theoretisch für die vollständige Ionisation zunächst vorauszusetzende lineare Abhängigkeit des n von der Konzentration auch gefunden wurde, so lehrt doch der Fall des KSCN, daß in sehr schwachen Konzentrationen die Reibung von Wasser erhöht, dann durch ein Maximum führt und schließlich erniedrigt, daß schon in homogenen Systemen unerwartete komplexere Erscheinungen auftreten können. Ein Gegenstück zum Verhalten von KSCN bietet ein Nicht- elektrolyt in wässeriger Lösung, der Harnstoff (s. u.), der in ge- ringen Konzentrationen die Reibung des Wassers erniedrigt, in höheren steigert. Unter solchen Verhältnissen erscheint es überaus schwierig, Beobachtungen über Änderungen der inneren Reibung in heterogenen Systemen, wie es die Eiweißlösung ist, eindeutig zur Unterstützung einer bestimmten Annahme, in unserem Fall für das Bestehen von Adsorptionsverbindungen zwischen Salzionen und amphoterem Eiweiß, zu verwerten. Diese Lücke in der Beweis- führung hat sich durch eine Reihe experimenteller Feststellungen ausfüllen lassen. Es gibt nämlich Substanzen, Nichteleihreinte, die die Hitzegerinnung von amphoterem Eiweiß, zumal in ge- ıingen Konzentrationen, nur wenig hemmen. In diesen Fällen bleibt auch die Herabsetzung der inneren Reibung der Mischung mit amphoterem Eiweiß vollständig oder nahezu vollkommen aus. Ein schlagendes Beispiel dafür liefern Rohr- und Traubenzucker®), über deren Einfluß auf die Hitze- gerinnung die folgende Tabelle belehrt. Tabelle XI. Substanz | 0,0 | 0,01 | 0,02 | 0,03 | 0,04 | 0,05 | 0,1 | 0,3 | 0,5 Rohrzucker . . 164,63 | 65,2 | 65,5 | 65,8 | 65,8 | 660 | — | 684 |704 Traubenzucker |63,7 | 63,8 | 64,0 ie 65,0 | 66,0 | — —_ !) Zeitschr. f. physikal. Chem. 1, 285. ?) Ebenda 43, 289. ®) Bezüglich der Versuche von ae über den Einfluß von Trauben- zucker auf die Hitzekoagulation, vgl. Fußnote S. 420. FT Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 437 Aus diesen Versuchen geht hervor, daß allerdings auch die geprüften Nichtelektrolyte eine Hemmungswirkung der Hitze- gerinnung entfalten, indem sie die Gerinnungstemperatur erhöhen, Die Erhöhung ist jedoch sehr geringfügig. Sie erreicht erst bei der 50fachen Konzentration des Nichtelektrolyten und darüber den Wert, den sie bei Elektrolyten aufweist. Außerdem ist der Gang der Behinderung in beiden Fällen völlig verschieden. Bei den Elektrolyten in niederer Konzentration relativ bedeutend, . nimmt sie mit höheren nur sehr wenig zu, bei den geprüften: Zuckern hingegen ist die Hemmung der Hitzegerinnung in geringen Kon- zentrationen unbedeutend und wächst gleichmäßig mit steigendem Zusatz des Nichtelektrolyten. Man wird daher an einen verschie- denen Mechanismus der Koagulationshemmung bei .Elektrolyten und bei Nichtelektrolyten denken müssen. Bei der ersteren Bil- dung von Adsorptionsverbindungen, im zweiten Fall eher eine räumliche Behinderung der Vereinigung zu größeren Aggregaten durch die zunehmende Zahl von zwischen den Eiweißteilchen be- findlichen Teilen des Nichtelektrolyten. Eine Beförderung der Hitzegerinnung bei sehr hoher Konzentration des zugesetzten Zuckers, wie sie bei vielen fällenden Salzen (Sulfate usw.) zur Beobachtung kam, ist nicht beobachtet worden. In gleichem Sinne wie die Ver- suchsergebnisse bei der Hitzegerinnung sprechen die Resultate der inneren Reibung von Zucker-!) und Zuckereiweißlösungen. Tabelle XII. Eiweiß C. Traubenzucker c Ge I TEE TIEREN HET sg s’' 7 n z' 000mS ne. 1,000 00 1,002 84 1,0000 1,0684 — 001730. 2... .: 1,001 15 1,001 93 1,0089 1,0755 1,0773 0,0346n ..... 1,002 32 1,003 67 1,0162 1,0880 1,0846 0051 9m. 1,003 46 1,005 21 1,0235 1,0947 1,0919 0,069 n ..... En 1,00685 | 1,0328* | 1,1003 1,1012. 0,0865n ..... 1,005 78 1,008 49 1,0420 1,1075 1,1104 !) Durch einen Zufall wurden die Rohr- und Traubenzuckerlösung nicht von der gleichen Normalität, sondern von gleichem gewiehtsprozentischen Gehalt hergestellt. Solche gleichprozentige Lösungen haben interessanter- weise ein gleiches 7 (vgl. Tabelle XII u. XIII. Auch Mannit und Milch- zucker dürften (bei 24,5°) mit Rohrzucker und Dextrose im „-Werte überein- stimmen, wenigstens in einprozentiger Lösung. Das würde aus der Tabelle II von Arrhenius (l.c., S. 290) hervorgehen. Diese Erscheinung wäre eines näheren Studiums wert. 438 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, F Tabelle XIL Eiweiß C. Rohrzucker C [2 a a ee 8 U N y MI EEE 1,000 00 1,002 84 1,0000 1,0684 —_ DOW era 1,001 26* | 1,004.05 1,0089 1,0764 1,0773 DD SE zo _ 1,005 26 — 1,0830 | 7 DOIn IR re 1,003 77* | 1,006 46 1,0233 1,0952 1,0917 0,04 20 —— = im re or NOS3mWET Te 1,006 28 1,008 88 1,0395 1,1071 1,1079 ON ERiR ee 1,012 15 1,014 74 1,0882 1,1548 1,1566 N ro 1,035 62 |: 1,038817 1,3088 1,3813 1,3772 OD le 1,05908 | 1,061 60 1,5626 1,6421 1,6310 Fig. 8. 1,0000 0,01n 0,02n 0,08n "00 vw Eon In diesen Versuchen findet sich keine Erniedrigung der Vis- kosität von Eiweiß durch den zugesetzten Zucker. Die Figur zeigt ansteigende, fast parallele Geraden. Die Werte n’ und n” fallen nahe zusammen. Weder beim Rohr-, noch beim Traubenzucker findet sich im Gegensatz zu den Elektrolyten ein Anhaltspunkt für die Bildung von Adsorptionsverbindungen mit reinem Eiweiß, eine Feststellung, die auch in anderer Hinsicht für den Physiologen 1) von Interesse ist. ') Vgl. L. Michaelis u. P. Rona, Biochem. Zeitschr. 7, 329 u. 8, 356. Er% Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 439 Für den Harnstoff läßt sich dartun, daß ihm nur ein sehr geringes Hemmungsvermögen für die Hitzegerinnung von ampho- terem Eiweiß zukommt, das ganz von der Größenordnung des bei den Sacchariden beobachteten ist. Über diese Verhältnisse und den Einfluß von Harnstoff auf Hitzegerinnung und Viskosität von Wasser- und Eiweißlösung geben die beiden nächsten Tabellen Auskunft. Tabelle XIV. ] 0,0 | 0,02 | 0,03 | 0,04 | 0,05 | 05 Harnstoff | 64,63 | 64,72 | 64,9 | 65,4 | 65,9 | 67,2 Tabelle XV. Eiweiß C. Harnstoff e S 8 7 7 7" 0000-272... 7 1,000 00 1,002 84 1,0000 1,0684 _ ODEn er 2. 1,000. 08* | 1,002 91* | 0,9988 1,0635 | 1,0672 ee 1,000 15* | 1,00298* | 0,9976 1,0629 | 1,0660 (NEE BESSERE 1,000 22* | 1,003 05* | 0,9976 1,0624 | 1,0660 DO, 1,000 29* | 1,003 12* | 0,9977 1,0618 | 1,0661 005m 7 2 5 Sr 1,000 36 1,003 19 0,9961 — — DE en, 1,000 72* | 1,00354* | 0,9961 1,0605 | 1,0645 BE EN, 1,002 16* | 1,004 94* | 0,9977* | 1,0658 | 1,0661 Ve 1,003 60* | 1,006 34* | 1,0029* | 1,0735 | 1,0713 In bezug auf die innere Reibung von Harnstoff- und Harnstoff- eiweißlösung bestehen eigene Verhältnisse. Wir haben gefunden, daß der Harnstoff unter allen von uns untersuchten Substanzen eine Sonderstellung ‘einnimmt, indem er in niederen Konzentrationen die Reibung des reinen Wassers herabsetzt und erst mit wachsen- dem Gehalt zwischen 0,3n und 0,4n erhöht. Die Reibung geht also bei reinem Harnstoff durch ein Minimum (bei 0,1n). Dieses eigentümliche Verhalten der Viskosität von wässerigen Harnstoff- lösungen wurde bereits von Rudorf!) entdeckt. Er hat auf Grund dieser Beobachtung an einem Nichtelektrolyten mit Recht gegen die alleinige Zurückführung solcher Erniedrigungen der inneren Reibung des Wassers durch gelöste Kristalloide auf Elektrostriktion Einspruch erhoben. Dieser Erklärung wiedersprechen übrigens !)l.e., kam uns erst nachträglich zur Kenntnis. 440 . Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, auch unsere sonstigen Beobachtungen über die innere Reibung von Elektrolytlösungen, die bei einer Reihe vollständig ionisierter, sehr verdünnter Lösungen Erhöhung. und beim KSCN gerade in hohen Konzentrationen mächtige Erniedrigung der Viskosität ergaben. Einen vollständig ähnlichen Verlauf wie bei der reinen Harn- stofflösung zeigt die Kurve für die innere Reibung von Harnstoff- eiweißlösungen, deren Minimum gleichfalls bei 0,In liegt. Aller- dings finden sich hier zum Unterschiede vom Zucker alle berechneten n'’-Werte höher als die beobachteten n', also ähnlich wie bei den Elektrolyten. Es kommt demnach auch bei Harnstoffzusatz zum Eiweiß zu einer relativen Erniedrigung der Viskosität. Diese ist lange nicht so bedeutend wie bei den Elektrolyten. Das zeigt der Vergleich der n’- und n"-Reihen in beiden Fällen. Bei der Regel- mäßigkeit der Erniedrigung und der großen Sorgfalt, die auf die Konstanz der Versuchsbedingungen in unseren Viskositätsmessungen verwendet wurde, kann das Bestehen einer Herabsetzung der Rei- bung von Eiweiß durch Harnstoff trotz ihres kleinen Wertes als sicher angenommen werden. Die Möglichkeit einer Art Bindung von Harnstoff durch das Eiweiß wird man also gelten lassen müssen, eine Auffassung, die auch durch chemische Erwägungen gestützt werden kann. — Da eine räumliche Behinderung der Ausflockung durch den niedrig molekularen Harnstoff bei der Hitzekoagulation nicht in dem Maße zu erwarten ist, wie bei den Zuckern, so: würde auch die geringe Hemmung der Hitzegerinnung von amphoterem Eiweiß durch verdünnte Harnstofflösungen im Sinne einer Harn- stoffeiweißverbindung gedeutet werden können. In der Tat ist eine ähnliche Ansicht schon vor längerer Zeit von Spiro!) aus- gesprochen worden, der am nativen Hühnereiweiß eine starke Hemmung der Hitzekoagulation durch hochkonzentrierte Harnstoff- lösungen (von etwa dön ab) nachgewiesen hat, Spiro betrachtet die Harnstoffeiweißverbindung als analog einem Alkalialbuminat, wofür sich gewisse Anhaltspunkte aus Beobachtungen an verschie- denen, basischen organischen Stoffen, aus der Ähnlichkeit der Koagulate in allen diesen Fällen und aus der Art der Behinderung der Esterverseifung durch H,5O, in Anwesenheit von Harnstoff ergaben. Die geringfügigen, aber doch merklichen Abweichungen im Verhalten verdünnter Harnstoffeiweißlösungen lassen sich ohne Zwang aus besonderen Umständen erklären. \) Zeitschr. f. physiol. Chem. 30, 182. Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 441 Im allgemeinen spricht also die geringe Änderung der Hitzekoagulation und das parallele Verhalten der inneren Reibung von Eiweißlösungen, denen die erwähnten Nicht- leiter zugesetzt wurden, jedenfalls auch für den inneren Zusammenhang dieser physikalisch-chemischen Eigen- schaften und darf zugleich als eine weitere Unterstützung unserer Annahme der Adsorptionsbindung von Salzionen au das amphotere Eiweiß betrachtet werden. Zugleich ist darin der Hinweis auf die Mitwirkung elektrischer Kräfte bei der Entstehung dieser Verbindungen enthalten, worüber noch von weiteren Untersuchungen Aufklärung zu erwarten ist. Ganz parallele Unterschiede zwischen Elektrolyten und Nicht- leitern konnten Pauli und L. Brüll in unserem Institute bei der Alkoholfällung von Eiweiß beobachten: während diese durch kleine Elektrolytzusätze mächtig gehemint wird, bewirken Nichtleiter erst in hohen Konzentrationen eine mäßige Behinderung. Soweit es bisher untersucht ist, steigern also im Gegensatze zu Nichtelektrolyten die Salzionen in Konzentrationen, bei denen es nicht zu einer sekundären Neutralsalzwirkung kommt, in hohem Maße die Stabilität von amphoterem Eiweiß gegen gewisse Fällungs- wirkungen. Das Euglobulin, welches schon in reinem Wasser aus- flockt — eine Fällung die, wie der eine von uns (P.) zum ersten Male konstatierte, nur durch Elektrolyte, nicht aber durch Nicht- elektrolyte (Harnstoff, Zucker) in niederen und mittleren Kon- zentrationen gehemmt wird —, erscheint dann nur als ein Spezialfall dieser allgemeinen: Gesetzmäßigkeit.e. Der früher unter anderem aus Beobachtungen über die Löslichkeitsbedingungen des Globu- lins zuerst gezogene Schluß auf das Bestehen von Salzioneneiweiß- verbindungen hat durch die gegenwärtigen Versuche eine breitere Grundlage erhalten. V. Die bisherigen Versuche haben sich im wesentlichen auf neutrale Salze bezogen. Bei nicht neutralen oder stark hydro- lytisch dissoziierenden waren im vorhinein besondere Verhältnisse zu erwarten; darauf wiesen schon einige oben erwähnte Beob- achtungen über die Hitzegerinnung in Anwesenheit von Acetat, Oxalat und Citrat hin. Wiewohl eine vollständige Analyse der Beziehungen von Eiweiß zu nicht neutralen Salzen erst nach den folgenden Untersuchungen am Alkali- und Säureeiweiß sich er- geben wird, erscheint es im Zusammenhang mit den mitgeteilten 442 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, Versuchen geboten, jene Erfahrungen über die Einwirkung nicht neutraler Salze aufs Eiweiß wiederzugeben, die den Parallelismus von Hitzekoagulationsänderung und innerer Reibung von Salzeiweiß betreffen. Hatte früher einer gewissen Hemmung der Hitze- koagulation eine beträchtliche Erniedrigung der inneren Reibung von Salzeiweiß, einem Fehlen der Hitzekoagulationsänderung auch ein Wegfall der Erniedrigung der Reibung entsprochen, so waren hier ganz andere Beziehungen vorauszusetzen. Denn die Hitze- koagulation von amphoterem Eiweiß wird durch elektrische Ladung desselben mit Hilfe von OH und H-Ionen mächtig gehemmt oder vollständig aufgehoben, die innere Reibung jedoch bedeutend erhöht. Bei der Einwirkung von nicht neutralen oder stark hydro- lytisch dissoziierenden Salzen war also eine Behinderung der Hitze- koagulation, zugleich aber eine relativ höhere Reibung zu erwarten. Die Hemmung der Hitzegerinnung kann viel bedeutender werden als bei neutralen Salzen. Das zeigen die folgenden Beispiele eines Salzes mit freien H-Ionen (AlCl,) und zweier Salze mit freien OH-Ionen. Tabelle XVIl. Eiweiß C. AIC].. 0,00n | 0,001 | 0,002 | 0,003 | 0,004 n | 0,005 n 64,630 | 2" | 61,75° | 69,80 | 840 | klar AICI, verhält sich kompliziert wegen der Mitwirkung der Metallhydroxydfällung. In sehr schwachen Konzentrationen (0,001 n) tritt in der Kälte schon Trübung ein, die mit dem Erwärmen wächst. Aus diesem Verhalten resultiert noch eine scheinbare Beförderung der Hitzekoagulation bei 0,002 n, die mit Hervortreten der H-Ionenwirkung in Hemmung umschlägt, welche bei 0,005 n vollständig wird und mit wachsendem Salzgehalt bis 2n anhält. Bei dieser Konzentration (2n) ist offenbar infolge Zurückdrängung der Hydrolyse wieder eine Hitzekoagulation möglich; mit weiterer Salzzunahme tritt ungefähr bei 3n Neutralsalzfällung bei Zimmer- temperatur ein. Zur Illustration der Beteiligung hydrolytisch ab- gespaltener HCl an der Hemmung der Hitzegerinnung von AlCI, möge dienen, daß unser Eiweiß noch mit 0,0001n HCl versetzt beim Kochen ganz klar war und erst bei Zusatz von 0,00001n HCl opak koagulierte. Die innere Reibung von amphoterem Eiweiß wird durch ge- ringe Säurezusätze mächtig gesteigert. Die Werte der folgenden Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 443 Tabelle zeigen dies für HCl an. Die Maximumbildung und andere Erscheinungen, die dabei hervortreten, sollen hier nicht erörtert werden. Tabelle XVII. Eiweiß C. HCl c 'S) j Du 7 | 7 0.0008 2. 2 1,000 00 1,002 84 1,000 0 1,0684 0,0060 2.2... u 1,002 89 ei 1,1198 Om = 1,002 94 = 1,1518 DO re ı a 1,003 10 ar 1,2734 MO = 1,003 36 = 1,2134 0 2 1,003 50 er 1,1719 Mae 1,000 88 1,003 66 1,014 96 1,1445 Ol ee a 1,001 78 1,004 60 1,066 90 1,1142 Auch die innere Reibung von AlC],-Eiwäiß zeigt im Gegensatz zu den Verhältnissen bei neutralen Elektrolyten eine Erhöhung schon bei niederem Salzgehalt. Tabelle XVII. Eiweiß C. AICI, ce ee en a ii S Ss’ n Yu DROP er: 1,000 00 1,002 84 1,0000 1,0684 U a 1,002 89* = 1,0684 002m. en. — 1,002 93* — 1,0759 DO ee ER 1,002 97* ı 1,0812 On ae, — | 1,008.01* = 1,0870 BDaNE 7. Si es 1,003 05* — 1,0760 DONE ne 1,000 40 1,003 25* 1,0173 1,0770 (USD 1,001 20 1,004 06* 1,0265 1,0869 NONE re: 1,002 00 1,004 87 1,0374 1,1345 Bei 0,004n liegt ein Maximum von n’, dem bei. 0,05n eine Senkung folgt, von welcher an die Viskosität mit Erhöhung der Konzentration stark zunimmt. Dieser anfängliche eigenartige Gang der Zähigkeit des AlCl,-Eiweißes könnte mit der Einwirkung des AI(OH), auf das Eiweiß zusammenhängen. Jedenfalls liegen hier noch komplizierte, weiterer experimenteller Erforschung bedürftige Einzelheiten vor. Die Erhöhung von n’ bei 0,05n AlCl, entspricht der Wirkung von etwas über 0,005n HCl. Aus diesen Größen- 444 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, beziehungen können Rückschlüsse auf den wirklichen Hydrolysen- grad von 0,05n AlCl,; schon deshalb nicht gezogen werden, weil das Eiweiß zum Teil auch von den anderen anwesenden Ionenarten in seiner inneren Reibung beeinflußt wird. Ein strenger Parallelismus der Viskositätsänderung und der Beeinflussung der Hitzegerinnung durch hydrolytisch dissoziierende Salze ist, abgesehen von der komplizierteren Natur der Erscheinung, schon deshalb nicht möglich, weil die Hydrolyse durch die Tempe- raturerhöhung mächtig gesteigert wird. Daher werden auch in der Regel die Veränderungen der Koagulationstemperatur durch stark hydrolytisch gespaltene Salze ein vergrößertes und verschobenes Bild der Einwirkung auf das Eiweiß liefern. Das zeigt sich nicht minder beim AlCl, als bei den weiter untersuchten, Hydroxylionen abspaltenden Salzen, dem Na,PO, und dem NaHCO,. Beide hemmen in niederen Konzentrationen die Hitzegerinnung weit- gehend, wie die qualitative Registrierung der Veränderung beim Aufkochen der Lösung zeigt. Eine Bestimmung der Gerinnungs- temperatur war wegen der Unvollständigkeit der Gerinnung nicht möglich. Tabelle XIX. Eiweiß C. 0,003 n | 0,01n | 0,02 n | 0,03 n | 0,04n | 005n milchig stärker | milchig | milchig ne - Na,P0, durch- Se opales- durch- durch- scheinend zent |scheinend | scheinend p kchwach, stark NaHC0, opales- _ _ — | fast klar durch- zent scheinend Tabelle XX. Eiweiß C. e | 0,00n | 001n | 002n | 008n | 0,04n | 005n 5 . | 1,00000 | 1,000 44 — 1,001 31 — 1,002 19 Na.PO 5’ . || 1,00284 | 1,00331 | 1,003 78 | 1,00424 | 1,004 71 | 1,005 18 s=“ 4)... | 1,0000 | 1,0119 2 Role — = 101387 7" . | 1,0684 | 1,0658 1,068 5 1,0727 \ 1,0787 ‚1,0825 S .| 1,00000 | 100051 — |10049| -— [1,00073 Natco, 8’ - | 100284 | 1,003.06 | 1,00328 | 1,00349 | 1,003 71 | 1,003 93 °s1n. .. 1,0000 | 1,0063 — | 1,0089 = 5101085 7" . | 1,0684 | 1,0677 | 1,0687 | 1,0712 | 10715 [1,0717 N Aue a Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 445 Interessant sind die Veränderungen der inneren Reibung von Eiweiß durch diese Salze. Zum Vergleiche sind die Viskositäts- werte von Laugeneiweiß zugefügt (vgl. Tab. XX). Tabelle XXI. Eiweiß C. NaOH e B s' n. zZ 00009: 5, 1,000 00 1,002 84 1,0000 1,0684 0005 Wr — 1,003 00 _ 1,0805 Sr a —_ 1,003 23* —— 1,1068 (DIE — 1,003 69* _ 1,1371 VE = 1,004 11 es 1,2098 DOREEN, 2 ne en — 1,004 53* — 1,2476 (0) DE ee 1,002 19 1,005 00* 1,0044 1,2632 OlenaeRe nee. 1,004 40 1,007 26 1,0216 1,3425 Während reine NaOH eine mächtige Steigerung der inneren Eiweißreibung veranlaßt (vgl. Tab. XXI), nehmen das Phosphat und Bikarbonat eine Mittelstellung ein zwischen dieser Laugen- wirkung und der Herabsetzung der Viskosität von Eiweiß durch neutrale Elektrolyte.e Die letztere Wirkung ist nur schwach an- gedeutet (vgl. Fig. 9) und weicht schon von 0,02n an einer Er- höhung der inneren Reibung. Entsprechend der Hydrolysen- änderung durch Temperatursteigerung bleibt die Beeinflussung .der Viskosität weit hinter der Hemmung der Hitzekoagulation durch diese nicht neutralen Salze zurück. Bei dieser Gelegenheit soll nur kurz auf die Unterschiede hin- gewiesen werden, die zwischen dem Gang der Viskosität der nicht neutralen und der neutralen Na-Salze in wässerigen Lösungen bestehen. Die letzteren zeigen in den niederen Konzentrationen ein lineares Wachsen des n mit steigendem Salzgehalt; bei ersteren hingegen erhebt sich der Reibungskoeffizient anfangs rascher und mit Er- höhung der Konzentration immer langsamer (Fig. 9). Dieser Verlauf der Viskositätsänderung dürfte wohl mit der Vermehrung der reibenden Teilchen durch die Hydrolyse in der stark ver- dünnten Salzlösung zusammenhängen. Daß dieses Verhalten der reinen Salzlösung nicht die Ursache des Ganges von n’ der Salz- eiweißverbindungen sein kann, zeigt der Umstand, daß, wiewohl die n-Kurve von Na,;PO, gänzlich oberhalb der von NaHCO;- ge- legen ist, die anfängliche Erniedrigung des n’ beim Phosphat- 446 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, eiweiß beträchtlicher ist als beim Bikarbonateiweiß. In demselben Sinne spricht die Divergenz der n’-Kurven gegenüber der Kon- vergenz der n-Kurven bei den beiden Salzen. Beim Aluminium- chlorid ist der völlig differente Verlauf der n- und n’-Werte ohne weiteres sinnfällig (Fig. 9). il NaHC0, a E 1,0300 1,0200 Be 0,01n 0,02n 0,03n 0,04n 0,050 Wenn sich auch ein eingehenderes Verständnis der Beziehungen von nicht neutralen Salzen zum Eiweiß erst aus den folgenden Mitteilungen ergeben wird, so läßt sich doch aus dem hier mit- geteilten Material der Schluß ziehen, daß im allgemeinen die Anomalien in den Eigenschaften der mit hydrolytisch stärker ge- spaltenen Salzen versetzten Eiweißlösungen ihrem Sinne nach voll- ständig der theoretischen Vorhersage entsprechen. * = * Als allgemeines Ergebnis der Versuche kann die Feststellung betrachtet werden, daß Salzionen mit amphoterem Eiweiß zu Adsorptionsverbindungen zusammentreten, wobei die physikalisch- Ex Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. 447 chemischen Eigenschaften des Eiweißes markante Veränderungen erfahren. Gegenüber den früheren Untersuchungen dürfte ein gewisser Fortschritt darin liegen, daß nun physikalische Zustands- änderungen von Eiweiß unter dem Einflusse geringer Mengen von neutralen Elektrolyten nachgewiesen sind. Außerdem bestehen diese Veränderungen nicht bloß in einer Variation der Fällbarkeit, was auch von physiologischem Interesse ist, da die Ausfällung einen extremen nicht mehr im Bereiche des Physiologischen ge- legenen Vorgang darstellt. Wiewohl Untersuchungen am amphoteren Eiweiß weniger zur Übertragung auf die biologischen Verhältnisse!) als zur Grundlage des fortschreitenden Studiums der komplexeren Proteinkombinationen im Organismus geeignet sind, so lassen sich denselben dennoch einige Hinweise für den Biologen entnehmen. Von den physiologischen Funktionen der Elektrolyte, welche nicht spezifische Ionenwirkungen darstellen oder deren Beteiligung an der Regulierung des osmotischen Druckes entsprechen, war nur eine einzige aus den Eigenschaften der Eiweißkörper ableitbar. Es ist dies die Erhaltung der Stabilität des Globulins, welche von Nichtelektrolyten in selbst beträchtlichen im Organismus nicht mehr gegebenen Konzentrationen nicht besorgt werden kann. In unseren Versuchen hat sich gezeigt, daß Salze in Konzentrationen, die erheblich unterhalb der in tierischen Säften und Geweben vor- handenen gelegen sind, auffällige Abweichungen im physikalisch- chemischen Verhalten auch jener Eiweißkörper bedingen können, welche nicht Globulincharakter besitzen. Am wichtigsten erscheint da die beträchtliche Herabsetzung der inneren Reibung von Eiweiß- lösungen durch Neutralsalze.. Dieselbe muß nicht nur bei der mechanischen Fortbewegung der tierischen Flüssigkeiten, sondern auch bei der Diffusion der eiweißartigen Biokolloide fördernd zum Ausdrucke kommen. Insbesondere die Funktion der Salze als „Schmiermittel“ bei der Fortbewegung der Eiweißteilchen wird bei deren geringer absoluter Diffusionsgeschwindigkeit von Bedeutung sein. Es liegen ältere (Regeczy?) und neuere Untersuchungen (Okerblom?®) über die Beförderung der Eiweißdiffusion durch Chlornatrium vor, welche durch die von uns gefundene Herab- 1) Vgl. diesbezüglich den Vortrag: „Kolloidchemische Studien am Ei- weiß“. Zeitschr. f. Kolloidehemie, kommendes Juliheft 1908. ®) Pflügers Arch. 34, 431; vgl. Wittich, Müllers Arch. 1856, S. 305. °®) Skandin. Arch. f. Physiol. 20, 102. 448 Wolfgang Pauli und Hans Handovsky, Untersuchungen usw. setzung der inneren Reibung der Eiweißlösung durch Salze einen Beitrag zur Aufklärung erhalten dürften. Daß die toxische Wirkung von Salzen vielfach mit der Bil- dung von Adsorptionsverbindungen in den Zellen zusammenfallen dürfte, ist nach dem Gesagten zu erwarten. In der Tat hat Wolfgang Ostwald!) jüngst die Giftigkeit von Salzlösungen für Süßwassertiere als den Adsorptionsgesetzen unterworfen nachweisen können. Hier handelt es sich um ein Gebiet, das erst in den An- fängen der Entwickelung steht. Die folgenden zum Teil schon abgeschlossenen ar: über das Alkali- und Säureeiweiß und deren Beziehungen zu Elektrolyten werden die bisher mitgeteilten in mannigfacher Hin- sicht ergänzen. April 1908. ı) Pflügers Arch. 120, 19. XXXIV. Darstellung und Eigenschaften des proteolytischen Leukocytenfermentes. Von Dr. med. @. Jochmann und Dr. phil. G. Lockemann. (Aus dem kgl. Institut für Infektionskrankheiten [Direktor Geh. Obermedizinal- rat Prof. Dr. Gaffky]| und der Infektionsabteilung des Rud. Virchow-Kranken- hauses [dirig. Arzt Privatdozent Dr. Jochmann)). Ein tryptisches Ferment im Blute bei myelogener Leu- kämie konnte bereits Erben auffinden, indem er nach 70stündiger aseptischer Autolyse Albumosen und Peptone nachwies, die im frischen Blute fehlten. Auch gelang ihm die Darstellung dieses eiweißverdauenden Enzyms, indem er Plasmaleukocytengemisch mit Alkohol fällte und nach mehrmonatlichkem Stehen den Alkohol- niederschlag mit Glycerin extrahierte. Verdauungsversuche mit . diesem Glycerinextrakt ergaben, daß er Fibrin in 3 proz. Soda- lösung gut verdaute. . Schumm schloß ebenfalls aus seinen Untersuchungen bei der antiseptischen Autolyse von Leichenblut auf die Anwesenheit eines proteolytischen Fermentes im Blut bei der myelogenen Leukämie. Er hatte damals reichliche Mengen von Aminosäuren (Leucin, Tyrosin), ferner Zunahme des Ammoniaks und des durch Kochen und Phosphorwolframsäure nicht fällbaren Stickstoffs nach der Autolyse nachweisen können. Auch er stellte aus dem Blut durch Fällen mit Alkohol und Extraktion mit Glycerin eine Ferment- lösung her, die bei alkalischer Reaktion (nach Zusatz von Soda) Casein gut verdaute. Da das Blut der Iymphatischen Leukämie keine Peptonbildung bei der Autolyse aufwies, und normales Blut nach dreitägiger Autolyse bei 37% keine koagulierbaren Eiweißkörper enthielt, so nahm Erben an, das proteolytische Ferment sei gebunden an die polynukleären Leukocyten im Gegensatz zu den Lymphocyten und könne nur deshalb bei der myelogenen Leukämie zur Wirkung Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 99 450 G. Jochmann und G. Lockemann, kommen, weil hier die Zellen pathologisch verändert seien, so daß sie das Ferment nicht so fest zu binden vermöchten wie normale Leukocyten. Diese Anschauung konnte der eine von uns (Jochmann) gemeinsam mit E. Müller als unrichtig erweisen. Es gelang auch mit isolierten normalen menschlichen Leukocyten genau dieselbe Verdauungswirkung zu erzielen, wie mit leukämischen Leukocyten, während Lymphocyten keinerlei proteolytische Eigenschaften hatten; (die Prüfungsmethode |Müller-Jochmann] bestand darin, daß die zu untersuchenden Proben auf die Oberfläche von erstarrten Serum- platten gebracht und 24 Stunden bei 55° gehalten wurden, wobei die Gegenwart von Ferment sich durch Dellenbildung infolge von Heterolyse bemerkbar machte). Es war also nunmehr festgestellt, daß die normalen polynukleären Leukocyten Träger eines stark wirksamen proteolytischen Fermentes sind. “Bestätigt wurde diese Tatsache durch Erben, der bei 50° die Autolyse normalen mensch- lichen Blutes wiederholte und nun durch Ammonsulfat aussalzbare biurete Eiweißspaltungsprodukte, Albumosen, auffand und damit also die Autoproteolyse auch für normales Menschenblut feststellte. Auch Pfeiffer trug zur Bestätigung dieser Tatsache bei, indem er die Autolyse leukocytotischen Blutes untersuchte und durch den Nachweis unkoagulierbaren Stickstoffs fand, daß lediglich die Zahl, nicht eine supponierte pathologische Beschaffenheit der Leukocyten für den Ausfall des Autolyseverstiches maßgebend ist. Eine ganze Reihe von Arbeiten hat sich mit dem Nachweis des Leukocytenfermentes und des ebenfalls von Müller und Joch- mann gefundenen Antifermentes in menschlichen Organen, Se- und Exkreten beschäftigt. Uns lag daran, um die Bedeutung des Fermentes für die menschliche Pathologie etwas genauer studieren zu können, eine möglichst reine Fermentlösung (und eventuell auch eine Lösung des Antifermentes) darzustellen. Beides gelang in relativ einfacher Weise, wenn auch natürlich von einer absoluten Reindarstellung, wie überhaupt bei Fermenten, so auch hier, nicht die Rede sein kann. Da nach den Untersuchungen von Joch- mann und Müller beim Menschen, beim Affen und beim Hunde das Ferment außer in den Leukocyten des Blutes hauptsächlich im Eiter, im Knochenmark und in der Milz in großen Mengen ent- halten ist, entsprechend dem Gehalt an polynukleären Leukocyten, so haben wir versucht, sowohl aus normalem menschlichem Knochen- mark, wie auch aus Milz (normaler und leukämischer) und Eiter das Ferment zu gewinnen. 4 u a PL a Vize N ne DEP IRLTIF TFT er BLTLUOR WEITE nr r u En 0 2 7 BL TI Darstellung und Eigenschaften des proteolyt. Leukocytenfermentes. 451 Das Knochenmark wurde durch Auspressen von menschlichen Rücken- wirbeln am Schraubstock leicht gewonnen. An Eiter verwandten wir teils von Kokkenabszessen herstammenden, teils sterilen durch Terpentininjektion beim Menschen gewonnenen, an polynukleären Leukocyten reichen Eiter. Darstellung des Fermentes. Die von uns angewandte Methode führte erheblich schneller zum Ziel als das von Erben und Schumm benutzte Verfahren zur Gewinnung des Fermentes bei der Leukämie. Wir benutzen die uns von früheren Untersuchungen her bekannte Tatsache, daß hohe Temperaturen die Autolyse der fermenthaltigen Organe außer- ordentlich beschleunigen, so daß das Ferment nach Zugrundegehen der Leukocyten schnell frei wird. Das Ausgangsmaterial wurde deshalb stets erst 24 bis 48 Stunden der Autolyse im Brütschrank bei 55° ausgesetzt und hierauf in folgender Weise verarbeitet. Das betreffende Autolysat wurde zunächst mit der mehrfachen (ungefähr fünffachen) Menge eines Gemisches von zwei Teilen Alkohol und einem Teil Äther verrührt, um die fettartigen Stoffe herauszulösen, bzw. die eiweißartigen Verbindungen zu fällen. Nach eintägigem Stehen wurde filtriert, der Rückstand zunächst zur Verdunstung von Alkohol und Äther auf Ton ausgebreitet und dann mit einer ent- sprechenden Menge (bei flüssigem Ausgangsmaterial mit etwa 1/, Volumen) Glycerin und der gleichen Menge Wasser innig ver- rieben, nach ein- bis zweitägigem Stehen im Dunkeln wurde auf einem Büchnerschen Trichter abgesaugt und das klare Filtrat in die fünf- bis sechsfache Menge eines Alkoholäthergemisches (2:1) unter Umrühren allmählich eingegossen. Der dabei ent- stehende weißliche Niederschlag, welcher sich .allmählich an dem Boden des Becherglases ziemlich fest ansetzt, wurde nach dem Abgießen der darüberstehenden Alkoholätherlösung auf Ton ge- bracht und im Vakuumexsiccator über konzentrierter Schwefelsäure getrocknet. Dabei färbt er sich gelbbraun und geht nur, besonders in diekeren Schichten, sehr allmählich in trockenen, zerreibbaren Zustand über. Das so gewonnene Produkt, welches das Enzym enthält, ist etwas hygroskopisch. Es löst sich beim Zerreiben mit Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung mit bräunlicher Farbe. Die Verdauungskraft des erhaltenen Präparates wurde nach ver- schiedenen Methoden geprüft. Verdauungsproben. Bringt man Tröpfchen der Lösung auf eine Löffler-Serum- Platte und setzt sie 24 Stunden einer Temperatur von 55° aus, 29* 452 G. Jochmann und G. Lockemann, so entstehen an der Stelle der Tröpfchen tiefe Dellen als Ausdruck der eiweißlösenden Wirksamkeit des Fermentes. Fibrinflöckchen werden durch die Fermentlösung gut ver- daut, ebenso erstarrte Gelatine, Eiweißscheibchen sowie die er- starrten Sera der verschiedensten Tierarten (Rind, Hammel, Pferd, Hund, Kaninchen, Meerschweinchen). | Wir prüften die Fermentlösung weiterhin mit der für die Untersuchung proteolytischer Kräfte schon länger bekannten Oasein- probe. Von dem getrockneten Enzym wurde O0,lg in 5cem Wasser gelöst (= 2 Proz.) und mit 10 ccm gekochter Milch unter Zusatz von 0,lg Soda und einigen Tropfen Chloroform im ver- schlossenen Reagenzrohr im Brütschrank bei 37° aufbewahrt. Ein Kontrollrohr war in der entsprechenden Weise, nur statt mit der Enzymlösung mit 5 ccm Wasser beschickt. Nach zweitägigem Stehen wurden beide Proben mit Essigsäure angesäuert, wobei die mit Enzym versetzte Lösung gleichmäßig trübe blieb, während die andere sogleich COasein abschied.. Nach dem Aufkochen und Filtrieren wurde mit der Biuretreaktion geprüft. Dabei gab die Enzymprobe stark purpur-violette Färbung, die Kontrollprobe färbte sich nur schwach bläulich-violett. B Die Fermentlösung verdaute also ÖOasein bei alkali- scher Reaktion gut. | Von größter Wichtigkeit war uns der Ausfall einer weiteren Verdauungsprobe, die wir mit Peptonlösung anstellten. Schumm hatte diese Probe zur Prüfung des Trypsingehaltes von Pankreas- säften empfohlen. Die für diese Probe verwandte Peptonlösung wurde auf folgende Weise hergestellt: 255 Witte-Pepton wurde in heißem Wasser gelöst, die Lösung nach dem Abkühlen mit normaler Salzsäure bis zur neutralen Reaktion (auf Lackmuspapier) versetzt (6 bis 7cem) und nach Hinzufügen von 1,59 Soda mit Wasser auf 100 ccm aufgefüllt und filtriert. Etwa 10cem dieser Lösung wurden mit einigen Oubikcenti- metern der möglichst konzentrierten Enzymlösung vermischt, filtriert und unter Zusatz einiger Tropfen Chloroform im geschlossenen Glasgefäß bei 37° aufbewahrt. Die gleiche Menge Peptonlösung ohne Enzymzusatz, nur mit etwas Chloroform versetzt, kam zur Kontrolle in den Brütschrank. Nach mehrtägigem Stehen (fünf bis sechs Tage) zeigten sich in der mit Ferment versetzten Lösung kleine Knollen, welche sich unter dem Mikroskop als büschel- oder kugelförmige Konglomerate nadelförmiger Kristalle erwiesen, wie sie für Tyrosin charakteristisch sind. Darstellung und Eigenschaften des proteolyt. Leukocytenfermentes. 453 Parallelproben mit Pankreatin ergaben (schon nach etwa einem Tage) genau dieselbe Erscheinung des Auftretens der charakte- ristischen Tyrosinkuollen. Die zur Kontrolle in den Brütschrank gestellte Peptonlösung war unverändert geblieben. Auch die Er- hitzungsprobe mit Millons Reagens gab positives Resultat (Rot- färbung). Leucinkugeln konnten unter dem Mikroskop nicht beob- achtet werden, jedoch ergab eine Probe der Lösung mit Kupfer- sulfat die charakteristische blaue Farbe, die auch beim Kochen beständig war. Die Bildung von Tryptophan in der mit Enzym versetzten Peptonlösung konnte durch die bei Zusatz von Bromwasser ent- stehende rosarote Färbung konstatiert werden. Außerdem wurde Ammoniak nachgewiesen. Einige Tropfen der mit Enzym behandelten Peptonlösung, mit Wasser verdünnt, gaben mit Nesslers Reagens deutlich gelbbraune Trübung. ‘Nach diesen Verdauungsproben muß eine außerordentlich weit- gehende Ähnlichkeit in der Wirksamkeit des Leukoeytenfermentes und des Pankreastrypsins konstatiert werden. Alle Spaltungs- produkte, die wir bei der Verdauung von Pepton durch Pankreatin erhielten, wurden auch durch das Leukocytenferment hervor- gebracht. Wir sind daher der Anschauung, daß das Trypsin der Leukocyten dem Pankreastrypsin außerordentlich nahe verwandt, wenn nicht mit ihm identisch ist. Die sichere Feststellung der Identität wäre nur durch Verdauungsproben mit künstlichen Poly- peptiden zu erreichen. Resistenz gegen Erhitzen. Außerdem wurde auch das Verhalten des Fermentes bei ver- schiedenen Hitzegraden untersucht. Während der eine von uns (Jochmann) schon früher mit Müller zusammen festgestellt hatte, daß das Ferment im Eiter zwischen 70 und 75° Erhitzung zu- grunde geht, ergab die Prüfung des trocken erhitzten Ferment- pulvers, daß sich die Verdauungswirkung von 75° an successive abschwächt, aber noch bei 95° in Spuren erhalten war. Bei 100° wurde jede Fermentwirkung zerstört. Das trockene Ferment kam in gleichen Mengen auf Por- zellanschalen und wurde !/, Stunde im Trockenschrank erhitzt, danach wurde die Probe mit gleichen Mengen Kochsalzlösung auf- geschwemmt, auf die Serumplatte gebracht und bei 55° 24 Stunden gehalten. Dabei zeigte sich bei 454 G. Jochmann und G. Lockemann, 55°. . . starke Verdauung, 75°. . . etwas weniger gut, 85°. . . noch schwächer, 950.2... „Spuren, 100°. . . gar keine Verdauung. Machten wir die Erhitzungsprobe mit Leukocytenferment in wässeriger Lösung, so ergaben sich folgende Resultate: 55°. . . starke Verdauung, Ge A & 700 Ns a 75°... keine I Dieses Ergebnis stimmte also mit dem oben erwähnten über- ein, daß das Ferment im Eiter zwischen 70 und 75° Erhitzung ZU- grunde geht. Der Unterschied in der Resistenz gegenüber der Erhitzung zwischen der wässerigen Lösung und dem getrockneten Pulver entspricht den auch mit anderen Fermenten gemachten Er- fahrungen. Insbesondere ist von dem Pankreastrypsin, das ja so weitgehende Ähnlichkeit mit dem Leukocytentrypsin hat, bekannt, daß es in wässeriger Lösung bei 70 bis 75° zugrunde geht und in trockenem Zustande höhere Erhitzung, sogar bis zu 160°, verträgt. Der Einfluß verschiedener Reagenzien. Die günstigste Reaktion für das Zustandekommen der eiweiß- verdauenden Wirksamkeit des Fermentes ist eine schwach alkalische, doch tritt auch bei schwach saurer Reaktion noch Dellenbildung auf. Auf stark sauren Serumplatten (bereitet mit Zusatz von mehreren Tropfen Eisessig) tritt keine Dellenbildung auf. Wir prüften den Einfluß verschiedener Reagenzien noch in folgender Weise: Einzelne Proben des getrockneten Enzyms wurden mit einigen Tropfen der zu prüfenden Flüssigkeit bis zur Lösung ver- rieben und tropfenweise auf Rinderserum- bzw. Löfflerplatten ge- bracht und einen Tag im Brutschrank bei 55° aufbewahrt. Jede Versuchsplatte wurde außerdem mit einigen Tropfen einer Ver- gleichslösung (Enzym in steriler physiologischer Kochsalzlösung;) versehen.. Das Ergebnis der Versuche war folgendes: U „-Salzsäure, Y, n-Oxalsäure, '/, n-Kalilauge, Y 10 » R 10 Proz. Quecksilberchloridlösung hindern die Reaktion nicht. Die Dellenbildung zeigte keinen merklichen Unterschied von derjenigen der Vergleichslösung. Verdünnte (25 proz.) Essigsäure RAT hei nz PRIETE a re re ner Pr TREE NTERZENE u uc ni FEN REN BEER nn Darstellung und Eigenschaften des proteolyt. Leukocytenfermentes. 455 hindert stark. Eisessig ließ sich nicht verwenden, da das Enzym sich nicht darin löst. | Eine gesonderte Besprechung verlangt die Einwirkung des Formaldehyds auf das Ferment. In einer früheren Arbeit konnte . Jochmann bereits zeigen, daß fermenthaltige menschliche Organe, wie z. B. leukämische Milz, bei der Aufbewahrung in 10 proz. ‚Formalinlösung ihr Verdauungsvermögen nicht verlieren, sondern jahrelang behalten. Wir schlossen daraus auf eine außerordentlich starke Resistenz des Fermentes gegen Formalin. Auch Kokken- eiter, wenn man ihn mit gleichen Mengen reinen Formalins zu- sarmmenbringt, verliert seine verdauende Kraft nicht. Selbst der Zusatz der 40fachen Menge 10 proz. Formalins zu verdauendem Eiter verhindert nicht die Heterolyse des Serums beim Verdauungs- versuche auf der Löfflerplatte. Dies war um so merkwürdiger, als Formaldehyd dafür gilt, schädlich auf Trypsin und insbesondere auf das Pankreastrypsin zu wirken. Bei der Prüfung des reinen Fermentes gegenüber Formalin ergab sich ein von den übrigen Ergebnissen scheinbar etwas ab- weichendes Resultat. Löste man das trockene Ferment in 10 proz. Formalinlösung auf, und brachte Proben davon auf die Serum- platte bei 55°, so trat nur mäßige Dellenbildung ein, während die Kontrollprobe mit Kochsalzlösung stark verdaute. Auch wenn man den Versuch in der Weise variiert, daß man das Enzym einen Tag lang unter Formalinlösung stehen läßt, dann abgießt, mit Wasser einige Male nachwäscht und dann in steriler, physiologischer Kochsalzlösung löst, so ist bei der Prüfung auf der Serumplatte die Dellenbildung geringer als bei der Kontrollprobe. Es ergab sich also, daß das Formalin hemmende Wirkung auf die Verdauungskräfte des reinen Fermentes ausübte. In ähn- lichem Sinne entschied folgendes Experiment: Nimmt man eine menschliche Milz, halbiert sie und bringt die eine Hälfte in einem verdeckten Becherglas in etwa 30ccm physiologische Kochsalz- lösung und die andere Hälfte in etwa ebensoviel 10 prozentiges Formalin und setzt beide Proben der Autolyse bei 55° aus, so ist nach 48 Stunden die in der Kochsalzlösung enthaltene Hälfte völlig verflüssigt, die in Formalin liegende Hälfte dagegen noch voll- ständig erhalten. Wurde nun aber ein Stückchen der mit Formalin ‚behandelten Milz in fließendem Wasser ausgewaschen, und dann auf die Serumplatte’gebracht, so trat Dellenbildung auf. Also das Ferment wurde in der Milz nicht abgetötet, es war nur in seiner Wirksamkeit gehemmt bzw. gar nicht zu einer Wirksamkeit ge- 456 G. Jochmann und G. Lockemann, kommen. Diese Verhältnisse sind offenbar so zu erklären, daß durch die Einwirkung des 10 proz. Formalins die fermenttragenden Zellen des Organs vor dem Zerfall geschützt und konserviert werden. Die Zellhülle wird gehärtet und es dringt das Formalin nicht in das Innere der Zellen ein. Das Ferment bleibt vielmehr unbeschädigt erhalten und kann in dem Moment wieder zur Wirk- samkeit kommen, wenn das Formalin ausgewaschen wird und die fermentativen Kräfte nun ungehindert zur Wirkung kommen. Resumieren wir also, so ist zu sagen, daß das Leukocyten- ferment dem Formalin gegenüber im Eiter und in eingelegten fermenthaltigen Organpräparaten eine auffallende Resistenz zeigt, während es in reiner Lösung eine Beeinträchtigung durch 10 proz. Formalin erfährt. Die Verhältnisse bei den zur Konservierung mit Formalin versetzten Präparaten erklären sich aus dem oben Ge- sagten. Für den Eiter ist anzunehmen, daß hier das Leukocyten- ferment, da es beim Zerfall der Leukocyten in statu nascendi wirken kann, noch kräftiger angreift als die auf chemischem Wege hergestellten Lösungen. Prüft man übrigens eine Reihe fallender Formalinverdünnungen des Eiters, so zeigt sich schließlich auch hier, d. h. bei stärkeren Verdünnungsgraden, daß eine mäßige Hemmung durch das Formalin im Vergleich zu den Kontrollwasser- verdünnungen auftritt. Jedenfalls aber ist von der übermäßigen Schädlichkeit, die der Formaldehyd gegenüber Trypsin haben soll, beim Leukocytenferment nicht die Rede. Auch für das Pankreas- trypsin konnten wir diese Angabe!) nicht bestätigen. Es verhält sich annähernd gleich dem Leukocytenferment. In starker Trypsin- lösung zeigte es bei Formalinzusatz gute Verdauung, in schwacher mäßige Hemmung. Daß das Ferment gegenüber Sublimat und Alkohol (96 proz.) resistent ist, hatte Jochmann schon früher mit Ziegler zusammen bei der Untersuchung mit eingelegten mensch- lichen fermenthaltigen Organen zeigen können. E. Müller und Kolatschek haben noch eine ganze Reihe chemischer Agenzien in ihrem Einfluß auf Eiter, nicht aber auf reine Fermentlösung geprüft. Sie fanden, daß Karbolsäure, Pikrin- säure, 10 proz. Essigsäure u. a. ebenfalls die proteolytische Wirk- samkeit des Fermentes nur wenig beeinträchtigen. Es geht also aus dem Gesagten hervor, daß das Löukveytene ferment ein sehr widerstandsfähiger Körper ist, der den meisten "Reagenzien gegenüber seine Verdauungsfähigkeit bewahrt. !) Bliss u. Vovy, Journ. of exp. med. IV, 1899. at a a tn a I Ku il Ba ET ad aan EEE EEE EEE TERN “ “n FERR ae > I Darstellung und Eigenschaften des proteolyt. Leukoeytenfermentes. 457 Anhangsweise sei noch ein Versuch hinzugefügt, das Anti- ferment darzustellen. Ganz analog der Herstellung des Leukocyten- fermentes gelang dies durch Fällung mit Alkohol, Extrahieren mit Glycerin und nochmaliger Alkoholfällung. Im genaueren war das Verfahren folgendes: 3 Liter Ödemflüssigkeit von einem Fall von Herzinsuffizienz wurden mit 5 Liter Alkohol gefällt. Es entstand dabei ein massiger weißer Niederschlag, der nach dem Filtrieren und Abdunsten mit 200g Glycerin sorgfältig verrieben wurde. Nach zwei- tägieem Stehen gaben wir 200g Wasser hinzu und filtrierten ab. Nun wurde nochmals mit Alkohol gefällt und der Niederschlag auf Tontellern getrocknet. Das so gewonnene Präparat war ein grauweißes Pulver, das sich leicht in physiologischer Kochsalzlösung löste. Vermischte man diese Lösung tropfenweise auf dem Uhrschälchen mit Eiter zusammen und prüfte dann die verdauende Wirkung des Gemisches auf der Serumplatte, so machte sich die stark hemmende Wirkung des Antifermentes im Gegensatz zu den mit reiner Kochsalzlösung verdünnten Eiterproben bemerkbar. So z. B. verdaute ein ge- prüfter Testeiter, mit Kochsalzlösung verdünnt, 1:250, während derselbe Eiter, mit der Antifermentlösung verdünnt, nur noch in einer Verdünnung von 1:32 verdaute. Prüfte man die gewonnene Antifermentlösung gegen Pankreatin (5 proz.), so machte sich auch hier eine analoge Hemmung der Verdauungswirkung geltend, ganz entsprechend der Annahme, daß das Antitrypsin gegen Leukocytenferment und das Anti- pankreastrypsin außerordentlich nahestehende, wenn nicht identische Körper sind. Literatur. Erben, Wien. klin. Wochenschrift 1902, S. 276. e Zeitschr. f. Heilkunde XXIV, 1903. e Hofmeisters Beiträge 5 (1904). 2 Münch. med. Wochenschrift Nr.52, 1906. Zentralblatt f. innere Mediz. Nr.3, 1907. enan u. Müller, Münch. med. Wochenschrift Nr. 41, 1906. Jochmann u. Ziegler, Ebenda Nr.43, 1906. Müller u. Jochmann, Ebenda Nr.26, 1906. Dieselben, Ebenda Nr. 31, 1906. Dieselben, Verhandl. d. Kongresses f. innere Medizin. Wiesbaden 1907. Müller u. Kolaezek, Münch. med. Wochenschrift Nr. 8, 1907. Sehumm, Hofmeisters Beiträge 4, Heft 9 bis 11. Derselbe, Zeitschr. f. physiol. Chemie 36, 1902. XXXV. Über den osmotischen Druck des N ierenparenchyms. (Zugleich ein Beitrag zur Frage der Funktion des Nierenmarkes.) Von Dr. Waichi Hirokawa (Tokio). (Ausgeführt unter Leitung des a. ö. Prof. Dr. Otto v. Fürth im physio- logischen Institut der Wiener Universität.) I. Einleitung. Während die Literatur über das Verhalten des osmotischen Druckes des Nierensekretes unter normalen und pathologischen Bedingungen zu einem kaum übersehbaren Umfange angewachsen ist, liegen über das osmotische Verhalten des Nierenparenchyms als solches nur ganz vereinzelte und höchst unvollständige Angaben vor, wie wir denn überhaupt über das physikalisch-chemische Ver- halten der Organe selbst weit unvollkommener orientiert sind, als über dasjenige ihrer Säfte und Sekrete. Bei der Beurteilung der vielfach beobachteten Tatsache, daß die Organe im allgemeinen einen höheren osmotischen Druck auf- weisen als das Blut, wird man sicherlich stets die Tatsache im Auge behalten müssen, daß beim Absterben der Organzellen osmotisch aktive Moleküle neu entstehen können und daß der osmotische Gewebsdruck durch dieselben erhöht werde. Trotzdem wird man aber, wie Höber!) in seinem vortreff- lichen Buche über die physikalische Chemie der Zelle und der Gewebe mit Recht hervorhebt, nicht wohl daran zweifeln dürfen, daß osmotische Druckdifferenzen zwischen dem Blute und den Organen auch bereits während des Lebens bestehen. „Tatsächlich gibt es“, sagt der genannte Autor, „ein sicheres Symptom dafür, daß zwischen den Organen und ihrem Milieu interne eine dauernde, während des ganzen Lebens nie ausgeglichene Druckdifferenz be- steht; das ist ein konstanter, aus dem Blut in die arbeiten- den Gewebe hinein gerichteter Wasserstrom.“ Y!) R. Höber, Physikalische Chemie der Zelle und der Gewebe. Leipzig 1902, S. 269. . Me da he u m an ae Fe Waichi Hirokawa, Über den osmot. Druck des Nierenparenchyms. 459 Da nun die Niere gerade in bezug auf den letztgenannten Umstand vermöge ihrer Funktion eine Ausnahmestellung einnimmt, schien uns das Studium der osmotischen Druckverhältnisse des - Nierenparenchyms ein besonderes physiologisches Interesse zu bieten, und es bedürfen unsere Bemühungen, die anatomisch differen- zierbaren Teile des Nierengewebes (Rinde, Mark) in bezug auf ihr physikalisch-chemisches Verhalten miteinander zu vergleichen, wohl keiner weiteren Rechtfertigung. Es sei uns zunächst gestattet, die in bezug auf diesen Gegen- stand bisher vorliegenden spärlichen Literaturangaben in Kürze anzuführen. Sabbatani!) unterwarf Blut und Organbrei von Hunden der direkten kryoskopischen Bestimmung: Bl ae 4— 056 056 0,55 0,861 0,7 Nierenbrei ..... 4 = 0,83 0,85 0,96 0,93 0,75, und brachte den Umstand, daß er den osmotischen Druck der Niere (zum Unterschied von der Mehrzahl der anderen Organe) stets viel höher fand als denjenigen des Blutes, mit der physio- logischen Funktion dieses Organs in Beziehung. Hamburger?) machte auf dem Wege volumetrischer Messung (mit Hilfe der Zentrifuge) einige Beobachtungen über die Quellung von Nierenzellen in hypisotonischen und über ihre Schrumpfung in hyperisotonischen Salzlösungen. So fand er, daß sich die Volu- mina einer Nierenparenchymsuspension in NaCl-Lösung von 0,6 und 1,5 Proz. wie 353 zu 25,5 verhielten. Nun gestattet aber, wie Höber®) bemerkt, die Beobachtung des Volumens aus ihrem normalen Gewebsverbande herausgelöster Gewebszellen nicht ohne weiteres einen Rückschluß auf den in ihrem Innern im normalen Zustande herrschenden Druck, da bei der Isolierung eine Läsion der Plasmahäute und eine Verminde- rung der Semipermeabilität unvermeidlich sein dürfte. Die Versuche von Demoor®:), der auf plethysmographi- schem Wege die Volumänderungen der intakten Niere bei ) L. Sabattani, Determination du point de congelation de organes animaux. Journ. de Physiol. et Pathol. 3, 939 (1901). ”) H. J. Hamburger, Osmotischer Druck und lonenlehre 3, 52—54, Wiesbaden 1904. - Syalresas. 55. *) J. Demoor, Röle. de la pression osmotique dans les fonctions du foie, des poumons et des reins. Bull. de l’Acad. roy. de Belgique. Dec. 1906. — Arch. internat. de Physiol. 4, 340 (1906). Vgl. auch Röle de la pression osmotique dans les phenome£nes de la vie. Bruxelles 1907. 460 - Waichi Hirokawa, Durchströmung mit hypo- und hypertonischen Salzlösungen beob- achtete, können für die uns hier beschäftigende Frage nicht ver- wertet werden; schwillt doch z. B. eine Niere bei Einwirkung einer hypertonischen Salzlösung trotz Reduktion des Volumens der sezernierenden Zellen mächtig an, da große Flüssigkeitsmengen in den Gefäßen und den erweiterten Harnkanälchen zurückgehalten werden. Am meisten Interesse für die vorliegende Frage boten einige Beobachtungen von Filehne und Biberfeld!), welche sich einer erst von Nasse, dann von J. Loeb2) bei Froschmuskeln an- gewandten Methode bedienten. Diese beruht darauf, daß gewogene Organstücke für einige Zeit in Salzlösungen von verschiedener Konzentration eingelegt werden. Die durch Wägung konstatierte Gewichtszu- und -abnahme gestattet bei entsprechender Interpolation die Feststellung jener Salzkonzentration, bei welcher das Organ weder Wasser aufnimmt, noch solches abgibt, und es gibt der osmo- tische Druck der betreffenden Salzlösung dann gleichzeitig auch den osmotischen Druck des zu prüfenden Organs an. Filehne und Biberfeld stellten fest, daß eine durch Diuretin oder Chromsäure zu Diurese angeregte Niere aus physiologischer Kochsalzlösung weniger Wasser aufnimmt als eine normale Niere. Bei dieser Gelegenheit beobachteten sie auch, daß die Nierenrinde noch aus einer 1,2 bis 1,5 proz. NaQl-Lösung Wasser aufzunehmen vermöge und erst bei einer Konzentration von etwa 1,8 Proz. Wasser verliere; noch ausgesprochener war diese Fähigkeit, Wasser aus relativ hoch konzentrierten NaCl-Lösungen aufzunehmen, bei dem Nierenmark; in einem Versuche nahm es in einer 1,88 proz. Lösung fast 6 Proz. seines Anfangsgewichtes zu, in einer anderen etwa 2,5 proz. noch immer etwa 4 Proz. II. Versuchsmethodik. Unter den für eine systematische Untersuchung der osmoti- schen Verhältnisse des Nierenparenchyms in Betracht kommenden Methoden schien uns das von Filehne und Biberfeld angewen- dete Verfahren am geeignetsten zu sein. Wir haben uns daher für diese Methode entschieden, welche, wie wir im Verlaufe der Untersuchungen erfahren haben, zwar recht mühsam ist und ein ') W. Filehne und H. Biberfeld, Beiträge zur Diurese. Pflügers Arch. 91, 568 (1902). ®) J. Loeb, Physiologische Untersuchungen über Iouenwarkuna Pflügers Arch. 69, 1 (1897). Über den osmotischen Druck des Nierenparenchyms. 461 peinlich sorgsames Arbeiten erfordert, dafür aber auch bei einiger Übung an Genauigkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Unsere Untersuchungen erstreckten sich auf die Nieren von Schweinen, Rindern, Katzen und Kaninchen. Auch das aus dem Schlachthause bezogene Material wurde in ganz frischem Zu- stande untersucht, der (s. u.) für das Gelingen der Versuche eine unerläßliche Bedingung bildet. Die zur Untersuchung bestimmten Organstückchen wurden in Würfelform aus den frischen Nieren herausgeschnitten, vorsichtig mit Filtrierpapier von Blutresten befreit, sogleich in kleinen, gut eingeschliffenen Wägegläschen gewogen, sodann in die betreffende Kochsalzlösung von genau bekanntem Gehalte übertragen, nach einiger Zeit mit der Pinzette herausgenommen, auf Filtrierpapier von anhaftender Flüssigkeit befreit und neuerlich gewogen. Das Herauspräparieren der Würfelehen aus den großen Schweine- und Rindernieren bot keine Schwierigkeiten. Mühsamer gestaltete sich der Ver- such bei der Katzen- und Kaninchenniere, namentlich dort, wo es sich um den Vergleich von Mark und Rinde handelte. Dabei erwies es sich am zweckmäßigsten, den üblichen Sektionsschnitt zu vermeiden und zwei flache Schnitte parallel zu beiden Seiten der Medianebene der Niere zu führen. Aus dem so gewonnenen Mittelstück der Niere konnte man dann unschwer drei bis vier Markwürfelchen und ebensoviele Rindenwürfelchen heraus- präparieren. Es ist wichtig, mit einem sehr scharfen, dünnen Messer zu arbeiten, da man sonst keine glatten Schnittflächen erzielt, das Gewebe quetscht und einen Teil des darin enthaltenen Gewebssaftes auspreßt. Ein Beispiel mag die Versuchsanordnung veranschaulichen. (Hier wie bei allen späteren Versuchen bedeutet G das Gewicht des Nierenwürfels, 7(30') die Gewichtsveränderung, welche der Würfel nach 30 Minuten lang dauerndem Verweilen in der Salzlösung erfahren hat.) Versuch 1. Rindsniere. Nacl | Rinde | - Mark Proz. G V(80) | G TE) 1,4 0,2020 0,0085 ° = _ 1,5 0,2290 + 0,0083 = - 1,6 0,2329 —+- 0,0014 — — il 0,1905 + 0.0060 0,2564 + 0,0132 1,8 0,2009 — 0,0034 0,2728 + 0,0022 1,9 0,1778 — 0,0022 0,2107 + 0,0066 2,0 0,1915 — 0,0037 0,2426 + 0,0046 2,5 — — 0,2229 0,0024 3,0 = = 0,2369 0,0013 4,0 - — 0,2192 — 0,0036 462 Waichi Hirokawa, Für die Rinde lag also die Konzentrationsgrenze, jenseits derer das Gewebe Wasser an die Salzlösung abgab und Y sein Vorzeichen wechselte, bei 1,7 bis 1,8 Proz. NaCl, für die Marksubstanz aber erst bei 3 bis 4 Proz. NaCl. Der osmotische Druck der Nieren- rinde entsprach also in diesem Falle einer 1,7 bis 1,8proz. Koch- salzlösung, derjenige des Nierenmarks einer 3 bis 4proz. Koch- salzlösung. Von größter Wichtigkeit für die Methodik unserer Versuche war die Feststellung, wie lange die Salzlösung mit dem Nieren- gewebe in Kontakt bleiben kann, ohne daß eine durch post- mortale Veränderungen bewirkte tiefgreifende Alteration der physikalisch-chemischen Verhältnisse zu besorgen ist. Wie bereits aus den von Loeb!) und Overton?) an Frosch- muskeln gemachten Beobachtungen hervorgeht, verändern näm- lich Organe einige Zeit nach dem Tode ihr osmotisches Verhalten derart, daß sie selbst aus stark hyperosmoti- schen Lösungen (z. B. aus einer 5proz. NaCl-Lösung) Wasser aufnehmen. Analoges vermochten wir auch hinsichtlich des osmotischen Verhaltens des Nierenparenchyms festzustellen. Versuch 2. Frische Sehweinsnierenrinde. Zur Verhütung der Fäulnis wurde den Salzlösungen, welche mit den aus der Rinde herauspräparierten Würfel- chen in Berührung kamen, ein Tropfen Toluol zugesetzt. NaCl & V (3 Stunden) V (18 Stunden) Proz 0,8 0,2284 41 0,0414 + 0,0654 1,2 0,3613 0,0285 0,0764 1,6 0,2578 + 0,0033 + 0,0403 1,8 0,2961 0,0071 1.0,0436 2,0 0,2915 — 0,0112 1.0,0264 2,4 0,3371 — 0,0060 + 0,0966 2,8 0,3277 — 0,0200 + 0,0485 3,2 0,3422 — 0,0134 1.0,0551 3,6 0,2582 — 0,0134 0,0191 4,0 0,2331 0,0132 0,0356 Le. 2) E. Overton, Beiträge zur allgemeinen Muskel- und Nervenphysio- logie. Pflügers Arch. 92, 115 (1902). Pi a Über den osmotischen Druck des Nierenparenchyms. 463 Während also der osmotische Druck der frischen Schweins- nierenrinde einer 1,8 bis 2,0 proz. NaCl-Lösung entsprach, vermochte dasselbe Organ nach 18 Stunden noch aus einer 4proz. NaCl-Lösung Wasser aufzunehmen, erwies sich also einer solchen gegenüber „hyperosmotisch“. Noch eklatanter trat dieses Verhalten in folgendem Versuche zutage. Versuch 3. Schweinsniere. Nacl G (23 Sta) | NaCl e V (23 Std.) Proz. Proz. j 1 0,2896 1.0.0841 6 0,2489 +0,0658 2 0,2825 _1.0,0660 7 0,2429 -£ 0,0668 3 0,2921 10,073 8 0,2663 0,0644 4 0,2912 1.0,0755 9 0,2238 1.0,0565 5 0,2036 -1.0,0500 10 0,2517 | + 0,0611 Hier hatte also die Schweinsnierenrinde nach 23 Stunden ihr natürliches osmotisches Verhalten so sehr geändert, daß sie selbst aus einer 1Oproz. NaUl-Lösung noch Wasser aufnahm; ein Grenz- wert war selbst bei dieser exorbitanten Salzkonzentration demnach nicht erreicht worden. Auch die Katzenniere verhält sich ganz analog. Wie aus den nachstehenden Versuchen hervorgeht, zeigte die Rinde der- selben noch nach 21/, Stunden ein durchaus normales osmotisches Verhalten, während nach 4 Stunden sich die postmortalen Ver- änderungen bereits in Form eines exorbitanten Ansteigens des Wasserattraktionsvermögens geltend machten. Versuch 4 Katzennierenrinde. age FERSTELEN ee ee N NaCl G V (1 Stunde) 7 (2), Stunden) Proz. 1 0,1954 + 0,0488 0,0564 1,5 | 0,2125 + 0,0355 + 0,0548 2,0 | 0,2067 — 0,0151 — 0,0333 2,5 | 0,2126 — 0,0617 — 0,0267 3,0 | 0,1595 — 0,0047 — 0,0040 3,5 | 0,2054 — 0,0110 — 0,0107 464 Waichi Hirokawa, Versuch 5. Katzennierenrinde. en = V (1 Stunde) V (4 Stunden) 1 0,1965 -1.0,0705 -1.0,0813 1,5 0,2181 + 0,0529 0,0646 3,0 0,2353 — 0,0051 -1.0,0082 3,0 0,2163 — 0,0094 -1.0,0028 3,5 0,2308 —.0,0066 1. 0,0021 Es fragt sich nunmehr, wie diese außerordentlich auffallende postmortale Veränderung des physikalisch-chemischen Verhaltens der Organe gedeutet werden könne. Overton!) hat Loeb gegenüber (der die hydrolytische Spaltung komplexer Organbestandteile durch die postmortal entstandene Säure für diese Erscheinung verantwortlich machte) auf die veränderten Durch- lässigkeitsverhältnisse der abgestorbenen Zellen hingewiesen. „Loeb denkt sich den Mechanismus der Erscheinung so“, sagt Over- ton, „daß die H-Ionen der Säure eine Spaltung von komplizierten Verbin- dungen in dem Muskel bewirken, wodurch die gesamte molekulare Konzen- tration und damit auch der osmotische Druck des Muskels erhöht wird. Er gibt an, daß (Frosch)-Gastroenemii nach einiger Zeit selbst in 4,9 proz. NaCl-Lösungen an Gewicht zunehmen. Schon diese Tatsache genügt, um die Unhaltbarkeit von Loebs Erklärung darzutun. Denn selbst wenn das gesamte Glykogen des Muskels in Traubenzucker und alle Proteinverbin- dungen desselben vollständig in Amidosäuren und Hexonbasen zerfallen würden, bliebe der gesamte osmotische Druck dieser Verbindung hinter dem von NaCl 5 Proz. zurück.“ Und weiter oben: „Die Erscheinung, daß Muskeln in stärker hyperisotonischen Kochsalzlösungen nach einer anfänglichen Ge- wichtsabnahme später, nachdem der Muskel abgestorben ist, wieder an Gewicht zunehmen, erklärt sich leicht daraus, daß die abgestorbenen Muskel- fasern früher bzw. leichter für NaCl, als für Na,HPO, und die übrigen im Innern der Muskelfasern befindlichen gelösten Stoffe permeabel werden ... Übrigens ist es nicht unwahrscheinlich, daß durch die Säurebildung des ab- sterbenden Muskels das Quellungsvermögen der Muskelfasern mehr oder weniger erhöht und die Menge des Quellungswassers daher vermehrt werde. Doch wird dies nur eine geringe Rolle spielen.“ Ohne auf diese Frage, welche Prof. v. Fürth zum Gegen- stand genauerer Untersuchungen zu machen beabsichtigt, genauer einzugehen, sei hier darauf hingewiesen, daß, wie K. Spiro?) ge- funden hat, bereits minimale Säuremengen die Quellung 1. e„ 8.155 bis 156. ?®) K. Spiro, Über Lösung und Quellung von Kolloiden. Aus dem physiol.-chem. Institut der Univers. Straßburg. Hofm. Beitr. 5, 277 (1904). Über den-osmotischen Druck des Nierenparenchyms. 465 von Leimplatten außerordentlich stark beeinflussen können. So betrug in seinen Versuchen die Wasseraufnahme, je einem Teil Leim entsprechend, bei der Quellung in reinem Wasser: 1,97 Tle., in Y/goo n-HC1 5,45 Tle., in 1/;o n-HCl 3,49 Tle. Wasser. Es erscheint uns daher als sehr wahrscheinlich, daß die postmortal entstehende Säure den Quellungszustand der Gewebe in sehr mächtiger Weise beeinflußt und sie be- fähigt, weit größere Wassermengen in sich aufzunehmen, als dem normalen vitalen Zustande adäquat sind. Wenn also z. B. ein Nierenrindenstück 23 Stunden post mortem selbst aus einer lOproz. NaCl-Lösung noch Wasser zu schöpfen vermochte, so war es eben allem Anschein nach keine osmotische Druckkraft, welche diese Wasserbewegung auslöste, sondern eine einer weit höheren Größenordnung angehörige Kraft, nämlich die Quellkraft. Daß diese befähigt war, den osmotischen Druck selbst einer l1Oproz. NaCl-Lösung zu überwinden, ist leicht ver- ständlich. Jedenfalls aber mußten wir diese Fehlerquelle bei unseren Versuchen unter allen Umständen vermeiden. Es geschah dies in der Weise, daß wir (unter Verzicht auf die durch eine längere Versuchsdauer etwa erzielbaren größeren Gewichtsdifferenzen der _ einzelnen Proben) die Dauer der Einwirkung der Salzlösungen auf die ganz frischen Gewebsstücke in der Regel auf eine halbe Stunde einschränkten. Der Zusatz eines Antiseptikums wurde unter diesen Umständen selbstverständlich überflüssig. III. Versuche. A. Schweinsniere. Versuch 6. Nierenrinde. NaCl G V (‘/, Stunde) Proz 11 0,3007 + 0,0447 12 0,3989 1 0,0438 1,3 0,3610 0,0350 1a 0,3746 1.0,0498 Es 0,4073 + 0,0377 1,6 0,4886 1.0,0259 Alscl 0,2590 —- 0,0158 1,8 0,2800 — 0,0195 Demnach: der osmotische Druck der Nierenrinde 0 = 1,7 bis 1,8 Proz. NaCl. Beitr. z. chem. Physiologie. XT. 30 466 Waichi Hirokawa, Versuch 7. Nierenrinde. NaCl G v@sSta) | Nadl G v (3 Std.) Proz. Proz. £ 0,8 0,3210 + 0,0610 2,8 0,3143 — 0,0110 1,2 0,3980 0,0328 3,2 0,4100 — 0,0400 1,6 0,3142 1.0.0083 3,6 0,3131 — 0,0160 2,0 0,3466 — 0,0022 4,0 0,3350 — 0,0358 2,4 0,3636 — 0,0148 0 = 1,6 bis 2,0 Proz. NaCl. Versuch 8 Nierenrinde. NaCl @ (Sta) | Ned G v (3 Std.) Proz. Proz. 1,6 0.2575 1.0,0065 2,0 0,2925 — 0,0017 1,8 0,1990 — 0,0020 2,4 0,3398 — 0,0100 0 = 1,6 bis 1,8 Proz. NaCl. Versuch 9. Nierenrinde. Na0l G (sta) | Ned G v (3 Std.) Proz Proz. ; 0,8 0,2284 + 0,0414 2,4 0,3371 —.0,0060 1,2 0,3613 +0,0285 2,8 0,3277 — 0,0200 1,6 0,2578 0,0033 3,2 0,3422 — 0,0134 1,8 0,2961 + 0,0071 3,6 0,2582 — 0,0134 2,0 0,2915 — 0,0112 4,0 0,2731 — 0,0132 — 1,8 bis 2,0 Proz. NaCl. Versuch 10. Nierenrinde. NaCl | @ (Sta) | Ne | G | v (1 Std.) Proz Proz. 3 Bo 0,3041 + 0,0030 3,0 0,2978 — 0,0231 2,0 0,3493 — 0,0114 3,5 0,2217 — 0,0224 2,5 0,2963 — 0,0195 4,0 0,2725 — 0,0288 0 = 1,5 bis 2,0 Proz. NaCl. Über den osmotischen Druck des Nierenparenchyms. 467 Die Versuche 5 bis 10, ebenso wie die Versuche 1 und 2 ergeben sonach in vollkommener Übereinstimmung, daß der osmo- tische Druck der Schweinsnierenrinde demjenigen einer 1,5 bis 2 proz. NaCl-Lösung entspricht. B. Rindsniere. Versuch 11. NaCl Rinde Mark Proz. G |v (4 Sta.) | 9 (1 Std.) G V (y, Std.) 1,4 0,2020 + 0,0085 | + 0,0070 _ — 1,5 0,2290 + 0,0083 | + 0,0135 zu PR 1,6 0,2329 + 0,0014 —+- 0,0022 — — 17 0,1905 +-0,0060 | -+ 0,0040 0,2564 + 0,0132 1,8 0,2009 — 0,0034 — 0,0069 0,2728 + 0,0022 159 0,1777 — 0,0022 — 0,0008 - 0,2107 —+- 0,0062 2,0 0,1915 — 0,0037 — 0,0042 0,2426 —+ 0,0042 2,5 _ wen = 0,2229 + 0,0204 3,0 — —— — . 0,2369 + 0,0013 4,0 — Bi ne 0,2192 — 0,0036 Demnach entsprach der osmotische Druck der Nierenrinde auch hier wiederum demjenigen einer 1,7 bis 1,8proz. NaQl- Lösung; derjenige der Marksubstanz lag dagegen wesentlich höher: 0 = 3,0 bis 4,0 Proz. NaCl. C. Kaninchenniere. Versuch 12. NaCl Rinde Mark Proz. G | 7 @ Std.) G V (/, Std.) 1,0 0,1334 + 0,0104 = = 155 0,1506 —+ 0,0014 0,1105 —- 0,0079 2,0 0,1717 — 0,0049 0,0889 +1.0,0075 3,0 == _ 0,0798 + 0,0012 4,0 — —_ 0,0807 — 0,0032 Binde» 7.,7,.7..3.% 0 = 1,5 bis 2,0 Proz. NaCl, Mark ......0= 50 bis 40 Proz. NaCl. 30* 468 Waichi Hirokawa, Versuch 13. NaCl Rinde Mark Proz. G V@/,. Std.) G V (/, Std.) 1,0 0,1876 —+ 0,0027 — — 1,5 0,1933 — 0,0131 0,1028 +- 0,0023 9,0 0,1799 — 0,0213 0,1311 — 0,0054 3,0 — — 0,1022 — 0,0125 4.0 zu ze 0,1683 — 0,0230 5,0 es a 0,1157 — 0,0165 Binder... ns 0 = 1,0 bis 1,5 Proz. NaCl, Mark Waren. 0 = 1,5 bis 2,0 Proz. NaCl. Versuch 14. NaCl Rinde Mark BEN G V (y, Std.) G | 7 @, Std.) 1,0 0,1179 0,0082 3 er 1,5 0,1400 — 0,0085 0,0754 0,0091 2,0 0,1175 —.0,0135 0,0629 0,0005 3,0 _ — 0.1055 — 0,0168 4,0 — — 0,1249 — 0,0207 Rinde. ..... 0 = 1,0 bis 1,5 Proz. NaCl, Mark)... 0.000208 0 = 2,0 bis 3,0 Proz. NaCl. Versuch ]5. Bei einem Kaninchen wurde nach Eingießung von 120 cem Wasser per Schlundsonde und Anlegung einer Blasenfistel durch subeutane Injektion von 0,04g Coffeinum natrobenzoicum eine nicht sehr hochgradige Diurese erzielt. Die Gefrierpunktsbestimmung in den beiden zuletzt aufgefangenen Harnportionen ergab 4 = 0,78° bzw. 1,05%, was dem osmotischen Druck einer 1 bis 1,5 proz. Kochsalzlösung entspricht. NaCl Rinde Mark Proz. G | 7 @% Std.) G | 7 0% Std) 1,0 0,1971 —- 0,0095 0,0376 + 0,0060 1,5 0,1288 — 0,0044 0,0961 0 2,0 0,1701 — 0,0146 0,0760 — 0,0062 Risde...n2.% 0 = 1 bis 1,5 Proz. NaCl], Na IR 0 = 1,5 Proz. NaCl, IE a EI 0 = 1 bis 1,5’Proz. NaCl. Über den osmotischen Druck des Nierenparenchyms. 469 Der gefundene osmotische Druck der Nierenrinde des Kanin- chens entspricht sonach demjenigen einer 1 bis 2 proz. Kochsalz- lösung. Derjenige des Nierenmarkes kann wesentlich höhere Werte erreichen; bei jenem Versuch eben, wo durch Coffeindiurese ein dünner Harn erzielt worden war, lag auch der osmotische Druck des Nierenmarkes innerhalb der genannten Grenzen. D. Katzenniere. Versuch 16. Rinde. u re NaCl G Zen G v (1 Std.) Proz. Proz. 1,0 0,1994 + 0,0488 2,0 0,2126 — 0,0317 169 0,2125 - 0,0335 2.8 0,1595 — 0,0047 1,8 0,2067 — 0,0151 .2,D 0,2054 — 0,0110 Rinde .........,. 0 = 1,5 bis 1,8 Proz. NaCl. Versuch 17. NaCl Rinde Mark Proz. G v @Ys Std.) G V (ya Std.) 1,0 0.1965 - 0,0705 0,1960 —+- 0,0392 1 0,2181 0,0529 0,1689 - | - -1.0,039 2,0 0,2353 — 0,0051 0,1945 + 0,0192 3,0 0,2163 — 0,0097 0,1860 +- 0,0290 4,0 0,2303 — 0,0066 0,1842 + 0,0208 Rinde. ..... 0 —= 1,5 bis 2,0 Proz. NaCl, Marke 10.0322: 0 > 4 Proz. NaCl. Versuch 18. NaCl Rinde Mark Proz. G V (i/, Std.) G | v (), Std.) 1,0 0,4768 +-0,0573 £: = 1,5 0,3771 + 0,0113 0,2917 0,0200 DU ER 0,4125 — 0,0191 0,2635 0,0140 2,5 ai _ 0,2569 0,0075 3,0 ee a 0,2540 — 0,0083 Binder... 0 — 1,5 bis 2,0 Proz. NaCl, Mairk'.... 2.2.44 0 — 25 bis 3,0 Proz. NaCl. 470 Waichi Hirokawa, Versuch 19. NaCl Rinde Mark Proz. G | 7 0% Sta.) G V (@y, Sta.) 1,0 0,3889 + 0,0360 at 1,5 0,4652 — 0,0088 LE e 2,0 0,1759 — 0,0071 ae 2 4,0 = = 0,0811 0,0080 7,0 = ver 0,0648 0 10,0 = Br 0,0442 — 0,0016 Der der Blase entnommene Harn zeigte nach vierfacher Verdünnung eine Gefrierpunktserniedrigung 4/4 — 1,15%; der osmotische Druck des un- verdünnten Harnes entsprach demnach demjenigen einer etwa 7 proz. NaQl- Lösung (Kontrollversuch: NaCl 7 proz. ergab 4 = — 4,64°). Rinder... 0 = 1 bis 1,5 Proz. NaCl, Marka.r nr er 0 =1% Proz. NaCl, Harny.". 2022: 0 = 7 Proz. NaCl. Versuch 20. NaCl Rinde Mark Proz. G V (1), Std,) G V (!/ Std.) 1,0 0,3023 —- 0,0130 — = 1,5 0,2500 — 0,0120 0,0887 —- 0,0061 2,0 0,2438 — 0,0261 0,0960 —+- 0,0080 3,0 0,2676 — 0,0460 — — 4,0 0,2765 — 0,0623 0,0355 -- 0,0070 8,0 — — 0,0610 — 0,0025 10,0 a = 0,0374 — 0,0039 Der Blasenharn erwies sich in diesem Falle äußerst konzentriert und gab noch nach zehnfacher Verdünnung eine Gefrierpunktserniedrigung Der osmotische Druck des unverdünnten Harnes entsprach demnach etwa demjenigen einer 10 proz. NaCl-Lösung. 4/10 — — 0,68°., Me, ee) Be 0 = 1 bis 1,5 Proz. Nall, DR 0 > 4 Proz. NaCl!), 0 = etwa 10 Proz. NaCl. ‘) Der niedrigste von Dreser beobachtete Gefrierpunkt des Katzen- harnes betrug 4,64 (vgl. Overton in Nagels Handb. d. Physiol. 2, 885). Über den osmotischen Druck des Nierenparenchyms. 471 Versuch 21. NaCl Rinde Mark Proz. @ | 7 @% Std.) G v (), Std.) 1,0 0,2900 -+- 0,0190 en — 1,5 0,2588 — 0,0020 0,1412 -- 0,0060 2,0 0,2470 — 0,0125 ' 0,1742 +0,0103 3,0 0,2990 — 0,0090 — — 4,0 0,2129 — 0,0280 0,1885 — 0,0040 6,0 = a 0,1820 — 0,0015 7,0 ur = 0,1532 — 0,0163 8,0 = _ 0,0855 — 0,0115 Harn: 4 — — 2,30°, entsprechend einer 4proz. NaCl-Lösung (Kontroll- versuch mit 4 proz. CINa-Lösung: 4 = — 2,39). Rinde........*,.. 0=1 bis 15 Proz. NaCl, Mark Micra 00% 0 = 2 bis 4 Proz. NaCl, Harn 322, °.3.0. 0 = 4 Proz. NaCl. Versuch 22. NaCl Rinde Mark Proz. G | 7 (4 Std.) G y (@), Std.) 1,0 0,2265 + 0,0040 —_ —_— 1,5 0,2000 — 0,0135 0,0955 —+- 0,0050 2,0 0,2332 — 0,0235 0,0690 +- 0,0057 4,0 — —_ 0,0696 —- 0,0029 8,0 —_ — 0,0500 — 0,0055 Blasenharn: 4 = — 3,96, entsprechend einer etwa 6 proz. NaCl-Lösung. Rinde. ..... —= 1 bis 1,5 Proz. NaCl, Mark: Fear 0 > 4 Proz. NaCl, Harn as. —,6 Proz... NaCl. Versuch 23. NaCl | Rinde Mark Proz. | G V (!/, Std.) G V (, Std.) 1,0 0,2673 0,0350 ze — 1,5 0,2597 — 0,0005 Mr — 2,0 0,2745 — 0,0140 — _ 3,0 = ex 0,1815 0,0123 70 = &, 0,1374 0,0081 472 Waichi Hirokawa, Blasenharn vierfach verdünnt 4/4 — — 1,30%. Der osmotische Druck des unverdünnten Harnes entspricht demnach etwa demjenigen einer 8 bis 9 proz. NaCl-Lösung. Rinde. ..... 0 =1 bis 1,5 Proz. NaCl, Mark „a 2... 0 >17 Proz. Nall, Harman. 0 = 8 bis 9 Proz. Na(l. Versuch 24. Durch Eingießen von 100ccm Wasser per Schlundsonde (Urethan- narkose) wurde die Ausscheidung eines verdünnten Harnes hervor- gerufen. Eine Stunde später wurde die Katze getötet. NaCl | Rinde Mark Proz. || G V (, Std.) G V (@, Sta.) 1,0 0,1120 + 0,0055 u — 1,50 0,1846 — 0,0089 0,0937 — 0,0030 2,0 0,1360 — 0,0193 0,0648 — 0,0003 3,0 0,1395 — 0,0278 0,0810 — 0,0028 4,0 — — 0,0453 — 0,0025 Harn (unverdünnt): 4 = — 1,45°. Versuch 2. . 0=1 bis 15 Proz. Nall, . 0 < 1,5 Proz. NaCl, . 0 =2 Proz. NaCl. Intravenöse Infusion von 1 proz. NaCl-Lösung. Harn aus Blasen- kanüle aufgefangen (Urethannarkose). Letzte Harnportion 4 = — 1,68°. NaCl Rinde Mark Proz. G V (/, Std.) G | 7 04 Sta.) 1,0 0,1720 -+ 0,0102 0,0883 + 0,0113 1,5 0,2221 — 0,0046 0,0685 + 0,0053 3,0 0,1818 — 0,0193 0,0910 —+- 0,0070 4,0 — .— 0,0555 — 0,0001 Rinde. .....0... 0 = 1 bis 1,5 Proz. Nall, May a 0 = 4 Proz. Nall, Harn nz. 0: = 3 Proz. NaCl. Versuch 26. Chloralhydrat. Harnverdünnung durch Infusion von 100 cem Wasser per Schlundsonde. Über den osmotischen Druck des Nierenparenchyms. 473 NaCl Rinde Mark Proz. G V (), Std.) G V (/, Std.) 1,0 0,2444 — 0,0028 — — 1,5 0,2699 — 0,0249 — — 2,0 0,2869 — 0,0397 0,1984 —- 0,0050 9,5 Br ws 0,1152 — 0,0155 3,0 — —_ 0,1728 — 0,0155 4,0 = en 0,1234 — 0,0185 Binder... 2% 0 < 1 Proz. NaCl, Mark. ars... 0 = 2 bis 2,5 Proz. NaCl. Versuch 27. Äthernarkose Harnverdünnung durch Infusion von 100 ccm Wasser per Schlundsonde und subeutane Injektion von Coffeinum natrobenzoicum 0,05 8. NaCl Rinde Mark Proz. (F | 7.04 Std) G 7 @% sd) 1,0 0,00 | -+0,0032 0.1438 0,0058 1,5 0,2478 — 0,0135 0,1187 — 0,0041 2,0 0,3104 — 0,0325 0,1038 — 0,0142 Binder 7. ©. 0—1 bis 1,5 Proz. NaCl, Markt... 45: 0 = 1 bis 15 Proz. NaCl. Der osmotische Druck der Katzennierenrinde ist also ein außer- ordentlich konstanter und zwar entspricht er demjenigen einer 1 bis 2proz. Kochsalzlösung. Der osmotische Druck der Mark- substanz ist dagegen unter normalen Verhältnissen stets erheblich höher und übersteigt häufig denjenigen einer 4proz. Kochsalz- lösung; er ist um so höher, in je konzentrierterer Form der Harn ausgeschieden wird, und gelingt es, denselben durch künstliche Harnverdünnung (durch Flüssiskeitsinfusion) auf ein niedriges Niveau herabzudrücken. IV. Physiologische Ergebnisse. Um nun die physiologischen Schlußfolgerungen aus unseren Versuchen abzuleiten, mögen zunächst die objektiven Resultate derselben in einer Tabelle in übersichtlicher Form zur Anschauung gebracht werden. Die in derselben enthaltenen Zahlenwerte beziehen sich auf den osmotischen Druck (0) der Nierenrinde, des Nierenmarkes 474 Waichi Hirokawa, und des Harnes, ausgedrückt durch die prozentische Konzentration einer dem betreffenden Gewebe bzw. Sekret isosmotischen Koch- salzlösung. = Tiergattung | Nierenrinde | Nierenmark | Harn Anmerkung 1 Schwein 1,7—1,3 — — 2 = 1,8— 2,0 — —_ 6 h: 1,7—1,8 — — 7 rn 1,6—2,0 n — 8 5 1,6—1,8 = — 9 55 1,3— 2,0 — — 10 > 1,5—2.0 — n— 11 Rind 1,7—1,8 3—4 _ 12 Kaninchen 1,5—2,0 3—4 — es) Bee 1,0—1,5 1,5—2,0 —_ 14 5 1,0—1,5 2—3 — 15 » LEN ac ee a 4 Katze 1,5—2,0 A — 5 H 1,5—2,0 -— — 16 „ 1,5—1,8 — — 17 e 1,5—2,0 >4 — 18 5 1,5—2,0 2,5—3,0 = 19 3 1,0—1,5 7 7 20 > 1,0—1,5 = 10 21 5 1,0—1,5 2—4 AN 22 = 1,0—1,5 >4 6 23 5 1,0—1,5 u 8—9 94 5 1,0—1,5 == 165 9- De Wasser- 25 a a 96 n ZA 2,0—2,5 = an. in den 2 is os | ne Ein Blick auf vorstehende Tabelle lehrt folgendes: Der osmotische Druck der Nierenrinde aller unter- suchten Tierarten (Schwein, Rind, Kaninchen, Katze) ist ein außer- ordentlich konstanter und entspricht demjenigen einer 1 bis 2 proz. Kochsalzlösung. Er ist unabhängig von der Konzentration des ausgeschiedenen Harnes und erreicht selbst dann keinen höheren Wert, wenn der osmotische Druck des Nierensekretes sich bis zu demjenigen einer 5 bis 10 proz. NaCl-Lösung erhebt. Der osmotische Druck des Nierenmarkes dagegen ist außerordentlich wechselnd und unter normalen Verhältnissen fast Über den osmotischen Druck des Nierenparenchyms. 475 ausnahmslos wesentlich höher als derjenige der Rinde, und zwar ist er um so höher, ein je konzentrierterer Harn ausgeschieden wird. | Erzielt man dagegen durch Infusion von Wasser oder einer schwachen Salzlösung die Sekretion eines stark verdünnten Harnes, so gelingt es unschwer, den osmotischen Druck des Nierenmarkes bis auf das Niveau desjenigen der Rinde herab- zudrücken. Es ergibt sich daraus die Schlußfolgerung, daß der hohe osmotische Druck des Nierenmarkes nicht etwa den sezernierenden Zellen als solchen, vielmehr dem in den Harnkanälchen enthaltenen Harne eigentümlich ist. Es liegt also gar kein Grund für die Annahme vor, daß die Nierenzellen, ihrer physiologischen Rolle und Bestimmung ent- sprechend, etwa vermöge einer hohen osmotischen Druckkraft be- fähıgt seien, einen Wasserstrom aus dem Blute in ihr Protoplasma zu lenken. Osmotische Druckkräfte vermögen die spezifische Wasseraufnahme durch die Zellen des Nierenparenchyms sicherlich ebensowenig zu erklären, wie ihr Vermögen, das aus dem Blute geschöpfte Wasser gegen das Lumen der Harnkanälchen hin zu eliminieren. 4 Unsere Versuche gestatten jedoch noch eine weitere Schluß- folgerung, und zwar bezieht sich dieselbe auf die physiologische Leistung und Bedeutung des Nierenmarkes. Unsere Beobachtungen lehren in eindeutiger Weise, daß der Harn, welcher in der Marksubstanz enthalten ist, einen weit höheren osmotischen Druck besitzt, als jener Harn, welcher die gewundenen Kanäle der Nierenrinde erfüllt; der osmotische Druck des Harnes nimmt also, während dieser die Henleschen Schleifen und die Sammelröhren passiert, sehr erheblich zu. Solange der Harn in den Rindenkanälchen verweilt, steigt seine molekulare Konzen- tration bei keiner der beobachteten Tiergattungen über den 1!/, bis 2fachen Wert jener molekularen Konzentration an, welche dem Blute eigentümlich ist. Einen hohen osmotischen Druck; der bis zu einem Vielfachen des Blutwertes sich erheben ‘kann, erlangt der Harn offenbar erst, nachdem er die gewundenen Kanälchen verlassen hat, also auf seinem Wege durch das Nierenmark. Eine Erhöhung des osmotischen Druckes des Harnes im Nieren- mark kann nun offenbar auf zweifachem Wege zustande kommen: entweder durch sekretorische Anreicherung des Harnes an 476 Waichi Hirokawa, osmotisch wirksamen Bestandteilen, oder aber durch Wasserverarmung infolge Rückresorption. Es fragt sich nun, welche von diesen beiden Möglichkeiten eine größere Wahrscheinlichkeit besitzt. Falls die erstgenannte Eventualität die ausschließlich zu- treffende wäre, müßte die Hauptleistung hinsichtlich der sekre- torischen Überführung des Harnstoffes und der anorganischen Harnbestandteille aus dem Blute nicht, wie dies im Sinne der Bowmann-Heidenhainschen Anschauung von der Mehrzahl der Physiologen angenommen wird, von den gewundenen Kanälchen der Rinde, sondern von den Henleschen Schleifen und den Sammelröhren des Muskels besorgt werden. Denn nur so könnten Beobachtungen, wie z. B. die Versuche 19 und 23, er- klärt werden, wo der osmotische Druck der Nierenrinde 1 bis 1,5 Proz. NaCl, derjenige im Mark aber 7 Proz. NaCl bzw. einem noch höheren Werte entsprach. Nun ist man ja sicherlich nicht ohne weiteres berechtigt, den Henleschen Schleifen jede sekretive Leistung abzusprechen, und Heidenhain hat denn auch den aufsteigenden Abschnitten der Henleschen Schlingen neben den gewundenen Kanälchen der Rinde eine sekretive Leistung wirklich zugeschrieben. Es sei aber hier darauf hingewiesen, daß gerade bei Heidenhains eigenen so bekannten Versuchen sich wach Injektion von indigschwefelsaurem Natron ins Blut nur der Rindenteil färbte, der Markteil aber vollkommen farblos blieb. Für die Annahme, daß die sekretive Hauptleistung nicht den Tubuli contorti, sondern den weiter abwärts gelegenen Röhren zufalle, liegt tatsächlich weder eine physiologische, noch eine anatomische Begründung vor. Dagegen läßt sich eine ganze Reihe von Beobachtungen zu- gunsten der Annahme geltend machen, daß in den Markkanälchen eine Konzentration des Harnes durch Wasserresorption erfolgt. Um Mißverständnissen vorzubeugen, möge hier ausdrücklich hervorgehoben werden, daß nicht etwa im Sinne der alten Ludwig- schen Theorie die sekretive Funktion der Nierenepithelien geleugnet werden soll. Ebensowenig soll hier die Frage diskutiert werden, mit wieviel Recht die Annahme einer sekretiven Tätig- keit der Rindenepithelien im Sinne von Bowmann und Heiden- hain durch die Vorstellung einer elektiven Resorption im Sinne Sobieranskis ersetzt werden könnte. Nur von der Annahme Über den osmotischen Druck des Nierenparenchyms. 477 einer Wasserresorption in den Markkanälchen, nicht aber von den Vorgängen in der Nierenrinde soll hier die Rede sein. „Zieht man die eigentümliche, mehr einem Endothel gleichende Aus- kleidung der absteigenden Schleifenschenkel in Betracht“, sagt Metzner!), „desgleichen das Fehlen des Bürstensaumes im größten Teil der Schleifen, sowie in den Sammelröhren, ... so würde das Mark vornehmlich als Resorp- tionsstätte anzusehen sein.“ Zu den gleichen Schlußfolgerungen gelangte Hüfner?’) auf Grund der vergleichend anatomischen Beobachtung, daß bei in Wasser lebenden Tieren, die also auf Wassersparung nicht‘ angewiesen sind, ‘das. Kanalsystem des Nierenmarkes weit weniger ausgebildet ist als bei Landtieren. Die Tatsache, daß von den Nieren ausgeschiedene Farbstoffe und Harnsäurekonkremente sich erst im Mark dichter ballen, daß bei Albuminurie sich das Eiweiß erst daselbst zu kompakten Zylindern verdichtet, ist im gleichen Sinne gedeutet worden; ebenso Ribberts®) histologische Beob- achtungsreihe nach Injektion von Ferrocyankalium in das Nierenbecken, sowie von Karmin in das Markparenchym. Ribbert suchte ferner die Annahme, daß der Harn in der Mark- substanz eingedickt werde, auf experimentellem Wege zu begründen, indem er die Markpyramide der Kaninchenniere mit dem Hohlmeißel entfernte. Die so operierten Tiere schieden zwei- bis dreimal soviel eines schwach gefärbten Harnes aus wie die Kontrolltiere. Hans Meyer und Hausmann‘) erzielten, nachdem sie eine Niere entfernt und das Mark der anderen exstirpiert hatten, eine Steigerung der Harnmenge auf das drei- bis vierfache. „Der vor der Operation dunkle, lehmige Harn (Haferkaninchen) von 1040 bis 1050 Dichte wurde alsbald hell, dünnflüssig und zeigte eine Dichte von 1009 bis 1011.“ Schließlich gehört ein von Bujniewicz°) beobachteter Fall aus der menschlichen Pathologie hierher, wo eine Nierenruptur mit konsekutiven krankhaften Veränderungen im Bereich der Marksubstanz und Bildung einer Harnleiterfistel die reichliche Ausscheidung eines verdünnteren Harnes aus der erkrankten Niere zur Folge hatte. In den Rahmen dieser Erfahrungen fügen sich nun unsere Beobachtungen, welche uns die Möglichkeit geboten hatten, den osmotischen Druck des in den gewundenen Rindenkanälchen und in den Markkanälchen enthaltenen Harnes miteinander messend zu vergleichen, in ungezwungener Weise ein und wir glauben die- !) R. Metzner, Die Absonderung und Herausbeförderung des Harnes. Nagels Handb. d. Physiol. 2, 262 (1907). ?2) Hüfner, Zur vergleichenden Anatomie und Physiologie der Harn- kanälchen. Leipzig 1866. >) H. Ribbert, Über Resorption von Wasser in der Marksubstanz der Niere. Virch. Arch. 93, 169 (1883). *) H. Meyer, Marb. Sitzungsber., Juli 1902, zit. Nagels Handb. 2, 264. 5) K. Bujniewiez, Zur Theorie der Harnbildung. Le Physiologiste russe 2, 196 (1904). 478 Waichi Hirokawa, Über den osmot. Druck des Nierenparenchyms. selben als eine kräftige Stütze für die Lehre von der resorptiven Funktion des Nierenmarkes auffassen zu dürfen. Zusammenfassung. l. Der osmotische Druck der Nierenrinde ist ein sehr konstanter und liegt bei allen untersuchten Tiergattungen (Schwein, Rind, Kaninchen, Katze) innerhalb der Grenzen des osmotischen Druckes einer 1 bis 2proz. NaCl-Lösung. Er ist unabhängig von der Konzentration des ausgeschiedenen Harnes und erreicht selbst dann keinen höheren Wert, wenn der osmotische Druck des letz- teren zu einem sehr hohen Niveau ansteigt. 2. Der osmotische Druck des Nierenmarkes ist dagegen außerordentlich variabel; er ist fast ausnahmslos wesentlich größer als derjenige der Nierenrinde, und zwar in um so höherem Maße, ein je konzentrierterer Harn ausgeschieden wird. 3. Wird durch Infusion von Wasser oder schwachen Salz- lösungen die Ausscheidung eines sehr stark verdünnten Harnes erzielt, so kann der osmotische Druck des Nierenmarkes bis zu demjenigen der Nierenrinde heruntergedrückt werden. 4. Die Zellen des Nierenparenchyms nehmen hinsichtlich ihres osmotischen Verhaltens anderen Gewebszellen gegenüber keinerlei Ausnahmestellung ein und es kann ihre physiologische Leistung in bezug auf ihr Wasseranziehungsvermögen keineswegs auf einfachem, physikalisch-chemischem Wege erklärt werden. 5. Die molekulare Konzentration des Harnes erhebt sich, so- lange er innerhalb der gewundenen Nierenkanälchen verweilt, bei keiner der beobachteten Tierspezies über das 1!/, bis 2fache der molekularen Konzentration des Blutes. Einen hohen osmotischen Druck, der bis zu einem Vielfachen des Blutwertes ansteigen kann, erlangt der Harn erst beim Passieren des Röhren- systems des Nierenmarkes. 6. Diese Erhöhung des osmotischen Druckes erklärt sich am ungezwungensten aus der Annahme einer im Nierenmark er- folgenden Rückresorption von Wasser. XXXVI Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Kolloiden. Von B. H. Buxton und Alfred H. Rahe. (Department of Experimental Pathology, Loomis Laboratory, Cornell Medical College, New York.) Die Frage nach der Hydratation der Ionen in wässerigen Lösungen hat neuerdings viel Beachtung gefunden. Namentlich haben Biltz!) und Jones?) eine überaus große Zahl von Versuchen ausgeführt, um die Abhängigkeit des Hydratationsgrades von der Konzentration der Lösung zu zeigen. Bousfield?) ermittelte durch Messungen, daß sowohl Tem- peratur als Konzentration einen erheblichen Einfluß darauf ausüben. Setzt man z. B. das Volumen des Wasserstoffions bei 20° gleich 1, so ist es bei 0° annähernd 0,8, bei 40° annähernd 1,2 und nimmt über 40° wieder ab. Es kam uns der Gedanke, daß die wechselnde Hydratation des H-Ions vielleicht mit dem Phänomen der Vorzone zusammen- hängt, das so oft bei der Ausflockung von Kolloiden durch Säuren beobachtet wird, und wir stellten darum eine Anzahl von Aus- flockungsversuchen mit Säuren und Salzen bei wechselnder Tem- peratur an. Im ganzen fanden wir, daß mit Steigerung der Temperatur die Breite der Ausflockungszone zunahm, und Bak- terien zeigten auf Säurezusatz bei 40° gelegentlich eine Neigung zum Auftreten von unregelmäßigen Reihen, die bei 0 und 20° nicht vorhanden war. Immerhin haben unsere Versuche keinen Zusammenhang zwischen dem angenommenen Hydratationsgrad des H-Ions und der Breite der Vorzonen bei verschiedenen durch !) Zeitschr. f. physik. Chem. 40, 185 (1902). ?) Amer. Chem. Journ. 33, 34 (1905) und andere Journale. ®) Zeitschr. f. physik. Chem. 53, 257 (1905). 480 B. H. Buxton und Alfred H. Rahe, Säuren ausflockbaren Kolloiden ergeben; sie sollen daher hier nicht näher mitgeteilt werden. Wenn wir nun zu Versuchen über die Ausflockung von Kolloiden durch Kolloide übergehen, haben wir über bemerkens- werte Ergebnisse zu berichten, die wir bei weitem nicht für auf- geklärt ansehen, wenngleich wir auf Grund von vorläufigen Arbeits- hypothesen im nachstehenden einige Deutungsversuche machen. Wir benutzten in diesen Versuchen Probierröhrchen von 9cm Länge, die zu etwa 20 Stück in mit Gewichten beschwerten Eprouvettengestellen untergebracht waren. In die Röhrchen wurde lccm der einen kolloidalen Lösung von wechselnder Konzentration eingefüllt und das Gestell in ein Wasserbad: von der gewünschten Temperatur versenkt. Die andere Kolloidlösung wurde im ganzen durch Erwärmen oder Abkühlen auf die gleiche Temperatur ge- bracht und je lccm davon mittels einer Maßpipette in die Röhr- chen zu der ersten Kolloidlösung zugesetzt. Durch etwas heftiges Ausblasen der Pipette wurde eine genügende Mischung der beiden Flüssigkeiten erzielt, so daß kein Schütteln nötig war. Für die Temperaturen 0, 20 und 40° wurden systematische Versuchs- reihen mit 1-, 3-, 5- und 24stündiger Dauer ausgeführt, Versuche bei 60 und 80° wurden nicht über 2 bis 3 Stunden ausgedehnt. Bei höherer Temperatur erfolgt die Flockenbildung so rasch, daß die Reaktion nach 2 Stunden praktisch zu Ende ist. Auch zeigte von den Versuchsreihen bei niederer Temperatur nur jene bei 0° nach 4 Stunden noch eine merkliche Änderung. Bei den Reihen mit 0° und 40° wurden die Gestelle nach 5 Stunden aus dem Wasserbade genommen und in den Eiskasten oder den auf 380% er- wärmten Brutraum gebracht. Bei 20° wurde vom Wasserbade ab- gesehen, doch war die Temperatur des mit Dampf geheizten Arbeitsraumes stets nahe 20%. Ausfloekung von Kolloiden durch Kolloide. Zwischen O0 und 100° weisen viele Kolloidlösungen erhebliche Veränderungen auf. Einzelne erstarren bei niederer Temperatur, z. B. Gelatine und Agar, andere bei höherer, z. B. Albumine. Die erstgenannte Veränderung ist reversibel, die letztere nicht. Das einmal durch Hitze koagulierte Eiweiß kann nicht mehr in kolloidale Lösung überführt werden, während Gelatine und Agar beliebig oft zum Erstarren und Schmelzen gebracht werden können !}). 1) Lewites, Zeitschr. f. Chemie d. Kolloide 2, 16 (1908). lu 5 ma a TEE TEE TREEBEETOER TE: EEE EEE TEEN Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Kolloiden. 481 Wieder andere Kolloide werden innerhalb dieser Grenzen durch die Temperatur nicht beeinflußt. Eisenhydroxyd und kolloidales Platin können bis 0° abgekühlt und können gekocht werden, ohne daß Koagulation oder sichtbare Veränderung eintritt. Wenn sie aber — und ebenso manche andere künstlich erhält- liche Kolloidlösungen — einmal durch andere Einwirkungen (Elektrolyte) zum Ausfällen gebracht worden sind, können sie nicht wieder durch Wasser allein in Lösung gebracht werden; dazu bedarf es dann eigener Methoden. Diese Kolloidlösungen sind somit irreversibel, obgleich ihre Haltbarkeit durch Tempe- raturen zwischen O0 und 100° nicht beeinflußt wird. Die Farb- stoffe müssen danach, da sie getrocknet und dann jederzeit durch einfache Wasserzugabe wieder in kolloidale Lösung gebracht werden können, als reversible Kolloide angesehen werden!). Wir können darnach die Kolloide in folgender Weise klassi- fizieren: Be A. Zwischen O und 100° nicht koagulable Kolloide. 1. Reversibel: z. B. Farbstoffe. Be 2. Irreversibel: z. B. Eisenhydroxyd; kolloidales Platin. B. Zwischen O0 und 100° koagulable Kolloide. 1. Reversibel: z. B. Gelatine, Agar, Stärke. 2. Irreversibel: z. B. Albumine. Die von uns verwendeten Lösungen koagulabler Kolloide waren ausreichend verdünnt, um eine Ausfällung zwischen O0 und 100° zu vermeiden. Wir machten ferner auch von Bakterien- und Mastixsuspensionen Gebrauch. Wir verzichten darauf, die Methoden, nach denen die verschiedenen von uns verwendeten Suspensionen und Lösungen dargestellt waren, näher zu beschreiben, nur sei bemerkt, daß zur Verdünnung durchweg gewöhn- liches destilliertes Wasser verwendet-wurde, und daß die Ausgangslösungen in jenen Fällen, wo sie notwendig Elektrolyten enthielten, z. B. bei einigen anorganischen Kolloiden und bei Bakteriensuspensionen, eine Woche lang der Dialyse gegen destilliertes Wasser unterworfen wurden. Unser Hauptziel war stets die Bestimmung des Ausflockungs- punktes, und dieser ist, wie uns die Erfahrung gelehrt hat, .von der Gegenwart von Elektrolytspuren unabhängig. Die Aus- Nlockungszone wird durch Anwesenheit merklicher Mengen von Elektrolyten verbreitert, das Optimum bleibt unverändert. !) Biltz, Med.-naturwiss. Archiv 1, 267 (1908). Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 31 482 B. H. Buxton und Alfred H. Rahe, Farbstoffe. Bei gegenseitiger Ausflockung zweier Farbsalze findet eine che- mische Reaktion zwischen dem Kation des sauren und dem Anion des basischen Farbstoffs statt, so daß sich beim Optimum der Flocken- bildung Säure und Base in äquimolekularem Verhältnis ausfällen. Es ist daher nicht zu erwarten, daß die Temperatur das Optimum beeinflußt. Das ergab auch der Versuch. Tabelle . Nachtblau und Biebricher Scharlach. Endgültige Verdünnung des Nachtblau Y,. Proz. Biebricher Scharlach hr 500 ug di! ig Endverdünnung \ Be Proz. 24 Stdn. | 24 Stdn. | 24 Stdn. | 3 Stdn. ‚1 Stde, = nr Moos bISn Yo ee _ — = zen ER PR ENG — en sur = Er Van — 1. |)4++ +++ 44 + EEE +++ +++ +++ | +++ | 44+ ERDE a ge + u +++|/| +++ Un IR RRL _ n eu u Ba Lay Der äguimolekulare Punkt zwischen den zwei Farbsalzen ist annähernd 1/y;, Proz. Biebricher Scharlach zu 1/3, Proz. Nacht- blau. Wie aus Tabelle I ersichtlich, liegt das Optimum in der Nachbarschaft dieses Punktes unabhängig von der Temperatur. Dieselbe Regelmäßigkeit ergab sich bei Versuchen mit Kongorot- Nachtblau, Kongorot-Nilblau. ‚und. in einigen anderen Beispielen. Nimmt man hingegen ein nicht salzartig verbundenes nega- tives Kolloid, das dem basischen Farbsalz. gegenüber . keinen scharfen Neutralisationspunkt besitzt, so erhält: Man: SR Abr weichende Resultate. ua) 2uT | Tabelle II ist typisch für die Reaktion seht! babieerleh Farbstoffen und dialysierten Bakterienaufschwemmungen: Als Ausflockungsoptimum, das durch Fettdruck ausgezeichnet ist, . ist der Punkt bezeichnet, wo die ‚Flockenbildung am frühesten be- ginnt und in der Beobachtungsreihe am meisten. ‚hervortritt. ‚Es entspricht nicht notwendig. der Mitte der Ausfloekungszone. BR: Nachtblau und Teinseugg en für die Proben gewählt, Heide mit den ver schiedenen Kolloiden enge Ausflockungszonen. darbieten ı und das Optimum "der Flockenbildung leichter zu erkennen gestatten, als weniger kolloidale Farbstoffe, z. B. Neutralrot und ee Jean De zonen a sehr breit sind. os selvensgon-.boh ri DE EEE ER 2 a) u ee DE u DE Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Kolloiden. 483 Tabelle U. Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Bakteriensuspensionen durch basische Farbstoffe. Nachtblau Bac. pyocyaneus Endverdünnung 60° Proz. % ss Ik a 2 Stdn. VD he ea — — — En a er — = —L en Sn He A AR. BEE TE _ = ++ +++ Y DAN 20 ONE FR DET RR SORT. = E si AZ = + = IE 4 Ale ee NE N 4 +++ ü &# a a +++ = = ® Ve ARE 2 in & bi en. ar em „= = Janusgrün Bac. coli comm. Endverdünnung a TE en Proz. 2 en 2 Stdn | 2 Stdn. abe one = gr je A in Me la Met: — — — = ++ ee ee — — = > amiinn Ars oil EU EELBER IS a EEE E Vier 3 _ — ar ar EEE ne, ge — +++ — a Fe N s ++ —_ — == in soo BIS "/o Eee en = ni BiE3 ER 2Sch Man sieht, daß mit Steigerung der Temperatur mehr Farb- stoff erforderlich ist, um eine bestimmte Menge von Bakterien auszuflocken. Es liegt nahe, zu vermuten, daß bei erhöhter Tem- peratur umgekehrt weniger Bakterien zur Ausfällung einer ge- gebenen Farbstoffmenge ausreichen werden. Tabelle IITA gibt ein Bild von diesem umgekehrten Verhalten. Die in Tab. III A verwendete Suspension von Cholerabazillen war sehr konzentriert. Von dieser Ausgangssuspension waren die in der Tabelle angegebenen Verdünnungen hergestellt. Bei 0° wird die 1/39, Proz. Janusgrünlösung von einer !/,,, Suspension ausgeflockt, wäh- rend dazu bei 80° schon eine drei- oder viermal verdünntere genügt. Agglutininbakterien!) verhalten sich, wie aus Tab. III B hervor- geht, genau wie normale; das Ausflockungsoptimum liegt für 0° an- nähernd bei 1/00, für 20° bei 1/yo0, für 40° bei !/ıs, Proz. Nachtblau. ') Bechhold, Zeitschr. f. physik. Chemie 48, 385. 31* 484 ; B. H. Buxton und Alfred H. Rahe, Tabelle III. R Gleichen, Farbstoff- ei gehalt bei wechselnder B. Farbstoff und Bakterienmenge. | Agglutininbakterien. Cholera- Nachfhi suspension Janusgrün Vs90 Proz. : “ = AU [Asglutinierte Colibakterien Ver- es ran gen verdünnung Proz. 0°: | 40° | 80° Proz. 0° 20° | 40° io bis ua . ae | gu2 ZgR /eo bis "Yon - Se Easy E= /ıo - | inet | Sn ee | I ga ee — VEIT E ir PT testet. #600 TER An 27 ao Ho ln don DIS /e, > = Er ge Ferner macht es keinen Unterschied, wenn die Bakterien vorher auf 750 erhitzt oder selbst eine Stunde gekocht worden sind. Diese Behandlung pflegt das Optimum ein wenig zu ver- schieben, ändert aber nichts an der beobachteten Regel. Tabelle IV. Nachtblaukonzentrationen, die zur optimalen Ausflockung von Bakterien bei verschiedenen Tempe turen erforderlich alnıd. ; Nachtblaukonzentrationen in Prozenten Bazillen Tem- peratur nicht 1 Stde. 1 Stde. erhitzt bei 75° | bei 100° 0° Y 180 "iso | "/ıso Ü . berall dieselbe Cholerabazillen | 20 an Yen "/ıso | Suspension | 40 Yo ken Den : 0 /aso /s00 /eo | Überall dieselbe Coli.comm. . 20 "/ıso "/ıso "/ıso | Suspension 40 Ehen hen, Yaso 0 /a40 "/es0 /sa0 20 u u. oh Überall dieselbe p En y 160 240 180 ; li laeun 40 "/140 "/ıeo "/140 Suspension 80: EHRE aan Es sei hier bemerkt, daß das Optimum nicht in jedem Ex- periment dasselbe ist. Es ändert sich vielmehr mit der Kon- Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Kolloiden. 485 zentration der Bakteriensuspension, da es einerseits weniger Farb- stoff bedarf, die Suspension auszuflocken, wenn sie verdünnter ist, da es andererseits unmöglich ist, Bakterienaufschwemmungen von genau gleichem Gehalt herzustellen. Allein die Proben der Tabelle IV sind vergleichbar, da für jede Bazillenart die gleiche Ausgangssuspension erhitzt, bzw. nicht erhitzt, zur Verwendung kam. Man bemerkt, daß das Optimum mit der Temperatur- steigerung etwas ansteigt. Ähnliches wurde bei anderen Sus- pensionen und kolloidalen Lösungen beobachtet, wenn sie durch basische Farbstoffe ausgeflockt wurden. Tabelle V. Annähernde Ausflockungsoptima für Nacht- blau und verschiedene negative Kolloide. Nachtblau, Prozente bei Kolloid Verdünnung 0° | 20° 40° 60° 80° Stärke. . . . . . |dünne Lösung | Ysoo | aan 50 |keine Aus-|keine Aus- flockung | flockung Agar NET Yso Proz. "250 "/a00 "/aso /aso Veo ') Kotextrakt. . . . |"/soo der Aus- | Y/goo "/700 "/&00 /e00 "/s0") 1° gangslösung Mastix ..... so der Aus- "/aooo | /s000 "/aono Vano ) "/a00") gangslösung Kaninchenserum . "/a00 "/a00 "/s00 soo Yaon "/300 Kaninehenserum, gekocht. ... . "/a00 "/700 Ys00 "/aoo 250 "/a00 Eiwiß ..... "/so Proz. Yhsoo, | /us0o |’ /uooo "/s00 /eoo Eiweiß, gekocht . sases "/saoo . | "/1s00 "/ısoo 1000 "soo Gelatine... .. elle keine | Y/gso | keine keine — Flocken, Flocken | Flocken partiell erstarrt | In Tabelle VI sei eine Versuchsreihe mit Mastix und Nacht- blau ausführlich mitgeteilt. Obgleich sie ganz unabhängig von dem entsprechenden in Tabelle V angeführten Versuche ausgeführt war, stimmen die Ergebnisse innerhalb der Fehlergrenzen genau überein. Der umgekehrte Versuch, wo die Farbstoffkonzentration konstant bleibt und der Gehalt der Mastixemulsion wechselt, steht in Analogie mit dem Versuch in Tabelle III A, betreffend Cholera- bazillen und Janusgrün. !) Unvollständige Flockenbildung. 486 B. H. Buxton und Alfred H. Rahe, Fig. 1. Stärke 0° 20° 1m 5760 800 Farbstoff- 5 Pose Perzent B # Agar 5 o Y/ıoo = E Bac. Cholerae Yıas Aotolies) = % 18 x . © Yı5o 3 $ fg | /2 __4Bac. Typhoid Y75 & BR 2 lo N £ S or Y2oo a = 7 Mastix Ze ed / 1260-1 Bac, PyoyaneusY_ / S 0 ee n ; Fa u hehe 7 Dre Y300 Bac. Cholerae Ei en. ? | Serum, gekocht ih HR: / 7 Serum ‚0° IE ke ‚ m 1/350 Agar | Pi 4 1 7 1/400 Stärke xx#* 3 z / - “areiureiß 1/9009 / Bac. Iyphoidf — |." > ei 7 Eiereiweiß 1/20% Yso0 Kieselsäure ern a i | Kieselsäure Bac. Coli 1/600 Eiereiweiß 150% Serum, gekocht © Y/roo Ygoo Serum Kotextrakt } Eiereiweiß 1/20% 7 Yıooo j Yı200 / Yıaoo 4 ! Arsentrisulfid kaxxxxxe wuaxaxxxxee before xxx Arsentrisulfid Yısoo-) Biereiweiß 1/50% / 000 Kolloidales Platin FE ooooooooo Kolloidales Platin 1/2400 DA DR “ Yasoo 2 Yg200 z PA Mastix Die vorstehende Kurventafel zeigt deutlicher als die Tabellen das regelmäßige Ansteigen der Mengen an Farbstoff, Nacht- blau oder Janusgrün, die bei steigender Temperatur zur Aus- Tabelle VI. Mast a Nachtblau Y/, P N achtblau 1/0 der Ausgangslösung Alsır RR TREE lösung Da a 0° 20° | 40° |sor| 80° Seo bis "/ıoo - | — u ee ei MEER | FE RER Tre al ee age - /eo0 eine Im, SR FEN: Name Sr Ye Be ee ei este Sr aa Nag "/eso bis 7 57 TER a re Yin Be: = Yo +: FE: gm ZUR +|— | 4% Th Sm als 71 RE "/soo bis Yan 24 == I er FR man A er Meg iso - - 7 = alle u, "/s0 En Sa, RT = ER Yo. - ehe | Yanbis sn DE er SRH NG W200 - He". Fri 7% —I (a Dar Fo HZ ——#Sp: /aoo0 - + 5 hi N 3 FE Sur FE dk 6000 bis 7 © Rz Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Kolloiden. 487 flockung einiger Kolloide erforderlich sind. Dabei fällt sofort auf, daß die aufsteigenden Linien — die der Bequemlichkeit wegen als Kurven bezeichnet sein mögen — einen doppelten Typus (I und II) aufweisen. Ein dritter Typus ist durch die Gerade ver- treten. Die Lage der Kolloide in dem Kurvenbild ist ausschließ- lich durch die Konzentration bedingt. Die Resultate zweier Ver- suchsreihen mit Eiweiß sind nur mitgeteilt, um zu zeigen, daß gesteigerte Verdünnung bloß die Lage der Kurve, nicht aber ihren Typus ändert. Um ideale Kurven zu erhalten, müßte man die Konzentration der Kolloide so wählen, daß sie bei einem ge- punkt ohne mehr gebenen Gehalt, z. B. 1/,g0o? Proz. der Farbstofflösung, ihren Null- hätten. Das würde jedoch monatelange Arbeit erfordert haben, den wirklichen Wert der bildlichen Darstellung zu erhöhen. Von den Kurven zeigen einzelne zuerst ein allmähliches, dann bei höherer Temperatur ein sehr rasches; andere dagegen ein gleichmäßiges Ansteigen. Der erstere Typus ist am deut- lichsten bei Stärke, Kotextrakt und Mastix ausgesprochen. Nur bei Mastix findet sich am Schluß, bei 60 bis 80°, ein rapides Ansteigen. Der zweite Typus ist durch Serum, Eiweiß und Bakterien vertreten. Wir finden, daß die Ausflockung der Kolloide des ersten Typus an Farbstoff bei 80% erfordert: von Stärke... ... etwa © mehr als bei 0° „nr Mastiw.. rue 2lhraal mehr na, „ Kotextrakt a Cr Pr) 16 „ „ „ „» 1 » INBarı Se u ee „ FR Ku 488 B. H. Buxton und Alfred H. Rahe, Ebenso bei den Kolloiden des zweiten Typus bei 800 VONSSErUm N A. er etwa 2°/,mal mehr als bei 0° „ gekochtem Serum . . . DO » » nm. ” Eiweiß /so RE EEE ” 3 e)] ” ” ”„ ” ” Eiweiß en a Kr Sn ” 2 ” $)] ” ”» ” "erBae. coli’comm.r wenns Duo, 5 len » Bae. typkılabd. 7. en » De „r Bac. cholerae 2.02... HELD » ” ” ” ” Agar scheint zunächst dem zweiten Typus anzugehören, doch entspricht seine Kurve zwischen 60 und 80° vielmehr dem Typus I. Von den dem ersten Typus angehörenden Kelloiden sind Stärke und Agar reversibel und neigen daher bei Temperatur- erhöhung zu einer Abnahme ihrer kolloidalen Beschaffenheit. Eine Mastixsuspension verliert beim Erhitzen viel von ihrer Undurch- sichtigkeit, wird somit anscheinend weniger kolloidal. Vom Kotextrakt (klar filtrierter macerierter Darminhalt vom Kaninchen) ist nichts näheres bekannt; doch konnte die dunkelbraune Ausgangslösung, die keine Eiweißreaktion darbot, beliebig lange gekocht werden, ohne zu koagulieren, oder sonst eine merkliche Veränderung zu erfahren. Es scheint danach, daß sie ihre kolloidalen Eigen- schaften einem reversiblen Kolloid verdankt, das beim Erhitzen minder kolloidal wird, vielleicht dem sogenannten Stercobilin, einem Umwandlungsprodukt der Gallenfarbstoffe. Eine weitere Erscheinung, die dem Typus I anzugehören scheint, ist die unvollständige Ausflockung mit Agar, Kotextrakt und Mastix bis 80°, die das Bild der gegenseitigen Ausflockung von Kolloiden niederen Grades darbietet. Auch in diesem Punkte entspricht Agar mehr dem Typus I. Da Agar in einer Kon- zentration, die es zum Erstarren befähigt, nicht unter 100° schmilzt, so kann man nicht erwarten, daß seine kolloidale Beschaffenheit beim Erhitzen eher abnimmt als in der Nähe des Siedepunktes. Dem Typus II gehören das Serum und Eiweiß an, die in verdünnter Lösung wahrscheinlich wenig durch eine Temperatur- erhöhung bis 80° beeinflußt werden, oder, falls dies geschieht, eher zu einer Vergrößerung der Aggregate neigen dürften. Ihnen schließen sich die Bakterien an, die ja aller Wahrscheinlichkeit nach durch die Eiweißkörper ihrer Oberfläche, die als Schutz- kolloid wirken, in Suspension erhalten werden. ‘ Der dritte Typus, eine horizontale Gerade, findet sich bei den anorganischen Kolloiden: Arsentrisulfid, kolloidalem Platin und Kieselsäure. Sie bilden eine Gruppe für sich, die sich von den Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Kolloiden. 489 organischen Kolloiden dadurch unterscheidet, daß zu ihrer Fällung bei erhöhter Temperatur nicht mehr Farbstoff erforderlich ist, als bei niederer. . * In Tabelle VII sind zwei Versuche mit anorganischen Kolloi- den näher ausgeführt. Tabelle VII. Farbstoffe und anorganische Kolloide. Janusgrün Kolloidales Platin Proz. N a Rah riet: L wohn Sn RE a ee NEL ee a ee ee + en a 4000 PI1S N ER ne == — —_ Nachtblau Proz. 0° 20° | 40° 60° g0° Yo bis ncoo ei ne. ia 4m) 4 + = Wi MEER in er A +++ +++ +++ HH | ++ ee _ Zu | Lau au | UL ERS ehe ++ I — un EEE NR — = er 8x A /so00 bis Um OEeartee hg — — = zur > Tabelle VII zeigt, daß das Optimum der Ausflockung von kolloidalem Platin durch Janusgrün für alle Temperaturen, ab- gesehen von einer innerhalb der Fehlergrenzen liegenden Ab- weichung bei 40°, bei Y/gooo Proz. liegt. Die Konzentration von 1/soo Proz. Nachtblau ist das Optimum der Ausflockung von Arsentrisulfid, wenngleich die Fällungszone bei 80° eine Ver- breiterung zeigt. Es sei daran erinnert, daß der optimale Punkt nieht notwendig in der Mitte der Ausflockungszone liegt, sondern jener Konzentration entspricht, bei der die Flockenbildung am raschesten auftritt und in der ersten Zeit am meisten aus- gesprochen ist. Ohne sorgfältige Beobachtung von Anfang an kann man ihn leicht übersehen. 490 B. H. Buxton und Alfred H. Rahe, Wird das. Arsentrisulfid oder das kolloidale Platin vorher eine Stunde lang gekocht, so ändert das weder die Ausflockungs- zone, noch den optimalen Punkt. Das Kochen scheint auf diese zwei anorganischen Kolloide ganz ohne Einfluß zu sein. : Theoretische Betrachtungen. Wir haben aus Tabelle III bereits entnommen, daß sich bei Variation des Bakteriengehalts und konstanter Farbstoffkonzen- tration eine absteigende Kurve ergibt. Ein ähnliches Experiment mit Mastix in Tabelle VI liefert eine umgekehrte Kurve. Die absteigende Kurve zeigt den gleichen Typus wie die aufsteigende Kurve, die durch Variation der Farbstoffkonzentration erhalten wird, so daß beide Kurven sich wie Spiegelbilder verhalten. Es ist daher einleuchtend, daß in jedem Fall mit dem Ansteigen der Temperatur mehr Farbstoff und weniger organisches Kolloid zur Auslösung der Flockenbildung benötigt werden. Bei den rever- siblen Kolloiden sind die Unterschiede viel größer als bei irre- versiblen. Da Farbstoffe reversible Kolloide sind, so ist zu erwarten, daß sie in der Wärme weniger kolloidal werden, und Versuche mit Dialyse scheinen dies zu bestätigen. Hätten wir es sonach nur mit Typus IH zu tun, wo der kolloidale Charakter der Bakterien sich anscheinend nicht ändert, während der des Farbstoffs mit Tem- peraturerhöhung abnimmt, so könnte die Erklärung der Erschei- nung in der Annahme gefunden werden, daß der Farbstoff, indem er an kolloidaler Beschaffenheit verliert, auch an Fähigkeit ein- büßt, die Bakterien auszuflocken, und umgekehrt die Bakterien in dem Maße fähiger werden, den Farbstoff auszuflocken, als dieser weniger kolloidal wird. Eine solche Erklärung ist jedoch nicht stichhaltig, da Stärke, Agar und Mastix mit dem Ansteigen der Temperatur weniger kolloidal werden und daher auf die Kurven den umgekehrten Ein- fluß ausüben müßten. Aber im Gegenteil zeigen die Kurven mit diesen reversiblen Kolloiden bei höheren Temperaturen das steilste Ansteigen. | Wir können daher nur sagen, daß mit steigender Temperatur die Affinität der organischen Kolloide zu den Farbstoffen zunimmt, was durchaus mit den Erfahrungen der praktischen Färberei im Einklang steht, aber keine Erklärung der Erscheinung darstellt. Diese Regel trifft überdies für die anorganischen Kolloide nicht zu. Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Kolloiden. 491 Es scheint schwierig, diese Temperaturkurven mit der ge- läufigen Theorie in Einklang zu bringen, wonach die Ausflockung durch die Neutralisation elektrischer Ladungen zustande kommt. Wenn die Annahme richtig ist, daß die Farbstofflösung durch Erwärmen weniger kolloidal wird, Serum und Bakteriensuspension aber nicht, dann wäre zu vermuten, daß in der Farbstofflösung die Zahl der elektrisch geladenen Aggregate zunimmt, und da- nach sollte weniger Farbstoff zur Ausflockung einer gegebenen Bakterienmenge erforderlich sein. Allein gerade das Gegenteil ist der Fall. Es scheint kein genügender Grund für die Annahme gegeben, daß ein großes kolloidales Aggregat relativ oder absolut stärker geladen ist als ein kleineres. Wahrscheinlich besteht das Aggregat eines Farbsalzes aus einer Anzahl nicht dissoziierter Moleküle und einem dissoziierten, welchem es die elektrische Ladung verdankt. Bei Steigerung der Temperatur und entsprechend erhöhter Tendenz zur Ionisation dürften die Aggregate zerfallen und kleiner werden, aber jedes einzelne Aggregat dürfte noch ein dissoziiertes Molekül enthalten und die gleiche elektrische Ladung — die natür- liche Einheit — tragen, wie das größere Aggregat, aus dem es hervorgegangen ist. Basische Hydroxyde. Nimmt man statt eines basischen Farbstoffs ein basisches Hydroxyd, z. B. Eisenhydroxyd, so ergibt sich beim Erwärmen keine merkliche Änderung des Optimums. In Tabelle VIII sind die Resultate angeführt, die einerseits mit zwei irreversiblen und zwei reversiblen Kolloiden, andererseits mit zwei negativen Farbsalzen erhalten wurden. An einigen Stellen ist eine Tendenz zur Erhöhung des Ausflockungsoptimums bei 80° erkennbar, doch sind wir geneigt, dies der Unvollkommen- heit der Methode zuzuschreiben. Wenn kolloidales Ferrihydroxyd in einem Probierglas gekocht wird, so fällt es schließlich aus, ver- mutlich infolge der Spuren Kieselsäure, die aus dem Glas auf- genommen werden. Es ist sehr wohl möglich, daß Spuren von Kieselsäure — vermutlich kolloidaler — schon bei 80° in Lösung gehen, sich mit einem Teil des Ferrihydroxyds verbinden und so seine Wirkung abschwächen. Ferrihydroxyd verhält sich sonach anscheinend gegenüber negativen Kolloiden sehr ähnlich wie Arsentrisulfid und die 492 ‚B. H. Buxton und Alfred H. Rahe, . Tabelle VIII. Ferrihydroxyd mit verschiedenen Kolloiden. Serum Yo Proz. _Fe(OH), Verdünnung 00 90° | 40° 60° | | 800 EEE Eee — — e Er N EN Et +++| ++ ++ -L ng +++ +++ +44 +++ AR RAN — Eu +++ __ a DIS ee EN = Zu Fe(OH), "Stärke U, Proz. EIRIDISE en — | — en —— PER NONE, BB RAR che LH MENTT +++ „= 5 == EEE ee +++ +++ +++ +4 + | 444 ne a a a a "/150 bis NSS RR EA a — en Ban Ars | Kongorot Ferrihydroxyd "/joo Proz. Var, bisieyans en det — — —. — Re ee, +++ +++ +++ | +++ 1444 ee A +++ 444+| 2 [4441444 MER RN RE _ — +14 N EEE Wan NEN es a we as — a | ar en? IE: Fe (OH), Typhusbazillen Verdünnung 0 nn R 500 | | ar TEN URN 2 = Su 2 | > NEN. _ — oe Be EL L EEE WERE EEE N ++ — +++/|+++|1 +++: "200 PARAT EWR Da LTE +++ +++7r +++ +++ Te i Mac bis Men ee Vila s — | — BEIB, —_ BE Kotextrakt N NR RR EL AN — — an N EN en 444) 44 [444 | 444 [44% Re +++ | +44 +++ +++ | +4 + aa een Ehe ++ +++ ++ a AL NT “ ee | BI, Fe (OH), “ Alizarinrot Y,.. Proz. RE I ., LEN —_ — — E WE VE — ar BER le en +++ a URErtieh role en Fe Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Kolloiden. 493 übrigen untersuchten anorganischen Kolloide gegenüber basischen. Bei graphischer Darstellung würde es eine Gerade geben. Mastix scheint dagegen eine Ausnahme von dieser Regel zu bilden. Es gibt in diesem Falle eine Kurve, die dem Typus I der Tafel entspricht. Tabelle IX. -Ferrihydroxyd und Mastix. Versuchsreihe I Fe(OH), Verdünnung Mastix '/,, Ausgangslösung 0° 20° 40° 60° 80" /oo bis Yon +. - = = — — — ee AR PR _ — en en +++ ES ER lne Nr: a Peer. — — zer an __ US ee TE - —& ar ++ er Hioes en ee .— — + - E- + ur RE a eher. RR = Pen er = VE RE ET +++ +++ +++ = ev ee Se a ne +++ + ++ Be ieh Versuchsreihe II Mastix Verdünnung Fe(OH), "/ısoo Ausgangslösung 0° 20° 40° 60° 800 RE TINN A IE EIU au See | ae ee “ 4 pe ae ge ee N —_ un 022 ie ee ee — an 4a an En a ER —_ —_ a +++ 8 se ee et > en udn ALU. N EEE — 2 ur Aal | ul Sı Tabelle IX zeigt, daß bei Erhöhung der Temperatur zur Aus- flockung mehr Ferrihydroxyd und weniger Mastix benötigt wird. In der Versuchsreihe I ist bei 80° zehnmal mehr Ferrihydroxyd erforderlich als bei 0°, und ähnliche Verhältnisse weisen die anderen Proben auf. Die beiden Versuchsreihen wurden ganz unabhängig voneinander angestellt, trotzdem fallen die Optima sehr nahe zu- sammen. Bei den niederen Temperaturen sind die Zonen etwas breit und das Optimum konnte nicht sehr scharf bestimmt werden, aber bei 60 und 80° tritt es beiderseits sehr gut hervor. 494 B. H. Buxton und Alfred H.:Rahe, So ergibt sich aus Reihe I bei 60% Ygon:Yiso = Yıaoo : Yan während in Reihe II !/,., gefunden wird. Aus Reihe I bei 80° berechnet sich 1/yo0 :Y/co = Yıaoo: Yıso» während der Versuch in Reihe II einen Wert zwischen 1/50 — Vaoo» annähernd 1/,,; ergibt. Einige wenige Versuche mit Aluminiumhydroxyd lieferten ganz analoge Resultate wie jene mit Ferrihydroxyd, einschließlich der Ausnahme bei Mastix. Dieses wird sonach von den basischen Hydroxyden in sehr ähnlicher Weise beeinflußt wie die Farbstoffe; die anderen untersuchten Kolloide scheinen dagegen, wenn sie mit Hydroxyd zusammengehalten werden, einer ganz anderen Regel zu folgen. Es scheint nicht möglich, für diese verschiedenen Erschei- nungen eine allgemein gültige Deutung zu finden, doch scheinen die Versuche darauf hinzuweisen, daß wir es mit vier Gruppen von Kolloiden zu tun haben, zwischen denen, soweit es nach ihrem Verhalten gegen Wärmeschwankungen erkennbar ist, irgend welche tiefgreifende Unterschiede bestehen. Kolloide Bei Erhöhung der Temperatur 1. Farbstoffe Leichter von organischen, nicht von anorganischen Kolloiden aufgenommen. 2. Reversible organ. Sehr gesteigerte Farbstoffaffinität, keine Steigerung, Kolloide gegenüber anorganischen Kolloiden'). 3. Irreversible organ. Mäßig gesteigerte Farbstoffaffinität, keine Steige- g g8 g g Kolloide \ rung gegenüber anorganischen Kolloiden'). 4. Anorganische Kol- f | Keine Änderung der Affinität für Farbstoffe oder loide \ andere Kolloide'). Einige wenige Versuche mit basischen Hydroxyden gegen- über negativen anorganischen Kolloiden führten zu keinem positiven Ergebnis. Die Ausflockungszonen waren breit und die Optima konnten nicht befriedigend bestimmt werden. Immerhin waren Anzeichen dafür vorhanden, daß die Temperaturerhöhung keinen Einfluß auf die Lage des Ausflockungsoptimums hat. Reversion. Wie oben gezeigt, variiert die Zone der Ausflockung von negativen Kolloiden durch basische Farbstoffe erheblich mit der ı) Mit Ausnahme von Mastix gegenüber Fe(OH), und Al(OH),. u ea ce re x Einfluß der Temperatur auf die Ausfloekung von Kolloiden. 495 Versuchstemperatur. Es schien von Interesse, festzustellen, ob nach Ausflockung bei einer gegebenen Temperatur mit Änderung derselben eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes eintritt. Tabelle X, Nachtblau — Stärke, ist typisch für die dabei gewöhnlich gefundenen Resultate. Sie ist ausführlich mitgeteilt, damit die Umkehrung in einer ganzen Reihe von Proben ersicht- lich wird, was einen zufälligen Befund ausschließt. Tabelle X. Reversion. Nachtblau und Stärke. Stärke \/, Proz. Nachthlau Versuchsreihe I Versuchsreihe II a 24 Sur bei 0°, Ah | 24 Stdn. bei 40°, Proz. 24 Stän. | 94 5kim Bei aoo| 24 Stdn. 194 dran. hei on Yo bis Yıoo - - re arg VS gr; ae. ‚ss az SE ee) et — +++ | +++ | +44) "/ıso ER NY race Ara Se) /ıso Gen NO w3 sa ns ae) el - +++ | +++ | +44 "/240 De, FRE 2 ML SF + Dr t iM "/280 3 Tagen = =F Ar ar Ir =“ Ze ?) See ++ —;) -- 9) /a60 ER ERS De Ze Er Gr °) a) ScY 2) Var er. Ar + = ) 7 a) as eh are ra =) SER ==) Vene = Sc Ri, I) == a ?) Vs bis Yo. . = = RB = Wie aus Tabelle X hervorgeht, ließen wir in Versuchsreihe I Nachtblau 24 Stunden bei 0° auf Stärke einwirken, die Aus- floekungszone reicht von !/aeo bis 1/;so Proz. Nachtblau. Nachdem die Proben dann 24 Stunden bei 38 bis 40° gehalten worden waren, ergibt sich die Ausflockungszone von 1/4, bis Yıso Proz. und die Proben !/s9,g bis !/gso Proz. zeigen völlige Umkehrung. Der Typus der Ausflockung entspricht praktisch genau jenen der ersten Spalten von Reihe II, wo vorher nicht mit einer Temperatur von 0° behandelt worden war. 1 !) Keine Umkehrung. ?) Keine Flockenbildung bei 0°, wie sie ohne vorheriges Erhitzen auf 40° eingetreten wäre. Rn ®) Umkehrung. 496 B. H. Buxton und Alfred H. Rahe, In Reihe II, wo die Proben erst 24 Stunden bei 40°, dann die gleiche Zeit oder gar 48 Stunden bei 0° gehalten wurden, is nicht bloß keine Umkehrung in den Proben mit 4, bis 1/ggo Proz. nachweisbar, sondern es fehlt auch die Ausflockung von 1/ggo bIS 1/sg0, die ohne vorgängige Behandlung bei 40% hätte ein- treten sollen. Bakterien zeigen dasselbe Verhalten. Tabelle XI. Reversion. Janusgrün und Cholerabazillen. \ | Janusgrün "/300 Proz. Cholera- . Normale Ausflockungszone Anderung mit g Temperaturerhöhung ausgangssuspension Verdünnung 00 a 800 zuerst 0°, | zuerst 0°, dann bei 400dann bei 80% 24 Stdn. | 24 Stdn. | 3 Stdn. | 24 Stdn. | 3 Stdn, RE ON RE N Rene — — — — — U TERN Sehe ++ — — a) ER Rs NEN ar Ne +++ —_ — —. > "/ıso en Pr SR se male Sn Er WarR ++ —)) a Re ie Dnckaps +++ — = „— er) Hess Rn Je a TE he DE TER RE! —— + + + ——— — + — + =) N Ne REITER — +++ — +++ Eue) VE NEE ehe er — —_ +++ — +++ RE RE TR — +++ —_ +++ Cholerabazillen 1 Stde. bei 80° Janusgrün 20° 80° ns a 900 : Proz. 24 Stdn. 1 Stde. 24 Stdn. U NDISE En — — | — Mfg RE Re RS EN _— zu2e nd a ee ee he De — +++ |-+-+-+ [Keine Um- ee — ++ .| Ef kehrune N a Re + ++ — ı — — % ante ee EN Re Mon +++ | Ei Tao er DR +++ — — 2 Flocken- EP EN rc +++ — _ | Eile aan de Verde, de en nn + ne —— !) Völlige Umkehrung. °) Teilweise Umkehrung. Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Kolloiden. 497 Die ersten drei Spalten der Tabelle XI geben die Aus- flockungszonen der Cholerabazillen durch Janusgrün bei 0, 40 und 80°; Spalte 4 lehrt, daß eine vollständige Änderung im Aus- flockungstypus eintritt, wenn die 0°-Reihe 24 Stunden bei 40° ge- halten wird. Ebenso erfolgt die Ausflockung nahezu ganz nach dem Typus der 80°-Reihe, sobald die 0°-Reihe 3 Stunden auf 80° erwärmt worden ist. Wahrscheinlich wäre bei längerer Dauer des Erhitzens die Umkehrung auch bei 1,,;, und Ygz0u Proz. voll- ständig geworden. Nach Einwirkung von 80° wurden die Proben 24 Stunden bei 20° gehalten, ohne daß Änderung eintrat. Dieses Endstadium ist in der Tabelle nicht verzeichnet, wohl aber finden wir in Reihe 2, daß beim Heruntergehen von 80 auf 20° in den Proben mit 1/,, bis Dr Proz. Janusgrün keine Umkehrung ein- tritt, ebenso daß die Ausflockung bei 1/60 bis Y/g4, Proz. ausbleibt, wo sie normalerweise bei 20° hätte erfolgen müssen. Andere untersuchte Bakterien, so Typhus-, Coli- und Piddya- neusbazillen, zeigen die gleiche Reversion sowohl mit Janusgrün als auch mit Nachtblau. Eine Umkehrung vom Typus der höheren zu jenem nie- derer Temperatur wurde niemals beobachtet, aber auch die Re- version von niedrigen zu hohen Temperaturen gibt nicht bei allen Kolloiden befriedigende Resultate. Die Ausflockungszonen von Serum- und Eiereiweiß sind breit und decken sich bei verschie- denen Temperaturen zum Teil, so daß die Randzonen, in denen sich die Umkehrung zeigen kann, verhältnismäßig schmal sind, so daß ihr Auftreten einigermaßen zweifelhaft bleibt. Doch sind An- zeichen dafür vorhanden, daß Serumalbumin eine unvollkommene Umkehrung zeigt, Eieralbumin aber nicht. Es ist von Interesse, daß Bakterien, die an sich leicht die Reversion der Ausflockung zeigen, sich nach einstündigem Kochen insofern abweichend verhalten, als sie keine Umkehrung der durch Erwärmen erreichten Ausflockung, aber auch keine Behinderung derselben bei niederer Temperatur zeigen, wie sie sonst nach Er- wärmen eintritt. Nach dem Erhitzen der Bakterien auf 75° ist die Reversion vielleicht etwas weniger deutlich als vorher ohne vorgängiges Er- hitzen. Bei der großen Zahl der sowohl mit unerhitzten als mit gekochten Bakterien ausgeführten Versuche kann an der Richtig- keit der Beobachtung kein Zweifel sein. Aus Tabelle XII entnimmt man, daß die Ausflockung von ge- kochten Bakterien durch Janusgrün bei 0° von 1/3900 bis Y/yu Proz. Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 39 498 B. H. Buxton und Alfred H. Rahe, Tabelle XII. Reversionsversuch. Gekochte Typhusbazillen und Janusgrün. Die Typhusbazillen in dünner Suspension. Erst niedrige, dann höhere Temperatur Janusgrün erst 0°, | | | a Pe 0 a 40° -.| 20° |.5 Stdn..| pereht Proz. | bei 60° /so bis Yo - - 2 AR ae ae =: ze; lee — — — — — — ee Ze TR ac er Tasle Se "/200 na lee = Du Br SR = ne za Str IE "/2s0 RER TER Sean in Fr Spar ea "/200 AD == SIcanar)) ME SO=rsr Tre Br; Yo re a ee) Re a vr "/a00 ee rät ee) mr Air aim ee) FiV: "/s00 bis Ye ER Fr ek 37% FE T Erst höhere, dann niedrige Temperatur Janusgrün 80° | 40° = Sun. an 0 0 0 Proz. Si 20° | 5 “ & . Yo bis Yon - - vor Eu ST > 2 Ka VETENRE or == + — — == — "/150 a a eek de = Si == ze == SER 7. Far vun} Wenn) 2370 Pu oe: a rl 0 a Fir TER == Er "/aso eg ae! = SET E72, A = Sr 7 u A 7 /a00 En geile m a) eis are SE en) + "/a50 ae ler Bones FT. BZ 3) + + ERFER =) 3= = "/400 u OHENO BE a) m I 2 3) IE tr be - 1 - | — - = = erfolgt, und daß nach 24stündigem Verweilen bei 40° keine Re- version eintritt, sondern der 40°-Typus sich einfach dem 0°-Typus superponiert, so daß nun die Ausflockung von 1/50 bis 1/40 Proz. reicht. Die gleiche Erscheinung ist bei Erhöhung der Temperatur von 20 auf 60° zu beobachten. Beim Herabgehen der Temperatur von 80 auf 20° oder von 40 auf 0° tritt keine Änderung ein. !) Hier wäre Umkehrung eingetreten, wenn die Bakterien nicht gekocht worden wären. ?”) Hier wäre Ausflockung eingetreten, wenn nicht die Behandlung bei höherer Temperatur vorangegangen wäre. Einfluß der Temperatur auf die Ausfloekung von Kolloiden. 499 Erklärungsversuche für diese Erscheinung. Nach dem Mitgeteilten wird der Typus der Ausflockung negativer organischer Kolloide durch Farbstoffe beim Ansteigen der Temperatur z. B. von O0 auf 40° durchaus verändert, während das Absinken z. B. von 40 auf 0° ohne Einfluß ist. In der Ausflockungszone besteht offenbar eine Bindung zwischen beiden Kolloiden. Werden die beiden entgegengesetzt geladenen Kolloide in einem solchen Verhältnis gemischt, daß keine Ausflockung ein- tritt, und nun ein elektrischer Strom durchgeschickt, so wandert das im Überschuß vorhandene Kolloid nach seiner Elektrode und führt das in geringer Menge vorhandene mit sich. Beide Kolloide müssen sonach miteinander verbunden sein, wenngleich sonst ‚kein Anzeichen dafür gegeben ist. Nehmen wir weiter beispielshalber an, daß es sich um einen Eiweißkörper handelt, der sich gegen Temperatursteigerung so verhält, wie Bakterien gegen Nachtblau, und nehmen weiter an, daß die Aggregate des Eiweißkörpers beim Hinaufgehen der Tem- peratur von 0° auf 40° nicht verändert werden, hingegen die Aggregate der Nachtblaulösung zerfallen und kleiner werden, so ist klar, daß, falls jedes Eiweißaggregat bei 0% eine bestimmte Zahl, z. B. zwei Nachtblauaggregate absorbierte, es bei 40° mehr, 2. B. vier solche Aggregate absorbieren wird. Nun mögen vier solche kleineren Nachtblauaggregate nicht zur Ausflockung aus- reichen, dazu mögen, da das Optimum bei 8 liegt, 6 bis 12 er- forderlich sein. Entsprach daher das Optimum der Ausflockung bei 0% emer 1/50, proz. Nachtblaulösung, so wird bei 40° eine doppelt so hohe Konzentration, !/joo Proz., erforderlich sein). Wenn nach der Ausflockung bei 0° die Temperatur auf 40° erhöht wird, so besteht kein Hindernis, daß sich von der frei- liegenden Oberfläche der Nachtblauaggregate kleinere Aggregate loslösen; die so entstandenen Tochteraggregate verteilen sich auf die Eiweißaggregate unter Veränderung des Ausflockungstypus zu dem für 40° geltenden, d. h. es kommt zu Zerfall der Flocken, da bei !/goo Proz. bloß vier Farbstoffaggregate auf jedes Eiweiß- aggregat kommen. Bei oo Proz. aber wird Ausflockung ein- treten, weil dann je acht auf ein Eiweißaggregat einwirken können. Beim Herabgehen der Temperatur von 40 auf 0° bleiben die acht ») Wir verkennen nicht, daß bei Steigerung der Konzentration eine Neigung zur Vergrößerung der Aggregate besteht, so daß das hypothetische Optimum bei '/,,. Proz. statt '/,., liegen könnte. Doch war es bei obiger Darlegung nicht notwendig, auch diesen Punkt in Rechnung zu ziehen, 32* 500 B. H. Buxton und Alfred H. Rahe, an jedem Eiweißaggregat anhaftenden Farbstoffaggregate einzeln an dieses gebunden und sind daher unfähig, größere Aggregate unter sich zu bilden. Daher bleibt der Typus der Ausflockung unverändert und geht nicht in den 0°-Typus über. | Nach dieser Auffassung könnte sich der Ausflockungstypus bei Temperatursteigerung ändern, ohne daß ein Zerfall der Ver- bindung beider Kolloide vorauszugehen brauchte, während bei Tem- peraturabnahme erst ein Zerfall der schon vorhandenen Verbindung und eine neuerliche Bindung von etwas anderem Charakter er- folgen müßte, damit sich der Ausflockungstypus ändert. Es bliebe noch die Superposition des 40°-Typus über den 0°-Typus zu besprechen, wie sie bei gekochten Bakterien und wahrscheinlich auch beim Eiereiweiß als Folge der Temperätur- steigerung zu beobachten ist; doch möchten wir zunächst auf eine Deutung dieser Erscheinung verzichten. Diese Versuche über Reversion weisen anscheinend darauf hin, daß in der Färberei eime bessere Fixation und Wasch- beständigkeit erreicht wird, wenn das Färben bei höherer Tem- peratur ausgeführt wird. Tatsächlich wird das Färben, abgesehen von dem Fall, daß es sich um eine Diazotierung auf der Faser handelt, bei erhöhter Temperatur ausgeführt, um die Aufnahme des Farbstoffs zu beschleunigen, und wir wissen nicht, ob dabei jemals die Fixation in Betracht gezogen worden ist. Wir haben in den gebräuchlichen Lehrbüchern über Färberei nach einem sicheren Hinweis gesucht und nur folgende wichtige Bemerkung: von Georgiewicz!) gefunden, die sich auf die Wirkung basischer Farbstoffe, auf mit Farbsäure oder Fettsäuren gebeizte Baumwollfaser bezieht: „Manche Färber ziehen es vor, ohne Er- wärmen zu färben, da so glänzendere Farben erhalten werden;, doch sind diese nicht so gut fixiert, wie bei Anwendung des Wärmeverfahrens (60°) und die Methode ist daher nur für hellere _ und mittlere Nuancen zu empfehlen.“ In den angeführten Versuchen wurde die Temperatur während der ganzen Beobachtungszeit konstant erhalten: die Tatsache, daß das Herabgehen der Temperatur keine Änderung des Aus- flockungstypus bedingt, weist darauf hin, daß es zur Erreichung des Wärmetypus genügen dürfte, die zwei Kolloide bei der be- treffenden Temperatur, 60 bis 80°, zu mischen, die Proben nach einigen Minuten aus dem Wasserbade herauszunehmen und bei 20° !) Chemical technology of textile fibres, p. 145. une Ze. sich selbst zu überlassen. Einfluß der Temperatur auf die Ausflockung von Kolloiden. 501 Tabelle XIII spricht für die Richtigkeit dieser Schlußfolgerung, doch reicht die Zahl der Versuche nicht zur Sicherstellung dieses Punktes aus. Tabelle XIII. Colibazillen. | Kontrollversuche |Gemischt bei 60°, Kontrollversuche |Gemischt bei 60° Nachtblau in 5 Min. auf 20°| Janusgrün in 5 Min. ab- 20° 60° abgekühlt, 20° 60° |sekühlt auf 20°, Proz. 24 Stdn.| 2 Stdn. | 24 Stdn. Stehen Proz. 24 Stdn. | 2 Stdn. | 24 Stdn. Stehen en ara. — _ LT SERIE EN Er: . "/ıoo Pr FH Asche Hm - - 73 Ar Ste jeiel, Yıso IE S= == == == Us ale > SI; Fr: "/ao0 Se 365 FE IE eno Pe Snr Fr Br "/250 Fr Tr | 323 Vs - Ir AB a5 Zr Gr en re ch alte az 7 mn 2 un nu a el ae Zn EEE EEE TEN NENTREE TE VEET BEUELENE ERENTO Man darf aus der Tabelle schließen, daß die Verbindung der zwei Kolloide, wenigstens in der Wärme, fast augenblicklich er- folgt, die eigentliche Ausflockung aber langsamer zustande kommt. Schlußfolgerungen. 1. Ausflockung durch Farbstoffe. a) Zur Ausflockung negativer organischer Kolloide bedarf es um so mehr Farbstoff, je höher die Temperatur ist. b) Der progressive Mehrbedarf an Farbstoff bei Temperatur- erhöhung ist bei reversiblen Kolloiden viel größer als bei irreversiblen. c) Bei anorganischen Kolloiden fehlt er. 2. Ausflockung durch basische Hydroxyde. Die Menge an basischem Hydroxyd, die nötig ist zur Ausflockung negativer organischer Kolloide, ist von der Temperatur unabhängig. Mastix bildet anscheinend eine Ausnahme. 3. Reversion der Ausflockung von organischen Kolloiden durch Farbstoffe. a) Bei Erhöhung der Temperatur kann der für eine niedrigere Temperatur geltende Ausflockungstypus gänzlich in den für eine höhere Temperatur geltenden übergeführt werden. b) Erniedrigung der Temperatur ändert; den Ausflockungstypus nicht. XXXVII. Der chemische Nachweis der degenerativen Nervenkrankheiten. Bildung von Alkylaminen. Von Koloman Bauer, Landeschemiker. (Aus dem Laboratorium der chemischen Landesanstalt in Budapest.) Die Lecithine, diese kompliziert aufgebauten chemischen Typen, sind in unserem Organismus weit verbreitet und dies läßt auf ihre hohe Wichtigkeit schließen. Im tierischen Organismus ist be- sonders die Nervensubstanz reich an Verbindungen von leecithin- artigem Charakter. So fand Chevalier!) z.B. im Nervus ischiadieus des Menschen nahezu 33 Proz. von diesen Verbindungen. Sie sind aber auch in anderen Geweben und Gewebssäften nachweisbar, denn sie bilden einen primären, nie fehlenden Bestandteil jeder Zelle. Es kann aber keinem Zweifel unterliegen, daß die Lecithine eine besonders aktive Rolle im Nervenleben spielen, da Hirn, Rückenmark und Nerven einen besonderen Lecithinreichtum auf- weisen. Peritz?) kam jüngst auf Grund seiner an Menschen ge- machten Versuche zu der Annahme, daß die schweren Erkrankungen des zentralen Nervensystems, wie Tabes und Paralyse, infolge von Leeithinmangel entstehen. Nach Serono und Percival?) ist das Trimethylamin ein Bestandteil des normalen Harns und wird von ihnen für ein Spaltungsprodukt der Lecithine gehalten. Die fett- spaltenden Fermente wirken auf das Lecithin *) in ähnlicher Weise wie auf die Fette; es entstehen freie Fettsäuren, Glycerinphosphor- säure und Cholin, welch letzteres bekanntlich unter der Einwirkung verschiedener Agenzien Trimethylamin gibt. So zerfällt es in wässeriger Lösung in Glykol und Trimethylamin. Nach Wurtz5) tn = Koloman Bauer, Der ehem. Nachweis der degen. Nervenkrankheiten. 503 entstehen beim Erwärmen einer konzentrierten Cholinchloridlösung Trimethylamin, Äthylenglykol und in geringer Menge Äthylenoxyd. Harnack®) gewann bei der Destillation von Cholin und -seines Chlorids außer Trimethylamin noch einen anderen Körper, welchen er für Oxäthyldimethylamin hält. Nothnagel?) machte das Verhalten des Cholins gegen Wärme zum Gegenstand eingehenden Studiums. Bei Beginn der Destillation einer vierprozentigen wässerigen Cholinlösung bemerkte er keine Zersetzung, mit zunehmender Konzentration gingen aber verhältnis- mäßig große Mengen von Trimethylamin, eine Verbindung von aldehydartigem Charakter und eine Base über. Eine genügend konzentrierte Lösung von Cholinchlorid gibt bei Zimmertemperatur nur Trimethylamin. Dasselbe Produkt ent- steht nach Nothnagel, wenn eine Lösung von Cholinchlorid mit Barytwasser gekocht wird. Weiss®) machte die Beobachtung, daß bei gelindem Erwärmen einer Cholinchloridlösung mit Schwefelsäure ebenfalls Trimethyl- amin entsteht. Auch bildet bekanntlich das Trimethylamin den Ausgangs- punkt für die künstliche Synthese des Cholins, indem man auf die wässerige Lösung des ersteren Äthylenoxyd einwirken läßt. Die hier aufgezählten Reaktionen lassen es vermuten, daß das im Harn vorkommende tertiäre Amin durch Zersetzung des Cholins bzw. des Lecithins entsteht. Diese Auffassung wird gestützt durch den Umstand, daß im Organismus außer Lecithin nur wenig solche Verbindungen sich ‘vorfinden, welche als Zersetzungsprodukt Tri- methylamin im Harn ergeben könnten. Eine solche wäre das nach Brieger im Hirn normal vorkommende Neuridin, welches mit Alkalien gekocht Dimethyl- und Trimethylamin gibt. Die in letzterer Zeit aufgefundene Fleischbase, das Carnitin, welches als Cholin- derivat betrachtet werden kann, ist ebenfalls hierher zu rechnen. Nach Krimberg®) wurde dieser Körper nicht nur in Fleisch- extrakten angetroffen, sondern auch im Muskelgewebe des ge- schlachteten Tieres. Mit Barytwasser gekocht, wird sein gesamter Stickstoff in Form von Trimethylamin abgegeben. Das Trimethylamin kann auch als Zersetzungsprodukt bei vor- geschrittener Eiweißfäulnis erscheinen, wie dies durch Brieger an faulenden Leichen beobachtet wurde. In Übereinstimmung hiermit steht die Beobachtung Kulneffs1P), der im Kot und er- brochenem Mageninhalt neben Äthylendiamin auch Trimethylamin nachweisen konnte. Daß ein Teil des Trimethylamins, welches in 504 Koloman Bauer, Harn vorhanden ist, aus Lecithin entsteht, beweisen die von Filippo deFilippi!5) an Menschen gemachten Versuche, laut welchen die ausgeschiedene Menge von Trimethylamin von der dem Or- ganismus zugeführten Lecithinmenge abhängig ist. Die Versuche wurden an einem 41 Jahre alten Manne von 80 kg Körper- gewicht vorgenommen. Um eine Vergleichung zu ermöglichen, teile ich seine Ergebnisse mit: Trimethy]- Periode Tag Diät Harn ann cem g I H 1 Milch, Brot, Suppe, Bohnen 890 | 0,016 52 R 2 3 " 7 5 835 | 0,023 60 II. J 3 Milch, Brot, Suppe, Bohnen, 12 Eidotter 965 | 0,044 25 \ AR er, 5 e RES 1300 | 0,053 10 5. wie am ersten Tage - 815 | 0,01880 II. 6.—7. ” ” ” » (27 RE, IY { 8 wie am dritten Tage, 500g Fleisch 1530 | 0,079 06 5 9. ” » ” ” 500 ” ” 1150 TE NZ 10. wie am ersten Tage 1105 | 0,062 54 Wie aus dieser Zusammenstellung ersichtlich ist, wurden die Versuche zehn Tage hindurch in fünf Perioden angestellt. Die Nahrung bestand aus Milch, Brot, Makkaroni, Suppe, Bohnen, Eidotter und Rindfleisch. Die ge- messenen Harnmengen variierten zwischen 815 und 1530 cem. Die tägliche Trimethylaminmenge betrug 0,01652 bis 0,07906g. Nach dem Genuß von Eidotter beobachtete de Filippi ein auffallendes Steigen des Amingehaltes. Dieselbe Erscheinung trat auch bei Fleischgenuß ein. Das Versuchsindivi- duum verrichtete keinerlei anstrengende körperliche Arbeiten. Von geistigen Getränken wird nichts erwähnt. Nach der Aufnahme von 12 Eidottern stieg die ausgeschiedene Tri- methylaminmenge am folgenden Tage auf 53 mg, während sie anfänglich nur 16 bis 23 mg betrug. Auf 500g Fleisch stieg sogar diese Zahl auf 79 an. Was nun die Nervenkrankheiten anbelangt, besonders jene, wo es sich um organische, degenerative Prozesse, also um Zerfall der Nervenelemente handelt, erschien es mir hier von Interesse, die Mengen des ausgeschiedenen Trimethylamins zu bestimmen, da bei diesen Krankheitsprozessen ein gesteigerter Lecithinzerfall an- zunehmen ist. Bei Zerstörungen in phosphorreichen Geweben, wie Hirn, Rückenmark und Nerven, erscheint der Phosphor in gesteigerter Menge in den Exkrementen. Jüngst wurden von Donath!!) Zer- fallsprodukte des Lecithins auch in der Cerebrospinalflüssigkeit von Nervenkranken nachgewiesen und zwar sowohl bei Epilepsie als dark 5 De Se a A u 4 a Ze U WERE a da a: Ca Di Se ı 2 ET EEELELLEELE Z EEEHLEELLE WEEGELLLEELEEELELEGEELEBEREDEELWEOLREETZLEEEENT Der chemische Nachweis der degenerativen Nervenkrankheiten. 505 auch bei unzweifelhaft organischen Nervenkrankheiten. Auch fand Donath in zwei Fällen (Tabes dorsalis und Jacksonsche Epilepsie) Lecithin und bemerkt, daß es wahrscheinlich ein pathologisches Produkt darstelle, welches auf ein rapides Zugrundegehen des Nervenbestandes deutet. Was das von Donath in der Cerebro- spinalflüssigkeit mit dem Nesslerschen Reagens nachgewiesene Ammoniak anlangt, so konnte man daran denken, daß bei dieser Farbenreaktion auch das vom Cholin abgespaltene Trimethylamin mitwirkt, eine Vermutung, weiche ihre Stütze auch darin findet, daß die fragliche Farbenreaktion nicht die für die Ammoniumsalze charakteristische bräunliche Färbung, sondern — besonders in einzelnen Fällen — einen an Intensität zunehmenden zitronen- farbenen Ton aufweist. Ich glaube, daß wir es in diesem Falle. mit dem noch im Liquor anwesenden Cholin zu tun haben, welches mit dem Nesslerschen Reagens einen-Niederschlag. gibt und zwar von hellgelber Farbe. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß Ammoniumsalze in der Cerebrospinalflüssigkeit anwesend sind, die aber nichts destoweniger als pathologisch aufgefaßt werden müssen, da die einschlägige Literatur, einen einzigen Fall ausgenommen, nichts darüber erwähnt, daß im normalen Liquor Ammoniak vor- kommt. Über diesen einzigen Fall berichtet Ch. Robin, der in einem Liquor, der infolge einer Stichverletzung durch fünf Tage aus dem Öhre träufelte, 0,02 Proz. Ammoniak nachwies. Wenn daher die Üerebrospinalflüssigkeit bei Degenerations- prozessen Alkylamine aufweisen kann, so muß ein genetischer Zu- sammenhang zwischen Ammoniak und Aminbasen existieren, derart, daß die Entmethylierung der tertiären Basen bis zu Ammoniak fortschreitet. Diese Voraussetzung findet eine Stütze in dem Um- stand, daß es Hasebroeck!?) gelungen ist, durch Einwirkenlassen von Schlammbakterien. aus Cholin “nebst Kohlensäure, Methan, Methylamin und Ammoniak darzustellen. Hier fand eine Ent- methylierung zu Ammoniak statt und wenn diese Reaktion auch nicht quantitativ abläuft — es bleibt ein Teil des Methylamins unverändert —, ist sie immerhin als überwiegend zu bezeichnen. Demgemäß scheint es, daß die Cerebrospinalflüssigkeit bei destruierenden Prozessen des Zentralnervensystems Trimethylamin oder andere Alkylamine enthalten muß, während unter normalen Verhältnissen dies nicht vorauszusetzen ist. Bei solchen destruierenden Prozessen habe ich in allen Fällen ein Ammoniumsalz in der Cerebrospinalflüssigkeit vorgefunden und zwar in größerer Menge, als dasselbe in normalen Gewebssäften 506 Koloman Bauer, vorzukommen pflest, und ich bin bezüglich seines Ursprungs an- zunehmen geneigt, daß dieses Ammoniumsalz auf indirektem Wege aus dem Cholin entsteht; es spaltet sich von letzterem Trimethyl- amin ab, welches zum Teil in Ammoniak übergeführt und als solches oder als Harnstoff ausgeschieden wird. Demzufolge wäre nach Leeithin- oder Cholinverabreichung ein Steigen des Ammoniak- oder Harnstoffgehaltes im Harn zu erwarten. Es wurden in dieser Richtung Stoffwechseluntersuchungen veröffentlicht, welche jedoch eine allzu große Divergenz der Daten aufweisen. Slowtzoff 2) fand während der Versuchsperiode die Ammoniakmenge erhöht, in einem Falle sogar um das Doppelte. Der Harnstoff scheint dagegen nicht zugenommen zu haben. Es wurde vielmehr ein verminderter Zerfall der Proteine bzw. eine gewisse Retention des Harnstoffstickstoffs beobachtet. Trotz seiner ins einzelne gehen- den Zusammenstellungen können wir die auf eine Retention schließenden Folgerungen Slowtzoffs nicht als erwiesen erachten, da die Zahlen, aus denen die Mittelwerte berechnet wurden, zu starke Abweichungen aufweisen. So ist aus Tabelle V (8. 380) ersichtlich, daß der in der Vorperiode binnen 24 Stunden abgesonderte Harnstoffstickstoff am ersten Tage 16,330 & beträgt, während der letzte Tag derselben Vorperiode 9,694 & aufweist. Dies sind Abweichungen solchen Grades, welche eine Mittelwertberechnung un- zulässig machen. Dasselbe treffen wir bei der IX. tabellarischen Übersicht an (S. 383). Tabelle XIII hingegen weist gar keine oder nur eine so geringe Retention von Harnstoffstickstoff auf, daß man aus ihnen wieder eine Retention nicht erschließen kann. Ich glaube, daß aus den Lecithinversuchen Slowtzoffs keine Retention des Harnstoffstickstoffs hervorgeht, indem sogar in vielen Fällen nach Abbrechen der Lecithinzufuhr eine gesteigerte Stickstoffausschei- dung auftritt, da zur Entmethylierung des Cholins zu Ammoniak und zur Umwandlung des letzteren in Carbamid eine gewisse Zeit erforderlich ist. Dies ist die Ursache davon, daß auf Tabelle V in der Nachperiode 13,636 und 13,619g Harnstoffstickstoff auftreten, mithin höhere Werte als in der Vorperiode (den ersten Tag. ausgenommen). Solch hohen Werten begegnen wir selbst während der Lecithinverabreichung nicht. Dasselbe sehen wir zum Teil auch auf Tabelle XIII. Ich gehe nun auf meine Versuche über. Experimenteller Teil. Prüfung des Harns und Kotes auf Trimethylamin und Bewertung der quantitativen Bestimmungsmethoden. Laut Vorschrift des Filippo de Filippischen Verfahrens wurden 33 Liter Menschenharn verschiedenen Ursprungs anfangs über freier Flamme, dann auf dem Wasserbade auf etwa 3 Liter ELSE EHE BLEEL EN 00:22222LjD LS EEE Der ehemische Nachweis der degenerativen Nervenkrankheiten. 507 eingedampft. Die eingeengte Flüssigkeit wurde von den aus- geschiedenen phosphorsauren Salzen durch Filtrieren befreit, nach- dem der mit Salzsäure versetzte Harn neutralisiert worden war. Hierauf wurden behufs Entfernung der überwiegenden Menge des Harnstoffs. 375 g reine Oxalsäure zugesetzt und nach der am nächsten Tage vorgenommenen Filtration alkalisch gemacht, schließ- lich in Fraktionen von je 1 Liter in dreifach verdünnte Salzsäure überdestilliert. Die rosa gefärbten Destillate von knoblauchartigem Geruch wurden zusammengegossen und auf dem Wasserbade zur Trockne eingedampft. Der Rückstand wurde mehrmals mit absolutem Alkohol extrahiert, wodurch derselbe vom größten Teile des Chlorammoniums befreit wurde. Die Masse, welche nunmehr aus dem Gemenge der drei Amine und ein wenig Ammoniumsalz bestand, wurde in etwas Wasser gelöst und in den Kolben eines Destillierapparates gewaschen, wo sie mit Hilfe von Natrium- hypobromit oxydiert wurde. Der alkalisch gemachte Inhalt des Kolbens wurde einer abermaligen Destillation unterworfen, die überdestillierende reine tertiäre Base in Salzsäure aufgefangen und diese Lösung zur Trockne eingedampft. Die absolut- alkoholische konzentrierte Lösung des Rückstandes wurde mit einer alkoholisch-ätherischen Platinchloridlösung versetzt und mehr- mals umkristallisiert. Das orangerote, getrocknete Chloroplatinat ergab: I. Platin 37,417 Broz., \ TERN ano, Berechnet: 36,92 Proz. Die Behauptung Filippo de Filippis, daß im Harn ein tertiäres Amin und zwar ausschließlich Trimethylamin vorkommt, kann ich sonach nur bestätigen. Behufs Untersuchung der Fäces wurden ungefähr 450 & frischen Kots mit zweiprozentiger Schwefelsäure zur Trockne eingedampft. Der Rückstand wurde pulverisiert, mehrmals mit warmem Wasser extrahiert und die alkalisch gemachten Extrakte abdestilliert. Be- hufs Isolierung des Trimethylamins wurde die in Salzsäure aufge- fangene Substanz ähnlich behandelt, wie es oben bei der Harn- untersuchung beschrieben worden ist. In keiner einzigen der drei Kotproben verschiedenen Ursprungs konnten auch nur Spuren von Trimethylamin nachgewiesen werden. Der Geruch des ge- trockneten Rückstandes des alkoholischen Extraktes ließ nicht auf die Anwesenheit einer Base schließen. Der in wenig absolutem Alkohol gelöste Rückstand zeigte nach Versetzen mit alkoholisch- ätherischer Platinchloridlösung selbst nach 48 stündigem Stehen keine 508 Koloman Bauer, Trübung. Hiernach kann ‚beim Menschen die Untersuchung des Kotes entfallen. Bevor ich auf die Untersuchungen am Harn übergehe, möchte ich die Verläßlichkeit der de Filippischen Methode dartun. Daß die primären und sekundären Basen samt dem Chlor- ammonium durch Natriumhypobromit zerstört werden, das tertiäre Amin hingegen unangegriffen bleibt, ist aus folgenden Tabellen ersichtlich, wobei stets 50 ccm Natriumhypobromit zur Oxydation angewendet wurden. ei Wr Berechnet als Volodune ee a g g Proz. Chlorammonium . .... Be 0,5004 0,0001 0,01 Methylaminchlorhydrat . . . . 0,1388 0,0003 021 Dimethylaminchlorhydrat . . . 0,2213 0,0008 0,36 Diäthylaminchlorhydrat . . . . 0,2000 —_ — Um auch das Verhalten des Trimethylamins kennen zu lernen, wurde ein Gemisch von Methyl-, Dimethyl-, Diäthyl- und Tri- methylaminchlorhydrat mit Chlorammonium untersucht. Das Ge- misch dieser vier bzw. drei Aminchloride und der geringen Menge von Chlorammonium wurde in etwas Wasser gelöst und quantitativ in den Kolben eines Destillierapparates gewaschen. Danach wurde mit Natriumhypobromit oxydiert. I. Es wurden abgewogen: 0,0654 & Methylaminchlorhydrat, 0,0668 „ Dimethylaminchlorhydrat, 0,0741 „ Diäthylaminchlorhydrat, 1,3662 „ Trimethylaminchlorhydrat, 0,1648 „ Chlorammonium. Der Trockenrückstand des überdestillierten 'salzsauren Trimethylamins betrug 1,3608 g. Somit beläuft sich der Verlust auf nur 0,40 Proz. Dieses Aminchlorid wurde nun in absolutem Alkohol mit einem Überschuß von alkoholisch-ätherischer Platinchloridlösung gefällt. Im gewaschenen und ge- trockneten Platindoppelsalz wurden 37,54 Proz. metallisches Platin gefunden (berechnet 36,9 Proz.). II. Es wurden abgewogen: 0,0863 g Methylaminchlorhydrat, 0,0822 „ Diäthylaminehlorhydrat, 1,3298 „ Trimethylaminchlorhydrat, 1,1074 „ Chlorammonium. Gewicht des trockenen Rückstandes . . . 1,3200 9. Verluste ae a et En ne 0,72 Proz. Das Chloroplatinat enthält ....... 37,64 Proz. Metall. | q ; 4 © Der ehemische Nachweis der degenerativen Nervenkrankheiten. 509 Wir sind mithin in der Lage, das Trimethylamin im Harn mit ziemlicher Genauigkeit zu bestimmen, unbekümmert darum, ob neben dieser Verbindung etwa noch andere Amine vorhanden sein mögen. Die Annahme Filippo de Filippis, daß im Harn neben Trimethylamin noch andere primäre und sekundäre Amine vor- kommen, kann also keine Störung verursachen. Das Ziel meiner nun vorgenommenen Arbeiten war, festzustellen, wie groß die unter möglichst normalen Verhältnissen ausgeschiedene Menge des Trimethylamins ist und ob bei Zufuhr von Leeithin eine gesteigerte Trimethylaminausscheidung zu beobachten ist. Versuch. 36 Jahre alter Laborant von mittlerer Körpergröße, von ge- sundem Aussehen und normaler Lebensweise. Während des Versuches genoß er Milch, Rindfleisch, Gemüse und ohne Ei zubereitete Mehlspeisen. In seinem Kote konnte in keinem einzigen Falle die Anwesenheit von Trimethyl- amin zweifellos nachgewiesen oder dasselbe identifiziert werden. Die unten angegebenen Bestimmungen wurden in einer 24stündigen Harnmenge vor- genommen. Im Harn wurden keine pathologische Bestandteile gefunden. Die Mengen des ausgeschiedenen Trimethylamins sind in folgender Tabelle verzeichnet. : Trimethyl- Se Tri- amin aus Datum Diät Harn e Pe? |methyl-| 1000 ccm . ewicht| „min Ham cem g g 98. Jan. | Milch, Kaffee, Fleisch, Gemüse | 1280 | 1025 | 0,0188 | 0,0146 290.5 5 ” 5 5 1500 | 1026 | 0,0183 | 0,0122 30. „ = 5 en > 1420 | 1024 | 0,0400 | 0,0281 Sl, wie am ersten Tage, 16 Eier | 2220 | 1019 | 0,0236 | 0,0106 1. Febr. wie am ersten Tage 1940 | 1022 | 0,0698 | 0,0359 au 5 Ra 5 „ 1440 | 1025 | 0,0426 | 0,0295 4, Re H h 1420 | 1026 | 0,0264 | 0,0114 Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, daß das Maximum der Trimethylaminausscheidung im Harn am fünften Tage statt- fand, und zwar nachdem tags zuvor 16 Eier genossen wurden. Die täglich ausgeschiedenen Mengen (18 bis 26 mg) der tertiären Base stimmen mit den Angaben Filippo de Filippis, den 30. Januar ausgenommen, an welchem Tage das Versuchsindividuum eine un- gewohnte, schwere körperliche Arbeit (Schneeschaufeln) verrichten mußte, außerdem ungefähr 1 Liter Wein zu sich genommen hatte. In diesem Falle mag das Mehr von Muskelarbeit, vielleicht auch der Alkohol zur vermehrten Trimethylaminausscheidung beigetragen haben. Es wäre der Mühe wert, sich mit dieser Frage eingehender zu beschäftigen. SAN Koloman Bauer, Filippo de Filippi schaltete das Fleisch in der Diät so lange aus, bis er feststellen konnte, daß eine Zunahme des Thi- methylamins im Harn auf einen gesteigerten Zerfall des in Form von Eiern einverleibten Leecithins schließen läßt. Ich hielt die möglichst normale Nahrungszufuhr, Fleisch inbegriffen, für zweck- mäßiger. Dieses Vorgehen bewährte sich, indem es gelang, nach Eiertagen das Trimethylamin in viel größerer Menge zu erhalten. Das Resultat meiner bisherigen Versuche lautet, daß es gelungen ist, das Trimethylamin im Harn zu isolieren und in zweifelloser Weise zu identifizieren. Es ist ferner anzunehmen, daß der gesteigerte Lecithinzerfall im Or- ganismus eine Zunahme der Trimethylaminausscheidung verursacht. Dasselbe scheint für anstrengende körper- liche Arbeit zu gelten. Schließlich habe ich die quan- titative Bestimmungsmethode der Basen verläßlich ge- funden. Die Untersuchung der Cerebrospinalflüssigkeit auf Trimethylamin. Zu diesem Zweck habe ich mehrere Methoden angewandt, leider jedoch mit nicht befriedigenden Resultaten. I. Der mit Salzsäure schwach angesäuerte Liquor wurde zur Trockne eingedampft, die wässerige Lösung des Rückstandes mit überschüssiger Lauge versetzt und abdestillier. Wenn die Lösung Ammoniak und destillierbares Trimethylamin enthält, so zeigt die- selbe beim Versetzen mit dem Nesslerschen Reagens eine Gelb- färbung, welche jedoch ebenso vom Ammoniak, wie vom Tri- methylamin herrühren kann. In diesem Falle zerstören wir die Ammoniumsalze mit Natriumhypobromit und dann ist die über- -destillierende Base Trimethylamin. Die nun erfolgende Nessler- Reaktion zeigt also nur Trimethylamin. In der Tat bekam ich in zwei Fällen im Liquor einen positiven Ausfall der Reaktion, welche also unzweifelhaft auf eine tertiäre Base hinweist. Es standen mir zur Verfügung 78 ccm Üerebrospinalflüssigkeit von Paralytikern. Das alkalisch gemachte Destillat gab mit dem Nesslerschen Reagens eine intensive, gelbe Färbung, während der ursprüngliche Liquor mit demselben Reagens sich allmählich immer stärker zitronengelb färbte. Im Destillate verursachte Natriumhypo- bromit eine starke Gasentwickelung, was auf Anwesenheit von relativ großen Mengen Ammoniumsalz deutet. Die durch abermaliges Der chemische Nachweis der degenerativen Nervenkrankheiten. 511 Destillieren erhaltene Flüssigkeit wies gleichfalls die allmählich zunehmende Gelbfärbung auf. Das Dunklerwerden des Farbentones ist bei Ammoniumsalzen nicht zu beobachten, dieser Niederschlag ist, von rötlicher Färbung, während Trimethylamin eine immer intensiver werdende Gelbfärbung gibt. Il. Es wurde ferner ein Versuch nach der von Tsalapatani!t) empfohlenen Methode zum Nachweis von Trimethylamin in der Cerebrospinalflüssigkeit angestellt. Der mit Lauge versetzte Liquor wurde destilliert und die übergehenden Dämpfe in Salzsäure auf- gefangen. Die so erhaltene Lösung wurde am Wasserbade ein- gedampft, in 95proz. Alkohol gelöst und mit einigen Centigramm Tetrachlorchinon versetzt. Bei einer Temperatur von 70 bis 74° C trat nach längerer Zeit eine ganz schwache Violettfärbung ein, welche am folgenden Tage intensiver wurde. Diese Methode er- wies sich für meine Zwecke als ungeeignet, da reines Chlor- ammonium unter denselben Umständen eine ähnliche Farbenreaktion gibt. Selbst das Tetrachlorchinon ist imstande, diese Färbung auf- zuweisen, wenn es nach längerem Stehen in ammoniakhaltiger Atmosphäre mit absolutem Alkohol versetzt und auf dem Wasser- bade erwärmt wird. Nach Tsalapatani verursachte Ammoniak unter denselben Bedingungen keine Färbung. In Widerspruch steht hiermit die Tatsache, daß in der alkoholischen Lösung von Tetrachlorchinon mit wässerigem Ammoniak ein Substitutions- produkt, das Chloranilamid, 0,C1,0; (NH,);, ohne Alkohol hingegen Chloranilaminsäure, 0, Cl, (NH,)(OH)O,, entsteht. In der Eprouvette zeigt das Tetrachlorchinon mit wässerigem Ammoniak eine Violett- färbung, während bei Gegenwart von Alkohol die Lösung sich kirschrot färbt. Es folgt hieraus, daß chemisch reines Trimethyl- amin mit Tetrachlorchinon keine Farbenreaktion gibt und infolge- dessen bei der Untersuchung der Cerebrospinalflüssigkeit als Reagens nicht zu gebrauchen ist. III. Auf Vorschlag von Prof. J. Donath versuchte ich mit Jod-Jodkalium auf Trimethylamin zu prüfen. Das Reagens zeigt, wie ich mich überzeugt habe, noch einen Gehalt von 0,02 Proz. Trimethylaminchlorhydrat an. Die Reaktion besteht in der Bildung von grauen, an die Farbe des festen Jods erinnernden farnblatt- förmigen Kristallen, welche mit Lauge versetzt, schon in der Kälte rotes Lackmuspapier bläuendes Trimethylamin entwickeln. Es standen 102 ecm Liquor von Epileptikern und 105,5 ccm von Rückenmarkschwindsüchtigen zu meiner Verfügung. Der Liquor wurde mit Lauge versetzt, destilliert, die Ammoniumsalze wurden 512 Koloman Bauer, zerstört und die wässerige Lösung des Rückstandes in oben be- schriebener Weise geprüft. Es konnte die Bildung der charak- teristischen Kristalle nicht beobachtet werden. Mit Hilfe dieser Methode ist es daher ebenfalls nicht gelungen, tertiäre Aminbasen nachzuweisen. Die Untersuchung des Harns auf Trimethylamin bei destruierenden Prozessen des Nervensystems. Die Harne stammen aus der Nervenkrankenabteilung eines hiesigen Krankenhauses. Die 24stündige Harnmenge wurde in einem Meßzylinder gesammelt, in welchem vorher jedesmal 25 ccm verdünnte Salzsäure gebracht worden war. Der gesammelte Harn wurde einige Stunden, nachdem derselbe gesammelt war, mit Lauge versetzt, destilliert und in oben beschriebener Weise weiter behandelt. Die Fälle waren: Dementia paral. progressiva, Tabes dorsalis, Myelitis acuta, Myelitis chronica und von den funktionellen Nerven- krankheiten ein schwerer und ein leichterer Fall von Neurasthenie. Die Versuchsergebnisse sind in folgender Tabelle zusammengestellt. 2020 | 1007 0,0247 | 0,0122 720 | 1025 0,0382 | 0,0530 980 | 1020 0,0368 | 0,0371 1040 | 1021 0,0426 | 0,0409 A e. BEl2o = Be D Neurasthenie ie I Datum Krankheit Name Harn a r a, 06 a 1907 ccm g g 14. Febr. Dies E J. K. | 2430 1016 0,0509 | 0,0229 15. Ka 28j. v| 1410 | 1021 | 0,0292 | 0,0207 $ Paralyse { 16. 9, Mann | 1480 1018 0,0386 | 0,0260 DDEREN | Progressive | | 610 | 1034 | 0,0316 | 0,0518 Br, | Paralyse | N | 430 | 1031 | 0,0368 | 0,0855 ERR. J.M.)| 1670 | 1012 | 0,0415 | 0,0248 Dee Tabes dorsalis 38]. 1230 | 1015 0,0622 | 0,0505 PAoha ion Mann 1450 1017 0,0547 | 0,0376 3. März X.X. 238 1030 0,0382 0,1605 A A Tabes dorsalis 52]. \ 220 | 1028 0,0522 | 0,2454 ] Mann || 370 | 1020 | 0,0540 | 0,1468 TAT D.K.)| 1150 | 1023 | 0,0702 | 0,0610 eh Myelitis 24j. \ 875 | 1023 | 0,0726 | 0,0829 6er? 3%; Mann J 950 | 1022 0,0686 | 0,0722 KER, M.E. 910 1018 0,0424 | 0,0465 Oh Myelitis j 22j. 720 | 1017 | 0,0472 | 0,0655 ale | Frau || 710 | 1016 | 0,0572 | 0,0805 EP: ) & 2020 | 1016 | 0,0194 | 0,0096 | Neurasthenie | 29 3450 1010 0,0226 | 0,0065. M | J. 3 a M Der ehemische Nachweis der degenerativen Nervenkrankheiten. 513 Zusammenfassung. Es unterliegt nunmehr keinem Zweifel, daß dem Trimethyl- amin im normalen Stoffwechsel eine bedeutende Rolle zukommt. Das konstante Vorkommen desselben im Harn ist einwandsfrei nachgewiesen worden. Auf Grund einer Anzahl von Versuchen ist anzunehmen, daß es hauptsächlich der Leeithinzerfall ist, der die überwiegende Menge des Trimethylamins entstehen läßt. Als fernere Ursprungsquellen können vielleicht auch andere, durch die Nahrung zugeführte Cholinkomplexe (Fleischbasen) angesehen werden. Zur Bestimmung der tertiären Basen steht uns eine brauch- bare Methode zur Verfügung; sie ermöglicht eine Trennung des Trimethylamins von anderen Aminen und von den Ammoniumsalzen. Die von einem gesunden Menschen täglich ausgeschiedene Menge Trimethylamin beträgt bei gemischter Kost 18 bis 26 mg, was in Übereinstimmung steht mit den Angaben Filippo de Filippis, welche er bei fleischfreier lactovegetarischer Diät erhielt. Das unerwartete Ansteigen des ausgeschiedenen Trimethylamins auf 79 mg ist in de Filippis Versuch auf die plötzliche, ziemlich große (1/, kg) Fleischzufuhr zurückzuführen, wobei nicht außer Acht zu lassen ist, daß die Cholinkomplexe des Fleisches fast momentan in den bisher bei Milch- und Pflanzennahrung gehaltenen Organismus gelangt sind. Schwere körperliche Arbeit und Genuß von alkoholischen Getränken scheinen ein Anwachsen der Trimethyl- aminausscheidung herbeizuführen. Was den chemischen Nachweis der degenerativen Nerven- krankheiten anlangt, ist festgestellt worden, daß die Menge des ausgeschiedenen Trimethylamins von der Krankheitsform abhängig ist; so beträgt die Durchschnittsmenge dieser Verbindung bei Tabes 51, bei Myelitis 59 und bei Paralysis progressiva 37 mg. Klarer ist dies bei einem der zwei angeführten Fälle von Neurasthenie zu ersehen. Der eine Fall läßt auf keine Destruktionen schließen, was mit der pathologischen Anatomie der Neurasthenie in Einklang steht. Beim zweiten Fall beobachten wir gerade das Gegenteil. Weitergehende Folgerungen dürfen jedoch aus diesen zwei Fällen nicht gezogen werden. Literatur. !) Zeitschr. f. physiol. Chem. 10, 97 (1886). ?) Berl. klin. Wochenschr. 2 (1908). ®) C. Serono e A. Percival, Giorn. R. Accad. Med., Torino. Vol. Anno LXII, F. 2, 3. — Dessaignes (Lieb. Ann. 218) machte schon 1858 Beitr. z. chem. Physiologie. XI. 35 514 Koloman Bauer, die Erfahrung, daß der menschliche Harn mit fixen Alkalien verhältnismäßig eroße Mengen von Trimethylamin gibt, welches sich seiner Ansicht nach von kompliziert zusammengesetzten Verbindungen abspaltet. Dies wären die von Kutscher (Zeitschr. f. physiol. Chem. 51, 462) jüngst aufgefundenen Cholinbasen, welche mit Alkalien Trimethylamin geben. *) Hier und im folgenden wird der Kürze halber einfach Lecithin ge- braucht. 5) Compt. rend. 66, 5772. €) Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 4, 182. 7) Arch. d. Pharm. 232, 277. ®) Zeitschr. f. Naturw. Halle 60, 240. 9) Zeitschr. f. physiol. Chem. 48, 49 (1906). 10) Berl. klin. Wochenschr. 44 (1891). !) Zeitschr. f. physiol. Chem. 39, 526 (1903), ferner Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilkunde 27. Lab. 12) Zeitschr. f. physiol. Chemie 12 (1888). 18) Diese Beiträge 8, 370 (1906). 14) Bull. Soc. de Stiinte diu Bucaresci 16, 167—169, Mai-August 1907. f. med. Chem. 15) Zeitschr. f. physiol. Chemie 49, 433 (1906). Zur Nachrieht. Infolge eines von mir angeregten Übereinkommens zwischen den beteiligten Verlagsfirmen verschmelzen vom nächsten (XII) Bande ab die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ mit der von C. Neuberg redigierten im Verlag von Julius Springer, Berlin, er- scheinenden „Biochemischen Zeitschrift“. Die bisherigen Mitarbeiter der „Beiträge“ haben sroßenteils der „Biochemischen Zeitschrift“ ihre Mit- ‚wirkung zugesichert. Straßburg, im Juni 1908. F. Hofmeister. Verzeichnis der Mitarbeiter des elften Bandes Baer, J. 101. Bang, I. 76. Bauer, K. 502. Blum, L. 101, 143. Bocehi, O. 79. Brasch, W. 376. Buxton, B. H. 479. Dakin, H. D. 404. Embden, G. 308, 318, 323, 397, 332, 348. Engel, H. 323. Falta, W. 224. Friedmann, E. 151, 158, 177, 194, 202, 304, 365, 371, 376. Fürth, O. v. 146. Granström, E. 132, 214. Handovsky, H. 415. Hildebrandt, H. 409. Hirokawa, W. 458. Höber, R. 35. Hohlweg, H. 381. Jerusalem, E. 146. Jochmann, G. 449. Knoop, F. 356, 411. Lattes, L. 327. Lefmann, G. 255. Lockemann, G. 449. Lombroso, U. 81. Marx, A. 308, 318. Meyer, H. 381. Meyer, K. 357. Michaud, L. 332. Palladino, R. 65. Pauli, W. 415. Rahe, A. H. 479. Reh, A. 1. Rogozinski, F. 229, 241. Savare, M. 71, 73. Spiro, K. 144. Stolte, K. 19. Takaki, K. 274, 288. Vogt, A. 406. Whitney, J. L. 224. Wiechowski, W. 109. Windaus, A. 406. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Lehrbuch der gerichtlichen Chemie in zwei Bänden. Zweite gänzlich umgearbeitete Auflage bearbeitet von Dr. Georg Baumert, Dr. M. Dennstedt, Professor u. Leiter d. Universitäts - Laboratoriums Professor und Direktor des chemischen für Nahrungsmittelchemie in Halle a. S. Staats - Laboratoriums in Hamburg und Dr. F. Voigtländer, Assistent am chemischen Staats-Laboratorium in Hamburg. Erster Band. Der Nachweis von Giften und gesundheitsschädlichen Stoffen in Leichenteilen, Harn, Nahrungs- und Genußmitteln, Gebrauchsgegenständen, Wasser, Luft und Boden, mit Berück- sichtigung steueramtlicher Untersuchungen, sowie der Vegetationsschä- digung durch Rauch u. dgl. Mit 53 eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 12 M, geb. 13 %b Zweiter Band. Der Nachweis von Schriftfälschungen, Blut, Sperma usw. unter besonderer Berücksichtigung der Photographie. Mit 98 Abbildungen einschließlich einer farbigen Spektraltafel. gr. 8. Preis geh. 9 #, geb. 10 % Der moderne Krankenhausbau vom hygienischen und wirtschaftlich - technischen Standpunkte. Referate erstattet auf der XXXII. Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege in Bremen am 13. September 1907 von Professor Dr. med. H. Lenhartz, Direktor des Eppendorfer Krankenhauses in Hamburg und Baurat F. Ruppel in Hamburg. Mit 50 in den Text eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 2,40 %b Kinematik organischer Gelenke. Von Prof. Dr. Otto Fischer in Leipzig. Mit 77 eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 8 4, geb. 9 M J. Henles Grundrifs der Anatomie des Menschen. Neu bearbeitet von Dr. Fr. Merkel, Professor der Anatomie in Göttingen. Vierte Auflage. Mit zahlreichen, zum Teil farbigen Abbildungen u. einem Atlas. gr. 8. Zwei Teile. Preis jedes Teiles geh. 14 Mb, geb. 16 Mb Elementaranalysen Best. v. N, S, Halogen in org. Subst. Chem. Lab. v. Dr. H. Weil, München, Herzog Rudolfstr. 18. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Leitfaden für den praktisch-chemischen Unterricht der Mediziner zusammengestellt von Franz Hofmeister, Professor der physiologischen Chemie an der Universität Straßburg. Dritte neu durchgesehene und vervollständigte Auflage. 8°. Preis geh. 4 M, geb. in Lnwd. 4,75 % Die chemische Organisation der Zelle. Ein Vortrag von Franz Hofmeister, Professor der physiologischen Chemie an der Universität Straßburg. 8. geh. Preis 0,60 Die Entneblung von Färbereien. Studienbericht der Ingenieure Turin und Lassaux erstattet dem Komitee der französischen Färberei-Industrie in Paris am 28. März 1907. Übersetzt und bearbeitet im Bureau des Vereins der Deutschen Textilveredelungsindustrie, Düsseldorf. Mit 20 eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 1,50 Die Organisation der Fabrikbetriebe. Aus der Praxis für die Praxis von Albert N. P. Johanning, Kaufm. Leiter der deutschen Waffen- und Munitionsfabriken, Abteilung: Kugel- und Kugel- lagerfabrik, Berlin - Wittenau; vormals: Fabrikdirektor in Baden-Baden, Mitglied des Vereins deutscher Ingenieure, Dritte verbesserte und erweiterte Auflage. Mit einem Anhang: Enthaltend 56 in der Praxis bewährte Formulare. gr. 8. Preis gebunden 3 % + my 2 ER ö eg