HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. \SAUST Beught. 1. PORN Ba 1904 - Ya o.ıgos JUL 10 1985 BEITRÄGE ZUR CHEMISCHEN PHYSIOLOGIE UND PATHOLOGIE SECHSTER BAND BEITRÄGE ZUR CHEMISCHEN PHYSIOLOGIE UND PATHOLOGIE ZEITSCHRIFT FÜR DIE GESAMTE BIOCHEMIE UNTER MITWIRKUNG VON FACHGENOSSEN HERAUSGEGEBEN VoN FRANZ HOFMEISTER O0. PROFESSOR DER PHYSIOLOGISCHEN CHEMIE AN DER UNIVERSITÄT STRASSBURG SECHSTER BAND “BRAUNSCHWEIG VERLAU ON. FRIEDRICH VIEWEG UND SOHN 1905 Alle Rechte, namentlich dasjenige der Übersetzung in fremde Sprachen vorbehalten. 1. 111. IV. IE N. V1ll. IX. INHALT. A. Abhandlungen. . Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tier- körper. Erste Mitteilung. Von Dr. Giuseppe Satta. (Aus der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a. M. Vorstand: Prof. von Noorden) .. ; Über die Bedeutung des Reststickstoffs des Blutes für den Eiweißstoffwechsel unter physiologischen und pathologischen Bedingungen, Von Dr. Gustav von Bergmann und Dr. Leo Langstein. (Aus der 2. medizinischen Klinik in Berlin) . i Notiz über den be von ie im GE die mit Naphtalinsulfochlorid reagieren. Von Dr. ar von Bergmann. (Aus dem Laboratorium der 2. medizinischen Klinik in Berlin) ; Über Zuckerbildung bei Eenstliehen ne a a kogenfreien Leber. Von Dr. Gustav Embden. (Aus dem physiologisch-chemischen und dem physiologischen In- stitut zu Straßburg) . Über das Auftreten einer flüchtigen, N aneldenden Sub- stanz bei der Durchblutung der Leber. Von Dr. Marco Almagia und Gustav Embden. (Aus dem städtischen Krankenhaus zu Frankfurt a. M. Innere Abteilung, Ober- arzt Prof. von Noorden) er 2 Fütterungsversuche am pankreaslosen Hunde, Von Dr. G. Embden und Dr. H. Salomon. (Aus dem städtischen Krankenhause zu Frankfurt a. M. Innere Abteilung, Ober- arzt Prof. von Noorden) Se la er LT a Fermentwirkung und Fermentverlust. Von H. Reichel und K. Spiro. (Aus dem I Ta In- stitut zu Straßburg) Ein Fall von Pentosurie mit ee von ee, tier Arabinose. Von Dr. Riccardo Luzzatto. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg) i Zur Kenntnis des Adrenalins (Suprarenins). Von E. Prise mann. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg) Seite 27 40 44 59 63 63 87 92 VI xl. XII. XI. XIV. XV. XVl. XVII. XVII. XIX. XX. XXI. XXI. Inhalt. y . Zur Frage der einheitlichen und zpezifischen Natur des Pankreastrypsin.. Von Dr. Leo Pollak. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg) Über die Empfindlichkeit und das Rezeptionsvermögen der Zellen bei normalen und immunisierten Tieren. Von Privat- dozent Dr. Martin Jacoby. (Ausdem pharmakologischen Institut zu Heidelberg) a ER Über einen Antikörper gegen Crotin im normalen Organis- mus. Von Dr. Franz Alexander Lust. (Aus dem pharmakologischen Institut zu Heidelberg) Der Abbau aromatischer Fettsäuren im Tierkörper. Von Dr. Franz Knoop. (Aus dem physiolog.-chem. Institut in Straßburg und der med. Abt. des chem. Instituts in Freiburg i. B.) Beiträge zur vergleichenden a des ee wechsels. Von Privatdozent Dr. B. Slowtzoff. Dritte Mitteilung: Der Hungerstoffwechsel bei Libellen . — Dasselbe. Vierte Mitteilung: Der Bee von Hummeln (Bombus terrestris) . Über Harnazidität. Von Prof. Dr. med. H. De, : Über das Verhalten von peptischen Verdauungsprodukten der Plasteine zur Magen- und Dünndarmschleimhaut des Hundes. Von Dr. Joseph Großmann. (Aus dem physio- logisch-chemischen Laboratorium der Universität Charkow) Über den Einfluß einseitiger Ernährung mit Kohlehydraten auf die chemische Zusammensetzung des Säuglingskörpers. Von Dr. Franz Steinitz und Dr. Richard Weigert. (Aus der Universitäts-Kinderklinik zu Breslau) Pankreas und Glykolyse. Von Dr. Richard Claus und Dr. Gustav Embden. (Aus dem städtischen Kranken- hause zu Frankfurt a. M. Innere Abteilung. Oberarzt Professor Dr. v. Noorden) Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen der Kolloide. Vierte Mitteilung: Eiweißfällung durch Schwer- metalle. Von Dr. Wolfgang Pauli. (Aus dem Institute für allgemeine und experimentelle Pathologie in Wien. Vorstand: Prof. R. Paltauf) Untersuchungen über Blutgerinnung. Sechste Mitteilung. Von Dr. Leo Loeb. (Aus dem pathologischen Labora- torium der University of Pennsylvania, Philadelphia, und aus dem Marine Biological Laboratory, Woods Holl, Mass). Über die Bildung von Allantoin im Tierkörper. Von Dr. Hans Eppinger. (Aus dem physiologisch - chemischen Institut. zu Strabbung) +. na ru rn Seite 95 113 132 150 163 170 178 192 206 214 233 260 287 a ee EEE en ec Seesen ee XXIL. XXIV. xXXV. xXXVL xXXVI. . XXVIl. XXIX. XXX. XXXL XXX. XXXI. XXXIV. Inhalt. Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweiß- körper. Von Dr. Otto von Fürth. (Aus dem physio- logisch-chemischen Institut zu Straßburg) Zur Lehre von der Assimilationsgrenze der Zuckerarten. Von Dr. Franz Blumenthal. (Aus dem a chemischen Institut zu Straßburg) . Ma Pankreas und Glykolyse. Zweite Mitteilung. Von Dr. R, Claus und Dr. G. Embden. (Aus dem städtischen Krankenhause zu Frankfurt a. M. Innere Abteilung. Ober- arzt: Prof. Dr. v. Noorden). Weitere Beiträge zur Kenntnis der aus Eiweißkörpern ab- spaltbaren Kohlehydrate. Von Dr. Leo Langstein. (Aus dem chemischen Laboratorium der Königl. Universitäts- Kinderklinik in Berlin) Bemerkungen über die Stickstoffverteilung im Harn. Von Dr. Giuseppe Satta. (Aus der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a. M. Oberarzt: Prof. ©. v. Noorden) Studien über die Bedingungen der Kekahfnnn im Tier. körper. Zweite Mitteilung. Von Dr. Giuseppe Satta. (Aus der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a. M. Vorstand: Prof. ©. v. Noorden). Über Beziehungen zwischen Kohlehydraten und stickstoff- haltigen Produkten des Stoffwechsels. Von Privatdozent Dr. Fr. Knoop und Privatdozent Dr. Ad. Windaus. (Aus der medizin. Abt. des chemischen Institutes zu Freiburg i. Br.) Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung und Färbbarkeit tierischer Gewebe. Von Albrecht Bethe. (Aus dem physiologischen Institut zu Straßburg.) Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. Von Dr. Ferdinand Dauwe. (Aus dem physiologisch- chemischen Institut zu Straßburg), - urn Über chemische Veränderungen des Knochenmarks nach intraperitonealer Bakterieneinspritzung. Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung des Fibrinogens., Von Privat- dozent Dr. Paul Th. Müller. (Ausgeführt mit einer aus dem Legat Wedl gewährten Unterstützung der Kaiserl. Aka- demie der Wissenschaften in Wien) Zur Theorie der Harnstoffbildung. Von Dr. Hans Eppinger. (Aus dem a Institut in Straßburg) FAR en Über das Verhalten der safe im "Pierkörper, Von Dr. Hans Eppinger. (Aus dem physiologisch-chemischen ee Babe) / a nn ae ren v1I Seite 296 329 343 349 358 376 399 426 454 481 492 vImI XXXV. XXXVl. XXXVI. XxXXVIN. XXXIX. Inhalt. K Über die Giftigkeit des normalen Darminhalts. Von Dr. Ernst Magnus-Alsleben (Köln). (Aus dem Sir logisch-chemischen Institut zu Straßburg) ; Zur Kenntnis der Antipepsine. Von Dr. med. cand. a Schwarz (Brünn). (Aus dem a he Institut zu Straßburg) d Die Zusammensetzung des Buben ee die Hämolyse.. Von Dr. Olinto Pascucei (Rom). Erste Mitteilung: Die Zusammensetzung des Stromas. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg) Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. Von Dr. O0. Pascucci (Rom). Zweite Mit- teilung: Die Wirkung von Blutgiften auf Membranen aus Lecithin und Cholesterin. (Ausdem in = Institut zu Straßburg) Über die Entgiftung des nn due Re ss Dr. Walther Hausmann. (Aus dem chem. Laboratorium der allgem. Poliklinik und dem tierphysiologischen Institut der Hochschule für Bodenkultur in Wien) - B. Kürzere Mitteilungen. . Weiteres über die Wirkung der Radiumstrahlen auf Re Von Sigval Schmidt-Nielsen . . Darstellung des Pepsinfermentes aus M EN Von P. Schrumpf. (Aus dem physiologisch-chemischen In- stitut zu Straßburg) Be a a ZU REE Seite 503 524 543 567 396 SAND Beiträge zur Chemischen Physiologie und Pathologie Zeitschrift für die gesamte Biochemie unter Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben von Franz Hofmeister 0. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg Vl. Band. 1. u. 2. Heft (Ausgegeben Oktober 1904) “ Braunschweig Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn 1904. Inhalt des 1. u. 2. Heftes. Seite I. Giuseppe Satta. Studien über die Bedingungen der Aceton- bildung im Tierkörper. (Aus der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a. M. (Vorstand: Prof. von Noorden) . . . ER ER 1 II. Gustav von Bergmann und Re anstein Es die Be- deutung des Reststickstoffs des Blutes für den Eiweißstoff- wechsel unter physiologischen und pathologischen De (Aus der 2. medizinischen Klinik in Berlin) . . . r 0 III. Gustav von Bergmann. Notiz über den Befund von vl bindungen im Blute, die mit Naphtalinsulfochlorid reagieren. (Aus dem Laboratorium der 2. medizinischen Klinik in Berlin) 40 IV. Gustav Embden. Über Zuckerbildung bei künstlicher Durch- blutung der glykogenfreien Leber. (Aus dem physiologisch- chemischen und dem physiologischen Institut zu Strassburg) . 44 V. Marco Almagia und Gustav Embden. Über das Auftreten einer flüchtigen, jodoformbildenden Substanz bei der Durch- blutung der Leber. (Aus dem städtischen Krankenhaus zu Frankfurt a. M. Innere Abteilung, Oberarzt Prof. von Noorden) 59 VI. 6. Embden und H. Salomon, Fütterungsversuche am pankreas- losen Hunde. (Aus dem städtischen Krankenhause zu Frank- furt a. M. Innere Abteilung, Oberarzt Prof. von Noorden) . 63 VI. H. Reichel und K. Spiro. Fermentwirkung und Fermentverlust. (Aus dem physiologisch-chemischen Instilut zu Strassburg) . 68 VIII Riccardo Luzzaitoe. Ein Fall von Pentosurie mit Aus- scheidung von optischaktiver Arabinose. (Aus dem physiologisch- chemischen Institut zu Strassburg) . -. . - 87 IX. E. Friedmann. Zur Kenntnis des Adrenalins ET. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strassburg) . 92 Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von 36 Druckbogen zum Preise von M. 15,— bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolet nach Maßgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre er- scheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. a sind an den Herausgeber, Straßburg i. E., Wimpfelingstraße 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlich- keit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung maßgebend sein. Polemische Ausführungen, welche den’ Rahmen einer tatsächlichen Richtig- stellung überschreiten, können: nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mit- teilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein besonders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40,— für den Druck- bogen und 50 Sonderabzüge. Jin LE Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. Von Dr. Giuseppe Satta (Medizinische Klinik zu Siena). Aus der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a. M. (Vorstand: Prof. C. von Noorden.) Erste Mitteilune. I. Die Beziehungen der Acetonkörper zum intermediären Stoffwechsel. Die Frage nach Herkunft und Bedeutung der sogenannten Acetonkörper, d. h. des Acetons, der Acetessigsäure und P-Oxy- buttersäure hat in neuerer Zeit immer mehr folgende Fassung erhalten: sind die Acetonkörper normale oder pathologische Stoff- wechselprodukte? Es bieten sich da folgende Möglichkeiten: a) Alle drei oben genannten Körper stellen normale Stoff- wechselprodukte dar. b) Nur die f-Oxybuttersäure ist ein normales Produkt, die zwei anderen treten nur unter abnormen Verhältnissen auf. c) Sämtliche Acetonkörper beweisen durch ihr Auftreten eine Abweichung des Stoffwechsels von der Norm. Da die Quelle der unter abnormen Verhältnissen auftretenden Acetonkörper, wie zumeist angenommen wird und unten näher dargetan werden soll, die Fettsäuren sind, so ergibt sich weiter die Frage: erfolgt der Abbau der Fettsäuren normalerweise über die 5-Oxybutter- und Acetessigsäure? Zugunsten dieser Auffassung scheinen drei Umstände zu sprechen. I. Die konstante Ausscheidung kleiner Quantitäten von Aceton durch den Harn und die Lungen. — Das regelmäßige Auftreten Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 1! 2 Giuseppe Satta, kleiner Mengen Acetons unter den Ausscheidungsprodukten ., des Organismus läßt es als ein normales Stoffwechselprodukt erscheinen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das in der Norm in kleinster Menge ausgeschiedene Aceton nicht notwendig auf demselben Wege gebildet wird, wie das unter abnormen Ver- hältnissen so reichlich ausgeschiedene. Die geringe Menge des stetig ausgeschiedenen Acetons, und das Fehlen der ß-Oxybutter- säure im normalen Harn drängen zu der Erwägung, daß entweder die Menge der Acetonvorstufen, die im Organismus abgebaut wird, sehr gering ist, oder daß das Aceton normalerweise nicht aus der nämlichen Quelle entsteht, aus der es unter abnormen Verhältnissen, bei reichlicher Ausscheidung in Gesellschaft der P-Oxybuttersäure, hervorgeht. Der Nachweis der -Oxybutter- säure im Urin mißlingt unter normalen Verhältnissen immer, und zwar auch dann, wenn die Ausscheidung des Acetons die gewöhn- lichen Werte, trotz Kohlehydratzufuhr, übertrifft. L. Schwarz‘) z. B. ist der Nachweis der 5-Oxybuttersäure bei normalen Individuen in keinem Fall gelungen, selbst wenn die Ausscheidung des Acetons 0,61 g pro Tag erreichte. Dies läßt mit Recht annehmen, daß die p-Oxybuttersäure kein normales Stoffwechselprodukt darstellt, und daß das in kleiner Quantität stetig ausgeschiedene Aceton einer anderen Muttersubstanz seine Entstehung verdankt und nicht aus der f-Oxybuttersäure entstanden ist. Der Ausscheidung des Aceton- anteils, der ein normales Stoffwechselprodukt darstellt, kann unter dieser Voraussetzung für die vorliegende Frage keine aufklärende Bedeutung beigemessen werden. II. Die Unmöglichkeit das Aceton aus den Ausscheidungs- wegen zum Verschwinden zu bringen. — Selbst bei reichlicher Kohlehydratzufuhr gelingt es nur die Menge des durch den Harn ausgeschiedenen Acetons zu vermindern; es bleibt aber immer ein mit der Messinger-Huppertschen Methode nachweisbares Quantum übrig, während die abnorme Acetonausscheidung unter gleichen Verhältnissen außerordentlich herabgesetzt wird. III. Die Fähigkeit des normalen Organismus, die -Oxybutter- säure und die Acetessigsäure weiter zu zersetzen. — Über das Schicksal von einverleibtem Aceton, eingeführter Acetessig- und P-Oxybuttersäure beim Menschen liegen viele Beobachtungen unter ganz verschiedenen Bedingungen vor; doch sind die meisten nicht beweiskräftig, da nicht immer alle Faktoren, die das Resultat des Versuches beeinflussen können, Berücksichtigung fanden. Maß- *) Deutsches Archiv f. klin. Medizin. 76. Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 3 gebend sind nur jene Versuche, in welchen nach. der Einver- leibung der Acetonkörper, die %-Oxybuttersäure im Harn sowie das Aceton im Harn und in der Atemluft bestimmt wurden. J. Müller*) hat in einem Selbstversuch festgestellt, daß nach Einfuhr von 3,8 g Aceton in den ersten Stunden bereits 0,17 g ausgeatmet werden. Die weiteren, zahlreichen und wichtigen Versuche von Schwarz**) zeigen deutlich, daß die Verbrennung des Acetons nicht nur im diabetischen Organismus (wie schon früher allgemein angenommen wurde), sondern auch beim normalen Menschen sehr unvollkommen ist***), was mit der Beobachtung übereinstimmt, daß es niemals gelingt, das Aceton aus dem Harn zum Verschwinden zu bringen. Dagegen scheint die %-Oxybuttersäure nach den Versuchen von Schwarz) und WaldvogelYr) für den normalen vollernährten Menschen leicht oxydierbar zu sein. Für die Acetessigsäure liegt keine ganz beweiskräftige Untersuchung vor; in den Versuchen GeelmuydensTTry) z. B. wurden die Atmungswerte des Acetons nicht ermittelt. Wie schon hervorgehoben, verhält sich die normale minimale Acetonausscheidung gegen Kohlehydratzufuhr anders als die reich- liche abnorme. Wenn für diese die Entstehung aus Fettsäuren sehr wahrscheinlich gemacht ist, so gilt das nicht ohne weiteres für die normale Ausscheidung. Wenn wir einer Person eine eiweiß- und kohlehydrathaltige Nahrung verabreichen, die nicht nur den täglichen Verbrauch des Organismus deckt, sondern auch einen Fett- und Eiweißansatz erreichen läßt, wie sollen wir uns in diesem Fall das Auftreten des Acetons im Harn erklären, wenn wir seine Entstehung aus den Fettsäuren annehmen? Kein Fett wird eingeführt, kein Fett der Fettdepots abgebaut, dessen unge- achtet ist das Aceton im Harn immer vorhanden. Entweder ist es nicht aus Fett entstanden oder man muß zu minder einfachen Annahmen greifen, z. B. daß die Kohlehydrate bei dem normalen Abbau wenigstens zum Teil intermediär zu Fett werden, oder daß die Fettdepots doch in geringerem Maße angegriffen werden, der Verlust aber durch aus der Nahrung neugebildetes Fett quantitativ *) Archiv f. experim. Pathologie und Pharmakologie 40. 6 BE *#*) Auch die homologen Ketone der Fettreihe zersetzt der Organismus sehr schwer. t +) Deutsches Archiv f. klin. Medizin 76. +r) Die Acetonkörper. Stuttgart 1903. +r}) Skandinavisches Archiv f. Physiologie 11. 1* 4 Giuseppe Satta, ersetzt wird und ähnliches. Eine Entscheidung ist hier nicht sicher zu treffen. Das Fehlen der -Oxybuttersäure im normalen Harn kann zu der Vorstellung führen, daß sie kein normales Stoffwechselprodukt ist; andererseits aber könnte die Fähigkeit des Organismus, die ein- verleibte -Oxybuttersäure weiter zu oxydieren, eher das Gegenteil annehmen lassen. Gegen diese Auffassung kann man aber leicht einwenden, daß selbst sehr zersetzliche und im Blut nur in ver- schwindender Menge vorhandene normale Stoffwechselprodukte, z. B. Glykose, stetig im Harn auftreten. Dem gegenüber läßt sich aber folgendes geltend machen. Bekanntlich genügt die Entziehung bestimmter Stoffe, der Kohle- hydrate und anderer Stoffe, aus der Nahrung, um auch im normalen Organismus das Auftreten von großen Mengen Acetonkörper her- vorzurufen, umgekehrt genügt das Hinzufügen solcher Stoffe zur Nahrung, um sie zum Verschwinden zu bringen. — Man könnte die Stoffe, die zur Bildung des Acetons und seiner Vorstufe führen, der Kürze wegen als ketogene und ketoplastische, die Stoffe, die die Bildung hemmen, als antiketoplastische oder Hemmungsstoffe der Acetonbildung bezeichnen. Solche Hemmungsstoffe, als welche derzeit vor alleın die Kohlehydrate anzusehen sind, können nun nicht allein auf das schon gebildete Aceton wirken, sonst müßten doch die Vorstufen des Acetons, die Acetessig- und P-Oxybuttersäure, im Harn auftreten, was indessen nicht der Fall ist. Die Hemmungsstoffe müssen also ihre Wirkung auch auf die #-Oxybutter- und Acetessigsäure oder ihre Vorstufen entfalten. Der Vorgang dabei könnte ein verschiedener sein: a) Zunächst könnte man denken, daß die Hemmungsstoffe direkt oder indirekt die Oxydation der ß-Oxybuttersäure zu Aceton befördern. Doch entfällt diese Annahme, da wir wissen, daß der menschliche Organismus (vom tierischen sehen wir ab) die Fähig- keit besitzt, die per os einverleibte 5-Oxybuttersäure weiter umzu- setzen, ohne daß Aceton in gesteigerter Menge auftritt. Da das Aceton sehr schlecht vom Organismus angegriffen wird, kann in diesem Fall die weitere Umsetzung der -Oxybuttersäure nicht über Acetessigsäure und Aceton stattfinden. ß) Die Wirkung der Hemmungsstoffe erfolgt in dem Sinne, daß die -Oxybuttersäure durch einen intermediären Vorgang, z. B. eine Synthese, in noch unbekannte Produkte übergeführt wird. Diese Vorstellung ist jüngster Zeit besonders von Geelmuyden vertreten worden. Er nimmt an, daß normalerweise eine Synthese zwischen P-Oxybuttersäure und Kohlehydraten, Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 5 wahrscheinlich Glykuronsäure, stattfindet, durch welche der Acetonbildung vorgebeugt wird. Der Ausfall oder die Ein- schränkung dieser Synthese soll das Auftreten von Acetonurie erklären, wenn Kohlehydrate nicht in genügender Menge umge- setzt werden. Er stützt diese Vorstellung auf andere ähnliche Synthesen und besonders auf den Versuch von Hildebrandt über Entgiftung des Thymotinpiperidid durch Glykuronsäure- paarung. — Dazu sei hier nur folgendes bemerkt. Die Möglichkeit einer solchen intermediären Synthese als solche kann nicht bestritten werden, aber es muß betont werden, daß sie sich nicht nur zwischen der ß-Oxybuttersäure und den Kohlebydraten, sondern auch schon zwischen den Vorstufen der -Oxybuttersäure und den Kohlehydraten vollziehen kann. Ferner: die Paarung der -Oxy- buttersäure gerade mit Glykuronsäure kann nicht aufrecht erhalten werden, denn, wie später ausführlich berichtet werden soll, besitzen viele Stoffe diese Hemmungswirkung, die, wie z. B. Laevulose, Glykonsäure, Pentosen usw., nicht so leicht wie Glykose, oder überhaupt nicht, Glykuronsäure bilden können. y) Der Hemmungsstoff besitzt cine besondere Wirkung in dem Sinne, daß in seiner Anwesenheit im Organismus aus den Fettsäuren keine ß-Oxybutiersäure entsteht, folglich auch keine Acetessig- säure und kein Aceton. | Nun ist der Vorgang beim Abbau der hohen Fettsäuren völlig unbekannt, so daß eine nähere Betrachtung nach dieser Richtung wenig aussichtsvoll ist. Vielleicht bietet sich aber ein anderer Weg, dem Problem näher zu treten. Die Untersuchungen des gesamten Stoffwechseis bei inanieren- den oder nur mit Fleisch und Fett genährten Menschen und bei Diabetikern geben einige Anhaltspunkte. Wenn wir vom Ver- halten des Körpergewichtes, des allgemeinen Umsatzes an Eiweiß-, Fett- und Mineralstoffen absehen und uns nur auf die Abweichungen des intermediären Stoffumsatzes beschränken, so ergeben sich beim Hungerstoffwechsel folgende Veränderungen: I. Die Erniedrigung der respiratorischen Quotienten im, Ver- hältnis zu der Art der im Körper zerfallenden Stoffe. II. Das Ansteigen der Aceton- und Ammoniakausscheidung. III. Die Vermehrung in der Ausscheidung des sogenannten „Neutralschwefels“, die darin begründet ist, daß während der Hungerperiode ein kleinerer Anteil des Eiweißschwefels als sonst bis zu Schwefelsäure oxydiert wird, 6 Giuseppe Satta, , Solche Versuche an normalen und mit kohlehydratfreier Kost genährten Menschen liegen zahlreich vor. Die meisten berück- sichtigen nur die Acetonausscheidung, den Gas- und Gesamtstick- stoffwechsel, einzelne auch die Harnstofi- und Harnsäureausscheidung usw. Aus diesen Versuchen geht deutlich hervor, daß die Ver- mehrung der Acetonkörper- und Ammoniakausscheidung die auf- fallendste Stoffwechselveränderung darstellt. Um diese zwei Vorgänge zu beleuchten, will ich einige einschlägige eigene Be- obachtungen mitteilen. Um etwaige Beziehungen in der Ausscheidung dieser beiden Körper deutlich hervortreten zu lassen, habe ich das Verhältnis von Ammoniak zur Acetonkörpersumme (als ß-Oxy- buttersäure) in die Tabellen aufgenommen. Tabelle I. Fall V (völlige Abstinenz vom zweiten Tage ab). Acetonkör- NHR;: persumme % NH3 als Klin. Acetonkör- buttersäure| PerSumme |, Urin- Spezif. Gewicht Bemerkungen 550 1025 5,24 0,027 0,048 0,56 :1 | 100 g Glycerin *) 500 1025 6,24 0,333 7,49 0,04 :1 1250 1015 9,87 1,39 16,23 0,08 :1 Tabelle 1. Fall @ (Fett und Fleisch, Gleichgewicht). | Urin- | Spezif. menge | Gewicht Acetonkör- NB;: persumme als 3-Oxy- buttersäure 0,95 Acetonkör-| Bemerkungen persumme 0,856 1930 1010 10,8 1,42 1,91 0,74:1 Eiweiß Fett 1660 1015 109 | 2351 8,73 0,28:1 On 2150 all 10,71 3,40 20,0 0:47%1 Tabelle III. Fall Sau (Fett und Fleisch, Gleichgewicht). er B Acetonkör- NE: : Urin- Spezif. persumme e menge | Gewicht als B-Oxy- | Acetonkör- Bemerkungen buttersäure, PeTSsumme 1775 1020 13,51 0,55 1,114 0,49:1 1750 1024 19,75 0,64 1,30 0,47:1 Strenge Diät 2250 1021 22,16 | 1,47 — —e | *) Die Einführung des Glycerins erfolgte zu hier nicht zu erörternden Zwecken. Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 7 Tabelle IV. Fall V (Fett und Eiweiß). Acetonkör- NH;: Urin- Spezif. - Ss menge Fe N NH; ao Acetonkör-, Bemerkungen buttersäure| Persumme 1025 1020 12,74 | 0,920 5,53 0,16:1 en 1475 1020 ° 114,78. :1,774 | 8,18 0,21: |11 we: En on 1400 1020 12,89 | 2,66 8,24 0,32:1 und 8 Kler Aus den Tabellen ersieht man: 1. daß die Vermehrung der Ammoniak- und Acetonausscheidung schon am ersten Tage zustande kommt, 2. daß keine regelmäßige Beziehung zwischen den Ammoniak- und Acetonkörperzahlen besteht. Das Ansteigen der Ammoniak-Ausscheidung könnte seine Erklärung in einem der drei folgenden Gründe finden: a) es entstehen aus der eingenommenen Nahrung anorganische Säuren (H;PO,, H»SO, usw.); eine Annahme, die in unserem Fall nicht zutrifft, da die eingenommene tägliche Kost immer dieselbe Zusammensetzung hatte, nur manchmal die Menge des eingeführten Fettes wechselte; p) es treten während der Kohlehydratkarenz reichliche Mengen organischer Säuren auf, die sich mit Ammoniak verbinden und seine Überführung in Harnstoff verhindern, oder y) es ruft die Ausschaltung der Kohlehydrate aus der Nahrung eine vorläufig unbekannte Veränderung des Stoffwechsels hervor. Gegen die Annahıne, daß nur die infolge der Kohlehydrat- entziehung im Organismus erfolgende Bildung von organischen Säuren (bzw. B-Oxybutter- und Acetessigsäure) an der Vermehrung der Ammoniak-Ausscheidung schuld sei, lassen sich mancherlei Ein- wände erheben. Bekanntlich hat der Organismus unter normalen Bedingungen immer eine gewisse Menge Alkali zur Verfügung, ent- sprechend einem Gehalt, den Spiro und Pemsel, sowie Fr. Kraus als „native Alkaleszenz“* bezeichnen. Dieser Vorrat ist freilich nicht sehr groß, er vermag aber bei Erwachsenen etwa 80 g -Oxybutter- säure zu neutralisieren. Trotzdem findet in meinen Versuchen die Vermehrung der Ammoniak - Ausscheidung schon am ersten Tage (siehe Tabelle II, III, IV) statt und läßt keine regelmäßige Beziehung zu der vermehrten Acetonkörperausscheidung erkennen. Das führt zu der Vorstellung, daß nicht nur die vermehrte Bildung von organischen Säuren, sondern auch eine Veränderung des intermediären Stoffwechsels bei der vermehrten Ammoniak - Aus- scheidung eine Rolle spielt. Letzteres läßt sic dem Umstande 8 Giuseppe Satta,_ » entnehmen, daß die Verminderung der Ammoniak- Ausscheidung | nicht immer der Verminderung der Acetonkörperausscheidung parallel verläuft. Hier seien zwei einschlägige Beobachtungen mitgeteilt: Tabelle VW. Fall V (gemischte Kost). Acetonkör- NR;: persumme m NH3 als B-Oxy- Acetonkör- buttersäure Persumme Spezif. Gewicht Bemerkungen 2,56 | :1 | Fleisch und Fett 2,22 a 900 1024 8,93 1,43 0,18 7,94:1 Kohlehydrat- 625 1025 7,98 1,18 0,055 21,4 1 zulage 550 1026 7,96 0,39 0,10 8,9 :i Tabelle VI. Fall G. | Acetonkör- NE: : Urin- Spezif. persumme e önge | Gewicht als B-Oxy- | Aeetonkör- Bemerkungen buttersäure; PerSumme 20 0,17:1 ar A Kohlehydrathalti 2,21 | 0,85:1°| * Na ER 1011 10,71 3,40 1017 7,92 1,89 Aus beiden Versuchen, die wegen des Vorhandenseins einer ausgesprochenen Acetonurie sehr geeignet sind dieses Ver- halten deutlich zu demonstrieren, geht hervor, daß eine engere Beziehung zwischen den zwei in Betracht kommenden Körpern nicht besteht. Während am ersten Tage der Kohlehydratzufuhr die Acetonkörperzahlen rasch stark heruntergehen, bleibt die Ammoniakausscheidung noch auf ihrer Höhe. In dem ersten Fall tritt das sehr prägnant auf: noch am zweiten, dritten, sogar am vierten Tage sind die Ammoniakwerte bedeutend. Die Annahme einer besonderen Veränderung des Stoffwechsels findet eine weitere Stütze in der folgenden Tatsache. Bei Fleisch- fressern kann man bekanntlich die durch Zufuhr von Säuren her- vorgerufene Vermehrung der Ammoniak-Ausscheidung verhindern, wenn gleichzeitig oder später demselben Tier Alkali verabreicht wird. Bei Menschen, bei denen infolge einer kohlehydratarmen Nahrung eine vermehrte Ammoniak-Ausscheidung stattgefunden hat, gelingt es nicht immer mit Alkalien die Ammoniak-Werte bis zur Norm herabzusetzen. Und das tritt auch bei Diabetikern hervor. Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 9 Tabelle VII Fall N (schwerer Diabetes). B-Oxy- | Acetonkör- Aceton | butter- | PFFFIMME | Bemerkungen als B-Oxy- säure buttersäure Spezif. Gewicht Urin- menge 5,30 16,63 26,17 S.D.+2%0g 1700 1029 3,12 4,66 14,13 22,54 | Natrium bicarbo- 1755 1026 3,65 4,36 14,76 22,62 nicum pro Tag Tabelle VII. Fall S (Fleisch und Fett, Gleichgewicht). 8-Oxy- |Acetonkör- _ | persumme butter als B-Oxy- SÄUTE |puttersäure Urin- menge Spezif. Escht NH; | Aceton Bemerkungen > nD, 40 g Natrium bicarboni- cum 4050 1019 0,235 Spuren 0,423 Wenn wir die Menge Alkali oder Ammoniak berechnen, die nötig ist, um die organischen Säuren abzustumpfen, erhalten wir die folgenden Werte. In dem ersten Fall wurden 71,334 g ß-Oxy- buttersäure und 11,03 g NH, ausgeschieden; im Laufe der drei Tage nahm der Patient 60 g Natrium bicarbonicum ein, d. h. eine hinreichende Menge Natron, um 90 g f-Oxybuttersäure zu neutralisieren; trotzdem wurde viel NH, ausgeschieden; 10 g davon (die tägliche Menge von 4 Proz. wurde abgezogen) können schon für sich 71,17 g ß-Oxybuttersäure neutralisieren, somit die ganze ausgeschiedene Acetonkörpermenge. In dem zweiten Fall wurden in ganzen 0,423 ß-Oxybuttersäure und 2,64 g NH; ausge- schieden. 40 g Natrium bicarbonicum neutralisieren 60 g ß-Oxy- buttersäure; es ist also ein gewisser Alkalivorrat zur Verfügung des Organismus frei geblieben. Dessen ungeachtet wurden 1,83 g NH, ausgeschieden, d. h. ein genügendes Quantum, um 13,02 g ß-Oxybuttersäure zu neutralisieren. — Wenn man bedenkt, daß ein Teil dieser organischen Säuren sicher durch das Natron neutralisiert worden ist, so liegt der Ge- danke sehr nahe, daß die Vermehrung der Ammoniak-Ausscheidung teilweise unabhängig von der vermehrten Bildung der Acetonkörper erfolgt. — Magnus-Levy*) hat bereits ähnliche Beobachtungen beim Diabetiker gemacht und ausdrücklich betont, daß bei Einführung großer Quantitäten von Alkali mehr organische Säuren ausge- *) Archiv f. experim. Pathologie und Pharmakologie 42 und 5, 10 Giuseppe Satta, schieden werden und das Ammoniak nur teilweise verschwindet. _ „Nur ein Teil des als Karbonat zugeführten Natrons dient zum Ersatz des Ammoniaks und der größte Teil erscheint in Verbindung mit weiteren Säuren als Neutralsalz im Urin.“ Er erklärt diese Tatsache daraus, daß die Säuren im Inneren der Zellen entstehen. Wenn sich nun einerseits einwenden läßt, daß es bei Tieren gelingt, die durch Säureeinverleibung hervorgerufene vermehrte Ammoniak- Ausscheidung mittels Alkalizufuhr zum Verschwinden zu bringen, so liegt andererseits auf der Hand, daß sich eine wirklich saure Reaktion des Protoplasmas schwerlich hervorrufen läßt. Ferner: wenn einerseits festgestellt ist, daß die per os eingeführten Natronsalze fast quantitativ resorbiert werden®*), so muß man doch andererseits zugeben, daß diese Salze sehr rasch ausge- schieden werden, da die Nieren eine besondere Anziehungskraft für die Salze zu besitzen scheinen. Jedenfalls bleibt die Möglichkeit bestehen, daß beim hungernden oder mit Fleisch und Fett ge- nährten Menschen und beim Diabetiker eine Anomalie der intermediären Prozesse vorliegt**), deren Grund im ersten Fall in der Verminderung der im Blut zirkulierenden Hemmungsstoffe, ım zweiten Fall in der verminderten Fähigkeit des Organismus, die Kohlehydrate weiter umzusetzen, gesucht werden muß. Zum Schlusse dieser Betrachtungen sei eine Bilanz fast aller im Harn ausgeschiedenen stickstoffhaltigen und organischen Sub- stanzen mitgeteilt, wie sie sich in einem Versuch am normalen Menschen mit und ohne Kohlehydratzufuhr ergab. Tabelle Fall V. | Naes | N N N Urin- N Phosphor- des + NH; er der d. sog. na : wolfram- |,,: | NU NU | Xen- Mono- als B-Oxy- Bemerkungen menge mn 8 säure- |Nieder- (N) thin- |amino-| Yutter- Filtrats |schlags körper |säuren) säure 1475 | 14,78| 12,39 1400 | 12,89| 10,11 | 2,78°| 9,64| 2,10| 0,42| 0,147| 0,87 | 8,24 1030 | 11,42] 8,53 | 2,88 | 8,04| 1,88| 1,13| 0,860| 0,35 | 0,46 ' Kohlehydıat- 900:| : 8,88: ©. 6,96. "21,97 | 6,2 | 1517] 0,64] 0,203| 0,76 | 0,18 „also 2,29 11,64 | 1,46 | 0,36 | 0,13 | 0,75 8,18 I Nahrung *) Stadelmann, die Alkalien. Stuttgart. **) Diese Anomalie könnte in einer verminderten Fähigkeit des Organismus, eine Amidierung der Oxysäuren zu vermitteln, oder in einer Verminderung von zur Verfügung stehenden Oyansäuremolekülen oder CO NH;-Gruppen gesucht werden. Die Konsequenz beider Vorgänge wäre ein Unterbleiben der Harn- stoffsynthese, somit ein Freibleiben von NH;- Gruppen, die dann als NH, (in Verbindung mit Säuren) ausgeschieden würden, Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. Prozentische Zusammensetzung (Gesamt-N = 100). NPW ® nn nn N (NHs) 2 NP NA ann Es REF GERN) ERS ERBEN EEE ERBE PERIPHEREN) EEE BESERBEES 25 SÜB ER VE SERLS ER SER) VER EEE 84,51 15,49 71,98 9,86 2,48 0,87 5,08 78,44 21,56 74,84 17,06 3,25 0,94 2,94 74,69 95,31 70,40 16,46 9,89 3,14 3,06 77,94 29,06 69,42 13,10 7,16 9,97 8,51 Es soll Aufgabe einer anderen Arbeit sein, die Resultate ‚dieses Versuches ausführlicher auseinander zu setzen; vorläufig sei darauf hingewiesen, daß zwei Erscheinungen aus der Tabelie unzweideutig hervortreten, die Vermehrung der Ammoniak - Aus- scheidung während der Kohlehydratkarenz, und die hohen Werte der Harnsäure am ersten Tage der Kohlehydratzufuhr. Die Bedeutung der Zunahme in der Ammoniak- Ausscheidung wurde eben besprochen. Die Vermehrung der Harnsäureausscheidung deutet, falls es sich um eine konstante Erscheinung handelt, auf eine Veränderung des Stoffwechsels hin, etwa von der Art, daß die dauernde Ein- schränkung der Hemmungstoffe in der Nahrung eine Schädigung der zelligen Elemente mit einem erhöhten Zerfall von kern- haltigen Geweben hervorgerufen und so eine Vermehrung in der Harnsäure- und Purinkörperausscheidung veranlaßt hat. Die Beobachtung erinnert daran, daß bei der sogenannten Bothryo- cephalusanämie und bei der perniziösen Anämie eine ähnliche „Mauserung“ des Blutes und der Gewebe vorkommt: in den ersten Tagen nach der Wurmabtreibung, wo die Blutregeneration stattfindet, kann man sehr oft bemerken, daß neben Stickstoff- retention im Gegensatz zu den sinkenden Stickstoff-Zahlen, die Purinkörperzahlen in die Höhe gehen und dann wieder abnehmen. Es bleibt aber immer fraglich, ob diese Mauserung der Gewebe erst am Tage der Kohlehydratzufuhr und nicht früher aufgetreten ist. Die Annahme einer Überschwemmung des Blutes mit stickstoff- haltigen Körpern und einer nachträglichen raschen Ausscheidung ist nicht aufrecht zu erhalten, weil in unserem Fall die Stick- stoffzahlen eine solche Möglichkeit nicht zulassen; anstatt eines Stickstoffverlustes zeigen sie eine Stickstoffretention. Soll der Vorgang nicht so zustande kommen, so bleibt nichts anderes übrig, als eine vorläufig nicht definierbare Veränderung des Stoffwechsels anzunehmen. In diesem Fall hätte man bei den nur mit Fleisch und Fett genährten Menschen bisher drei ver- schiedene Abweichungen vom gewöhnlichen Stoffwechsel anzu- 12 Giuseppe Satta, » nehmen und hätte die eingangs der Arbeit gestellten Fragen folgendermaßen zu beantworten: Die Ausschaltung der Kohlehydrate aus der Nahrung oder die verminderte Fähigkeit des Organismus, die Kohlehydrate weiter umzusetzen, ruft eine Veränderung des intermediären Stoffwechsels hervor, die in der gestörten Zersetzung der Fettsäuren, in der Vermehrung der NH;-Auscheidung, möglicherweise in dem ge- störten Umsatz der Purinkörper ihren Ausdruck findet. Beim Diabetiker kommen noch andere Stoffwechselanomalien hinzu. So z. B. hat Moraczewski*) beobachtet, daß die Oxal- säureausscheidung nach Fleischzufuhr eine Zunahme erfährt, welche durch Fettzusatz noch deutlicher wird, während die Kohlehydrate eine Abnahme bewirken. Die Frage, ob die die Acetonbildung hemmenden Substanzen ihre Wirkung auf die $-Oxybuttersäure oder auf eine von deren Vor- stufen entfalten, muß offen bleiben, obwohl die oben genannten Stoffwechselanomalien mehr für die zweite Möglichkeit zu sprechen scheinen. II. Versuche über die zur Hemmung der Acetonbildung benötigte Quantität von Kohlehydraten. Aus dem bisher Ausgeführten geht hervor, daß die Abwesen- heit von Kohlehydraten in Nahrung und Blut eine Veränderung des intermediären Stoffwechsels, d. h. der in einem beträcht- lichen Teil der Körperzellen ablaufenden chemischen Vorgänge, veranlaßt, die zu einer vermehrten Ausscheidung von Aceton und seiner Vorstufen führt. Diese Vermehrung tritt gewöhnlich schon am ersten Tage ein, und nimmt, wenn der Ausfall der Kohle- hydrate anhält, bis zu einem gewissen Grad zu. In den Unter- suchungen von F. Müller**) z. B. stieg bei dem Hungerkünstler C. die Acetonausscheidung rasch an und erreichte schon am 4. Tage das Maximum von 0,78 g Aceton und blieb dabei stehen; bei B. erfolgte die Zunahme langsam und erreichte am 5. Tage das Maximum (0,57 8). Hirschfeld***) fand bei zahlreichen Ver- suchen an nur mit Fleisch und Fett genährten Menschen, daß nicht nur die Zunahme der Acetonausscheidung verschieden war, sondern auch, daß das Maximum (241 bis 703 mg Aceton) an ver- schiedenen Tagen (vom 5. bis 8.) erreicht wurde. In einem Fall von fast vollstäindigem Hunger wurde die größte Menge Aceton (505 mg) am 4. Tage ausgeschieden. *) Zeitschrift f. klin. Medizin dl, 5—6. **) Virchows Archiv 131, Suppl.-Heft. *#*) Zeitschrift f. klin. Medizin 28, Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 13 Ich unterlasse es, eigene ähnliche Versuche mitzuteilen. Im allgemeinen läßt sich in der ersten Woche ein deutliches An- steigen erkennen, ohne jedoch einen höheren Grad zu erreichen, dann tritt Stillstand mit täglichen geringen Schwankungen ein. In einzelnen Fällen ist die Menge der Acetonkörper, die schon am ersten Tage ausgeschieden wird, recht beträchtlich. Das zeigen z. B. die folgenden Tabellen: Tabelle X. Fall G (Gleichgewicht). 8-Oxy- |Acetonkör- Dr, _ | persumme Aceton | butter- |... 8-Oxy- säure buttersäure Urin- Spezif. menge | Gewicht Bemerkungen 2290 1010 0,062 | 0,84 0,95 200 g Fleisch, 200 g Fett 1930 1010 066 |) 073 1,91 dasselbe 1660 1015 2,55 3,56 8,73 250 g Fleisch, 300g Fett 2150 1011 3,11 14,70 20,0 250g Fleisch, 250 g Fett Tabelle XI. Fall V (völlige Abstinenz) vom zweiten Tage ab. 8-Oxy- |Acetonkör- Aceton | butter- | Perenmume .. als B-Oxy- saure buttersäure Urin- | Spezif. menge | Gewicht Bemerkungen 550 1025 0,097 0 0,048 500 1025 0,721 6,20 ER DS Tee 1250 1015 2.99 10,85 16,23 |) Im ersten Fall erreichte die Menge der durch den Harn aus- geschiedenen Acetonkörper das erhebliche Quantum von 31,59 g ß-Oxybuttersäure (d. h. im Mittel 7,89 pro Tag), bei dem zweiten Fall = 23,56 g (7,85 pro Tag). Fügt man die mit der Atemluft ausge- schiedene Acetonmenge hinzu, so erhält man Werte, wie sie meines Wissens bisher nie so hoch gefunden worden sind. Es muß her- vorgehoben werden, daß der erste Fall (G) hinreichende Nahrung aufnahm, während der zweite (V) sich in völliger Inanition befand. Wesentlich ist an diesen Versuchsresultaten, daß sich nur kleine quantitative Unterschiede zwischen den Werten bei vollständigem Hunger und jenen bei einer einseitigen aber immer noch hin- reichenden Nahrung finden, und daß es in dieser Richtung für die Acetonkörperbildung gleich ist, ob die Fettsäuren der ein- genommenen Nahrung oder die der Fettdepots abgebaut werden. Um den Einfluß der Kohlehydratizufuhr nachzuweisen, habe ich die zwei folgenden Versuche angestellt: 14 Giuseppe Satta, Tabelle X. Fall G. 2 { -Oxy- |Acetonkör- n- Spezif. B-0x, i Ei p* Aceton | 'butter- | PrFnmme Bemerkungen menge | Gewicht als B-Oxy- SÄUT® |puttersäure Fleisch und Fett 2150 1011 8.11 14,70 20 1220 1017 0,065 2,10 2,21 Kohlehydratzulage Tabelle XII. Fall V. 2 » x -Oxy- Acetonkör- Urin- Spezif. B i Ä, in per summe L menge | Gewicht Pe butter als B-Oxy- Bemerkungen säure |puttersäure 1400 1020 1,89 4,84 8,24 Eier und Bouillon 1000 1022 0,248 0,023 0,46 \ 900 1024 0,090 0,02 0,18 Kohlehydratzulage 625 1025 0,012 0,014 0,055 ) 550 1026 0,010 0 0,018 Gewöhnliche Diät Wie man sieht, sind schon am ersten Tage der Kohlehydrat:- zufuhr die Zahlen der Acetonkörpersumme bedeutend gesunken, und zwar von 20 g -Oxybuttersäure auf 2,21 g beim ersten Fall, von 8,24 g auf 0,46 g beim zweiten Fall. Diese Werte aber sind hoch genug im Vergleich mit den normalen Zahlen, die nur am 3. bis 4. Tage erreicht worden sind. Für die Intensität der Hemmungswirkung kommt also die Menge der zugeführten Kohlehydrate deutlich in Betracht, ganz besonders auch je nach dem, ob’ es sich um eine Verhinderung der Acetonbildung oder um Unterdrückung einer bereits be- stehenden Acetonurie handelt. Bei einem Individuum, das am ersten Tag des Versuchs nur Fleisch, am zweiten und dritten Fleisch und Fett, am vierten ge- mischte Kost (mit Kohlehydratüberschuß) einführte, wurden nach- stehende Werte erhalten: Tabelle XIV. Fall S. Acetonkör- persumme 2 als B-Oxy- Harn [Atmenluft| säure ee Bemerkungen 1000| 1015 114,78] 0,027 E— 0 | — Gewöhnl. Diät 1060 | 1025 | 18,20) 0,139 0,012’. | 0,12 0,393 500 g Fleisch 1100 | 1023 | 22,54 | 0,468 0,457 | 0,127 1,792 dasselbe 500 g Fleisch, 300 g Fett 1165 | 1022 | 20,24| 0,67 0,487 1,157 3,24 | Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 15 Die Acetonausscheidung erreicht eine Höhe, die als um so beträchtlicher anzusehen ist, als dieselbe Person in einem anderen Versuch bei Zufuhr von nur 80 g Kohlehydraten während dreier Tage im Mittel nur 0,090 (als 5-Oxybuttersäure) pro Tag ausschied. Tabelle XV. Fall S. Aceton | Aceton |8-Oxy- Acetonkör- Urin- | Spezif. ä N im - | in der |butter-| Pnme Bemerkungen icht ls ß-Oxy- menge) Gewicht Harn |Atmenluft| säure ri 580 1023 7,63 | 0,027 0,030 0 0,10 a 620 1025 8,96 | 0,026 0,027 0 0,09 x Tao 53 | 1085 | 8,78 | 0,096 | oo2ı |ı 0 0,08 Re Die Einführung einer geringen Menge Kohlehydrat, ohne vorhergehende Nahrungsentziehung, verhindert das Auftreten der Acetonurie; die benötigte Kohlehydratmenge erscheint in dem eben mitgeteilten Fall um so kleiner, als eine bedeutende Fett- zersetzung stattgefunden haben muß, wie auch aus den Stickstoff- zahlen ersichtlich ist. (60,98 g N in der ersten und 25,37 g N in der zweiten dreitägigen Periode.) Aus dem Gesagten geht folgendes hervor: während eine kleine Menge Kohlehydrate genügt, um das Auftreten der Acetonurie zu verhindern, sind größere Quantitäten davon nötig, um eine bereits bestehende Acetonurie zum Verschwinden zu bringen. Im letzteren Fall werden die normalen Acetonzahlen erst am 2., 3., in anderen Fällen sogar erst am 4. Tage erreicht. Diese Verschiedenheit kann etwa folgende Erklärung finden. Steht den Zellen das für die intermediären Vorgänge nötige Material (in diesem Fall die Kohlehydrate) ausreichend zur Verfügung, so er- folgen die Zersetzungen normal; findet eine Einschränkung dieses für die chemische Arbeit der Zellen unentbehrlichen Materials statt, so werden sie in ihrer Tätigkeit gestört und geschädigt. Stellt man den Zellen wieder die Kohlehydrate zur Verfügung, bleibt die Schädigung zunächst noch bestehen und nur nach ihrer völligen Beseitigung geht die Acetonurie auf die ursprüngliche Größe zurück. Von Interesse in dieser Beziehung ist ein Versuch, der meines Erachtens nachweist, daß die Vermehrung der Acetonaus- scheidung bei krankhaftem Zustande auftreten kann, nicht nur wenn die Hemmungsstoffe im Blute vorhanden sind, sondern auch wenn sie durch neue Zufuhr vermehrt werden. 16 Giuseppe Satta, Tabelle XV1. Fall M. Spezif. Gewicht Urin- menge Aceton Bemerkungen N 0,037 Immer dieselbe Diät en 0.024 und 200 g Glykose pro 1150 nn Der Versuch wurde an einem Pneumoniker angestellt, der zu anderen Zwecken große Mengen Glykose einführte. Obwohl die Schwankungen in der Acetonausscheidung nicht sehr beträchtlich sind, so steht man doch unter dem Eindruck, daß die Stoffwechselvorgänge durch die Krankheit (in unserem Fall durch ein Toxin) in einer Art geschädigt waren, daß auch das Vorhandensein großer Quantitäten von Kohlehydrat die Schädigung nicht zu beheben vermochte. Auch das Gegenteil läßt sich auf experimentellem Wege nach- weisen. Bei Diabetikern genügt sehr oft die Regelung der Diät, nicht nur um die früheren hohen Werte in der Acetonkörperaus- scheidung stark herabzusetzen, sondern auch um die Wirkung von Faktoren, die unter anderen Bedingungen sicher ihren Ein- fluß ausgeübt hätten, zu verhindern. Bekanntlich reagiert der Diabetiker auf eine Vermehrung der Fettzufuhr mit einer Erhöhung der Acetonkörperausscheidung; wenn nun aber derselbe Kranke sich in der Periode der progressiven Besserung seiner zellulären Tätigkeit findet, so vermißt man den Einfluß der Fettbeigabe. Tabelle XV. Fall G (schwerer Diabetes). Urin- | Zucker Be es menge, in g N | NH; | Aceton butter- als 83-Oxy-, Bemerkungen saure | buttersäure 3850 | 157,8 | 22,64 | 1,37 | 6,85 10,67 | 21,98 3575 | 125,0 |23,22 | 0,87 | 3,54 | 9,91 | 16,28 3600 | 115,2 \21,97 | 0,67 | 9,97 | 374 | 9,o0g |j9-D.u.30g Rahm 3950 | 120 23,89 | 0,68 2,48 4,10 8,56 3850 1 119,3 116,17 1 072 0,83 1,60 3,09 |S.D.u.100gSesamöl 3000 | 162 14,78 |o0,6ı | 0,62 | 14 | 235 |, ul0g „ 4100| — |16,9|670) a N 1701 Same 4000 | 192 |1814 | 0,75 | 058 | 1388| 242 | „ u.150g Butter 3650 -- 17,37 | 0,68 0,44 1,26 2,05 „ u.150g Butter 3875 |. — ° | 17,14 7 0,0 ee 1,92 = 2008 Rinder- 3525 | 123,3 |17,34 | 0,72 | 052 | 0,81 1,82 Ri fett 310 | — 11562 | 079 | 070 | 05 1,65 5 200 8 Schwei- 3400 | 105,4 15,8 0,75 | 0,46 | 0,39 1,21 J elek" Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 17 In diesem Fall Zeigen die Acetonkörperzahlen eine progressive Neigung abzunehmen, auch die Verabreichung verschiedener Fett- sorten hat keinen Einfluß ausgeübt. Wenn dagegen der für diesen Patienten normale Wert erreicht wurde, so zeigte die Fettzufuhr gleich ihre Wirkung. Tabelle XVIII. FallG. Acetonkör- persumme x als B-Oxy- SAUTE | puttersäure Zucker in g Urin- menge N NH3 Bemerkungen 3400 | 105,4 | 15,8 | 0,75 | 0,460 | 0,393 1,21 3250-| 120 16,01| 0,75 | 0,451 | 0,563 1,47 2425 | 109,6 | 16,73] — 0,380 | 0,593 1,28 2900 — 15,45 | 0,84 | 0,280 | 0,325 0,839 200 g Butter Es liegen noch andere Beobachtungen vor, die deutlich zeigen, welche Bedeutung für die Acetonkörperbildung die jeweilige Leistungsfähigkeit der beteiligten Zellen bzw. Organe hat. In einem Fall von krupöser Pneumonie des rechten unteren Lungenlappens wurde am dritten Tage der Krankheit das Vorhanden- sein einer beträchtlichen Menge Aceton festgestellt; an demselben Tage wurden 100 g, vom 5. bis zum 11. Tage 200 g Glykose täglich einverleibt. Die nachstehende Tabelle ergibt das Verhalten der Acetonausscheidung. Tabelle XIX. Fall H. Spezif. | Zucker *) Datum Gesicht in g Aceton Bemerkungen 20. II. 04 | 2400 1010 1,2 0,023 Dieselbe Diät u. 100 g u 2900 1012 8,7 0,129 Glykose pro Tag 22. „ „| 3300 1012 56,1 0,158 | BB. | 2400 1015 24,0 0,063 e l ar 1. 1015 | 106 | 0,092 || tee Be 1011 N) 0,032 | a na: . ee 1014 0) Spuren *) Der Zucker wurde polarimetrisch bestimmt. Der Patient bekam Kamfereinspritzungen; deshalb sind vermutlich die Zuckerzahlen wegen des Vorhandenseins von gepaarter Glykuronsäure im Harn etwas zu niedrig. Doch ist ersichtlich,: daß der größte Teil des eingenommenen Zuckers zu- gunsten des Organismus zersetzt wurde; von 1200 g wurden nur 106,6 g ausgeschieden. Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 2 » 18 Giuseppe Satta, Das Verhalten der Aceton- und Zuckerausscheidung und des Fiebers ergibt folgende Kurve: Es besteht eine deutliche Beziehung zwischen der Acetonaus- scheidung und dem Fieberverlauf und ein Parallelismus zwischen Aceton- und Zuckerzahlen. Trotz der reichlichen Zufuhr von Kohle- hydraten gehen die Acetonwerte in die Höhe, und sinken, sobald die Krankheit einen günstigen Verlauf genommen hat, wieder ab. Es kann da kaum eine andere Erklärung in Betracht kommen als folgende: die toxische Schädigung der zellulären Tätigkeit hat die Ausführung der normalen intermediären Vorgänge verhindert. Die durch das Krankheitsgift geschädigten Zellen vermochten die zum endgültigen Abbau der Acetonvorstufen nötige Arbeit trotz des Vorhandenseins der Kohlehydrate nicht in normalem Umfang zu leisten. Ein Versuch mit ähnlichem Ergebnisse findet sich in der Arbeit von L. Schwarz*). | Es handelt sich um einen Fall von Phosphorvergiftung. Die Ver- giftung verlief symptomlos und schon am 8. Tage verließ der Patient das Krankenhaus. Die tägliche Acetonausscheidung war die folgende: 2. Tag. 0,69 g Aceton (im Harn und in der Atemluft) 3. ” 1,31 Ss ” ” ” ” ” ” ” 4. »,. 0,86 8 ® Dr Be et 5 Zip 4 0,30 8 2 R a ’). ” ” . Die Diät bestand aus klaren Suppen, am zweiten Tage wurden 3 Semmeln beigelegt. Man sieht auch in diesem Fall hohe Acetonausscheidung trotz der Kohlehydratzulage auftreten und, ohne daß eine Koständerung eingetreten wäre, wieder abklıngen**). Es ist oben hervorgehoben worden, daß das normaler Weise täglich ausgeschiedene Aceton nicht notwendig aus der Zersetzung *) Deutsches Archiv f. klin. Medizin 76. **) Auch in der Arbeit Walkos (Zeitschr. f. Heilk. 22) sind Fälle von Phosphorvergiftung mitgeteilt, in denen selbst die Zufuhr von 100 g Traubenzucker die Acetonreaktion aus dem Harn nicht zum Verschwinden brachte. Leider aber fehlen in diesen Versuchen die Acetonwerte. -\ Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 19 des Fettes allein, sondern auch anderer Stoffe hervorgeht. Des- halb könnte man einwenden, daß die Vermehrung in der Aceton- ausscheidung in diesen Fällen in einem vermehrten Umsatz der Eiweißkörper ihre Erklärung finden kann. Leider ist man nicht imstande, diese Frage auf Grund der vorliegenden Experimente zu erledigen, weil die Bestimmung des Gesamtstickstoffs fehlt. Man kann aber diesem Einwande aus anderen Gründen viel von seiner Bedeutung entziehen: 1. die Acetonurie kann bereits in den ersten Stunden nach der Vergiftung vorkommen. Walko hat z. B. bei akuten Alkohol- und Petroleumvergiftungen schon nach vier Stunden reichliches Auftreten, von Aceton im Harn nachgewiesen, 2. die große Menge des in Versuch XIX gefundenen Acetons würde eine sehr bedeutende Zersetzung des Eiweißes voraussetzen, 3. die Verminderung der -Oxybuttersäureausscheidung in dem Fall von Diabetes (Versuch XVII) weist darauf hin, daß keine einfache Beziehung zwischen der Menge der Acetonkörper und dem - Stickstoff-Umsatz existiert, 4. bei dem Pneumoniker (Versuch XVI) findet sich neben der Abnahme des Acetons eine Erhöhung der Stickstoff-Zahlen. Wir können und wollen übrigens nicht leugnen, daß eine Ver- mehrung in der Acetonausscheidung manchmal auch durch eine gesteigerte und pathologische Eiweißzersetzung hervorgerufen werden kann, doch scheint uns das für die vorliegenden . Fälle unwahrscheinlich. Man kann also sagen, daß der Pneumoniker wie der mit Phosphor Vergiftete sich wie schwere Diabetiker verhalten haben, bei welchen bekanntlich die Zulage der Kohlehydrate die Aceton- ausscheidung vermehrt. Außerdem gibt es Fälle von nicht diabetischer Acetonurie, die der Wirkung der Kohlehydrate entgehen, man darf also eine besondere Form von Acetonurie annehmen, eine Form, die ihr Seitenstück in der Glykosurie der hungernden Hunde (Hofmeister) und in der sogenannten „Glykosurie der Landstreicher“ (Hopp e- Seyler) findet. Und wie diese Glykosurien bei genügender und passender Einführung von Nahrungsmitteln allmählich, aber immer vollkommen verschwinden, so verschwindet auch die Acetonurie, wenn die schädliche Wirkung z. B. von toxischen Substanzen nach- läßt und die Zellen ihre normale Tätigkeit wiedererreichen. Sollte sich die oben mitgeteilte Beobachtung über die Ver- mehrung der Harnsäureausscheidung nach Kohlehydratentziehung als eine regelmäßige Erscheinung erweisen, so wäre damit in 9x 30 Giuseppe Satta, anderer Richtung der Beweis für eine der Acetonurie parallel‘ gehende Zellenschädigung erbracht. Man muß sonach der chemischen Leistungsfähigkeit des Organismus für die Hemmung der Acetonbildung eine besondere Bedeutung zuschreiben. ' Die Abweichung des intermediären Stoffwechsels, Aceton- körper zur Ausscheidung zu bringen, ist aber mit der Fähigkeit des Organismus, Kohlehydrate zu zersetzen, sicher nicht identisch, wie sich aus den Verhältnissen beim Diabetiker erkennen läßt. Bei dieser Krankheit ist ein Parallelismus zwischen beiden Vor- gängen nicht vorhanden. Es finden sich in der Literatur Fälle angeführt, in welchen ohne Zuckerverlust durch den Harn die Acetonkörperzahlen einen hohen Wert erreichten. (Die entgegen- gesetzte Erscheinung ist, wie zu erwarten, kaum beobachtet worden.) v. Noorden führt als Beispiel zwei Diabetiker an, die gleich strenge Diät beobachteten und beide bei dieser Kost zucker- freien Harn entleerten: der eine schied täglich 2 bis 3 g, der andere nur 3 bis 4 dg Aceton im Harn aus. Auch Naunyn teilt einen Fall „mit paradox guter Toleranz für Kohlehydrat“ mit, bei welchem P-Oxybuttersäure im Harn nachgewiesen wurde. Jeder Kliniker weiß, daß es Fälle von Diabetes gibt, bei welchen trotz überreichlicher Einführung von Natrium bicarbonicum der Urin stark sauer bleibt, und kein Zucker ausgeschieden wird. Man darf also behaupten, daß der Organismus bis zu einem gewissen Grad seine Fähigkeit, die Kohlehydrate weiter zu zersetzen, er- halten haben kann, während er die Fähigkeit, die Acetonkörper- bildung zu hemmen, fast verloren hat. Man sieht, daß auch die Bedeutung individueller Verhältnisse, die von fast allen Beobachtern betont wird, in dem Rahmen dieser Auffassung leicht ihre Deutung findet. Da nun die chemischen Leistungen der Zellen des Organismus bzw. seiner Organe sehr ungleich sind, so kann je nach ihrer Beteiligung am Stoffwechsel die Hemmung der Acetonbildung sehr verschieden sein. So braucht der Muskel für seine Arbeit Kohle- hydrate: wenn die Muskeln erregt werden, und der Organismus hungert oder mit Fleisch und Fett genährt wird, so findet ein Übergang des Fettes von den Fettdepots zu den Muskeln statt. Obwohl viel Fett zersetzt wird, kommt es nicht zu einer Vermehrung der Ausscheidung von Acetonkörpern. Man könnte sonach vermuten, daß das Fett im Muskel in Kohlehydrat über- geht. Jedenfalls kann je nach den Organen, in welchen das Fett abgebaut wird, ein Unterschied in der Menge des ausgeschiedenen Acetons wahrnehmbar werden. Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 21 Daß auch der Eiweißzerfall, namentlich die Desamidierung der Abbauprodukte des Eiweißes den Vorgang beeinflussen dürfte, ist von vornherein wahrscheinlich. Die experimentellen Tatsachen lehren, daß vermehrter Beilage von Eiweiß eine Verminderung in der Acetonkörperausscheidung folgt, bzw. bei reichlicher Eiweiß- nahrung die Ausscheidung geringer ist als bei ungenügender. Die wechselnde Größe des gesamten Stoffwechsels, die Menge und Beschaffenheit der vorher eingeführten Nahrung, der Er- nährungszustand, möglicherweise auch eine angeborene oder er- worbene Verschiedenheit des Fermentbestandes geben uns An- haltspunkte genug, um die individuellen Verschiedenheiten ver- ständlich zu machen. III. Die Quelle der Acetonkörper. Welche ist die organische Substanz, durch deren Abbau die Acetonkörper entstehen? Aus oben ausgeführten Gründen muß bei der Beantwortung dieser Frage das stetig in kleiner Menge ausgeschiedene „normale“ Aceton außer Betracht bleiben. Betreffs der Herkunft des beim Hunger, bei Intoxikationen, bei Diabetes usw. reichlich auf- tretenden Acetons und seiner Vorstufen liegen bereits Ergeb- nisse vor, die ich nachstehend zusammenfassend anführen und, soweit mir eigene Erfahrungen zu Gebote stehen, ergänzen will. A. Bildung aus Eiweiß. Gegen eine solche sprechen folgende Tatsache und Erwägungen: 1. Es gibt keinen Parallelismus zwischen Stickstoff- und Aceton- körperausscheidung. Beim Hunger ist sogar das entgegengesetzte Vorkommnis wahrnehmbar: mit der Verminderung des Eiweiß- zerfalls an den ersten Tagen vermehrt sich die Menge der aus- geschiedenen Acetonkörper. Ein selbst beobachtetes schlagendes Beispiel*) dafür ist das folgende: Tabelle XX. Fall W. Er Acetonkörper- menge säure B-Oxybutter- säure 1,45 6,94 380 0,68 0,57 1,22 420 0,32 L es 495 0,05 0,59 0,68 *) Diesen Versuch hat mir Herr Dr. L. Mohr, dem ich hiermit meinen besten Dank ausspreche, zur Verfügung gestellt. 22 Giuseppe Satta, * 2. Es ist bekannt, daß man bei Diabetikern nicht nur Stickstoff-, Gleichgewicht sondern auch Stickstoff-Ansatz erzielen kann, ohne gleichzeitig eine Verminderung in der Acetonkörperausscheidung wahrzunehmen [Weintraud‘)]. 3. Magnus-Levy”*) hat in einem Fall eine Eiweißzersetzung von 262 g an drei Tagen beobachtet. Aus dieser Eiweißmenge konnte allenfalls die gleiche Menge von ß-Oxybuttersäure ent- stehen; es wurden jedoch 342 g ausgeschieden. 4. Der Einwand, daß eine Proportionalität zwischen Stickstoff- Zersetzung und Acetonausscheidung aus dem Grunde nicht wahr- nehmbar sei, weil der Abbau der Eiweißmoleküle nicht bis zu den Endprodukten geht, sondern zur Bildung anderer kohlenstoff- und stickstoffhaltiger Komplexe dient, erweist sich wegen des Ver- haltens der Schwefel- und Phosphor- Ausscheidung als nicht haltbar. Lucianı und Pellizari haben bei einem Hungerkünstler gefunden, daß der Quotient N/S 17,7 anstatt 13,4 war; doch haben diese Be- obachter nicht den sogenannten „neutralen Schwefel“ ermittelt. Nach den Bestimmungen von F. Müller, Senator usw. war der Quotient N/S bei ©. im Mittel 14,7, bei B. 15,1, d. h. inner- halb der Grenzen, welche der Zersetzung des Eiweißes im Körper entsprechen. In dem Selbstversuche Schuman-Leclereqgs“““) fallen die höchsten Werte der Schwefelsäure mit den höchsten Stick- stoffwerten zusammen, ebenso trifft das für die Phosphorsäure zu; nirgends wurde ein Parallelismus zwischen Stickstoff-, Schwefel-, Phosphor- und Acetonkörperausscheidung gefunden. Da aber in diesen Fällen die Menge des ausgeschiedenen Acetons nicht sehr erheblich war, und da die Bestimmung der f-Oxybuttersäure ver- nachlässigt wurde, habe ich die gesamte Schwefelsäure in einem Fall von ausgesprochener, durch Fleisch- und Fettnahrung hervor- gerufener Acetonurie bestimmt. | Tabelle XX1. Fall V. co x e : Acetonkör- Toy Ur: Spezit. T Gesamt- | persumme N: H, 2 N ee Acetonkör- menge | Gewicht H,SO, |als 8-Oxy-| H,SO, a x buttersäure| persumme 750 1018 11,84 Ra a 7 er 1025 1020 12,74 1,88 5,53 6,7:1 0,32: 1 1400 1020 12,89 2,76 8,24 4,6:1 0,33:1 1030 Be 11,42 2,85 0,46 4,0:1 6,19: 1 00 1023 8,93 2,30 0,18 3,8:1 19,7 :1 625 1025 7,98 1,60 0,055 | 4,8:1 29,0 :1 *) Archiv f. experim. Pathologie und Pharmakologie 34. *#) J)as. 42 und 45. *=#*, Wiener klin. Wochenschrift 1901, Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 23 Obwohl auch in diesem Fall die Bestimmung des sogenannten „neutralen Schwefels“ nicht ausgeführt wurde, so geht doch aus dem Versuch hervor, daß absolut keine Beziehung zwischen Schwefel- und Acetonkörperumsatz bestehen kann. 5. Rosenfeld*), Hirschfeld**) und andere stellten fest, daß reiche Eiweißzufuhr Herabsetzung der Acetonurie bewirkt. 6. Endlich ist es schwer verständlich, warum bereits sehr ge- ringe Mengen von Kohlehydraten, die den Eiweißzerfall nur mäßig einschränken, die Acetonurie in ausgesprochener Weise zum Ver- schwinden bringen. Man kann sonach als bewiesen betrachten: die großen Mengen Acetonkörper, um die es sich hier handelt, können nicht aus dem Eiweiß entstehen. Die Gewinnung von Aceton aus verschiedenen Eiweißkörpern durch starke Oxydationsmittel außerhalb des Organismus hat demgegenüber keine Bedeutung, weil die Menge des in dieser Weise erhaltenen Acetons sehr gering ist, weil nur Aceton aber kein anderer „Acetonkörper“ erhalten wird, und weil ein ähnlicher Vorgang im menschlichen Organismus nicht wohl angenommen werden kann. B. Bildung aus Kohlehydraten. Kann man zugeben, daß die Acetonkörper durch Kohlehydratzersetzung entstehen können? Pflüger hat in neuester Zeit eine solche Möglichkeit vertreten, ohne aber die Entstehung aus Fett zurückzuweisen. Er stützt sich auf Harleys Versuche (dem es gelang, durch Vergiftung mit großen Mengen Zucker. Ausscheidung von Aceton und Acetessig- säure hervorzurufen) und auf die Tatsache, daß man mit Leichtig- keit aus Kohlehydraten Lävulinsäure darstellen kann. Was letzteren Punkt betrifft, ist für uns von Belang, daß W eintraud lävulinsauren Kalk (5—7g) an ein normales Individuum und einen Diabetiker ver- füttert hat, ohne daß irgend ein Einfluß auf die Acetonausscheidung zu bemerken gewesen wäre. Ferner müßte, wenn auch ange- nommen werden darf, daß Aceton aus Lävulinsäure entstehen kann, für unsere Betrachtung doch zunächst der Nachweis erbracht sein, daß Kohlehydrate im Organismus in Lävulinsäure übergehen. Daß es nicht gelungen ist Lävulinsäure im Blut und in den Geweben nachzuweisen, hat allerdings keine genügende Beweiskraft in dieser Richtung, da wir bisher überhaupt nur sehr wenige intermediäre Produkte des Stoffwechsels kennen. Wenn man jedoch bedenkt, daß die Kohlehydrate einen spezifisch hemmenden Einfluß auf die *) Oentralblatt f. innere Medizin 1895. **) Zeitschrift f. klin. Medizin 28, 24 Giuseppe Satta, Bildung der Acetonkörper ausüben, so hat der Gedanke, daß-: sie deren Quelle darstellen, wenig ansprechendes Es ist zwar zuzugeben, daß ein und derselbe Stoff im Organismus zweierlei Wirkung ausüben kann; das paßt aber für unseren Fall deshalb nicht, weil gar keine Beobachtung von Vermehrung der Acetonkörperausscheidung durch Kohlehydratumsatz vorliegt. C. Da also die Acetonkörper nicht dem Eiweiß und nicht den Kohlehydraten ihre Entstehung verdanken, so bleibt nur übrig an- zunehmen, daß der Abbau des Fettes allein oder synthetische Vorgänge zwischen Fett- und Eiweißabkömmlingen die Quelle der Acetonkörper darstellen. Für die Abstammung aus Fett sprechen folgende Umstände: 1. Die Tatsache, daß beim Hunger, wo Acetonvermehrung ein- tritt, der größte Teil der Ausgaben durch Zersetzung von Fett und nur ein kleiner Teil durch Zersetzung von Eiweiß gedeckt wird. Analog gestaltet sich auch der Stoffwechsel falls der Körper nur mit Fett allein oder mit Fett und wenig Eiweiß genährt wird. In beiden Fällen wird Fett (gleichgültig ob eingenommen oder im Körper abgespalten) zersetzt. 2. Die experimentellen Ergebnisse, die eine enge Beziehung zwischen Fettverbrauch und Acetonkörperausscheidung zeigen, in dem Sinn, daß je mehr Fett zersetzt wird, desto mehr Aceton- körper im Harn erscheinen. Wenn der Organismus reichliche Mengen von Eiweiß einführt, so wird (ceteris paribus) die Fett- zersetzung verkleinert und folglich die Acetonkörperausscheidung vermindert. Die Zulage von Fett bei kohlehydratfreier Kost steigert dagegen die Acetonkörperausscheidung. 3. Der bekannte Zusammenhang der Acetonkörperbildung mit der Fettzufuhr in pathologischen Fällen. In einer weiteren Mit- teilung soll eine Reihe von bei Diabetikern angestellten Ver- suchen mitgeteilt werden, die neuerdings bestätigen, daß der Diabetiker, wenn ihm Fett verabreichet wird, mit einer Vermehrung der Acetonkörperausscheidung antwortet. 4. Die Ergebnisse der bei Diabetikern gemachten Beobach- tungen über den respiratorischen Quotienten und den Fettgehalt des Blutes. Viele Forscher haben schon festgestellt, daß beim Diabetes eine Senkung des respiratorischen Quotienten nachweis- bar ist. In vielen Fällen von Diabetes, nach Schwarz in allen, bei welchen Acetessig- und P-Oxybuttersäure ausgeschieden wird, nimmt das Blutserum auch bei fettfreier Kost und außerhalb des Comas eine lipaemische Beschaffenheit an. In den Versuchen Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 25 Schwarzs trat die Lipaemie nach Genuß von 200 g Butter auf. Jedenfalls ist der Fettgehalt des Diabetikerblutes auch außerhalb der Fettverdauung größer als bei Nichtdiabetikern. Nach dem Gesagten liegen schwerwiegende Gründe für die Annahme vor, daß das Aceton der Acetonurie aus Fett hervorgeht. Betreffs der normalen Acetonausscheidung kann aber, wie oben auseinandergesetzt, keine Entscheidung getroffen werden. Es be- steht die Möglichkeit, daß es aus Eiweiß, und zwar aus den Amino- säuren mit verzweigter Kette, z. B. Leucin, hervorgeht, wobei als Vorstufe des Acetons allerdings nicht f-Oxybuttersäure, sondern Isobuttersäyre zu erwarten wäre. Es wäre ferner denkbar, daß der Abbau der stickstofifreien Komplexe der Eiweißkörper über die Essigsäure erfolgt und aus dieser dann Aceton synthetisch gebildet wird. Von diesem Gesichtspunkt ausgehend, habe ich bei patho- logischer Acetonurie (bei Diabetikern) den Einfluß der Verab- reichung von essigsaurem Natron untersucht: Tabelle XXIL Fall Lew. Urin- | Spezif. | Zucker menge Gewicht| in g N | Aceton Bemerkungen 13.VII.02| 1400 , 1022 | 28,1 | 11,21) 1,198 \ Gleiche Diät 14. „ „|ı3s90 | 10983 | 2,78 | 10,66! 1606 | „ u20g%H0.Na Er, t1500 | 1096 | 45 — | 920965 | „ u2%0g0H:0:.Na Bun „| 1475 1025 — 10,47 | 1,529 5 Tabelle XXIII. Fall Las. ee epenit, | Zucker | x Aceton Bemerkungen menge|Gewicht| ing 10.V11.02| 1400 | 1018 0 13,70| 0,128 | Dieselbe Diät ©.» „|:1600 | 1020 0 14,07 | 0,193 „ u208gC,H,0,Na #2 2 7,11500 | 10931 0 15,54 | 0,167 „2.208 C,H,0,Na 13. „ „| 1700 | 1019 0 17,14 | 0,115 £ Ich unterlasse es weitere ähnliche Versuche mitzuteilen. In allen war eine Vermehrung des Acetons nachzuweisen, aber sie sind insofern nicht ganz einwandfrei, als die Natronzufuhr schon allein eine Vermehrung in der Acetonausscheidung hervor- rufen kann. Deshalb sind weitere Versuche in dieser Richtung schr wünschenswert, 96 Giuseppe Satta, Studien über die Bedingungen usw. Wenn man den Ursprung des normalen Acetons auf Zerfall von. Eiweißstoffen zurückführt, muß man erwarten, daß ein gleicher Vor- gang auch bei pathologischen Fällen eine große Rolle spielen wird. In der Tat sind einige Vorkommnisse in der Acetonkörperfrage sehr schwer zu verstehen, wenn ausschließlich das Fett als Mutter- substanz betrachtet wird. Die Annahme einer doppelten Ab- stammung des Acetons wäre vielleicht geeignet, diese Schwierig- keit zu beheben. So kann, um ein Beispiel anzuführen, ein von Magnus-Levy beschriebener Befund nur in dieser Weise Erklärung finden: bei einem diabetischen Kinde wurde eine Menge Acetonkörper aus- geschieden, die aus der Fettzersetzung allein nicht gedeckt werden konnte. Es wäre immerhin denkbar, daß die Vermehrung in der Acetonausscheidung in Fällen, wo z. B. eine Giftwirkung stattgefunden hat, oder wo man die Kohlehydratwirkung vermißt, in einer vermehrten oder in pathologischer Richtung sich ab- spielenden Zersetzung der Eiweißstoffe ihre Ursache findet. Damit erführe die alte Auffassung über die Entstehung des Äcetons aus dem Eiweiß teilweise eine Rehabilitierung. Wenig- stens muß diese Möglichkeit im Auge behalten werden, wenn- gleich die Bildung der Acetonkörper aus Fett als der bei weitem besser bewiesene Vorgang anzusehen ist. 11. Über die Bedeutung des Reststickstoffs des Blutes für den Eiweißstoffwechsel unter physiologischen und pathologischen Bedingungen. Von Dr. Gustav von Bergmann, Assistent der II. med. Klinik und Dr. Leo Langstein, Assistent der Kgl. Kinderklinik (Berlin). Aus der II. medizinischen Klinik in Berlin. In der Literatur liegt eine größere Anzahl von Arbeiten vor, die lehren, daß ein nicht zu geringer prozentischer Anteil des Ge- samtstickstoffs des Blutes auf nicht koagulable Substanzen ent- fällt. Wir wollen ihn, um nichts zu präjudizieren, kurzweg Rest- stickstoff nennen. Drei biologische Gesichtspunkte sind es, unter denen er bisher betrachtet wurde, einmal in betreff seiner Be- ziehung zur Darmresorption (Hofmeister, Neumeister, Cohn- heim, Kutscher und Seemann), sodann zur Leberfunktion (Friedrich Müller), endlich zur Nierenarbeit (Strauß u. a.). Eine Übersicht über den ganzen Stand der Frage liegt vor: in dem Aufsatz von F. Müller*) über die Pathologie des Stoff- wechsels, in dem Aufsatz von Munk“*) in den „Ergebnissen der Physiologie“ und in den zahlreichen Arbeiten von Nolf**) Wir greifen daher im Nachfolgenden nur die für das Verständnis der hier mitzuteilenden Untersuchungen notwendigen Punkte heraus. Für die schon frühzeitig wohl zuerst von Brücke verfochtene Ansicht, daß enteral eingeführtes Eiweiß als solches unverwandelt in das Blut übertreten kann, sind die mit der biologischen Methode *), F. Müller, Handbuch der Ernährungstherapie und Diätetik. **) Munk, Ergebnisse der Physiol. Biochemie 1. "**) N olf, Del’absorption intestinale de la propeptone chez le chien 1 u. 2. — Extrait des Bull. de l’Acad. roy. de Belgique. (Classe des sciences.) No. 12, pp. 1149—1202; pp. 1129—1198 (1903). — Recherches experimentales sur la physiologie des peptones. Extrait des Archives de biologie. Tome 20, 1903. 98 Gustav von Bergmann und Leo Langstein, gewonnenen Resultate nur mit Vorsicht zu verwerten. Denn die von E. P. Pick, Obermayer, Michaelis und Oppenheimer angestellten Versuche lehren übereinstimmend, daß die Präzipitin- reaktion nicht an die Intaktheit des Eiweißmoleküls gebunden, sondern auch noch für die durch das tryptische Enzym ziemlich tief abgebauten Atomkomplexe charakteristisch ist. Es soll keines- wegs bestritten werden, daß möglicherweise Eiweiß als solches aus dem Darm unverwandelt in das Blut übertreten kann (Asecoli). Jedenfalls spielt diese Art der Resorption physiologisch nur eine untergeordnete Rolle, da höchstens ein kleiner Anteil der einge- führten Proteinsubstanzen der spaltenden Wirkung der Enzyme entgeht und der größte Teil derselben in Form von höher oder niedriger konstituierten Hydratationsprodukten im Darm, bzw. in der Darmwand, nachweisbar ist. Damit ist die Aufgabe der experimentellen Forschung dahin präzisiert, nach den Spaltungs- produkten auch im Blute zu suchen. Entsprechend den Anschauungen der Kühneschen Schule, die den biologisch wichtigen Abbau nicht bis zu biuretfreien Pro- dukten gehen läßt, suchte Neumeister nur nach Albumosen und Peptonen im Blute und zwar mit negativem Resultat; entsprechend unserer modernen Auffassung suchten Kutscher und Seemann, sowie Cohnheim nach biuretfreien Spaltungsprodukten. Auch diese wurden bisher unter physiologischen Verhältnissen vermikt. Allerdings ist der negative Befund Neumeisters nicht unange- fochten geblieben. Wir meinen damit den positiven Befund von Albumosen im Blut (Embden und Knoop, Langstein, Nolf). Nolf fand Propepton im Blut nur nach Einführung großer Mengen davon in den Darm. Berücksichtigen wir, daß das Vor- kommen von Albumosen im Blut unter physiologischen Verhält- nissen neuerdings überhaupt bezweifelt wird [Abderhalden und Oppenheimer*)], so bleibt freilich kaum ein positiver Befund mit voller Sicherheit bestehen. | Wir übergehen hier die Frage nach der synthetisierenden (Hofmeister, Glaessner, Kutscher und Seemann, Loewi, Lesser) und spaltenden (Cohnheim) Funktion der Darmwand; kommt es uns im folgenden doch nur auf die in der Blutbahn nachzuweisende Spaltungsprodukte an, gleichviel welche Wege der Umwandlung sie zu durchlaufen hatten, bevor sie ins Blut übertraten. Nur möchten wir an dieser Stelle etwas näher auf die uns äußerst wichtig scheinenden Ergebnisse der Untersuchungen *) Abderhalden und Oppenheimer, Zeitschr. f. physiol. Chem. 1904, — ei ii Da an ie Bu fe Über die Bedeutung des Reststickstoffs des Blutes usw. 29 eingehen, die Cohnheim*), bezüglich der Eiweißresorption am Octopus vulgaris und der Eledone moschata anstellte, an Tieren, die für diese Untersuchung dadurch ganz hervorragend geeignet sind, daß ihr Darm gewissermaßen ın ihrem Blute schwimmt. Die Versuchsanordnung Cohnheims war folgende: Er legte den überlebenden Darm, in den er das Leber- enzym hineingepreßt hatte, während der vollsten Resorption von eingeführtem Caseinpepton in das Blut, das er durch Sauerstoff- durchleitung arterialisierte.e Nach 20 Stunden wurde das Blut in der üblichen Weise auf Spaltungsprodukte (Aminosäuren und Diaminosäuren) untersucht. Cohnheim gelang es, nicht unbeträcht- liche Mengen von Lysin, Arginin, Leucin und Tyrosin zu isolieren, während ein solcher Nachweis im Blute des lebenden Octopus zur Zeit der Darmresorption nicht gelang. Wenn bei höheren Tieren im Blute Eiweißspaltungsprodukte nicht gefunden werden, so möchten wir deshalb nicht mit Ham- burger und Sperk**) dem Octopusdarm eine Ausnahmsstellung zuweisen, uns vielmehr der Betrachtungsweise Cohnheims an- schließen, wonach beim Octopus die Verhältnisse für die Ansamm- lung großer Mengen von Aminosäuren im Blute ganz außerordent- lich günstig liegen: hier treten vom Darm die resorbierten Stoffe in ein Blut, das bei der gewählten Versuchsanordnung durch die Zirkulation nicht erneut wird, während z. B. beim Kreislauf des Menschen etwa in 23 Sekunden ein beträchtlicher Bruchteil der Ge- samtblutmenge durch die Darmgefäße zur Pfortader gelangt. Findet das mit Aminosäuren beladene Blut ein Depot, das die resorbierten Produkte ebenso schnell aufnimmt, als sich die Resorption vollzieht, so genügen minimalste Mengen im Blute, um einen ausgiebigen Trans- port zu ermöglichen. Dies zeigt folgende rechnerische Überlegung. Als. Gesamt-Blutmenge für den Menschen rechnet man im Durchschnitt 5 Liter (bei 65 Kilo Vıs des Körpergewichts). Nehmen wir an, es gehe während eines vollständigen Blutumlaufs bei resorbierendem, hyperaemischem Darm auch nur '; des ge- samten Blutes durch die Pfortader, dann passiert in 23 Sekunden (der angenommenen Kreislaufszeit beim Menschen) etwa 1 Liter durch die Leber, in der Minute etwa das Dreifache. Rechnen wir etwa 3 bis 4 Stunden für die Resorption, so wären das nach unten hin abgerundet etwa 600 Liter Blut. Die Stickstofl- Ausscheidung des Menschen, selbst auf 30 g Stickstoff in 24 Stunden gerechnet, *) Cohnheim. Zeitschr. f. plysiol. Chem. 1903. **) Hamburger u. Sperk, Wiener klin. Wochenschrift 1904. . 30 Gustav von Bergmann und Leo Langstein, so würden in 600 Liter 30 g Stickstoff zu transportieren sein, d.h, die Stickstoffimenge von 100 cem Blut ist um 0,005 g erhöht. Rechnen wir die gesamten 30 g Stickstoff auf Aminosäuren um, so sind das noch lange nicht 300 g Aminosäuren. Es genügen also wenige Hundertstel Proz. Aminosäuren im Pfortader- blute während der Resorption, um dem gesamten für den Eiweiß: Stoffwechsel nötigen Transport zu genügen, alles unter der Vor- aussetzung, daß die Aufnahme und Assimilation in den Organen mit der Resorption vollkommen gleichen Schritt hält. So häufig ähnliche Überlegungen schon in der Literatur nieder- gelegt worden sind, — zuletzt gerade auch von Cohnheim — so scheint uns doch deren neuerliche Betonung angebracht, zumal wenn man liest, daß Spuren eines im Kreislauf befindlichen Körpers keine physiologische Bedeutung besitzen können (Abderhalden und Oppenheimer). Bei der Schwierigkeit, die kristallinischen Spaltungsprodukte oder gar Peptide nach den bisher üblichen Methoden in geringer Menge nachzuweisen, dürfen also negative Resultate nicht zu hoch gewertet werden. Wenn wir nun dazu übergehen, mitzuteilen, was wir in bezug auf den Reststickstoff in qualitativer und quantitativer Hinsicht gefunden haben, so muß doch vorher betont werden, daß die Resultate solcher Untersuchungen nicht ausschließlich Fragen der Resorption beantworten; kann ja doch jeder einzelne der hier in Betracht kommenden Körper nicht nur der hydrolytischen Spaltung im Darm, sondern auch autolytischer Spaltung der Gewebe seinen Ursprung verdanken, sich ebensowohl auf dem zentripetalen Wege von niederen Verdauungsprodukten zur Regeneration von . Zellprotoplasma befinden, als auf der zentrifugalen Bahn des Abbaus zu den Schlacken des Eiweißstoffwechsels. Gerade bei dem umstrittenen Befund der Albumosen ist es, wie wir sehen werden, zum mindesten ebenso wahrscheinlich, daß diese sich auf dem Wege des Aufbaues, als auf dem Wege des Abbaues im Blut ansammeln. 1: Eigene Versuche. Zunächst war festzustellen, ob der Rest-Stickstoff nach reich- licher Nahrungsaufnahme vermehrt ist. Methodisches. Wir entbluteten Hunde, welche 24 Stunden gehungert hatten, und solche, 3 bis 7 Stunden nach eiweißreicher Nahrungsaufnahme (mageres Fleisch). Über die Bedeutung des Reststickstoffs des Blutes usw. 31 Dabei ist auf die großen individuellen Schwankungen in bezug auf den Ablauf der Verdauung bei Hunden zu achten. Manchmal fanden wir noch nach 6 Stunden den größten Teil des Fleisches unverdaut im Magen, während ein andermal schon nach 3 Stunden der Magen leer, der Dünndarm gefüllt und die intestinalen Gefäße stark injiziert waren. Es ist daher immer nötig, sich durch die Autopsie zu überzeugen, wie weit die Verdauung vorgerückt ıst. Dieser Umstand erschwert stets die Vorstellung über die Quantität der resorbierten Nahrung. _ Die von uns angegebenen Zahlen beziehen sich auf die gesamte zuge- führte Fleischmenge minus der im Magen wiedergefundenen. Es sind also lediglich approximative Werte. Die Entblutung aus der Pfortader geschah nach Unterbindung nahe an der porta hepatis durch Einführung einer Kanüle von der Milzvene aus bis zum Lumen der Pfortader. In einem Versuch, in dern wir auch aus der Lebervene Blut entnahmen, wurde eine gefensterte Kanüle so in die vena cava inferior eingeschoben, daß das Fenster in die Höhe der Ein- mündung der Lebervenen zu liegen kam. Oberhalb der Stelle wurde die vena cava inferior dicht am Atrium abgeklemmt. Da die anderen Zuflüsse vorher unterbunden waren, gab der rück- läufige Blutstrom aus der Kanüle nur das Lebervenenblut. Das Plasma war Fluornatrium-Plasma. Die Verdünnungen wählten wir so, daß die Lösung 0,6 bis 0,7 prozentig wurde. Bei den Berechnungen ist die Verdünnung in Abzug gebracht, sodaß die Zahlen sich auf reines Plasma beziehen. Der Gesamt-Stickstoff wurde ın 5 ecm Serum, bzw. Plasma bestimmt. Zur Bestimmung des Rest-Stickstoffs wurden 10 oder auch 15 ccm verwendet. Das Eiweiß wurde in schwach essig- saurer Lösung koaguliert, im Filtrat der Stickstoff nach Kjeldahl bestimmt. 1. Hund, 8 Kilo schwer, 24 Stunden nach eiweißarmer Mahlzeit (Kartoffeln und Brot) aus der Karotis entblutet; 150 ccm gewonnen, In 100 eem Serum 1,028 Gesamt-N 0,092 Rest-N 9,2 Proz. Rest-N vom Gesamt-N. (Das übrige Biut, 100 ccm, wurde weiter verarbeitet; s. unten.) Hund, 7 Kilo schwer, 4 Stunden nach einer Mahlzeit von 100 g Fleisch (14,3 g aufs Kilo Körpergewicht). Es werden aus der vena portarum und vena hepatica je 10 ccm Blut in Fluornatriumlösung aufgefangen. wD | | Zahlenunterschied innerhalb In 100g Plasma 0,078 Rest-N (venaportarum)| ‘er Fehlergrenzen der Be- 0.089 hepatiea stimmung, da nur 2 ccm . ara P a) dazu verwendet wurden. 39 Gustav von Bergmann und Leo Langstem, 3. Hund, 10,5 Kilo schwer, 3 Stunden nach der Mahlzeit aus der vena portarum entblutet. 200 g Fleisch aufgenommen (800—600 ; d. h. 19 g aufs Kilo). Blut und Chylusgefäße stark gefüllt. In 100 cem Plasma 0,534 Gesamt-N 0,048 Rest-N 7,67 Proz. 4. Hund, 10Kiloschwer; nach 4 Stunden ausder venaportarum 10cemBlut entnommen; aus der Karotis entblutet; 500 g Fleisch aufgenommen, (50 g aufs Kilo). Magen leer. In 100 ccm Serum (Karotis) 1,005 Ge- samt-N; vena portae 1,25 Gesamt-N: 0,147 Rest-N 14,7 Proz. 5. Hund, 12 Kilo schwer; 700 g Fleisch, 25 g aufs Kilo; nach 3 Stunden aus der Karotis entblutet. In 100 ccm Plasma 0,616 Gesamt-N 0,07 Rest-N 11,3. Proz. (120 cem Karotisblut weiter verarbeitet). 6. Hund, 30 Kilo schwer; 7 Stunden nach einer Mahlzeit von 1000 g Fleisch (33 g aufs Kilo) aus der Karotis entblutet. In 100 ccm Serum 0,062 Rest-N. Beim Studium der vorliegenden Protokolle ist zu berück- sichtigen, daß weder auf die absoluten Zahlen, die stark vom Wassergehalt des Blutes abhängen, noch auf die Prozentzahlen allzugroßes Gewicht zu legen ist. Nicht nur die absolute Zunahme der Substanzen des Rest-Stickstoffs, sondern auch die Abnahme der Eiweißmenge des Blutes kann eine Erhöhung der Prozentzahl bedingen. Auch die Bestimmung in der Trockensubstanz des Blutes hätte nicht vollkommen brauchbare Werte liefern können. Wir haben deshalb davon abgesehen. Worauf es uns ankam, war, eine Vorstellung von der Gesamtmenge des nichtkoagulablen Stick- stoffs in ihrer Abhängigkeit von der Stickstoffresorption zu bekommen. Die Schwankungen des Rest-Stickstoffs beim selben Indivi- duum mögen beträchtliche sein. Joachim*) findet bei einem Kranken einmal 7,9 Proz., ein ander Mal 6,7 Proz., in einem zweiten Fall einmal 11,1 Proz., ein ander Mal 9,9 Proz., freilich ohne daß wir Näheres über Zeit und Menge der Nahrungsaufnahme in den einzelnen Fällen erfahren. Bei „degeneratio cordis“ findet er einen niedrigsten Wert von 4,2 Proz., bei Nephritiden 8,8 bis 10,9 Proz. usw. Nephritiden kommen wegen der Retention harn- fähiger Substanzen an dieser Stelle nicht in Frage. Hier möchten wir der Joachimschen Arbeit nur noch entnehmen, daß er bei einem Pferd vor der Immunisierung 7,6 Proz., nach der Immuni- *) Joachim, Pflügers Archiv 93, 558. Über die Bedeutung des Reststickstoffs des Blutes usw. 33 sierung 4,6 Proz. Rest-Stickstoff fand, trotz höherer Zahlen des Gesamt-Stickstoffs, und daß er ım Plazentar-Blute 4,2 Proz., im Nabelschnur-Blut des Kindes 10,2 Proz. fand. Beim Huhn, Rind und Pferd scheinen die Normalwerte um 7,8 Proz. bis 9,4 Proz. zu liegen. Diese Zahlen mit ihren großen Differenzen seien herausge- griffen, als Beleg dafür, wie vorsichtig man seine Schlüsse in Be- zug auf Schwankungen in den Werten des Rest-Stickstoffs zu ziehen hat. Überhaupt dürfen wir nur dann den Prozentzahlen einige Bedeutung zuschreiben, wenn die Werte für den koagulablen Stickstoff zum mindesten nicht besonders niedere sind. In diesem Sinn lassen sich von unseren Versuchen Nr. 1 und 4 am besten in Parallele setzen, ebenso Nr. 3 und 5. Es ergeben sich da Schwankungen der Prozentzahl von 9,2 Proz. bis 14,7 Proz., von 7,7 Proz. bis 11,3 Proz. Es fällt auf, daß die beiden höchsten gefundenen Werte 11,3 Proz. und 14,7 Proz. gerade bei den Hunden vorhanden waren, die etwa 58 bzw. 50 g mageres Fleisch, auf das Kilo Körpergewicht berechnet, bekommen hatten. Wir sind weit entfernt, eine streng proportionale Zunahme des Rest-Stickstofis während der Resorp- tion behaupten zu wollen. Beträgt doch bei einem Tier, das 24 Stunden gehungert hatte, der Rest-Stickstoff 9,2 Proz., während unser niedrigster Wert 7,7 Proz. sich bei einem Hund findet, der Fleisch, wenn auch in geringer Menge (19 g aufs Kilo), zu sich genommen hatte. Mögen Werte über 10 Proz. immerhin für eine Zunahme 'zu sprechen scheinen, so wollen wir doch bindende Schlüsse nicht daraus ziehen, da es untunlich ist, aus den Ver- hältniszahlen auf die absoluten Zahlen zu schließen. Als absolute Zahlen für 100 ccm Serum bzw. Plasma (sie schwanken zwischen 0,048 und 0,147) wären auch noch die in Versuch 2 und 6 ermittelten heranzuziehen, wo keine sehr merklichen Ausschläge vorliegen; vor allem auch kein nachweisbarer Unterschied zwischen dem Reststick- stoff der vena portarum und der vena hepatica, und ebenso kein wesent- licher zwischen dem der vena portarum und der Karotis. Jedenfalls bleibt es bemerkenswert, daß die höheren abso- luten wie Verhältnis-Zahlen bei unseren Versuchs- tieren mit einer stärkeren Eiweißresorption zusammen- fallen. Da wir sowohl in der vena portarum wie in der vena hepatica und der Karotis die Vermehrung in gleichem Maße finden, so würde der Hauptanteil jener Produkte, welche die Vermehrung veranlassen, jedenfalls nicht allzuschnell von den Organen aufge- nommen und festgehalten werden. Es ist also wohl die Frage berechtigt, ob die Hauptmenge dieser Körper überhaupt für die Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 3 » 34 Gustav von Bergmann und Leo Langstein, Regeneration von Zellprotoplasma in Betracht kommt; denn es sei nochmals betont, daß eine Vermehrung des Rest-Stickstoffs, selbst wenn sich endeültig ein gesetzmäßiger Zusammenhang mit der Resorption herausstellen sollte, nicht ohne weiteres auf zentripetale (Aufbau-)Produkte zu beziehen ist. Wenn diese z. B. nur in Spuren im Blute zirkulieren und schnell zur Aufnahme in die Gewebe gelangen, so können doch andererseits zur selben Zeit zentrifugale (Abbau-)Stoffe aus ihrem Verband gelöst werden und vielleicht in Folge ihres langsameren Abbaues diese Vermehrung im Blute bewirken. Wir müssen uns eben stets vergegenwärtigen, daß dieses zeitlich ständige Ineinandergreifen konstruktiver und destruktiver Prozesse im Eiweiß-Stoffwechsel für die Beobachtung meist nicht zu trennen ist, daß eine Vermehrung des Rest-Stickstoffs, selbst wenn sie in einem Zusammenhang mit der Resorption zu stehen scheint, doch auf Schlacken und nicht auf unverbrauchtes Material bezogen werden kann. Besondere Bedeutung kommt für diese Auffassung zwei Be- funden zu, die Friedrich Müller mit Nachdruck hervorgehoben hat: Joachim fand bei Pfortaderthrombose 42 Proz. Rest-Stickstoff in der Ascitesflüssigkeit. Ludwig Müller*), fand bei demselben Leiden in der Ascitesflüssigkeit 14 bis 18 Proz. Hier liegt es freilich nahe, an eine Anhäufung resorbierter Bestandteile zu denken, denen der Weg verlegt ist. Hat aber die Leber für die Verarbeitung stickstoffhaltiger Körper in zentrifugalem Sinne eben- falls Bedeutung, und wir wissen das z. B. von der. Harnstoff- bildung, so können auch solche Stoffe an der Rest: Stickstoff-Ver- mehrung beteiligt sein. Leider hat eine weitere Bestimmung der den Rest- Stickstoff ausmachenden Substanzen in den Fällen von Pfortaderthrombose nicht stattgefunden. Wir haben uns ım Verlauf unserer Arbeit bemüht, der Charakterisierung der Bestandteile des Rest-Stickstoffs etwas näher zu kommen: Es wurde ein 30 Kilo schwerer Hund (Fall Nr. 6) 7 Stunden nach der Aufnahme von 1 Kilo Fleisch entblutet. Das Gesamtblut von 1700 ccm Blut wurde in 20 Liter siedenden Wassers eingetragen (dem Wasser waren 100 g Natriumdihydrophosphat ['!/g; Proz.] zugesetzt). Als die Flüssigkeit im Sieden war, wurde schwach mit Essigsäure angesäuert, das noch ziemlich stark gefärbte Filtrat auf 500 ccm eingedampft, vom entstandenen Niederschlag abfiltriert, [eine weitere Koagulation gelingt nicht (s. später)]. In 5 ccm der Flüssigkeit finden sich 10,5 mg Stickstoff. Also insgesamt entsprechend 1700 cem Blut 1,05 g Stickstoff. Die Flüssigkeit gibt deutliche *) Ludwig Müller, Deutsches Archiv f. klin. Medizin 1903, Über die Bedeutung des Reststickstoffs des Blutes usw. 35 rotviolette Biuretreaktion, die Millonsche Probe nur in schwacher Andeutung, reduziert Kupferlösung. Das Filtrat wird mit dem vierfachen Volumen 96proz. Alkohols versetzt (2 Liter). Es fällt ein weißlicher schmieriger Niederschlag, der stark rote Biuretreaktion gibt. Der Nieder- schlag wird nach Dekantierung wieder in Wasser gelöst, mehrmals wie oben gefällt, dann wieder gelöst. Der alkoholfällbare Anteil enthält 0,266 g Stickstoff. Er wird entsprechend der Vorschrift von Zunz nach Ansäuerung (Schwefel- säure) mit dem gleichen Volumen gesättigter Zinksulfatlösung versetzt. Nach Ausfällung der Protoalbumosen enthält die Flüssigkeit ins- gesamt 16,8 mg Stickstoff, d. h. also auf primäre Albumosen entfallen 0,219 g Stickstoff, auf sekundäre Albumosen und andere Bestandteile nur 0,017 g. Der nicht alkoholfällbare Anteil enthält 0,784 g Stickstoff; er wird auf ein Volumen von 200 cem gebracht, ist schwach gelb gefärbt. Von den 200 ccm werden 50 cem (enthaltend 0,196 g N) mit 300 cem gesättigter Zinksulfatlösung versetzt (6/7 Sättigung), 7 cem verdünnte Schwefelsäure und 80 g gepulvertes Zinksulfat zugefügt, erst in der Wärme, dann in der Kälte stehen gelassen. Nach zweimal 24 Stunden ist die Flüssigkeit klar; sie wird filtriert; das Gesamtvolumen des Filtrates be- trägt 400 cem und enthält 0,181 g Stickstoff. Die Flüssigkeit wird ein- gedampft und weiter nach dem Zunzschen Verfahren mit Phosphor- wolframsäure gefällt. Das auf 300 cem eingeengte Filtrat des Phosphorwolframsäure- Niederschlages enthält in je 100 cem 26,39 mg Stickstoff. Der nicht zur Bestimmung verwandte Anteil wurde auf Körper untersucht, die mit Naphtalinsulfochlorid reagieren (siehe die folgende Arbeit). | Im Gegensatz dazu wurde ein anderer Hund, der 24 Stunden vorher eine eiweißarme Nahrung zu sich genommen hatte, aus der Karotis ent- blutet; die Stickstoff-Werte sind bereits in „Versuch 1“ erwähnt. Es wurde eine Blutmenge, die nach vollkommener Koagulation 0,032 g Rest- stickstoff enthielt, ebenso wie beim ersten Hund, verarbeitet. Es blieben 0,029 g in Alkohol gelöst. Im gelösten Anteil waren ebenfalls keine Albumosen. Die Untersuchung des Niederschlages unterblieb durch ein Versehen. Durch Phosphorwolframsäure waren nur 0,013 g Stickstoff fällbar. ; Fassen wir die Ergebnisse beider unter möglichst entgegen- gesetzten Bedingungen angestellten Versuche zusammen, so finden wir beim gefütterten Tiere sehr reichliche Mengen von Albumosen (etwa 25 Proz.) (fast ausschließlich primäre) und etwa 55 Proz. durch Phosphorwolframsäure fällbare Substanzen (55 Proz. des von Eiweiß und Albumosen befreiten Blutes); beim Hungertier, wenn überhaupt, nur geringe Mengen von Albumosen (Maximum 9 Proz.) und nur 45 Proz. durch Phosphorwolframsäure fällbare Stoffe. Auch in Versuch 4 und 5 konnten wir nach sorgfältiger Koagulation Biuretreaktion nachweisen, wovon später noch ge- sprochen werden soll. 3* , 36 Gustav von Bergmann und Leo Langstein, Auf eine Bestimmung der einzelnen Stickstoff - Anteile im Phosphorwolframsäure-Niederschlag und Filtrat, wie wir sie zuerst beabsichtigt hatten, haben wir uns nicht eingelassen, da weitere Befunde uns bestätigten, daß die umständlichsten Verfahren zur quantitativen Bestimmung der einzelnen Anteile des Rest-Stick- stoffs in dieser Frage weniger Aufschluß geben, als der qualitative Nachweis auch nur eines Körpers von physiologischer Bedeutung. Wir haben diese Erfahrung an einem Fall von akuter gelber Leberatrophie gemacht, der einen Rest-Stickstoff von nur 6,5 Proz. aufwies und der ähnlich wie der von Richter und Neuberg*) publizierte Fall doch interessante stickstoffhaltige Produkte in größerer Menge enthielt. Umgekehrt betrug in einem Fall von Anurie nach Sublimatvergiftung der Reststickstoff 20 Proz., während außer Albumosen nur Spuren anderer Körper gefunden werden konnten, die uns hier interessieren könnten. Das entspricht der an sich wahrscheinlichen Vermutung, daß der Reststickstoff in so hohem Maße harnfälıigen Körpern angehört, daß der auf etwaige Resorptionsprodukte fallende Anteil ganz in den Hintergrund tritt. Über den Befund der eben erwähnten Sub- stanzen, es handelt sich um stickstoffhaltige Körper, die mit Naphtalinsulfochlorid reagieren, wird der eine von uns (v. Bergmann) in einer dieser Arbeit unmittelbar folgenden Mitteilung kurz berichten. Uns interessierte noch speziell der Befund der Albumosen, wie wir ıhn u. a. bei dem Hund nach reichlicher Nahrungs- aufnahme fanden. Ehe wir auf den neuerdings wieder be- zweifelten Befund von Albumosen im Blut normaler Tiere ein- gehen, sei ein pathologischer Fall mitgeteilt. Die Patientin E. Ber. kam am 30. 1. 1904 in die 2. medizinische Klinik, nachdem sie wenige Stunden zuvor eine nicht genauer zu be- stimmende Menge Sublimat genommen hatte. Bis zum 31. 1. wurde noch Urin gelassen (er enthielt Zucker, Patientin soll seit Jahren Diabetika sein), dann trat Anurie ein. Es wurden nur wenige Tropfen entleert, bis kurz vor dem Tode (11. 2.) wieder eine geringe Sekretion eintrat (am 6. 2. 125 ccm, am 7. 2. 180 und am 8. 2. 380 ccm). Am 3. 2. wurden wegen Gefahr der Urämie 240 ccm Blut, sechsmal 24 Stunden nach Ein- tritt der Anurie noch einmal 300 cem Blut entnommen. Vom Serum des 2. Aderlasses wurde der Stickstoff bestimmt: in 100 Serum 1,148 g Gesamt-Stickstoff, 0,238 Rest-Stickstoff, 20,72 Proz, Das gesamte Blut, etwa 540 cem, wurde mit der zehnfachen Menge 1 proz. Chlornatrium-Lösung verdünnt, bei schwach essigsaurer Reaktion *) Richter u. Neuberg, Deutsche medicin. Wochenschr. 1904. Über die Bedeutung des Reststickstoffs des Blutes usw. 37 koaguliert und bis auf 500 ccm eingeengt. Die eingeengte ziemlich stark saure Flüssigkeit ist vollkommen klar, schwachgelb gefärbt; bei längerem Stehen in der Kälte fällt ein flockiger Niederschlag aus, der starke Biuret- Reaktion und deutliche Millonsche Probe gibt, schwach reduziert, beim Erwärmen wieder in Lösung geht, dann ganz allmählich von neuem aus- fällt. Nach 8tägigem Stehen wird vom Niederschlag abfiltriert. Das Filtrat zeigt auch nach weiterem Einengen keine Biuret-Reaktion, bei Zusatz der 4fachen Mengen 96proz. Alkohols fällt nur Kochsalz aus. Die Lösung enthält 0,622 g Stickstoff. Die Untersuchung der Albumosen, ungefähr 0,6 g, nach dem Verfahren von E. P. Pick, ergibt des weiteren, daß die Hauptmenge derselben den primären (Proto- und Heteroalbumose), nur ein kleiner Bruchteil der Gruppe der sekundären angehört. Die Erfahrung in diesem Falle steht in vollem Einklange mit dem Befunde Schumms*), der bei einer Nephritis von vorwiegend indurativem Charakter reichliche Mengen eines Körpers fand, der sich wie eine Albumose verhielt. Schon lange, ehe vollständig mit Ammonsulfat gesättigt war, sagt Schumm, fiel ein großer Teil des Niederschlages aus. Näheres über die Fällungsgrenzen der Albumose gibt er nicht an, das Mitgeteilte spricht aber für eine Beteiligung primärer Albumosen am Niederschlag. Die Befunde von Albumosen im Harn bei Nephritiden gehören ebenfalls hierher. Übereinstimmend mit diesen pathologischen Fällen finden wir nun in vom Eiweiß befreitem Blute unserer Hunde wiederholt Biuret- Reaktion. Da ein direkter Zusammenhang des Albumosenbefundes mit der Resorption weder von Embden und Knoop noch von Abderhalden und Oppenheimer erbracht werden konnte, wollen auch wir unseren Resultaten nicht ohne weiteres diese Deutung geben, und die Möglichkeit betonen, daß die Albumosen bei Nephritis, ebenso wie die normalerweise gefundenen sich auf zentrifugaler Bahn befinden können. Prof. Kraus teilt uns mit, daß er (vor einigen Jahren, zusammen mit Jewett) bei einer ganzen Reihe von Menschen, die an Pneumonie und an Typhus litten, im Blute Albumosen nachweisen konnte. Es wurde stets gleichzeitig das Verfahren von Hofmeister und von Devoto angewendet und das Ergebnis nur dann als positiv angenommen, wenn der Nachweis nach beiden Methoden gelang. Die verwendeten Blutquantitäten waren ver- schieden groß, fast immer nur etwa 100 ccm. Das Ergebnis war unter den Versuchsbedingungen vorwiegend auf Deutero- Albumosen zu beziehen und ist so sicher, wie der Nachweis von Albumosen in eiweißhaltigen Flüssigkeiten derzeit überhaupt sein kann. Im Blute der Typhuskranken war die Albumose durchschnittlich *) Schumm, Diese Beiträge 1903, » 38 Gustav von Bergmann und Leo Langstein, reichlicher vorhanden als im Blute der Pneumoniker, trotzdem' fast ausnahmlos die Albumosurie der Typhösen weit schwächer war als die der Individuen mit Lungenentzündung. Den Aus- gangspunkt dieser Untersuchungen bildeten Erwägungen über die Ätiologie des Fiebers. Ihre Publikation unterblieb lediglich des- halb, weil Kontrollversuche mit Rinderblut (dieses Blut war defibriniert, stammte frisch vom Schlachthof: über das Verhalten der wohl gesunden Rinder in bezug auf Ernährung usw. war nichts bekannt) ergaben, daß auch dieses gelegentlich deutlich nachweisbare Mengen von Albumosen enthielt. Hier ist der Ort, auf die jüngst gemachten Einwände Abder- haldens und Oppenheimers einzugehen. Diese beiden Autoren haben Plasma vom Pferd, Kaninchen, Hund, Rind und Meer- schweinchen untersucht und in keinem Fall nach Entfernung der koagulablen Eiweißkörper im Filtrat von diesen Biuretreaktion gefunden, d. h. wo solche noch vorhanden war, ließ sich stets der Nachweis führen, daß die Koagulation nicht \vollständig ge- lungen war und sich durch nochmaliges Aufkochen, unter Her- stellung der erforderlichen schwach sauren Reaktion, unter Aus- scheidung in Lösung gebliebener koagulabler Proteinstoffe biuret- freie Proben gewinnen ließen. Auch im Serum dieser Tiere konnten Abderhalden und OÖppenheimer in der Mehrzahl der Fälle keine Albumosen nach- weisen — nur in drei Fällen gelang es diesen Autoren bei Versuchen mit Serum nicht, biuretfreie Filtrate zu erhalten. Abderhalden und Oppenheimer schließen aus diesen Ver- suchen, daß Albumosen nicht zu den normalen Blutbestandteilen gehören. „Das Vorkommen von geringen Spuren soll dadurch nicht als ausgeschlossen gelten.“ Es erübrigt nun, eine Erklärung zu suchen, warum Abder- halden und Oppenheimer in Gegensatz zu uns diese Spuren von Albumosen nicht gefunden haben, deren Anwesenheit sie jedoch nicht ausschließen. Die Diskussion über diesen Punkt ist dadurch erschwert, daß aus den Angaben der beiden Autoren nicht ersichtlich ist, wie viel Blut sie zu ihren Versuchen benutzt haben und in welcher Weise sie die Filtrate vor Ausführung der Biuretreaktion behandelten. Allerdings läßt die Angabe betreffs der Blutentnahme bei denjenigen Tieren, die unmittelbar nach einer großen Mahlzeit getötet, und denen post mortem Blut aus Pfortader und Herz entnommen wurde, den sicheren Schluß zu, daß Abderhalden und Oppenheimer nur geringste Quantitäten Blutes zur Verfügung standen, u en u Über die Bedeutung des Reststickstoffs des Blutes usw. 39 Bei der, wenn auch wechselnden, so doch immerhin spärlichen Menge von Albumosen, die nach unseren Erfahrungen ein fast konstanter Bestandteil des Blutes sind, ist die Verwendung großer Blutmengen als Ausgangsmaterial eine wesentliche Be- dingung für das Gelingen des Nachweises. Dazu kommt die Not- wendigkeit, das Filtrat der koagulablen Eiweißkörper auf ein kleines Volumen einzuengen; auch dieser Bedingung scheint in den Versuchen von Abderhalden und Oppenheimer nicht entsprochen worden zu sein, da sie in 1Oproz. Kochsalzlösung koagulierten, ein Einengen einer solchen Lösung aber nach unseren Erfahrungen die Aussalzung der primären Albumosen hätte zur Folge haben müssen. ZEndgiltig kann aber nach den Erfahrungen aller Autoren über die Koagulation des Blutes mit der von Neumeister ausgesprochenen Vorstellung gebrochen werden, daß durch die kurz dauernde Koagulation als solche Albumosen aus den Proteinstoffen des Serums abgespalten werden. Die im Filtrate des Koagulums als Albumosen charak- terisierten Substanzen können als vorgebildet betrachtet werden. Davon haben uns eigene Versuche mit Serumglobulin und Serum- albumin überzeugt. Zwischen Plasma und Serum dürfte da kein Unterschied bestehen; denn nichts berechtigt heute zur Vor- stellung, daß der Gerinnungsvorgang des Blutes mit der Ab- spaltung einer Albumose einhergeht. III. Notiz über den Befund von Verbindungen im Blute, die mit Naphtalinsulfochlorid reagieren. Von Dr. Gustav von Bergmann, Assistent der Klinik. (Aus dem Laboratorium der 2. medizinischen Klivik in Berlin.) Die Arbeiten OÖ. Lö wis*), Kutschers und Seemanns**) und anderer haben es wahrscheinlich gemacht, daß weit abgebaute Komplexe des Eiweißmoleküls bei der Resorption und Assimilation im Eiweißstoffwechsel eine wesentliche Rolle spielen. Bisher gelang der Nachweis bestimmter biuretfreier Spaltungsprodukte im frischen Blut unter physiologischen Verhältnissen überhaupt nicht. Selbst unter pathologischen Bedingungen, wo a priori an- zunehmen ist, daß diese Körper im Blut zirkulieren müssen, da sie im Harn auftreten, sind sie erst in allerjüngster Zeit ein- wandsfrei von Neuberg und Richter”“*) nachgewiesen worden. Sie fanden bei einem Fall von akuter gelber Leber-Atrophie in 345 ccm Blut die erstaunlich große Menge von 2,13 g Amino- säuren (Leuein, Tyrosin und Lysin). Daß im allgemeinen Aminosäuren im Blut nicht gefunden werden konnten, mag zum Teil an der geringen Menge liegen, in der sie ım Blut zirkulieren. Ich habe mit Langsteinr) in einer dieser Mitteilung vorausgehenden Arbeit ausführlich diese Möslichkeit erörtert. Andererseits sind unsere Methoden zur Auf- findung geringer Mengen von Aminosäuren, oder gar von Poly- peptiden (im Sinne Fischers) unzulänglich gewesen. Erst in neuerer Zeit besitzen wir in der Darstellung der Naphtalinsulfo- Verbindungen der Aminosäuren und der Polypeptide eine Me- thode fr), die es ermöglicht, relativ geringe Mengen, vor allem *) Löwi, Archiv f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 48, 304. **) Kutscher u. Seemann, Zeitschr. f. physiol. Chemie 35, 432. ”**) Neuberg u. Richter, Deutsche med. Wochenschr. 1904. 7) v. Bergmann u. Langstein, Über die Bedeutung usw. ir) Emil Fischer u. P. Bergell, Ber. d. d. chem. Ges. 1903, * u ee er er A a | U Notiz über den Befund von Verbindungen im Blute usw. 41 aber bisher überhaupt nicht faßbare Produkte, nachzuweisen. So fanden Abderhalden und Bergell*) bei mit Phosphor ver- gifteten Kaninchen Glykokoll im Harn. Ich habe mit dieser Methode im Blute nach Körpern gesucht, die mit Naphtalinsulfo- chlorid reagieren. Obgleich die Untersuchungen noch nicht abge- schlossen sind, möchte ich einiges an dieser Stelle in Kürze mit- teilen, da es mir als Ergänzung zu der in diesem Hefte voran- gehenden Arbeit nicht unwesentlich erscheint. Ich untersuchte: 1. das Blut eines Falles von akuter gelber Leberatrophie. Der Patient A. K. wurde am 18. II. 04 in die Klinik gebracht. Seit 8 Tagen gestörtes Allgemeinbefinden, seit dem 16. II. Ieterus. Anfang 1904 syphilitischer Primäraffekt. 2. Hälfte Januar spez. Exanthem mit Injektionen behandelt. Es entwickelt sich schnell das typische Bild der akuten gelben Leberatrophie. Am 25. II. tritt völlige Bewußtseinstrübung ein; Venäsektion. Patient läßt reichlich Urin unter sich; nur wenige Tropfen werden aufge- fangen, darin kein Albumen. Am 27. II. exitus. Diagnose durch die Autopsie bestätigt. Am 25. II. wurden insgesamt 300 ccm Blut ent- nommen. Der nicht koagulable Stickstoff betrug in 100 cem Serum -0,089 g, 6,8 Proz. des Gesamtstickstoffs. 270 cem Blut wurden in schwach essigsaurer Lösung mit der l5fachen Menge 1proz. Chlornatriumlösung koaguliert, das Filtrat nach dreimaligem Auswaschen des Niederschlages auf 150 ccm eingedampft; zur klaren gelben Flüssigkeit wurden 8 g Naphtalinsulfochlorid in Ather gelöst zugefügt und diese unter vorschriftsmäßigem Schütteln zunächst mit 40, dann je drei mal mit 20 ccm Normalnatronlauge versetzt. Nach der Filtration fiel beim Ansäuren sofort ein weißes flockiges Produkt in großer Menge aus. Nachdem es dreimal 24 Stunden in der Kälte gestanden hatte, hatte sich am Boden eine zähe hellbraune Masse abgesetzt. Sie betrug etwa 2,3 g; der größere Teil löste sich in Alkohol und fiel beim Einengen in Form großer kristallinischer Drusen wieder aus. Nach zweimaligem Um- kristallisieren aus heißem verdünntem Alkohol war die Substanz nur noch leicht gelb gefärbt, sie bestand aus kleinsten, gleich großen kugeligen Gebilden. Schmelzpunkt bei 160° (unscharf). Die Kohlenstoff-Wasserstoff- Bestimmung ergab: ©’2:53.70:. Pro2; 1 3 ee Der in Wasser und Alkohol unlösliche Teil wurde in Ammoniak gelöst, vom Ammoniak-Uberschuß durch Kochen befreit, mit Salzsäure gefällt. Die Umfällung wurde nochmals wiederholt. Schmelzpunkt bei 237° (be- ginnende Bräunung bei 210°). 0 52,32 Proz. ER 0 4; 9. Es wurde das Blut eines 30 Kilo schweren Hundes, der 7 Stunden nach der Aufnahme von 1 Kilo Fleisch entblutet war, untersucht. Näheres siehe in der vorhergehenden Arbeit (Versuch 6). Eine Menge enteiweißter Flüssigkeit, die etwa 1200 ccm Blut entsprach, ergab mit 6 g Naphtalin- *) Abderhalden u, Bergell, Zeitschr. f. physiol. Chemie 1903, 42 Gustav von Bergmann, sulfochlorid und 30, dann dreimal 15 ccm N-Natronlauge geschüttelt ein Produkt in der Menge von etwa 0,3 g, das nach 24stündigem Stehen in der Kälte als sandiger Niederschlag am Boden des Gefäßes haftete. Unter dem Mikroskop kleinste, kugelige, stark lichtbrechende Körnchen, nach einmaligem Umkrystallisieren aus heißem Wasser keine bessere Kristallisation. In Ammoniak gelöst, vom Uberschuß des Ammoniaks durch Kochen befreit und vorsichtig mit Chlorbaryum-Lösung versetzt, gab die Substanz keinen Niederschlag, d. h. es handelt sich nicht um Naph- talinsulfoglyein, das ein schwer lösliches Baryumsalz gibt. Bei Zusatz von Salzsäure Fällung; nun aus verdünntem Alkohol umkristallisiert, die- selben feinen Kugeln wie in Fall 1. Schmelzpunkt 158°, Gasentwickelung bei 192°, C 53,85 Proz. a N 984 „ (nach Dumas). 3. Von 2 Hunden, die einige Stunden vorher mit Fleisch gefüttert worden waren, werden die Filtrate vom Blutkoagulum vereinigt, mit der gleichen Menge 96 proz. Alkohols versetzt. Das auf 300 cem eingedampfte Filtrat, entsprechend etwa 400 cem Blut und zwar 280 ccm eines Blutes mit 14,7 Proz. Rest- Stickstoff, und 120 ccm mit 11,3 Proz. Rest - Stickstoff (siehe die vorhergehende Arbeit, Versuch 4 und 5) wird mit 10 g Naphtalin- sulfochlorid geschüttelt. Es wird etwa 0,1 g eines Produkts gewonnen, das ebenfalls in verdünntem Alkohol ziemlich gut löslich ist, nach drei- maligem Umkristallisieren stets nur kleine kugelige Gebilde, wie in den anderen Fällen, liefert. Schmelzpunkt 163 °. C 56,53 Proz. E60 4. Ich hatte ferner Gelegenheit, von einem Hund, der 29 Tage ge- hungert hatte, 150 cem Blut zu verarbeiten, außerdem die vereinigten Preßsäfte von Muskeln und Leber (etwa 50 ccm). Es gelang mir nicht, ein greifbares Produkt zu erhalten. 5. In einem Fall von Anurie infolge von Sublimatvergiftung wurde aus 500 ccm Blut 0,06 g eines Naphtalinsulfoproduktes gewonnen, das nur einmal aus heißem Alkohol umkristallisiert (es war darin schwer löslich) den ia 196 ° (unscharf) darbot. C 52,91 Proz. H 4,96. 2, (siehe im übrigen die vorausgehende Arbeit), Die genauere Untersuchung eines zweiten ähnlichen Falles steht noch aus. Die Verarbeitung des Blutes wurde stets gleich nach der Gewinnung in Angriff genommen, Ich bin mir sehr wohl bewußt, daß alle diese Produkte keine einheitlichen zu sein brauchen; schon die wenig scharfen Schmelz- punkte weisen darauf hin, daß sie zum mindesten nicht völlig rein waren; ich fürchtete aber, durch weiteres Umkristallisieren zu große Verluste zu erleiden; den ersten Fall ausgenommen, handelte es sich ja stets um sehr geringe Mengen. Trotzdem möchte ich auf die Ähnlichkeit zweier Produkte hinweisen, des einen von dem Fall von akuter gelber Leberatrophie, des anderen von dem in Notiz über den Befund von Verbindungen im Blute usw. 43 reichlicher Resorption sich befindenden Hund. Ich. stelle die Zahlen nebeneinander: C 53,7 Proz. G 53,85 Proz. Ha B.1038% N 934 ” Mir scheint diese Übereinstimmung immerh'n der Hervor- hebung wert, zumal da die Schmelzpunkte (160 und 155°) nahe zusammenfallen. Freilich passen die gefundenen Werte zu keinem der bisher dargestellten Körper, weder zu den Naphtalinsulfopro- dukten der einfachen Aminosäuren noch zu denen der bekannten Polypeptide. Die Anzahl derartiger bisher dargestellter Produkte ist allerdings im Verhältnis zu der unendlich großen Zahl von physiologischen Möglichkeiten nur eine geringe*). Ich betone noch- mals, daß es sich hierbei im wesentlichen nur um Vermutungen handelt, hoffe aber, durch Gewinnung größerer Mengen der frag- lichen Körper zu einer näheren Charakterisierung zu kommen. Versuche in diesem Sinne bei mit Phosphor vergifteten Hunden sind seit Ostern im Gange. In klinischen Fällen freilich wird die geringe Menge der zu gewinnenden Körper wohl stets der chemischen Charakterisierung große Schwierigkeiten bereiten. *) Eine Verwechselung mit dem Amid der Naphtalinsulfosäure ist aus- geschlossen, das erhellt schon aus den Kohlenstoffzahlen, und daraus, daß alle hier beschriebenen Körper erst beim Ansäuern ausfallen. (Siehe die eben erschienene Arbeit von Bergeil und Blumenthal: „Uber den Einfluß des Pankreas auf den Eiweißkabbau“. Pflügers Archiv 103, 1904.) IV. Über Zuckerbildung bei künstlicher Durchblutung der elykogenfreien Leber. Von Dr. Gustav Embden, z. Z. Vorstand des chemischen Laboratoriums am städtischen Krankenhause zu Frankfurt a. M. Aus dem physiologisch-chemischen und dem physiologischen Institut zu Straßburg. So sehr die Annahme berechtigt erscheint, daß der Tierkörper aus anderen Substanzen als aus Kohlehydraten Zucker zu bilden vermag, so außerordentlich sind die Schwierigkeiten, die sich einer völlig exakten Beweisführung in dieser Richtung entgegen- stellen, und so wenig sind wir über den Chemismus, der sich bei der Neubildung von Kohlehydrat im Organismus abspielt, unter- richtet. Die zahlreichen Versuche, in denen man verschiedenartige Substanzen verabreichte, um Glykogenansatz oder bei Diabetischen Zuckerausscheidung zu erzielen, lieferten in den Händen ver- schiedener Forscher nicht immer übereinstimmende Resultate, und führten namentlich — auch bei gleichen Ergebnissen — zu sehr verschiedenen Schlußfolgerungen. Es war daher sehr erwünscht, auf einem direkteren Wege, als ihn Fütterungsversuche bieten, den Vorgängen der Kohle- hydratbildung im Organismus näher zu treten, und als erster schlug Seegen diesen Weg ein. Seegen*) digerierte den Brei von frischen Lebern teils mit und teils ohne Zusatz einer Lösung von käuflichem Pepton und stellte fest, daß nach dem Verlauf etwa einer Stunde in dem peptonversetzten Leberbrei die Menge des Zuckers und „der Gesamtkohlehydrate“ erheblich größer war, als in dem Leberanteil ohne Peptonzusatz. In späteren Versuchen *) J. Seegen, Gesammelte Abhandlungen über Zuckerbildung in der Leber. Berlin 1904, S. 87. Die Einwirkung der Leber auf Pepton. (Aus Pflügers Archiv 25, 1881.) Über Zuckerbildung bei künstlicher Durchblutung usw. 45 fügte Seegen*), dem Leberbrei außer Pepton auch Blut hinzu und leitete während des Versuchs einen Luftstrom durch das Blutlebergemisch. Er kam bei dieser Versuchsanordnung im wesentlichen zu demselben Resultat wie bei der früheren. Schließlich führte Seegen**) auch Versuche aus, in denen er Fett, Glycerin, Fettsäure und Seife in ähnlicher Weise wie früher Pepton mit der Leber zusammen brachte. Die erhaltenen Resultate bestimmten ihn zu der Ansicht, daß die eben genannten Stoffe, ebenso wie das „Pepton“ unter den angegebenen Versuchs- bedingungen in Zucker umgewandelt würden. Die tatsächlichen Ergebnisse der Seegenschen Unter- suchungen wurden, wenigstens was die Zuckerbildung aus Fett und Seifen betrifft, von J. Weiß***) bestätigt, während Zuntz und Cavazzani’f) sich nicht davon überzeugen konnten, daß bei Seegens Versuchsanordnung mehr Zucker gebildet würde, als - sich aus gleichzeitig verschwundenem Glykogen herleiten ließ. In jüngster Zeit haben Abderhalden und Ronarr) einen Teil der Versuche Seegens nachgeprüft; sie konnten dabei die Beobachtungen Seegens, daß durch Fettzusatz die Zuckerbildung in einer Leberblutemulsion vermehrt würde, nicht bestätigen. Fr. Kraus jun.Tfy) untersuchte die Zuckerbildung in der künstlich mit verdünntem Blut durchströmten, lebensfrischen Hundeleber. Er fand, daß der Zusatz von Pepton zum Durch- blutungsgemisch auf die Menge des neugebildeten Zuckers ohne Einfluß ist, und daß die zugefügten Albumosen während der Durchblutung überhaupt nicht vermindert werden. Die beob- achteten geringen Veränderungen des Albumosen- und Pepton- gehalts liegen innerhalb der Fehlergrenzen der Methodik. Bei Durchblutung der durch Hunger und Phlorizin glykogenarm ge- *) J. Seegen, Das. S. 99. Pepton als Material für Zuckerbildung in der Leber. (Aus Pflügers Archiv 28, 1882.) *) J. Seegen, A. a. O. S. 210. Über die Fähigkeit der Leber, Zucker aus Fett zu bilden. (Aus Pflügers Archiv 39, 1886.) ”*) J. Weiß, Uber die Bildung von Zucker aus Fett im Tierkörper. Zeitschrift f. phys. Chemie 24, 542. 7) Zuntz und Cavazzani, Archiv für Anat. u. Physiol. Physiol. Abteilung 1898, S. 539. ir) Abderhalden, E., und Rona, P., Bildung von Zucker aus Fett. Zeitschr. f. physiol. Chemie 41, 303. irrt) Fr. Kraus jun. Uber Zuckerbildung in der Leber bei Durch- blutungsversuchen. Pflügers Archiv W, 630. — Derselbe, Über Zucker- bildung in der Leber bei Durchblutungsversuchen. II. Mitteilung. Das. 98, 452. In dieser Arbeit findet sich auch eine ausführliche Besprechung der Literatur. 46 Gustav Embden, machten Leber unter Peptonzusatz trat keine oder nur eine sehr geringe Vermehrung des Blutzuckers ein; Kraus ist deswegen geneigt, die bei der Durchblutung der Leber eintretende Zucker- vermehrung auf Umwandlung von Glykogen zurückzuführen. Wie man sieht, stimmen die Ergebnisse der verschiedenen Autoren nicht mit einander überein. Dies dürfte in erster Linie auf die Schwierigkeiten der Methodik zurückzuführen sen. Man darf natürlich nur dann eine Bildung von Zucker aus irgendwelchen dem Leberbrei oder dem Durchblutungsblut zugesetzten Sub- stanzen annehmen, wenn der Nachweis geführt ist, daß der neu- gebildete Zucker nicht aus in der Leber oder im Bilute vor- handenen Vorstufen des Zuckers gebildet ist. Die Bestimmung dieser Vorstufen ist aber einstweilen kaum mit einer für den vorliegenden Zweck hinreichenden Genauigkeit ausführbar. Es erschien daher von vornherein die von Glykogen und auch von anderen Zuckervorstufen möglichst oder völlig befreite Leber weit geeigneter zum Studium der Zuckerbildung im isolierten Organ als die glykogenhaltige. Da es ferner angezeigt war, die Leber während des Versuches in einem dem des Lebens möglichst ähnlichen Zustande zu erhalten, bediente ich mich bei meinen Versuchen nicht der Digestion von Leberbrei mit Blut, sondern der Durchblutungsmethode.*) Versuchstechnik: Die erste Aufgabe war, auf sichere und bequeme Weise die Leber der zum Versuch benutzten Hunde völlig glykogenfrei zu machen. Ich versuchte dies Ziel zunächst dadurch zu erreichen, daß ich die Tiere nach einer mehrtägigen Hungerperiode größere Arbeitsleistungen verrichten ließ, ein Verfahren, das bekanntlich in den letzten Jahren öfters mit Erfolg angewandt wurde. Doch erwies sich diese Methode, jedenfalls in der Form, in der ich sie anwandte, für den vorliegenden Zweck als nicht genügend hand- lich und, da sie nur bei dem’ ersten der in dieser Arbeit ge- schilderten Versuche angewandt wurde, sehe ich von einer ge- naueren Darstellung ab. Bei allen übrigen Versuchen hungerten die Tiere 2 bis 3 Tage (in einzelnen Fällen länger) und wurden alsdann mit Strychnin vergiftet, eine Methode, die bekanntlich an Katzen und nament- lich an Kaninchen schon öfters Verwendung fand. Anderthalb bis zweistündige starke Krämpfe genügten, um die Leber völlig glykogenfrei zu machen. *) Eine kurze Mitteilung über einen Teil der hier veröffentlichten Ver- suche machte ich auf der vorjährigen Naturforscherversammlung in Kassel. Über Zuckerbildung bei künstlicher Durchblutung usw. 47 Im einzelnen gestaltete sich das Verfahren folgendermaßen: Das Tier wurde in tiefer Äthernarkose tracheotomiert, eine Tracheal- kanüle eingebunden und die künstliche Atmung eingeleitet. Nunmehr wurde eine geringe Strychninmenge injiziert, bei den zumeist verwandten Hunden von 5 bis 6 kg Körpergewicht 1 Milligramm, bei kleineren Hunden manchmal noch weniger. Es wurde Wert darauf gelegt, daß die Krämpfe nicht zu rasch eintraten, sondern erst nach 20 Minuten bis einer halben Stunde allmählich einsetzten, um sich bis zu maximalen Anfällen zu steigern. Diesen letzteren folgte dann meist ein länger dauerndes Stadium der Erschöpfung, in dem die spontane Atmung zeitweise sistierte und von den Berührungsreflexen nur der Cornealreflex erhalten war. Nach einiger Zeit erholten sich — bei ausreichender künstlicher Respiration — die Tiere dann meist wieder, um alsdann wieder in neue Krämpfe zu ver- fallen. Je nach Bedarf wurde ein oder mehrere Male Strychnin injiziert. Doch wurden kaum mehr als einige (etwa 3 bis 5) Milligramme während eines Versuches verbraucht. Hatten die Krämpfe (die Unterbrechungen eingerechnet) 1'/» bis 2 Stunden gedauert, so wurde das Tier durch Entbluten aus beiden Karotiden oder beiden Femorales getötet. Häufig trat auch nach Ablauf der angegebenen Zeit der Tod spontan ein. Vor der nunmehr eingeleiteten künstlichen Durchblutung der Leber wurde ein Leberlappen abgebunden und mit der Schere abgetrennt. Er wurde sofort _ auf Glykogen verarbeitet. In einer Reihe von Fällen wurde ein Teil davon auch zu einer Zuckerbestimmung verwandt.*) Mit einer Ausnahme erwies sich bei allen Versuchen, in denen die Krämpfe 1'/; bis 2 Stunden gedauert hatten, die Leber als völlig glykogenfrei. In allen späteren Versuchen wurde die Leber vor der Durch- blutung mit dem ihr anhaftenden Zwerchfellteil, der Gallenblase und den Kanülen gewogen. Die Durchblutung erfolgte in ganz ähnlicher Weise, wie in einer früheren von Karl Glaessner und dem Verfasser veröffentlichten Arbeit.**) Vom Tode des Tieres bis zum Beginn der Durchblutung ver- strichen etwa 12 bis 20 Minuten. In den meisten Fällen wurde zur Durchblutung frisches Rinderblut, nur in wenigen Hundeblut verwendet. | Der zur Arterialisierung benutzte Luftstrom wurde, um ihn mit Wasserdampf zu sättigen, vor seinem Eintritt ins Blut durch Wasser von etwas über 40° geleitet und so eine Konzentrierung des Blutes verhindert. Vor Beginn der Durchblutung wurde mit einer Probe (meist 200 bis 250 cem) des beim Versuch zur Verwendung kommenden Blutes eine Zuckerbestimmung nach Schenck angesetzt, worauf *) Die Schilderung der Untersuchung auf Glykogen und der Zucker- bestimmung folgt weiter unten. *) Embden, G., und Glaäeßner, K., Über den Ort der Äther- schwefelsäurebildung im Tierkörper. Diese Beiträge !, 310. 48 Gustav Embden, weiter unten genauer einzugehen sein wird. Eine weitere Zucker- bestimmung wurde in gleicher Weise mit dem Blute nach Be- endigung der Durchströmung angestellt. Häufig wurden auch während der Durchströmung Blutproben zu Zuckerbestimmungen entnommen. In einer Anzahl von Fällen wurde die Leber auch nach der Durchblutung auf Glykogen untersucht, wie gleich hier hervor- gehoben werden mag, stets mit negativem Erfolge.*) Uber die Methode der Untersuchung auf Glykogen und über die Zuckerbestimmung in Leber und Blut ist folgendes zu be- merken: Sämtliche Untersuchungen auf Glykogen wurden im wesent- lichen nach der Pflüger-Nerkingschen Methode ausgeführt. Das Gewicht der zur Glykogenbestimmmung verwendeten Leber- menge wird bei den einzelnen Versuchen angegeben werden. Von dem nach der Auflösung der Organe erhaltenen klaren Filtrat wurde ein möglichst großer aliquoter Teil zu der in der vorgeschriebenen Weise ausgeführten Fällung verwendet. Beim Zusatz des Alkohols trat in allen Fällen — mit der oben erwähnten Ausnahme — keine sichtbare Fällung ein. Erst nach einigen, meist nach vielen Stunden bildete sich eine geringfügige Trübung. Die Flüssigkeiten blieben über Nacht stehen, dann wurde der äußerst geringfügige Niederschlag aufs Filter gebracht, vorschriftsmäßig gewaschen und das Filter mehrfach unter zeitweiligem Verschluß der Trichterröhre mit Wasser ausgezogen; nur ein Teil des Niederschlags ging hierbei in Lösung, manchmal unter deutlicher Opal- eszenz. Die vereinigten wässerigen Filterauszüge wurden bei ganz schwach alkalischer oder bei neutraler Reaktion vorsichtig auf dem Wasserbade eingeengt, nötigenfalls neutralisiert, und unter Zusatz von soviel Salzsäure, daß eine Lösung von 2 Proz. HCl resultierte, auf 10 oder 15 ccm ge- bracht. Die in ein Reagensglas übergegossene Flüssigkeit wurde 3 Stunden lang im siedenden Wasserbade gehalten und nach dem Erkalten neutrali- siert oder schwach alkalisch gemacht; nunmehr wurde untersucht, ob die gesamte Flüssigkeitsmenge zur Reduktion von 1 cem Knappscher Lösung ausreichte. War dies nicht der Fall, so wurde die Flüssigkeit als zucker- frei und damit die Leber als glykogenfrei angesehen. Dieses Verfahren wurde in allen Versuchen bis zu Ende durchgeführt, mit Ausnahme der letzten. Hier begnügte ich mich mit der Feststellung, daß nach dem zur Fällung des Glykogens vorgeschriebenen Kalilauge-, Jodkalium- und Alkohol- zusatz erst nach Verlauf von Stunden eine geringfügige Trübung auftrat. Die Zuckerbestimmungen im Blute wurden im wesentlichen nach der Methode von Schenck**), ausgeführt. Es wurden 200 oder 250 cem Blut in vorgeschriebener Weise mit Salzsäure und Sublimat gefällt und das nicht vor dem nächsten Tage ge- *) Grube gelang es, unter besonders günstigen Versuchsbedingungen Glykogenansatz in der durchbluteten Leber zu erzielen. **) Fr. Schenck, Über Bestimmung und Umsetzung des Blutzuckers. Pflügers Archiv 55, 203. Über Zuckerbildung bei künstlicher Durchblutung usw. 49 wonnene Filtrat durch Schwefelwasserstoff von Quecksilber befreit, ein aliquoter Teil — meist etwa 700 cam — wurde mit Natronlauge neutrali- siert, mit Salzsäure bis zur eben deutlich sauren Reaktion versetzt, bei möglichst geringem Druck stark eingeengt, in einen Meßkolben über- gespült, auf genau 100 ccm aufgefüllt, durch wenige Tropfen Natronlauge alkalisch gemacht, filtriert und mittelst Knappscher Lösung. titriert. Alle Titrationen wurden in der Art ausgeführt, daß zu einer genau ge- messenen Menge Knappscher Lösung das doppelte Volumen Wasser und noch vor dem Erhitzen eine genau gemessene Menge der zu titrierenden Flüssigkeit hinzugefügt wurde; stets wurde bei dem gleichen Versuch die gleiche Zeit gekocht, und dann ein Tropfen der abpipettierten Flüssig- keit mit einem Tröpfchen frisch bereiteten Schwefelwasserstoffwassers auf einer Glasplatte überschichtet. Die zur Reduktion des Quecksilbers erforderliche Flüssigkeitsmenge wurde durch eine größere Zahl von Einzeltitrationen möglichst genau (bis auf 0,1 ccm) festgestellt und der erhaltene Grenzwert durch Wieder- holung der Titration kontrolliert. Bei Einhaltung dieser Bedingungen liefert die Schencksche Methode äußerst scharfe Resultate und wenn bei den ziemlich ‚starken Verdünnungen die erhaltenen absoluten Werte auch nicht völlig richtig sind, so dürfen doch die relativen Werte allen Anspruch auf Genauigkeit erheben. In den Fällen, wo auch in der Leber Zuckerbestimmungen aus- geführt wurden, wandte ich nach möglichst weitgehender Zer- kleinerung des Organs teils ebenfalls die Methode vonSchenck an, teils kochte ich den Leberbrei mit 80proz. Alkohol, nahm eine Messungder erhaltenen Flüssigkeit vor, verjagte aus einem aliquoten Teil des Filtrats den Alkohol im Vakuum, fällte noch vorhandene Eiweißreste, Lecithin u. a. durch Zusatz von Salzsäure und Sublimat und verfuhr nun ebenso, wie bei den Blutzuckerbestimmungen. Die Zuckermenge in der Leber war meist so gering, daß eine genaue Titration nicht ausführbar war und ich mich damit be- gnügen mußte festzustellen wieviel Zucker maximal in der Leber vorhanden war. Versuche. Ich gehe nunmehr zur Schilderung der einzelnen Versuche über. In einer größeren Anzahl von Fällen untersuchte ich, ob bei der Durchblutung der glykogenfreien Leber mit normalem Blut eine Veränderung des Blutzuckergehalts stattfindet. Ich gebe zunächst in möglichst abgekürzter Form die Proto- kolle über zwei Versuche wieder. Versuch I. Kräftiger Foxterrier läuft nach dreitägigem Hunger etwa 7!/2 Stunden auf der Drehscheibe, am nächsten Tage ohne wesentliche Unterbrechung 8 Stunden. Der Hund wird darauf in Athernarkose durch Entbluten ge- Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 4 50 Gustav Embden, tötet, und die Leber nach Abtrennung eines Kontrolllappens mit etwa 1 Liter Rinderblut durchblutet. Die Durchblutung dauerte etwa 2!’ Stunden. Der Blutdruck betrug (dicht vor dem Eintritt in das Organ gemessen) 25 bis 30 mm Hg. Das Blut floß teils in einander sehr rasch folgenden Tropfen, teils, namentlich gegen Schluß, im Strahle. Bluttemperatur zwischen 38° und 40,5° Von dem vor der Durchblutung abgetrennten und sofort verarbeiteten Kontrolllappen wurden 20 g zur Untersuchung auf Glykogen und 19 g zu einer Zuckerbestimmung verwendet. Die Leber enthielt vor der Durchblutung kein Glykogen und weniger als 0,07 Proz. Zucker. Das Rinderblut enthielt vor der Dune biatune 0,051 Proz., nach der Durchblutung 0,132 Proz. Zucker. Versuch II. Ein kleiner Hund hungert 2 Tage (Gewicht nach dem Hungern 5 kg 600 98). Er wird alsdann in der geschilderten Weise unter künstlicher Atmung mit Strychnin behandelt; (Strychninverbrauch etwa 2 Milligramm). Etwa 2!/2 Stunden nach Beginn der heftigen Krämpfe wird das Tier durch Ent- bluten getötet und die Leber nach Abtrennung des Kontrolllappens mit 1200 cm Rinderblut durchblutet.*) Gewicht der Leber vor der Durch- blutung ohne Kontrolllappen (nach Abzug der am Schluß des Versuchs gewogenen Kanüle, der Gallenblase und des Zwerchfells) etwa 140 g. Zur Untersuchung auf Glykogen wurden 15 g, zur approximativen Zucker- bestimmung 7 g verwendet. Der Blutdruck wurde von 22 bis 23 mm Hg am Anfang auf etwa 35 mm Hg am Ende erhöht, das Blut floß während der ersten Stunde im Strahl, danach in sehr rasch auf einander folgenden Tropfen, ganz gegen Schluß nur langsam. Die Leber erwies sich als glykogenfrei, die in 7 g Leber vorhandene Zuckermenge war äußerst ge- ring, sie reichte nicht zu einer approximativen Bestimmung. Auch nach der Durchblutung ließ sich in der Leber kein Glykogen nachweisen. Der Zuckergehalt des Rinderbluts vor der Durchblutung betrug 0,043 Proz., nach der Durchblutung 0,103 Proz. Die beiden eben geschilderten, sowie einige weitere Ver- suche, auf deren genauere Schilderung hier nicht eingegangen Be soll, sind in der Tabelle I zusammengestellt. In dieser Tabelle Beben die Kolonnen 1 bis 5 Auskunft über einige Einzel- heiten der Versuchsanordnung. Kolonne 6 gibt den Zuckergehalt des zur Durchströmung verwendeten Blutes vor Beginn des Ver- suchs in Prozenten an (Blut A), Kolonne 7 den Zuckergehalt im - durchgeleiteten Blut am Ende des Versuchs (Blut B). Kolonne 8 gibt die Menge des Zuckers in B — auf die Zuckermenge in *) Dem Blute wurden etwa 30 ccm eines aus dem Pankreas des Hundes durch Behandeln mit physiologischer Kochsalzlösung gewonnenen Extrakts _ hinzugefügt. Weder in diesem, noch in anderen Versuchen wurde die Zuckerbildung durch den Zusatz von Pankreasextrakt oder Preßsaft merklich beeinflußt. Über Zuckerbildung bei künstlicher Durchblutung usw. bl Tabelle I. 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 Gewicht des auf Glyko- gen ver- Zucker | Zucker |. arbeite- in Blut Alin BlutB Bemerkungen ten Kon- troll- lappens g Proz. Proz. Die Leber enthielt weniger als 20 0,051 | 0,132 | 259 |ca.0,8| 0,07 Proz. Zucker. Leberzucker nicht bestimmbar 1200cem Zusatz von etwa 30 cem eines 140 Rinder- 15 0,043 | 0,103 | 240 0,72 | aus ee Br Er blut siologischer Kochsalzlösung gewonnenen Extrakts. 1300ccm 1 Stde.| >. 40Min. Rinder- | 16 | 0,051 | 0,092| 180 | 0,58 blut 1140cem Leberzucker nur i bestimm- 190 Br Rinder- | 12 | 0,064 | 0,140 | 219 | 0,87 | baren Spuren ee es . | blut arbeitet 15 g Leber). EB 915 ccm 1 Stde. 150 35Min. Hunde-| 15 0,149 | 0,184 | 123 0,32 blut A=100 bezogen — an. In Kolonne 9 ist die absolute Zuckerzu- nahme im Blute während des Versuches in Grammen angegeben.*) Wir sehen, daß bei allen 5, in die Tabelle I aufgenommenen Versuchen eine Zuckerzunahme im Blute auftrat. Bei drei Versuchen (Versuch 1, 2, 4) stieg der Zuckergehalt auf mehr als das Doppelte, bei einem (Versuch 3) auf nahezu das Doppelte, während bei dem letzten Versuch, bei dem Hundeblut benutzt wurde, die Ver- mehrung des Zuckers „weit geringfügiger war. Wir werden später aber sehen, daß dieser Unterschied im Verhalten des Rinderblutes und des Hundebluts kein durchgreifender ist. Woher rührte nun die Vermehrung des Blutzuckers nach der Durchströmung der Leber? Da die Leber in allen aufgeführten Fällen völlig glykogenfrei war, stammte der Zucker jedenfalls nicht aus dem Leberglykogen; ebenso wenig ist die Vermehrung des Blutzuckers durch eine ein- *) Der Berechnung dieses Wertes habe ich die am Anfange des Ver- suches vorhandene Blutmenge zugrunde gelegt. Da, wie ich mich des öfteren überzeugte, der Blutverlust während einer wohlgelungenen Durch- leitung nur sehr geringfügig ist, dürften die in Kolonne 9 aufgeführten Zahlen nicht wesentlich von den richtigen abweichen. 4* 592 | Gustav Embden, fache Ausschwemmung von präformiertem Leberzucker zu erklären; die Menge des letzteren in der glykogenfreien Leber ist äußerst gering, viel zu gering, um auch nur annähernd den zum Teil sehr erheblichen Zuckerzuwachs im Blute zu decken*), und ebenso- wenig kann das Jecorin als Quelle der beobachteten Zuckerbildung in Anspruch genommen werden, da es bei der angewandten Be- stimmungsmethode als Zucker mitbestimmt wird. Ich bemühte mich, in der vorliegenden Arbeit zunächst die Frage zu entscheiden, ob die Leber oder das Blut das Material zur Zuckerbildung liefern. Einige Versuche wurden in der Weise angestellt, daß der Brei oder der Preßsaft glykogenfreier Lebern unter Toluolzusatz bei Brutschranktemperatur für eine Reihe von Stunden aufbewahrt wurde. Es zeigte sich dabei keine, oder nur eine äußerst geringe Vermehrung des Zuckergehalts. Die Versuchsanordnung war hier- bei aber von der bei den Durchströmungsversuchen getroffenen so verschieden, daß ich diesen Resultaten keinen besonderen Wert beimessen möchte und deshalb auch auf eine genauere Wiedergabe der Versuche selbst verzichte. Erst die Aufklärung der zeitlichen Verhältnisse der Zucker- bildung in der durchströmten Leber führte zu einer Versuchs- anordnung, mittelst derer sich die Frage der Herkunft des neu- gebildeten Zuckers bis zu einem gewissen Grade entscheiden ließ. Um über den zeitlichen Verlauf der Zuckerbildung Aufschluß zu erhalten, wurde zu verschiedenen Zeitpunkten, während der Durchblutung und am Ende derselben, je eine Blutprobe zur Zuckerbestimmung entnommen. Ein Teil dieser Versuche ist in Tabelle II (Versuch 6, 7, 8) zusammengestellt, während einige andere erst weiter unten be- sprochen werden sollen (Tabelle IV, Versuch 12 und er (Siehe nebenstehende Tabelle.) In den ersten 5 Kolonnen der Tabelle II sind die gleichen Angaben wie in den entsprechenden der Tabelle I enthalten. Kolonne 6 und 7 geben an, wie lange nach Beginn der Durch- blutung die Blutproben B und © entnommen wurden. Kolonne 8, 9 und 10 enthalten den prozentischen Zuckergehalt der vor (A), während (B) und am Schluß der Durchblutung (C) untersuchten Proben. Von einer Berechnung der Zuckerzunahme in Grammen ist abgesehen, dagegen ist in Kolonne 11 das Verhältnis der *) Es soll keineswegs in Abrede gestellt werden, daß der präformierte Leberzucker unter Umständen an der Vermehrung des Blutzuckers bis zu einem gewissen Grade mitbeteiligt sein kann. (Siehe weiter unten.) Über Zuckerbildung bei künstlicher Durchblutung usw. 53 Zuckermengen in A, B und © berechnet, wobei A wiederum — 100 gesetzt ist. Tabelle II. ir> 12 - EEE 5 6 7 SR ER Eu, ui Gewicht 2 ae Verar- | Verar- = = = 2a genbe- beitung |beitung| > > EB m Dauer Blutart stim- |derBlut-derBlut-| & = a Verhältnis der 3 der Ed mung |ProbeB|probeC, = = 3 | Zuckerwerte | Bemerkungen » | Durch- Menge | verwen- nach Be-/nachBe- n ” A,Buwc 3 |blutung deten |ginnder|ginn der ® > 2 (A — 100) E Kon- | Durch- | Durch- | © S B a troll- |blutung blutung 8 NS] N lappens g Proz | Proz. | Proz. 1200ccm Hunde- Dem Blute wurde k | blut + 1! der Preßsaft v. | ) £ 2 2 x 2 z E N 96° 2 : - : RL / 2 Hunde nk- 6 100 |3 Stdn 22 Trau- 1 Stdn. 3 Stdn.|0,197/0,269|0,283|100:137:144 Re | ben- hinzugefügt. zucker | 9a 1400ccm 94 71835 * |Rinder-| 35 |1 Stde. * 10,05910,084 0,084 100: 142:142 Stdn. at Stdn. = 1150cem | l Stde.| >: 1: Stile. L Stde.|, ‚; er x 8 110 50Min. ae 18 20Min [30Min. 0,05610,098|0,092|100: 175: 164 Aus der Zusammenstellung geht hervor, daß der Zuckergehalt des Blutes schon nach einer bis anderthalb Stunden bis zum Maximum angestiegen war, um während der weiteren Dauer der Durchströmung annähernd konstant zu bleiben. Denn die Unter- Schiede im Zuckergehalte der Blutproben B und € in den Ver- suchen 6 und 8 fallen wohl in die Fehlergrenzen der Bestimmung. Aus welchem Grunde hörte die Zuckerbildung nach etwa ein- stündiger Durchströmung auf? Falls es sich nicht um eine einfache Absterbeerscheinung handelte, war hauptsächlich an zwei Möglichkeiten zu denken. Entweder wirkte der neugebildete Zucker hemmend auf die Bildung weiterer Zuckermengen ein, es handelte sich also um eine Art Gleichgewichtsreaktion, oder aber es war nach Verlauf einer Stunde ein in der Leber oder im Blute vorhandener Vorrat an zuckerbildender Substanz verbraucht. Daß es sich um eine Gleichgewichtsreaktion in dem oben angedeuteten Sinne handelt, wird durch Versuche unwahrscheinlich gemacht, in denen, trotzdem dem Blute vor der Durchblutung erhebliche Quantitäten Zucker zugeführt wurden, dennoch während Nr. 3 BER TERE Ne: 10 PET: Ag s N 3 &0> 4 Aa fe] eä3 Gewicht| Dauer der |pjutart und 2.45 &| Zucker | Zucker | s | ® Ba der Durch- Menge |Sa25S| in in |3ä«2| ©8 Bemerkungen Leber | blutung g0%3| Blut A|lBuB| 540 | 25 858 u Baur: Di - g® Q g g Proz Proz g 1050 ccm Rinder- keine 120 |ca.2 Stdn.| blut mit | 16 | 0,179| 0,160 | — Zu- Trauben- nahme zucker 900 ccm Rinder- .n..1L Stunde : - a In der Leber unbestir 160 40 Min en 16? | 0,179| 0,293 | 164 | 1,026| „are Mengen Zuckei rauben- zucker 950 ken In der Leber unbestin 1 Stunde Rinder- bare Spuren Zud 100 - blut mit | 20 | 0,263 | 0,294 | 112 | 0,29 Zusatz von im gat 30 Min a a 20 ccm Rinderpank BR preßsaft. 1125 ccm Rinder- > 940 |} Stunde| „ut mit | 14 | 0945| 0307| 125 | 0,69 30 Min, Trauben- zucker 54 Gustav Embden, der Durchströmung eine zum Teil sehr beträchtliche Zunahme des‘ Blutzuckers erfolgte. Be Die betreffenden Versuche gibt Tabelle III wieder. Die Anordnung der letzteren ist dieselbe wie in Tabelle I. Tabelle III. In einem Falle ist zwar keine Zunahme (vielleicht sogar eine kleine Abnahme) des Zuckers eingetreten (Versuch 8). In einem zweiten ist die Zunahme gering (Versuch 10); während. die absolute Zuckerzunahme in den Versuchen 9 und 11 ganz be- trächtlich ist.*) (Siehe auch Tabelle II, Versuch 6.) Die prozentische Zuckerzunahme ist wegen des hohen Anfangs- gehaltes an Zucker naturgemäß geringer als in den früheren Versuchen. Das Aufhören der Zuckerbildung in der durchbluteten Leber nach Verlauf einer Stunde ließ sich also nicht lediglich da- *) Bei der Beurteilung dieser und auch der übrigen Versuche kommt ein weiterer Faktor in Betracht, nämlich der Zuckerverbrauch während der Durchströmung der Leber. Dieser kann, wie Dr. Almagia und ich in einer demnächst erscheinenden Arbeit auf einem anderen Wege, als dem hier beschrittenen, nachweisen, bei hohem Blutzuckergehalt sehr groß sein. durch erklären, daß der näher ins Auge gefaßt. veranlassen. 3 4 5 az ne 2953 3 > 25 = nd} ER 64-7 nz Blutart und sS>3= == Menge Ser S a5 458 A Oarg 8 Rinderblut für den ersten Teil x der Durch- Pr 930, Stdn. HIutung unbe- 14 - 7 = 110Min.| kannt, für den a zweiten etwa 1000 ccm Rinderblut für den ersten Teil der Durch- ir 2Stdn.| blutung 1400 Ei ccm, für den 15. F 30Min. zweiten Teil nicht genau ge- messen (etwa 1000 ccm) c ” SeLZL, nach 45 Minuten und behälter des Apparats, ohne Blut (750 ccm) hinzugefügt lang fortgeführt. | u Über Zuckerbildung bei künstlicher Durchblutung usw. Bildung weiterer Zuckermengen einwirkte. zweite, oben erwähnte Möglichkeit, daß nämlich während der ersten Stunde der Durchblutung ein in der Leber oder im Blut vorhandener Vorrat an zuckerbildender Substanz verbraucht würde, 55 neugebildete Zucker hemmend auf die Es wurde daher die Handelte es sich um eine zuckerbildende Substanz im Blute, so mußte es gelingen, durch Zufuhr von neuem Blute die schein- bar schon erschöpfte Leber zur Produktion von neuem Zucker zu Dies war nun in der Tat möglich. (Tabelle IV, Versuch 12 u. 13.) Tabelle IV. BD Durchblutung mit Blut I | {} 8 9 | Durchblutung mit Blut 11 Zucker in | Zucker in | Zucker in | Zucker in | Zucker in Blut A Blut B Blut C Blut D Blut E Proz. Proz. Proz. Proz. | Proz. 0,051 0,094 0,045 vor Beginn |45 Min. nach entnommen | (0,089 0,103 |des zweiten| Beginn des vor Beginn 'nach 45 Min. nach 75 Min$ Teils der zweiten der Durch- Durch- Teils der blutung blutung Durch- blutung 0,060 a N entnommen ı 0,091 0,094 |vor Beginn |, zinn des vor Beginn nach 1 Stde.|nach I Stde.[des zweiten on der Durch- 10 Min. | 30 Min. Teils der leder ‚blutung Dürch- Durch- blutung ure blutung Versuch 12 wurde in folgender Weise ausgeführt: es wurde zunächst mit einer größeren Blutmenge (Blut IT) wie gewöhnlich durchblutet. Vor der Durchblutung wurde mit diesem Blut_die Zuckerbestimmung A ange- nach 75 Minuten wurden von dem Durch- biv tungsblut die Proben B und C entnommen. Nunmehr wurden die Blut- daß die Durchblutung unterbrochen wurde, möglichst entleert und Apparat und Leber zunächst mit frischem, d.h. noch nicht zur Durchblutung benutzten Blute ausgespült. Spülblutes, das fortgegossen wurde, betrug 650 ccm. Jetzt wurde frisches Die Menge des und die Durchblutung noch eine Stunde Da die Leitungen des Apparates und die Leber etwa 300 cem Blut enthielten, kam bei diesem zweiten Teil der Durchblutung annähernd ein 56 Gustav Embden, Liter Blut zur Verwendung. Die Resultate dieser Versuche ergeben sich aus der Tabelle (Versuch 12 und 13). Man sieht, daß nach 3/ Stunden (Ver- such 12), wo die erste Blutmenge entnommen wurde, der Zuckergehalt des Blutes noch nicht völlig seinen Höhepunkt erreicht hatte. (Kolonne 7, Blutprobe B.) Es ist aber nach den Ergebnissen früher aufgeführter Versuche sicher anzunehmen, daß dies nach °/s stündiger Durchblutung der Fall war. (Kolonne 8, Blutprobe C.) Das Blut, das zur Ausspülung des Apparats und der Leber, sowie zur Durchführung des zweiten Teils des Versuches verwendet wurde, ent- stammte zwar derselben Flasche, wie das für den ersten Teil des Ver- suches benutzte, es konnte sich aber während des Stehens der Zucker- gehalt verändert haben. Deswegen wurde damit bei Beginn des zweiten Teils der Durchblutung noch eine Zuckerbestimmung ausgeführt. Diese (Blut D, Kolonne 9) ergab einen ein wenig höheren Zuckerwert als die Be- stimmung in Blut A. Die am Ende des zweiten Teils der Durchblutung (Blut E, Kolonne 9) untersuchte Blutprobe ergab einen nur wenig niedrigeren Wert, als die am Ende des ersten Teils des Versuchs entnommene. Die schon zum Abschluß gekommene Zuckerbildung hatte also unter dem Einfluß der Zufuhr eines neuen Blutquantums wieder kräftig eingesetzt. Die Wiederholung dieses Versuches stieß anfänglich auf eine völlig unerwartete Schwierigkeit. Zu verschiedenen Malen bildete sich nämlich in der Leber kurze Zeit, nachdem die Durchströmung mit dem zweiten Blutquantum begonnen hatte, ein derartiges Stromhindernis aus, daß auch bei Anwendung sonst nie benutzter Druckhöhen das Blut nur in äußerst langsam einander folgenden Tropfen floß und der Versuch infolgedessen als mißlungen be- trachtet werden mußte. Schließlich kam ich zum Ziel, als ich für den zweiten Teil der Durchblutung anstatt völlig frischen Blutes eine Mischung von viel frischem und wenig schon zur Durchblutung benutztem Blut anwandte. (Versuch 13.) Natürlich wurde zu Beginn des zweiten Teils der Durchblutung eine Zuckerbestimmung mit dieser Mischung angesetzt. (Kolonne 9, Blut D.) Im übrigen wurde dieser Versuch genau so wie Versuch 12 ausgeführt, nur daß die Zeitpunkte für die Entnahme der Blutproben etwas anders gewählt wurden, was im einzelnen aus der Tabelle hervorgeht, Der Versuch lieferte die völlige Bestätigung des früher Be- obachteten. Während des ersten Teils der Durchströmung hatte der Blutzucker nach 70 Minuten einen annähernd konstanten Wert erreicht. (Vergleiche Kolonne 7 und 8.) Die Durchströmung mit der neuen Blutmischung bewirkt neuerlich Zuckerbildung und am Ende des zweiten Teiles der Durchblutung ist derselbe Wert wie am Ende des ersten Teiles erreicht. (Vergl. Kolonne 8 und 10.) Über Zuckerbildung bei künstlicher Durchblutung usw. 57 Unter diesen Umständen liegt die Annahme sehr nahe, daß der bei der Durchblutung der glykogenfreien Leber auftretende Zucker einer im Blute vorhandenen Vorstufe entstammt. Die Tatsache, daß in den beiden eben geschilderten Versuchen nach Durchleitung der zweiten Blutmenge der Zuckergehalt zu den gleichen Werten ansteigt, wie sie am Schlusse des ersten Teils des Versuchs erreicht wurden, spricht sogar dafür, daß aus- schließlich das Blut und nicht die Leber das Material zur Zuckerbildung lieferte. Wenn diese Vorstellung richtig war, so durfte ein Blut, das bei der Durchströmung einer Leber das Maximum des Zucker- gehalts erreicht hatte, nach der Durchströmung einer zweiten Leber keinen weiteren Zuckerzuwachs aufweisen. Die Anordnung dieser Versuche war dementsprechend folgende: | Mit einem größeren Blutquantum wurde glykogenfreie Leber 1 | etwa 1'/;, Stunden lang durchblutet, und das so gewonnene Blut zu eiver '/»- bis °/,stündigen Durchströmung einer glykogenfreien Leber II verwendet. Die Versuche (14 bis 16) sind in Tabelle V mitgeteilt. Tabelle V. I 5 le 7 ls |s J|o| nn Im Durchblutung der Leber I E | Durchblutung der Leber II { Gewicht des Gewicht des nn Zucker | Zucker [Gewicht nr Menge ee Zucker arbeiteten | put A| Blut R| Leber | Durch- iur | arbeiteten | pie C Kontroll- blutung Kontroll- lappens | lappens 40Min. l Stde.| i - 370 \3o1y;, | 1700 96 0,058 | 0,118 130 |45Min.| 1100 15 0,137 In die Kolonne 6 und 7 ist der Zuckergehalt des Blutes zu Beginn und am Schlusse der Durchblutung der ersten Leber eingetragen. Kolonne 12 gibt die Zuckerwerte am Schlusse der zweiten Durchblutung an. 58 Gustav Embden, Über Zuckerbildung usw. Wie man sieht, hat in Versuch 14 der Blutzucker bei der-: zweiten Durchblutung nur um ein sehr Geringes zugenommen, während die Zunahme in Versuch 15 sehr erheblich und in - such 16 immerhin deutlich ist. Während sich also in Versuch 14, ebenso wie in den Ver- suchen 12 und 13 die Zuckerzunahme allein aus einer Zuckervor- stufe im Blute herleiten läßt, weisen die Resultate der Ver- suche 15 und 16 doch darauf hin, daß neben dem Blute auch die Leber als Quelle der Zuckerverinehrung bei der Durchblutung in Betracht kommen kann. So erscheint denn die Zuckerbildung in der glykogenfreien künstlich durchbluteten Leber mit normalem Blut als ein sehr verwickelter Vorgang, der durch die vorstehende Untersuchung keineswegs völlig geklärt ist. Die im vorstehenden gewonnenen Ergebnisse sind im wesent- lichen folgende: 1. Bei der Durchblutung der völlig glykogen- und annähernd zuckerfreien Leber mit normalem Blut tritt eine unter Umständen sehr erhebliche Vermehrung des Blutzuckers ein. 2. Diese Vermehrung des Blutzuckers findet sich auch bei Verwendung von künstlich bezuckertem Blut zur Durchströmung. 3. Die Vermehrung des Blutzuckers ist nach etwas über ein- stündiger Durchblutung abgeschlossen und der Zuckergehalt des Blutes bleibt jetzt annähernd konstant. 4. Führt man zu einer Zeit, wo bei Durchblutung mit einer Blutmenge A die Zuckerbildung schon zum Abschluß gekommen ist, der Leber ein frisches Blutquantum B zu, so steigt hier der Blutzuckergehalt neuerdings an und zwar annähernd bis zu den- selben Werten, die bei der Durchblutung mit dem Blutquantum A erreicht worden waren. 5. Aus diesem Verhalten wird auf das Vorhandensein einer Zuckervorstufe im Blute geschlossen. Doch liefert auch die Leber unter Umständen einen Teil des Materials zur Zuckerbildung. r. Über das Auftreten einer flüchtigen, jodoform- bildenden Substanz bei der Durchblutung der Leber. Von Dr. Marco Almagia und «ustav Embden, Laboratoriumvorstand. Aus dem städtischen Krankenhaus zu Frankfurt a. M. Innere Abteilung, Oberarzt Professor von Noorden. Bei Gelegenheit einer größeren Reihe von Durchblutungsver- suchen, die wir an der Leber anstellten, untersuchten wir unter anderem das zur Durchströmung verwendete Blut auf flüchtige, jodbindende Substanzen. Das Blut (Rinderblut) war nach der von Schenck für die Bestimmung des Zuckers angegebenen Methode mit Salzsäure und Sublimat gefällt und in einem verschlossenen Gefäß aufbewahrt worden. 400 ccm des Filtrates, die etwa 66'/’ cem Blut ent- sprachen, wurden bis annähernd auf die Hälfte ihres Volums ab- destilliert und das Destillat in der Kälte mit viel Natronlauge und einer gemessenen Menge "/ıo-Jodlösung versetzt. Alsbald bildete sich eine gelb gefärbte Trübung und es trat Jodoformgeruch auf, die Trübung ging rasch in den charak- teristischen Jodoformniederschlag über. Wie wir uns nach An- säuern der Flüssigkeit durch Titration mit ?/jo -Thiosulfatlösung überzeugten, waren mehrere ccm der Jodlösung verbraucht worden. Das Destillat der gleichen Menge desselben, vor der Durch- blutung nach Schenck behandelten Blutes lieferte keinen charak- teristischen Jodoformniederschlag, und von der zugefügten Jod- lösung wurde nur ein Bruchteil eines Kubikzentimeters verbraucht. Die Jodoformbildung im Destillat des zur Durchblutung ver- wandten Blutes trat auch ein, als wir ihm statt Jodjodkalium- lösung und Natronlauge ‚alkoholische Jodlösung und Ammoniak hinzufügten. Die Quecksilberoxydprobe fiel ebenfalls positiv aus, während die Legalsche Probe nicht gelang. 60 Marco Almagia und Gustav Embden, Aus der Tatsache, daß die Quecksilberoxydprobe positiv aus- "' fiel, geht hervor, daß die jodoformbildende Substanz nicht Alkohol war. Der positive Ausfall der Gunningschen Jodoformprobe be- weist, daß es sich auch nicht um Aldehyd handelte. Unter diesen Umständen liegt es sehr nahe, die bei der Leberdurchblutung auf- tretende jodoformbildende Substanz als Aceton anzusprechen, wenngleich der endgiltige Beweis für diese Annahme noch nicht erbracht ist. Der negative Ausfall der Legalschen Probe darf — bei deren relativ geringer Empfindlichkeit — nicht verwundern. Wir hatten noch das Durchblutungsblut, von einer größeren Reihe anderer Durchblutungsversuche herstammend — mit Salz- säure und Sublimat versetzt — in verschlossenen Gefäßen aufbe- wahrt. Für einen Teil der Versuche standen uns auch noch ebenso gefällte Proben des entsprechenden Blutes vor der Durch- blutung zur Verfügung. Je 400 cem der Blutfiltrate (entsprechend je 66'’s cem Blut) wurden nun zu einer Bestimmung nach Messinger-Huppert verwendet. In der nebenstehenden Tabelle sind die Resultate dieser Bestimmungen zusammengestellt.*) In der Kolonne 2 findet sich die Angabe, ob die durchblutete Hundeleber glykogenhaltig oder glykogenfrei war. Kolonne 3 weist die Menge des bei der Durchblutung verwendeten Blutes und etwaige zum Blute erfolgte Zusätze nach. In Kolonne 4 und 5 ist die Menge der "/ıo-Jodlösung, die vom Destillate aus 400 ccm Blutfiltrat gebunden wurde, in ccm angegeben. Kolonne 4 bezieht sich auf das Blut vor, Kolonne 5 auf das Blut nach der Durchblutung. Von einer tabellarischen Zusammenstellung der aus den in Kolonne 4 und 5 angegebenen Zahlen berechenbaren Acetonwerte sehen wir ab. Denn einmal ist die Identität der Jodoformbilden- den Substanz mit Aceton nicht endgültig nachgewiesen und ferner ging sicher während der Durchblutung ein Teil derselben durch den kräftigen Luftstrom, der durch das nahezu körper- *) Hier sei hervorgehoben, daß die flüchtige, jodoformbildende Substanz nicht etwa erst bei der Destillation der salzsauren Flüssigkeit durch Ein- wirkung der Säure entstand. Denn die jodoformbildende Substanz trat in annähernd gleicher Menge auf, als wir das nach Schenck gewonnene Extrakt vor der Destillation neutralisierten und schwach mit Essigsäure an- säuerten. Auch bei der direkten Destillation des Durchblutungsblutes mit Wasser und etwas primärem Kaliumphosphat wurden (in zwei Versuchen) die gleichen Resultate erhalten. (Die bei schwach saurer Reaktion erhaltenen Destillate wurden nochmals bei schwefelsaurer Reaktion destilliert und erst diese zweiten Destillate titriert.) Über das Auftreten einer flüchtigen, jodoformbildenden Substanz usw. 61 warme Blut geleitet wurde, verloren. Immerhin wollen wir für einen Versuch, bei dem die Jodoformbildung im Destillate be- sonders reichlich war, die Menge der jodoformbildenden Substanz auf Aceton berechnen. Im Versuch 3, bei dem dem Durchblutungs- blut 7 g Leucin hinzugefügt waren, wurden von dem einer Blut- menge von 66'/; cem entsprechenden Destillate 5 ccm "/ıo Jod- lösung verbraucht; da das gleiche Blut vor der Durchblutung ein Destillat geliefert hatte, das 0,5 cem N/ıo- Jodlösung ver- brauchte, war also eine 4,5 cera "/ıo-Jodlösung entsprechende Menge jodoformbildender Substanz neugebildet worden, d. i. auf Aceton berechnet, für 100 ccm Blut 6,5 mg oder für die gesamte bei 1 | 2 | 3 4 5 | Vom Blutdestillate gebunden Nr. | Glykogenfreie oder | Blutmenge und vor der nach der " glykogenhaltige Leber | Zusatz z. Blute Durchblutung | Durchblutung | cem N/ıo- cem n/10- Jodlösung Jodlösung 1500 cem und k R c ig . me 2. l glykogenhaltig ne len 4 1600 ecem und 2) © rk aa L 0,6 } gly ogenirei Te Alan 4,0 1500 cem und o ei : 0,5 d, 3 glykogenfrei 7 g Leuein 5,0 1600 eem und 4 glykogenhaltig lem Er 3,4 5 | _ giykogenhaltig | Be —— 2,1 = glykogenhaltig es — 1,9 3 ee nezent rei — 1,7 8 glykogenfrei er 0,2 2,1 N: En eeenitrei BD 0,4 2,15 10 glykogenfrei 1700 com 0,25 2,0 9 g Laevulose 62 Marco Almagia und Gustav Embden, Über das Auftreten usw. dem Versuch 3 angewandte Blutmenge 97,5 Milligramm (rund ein Dezigramm). Wie gesagt, handelt es sich hier für den gegebenen Versuch um einen Minimalwert.*) Zu weiteren Schlußfolgerungen berechtigen die vorliegenden Versuche einstweilen nicht.**) *) Die durch Strychninvergiftung der Hunde von Glykogen befreite Leber enthielt ebenso, wie die normale, vor der Durchblutung nur äußerst geringe Mengen flüchtiger, jodbindender Substanz, was wir durch einen besonderen Versuch feststellten. **) Die Frage, ob auch andere Organe bei der Durchblutung eine ähnliche Substanz bilden, sowie weitere Untersuchungen über die in der Leber gebildete Substanz sind in Angriff genommen. I. Fütterungsversuche am pankreaslosen Hunde. Von Dr. &. Embden, Laboratoriumsvorstand und Dr. H. Salomon Sekundärarzt. Aus dem Städtischen Krankenhause zu Frankfurt a. M. Innere Abteilung, Oberarzt Prof. von Noorden. Wir haben kürzlich*) nachgewiesen, daß Alaninfütterung beim ' pankreaslosen Hunde eine Steigerung der Zuckerausfuhr hervor- ruft. Mittlerweile haben wir noch bei der Darreichung anderer Aminosäuren sowie von Milchsäure positive Resultate erhalten, die wir in folgendem kurz mitteilen wollen. Versuche mit Milch- säure lagen besonders nahe, weil aus Alanin, dessen Wirkung bei pankreasdiabetischen Hunden wir in einer früheren Arbeit beschrieben haben, nach Versuchen von Langstein und Neu- berg im Organismus Milchsäure entstehen kann. Die Zufuhr von Natrium lacticum vom Munde aus stieß auf einige Schwierigkeiten, weil die Hunde- oft mit Erbrechen und mit Durchfällen reagierten. Es mußte daher subkutane Dar- reichung zu Hilfe genommen werden. Die folgenden Tabellen geben über unsere Versuche einen Überblick: Tabelle I, Hund 1, Pankreasexstirpation am 12. Juli 1904. Harn- Zucker 2 e Zucker 7 Be- Tag menge in in j Fütterung ing merkungen cem Proz. 14. 7. mittags Sr bis 15.7. „ 470 0,8 3,16 kein Futter ee 15.7. mittags] 196 Be \0g | 100g Pferde- |reichl. Entlee- D1316.7. „ 5: i fleisch rung von Eiter Tamponade mit Jodoformgaze. *) Diese Beiträge 5, 507. 64 (+. Embden und H. Salomon, Harn- Zucker B Tag menge in in ae Fütterung 5 an a ing merkungen 16. 7. mittags 100 g Pferde- Die DI 255 4,2 98 fleisch 30 g Pferde- er Sehr en 17.7. mittags) 9 ’ fleisch er Se an 1,70 | 60 ggek. Rind. | Mt Aeuenn der fleisch nigt wird. 18. 7. mittags 100 g gek. Rind- hisagi7. „ 1.186 3:08 5,67 fleisch 100g gek. Rind- RT fleisch Fa me ? — — 15g Natrium- Ba laktat per Schlundsonde 20.7. mittags 100g gek. Rind- bis21.r. „| 19 R R fleisch 3 1008 gek. Rind-| fleisch 21.7. mittags|1. — 186| 3,7 6,88 7. 95] 138 Natrium- bB227,. „a 50 1,9 0,955 laktat in 100 g Wasser subkutan. 22.7. mittags bis 23.7. „ 140 1,4 1,96 23. 7. mittags 100 9,0 9,0 bis 4.7. , Wie ersichtlich befand sich der Hund in der Zeit vom 15. bis 18. Juli in einer Periode allmählich absinkender Zuckeraus- scheidung; die Zahlen lauten 10, 9, 7,5 g per Tag. Auf die Ein- gießung milchsauren Natrons am 19. antwortete das Tier mit reichlichen Diarrhöen, welche den Versuch hinfällig mächten. Am folgenden Tag trat Zuckerfreiheit ein, zum Teil wohl auch infolge der Diarrhöen und verschlechterter Nahrungsresorption. Unter subkutaner Injektion von 13 g Natriumlactat stieg die Zucker- ausfuhr in diesem Stadium auf 7,83 g, um in den folgenden Tagen auf 2 g abzufallen. Tabelle Il, Hund 2, Dackel, oper. 9. Mai, Heilung per primam. Harn- Zucker- Zucker- menge in [menge in| menge in ccm Proz. Be- F ütterung merkungen Tag 100 g Pferde- 14. 5. mittags fleisch bs 15,5... Bar uae Fütterungsversuche am pankreaslosen Hunde. 65 ee nn Harn- Zucker- | Zucker- Be Tag menge in |mengein| menge in | Fütterung EN cm Proz g wer G E 15. 5. mittags 339 33 10.92 100 8 Pferde- bis 16.5. „ ; fleisch ) i | 00 & Pferde- | 16. 5. mittags 336 Be | bis 17.5. „ | ' Jeisch | E “ 35 g Natriumlaktat wu 1. 448 m. Er- in 150 ccm Wasser| DT en Eich brochenem | 1. 1.65 7 39 er Tg Folgen Er En i rer »einiet | . er 1 ‘ | längere Zeit Er- | „... : (7. 5. mittags| verunreinigt a 1 | ee ZAEHR (nseimen der im - 2, 085 6 Uhr y* =,969 19,84 3 Anschluß an die ZB . >. 255 u ‚9 516] |6 Uhr noch 20 g| „„bkntane Injek- abends | i Re ” Natriumlaktat in |); Li 2 r - | 70 g Wasser | on ent-tanden 3 732 | | subkutan. nk Der Hund zeigte also vom 14. bis 17. 5. eine recht gleichmäßige Zuckerausfuhr, die zwischen 9,7 und 10,9 g schwankte, die Dar- reichung von milchsaurem Natron per os löste Erbrechen aus. Trotzdem war von mittags bis nachmittags 6 Uhr bereits soviel Zucker ausgeschieden, wie sonst in 24 Stunden. Auf weitere sub- kutane Darreichung von 20 g Natriumlaktat wurde von 6 Uhr abends bis Mittag des folgenden Tages nochmals etwa die Menge (rund 9 g) ausgeschieden, die sonst 24 Stunden entsprach. Einige weitere Versuche erstreckten sich auf die Einwirkung von Glykokoll, Asparagin und Harnstoff. Sie sind in folgender Tabelle enthalten. Tabelle III, Hund 3, 2690 & schwer. | Harn- | Zucker- | Zucker- | Ni | Quo- | Tag menge in | menge in menge in = ‚ tient | Fütterung | Bemerkungen Proz. | g wi | D:N | ' 21.4. mittags | | | keine bis 29,4. „ 128 | 2,6 | 5,19 Pen | Nahrung ; | a0 >? > \ ı > ; 22.4. mittags Be 7; 5 keine bis 23,4. „ | 134 | 5,6 | 43 4,221 | 1,75 Nahrung | 23.4. mittags Be... rn keine | Fraglich, ob Urin bis 24,4, „ (75) | a = Nahrung | quantitativ. 24.4. mittags DS - | keine | 58 | 51 | nm Ina | 14 | Nahrung = \ an I rer a ur ee Y5.4. mittags = | ge | keine ae ee bis 9. 4. > 325 | 3,1 10,05 | 4,754 2,1 | Nahrung Gerinefaeices P Erbrechen. ‚26.4. mittags | keine bis 27.4. e 70 | 3,5 2,45 | 16,8 1,4 Nahrung | Beitr. z. chem. Physiologie. VI. on 66 G. Embden und H. Salomon, | Harn- | Zucker- | Zucker- .. | Quo- | Ä a e Tag menge in | menge in menge in tient | Fütterung | Bemerkungen | ccm Proz. g 8 D:N 27. 4. mitlags a : » keine 6. g Glykokoll pe bie28.4,, 1. 9 a 5,26 | 3,09 1.7 | Nahrung | Ser 28. 4. mittags j 100 g Fleisch | bis 29.4. „ 125 5,6 7,0 3,02 2,3 in2 Portionen 29. 4. mittags 3 100 g Fleisch bis 30.4. „ > or a 291 | 16 Im2Portionen 30. 4. mittags 100 g Fleisch bisIr38.% ne u 3 ir _ in2Portionen 1. 5. mittags 100 g Fleisch bis 25.5 65 2,6 1,7 2,04 1,8 in2 Portionen S 325 mOorg. 2. 5. mittags . 100 g Fleisch! 20 g Asparagin bis3’h: 7, RE 2,95 8,48 5,141. 1,6 in2 Portionen "Por 361 total | 3. 5. mittags 70 35 2.48 308 | og |100 8 Fleisch b1s 45.53, z 2 , > ıin2Portionen 4. 5. mittags 100 g Fleisch] 10 & Glykokoll Dis 5, s 9 49 5,805] 1,4 in2Portionen| 2-Portion. per 5. 5. mittags 100 g Fleisch bis6.5.2,, = we =D a 1,0 in 2Portionen 6. 5. mittags BE 100 g Fleisch BISN.B. ; Ei 2,16 x ° IIn2Portionen 7. 5. mittags 100 g Fleisch 158.585, 15 5,4 2,55 Sy - —— [in2Portionen Ss. 5. mittags Z 100 g Fleisch 10 & Harnstof bie en 1,0 2,89 FH “" lin2Portionen, 2-Portion. peı 9. 5. mittags 100 g Fleisch | bis 10.5. „ 18 2,8 2,04 na in2Portionen 10. 5. mittags 4 100 g Fleisch bis-11,5,% 70 3,7 2,59 gar: Portionen Im Anschluß an die Operation erhielt der Hund anfangs keine Nahrung und schied während dieser Zeit nur kleine Mengen Zucker aus. Beide Male, am 25. 4. wie am 27. 4. rief intrastomachale Darreichung von Glykokoll erhebliche Steigerung der Diurese und Vom 29. 4. an wurden täglich 100 g Pferde- fleisch verfüttert. Der Hund schied bei dieser Nahrung nach an- fänglichem Anstieg meist 2 bis 3 g Zucker pro Tag aus. Auch während dieser Periode bewirkte Glykokollfütterung (4. 5.) ein deutliches Ansteigen der Harnzuckermenge. Glykosurie hervor. Fütterungsversuche am pankreaslosen Hunde. 67 Daß die Zunahme der Zuckerausfuhr nicht etwa bloß durch die gleichzeitig eingetretene Diurese hervorgerufen wurde, geht außer aus anderen Erwägungen auch aus dem weiter unten zu besprechenden Versuche mit Harnstoff hervor. Die Stickstoffausfuhr nimmt unter der Glykokolldarreichung natürlich zu, ungefähr entsprechend dem Stickstoffgehalt des Glykokolls. Eine weniger intensive, aber doch deutliche Wirkung hatte die Verabreichung von Asparagin, wie aus dem Versuche vom 4. 5. zu ersehen ist. Es ist diese Wirkung des Asparagins schon von Nebelthau*), beobachtet worden. Besonderes Interesse in verschiedener Hinsicht bietet der am 8. 5. angestellte Versuch mit Harnstoff. Derselbe ließ keiner- lei Einwirkung auf die Zuckerausscheidung erkennen, obwohl die Diurese von 75 auf 285 in die Höhe ging. Zusammenfassend müssen wir nach unseren Versuchen der Milchsäure, dem Glykokoll sowie dem Asparagin die Eigenschaft zuerkennen, beim pankreaslosen Tiere die Zuckerausfuhr zu steigern. *) E. Nebelthau, Experimenteller Beitrag zur Lehre von der Zucker- bildung im diabetischen Organismus. Münchener mediz. Wochenschr. 1902, 917. 5* Y3R, Fermentwirkung und Fermentverlust. Von H. Reichel und K. Spiro. Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg. Wenn man sich daran gewöhnt hat, die Fermente als kata- lytische Substanzen anzusehen, so liegt dem die Erfahrung zu Grunde, daß die zur Wirkung nötigen Mengen außerordentlich ge- ring sind; denn je mehr man gelernt hat, die Fermente zu reinigen, um so mehr wurde klar, daß sie sich bereits in minimalen Quantıi- täten als wirksam erweisen. Als der Begriff der Fermente sich in der Physiologie einbürgerte, suchte man zu zeigen, daß von dem Ferment bei der Wirkung nichts verloren geht. So wollte schon vor mehr als 50 Jahren J. Vogel*) dies durch Reindarstellung des Pepsins erreichen. Glücklicher war Brücke”), der zeigen konnte, daß eine kleine Menge Pepsins immer erneute Mengen angesäuerten Fibrins verdauen kann. Aber auch damit ist nicht nachgewiesen, daß kein Verlust von Ferment bei der Wirkung stattfindet. Und doch hat es G. Hüfner*“*) in seinem bekannten Vortrage über Fermente als Postulat aufgestellt, daß sie „während und infolge ihre Tätigkeit keinerlei substantielle Veränderungen erleiden, vielmehr ins Unbegrenzte leistungsfähig bleiben“. Seither hat man sich meist damit begnügt, die Annahme des Nichtver- brauches aus der Ähnlichkeit der Fermentwirkung mit derjenigen anorganischer, echter Katalysatoren abzuleiten. Da nun beim Labferment, wie durch zahlreiche Untersuchungen — am schärfsten neuerdings durch die schöne Arbeit von E. Fuldr) — *) Berzelius’ Jahresbericht 23, 606. **, Wiener Sitzungsberichte 23, 601. ***) Betrachtungen über die Wirkungsweise der ungeformten Fermente als Einleitung in die Lehre von der Verdauung. Leipzig 1872. +) Diese Beiträge 2, 169. Vergl. auch Ergebnisse der Physiologie 1, 468. Fermentwirkung und Fermentverlust. 69 gezeigt wurde, die Menge des Fermentes leicht aus der Gerinnungs- zeit der Milch erschlossen werden kann, so wählten wir den Vor- gang der Käsebildung, um in Hinblick auf die Bedeutung dieser Frage für die Fermentlehre Versuche darüber anzustellen, ob während und infolge der Leistung eines Fermentes eine Ab- schwächung seiner Wirksamkeit eintritt oder nicht. Bezüglich der Methodik schlossen wir uns eng an Fuld an, der auch die Literatur sehr sorgfältig zusammengestellt hat. Das Zeitgesetz der Labwirkung besagt, daß zwischen der Zeit- dauer bis zum Eintritt des Käseausfalles und der angewandten Fermentmenge einfache umgekehrte Proportionalität besteht. Freilich stimmen die Angaben der Autoren bezüglicb des Ein- flusses des Volumens, in welchem der Vorgang stattfindet, nicht überein, sodaß die Frage als offenstehend angesehen werden mußte, ob es die Menge oder die Konzentration an Lab war, die wir als ‚ausschlaggebend zu betrachten hatten, ebenso wie die Frage nach dem Einfluß des Verdünnungszustandes der Milch. Diese Unklarheiten waren jedoch zu umgehen, wenn sowohl das Reaktionsvolumen als auch das Verhältnis der Milchmenge zu diesem in allen Versuchen konstant gehalten wurde. Unter diesen Umständen mußte der Einfluß der Konzentrationen demjenigen der Mengen gleichkommen. Konnte also dann eine strenge Gültig- keit des Zeitgesetzes angenommen werden, so war, wenn keine Abnahme an Ferment stattfand, zu erwarten, daß die von einer gelabten Milchprobe abfiltrierte Flüssigkeit soviel Lab enthielt als der zu berechnenden Verdünnung entsprach, daß somit dieses Filtrat in einem neuen Versuche als Lablösung angewendet eine dementsprechend verlängerte Labungsdauer zeigte. So mußte z. B., wenn das Volumen einer binnen 10 Sekunden geronnenen Probe 5 cem betrug, eine neue mit 1 ccm des Filtrates ange- stellte Probe eine fünfmal so lange Labungsdauer — also 50 Se- kunden — beanspruchen. Wenn hingegen die Wirksamkeit des Fermentes während seiner Wirkung irgendwie gelitten hatte, so mußte die Labungsdauer des zweiten Versuches entsprechend länger ausfallen und aus der Differenz der berechneten und ge- fundenen Dauer mußte sodann ein Schluß auf den Grad der Schädigung oder des Verlustes zu ziehen sein. Der übersichtlichste Ausdruck der Tatsachen mußte der mathematische, besonders der graphische, sein. Die Gleichung e 70 H. Reichel und K. Spiro, des Zeitgesetzes lautet, wenn man die Volumverhältnisse als. konstant betrachten darf: T- — |Labungsaauer = € L wobei es zunächst gleichgültig ist, ob man für das Lab die Menge oder die Konzentration in Rechnung setzt; doch sei der Einheit- lichkeit wegen hier immer die letztere — Le — betrachtet. Die Konstanz des Produktes Le. T würde sich graphisch als eine Hyperbel mit rechtwinkligen Asymptoten darstellen, doch ist der größeren Übersichtlichkeit halber die Betrachtung der identischen Konstanz des Verhältnisses Le:-7 vorzuziehen, deren graphischer Ausdruck eine gerade Linie sein muß. -7 ist sodann ein Faktor der mittleren Labungsgeschwindigkeit und darf hier wegen der Konstanz aller übrigen etwa in Betracht kommenden Faktoren als ein direktes Maß derselben betrachtet werden. Eine Änderung in der Wirksamkeit des Fermentes müßte sich also durch eine Inkonstanz jenes Verhältnisses und graphisch durch Abweichungen von der geraden Linie bemerkbar machen, wenn als Koordinaten der Kurven die berechneten Labkonzentrationen und die reziproken be- obachteten Zeiten gewählt werden. Das Resultat unserer ersten Versuche entsprach diesen ein- fachen Voraussetzungen nicht. Wie die tabellarisch gegebenen Reihen (I, II, III und IV) und die wiedergegebenen entsprechenden Tabelle], Versuch 1. De en Sek. | Labk Geschwindig- | Konstante des > | = | Beobachtete ur keitsfaktor Zeitgesetzes N.|S|ie|sS|g$ 7 | tration = Le Er _ Te T Is 8/2 Zet—=T | /T — Le. Tg = = | 7 |direkt|Filtrat, direkt | Filtrat , direkt | Filtrat | direkt | Filtrat 1a|5 [02 |—|13 | 136 — :| 0,0808 | — ::|0,00735 | . — | 2,1807 Te 1b| 5 Ber 564 OT — .-[0,00177| -- | 34 2a| 5 |0,25| — | 1,25) 105 ONE = ON 4,03 | — ob | 5. ae 223,,.48500878 1. „er 90 — 40 32/15/05 |-1|110| = B7E | Pina Sr 3,84 ——— 315.1 — 1151 172 Fans E21 0.07787.1 2 00 — | 4,8427 4415 10 |—[|05 | 38 — 0 — [0,0963 “ a een 129 — [0,0354 — [/0,00769| — | 4,5668 5a| 5-11,5. || — 1 05 = 0930 — 10,04 En 5,75 —— 5b|5 I -—- 1115| — | — | 985 Be 0,0529 ED 0,0106 HR 4,946 Fermentwirkung und Fermentverlust. 71 Kurven (II und IV) zeigen, ergaben sich zwischen den Konstanz- zahlen zweier mit einander in der dargelegten Weise korrespon- dierender Versuche (a und b) zwar nicht unerhebliche Differenzen, doch liegt die Abweichung im Anfangsteil der Reihen nach der einen, im Endteil nach der anderen Richtung. Im allgemeinen Verlauf der Kurven steigt die Konstanzzahl Le: mit steigender Labkonzentration zunächst an, sinkt dann wieder ab. Auch sind die Werte von Versuchen mit ähnlicher Konzentration einander sehr ähnlich, gleichviel ob es sich dabei um direkten Zusatz von Lab- lösung oder um Anwendung der Filtrate handelt, woraus schon geschlossen werden kann, daß eine Abschwächung, wenn sie über- haupt stattfindet, niclıt sehr hohe Werte annehmen dürfte. Eine Erklärung dieser Abweichung von der strengen Gültigkeit des einfachen Zeitgesetzes lag jedoch nicht im Rahmen dieser Unter- suchungen. Es ging aber daraus hervor, daß es innerhalb der angewandten Methodik nicht als zulässig betrachtet werden darf, weit auseinanderliegende Teile der Zeitkurve zu vergleichen. Tabelle Il. Versuch 2. en Sek. Geschwindig- | Konstante des | » | » | Beobachtete EN keitsfaktor Zeitgesetzes = 8 | 8 : tration — Lc : Nr. = 24 Zeit=T =!/T = Lc.T = = | 2 direkt|Filtrat| direkt | Filtrat | direkt | Filtrat | direkt |Filtrat 2205.02 | —ı|1,3 | 116 — | 0,03077 — 0,00862 ni 3,97 BC 1b105| — 115] — a 920 2 0,0071 ze 0,001086| — 6,533 223\0,5/0,3 !—|12 | 82 — 1!0,04615| . — -.. | 0,0122 — 3,784 — 251051 = 1151 — | — 565 — 0,01065 | — _ |0,00177 =2100037 33 | 0,51 0,4 |— |1,1 | 57,5 — [0,06154 — 0,01739 2 3,54 aan 36105) — 115] — | -— 400 — 0,01416 | — 0,0025 — | 5,663 4810505 1—|10 | 51 — 0,0768 — 0,0161! — 3,917 — 4505| — 115 — | — 290 — 0,01767 | — |0,008448| — | 5,124 54 | 0,51 0,6 I— [0,9 | 43 — 10,0921 = 00232817 — 8,961 — 5605| — 151 — | — 240 — 0,0212 — 10,004167) — | 5,088 64 | 0,51 0,7 |— |0,8 | 38 — 0,1077 = 0,0263 - 4,094 — 6605| — 1151 — | — 185 — 0,0248 — 1/0,005405| -- | 4,588 Genauere Resultate waren zu erwarten aus dem Vergleiche von zwei einander bezüglich der berechneten Labkonzentration der einzelnen Proben genau entsprechenden Versuchsreihen, die sich bloß dadurch unterschieden, daß diese Konzentration das eine Mal durch Anwendung von Filtrat anderer Proben, das andere Mal durch direkte Verdünnung der angewandten Labessenz ange- 72 strebt wurde. entscheiden. nur zwischen zwei stimmenden Kurvenpunkten, eventuellen Abweichungen vom Zeitgesetz unabhängig gestaltet. Tabelle IIE Versuch 3. sodaß das H. Reichel und K. Spirö, Eine konstante Abweichung zweier derartigen | Kurven mußte über Eintritt und Grad einer eventl. Schwächung Bei dieser Anordnung erfolgt ein Vergleich immer bezüglich der Labkonzentration überein- Ergebnis sich von 2a bb 2 TEN 8°.:.12,8 3 |. | 8 | 5 | Beobachtete | Labkonzen- s4er848 Zet=T 4 = = S 2 tration = Le = | direkt Filtrat ccm | eem | cem | cem 2%: = ? _direkt Filtrat »,010.2| — | 13| 116 — 10,03077 — a a re Rey 50108: 1:01 82] ae reed 5.0 Be Tone 01 ae era 5,01 0,5| — I. 1,0| - 5l — 1|0,0768 — 5,01 — | 15 | — — 290 — 0,01767 50.06.14. 09 a 00a I a Rn nl Re er 5,01 — | 15 | — = 185 — 0,0248 Fie.-1., MWerspeh '2: Beine ERNEEREDERTRREFANEN RER 4 - RIREERPTFED -ojeaae an en EEE =. TolEilhs 5 alt a a I RE TEE RER E& BRIEBEREFM 0 0,05 Labkonzentration: x Filtrat Versuche 14. 47741 Geschwindig- keitsfaktor Lfgi direkt | Filtrat 0,00855 0,01124 0,0174 0,0202 0,022 0,00105 0,00172 0,0043] 0,00465 0,0263 er 0,0057 : 0,00269 |. 2» | 2 Konstante des Zeitgesetzes — bet i direkt | Filtrat 3,599 | — 1.6.7 4,108.) — 6,21 3,54 u = 5,266 3,802| — 4 — 1 41 4,145 1. = 4,557 4,094 |. — 0,10 e direkte Versuche Fermentwirkung und Fermentverlust. 73 Eine der Richtung nach konstante Differenz zwischen den Werten derart korrelater Reihen ließ sich denn auch tatsächlich feststellen. Die Konstanzzahlen in den Tabellen der Versuchs- reihen V (siehe auch die entsprechende Kurve) und VI zeigen für die mit Filtraten angestellten Proben durchgehend höhere Werte als für die durch einfache Verdünnung gewonnenen. Die Größe der Abweichung (Kol. 11) ist dagegen nicht sehr konstant, sie schwankt innerhalb gewisser Grenzen, scheint aber bei höherer Labkon- zentration im allgemeinen auch etwas höhere Werte anzunehmen. Dieses Resultat besagt im Sinne der obigen Darlegung, daß während des Labungsvorganges tatsächlich eine Abschwächung der Labwirkung stattfindet und zwar in schwankendem, vielleicht mit der Labkonzentration steigendem Maße. Die Bezeichnung dieser Abschwächung als „Verbrauch“ oder „Verlust“ oder „Schädigung“ ist aber unberechtigt, wenn damit eine Vorstellung Tabelle IV. Versuch 4. 317215 Baar are I ES 12-18 Ala|s|, tration = Le urn = 1er "| |direkt Filtrat 1 cem | cem | cem | eem | ) direkt | Filtrat | direkt | Filtrat | direkt |Filtrat — [/1,45| 294 — 10,00752 -- 0,003402| — 2,213 | — 15 — — 2570 — 10,001775| —. 0,000389 — 4,561 as) 200. \ — 10.0108 = MO er DB 151 — — 1513 — 0,002492| — 0,0006612 — 3,77 — /1,40| 165 — [9,0154 - 0,00606 — 2,54 — 15 | — — 985 — 0,00355 —— 0,001015 —_ 3,496 — |1,36) 122 — 10,0216 — 0,008195 — 2,656 | — 15 | — — 660 — 0.0498 — 0,001514 — 3,286 — /1,30| 72 — 1 0,03077 — 0,01389 — 2215 | — 15 | — | — 880 — 0,0071 — 0,00302 — 2,348 — !1,0 33 — 0,0768 — 0,0333 _ 2,534 — 15| — — 135 — 0.01767 =. 0,00724 — 2,385 — 10,5 | 22,5 — 0,154 — 0,0446 —_ 3,466 | — 151 — — 70 =— 0,03542 == 0,01429 — 2,479 — [0,4 22 — 10,169 — 0,04546 —_ 3,718 | — 15| — -— 63,5 — 0,039 == 0,01575 _ 2,477 0338051. — 02 ED DIBRBL N. 4.101). — 15 | — — 59 = 0,04615 — 0,01694 — 2,986 so hl — [0216 — [0,05406 | — augBr 15| — — 56 —_ 0,04985 = 0,01785 — 2,791 — | — | 17% — 10,23 — 0,05633 — 4,083 | — 15| — — 50 — 0,0529 — 0,02 == 2,645 H. Reichel und K. Spirv, 74 5 6 DIT ICH ET 10 LO Lab 100 Proz. Wasser Milch - {9} 6 4 ccm Milch gerinnen 1 ccm der . aus 2—4 gewonnenen Molke in “ (Filtrat) Lablösung 2% Proz wie 2, mit Wasser wie in“ (Verdünnung) 4 Tabelle V. Versuch 5. 7 Lab- konzentration — Le (berechnet) Geschwindigkeits- faktor = !/T Ver- Filtrat | dünnung 0,0037 0,004465 0,00825 | 0,0104 0,01375 | 0,0171 0,01925 | 0,025 0,0256 | 0,03085 0,03175 | 0,04 0,0764 | 0,0465 0,04125 | 0,0540 0,04545 | 0,0606 0,05 0,069 9 10 Konstante des Zeitgesetzes bel Ver- Filtrat | dünnung 1,08 | 0,896 0,9681 0,768 0,876 0,702 0,832 0,64 0,78 0,65 0,756 0,60 0,77 0,602 0,7761 0,592 0,792 0,594 0,8 0,58 11 Verlust im Filtrat in Proz. 17,06 20,66 21,78 23,07 16,67 20,64 21,82 25,70 25,00 27,49 Fermentwirkung und Fermentverlust. 75 Fig. I. Versuch 4. IE 0,06 1 005 0,04 ans a ES Be Tann an AVLLDIWALUM 0 0,05 0,10 0,15 Labkonzentration: x Filtrat Versuche « direkte Versuche oO (>) oO oO D oa über die Art und Weise ihres Zustandekommens ausgedrückt werden soll. Denn solange man keine andere Methode zur quantitativen Bestimmung der Fermente hat als den Grad ihrer Wirksamkeit, läßt sich nicht entscheiden, ob es sich um Abnahme einer Menge oder eine Beeinträchtigung ihrer Wirkungsintensität handelt“) Unabhängig hiervon darf aber die Frage behandelt werden, ob jene Schwächung mit der spezifischen Wirkung des Labs selbst verknüpft oder davon unabhängig ist. Nur der erstere Fall würde der Vorstellung widersprechen, die das Ferment als echten Katalysator betrachtet, denn diese verlangt nicht mehr, als daß dasselbe nicht durch seine Wirksamkeit geschwächt werde und schließt eine andersartige Beeinträchtigung während derselben somit keineswegs aus. Eine solche wäre in unserem Falle auf mehrfache Weise denkbar: erstens müßte eine scheinbare Abschwächung durch etwa eintretende Ad- oder Absorption des Fermentes von seiten des ausfallenden Käses zustande kommen; *) Ein Ferment kann, wenn man an seiner chemischen Natur festhält, an sich kaum eine ungleiche Intensität haben, wohl aber kann diese durch äußere Bedingungen beeinträchtigt werden. Faßt man die Fermentwirkung nur als physikalischen, z. B. durch die Colloidnatur bedingten Vorgang auf, so ist eine Intensitätsverminderung allerdings denkbar. Tapelle VL Versuch 6. ea a - 6 | 7 RE KR: Se NAERT 4 cem Milch gerinnen | | S durch a FE, VE i 8 5 IE | nom der | Sn Proa | Konzentration | Feschwindigkeis | au, Zeitgesetzes | Verlust im ER enkanen en Dia | re in Proz. 4 = a 2 a Be En FT | ® BE a ae 0 BE inet Filtret | dünnung | Filtrat | dünnung E 1101109 140 301 390 (2) 0,004 0,0033 \ 0,009575 | 1,204 | 1,56 A E 2|02 |o8 | 40 126 115 0,008 0,0079 | 0,00875 | 1,008 | 0,92 9,76 j: 31038 |07 |40 a 0,012 0,01197 | 0,01429 | 1,002 |. 0,84 18,07 ao. a ur eh: 0,016 | 0,0167 | 0,02000 | 0,96 0,80 16,67 s|\05 |o5 | 40 45 38 0,02 0,0222 | 0,08631 | 0,90 0,76 15,55 los loa la0 | 875 98 0,024 0,0267 | 0,08575 | 0,90 0,672 (5,99) 7107 \03 |40 39 96 0,028 0,03125 | 0,03846 | 0,896 | 0,7981 18,73 s'os |o2 | 40 96,5 a 0,032 0,03775 | 0,04762 | 0,848 | 0,672 20,75 9!09 Io, | 40 29,5 18 0,036 0,0425 | 0,05555 | 0,81 0,648 20,0 „. nlı0 40 91 17 0,04 0,0475 | 0,05883 | 0,84 068 19,05 = | | | Fermentwirkung und Fermentverlust. 77 zweitens wäre an einen schädigenden Einfluß der Molke auf das Lab zu denken, da in den Vergleichsversuchen die Labessenz mit Wasser verdünnt wurde, oder auch an einen solchen der beim Anstellen der Proben unvermeidlichen Manipulationen, wie des Schüttelns und Filtrierens. Fig. II. Versuch 5. 0,05 Geschwindigkeitsfaktor Bere ee | Ar Zur RBRaaH UIDFBEBEDRRNER u Berger: | (03 0,01 0,02 0,03 0,04 Labkonzentration! x Filtrat Versuche e direkte Versuche Die Entscheidung, ob der Einfluß des Labungsvorgangs als wesentlich oder als nebensächlich zu betrachten sei, war von Ver- suchen zu erwarten, welche in zwei vergleichsweise angestellten Reihen alle Bedingungen möglichst gleichartig gestalteten und nur in der einen Reihe den Labungsvorgang selbst ausschalteten. Zu diesem Zwecke wurde eine Anzahl gleichartiger Milchproben mit gleichen, im Verhältnis zu den sonst angewandten sehr geringen Lab- mengen versetzt. Die Labung trat. bei allen Proben in 735“ bis 7’ 40" ein. Damit waren gleiche Parakaseinmengen gewonnen, die ebenso wie die darüber stehende Molke für die in Betracht kommenden Verhältnisse als labfrei anzusehen waren. Die Berechtigung dieser Vernachlässigung wurde übrigens durch einen Versuch kontrolliert, in welchem die Molke einer derartigen Probe eine neue entsprechende Milchmenge selbst in 24 Stunden noch nicht zum Gerinnen brachte. H. Reichel und K. Spiro, 78 Nr. [8e) Lab 100 Proz. Wasser Milch n 6 Tabelle Vi. ——— 7 4 ccm Milch gerinnen durch Lablösung 20 Proz. wie 8, mit Wasser wie 3,.m# (Ver- dünnung) (( (0,0) Labkonzentration Le berech- net) a eeLeeee———_ ss, ee 1 am - POL EEE FOOT ED 0,1 0,5 0,9 4,0 4,0 4,0 4,0 4,0 4,0 4,0 4,0 4,0 1cemMolke von 4 ccm i cem der | gelabter aus 2—4 |Milch, die gewonne- |mit Labund nen Molke | Wasser wie an 2 und 3 versetzt er se et schüttelt dFiltr 2 war, in“ 295 275 129 130 78 tel) 55,5 51,3 42 42,5 — 3) 30 29,5 26,5 26,5 24 24 273 0,004 0,008 0,012 0,016 0,020 0,024 0,028 0,032 0,036 Versuch 7. Ve NE eh EC 1a 18 14 15 16 Geschwindigkeits- Konstante des Zeit- | Verlust in Proz. taktor — fr gesetzes = LeT im Eiktat | Ton - lang: Flteah | ern | annmnng) let ee 0,00339 '0,003637!0,003663 1,188 | 50 1,092 7,45 0,72 | 0,00775 |0,007693|/0,00926 | 1,032. | 1,04 0,864 16,39 17,12 0,01282 0,0125 0,01538 | 0,936 '' 0,96 0,7800 | 16,67 18,94 0,01802 10,01739 0,02198 0,888 0,92 0,7380 | 19,89 20,88 0,02381 |0,02353 '0,02985 | 0,84 | 0,85 | 0,67 22,06 | 21,19 — 0,02857 10,03774 — 0,821 0,6359 — 24,47 0,0333 [0,0339 /0,04545 | 0,84 | 0,8241 | 0,616 | 26,67 | 25,43 0,03774 0,03774 0,05129 | 0,867. | 0,8476 | 0,6238 | 26,32 26,32 0,04167 ‚0,04167 ı0,05883 | 0,864 | 0,864 0,612: 29,18 Fermentwirkung und Fermentverlust. 79 Diese gelabten, aber labfreien Proben wurden nun mit steigenden Mengen der Labessenz versetzt und durchgeschüttelt, während parallel eine Wiederholung der früheren Versuche mit genau korrespondierenden Labkonzentrationen angestellt wurde, sodaß sich die beiden Reihen in nichts anderem unterschieden, als daß das Ferment in der einen seine spezifische Arbeit noch zu leisten hatte, in der andern nicht mehr. Das Ergebnis dieser Versuche (Tabelle VII, VIII, Fig. IV) war durchaus klar und zufriedenstellend. Die Gerinnungszeit, welche bei Zusatz der Molke je zweier verglichenen Proben in neuer Milch beobachtet wurde, war in weitgehender Annäherung identisch (Tabelle VII, VIII, Kolonne 5 und 6), somit auch die Konstante derselben (Kolonne 12 und 13) und der in beiden Fällen gegenüber der einfachen Verdünnung eingetretene Verlust (Kolonne 15 und 16). Die Abweichungen der beobachteten Zeit- werte überschreiten, abgesehen vom schwächst- konzentrierten Werte, der die meiste Unsicherheit mit sich bringt, nicht 3,5 Proz.; und da solch geringe Schwankungen nach beiden Seiten hin vor- kommen, darf man dieselben als innerhalb der Fehlergrenzen _ liegend betrachten. Die Zahl gibt somit gleichzeitig ein Maß für die Genauigkeit der Methode. Die Resultate der gleichartigen Versuchsgruppen VII und VII befinden sich in dieser Hinsicht in völliger Übereinstimmung. Diese Gruppen enthalten aber auch gleichzeitig Wieder- holungen der Versuchsreihen V und VI, welche ihrerseits dieselbe konstante Abweichung wie jene, aber fast ohne unregelmäßige Schwankungen der Größe derselben, sowie in Reihe VII, Kolonne 15 und 16 unverkennbar . eine Zunahme der verhältnis- mäßigen. „Schwächung“ mit steigender‘ Labkonzentration auf- weisen. Gesteigerte technische Übung dürfte die Ursache dieser besseren Ergebnisse sein, welche die Abhängigkeit der Schädigung des Fermentes von seiner Konzentration mit Sicherheit anzunehmen gestatten. Die Verlustzahlen der Reihen VIII, Kolonne 15 und 16 sind sämtlich wesentlich höher als bei VII, was jedoch auf einen Versuchsfehler zurückzuführen ist, der durch Heranziehung neuer, chloroformreicherer Milch während des Versuches begangen wurde. Die Zahlen dieser Reihen sind daher bloß untereinander, nicht aber mit denen anderer Versuche zu vergleichen und dürfen zwar zur Beurteilung der Gleichmäßigkeit des Verlustes mit oder ohne Arbeitsleistung, nicht aber als Maßstab der tatsächlich eintretenden Abschwächung herangezogen werden. Die Betrachtung der aufeinanderfolgenden Werte der Konstanz- zahlen, eindringlicher noch ein Blick auf die diese Verhältnisse illustrierenden Kurven, lehrt aber ferner noch die beachtenswerte H. Reichel und K. Sniro, 80 Tabeile FIT Versuch 8. 119218 ..4 a 7 Et er: 12 13 14 et: 4 ccm Milch gerinnen durch | & S I cem Molke E | ar n 4 cem er + = © = | 1 cem der gelabter ‚Lablösung | 23 Geschwindigkeits- Konstante des Zeit- Verlust in Proz. an a = T % B . NE = NL izuah as RE = faktor = !/T gesetzes — Lc.T ım E “ [nen Molke Wasser wie ern wie S 2 in 2 und 3 iz = - versetzt I Be, aid ütte . # = 0.6 | Bohlittel: y üttel- 5 ll üttel- cem | cem | eem (AANERE) en in“ NunaRe) ann Filtrat us Filtrat a ae Filtrat une II DRPOLT AI = 345 0,004 | — — |0,002898| —- = 1,380 a2 en 2) 0,2 0,8: 4,0. 201 230 113 0,008 |0,003984 0,004 0,008849 2,008 2,000 0,904 (51,98) (54,79) 8) 0,8: 0,7| 40|- 11% 118 69 | 0,012 0,008547'0,008474/0,0145 1,404 1,417 0,828 41,04 41,54 4 | 0,4| 0,6| 4,0 86,25 87 47 ' 0,016 0,0116 0,01149 |0,02127 | 1,38 1,392 0,752 | 44,24 46,09 5 :0,5| 0,5 | 4,0 — 63 36 | 0,02 — 10,01588 |0,02781 _ 1,26 0,72 N 42,85 6 | 0,6 | 0,4 | 4,0 52 52 30 | 0,024 |0,01923 |0,01923 |0,0333 1,248 1,248 Dr A 42,31 7 1.0,7:. 0,8| 4,0 44 44 24,5 | 0,028 \0,02973 |0,02273 \0,04082 | 1,232 1,232 0,686 44,32 44,32 8 | 0,8| 0,2| 4,0 BY 36 20 0,032 \0,02703 10,02777 |0,05 1,184 1,152 0,64 45,95 44,45 9.1.09) 0,1 | 4,0 31 Sl 18,5 0,036 \0,03225 |0,03225 !0,05405 | 1,116 1,116 0,666 40,32 40,32 Fermentwirkung und Fermentverlust. 81 Tatsache, daß für etwa die erste Hälfte der hier in Anweudung gebrachten Labkonzentrationen (0,004 bis 0,02) die Zahl LeT nicht konstant ist, aber auch keineswegs unregelmäßig schwankt, sondern sich allem Anschein nach mit voller Gesetzmäßigkeit derjenigen Zahl nähert, die dann etwa von der Labkonzentration 0,024 an einen konstanten Wert behält. Dieselbe Erscheinung läßt sich auch an den Versuchen V und VI und in etwas gröberer Annäherung auch bei II und III verfolgen. Die Konstante der niedrig konzentrierten Proben ist höher, d. h. die Labungsdauer ist größer als dem Zeitgesetz entspricht und zwar in stetiger, also offenbar gesetzmäßiger Weise. Fig. IV. Versuch 7. Geschwindigkeitsfaktor PR - = | ag Senea Pr SREJASErRE 0 3 0,01 0,02 0,03 0,04 Labkonzentration: e direkte Versuche X Filtrat-Versuche o Schüttel-Versuche Das wichtigste Resultat dieser Untersuchungsreihen ist jedoch die quantitativ genaue Übereinstimmung der Abschwächung der Fermentwirksamkeit, unabhängig davon, ob das Ferment dabei seine Arbeit leistet oder nicht. Daraus geht unzweifelhaft hervor, daß diese Leistung selbst die Wirksamkeit des Fermentes nicht in einem durch die angewandte Methodik nachweisbaren Maße beeinträchtigt. So weit diese zu einem Urteil berechtigt, erscheint Beitr. z. chem. Physiologie. VI, 6 89 H. Reichel und K. Spiro, damit die Annahme einer Abnahme der Wirksamkeit durch die Wirkung ausreichend widerlegt. Die Auffassung des Labfermentes als eines echten Katalysators erhält damit eine neue Stütze und die Gültigkeit des hier für das eine Ferment nachgewiesenen auch für andere darf wohl als wahrscheinlich betrachtet werden. Nachdem somit die Hauptfrage nach der Schwächung des Fermentes durch seine Leistung eine verneinende Antwort ge- funden hat, tritt die andere ebenfalls keineswegs interesselose in den Vordergrund, wie der tatsächlich bei der Labung ein- tretende Wirksamkeitsverlust erklärt werden kann. Die mit der Labkonzentration aufsteigende Reihe der Verlustzahlen, wie sie am deutlichsten aus Tabelle VII zu entnehmen ist, spricht für eine Absorption des Fermentes durch den Käse nach einem konstanten Teilungsfaktor.*) In unserem Falle ließ sich die Ermittelung eines eventuellen konstanten Teilungsfaktors aus der Verlustreihe VIE hoffen, durch Anwendung der Gleichung V=K.R*, worin V die verlorene, R die wiedergefundene Labmenge bedeutet. Da die bekannte angewandte Labmenge L die Summe dieser beiden Glieder ist (L=R-+YV), so sind diese leicht zu ermitteln. Die Tabelle IX gibt die Werte für die Verlustreihe in Tabelle VII, Kolonne 16, die sich relativ durch besondere Stetigkeit auszeichnet. Sieht man wieder von dem ersten, unregelmäßigen Werte ab, so erhält man 8 brauchbare Wertpaare V und R für die obige Gleichung. *) Vor einiger Zeit hat Arrhenius (Zeitschr. f. physik. Chemie 46, 415) die Versuchsergebnisse von Eisenberg und Volk (Zeitschr. f£, Hygiene 40, 155; vergl. ebenda Joos 36, 422, 40, 203) bezüglich der Abschwächung von Agglutininserum bei der agglutinierenden Wirkung rechnerisch behandelt und gezeigt, daß sie sich mit einiger UÜberein- stimmung aus der Annahme einer Verteilung des Agglutinins zwischen Bakterienkörper und Flüssigkeit nach dem konstanten Verteilungsfaktor ?/; ableiten lassen. Die Gleichung, welche diese Tatsache ausdrückt, lautet: C=B.K”%, worin © die scheinbar verlorene, B die in der Flüssigkeit durch einen neuen Agglutinationsversuch noch nachweisbare Agglutininmenge dar- stell. Der Faktor K ist nach Arrhenius selbst wieder der angewandten Bakterienmenge A einfach proportional. — Wie jedoch in allerjüngster Zeit Neißer (Zentrbl. f. Bakteriologie, August 1904) gezeigt hat, ist die Versuchstechnik von Eisenberg und Volk doch nicht einwandfrei genug, um als Grundlage für Berechnungen nach Art der Arrheniusschen zu dienen. Nach den Untersuchungen von Neißer und U. Friedemann (Münch. med. Wochenschr. 1903), H. Bechhold (Zeitschr. f. physik. Chemie 48, 385, 1904) und W. Biltz (ebenda 48, 615, 1904) handelt es sich bei der Agglutination um einen Vor- gang anderer Art. Bei Biltz auch die ältere Literatur. mo Fermentwirkung und Fermentverlust. 83 Tabelle IX. Versuch 7. ie 9 au 4 5 6 7 Angew. Absoluter Restliche Restliche Nr.| Lab- | Verlust RE SOEN Labmenge |LabmengeR| x __V menge | Proz. L—-V=R | berechnet RI, L gefunden | (K = 1,386) 1.| 0,02 — ea Z— — 2.| 0,04 0,00685 0,03315 0,03620 0,1596 3.| 0,06 0,01136 0,04864 0,04966 0,1433 4.| 0,08 0,01670 0,06330 0,06323 0,1328 5.| 0,10 0,02119 0,07881 0,07331 0,1235 = 512 0,02936 0,09064 0,08989 0,1368 7.| 0,14 0,03560 0,10440 0,10140 0,1322 8.| 0,16 0,04410 0,11589 0,11590 0,1389 9.| 0,18 0,05250 0,1275 0,12920 0,1417 Aus je zweien dieser Paare läßt sich x ohne weiteres be- rechnen als: : Jg VW; — log V; *"Jog Rı — log R. Tabelle X gibt sämtliche 28 möglichen Werte für x, welche eine in Rücksicht auf die Methodik der Experimente, von denen sie sich ableiten, gute Übereinstimmung zeigen. Die ab- weichendsten Werte weisen naturgemäß jene Zahlen auf, die aus zwei benachbarten Gliedern der Verlustreihen gewonnen sind, doch sind auch unter diesen bloß diejenigen schlecht zu nennen, die mit Heranziehung des 5. und 7. ursprünglichen Versuches be- rechnet sind, sodaß in diesen kleine Fehler vermutet werden dürfen. Der Mittelwert sämtlicher Zahlen ist 1,624, bei Aus- schaltung aller mit 5 und 7 zusammenhängenden Werte derjenige der 15 übrigen 1,588. Dieser letztere Wert entspräche mit an- nähernd gleicher Genauigkeit den beiden einfachen Teilungs- faktoren °/; (=1,5) oder °/; (= 1,67); genauer entspricht die Zahl dem Faktor ®/;(=1,6), der in der Tabelle IX als der gültige an- genommen wurde. In Kolonne 7 derselben ist die Konstante K der obigen Gleichung berechnet und deren Mittelwert 1,386 ist in Kolonne 6 benützt, um die restliche Fermentstärke der einzelnen Proben zu berechnen. Die Übereinstimmung der berechneten und gefundenen Werte für R ist in diesem Falle ziemlich befriedigend. Diese Rechenergebnisse müssen die Vermutung bestärken, daß es sich tatsächlich in unserem Falle um einen Scheinver- lust des Fermentes durch Absorption desselbeu durch das Parakasein nach einem konstanten Faktor handelt. Die bekannte Tatsache, daß der von aller Molke möglichst befreite Käse immer 6* 84 H. Reichel und K. Spiro, noch kräftige Labwirkung entfaltet, steht damit in bestem Ein- klang. Freilich wäre eine ähnliche Berechnung der übrigen obigen Reihen weniger aussichtsvoll, da die Unstetigkeit des Anstieges der Verlustzahlen sich in starken Schwankungen der Konstanten x und K geltend machen müßte. Doch ist die Annahme, daß der stetigere Verlauf der Kurve in Versuch VII den natürlichen Ver- hältnissen am nächsten entspricht, durchaus gerechtfertigt. Tabelle X. 2. 3. 1,666 & & a ws = ee 1,377 1,475 Ex &: En e er 1,328 1,291 1,086 2 3 Eu A 1,446 1,822 1,684 2,281 = == Bi 1,436 1,458 1,559 1,837 1,361 EN 2 1,830 1,563 1,563 1,900 1,654 2,048 En 1,510 1,589 1,588 1,887 1,768 1,972 1,831 > OU 02) I [0 0) a a a Eine weitere Stütze dieser Auffassung des Verlustes war nur durch Versuche mit wechselnder Milchmenge zu erbringen. Es war zu erwarten, daß das mit dieser letzteren notwendig variable K der obigen Gleichung sich einfach und gerade proportional der Milchmenge verhalten müsse. (K=k.M.) Der Ausführung solcher Versuche stellte sich jedoch die ein- gangs erwähnte Schwierigkeit entgegen, daß die Abhängigkeit der (Grerinnungszeit vom Verdünnungszustande der Mileh nicht in ähnlicher Weise sichergestellt ist, wie diejenige von der Labmenge. Die Bearbeitung der obigen Frage erfuhr also eine Unterbrechung durch unsere Bestrebungen, vorerst ın dieser und anderer Richtung die Wirkungsgesetze des Labfermentes zu prüfen. Was sich dabei an wichtigen Bestätigungen bekannter und an Aufdeckung bisher unbekannter Beziehungen ergab, soll in einem anderen Zusammen- hange besonders dargelegt werden. Hier genügt die Anführung der Tatsache, daß die Gerinnungszeit der Milch in ihrer Ab- hängigkeit von der Labkonzentration nicht beeinflußt wird durch Verdünnung derselben mit einer Molke, die durch sehr langsame Labung derselben Milch und Abzentrifugierung des Käses — praktisch labfrei — gewonnen ist. Auf Grund dieser Erfahrung konnten Versuche in der ange- deuteten Richtung unternommen werden, die jedoch in der Mehr- zahl insofern von negativem Resultat waren, als sich die Verluste Ku 1 ‘ Lab 35 Proz. nummer | Fermentwirkung und Fermentverlust. 85 —- zwar im großen und ganzen mit der Milchmenge steigend — nicht in eine stetige Reihe ordnen ließen. Dabei war die absolute Höhe der Verlustzahl in verschiedenen Reihen sehr schwankend, meist unwahrscheinlich hoch, und wir konnten durch Parallel- versuche feststellen, das die Manipulationen, die mit den Proben vorgenommen werden mußten, nach Art, Dauer und Intensität auf die Verlustgröße von Einfluß waren. Unter diesen Umständen schien es wenig aussichtsvoll, zu einer präzisen Formulierung des Verlustes zu gelangen und vorerst mußte die Hoffnung auf be- weisendere Versuchsreihen aufgegeben werden. Doch findet sich unter den Protokollen solcher Versuche eines, das eine leidliche Stetigkeit der Zahlen aufweist, also überhaupt eine Berechnung gestattet. Das Ergebnis ist im Zusammenhang mit dem Ver- suche selbst in Tabelle XI angeführt. Es entspricht den obigen Erwartungen ziemlich gut. Die Grenzzahlen der Konstanten k (0,455 und 0,708) entsprechen den Versuchen mit größter Ver- dünnung, welche auch hier wieder Unsicherheiten in besonderem Maße mit sich bringt. Die späteren Schwankungen zwischen 0,571 und 0,666 müssen bei der Schwierigkeit der Versuche als gering betrachtet werden. Die Mittelzahl ist 0,6005. Tabelle Sbz Versnch®9. 5 6 7 8 9 10 11 12 u 4 ccm Milch | Durch S gerinnen |l ccm ER Ver- Rest- 8 durch 1 ccm30proz.| Verlust menge lorene | liche |x _ “ LK = der aus 2—4| Lab- | Proz. |,” | Menge | Menge Kar Mi = gewonnenen lösung V R F= Molke in“ | in“ 105 100 2,91 |0,035 | 0,00102 | 0,03398 | 0,2275 | 0,455 109 9,26 0.00283 | 0,03211 | 0,7C81 | 0,708 112 10,70 0,00375 | 0,03125 | 0,9598 | 0,6388 114 12,28 0,00430 | 0,03070 | 1,1320 | 0,5710 120 16,67 0,00583 | 0,02917 | 1,666 0,666 123,5 19,02 0,00666 | 0,02834 | 2,011 0,5746 127 21,88 0,00765 | 0,02735 | 2,425 0,6064 130 23,09 0,00807 | 0,02693 | 2,622 0,5826 Soweit also dieser einzelne Versuch eine Aussage zuläßt, muß dieselbe eine Bestätigung der obigen Forderung darstellen. Die Veränderung des Faktors K läuft hier tatsächlich in ziemlicher Annäherung der Milchmenge proportional. Man ist daher zu der Vorstellung berechtigt, daß für die Ab- sorption des Fermentes durch den Käse der Verteilungssatz Giltigkeit hat. 86 NH. Reichel und K. Spiro, Fermentwirkung ünd Fermentverlust. Das Gesamtergebnis der vorliegenden Untersuchung ist folgendes: Es findet im Zusammenhange mit dem Labungsvor- gang ein Wirksamkeitsverlust des Fermentes statt. Es kann aber gezeigt werden, daß kein nachweisbarer An- teil dieses Verlustes durch den Labungsvorgang selbst bedingtist. | Es wird durch die allgemeinen Verhältnisse, sowie durch die rechnerischen Ergebnisse besonders günstiger Versuchsreihen in hohem Grade wahrscheinlich, daß während oder nach der Labung eine Verteilung desLabsnach konstantemFaktor zwischen Käse und Molke stattfindet, wodurch ein schein- barer Verlust bedingt wird. Der wahrscheinlichste Wert des Faktors ist ®s. vıul. Ein Fall von Pentosurie mit Ausscheidung von optisch aktiver Arabinose. Von Dr. Riceardo Luzzatto, Privatdozenten und Assistenten am pharmakologischen Institut zu Sassari. Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg. Vor einiger Zeit habe ich im pharmakologischen Institut zu Sassari Untersuchungen über einen Fall von Pentosurie ausge- führt*), in denen ich in betreff der Natur des ausgeschiedenen Zuckers zu folgenden Schlüssen kam: 1. Das Reduktionsvermögen des Harns ist mit großer Wahr- scheinlichkeit als durch einen Zucker bedingt anzusehen, da er ein charakteristisches Phenylosazon gibt. 2. Es handelt sich aber nicht um Glykose, da er nicht gärungs- fähig ist, nicht rechts dreht, das Osazon leichter löslich ist als Phenylglykosazon und einen viel niedrigeren Schmelzpunkt zeigt, der auf Pentosazon hinweist. | 3. Vielmehr handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Pentose, deren charakteristische qualitative Reaktionen der Harn aufweist. Wiederholt wurde aber am konzentrierten Harn und namentlich an der aus dem Bleiammoniakniederschlag erhaltenen Flüssigkeit eine geringe Rechtsdrehung beobachtet. Ich habe es daher für notwendig angesehen, mir über die Natur der vorliegenden Zuckerart durch Reindarstellung und Analyse Gewißheit zu verschaffen. Dies bot insofern Schwierig- *) R. Luzzatto, Un caso di pentosuria in un cocainista. Festschrift für P. Albertoni. Bologna, Zamorani und Albertazzi 1901. — Contributo alla conoscenza ed allo studio della pentosuria cronica, Archivio di farmacologia sper. e scienze affıni I. Fasc. 7, 1902. — La pentosuria, suo interesse dal punto di vista scientifico e pratico. Mitteilung am XI. Congresso sanitario interprovinciale, Udine 1903, 88 Riccardo Luzzatto, keit, als der Harn nur sehr wenig von der reduzierenden Substanz, _ etwa 0,1 Proz. auf Glykose berechnet, enthielt. Zuerst benützte ich zur Isolierung das Verfahren von Bergell und Blumenthal”), kam jedoch zu keinem Resultat, sei es wegen der allzu geringen Menge Substanz, sei es wegen Unzulänglichkeit des Verfahrens.**) | | Aber auch das von Neuberg“) mit Erfolg benutzte Ver- fahren ließ mich im Stiche, obgleich ich genau nach seiner Vor- schrift vorging und 20 Liter Harn in Angriff nahm. Vermutlich lag auch hier das Hindernis in dem zu geringen Zuckergehalt, zumal da Neuberg selbst angibt, daß bei seinem Verfahren erhebliche Mengen Pentose verloren gehen. Weder in den so be- reiteten Auszügen noch in der aus dem Bleiammoniakniederschlag dargestellten alkoholischen Lösung erhielt ich mit Diphenylhydrazin einen Niederschlag, obgleich käufliche Arabinose damit noch in großer Verdünnung reichliche Fällung gab. Ich versuchte daher durch Identifizierung des Phenylosazons Aufschluß zu erhalten. Phenylhydrazın gab nämlich stets sowohl mit dem ursprünglichen Harn als auch mit der Lösung aus dem Bleiammoniakniederschlag ein aus feinen Nadeln bestehendes Ösazon, das nach einigem Umkristallisieren konstant bei 158 bis 159° schmolz. Die Elementaranalyse des aus Alkohol umkristallı- sierten Osazons gab Werte, die weder auf das Osazon einer Hexose, noch einer Pentose, noch auch der Glykuronsäure stimmten. Der Kohlenstoff wurde gegenüber dem für ein Pentosazon ver- langten Wert um 2 Proz. und mehr zu hoch, der Stickstoff um mindestens 2 Proz. zu niedrig gefünden. Trotz Gleichbleibens des Schmelzpunktes änderten sich die analytischen Ergebnisse mit jedem neuerlichen Umkristallisieren. Im Hinblick auf die gelegentlich beobachtete geringe Rechts- drehung konnte an gleichzeitige Ausscheidung von Glykose und Pentose gedacht werden, obgleich die Gärungsprobe stets gegen eine solche Annahme sprach. Doch erwies sich eine solche An- nahme als überflüssig, als ich die Reinigung des Osazons mit Hilfe des trefflichen Verfahrens von Neuberg vornahm. Neuberg empfiehlt zu diesem Zwecke zweierlei Vorgehen. Einmal kann man das ÖOsazon mit heißem Wasser unter all- *) Über die Isolierung der Pentose und der Methylpentose. Archiv f. Physiol. 1900, 155. **) Archivio di farm. sper. e seienze aff. 1, Heft 7. ***) Über die Harnpentose, ein optisch inaktives, natürlich vorkommendes Kohlehydrat. Berichte d. deutsch. chem. Ges. 33, II, 2243 (1900). Ein Fall von Pentosurie mit Ausscheidung usw. 89 mählichem Zusatz von Pyridin in Lösung bringen und heiß filtrieren. Bei diesem Vorgehen hatte ich nicht bloß sehr große Verluste, sondern gelangte auch nicht zu völliger Reinigung. So gab ein Phenylosazon vom Schmelzpunkt 158 bis 159° nach siebenmaligem Umkristallisieren immer noch unbefriedigende Werte. C H N Berechnet für Phenylpentosazon . 62,19 6,10 17,07 Proz. ee nr nt re 6,77 16,50, Trotz der ungenügenden Übereinstimmung zeigen die Analysen doch deutlich die Uberlegenheit des Umkristallisierens unter Pyridinzusatz. Viel besser bewährte sich aber das zweite von Neuberg empfohlene Vorgehen. Als ich das Osazon unmittelbar in wenig Pyridin löste, filtrierte und das Filtrat mit viel Wasser (mit dem 1000 bis 2000 fachen Volumen und mehr) verdünnte, kristallisierte das Ösazon bis auf Spuren aus. Nach 3 bis 4maligem Umkristallisieren . und jedesmaligem Waschen des Niederschlags bis zur gänzlichen Beseitigung des Pyridins erhielt ich endlich das Osazon mit einem Schmelzpunkt von 159 bis 160° und, wie die Analyse lehrte, von großer Reinheit. C H N Berechnet für ein Phenylointosazon 62,19: 6,10. 17,07 Proz. Gefunden . . . VRR TON 6,23.:16,90- ,, Danach bestand kein Zweifel, daß es sich um die Ausscheidung einer Pentose handelte. Wie Neuberg*) gezeigt hat, kommt bei der Pentosurie inaktive Arabinose zur Ausscheidung. Daher sind die entsprechenden Harne optisch inaktiv. Nun zeigt das Phenylosazon der r-Arabinose den Schmelzpunkt 166 bis 168°, während das von mir dargestellte ÖOsazon nach beliebig oft wiederholtem Umkristallisieren stets den Schmelzpunkt des Phenylosazons der aktiven, l- oder d-Arabinose (159 bis 160°) aufwies. Im Hinblick auf die gelegentlich beobachtete geringe Rechtsdrehung mußte daran gedacht werden, daß in meinem Fall eine rechtsdrehende Pentose vorlag. Ich löste 0,10 g des reinen zuletzt analysierten Osazons in 8 ccm reinem völlig inaktivem Pyridin und 12 ccm absolutem Alkohol. Bei Untersuchung im 1-Dezimeterrohr mit Hilfe eines Laurentschen Halbschatten- apparates mit dreiteiligem Gesichtsfeld ergab sich eine Rechts- *) Die Physiologie der Pentosen und der Glykuronsäure, Asher-Spiro, Ergebnisse der Physiologie III. Jahrgang I. Abt. 373, 1904. 90 Riccardo Luzzatto, drehung von 0,26°*). Nach Neuberg weist eine in gleicher Art. bereitete, aber 4mal so konzentrierte Lösung des l-Arabinosephenyl- osazons eine Drehung von + 1,10° auf, während sich aus obigem Befund für diese Konzentration + 1,04° berechnet. Andere Pentose- phenylosazone von ähnlichem Schmelzpunkt oder Drehungsver- mögen sind nicht bekannt. Der Schmelzpunkt des Para- bromphenylosazons wurde identisch mit jenem aus aktiver Arabinose (199 bis 201°) gefunden. Es muß somit die im vorliegenden Fall ausgeschiedene Pentose als 1-Arabinose angesprochen werden. Der vorliegende Fall von Pentosurie ist meines Wissens der erste, bei dem die Ausscheidung einer optisch aktiven Arabinose nachgewiesen ist. Damit gewinnen meine früheren am selben Fall ausgeführten Versuche**) über den Einfluß der Ernährung, der Pankreaszufuhr usw. erhöhtes Interesse. Ich fasse ihr Ergebnis nachstehend kurz zusammen: Reduktionsvermögen des Harns Harnmenge ausgedrückt in Proz. Glykose Gemischte Nahrung 0,9 Vorwiegend Kohlehydrate (Reis, Brot, Kartoffeln) . 2000 0,64 Meise rn: 1700 0,9 Früchten, 2.0 SAH 1660 1,03 Zucker und Schokolade . . 1900 0,98 Angestrengte geistige Arbeit 1750 1,10 Angestrengte Muskelarbeit . 1800 | 0,81 Wie man sieht, ist die Ausscheidung der aktiven Arabinose von physiologischen Schwankungen des Stoffwechsels ebenso un- abhängig, wie dies für die gewöhnliche Pentosurie sichergestellt ist. Die Pathogenese der vorliegenden Anomalie des Stoffwechsels ist vollkommen dunkel. Da es sich um einen jungen Mann handelte, der zur Zeit, als die Pentosurie entdeckt wurde, Kokainist war, konnte damals zuerst daran gedacht werden, daß es sich um eine durch Kokain veranlaßte Störung handelt. Ich glaube jetzt mit Neuberg einen solchen Einfluß ausschließen zu können, da 1. wie aus der Krankengeschichte hervorgeht, das gesteigerte Reduktions- vermögen des Harns schon vor der Gewöhnung an Kokain bestand, *) Der Apparat gehörte der medizinischen Klinik in Straßburg. Ich bin dem Assistenten der Klinik, Herrn Dr. Baer für seine gütige Beihilfe bei den polarimetrischen Bestimmungen zu besonderem Danke verpflichtet. **) R. Luzzatto. Un caso di pentosuria usw. Festschrift für Albertoni. 1 Ein Fall von Pentosurie mit Ausscheidung usw. 91 und der Harn gelegentlich schwach rechts drehte,. so daß man an eine leichte Diabetesform dachte; 2. weil auch noch vier Jahre nach völliger Kokainentwöhnung zu einer Zeit, da das Individuum absolut keine Krankheitserscheinungen aufwies, die Pentoseaus- scheidung anhielt. Eine Beziehung der Harnarabinose zu der Organxylose ist im vorliegenden Fall ebensowenig anzunehmen, wie in anderen Fällen von Pentosurie. Hingegen dürfte das Auftreten von l-Arabinose bei ihrer einfachen sterischen Beziehung zur d-Galaktose geeignet sein, die Vorstellung von Neuberg zu stützen, wonach die Harn- arabinose von der Galaktose abstammt. Jedenfalls stellt die l-Arabinosurie im vorliegenden Fall, wie die gewöhnliche Pentosurie (r-Arabinosurie), nicht eine Krankheit, sondern eine einfache Anomalie des intermediären Stoffwechsels dar, da sich das betreffende Individuum dauernd völliger Gesund- heit erfreut. Eine Beziehung zum Diabetes ist auch hier auszu- schließen. Straßburg i. E., August 1904. IX. Zur Kenntnis des Adrenalins (Suprarenins). Vorläufige Mitteilung von E. Friedmann. Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg. Für die Konstitution des Adrenalins stehen zwei von Pauly aufgestellte Formeln zur Diskussion: I II a a Om, = Om. ar) KO oH sk on / ex Während Pauly sich für die zweite dieser Formeln ausgesprochen hat, gibt Jowett der ersteren den Vorzug. Experimentelles Material, das zwischen beiden Formeln entscheiden könnte, liegt nicht vor. Ich habe versucht, die Frage nach der Konstitution des Adrenalivs auf folgendem Wege zu lösen. Als Ausgangsmaterial benutzte ich das von v. Fürth beschriebene Tribenzolsulfo- adrenalin. Dasselbe ist optisch aktiv und zwar linksdrehend. Es enthält eine freie aliphatische Hydroxylgruppe. Durch Oxydation läßt es sich in einen Körper derselben Kohlenstoffzahl überführen (Adrenalon, Formel III), der kein asymmetrisches Kohlenstoffatom mehr enthält. Derselbe besitzt Ketoncharakter. Durch weitere Oxydation gelangt man zu einem Körper, der wieder dieselbe Anzahl Kohlenstoffatome hat wie das Ausgangsmaterial und als ein substituiertes Säureamid zu betrachten ist (Peradrenalon, Formel IV). Aus diesen Tatsachen folgt mit großer Wahr- mE daß dem Adrenalin die Formel I ee III — CH(0H).CH,.NH.CH, OH/ \-C0.CH,.NH. ER OH —-C0.C0O.NH.CH, — oa Adrenalin Adrenalon ee ee nt Zur Kenntnis des Adrenalins (Suprarenins). 93 Auf synthetischem Wege habe ich diesen Konstitutionsbeweis in folgender Weise zu stützen versucht. Durch Einwirkung von Methylamin auf Chloracetylbrenz- katechin erhält man ein Produkt, das nach Reinigung über sein Chlorhydrat sich als Methylaminoacetobrenzkatechin (Adrenalon) erweist. Sein Tribenzolsulfoderivat ist von dem Produkt, das durch Oxydation des Tribenzolsulfoadrenalins erhalten wird, nicht zu unterscheiden, ebensowenig das Oxydationsprodukt des synthetischen Tribenzolsulfoadrenalons von dem durch Oxydation des Adrenalins gewonnenen Tribenzolsulfoperadrenalon. Ich beabsichtige diesen Beweis zu vervollständigen, indem ich das durch Abbau des Adrenalins gewonnene Tribenzolsulfo- peradrenalon wie das entsprechende synthetische Produkt zu der ihnen zugrunde liegenden Ketokarbonsäure (Formel V) aufzuspalten versuche. Y at —00.C00H OH Versuche in dieser Richtung habe ich begonnen. Was die blutdrucksteigernde Wirkung des synthetischen Adrenalons anbelangt, so habe ich feststellen können, daß bei intravenöser Injektion von 0,00065 g seines Chlorhydrats bei einem Kaninchen von 2,4 kg der Blutdruck um 8 mm anstieg, hei Injektion von 0,0054 g um 68 mm und von 0,027 g um 94 mm. Straßburg i. E., den 16. September 1904. N wu m - cıcı Verlag von Aug. Hirschwald in Berlin. -ıcı == Soeben erschien: Lehrbuch der Physiologie von L. Hermann. Dreizehnte durchgehends umgearbeitete und vermehrte Auflage. 1905. gr. 8. Mit 245 Textfiguren. 16 M. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig. Leitfaden für den praktisch-chemischen Unterricht der Medieiner zusammengestellt von Dr. Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. Gebunden in Lnwd. Preis 3 M. Die chemische Organisation der Zelle. Ein Vortrag von Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. geh. Preis 0,60 4. Der Stickstoff und seine wichtigsten Verbindungen. Von Dr. Leopold Spiegel, Privatdozent an der Universität Berlin, Mit eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 20 #, geb. 22 4. z ee. Synthesen in der Purin- und Zuckergruppe. Von Emil Fischer. Vortrag, gehalten am 12. Dezember 1902 vor der Schwedischen Akademie der Wissenschaften zu Stockholm. gr. 8 geh. Preis 0,80 #. Die Zersetzung stickstofifreier organischer Substanzen durch Bakterien. Von Dr. 0. Emmerling. Privatdozentan der Universität Berlin. Mit sieben Lichtdrucktafeln. kl.8. geh. Preis 4 #. BLSZBZEBLZEEEELE Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunidıweig. — Vollständig erschienen: —— Hermann von Helmholtz Leo Koenigsberger. In drei Bänden. Mit 9 Bildnissen in Heliogravure und einem Brieffacsimile. Gr. 80. In vornehmer Ausstattung. | Preis des vollständigen Werkes geh. M. 20.-, geb. in Leinwd. M. 25.—, geb. in Halbfrz. M. 81. Nav dem soeben zur Ausgabe gelangten dritten Bande des hochbe- deutenden Werkes ist die grosse Helmholtz-Biographie von Leo Koenigsberger, welche als eine biographische Leistung ersten Ranges für die gesamte wissenschaftliche Welt und für weite Kreise des ge- bildeten Publikums von dem grössten Interesse ist, vollständig erschienen. Die Entwickelung, das Leben und Wirken und die Bedeutung einer Persönlichkeit zu schildern, die durch den Umfang und die Tiefe des Wissens und die Macht des Könnens die meisten ihrer Zeitgenossen überragt, alle Welt durch das Produkt ihrer Arbeit während mehr als eines halben Jahrhunderts in Staunen und Bewunderung versetzt und der Wissenschaft neue fundamentale Lehren geschenkt und neue Wege zu fruchtbarer Tätigkeit gewiesen hat, war eine ebenso reizvolle wie schwierige Aufgabe, deren Durchführung dem Verfasser, welchem nicht nur die Feder, sondern auch die auf eingehender Sachkenntnis ruhende Teilnahme für Person und Stoff zu Gebote stand, in vollendetem Masse gelungen ist. Dem grossen Naturforscher und Gelehrten ist mit dieser meisterhaften Darstellung seines in der Geschichte der Wissenschaft wohl einzig dastehenden Entwickelungs- ganges und seiner unvergleichlichen Lebensarbeit ein würdiges Denkmal errichtet worden, wie es der Mit- und Nachwelt nicht schöner überliefert werden konnte, Zu bezieben durch alle Buchhandlungen. BEZSZEBZEZI3E332E \5,UUE Beiträge zur Chemischen Physiologie und Pathologie Zeitschrift für die gesamte Biochemie unter Mitwirkung.von Fachgenossen herausgegeben von Franz Hofmeister 0. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg VL. Band. 3. u 4. Heft (Ausgegeben November 1904) - V' Braunschweig Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn 1904, Inhalt des 3. u. 4 Meftes. Seite X. Leo Pollak. Zur Frage der einheitlichen und spezifischen Natur des Pankreastrypsins. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strassburg) . RR: 95 XI. Martin Jacoby. Über die Empfindlichkeit Be das Bonpeoik vermögen der Zellen bei normalen und immunisierten Tieren. (Aus dem pharmakologischen Institut zu Heidelberg) . . . 113 XII. Franz Alexander Lust. Über einen Antikörper gegen Crotin im normalen Organismus. (Aus dem pharmakologischen Institut zu ‚Heidelberg) . -. . . „188 XIII. Franz Knoop. Der kan RE en! im \ Tier- körper. (Aus dem physiolog.-chem. Institut in Strassburg und der med. Abt. des chem. Instituts in Freiburg i. B.). . 150 XIV. B. Slowtzoff. Beiträge zur vergleichenden Physiologie des Hungerstoffwechsels. Dritte Mitteilung: Der Hungerstoff- wechsel bei Libellen . . . . 163 XV. B. Slowtzoff. Beiträge zur rlchehden Eiysisdopie ds Hungerstoffwechsels. Vierte Mitteilung: Der Hungerstoff- wechsel von Hummeln (Bombus terrestris) '. . . Er Kürzere Mitteilungen. 1. Sigval Schmidt-Nielsen. Weiteres über die Wirkung der BRadiumstrahlen auf Chymosm 9. 2 Wi a5: 20 2 ee Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von 36 Druckbogen zum Preise von M. 15,— bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maßgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre er- scheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. en sind an den Herausgeber, Straßburg i. E., Wimpfelingstraße 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlich- keit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung maßgebend sein. Polemisch& Ausfünrungen, welche den Rahmen einer tatsächlichen Richtig- . stellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mit- teilung neuer Befunde bleibt ein. besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein besonders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40,— für den Druck- bogen und 50 Sonderabzüge. ? 27 % X, Zur Frage der einheitlichen und spezifischen Natur des Pankreastrypsins. Von Dr. Leo Pollak (Prag). Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßbure. I. | Während die Lehre von der spezifischen Natur der Fermente sich bei der Aufsuchung saccharifizierender Enzyme immer wieder als fruchtbar erwiesen hat, ist das Gebiet der proteolytischen Fermente in dieser Richtung fast unbebaut geblieben. Im allge- meinen wird angenommen, daß ein proteolytisches Enzym, wenn die Bedingungen seiner Wirkung überhaupt gegeben sind, auf die Mehrzahl der Eiweißstoffe in gleichartiger Weise, nur je nach der ungleichen Spaltbarkeit der betreffenden Substrate mit ver- schiedener Intensität einwirkt. So führt denn auch Oppen- heimer*) in seinem Buche über die Fermente die Fähigkeit der proteolytischen Enzyme, fast sämtliche, in ihrem Bau doch _ sicher verschiedenen Eiweißkörper anzugreifen, als Beweis dafür an, daß eine Anpassung von Ferment an Substrat nicht unbedingt notwendig sei. Gerade die Berücksichtigung der Strukturverschiedenheit der Proteine aber im Verein mit der Tatsache, daß die Bausteine des Eiweißmoleküls großenteils asymmetrisch gebaute Substanzen sind, also Bedingungen darbieten, die sich bei den diastatischen Fermenten als bestimmend für die Spezifizität ergeben haben, ließ es nicht aussichtslos erscheinen, diese Frage einer erneuten experimentellen Bearbeitung zu unterziehen. Auch liegen in der Literatur bereits Tatsachen vor, die für die Annahme sprechen, daß auch die pro- teolytischen Fermente ihren Substraten spezifisch angepaßt sind. Zwar hat sich bereits Fermi“*) in einer älteren Arbeit mit der erwähnten Frage beschäftigt, sie aber in negativem Sinne *) ©. Oppenheimer, Die Fermente u.s.w. 2. Aufl. 1903. S. 60. **) Archiv f. Hygiene 10, 1 (1890). *r 96 Leo Pollak, beantwortet. Bei Untersuchung der proteolytischen Fermente. verschiedener Bakterien fand er, daß Zusatz verdünnter Lösungen von Sublimat, Karbol-, Salicyl- und Salzsäure, ferner Digestion bei einer Temperatur von 50° durch 24 Stunden auf diese sowie auf Trypsin und zum Teile auch auf Pepsin derart verändernd ein- wirkte, daß sie zwar noch Gelatine, nicht mehr aber Fibrin an- zugreifen vermochten. Unter den für die Erklärung in Betracht kommenden Möglichkeiten erwähnt er auch die einer Verschieden- heit des Leim verdauenden von dem Fibrin spaltenden Fermente, entscheidet sich aber ohne eigentlich ausschlaggebende Gründe dahin, daß die Erscheinung durch bloße Abschwächung des Fermentes (neben der auch in Betracht kommenden nachge- wiesenen Veränderung der Substrate durch die zugesetzten Stoffe) und die geringere Verdaulichkeit des Fibrins gegenüber dem Leim zu erklären sei. Im Sinne der spezifischen Natur der proteolytischen Fermente dagegen sind in erster Reihe die Versuche von Jacoby*) zu ver- werten, der feststellen konnte, daß die autolytischen Fermente der Leber zwar die Eiweißstoffe dieses Organes selbst, nicht aber die nativen Proteide der Lunge zu zerlegen vermögen, welche letztere wiederum der Einwirkung der in der Lunge selbst vor- handenen Enzyme zugänglich sind. Dagegen besitzen die Leber- fermente proteolytische Kraft für die bei der Lungenautolyse gebildeten Albumosen. Diese Befunde führten ihn zur Aufstellung der Begriffe Auto- und Heterolyse, die ja bereits eine Spezifizität proteolytischer Fermente in oben genanntem Sinne besagen. Früher**) schon hatte er zeigen können, daß bei der Leber- autolyse selbst nicht alle Eiweißkörper in gleicher Weise ange- griffen werden, die Globuline vielmehr stärker als die Albumine. Ferner fand J. Schütz““*), daß das Hefetrypsin vor allem die Eiweißkörper der Hefe selbst angreift, dann Gelatine.gut verdaut, viel schwächer Serumalbumin, Euglobulin und Pseudoglobulin. Auch Cohnheimsr) „Erepsin“, das von nativen Proteiden nur das Kasein angreift, muß hier erwähnt werden. Auf zahl- reiche andere in der bakteriologischen und zoochemischen Literatur niedergelegte Befunde, welche auf eine ungleiche Angreifbarkeit der einzelnen Eiweißstoffe hinweisen und wohl im Sinne einer Spezifizität der proteolytischen Fermente zu deuten sind, möchte *) Diese Beiträge 3, 446. **) Zeitschr. f. physiol. Chemie 30, 199. ***) Diese Beiträge 8, 433. 7) Zeitschr. f. physiol. Chemie 35, 134. Zur Frage der einheitlichen und spezifischen Natur usw. 97 ich, da sie nicht quantitativ sichergestellt sind, nicht weiter ein- gehen. — Was speziell das bisher als einheitliches Ferment betrachtete Pankreastrypsin betrifft, mit dem sich die folgenden Unter- suchungen beschäftigen, so hat in letzter Zeit Vernon*) die Behauptung aufgestellt, daß es aus einer Reihe verschiedener, aber nicht in obigem Sinne spezifischer Trypsine besteht. Er findet, daß Pankreasextrakte verschiedener Tierarten, ebenso mit verschiedenen Extraktionsflüssigkeiten (Alkohol, Glycerin, Salz- lösungen usw.) hergestellte Infuse sich bezüglich der Widerstands- fähigkeit gegen die Zerstörung durch Alkali verschieden verhalten, was ihn veranlaßt, mehrere Trypsine von verschiedener Haltbar- keit anzunehmen. Schlüsse dieser Art sind jedoch mit Vorsicht aufzunehmen, da wir es in solchen Infusen natürlich nicht mit reinen Fermentlösungen zu tun haben, sondern mit sehr ver- schiedenartig zusammengesetzten Gemengen, von denen das Ferment selbst einen quantitativ unbestimmbaren, vielleicht nur ganz geringen Bruchteil ausmacht, und der Einfluß dieser Bei- _ mengungen auf die verschiedenen Eigenschaften einer Ferment- lösung sich gar nicht übersehen läßt. Wissen wir doch gerade bezüglich der Zerstörbarkeit durch Alkali aus den Untersuchungen von Bayliss und Starling“), daß Zusatz von Eiweißlösungen einen schützenden Einfluß auf Trypsin ausübt, gleichsam das Ferment von der zerstörenden Wirkung auf sich selbst ablenkend, und in ähnlicher Weise kann auch die wechselnde Zusammen- setzung verschiedener Extrakte die oben erwähnten Unterschiede bedingen. | II. Versuche. Bei der großen Mehrzahl der folgenden Versuche bediente ich mich der Mettschen (bzw. Fermischen) Methode. Den in letzter Zeit gegen die Genauigkeit derselben gemachten Einwänden kann zum Teile durch Beobachtung der mehrfach angegebenen Kautelen begegnet werden. Zum Teile haben sie, wie der von Nieren- stein und Schiff***), ohnehin nur für die speziellen Verhältnisse des Magensaftes Giltigkeit. Wenigstens habe ich niemals finden können, daß eine meiner Verdauungslösungen nach Verdünnung stärker wirksam war als vorher; die weiter unten beschriebenen Hemmungserscheinungen dürften ganz anderer Natur sein. *) Journ. of Physiol. 26, 405 (1900—01). **) Journ. of Physiol. 30, Nr. 1. ***) Archiv f. Verdauungskrankheiten 8, Heft 6. Beitr,. z. chem. Physiologie. VI. 7 98 Leo Pollak, Va Zur Verwendung kamen Röhrchen mit koaguliertem Pferdeblutserum und Eiklar sowie mit Gelatine. Zur Herstellung der für Vergleichsversuche dienenden Röhrchen wurde stets dasselbe Serum bzw. Eiklar in möglichst - frischem Zustande verwendet. Die Gelatine kam in 10proz. mit Methyl- violett gefärbter Lösung zur Anwendung, die jedesmal vor Gebrauch frisch bereitet wurde. Die Verdauungsproben mit Eiklar und Serum wurden im Brutofen (34 bis 36°), die mit Gelatine bei Zimmertemperatur (14 bis 20°) gehalten. Um durch Temperaturschwankungen bedingte Fehler zu ver- meiden, wurden immer gleichzeitig Vergleichsversuche angestellt. Auf diese Weise gelangte ich leicht zu konstanten und für den vorliegenden Zweck ausreichend genauen Werten. Bei einer derartigen Untersuchung, die eine möglichst große Zahl von Versuchen erfordert, wäre eine minder rasch durchführbare Methode kaum zu verwenden gewesen. : Um zunächst einen Überblick darüber zu gewinnen, ob die Annahme einer Mehrzahl spezifisch abgestimmter Fermente im Pankreastrypsin statthaft sei, wurde die Wirkung von Trypsin- lösungen verschiedener Art auf verschiedene Eiweißstoffe ver- glichen. Im Falle der Richtigkeit dieser Annahme war es wahr- scheinlich, daß die relativen Mengen der einzelnen Fermente wechseln, und dadurch auch die Verhältnisse der Verdauungs- größen der einzelnen Eiweißstoffe variieren würden! Verglichen wurde einerseits die Verdauung von koaguliertem Eiklar und Perdeblutserum, andrerseits die von Serum und Gelatine. Tabelle I. ER Ver- . Verdauungsflüssigkeit dauungs- Fe Eiklar zei serum Rindspankreasinfus mit phys. NaCl-Lösung halbverdünnt, nach 4täg. Digestion im 24h 10 mm | 5,5 mm Brutofen Ein anderes, gleichbehandeltes Infus, 2 Tage im Brutofen 24h ee zeit, Frischer Preßsaft von Rindspankreas, halb- 94h 14 5 verdünnt | a : & At n TE SI, SEE er ehe elle Tea Ir 0,6 proz. Lösung von Grüblers Trypsin*) | 18h 45 | unter in 0,2 proz. Na, CO,-Lösung >» ı|05 mm Dasselbe in 1 proz. Lösung _ 50h 13,5 „ 1,5 mm Trypsin vonSchuchardt*),2proz. Lösung 24h Bun, Liz Pankreasextrakt, 6 Wochen alt, ohne Biuretreaktion 20h 8, 1 Grüblers Trypsin **), 4 proz. Lösung 2 1 a a 277% *) Älteres Präparat. **) Frischeres Präparat. Zur Frage der einheitlichen und spezifischen Natur usw. 99 Daß die beiden erstgenannten Stoffe ein Gemenge verschiedener Proteide darstellen, tat hier nichts zur Sache; kam es ja zunächst nur auf grobe Differenzen gegenüber Gruppen von Eiweißkörpern an. Die folgenden Tabellen geben hierher gehörige Versuche wieder. Die Verdauungswirkung ist aus der in mm angegebenen Abnahme der Eiweißsäule zu entnehmen. Die Tabelle zeigt, daß das Verhältnis der tryptischen Kraft einer Verdauungslösung für Pferdeserum und Eiklar schon ohne weitere Vorbehandlung bedeutenden Schwankungen unterliegt. Ergeben sich doch so verschiedene Relationen wie 10:5,5 und 8:1,5 oder gar 13,5: 1,5. Die folgende Tabelle bringt den Vergleich von Pferdeserum und Gelatine. Tabelle II. Ver- E Verdauungslösung dauungs- ie: Gelatine zeit serum Rindspankreas, wässeriges Infus, nach R e 3tägiger Digestion im Brutschrank [0 8,5. Timm | SER,D aD. Rindspankreas, wässeriges Infus, über EARTT 1 Monat im Brutofen I lan )e 0 Pferdepankreas, wässeriges Infus, 4 Tage 16h | 6 13 im Brutschrank | a z 7 proz. Lösung von Grüblers Trypsin 16h 8,5, 1911) 5 Rindspankreas, Wasserextrakt, 4 Tage im 16h 9 15 Brutschrank » | si Pferdeserum Get ergibt weit auseinanderliegende Das Verhältnis ur: Werte von 75 bis 19 Nach diesen ermutigenden Vorversuchen versuchte ich durch geeignete Behandlung eines und desselben Pankreasextraktes eine _ Verschiebung des Verdauungsverhältnisses zugunsten eines Eiweißstoffes zu erzielen, um so schließlich die Isolierung des entsprechenden Fermentes zu erreichen. Es zeigte sich bald, daß hierzu die Verdauung der Gelatine den geeignetsten Angriffspunkt bot, und nach zahlreichen fehlgeschlagenen Versuchen, die ich hier übergehe, gelangte ich durch Verwendung von Normalsäure zum Ziele. Der Gang dieser Vorbehandlung war der, daß ich zu einer bestimmten Menge des Extraktes wechselnde Mengen Normal- salzsäure zusetzte und nach genau abgemessener Einwirkungszeit mit der gleichen Menge Normalnatronlauge zurückneutralisierte. 7* 100 Leo Pollak, Tabelle III. Rindspankreas, mit dem gleichen Volumen Wasser infundiert, nach Stägiger Digestion im Brutofen. Verdauungszeit: 18h. | Menge des Extrakts | Pferde- serum Menge der zuge- | rückneutrali- setzten n-HC] Gelatine siert nach 9 PIER lee T EN ET: 6:1, a eger Or 0 433 . u, I 0 6% PR 08%, nr, rg Durch Einwirkung von 0,6 ccm n-HCl auf 2 ccm Extrakt durch 10° (bei Zimmertemperatur) wird also die tryptische Wirkung auf Serum bis auf eine Spur vernichtet, während Leim gut weiter verdaut wird. Bei Einwirkung von 0,6 cem n-HCl durch eine Stunde, von 1,2 cem durch 12° ist die Serumverdauung ganz auf- sehoben, während von der Gelatine 8, bzw. 6 mm in 185 ver- daut wurden. Selbst bei vieltägiger Digestion wird Serum auch nicht in Spuren verdaut, während die Verdauung des Leims ent- sprechend fortschreitet. Das Optimum des Säurezusatzes sowie der Einwirkungszeit ist je nach der Art der Verdauungslösung verschieden. Für eine 7proz. Lösung von Trypsin „«rübler“ waren die entsprechenden Werte die folgenden. Tabelle IV. Verdauungszeit: 16h. Menge ‚der Menge der zuge- | rückneutrali- | Pferde- üelatik Trypsinlösung setzten n-HC] siert nach serum 2 cm 0 0 8,5 mm | 19 mm 81% 1,6 ccm 9h ie N? 85 „ ER De j2/,h Er? 83, % 2. 3, PR a Allgemeine Regeln lassen sich in dieser Beziehung nicht auf- stellen. Auch hier spielt offenbar die wechselnde Zusammen- setzung der verschiedenen Verdauungslösungen (auch die käuflichen Präparate sind nicht immer konstant) eine ausschlaggebende Rolle. Vielmehr muß man in jedem besonderen Falle die geeignetsten Zur Frage der einheitlichen und spezifischen Natur usw. 101 Werte für Säure und Einwirkungszeit erst ausprobieren, was bei einiger Übung leicht gelingt. Es empfiehlt sich mehr, geringere Säuremengen durch längere Zeit einwirken zu lassen, als größere Quantitäten durch kürzere Zeit, weil man die Gelatineverdauung dabei mehr schont. Am geeignetsten für diese Isolierungsversuche sind solche Trypsin- lösungen, die von vornherein eine starke Wirkung auf Gelatine haben, was ja, wie oben gezeigt, durchaus nicht bei allen auf Serum gut wirken- den Präparaten in gleichem Maße der Fall ist. Doch gelingt die Isolierung auch dort, wo von vornherein nur relativ schwache Leimverdauung be- steht. — Die oben angeführten Resultate sind Beispiele aus einer großen Zahl gleichsinnig verlaufener Versuche.”) Der nächstliegende Einwand gegen die Beweiskraft dieser Ver- suche ist natürlich, das erzielte Ergebnis auf Rechnung der ge- ringeren Verdaulichkeit des koagulierten Serums gegenüber der Gelatine zu setzen. Durch die Säurebehandlung, könnte man ein- wenden, wäre einfach das für beide Eiweißkörper identische Fer- ment so weit abgeschwächt worden, daß es zwar noch auf Leim, nicht mehr auf Serum wirke. Schon die Tatsache, daß auch bei mehrtägiger Digestion keine Spur von Serum verdaut wird, die Gelatineverdauung dagegen zu beliebigen Werten fortschreitet, spricht gegen diese Deutung. Bestimmt widerlegt wird sie aber dadurch, daß Leim von dieser Konzentration für gewöhnlich durch- aus nicht in solchem Verhältnis besser verdaulich ist, ja daß man überhaupt nicht im allgemeinen das Serum als den schlechter ver- daulichen Eiweißkörper bezeichnen kann. Wie oben gezeigt, gibt es Trypsinpräparate, die Serumeiweiß gerade so gut, ja besser ver- dauen. (Siehe das Verhältnis en &2 Weiter unten elatine 7,5 werden noch schlagendere Fälle dieser Art mitgeteilt.) Auch zeigen Verdünnungsversuche, wie z. B. der auf Tabelle VI, daß Leim- und Serumverdauung dabei in ganz anderem Verhältnis abnehmen. Man könnte ferner vermuten, daß der erhöhte Salzgehalt der Lösung nach der Säurebehandlung das Serum derart verändere, daß es der Trypsinwirkung widerstehe. Abgesehen davon, daß Serumproben, die in derart behandelten Präparaten lagen, nichts an Verdaulichkeit einbüßten, spricht auch dıe Tatsache dagegen, daß es wesentlich auf die Dauer der Einwirkung der Säure an- kommt. Folgende Tabelle zeigt, daß tatsächlich die Säurewirkung hierbei das wirksame Agens ist. *) Häufig beobachtet man bei zur völligen Vernichtung der Serumverdauung nicht ausreichendem Säurezusatz, daß die Serumsäulchen nicht eigentlich verdaut, sondern von den Enden her durchscheinend glasig werden. 102 Leo Pollak, Tabelle V. Verdauungszeit: 17h. Rindspankreasinfus mehrere Tage alt Zusatz | Pferdeserum | Gelatine 2 com 2,4 ccm Wasser 9, % 2,4 ccm n-NaCl-Lösung 11 < o 1,2 ccm n-HCl nach 12‘ 5 P rückneutralisiert . Auch nach mehrtägiger Dialyse kehrt die tryptische Wirkung auf Serum nicht zurück; ihre Abwesenheit kann also nicht durch erhöhten Kochsalzgehalt erklärt werden. Es bleibt daher für die beschriebenen Versuche keine andere ungezwungene Deutung übrig als die Annahme, daß Serum- und Gelatineverdauung Funktionen zweier verschiedener Fermente sind, von denen nach der angeführten Behandlung das eine, das auf Leim wirksame, für das ich den Namen Glutinase in Vorschlag bringe, allein zur Wirkung kommt. Es galt nun, das Verhalten dieses Fermentes echten Eiweiß- körpern gegenüber zu untersuchen. Ebenso wenig wie auf die Proteide des Pferdeserums wirkt es auf die des Hundeserums und die des Eiklars. Auch die Wirkung auf Fibrin gelingt es öfter durch die angeführte Behandlung fast völlig zu vernichten. Eine Fermentlösung, die in 22h von koaguliertem Serumeiweiß 0 mm, von Leim 5 mm verdaute, hatte nach dieser Zeit eine Fibrinflocke nicht angegriffen, auch nach weiteren 20h nicht; erst nach abermaligen 24h war etwas Fibrin in Lösung gegangen. Doch ist keineswegs in allen auf koaguliertes Serum unwirk- samen Präparaten auch die Wirkung auf Fibrin völlig geschwunden. Ob dies auf der leichten Verdaulichkeit des Fibrins beruht, oder ob auch hier die Wirkung eines besonderen Fermentes vorliegt, muß erst durch weitere Versuche erwiesen werden. Da bei der Mettschen Methode nur koaguliertes Serum zur Verwendung gelangt, mußte auf anderem Wege das Verhalten der Glutinase gegen die nativen Serumeiweißkörper geprüft werden. Folgender Versuch zeigt, daß auch diese nicht angegriffen werden. Zu 20 ccm nach dem beschriebenen Verfahren isolierten Leimfermentes (das in 16h von koaguliertem Serum O0 mm, von Gelatine 7 mm verdaute) wurden 10 ccm Pferdeserum hinzugefügt, das Gemenge unter Toluol in den Brutschrank gestellt. Als Kontrollprobe dienten 20 ccm derselben Fermentlösung und 10 ccm Pferdeserum in gesonderten Flaschen, eben- falls unter Toluol, Nach 48stündiger Digestion werden Serum und Fermentlösung der Kontrollprobe vereinigt, darauf diese in gleicher Weise Zur Frage der einheitlichen und spezifischen Natur usw. 103 wie die erste Probe mit NaH,PO, angesäuert, auskoaguliert und auf 150 ccm aufgefüllt. Von den klaren Filtraten werden je 50 ccm zur Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl verwendet. Es binden 50 ccm der Verdauungsprobe 20,85 cem -H,SO, 50 „ ,„.. Kontrollprobe te) = Es hatte somit keine Verdauung der im Pferdeserum vorhandenen Eiweißkörper stattgefunden. Von andern Eiweißkörpern kam noch Edestin zur Unter- suchung. In Probe A werden 0,6 g Edestin + 10 ccm 0,2proz. Na, CO,-Lösung + 10 cem Glutinaselösung (sie war wie oben bereitet und verdaute in 16h 4 mm Leim) 40h im Brutofen der Digestion überlassen. Probe B als Kontrolle enthält in gesonderten Gefäßen 0,6 g Edestin in 20 ccm 0,2 proz. Na,C0,-Lösung gelöst — und 10 cem derselben Glutinaselösung. Nach 40stündiger Digestion wird der Inhalt beider Gefäße vereinigt, darauf ebenso wie Probe A mit verdünnter Essigsäure schwach angesäuert, aus- koaguliert und auf 180 ccm aufgefüllt. Von den klaren Filtraten werden je 60 eem zur N-Bestimmung nach Kjeldahl verwendet. Probe A 60 ccm verbrauchen 13,2 cem —-H,80, ae 5 per “ 2 .%, 5 Es hat also die Glutinase eine schwache tryptische Wirkung auf Edestin. Andere Eiweißkörper sollen in dieser Hinsicht noch untersucht werden, spez. das Kasein, da Henri und Larguier des Bancels‘*) auf Grund der Reaktionsgeschwindigkeit ein einheitliches Ferment für Gelatine und Kasein postulieren. Eine Beziehung der Glutinase zu dera nach den Untersuchungen von Vernon“*) und Bayliss und Starling““*) auch unter den Fermenten des Pankreas vorkommenden Erepsin ist nicht wahr- scheinlich, da letzteres den zweitgenannten Autoren zufolge Gelatine nicht verdaut. Die Fähigkeit, Peptone in nicht mehr die Biuret- reaktion gebende Produkte zu zerlegen, kommt der Glutinase nach einigen Versuchen nicht oder wenigstens nicht in stärkerem Grade zu. Von anderen Versuchen, die Leimfermentwirkung isoliert zur Untersuchung zu bringen, möchte ich noch die Alkoholfällung an- führen. Ein wässeriges Infus von Rindspankreas, das 3 Tage im Brutschrank gestanden war, wird mit doppeltem Volumen Alkohol versetzt, der ent- standene Niederschlag abfiltriert, im Filtrat der Alkohol bei Brutofen- temperatur abgedunstet, der Rückstand in alkalischem Wasser aufge- nommen. Derselbe zeigt folgende digestive Wirkung in 16h: koaguliertes Serum 0 mm, Gelatine 6 mm. (Ein Auszug aus dem Niederschlage ver- daut: koaguliertes Serum 11 mm, Leim 14 mm.) In einem andern Falle war das Resultat weniger günstig: koaguliertes Serum 0 mm, Leim 3 mm, *) Compt. rend. d. Soc. d. biol. 55, 866. **) Journ. of Physiol. 30, Nr. 3. »ek) Journ, of Physiol. 30, Nr. 1. 104 Leo Pollak, Diese Behandlung führt nicht so sicher zum Ziele wie die Säuremethode. Auch hier spielt natürlich die spezielle Beschaffen- heit der Lösung rücksichtlich der Menge des erforderlichen Alkohols eine bestimmende Rolle, die ungleich große Empfindlichkeit des Fermentes gegen Alkohol je nach der Natur der vorhandenen Bei- mengungen bedingt wahrscheinlich die erwähnte Unsicherheit. Ich ging nun dazu über, an dem isolierten Leimferment das Verdünnungsgesetz zu studieren; denn die Vermutung lag nahe, daß ein isoliertes Ferment in dieser Beziehung reinere Gesetz- mäßigkeit zeigen würde als das Fermentgemenge der gewöhnlichen Pankreaspräparate. Nach Angaben von Pawlow“) sowie von Vernon“*) soll die für die Pepsinwirkung aufgestellte Schütz- Borissowsche Regel auch für das Trypsin Giltigkeit haben. Pawlow bringt keine weiteren experimentellen Belege bei, Vernons Zahlen aber stimmen nur sehr ee mit den durch das Gesetz geforderten überein. Für diese Versuche wäre es erwünscht gewesen, das isolierte Ferment auch in höheren Konzentrationen zu erhalten. Aber weder durch Einengen bei Brutschrank- und selbst bei Zimmer- temperatur, noch durch Ausfrierenlassen nach dem Hahn- Buchnerschen Verfahren, noch durch die Brückesche Chole- stearinmethode ließ sich eine Erhöhung der Konzentration erzielen, da solche Versuche an der (offenbar durch die bei der Isolierung gesetzten Verhältnisse erhöhten) Empfindlichkeit des Fermentes scheiterten. Ich mußte mich daher mit der direkt erreichbaren, in geeigneten Fällen auch für meine Zwecke ausreichenden Kon- zentration begnügen. Ich setze in den folgenden Tabellen Ver- dünnungsversuche an nicht weiter vorbehandeltem Rindspankreas- infus, also dem Ferinentgemenge, und an Lösungen von 2 isolierter Glutinase zum Vergleiche neben einander. Tabelle VI. Rindspankreasinfus. Verdauungszeit: 166. — m —— Verdauungslösung Serum Gelatine Gefunden |Berechnet***,| Gefunden |Berechnet***) 2 ccm | 8mm | 8 mm 20 mm | 20 mm 2cem +6cem dest. Wasser 5 „ Ir RN 53 105% 10,35% 2-16, = # Be 2 8. 5 6,4% 2 „ 30, 3 R 387.5 =, 748 319 2. „and z 3 29.2 1,6 „ | 5,5. *) Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Wiesbaden 1898, S. 33. **) Journ. of Physiol. 26, 405. ”**) Nach der Schützschen Kegel, von der stärksten Verdauungswirkung ausgehend. Zur Frage der einheitlichen und spezifischen Natur usw. 105 Fabell@ VIE Isolierte Glutinase. Verdauungszeit: 16h, Verdauungslösung | eine Gefunden . Bereehnet TE Te Tr Te TE rn er sg Ze En En a m 7 u Pr Er RT re TE 2 cem 1 6 mm 6 mm 2 ccm —+ 2 cem destilliertes Wasser Be Ar: , 2 a u Bin, 2 a ER EN Ei % , 2 De ie uk Fh e- 0 , R 2 Spur | 1.4 ‚ Lösung von | Gelatine Isolierte Glutinase- Gelatine j Br: Trypsin | Gefunden | Berechnet lösung Gefunden | Berechnet | 2 cem 10 = 10 mm - 2 ccm 6,5 mm 6,5 mm m E 2ccm Wasser | 8,5 „ 7 .„ |29eem- 2ccemWasser 45 „ |45 ,„ { Ber, a ET N SR BELC es e®., » ae DEE Ban 6 „ .last3,5, | 325 „ Bu, ,„ a Be, | 4,5 „ u, are >, N ER et Be... SET ER Sa TE wei 15, DR UN 2 2 . BES, Eniese Versuche lehren, daß die Wirksamkeit des isolierten Ei nferments zwar nicht ganz genau der Schütz-Borissowschen Regel entspricht, sich derselben aber doch weit mehr annähert als das beim Fermentgemenge eines gewöhnlichen Pankreasinfuses er des Grüblerschen Trypsins der Fall ist. Ob die noch be- henden Abweichungen auf mangelhafter Isolierung beruhen, der ob da noch unbekannte Faktoren von Einfluß sind, läßt sich vorläufig nicht entscheiden. Nachdem dermaßen festgestellt war, daß im Pankreastrypsin ein spezifisch Gelatine verdauendes Ferment vorhanden ist, war zu untersuchen, ob sich nicht auch ein „Serumferment“ isolieren lasse, also eine Lösung hergestellt werden könne, die die Eiweiß- körper des Serums aber nicht mehr Gelatine und andere Produkte verdaut. _ Zu einem so befriedigenden Ergebnisse wie bezüglich des Leim- iermentes bin ich aber hierbei Bit gelangt. Weder fraktionierte Fällung mit Ammonsulfat, mit Magnesiumkarbonat oder Blei- 106 Leo Pollak, zucker (letztere beiden hat Hammarsten zur Isolierung von Lab und Pepsin verwandt) oder mit Uranylacetat, noch frak- tioniertes Erhitzen führten zu dem gewünschten Resultate. Zwar wurde durch solche Behandlungsweisen das Verhältnis von Leimverdauung zu Serumverdauung verschoben, in manchen Fällen auch zugunsten der letzteren, eine völlige Vernichtung der ersteren wurde aber nicht erreicht. Auch bei langdauernder Digestion im Brutschranke werden beide Fermente ungleich rasch zerstört wie folgendes Beispiel beweist. Rindspankreasinfus verdaut in 16h: koaguliertes Serum 7,5 mm, Leim 6 mm. Nach imonatlicher Digestion verdaut dasselbe in 16h: koaguliertes Serum 6 mm, Leim 2,5 mm. Unerwarteter Weise ergab sich aber ein geeignetes Mittel, die Leimverdauung gegenüber der des Serums herabzudrücken, aus folgenden Erfahrungen. Verdünnt man eine Probe einer tryptischen Verdauungslösung statt mit Wasser mit der gleichen, jedoch gekochten und filtrierten Lösung, so beobachtet man eine eigenartige, ganz vorzugsweise gegen die Leimverdauung gerichtete Hemmungswirkung. Tabelle VII. Wässeriges Infus von Rindspankreas. Verdauungszeit: 16h. Verdauungslösung Zusatz Serum ı Gelatine 2 ccm + /2 cem destill. Wasser 5 mm| 6 mm Er. -- ‚2 ,„ derselbenLösung, gekocht) 4 n 8, 7,% 20% + |4 „ Wasser 4 5 DEI De + |4 „ gekochte Lösung 30. 2 a Burn +|8 „ Wasser | 3:1 ne Diss + |8 „ gekochte Lösung Br I ” oder 1 ccm einer Lösung v. Grüblers Trypsin 7 Proz. | + 4 ccm Wasser | 4 5 9 " 1 ” ” » ” „ „ A: 4 cem gek. Pankreasextr.|4 ,„ 25 „5 PS wi ee e „t8ccm Wasser |3 ,„ 1,D 1 » „ ” B) „ 3b: 8 ccm gek. Mi Pankreasextr. | 3°) „ Spur *) Die Verdauung des Serums führte in diesem Falle nicht wie sonst zu einer klaren, sondern zu einer trüben, zähen Lösung, eine Erscheinung, die sich öfter bei diesen Versuchen zeigte. N 0 RE N u a a ln f gl ei) > EZ vr Mrs EEE aa En en ENT FE er E ee AL Zur Frage der einheitlichen und spezifischen Natur usw. 107 In der gekochten Verdauungsflüssigkeit ist demnach eine Substanz enthalten, die die Verdauung des Serums wenig oder gar nicht behindert, dagegen ganz exquisit die Leimverdauung hemmt. Erst bei Zusatz größerer Quantitäten wird auch die Digestion des Serumeiweißes deutlich behindert. Der Gehalt an der Muttersubstanz dieses „Antikörpers“ (der „Antiglutinase“, welche Bezeichnung über seine Natur nichts weiter aussagen soll) ist in verschiedenen Pankreasinfusen sehr ungleich und zwar unabhängig von der tryptischen Valenz derselben. (Auch in Grüblers Trypsin ist er enthalten.) Es ließ sich zeigen, daß der Antikörper selbst erst beim Er- hitzen der betreffenden Verdauungsslösung entsteht. Tabelle IX. Verdauungszeit: 16h, Serum | Gelatine 2 ccm Pankreasextrakt | + 4 ccm physiol. NaCl-Lösung | 4,5 mm | 5,5 mm re 5 +44 „ durch 25’ auf 58° er- hitzten Pankreasextr.*,| 4,5 „ ) “ 2, m +4 „ durch 10° auf 60° er- hitztenPankreasextr*)| 4,5 „ |5 ; Sg „ -H4 „ durch 10’ auf 70° er- hitzten Extrakts 4 Bose N Be R +4 „ durch 10’ auf 80° er- hitzten Extrakts 4 si 2 R Ber u +4 „ gekochten Pankreas- extrakts 4 a “ Nach Erwärmung auf 70° durch 10° ist bereits deutliche Hemmungswirkung vorhanden, nach solcher auf 80° ist die gleiche hemmende Kraft wie durch Kochen erreicht. Man kann das Kochen fünf Minuten lang fortsetzen, ohne den Antikörper zu schädigen. Nach 24stündiger Dialyse im Pergamentschlauche gegen fließendes Wasser war er nicht geschwunden. 3 cem Pankreasextrakt +4 ccm Wasser, Serum: 4 mm, Gelatine: 5,5 mm. 2 cem Pankreasextrakt -- 4 ccm gekochten, dann 24h dialysierten Extrakts, Serum: 4 mm, Gelatine: 2 mm. Die enteiweißte Flüssigkeit übt noch die gleiche Hemmung aus, ebenso entsteht die Substanz in Lösungen, die höchstens noch Spuren von Biuretreaktion geben. *) Verdaut weder Leim mehr noch Serum, 108 Leo Pollak, 2 ccm einer Lösung von Grüblers Trypsin 7proz. + 4 ccm Wasser, Serum: 4,5 mm, Gelatine 9,5 mm. 2 ccm einer Lösung von Grüblers Trypsin 7 proz. + 4 ccm enteiweißten Pankreasextrakts, Serum: 4,5 mm, Gelatine 3 mm. 2 cem eines Pankreasextraktes + 4 ccm Wasser, Serum: 4 mm, Gelatine: 7 mm. 2 ccm eines Pankreasextraktes + 4 ccm gekochten Pankreasextrakts, (las keine Biuretreaktion mehr gibt, Serum: 4 mm, Gelatine: 2 mm. Die Muttersubstanz des Antikörpers, aus der er durch Erhitzen entsteht, ist durch Ammonsulfat ausfällbar. Die Ausfällung hat bei Halbsättigung bereits begonnen und ist bei Zweidrittel- sättigung beendet. 7proz. Lösung von Grüblers Trypsin 2 ccm — 4 ccm Wasser, koaguliertes Serum: 3 mm, Leim 8,5 mm. 7proz. Lösung von Grüblers Trypsin 2 ccm — 4 ccm des gekochten, 4 Tage dialysierten Filtrates eines Pankreasextraktes nach Halbsättigung mit Ammonsulfat, koaguliertes Serum: 3 mm, Leim: 7 mm. 7proz. Lösung von Grüblers Trypsin 2 ccm + 4 cem des gekochten, dialysierten Filtrates nach ?/; Sättigung mit Ammonsulfat, koaguliertes Serum: 3 mm, Leim 8,5 mm. 7proz. Lösung von Grüblers Trypsin, 2 cem +4 cem des gekochten*) wässerigen Auszuges aus dem Niederschlage nach Halbsättigung mit Ammonsulfat, koaguliertes Serum: 3 mm, Leim: 5,5 mm. 7proz. Lösung von Grüblers Trypsin 2 com + 4 ccm des gekochten wässerigen Auszuges aus dem Niederschlage nach ?/s Sättigung mit Ammonsulfat, koaguliertes Serum: 2,5 mm, Leim: 4,5 mm. Ebenso wird sie durch Zusatz von 2 Volumen Alkohol, aber nur zum Teile, gefällt. Auch gegen das Trypsin des Pferdepankreas erweist sich der Antikörper des Rindspankreas wirksam, des- gleichen findet er sich in gekochten Pferdepankreasinfusen; er ist also nicht, wie das Antitrypsin des Blutserums nach Glässners**) Befunden, artspezifisch. i Um über die Natur des hemmenden Körpers etwas in Er- fahrung zu bringen, wurde zunächst versucht, ob er durch Steigerung der Alkalescenz des Extraktes entsteht. Dies ist nicht der Fall. 7proz. Lösung von Grüblers Trypsin in 0,2proz. Na,C0, 2 cem +4 ccm Wasser, koaguliertes Serum: 5,5 mm, Leim: 8,5 mm. 7proz. Lösung von Grüblers Trypsin in 0,2proz. Na,00, 2 ccm +4 ccm 7-NaOH, koaguliertes Serum: 5 mm, Leim: 8,5 mm. 7proz. Lösung von Grüblers Trypsin in 0,2proz. Na,00, 2 cem +2 ccm —-Na OH, koaguliertes Serum: 6 mm, Leim: 10 mm. *) Der ungekochte Auszug wirkte nicht nur nicht hemmend, sondern verstärkte die Wirkung infolge seines Gehaltes an ausgefälltem Trypsin. **) Diese Beiträge, 4, 79. Zur Frage der einheitlichen und spezifischen Natur usw. 109 Da nicht wahrscheinlich war, daß wir es mit einem anorganischen Körper zu tun hätten (der Mangel der Dialysierbarkeit und das Entstehen beim Erhitzen sprachen dagegen), prüfte ich, ob viel- leicht überhaupt der Zusatz des Filtrates von auskoagulierten Eiweißlösungen einen derartigen Effekt habe. Aber weder Lösungen von Euglobulin oder Pseudoglobulin (die in ungekochtem Zustande wegen des Antitrypsingehaltes hemmend wirken) noch von Serum- albumin, noch auch von Wittepepton übten nach Kochen und Filtrieren eine gleiche Hemmung aus. Un: ferner über die Wirkungsweise dieses Antikörpers etwas zu erfahren, ließ ich denselben vor Anstellung der Verdauungs- probe durch 3 Tage auf das Trypsin einwirken, von der Über- legung ausgehend, daß eine fermentartig wirkende Substanz bei längerer Einwirkung stärkere Hemmung erzielen müßte. Der Vergleich mit der unmittelbar vor der Verdauung angesetzten Probe ergab aber keinen Unterschied. Grüblers Trypsin (7proz.) 2 ccm — 4 cem Wasser, Serum: 4 mm, Leim 14 mm. Grüblers Trypsin (7 proz.) 2 ccm + 4 ccm gekochten Pankreasextrakts, Serum: 4 mm, Leim: 5 mm. Grüblers Trypsin (7 proz.) 2 cem + 4 ccm gekochten Pankreasextrakts, bereits 3 Tage vor Beginn der Verdauung vereinigt, Serum: 4 mm, Leim: 5 mm. Es war ferner die Möglichkeit vorhanden, daß die Hemmung nicht gegen das Trypsin (bzw. die Glutinase) gerichtet sei, sondern durch eine Veränderung der Gelatine infolge der Einwirkung des gekochten Extraktes hervorgebracht werde. Ich legte daher Mett- sche Röhrchen, die mit Gelatine gefüllt waren, durch 3 Stunden in gekochte, stark hemmende Verdauungsflüssigkeit, dialysierte darauf durch 24h gegen destilliertes Wasser, um die anhaftende Ver- suchslösung wieder zu entfernen, und verglich darauf ihre Verdau- lichkeit mit der von solchen Röhrchen, die die gleiche Zeit in destilliertem Wasser gelegen waren. Sie war genau die gleiche, auf einer Veränderung der Gelatine kann also die besagte Hemmung nicht beruhen, vielmehr scheint der Antikörper in irgend einer Weise den fermentativen Prozeß selbst zu behindern. Es erübrigt noch, die Beziehungen unseres Antikörpers zu dem Antitrypsin des Blutserums zu untersuchen. Vergleichende Unter- suchungen über die Wirkung des letzteren bei der Verdauung verschiedener Eiweißarten wären nicht gemacht worden. Be- zügliche Versuche ergaben nun, daß auch dieser Antikörper die Serumverdauung weniger stark hemmt als die der Gelatine. 110 Leo Pollak, ge Tabelle X. Grüblers Trypsin. Verdauungszeit 16h. Verdauungslösung Zusatz Serum | Gelatine 4 cem | 2 ccm Wasser 7 mm |10 mm 4 „ l ccm Pferdeserum 7 oz 7 HE 4 ” 2 ” ” .J ” d ” 4 ” 3 ” ” 4,5 ” 2,5 ” * ” 4 ” ” 2 ” 1 ” 2 ” 4 ” ” 0 „ 0 n Oder: Ein wirksameres Trypsinpräparat,. Verdauungszeit: 16h, 4 ccm Verdauungslösung 4 4 cem physiologischer Kochsalzlösung, Serum: 7,5 mm, Gelatine: 17 mm. 4 cem Verdauungslösung + 4 ccm Pferdeblutserum, Serum: 6,5 mm, Gelatine: 5 mm. 4 ccm Verdauungslösung + 5 ccm Pferdeblutserum, Serum: 6 mm, Gelatine: 4 mm. \ Dennoch kann der von mir gefundene Antikörper mit dem Antitrypsin des Blutserums nicht identisch sein, denn letzteres wird bei einer Temperatur von 64° vernichtet, während der Anti- körper überhaupt erst bei höherer Temperatur entsteht. Auch die aus verschiedenen Organen gewonnenen Antitrypsine (W einland‘*) sind nicht hitzebeständig. III. Zusammenfassung. Aus den im zweiten Abschnitt beschriebenen Versuchen er- geben sich folgende Resultate: | Es gelingt durch geeignete Behandlung mit Säure ein Pan- kreasextrakt derart zu verändern, daß es seine verdauende Wirkung auf die Eiweißkörper des Serums, des Eiklars und auf Fibrin einbüßt, dagegen Gelatine weiter zu verdauen vermag. Die leimverdauende Kraft des Trypsins ist einem besondern, spezifisch auf diesen Proteinkörper abgestimmten Fermente (Glutinase) zu- zuschreiben. Versuche, ein ausschließlich auf Serumeiweiß wirksames Fer- ment zu isolieren, erreichten ihr Ziel nicht ganz, doch gelang es, das Verhältnis von Serum- zu Gelatineverdauung in der Trypsin- lösung derart zu verschieben, daß letztere auf weniger als ein Drittel des ursprünglichen Wertes sank, während erstere fast unverändert blieb. Dies wurde erreicht durch Zufügung eines hemmenden *) Zeitschr. f. Biol. 44, 1 u. 46. Zur Frage der einheitlichen und spezifischen Natur usw. 111 Körpers (Antiglutinase), der in Pankreasinfusen beim Erhitzen über 70° entsteht. Über die Natur desselben wurde in Erfahrung gebracht, daß er nicht dialysiert, nicht fermentartig wirkt und durch 5‘ währendes Kochen nicht geschädigt wird. Seine Mutter- substanz wird durch Ammonsulfat und Alkohol ausgefällt, er ent- steht auch in enteiweißten und solchen Extrakten, die höchstens noch Spuren von Biuretreaktion geben. Verschiedene Pankreas- infuse enthalten ihn in ungleicher Menge, unabhängig von ihrer tryptischen Kraft. Er hat die Eigenschaft, vorzugsweise die Gelatineverdauung zu hemmen, viel schwächer und erst in höherer Konzentration die Verdauung des Serums. Die auslesende Art der Hemmung teilt er mit dem Antitrypsin des Blutserums, mit dem er aber nicht identisch sein kann. Die Spezifizität dieser Hemmungserscheinungen, ohne für sich allein als unbedingter Beweis einer Spezifizität der einzelnen Trypsinfermente gelten zu können, stellt doch im Zusammenhalt mit den obigen Befunden eine starke Stütze dieser Annahme dar. Ob das Mißlingen des Versuches, das Serum verdauende Ferment isoliert zu erhalten, nur an dem Mangel einer geeigneten Trennungs- methode liegt, oder ob dieses Ferment nicht derart spezifisch ist, daß es nicht auch auf Gelatine, wenngleich in geringerem Grade _ einwirkt (von vornherein ist das gar nicht unwahrscheinlich), kann auf Grund des vorliegenden Materials noch nicht entschieden werden. Über die Wirkungsweise des „Antikörpers“ kann zunächst nicht mehr ausgesagst werden, als daß er den Fermentprozeß selbst behindert. Da nunmehr die Existenz mindestens zweier spezifischer Fermente im Pankreastrypsin nachgewiesen ist, gewinnt die An- nahme an Wahrscheinlichkeit, daß künftige Forschung die Zahl derselben noch vermehren wird. Scheinen ja schon die in Tabelle I niedergelegten Erfahrungen auch für die Individualität eines Eiklar verdauenden Fermentes zu sprechen. Es ergibt sich sonach, daß das bisher als einbeitlich angesehene Trypsin des Pankreas ein Fermentgemenge ist, das weiter auf- zulösen die nächste Aufgabe sein dürfte. Sind auch die vor- liegenden Versuche nicht an Pankreassekret selbst, sondern nur an Pankreasinfusen und käuflichen Trypsinpräparaten angestellt, so ist doch ihre Giltigkeit auch für dieses höchstwahrscheinlich, und es ergeben sich in betreff der Abhängigkeit der Sekret- beschaffenheit von der Art der Nahrung neue Fragen. Über die Zusammensetzung des Pankreastrypsins hinaus aber ' gewinnen diese Befunde Bedeutung für unsere Auffassung von 112 Leo Pollak, Zur Frage der einheitlichen und spezifischen Natur usw. der Natur der proteolytischen Fermente. Sollte sich die Annahme einer weitergehenden Spezifizität derselben bestätigen, so würden sie sich in dieser wesentlichen Beziehung den saccharifizierenden Fermenten anreihen. Die große Bedeutung aber, die diese Eigen- schaft für das Verständnis der „vitalen“ Funktionen der Zelle, die janach Hofmeisters*) Auffassung zum großen Teile Ferment- prozesse darstellen, hätte, liegt auf der Hand. Spezifisch auf bestimmte Proteide abgestimmte Fermente müssen für die Art und die Begrenzung des Ablaufes proteolytischer Vorgänge im Zellenleben einen viel zweckmäßigeren Hilfsapparat abgeben als solche, die die Eiweißstoffe ohne Unterschied angreifen. *) Die chemische Organisation der Zelle. Braunschweig 1902. XI. Über die Empfindlichkeit und das Rezeptionsvermögen der Zellen bei normalen und immunisierten Tieren.*) Von Privatdozent Dr. Martin Jacoby, Assistenten am pharmakologischen Institut. Aus dem pharmakologischen Institut zu Heidelberg. Im Mittelpunkt der Ehrlichschen Theorie von der Wirkungs- weise der Toxine und der Entstehung der Antitoxine steht die Hypothese, daß die Antitoxine wesensgleich sind mit den Zell- substanzen, welche in den Zellen das Gift fixieren. Dieser An- nahme ist mehrfach widersprochen worden, wie mir scheint, bisher ohne berechtigte Gründe. Jedoch soll hier eine Analyse der be- treffenden Arbeiten unterbleiben, da ich an anderer Stelle darauf eingehend zurückkomme. Ehrlichs Gedankengang regt aber auch Fragestellungen an, welche nur mittelbar mit dem eigentlichen Ausgangspunkt in Be- ziehung stehen. So hat seine Theorie den Rezeptorenbegriff ın den Vordergrund gerückt und das Interesse dafür erweckt, etwas über die Substanzen zu erfahren, deren Anwesenheit und Funktion die Zelle den stärksten Giften, den Toxinen, zugänglich macht, sie am meisten exponiert. Man muß sich klar machen, daß die Annahme solcher Substanzen keine Hypothese ist, vielmehr die Einführung der Rezeptoren die scharfe Formulierung einer durch- aus notwendigen Voraussetzung bedeutet. Denn es ist ja selbst- verständlich, daß irgend eine physikalische oder chemische An- ordnung in der Zelle die Ursache sein muß, daß die Zelle für ein Toxin empfindlich ist. Die Hypothese setzt erst ein, wenn dieser Rezeptor zu den Antitoxinen des Blutserums in Parallele ge- bracht wird. *) Die Resultate dieser Arbeit wurden am 28. Juni 1904 der medi- zinischen Sektion des naturhistorisch-medizinischen Vereins zu Heidelberg kurz mitgeteilt. Beitr. z, chem, Physiologie. VL 8 114 Martin Jacoby, Bei der Frage nach dem Wesen der Rezeptoren handelt es sich, wie ohne weiteres ersichtlich ist, um die Frage nach den Ursachen der Zellempfindlichkeit. Ehrlich hat aber auch im einzelnen schon der Erforschung dieses Problems den Weg ge- bahnt. Von ihm wurde die Tatsache in den Vordergrund gerückt, daß die sich vergiftende Zelle Gift aus dem umgebenden Medium aufnimmt und in irgend einer Weise fixiert. Für diese fixierenden Substanzen wird dann der Ausdruck Rezeptor speziell angewandt. Dadurch, daß man diesen Faktor aus den Ursachen der Zellem- pfindlichkeit herausgreift, hat die Rezeptorenforschung experi- mentelle Angrifispunkte gewonnen. Während die physikalische und chemische Aufklärung dieser fixierenden. Substanzen noch große Schwierigkeiten bereiten wird, kann man schon jetzt unter- suchen, wie diese Rezeptoren, diese normalen Zellbestandteile in das Protoplasma der Zellen eingefügt sind. Es sei einmal gestattet, jede Gruppe von Reaktionen, welche wir an einem Rezeptor kennen, als eine Affinität zu unkerschaidan: Wir müssen, dann bisher an einem Rezeptor mindestens zwei Affinitäten auseinanderhalten, erstens die rezipierende, das ist die, welche mit dem Gift in Reaktion tritt, und eine zweite, welche den Rezeptor, also das isolierbare, giftfixierende Element der Zelle, in die Gesamtheit des Zellverbandes einfügt. Die Kenntnis dieser zweiten, bisher kaum in die Erörterung gezogenen Affinität kann bei der Aufklärung der Frage von Nutzen sein, warum ein Toxin eine Zelle zerstört; ferner kann man so vielleicht etwas für die Diskussion der Hypothese erfahren, nach der Rezeptoren durch Loslösung aus dem Zellverband zu Anti- toxinen werden. Experimentell prüfbar ist auch die Frage, inwieweit das Rezeptionsvermögen der Zellen und die Zellempfindlichkeit parallel gehen. Es ist schon bekannt, daß in verschiedenen, daraufhin geprüften Fällen immune Zellen kein Bindungsvermögen für das betreffende Toxin aufweisen, empfindliche Zellen das Gift binden. Dagegen gibt es Zellen, welche gegen gewisse Toxine immun sind, sie aber dennoch binden. Das ist auch durchaus nicht im Gegen- satz zu der Rezeptorenauffassung Ehrlichs, wie das früher schon auseinandergesetzt wurde. Dagegen ist zu verlangen, wenn Ehr- lichs Darlegungen ohne Modifikation bestehen bleiben sollen, daß Zellen, welche gegen ein Toxin empfindlich sind, es auch binden. Das hat sich bisher auch stets nachweisen lassen. Fast gänzlich im Dunklen sind wir bisher darüber, welche Unterschiede das Rezeptionsvermögen der Zellen bei hoher und geringer Dis- Über die Empfindlichkeit und das Rezeptionsvermögen usw. 115 position gegen Toxine aufweist. A priori läßt sich darüber kaum etwas aussagen. Wir könnten uns vorstellen, daß eine Zelle viel Gift bindet und wenig empfindlich ist, weil etwa viele Rezeptoren oder sehr avide Rezeptoren an gleichgültigen Punkten der Zelle fixiert sind. Ebensogut wäre es auch möglich, daß eine Zelle mit hohem Giftbindungsvermögen auch hochempfindlich ist. In diesem Falle könnte man sich die an wichtigen Punkten fixierten Rezep- toren besonders avide denken oder auch annehmen, daß die Zelle einen besonders hohen Rezeptorengehalt hat, von Rezeptoren strotzt, so daß sie aus dünnen Giftlösungen die zur Vergiftung nötige Dosis aufnehmen kann, weil die Gelegenheit durch die größere Konzentration an Rezeptoren eine größere ist. Schließlich schien es mir für das Problem der erworbenen Immunität und der Antitoxinbildung von Wert, zu untersuchen, welche Wandlungen die Zellempfindlichkeit und das Rezeptions- vermögen der Zellen während der Immunisierung durchmacht. Über die Empfindlichkeit einzelner Zellterritorien während der Immunisierung und etwaige Schwankungen des Rezeptionsver- mögens sind wir bisher sehr. wenig unterrichtet. Und doch handelt es hier sich um eine Frage, deren Beantwortung bis zu einem ge- wissen Grade die Prüfung ermöglicht, ob die Antitoxinbildung mit einer hyperkompensatorischen Rezeptorenbildung und nach- folgender Abstoßung neugebildeter Rezeptoren in Zusammenhang steht. Doch ist zu betonen, daß Untersuchungen über Empfind- lichkeit und Rezeptorengehalt der Zellen während der Immuni- sierung uns nicht darüber aufklären können, warum es etwa zu einer Änderung des Rezeptorengehaltes in den Zellen kommt, aber solche Untersuchungen können den Nachweis ermöglichen, daß es zu solchen Wandlungen in der Zelle kommt. Derartige Studien bezwecken also, experimentelles Material zu erbringen, welches am eigentlichen Kern der Ehrlichschen Theorie hypo- thetische Brücken durch Beobachtungen zu festigen vermag. In durchaus bewußter Weise spricht sich Ehrlich in seiner wahr- haft naturwissenschaftlichen, beschreibenden Theorie zunächst nicht darüber aus, warum der Eintritt des Giftes in die Zelle Umwälzungen hervorruft, eine Prüfung dieses uns hier nicht interessierenden Punktes hat jedenfalls nichts mit der Theorie von Ehrlich zu tun. Auf Grund dieser Erwägungen wurden folgende Punkte untersucht: | 1. Es wurde geprüft, mit welcher Festigkeit Toxinrezeptoren in den tierischen Zellen fixiert sind. gr 116 Martin Jacoby, 2. Es wurde das Bindungsvermögen hoch-empfindlicher, wenig- empfindlicher und unempfindlicher Zellen verglichen. 3. Es wurden Untersuchungen über die Empfindlichkeit und das Rezeptionsvermögen der Zellen während der Immunisierung angestellt. I. Die Versuche zur Prüfung der Festigkeit, mit welcher die Teoxin-Rezeptoren in den Zellen fixiert sind, wurden in der Haupt: sache mit dem Blutkörperchen agglutinierenden Ricin angestellt. Die in diesem Abschnitt I wiedergegebenen Beobachtungen be- ziehen sich daher ausschließlich auf Ricin. Für eine Reihe von tierischen Toxin-Rezeptoren ist bereits mit Sicherheit festgestellt, daß man sie durch Wasser oder Koch- salzlösung nicht den Zellen entziehen kann. Besonders genau ist das für die Rezeptoren der roten Blutkörperchen untersucht, mit denen wir es hier lediglich zu tun haben werden, Löst man Blut durch Zusatz von destilliertem Wasser und stellt man sich die schwerlöslichen Zellbestandteile als sogenannte Stromata der Zellen nach der Lösung durch Zentrifugieren dar, so enthält das Stroma die Rezeptoren. Auf dieser Eigenschaft vieler Rezeptoren beruht die schöne Rezeptorendarstellungs- methode von Sachs.*) Solches Stroma aus Kaninchen- oder Rinderblut bindet nun, auch wenn es gut mit Wasser und Kochsalzlösung ausgewaschen ist, in leicht zu prüfender Weise Riein; die Rezeptoren sind also jedenfalls nur sehr wenig löslich, wiewohl die Serum-Antitoxine leicht-lösliche Körper sind. Seit den Untersuchungen Buchners ist es nun aber von der Zymase bekannt, daß dieses Enzym zwar nur sehr mangelhaft aus der unversehrten Hefezelle extrahierbar ist, daß man jedoch nach Zertrümmerung der Zellen durch Aus- pressung Enzymlösungen erhalten kann. Ich habe daher ver- sucht, ob man mit dem Buchnerschen Verfahren aus dem Stroma der Blutkörperchen Rezeptoren in den Preßsaft überführen könne, ohne daß es mir bei vielfachen Versuchen irgendwie gelungen wäre. Als Beispiel für die Anordnung der Versuche führe ich ein Protokoll an. Versuch: Aus zwei Liter Rinderblut wird nach der Methode von Sachs das Stroma dargestellt. Dasselbe bindet Ricin gut. Das Stroma wird mit Quarzsand und Kieselgur fein zerrieben, mit 40 ccm Kochsalzlösung versetzt und das Gemisch in der Buchnerschen Presse ausgepreßt. *) Diese Beiträge 2, 1902. Über die Empfindlichkeit und das Rezeptionsvermögen usw. JH? Da das erste Extrakt gänzlich wirkungslos gegen Riein ist, wird ein zweites hergestellt, indem vor der Pressung wieder 40 cem Kochsalzlösung zugefügt wurden, das ebenfalls ganz ohne Wirkung ist. Das erste Extrakt war ganz klar, das zweite, leicht getrübt, kam unfiltriert zur Anwendung. Von den Extrakten werden gemischt: Extrakt I Extrakt II 0 cem 0 ccm ) ] Bi... 1 mit je 2 mg Riein. ER Be 5 03... , Die Gemische kommen zu ne 0,5 » 0,5 » } Je 2 ccm 5 Pr'OZ. Aul- ( Ao ae B6.., — 2 en SE fa | 5 „ er | Kaninchenblutkörperchen. | U „ IN. Ebensowenig wie durch Auspressung war es möglich, durch Verdauung des Stroma lösliche Rezeptoren zu gewinnen. Die Versuche wurden mit verschiedenen Fermenten angestellt. Als Beispiel seien Versuche mit Papayotin wiedergegeben. Eine Überführung von Rezeptoren in den löslichen Zustand erwies sich schon insofern als undurchführbar, als das Bindungsvermögen des Stroma — ein sehr bemerkenswerter Gegensatz zu dem Ver- halten des Serum-Antitoxins — sehr bald durch die Einwirkung des Verdauungsfermentes abgeschwächt wurde. Versuch: | 5 cem Stromaaufschwemmung aus Kaninchenblutkörperchen werden mit 1 ccm Papayotinlösung (10 Proz.) 4 Stunden bei 35° gehalten. A. 5 ccm derselben Stromaaufschwemmung werden direkt vor dem Versuch | mit 1 ccm Papayotinlösung (10 Proz.) gemischt. B. | 5 ccm derselben Stromaaufschwemmung werden mit 1 cem Kochsalzlösung gemischt. c. | A B C Kochsalzl. ) Riein 0,5 gr — hop) | m BC Becm ÖOccm 0Occm keine N Maxim. maxim. maxim | 2 wirkung zen- i ; trifugiert, zu re : n Ber ecm 0,1 ccm 0,1 ccm 1,9 den Abgüssen s h Spur Zr, 05 „ 1,5 3 ccm ge- 0 Ei 1 1 1 waschene Kan.- 8 nr » 2 » Körperchen Spur Spur 0 2 » 2 ” 2 ” 0 (5 Proz.) gefügt. Kontrollversuche zeigten, daß eine Abschwächung des Bindungsver- mögens des Stroma lediglich durch die Einwirkung der Brutschrank- temperatur nicht stattfindet. In anderen Versuchen wurde Stroma mit Papayotin gemischt, dann das Gemisch mit Quarzsand und Kieselgur zerrieben und mit der Buchnerschen Presse ausgepreßt. Auch die so ge- wonnenen Preßsäfte enthielten kein Antiricin. 118 Martin Jacoby, Die Versuche zeigen also, daß die Rezeptoren der roten Blut- körperchen sehr fest in der Zelle fixiert sind. Das ist sicher keine allgemein durchgreifende Rezeptoreneigenschaft, da es für die Rezeptoren der Bakterien*) nachgewiesen ist, daß sie sich ver- hältnismäßig leicht aus der Zelle extrahieren lassen. Auch können Untersuchungen wie die hier mitgeteilten keineswegs beweisen, daß die Rezeptoren durchaus unlöslich in der Zelle fixiert sind. Freilich wäre es verkehrt, etwa folgern zu wollen, daß die Anti- toxine ja lösliche Substanzen seien und daher auch die Zell- rezeptoren sich in Lösung überführen lassen müßten. Das wäre unrichtig, da es ja sehr wohl möglich ist, daß mit der Antitoxin- bildung auch chemische Umwandlungen einhergehen. Früher habe ich das mit der Aktivierung der Profermente in Parallele gestellt**) und oben ja auf den bemerkenswerten Unterschied hingewiesen, daß die fixen Rezeptoren weniger widerstandsfähig gegen Ver- dauungsfermente sind als die Antitoxine. Biologisch aber wird es für die Art der Einwirkung der Toxine auf die Zelle von Bedeutung sein, daß sie auf Bestandteile der Zelle einwirken, welche gleichsam auch physikalisch zum eigentlichen Protoplasma der Zelle gehören. Eine Bindung des Giftes an einen derartigen festen Bestandteil des Protoplasmas muß naturgemäß die Wirkung des Giftes rein physikalisch sehr unterstützen. II. Wie in der Einleitung auseinandergesetzt wurde, sollen in diesem zweiten Teil der Arbeit. experimentelle Daten beigebracht werden zu den Beziehungen zwischen Giftempfindlichkeit der Zellen und Bindungsvermögen und namentlich die Frage erörtert werden, ob der mehr oder minder großen Empfindlichkeit ein verschiedenes Bindungsvermögen entspricht, ob also quantitative Beziehungen zwischen Giftempfindlichkeit und Rezeptionsvermögen bestehen. Bei diesen Versuchen wurde als Toxin hauptsächlich Aal- serum verwandt, und es beziehen sich die hier beschriebenen Ver- suche ausschließlich auf dieses Gift. Bekanntlich löst Aalserum rote Blutkörperchen auf. Leicht läßt sich feststellen und ist auch schon bekannt, daß die Blutkörperchen verschiedener Spezies ver- schieden empfindlich sind. Taubenblut ist unempfindlich, das Blut einer Ziege war sehr wenig empfindlich, Kaninchenblutkörperchen waren bei den einzelnen Individuen von sehr wechselnder *) Neisser und Shiga, Deutsche med. Wochenschr. 1903, **) Ergebnisse der Physiologie 1, 1902. Über die Empfindlichkeit und das Rezeptionsvermögen usw. 119 Empfindlichkeit. Für Kaninchen liegt auch in der Literatur die interessante Beobachtung von Camus und Gley vor, daß die Blutkörperchen neugeborener Kaninchen ganz unempfindlich gegen Aalserum sind, die Empfindlichkeit also erst im Laufe des extra- uterinen Lebens erworben wird. So wurden 0,5 ccm einer 5proz. Aufschwemmung gewaschener Blut- körperchen eines Kaninchens von 1145 g durch 0,0004 ccm Aalserum voll- ständig gelöst, 0,5 ccm entsprechende Körperchen eines gleichzeitig unter- suchten Kaninchens von 960 g durch 0,1 ccm des gleichen Aalserums nicht vollständig gelöst, 0,5 cem ebenso behandelte Taubenblutkörperchen wurden durch 0,1 ccm Aalserum garnicht verändert. Für die weitere Analyse entsteht nun beim Aalserum eine Schwierigkeit, die aber überwindbar ist, dadurch, daß das Gift, ähnlich wie das Crotin, die Blutkörperchen sehr schnell löst. — Um nachzuweisen, ob die Zellen das Aalserum binden, habe ich nach zwei Richtungen Versuche angestellt. Zunächst wurde ge- prüft, ob es nicht durch geeignete Versuchsanordnung gelingt, die Blutkörperchenlösung so zu verzögern, daß die Lösung erst nach - Entfernung des überschüssigen Giftes eintritt, das nicht in die Zellen eingedrungen ist. Sodann wurde untersucht, ob durch die Berührung mit empfindlichen Zellen eine Verminderung des freien Giftes erzielt wird. Zunächst gebe ich ein Beispiel für den typischen Ablauf von Versuchen der ersten Anordnung. Versuch: Je 1 ccm 5proz. Aufschwemmung gut gewaschener Kaninchenblut- körperchen wird in Röhrchen gefüllt, dann die Kochsalzlösung durch Zentrifugieren entfernt. Auf die schon vorher gekühlten Körperchen (auch das Zentrifugieren geschieht so, daß die Röhrchen von Eiswasser dabei umgeben sind) wird bei 1 bis 2° für einige Minuten I Evi: IV l ccm 08 05 0 Kochsalzlösung (0,9 Proz.) 0 „ 92 0,5 1,0 Aalserum (!/ıooo) gebracht. Dann wird bei 0° die Flüssigkeit abzentrifugiert, die Körperchen in der Kälte mit Kochsalzlösung gewaschen und schließlich je 1 cem Koch- salzlösung überall hinzugefügt. Es ist eingetreten bei: I II II und IV 0 Spur Agglutination starke Agglutination. Nunmehr kommen die Proben auf 5 Minuten in den Brutschrank bei 35°, dann über Nacht in den Eisschrank. Nunmehr ist eingetreten bei: | I I bis IV 0 komplette Hämolyse. Bei diesen Versuchen ist also während der Zeit, in der die Körperchen mit dem freien Gift in Berührung waren, nur 120 Martin Jacoby, Agglutination und keine Hämolyse eingetreten. Eine eindeutige Erklärung läßt das Resultat noch nicht zu, wohl aber lassen sich die vorhandenen Erklärungsmöglichkeiten scharf formulieren. Wenn wir zunächst garnichts darüber wüßten, ob unter Umständen Toxine an Zellen gebunden werden, so könnten wir annehmen, daß in unserem Falle keine Bindung in Frage käme. Denn es wäre dann denkbar, daß das Gift auf die Blutkörperchen in der Kälte verändernd eingewirkt hätte, diese Veränderung aber bei der niedrigen Temperatur nur etwa bis zu einer ersten Stufe, die als Agglutination erkennbar wird, vorschreiten kann und daß erst bei höherer Temperatur die sekundären Veränderungen sich abspielen, welche wir als Hämolyse beobachten. So etwa könnten wir uns den Ablauf des Vorganges denken, wenn kein Gift von den Zellen gebunden wird. Rechnen wir aber mit der anderen Möglichkeit, daß Gift von den Zellen gebunden wird: Dann würden wir uns vorstellen, daß zur Bindung des Giftes die niedrige Temperatur zwar genügt, aber zur Hämolyse die höhere Temperatur erforder- lich ist. Als Resultat, welches wir aus den Versuchen dieser Gruppe entnehmen können, ohne die späteren Ergebnisse mitzu- berücksichtigen, wäre zu bezeichnen, daß die durch Aalserum be- dingte Hämolyse der Blutkörperchen auch eintreten kann, wenn freies Gift nicht mehr mit den Körperchen in Berührung ist. Wir kommen jetzt zu der Prüfung der Frage, ob die Giftig- keit des Aalserums bei Berührung mit Blutkörperchen abnimmt. Dafür sprechen zunächst Versuche wie etwa der folgende. Versuch: 7,5 ccm defibriniertes Kaninchenblut werden mit Kochsalzlösung ver- dünnt, durch Zentrifugieren und mehrmaliges Waschen mit Kochsalz- lösung vom Serum befreit und schließlich auch die Kochsalzlösung ent- fernt. Dann werden 10 ccm Aalserum (Yıoo) hinzugetan. Das Gemisch wird durchgeschüttelt und bleibt dann 4 Stunden bei Zimmertemperatur stehen; dann wird zentrifugiert, die abgetrennte Flüssigkeit nochmals durch Zentrifugieren von etwa noch in ihr suspendierten, festen Teilen befreit und nun dieser Abguß mit Kochsalzlösung so verdünnt, daß er einer Aalserum- verdünnung !/ıooo entspricht. — Dann wird die hämolytische Kraft dieser Flüssigkeit mit dem auf Yıooo verdünnten Aalserum verglichen, als Test- objekt dient 5 proz. Blutkörperchenaufschwemmung vom Kaninchen. Blut- körperchen 1 ccm., immer entsprechende Kochsalzlösung. I. Aalserum "/ıooo. 0 0,1 0,2—0,3 0,4—1,0 — inkomplette, fast komplette, komplette Hämolyse. (Agglutination) II. Versuchsflüssigkeit. 0 0,1 0,2 0,3—1,0 — fast nichts, keine Hämolyse, inkomplette Hämol., allmählich zunehmend, deutliche Agglutination. abnehmende Agglutination. Über die Empfindlichkeit und das Rezeptionsvermögen usw. 121 Bei diesem Versuch hat sich also bei der Berührung mit den Zellen der Giftgehalt der Lösung vermindert, und zwar liegt die Verminderung durchaus außerhalb der Fehlergrenzen der Anordnung. Muß dieses aus der Lösung verschwundene Gift nun an die Zellen gebunden sein? Das kann man nicht ohne weiteres behaupten. Denn es könnte ja bei der Reaktion mit den Blutkörperchen Gift sich chemisch verändert haben, so daß es nicht mehr hämolytisch wirkt und brauchte nicht gebunden sein. Halten wir aber die beiden Befunde zusammen: Lösung der isolierten Zellen, die nicht mehr vom freien Gift umspült werden und Verminderung des Giftgehaltes der Lösung, so wird die Wahrscheinlichkeit der Gift- bindung eine sehr große. Die Giftbindung kann als sicher ange- nommen werden, weil die Verhältnisse sich doch ganz ent- sprechend denen bei anderen Zellgiften erwiesen haben. Und bei einigen von diesen sehe ich den Beweis der Bindung deshalb als einen geschlossen durchgeführten an, weil es bis zu einem gewissen Grade gelungen ist, das gebundene Gift wieder in Frei- ‚heit zu setzen und dalıer als in nicht freier Form vorhanden nach- zuweisen. Das ist gezeigt in den Versuchen von Morgenroth‘), in denen er durch vergiftete Zellen, auch wenn kein freier oder mindestens kein ausreichender, freier Giftüberschuß (Serum- hämolysin) vorhanden war, von neuem Zellen vergiften konnte. Auffallen aber könnte in dem oben geschilderten Versuche der Umstand, daß eine so große Blutmenge zur Bindung benutzt wurde und daß dennoch der Effekt nicht allzu groß gewesen ist. Daß die große Blutmenge keine Fehlerquelle in sich schließt, indem Gift mitgerissen werden könnte, das wird aus späteren Versuchsbeispielen noch klar hervorgehen. Denn es wird sich zeigen, daß man bei unempfindlichem Blut trotz der gleichen Fehlerquelle keinen entsprechenden Giftverlust beobachtet. Die große Blutmenge ist aber nötig, um einen sicheren Effekt zu er- zielen, wie ich mich in zahlreichen Versuchen überzeugen konnte. Bei dem Studium dieses Punktes stellten sich recht interessante Verhältnisse heraus, deren Deutung Vorsicht in der Beurteilung erfordert. Bei der Auseinandersetzung dieser Dinge werde ich am besten mit der Schilderung einiger Versuche beginnen. Versuch: Zu je 1 cem 5proz. Aufschwemmung von Kaninchenblutkörperchen wird getan: | 1,0, 0,9, 0,8, 0,7, 0,6, 0,5, 0,4, 0,3, 0,2, 0,1, 0 Kochsalzlösung. 0, 0,1, 0,2, 0,3, 0,4, 0,5, 0,6, 0,7, 0,8, 0,9, 1,0 Aalserum (!/ıo000). *) Münchener med. Wochenschr. 1903, 122 Martin Jacoby, Die Röhrchen kommen dann '/ı Stunde in den Brutschrank und dann über Nacht in den Eisschrank. Ergebnis: 0 0,1-0,2 0,3—0,4 0,5—0,7 0,8—1,0 \ — fast 0, ganz geringe Hämolyse, geringe Hämolyse, inkomplette Hämolyse. Am nächsten Morgen werden die Proben zentrifugiert, die Abgüsse werden nochmals zentrifugiert und dann bei niederer. Temperatur (0 bis 4°) auf Blutkörperchen (je 1 ccm) gleicher Verdünnung wie oben, von gleichem Tier, gebracht, die seit der am 1. Versuchstage geschehenen Entnahme bei 0° aufgehoben waren. Die Gemische bleiben !/, Stunde in der Kälte zu- sammen, werden dann kalt zentrifugiert, die Körperchen mit Kochsalz- lösung gewaschen und dann wie oben behandelt. Ergebnis: 0 0,1 0,2 ..0,3--1,0 — geringe Hämolyse, inkomplette Hämolyse, komplette Hämolyse. | Versuch: Die Anordnung ist wie im vorigen Versuch. Es werden 2 Reihen angesetzt: 1. Aalserum (*/ıo000). 0::0,1,::270;2, 0,3, 0,4, 0,5, 0,6, 0,7, 0,8, 0,9, 1,0 — —?? geringste Spürchen Hämolyse, m = — Spur?? daneben Agglutination, sehr geringe Hämolyse, daneben Agglutination. 2. Aalserum (t/ı000). 0, 0,1, 0,2- 0,4, 0,5—0,7, 0,8—1,0 — sehr geringe Hämolyse, deutliche Hämolyse, inkomplette fast komplette daneben Agglutination, geringe Agglutination, Hämolyse, Hämolyse. Nach den gleichen Vornahmen wie im vorigen Versuch ergibt sich: 1. 00,2 0,3—1,0 Hämolyse 0, geringe Agglutination, komplette Hämolyse. 2. 0 0,1—1,0 geringe Agglutination, komplette Hämolyse. Was lehren diese Versuche? Die Protokolle geben die An- ordnung wieder, welche mir allmählich als die beweisendste sich ergab. Nachdem feststand, daß Gift bei der Berührung mit Blut- zellen verschwindet, war es natürlich von Interesse, zu erfahren, wieviel das ausmacht. Die Erfahrungen an anderem Material haben gelehrt, daß die Verhältnisse sehr verschieden liegen können. So kann bei den von Ehrlich und Morgenroth*) untersuchten Serumhämolysinen von einer Zellenmenge die Menge Hämolysin, welche zu ihrer Lösung nötig ist, oder bei geeigneten Vorgehen sogar noch mehr gebunden werden. Das ist auch durchaus nicht unverständlich, da ja die Zelle bei der Besetzung einer bestimmten Zahl Rezeptoren in Lösung gehen wird und daher sehr gut mehr Rezeptoren vorhanden sein können, als zur Lösung nötig sind. Mir war nun bei Versuchen wie den oben geschilderten, aber auch bei anderen, auf die ich noch zu sprechen komme, aufgefallen, daß *) Berliner Klin. Wochenschr. 1899 bis 1901. nn ——_— U —— ee Uber die Empfindlichkeit und Jdas Rezeptionsvermögen usw. 123 verhältnismäßig wenig Gift nur aus der Lösung verschwindet, d. h. daß nicht einmal so viel Gift verschwindet, wie zur Lösung der angewandten Blutmenge unbedingt in der Flüssigkeit vor- handen sein muß. Ja ich bin überhaupt nicht dazu gelangt, wenn das auch wohl bei eigens darauf gerichtetem Vorgehen ausführbar sein könnte, eine Giftlösung durch Blutkörperchen völlig zu ent- giften, wie das bei anderen derartigen Giften auch nach meinen Erfahrungen sehr wohl gelingt. Ich mußte daher daran denken, daß vielleicht eine Blutzelle nicht so viel Gift aus der Flüssigkeit fortschafft, wie in dieser Flüssigkeit vorhanden sein muß, damit die Zelle gelöst wird. Das würde anders ausgedrückt darauf herauskommen, daß immer ein Giftüberschuß vorhanden sein muß, um eine bestimmte Giftmenge zur eigentlichen Reaktion mit den Rezeptoren oder, wenn wir die Bindung an die Zelle als er- wiesen ansehen, zur Bindung an die Zelle zu veranlassen.*) Für diesmal mag es genügen, auf diesen bemerkenswerten Verteilungs- modus hinzuweisen; ich glaube, daß die Frage noch Ausgangspunkt - weiterer Untersuchungen sein muß, die namentlich die quantitativen Gesetzmäßigkeiten berücksichtigen müssen. Nunmehr muß aber noch ein auffallendes Ergebnis der Ver- suche hervorgehoben werden, welches aus den Protokollen sofort ersichtlich ist. In den mitgeteilten Beispielen hat die Giftigkeit des verdünnten Aalserums überhaupt nicht abgenommen, vielmehr ganz deutlich zugenommen. Mit Sicherheit den Grund dieser Er- scheinung anzugeben, ist natürlich nicht ohne besondere Versuche möglich. Es zeigt, daß auf dem Wege dieser Versuchsanordnung - eine Giftbindung sich beim Aalserum überhaupt nicht demonstrieren läßt und liefert eine weitere Sicherung der Behauptung, daß nicht einmal unvollständige Giftdosen durch die Blutkörperchen völlig entgiftet werden. Eine Erklärung des Phänomens selbst könnte vielleicht anknüpfen an die Ausführungen meiner Arbeit über Crotin-Immunität.*) Man könnte sich denken, daß die Giftlösung besteht aus Toxoid- und Toxinmolekülen, zuerst Toxoidmoleküle an die Blutkörperchen herantreten, wodurch ganz analog wie ich es früher für die Wirkung kleiner Antitoxindosen geschildert habe, die Giftflüssigkeit giftiger werden könnte. Schließlich will ich noch darauf aufmerksam machen, daß die gewählte Versuchsanordnung besonders geeignet ist, um die Ver- zur Bindung gelangendes Gift frei bleibendes Gift Zähler wachsen, wenn die absolute Gesamtgiftmenge abnimmt, **) Diese Beiträge 4, 1903, *) Im Quotienten kann nun eventl. der 124 Martin Jacoby, suche beweiskräftig zu gestalten. Zunächst kann kein Zweifel darüber aufkommen, daß die Dosen klein genug waren, d. h. daß nicht etwa mehr als die einfach-lösende Dosis zu dem Blut hin- zugefügt wurde, so daß etwa Gift hätte verschwinden, aber dennoch komplette Dosen hätten zurückbleiben können. Ferner habe ich die Einwirkung im ersten Akt der Versuche intensiver gestaltet als im zweiten, so daß der größere Effekt im zweiten Akt um so beweisender ist. Natürlich wurden für beide Akte die gleichen Testobjekte (Blutkörperchen der gleichen Darstellung) gewählt. Das bringt es mit sich, daß das Blut im zweiten Akt eine Anzahl Stunden älter ist. Um die nicht sehr erheblichen, dadurch etwa bedingten Störungen zu vermeiden, habe ich das Blut über Nacht und überhaupt bis zur Verwendung im Versuch auf 0° gehalten, so daß die Zeitdifferenz nichts ausmachen kann; auch überzeugte ich mich, daß Kontrollreihen mit den Blutkörperchen des zweiten Aktes dieselben Resultate wie im ersten Akt gaben. Nachdem wir nun wissen, daß das Gift des Aalserums bei der Reaktion mit den Blutkörperchen verbraucht wird, aber auch darüber unterrichtet sind, daß dieser Giftverbrauch kein sehr er- heblicher ist, können wir auf die Frage eingehen, in welcher Be- ziehung dieser Giftverbrauch zu der Empfindlichkeit der Zellen steht. Um möglichst sicheren Aufschluß zu gewinnen, wurden diese Versuche nach zwei Methoden angestellt. In der einen Ver- suchsreihe wurden die zu vergleichenden Blutkörperchenarten in größerer Menge mit gleichen Giftdosen zusammengebracht und dann bestimmt, wieviel freies Gift noch nachweisbar war. In der anderen Reihe wurde gleichzeitig unter völlig identischen Be- dingungen aus gleichen Quantitäten der beiden Blutproben das Stroma nach Sachs hergestellt und dann mit dem Gift gemischt. Zunächst berichte ich über Versuche, in denen hochempfindliches Kaninchenblut mit besonders unempfindlichem Taubenblut ver- glichen wurde. | Versuch: Je 10 ccm.defibriniertes Blut eines Kaninchens und einer Taube werden mit Kochsalzlösung verdünnt, zentrifugiert, die Blutkörperchen vom Serum befreit und mehrfach gewaschen. Dann wird zu den Körperchen je 5 ccm Aalserum (!ıoo) getan und einige Stunden zusammengelassen. Die — Kaninchenblutkörperchen lösen sich zum Teil auf, die Taubenblutkörperchen nicht. Dann wird wieder zentrifugiert, die Körperchen nochmals mit Koch- salzlösung gewaschen, um alles freie Gift zu gewinnen, und die Abgüsse wieder für sich zentrifugiert, um alles Ungelöste zu beseitigen. Schließ- lich werden die Abgüsse auf 50 ccm aufgefüllt. Vom Taubenabguß löst 0,1 völlig, „ Kaninchen „ „05 „ : Leccm (5proz.) gewaschene Kaninchenblutkörperchen. Über die Empfindlichkeit und das Rezeptionsvermögen usw. 125 versuch hi Aus je 5 ccm Taubenblut und 5 cem Kaninchenblut wird nach dem Verfahren von Sachs das Stroma bereitet, wobei die Temperatur nicht über 54° erhöht wird. Man erhält viel Taubenstroma und sehr wenig Kaninchenstroma. Dieselben werden mit je 1 cem (Vıo) Aalserum zu- sammengebracht, am nächsten Morgen werden beide Proben zentrifugiert und gleichmäßig verdünnt. Als Testobjekt dienen je 2 cem 5proz. Auf- schwemmung gewaschener Kaninchenblutkörperchen. Vom Taubenblutabguß ist die Dosis completa 0,6, ” Kaninchen ” N ” ” ” 1,5. Solche Versuche wurden vielfach angestellt und gaben meistens das geschilderte Resultat, daß nämlich das Kaninchenblut wirk- samer als das Taubenblut ist. Jedoch gilt das nur dann, wenn hochempfindliches Kaninchenblut genommen wurde, und es waren Ausschläge nur vorhanden, wenn die Blutmenge im Verhältnis zur Giftmenge nicht zu klein war. Der mitgeteilte Stromaversuch überschreitet trotz seines positiven Resultates schon die Grenze des allgemein Zulässigen; auf sichere Resultate kann man bei mehr Blut und weniger Gift viel eher rechnen. Beweisend dafür, daß das “ Stroma der hochempfindlichen Kaninchenblutkörperchen besondere Eigenschaften besitzt, ist auch, daß seine Menge im Vergleich zum Stroma aus gleichen Quantitäten Taubenblut sehr gering ist und es dennoch wirkungsvoller als dieses ist. Bei Stromaversuchen muß man schließlich ganz allgemein auf eine vorsichtige und quantitative Darstellung achten, damit die Wirksamkeit nicht ver- loren geht. Nach diesen Resultaten, daß nur hochempfindliches Kaninchen- blut einen deutlichen Unterschied gegen unempfindliches Tauben- blut aufweist, werden die Resultate nicht überraschen, welche ichı bei dem Vergleich von hoch- und wenigempfindlichem Kaninchen- blut erzielte. Am eindeutigsten sind hier die Versuche mit Blut- körperchen zu bezeichnen (Stromaversuche sind zu subtil für diese Frage). Es ergab sich bei genügender Differenz der Empfindlich- keit ein deutliches Plus des Bindungsvermögens zugunsten der höheren Empfindlichkeit, z. B. in einem Falle bei zehnfach höherer Empfindlichkeit ein 5 mal höheres Bindungsvermögen. II. Schon in früheren Untersuchungen habe ich mich bemüht, nach dem Vorbilde von H. Kossel und Camus und Gley durch Immunisierung von Tieren immune Zellen zu gewinnen, um das Rezeptionsvermögen derselben zu studieren. Das ist mir, wie früher mitgeteilt wurde, beim Ricin*) nicht gelungen und auch *) Diese Beiträge 2, 1902. 126 Martin Jacoby, jetzt nicht bei dem Toxin, das die Autoren anwandten, dem Aal- serum. Wahrscheinlich beruht das zum Teil darauf, daß es auf bestimmte Einzelheiten bei der Immunisierung ankommt, in denen ich vielleicht von der Methode der Autoren abgewichen bin. Außerdem scheint das Studium der Literatur zu ergeben, daß die Verhältnisse sehr kompliziert liegen. H. Kossel*) beobachtete, daß die vom Serum völlig befreiten, roten Blutkörperchen immuner Kaninchen widerstandsfähiger gegen das Aalgift waren als vor der Immunisierung und zwar entsprechend dem Grade der Immunität der Tiere. Camus und Gley“*) neigen zu der Ansicht, daß lange Zeit immunisierte Kaninchen nicht das Phänomen der zellulären Im- munität aufweisen, wohl aber bei schneller akuter Immunisierung Blutkörperchen immun werden und zwar so, daß sich im Blut neben Zellen von normaler Empfindlichkeit immune Zellen finden. Tschistowitsch”*”*) hat in seinen Versuchen erst in sehr späten Stadien der Immunisierung eine Abnahme der Empfind- lichkeit der Blutkörperchen bemerkt. So wechselnd diese Angaben der Autoren auch sind, so reden sie eigentlich alle nicht davon, daß eine absolute Immunität der Zellen zustande kommt, was ja von besonderem Interesse wäre, und in welcher Form die Beobachtungen in die Immunitätsliteratur übergegangen sind. Konnte ich also meine eigentliche Absicht auch beim Aal- serum nicht durchführen, so haben meine Versuche doch nach einer anderen Richtung Resultate ergeben. Zunächst fand ich bei Kaninchen, die ich mıt Aalserum immunisierte, daß entsprechend den Angaben von Tschistowitsch nicht von Anfang an all- mählich die Zellempfindlichkeit abnahm; mir fiel aber auf, daß die bei normalen Tieren sehr gleichmäßige Zellempfindlichkeit ein und desselben Individuums bei der Immunisierung erhebliche Schwan- kungen erleidet, abwechselnd Abnahmen der Empfindlichkeit von dem normalen Mittelwert mit erheblichen Steigerungen der Empfindlichkeit beobachtet werden können. Diese Schwankungen der Zellempfindlichkeit, die vielleicht beim Aalserum zu einer gewissen Zellimmunität führen, scheinen nicht auf dieses Gift beschränkt zu sein. Auch beim Crotin habe ich bei der Immunisierung von Kaninchen deutliche Zeichen von Überempfindlichkeit der Blutkörperchen gefunden. — Wenn ich *) Berl. klin. Wochenschr. 1898. **) Arch. de Pharmakodynamie 5, 1899 und Ann. de l’Inst. Pasteur 1899. *#*) Annal. de l’Institut Pasteur 1899, Über die Empfindlichkeit und das Rezeptionsvermögen usw. 127 mich auch überzeugen konnte, daß die für diese Versuche not- wendigen Blutentnahmen an sich nicht die Empfindlichkeit der Blutkörperchen ändern, so schien es doch nützlich, auch an einem größeren Tier, einer Ziege, die Empfindlichkeit der Blutkörperchen während der Immunisierung zu verfolgen. Diese Versuche fielen sehr klar aus. Das Versuchstier hat nämlich in der Norm wenig empfindliche Biutkörperchen, und es wurden die Körperchen während der Behandlung des Tieres mit steigenden Dosen Aal- serums sehr empfindlich. Versuche, welche den Verlauf der Zellempfindlichkeit während der Immunisierung prüfen wollen, erfordern eine Reihe von Kau- telen. Zunächst muß man die Blutkörperchen sorgfältig vom Serum befreien; denn schon Spuren können das Resultat fälschen, weil ja beim immunisierten Tier Antitoxin im Serum ist. Ob nicht kleine Verminderungen der Empfindlichkeit durch Antitoxinspuren bedingt sind, welche beim Waschen der Körperchen zurückge- halten wurden, läßt sich natürlich ebensowenig ausschließen, wie es möglich ist, daß solche Antitoxinreste durch Bindung von Toxoiden eine höhere Empfindlichkeit in geringem Grade vor- täuschen. Ferner muß man immer ein Aalserum von gleicher Giftigkeit anwenden. Bei Untersuchungen in kürzeren Zeitabständen läßt sich das erreichen, indem man das gleiche Präparat bei den einzelnen Prüfungen anwendet. Das Serum wird am sichersten von Anfang an bei 0°, also in Eiswasser, in dem sich dauernd schmelzendes Eis befindet, in der Dunkelheit aufbewahrt. Es schien mir zweck- mäßig, immer Serum zu benutzen, das schon bei der ersten Prüfung seit einigen Tagen dem Aal entnommen war, weil vielleicht die erste Zeitperiode am ehesten eine Abnahme der Giftigkeit herbei- führen könnte. Eine gewisse Sicherheit, daß die Wirksamkeit des Giftes während des Versuches nicht abgenommen hat, gewinnt man auch durch mehrfache Prüfung des Blutes normaler, er- wachsener Tiere, da hier bei dem einzelnen Individuum die Schwankungen der Empfindlichkeit jedenfalls nur gering zu sein scheinen. Übrigens würden etwaige Fehler, wenn das Gift sich trotz aller Kautelen dennoch einmal unbemerkt verändert haben sollte, immer nur eine Abnahme der Empfindlichkeit vortäuschen, weil ja die Wirksamkeit nur abgenommen haben könnte — wenigstens nach allen Erfahrungen auf dem Toxingebiete. Ist man bei längeren Versuchsreihen genötigt, neues Serum zu benutzen, so bestimmt man den Titer des neuen Serums, indem man die beiden Sera am gleichen Blut prüft. Es ist dabei be- 128 Martin Jacoby, quemer und zweckmäßiger, dann Sera, welche erheblich, wie es gelegentlich vorkommt, von dem vorigen abweichen, nicht zu benutzen. Bei Crotinversuchen war die Sachlage dadurch einfacher, daß . Trockengift zur Verfügung stand, von dem jedes Mal frische Lösungen dargestellt werden konnten. Bei Wiederholung der Aalserumversuche würde ich auch vorziehen, von einem Trocken- präparat auszugehen. Einen gewissen, wenn auch nicht erheblichen Einfluß auf die Werte wird auch haben, daß bei der Immunisierung die Zahl der Blutkörperchen sich verändert. Dagegen können die eingespritzten Giftmengen die Resultate in keiner Weise beeinflussen. Die Injektionen wurden zum Teil subkutan, zum Teil intravenös gemacht; ähnlich ist auch Tschistowitsch vorgegangen, während H. Kossel und Camus und Gley wohl zumeist intravenös injizierten. Bei den Kaninchen wurde das Blut, wenn häufig bei dem Tier untersucht wurde, aus der Ohrvene entnommen, sonst aus der Carotis, bei der Ziege aus der Ohrvene. Von den Kaninchenversuchen gebe ich Typen wieder, welche zeigen, wie verschiedene Befunde man erheben kann. Die erste Prüfung ist vor dem Beginn der Immunisierung angestellt, wenn es nicht ausdrücklich anders vermerkt ist. Die Daten sämtlicher Injektionen zu notieren, würde viel Raum beanspruchen, ohne wesentliches zu besagen. Das Protokoll des Ziegenversuchs werde ich etwas ausführlicher wiedergeben. Als Testobjekt dienten 0,5 cem einer 5proz. Aufschwemmung von gewaschenen Blutkörperchen. 1. Kaninchen von 1170 g 26. I. 1,0 (Y/ıoo) Aalserum = 0,01 Spur Hämolyse 1. Ua 1060 &1:0 ("/io0) Aalserum = 0,01 Spur Hämolyse 2..111..71985 „0,3 17100) ; —= 0,008 kompl. 9.7...1880 0) — 0,008 „ A 2. Kaninchen von 2530 g : 20. Xl. 0,4 (!Iıooo) Aalserum = 0,0004 kompl. Hämolyse 17. V. 1870 g 0,2 (!/a0o0) Aalserum = 0,001 kompl. Hämolyse 1. VI. 1845 „ 0,1 (*/eoo) „= 0,0005 „ E 7. VI. 1870 „ 0,2 (oo) „= 0,00002 „ 2 Letzte Entnahme bei dem sterbenden Tier gemacht, nachdem am 6. VI. 0,3 ccm intravenös und 8 cem subkutan injiziert worden waren. 3. Kaninchen von 2450 8 30.X. 0,5 (Yıo) Aalserum = 0,05 kompl. Hämolyse 23. XI. 1850 g 0,2 (!}ıoo) Aalserum = 0,002 kompl. Hämolyse 4. Kaninchen von 1145 g 7. XI. 0,6 (!/ıoo0) Aalserum = 0,0006 kompl. Hämolyse 8. XI. 1035 g 02 (Y/ıoo0) Aalserum = 0,0002 kompl. Hämolyse 24 Stunden nach der Injektion, Über die Empfindlichkeit und das Rezeptionsvermögen usw. 129 5. Kaninchen von 960 g 7. XI. 1,0 (/ıo) Aalserum = 0,1 inkompl. Hämolyse 8. XI. 900 g 1,0 (!/ıoo) Aalserum = 0,01 kompl. Hämolyse 10. XII. 820 „0,6 (Y/ıoo) " —= 0,006 6. Kaninchen von 1356 g 11. I. 0,9 (!/Jıoo) Aalserum = 0,009 kompl. Hämolyse 12. I. 1260 g 0,9 (!/ıo.) Aalserum = 0,009 kompl. Hämolyse 23:1. 1380 „1,0: (oo) > — 0,01 inkompl. Br 1300 „1,0 CHioe) „ — 0,01 7. Kaninchen von 1690 g 11. I. Beginn der Immunisierung 22. Il. 1625 g 0,5 (/ıo.) Aalserum = 0,005 kompl. Hämolyse Es wurde nicht geprüft, ob schon kleinere Dosen komplette Hämolyse machen. 17. V. 1960 g 0,1 (*/,.) Aalserum = 0,01 inkompl. Hämolyse ED (us) » — #17 ob.kömpl. , Bio 0 hono) >; — 0,0001 , 8. Kaninchen von 1412 g 1. I. 0,4 (!/ıo0) Aalserum = 0,904 kompl. Hämolyse 6. V. 1190 g 0,7 (!/go00) Aalserum = 0,00035 kompl. Hämolyse 9. Kaninchen, nicht gewogen — Crotinversuch 26. X. 0,25 mg kompl. Hämolyse 28. X. 1595 gerhält subkutan 23mgCrotin, später keine Injektion 29. X. 1480 g 0,04 mg kompl. Hämolyse En e x 10. Kaninchen von 2000 g, Crotinversuch 9. XI. 0,4 mg kompl. Hämolyse Erhält am 9. XI. nach der Blutentnahme 20 mg subkutan. 11. XI. 2200 g 0,4 mg kompl. Hämolyse 1231272050: 0,8, > ser Nach der Blutentnahme 30 mg Crotin subkutan. 17. XI. 1885 g 0,9 mg kompl. Hämolyse Stirbt in der Nacht vom 17. zum 18. XI. ll. Ziege. Versuch mit Aalserum. Das Tier ist schon mehrere Wochen im Stall. ”„ ” ” ” ” ” 0,8 (1/,.) geringe Hämolyse 1,0 ('/o) = 0,1 kompl. Häm. 1,0 (1/0) = 0,1 geringe Hämolyse V N. 17. V. 0,1 (/ı0) = 09,01 wird subkutan injiziert V V 1,0 (!/,,):-= 0,1 inkompl. Hämolyse . 3 ccm (!/yo0) = 0,015 wird subkutan injiziert BEIN. 01 Co). — 0,01 kompl. Hämolyse 6. VI 5 ccm (!/ao0) = 0,025 wird subkutan injiziert ZN EL0, Ch) = 0,01 kompl. Hämolyse 16. VI. 0,1 (!/,00) = 0,001 kompl. Hämolyse Nach der Blutentnahme Injektion von 0,5 ecem (!/o) = 0,05. de. VI. 0,1 (00) = 0,001 kompl. Hämolyse 30. VI. 0,2 (!hıo00) = 0,0002 kompl. Hämolyse *) | #) Am 14. X. werden die Blutkörperchen des inzwischen nicht weiter behandelten Tieres durch 0,01 cem frischen, hochwirksamen Aalserums nicht Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 9 130 Martin Jacoby, Überblickt man die Protokolle, so wird es nicht weiter auf- fallen, daß man Stadien unveränderter oder verminderter Empfind- lichkeit bei der Immunisierung antrifft, da derartige Beobachtungen ja in der Literatur ausführlich besprochen worden sind. Der Auf- klärung bedarf es höchstens, warum die von mir doch nicht selten beobachtete Überempfindlichkeit von den früheren Autoren nicht diskutiert wird. Zunächst hat das wohl darin seinen Grund, daß man namentlich bei der begrenzten Zahl von zulässigen Blutent- nahmen bei kleinen Tieren wie Kaninchen solche Befunde viel- leicht übersehen kann, zumal wenn man nur nach immunen Zellen sucht. Sodann habe ich aber ın den Protokollen von Tschistowitsch darauf hindeutende Notizen gefunden, und wenn der Autor, den andere Fragen interessierten, auch im Text nicht davon spricht, so steht doch in den Schlußsätzen an der Stelle, an der er ablehnt, daß Zellimmunität und Antitoxinbildung parallel gehen, folgender interessante Passus: | „Cette resistance n’est pas en rapport avec la presence de l’antitoxine dans le sang de l’animal immunise; au contraire, il s’observe un certain antagonisme entre la resistance des globules rouges et la valeur de l’antitoxine, et dans les cas ou celle-ci est forte, la solubilite des globules peut m&me £etre augmentee.“ Aus meinen Versuchen scheint hervorzugehen, daß wenig empfindliche Zellen am ehesten eine Zunahme der Empfindlichkeit während der Immunisierung erkennen lassen. In solchen Fällen also, z. B. bei der Ziege, die ich untersuchte, holt das Tier infolge des Toxinreizes gleichsam nach, was etwa neugeborene Kaninchen in den ersten Lebenswochen leisten, in denen nach den Unter- suchungen von Camus und Gley lediglich durch die normalen Lebensprozesse die unempfindlichen Blutkörperchen zu empfind- lichen werden, oder — wie man vielleicht gut tut, für alle diese Beobachtungen hinzuzufügen — unempfindliche durch empfindliche ersetzt werden. Mehrfach konnte ich nun auch das hochempfindliche Blut immunisierter Kaninchen mit wenigempfindlichem vergleichen und bei hinreichendem Unterschied der Empfindlichkeit sehen, daß das Rezeptionsvermögen parallel der Empfindlichkeit ging. Wenn ich z. B. Blutkörperchen, welche einen hohen Grad von Empfindlichkeit bei der Immunisierung erlangt hatten, mit wenig- empfindlichen, normalen Blutkörperchen verglich, so war auch das Rezeptionsvermögen bei den hochempfindlichen Zellen ein gelöst. Das Tier wird mit besonderer Berücksichtigung des Rezeptionsver- mögens der Zellen weiter beobachtet werden. Über die Empfindlichkeit und das Rezeptionsvermögen usw. 131 höheres; war der Unterschied in der Empfindlichkeit nicht aus- geprägt, so gaben auch die Bindungsversuche keine Ausschläge. Diese Versuche lassen sich wegen der Schwierigkeit der Material- beschaffung nur langsam häufen. Jedoch ist zu bemerken, daß sich hier das Verhältnis zwischen Empfindlichkeit und Rezeptions- vermögen ganz so herausgestellt hat wie bei dem Vergleich normaler Tiere. Somit hätten wir denn etwas über die Wandlungen erfahren, welche die Zellrezeptoren während der Immunisierung und Anti- toxinbildung erleiden. Die beobachteten Zellveränderungen er- leichtern auch das Verständnis der Überempfindlichkeit, die vielfach bei Tieren während der Immunisierung beobachtet wird. Es handelt sich hier wie dort um Etappen der Immu- nisierung, die überwunden werden können, wenn die zelluläre Überempfindlichkeit abklingt und die Antitoxinproduktion in Gang kommt. Sicherlich wird die weitere experimentelle Bearbeitung dieser schwierigen Fragen mehr Licht in diese Probleme bringen, wobei es mir nicht zweifelhaft ist, daß manche der hier ge- äußerten Ansichten eine Korrektur erfahren wird. 9* XII. Über einen Antikörper gegen Crotin im normalen Organismus. Von Dr. Franz Alexander Lust. Aus dem pharmakologischen Institut zu Heidelberg. In einer Arbeit über Crotin-Immunität*) hatte Jacoby ge- funden, daß Extrakte aus der Magenschleimhaut des Schweines die hämolytische Wirkung des Crotins auf Kaninchenblut- körperchen hemmen. Das Crotin ist bekanntlich ein Phytotoxin, gegen welches nach den Untersuchungen von Morgenroth*) bei der Immunisierung ein Antikörper im Blute erscheint. Die antihämolytische Substanz des Magens ließ sich auch im käuflichen, von Grübler bezogenen Pepsin nachweisen und zeigte bei der vor- läufigen Untersuchung folgende Eigenschaften: Sie ist wirksam bei neutraler, sowie bei schwach. alkalischer oder schwach saurer Reaktion und verliert diese Eigenschaft beim Kochen nicht. Ganz wie bei den Antitoxinen macht immer eine bestimmte Menge der wirksamen Lösung nur eine bestimmte Menge Crotin unwirksam. Damit war sichergestellt, daß die Substanz weder mit dem Pepsin- fermente, noch mit dem von Weinland**) in der Magenschleim- haut aufgefundenen Antipepsin identisch sein kann. Durch diese Untersuchungen war aber zugleich eine neue Möglichkeit gewonnen, der Frage der Giftresorption vom Magen- darmkanal aus näher zu treten. Die Tatsache der Anwesenheit eines Antikörpers in der Wand des normalen Verdauungstraktus hat dazu noch ein gewisses aktuelles Interesse gewonnen durch die im vorigen Jahr veröffentlichte Mitteilung v. Behringsf), *) Diese Beiträge 4, 5. u. 6. Heft 1903. **) Berl. klin. Wochenschr. (Versamml. d. Charite-Ärzte, 1898, Nr. 12.) ***) Zeitschr. f. Biol. 44, 1902. 7) Deutsche med. Wochenschr. 1903, Nr. 39. Über einen Antikörper gegen Crotin im normalen Organismus. 133 wonach der Magendarmkanal des Erwachsenen gewisse Schutz- vorrichtungen gegen die Resorption von genuinen Eiweißkörpern und Infektionsstoffen besitzt, die im Säuglingsalter noch nicht vor- handen sind. Auf Behrings Ansichten betreffs der Natur dieser Schutzeinrichtungen sei hier nicht weiter eingegangen. Bevor ich meine eigenen Versuche über diese Substanz mit- teile, deren Anregung ıchı Herrn Privatdozenten Dr. Jacoby ver- danke, sei vorher kurz zusammengestellt, welche Erfahrungen wir bis heute über das Schicksal der Toxine im Magendarmkanal ge- sammelt haben. | Die alte Erfahrungstatsache, daß die meisten Gifte bei Aufnahme per os eine weit geringere Giftigkeit besitzen als bei subkutanter oder intravenöser Injektion, hatte wohl Ransom‘) zuerst auf den Gedanken gebracht, daß z. B. für das ebenfalls vom Magen aus unwirksame Tetanus- toxin die Magendarmwand selbst eine giftbindende Substanz besitzen könnte. Da aber seine Versuche über eine solche Substanz in der Magen- darmwand negativ blieben und er andererseits das Gift unverändert im Kote wiedergefunden haben wollte, so nahm er an, daß das Toxin den Darm unzerstört wieder verlasse. Zu entgegengesetzten Ergebnissen kamen dann eine Reihe von Autoren, indem sie eine Giftzerstörung im Magendarmkanal feststellten und daran anschließend erörterten, inwiefern die Fermente des Verdauungstraktus zer- störend auf die Toxine einwirken. Ich erwähne hier die Arbeiten von Nencki, Sieber und Schumoff-Simonowsky**) und von Carriere***), die alle die Verdauungsfermente, besonders das Trypsin und die Galle, als Giftzerstörer gegenüber dem Diphtherie- und Tetanustoxin ansahen. Nur Cano-Bruscoyr) glaubt doch wieder die Darmschleimhaut selbst als Giftbinder für das Tetanustoxin verantwortlich machen zu müssen. Zu dieser Gruppe giftzerstörender Substanzen gehört auch wohl noch die Galle infolge ihrer Eigenschaft, Schlangengift unwirksam zu machen rr), wenn es auch noch nicht klargestellt ist, ob die Galle in ähnlicher Weise wirkt, wie die Verdauungssäfte gegenüber dem Diphtherie- und Tetanus- toxin oder ob es sich hier um eine spezifisch antitoxische Eigenschaft der Galle handelt. Haben die bisher angeführten Versuchsergebnisse ein in der Wandung des Verdauungstraktus befindliches spezifisches Antitoxin nicht nach- weisen können, so sind dem gegenüber zwei positive Resultate anzuführen: Es sind das die von Weinlandyrry) gefundenen Antikörper gegen die den Toxinen verwandten proteolytischen Fermente: Pepsin und Trypsin. Weinland fand, daß Extrakte von Magen und Dünndarm antipeptische und antitryptische Eigenschaft besitzen, sodaß sie z. B. Fibrin vor der *) Deutsche med. Wochenschr. 1898, Nr. 8. **) Centralbl. f. Bakt. 23, 1898. 840, und Zeitschr. f. physiol. Chemie Heft 2/3, 1902. | ***) Ann. Pasteur 13, 1899, 435. 7) Maly, Jahresb. 31, 914. +r) Fraser, cit. nach Centralbl. f. Bakt., 23, 40. Tirr) Zeitschr. f. Biol. 44, 1902. . 134 Franz Alexander Lust, Einwirkung von Pepsin und Trypsin zu schützen vermögen, und zwar haben sowohl Magen- wie Dünndarmextrakt jedes für sich die Fähigkeit, Pepsin und Trypsin unwirksam zu machen. Wie weit die von Matthes®), Pugliese und Coggi“*) und Hahn“**) gefundene schützende Wirkung der Blutkörperchen bezw. des Blutserums gegen die Pepsin- und Trypsin-Verdauung gleichfalls auf der Wirkung spezifischer Antifermente beruht, wie es Weinland deutet, sei hier nicht näher erörtert. Dagegen seien von den Antifermenten noch zwei ange- führt, die wegen ihrer Hitzebeständigkeit besonderes Interesse verdienen: Molly) fand bei Untersuchungen über den Antikörper gegen das vom Micrococcus ureae gebildete Harnstoffferment eine Antiwirkung auch im normalen Serum und Harn des Kaninchens, und zwar ist dieses normale Antiferment im Gegensatz zu dem durch Immunisierung gewonnenen hitze- beständig. Ferner konnte Korschunrr) die schon von Hammarsten u. a. beobachtete Tatsache bestätigen, daß normales Pferdeserum die Labgerinnung der Milch hemmt. Gleichzeitig fand er außer diesem normalen Antilab noch eine zweite labhemmende Substanz im normalen Ziegen- und Pferdeserum, die sich von der ersten durch verschiedene chemisch- physikalische Eigenschaften, besonders aber auch durch ihre Hitzebe- ständigkeit unterscheidet.jrf) Während die bisher angeführten Substanzen sich teils giftzerstörend, wie die Verdauungssäfte, teils nur als Antikörper gegen die normaler Weise im Körper vorkommenden Fermente erwiesen, so haben die Unter- suchungen der letzten Jahre doch auch schon eine Reihe von Substanzen im normalen Organismus zu Tage gefördert, die im Sinne der Antitoxine gegenüber der Wirkung der echten Toxine eine giftneutralisierende Eigen- schaft besitzen. Unberücksichtigt lasse ich dabei diejenigen Organe, die nur als Ganzes oder als Organbrei giftbindende Eigenschaften besitzen (wie das Gehirn für das Tetanustoxin), bei denen also die Organfiltrate unwirksam sind. Von denjenigen Organen, deren Antisubstanz auch in Lösung ihre Wirksamkeit behält, verdient das normale Blutserum an weitaus erster Stelle genannt zu werden. Dieses hat sich schon für eine Reihe von Toxinen als Fundstätte spezifischer Antitoxine erwiesen. So fand u. a Wassermann“r) Antitoxine gegen das Diphtheriegift im Serum gesunder Erwachsener, d. h. solcher Personen, die niemals nach- *) Münch. med. Wochenschr., 1902, Nr. 1. **) Maly, Jahrb. 1897, 832. *+*) Berl. klin. Wochenschr. 1897, Nr. 23. 7) Diese Beiträge 2, 344 (1902). ir) Zeitschr. f, phys. Chemie, 1902. {rr) An dieser Stelle sei jedoch auf die neueste Arbeit Cohnheims (Zeitschr. f. phys. Chemie 42, Heft 4) aufmerksam gemacht, deren Resultat vielleicht einmal für die Beurteilung aller solcher Antifermente von Interesse werden kann. Öohnheim zeigte nämlich, daß eine zu reichliche Menge des Pankreasaktivators, anstatt das glykolytische Muskelferment zu aktivieren, es an der Wirkung hindert und ferner, daß eine scheinbar antiglykolytische Wirkung des Blutes dadurch vorgetäuscht werden kann, daß der auch im Blute befindliche Aktivator sich bei zu reichlicher Anwesenheit mit dem Pankreasaktivator zu einer unwirksamen Menge addiert, “) Zeitschr. f. Hygiene 19, 1895, Über einen Antikörper gegen Crotin im normalen Organismus. 135 weislich an einer Hals- oder Rachenaffektion gelitten hatten, und ferner Antitoxine im Serum Neugeborener in relativ großen Mengen, wie auch Fischl und v. Wunschheim®) bestätigten. Cobbett“*) fand dann auch im normalen'Pferdeserum Diphtherieantitoxin. Aus der Reihe der in normalen Seris vieler Tierarten und des Menschen beschriebenen Anti- körper nenne ich das von Neißer und Wechsberg**"*) gefundene Anti- staphylolysin und Antileucocidin, das Anticolilysin Kaysersy), ferner das von A. Fraenkeljr) gefundene Antiagglutinin des Rieins im Barben- serum. Auch gegen das Schlangengift fanden Phisalix und Bertrandyfry) in normalen Seris vieler Tierspezies ein Antitoxin. Schließlich sei unter den Serumantikörpern noch erwähnt, daß schon Elfstrand*yr) in seiner grundlegenden Arbeit über die Wirkungsweise des Crotins sowohl ein Antiricin als auch ein Anticrotin im normalen Blut- serum fand, und zwar wirkte das Schweineserum besonders stark gegen Crotin, während sich im Kaninchenserum fast keine Spur einer Antiwirkung nachweisen ließ. In noch stärkerem Maße als das Serum besitzt das Plasma des Schweineblutes diese abschwächende Wirkung (Kaninchen- plasma ohne eine solche). Es bietet dies vielleicht eine interessante Deutung für die Tatsache, daß nach Elfstrand Schweine eine im Ver- hältnis zu ihrem Körpergewicht dreimal so große Dosis von Crotin ver- tragen als Kaninchen, und daß eine intravenöse Applikation keine giftigere ‘ Wirkung ausübt als eine subkutane. Dieser relativ großen Reihe von Antikörpern im normalen Serum steht bis heute nur eine sehr geringe Anzahl von löslichen Antikörpern in normalen Organen gegenüber. Gleichzeitig mit Jacobys Auffindung des Anticrotins in der Magenwand ist es auch Kraus und Lipschütz**y) gelungen, in normalen Organfiltraten giftbindende Substanzen, also lösliche Antikörper nachzuweisen. So konnten sie in einer größeren Reihe von Organen (Leber, Niere, Gehirn, Milz und Knochenmark) von mehreren Tierarten (Kaninchen, Tauben, Hühnern, Meerschweinchen, Pferden und Menschenleichen) Antihämolysine nachweisen, welche die Wirkung des Staphylolysins, des Hämolysins des B. Megatherium und des Hämolysins des Vibrio Naskin aufzuheben vermochten. In einem wesentlichen Punkte unterscheiden sie sich aber sofort von dem Anticrotin Jacobys, das ja zunächst auch nur auf seine antihämolytische Eigenschaft geprüft war: Die Kraus-Lipschützschen Antihämolysine, sind nicht kochbeständig, sondern gehen bei 70° zu Grunde. Bei dieser Zusammenstellung wurden die bakterieciden und aggluti- nierenden Substanzen, die Antikörper niederer Lebewesen, sowie die durch Autolyse von Organen gewonnenen giftneutralisierenden Substanzen (Blum“**7) nicht berücksichtigt. *) Prager med. Wochenschr. 1895, Nr. 45 u. ff. =) Oentralbl. f. Bakt. 26, 1899. ==") Zeitschr. f. Hygiene 36, 1901. +) Zeitschr. f. Hygiene 42, 1903. ++) Diese Beiträge 4, 224 (1903). +++) Soc. biol. 48, 396 (1896). *+) Upsala, 1897. Über giftige Eiweiße. *#2) Wiener klin. Wochenschr. 1903, Nr. 35. #*#-) Diese Beiträge 5, 3 u. 4. 136 Franz Alexander Lust, r Meine eigenen Untersuchungen über den von Jacoby ge-. fundenen Antikörper in der normalen Magenschleimhaut des Schweines (Pseudoanticrotin) betreffen folgende Punkte: 1. chemische Eigenschaften des Antikörpers; 2. seine Verbreitung im Tierkörper; 3. seine Beziehung zum Immunanticrotinhämolysin; 4. wirkt er im 'Tierkörper als Antitoxin? I. Nachdem nochmals festgestellt war, daß der mittels der Buchnerschen Methode hergestellte Preßsaft aus der Magen- schleimhaut des Schweines die Auflösung der roten Blutkörperchen des Kaninchens durch das Crotin hemmte und identisch ist mit dem in das künstliche Pepsinpräparat (Grübler) übergegangenen Antikörper, wurde in den weiteren Versuchen in der größten Mehrzahl der Fälle der bequemeren und zugänglicheren Hand- habung wegen mit diesem künstlichen Präparate gearbeitet. Es besitzt nur die eine störende Eigenschaft, die übrigens dem zu- letzt bezogenen Präparate Grüblers fehlte, den Farbstoff der roten Blutkörperchen in größeren Dosen stark zu verändern (braun bis gelbbraun). Es stellte sich aber bald heraus, daß diese Farb- stoffmodifikation durch die stark sauere Reaktion der betreffenden Präparate bedingt war. Durch Neutralisation mit verdünnter Soda- lösung kann man diese störende Eigenschaft leicht vermeiden. In einer großen Reihe von Versuchen, die mit Magenpreßsaft und (Grüblerschem Pepsin angestellt wurden, fand ich dann stets, ent- sprechend den Jacobyschen Untersuchungsergebnissen, daß bei tüchtigem Aufkochen der Antikörper seine volle Wirksamkeit be- hält. Sogar ein längeres Kochen (bis zu 10 Minuten) hatte noch keine wesentliche Abschwächung hervorgerufen. Auch mit einem andern künstlichen Pepsinpräparate (Pepsin Witte) konnte die- selbe antihämolytische Wirkung erzielt werden, wenn auch erst in bedeutend stärkerer Dosis. Tabelle I mag dies verdeutlichen. Alle Hämolyseversuche wurden mit einer 5proz. Blutkörper- chenaufschwemmung angestellt. Das Blut wurde der Carotis eines Kaninchens entnommen, defibriniert, das Serum durch zwei- maliges Waschen mit 0,9proz. Kochsalzlösung mit Hilfe der Zentri- fuge entfernt und die Blutkörperchen dann mit physiologischer Kochsalzlösung (0,9 proz.) auf eine 5proz. Aufschwemmung gebracht. Ferner ist zu bemerken, daß sämtliche Versuchsröhrchen stets auf die gleiche Kochsalzkonzentration gebracht wurden, Über einen Antikörper gegen Crotin im normalen Organismus. 137 Tabelle I. In allen Röhrchen !/z cem Crotinlösung (1 pro Mille) + 1 ecem Blutkörperchen- aufschwemmung (5 proz.). Grübler-Pepsin Grübler-Pepsin | Witte-Pepsin Witte-Pepsin 1 Proz. !/a Proz. 1 Proz. 10 Proz. | | 0,0 Hämol. kompl. | Hämol. kompl. | Hämol. kompl. | Hämol. kompl. %1) | Starke Hämol. ] | 5 0,2 J Hämolyse 0.8 | Schwächere | a4 | Hämolyse \ Spur Hämol. ce h Hämolyse = 0 ) Starke Hämol|, ‚6 | 0,7 '' Hämol. fast 0 0,8 '‘ Hämol. fast 0 er | Hämolyse — 0 1,0 J Es sei jedoch bemerkt, daß unter der Bezeichnung Hämolyse = 0 in den Crotin-Anticrotinröhrchen nicht zu verstehen ist, daß über- haupt keine Veränderung des Blutes eingetreten sei; eine der - Asglutination sehr ähnliche Veränderung der mit Crotin behandelten Blutkörperchen konnte durch den Antikörper nicht vermieden werden. Dieser selbst veranlaßte jedoch, wie aus Kontrollröhrchen hervorging, eine solche Erscheinung nicht. 1. Wirkung des mit Alkohol behandelten Pepsins. Um die Eigenschaften des Antikörpers näher zu studieren, wird Pepsin zunächst mit Alkohol behandelt In einem Vorver- such werden 0,5 g Pepsin Grübler in Alkohol unter leichtem Er- wärmen zu lösen versucht und das Ganze filtriert. In der alkohol- löslichen Fraktion wird durch Verdampfen der Alkohol verjagt und der Rückstand in 50 ccm physiologischer Kochsalzlösung gelöst. Diese Fraktion übt keine Spur einer antihämolytischen Wirkung aus. Der alkoholunlösliche Filterrückstand wird gleich- falls in 50 cem Kochsalz gelöst und so eine 1 proz. Lösung herge- stellt. Diese erweist sich als vollkommen wirksam. Im folgenden wurde dann untersucht, ob der Antikörper aus wässerigen Lösungen mit Alkohol fällbar ist. Zu diesem Zwecke werden 300 cem einer 1proz. Pepsinlösung mit 600 ccm Alcohol abs. versetzt. Der ausfallende weiße Niederschlag wird abfiltriert ' und der Filterrückstand nach Waschen mit Alkohol wieder in 300 eem physiologischer Kochsalzlösung gelöst. Der so mit Alkohol gefällte und in Kochsalzlösung gelöste Niederschlag zeigt sich 138 Franz Alexander Lust, stark wirksam (siehe Tabelle II). Der Antikörper wird also durch die doppelte Menge von Alkohol scheinbar ungeschädigt und un- verringert ausgefällt. Bei dieser Fällung tritt auch im nicht neutralisierten Präparat eine Veränderung des Blutfarbstoffes nicht ° mehr ein. Tabelle I. In allen Röhrchen I cem Crotinlösung (1 pro Mille) 4- 1 eem Blut- körperchenaufschwemmung. Antikörper. 0,0 Hämolyse. 0,1) 0,2, 0,3 ol 0,5 h Hämolyse = 0. 0,61 1,0) \ In einer größeren Anzahl von Wiederholungsversuchen wurde dieses Resultat bestätigt, und zwar wurde dabei der Antikörper teils mit der doppelten, teils mit der zehnfachen Menge Alcohol abs. ausgefällt. Bei letzterer Darstellung fallen noch eine Reihe von Substanzen aus, die bei nur doppeltem Alkoholzusatz noch in Lösung bleiben. Da jedoch der Antikörper sich in beiden Ver- suchsanordnungen gleich wirksam erweist, so wird er schon durch die doppelte Menge Alkohol ganz ausgefäilt. | Einmal wurde kein wirksamer Niederschlag erhalten und zwar in einem Falle, bei dem die Pepsinlösung vor der Alkoholfällung nicht gekocht war. Auch stellte es sich heraus, daß die Haltbar- keit des so behandelten Antikörpers eine recht ungleiche war, oft nur mehrere Tage währte, ohne daß es gelang, in einer Reihe daraufhin angestellter Versuche die Faktoren zu ermitteln, die für dieses wechselnde Verhalten verantwortlich zu machen waren. Das Aufbewahren der Präparate teils bei Zimmertemperatur, teils im Eisschrank, war ohne Einfluß auf das frühere oder spätere Unwirksamwerden. Eine Anzahl solcher unwirksam gewordener Präparate machte dann selbst Hämolyse. In diesen Fällen dürfte es sich wohl um blutkörperchenlösende Stoffe gehandelt haben, die erst später im Präparat auftraten, vielleicht in Folge von Fäulnisprozessen. | In der gleichen Weise wird der Magenpreßsaft mit Alkohol behandelt. Auch hier erweist sich der durch Alkohol ausfallende und in physiologischer Kochsalzlösung gelöste Niederschlag als voll Spur Hämolyse. Über einen Antikörper gegen Crotin im normalen Organismus. 139 wirksam. Da der Niederschlag sich jedoch nicht völlig löst, wird das Präparat nochmals filtriert. Auch dieses Filtrat ıst fast ebenso wirksam. 2. Behandlung mit Äther. 0,2 g fein gepulvertes Pepsin (Grübler) werden mit 50 ccm Äther auf mäßig erwärmtem Wasserbad tüchtig verrührt und dann filtriert. Der klebrige Filterrückstand wird in 20 cem 0,9proz. Kochsalzlösung gelöst. Der so mit Äther behandelte Antikörper erweist sich, wie auch in Wiederholungsfällen, als voll wirksam. Die farbstoffverändernde Eigenschaft des Pepsinpräparates ist unter dieser Behandlung nicht verschwunden. 3. Behandlung mit Aceton. 0,2 g fein gepulvertes Pepsin werden wieder auf dem Warm- wasserbad in 50 cem Aceton etwa 5 Minuten tüchtig verrührt und dann filtriert. Der in 20 cem gelöste Filterrückstand gibt starke Anticrotinwirkung (siehe Tabelle III). Tabelle II. In allen Röhrchen !/; cem Crotin (I pro Mille) - 1 ccm Blutkörperchen- aufschwemmung (5 proz.). Pepsin nach Ätherbehandlung nach Acetonbehandlung 0,0 Hämolyse komplett Hämolyse komplett 0,2 Starke Hämolyse | Geringe Hämolyse 0,4 | 0,6 ;, Hämolyse fast 0 Hämolyse fast 0 0,8 1,0 Hämolyse = 0 | Hämolyse = 0 Auch zwei Versuche, in denen der Antikörper durch Aceton bzw. durch Äther aus einer schon vorher mit Alkohol be- handelten Lösung gefällt wird, führen zu dem gleichen Resultat, nämlich daß der Antikörper in Alkohol, Äther und Aceton unlöslich ist. 4. Aussalzen mıt Ammonsulfat und Dialyseversuch. Die folgenden Versuche hatten den Zweck, zu untersuchen, ob und in welcher Konzentration der Antikörper durch Ammon- sulfat aussalzbar ist und wie derselbe sich Dialysiermembranen gegenüber verhält. Als Beispiel mag folgender Versuch dienen: 20 ccm Pepsinlösung 1 proz. werden durch Zufügen von 200 ccm gesättigter Ammonsulfatlösung und weiteren Zusatz von Ammon- sulfat in Substanz ganz gesättigt und dann filtriert. “a 140 Franz Alexander Lust, Um einerseits das Ammonsulfat zu entfernen, andererseits gleich das Verhalten des Antikörpers bei der Dialyse kennen zu lernen, wird der Filterrückstand samt dem Filter in ein Dialyse- röhrchen eingefüllt und in stehendem destilliertem Wasser bei zweimaligem Wechseln desselben 45 Stunden lang der Dialyse ausgesetzt. Es befinden sich nach dieser Zeit 13 ccm Flüssigkeit im Dialyseröhrchen, die durch Zusatz von 1,3 ccm einer 10proz. Kochsalzlösung auf eine Konzentration von 0,9 Proz. Kochsalz gebracht werden. Das so behandelte Pepsinpräparat behält seine starke Antierotinwirkung ungeschwächt bei und hat den Vorteil, auch ohne vorherige Neutralisation den Farbstoff der roten Blut- körperchen nicht zu verändern. Die Haltbarkeit des Präparates scheint gegenüber dem mit Alkohol gefällten bedeutend besser zu sein. Wenigstens war auch in den nach vier Wochen darauf- hin untersuchten Präparaten eine Abschwächung der Wirkung nicht zu konstatieren. Von Interesse war es, festzustellen, ob der Antikörper, analog den Protoalbumosen, auch schon bei Zusatz von 60 proz. gesättiger Ammonsulfatlösung ausgesalzen werden könnte. Mehrere zu diesem Zwecke angestellte Versuche, in denen der Aussalzung ebenfalls stets die Dialyse angeschlossen wurde, ergaben keine gleich- befriedigenden Resultate, wie bei der Ganzsättigung. Fällt bei Zusatz von Ammonsulfat in 60proz. Sättigung schon nur ein sehr geringer Niederschlag aus, so erweist sich derselbe nach der weiteren Behandlung auch nicht als völlig wirksam, wenngleich eine deutliche Anticrotinwirkung unverkennbar ist. Diese Tatsache erlaubt wohl die Folgerung, daß zwar schon bei 60 proz. gesättigtem Ammonsulfatzusatz ein Teil des Antikörpers ausgesalzen wird, daß man aber erst bei Ganzsättigung sicher ist, die vollwirksame Substanz zu erhalten. 5. Einwirkung des Pepsins auf den Antikörper. In den nächsten Versuchen wurde die Einwirkung des Pepsin- fermentes auf den Antikörper geprüft. Da wir ein künstliches Pepsinpräparat als Ausgangsmaterial für den Antikörper benützten, so war es jetzt nur nötig, das Ferment in diesem zu aktivieren. Dies geschah durch Zusatz von Salzsäure und Einwirkenlassen bei Brutschranktemperatur. 20 ccm Pepsinlösung (1proz.) werden mit '!/; ccm einer 1pro72. Salzsäure beschickt und ins Ostwaldsche Wasserbad (Temperatur konstant 37,2°) gebracht. Nach einem fünfstündigen Aufenthalt in diesem wird die Lösung mittels verdünnter Sodalösung genau neutralisiert (Reagens: Lackmus) und dann auf Antierotinwirkung Über einen Antikörper gegen Crotin im normalen Organismus. 141 geprüft. Dieselbe ist noch ebenso stark wie vorher. ‘Der Anti- körper wird durch Pepsin nicht verdaut. Um zu prüfen, ob man durch Pepsinverdauung den Antikörper von Begleitsubstanzen be- freien könnte, wurde ein Vergleichsversuch angestellt, in dem zwei genau gleiche Mengen von Pepsinlösung (1 proz.) die eine sofort, die andere erst nach Aktivierung des Pepsins (Zusatz von 0,5 cem Salzsäure von 1 Proz., sechsstündiger Aufenthalt im Ostwaldschen Wasserbad, dann Neutralisation) mit der gleichen Menge Alkohol behandelt werden. Es fällt in beiden Lösungen ein gleich großer Niederschlag aus. Durch die Pepsinverdauung sind also wenigstens sichtbare Mengen von Substanz in dem Grüblerschen Präparate nicht verändert worden. Eine Reihe von Wiederholungsversuchen bestätigen das Intaktbleiben des Antikörpers durch die Pepsin- verdauung. Bei einem Versuche, bei dem der Brutschrankaufenthalt länger ausgedehnt war, ergab sich eine abgeschwächte Wirkung des Antikörpers. Um eine Beeinflussung durch diesen Faktor aus- schließen zu können, wurden genau gleiche Mengen von Pepsin nach Aktivierung des Ferments verschieden lange Zeit der Ein- wirkung der Brutschranktemperatur ausgesetzt. Ein Unterschied in der Wirksamkeit dieser Präparate konnte nicht festgestellt werden. Tabelle IV. In allen Röhrchen !/; ecm Crotin (1 pro Mille) + 1 ccm Blutkörperchen (5 pro0z.). Antikörper nach Pepsinverdauung. Einwirkung 5 Stdn. 21 Stdn. 45 Stdn. JE SSSSSSSSESSSESGESSEEE 0,0 Hämolyse komplett Hämolyse komplett Hämolyse komplett 0,2 | | 0,6% Hämolyse — 0 N Hämolyse = 0 ( Hämolyse = 0 0,8 1 A | 1,0) ) Daß der Zusatz der Salzsäure allein keinen Einfluß auf den Antikörper haben konnte, war nach diesen positiven Resultaten ja schon vorauszusehen. Zum nochmaligen strikten Beweis wurde einer gekochten Pepsinlösung (Ferment also jetzt unwirksam) Salzsäure zugesetzt. Auch hier war nach mehrstündigem Ver- weilen des Gemisches im Brutschrank und nachheriger Neutrali- sation der sauren Lösung der Antikörper voll wirksam. Ich fasse die bisherigen Resultate nochmals kurz zusammen: Die Eigenschaften desim künstlichen Pepsin- präparate (Grübler, Witte), sowie in der Magenschleim- 142 Franz Alexander Lust, haut des Schweines nachgewiesenen Antikörpers gegen das Hämolysin des Crotins sind also mit Einbeziehung der schon von Jacoby gemachten Angaben folgende: Die fragliche Substanz ist kochbeständig, wirkt bei neutraler, sowie bei schwach alkalischer oder schwach saurer Reaktion. Sie wird durch die doppelte Menge von Alkohol gefällt, ist in Äther, sowie in Aceton unlöslich, wird bei Ganzsättigung mit Ammonsulfat vollständig, bei 60proz. Sättigung unvollständig ausge- salzen. Durch Pepsin-Salzsäure, sowie durch längere Einwirkung der Brutschranktemperatur wird sie nicht angegriffen. Sie ist nicht dialysierbar. 6. Isolierungsversuch. Nachdem so die Haupteigenschaften des Antikörpers bekannt waren, wurden die bisher einzeln vorgenommenen Prüfungen nunmehr gemeinsam an einem und demselben Ausgangsmaterial angewandt, teils zur nochmaligen Kontrolle der bisher gefundenen Resultate, teils um auf diese Weise einen möglichst reinen Anti- körper zu erhalten. Die Art und Reihenfolge dieser Darstellung sei im einzelnen mitgeteilt: 100 cem einer 1proz. Pepsinlösung werden tüchtig gekocht und nach der Abkühlung mit der doppelten Menge Alkohol versetzt. Der entstehende Niederschlag wird abfiltriert, mit Alkohol gewaschen, der Filterrückstand in 100 ccm physiologischer Kochsalzlösung aufgelöst. Dieses Präparat, das starke Anticrotinwirkung zeigt, wird mit 1 Liter Ammonsulfatlösung und dann bis zur Ganzsättigung mit Ammonsulfat in Substanz versetzt. Der Niederschlag wird abfiltriert und 42 Stunden dialysiert. Der 20 ccm betragende Schlauchinhalt wird auf 0,9 Proz. Kochsalz- konzentration gebracht und nach Prüfung seiner unverminderten Wirksamkeit, auch bei fünffacher Verdünnung (um dadurch dieselbe Konzentration herzustellen, wie diejenige der anfänglichen Pepsin- lösung), der Einwirkung von 0,35 cem Salzsäure (1proz.) bei sechsstündigem Brutschrankaufenthalt ausgesetzt. Nach der Neutralisation wird der Rest von 17 ccm zum zweiten Mal mit 40 cem Alcohol abs. versetzt und der abfiltrierte Niederschlag wieder in Kochsalzlösung gelöst. Da dieses Präparat ebenfalls bei fünffacher Verdünnung sich noch deutlich, aber doch abge- schwächt wirksam erweist, wird der Rest von 4 ccm nur aufs vierfache verdünnt und nochmals mit Alkohol gefällt. Dieser bei der dritten Alkoholfällung im Gegensatz zu den ersten beiden sehr geringe Niederschlag wird nun tüchtig mit Äther gewaschen und in Kochsalz gelöst. Dieses so gereinigte Präparat besitzt Über einen Antikörper gegen Crotin im normalen Organismus. 143 zwar noch eine Antierotinwirkung, aber doch in erheblich ge- ringerem Maße. Tabelle V. / In allen Röhrchen !/s. ccm Crotin (1 pro Mille) + 1 cem Blutkörperchen. Pepsin-Präparat (bei stets derselben Konzentration wie das Ausgangs- material): / se N | i Ausgangsmaterial | Vor der zweiten | Nach der zweiten Pepsin 1 Proz. Alkoholfällung 0,0 Hämol. kompl. | Hämol. kompl. ' Hämol. kompl. Alkoholfällung ı Nach der dritten Alhoholfällung und ı Atherwaschung ı Hämol. kompl. er ERSTEN) Hamol. stark Hämol, stark = | rn : Spur Ha s Bi Ham 0 BE, | pur Hämolyse | Sr Finiol, 1,0) J a | Hämol. fast 0 Daher wird in einer zweiten Darstellungsreihe die 2. und 3. Alkoholfällung übergangen. Diesmal zeigt das auf die Anfangs- konzentration gebrachte derart gereinigte Material dieselbe Wirkung wie die Ausgangssubstanz. Es zeigt sich sowohl bei derselben wie auch bei der dreifach so starken Konzentration als das Ausgangs- material weder eine Spur einer Biuretreaktion noch eine Reaktion mit Jodjodkalilösung, während die ur- sprüngliche Pepsinlösung beide Reaktionen deutlich ergibt. II. Es galt nun zu untersuchen, ob der in der Magenschleimhaut gefundene Antikörper einzig und allein in diesem Organ seinen Sitz hat oder ob und wie weit er auch in andern Organen ver- breitet ist. Als Versuchsobjekte dienten anfänglich Kaninchen- organe, die einem gut ausgebluteten Tier entnommen und in der Weise behandelt wurden, daß man sie möglichst fein zerhackte und sie dann durch Zusatz der vierfachen Menge physiologischer Kochsalzlösung zu einer Organemulsion verarbeitete. Mit diesen so hergestellten Präparaten war es jedoch nicht möglıch, einen irgendwie einwandfreien Hämolyseversuch anzustellen, da die spezifisch schwereren Organemulsionen die roten Blutkörperchen mechanisch mit sich rissen, und das Ausbleiben der Hämolyse durch die der Einwirkung des Crotins so entzogenen Erytrocythen erklärt werden konnte. Daß das Filtrat der Emulsionen unwirk- sam war, konnte bei der Annahme einer festeren Verbindung zwischen Antikörper und Organzelle einerseits und der unge- 144 Franz Alexander Lust, nügenden Verarbeitung bei dieser Methode andererseits nicht auf- fällig sein. Da das Buchnersche Verfahren bei der Kleinheit der Kaninchenorgane nur sehr schwierig anzuwenden gewesen wäre, so ging man wieder zu Organen des Schweins über, dessen Magen sowie dessen Serum und Blutplasma sich ja schon als Sitz von normalen Antikörpern gegen das Crotin erwiesen hatten. Von den daraufhin geprüften Organen seien erst die negativ ausgefallenen Leberuntersuchungen erwähnt. Die Herstellung eines Leberpreßsaftes geschah nach Buchner in der bekannten Weise, daß man ein Stück frischer Schweinsleber nach tüchtigem Zerhacken durch Zerreiben mit Quarzsand und Kieselgur und unter Zusatz einer kleinen Menge physiologischer Kochsalz- lösung zu einer zähen Masse verarbeitete, aus der sich mit Hilfe der Buchnerschen Presse ein dunkelbrauner Lebersaft auspressen ließ. Da dieser unverdünnt sich seiner dunklen Farbe und seiner etwas dicken Konsistenz wegen nicht ohne weiteres zu einem Hämolyseversuch verwenden ließ, wurde er bei fünf- facher Verdünnung geprüft. Eine antihämolytische Wirkung war in keinem Röhrchen erkennbar. Auch wenn man den Preßsaft erst kochte, den entstehenden Niederschlag abfiltrierte und nun das Filtrat auf seine Anticrotinwirkung untersuchte, erwies sich dieses nicht als wirksam. Ebenso negativ fielen die Versuche mit der Prüfung eines durch die dreifache Menge von Alcohol abs. gefällten und in Kochsalzlösung gelösten Niederschlages aus. Nirgends konnte die durch Crotin eintretende Hämolyse der roten Kaninchenblutkörperchen gehemmt werden. Die erste Vermutung bei diesem negativen Ergebnis war die, daß es sich in diesem speziellen Falle um die Anwesenheit von besonderen Hämolysinen in der Schweinsleber handle und daß dadurch die Wirkung eines eventuell doch vorhandenen Anti- crotins hintangehalten oder wenigstens dessen sichtbare Wirkung verdeckt werden könnte. Diese Vermutung war um so berechtigter, als Korschun und Morgenroth*), gestützt auf frühere Unter- suchungen Metschnikoffs, Shibajamas und Terrassewiths, in einer großen Reihe von Organextrakten hämolysierende Sub- stanzen gefunden hatten. Sie waren zu dem Resultat gekommen, daß die Extrakte von Magen und Darm der Maus sowie Magen von Meerschweinchen und Pankreas der Rinder alle Blutarten hämolysieren, während andere Organe ihre hämolytischen Eigen- schaften nur auf ganz bestimmte Blutarten ausübten. Außerdem sind diese Hämolysine, was für unsere Versuche besonders wichtig *) Berl. klin. Wochenschr. 1902, Nr. 37. Über einen Antikörper gegen Crotin im normalen Organismus. 145 war, nach Untersuchungen Korschun und Morgenroths kokto- stabil. Die negativen Ergebnisse mit Leberpreßsaft ließen sich jedoch bei unserer Art des Vorgehens nicht auf die Anwesenheit solcher Hämolysine zurückführen. DBrachte man den Preßsaft allein mit Kaninchenblut zusammen, so trat niemals Hämolyse ein. Ich will gleich bier hinzufügen, daß auch in den anderen auf die Anwesenheit von Anticrotin geprüften Organen des Schweines sich niemals Hämolysine gegen Kaninchenblut nach- weisen ließen, sodaß dieser Faktor als Ursache für die negativen Ergebnisse nicht in Betracht kommt. | Das nächste auf Anticrotinanwesenheit geprüfte Organ war der Darm des Schweines. Zu dieser Untersuchung wird die an der Oberfläche gereinigte Schleimhaut des Schweinedünndarms von ihrer Unterlage abpräpariert und nach der Buchnerschen Methode verarbeitet. Zur Prüfung der Wirksamkeit dieses ersten gelbrötlichen Preßsafltes werden wieder in einer Reihe von Röhrchen je 1; cem Crotin (1proz.) + 1 cem Blutkörperchenaufschwemmung (5 proz.) init steigenden Mengen desselben zusammengebracht (0,1 bis 2,0 ccm). Es tritt zwar nirgends Hämolyse ein; doch da beim Stehen aus dem Darmsaft ein dicker Niederschlag ausfällt, so ist die Mög- lichkeit nicht auszuschließen, daß durch diesen die Blutkörperchen mechanisch mit niedergerissen werden und sich so der Einwirkung des Crotins entziehen. Der Preßsaft wird daher gekocht und der sich bildende dicke Niederschlag abfiltriert. Das klare Filtrat wird zur weiteren Prüfung verwandt. Bei zwei so dargestellten Präpa- raten, die aus zwei verschiedenen Därmen hergestellt werden, er- gibt wiederholte Prüfung eine deutliche Antierotinwirkung. Bei genügend hoher Dosierung bleibt die Hämolyse entweder fast ganz aus, öder sie tritt gegenüber den Konitrollröhrchen, die nur Crotin entk.ıen, deutlich verspätet ein. Es ist demnach wohl sicher im Darm ein kochbeständiger Antikörper gegen das Crotinhämolysin vorhanden, aber in wesentlich geringerer Menge als im Magen, Bei 20 mal so hoher Dosis, als man vom Magenantikörper zur Neu- tralisation des Crotins nötig hatte, war die Wirkung noch nicht ganz so stark. (Höhere Dosierung wurde nicht angewandt.) Da die Möglichkeit aber bestand, daß der Antikörper den Organzellen be- sonders fest anhafte (etwa analog dem Weinlandschen Antipepsin und Antitrypsin) wurden auch die durch eine zweite Pressung ge- wonnenen Darmsäfte untersucht. Beim Kochen fiel diesmal ein wesentlich geringerer Niederschlag aus als beim ersten Preßsaft. Die Wirkung war dementsprechend auch entschieden schwächer, wenn auch noch deutlich antihämolytisch. Beitr. z. chem, Physiologie. VI, 10 146 Franz Alexander Task” Tabelle VI. - In allen Röhrchen '/sz ecem Crotin (1 pro Mille) + 1 ccm Blutkörperchen (5 proz.) 1. Preßsaft 2. Preßsaft 0,0 Hämolyse komplett Hämolyse komplett Br &par Häkiolske Starke Hämolyse 0,8 i | Schwächere Hämolyse 1,0 e : Hämolyse fast 0 1,5 ee . Geringe Hämolyse 2,0 Spur Hämolyse Darnach scheint der Antikörper den Zellen nicht besonders fest anzuhaften. Ob er aber auch in den Darm sezerniert wird, läßt sich natürlich aus dieser Tatsache noch nicht folgern. Viel- leicht könnte man an Tieren mit Darmfisteln darüber Aufschluß erhalten. Um zu entscheiden, ob der Antikörper auch \im künstlichen Trypsinpräparat vorhanden ist (analog dem künstlichen Pepsin), wurde vom Grüblerschen Trypsinpräparate eine 1proz. Lösung hergestellt (mit physiologischer Kochsalzlösung) und diese auf ihre antihämolytische Wirksamkeit geprüft. Die Versuche fielen aber bei der gekochten Lösung, die allein maßgebend sein konnte, völlig negativ aus. Auch aus der Lunge wurde nach Buchners Methode ein Preßsaft hergestellt, der ebenfalls wegen seiner braunen Farbe und dem sich beim Stehen bildenden Niederschiag für einen Hämolyseversuch ungeeignet war. Es wurde daher wiederum das nach dem Kochen erhaltene klare Filtrat benützt. Auch hier war bei genügender Dosierung eine hemmende Wirkung gegenüber dem Crotin unverkennbar. Doch scheint die Menge des Anti- körpers in der Lunge noch geringer zu sein als im Darm. Tabelle VII. In allen Röhrchen Ya eem Crotin (1 pro Mille) + 0,5 ccm Blutkörperchen. Lungenpreßsaft. 0,0 Hämolyse komplett 0,2] 0,4 | 0,6 Geringere Hämolyse 0,8 Hämolyse gering 1,0 1,5 £ 2,0 Spur Hämolyse. 2,5 Starke Hämolyse Über einen Antikörper gegen Crotin im normalen Organismus. 147 Kurz zusammengefaßt folgt also aus diesen Untersuchungen, daß außer im Magen auch im Darm in geringerer Menge und noch geringer in der Lunge sich ein Antikörper gegen die Crotin- wirkung findet, daß in der Leber dagegen nichts von einem solchen nachweisbar ist. Mit dieser verschieden reichlichen An- wesenheit des Antikörpers in den einzelnen Organen fällt auch wohl ein Einwand fort, den man vielleicht erheben könnte. Da ja schon durch Elfstrand (loe. eit.) bekannt ist, daß im Serum und noch mehr im Plasma des Schweineblutes der Antikörper sich relativ recht reichlich vorfindet, so wäre ja a priori denkbar, daß der in den Preßsaft übergehende Antikörper nicht speziell den Organen angehört, sondern nur ein Bestandteil des in ihnen enthaltenen Blutes sei. Dagegen spricht aber wohl entschieden, daß gerade in den besonders blutreichen Organen (Lunge, Leber) der Antikörper in geringeren Mengen, bzw. überhaupt nicht nachweisbar ist. II. War die Wirkung des Magenantikörpers gegen die Crotin- hämolyse durch zahlreiche Versuche sichergestellt, so blieb es doch noch von besonderem Interesse, zu prüfen, wie dieser natür- liche Antikörper sich bezüglich seiner Wirkung zu. dem künst- lichen, durch Immunisierung gewonnenen verhält. Zu diesem Zwecke wurden Kaninchen mit steigenden Dosen Crotin subkutan gespritzt. (Von 1 mg Crotin angefangen jeden 6. bis 10. Tag, d. h. bis zur annähernden Restitution des durch ‘die Injektion hervorgerufenen Gewichtsverlustes um einige mg steigend bis zu 3cg.) Nach einigen Wochen wurde dieses Immunserum auf seine Wirksamkeit geprüft. Während normales Kaninchenserum keine oder höchstens eine Spur Anticrotinwirkung besitzt, gelang es so in relativ kurzer Zeit ein Serum zu gewinnen, das in einer Ver: dünnung von 1:200 starke und noch in einer Verdünnung von 1:1000 geringe, aber immer noch deutliche antihämolytische Wirkung hatte. Bei den einzelnen Tieren, auch derselben Spezies, scheinen jedoch große Verschiedenheiten der Disposition vor- handen zu sein. Konnte ich schon die Beobachtung Jacobys auch nach meinen Erfahrungen vollauf bestätigen, daß die Blut- körperchen der Kaninchen außerordentlich verschieden für die Crotinhämolyse disponiert sind (in einigen Fällen war sogar nahezu völlige Unempfindlichkeit vorhanden), so reagierten auch die Tiere sehr wechselnd auf Crotininjektionen. Während bei zwei Tieren nach jeder Giftzufuhr prompte Gewichtsabnahme und nach einigen Tagen wieder langsame Erholung eintrat, reagierte 10* » — 148 Franz Alexander Lust, ein drittes Tier nur ganz unwesentlich auf diesen Eingriff. Dem- - entsprechend war das Serum dieses sogar mit größeren Dosen und längere Zeit behandelten Tieres weit weniger wirksam. Nur ein zehnfach verdünntes Serum hatte noch starke Anticrotin- wirkung. Um festzustellen, ob der Magenantikörper in seiner Wirkung dem Antikörper des Immunserums entspricht, wurde untersucht, ob unzureichende Mengen Immunserum durch an sich unzureichende Mengen des Magenantikörpers zu wirksamen Ge- mischen ergänzt werden können. Dieser Nachweis wurde durch mehrere Additionsversuche erbracht, von denen folgender als Beispiel mitgeteilt sei: In einer größeren Reihe von Toxin- Antitoxinröhrchen wurde die unterste neutralisierende Dosis sowohl für Pepsin als für Immunserum festgestellt. Die Hälfte dieser beiden Dosen hemmte die Crotinhämolyse noch nicht. Ließ man nun aber diese beiden halben Neutralisationsdosen gemeinsam auf das Crotin einwirken, so trat keine Hämolyse ein. Es schien sogar, als\ob die beiden Antikörper bei gemeinsamer Einwirkung sich nicht nur addierten, sondern sogar noch verstärkten. Als Beispiel diene folgender Versuch: Tabelle VII. 1. 0,4 cem 1.-Serum (1:10) + 0,5 Crotin (1°/oo) + 1 ccm Blutk.: Häm. = 0. 1,2... Pepsinn (Ye) FR5.. va Uhl e „ie 2.01: '„.1::8erum (1:10) 05, I FL; b; „ stark. 0:6... Bepsin,r (1% -- 03-2 „ SIBRDE R . 3. 0,1. 1.-Ser. + 0,6 Pepsin + 0,5. „.2 :(l%oo) #1, a a 4:01. 180, WS ur FR ar \ . Aus diesem Versuchsbeispiel folgt also: Zwei an sich unwirk- same Dosen von Pepsin- und Serumantikörpern sind bei Addierung wirksam. Es geht aber noch weiter aus diesem Beispiel hervor, daß nicht nur zwei unwirksame halbe Dosen sich zu einer wirk- samen ganzen vereinigen können, sondern, wie Reihe 4 zeigt, sich bei gemeinsamer Einwirkung sogar verstärken; denn hier wurde der vierte Teil der gerade noch wirksamen Dosis 1.-Serum mit weniger als der Hälfte der gerade noch wirksamen Pepsindosis zu einer wirksamen Antikörperwirkung vereinigt. av. Bisher war bei allen Versuchen nur in vitro die antihämo- lytische Eigenschaft des normal vorhandenen Antikörpers gegen das Crotin geprüft worden. Von einer gleichzeitig vorhandenen antitoxischen Eigenschaft war dagegen noch nichts bekannt. Die Über einen Antikörper gegen Crotin im normalen Organismus. 149 zu dieser Prüfung angestellten Versuche stießen zunächst auf die Schwierigkeit, daß das Crotin im Gegensatz zum Riein und Abrin nicht sehr giftig für Tiere ist. Infolge der hohen letalen Dosis hätte auch dementsprechend die Antikörperdosis so hoch gewählt werden müssen, daß das Resultat nicht mehr ganz einwandfrei gewesen wäre. Mäuse und Frösche schienen mir noch am ge- eignetsten für derartige Versuche. Bei Mäusen, die übrigens dem Crotin gegenüber auch sehr verschieden empfindlich sind, blieben diese Versuche ohne Beweis- kraft, da die für die Giftneutralisation notwendigen Pepsindosen allein schon die Tiere vergifteten, aucb wenn man gekochtes Pepsin verwandte. Von Fröschen war Rana temporaria empfindlicher als die Rana esculenta; aber auch für die Temporaria konnte bei den Dosen, die wir in Anwendung brachten (bis 0,03 g Crotin), eine für alle Tiere giltige Dosis letalis nicht gefunden werden. Frösche waren auch deshalb geeignet, weil sie von den zur Anwendung gekommenen gekochten Pepsindosen unbeeinflußt blieben. Dennoch konnte bei den Tieren keinerlei antitoxische Wirkung beobachtet werden, obwohl sie ein 1 Stunde vor der Injektion hergestelltes Gemisch aus Crotin- und Pepsindosen eingespritzt erhielten, die um ein Bedeutendes die für die Hemmung der Hämolyse not- wendigen Mengen überschritten. Es kann daher als sichergestellt gelten, daß dem Pepsinpräparat eine irgendwie erhebliche und der antihämolytischen Wirkung vergleichbare antitoxische Eigen- schaft gegenüber dem Crotin nicht zukommt. XIII. Der Abbau aromatischer Fettsäuren im Tierkörper‘). Von Dr. Franz Knoop, Freiburg i. B. Aus dem physiolog.-chem. Institut in Straßburg und der mediz. Abt. des chem. Instituts in Freiburg i. B. Bei der Verbrennung der Fette im Tierkörper muß eine sukzessive Bildung einfacherer Produkte aus den hohen Fett- säuren stattfinden, bevor sie zu Kohlensäure und Wasser zer- fallen; ebenso ist anzunehmen, daß der Abbau der im Eiweiß vertretenen Aminofettsäuren über einfachere Fettsäuren erfolgt, und auch die Zersetzung der Kohlehydrate nimmt anscheinend ihren Weg über Oxyfettsäuren, z. B. Glykuronsäure und Milch- säure. Der oxydative Abbau der Fettsäuren stellt daher einen der verbreitetsten chemischen Vorgänge im Tierkörper dar. Trotz- dem sind unsere Kenntnisse über die dabei stattfindenden inter- mediären Vorgänge in hohem Maße unbefriedigend, so viel sich beurteilen läßt aus dem Grunde, weil die chemischen Prozesse im Tierkörper dem Abbau der Fettkörper der Nahrung so gut angepaßt sind und ihn infolge eines sinnvollen Ineinandergreifens mit solcher Leichtigkeit und Raschheit vollziehen, daß die not- wendig auftretenden Zwischenglieder der Beobachtung entgehen. Nun kann man in vielen Fällen solche Zwischenglieder. da- durch faßbar machen, daß man die leicht oxydablen Stoffe durch Einführung für den Organismus schwer angreifbarer, vor allem zyklischer, z. B. aromatischer Komplexe der Oxydation minder zugänglich macht. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß dieser Weg, etwas über die normale Oxydation zu erfahren, nur ein indirekter ist, daß der Organismus möglicherweise für die von ihm in größtem Maßstabe verbrannten Körper ganz besonders *) Die gleichen Versuche sind in ausführlicherer Darstellung in meiner Habilitationsschrift (Speyer und Kaerner, Freiburg i. B.) unter gleichem Titel veröffentlicht. Der Abbau aromatischer Fettsäuren im Tierkörper. 151 glatt funktionierende, spezifische Einrichtungen besitzt, die den mit einer körperfremden Gruppe beschwerten homologen Ver- bindungen gegenüber versagen. Eine solche Vorstellung wird sogar durch das Verhalten der im Fiweiß vorgebildeten Phenyl- aminofettsäuren, des Tyrosins und Phenylalanins, nahezu zur Gewißheit gemacht, da sie abweichend von anderen nahe ver- wandten Stoffen: restlos verschwinden. Was man somit durch die Untersuchung körperfremder Stoffe erfahren kann, ist zunächst nur die Aufklärung darüber, ob die tierische Oxydation nach bestimmten Regeln vor sich geht. In welchem Umfange diese Regeln auch für die Zersetzung der Nährstoffe Gültigkeit haben, muß zunächst dahingestellt bleiben, so sehr man einer solchen Annahme zuneigen mag. Die meisten einschlägigen Beobachtungen hat man in betreff der Oxydation aliphatischer Seitenketten aromatischer Körper gemacht. Sie haben zunächst gelehrt, daß eine am Benzolkern sitzende CH;-, CH, . OH-, CHO- und CH; . NH,-Gruppe, wenn auch nicht ausnahmslos, zur Karboxylgruppe oxydiert wird, und die so entstandene Benzoösäure, bzw. die ihr entsprechende Säure, mit Glykokoll gepaart zur Ausscheidung kommt. Umfassende Untersuchungen an homologen Verbindungen mit zwei- oder mehrgliedrigen Seitenketten verdanken wir Nencki, Baumann, H. und E. Salkowskiı und deren Schülern. Die Resultate lassen sich, soweit es sich um eine einfache saure Seitenkette handelt, kurz in folgendem zusammenfassen: Völlig verbrannt wurden nur Tyrosin, Phenylalanin, «- Aminozimtsäure. Zu Benzo&ösäure wurden oxydiert: Phenylpropionsäure und Zimt- säure. Unverändert blieben in ihrer Kohlenstoffkette: Phenylessig- säure und ihre Substitutionsprodukte: Mandelsäure und Phenyl- aminoessigsäure. Letztere tauschte lediglich die Aminogruppe gegen ein Hydroxyl ein. | E. und H. Salkowski*), glaubten deshalb die Resultate betreffs der nicht amidierten Säuren in folgenden Satz zusammen- fassen zu können: „Die der Benzoösäure homologen Säuren werden zu Benzoö- säuren abgebaut, wenn die Seitenkette mehr als 2 C-Atome ent- hält oder in ihrer Stabilität durch Ersatz eines H-Atoms durch OH [oder zweier Atome H durch O, wie in der Benzoylkarbon- säure] geschwächt ist.“ *) Zeitschrift f. physiol, Chemie 7, 169. 152 Franz Knoop, Der zweite Teil dieser Zusammenfassung wurde durch die Beobachtung Schottens*) hinfällig, der zeigte, daß die Mandel- säure im Gegensatz zur Angabe von Schulzen und Gräbe‘*) unverändert bleibt. Der erste Teil entsprach den damals be- kannten Ergebnissen. Den eingeklammerten Worten, die sich auf die Benzoylkarbonsäure beziehen, liegt der Schluß von E. und H. Salkowski zugrunde, daß aus Acetophenon, das nach Nencki zu Benzoösäure wird, zunächst Benzoylkarbonsäure ent- stehen müsse. Demgegenüber aber ist zu bemerken, daß Ver- suche über das Schicksal der Benzoylkarbonsäure nirgends publiziert sind. | Mit Rücksicht auf die physiologische Bedeutung der aromatischen Aminofettsäuren präzisierte Schotten***) seine Ansicht über die Kernzerstörung folgendermaßen: „Die Sonderstellung, welche das Phenylalanin und das Tyrosin unter allen aromatischen Substanzen dadurch einnehmen, daß sie im Organismus eine nahezu voll- ständige Verbrennung erfahren, hängt zweifellos nur von ihrer Konstitution ab, der Verbindung des im Organismus sonst so be- ständigen Benzolkernes mit einer 3 C-Atome enthaltenden Seiten- kette, deren mittleres die Aminogruppe bindet“. Dieser Auffassung Schottens trat auch Baumann bei, und er glaubte sie durch das entsprechende Verhalten der a-Amino- zimtsäure bestätigt zu sehen. Den Ausgangspunkt der mitzuteilenden Versuche bildete die merkwürdige, mehrfach beobachtete Tatsache, daß Phenylessig- säure und Mandelsäure unverändert durch den Tierkörper gehen. Sie widersprach der Regel von E. und H. Salkowski und er- schien umso auffälliger, als Propylbenzol und Phenylpropionsäure zu Benzoösäure oxydiert werden. Bunge führt diese Resistenz in seinem Lehrbuch auf den Schutz der zwei nicht oxydablen Nachbargruppen, C,H;- und COOH- zurück. Dies erscheint chemisch nicht unmöglich — immerhin gibt der Befund Pohlsf), daß Malon- säure, in der CH; zwischen zwei Karboxylgruppen steht, zu 90 Proz. und mehr verschwindet, zu Zweifeln an dieser Vorstellung Anlaß, während allerdings Diphenylmethan nicht, wie NeumeisterTfy) irrtümlich angibt, zu C,H;.CHOH.C,H;, sondern zu C,H,.CH,. C;H,.OH oxydiert wird. Indessen bleibt da noch anderen Ver- mutungen Raum. *) Zeitschrift f. physiol. Chemie 8, 68. **) Annal. f. Chem. u. Pharm. 142, 349. ***) Zeitschrift f. physiol. Chemie 8, 65. 7) Archiv f. experim. Pathologie 37, 413. fr) Lehrbuch der physiol, Chemie 1897, S. 847. Der Abbau aromatischer Fettsäuren im Tierkörper. 153 Es war zunächst festzustellen, ob es sich bei der Widerstands- fähigkeit der Phenylessigsäure und ihrer Abkömmlinge um ein vereinzeltes Vorkommen handelt, oder um den einzelnen Fall einer näher zu ermitteinden allgemeiner gültigen Regel. Jedenfalls war "nicht anzunehmen, daß die Phenylpropionsänre, wenn sie zu Benzoösäure verbrennt, vorher zu Phenylessigsäure würde, da in diesem Falle Phenylessigsäure oder ihr Paarling hätte im Harn erscheinen müssen; und so bleibt zunächst keine andere Annahme, als daß die Oxydation bei der Phenylpropionsäure nicht an dem a-, sondern an dem -Kohlenstoffatom einsetzt. Ob eine solche Oxydation der Seitenkette in P-Stellung die Regel ist oder nicht, war durch vergleichende Versuche mit den höheren Homologen der Phenylpropionsäure bzw. ihrer Derivate zu ermitteln. Um solche und ähnliche Versuche erfolgreich anzustellen, habe ich mich folgender einfachen Untersuchungsmethode bedient: Die zu untersuchende Säure wurde in einer Menge von 2 bis 4 g anfangs als Natronsalz» per Schlundsonde, später meist als freie Säure in Gelatinekapseln einem 5 kg schweren Hund eingegeben, der Harn der nächsten 48 Stunden mit Soda schwach alkalisch gemacht, auf 100 bis 200 ccm eingedampft und nach Ansäuerung mit Phosphorsäure im Schacherl-Apparat 20 bis 30 Stunden mit Ather extrahiert. Das Extrakt wurde zwecks Entfernung flüchtiger, die Kristallisation hemmender Substanzen in strömendem Wasserdampf destilliert (Destillat etwa 1 Liter), mit Tierkohle entfärbt, diese nochmals ausgekocht; die vereinigten Filtrate wurden eingedampft und zur Kristallisation hingestellt. Diese Methode gibt bei einiger Übung sofort bei der ersten Kristallisation fast farblos die gesuchte Säure. Ich habe mich überzeugt, daß 30stündige Extraktion mit starkem Ätherstrom bei den hier in Betracht kommenden Säuren völlig genügt. (Vielleicht würde bei Anwendung des von Kutscher*) beschriebenen Apparates, der sich von dem Schacherlschen nur durelr die größere Tropfenweglänge unterscheidet, eine kürzere Zeit ausreichend sein.) Der Vorzug der Methode ist besonders der, daß die ganze, in dieser Weise durchaus erschöpfende Atherextraktion fast Keine Beaufsichtigung erfordert. Erwähnen will ich noch, daß der Versuchshund dauernd mit 300 g Pferdefleisch gefüttert wurde. Anfänglich auftretende Durchfälle wurden entsprechend den Ratschlägen Pflügers**) durch Zerkleinerung des Fleisches mit einer Wurstmaschine vor dem Kochen und Zugabe von wenig Rindsnierenfett sofort und dauernd behoben; außerdem wurde auf eine etwa am Kot bemerkbare Steigerung der Darmfäulnis ständig geachtet. Um zu prüfen, ob gleichzeitig eine Vermehrung der mit Wasserdampf flüchtigen Substanzen stattgefunden hatte, wurde jedesmal das Destillat schwach alkalisch gemacht, eingedampft, wieder angesäuert und mit Äther extrahiert. Ich fand jedoch nur in einem Falle eine solche Vermehrung, wovon an entsprechender Stelle die Rede sein wird. War die erste *) Zeitschrift f. physiol. Chemie 40, 1., **) Pflügers Archiv 80, 111. 154 Franz Knoop, Kristallisation nicht sofort genügend rein, was in wenigen Fällen vorkam. und durch Spuren von Harnstoff, der in den nicht alkoholfreien Ather übergeht, oder durch zu starke Konzentrierung bedingt sein konnte, so wurde die konzentrierte Lösung nochmals in einem ganz kleinen probier- glasartigen Schacherl-Apparat extrahiert. Dann wurde sie harnstoff- frei und, mit wenig Tierkohle aufgekocht, auch farblos erhalten. | Um vergleichbare Resultate zu erhalten, habe ich sämtliche Versuche (mit Ausnahme jenes mit Äthylbenzol) mindestens ein- mal an demselben Hund, außerdem noch eine Anzahl paralleler an anderen Hunden ausgeführt, ohne auf Abweichungen zu stoßen. Auf diesem Wege fand ich bei Nachprüfung der älteren An- gaben: I. im normalen Harn eine verschwindend geringe Menge von Hippursäure. Bei Fütterung von: II. 22 Phenylpropionsäure (Kahlbaum): Hippursäure und keine Phenacetursäure. III. 2g Mandelsäure (inaktive, Kahlbaum):”unveränderte Mandel- säure. IV. Phenylessigsäure (Kahlbaum): Phenacetursäure, keine Hippur- säurevermehrung. V. Äthylbenzol (Merck): Hippursäure, keine Phenacetursäure. Den letzten Versuch wiederholte ich, um ganz sicher zu sein, daß tatsächlich ein konstanter Unterschied zwischen der Oxydation des Kohlenwasserstoffes (Äthylbenzol) und der ihm entsprechenden Säure (Phenylessigsäure) besteht, andernfalls hätte man mit der Möglichkeit rechnen müssen, .daß Phenylbuttersäure etwa zu ähnlichen Ergebnissen führte, wie Phenylbutan. Dies ist also un- nötig, undfch konnte nun, gestützt auf obige experimentelle Grund- lagen und im Besitze einer zweckmäßigen Untersuchungsmethode zur Prüfung der Phenylbuttersäure übergehen. Leider gestaltete sich die Darstellung dieses Materiales nicht ganz einfach. Nach Angabe von Fittig und Jayne*) soll sich die Säure auf folgendem Wege gewinnen lassen: Kondensiert man bei 125° mittels Essigsäureanhydrid nach der Perkinschen Reaktion bernsteinsaures Natrium und Benzaldehyd, so er- hält man Phenylparakonsäure: COOH | CH, — CH — CH — OH, — CO Ö neben wenig Phenylisocrotonsäure: C,H; — CH= CH — CH, — COOH. *) Annalen der Chemie 216, 100 bis 108, Der Abbau aromatischer Fettsäuren im Tierkörper. 155 Durch Destillation der völlig trockenen Parakonsäure, am besten in geringem Vakuum, erhält man Phenylisocrotonsäure in befriedigender Aus- beute. Diese soll nun nach Jayne durch Reduktion mit Natriumamalgam in die angeblich bei 47,5° schmelzende Phenylbuttersäure übergehen. Trotz peinlichster Einhaltung der Vorschrift habe ich in vielen Versuchen nur einmal eine Säure erhalten, die nahe bei 47° schmolz, sonst nie wieder. Immer ergaben sich niedrigere Schmelzpunkte, man mochte noch so oft umkristaliisieren. Auch in hilfsbereiten, erfahreneren Händen gelang die Darstellung nicht. Ich suchte nach einem anderen Verfahren und reduzierte deshalb nach Angabe von Fittig und Shields*) Phenyl- butyrolacton, Se ee a ee, das sich durch Kochen von Phenylparakonsäure mit starker Schwefelsäure gewinnen**) läßt, mit konzentriertem Jodwasserstoff. So gelingt die Darstellung reiner, bei 51,5° schmelzender Phenylbuttersäure, und die Differenz im Schmelzpunkt weist darauf hin, daß Jayne noch unreine Phenylbuttersäure in Händen hatte, Die Säure wurde in einer Menge von je 2 g zweimal verfüttert. Beide Male erhielt ich aus dem Harn eine Säure von der typischen Kristallform der Phenacetursäure, die wie diese bei 142° schmolz und nach der Spaltung mit verdünnter Schwefelsäure an den Äther Phenylessigsäure vom Sp. 76° abgab. Hippursäure fand sich nicht. So schien in der Tat hier eine Oxydation in der /-Stellung stattgefunden zu haben, ein Befund, für den es weitere Belege zu schaffen galt. Das Nächstliegende war, in der Reihe fortzu- fahren, und Phenylcapronsäure zu versuchen — sie mußte danach über Phenylbuttersäure zu Phenacetursäure werden. Leider ist indessen die Säure noch nicht dargestellt. Die zwischen beiden liegende Phenylvaleriansäure ließ sich aber gewinnen; sie mußte nach dem gleichen Prinzip über die Phenylpropionsäure in Hippursäure übergehen, wenn auch hier f-Oxydation eintrat. Ich habe sie mir nach den Angaben von Fittig und Hoffmann“) dargestellt. Man kondensiert bei 180° Zimmtaldehyd und essigsaures Natrium mittelst Essigsäureanhydrid und reduziert die so in schlechter Ausbeute gewinnbare Cinnamenylakrylsäure C,H, — CH=CH—CH=CH— COOH mit Natriumamalgam. Dabei lagert sich die zurückbleibende einfache Doppelbindung um, es entsteht 3-y-Pentensäure: Be CH eu, == COOH. Kocht man diese lange mit starker Natronlauge, so tritt eine weitere Umlagerung eines Teiles der Säure in die a-3-Säure ein, die sich nun im *) Annalen der Chemie 288, 204. *) Erdmann, phil. Dissertation. Straßburg. ***) Annalen f. Chemie 283, 314. 156 Franz Knoop, ” Gegensatz zur 3-y-Säure mittels Natriumamalgam in die gesättigte Phenyl- valeriansäure überführen läßt. Von der gewonnenen Säure wurde 1,5 g verfüttert und aus dem Harn in der Tat ausschließlich Hippursäure in einer Menge von fast 0,5 g gewonnen. In der gleichen Reihe ließ sich mit entsprechenden weiteren Versuchen nicht fortfahren. Ich wandte mich‘ deshalb zunächst der Frage zu, ob der Organismus substituierte Substanzen der gleichen Reihe anders angriffe, als die gesättigten normalen Säuren. Ich dachte an die Möglichkeit einer völligen Verbrennung nach Analogie des Phenylalanıns. Was geschieht z. B., wenn die Amidogruppe in f-Stellung steht oder wenn für sie, sei es in a- sei es in P-Stellung ein anderer Substituent eingetreten ist? Es gab keine Anhaltspunkte für die Beantwortung dieser Frage, als eben die Vermutung, daß auch hier die Oxydation an dem P-Kohlenstoff angreifen würde. Diese mußte z. B. bei Phenyl-p- Milcehsäure zu Hippursäure führen; trat dagegen a-Oxydation ein, so mußte die resistente Mandelsäure entstehen, die ja ohne Schwierigkeit nachzuweisen ist. Die Phenyl--Milchsäure ließ sich nach Fittig und Slocum‘) leicht darstellen durch Addition von Bromwasserstoff an Zimtsäure und Ersatz des in 8 eingetretenen Br durch OH in siedendem Wasser. Zum Um- kristallisieren bediente ich mich des Chloroforms, aus dem sie sich bei Ligroinzusatz in feinen, schneeweißen Kristallen ausscheidet. In zwei Versuchen wurden einmal 2 g, einmal drei Tage hinter- einander je 2,5 g verfüttert; beide Versuche lieferten Hippur- säure**), keine Mandelsäure. Dem entsprechend mußte ich bei Verfütterung einer Phenyl- buttersäure, die an dem gleichen kernbenachbarten C-Atom, hier also in y-Stellung zum Karboxyl ebenfalls eine Hydroxylgruppe aufwies, Mandelsäure erwarten, falls sich in dem Falle nicht doch das anoxydierte C-Atom als punctum minoris resistentiae erwies und an seiner Stelle eine Aufspaltung der Kette herbeiführte. Ich hatte die Phenyl-y-Oxybuttersäure in Form des Laktons bereits bei der Darstellung der Phenylbuttersäure in Händen ge- habt, und verfütterte sie als Lakton, da ja das Salz bei der Un- beständigkeit der y-Oxy-Säuren durch die Magensäure doch ver- mutlich bald in das Lakton übergeführt worden wäre. Indes führte mich dieser Versuch zu keinem Resultat, da sich das *) Annalen der Chemie 227, 59. **) Die relativ geringe Menge der gefundenen Hippursäure veranlaßt mich zu weiteren Untersuchungen über etwaigen anderweitigen Verbleib der Oxysäure. Der Abbau aromatischer Fettsäuren im Tierkörper. 157 Lakton in beträchtlicher Menge im Harn unverändert wiederfand, — und zwar wegen seiner Flüchtigkeit mit Wasserdämpfen im Destillat. In dem übrigen Ätherrückstand ließ sich weder Hippur- noch Mandelsäure nachweisen. Wahrscheinlich war der Lakton- ring überhaupt nicht bei der schwach alkalischen Reaktion im Darm gelöst worden. Die Frage, wie weit diese Resistenz der Laktone eine allgemeinere Gültigkeit besitzt, verdiente eine nähere Prüfung. Da ich von der Darstellung des Laktons her noch Phenyl- parakonsäure, eine Laktonsäure COOH 9 besaß, die leicht in Soda löslich ist, so prüfte ich die entstandene se sofort an dieser Substanz: 2 g Phenylparakonsäure wurden in einer Gelatinekapsel gegeben. Die Säure fand sich in reichlicher Menge unverändert im Harnätherextrakt wieder, daneben kein Phenylbutyrolakton - und keine weitere Säure.” Es war also weder der Laktonring noch das außerhalb angeschlossene Karboxyl angegriffen worden. — Ich brachte nun dem Tiere eine Säure mit dreigliedriger Seitenkette bei, die in der «a-Stellung, entsprechend der Mandel- säure, bereits anoxydiert war, um zu sehen, ob in diesen Falle etwa doch eine Aufspaltung der Kette in a Stellung erfolgte. Zu dem Zweck stellte ich mir aus Phenylbrenztraubensäure durch Reduktion mit Natriumamalgam Phenyl-a-Milchsäure her, die sich ebenso, wie die 5-Verbindung, aus Chloroform und Ligroin leicht in schneeweißen Kristallen vom Schmp. 98° gewinnen lie&ß. Ich erwartete im Ätherextrakt bei -Oxydation Hippursäure, andernfalls Phenacetursäure. Nach Fütterung von 2 g reiner Säure erhielt ich weder das eine, noch das andere. Der Harn zeigte das Verhalten wie beim Phenylalanin, nur winzige Mengen einer in feinen Drusen kristallisierenden Substanz von vielleicht 2 bis 3 mg schieden sich aus, zu wenig zur weiteren Verarbeitung. Ich wiederholte den Versuch einige Male mit 3 und 5g mit dem gleichen Resultat, nur daß sich jetzt kleine M :ngen unveränderter Phenyl-a-Milchsäure wiederfanden, — etwa 0,05 g von ver- _ fütterten 5 g. Von der erwähnten in kleinen Drusen kristalli- ' sierenden Substanz fand sich einmal nichts und einmal nur so _ viel wie im ersten Versuch. Die Oxyverbindung verhielt sich also wie die entsprechend 158 Franz Knoop, substituierte Aminoverbindung, in beiden Fällen war kein. aromatischer Rest nachzuweisen.*) Der nächste Versuch galt der Frage, ob etwa durch Ver- fütterung einer höheren Oxydationsstufe eine Aufsprengung der Seitenkette zu erzielen wäre, z. B. wenn an der Stelle der Gruppe CHOH das Ketonradikal CO steht, also durch Eingabe der Phenyl- a-Ketopropionsäure, derselben Phenylbrenztraubensäure, die ich zur Synthese des Phenylalanins und der a-Milchsäure darge- stellt hatte. | Ich verabreichte einmal 2 und einmal 3g. Beide Male zeigte das Harnätherextrakt genau das Verhalten, wie in der Norm, auch die kleinen Drusen, die ich nach a-Milchsäure-Verfütterung beobachtet hatte, erschienen nicht. Ich verfütterte ein drittes Mal in 2 Tagen je 2,5 g und verarbeitete den Harn von 3 Tagen *) Da ich inaktive Phenylmilchsäure gereicht hatte, so schien es wünschenswert, sich von der Verbrennbarkeit auch des inaktiven Phenyl- alanins beim Hunde zu überzeugen. Ein entsprechender Versuch Schottens (Zeitschr. f. physiol. Chemie 8, 63) war mit der vergleichsweise zu geringen Menge von 0,7 & ausgeführt worden. Ich stellte mir deshalb i-Phenyl- alanin dar. Mir erschien dazu die Reduktion des Oxims der Phenylbrenz- traubensäure ein einfacherer Weg, als die Synthese, wie sie E. Erlen- meyer jr. ausgearbeitet hat: durch Kondensation von Hippursäure und Benzaldehyd. Nach Besprechung mit Herrn Erlenmeyer war dieser so liebenswürdig, einige Versuche anzustellen, um zu sehen, ob diese Methode, die er qualitativ bereits zur Identifizierung der Phenylbrenztraubensäure an- gewandt hat, sich auch quantitativ bewähre. In der Tat verlief die Oxim- bildung quantitativ, die Reduktion mittelst Zinn und Salzsäure dagegen langsam und minder vollständig. Ich zog es deshalb vor, mit Natrium- amalgam zu reduzieren, was sich einfacher gestaltet, zumal wenn man sich mit etwas geringeren Ausbeuten begnügt. Ich kann die Methode, die sich folgendermaßen gestaltet, empfehlen: Benzyleyanid wird mit Oxalester in wasserfreiem Alkohol mittels Natrium nach Erlenmeyer jr. kondensiert, die reichlich entstehende Menge von Phenylcyanbrenztraubensäureester C;,H,CH(CN)CO.COO.C,H, mit verdünnter Schwefelsäure in Phenyl- brenztraubensäure, und diese mit Hydroxylamin in alkalischer Lösung in das Oxim übergeführt. Selbst wenn die Säure nicht völlig farblos war, was schwer zu erreichen, läßt sich das Oxim in reinster Form durch Fällen der ätherischen Lösung mit Ligroin gewinnen. Reduziert man nun mit Natrium- amalgam in konzentrierter wässeriger Lösung in der Wärme unter Abstumpfen des Alkalis, so kristallisiert eine erhebliche Menge Phenylalanin bereits beim Abkühlen der schwach alkalischen Lösung aus; es wird aus Wasser um- kristallisiert. Mit diesem synthetischen Material wiederholte ich den Ver- such Schottens, indem ich 3 g in Gelatinekapsel eingab. Das Harn- extrakt zeigte genau das Verhalten des normalen Harnes, es schied sich eine kaum wägbare Spur von Kristallen von Hippursäureform aus. Es besteht danach also zwischen der aktiven und der racemischen Form des Phenyl- alanins kein merklicher Unterschied in ihrem Verhalten bei der Oxydation im Tierkörper. Der Abbau aromatischer Fettsäuren im Tierkörper. 159 vereinigt; auch diese 5 g hinterließen nur eine winzige, der Norm entsprechende Menge Hippursäure. Während sonach die a-Ketonsäure genau so wie die a-oxXy- und die «-Aminosäure im Hundeorganismus anscheinend ganz umgesetzt wurde, gaben andere Ketonsäuren ein anderes Resultat. Die Eingabe von 4g von Schuchardt bezogener Benzoylessig- säure, also der entsprechenden -Ketonsäure, lieferte ausschließ- lich Hippursäure im Ätherextrakt. Diese Säure verhielt sich also ganz wie die Phenylpropionsäure und die A-substituierte Oxysäure. Ein ganz eigenartiges Verhalten zeigte das nächste Homologon C.H,COCH. COOH.CH:.. mir wegen der Bildung des Laktonringes nicht gelungen, mit der Phenyl-y-Oxy-Buttersäure ein Resultat zu erzielen, so dachte ich mit der ihr entsprechenden Ketonsäure zum Ziele zu kommen. Von Schuchardt bezogene, umkristallisierte Benzoylpropion- säure, vom Schmelzpunkt 116°, wurde an 2 Tagen zu je 3g ver- füttert. Aus dem Harnätherextrakt ließ sich in reichlicher Menge Phenacetursäure gewinnen; außer ihr eine geringe Menge eines mäßig wasserlöslichen Öles, das noch nicht identifiziert werden konnte. Ich wiederholte den Versuch mit dem gleichen Ergebnis. Im Destillat ließ sich das charakteristisch riechende Lakton nicht nachweisen. Phenacetursäure fand sich ferner als Abbauprodukt einer weiteren, ungesättigten Säure dieser Reihe, der Phenyliso- erotonsäure: C,H,.CH=CH-—CH,.COOH. Hippursäure fand sich weder hier noch bei der Ketonsäure. Bei den resultierenden Substanzen steht also die vom Organis- mus erzeugte Karboxylgruppe in P-Stellung zu dem ursprünglichen Karboxyl. Während indessen bei der ungesättigten Säure eine Hydrierung derart angenommen werden könnte, daß die $-Oxy- Säure intermediär entsteht, die nach den Erfahrungen an der ge- sättigten Säure wohl leicht in Phenylessigsäure übergehen würde, muß die Ketonsäure eine Reduktion an dem kernbenachbarten C-Atom von -CO- zu -CH,- erleiden. Diese Reduktion einer Keton- säure im Tierkörper ist wohl der erste beobachtete Fall dieser Art, findet aber eine Analogie in der Reduktion von Aldehyden und Ketonen, wie sie bei der Bildung der Glykuronsäurever- bindungen mehrfach beobachtet ist.*) Die Wasseranlagerung an die ungesättigte Säure derart, daß das Hydroxyl in ß einträte, läßt sich in vitro durch langes Kochen dieser Reihe, die Benzoylpropionsäure: War es *) Vgl. Neubauer, Arch. f. exp. Path. u. Pharm. 46, 143 u. 151. 160 Franz Knoop, mit starker Natronlauge erreichen, wenn auch viel schwieriger, als die umgekehrte Anlagerung der Wasserbestandteile, wo das Hydroxyl in y- und H in /-Stellung eintritt. Einmaliges Auf- kochen der Säure mit starker Schwefelsäure führt nach Erdmann sofort quantitativ zur Laktonbildung. Der Angriff auf das y-Kohlenstoffatom scheint danach in diesen Fällen dem Organismus unmöglich zu sein, so zugänglich es ihm a priori einmal durch die Doppelbindung, das andere Mal durch die hohe, vorgängige Oxydation zur Ketongruppe erscheint. Daß eine Oxydation in der P-Stellung selbst unter so erschweren- den Bedingungen eintritt, spricht offenbar für eine weitgehende Gültigkeit dieses Oxydationsprinzipes. Nachstehend stelle ich die Ergebnisse der bisher vorliegenden einschlägigen Versuche zusammen, soweit sie nicht im Kern sub- stituierte aromatische Säuren mit einfacher Seitenkette betreffen: Eingeführt Ausgeschieden ee änderung *) G,H,.C00H 0,H,.COOH Unverändert C,H;.CH,.COOH C;H;.CH,. COOH do. C,H, .CH(OH).COOH ne do. C,H,. CH(NH,).COOH ECO ODE ne CsH,.CH,.CH,.COOH C,H,.CH(OH).CH,.COOH | Oxydiert am C,H,.C0.CH,.COOH Bar COOH B-Kohlenstoffatom C,H,.CH=CH.COOH | C,H;.CH, . CH(NH,). COOH 0;H,.CH,.CH(OH).COOH Scheinbar total C,H, .CH,.C0.COOH 0 oxydiert C,H,.CH—=C(NH),.COOH C.H;.CH,.CH,.CH,.COOH CsH;.C0.CH,.CH,.COOH je .CH, .COOH zydiers ne C,H,.CH=CH-—-CH, .COOH P-Kokl- Se x \ \ J Oxydiert am C,H,.CH,.CH,.CH,.CH,.COOH| C,H,.COOH | 3-Kohlenstoff C,H,.CH.CH,.CH;.00 \ | ERETN Ie 2 OH | Unverändert 0 CB, OH.OH, CH. 00 0 J *) Dabei ist auf eine etwaige Paarung nicht Rücksicht genommen. » Der Abbau aromatischer Fettsäuren im Tierkörper. 161 Prüfen wir an der Hand dieser Ergebnisse zunächst, wie weit sich die Ansichten von E. und H. Salkowski über den Abbau der aliphatischen Seitenketten und die Ausführungen von Schotten und Baumann über die Zerstörung des Benzolkerns mit den an- geführten Ergebnissen im Einklang befinden, so ergibt sich, daß sie teils fallen gelassen, teils erweitert werden müssen. Die Phenylbuttersäure, die Phenyl-a-Milchsäure, die Phenyl- brenztraubensäure und noch mindestens fünf andere der unter- suchten Säuren enthalten mehr als 2 C-Atome in der Seitenkette, keine von ihnen liefert Benzoösäure. Danach trifft E. u. H. Sal- kowskis Regel bei weitem nicht überall zu. Demgegenüber scheinen mir, wenigstens für die gesättigten, normalen, endständig phenylsubstituierten Fettsäuren, soweit der gegenwärtige Stand der synthetischen Chemie überhaupt eine Prüfung zuläßt, alle ge- fundenen Tatsachen die Berechtigung einer Annahme des Oxy- dationsangriffes in -Stellung zu erlauben, ja sie als die einzig mögliche Erklärungsform für die Versuchsergebnisse hinzustellen. Es mag hier darauf hingewiesen werden, daß die beim Diabetiker beobachtete Vermehrung der ausgeschiedenen %-Oxybuttersäure . und Acetessigsäure nach Zufuhr von niederen Fettsäuren, namentlich der Buttersäure, möglicherweise einen analogen Vorgang darstellt. Allerdings scheint in der Tatsache, daß Phenylalanin und die anderen in a-Stellung substituierten Phenylpropionsäuren, sowie die Phenyl-a-amidozimtsäure im Tierkörper restlos verschwinden, richtiger gesagt, nicht zur Ausscheidung saurer, ätherlöslicher Pro- dukte im Harn Anlaß geben, ein Widerspruch gegen die allgemeine Gültigkeit der #-Oxydation gegeben zu sein. Indessen weist schon die viel eingreifendere Veränderung, die diese Stoffe erleiden, auf deren Ausnahmestellung hin. Möglicherweise ist die «-Substitution an sich ein Hindernis für die #-Oxydation, möglicherweise unter- liegen die Stoffe synthetischen oder anderen Vorgängen, bevor an ihnen die Oxydation platzgreift. Auf jeden Fall ist es bemerkens- wert, daß eine ganze Anzahl dem Phenylalanin nahe verwandter Stoffe, denen sich noch das. Tyrosin zugesellt, die gleiche Ab- weichung von der Regel zeigt.*) *) Die inzwischen erschienene Untersuchung von Neubauer und Falta „Über das Schicksal einiger aromatischer Ba en bei der Alkaptonurie“ (Zeitschrift f. physiol. Chemie 42, 81) bringt einen weiteren Anhaltspunkt dafür bei, daß die in a-Stellung oxydierten Phenylpropionsäuren im Tier- körper den gleichen Abbau erfahren wie Phenylalanin und Tyrosin. Sie steigern wie diese die Auscheidung der Homogentisinsäure, während andere verwandte Säuren dies nicht tun. Beitr. z. chem. Physiologie. VI. x 11 162 Franz Knoop, Der Abbau aromatischer Fettsäuren usw. Daß bei ihnen der Abbau normalerweise über die bei Alkaptonurie gefundenen Säuren, die Homogentisin- oder Uroleueinsäure, geht, scheint mir aus folgendem Grunde nicht wahrscheinlich. Wie ein Versuch von Baumann“) lehrt, besitzt der Hundeorganismus nur ein beschränktes Oxydationsvermögen für Homogentisinsäure; wenn diese als Zwischen- produkt nach Einführung von Phenylalanin aufträte, wäre ihr Erscheinen im Harn, bzw. die charakteristische auffallende Dunkelfärbung des Harns zu erwarten. Dergleichen scheint aber bei den erwähnten Fütterungs- versuchen niemals beobachtet worden zu sein. Ich selbst sah nie eine solche Dunkelfärbung bei meinen Versuchen. | Es wäre von hoher Bedeutung für das Verständnis des Abbaues der hohen Fettsäuren und der Aminosäuren, wenn sich auch hier die Regel der -Oxydation als gültig erwiese. Hier werden weitere Versuche einzusetzen haben. Immerhin wird schon jetzt mit einem derartigen Modus des Abbaues gerechnet werden dürfen. *) Zeitschrift f. physiol. Chemie 15, 283. XIV. Beiträge zur vergleichenden Physiologie des Hungerstoffwechsels. Von Privatdozent B. Slowtzoff (Petersburg). Dritte Mitteilung. Der Hungerstoffwechsel bei Libellen. Im Anschluß an meine Untersuchung über den Hungerstoff- wechsel der Maikäfer teile ich hier einige Tatsachen betreffend den Hungerstoffwechsel der Libellen mit, die insofern nicht ohne Interesse sein dürften, als die normale Lebensdauer der Libellen gewöhnlich sehr kurz ist. Die während einiger Stunden in der Nähe von Hapsal ge- sammelten Exemplare von Libella canceliata wurden in zwei Gruppen geteilt; die einen gleich mit Alkohol getötet, die anderen hungern gelassen und alle 12 Stunden gewogen. Das mittlere Gewicht der Kontroll- und Karenztiere (vor dem Hungern), stimmte wie aus der Tabelle I ersichtlich ist, sehr gut untereinander. Wir können also annehmen, daß die Tiere beider Gruppen von ganz derselben Größe waren. Tabelle I. | 2 icht Stück Gruppe St A a ee eine ng in g Kontrolltiere 2 8 | 2,5 0,3125 3 EOS Eee 0,3077 > a Yan 0,3000 IV 4 | 1,2 0,3000 Mittel I STE 0,3051 ; 11* Tal, „4 164 B. Slowtzoff, | n 1 ) .. \ % l Gruppe Zahl der Tiere Gesamtgewicht Gewicht pro Stück nn & in g Karenztiere (vor dem Hungern) I 10 3,4 | 0,3400 BE 24 Ar ek 0,3083 I y 2,45 0,2722 IV | 8 rn 3aa0 0,3000 Mittel | 51 15,65 0,3068 Die Gewichtsverluste der Karenztiere nach je 12 Stunden sind in den Tabellen II, Ill, IV und V zusammengestellt. Tabelle U. \ Dauer des | Gewicht \Gewichts- &ewichts-| MIMBERIEEES Datum Hungerns in der Tiere | verlust | verlust ee Stunden in g ing in Proz. pro 24 8 a2 a 8. V. 1903 0 3,40 0 0 BEN 12 3,20 0,20 5,90 TER 24 3,00 0,40 | 11,80 \ 7.06 Proz, 7 Ba 36 2,95 0,45 13,20 Te 48 9,85 05 | 1650 | to... Wo; 60 2,80 0,60 17,65 ) Tabelle III. Mittlerer Ge- wichtsverlust in Proz. | pro 24 Stunden Dauer des | Gewicht \Gewichts- |Gewichts- Hungerns in |der Tiere | verlust | verlust Stunden ing ing in Proz. Datum 10. V. 1903 IS) 30. 30. 31. 31. Beiträge zur vergleichenden Physiologie des Hungerstoffwechsels. Tabelle Pr. 165 u RR a a Dauer des | Gewicht |Gewichts- |Gewichts- a Datum Hungerns in | der Tiere | verlust verlust ee Stunden Bier: in Proz. a er a V. 1903 0 2,45 10) 0 ER 12 2,25 0,20 8,16 V. Pr 24 2,15 0,30 12,24 1015 p ‚45 Proz. a 36 2,00 0,45 18,37 Ne, 48 1,90 0,55 29,45 ee 60 1,80 0,65 26,12 Tabelle‘YV. Dauer des | Gewicht Gewichts- |Gewichts- a, “ Datum Hungernsin | der Tiere | verlust | verlust A Pr Stunden in g ing in Proz. Dro 94 An 1 SER BESRENER MEET BIENEN EEG EERBAEEE VEN ER VAEERENEN BEE SEE V. 1903 0 2,40 0) [1 ) VAL, 12 2,35 0,05 2,08 AR 4 2,30 0,10 4,17 | We 36 2.20 0,20 8,33 $) $) b) \ R ee — | 8,31 Proz. u 5 pe 48 2.10 0,30 12,50 RE. 60 2,00 0,40 16,66 | Be... 72 1,80 0,60 25,00 j EN. 84 1,70 0,70 29,14 1 1 2. 2 Die Libellen sterben bei absoluter Karenz in 60 bis 84 Stunden und verlieren im Mittel 22,55 Prozent ihres ursprünglichen Ge- wichtes. bis 10,45, durchschnittlich 8,185 Proz., und sind viel größer als die entsprechenden Gewichtsverluste bei Maikäfern und Wein- bergschnecken. Die Gewichtsverluste pro 24 Stunden betragen 6,92 Die chemische Untersuchung der getrockneten Karenz- und Kontrolllibellen ergab folgende Werte: 166 B. Slowtzoff, Tabelle VI. PevE Kontrolltiere Karenztiere 100 g 100.8 Trockensub- ne Trockensub- Erz Substanz Substanz stanz ent- stanz ent- halten g enthalten g halten g Wasser 0 71,52 0 Trockensubstanz 100,00 98,48 100,00 Gesamtasche 7,03 2,00 5,04 re N 3,73 1,06 9,60 Ki een 3,30 0,94 9,44 Organ. Substanz 92,97 26,48 94,96 ' Ätherextrakt 1138 3,54 5,88 Alkoholextraktt | 2, 0,64 5,82 Wasserextrakt 12,45 3,54 23,20 Kohlehydrate 020 | 006 0,0 Eiweißkörper 53,41 19493 51,68 Chitn | 12,93 3,68 13,42 enthalten g 0,88 34,29 9,12 2,10 8,38 0) 16,84 4,85 Um eine zutreffende Vorstellung über den wirklichen Ver- brauch an den verschiedenen Substanzen zu gewinnen, müssen die Werte von Tabelle VI auf 100 Stück Kontroll- und Karenz- tiere berechnet werden. Tabelle VII. Gesamtgewicht | 100 Stück Kontrolltiere enthalten Gewichts- veränderung in Proz. Trockensubstanz Wasser Gesamtasche Wasserlösliche Asche 100 Stück Absolute Karenztiere \Gewichtsver- enthalten änderung g in g 8,79 +0,10 15,56 — 6,26 0,44 — 0,17 0,23 — 0,09 Beiträge zur vergleichenden Physiologie des Hungerstoffwechsels. 167 100 Stück | 100 Stück Absolute Gewicht Kontrolltiere| Karenztiere |Gewichtsver- en a i enthalten enthalten | änderung ie . in Proz. g g | ing Wasserunlösliche 2 2 _ _ ! Wehe 0,29 0,21 0,07 24,14 Organ. Substanz 8,08 8,40 + 0,32 + 2,96 Ätherextrakt | 1,02 ee — 49,02 Alkoholextrakt 0,20 051 |: +0,81 + 155,0 Wasserextrakt 1,08 2,04 10,96 + 88,89 | Kohlehydrate 0,02 0,00 109,02 — 100,00 Eiweißkörper 4,64 4,14 — 0,20 = a Chitin 1,12 1,18 + 0,06 + 5,36 Aus Tabelle VII ist deutlich zu ersehen, daß bei der Karenz der Libellen die Menge der Extraktivstoffe bedeutend steigt, be- sonders wenn man deren Menge mit dem Verbrauch der Eiweiß- _ körper vergleicht. Es scheint, daß die Ausscheidung der Extraktiv- stoffe bei diesen Tieren so bedeutend vermindert ist, daß im ganzen die Menge der Trockensubstanz und speziell der organischen Substanz am Ende der Karenz fast um 4 Proz. ansteigt. Die vor- handene kleine Menge der Kohlehydrate wird ganz verbraucht, der Fettvorrat aber stark angegriffen. Der Verlust an Salzen beträgt 28 Proz. der ursprünglichen Menge, und zwar wird von den wasserlöslichen Salzen anscheinend mehr ausgeschieden, als von den unlöslichen.. Die Wasserabnahme beträgt 28,68 Proz. der ursprünglichen Menge. Das bedeutet pro Kilo und 24 Stunden berechnet einen sehr großen Verlust, 117,24 g. Er ist hier viel größer als bei Maikäfern, die während 21 Tagen 228,69 g auf 895 g verloren, wo also der Wasserverlust pro Kilo und 24 Stunden bloß 12,14 g betrug. Diese enormen Wasserverluste bedeuten förmlich ein - Eintrocknen der Tiere und dürften Ursache eines so früh ein- tretenden Todes sein, daß die Insekten nicht mehr imstande sind, ihre Energievorräte auszunutzen. i Man kann den in den Insekten enthaltenen Energievorrat annähernd in Kalorien ausdrücken, wenn man 1 g Fett mit -9,46 Kal., 1 g Kohlehydrate mit 4,18 Kal., 1 g Eiweißkörper mit 4,32 Kal. und 1 g Extraktivstoffe mit 3,154 Kal. in Rechnung stellt. Die Gesamtenergie von 100 Stück Kontrolltieren, enthaltend 1,02 g 168 B. Slowtzoff, Fette, 1,28 g Extraktivstoffe, 1,14 g Kohlehydrate und 4,64 g Eiweißkörper beträgt darnach 38,4963 Kal. Während des Hungerns werden 0,50 g Fett und 0,20 g Eiweißkörper verbrannt und 1,27 g Extraktivstoffe gebildet. Der Gesamtverlust an Energie beträgt also 1,538 Kal. oder rund 4 Proz. der Gesamtenergie. Für das Kilo Lebendgewicht ist der Energieverbrauch pro 24 Stunden 18,33 Kal. und pro Stunde 0,7222 Kal. Um einen besseren Einblick in die Verbreitung des Stickstoffs in den Kontroll- und Karenztieren zu gewinnen, habe ich die erhaltenen Werte in den Tabellen VIII und IX zusammengestellt. Die Versuchszahlen über das entsprechende Verhalten des Phos- phors sind leider verloren gegangen. Tabelle VII. Normaltiere | Karenztiere Prozent- | Prozent- gehalt der'gehalt der trockenen! frischen Substanz | Substanz Prozent- | Prozent- . ‚gehalt der gehalt der “trockenen! frischen Substanz | Substanz In Proz? (Gesamt-N 3,090 100,00 100,00 N des Äther- alkohol- 0,64 0,182 5,87 0,48 | 0,173 4,59 extraktes. v4 e| ee 0,398 12,88 1,90 | 0,686 18,16 extraktes En a 2,243 72,80 7,12 | 2,580 68,26 körper Chitin-N 0,94 0,267 8,45 | 0,94 | 0,339 8,99 Tabelle IX. A N des Gesamt-N Wasser- alkohol- extraktes extraktes In 1000 Stück Normal- . tieren 0,944 0,122 In 1000 Stück Karenz- 0,919 0,167 : tieren Absolute Veränderung | — 0,025 | — 0,014 | + 0,045 Te ea ee), EFEAEENEEREBEEEEEEE N Fr In Proz. ausgedrückt |— 2,65 %| — 25 %/o +36,5 % | — 8,2 % 0 Beiträge zur vergleichenden Physiologie des Hungerstoffwechsels. 169 Der Stickstoff des Chitins bleibt während der Karenz unver- ändert. Der Eiweißstickstoff wird nur sehr wenig angegriffen. Bei absoluter Karenz verlieren also die Libellen 20,19 Proz. des ursprünglichen Gewichtes, aber nur 4 Proz. ihres Energie- vorrats. Die Verluste betreffen vorzugsweise Kohlehydrate, Fette, Wasser und Salze. Die Fette werden bis zur Hälfte verbraucht. Die auffälligste Erscheinung ist der außerordentliche Wasser- verlust, der bis 117,24 g Wasser pro Kilo Lebendgewicht und 24 Stunden beträgt. \V. Beiträge zur vergleichenden Physiologie des Hungerstoffwechsels. Von Privatdozent Dr. B. Slowtzoff. Vierte Mitteilung. Der Hungerstoffwechsel von Hummeln (Bombus terrestris). Bei der Untersuchung des Hungerstoffwechsels der Libellen habe ich die interessante Tatsache gefunden, daß der Tod bei diesen Tieren lange vor Erschöpfung des Energievorrats an Fetten, Kohlehydraten, Eiweißkörpern anscheinend durch Wasserverlust eintritt. Die beobachtete starke Wasserverdunstung dürfte einen Schutz gegen etwaige während der Arbeit beim Fliegen ent- stehende Hyperthermie darstellen, und sollte darnach bei Tieren, die schnellere Bewegungen machen als die Libellen, noch größer sein. In den Hummeln (Bombus terrestris) fand ich ein dankbares Material für die Untersuchung dieser Frage. Diese Tiere summen den ganzen Tag und sterben bei absoluter Karenz binnen 24 bis 48 Stunden. : Ein Teil der frisch gefangenen Tiere wurde mit Spiritus- dämpfen getötet und getrocknet, der andere hungern gelassen. Während des Hungerns wurden die Tiere in einem großen Glas- sefäß gehalten, um die Bewegungen nicht zu stören. Die vom Hungern gestorbenen Exemplare wurden in Alkohol aufbewahrt und vor der Analyse nebst Extrakt bei 110° getrocknet. Der Versuch wurde an 197 Tieren angestellt. Davon dienten 95 Stück (Gesamtgewicht 51,3 g) als Kontrolltiere, 102 Stück (Gesamtgewicht 55,08 g) wurden hungern gelassen. ‘ Was die Lebensdauer der hungernden Hummeln betrifft, so kann ich hier folgende Beispiele anführen. 30 Stück (Gesamtgewicht 13,8 g) Hummeln waren am 4. VI. 1903 gefangen. Sie starben binnen 28 Stunden. Gesamtgewicht Beiträge zur vergleichenden Physiologie des Hungerstoffwechsels. 171 beim Tode 12,4 g. Gewichtsverlust 10,14 Proz., pro 24 Stunden 8,69 Proz. 17 Hummeln, am 5. VI. 1903 gefangen, starben innerhalb 48 Stunden. Gesamtgewicht vor dem Hungern 10,8 g, nachher 7,9 g, Gewichtsverlust 26,85 Proz., pro 24 Stunden 13,42 Proz. 30 Stück Tiere, am 6. VI. 1903 gefangen, starben binnen 30 Stunden. Gesamtgewicht vor dem Hungern 15,3 g, nachher 12,5 g, Gewichtsverlust 18,23 Proz., pro 24 Stunden 14,59 Proz. Der mittlere gesamte Gewichtsverlust betrug 23,95 Proz., der mittlere 24stündige 12,23 Proz., war also fast zweimal so groß als bei hungernden Libellen (6,40 Proz.). Die chemische Untersuchung der Trockensubstanz ergab folgende Werte. Tabelle I. Kontrolltiere Karenztiere 100 | 100 g 180g \2 alle Trocken- frischer Trocken- | frischer substanz | Substanz substanz | Substanz = enthalten g Wasser 0 68,96 0 57,04 Trockensubstanz 100,00 31,04 100,00 41.94 ; Aschegehalt 7,02 2,18 5,64 2,36 En: 1,99 0,62 9,17 0,91 nlöstich) 5,08 . 47 1.8 Organ. Substanz 92,98 28,86 94,36 40,58 Ätherextrakt 13,59 4,22 10,55 4,42 Alkoholextrakt 4,53 1,40. 8,35 3,50 Wasserextrakt 3,65 L.13 10,20 4,27 Kohlehydrat Sag Spuren Spur 0 0 Eiweißkörper 58,32 18,11 52,06 22,86 Chitin 12,89 4,00 13,20 5,53 Schon aus dieser Tabelle ist sehr deutlich zu ersehen, daß auch hier der Wasserverlust das Hauptmoment der Karenz dar- stellt. Die Trockensubstanz der frischen Karenztiere erreicht den sehr hohen Wert von 41,94 Proz. 172 B. Slowtzoff, Eine Vorstellung von dem Verluste an den einzelnen Bestand- teilen erhalten wir, wenn wir alle Werte auf 100 Stück Kontroll- und Karenztiere berechnen. Tabelle 1. | Gewichts- 100 Stück 100 Stück Absolute änderung in Kontrolltiere, Karenztiere ‚ Gewichts- Proz. des enthalten g | enthalten g | änderung | ursprüngl. Gewichts Gesamtgewicht 54,02 41,08 — 12,94 — 23,95 Trockensubstanz 16,76 17,23 +0,47 1 28,04 | Wasser 37,26 23,75 — 12,51 — 35,16 Gesamtasche 1,18 0,99 — 0,19 — 16,10 Asche (wasser- \ löslich) 0,34 0,38 + 0,04 + 11,76 SEABOURSERENG 0,84 0,61 023 | —27,38 unlöslich) Organ. Substanz | 15,58 16,24 —- 0,66 + 4,24 Ätherextrakt 2,28 1,81 — 0,47 — 20,61 Alkoholextrakt 0,76 1,44 —+ 0,68 —- 89,47 Wasserextrakt 0,61 1,76 118 + 188,51 Kohlehydrat Spuren 0 Spuren 100,00 Eiweißkörper 9,68 8,96 — 0,71 — 7,51 Chitin 2,16 9:97 +0,11 +5,09 Der Wasserverlust beträgt 35,16 Proz., oder wenn man ihn pro 24 Stunden und Kilo berechnet, 143,6 g, er ist also noch größer als bei Libellen (117,2 g). Die Fette werden bloß bis zu 20,61 Proz. und die Eiweißkörper bloß zu 7,51 Proz. verbraucht. Die Extraktiv- stoffe scheinen wegen Wassermangels schlecht ausgeschieden zu werden, so daß die Menge der organischen Substanz um 4,24 Proz. steigt. Bei Umrechnung der erhaltenen Zahlen auf Wärmewerte ergibt sich: | - Gesamtenergie von 100 Kontrollhummeln = 76,7148 Kal. Ver- braucht sind, 0,47 g Fett und 0,71 g Eiweiß (= 7,5139 Kal.), da gegen sind 1,83 g Extraktivstoffe und 0,11 g Chitin (= 6,2316 Kal.) gebildet. Die gesamte Energieänderung beträgt sonach — 1,2818 Kal., d. i. 1,67 Proz. der Gesamtenergie. Pro Kilo Lebendgewicht | | Beiträge zur vergleichenden Physiologie des Hungerstoffwechsels. 173 ergibt sich der Energieverbrauch in 24 Stunden zu 20,8 Kal. und pro Kilo Gewicht und Stunde zu 0,866 Kal. Um ein näheres Verständnis der bei der Karenz sich ab- spielenden Erscheinungen zu gewinnen, habe ich noch die Stick- stoff- und Phosphorverteilung in verschiedenen Extrakten der Kontroll- und Karenzhummeln bestimmt. Die gewonnenen Zahlen sind aus den folgenden Tabellen ersichtlich. Tabelle III. N des . N des N der Ir Ather- er EEE N des Gesamt-N Wasser- | Eiweiß- Ed alkohol- > Chitins extraktes |_ körper extraktes In 100 Stück Normal- | 2,598 0,091 0,135 2,329 0,143 tieren ee Earene || 9,05 |) 0072 |- 0146 | 3087 |” 0.180 tieren Absolute Veränderung | — 0,173 | — 0,019 | +0,011 | — 0,272 | +0,07 Veränderung in Proz. | — 6,66 — 20,83 | +8,15 — 11,68 | + 4,89 Tabelle IV. P.0°% LE Phloro- 08 “| P,0, des glucid- Gesamt- | Ather- er P;0; der Pan 20, .’alkohal- | Nucleine |" Aare baten extraktes nieder- v. schlag Bene Normal | 0405 |: 0,098. | 0.156 | 0841 | 010 tieren In 100 Stück Karenz- | Ä 9 TIERE 0,484 0,075 0,165 0,240 0,102 Absolute Veränderung || — 0,011 | — 0,023 | -+ 0,013 | — 0,001 0 Veränderung in Proz. | — 2,2 — 23,50 + 8,3 0 0 Die Ergebnisse dieser Untersuchung lassen sich in folgender Weise zusammenfassen: i 1. Die Hummeln sterben bei absoluter Karenz in 24 bis 48 Stunden und verlieren 23,95 Proz. des ursprünglichen Gewichtes und bloß 1,67 Proz. des Gesamtenergievorrates. 2. Die Verluste betreffen vorzugsweise den Gehalt an Wasser. 3. Die Menge der phosphorhaltigen Eiweißkörper und der Pentosenmenge scheint sich während des Hungerns nicht zu ver- ändern. 174 B. Slowtzoff, Beiträge zur vergleichenden Physiologie usw. 4. Der Energieverbrauch pro Kilo Lebendgewicht fund 24 Stunden beträgt 20,3 Kal. 5. Als Hauptmoment des Hungertodes ist bei Hummeln der Wasserverlust anzunehmen. Nachstehend gebe ich eine Zusammenstellung der Gewichts- verluste, die bei den untersuchten Insektenarten dem Tode vorangehen. Tabelle V. Bei Maikäfern | Bei Libellen Bei Hummeln Proz. Proz. Proz. Gesamtgewicht — 23,99 — 20,19 — 23,95 Wasser — 35,82 — 28,68 — 35,16 Trockensubstanz — 15,11 —+ 1,15 — 28,04 Asche — 28,47 — 97,7 — 16,10 Wasserlösliche Asche — 45,16 — 28,78 + 11,76 Wasserunlösl. Asche — 4,43 — 24,14 — 27,38 Organische Substanz — 14,25 + 3,96 + 4,24 Ätherextrakt — 85,65 — 49,02 — 20,61 Alkoholextrakt —- 155,0 —+ 89,47 —+- 70,40 Wasserextrakt + 88,89 —- 188,51 Eiweißkörper — 21,93 -— 4,41 — 7,51 Chitin 2 046 + 5,36 + 5,09 Nucleine | — 73,86 (etwa 3) 0 Alle drei Ksh von Iusekten sterben bei einem Gewichts- verlust von fast einem Fünftel des ursprünglichen Gewichtes. Da aber die Dauer des Hungerns verschieden ist, so sind die Tagesverluste um so größer je früher die Tiere sterben. Bei langer Dauer des Hungerns werden die Fette, die Kohlehydrate, sowie ein Teil der Eiweißkörper verbraucht und somit eine große Energiemenge verwertet. Bei schnell eintretendem Tod ist der Wasserverlust die Hauptursache des Todes. Die Austrocknung stört auch die Ausscheidung der Extraktivstoffe, so daß sie sich in größerer Menge in dem Leib der Tiere ansammeln und den Stoffwechsel behindern. » Ye ee & Sc Zr Kürzere Mitteilungen. 1. Weiteres über die Wirkung der Radiumstrahlen auf Uhymosin. Von Sigval Schmidt-Nielsen. Durch einige im vorigen Jahr ausgeführte Versuche (Diese Beiträge d, 399) habe ich gezeigt, daß selbst sehr kräftige Radiumpräparate ohne erheblicheren Einfluß auf Chymosinlösungen bleiben. Später fand ich mich veranlaßt, diese kleinen Versuche durch ein Paar andere zu ergänzen, da man daran denken konnte, daß die chemische Wirkung der Radiumstrahlen sich so verhält wie die biologische, die sich erst nach einer gewissen Zeit bemerkbar macht. Als ich nun einige Proben längere Zeit nach der Exponierung unter- suchte, ergab sich indessen das gleiche Resultat. Es ließ sich während eines Zeitraums von 3 Monaten keine vermehrte Destruktion mit Sicherheit nachweisen. Zu den Versuchen wurde, um etwaige lästige Bakterienwirkung zu vermeiden, eine mit Konzentriertem Glycerin bereitete Chymosinlösung ver- wendet. Von dieser wurden 10 ccm der Einwirkung von 0,1 g eines Radiumpräparates mit einer Intensität von 1.800.000 unter derselben Ver- suchsanordnung wie bei meinen früheren Versuchen ausgesetzt. Nach der Exponierung wurden die Proben dunkel gehalten. Die Koagulations- zeiten wurden mit 0,1 ccm Enzymlösung gegen 10 ccm frisch gemolkener Ziegenmilch bei 37° bestimmt. Versuch I: Die Chymosinlösung wurde vom 4. bis 5. Mai 1904 - 16 Stunden exponiert. Am 1. Juni zeigten die beiden Kontrollproben eine mittlere Koagulationszeit von 9°/, Min, während die der exponierten .10°/, Min. betrug. Am 11. Juli waren die Koagulationszeiten 8°/, und 9°/,, Min, am 30. Juli 12%/, und 13°/, Min. | Versuch I: Vom 5. bis 6. Mai 1904 wurde die Chymosinlösung 22 Stunden exponiert. Die mittleren Koagulationszeiten für Kontrollprobe und Hauptprobe betrugen am 1. Juni beziehentlich 9'/, und 10'/, Min., am 18. Juni 11”/,, und 12°/,, Min., am 11. Juli 8°/, und 9°, , Min., am 30. Juli 12°/, und 16 Min. Versuch Ill: Die Exponierung der Chymosinlösung dauerte in der _ Zeit vom 7. bis 11. Mai 1904 im ganzen 92 Stunden. Für Kontrollprobe "und Hauptprobe betrugen die Koagulationszeiten am 1. Juni beziehentlich %/, und 13 Min.; am 18. Juni 11’/,, und 14°/, Min.; am 11. Juli 8°/, und ‚13%, Min.; am 30. Juli 12%/, und 19 Min. a 176 Sigval Schmidt-Nielsen, Weiteres über die*Wirkung usw. In Versuch IV mit einer vom 11. bis 13. Mai 1904 53 Stunden exponierten Chymosinlösung zeigte am 1. Juni die Kontrollprobe 9'/, Min., die exponierten Probe 11°/, Min. Koagulationszeit; am 18. Juni waren die Koagulationszeiten 11?”/,, und 16. Min, am 11. Juli 8%, und 11 Min.; am 30. Juli 123%, und 16'/, Min. Wenn man die in diesen Versuchen angeführten Koagulationswerte, die den Mittelwert von 5 bis 12 Einzelbestimmungen repräsentieren, im großen ganzen betrachtet, so sieht man, daß trotz der langdauernden Bestrahlung und nachträglichen Aufbewahrung der Probe durch Monate in keinem Falle eine wirklich erhebliche Destruktion eingetreten ist. Die Unregelmäßigkeit der Werte rührt zum Teil daher, daß die Milch an den verschiedenen Tagen nicht dieselbe sein konnte, was sich auch aus den Kontrollwerten ergibt. Außerdem ließen sich die Werte wegen der erschwerten Abmessung von Glycerinlösungen nicht mit erwünschter Genauigkeit feststellen. Aus meinen Versuchsprotokollen möchte ich im Anschluß an meine frühere Mitteilung schließlich hervorheben, daß von den oben besprochenen im ganzen nahezu 100 Bestimmungen an bestrahlten Proben nur eine einzige einen niedrigeren Wert zeigte als die Kontrollbestimmungen, die in der Zahl von mehr als 40 gleichzeitig an nicht exponierten Proben ausgeführt wurden. RER caıcı Verlag von Aug. Hirschwald in Berlin. ı1ıo ‚ Soeben erschien: Die Wirkungen von Arzneimitteln und Giiten auf das Auge. » Handbuch für die gesamte ärztliche Praxis von Prof. Dr. L. Lewin und Oberstabsarzt Dr. H. Guillery. 1. Bd. er. 8% "Mit 85 Textäg: 19055 22:M. Der II. (Schluß-) Band, welcher u. a. die pathogenen Pilze behandelt, wird im Januar .n.J,. ersaheinen. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig, Leitfaden für den praktisch. chemischen Unterricht der Mediciner zusammengestellt von Dr. Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. Gebunden in Lnwd. Preis 3 M. Die chemische Organisation der Zelle. Ein Vortrag- von Franz Hofmeister, 0. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. geh. Preis 0,60 #. Der Stickstoff und seine wichtigsten Verbindungen. Von Dr. Leopold Spiegel, Privatdozent an der Universität Berlin. Mit eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 20 4, geb. 22 M. Synthesen in der Purin- und Zuckergruppe. Von Emil Fischer. Vortrag, gehalten am 12. Dezember 1902 vor der Schwedischen Akademie der Wissenschaften zu Stockholm. gr. 8. geh. Preis 0,80 4. Die Zersetzung stickstofffreier organischer Substanzen durch Bakterien. Von Dr. 0. Emmerling. Privatdozentan der Universität Berlin. Mit sieben Lichtdrucktafeln. kl. 8. geh. Preis 4 4. chemische Fabrik, Darmitadt, emp alle drogen 1. Chemikalien suchungsflüssigkeiten, Einschlussmedien und Nährböden ete., sowie für den medizin -pharmaceutischen Gebrauch | alle Reagentien in besten Qualitäten und in anerkannter | gr . E Reinheit insbesondere Alkaloide | für medizinische, pharmaceutische, analytische und technische Zwecke, | | allePräparate fürmikroskop. sämtliche Chemikalien für photographische Zwecke, und bakteriolog. Zwecke, dieselben auch in äusserst bequemen wie mikrochemische Reagentien, Farb- Tabletten und Patronen. fiehlt stoffe, Farbstoffkombinationen, Härtungs- und Einbettungsmittel, Unter- Ferner die Spezialpräparate; Bromipin,Dionin, Jodipin, Stypticin, Tannoform,Veronal, Paranephrin, Perhyhydrol(Wasserstoffsuperoxyd 30°), Tropacocain, @elatinesteril. p. inject., 6lykosol, Methylatropinum brom., Hämogallol, Typhus- diagnostikum, Jegquiritol a. Jequiritolserum, Milzbrandserum, Strepta- coccenseram, Thyreoidserum, Pneumococcenserum. CT von Friedr. Vieweg & Sohn in Brounfweig „) Vollständig erschienen: Hermann von Helmholtz nnd von Leo Koenigsberger. In drei Bänden. Mit 9 Bildnissen in Heliogravure und einem Brieffaesimile. Gr. 8°. In vornehmer Ausstattung. Preis des vollständigen Werkes geh. M. 20.—, geb. in Leinwd. M. 25.—, geb. in Halbfrz. M. 31.—. Zu bezieben durch alle Buchhandlungen. 4A.W. Zickfeldt, Osterwieck/Harz. Beiträge Chemischen Physiologie En: | und Pathologie Zeitschrift für die gesamte Biochemie unter Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben von Franz Hofmeister . Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg VI. Band. 5. Heft (Ausgegeben Januar 1905) "” eu niiehweig ee Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn 1905. Inhalt des 5. Meftes. Seite XVI. H. Dreser. Über Harnazidität. . . . j . 1IRS XVII. Joseph @roßmann. Über das Verhalten von peptischen Verdauungsprodukten der Plasteine zur Magen- und Dünn- darmschleimhaut des Hundes. (Aus dem physiologisch-chemischen Laboratorium der Universi!”t Charkow) . -. . -» ». 2... 19 XVII. Franz Steinitz und Richard Weigert. Über den Einfluß einseitiger Ernährung mit Kohlehydraten auf die chemische Zusammensetzung des Säuglingskörpers. (Aus der Universi- täts-Kinderklinik. zu Breslau) .. 2 sur 2 nur a XIX. Richard Claus und Gustav Embden. Pankreas und Glyko- lyse. (Aus dem städtischen Krankenhause zu Frankfurt a. M. Innere Abteilung. Oberarzt Professor Dr. v. Noorden) . . 214 Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von 36 Druckbogen zum Preise von M. 15,— bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maßgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre er- scheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Manuskriptsendungen sind an den Herausgeber, Straßburg i. E., Wimpfelingstraße 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlich- keit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung maßgebend sein. Polemische Ausführungen, welche den Rahmen einer tatsächlichen Richtig- stellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mit- teilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. - Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein besonders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40,— für den Druck- bogen und 50 Sonderabzüge. E ia) xYVl. Über Harnazidität. Von Prof. Dr. med. H. Dreser, Elberfeld. Unter Harnazidität versteht man die Summe der sauren Moleküle, welche die Nieren in nicht neutralisiertem Zustande ausgeschieden haben. Diese freie Säuremenge des Harns wird durch Alkalititration bestimmt; aber wie bei allen Lösungen, welche Phosphorsäure enthalten, so hat die Feststellung des Neutralisationspunktes im Harn, zumal wenn Lackmus als Indi- kator dient, unter dem Übelstand zu leiden, daß der Neutralisations- punkt zu einer Neutralisationszone verbreitert ist. Um dem abzuhelfen, wird jetzt allgemein nach der von Nägeli*) ange- gebenen Methode der auf das zehnfache Volum verdünnte Harn mit zehntelnormaler Natronlauge titriert, bis das als Indikator zugesetzte Phenolphtalein gerade eine beginnende KRotfärbung zeigt. Hierbei werden solche schwach saure Körper, die etwas stärker sind als Phenolphtalein, das doch gewiß eine schwache Säure ist, als den Säuren mit zahlreichen sauren Wasserstoffionen ebenbürtig mitgezählt. Nach der Einnahme mancher zur Harndesinfektion benutzter Arzneimittel, wie salicylsaures Natrium oder Kampfersäure, ist es für deren therapeutische Wirksamkeit im Harn von der größten Wichtigkeit, daß sie von der im Harn ausgeschiedenen Menge überschüssiger Säure (der „Harnazidität“) aus dem Zustand ihrer neutralen, wenig wirksamen Alkalisalze zu einem möglichst großen Teil in den desinfektorisch viel wirksameren Zustand freier Säuren versetzt werden. Wie eine Studie Rostoskis”*) zeigt, übt der *) Nägeli, Zur Aziditätsbestimmung des Urins. Zeitschr. f. physiol. Chemie 30, 313. | **) Rostoski, Über die baktericiden Einflüsse der Azidität des Harns auf die Oystitiserreger. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 15 u. 16, 1898. Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 12 178 H. Dreser, Säuregrad des Harns eine ausschlaggebende Rolle bei der Wirkung innerlich genommener Kampfersäure aus, denn nur der saure, kampfersäurehaltige Urin wirkte antibakteriell, derselbe neutrali- sierte Harn aber nicht mehr. Bei dem Studium solcher Arzneiwirkungen kann folglich der eigentliche Sinn einer Bestimmung der Harnazidität nicht der sein, mittelst möglichst empfindlicher chemischer Reaktionen auch das schwächste saure Molekül gewissermaßen hervorzuholen; viel wertvoller ist es, die Intensität der im Harn ausgeschiedenen Säuremenge zu erfahren. Die Abdrängung der desinfizierenden Säuren wie Salicylsäure oder Kampfersäure aus ihren neutralen Salzen im Harn wächst ganz besonders mit der Intensität der im Harn überschüssig ausgeschiedenen Säure. Zur Messung der Intensität von Säuren benutzt die physikalische Chemie folgende Methoden: die Rohrzuckerinversionsgeschwindig- keit und die Spaltungsgeschwindigkeit des Methylacetats. Für die Anwendung beider Methoden, zumal für quantitativ vergleichende Zwecke, ist jedoch die Intensität der Harnazidität viel zu gering. Die Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit, die sonst sehr viel zur Ermittelung der Stärke der Säuren benutzt wird, ist wegen der höchst komplizierten Mischung von Salzen, die der Harn vor- stellt, nicht verwendbar. Ein anderes physikalisch -chemisches Hilfsmittel, das auch schon versucht worden ist, sind die „Gas- ketten“ aus Wasserstoff, um damit die Konzentration der sauren Wasserstoffionen im Harn zu messen. Der von Schönbein 1864 festgestellte Gehalt des Harns an Wasserstoffsuperoxyd wird jedoch die Messungsresultate an der in den Harn tauchenden Wasserstoffgaselektrode leicht wegen partieller Oxydation des Wasserstoffs zu klein erscheinen lassen. Andrerseits enthält der Harn aber auch reduzierende Bestandteile, die vielleicht entgegen- gesetzte Störungen bei der Benutzung von Gasketten hervorrufen. Schließlich gibt der für die Harnazidität zu ermittelnde Gehalt an Wasserstoffionen auch nur ein Maß der Wahrscheinlichkeit, mit der im Harn anwesende desinfizierende Säuren, wie z. B. Salicylsäure oder Kampfersäure, in den wirksameren Zustand teil- weise freier Säuren versetzt werden. Ich zog es daher vor, das Verdrängungsvermögen der Harn- azidität gegenüber ätherlöslichen Säuren mittelst des heterogenen Systems Ätherwasser bzw. Ätherharn zu studieren. Meine ursprüng- liche Absicht, Benzol statt Äther zu benutzen, mußte ich beim Harn wegen der nach dem Schütteln nicht mehr zu trennenden Emulsionen aufgeben. a EZ ta SE a aan Über Harnazidität. 179 Nach der übereinstimmenden Auffassung der Autoren, welche sich mit der Harnazidität beschäftigt haben*), müßte man als das überhaupt erreichbare Maximum der Harnazidität die Azidität der primären Alkaliphosphate ansehen, denn ihr zufolge wird die Harn- azidität stets durch Mischungen von primärem und sekundärem Alkaliphosphat in wechselnden Verhältnissen verursacht; als oberste Aziditätsgrenze wäre dann die durch das primäre Phosphat allein bedingte Azidität anzusehen, indem in diesem speziellen Fall die von den Nieren zur Ausscheidung gebrachte Säuremenge hin- reichte, alles sonst anwesende sekundäre Phosphat in primäres Phosphat überzuführen. Für die Intensität der Azidität dürfte es keineswegs dasselbe sein, ob wir eine Verminderung der Azidität einer Lösung von saurem Alkaliphosphat nur durch einfache Verdünnung mit Wasser oder durch Zusatz von sekundärem Natriumphosphat in der Weise herbeiführen, daß beide Lösungen bei der Titration mit Natron- lauge die gleiche Anzahl Kubikzentimeter bis zur Rotfärbung zugesetzten Phenolphtaleins verbrauchen. Die durch Verdünnung einer Lösung von primärem Alkaliphosphat erhaltenen Lösungen würden den durch Zusatz von sekundärem Phosphat in ihrer Azidität auf den gleichen Titerwert herabgesetzten Lösungen ver- mutlich an Intensität stets überlegen sein. Ich konstruierte mir daher für die voraussichtlich stärkste Intensität der zu erwartenden Harnaziditäten ein Diagramm, dessen Abszisseneinheiten 0,1 Proz., 0,2 Proz., 0,3 Proz. usw. bis 1,5 Proz. H,NaPO, entsprachen, dessen Ordinaten durch die zugehörigen Ergebnisse der Ätherausschüttelung dargestellt wurden. Genau wie bei den später mit den Harnproben auszuführenden Bestimmungen versetzte ich je 50 ccm der wässerigen Lösungen von wasserfreiem Natriumphosphat in obigen Prozentgehalten mit je 2 g Natriumanisat (Salz mit 5 Mol. Kristallwasser) und je 2 g Natriumsalieylat. Der Vergleich von Anissäure mit der Salicyl- säure wurde mit Rücksicht auf deren sehr verschiedene Stärke gewählt, wie sich diese aus dem elektrischen Leitvermögen der freien Säure, bedingt durch die Anzahl der in Wasserstoffion und Säureion zerfallenen Moleküle ergibt. Der knappste Zahlen- ausdruck, welcher diese relative Stärke der Säuren charakterisiert, ist Ostwalds „Dissoziationskonstante“. Für Salicylsäure be- trägt sie 0,102, für die Anissäure aber nur 0,0032. Die Anis- *) A. Ott, Zeitschr. f. physiol. Chemie 10. Freund und Toepfer ibid. 19. Lieblein, ibid. 20. de Jager, ibid. 24. Nägeli, ibid. 30. Arnstein, ibid. 34. 12* 180 H. Dreser, säure ist also rund dreißig Mal weniger dissoziert als die Salicylsäure. Für die Beurteilung der Intensität der in einer Harnprobe enthaltenen Säuremenge müssen wir zuvor feststellen, wieviel Azidität eine gesättigte Salieylsäurelösung in reinem Wasser bzw. in einer Lösung von salieylsaurem Natrium (4 Proz.) einer- seits bei der Titration mit Natronlauge und Phenolphtalein, andrerseits beim Ausschütteln mit Ather unter den bei der Unter- suchung der Harnproben eingehaltenen Bedingungen repräsentiert. In je 50 ccm Harn werden je 2 g, Natriumsalicylat und je 2 g Natriumanisat gelöst, dann je 25 cem Ather zur Ausschüttelung zuge- geben. Nach wiederholtem Schütteln wird der Harn aus dem Scheide- trichter bis zu der emulsionierten Atherschichte abgelassen. Nach nochmaligem, eventuell Öfterem Schütteln trennt sich jetzt der noch im Ather befindliche Harn ganz gut vom Ather und wird ebenfalls abgelassen; man wiederholt diese Operation, bis man den völlig klar gewordenen Ather durch die obere Offnung des Scheidetrichters in ein verschließbares Wäge- gläschen rasch abgießen kann. Letzteres wird sofort gewogen, dann auf eine heiße Platte gestellt und nach Verdampfen des Athers im Exsikkator über Schwefelsäure getrocknet und die zurückbleibende freie Salicyl- oder Anissäure gewogen und behufs bequemen Vergleiches aller Versuche unter einander auf 15 g Atherlösung umgerechnet. Nach mehrstündigem Schütteln von Wasser mit Salicylsäure wurde zunächst von der ungelöst gebliebenen Säure abfiltriert, eine Portion des Filtrats titriert und ein Volum von 50 cem der Äther- ausschüttelung unterworfen. Ebenso wurde eine 4proz. Natrium- salicylatlösung mit Salicylsäure gesättigt, nach dem Schütteln abfiltriert und mit Äther ausgeschüttelt, eine andre analoge Probe wurde titriert (100 ccm = 1,68 cem n-NaOH). Zwischen der rein wässerigen Salicylsäurelösung und der in 4proz. Natriumsalicylat hergestellten zeigte sich der auffallende Unterschied, daß erstere Kongopapier bläute, die Salicylsäurelösung in 4proz. Natrium- salicylat jedoch nicht, Trotzdem enthielt letztere mehr Salicyl- säure und gab beinahe 10 Proz. Salicylsäure mehr beim Schütteln an Äther ab als die rein wässerige Lösung. 15 g Ätherlösung hatten aus rein wässeriger Lösung 0,1126 g Salicylsäure aufge- nommen, aus 4proz. Natriumsalieylatlösung jedoch 0,1239 g. Der Grund für die Nichtbläuung des Kongopapieres und für den reichlicheren Übergang von Salieylsäure aus der mit Salieylsäure gesättigten 4proz. Natriumsalieylatlösung wird wohl die Zurück- drängung der Dissoziation der Salicylsäure durch die Salicylionen des Natriumsalieylats sein. Die unter diesen Umständen in der Lösung noch vorhandene Zahl der Wasserstoffionen ist kleiner ge- worden als die zur Hervorrufung der Kongobläuung erforderliche; da ferner nur die nicht in Ionen dissoziierten Moleküle der Salicyl- sh t wi“ Über Harnazidität. 181 säure in Äther überzugehen vermögen und ihre Zahl durch die Gegenwart des Natriumsalieylates in der wässerigen Lösung ver- mehrt worden ist, so muß naturgemäß auch mehr Salicylsäure in den Äther übertreten. Für Anissäure lauten die entsprechenden Zahlen: Löslichkeit der Anissäure in reinem Wasser 1:2500; aus gesättigter wässeriger Lösung nahmen 15 g Ätherlösung 0,0099 g auf; aus 4proz. Natriumanisatlösung 0,016 g Anissäure. Erhält man demnach bei der Ätherausschüttelung von 50 cem einer sauren mit 2 g Natriumsalicylat versetzten Flüssigkeit 0,1239 g oder mehr Salicylsäure pro 15 g Ätherlösung, so war die Intensität ihrer Azidität so hoch, daß sie die Salieylsäure des zugesetzten Natriumsalicylates bis zu dem Sättigungspunkte dieser Säure aus dem Salze verdrängt hatte. Selbst bei den sauersten der von mir untersuchten Harnproben trat dieser Fall niemals auf; dagegen war der Sättigungspunkt der Anissäure, die aus dem zugesetzten anissauren Natrium verdrängt wurde, fast stets überschritten und meist so sehr, daß sich die Anissäure während des Lösens ihres Natriumsalzes im Harn in Kristallen ausschied, die sich beim darauffolgenden Schütteln mit Äther in diesem sofort lösten. Selbst bei den am wenigsten sauren Harnproben, die ich untersuchte, betrug die in den Äther übergehende Anis- säure stets ein Vielfaches der aus mit Anissäure gesättigter 4 proz. Natriumanisatlösung erhältlichen Menge. Daher ist das Resultat der Anissäureausschüttelungen wegen der sehr geringen Stärke der Anissäure mehr dem einer Neu- tralisation der Harnazidität durch Titration mit Lauge zu ver- gleichen, während die Salieylsäureausschüttelung, da als Maximum niemals der aus gesättigter Salicylsäurelösung erhältliche Wert erreicht wurde, wirklich eine dynamische Bestimmung der Ver- drängungskraft der Harnazidität vorstellt. Allerdings ist, nachdem beim Schütteln mit Äther sich Gleichgewicht hergestellt hat, die Spannung der Harnazidität um einen der in den Äther über- gegangenen Salicylsäuremenge äquivalenten Betrag gesunken. Daß die Intensität der Harnazidität erheblich geringer sein muß, als die einer gesättigten Lösung von Salicylsäure in 4proz. salicylsaurem Natron, lehrt auch das Verhältnis der zur Neutrali- sation erforderlichen Laugemengen (für 100 ccm Salieylsäurelösung 1,68 ccm n-NaOH und für 100 cem Harn 6 cem und mehr n-NaOH). Obwohl die Harnazidität titrimetrisch das mehrfache der gesättigten Salicylsäurelösung an Lauge neutralisierte, war sie keineswegs imstande, die Salieylsäure bis zu ihrem Sättigungs- punkte aus deren Natriumsalz zu verdrängen. 182 H. Dreser, Würde man das Natriumsalz einer Säure, die viel stärker als Salieylsäure, aber auch gleichzeitig genügend ätherlöslich ist, benutzen, so würde der Verlust des Harns an Azidität beim Schütteln mit Äther entsprechend geringer ausfallen. In einem solchen Versuch benutzte ich pikrinsaures Natrium. Die Pikrin- säure erweist sich nach Ostwalds Messungen*) als kräftige Säure, welche den starken Mineralsäuren wenig nachsteht. Setzt man zu saurem Harn pikrinsaures Natron und schüttelt mit Äther, so gelıt keine nachweisbare Menge freier Pikrinsäure in den Äther über, sondern nur wenige Milligramme neutral reagierenden Natriumpikrats. Die Azidität des Harns ist also viel zu schwach, um eine nachweisbare Menge einer so starken Säure wie Pikrin- säure aus ihrem neutralen Natriumsalz abzudrängen. Das Verdrängungsvermögen verschieden konzentrierter Lösungen saurer Phosphate gegenüber Anis- und Salicylsäure studierte ich zuerst an Lösungen des sauren Natriumphosphates: von bekanntem Gehalt, später jedoch zog ich das nicht hygroskopische, scharf getrocknete saure Kaliumphosphat vor. Die Darstellung der Ausschüttelungs- bzw. Verdrängungsergebnisse in Form eines Dia- gramms hat den Vorzug, daß man damit die lästigen Interpolations- rechnungen für die Harnversuche umgeht und an der auf Millimeter- quadratnetzpapier aufgetragenen Anissäure- und Saliceylsäurekurve zu jedem Ordinatenpunkt sofort den Prozentgehalt an saurem Phosphat als zugehörige Abszisse ablesen kann. Die folgende Tabelle enthält die zur Konstruktion eines solchen Diagramms erforderlichen Daten für verschieden konzentrierte lösungen von saurem Kaliumphosphat. Tabelle: H,KPO, | Anissäure | Salieylsäure Proz. ‚8 plo 15 & Ätherlösung 0,1 0,0881 | 0,0288 0,25 0,0736 | 0,0405 0,5 0,1227 | 0,0647 0,75 0,1578 0,0814 1,0 0,1898 0,097 1,5 0,2454 0,1224 2,0 0,2879 0,1462 Um stets vergleichbare Ausschüttelungsresultate zu bekommen, ist es unbedingt erforderlich, in den auszuschüttelnden Flüssig- *) Ostwald, Hlektrochemische Studien. Journal f. prakt. Chemie IT. 32, 354 (1885). ie | Über Harnazidität. 183 keiten dieselben Mengen Natriumanisat und Natriumsalicylat zu lösen. Die in den Äther übergehenden Mengen Anissäure und Salicylsäure sind, wie ein Blick auf die folgende kleine Tabelle lehrt, auch von der zugesetzten Menge dieser Salze in hohem Grade abhängig. Die Salzzusätze waren so abgewogen, daß Lösungen von 1, 2, 3 und 4 Proz. resultierten; die Azidität der wässerigen Lösungen blieb unverändert 1,5 Proz. H.KPO.. 1-’Pröz. - 2 2r0z!' 3:Pro2.. '4 Proz. Natriumanisat: 0,1141 0,1690 0,211 0,2456 Natriumsalieylat: 0,0565 0,0846 0,1058 0,1220 Als ich nach Anfertigung einer solchen Tabelle nebst Dia- gramm für saures Natriumphosphat die Azidität mehrerer Harne untersuchte, fielen die Ausschüttelungswerte für Anissäure und für Salieylsäure niemals auf dieselbe Ordinate, sondern stets derart, daß die schwächere Anissäure etwa ein Zehntel Prozent saures Natriumphosphat weniger indizierte als der zugehörige Wert der stärkeren Salicylsäure. Um die Ursache dieser stets in demselben Sinne vorhandenen Inkongruenz beider Werte zu ermitteln, setzte ich zu einer Lösung von saurem Natriumphosphat etwas gewöhn- liches Natriumphosphat (Na;,HPO,) hinzu. Diese gewissermaßen als chemisches Modell der Harnazidität anzusehende Lösung ent- hielt jetzt ein Gemenge von primärem und sekundärem Phosphat entsprechend den Angaben der Literatur über Harnazidität. Bei diesem nach der Seite der Basizität geänderten chemischen Modell indizierte der Ausschüttelungsversuch umgekehrt wie im Harn auf der Anissäurekurve einen stärkeren Gehalt an saurem Natrium- phosphat als auf der Saliceylsäurekurve. So zeigte z. B. eine etwa lproz. saure Natriumphosphatlösung mit einem Zusatz von 0,37 Proz. lufttrocknem gewöhnlichen sekundären Natriumphosphat auf der Anissäurekurve des Diagramms 0,87 Proz. H,NaPO, an und auf der Salicylsäurekurve nur 0,72 Proz. H,NaPO.. Im Harn, dessen Azidität nach der Meinung der Autoren durch ein Gemisch von primärem mit sekundärem Phosphat be- dingt ist, müßte man daher eine Verschiebung des Anissäure- punktes gegen den Saliceylsäurepunkt in demselben Sinne erwarten wie in dem eben angeführten Beispiel. (Anissäurepunkt rechts vom Salizylsäurepunkt) Da die Verschiebung der beiden Punkte bei allen Harnproben notorisch aber stets im entgegengesetzten Sinne stattfand, so modifizierte ich mein chemisches Modell der Harnazidität durch Zusatz von etwas freier Phosphorsäure zur Lösung des sauren Natriumphosphates nach der Seite der Azidität. Die nunmehr ausgeführten Ausschüttelungsversuche ergaben das 154 H. Dreser, mit den Harnversuchen gleichsinnige Resultat, daß die durch den Anissäurewert an dem Diagramm für saures Natriumphosphat indizierte Azidität geringer erschien als die von der Salicylsäure indizierte, wie folgende Beispiele zeigen: Zu 50 ccm einer etwa 0,5proz. Lösung von H,NaPO, werden etwa 0,1 g konzentrierte Phosphorsäure hinzugefügt. Die Schüttelversuche mit dieser Lösung zeigten auf der Anissäurekurve eine Azidität von 0,715 Proz. H,NaPO,, auf der Salicylsäurekurve 0,83 Proz. In einem anderen ähnlichen Modellversuch hatte ich zu 100 ccm einer etwa 0,15proz. H,NaPO ,-Lösung etwa 0,1 g konzentrierte Phosphor- säure zugesetzt. Die Anıssäureausschüttelung ergab eine Azidität von 0,72 Proz. H,NaPO,, während die Salicylsäureausschüttelung einen Gehalt von 1,05 Proz. H,NaPO, anzeigte. Das zunäclıst paradox erscheinende Resultat, daß die schwächere Anissäure einen geringeren Azıditätsgrad anzeigt als die stärkere Salıcyl- säure, erklärt sich dadurch, daß zur Abdrängung der stärkeren Salicylsäure eine intensivere Azidität erforderlich‘ ist als bei der 30 Mal schwächeren Anissäure; letztere wird durch die weniger intensive Azidität, wie sie einem Gemisch von primärem mit sekundärem Natriumphosphat eigen ist, bereits mit größerer Voll- ständigkeit abgedrängt als die starke Salicylsäure. Je mehr wir aber, wie in den Versuchen am chemischen Modell, die Intensität der Harnazidität durch Vermehrung der freien Säure z. B. Phos- phorsäure steigern, um so vollständiger wird die Abdrängung der stärkeren Salicylsäure erfolgen, während die Abdrängung der schwachen Anissäure nicht mehr nennenswert stärker werden kann, da sie schon bei geringerer Intensität der Azidität ziemlich vollständig war. Die gegenseitige Verschiebung der Ordinaten- punkte auf dem für reines saures Phosphat konstruierten Diagramm klärt uns sofort darüber auf, ob die untersuchte Lösung (Harn oder andere Flüssigkeit) eine Intensität der Azidität besaß, die größer oder kleiner war als diejenige des sauren Phosphats. Bei größerer Intensität zeigt die Salicylsäureausschüttelung einen höheren H; NaPO,-Prozentgehalt an als die Anissäureausschüttelung, der Ordinatenpunkt für Salieylsäure befindet sich rechts von dem Anissäurepunkt; bei abgeschwächter Intensität (dursh Zusatz von sekundärem Natriumphosphat zu primärem) finden wir dagegen den Salicylsäurepunkt links vom Anissäurepunkt, d. h. die von der Salieylsäure indizierte Azidität an saurem Phosphat erscheint jetzt kleiner als die von der Anissäure indizierte. Die Anissäure mißt also ähnlich einer Titration mit Phenolphtalein und Natronlauge die Anzahl auch nur schwach saurer Moleküle, während die Über Harnazidität. 185 Salicylsäure, die durch die Harnazidität nie bis zu ihrem Sättigungs- punkte abgedrängt wird, mehr eine Vorstellung von der Intensität der Harnazidität gewährt. Für absolut richtige Tensionsbestimmungen müßte man unter mehreren ätherischen Salicylsäurelösungen diejenige ermitteln, deren Salieylsäuregehalt nach dem Schütteln mit dem mit 4proz. Natriumsalicylat ver- setzten Harn sich nicht mehr ändert, die also von vorneherein im Gleichgewicht war. Zur weiteren lllustration dieser Verhältnisse waren in dem folgenden Beispiel von den drei sauren Körpern: primäres Kaliumphosphat, Essigsäure und Salzsäure, Lösungen hergestellt worden, von denen je 10 ccm bei der Titration mit Phenol- phtalein gleichviel Natroulauge wie eine lproz. H,KPO,-Lösung verbrauchten. Trotz gleichen Titerwertes gingen beim Schütteln mit 25 ccm Äther nach Zusatz von 2 g Natriumsalieylat auf je 50 ccm der drei sauren Lösungen in 15 g Ätherlösung sehr ver- schiedene Salieylsäuremengen über: Aus der Salzsäure 0,506 g; dabei war die Salicylsäure in Kristallen ausgefallen. Aus der Essigsäurelösung war keine Salicylsäure ausgefallen; aus ihr hatten nach dem Schütteln 15 g Ätherlösung 0,401 g Salicyl- säure aufgenommen. Aus der 1proz. primären Kaliumphosphat- lösung schied sich ebenfalls keine Salicylsäure aus; nach dem Schütteln mit 25 ecm Äther enthielten 15 g Ätherlösung nur 0,097 g Salicylsäure. Die sehr geringe Intensität der Azidität des sauren Kaliumphosphates und die etwas stärkere Intensität der Harnazidität reichen aber beide bei weitem noch nicht an die Intensität einer Essigsäurelösung vom gleichen Titre heran. Wegen dieser großen Intensitätsverschiedenheiten der Säuren unter sich ist der Aziditätsgrad, wie er durch einfache Titration gemessen wird, sicher kein zuverlässiges Maß für die Abdrängung des- infektorisch wirksamer Säuren. Die exzessiven Intensitätsunterschiede, welche im obigen Beispiel durch die Ersetzung verschieden starker Säuren in Lösungen von gleichem Titerwert zu beobachten waren, können im Harn jedoch aus dem Grunde nicht vorkommen, weil die von den Nieren ausgeschiedene Säuremenge sich nicht beliebig steigern läßt. Außerdem bindet der Fleischfresserorganismus be- kanntlich eine gewisse Menge Ammoniak, die er sonst zu Harn- stoff synthetisiert hätte, an Säure zu Ammonsalz und vermeidet dadurch die Ausscheidung allzugroßer Säuremengen im freien Zustande. Ferner kann die Harnazidität nie besonders intensiv werden, weil die Anwesenheit von Salzen mit schwächerer 186 H. Dreser, Säure, wie der Phosphate, gewissermaßen als Dämpfer iunktioniert. Immerhin lenkten die konstanten Divergenzen zwischen den Aus- schüttelungsergebnissen für Anissäure und Salicylsäure meine Auf- merksamkeit darauf hin, daß der Harn doch mehr bzw. stärkere Säure enthalten müsse, als es die sauren Phosphate sind. Aus diesem Grunde habe ich in einigen in der folgenden Tabelle ver- zeichneten Versuchen dieselben Harnproben sowohl mit Uran- lösung titriert und das Titrationsergebnis als H,NaPO, berechnet, als auch beide Ausschüttelungen vorgenommen Urantitration!: | Na-anisat: ' Na-salicylat: Nr. H,NaP0, | H,NaPO, H,NaPO, Proz. N; Proz. | Proz. 1 0,195 | 0,55 0,73 2 | 0,2978 | 052° 0,66 3 | 0,403 0,94 jo 4 | 0,32 0,7 \.. 08 5 | 0,109 | 0,22 0,26 6 | 0,174 0,46 | 0,61 In allen 6 Versuchen enthielt der Harn nicht einmal die Hälfte der Phosphorsäure, welche nach dem im Vergleich zum Natriumsalieylat durchweg kleineren Werte der Natriumanisat- ausschüttelung an saurem Natriumphosphat hätte verlangt werden müssen. Es muß demnach auch bei schwacher Azidität, wie in Versuch 5, noch etwas freie Säure neben saurem Natriumphosphat im Harn anwesend sein, sei dies nun organische Säure oder freie Phosphorsäure. Unter der Annahme, daß nur ein Teil der durch Uran titrierten Gesamtphosphorsäure als saures Phosphat zugegen sei, der andere Teil aber ganz frei, lassen sich die Ergebnisse der Ausschüttelungsversuche wohl erklären. Da regelmäßig die von der Anissäure indizierten Werte für saures Natriumphosphat kleiner sind als die von der Salieylsäure indizierten, so spricht diese Tatsache auf das Entschiedenste gegen die in der Literatur geläufige Annalıme, daß im sauren Harn eine Mischung von primärem und sekundärem Alkaliphosphat enthalten sei. — Zu weiterer Befestigung dieses den herrschenden Anschauungen widersprechenden Resultates habe ich auch die Harnazidität nach der jetzt allgemein adoptierten Nägelischen Methode nach Ver- dünnung des Harns auf das Zehnfache mit Natronlauge und Phenolphtalein titriert. Zuvor hatte ich scharf getrocknetes saures Natriumphosphat sowohl mit derselben Natronlauge titriert als auch mit Uranlösung. Wäre in einem Harn ausschließlich saures Alkaliphosphat vorhanden, so müßte die Laugetitration und die Über Harnazidität. 187 Urantitration denselben Wert ergeben. Wären primäres und sekundäres Alkaliphosphat ın einem Harn gemischt, so müßte die Urantitration mehr anzeigen als die Laugetitration; ist jedoch mehr Säure vorhanden, als der Azidität des sauren Alkaliphos- phates entspricht, so indiziert die Laugetitration mehr Phosphat als die Urantitration. Letzteres Verhalten zeigten ausnahmslos alle von mir untersuchten Harnproben, wie folgende Tabelle zeigt: Laugewert Uranwert Nr. | H,NaPO, H,NaP0, Proz. Proz. 1 0,756 0,48 2 0,505 0,247 3 0,718 0,448 4 0,407 0,1698 5 0,475 0,2028 6 0,53 0,24 7 0,33 0,175 8 0,417 0,218 9 0,505 0,38 10 0,485 0.249 11 0,766 0,4135 Als ich diese Versuche beendet hatte, bemerkte ich beim Studium der Literatur, daß die Versuche von Rostoski (1898) bei nähercr Berechnung zu demselben Resultat führen. Rostoski hat (S. 249 und 250 seiner Abhandlung) 3 Harnproben mit Lauge nach dem Nägelischen Verfahren titriert und zugleich ihre Gesamtphosphor- säure mit Uran bestimmt. Da in dem Salz H,NaPO, die Phosphor- säure sich höchstens nur mit einem Wasserstoffatom bei der Lauge- titration bemerkbar machen kann, indem es zu Na,HPO, wird, da ferner P,0, (Mol.-Gew. 142) zwei solcher sauren H- Atome repräsentiert, so ist titrimetrisch P,0;/2 = 71 g äquivalent mit 40 g NaOH oder 1000 ccm Normalnatronlauge. Rechnet man die Harnazidität, in Normallauge entspreche sie v ccm, in saures Natriumphosphat bzw. in P;O, um, so ist die zu v gehörige P;O;- Menge x=v. 71/1000. Die Zahl x gibt den Prozentgehalt der Flüssigkeit an P;O,;, wie ihn die Laugetitration verlangt unter der Annahme, daß lediglich primäres Natriumphosphat die Azidität ver- ursachte; wäre jedoch gemäß der Meinung der Autoren gleichzeitig auch sekundäres Phosphat zugegen, so müßte sich dies dadurch zu erkennen geben, daß der durch Urantitration erhaltene P;O,- Wert den für x berechneten übertrifft. Aus Rostoskis Analysen- ergebnissen berechnet sich aber das Gegenteil. 188 H. Dreser, Beispiel 7: 100 ccm Harn -- 81 cem Norm.-Natronlauge; x — 0,575 Proz. P,O,; gef. —= 0,23 Proz. P,O,;. Beispiel 8: 100 cem Harn — 8,7 ccm Norm. - Natronlauge; x = 0,6177 Proz. P;0,; gef. = 0,254 Proz. P;O;. Beispiel 9: 100 cem Harn — 14,8 ccm Norm.- Natronlauge; x—1,05 Proz. P,O,; gef. — 0,302 Proz. P,O;. Die Kombination der einfachen Laugetitration mit der Gesamt- phosphorsäurebestimmung führt sowohl in meinen Versuchen wie bei der Berechnung der älteren Versuche Rostoskis in Überein- stimmung mit meinen Ausschüttelungsversuchen, die mit Phosphor- säurebestimmung kombiniert waren, zu dem Ergebnis, daß der Harn zu wenig Phosphorsäure enthält, wenn diese ausschließlich als saures Phosphat anwesend sein soll. Ganz unhaltbar ist jedoch nach diesen Ergebnissen die Möglichkeit, daß der Harn primäres und sekundäres Phosphat gemischt enthalte. In der folgenden Tabelle habe ich die Ergebnisse der Titration mit Lauge, der Urantitration (Gesamtphosphorsäure), den aus der Anissäure- und den aus der Salicylsäureausschüttelung an dem Diagramm für saures Natriumphosphat abzulesenden Gehalt an saurem Natriumphosphat für jede nach diesen vier Verfahren untersuchte Harnprobe zusammengestellt. Lauge | Uran | Na-anisat | Na-salicylat Nr. H,NaP0, H,NaPO, H,NaPO, H,NaPO0, | Proz. | Proz. | Proz. | Proz. 1 0,66 0a 0,88 1,06 2 0,4266 0,171 0,54 | 0,66 3 0,776 0,444 | 1,04 | 1,25 4 0,66 0,41 | 0,78 0,84 5 0,204 0,118 | 0,15 | 0,16 6 0,868 | 0,171 | 0,34 0,85 7 0,525 0,301 | 0,63 | 0,81 8 0,679 0,417 | 0,81 0,91 9 0,495 0,326 | 0,56 0,62 10 0,368 0,194 0,37 0,45 In dieser Tabelle steht die maximale Menge des sauren Phosphats, welche sich aus der Urantitration berechnen läßt, hinter derjenigen, welche die Laugetitration verlangt, wieder weit zurück. Mit Ausnahme der Versuche 5 und 6 übertreffen die in den Ausschüttelungsversuchen mit Anisat und Salicylat indi- zierten Prozentgehalte an saurem Natriumphosphat die aus der Laugetitration berechneten. Erinnern wir uns an das Verhalten der Essigsäurelösung, die denselben Laugetiter wie lproz. primäre Über Harnazidität. 189 Kaliumphosphatlösung besaß, aber das Mehrfache an Anis- und Salicylsäure beim Ausschütteln in den Äther hinüberdrängte wie die Phosphatlösung, so spricht der niedrige aus dem Laugetiter berechnete Wert ebenfalls dafür, daß die verdrängende saure Substanz eine stärker sauere Intensität als saure phosphorsaure Salze besitzen muß, denn nur ein solcher Körper vermag die ätherlöslichen Säuren vollkommener als das primäre Phosphat aus ihren Natriumsalzen abzudrängen. Die Ausfällung mit Chlorbaryum, welche bei den verschie- denen Methoden der Aziditätsbestimmung des Harns eine wichtige vorbereitende Rolle spielt, bezeichnet Nägeli in seiner sorg- fältigen kritischen Studie: Zur Aziditätsbestimmung des Urins, Zeitschrift für physiologische Chemie Bd. XXX, S. 313, mit Recht als unzulässig. Die Erklärung für die auffallende Tatsache, daß Chlorbaryum bei der Titration von Phosphaten unter allen Um- ständen störend wirkt, verdankt Naegeli den Herren Professoren Bamberger und Mayer; sie beruht auf folgendem Unistand: „Bei der Titration des NaH,PO, mittelst NaOH in Gegenwart des BaQ], entsteht nämlich Na, HPO,, das sofort mit BaCl, BaAHPO, bildet und ausfällt, bei der weiteren Titration aber nochmals ein NaOH zur Bildung des tertiären Salzes BaNaPO, bzw. Ba,(PO,), und Na,;PO, absorbiert. Die große Neigung des BaHPO, zur Bildung des tertiären Salzes ist also die Ursache des Verbrauchs eines zweiten Moleküls NaOH, mithin der scheinbaren Ver- doppelung der Azidität.“ Infolge dieses Umstandes wird das dritte H-Atom der Phos- phorsäure, das in ihren Salzen sich titrimetrisch gar nicht mehr bemerkbar macht, nunmehr titrimetrisch wirksam. Folgender einfacher qualitativer Vergleichsversuch mit Lackmus- und Kongo- papier an einer Lösung von saurem Kalium- oder Natrium- phosphat mit und ohne Chlorbaryumzusatz zeigt uns, daß durch diesen Zusatz mehr saure und auch offenbar stärker saure Mole- küle in der Lösung auftreten müssen. Während nämlich vor dem ÜChlorbaryumzusatz das Kongopapier beim Eintauchen in eine etwa 10proz. Lösung von saurem Phosphat seine ziegel- rote Farbe nicht verändert, wird es nach dem Zusatz von etwas 1Oproz. Chlorbaryumlösung violettfarben, nachdem sich ein Niederschlag von Baryumphosphat ausgeschieden hat. Jeden- falls beweist das Violettwerden des Kongopapieres, daß der Gehalt an wirksamen Wasserstoffionen zugenommen hat, weil nicht das primäre Baryumsalz, sondern sekundäres und vielleicht auch etwas tertiäres Baryumphosphat sich als unlöslicher weißer 190 H. Dreser, Niederschlag abgeschieden haben; die vom Baryum okkupierten Wasserstoffatome der Phosphorsäure müssen als Chlorwasserstoff in der wässerigen Lösung enthalten sein. Das Verhalten des. Baryums zur Phosphorsäure nähert sich darin dem des Silbers, welches die Tendenz hat, stets möglichst neutrale Salze zu bilden.*) Der Einfluß des Chlorbaryums auf die Harnazidität zeigt sich übrigens nicht nur bei der Titration mit Lauge, sondern ebenso bei der Verdrängung der Anissäure und der Salicylsäure aus ihren Salzen in den Äther, wie folgender Versuch zeigt: Ein stark saurer Harn, in der gewöhnlichen Weise mit Natrium- anisat und Äther bzw. Natriumsalieylat geschüttelt, indizierte auf der Anissäurekurve 1,13 Proz. und auf der Salicylsäurekurve 1,25 Proz. H;NaPO,; derselbe Harn wurde mit vorsichtig zuge- setztem trockenen Chlorbaryum unter Vermeidung eines erheb- lichen Überschusses ausgefällt und von dem Barytniederschlag abfiltriert. Die nunmehr vorgenommene Ausschüttelung ergab auf der Anissäurekurve den Gehalt von 1,21 Proz. und auf der Salicylsäurekurve einen Gehalt von 1,6 Proz. H;NaPO,. Da die bei der Salicylsäureausschüttelung beobachtete Steigerung erheb- licher als die bei der Anissäure ist, so spricht dieser Umstand dafür, daß die nach der Chlorbaryumausfällung im Harn vorhandene Azidität eine größere Intensität als zuvor besitzen muß. Dies steht im Einklang mit dein beschriebenen Versuch, wobei die Kongorotfärbung beim Zusammengießen von saurem Natrium- phosphat und Chlorbaryum in Blauviolett übergeht unter Aus- scheidung von weißen Baryumphosphaten. Die vorausgehende Chloı baryumausfällung ist also auch bei dem Versuche, die Intensität der Azidität zu bestimmen, unzulässig. Ergebnisse. Bei der Harnazidität ist außer der Menge auch die Intensität dieser Azidität wichtig für die therapeutische Wirksamkeit einge- *) Nebenbei illustriert dieser Versuch eine Möglichkeit, mit welchen Hilfsmitteln der Organismus eventuell imstande wäre, aus zwei nichtkongo- sauren Flüssigkeiten unter Benutzung des heterogenen Systems, in unserem Beispiel: fest (BaHPO,) gegen flüssig (überstehende Lösung), ebenfalls eine kongosaure Flüssigkeit, wie den Magensaft, zu bilden. Der Grundvor- gang bei der Säurebildung könnte sogar ein anorganischer Prozeß sein; der vitale Vorgang bestände darin, daß die Säure sezernierenden Drüsenzellen .die zur Reaktion erforderlichen Flüssigkeiten mit einander in Kontakt brächten. Im Jahre 1880 hat Maly die Bildung der freien Schwefelsäure, welche neben 0,4 Proz. Salzsäure bis zu 0,8 Proz. im Speichel von Dolium galea („Faßschnecke“) auftritt, durch Einwirkung von Gyps auf Phosphate nachzuahmen versucht, allerdings mit negativem Erfolge. Über Harnazidität. 191 nommener harndesinfizierender Säuren wie Kampfersäure oder Salicylsäure. In den sauren menschlichen Harnen beträgt die durch Alkalı titrierbare Azidität oft das Doppelte bis Dreifache von derjenigen Azidität, welche als saures Alkaliphosphat aus der Titration der Gesamtphosphorsäure berechnet werden kann. Die Harnazidität kann daher auch nicht von einem Gemenge von primärem und sekundärem Alkaliphosphat herrühren. Die Intensität der Harnazidität ist fast immer größer als die aus dem Gesamtphosphorsäuregehalt für saures Alkaliphosphat berechenbare. Die Ausfällung des Harns mittelst Chlorbaryums bewirkt, daß die Intensität der Harnazidität größer erscheint, als sie in Wirklich- keit ist. | XVII Über das Verhalten von peptischen Verdauungs- produkten der Plasteine zur Magen- und Dünndarm- schleimhaut des Hundes. Von Dr. Joseph Grossmann. Aus dem physiologisch-chemischen Laboratorium der Universität Charkow. Erste Mitteilung. Um das Verhalten der peptischen Verdauungsprodukte von Plasteinen zur Magen- und Dünndarmschleimhaut klarzustellen, unternahm ich auf Vorschlag von Herrn Prof. D. Kurajeff eine Reihe von Versuchen an Tieren. Sie schließen sich an die von D. Kurajeff*) begonnenen Untersuchungen an und sind auch mit Hülfe der gleichen Methodik angestellt. In der Versuchs- anordnung wich ich nur darin ab, daß ich die gut zerkleinerte Magen- oder Dünndarmschleimhaut in drei annähernd gleiche Portionen teilte, eine Probe (A), Magen- oder Dünndarmschleim- haut enthaltend, sofort am Rückflußkühler erhitzte, eine zweite gleiche Probe (B) vor dem Aufkochen eine bestimmte Zeit (2 oder 3 Stunden) bei 37 bis 40° im Brutschrank digerierte, eine dritte Probe (C), überdies mit neutralisierter Plasteinalbumösenlösung**), die in den meisten Versuchen aus Fibrin-Plastein dargestellt war, versetzte und dann ebenfalls vor dem Kochen 2 oder 3 Stunden im Brutschrank hielt. (Nur für *die letzten zwei Versuche (XV und XVI) benutzte ich eine aus Kaseo-Plastein dargestellte Plasteinalbumosenlösung.) : Durch eine Reihe von Bestimmungen wurde die Differenz in der Quantität des den nichtkoagulablen Produkten angehörigen Stickstoffs in den drei Portionen und zwar sofort nach dem Tode *) D. Kurajeff, Diese Beiträge 4, 476. **) So werde ich der Kürze wegen die peptischen stickstoffhaltigen Ver- dauungsprodukte der Plasteine nennen. . te, 7 Fr ri ei ee % Uber das Verhalten von peptischen Verdauungsprodukten usw. 193 des Tieres und nach Digestion der abgewogenen Portionen mit und ohne Zusatz von Plasteinalbumosen festgestellt. Im einzelnen ging ich ganz so vor wie D. Kurajeff, dessen Verfahren sich an das von K. Gläßner*), G. Embden und Knoop**) benutzte anschließt. Die Plasteinalbumosenlösungen, die ich für meine Versuche benutzte, reagierten mit Lab sehr rasch und gut, d. h. bildeten reichliche Niederschläge von den allgemeinen Eigenschaften des Plasteins. I. Vorversuche. Versuch ]. (Magen.) Ein großer Hund wurde 10 Stunden nach Fleischfütterung durch Verblutenlassen aus beiden Karotiden getötet. Der fast leere Magen wurde sorgfältig vom Inhalt befreit, die Schleimhaut rasch abpräpariert, mit warmer 0,8proz. Kochsalzlösung gewaschen und zwischen Filterpapier gut abgepreßt. Darauf wurde die Schleimhaut gut zerkleinert, in drei fast gleiche Teile geteilt, in gewogene Kolben eingebracht und gewogen. Der Schleimhautbrei reagierte neutral. Die gut verschlossenen Kolben wurden 3 Stunden bei 40° gehalten. Dann wurde der Inhalt mit ®/, Volumen lproz. Mononatriumphosphatlösung versetzt und am Rückflußkühler 20 Minuten lang gekocht. Nach dem Abkühlen wurde die Flüssigkeit mit der Phosphatlösung auf ein bestimmtes Volumen aufgefüllt und gut gemischt. Nach einigen Stunden wurde eine gemessene Menge davon (120 ccm) mit dem halben Volumen gesättigter Zinksulfatlösung, der auf 100 Volumteile 0,4 Volumteile konzentrierter Schwefelsäure hinzugesetzt waren, versetzt; von dieser Flüssigkeit wurde nach 24stündigem Stehen eine bestimmte Menge (30 cem) abfiltriert und zur Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl benutzt. Alle Stickstoffbestimmungen wurden doppelt ausgeführt. Portion B,. a—= Gewicht des Magenschleimhautbreies = 21,73 g: b = Gesamtvolumen der den Schleimhautbrei enthaltenden Flüssig- keit=215 ccm; e = Menge der Flüssigkeit, die mit dem halben Volumen gesättigter Zinksulfatlösung versetzt wurde = 120 ccm; d= Volumen der zu !/;, mit Zinksulfat gesättigten Flüssigkeit — 180 ccm; e = zur Stickstoffbestimmung verwendetes. Volumen der letzteren Flüssigkeit = 30 ccm; f = neutralisierte Menge — Schwefelsäure — 5,2 cem; g= für das Gesamtvolumen der Flüssigkeit — 215 cem — berechnete 5,2.180.215 a en, gN). 30.190 55,9 ccm (0,07826 8 N) Nichtkoagulabler Stickstoff = 0,36 Proz. des Schleimhautgewichts. *) K. Gläßner, Diese Beiträge 1, 328 (1903). **) Embden und Knoop, Diese Beiträge 3, 120 (1903). Beitr. z. chem, Physiologie. VI, 13 Menge neutralisierter —-Säure = 194 Joseph Grossmann, Portion B.. Für den zweiten Teil der Magenschleimhaut sind die entsprechenden Zahlen: a,= 21,91 g; b,= 215 cem; c, = 120 ccm; d, = 180 ccm; e, = 30 ccm; 5.180.215 _, a Ra f,=5cem;g,= Ta 53,75 ccm (0,07525 & N). Nichtkoagulabler Stickstoff = 0,34 Proz. des Schleimhautgewichts. Portion B;. Für den dritten Teil der Magenschleimhaut waren die entsprechenden Zahlen: a,=20,79 g; b,=215 cem; c„=120 ccm; d„=180 ccm; e,—=30 3 5,5.180.215 # EBEN. s con; 7,55 m er a 59,125 ccm (0,082775 g N). Nicht- koagulabler Stickstoff = 0,39 Proz. des Schleimhautgewichts. Versuch ll. (Dünndarm.) Dem in Versuch I verwendeten Hund wurde sofort nach dem Tode ein Dünndarmstück (Jejunum) entnommen, dieses längs des Mesenterial- ansatzes eröffnet und vom Inhalt auf das gründlichste gereinigt. Zuletzt wurde es gut zerkleinert und in drei Teile geteilt. Die übrige Bearbeitung geschah wie in Versuch I. Das Verweilen im Brutschrank dauerte 2 Stunden. B.. a—1819 g; b=30 cem; c=1%0 tem; d—= 180 ccm; e = 02032 Kr TB N RE 2 Er i—=5,3 ccm; = FT an 66,25 ccm (0,09275 8 N). Nichtkoagulabler Stickstoff = 0,51 Proz. B;- a, = 16,94 g; b, = 250 ccm; .c, = 120 ccm; d, = 180 ccm; 8, 30.2 5,1. 180.250 . 1, Le ie DE pre 63,75 ccm (0,08925 g N). Nichtkoa- gulabler Stickstoff = 0,52 Proz. B,. a, = 18,898; b,, = 250 ccm; c,, = 120 cem; d,, = 180 ccm; e, = 30ccm; B 5,9 . 180 .. 250 r ER : ur cn BE, a a 68,75 ccm (0,09625 g N). Nichtkoa- gulabler Stickstoff = 0,51 Proz. Versuch III. (Magen.) Großer Hund, 3 Stunden nach Fleischfütterung durch Verblutenlassen aus beiden Karotiden getötet. Der Magen mit unverdauten Fleischmassen halb gefüllt. Magenschleimhautbrei schwach sauer reagierend. Bearbeitung wie in Versuch I, nur wird die Stickstoffbestimmung sofort ausgeführt. ER a—= 3874 8; b=215 ccm; ce =120'ccm; d= 180 ccm; 8 = 30 eu 4,1.180.215 ? En f=4,1 ccm; ET — 44,075 ccm (0,061705 g N). Nichtkoa- sulabler Stickstoff —= 0,15 Proz. > Über das Verhalten von peptischen Verdauungsprodukten usw. 195 1.18 a,—39,08 g; b,— 215 cem; c,— 120 ccm; d,—180 cem; e, — 30 ccm; 4,95.180.215 f,—4,25 ccm; g,= 30.180. — 45,6875 ccm (0,0639625 & N). Nicht- koagulabler Stickstoff — 0,16 Proz. A,. a,—=46,23 g; b,„=215 cem; c„=120 cem; d,„=180 cem; e,— 4,7.180.215 em. 4 com; g, = 30.100 — 50,525 ccm (0,070735 g N). Niehtkoagulabler Stickstoff = 0,15 Proz. Versuch IV. (Dünndarm.) Von dem in Versuch III verwendeten Hund wurde sofort nach dem Tode ein Dünndarmstück (Jejunum) entnommen, längs des Mesenterial- ansatzes eröffnet, durch Auspressen zwischen den Fingern und Waschen vom Inhalt gereinigt, gut zerkleinert, in drei Teile geteilt und wie oben behandelt. Die Stickstoffbestimmung wurde sofort ausgeführt. A.. u 8394 8; b=350 cem; c —=12%0.ccom; d=180 cem;.e=30 ccm; 5,1.180.250 2 er a ee et 63,75 ccm (0,08925 g N). Nichtkoagulabler Stickstoff — 0,26 Proz. A». me 8b, —=350 cam; c, = 120 cem; d,= 180 eem: e,—30 ccm; 2 5,3.180..250 ERALER TRUE 5 55c00m; g = 0150 — 66,25 ccm (0,09275 gN). Nichtkoagulabler Stickstoff - 0,24 Proz. Az. Be a Dr 2350 ccm; c, = 0 cm; d,„=180.cem; e, = n 30 cem; 1,=5,4 ccm; g, — en — 67,5 ccm (0,0945 g N). Nicht- koagulabler Stickstoff — 0,24 Proz. Aus den vier mitgeteilten Vorversuchen ergibt sich, daß der Unterschied im Gehalt an nichtkoagulablem Stickstoff in den nach obigem Verfahren behandelten und analysierten Vergleichs- portionen der Magen- und Dünndarmschleimhaut sehr gering gefunden wird, d. h. zu O0 bis 0,05 Proz. Bemerkenswert ist, daß die Menge nichtkoagulablen Stick- stoffs in den Portionen, die im Brutschrank gehalten worden waren, viel größer gefunden wurde, als in den sofort untersuchten. Man kann diese Erscheinung mit großer Wahrscheinlichkeit auf autolytische Prozesse zurückführen, denen die zerkleinerte Schleim- haut beim Verweilen im Brutschrank unterliegt. Es wurden weiter Kontrollversuche angestellt, um sicher- zustellen, ob man die nach dem Aufkochen der zerkleinerten Magen- oder Dünndarmschleimhautportion in Form von Plastein- 13* 196 Joseph Grossmann, albumosen zugesetzte Stickstoffmenge mit Hülfe der beschriebenen Methode wieder auffinden kann. Es stellte sich heraus, daß dies in der Tat der Fall ist. Außerdem wurde in anderen Kontrollversuchen der nicht- koagulable Stickstoff der zerkleinerten Magen- oder Dünndarm- schleimhautportion einerseits nach der beschriebenen Methode, andererseits im Filtrat der ausgewaschenen, aufgekochten und zerkleinerten Magen- oder Dünndarmschleimhaut bestimmt. Die Versuchsergebnisse ergaben, daß das benutzte Verfahren von K. Gläßner für unsere Zwecke völlig ausreicht. II. Versuche mit Plasteinalbumosen aus Fibrin an gefütterten Hunden. Versuch V. (Magen.) Großer Hund, 6 Stunden nach Fleischfütterung durch Verblutenlassen aus beiden Karotiden getötet. Der Magen ist von unverdauten Fleisch- massen erfüllt. Der Magenschleimhautbrei eben sauer. Die zerkleinerte Schleimhaut wird in drei Portionen geteilt, in gewogene Kolben eingebracht und gewogen. Eine Portion der Schleimhaut (A) wird mit ®/, Volumen 1proz. Mononatriumphosphatlösung versetzt und am Rückflußkühler sofort 20 Minuten gekocht, die zweite (B) vor dem Aufkochen 3 Stunden bei 40° gehalten, die dritte Probe (C) mit 20 ccm Albumosenlösung aus Fibrin- Plastein versetzt und für 3 Stunden in den Brutschrank gestellt. Portion A (sofort analysiert). a = 5922 g; b = 215 cch; c = 120 ccm; d = 180. cchH; e = 3025 6,5.180.215 Ben: Ten — 69,875 ccm. Somit auf 61,69 g*) deı Magenschleimhaut berechnet — 82,54 ccm - Säure. t=6,5 ccm, B— Portion B (nach dem Verweilen. im Brutschrank). a, = 58,99 g; b, = 215 ccm; c, = 120 ccm; d, = 180 ccm; e, = 30 ccm; DeBi cn,g ee — 133,3 ccm oder auf 61,69 g*) der Magenschleimhaut berechnet — 139,4 ccm. Portion C (im Brutschrank mit 20 ccm Plasteinalbumosenlösung digeriert). a, = 61,69 8; b,= 215 comy'C;'= 120: com; 4, =18 8 zen a 30 cem; f, = 20,1 cem; g, = ve — 216,075 ccm. Den zuge- setzten 20 ccm Plasteinalbumosenlösung entsprechen 148 ccm —- Säure, Auf Grund der bei A und B erhaltenen Zahlen muß man schließen, daß die zerkleinerte Magenschleimhaut beim dreistündigen Verweilen im Brutschrank in ausgesprochener Weise der Autolyse unterlag, denn die *) Gewicht des Magenschleimhautbreies im Kolben C. Über das Verhalten von peptischen Verdauungsprodukten usw. 197 n Menge nichtkoagulablen Stickstoffs entspricht in B= 1394 cem —- Säure, gegen nur 82,54 ccm in A. Wenn man annimmt, daß die Autolyse in C ebenso weit vorgeschritten war wie in B, so hätte man, wenn keine Rückverwandlung der zugesetzten Plasteinalbumosen in koagulable Stoffe durch die Magenschleimhaut statt- gefunden hätte, mindestens einen Verbrauch von 139,4 + 148 = 287,4 ccm —-Säure finden müssen, Tatsächlich haben wir nur 216,075 ccm verbraucht. Es fehlen also 71,325 ccm — - Säure, oder 0,099855 g Stickstoff — 48,1 Proz. der sanzen mit 20 ccm Plasteinalbumosenlösung zugesetzten Stickstoffmenge. Möglicherweise könnte die Autolyse in C infolge des Zusatzes der Plasteinalbumosenlösung etwas schwächer gewesen sein als in B; doch liegen für die Annahme völliger Abwesenheit des autolytischen Prozesses keine Gründe vor. Aber auch wenn man annimmt, daß in C weder Autolyse noch Rück- verwandlung vorgelegen hat, war auf einen Verbrauch von 82,5 + 148 — 230,5 cem — - Säure zu rechnen. Tatsächlich wurden nur 216,075 ccm n gefunden. Es fehlen dann immer noch 14,465 ccm 1, Säure. Versuch VI. (Dünndarm.) Dem in Versuch V verwendeten Hund wurde sofort nach dem Tode ein Dünndarmstück (Jejunum) entnommen, auf das gründlichste gereinigt, gut zerkleinert und in drei Teile geteilt. Die übrige Bearbeitung geschah wie in Versuch V. Das Verweilen der Portionen B und C im Brutschrank dauerte 2 Stunden. Ar a masse: Bi 250 ccm; © = 190 ccm; d = 180 com; 6 = 830 ccm; 10.180. u altem: eg = 0 —=125 cem, oder auf 51,99 g*) berechnet = 138,9 ccm. B. eye, = 850 ccm; C7 = 120 ccm; d, = 180 com; e, = 30 ccm; 2.1285 ccm; g, = 9 — 160 ccm, oder auf 51,99 g*) berechnet 192,1: ccm. C. m Bar eb, = 850 een; e, = 190) cam; .d,=180 ccm; e,= = ccm; f,.— 941 cm; g, = a — 801,25 cem, Den zugesetzten 20 ccm Plasteinalbumosenlösung entsprechen 148 ccm — - Säure, Die Resultate von A und B zeigen, daß beim zweistündigen Verweilen im Rrutschrank ausgiebige Autolyse eingetreten war. Die Zunahme des nichtkoagulablen Stickstoffs in B gegen A entspricht 65,2 cem — Säure. Wenn man annimmt, daß die Autolyse in C ebenso weit gegangen war, wie in B, so hätten wir hier 192,1 + 148= 340,1 ccm —-Säure verbrauchen müssen. *) Gewicht des Darmstückes im Kolben C, 198 Joseph Grossmann, Tatsächlich wurden verbraucht nur 301,25 ccm n, - Säure. Es fehlen n also 38,85 cem Säure, d. h. 0,05439 g Stickstoff, oder 26,2 Proz. des mit 20 ccm Plasteinalbumosenlösung zugesetzten Stickstoffs. Versuch VII. (Magen.) Großer Hund, 6 Stunden nach Fleischfütterung durch Verblutenlassen aus beiden Karotiden getötet. Der Magen von unverdauten Fleischstücken erfüllt. Der Schleimhautbrei sauer. Bearbeitung wie in den früheren Versuchen. Die Portionen B und © 3 Stunden bei 40°. Rs a= 2481 g; b=215 com; c= 120 cem; d=180 cem; e=30 cem; [=85 en; g = rn — 39,5 cem. —= 35,475 cem, oder auf 27,67 &*) berechnet B. a,= 22,83 8; b, —= 215 ccm; 6;= 120 cem; d, — 180 cem; e,— 30 com: 1,=55 cem: 2, = 5,5 „180. 215 ae — 71,65 cem. — 59,125 ecm, oder auf 27,67 &*) berechnet C (+ 10 cem Plasteinalbumosenlösung). a, = 27,67.,8;5 b,— 215. 0ch;; c,—= 19 con; ’d, = 180 man 2 2.10.28 — 113,95 ccm. Den zugesetzten 10 ccm Plasteinalbumosenlösung entsprechen 74 cem 1, - Säure. Die Zunahme des nichtkoagulablen Stickstoffs durch Autolyse (B—A) entspricht 32,15 ccm -Säure. Wenn man annimmt, daß die Autolyse in Ü ebenso stark war wie in B, so wäre ein Verbrauch von 71,65 4 74 — 145,65 ccm 1, Säure zu erwarten. Tatsächlich wurden verbraucht 113,95 ccm r - Säure. Verlust = 31,5 ccm —- Säure, d. h. 0,0441 g Stickstoff, oder 42,5 Proz. des mit 10 cem Plasteinälbumosenlösung zugesetzten Stickstoffs. " Versuch VIII (Dünndarm.) Von dem in Versuch VII verwendeten Hund wurde sofort nach dem Tode ein Dünndarmstück (Jejunum) entnommen, eröffnet, durch Auspressen zwischen den Fingern und Waschen gereinigt, gut zerkleinert und in drei Teile geteilt. Das Verweilen der Portionen B und € im Brutschrank dauerte nur 2 Stunden. A, a—345 g; b=250 cem; c—12%0 cem; d=— 180 cem: e=-30 cem; I=5 ecm; er — 62,5 ccm, oder auf 38,31 g*) berechnet = .69,4 cem. *) Gewicht des Magenschleimhautbreies ©. Über das Verhalten von peptischen Verdauungsprodukten usw. 199 B. 36.728; 5b, = 32350:cem; e,—= 120. cemy:d, = 18006; 0,—30.ccm; fl, 6,8.ccm; = a —85 cem, oder auf 38,31 g*) berechnet — 88,6 ccm. C (Portion, die mit 10 ccm Plasteinalbumosenlösung versetzt war). Zn, db, = 30 com; &,— 120: com; ;d,, = 180-ccm;-e,;— Bu em; f;==-11,9 ccm; g, I 148,76 cem. Den zugesetzten 10 ecm Plasteinalbumosenlösung entsprechen 74 cem nr Säure. Die Zunahme durch Autolyse in B entspricht 19,2 ccm m Säure. Wenn man annimmt, daß die Autolyse in © ebenso weit vorgeschritten war, so hatte man einen Verbrauch von 88,6 cem — 74 ccm — 162,6 cem — - Säure zu erwarten. Tatsächlich wurden verbraucht 148,75 ccm — - Säure. Es fehlen also 13,9 cem —-Säure, d. h. 0,1946 g Stickstoff, oder 18,7 Proz. des mit 10 ccm Plasteinalbumosenlösung zugesetzten Stickstoffs. Versuch IX. (Magen.) Großer Hund, 6 Stunden nach Fleischfütterung durch Verblutenlassen aus beiden Karotiden getötet. Magen mit unverdauten Fleischstücken gefüllt. Schleimhautbrei reagiert sauer. Bearbeitung wie in den früheren Versuchen. Digestionsdauer von B und © 2 Stunden. A, | Be b=215 ccm; c=120 ccm; d= 180-ccm; e=30 cem; Bear: BR 180 .215 i 30.120 — 88,31 ccm. — 82,775 cem, oder auf 52,28 g berechnet B. u 4148 ED, 215 ccm ; == 120 ccm; d,—180:ccm;.e, = 30 ccm; 11,4.180.215 == ee — a —— — 199,3 2 oO Er L-- 114 eem; g 30.190 122,55 ccm, oder auf 59,28 g be rechnet — 134,93 ccm. C (+20 ccm Plasteinalbumosenlösung). Be Tee D,=-315 ccm; 6, ==1%0- cem;.d,=180 cem; e,= 20 ccm Plasteinalbumosenlösung entsprechen 282 ccm — - Säure. Die autolytische Vermehrung des nichtkoagulablen Stickstoffs ist bedeutend, sie entspricht 134,93 — 88,31 — 46,62 cem "- Säure. 10° Wenn man annimmt, daß die Autolyse in © ebenso weit gegangen ist wie in B, so hatte man einen Verbrauch von 134,93 + 282 — 416,93 cem — - Säure zu erwarten. — 316,05 ccm. Den zugesetzten Tatsächlich gefunden wurden 316,05 cem 7 - Säure. *) Gewicht des Darmstückes C. ” 200 Joseph Grossmann, Differenz: 100,88 ccm n - Säure, d. h. 0,141232 g Stickstoff — 35,7 Proz. des mit 20 ccm Plasteinalbumosenlösung zugesetzten Stickstoffs. Selbst wenn man annimmt, daß weder Rückverwandlung noch Autolyse stattgefunden hat, hätte man einen Verbrauch von 88,31 + 282 — 370,31 ccm n -Säure finden sollen. Es fehlen dann immer noch 54,26 eem 7 - Säure. Versuch X. (Dünndarm.) Dem in Versuch IX verwendeten Hunde wurde sofort nach dem Tode ein Dünndarmstück (Jejunum) entnommen; weitere Behandlung wie in Versuch VII. A. a —=54,67 8; b=250 com; c=120 cem; d= 180 tem; e=— 30 Lam: = 4088, 8 Dan 20 127,5 ccm, oder auf 50,02 g berechnet 30.120 - 116,6 ccm. B. a,— 48,69 8; b,— 250 ccm; ce, = 120.00 ;.d, == 180 cAım ; Be, = aDrar D) = em S 8.10.2 250 _ — 195 ccm, oder auf 50,02 g berechnet — 200,3 ccm. C (+20 ecm Plasteinalbumosenlösung). a; = 50,02. 8;-b,,— 350. ccm; .e; = 120 cm: d, Am PrmrEn 30 .-com;d, = BI rc; 8, — = u — 312,5 ccm. Dem Stickstoff Be zugesetzten 20 ccm Plasteinalbumosenlösung entsprechen 282 cem - Säure. 10 Beim zweistündigen Verweilen im Brutschrank nimmt somit die Menge des nichtkoagulablen Stickstoffs sehr erheblich zu: 116,6 cem 2 - Säure bei A gegen 200,3 cem in B. Bei Annahme einer gleichen autolytischen Zunahme in C wäre hier ein Verbrauch von 200,3 + 282 — 482,3 cem - Säure zu erwarten. Tatsächlich verbraucht: 372,5 ccm — - Säure. Es fehlen also 109,8 com —-Säure, d. h. 0,15572 g Stickstoff, oder 38,9 Proz. des mit 20 ccm Plasteinalbumosenlösung zugesetzten Stickstoffs. Selbst wenn man annimmt, daß weder Autolyse noch Rückverwand- lung vorliegt, wäre ein Verbrauch von 116,6 -+ 282 — 398,6 cem - Säure zu erwarten gewesen. Es würden dann immer noch 26,1 ccm — - Säure fehlen. III. Versuche mit Plasteinalbumosen aus Fibrin an hungernden Hunden. Versuch XI (Magen.) Großer Hund, wird nach 16 Stunden Hunger durch Verblutenlassen getötet. Magen ganz leer.‘ Schleimhautbrei reagiert neutral. Bearbeitung wie in den früheren Versuchen. Die Proben B und C bleiben im Brut- schrank 3 Stunden: Über das Verhalten von peptischen Verdauungsprodukten usw. 201 A. 355,94 5; b—=215 ccm; c—=120 cam; d=180 com; e==30 ccm; 10,7. 180.215 FE Wi cem, g= 0.190 115,025 ccm, oder auf 47,85 g be- rechnet — 99,63 ccm. B. 969,61 8, b,= 215 ccm; c,— 120 cem; d,=180 ccm} e,—30 cem; EB IBO BER 2 R. D- 126 cm; 8, = RT Wen 135,45 ccm, oder auf 47,85 g be- rechnet - 120,89 ccm. GC (+20 ccm Plasteinalbumosenlösung). | Hr &: bein ’cem}c,=120 eem; d,= ı$ Con Br — i 28,6.180.215 ehem, €, — —— - — — 307,45 ccm. Den zuge- setzten 20 ccm Plasteinalbumosenlösung entsprechen 255,2 cem -Säure. Die autolytische Zunahme des nichtkoagulablen Stickstoffs in B gegen A entspricht 120,89 — 99,63 cem — - Säure — 21,26 ccm, Bei Annahme einer gleich starken Zunahme in © war hier ein Ver- brauch von 120,89 -/- 255,2 — 376,09 ccm —- Säure zu erwarten, Tatsächlich verbraucht: 307,45 ccm -- Säure. 10 Es fehlen also 68,64 ccm — Säure, d. h. 0,096095 g Stickstoff, oder 26,8 Proz. des mit 20 ccm Plasteinalbumosenlösung zugesetzten Stickstoffs. Auch wenn man annimmt, daß weder Autolyse noch Rückverwandlung eingetreten ist, ergibt sich immer noch ein Fehlbetrag von 47,38 cem n — - Säure. 10 Versuch XII. (Dünndarm.) Dem in Versuch XI verwendeten Hunde wurde sofort nach dem Tode ein Dünndarmstück (Jejunum) entnommen. . Bearbeitung wie früher. Digestionsdauer der Proben B und C 2 Stunden. A. 6879 8; b=250 cem; c—= 120 cem; d— 180 ccm; e=30 ccm; 12.180 . 250 f = 5 = en er & N ; k h t == 12 cem; g 50.150 150 cem, oder auf 53,07 berechne 135,4 ccm - Säure. B 2-04; b,—= 250 ccm; c,— 120 ecm; d,= 180 ccm; e,=30 ccm; f,— 14,4 com; g,— = — 158,02 ccm. — 180 cem, oder auf 53,07 g berechnet C (+20 ccm Plasteinalbumosenlösung). Deut eg: bh, 350 ccm; c,„=120 cem; d,=180 cem; e,= 30 ccm; f„— 30,7 ccm; 8, — nn — 383,75 ccm. Den zugefügten 20 cem Plasteinalbumosenlösung entsprechen 255,2 ccm n — - Säure. 10 202 Joseph Grossmann, Durch die Autolyse im Brutschrank ist die Menge des nichtkoagulablen Stickstoffs merklich gesteigert, Verbraucht 158,02 cem 1, Säure in.B gegen 135,4 ccm in A. Bei Annahme gleicher Autolyse in C ist hier ein Verbrauch von 158,02 + 255,2 — 413,22 ccm zu erwarten. Tatsächlich gefunden: 383,75 cem —- Säure. Es fehlen also 29,47 cem — - Säure, d. h. 0,041258 g Stickstoff, oder 11,5 Proz. des mit 20 ccm Plasteinalbumosenlösung zugesetzten Stickstoffs. Auch wenn man annimmt, daß weder Autolyse noch Rückverwandlung stattgefunden hat, ergibt sich immer noch ein Fehlbetrag von 6,85 cem - Säure. Versuch XIll. (Magen.) Großer Hund: 13 Stunden Hunger; durch Verblutenlassen getötet. Magen ganz leer. Schleimhautbrei neutral. Die Proben B und © bleiben im Brutschrank 2 Stunden. A. a=85,47 g; b=215 ccm; c =.120 ccm; d = 180: cem; e = 30 ces : 4,6. 180.215 {= 4.6 cem; g = — = 5 = ee 49,45 cem, oder auf 37,51 g berechnet 52,2 cem. B: a, = 85,35 g; b, = 215 ccm; ce, = 120 ccm; d, = 180. ccm; e, = 30 toi 5,7.180..215 an. “ =6 275 » auf © fr 30.120 61,275 cem, oder auf 37,51 g berechnet I, — MICH, m — 69,01 ccm. Ü (+20 ccm Plasteinalbumosenlösung). a, = 837,51 8; b, =215 ccm; .c„= 120 ccm; d, = 180 tem 24,9. .2li 30 ccm; f, = 24,9 ccm; g, = Rn — 267,675 ccm. Den 20 ccm _ Plasteinalbumosenlösung entsprechen 2832 cem „— - Säure. Die Steigerung der Menge des nichtkoagulablen Stickstoffs bei zwei- stündiger Autolyse entspricht also 65,0—52,2 ccm = 12,8 cem — - Säure. Bei Annahme gleich weit vorgeschrittener Autolyse in C wäre hier ein Verbrauch von 65,01 + 232 = 297,01 ccm — - Säure zu erwarten. Tatsächlich verbraucht: 267,675 ccm —- Säure; es fehlen also 29,335 ccm - . Säure, d. h. 0,041069 g Stickstoff, oder 12,6 Proz. des mit 20 cem Plasteinalbumosenlösung zugesetzten Stickstoffs. Auch wenn man annimmt, daß weder Autolyse noch Rückverwandlung stattgefunden hat, würden immer noch 16,525 cem "-Säure fehlen, 10 Versuch XIV. (Dünndarm.) Dem in Versuch XIlI verwendeten Hunde wurde ein Dünndarmstück (Jejunum) entnommen. Bearbeitung wie früher. Die Proben B und C bleiben im Brutschrank 2 Stunden. A. a = 86,9 8; b=250 com; c= 120 ccm; d = 180 cem; e = 30a are 5,5.180. 250 1 — 6,5 Cem, Ba — 64,3 ccm. = 68,75 ccm, oder auf 34,55 g berechnet Über das Verhalten von peptischen Verdauungsprodukten usw. 203 B. 2943, = 2300 com; c, = 120 cem;.d, = 180 ccni; e, = '30.ccm; E27 ccm; = a 96,25 ccm, oder auf 34,55 g berechnet 84,3 cem. U (+20 cem Plasteinalbumosenlösung). Be 7b, = 250 cem; G; = 120 ccm; d, =180 ccm; e,= k ‚s 180.2% 30 cem; f, = 21,8 ccm; g, = = En a — 272,5 ccm. Den zugesetzten 20 ccm Plasteinalbumosenlösung entsprechen 232 ccm — - Säure, Die autolytische Zunahme des nichtkoagulablen Stickstoffs entspricht 84,3 ccm — - Säure in B, gegen 64,3 ccm in A. Wenn man annimmt, daß die Autolyse in C ebenso weit gegangen ist wie in B, hat man einen Verbrauch von 84,3 + 232 — 316,3 com —- Säure zu erwarten. Tatsächlich wurden verbraucht nur 272,5 cem nn -Säure; es fehlen also 43,8 ccm — -Säure, d. h. 0,06132 g Stickstoff, oder 18,8 Proz. des mit 20 ccm Plasteinalbumosenlösung zugesetzten Stickstoffs. Unter der Annahme, daß weder Autolyse noch Rückverwandlung stattgefunden hat, ergibt sich immer noch ein Fehlbetrag von 23,8 cem U _ Säure. 10 IV. Versuehe mit Caseoplasteinalbumosen. Versuch XV. (Magen.) Großer Hund; 6 Stunden nach Fleischfütterung durch Verblutenlassen getötet. Magen mit unverdauten Fleischstücken gefüllt. Schleimhautbrei schwach sauer. Die Proben B und © 3 Stunden im Brutschrank. A. a— 43,93 g: b = 215 cem; ce = 120 cem; d = 180 ccm; e = 30 cem; 6,1.180.215 16,1 ccm; g u Er 65,575 ccm, oder auf 47,68 g berechnet 7,17 ccm. B. Bea bb, = 215ccm; C, = 120 eem; d, = 180 ccm; e, = 30 ccm; 9. 2a DeWiecm; g, = u en — 96,75 ccm, oder auf 47,68 g berechnet = 30.120 9,6 cem. Ü (+20 ccm Caseoplasteinalbumosenlösung). Bar eg; bb, > 215 2cm} ee, —= 120 ccm; d„=180 ccm; e,= 22.180.215 30.120 20 ccm Plasteinalbumosenlösung entsprechen 232,8 ccm — - Säure. Die Zunahme des nichtkoagulablen Stickstoffs in B gegen A ent- spricht 95,6—71,2 ccm — 24,4 ccm — - Säure. Bei gleicher Autolyse in C wäre hier ein Verbrauch von 9,6 + 232,8 — 328,4 com -Säure zu erwarten gewesen. 30 ccm; 1,22 camj:g, = — 236,5 ccm. Den zugesetzten 204 Joseph Grossmann, Tatsächlich verbraucht: 236,5 ccm. Es fehlen also 91,9 ccm 2 Säure, d. h. 0,12866 g Stickstoff, oder 39,4 Proz. des mit 20 ccm Plastein- albumosenlösung zugesetzten Stickstoffs. Wenn man annimmt, daß weder Autolyse noch Rückverwandlung eingetreten ist, so ergibt sich immer noch ein Fehlbetrag von 67.47 ccm = - Säure. 10 Versuch XVI. (Dünndarm.) Dem in Versuch XV verwendeten Hunde wird sofort nach dem Tode ein Dünndarmstück (Jejunum) entnommen. Bearbeitung wie früher, Die Proben B und © bleiben im Brutschrank 2 Stunden. A. a = 83851 g; b= 250 cem; c = 120 cem; d = 180 ccm, E = Ben 1, eb Omi, en — 75 ccm, oder auf 35,27 g berechnet = 68,68 cem. B. a, = 38,95 8}: b, = 250 Ce, ee 9ecn de gem; e, = 30.CCHE 1, = 9,4 com, = See, - 117,5 ccm, oder auf 35,97 & berechnet — 106,39 com. U (-+20 ccm Caseoplasteinalbumosenlösung). a,, — 85,27 8; De = 350.Cem; 'c, = 130 ech} d, —.186. com; ers 2 80:60; F,, =21,6°ccm5 8, — er S nt ne — 270 ccm. Den zugesetzten 20 ccm Plasteinalbumosenlösung entsprechen 232,8 cem — - Säure, Die autolytische Zunahme des nichtkoagulablen Stickstoffs in B gegen A entspricht 106,39 — 68,68 ccm = 37,71 cem 7 - Säure. Bei gleich starker Autolyse in © war hier ein Verbrauch von 106,39 + 232,8 — 339,19 com —-Säure zu erwarten. Tatsächlich serbr aucht wurden nur 270 ccm. Es fehlen also 69,19 cem Säure, d. h. 0,096866 g Stickstoff, oder 29,7 Proz. des mit 20 cem Plasteinalbumosenlösung zugesetzten Stickstoffs. Auch wenn man annimmt, daß weder Autolyse noch Rückverwandlung eingetreten wäre, ergibt sich immer noch ein Fehlbetrag von 31,48 ccm 2 _ Säure, 10 V. Schlußbemerkungen. Aus dem Ergebnis der angeführten Versuche kann man folgende Schlüsse ziehen: Die zerkleinerte Magen- und Dünndarmschleimhaut unterliegt bei 2- bis 3stündigem Verweilen im Brutschrank bei 38 bis 40° einer starken Autolyse, wobei die Menge des nichtkoagulablen Stickstofis bedeutend zunimmt. Wird ihr im Beginn eine Lösung peptischer Verdauungsprodukte von Plasteinen, d. h. Albumosen, Peptonen und anderen :nichtkoagulablen Stickstoff enthaltenden Produkten Über das Verhalten von peptischen Verdauungsprodukten usw. 205 zugesetzt, so verschwindet bei 2. bis 3stündigem Verweilen im Brutschrank ein erheblicher Teil des nichtkoagulablen Stickstoffs, d. h. die entsprechenden Stoffe erfahren eine Umwandlung in eine koagulable Form. Diese Erscheinung tritt ebenso gut ein, wenn man die Magen- oder Dünndarmschleimhaut von einem ge- fütterten oder von einen hungernden Hunde verwendet. Da die Plasteinalbumosenlösungen, die ich für meine Versuche benutzte, mit Lab sehr gut reagierten, d. h. reichliche Niederschläge von den allgemeinen Eigenschaften des Plasteins bildeten, so kann man mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß es sich auch in den angeführten Versuchen um eine Bildung von Plasteinen handelte. Es ist von Interesse, daß eine merkliche Bildung von koagu- lablen stickstoffhaltigen Produkten (Plasteinen) durch die zer- kleinerte Magen- oder Dünndarmschleimhaut nur dann stattfindet, wenn die verwendete Plasteinalbumosenlösung von genügender Konzentration ist. In einer Reihe von Versuchen, die ich hier nicht anführe, in denen die Konzentration der für die Versuche benutzten Plasteinalbumosenlösungen viel geringer war als in den angeführten, fand ich keine Bildung von koagulablen stickstoff- haltigen Produkten. Die Reaktion der zerkleinerten Magen- oder Dünndarmschleim- haut hatte keinen merklichen Einfluß auf den Vorgang. Die Resultate meiner Versuche bringen, wie mir scheint, neue Beweise für die Vermutung bei, daß in der Magen- und Dünndarmschleimhaut nicht nur eiweißspaltende, sondern auch entgegengesetzte Prozesse stattfinden. Ich beabsichtige in nächster Zeit weitere Versuche an Tieren auszuführen, um das Verhalten der Plasteinalbumosen zur Leber und zu anderen Organen klar- zustellen. XVII. Über den Einfluß einseitiger Ernährung mit Kohle- hydraten auf die chemische Zusammensetzung des Säuglingskörpers. Von Dr. Franz Steinitz und Dr. Richard Weigert, Assistenten der Klinik. Aus der Universitäts-Kinderklinik zu Breslau. Untersuchungen über den Einfluß von Ernährungsstörungen auf die chemische Zusammensetzung des Säuglingskörpers, die der eine*) von uns veröffentlicht hat, haben ergeben, daß durch die Erkrankung eine Änderung der relativen Körperzusammensetzung nicht hervorgerufen wurde. Bis auf den Fettgehalt war das Ver- hältnis der chemischen Komponenten untereinander nicht ver- schoben worden. Die Untersuchungen erstreckten sich auf vier Säuglinge. Der erste Fall war ein frühgeborenes 13 Tage altes Kind; bei den übrigen drei Fällen, in denen es sich um chronische Er- nährungsstörungen gehandelt hatte, war die Erkrankung durch alimentäre Einflüsse bedingt gewesen. Diese waren jedoch nicht derartig, daß von einer durch die Anamnese bekannten, näher charakterisierbaren Schädigung hätte gesprochen werden können. Es war deswegen von Interesse, ein Kind zu analysieren, dessen Erkrankung durch einen Nahrungsdefekt bedingt war, über dessen Natur die Anamnese bestimmte Anhaltspunkte gewährte, und zwar so, daß ein und derselbe schädigende Faktor in gleichem Sinne lange Zeit hindurch auf den Zustand des Kindes einwirkte. Als ein solcher ist die einseitige Ernährung mit einfachen Mehl- 'abkochungen (Roggen-, Weizen-, Hafer-Mehl oder -Schleim) aufzu- *) Steinitz, F., Jahrbuch f. Kinderheilkunde 59, 447. 3 As a Sk ai Über den Einfluß einseitiger Ernährung mit Kohlehydraten usw. 207 fassen, wie sie nicht selten von Müttern, leider auch auf Veran- lassung von Ärzten, längere Zeit hindurch durchgeführt wird. Hierbei handelt es sich um eine Nahrung, in der Eiweiß, Fett und Salze in zu geringer Menge vorhanden sind, und bei der der Bedarf des Kindes fast nur durch Kohlehydrate gedeckt wird (einseitige Ernährung mit Kohlehydraten). Diese Verhältnisse treffen zu bei einem Kinde, dessen Leiche wir im Sommer dieses Jahres an der Breslauer Kinderklinik zu analysieren Gelegenheit hatten. Es handelt sich um einen 4 Monate alten weiblichen Säugling, Magdalene S. Krankengeschichte: VI. Kind einer durch den Vater mit Tuberkulose belasteten Familie. Es wurde von Geburt an künstlich ernährt und zwar in den ersten 14 Tagen mit einem Gemisch aus '"s Milch und a Mehl- suppe, von da ab wegen Erbrechens mit Mehlsuppe, die mit Saccharin gesüßt wurde, ohne jeglichen Milchzusatz. In jeder Woche wurde das eine oder andere Mal der Versuch gemacht, eine Kleinigkeit Milch zur Mehlsuppe zuzusetzen. Da jedoch das Kind hierauf stets mit Erbrechen reagierte, wurde sogleich wieder von einem Milchzusatz Abstand ge- nommen. Dieses Ernährungsregime wurde bis zum Tode des Kindes, also etwa 31/2 Monate lang, fortgesetzt. Es erlitt nur .eine Unterbrechung während 10 Tagen, während deren das Kind wegen Hustens und Er- brechens in die Säuglingsabteilung (des hiesigen Allerheiligenhospitales gebracht worden war. Hier erhielt es einen Tag Thee, 4 Tage Haferschleim ohne Milchzusatz und 5 Tage 5 mal täglich 250 g ?/s Milch mit Hafer- schleim und Saccharinzusatz. Das Kind wog bei der Aufnahme 4950 g und wurde mit einem Gewicht von 4800 g entlassen. Während der Zeit der stationären Behandlung im Hospital hatte das Kind in der ersten Zeit mehrere, später 2 Stühle täglich, die normal gefärbt und von derber Konsistenz waren. Fieber war nicht vorhanden. Als nach der Ent- lassung des Kindes die Mutter das alte Ernährungsregime wieder ein- führen wollte, erkrankte das Kind mit heftigem Erbrechen und starken Durchfällen (bis 10 Stühle täglich). Es verfiel rapid und wurde in moribundem Zustande in die Kinderklinik eingeliefert. Trotz sofort ein- geleiteter Theediät, Kochsalzklystieren und Verabreichung von Kampher und Koffein verfiel das Kind immer mehr, und 18 Stunden nach der Auf- nahme erfolgte der exitus. 1 Stunde nach dem Tode wurde die Leiche in einer Blech- büchse in eine Kältemischung gebracht und 36 Stunden darin belassen. Bei der Zerkleinerung der hart gefrorenen Leiche konnten bei der — naturgemäß nur oberflächlich ausgeführten — Autopsie schwere anatomische Veränderungen, insbesondere "Tuberkulose, ausgeschlossen werden. Magen-, Darm- und Blaseninhalt wurden, wie in den früheren Fällen, als Eisbröckel ausgestreift und von dem Gesamtgewicht des Kindes in Abzug gebracht. Die weitere Vorbereitung des Materiales für die chemische Analyse 908 Franz Steinitz und Richard Weigert, erfolgte genau nach dem von uns bei früherer Gelegenheit*) be- schriebenen Verfahren. Untersuchungsresultate. Gewicht: 3711 g Alter: 4 Monate. Tabelle I. Absolute Werte in g. Trocken- Ather- | Y substanz extrakt =. N Alkohol; =; ae 5: 5) ß i Feen Era 623,3 N 7,195 3,075 PONTE DEN 900,4 281,2 103,53 80,506 FRI IEREIE IR RER ENEBEIBE-DEHIREFE. EUFEISRTIERNT SL BERETEEN BEREISESSRRRE ER TER: 15237 | 897,73 .| . 11078 83,581 Tabelle II. 100 g Leibessubstanz enthalten: Er Fe | Wasser | Trocken” | Atherextrakt Asche | N | substanz | | BB I 3 Do PD Gar VENTO E Se: I | 58,94 8 41,06 & 24,17 8. | ı Ubi Tabelle II. 100 & fettfreie Leibessubstanz enthalten: Trocken- Ätherextrakt substanz Asche | N Tabelle IV. 100 & Trockensubstanz | fettfreie Trockensubstanz enthalten: 58,87 g Fett Be 7278 Asche | 17,69 g 5,48 & N 13,35 & *) Steinitz, loc. cit. — Weigert, Jahrb. f. Kinderheilk. 61, 187. . Über den Einfluß einseitiger Ernährung mit Kohlehydraten usw. 209 Tabelle V. anihe.); 108 8 Asche: |100 gdettmaie ne ereie | Trockensub- des Kindes enthalten |Kind enthalten | stanz enthalten Bee: |: 0, | 0 Na,0 Eu IHLBR I 0,2076 „ | 0,9330 „ Ca 0 RAR. 43,06 „ a Er Se ar...) 1104 .-. | 0,0487 „. | 0,2180 , 260, | 19. | 1.08 KENT 1 sa Re P,0; Ber, 39,66 „, 1,5604 „, 7.013, Cl Be, , 70.1109, | * 0,4982 ‚, Sa. 108,68 g 98,18 g ab O für C | 0,63 „, Sa ee | Er Zur besseren Übersichtlichkeit der erhaltenen Resultate werden wir das Verhalten der einzelnen Bestandteile im Organismus des Mehlkindes gesondert besprechen. Wir benützen dabei als Vergleichszahlen die betreffenden Analysen des Durchschnitts- kindes von Camerer und Söldner*) und der von Steinitz“*) untersuchten Kinder. Da sich unter letzteren ein viermonatliches atrophisches, aber nicht einseitig ernährtes Kind (Nr. IV) befindet, so sind gerade die Werte dieses Kindes ein wertvolles Vergleichs- objekt. Im folgenden bezeichnen wir dieses Kind als „Kind IV*. A. Das Verhalten des Fettes. Der Fettgehalt des analysierten Kindes ist enorm hoch, er beträgt 24,17 Proz. des Gesamtgewichts ‚und 58,87 Proz. der Trockensubstanz. Vergleichen wir diese Werte mit dem Fett- gehalt der Neugeborenen, so zeigt sich, daß er sich in unserem Falle, auf das Gesamtkörpergewicht bezogen, nahezu verdoppelt hat. Auf Trockensubstanz berechnet beträgt der Fettgehalt des Neugeborenen***) und der eines Erwachsenen) etwa 44 Proz. Somit ist bei dieser Art der Berechnung der Fettgehalt unseres Mehl- kindes mit 58,37 Proz. immer noch um etwa 14 Proz. vermehrt. Im Gegensatz hierzu sei hier noch hingewiesen auf den geringen Fettgehalt (2 bis 4 Proz. auf das Körpergewicht berechnet) chronisch magendarmkranker, atrophischer Säuglinge, den Steinitz beı seinen Analysen gefunden hat. *) Zeitschr. f. Biologie 48, 1. **) ]oc. eit. | *##*) GQamerer u. Söldner, loc. eit. 7) eit. nach Voit, Herrmanns Handbuch der Physiol, 6, 404. Beitr. z. chem. Physiologie. VI. ; 14 210 Franz Steinitz und Richard Weigert, Bei dem Versuche, dieses abnorme Verhalten des Fettes zu erklären, lag es nahe anzunehmen, daß es infolge der lang- dauernden einseitigen Ernährung mit Mehl zu einer Bildung von Fett aus Kohlehydraten gekommen sei. In diesem Falle hätte nach Untersuchungen von Rosenfeld*) in dem abgelagerten Fett ein Überwiegen von Fettsäuren mit höherem Schmelzpunkt über die Ölsäure statthaben müssen. Die darauf von uns unter- nommene Feststellung der Hüblschen Jodzahl, deren Größe be- kanntlich dem Gehalt des Fettes an Ölsäure parallel geht, ergab die Zahl 55,6. Dieselbe entspricht den von Thiemich, Knöpfel- macher, Siegert und Jaeckle für das Unterhautfettgewebe gefundenen Werten und ist keines Falls abnorm niedrig. Die Größe des Jodbindungsvermögens des Fettes gibt daher keinen Anhalt für die Vermutung, daß eine nennenswerte Bildung von Fett aus Kohlehydraten erfolgt sei, insofern es erlaubt ist, aus den von Rosenfeld bei Tieren erhaltenen Resultaten Rückschlüsse auf die gleichen Verhältnisse beim Menschen zu ziehen. B. Das Verhalten des Wassers. Da der Fettgehalt des Kindes, wie bereits erörtert, ein hoher, vielleicht sogar ein abnorm hoher ist, so ist es begreiflich, daß sein Wassergehalt ein auffallend niedriger ist (58,94 Proz.). Aber auch, wenn man ihn auf das fettfreie Kind berechnet, ist er nech unverhältnismäßig gering. Er beträgt 77,75 Proz., während er beim Neugeborenen 81,9 Proz., bei dem Kinde Nr. IV 81,5 Proz. beträgt. Nun hätten wir gerade bei einem einseitig mit Kohle- hydraten ernährten Kinde, wenn ein Analogieschluß von Tierver- suchen erlaubt ist, einen hohen Wassergehalt erwarten müssen. "Konnte doch der eine von uns*) an Hunden den Nachweis erbringen, daß eine vorzugsweise aus Kohlehydraten bestehende Ernährung den Wassergehalt des Körpers erhöht gegenüber sole Tieren, in deren Kost Fett und Eiweiß prävalieren. Für einen hohen Wassergehalt sprachen auch a priori klinische Erfahrungen, nach denen besonders „Kohlehydrat-Kinder“ gedunsen aussehen und als wasserreich gelten. Ebenso wissen wir, daß solche Kinder, auch wenn sie leicht erkranken, rapide Gewichts- abstürze zeigen, die nur auf Wasserverluste bezogen werden können. Wenn wir nun bei unserem Mehlkinde einen niedrigeren Wassergehalt gefunden haben, als wir erwarteten, so ist damit noch kein Widerspruch mit den experimentellen und klinischen *) Berliner klin. Wochenschr. 1899, Nr. 30, S. 664. ”*) Weigert, loc. cit. 2 Über den Einfluß einseitiger Ernährung mit Kohlehydraten usw. 211 Erfahrungen und unseren Voraussetzungen gegeben. Denn auch dieses Kind zeigte kurz vor seinem Tode einen abnorm großen Gewichtsabsturz. Nachdem es schon während des zehntägigen Aufenthaltes im Hospital 150 g seines Körpergewichtes verloren hatte, nahm es ın den drei Tagen nach der Entlassung 920 g und am letzten Lebenstage noch weitere 155 g ab. Es verlor also in den letzten vier Tagen 1075 g, d. h. fast den vierten Teil seines Körpergewichtes. Es erscheint selbstverständlich, daß ein so abnorm großer und akut verlaufender Gewichtsabsturz nicht durch Einschmelzen von stickstoffhaltigem Gewebe oder von Fett zustande gekommen sein kann, sondern im wesentlichen eine Schwankung im Wassergehalt des Organismus darstellt. Dafür spricht auch der scheinbar abnorm hohe Fettgehalt des Kindes und sein Stickstoffgehalt; denn dieser ist, verglichen mit dem des Kindes Nr. IV von Steinitz, auf fettfreie Körpersubstanz berechnet, vermehrt (2,97 Proz. gegenüber 2,56 Proz.). Wir halten es daher nicht nur für erlaubt, sondern sogar für notwendig, diesen Faktor mit in Rechnung zu stellen, und zwar in der Weise, daß wir das Verhältnis von Wasser und festen Bestandteilen feststellen, wie es vor der terminalen Gewichts- abnahme bestanden hatte. Da wir aber nicht wissen, inwieweit stickstoffhaltige Bestandteile und Fett an der Gewichtsab- nahme beteiligt sind, wir andererseits nach dem eben Erörterten den Anteil derselben als ziemlich unerheblich veranschlagen müssen, so werden wir in den folgenden Betrachtungen den Ge- wichtsabsturz gänzlich als Wasserschwankung auffassen. Wir werden uns demnach den tatsächlichen Verhältnissen der Zu- sammensetzung des Kindes nähern, wenn wir den Fettgehalt, den Stickstoff und die Mineralbestandteile nicht auf das Körper- gewicht des toten Kindes nach Abzug von Magen-, Darm- und Blaseninhalt (3711 g), sondern auf das Gewicht vor der terminalen Gewichtsabnahme (4800 g) beziehen. Alsdann ergeben sich für dieses gewissermaßen „supponierte Kind“ folgende Werte: 100 g Leibessubstanz des „supponierten Kindes“ enthalten: | I: Wasser | Trockensubstanz | Atherextrakt 68,26 31,74 & | 18,7 g 100 g fettfreie Leibessubstanz enthalten: Wasser | Trockensubstanz | Ätherextrakt no un. 83,95 8 16,04 g —_ 912 Franz Steinitz und Richard Weigert, Diese Zahlen, die natürlich nur als approximative Werte gelten können, sprechen jedenfalls mit ziemlicher Sicherheit gegen eine primäre Wasserverarmung des einseitig mit Mehl ernährten Kindes; ob andererseits durch die Kohlehydraternährung eine Wasseranreicherung stattgehabt hat, muß dahingestellt bleiben. C. Verhalten der Mineralbestandteile. Die eben auseinandergesetzten Momente, die von wesent- lichem Einflusse für die Beurteilung des Wassergehaltes des Mehlkindes waren, kommen nicht in demselben Sinne in Betracht bei der Besprechung der Mineralwerte. Denn da der Organismus das Wasser nicht als solches, sondern als Salzlösung abgibt, so ist der Wasserverlust stets auch begleitet von einem Verlust an Salzen. Es ist daher unmöglich, unseren Betrachtungen hier das „supponierte Kind‘ zugrunde zu legen, da die Größe der Beteiligung der einzelnen Mineralbestandteile an dem Wasserverlust völlig unbekannt ist. | Zur besseren Übersicht der Zahlen der einzelnen Mineral- bestandteile bringen wir eine Gegenüberstellung derselben vom Mehlkind und dem gleichaltrigen chronisch-magendarmkranken Kinde (Nr. IV) von Steinitz, die wir auf 100 g fettfreie Trocken- substanz berechnet haben. |Gesamtasche| CaO | P,0, | K,0 IN2,01| cl NgO F6,0, Kind Nr. IV | 18,44 | 6,97 | 6,88 1,236. 1,434 1,037 |0,2437| — Mehlkind | 17,69 7,616 , 7,013 | 0,8953: 0,9330) 0,4952| 0,2189) 0,1917 Der Gesamtaschengehalt ist deutlich vermindert, was seine Erklärung in dem gleich zu besprechenden Verhalten der Alkalien und des Chlors findet. Diese zeigen sich in ihrer Menge enorm herabgesetzt, nämlich Kalium und Natrium um ungefähr ein Drittel, Chlor um über die Hälfte. Die Verminderung gerade dieser Mineralbestandteile weist darauf hin, daß der Salzbestand des Kindes vor der akuten terminalen Erkrankung dem des Ver- gleichskindes annähernd gleich gewesen ist, und daß die erheb- liche Alkali- und Chlorverschiebung auf den Wasserverlust zu beziehen ist. Daß starke Wasserabgaben stets mit großen Ver- lusten an Chlor und wohl auch an Alkalien einhergehen, wissen wir aus den klinischen Erfahrungen bei den Hydropsien der Nieren- und Herzkranken und bei der Cholera asiatica, wo sich gesteigerte Chlorausscheidungen im Urin bzw. in den Stühlen : nachweisen lassen. Inwieweit der Chlorgehalt der Nahrung in Zusammenhang mit dem niedrigen Chlorgehalt des Kindes steht, läßt sich nicht Über den Einfluß einseitiger Ernährung mit Kohlehydraten usw. 213 ohne weiteres sagen. Jedenfalls sei erwähnt, daß die nur aus Mehlsuppe bestehende Nahrung, die dem Kinde nach den Angaben der Mutter stets ohne Zusatz von Kochsalz gegeben wurde, eine abnorm chlorarme Nahrung darstellt, eine Tatsache, auf die uns Dr. Keller aufmerksam gemacht hat. Im Gegensatz zur Herabsetzung der Chlor- und Alkalimengen besteht eine Anreicherung an Kalk, für die wir eine Erklärung zu geben nicht in der Lage sind. Fassen wir unsere Analysenresultate zusammen, so sehen wir, daß das von uns untersuchte Mehlkind sich von den bisher untersuchten kranken Kindern durch seinen niedrigen Wasser- und Salzgehalt und durch seinen hohen Fettgehalt unterscheidet. Die auf Grund der Anamnese angestellten Erwägungen haben ergeben, daß die Verminderung von Wasser und Salzen auf dieselbe Ursache, nämlich auf die akute terminale Gewichtsabnahme zurückzuführen ist. Da aber die klinische Erfahrung, wie bereits erörtert, lehrt, daß einseitig mit Kohlehydraten ernährte Kinder schon bei jeder leichten Erkrankung erhebliche Wasserverluste aufweisen, so ergibt sich, daß die Analyse solcher Kinder kaum den durch den Nährschaden eventuell gesetzten Defekt wird aufklären können, da durch den Wasserverlust Verschiebungen in der chemischen Zusammensetzung auftreten, deren Größe sich nur annähernd schätzen läßt. XIX, Pankreas und Glykolyse. Von Dr. Riehard Claus aus Zwickau/Sa. und Dr. Gustav Embden, Vorstand des chemischen Laboratoriums am Krankenhause. Aus dem städtischen Krankenhause zu Frankfurt a. M. Innere Abteilung. Oberarzt Professor Dr. v. Noorden. Vor wenig mehr als Jahresfrist erschienen unabhängig von einander und fast gleichzeitig zwei Arbeiten von Cohnheim*) und Rahel Hirsch®**), welche über die Vorgänge der Zuckerver- brennung im Tierkörper wesentliche Aufschlüsse zu geben schienen. Cohnheim zeigte, daß aus Muskeln allein gewonnener Pre&ß- saft zugesetzten Traubenzucker nicht oder nicht in nennenswertem Maße zerstört, und Pankreaspreßsaft allein ohne jede Einwirkung auf Traubenzucker ist, während ein aus beiden Organen gemein- schaftlich gewonnener Preßsaft sehr erhebliche Zuckermengen in kurzer Zeit zum Verschwinden bringt. Aus den Versuchen von Rahel Hirsch ergab sich, daß „Leberbrei unter Toluol, sich selbst überlassen, in vielen Fällen einen Zuckerverlust zeigt, der nach Zuckerzusatz pro 100 g Leber mehrere Gramm Zucker betragen kann“, und daß Pankreaszusatz auf diese Zuckerabnahme einen mächtig fördernden Einfluß hat. Beide Autoren mußten sich namentlich vor einem Einwande zu schützen suchen, daß nämlich die von ihnen beobachtete Zucker- zerstörung nicht durch Organfermente, sondern durch Bakterien hervorgerufen sei. *) OÖ. Cohnheim, Die Kohlehydratverbrennung in den Muskeln und ihre Beeinflussung durch das Pankreas. Zeitschrift f. physiol. Chemie 89, 336, zuerst vorgetragen im Heidelberger Medizinischen Verein am 28. Juli 1903. (Referat Münchener medizinische Wochenschrift 1903, S. 2029.) **) R. Hirsch, Ein Beitrag zur Glykolyse. Inaugural - Dissertation. Straßburg 1908. Dieselbe, Über glykolytische Wirkung der Leber. Diese Beiträge 4, 535. ei ya uk PreTTTz Pe Se 7 Pankreas und Glykolyse. 215 Cohnheim suchte sich bereits in seiner ersten Arbeit durch Anwendung großer Toluolmengen vor Bakterienwirkung zu schützen, und wies darauf hin, daß die Zuckerzersetzung hauptsächlich in den ersten Stunden vor sich gehe‘). Auch Rahel Hirsch wandte sehr große Mengen Toluol an, und schüttelte namentlich den Brei gründlich durch. Die mikro- skopische und bakteriologische Prüfung ergab keine Bakterien**). Wenn die antiseptischen Maßnahmen der beiden genannten Autoren aber vielleicht doch noch gewisse Zweifel an der rein fermentativen Natur der beobachteten Zuckerzerstörung zuließen, so schien eine neuerlich veröffentlichte Untersuchung Cohnheims***) alle derartigen Bedenken völlig hinwegzuräumen. Cohnheim gelang es nämlich — ganz abgesehen von der Auffindung anderer, sehr bemerkenswerter Eigenschaften — ein höchst eigentümliches Verhalten der wirksamen Pankreassubstanz festzustellen. „Setzt man nämlich zu einer gleichbleibenden Menge von Muskelsaft und von Zucker steigende Mengen Pankreas hinzu, so nimmt die Wirkung erst zu und dann wieder ab‘ r). Aus dieser Hemmung durch Mehrzusatz ergibt sich nach Cohnheim mit Sicherheit, daß seine Versuche nicht durch Bakterien vorgetäuscht wurdenr). Diese Schlußfolgerung Cohnheims schien uns — die Richtig- keit seiner Beobachtungen vorausgesetzt — durchaus einleuchtend zu sein. Derartige quantitative gesetzmäßige Beziehungen konnten nicht durch zufällige bakterielle Verunreinigungen bedingt sein. Wir beschlossen nun, uns Cohnheims Versuche selber vor Augen zu führen, wozu wir umsomehr das Bedürfnis fühlten, als der eine von uns (Embden) früher sich vergeblich bemüht hatte, bei Anwendung derälteren Cohnheimschen Versuchsanordnung zu positiven Ergebnissen zu gelangen, woran, wie wir jetzt glaubten, neben mangelhaften technischen Hilfsmitteln die damalige Un- kenntnis der Überschußhemmung schuld war. Die ersten, neuerdings vorgenommenen Versuche führten nicht zum Ziel, und wir gingen nunmehr dazu über, die Angaben Cohnheims einer umfangreicheren Nachprüfung zu unterziehen. *=) OÖ. Cohnheim, a. a. O., 8. 347. *) R. Hirsch, Diese Beiträge 4, 537 (1903). ==) Q. Cohnheim, Uber Kohlehydratverbrennung. II. Mitteilung. Die aktivierende Substanz des Pankreas. Zeitschrift f. physiol. Chemie 42, 401. 7) 0. Cohnheim, a.a. O., Zeitschrift f. physiol. Chemie 42, 404. 17) ©. Cohnheim, a. a. O., Zeitschrift f. physiol. Chemie 42, 409. 216 Richard Claus und Gustav Embden, Das Ergebnis der letzteren ist in den folgenden Zeilen wieder- gegeben. Gleich hier wollen wir bemerken, daß es uns nicht gelang, die Versuchsresultate Cohnheims zu bestätigen. Es ist immer sehr mißlich, positiven Angaben im wesentlichen nur negative gegenüberzusetzen; die Veröffentlichung der letzteren hat nur dann Berechtigung und Wert, wenn sie in aller Ausführlichkeit und Vollständigkeit geschieht. Nur so kann die Sachlage geklärt, und besonders können nur so Fehler, die auch bei der sorg- fältigsten Nachprüfung vorkommen können, aufgedeckt werden. Wir wollen daher zunächst die bei allen späteren Versuchen angewandte Methodik möglichst genau schildern‘). Katzen (teils solche, die 24 Stunden gehungert hatten, teils normal gefütterte), wurden im Sack mit Ather narkotisiert, wozu stets eine sehr geringe Athermenge genügte. Die narkotisierten Tiere wurden erst dann aus beiden Carotiden gleichzeitig entblutet, wenn sie dem Aufwachen aus der Narkose nahe, oder zum mindesten Atmung und Herztätigkeit sehr kräftig waren. In einem Falle wurde auch eine Katze ohne jede Narkose getötet. In mehreren Fällen wurde von der Aorta aus das Tier unter ge- lindem Druck mit Kochsalzlösung (0,85 Proz.) ausgespült, bis die aus den Hohlvenen abfließende Flüssigkeit nur mehr wenig gefärbt erschien. Möglichst rasch wurden nun nach dem Abziehen des Fells die Muskeln der Extremitäten und von den Rumpfmuskeln namentlich die des kückens abgetrennt, von gröberen Fettmassen und Fascien tunlichst be- freit und mit der Fleischhackmaschine zerkleinert®*). Die zerkleinerte Muskulatur wurde in den der Kosselschen Schneidemaschine ***) bei- gegebenen Metallmänteln rasch zum Gefrieren gebracht. Als Gefriermittel diente eine durch eine Eismaschine dauernd auf etwa — 12 bis — 13° abgekühlte Salzlösung, in die der Metallmantel hineinge- hängt wurde (selbstverständlich, ohne daß Salzlösung in sein Inneres drang)5). Nach etwa 3 Stunden wurde der von dem Kupfermantel befreite, gefrorene Muskelblock mit der Kosselschen Maschine bis auf einen kleinen Rest zerschnitten jr), der entstandene Muskelbrei mit reinstem Kieselguhr innigst gemengt und in einer Organsaftpresse nach Hans *) Auf die ersten, an Hunden ohne Zuhilfenahme der Kosselschen Schneidemaschine vorgenommenen Untersuchungen wird später noch einzu- gehen sein. **) Die Fleischhackmaschine wurde nach jedesmaligem Gebrauch gründlich abgrebrüht. 5 *»**) Herrn Geheimrat Ehrlich sind wir für die gütige Überlassung der Kosselschen Maschine zu besonderem Danke verpflichtet. +) Im Anfange blieb der gefrorene Muskelbrei auch mehrmals über Nacht in dem durch die Salzlösung auf etwa — 12° abgekühlten Kühlraum. In allen weiteren Versuchen vermieden wir jede derartige Verzögerung. ++) Der nicht zerschnittene Rest wurde fortgeworfen. Die mikroskopische Untersuchung des Breis nach dem Zerschneiden ergab die außerordentliche Wirksamkeit des Verfahrens. Nur hier und da waren die Reste von Muskel- fasern zu sehen. er Pankreas und Glykolyse. 277 Meyer*) (mittelst der Buchnerschen Presse) bis zu einem Drucke von 400 Atmosphären ausgepreßt. Der gewonnene Saft war völlig klar**) und bald heller, bald dunkler rot gefärbt. (In den Fällen, wo die Muskulatur durchgespült war, mehr rosafarben.) Die Quantität des gewonnenen Muskelsaftes entsprach meist etwa 35 bis 50 Proz. der zum Pressen verwendeten Muskulatur, erreichte bis- weilen aber auch etwas höhere Werte. Bei der Gewinnung der Pankreasextrakte gingen wir von der Angabe Cohnheims aus, daß die wirksame Substanz der Bauchspeicheldrüse wasserlöslich und kochbeständig sei. In weitaus der Mehrzahl der Fälle extrahierten wir daher das möglichst rasch nach dem Tode der Katze entnommene Organ mit kochendem Wasser, hielten das Pankreas mit der Extraktionsflüssigkeit einige Minuten im Sieden und zerrieben es nunmehr mit reinstem grobkörnigen Quarzsand. Der entstandene ziemlich feine Brei wurde wieder in die Flüssigkeit zurückgebracht und nochmals aufgekocht. Die Kochdauer variierte etwas, sie betrug insgesamt aber nie mehr als 10 Minuten. In mehreren Fällen haben wir das Pankreas nicht kochend, sondern bei einer Temperatur von 60,bis 63° extrahiert, ohne daß übrigens dadurch an den Versuchsergebnissen etwas geändert . wurde. Bis zum Ansetzen des Versuches wurde das Pankreasextrakt in dem zur Extraktion benutzten Erlenmeyerkölbchen im Eisschrank unter sterilem Kork- oder Watteverschluß aufbewahrt. Für jeden Versuch wurde frisches Pankreas angewendet (mit 2 — unten noch zu besprechenden — Ausnahmen). Der eigentliche Versuch wurde in folgender Weise angesetzt. Eine gewogene Menge Traubenzucker wurde in sehr wenig Wasser gelöst, die Lösung (meist etwa 10 ccm) aufgekocht und nach dem Abkühlen dem klaren Preßsaft hinzugefügt. Bezüglich der Menge des dem Preßsaft zuzusetzenden Traubenzuckers waren wir leider im Unklaren. Denn in seiner zweiten Arbeit macht Cohnheim weder Angaben über die dem Preßsaft ursprünglich zuge- fügten noch über die am Ende des Versuches vorhandenen Zuckermengen, sondern registriert nur die jeweilige Abnahme während des Versuchs, ein Umstand, der übrigens auch die Beurteilung der von Cohnheim erhaltenen Titrationsdifferenzen leider außerordentlich erschwert. Wir lehnten uns daher an die Angaben der ersten Arbeit an und fügten dem Preßsaft etwa 0,5 bis 1 Proz. Glykose hinzu. Mit der Pipette wurden gleiche Mengen (meist 30, in einigen Fällen 20 ccm) des zuckerversetzten Preßsaftes in sterilisierte Pulverflaschen gefüllt, mit der von Cohnheim vorgeschriebenen Menge gesättigter Natriumbikarbonatlösung ®**) versetzt (auf je 10 ccm Preßsaft 1,25 ccm ge- sättigte Na HCO,-Lösung). In einen Teil der Gefäße kamen dann. steigende, gemessene Mengen Pankreasextrakt (etwa 1 Pankreas auf 10 ccm Wasser). Zur Erreichung ver- *) H. Meyer, Zwei neue Laboratoriumsapparate. Archiv für experi- mentelle Pathologie und Pharmakologie #7, 450 (1902). **) Mit ganz wenigen Ausnahmen, in der geringe Mengen mitgegangener fester Partikelchen durch Filtration entfernt werden mußten. *#*) Die Natriumbikarbonatlösung wurde jedesmal unter Vermeidung von stärkerem Schütteln frisch hergestellt. 918 Richard Claus und Gustav Embden, gleichbarer Versuchsbedingungen erschien es durchaus nötig, die Flüssig- keiten in allen Gefäßen durch entsprechende Zusätze von physiologischer Kochsalzlösung auf genau gleiche Volumina zu bringen. Schließlich wurden gemessene Toluolmengen (4 oder 5 ccm) hinzugefügt, die Gefäße mit gut eingeschliffenen sterilisierten Glasstopfen verschlossen und je 10 Sekunden tüchtig geschüttelt. Sehr rasch setzte sich wieder eine dicke Toluolschichte auf der Oberfläche der Flüssigkeit ab. Der Inhalt eines Gefäßes wurde sofort verarbeitet, die übrigen kamen in den Brutschrank, dem sie nach 16 bis 20 Stunden entnommen wurden. Die Ausfällung der Eiweißkörper aus den Preßsäften und die Be- stimmung des Zuckers geschah in folgender Weise: In jedes wurden je 10 cem Salzsäure von 2 Proz. und Sublimatlösung von 5 Proz. mit der Pipetle gemessen, kräftig geschüttelt und dann filtriert. Das Toluol blieb mit dem Eiweißniederschlag auf dem Filter, und das Filtrat war sofort vollkommen klar und farblos*). Es wurde in wenigen Minuten durch Schwefelwasserstoff von Quecksilber und — nach Entfernung des Sulfid- niederschlages — ebenfalls in kürzester Zeit durch einen Luftstrom von Schwefelwasserstoff befreit. Ein genau gemessener aliquoter Teil der so resultierenden Flüssigkeit wurde neutralisiert, auf ein bestimmtes Volumen aufgefüllt und nach Knapp titriert. Die Titration wurde folgendermaßen ausgeführt: 5 ccm Knappscher Lösung wurden mit 10 ccm Wasser und einer gemessenen Menge der zu titrierenden Flüssigkeit versetzt, zum Sieden erhitzt und 1 Minute im Sieden erhalten. Die Endreaktion wurde auf einer Porzellanplatte mit frischem Sch wefel- wasserstoffwasser angestellt. Durch mehrfache Wiederholung der Titration wurde bis auf Yo cem genau festgestellt, welche Flüssigkeitsmenge zur Reduktion der 5 ccm Knappschen Lösung ausreichte. Alle Grenzwerte wurden mindestens doppeit titriert. Die zur Berechnung benutzten Werte bilden das arithmetische Mittel beider Grenzwerte. Mögen die so ge- wonnenen absoluten Werte von den richtigen etwas abweichen, die relativen — auf die es hier ausschließlich ankommt — sind bei der Schärfe der Endreaktion jedenfalls als ausreichend genau zu betrachten. Alle Unterschiede, die durch eine größere Titrationsdifferenz als 0,1 cem bedingt sind, sind als außerhalb der Fehlergrenze gelegen zu betrachten. Bei den vorliegenden Versuchen würden im allgemeinen dementsprechend alle Unterschiede im Zuckergehalt, die mehr als etwa 10 mg betragen, in Rechnung zu ziehen sein. Bevor wir nun zu der Besprechung der einzelnen Versuche übergehen, bemerken wir noch, daß die ersten 7 aufzuführenden Versuche an Preßsaft aus Hundemuskeln angestellt wurden und daß bei einigen von ihnen auch sonst die Technik nicht unwesent- lich von der eben geschilderten abwich, was im einzelnen aus dem am Ende der Arbeit abgedruckten Protokollauszügen zu er- sehen ist. *) Die sofort gefällte Flüssigkeit wurde in allen späteren Versuchen nach der Filtration bis zum nächsten Morgen im Eisschrank aufbewahrt und nun gleichzeitig mit den übrigen weiter verarbeitet. 18. 17% 14. 13. 9. 10. Mabells ” sap 93uaML sap 3Suam Zuckergehalt yreya3 -1OJonZ SOZIESNZ -sea.ıyued sap 93uaMl reya3 -19]O9nZ sozyesnz -seaiyued sap aSuoM yıeyas -I9ONInZ sazyesuz -se9.Iyued sap Sao 3yfeya3 -IOYOnZ SIZYESsUZ -SBIINUeAT sop 95uaL 4Teyas -19yonZ sazyesnz -‚seaiyueq sap au yfeqyas -19yonZ SOZYERNZ -seaIyued yreqy33 -Oy2nZ sozyesnz -se9Iyueg ohne Pankreaszusatz yons -TOATOZUIT wopaf ur sogJesgaItg sap aus AN -STINSTAA cem mg com mg ccm mg cem mg ccm mg mg cem mg cem ecm Pankreas und Glykolyse. De) je au Te) au 272 227 189 ap) m 1,6 [0.8] au ey 269 196 230 20 30 30 30 30 30 30 te X 10 11 12 15 14 15 16 371 310 Gau Te) au 310 219 au FR a Du ee au a Fee] a A [ex BE RUE, Boa Zu ar Bj a Belle 7 er > 01 D> — |o8321|18 1 18 u au ap} in 10 Bra | € NO DO N OO OO I aa eo 0 CO AU A Ve nd mi m CI CI m Fuonmzm S>2+ SA TOD SO m —i oo ad 8 DD © m a A Grm 9% I SS N N X © 9 10 je 0) a a TEEN oO NS oo a 9 na MI TED MD N mi 99% 9 mi SIG SO m x” a oO & — oa oe 19 Dice AU ade nd m N SC 9 ei-Be-#-HeR- Zee er ee re raerige) Pe oe in Eirris ‚Te) be N N N Bu Be 220 Richard Claus und Gustav Embden, Unsere Ergebnisse sind in der vorstehenden Tabelle I*) zu- sammengestellt, welche alle mit erhitztem Pankreasextrakt ausge- führten Versuche in der Reihenfolge, in der sie angestellt wurden, umfaßt. In Kolonne 1 der Tabelle ist die Protokollnummer der Ver- suche angegeben, aus Kolonne 2 ist zu ersehen, wieviel Muskel- saft für jeden Einzelversuch verwendet wurde, Kolonne 3 weist den Zuckergehalt dieser Preßsaftmenge vor dem Versuch, Kolonne 4 den nach dem Versuche ohne Pankreaszusatz auf. Die Kolonnen 5 und 6 sowie 7 und 8 usw. gehören zusammen, und zwar geben jeweils die mit ungeraden Zahlen bezeichneten Kolonnen die Menge des zugesetzten Pankreasextraktes, die mit geraden Zahlen bezeichneten den bei Zusatz dieser Extraktmenge am Ende des Versuchs gefundenen Zucker in mg an. Es sollen hier zunächst jene Versuche berücksichtigt werden, welche möglichst nach Cohnheims Angaben an Katzen ausge- führt wurden, während die an Hunden teilweise abweichend an- gestellten später ihre Besprechung finden werden. Die Zahl der Katzenversuche beträgt .18 (Tabelle I, Ver- such 8 bis 25). Von diesen 18 Versuchen ergaben im ganzen höchstenfalls 7 eine Abnahme des Zuckergehalts am Ende des Versuches (Versuche 9, 11, 15, 16, 17, 18, 19), während dem- gegenüber in 11 Versuchen keine Abnahme (in dreien davon eine deutliche Zunahme) festzustellen war. Inwieweit bieten nun die 7 erstgenannten Versuche an sich eine geeignete Grundlage für die von Cohnheim ausgesprochenen Anschauungen ? Zur Erörterung dieser Frage müssen wir sie im einzelnen besprechen und wir stellen sie zu diesem Zwecke nochmals tabellarisch zusammen (Tabelle II). Die römischen Zahlen in Kolonne 1 geben die beliebig ge- wählten Ordnungsnummern der Tabelle, die arabischen der Kolonne 2 die ursprünglichen Versuchsnummern (und damit zu- gleich die Nummern der Tabelle I) an; die Kolonnen 3, 5, 7,9 und 11 die Zuckerabnahmen der verschiedenen Flüssigkeiten in mg, Kolonne 3 für die Flüssigkeiten ohne Pankreaszusatz, während sich für die Kolonnen 5, 7, 9 und 11 der Pankreaszusatz in den danebenstehenden Kolonnen 4, 6, 8 bzw. 10 findet. Wir beginnen mit dem Versuch 11 (Nr. I der Tabelle). Hier ist der Zucker *) Ausgenommen sind hier die beiden ersten Versuche, bei denen die angewandte Titrationsmethode eine ungenügende war. Ubrigens war bei diesen Versuchen, soweit Schlüsse überhaupt erlaubt sind, eine Verminderung des Zuckers am Schlusse des Versuchs nicht erkennbar. Pankreas und Glykolyse. 221 sowohl aus der nicht mit Pankreas versetzten Flüssigkeit wie auch aus den pankreasversetzten vollständig verschwunden. Welcher Art also auch das zuckerzerstörende Agens in diesem Versuche gewesen sein mag, mit dem Pankreaszusatz hat es nichts zu tun. Tabelle IE; o | Ordnungs- 1 2 3. 4 5. 6. z gu, Ni 11; ee 5 N ob OR h o& 2 25 B; mn = 2 5, Rn 2 SM R 2 a eu ne | 58 (505 | E58 |Be2 | 55 |Esä | 53 Bei ih, SNOo == END Ep NS | 83 eNG a3 ENT =z8°0: Z2a5 Sen en ae En i , e ae a ne En 1 au Bu 5 Su u 5 me cem mg eem mg cem mg cem mg | | | | EM u TEASER Ihn. = DIE Allen Lı as er ek 9 13 25 | 9 a Eee n Zunahme 9x = x P 9) III 18 von 11 mg 2,9 99 [9] | 48 | 1,9 | hy 10 321 V|ı 0 ES ER! SE AR 2 Mr 3 O5 ERnE Ba Ir Dr V| 16 N) El Re» ya DR > 00 Ba rc re ee VI 17 3 1,8 12 RR en | ;) —— mW — — VI 19 1) 1,5 3 6 4,5 > 6 7 Der in der Tabelle folgende Versuch 9 (II) kann als typisch im Sinne der Cohnheimschen Arbeit bezeichnet werden. In dem nicht mit Pankreasextrakt versetzten Gefäß keine oder eine kaum merkliche Abnahme (siehe oben), bei einem Zusatz von 2,5 cem Pankreasextrakt eine Abnahme von 94 mg, bei einem solchen von 5 ccm eine Abnahme von nur 56 mg. Als ganz besonders wichtig für- die Auffassung der vor- liegenden Verhältnisse erscheint uns der nun folgende Versuch (Versuch III der Tabelle). In seinem ersten Teil ähnelt er sehr dem eben besprochenen; auch hier, da, wo kein Pankreasextrakt hinzugefügt wurde, keine Zuckerabnahme (vielleicht sogar eine geringe Zunahme), dann bei geringerem Pankreaszusatz ein stärkeres und bei größerem Zusatz ein schwächeres Ver- schwinden von Zucker. Statt daß nun aber bei weiter gesteigerten Zusätzen die Überschußhemmung eine vollständige wird, tritt ganz im Gegenteil eine gänzliche Zerstörung des Zuckers ein. Das ist keine irgend welchen Fermentgesetzen gehorchende Reihe mehr, es ist die vollkommenste Regellosigkeit, eine Regellosigkeit, die sich am leichtesten erklären läßt durch die Einwirkung von Bakterien*). Dringender Verdacht auf Bakterientätigkeit besteht *) Hier sei erwähnt, daß sowohl bei dem Versuch I, wie bei dem Ver- such III der Tabelle II (Versuch 11 u. 18 der Tabelle I) im Gegensatz zu 223 Richard Claus und Gustav Embden, unseres Erachtens auch für den Versuch IV der Tabelle. Nach- dem der Zuckergehalt in dem Gefäße ohne Pankreaszusatz unver- ändert geblieben ist, stellt sich bei einem Pankreaszusatz von 1 ccm eine Zuckerabnahme von 74, bei einem Zusatz von 2,5 cem eine solche von 93 ccm ein. Bei Zusatz von 5 ccm ist nun plötzlich der gesamte Zucker — 371 mg — verschwunden. Ist es hier auch nicht — wie beim vorigen Versuch — schlechter- dings unmöglich, das Versuchsergebnis als durch ÖOrgan- fermente hervorgerufen anzusehen, der Verdacht zufälliger bak- terieller Verunreinigungen bleibt auch hier ein dringender. Auch das Resultat des folgenden Versuchs (Versuch V) ist nur schwer als Folge der Tätigkeit eines Pankreasaktivators anzu- sehen. Hier bleibt die Zuckermenge bei einem Zusatz von 2,5 ccm Pankreasextrakt ebenso wie in dem Versuche ohne Zusatz zunächst unverändert (die verzeichneten 5 mg entsprechen einer Titrations- differenz von 0,05 ccm und sind daher nicht zu rechnen), während bei einem Gehalt von 5 ccm Pankreasextrakt plötzlich 58 mg versch winden. Ganz kurz können wir uns bei der Besprechung der beiden letzten Versuche der Tabelle fassen. Hier liegen nämlich die Ab- nahmen teils innerhalb der Fehlergrenze der Bestimmung, teils so dicht außerhalb derselben, daß irgend welche Schlüsse aus ihnen nicht zu ziehen sind. Auffällig bleibt eines, daß nämlich mit Ausnahme des Versuchs I und II (Tabelle II) die beobachtete Zuckerabnahme da am stärksten ist, wo der Pankreaszusatz am größten ist, wenn auch im übrigen ihr Verlauf als noch so regellos erscheinen mag. Das gilt auch für den Versuch III, wo wir die Abnahme als aller Wahrscheinlichkeit durch Bakterien bedingt hinstellen mußten. Wenn wir nunmehr aus teils schon besprochenen, teils noch zu erörternden Gründen auch die Abnahmen in den übrigen Ver- suchen mit großer Wahrscheinlichkeit als die Folge von Bakterien- tätigkeit ansprechen möchten, so involviert das die auf den ersten Blick. vielleicht befremdliche Anschauung, daß der Zusatz von Pankreasextrakt das Bakterienwachstum begünstigte. Wir glauben aber, daß diese Anschauung sehr annehmbar erscheint, wenn man das physikalische Verhalten der von uns verwendeten Pankreasauszüge näher ins Auge faßt: allen übrigen Versuchen Pankreasextrakt vom vorigen Versuch (beim Versuch 11 ausschließlich, beim Versuch 18 mit frischem gemischt) verwendet wurde, ein Moment, das die Wahrscheinlichkeit der Bakterienwirkung bei diesen Ver- suchen noch vergrößert. Pankreas und Glykolyse. 223 Schüttelt man einen völlig klaren Muskelpreßsaft während kurzer Zeit (in den vorliegenden Versuchen 10 Sekunden) kräftig mit Toluol, so wird der Preßsaft bis zu einem gewissen Grade — vielleicht vollständig — mit Toluol gesättigt und bleibt es, ge- nügenden Verschluß des Gefäßes vorausgesetzt, auch. Enthält der Muskelpreßsaft aber reichlich korpuskuläre Ele- mente suspendiert (und das war bei Zusatz der von uns ver- wandten Pankreasextrakte der Fall), so wird sich die Flüssigkeit selbst bei kurzem Schütteln mit Toluol zwar auch sättigen, nicht, oder nur unvollkommen aber die suspendierten festen Teilchen. Nach dem Schütteln wird, wie man sich leicht überzeugen kann, der nicht mit Pankreasauszug versetzte Preßsaft wieder klar, der Pankreasextrakt enthaltende bleibt trübe. Es liegt sehr nahe, anzunehmen, daß die suspendierten Teilchen der Flüssigkeit gelöstes Toluol entziehen, namentlich wenn sie teilweise von fettartiger Beschaffenheit sind. Auf diese sehr einfache Weise könnte durch Zusatz von Pankreasextrakt das Bakterienwachstum begünstigt werden. Wir wollen aber nicht unterlassen zu betonen, daß es sich hier nur um eine Erklärungs- möglichkeit handelt, eine Möglichkeit, die vielleicht nur für unsere Versuche zutrifft. Schon bei der ausschließlichen Betrachtung der Versuche, welche eine Abnahme aufweisen, erhoben sich also sehr starke Bedenken gegen die Auffassung, daß diese Abnahme durch Fermentwirkung bedingt wurde. Weit gewichtigere Argumente gegen eine solche Auffassung ergeben sich aber, wenn man die gesamten an Katzen von uns gesammelten Beobachtungen in Rücksicht zieht. Wenn die von uns beobachteten Abnahmen wirklich auf die Tätigkeit von Organfermenten zurückzuführen waren, so mußten uns die glykolytischen Versuche regelmäßig, oder doch an- nähernd regelmäßig gelingen. Das war nun keineswegs der Fall; wir erwähnten schon, daß von 18 Versuchen überhaupt nur 7 eine Abnahme zeigten, während bei 11 Versuchen der Zucker- gehalt gleich geblieben war (8 Versuche) oder zugenommen hatte (siehe die drei Versuche 8, 12, 21, Tabelle I). Betrachtet man die letzten 7 überhaupt angestellten Versuche (Versuche 19 bis 25, Tabelle I), so fällt auf, daß in keinem von ihnen sich eine Ab- nahme des Zuckers zeigt, wenn man von der ganz geringfügigen, bereits besprochenen, im Versuch 19, absieht. Unter den vorher- gehenden 11 Versuchen (8 bis 18) findet sich dagegen 6 oder doch 5mal ein deutliches Verschwinden. 224 Richard Claus und Gustav Embden, Das abweichende Verhalten der letzten 7 Versuche ist nun keineswegs durch Zufall bedingt. Hatten wir schon früher den Verdacht gehegt, daß bei einigen Versuchen Bakterien mit im Spiele waren, so wurden wir darin durch den Verlauf des Versuchs 18 (Tabelle I) bestärkt. (Siehe oben.) Wir fügten daher vom Versuch 19 ab den bisher zur Wahrung möglichster Asepsis ergriffenen Maßnahmen einige weitere hinzu, d. h. wir fingen von nun an den Muskelpreßsaft in einem sterilisierten Maßzylinder auf, wir verwandten zu allen Messungen nur noch sterilisierte Pipetten und schließlich ersetzten wir die bisher zu den einzelnen Versuchen verwandten sterilisierten Pulverflaschen von 50 cem durch solche von 100 cem Inhalt, welch letztere natürlich ein gründlicheres Durchschütteln der meist mit dem Toluol über 40 cem betragenden Flüssigkeit er- mösglichten. Im übrigen wurde bei 4 von den 7 Versuchen noch eine weitere kleine Modifikation getroffen, welche aber) wenn über- haupt, nur fördernd auf die Glykolyse einwirken konnte und unten noch zu besprechen sein wird. Bei dem Erfolg der eben geschilderten, scheinbar so gering- fügigen Maßnahmen der Asepsis glauben wir es als sicher hin- stellen zu dürfen, daß die in einem Teil der früheren Katzenver- suche von uns beobachtete Zuckerzerstörung nicht auf Organ- fermente, sondern auf zufällige Verunreinigungen, aller Wahr- scheinlickeit nach also auf Bakterien, zurückzuführen war. Ehe wir weitere Folgerungen aus unseren Versuchen an Katzen ziehen, möchten wir ganz kurz auf die bisher bei der Besprechung unberücksichtigt gebliebenen Hundeversuche, welche zum Teil mit ziemlich stark abweichender Technik ausgeführt wurden, hinweisen (Tabelle I, Versuch 3 bis 7). Wie man sieht, hat bei 4 von diesen 5 Versuchen eine Abnahme stattgefunden, welche bei den Versuchen 3 und 5 sehr deutlich, bei den Ver- suchen 6 und 7 gerade merklich ist. Irgend eine Einwirkung des Pankreaszusatzes auf die Abnahme ist nicht zu erkennen. Wenn diese Versuche überhaupt etwas aussagen, so sprechen sie gegen einen Einfluß des Pankreaszusatzes auf die Glykolyse im Muskel- preßsaft. Doch war die Technik bei diesen Versuchen eine von der durch Cohnheim geübten immerhin so abweichende, daß ‘“ wir nicht in der Lage sind, weitergehende Schlüsse aus ihnen zu ziehen. Der bisher unbesprochene Versuch 4 zeigt eine Zunahme, “welche möglicherweise in einer gewissen Abhängigkeit vom N ne Be us Eee h Pankreas und Glykolyse. 225 Pankreaszusatz steht. Sie ist am größten dort, wo kein Pankreas- extrakt hinzugefügt wurde und fehlt bei dem stärksten Pankreas- zusatz vollständig. Am einfachsten ließe sich der Versuch durch die Annahme einer die Glykogenspaltung hemmenden Wirkung des Pankreasextrakts erklären, falls nicht auch dieses Versuch- ergebnis durch mehr zufällige Nebenwirkungen bedingt ist.‘) Wenn wir also als das Gesamtergebnis der von uns ausge- führten Untersuchungen bezeichnen müssen, daß wir zu einer Bestätigung Cohnheims nicht gelangten, so ist es, ehe wir uns über die von Cohnheim selbst ausgeführten Versuche aus- sprechen, nötig, daß wir die Frage erörtern, ob wir nicht doch vielleicht bei unseren Versuchen in wesentlichen Punkten von den Angaben Cohnheims abgewichen sind. Auf zwei Momente glauben wir hier hinweisen zu müssen. Wir haben das Pankreas bei unseren Versuchen bis zu 10 Minuten im Wasser gekocht. Vielleicht erhitzte Cohnheim nur kürzere Zeit zum Sieden und die Kochbeständigkeit des Aktivators war keine vollständige. Wir haben diese Fehlermöglichkeit ausge- schaltet, indem wir in 4 Fällen (Versuch 21 bis 24) das teils fein zerschnittene, teils mit Quarzsand zerriebene Pankreas nur 's bis 1 Stunde bei einer Temperatur von 60 bis 64° mit Wasser extrabierten**). Es ist das die Modifikation, die wir bei 4 der 7 letzten Versuche, in denen sich keine wesentliche Abnahme zeigte, vornahmen. Noch ein zweiter Punkt muß hier erwähnt werden: Wir haben durch Zusatz von physiologischer Kochsalzlösung stets alle Flüssigkeiten auf gleiche Volumina gebracht, um in allen Gefäßen den gleichen Zucker- und Eiweißgehalt zu haben. Aus den Angaben Cohnheims geht nicht hervor, ob er ebenso verfuhr. Uns erschien eine derartig gleichmäßige Behandlung aller Flüssigkeiten um so nötiger, als-Cohnheim in seiner ersten Arbeit*”**) darauf hinweist, daß er in mehreren Versuchen, in denen er viel Flüssigkeit (Ringersche Lösung) hinzusetzte, sehr schlechte Resultate gehabt habe, ein Verhalten, das allerdings nicht konstant warf). *) Mit der weiteren Verfolgung dieses Befundes sind wir beschäftigt. **) Wir wählten die Temperatur von etwa 60° zur Extraktion, um das Trypsin, das nach den Angaben in Cohnheims erster Arbeit unter Um- ständen sehr störend wirken kann, mit Sicherheit: auszuschalten. »**) Q, Cohnheim, Zeitschrift f. physiol. Chemie 39, 338 (1903). +) Da Cohnheim in seiner zweiten Arbeit (Zeitschrift f. physiol. Chemie 42, 405 und 406 [1904]) z. T. sehr erhebliche Flüssigkeitszusätze machte (Vers. 12, 13, 14, 15, 17), so ist wohl anzunehmen, daß auch er sich Beitr. z. chem. Physiologie, VI. 15 2936 Richard Claus und Gustav Embden, Hiernach waren jedenfalls ungleiche Verdünnungen zu ver- meiden. Wir glauben also in keiner wesentlichen Maßnahme von den Angaben Cohnheims abgewichen zu sein, und wir müssen daher die Ansicht aussprechen, daß die den unseren entgegengesetzten Versuchsresultate Cohnheims — wenigstens soweit es sich um Versuche mit erhitztem Pankreasextrakt handelt — durch ähn- liche störende Nebenwirkungen hervorgerufen wurden, wie auch wir sie zu beobachten Gelegenheit hatten. Die vorliegende Nachprüfung bezieht sich nur auf Unter- suchungen Cohnheims, streng genommen nur auf einen Teil derselben. Dennoch glauben wir an dieser Stelle darauf kurz hinweisen zu müssen, daß der eine von uns (Embden) sich früher ebenfalls vergeblich bemühte, die Resultate von Stoklasa und Rahel Hirsch zu bestätigen*). Bei den nach dem Vorgange von Rahel Hirsch angestellten Versuchen wurde allerdings der ÖOrganbrei sehr lange Zeit auf der Schüttelmaschine mit großen Mengen Toluol geschüttelt, ein Umstand, der nach Angabe verschiedener Autoren die Wirkung des glykolytischen Fermentes hindern soll”*). Wenn die letztere Behauptung richtig ist, es aber andererseits feststeht, daß das Toluol und wohl auch andere ähnliche Antiseptika bei wenig intensiver Einwirkung keinen Schutz vor Bakterien bieten, so folgt unseres Erachtens daraus, daß der von vielen Forschern ein- geschlagene Weg, in mit Antiseptieis versetztem Organbrei oder Organpreßsäften die Wirkung von zuckerzerstörenden Fermenten zu studieren, unbrauchbar und deswegen zu verlassen ist. Protokollauszug. Versuch 3. — Muskelfleisch von einem pankreaslosen Hunde (operiert am 8./IX., getötet am 22./IX.), 125 g, in kleine Würfel geschnitten, mit Quarz und Kieselguhr zerrieben, bis zu 400 Atm. gepreßt. Gewonnene Menge Fleischsaft 46 ccm. Zugefügt 14,0 ccm physiologische Kochsalzlösung —+- 0,5 g Zucker. — Von diesen 60 g 3 Einzelversuche zu je 20 cem. Gleiche aliquote Teile neutralisiert und auf 50 cem aufgefüllt. Titration mit 5 cam Knappscher Lösung. Grenzwerte: ‚Sofort „res ee An SEHE 1. (2: Pankreas), ; ».. 772.0 850 Il (4. Pankreas) „on 42.000 4b. durch Auffüllen auf gleiche Volumina vor Störungen durch ungleiche Ver- dünnungen schützte. *) Die betreffenden Versuche wurden im Physiologisch-chemischen und . Physiologischen Institut zu Straßburg ausgeführt. **) J. Feinschmidt, Diese Beiträge 4, 511; 1903. Bis LIE VE S8* Pankreas und Glykolyse. 997 Versuch 4. — Muskelfleisch von einem gesunden, kräftigen normal sefütterten Hunde, etwa 250 g,.in der Fleischhackmaschine zerkleinert, mit Quarz und Kieselguhr zerrieben, gepreßt. Preßsaft 140 cem. Hierzu 10 cem physiologische Kochsalzlösung + 1,0 g Zucker. Hiervon 5 Ver- suche zu je 30 ccm. — Zur Titration je 35 cem neutralisiert, aufgefüllt auf 50 cem. — rerter Shark er... 2 iin eu. 85 N a ee EEE 3 | Br Pankreas) 3: 14 0.28 IE (#3 Pankreas) 4,8 u 22,6 IV;{8:Pankreas) . . eh. Pankreas behandelt wie bei Versuch 3. 100 g Pankreas von frisch geschlachtetem Rind in 300 cem Wasser 10 Minuten gekocht. Nach Abkühlen 200 g Wasser zugefügt. Filtration. Versuch 5. — Muskelfleisch von re gesunden kräftigen, nach einem Hungertage getöteten Hunde, 270 g, in der Fleischhackmaschine zerkleinert, diesmal im Kühlkasten gefroren, mit der Kosselschen Maschine zerschnitten, mit Kieselguhr zerrieben und in der üblichen Weise geprebt. Preßsaft 112 ccm. Zusatz 8 ccm Wasser + 1,0 g. Zucker. 10 Rinds- pankreas 4 90 cem Alkohol eingedampft, Rückstand n it Wasser auf 100 cem gebracht. 4 Einzelversuche zu je 30 cem, — Titration wie bei Versuch 4 (35:50). NE ass 10, M Zoe re re Fı 1 RE ER ET Re 3 era). ar... 082 BIAB Pankreas) . Ur’ 3.418: Versuch 6. — Muskelfleisch von einem jungen, nach einem Hunger- tage getöteren Hunde, in der Fleischhackmaschine zerkleinert, im Kühl- kasten gefroren, mit der Kosselschen Maschine zerschnitten, mit Kieselguhr zerrieben, gepreßt. Preßsaft 108 cem. Hierzu Zuckerlösung 1,0 g in 12 cem Wasser. — Pankreas tags vorher gewonnen (10 Rindspankreas in der Fleischhackmaschine zerkleinert, mit 90 cem Alkohol extrahiert. Alkohol vertrieben. Mit kaltem Wasser auf 100 gebracht), nochmals aufgekocht. 4 Einzelversuche zu je 30 ccm wie bei Versuch 5, ebenso Titration. Keanswerteh- 50007 . : 7 .„.lı. 0. 97 a ee a an A es Pankressy. et, 4:01 48 NE (7 Pankreas) 2,0%. 2, 08: Versuch 7. — Muskelfleisch von einem großen, bis zuletzt ge- fütterten Hunde, 500 g mit der Fleischhackmaschine zerkleinert, gefroren, zerschnitten und gepreßt wie früher. Fleischsaft 240 cem. Hiervon 108 ccm mit 12 cem Zuckerlösung (1,0 g Zucker) versetzt. 10 Rindspankreas zer- kleinert, in 100 cem siedendes Wasser gebracht, 10 Minuten gekocht, wieder auf 100 gebracht. Versuchsanordnung wie bei Versuch 5 und 6, ebenso Titration. Beagzweprter Solort . . 1. .:.:.2 8.875 u e IU FEER EN I @ Pankreas) ... ,.. . ...3,95 HI.«(7 Pankreas); . . . AN: Versuch 8. — Kleine Katze, See: Muskelfleisch, 127 g, mit der Fleischhackmaschine zerkleinert, in Kühlschrank gefroren, nach Kossel s 15* 928 Richard Claus und Gustav Embden, geschnitten. Pankreas von derselben Katze, 4 g, mit Quarz zerrieben, mit 40 ccm Wasser gekocht, steril aufbewahrt, vor dem Gebrauch auf 40 cem gebracht. Preßsaft 50 ccm + 10 g Zuckerlösung (0,5 & Zucker: 10 cem Wasser). Hiervon 3 Einzelversuche zu je 20 ccm. Zur Titration je 23 ccm auf 25 ccm gebracht. Grenzwerte: ‚SOßork... 22.7 382 „ze Pr 12 Ba a Du FINE 1 (25. Pankress) "7277 Versuch 9. — Große Katze, gut entblutet. Muskelfleisch 220 g, behandelt wie bei Versuch 8. Pankreas derselben Katze 4,5 g, mit Quarz zerrieben, 10 Minuten gekocht, steril aufbewahrt, vor Gebrauch auf 45 ge- bracht. — Preßsaft 101 ccm +- Zuckerlösung (1,0 g Zucker : 19,0 ccm Wasser). Hiervon 4 Einzelversuche zu je 30 ccm. Zur Titration 40 ccm auf 50 cem gebracht. Grenzwerte; BRD -u.r. Zu oe ee Be NE EN ae A 11 12,5) Pankreas) + 37,7 27 7 ZA 118,0 Pankreas): "2 % > 7295. Versuch 10. — Mittelgroße Katze, weniger gut entblütet. Muskel- fleisch 180 g, wie in den ersten Katzenversuchen behandelt. Pankreas derselben Katze, 4,5 g, behandelt wie bei Versuch 8 und 9. Preßsaft 70 ccm + Zuckerlösung (0,75 g Zucker : 10,0 ccm Wasser). 4 Einzelversuche zu je 20 ccm. Zur Titration 33 ccm auf 40 ccm gebracht. Grenzwerte: Bofort 7... Saar U ERS Rn. | 1] (1,6, Parikreas). = + 12 408 IN (@9-Pankreas) 2.437245 208 Versuch 11. -- Mittelgroße Katze, sehr gut entblutet. Muskelfleisch in derselben Weise behandelt. — Pankreas beim Kochen verloren ge- gangen. Deshalb das tagsvorher bei Versuch 10 gewonnene Pankreas- extrakt nochmals aufgekocht und verwendet. Versuchsanordnung genau wie bei Versuch 10. Gnenzwerte: Bolort or Ware en ER EENER | I {18 Pankressr 32,7 ,,09 11 .(8,2-Pänkreas) 7227275 Versuch 12. — Mittelgroße Katze, gut entblutet. Muskelfleisch 295 g. Preßsaft 136 ccm. — Pankreas derselben Katze 4,5 g. — Fleisch und Pankreas behandelt wie in den übrigen Katzenversuchen. Vom Fleisch- saft 110 com + Zuckerlösung (1,0 g Zucker: 10,0 ccm Wasser). Hiervon 4 Versuche zu je 30 cem. — Zur Titration 35 ccm auf 45 ccm gebracht. Grenzworte:, Bolort.: 22 N] a ae 1 een Bi 4,25 11:186: Pankreas)" .,,,7,.23 11.9: Pa er Versuch 13. — Große Katze, nicht vollkommen entblutet. — Muskel- fleisch 300 cem. Preßsaft 136 ccm + Zuckerlösung (1,5 g Zucker : 14,0 ccm Wasser). — Pankreas derselben Katze 5 g. 5 Einzelversuche zu je 30 cem. — Zur Titration je 35 ccm auf 45 ccm gebracht. TEN N RNIT Pankreas und Glykolyse. 229 a N ln 11) Br 9 | a ee ARE BEN Bankress) . : 2... A Br 6 Pankreas)... - ... .. 41 WE Pankreas): . . . . &% Versuch 14. — Mittelgroße Katze, gut entblute. — Pankreas 4,5 g. Muskelfleisch 280 g. Preßsaft‘ 138 ccm + Zuckerlösung (1,5 8 Zucker : 12,0 cem Wasser). 4 Einzelversuche zu je 30 cem. Zur Titration je 33 ccm auf 40 cem gebracht. Branzwerte: SUIOEL .» : >= 2 +. .0..39 A PR TT ı I (25 Paunkrese) . . ........07406 IE(5,0 Pankreas): . . ..)....- 4,06. Versuch 15. — Große Katze, nicht gänzlich entblutet. — Pankreas 6,0 8. — Fleischsaft 136 cem + Zuckerlösung (1,5 g Zucker : 15,0 ccm Wasser). Hiervon 5 Versuche zu je 30 ccm. — Zur Titration je 33 cem auf 40 ccm gebracht. swerte: Sofort -., -» - 2. 2... 227.238 Ban a og rl a Be Panleess). ,..-°. 3- .27.2:°895 IRB Pankreas) U. rn ..ru3,18 0 Pankreas)... 2 0 Versuch 16. — Mittelgroße Katze, gut entblutet, mit physiologischer Kochsalzlösung durchgespült. Muskelfleisch 290 g. Fleischsaft 110 ccm —- Zuckerlösung (1,0 g Zucker :10,0 ccm Wasser). Pankreas 5 g. 4 Einzel- versuche zu je 30 cem. Zur Titration je 35 ccm auf 45 cem gebracht. Bmenzwerte: Bofolt, .. . ; 2. ..:.0%2.02.221,8305 N er 2! 5° 142,5 Pankreas) „war... $1 DI.(8.0 Pankreas). ; x... 3,75. Versuch 17. — Kleine, junge Katze, = entblutet. Muskelfleisch 230 g. Fleischsaft 90 + Zuckerlösung (0,75 g Zucker: 10,0 ccm Wasser). Pankreas 5,5 8. 5 Einzelversuche zu je 20 eem. Zur Titration je 33 cem auf 40 ccm gebracht. Zewerte: Sofort .» /. u. 22... DIE NE SE DE Ir.07,6, Pankreas): - .-.... 365 1E3.(3,2 Pankreas) - ).-., .,:3,70 lb (3,2 Pankreas) . . 3,75 (Kontrollversuch). Versuch 18 — 2 Katzen getötet, von denen die eine gut, die andere weniger gut entblutet wurde. Muskelfleisch gemischt 320 g. Beide Pankreasdrüsen zusammen verarbeitet (10 g) und mit dem tags- vorher gewonnenen, im Eisschrank aufbewahrten Extrakt gemischt. Fleisch- saft 188 cem + Zuckerlösung (2,0 g Zucker: 22,0 ccm Wasser). 7 Einzel- versuche zu je 30 ccm. Zur Titration 38 ccm auf 45 ccm aufgefüllt, Beeenerte: SolortÜ. ai... ter: 95 1 EN te =: 08 Pankreas) 2 .2 5426 III (5,0 Pankreas) . . . . 34 IV (7,57 Pankreas): . . ,;. 0 Va (10"’Pankress).. . -. . © Vb (10 Pankreas). . . . 0 (Kontrollversuch). 330 Richard Claus und Gustav Embden, Versuch 19. — NMittelgroße Katze, ohne Narkose entblutet. Muskel- fleisch etwa 250 g. Pankreas 4,5 g. Preßsaft 110 ccm + Zuckerlösung (1,0 g Zucker : 10,0 cem Wasser). 6 Einzelversuche zu je 20 cem. Zur Titr ation 33 ccm auf 40 cem gebracht. Grenzwerte:- Solottu in... 2. 22 RER ES N EEE U (1,5 Pankreas) . . . » 5,05 LE. (8,0. Pankreas) 12". 2.98 IV 14,5 Pankreas)". „es 2 V.:(6,0. Pankreas) . ... 4,7 Versuch 20. — Große Katze, gut er a 320 8. Pankreas 4,5 g. Fleischsaft 140 ccm + Zuckerlösung (1,5 g Zucker : 10,0 cem Wasser). 5 Einzelversuche zu je 20 ccm. Zur Titration 40 ccm auf 50 ccm gebracht. Grenzwerte: Sofort SERIE N Bar 2 EI UI Pankreas). 220° 277528 ds Pankreas). 7.50 0902,58 IVEB Pankreas) 15... Versuch 21. — Mittelgroße Katze, sehr gut entblutet. Muskelfleisch 170 g. Pankreas 5 g, klein geschnitten, im Wasserbade bei 60 bis 62° !/g Stunde extrahiert. Fleischsaft 70 cam + Zuckerlösung (1,0 g Zucker : 10,0 eem Wasser). 4 Einzelversuche zu je 20 cem. Zur Titration 25 ccm auf auf 35 ccm gebracht. Grenzwerte: Bofert IH HE RN EN RT 11.:61,6 Pankress) ,3..4.0 48 718,2 Pankreas: 52,27 Versuch 22. — Hierzu 2 Katzen verwendet. 1. Katze ziemlich gut entblutet. Muskelfleisch 360 g. Preßsaft 115 ccm. Pankreas mit Quarz zerrieben, 1 Stunde im Wasserbade bei 62 bis 64° extrahiert. 2. Katze, gut entblutet, 290 g Fleisch, Preßsaft 130 cem. Pankreas 5 g wie bei der 1. Katze behandelt. Gemischter Preßsaft 245 com, Gemischte Pankreas- drüsen 10 g. Zu den 9 Einzelversuchen & 30 ccm 245 ccm Preßsaft 4 Zucker- lösung (2,5 g Zucker auf 25 ccm Wasser). Zur Titration verwendet 45 ccm (mit wenigen Tropfen Natronlauge neutralisiert). ? Grenzwerte? SOlORE.. \.2..u... Ma 1 ORT EEE Wi Pankreas) TE, E28 DL.(3& Pankreas)... 2 2x: 388 W.(5 Pankreas)... 22.8.2989 N. Pankreas, Ne VI (9 Pankreap) 21.22..9,72593 VIEL: (12 Pankreas) 1... 2395 VIll (15 Pankreas) . . 2,85. Versuch 23. — Mittelgroße Katze, gut bin mit physiologischer Kochsalzlösung durchspült. Pankreas 4,5 g in kleinste Stückchen ge- schnitten, bei 60 bis 62° im Wasserbade '/, Stunde extrahiert. Fleisch- menge unbekannt. Preßsaft 110 cem. Zusatz von 1 g Zucker in 10 cem Wasser. 4 Einzelversuche zu je 30 ccm. Zur Titration 40 cem (mit wenigen Tropfen Natronlauge neutralisiert). Pankreas und Glykolyse. 231 EramaweLln. SOfOLt . -» 2-0... 2.022 02488 a ee ren 1-4: Pankreas) >. . .%71.:%88 RRIN Pankreas) ; u... + .285 Versuch 24. — Große Katze, gut entblutet. Pankreas 4,5 g, mit Quarzsand zerrieben, im Wasserbade bei 62 bis 64° extrahiert. Muskel- fleisch 265 g. Fleischsaft 108 cem + Zuckerlösung (1,0 g Zucker : 12,0 ccm Wasser). 4 Einzelversuche zu je 30 ccm. Zur Titration 40 cem (mit wenigen Tropfen Natronlauge neutralisiert). Brote: SOLOIt 2... 22202020008 885 ee er a sr 7 8 IE (2 Bankress) 6. 2... 388 12.010: Pankreas)r..- 2... 3,88. Versuch 25. — Katze, gut entblutet. Pankreas 5 g, mit Quarz- sand zerrieben, 10 Minuten gekocht. — Muskelfleisch etwa 300 g, Fleisch- saft 189 ccm. Zusatz von Zuckerlösung 1,25 g Zucker:15 ccm Wasser. Hiervon 5 Einzelversuche zu je 30 ecm. Zur Titration 35 ccm (mit wenigen Tropfen Natronlauge neutralisiert). (10 cam Knappscher Lösung.) werte: S0lort . . ..2.2.r% 2. 0..4,65 EIER AL Ein Pankreas) ., .—..... ,..4,65 HL (A Pankmeas) . :7.7.-. 465 ° DER>Pankreas) “r . 2... 4,8: j Ar Ki ns « u h. ’ . cı cı Verlag von Aug. Hirschwald in Berlin. -ııo Soeben erschien: Zeitschrift experimentelle Pathologie und Therapie. herausgegeben von L. Brieger (Berlin), H. E. Hering (Prag), F. Kraus (Berlin), R. Paltauf (Wien). I. Band. I. Heft. gr. 8. Mit 14 Tafeln und Textfig. Preis 7 M. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig, Leitfaden für den praktisch-chemischen Unterricht der Mediciner zusammengestellt von Dr. Franz Hofmeister; o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. Gebunden in Lnwd. Preis 3 M. Die chemische Organisation der Zelle. Ein Vortrag von Franz Hofmeister, 0. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. geh. Preis 0,60 #. Der Stickstoff und seine wichtigsten Verbindungen. Von Dr. Leopold Spiegel, Privatdozent an der Universität Berlin. Mit eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 20 #4, geb. 22 M. Synthesen in der Purin- und Zuckergruppe. Von Emil Fischer. Vortrag, gehalten am 12. Dezember 1902 vor der Schwedischen Akademie der Wissenschaften zu Stockholm. gr. 8. geh. Preis 0,80 #. Die Zersetzung stickstofffreier organischer Substanzen durch Bakterien. Von Dr. 0. Emmerling. Privatdozent an der Universität Berlin. - Mit sieben Lichtdrucktafeln. kl. 8. geh. Preis 4 M. chemische Fabrik, Darmitadt, empfiehlt alle drogen u. Chemikalien suchungsflüssigkeiten, Einschlussmedien ( und Nährböden ete., sowie für den medizin -pharmaceutischen Gebrauch alle Reagentien in besten Qualitäten und in anerkannter | fü a j Reinheit, insbesondere Alkaloide ür medizinische, pharmaceutische, und Glykoside, ‚ analytische und technische Zwecke, alle Präparate fürmikroskop. sämtliche Chemikalien für und bakteriolog. Zweck, photographische Zwecke, wie mikrochemische Reagentien, Farb- stoffe, Farbstoffkombinationen, dieselben auch in äusserst bequemen Härtungs- und Einbettungsmittel, Unter- | Tabletten und Patronen. Ferner die Spezialpräparate; Bromipin, Dionin,Jodipin, Stypticin, Tannoform,Veronal, Paranephrin, Perhydrol (Wasserstoffsuperoxyd 30°), Tropacocain, Gelatine steril. | p. inject., Glykosal, Methylatropinum brom., Hämogallol, Typhus- diagnostikum, Jegniritol a. Jequiritoiserum, Milzbr andserum, Strepto- coccenseram, Thyreoidserum, Pneumococcenserum. | Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunichweig. J Vollständig erschienen: von Leo Koenigsberger. In drei Bänden. Mit 9 Bildnissen in Heliogravure und einem Brieffacsimile. Gr. 8°. In vornehmer Ausstattung. Preis des vollständigen Werkes geb. M. 20.— geb. in Leinwd. M. 25.—, geb. in Halbfrz. M. 31.— ESS a | Zur | 1 Er Chemischen Physiologie Ei und rn Pathologie unter Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben von Franz Hofmeister o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg = VL Band. 6/7. Heft (Ausgegeben Februar 1905) nn Braunschweig Be: Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn % Be 905. RE 1905. Inhalt des 6. u. 7. Meftes. XX. Wolfgang Pauli. Untersuchungen über physikalische Zustands- änderungen der Kolloide. Vierte Mitteilung. Eiweißfällung durch Schwermetalle. (Aus dem Institute für allgemeine und experimentelle Pathologie in Wien. Vorstand: Prof.R. Paltauf) 233 XXI. Leo Loeb. Untersuchungen über Blutgerinnung. Sechste Mitteilung. (Aus dem pathologischen Laboratorium der University of Pennsylvania, Philadelphia, und aus dem Marine Biological Laboratory, Woods Holl, Mass) . . . . 260 XXII. Hans Eppinger. Über die Bildung von Allantoin im Tier- körper. (Aus dem a eg Institut zu Strass- BU) 5 an 287 XXIII. Otto von Fürth. allge zur Könnine ne ae Abbaues der Eiweißkörper. (Aus dem en chemischen Institut zu Strassburg) . . . . N. 296 XXIV. Franz Blumenthal. Zur Lehre von dr Auslierkatiieee der Zuckerarten. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut BUSDIUSSBUTG) 7. 12° 2 ed ae er nn a A a Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von 36 Druckbogen zum Preise von M. 15,— bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maßgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre er- scheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Manuskriptsendungen sind an den Herausgeber, Straßburg i. E., Wimpfelingstraße 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlich- keit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung maßgebend sein. Polemische Ausführungen, welche den Rahmen einer tatsächlichen Richtig- stellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mit- teilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein besonders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40,— für den Druck- bogen und 50 Sonderabzüge. | XX, Untersuchungen über physikalische Zustands- änderungen der Kolloide. Vierte Mitteilung. Eiweißfällung durch Schwermetalle. Von Wolfgang Pauli. Ausgeführt mit Unterstützung der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Aus dem Institute für allgemeine und experimentelle Pathologie in Wien. Vorstand: Prof. R. Paltauf. T, Gegenüber den in den früheren Mitteilungen d behandelten Eiweißfällungen durch die Salze der Alkalien und alkalischen Erden sind die Fällungen durch die Schwermetalle (Zn, Cu, Pb, Hg, Ag, Fe usw.) als selbständige Gruppe zureichend charakterisiert. Als hauptsächliche differenzierende Merkmale mögen gelten zu- nächst der vorwiegende Einfluß des Kations auf das Zustande- kommen der Koagulation, neben dem im Gegensatze zu den beiden anderen Gruppen die Bedeutung des Anions stark zurücktritt. Eine weitere wesentliche Eigentümlichkeit der Schwermetall- proteinfällung ist die Art ihrer Abhängigkeit von der Konzentration des Fällungsmittels. Bei den Alkali- und Erdalkaliverbindungen bildet eine relativ hoch liegende Konzentration den Schwellenwert der Ausflockung, dessen Überschreiten rasch zu einem Maximum der Fällung führt, das durch weiteren Zusatz fällenden Salzes unbeeinflußt "bleibt. Hingegen kommt es bei den Schwermetall- *%* 234 Wolfgang Pauli, salzen schon in den schwächsten Konzentrationen zur Eiweißaus- flockung; diese geht bei zunehmendem Gehalte an Fällungsmittel durch ein Maximum und kann bei fortschreitender Salzkonzentration selbst auf Null absinken. So wie im Übermaße des Fällungsmittels sind diese Eiweiß- niederschläge auch in überschüssigem Albumin löslich. (Rose, Harnack, Galeotti.) Stellt man sich, wie dies Galeotti2® mit großem Erfolg getan, die Aufgabe, ohne Rücksicht auf die Einzelheiten des Vorganges, den Gang der Schwermetall- proteinfällung nach den für die Darstellung der chemischen Gleichgewichte in inhomogenen Systemen üblichen Methoden zu registrieren, so kann man unzweifelhaft die Fällungen als (bei Überschuss der Komponenten) reversibel bezeichnen. Diese Art von Reversibilität muß jedoch strenge von jener unterschieden werden, welche in unseren Untersuchungen der Einteilung der Eiweißfällungen zugrunde gelegt wurde. Hier ı wurden die Fällungen durch Neutralsalze der Alkalımetalle und des Mag- nesiums als reversibel bezeichnet, weil sie, im Gegensatze zu den irreversiblen durch Erdalkali- und Schwermetalle, bei Verdünnung oder Entfernung des Salzes durch Diffusion zum unveränderten‘*) Eiweiß zurückführen. Deshalb findet dieses Verfahren bekanntlich auch zur Trennung und Reinigung der Eiweißkörper vielfache Verwendung. Bei den von uns als irreversibel bezeichneten Eiweißfällungen führt hingegen kein einfacher Weg zum ursprüng- lichen Eiweiß zurück. Vielmehr weisen die physikalischen Charaktere des durch Lösung im Überschusse sei es des Fällungs- mittels, sei es von Protein gewonnenen Materiales (optische Eigenschaften, Viskosität, Filtrierbarkeit, Hitzekoagulaiton usw.) mit höchster Wahrscheinlichkeit auf das Auftreten neuer eigen- artiger Molekülkomplexe hin. Von allen vorliegenden Versuchen, solche irreversible Eiweißfällungen von den Schwermetallionen zu befreien, kann kein einziger als beweisend dafür gelten, daß man zum unveränderten Ausgangskörper gelangen kann, wie dies beispielsweise für eine Ammonsulfatfällung unschwer möglich ist. Vielmehr zeigen die Dialysierversuche solcher Eiweißmetallnieder- schläge nur, daß die Beseitigung des metallischen Bestandteiles praktisch bald eine Grenze erreicht. In dem ausgeführten Sinne *) Mit welchen allgemeinen Einschränkungen bei den organischen Kol- loiden überhaupt von reversiblen Zustandsänderungen gesprochen werden kann, ist näher ausgeführt in dem Aufsatze: Eigenschaften organischer Gallerten, Ergebnisse der Physiologie, III. Jahrgang, I. Abt. S. 155. TER AT Win Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. 9235 werden hier die Schwermetall- und Erdalkalifällungen von Eiweiß als irreversible bezeichnet werden, eine Abgrenzung, die sich auch im physiologischen Verhalten der Salzgruppen deutlich ausprägt. II. Versuche. Für ein näheres Eindringen in die Einzelheiten und den Ver- gleich mit den bisher bekannten Tatsachen empfahl sich nament- licb, ähnlich wie dies in den früheren Abhandlungen mitgeteilt wurde, die Feststellung der Wirkung verschiedener Ionen auf den Fällungsprozeß. Die Versuche wurden zunächst am Zink- sulfat ausgeführt, das sich auch wegen seiner großen Löslichkeit zu einem sehr vollständigen Überblick der Schwermetalleiweiß- fällung eignet. Es wurden auch zahlreiche mehr oder minder eingehende Experimente mit anderen Salzen (Kupfersulfat, Kupferacetat, Eisenchlorid, Eisennitrat, Zinkacetat, Zinkchlorid, Bleiacetat, Silbernitrat und Quecksilberchlorid) vorgenommen, deren Resultate vorläufig nicht im einzelnen beschrieben, sondern nur, wo dies nötig erschien, in der folgenden zusammenfassenden Darstellung der Ergebnisse angeführt oder berücksichtigt werden. Die Versuchsanordnung war die gleiche wie sie in den früheren Mitteilungen angegeben ist. (Siehe Tabelle I auf Seite 236.) Die fällende Eigenschaft des Zinksulfates wächst stetig von der Konzentration 0,001- bis -0,05-normal, von da bis 0,5-n. nimmt dieselbe wieder ab, um in der Zone zwischen 1,00 und 2,00 inkl. fast ganz zu verschwinden. Bei höheren Konzentrationen tritt sie wieder auf. Die Fällungen bei den niedrigen Konzentrationen sind bei Verdünnung irreversibel, sie können sogar durch dieselbe ver- stärkt werden, sobald die Konzentration das Fällungsoptimum über- schritten hat. Die durch hochkonzentrierte Zinksulfatlösung be- wirkten Fällungen sind dagegen nach kurzem Bestehen bei Ver- dünnung reversibel. Bei höherer Konzentration der Eiweißlösung werden die Fällungen stärker und das Intervall zwischen irreversibler und reversibler Fällung (0,5 bis 2 n) enger, als bei niederem Eiweißgehalt (0,5 bis 4n ZnSO,). Bei noch höherem Eiweißgehalt tritt die Fällung durch das Zinksalz bei den Anfangskonzentrationen (0,003 bis 0,01 n) schwächer auf als bei niederem Albumingehalt. (Siehe Tabelle II auf Seite 237.) 236 Wolfgang Pauli, I. ZnSO, bei wechselnder Konzentration. Mischung Zustandsänderung ' Mischung Zustandsänderung a sofort nach 24h b sofort nach 24h | 1 milchige T. 0,001 = a klar sehr zarte T. | 0,5 ZnSO, = ee milchige T. —+0,1 Na \ N || verstärkt) 2 | I 0,003 Zn SO, | sehr zarte T. feinmilchige T. 1,00 Zn SO, ya zarte feinmilchige T. | rübung = 10,1NaCl | x ra Be a u 0,005 Zn SO, |feinmilehige T.'feinmilchige T.| 1,5 ZnS0, klar zarte T. + 0,1 NaCl | u 4 x # 4 De Nie- dichtere Ski 2 erschlag, der |. .: :1ch: 0,01 Zn SO, teinmilchige T. feinmilchige T. ‚00 ZnSO, nich Mask Din auf feinmilchige T. 0,1 Na ca zarte Trübung RR: en Trübung 5 a ns ; 9) stärkere ockiger Nie- ZnS | scheinende |feinmilchige T. 0,02 Zu SO, 'teinmilchige T.| derschlag ab- un 0 milchige T. | neben spär- +0,1Na0l gesetzt. (reversibel bei lichen Flocken Bit DT zarte T. neben| _- r ei 0.05 Zn SION dichte abgesetztem | ickmilchige grobtflockige ? 7 \feinmilchige T.|Hockigem Nie- f Fällung Fällung in +0,1Na0l | 7 derschlag 600 ZnS50, (reversibel bei klarer Flüssig- 7% | a — rn 5 - Verdünnung) keit 0,1 ZnS0, ı u | BE ''feinmilchige T. urch- i ä }| 8 scheineege y. || Mischung Zustandsänderung _———— —| C sofort nach 24h : wisa ai a 0,2 ZnSo, iederschlag, | 1 der sich beim feinmilchige T. Umrühren 0,003 Zn so, klar zarte T. ar z. T. löst. ı+0,1Natll | g = BE. 0,5 Zn SO, |teinmilchige T.|teinmilchige T. 2 | | 9,005 ZnSO,| zarte T. feinmilchig | jet ie We 1,00 ZnSO, | klar zarte T EM "2. be} 1 0,01 ZunSO, || feinmilchig | ichtere fein- = | | 20,1 NaCl milchige T. 1,5 ZnSO, klaı sehr zarte T. | 5 ilchig durch Niederschla R = De £ "E milchig durch-| Niederschlag 12 j% 2 scheinend neben fein- 2,00 ZnSO, klar sehr zarte T. i I milchiger T. 5 EraTr, x; opak opak, dichte a a ee er T. | 3% ni dickmilchig Flocken , Eu ; ''feın ia i I £ Ken ERBE --\j;chen Flocken. ; In Reihe a bis zu 0,5. ZnSO, setzt, die entsprechenden Raumteile von Normallösungen, 1 cem Eiweißlösung, 9 cem Salzlösung. Bei schwachen Konzentrationen des Zinksalzes zur Lösung des Globulins 0,1 NaCl zuge- In Reihe b Salz in Substanz, 8 ccm Wasser, 2 ccm Eiweißlösung. In Reihe ce 4 ccm Eiweißlösung mit der Salzlösung auf 10 ccm Gesamtvolumen gebracht, Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. 237 II. 0.005 n-ZnSO, mit Neutralsalzen des Natrium. und Kalium. Mischung Zustandsänderung | Mischung | Zustandsänderung a sofort nach 24h | b sofort nach 24h 1 | : milchige er EN N Trübung 0,005 ZnSO, ee 288 u ‚0,005 ZnSO, a etwas a 0,1 NaCl rupung rubung | ee 0,1 NaCl ı rupung dichter als | | alle übrigen % milchige = | zarte Trübung 5 RER a + 1,00 En Be +1,00 ae er Na, SO, OÖ schwächer ! K,So, Trübung Trübung als 1 - | we zarte feinmilchige 3 | . zarte milchige + 1,00 NaCl| Trübung Trübung | +1,00 KCl | Trübung Trübung + 1,00 zarte feinmilchige 4 | zarte milchige NaC,H, 0, Trübung Trübung | + 1,00KNO, ı Trübung Trübung E hr zart t Be 4 feinmilchige a eene | mehr a NaNO, rübung rübung + 1,00 KPr ng 6 e 6 Opaleszenz Barte in _ klar fast klar + 1,00 NaBr Trübung —+ 1,00 KJ 7 | 7 | ı fast klar fast klar | | klar klar — 1,00 NaJ | + 1,00 KOyS 2 : en r a | Er + 1,00 fast klar fast klar | NaCyS | Überall 5 ccm einer 0,01 Normal-Zinksulfatlösung, 3 ccm Wasser, 2 ccm Eiweiß, Salze in Substanz. Sämtliche untersuchten Neutralsalze des Kalium und Natrium hemmen mehr oder minder die fällende Wirkung des Zinksulfates von der Konzentration 0,005-n. Diese Hemmung nimmt zu von den Sulfaten bis zu den Rhodaniden und ist für beide Metallionen nicht wesentlich verschieden. 238 Wolfgang Pauli, III. 0,005 n-ZnSO, mit Neutralsalzen des Ammonium und Magnesium. Mischung | Zustandsänderung “Mischung Zustandsänderung a sofort nach 24h | b sofort nach 24h > feinmilchige ilchi | ; feinmilchi ilchi 0,005 Zn SO, | Be = ne (0,005 Zn so, a: chige har ige +0,1Na0l | 5 Ns | + 0,1 Nacl rubung rübung 2 b) | + 1,00 fast Kar ES 1.100 | 2 “. Bert (NH,),SO, | 8 MeS0r, = |. Oabine rübung Be u “a er 1,00 fast klar De e x 11,00 | s En 3 Br e i NH,C rübung Mech, rübung übung = a | \ 4 | 4 Be +30 klaı ‚klar | + 1,00 | klar = Br e NH,GH,O, | Me0,), | a. | D | 5 —+ 1,00 klar klar + 1,00 klar fast klar’ NH,NO, | MgBr, i Se feinmilchige —- 1,00 klar fast klar + 1,00 fast klar ge NH,Br, | Mg(CyS) | rübung 2 | klar klar I 4 1,00 NH,J | | | | +100 | klar klar | NH,CyS | Überall 5 cem 0,01 n-Zinksulfatlösung, 3 cem Wasser, | lösung, die übrigen Salze in Substanz. Die Ammonium- und Magnesiumsalze wirken sämtlich hem- mend auf die 0,005 n-Zinksulfatfällung. Diese Eigenschaft nimmt von den Sulfaten gegen die Rhodanide hin zu und ist viel stärker als die der entsprechenden Natrium- und Kaliumverbindungen. 2 ccm Eiweiß- “ . % En - P ae $ Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. Bei Rhodanmagnesium 239 wird die hemmende Wirkung etwas schwächer als bei den entsprechenden Na-, K- und NH, -Verbin- dungen und auch geringer als bei den übrigen Mg-Verbindungen. IV. 0,02 n-ZnSO, mit Salzen des Natrium und Ammonium. Mischung Zustandsänderung | Mischung Zustandsänderung a sofort | nach 24h | ° b sofort nach 24h 5 milchige ilchi 0,02 zn SO, Trüb - Eee =. I + 0,1 NaCl rübung rübung | "| | 3 5 feinmilchige | feinmilchige | 0,02 Zn SO, | las zarte +1,0Na,S0O,, Trübung Trübung | . 10 Trübung | (N H,)s So, 3 schwächere en 10 + 1,0 feinmilchige se 1591 + 1,0 klar fast klar R en NaC,H,0, | Trübung FUDUDE INH;C,H,O,| | = 4 feinmilchige an | 11 t 1 1,0 Nacı Trübung en 1 + 1,0 fast klar Ka, R ‚oNa tg rübung | NH,CI rübung 5 feinmilchige teinmilch: N 12 h t + 1,0 Trübung ie > I +10 klar He Er x NaNO, RR rübung NH,NO, rübung “ feinmilchige | 7 zarte 6 Trübung | Trübun fast klar etwas 60 klar | on —+ 1,0 NaBr schwächer | NH Br schwächer | als 2-5 2 als 9 u. 11 7 | milchige T milchige | klar Trübung | | klar Trübung Rene) | wie 1 a Buluc) wie 1 8 10 ER ale ae 15 ER ee 41,0 "dickmilchige dickmilchige Br "diekmilchige dickmilchige ’ | En. Era ’ EFT BR Na0yS | Fällung Fällung NH,CyS Trübung Fällung | l | 2 cem einer 0,1 n-ZnSO,-Lösung, 2 cem Eiweißlösung, 6 ccm Wasser, Salze in Substanz. Sulfat, Acetat, Nitrat und Bromid zeigen eine deutliche hemmende Wirkung auf die 0,02 n-Zinkfäliung. Jodid verzögert 240 nur ihren Eintritt. fallendem Maße die Eiweißfällung. Wolfgang Pauli, Hingegen befördert das Rhodanid in auf- Die hemmenden Salze des Ammonium wirken stärker als die korrespondierenden des Natrium. V. 0,1 n-ZnSO, mit Salzen des Na und NH.. Mischung Zustandsänderung Mischung ‘ Zustandsänderung a sofort nach 24h b sofort nach 24h 1 opake a | “1.15 setz I 0,1 Zuso, | Mlchige | AMockiger | Trübung Niederschlag] p) milchige | durchschei- I g | 11,0 Trübung nende | 41,0 sehr zarte | sehr zarte : schwächer milchige | E Trübung Trübun Na, SO, als 1 Trübung | (NH,50, + 2. 3 t fein- | 10 +10 rübung | Wichigee | +10 | klar klar NaC,H,0, 8 Trübung | NH,C,H,0, milchige lchir | 4 Trübung a = 0 zarte zarte 1,0 NaCl | schwächer ö Trü Tü + 1,0 NaC nn dichter te Re rübung Trübung a: milchige Trü- 5 bung neben sn Eur zarte rübung | abgesetztem | 1,0 ast klar MR + 1,0 NaNO, IN Niederschlag NH,NO, Trübung dichter als 4 | _opake | milchige 6 ee milchige Trü-[ . zarte durchschei- +10NaB milchige bung neben | —+ 1,0 Trübune 4 u I aDbr Trübung dichtem | NH, Br rubung m e Niederschlag Trübung ke opake Fäl- ? | | " 2 1CK- lune abee- | | 2 f ICK- 7 5 | + 1,0NaJ milchige | setzt neben a ie | en milchige a Fällung milchiger NET. ee Trübung Trübung | ig ; | massige 8 grobflockige Br BE 0 ‚grobflockige | «grobe Fäl- +11, 0NaCyS; Fällun 2 ' Fällung |lungin klarer : \ Fällung NH,CyS | E Flüssigkeit H l ccm einer 1,0 n-Zinksulfatlösung, 2 ccm Eiweißlösung, 7 ccm Wasser, Salze in Substanz, Kristallwasser wie in allen Versuchen berücksichtigt. Von den Salzen des Natrium zeigen für diese Zinksulfat- konzentration nur Sulfat, Acetat, Chlorid und Nitrat eine merk- liche Hemmung der Eiweißfällung, Bromid zeigt keinen nennens- m. WE SE, WE De | a se ht De _ SE U Er ee Z AN E hn. , 5 Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. 241 werten Einfluß, Jodid und vor allem Rhodanid deutliche Ver- stärkung der Niederschlagsbildung. Die Ammonsalze zeigen eine viel stärkere Hemmungswirkung, die auch am Bromid deutlich, am Jodid angedeutet hervortritt; das Rhodanid verhält sich wie das entsprechende Natriumsalz. VI. 03 n- und 0,5 n-ZnSO, mit den Neutralsalzen des Ammoniums. Mischung | Zustandsänderung | Mischung Zustandsänderung a sofort nach 24h | b sofort nach 24h | feinmilchige | Ware 1 ea... | $ehwebende 1 er SEEN 0 BE u diekmilchige) Trübung | ı milchige |Niederschlag 0,3 Zn SO, Fällung neben | 0,5 Znso, Trübung Sich langsam | abgesetztem | " setzend a eeaechlaui a. Win ie un | I 2 | zarte (etwas | 2 Kl ee 11,00) Be Siehlere) | + 1,00 es ILL ee (NH,)SO, | frübung Prühung | (NH ),SO, [rübung Trübung 3 I 3 | + 1,00 klar _ zarte +1,00 klar fast klar NH, C,H, 0, ‚rübung |INH,C,H,O, a N ea Er ee 2 DIOR EHE A Frl 4 REN AR, es > San DES RREERS RN RE CR 21,00 mnege ES 1100 Sn | is NH, CI Trübung [rübung NH,CI Trübung | [rübung TE Fe FEB Bu || = — ns er Tr | Me 5 Er +1,00 Bu? re + 1,00 | in zarte | I NH,NO, Trübung Trübung NH,NO, | frübung lrübung 6 ns 2 r : ? # „|| 6 | ee 2 ; nn - = + 1,00 Erunleige ar aulebigen 21,00 | er | a aisieet NH, Br Ä Trübung Trübung NH, Br ' Trübung Fällung | i BE | ı abgesetzter FE \ickmilchige|* uehige . dickmilchige Niederschlag + 1,00 B- grobe + 1,00 BR N. naben NH, J tan NH, J Ag g mrtache rübung N massiger 8 | klar ee eerilsderschlag ) , |, |erabilockige, abgesatster NH,CYS Niederschlag klar NH.OVS Fällung ke al abgesetzt A ‚Niederschlag Beitr. z. chem. Physiologie. VL 16 242 Wolfgang Pauli, Von einer einfachnormalen Zinksulfatlösung 3 bezw. 5 cem, 5 bezw. 3. ccm Wasser, 2 cem Eiweißlösung. Ammoniumsulfat, -acetat, -chlorid, -nitrat, -bromid hemmen abnehmend die Eiweißfällung durch 0,3 n-Zinksulfat, von Am- moniumjodid und -rhodanid wird dieselbe begünstigt. Ammoniumsulfat, -acetat, -chlorid, -nitrat hemmen, die letzten zwei nur sehr wenig, das Bromid, Jodid und Rhodanid verstärken zunehmend die Eiweißfällung durch 0,5 n-Zinksulfat. VI. n- und An-ZnSO, mit den Neutralsalzen des Ammoniums. Mischung | Zustandsänderung | Mischung | Zustandsänderung a sofort | nach 24h | b sofort nach 24h 1 | zarte feinmilchige | l feinmilchige | milchige 1,00ZnSO, | Trübung Trübung | 4,00 ZnSO, | Trübung Trübung 1" > = 9 2 | t feinmilchige + 1,00 | bflocki flockiger | zarte | Trübung (NH,),SO, || grobllockige |\ 4... ie N ' Trübung | schwächer | einige Kri- | Fällung Niederschlag (NH,),S0; | 2 ai stalle unge- abgesetzt | | löst 3 | ; hr zar +1,00 zart zart + 1,00 || Opaleszenz | = 2 er INH,C,H:0, | , Pt R N = x NH,C,H, 0, | Trübung zum Teil un.) Trübung TUNERE I gelöst || | 4 4 3, „tlockiger kan. "32.1907 . |Niederschlag + 1,00 Sr ı abgesetzter NH,C ee klar NH,C | 'Niederschlag[zum Teil un- = abgesetzt | | | gelöst e | zarte ' milchige . srobflockige | RE Trübun Trübun m an Fällun ; NH,NO, 8 8 | NEANO: | 8 N I Il 6 | milchize dicke I u robflockige . —+ 1,00 || Pr He milchige | —+ 1,00 8 ar Nieder- NH, Br lie Trübung NH4Br 5 I) en ) schläge robflockige I 7 i 2 e 00 diekmilchige Be '-+ 1,00 NH, J grobflockiger klar Ar Fällung "N8 © zum Teil un- Niederschlag NH,J abgesetzt | gelöst. abgesetzt. I 8 | grobflockiger 8 j | grobflockige | Niederschlag grobflockiger + 1,00 & 1 +1,00 ne Fällung klar | Niederschlag We Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. 943 - In Reihe a von einer zweifachnormalen Zinksulfatlösung 5 cem, 3 ccm Wasser, 2 ccm Eiweißlösung, die übrigen Salze in Substanz. In Reihe b Salze in Substanz, 9 cem Wasser, 1 cem Eiweißlösung. Ammoniumsulfat und -acetat hemmen, das erstere schwächer, die Eiweißfällung durch n-Zinksulfat, die übrigen Salze wirken verstärkend, zunehmend gegen Jodid und Rhodanid. Bei 4fach n-Zinksulfat wirkt auch das Ammonsulfat fällungs- verstärkend, nur das Ammoniumacetat zeigt eine fällungswidrige Wirkung (wahrscheinlich infolge teilweiser Abscheidung” von Zinkacetat). Wegen ihrer Übersichtlichkeit folgen noch einige kombinierte Fällungen von Zinkacetat und Neutralsalzen des Na, K, NH, und Mg. Zinkacetat zeigt einen ähnlichen Fällungsgang wie das Sulfat. Die Fällung beginnt (für Eiklar 1:10) bei 0,003 bis 0,005, zeigt ein Maximum bei 0,05 und fast völlige Klärung bei 0,5 n. VIH. 0,05 n-Zn-acetat und Neutralsalze. Zinksalz in Verdünnung einer a Lösung, Salze in Substanz, 9 ccm aqu. + 1 ccm nat. Eiweiß. Zn-acet. | Ik SEs;00 i | NaCl | \ | Kr 0.05 Na,S0, | + 1,00 NaC | — 1,00 NacNs dann |... UOUN8 || feinmilchig mieN& || milchig weiß e bläulich | bläulich grobflockig | N 1 re sr er klar | | \ feinmilchige | klar abge- abgesetzter | zarte Trübung | feinmilchig |Trübung neben) Niederschlag | | Niederschlag | Niederschlag I+1,00K,S0,! +1,0KCl || +LoKBr || +10KCNS | zarte Trübung, milchig sofort zarte Trübung | dann ı durchschei- | milchig opak feinmilchig | nend | feinmilchig | feinmilchig | klar abge- nach 24h zarte Trübung Beer als neben Nieder- | ee | ı bei NaCl | schlag ' Niederschlag | Bar, ER 1: \ I \, N \ ; r r (NH,),SO, — 1,00 NH,Cl + 1,60 NH, Bı NHLONS 16° 4 244 NUR Wolfgang Pauli, Zn-acet. | +1,00 | | | i —+- 1,00 0.05 Na, SO, + 1,00 NaCl || + 1,00 NaBı NaCNS sofort opaleszent sehr zarte zarte Trübung milchige Trübung Trübung \ sehr zarte a 5 zart a Niederschla h » zarte” : g nach 24 fast klar Trübung zarte Trübung | ar abge- | setzt + 1,00 MgS0O, | + 1,00 MgCl, | + 1,00 Mg Br, 4 1,00 MgCNS äöfart sehr zarte sehr zarte sr a milchige Trübung Trübung ; Trübung Ne | > ae. Ver | | ee milchiger nach 24h zarte Trübung | zarte Trübung ie Ka grobflockiger | | | ale a Niederschlag Es hemmen sämtliche Sulfate, Chloride, Bromide die Eiweiß- fällung. Die Rhodanide hemmen nicht, eher wirken sie ver- stärkend. Die Hemmungswirkung wächst in der Reihenfolge Na, K, NH,, Mg und nimmt ab in der Ordnung SO,, Cl, Br. IX. 0,2n-Zinkacetat mit Neutralsalzen. Zn-Gehalt durch Verdünnung von einfach normaler Lösung hergestellt und auf das Volum 9 cem gebracht, Neutralsalze in Substanz, 1 cem Eiweißlösung. Zn-acet. | — 1,00 | e l 2 | + 1,00 m | 2,809 | + 1,00. NaCl | + 1,00 NaBr |, CyS feinmilchig | grobflockige | diekmilchige | flockige x zarte | ET f } Ey ts mit zarten | Trübun I milchige flockige milchige Flocken 5 | Trübung | Fällung Fällung feinmilchige | al s.kKlarlabge- klar abge- klar abge- . Trübung mit | feinmilchige | setzter grob- | setzter grob- || setzter grob- zartem Trübung | flockiger flockiger flockiger Niederschlag ' Niederschlag | Niederschlag | Niederschlag an + 1,00 KCl || + 1,00 KBr ||+ 1,00 KCyS K,S0,*) a a pe ER Eee | durchschei- | BE zarte nende milchige milchige opakejmilchige opake sofort Trübung | Trübung mit Trübung Trübung spärl. Flocken klar abge- klar abge- klar abge- feinmilchige | setzter grob- | setzter grob- | setzter grob- Trübung flockiger flockiger flockiger Niederschlag | Niederschlag | Niederschlag nach 24h *) Filtriert von einer zarten Trübung, Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. 245 l 1 || ee | ro | Fa a RT 08 | Na380, | 7 1,00 NaCl | -+- 1,00 NaBı NaQys | f 1 I +10 | | 1,6000 ! (NH,)SO, | —+ 1,00 NH, Cl + 1,00 NH, Bı NHCyS N | zarte | zarte \milchige opake fast klar || | BOT rn | Trübung || Trübung | Trübung | | | | milchige | klar abge- ch sah sehr zarte | zarte ı durchschei- | setzter grob- 5 Trübung | Trübung nende | _flockiger | Trübung | Niederschlag + 1,00 | + 1,00 - Mg(Ql;| MgBr,;*) . 2 Meso,, | ONE IF LONEBRN]| ugcons), l FHC zarte | zarte milchige ae ul Trübung || Trübung | Trübung =. \ ' milchige ' klar abge- zarte zarte durchschei- | setzter grob- 24h | £ Trübung | Niederschlag Es hemmen alle Sulfate und die Chloride von Mg und NH,, die übrigen Salze verstärken die Fällung zunehmend von Br bis SCN. Die Hemmung bzw. Verminderung der fällungsfördernden Wirkung folgt zunehmend nach Na, K, NH, und Mg. III. Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Verhältnissse, welche nach den obigen Versuchen bei der Eiweißfällung durch Zinksulfat vorliegen, lassen sich am an- -schaulichsten an der Hand der beistehenden schematischen Zeichnung darlegen, die als Abscisse die verwendeten Salzkon- zentrationen, als Ordinate die Niederschlagsmengen enthält. (Siehe Skizze auf Seite 246.) Wie man aus der Skizze entnehmen kann, tritt bei den unter- suchten Eiweißkonzentrationen ein doppeltes Maximum der Eiweiß- fällung bei fortschreitendem Salzgehalte auf. Zwischen diesen Maximis findet sich eine Zone fehlenden Koagulationsvermögens, welche für die Eiweißverdünnung 1:10 zwischen 0,5 und 4 n-ZnSO, liegt und bei doppeltem Eiweißgehalte eine Einengung (zwischen ein- und zweifachnormaler Salzkonzentration) erfährt. Innerhalb des ersten Fällungsgebietes, Oa (Kurve I) ist die entstandene Fällung *) Filtriert von einer zarten Trübung. 246 Wolfgang Pauli, bei Verdünnung mit Wasser nicht reversibel; sie zeigt vielmehr für den absteigenden Ast des Kurvenstückes Oa Verstärkung durch Verdünnung. Wohl aber löst sie sich bei Verdünnung inner- halb des zweiten Fällungsbereiches be, sobald die Verdünnung über b bis höchstens zur Konzentration entspreshend a getrieben wird. Darüber hinaus tritt irreversible Fällung ein. Im Überschusse von Albumin ist diese Fällung jedoch löslich, ähnlich wie dies in neuester Zeit von Galeotti eingehend für Niederschläge von Kupfer- und Silbereiweiß gezeigt worden ist. ——> Nsohlg. 0 —— (one. Bei zunehmendem Eiweißgehalte rücken die zwei Fällungs- gebiete aneinander heran. Durch die Kurven II und III, die höherem Albumingehalte entsprechen, soll dies verdeutlicht werden. Zugleich aber entfernt sich der aufsteigende Ast der Kurve Oa“ in- folge der fälluugshemmenden Wirkung des überschüssigen Albumins von dem Ursprungspunkte 0. Das beschriebene Verhalten des Zinksulfates, nämlich Auf- treten zweier Fällungsmaxima und Verschiedenheit der Rever- sibilität der ihnen entsprechenden Fällungen, fand sich unter sonst gleichen Umständen nicht bei anderen darauf untersuchten Schwermetallsalzen von zureichender Löslichkeit. So trat bei Kupfersulfat, dessen niedrigste fällende Konzentration (für Eiklar- lösung 1:10) der des Zinksulfates annähernd entspricht (0,0008 bis 0,001 n) und das gleich den Zinksalzen in einfachnormaler Konzentration nicht mehr eiweißfällend wirkt, auch in einer über- sättigten sechsfachen Normallösung kein Niederschlag auf. Eine Beobachtung über das Auftreten eines Eiweißniederschlages in gesättigter Kupfersulfatlösung bei hohem Albumingehalt, welche N RR A RR TEEN A > ___ Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. 247 Galeotti*) mitteilt, scheint keine volle Analogie zu dem Verhalten bei Zinksulfat hoher Konzentration zu bieten. Er beschreibt sie wie folgt: „Löst man eine große Menge Kupferalbuminat in einer übersättigten CuSO,-Lösung auf und läßt dann die Flüssigkeit unter einer Glocke mit H, SO, etwas verdunsten, so erhält man zuerst nur Erzeugung von Kristallen, und die Flüssigkeit bleibt klar, dann wird die Flüssigkeit allmählich, sowie die Kristalle anwachsen, trüb, und endlich sinkt ein mehr oder weniger reich- licher Niederschlag zu Boden.“ **) Wollte man diesen Niederschlag wieder zur Lösung bringen, so müßte das Albumin verdünnt werden, ohne daß die Kupfer- lösung ihre Sättigung einbüßt. In der Tat fand Galeotti, daß man zur Rückbildung des Niederschlages Wasser und Kupfer- sulfat zusetzen muß und daß die Hinzufügung bloßen Wassers nicht Lösung sondern weitere Ausflockung hervorruft. Im Falle des Zinksulfates bewirkt jedoch im Bereiche des zweiten Fällungs- maximums Verdünnung des Albumin- und Salzgehaltes und innerhalb gewisser Grenzen auch des Salzgehaltes allein Rück- bildung des Niederschlages. | Das Kupfersulfat kann jedenfalls für die in unseren Versuchen gewählten Bedingungen in bezug auf die Eiweißfällung als ein besonderer Typus hingestellt werden, bei dem es zur Bildung eines einzigen Fällungsmaximums und völliger Lösung im Über- schusse des Fällungmittels kommt. Die Kurvenform I bis b würde ein solches Verhalten darstellen. Da nach den Erfahrungen Galeottis überschüssiges Eiweiß hier nur in geringem Maße auf die Niederschlagsbildung hemmend einwirkt, würde die Kurve (III) für Kupfersulfat bei zunehnendem Eiweißgehalte in ihrem ‚aufsteigenden Aste nur wenig vom Ur- sprungspunkte abrücken. Einen dritten Typus repräsentiert das Silbernitrat, dessen Ausflockungsvermögen (für Eiweiß 1:10) zwischen 0,1 bis6n keine bedeutenden Änderungen zeigt. Auch nach Galeotti ist die Menge von Albumin, welche in einer genügend konzentrierten AsNO; -Lösung aufgelöst werden kann, sehr gering und ändert sich wenig durch Steigerung der Salzkonzentration. Das Verhalten *) Meine Untersuchung war längst experimentell abgeschlossen, als die schöne Arbeit Galeottis erschien. Vgl. den Hinweis in Münchener med. Wochenschrift 1903, Nr. 4. **) Nach meinen Beobachtungen bewirkt Temperaturerniedrigung ebenfalls oft die Entstehung dreier Phasen. Dreifach normale Kupfersulfatlösung, die bei 25° C klar ist, zeigt bei Abkühlung auf 4° © Auftreten von Kröislien neben einem Eiweißniederschlag. = 248 Wolfgang Pauli, von AgNO; zu Eiweiß ließe sich also für die von uns gewählten Versuchsumstände durch eine Kurvenform — Kurve I bis etwas über das erste Maxımum —-. darstellen. Versuche mit einem f hundertfach verdünnten Pferdeserum, das bis zur Erreichung der 4 elektrischen Leitfähigkeit destillierten Wassers dialysiert worden war, ergaben mit 0,1 bis 2 n-AgNO; keine qualitativ erkennbare Maximumbildung oder Zeichen beginnender Lösung des Nieder- schlages trotz des so hergestellten bedeutenden Übergewichtes des Salzes über das Eiweiß. Da nach den Versuchen Galeottis bei höheren Albuminkonzentrationen große Mengen Silbereiweiß- fällung in Lösung gebracht werden, wird beim Silbernitrat mit wachsendem Eiweißgehalt die Kurve (III) beträchtlich von der Ursprungsordinate abrücken. In den hier aufgestellten Typen, deren Übersicht unzweifel- haft bei der Registrierung der Schwermetalleiweißbeziehungen nach der von Galeotti verwendeten Methode eine vollkommenere wäre, nimmt die Mannigfaltigkeit der Erscheinung für die Eiweiß- körper des Eiklars vom Zinksalze gegen das Silbersalz hin ab. Die Schwermetallfällungen lassen sich nunmehr auch gegen- über den anderen Proteinfällungen durch Salze besser abgrenzen, als dies eingangs durchgeführt wurde. Als weiteres bedeutsames differenzierendes Merkmal gegen die bei Verdünnung reversiblen Fällungen durch Alkalisalze ergibt sich: Mit zunehmender Eiweiß- konzentration sinkt der Schwellenwert der Fällung durch neutrale Alkaliverbindungen, er steigt hingegen bei den Schwermetallsalzen. Mit den Verbindungen der alkalischen Erden haben die Schwer- metallsalze wohl die Hervorrufung bei Verdünnung mit Wasser nicht reversibler Fällungen gemein, sie sind jedoch von ihnen außer durch die niedrige Fällungsgrenze noch durch die Lös- lichkeit ihrer Proteinniederschläge im Überschusse der Eee den Komponenten unterschieden *). *) So zeigt beispielsweise das Calciumsalz mit dem niedrigsten Schwellen- wert (1 n), Calciumrhodanid, folgende Verhältnisse. (Das Salz in Substanz, Eiweiß in cem Eiklar auf 10 cem Flüssigkeit.) 1 | = j Zustandsänderung bei | Zustandsänderung bei | sofort nach 24h | sofort | nach 24h 4 Ccm | klar | feinmilchig | klar | milchig he 2com | klar | michig | klar | milchig opak ra | klar, nach | Be Ba 1 ‚einigen Minu- en milchige milchie Gele ccm | ten fein- milchig opak | Trübung g op milchig Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. 349 Auch durch ihr Verhalten bei Anwesenheit anderer Ionen erscheinen die Schwermetallfällungen in bestimmter Weise gegen- über den durch Alkali- und Erdalkaliverbindungen hervorgerufenen als selbständige Gruppe charakterisiert. Bei schwächsten Zn-konzentrationen (0,005 n) hemmen sämt- liche zugesetzten Neutralsalze die fällende Wirkung. Die Hemmung wächst in der Reihe SO,, Cl, C,H3;0,, NO,, Br, J, SCN. Sıe ist schwächer in der Gruppe K, Na und stärker bei NH, und Meg. Bei hohen Zn-konzentrationen (4 n) wirken zugesetzte Neu- tralsalze verstärkend auf die Eiweißfällung. Die verstärkende Wirkung wächst in der Reihe SO,, Cl, 0,H;0,, NO,, Br, J, SCN. Dazwischen liegende Zn-konzentrationen zeigen sowohl ver- stärkende als auch hemmende Beeinflussung ihres Proteinfällungs- vermögens durch die Neutralsalze und zwar so, daß die verstärkende Wirkung zuerst bei SCN auftritt und in der Reihe aufwärts ab- nimmt, während die hemmende von SO, abwärts zunehmend schwindet. Dadurch erscheinen hier immer einzelne mittlere Ionen in der Reihe SO, bis SCN in bezug auf die Schwermetall- eiweißfällung mehr oder minder indifferent, und dieser Indifferenz- punkt bewegt sich mit zunehmendem Zinksulfatgehalte aufwärts gegen SO,, mit abnehmendem abwärts gegen SCN. Das Verhalten zugesetzter Elektrolyte und damit auch die Lage des Indifferenzpunktes wird auch durch die verwendeten Kationen bestimmt. So zeigen die Ammoniumsalze die hemmende Wirkung stets deutlicher als die des Natriums, sodaß z. B. für 0,1 n-Zn SO, Bromnatrium fällungsverstärkend, Bromammonium fällungshemmend wirkt. Wie bei den alkalischen Erden, so interferieren auch bei a Schwermetallen zwei Arten von en zugesetzter Ionen auf die Eiweißfällung, eine hemmende, die vom Na zum NH, wächst, und eine verstärkende, welche von SO, gegen SUN ansteigt. Die Übereinstimmung mit den Verhältnissen bei der Ausflockung durch Erdalkalien ist eine sehr befriedigende. Dort lautete die Ionenreihe: Fällungsbefördernde Anionen: SCUN>J>Br>NO; >CI>GC,H; 0O,; fällungshemmende Kationen: Mg>NH,>K>Na. Für die gleiche fällende Salzkonzentration wächst hier die Nieder- schlagsmenge mit zunehmendem Eiweißgehalt ähnlich wie bei den Alkali- salzen. Die Fällung ist im eine zu der durch die Schwermetall- salze erzeugten in überschüssigem Albumin nicht rückbildungsfähig. Mög- licherweise hemmt bei niedrigem Eiweißgehalt ein Übermaß des Fällungsmittels anfangs die Geschwindigkeit des Ausflockungsvorganges, wirkliche Lösung mal gebildeten selbst geringen Niederschlages im Überschusse von Caleium- rhodanid konnte nicht beobachtet werden. 250 Wolfgang Pauli, Auch in der Variation der Wirkung zugesetzter Elektrolyte je nach der Konzentration des Schwermetallsalzes besteht Kon- gruenz mit den entsprechenden Befunden bei den Erdalkalisalzen. Bei hoher Caleciumkonzentration (9 bis 9,2 n-CaCl,) wirken sämtliche zugesetzten Neutralsalze fällungsverstärkend; das gleiche gilt z. B. für 4 n-Zinksulfat. Bei geringerem Gehalte an fällen- dem Caleiumsalz [n-Ca(SCN);] wirken die Chloride und Nitrate noch hemmend, wie dies auch z. B. bei 0,3 bis 0,5 n-Zinksulfat der Fall ist. Erst bei sehr geringen Konzentrationen von fällendem Zink- salze kehrt sich die Reihenfolge der Ionen nach ihrer Wirksamkeit völlig um und entspricht dann der für die reversiblen Alkali- fällungen festgestellten Ordnung. Zu den gleichen Ergebnissen führen die Versuche mit Zink- acetat, bei dem die Verminderung der Ionisation durch die Sulfate wegfällt, die bei der Beurteilung der Zinksulfatwirkung zu be- ee gewesen wäre. Betrachtet man, um sich die Wirkung zugesetzter Ionen besser zu veranschaulichen, die Veränderungen, welche die Kurve (siehe Fig. 1) der reinen Zinksulfatfällung (I) etwa unter dem Einflusse des Rhodanions erfährt, so erkennt man, daß sie im Sinne von Kurve III modifiziert wird. Durch die anfänglich hemmende Wirkung des Rhodanides wird nämlich die Kurve von der Ur- sprungsordinate abrücken, mit zunehmendem Zinksalzgehalte einen Inflexionspunkt bilden und dann infolge der nun auftretenden Verstärkung der Fällung die Kurve I schneiden, um sodann ober- halb derselben zu verlaufen. Eine gleiche Veränderung erfährt, wie schon ausgeführt worden ist, der Verlauf der Zinksulfatfällung durch Anwachsen der Eiweißkonzentration bei gleichem Salzgehalt. Es wirkt also in einem gewissen Sinne Zusatz von manchen Elektrolyten auf die Schwermetallproteinfällung ähnlich wie Steigerung des Eiweißgehaltes zunächst die Fällung hindernd. Umgekehrt liegen die Dinge für die Fällung durch Salze der Alkalimetalle.. Hier drückt der zunehmende Eiweißgehalt die Fällungsgrenze herab, während zugesetzte Rhodanide oder Jodide den Schwellenwert erhöhen, bei dem Ausflockung eintritt. Bei den Metallen der alkalischen Erden wirken dagegen überein- stimmend mit den Verhältnissen bei den Schwermetallen Rhodan- und Jodion im gleichen Sinne wie Erhöhung der Eiweißkon- zentration, aber den Eintritt der Fällung begünstigend. Die hier für die extremen Vertreter der Anionenreihe durch- geführten Betrachtungen gelten auch mutatis mutandis für die ee a 1 3. ee » $- & + F Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. 251 übrigen Ionen, deren Kombination mit der Schwermetallfällung von Eiweiß geprüft wurde. IV. Theoretisches über die Eiweißfällung. Durch eine Reihe von Untersuchungen, die vorwiegend von den einfacheren Verhältnissen bei anorganischen Kolloiden und feinen Suspensionen ausgegangen waren, sind in neuerer Zeit wertvolle Beiträge zum theoretischen Verständnisse der Aus- flockungsvorgänge geliefert worden. Von einem Teile der Forscher wurde auch die Übertragung der so gewonnenen Anschauungen auf die Eiweißfällung versucht, insbesondere waren dies Biltz®, Landsteiner und Jagic®, Neißer und Friedemann, Bechold® und Billitzer®. Namentlich der letztere Autor hat durch Aufdeckung der Widersprüche der bisher entwickelten Hypothesen, durch Anstellung neuer Versuche und theoretische Durchdringung des gesamten Materiales prinzipielle Fortschritte in der Erkenntnis des Wesens der Koagulation angebahnt. Bei der Schwierigkeit und Mannigfaltigkeit der Materie, in- sonderheit soweit es sich um die Eiweißfällung handelt, ist jedoch naturgemäß noch nicht eine völlig zureichende Einsicht in alle Einzelheiten, sondern nur eine orientierende Übersicht zu erzielen gewesen. Es soll daher im folgenden unter Zugrunde- legung der einschlägigen Arbeiten in aller Kürze der Versuch gemacht werden, jene Punkte klarzustellen, in welchen eine befriedigende Auffassung geboten wird, und auf jene Momente hinzuweisen, die zu einer Ergänzung oder Modifikation der auf- gestellten Theorie weiterhin Anlaß geben dürften. Man pflegt bei den Eiweißkörpern dreierlei Arten ihrer festen Abscheidung auseinanderzuhalten: Bildung unlöslicher Verbindungen nach stöchiometrischen Verhältuissen, Verdrängung aus der Lösung durch Entziehung des Lösungsmittels und Entstehung unlös- licher Niederschläge, die nach Art der Absorptionsverbindungen — [yan Bemmelen®] zusammengesetzt sind. Die Bildung echter chemischer Verbindungen von geringer Löslichkeit, wie sie etwa die Hofmeisterschen Jodsubstitutionsprodukte von kristallisiertem Eiweiß darstellen dürften, kann für die Eiweißsalzbeziehungen außer Betracht bleiben.*). Hingegen sind die zwei anderen Arten der Niederschlagsbildung, welche etwa durch die Alkoholfällung bzw. die Kupferalbuminabscheidung repräsentiert werden, für aus- schlaggebend bei der Salzproteinkoagulation angesehen worden. Die Vorstellung, daß es sich um Aussalzungserscheinungen infolge *) Man vergleiche die betreffenden Ausführungen bei F. N. Schulz, Die Größe des Eiweißmoleküls. Jena 1903, und Galeotti, loc. cit. 352 Wolfgang Pauli, | \ relativer Salzübersättigung, d. i. um Spaltung in eine salzarme, eiweikreiche, feste und eine salzreiche, eiweißarme, flüssige Phase handelt, wurde für die bei Verdünnung reversiblen Fällungen durch Alkalisalze von Hofmeister und Spiro vertreten. Die Ansicht, daß es sich um Bildung einer schwer löslichen Ab- sorptionsverbindung handelt unter Ausgleichung der elektrischen Gegensätze zweier Kolloide — von kolloidalem Metallhydroxyd und elektronegativem Protein — wurde von Biltz, Landsteiner für die Schwermetallproteinfällungen entwickelt. Die Tatsachen betreffend alle Arten von Eiweißfällungen wurden zusammen mit den von den anorganischen Kolloiden und feinen Suspensionen her bekannten von Billitzer unter einheitlichen Gesichtspunkten vereinigt. Die Theorie Billitzers ist ebenso wie die von Hardy?- Bredig!® entwickelte im wesentlichen eine elektrische. Er geht ebenso wie diese beiden Autoren von der Voraussetzung aus, daß die kolloidalen Lösungen Suspensionen feinster Teilchen dar- stellen, die eine gewisse ihrem Sinne nach durch die Richtung ihres Transportes im elektrischen Strome erkennbare elektrische Ladung besitzen. Auch Billitzer fußt wie seine beiden Vorgänger auf der Beobachtung, daß das fällende Ion eines Salzes eine dem Kolloide entgegengesetzte Ladung besitzen muß und daß ausgefällte Kolloide elektrisch neutralisiert erschemen. Während jedoch nach der Bredig-Hardyschen Hypothese die Kolloidteilchen nach ihrer Entladung durch Oberflächenspannungskräfte zusammenge- flockt werden, die infolge Wegfalls der elektrostatischen Abstoßung im Punkte elektrischer Neutralisation .ihre maximale Wirkung entfalten sollen, mißt Billitzer der Oberflächenspannung keinerlei Bedeutung zu. Er zeigt, daß der isoelektrische Punkt, weit davon entfernt die notwendige Voraussetzung für den Eintritt der Koa- gulation zu bilden, unter Umständen sogar der Punkt größter Stabilität des Kolloides sein kann. Nach. Billitzer schart das fällende Ion, dessen Ladung die der Kolloidteilchen bedeutend über- trifft*), infolge elektrischer Anziehung mehr oder minder zahlreiche Kolloidpartikel um sich, wobei die gebildeten Komplexe schließlich die kritische Größe makroskopischer Sichtbarkeit erlangen und den Gravitationskräften folgen können. Sind die Kolloidteilchen zu klein oder ihre Ladung allzu gering, dann wird die Zahl der durch das fällende Ion zu sammelnden Teilchen zu groß und die *) Bezüglich der Darlegung der Übergünge zwischen Ionen, geladenen Kolloidteilchen, suspendierten Metallpartikeln und Elektroden vergleiche man Billitzer, loc. cıt. 8: 12, 8A. st ca 5 © 22: 4 3ER Far En N Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. 253 Wahrscheinlichkeit für die Bildung genügend großer Komplexe nimmt ab. Bei zu großer Ladung der Kolloidpartikelchen wird die Ladung des fällenden Ions schon durch wenige Teilchen neu- tralisiert werden, wodurch die gebildeten Komplexe unter der kritischen Größe bleiben können. Nach den bisherigen Erfahrungen liegen die Verhältnisse für die wechselseitige Fällung von entgegengesetzt geladenen Kolloiden meist sehr günstig. Da die Ladungen der Kolloide nicht jene großen Differenzen, wie die zwischen Kolloiden und Salzionen, aufweisen, kann es hier möglicherweise neben der Bildung von fast neutralisierten auch zur Entstehung überneutralisierter also umgeladener Komplexe kommen, die beide miteinander infolge ihrer Größe leicht unter sichtbarer Niederschlagsbildung reagieren. Überschuß des einen oder anderen Kolloides wird die Zahl der in dem einen oder anderen Sinne geladenen nicht zur Fällung kommenden Teilchen vermehren oder kann selbst auf entstandene Fällungen infolge ihrer losen elektrischen Bindung unter Schaffung elektrostatischer Abstoßungskräfte lösend wirken. Diesen Ver- hältnissen kommt für die Eiweißfällung durch Schwermetalle die größte Bedeutung zu (s. u.). Die Rolle der Wertigkeit des fällenden Ions, die bei der Ausflockung feinster Emulsionen, kolloidaler Metalle, anorganischer Kolloide so mächtig in die Erscheinurg tritt, wurde verschieden gedeutet. Hardy bezieht sie einer Rechnung Whethams folgend auf das wachsende Fällungsvermögen mit zunehmender Ladung, Billitzer lehnt sich an diese Auffassung an. Bredig hält die hydrolytisch*) abgespaltene Säure bei Salzen mehrwertiger Metalle für bedeutungsvoll, während Biltz, Neißer und Friedemann, Landsteiner und Jagic das hydrolytisch freigemachte kolloidale Metallhydroxyd in Lösungen solcher Salze für ausschlaggebend halten. Beim Versuche, die Eiweißfällungsregeln, soweit dies bisher nicht durchgeführt wurde, im einzelnen mit den dargelegten theoretischen Vorstellungen in Einklang zu bringen, wird es sich empfehlen, die Verhältnisse bei den drei Gruppen der fällenden Salze gesondert zu b :trachten. Die Fällungen durch Neutralsalze der Alkalien treten erst bei hohen Salzkonzentrationen ein, sie sind bei Verdünnung *), Freundlich, der unter Ostwalds Leitung die Verhältnisse am AsS; sorgfältig studiert hat, bestreitet nach seinen Erfahrungen mit Ver- bindungen des Be und UO2 den Einfluß der Hydrolyse überhaupt. Zeitschr. f, physik. Chemie 49, 129. I j F \ 954 | Wolfgang Pauli, reversibel und werden unter sonst gleichen Verhältnissen stärker mit wachsendem Eiweißgehalt. Alle diese Eigenschaften sind sowohl mit Hilfe der Theorie der Verdrängung aus der Lösung unter Änderung der. Verteilung im System Wasser, Salz, Eiweiß, als auch vom Standpunkte der Lehre Billitzers verständlich. So trifit Reversibilität, Zunahme der Fällung mit höherem Proteingehalte und Abhängigkeit von großen -Mengen fällender Substanz auch für die Alkoholfällung zu, die als typischer Repräsentant der Koagulation durch Verdrängung: angesehen wird. Ein Hindernis für die Verdrängungstheorie liegt anscheinend darin, daß unter Umständen Vermehrung der Salzkonzentration durch Zusatz gewisser Elektrolyte (z. B. Sulfate und Jodide) statt der erwarteten Steigerung der Eiweißfällung das Gegenteil voll- bringt. | Wohl hat Spiro!D bei seinen wertvollen Untersuchungen über die Verteilung von Salz und Eiweiß zwischen Niederschlag und restierender Lösung für andere Eigenschaften der Salzlösungen, wie innere Reibung, Kompressibilität, Oberflächenspannung, Ester- spaltung, auf eine ähnliche Ordnung der Ionen hingewiesen, wie sie für die .Eiweißfällung festgestellt ist. Man kann jedoch nicht leugnen, daß das Bestehen antagonistischer Ionenwirkungen und die Umkehr derselben abhängig von der Reaktion einer „elek- trischen“ Erklärung unmittelbarer zugänglich erscheint. Dennoch ist die Anwendung der elektrischen Theorie für die Erklärung der Alkalisalzfällung durchaus nicht eine glatte. Ab- gesehen von den auffallend hohen Fällungswerten ergeben sich‘ auch bei Betrachtung der weit auseinander liegenden Wirkungs- grade der einzelnen Ionen einige Schwierigkeiten. Billitzer hat vorläufig für die Fällung durch Elektrolyte nur Ladung und Wanderungsgeschwindigkeit der Ionen in Rechnung gebracht. Unterschiede in diesen Eigenschaften gestatten jedoch nicht die bei der Ausflockung von Eiweiß durch Alkalien beobachteten großen Wirkungsdifferenzen der Ionen zu erklären. Dies gilt beispielsweise für die große Verschiedenheit ım Fällungsvermögen von Kalium- und Ammoniumsalzen bei übereinstimmender Ladung und Wanderungsgeschwindigkeit der beiden Metallionen, während das einwertige Ammonium und das zweiwertige Magnesium ein- ander sehr nahestehen. Salze mit den Anionen Ol, Br, J zeigen trotz deren übereinstimmenden Wanderungsgeschwindigkeit große Unterschiede in der Hemmung von Fällungswirkungen, und diese Eigenschaften werden in gleichem Maße gegen fällende Ver- bindungen zweiwertiger Ionen (z. B. MgSO,) zur Geltung gebracht. Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. 255 Hier muß noch eine wesentliche Ergänzung*) der elektrischen Theorie einsetzen. Einige Umstände, die sich beim Vergleiche der elektrischen und der Entmischungstheorie (Hofmeister-Spiro) ergeben, ver- dienen noch kurze Erwähnung. Die Rückbildung der Eiweik- fällungen bei Verdünnung mit Wasser scheint einfacher aus der Aussalzungstheorie als aus der Annahme elektrischer Ursachen hervorzugehen. Bei einer elektrischen Verbindung zwischen Ionen und Kolloidteilchen im ausgefällten Gel müßte die Verdünnung a priori nicht zur Wiederauflösung desselben führen, da sie nicht notwendig neuerlich eine ausreichende Ladung der einmal ausge- flockten Teilchen schafft. Das Sinken des Schwellenwertes der Aus- floeckung mit wachsendem Albumingehalt ergibt sich direkt aus der Verteilungstheorie. Für die elektrische Hypothese macht es keinesfalls Schwierigkeiten, da bei anorganischen Kolloiden beide Fälle, Steigerung des Schwellenwertes mit Erhöhung der Kolloid- konzentration (Freundlich, Biltz) und Abnahme desselben (Billitzer), bekannt sind. Die Fällung durch Entmischung in hochkonzentrierten Salzlösungen benötigt zur Entstehung der Koagula Oberflächenspannungskräfte. Da für Leim [Pauli und Rona!2] und für Casein (Spiro) der flüssige Zustand der ent- stehenden Fällungen unmittelbar beobachtet ist, kann die Annahme solcher Kräfte.bei den Abscheidungen unserer Eiweißkörper keinen prinzipiellen Schwierigkeiten unterliegen. Überdies sind die Beobachtungen von Ramsden !®» über Ausflockungen durch Schütteln mit Luft für Koagulation durch Oberflächenspannung von zwingender Beweiskraft. Hier werden die Teilchen vorher da- durch zusammengeführt, daß die Energie der freien Oberfläche bei Konzentrierung der Lösung abnimmt. Der Anhänger der Ver- drängungstheorie kann schließlich die Art der Verteilung von Salz und Eiweiß in den zwei Phasen Niedersehlag und Lösung zu Gunsten seiner Auffassung ins Treffen führen und die Umkehr **) der Ionen- ordnung bei der Fällung in saurer gegen die bei alkalischer *) Diese könnte durch Heranziehung der elektrolytischen Zersetzungs- spannung vielleicht gefunden werden, deren Bedeutung von mehreren Forschern z. B. Bechold diskutiert wird. Weitere Untersuchungen der Physiko-Chemiker über die elektrische Zersetzungsspannung auch bei Kollo- iden wären hier von größter Bedeutung. **) Diese Umkehr ist, wie in der letzten Arbeit ausgeführt wurde, übrigens keine so einfache Erscheinung, da sie erst bei relativ hohem Gehalte an H-ionen eintritt und die entstandene Fällung im Gegen- satze zu dem bei schwach alkalischer oder saurer Reaktion bei Verdünnung irreversibel ist. 256 Wolfgang Pauli, Reaktion auf eine gleichsinnige Änderung der „Lösungstension“ beziehen, wie auch für andere Eigenschaften, z. B. die Einwirkung auf die Esterspaltung bei verschiedener Reaktion, Verkehrung der Ionenfolge stattfindet. Die Erwägung aller angeführten Umstände legt uns die Ver- mutung nahe, daß es sich bei beiden Theorien um einheitliche Grundlagen handle, wodurch die Betrachtung des Vorganges von zwei verschiedenen Seiten möglich wird. Man kann für diese Auffassung eine Stütze darin finden, daß die Fällungen durch Neutralsalze der Alkalimetalle, für die allein die Entmischungs- theorie von ihren Begründern aufgestellt wurde, mit den anderen wie noch ausgeführt werden soll, einer elektrischen Erklärung leicht zugänglichen Eiweißsalzniederschlägen wichtige Merkmale gemeinsam haben, nämlich dieselbe Ordnung in der Wirkung von zugesetzten Ionen und das gleiche Verhalten gegen fällungs- hemmende Nichtelektrolyte [Pauli und Rona'®]. Viel günstiger für die Anwendung der elektrischen Theorie sind die bei Verdünnung irreversiblen Fällungen durch Salze der Erdalkali- und Schwermetalle, und namentlich für diese haben die Arbeiten von Biltz und besonders von Billitzer aufklärend ge- wirkt. Sie gestatten auch die Deutung der meisten bei unseren Versuchen ermittelten Einzelheiten. Am einfachsten erscheint die Fällung durch Salze der alkalischen Erden, bei denen es infolge der kräftigen sammelnden Wirkung der Metallionen zur Bildung elektropositiv geladener Komplexe kommt. Solche Eiweißlösungen zeigen nach den Untersuchungen von Billitzer kathodische Konvektion, und die hemmende bzw. fällungsfördernde Wirkung zugesetzter Ionen kehrt sich um gegenüber den Verhältnissen bei alkalischer oder neutraler Reaktion (Pauli). Die ausgefällten Partikel lassen sich nicht leicht soweit umladen, daß sie durch elektrostatische Ab- stoßung wieder zerfallen, und gehen weder im Überschusse von Eiweiß oder Salz, noch bei einfacher Verdünnung in Lösung. Eine solche findet erst in höheren Säurekonzentrationen statt. Auch die scheinbar so komplizierten Verhältnisse bei den Schwermetallen lassen sich auf Grund der elektrischen Theorie wenigstens in den Hauptzügen gut überblicken. Schreibt man die schon bei niedrigen Konzentrationen auftretenden Fällungen den einfachen Metallionen zu, dann sind freilich Widersprüche nicht zu vermeiden. So bliebe es unerklärt, warum der Schwellen- wert für das einwertige Silber, zweiwertige Kupfer und dreiwertige Ferriion nahe zusammenfällt. Vergleicht man den Schwellenwert a en ae ET Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. 957 des Silber- und Wasserstoffions, so zeigt sich bei gleicher Ladung trotz der bedeutend größeren Wanderungsgeschwindigkeit des H-ions das Silbersalz der völlig dissoziierten Salzsäure weit über- legen u. dgl. m. Alle Schwierigkeiten verschwinden unter der von Biltz, Neißer und Friedemann, Landsteiner be- gründeten Annahme, daß das kolloidal gelöste Metallhydroxyd dieser stark hydrolytisch zersetzten Schwermetallverbindungen die Eiweißfällung vermittelt. Gegen kolloidale Fällungsmittel ist eben, wie die mannigfaltigsten Erfahrungen lehren, Eiweiß in hohem Maße empfindlich. Die unter solchen Umständen ge- bildeten Komplexe werden, wie oben auseinandergesetzt, nur von sehr geringen Kräften zusammengehalten und daher leicht durch neuerliche stärkere Ladungen wieder in Lösung kommen. Daher die Zerteilung des abgeschiedenen Gels im Überschusse des elektropositiven und negativen Kolloides und die Maximumbildung der Fällung beim richtigen Verhältnisse der beiden. Die niedrige Fällungsgrenze der Schwermetalle, welche in dünner Lösung stark hydrolytisch dissoziieren*), erscheint somit verständlich. Ebenso die Löslichkeit des Gefällten im Überschusse von Eiweiß. Wahr- scheinlich wirkt auch Zunahme der Salzkonzentration ım Sinne der Herbeiführung eines Übergewichts von Eiweiß über das kolloidale Metallhydroxyd, dessen Menge mit wachsendem Salz- gehalt meist abnimmt. Ob die gleichzeitig mit dem Metallhydroxyd abgespaltene Säure durch die Gegenreaktion MeOH + H = Me + H,O oder infolge direkter Ladung der Dyesartikalr der Niederschlagsbildung entgegenwirkt, mag dahingestellt bleiben. *) Es kann, wie ich glaube, nunmehr kaum einem Zweifel unterliegen, daß die anfangs in ein mystisches Dunkel gehüllten oligodynamischen Erscheinungen (v. Naegeli) an pflanzlichen und tierischen Zellen- Vergiftungen mit Wasser, welches mit blanken Metallen in Berührung war, auf der Wirkung der betreffenden kolloidalen Metallhydroxyde beruhen. Abgesehen davon, daß diese Giftwirkung nur an Metallen dargetan ist, deren Lösungen stark hydrolytisch dissoziieren, wie Cu, Hg, Ag, Pb und daß „oligodynamisches“ Wasser identisch wirkt mit den hochverdünnten Metallsalzlösungen, beachte man u. a. noch folgende vielfache Übereinstimmung mit dem Verhalten kolloidaler Eiweißfällungen: Aufhebung schwacher oligo- dynamischer Wirkungen durch Neutralsalze (NaC|), hemmen gegen die Metallvergiftung durch Überschuß der Zellen (Algen usw.) oder durch Stoffe, welche erfahrungsgemäß Kolloide absorbieren, wie Kohle, Schwefel, Torf, Braunstein, Stärke, Filtrierpapier, Baumwolle, RDRREN Holz u. s. E Nur die gegenwärtig wohl gekannte hochgradige Reaktionsfähigkeit der Kolloide unter einander hat den Entdecker der interessanten oligodynamischen Erscheinungen verführt, deren Ursprung außerhalb chemischer Beziehungen zu suchen. (Betreffs der Literatur über diese Phänomene vgl. O. Israel und Th. Klingmann, Virchows Archiv 147, 293.) Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 17 258 Wolfgang Pauli, Entsprechend den Ausführungen Billitzers ist zu erwarten, daß die wieder in kolloidale Lösung gebrachten Gelteilchen nicht mehr jene Kleinheit erlangen, dıe sie vor ihrer Sammlung durch entgegengesetzt geladene Ionen oder Kolloide besaßen. Dieses Verhalten erschließt Billitzer aus der häufig erhöhten Fällbar- keit solcher wiedergelöster Kolleide. Für Eiweiß habe ich mich durch die ultramikroskopische *) Untersuchung von der Richtigkeit dieser Vermutung überzeugen können. Man stellt sich zwei gleiche, sorgfältig filtrierte Proben ungefähr 1 promilliger Eiklarlösung her, von denen die erste mit Kochsalzlösung, die zweite mit übersättiger Kupfersulfatlösung versetzt ist, die solange zugegeben wird, bis der ursprünglich entstandene Niederschlag wieder zur völligen Lösung kommt. Im Apparate von Siedentopf-Zsigmondy zeigt die erste Mischung neben einem diffusen Lichtschein zahlreiche Teilchen verschiedener mittlerer Helligkeit, während in der Kupfereiweiß- lösung weniger als die Hälfte der Teilchen zu zählen ist, die durch intensive Helligkeit ihre bedeutendere Größe verraten. Der Anblick der gleich Brillanten funkelnden Punkte auf völlig schwarzem Grunde ist ein überaus prächtiger. | Der nachweisliche Unterschied in der Teilchengröße scheint das Substrat für die geänderten physikalischen Eigenschaften (bessere Filtrierbarkeit, höhere Refraktion) solcher geklärter Metallalbuminatlösungen zu sein. Die Teilchen in diesen können nunmehr infolge Änderung ihrer Ladung und Größe ein von dem ursprünglichen abweichendes Verhalten gegen gewisse Zusätze darbieten. So können die Kolloide in der Zone der Wiederlösung zugleich eine Hemmung gegen sonst fällende Kolloide erkennen lassen. Darauf sind wohl einschlägige interessante Beobachtungen von Neißer und Friedemann zu beziehen, die eine solche Hemmungszone bei Fällung von Mastixemulsionen mit Schwer- metallsalzen entdeckt haben. Bei zunehmender Konzentration des Schwermetallsalzes kann ein Verhalten eintreten, wie es die Neutralsalze der Alkali- oder Erdalkalimetalle darbieten, indem entweder bei Verdünnung reversible (Zinksulfat) oder irreversible (Kupfersulfat nach Galeotti) Fällungen entstehen. Für diese bei höherem Salz- gehalte auftretenden Niederschläge gilt ähnliches wie für die übrigen Salzfällungen. Steigerung des Eiweißgehaltes wirkt be- günstigend wie bei Alkalien und Erdalkalien, während eine solche im anfänglichen Fällungsbezirk der Schwermetalle — dem des kolloidalen Metallhydroxydes — gegenteilig wirkt. Wie sich die *) Die Gelegenheit dazu erhielt ich durch das freundliche Entgegen- kommen Herrn Hofrates Professor Weichselbaum, der die Benutzung des Apparates in seinem Institute gestattete. m Untersuchungen über physikalische Zustandsänderungen usw. 259 Einwirkung zugesetzter anderweitiger Ionen auf die Schwermetall- proteinfällung zusammenfassen läßt und welcher Gegensatz hier zwischen den einzelnen Salzgruppen besteht, ist bereits oben aus- geführt worden. Bei der Behandlung der Schwermetalleiweißbeziehungen vom Standpunkte der Lehre des chemischen Gleichgewichtes (Galeotti) haben sich jene Gesetzmäßigkeiten feststellen lassen, die zuerst van Bemmelen bei seinen grundlegenden Untersuchungen über die Absorptionsverbindungen von Hydrogelen abgeleitet hat. Es braucht nicht erst hervorgehoben zu werden, daß diese Gesetz- mäßigkeiten mit der Annahme der elektrischen Natur der be- sprochenen Gelbildungen nicht im Widerspruche stehen. Wollte man zum Schlusse noch vom biologischen Standpunkte den Unterschied zwischen Eiweiß und den meisten anorganischen Kolloiden charakterisieren, so wäre dies auf der einen Seite die relative Unempfindlichkeit der Proteine gegen zugesetzte Elek- trolyte. Diese Resistenz ermöglicht erst das für das organische Leben unentbehrliche Nebeneinander von Salzen und Eiweißstoffen in den Zellen und Gewebssäften. Auf der anderen Seite haben sich die Eiweißkörper die Empfindlichkeit gegen kolloidale Fällungsmittel bewahrt, eine Eigenschaft, die nicht nur den empfindlichsten Proben zum Nachweise von Proteinen und mit der Gewebefärbung zugrunde liegt, sondern durch ihre Beziehung zur Immunkörperbildung, zu den Präzipitin- und Agglutinin- reaktionen (Landsteiner) die größte theoretische und praktische Bedeutung erlangt hat. Literaturverzeichnis. 1) Pauli, Diese Beiträge 3, 225; 5, 27. 2) Galeotti, Zeitschr. f. physiol. Chemie 40, 492. 3) Biltz, Chem. Berichte 37, 109. 4) Landsteiner und Jagic, Münch. med. Wochenschr. 1903, Nr. 27. 5) Neißer und Friedemann, Münch. med. Wochenschr. 190£. Nr. 15, Nr. 19. 6) Bechold, Zeitschr. f. physik. Chemie 48, 385. ”) Billitzer, Zeitschr. f, physik. Chemie 45, 307, Wiener Akad. Ber. 113, Abt. IIa, 1159. 8) van Bemmelen, Zeitschr. f. anorgan. Chemie 23, 321; 36, 380. ®) Hardy, Journal of Physiology 24, 288. 10) Bredig, Anorganische Fermente, W. Engelmann, Leipzig, 1901. 11) Spiro, Diese Beiträge 4, 300. 12) Pauli und Rona, Diese Beiträge 2, 1. 13) Ramsden, Zeitschr. f. physik. Chemie 47, 336, 14) Noch unveröffentlichte Untersuchungen. 17% XXI. Untersuchungen über Blutgerinnung. Von Leo Loeb. Aus dem pathologischen Laboratorium der University of Pennsylvania, Philadelphia, und aus dem Marine Biological Laboratory, Woods Holl, Mass. Sechste Mitteilung.*) I. Über die Gerinnung des Blutplasmas beim Hummer. Über nn Herstellung der Reagentien und über die Beständigkeit derselben. Die folgenden Versuche wurden mit dem Blutplasma des Hummers angestellt, nachdem das Gerinnsel der sogenannten ersten Gerinnung entfernt worden war. Da dieses Gerinnsel der Hauptsache nach aus agglutinierten Zellen besteht und doch echtem Fibrin in seinen physikalischen Eigenschaften sehr ähnlich ist, so soll dieses Gerinnsel, im Gegensatz zu dem echten bei der zweiten Gerinnung gebildeten Fibrin, weiterhin als Zellfibrin von dem echten Fibrin unterschieden werden, In den ersten Versuchen wurde noch ähnlich wie in den früheren Untersuchungen filtriertes und mit destilliertem Wasser verdünntes Plasma benutzt. Da dieses Plasma aber nach kürzerer oder längerer Zeit | spontan gerann und, je näher es selbst der spontanen Gerinnung war, desto leichter durch Zusatz von gerinnungsbeschleunigenden Mitteln zur Gerinnung gebracht wurde, somit kein sich gleich- bleibendes Reagens darstellte, so wurde bald das folgende Verfahren gewählt: Das Blut wurde gewöhnlich durch einen oberflächlichen Schnitt in das Abdomen des Hummers gewonnen. Meist wurden 12 bis 14 nicht ausgewachsene Tiere benutzt. Durch Schütteln wurde die Retraktion des Zellfibrins beschleunigt. *) Vgl. Journal of Medical Research 10, 1903. — Virchows Archiv 173 u. 176. — Diese Beiträge 5, 191 u. 534. Untersuchungen über Blutgerinnung. 261 Sodann wurde filtriert, sobald das Blut eines Hummers ausge- flossen war und das Zellfibrin sich gebildet hatte. Das Zellfibrin wurde gewöhnlich schon während des Filtrierens aus dem Plasma entfernt und auf Eis gebracht. Nach beendigter Blutentnahme und Filtration wurde das Plasma mit destilliertem Wasser im Verhältnis von 20 Teilen Blut zu 14 Teilen Wasser verdünnt. Das Plasma wurde in Gefäßen aufgefangen, die in Eiswasser standen. Sodann wurde das verdünnte Blut '/ Stunde lang auf dem Wasserbade auf 52° erwärmt. Ich wandte in der Regel diese Temperatur an, obgleich auch schon halbstündiges Erwärmen auf 45° die spontane Koagulation verhütete. Solches Plasma gerann nun nicht mehr spontan und konnte mehrere Tage lang als ein ganz oder annähernd unverändert bleibendes Reagens benutzt werden. Um Bakterienwachstum zu vermeiden, wurde das Plasma wenn immer möglich auf Eis gehalten. In früheren Versuchen waren gleichgroße Stücke des Muskels verschiedener Ticre direkt dem Plasma zugesetzt worden, eine für jene Untersuchungen genügende Methode. Für die folgenden Versuche war jedoch die Herstellung von Extrakten nötig. Während bei Wirbeltieren mehrere Minuten lange Extraktion des zerstoßenen Muskels mit 0,85proz. NaCl-Lösung wirksame Extrakte lieferte*), mußte der zerstoßene Hummermuskel 15 bis 16 Stunden auf Eis extrahiert werden. Das Extrakt wurde in der großen Mehrzahl der Versuche immer in gleicher Weise her- gestellt. Die Abdominalmuskeln von 2 bis 3 Hummern wurden, nachdem sie mit destilliertem Wasser gewaschen und mit Filtrier- papier abgetrocknet waren, zerstoßen, mit 40 bis 50 ccm destil- lierten Wassers extrahiert und filtriert. Das Filtrat wurde in Eiswasser gehalten. So erhielt man 2 Reagentien, Hummerplasma und Muskel- extrakt, die sich in allen Versuchen annähernd gleich verhielten. 1/4 cem des Muskelextrakts brachte 3 ccm des Hummerplasmas im Durchschnitt in 2 bis 4 Minuten zur Gerinnung. Das Muskelextrakt konnte 2 bis 3 Tage lang benutzt werden, wenn es während dieser Zeit soweit möglich in Eiswasser gehalten wurde. Die Abnahme der Wirksam- keit war in 2 Tagen sehr geringfügig. Als Beginn der Koagulation wurde der Zeitpunkt angesehen, wo auf dem Boden der kleinen Petrischalen, die zu diesen Versuchen benutzt wurden, ein dünner Fibrinbelag erschien, der auf Neigung des Schälchens heruntersank. Dieser Zeitpunkt konnte genau bestimmt werden. Wo in den Tabellen 2 Zahlen gegeben sind, be- deutet die erste Zahl die bis zum Beginn der Koagulation verstrichene Zeit. Die zweite Zahl bedeutet die bis zum Ablauf der Gerinnung (Um- wandlung des Plasmas in eine mehr oder weniger feste gelatinöse Masse) *) Weitere Untersuchungen über Blutgerinnung. Diese Beiträge 5, 534. 262 Leo Loel), verstrichene Zeit. Der Endpunkt der Koagulation kann nicht mit derselben Genauigkeit bestimmt werden, wie der Beginn, da verschiedene Grade der Festigkeit in verschiedenen Versuchen erreicht werden. Wird nur eine Zahl angegeben, so bezeichnet diese die bis zum Ablauf der Koagulation verstrichene Zeit, falls nicht eine besondere Angabe gemacht wird. — Eine mit Ausschluß von Bakterienwirkung stattfindende Fibrinolyse wurde in dem geronnenen Hummerplasma niemals beobachtet. Waren Fremd- „körper im Plasma suspendiert, so bestimmten diese, ohne die Koagulation zu beschleunigen, den Ort der ersten Abscheidung des Fibrins. (HP = Hummerplasma; die nebenstehende Zahl bezeichnet die Temperatur, auf die dasselbe eine halbe Stunde lang erwärmt worden war: falls keine Zahl angegeben wird, war dasselbe auf 52° erwärmt worden. ME = Muskelextrakt. S= Serum, welches durch Auspressen des koagulierten Plasmas gewonnen wurde FiE= Extrakt aus Zellfibrin. m-Lösung = molekulare Lösung.) Versuch vom 4. August: 3ccm HP vom Tage zuvor (52°) + !/accmME, koaguliert nach 1 Min. 15 Sek. bis 3 Min. 15 Sek. 3 cem frisches HP (52°) + !/ı ccm ME, koaguliert nach 3 Min. 25 Sek. bis 4 Min. 15 Sek. Versuch vom 6. August: 3 ccm HP vom Tage zuvor + J cem ME (vom 4. August), koaguliert ch 3 Minuten. 3 ccm HP vom Tage zuvor + !ı cem ME (frisch bereitet), koaguliert nach 5 Min. Versuch vom 8. August: 3 ccm HP (hergestellt am 6. August) +- !/ı ccm ME (vom 6. August), koaguliert nach 3 Min. bis 3 Min. 55 Sek. 4. August: 3 cem frisches HP (52°) + !ı cem ME, koaguliert nach 3 Min. 25 Sek. bis 4 Min. 15 Sek. 5. August: 3 ccm HP (identisch mit dem am 4. August benutzten) + is cem ME (am 4. August bereitet), koaguliert nach 3 Min. 15 Sek. bis 4 Min. 15 Sek. 3 cem frisches HP (vom 5. August) + '/ı ccm ME vom 4. August, koaguliert nach 3 Min. 10 Sek. bis 4 Min. 20 Sek. Aus diesen Beispielen ergibt sich, daß das Hummerplasma und das Muskelextrakt in ihrer Wirksamkeit ziemlich konstant blieben. Doch kam es, wenn auch selten, vor, daß ein Muskel- extrakt, welches am ersten Tage das Hummerplasma in nicht ganz 4 Minuten zur Gerinnung brachte, am dritten Tage hierzu 7 bis 8 Minuten brauchte. In einem Falle wurde mehrere Tage altes Muskelextrakt gebraucht, in dem schon deutlich Fäulnis- geruch vorhanden war. Sogar in diesem Falle war der Verlust an Wirksamkeit nicht sehr stark. Neben den aus den Muskeln extrahierbaren Gewebskoagulinen kommen die inı Blut selbst enthaltenen gerinnungserregenden Substanzen in Betracht. Bei Wirbeltieren sind diese in dem Blut- serum und in dem Blutkoagulum vorhanden, bei den Wirbellosen befinden sich ähnliche Substanzen in dem ersten Gerinnsel, dem Zellfibrin. Legt man ein Stück dieses Zellfibrins in Hummer- plasma, so gerinnt das Plasma nach einiger Zeit. Preßt man nun Untersuchungen über Blutgerinnung. 263 aus dem so entstandenen echten Fibrin das Serum sofort nach be- endigter Gerinnung aus und setzt abgemessene Mengen des Serums ungeronnenem Hummerplasma zu, so sieht man, daß dieses Serum nicht imstande ist, Gerinnung herbeizuführen. Auch ein Stück des gebildeten echten Fibrins selbst ist, falls es nicht in unmittelbarer Nähe des Zellfibrins gebildet worden war, nicht imstande, in dem auf die angegebene Weise hergestellten Hummerplasma Gerinnung herbeizuführen. Um eine Flüssigkeit herzustellen, welche die im Blute selbst vorhandenen gerinnungsbeschleunigenden Substanzen enthält, ist es notwendig, ein Extrakt aus Zellfibrin zu bereiten. Das ist aber schon darum mit Schwierigkeiten verknüpft, weil die Quantität des aus dem Blute mehrerer Hummer erhaltenen Zellibrins im Vergleich zu der Abdominalmuskulatur eines Hummers nur sehr gering ist. Zerstößt man das aus 5 Hummern erhaltene Zellfibrin mit Sand in einem Mörser unter Zusatz von 15 ccm Seewasser und extrahiert nachher einige Minuten, so erhält man nicht ein für Versuche genügend wirk- sames Extrakt. Legt man das Zellfibrin mehrerer Hummer in etwa 4 ccm Flüssigkeit und extrahiert während mehrerer Stunden auf Eis, so erhält man ein Extrakt, von dem im Durchschnitt 1 bis 1!/a ccm etwa im Laufe von 10 bis 30 Minuten 3 ccm Hummerplasma zur Gerinnung bringen. Wirksamere Extrakte können in kürzerer Zeit auf folgende Weise hergestellt werden: Das Zellfibrin wird bald, um es soweit wie möglich von Plasma zu befreien, von dem Filter in destilliertes Wasser übertragen und 1 bis 2 Minuten abgespült, dann mit Fließpapier abgetrocknet und möglichst fein zerschnitten; sodann wird das von etwa 14 Hummern gewonnene Zellfibrin in den einzelnen Versuchen in gleiche Teile geteilt und zu 6 bis 8 ccm verschiedener in Kölbchen befindlicher Flüssigkeiten . zugesetzt. Diese werden dann während 15 bis 25 Minuten der Reihe nach gleichlang geschüttelt, wobei sie in der Zwischenzeit in Eiswasser stehen. Sodann wird die Flüssigkeit durch-Gaze oder Filtrierpapier filtriert und in Eiswasser oder in einer Salzeismischung gehalten. Verschiedene Flüssigkeiten wurden auf ihren Wert als Extraktions- mittel geprüft, dabei ergaben sich gewisse Gesetzmäßigkeiten. Mit destil- lierttem Wasser läßt sich ein wirksames Extrakt gewinnen; mit einer 3 oder 4proz. NaCl-Lösung (einer mit Seewasser annähernd isotonischen Lösung) hergestelltes Extrakt ist wirkungslos oder merklich schwächer, als mit destilliertem Wasser hergestelltes. Gebraucht man jedoch eine Lösung, die neben 3 bis 4 Proz. NaCl Z-CaCl, enthält, so gewinnt da- durch das Extrakt an Stärke. Es wurden zum Beispiel 6 cem einer 3proz. NaCl-Lösung mit 2 ccm einer = - CaCl, -Lösung gemischt. Wurde hingegen =-CaCl, nach Beendigung der Extraktion kurz vor der Filtration dem mit 3 Proz. NaCl hergestellten Extrakte zugesetzt, so wurde das Extrakt dadurch nicht wesentlich verstärkt. Zusatz von —-NaHC0, an Stelle von CaCl, wirkte ungünstig*). Günstiger als destil- *) Es unterblieb hierbei eine nachträgliche Neutralisation; eine solche soll weiterhin vorgenommen werden. 264 Leo Loeb, liertes Wasser wirkte gewöhnlich Hummermuskelextrakt, das auf 45° oder auf 52° oder sogar auf 80° */, Stunde lang erwärmt und dadurch inaktiviert und sodann filtriert worden war. Auch filtriertes Limulus- serum, das auf die Gerinnung des Hummerplasmas ohne Wirkung ist, er- wies sich als sehr günstig zur Extraktion, ebenso das aus dem (II) Fibrin des Hummers ausgepreßte Serum, auch wenn es vorher eine halbe Stunde lang auf 52° oder sogar auf 80° erwärmt und dann filtriert worden war. Doch war das nicht erhitzte Serum meist ein wenig, wenn auch ge- wöhnlich nicht wesentlich, stärker als das erhitzte. Die absolute Stärke der Extrakte war in den einzelnen Versuchen verschieden. Während Muskelextrakt und Hummerplasma in verschiedenen Versuchen ein ungefähr gleiches Verhalten zeigten, war eine Gleichmäßig- keit in der Stärke der Fibrinextrakte nicht zu erzielen, Es kann daher die Wirkung der Fibrinextrakte in verschiedenen Versuchen nicht direkt miteinander verglichen werden. 3 cem HP + 1 ccm FiE (25 Min. extrahiert in 4", ccm 3 proz. NaCl + 1’) cem 2-CaCl,), koaguliert nach 16 Min, 3 com HP-+-1 cem FiE (25 Min. extrahiert in 6 ccm Hummerserum), koaguliert nach 17 Min. 30 Sek. bis 20 Min. 3 com HP-+-1 ccm FiE (25 Min. extrahiert in 6 ccm 3proz. NaCl). Noch nicht koaguliert nach 5 Stunden. i 3 com HP--1 cem FiE (25 Min. extrahiert in 4!/, ccm 3 proz. NaCl, nach Extraktion und vor Filtration wurden 1!/, ccm *-Ca0ll, hinzugefügt). Noch nicht koaguliert nach 5 Stunden. r In dem folgenden Versuch waren die Fibrinextrakte hergestellt worden mit je 4 ccm der verschiedenen Flüssigkeiten und durch 20 Minuten lange Extraktion. 3 ccm HP-++-1 cem FiE (in Limulusserum), koaguliert nach 1 Min. bis 1'/, Min. 3 com HP--1 ccm FiE (in Hummermuskelextrakt, das '/, Stunde auf 52° erwärmt war), koaguliert nach 1 Min. 30 Sek. bis 2 Min. 55 Sek, 3 com HP +1 ccm FiE (in Hummermuskelextrakt, das 15 Minuten auf 80° erwärmt war), Koaguliert nach 1 Min. 45 Sek. bis 2!/, Min. 3 com HP +1 ccm FiE (in destilliertem Wasser), koaguliert nach 3'/, Min. bis 4 Min. 3 ccm HP-+-1ccm FiE (in nicht erwärmtem Hummerserum), koaguliert nach 1 Min. 15 Sek. bis 2 Min, 5 Sek, 3 com HP +1 ccm FiE (in Hummerserum, das !/, Stunde auf 52° erwärmt war), koaguliert nach 2 Min. bis 2 Min. 40 Sek. Wie oben bemerkt, wird durch die unter dem Einfluß eines Stückes Zellfibrin stattfindende Gerinnung des Plasmas keine nachweisbare Menge die Blutgerinnung beschleunigender Substanz in dem aus dem Koagulum ausgepreßten Serum gebildet. Wenn wir jedoch zu etwa 4 bis 6 ccm Plasma sehr viel in Stücke zer- schnittenes Zellfibrin hinzufügen, so kann nach der Gerinnung das ausgepreßte Serum wirksam sein. Es ist jedoch unter diesen Umständen gewöhnlich weniger wirksam, als die durch Schütteln des Fibrins in einer anderen günstigen, selbst aber nicht ge- rinnenden Lösung erhaltene Flüssigkeit: Es handelt sich in Ber Untersuchungen über Blutgerinnung. 265 diesem Falle offenbar ebenfalls nur um eine Extraktion des wirk- samen Stoffes aus dem Zellfibrin, ohne daß durch den Gerinnungs- prozeß selbst eine gerinnungsbefördernde Substanz in nachweis- barer Menge frisch geschaffen worden wäre. Während auf 52° erwärmtes Hummerplasma und nicht erwärmtes Muskelextrakt, wofern sie in Eiswasser gehalten werden, keine oder nur geringfügige Änderungen im Laufe von 2 Tagen erleiden, verliert das Zellfibrinextrakt seine Wirk- samkeit viel schneller. Auch wenn es in Eiswasser gehalten und nur zur Zeit der wiederholt stattfindenden Flüssigkeitsent- nahme der Zimmertemperatur ausgesetzt wird, findet gewöhnlich schon in 2 bis 3 Stunden eine merkbare Abnahme seiner Wirk- samkeit statt. Falls aber das Zellfibrinextrakt in einer Salzeis- wassermischung gehalten wird, braucht auch nach 2 Tagen seine Wirksamkeit noch nicht ganz verloren gegangen, zu sein, und es kann unter diesen Umständen während mehrerer Stunden seine Stärke fast unvermindert erhalten bleiben. Doch ist die scheinbar spontane Wirksamkeitsabnahme des Zellfibrinextraktes unter Be- dingungen, unter denen das Muskelextrakt unverändert erhalten bleibt, für das erstere charakteristisch, obwohl das Zellfibrinextrakt viel weniger leicht der Fäulnis anheimfällt, als das Muskelextrakt. 3 Uhr 18 Min. 3ccm HP + 1 ccm FiE (in Hummerserum), koaguliert nach 9 Min. 15 Sek. bis 10 Min. 6 Uhr 2 Min. 3 cem HP + 1 ccm FiE (in Hummerserum), koaguliert nach 16 Min. bis 18 Min. In diesem Versuch hatte das Extrakt kurze Zeit vor der zweiten Prüfung bei Zimmertemperatur gestanden. In dem folgenden Versuch ist die Abnahme geringer. Möglicher- weise wird sich bei weiterer Untersuchung zeigen, daß-in verschiedenen Extraktflüssigkeiten die Wirksamkeitsabnahme verschieden schnell statt- findet. 1 Uhr 21 Min. 3 ccm HP + 1 ccm FiE (in 8 ccm Serum), koaguliert nach 4 Min. 55 Sek. bis 6 Min. 3 Uhr 6 Min. 3 ccem HP +1 cem FiE (in 8 ccm Serum), koaguliert nach 6 Min. bis 8 Min. 40 Sek. Einfluß der Temperatur. a) Muskelextrakt, das eine halbe Stunde lang auf 45° er- wärmt war, hat seine Fähigkeit, Gerinnung von auf 52° erwärmtem Hummerplasma zu bewirken, verloren. In einem Falle fand nach Zusatz von solchem Muskelextrakt, in dem sich suspendierte Muskelteilchen befanden, in nicht erwärmtem Hummerplasma eine geringfügige Fadenbildung statt. In eine halbe Stunde auf 42 bis 43° erwärmtem Muskelextrakt war die Wirksamkeit sehr geschwächt, so daß erst nach Stunden Gerinnung eintrat, aber 966 Leo Loeb, noch nicht ganz aufgehoben. Hummermuskel hatte nach Er- wärmen auf 45° ın der Mehrzahl der Fälle schon nach Erwärmen auf 42° (wobei der Muskel in destilliertem Wasser oder in Hummerserum gehalten wurde) ebenfalls seine Wirksam- keit eingebüßt. 8 cem HP (auf 52° erwärmt) + !/sı cem ME, koaguliert nach 2 Min. 15 Sek. 3 cem HP (auf 52° erwärmt) + !/s com ME (!/s Stunde auf 45° er- wärmt), noch nicht koaguliert nach 3 Stunden. 3 cem HP (auf 52° erwärmt) + !/; ccm ME (!/s Stunde auf 45° er- wärmt), noch nicht koaguliert nach 3 Stunden. 3 ccm HP (auf 52° erwärmt) + 1 cem ME ('’r Stunde auf 45° er- wärmt), noch nicht koaguliert nach 3 Stunden. b) Zellfibrinextrakt, das '/; Stunde auf 45° erwärmt worden ist, hat seine Wirksamkeit verloren. Ein Stück Zellfibrin wird durch halbstündiges Erwärmen auf 45° sehr in seiner Wirksam- keit abgeschwächt, wird aber erst ganz wirkungslos durch halbstündiges Erwärmen in Hummerserum auf 50° oder 52°. Nur in einem Falle, in dem nicht erwärmtes Hummerplasma, das kurze Zeit nach Anstellen des Versuchs spontan gerann, benutzt wurde, schien ein '/; Stunde auf 50° und ein anderes auf 52° erwärmtes Stück Zellfibrin die bald eintretende spontane Ge- rinnung unwesentlich zu beschleunigen. Diese Beschleunigung, die unter keinen anderen Bedingungen auftrat, ist vermutlich nicht auf die spezifische wärmeempfindliche gerinnungsbe- schleunigende Substanz, sondern auf andere nicht spezifische Substanzen zu beziehen. 3 ccm HP (auf 52° erwärmt) +1 cem FiE (!/s Stunde auf 45° er- wärmt), noch nicht koaguliert nach 2 Stunden 10 Min. 3 ccm HP (auf 52° erwärmt) + 1 ccm FiE (nicht erwärmt), koaguliert nach 4 Min. 3 cem HP (auf 52° erwärmt) + 1 cem FiE (Vs Stunde auf 45° er- wärmt), noch nicht koaguliert am nächsten Morgen. 3 cem HP (auf 52° erwärmt) + 1 ccm FiE (!. Stunde auf 52° er- wärmt), noch nieht koaguliert am nächsten Morgen. 3 ccm HP (auf 52° erwärmt) + ein Stück festes Fibrin (in Serum !/, Stunde auf 52° erwärmt), noch nicht koaguliert am nächsten Morgen. 3 cem HP (auf 52° erwärmt) + ein Stück festes Fibrin (in Serum ls Stunde auf 45° erwärmt‘, koaguliert nach 2 Stunden 20 Min. bis 2 Stunden 40 Min. 3 cem HP (auf 52° erwärmt) + ein Stück festes Fibrin (nicht er- wärmt), koaguliert nach 28 Min. c) Wenn innerhalb gewisser Grenzen verdünntes, nicht erwärmtes Hurmmerplasma der spontanen Koagulation nahe ist, so genügen sehr geringe Mengen Muskelextrakt und noch ge- ringere Mengen Zellfibrinextrakt als gewöhnlich, um es bald Untersuchungen über Blutgerinnung. 267 ganz zur Gerinnung zu bringen. Möglicher Weise wirken unter diesen Umständen auch andere Substanzen beschleunigend. Auf 52° erwärmtes Hummerplasma bleibt während mehrerer Tage in seinem Verhalten gegen die beiden Extrakte ungefähr gleich. Hummerplasma, das '/, Stunde auf 52° erwärmt war, hat nur sehr wenig in seiner Reaktionsfähigkeit gegenüber Muskelextrakt eingebüßt. 3 cem HP (nicht erwärmt) + !/a cem ME (1:3 verdünnt), koaguliert nach 1 Min. 25 Sek. 3 cem HP (nicht erwärmt) + Ys ccm ME (1:9 verdünnt), koaguliert nach 2 Min. 10 Sek. 3 ccm HP (auf 52° erwärmt) + !/s com ME (1:3 verdünnt), koaguliert nach 1 Min. 40 Sek. 3 ccm HP (auf 52° erwärmt) 4 'ı ccmME (1:9 verdünnt), koaguliert nach 3 Min. 25 Sek. Stärker kann die Abnahme der Wirksamkeit von Zellfibrin- extrakt sein. 3 ccm HP (nicht erwärmt) +1 ccm FiE (mit Plasma extrahiert), koa- guliert nach 23 Min. bis 25 Min. 3 cem HP (auf 52° erwärmt) + 1 ccm FiE (mit Plasma extrahiert), koaguliert nach 1 Stunde 5 Min. 3 cem HP (nicht erwärmt) +1 ccm FiE (in Serum), koaguliert nach 16 Min. bis 17 Vs Min. 3 cem HP (auf 52° erwärmt) + 1 ccm FiE (in Serum), koaguliert nach 50 Min. Wird Hummerplasma eine halbe Stunde auf 56° erwärmt, so wird ein kleiner Teil der Eiweißstoffe koaguliert. Trotzdem ist der Unterschied in der Reaktion gegen Muskelextrakt zwischen dem auf 56° und auf 52° erwärmten Plasma nur gering. 3 cem HP (%s Stunde auf 56° erwärmt) + !a ccm ME -+1!/, ccm 4proz. NaCl-Lösung, koaguliert nach 3 Min. 50 Sek, bis 4 Min. 30 Sek. 3 ccm HP ('’s Stunde auf 56° erwärmt) + Ys cem ME + !/, ccm H,O, koaguliert nach 5 Min. 10 Sek. bis 6 Min. 3 cemHP (auf 52° erwärmt) + !/, ccm 4 proz. NaCl-Lösung, koaguliert nach 3 Min. 40 Sek. 3 ccm HP (auf 52° erwärmt) + !/s ccm H2O, koaguliert nach 4 Min, 15 Sek. bis 6 Min. In einem Falle, in dem sehr schwaches Muskelextrakt, das durch nur zweistündige Extraktion gewonnen war, benutzt wurde, wurde die Ge- rinnungszeit von 8 Minuten (in dem auf 52° erwärmten Plasma) auf 16 Minuten (in auf 56° erwärmtem Plasma) erhöht. Aus diesen Versuchen ergibt sich, daß, wenn Hummerplasma einer höheren Temperatur ausgesetzt war, als genügt, um ein mit Serum hergestelltes Zellfibrinextrakt oder die im Zellfibrin enthaltenen gerinnungsbefördernden Substanzen unwirksam zu machen, Muskelextrakt noch darauf sehr wirksam ist und 268 Leo Loeb, die Gerinnung des erwärmten Hummerplasmas fast ebenso schnell herbeiführt wie die des nicht erwärmten. Ferner ergibt sich aus diesen Versuchen, daß ohne Hinzufügen von Muskelextrakt aus den Blutzellen des Hummers mit destilliertem Wasser oder mit 4proz. Kochsalzlösung, der Caleiumchlorid zugefügt wurde, oder mit anderen Flüssigkeiten das Hummerplasma zur Gerinnung bringende Substanzen extrahiert werden können. Einfluß der Verdünnung des Hummerplasmas auf die gerinnungsbefördernde Wirkung des Muskel- extrakts und des Zellfibrinextrakts. Es kamen zwei verschiedene Muskelextrakte zur Verwendung. Das eine war älter und hatte deutlich Fäulnisgeruch (I), das andere war frischer (II). Die Verdünnung des Hummerplasmas wurde durch destilliertes Wasser hergestellt. 3 ccm HP (unverdünnt) + Y«ı cem ME (II), ir nach 1 Min. 30 Sek. bis 2 Min. 30 Sek. 3 ccm HP (unverdünnt) + '/s ccm ME (D), koaguliert nach 2 Min. bis 4'/ Min. 3 ccm HP (1:2 dest. H»O) + !/k ccm ME (I), koaguliert nach 31 Min. 30 Sek. bis 43 Min. 30 Sek. (nicht festes Koagulum). 8 cem HP (1:2 dest. H3O) + "/;ccm ME (I), Koagulation beginnt nach 14 Min. 20 Sek.; sie wird nicht vollständig. 3 ccm HP (1:4 dest. Hz0) + Yı cem ME (ID, noch nicht koaguliert nach 2 Stunden 54 Min. 3 ccm HP (1:4 dest. H»0) + 1a cem ME (I), noch nicht koaguliert nach 3 Stunden. 3 cem HP (1:8 dest. H,O) +!/, cem ME (I und II), noch nicht koa- guliert nach 3 Stunden. 3 cem HP (unverdünnt) +1 ccmFiE (in Serum extrahiert), koaguliert nach 6'J; Min. bis 10 Min. 10 Sek. 3 cem HP (1:2 dest. Hs0) +1 ccm FiE (in Serum extrahiert), koa- guliert nach 6 Min. 15 Sek. bis 10 Min. 10 Sek. (nicht festes Koagulum). 3 cem HP (1:4 dest. H3O)-+1 ccm FiE (in Serum extrahiert), nach 8 Min. Fäden, nach 9 Min. 40 Sek. loses, spinnwebenartiges Netz. 3 ccm HP (1:8 dest. H»0) +1 ccm FiE (in Serum extrahiert), nach 10 Min. schwache Trübung, nach 19 Min, schwacher Fibrinbelag am Boden. Während gegenüber unverdünntem Hummerplasma Muskel- extrakt viel wirksamer ist, als Zellfibrinextrakt, nimmt bei Ver- dünnung des Hummerplasmas die Zeit bis zum Beginn der Ge- rinnung sehr schnell zu, und in vierfach verdünntem Hummerplasma ist Muskelextrakt wirkungslos. Zellfibrinextrakt hingegen bewirkt sogar noch nach achtfacher Verdünnung des Hummerplasmas eine geringfügige Gerinnung. Bei Verdünnung des Hummer- plasmas nimmt die Gerinnungszeit nur wenig zu, hingegen nimmt Untersuchungen über Blutgerinnung. 269 die Menge des gebildeten Gerinnsels bei zunehmender Ver- dünnung stark ab.*) Einfluß der Verdünnung des Zellfibrinextraktes: Läßt man auf 3 ccm Hummerplasma Zellfibrinextrakt in auf- steigender Verdünnung wirken, so nimmt die Zeit, bei der die Gerinnung des Hummerplasmas beginnt, mit der Verdünnung zu. Die Zunahme der Zeit war in einigen Versuchen bei gewissen Verdünnungsgraden beinahe der Verdünnung direkt arithmetisch proportional. Doch findet man, daß gewöhnlich mit der Zu- nahme der Verdünnung die Zeit stärker wächst, als der Ver- dünnung entspräche, so daß schließlich bei starker Verdünnung die Gerinnung ganz ausbleibt. Bei stärkeren Konzentrationen kann umgekehrt die Zeit weniger abnehmen, als die Verdünnung. Doch sind oit die Abweichungen von der direkten Proportionalität nicht groß. 3 cem HP +1 ccm FiE (in Serum) (unverdünnt), Koaguliert nach 4 Min. 45 Sek. bis 5 Min. 45 Sek. 3 cam HP +1 ccm FiE (in Serum) (L:2 dest. H»0), koaguliert nach 8 Min. 10 Sek. bis 13 Min. 55 Sek. 3 cem HP-+1 ccm FiE (in Serum) (1:4 dest. Hs0), koaguliert nach 17 Min. 15 Sek. bis 25 Min. 20 Sek. 3 cem HP -+1 ccm FiE (in Serum) (1:8 dest. H,O), koaguliert nach 41 Min. 30 Sek. bis 48 Min. 30 Sek. 3 ccomHP +1 ccm FiE (in Serum) (1:16 dest. H,O), koaguliert nach 1 Stunde 34 Min. bis 2 Stunden 9 Min. 3 com HP +1 ccm FiE (in Serum) (1:32 dest. Hz0), nach 5 Stunden 42 Min. beginnende Koagulation. Nimmt man die Verdünnung mit einer 4proz. NaCl-Lösung vor, so ist die Gerinnungszeit gewöhnlich größer, als wenn die Verdünnung mit destilliertem Wasser vorgenommen wird. Eine 4proz. NaCl-Lösung hat im Vergleich zu H,O einen wenn auch nur unbedeutend hemmenden Einfluß auf die Gerinnung; das tritt besonders bei stärkeren Verdünnungsgraden hervor und ist deswegen bemerkenswert, weil unter dem Einfluß von Muskel- extrakt bei Verdünnung mit einer 4proz. Kochsalzlösung die Ge- rinnnung meist schneller eintritt, als bei Verdünnung mit H,O. 3 cem HP + '/; cem FiE (in Serum) + 1?/a ccm 4proz. NaCl-Lösung, nach 51 Min. beginnende Koagulation. 3 ccm HP-+ Y4 cem FiE (in Serum) + 1?/a ccm dest.H.O, Koaguliert nach 28 Min. bis 57 Min. *) Da das Ergebnis dieses Versuches in Übereinstimmung steht mit dem früherer Versuche, die mit Muskelstücken und Zellfibrin selbst aus- geführt waren, wurde vorläufig nur ein Versuch ausgeführt. Bei sich bietender Gelegenheit sollen weitere ähnliche Versuche gemacht werden. 70 Leo Loeb, 3 com HP + !/s ccm FiE (in Serum) + 1!/g cem 4proz. NaCl-Lösung, koaguliert nach 25 Min. bis 46 Min. | 3 ccm HP + Ya ccm FiE (in Serum) + 1Y/g ccm dest. H>0, koaguliert nach 15 Min. bis 29 Min. 3 com HP + 1 cem FiE (in Serum) + 1 cem 4proz. NaCl-Lösung, koaguliert nach 13 Min. bis 29 Min. | 3 com HP +1 ccm FiE (in Serum) + 1 ccm dest. H30, koaguliert nach 7!/; Min. bis 27 Min. Gewöhnlich sind jedoch die Unterschiede etwas geringer als in diesem Versuche. Einfluß der Verdünnung des Muskelextraktes auf die Gerinnungszeit. Über eine gerinnungshemmende Substanz im Muskelextrakt. Die Kurve der Gerinnungszeiten bei Verdünnung des Muskelextrakts wird kompliziert durch die Tatsache, daß im Muskelextrakt neben der gerinnungsbeschleunigenden Substanz, dem Gewebskoagulin, eine das Gewebskoagulin, und Zellfibrin hemmende Substanz vorhanden ist. So kommt es, daß bei Zu- satz ven mehr als ';, ccm Muskelextrakt die Gerinnungszeit erst entweder stationär bleibt, dann aber bei Zusatz von 1 cem oder von 2 ccm Muskelextrakt sehr stark anwächst, oder daß schon bei Zusatz von '; ccm Extrakt die Gerinnung später eintritt, als bei Zusatz von '/, ccm. Bei Verringerung des zugesetzten Muskelextraktes ist zuerst nur ein sehr geringfügiger Zuwachs an Zeit nachzuweisen; dann aber wird der Zuwachs stärker als einer einfachen Proportionalität entspricht. Die Abweichung von der einfachen Proportionalität ist in einigen Versuchen nur gering, in anderen stärker. 3 cem HP + Ysccm ME (unverdünnt), koaguliert nach 2 Min. 20 Sek. bis 3 Min. 30 Sek. 3 cem HP + Y4 ccm ME (1:2 dest. H20), koaguliert nach 3 Min. 15 Sek. bis 4 Min. 55 Sek. 3 cem HP + !/s ccm ME (1:4 dest. Hz0), koaguliert nach 5 Min. 45 Sek. bis 9 Min. 45 Sek. 3 cem HP + !/, cem ME (1:8 dest. H20), koaguliert nach 13 Min, 35 Sek. bis 21 Min. 20 Sek. 3 con HP + !/, ccem ME (Ll: 16 dest. HzO), koaguliert nach 30 Min. 5 Sek. bis 57 Min. 3 com HP + !/; cem ME (1:32 dest. H»z0), noch nicht koaguliert nach 4 Stunden 48 Min. Daß die Zunahme der Gerinnungszeit bei Zunahme der Menge des Muskelextraktes über ein gewisses Maß hinaus durch die Anwesenheit einer von der gerinnungsbefördernden Substanz ver- schiedenen Substanz im Muskelextrakt verursacht wird, geht daraus hervor, daß Muskelextrakt, das "s Stunde auf 56° oder Untersuchungen über Blutgerinnung. 971 auf 80° erwärmt war und deshalb die gerinnungsbeschleunigende Wirkung eingebüßt hat, doch noch die gerinnungshemmende Wirkung besitzt. | 3 com HP-+! ccm ME (verdünnt 1:9), koaguliert nach 3 Min. 25 Sek. bis 4 Min. 3 com HP + !/ı com ME (verdünnt 1:9) + !/ı ccm 4proz. NaCl-Lösung, koaguliert nach 4 Min. 40 Sek. bis 4 Min. 50 Sek. 3 com PH + 4 cem ME (verdünnt 1:9)-+!4 ccm ME (vorher eine halbe Stunde auf 56° erwärmt), koaguliert nach 10 Min. 20 Sek. Das auf die angegebene Weise hergestellte Muskelextrakt reagiert sauer. Da die gerinnungshemmende Wirkung von Muskel- extrakt auch nach stattgehabter Neutralisation mit '/, proz. NaOH nicht verschwindet, so ist die vorhandene Säure wahrscheinlich nicht die gerinnungshemmende Substanz. Während die gerinnungs- beschleunigende Wirkung des Zellfibrinextraktes gewöhnlich mehr durch Verdünnung mit #proz. Kochsalzlösung als mit Wasser ge- hemmt wird, wird jene des Muskelextrakts umgekehrt durch Verdünnen mit destilliertem Wasser mehr gehemmt als durch Verdünnung mit 4proz. Kochsalzlösung. 3 ccm HP+1 ccm ME-+ 1 cem dest. HzO, koaguliert nach 12 Min. 50 Sek. bis 15 Min. 50 Sek. 3 ccm HP+1 ccm ME +1 ccm 4proz. NaCl-Lösung, koaguliert nach 9 Min, 35 Sek, bis 13 Min. 50 Sek. 3 com HP + !/s ccm ME + 1!/a ccm dest. H»0, koaguliert nach 14 Min. bis 18 Min. 3 ccm HP + !r cem ME + 1'/, ccm 4proz. NaCl-Lösung, koaguliert nach 41/s Min. bis 7 Min. 3 ccm HP +! ccm ME -+ 1°/s ccm dest. Hz0, koaguliert nach 11 Min. bis 17 Min. 3 ccm HP + !/a ccm ME + 1?/s ccm 4proz. NaUl-Lösung, koaguliert nach 4 Min. bis 6 Min. 10 Sek. Während Muskelextrakt von Limulus auf Hummerplasma nicht gerinnungsbeschleunigend wirkt, ist die auf Hummerplasma gerinnungshemmend wirkende Substanz darin vorhanden. !/, ccm Muskelextrakt des Limulus hemmt merklich die Wirkung von !/; eem Muskelextrakt des Hummers. Hingegen ist diese hemmende Substanz nicht im Limulusserum und soweit sich durch Extraktion feststellen ließ, auch nicht in den Blutzellen von Limulus vorhanden. Einfluß des Zusatzes von Cal], auf die Gerinnung des Hummerplasmas. Zusatz von 0,05 bis 0,1 cem einer m-CaÜUl,-Lösung oder von 0,1 bis 0,25 ccm einer .2-CaCl,-Lösung verstärkt die Wirkung von 1 cem Zellfibrinextrakt (zur Extraktion wurde gewöhnlich Serum verwandt) nicht oder nur sehr unbedeutend, 272 Leo Loeb, 3 ccm HP-+0,1 ccm —-CaCh-Lösung +1 cem FiE, koaguliert nach 13 Min. 10 Sek. bis 14 Min. 10 Sek. 3 cem HP + 0,25 cem =-Ca Cl,-Lösung + 1 cem FiE, koaguliert nach 13 Min. 50 Sek. bis 14 Min. 10 Sek. 3 ccm HP + 0,25 ccm 4proz. NaCl-Lösung + 1 ccm FiE, koaguliert nach 13 Min. 40 Sek. 3 com HP + 0,1 ecm 4proz. NaCl-Lösung + 1 ccm FiE, koaguliert nach 12 Min. 35 Sek Hingegen beschleunigt Zusatz von 0,05 ccm einer 2 m-CaQl],- Lösung, von 0,05 bis 0,1 ccm einer m-CaCl,-Lösung und 0,1 bis 0,25 cem einer ®-CaCl,-Lösung zu '/, cem Muskelextrakt +3 ccm Hummerplasma die Gerinnung merklich, oft fast um das Doppelte. 3 com HP +0,1cem 7-CaCl,-Lösung + '/, ccm ME, koaguliert nach ı Min. 25 Sek. bis 2 Min. 3 ccm HP + 0,25 ccm =-CaCl,-Lösung + '/, com ME, koaguliert nach 1 Min. 35 Sek. bis 2 Min. 10 Sek. 3 cem HP +0,1 ccm 4proz. NaCl-Lösung + '/, cem ME, koaguliert nach 3'/, Min. bis 4 Min. 10 Sek. 3 cem HP + 0,25 ccm 4 proz. NaCl-Lösung + !/, ccm ME, koaguliert nach 3 Min. 45 Sek. bis 4 Min. 35 Sek. Die Gerinnung des nicht erwärmten und nicht verdünnten Hummerplasmas, welche nach kürzerer oder längerer Zeit an- scheinend spontan eintritt, wurde durch CaCl, (0,05 ccm einer 2 m-CaC];-Lösung oder 0,1 bis 0,25 cem einer =-CaCl»- Lösung zu 3 cem Hummerplasma) nicht oder nur geringfügig beschleunigt, falls die spontane Gerinnung bald eintrat; hingegen erfolgte eine deutliche, wenn auch nicht sehr beträchtliche Beschleunigung in einem Falle, wo die spontane Koagulation erst spät eintrat. In den Kontrollversuchen wurde zu dem Plasma eine gleiche Menge einer äquimolekularen NaCl-Lösung zugesetzt. Vergleichen wir ähnlich, wie dies bei der Wirkung von Muskel- extrakt und Zellfibrinextrakt gegenüber erwärmtem Hummer- plasma geschah, die Wirkung des Zusatzes von 1 bis 3 ecm einer 4proz. Kochsalzlösung mit dem der gleichen Menge von destiiliertem Wasser gegenüber unverdünntem, nicht erwärmtem, spontan gerinnendem Hummerplasma, so zeigt sich, daß Ver- dünnung mit 4proz. Kochsalzlösung die Gerinnung stärker hemmt, als Verdünnung mit Wasser. Das Verhalten des spontan gerinnenden und des erwärmten Hummerplasmas nach Zusatz von Muskelextrakt und Zellfibrin- extrakt gegenüber Verdünnungsmitteln, sowie gegenüber Calcium- chlorid weist- vielleicht darauf hin, daß bei der anscheinend spentanen Gerinnung des Hummerplasmas eine mit der im Zell- Untersuchungen über Blutgerinnung. 273 fibrinextrakt vorhandenen identische oder ihr ähnliche Substanz tätig ist. Dies ist ja auch deswegen nicht unwahrscheinlich, weil vor seiner Entfernung das Zellfibrin eine kurze Zeit lang mit dem Plasma in Kontakt ist und ein Teil der im Zellfibrin vor- handenen wirksamen Substanz extrahiert werden kann. In kleinen Mengen (0,1 ccm einer m-Lösung) begünstigen auch Strontiumchlorid und Baryumchlorid die Wirkung des Muskelextraktes. MnÜl, hingegen wirkt nicht beschleunigend. In größeren Mengen als den oben angegebenen hemmen die - Salze zweiwertiger Metalle die Gerinnung. Setzt man zu 3 ccm Hummerplasma 1 ccm einer 4 m-NaCl-Lösung, so bewirkt darauffolgendes Zufügen von !/, ccm Muskelextrakt keine Ge- rinnung. Zusatz von 1 ccm einer 2 m-NaÜl-Lösung hemmt die unter dem Einfluß von Muskelextrakt stattfindende Gerinnung, ohne sie ge- wöhnlich ganz aufzuheben. Unter diesen‘ Umständen hat Zusatz ge- ringer Mengen von CaÜl,, SrCl,, BaCl,, zu einer Mischung von Muskel- extrakt, Hummerplasma und 1 ccm einer 4 m- oder 2 m-NaCl-Lösung eine die Gerinnung beschleunigende Wirkung. Aber es ist nicht möglich, durch Zusatz dieser Salze die Wirkung einer 4 m-NaCl-Lösung zu neutralisieren. Also der Zusatz stark konzentrierter Salzlösung zu Plasma wirkt nicht allein durch Herabsetzung der Menge verfügbarer Ca-lonen (Sabbatani) gerinnungshemmend. Wie Zellfibrinextrakt im Vergleich mit Muskelextrakt durch Chiorcaleiumzusatz weniger in seiner Wirkung verstärkt wird, und wie es unempfindlicher gegen Ca-Entziehung ist als Muskel- extrakt, so wird die koagulationsbeschleunigende Wirkung von 1 ccm Zellfibrinextrakt durch Zusatz von 1 ccm einer 4 m-NaÜl- lösung nur herabgesetzt, nicht aufgehoben. Zellfibrinextrakt ist resistenter gegenüber dem Zusatz von konzentrierter Kochsalz- lösung als Muskelextrakt. Einfluß von Kaliumoxalat auf die Gerinnung des Hummerplasmas. Versetzen wir 3 ccm Hummerplasma mit 0,1 oder 0,25 ccm einer "-Kaliumoxalatlösung, so ist frisches Zellfibrin nicht mehr imstande, in einem solchen Plasma Gerinnung hervorzurufen. Wird jedoch die der Oxalatlösung gleiche Menge einer *-CaQ],- Lösung zu dem ÖOxalatplasma zugefügt, so kann nachträglicher Zusatz von Zellfibrin Gerinnung bewirken. 3 ccm Hummerplasma, zu dem 0,1 oder 0,25 ccm einer ”-Kaliumoxalatlösung zugefügt wurde, kann durch 1 ccm Zellfibrinextrakt (in Serum) nicht zur Gerinnung gebracht werden, auch dann nicht, wenn nach dem Zusatz des Zellfibrinextraktes die gleiche oder eine etwas größere Menge einer ”-CaÜl,-Lösung zugefügt wird. Das entstehende Beitr. z. chem. Physiologie. VI. h 18 274 Leo Loeb, Ca-Oxalat reißt vielleicht die gerinnungsbeschleunigende Sub- stanz nieder. Stellen wir durch Mischung von Caleiumchlorid und Kalium- oxalat Calciumoxalat her, welches nach dem Waschen kein Kaliumoxalat enthält, so hebt Zusatz dieser Substanz zu Hummer- plasma nicht die gerinnungsbeschleunigende Wirkung von nach- träglich zugesetztem Muskel- oder Zellfibrinextrakt auf. In 3 cem Hummerplasma, zu dem 0,1 ccm einer - - Kaliumoxalatlösung zugesetzt wurde, kann durch !/, ccm Muskelextrakt keine Gerinnung hervor- gebracht werden. Wird jedoch zu einer solchen Mischung nachträglich die gleiche oder eine größere Menge einer -CaCl,-Lösung zugesetzt, so tritt die Gerinnung ein, im Gegensatz zu dem Verhalten des Zellfibrin- extraktes, das, falls CaC]l, nach dem ne zugesetzt wird, un- wirksam ist. Dies gilt für Zusatz von 0,1 cem = -Oxalat und von 0,1 cem —-Ca Cl, *). Einfluß von Natriumfluorid auf die Gerinnung des Hummerplasmas. | Fügen wir zu 3 com Hummerplasma 0,1 ccm einer "*- Fluor- natriumlösung, so wird die unter dem Einfluß von '/; ccm Muskel- extrakt stattfindende Gerinnung nur verzögert, nicht aber auf- gehoben. Fügt man 0,25 ccm einer "-NaF-Lösung oder mehr hinzu, so bleibt Zusatz von '/, cam Muskelextrakt ganz unwirksam. Nur in einem Falle, in dem das Muskelextrakt kräftiger als gewöhnlich war, bewirkte '/, ccm Muskelextrakt eine allerdings sehr langsame und geringfügige Gerinnung. Zusatz von einem Tropfen einer '}-CaCl,-Lösung beschleunigte in diesem Falle die Gerinnung bedeutend. Durch Zufügen einer genügenden Menge von or zu dem mit Muskelextrakt und mit 0,25 bis 0,5 ccm einer #-NaF-Lösung gemischten Plasma kann noch nachträglich Gerinnung en werden, auch wenn das Muskelextrakt sich vorher längere Zeit in dem Fluoridplasma befunden hatte, ohne Gerinnung zu bewirken. Wirksamer als Muskelextrakt gegenüber Fluoridplasma ist Zellfibrinextrakt. Während '/, cam Muskelextrakt wirkungslos ist, wenn 0,25 cem einer ”-NaF-Lösung zu 3 cem Hummerplasma- zugesetzt werden, ist 1 cem Zellfibrinextrakt imstande, in 3 ccm Plasma + 0,25 ccm einer ”-NaF-Lösung Gerinnung zu bewirken, allerdings langsamer wie gewöhnlich. Sogar in 3 ccm Hummer- - . m . *), Wurde 0,25 cem oder 0,5 ccm einer — Oxalatlösung zugesetzt, so trat auch nach starkem Zusatz von CaC], nur verzögerte und unvollständige Gerinnung ein, Untersuchungen über Blutgerinnung. 275 plasma + 0,5 cem einer "-NaF-Lösung tritt Gerinnung ein, die- selbe bleibt aber unvollständig. Bei Zusatz von 0,1 ccm einer m.NaF-Lösung ist die Verzögerung der durch Fibrinextrakt be- wirkten Gerinnung nur unbedeutend. Also 1 cem Zellfibrinextrakt ist viel wirksamer dem Fluorid- plasma gegenüber als '/, cem Muskelextrakt. 3 ccm HP + 0,25 ccm 2-NaF + °/, ccm FiE, koaguliert nach 6 Min. 5 Sek. 3 cem HP +5/, ccm FiE, koaguliert nach 5 Min. 50 Sek. bis 6 Min. 20 Sek. 3 ccm HP + 0,25 ccm ze NaF + 1cem FiIiE+!/,ccm ME, koaguliert nach 6 Min. 15 Sek. 3 ccm HP + 0,25 ccm —-NaF + 1 ecm FiE, koaguliert nach 9 Min. 3 cem HP +1 ccm FiE, koaguliert nach 6 Min. 35 Sek. bis 8 Min. 5 Sek. 3 cem HP + 0,25 cem =-NaF + !/, ccm ME, noch nicht koaguliert nach 31'/, Min. / 3 cem HP + 0,25 ecm =-NaF+!j, cem ME + °/, ccm Hummerserum ('k Stunde auf 56° erwärmt), noch nicht koaguliert nach 33 Min. 3 ccm HP + 0,25 ccm =-NaF + 1, ccm ME + 1 ccm Hummerserum (!/, Stunde auf 56° erwärmt), noch nicht koaguliert nach 18 Min. Dieser Versuch zeigt auch, daß Zellfibrinextrakt seine stärkere Wirkung nicht der größeren Flüssigkeitsmenge, die zugesetzt wurde, oder dem im Serum enthaltenen Calcium verdankt. Gerinnung von Fibrinogenlösungen. Eine Fibrinogenlösung wurde in ähnlicher Weise wie früher von Halliburton*) hergestellt. Das Blut von durchschnittlich 20 Hummern wurde in einer gesättigten NaCl-Lösung aufgefangen, nachdem das Blut eines jeden Hummers nach dem Ausfließen möglichst bald filtriert worden war, um das Zellfibrin zu entfernen. Sodann wurde Chlornatrium in Substanz zugefügt, um die Lösung mit Kochsalz zu sättigen, und nach 5 bis 9 Stunden, während welcher Zeit häufig umgeschüttelt wurde, wurde die Flüssigkeit über Nacht filtriert**). Am nächsten Morgen wurde der Niederschlag, soweit er löslich war, mit destilliertem Wasser aufgelöst, wobei etwas zurückgebliebenes Kochsalz mit in Lösung ging. Die Quantität des zur Verfügung stehenden Hummerblutes genügte nicht, um wiederholte Auflösung und Fällung des Fibrinogens zu gestatten. *) On the blood of Decapod Crustacea. Journal of Physiol. 6. ; **) Das Filtrat hatte eine blaue Farbe, welche wohl von Hämocyanin herrührte; der auf dem Filter bleibende Niederschlag hatte den braunen Farbstoff zurückgehalten. Dieser ist vermutlich auf die Wirkung von Tyrosinase (v. Fürth u. Schneider, Diese Beiträge 1, 229, 1991) zurück- zuführen, da das Plasma die dunkelbraune Farbe in Kontakt mit der Luft annimmt. , 18* 276 Leo Loeb, Diese Fibrinogenlösungen gerannen nun mit Zellfibrinextrakt, aber langsamer als Hummerplasma. Sie gerannen jedoch ge- wöhnlich nicht mit Muskelextrakt. Wurde jedoch nach dem Muskelextrakt eine kleine Menge (0,1—0,25 ccm) einer — - Caleium- chloridlösung zu 3 ccm Fibrinogenlösung hinzugefügt, so trat bald Gerinnung ein. Chlorcaleciumzusatz allein brachte solche Fibrinogenlösungen nicht zur Gerinnung. In einem Falle war Muskelextrakt allein imstande, Gerinnung herbeizuführen. Aber sobald dieses Muskelextrakt verdünnt wurde, wurde es gegen- über der Fibrinogenlösung wirkungslos, während es dann noch wirksam gegenüber Hummerplasma war. Wurde nun diesem un- wirksamen Muskelextrakt CaÜl, hinzugefügt, so führte die Mischung bald Gerinnung der Fibrinogenlösung herbei. 3 ccm Fibrinogenlösung + 1cem FiE, koaguliert nach 4 Min. 40 Sek. 3 cem Fibrinogenlösung + ®?/, ccm FiE +!/, cem H,O, koaguliert nach 6 Min. 45 Sek. 3 ccm Fibrinogenlösung + !/; com FiE + !/, ccm H,O, koaguliert nach 10 Min. 15 Sek. 3 ccm Fibrinogenlösung + !/;, ccm FiE + ?/, ccm H,O, koaguliert nach ungefähr 35 Min. 3 cem Fibrinogenlösung + ®/,cem FiE + !/, cem ME, koaguliert nach 10 Min, 20 Sek. bis 11 Min. 50 Sek. 3 cem Fibrinogenlösung + !/);, cem FiE + !, cem ME, koaguliert nach 21 Min. 15 Sek. bis 24 Min. 3 cem Fibrinogenlösung + !/;, cem FiE + ®/, cem ME, koaguliert nach 1 Stunde 15 Min. bis 1 Stunde 39 Min. 3 cem Fibrinogenlösung + !/, cem ME, noch nicht koaguliert nach 9'!/, Stunden. 3 ccm Fibrinogenlösung + '/, ccm ME, noch nicht koaguliert nach 51 Min. Nach 51 Minuten 0,2 cem Call, hinzugefügt, koaguliert nach 3'/, Min. 3 ccm Fibrinogenlösung + ?/, cem FiE, koaguliert nach 22 Min. bis 33 Min. 3 cem Fibrinogenlösung + !/, ccem ME + 0,1 ccm nach 6 Min. 3 ccm Fibrinogenlösung + !/, cem ME + 0,25 ccm nach 6 Min. 3 ccm Fibrinogenlösung + 1cem FiE, koaguliert nach 25'/, Min. bis 34'/, Min. (fast ganz koaguliert). 3 cem Fibrinogenlösung + !/;, cem ME +1 ccm FiE + 0,1 cem = CaCl,, koaguliert nach 6 Min. 3 cem Fibrinogenlösung + ! cem ME + 1 ccm FiE + 0,25 ccm = CaCl,, koaguliert nach 5 Min. Also Muskelextrakt wird noch wirksam gemacht, wenn eine Stunde nach Mischung des Muskelextraktes mit der Fiber lösung, Caleiumchlorid zugesetzt wird. m rY -CaQCl,, koaguliert -CaCl,,koaguliert m E% Untersuchungen über Blutgerinnung. 977 Kombination von Muskelextrakt mit Serum oder Zellfibrinextrakt. Aus diesen beiden Versuchsreihen ergibt sich ferner, daß eine Aktivierung durch Vermischen von Zellfibrinextrakt (in Serum) und Muskelextrakt Fibrinogen gegenüber auch dann nicht statt- fand, wenn der Mischung Calciumchlorid zugesetzt war. Ferner bewirkt vorherige Mischung von Muskelextrakt und Zellfibrin- extrakt und Calciumchlorid und darauffolgender Zusatz von Fibri- nogenlösung keine Beschleunigung der Gerinnung. Auch durch vorherige Mischung von '/ bis1 ccm Hummerplasma mit /«cem dreifach verdünntem Muskelextrakt und 0,25 cem Z-CaQl, ließ sich keine Aktivierung nachweisen. Das Hummerplasma ge- rann in einigen Minuten unter dem Einfluß des Muskelextrakts; das Serum wurde aus dem Gerinnsel ausgedrückt, und sofort wurde zu Serum und Gerinnsel (die mit dem Muskelextrakt und Calcium- chlorid gemischt waren) in mehreren Versuchen 3 cem Fibrinogen- lösung zugefügt. Während "is ccm des verdünnten Muskelextrakts + 0,25 com” CaCl, die Fibrinogenlösung in etwa 4 Minuten zur Gerinnung brachten, war in diesen Versuchen noch nach 1 Stunde keine Gerinnung eingetreten. (Vielleicht war ein Teil des Muskel- extrakts in dem aus dem Plasma gebildeten Gerinnsel eingeschlossen.) Eine Mischung von Muskelextrakt mit Serum oder mit Zellfibrin- extrakt in Serum oder eine Mischung von Chlorcaleium und Zellfibrinextrakt und Muskelextrakt zeigen Fluoridplasma gegen- über nur eine solche Wirkung, wie sie durch Addition erklärt werden kann. (Vergl. Versuch S. 275; in diesem Versuch ist 1 ccm FiE -+ '/); com ME nicht wirksamer als °/ı ccm FiE. Also liegt eine aktivierende Wirkung nicht vor.) In einer größeren Anzahl von Versuchen wurde geprüft, ob Mischung von Serum und Muskelextrakt oder von Zellfibrin- extrakt und Muskelextrakt Hummerplasma gegenüber, das ge- wöhnlich auf 52° erwärmt war, eine viel stärkere Wirkung aus- übe, als eine der Komponenten allein. Eine Beschleunigung, die so stark gewesen wäre, daß man eine durch die Kombination bewirkte Neubildung von Ferment annehmen könnte, wurde nicht beobachtet. Setzte man Serum zu !/); ccm Muskelextrakt, so war dieser Zusatz in der Mehrzahl der Fälle etwas wirksamer als der Zusatz der gleichen Menge einer 4proz. Kochsalzlösung. Eine 4proz. NaCl-Lösung wirkte günstiger als destilliertes H;0; und der Unterschied zwischen Serum und 4proz. NaCl- Lösung war gewöhnlich geringer als der zwischen einer 4proz. 278 Leo Loeb, NaCl-Lösung und destilliertem H;O. Zudem war !/, bis '/; Stunde auf 80° erwärmtes Serum noch ebenso wirksam oder fast ebenso wirksam wie nicht erwärmtes. In keinem Falle war der Zusatz von Serum wirksamer, als eine kleine Menge Calciumchlorid- Lösung, gewöhnlich war Zusatz von Serum weniger wirksam. Das gleiche gilt für Zusatz von Zellfibrinextrakt zu Muskelextrakt. Es könnte hier nur eine additive Wirkung in Betracht kommen. ö ccm HP -+!/, cem ME (9fach verdünnt) +.!/, ccm dest. H,O, koa- guliert nach 4 Min. 40 Sek. bis 5 Min. 25 Sek. 3 com HP-+%, cem ME (9fach verdünnt) + '/, ccm Serum, koaguliert nach 4 Min. 20 Sek. bis 4 Min. 55 Sek. 3 ccm HP +'/, ccm ME (9fach verdünnt) + Y/, ccm Serum (!/, Stunde auf 56° erwärmt), koaguliert nach 4!/, Min. bis 5 Min. 20 Sek. Man mischt !/, cem ME (1:9)+, ecm FiE und fügt nach 3'!/, Min. 3 cem HP hinzu; koaguliert nach 4 Min. 45 Sek. bis 5 Min. 15 Sek. 3 com HP+!/,ccmME (1:9) + !/, cem FiE, koaguliert nach 4'/, Min. bis 5 Min. 3 ccm HP + !/; cemME + '/, ccm Serum, koaguliert nach 2 Min 20 Sek. 3 ccm HP+!/, ccm ME +/, ccm Serum (vorher 14 Stunde auf 56° erwärmt), koaguliert nach 1 Min. 15 Sek. 3 cem HP +!J, cem ME-+!/, cem Serum (vorher !/, Stunde auf 80° erwärmt), koaguliert nach 1 Min. 20 Sek. 3 ccm HP +!J, cem ME +!J, ccm FiE (dargestellt aus Zellfibrin, das mit Plasma extrahiert war), koaguliert nach 1 Min. 20 Sek. bis 1 Min. 30 Sek. 3 ccm HP +!/, ccm ME -+!/, ccm Seewasser (vorher !/, Stunde auf 80° erwärmt), Koaguliert nach 1 Min. 25 Sek. 3 ccm HP-+!, cem ME -+!/, ccm dest. H,O, koaguliert nach 2 Min. 10 Sek. 2 ccm HP +'/,;, ccm FiE (in Serum), koaguliert nach ungefähr 55 Min. 2 cem HP-+!l com ME + !/, cem FiE (in Serum) (!/, Stunde auf 50° erwärmt), koaguliert nach 7 Min. 2 ccm HP +! ccm ME + W, ccm FiE (in Serum) (nicht erwärmt), koaguliert nach 7 Min. 2 ccm HP +!J, ccm H,O, koaguliert nach 10 bis 12 Min. Auch in diesem Versuch ist der Unterschied zwischen Wasser und Zellfibrinextrakt in Serum sehr gering. Nur in einem Falle fand eine Beschleunigung statt, die man als eine Aktivierung hätte deuten können, wenn nicht in demselben Versuch ähnliche Mischungen diese Beschleunigung hätten vermissen lassen. 3 cem nicht erwärmtes HP +!/, com ME-+!/, ccm dest. H,O, Koa- guliert nach 13 Min. 3 ccm nicht erwärmtes HP + !/, ccm FiE (in H,O), koaguliert nach 12 Min. 3 cem nicht erwärmtes HP + !/, ccem ME + !/, 'ecm FiE (in H,O), koaguliert nach 3 Min. 10 Sek. In diesem Falle war das Muskelextrakt durch kürzere Extraktion hergestellt worden und daher schwächer, als das in den späteren Versuchen benutzte. Untersuchungen über Blutgerinnung. 279 Wirkung des Blutegelextraktes auf die Gerinnung des Hummerplasmas. Schon früher hatte ich in Versuchen, die mit gewöhnlichem Blutegelextrakt angestellt worden waren, gefunden, daß dieses Extrakt auf Arthropodenblut ohne gerinnungshemmenden Einfluß ist. Diese Versuche wurden mit dem wirksameren nach den Angaben von Franz hergestellten Hirudin wiederholt. 1/, Gramm des käuflichen (mit Thymol versetzten) Hirudins wurde in 20 ccm dest. H,O aufgelöst und die Lösung in wechselnden Mengen zu 3 cam Hummerplasma, dem Muskel- und Zellfibrinextrakt zugesetzt waren, hinzugefügt. In Kontrollversuchen wurden anstatt des Hirudins gleiche Mengen destilliertes Wasser, in dem ein Kristall Thymol eine kurze Zeit gelegen hatte, zugefügt. Es ergab sich, daß Hirudin in einer Menge, die 90 bis 30 ccm Hundeblut flüssig erhält, ohne gerinnungshemmenden Ein- fluß auf 3 ccm Hummerplasma ist. 3 ccm HP + '/, cem Thymol H,O + 1 ccm FiE, koaguliert nach 14 Min. 35 Sek. bis 16 Min. 55 Sek. | 3 cem HP + !/,;, cem Hirudinlösung + 1 ccm FiE, koaguliert nach 14 Min 40 Sek. bis 16 Min. 40 Sek. 3 ccm HP+1 ccm Thymol H,0 +, ccm ME, koaguliert nach 7 Min. i3 Sek. bis 8 Min. 43 Sek, 3 ccem HP + 1 ccm Hirudinlösung + !/, ccm ME, koaguliert nach 7 Min. 23 Sek. bis 9 Min. 3 Sek. 3 ccemHP + !/, cem Thymol H,0 + !J; ccm ME, koaguliert nach 5 Min. bis 5 Min. 40 Sek. 3 cem HP + !/, ccm Hirudinlösung + '/, cem ME, koaguliert nach 5 Min. bis 5 Min. 40 Sek. 3 ccmHP-+!/, cem Thymol H,0 + !/J, cem ME, koaguliert nach 4 Min. 3 ccm HP + !/J, cem Hirudinlösung + !/, ccm ME, koaguliert nach 4 Min. bis 4 Min. 40 Sek. II. Über den Charakter der Gerinnung des Limulusblutes. Schon früher*) habe ich Versuche mitgeteilt, die es sehr wahrscheinlich machten, daß die sogenannte Koagulation des Blutes von Limulus und vermutlich die erste Koagulation bei den übrigen Arthropoden in einer Agglutination der Blutzellen und des aus den Blutzellen ausgeflossenen Protoplasmas besteht. Auch die folgenden weiteren Versuche sprechen für diese Erklärungs- weise. 1. Es gelang nicht, aus Limulusblut Fibrinogen herzustellen, während dies, wie oben mitgeteilt, beim Hummer, der eine zweite Blutkoagulation hat, gelang. Es wurde hierbei zum Teil dieselbe Methode angewandt, die oben für Hummerblut angegeben wurde. Ein anderer Teil des Limulusblutes wurde aber in gesättigter, *) Virchows Archiv 173, 1903. — Diese Beiträge 5, 1904.' 280 Leo Loeb, auf etwa 54° erwärmter NaCl-Lösung aufgefangen, um die Ge- rinnung zu verhindern. Auch so gelang es nicht, Fibrinogen zu erhalten. Falls dennoch im Limulusblut Fibrinogen vorhanden ist. so kann es nur in sehr geringer Menge da sein. 2. Wie früher wurde Limulusblut in saturierter MgSO,- Lösung aufgefangen, wodurch die Gerinnung verhindert wurde. Ein Teil dieser Lösung wurde filtriert, ein anderer Teil wurde 4 Stunden lang unfiltriert aufbewahrt. Letzterer zeigte noch nach Ablauf dieser Zeit auf Verdünnung mit destilliertem Wasser eine Ge- rinnung, erst in der Form diffuser Wolken, dann in Form eines Spinngewebes, das sich darauf zu Fäden retrahierte. Das Filtrat gerann zu keiner Zeit und konnte auch nicht durch Zusatz von Muskel- oder Zellfibrinextrakt von Hummer oder Limulus zur Gerinnung gebracht werden. Wohl aber wurden auf Zusatz dieser Flüssigkeiten Flocken, die sich oft anscheinend spontan in Limulus- serum bilden, nach Vermischen mit dem Filtrat agglutiniert, ebenso wie andere Objekte, z. B. Spermatozoen durch Limulus- serum sehr schnell agglutiniert werden. 3. Diese Agglutinationserscheinung kann nur dann durch Auffangen des Blutes in Kaliumoxalat verhindert werden, wenn ein Überschuß von konzentrierter Lösung dieses Salzes benutzt wird. In schwächeren Kaliumoxalatlösungen findet Bildung von Zellfibrin statt. Setzt man nun zu 3 com Hummerplasma 0,1 cem einer ,-Kaliumoxalatlösung, so verhindert dieser geringe Oxalat- zusatz frisches mit frischen Schnittflächen versehenes Hummer- zellfibrin in dem Plasma Gerinnung herbeizuführen. Eine solclıe findet auch nicht in der nächsten Umgebung des Zellfibrins statt; es müßte denn sein, daß das Festkleben des Zellfibrins auf der Unterlage auf Ausscheidung von Fibrin beruht. Wird 0,25 ccm der Oxalatlösung verwendet, so kleben die Zellfibrinstücke nicht fest. Würde die sogenannte erste Koagulation auf einer Aus- scheidung von Fıbrin in der Umgebung der Blutzellen beruhen, veranlaßt durch die aus den Blutzellen diffundierende gerinnungs- beschleunigende Substanz, so sollten wir erwarten, daß in der Nähe frischen und sehr wirksamen Zellfibrins in dieser schwachen Oxalatlösung eine Fibrinbildung stattfände. 4. Entnehmen wir Limulusblut, statt wie gewöhnlich durch einen Einschnitt in das Tier, durch Einstoßen eines ganz reinen Troikarts in das Herz des Tieres, so fallen die Blutkörperchen in der großen Mehrzahl fast unversehrt auf den Objektträger. Unter diesen Umständen wird kein Zellfibrinnetz gebildet, da das Proto- Untersuchungen über Blutgerinnung. 981 plasma der Zellen nicht ausfließt und die in der Flüssigkeit sus- pendierten Zellen keine Fortsätze aussenden‘). Die Zellen sinken bald zu Boden, und erst die in Berührung mit dem Glase oder vielleicht schon auch die in der Nähe des Glases befindlichen Zellen senden Fortsätze aus. War aber der Troikart nicht ganz sauber, oder fangen wir die Bluttropfen durch einen Troikart in auf dem Objektträger befindlicher Z- Na Cl-Lösung auf, so verändern sich die Blutzellen und bilden selbst ein die Flüssigkeit einschließendes Fadennetz, welches makroskopisch als eine gelatinöse Masse erscheint. Dieselben Veränderungen der Zellen werden herbeigeführt, wenn man 5 bis 8 ccm einer 4proz. NaCl- Lösung in das Herz eines größeren Limulus injiziert. Öffnet man nach 5 bis 10 Minuten schnell das Herz, so findet man es teilweise oder ganz von Zellfibrin ausgefüllt. Es liegt eine Agglu- tinationsthrombose vor. Fängt man in derselben Weise das Blut ‚eines Hummers auf, so findet die zweite Gerinnung langsamer als in dem in gewöhnlicher Weise entnommenen Kontrollblute statt, aber sie konnte bisher nicht verhindert werden, da die Zellen nicht ganz unversehrt blieben. Einige der hier und früher mitgeteilten Versuche ließen sich vielleicht auch so erklären, daß man annähme, daß im Augenblick des Zerfallens der Blutzellen oder während der beim Ausfließen aus ‚dem Körper stattfindenden Veränderungen in denselben eine viel größere Menge gerinnungsbeschleunigender Substanz frei würde als später und daß deshalb die unter dem Einfluß dieser Ferment- mengen eintretenden Gerinnungserscheinungen nur viel schwerer verhindert werden könnten, als die später stattfindende zweite Gerinnung. Dagegen spricht aber, daß nach 4 Stunden langem Aufenthalt in gesättigter Magnesiumsulfatlösung die Zellfibrin- bildung noch gerade so stattfindet wie früher, falls die Flüssigkeit verdünnt wird, dagegen spricht auch der völlige Parallelismus in dem Verhalten der Blutzellen, je nach der Art, wie das Blut dem Tiere entnommen wird, und den stattfindenden scheinbaren Ge- rinnungserscheinungen; ferner der Umstand, daß, wenn die durch einen Troikart gewonnenen Blutzellen auf dem Objektträger in Berührung mit dem Glase sich ausbreiten, und Auflösungsprozesse in den Zellen stattfinden (Verlust der Granula), doch keine weitere Gerinnung in Limulus stattfindet. | Es ist also am wahrscheinlichsten, daß die Blutkoagulation von Limulus und die erste Koagulation anderer Wirbelloser eine *) Doch können zuweilen auch die fast unversehrten Blutzellen teil- weise agglutinieren; dann kann makroskopisch der Eindruck einer gering- fügigen Gerinnung hervorgerufen werden. 282 Leo Loeb, Agglutinationserscheinung ist, wobei allerdings möglicherweise die zweite Gerinnung sich sehr schnell an die erste Gerinnung anschließen kann. III. Zur Theorie der Blutgerinnung. Ein Ergebnis dieser Untersuchungen ist der Befund, daß die Bedingungen der Gerinnung des Blutplasmas bei Wirbellosen und bei Wirbeltieren sehr ähnlich sind. Bei Wirbellosen wie bei Wirbeltieren sind zwei Substanzen von wesentlicher Bedeutung für die Blutgerinnung, die aus dem Muskel extrahierbaren Ge- webskoaguline und Substanzen, die im Blute selbst vorhanden sind; letztere lassen sich bei Wirbellosen aus den Blutzellen extrahieren und sie stammen auch wahrscheinlich bei Wirbel- tieren aus geformten Blutbestandteilen. In beiden Fällen sind die (sewebskoaguline innerhalb gewisser Grenzen spezifisch adaptiert*), die m dem Blute vorhandenen Substanzen sind nur insofern spezifisch, als die aus Wirbeltieren stammenden Substanzen ohne Einfluß auf das Plasma Wirbelloser sind. Die im Blute vorhandenen aktiven Substanzen (Thrombine) verlieren bei Wirbellosen wie bei Wirbeltieren ihre Wirkung beim Stehen viel schneller als die Gewebskoaguline. Bei Wirbellosen wird die Wirkung der letzteren durch Calcium wesentlich stärker beschleunigt als die der wirksamen Substanzen des Blutes. Die aus den Blutzellen gewonnenen Substanzen sind dementsprechend unabhängiger von einem Calciumzusatz zu der gerinnbaren Sub- stanz als die Gewebskoaguline. Die letzteren sind infolgedessen auch weniger geeignet, im Fluoridplasma Gerinnung hervorzurufen,. als die aus dem Blute stammenden Substanzen. In ähnlicher Weise ist bei Wirbeltieren Serum imstande, Gerinnung im Fluoridplasma hervorzubringen, Gewebsextrakt aber nur nach Zusatz von Calcium. Künstlich hergestelltem Fibrinogen gegen- über sind bei Wirbellosen wie bei Wirbeltieren die aus dem Blut stammenden Substanzen wirksam, die Gewebskoaguline hin- gegen gewöhnlich nicht; die letzteren werden aber wirksam, wenn man zu der Fibrinogenlösung CaQl, hinzufügt. Daß dies auch für Wirbeltiere gilt, geht z. B. aus den Beobachtungen von *) Da der Ausdruck „spezifisch“ in verschiedenen Fällen verschiedenes bezeichnet, so würde es vorteilhaft sein, wenn Substanzen, die besondere,. oftmals für das Individuum, aus dem die Substanzen stammen, nützliche Beziehungen zu anderen Substanzen besitzen, als „spezifisch adaptierte“ be- zeichnet würden, während der Ausdruck „spezifisch“ nur die Verschiedenheit einer Substanz von einer analogen bei einer anderen Tierart vorhandenen bezeichnen würde. Untersuchungen über Blutgerinnung. 283 Pekelharing*), Huiskamp“*) und auch von Morawitz**) hervor, wenn auch in anderen Fällen Morawitz sogar eine Kombination von Chlorcaleium und Gewebskoagulinen dem Fibrinogen gegenüber unwirksam fand. Bei Wirbeltieren wie bei Wirbellosen ist es leicht, ein sehr wirksames Gewebsextrakt zu erhalten, das auf Wirbeltierblut (insbesondere z. B. Vogelplasma) und auf Hummerplasma stärker wirkt, als die im Blutserum vorhandenen, bzw. aus den Blutzellen extrahierten Substanzen. Bei stärkerer Verdünnung des Plasmas hingegen verliert bei Wirbellosen wie bei Wirbeltieren das Ge- webskoagulin seine Wirksamkeit schneller als die wirksame Sub- stanz des Blutes. In wässerigen Gewebsextrakten Wirbelloser findet sich neben der gerinnungsbeschleunigenden eine die Ge- rinnung stark hemmende Substanz. Eine solche Substanz soll auch Alexander Schmidtr) zufolge in wässerigen Gewebs- extrakten vorhanden sein. (Cytoglobin.) Lassen wir Hummerplasma oder Gänseplasma unter dem Einfluß eines Stückes Zellfibrin bzw. Wirbeltierblutkoagulum gerinnen, so ist das aus dem so gebildeten Koagulum kurze Zeit nach vollendeter Gerinnung ausgepreßte Serum in beiden Fällen ‚ganz oder fast ganz wirkungslos. Es läßt sich hierbei nicht der Nachweis erbringen, daß unter dem Einfluß der in dem Koagulum (bzw. Zellfibrin) enthaltenen gerinnungsbeschleunigenden Sub- stanzen eine Neubildung solcher Substanzen im Plasma stattfand, wie sie Bordet und GengouYfr) in verdünntem Salzplasma fanden, dem sie nur schwach wirksames Serum zugesetzt hatten. Wenn sich aus diesen Befunden eine große Ähnlichkeit in den Gerinnungsbedingungen des Blutplasmas von. Wirbellosen und von Wirbeltieren ergibt, so dürfte das Hummerblut ein günstiges Objekt für die Untersuchung dieser gemeinsamen Ge- rinnungsbedingungen darstellen, da es beim Hummer leicht möglich ist, ein Blutplasma herzustellen, das spontan nicht gerinnt, sonst sich aber fast wie normales Blutplasma verhält. Während ferner im Wirbeltierblut verschiedenartige Zellen ge- funden werden, enthält das Hummerblut nur eine einzige Zell- art, die wegen der spontan nach dem Ausfließen des Blutes er- folgenden Agglutination leicht gesammelt und aus dem Blut ent- fernt werden kann. *) Virchow-Festschrift 1891. **) Zeitschr. f. physiol. Chemie 32 u. 34. ***) Deutsches Archiv f. klin. Medizin 79. 7) Alex. Schmidt, Zur Blutlehre 1892. 7rT) Bordet et Gengou, Annales de l’Institut Pasteur 1904, 284 Leo Loeb, Aus diesem Zellfibrin kann nun eine die Gerinnung des Plasmas beschleunigende Substanz extrahiert werden. Hierbei ist die Methode der Extraktion von Bedeutung. Wir sahen, daß eine 4 proz. NaCl-Lösung sehr ungeeignet ist für die Gewinnung eines wirksamen Extraktes, daß hingegen Zusatz von Chlorcaleium zu der Kochsalzlösung die Wirksamkeit erhöht.*;, Das dürfte viel- leicht zu Gunsten der Annahme sprechen, daß ein Proferment aus dem Zellfibrin extrahiert wird, das durch Verbindung mit Calcium in 'Thrombin umgewandelt wird. Dann sollten wir aber erwarten, daß Zusatz von CaCl, nach beendigter Extraktion ge- nügend sei, um auf das extrahierte Proferment zu wirken, was aber, wie wir sahen, nicht der Fall ist. Es bleibt daher vorläufig noch unentschieden, welche Bedeutung das Calcium hierbei hat, ob es nur die Extraktion selbst erleichtert, ob es in dem Sinne von Pekelharing ein Proferment in ein Ferment um- wandelt, in der Weise, daß Proferment und Ferment zwei chemisch wohl charakterisierte, durch Calciumgehalt sich \unterscheidende Körper sind, oder ob das Calcium hierbei mit der extrahierten Substanz nicht in chemische Verbindung tritt, sondern auf andere Weise von Bedeutung ist. Daß wahrscheinlich noch andere Sub- stanzen außer Calcium bei der Extraktion von Bedeutung sind, er- gibt sich daraus, daß Blutserum von Hummer oder Limulus oder auf 56° erwärmtes, allein völlig unwirksames Muskelextrakt des Hummers gewöhnlich noch günstiger als Extraktionsmittel wirken. Vorläufig ist noch die Möglichkeit vorhanden, daß die gerinnungs- beschleunigende Substanz als solche aus den Blutzellen extrahiert wird. Alexänder Schmidt hatte gefunden, daß wässerige, haupt- sächlich aber alkoholische Gewebsextrakte in Kombination mit Serum (Prothrombinlösungen) die Wirkung des Serums verstärken, oder, wie Schmidt es erklärte, das Prothrombin in Thrombin umwandelten. Diese verstärkende Wirkung der Kombination läßt sich dem Fluoridplasma der Wirbeltiere und nach den Unter- suchungen von Morawitz auch einer künstlichen Fibrinogen- lösung gegenüber leicht nachweisen. Doch folgt aus dieser Tat- sache nicht, daß die Gewebskoaguline lediglich dadurch wirken, daß sie Prothrombin (oder Thrombogen) in eine andere Substanz umwandeln. *) Eine Analogie findet sich auch vielleicht hierfür im Wirbeitierblut, indem, wie Morawitz angibt, eine mit Wirbeltierblut isotonische Kochsalz- lösung nicht geeignet ist, um aus Blutplättchen das Thrombogen zu extra- hieren, während dies mit destilliertem Wasser möglich ist. — Morawitz, Deutsches Archiv f. klin. Medizin 79, 3./4. Heft. Ba ie, RITTER Untersuchungen über Blutgerinnung. 985 Bei Wirbeltieren wird angenommen, daß das Prothrombin bei derselben Temperatur unwirksam wird, wie die Thrombine. Da bei derselben Temperatur auch das Wirbeltierfibrinogen koaguliert, so ist es bei Wirbeltieren unmöglich, das supponnierte Proferment im Plasma durch Wärme zu vernichten und dann zu prüfen, ob ein solches profermentfreies Plasma noch durch Muskelextrakt zur Gerinnung gebracht wird. Bei Wirbellosen jedoch gerinnt das Fibrinogen erst bei einer Temperatur, die merklich höher ist, als die, bei der die aus den Blutzellen extra- hierbare gerinnungsbeschleunigende Substanz zerstört wird. Be- freit man nun das Plasma ganz oder fast ganz von dieser Sub- stanz, so bleibt das Gewebskoagulin diesem Plasma gegenüber dennoch fast ebenso wirksam wie dem nichterwärmten Plasma gegenüber. Daraus folgt, daß das Gewebskoagulin direkt auf das Fibrinogen des Plasmas wirkt, oder daß bei Wirbellosen im Gegensatz zu Wirbeltieren das supponierte Prothrombin erst bei einer höheren Temperatur zerstört wird als das Thrombin. In einer früheren Mitteilung*) führte ich eine Anzahl von Tatsachen an, die dafür sprachen, daß die Gewebskoaguline direkt das Fibrinogen des Plasmas angreifen und es in Fibrin umwandeln können. Aus den hier mitgeteilten Versuchen ergibt sich, daß bei Wirbellosen eine durch die Kombination von Serum und Muskelextrakt bewirkte bedeutende Gerinnungsbeschleunigung fehlt**), obwohl die Wirkung des Muskelextraktes auf das Plasma sehr stark ist. Es liegt also kein Grund vor, anzunehmen, daß die Gewebsextrakte nur eine ein Proferment in ein Ferment um- wandelnde Bedeutung haben, also lediglich als „Thrombokinasen“ fungieren, wie dies Alex. Schmidt und im Anschluß an ihn Morawitz und Fuld**) annehmen. Die bei Wirbeltierblut beobachtete Beschleunigung der Ge- rinnung bei Kombination von Serum und Muskelextrakt könnte verursacht sein dadurch, daß bei der Gerinnung intermediäre Reaktionen stattfinden, auf deren Ablauf die Anwesenheit beider Substanzen einen begünstigenden Einfluß ausübt oder dadurch, daß beide Stoffe in verschiedener Weise an deın Fibrinogen an- greifen und daß die Kombination beider Wirkungen einen stärkeren Einfluß ausübt als die Summe der Einzelwirkungen erwarten *) Diese Beiträge 5, Heft 11/12. **) Ob nicht unter besonderen Bedingungen doch eine starke Gerinnungs- beschleunigung auch bei Wirbellosen durch die Kombination von Serum und Muskelextrakt bewirkt werden kann, soll noch weiterhin untersucht werden. Es ist dies jedoch nach den bisherigen Versuchen sehr unwahrscheinlich. **#) Centralbl. f. Physiol. 17, Nr. 19 (1903). 9286 Leo Loeb, Untersuchungen über Blutgerinnung. läßt. Oder die Anwesenheit anderer, so der direkt gerinnungs- beschleunigenden Substanzen, im Serum oder Muskelextrakt könnte indirekt für den Ablauf der Reaktionen günstigere Bedingungen schaffen*). Übrigens ist ja diese „aktivierende“ Wirkung nicht nur den Gewebsextrakten eigen, da Lecithin und nach Bordet und Gengou Blutserum ebenso wirken sollen. Ferner berichtete bereits A. Schmidt über eine Beobachtung, die sich mit seiner Theorie, daß die Gewebskoaguline nur Thrombin produzierend wirken sollen, nicht wohl vereinigen ließ. Er fand, daß in pro- plastischen Flüssigkeiten, in denen Prothrombin nicht enthalten war, die unter dem Einfluß einer Thrombinlösung stattfindende Gerinnung durch Gewebsextrakte merklich beschleunigt wurde, obwohl die Thrombinlösung kein Proferment enthielt. Wir können daher annehmen, daß für die Blutgerinnung haupt- sächlich zwei Substanzen von Bedeutung sind: a) die aus zelligen Elementen des Blutes und b) die aus Geweben extrahierbaren Substanzen. Es ist wahrscheinlich, daß beide Substanzen direkt an dem Fibrinogen des Blutplasmas angreifen. Die Bedingungen für die Wirkung dieser beiden Substanzen sind verschieden. Unter gewissen Umständen ist die Kombination der beiden Substanzen stärker wirksam, als der Summe der Einzelwirkungen entspricht; daß diese Verstärkung der Wirksamkeit auf einer unter dem Einfluß der Gewebskoaguline stattfindenden Umwandlung von Prothrombin in Thrombin beruht, ist nur eine der vorhandenen Erklärungsmöglichkeiten. *) Zu dieser letzteren Kategorie gehört einer mündlichen Mitteilung von S. A. Loevenhart zufolge die Verstärkung der Wirkung, die, wie I dieser Autor fand, in der Zersetzung von H;0, durch die kombinierte Wirkung von Leber und Pankreas stattfindet. XX1. Über die Bildung von Allantoin im Tierkörper. Von Dr. Hans Eppinger (Graz). Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg. I. | Von Lassaigne*) und V auquelin“‘) wurde fast gleichzeitig auf das Vorkommen einer stickstoffreichen, harnsäureähnlichen Substanz in der Allantoinflüssigkeit aufmerksam gemacht. Der nach seinem Fundorte als Allantoin bezeichnete Körper wurde dann unter verschiedenen Umständen auch im Harn von Tier und Menschen gefunden, jedoch kaum als normaler Bestandteil er- kannt. Wenn nun durch neuere Methoden das Vorkommen dieses Körpers als gar nicht so selten sicher gestellt ist, so brauchen wir nicht ältere Angaben wegen Ungenauigkeit des Nachweises unberücksichtigt zu lassen; ich glaube, gerade die Tatsache, daß mit den damaligen Mitteln sich schon eine eventuelle Vermehrung erkennen ließ, spricht zu Gunsten jener älteren Befunde. Besonders bemerkenswert ist die Darstellung von Allantoin aus dem Harne saugender Kälber durch Wöhler**) und sein Nachweis im Harn neugeborener Kinder durch Gusserow’r). Meissner, Frerichs und Staedeler, dann E. Salkowski berichteten über sein Vorkommen im Hundeharn. Frerichs und Städeleryy) machen weiter die Angabe, daß sich bei Hunden infolge von Respirationsstörungen eine Steigerung der ausge- schiedenen Allantoinmengen einstellt. Nicht unerwähnt soll bleiben, daß Pouchetrfrf) bei schwangeren Frauen, sowie *) Anal. de Chim. et de phys. 17. **) Annalen der Chemie 33. *#**) Annalen der Chemie 70. 7) Archiv f. Gynaecologie 3. 7r) Jahresbericht f. d. Fortschritte d. Chemie 1854. irr) Journal de Therapie 7. 288 Hans Eppinger, in je einem Fall von Diabetes insipidus und konvulsiver Hysterie eine starke Vermehrung des Allantoins nachweisen konnte. (Großes Interesse verdient das Vorkommen von Allantoin im Pflanzengewebe. Während man in reifen Trieben vergebens nach Allantoin suchte, fand sich dieser Körper in jungen Sprossen von Acerarten und in jungen Platanentrieben (Schulze*). In betreff der Herkunft des Allantoins im Tierkörper wird allgemein angenommen, daß es durch Abbau der Purinkörper, insbesondere der Harnsäure entsteht. Diese Ansicht gründet sich vor allem auf den Nachweis, daß die Einführung von Purinbasen und Harnsäure zu einer vermehrten Allantoinausscheidung führt. Zuerst führte diesen Beweis Salkowski“*); später zeigte Min- kowski““*), daß sowohl 'Thymusfütterung als auch Darreichung von Hypoxanthin beim Hunde starke Allantoinausscheidung er- zeugt, eine Beobachtung, die Cohnr) bestätigte. Für die nahe Beziehung zwischen Purinbasen und Allantoin spricht ferner die Tatsache, daß auch außerhalb des Tierkörpers durch Oxydation der Harnsäure Allantoin erhalten wird. Schon Liebig und Wöhler’rr) fanden, daß Allantoin ein Oxydationsprodukt der Harnsäure ist. Nun sprechen verschiedene Erfahrungen entschieden dafür, daß es neben einer oxydativen Harnsäurebildung auch eine synthetische gibt. Unbedingt zeigt das der Stoffwechsel von Vögeln und Reptilien. Denn wie sollte man anders die Tatsache, daß ganz niedere stickstoffhaltige Substanzen (Ammonsalze, Harn- stoff) in Harnsäure übergehen, deuten. Ursprünglich war man geneigt, eine grundsätzliche Verschiedenheit in bezug auf die Harnsäurebildung und den gesamten N-Stoffwechsel bei Säuge- tieren und Vögeln anzunehmen. Derzeit ist diese scharfe Ab- grenzung nicht mehr haltbar, da einerseits Machrrfr) zeigen konnte, daß auch bei Gänsen eine oxydative Harnsäurebildung erfolgt, und andererseits Wiener*r) eine synthetische bei Säuge- tieren sehr wahrscheinlich gemacht hat. Wenn auch im Stoff- wechsel der Säugetiere die oxydative Bildung die größere Rolle spielt, so ist es doch von großer Bedeutung zu wissen, daß auch hier Harnsäure auf doppelte Weise gebildet werden kann. *) Zeitschr. f. phys. Chemie 9. **) Centralbl. f. medic. Wissenschaften 36. ***) Archiv f. exp. Pathol. u. Pharm. 41. +) Zeitschr. f. phys. Chemie 25. ++) Annalen d. Chemie 26. +++) Archiv f. exp. Pathol. u. Pharm. 24. *+) Diese Beiträge 2. Über die Bildung von Allantoin im Tierkörper. 289 Wenn nun einerseits das Allantoin als Spaltungsprodukt der Harnsäure anzusehen ist, so kann man sich andererseits die Frage vorlegen, ob wir nicht auch Anhaltspunkte haben, die für eine synthetische Allantoinbildung sprechen. Auf chemischem Wege ist Allantoin mehrfach synthetisch dargestellt worden, so von Grimaux*) durch Erhitzen von Glyoxylsäure und Harnstoff und von Michael**) durch Schmelzen von Mesoxalsäure und Harnstoff. Angaben jedoch, die für eine Synthese im Tierkörper sprächen, fehlen. Sollte es gelingen, im Tierkörper eine synthetische Allantoinbildung nachzuweisen, so wäre damit der Weg eröffnet, einen weiteren Einblick in die synthetische Bildung der Harn- säure und verwandter Körper zu gewinnen. | Will man sich nun darüber unterrichten, ob ein chemischer Körper im Organismus synthetisch entsteht, so ist ein Erfolg am ehesten zu erwarten, wenn dem Organismus seine mutmaßlich nächststehenden Vorstufen zugeführt werden. Denn nur dann ist bei der Vielfältigkeit der im Tierkörper nebeneinander stattfinden- ‚den Prozesse ausreichende Wahrscheinlichkeit dafür gegeben, daß er auf die Einfuhr der physiologischen Vorstufe mit Bildung des ge- suchten Körpers in nachweisbarem Umfange antwortet. Von diesem Gesichtspunkte aus habe ich auf Aufforderung von Herrn Prof. Hofmeister Glykolyldiharnstoff dargestellt und dessen Übergang in Allantoin im Tierkörper und speziell in der Leber untersucht. In der Tat hat sich ergeben, daß ein solcher Übergang, der sich durch die Formel versinnlichen läßt NH, CH,NH.CONH, NH— CHNH.CONH, 3 I co u +0 2 Me. | NH — CO NH — CO im Tierkörper stattfindet. II. Darstellung des Glykolyldiharnstoffes und des Biuretessigsäureamids. Als Ausgangsmaterial zur Darstellung des Glykolyldiharn- stoffes diente mir das Glykokoll. Zuerst versuchte ich es, ihn aus dem leicht darstellbaren salzsauren Glycinester über das - Glycinamid darzustellen. Ich versuchte dies auf mehrfache Weise, gelangte aber nie zu günstiger Ausbeute. Der Versuch, ihn über den Hydantoinsäureaethylester zu erhalten, gestaltete sich erfolg- reicher. *) Compt. rend. 63. **) Americ. chemic. Journal 5. Beitr. z. chem. Physiologie. VI. ’ 19 290 Hans Eppinger, In der Darstellung dieses Körpers hielt ich mich an die Vorschrift von Harries und Weiß*). Das Kaliumeyanat bezog ich von Merk; im übrigen sei nur bemerkt, daß ich es nützlich fand, mit möglichst konzentrierten Lösungen zu arbeiten; dies galt besonders von der anzuwendenden Säure, weswegen es rat- sam erscheint, 3 bis 5-fach Normalsäure in Verwendung zu ziehen. Der erhaltene Ester besaß den richtigen Schmelzpunkt (135°) und N-gehalt (gefunden: 19,23, berechnet: 19,18). Um zu dem Hydantoinsäureamid zu gelangen, wurde der in größerer Menge dargestellte Ester mit konzentriertem wässerigem Ammoniak verseift. Nach 24 stündigem Einwirken wurde bei möglichst niederer Temperatur eingedampft, wobei sich ein weißer Körper ausschied, der nach mehrmaligem Um- kristallisieren aus Wasser in rhombischen Prismen auskristallisierte und sich als das erwartete Amid erwies. Sehr leicht löslich in Wasser, schwer löslich in Alkohol, fast unlöslich in Ather. Gibt deutliche Biuretreaktion. Der Schmelzpunkt liegt bei 180° (nicht corr.). Analyse der über Schwefelsäure getrockneten Substanz: C,H, N,0,: Ber.: C == 30,76 H = 5,98 N = 35,9 Gef.: C = 30,58 H=%6,12 N=35,6. Um an diesen Körper eine CGarbaminsäuregruppe anzulagern, verfuhr ich ebenfalls nach der Vorschrift von Harries und Weiß. Molekulare Mengen von Schwefelsäure, Kaliumcyanat und obigem Körper zusammengebracht, wirkten unter stürmischer Reaktion aufeinander ein; häufig kam es zu sofortigem Aus- kristallisieren und es erschien nur in wenigen Fällen notwendig, durch vorsichtiges Eindampfen auf dem Wasserbad das Ausfallen der Kristallmassen zu beschleunigen. Wenn man auf möglichst quantitative Ausbeute verzichtet und die Kristallmassen bald auf Tonteller bringt, so bekommt man den Glykolyldiharnstoff fast vollkommen rein. Aber auch sonst gelangt man durch mehrmaliges Umkristallisieren aus Wasser zu ganz reiner Substanz. Die Kristalle zeigen wetzsteinartige Form oder bilden lange Säulen. Sie sind leicht löslich in kaltem Wasser, schwer in Alkohol und Ather, geben sehr deutliche Biuretreaktion; in wässeriger Lösung wird der Körper von Quecksilberoxydnitrat gefällt; Schmelzpunkt 158° (nicht corr.). C,H,N,0,: Ber.: C=300 H=50 N=350 Gel. C=297 A. 5,7 N = 34.9. *) Berichte der d. chem. Ges. 34. Über die Bildung von Allantoin im Tierkörper. 29] Um die Möglichkeit auszuschließen, daß die letzteingeführte Carbamylgruppe sich vielleicht an das — CONH, angelagert hätte, wobei folgender isomerer Körper gebildet worden wäre: CH,NH.CO.NH.CO.NB, | CONH,. stellte ich auch diesen Körper dar. Zu diesem Behufe lagerte ich zuerst an den Hydantoinsäureaethylester eine weitere Carbamin- gruppe an. Der auf diese Weise erhaltene Aethylester der Biuretessig- säure kristallisiert in dünnen prismatischen Nadeln, die sich in Wasser leicht lösen, ebenso in Alkohol, unlöslich sind in Ather und Aceton. Der Schmelzpunkt liegt bei 197° (nicht corr.). Analyse: C6sH,ıN,0,: Ber.: C = 38,09 H= 782! N2-2922 Gef.: C = 37,82 162 N= 22,8. Beim Verseifen des Esters mit konzentriertem wässerigen Ammoniak ergab sich eine dem ursprünglich gewünschten Körper isomere Substanz, welche ich als Biuretessigsäureamid be- zeichnen möchte. Es bildet aus Wasser unkristallisiert quadratische Tafeln, die Lösungsverhältnisse sind dieselben wie beim Glykolyldiharnstoff. In kaltem und heißem Wasser gut löslich, schwer in Alkohol, fast unlöslich in Ather; wird in wässeriger Lösung nicht von Quecksilberoxyd- nitrat gefällt. Biuretprobe sehr schön positiv, Schmelzpunkt 170° (nicht corr.). Analyse: - N—35,0 C,H; N,0;: Ber.: Ö pam 30,0 5 0 Bao EN 847. H Gel.:C — 30,2 H Da der zuletzt dargestellte Körper sicher das Amid der Biuretessigsäure darstellt, so kann der oben beschriebene isomere, im Schmelzpunkt und Reaktion verschiedene Körper nur der Glykolyldiharnstoff sein. Ich möchte hier darauf aufmerksam -machen, mit welcher Leichtigkeit die Anlagerung von CONH,-Gruppen erfolgt. Ich kann schon jetzt berichten, daß es ganz leicht gelingt, an oben genannte Ureide noch weitere Carbamylgruppen anzulagern. Wenn man bedenkt, daß sich diese Reaktionen in ähnlicher Weise auch im Organismus abspielen — man denke an die Bildung von Taurocarbaminsäure bei Verfütterung von Taurin — so ist es naheliegend, an eine große Verbreitung ähnlicher Vorgänge im Organismus zu denken. 19* 292 Hans Eppinger, III. Bildung von Allantoin aus Glykolyldiharnstoff im Tierkörper. Um zu erfahren, ob Glykolyldiharnstoff im Tierkörper als Vorstufe des Allantoins auftreten kann, wurde er an Hunde ver- füttert und im Harn der Tiere fortlaufend der Allantoingehalt bestimmt. Zur quantitativen Ermittelung des Allantoins im Harn stehen uns zwei brauchbare Methoden, die von Poduschka*) und von O. Löwy**), zur Verfügung. Wenn ich bei meinen Versuchen der letzteren den Vorzug gab, so war vor allem der Grund darin ge- legen, daß in diesem Verfahren zuerst mit Quecksilberoxydulnitrat ausgefällt wird und dieses Reagens von vorneherein den ver- fütterten Körper, so weit er etwa unverändert in den Harn über- geht, beseitigt. Auch das etwas heiklige Ausfällen des Allantoins mit Silbersalz aus ganz schwach ammoniakalischer Lösung ver- leidete mir die sonst so elegante Methode von Poduschka. Die Versuche sind aus nachstehender Versuchstabelle er- sichtlich. \ Versuch ll. (Männlicher Hund A.) Versuchs-| Harn- | Gesamt- | Gesamt- Yugetührt tag || menge N. Allantoin | ga al era ir Del BWOE ER R FE 1 325 7,897 0,3245 2 270 7,56 0,3400 3 335 8,03 0,3878 1,5 g Glykolyldiharnstoff. 4 330 8,607 0,786 5 I 300 8,12 0,402 6 320 8,76 0,308 Aus vorstehender Tabelle geht zunächst hervor, daß bei diesem Versuchstier die täglich ausgeschiedene Allantoinmenge ziemlich erheblich war, wenigstens liegt, soweit bekannt, der Durchschnittswert der normalen Allantoinmengen beim Hunde selten über 0,3 g. Bei Verfütterung von 1,5 g Glykolyldiharnstoff erhebt sich der Allantoingehalt des Gesamtharns um mehr als das Doppelte, auf 0,786. Das Tier befindet sich dabei vollkommen wohl und zeigt unveränderte Freßlust. Tags darauf ist die Allantoinmenge noch etwas erhöht und kehrt dann erst wieder zur Norm zurück. *) Archiv f. exp. Path. u. Pharm. 44. **) Archiv f. exp. Path. u. Pharm. 4. Über die Bildung von Allantoin im Tierkörper. 293 Versuch II. (Männlicher Hund B.) Versuchs-| Harn- | Gesamt- | Gesamt- | 7 te tag menge N. | ‚Allantoin | | 1 205 6,332 0,266 2 368 6,864 0,288 | —-1,5 g Glykolyldiharnstoff. 3 375 6,100 0,4777 4 415 5,94) 0,2100 Auch hier zeigen sich ähnliche Verhältnisse. Die Normal- werte 0,238 bis 0,266 erheben sich nach Darreichung desselben Körpers ebenfalls auf das Doppelte. Versuch II. (Hündin C.) . Versuchs-| Harn- | Gesamt- Gesamt- Zugeführt tag menge | N. Allantoin 1 260 7,482 0,13 <- 1,5 g Glykolyldiharnstoff 2 225 7,92 0,324 gH 320 6,814 0,278 4 Ed 6,320 0,156 '| —-1,5g Glykolyldiharnstoff 5 385 6,310 | 0,308 ö 260 6,048 0,109 7 280 0941’ | 0,120 <— 2,0 gBiuretessigsäureamid 8 220 5,812 0,1579 9 335 6,004 0,1155 10 295 6,109 0,1263 11 320 6,224 0,150 <--2,0 gHydantoinsäureamid 12 330 6,832 0,184 13 260 6,023 0,1467 Der verhältnismäßig niedere Allantoinwert schnellt in diesem Fall beidemal nach Zufuhr von Glykollyldiharnstoff auf das Doppelte empor. Die beiden anderen Ureide, darunter das Isomere des Glykolyldiharnstoffes, zeigen keinen Einfluß auf die Allantoin- ausscheidung. Bei Verfütterung des Hydantoinsäureamids ließ ich mich von der Vorstellung leiten, es könnte vielleicht im Organıs- mus zuerst zu einer Anlagerung einer Carbamingruppe kommen mit nachfolgender Oxydation unter Ringbildung. Der geringe Ausschlag spricht kaum für die Richtigkeit einer solchen Ver- mutung. 294 Hans Eppinger, | Weiter sei noch bemerkt, daß ich an mir selbst einen Ver- such machte, indem ich einmal, nachdem ich mich von der Un- eiftigkeit kleiner Dosen überzeugt hatte, 1,0 g Glykolyldiharnstoff nahm. Mein Harn enthielt normal kein Allantoin, es ließ sich auch nach Einnahme obigen Körpers kein Allantoin ermitteln. Auf Grund der Fütterungsversuche ist anzunehmen, daß Glykolyldiharnstoff sich im Tierkörper in Allantoin umwandelt. Ich versuchte es, diesen Vorgang direkt an isolierten Organen zu studieren. Ich brauchte zu diesem Zwecke das Durchblutungs- verfahren in der im hiesigen Institut geübten Form. Sie ist von Embden und Gläßner*), ausführlich beschrieben, weswegen ich mich auf das dort Gesagte beziehen kann. Bei meinem Versuche verwendete ich Rinderblut, das ich durch die Leber eines mittelgroßen Hundes schickte. Zuerst wurde diese Leber zwei Stunden hindurch ohne Zusatz durchblutet, dann wurde dieses Blut ersetzt durch dieselbe Quantität neuen Blutes, dem 2,5 g Glykolyldiharnstoff zu- gesetzt war. Um diese Menge ebenso oft durch die Leber zu treiben, be- durfte es gerade doppelt so viel Zeit als bei normalem Blut. Auch mußte der ursprüngliche Druck von 4 mm am Schluß bis auf 10 mm erhöht werden. Die gesondert aufgefangenen Blutmengen wurden dann in üblicher Weise enteiweißt; in dem eingedampften Filtrat bestimmte ich nach Löwi das Allantoin. Die Resultate nebeneinander gestellt ergeben: 2 Liter Blut, durch die Leber 2 Stunden geschickt, enthalten 0,0485 g Allantoin; 2 Liter mit 2,5 g Glykolyldiharnstoff, nachher 4 Stunden durch die Leber getrieben, geben 0,1224 & Allantoin. Das Resultat dieses Versuches entspricht somit den Ergeb- nissen, die bei Verfütterung gewonnen wurden. Wenn man be- denkt, daß die Durchblutung mit Glykolyldiharnstoff später, so- mit unter ungünstigeren physiologischen Bedingungen erfolgte, so dürfte das Plus an Allantoiın um so beweisender erscheinen. IV. Schlussbemerkungen. Wir finden also, daß bei Verfütterung und bei Durchblutung der Leber Bildung von Allantoin aus Glykolyldiharnstoff erfolgt. Es fragt sich aber, ob wir berechtigt sind, diese Bildung auf eine durch Oxydation zustande kommende Ringbildung zurückzuführen. Daß es im Organismus zu einer Ringbildung kommen kann, dafür lassen sich mehrfach Tatsachen anführen. So führt man das Kreatin als Vorstufe des Kreatinins auf. Ebenso muß beim Aufbau der Harnsäure im Vogelorganismus ein einfacher oder doppelter Ringschluß stattfinden. Was den vorliegenden Fall anlangt, so liegt sein besonderes Interesse darin, daß hier das Zustande- *) Diese Beiträge 1, 310. Über die Bildung von Allantoin im Tierkörper. 295 kommen des Ringschlusses durch einen vitalen oxydativen Vor- gang nachgewiesen oder doch sehr wahrscheinlich gemacht ist. Gestützt wird diese Vorstellung durch den Nachweis, daß sich ein gleicher Ringschluß auch in vitro erzielen läßt. Ich oxydierte Glykolyldiharnstoff mit der entsprechenden Menge von Caleiumpermanganat. Das eingedampfte Filtrat, nach der Methode von Löwi weiter behandelt, ließ beträchtliche Mengen von Allan- toin nachweisen. Das isolierte Allantoin enthielt 35,1 Proz. N ‚(ber. 35,4 Proz.). Auf Grund dieser Tatsachen ist die Vermutung, daß der Gly- kolyldiharnstoff im Tierkörper als unmittelbare Vorstufe des Allantoins auftreten kann, der Wahrscheinlichkeit nahe: gerückt. Ob es etwa im Tierkörper regelmäßig zur Bildung von Glykolyl- diharnstoff kommt und dieser dann zu Allantoin wird, bleibt noch zu untersuchen; immerhin aber dürfte es gestattet sein auf die Möglichkeit einer solchen Bildung hinzuweisen XXIII Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweißkörper. Von Dr. Otto von Fürth, Privatdozenten und Assistenten am physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg. Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg. Ausgeführt mit Unterstützung der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Literatur in Böhmen. I. Während die Literatur über den hydrolytischen Abbau der Eiweißkörper einen kaum mehr zu übersehenden Umfang ange- nommen hat, ist die Zahl jener Arbeiten, welche ihren Abbau durch Oxydation betreffen, eine relativ geringe. Es ist dies um so auffälliger, als die Methode des oxydativen Abbaues seit altersher von den Chemikern zur Konstitutionsermittelung kompli- zierter Verbindungen im weitesten Umfange angewandt wird und oft dort zum Ziele führt, wo andere Hilfsmittel versagen. Wenn ich, den von Maly eingeschlagenen Weg verfolgend, durch schrittweise Oxydation von Eiweißkörpern mit Permanganat zu einfacher konstituierten Biuretkörpern zu gelangen und diese näher zu studieren versuchte, geschah dies nicht sowohl in der Hoffnung, die Zahl der bekannten, das Eiweißmolekül zu- sammensetzenden Elementarkomplexe durch neue zu vermehren, (— denn dies erschien mit Rücksicht auf die technischen Schwierig- keiten, oxydative Eiweißabbauprodukte mit der Permanganat- methode in großen Mengen zu gewinnen, von vornherein wenig aussichtsvoll —) als vielmehr in der Erwartung, daß diese Methode vielleicht geeignet sein könnte, unsere Kenntnisse hinsichtlich des Zusammenhanges der bereits bekannten Elementar- komplexe, namentlich hinsichtlich der Bindung der Stick- Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweißkörper. 297 stoffatome im Eiweißmolekül zu erweitern. Auch hoffte ich durch systematische Beseitigung leicht oxydabler Seitenketten Anhaltspunkte für die Frage der Existenz eines sogenannten „Kernes“ im Eiweißmolekül gewinnen zu können. Der Beschreibung meiner Versuche möge eine kurze Zu- sammenstellung der über den oxydativen Abbau der Eiweißkörper bisher vorliegenden Angaben, insoweit sie sich auf das uns hier interessierende Auftreten von hochmolekularen Produkten sauren Charakters beziehen, vorangehen.*) Solche Produkte wurden zuerst von Bechamp“*) und Subbotin“**) bemerkt, sodann von Pott) genauer beschrieben. Dieser oxydierte Konglutin (aus Lupinen) mit Kalıumpermanganat bei Zimmertemperatur. Bei Neutralisation der nach Beseitigung des Braunsteinschlammes eingeengten Reaktionsflüssigkeit mit Schwefelsäure fiel ein Niederschlag von der Zusammensetzung C 49,40 bis 50,32 Proz., H 6,15 bis 7,32 Proz., N 16,07 bis 16,55 Proz., O 27,62 bis 27,67 Proz. aus. Das Filtrat dieser Fällung wurde durch Destillation von Fettsäuren, durch Alkoholfällung von Kalium- sulfat befreit. Sodann wurde daraus durch Erwärmen mit Baryum- karbonat und Alkoholfällung ein lösliches Barytsalz, aus diesem ein unlösliches Bleisalz und endlich aus diesem letzteren durch Schwefelwasserstoff eine freie Säure von der Zusammensetzung C 45,44 bis 45,53 Proz., H 5,84 bis 5,88 Proz., N 13,06 bis 13,31 Proz., O 35,32 bis 35,62 Proz. gewonnen. E. Brückerr) fällte nach Oxydation von Hühnereiweib mit ee naniganat die alkalische Reaktionsflüssigkeit mit Essig- säure und reinigte die Substanz durch wiederholtes Lösen in Ammoniak und Fällen mit Säure, sowie durch Ausfällung mit Kupferacetat aus saurer Lösung. Das so erhaltene Produkt von saurem Charakter gab die Biuret-, nicht aber die Xanthoprotein- reaktion und ebensowenig die Reaktionen von Millon, Adam- *) Auf die ausgedehnte Literatur über die Endprodukte des oxy- dativen Eiweißabbaues (Fettsäuren, Nitrile, Aldelıyde, Blausäure, Oxalsäure, Oxaminsäure, Oxalan, Harnstoff, Aceton usw.) kann hier nicht näher ein- gegangen werden. **) Bechamp, Recherches sur les produits d’oxydation des substances albuminoides par le hypermanganate de potasse. Ann. de Chemie 57, 291 (1889). =*) Subbotin, Einiges über die Wirksamkeit des übermangansauren Kalis auf Albumin. Chem. Centralbl. 1865, S. 594 bis 597. 7) Pott, Oxydationsversuche mit Kaliumpermanganat. Journ. f. prakt. Chemie (2) 5, 355 (1872). ++) E. Brücke, Über eine durch Kaliumpermanganat erhaltene Säure. Sitzungsber. d. Wiener Akademie 83 III, 7 (1881). 298 Otto von Fürth, kiewicz und Jı. Liebermann, war schwefelhaltig, enthielt aber keinen bleischwärzenden Schwefel. Chandelon‘*) suspendierte Baryumsuperoxyd in einer Eiweiß- lösung und leitete Kohlensäure ein. Durch Einwirkung des naszierenden Wasserstoffsuperoxyds wurde das Eiweiß oxydiert unter Bildung einer kaseinartigen, aus alkalischer Lösung mit Säure fällbaren Substanz, sowie von „Propepton“ und pepton- artigen Substanzen. Die eingehendsten und wichtigsten Untersuchungen auf diesem Gebiete rühren von R. Maly“**) her. Durch Oxydation von Eier- eiweiß mit steigenden Permanganatmengen stellte er zunächst fest, daß bei Anwendung von Permanganat entsprechend 50 bis 100 Proz. des Albumingewichtes reichliche Mengen der Brücke- schen Säure auftreten, während 140 Proz. Permanganat dieses Produkt verschwinden lassen, derart, daß in der alkalischen Reaktionsflüssigkeit auf Säurezusatz kein Niederschlag mehr entsteht. Ä Zur Darstellung der Brückeschen Säure, der Maly den Namen Oxyprotsulfonsäure beilegte, wurde Eiereiweiß mit dem halben Gewichte Kaliumpermanganat bei Zimmertemperatur oxydiert, das Filtrat mit Säure gefällt und der ausgewaschene Niederschlag bei niederer Temperatur getrocknet. Analysen zahl- reicher Fraktionen ergaben als Mittelwert: C 51,21 Proz., H 6,89 Proz., N 14,54 Proz., S 1,77 Proz., O 25,54 Proz. Maly berechnete daraus, daß bei der Eiweißkoxydation, einem Schwefelatom ent- sprechend, 4 Sauerstoffatome eingetreten seien, wobei eine Um- wandlung der SH-Gruppe in die Sulfonsäuregruppe HSO, erfolge; diese werde beim Schmelzen mit Ätzkali in Form von schwefeliger Säure in Freiheit gesetzt. Bei der Spaltung der Oxyprotsulfon- säure im zugeschmolzenen Rohre mit Barytwasser wurde das Auftreten von Kohlensäure, Ammoniak, schwefeliger Säure, Essig- säure, Oxalsäure, Leucin und Pyrrol festgestellt. Die Unter- suchung auf das Vorhandensein zyklischer Komplexe ergab, daß weder bei der Kalischmelze noch bei der Fäulnis Phenol oder Indol auftraten, daß dagegen bei weiterer Oxydation mit Per- manganat reichliche Mengen von Benzoesäure erhalten werden konnten. *) Chandelon, Beitrag zum Studium der Peptonisation. Ber. d. deutsch. chem. Ges. 17, 2143 (1884). *) R. Maly, Untersuchungen über die Oxydation des Eiweißes mittelst Kaliumpermanganat. Sitzungsber. d. Wiener Akad. 91II, 157 (1885). Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweißkörper. 299 Durch fortschreitende Oxydation der Oxyprotsulfonsäure mit Kaliumpermanganat erhielt Maly*) eine vielbasische, sauerstoff- reiche Säure, der er den Namen Peroxyprotsäure beilegte. Zum Zwecke ihrer Darstellung wurde Oxyprotsulfonsäure in kalihaltigem Wasser gelöst und die Lösung bei Zimmertemperatur im Laufe einiger Wochen so lange portionenweise mit Perman- ganat versetzt, bis die immer träger werdende Entfärbung des letzteren schließlich ganz ausblieb. Nach Beseitigung des Per- manganatüberschusses mit Alkohol, Filtration und Neutralisation mit Essigsäure wurde die Lösung der Reihe nach mit neutralem Bleiacetat, Bleiessig und @Quecksilberacetat gefällt. Die Blei- niederschläge wurden mit Schwefelsäure, die Quecksilberfällung mit Schwefelwasserstoff zerlegt, die sauren Filtrate mit Ätzbaryt übersättigt, die entstandenen löslichen Barytsalze (nach Be- seitigung des Barytüberschusses durch Kohlensäure) aus konzen- trierter Lösung mit Alkohol gefällt. Aus den Barytsalzen wurden die freien Säuren hergestellt und, ebenso wie die ersteren, analysiert. Die Analysen ergaben für die freien Säuren: aus der aus der ker re ee te fällung fällung acetatfällung Mittel E. .,4681 Proz. 46,69 Proz. 45,69 Proz. 46,22 Proz. H DAP!-,, 20; 6,44 „ 6,43 „ N An.BE ..,, 10.08: ,, 12,49 „ 12,0 S ur, Zink»); 1, LSA EHER a Ne =.2528 3:1", 341,40 ,.;, a. an 100,00 Proz. Die Berechnung ergab, daß die Peroxyprotsäure auf ein Schwefelatom 71 Sauerstoffatome und 20 bis 22 Karboxylgruppen enthielt. Die große Zahl der letzteren erteilt der Peroxyprotsäure den Charakter einer starken Säure. Maly nahm an, sie sei nur oxydiertes Eiweiß, dessen Molekül nicht kleiner, sondern wahr- scheinlich noch größer sei, als das des intakten Albumins, da es sich um einfache Sauerstoffaufnahme ohne gleichzeitige Spaltung handle. *) R. Maly, Über die Oxydation von Eiweiß mittelst Kaliumperman- ganat. Sitzungsber. d. Wiener Akad. 97II, 1889 (Monatsh. f. Chemie 9). — R. Maly, Über die bei der Oxydation von Leim mit Kaliumpermanganat „entstehenden Körper und die Stellung von Leim zu Eiweiß. Sitzungsber. d. Wiener Akad. 98II, i889 (Monatsh. f. Chemie 10, 26). 300 Otto von Fürth, Die Peroxyprotsäure Malys gab starke Biuretreaktion und wurde von den Alkaloidfällungsmitteln (Phosphorwolframsäure, Jodquecksilberkalium, Gerbsäure usw.) nicht gefällt. Bei Digestion in gelinder Wärme mit Barytwasser kam es zu reichlicher Ammoniakentwicklung und zur Abscheidung von viel Baryumoxalat (einem Gehalte von 24 Proz. freier Oxalsäure entsprechend) neben etwas schwefeligsaurem Baryt. Das Baryt- salz einer Säure, welche mit Kupferacetat eine indigoblaue Färbung gab, blieb in Lösung. Bei tiefgehender Spaltung der Peroxyprotsäure durch tage- langes Kochen mit Barytwasser wurde Ammoniak, Glutaminsäure, Leucin, Ameisensäure, Essigsäure und Benzoesäure erhalten. Außerdem wurde ein in seidenglänzenden Nadeln kristallisierendes Barytsalz isoliert, das Maly für dasjenige einer noch unbekannten F OH a = OH Isoglycerinsäure C,:Hjoss:Nı. Ob Aminovaleriansäure C,H,,NO, vorgelegen habe, ließ sich nicht mit Sicherheit entscheiden. Spaltungsprodukte der Peroxyprotsäure (, | 120 g des Quecksilbersalzes wurden 5 Stunden lang mit 20 proz. Schwefel- säure gekocht. Nach Beseitigung des Quecksilbers mit Schwefelwasserstoff, ‘ der Schwefelsäure mit Barytwasser und Einengen wurde eine Kristallisation von Leuein (2,7 g) erhalten. Die Mutterlauge wurde durch vorsichtigen Schwefelsäurezusatz von gelöstem Baryt befreit und weiter eingeengt, wo- rauf noch 0,3 g Leucin ausfielen. Der Versuch, durch Sättigung mit gasförmiger Salzsäure eine Abscheidung von salzsaurer Glutaminsäure zu bewirken, blieb ergebnislos,. Nach Beseitigung der Salzsäure mit Blei- und Silberoxyd, sowie der Metalle mit Schwefelwasserstoff kristallisierte noch 2,8 g Leucin aus. Die Mutterlauge wurde mit Kupferkarbonat ge- kocht, das tiefblaue Filtrat mit Quecksilberacetat gefällt, der ausgewaschene Niederschlag (trocken 3,2 g) in Wasser suspendiert und mit Schwefel- wasserstoff zersetzt. Der Versuch, aus dem Filtrate mit gasförmiger Salz- säure Glutaminsäurechlorhydrat abzuscheiden, mißlang abermals. Nach Beseitigung der Salzsäure durch Vakuumdestillation und Silberoxyd, des Silbers mit Schwefelwasserstoff wurde mit Kupferkarbonat gekocht und das himmelblaue Filtrat stark eingeengt. Beim Stehen schieden sich lichtblaue schwerlösliche Nadeln aus, zum Teile zu einem wirren Haufen verstrickt, zum Teile zu kugeligen Drusen und tyrosinartigen Büscheln angeordnet: anscheinend das Kupfersalz der Asparaginsäure. Bei einem weiteren Versuche wurde eine große Fraktion des Queck- silbersalzes (165 g organische Substanz enthaltend) erst bis zum Ver- schwinden der Biuretreaktion (3 Stunden) mit Barytwasser, sodann, nach Beseitigung des Barytüberschusses mit Kohlensäure und Eindampfen, noch 8 Stunden lang mit rauchender Salzsäure gekocht. Auch hier mißlang wiederum, trotz Impfung und Eiskühlung, die Abscheidung des Glutamin- säurechlorhydrats mit gasförmiger Salzsäure. Der Sirup wurde nunmehr nach E. Fischers Vorschrift mit Alkohol verestert. Eine Kristallisation von salzsaurem Glykokollester wurde trotz Impfung nicht erzielt. Bei dem Ausschütteln mit Ather nach Zusatz von Kaliumkarbonat ging nur wenig Substanz (13,2 g) in Lösung. Die Hauptmenge der Ester destillierte bei 310 Otto von Fürth, einem Drucke von 8 bis 14mm Hg bei 80 bis 110°. Das Destillat wurde 1!/,;, Stunden lang mit Wasser gekocht und die farblose Lösung einge- dampft, worauf sich eine aus farblosen cholesterinartigen Platten be- stehende Kristallmasse abschied. Die auf einem Tonteller abgetrennten, im Vakuum über Schwefelsäure getrockneten Kristalle gaben die Reaktionen des Leuecins. Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl: 0,1932 g Substanz gaben NH, entsprechend 15,1 ccm N/ıo H,SO,. N = 10,95 Proz. (für Leucin be- rechnet: N = 10,68 Proz.). Die Spaltungsversuche mit den Peroxyprotsäuren hatten so- nach, in Übereinstimmung mit früheren Beobachtern, das Vorkommen von Oxalsäure, Ammoniak, Leucin, Glutaminsäure, Asparaginsäure und Aminovaleriansäure unter den Abbauprodukten des einen oder des anderen Präparates erwiesen bzw. wahrscheinlich ge- macht. Auf die bei den einzelnen Versuchen erhaltenen negativen Befunde kann angesichts der Unvollkommenheit der angewandten Methoden kein Wert gelegt werden. III. Desaminoprotsäuren und Kyroprotsäuren. Barytspaltung der Peroxyprotsäuren. Beim Kochen der Peroxyprotsäuren mit Barytwasser erfolgt Abspaltung von oxalsaurem Baryt und reichliche Ammoniakentwicklung. (Quantitative Beobachtungen über den zeitlichen Verlauf der letzteren lehrten, daß die Ammoniakentwicklung bereits nach ein bis zwei Stunden auf ein Minimum reduziert ist und daß dann auch bereits eine vollkommene Absprengung aller Oxalsäurekomplexe stattgefunden hat. So entwickelte in einem Versuche eine Lösung der Per- oxyprotsäure C bei 1'/s stündigem Kochen mit gesättigtem Baryt- wasser eine Ammoniakmenge, entsprechend 126,5 cem “.H,S0; nach weiteren 2 Stunden wurden noch 8,1 cem "-H,SO, Ih „ 1) n„ 38.4 n) 1 c - ne „. verbraucht. Ein Gemenge der Peroxyprotsäuren A und B, mit gesättigtem Barytwasser gekocht, entwickelte in den ersten Stunden 145 cem, in der dritten 4,5 ccm \-NH.. 10 Eine Lösung der Peroxyprotsäure A entwickelte beim Kochen mit Barytwasser in der 1. Stunde 13,5 cem \-NH,. 2. ” 1,6 ” ” ” 3. n nur Spuren NH.. ” ” ” ” Nach Beseitigung .des Barytüberschusses konnten aus den Zersetzungsflüssigkeiten durch Quecksilberacetat Biuretkörper von | ö | Ä : Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweißkörper. 311 saurem Charakter gefällt werden, welche sich von den Peroxy- protsäuren durchaus verschieden erwiesen. Drei derartige, aus verschiedenartigem Ausgangsmaterial dargestellte Produkte wurden der Analyse unterzogen. I. Biuretkörper aus Peroxyprotsäure A. 20 g des Silbersalzes der Peroxyprotsäure A wurden durch 3stündiges Kochen mit 15 g Atzbaryt zersetzt. Das.nach Beseitigung des Silberoxyds und des abgespaltenen oxalsauren Baryts gewonnene, keinen Barytüber- schuß enthaltende, alkalisch reagierende Filtrat wurde mit einem UÜber- schusse von Quecksilberacetat gefällt, der voluminöse Niederschlag mit Hilfe eines Saugfilters durch wiederholtes Verreiben mit Wasser barytfrei gewaschen, in Wasser suspendiert, mit Schwefelwasserstoff zersetzt, das von Schwefelwasserstoff befreite Filtrat wiederum mit einem Überschusse von Barytwasser 6 Stunden lang gekocht und filtriert. Das Filtrat wurde durch Kohlensäure vom überschüssigen Baryt, durch Eindampfen von Kohlensäure und gelöstem Baryumkarbonat befreit, wiederum mit Queck- silberacetat gefällt, der Niederschlag auf einem Saugfilter sorgfältig mit Wasser ausgewaschen, durch längeres Verweilen unter absolutem Alkohol entwässert, mit Alkohol und Ather gewaschen und bei 90° zur Gewichts- konstanz getrocknet. Das so in der Ausbeute von 1,2 g gewonnene weiße feinpulverige Quecksilbersalz wurde analysiert, II. Biuretkörper aus dem Rohgemenge von A und B. Das Gemenge der Peroxyprotsäuren A und B (etwa 1 Kilo Kasein als Ausgangsmaterial entsprechend und aus einem Teile des Bleiniederschlages „L“ [Seite 303] gewonnen) wurde mit einem UÜberschusse von Baryt 8 Stunden lang gekocht. Nach Beseitigung des Barytüberschusses mit Kohlensäure wurde mit Quecksilberacetat gefällt, der Niederschlag beseitigt, das Filtrat mit Schwefelwasserstoff von Quecksilber befreit, eingeengt und nunmehr durch Quecksilberacetat unter Zusatz von etwas Natronlauge eine zweite Fraktion der durch Mercurisalze fäilbaren Substanzen erhalten. Die zweite Fraktion wurde auf gehärtetem Saugfilter mit Wasser, Alkohol und Ather ausgewaschen und erst bei niederer Temperatur, dann bei 95° getrocknet. Ausbeute: 15 g des Quecksilbersalzes. III. Biuretkörper aus Peroxyprotsäure C. 125 g des Quecksilbersalzes der Peroxyprotsäure C wurden mit Schwefelwasserstoff zerlegt. Das Filtrat wurde 6 Stunden lang mit Baryt- wasser gekocht, der Barytüberschuß mit -Kohlensäure beseitigt, die Flüssig- keit mit Quecksilberacetat gefällt und der Quecksilberniederschlag wie bei I weiter behandelt. Die Ausbeute betrug 9,4 g eines weißen Queck- silpersalzes. Die Analysenwerte dieser Quecksilbersalze finden sich in der Tabelle I und II zusammengestellt. Vergleicht man die für die freien Säuren berechneten Atomverhältnisse, und berücksichtigt man den Umstand, daß es sich um drei aus verschiedenem Aus- gangsmaterial nach verschiedenen Methoden hergestellte, amorphe und schwer zu reinigende Präparate handelt, so ist die Über- 312 Otto von Fürth, einstimmung so weitgehend, daß die Annahme, es handle sich um eine bestimmte Kategorie chemisch ähnlich zusammengesetzter und einander nahe verwandter hochmolekularer Substanzen, be- rechtigt erscheint. Es ergibt sich daher das Bedürfnis, diese neue Kategorie von Biuretkörpern mit einer Kollektivbezeichnung zu belegen. Ich schlage dafür den Namen „Desaminoprot- säuren“ vor. Daß die aus verschiedenem Ausgangsmaterial her- gestellten Desaminoprotsäuren miteinander vollkommen identisch sind, ist trotz der Ähnlichkeit ihrer Zusammensetzung und Reaktionen von vornherein ganz unwahrscheinlich. Der chemische Charakter der Desaminoprotsäuren soll später eingehend erörtert werden. Hier sei nur im vorhinein bemerkt, daß die Desaminoprotsäuren ungefähr den gleichen Kohlenstoff- und Schwefelgehalt, einen höheren Sauerstoff- und Wasserstoffgehalt und einen erheblich geringeren Stickstoffgehalt aufweisen als die typischen Peroxyprotsäuren und diesen letzteren gegenüber durch das gänzliche Fehlen der Oxalsäurekomplexe, welche einen so srheblichen Teil des Peroxyprotsäuremoleküls ausmachen, ausge- zeichnet sind. Säurespaltung der Desaminoprotsäuren. 75 g desa- minoprotsaures Quecksilber, aus der Bleiessigfällung des Gemenges der Peroxyprotsäuren A und B dargestellt, wurden mit 300 ccm reiner konzentrierter Salzsäure 5 Stunden lang gekocht. Nach Verdünnen mit Wasser wurde das Quecksilber mit Schwvefel- wasserstoff entfernt und das Filtrat im Vakuum zu einem dünnen Sirup eingedampft. Nach 10tägigem Stehen im Eisschranke hatte sich eine kompakte Kristallmasse am Boden des Gefäßes abgesetzt. Nach Abgießen der Mutterlauge wurde sie auf einem Tonteller abgepreßt, mit absolutem Alkohol und Äther auf einem Saugfilter gewaschen, sodann in Wasser gelöst, die filtrierte Lösung mit gasförmiger Salzsäure gesättigt. Die nach 2tägigem Stehen im Eisschranke abgeschiedene farblose Kristallmasse (10,3 g) wurde nach Verdünnung mit absolutem Alkohol auf einem Saugfilter gesammelt. Da sich die Kristalle noch asche- haltig erwiesen, wurden sie aus wenig Wasser umkristallisiert, auf einer Tonplatte abgepreßt, in Wasser gelöst, die Lösung wurde mit frisch gefälltem Silberoxyd geschüttelt; das silber- haltige Filtrat gab bei vorsichtigem Zusatz von Silbernitrat einen weißen körnigen Niederschlag. Dieser wurde abgesaugt, ge- waschen, mit Salzsäure zerlegt und das Filtrat abermals mit gas- förmiger Salzsäure gesättigt. Es kam ein schweres farbloses, aus dicken, stark doppelbrechenden Tafeln mit abgeschrägten Ecken EEEETTW | | | EA EA NETTE a er Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweißkörper. 313 bestehendes Kristallpulver zur Abscheidung, welches beim Ver- brennen auf dem Platinbleche keine Asche hinterließ. Zer- setzungspunkt 194 bis 195° (uncorr.). Bei der Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl gaben 0,1684 g Substanz 10,0 com $-NH,, daher N=8,31 Proz. (Zersetzungspunkt der salzsauren Glutaminsäure 19°, N =7,65 Proz.) Die von der ersten Kristallisation der salzsauren Glutaminsäure abgegossene Mutterlauge wurde mit Wasser verdünnt, mit Äther ausge- schüttelt, durch Bleioxyd und Silberoxyd von Salzsäure, durch Schwefelwasserstoff von den Metallen befreit und das klare farb- lose Filtrat am Wasserbade zum Sirup eingedampft. Dieser ge- stand’ beim Erkalten zu einem Brei von Sphärokristallen. Er konnte mit Hilfe von 50Oproz. Aceton auf dem Saugfilter abge- trennt werden. Die Ausbeute betrug nach Waschen mit Wasser, Alkohol und Äther 1,4 g. Die Kristalle gaben die Reaktionen ‚des Leucins. Die Mutterlauge, welche keine weitere Leucinkristallisation mehr gab, wurde mit Kupferkarbonat gekocht. Das tiefblaue Filtrat, welches mit Bleiessig keine Fällung gab, also keine größeren Asparaginsäuremengen enthalten haben dürfte, konnte weder direkt, noch nach Alkoholfällung zur Kristallisation ge- bracht werden. Die durch Ausschütteln der sauren Lösung erhaltene ätherische Lösung «wurde durch Schütteln mit Wasser gewaschen und ein- gedunstet, der spärliche ölige Rückstand in Äther aufgenommen. Die ätherische Lösung hinterließ beim Eindunsten im Vakuum über Paraffin einen sirupösen Rückstand, der über Schwefelsäure zu einem Kristallbrei erstarrte. Dieser wurde mit Wasser ge: waschen, in Ammoniak gelöst, die Lösung mit Salzsäure gefällt, mit Ather ausgeschüttelt. Der Äther hinterließ beim Eindunsten aus feinen Nadeln zusammengesetzte NRosetten: vermutlich Benzoesäure. Nebenprodukt der Darstellung von Desaminoprotsäure. Es ergab sich die Frage, ob bei der Umwandlung von Peroxyprotsäuren in Desaminoprotsäuren nicht charakterisierbare Nebenprodukte, etwa Aminosäuren abgespalten werden. Zum Nachweise der letzteren wurde ‚ eines der nach Fällung der Desaminoprotsäure mit Quecksilberacetat er- haltenen Filtrate mit Schwefelwasserstoff von Quecksilber, mit Schwefel- ‚säure von Baryt befreit. Aus dem Filtrate, das keine Biuretreaktion gab, konnte weder direkt noch nach Kochen mit 25proz. Schwefelsäure mit Naphthalinsulfochlorid und Alkali dis Abscheidung eines schwerlöslichen ‚ Produktes erzielt werden. Nach Beseitigung des Überschusses von ‚ Naphthalinsulfochlorid mit Ather wurde die mit Schwefelsäure schwach , angesäuerte Flüssigkeit eingedampft und das Natriumsulfat mit verdünntem 314 Otto von Fürth, Aceton (2 Teile Aceton :1 Teil Wasser) abgetrennt. Beim Einengen der Acetonlösung fielen nadelförmige Kristalle einer organischen Substanz aus. Diese wurden auf eine Tonplatte abgepreßt, aus wenig Wasser um- kristallisiert, wiederum auf eine Tonplatte gestrichen und schließlich im Vakaum, dann bei 90° getrocknet. Die Ausbeute betrug nur 0,25 g. Die Kristalle verbrannten, ohne Asche zu hinterlassen. Beim Schmelzen mit reinem Atznatron entwickelten sie alkalische Dämpfe und einen naphthalinartigen Geruch und erwiesen sich beim Schmelzen mit Natrium- superoxyd und Soda schwefelreich. Es handelte sich also um ein Naphthol- sulfoderivat. Eine orientierende aan ergab: 0,0756 & Substanz: .0,1432 8.005... in rn ne nenn 0.0233 Al ‚Oo av aa, re ee 0,0821 g gaben 1,58 ccm N > 16:39. 756mm) , 2 Eine Verbindung C,;H.;NSO, würde C 51,35 Proz., H 3,13 Proz., N 3,35 Proz. erfordern. Doch gestattet das Fehlen von Kontrollanalysen keine weiteren Schlußfolgerungen. Oxydation der Desaminoprotsäuren. Während die Peroxyprotsäuren von Permanganat in alkalischer Lösung bei Zimmertemperatur kaum oder doch nur sehr langsam angegriffen werden, sind die Desaminoprotsäuren leicht oxydabel. Offenbar werden durch Absprengung von Oxalsäure und Säureamid- komplexen aus den Peroxyprotsäuremolekülen dem Permanganat neue Angriffspunkte geboten, so daß die stockende Oxydation weiter fortschreiten kann. Durch Oxydation der Desaminoprot- säuren gelangt man zu einer neuen Kategorie sehr sauerstoff- reicher, amorpher Biuretkörper, für die ich die Bezeichnung „Kyroprotsäuren* vorschlage. Ich konnte zwei Kyroprot- säuren unterscheiden, von denen die eine, die Kyroprotsäure A, durch Quecksilberacetat, die andere, die höher oxydierte, stick- stoffärmere und eine höhere Acidität aufweisende Kyroprot- säure B, überdies durch neutrales Bleiacetat fällbar ist. | Um das Material zu einer näheren Charakterisierung der Kyroprotsäuren zu erhalten, ließ ich in einer chemischen Fabrik (E. Merck in Darmstadt) 20 Kilo entfetteten Kaseins in der auf‘ Seite 303 beschriebenen Weise mit Kaliumpermanganat oxydieren und den (ein Gemenge der Peroxyprotsäuren A und B ent- haltenden) Bleiniederschlag mit Schwefelwasserstoff zerlegen. Die so erhaltene Lösung wurde im Vakuum eingeengt und die massenhaft auskristallisierende Oxalsäure abgetrennt. So wurden etwa 800 g eines sehr hygroskopischen, nur mit wenig Oxalsäure verunreinigten Rohpräparates von Peroxyprotsäure als Ausgangs material gewonnen. Eine Anzahl von Portionen dieses Draputalen zu je 20 8 wurden zur Orientierung über den Verlauf der Oxydation mit Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweißkörper. 315 der gleichen Gewichtsmenge wasserfreien Ätzbaryts 1 bis 2 Stunden lang gekocht, sodann nach und nach mit abgewogenen Mengen von Calciumpermanganat bei Zimmertemperatur oder auch unter Eiskühlung versetzt. Die Schnelligkeit der Ent: färbung bot einen Maßstab für die Lebhaftigkeit, mit der sich die Oxydation vollzog. Es wurde so festgestellt, daß zwischen 10 und 15 g Calciumpermanganat (auf. 20 g der Peroxyprotsäure berechnet) eine Stufe gelegen war, jenseits welcher die Oxydation bei weiterem Permanganatzusatze zwar nicht zum Stillstand ge- langte, jedoch erheblich langsamer fortschritt. Durch Fällung der schwach alkalischen Reaktionsflüssigkeit, welche weder mit Barytwasser, noch mit Kohlensäure Niederschläge gab, mit neutralem Bleiacetat, sodann mit Quecksilberacetat und Wägung der getrockneten Niederschläge wurde ein Maßstab für das Mengenverhältnis der entstandenen Kyroprotsäuren: A und B ge- wonnen. Es wurden so aus je 20 g Peroxyprotsäure erhalten bei Zu- ‚satz von | 8 g Ca(MnO,), : Quecksilbersalz der Kyroprotsäure A 4,6 g Blei- salz der Kyroprotsäure B 5,1 g, 15 g Ca(MnOÖ),), : Quecksilbersalz der Kyroprotsäure A 6,0 g Bleı- salz der Kyroprotsäure B 2,1 g, 3t g Ca(MnÖ,).: Quecksilbersalz der Kyroprotsäure A 4,8 g Bleı- salz der Kyroprotsäure B 0,4 @. Diese Zahlen könnten zur Vermutung führen, daß A durch weitere Oxydation auf Kosten von B entstehe. Da aber die Analysen (siehe unten) lehren, daß B das weitaus sauerstoff- reichere dieser beiden Produkte ist, muß eine solche Annahme fallen gelassen und das unabhängige Auftreten der beiden Kyro- protsäuren angenommen werden. Die außerordentlich sauerstoff- reiche Kyroprotsäure B fällt offenbar bei weiterer Sauerstoff- zufuhr schnell der Zerstörung anheim. Darstellungen der Kyroprotsäure A. 1. 75 g des Quecksilber- Salzes der Desaminoprotsäure wurden aus dem Gemenge der Peroxyprot- säuren A und B dargestellt und mit Schwefelwasserstoff zerlegt. In das auf 500 cem eingeengte Filtrat wurden 40 g Baryumpermanganat in kleinen Portionen eingetragen. Die Entfärbung erfolgte anfänglich fast _ momentan, später sehr zögernd. Bei Eintragung von weiteren 10 8 Permanganat war noch nach 3 Stunden keine Entfärbung erfolgt; diese vollzog sich über Nacht. Der Braunsteinschlamm wurde mit Hilfe eines Saugfilters entfernt, «das alkalische Filtrat, das weder Oxalsäure noch einen Barytüberschuß enthielt, nach Neutralisation ‘mit Essigsäure mit Bleiacetat gefällt, der Niederschlag abältriert und die Flüssigkeit nunmehr mit Quecksilberacetat gefällt. Das Quecksilbersalz wurde durch wieder- 316 Otto von Fürth, holtes Verreiben mit Wasser mit Hilfe eines Saugfilters sorgfältig ge- waschen, unter absolutem Alkohol entwässert, mit Alkohol und Ather gewaschen und 8 Tage lang bei 90° getrocknet. Die Ausbeute betrug 8 9. 2.200 gdes Merckschen Peroxyprotsäurepräparates wurden in Wasser gelöst, 2 Stunden lang mit 200 g wasserfreien Atzbaryts gekocht; sodann wurden 110 g Calciumpermanganat unter Eiskühlung portionenweise ein- getragen. Nach erfolgter Entfärbung wurde filtriert und das alkalische, weder Oxalsäure, noch einen Barytüberschuß enthaltende Filtrat mit Quecksilberacetat gefällt, der auf dem Saugfilter gut ausgewaschene Niederschlag (45 g) in Wasser verteilt, mit Schwefelwasserstoff zerlegt, die Flüssigkeit mit einem Überschuß von neutralem Bleiacetat gefällt, der Niederschlag (Kyroprotsäure B) abfiltriert, das Filtrat mit Quecksilber- acetat gefällt, der Niederschlag mit Wasser, Alkohol und Ather gewaschen und getrocknet. 3. Darstellung auf dem Umwege der Veresterung. 100 g der Merckschen Peroxyprotsäure wurden wie bei 2 behandelt. Aus dem entfärbten Filtrate wurde nach Beseitigung der Kyroprotsäure B durch neutrales Bleiacetat die Kyroprotsäure A mit Quecksilberacetat niederge- schlagen, die Quecksilberfällung mit Schwefelwasserstoff zerlegt, das Filtrat eingedampft und der Rückstand mit alkoholischer Salzsäure ver- estert. Der erhaltene Ester wurde nach Beseitigung beigemengter Salz- säure durch Eindunsten mit Caleiumkarbonat durch wiederholtes Lösen in Chloroform und in absolutem Alkohol gereinigt, durch Kochen mit starkem Ammoniak verseift. Nach Beseitigung des Ammoniaks auf dem Wasserbade wurde die erhaltene Kyroprotsäure neuerlich als Quecksilber- salz gefällt und dieses nach sorgfältigem Auswaschen und Trocknen (bei 95°) der Analyse unterzogen, Die Analysen dieser drei in der vorbeschriebenen Weise dar- gestellten Präparate von Kyroprotsäure A, sowie eines Präparates der Kyroprotsäure B, welche, nach vorausgegangener Abtrennung durch neutrales Bleiacetat, in ihr Quecksilbersalz übergeführt worden war, finden sich in der Tabelle I und II zusammengestellt und sollen später diskutiert werden. Säurespaltung der Kyroprotsäure Aus 160 g des Merckschen Peroxyprotsäurepräparates wurde das Gemenge der Quecksilbersalze der Kyroprotsäuren A und B dargestellt, mit '/s Liter konzentrierter Salzsäure 6 Stunden lang gekocht, die Zersetzungsflüssigkeit mit Wasser verdünnt, mit Schwefel- wasserstofft von Quecksilber befreit, durch Vakuumdestillation zum Sirup eingeengt und mit gasförmiger Salzsäure gesättigt. Auch bei mehrtägigem Stehen in der Kälte erfolgte keine Kristallisation von salzsaurer Glutaminsäure, nur anorganische Chloride fielen aus. Die Flüssigkeit, welche einer Kjeldahl- bestimmung gemäß 1,8 g Stickstoff enthielt, wurde durch Silber- oxyd von Salzsäure, durch Schwefelwasserstoff von Silber, durch einen Luftstrom von Schwefelwasserstoff befreit und mit Ather ausgeschüttelt, dieser nahm jedoch keine Benzoesäure auf. sn TE Ha en u Ze Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweißkörper. 317 Die wässerige Flüssigkeit wurde zum Sirup eingedampft; dieser gestand beim Erkalten zu einem Brei von Kristallkugeln. Die Kristalle wurden auf einem Tonteller abgepreßt (Gewicht der Rohkristalle 5 g), in Wasser gelöst, mit Tierkohle entfärbt, zwei- mal aus Wasser umkristallisiert und wieder abgepreßt. 0,1672 g der schneeweißen Kristalle verbrauchten bei Kjeldahl- bestimmung 12,5 ccm S-NH,;, ernennt 10,47 Proz. N... Leuein er- fordert 10,68 Proz. N. Die Mutterlauge wurde durch Kochen mit Barytwasser von Ammoniak, durch Koblensäure vom Barytüberschuß befreit, ein- geengt, mit Alkohol gefällt und filtriert. Das barytfreie Filtrat gestand beim Einengen zu einem von Kristallnadeln durchsetzten Sirup, deren Menge zu gering war, um eine Abtrennung zu ge- statten. Die Alkoholfällung (21 g) wurde in Wasser gelöst, die Lösung durch vorsichtigen Schwefeisäurezusatz von Baryt befreit, eingeengt und mit gasförmiger Salzsäure gesättigt. Es erfolgte wiederum keine Kristallisation von salzsaurer Glutaminsäure. Die Salzsäure wurde nunmehr mit Silberoxyd beseitigt, das entsilberte Filtrat mit Kupferkarbonat gekocht, die eingeengte blaue Lösung mit Alkohol gefällt, der abfiltrierte Niederschlag bei 90° getrocknet. 0,1534 g Substanz gaben bei Kjeldahlbestimmung 7,4 ccm =-NH,, entsprechend 6,75 Proz. N. Glutaminsaures Kupfer erfordert 6,73 Proz. N. Da der Nachweis von Benzoesäure bei diesem Versuche mißlungen war, wurden weiterhin 20 g kyroprotsauren Queck- silbers 3 Stunden lang mit konzentrierter Salzsäure gekocht und die salzsaure Lösung direkt mit Äther ausgeschüttelt. Doch auch in diesem Falle konnte im Äther keine Benzoesäure nachge- wiesen werden. | IV. Chemische Charakteristik der durch schrittweise Eiweiß- oxydation erhaltenen sauren Produkte. Um eine annähernde Vorstellung von der chemischen Zusammen- setzung der bei schrittweiser Eiweißoxydation erhaltenen Biuret- körper von saurem Charakter zu gewinnen, habe ich zahlreiche Analysen derselben ausgeführt. Der Kürze und Übersichtlichkeit halber möge es mir gestattet sein, die Resultate derselben nur tabellarisch wiederzugeben (s. u.). Methodik. Zunächst einige Worte über die bei meinen Analysen angewandte Methodik. Die Stickstoffbestimmungen wurden nach Kjeldahl oder Dumas, die Schwefelbestimmungen nach Asböth ausgeführt. Das Quecksilber wurde als Sulfid auf zur Gewichtskonstanz getrockneten Papierfiltern zur Wägung gebracht. 318 Otto von Fürth, Tabelle I. Analyser | Atomverhältnis | " Daraus od | r | | l rechnete pr | Analy sen | 4 der Mittel | zentische der Metallsalze | > freien e ‚ Zusammen | Salzes # ‚setzung de | | Säure | ‚ freien A | C 29,96 Proz \ C 3,89 | C 3,89 ) | aus: \.H. 3102, 'H49% | H6092 | dem N 8.98.75 Nı Nı [ Ester |S 073 „ ' S 0,0386 | S 0,036 | | | dar NOW an ' 01,99 | 0 1,99 | | ge- Ag 37,01 „ Ag 0,53 | | © | stellt 100,00 Proz. ‚ad ER | Eu | Mittel | | | = A' Proz. Proz. Proz. | | ä aus | © 20,41 20,558 | 20,50 || C 3,86 | C 3,86 | = | dem | H 3,06 2,07 | 3,06 | H 4,66 | H 5,96 | C 3,82 © | Hster |N 5,9 6,45 6,19 | N 1 N 1 H 6,10 | E 5 —_ 0,56 | S 0,0411 S 0,041) NI wölkee On — 15,51 | 0 2,19 | 0 2,19 5 S 0,086 2 | stellt Ag 54,78 55,57 55,18 Ag Li II\ O 2,07 > 100.00 © ı Eu Proz. Proz. Proz. Bi) Ya 10:28 17. 27 CAT TTE ar de 2,87 2,87 | H 5,42 | H 6,32 | | Ester |N 7,40 = 7.40, 1: N: Ic N Lass | Hlar-. 1.8: 0:68 a 0,52 | S 0,080 S 0,030 | ge- ‚0 — — 4 17,0 1 Ba stellt Hg48,79 48,14 4847 Hg 0,45 | ' 100.00 | Aus | C 21,92 Proz. |C 5928°|C 5,8 ) a? H 890 H 1040 Dee 1, N. SA N ı N.» saure S] | S] | A 0) 1839 » 0 32 10,352 Hz a137%..,; Hg 0,75 100,00 Proz. | a 5 C 17,52 Proz. IC 48|C 48 | E N ee 'H 841 |H 10,47 =, N 7488-, KR 3: I ee ana O1 „ loan LE = E | | Hg 692,55 ,„ Hg 1,08 | 8 0,036 5 0,85 E Ban: Proz. | | 0 3,04 0 Bu u | ö 2 | a | Mittel | | | Proz. Proz. Pron.,. al | | ' C 19,69 == 19,69 ı C 5,19 | C 5,19 | H 254 2,40 9247 | H 7,78 | H 956. | C E 441 4,45 443.1: 8:1: 4 | |S 06 — 0,36 S 0,086, S] 351 | ce - = 16,63 | 0 3,28 | 05° Hg 56,44 56,40 | 56,42 Hg 0,89 | | 100,00 | | ) Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweißkörper. 319 der Metallsalze. ———— zz zz — ee ZZ — IS 0,49 — | .04 | S005 | S 005 s 108 . E- Br — | 1981 | 0 4,08 | O 4,08 0 41.80 & Hg 53,13 — 1,5813 ||Hg 0,94 | | TEEN 5 100,00 | | IE e & | | | | Mittel | E c warn Proz | Proz. | | | |C 22, 22,91 | 2391 IC 958 IC .9,58 | C 4 B IH 268 270 269 |H 1334 |H 15,86 | Are = N Be, BIN. 2 N. ] Nest S Er Br EB ee ze Sara ı& 8 — — | 20,81 |O 649 |0O 6,49 041,87 7 # | re He 126 | 100,00 Proz) td | | 100,00 || 320 Otto von Fürth, Tabelle I Stickstoffverteilung, Oxalsäure-, Sauerstoffgehalt und Basicität. Stickstoffverteilung. Amid- | Basen- Aminosäuren- Se . Stickstoff | Stickstoff Stickstoff Proz. | Proz. | Proz. Ester aus | Peroxyprotsäure A | 0,62 1,06 8,46 10 Ester aus 0,53\| Mittel | | Peroxyprotsäure C | 2,24 0,45| 0,49 7,81 10; Desaminoprotsäure A | 0,46 | _ 4,38 | Desaminoprotsäure C | 0,40 —. | 4,03 2 S \ 9,29) Mittel | Kyroprotsäure A 2120| 20 — | 2,20 Kyroprotsäure B | 1,27 | = 1,54 | Ve Dureh salpetrige Säure Abspaltbare Oxalsäure abspaltbarer Stickstoff. (Die freien Säuren —= 100.) Peroxyprotsäure B 0,42 Proz. =17,1 Proz. des Peroxyprotsäure A 33,77 Pro Gesamt-N. Peroxyprotsäure B 36,83 Desaminoprotsäure 0,82 Proz. = 18,5 Proz. Desaminoprotsäure A — des Gesamt-N. Desaminoprotsäure B _ Kyroprotsäure 1,36 Proz. — 29,3 Proz. Kyroprotsäure A 16,9 des Gesamt-N. Kyroprotsäure B .12,2 Gesamtstickstoff =]. | | | Durch | Moleküle | Prrdung | er salpetrige | durch Atomen Säureamid- Basen- Säure Säure - Queck- ae: | Stickstoff Stickstoff abspalt- I barer Stick- abspalt- silber (aus barer Oxal- | Analyse der Salze | | stoff | säure | berechnet) | Kasein . .... 1% 2020-0131 1012 7 77.0867 ) | ? (Levites) | (Levites) | (Levites) | Peroxyprotsäure A. | 06 013 ? | ee ? Desaminoprotsäure . 0,10 0 0,50 | N I . Kyroprotsäure A. 0 Peroxyprotsäure B . 0 ı Don ee | | Peroxyprotsäure C . | 021 | 0,06 72.5.1 SD oe Kyroprotsäure B. | | | I 033 1. 04 1708 2 Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweißkörper. 321 Die Stickstoffverteilung wurde in der im hiesigen Laboratorium üblichen Weise bestimmt. Zur Bestimmung des durch Einwirkung salpetriger Säure abspaltbaren Stickstoffs wurde eine abgewogene Menge des in Wasser suspendierten Quecksilbersalzes mit Schwefelwasserstoff zersetzt, der Sulfidniederschlag abfiltriert und gewaschen, das Filtrat ein- geengt, mit Schwefelsäure versetzt, die Zersetzung durch salpetrigsaures Kali in einer Atmosphäre von reiner Kohlensäure.nach dem Vorgange von Hans Meyer*) durchgeführt und der entweichende Stickstoff nach Durch- streichen durch Permanganatlösung in einem Azotometer über konzen- trierter Kalilauge aufgefangen. Zur Bestimmung der durch Säurehydrolyse abspaltbaren Oxalsäure wurde eine abgewogene Menge des betreffenden Salzes 3 Stunden lang mit Salzsäure zerkocht, die Salzsäure im Vakuum aus siedendem Wasser- bade abdestilliert, der Rückstand mit Wasser verdünnt, durch Schwefel: wasserstoff vom Metalle befreit und die Oxalsäure aus dem Filtrate in typischer Weise als Calciumsalz gefällt. Überblicken wir die in den Tabellen zusammengestellten Zahlen, so ergibt sich folgendes: Was zunächst die Peroxyprotsäuren A und C betrifft, er- gaben ihre Analyse Werte, welche sich von den seinerzeit von Pott und Maly und später von Ehrmann für die analogen Produkte gefundenen Zahlen nicht allzuweit entfernen: Peroxyprotsäuren A und Caus Kasein (auf dem Umwege der Ester ge- reinigt). Mittel berechnet: Malys Peroxyprotsäure (aus dem Bleisalz in Freiheit gesetzt). Mittel berechnet: Peroxyprotsäure aus Ehrmanns Silbersalz Säuren von Pott C 45,74 Proz, C 46,64 Proz. 46,70 Proz. 45,44 bis 45,53 Proz. 608 „ br 6,56. „ 6,55 „ 5,84 bis 5,88 „ 218,97 „ N 12833. , 12.95. ;, 13,06 bis 13,31 , 115. „ ea 1 33.06 , 33.58. , 100,00 Proz. 100,00 Proz. Analyse der Peroxyprotsäureester. Um weitere An- haltspunkte für die chemische Individualität der Peroxyprotsäuren zu gewinnen, wurden auch die Aethylester derselben (s. 0.) der Analyse unterzogen, und zwar gelangten neben einem Ester aus der Peroxyprotsäure A zwei von verschiedenen Darstellungen herrührende Präparate der Peroxyprotsäure C zur Analyse. Es ergaben sich folgende Werte: Ester A Ca C$ß 652,02 Proz. 50,38 Proz. 52,52 Proz. | mar 1 A 6,85 „ za. DOT 2 FOR 11,33 *) Hans Meyer, Analyse und Konstitutionsermittelung organischer Verbindungen 1903, S. 528, Beitr. z. chem, Physiologie. VI. { 21 3223 Otto von Fürth, Wird nunin der Atomrelation der peroxyprotsauren Salze der Karboxylgehalt aus dem Aufnahmsvermögen für Silber bezw. zweiwertiges Quecksilber berechnet und jedes Karboxyl verestertt gedacht, so ergibt sich unter Vernachlässigung des Schwefelgehaltes das Atomverhältnis für den | Ester aus Peroxyprotsäure A Ester aus Peroxyprotsäure C Os,16 H,oa1 N, Ogas Cz51 Hy,og N, O3,02 als berechnet und | C5,93 Hossa I ER | De Ha,g3 N, Og,54 9509 N, 2760 als gefunden. Die Übereinstimmung ist, von einer stärkeren Abweichung im Wasserstofigehalte bei C abgesehen, eine genügende. Peroxyprotsäure B. Während die Peroxyprotsäuren A und C mit einander in analytischer Hinsicht so nahe überein- stimmen, daß man geneigt sein könnte, sie für identisch zu halten, wenn man nicht durch die Fällungsverhältnisse und durch Unter- suchung der Stickstoffverteilung eines Besseren belehrt würde, gehört die „Peroxyprotsäure B“, für deren chemische Ein- heitlichkeit allerdings vorläufig keine ausreichende Garantien ge- boten sind, jedenfalls einer davon stark abweichenden Körpergruppe an. Sie reiht sich mit ihrem niedrigen Stickstoff- und ihrem sehr hohen Sauerstoffgehalte in die Stufenleiter der oxydativen Eiweiß- abbauprodukte etwa zwischen die Kyroprotsäuren A und B ein. Sie enthält im Verhältnis zum Stickstoff etwa doppelt soviel Sauerstoff als die Peroxyprotsäuren A und C. Peroxyprotsäure A. . . N:O = 1:2,09 R 0.2.5 5 NE ed & D-..-.... Na ea Die Peroxyprotsäure B ist ferner durch das Fehlen basischer Komplexe in ihrem Molekül ausgezeichnet. Bei dem Versuche, die Peroxyprotsäure B auf dem Umwege über den Ester zu reinigen, wurde nach Verseifung mit Ammoniak und Fällung mit Quecksilberacetat ein Produkt erhalten, das bei der Analyse uner- warteter Weise folgende Werte gab. Mittel \ Z. 9,55 Proz. 2 eur C 9,57 Proz, 302 2roz en dr Säureamidstickstoff 1a Be 73 1 127% Lage. E 3,33 Proz., 3,19 Proz. N 588 „ 99 % en Mittel 3,96 P "Hg TED, 72,27 „ 72,09 I Berechnet man in der Atomrelation der Peroxyprotsäure (s. Tabelle I) ihren Gehalt an Karboxylen aus ihrem Aufnahmsvermögen für Quecksilber und denkt sich sodann jedes der Karboxyle durch COO (NH, Hg) substituiert, so würde ein solches Mercurammoniumsalz das Atomverhältnis N, : N(Amid)o,65 : Cay91 : Onyas : Hgoss5 Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweißkörper. 325 erfordern, während der Analysenmittelwert des obigen Verseifungsproduktes ein Verhältnis N, : N(Amid),,33 : O1ss8 !Orr58 : Hoss gibt. Man dürfte sich also vielleicht von der Wahrheit nicht allzuweit entfernen, wenn man den obigen schwer zu deutenden Befund etwa durch die Bildung eines Mercurammoniumsalzes bei der Fällung der mit Ammoniak übersättigten Peroxyprotsäure mit Quecksilberacetat zu erklären versucht. Fassen wir nunmehr die Desaminoprotsäuren und Kyro- protsäuren A näher ins Auge, so gibt die annähernde Über- einstimmung von je drei verschiedenen, in verschiedener Art ge- wonnenen Präparaten ausreichende Gewähr dafür, daß es sich, wenn nicht um chemische Individuen, so doch um eine bestimmte und charakterisierbare Kategorie chemischer Individuen handle. Es soll ausdrücklich betont werden, daß die Namen „Desamino- protsäure* und „Kyroprotsäure“ nur als Kollektivbezeichnungen (etwa in dem Sinne wie die Namen „Albumose“ und „Pepton“) aufzufassen sind. Bei dem Übergange der typischen Peroxyprotsäuren A und © in Desaminoprotsäuren durch die Einwirkung des kochenden Barytwassers werden die gesamten in den ersteren enthaltenen OÖxalsäurekomplexe, welche etwa ein Drittel ihres Gewichtes ausmachen, abgespalten, derart, daß die Desaminoprotsäuren bei der Säurespaltung überhaupt keine Oxalsäure mehr liefern. Gleich- zeitig geht ein großer Bruchteil des Stickstoffs (nahezu ein Drittel, in Form von Ammoniak verloren. Da die Peroxyprotsäure A nur einen kleinen Bruchteil (etwa 6 Proz.) ihres Stickstoffes in lockerer Bindung enthält, kann es nicht etwa nur Säureamidstickstoff sein, der beim Übergang in die entsprechende Desaminoprotsäure eliminiert wird. Auch aus dem Umstande, daß die Desamino: protsäuren, im Gegensatze zu den Peroxyprotsäuren, keine durch Phosphorwolframsäure fällbaren Produkte mehr bei der Hydrolyse liefern, . folgt überdies, daß es sich um einen Spaltungsvorgang handelt, bei dem basische Komplexe verschwinden. Die Erwartung, die durch intensive Alkaliwirkung entstandenen Desaminosäuren frei von locker gebundenem Stickstoff zu finden. wurde merkwürdiger Weise durch den Versuch nicht bestätigt Die Analyse zweier verschiedener Präparate ergab in überein: stimmender Weise, daß ein Teil des Säureamidstickstoffes, etwa "io des Gesamtstickstoffes entsprechend, der Alkaliwirkung ent- gangen ist und erst bei der Säurehydrolyse abgespalten wird. Desaminoprotsäure aus Kasein enthält etwa 3 mal mehr durch salpetrige Säure abspaltbaren Stickstoff als Kasein. Überein- 21* 324 Otto von Fürth, stimmend mit den Erfahrungen von Levites*), finde ich, daß sich diese Art von Stickstoff keineswegs mit dem Säureamid- stickstoffe deckt, und zwar übertrifft sie ihn der Menge nach nahezu um das Doppelte. Was die Kyroprotsäuren A betrifft, so handelt es sich dabei um hochoxydierte Eiweißspaltungsprodukte, die im Ver- hältnis zu ihrem Stickstoffgehalte beinahe 3 mal mehr Sauerstoff enthalten als das Kasein. Die dem weitgehenden Oxydationsgrade entsprechende Lockerung des Molekularverbandes kommt in ihrem hohen Gehalte an lockerem Säureamidstickstoff und an durch salpetrige Säure abspaltbarem Stickstoff zum Aus- drucke, der die entsprechenden Kaseinwerte etwa um das 5fache übertrifft. Basische (nach erfolgter Hydrolyse durch Phosphor- wolframsäure aus verdünnter Lösung direkt fällbare) Komplexe sind darin nicht enthalten. Auch konnte ich mich, zum mindesten bei der Verarbeitung der mir zur Verfügung stehenden, relativ geringen Substanzmengen von dem Auftreten von Benzoesäure oder anderen aromatischen Substanzen unter ihren Spaltungs- produkten nicht überzeugen. Man könnte also hoffen, daß man es hier mit relativ einfachen Eiweißkörpern zu tun habe, wenn nicht der Schwefelgehalt, dessen Beseitigung mir, vorläufig wenigstens, nicht gelungen ist, auf ein sehr hohes, nach vielen Tausenden zählendes Molekulargewicht hinweisen würde. Berechnet man das gegenseitige Verhältnis des locker ge- bundenen Säureamidstickstoffs und der Oxalsäure, so ergibt sich für die Kyroprotsäure A die annähernde Relation: Gesamtstickstoff : Säureamidstickstoff : Oxalsäure = 1: Ya : !/s, d. h. in der Kyroprotsäure ist so viel locker gebundener Stickstoff enthalten, daß man die Annahme machen könnte, sämtliche bei der Hydrolyse in Form von Oxalsäure auftretenden Komplexe seien im Moleküle der Kyroprotsäure in Form von Oxamid- gruppen — NH.CO.CO.NH.... NH.CO.CO.NH... vor handen. Wie eingangs erwähnt, haben Hofmeister und Ehr- mann die Vorstellung entwickelt, daß Ketten, die dem Schema — NH.CH.CO — Kr Dreier — | R R: entsprechend gebaut sind, bei der Oxydation Komplexe — NH.CO.CO — NH.CO.CO — geben könnten, die bei der Hydrolyse Oxamid, Oxaminsäure, Oxalsäure und Ammoniak zu liefern geeignet wären. Es sei hier ferner darauf hingewiesen, *) Zeitschr. f. physiol. Chemie 43, 202, 1/2. UP BET u ehe N A ee ee a nn ——— Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweißkörper. 3925 daß auch das von Zickgraf*), Seemann**) und neuerdings von Kutscher und Schenck“““) bei der Eiweißoxydation erhaltene Oxaluramid Gi see an. | co CO.NH;NH, den Komplex — NH.CO.CO.NH — enthält. Würde der Zerfall der Komplexe BE NH. COYCO.NH.CO.CO.. !. in typischer Weise zu Oxaminsäure erfolgen, so könnte natürlich nur je eine Säureamidgruppe auf ein Oxalsäuremolekül kommen und die Hälfte des locker gebundenen Stickstoffs müßte sich an andere Gruppen gebunden vorfinden. Halten wir uns nun weiterhin an dıe von Hofmeister und E. Fischer entwickelte Vorstellung über den Aufbau der Eiweiß- körper aus glycylglycinartigen Ketten, und vergegenwärtigen wir uns die Tatsache, daß die Kyroprotsäure bei der Hydrolyse so- wohl Glutaminsäure als auch Leucin geliefert hat, daß also sowohl einbasische als auch zweibasische Aminosäuren bei ihrem Aufbau beteiligt sind, so könnte man das Schema Br CO). 2. INH.CH.COL.. .. INHB.CH.CON. .. | CH, CH; CH, y COOH |z als allereinfachste Möglichkeit für den Aufbau der Kyroprotsäuren diskutieren. Es ergibt sich da von vornherein die oben erwähnte Schwierig- keit, daß das Schema nur das Vorhandensein der halben Menge des tatsächlich vorhandenen lockeren Amidstickstoffs erklären könnte. Weiter ergiebt die unmittelbare Betrachtung, daß eine solche Verbindung weit weniger als 3 Sauerstoffatome auf je einen Stick- stoff enthalten müßte, denn die Oxalsäurekomplexe enthalten ja nur 20, die sicherlich reichlich vorhandenen Leucinkomplexe nur 1 O auf 1N, und nur das Schlußglied der Reihe könnte, falls es sich um eine zweibasische Aminosäure handelte, *) G. Zickgraf, Die Oxydation des Leims mit Permanganaten. Zeitschr. f. physiol. Chemie 41, 259 (1904). =) J. Seemann, Über die Oxydation des Leims und des Eieralbumins mit Caleiumpermanganat. Zentralbl. f. Physiologie 18, 285 (1904). **#) F., Kutscher und M. Schenck, Die Oxydation von Eiweißstoffe:: mit Caleciumpermanganat. Ber. d. deutsch. chem. Ges. 57, 2928, Septbr. 1904. 326 Otto von Fürth, a NH; CELSEBOE CH, COOH mit einem Gehalte von 4 OÖ auf 1 N eine geringe, angesichts der Länge der Kette aber sicherlich nicht ausreichende Steigerung des relativen Sauerstoffgehaltes herbeiführen. Schließlich müßte, den von Schwarzschild*), im hiesigen Institute gemachten Erfahrungen entsprechend, erwartet werden, daß der gesamte Stickstoff einer solchen einfachen, unverzweigten, aus glycylglycinartigen Komplexen bestehenden Kette von sal- petriger Säure bei andauerndem Erwärmen eliminiert würde, während der Versuch tatsächlich lehrt, daß nur etwa ein Drittel des Stickstoffs dieses Verhalten zeigt. Das obige einfachste Schema einer unverzweigten Kette vermag also den vorliegenden Beobachtungen nicht zu genügen. Man wird auf die kompliziertere Annahme verzweigter Ketten mit glyeylglyeinartigen Bindungen und Ringschlüssen hingewiesen. Auf eine Diskussion derartiger schematischer Vorstellungen, bei der man ganz auf das Gebiet der Hypothese geraten würde, wird man jedoch vorläufig besser verzichten. Als ein noch einfacheres und vom ursprünglichen Eiweiß noch weiter abstehendes Produkt des oxydativen Abbaues muß die Kyroprotsäure B bezeichnet werden. Wenn die Peroxy- Desamino- und Kyroprotsäuren A gewissermaßen den Albumosen verglichen werden können, so’ wäre die schwefelfreie Kyroprot- säure B etwa den Peptonen analog zu setzen. Sie erinnert aller- dings mit ihrem Sauerstoffgehalt von etwa 42 Proz. und ihrem Stickstofigehalt von weniger als 6 Proz. kaum mehr an einen Eiweißkörper. Ihr Basenbindungsvermögen und ihr. auf die Ein- heit des Stickstoffs bezogener Sauerstoffgehalt (N: O =1:6%/.) über- trifft die analogen Werte der typischen Peroxyprotsäure etwa um das 3-fache, und ebenso, wie in der Kyroprotsäure A, ist etwa die Hälfte ihres Stickstoffes in lockerer säureamidartiger Bindung vorhanden. Leider hat es mir vorderhand an Material gefehlt, um die chemische Individualität und Zusammensetzung dieses Produktes ausreichend sicherzustellen. Die Beschaffung aus reichender Mengen von Versuchsmaterial stößt gerade beim Studium der oxydativen Eiweißabbauprodukte auf besonders große Schwierigkeiten. *%) Schwarzschild, Über die Wirkungsweise des Trypsins. Diese Beiträge 4, 155. Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues der Eiweißkörper. 397 Dennoch glaube ich, daß das eingehendere Studium derartiger hochoxydierter Eiweißderivate, namentlich falls es gelingen sollte, die Darstellungsmethoden zu vereinfachen und zu verbessern, geeignet sein könnte, manche Fragen der Eiweißchemie ihrer Lösung näher zu bringen. Zusammenfassung. - Die wesentlichsten Ergebnisse der mitgeteilten Versuche lassen sich etwa folgendermaßen zusammenfassen: 1. Die bei der Oxydation von Kasein mit Permanganat nach Malys Vorgange auftretende „Peroxyprotsäure* besteht aus einem Gemenge von mindestens drei verschiedenen hochmoleku- laren Substanzen, die durch fraktionierte Fällung mit Silbernitrat (A), Bleiessig (B) und Quecksilberacetat (C) von einander ge- trennt werden können. Die Peroxyprotsäuren A und © stehen den von Maly beschriebenen Produkten nahe, während die viel sauerstoffreichere und stickstoffärmere Säure B sich gewissen, von - der ursprünglichen Proteinsubstanz weiter abstehenden oxydativen Eiweißabbauprodukten angliedert. 2. Die Peroxyprotsäuren lassen sıch mit Hilfe von alkoholischer Salzsäure leicht in ihre Ester überführen. Die Ester sind in absolutem Alkohol, sowie ın Chloroform leicht löslich und aus ihrer Chloroformlösung durch Äther fällbar. Durch Verseifung der Ester mit Ammoniak können die typischen Peroxyprotsäuren (A und ©) anscheinend unverändert wieder gewonnen werden. Durch den Vergleich der Zusammensetzung der Ester und der auf dem Umwege über die Ester gereinigten Peroxyprotsäuren ergeben sich weitere Anhaltspunkte für die chemische Indivi- dualität dieser letzteren. 3. Bei mehrstündigem Kochen mit Barytwasser verlieren die Peroxyprotsäuren die Gesamtmenge der (nahezu ein Drittel ihres Moleküls ausmachenden) Oxalsäuregruppen und der basischen Komplexe, sowie einen erheblichen Teil des Stickstoffs und gehen in eine neue Art von Biuretkörpern, die „Desamino- protsäuren“, über. Bei der hydrolytischen Spaltung der letzteren wurden Glutaminsäure, Leuein, Benzoesäure und Am- moniak erhalten. | 4. Während die Peroxyprotsäuren von Permanganat bei al- kalischer Reaktion und Zimmertemperatur kaum mehr oder doch nur sehr langsam angegriffen werden, bieten sich nach Absprengung der Oxalsäurekomplexe dem Oxydationsmittel wieder neue Angriffs- ‚punkte dar und die Oxydation schreitet mit großer Lebhaftigkeit 328 Otto von Fürth, Beiträge zur Kenntnis des oxydativen Abbaues usw. weiter. Man gelangt so wiederum zu einer neuen Gattung von amorphen Biuretkörpern, den „Kyroprotsäuren“. Durch Fällung mit neutralem Bleiacetat kann eine stark saure, sehr sauerstoff- reiche Säure B von einer Säure A getrennt werden. Bei der Säurespaltung der letzteren wurden Leucin, Glutaminsäure, Oxal- säure und Ammoniak gefunden, Benzoesäure und basische Komplexe jedoch vermißt. Die mit fortschreitender Oxydation in immer höherem Grade sich vollziehende Lockerung des Atomverbandes des Eiweißmoleküls kommt in dem Umstande zum Ausdrucke, daß die Kyroprotsäure etwa die Hälfte ihres Stickstoffes in lockerer, säureamidartiger Bindung enthält und bei Behandlung mit salpe- triger Säure im Verhältnis 5mal mehr Stickstofi verliert als das Kasein. 5. Der schrittweise Abbau des Eiweißmoleküls wird durch die mittlere prozentische Zusammensetzung der bei der Oxydation auftretenden Säuren und das Atomverhältnis des in denselben enthaltenen Stickstoffs und Sauerstoffs veranschaulicht: C H N 0 'IN:0O Kasein : . 7.2 .»:%u:.. 53,0.-Proz,,7;0' Proz. 15,7 Proz, 22.66 Proz ar Malys Oxyprotsulfonsäure 51,21 „ 689 „ 1459 „ 254 „ 1:1,53 Peroxyprotsäure A u. R(, 45,74 - „: 6,08 „13,97... 88,06... 1:23,08 Kyroproisäure A! ,, . 48,24, 742°... 1082 527 SR EBEEEE 1: 3,08 Peroxyprotsäure B. . ‚22,7 588. , 8,96:0, ALSO MS 1:4,08 6. Die Biuretreaktion der Eiweißkörper ist nicht an die Intaktheit der in ihnen enthaltenen basischen Gruppen geknüpft. XXI. Zur Lehre von der Assimilationsgrenze der Zuckerarten. Von Dr. Franz Blumenthal, Assistenten des hygienisch-bakteriologischen Instituts. Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg. 1. Wenngleich das Vorkommen von alimentärer Glykosurie seit langem bekannt ist, so sind doch die Bedingungen ihres Zustande- kommens nicht in jeder Richtung klargestellt. Die Bedeutung der Kohlehydrate für den Gesamtstoffwechsel, insbesondere aber die Beziehung der alimentären Glykosurie zum Diabetes machen es verständlich, daß Untersuchungen darüber immer wieder auf- genommen werden. Dabei bewegt sich das Interesse der Unter- sucher vorzugsweise in zwei Richtungen. Einerseits bemüht man sich, die praktisch wichtige Frage zu beantworten, ob sich die verschiedenen Zuckerarten im Organismus in betreff ihres Nähr- werts gleich verhalten, andererseits sucht man von physiologischen Gesichtspunkten aus die Ausnutzbarkeit der einzelnen Zuckerarten unter wechselnden Verhältnissen quantitativ zu bestimmen und so einen näheren Einblick in die Gesetze der Kohlehydrat- assimilation zu gewinnen. Die mitzuteilenden, auf Anregung von Herrn Professor Hofmeister vorgenommenen Untersuchungen ‚gingen vorwiegend von diesem zweiten Gesichtspunkte aus. Von schon vorliegenden Untersuchungen gleicher Richtung kommen namentlich folgende in Betracht. Hofmeister*) ver- abreichte Hunden verschiedene Zuckerarten per os und bestimmte jene Menge, deren Zuführung eben zum Übertritt des Zuckers in *) Archiv für experimentelle Pathologie und Pharmakologie 25, 240. 330 Franz Blumenthal, den Harn führte. Das Ergebnis seiner Versuche faßt er in folgenden Sätzen zusammen: 1. Die untersuchten Zuckerarten (Dextrose, Lävulose, Galaktose, Rohrzucker und Milchzucker) geben im Übermaß genossen zur Ausscheidung von Zucker mit dem Harn Veranlassung. 2. Die Größe, bis zu welcher die Zuckerzufuhr gesteigert werden muß, damit Übertritt in den Harn erfolgt — die Assimilationsgrenze — ist für dasselbe Individuum und die gleiche Zuckerart zu verschiedenen Zeiten annähernd dieselbe. 3. Sie ist jedoch bei demselben Individuum für die einzelnen Zuckerarten verschieden. Am leichtesten gehen in den Harn über Galaktose und Milchzucker, viel schwieriger Dextrose, Lävulose und Rohrzucker. 4. Die Menge des durch die Niere ausgeschiedenen Zuckers erhöht sich mit Steigerung der Zuckerzufuhr. 5. Es kommt jedoch nicht die gesamte über die Assimilations- grenze hinaus zugeführte Zuckermenge zur Ausscheidung, sondern nur ein Teil derselben. Später von Linossier und Roque*) am gesunden Menschen ausgeführte Versuche bestätigten die Resultate Hofmeisters. Linossier und Roque wenden sich jedoch gegen den Begriff der Assimilationsgrenze. Sie weisen darauf hin, daß schon in der Norm Zucker, wenn auch in kleiner Menge, im Harn auftritt und halten dafür, daß auch bei den Assimilationsversuchen schon unterhalb der Assimilationsgrenze kleine Zuckermengen in den Harn gelangen und hier nur wegen der Unzulänglichkeit der üblichen Nachweismethoden unentdeckt bleiben. Als geeigneten Maßstab für den Nutzwert einer Zuckerart betrachten sie den .„Ausnutzungskoeffizienten“, der anzeigt, einen wie großen Teil des im Überschuß zugeführten Zuckers der Organismus auszu- nutzen vermag. Sie finden, daß dieser Koeffizient von Individualität und Tierart abhängt und mit Zunahme der Zuckerzufuhr absinkt. Da Ausnutzungskoeffizient und Assimilationsgrenze in gleichem Sinne steigen und sinken, so kann man sich nach ihrer Meinung für klinische Zwecke auch fernerhin der bequemen Bestimmung der Assimilationsgrenze bedienen, wenngleich ihr eine physio- logische Bedeutung nicht zukomme. a Diesen Ausnutzungskoeffizienten haben dann Gilbert und Carnot**) an Kaninchen näher bestimmt, indem sie Glykose in. *) Archiv de medecine experimentale 1895, S. 228. **) Comptes rend. Soc. Biol. 50, 330. / Zur Lehre von der Assimilationsgrenze der Zuckerarten. 331 steigender Dosis in die Blutbahn einströmen ließen und das Ver- hältnis von eingebrachtem und ausgeschiedenem Zucker ermittelten. Ihrer Meinung nach nimmt man ällgemein an, daß vom einge- brachten Traubenzucker nur eine bestimmte Menge vom Organismus verwertet, der ganze die Assimilationsgrenze übersteigende Über- schuß aber durch die Niere entfernt wird. Dieser [sicher nicht allgemein geteilten*)] Vorstellung gegenüber gelangen sie zu der Schlußfolgerung, daß sowohl die zurückgehaltene wie die aus- geschiedene Zuckermenge der eingebrachten Quantität einfach proportional ist. Doch gilt, wie aus ihren Versuchen hervorgeht, diese Pro- portionalität nur für eine weit über die physiologisch gegebenen Bedingungen hinausgehende Zuckerzufuhr. Die unverbraucht aus- geschiedene Zuckermenge beträgt dann meistens 40 bis 45 Proz. der eingeführten. Gilbert und Carnot vergieichen das Gesetz der Assimilation mit den Gesetzen der Fermentwirkung und halten es für wahrscheinlich, daß es sich in beiden Fällen um den gleichen Vorgang handelt. Da Gilberts und Carnots Versuche sich auf ganz andere Verhältnisse beziehen, als sie bei Bestimmung der Assimilationsgrenze gegeben sind, so können ihre und Hofmeisters Schlußfolgerungen nicht mit einander ver- glichen werden. Ich komme auf die Erklärung der sich scheinbar ergebenden Widersprüche am Schlusse zurück. Einen Schritt weiter gingen Doyon und Dufourt“*), indem sie den Einfluß des Zustandes der Gewebe auf den Zucker- verbrauch festzustellen suchten. Auch sie führten nur intravenöse Injektionen aus. Nachdem sie sich überzeugt hatten, daß die Geschwindigkeit der intravenösen Zuckerzufuhr von großem Einfluß ist, — bei rascher Injektion blieb viel mehr Zucker unaus- genutzt — brachten sie Hunden verschiedenen Alters, dann in verschiedenen Stadien der Inanition 2 g Zucker pro Kilo mit gleicher Geschwindigkeit bei und bestimmten den ım Harn auf- tretenden Überschuß. Doch hatte das Alter keinen ausge- sprochenen Einfluß auf die Menge des in der Zeiteinheit aus- genutzten Zuckers. Auch der Hungerzustanä zrhöhte wider Erwarten die Aufnahmefähigkeit für Zucker nicht. Wenn da überhaupt eine Änderung vorlag, so lag sie eher in der entgegen- gesetzten Richtung. *) Vgl. oben den 5. Schlußsatz von Hofmeister. **) Journal de physiologie et de pathologie generale 3, 703, 332 Franz Blumenthal, Von einer anderen Seite suchten Donath und Schlesinger‘*) der Frage näher zu treten, indem sie bei Hunden die Abhängigkeit der alimentären Glykosurie von etwa auftretender Hyperglykämie untersuchten. Sie fanden, daß, wenn Hunden so große Zucker- mengen zugeführt werden, daß die den Zucker assimilierenden und konsumierenden Organe sie nicht bewältigen können, die Niere in den meisten Fällen in dem Sinne regulatorisch eintritt, daß der überschüssige Zucker sehr rasch ausgeschieden wird und eine nennenswerte Hyperglykämie überhaupt nicht zustande kommt. In einzelnen Fällen fehlte diese rasche Ausscheidung von Zucker durch die Niere; da hier die Zuckeraufspeicherung und -Verbrennung mit der Zuckerzufuhr nicht gleichen Schritt hielt, war die Folge Hyperglykämie. In seltenen Fällen kam es trotz reichlicher Zuckerausscheidung durch den Harn zu Hyperglykämie. I]. Die nachstehend mitgeteilten Versuche**) ‘verfolgten den Zweck, durch geeignete Versuchsanordnung klarzustellen, welche Bedingungen des intermediären Zuckerstoffwechsels durch die Bestimmung der Assimilationsgrenze eigentlich ermittelt werden. Daraus mußte sich ergeben, ob eine solche Bestimmung für die Fähigkeit des Organismus, den eingeführten Zucker auszunutzen, einen brauchbaren Maßstab abgeben kann. Der Begriff der Assımilationsgrenze ist nun KR einfacher. Bringt man einem Tiere Zucker per os bei und bestimmt die Menge des unausgenutzt durch die Niere abgegebenen Anteils, so wird eine ganze Reihe von Zwischenvorgängen von ungleicher Intensität, Dauer und Wichtigkeit mitbestimmt: 1. Die Verteilung der aufgenommenen Zuckerlösung in Magen und Darm (bei Disacchariden überdies deren fermentative Spaltung), . die Resorption durch die Schleimhaut des Darantrakteil 3. die Beförderung des resorbierten Anteils durch das Blut zu den Organen, 4. die Aufnahme des Zuckers durch die Organe, . die Beförderung des nicht aufgenommenen Anteils zur Niere und der Durchtritt durch dieselbe. DD ot *) Wiener klinische Rundschau 1901, Nr. 41. **) Über einen Teil derselben habe ich in meiner Dissertation „Zur Lehre von der Assimilationsgrenze der Zuckerarten“, Straßburg bei J. Singer, 1903, ausführlicher berichtet. Zur Lehre von der Assimilationsgrenze der Zuckerarten. 333 Durch Bestimmung der Assimilationsgrenze erhält man nur das Ergebnis des Zusammenwirkens dieser Faktoren, sie sagt aber nichts aus über Bedeutung und Wirkung der einzelnen Teil- vorgänge. Insofern gestattet sie nur ein indirektes Urteil über das Vermögen der Organe, Zucker auszunutzen, also über den Punkt, der für das Verständnis der experimentellen Glykosurie und des Diabetes von besonderer Wichtigkeit ist. Um hier dem Ziele näher zu kommen, erschien es vor allem nötig, die Zahl der beteiligten Vorgänge möglichst herabzusetzen. Dazu erschien die intravenöse Beibringung des Zuckers unter Einhaltung der physiologisch gegebenen quantitativen Verhältnisse geeignet. Denn dabei kommen die vom Darmkanal abhängigen Bedingungen (1 und 2) nicht in Betracht. Da ferner die Be- förderung des Zuckers zu den Organen ebenso wie die Aus- scheidung des zur Niere gelangenden für das gleiche Tier unter sonst gleichen Bedingungen als annähernd konstant angesehen werden kann, so kann bei einer solchen Versuchsanordnung der Anteil der Organe an dem Zuckerverbrauch viel schärfer hervor- treten. Versuchsanordnung. Die Versuche wurden ausschließlich an männlichen Kaninchen aus- geführt, die während der ganzen Dauer der Versuche nur mit Grünfutter ernährt wurden. Vor jedem Versuch wurde der Harn durch Katheterisieren entleert. Dann wurde die etwas erwärmte Zuckerlösung mittels Pravazscher- Spritze in die Ohrvene injiziert. Jeder Eingriff, welcher an sich zu Gly- kosurie Anlaß geben konnte, wurde vermieden. 3 Stunden nach Beendigung der Injektion wurde abermals katheterisiert und der Harn vermittels der Trommerschen Probe auf Zucker untersucht. In allen irgendwie zweifel- haften Fällen wurde der vor dem Versuch entleerte Harn zum Vergleich herangezogen. Niemals war in demselben eine Zuckerausscheidung vor- handen. Als positiv, und zwar je nach der Intensität als stark und schwach, wurde die Probe bezeichnet, wenn vor dem Kochen oder nach einer Minute langem Kochen ein roter oder gelber Niederschlag entstand, als merklich reduzierend, wenn deutliche Entfärbung der Kupferlösung eintrat. Eine quantitative Bestimmung der ausgeschiedenen Zucker- menge war im Hinblick auf die Versuchsanordnung überflüssig. Bei den geringen Mengen, um die es sich für gewöhnlich handelte, wäre überdies die quantitative Bestimmung mit sehr großen Fehlern behaftet gewesen. Durch Zusatz von Traubenzucker zu Kaninchenharn wurde ermittelt, daß die von mir als stark angesprochene Reaktion etwa einem Gehalt von über 1 Proz., die schwache Reaktion einem solchen von '/, bis 1 Proz., die merkliche einem solchen unter '/, Proz. entsprach. | | 334 Franz Blumenthal, Einfluß der Dauer der Zuckereinflößung. Bringt man einem und demselben Kaninchen in einer Reihe von Versuchen auf angegebene Art verschiedene Zuckerquantitäten bei, so ist es nicht schwierig, jene Dosis zu bestimmen, die das Tier innerhalb 1 bis 10 Min. eben erhalten kann, ohne daß merkliche Glykosurie eintritt. Diese Größe, die zu 1,8 bis 2,8 g pro Tier gefunden wurde, ist bei wiederholten Versuchen für dasselbe Individuum bis auf 0,1 g konstant. | Unerwarteterweise ist die Geschwindigkeit, mit der die Injektion in dieser ersten Periode vorgenommen wird, von keinem deutlichen Einfluß. Wiederholt man aber nach kurzer Zeit die früher unwirksame Injektion im gleichen Zeitmaß, so tritt regel- mäßig starke, ja sehr starke Glykosurie auf. Ich führe als Beispiel zwei solche Versuche an. Versuch! | Bei einem Kaninchen (b), 2600 g schwer, war durch Vorversuche ermittelt worden, daß Zuckermengen bis 2,6 g, in 5 Minuten injiziert, keine Glykosurie erzeugten, wohl aber 2,7 g. Wurden 2,5 g auf einmal von der Ohrvene aus beigebracht, so fehlte die Glykosurie, hingegen ver- anlaßte die EinflößBung von 3 g in 10 Min. trotz doppelter Zeitdauer stärkere Glykosurie als jene von 3,7 g in 5 Min. Versuch. Kaninchen (d), 3600 g schwer, zeigt in wiederholten Versuchen auf die Einfößung von Zuckermengen bis 2,6 g in 5 Min. keine Zuckeraus- scheidung, während eine solche auf 2,7 g auftritt. 4,5 g in 10 Min. bei- gebracht erzeugen starke Glykosurie; aber auch wenn öfter als 2 bis 3 mal mit Pausen von 15 Min. je 1,0 g zugeführt wird, tritt viel Zucker in den Harn über. In den ersten 5 Minuten wird ?/, g pro Minute behalten, später nicht einmal !/,, £- Aus diesen und ähnlichen nicht weiter anzuführenden Ver- suchen geht hervor, daß es nicht angeht, den bei einmaliger rascher Zuckerzufuhr erreichten Grenzwert als Maß für die dauernde Zuckerausnutzung anzusehen. Der ÖOrganısmus besitzt vielmehr die Fähigkeit, den vom Blute zuströmenden Zucker rasch bis zu einer gewissen Grenze aufzunehmen und zu verändern, sich mit ihm, bzw. den Umwandlungsprodukten, gewissermaßen zu sättigen. Ist diese Grenze, die ich kurz die Sättigungs- grenze nennen will, einmal erreicht, so wird der Überschuß nur Sehr langsam angegriffen. Einfluß der injizierten Flüssigkeitsmenge. Für die Beurteilung der erhaltenen Werte ist natürlich auch die Raschheit der Harnausscheidung von Bedeutung. Da diese, Zur Lehre von der Assimilationsgrenze der Zuckerarten. 335 abgesehen von anderen Bedingungen, von der eingeführten Flüssigkeitsmenge abhängt, mußte festgestellt werden, inwiefern sich bei verschiedener Versuchsanordnung in dieser Beziehung ein Einfluß geltend macht. Tabelle 1. Lösung| Zucker IH B: VI. b [2kg600g8| 10 | 5° schwach BER 10.v. | dv len »5 | 5° [negativ 2 12 VI b e 300 12, | 5‘ Ai schwach IV 9. VI d ı|3kg200g 20 27 ‚5 stark N DL td en is Er.:N1. d R „0 2) { 5 schwach 3 | a VE Zunge, negativ { 13.V.|d i “| 26 | 3 |schwach Wie aus diesen Versuchen ersichtlich ist, tritt eine Ver- mehrung der Zuckerausscheidung ein, wenn man die in der Zeit- einheit einfließende Flüssigkeit steigert, doch ist sie nur ganz unbedeutend, selbst wenn man die Wassermenge, wie in Ver- such IV am 13. VL, auf das achtfache erhöht. Bestimmung der Ausnutzungsgrenze. Wie aus dem Gesagten hervorgeht, gibt die Sättigungsgrenze wohl einen Maßstab ab für das momentane Aufnahmevermögen des Organismus, nicht aber für seiv Ausnutzungsvermögen. ‚Um dieses zu ermitteln, wurde bei Tieren durch wiederholte abgestufte Zuckerinjektionen die größte Zuckermenge ermittelt, deren fortgesetzte Beibringung in kurzen Zwischenräumen dauernd vertragen wurde, ohne daß es zu Glykosurie kam. Versuch V. Kaninchen (A), 2,700 kg schwer, Sättigungsgrenze 2,6 bis 2,7 g. 16. V. Anfangsdosis 0,5 g, dann alle 15 Min. durch 1%, Stunden je 0,5 g injiziert (pro Min. 0,03): keine Glykosurie. 26. V. Anfangsdosis 0,93 g, dann alle 15 Min. durch eine Stunde je 0,93 g (= pro Min. 0,062): Glykosurie. 27. V. Anfangsdosis 0,75 g, dann alle 15 Min. durch 1!/, Stunde je 0,75 g (= pro Minute 0,05): keine Glykosurie. 336 si: V. Ausnutzungsgrenze zwischen 0,05 und 0,06 pro Minute. Franz Blumenthal, Anfangsdosis 0,9 g, dann alle 15 Min. durch 1 Stunde 0,9 & (— pro Minute 0,06): Spur Zucker im Harn. Wie für die Sättigungsgrenze ergaben sich auch für die Ausnutzungsgrenze starke individuelle Verschiedenheiten. Ich gebe nachstehend die ermittelten Werte. Tabelle I. Aus- | Sätti- Gesamt- Versuchs-| ; _ | menge des nutzungs- Be °| Tier | Gewicht | 8Un8S injizierten DER grenze pro Nr... grenze | Zuckers |Versuchs| “ Minute 8 | - | g | v | A [9,700 kg| 2,6—9,7 4,65 60‘ 0,05—0,06 VI B 11,955., | 1,8-32,0 3,65 60‘ 0,033 vi C 12,800 „ | 23,2—2,4 4,5 120‘ 0,033 vn D |2,800 „ | 2,0—2,2 3,5 90‘ 0,033 Ist einmal die Sättigungsgrenze durch starke Injektion nahezu erreicht, so genügt eine sehr geringe weitere Zuckerzufuhr, um Glykosurie aus- zulösen. Es genügt dazu pro Minute beigebracht so bis "so jener Menge, die zur Erreichung der Sättigungsgrenze nötig wäre. Ein wie geringer Über- schuß eventuell schon Glykosurie erzeugen kann, wenn man sich nahe an der Ausnutzungsgrenze befindet, zeigte sich in Versuchen, die über eine längere Zeitdauer ausgedehnt wurden. Bei solchen über eine größere Anzahl Stunden ausgedehnten Versuchen trat öfter im Harn Zucker auf, verschwand aber trotz gleichmäßig fortgesetzter Zuckerzufuhr später wieder. Hier ein Beispiel. Versuch K. 1. XII. Tier E, 2,600 kg. Sättigungsgrenze 2,0 bis 2,2. Injizierte Zucker- menge stündlich 1,5 g Zucker. Nach 5 Stunden tritt Glykosurie auf; die Injektion wird im gleichen Zeitmaß weitergeführt. In der 2 Stunden später entnommenen Harnprobe ist kein Zucker nachzuweisen. Sättigungs- und Ausnutzungsgrenze für verschiedene Zuckerarten. Die seit Worm-Müller ausgeführten Versuche über Assimilation (der wichtigsten Zuckerarten haben sehr verschiedene Werte er- geben. Es schien von Interesse, die nach Einführung per os ge- gemachten Erfahrungen durch Versuche mit intravenöser Ein- lößung zu ergänzen. Nachstehend gebe ich tabellarisch dıe an 6 Tieren für die Sättigungsgrenze ermittelten Werte. Fi Zur Lehre von der Assimilationsgrenze der Zuckerarten. 337 Tabelle III. Versuchs- 2 & Beiäht Sg Bo lg es iktose 8 8, 8 g g x b | 2,600 kg 2 ME I; 8 0,3 2% xt Ic/le840 „| 32 SE Zee PR a aa ar. _ |. 0) © ee era ee | 0 eating ra I Tgas0| — N NE Va ERBE 7 a WERDE Br ySERr 3 VE BE Darnach ist die Sättigungsgrenze für Glykose und Fruktose annähernd gleich. Viel geringer ist die Aufnahmefähigkeit der Gewebe für Galaktose und ganz besonders für die Disaccharide, Saccharose und Laktose. Diese für das Kaninchen gefundene Reihe stimmt mit der von F. Voiıt*) für subkutane Injektion beim Menschen aufgestellten überein. Am leichtesten geht Laktose, darauf Saccharose, Lävulose, Glykose in den Harn über. Diese Über- einstimmung kann nicht überraschen, da bei Voits Applikations- art die Bedingungen des Verbrauches in ähnlicher Weise von der Darmresorption unabhängig sind, wie in meinen Versuchen. Für die Aufnahme oder Verwendung der Disaccharide seitens der Gewebe scheint deren vorgängige Spaltung Bedingung zu sein. Daß auch Galaktose in den Geweben ungünstige Aufnahme- bedingungen findet, entspricht analogen Erfahrungen von Hofmeister und von Strauß**) über deren Assımilation bei Hund und Mensch und deren geringerem Vermögen in Glykogen über- zugehen [C. Voit**)]. Demgemäß ist auch die von mir für Galaktose ermittelte Ausnutzungsgrenze sehr niedrig. | Versuch XVl. Tier m, Gewicht 2,850 kg, Sältigungsgrenze für Glykose 2,0 g@. Ausnutzungsgrenze für Glykose 0,033 bis 0,05 g pro Minute. Sättigungs- grenze für Galaktose: 0,4 bis 0,5 g. *) Deutsches Archiv f, klin. Medizin 56. 523. **) Charite-Annalen 22 und Berl. klin. Wochenschr. 1898, S. 298 u. 420. =**) Zeitschr. f. Biologie 28, 245. Beitr. z. ehem. Physiologie. VI. to IX 338 Franz Blumenthal, Bestimmung der Ausnutzungsgrenze für Galaktose:! 1. Anfangsdosis 0,3 g, dann durch 2'/ Stunden alle 30 Minuten 0,05 g Galaktose (= 0,0017 g pro Minute): keine Zuckerausscheidung. 2, Anfangsdosis 0,3 g, dann durch 2 Stunden alle 30 Minuten je 0,1 (pro Minute 0,0033 g): starke Reduktion im Harn. Die Sättigungsgrenze der Glykose verhält sich zu jener der Galaktose wie 5:1, während sich für die Ausnutzungsgrößen das Verhältnis von etwa 15:1 ergibt. Eine ganze Reihe von Tatsachen — Verbreitung im Tierkörper, Auftreten im Harn, Bedeutung für die Glykogenbildung — spricht dafür, daß Glykose und Fruktose ım 'Tierkörper in sehr ähnlicher, vielleicht in identischer Weise Verwertung finden, was übrigens auch nach ihrer nahen chemischen Verwandtschaft zu vermuten ist. Es kann daher auch erwartet werden, daß bei ihrer Ver- wertung im Tierkörper dieselben physiologischen Einrichtungen beteiligt sind und daß sich daher in bezug auf Sättigungs- und Ausnutzungsgrenze ein Gemenge von Glykose und Fruktose ebenso verhalten wird, wie die äquivalente Menge einer Zuckerart allein. Der Versuch ergab die Richtigkeit dieser Vermutung. Meine Versuche über diese Frage stellte ich so an, daß ich Lävulose und Dextrose zusammen in solchen Mengen gab, daß die Summe des Zuckergemisches gerade die Sättigungsgrenze für die eine derselben über- schritt, und zwar gab ich von jeder Zuckerart gleichviel. Auf diese Weise mußte auch eine geringe Verschiebung der Sättigungsgrenze klar zutage treten. Tabelle IV. | | 5 Injiziert Dauer Versuchs Datum] Tier | Gewicht | der “ 1 Er | Wi cem 8 ae duktion | Lösung | Zucker | Injektion | | | 1,6 Be ER e Glykose Br de xVvIi !5.VIL| h !9,100:kg 10 er 16 5 stark Fruktose | 1,4 xvu |8 VI! & |2,250 kg 10 a 5 stark Fruktose rt xvIm z.vI £ |240kg, W 95 5‘ stark | | Fruktose In allen drei Versuchen trat Zuckerausscheidung ein. Die Sättigungsgrenze ändert sich demnach für eine Kombination von Fruktose-Glykose nicht. Die beiden Zuckerarten scheinen sich im Zur Lehre von der Assimilationsgrenze der Zuckerarten. 339 Organismus so gleich zu verhalten, als ob sie sich einfach summierten. Es ist natürlich damit noch nicht entschieden, daß dies auch für die Kombination physiologisch nicht so gleich- wertiger Zucker gilt. Der Übergang von Lävulose in As Harn war in allen Fällen durch die Esanoffsche Probe nachzuweisen. IH. Bevor man versucht, die eingangs aufgeworfene Frage nach dem physiologischen Sinn der Assimilationsgrenze zu beantworten, ist es nötig, die Bedingungen der Zuckerverwertung im Organis- mus genauer ins Auge zu fassen. Da ist es nun wichtig, darüber klar zu sein, daß bei der Assimilation der Kohlehydrate durchaus nicht alle Organe in gleichem Maße beteiligt sind. So gibt es Organe, z. B. die Leber, die bei reichlicher Zuckerzufuhr gewaltige Mengen Zucker in Form von Glykogen aufzuspeichern vermögen. Vermutlich liegt die Sache ähnlich für die Muskeln. Solche Organe besitzen einen hohen Ausnutzungskoeffizienten für ihnen im Überfluß zugeführten Zucker. Auf der anderen Seite gibt es Gewebe, wie Blut, Haut, Hirn und vermutlich noch viele andere, in denen eine nennenswerte Anhäufung von Glykogen nicht erfolgt, für die auch sonst kein spezifischer Verbrauch von Zucker nachgewiesen, oder auch nur wahrscheinlich ıst, und denen daher ein niedriger Ausnutzungskoeffizient für Zucker zugeschrieben werden muß. Bei Überschwemmung mit Zucker durch das Blut werden sich beide ‘Arten von ‘Organen (ob bestimmte Organe etwa eine Zwischenstellung zwischen beiden Gruppen einnehmen, ist für die nachfolgende Betrachtung gleichgiltig) zunächst gleich verhalten. Es wird sich ein Ausgleich der Zuckerkonzentration zwischen ihnen und dem hyperglykämischen Blut vollziehen; da die Zellwände für Glykose durchlässig sind, so wird sich der eingeführte Zucker ziemlich gleichmäßig auf das Wasser der Organe verteilen können. Nimmt man den Wassergehalt des en zu 63 Proz. an, so wird 1 g Zucker bei 1 kg Tier eine Steigerung des mittleren Prozentgehalts daran um etwa 0,1 Proz. bedeuten. Wenn an dieser Steigerung auch das Blut Anteil nähme, so müßte die gesetzte Hyperglykämie eine lebhafte Glykosurie zur Folge haben. Da diese unterhalb der Sättigungsgrenze ausbleibt, so müssen entweder die Organe den Zucker aufspeichern oder zur Deckung des laufenden Kohlehydrat- (bzw. Energie-) bedarfs verwenden. Es ist dabei nicht abzugrenzen, wieviel von dem unterhalb der Sättigungsgrenze verschwindenden Zucker der Erhöhung des Zuckerbestandes dient, wieviel sofort zerstört wird. 22* 340 Franz Blumenthal, Mit dem Punkte, wo der Zucker sich gleichmäßig verteilt und den dringendsten momentan gegebenen Zuckerbedarf befriedigt hat, ist die experimentell bestimmbare Sättigungsgrenze erreicht. Wird nun die Zuckerzufuhr fortgesetzt, so werden sich die Organe mit hohem Ausnutzungskoeffizienten vom Typus der Leber und der Muskeln anders verhalten, als jene mit niedrigem Koeffi- zienten. Die ersteren werden, wenn auch in langsamerem Tempo, andauernd Zucker aufnehmen, die letzteren nicht oder nur ın sehr geringem Umfang. Der über die Sättigungsgrenze bis zur Aus- nutzungsgrenze hinausgehende Zuckerverbrauch wird daher vor- wiegend, wenn nicht ausschließlich, auf die Zuckerassimilation seitens der einen lebhafteren Zuckerstoffwechsel darbietenden Organe vom Typus der Leber und der Muskeln zu beziehen sein. Aus dem Fehlen der Glykosurie ergibt sich, daß eine auch nur vorübergehende Anhäufung von Zucker im Blute nicht statthat, das besagt, daß auch das von den spärlich zuckerassimilierenden Organen abströmende Blut, soweit es mit Umgehung von Muskeln und Leber zur Niere gelangt, nicht die zur Hervorrufung von Glykosurie nötige Konzentration erreicht. Steigert man die Zuckerzufuhr weiter, so wird ein immer größerer Anteil des eingeführten Zuckers von den Organen mit geringem Zuckerstoffwechsel zum Herzen zurückkehren und schließ- lich, soweit er nicht in die Leber, Muskeln usw. gelangt, zum größten Teil in der Niere zur Ausscheidung kommen. Bei sehr reichlicher Zuckerzufuhr kann erwartet werden, daß nahezu der gesamte Zucker, der nicht die. Stätten des lebhafteren Zucker- verbrauchs passiert, durch die Niere austritt. Gilbert und Carnot haben den verbrauchten Anteil zu etwa 60 bis S4 Proz. bestimmt. Es ist ein Zusammentreffen, das zu denken gibt, daß Leber und Muskeln etwa 60 Proz. des Körpers ausmachen und daher auch einen annähernd entsprechenden Anteil des zirku- lierenden Blutes beanspruchen. Das rasche Verschwinden des Zuckers zeigt, daß es sich dabei um einen Vorgang handelt, für den im Organısmus die Bedingungen äußerst günstig liegen. Von den für die Kohlehydrate gegebenen Wegen der Umwandlung — Glykogenbildung, Oxydation und Fettbildung — können bei der Raschheit des Vorgangs nur die zwei zuerst genannten in Betracht kommen. Da aber die Oxydations- größe erwiesenermaßen nicht von der Menge des eingeführten oxydablen Materials, sondern von dem gerade herrschenden Bedarf der Organe abhängig ist, so ist die Annahme eines so raschen oxydativen Abbaus nicht gerechtfertigt, vielmehr ergibt sich als Zur Lehre von der Assimilationsgrenze der Zuckerarten. 341 die wahrscheinlichste Form der Assimilation für die über die Sättigung hinausgehende Zuckermenge die Überführung in Glykogen. Damit steht in gutem Einklang, daß sich die Ausnutzungsgrenze der Galaktose, deren Übergang. in Glykogen viel schwieriger erfolgt, so viel ungünstiger stellt als die der Glykose. Wie dem auch sei, jedenfalls ermittelt die Versuchsanordnung von Gilbert und Carnot den Ausnutzungskoeffizienten nur für den mit Zucker weitaus übersättigten Organismus, während die von mir best.mmte Ausnutzungsgrenze den höchsten Ausnutzungs- koeffizienten unter normalen, d. h. nicht eine Glykosurie bedin- genden Verhältnissen ergibt. Die Bestimmung des Ausnutzungskoeffizienten durch intravenöse Injektion ımter normalen Bedingungen wäre wohl das beste Maß für das Vermögen des Individuums, Zucker zu assimilieren. Da sie klinisch nicht ausführbar ist, so fragt sich, inwieweit die übliche Bestimmung der Assimulationsgrenze für sie als Ersatz dienen kann. In der Tat entspricht das Schicksal des Zuckers - bei Einführung per os am ehesten jenem beı Bestimmung der Ausnutzungsgrenze. Die Resorption vom Darm aus ist von vorn- herein so geregelt, daß innerhalb weiter Grenzen nur eine von den Organen völlig assimilierbare Zuckermenge in den Kreislauf gelangt. Das Auftreten alimentärer Glykosurie zeigt also, daß nicht nur die Sättigungs- sondern auch die Ausnutzungsgrenze überschritten ist, d. h. daß sämtliche Gewebe in ıhrem Kohlehydratbedarf gesättigt sind und daß selbst die lebhaft zuckerassimilierenden Organe die zuströmenden Mengen nicht mehr zu bewältigen ver- mögen. Ergibt der Versuch an Mensch oder Tier eine auffallend niedrige Assimilationsgrenze, so ist in der Tat der Schluß gerecht- fertigt, daß die Fähigkeit der Organe (anscheinend vor allem der Leber und der Muskeln), Zucker zu zerstören oder in Form von Glykogen aufzuspeichern, erhebliche Einbuße erlitten hat. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig, Leitfaden für den praktisch-chemischen Unterricht der Medieiner zusammengestellt von Dr. Franz Hofmeister, o. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. Gebunden in Lnwd. Preis 3 M. Die chemische Organisation der Zelle. Bin Vortrag von Franz Hofmeister, 0. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. geh. Preis 0,60 .#. Der Stickstoff und seine wichtigsten Verbindungen. Von Dr. Leopold Spiegel, Privatdozent an der Universität Berlin. Mit eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 20 #4, geb. 22 4. Synthesen in der Purin- und Zuckergruppe. Von Emil Fischer. Vortrag, gehalten am 12. Dezember 1902 vor der Schwedischen Akademie der Wissenschaften zu Stockholm. gr. 8. geh. Preis 0,80 4. Die Zersetzung stickstofffreier organischer Substanzen durch Bakterien. Von Dr. 0. Emmerling. Privatdozent ander Universität Berlin. Mit sieben Lichtdrucktafeln. kl. 8. geh. Preis 4 4. chem Fabrik, D Ten EinbRchll alle Drogen u. 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Weitere Beiträge zur Kenntnis der aus Ei- weißkörpern abspaltbaren Kohlehydrate. (Aus dem chemischen Laboratorium der Königl. Universitäts-Kinderklinik in Berlin.) 349 XXVII. Giuseppe Satta. Bemerkungen über die Stickstoffverteilung im Harn. (Aus der inneren Abteilung des städtischen Kranken- hauses zu Frankfurt a. M. Oberarzt: Prof. ©. v. Noorden.) 358 XXVIN. Giuseppe Satta. Studien über die Bedingungen der Aceton- bildung im Tierkörper. Zweite Mitteilung. (Aus der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses zu F' ankfurt a. M. Vorstand: Prof. ©. v. Noorden.). ZEE 376 XXIX. Fr. Knoop und Ad. Windaus. Über ee ine Kohlehydraten und stickstoffhaltigen Produkten des Stoff- wechsels. (Aus der medizin. Abt. des chemischen Institutes zu Iraburg 3. Br) 7 20 20 a ar Dee Kürzere Mitteilungen. 2. P. Schrumpf. Darstellung des Pepsinfermentes aus Magen- preßsaft. (Aus dem physiclogisch-chemischen Institut der Universitat Strassburg) -. 22 2 we ee RE Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von 36 Druckbogen zum Preise von M. 15,— bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maßgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre er- scheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Era sind an den Herausgeber, Straßburg i. E., Wimpfelingstraße 2, zu richten. | Bei der Per u von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlich- keit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung maßgebend sein. Polemische Ausführungen, welche den Rahmen einer tatsächlichen Richtig- stellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mit- teilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. .„Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein besonders rasches Erscheinen zugesichert werden. | Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40, — für den Druck- bogen und 50 Sonderabzüge. XXV. i Pankreas und Glykolyse. Zweite Mitteilung. Von Dr. R. Claus und Dr. @ Embden. Aus dem städtischen Krankenhause zu Frankfurt a. M. Innere Abteilung. Oberarzt: Prof. Dr. v. Noorden. In diesen Beiträgen veröffentlichten wir kürzlich eine Nach- prüfung der Versuche Cohnheims, nach denen sich aus dem Pankreas ein kochbeständiges Extrakt gewinnen läßt, das im Verein mit Muskelpreßsaft in kurzer Zeit größere Mengen Traubenzucker zu zerstören vermag, während das Pankreasextrakt für sich ohne Wirkung auf Traubenzucker ist und dem Muskelpreßsaft allein ebenfalls keine oder nur sehr geringfügige glykolytische Eigen- schaften zukommen. Wir konnten bei dieser mit allen nötigen Belegen ver- öffentlichten Nachuntersuchung die Versuche Cohnheims nicht bestätigen und gelangten zu der Überzeugung, daß es sich bei der auch von uns in einem Teil unserer früheren Versuche beobachteten Zuckerzerstörung um die Wirkung von Verunreinigungen — wahr- scheinlich bakterieller Natur — handelte. Cohnheim komm: in einer neuerlich erschienenen Mitteilung zu dem Ergebnis, daß unsere Schlußfolgerungen hinfällig sind.) Er führt unsere Mißerfolge darauf zurück, daß die von uns verwandten Preßsäfte mittelst physiologischer Kochsalzlösung auf gleiche Volumina gebracht wurden. Zusatz von physiologischer Chlornatriumlösung hebt nämlich nach Cohnheim die Ferment- wirkung auf, während Zusatz von Wasser indifferent ist. Als Beleg hierfür führt Cohnheim nur einen einzelnen Versuch an, *) O0. Cohnheim, Über Kohlehydratverbrennung. (III. Mitteilung.) Zeitschr. f. physiol. Chemie 36, 574. % 344 R. Claus und G. Embden, gibt aber an, daß er die oben erwähnte Tatsache oft habe be- stätigen können. Wir haben zu den Ausführungen Cohnheims folgendes zu bemerken: I. Das Auffüllen auf gleiche Volumina geschah in allen unseren Versuchen in der Art, daß in dasjenige Gefäß, das den größten Zusatz an wässerigem Pankreasextrakt erhielt, keine physiologische Kochsalzlösung kam, während die übrigen Flüssigkeiten ent- sprechende Zusätze von physiologischer Kochsalzlösung erhielten. Es betrug dementsprechend in 12 von den 18 Katzenversuchen unserer oben angeführten Arbeit die Menge der zugesetzten physiologischen Koch- salzlösung, wie aus den mitgeteilten Protokollauszügen hervorgeht, in maximo, d. h. in jenem Gefäß, das keinen Pankreaszusatz erhielt, !/s der angewandten Preßsaftmenge, oder weniger, (Versuche 8 bis 17, 20, 21). Hier betrug in den Gefäßen, die einen ganz geringen Pankreaszusatz er- hielten, (Versuche 13, Il, 15, II, 20, II) der Zusatz an physiologischer Kochsalzlösung weniger als Y/-, in jenen Versuchen, in denen eine mittlere Menge Pankreasextrakt hinzugefügt wurde, meist genau !/ı2 der ange- wandten Preßsaftmenge. Im Versuch 25 war die Menge der zugefügten Kochsalzlösung maximal = !/s, in den Versuchen 18, 19, 23, 24 maximal etwa —= !/; der angewandten Preßsaftmenge. Der größte Zusatz an phy- sielogischer Kochsalzlösung findet sich in Versuch 22, I. Hier kommt er _ der Hälfte der angewandten Preßsaftmenge gleich. In dem einzigen Versuche, den Cohnheim zum Belege seiner oben erwähnten Behauptung anführt, beträgt nun aber die Menge der zugefügten Kochsalzlösung ungefähr das fünffache der an- gewandten Pre£saftmenge. Cohnheim setzte also in seinem Versuche zehn bis sechzig mal mehr Kochsalzlösung zu, als wırın den unseren. Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß schon aus diesem Grunde der Versuch Cohnheims mit den unserigen garnicht vergleichbar und die von Cohnheim geäußerteAnschauung, daß unsere Mißerfolge durch den Zusatz von physiologischer Kochsalzlösung bedingt waren, von vornherein. als unerwiesen anzusehen ist‘) *) Nebenher sei auf folgendes hingewiesen: 1. Daß der von uns gewählte Zusatz an physiologischer Kochsalzlösung die Glykolyse vollkommen unterdrückt haben sollte, erschien uns auch aus folgenden Gründen recht unwahrscheinlich: | 1. Bei Zusatz von 5 ccm NaCl-Läösung von 0,85 Proz. zu 30 ccm Preß- 4 saft fügten wir letzterem etwa 0,04 g Kochsalz in annähernd isotonischer Pankreas und Glykolyse. 345 DI. Ineinergroßen Anzahl vonFällen erfolgte, wie bereits erwähnt, überhaupt kein Zusatz von Kochsalzlösung, nämlich bei allen 18 Katzenversuchen dort, wo die größte Menge Pankreasextrakt dem Preßsaft hinzugefügt wurde. Das Ausbleiben der Glykolyse ist hier, wenigstens in der Mehrzahl der Fälle, nicht als die Folge einer Hemmung durch Überschuß an Pankreasaktivator anzusehen. Dazu waren die maximalen Pankreaszusätze in den einzelnen Versuchen zu gering. Sie betrugen meist etwa 0,5 g Pankreas auf 30 ccm Preßsaft; (oder auf die von Gohnheim angewandte Preßsaftmenge von 40 cem umgerechnet etwa 0,67 g = 6,7 ccm eines Päankreas- extraktes 1:10). Unsere maximalen Pankreaszusätze erreichen also in der überwiegenden Mehrzahl der Versuche (Versuch 8 bis 17, 20, 21, 25) noch nicht einmal ganz den Wert jenes Pankreaszu- satzes, bei dem nach Cohnheim die stärkste Glykolyse eintritt. Lösung hinzu. Wir setzten außerdem aber noch entsprechend den Vor- schriften Cohnheims 3,8 ccm einer gesättigten Lösung von Natrium- bikarbonat zu, entsprechend etwa 0,3 g Natriumbikarbonat. Es würden also — die Richtigkeit der Anschauung Cohnheims über unsere Versuche vorausgesetzt — 0,5 g Natriumbikarbonat das Zustandekommen einer reich- lichen Glykolyse nicht hindern, während eine Menge Kochsalz, die an Ge- wicht kaum mehr als '/, der zugefügten Quantität Natriumbikarbonat gleich- kommt, jegliche Glykolyse vereiteln würde. 2. Wenn wirklich physiologische Kochsalzlösung in den von uns ange- wandten Mengen konstant die Wirkung der glykolytischen Fermente völlig aufheben würde, so würde sich die physiologische Kochsalzlösung in ihrer Hemmungswirkung nicht nur vom destillierten Wasser, sondern auch von der Ringerschen Lösung unterscheiden, bei deren Anwendung in ähnlichen Mengen, wie den von uns benutzten, Cohnheim in seiner ersten Arbeit zum Teil sehr erhebliche glykolytische Wirkungen erreichte. (0. Cohn- heim, Zeitschr. f. physiol. Chemie 39, 342 ff. Versuch 4, 9, 10, 11.) ö. Nach den Angaben in Cohnheims letzter Publikation (Zeitschr. f. physiol. Chemie 43, Heft 6, 547) müssen wir es leider für sehr möglich halten, daß Cobnheim auch in den Versuchen seiner zweiten Arbeit (0. Cohnheim, Zeitschr. f. physiol. Chemie 42, 405 u. 406), in denen er einem Teil der Preßsaftportionen sehr erhebliche Mengen Pankreasextrakt hinzufügte, nicht alle Flüssigkeiten auf gleiche Volumina brachte. Wenn wirklich ungleiche Verdünnungen der Preßsäfte mit Wasser an sich ohne Belang auch für den quantitativen Ablauf der Glykolyse sind, so würde folgen, daß die glykolytisch wirkenden Substanzen des Muskels und des Pankreas völlig unempfindlich sind gegen sehr erhebliche Änderungen ihrer Konzentration und entsprechende Anderungen des Zucker- und Salzgehalts und der Alkaleszenz ihrer Lösung, dagegen im höchsten Maße empfindlich gegen den Zusatz relativ geringer Mengen isotonischer Kochsalzlösung unter Wahrung der bestehenden Ferment-, Zucker- und Alkalikonzentration. 346 R. Claus und G. Embden, | (0,5 g oder etwas weniger Pankreas auf 75 g Muskulatur ent- sprechend 40 ecm Preßsaft)*). III. Wenn die Anschauung Cohnheims richtig war, daß in unseren Versuchen die Glykolyse nur wegen des Zusatzes von physiologischer Kochsalzlösung nicht eintrat, so mußten uns die olykolytischen Versuche gelingen, wenn wir unseren Preßsäften keine physiologische Kochsalzlösung hinzufügten. Wir stellten daher drei neue Versuche an, in denen wir, statt wie früher mit physiologischer Kochsalzlösung, die Flüssigkeiten mit destillierttem Wasser — (das ja nach Cohnheim für die Glykolyse indifferent ist) auf gleiche Volumina brachten. Die Versuche wurden im übrigen ganz wie die der vorigen Arbeit ausgeführt, alle Gerätschaften, mit denen der Preßsaft in Berührung kam, waren sterilisiert, ebenso das zum Auffüllen benutzte destillierte Wasser. Die Resultate der drei Versuche ergeben sich aus der folgenden Tabelle, die in ihrer Anordnung völlig der Tabelle I unserer früheren Mitteilung entspricht. \ Ne} ei = N 2 Bed 5 6 R 8 378 _ | Zuckergehalt = le = 3 Fa Zuckergeha n S ı S N & 4 |2285 | ohne Pankreas. 838) 2 >88 53 388 & 2 ©.=2 © ı ohne Pankreas- oN| © De oON| © FE o&H7 os- DD |o5s> > an re: sat; 5 5 | 5 er a. gs2E5 zusatz Sea 2 I/se2| 8 |3ea 3 un saoı 8? = OS> er osS?2 = © |283” | vorher |nachher == "| 5 au. 3 24u°| 5 r a ’ - e Bu N N N ccm | mg ccm | mg. | ccm |- mg. | ccm zB 1 30 464 441 2,0 441 4,0 441 6,0 437 = | 2 30 345 369 2.5 362 5,0 372 — — 3 30 474 464 2,5 [449] 5,0:.| 454 — — In Versuch I der Tabelle ist eine sehr geringfügige Abnahme des Zuckers eingetreten, die in allen Gefäßen annähernd gleich und völlig unabhängig vom Pankreaszusatz ist. In Versuch II ist eine ebenso geringfügige Zuckerzunahme zu erkennen, die ebenfalls in allen Gefäßen annähernd gleiche Werte aufweist. *) Freilich teilt Cohnheim auch mit, daß Preßsaft aus bluthaltigem Fleisch ohne Zusatz von Pankreas unter Umständen stärkere Glykolyse be wirkt, als mit Pankreas. Unsere Katzen waren aber fast ausnahmslos sehr cut entblutet. Pankreas und Glykolyse. 347 In Versuch III findet sich wiederum eine minimale Abnahme, auch hier keine wesentlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Flüssigkeiten. (Die in der Kolonne 6 aufgeführte Zahl 449 ist nicht vollkommen richtig, und zwar ist sie etwas zu niedrig, da beim Schütteln mit Toluol eine geringe Flüssigkeitsmenge ver- loren ging.) Also auch beiVermeidungvonphysiologischer Kochsalzlösunggelangesunsnicht,irgendwelche Anhaltspunkte für die Existenz eines hitze- beständigenPankreasaktivatorszugewinnenund die von Cohnheim ausgesprochene Anschauung, daß der Zusatz von physiologischer Kochsalz- lösung an unseren früheren Mißerfolgen schuld war, erweistsich als vollkommen haltlos. Wir sehen in den vorliegenden drei — in ihren wesentlichen Ergebnissen übereinstimmenden Versuchen — eine volle Bestätigung unserer früher ausgesprochenen Anschauung, daß die in einem Teil unserer anfänglichen Versuche beobachtete Glykolyse auf zu- fällige Verunreinigungen — wahrscheinlich bakterieller Natur — zurückzuführen war. Jede, oder doch jede irgend erhebliche Glykolyse blieb aus, als wir es gelernt hatten, genügend aseptisch zu arbeiten. Wir haben — die sieben letzten Versuche unserer vorigen Mitteilung eingerechnet — nunmehr zehn aufeinander folgende Versuche, die keine oder keine wesentliche Glykolyse aufweisen, und die namentlich nicht den geringsten Einflußvon erhitztem Pankreasextrakt erkennen lassen. Unter diesenUmständen müssen wir unserein unserer vorigen Mitteilung ausgesprochene und ausführlicher begründete Ansicht in vollem Um- fange aufrecht erhalten, daß nämlich „die den unseren entgegengesetzten Versuchsresultaäte Cohnheims — wenigstenssoweitessich um Ver- suche miterhitztem Pankreasextrakt handelt — durch ähnliche störende Nebenwirkungen her- vorgerufenwurden, wieauchwirsiezubeobachten Gelegenheit hatten“ Protokollauszug. Versuch 1. Große Katze, gut entblutet. Gewicht des mit der Kosselschen Maschine zerschnittenen Muskelfleisches 320 g; hieraus gewonnener Preßsaft 144 ccm. 2g Traubenzucker werden in etwas mehr als 10 ccm Wasser gelöst, dem Preßsafte hinzugefügt. 348 R. Olaus und G. Embden, Pankreas und Glykolyse. Versuche: Sofort und |]. 4, IM. IV. 30 Preßsaft 30 Saft 30 Saft 30 Saft 3,8 gesättigte Na- 3,8 NaHCO, 3,8 NaHCO0, 3,8 NaHC0, HCO,-Lösung 2,0 Pankreas- 4,0 Pankreas 6,0 Pankreas 6,0 Wasser extrakt (1:10) 2,0 Wasser 5,0 Toluol 5,6 Toluol 4,0 Wasser 5,0 Toluol, 5,0 Toluol Bei der Fällung des Versuches „Sofort“ mit je 10 ccm Salzsäure und Sublimat erweist sich das Filtrat als noch nicht völlig eiweißfrei. 30 ccm des Filtrats werden deshalb nochmals mit je 5 cem Salz- säure- und Sublimatlösung gefällt. Nach der Befreiung von Quecksilber und Schwefelwasserstoff werden 30 cem des resultierenden zweiten Filtrats neutralisiert und auf 40 ccm aufgefüllt. Die übrigen Flüssigkeiten ebenso behandelt. Titration der Grenzwerte mit 10 ccm Knappscher Lösung und 20 ccm Wasser. Titrationsergebnisse: Sofort: 5,75. I. 6,05. II. 6,05. Il. 6,05.\ "AV. SE Versuch 2. Große Katze, gut entblutet. 270 g zerschnittenes Muskelfleisch liefern 110 ccm Preßsaft. 1,5 g Traubenzucker in 12 cem Wasser binzugefügt. Die Flüssigkeiten mit je 15 cem Salzsäure und Sublimatlösung gefällt. Zur Titration je 40 cem neutralisiert und auf je 50 cem aufgefüllt. Titrationsergebnisse (l0O cem Knappsche Lösung, 20 ccm Wasser): Sofort: 6,25. I..9,85. II. 5,95 III. 5,80 (2,50 Pankreas). (5 Pankreas). Versuch 3. Mittelgroße Katze, gut entblutet. 250 g Fleisch liefern 105 ccm Preßsaft. 1,5 g Zucker in 15 cem Wasser binzugefügt. Sonst Versuchsanordnung genau wie bei Versuch 2. In Versuch II geht ein geringer Teil der Flüssigkeit beim Schütteln mit Toluol verloren. 4 Titrationsergebnisse (10 ccm Knappsche Lösung, 20 ccm Wasser): Sofort: 4,55. 2,05. 6-7 TI III. 4,75 (2,5 Pankreas). (5,0- Pankreas). XXVL Weitere Beiträge zur Kenntnis der aus Eiweiß- körpern abspaltbaren Kohlehydrate. Von Dr. med. et phil. Leo Langstein, Assistenten an der Königl. Universitäts-Kinderklinik in Berlin. Aus dem chemischen Laboratorium der König]. Universitäts-Kinderklinik in Berlin. Die Notwendigkeit, das bisher vorliegende Tatsachenmaterial bezüglich der Beteiligung von Kohlehydraten am Aufbau von Ei- weißkörpern einer kritischen Sichtung zu unterziehen und durch neue Versuche zu ergänzen, ist einerseits begründet in der Ver- schiedenheit der Auffasssungen betreffs der Quantität des im Ei- weißmolekül vorgebildeten Kohlehydrats, andererseits in der weit auseinandergehenden Beurteilung seiner physiologischen Bedeutung für den tierischen Stoffwechsel. Um das Gesagte zu belegen, scheint es mir nicht nötig, die Literatur vollständig anzuführen, zumal ich in zwei Aufsätzen in den „Ergebnissen der Physiologie“ fast das gesamte Material geordnet habe*). Es mögen nur die zwei divergentesten Auffassungen kurz wiedergegeben werden. Pflüger nimmt — allerdings mehr von theoretischen Er- wägungen geleitet — an, daß sämtliche Eiweißkörper des tierischen Organismus einen Kohlehydratgehalt von ungefähr 10 Proz. haben; ‚ den Gehalt der Bluteiweißkörper bewertet er sogar beträchtlich ‚ höher. Abderhalden, Bergell und Dörpinghaus““) halten ‚ auf Grund iluer Versuche die Tatsache, daß die echten Protein- , sulstanzen überhaupt Kohlehydrate enthalten, nicht für erwiesen; , denn sie fanden z. B., daß das Eieralbumin, also derjenige Protein- stoff, von dem bisher fast allgemein angenommen wurde, daß sich , das Glykosamin an seinem Aufbau beteilige, nur 0,25 Proz. ent- | i } *) Siehe daselbst Literatur. | *) Abderhalden, Bergell und Dörpinghaus, Zeitschr. f. | Physiol. Chemie 1904. 350 Leo Langstein, | halte, also eine so geringe Menge, daß der Gedanke, es handle sich hier um Verunreinigung, nicht von der Hand zu weisen ist. Namentlich mit Rücksicht auf den Befund der letztgenannten Autoren ist eine Durchsicht der Literatur im Hinblick auf die Ver- suche, die sich mit der Abspaltung von Kohlehydraten aus Eiweiß- körpern befaßt haben, außerordentlich lehrreich. Hofmeister, dem wir die erste darauf bezügliche Angabe verdanken, erhielt aus 1 g kristallisierten Ovalbumins in einem Versuche 0,13 g Phenylosazon und schätzt im Hinblick auf die unvollständige Überführbarkeit der Kohlehydrate in Osazon und sonstige unvermeidliche Verluste den Kohlehydratgehalt des kristallisierten Ovalbumins auf 15 Proz.; Seemann, ein Schüler Friedrich Müllers, berechnet auf Grund titrimetrischer Methoden die Menge des Glykosamins mit 10 Proz., eine Zahl, zu der auch die bezüglichen Untersuchungen von Blumenthal und mir nicht im Widerspruche stehen. Osborne fand eine geringere Menge, un- gefähr 2 bis 3 Proz. und der niedrigste Wert von 0,25 Proz. wurde, wie auseinandergesetzt, erst in jüngster Zeit erhalten. Es erhebt sich die prinzipielle Frage, ob diese in so breiten Grenzen schwankenden Werte auf Rechnung der Methodik zu setzen sind, oder ob vielleicht von vornherein der Gehalt der verschiedenen Präparate ungleich war. Diese Frage ganz sicher zu entscheiden, ist außerordentlich schwierig. Denn es ist unleugbar, daß der Methodik eine große Reihe von Fehlerquellen anhaften. Fast alle Autoren haben sich derselben Art der Spaltung mit verdünnter Salzsäure bedient und haben nach Neutralisation des Filtrates mit oder ohne Entfernung der Biuretreaktion gebenden Spaitungs- produkte durch Phosphorwolframsäure den Gehalt an Kohlehydrat titriert. Schon hier kommt die Neigung kohlehydratreicher Protein- substanzen zur Melaninbildung in Betracht, und ein Plus oder Minus an zugefügter Phosphorwolframsäure dürfte nach meinen Er fahrungen die Titrationswerte nicht unbeträchtlich verschieben. Als beweisender für den wirklichen Gehalt an präformiertem Kohle- hydrat können eigentlich nur die Methoden herangezogen werden, die auf der Wägung der abgespaltenen Kohlehydrate bzw. von deren Derivaten fußen. Der Versuch Hofmeisters allein dürfte dementsprechend schon genügen, zu sagen, daß das Ovalbumin ' erhebliche Mengen Kohlehydrat in seinem Molekül enthält. #: Ich selbst habe mich in den vorliegenden Versuchen damit befaßt, den Gehalt einiger Eiweißkörper an Kohlehydrat in der Art zu ermitteln, daß ich sie durch dreistündiges Sieden mit Weitere Beiträge zur Kenntnis der Kohlehydrate der Eiweißkörper. 351 derselben verdünnten Salzsäure spaltete, das Filtrat der Spaltungsflüssigkeit mit soviel salzsaurer 20 proz. Phosphor- wolframsäurelösung versetzte, daß das Filtrat keine in der erzielten Verdünnung durch Phosphorwolframsäure fällbaren Substanzen mehr enthielt, sofort hinterher die Benzoylierung — immer mit der gleichen Menge Benzoylchlorid und Kalı- lauge — vornahm, die ausgeschiedenen Ester auf der Nutsche absaugte, zweimal mit verdünntem Ammoniak, einmal mit _ destilliertem Wasser wusch, bei 80° trocknete und zur Wägung brachte. Dabei erhielt ich aus 100 g Ovalbumin bei ver- - schiedenen Präparaten 15 bis 30 g Benzoylester. Dieses Verfahren, den Gehalt der verschiedenen Protein- substanzen an abspaltbarem Kohlehydrat quantitativ zu bestimmen, darf allerdings durchaus kein ideal chemisches genannt werden; denn selbst, wenn wir von den Verlusten absehen, die durch die Spaltung, Fällung usw. resultieren, kommt auch noch in Betracht, daß je nach der Dauer der Veresterung mit Alkali mehr oder weniger Glykosamin zerstört wird. Immerhin ermöglicht diese - Methodik doch ungefähr eine Abschätzung der Quantität gebundenen _ Kohlehydrates — sicherlich aber eine Entscheidung darüber, ob der untersuchte Proteinstoff Kohlehydrat nur beigemengt oder ge- bunden enthält. Denn ich habe mich vor einem jeden Versuche genau darüber orientiert, daß das Filtrat der zur Spaltung benützten Eiweißkörper weder freies, noch auch durch Säurespaltung in Frei- heit zu setzendes Kohlehydrat enthielt. Allerdings ergaben sich bei den verschiedenen Präparaten des Ovalbumins Schwankungen in der Ausbeute, die bis 15 Proz. betrugen. Das kann ja sowohl davon herrühren, daß höher oder niedriger benzoylierte Ester vor- lagen, es kann aber naturgemäß auch damit zusammenhängen, daß einmal mehr oder weniger Kohlehydrat abgespalten bzw. zer- stört wurde. Es ist aber endlich auch zu erwägen, ob nicht die - Möglichkeit vorliegt, daß es Ovalbuminpräparate mit verschiedenem _ Kohlehydratgehalt gibt. Der Gedanke, daß ein solches Verhalten “vorliegt, ist schon einmal ausgesprochen worden, und zwar von - Mörner. Mörner erklärt nämlich die Tatsache, daß einheitlich stimmende Analysen kristallisierter Ovalbuminpräparate nicht vor- liegen, damit, daß diese verschiedenen Ovalbumine bald ein größeres, bald ein geringeres Molekül haben, indem sie in ihrem Kohlehydrat- gehalt wechseln. Und wie ich einer privaten Bemerkung ent- nehme, hält auch Emil Fischer eine solche Deutung für zulässig. Es erscheint mir jedenfalls verfrüht, auf Grund der differierenden "Analysen diese Tatsache als sichergestellt zu betrachten, ich muß 352 Leo Langstein, aber den Hinweis hinzufügen, daß die Verhältnisse bei Mucinen und Mucoiden ähnlich liegen könnten. Ich erwähne nur, daß das Ovomucoid, in dem Seemann 36 Proz. Kohlehydrat gefunden hat, nach Krawkow kohlehydratfrei sein soll. Ich erwähne ferner, daß die Werte, die für abspaltbare Kohlehydrate aus den Mucinen der Övarialflüssigkeit gefunden wurden, zwischen 30 und 2 Proz. schwanken. Trotz dieser Widersprüche dürfte es nicht angezeigt sein, auf die ursprüngliche Anschauung Landwehrs zurück- zugreifen, daß die Mucinstoffe nur Gemenge von Proteinsubstanz und Kohlehydrat sind. Die Annahme, daß es wirklich Mucin- substanzen gibt, die nur in ihrem Gehalt an chemisch gebundenem Kohlehydrat wechseln, erscheint plausibler und diese Auffassung auf die echten Eiweißkörper zu übertragen, ist wohl nicht ge- zwungen. Anders liegen die Verhältnisse für diejenigen Proteinsubstanzen, in denen alle Autoren nur äußerst geringe Mengen von Kohle- hydrat gefunden haben. Ich meine das Serumalbumin und das Serumglobulin, da nur bezüglich dieser quantitative Angaben vor- liegen. In vier Versuchen am kristallisierten Serumalbumin fand ich durch die titrimetrische Berechnung ungefähr '» Proz. ab- spaltbares Kohlehydrat. Ein Versuch, solches darzustellen, hatte ein negatives Resultat. Abderhalden, Bergellund Dörping- haus hatten Serumalbuminpräparate in Händen, die entweder keine oder nur eine schwache Reaktion nach Molisch gaben. Ersteres Faktum würde unzweifelhaft dartun, daß es Serumalbumin gibt, welches kein Kohlehydrat in seinem Molekül euthält. Präpa- rate mit schwacher Reaktion nach Molisch würden weniger be- weisen, da ein solcher Ausfall dieser Reaktion ebensowohl von geringen Mengen beigemengten Kohlehydrates als auch von solchen im Molekül gebundenen Zuckers herrühren kann. Mir ist es nicht gelungen, Serumalbuminpräparate ohne Molischs Reaktion zu erhalten, und da mir neuerliche Spaltungsversuche bei den großen Schwierigkeiten, mit denen ich schon bei meiner ersten Unter- suchung zu kämpfen hatte, wenig aussichtsreich erschienen, habe ich nach einem andern Weg gesucht, um zu entscheiden, ob es Serumalbumin mit Kohlehydrat im Molekül gibt. Ich habe diesen Weg auch beim Serumglobulin und beim Eieralbumin eingeschia Die Voraussetzung war folgende: Falls das Kohlehydrat den Eiweißkörpern nur beigemengt ist, muß man bei der enzymatischen Spaltung Produkte erhalten, denen diese Verunreinigung mit Kohlehydrat in gleicher Weise anhaftet. Gelingt es jedoch bei der von mir in erster Linie DUO ULUU 0 0 een Pe" Weitere Beiträge zur Kenntnis der Kohlehydrate der Eiweißkörper. 353 in Anwendung gezogenen Pepsinspaltung Albumosen zu erhalten, die außerordentlich starke Reaktion nach Molisch geben, während sie anderen Albumosen fehlt, so ist dadurch zur Evidenz erwiesen, daß das Kohlehydrat in das Molekül der untersuchten Protein- substanz eingefügt ist. Ganz kurz möchte ich erwähnen, daß es mir in Bestätigung der insbesondere von E. P. Pick und Umber ermittelten Tat- sachen gelungen ist, Albumosen mit reichlichem Kohlehydratgehalt, sogenannte Glykoalbumosen, aus dem Verdauungsgemisch des kristallisierten Ovalbumins zu isolieren. Ein etwas anderes Resultat hatten die Versuche am Serum- albumin. Bei diesem Präparat war ich nicht in der Lage, eine durch Pepsinspaltung gewonnene Albumose als Glykoalbumose an- sprechen zu können, hingegen fand ich Molischs Reaktion sehr stark in dem mit Ammonsulfat gesättigten Filtrate der Albumosen, und ich erhielt in diesen durch Alkoholfällung ein sogenanntes Glykopepton. Inwieweit diese Tatsache für eine andersartige Bindung der Kohlehydratgruppen im Serumalbumin spricht, ver- mag ich nicht zu entscheiden. Sie scheint mir jedoch für das von mir zur Untersuchung benützte Serumalbumin zu beweisen, daß es Kohlehydrat in seinem Molekül gebunden enthalten hat. Was das Globulin anlangt, so habe ich in meinen ersten beiden Veröffentlichungen über diesen Gegenstand mitgeteilt, daß sich durch Säuren aus Globulin Glykose, Glykosamin, eine links drehende Aldose und Kohlehydratsäuren abspalten lassen. Ob die von mir nachgewiesene Fruktose präformiert war, mußte ich bei der in Anwendung gekommenen Methodik unentschieden lassen. Die Menge reduzierender Substanz betrug in den ersten Versuchen ungefähr 1 Proz. Auch bezüglich des Kohlehydratgehaltes des Blutglobulins wurden von Abderhalden, Bergell und Dörping- haus Zweifel geäußert, ob es sich nicht um Verunreinigungen mit Kohlehydraten handelt, und auch Hammarsten und Cohnheim haben diese Möglichkeit betont. Sehe ich vollständig von der Frage ab, in wieweit das Globulin ein Gemenge verschiedener Eiweißkörper ist, unter denen sich kohlehydratreichere und kohle- ‚ hydratärmere bzw. kohlehydratfreie befinden mögen — und diesen Standpunkt habe ich in allen meinen Untersuchungen über die . Abspaltung reduzierender Substanz aus Blutglobulin betont — so muß ich auf Grund meiner Versuche mit peptischer Spaltung die ‚ Ansicht aufrecht erhalten, daß sich in der Globulinfraktion Eiweiß- ‚ körper mit gebundenem, nicht bloß mechanisch beigemengtem, Kohlehydrat befinden. Beitr. z. cliem, Physiologie. VI. j 23 354 Leo Langstein, Was die Natur der Kohlehydrate aus Globulin betrifft, so sind Glykose und Glykosamin schon in meinen ersten Untersuchungen bereits mit Sicherheit identifiziert worden. Die gleichfalls nach- gewiesene Fruktose konnte hingegen möglicherweise ein durch sekundäre Veränderung aus der Glykose entstandenes Produkt sein. Um dies zu entscheiden, habe ich versucht, aus dem Gemisch der Spaltungsprodukte des Blutglobulins Fruktose auf direktem Wege darzustellen. Dies gelang nicht. Spaltet man Blutglobulin mit Salzsäure in der beschriebenen Weise, fällt mit Phosphorwolfram- säure und engt das Filtrat hinterher ein, so gibt dieses die Probe von Seliwanoff kaum angedeutet — auch nicht in der ver- schärfenden Modifikation von Rosin. Von der Darstellung eines Methyphenylhydrazinderivates habe ich Abstand genommen, da nach den neuesten Untersuchungen selbst ein positiver Ausfall nicht eindeutig gewesen wäre. Ich muß daher die Fruktose aus der Reihe der im Blutglobulin präformierten Kohlehydrate streichen. Die linksdrehende Aldose findet sich konstant unter den Spaltungsprodukten mit reduzierendem Charakter. Man ver- mag sie in der Weise zu erhalten, daß man die alkohollösliche Fraktion der Benzoylester verseift und vergährt, dann bleibt sie unvergoren im Filtrat, das man nach Behandeln mit Kieselguhr leicht von der suspendierten Hefe durch Filtration trennen und klären kann. Sie ist in wechselnden, aber außerordentlich kleinen Mengen vorhanden, weswegen ihre Identifikation auf Schwierig- keiten stoßen wird. Wegen der absolut geringen Menge — es handelt sich um Bruchteile von 1 Proz. — muß es auch unent- schieden bleiben, ob dieser Zucker vom Blutglobulin nur mechanisch mitgerissen oder in dessen Molekül verankert ist. Ich komme nun zu der Frage, ob die gefundene Glykose als präformiert anzusehen ist. Es handelt sich dabei um sehr kleine Mengen. Abderhalden, Bergell und Dörping- haus haben die Quantität der gefundenen Glykose mit 0,1. Proz. veranschlagt*).. Auf Grund meiner Versuche würde ich sie auf ungefähr "s der reduzierenden Substanzen, die sich aus Globulin abspalten lassen, schätzen. Um zu entscheiden, ob die Glykose an das Eiweiß gebunden oder, was a priori ja nicht unwahrscheinlich war, nur mechanisch beigemengt ist, habe ich einmal Globulin untersucht, das ich aus einer Exsudat- *) Die genannten Autoren fanden überhaupt nur 0,1 Proz. nicht aus- waschbares Kohlehydrat. Das sicher vorhandene Glykosamin dürfte wohl bei der von ihnen zur Anwendung gebrachten Methodik, dem Schütteln mit Silberoxyd, zerstört worden sein. VEN ETRT BEA Weitere Beiträge zur Kenntnis der Kohlehydrate der Eiweißkörper. 355 flüssigkeit gewonnen hatte, und auch aus diesem ließ sich durch Säure Glykose abspalten. Ich habe fernerhin das Blut- serum in der Weise vorbehandelt, daß ich es 24 Stunden mit Hefe stehen ließ. Das Blutglobulin, das aus diesem Serum ge- wonnen war, spaltete ebenfalls bei geeigneter Behandlung Glykose ab. Da Abderhalden, Bergell und Dörpinghaus durch Be- handlung des Blutglobulins mit konzentrierter Kalilauge ein Dextrin gewannen, aus dem sie durch Säurespaltung Glykose erhielten, habe ich das von mir seiner Zeit beschriebene aus Blutglobulin durch verdünnte Alkalıspaltung erhaltene dextrinartige Produkt der Wirkung der Diastase unterworfen, konnte jedoch hinterher freie Glykose nicht nachweisen. Aus diesen Versuchen leite ich nicht nur die Berechtigung her, zu sagen, daß das Globulin in seinem Moleküle überhaupt Kohlehydrate enthält, sondern auch zu behaupten, daß die Glykose der Globulinfraktion nicht beige- mengt, sondern an das Eiweiß chemisch gebunden ist. Es ist gewiß erlaubt, in dieser Frage das biologische Experiment zur Entscheidung mit heranzuziehen und die Ergebnisse biologischer Forschung für die chemische Fragestellung zu verwerten. Und bei der Sichtung der Literatur ergibt sich in der Tat, daß schon von vielen Autoren an eine kolloide Bindung des Zuckers ge- dacht worden ist. Als ersten nenne ich Schenck, der das Ver- hältnis, in dem Serumeiweiß Zucker zu binden vermag, auf 100:2 schätzte. Allerdings glaubte Schenck später, daß der aus Serum- eiweiß durch Säure abspaltbare Traubenzucker nur mechanisch mitgerissen sei. Doch Bendix und Bickel sahen wiederum die Fehlerquellen, mit denen die quantitative Traubenzuckeranalyse im Blute behaftet ist, dadurch gegeben, daß Zucker in irgend einer Bindung zum Eiweiß steht: vielleicht, wie sie sich ausdrücken, in einer physikalisch-chemischen, da er nicht mehr auswaschbar ' ist, wohl aber durch geringfügige chemische Eingriffe in Freiheit gesetzt werden kann. Die Erfahrungen bei der Phlorhidzindiurese, wie sie von OÖ. Loewy einerseits, von amerikanischen Autoren andererseits gewonnen wurden, lassen sich auch in dem Sinne verwerten, daß ein Teil des Blutzuckeiıs in an das Eiweiß ge- bundener Form transportiert wird. Denn letztere fanden, daß die phlorhidzinvergiftete überlebende Niere mehr Zucker sezerniert ' als dem Gehalt des Blutes an freiem Zucker entspricht. Und schließlich seien noch die Versuche von Embden mit künstlicher " Durchblutung der Leber, die von Kohlehydraten frei ist, heran- ' gezogen, in der dieser Autor hinterher. Zuckervermehrung kon- statierte. | 23* 356 Leo Langstein, Auch Bial und Blumenthal haben Experimente angestellt, die beweisen könnten, daß Zucker an Bluteiweiß gebunden ist. Mittelst einer Farbenreaktion mit dem von Bial angegebenen Reagens hat Blumenthal die Behauptung, daß das Eiweiß unter normalen Verhältnissen Traubenzucker in gebundener Form ent- halte, gestützt und zeigen können, daß das Bluteiweiß des diabetischen Tieres an Hexose verarmt. Auf Grund dieser Tat- sache kommt Blumenthal zur Vorstellung einer lockeren Ver- bindung des Zuckers mit Eiweiß. Ich habe diese interessanten Versuche Blumenthals auf quantitativem Wege nachzuprüfen gesucht, mußte jedoch schließ- lich davon Abstand nehmen; denn es hat sich gezeigt, daß die titrimetischen Werte für Zucker, die man nach der Spaltung ver- schiedener Blutglobuline erhält, in unübersehbarer Weise schwanken. Vielleicht liegt die Ursache davon ın dem von Zanetti behaupteten Schwanken der Menge des reichlich Kohlehydrat abspaltenden Serummucoids, von dem ich den Beweis erbringen konnte, daß es bereits vor Halbsättigung mit Ammonsulfat auszufallen beginnt und sich daher zum Teil wenigstens in der Globulinfraktion findet. Da sich aus diesem Glykosamin abspalten läßt, so ist die Tatsache, daß sich dieses mit einem der Globulinkohlehydrate identifizieren läßt, vielleicht schon durch dieses Verhalten des Serummucoids gegen Ammonsulfat erklärt. Das berührt aber meine Behauptung von der Abspaltbarkeit des Glykosamins aus Globulin nicht, da ich dieses nur in bezug auf sein Verhalten gegenüber der Salz- fällung charakterisiert habe. Es sind hier vielleicht ein paar Worte darüber angebracht, wie wir uns die Bindung der Kohlehydrate in der Globulinfraktion vorstellen müssen. Neuberg hatte erst kürzlich im allgemeinen dargelegt, daß das, was wir bisher über die chemische Konstitution der Eiweißkörper und über die chemische Natur des Glykos- amins wissen, dem Gedanken, daß das Glykosamin glykosid- artig gebunden ist, keinen Spielraum läßt. Anders dagegen die Glykose, die eine Kondensation zu solchen Glykosiden sehr wohl ermöglicht. Wenn ich seiner Zeit davon gesprochen habe, die en: Glykose stelle ein primäres Spaltungsprodukt des Globulins dar, so war dieser Ausdruck im Gegensatz zum Vorhandensein der Fruktose gewählt. Ich habe ja sogar den Ausdruck Transport- zucker gebraucht und dadurch angezeigt, daß ich die Verbindung für eine lockere halte, nicht etwa für eine solche, wie die der Aminosäure im Eiweißmolekül. Welcher Art diese Bindung aber ist, darüber kaun uns nur das Verhalten der Glykose bei der & [ Weitere Beiträge zur Kenntnis der Kohlehydrate der Eiweißkörper. 357 Spaltung durch Enzyme Aufschluß geben, bei Versuchen, wie sie Neuberg und ich gegenwärtig im Gange haben. Noch eine physiologische Schlußbemerkung. So verfrüht es seiner Zeit war, das Rätsel der Zuckereiweißbildung für gelöst zu halten, nachdem man davon Kenntnis gewonnen hatte, daß einige Eiweißkörper durch Säure reduzierende Substanz abspalten, so ‘verkehrt wäre es heute, der Zuckergruppe im Eiweiß jede Bedeutung für den Zuckerstoffwechsel abzusprechen. Aber die Bedeutung kann nur eine geringe sein, weil die Eiweißkörper eben nur wenig Kohlehydrat enthalten. Und wir müssen nach anderen Quellen der Zuckerbildung speziell im diabetischen Organismus suchen. Diejenigen aber, die das zuckerbildende Material auch in den Fettsäuren gegeben sehen, würden einen logischen Fehler begehen, wenn sie eine Zuckerbildung aus den Aminosäuren in Frage stellen wollen. Denn diese werden durch die Desamidierung zu Fettsäuren, und die Desamidierung ist ein Vorgang, dessen große biologische Bedeutung für den Stoffwechsel nach dem bereits Bekannten wohl nicht noch erwiesen zu werden braucht. Ein Teil der vorliegenden sehr kostspieligen Versuche wurde imir durch ein Stipendium der Gräfin Bose -Stiftung ermöglicht. XXVI, Bemerkungen über die Stickstoffverteilung im Harn. Von Dr. Giuseppe Satta. Aus der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a. M. (Oberarzt Prof. C. von Noorden). Re Die quantitative Untersuchung des gesamten Stoffumsatzes in Krankheiten hat an sich viele Tatsachen festgestellt und mehr- fach auch zu praktisch-wichtigen Folgerungen geführt, die genaue Durchsicht der Ergebnisse zeigt aber, daß vielfach in krankhaften Zuständen keine Störung des Gesamtstoffumsatzes vorhanden ist, wohl aber wahrscheinlich eine Veränderung der intermediären Stoffwechselvorgänge. Darnach wären daher gerade von dem Studium der intermediären Prozesse wichtige Ergebnisse zu er- : warten. Was besonders den Stick stoffstoffwechsel betrifft, so sind die Fragen des gesamten Stickstoffumsatzes wohl als einiger- maßen erledigt anzusehen, während die Untersuchung des inter- mediären Stoffwechsels noch ın den Anfängen steht. Zwei krank- hafte Zustände, die eine besondere Störung der intermediären Umwandlungsprozesse eines bestimmten stickstoffhaltigen Kom- plexes darstellen, dıe Alkaptonurie und die Cystinurie, dürften a a a A a m die Möglichkeit bieten, in die feineren Störungen des Stickstoff- — umsatzes einzudringen. Einen viel zugänglicheren sehr dankbaren Weg hat man geglaubt in dem, auf der Methode der Harnstoff- bestimmung von Schöndorff begründeten Verfahren zur ge- trennten Bestimmung des Stickstoffes der Monoaminosäuren (Pfaundler)*), gefunden zu haben. Inwiefern sich bisher die darauf gesetzten Hoffnungen erfüllt haben, ist einigermaßen aus der nachstehenden Zusammenstellung der einschlägigen Unter- suchungen zu ersehen. Ascoli und de Grazia®) fanden bei chronischer Nephritis inkonstante Werte: für Harnstoff 74,6 bis 87 Proz., *) Zeitschr. f. physiol. Chemie 30, 75. **) Berliner klin. Wochenschr. 1901, Nr. 40. Bemerkungen über die Stickstoffverteilung im Harn. 359 für die nicht durch Phosphorwolframsäure fällbaren Stoffe 75 bis 99 Proz., für die Monoaminosäurenfraktion 1 bis 17 Proz. des Gesamtstickstoffs; in einem Fall von Carcinoma ventriculi fanden sich nur 59 bis 60 Proz. des Gesamtstickstoffs als Harn- stoff neben einem relativ großen Gehalt an mit Phosphorwolfram- säure fällbaren Substanzen und außerordentlich hohen Werten für die Monoaminosäurenfraktion (10 bis 26 Proz.). Die Veröffentlichungen von R. v. Jaksch*) enthalten viele Beobachtungen sowohl an normalen als an pathologischen Harnen. Das Studium der normalen Verhältnisse hat nichts Neues erbracht; in bezug auf die krankhaften Zustände ergab sich, daß die Nieren- affektionen eine mehr oder minder bedeutende Harnstoffretention zeigen, und daß bei Lebererkrankungen, Typhus abdo- minalis, Diabetes mellitus und bei einzelnen Fällen von Basedowscher Krankheit eine Vermehrung (!) des Amino- säurenstickstoffes nachweisbar ist, bei Typhus z. B. bis 2,29 Proz., bei Diabetes bis 3,35 Proz. des gesamten Stickstoffs. Nach den Versuchen von M. Halpern“*) läßt sich sagen: wenn eine Verminderung des relativen Harnstoffgehaltes bei Nephritikern vorkommt, so erfolgt sie zugunsten des Ammoniaks und der Extraktivstoffe; in Fällen von verschiedenen Blutkrankheiten, von Lungen- tuberkulose, Gallensteinkolik sind die Werte für alle Be- standteile durchaus normal; bei Carcinom und Inanition kann eine Verminderung in der Harnstoffausscheidung auftreten. Diese Verminderung ist aber nicht konstant; jedenfalls läßt sich an Stelle der verminderten Harnstoffausscheidung eine Vermehrung des Ammoniaks und der Extraktivstoffe, aber keine Zunahme der sogenannten Monoamino- säurenfraktion erkennen; in 6 Fällen von verschiedenen Krankheiten aber, in denen die Autopsie Veränderungen an der Leber aufwies, war am Harne keine Abnormität in dem Gehalt an Monoaminosäuren zu beobachten. Die von Landau““*) an normalen Personen angestellten Ver- suche haben gezeigt, daß die Art des genossenen Eiweißes keinen Einfluß auf die Stickstoffverteilung im Harn hat; etwas größere Schwankungen lassen sich nur in der Monoaminosäuren- fraktion bemerken; Über- und Unterernährung führen zu keiner Veränderung. *) Zeitschr. f. klin. Medizin 47, 50. **) Zeitschr, f. klin. Medizin 50, 355. ***) Deutsch. Archiv f. klin. Medizin 79, 417. 360 Giuseppe Satta, v. Jaksch*) fand in einer weiteren Reihe von Versuchen, daß die Phosphorvergiftung zu einer vermehrten Ausfuhr sämt- licher stickstoffhaltigen Produkte führt, vor allem des Harnstoffes. Erben®*), der sich mit Untersuchung des Harnes bei In- fektionskrankheiten beschäftigte, konnte während des Fiebers und eventuell der ersten fieberfreien Tage eine Vermehrung der Stick- stoffausscheidung konstatieren; die Vermehrung geschieht haupt- sächlich auf Kosten der mit Phosphorwolframsäure fällbaren Körper, besonders des Ammoniaks und der Harnsäure. Die Ver- mehrung der Harnsäure findet bei den einzelnen Erkrankungen — je nach ihrer Natur — in verschiedenem Grade statt. Was das Verhalten der Monoaminosäurenfraktion anbelangt, so gibt Erben an: bei Morbillen war eine sehr geringe, bei Scarlatina eine starke Vermehrung nachweisbar, besonders in einem Fall, wo Vereiterung einer Lymphdrüse aufgetreten war, bei Angina cruposa und Varicella fand sich eine Vermehrung erst in den ersten fieberfreien Tagen; bei Typhus abdominalis eine Ver- mehrung zurzeit des höheren Fiebers, die relativ viel stärker wird am vierten bis sechsten fieberfreien Tage. IL. Zur Methodik. In den nachstehend mitgeteilten Versuchen wurden von mir folgende Bestimmungen ausgeführt: I. Gesamtstickstoff nach Kjeldahl =N. II. Stickstoff des Phosphorwolframäurefiltrats = NPW. E= Il. 3 „ Phosphorwolframsäureniederschlags = NPW. - : „ Harnstoffes = NU. 19% V. £ der Harnsäure NU. v1. s „ Purinkörper = NP. v2. R des Ammoniaks = NH;. VII. y der sogenannten Monaminosäurefraktion = NA. Hierzu sei folgendes bemerkt: I. Der gesamte Stickstoff wurde nach der üblichen Methode in je 5 cem doppelt bestimmt. Die angewandte Schwefelsäure- und Natr onlösung war '/, normal. II. bis III. Bisher sind drei Fehler bei der Bestimmung des mit Phosphorwolframsäure fällbaren und nicht fällbaren Anteils bekannt. a) ist die Möglichkeit gegeben, daß beim Auswaschen des Niederschlags ein Teil der schon gefällten Phosphorwolframate in Lösung geht; 8) kann bei Anwendung überschüssiger Phosphorwolframsäure die Fällung un- vollständig bleiben, y) besitzt die Phosphorwolframsäure die Fähigkeit, _ unter Umständen Nonoaminosäuren zu fällen. *) Zeitschr. f. phys. Chemie 40, 123. **) Zeitschr. f. Heilkde. 25, II. Heft. Bemerkungen über die Stickstoffverteilung im Harn. 361 a) Der erste Fehler wird eingeschränkt, wenn der Niederschlag mit der zur Fällung gebrauchten Phosphorwolframsäurelösung nachgespült wird, und sehr leicht beseitigt, wenn die Stickstoffbestimmung in einer aliquoten abpipettierten Menge des Filtrats angestellt wird. 8) Es ist bekannt, daß die Phosphorwolframate der Diaminosäuren nicht absolut unlöslich sind. Gulewitsch*) hat z. B. für die Löslichkeit des Argininphosphorwolframates gefunden, daß sich bei einem genügenden Uberschusse des Reagens etwa 0,07 g Arginin in 11 Flüssigkeit !öst. Th. Gümbel**) hat ähnliche Versuche auch für andere Diaminosäuren an- gestellt. Zunächst untersuchte er wieder das Verhalten des Arginins und fand, daß der Niederschlag sich am leichtesten in Wasser, schwerer in einer Mischung von verdünnter HCl und Phosphorwolframsäure, noch schwerer in dieser Mischung löst, wenn man den Niederschlag 24 Stunden stehen läßt. Das Lysinphosphorwolframat zeigte ein ganz ähnliches Ver- halten wie das Arginin. Der Histidinphosphorwolframatniederschlag geht dagegen beim geringsten Überschusse der Säuremischung wieder in Lösung und wird bei neuerlichem Zusatz derselben Mischung wieder gefällt. Um diese letzte Fehlerquelle zu vermeiden, kann man einen’ mäßigen Über- schuß des Fällungsmittels anwenden; wenn dieses Verfahren aber (die Löslichkeit des Histidinphosphorwolframats vermindert, so erleichtert es die Wiederauflösung der Arginin- und Lysinphosphorwolframate. Bei den Versuchen über die Stickstoffverteilung der Eiweißkörper kann man ein fast zuverlässiges Resultat mit der Anwendung einer bestimmten Ver- dünnung der zu untersuchenden Flüssigkeit erreichen (wie von Gümbel angegeben wurde); trotzdem bleiben noch immer Verluste von etwa 5 bis 10 Proz. des gesamten Diaminostickstoffes. Bei den Harnbestimmungen läßt sich dagegen diese Fehlerquelle wohl nicht ganz beseitigen. Daß eine sehr konzentrierte Monoaminosäurenlösung durch reichlichen Zusatz von Phosphorwoiframsäure gefällt wird, ist unzweifelhaft; anderer- seits ist sicher, daß stark verdünnte Lösungen durch einen mäßigen Zu- satz nicht gefällt werden. Im Urin nun ist die Konzentration der vor- handenen Monoaminosäuren sehr gering; sie erreicht sicher nicht 0,5 Proz., einen Wert, bei welchem die Monoaminosäuren durch Phosphorwolfram- säure nicht gefällt werden und der auch in pathologischen Fällen keines- wegs erreicht wird. Um die Richtigkeit dieser Annahme zu kontrollieren, habe ich einem Harn, dessen Gehalt an den mit Phosphorwolframsäure fäll- baren Körpern gleichzeitig bestimmt wurde, etwas Alanin und Glykokoll hinzugefügt. Die doppelt angestellten Analysen gaben folgende Resultate: Gewöhnlicher Harn 10,9 cem " -Säurelösung neutralisiert " 5-2 >Alanım .-10,9-,5 5 z „.+ Glykokoll 10,9. „ = a Was nun die von mir ausgeführten Bestimmungen anbelangt, habe ich sowohl den Niederschlag als auch das Filtrat dem Kjeldahlverfahren unterworfen; die so erhaltenen Stickstoffzahlen wurden nur verwendet, wenn die Summe beider der gesamten N-Zahl fast genau entsprach. In den Tabellen aber habe ich die NPW-Werte als Standardzahlen ange- nommen. *) Zeitschr. f. physiol. Chemie 27, 195. **) Diese Beiträge 5, 297. 362 Giuseppe Satta, IV, Bei der Harnstoffbestimmung waren zwei Aufgaben zu lösen. Welche Methode war einerseits zu verwenden, um überhaupt möglichst richtige Werte zu erhalten; welche Methode andererseits speziell bei dia- betischem Harn? Die meist benutzten klinischen Methoden für die NO sind die von Schöndorff, Mörner-Sjöqvist und Mörner-Folin. Jede von diesen Methoden hatihre Fehlerquellen. BeiderMörner-Sjöqvistschen geht zwar der ganze Harnstoff in die alkohol-ätherische Lösung hinein, aber daneben auch andere Körper, die mit der Barytmischung nicht ge- fällt werden. So scheint z, B. bei Anwesenheit von Alanin und Glykokoll die Methode an Genauigkeit einzubüßen, wie aus folgenden Vergleichs- E suchen ersichtlich ist: NÜ im Harn nach Mörner-Sjögvist . . u... 2 18,0 dern nach Zusatz von Alanin . 16,0 "5 2 RSS 5 nach Zusatz von Glykokoll 15,8 „ R Auch Hippursäure geht in die Alkoholäthermischung. Jedenfalls zeigen die mit dieser Methode erhaltenen Resultate fast immer höhere (nur aus- nahmsweise niedrigere) Werte als die mit der Schöndorffschen er- haltenen. Diese wurde bisher als die genaueste betrachtet. In der letzten Zeit sind gegen dieselbe einige Einwände erhoben worden. v. Jaksch und sein Schüler F. Erben betonen, daß die neue Methode von Mörner-Folin die richtigsten Werte liefert, obwohl die mit dieser und die mit der Schöndorffschen Methode erhaltenen Zahlen sich erheblich unterscheiden (bis zu 10 Proz. des gesamten N). Die andere Schwierigkeit war, den Einfluß des Zuckers auf die Ge- nauigkeit der Schöndorffschen Methode zu beseitigen. Es ist seit v. Udränszky*) bekannt und von Samuely*®) genau untersucht, daß beim Kochen von Kohlehydraten mit Säuren bei Anwesenheit von Ami den und auch von Ammonsalzen die Bildung von sogenanntem Melanoidin (Huminkörper) vor sich geht; diese Körper halten eine Temperatur von 150° aus; sie werden durch Phosphorsäure nicht zersetzt. Der Fehler, der hierdurch bei der Harnstoff-Bestimmung nach Schöndorff entsteht, tritt schon bei geringem prozentischen Zuckergehalt des Urins auf und steigt mit dem Zuckergehalt, ohne daß ein bestimmtes Verhältnis zwischen letzterem und dem Stickstoffdefizit besteht. Dieses Defizit tritt schon in Harnen auf, in denen sich durch die qualitative Untersuchung kein Zucker erkennen läßt — das habe ich bei einem Diabetiker nachweisen können. Obwohl der Harn nach mehrtägiger strenger Diät zuckerfrei und mit der polarimetrischen und Reduktionsmethode das Vorhandensein von Glykose nicht mehr nachweisbar war, habe ich mit der Schöndorffschen Methode im Vergleich mit der Mörner-Sjöqvistschen folgende Werte erhalten: ” ” ”» ” ” = ER NU nach Mörner-Sjögqgvist NU nach Schöndorff 1: Ta 11,08 g 831 g Ze 12,32 „ 10,58 „ 2 ER 7,88 „ 7,35 > An ler 4,68 „ 4,43 „ A DENE 5,98 „ 5,85 „ *) Zeitschr. f. ka Chemie 12, 33. **) Diese Beiträge 2, 355. en Pr Br: an >- Bemerkungen über die Stickstoffverteilung im Harn. 363 Nur am fünften Tag tritt annähernde Übereinstimmung zwischen den mit den zwei Methoden erhaltenen Zahlen ein. Auf Grund dieser Tat- sachen darf man behaupten, daß die Schöndorffsche Methode bei Diabetes wenigstens in schweren Fällen völlig unbrauchbar ist. Um die Bildung der Huminkörper zu verhindern, habe ich versucht, vor der Bestimmung die Glykose durch Vergährung des Harnes zu ent- fernen. In einem Vorversuch hatte ich mich überzeugt, daß die stickstoff- haltigen Substanzen des Vergährungsmaterials keine wesentliche Fehler- quelle darstellen. So z. B. enthalten 25 ccm einer sehr konzentrierten Hefeemulsion nur 0,0023 g durch Phosphorsäure abspaltbaren Stickstoff. Ich babe zwei Reihen von Untersuchungen mit und ohne Zusatz von Glykose angestellt; die eine mit Harnstofflösung von bekanntem Gehalt, die andere mit normalem Urin, den ich der Hefevergährung unterzog. E= Die NU-Bestimmung wurde immer ausgeführt, wenn die qualitative Unter- suchung einer Kontrollprobe keine positive Reaktion auf Zucker mehr aufwies; die Hefe wurde auf einem künstlichen Nährboden gezüchtet. + | NÜ ER en er Sr RU, dar gebrauchten | NU derselben nach Zusatz von nach Zusatz von Flüssigkeit a Proz. Glykose| 10 Proz. Glykose Harnstofflösung 0,102 0,0756 0,0554 | 0,081 0,102 | 0,094 0,0100 rn 0,0503 0,0473 0,0427 0,047 Normaler Urin 0,083 0,0483 0,0158 0,0829 0,111 0,0987 0,085 9,105 Die Tabelle zeigt deutlich, daß die Gährung kein völlig zuverlässiges Mittel zur Entfernung des Zuckers ist, wenngleich es scheint, daß bei großen Zuckermengen die Zersetzung des Zuckers fast vollständig ist. Daher könnte man daran denken, einem diabetischen Harn Zucker bis zu 10 Proz. Gehalt zuzusetzen; aber, wie oben hervorgehoben wurde, ist es. immer sehr schwer, den Punkt zu erkennen, wo der Zucker ganz zersetzt ist, besonders wenn man ins Auge faßt, daß die qualitative Tuckerunter- suchung kein zuverlässiges Merkmal dafür darstellt. Die #-Oxybuttersäure gibt dagegen keine Veranlassung zur Bildung von Huminkörpern, wie ich "bei einem Versuche feststellen konnte: N in einer Harnstofflösung . . 720,097, N „ derselben Lösung ir 0,5 en B- Oxybuttersäure 0,0957 „ N ” ” ” +0,23 „ „ 0,0959 ” Die Anwendung der für die ee Sjöqvistsche Methode vor- geschlagenen Modifikation Braunsteins ist nicht zu empfehlen, weil die Glykose sich in der Alkoholäthermischung teilweise löst, was aus folgen- dem Versuch hervorgeht: N des Ü Baen’MOrDer-SJ0Qwist .. 1. ........= .. 0062-8 N „ „+5 Proz. Glykose nach Braunstein . 0,040 „ Der Zusatz von 5 Proz. Glykose hat ein Stickstoffdefizit von etwa 35 Proz. hervorgerufen. Über die Methode von Mörner-Folin habe ich keine eigene Erfahrung; doch haftet ihr vermutlich derselbe Fehler an. Giuseppe Satta, 364 Ich habe mich daher entschlossen, die Mörner-Sjöqvistsche Metbode bei diabetischen, und die Schöndorffsche bei normalen Harnen anzuwenden. In beiden Fällen befolgte ich alle Vorschriften, die nötig sind, um zuverlässige Resultate zu erreichen. V. Der N-Gehalt der Harnsäure wurde titrimetrisch nach Hopkins bestimmt. VI. Der Purinkörperstickstoff wurde nach Camerer ermittelt. VII. Die Zahlen des Ammoniaks oder besser des leicht abspalt- baren Stickstoffes wurden bei dem ersten und zweiten Versuche durch Vakuumdestillation mit Magnesia, bei dem dritten Versuche nach Schlösing ermittelt. VII. Der Wert für die sogenannte Monaminosäurefraktion wurde durch Berechnung gewonnen. Alle Bestimmungen, außer der des Ammoniaks nach Schlösing, — =E wurden doppelt ausgeführt. Die NPW- und NPW-Bestimmungen wurden bisweilen vielfach ausgeführt. III. Stiekstoffverteilung bei einem normalen Individuum in Kohlehydratkarenz. Es handelt sich um eine Patientin, die wegen Magenbeschwerden ins Krankenhaus kam. Die Untersuchung ergab beginnende Gravidität, sonst nichts Abnormes. Die Versuchsanordnung war folgende: in den ersten drei Tagen be- kam die Patientin eine aus Eiweiß und Fett bestehende Nahrung, und zwar 1 1 Bouillon, 8 Eier, im ganzen nach den gewöhnlichen Laboratoriums- bestimmungen 82 g N, 40 g Fett und 585 Bruttokalorien. Am vierten Tage wurden Kohlehydrate in folgender Weise hinzugefügt: 100 g Brot, 100 g Zwieback, 20 g Glykose; im ganzen 8,2 g N, 40 g Fett, 200 g Kohlehydrate, 1405 Bruttokalorien. Während des Verlaufs des Versuchs trat keine Störung, besonders keine von seiten des Magendarmapparats, auf. Ich halte es für zweckmäßig, die erhaltenen Resultate getrennt zu besprechen. — + a) Das Verhältnis zwischen NPW und NPW. Tabelle 1. | = | Prozent. Zusammen- Urin- Spezifi- : = T. setzung inenge | Seles N NPW | NPW Ges.-N — 100 Bemerkungen 8° Gewicht ee se ie PL RE NDEEL E22 NT NEN EIER RE 1025 1020 12,74 10,85 1,89 85,17 14,83 1415 | 1020 | 14,78 | 19,39 | 229 | 84,1 a 1400 | 1020 | 19,89 | 10,11 |- 9,78 78,44 21,56 Po 1030 — 11,42 8,53 2,88 74,69 25,31 Bier 900 | 1028 | 893 | 6,96 | 1,97 77,94 22,06 |lBouillon und 625 | 1025 | 798 | 616 | 1,82 77,19 29,81 ||Kohlebydrate 530 1026 7,96 6,46 1,50 81,15 18,85 Gewöhnl. Diät Bemerkungen über die Stickstoffverteilung im Harn. 365 Aus der Tabelle geht deutlich hervor, daß die Ausschaltung der Koblehydrate aus der Nahrung eine langsam eintretende Erhöhung des durch Phosphorwolframsäure fällbaren Stickstoffs nach sich zieht, während bei Kohlehydratzufuhr das Gegenteil eintritt. | Der Einfluß dieses letzteren Faktors tritt aber nicht sofort am ersten Tage auf, hier sehen wir noch ein Plus zu Gunsten des Phos- phorwolframsäure-Niederschlags. Diese Tatsache weist darauf hin, daß die Wiederherstellung der normalen Funktion der Zellen nicht gleich am ersten Tage stattfindet. Obwohl die Zellen das ganze Material für die oxydativen, synthetischen usw. Prozesse zu Ver- fügung haben, können sie doch die normale Arbeit nicht sofort leisten. Ein ähnlicher Fall kommt sicherlich nicht oft zur Beob- achtung; eine so merkliche Veränderung des Stoffwechsels, speziell der Acetonkörperausscheidung (vgl. unten Tabelle V) ist wohl sehr selten, und meines Wissens noch nicht beschrieben. Mein Versuch bietet daher ein besonderes Interesse, und es lohnt sich, auf die einzelnen Bestandteile des Phosphorwolframsäure- Niederschlags und -Filtrats näher einzugehen. + b) Zusammensetzung des NPW. Tabetle IH. 2 der | Prozentische Zusammensetzung übrigen | ; en NESEENPelp Sstandteile Gesamtstickstoff — 100 Beinerkungen = Übrige BENPWE NE | NE Bestandteile 0,757 | 0,134, 0,999 5,94 | 1,05 7,84 1,46 | 0,13 0,70 4,86 | 0,87 4,76 | Eier und Bouillon 8,10 1 0,147| 054 17,06 | 0,94 3,50 1,88 | 0,360 | 0,64 16,46 | 3,14 5,71 117 10208) 0597 |18,10 | 2,97 6,69 nr 0,97 | 0,169) 0,68 12,15 | 3,11 8,55 0,323 | 0,145) 1,08 4,05 | 1,82 12,98 Gewöhnliche Diät Die tägliche normale Ausscheidung beträgt nach den Landau- schen Versuchen (mit einer gewöhnlichen Kost) für NH, 1,86 bis 2,65 Proz., für NP 1,01 bis 1,22 Proz. des Gesamtstickstoffs. Bei meinem Falle ist die Vermehrung in der Ammoniakausscheidung sehr deutlich; sie tritt schon am ersten Tage der Kohlehydrat- karenz auf, setzt sich am zweiten, dritten fort, um vom ersten Tage der Kohlehydratzufuhr an abzuklingen und den normalen 366 Giuseppe Satta, Wert zu erreichen. Diese Vermehrung steht, wie ich*) ausein- andergesetzt habe, nicht nur in Beziehung zur vermehrten Bildung organischer Säuren, sondern stellt auch, aller Wahrscheinlichkeit nach, eine noch unbekannte Veränderung des Stoffwechsels dar. Die Purinstickstoffwerte nehmen während der Kohlehydratabstinenz in den ersten zwei Tagen ab; am dritten Tage macht sich eine kleine Vermehrung geltend, die am ersten Tage der Kohlehydrat- zufuhr sehr erheblich wird. Die so erreichte Zahl sinkt am zweiten und dritten Tage ab, um am vierten Tage einen Wert zu zeigen, der für diese Person wohl als normal betrachtet werden darf. Die übrigen Bestandteile erfahren eine Verminderung in der ersten Periode des Versuchs und eine progressive Vermehrung in der zweiten. Wenn wir aber die Verhältnisse zwischen Ammoniak- und Purinstickstoff und den übrigen Bestandteilen näher untersuchen wollen, so müssen wir von dem durch Phosphorwolframsäure fällbaren Stickstoff während des Verlaufs der zwei Perioden das Plus in der Ammoniakausscheidung abziehen. Von der Betrachtung ausgehend, daß man den am Tage der gewöhnlichen Diät erreichten Ammoniakwert als normal ansehen kann, erhalten wir die folgende Tabelle. Tabelle III. Von hundert Teilen NPw entfallen auf | | die ı Bemerkungen NH, | NP |ybri ron ER RS TRBBEHFER, Bestandteile 22:11 9,20 68,70 28,01 11,27 00,72 | Eier und Bouillon 32,20 12,16 59,64 24,41 | 27,21 48,38 28,58 | 17,96 53,46 Veen m “7,44 14,40 58,16 21,44 9,66 68,90 Gewöhnliche Diät Die Verteilung der verschiedenen mit Phosphorwolframsäure fällbaren Bestandteile läßt in der Periode der Kohlehydrataus- schaltung eine kleine Vermehrung in den Purinstickstoffzahlen, eine deutliche Zunahme in den Ammoniak-N-Werten erkennen; die übrigen Bestandteile erfahren eine entsprechende Verminderung. In der Periode der Kohlehydratzufuhr zeigen dagegen die Am- moniakwerte eine Neigung, abzunehmen; die Purinstickstoffaus- scheidung weist eine sehr beträchtliche Steigerung auf, die übrigen Bestandteile nehmen an diesen Schwankungen teil. *) Diese Beiträge 6, 1. Bemerkungen über die Stickstoffverteilung im Harn. 367 Das wesentlichste Ergebnis dieses Versuches ist, daß die Ver- mehrung ebenso in der Ammoniak- wie in der Purinstickstoff- ausscheidung auf Kosten der übrigen mit Phosphorwolframsäure fällbaren Körper zustande kommen kann. Es wäre sehr wertvoll, entscheiden zu können, welche Bestandteile bei diesem Vorgang beteiligt sind. Leider kennt man noch nicht alle durch den Harn ausgeschiedenen stickstoffhaltigen Substanzen, die mit Phosphor- wolframsäure gefällt werden; die meisten Beobachter nehmen an, daß neben Ammoniak- und Purinkörpern Karbaminsäure, Rhodan, Harnfarbstoffe, Harnmucoide, Kreatinin, Eiweißkörper, Diamine, Diaminosäuren und auch etwa vorkommende Ptomaine mit Phos- phorwolframsäure gefällt werden. Andererseits ist garnicht zu sagen, ob die Vermehrung in der Ammoniak- oder Purinbilanz auf Kosten einer oder mehrerer dieser Substanzen statthat. Da die Versuchsperson während des ganzen Verlaufs der zwei Perioden dieselbe Kost erhielt, nur daß in der zweiten Periode Kohlehydrate hinzu- gefügt wurden, so muß man die Annahme, daß die Veränderung in der prozentischen Zusammensetzung der mit Phosphorwolframsäure fällbaren - Körper durch die eingenommene Nahrung hervorgerufen worden sei, als ausgeschlossen betrachten. Die Veränderung läßt sich in diesem Fall nur mit einer Anderung in den intermediären Prozessen erklären, die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht auf Kosten des Rhodans, Kreatinins, Harnmucoids, der Eiweißkörper, Diamine, Harnfarbstoffe zustande gekommen sein kann. Es würde dann nichts anderes übrig bleiben als anzunehmen, daß mindestens ein Teil der vermehrten NH,- und NP-Ausscheidung den Diaminosäuren oder anderen noch unbekannten im Stoffwechsel auf- tretenden Produkten ihre Entstehung verdankte. Ich will diese Möglichkeit weder annehmen, noch leugnen; die dafür sprechenden Gründe sind zu wenig maßgebend, um zu einer sicheren Auffassung zu führen. | Mit dem vorliegenden Versuch ist der Nachweis geliefert, daß in der Fraktion des Phosphorwolframsäure-Niederschlags eine besondere Gruppe von Körpern vorhanden ist, deren Menge manchmal zu Gunsten dieser, manchmal zu Gunsten jener Sub- stanzen eine Verschiebung erfahren kann; d. h. der Organismus ist mit einem fluktuierenden Vorrat von solchen Körpern oder Vorstufen derselben versehen, was als eine besondere und zweck- mäßige Einrichtung betrachtet werden muß. Dieser Umstand sprieht auclı gegen die Auffassung, daß die Stoffwechselvorgänge immer in derselben Richtung verlaufen müssen, und gegen die scharfe Einteilung in einen endogenen und exogenen Ursprung eines durch den Harn ausgeschiedenen Körpers. Andererseits ist die Möglichkeit des Zustandekommens einer Vermehrung der Ammoniakausscheidung auf Kosten von verschiedenen Substanze festgestellt worden. Diese Erscheinung findet ihre Bestätigung in der Tatsache, daß die Vermehrung der Ammoniakausscheidung nicht völlig Hand in 368 Giuseppe Satta, Hand mit der Verminderung der Harnstoffwerte geht. Das gibt uns Veranlassung, die c) Zusammensetzung des Phosphorwolfraınsäure-Filtrats zu besprechen. Tabelle IV. x al Prozentische Zusammensetzung er NÜ NA Gesamtstickstolf — 100 Bemerkungen 7 = 2 2 NU | NA 0,757 | 10,50 0,35 82,41 2,74 | 1,46 11,64 0,75 71,98 5,08 Eier und Bouillon 2,10 9,64 0,37 74,84 2,94 1,28 8,04 0,35 70,40 3,06 1% Eine i ier, ill 1,17 6,2 0,76 69,42 8,51 | Köhlehrdeie® 0,97 5,6 0,56 70,42 7,0 0,323 6,08 0,38 76,36 4,77 Gewöhnliche Diät Die Tabelle zeigt: 1. Der Harnstoffstickstoff stellt nicht immer \87 bis 90 Proz. des Gesamtstickstoffs dar, in diesem Falle ist das Maximum 82 Proz. 2. Die Ausschaltung der Kohlehydrate aus der Nahrung ruft eine Verminderung in der Harnstoffausscheidung hervor, während gleichzeitig die Ammoniakausscheidung vermehrt wird, ohne daß aber ein enger Zusammenhang zwischen der HarnsiollvorauBeSSEEn und der NH,-Vermehrung besteht. 3. 3 bis 8 Proz. des Gesamtstickstofls entfallen auf die soge- nannte Monoaminosäurenfraktion. Die Ausscheidungsmenge der letzteren steht also in keiner bestimmten Beziehung zur Menge der anderen von mir untersuchten Körper. — Während der Kohle- hydratkarenz werden kleinere Mengen ausgeschieden, was darauf hinweist, daß die Ausschaltung der Kohlehydrate aus der Nahrung keine Vermehrung des Monoaminosäuren-Stickstoffs verursacht. 4. Die Menge des Stickstoffs der Monoaminosäurefraktion kann hohe Werte erreichen; sie betrug bei Landau 4 bis 4,7 Proz., bei Pfaundler 4,76 Proz., bei Krüger und Schmidt 6 Proz. des gesamten Stickstoffs. Ich fand bei einem seit mehreren Tagen im Stickstoffgleichgewicht sich befindenden, mit derselben Kost ge- nährten Mädchen folgende Zahlen: er +. + Prozentische Zusammensetzung ‚N NEW. SDPW SE NA Gesamtstickstoff — 100 ET en Proz. | Proz. "02. 02. | NPW | -NPW NU | NA 1,03 0,924 | 0,106 | 0,877 0,047 | 89,70 | 10,30 | 87,43 | 4,56 Bemerkungen über die Stickstoffverteilung im Harn. 369 Zum Schluß seı die d) Beziehung zwischen Stickstoff und Harnsäure berücksichtigt. Tabelle V. au Acetonkörper- N Harnsäure Gehalt an U summe als Bemerkungen (Gesamt-N— 100) | 8.Oxybuttersäure 12,74 0,315 2,40 588 14,78 0,368 2,48 8,18 | Eier und Bouillon 12,89 0,420 3,25 8,24 11,42 1,130 9,89 0,46 8,93 0,648 7,16 0,18 Ve gm 7,98 0,360 4,56 0,055 7,96 0,410 5,17 _— Gewöhnliche Diät Die Harnsäure-Ausscheidung steht in keinem Verhältnis mit irgend einem der von mir untersuchten anderen N-haltigen Bestand- teile, ebensowenig mit der Acetonkörperausscheidung. Die erste Periode läßt eine kleine Vermehrung in den Harnsäurewerten er- kennen, während die Ammoniak- und Acetonkörperzahlen rasch und stark in die Höhe steigen. In der Kohlehydratzufuhrperiode weisen diese letzteren Substanzen eine schnelle und starke Verminderung auf; dagegen erreicht die Harnsäureausscheidung am ersten Tage der Periode den größten Wert, der auch am zweiten Tage immer hoch bleibt. | Die Deutung dieser merkwürdigen Tatsache und ihre Erklärung ist nicht sehr leicht zu geben. Man könnte annehmen, daß die Ausschaltung der Kohlehydrate aus der Nahrung eine Veränderung in den Stoffwechsel- vorgängen herbeigeführt hatte, infolge deren eine Vermehrung der Harn- säurebildung zustande gekommen war. Diese Auffassung verliert aber fast ihren Wert, wenn man darauf achtet, daß die größte Harnsäureaus- scheidung gerade an dem Tage vorkommt, an dem die Kohlehydratzufuhr eine Verminderung hervorgerufen haben müßte. Die Voraussetzung einer möglichen Ausschwemmung der Harnsäure am Tage der Kohlehydrat- zufuhr oder einer verspäteten Ausfuhr, wie sie beim Fieber z. B. oft vor- kommt, ist kaum zutrefferd, weil die Zahl des gesamten Stickstoffes eine Verminderung wahrnehmen läßt. Eine einstweilen mögliche Erklärung dieses Vorkommnisses ist die Annahme einer vermehrten Bildung von Harnsäure infolge der Kohlehydratkarenz, nicht im Sinne einer Störung in den intermediären Vorgängen und in irgend einer Beziehung zur Acetonkörperbildung, sondern als eine eigentümliche Erscheinung, infolge der Veränderung der zellulären Tätigkeit wegen des Mangels des Organismus an leicht oxydablen, synthesefähigen usw. Substanzen. Die Zellen, die also in ihrer Tätigkeit geschädigt worden sind, gehen all- mählich zugrunde und besonders wenn die normalen Bedingungen wieder Beitr. z. chem. Physiologie. VI. > 24 370 Giuseppe Satta, hergestellt werden; damit kommt es zu einer Vermehrung der Harnsäure- ausscheidung als Ausdruck dieses Absterbens der Zellen. Diese Auffassung findet ihre Stütze: a) in der progressiven Vermehrung der Harnsäurezahlen vom zweiten Tage der Kohlehydratkarenz an, bis zum zweiten der Kohlehydratzufuhr; 8) in den analogen Vorkommnissen bei perniziöser Anaemie und besonders bei Pneumonie. Bei der sogenannten Botriocephalusanaemie kann man sehr oft beobachten, daß nach der Wurmabtreibung, wo eine Stickstoffretention sich geltend macht, im Gegensatz zu den sinkenden Stickstoffzahlen die Purinkörperzahlen in die Höhe steigen und dann wieder abnehmen (Tallqvist). Bei der Pneumonie tritt mit der Krisis eine manchmal erhebliche Ausscheidung der Harnsäure auf. Wenn man bei diesem Vorgang an eine besondere Retention von stickstoffhaltigen Komplexen in der Infektionsperiode denkt, so muß man auch zugeben, daß die Zellen die Fähigkeit besitzen, sich von den leistungsunfähigen Elementen in srößerem Maße befreien zu können, wenn die Bedingungen für die Zell- arbeit wieder zur Norm zurückgekehrt sind. Das trifft auch für unseren Fall zu: die Harnsäureausscheidung erreicht den größten Wert gerade an dem Tage, wo die Zulage der Kohlehydrate alle u Substanzen für die normale Zellarbeit beigestellt hat. IV. Stiekstoffverteilung bei Diabetes mellitus. Es handelt sich bei dem jugendlichen Alter des Patienten und der absoluten Intoleranz gegen Kohlehydrate um einen schweren Fall von Diabetes. Die Untersuchungen habe ich in diesem Fall auf drei verschiedene Perioden ausgedehnt. In der ersten bekam der Patient noch Kohlehydrate, in der zweiten und dritten mit einer möglichst: kohlehydratfreien Nahrung eine ver- schiedene eiweißhaltige Kost. = “ER a) Verhältnis zwischen NPW und NPW. Tabelle VI. Spezi- 2 % Prozentische | Urn ee AuEeL N ıNPW |NPW |Zusammensetzung| Bemerkungen menge) 4°- | ing = ai wicht NPW | NPW 950 | 1040 | 208 11,86 | — | — = — |} Strenge Diät 1100 | 1038 | 40,7 [15,55 13,98 | 1,57.| 88,54 | 11,46 |j +100 g Brot 1100 | 1034 | 24,2 |15,30 |13,66 | 1,64 , 89,02 | 10,98 | S.D.-+75 g Brot} 900 | 1028 | 1,8 [13,10 [11,29 | 1,81 | 86,89 | 13,11 | | j 1100 | 1025 | Spuren | 12,99 |11,17 | 1,82 | 85,98 14,02 1000 | 1094 | 0 |14,50 |19,34 | 2,26 1050 | 109 | 0 9,81 |:8,11 | 1,70. | 8%67 | 17,38 1200 1016 | 0 6,19 | 4,68 | 1,51 | 75,60 | 24,40 1550 | 1017 | 0 859 | 5,98 | 2,56 | 67,28 | 39,72 De Eiereiweiß S. D. + Fleisch S.D. + 220 8 Eiereiweiß 4 Bemerkungen über die Stickstoffverteilung im Harn. 371 Wir sehen hier deutlich, wie im vorigen Fall, daß mit der Ausschaltung der Kohlehydrate aus der Nahrung eine täglich fortschreitende Vermehrung des durch Phosphorwolframsäure fäll- baren Stickstoffis stattfindet (von 11,46 Proz. des gesamten Stick- stoffs bis 32,72 Proz.). + b) Zusammensetzung des NPW. Tabelle VII. Übrige Prozentische Zusammensetzung NH, NP [Bestand- eh. Bemerkungen £ 4 /brig teile NH, NP Bestandteile 0,588 | 0,247 — 3,95 1,66 _ ER 0,747 | 0,230 | 0,598 | 4,80 | 1,47 en ee 0,745 | 0,308 | 0,587 4,86 2,01 4,11 S.D.+75 g Brot 0,740 | 0,243 | 0,823 5,64 1,97 5,70 0,830 | 0,205 | 0,785 6,45 1,57 6,0 | S.D.-+Fleisch 1,428 | 0,216 | 0,616 | 10,66 1,48 2,76 1,040 | 0,147 | 0,513 9,66 1,06 6,61 \ S.D.+22%0 g 1,010 | 0,071 | 0,429 | 16,39 1,15 6,86 j 3Piereiwere S.D.—+500 g 1,770 | 0,20 | .0,590 | 20,60 | 1,66 10,46 a Die Tabelle läßt erkennen, welche Substanzen an dem Phos- phorwolframsäure-Niederschlag beteiligt sind. Man bemerkt, daß die Zunahme der betreffenden Zahlen Hand in Hand geht mit der Vermehrung der Ammoniakausscheidung. Nur an einem Tage bleibt dieser Parallelismus aus, und zwar gerade an dem Tage, an welchem die Diät verändert wird und die Stickstoffzahlen eine erhebliche Verminderung zeigen. Diese Erscheinung kann ihre Erklärung in den soeben erwähnten Verhältnissen finden, oder vielleicht eine andere besondere Ursache haben. Die Purin- Werte lassen keine Abweichung von den schon bekannten Tat- sachen erkennen. Die Vermehrung am letzten Tage der Eier- eiweißkost steht höchstwahrscheinlich im Zusammenhang mit der großen Acetonkörperausscheidung = im ganzen 5,47 g Aceton als P-Oxybuttersäure.*) — Wenn wir nun die Beteiligung der einzelnen, mit Phosphor- wolframsäure fällbaren Körper wie im vorigen Fall näher unter- suchen, so bekommen wir, nach Abzug des über dıe Norm aus- geschiedenen Ammoniaks, folgende prozentische Zusammensetzung: *) Die B-Oxybuttersäurebestimmung ging leider verloren. 372 Giuseppe Satta, Tabelle VII. - Von hundert Teilen NPW entfallen auf NH, 41,43 42,77 47,13 52,85 59,67 41,82 NP 13,43 11,84 13,75 10,50 5,72 13,07 Aus der Tabelle he 1. eine abnorme Zunahme des Ammoniakanteils, 2. außerordentliches Schwanken der Purinkörperwerte, 3. die schon festgestellte Tatsache des Vorhandenseins einer besonderen Gruppe von mit Phosphorwolframsäure fällbaren Sub- stanzen. Es bleiben noch folgende Fragen zu ne: I. Auf Kosten welcher Substanzen kommt die Ammoniak- vermehrung zustande ? II. Das Verhalten der Harnstoffausscheidung. zusammengestellt: en pe 7 nach Mörner- Sjögvist 13,13 13,67 13,17 11,28 11,08 12,32 7,88 4,68 5,98 | | die 45,14 45,39 39,12 36,65 34,61 45,11 übrigen Bestandteile | Fleischperiode Ill. Das Verhalten der sogenannten Monoaminosäurefraktion. Zur Aufklärung dieser Verhältnisse habe ich folgende Tabelle c) Zusammensetzung des NPW. NA “u l.48 3 | eo%$ Pe 23 88%3|% ss A228 2 | er “Mm u 0,31 — 0,49 — 0,01 8,31 0,99 10,58 | 0,02 7,35 | 0,93 4,43 | 0,0 | 5,85 | 0,0 | Methode der Seh)n- dorffschen Tabelle IX. Prozentische Zusammensetzung Sjögvist 8 nach Mörner- o rt ’ 87,90 86,07 86,25 85,75 85,09 80,32 75,60 3.) 69,61 Bemerkungen Eiereiweißperiode nach Schöndorff nach Mörner- Sjöqvist NA NH, # Proz. BIE (NDw) 3 | u Bee Srlradns Er 4,86 en 5,64 2201| 6,45 12,13 | 10,66 Be 9,66 4,0 | 16,39 1,5 | 20,60 Bemerkungen) S.D.-+-100 g Brot! S.D.-+75gBr N E . D. + Fleist | 1 DB ) eh Re S. D. + 500 Kiereiweiß j | = Bemerkungen über die Stickstoffverteilung im Harn. 373 I. Obwohl sich die Vermehrung in der Ammoniakausscheidung schon am zweiten Tage geltend macht und am selben Tage einen erheblichen Wert erreicht (fast 11 Proz. des gesamten N), läßt sich doch eine entsprechende Verminderung in den Harnstoff-N- Zahlen nicht wahrnehmen. Diese erfahren eine erhebliche Ab- nahme gerade an dem Tage, an dem die Ammoniakausscheidung eine Verminderung aufweist und gehen jetzt progressiv und in geradem Verhältnis mit den vermehrten Ammoniakwerten herab. Wenn auch ein Zusammenhang zwischen den in Frage stehenden Körpern nicht bestritten werden kann, muß doch zu- gegeben werden, daß die Vermehrung in der Ammoniakaus- scheidung nicht auf Kosten des Harnstoffes stattgefunden hat. II. Die Harnstoffausscheidung ist bei Diabetes normal, auch wenn die Ammoniakzahlen eine (nicht erhebliche) Vermehrung zeigen. III. Was die sogenannte Monoaminosäurefraktion anbelangt, so sehen wir deutlich, daß sie in der Periode der Kohlehydrat- zufuhr normale, sogar niedrige, in den beiden Perioden der Kohle- hydratausschaltung sehr geringe Werte aufweist und an 2 Tagen sogar vollkommen fehlt. Die Art des genossenen Eiweißes hat keinen bemerkenswerten Einfluß gehabt. Obwohl angenommen werden muß, daß die Mörner-Sjöqvistsche Methode etwas höhere Zahlen für den Stickstoff der Harnstofffraktion gibt, so muß man doch zugeben, daß es auch bei Berücksichtigung dieses Faktors nicht erlaubt ist, von einer Vermehrung der Monoamino- säurenfraktion in allen Fällen von Diabetes zu sprechen. V. Stiekstoffverteilung bei einem pankreaslosen Hund. Um das Verhalten des NPW und NPw beurteilen zu können, habe ich die von mir am pankreaslosen Hunde und die von Pfaundler bei einem normalen mit Fleisch gefütterten Hunde erhaltenen Zahlen zusammengestellt: = + a) Verhältnis zwischen NPW und NPW. Tabelle X. Pankreasloser Hund Normaler Hund Prozentische Zu- sammensetzung New. | Nor Prozent. Zu- sammensetzung Bemerkungen | Zucker ing |Urin- N enge 0,77 | 89,44 | 10,56 | 90,21 9,19 0,85 | 88,33 | 11,67 \ Fleischkost 0,79 | 89,20 | 10,80 | 85,74 | 14,26 6,28 | 0,68 | 88,42| 11,58 | 374 Giuseppe Satta, Wir sehen, daß der pankreaslose Hund keine Störung der Stickstoffverteilung wahrnehmen läßt, zumal normale Hunde ziem- lich bemerkbare Schwankungen in der Verteilung der durch Phosphorwolframsäure fällbaren und nicht fällbaren Körper zeigen. Was die Zusammensetzung des Phosphorwolframsäure - Nieder- schlags anbelangt, lassen die von mir erhaltenen Werte ebenfalls keine Abweichung von der Norm erkennen. Ir b) Zusammensetzung des NPW. Tabelle XL Pankreasloser Hund Normaler . | | Proz. Zusammensetzung Hund Bemerkungen N, NP NH, Proz. 0,360 0,034 4,94 0,47 4,03 0,353 | 0,036 4,84 0,49 .— | a, 0,3858 | — 4,82 = 4,33 a; 0,332 - 4,77 = “ | Bei dem diabetischen Hunde findet somit keine Vermehrung der Ammoniakausscheidung statt. Dies könnte seinen Grund in dem Fehlen der Bildung von organischen Säuren haben. Jedoch habe ich an einer anderen Stelle*) wahrscheinlich zu machen versucht, daß die vermehrte Ammoniakausscheidung, wenigstens beim Menschen, bis zu einem gewissen Grade unabhängig von der Bildung dieser Säuren erfolgen kann; es ist daher für das Fehlen der Ammoniakvermehrung vielleicht auch in diesem Fall nach einem anderen Grunde zu suchen. Zum Schluß sei näher ec) die Zusammensetzung des NPW berücksichtigt. Tabelle XII. Pankreasloser Hund Normaler Hund Prozentische Prozentische Be- Zusammensetzung | Zusammensetzung merkungen =: Sfr 2 NU NU, 4 „NA NV] 6,17 0,34 84,75 4,67 85,91 4,30 5,96 0,51 81,86 7,00 = ae | Fleischkost 5,95 0,58 81,98 7,92 83,52 5,82 | TeinGH ES 5,84 0,44 82,38 6,32 a a: *) Diese Beiträge 6, 1. Bemerkungen über die Stickstoffverteilung im Harn. 375 Die Harnstoff-Ausscheidung zeigt beim pankreaslosen Hunde und beim normalen Hunde fast dieselben Prozentzahlen. In der Monoaminosäurenfraktion ist beim pankreaslosen Hunde eine Vermehrung vorhanden. Sie ist aber jedenfalls sehr gering und fehlt an einigen Tagen. Sie kann daher nicht als ein konstantes Vorkommnis angesehen werden. Wir haben oben ge- funden, daß beim menschlichen Diabetes von einer Vermehrung der Aminosäurenfraktion keine Rede sein kann. Und wirklich wäre es schwer zu verstehen, warum beim Diabetes ein solcher Vorgang auftreten sollte. Die so ausgebreitete und in allen Organen und Geweben bestehende Fähigkeit die Desamidierung *) durchzuführen, auch wenn die Aminosäuren in großen Mengen per os, unter die Haut, intravenös eingeführt werden, und die vermutliche Unabhängigkeit dieses Vorganges von dem Kohlehydrat- stoffwechsel**) lassen vermuten, daß eine solche Erscheinung nicht dem gewöhnlichen Bilde des Diabetes zuzuschreiben ist. Die vermehrte Ausscheidung der Monoaminosäuren bei der - Phosphorvergiftung spricht nicht für eine Unfähigkeit des Organis- mus, die Desamidierung auszuführen, muß vielmehr als die Folge einer Überschwemmung des Blutes mit Aminosäuren angesehen werden. Es ist bekannt, daß auch bei Tieren nach intravenöser Injektion von Aminosäuren ins Blut ein Teil derselben in den Harn übertritt. Hier kann von einer verminderten Fähigkeit des Organismus, die Desamidierung auszuführen, keine Rede sein: tritt ja doch bei mit Phosphor vergifteten Hunden und Menschen (v. Jaksch) gerade eine Vermehrung des Harnstofistickstoffs ein. Abgesehen von einigen neueren Erfahrungen über Cystinurie scheint mir darnach nirgends dargetan zu sein, daß der Organismus seine Fähigkeit der Desamidierung zum Teil oder ganz einbüßt. *) Siehe die Arbeit von S. Lang. Diese Beiträge 5, 321. **) Siehe die Tabelle IV. XXVII. Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. Von Dr. Giuseppe Satta. Aus der inneren Abteilung des städtischen Krankenhauses zu Frankfurt a. M. (Vorstand: Prof. C. von Noorden.) Zweite Mitteilung. IV. Über die Ilemmungsstoffe und ihre Wirkung. In meiner ersten Mitteilung*) habe ich ausführlich die Tat- sache behandelt, daß die Entziehung bestimmter Nährstoffe genügt, um auch beim normalen Organismus die Ausscheidung großer Mengen von Acetonkörpern hervorzurufen, und daß das Hinzufügen solcher Stoffe zur Nahrung diese Ausscheidung wieder zum Ver- schwinden bringt. Im nachstehenden soll auf die Natur dieser als antiketogene oder Hemmungs-Stoffe bezeichneten Substanzen, sowie auf die Art ihrer Wirkung näher eingegangen werden. Hirschfeld“) war der erste, der die Bedeutung solcher Hemmungsstoffe für die Acetonkörperfrage erkannte. „Nicht infolge des Hungers und des Zerfalles von Körpereiweiß“, sagte er, „sondern nur infolge des Feblens von Kohlehydraten erfolgt die Bildung von Aceton.“ Diesen interessanten Befund haben alle späteren Beobachter mit unter verschiedenen Bedingungen angestellten Versuchen be- stätigt. Was aber die naheliegende Frage anlangt, ob nur die Kohlehydrate oder auch andere noch einfacher gebaute Stoffe solche antiketogene Kraft besitzen, so sind bisher fast nur die Kohlehydrate, und zwar einerseits als Hemmungsstoffe der Aceton- körperbildung, andererseits als Beförderer ihrer Oxydation ange- *) Diese Beiträge 6, 1. **) Zeitschr. f. klin. Medizin 28. Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 377 sprochen worden. Geelmuyden hat dabei speziell die Mög- lichkeit einer Synthese von Ketonkörpern mit Glykuronsäure ins Auge gefaßt. Es schien interessant, diese Frage neuerdings zu bearbeiten, um womöglich Anhaltspunkte zu einer befriedigenden Erklärung zu gewinnen. a) Die Wirkung der Kohlehydrate. Zunächst sei über die einschlägigen älteren und neuen Ver- suche im Zusammenhang berichtet. Hirschfeld*) untersuchte die Wirkung verschiedener Kohle- hydrate und zwar Stärke (in Brot und Kartoffeln), Rohrzucker Traubenzucker, Milchzucker, Mannit, und fand, daß diese Stoffe rasch starke Verminderung der Acetonausscheidung durch den Harn hervorrufen. Nach seinen Zahlen zu schließen scheint es, daß die Kohlehydrate des Rohrzuckers schneller Acetonver- minderung bewirken als die entsprechenden Mengen von Stärke ım Weißbrot. Waldvogel**) nimmt nach seinen Versuchen an, daß den eingeführten Kohlehydraten in bezug auf den acetonvermindernden Einfluß nicht gleiche quantitative Wirkung zukommt. Den Trauben- zucker fand er nicht so aktiv wie die Stärke der Brötchen. A. Jorns®**) hat bei sich selbst mit gleichmäßiger Versuchs- anordnung versucht durch Inanition Acetonurie hervorzurufen und hat dann je 50 g Stärke, Rohrzucker, Traubenzucker, glykon- saures Natrium genommen. Danach zeigte sich in allen Ver- suchen deutlich der acetonvermindernde ‚Einfluß, und zwar zeigte Robrzucker, und ihm zunächst Traubenzucker, die stärkste Wirkung, eine ziemlich geringe Glykonsäure und die geringste Amylum. L. Schwarz) konnte feststellen, daß durch Genuß von 20 bis 100 g neutralisierter Glykonsäure die Ausscheidung von Aceton beim Diabetiker stark herabgedrückt wurde. L. Mohrfy) hat mit demselben Stoffe in zwei Versuchen positive Resultate erhalten, ein dritter verlief fast negativ; er schließt daraus, daß der glykonsaure Kalk die Acetonkörper nicht energischer beeinflußt hat, als eine äquivalente Menge kohlensauren Kalks. — In drei nachträglichen Versuchen von Too.’ cit, **) Zeitschr. f. klin. Medizin 38. *#»*) Inaugural-Dissertation. Würzburg 1903. 7) Prager med. Wochenschr. 1901. Tr) Zentralbl. f. Stoffwechsel u. Verdauungskrankheiten 1902. 378 Giuseppe Satta, L.Schwarz“) tritt wiederum sehr deutlich die acetonvermindernde Wirkung der Glykonsäure hervor, so daß „an einer in ihrer Kohle- hydratnatur begründeten spezifischen Wirkung der Glykonsäure auf die Acetonkörperausscheidung kaum mehr gezweifelt werden kann“. Um das Studium der dieser Gruppe angehörenden Körper zu vervollständigen, habe ich die Wirkung von zwei anderen Hexosen untersucht, nämlich Galaktose und Lävulose. Den Versuch mit Galaktose habe ich bei einem Diabetiker ausgeführt. Das beeinträchtigt nicht den Wert des Versuches, da der Diabetiker sich in gewissen Stadien der Krankheit, in bezug auf die Kohlehydrat- wirkung auf die Acetonkörperausscheidung, wie ein normales Individuum verhält. Tabelle XXIV. Fall Be. (leichter Diabetes). Urin- |< BE | menge S.G. | Zucker N NH, | Aceton | butter- 3-Oxybutter- | merkungen saure IN |saure berechnet cem g g g g g & 1550 | 1017 0 | 854|.215 | 1,544 2,24 5,01 \ Strenge 1700 1022 0. 1710,44 1,07 09.044 4,66 10,13 j Diät 1600 | 1023 | Spuren | 9,7 | 1,13 | 1,326 A 4,96 5.0.4 2500 , 1023 6,7 10,49| 0,61 | 1,39 3,68 | | [ts 30; 1500 | 1092 | 6,0 8,56) 0,22 0,913 2,42 4,06 Galaktos Den Lävuloseversuch habe ich bei einem wegen Ulcus ventri- culi hungernden Mädchen angestellt. Tabelle XXV. Fall Lis. (Inanition). € ; -OXY- Acetonkörper- Urin- B summe als Be- BASE, | N NH, | Aceton | butter- | z.Oxvbutter- en säure in \sfure Derechnetiu m cem | & 8 s gs S 800 | 1014 | 8,06 | 0,74 0,217 = 0,390 120 g Lävulose 625 1011 | 4,62 | 0,28 0,080 — 0,144 120% n Beim Diabetiker haben 30 g Galaktose eine starke Wirkung ausgeübt: die Oxybuttersäure sank von 10,13 g am letzten Tage der strengen Diät auf 4,96 g am ersten Tage der Galaktose- einfuhr. Das stimmt mit dem Bekannten überein, da die Diabetiker gewöhnlich, wenn auch nicht immer, auf eine Kohle- hydratentziehung stark und prompt mit einer Vermehrung der Acetonkörperausscheidung und auf die Zufuhr von Kohlehydraten mit einer gleich starken und prompten Verminderung derselben *) Deutsches Archiv f. klin. Medizin 76. Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 379 reagieren. Die Wirkung der Lävulose ist so ausgesprochen, daß sie keiner weiteren Besprechung bedarf. Galaktose und Lävulose müssen somit denHemmungs- stoffen zugerechnet werden. Auch über den Einfluß der Pentosen liegen Beobachtungen vor, F. Bendix und K. Dreger*) fanden bei einem Fall von Oesophaguscarcinom nach Verabreichung von 50 g Xylose bei qualitativer Prüfung Verschwinden der Acetonurie. Bei zwei an gesunden Personen angestellten Versuchen fanden sie dagegen keine Verminderung. Demgegenüber läßt sich aber einwenden, daß die eingeführte Menge der Pentose zu klein war (einmal 25 g, das andere Mal 50 g) und die Ausnützungsgrenze der Pentose zwischen 28,0 Proz. und 68,5 Proz. schwankte. Das ist um so wichtiger, als Mohr und Loeb bei einem Diabetiker mit 89 g Xylose eine deutliche Herabsetzung der Acetonkörperausscheidung hervorbrachten. Bei der großen Ungleichheit der beobachteten Kohlehydrat- wirkung kann daran gedacht werden, daß ein Unterschied in der Wirkung der verschiedenen Kohlehydratarten besteht. Waldvogel und sein Schüler Jorns nehmen in der Tat einen solchen Unterschied an, zumal sie mit derselben Menge verschiedener Kohlehydrate eine quantitativ verschiedene Herab- setzung der Acetonkörperausscheidung erzielen konnten. Sie halten sie für abhängig von der schnelleren oder langsameren Resorption der Kohlehydrate. Obwohl diese Erscheinung bei gleicher Versuchsanordnung sehr oft auftritt, kann doch von einen gesetzmäßigen quantitativen Unterschied nicht wohl die Rede sein. Erstens stellt der schnellere oder langsamere Verlauf der Kohlehydratresorption nicht den einzigen Faktor dar, welcher etwa einen solchen Unterschied zum Vorschein kommen läßt. Wie schon bemerkt, müssen beı der Beurteilung der Wirkungsweise der Kohlehydrate zahlreiche Momente, die ich in der ersten Mitteilung besprochen habe, be- rüeksichtigt werden. Zweitens zeigt eine und dieselbe Kohlehydratsorte einmal einen starken, ein andermal einen schwachen Einfluß. So z. B. fand Waldvogel**) selbst in der ersten Reihe von Versuchen, daß der Traubenzucker nicht so wirksam war, wie die Stärke (Brötchen), während in der zweiten Reihe (Jorns) die Stärke am wenigsten Wirkung zeigte. *) Deutsch. Arch. f. klin. Medizin 78. **) Zeitschr. f. klin. Medizin 38. 380 Giuseppe Satta, Die von Waldvogel hervorgehobene Erscheinung darf einst- weilen nicht von dem Unterschied der Konstitution der ver- schiedenen Kohlehydratsorten abgeleitet werden, für deren be- sondere antiketogene Bedeutung die Begründung fehlt, sondern eher von den individuellen Verhältnissen der Versuchsperson. b) Andere Hemmungsstoffe. Glycerin. Hirschfeld*) hat bei einem normalen Individuum und bei zwei Diabetikern, Julius Meyer“*) bei einem Diabetiker die Wirkung des Glycerins geprüft. Sie fanden, daß diese Stoffe einen die Bildung des Acetons hemmenden Einfluß besitzen. Die nachfolgenden Autoren begnügten sich, diese Versuche zu zitieren, ohne sie einer Nachprüfung zu unterwerfen. In den Hirschfeldschen und Meyerschen Versuchen fehlt die gleich- zeitige Bestimmung der f-Oxybuttersäure im Harn. Es war daher wünschenswert, den Einfluß des Glycerins auf die Ketonkörperbildung im Vergleich mit dem der, Kohlehydrate zu studieren. Es ist bereits bei der Besprechung der zur Hemmung der Acetonbildung benötigten Quantität von Kohlehydraten ange- geben worden, daß diese nicht nur das Auftreten der Acetonurie verhindern, sondern auch eine schon bestehende zum Verschwinden bringen. Wirkt das Glycerin ebenso? Nachstehend drei ein- schlägige Versuche. Der erste wurde an einem mit Fleisch und Fett genährten Mann ausgeführt. Man sieht aus der Tabelle deutlich das Ab- sinken der Acetonkörperausscheidung nach Verabreichung von 100 g Glycerin = von 0,916 g ß-Oxybuttersäure auf 0,192 g. Tabelle XXVI. Fall Sa. (gesund). - \ | B-Oxy- | Acetonkörper- Urin- I 7 summe als Be- N NH, | Aceton | butter- | z.Oxybutter- G ae säure in re erechuet merkungen cem g g g g g 2400 | 1020 | 17,34 1,07 0,509 0,33 1,246 Strenge Diät 2525 | 1019 | 18,10 | 0,96 | 0,107 0 0,192 Is. D. + 100 g Gly- 1775 | 1022 | 17,99| 0,82 | 0,040 0 0,072 J «erin täglich 4050 | 1019 | 20,41 — 0,235 0,748 1:17 S.D.+40g NaHCO, . Das Resultat des zweiten und dritten Versuches gestattet denselben Schluß. Es handelte sich im dritten Fall um ein ziemlich gut genährtes Mädchen, das sich in voller Inanition befand. Das *) loc. cit. **) Inaug.-Dissert. Straßburg 1895. Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 381 Glycerin wurde wie bei den anderen Patienten auch in kleinen Portionen gegeben. Tabelle XXVI. Fall Lis. (Inanition). Uri B-Oxy- | Een Es n- summe als = 2..G.:1:/N NH, | Aceton | butter- | 3.Oxvhutter- 5 Rss säure in Eid eherecn ek merkungen eem g g g a ‘8 625 | 1011 | 4,62 | 0,28 0,080 — 0,144 120 g Lävulose 780 | 1010 | 3,93 | 0,25 0,028 0,144 0,194 | 100 g Glycerin 750 | 1010 | 3,69 | 0,30 0,018 0,137 0,169 ) täglich 700 | 1018 — 0,022 — 0,039 i 1 Milch Tabelle XXVIII Fall Vo. (Inanition). . -Oxy- | Acetonkörper- Urin- | ß summe als Be- Su. N NH, | Aceton. | Butter- | s Oyehuiter- an en: | säure in Do hereannet U ale cem g | ® = = 8 720 | 1025 | 7,98 | 0,165 0,114 0 0,205 Re ak glie 550 | 1021 | 5,24 | 0,037 | 0,097 0 0,08 |J wehanco, 500 | 1025 | 6,24 | 0,333 0,721 6,20 7,49 | Datum Man weiß, daß für die antiketogene Wirkung der Kohle- hydrate deren Menge von Bedeutung ist (vgl. die erste Mitteilung). Wie aus nachstehendem Versuche mit Glycerin hervorgeht, gilt dies auch für die ähnlich wirkenden Stoffe, die nicht Kohle- hydrate sind. Urin- menge 1775 1750 2375 2250 2400 9. Tabelle XXIX. Fall Sa. (gesund). Aceton B-Oxy- butter- 1020 | 13,51 055 | 0,177 | 0,916 1024 | 19,75| 0,64 | 0,298 | 0,805 1022 | 26,20 1,36 | 0,08 | 0,42 1021 | 22,96, 1,47 | 0,98 0,41 1020 | 17,34| 1,07 | 0509 | 0,8 Acetonkörper- summe als Be- P-Oxybutter- | merkungen 1,23 Strenge Diät 1,34 | 2 0,56 | S. D.+50g | Glycerin 0,919 ,\J täglich 1,246 S..D. 50 g Glycerin hatten am ersten Tage also. acetonhemmend gewirkt, am zweiten Tage stieg trotz des Glyceringebrauchs die Acetonkörperausscheidung. 100 g desselben Stoffes hatten dagegen (siehe Tabelle XXVI bis XXVIII) während zweier Tage einen starken acetonvermindernden Einfluß. Von einem Versuch mit Glycerinsäure wurde Abstand genommen, da diese bei den Tieren dasselbe Verhalten wie Glycerin zeigt. 382 Giuseppe Satta, Weinsäure. | An einem mit einseitiger Kost (Fett und Fleisch) genährten Mann haben wir den Einfluß per os eingeführter Weinsäure studiert. Tabelle XXX. Fall Sa. (gesund). a wa 7 Nee + he | Urin | B-Oxy- ee Be Datum „| 8.:G.| N’ |. NH,.j2 Aceton | Butter I a So f IE säure in alure ber merkungee | cem g 8 & E 8 y S. D. +40 u 9.1V.04| 4050 | 1019 | 20,411 — | 0,885 |. 0,748 Ki? NAH, 2 S.D. +40 g 10. „ „|'2925 | 1022 | 15,72| 0,40 0,430 0,540 1,31 Na 00, | S.D.+0g 11........1.2090...1021..1.19,820,50 0,358 0,462 1,002 Weinsäure mib NaOH neu- tralisiertt Es muß hier erwähnt werden, daß die Einführung von weinsaurem Natron manche Schwierigkeiten mit sich bringt, da es als ein starkes 4 Abführmittel wirkt und daher nicht in großen Gaben verabreicht werden 5 kann. Obwohl wir in unserem Falle die gereichten 40 g auf den ganzen % Tag verteilten, kam es doch zu ziemlich starker Diarrhoe. Diese wirkt, x wie man weiß, accetonvermehrend; dessenungeachtet hat die Weinsäure 2 eine Acetonverminderung bewirkt: von 1,31 g fiel die Summe der Aceton- körper auf 1,002 @. Mit Rücksicht auf die beim Glycerin gemachten Erfahrungen dürfte uns dieses bei so geringfügiger Dosis erreichte Ergebnis berechtigen, auch die Weinsäure mit Bestimmtheit als Hemmungs- stoff anzusprechen. Milchsäure. Die Darreichung der Milchsäure erfolgte in sechs Perioden innerhalb je 12 Stunden; die Abgrenzung des Urins geschah pünktlich und sicher, da die Versuchsperson ein Arzt war. Tabelle XXXI. Fall Pa. | B-Oxy- Urinmenge |S. G.| N NH, | Aceton | butter- Bemerkungen säure in cem g g g g WEHEN BETTER FB ST FR EN EEE BR ET IR le an Vorm. 300 | 1021 | 4,40 | 0,20 | 0,057 \ Nachm. 400 | 1021 | 5,86 | 0,27 | 0,077 Vorm. 650 | 1016 | 7,53 | 097 | 0,155 Nachm. 900 | 1016 |10,43 | 0,38 | 0,216 Vorm,. 525 | 1021 | 6,95 | 0,49 | 0,357 Nehm. 1680*)| 1011 |11,55 | 0,68 | 0,290 *) Es sei hier auch bemerkt, daß die Diurese bekanntlich eine Ver- mehrung der Acetonkörperausscheidung mit sich bringt. MIKA LTE) | — ) +50 g Caleiumlaktat Fleisch und Fett Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 383 In der Calciumlaktatperiode traten 3 Darmentleerungen auf, 5 die aller Wahrscheinlichkeit nach die Resorption des Mittels störten; dazu kommt, daß der Stoff während der Nacht verab- , reicht wurde (in der Nacht sind die Acetonwerte höher als bei - Tage) und daß die Acetonkurve sich in aufsteigender Richtung befand. Trotz aller dieser Umstände ist eine antiketogene Wirkung der Milchsäure ersichtlich. Dieselben Verhältnisse sind beim nachfolgenden Versuche zu berücksichtigen. Citronsäure. Tabelle XXXI. Fall Sa. (Inanition). Uni B-Oxy- | Acetonkörper- B R rin- 7 1 Rr summe als e- Datum menge el, N NH, | Aceton | butter- 8-Oxybutter- | merkungen saure IN |säure berechnet cem | g g Sg = 8 Fleisch u. Fett IV. | 1550 | 1028 | 17,22| 0,20 0,018 — | 0,032 40 g eitron- saures Natron Be. 11220 | 1030 | 16,73 | 0,27 0,21 Spuren 0,38 do. Auch hier hat die Citronsäure die Entstehung einer beträcht- lichen Acetonnrie verhindert; die erreichten Werte sind um so mehr als klein zu bezeichnen, als dieselbe Person in einem anderen ähnlichen Versuch (ohne Citronsäure) schon am zweiten Hungertage 1,335 g P-Oxybuttersäure ausschied. Von weiteren Versuchen mit ähnlichen Substanzen habe ich Abstand genommen, weil sie nichts Neues versprachen. Auch die Aminosäuren, dıe als Abbauprodukte der Eiweißstoffe auf- treten, dürften, da sie vermutlich im Organismus durch Desami- dierung in Oxysäuren verwandelt werden, gleiche Wirkung wie die untersuchten Körper entfalten. Wenn wir die Resultate der früheren und jetzigen Versuche zusammenfassen, so kommen wir zu dem Schluß, daß als Hemmungs- stoffe nicht nur Kohlehydrate, sondern auch andere und zwar einfacher gebaute Substanzen wirksam sein können. Da die wirksam befundenen Stoffe sämtlich Alkohole oder Öxysäuren sind, scheint die antiketogene Wirkung an die An- wesenheit einer oder mehrerer Alkoholhydroxylgruppen geknüpft zu sein. Die Richtigkeit dieser Vorstellung können wir mit folgendem Versuche stützen. 384 Giuseppe Satta, Malonsäure. Tabelle XXXIIIL Fall Pa. Bin B-Oxy- | Acetonkörper- TıNn- |< summe als menge 8.6, N NH, | Aceton butter- B-Oxybutter- Bemerkungen je saure IN |säure berechnet cem g g g | sg g 875 | 1014 | 597 | 0856| 006 | 0 0,029 Fleisch und Fett 600 | 1018 | 7,47 | 0,48 | 0,051 0 0,092 ee 5 50 g Cal- 810 , 1018 | 9,11 | 0,383 | 0,096 0 0,172 - 1350 1.011 1: 9,737170,74 0,258 0,346 0,810 Fleisch und Fett. Trotz der Verabreichung von 50 g Calcium malonicum zeigt die Acetonkörperausscheidung eine progressive Vermehrung. Wenn wir auch nicht sicher behaupten können, daß das malonsaure Calcium ganz resorbiert wurde, so haben wir doch auch keinen Grund, anzunehmen, daß es unverändert aus dem Darm ausge- schieden worden ist. Der physiologische Zustand der Versuchs- person läßt mit aller Wahrscheinlichkeit annehmen, daß es fast vollständig resorbiert wurde. Bei der Besprechung der Resultate müssen wir die Wirkungs- weise der Kohlelhıydrate una die der anderen Hemmungskörper sesondert erörtern. Was die Kohlehydrate anlangt, so habe ich es schon in der ersten Mitteilung als vorläufig unmöglich bezeichnet, zu unter- scheiden, ob diese Stoffe direkt oder synthetisch wirken. Auch die neuen Versuche lassen die Frage offen. Ebenso schwierig ist zu sagen, wie die Stoffe wirken, die die Kohlehydrate in diesem Punkte vertreten können. Wenn sich erweisen ließe, daß Glycerin, Milchsäure oder Weinsäure und daher auch Glykokoll, Alanın usw. ım Tierkörper‘ direkt oder indirekt in Zucker übergehen, käme die Wirkung dieser Stoffe jener der Kohlehydrate gleich. Da aber ein solcher Nachweis nicht in eindeutiger Weise vorliegt, so sind im allgemeinen folgende Möglichkeiten zu berücksichtigen: 1. Glycerin, Milchsäure, Weinsäure, Alanin usw. veranlassen im Körper eine Ersparnis an Kohlehydraten (sei es an vor- gebildeten, sei es aus Fett oder Eiweiß entstehenden), so daß dieses antiketoplastisch wirken kann; 2. Glycerin, Laktat usw. treten im intermediären Stoffwechsel an Stelle des Kohlehydrats ein, und zwar a) entweder direkt als solche ohne vorgängige Umwandlung in Zucker, oder P) indem sie chemisch zu Zucker werden. Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 385 Bei der ersten Möglichkeit läßt sich nicht sagen; ob es sich um eine direkte Wirkung dieser Stoffe auf die Ketonkörper handelt in dem Sinne, daß sie deren Oxydation befördern, oder daß eine Synthese vorliegt. Dabei. hätte die von Geelmuyden vertretene Synthese sehr wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Bei der zweiten Möglichkeit stoßen wir auf dieselben Schwierig- keiten, die sich der Deutung der Wirkungsweise der Kohlehydrate überhaupt entgegenstellen. Das Verhalten des malonsauren Calciums läßt sich dahin deuten, daß der Organismus aus ihm keinen Zucker bilden, oder daß die Malonsäure Zucker nicht ersparen kann. Hier sei noch eine andere Frage berührt. Bekanntlich tritt die Inanition und die mit einer einseitigen Kost hervorgerufene Acetonurie im allgemeinen schon am ersten Tage auf, nimmt, wenn der Ausfall der Kohlehydrate anhält, in der ersten Woche zu, und zeigt dann einen Stillstand mit täglichen Schwankungen. Die Richtigkeit dieser Tatsache kann in allen Fällen nachgewiesen werden, sei es, daß der Ernährungszustand der Versuchsperson sehr schlecht ist oder sich ein reichliches Depot von Glykogen annehmen läßt. Durch die letzten Untersuchungen der Pflüger- schen Schule ist die Annahme wahrscheinlich gemacht worden, daß der Glykogenvorrat der Organe erheblich ist und zwischen 10 und 40 Proz. des gesamten Organgewichts schwankt. In der Tabelle XV*) haben wir nun nachgewiesen, daß die Einführung einer geringen Menge (80 g) Kohlehydrate**) ohne vorhergehende Nahrungsentziehung das Auftreten von Acetonurie verhindert. Nun fragt sich, wie kann Acetonurie schon am ersten Tage der Kohlehydratausschaltung zustande kommen, wenn der Organismus noch über einen solchen Glykogenvorrat verfügt? Wenn wir das Mittel der Pflügerschen Werte nehmen und unsere Rechnung nur auf die Leber beschränken, müssen wir an- nehmen, daß in diesem Organ etwa 300 g Glykogen vorhanden sind, d. h. eine genügende Menge, um das Auftreten der Acetonurie während 4 Tagen zu verhindern. Wie kann man diese Tatsache mit den experimentellen Ergebnissen über die Acetonurie in Einklang bringen? Die wahrscheinlichste Erklärung dürfte folgende sein: Das Reserveglykogen wird nur zu bestimmten Zwecken benutzt, d. h. der Organismus besitzt eine besondere Einrichtung, durch die das *) Diese Beiträge 5, 15. **) Das braucht nicht das Minimum zu sein. Beitr. z. chem. Physiologie. VI. { 25 386 Giuseppe Satta, Glykogen nur für bestimmte Leistungen aus den Depots frei ge- macht wird, so daß es als Glykose in die Blutbahn eintreten kann. Bisher kennen wir nur zwei Bedingungen (die in ihrer Wirkung gleich sind), in denen das Glykogen sehr rasch aus den Organen verschwindet, die Strychninvergiftung und die muskuläre Über- anstrengung; bei der Inanition dagegen kann auch nach 40 Tagen Glykogen in den Organen nachgewiesen werden. Auf der anderen Seite können wir bei Tieren keine Inanitions- acetonurie hervorrufen. Diese Tatsache kann so gedeutet werden, daß die Fettzersetzung und die Bildung der Acetonkörper hier in ganz anderer Weise verläuft, oder daß besondere Einrichtungen vorhanden sind, durch welche stets für eine reichliche und auch für den Acetonkörperumsatz genügende Zuckerbildung vorge- sorgt ist. V. Der Entstehungsort der Acetonkörper. Nach dem Gesagten kann man mit Bestimmtheit annehmen, daß die Acetonkörper durch intrazelluläre Vorgänge entstehen. Jedoch hat man neuerdings auf die älteste Anschauung, die den Darmkanal als Quelle der Acetonkörper betrachtet, zurückgegriffen und folgende Gründe dafür herangezogen: I. Die vermehrte Acetonkörperausscheidung bei Digestions- störungen. — Lorenz*) war der erste, der das Vorkommen von Aceton und Acetessigsäure bei solchen Störungen feststellte, Kraus, v. Engel, Magnus-Levy bestätigten diesen Befund. Besonders reagieren nach den Versuchen von Schrack, Ba- ginsky usw. Kinder in diesem Sinne. Doch finden sich auch widersprechende Angaben betreffs des regelmäßigen Auftretens dieser Form von Acetonurie. Wenn nun auch das Auftreten von Acetonurie in diesen Fällen nicht geleugnet werden kann, so hat der daraus gezogene Schluß, der Entstehungsort der Ketonkörper sei der Darmkanal, sehr wenig für sich. Eine Digestionsstörung vergesellschaftet sich immer mit Appetitlosigkeit, Erbrechen, Diarrhoe, d. h. mit Bedingungen, die eine Störung in der Ausnützung der Nahrung im Darm selbst, aber auch in dem durch das allgemein schlechte Betinden betroffenen intermediären Stoffwechsel setzen können. Es handelt sich also nicht um eine einfache Darmstörung. Ferner entstehen unter solchen Verhältnissen leicht durch abnorme Zer- setzungen toxische Körper, die, in den Kreislauf eingetreten, die zelluläre Tätigkeit schädigen können. Ihre Wichtigkeit für den *) Zeitschr. f. klin. Medizin 19. u Be ee) Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 387 Umsatz der Acetonkörper haben wir schon oben hervorgehoben. Die von Waldvogel*) vertretene Annahme einer durch toxische Ursache vermehrten Fetteinschmelzung scheint nicht ganz richtig zu sein, da es sich im allgemeinen bei den Infektionskrankheiten, die als recht toxisch zu bezeichnen sind, nicht um eine Ver- mehrung der Fett- sondern vielmehr der Eiweiß-Zersetzung handelt. Aber auch wenn man zugibt, daß eine kleine Menge Aceton- körper durch bakterielle Störungen im Darm entsteht, so muß doch diese von Lorenz abgesonderte Acetonurie vorläufig zu den Inanitionsacetonurien gezählt werden. II. Die schnelle antiketogene Wirkung der per os einverleibten Kohlehydrate. — Diese Tatsache beweist nichts für eine Bildung der Ketonkörper im Darm. Man erinnere sich, daß Kaliumjodid schon 5 Minuten nach seiner Einführung in den Magen im Speichel nachgewiesen werden kann. | III. Der konstante Zuckergehalt des Blutes während der Inanition. — Dieser Umstand hat an sich keinen Wert, da der - Organismus das Bestreben hat, die Zusammensetzung seines Blutes gleich zu erhalten. Das Blut verhält sich ähnlich dem Nerven- system und dem Herzen, die am wenigsten bei der Inanition leiden. Auch bleibt bei Tieren der Zuckergehalt des Blutes während der Hungerperiode auf derselben Höhe, obwohl bei ihnen keine Inanitionsacetonurie hervorgerufen werden kann. IV. Das Ausbleiben der antiketogenen Wirkung der nicht per os einverleibten Kohlehydrate. — Müller**) hat bei drei Ge- sunden, die nach Kohlehydratentziehung reichliche Menge Aceton ausschieden, Zucker per clysma gegeben,.und fand, daß derselbe ganz unwirksam war. Schumann-Leclercg **) bestätigte diesen Befund. Dagegen läßt sich folgendes geltend machen. Da in den Müllerschen Versuchen der Zucker nur 2 Stunden behalten wurde, bleibt immer fraglich, ob eine genügende Menge resorbiert worden war; ferner ist durch den Umstand, daß in Schumann-Leclercgs Versuche Darmstörungen wegen zu lang dauernden Aufenthaltes der Zuckerklysmen auftraten, die Beweis- kraft des Experimentes sehr beeinträchtigt. Um die Berechtigung dieser Bedenken zu prüfen, habe ich einen Versuch?) ausgeführt, der deutlich zeigt, daß kein Unter- *) Die Acetonkörper. Stuttgart 1903. **) Verhandl. d. Kongr. f. inn. Medizin 1898. ***) Wiener klinische Wochenschrift 1901. 7) Diesen und den nachfolgenden Versuch hat mir Herr Dr. C. L. Mayer, dem ich hiermit meinen besten Dank ausspreche, zur Ver- fügung gestellt. 25* 388 Giuseppe Satta, schied in dem acetonhemmenden Einfluß des per os und per elysma eingeführten Zuckers besteht. Tabelle XXXIV. Fall Vo. (Inanition). Datum | rin-|sc@| nm |nH, | Aceton |„FeCh- Be- menge Reaktion | merkungen 6. + N 450 | 1023 | 7,14 | 0,65 0,47 +. | 108 Giykass 8. I. 300 | 1025 | 5,93 | 0,52 0,33 _ |} tägl. per rectum 9. II. | 400 | 1023 | 4,97 | 0,36 0,058 & 240 rs Um der Darmtheorie der Acetonurie festen Boden zu ver- leihen, stellte Müller“) einen Versuch an, in dem subkutane Einverleibung von Traubenzucker keine Acetonverminderung zustande brachte. Waldvogel“*) teilt zwei Selbstversuche mit, in denen nach 10 g Traubenzucker subkutan keine Abnahme in der Acetonausscheidung konstatiert wurde. In diesen Fällen trat kein Zucker im Harn auf. Dasselbe Resultat erhielt er bei einem Falle von Hysterie mit Erbrechen mit derselben Menge Zucker. (Hier wurde auf Aceton nur qualitativ untersucht.) Dagegen läßt sich aber einwenden, daß mit einer so kleinen Zuckermenge überhaupt keine antiketogene Wirkung konstatiert werden kann. Die Arbeiten von Hirschfeld, Geelmuyden usw., sowie meine eigenen Versuche haben gezeigt, daß es nötig .ist, wenn man den Einfluß der Kohlehydrate auf die Acetonkörper- ausscheidung sicherstellen will, eine genügende Menge davon zu verabreichen. Der nachfolgende Versuch bestätigt die Richtigkeit dieser Bedenken. Tabelle XXXV. Fall Vo. (Magengeschwür, Inanition). ” Urin- Probe mit menge S.G.i N | NH, | Aceton Fell, Bemerkungen 8 1100 1020 | 11,95 | 0,74 1,22 |sehr stark 3X 300 g Na Cl-Lösg. per elysma 1100: | 100’ ea Ze MEN 1350. 1 1016 | Iso lasgaı Fee Na ler A 1100.) 10182] 10,10 1 "npa a 10 Kl ee soo | 1030 | 6,95| 054 | 0,81 a *) Verhandlgn. des 16. Kongresses f. innere Medizin 1898. **) Zeitschr, f. klin. Medizin 38. ***) Die Infusion wurde mit einer 1Oproz. Lösung gemacht. Sie war kaum schmerzhaft. Die Untersuchung des Harns ergab folgendes: Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 389 Da somit die per os, per clysma oder subkutan_ eingeführten Kohlehydrate qualitativ gleiche Wirkung in bezug auf den Aceton- körperumsatz äußern, so erscheint die Annahme von Waldvogel, daß die antiketogene Wirkung der Hemmungsstoffe an deren Ver- weilen im Magendarmkanal geknüpft sei, unhaltbar. Es haben sich sonach alle zugunsten der Entstehung der Acetonkörper im Darmkanal angeführten Beweisgründe als hin- fällig erwiesen. Jetzt sei es erlaubt, auch die gegen diese Theorie sprechenden Gründe kurz anzuführen. 1. Die Reinigung des Magendarmkanals durch Abführmittel führt oft nicht zur Verminderung einer schon bestehenden Acetonurie. Manchmal kommt sogar eine entgegengesetzte Wirkung zustande. Salol und Benzol bewirken z. B. nicht sehr selten eher eine Steigerung der Acetonausscheidung. Das mag durch die komplizierten Verhältnisse bei der Wirkung solcher Körper bedingt sein. Jedenfalls spricht das gegen den intestinalen Ursprung des Acetons. 2. Der Inhalt des Magendarmtraktus an Ketonkörpern ist nicht beträchtlicher als der der anderen Organe. Kleine, manch- mal auch höhere Mengen dieser Stoffe wurden in Magen und Faeces unter pathologischen Verhältnissen nachgewiesen; einige Beobachter haben sie vermißt, auch wenn Magendarmstörungen vorhanden waren, so Baginsky bei dyspeptischen Kindern, Savelieff bei ınagenkranken Erwachsenen. Die Menge aber der im Magendarmkanal sich befindenden Acetonkörper bleibt immer niedriger als die in den anderen Organen, wie dies Magnus-Levy*) und Geelmuyden**) in Fällen von im Coma gestorbenen Diabetikern nachweisen konnten. Nicht nur im Darm sondern auch in der Leber fand sich ein kleinerer Prozentsatz im Vergleich mit anderen Organen. Der Gehalt des Darms an Acetonkörpern muß also zum größten Teil als Folge einer Ausscheidung durch die Schleimhaut betrachtet werden. Urin von 8 bis 11 Vm. 200 ccm, Aceton 0,608, FeCl;-Reaktion schr stark, re, 400 5 ..1-0,208. = negativ, Zucker Probe mit FeCl; Bela Vm.! neg. pos. Ber Nun. Pos. pos. Ber 6- Nm, Po8. schwach ” 83/412 Nchts. pos. neg. Im Ben wurden von den 125 & eingespritzten Zucker 19,8 g aus- geschieden. *) Archiv f. exp. Path. u. Pharm. 42 u. 8. **) Zeitschr. f. phys. Chemie 41. 390 Giuseppe $atta, 3. Wenn eine direkte Beziehung zwischen Zersetzung im Darm und Acetonkörperbildung vorhanden wäre, so dürfte man auch das Bestehen einer gleichzeitigen Beziehung zwischen Eiweiß- zersetzung und Acetonkörperbildung vermuten. Das ist aber nicht der Fall. Bei dem Hungerkünstler Cetti hat man gefunden, daß der gebundene Schwefel abnehmende Werte zeigte, wenn die Acetonkurve in die Höhe ging, und zunehmende Werte, wenn die Acetonausscheidung konstant blieb oder absank. Dasselbe Resultat habe ich bei einem Falle von ausgesprochener Acetonurie erhalten. 4. Die Inanitionsacetonurie spricht absolut gegen die in- testinale Entstehung der Ketonkörper. Wie kann eine solche Acetonurie zustande kommen, wenn die Bildung dieser Stoffe im Magendarmkanal statthat? Müller“), einer der wärmsten Ver- treter dieser Theorie, nimmt an, daß ın diesem Falle Aceton aus dem Inhalt des Magendarmtraktus entstehen kann. „Selbst im Hunger kommen stets nicht unbeträchtliche Eiweißmengen zum Zerfall“. Dagegen läßt sich einwenden: a) daß die Kurve der Inanitionsacetonurie in der ersten Woche aufsteigt, während die des Darminhalts abnimmt; p) daß die Menge der im Magen und Darm enthaltenen Stoffe so gering ist, daß aus deren Zersetzung nicht in einem Tage große Mengen, z. B. 16,23 g P-Oxybuttersäure entstehen können; y) daß aus dem Zerfall des Darminhalts im Hunger kein Aceton gebildet werden kann, wenn man annimmt, wie es Müller tut, daß die Acetonkörper ihre Entstehung nur der Fettzersetzung verdanken. Im Darm findet man in diesem Fall Eiweißstoffe; Fett ist kaum vorhanden. 5. Die ungeheuren Mengen von Acetonkörpern, die in einzelnen Fällen von Coma diabeticum, auch wenn der Patient 3 bis 4 Tage hungerte, gefunden worden sind, zwingen zu dem Schluß, daß die Bildungsstätte der Acetonkörper in den Organen zu suchen ist, d. h. es handelt sich um. einen sich in den Zellen abspielenden Vorgang. Es wäre sehr wünschenswert, ermitteln zu können, in welchem Organ oder, falls verschiedene Organe an diesem Vorgang beteiligt sind, in welchem Organ überwiegend die Bildung des Acetons und seiner Vorstufen statthat. Leider sind wir nicht in der Lage, diese Frage zu beantworten. Wenn man einerseits daran festhält, daß die Muttersubstanzen der Ketonkörper meist Fettsäuren sind, so kann man im allge- *) Verhandlgn. d. Kongr. f. inn. Medizin 1898. ENTE Studien über die Bedingungen der Acetonbildung im Tierkörper. 39] meinen sagen, daß in den Organen, wo viel Fett abgebaut wird, auch die 5-Oxybuttersäure und ihre Abkömmlinge entstehen. Wenn man andererseits bedenkt, daß der Organismus das Fett zum größten Teil zersetzt, um seinen Kalorienbedarf zu decken, so heint es sehr naheliegend, die wichtigsten Bildungsstätten der Acetonkörper in den drüsigen Organen zu suchen. In welcher Weise die Fettzersetzung vor sich geht, ob z. B. aus einem Fettsäuremolekül nur ein Molekül der Acetonvorstufen oder mehrere entstehen, läßt sich nicht entscheiden. Die wertvollen neuen Versuche von Knoop‘*) lassen vermuten, daß aus einem Fettsäuremolekül durch stufenweise in ß-Stellung stattfindende Oxydationsvorgänge zum Schluß stets nur ein Molekül P-Oxybuttersäure gebildet wird. Das wird von der Tat- sache gestützt, daß durch Verabreichung von höheren Fettsäuren bei einem und demselben Individuum eine viel kleinere Vermehrung in der Acetonkörperausscheidung hervorgerufen wird als mit einem entsprechenden Gewicht von niedrigen Fettsäuren. Dieses ver- schiedene Verhalten entspricht überdies der biologischen Aufgabe des Fettes als Wärmequelle, da durch Zersetzung eines Moleküls der höheren Fettsäuren viel mehr Wärme gebildet wird als durch Zersetzung der niedrigen Fettsäuren. *) Diese Beiträge 6, 150. XXIX. Uber Beziehungen zwischen Kohlehydraten und stickstoffhaltigen Produkten des Stoffwechsels. Von Privatdozent Dr. Fr. Knoop und Privatdozent Dr. Ad. Windaus. Aus der medizin. Abteilung des chemischen Institutes zu Freiburg i. B. Die Wirkungsweise verdünnter Alkalien und biochemischer Prozesse haben so häufig Analogien gezeigt, dal es auch phy- siologisches Interesse finden wird, wenn wir hier kurz auf einen Befund eingehen, den wir bei dem Studium der Einwirkung von Ammoniak auf Traubenzucker gemacht haben.‘) Wir gingen bei unseren Untersuchungen von folgenden physiologischen Gesichtspunkten aus: Nach Arbeiten von Hoppe- Seyler, Nencki u. a. ist das Hauptprodukt bei der Einwirkung verdünnter Alkalien auf Traubenzucker unter bestimmten Be- dingungen Milchsäure. Uns interessierte nun die Frage, ob es durch Einwirkung von Ammoniak gelingen würde, zu ent- sprechenden N-haltigen Verbindungen zu gelangen, und ob sich so genetische Beziehungen zwischen Kohlehydraten und solchen Aminosäuren auffinden ließen, die umgekehrt bereits bei Unter- suchungen über die physiologische Synthese von Kohlehydraten aus Eiweißspaltungsprodukten, z. B. dem der Milchsäure ent- sprechenden Alanin, eine Rolle gespielt haben. Dabei konnte man wegen der Umlagerungen, die unter gleichen Bedingungen bei der Bildung der Saccharine beobachtet sind, auch auf Säuren mit andersartiger, z. B. verzweigter Kohlenstoffkette gefaßt sein. Wir ließen deshalb Ammoniak in Form des stärker disso- zuerten Zu(OH);. 4 NH, im Sonnenlicht bei Zimmertemperatur auf Traubenzucker einwirken. Wie wir a. a. OÖ, ausgeführt haben, beobachteten wir dabei die Bildung von Methylimidazol in großen Mengen: CH, *) Chem. Berichte 38, Heft 5. ae Uber Beziehungen zwischen Kohlehydraten usw. 393 Für seine Entstehung sind als Zwischenprodukte Methylglyoxal und Formaldehyd anzunehmen, die bei Anwesenheit von Am- moniak bereits in der Kälte unter Bildung des Imidazol-(Glyoxalin)- ringes miteinander reagieren. So ist die einfachste bisher übliche Darstellungsmethode der Imidazole: CH, CH, | | CO + H,NH C—NH\ | +CH= | SCH +3 H,0. CHO+H,NH |N CH—-N/ OH Wir sehen also in diesem Befund eine einwandsfreie Be- stätigung der bisher bereits von anderen ausgesprochenen Ansicht, daß die Milchsäurebildung aus Traubenzucker über Methylglyoxal geht, also intermediär ein Produkt entsteht, das wegen seiner außerordentlichen Reaktionsfähigkeit die mannigfachsten Kon- densationen eingehen kann. | Nach Wohl ist der Reaktionsmechanismus folgender: Traubenzucker — CH,OH.CHOH .CHO — H,O = CH, . CO .„CHO CH,.C0O.CHO + H,0—=CH,.CHOH.COOH. Auf solche Weise läßt sich auch das Auftreten von ausschließlich optisch inaktiver Säure aus dem aktiven Ausgangsmaterial erklären. Durch diese Verknüpfung zweier scheinbar so fern liegender (Gebiete, wie das der Kohlehydrate und der Imidazole lassen sich nun vielleicht auch physiologische Beziehungen auffinden. Nach Buchner verläuft die alkoholische Zuckerspaltung ebenfalls über Milchsäure, und in der letzten Publikation mit. Meisenheimer*) sprechen sich diese Forscher ebenfalls, wenn auch ohne Beweis für die intermediäre Bildung von Methylglyoxal aus. In diesem Stadium ist nun das aufgespaltene Zuckermolekül zweifellos sehr reaktionsfähig und könnte, wie bei uns mit Am- moniak, im Organismus mit Ammonsalzen oder anderen N-haltigen, physiologischen Substanzen Anlaß zu Kondensationen verschie- denster Art geben.** *) Chem. Ber. 38, 620. **) Natürlich ist ebensogut an eine Kuppelung mit N-freien Substanzen zu denken. So bildet sich Saccharinsäure bei der Einwirkung verdünnter Alkalien auf Traubenzucker nach der Anschauung Kilianis in. dem Reaktions- gemisch durch Kondensation zweier der genannten Spaltungsprodukte unter sich (Ber. 17, 1302 [1884]): | CH Fe : CH, coon>CHOH + CHO,CHOH. CH,OH CO on >C0H ‚CHOH.CHOH,CH,.OH Milchsäure Glycerinaldehyd Saccharinsäure. Auch in unseren Versuchen haben wir so aus den Mutterlaugen des Methyl- imidazolzinks Saccharin darstellen können. — Aus Milchzucker entsteht auf ähnliche Weise das isomere Parasaccharin, das deshalb physiologisches 394 Fr. Knoop und Ad. Windaus, Auf diesem Wege könnte sich der Imidazolring in der Pflanze bilden, wie er in Alkaloiden vorkommt, z. B. im Pilocarpin, das nach Pinner*) folgende Konstitution hat: CH — N(CH,)_ l SCH G,H,.CH— CH, C — N. | | | ne Ö Auch für das Eiweiß könnte man an derartige Synthesen denken, wenn man z. B. die Paulysche**, Histidinformel eines Imidazolalanins als richtig annehmen will. Dann ließe sich die Histidinbildung z. B. als eine oxydative Synthese zwischen unserem Methylimidazol und Glykokoll auffassen: co OH Ferner lassen sich bezüglich einer Synthese des Purinkerns einige Folgerungen an unseren Befund anschließen. Das Formel- bild des Methylimidazols zeigt uns bereits eine Anordnung aller seiner Atome und Doppelbindungen genau wie bei dem ent- sprechenden Komplex im Xanthin, Hypoxanthin, Guanin usw. CH; NH . CO | | — NH CO C—-NH | N CH { NH—Ö—_ NZ Methylimidazol. Xanthin. Interesse beanspruchen kann, weil in ihm das Kohlenstoffskelett der Citronen- säure vorliegt: CH.OH.CH,;0OH ir, .COOH | CH— COOH (Parasaccharin) COH.COOH Citronensäure. CHOH.CH,0H CH, . COOH Für ihr Auftreten in der Milch hatte man bisher keine rechten Anhalts- punkte; vielleicht läßt sich auf diesem Wege eine Abstammung aus dem Milchzucker herleiten (cfr. Ber. 37, 1201). *) Ber. 35, 2444. **) Zeitschr. f. physiol. Chemie 42, 513. Über Beziehungen zwischen Kohlehydraten usw. 395 Gelingt es, die Methylgruppe zu oxydieren und eine Kon- densation z. B. mit Harnstoff zu erzielen, so erhielte man direkt Xanthin; andere Paarlinge, wie Guanidin könnten in gleicher Weise zu Guanin, Hypoxanthin usw. führen. — Wir werden zu- nächst derartige Versuche in vitro vornehmen und nebenher trachten, experimentelle Belege für analoge Prozesse im Organis- mus zu beschaffen. Daß in der Vogelleber eine umfangreiche Pam: Synthese durch Kohlehydratspaltprodukte, wie Milchsäure und verwandte Substanzen (Tartronsäure) erzielt werden kann, ist längst bekannt. Wie beim Säugetier diese Verhältnisse liegen ist noch Gegenstand der Diskussion. In den Muskeln geht die Spaltung der Kohle- . hydrate ebenfalls über Milchsäure, das ist zum mindesten sehr wahrscheinlich. Nun ist aber grade für den arbeitenden Muskel eine ständige synthetische Bildung von Purinbasen, z. B. noch in letzter Zeit von Burian*) wahrscheinlich gemacht. Sollte da nicht eine intermediäre Bildung von Methylglyoxal, wie sie Buchner und Meisenheimer für die fermentative Hefezucker- spaltung annehmen, auch hier das ungemein kondensationsfähige Zwischenprodukt abgeben können, das zu einer solchen Purin- basenbildung Anlaß gibt? — Vielleicht kommt auch das Kreatinin in dieser Hinsicht in Frage, das 3 eine ähnliche Atomanordnung aufweist: o- Re € C—N sun: Zunächst bedarf es für en Annahme einer Bildung von Purin- derivaten aus den genannten Traubenzuckerspaltungsprodukten weiterer chemischer Grundlagen, die wir zu beschaffen suchen werden. Immerhin glauben wir, daß der Nachweis auch von zunächst rein chemischen Beziehungen zwischen den Kohle- hydraten und den Imidazolen wegen deren Verwandtschaft mit den Purinderivaten und anderen physiologischen Substanzen auch das Interesse der Physiologen beanspruchen kann. *) Zeitschr. f. physiol. Chemie 43, 532. Kürzere Mitteilungen. 2. Darstellung des Pepsinfermentes aus Magenpreßsaft. Von P. Schrumpf. Aus dem physiologisch-chemischen Institut der Universität Straßburg. Im Verlauf einer Reihe von Versuchen über die Herkunft der Ver- dauungssalzsäure, die bis jetzt noch nicht zum Abschluß gekommen sind, habe ich Preßsaft aus Magenschleimhäuten zu verarbeiten versucht, wobei ich einige Beobachtungen über das Pepsinferment gemacht habe, die, mit Rücksicht auf die Frage, ob Chymosin und Pepsin einem ge- meinsamen Molekül angehören, einiges Interesse beanspruchen. Von fünf möglichst frischen Schweinemagen (am günstigsten ist es, wenn diese von Tieren stammen, die, kurz bevor sie geschlachtet wurden, noch etwas gefressen haben) werden die Schleimhäute abpräpariert und, ohne vorheriges Abspülen des ihnen anhaftenden Schleimbelags, ganz fein zerhackt und mit Kieselguhr innig zerrieben, bis das Ganze eine feste fast trockene Masse darstellt. Diese wird mittels der Buchnerschen Presse bei ganz allmählich bis zu etwa 600 Atmosphären gesteigertem Druck ausgepreßt. — Die so erhaltenen 100 ccm eines leicht trüben Preßsaftes (Lösung A) werden sofort durch ein Chamberlandfilter geschickt (Lösung B) und dann 24 Stunden gegen fließendes Wasser dialysiert. Das Dialysat (Lösung C) ist völlig klar; seine Reaktion ist neutral oder leicht sauer; Biuret- und Millonsche Reaktion sind positiv; bei Zusatz von Ammonsulfat, Essigsäure, Pikrinsäure, Uranylacetat, Salzsäure entsteht eine Trübung, nicht hingegen bei Alkoholzusatz. — Die Pepsin- verdauung ist recht deutlich; eine Andeutung davon ist sogar manchmal ohne Salzsäurezusatz zu erkennen. — Die Labwirkung erfolgt sehr rasch und energisch. ’ Es wird pun eine kleine Menge Cholesterin in etwa 10 ccm einer Mischung von Ather und absolutem Alkohol gelöst und diese Lösung in das oben beschriebene Dialysat (Lösung C, etwa noch 50 bis 60 cem be- tragend) geschüttet; es entsteht ein dicker, meist flockiger Niederschlag, der sehr rasch abzentrifugiert, abfiltriert, in der ursprünglichen Menge Wasser suspendiert, und dann öfters mit kleineren Mengen Ather ge- schüttelt werden muß. Ganz klar wird dabei die Lösung nicht; sie muß noch mehrmals durch ein Saugfilter oder besser noch durch eine Kitasatokerze geschickt werden. Schließlich erhält man ein ganz klares Filtrat (Lösung D); an diesem fallen Biuret- und Millonsche Reaktion negativ aus; ebenso zeigt sich bei Zusatz von Essigsäure, Pikrinsäure, un vv Darstellung des Pepsinfermentes aus Magenpreßsaft. 397 Salzsäure, Uranylacetat, Ammonsulfat keinerlei Trübung; diese Reaktionen sind hingegen in dem Filtrat nach Entfernung des Cholesterinniederschlags sehr deutlich hervorzurufen. Hingegen verdaut die Lösung D sehr kräftig Eiweiß bei Zusatz von 0,2 Proz. Salzsäure. Die Labwirkung fehlt. — An folgender Tabelle können die verschiedenen beschriebenen Pepsin- lösungen hinsichtlich ihrer Verdauungsstärke verglichen werden; es wurden Mettsche Röhrchen von 3mm Durchmesser angewandt, die mit koaguliertem Pferdeserum gefüllt waren. 5 cem der Lösung A verdauen in 2 Stdn. 3 mm; Labwirkung—+ 5 ” ” ” B ” ” 2 ” 3 ” ” + 5 ” ” ” C ” ”„ 2 ”» 4 ” ”» + BR}, D ER u > 4 fehlt. Diese Werte sind die höchsten, die ich rhalten habe; sie wechseln sehr, je nach der Füllung der Schweinemagen, ferner der Zeit, die zwischen dem Schlachten und dem Beginn der Verarbeitung vergeht, . endlich der Schnelligkeit der Darstellung; sehr oft ist die zuletzt erhaltene Lösung D aus nicht zu ergründender Ursache völlig unwirksam. Es schien mir, daß je niedriger der Eiweißgehalt meiner Lösungen sank, desto leichter die Wirksamkeit des Pepsins durch sonst ganz geringfügige Momente (z. B. längeres Schütteln mit Äther, Kälfseinwirkung) aufgehoben werden konnte. — Übrigens war die Lösung D, auch wenn sie anfangs ganz kräftig verdaute, nach 3 bis 4 Stunden immer völlig unwirksam geworden, 10 ccm dieser zuletzt erhaltenen, offenbar eiweißfreien Pepsinlösung D, und zwar einer der wirksamsten, die ich je dargestellt habe, gaben einen Trockenrückstand von 0,0168 g und einen Ascherückstand von 0,0135 g; also betrug der Gehalt an organischer Substanz — 0,9033 g — 0,083 Proz. Wenn Pepsin und Chymosin demselben Molekül angehören, wie Nencki und Pawlow annehmen, so ist zu erwarten, daß diese beiden Wirkungen in bezug auf ihre Intensität in einem bestimmten sich gleich- bleibenden Verhältnis stehen. Der Mangel genauer quantitativer Versuche macht die in dieser Richtung vorliegenden Angaben wenig überzeugend. Die Vermutung, daß im vorliegenden Fall die Labwirkung durch einen fremden Zusatz verdeckt war, kann in Hinblick auf die Darstellung kaum festgehalten werden. Ich glaube also, um das Gesagte zusammenzufassen, eine Pepsin- lösung dargestellt zu haben, die nach den üblichen Begriffen eiweißfrei ist, äußerst energisch verdaut und dabei nicht labt. Berichtigung. In die Mitteilung von Leo Loeb, Untersuchungen über Blut- gerinnung (Bd. 6, Heft 6 u. 7) hat sich S. 286 oberste Zeile ein sinn- störender Fehler eingeschlichen. Es muß dort heißen: Oder die An- wesenheit anderer als der direkt gerinnungsbeschleunigenden Substanzen, statt: Oder die Anwesenheit anderer, so der usw. Verlag von Aug. Hirschwald in Berlin. Soeben erschien: ZEITSCHRIFT FUR EXPERIMENTELLE PATHOLOGIE UND THERAPIE. HERAUSGEGEBEN VON L. BRIEGER (BERLIN), H. E. HERING (PRAG), F. KRAUS (BERLIN), R. PALTAUF (wien). I. BAND. 2. HEFT. gr. 8. Mit 6 Tafeln und Textfig. Preis 9 M. N EEE ERERTENETTERERICTT U ENCEITEEENEIETTER Verlag von FERDINAND ENKE in Stuttgart. Soeben erschien: Jahresbericht über die Fortschritte der Herausgegeben von Prof. Dr. L. Hermann. Physiologie. XII. Band: Bericht über das Jahr 1903. gr. 8°. 1905. geh. M. 16.—. VREBERFEHENRRUEENGEERFETERN TEE RETEESSE TS CA ETIETTECEETWETETTEREREREETTTEN REERENE Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig, Der Stickstoff und seine wichtigsten Verbindungen. Von Dr. Leopold Spiegel, Privatdozent an der Universität Berlin. Mit eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 20 4, geb. 22 4. Die chemische Organisation der Zelle. Ein Vortrag von Franz Hofmeister, 0. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. geh. Preis 0,60 4. Die Zersetzung stickstofffreier organischer Substanzen durch Bakterien. Von Dr. 0. Emmerling. Privatdözent an der Universität Berlin. Mit sieben Lichtdrucktafeln. kl. 8. geh. 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(Aus dem physiclogischen Institut zu Strassburg.) - = 2 2 2. .399 XXXI. Ferdinand Dauwe. Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. (Aus dem physiologisch- chemischen Institut eu Strassburg). 0 aa ee ra XXXII. Paul Th. Müller. Über chemische Veränderungen des Knochenmarks nach intraperitonealer Bakterieneinspritzung. Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung des Fibrinogens. (Ausgeführt mit einer aus dem Legat Wedl gewährten Unter- slützung der Kaiserl. Akademie der Wissenschaflen in Wien.) 454 XXXIIL Hans Eppinger. Zur Theorie der Harnstoffbildung. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut in Strassburg.) . . . 481 XXXIV. Hans Eppinger. Über das Verhalten der Glyoxylsäure im Tierkörper. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Strassburg.) un Eee Be) SE er Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von 36 Druckbogen zum Preise von M. 15,— bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maßgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre er- scheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Manuskriptsendungen sind an den Herausgeber, Straßburg i. E., Wimpfelingstraße 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlich- keit, Knappheit und UÜbersichtlichkeit der Darstellung maßgebend sein. Polemische Ausführungen, welche den Rahmen einer tatsächlichen Richtig- stellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mit- teilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein besonders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40,— für den Druck- bogen und 50 Sonderabzüge. Br fi N WR 12 1905 XXX, Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung und Färbbarkeit tierischer Gewebe. Von Albrecht Bethe. Aus dem physiologischen Institut zu Straßburg. Die weitere Fortsetzung meiner Versuche über das Verhalten der „Fibrillensäure* [Bethe*), S. 125 bis 152] im Zentralnerven- system machte es notwendig, den Einfluß des Zusatzes von Säuren und Alkalien zu dem zum Färben benutzten basischen Farbstoff (Toluidinblau) einerseits und ihre Wirkung auf die ungefärbten Schnitte andererseits genauer zu untersuchen. Die hierbei erhobenen eigenartigen Befunde (sprunghaftes Einsetzen erhöhten Färbevermögens bei allmählichem Zusatz von Lauge zur Farblösung, Aktivierung neuer Färbbarkeiten bei Behandlung ungefärbter Schnitte mit Säuren und Alkalien unter gleichzeitiger Abnahme andrer, Verhinderung der Lösung färbbarer Substanzen nach Anlagerung von Farbstoff usw.) machten es wünschenswert, auch nichtnervöse Gewebe zum Vergleich heranzuziehen. Das zur Untersuchung benutzte Material wurde frisch ge- töteten Tieren (Kaninchen und Meerschweinchen) entnommen und mit reinem Alkohol von 95 Proz. bei Zimmertemperatur fixiert, entwässert, durch Xylol in Paraffin überführt und in 10 u dicke Schnitte zerlegt, die sofort weiterbehandelt wurden. Alle nicht indifferenten Substanzen wurden also möglichst vermieden. Da das Aufkleben von Schnitten mit Wasser die Färbbarkeit bereits verändert (siehe unten S. 414), da sich außerdem die mit Mayerschem Eiweißglycerin (und sogar die mit Wasser) aufgeklebten Schnitte in den hier zur Anwendung gelangten Säure- und Alkalilösungen von den Objekt- trägern ablösen, so wurde folgendes Aufklebeverfahren ausgebiliet: Klein- geschnittener Rohgummi wird einige Tage mit Benzin ausgezogen. Die vorsichtig abgegossene Lösung wird auf das 4 bis 6fache mit Benzin *) Siehe das Literaturverzeichnis am Ende der Arbeit. 400 Albrecht Bethe, verdünnt und mit dieser die vorher mit Benzin gereinigten Objektträger übergossen, die man dann abtropfen und trocknen läßt. Unter einer Glasglocke setzt man dann die Gummischicht Schwefeldioxyddämpfen aus (Abbrennen eines Stücks Schwefel), wodurch sie soweit vulkanisiert wird, daß sie sich in Xylol nicht mehr löst. Vor dem Gebrauch läßt man die Objektträger 2 bis 3 Tage an der Luft liegen, damit sich das über- schüssige, sonst als Säure wirkende Schwefeldioxyd verflüchtigt. Die Paraffinschnitte werden fest auf die Gummischicht gedrückt, der Objekt- träger schwach erwärmt, bis das Paraffin anfängt durchsichtig zu werden, die Schnitte noch einmal festgepreßt, das Paraffin bis zum Schmelzen erhitzt und in Xylol übertragen. Die Schnitte sitzen so fest, daß sie auch von einem starken Wasserstrahl nicht fortgeführt werden. Die Gummi- schicht bleibt bei Färbung mit basischen Farben stets ganz farblos. Um die Färbungsresultate in einem Koordinatensystem dar- stellen zu können, wurde eine Farbskalahergestellt, welche von einem blassen Hellblau bis zu einem beinahe schwarzen Dunkelblau ging. Zwischen diese beiden Farbintensitäten wurden 7 andere Farb- intensitäten so eingefügt, daß jede folgende doppelt so dunkel er- schien’ als die vorhergehende (Farbintensität 1 bis 9). Ließe man der Intensität 1 eine Ordinate von 1 mm entsprechen und jeder folgenden die doppelte Höhe der vorhergehenden, so müßten die Ordinaten bei Intensität 9 256 mm hoch sein, was sich aus technischen Gründen verbietet. Ich habe daher die Ordinaten nur bis Intensität 4 im Verhältnis 1.2"2-i1 ansteigen lässen; von da an aber im Verhältnis 8. 2) so daß den Intensitäten a Ördinatenwerte in mm entsprechen: 1=1; =2; 3=4; 4=8; 5=12; 6-18; 7-26; 8-39; 9-58, 1. Färbung in sauren und alkalischen Farblösungen. Von dem gewöhnlichen, käuflichen Toluidinblau (Grübler, Leipzig) wurde stets eine frische Lösung von 1 g in 1 Liter ausgekochtem, neutralem, destillierttem Wasser hergestellt. Je 25 ccm dieser Lösung wurden in eine Glastube gebracht und eine genau abgemessene Menge !/,oo- oder !/,.-Normalschwefelsäure oder Natronlauge zugesetzt. Die Präparate kamen nach Abspülen in Wasser für je 15 Minuten in die Farblösung (7 bis 10 Minuten reichen für Maximalfärbung bereits aus), wurden dann mit destilliertem Wasser gewaschen, mit Ammoniummolybdat fixiert und in Kanadabalsam eingeschlossen. Untersucht wurden Schnitte vom Rückenmark und der Zunge des Kaninchens und des Rückenmarks, der Sublingualis, der kolostrumhaltigen Milchdrüse und der Niere des Meerschweinchens. Die Färbungsintensität der verschiedenen Gewebsbestandteile wurde festgestellt bei einem Alkali- gehalt (auf 25 ccm Farblösung) von: 0,1; 0,2; 0,3; 0,5 und 0,7 cem *ıoo-Normal- NaOH und. 0,1; 0,2; 0,25;. 0,3; 0,33; 0,35; -0,4;5 0,42; 0,45; =, *) Außer bei den letzten drei Zahlen, wo die Werte noch etwas ver- _ ringert wurden [7 = 26 (statt 27); 8=39 (statt 40,5); 9=58 (statt 60,7)]. Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw, 401 0,5; 0,55; 0,6; 0,75 und 1,0 ccm !/,-Normal-NaOH, und bei einem Säure- gehalt von: 0,1; 0,2; 0,25; 0,5 "/ıoö-Normal-H,SO, und 0,1; 0,2; 0,5 und 1,0 ?/,.-Normal-H, SO,. Die Resultate der einen von den drei angestellten Versuchs- reihen (die beiden andern gaben bis auf ganz kleine Abweichungen identische Resultate) sind in Tabelle I wiedergegeben. Die Null- linie ist gestrichelt; nach links sind die Alkalızusätze, nach rechts die Säurezusätze auf der Abszisse eingetragen. 1 cm der Abszisse entspricht einem Zusatz von 0,1 ccm einer "ıe-Normallösung; nur auf der rechten Seite ist zwischen 0,5 und 1,0 ein Sprung gemacht.*) Alle Gewebsbestandteile, die sich in der neutralen Farbstoff- lösung färben, zeigen die gleiche Färbungsintensität bis zu einem Zusatz von 0,3 bis 0,35 cem "Jıo-Normallauge (Kurve 2 bis 10 und 12). Nur bei der grauen Substanz des Rückenmarks (2), der Muskelgrundsubstanz (2) und dem Kolostrum (7) kommt schon in diesem Bereich ein leichtes Ansteigen zur Beobachtung. Bei einem Zusatz von 0,3 bis 0,45 cem "/ıo-Normallauge steigt die Färbungsintensität schnell an, um weiterhin wieder konstant zu werden. Die erreichbare Färbungsintensität ist, wie aus den Kurven ersichtlich, nicht für alle Substanzen gleich. Der Schleim der Zungendrüsen zeigt bei stärkerem Alkalizusatz kein Ansteigen der Färbungsintensität (Kurve 11). Eine Anzahl von Gewebsbestandteilen nimmt bis zu einem Alkaligehalt von 0,3 ccm /ı-Lauge überhaupt keine Farbe an; bei stärkerem Alkalizusatz werden dieselben — vor allem Glia**) und Strangfasern — färbbar und die Intensitätskurve steigt schnell an (Kurve 1). | | Qualitativ dieselben Resultate werden erzielt, wenn man statt Normalnatronlauge eine Normalnatriumkarbonatlösung in etwa der doppelten Menge zur Farblösung zusetzt. Das Ansteigen der Färbungsintensität (und der Beginn der Strangfaser- und Glia- färbung) beginnt zwischen 0,6 und 0,68 cem !/ıo-N-Natriumkarbonat- lösung und hat erst bei 1,0 bis 1,25 ccm sein Ende erreicht. — Benutzt man statt einer Toluidinblaulösung von 1:1000 eine konzentriertere, so müssen entsprechend größere Mengen Lauge zugesetzt werden. (Bei sehr konzentrierten Farblösungen tritt das Ansteigen der Färbungsintensität schon bei etwas geringerem Alkalizusatz ein, wohl deswegen, weil die Löslichkeit des Farb- *) Die Kurven sind auf °/s verkleinert. **) Ich bezeichne der Einfachheit halber hier als „Glia“ die gesamte Zwischensubstanz, hauptsächlich die der weißen Stränge des Rückenmarks. Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 26 402 stoffes bei Alkalizusatz abnimmt, so z. B. bei einer 1proz. Toluidin- blaulösung, schon bei einem Zusatz von 2,75 cem "/ie- Normallauge, statt von 3,0 cem. Es sei hier noch bemerkt, daß konzentriertere Lö- sungen eher schwächer als stärker färben, wie verdünntere). Es geht hieraus hervor, daß die Lauge nur mit dem Farbstoff nicht aber mit dem Gewebe in Wech- selwirkung tritt. Schon bei sehr ge- ringem Säurezusatz zur Farblösung nehmen viele Gewebsbestand- teile nur noch wenig oder gar keine Farbe auf (Kurve 2, 3 und 7). Außer beim Knorpel (Kurve 12) sinkt die Färbungsintensität wenigstens wesentlich herab, um schließlich bis auf 0 zu gehen (Bindegewebe, Kurve 4 und 6), oder sich auf einen konstanten Wert einzustellen (Kurve 9, 10 und 11), oder wieder etwas anzusteigen (Kurve 8 und 9). Es zeigen sich also gegenüber dem ver- schiedenen Alkali- be- ‚sonders aber dem Säure- gehalt der Farbflüssig- Albrecht Bethe, Strangfasern und Glia. B- Graue Substanz und Muskelgrundsubstana. Motor. Fasern des Rückenmarks, peri- phere Nervenfasern und Grundsubstanz der Ganglienzellen. Bindegewebe der Zunge. Plasma der Zungen- r drüsenzellen, der Sublingualis und der Epithelzellen der Zunge. Bindegewebe : zwischen den graden Harnkanälchen. Colostrum in der Milchdrüse. Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw. 403 Tabelle Ib. keit charakteristi- ER ee Ar BEE EV sche Verschieden- = MEANS RAR AR SER SEE - RK --R— . x er Tre TTTunTn heitendereinzelnen Gewebsbestand- teile (auch innerhalb einer und derselben 8, Klasse z.B. den Kernen und dem Bindegewebe), welche wohl dazu an- getan sind, Verschieden- heiten im chemischen vielleicht aber auch im physikalischen Aufbau der färbbaren Sub- stanzen annehmen zu Kerne der Gliazellen (ausgezogene Linie). Kerne der Skelett- muskeln und der Tubuli erecti (gestrichelte Linie). _ wa > - a wen Kerne der Glomeruli, des ' | Bindegewebes der Niere und Milchdrüse und das Chroma- lassen. 7-| tin der Milchdrüsenkerne \ Daß Zusatz von Alka- Nucleolus der Ganglienzellen, lien zu Lösungen ba- (gestrichelte Linie). sischer Farbstoffe die Färbekraft derselben er- höht, ist bereits bekannt (Heidenhain, 2,8.452, Mathews, Mann, S. 212) und auch technisch bei einigen Bakterien- methoden und der Niß]- schen Methode (Zusatz von Seife) verwertet worden. Auch wurde von Mann (S. 215) an- Schleim der Zungen- gegeben, daß man bei a Zusatz von Essigsäure zu Toluidinblau eine reine Kern- und Nißl- schollenfärbung erhält. Eine systematische Untersuchung lag aber Knorpel . bisher nicht vor. (Nasenscheidewand). . Manche Gewebsbe- standteille, z. B. die Nervenfasern, sind so empfindlich gegen ge- dl _ Nisslschollen der Ganglien- zellen. I ! ' I} ı I ' ' s ’ ' ' ' ' l ' ' 1 ı I} 1 1 1 I l I l l I l | I I ı t I ea ! N (ausgezogene Linie, I N I l 1 l ı ' I I) 1 I I 1 l I} l l ' I l I ' 1 ! l {) I I I l ' ı l l l 1 I l 404 Albrecht Bethe, ringe Mengen von Säure in der Farblösung, daß bereits die aus der Luft absorbierte Kohlensäure ihre Färbung verhindern kann. Bei Kohlensäuresättigung der Farblösung erhält man im Rückenmark sogar nur noch Kerne und Nißlschollen gefärbt. In dieser Beziehung ist es technisch wichtig, daß Alkalizusatz in gewissen Grenzen (bei manchen Farbstoffen; siehe weiter unten) die Färbung nicht verändert. Ich benutze daher jetzt zur Her- stellung primär gefärbter Präparate eine Toluidinblaulösung, welcher auf 25 ccm (1:1000) 0,2 bis 0,3 ccm Yıoo-Normalnatron- lauge zugesetzt sind. Vergleich mit anderen Farbstoffen. Es lag von vornherein nahe, daß das Ansteigen der Färbung nach Zusatz von größeren Mengen Alkali zur Farbflüssigkeit auf der Gegenwart freier Farbbase beruhe. Dies wurde auch dadurch gestützt, daß die blauviolette Lösung des Farbsalzes nach einem Zusatz von etwa 0,35 ccm "/Jıo-Normallauge den rotvioletten Ton der freien Base annimmt. Auffallend war aber, daß dieser Effekt nicht gleich beim Zusatz geringer Alkalimengen eintrat, sondern erst, nachdem auf ein Farbmolekül etwas mehr als ein halbes Molekül NaOH zugesetzt war (freie Säure enthielt der Farbstoff nicht!). Um die Frage zu entscheiden, ob hier ein molekulares Verhältnis vorliege, war der zu den bisher beschriebenen und den weiter unten folgenden Versuchen benutzte Farbstoff nicht zu benutzen, denn ich bemerkte erst spät, daß das Präparat nicht das reine salzsaure Salz der Toluidinblaubase repräsentiert, wie ich vermutet hatte, sondern ein Gemisch von salzsaurem Salz und Chlorzinkdoppelsalz ist, neben dem sich noch mehrere Proz. Koch- salz und etwas Eisenchlorid finden. Durch das liebenswürdige Entgegenkommen der Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation, Berlin (A)*), der badischen Anilin- und Sodafabrik (B), der Farbenfabriken vorm. Bayer & Co. (By), der Anilinfarbenfabriken vorm. Geigy & Co. (G), der Gesellschaft für chem. Industrie, Basel (I), des Farbwerks Mühlheim (L) und der Farbwerke vorm. Meister, Lucius und Brüning (M) wurde ich in den Besitz einer größeren Anzahl von Farbstoffen gesetzt, welche sich zu einer genaueren Beantwortung der Frage eigneten. Die meisten der Farbstoffe sind zwar auch nur „technisch rein“, d.h. sie ent- . halten meist fremde Asche (Kochsalz, bisweilen daneben Eisen- *) Die Buchstaben in ( ) sind die Abkürzungen aus Schultz und Julius: Tabellarische Übersicht der künstlichen organischen Farbstoffe. Berlin 1902. Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw. 405 chlorid), sind aber sonst das, was sie sein sollen. In einigen Fällen wurde die Asche bestimmt und in Rechnung gezögen, da sie aber in der Regel nur 2 bis 3 Proz. beträgt, konnte sie bei den übrigen für den vorliegenden Zweck vernachlässigt werden. Bei den mit einem Stern bezeichneten salzsauren Salzen von Thiazin- farbstoffen wurde nach Carius Schwefel und Chlor bestimmt. Nach Abzug des Chlors der Asche (Chlornatrium) stimmten die Zahlen mit den aus den Formeln berechneten genügend überein, um die Farbsalze als neutral bezeichnen zu können (Abweichungen von höchstens 0,2 bis 0,4 Proz.). Außer von dem schwerlöslichen Nilblau 2B und Kristallviolett wurden von den Farbstoffen */,,,-Normallösungen hergestellt. Den Berechnungen der Molekülgröße wurden die Formeln in den Farbstofftabellen von Schultz und Julius zu Grunde gelegt. Die Lösungen waren normal für ein Molekül Farbbase. — Je 25 ccm der */,,,-Normallösung eines Farbstoffes wurden in eine Reihe von Glastuben hineingemessen und mit verschiedenen Mengen "/,„-Normalnatronlauge versetzt. Letztere waren so berechnet, daß auf 1 Molekül Farbbase 0,12, 0,33, 0,45, 0,5, 0,6, 0,75, 0,1 usw. Molekül NaOH kamen. Zum Teil wurden auch je nach Bedürfnis feinere Zwischen- stufen eingeschaltet. In iede Tube kamen Objektträger mit Rückenmarks- schnitten von Alkoholblöcken für 15 Minuten. Der Färbungseffekt wurde nach Spülen mit destilliertem Wasser direkt nach der Farbintensitäts- skala festgestellt. _Danach wurden gleiche Mengen der Lösungen mit gleichen Mengen Ather gleich lange ausgeschüttelt, um festzustellen, ob und in wie hohem Grade freie Base vorhanden sei (Beurteilung nach der gleichen Skala). Bei einer Anzahl von Farbstoffen bleibt der Äther in neutraler Lösung und bis zu einem gewissen Alkalizusatz ganz ungefärbt (Methylgrün, Malachitgrün, Brillantgrün, Zinkdoppelsalz des Methylenblaus und das salzsaure Methylenblau von Grübler). Hier ist das Auftreten freier Base sehr scharf zu erkennen. Bei andern löst sich etwas vom neutralen Salz im wasserhaltigen Ather, aber stets mit anderer Farbe als die freie Base. So geht das salzsaure Salz und das Chiorzinkdoppelsalz des Toluidinblaus mit karmoisinroter Farbe aus wässeriger Lösung in den Äther, die ireie Base aber mit orangeroter Farbe (Portweinfarben). Derselbe Farbenunterschied zeigt sich beim Nilblau A (Sulphat). Thioninblau löst sich als Salz im Äther hellpurpurrosa, die freie Base blutrot, Neusolidgrün als Salz gelb, als freie Base grüngelb. Bei diesen Farbstoffen ist das Auftreten freier Base am Äther- extrakt schwerer festzustellen. (In der nächsten Tabelle ist die Intensität der Anfangsfärbung des Äthers stets von derjenigen nach dem Farbenumschlag in Abzug gebracht.) Daß die Anfangs- färbung nicht auch schon von freier Base herrührt, geht daraus hervor, daß beim Einleiten von Kohlensäure nichts ausfällt, 406 Albrecht Bethe, Tabelle II. Auf 1 Mol. Farbbase zugesetzte Mol. NaOH. — 00 | 012|03|065| 05 | 06 1. * Thionin. Cl aa a Se | a E Str. 6 7 8 E= 9 (Grübler u. G.) AK 9 3 ä ax E 2. _ Methylenblau.Cl. BT a Str. 0 8 = — [8-9 3. * Methylenblau.Cl. ia (Grübler) [rectif.] 588 Ks 0 0 gr e 9 N 4."* Toluidinblau .Cı.@) In Rn er Era [„rein“ 1904] 592 a an 5.‘ "Toluidinblan. Cl. (B) a 6. : 2 (Methylenblau.cd-+ | gu#| 0-1 Zr rg we Zn Cl, (M)[lal(B) 588 euere. 7. 2 (Toluidinblau.C) + | Bere: ZnCl,(A) 592 a 04 MOST AST SEE 8. 2 (Thioninblan „on =+ | Sa 1 04 2 5 1 ra eu Zn Cl, (M) [GO] 590 ap ET 1 5 0 ee 9. Methylgrün.Cl+ 6) ee Swı 7 vn Ze 10. Nilblau 2 B.CI(B) Ste 1 7.7 I 581 ed Ver Ae. 1 2 — 3 3 1 031% o | 0-1 11. 2 (Nilblau A) SO, (B) Str. 0:1... | = Po ae 580 Euer] 5 In kl. 12. " 8. (Malachitgelin . OD... lee). 0: 0,2 #2 0 1 a 2 Zn Cl, (M) [Kristalle] Gl. 5 5 Be $.: B Br #08 Ae. 0 0 = 0 = 13. - 2 (Malachitgrün) + ale Be Terre 3 Oxalsäure (M) [Kristalle GL a Az re 5 e- extra] 403 0 0 0 = az 0 EN 407 0 0X ol a | Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw. (Text S. 408). 408 Albrecht Bethe, während dies nach dem Farbenumschlag geschieht. Schließlich gibt es einige Farbstoffe, welche schon in neutraler oder ganz schwach alkalischer Lösung den Ather in der Farbe der Base färben, in welchem dann nach Einengen mit Kohlensäure ein Niederschlag entsteht (Nilblau 2 B, Neutralrot, Thionin, salzsaures Toluidinblau Ia [Grübler] und das salzsaure Methylenblau Ia D). Diese Farbstoffe enthalten keine freie Base, denn ohne Gegenwart von Wasser (Ionisation) lösen sie sich in Äther nicht. Für einen Teil der untersuchten Farbstoffe sind die Resultate in der Tabelle II zusammengestellt. In der ersten Kolonne ist Name, Salz und Herkunft [Buchstabe in ()] des Farbstoffs an- gegeben, außerdem die technische Zusatzbezeichnung in [] und die Nummer, unter der der Farbstoff in Schultz und Julius zu finden ist. In der zweiten Kolonne sind die Substanzen ange- geben, auf die sich die Färbungsintensitätszahlen der gleichen horizontalen Reihe beziehen. (M. = motorische Fasern und periphere Nervenfasern, Str. = Strangfasern, Ae. — Ätheraus- schüttelung, Gl. = Zwischengewebe des Rückenmarks, Glia. Bei No. 1 bis 9 sind für Gl. keine besonderen Werte angegeben. Sie fallen hier mit denen für Str. gegebenen zusammen.) Unter No. 1 bis 8 sind Körper der Thiazinreihe und zwar der Methylenblaugruppe aufgeführt. Sie haben den Vorteil, daß die Existenzfähigkeit ihrer freien Ammoniumhydratbasen durchaus an- erkannt ist (Bernthsen, S. 142, Hantzsch und Oswald, S. 292), wenngleich dieselben sich auch leicht verändern. So verwandelt sich z. B. nach Bernthsen die Methylenblaubase beim Trocknen z.TT. in die Leukobase, Methylenviolett und Methyienazur; nur die letzteren sollen in Äther löslich sein, die Methylenblaubase nicht. Ob sich dies nur auf wasserfreien Äther bezieht, ist nicht er- sichtlich. Bei den Farbstoffen der Triphenylmethanreihe soll nach Hantzsch und Oswald die Ammoniumhydratbase auch existieren, aber sich schnell in die Imidbase und aus dieser oder direkt ins Karbinol verwandeln unter Übergang der Chinoidinbindung in die einfache Benzolbindung. Nur die Imidbasen und die Karbinole sollen ätherlöslich sein; letztere sind meist farblos. Nach Bayer und Villiger sind die Ammoniumhydratbasen ganz unbeständig. Dagegen gibt es neben den Karbinolen richtige chinoide Iminbasen, die im Gegensatz zu den Karbinolen gefärbt sind. Für die vor- liegenden Zwecke ist die schwebende Frage ohne wesentliche Be- ‚deutung, da die Form, in welcher die freie Base vorliegt, für die Färbung ziemlich gleichgültig zu sein scheint. Da die Äther- ausschüttelungen stets gefärbt waren, so scheint es mir, daß ich jedenfalls keine reinen Karbinole vor mir hatte. Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw. 409 Die Chlorzinkdoppelsalse der Thiazinfarbstoffe (No. 6, 7 und 8) und ein Teil der salzsauren Salze (No. 3 und 5) geben in neutraler Lösung und bis zu einem gewissen Alkalizusatz die oben be- schriebene elektive Färbung (motorische und periphere Nerven- fasern, Kerne, Nißlschollen und Grau); erst jenseits eines be- stimmten Alkalizusatzes tritt sehr schnell Allgemeinfärbung (Strangfasern und Glia neben den schon vorher färbbaren Be- standteilen) ein. Erst von diesem Augenblick an geht Farbe in den Äther oder tritt Farbenumschlag ein. Bei andern salzsauren Salzen (No. 1, 2 und 4, außerdem beim salzsauren Toluidinblau Ia [Grübler] und dem salzsauren Methylenazur [Grübler]), welchen die gleiche Konstitution zukommen kann wie den vorigen (Methylenblau Cl No. 2 und 3 und Toluidinblau Cl No. 4 und 5), ist entweder schon in neutraler Lösung Allgemeinfärbung zu konstatieren, oder sie tritt wenigstens bei ganz geringem Alkali- zusatz ein. Bei Methylenblau IaD (No. 2) ist bei ganz neutraler Lösung elektive Färbung vorhanden, bei Thionin (No. 1), Toluidin- blau Ia, Methylenazur und Toluidinblau (B) (No. 4) war eine ‚isolierte Färbung der motorischen Fasern (ohne Färbung von Glia und Strangfasern) nur bei vorsichtigstem Säure- bzw. Alkalizusatz und auch dann bei den meisten nur andeutungsweise zu erreichen. Sowie bei diesen Chloriden Allgemeinfärbung da ist, tritt auch Färbung des Äthers im Ton der Base auf. Beim Methylenblau Grübler und dem alten Toluidinblau Cl der badischen Anilinfabrik tritt der Umschlag in Allgemeinfärbung beim Zusatz von annähernd einem halben Molekül NaOH ein, bei den Chlorzinkdoppelsalzen derselben Farbstoffe beim Zusatz von genau einem Molekül NaOH; beim Chlorzinkdoppelsalz des Thioninblaus endlich, wenn anderthalb Moleküle NaOH zu- gesetzt sind! Unter Hinzuziehung der früher gegebenen Daten führen mich diese Ergebnisse zu folgender Deutung: Kerne, Nißlschollen usw. vermögen aus allen Farblösungen, auch bei Gegenwart überzähliger H-Ionen Farbstoff aufzunehmen und zwar durch Bildung neuer, wasserunlöslicher Farbsalze. (Die Gründe, welche mich dazu führen, eine chemische Bindung anzu- nehmen, werden am Schluß der Arbeit auseinandergesetzt.) Die motorischen Fasern des Rückenmarks und die peripheren Nervenfasern vermögen die dargebotenen salzsauren und Chlorzinkdoppelsalze der Tliazin- farbstoffe nur in neutraler Lösung d.h. bei Abwesen- heit überzähliger, freier H-Ionen zu spalten und die 410 Albrecht Bethe, freigemachte Base salzartig zu binden. Strangfasern, Glia usw. spalten weder die sauren noch die neutralen Farbsalze, können sich aber mit freier Base verbinden. Die salzsauren Salze 1, 2 und 4, außerdem einige in der Tabelle nicht aufgeführte sind bereits in neutraler Lösung bzw. nach ganz geringem Alkalizusatz dissozuert, sodaß das freie Farbbasenradikal Allgemeinfärbung bewirken kann. Die Lösungen der Chlorzink- doppelsalze 6 und 7 bleiben bis zum Zusatz von 1 Molekül NaOH neutral, wegen der Bildung des praktisch unlöslichen Zinkhydroxyds. Bis dahin geben sie keine Allgemeinfärbung. Erst wenn mehr als ein Molekül Alkalı zugesetzt ist, tritt Dissoziation ein, so daß freie Base mit den Strangfasern usw. in Verbindung treten kann. Die salzsauren Salze des Methylenblaus und Toluidinblaus, welche unter 3 und 5 aufgeführt sind, sehe ich als bimolekulär an. Sie bleiben undissoziert bis zur Abspaltung eines Chloratoms (d. h. eines halben Atoms in der Tabelle, welche für die Be- rechnung der Normallösungen von einem Farbbasenmolekül aus- geht) und geben bis dahin elektive Färbung. Das Chlorzinkdoppel- salz des Thioninblaus (8) ist als Chlorzinkdoppelsalz einer bimole- kulären Thioninblaubase aufzufassen. Daß sich Farbbasen polymerisieren können, wurde, wie mir scheint, zuerst durch Heidenhain (1, S. 180) angenommen. Er fand nämlich, daß die zunächst rote und wasserlösliche Base des Nilblau 2B, trotzdem er Kohlensäure fern hielt, sich bläut und ausfällt, und führte dies darauf zurück, daß sich mehrere Basenmoleküle unter Fünfwertigwerden des Amidstickstoffs polymerisieren. Auch bei der durch Silberoxyd freigemachten Toluidinblaubase, welche zunächst wasserlöslich ıst, fällt nach kurzer Zeit ein unlöslicher gefärbter Niederschlag, der mit CO, kein Salz mehr bildet. Inzwischen ist von Bayer und Villiger bei Farbstoffen der Trimethylmethanreihe der Nachweis geführt : worden, daß sich beim Verreiben derselben mit Natronlauge in der Tat Polymerisationsprodukte und zwar der chinoiden Basen bilden und daß für dieselben mehrere Konstitutionsmöglichkeiten bestehen. Sie nehmen jedoch an, daß diese Produkte beim Zusatz von Säure wieder gespalten werden, während meine Befunde dafür sprechen, daß die polymerisierten Basen auch Salze bilden können. Erwähnung mag hier noch finden, daß das Thionin (No. 1), . das Toluidinblau Ia (Grübler) und das Methylenblauchlorhydrat IaD nach Zusatz von einem halben Molekül Zinkchlorid und Er- wärmen der Lösung elektive Färbung ergeben, welche auch bei 2. TREE En ee 2 Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw. 411 Zusatz von NaOH bis zu einem gewissen Punkt andauert. (Bildung des Chlorzinkdoppelsalzes.) Theoretisch wichtiger ist, daß man bei vorsichtigem Zusetzen von Chlornatrium zu den Lösungen der ersteren beiden Farbstoffe einen Punkt erreicht, wo sich neben Nißlschollen und Kernen nur noch die motorischen Fasern des Rückenmarks und die peripheren Nervenfasern färben. (Wird in diesem Stadium eine Spur Alkali zugesetzt, so tritt gleich wieder Allgemeinfärbung ein.) Dies beruht vermutlich darauf, daß die Dissoziation des Farbsalzes unterdrückt wird, sodaß keine freie Base für Allgemeinfärbung zur Verfügung steht. Zu bemerken ist allerdings, daß bei weiterem Zusatz von NaCl auch die Färbung der motorischen Fasern verschwindet und erst bei Zusatz von etwas Alkali wiederkehrt. Die Salzmengen, welche zur Unter- drückung der Allgemeinfärbung nötig sind (2 bis 3 Moleküle), lassen es von vornherein ausgeschlossen erscheinen, daß Verunreinigung durch Kochsalz die Ursache der elektiven Färbung bei den als „bimolekular“ bezeichneten salzsauren Salzen ist. Die salzsauren Salze basischer Farbstoffe aus andern Gruppen gaben fast ausschließlich schon in neutraler Lösung Allgemein- färbung. Untersucht wurden aus der Triphenylmethanreihe: Magentarot (Grübler), Diamantfuchsin (By) und Kristallviolett (B); von Eurhodinen: Neutralrot (Grübler) und Safranin (Grübler). Außerdem das Auramin (Grübler) und von Pyroninfarbstoffen: Acridinrot (L). Außer dem letztgenannten gaben alle von vorn- herein Allgemeinfärbung, während beim Acridinrot bis etwa '/s Molekül NaOH-Zusatz elektive Färbung zustande kam. Bei einigen dieser Farbstoffe konnte durch sehr vorsichtigen Säurezusatz elektive Färbung hervorgerufen werden, während bei andern z. B. dem Neutralrot die Allgemeinfärbung sofort in die reine Kern- und Nißlfärbung umschlug. Die Richtigkeit meiner Deutung der Resultate an Zinkdoppel- salzen geht auch aus dem Verhalten des Methylgrüns (By) hervor. Dieses Chlormethylat des Chlorids des Methylvioletts verbindet sich mit einem ganzen Molekül ZnCl,. Dementsprechend tritt der Färbungsumschlag und die Möglichkeit Base auszuäthern erst nach Zusatz von 2 Molekülen NaOH ein. (Siehe Tabelle II, No. 9.) Nißlschollen und Kerne färben sich von Anfang an mit der blau- grünen Farbe des Methylgrüns, während ‚sich Strangfasern und motorische Fasern nach Zusatz von '/, bis 2 Molekülen NaOH schwach violett (v.) in der Farbe des Methylvioletts färben, von dem der Farbstoff vielleicht noch Spuren enthält. Von 2 Molekülen NaOH an färben sich dieselben aber plötzlich intensiv und blau- 412 Albrecht Bethe, grün (bg.). Eine alleinige Färbung der motorischen Fasern im Ton des Methylgrüns ist hier (siehe auch weiter unten) nicht zu erreichen. Es mag dies damit zusammenhängen, daß die Base nach ihrer Konstitution zu urteilen ziemlich schwach ist (siehe Heidenhain 1, S. 120 und 202). Interessant sind die Resultate, welche die Oxazine Nilblau A und Nilblau 2B und einige Diamidoderivate der Triphenylmethan- reihe gaben, weil hier augenscheinlich neben dem Basencharakter auch die Konstitution von Bedeutung ist. Das Nilblau A ist das Sulfat des Diäthylamidophenoamido- naphtoxoniums; das Nilblau 2B ist das Chlorid des Diäthyl- amidophenobenzylamidonaphtoxoniums, unterscheidet sich also vom ersteren außer durch die Säure durch die Substitution eines Wasserstoffatoms durch einen Benzylrest. Das Chlorid (siehe in der Tabelle No. 10) gibt schon in neutraler Lösung allgemeine Färbung der Präparate und Färbung des Äthers im gelbroten bis orangeroten Ton der freien Base. Dagegen gibt das Sulfat Allgemeinfärbung und den Ton der freien Base im Ätherextrakt erst nach Zusatz von 1 Molekül NaOH, also nach Abspaltung aller Säure, vorausgesetzt, daß nicht etwa ein saures Sulfat vorliegt. Bis dahin bleiben auch die motorischen Fasern ganz ungefärbt*). Auffallend und ganz neu ist nun aber, daß sich die Glia von neutraler Lösung an kräftig färbt. Diese Färbung der Glia läßt sich aber leicht in Wasser oder verdünntem Alkohol auswaschen und nur sehr schlecht mit Ammoniummolybdat fixieren. Die nach Zusatz von 1 Molekül NaOH entstehenden Färbungen der Glia (und der Nervenfasern) sind aber schwer auszuziehen und fixieren sich gut. Ich halte danach die anfängliche Gliafärbung für eine rein physikalische Lösung des ungespaltenen Farbsalzes in dem geeigneten Lösungsmittel der Gliasubstanz, während später eine wirkliche Bindung der Base eintritt. Auch in wasserhaltigem Äther ist das neutrale Farbsalz und zwar mit karmoisinroter Farbe löslich. Die drei Farbstoffe der Trimethylmethanreihe: Malachitgrün (M) [403], Brillantgrün (B) [404] und Neusolidgrün (I) [407] stehen sich ziemlich nahe. Das Malachitgrün ist Tetramethyldi-p-amidotri- phenylkarbinolanhydrid; von ihm unterscheidet sich das Brillant- grün dadurch, daß es statt der Methylgruppen vier Äthylgruppen enthält, das Neusolidgrün dadurch, daß zwei Wasserstoffatome *) Dies Verhalten auf geringe Basizität zurückzuführen, wie beim Methyl- grün, ist der Konstitution nach nicht zulässig. Überhaupt sind die Er- scheinungen bein Färben mit Nilblau A noch recht undurchsichtig. Neger ee rer Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw. 413 des stickstofffreien Benzolringes durch Cl substituiert sind. Vom Malachitgrün lagen mir das Chlorzinkdoppelsalz und das Oxalat vor, vom Brillantgrün das saure Sulfat, vom Neusolidgrün das Chlorzinkdoppelsalz. Das Chlorzinkdoppelsalz des Malachitgrüns (Tabelle II, No. 12) gibt entsprechend der Formel (2 Moleküle ZnCl, auf3 Moleküle salzsaures Farbsalz) Strangfaserfärbung erst nach Zu- satz von *, Molekülen NaOH, aber schon von neutraler Lösung an Färbung der motorischen Fasern. Neben diesen färbt sich aber von Anfang an die Glia. In bezug auf die Gliafärbung verhält sich das ÖOxalat (3 Moleküle Oxalsäure auf 2 Moleküle Farbbase) ganz gleich, die motorischen Fasern bleiben aber wie die Strangfasern bis zum Zusatz von °/, Molekülen NaOH ungefärbt. Ich möchte diesen Unter- schied gegen das Chlorzinkdoppelzalz damit erklären, daß die Farb- base im einen Fall an eine einwertige, im andern Fall an eine zwei- wertige Säure gebunden ist. Freie Base läßt sich bei beiden Salzen erst nach dem Erscheinen der Allgemeinfärbung ausäthern. Beim Brillantgrün und noch mehr beim Neusolidgrün zeigt sich von Anfang an Allgemeinfärbung (Strangfasern, Glia usw.), die sich "sprunghaft sehr verstärkt, nachdem ein Molekül NaOH (oder mehr) zugefügt ist. Von diesem Moment an läßt sich auch erst Base ausäthern. Allen drei Farbstoffen ist gemein, daß die Glia bzw. Glia- und Strangfaserfärbung, welche vor dem Auftreten freier Base erzielt wird, sich sehr leicht auswaschen läßt, während sie später sehr viel echter ist. Wir haben es also hier mit zwei verschiedenen Formen der Allgemeinfärbung zu tun; die eine wird bewirkt durch das Vor- handensein freier Base, wie bei den zuerst besprochenen Farb- stoffen, die andere durch spezifische Eigentümlichkeiten des Farbstoffs, welche sich mit Zunahme der Substitution verstärken. Bei allen Farbstoffen, welche entweder direkt oder nach Zusatz von NaOH Allgemeinfärbung ergeben, tritt an solchen allgemeingefärbten Präparaten der typische Unterschied zwischen Strangfasern einerseits und motorischen Fasern des Rückenmarks und peripheren Nervenfasern andererseits deutlich hervor, sowie sie lange mit Wasser ausgewaschen oder mit Alkohol differenziert werden. Die Strangfasern (ebenso die Glia) entfärben sich relativ schnell, die andern Nervenfasern halten aber die Farbe 10 bıs 15 mal länger fest. Für die Darstellung der elektiven (primären) Färbbarkeit der motorischen Fasern sind natürlich nur die Farbstoffe der Thiazin- reihe brauchbar und zwar hier auch nur die, welche die elektive Färbung in einem weiten Felde geben, also die Chlorzinkdoppel- 414 | Albrecht Bethe, salze und die bimolekularen, salzsauren Salze. Wegen seines metachromatischen Färbevermögens ziehe ich das Toluidinblau allen andern vor; leider scheint die Fabrikation z. T. von den Fabriken aufgegeben zu sein. Für die nachfolgenden Versuche ist stets das an und für sich vortreffliche aber verunreinigte Toluidinblau (technisches) von Grübler verwendet worden. 2. Einwirkung von Säuren und Alkalien auf ungefärbte Schnitte. In einem mit Alkohol fixierten Stück Rückenmark färben sich mit neutraler Lösung von Toluidinblau von den Nervenfasern nur die extramedullären Wurzelfasern und die intramedullären motorischen Fasern (Bethe, S. 145). Entwässert man das frische Rückenmarks- stück mit Äther*) statt mit Alkohol, so färben sich auch die Strang- fasern. Ich hatte hieraus und aus andern Befunden den Schluß gezogen, daß die Färbbarkeit der Nervenfasern auf der Anwesen- heit einer färbbaren Substanz an den Neurofibrillen (der Fibrillen- säure) beruhe, daß diese sich von den Strangfasern beim Tode des Gewebes leicht abspalte und im Alkohol löse, während sie in Äther ungelöst bliebe. Ich halte an dieser Ansicht auch jetzt noch fest; die Verhältnisse liegen aber viel komplizierter, als ich damals annahm, indem außer der locker gebundenen Fibrillen- säure besonders an den Fibrillen der Strangfasern aber auch anderer Nervenfasern und der Ganglienzellen eine nicht färbbare Vorstufe der Fibrillensäure vorhanden ist, welche zu der färbbaren Fibrillensäure aktiviert werden kann. So- lange der chemische Beweis für die Identität beider färbbarer Substanzen noch aussteht, ist dies nur eine Annahme, die ich nur der schnelleren Verständigung wegen erwähne. Daß eine Aktivierung der Färbbarkeit der Strangfasern möglich sei, fiel mir zuerst bei Schnitten auf, welche einige Tage am Licht in der Luft (besonders in feuchtem Zustande) gelegen *) Ich habe hier zwei falsche Angaben zu berichtigen, welche ich 1903 gemacht habe. Auf $. 147 wird angegeben, daß die Färbbarkeit der Strang- fasern in einem Atherblock verloren gehe, wenn man die Schnitte vor dem Färben einige Stunden in Alkohol ließe. An den noch vorhandenen da- maligen Präparaten hatte sich dies allerdings gezeigt; in neueren Versuchen hat sich dies jedoch nicht bestätigen lassen. Es liegt die Vermutung vor, daß der damals benutzte Alkohol nicht säurefrei war. — Es bestätigt sich, daß im lebend eingefrorenen Rückenmark die Strangfasern trotz Alkohol- fixierung färbbar sind. Neuere Versuche zeigen aber, daß dies auch der. Fall ist, wenn das Tier vor dem Einfrieren getötet wurde. In beiden Fällen ist aber die Färbbarkeit geringer als nach Fixierung mit Ather. Eine ge- nauere Untersuchung dieser Verhältnisse ist im Gange. A Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw. 415 hatten. Werden solche Schnitte mit neutraler Lösung von Toluidin- blau (eventuell mit Zusatz einer geringen Alkalimenge, siehe S. 404) gefärbt, so zeigen sich alle oder dıe meisten Strangfasern, welche in frisch gefärbten Schnitten ungefärbt bleiben, gefärbt. Eingehende Versuche haben gezeigt, daß die Aktivierung der Färbbarkeit in der Hauptsache auf Kohlensäureeinwirkung beruht, daß das Licht sie beschleunigt, daß sie aber auch durch jede andere Säure her- vorgerufen werden kann. Kurzes Verweilen von Rückenmarks- schnitten in CO,-gesättigtem Wasser macht bereits alle Strang- fasern maximal färbbar, und die Empfindlichkeit ist so groß, daß schon beim Spülen der Schnitte (vor dem Färben) mit destilliertem Wasser, das einige Zeit gestanden hat, Aktivierung eintreten kann. (Es ist daher nötig, entweder das Spülwasser vor dem Gebrauch auszukochen oder ihm eine ganz minimale Menge Anilin zuzusetzen.) Ist die Färbbarkeit der Strangfasern einmal aktiviert, so ver- schwindet sie durch Behandlung mit stärkerer Säure nicht wieder. Desgleichen bleiben periphere Nervenfasern und motorische Fasern bei Vorbehandlung mit jeder angängigen Säurekonzentration färbbar, zeigen aber beim nachherigen Färben eine Verstärkung der Färbungs- intensität durch Aktivierung. Nicht verändert wird durch Vorbe- handlung der ungefärbten Schnitte mit Säurelösungen die Färbbar- keit des Knorpels, des Schleims der Zungendrüsen, der Drüsen-, Epithel- und Bindegewebs-Kerne. Die Färbbarkeit anderer Gewebsbestandteile nimmt bei Vorbehandlung der Schnitte mit Säuren ab. Die Muskelgrundsubstanz wird bei 16° C schon in "Jıoee-Normalschwefelsäure unfärbbar, das Plasma der Zungendrüsen und die Nißlschollen (Tabelle III, Kurve 2) erst bei Anwendung von etwa '/ı-Normallösungen. Die Färbbarkeit der Gliakerne geht zwar bei stärkeren Säuren herab, bleibt aber schließlich konstant, ebenso die der Ganglienzellnucleoli (Tabelle III, Kurve 3, ausgezogene Linie). Schließlich habe ich noch (außer den Strangfasern usw.) einen Gewebsbestandteil gefunden, bei dem eine Aktivierung der Färbbarkeit durch Säuren, aber nur bei größerer Konzentration eintritt, das ist die Grundsubstanz der Ganglienzellkerne (Tabelle III, Kurve 3, punktierte Linie). Auch bei der Glia läßt sich eine Färbbarkeit durch Säuren aktivieren; dieselbe ist jedoch stets sehr schwach (Intensität 2 bis 3). In der Tabelle III sind die Resultate der Säure- (und Alkali-) Behandlung für einige Gewebsbestandteile (bei 16° C) graphisch dargestellt. Die frisch angefertigten Schnitte kamen nach dem Waschen mit Wasser für 15 Minuten oder 24 Stunden in folgende Normallösungen von 416 Albrecht Bethe, H,SO, bzw. HC: !/12500 "2500 2/1000 1/00 Ya50 280 Yss as (1) (5) (12) (25) (50) (250) (390) (500) !jo le ur 1; "a ”]s “]; 1 2 Normal. (1250) (2083) (2500) (4166) (6250) (8332) (10000) (12500) (25000) Die Präparate wurden dann gut mit destilliertem Wasser gewaschen und 15° mit Toluidinblau (1:1000 + 0,2 ccm ?/,o-Normalnatronlauge auf je 25 ccm Farblösung) gefärbt, mit Wasser gewaschen, mit Ammonium- molybdat fixiert und in Kanadabalsam untersucht. Tabelle II. 10 100 1000 a I 1. 2..392.5 1234596 78 I) OU RPIEEZ 1 1 ı ı \ z - x 2 1 I * I 2 ! x. I ” l 1 DD Po 0 = es) DD Pan oa _- PELELTPPPPFPN 54321012846, 12845, 128456 78 910111213 20M 10 100 1000 En Die schwächste Normallösung (?/j3500) ist gleich 1 gesetzt und ihr Wert entspricht in den Kurven einem halben mm*). Unter jede Normal- lösung in obiger Aufführung ist dementsprechend eine Zahl gesetzt, welche ihrem Abszissenwert in !/, mm entspricht. Um die Kurven reproduzierbar zu machen, sind die Abszissenwerte für !/,;, bis ?/;, N durch 10, die von "2/3, bis2 N durch 100 dividiert. *) Die Kurven sind auf ?/s verkleinert. Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw. 417 In den Normallösungen von H,SO, (ausgezogene Linie in Kurve 1) bleibt die Färbbarkeit der Nervenfasern: auch nach 24stündigem oder längerem Aufenthalt dauernd auf der erreichten Höhe, während sie bei Anwendung von HCl erst ansteigt, dann (punktierte Linie) bis auf 0 absinkt, um später bei stärkeren Kon- zentrationen wieder die alte Höhe zu erreichen. (Die gestrichelte Linie — — — in Kurve 1 zeigt das Ansteigen der Färbbarkeit der an und für sich unfärbbaren Strangfasern; sie erreicht die ausgezogene Linie [motorische Fasern und periphere Nervenfasern] bei "/asoo-N.) Dasselbe macht sich auch bei der Färbbarkeit der Nißlschollen (Kurve 2, ausgezogene Linie H;SO,, punktierte Linie HCl, beides nach 24stündiger Einwirkung) bemerkbar, wenn auch in geringerem Maße. Dieses Phänomen der verminderten Färbbar- keit geht Hand in Hand mit einer Veränderung der ganzen Schnitte, indem dieselben in der Salzsäurelösung glasig werden, während sie in den schwächeren und stärkeren Salzsäurelösungen (wie in allen Schwefelsäurelösungen) trübe bleiben. Die Aktivierung der Nervenfaserfärbung findet auch in dem depressiven Konzen- ' trationsbereich statt, was daraus hervorgeht, daß bei kürzerer Ein- wirkungsdauer (15%, Kurve 1, —.— - — Linie) sich die Kurve nur wenig senkt und bei einer Einwirkung von wenigen Sekunden, welche zur Aktivierung genügt, überhaupt keine Einsenkung zu beobachten ist. Einige meiner früheren Beobachtungen (Bethe, S. 140 bis 143) und auch die weiter unten beschriebenen weisen darauf hin, daß die meisten, mit neutralen Lösungen basischer Farbstoffe färbbaren Gewebsbestandteijle nicht etwa mit ihrer ganzen Masse die Farbe aufnehmen, sondern daß sie an sich unfärbbar sind, ihnen aber eine färbbare Substanz anhaftet. Wir haben also z. B. in den Kernen, den Nißlschollen, den Nerven- fasern usw. ein Substrat, das sich mit basischen Farben nicht färbt und mit diesem verbunden die eigentliche färbbare Substanz. In dem depressiven Konzentrationsbereich scheint mir nun die Salzsäure nicht auf die färbbare Substanz (bzw. auf ihre Vor- stufe) selbst sondern auf das Substrat einzuwirken, indem dieses verändert wird. Schon bei der Einwirkung sehr verdünnter Alkalien auf ungefärbte Schnitte verlieren die meisten Gewebsbestandteile ihre Färbbarkeit in neutralen Farblösungen ganz. Läßt man z. B. einen Rückenmarksschnitt einige Stunden (gewöhnlich ge- nügen schon einige Minuten) in einer "/250oo- Normalnatronlauge, wäscht gut aus und färbt mit neutraler Farblösung, so findet man die motorischen Fasern, die Gliakerne und die Nißl- Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 27 418 Albrecht Bethe, schollen*) ganz ungefärbt. Nißlschollen und Nervenfasern bleiben erst recht unfärbbar, wenn man stärkere Alkalilösungen anwendet, während die Kerne zum Teil eine sekundäre Färbbarkeit an- nehmen. Es ist dies aus der Tabelle III zu ersehen, wo nach links von der O-Linie die Färbungswerte nach 24stündigem Aufent- halt der Präparate in verschieden starken Natronlaugen einge- zeichnet sind. Besonders auffallend ist hier, daß die im Normal- präparat unfärbbare Grundsubstanz der Ganglienzellkerne (ebenso wie nach Einwirkung starker Säure) eine gefärbte Körnelung zeigt, die an Intensität mit der Stärke der Alkalilösung zunimmt (Tabelle III, Kurve 3, punktierte Linie). Mit Na,CO, können bei sehr viel stärkeren Konzentrationen die gleichen Effekte erzielt werden. Bringt man ein durch Säure aktiviertes Rückenmarks- präparat vor dem Färben erst für 10 bis 15 Minuten in eine schwache Alkalilösung ('/ssoo-N), dann wieder für einige Minuten in eine Säurelösung von beliebiger Konzentration, so nehmen bei der nachfolgenden Färbung weder die motorischen Fasern noch die Strangfasern Farbe an. Bringt man dagegen ein unaktiviertes' Präparat nach einander und gleich lange in dieselben Lösungen, so ist sowohl in den Strangfasern, wie in den motorischen Fasern Färbbarkeit zu konstatieren (Intensität 5 bis 7). Läßt man auf ein unaktiviertes Präparat eine Lauge von mehr als !/so-N ein- wirken, so ist auch mit starken Säuren keine Färbbarkeit (für neutrale Farblösungen) mehr zu aktivieren. Das Substrat, die Nervenfasern, ist aber noch vorhanden und nicht gelöst, wie man sich an gebeizten Schnitten oder durch Färbung mit alkalischer Toluidinblaulösung überzeugen kann. Ich ziehe daraus den Schluß, daß sowohl die Fibrillensäure als auch ihre Vorstufe ın Alkalien abgespalten und gelöst werden, daß aber letztere schwerer ab- spaltbar ist. Das Verhalten unaktivierter Nervenfasern zu Alkali- lösungen und nachfolgender Aktivierung mit 'kso-N-Schwefelsäure ist in Tabelle IV, Kurve 1 dargestellt. In derselben Tabelle, in der 1 mm der Abszisse stets einem Grammmolekül Alkali auf 12500 Liter Wasser entspricht, sind auch die Resultate an andern Gewebsbestandteilen und bei gleicher Behandlung eingezeichnet. Die gestrichelte Linie gibt stets das Ergebnis nach 15 minutenlanger Einwirkung des Alkali, die aus- gezogene das definitive nach 24stündiger (Temperatur: 16° C) *) Das Verschwinden der Färbbarkeit der Nißlschollen in alkakerze Lösungen wurde zuerst von Held beobachtet. Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw. 419 Die nachträgliche Säurebehandlung der Präparate hat, soweit ich sehe, nur einen sehr geringen Einfluß auf das Resultat, außer bei den Nervenfasern. Motorische Fasern und Strangfasern. a) Colostrum b) Bindegewebe der Niere. Knorpel. Schleim der Zungen- drüsen. Tabelle IV. Gliakerne und Kerne der Skelettmuskeln. Kerne der Zungen- drüsen. a) Kerne der Glomeruli b) Kerne der Tubuli 420 -: Albrecht Bethe, “ Hervorzuheben ist aus den Ergebnissen dieser Kurven nur zweierlei: Auf die Färbbarkeit des Knorpels haben Alkalilösungen ebensowenig einen Einfluß wie Säurelösungen (Kurve 3), auf die Färbbarkeit des Zungendrüsenschleims nur einen geringen. Auf die verschiedenen Kernarten hat die Vorbehandlung mit Alkali einen verschiedenen Einfluß (Kurve 4 bis 6). Stets setzt die Einwirkung schwacher Alkalilösungen für 24 Stunden die Färbbarkeit wesentlich herab. Bei stärkerer Alkalilösung steigt die Färbbarkeit wieder an, um konstant zu werden oder abermals abzusinken. Bei kurzer Einwirkung tritt die Anfangsdepression nicht deutlich in Er- scheinung. Die genauere Beobachtung lehrt, daß es sich hier um zwei Prozesse handelt, die sich bei einzelnen Kernarten zum Teil decken. Bei allen Kernen wird die färbbare Substanz des Chromatins für immer gelöst, aber bei verschieden starkem Alkali- gehalt. Bei einigen Kernarten tritt sekundär durch die Alkali- wirkung eine neue Färbbarkeit ein, welche aber nicht mehr in einer distinkten blauen Färbung einzelner Körner, sondern in einer diffusen, rötlichen Tinktion des ganzen Kerns besteht. Diese sekundäre Färbbarkeit kann bei Einwirkung noch stärkerer Alkalilösungen : wieder verschwinden und tritt bei den Kernen der Sublingualis überhaupt nicht ein; hier sind aber die Anfangs- stadien durch die Färbung der Zellsubstanz so verschleiert, daß auf die Wiedergabe einer Kurve verzichtet werden muß. Auch bei diesen Versuchen zeigt sich wieder eine Fülle von Verschiedenheiten in dem Verhalten der einzelnen Gewebsbestandteile, die einem bei der herkömmlichen Behandlungsweise mikroskopischer Präparate sanz entgeht. Der Schutz der Färbbarkeit durch den ange- lagerten Farbstoff. Bei der Färbung von Schnitten in Farblösungen, denen Alkalı zugesetzt war, wurden auch Alkalizusätze probiert, die weit über die Menge hinausgingen, die nötig ist, um die ganze an Toluidinblau gebundene Salzsäure zu binden. Hierbei fiel es auf, daß die Präparate beim Differenzieren in Alkohol noch immer eine starke Färbung der Nißlschollen, der Kerne usw. zeigten, trotzdem der Überschuß an Alkali in der Farblösung so groß war, daß ein geringer Bruchteil desselben aus den ungefärbten Schnitten alle normal färbbaren Substanzen herausgelöst hätte. Dieser Be- fund ließ daran denken, daß der angelagerte Farbstoff die Lösung der färbbaren Substanzen verhindere. (Bei Methylenblau und 1. 2. 3. 4. 5 Behandlung des Präparats Toluidinblau 1: 1000 gefärbt Waschen, Färben mit Tol. | 0 9103) 20:1 ON 0 . Gefärbt mit Tol. 1: 1000. gezogen in Alkohol 80 Proz. Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw. 4921 Thionin wurde das gleiche Verhalten gefunden, dagegen nicht bei einigen anderen Farbstoffen, z. B. dem Acridinrot.) Eın Analogon hierfür lag bereits vor, indem ich (1903 S. 140) zeigte, daß die färbbare Substanz der Nißlschollen und der Neuro- fibrillen sich nach Behandlung mit Sublimat nicht mehr in Alkalien löst. In den zur Prüfung der Frage angestellten Versuchen wurden Schnitte von normalen Alkoholblöcken teils mit neutraler Lösung von Toluidinblau, teils mit solcher gefärbt, der auf 25 ccm 0,6 ccm V/,.-Normalnatronlauge zugefügt war. Die Präparate kamen nach dem Färben direkt in !/,,, oder in "/J;o0-Normalnatronlauge für 20 bis 24 Stunden. (Eine !/,.„-Normal- natronlauge löst aus den ungefärbten Schnitten die färbbaren Substanzen der Nißlschollen, der Nervenfasern und der Kerne schon in wenigen Minuten heraus!) Die Präparate wurden dann z. T. gewaschen, fixiert und untersucht, z. T. aber mit wasserhaltigem Alkohol (dem man zur Beschleunigung etwas Anilin zusetzen kann) entfärbt und mit neutraler Toluidinblaulösung wieder gefärbt. (Färbungen, die durch Alkohol aus- gewaschen werden können, können stets wieder hervorgerufen werden; siehe unter anderm Bethe, S. 145.) Tabelle V. Gliakerne Grau Nervenfasern Nißlschollen Nucleoli der Ganglienzellkerne Muskelsubstanz Drüsensubstanz der Zungendrüsen Kolostrum Chromatin der luskelkerne und Drüsenkerne [otorische Fasern und periphere Chromatin der N N | [0 0) [0 0) |; m f [o 6) o Br [0 0) | Ne) 00 Ohne Vorbehandlung mit Chromatin der Epithelkerne [eo] NaOH !,0-N. 1 Stunde | 1: 1000 D | SV NaOH !%,0-N. 1 Stunde Waschen, Färben mit Tol. 0 0:20, | DEN ORTE 0 0 1: 1000 Gefärbt mit Tol. 1: 1000. Dann in NaOH !/,,0- oder 0 Y,so-N. 22 Stunden (!/;oo obere, !/,,, untere Zahl) Dann in NaOH !/,,. oder Usso-N. 22 Stunden. Aus- Waschen, Färben mit Tol. 51000 422 Albrecht Bethe, Tabelle VI. guet, Behandlung des Präparats Motorische Fasern im Rückenmark und periph.Nervenfasern Nißlschollen Chromatin der Gliakerne Graue Substanz des Rückenmarks Nucleoli der Ganglienzellkerne Muskelsubstanz Drüsensubstanz der Zungendrüsen Kolostrum Chromatin der Muskel- und Drüsenkerne Chromatin der Epithelkerne des Zungenepithels 1. Ohne Vorbehandlung mit - a 8 >: 8 t8 1.4 8-8 8 Toluidinblau 1:1000 gefärbt 9. NaOH !soo-N. 1 Stunde, Waschen, Färben mit Tol. 0 02,:9.3)..0.),28- 1:0] 729 0 2—3 1:1000 3. NaOH !sso-N- 1 Stunde. Waschen, Färben mit Tol. 0 0 EIOALFONFOTER 0 1) 0 1: 1000 4. Gefärbt in: Toluidinblau 1: 1000 (25 cem) + !/ıo-N- i NaOH (0,6 cem). — NaOH 1/.o0-N. 22 Stunden. — Alko- 7 8ı 8 3-4 8 |3| 4 8-9| 8 8 hol 80 Proz. bis zur Ent- färbung. — Waschen, Färben ; mit Tol. 1:1000 = 5. Gefärbt in: Toluidinblau ä 1:1000 (25 cem) + !/,o-N- j NaOH (0,6 ccm). — NaOH YUsso-N. 22 Stunden. — Alko- 7 8ı 8 3-A 8 |3| A 3-4 8 hol 80 Proz bis zur Ent- | färbung. — Waschen, Färben | mit Tol. 1: 1000 | | | | | Die Resultate eines solchen Versuches sind in Tabelle V und VI niedergelegt. Es geht aus denselben hervor, daß bei Färbung mit neutralem Farbstoff der Schutz der färbbaren Sub- stanzen gegen die lange Einwirkung der Alkalilösungen zwar sehr deutlich aber nur bei wenigen Gewebsbestandteilen voll- kommen ist.” Dagegen schützt der Farbstoff die färb- baren Substanzen vollkommen gegen die Ein- wirkung von Alkalien, wenn die Präparate „überfärbt“ sind, wie dies eintritt, wenn der Farblösung Alkali zugefügt wird ‚(Tabelle VID). Nur beim Kolostrum macht sich auch bei Über- färbung ein Einfluß der Alkalilösung geltend. Wie stark der Schutz ist, kann daraus ersehen werden, daß z. B. die Färb- barkeit der Nißlschollen in einer "/soo-N-Natronlauge schon nach 15 Minuten verschwunden ist, während sie noch unvermindert Ä \ Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw. 493 vorhanden ist, wenn das Präparat 24 Stunden in gefärbtem Zustand in einer "/ı0-Normallauge verweilt hat. Zur Theorie der Färbung. Wie in der technischen Färberei der Streit noch immer nicht zur Ruhe gekommen ist, ob die Färbungen physikalisch oder chemisch aufzufassen seien, so auch in der Histologie. Daß physikalische Färbungen verschiedener Natur in der histologischen Technik vorkommen, das bestreitet wohl niemand mehr, aber andererseits fragt Heidenhain (1, S. 117) mit Recht, wie es möglich ist, daß viele Autoren chemische Theorien von vorn- herein zurückweisen, nachdem es doch jetzt ganz sicher steht, daß die Gewebe der Lebewesen eine Menge chemisch sehr reaktionsfähiger Substanzen enthalten. Die von Heidenhain und andern für die chemische Natur vieler Färbungen vorge- brachten Beweise werden am besten im Original nachgelesen. Ich will ihnen hier aber noch einige andere hinzufügen. 1. Eine Menge von Substanzen, welche in tierischen Geweben vorkommen und in Laugen löslich sind, bilden mit Sublimat in Alkali unlösliche Verbindungen. Wenn nun in Präparaten, die mit Sublimat vorbehandelt sind, Färbbarkeiten in Alkalilösungen erhalten bleiben, welche ohne Sublimat darin verschwinden, so wird niemand daran zweifeln, daß durch das Sublimat derartige alkaliunlösliche Verbindungen hergestellt sind. Im vorigen Kapitel habe ich nun gezeigt, daß ein derartiger Schutz auch durch Farb- stoffe ausgeübt werden kann. Ich meine, daß die einfachste Erklärung dieses Faktums die ist, auch hier die Bildung einer unlöslichen Verbindung anzunehmen. 2. Ein häufiger Einwand gegen die chemische Natur der Färbung ist der, daß die angenommene Farbe ausgewaschen werden kann. Für basische Farbstoffe stimmt dies nur unter zwei Voraussetzungen: Die auswaschende Flüssigkeit muß erstens Wasser enthalten, also Dissoziation ermöglichen, und sie muß zweitens überzählige H-Ionen enthalten. In gewöhnlichem destil- lierten Wasser sind in einem mit Toluidinblau gefärbten Rücken- marksschnitt die motorischen Fasern nach 4 Stunden, die Kerne 'nach 24 Stunden, die Nißlschollen nach 40 Stunden farblos. Ist das Wasser mit CO, gesättigt, so tritt der-gleiche Effekt in etwa zehnmal kürzerer Zeit ein; ist das Wasser doppelt destilliert, und wird Kohlensäure nach Möglichkeit fern gehalten, so dauert die ‚Entfärbung auch bei Benutzung sehr großer Wassermengen mindestens sechsmal länger als bei gewöhnlichem destillierten 494 Albrecht Bethe, Wasser. Setzt man schließlich dem frisch destillierten Wasser etwas Alkali zu (ich benutzte eine "/o0- Normalnatronlauge), so tritt überhaupt keine Entfärbung ein (die sonst am schnellsten sich entfärbenden Gebilde, die Nervenfasern, zeigten sich nach vier Tagen noch unverändert; später trat Fäulnis ein *). In 80Oproz. und 95proz. Alkohol entfärben sıch alle Präparate ziemlich schnell: Die motorischen Fasern in zwei bis drei Minuten, die resistenten Nißlschollen und Kerne in 10 bis 18 Stunden, auch wenn die Präparate vorher im Exsikkator getrocknet waren. Dagegen entfärbten sich Rückenmarksschnitte, welche nach dem Färben im Exsikkator getrocknet waren, in absolutem, über geglühtem Kupfersulfat getrocknetem Alkohol überhaupt nicht. Nach 24 Stunden waren selbst die motorischen Fasern noch vollkommen gefärbt; Übertragung in wasserhaltigen Alkohol rief schnell Entfärbung hervor. Alle Säuren beschleunigen die Entfärbung, wenn sie dem Alkohol zugesetzt werden, ebenso Anilin; dieses wirkt, aber nur als besseres Lösungsmittel. In absolutem Alkohol löst sich Toluidinblau sehr leicht. Ist der Alkohol wirklich absolut, so tritt auch in konzentrierten Farblösungen (von Toluidinblau) gar keine Färbung ein. Schon bei Gegenwart von wenig Wasser ist dagegen eine Färbung mög- lich, welche bei zunehmender Wassermenge sich vertieft. Um den histologischen Färbungseffekt zu erzielen, ist also Jonisationsmöglichkeit notwendig. 3. Mit Toluidinblau färben sich manche Gewebsbestandteile rötlich, d.h. im Ton der freien Base. Daß hier tatsächlich keine freie Base vorliegt, geht schon daraus hervor, daß sich der Ton nicht oder nur unwesentlich nach blau hin verändert, wenn man die Präparate mit Ammoniummolybdat fixiert.. Man kann nun aber auch die unfixierten Präparate tagelang in viel Äther, der ein gutes Lösungsmittel der Base ist, lassen, ohne daß Entfärbung eintritt. 4. Bereits Heidenhain (, 345, und vor ihm Gries- bach, wenn auch weniger beweiskräftig) hat gezeigt, daß sich Präparate in Lösungen des ungefärbten Karbinols des Fuchsins (Base der älteren Autoren) rot färben (Farbe der Fuchsinsalze), woraus hervorgeht, daß im Präparat Salzbildung eintritt. Ich . *) Sind in einem Präparat mit Hilfe alkalischer Farblösung die unak- tivierten Strangfasern gefärbt, so ist diese Färbung für neutrales Wasser ‚sehr echt, gegen schwach saures aber viel empfindlicher als die der moto- rischen Fasern. Be u Die Einwirkung von Säuren und Alkalien auf die Färbung usw. 495 habe denselben Versuch mit der in wasserhaltigem Äther gelösten, hellgelben Base des Acridinrots gemacht. Auch hier tritt fast momentan intensive Rotfärbung (allgemeine Färbung) ein. Nun, man könnte sagen, daß sich die Base im Gewebe mit roter und nicht wie im Äther mit blaßgelber Farbe löst. Wenn dies der Fall wäre, so müßte man aber die Base durch viel Äther entfernen können. Ich habe aber solche Präparate durch acht Tage hindurch in täglich mehrmals gewechseltem Äther gelassen, ohne daß die Intensität der Färbung nachließ. Alle die hier aufgeführten Versuche sprechen dafür, daß die meisten hier behandelten Gewebsfärbungen weder als Adsorptions- färbungen im Sinne Fischers noch als Verteilungsfärbungen (indem manche Gewebsbestandteile bessere Lösungsmittel für den Farbstoff sind, als das Wasser, in dem sie dargeboten wurden) im Sinne Spiros aufgefaßt werden können. Vielmehr liegen hier höchstwahrscheinlich wirkliche Salzbildungen zwischen Ge- webe und Farbbase vor. Nur die Anfangsfärbungen beim Nil- blau, Malachitgrün usw. dürften als Verteilungsfärbungen zu deuten sein. Literatur-Verzeichnis. Bayer, A. u. Villiger, V., Berichte 37, 1904, S. 2848—2880. Bernthsen, A., Annalen d. Phys. u. Chemie 30, 1885, S. 137—211. Bethe, A., Allgemeine Anatomie und Physiologie des Nervensystems. 1903. Fischer, A., Fixierung, Färbung und Bau des Protoplasmas. 1891. Hantzsch, A., Berichte 33, 1900, S. 752—760. Hantzsch, A., Berichte 37, 1904, S. 3434. Hantzsch, A., u. Oswald, G., Berichte 33, 1900, S. 278— 317. Heidenhain, M., Pflügers Arch. 9%, 1902, S. 115—230. Heidenhain, M., Pflügers Arch. 96, 1903, S. 440—472. Heidenhain, M., Kapitel Färbungen in: Encyklopädie der mikros- kopischen Technik. Berlin-Wien, 1903, S. 335—340. Held, H., Arch. f. Anatomie, 1895, S. 396—416. Mann, G., Physiological Histology, Oxford, 1902. Mathews, A., American Journ. of physiol. 1, 1898, S. 445 —454. Schultz, G., u. Julius, P., Tabellarische Übersicht der künstlichen organischen Farbstoffe, Berlin, "1902. Spiro, K., Über physikalische und physiologische Selektion. Habi- litationsschrift, en 1897. XXXI Über die Absorption der Fermente durch Kolloide Von Dr. Ferdinand Dauwe, Präparator am physiologischen Institut zu Gent. Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg. RR Eine den Fermenten bekanntlich sehr allgemein zukommende Eigenschaft ist die Fähigkeit, festen Körpern anzuhaften, besonders wenn sie auf kleinem Raume eine große Oberfläche darbieten. In der Technik der Fermentuntersuchungen macht man von dieser Eigenschaft zu verschiedenem Zwecke Gebrauch, so um die Fermente von anderen Stoffen zu trennen, indem man in passender Weise Niederschläge in Fermentlösungen erzeugt, oder um sie aus sehr verdünnten Lösungen zu konzentrieren, z. B. wenn man Pepsin in Fibrinflocken sich sammeln läßt. Aber diese Eigenschaft hat auch eine physiologische Bedeutung: 1. wenn das Material, dem die Fermente anhaften, gleich- zeitig der Fermentwirkung sehr zugänglich ist, so wird eine möglichst innige Berührung von Ferment und Substrat erzielt, was dem Fermentationsvorgang in hohem Maße zustatten kommt. 2. durch diese Eigenschaft wird ermöglicht, daß bestimmte Teile des Zellprotoplasmas bestimmte Fermente an sich ziehen, so daß diese nicht gleichmäßig durch die ganze Zelle verteilt sind, sondern ihre Wirkung streng örtlich entfalten, obne Beein- trächtigung anderer in der Nachbarschaft stattfindender Ferment- funktionen. Dies gilt z. B. für die Chlorophyllkörner der Pflanzen- zellen. | H | Da nach K. Glaeßners Erfahrungen das Propepsin sich ın betreff seiner Absorbierbarkeit im allgemeinen dem Pepsin ähnlich verhält, so dürfte eine ähnliche Annahme auch für die Profermente *) K. Glaeßner, Über die Vorstufen der Magenfermente. Diese Beiträge 1, 1 (1901). Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 497 wahrscheinlich sein und die Anhäufung derselben an bestimmten Örtlichkeiten des Protoplasmas z. B. in Sekretvakuolen ver- ständlich machen. Darnach kann man die Frage, durch welchen chemischen oder physikalischen Vorgang die Fermentabsorption zustande kommt, nicht für eine müßige halten. Leider haben die bisherigen Untersuchungen nur wenige Anhaltspunkte zur Aufklärung dieses Vorgangs gegeben, zumal da man sich fast immer desselben fermentabsorbierenden Materials, des frischen Fibrins, bediente. Von v. Wittich*) (1872) wurde zuerst auf die Fähigkeit des Fibrins, Pepsin zu absorbieren, aufmerksam gemacht. Für andere Fermente wurde eine ähnliche Absorbierbarkeit nachgewiesen: für Papain von Würtz“*, für Trypsin und diastatisches Ferment des Harns von Grützner*), der überhaupt diese Erscheinung einem viel benützten Verfahren des Fermentnach- weises zugrunde legte, für Ptyalin von BenderskyY), für glykolytisches Ferment von Arthusry), für Lab, Diastase, Invertin, Maltase von Szumowskiffry). Es scheint danach, als ob das Absorptionsvermögen des Fibrins sich allen Fermenten gegenüber geltend machte. Weniger zahlreich sind die Beobachtungen über Ferment- absorption durch andere Stoffe. Am genauesten ist hier noch das Verhalten des Pepsins untersucht. Es haftet außer an Fibrin auch an Eiweißniederschlägen anderer Art, an fein verteilter Kohle, Schmirgel, Ziegelsteinpulver (v. Heltzl*y), an frisch erzeugten Niederschlägen von Baryumsulfat, Calciumtriphosphat, Cholesterin (Brücke **r), Magnesiumkarbonat, Fettsäuren (Ham- marsten““*r), Blei- und Kupferfällungen (Meyer7*), Uranyl- acetatfällungen (JacobyYf*), an roher Seide (A. Gautier Tr”). *) v. Wittich, Pflügers Archiv 5, 443. *) Würtz, Note sur le mode d’action des ferments solubles. Compt. rend. 93, 1104. ***) Grützner, Bresl. ärztl. Zeitschr. 1882, Nr. 17. — Sahli, Pflügers Archiv 86, 214. — Gehrig, Pflügers Archiv 38, 35. 7) Bendersky, Virchows Archiv 121, 554. Tr) Arthus, Archiv de Physiologie 1891, Nr. 3, S. 425. irrt) Szumowski, Die Absorption der lösllichen Fermente durch das Fibrin. In.-Diss. Freiburg (Schweiz) 1893 (Laboratorium von Arthus). *-) v. Heltzl, eit. nach Glaeßner |. c. **-) Brücke, Sitzungsber. d. k. k. Akad. 43, 601. Wien. *»*-) Hammarsten, Malys Jahresber. 2, 118. Sundberg, Zeitschr. f. phys. Chemie 9, 319 (1885). 7) A. Meyer, Landwirtsch. Versuchsstationen 27, 247. 17”) M. Jacoby, Zeitschr, f. physiol. Chemie 30, 135 (1900). {1T7*) A. Gautier, Lecons de chemie biologique, S. 527. Masson, Paris 1897. 428 Ferdinand Dauwe, Über die Art des Absorptionsvorganges äußern sich die Beobachter in verschiedener Weise. | v. Wittich nahm ganz allgemein an, daß zwischen Pepsin und Fibrin eine chemische Beziehung bestehe, die das Fibrin befähigt, das Pepsin aus seinen neutralen und sauren Lösungen zu absorbieren. Von den späteren Forschern wird diese Beziehung ohne weitere experimentelle Begründung zumeist als ein „Adhärieren“, oberflächliches Anhaften („das Fibrin beschlägt sich mit Pepsin“), also als „Adsorption“ aufgefaßt. Duclaux*) vergleicht die Fermentabsorption der Färbung, Carnot und Chassevent**) sprechen von der „Fixation des Ferments“, Gautier von chemischer Bindung. Aber es liegen doch einige Tatsachen vor, die vielleicht für die Deutung des Vorgangs heranzuziehen sind. 1. Sahli und Gehring (l. ce.) führten den Nachweis, daß gleiche Mengen Fibrin aus konzentrierter Glycerinpepsinlösung mit steigender Pepsinkonzentration mehr Pepsin aufnehmen. Ob es sich dabei um eine wirkliche einfache Proportionalität handelt, ist aus den Versuchsdaten nicht zu entnehmen. 2. B. Rosenberg**) fand, daß die Absorption von diastatischem Ferment des Harns durch Fibrin stark von der Gegenwart von Salzen beeinflußt wird. Kochsalz beförderte, Soda hinderte die Aufnahme, Glaubersalz war ohne Einfluß. 3. Szumowski (l. c.) beobachtete, „daß das mit Fermenten beladene Fibrin einen Teil derselben an die Flüssigkeiten, mit welchen es in Kontakt gebracht wird, abgibt, und zwar unter den zur Verwendung gelangten Flüssigkeiten am stärksten an Chlor- natriumlösung, dann an Wasser, Fluornatriumlösung und andere, dagegen so gut wie gar nicht an Glycerin.“ 4. Er fand ferner, „daß das Fibrin auf einmal mehrere Fermente zu absorbieren vermag, am leichtesten, wenn es in eine Lösung ge- taucht wird, welche bereits mehrere Fermente enthält. Wenn das Fibrin erst in eine, dann in eine andere Fermentlösung gebracht wird, scheint das erste Ferment durch das frisch zugeführte wie verdeckt und seine Wirkung abgeschwächt zu sein.“ 5. Glaeßner (l. ce.) hält auf Grund seiner Versuche an Pro- fermenten dafür, daß anscheinend in der Flüssigkeit erzeugte fein verteilte Niederschläge welcher Art immer die Profermente nieder- *) Duclaux, Microbiologie Il, 85. **) Oarnot et Chassevent, ©. R. de la Soc. de Biol. 53, 1172. *#*) Rosenberg, Inauguraldissertation. Tübingen 1890. Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 429 schlagen. Er hebt ferner hervor, daß in bezug auf das Adsorptions- vermögen der pulverförmigen Stoffe Verschiedenheiten hervortreten, die sich anscheinend nicht durch mechanische oder physikalisch- chemische Eigenschaften erklären lassen. Einzelne Tatsachen wie das ungleiche Verhalten von Lycopodiumpulver gegen Propepsin und Prochymosin, das Anhaften der Profermente an Kieselgur, aber nicht an Stärke, Ton und Quarzsand, weisen seiner Meinung nach ganz direkt auf spezifische Beziehungen zwischen der adsor- bierenden Fläche und den Profermenten hin. Bei näherer Betrachtung der vorliegenden Tatsachen sieht man, wie schon Glaeßner andeutet, daß die unter Ferment- orption zusammengefaßten erhäsesen nicht gleicher Art sind. Es handelt sich dabei zu einem Teil um mechanisches Nieder- reißen der suspendierten kolloidalen Fermentmoleküle durch aus- fallende Niederschläge, durchaus vergleichbar on Klärungsvor- ei Schr dichten Filter oeelichBär die : suspendierten Herment teilchen in seinen Poren zurückhält. In ähnlicher Weise, wenn auch wegen der gröberen Be- schaffenheit weniger zuverlässig, können auch fein verteilte pulverförmige Stoffe wirken, wenn sie durch ausreichendes Schütteln genügend mit den Fermentteilchen in Berührung ge- bracht werden und sich später zu Boden setzen. Ob in diesen Fällen das mechanische Moment allein wırksam ist, muß freilich bezweifelt werden. Es dürfte dabei wesentlich in Betracht kommen, ob die Fermentteilchen eine gewisse Adhäsion an die suspendierten Partikelchen aufweisen oder nicht. Jeden- falls ist aber in vielen Fällen das mechanische Moment — das Schütteln — oder die Bildung eines Niederschlags nicht zu ent- behren. Fehlt es, so z. B. wenn man Cholesterinpulver mit Pepsin- lösung überschichtet, so bleibt die Absorption aus. Dem gegenüber gibt es nun Fälle, wo die Absorption ganz ohne mechanische Wirkung eintritt, so in dem typischen von v. Wittich entdeckten Beispiel der Pepsinabsorption durch am Boden liegende Fibrinflocken. Hier muß eine Affinität chemischer oder physikalischer Art tätig sein, die die Absorption nicht als ein passives Adhärieren, sondern als einen aktiven Vorgang er- scheinen läßt. Da ein solches er Absorptionsvermögen auch bei pulverförmig verteilten Stoffen wirksam sein kann, so können die bei solchen Stoffen beobachteten Kbaorptiönserscheinungen zum Teil auch hierher gehören. 430 Ferdinand Dauwe, Für biologische Vorgänge hat diese spezifische Absorption, die von mechanischen Momenten unabhängig ist, besondere Wichtigkeit. Für sie gilt der von Duclaux gemachte Hinweis auf die Analogie mit der Färbung. In der Tat ergeben sich bei genauerer Betrachtung die gleichen Fragen wie sie in der Theorie der Färbung eine Rolle gespielt haben und zum Teile noch spielen. Handelt es sich bei der Fermentabsorption um eine Fixation des Fermentes auf der Oberfläche des Substrats oder um ein Ein- dringen in dasselbe ? In beiden Fällen kann es sich wieder 1. um eine Fixation der Fermente durch Bildung einer festen oder lockeren chemischen Verbindung oder 2 um eine physikalische Bindung nach Art einer festen Lösung handeln. | Auf Wunsch von Professor Hofmeister habe ich mich be- müht, neues Material zur Beantwortung dieser Fragen beizubringen. Ich habe die große Mehrzahl der Versuche mit Pepsin ange- stellt, einmal weil hier die Verhältnisse, dank zahlreicher Vor- arbeiten, von vornherein klarer liegen, sodann weil das Mettsche Verfahren hier ermöglicht, annähernd quantitativ zu arbeiten. Die allgemein wichtigen Resultate habe ich in Stichproben an anderen Fermenten auf ihre allgemeinere Gültigkeit geprüft. In betreff der Ausführung des Mettschen Verfahrens habe ich mich an Samoiloffs*) Vorschriften gehalten. Nur benutzte ich nach Glaeßners Vorgang statt des geronnenen Eierklars vorwiegend das viel besser ver- dauliche koagulierte Pferdeserum.**) Es wurden verschiedene Pepsinlösungen verwendet. Für fast alle quantitativen Versuche diente mir ein käufliches Präparat, dessen Wirk- samkeit als 1:3000 bezeichnet war. Es gab in Wasser 2:100 gelöst eine von Phosphaten schwach sauer reagierende Lösung, die bei entsprechendem Säurezusatz in 24 Stunden 8 mm koaguliertes Eiereiweiß oder 15 mm Serumeiweiß verdaute. — Ich habe diese Lösung weiterhin als PA be- zeichnet. Diese wurde nun je nach Bedarf verdünnt. Ausnahmsweise wurde später — wo das besonders bemerkt ist — auch einmal Pepsinum Germanicum benutzt, dessen Wirkung weit schwächer war. Bei sämtlichen Versuchen wurde ein Zusatz von Toluol angewandt. In dem nachstehenden Abschnitt gebe ich zunächst eine, tabellarische Zusammenstellung meiner Versuche über das Ab- *) Samoüloff, Archives des sciences biologiques de St. Petersbourg Tome II 1893, S. 698. **) Die Mettschen Röhrchen wurden unter Toluol aufbewahrt. Um Spuren von Pepsin nachzuweisen, ist es zweckmäßig, ganz frische Röhrchen mit verdünntem Serumeiweiß anzuwenden. Solche werden außer- ordentlich rasch verdaut. Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 451 Der Rück- Das Filtrat Verwendet stand ver- daut in Versuchsanordnung verdaut in Vers.-No. g| Material | Stdn. | mm I|Die pulverförmige Sab- | 1 | Ton 5 3,5 stanz wird mit 10 ccm der Pepsinlösung PA | 1 | Quarzsand 16 8 16 0 1Stde. lang geschüttelt, | dann sofort filtriert. | 1 Marmor 16 1,5 5 2 Das gesamte are as . ; : 5 AR wird mit 5 ccm armor'’ 6 ß nach 24stün- von 0,3 Proz. ange- digemStehen. säuert, der gewaschene | 1 Talcum 5 3,5 16 1 Niederschlagmit 10cem HCl von 0,15 Proz. an- | 1 | Glaspulver 5 3,5 16 0) gerührt. Kontrollprobe: 10 ccm PA+5 ccm HÜl (0,3 Proz.) verdaut nach 16 Stdn. 8 mm, nach 5 Stdn. 3'/, mm. II) Die PA-Lösung wird mit | 5 | Mg, (PO,), 24 7 24 dem 6fachen Volumen H,O verdünnt; 2 ccm | 2 CaCO, 20 0 24 des Filtrats werden so- | fort nach 1 Stunde |3,7) MgCO, 20 Schütteln mit 2 ccm HCl von 0,5 Proz. ange- | 3 Talcum 24 5,5 | 24 säuert. Dergewaschene Niederschlag in 20 ccm HCl von 0,25 Proz. ver- | 3 | id. *) 34.1400 24 0 |*) nach 24stün- teilt. digemStehen, Kontrollprobe: 2ccm der | © [S) = Vier >>) angewandten Pepsin- lösung verdauen in 24 Stunden: 7 mm. III) Die Substanz mit 10 ccm Tierkohle PA wie bei 1 behandelt. Kieselgur 1 1 Kontrollprobe: 10 ccm | 1 | Reisstärke PA+5 cem HCl von | 1 | Weizenmehl 0,3 Proz. verdauen in 5 Stdn. 3 mm. IV| Wie Versuch II. 2 cem 11,5 Cholesterin*))ı 24 *) Kristallin. des Filtrats + 2HCI von Pulver. 0,5 Proz. Niederschlag gewaschen und ange- säuert. Kontrollprobe: 10 ccm PA +30H,0 +40HClvon 0,5 Proz. verdauen in 24 Stdn. 8 mm. V | Wässerige Lecithinemul- |1,5| - Leeithin 24 3,5 | 24 4 | mit 5cem PA. sion (1,5auf4Alkohol-+ nr 70 H,0) 44 Stdn. mit DO EIS Bd Es Do O0 UTO IS © 10) nn & 432 Versuchsanordnung Vers.-No. PA stehen gelassen, dann zentrifugiert. Vom noch reichlich Leeithin enthaltenden Filtrat werden 2ccm mit2ccm HCl von 0,5 Proz. ange- säuert. Der spärliche Bodensatz in 0,25 proz. HCl verteilt. Kontrollversuch: 5PA—+ 75 H,0 +4 75 HCl von 0,5 Proz. verdauen in 24 Stdn. 5 mm; 15 PA+ 75 H,0 + 75 HÜl (05 Proz.) verdauen in 24 Stdn. 8 mm. 2 cem Milch + 20 ccm H,O +10 ccm PA mit Essigsäure flockig ge- fällt. Kontrollversuch: 5 PA + 20 H,O verdauen in 24 Stdn. 8,5 mm. VII|6 cem PA auf 20 ver- dünnt. Das Material 1 Stunde damit ge- schüttelt, dann 24 Stdn. bei 40° stehen ge- lassen. Vom Filtrat 2ccm +2 HCl von 0,5 Proz. Der gewaschene Niederschlag in 20 ccm HCl (0,25 Proz.) ver- teilt. Kontrollversuch: Die gleiche Pepsinlösung +4 HCl verdaut in 24 Stdn. 9 mm. VIIl| Substanz mit 10 ccm PA 1 Stunde geschüttelt, dann 24 Stdn. stehen gelassen. Filtrat mit 5 ccm 0,3proz. HCl an- gesäuert. Rückstand in 20 ccm 0,15 proz. HCl .| verteilt. Kontrollversuch: 10 PA +5 HCl von 0,3 Proz. verdauen in 16 Stdn. 8 mm, in 5 Stdn. 3 mm. VI 8 1,5 1 Ferdinand Dauwe, Verwendet Material Leeithin Milch | Serum- eiweiß bei 1000 koa- guliert und eingetrocknet, nicht mehr quellbar 1 Eiereiweiß id. Kasein id. Fibrin bei 40° ge- trocknet. Fibrin bei 90° ge- trocknet. Hämo- globin*) bei 40° ge- trocknet und gepulvert. Das Filtrat verdaut in Der Rück- stand ver- daut in Stdn. | mm Stdn. | mm 24 6 24 3 94 1/g 24 1 24 3 5) 1 8 0 16 3 294 | 6 24 lie 24 1 24 8 5 3% 8 3,5 16 8 Kasein ı ganz ge etwas ge etwas ge kaum aı griffer Fibrin gelö ‚Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 433 Vers.-No, Dan Teilen uch Verwendet ERRR.en stand ver- Versuchsanordnung verdaut in FRE Material | Stdn. mm | Stdn. | mm [XI1 Stde. mit 5 PA + 20 | 1 |Leimpulver| 24 2 21 5 Leim gelöst. H,O geschüttelt, 24 Stunden bei niedriger Temperatur stehen ge- 2 | Hausen- 24 © 24 3 Ha lassen. Vom Filtrat 2 blasepulver gelöst. cem + 2 HCl von 0,5 Proz. Gewaschener Nie- | 3 | Chondrin | 24 2 24 4 Chondrin derschlag in 20 cem gepulv. gelöst. HCI (0,25 Proz.) verteilt. Kontrollprobe: 5 PA + | 1 Agar-Agar|ı 24 4 24 2 | Agar ungelöst. | 40 ccm HCl (0,25 Proz.) gepulv. verdaut in 24 Stdn. 85 mm, X |Pulverförmig oder roh |1,5rohes Fleisch 12 0 ‘7 0 |Substanz gelöst. 24 Stunden mit 10 ccm |1,5| gek. Fleisch | 12 0 7 ‚Spur id. PA digeriert. Filtrat mit 5: ccm HCl von |1,8| Fleisch- 12 AURR KR Ile id. 0,3 Proz. versetzt. pulver Rückstand mit 10 cem | ı Leber*) 7 3,5 12 0 Leber nicht 0,15 proz. HÜI. nach Alkohol- gelöst. Kontrollprobe: 10 ccm PA BElak +5 cem HCl verdaut | 1 Brot 6 1,5 6 1 nach 7 Stdn. 3,5, nach 16 Stdn. 9 mm. sorptionsvermögen pulverförmiger (bzw. emulgierter) Substanzen und lasse dann jene Versuche folgen, die zum Ziele hatten, die Natur des Absorptionsvorgangs aufzuhellen. | II. Versuche mit fein verteiltem Material. In den meisten Fällen wurde das pulverförmige oder emulgierte Material, dessen Absorptionsvermögen geprüft werden sollte, mit der Pepsinlösung kürzere oder längere Zeit, meist eine Stunde, mit Hilfe eines Motors geschüttelt, dann entweder sofort oder nach verschieden langem Stehen der Filtration unterworfen, und sowohl Niederschlag (gewaschen) als Filtrat auf Verdauungs- wirkung gegen Mettsche Röhrchen untersucht. Alle Versuche wurden zweimal, bzw. mehrmal angestellt. Bei der Gleichförmigkeit der Resultate genügt es von jedem Versuchtypus nur ein Beispiel anzuführen. Die in vorstehender Tabelle (S. 431 bis 433) angeführten Ergeb- nisse sind insofern nicht zahlenmäßig mit einander vergleichbar *) Das Präparat war jahrelang lufttrocken aufbewahrt worden. Beitr. z. chem. Physiologie. VL 28 434 Ferdinand Dauwe, als die benutzten Pepsinlösungen nicht gleich konzentriert waren. Wie schon v. Wittich bemerkt, tritt das Absorptionsvermögen gegenüber einer schwachen Pepsinlösung viel stärker hervor als gegenüber einer starken. Es läßt sich aber sehr deutlich entnehmen, daß eine Anzahl von Stoffen sehr kräftig absorbiert hatten: Tierkohle, Kiesel- gur, koaguliertes Serum- und Hühner-Eiweiß, Fibrin, Kasein, rohes und gekochtes Fleisch, Fleischpulver. Auch Leim, Agar, leimgebendes Gewebe, Chondrin, Hämo- globin, sodann, wenn auch schon minder deutlich, Brot, Weizenmehl, Leeithin, Cholesterin absorbieren, während die Absorption ganz oder nahezu ganz fehlt bei Ton, Quarzsand, Magnesiumphosphat, Glaspulver, Talcum, Reisstärke und bei mit Alkohol koaguliertem völlig unquellbarem Leberpulver. Bemerkenswert ist, daß die unlöslichen Eiweißstoffe, soweit sie quellbar waren, sämtlich gut absorbierten, während anderem quelibaren Material, z. B. der Reisstärke, dieses Vermögen abgeht. Das Absorptionsvermögen kommt hier augenscheinlich dem pbysio- logischen Bedürfnisse entgegen, insofern die verdaulichen, durch Pepsin gut angreifbaren Stoffe dieses im allgemeinen gut auf- nehmen. Wie weiterhin noch gezeigt wird, absorbiert auch noch das bei 100° bis zur Gewichtskonstanz eingetrocknete fast völlig unquellbar gewordene koagulierte Eiweiß ganz merklich. Wie wenig aber diese Zweckmäßigkeitsvorstellung zu weiter- gehenden Schlüssen berechtigt, geht daraus hervor, daß einerseits auch völlig unverdauliche Stoffe, wie Tierkohle und Kieselguhr ein hohes Absorptionsvermögen zeigen, andererseits nicht mehr quellbare koagulierte Eiweißkörper diese Eigenschaft in ver- mindertem Maße besitzen (bei 100° getrocknetes Hühner- und Serum-Eiweiß und das Kasein technicum), oder es ganz vermissen lassen (z. B. mit Alkohol koaguliertes Lebereiweiß.) In betreff des Verhaltens der Tierkohle sei auf das bekannte Absorptionsvermögen derselben gegenüber Farbstoffen und Kolloiden hingewiesen. Ähnliches scheint auch für Kieselgur zu gelten. Glaeßner hat das Absorptionsvermögen von Kieselgur für Propepsin, Spiro für Farbstoffe nachgewiesen. Bemerkenswert ist, daß Kieselgur das aufgenommene Pepsin nicht oder nur schwer an Salzsäure abgibt. Daß Marmor, Magnesiumkarbonat, gefälltes Caleiumkarbonat eine Art Absorptionsvermögen zeigen, ist anscheinend befremdlich. Der Gegenstand bedarf weiterer Prüfung. Möglicherweise handelt es sich um eine gänzliche oder partielle Zerstörung des Pepsins, A Nr ST ae 0 a a u 2 Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 435 sei es, daß die geringe Löslichkeit dieser Salze hinreicht, durch alkalische Reaktion das Pepsin zu zerstören, sei es, daß sich unlösliche und unwirksame Caleium- bzw. Magnesiumsalze bilden, sei es auf anderem Wege. Die absorbierende Wirkung des Cholesterins hat sich nicht so stark erwiesen als man auf Grund der Verwendung dieses Fällungsmittels für die Isolierung des Pepsins nach Brücke hätte erwarten können. Die Wirkung des Lecithins ist schwierig zu beurteilen, da es sehr schlecht sich absetzende Emulsionen bildet, so daß eine scharfe Scheidung des in ungelöstem und des in gequollenem Zustand verteilten Leecithins nicht durchführbar ist. Wie die Tabelle zeigt, ist für das Absorptionsvermögen die pulverförmige Beschaffenheit, d. h. die große Oberfläche des Materials nicht das entscheidende Moment, sonst könnte es so vielen fein verteilten Stoffen, wie z. B. Ton, Glaspulver nicht abgehen. Es kann sich somit nicht um eine allgemiein verbreitete ÖOberflächenwirkung handeln, sondern um eine spezifische Beziehung . zwischen Substrat und Ferment, ähnlich wie bei der Tinktion, wobei nur in zweiter Linie zu erwägen ist, ob neben dieser spezifischen Beziehung die Oberflächenentwicklung eine Bedeutung hat oder nicht. III. Handelt es sich bei der Fermentaufnahme um „Adsorption“ | oder „Absorption“? Bekanntlich versteht man nach Dubois-Reymonds Vor- gang unter Adsorption den Vorgang, mittels dessen poröse Materialien, z. B. Kohle, Gase an ihrer Oberfläche verdichten. Ostwald*) hat sehr klar auseinandergesetzt, daß ein ähn- licher Vorgang auch für die Aufnahme verschiedener gelöster Stoffe durch Kohle, Pepsin und pulverförmiges Material maß&- gebend ist. Da das Fibrin wegen seiner faserigen Struktur in der Tat ein poröser Körper im gewöhnlichen Sinne ist, so stößt man auf keine Schwierigkeit, wenn man sein Absorptionsvermögen aus seiner unverhältnismäßig großen Oberfläche zu erklären versucht. Ich habe nun an anderem Material — koaguliertem Eiweiß — festzustellen gesucht, ob dieser Erklärungsversuch allgemeine Gültigkeit hat. Vorversuche, die ich bei Gelegenheit von Versuch VII anstellte, ergaben, daß in Würfeln geschnittenes geronnenes Hühnereiweiß *) Ostwald, W., Zeitschr. f. physikal. Chemie 9, Chemische Ferne- wirkung usw. 1892, 28* 436 Ferdinand Dauwe, und Serumeiweiß aus Pepsinlösung das Ferment so rasch aufnahmen, daß die Pepsinlösung, die früher 9 mm Mett verdaute, hinterher ein Verdauungsvermögen von bloß 1 mm oder gar keines aufwies. Die Eiweißwürfel zeigten, herausgenommen, mit Wasser gewaschen und mit 0,3proz. Salzsäure übergossen, rasche Auflösung. Es hatte trotz der vergleichsweise kleinen Oberfläche eine starke Absorption stattgefunden. Um nun zu entscheiden, ob es sich hier um eine Oberflächen- wirkung handelt, ließ ich unverdünntes Hühnereiweiß fest gerinnen und schnitt aus dem kompakten, homogenen Gerinnsel einerseits größere Würfel oder Klumpen mit möglichst geringer Oberfläche zurecht, verwandelte andererseits einen Teil durch feines Zer- schneiden in einen möglichst feinkörnigen Brei. Es war zu er- warten, daß sich Brei und Würfel, falls es sich um Oberflächen- wirkung handelt, quantitativ verschieden verhalten würden. Es ergibt sich das aus folgender Betrachtung: ein Würfel koaguliertes Eiweiß von 1 cm Seitenlänge bietet bei gleichem Kubikinhalt eine 10mal kleinere Oberfläche als 1000 Würfel, deren Seitenlänge 1 mm beträgt Hängt die Absorption von der Größe der Oberfläche ab, so wäre zu erwarten, daß die großen Würfel bei gleichem Gewicht 10mal weniger absorbieren als die kleinen. Handelt es sich aber um ein Eindringen, eine Absorption, sei es im Sinne einer festen Lösung oder einer chemischen Verbindung von Eiweiß und Pepsin, so wäre zu erwarten, daß zwar bei den kleinen Würfeln wegen der größeren Einwirkungsfläche die Absorption rascher zustande käme, aber schließlich die Menge des absorbierten Fermentes in beiden Fällen nicht verschieden ausfallen würde. Auf eine mathematische Exaktheit ın betreff der Form und Größe der Würfel habe ich bei deren Herstellung verzichtet und nur einerseits große Eiweißwürfel und Klumpen mit möglichst intakter Oberfläche mit fein verteiltem Brei verglichen, wobei der Unterschied im Verhältnis von Oberfläche und Volum viel größer war als in dem angeführten Beispiel. Die Eiweißproben wurden mit der Pepsinlösung 1 Stunde geschüttelt, dann bei 40° C unter Toluolzusatz stehen gelassen. Die überstehende, gewöhnlich klare Flüssigkeit und der Niederschlag wurden nach dieser Zeit auf Pepsin untersucht, Der Rückstand wurde vorher mehrmals mit destilliertem Wasser durch Dekantation gewaschen um das mechanisch anhaftende Ferment zu entfernen. Das Waschwasser nahm dabei nichts von dem absorbierten Pepsin auf. Die angewandte Pepsinlösung war durch Verdünnen der ursprüng- lichen Pepsinlösung (PA) hergestellt. Die Flüssigkeit wurde zuerst nach 5 Stunden, dann nach 24 Stunden auf Verdauungswirkung untersucht, indem je 2 cem mit 2 ccm 0,5proz. HCl zu zwei Mettschen Röhrchen gesetzt wurden. Der gewaschene Niederschlag wurde mit 20 cem 0,25proz. HCl und zwei Mettschen Röhrchen in den Brutofen gestellt. | 437 Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 'IS0P3 zue3 'M 150193 zue3 "MW, '3S0[83 zue8 'M 150093 'M "le "80793 qfey 'M "mepA9A JyaIu [oLmM 'mepaoA (arey) pımM ‘7808 qfey 'M "UOJFLIS9SUB Jy9ToOT '"M "18093 qey 'M uosunyawag wur II wur 9 wu 9 -urur g‘g wu $ (0) wur ?/, "ups 98 | "ups 78 | "ups FI yo9eu MONSISSHLT AOP wur 9 ann - wur 6 wu 9 — wur 6 wu “1 ber wu € uu ]y [wu ®|, andg wu I wur 6 0 — — | SET 0) — ands m wur ®/, wu 9 0 — wu I ands — andg "ups re 'PIS al yoeu sodeyas -I9PaIN SOP ZUnyIInssunnepIa‘ IX yansıoy '9P7°'S IAXX Wnsooa 'S 'ae]JIol] WPIS0J88 AapoeIm pun WOWUND0R9UT umnyaA WI 08 T0q "zoadog sne yijogsedrep “upopmy un jaynjoösny (; | « Ne “ 73 “ q 14 x F8 g |0°H0I A Yvıaor)- [73 127 “ G [44 “ sr “ 7 AN OHDET Vva9 YONSAIAATTOAIUOYM N MI geammm 388€ "MN 9 gRAWIMT 3 € (OHS+WNIZ)’SIOAT[OAYUOY "M MI geatemm 3 28€ "N 9 geAapunDgS 83€ 'M 9 gTOATOIOTH 307 N wo9 8) WONSIOATJoHUOY «“ « “ 5 F - 6% 0°H 08 + vd& "MN MI gPARIM 3 9% "N 9 yrapumg 37 "M 6) I gear 3 19 en en ws9 8) YONSIOAJJO.AJUOY “ 172 [74 G “ “ r3 upısse [O°HO&-+ Val Zunsojursdag 1192 -SUOTISISIA "M "IM “« “ 18 "MN 9 genmmm 3 FE zueIsang 438 Ferdinand Dauwe, Abkürzungen: 1, 2, 4, 5, 10 PA = 1, 2, 4, 5, 10 ccm der angegebenen Pepsinlösung; 1 bis 20 H, 0 Tb 20 Rn 0: G.W.= ein einzelner großer Würfel aus koaguliertem Eiweiß; Kl. W. = zu. Brei zerschnittenes koaguliertes Eiweiß. Wie aus dieser Tabelle zu ersehen ist, absorbiert bei geringem Pepsingehalt ein bestimmtes Gewicht koaguliertes Hühnereiweiß sleichviel Pepsin, ob es damit in Form von großen oder von sehr kleinen Würfeln zusammengebracht wird. Das gleiche gilt für Serumeiweiß, nur daß dieses mehr Pepsin aufnimmt und sich auch, nach Zubringen von Säure, rascher löst. Diese Tatsache spricht entschieden gegen eine einfache Ober- flächenbindung des Fermentes, Daß überdies eine feste Bindung vorliegt, geht daraus hervor, daß das mit Pepsin beladene Eiweiß in Verdauungssalzsäure gebracht, an dieses kein Pepsin abgibt. Daneben liegende Mettsche Röhrchen werden erst angegriffen, wenn die Lösung des Würfels zu einem bestimmten Punkte gediehen und damit eine solche Menge Pepsin frei geworden ıst, daß sie anscheinend nicht mehr von den Würfelresten fest- gehalten wird. Es macht den Eindruck, daß das Pepsin sich, je | kleiner der Würfel bei der Verdauung wird, umsomehr darin | konzentriert und erst nach erreichter Sättigung schließlich in die Außenlösung übertritt.*) Ein solches Eindringen von Ferment in das koagulierte Eiweiß kann aber nur als ein Diffusionsvorgang angesehen werden, und es war meine nächste Aufgabe, diese Vorstellung noch auf anderem Wege zu prüfen. Versuch XI. Pferdeblutserum wurde bei 40° bis zur dünnen Sirupkonsistenz ein- gedampft: es koagulierte dann beim Erhitzen sehr homogen ohne Bildung von Luftblasen. Aus dem Koagulum wurden genau kubische Stücke ge- schnitten, wovon je eines in die Pepsinlösung (10PA + 10H,0) gebracht wurde. Nach 24 Stunden wurden sie herausgenommen und abgespült. Dann werden der Oberfläche parallel Flächenstücke von 0,5 Dicke (Rand- partien) abgeschnitten, gewogen und mit 0,25 proz. Salzsäure bei 40° hin- gestellt. Das zurückbleibende würfelförmige Kernstück wurde ebenso be- handelt. Nach 24stündiger Verdauungswirkung wurde nochmals gewogen. *) Ähnlich ist auch folgende Beobachtung zu deuten. 770 g Magen- schleimhaut vom Schwein wurden mehrere Wochen in sehr schwach alkalischer Lösung digeriert, der Rückstand im Gewicht von 550 g& wurde ausgewaschen und in !/eproz. Salzsäure gebracht. Er verdaute sich selbst sehr rasch ; hingegen griff die überstehende Salzsäure, mit Mettschen Röhrchen zu- sammengebracht, Eiweiß in den ersten Tagen nicht an, wohl aber später als der Schleimhautrest zum grössten Teil gelöst war. Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 439 ? Be Verdauungskraft der rei ADUUT Pinssekeie nn 24 Stdn | KAREnN a) 1 Würfel 20 g 10 PA -+20H,0 0 b) 1 RR 1 PR » » 0 Sr Be 1 R : 0 Kontrollprobe: x M' 95 mm a) Würfel: Randstücke 10 g, versetzt mit 20 HCl von 0,25 Proz.: in 20 St, ganz verdaut. Kernstück 10 g, versetzt mit 20 HCl von 0,25 Proz.: in 20 St. bleiben 10 g. b) a Randstücke 4,5 g versetzt mit 20 HCl von 0,25 Proz.: in 20 St. ganz verdaut. Kernstück 5,5 g versetzt mit 20 HCl von 0,25 Proz.: in 20 St. bleiben 5 g. c) : Randstücke 4 g versetzt mit 20 HCl von 0,25 Proz.: in 20 St. ganz verdaut. Kernstück 7 g versetzt mit 20 HCl von 0,25 Proz.: in 20 St. bleiben 6 g. | Es war somit in allen Versuchen das vorhandene Pepsin ganz absorbiert worden und zwar war es in b) und c) so tief in die Würfel eingedrungen, daß an dem Kernstück 0,5 em unter der Oberfläche noch Verdauung nachzuweisen war. Um dieses Eindringen genauer festzustellen wurde folgender Versuch angestellt. Versuch XII. In der Kälte stark eingeengtes Pferdeblutserum wurde in einer Reihe von vertikal gestellten Reagensgläsern fest und homogen koaguliert. Auf die Oberfläche wurde Pepsinlösung (je 2cem PA + 2 ccm H,O) gegossen und das Ganze unter Toluol einige Tage lang bei 40° stehen gelassen. Nach dieser Zeit war weder eine Verminderung des Flüssigkeitsvolums, wie an außen angebrachten Meßstrichen leicht festzustellen war, noch eine Quellung des fest im Glase sitzenden Eiweißcylinders nachweisbar. Nur erschien die überstehende Flüssigkeit ganz leicht getrübt. Andererseits war die obere Schicht des Eiweißes auf etwa 1 mm etwas gallertig durchscheinend geworden. Die überstehende Flüssigkeit (2 ccm + 2 HCl von 0,5 Proz.) ver- daute (von zwei Reagensgläsern entnommen) nach 24 Stunden 6 mm in 24 Stunden, nach 60 Stunden 5 mm in 24 Stunden. Ihr Verdauungs- vermögen hätte auf Grund der Kontrollprobe (1 ccm PA+1H,0 +2 HCl von 0,5 Proz.), in 24 Stunden 12 mm betragen sollen. Nach 60 Stunden wurde die Flüssigkeit abgegossen und die obere Fläche des Eiweißcylinders mit destillierttem Wasser gewaschen, dann wurde die mit Pepsin beladene Eiweißsäule nach Gefrieren in einer Gefrier- mischung und Ablösen des zersprengten Probierglases herausgenommen. 440 Ferdinand Dauwe, (Die Ausdehnung des Eiweißes beim Gefrieren konnte nur nach dem unteren Ende des hier vorher angebrochenen Probierglases stattfinden, das andere pepsinhaltige Ende war vor Ausdehnung durch einen fest- sitzenden Pfropfen geschützt). Die Säulen wurden dann in einer Holzrinne durch Parallelschnitte zerlegt und die erhaltenen Scheiben mit je 10 ccm Salzsäure von 0,25 Proz. zur Verdauung hingestellt. Beispiel I Beispiel II Oberste Scheibe 2 mm dick, gelöst in 12 Stdn. | Oberste Scheibe 11/, mm dick, gelöst in 24 Stdn. Zweite 5 Bu es “ LE Zweite 4 2. e m a Dritte B R hi A 5 Dritte 4 5: „ „ nicht mehr gelöst. Alle übrigen Scheiben werden nicht gelöst. | Die übrigen Scheiben werden nicht mehr gelöst. Einfacher läßt sich der Versuch so anstellen, daß man an mit Pepsin beladenen Mettschen Eierklarröhrehen (die zweckmäßig etwa 4 mm Lumen haben) die Enden in der Länge von 3 mm oder mehr abschneidet und die Röhrchen in Verdauungssalzsäure bringt. Obgleich jetzt die Fläche, die direkt. mit der Pepsinlösung in Berührung gewesen war, fehlt, tritt Verdauung ein und geht in die Tiefe etwa in dem Maße, wie sich nach\ dem Verhalten intakter Kontrollröhrchen erwarten ließe. Dieses bei wiederholten Versuchen sich stets ergebende Resultat steht mit der gewöhnlichen Vorstellung von der Nichtdiffusibilität der Fermente in schroffem Widerspruch. Doch muß hervorgehoben werden, daß bereits Fermi und Pernossi*, sowie Chod- schajeff**) den Durchgang des Pepsins durch Pergamentpapier und Paula Philippson***) durch Sclülfschläuche beobachtet haben. — Doch handelte es sich hier nur um Spuren. Letztere Versuche konnte ich bestätigen, indem ich, um die Diffusion des Pepsins durch den Schilfschlauch zu beschleunigen, das noch später zu besprechende Vermögen flüssigen Eiweißes benützte, absorbiertes Pepsin aus festem Substrat — hier die Membran — auszuziehen. | Versuch XIWV. Auf Dichtigkeit geprüfte Schilfschläuche wurden mit Eiklar gefüllt und in 25 ccm Pepsinlösung gehängt. Das Verdauungsvermögen dieser Pepsinlösung war ursprünglich (2 ceem PA-+2 cem HCl von 0,5 Proz.) in 24 Stunden 7 mm Mett. Die Schilfschläuche nahmen bei der Diffusion erheblich Wasser auf. *) Ztschr. £. Hygiene 18, 105, 111. **) Archives de physiologie normale et pathologique 1898. »e*) Diese Beiträge 1, 82. Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 441 Bi Diffusions- 2 ccm Außenlösung 2 ccm Innenlösung Rn — 2 HCl von 0,5 Proz. | +2 HCl von 0,5 Proz. eier er verdauten in 24 St. verdauten in 24 St. 2 ccm 24 St. 7- mm 48 ” | 5,5 ”„ an | 5,8. l mm 4 ccm 24 „ 6,5 , 48 „ Din; Bar _ !/s mm | Es war somit Pepsin durch die Wand des Schilfschlauchs zu der Eiweißlösung hineindiffundiert. Die mitgeteilten Versuche gestatten nur die Deutung, daß das Pepsin sich durch Diffusion in koaguliertem Eiweiß verbreitet. Dieses verhält sich dem Pepsin gegenüber wie ein. Lösungsmittel. Es war zu prüfen, ob dieses unerwartete Verhalten auch bei anderen Kolloiden und bei anderen Fermenten wiederkehrt. Ich führte zunächst einige Versuche mit Agargallerte und Pepsin aus. Versuch XV. Aus 3proz. Agargallerte werden Würfel geschnitten und mit Pepsin- lösung zusammengebracht. N rd 3 Meer id. der Gallerte in Menge Pepsinlösung der wirkung von 2 ccm 94 St Digestion der Lösung FR 5g 1G.W.| 5ccm PA 24 St. 4 mm in 24 St. 0,5 mm +20ccm H,O 5g ganz kl.W. id. # an. F l mm Kontrollvers. id. bie. $ | | Wie man sieht, nahm die Agargallerte nur wenig Pepsin auf, da die Lösung nur wenig an Wirksamkeit abgenommen hat. Auch geben die Würfel in Salzsäure gebracht das wenige aufgenommene Pepsin wieder ab, sodaß das Eiweiß der dazu gebrachten Mettschen Röhrchen angegriffen wird. Die Gallerte selbst bleibt natürlich unangegriffen. Versuch XVl Probierröhrchen werden mit Agargallerte von 3 Proz. gefüllt. Die erstarrten Säulen werden mit 5 ccm einer Pepsinlösung (Wirkung: 2 ccm + 2 ccm HCl von 0,5 Proz.:7,5 mm in 24 Stunden) übergossen und 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen gelassen. 442 Ferdinand Dauwe, Flüssigkeit und Agarsäule zeigen keine Veränderung. Es findet keine Volumveränderung statt. Nach 24 Stunden wird abgegossen, die Oberfläche abgespült, die Säulen, die sich sehr leicht aus den Reagensgläsern ziehen lassen, werden in ziemlich dünne Schnitte zerlegt, die Scheiben mit Mettschen Röhrchen zusammen mit Salzsäure übergossen: Oberste Scheibe 1'/, mm, mit 10 ccm HCl von 0,25 Proz. verdaute in 24 Stdn. 2'/, mm Zweite 3 2 E ei 2-7 Dritte — 2 5 » Ya ” Vierte = 31/, E x 0 Es hatte somit eine, wenn auch wenig tief gehende und quantitativ geringe Absorption stattgefunden. Dementsprechend war an der überstehenden Flüssigkeit eine Abnahme des Ver- dauungsvermögens nicht nachweisbar. (Gegen die Verwendung von Agargallerte kann man den Ein- wand erheben, daß diese Substanz für Pepsin gar keine physio- logische Affinität besitzt. Daher wurden ähnliche Versuche auch mit Leimgallerte von 5 Proz. ausgeführt. Versuch XVII. Versuchsanordnung wie im vorigen Versuch. Die Leimsäulen wurden mit 5 ccm einer starken Pepsinlösung (Wirkung 2ccm-+2cem HÜl bei 40°: 12 mm in 24 Stunden) überschichtet und im Eisschrank stehen gelassen. Nach 48 Stunden war Volum von Flüssigkeit und Säulen nicht ver- - ändert, nur war die Gallerte auf ungefähr 1 cm etwas durchsichtig ge- worden. Dicke der Scheibe 2,5 mm oberste Scheibe gelöst in 5 com 0,25 proz. HCl verdautin 24 Stdn.8mm 3 2 zweite R " >, 23 4 “ dritte 2 R “ n 23 2.5.5 vierte 3 5 x £ 23 BA fünfte N ni : » 2, In diesem Versuch fällt auf, daß eine geringe Pepsinwirkung (etwa 2 mm Mett) sich noch in großer Tiefe nachweisen läßt. Mehrfache Wieder- holung des Versuchs ergab dasselbe Resultat. Die Erscheinung bedarf weiterer Prüfung, Daß auch andere Fermente in koaguliertes Eiweiß eindringen, geht aus folgenden Versuchen hervor: : Versuch XVII. 5 Labferment. In Probiergläsern wurde eine Lösung von 20proz. Eiweiß (Hühnereiweiß) gleichmäßig koaguliert. Auf die Eiweißsäule wurde Lablösung (4 ccm) gebracht und 24 Stunden bei 40° unter Zusatz von Toluol darauf belassen. Dann wurde sie abgegossen, die Oberfläche nach- gewaschen, um noch anhaftendes Lab zu entfernen. Die Eiweißsäule wurde unter den schon oben erwähnten Vorsichtsmaßregeln in einer ne ne Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 443 Gefriermischung zum Gefrieren gebracht, das Probierglas dann zerschlagen und die gefrorene Eiweißsäule von oben her in Scheiben zerschnitten. Von der angewandten Lablösung brachten 2 ccm 10 cem Milch bei 40° in °/, Stunden zur Gerinnung. Nach Einwirkung auf die Eiweißsäule brachten 2 ccm der überstehenden Lösung die gleiche Menge Milch erst nach 7 Stunden zur Gerinnung, während die ursprüngliche Lösung, welche ebenfalls bei 40° gehalten worden war, nur wenig an Wirksamkeit verloren hatte. Dicke der Scheiben Obere Scheibe 2 mm Gerinnung von 10 ccm Milch in 10 Stdn. bei 40 ° *) Zweite L Arie 3 Pr 5 15 ” 40° Dritte 5 Dis keine Gerinnung. Vierte usw. „ u, = 8 Versuch XIX. Emulsin. Die Versuchsanordnung war dieselbe wie bei Pepsin und Lab. Es wurden angewandt eine 1proz. Emulsinlösung und 1proz. Amygdalinlösung. Wenige Tropfen beider Lösungen auf einem Uhrglas zusammengebracht entwickelten schon nach wenigen Minuten starken Geruch nach Blausäure. | Dicke der Scheiben Obere Scheibe 3 mm +4 ccm Amygdalin: Starker Geruch nach 2 Stunden. Zweite a Du +4 ccm Amygadalin: sehr deutlicher Ge- ruch nach 6 Stunden. läßt keinen deutlichenGeruch mehr wahrnehmen. Dies..d.,d., | a IV. Handelt es sich bei der Absorption um chemische Bindung oder feste Lösung? Nach den ausgeführten Versuchen kann es sich bei der Absorption der Fermente nicht um eine ÖOberflächenwirkung handeln, außer etwa in dem Sinne, daß das koagulierte Eiweiß, die Agargallerte, Leimgallerte und dergl. eigentlich eine poröse Masse von größter Oberflächenentwicklung darstellt, deren Maschen von Quellungswasser erfüllt sind. In diesem Sinne kann aber auch, wenn man nicht absolute Kontinuität der Materie an- nimmt, die Färbung der pflanzlichen und tierischen Fasern, die man teils als lockere chemische Bindung, teils als feste Lösung bezeichnet, überhaupt jede feste Lösung, als Adsorption aufgefaßt werden. Es ist hier nicht der Ort, die Zweckmäßigkeit einer solchen Vorstellungsweise zu erörtern. Vorläufig dürfte sich empfehlen, den Begriff der Adsorption nur auf die Aufnahme von Seiten pulverförmiger oder in land- läufigem Sinne poröser fester Körper zu beschränken. *) Die Gerinnung nahm deutlich ihren Ausgang von der Eiweißscheibe, und zwar schon nach der 5. Stunde. 444 Ferdinand Dauwe, Wichtiger ıst es, zu entscheiden, ob diese Absorption als ein chemischer, von bestimmten Affinitäten bedingter oder als ein rein physikalischer Vorgang aufzufassen ist. In dieser Richtung wär möglicherweise Aufschluß zu erwarten 1. von der Prüfung der quantitativen Beziehungen zwischen { Ferment und dem absorbierenden Material, 2. von einer Untersuchung über die Festigkeit der ver- mutlich entstehenden Verbindung von Ferment und Substrat. Demgemäß wurde zunächst untersucht, ob die Menge des absorbierten Pepsins mit der Menge der zugefügten Absorbens steigt. Es ist dies das Gegenstück zu dem oben erwähnten Be- funde Sahlis, wonach Fibrin aus einer pepsinreicheren Lösung mehr Pepsin aufnimmt. Meine ersten einschlägigen Versuche wurden mit auf dem Wasserbad eingetrocknetem koagulierten Eiweiß angestellt. Doch erwiesen sich bei dieser Temperatur getrocknete Präparate als nicht mehr oder sehr wenig quellbar und zugleich für Pepsin weniger aufnahmefähig. Eiweißpulver wurde 1 Stunde lang mit der Pepsinlösung geschüttelt, dann 24 Stunden damit stehen gelassen. 2 ccm des Filtrats wurden dann mit 2ccm HCl von 0,5 Proz. angesäuert, mit Mettschen Röhrchen bei 40° hingestellt. Der Niederschlag wurde gewaschen, angesäuert und mit Mettschen Röhrchen im Brutschrank gehalten. Versuch XX. E Caseinum technicum. Pepsinlösung: je 10 ccm PA + 10 ccm H,O. 2 ccm davon-+-2 cem HCl, verdauen 12 mm Mett in 24 Stunden. ni eier — ı g Filtrat verd. in 24 Std. 5 mm Niederschlag ** + 40 HCl (0,25 Proz.) in 24 Std.: 8 mm 1,50 g Pr) ” 4 „ ” ” 5 ” *2 g )) ya 31), ) » ” 4 » *8,50 5 Di) » 2 „ » „ U- *9,50 8 >) » 2 n » 0% * benetzte sich schlecht. ** löste sich nicht. Versuch XXI Eiereiweiß. Pepsinlösung 100 cem PA + 200 cem H,O. Verdauungswirkung 8,5 mm in 24 Stunden. 0,50 g + 20 cem der Pepsinlösung. Filtrat verdaut in 24 Std. 6 mm | Niederschlag** anges. 2 1,00 8 = ” ” 1.» ” 1 n 1,50 8 + ) ” Spur ” 0 ” 2,00 8 au ” ” 0 mm ” 0 a 2,50 g + }) „ 0 n ” 0 b) 3,00 8 m » ” 0 2) ” 0 ” 4,50 g + ” n ” ” 0 » ” ** ]öst sich teilweise. Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 445 Versuch XXI. Serumeiweiß. Pepsinlösung wie XXI. 1 g + 20 ccm der Pepsinlösung. Filtrat verdaut in 24 Std. Y, mm | Niederschlag anges. 1'/,mm | in D) ) „ 0, D) 0 „ | 3 Ss + ” „ ” 0 n ” 0 ” 5 a + ” ” ”» 0 ” ” 0 Versuch XXI. Der folgende Versuch war mit durch Alkohol koaguliertem Eiereiweiß angestellt, das im Vakuum bei 40° über Schwefel- säure bis zur Gewichtskonstanz getrocknet worden war. 2 cem PA +2 cem HCl (0,5 Proz.) verdauen in 24 Stunden bei 40° 7 mm. 0,10 g* nach 24 Std. Digestion verd. 2 ccm des Filtrats anges. in 24 Std. bei 40% | 6,5 mm 0,15 ig ” ” ” ” 1 ” 5,5 ” 0,30 g* n ” n ” ” 4,5 n 0,50 g* » » ”» ” ” 2,5 ” | 0,75 g* ” n n ” ” 15 » 171,00 g* B) D) D) D) n Spur * versetzt mit 10 cem der Pepsinlösung. Die Behandlung mit Alkohol hatte das Absorptionsvermögen merklich beeinträchtigt, wie aus dem Vergleich mit dem folgenden Versuch hervorgeht. Versuche XXIV und XXV. Ausgeführt mit im Vakuum über Schwefelsäure bei 40° ge- trocknetem (und dabei fast wie vorher quellbar gebliebenem) koagulierten Eiweiß. Das Eiweißpulver wurde 24 Stunden mit 10 cem einer Pepsinlösung von 7 mm Verdauungskraft (in 24 Stdn. bei 40°, 2 cem +2 ccm HCl) bei 40° gehalten. Nachher wurden 2 cem Filtrat und der ganze gut gewaschene | Rückstand entsprechend angesäuert und mit Mettschen Röhrchen auf Verdauungswirkung untersucht. Hühnereiweiß. 0,10 g Filtrat verdauen in 24 Stdn. 3,5 mm Niederschlag gelöst in 24 Stdn. 0,15 R N = 2A, 0,20 & Spur > Se 0,25 . 0 : 8 „ 0,40 hs 0 5 4 Tagen 0,70 B 0 = _— — ‚0,90 Br 0 I Pe Koaguliertes Serumeiweiß. 0,20 g Filtrat verdauten in 24 Stdn, 0 Rückstand gelöst in 24 Stdn. 0,50 ” „ 0 ” 36 » 446 Ferdinand Dauwe, Weitere Versuche wurden nicht mehr mit Pulver von koagu- liertem Eiweiß angestellt,; sondern mit in Klumpen koaguliertem | Hühnereiweiß, deren Trockengehalt verschieden war. Dabei ergab sich nochmals, daß, je größer der Trockengehalt des feuchten Koagulums ist, desto mehr Pepsin absorbiert wird. Versuch XXVl. Angewandte Pepsinlösung: 2ccem--2cem HCl von 0,5 Proz. Verdauungswirkung in 24 Stdn. 8 mm. Verdauungs- Eiweißgehalt | Hinzu- i kraft der . Di- Flüssigkeit des gefügte 3 Be ae gestions- | (2 cem + ER A zeit |2 ccm HC) Koagulums | menge in 24 St. bei 40° 10 g im Ei geronnenes frisches | Eierklar etwa 15 Proz | 30 ccm 24 St. 1!. mm 10 g koag. Eiweiß (das gleiche Eierklar, aber vor dem Koagu- lieren mit 1 Volum phys. CINa-lösung verdünnt. 1.9 Tros." | a0, id. 4!a „ 29 g in Klumpen koagul. Ei- weiß, erhalten aus einer Lösung, die erst zur Trockene gebracht, dann wieder gelöst und filtriert worden war 6 Proz. 30°, 1d. Bi 29 g ebenso 18 Proz. 30: 5 id. 3/44 Wie in den zuletzt angeführten zwei Versuchen beobachtete ich auch sonst wiederholt, daß Eiweißlösung, wenn sie zur Trockene gebracht, dann wieder gelöst und von dem ungelöst bleibenden Anteil abfiltriert wird, an Absorptionsvermögen für Pepsin einbüßt. Verdünnte Lösungen von Pepsin geben sonach ihr Pepsin so vollkommen an koaguliertes Eiweiß ab, daß sie hinterher jeder Verdauungswirkung bar erscheinen. Danach handelt es sich entweder um eine richtige chemische Bindung, oder aber, falls eine feste Lösung vorliegt, muß der Verteilungskoeffizient gegenüber Wasser in solchem Maß der Auf- nahme des Pepsins durch das Eiweiß günstig sein, daß in der Lösung nicht mehr nachweisbare Spuren Pepsin zurückbleiben. Handelt es sich um eine feste Lösung, so ist zu erwarten, daß sich der Verteilungskoeffizient einem anderen Lösungsmittel gegenüber wesentlich ändert. 1 W. 2,90 g| Eiereiweiß| Digest. 46 St. |10 cem PA - 20 ccm EL|2 eem Filtrat in Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 447 Mit Rücksicht darauf, daß das Pepsin auch gelöstes Eiweiß angreift, wurde untersucht: 1. ob pepsinfreies koaguliertes Eiweiß aus Eiweiß-, Albumosen- oder Kaseinlösungen weniger Pepsin aufnimmt als aus Kochsalzlösung, 2. ob pepsinbeladenes koaguliertes Eiweiß oder Agar von seinem Pepsin an Eiweißlösung abgibt. Versuch XXVIl Würfel von koaguliertem Eiweiß wurden mit Pepsinlösung und einer schwachen Hühnereiweißlösung für eine bestimmte Zeit zusammengebracht. Dann wurde filtriert und 2 ccm des Filtrats mit 2cem HCl von 0,5 Proz. mit Mettschen Röhrchen bei 40° zusammengebracht. Die Eiweißlösung enthielt 25 cem Eiklar auf 180 physiologischer NaCl - Lösung. EL = diese Eiweißlösung. Würfel+20cemHCl 24 Std. 0 mm] (0,25%,),angegriffen. 1 W. 2,90 g u r EB ST Re desgl]. desel, 1 W. 2,10 g| Serumeiw. a 10 „ PA+,„ „ „ |2eem Filtrat in | Würfel+20cemHCl ; 24 Std. 1,5 mm| zu, 4mm | ‚Mett. i I 2.90 2 5 5 Bis BA 5, 5,12 cemFiltrat in Würfel-++20eemHCl, ' Kontrollv. 24 Std. 0 mm| leicht angegriffen. 5 „ PA+20cemH,0|2 cem Filtrat in 24 Std. 8,5 mm 5 „ PA-+20cemEL|2 ccm Filtrat in 24 Std. 8,0 mm Versuch XXVIII. Dieser Versuch wurde mit stärkeren Lösungen der hemmenden Sub- stanzen (Albumosen, Milch, Eiweißlösung, Leim) ausgeführt. Es wurden keine Würfel angewandt, sondern Mettsche Röbschen ausnahmsweise mit Hühnereiweiß gefüllt. Lösungen: Albumosen 4 Proz. Eiweiß: mit H,KPO, neutralisiertes Eiklar. Leim: 30 Proz, Gelatine. Milch: käuflich, mit Essigsäure schwach angesäuert. Di: Verdauungswirkung Be 24 Stdn., bei 40°, Mettsche Röhrchen versetzt mit a (Nach Abspülen und Zu- 3 satz von 4 ccm HÜl bei 40° von 0,25 Proz.) 2 com PA + 2 ccm Albumosen . . . 15 St.. | ‘21/2 mm Ber 2cem Milh. -...|) 15, | 1!/; mm 2 ccm PA + 2 ccm Eiweiß . . E56... | 0 2 ccm PA + 2 ccm phys. NaCl- Be 19; %, 3 mm (Kontrollversuch) 2 ccm PA + NT IE ee un |: Te 3 mm 448 Ferdinand Dauwe, In einer anderen Versuchsreihe habe ich den Einfluß auf die Verdauung von sehr verschiedenen löslichen Stoffen neben jenen des gelösten Eiweißes untersucht und zwar mit gleichem Ergebnis. Versuch XXRX. Diese Versuchsreihe wurde mit einer 2proz. Lösung von Pepsinum Germanicum (PG) in 0,5proz. Salzsäure angestellt. Einzelne Versuche wurden auch mit der gewöhnlichen Pepsinlösung PA angestellt, die über- haupt viel wirksamer ist. Ver- Ver- Angewandte Substanz dauungs- Angewandte Substanz dauungs- und kraft und wirkung angewandte Pepsinmenge | bei 40° in | angewandte Pepsinmenge | in 24 St. se a 2 BRD E BET FEST 2ccm PG -+-2H,;,0 .| 3,5 mm |2ccm PG-- 2 Dekokt es: 2ccm „ + 2Stärkelösung | 3,5 „ laj. . . «| 3,5 mm 2 2 gesätt. Dex- =: RER Ei- Se 5 x ? Su ER 2 ccm PA weißlösung j Yopi 2 ccm PG + 2gesätt. Milch. M ee v.0,5°/0 zuckerlösung . . - 3 + 2 Gelatine- 2ccm PA ! lösung (40/0) 2ccmPG + 2 gesätt. og +4H6 05°, | 6,5 benzuckerlösung . .| 35 „ (123,0 Do /o 9 2ccm PG + 2 gesätt. Rohr- 2 ccm PA zuckerlösung . . 2,85 a HCI 0,5 %0| 10 » 2 ccm PG + 2 gesätt. Man- nitlösung . . 5,D.. 2ccemPG +2 a Ei. weißlösung . . Rn. Fe 2ccmPG +2 Besikhihe. Enmmnleion... m ae Die Fähigkeit des gelösten Eiweißes, die Imbibition des koagulierten mit Pepsin zu hemmen, und zwar total, wenn seine Menge (2 cem Eiklar) die des koagulierten (Mettsche Röhrchen) erheblich überschreitet — spricht dafür, daß zwischen beiden Eiweiß- arten ein Wettstreit um das Pepsin besteht, der am einfachsten durch die Annahme zu deuten ist, daß auch das gelöste Eiweiß das Pepsin mit einer gewissen Intensität anzieht. Diese Vorstellung gewinnt an Sicherheit durch die Tatsache, daß pepsinbeladenes koaguliertes Eiweiß seine Ladung an gelöstes Eiweiß abgeben kann. Versuch XXX. Eiweißlösung von geringer Konzentration (Milch, Eiweißlösung [Eiklar ‘von 1 Ei auf 180 ccm physiologischer NaCl-Lösung]). Mit Pepsin beladene Eiweißwürfel werden gewaschen und 24 Stunden in diesen Lösungen bei 40° belassen, dann gewaschen für 24 Stunden in Salzsäure mit Mettschen Röhrchen zusammengebracht. 3 j | j | Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 449 | Bass Flüssigk. \. Verwendete y verdaut Niederschlag Y der j h Lösung Dieestion |? 24 St. in 24 St. = mm Mett ' ‚3g Hühner-Eiweiß |10ccm PA+20ccmH,0 |, 24 Std. 4 ‚(ein großer Würfel) & 30 ccm Eiweißlösung . . » 0 “ 30 ccm HC1 0,25 Proz. . . ä 0 Würfel halb ge- löst. ög Hühner-Eiweiß | 10 ccm PA + 20 ccm H,O “ 4 (ein großer Würfel) pr 30‘ccm; Milch. "...,».. .... 12 Std. 0 gerinnt nern b 30 com HC1 0,95 Proz. .| 2# Std. | 0 Ba ob enachhiel ‚ anhaftende Ka- sein-Gerinnsel gelöst. Würfel P cem Kontrollvers. | 10 ccm PA +20ccmH;0 | 24 „ 8,5, Kain Selsr. Wenn auch eine Abgabe von Pepsin an sehr schwache .Eiweißlösung kaum wahrnehmbar ist, so wird sie doch merklich, sobald die Menge des gelösten Eiweißes gegenüber der Menge des geronnenen bedeutend größer ist. Versuch XXXlI. Mit Pepsin beladene Mettsche Röhrchen von koaguliertem Hühner- eiweiß und flüssiges Eierklar. Die Eiweißlösung wird auf übergetretenes Pepsin geprüft, indem die gleiche Menge 0,5proz. Salzsäure hinzugefügt und damit bei 40° digeriert wird. Ebenso werden die Kontrollproben behandelt. Nach 24 Stunden wird Alkalialbuminat und gerinnbares Eiweiß genau gefällt und der Gehalt an Verdauungsprodukten im Filtrat mit der Biuretreaktion unter Zusatz von gleicher Menge NaOH approximativ geschätzt. Mit Pepsin beladene gleiche Mettsche mm Röhrchenkommenin| Ver- folgende Lösungen | dauung 24 Std. a) 4 HC1 0,25 Proz. | 5 mm b) 4 NaCl physiol. Das Eiklar 24 St. digeriert mit Tropfenzahl 2 proz. CuSO,, die zur Erzielung der maxi- malen Biuretreaktion nötig war. 4 HCl 0,25 Proz. 5 mm c) 2 Eiklar+2NaCl 4 HÜl 0,25 Proz. Spur 4 HCl 0,5 Proz. 30 2 Eiklar Konto. NaCl 10 4 HC1 0,5%), Beitr. z. chem, Physiologie. VI, 29 450 Ferdinand Dauwe, Versuch XXXL. Versuchsanordnung wie in Versuch XXXI, nur wurden größere Mengen koagulierten Eiweißes und flüssiges Eiweiß angewandt. Bestimmung des nichtkoagulablen N nach 24stündiger Extraktion des Pepsins durch das gelöste Eiweiß bei 40°. Nicht Eiweißlösung ee digeriert 24 Std. digeriert w. 10 & koaguliertes Eiklar mit Pepsin Beiieh, gewaschen . : 10 g koaguliertes Eiklar mit Pepsin bei 40° mit 10 Eiweißlös.*| 10 HCl 0,5 Proz.| 0,0651 gewaschen . . 118 nt 10 £ . # 0,0798 10 n + z 0,0153 Kontrollprobe | 10 F “ h 0,0165 * Eiw.-Lös. = 60 Eierklar +4 40 phys. NaCl-Lösung + KH;,PO, zum Neutralisieren. Ähnliche Resultate geben natürlich Agargallerten, da sie ihre Pepsinladung schon an Salzsäure abgeben. Sehr merkwürdig ist das Verhalten von Kieselgur, die, wie _ oben in Versuch III erwähnt, ihre Pepsinladung schwer an Salz- säure abgibt, sehr leicht aber an flüssiges Eiweiß. Versuch XXXIL. Biuret- reaktion nach digeriert durch Genommen 24 Std. mit Alkalıalb. u. Eiweiß 2 g mit Pepsin be- ladener Kieselgur, gewaschen + Ei- weißlös. durch24St. |30 Eiweißlös. 30 HCl 1a sehr stark 0 sehr schwach Kontrollprobe . . 8 Bi 30, Die vorigen Versuche lehren, daßk mit Pepsin beladenes Eiweißcoagulum seine Ladung an im UÜberschuß vorhandenes flüssiges Eiweiß fast ganz wieder abgibt, d. h. das Pepsin verteilt | sich zwischen dem festen und flüssigen Absorptionsmittel. Wenn nur Pepsin in koaguliertes Eiweiß hinein-, und aus diesem wieder in flüssiges herausdiffundieren kann, so erscheint eine Zu: Fällung der Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 451 Versuchsanordnung möglich, das Durchtreten von Pepsin durch eine Wand von koaguliertem Eiweiß zu zeigen. Es brauchte danach bloß auf einer Seite der dünnen Eiweißwand eine Pepsinlösung, auf der anderen Seite flüssiges Eiweiß vorhanden zu sein. Das Pepsin sollte dann von der Eiweißwand aufgenommen und auf der anderen Seite an das flüssige Eiweiß wieder abgegeben werden. Diese Vorstellung widerspricht freilich der landläufigen Meinung von der Nichtdiffusibilität der Fermente in solchem Maße, daß die Anstellung des Versuchs nahezu aussichtslos schien. In der Tat gelang es erst nach einer großen Zahl fehlgeschlagener Ver- suche eine befriedigende Versuchsanordnung zu finden. Die angewandten kleinen Diffusionsapparate bestanden aus beiderseits offenen Glasröhrchen von 6 cm Länge und 1 cm Durchmesser. Sie wurden an einem Ende durch eine Schicht ven geronnenem Eiweiß ver- schlossen, die nicht über 1 bis 1,5 mm stark war. | Die Undurchlässigkeit der Schicht wurde so geprüft, daß die Röhrchen mit dem verschlossenen Ende in Wasser gesenkt wurden. Wenn sie sich nicht in 24 Stunden als völlig undurchlässig erwiesen, wurden sie beseitigt. Ahnliche Versuche wurden mit aus 30proz. Gelatine hergestellten Membranen angestellt. Die Diffusionsversuche mit Eiweißmembranen wurden bei 40°, die mit Gelatine im Eisschrank durchgeführt. In Versuchen, in denen ich die angewandte Pepsinlösung durch eine Eiweiß- oder Gelatinewand gegen Wasser diffundieren ließ, und den Übergang des Pepsins durch Einwirkung auf Mettsche Röhrchen nachzuweisen suchte, war das Resultat schlechterdings negativ. Auch in Versuchen, wo ich gegen Eiweiß- lösung diffundieren ließ, wo aber die Eiweißschicht zu dick, über 2—5 mm genommen war, konnte kein unzweifelhaftes Resultat erreicht werden, wobei allerdings der Umstand mitwirkte, daß die Prüfung auf in die Eiweißlösung durchdiffundiertes Pepsin nur durch nachträgliche Verdauung der Eiweißlösung nach Zusatz von HCl und Bestimmung des nicht koagulablen Stickstoffs geschehen mußte. Immerhin war in einzelnen Fällen der Übergang von Pepsin in die Eiweißlösung wenigstens angedeutet. So in nach- stehendem Versuch: Versuch XXXIWV. Im Dialysator 5 ccm Pepsinlösung PA. Außen 10 ccm Eiereiweiß- lösung (bereitet aus 40 ccm Eierklar und 40 ccm physiologischer Kochsalz- lösung und schwach mit KH,PO, angesäuert, um gute Koagulation zu ermöglichen). Diffusionsdauer 48 Stunden. Niveau der Flüssigkeit nach der Diffusion innen und außen unverändert. u: 10 ccm der angewandten Eiweißlösung werden nach Zusatz von 10 ccm 0,5proz. Salzsäure 24 Stunden bei 37° stehen gelassen und auf nichtkoagulablen Stickstoff untersucht, Es fand sich dann in zwei Ver- suchen 0,0109 und 0,0106, im Mittel 0,0108 g nichtkoagulabler Stickstoff. 29* 452 Ferdinand Dauwe, In genau derselben Weise wurden die 10 ccm der gleichen Eiweiß- lösung behandelt, die als Außenflüssigkeit durch 48 Stunden gegen Pepsin hatten diffundieren können. Es fanden sich a) 0,0126 und b) 0,0150, im Mittel 0,0138 g nichtkoagulabler Stickstoff. Die Dicke der Eiweißschicht hatte in a) 3 mm, in b) etwa 2 mm betragen. Ich habe solche Versuchsergebnisse als den Fehlergrenzen zu nahe liegend nicht für beweisend erachtet. Hingegen gelang es nach vielen Tastversuchen die Versuchs- anordnung in folgender Weise beweiskräftiger zu gestalten. Es kamen engere Röhrchen (5 mm Durchmesser) zur Verwendung, die Pepsinlösung wurde sehr konzentriert genommen und als Außen- flüssigkeit benutzt, dagegen eine sehr kleine Menge Eiweißlösung von dem Eiweißgehalt der Membran als Innenflüssigkeite In die Innenflüssigkeit wurden mit Eiereiweiß beschickte kurze Mettsche Röhrchen gebracht. Die Dialysatoren wurden in die Pepsinlösung für 24 Stunden ein- gesenkt, dann wurde das Flüssigkeitsvolum kontrolliert, die Eiweißlösung aus dem Dialysator samt dem Mettschen Röhrehen mit der nötigen Menge Salzsäure versetzt und 24 Stunden bei Bruttemperatur stehen ge- lassen. Die Membranen wurden nachträglich neuerdings auf ihre Undurch- lässigkeit geprüft und alle verdächtigen Versuche ausgeschlossen. Parallelversuche mit der gleichen Menge Eiweiß und Salzsäure und minimalen Mengen Pepsinlösung zeigten, daß unter den gegebenen Be- dingungen Verdauung der Mettschen Röhrchen eintritt, sobald das flüssige Eiweiß in Albumosen umgewandelt ist. Versuch XXXV. Ver- dauungs- Natur und Dicke der ; kraft Membran Innerhalb der Röhrchen 1 wear Kr >) I ) l ccm Eiklar (mit ls Br e 2 | KH2 PO% neutral.) 3 cem !l2 cem 1 ? £ RR R N | + Mettsche If PA | 0,4%) So ” ” SR ey . 9 „ Gelatine fh ) an Spur Kontrolle: Mett + Salzsäure 0 Wie oben hervorgehoben wurde, stehen uns für die Deutung der Fermentabsorption zwei Vorstellungen zu Gebote. Es handelt sich entweder um die Bildung einer chemischen Verbindung, oder mm in 24St. Den um eine Lösung auf Grund des Verteilungssatzes. Beide An- nahmen erklären die Beobachtung, daß mit Zunahme des Ferments 7 die absorbierte Menge bis zu einer gewissen Grenze steigt. Die” Erscheinung aber, daß das aufgenommene Ferment aus dem Substrat Über die Absorption der Fermente durch Kolloide. 453 durch ein geeignetes Lösungsmittel (z. B. gelöstes Eiweiß) wieder aus- gezogen werden kann, kann für die Bindungstheorie nur unter der weiteren Annahme erklärt werden, daß die chemische Bindung eine sehr lockere ist, während bei Annahme der Lösungstheorie diese Erscheinung ohne weiteres aus dem Verteilungssatz ver- ständlich ist. Für das Labferment haben bereits Reichel und Spiro sehr wahrscheinlich gemacht, daß es sich bei der Labung zwischen Käse und Molke nach konstantem Faktor verteilt.*) Für diese Vorstellungsweise spricht aber auch, daß chemisch ganz ver- schiedene Stoffe z. B. koaguliertes Eiweiß, Tierkohle, Kieselgur ein ähnliches Absorptionsvermögen für Fermente aber auch andere chemisch sehr abweichend gebaute Stoffe z. B. Farbstoffe auf- weisen, so daß es schwer fällt, anzunehmen, daß so überaus ver- schieden gebaute Stoffe zufällig gerade wieder analoge weit aus- einandergehende chemische Affinitäten, z. B. zu Fermenten einer- seits, zu Farbstoffen andererseits, besitzen sollten. *) Reichel und Spiro, Diese Beiträge 6, 68. XXXI. Über chemische Veränderungen des Knochenmarks nach intraperitonealer Bakterieneinspritzung. Ein Beitrag zur Frage nach dem Ursprung des Fibrinogens. Von Privatdozent Dr. Paul Th. Müller, Assistent am Institut. a, Aus dem hygien. Institut der Universität Graz. Ausgeführt mit einer aus dem Legat Wedl gewährten Unterstützung der Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien. 1: Während sich in den letzten Jahren zahlreiche Forscher mit den Veränderungen beschäftigt haben, welche die biologischen Eigenschaften des Blutes bzw. seiner Bestandteile, nämlich des Plasmas, des Serums und der Blutkörperchen im Verlaufe von Immunisierungs- und Infektionsprozessen erleiden, sind den physikalischen und chemischen Alterationen derselben nur relativ wenige Arbeiten gewidmet worden. Wenn wir hier von den Änderungen der physikalischen Konstanten des Serums, des spezifischen Gewichtes, der Gefrier- punktserniedrigung, der Leitfähigkeit für den elektrischen Strom, des Brechungsindex usw. vollkommen absehen, da dieselben weder beträchtlich noch konstant zu sein pflegen — vergleiche die Arbeiten von Beljaöff*), Szontagh und Wellmann**) und Butjagin***) — so finden sich an dem Serum immunisierter Tiere besonders Alte- rationen des gesamten Eiweißgehaltes, sowie der Mengenver- hältnisse der einzelnen Eiweißkörper, nämlich der Globuline und des Albumins, zu einander. — Pr Was zunächst den Gesamtgehalt des Blutserums an Eiweiß- körpern betrifft, so hatten Szontagh und Wellmann denselben *) Centralbl. f. Bakt. 33, 1903. **) Deutsche med. Wochenschr. 1898. +**) Hygien. Rundschau 1902. Uber chemische Veränderungen des Knochenmarks usw. 455 bei dem Diphtherieheilserum erhöht gefunden, hatten jedoch die Möglichkeit offen gelassen, daß diese Veränderung von dem ungleichen Ernährungszustande der Versuchstiere vor und während der Immunisierung abhängig sein könnte. Butjagin dagegen, der im übrigen die Angaben der genannten beiden Autoren vollauf bestätigen konnte, glaubte diesen rein zufälligen Faktor durch besondere Kontrollversuche ausgeschlossen zu haben, und betonte, daß die Zunahme des Eiweißgehaltes allmählich, und zwar in gleichem Schritt mit der Anhäufung des Antitoxins im Blute vor sich gehe und daher wohl mit diesem Vorgange in innigem Zusammenhang stehen müsse. Im Gegensatz zu den beiden eben zitierten Arbeiten fand jedoch Joachim*), welcher gleichfalls das Serum eines Pferdes vor und nach der Immunisierung gegen Diphtherietoxin unter- suchte, den Gesamteiweißgehalt nur ganz unwesentlich erhöht, und das gleiche Ergebnis erhielt Moll**) bei seinen Immunisierungs- versuchen mit verschiedenen genuinen und denaturierten Eiweiß- körpern. Allen diesen Experimenten halten nun Langstein und Mayer***) in einer vor kurzem erschienenen Arbeit entgegen, daß die alleinige Berücksichtigung des Serumeiweißes zu gänzlich irrigen Vorstellungen über die im Verlaufe von künstlich erzeugten Infektionsprozessen eintretenden Veränderungen der Blutzusammen- setzung führen müsse, und daß es daher das einzig Richtige sei, den Gesamteiweißgehalt des Blutplasmas in Betracht zu ziehen. Tut man dies, so findet man die Eiweißmenge bei fast allen Infektions- und Immunisierungsprozessen mehr oder weniger erheblich gesteigert. Geprüft wurde in dieser Hinsicht von den genannten beiden Autoren das Plasma von Kaninchen, welche mit Bact. typhi, dysenteriae, mit Pneumokokken, Streptokokken, mit Schweinerotlaufbazillen und mit Choleravibrionen infiziert bzw. immunisiert worden waren. Während bei diesen Versuchen der Gesamteiweißgehalt von 12 cem Oxalatplasma bei normalen Tieren durchschnittlich . . . . 0,4775 g betrug, fanden sich bei der Infektion mit Typhusbazillen 0,5399 „ *) Wiener klin. Wochenschr. 1902. **) Diese Beiträge 4, 1903. ***) Diese Beiträge 5, 1904, 456 Paul Th. Müller, mit Pneumokokken. ul BoizrE re „ Streptokokken" !- „u Barren a „. Dysenteriebazillensı Zu FrRezEar „ Choleravibrionen. ».22 EEE BDA „ Schweinerotlaufbazillen .. ..7 .75.72,°7052267 als Eiweißgehalt des Plasmas. Beträchtlicher sind noch die Veränderungen, welche an den einzelnen Eiweißfraktionen im Verlaufe von Immunisierungsvor- gängen beobachtet wurden. Vor allem findet sich der sogenannte „Eiweißquotient“, das ist das Verhältnis von Globulin zu Albumin, oft wesentlich alteriert. Schon Joachim‘) hatte an dem Serum eines Pferdes während der Immunisierung gegen Diphtherietoxin die Beobachtung gemacht, daß dessen Globulingehalt auf Kosten des Albumins eine bedeutende Zunahme erfuhr. Moll**) hat dann in einer größeren Reihe von Versuchen den Nachweis erbracht, daß dieses Verhalten wenigstens bei der Immunisierung von Kaninchen mit Pferdeserum bzw. mit einzelnen daraus rein dargestellten Eiweißkörpern die Regel ist, und er spricht demgemäß direkt von einem „gesetzmäßigen Phänomen der Globulinvermehrung bei gleich- bleibendem Eiweißgehalt des Serums“. Auch Langstein und Mayer haben dieses Phänomen bei ihren Infektionsversuchen beobachtet und haben dasselbe in folgen- der Weise formuliert: Bei normalen Tieren schwankt das Ver- hältnis von Albumin zum Gesamtglobulin (d. i. Fibrinogen + Serumglobulin) zwischen 2 und 3. Bei fast sämtlichen immunisierten bzw. infizierten Tieren zeigt sich jedoch eine Zunahme des Gesamtglobulins und eine Abnahme des Albumins, derart, daß der Eiweißquotient unter 2 herabgeht, ja sogar unter Umständen bis unter 1 sinkt. Das Verhältnis von Albumin zu Serumglobulin schwankt nach den Experimenten von Langstein und Mayer bei normalen Tieren zwischen 2,3 und 3,6, bei infizierten Tieren geht auch dieser Quotient meist mehr oder minder erheblich unter den Wert 2 herab. Es ist nun vielleicht nicht überflüssig, gleich an dieser Stelle zu betonen, daß bei den mit ganz ähnlicher Methodik angestellten Untersuchungen Molls der Eiweißquotient weit weniger gleich- mäßige Werte ergeben hat, als sie Langstein und Mayer ge- funden haben, und daß derselbe auch bei normalen Tieren *) Arch. f. d. ges. Physiol. 9. **) Diese Beiträge 4, 1903. Über chemische Veränderungen des Knochenmarks usw. 457 selbst kleiner als 1 sein kann. Ich setze, um diese Tat- sache zu demonstrieren, und um einen Vergleich zu ermöglichen, die aus Molls Tabelle berechneten und die von Langstein und Mayer angegebenen Quotienten (Albumin : Serumglobulin) hier Albumin (Gresamtglobulin war natürlich aus den Mollschen Zahlen deshalb unmöglich, weil dieser Forscher mit Serum und nicht mit Plasma gearbeitet hat, und daher die Fibrinogenfraktion nicht mit berücksichtigen konnte. nebeneinander. Die Berechnung des Quotienten Verhältnis von Albumin:Serumglobulin im Serum normaler. Tiere nach Moll Langstein und Mayer 1,6 2,00 2,58 97 2,55 2,36 1,93 AS: 3,59 1,48 1,27 3,45 1,19 2,43 2,32 1,08 1,07 1.99 2,62 2,88 1,47 3,82 2,29 1,33 31 1,52 1,77 0,39 1,56 | 2,7089 Minimum oo... 2er 2er > Maximum. 0. 20,59 er Miktel 2.202 0 Während also der Quotient eo. bei den von erumglobulin Langstein und Mayer untersuchten Tieren, wie gesagt, zwischen 2,32 und 3,59 schwankt, war dessen Minimalwert bei den Unter- suchungen Molls 0,89, dessen Maximalwert 3,82. Die Mittel- werte des Quotienten waren bei Moll 1,47, bei Mayer und Langstein 2,86. Es kann kaum zweifelhaft sein, daß diese Difrenzen bei der Gleichheit der angewendeten Methoden hauptsächlich auf indi- viduelle oder auf Rassenunterschiede der untersuchten Tiere zurück- 458 Paul Th. Müller, zuführen sein dürften, haben ja doch bereits auch andere Forscher mit Nachdruck auf die großen individuellen Schwankungen in der Zusammensetzung des Kaninchenblutes hingewiesen. Außer den bisher erwähnten Veränderungen, welche sich an dem Blutplasma infizierter oder immunisierter Tiere nachweisen lassen, ist noch eine dritte Alteration seiner Zusammensetzung zu verzeichnen, die allerdings nur bei ganz bestimmten Infektions- erregern deutlich ausgeprägt zu sein pflegt: nämlich die mehr oder minder beträchtliche Steigerung des Fibrinogengehaltes. — Wir wollen an dieser Stelle nicht näher auf die bereits ziemlich zahl- reichen Arbeiten eingehen, die sich mit dem Fibringehalt des Blutes bei verschiedenen pathologischen Zuständen beschäftigen, zumal Langstein und Mayer erst vor kurzem in ihrer bereits mehrfach zitierten Arbeit die wichtigsten darauf bezüglichen Daten zusammengestellt haben. Wir wollen nur ganz kurz erwähnen, daß man nach den Unter- suchungen Pfeiffers*) zwei Gruppen von Infektionskrankheiten unterscheiden muß. Bei der einen Gruppe — zu welcher Typhus, Malaria, Sepsis (ohne lokale Eiterherde), Nephritis, zu rechnen ist — hält sich der Fibringehalt des Blutes innerhalb der auch für den Gesunden giltigen Grenzen. Bei der zweiten Gruppe — Pneumonie, Gelenkrheumatismus, Erysipel, Scharlach, Peritonitis — findet sich dagegen eine deutliche Steigerung des Fibringehaltes, welche am stärksten bei der krupösen Pneumonie ausgesprochen erscheint. Langstein und Mayer konnten bei ihren experimentellen Untersuchungen diese klinischen Beobachtungen Pfeiffers inso- fern vollkommen bestätigen, als auch die mit Pneumokokken geimpften Tiere eine hochgradige Fibrinogenver- mehrung aufwiesen, während die mit Typhus, Cholera, Dysen- terie und Schweinerotlauf infizierten Kaninchen entweder gar keine oder doch nur eine weit geringere Abweichung von der Norm darboten. Die beiden Autoren schließen hieraus, daß manin der Fibrinogenvermehrung eine spezifische Eigenschaft des Pneumonieerregers zu sehen habe, welche übrigens auch den Streptokokken bis zu einem gewissen Grade zukomme. Vorliegende Arbeit beabsichtigt nun, zu untersuchen, ob sich nicht ähnliche Veränderungen, wie sie durch die bisher zitierten Experimente für das Blutserum bzw. das Blutplasma er- *) Zeitschr. f. klin. Med. 33, 215. Uber chemische Veränderungen des Knochenmarks usw. 459 wiesen worden sind, auch in den Geweben der immunisierten Tiere auffinden lassen. Es lag nahe, hierbei in erster Linie an die lJymphoiden Organe zu denken, deren intensive Beteiligung an den Immunisierungsvorgängen ja seit längerer Zeit bekannt ist. Haben doch Pfeiffer und Marx“) für die Choleraschutzstoffe, Wassermann“) für die Pneumokokken- und Typhusschutz- stoffe den Nachweis erbracht, daß deren Entstehungsstätte in Milz und Knochenmark zu suchen ist, und ist doch sogar Wasser- mann zu der Anschauung gelangt, daß sich dasSchicksal desPneumonikers nichtin dem hauptsächlich er- krankten Organe, nichtin der Lunge, sondernim Knochenmark entscheide. Da nun weder die Lymphdrüsen.noch die Milz bei den mir zur Verfügung stehenden Versuchstieren — Kaninchen — eine ge- nügende Größe besitzen, um zur chemischen Untersuchung auf die verschiedenen Eiweißfraktionen verwertbar zu sein, so mußte ich mich zunächst auf die Verarbeitung des Knochenmarks beschränken. Gleichzeitig wurde in den meisten Fällen auch das Blutplasma untersucht, um einen Vergleich mit den beim Knochenmark ge- fundenen Werten zu ermöglichen. Zur Untersuchung dienten einerseits vollkommen normale Tiere, andererseits Kaninchen, welche zwei oder selten drei In- jektionen einer Typhus-, Streptokokken- oder Staphylokokkenkultur in Abständen von zwei bis drei Tagen erhalten hatten, und welche am dritten Tage nach der letzten Injektion durch Verblutenlassen aus der Carotis getötet wurden. Die Typhuskultur, welche zu diesen Versuchen verwendet wurde, war, da sie seit Jahren im Laboratorium fortgezüchtet wird, sehr wenig virulent. Die Streptokokkenkultur war vor kurzem aus Phleg- moneneiter isoliert worden, ebenso die eine der beiden verwendeten Staphylokokkenkulturen, ein echter Staphylokokkus aureus, Die andere, farblose, Staphylokokkenkultur dagegen stammte aus einem pneumonischen Sputum. Für alle Experimente mit jeder dieser Bakterien- arten diente dieselbe, durch Zusatz einiger Tropfen Formalin Konservierte Aufschwemmung einer 24stündigen Massenagarkultur. Das zu untersuchende Blut wurde direkt aus der eröffneten Karotis der Tiere ausfließen gelassen und in dem gleichen Volumen einer physiologischen Kochsalzlösung aufgefangen, welcher 0,5 Proz. Kalıumoxalat zugesetzt war. Das Gemisch wurde dann sofort zentrifugiert und das so erhaltene Plasma in der Menge von 10 cem *) Zeitschr. f. Hyg. 27, 1898. **) Deutsche med. Wochenschr. 1899, Nr. 9. — Berlin. klin. Wochen- schrift 1898, 460 Paul Th. Müller, zur Analyse benutzt. — Sofort nach dem Tode der Tiere wurden ferner die langen Röhrenknochen der hinteren Extremitäten her- ausgelöst, zerschlagen und deren Mark gewonnen. Von zwei mittel- großen*) Tieren erhielt man auf diese Weise etwa 5 bis 7 g Knochenmark. Dieses wurde dann, ohne Zeitverlust, unter Zu- hilfenahme von Glasstaub fein verrieben, in der zehnfachen Menge der oben erwähnten Oxalatlösung aufgeschwemmt und sofort zentrifugiert. Da die von dem Bodensatz getrennte Flüssigkeit stets mehr oder minder stark getrübt war, so wurde sie durch ein doppeltes Papierfilter geschickt, wobei es, nach mehrmaligem Aufgießen der zuerst durchgegangenen, noch etwas trüben Portionen leicht gelang, ein vollkommen klares oder doch nur ganz wenig opaleszentes Filtrat zu erhalten. — Es ist selbstverständlich, daß man bei diesem Verfahren nicht alle im Knochenmark enthaltenen löslichen Eiweißkörper zu extrahieren imstande ist. Esbeweisen jedoch die Ergebnisse meiner Versuche, daß man beistetigerEinhaltungder gleichen Extraktions- bedingungendochmiteinander gut vergleichbare Werteerhält. Jedenfalls hat dies Verfahren der kurzdauernden Extraktion aber den Vorteil, daß sekundäre, etwa durch Autolyse bedingte Veränderungen im Knochenmark keinen störenden Einfluß auszuüben vermögen. Blutplasma und Knochenmarkextrakt wurden dann nach der von Hofmeister, Pohl) und Reye***) ausgearbeiteten Methode auf ihren Gehalt an den drei mit Ammonsulfat fällbaren Eiweißfraktionen, Fibrinogen, Globulin und Albumin untersucht. Da Langstein und Mayer, welche sich bei ihren Analysen ebenfalls dieses Verfahrens bedienten, in ihrer oben zitierten Arbeit erst vor kurzem eine ausführliche Beschreibung davon gegeben haben, so mag dieselbe an dieser Stelle füglich unterbleiben. Die erhaltenen Werte wurden auf 12 g Knochenmark bzw. auf 12 ccm Blutplasma umgerechnet, wobei das Plasmavolumen des Kaninchenblutes mit Rücksicht auf die Bestimmungen von Stewartr) zu 68 Proz. angenommen wurde.T'r) *) Es wurden fast stets Tiere von 1500 bis höchstens 2000 g Körper- gewicht benutzt; sehr junge und sehr alte schwere Tiere wurden mit Rück- sicht auf die großen Verschiedenheiten in der Beschaffenheit ihres Knochen- markes von vornherein ausgeschlossen. **) Arch. f. exp. Pathol. 1886. ***) Über Nachweis und Bestimmung des Fibrinogens; Dissertation, Straßburg 1898. 7) Journ. of physiol. 24; Ref. in Malys Jahresber. 1900. jr) Unsere Zahlen sind daher nicht ohne weiteres mit denen von Mayer und Langstein zu vergleichen, da sich diese letzteren auf 12 ccm Oxalat- Uber chemische Veränderungen des Knochenmarks usw. 461 Ich lasse zunächst, in Tabelle I, die absoluten Zahlen, die sich bei diesen Untersuchungen ergeben haben, folgen. In Tabelle II finden sich dann die hieraus resultierenden Mittel- zahlen. Tabelle Illenthält die entsprechenden mittleren Ver- hältniszahlen, in Prozenten des Gesamteiweiß- gehaltes ausgedrückt, wobei der letztere aus der Summe der Fibrinogen-, Globulin- und Albuminwerte berechnet wurde, ein etwaiger Gehalt an Reststickstoff jedoch unberücksichtigt blieb. Endlich enthält Tabelle IV die Quotienten: Serumglobulin bzw.Gesamtglobulin zuAlbumin, also die sogenannten Eiweißquotienten. Ver- a TEE He Fibri- | Globu- nogen lin Normal BERBERESRE ei oO Jh Se 5 3 ® Typhus 70.2 3uw4 5Bu6 Mittel Tabelle I. 12 ccm Blutplasma enthalten Extrakt aus 12,0 & Knochenmark enthalten Albu- min . Ges.- Eiweiß 0,0755 | 0,1661 | 0,1738 0,0547 | 0,1731 | 0,1674 0,0533 | 0,1040 | 0,2143 0,0728 | 0,1390 | 0,2753 0,0498 | 0,2842 | 0,3701 | 0,7041 0,0625 | 0,2198 | 0,3809 | 0,6632 0,0657 | 0,3000 | 0,3456 | 0,7113 0,0513 | 0,3375 | 0,2523 | 0,6411 0,0765 | 0,1242 | 0,3702 | 0,5709 0,1104 | 0,1656 | 0,3171 | 0,5931 0,4154 0,3953 0,3716 0,4871 0,0674 | 0,2081 | 0,3472 | 0,6227 0,1254 | 0,2066 | 0,3484 | 0,6804 0,0768 | 0,2509 | 0,1613 | 0,4890 0,1036 | 0,2911 | 0,2762 | 0,6709 0,1316 | 0,2266 | 0,2892 | 0,6474 0,0912 | 0,2208 | 0,3870 | 0,6990 0,0846 | 0,2250 | 0,2985 0,0972 Fibri- nogen Albu- min Globu- lin (Tes.- Eiweiß 0,2865 0,3305 0,4297 0,1753 | 0,3627 0,0567 | 0,0635 | 0,2040 | 0,3242 0,0319 | 0,0942 | 0,2002 | 0,3263 0,0285 | 0,1240. | 0,3118 | 0,4643 0,0603 | 0,1245 | 0,2031 | 0,3879 0,0369 | 0,1134 | 0,0800 | 0,2303 0,0552 | 0,1482 | 0,0831 0,0436 | 0,1413 | 0,1456 0,0742 | 0,1193 | 0,2362 0,0347 | 0,1597 Mittel 0,0673 | 0,2014 | 0,2867 | 0,5553 || 0,0469 | 0,1201 | 0,1821 | 0,3491 0,1419 | 0,1188 | 0,2310 | 0,4917 0,1631 | 0,1652 | 0,2433 | 0,5716 0,0818 | 0,1122 | 0,2275 | 0,4215 0,0986 , 0,1060 | 0,2734 | 0,4780 0,0496 | 0,1242 | 0,1489 | 0,3227 0,1247 | 0,1228 | 0,2024 | 0,4499 0,0893 0,1059 0,1376 0,0948 0,1091 0,3144 0,3360 0,5151 0,6081 || 0,1077 | 0,0912 | 0,9745 | 0,4734 0,2327 | 0,3011 | 0,6311 || 0,1070| 0,1192 | 0,2249 | 0,4511 plasma und nicht auf reines Plasma beziehen. Wir wählten diese abweichende Berechnungsweise nur, um den Vergleich zwischen Plasma und Knochenmark zu ermöglichen. 462 Paul Th. Müller, Tabelle I (Fortsetzung). 5) a 12 ccm Blutplasma enthalten Extrakt aus 12,0 & Knochenmark enthalten suchs- | er Fibri- | Globu- | Albu- | Ges.- || Fibri- | Globu- | Albu- | Ges.- nogen lin min | Eiweiß || nogen lin min | Eiweiß Staphy- || | lokokken aus Spu- tum 1. uL.02 0,1168 | 0,2701 | 0,3281 | 0,7150 | 0,0760 | 0,0623 | 0,2112 | 0,3495 a | 0,0916 ı 0,3065 | 0,3791 | 0,7772 | 0,0958 | 0,1156 | 0,1854 | 0,3968 »u.6 0,0461 | 0,2384 | 0,3276 | 0,6121 | 0,0512 | 0,1240 | 0,2393 | 0,4145 70.8 0,0466 | 0,1250 | 0,4464 | 0,6180 | 0,0465 | 0,0930 | 0,3014 | 0,4409 9 u. 10 || 0,0758 | 0,1354 | 0,3564 | 0,5676 | 0,0670 | 0,0667 | 0,2610 | 0,3947 11 u. 12 || 0,0484 | 0,1741 | 0,4762 | 0,6987 || 0,0261 | 0,0630 | 0,2768 | 0,3659 Mittel | 0,0708) 0,2082 Sta hy-| lokokkus aureus h \ (Eiter) 1 0,0810 | 0,1722 | 0,5367 | 0,7899 || 0,2088 | 0,1074 | 0,1680 | 0,4842. 2 0,0813 | 0,2418 | 0,3111 | 0,6342 || 0,1382 | 0,1866 | 0,2427 | 0,5675 3 0,1074 | 0,2646 | 0,3420 | 0,7140 02034 0.1077 | 0.3912 | 0.9616 | 0,7605 |) 2084 | 0,1962 | 0,2667 4 5 0,1044 | 0,1821 | 0,3222 | 0,6087 0,1200 | 0,1377 | 0,1386 6 0,0954 | 0,1596 | 0,3789 | 0,6339 || 0,1998 | 0,1248 | 0,1947 0,6663 0,3963 0,5193 7 0,1383 | 0,3156 | 0,3731 | 0,8270 || 0,1771| 0,1116 | 0,1608 | 0,4495 Mittel | 0,1022 | 0,2467 Strepto- kokken lu2 Een = A - 0,1336 | 0,1844 | 0,2781 | 0,5961 3 0,0930 | 0,2527 | 0,3780 | 0,7237 || 0,1229 | 0,2771 | 0,2920 | 0,6920 4 0,0894 | 0,2454 | 0,3450 | 0,6798 || 0,0977 | 0,0958 | 0,1993 | 0,3928 5 0,1140 | 0,2400 | 0,3243 | 0,6783 | 0,0815 | 0,0924 | 0,1212 | 0,2951 6 0,0714 | 0,3684 | 0,3387 | 0,7785 | — | 0,1794 | 0,2130 | — 7 0,1089 | 0,2160 | 0,2694 | 0,5943 | — | 0,2198 | 0,346 | — 8 0,1044 | 0,2439 | 0,2820 | 0,6303 0,1173 | 0,1782 | 0,3999 | 0,6954 |0,0846 0,1911. | 0,0808 0,0997 | 0,2492 Mittel 0,1040 | 0,1642 Über chemische Veränderungen des Knochenmarks usw. 463 Tabelle LI. Mittelwerte. Blutplasma Knochenmarkextrakt Versuchs- tiere Fibri- | Globu- | Albu- | Ges.- || Fibri- | Globu- | Albu- | Ges.- nogen lin min | Eiweiß || nogen lin min ı Eiweiß Normal 0,0673 | 0,2014 | 0,2867 | 0,5553 | 0,0469 | 0,1201 | 0,1821 | 0,3491 [0,0694] | [0,2385] | [0,3393] | [0,6473] Typhus | 0,0972 | 0,2327 | 0,3011 | 0,6311 | 0,1070 | 0,1192 | 0,2249 | 0,4511 Staphylo- kokken aus | 0,0708 | 0,2082 | 0,3855 | 0,6647 |, 0,0604 | 0,0874 | 0,2458 | 0,3937 Sputum Staphylo- kokken aus | 0,1022 | 0,2467 | 0,3608 | 0,7097 || 0,1745 | 0.1441 | 0,1953 | 0,5139 Eiter Strepto- n kokken 0,0997 | 0,2492 | 0,3339 | 0,6829 | 0,1040 | 0,1642 | 0,2194 | 0,4503 Die eingeklammerten Zahlen sind unter Ausschluß der Versuchstiere 1 bis 8 berechnet. Vergleiche den Text. Tabelle II. Prozentische Zusammensetzung. (Mittelwerte.) Blutplasma Knochenmarkextrakt Versuchs- tiere Normal 12,1 36,2 51,6 || 183,4 34,4 | 59,2 [10,7] | [36,8] | 159,4] Typhus 154 | 369 | a7, || 23,7 | 26,4 | 49,8 en okokken 107 | 313 | 579 | 153 | 922 | 85 aus Sputum taphylokokken EeRaKökotken 144 | 34,8 | 508 || 339 | 980 | 380 aus Eiter Streptokokken 14,6 36,5 | 48,8 23,1 333 | 4835 464 Paul Th. Müller, Tabelle IV. Eiweißquotienten. (Mittelwerte.) Knochenmarkextrakt Blutplasma Versuchstiere Serumglobulin | Gesamtglobu- zu Albumin | linzuAlbumin Serumglobulin | Gesamtglobu- zu Albumin |linzu Albumin Normal 1:1,42 1:1:07 1:1,51 1:1,09 [1 :1,42] BSR) Typhus 1:1,29 1:0,91 1: 1,88 1:0,99 5 WERBEN m m BlaphyinEoe = 1:1,85 1:1,38 1:29,81 1:1,66 aus Sputum BEP 1:1,46 1:1,08 1:1,35 1:0,61 aus Eiter Streptokokken 1:71,84 1:0,95 1:21,88 1:0,81 Indem wir nunmehr zur Besprechung unserer Versuchs- ergebnisse übergehen, wollen wir zunächst dem Verhalten des Blutplasmas bei den 5 verschiedenen Gruppen unserer Ver- suchstiere die Aufmerksamkeit zuwenden. Was uns hier zunächst in die Augen fällt, ist die nicht unbeträchtliche Vermehrung des mittleren Gesamteiweißgehaltes bei den vor- behandelten Tieren gegenüber den normalen Kontroll- tieren (Tabelle II). Betrachtet man nun aber die bei den normalen Tieren gefundenen Einzelwerte etwas genauer, so findet man, daß 4 unter ihnen (sie sind in Tabelle I in den vier obersten Reihen [Tier 1 bis 8] aufgeführt) sich durch ganz auf- fallende Kleinheit von den übrigen Zahlen unterscheiden. Eine Ursache für dieses Verhalten vermag ich nicht anzugeben. Ist man jedoch der Anschauung, daß diese 4 Zahlen als abnorm von der Durchschnittsberechnung auszuschließen seien — eine An- schauung, der auch ich mich zuneige — so würde sich für den Gesamteiweißgehalt bei den Normaltieren ein wesentlich höherer Mittelwert ergeben, nämlich 0,6473, welcher den bei den Immun- tieren gefundenen Zahlen beträchtlich näher liegt. Trotzdem bleibt auch dann noch bei 3 Gruppen von vor- behandelten Tieren (nämlich bei den beiden Staphylokokkengruppen und bei der Streptokokkengruppe) eine deutliche Vermehrung des Gesammteiweißgehaltes im Plasma bestehen, ein Befund, der mit den Angaben von Langstein und Mayer vollkommen über- einstimmt. Was nun aber die einzelnen Eiweißfraktionen des . Plasmas anlangt, so sind deren Veränderungen unter dem Einfluß Über chemische Veränderungen des Knochenmarks usw. 465 der Immunisierung durchschnittlich sehr geringe gewesen. Die Albuminfraktion hat, wenn wir als Normalwert die in Tabelle II eingeklammerte Zahl 0,3393 gelten lassen, welche unter Ausschluß der Versuchstiere 1 bis 8 berechnet wurde, bei den Streptokokken- und Typhustieren unwesentlich abgenommen, bei den Staphylokokkentieren etwas zugenommen. Ebenso gering- fügig sind die Veränderungen der Globulinfraktion. Letztere Tatsache ist nun sehr auffällig. Wir haben ja in der Ein- leitung hervorgehoben, daß sowohl Joachim, Moll, wie Lang- stein und Mayer bei ihren immunisierten bzw. infizierten Tieren als konstanten Befund eine erhebliche Globulinvermehrung beobachtet haben, und es erhebt sich daher die Frage, weshalb denn diese Globulinvermehrung bei unseren Versuchen aus- geblieben ist. Für die Erklärung dieses abweichenden Verhaltens scheinen mir nur zwei sehr wesentliche Punkte in Betracht zu kommen. Sowohl bei den Experimenten von Joachim, als von Moll handelt es sich nämlich um das Blutplasma von Tieren, welche sehr lange Zeit hindurch — nämlich wochen- und monatelang — immunisiert worden waren, und auch Langstein und Mayer hatten ihre Versuchstiere meist durch mehr als 4 Wochen mit Einspritzungen der verschiedenen Bakterienarten vorbehandelt. In unserem Falle dagegen hatten die Tiere nur 2, höchstens 3 Ein- spritzungen in Abständen von wenigen Tagen erhalten, derart, daß sich die Vorbehandlung nie über mehr als eine Woche erstreckte. Es ist sehr leicht möglich und gewiß nicht unwahrscheinlich, da &ß diese Zeit zu kurz war, um eine ausgiebige Glo- bulinvermehrung entstehen zu lassen. In den wenigen Fällen von Langstein und Mayer da- gegen, bei welchen die Tiere schon einige Tage nach der ersten und einzigen Injektion zur Untersuchung gelangten, handelte es sich um Experimente mitsehr virulenten Mikroorganismen (Streptokokken und Pneumokokken), welche schwere Krankheits- erscheinungen hervorgerufen hatten. Bei unseren Versuchen kamen dagegen nur wenig virulente Bakterien und noch dazu im abgetöteten Zustande in Verwendung, sodaß die behandelten Tiere niemals ernstliche Störungen ihres Wohlbefindens erkennen ließen. Auch dieser Umstand mag für das Ausbleiben der Globulinvermehrung bei unseren Experimenten von Bedeutung gewesen sein. Jedenfalls lehren dieselben, daß die Einverleibung bakteriellen Materials nicht immer und unter allen Umständen von einer Ver- Beitr. z chem. Physiologie. VI. 30 466 Paul Th. Müller, mehrung der Globulinfraktion des Blutplasmas gefolgt zu sein braucht. Dagegen zeigt die dritte Fraktion, die Fibrinogen- fraktion sowohl bei den Typhustieren, als bei den mit Streptokokken und Eiterstaphylokokken behandelten Tieren eine sehr deutliche Ver- mehrung, während die aus Sputum gezüchteten Staphylo- kokken keine wesentliche Änderung des Fibrinogengehaltes hervor- zurufen vermochten. Auch die Betrachtung von Tabelle III und IV, also der relativen Zahlenwerte, ergibt keine besonders auffälligen Abweichungen von der Norm bei den immunisierten Versuchstieren. Die mäßige Fibrinogenvermehrung infolge der Behandlung mit Typhus- bazillen, Eiterstaphylokokken und Streptokokken drückt sich jedoch recht deutlich auch in den Prozentzahlen aus, die von 10,7 auf 15,4, 14,4 und 14,6 angewachsen sind. \ Endlich sei noch auf die mäßige relative Albumin- zunahme hingewiesen, welche sich bei den mit Sputum- staphylokokken immunisierten Tieren eingestellt und zu einer geringen Erhöhung der Prozentzahlen wie des Eiweißquotienten (von 1,42 auf 1,85) geführt hat. Bemerkenswerter Weise weicht übrigens der bei unseren Normaltieren erhaltene Quotient Serumglobulin Albumin Zahlen berechneten Mittelwerte 1,47 ab; also eine sehr erfreuliche Übereinstimmung. Fassen wir somit die Veränderungen, die sich andem Plasma unserer immunisierten Tiere gegenüber der Norm ergeben haben, nochmals kurz zusammen, sobeschränken sichdieselben auf eine, je nach der Art der eingespritzten Bakterien verschieden stark ausgeprägte Ver- mehrung des Gesamteiweißgehaltes und der Fibrinogenfraktion. Wie verhalten sich nun die Extrakte aus dem Knochen- mark unserer verschiedenen Gruppen von Versuchstieren ? Gehen wir in derselben Reihenfolge vor, wie bei der Be- sprechung des Blutplasmas, so stoßen wir auch hıer wieder auf - eine deutlich ausgeprägte Steigerung desG@esamteiweiß- gehaltes beidenImmuntieren, nur daß diese Steigerung relativ bedeutend höher ist, als beim Plasma, und sich bei allen 4 Gruppen ohne Ausnahme dokumentiert. — 1,42 nur äußerst wenig von dem aus Molls Über chemische Veränderungen des Knochenmarks usw, 467 Die Albuminfraktion zeigt sich ebenfalls bei den Immuntieren durchwegs etwas, wenn auch nur unbeträchtlich, ver- mehrt, die Globulinfraktion bald etwas vermehrt (Eiter- staphylokokken und Streptokokken), bald etwas vermindert (Typhus- und Sputumstaphylokokken). Irgend welche Bedeutung wird man jedoch diesen geringfügigen Veränderungen nicht zuerkennen können. Auffällig ist nur einigermaßen, daß die Eiweißquotienten auch im Knochenmarkextrakt der mit Sputumstaphylo- kokken behandelten Tiere ganz besonders hohe sind, so daß hier also ein gewisser Parallelismus zwischen Blutplasma und Knochenmark nicht zu verkennen ist. Das hauptsächliche Interesse nimmt jedoch auch hier wieder die Fibrinogenfraktion für sich in Anspruch. Dieselbe zeigtsich beiallen Immuntieren vermehrt, jedoch je nach der Art der einverleibten Bakterien in sehr verschiedenem Maße. Sehr geringfügig bei den mit Sputumstaphylokokken be- handelten Tieren ist die Fibrinogenvermehrung, ganz be- trächtlich bei den Typhus- und Streptokokken- tieren, und geradezu exzessiv bei jenen Ver- suchstieren, welche gegen Eiterstaphylokokken immunisiert worden waren. In diesem letzteren Falle erscheint der Fibrinogengehalt des Knochenmarkextraktes fast auf das 4fache des normalen Wertes erhöht. Begreiflicher Weise kommt diese Steigerung des Fibrinogen- gehaltes auch in der prozentischen Zusammensetzung des Knochen- markextraktes zu deutlichem Ausdruck, indem eine Erhöhung von 13,4 Proz. auf 23,1, 23,7, ja auf 33,9 Proz. Fibrinogen eintritt. #1. Wir haben bis jetzt nur die beobachteten Tatsachen mit- geteilt, die sich aus unseren Experimenten ergeben haben, ohne auf deren Deutung näher einzugehen. Es erübrigt noch, einige dieser Tatsachen, die ein besonderes Interesse verdienen, genauer zu besprechen und in ihren Konsequenzen weiter zu verfolgen. Diejenige Erscheinung, welche, wegen der Konstanz ihres Vor- kommens bei den auf verschiedenste Weise immunisierten Tieren, in allererster Linie der Erklärung bedarf, ist die Vermehrung des Eiweißgehaltes der Knochenmarkextrakte. Da, wie wir erwähnt haben, die Extraktionsbedingungen bei dem von uns gewählten Veıfahren ziemlich gleichmäßige sind, so läßt diese Tatsache wohl mit Sicherheit darauf schließen, daß ihr eineVermehrungdesEiweißgenaltesdesKnochen- 307 468 Paul Th. Müller, marks selbst zugrunde liegt, und es fragt sich nur noch, wo- durch letztere bedingt sein kann. Auf diese Frage läßt sich nun, an der Hand der makroskopischen und mikroskopischen Veränderungen, welche sich im Verlauf von In- fektionsprozessen am Knochenmark abspielen eine sehr einfache Ant- wort geben. Esistseit langem bekannt, daß bei Infektionen diejenigen Teile des Knochenmarks, welche sich beim Heranwachsen des Organismus in Fettmark umgewandelt haben, wieder in Funktion treten und in rotes, Ilymphoides Mark übergehen. Diese Beobachtung wurde nicht nur bei den natürlichen Infektions- krankheiten des Menschen gemacht, sondern konnte auch — unter. anderem von Dominici* und von Freymuth**) experimentell beim Kaninchen bestätigt werden. Schon außerordentlich kleine Gaben lebender Typhusbazillen rufen z. B. nach dem letzt- genannten Autor spezifische Veränderungen im Knochenmark her- vor, welche durch eine starke Vermehrung der Kernteilungs- vorgänge, eine Zunahme der Iymphoiden großkernigen Zellen und der Übergangsformen zu polymorphkernigen und polynukleären Leukozyten, sowie durch eine Abnahme des Fett- markes charakterisiert sind. Diese Verminderung des Fettgehaltes trat übrigens auch bei unseren Extraktionsversuchen sehr deutlich in Erscheinung, in- dem nämlich beim Zentrifugieren der Aufschwemmung normalen Knochenmarks meist eine an der Oberfläche schwimmende fett- reiche Schicht sich absetzte, welche bei dem Markein- fizierter Tiere oft vollkommen fehlte und jeden- falls nur dann beträchtlicher war, wenn besonders alte und große: Tiere zu den Versuchen benutzt wurden. Dann war aber auch der Eiweißgehalt ein relativ geringer. Da also im Knochenmark unter dem Einfluß der Infektionsvorgänge eine Vermehrung protoplasmareicher und daher auch eiweis- reicher Elemente auf Kosten der eiweißarmen Fettzellen stattfindet, so ist es ganz selbstver- ständlich, daß sich hierbei der Gesamteiweiß- gehalt des Markes erhöhen muß und daßinfolge- dessen auch eine größere Eiweißmenge in das Extrakt übertritt. — Auch das Verhalten der einzelnen Eiweißfraktionen des -Knochenmarks bedarf einiger Erläuterung. Wie wir gesehen 27) Sang et moelle osseuse. Manuel d’histologie pathol. von Cornil- Ranvier. Paris 1902, Ref. Centr. f. Bakt. 33. **) Deutsche med. Wochenschr. 1903, Nr. 20. Uber chemische Veränderungen des Knochenmarks usw. 469 haben, hat sich in dem Knochenmarkextrakt sowohl bei normalen wie bei infizierten Tieren die Existenz einer deutlich. ausgeprägten Fibrinogenfraktion nachweisen lassen. Dabei erhebt sich jedoch sofort die weitere Frage, welcher Natur denn eigentlich diese ın der genannten Fraktion ausfallenden Eiweißstoffe sind, und ob man ein Rechthat, die- selben als wirkliches Fibrinogen anzusehen oder nicht. Denn daraus, daß diese Stoffe bei einem gewissen Sättigungsgrade an Ammonsulfat unlöslich werden, ist natürlich auf deren Natur noch kein sicherer Schluß zu ziehen. Es ıst nun nicht schwer, diese Frage zu beantworten. Es ist nämlich leicht zuzeigen, daßdieinderoben beschriebenen Weise hergestellten Knochenmarkextrakte in der Tat echtesFibrinogen enthalten. Verwendet man nämlich an Stelle der oxalathaltigen gewöhnliche physiologische Kochsalzlösung zur Extraktion, was natürlich auf die Menge und Art der in Lösung gehenden Eiweißkörper ohne jeden Einfluß ist, so findet man, daß die erhaltenen Extrakte entweder schon spontan gerinnen, oder wenigstens auf Zu- satz vonetwas normalem Kaninchenserum Fibrin abscheiden. Bei den mit Eiterstaphylokokken be handelten Versuchstieren war übrigens der Fibrinogengehalt des Knochenmarks ein so bedeutender, daß selbst beim Verreiben mit Oxalatlösung sofort Gerinnung eintrat, und die verriebene Masse zu einer gelatinösen Sulze erstarrte, die nur durch kräftiges Schütteln und anhaltendes Zentrifugieren in einen für die Filtration geeigneten Zustand gebracht werden konnte. Es ist begreiflich, daß unter solchen Umständen an eine exakte Fibrinogenbestimmung hier nicht zu denken war, und daß daher die hierfür in Tabelle I aufgeführten Zahlen nur Minimalwerte darstellen, die ziemlich weit hinter dem wirklichen Fibrinogengehalt des Knochenmarks bei dieser Gruppe von Immuntieren zurückbleiben dürften. Ist schon hierdurch die Existenz von Fibrinogen in unseren Extrakten mit aller Sicherheit festgestellt, so kann man dieselbe jedoch auch noch auf eine andere Weise demonstrieren, die gewissermaßen die Gegenprobe zu den eben erwähnten Experimenten liefert. Stellt man sich nämlich aus gleichen Mengen Knochenmarkes (etwa 6 bis 8 g) zwei verschiedene Extrakte her, das eine mit Oxalatzusatz, das andere ohne denselben, filtriert, und fügt dann je 5 eem Kaninchenserum hinzu, so gerinnt, wie gesagt, die eine dieser beiden Proben, die andere dagegen, welche das gerinnungs- hemmende Salz enthält, bleibt ungeronnen. Trennt man nun das 470 Paul "Th. Müller, abgeschiedene Fibrin durch Zentrifugieren von der Flüssigkeit, und versetzt die letztere mit der entsprechenden Menge gesättigter Ammonsulfatlösung, so bleibt dieselbe vollkommen klar, während die unter Oxalatzusatz hergestellte Kontrollprobe, wie wir bereits wissen, sich trübt, und binnen kurzem den be- kannten voluminösen Niederschlag ausfallen läßt. Es beweist diese Tatsache, daßbei derKoagulationdesKnochenmark- extraktes die gesamte Fibrinogenfraktion ab- geschieden wird, und daß diese daher nur aus Fibrinogen bestehen kann. Woher stammt nun aber das Fibrinogen unserer Knochen- markextrakte? Es liegt gewiß nahe, zu vermuten, daß der Fibrinogengehalt derselben vielleicht einzig und allein auf den Blutgehalt des Markes zu beziehen sein könnte, und also nur von dem beigemischten Blutplasma herrühre. Es ist jedoch nicht schwer, die Unrichtigkeit dieser Vermutung durch eine einfache Überlegung darzutun. Bestimmt man nämlich auf kolorimetrischem Wege den Blut- gehalt des Knochenmarkes, indem man sich aus verschieden ab- gestuften Verdünnungen des von demselben Tiere stammenden Blutes eine Farbskala herstellt, mit welcher man die Farbnuance des (ebenfalls mit destilliertem Wasser bereiteten) Knochenmark- extraktes vergleicht, so findet man sowobl bei normalen wie bei den immunisierten Tieren, daß etwa '/; bis "/ıs der Markmasse als Blut in Rechnung zu setzen ist, daß also der Blutgehalt derselben im Mittel etwa 10 Proz. beträgt. Der Plasmagehalt des Markes ist daher, entsprechend dem Plasmavolumen von 68 Proz., durch- schnittlich auf etwa 6,8 Proz. zu bewerten. Da wir nun aber den Fibrinogengehalt von 12 cem des nor- malen Plasmas zu 0,0673 g bestimmt haben, der Plasmagehalt von 12 g Knochenmark aber nach dem eben Gesagten weniger als 1,2 g, nämlich etwa 0,9 g betragen muß, so würde sich hier- ausalsoeinFibrinogengehaltergeben,derkleiner ist als 0,0068, währendderselbe de facto 0,047 g, also fast das Achtfache dieses Wertes betragen hat. EbensokönntedasimKnochenmarkder Typhus- tiere enthaltene Plasma zur Fibrinogenfraktion höchstenseinenBeitragvon0,)0lgliefern, während diese tatsächlich 1Omalso groß war und zu 0,1070 g bestimmt wurde. Daraus geht also hervor, daß das Fibrinogen der Knochenmarkextrakte nur zum allerkleinsten Teile ausdemBlutestammenkann, Über chemische Veränderungen des Knochenmarks usw. 471 das in den Markgefäßen zurückbleibt, und daß wir für dasselbe daher einen anderen Ursprung annehmen müssen. | Könnte nun vielleicht der Lymphgehalt des Knochen- marks in dieser Richtung verwendet werden? Auch dies ist, wie wir sofort sehen werden, so gut wie ausgeschlossen. Zwar liegen über den Lymphgehalt der einzelnen Organe begreiflicher Weise keine Daten vor, Bidder und Schmidt*) schätzen jedoch den Gesamtgehalt an Chylus und Lymphe beim Füllen auf "2 des Körpergewichtes, und wir werden daher wohl nicht weit von der Wahrheit abweichen, wenn wir den Lymphgehalt des Knochen- markes auf etwa '/ıo seines Gewichtes veranschlagen. Der Fibrin- gehalt der Lymphe wird nun von den verschiedenen Forschern ziemlich verschieden angegeben. Nach der Zusammenstellung, welche Vierordt in seinen „Daten und Tabellen“ gegeben hat, enthalten 1000 Teile menschlicher Lymphe nach Gubler und Quevenne . . 0,6 g Fibrin 0,63, , Tr ee OB raue... RER „ Hensen on N incherde TEE FIRE Bu genıus undLang . . 1.007, ” Ferner fand C. Schmidt bei einem Tat Heu gefütterten Füllen 2,18 g Fibrin in 1000 Teilen Lymphe. Wenn wir nun diese letztere Zahl, als diemaximale, beiunseren Berechnungen zu Grunde legen, so würden also in12g Knochenmark 12g Lymphe enthalten sein, was einem Fibringehalt von 0,0026 entsprechen würde. Blut und Lymphgehalt desKnochenmarks zusammengenommen würden daher einen Fibri- nogengehaltvonhöchstens 0,008g fürdienormalen, von 0,012 für dieTyphustiere ergeben, also bestenfalls nur Y bzw. !s des tatsächlich gefundenen Wertes zu erklären imstande sein. Dabei ist jedoch noch zu be- rücksichtigen, daß, wie wir bereits früher erwähnten, die von uns erhaltenen Fibrinogenwerte wegen der Unvollkommenheit der Extraktionsmethode sicher zu niedrige sind, so daß also die Verhältnisse tatsächlich ungünstiger liegen, als aus der eben an- gestellten Berechnung hervorgeht. Hieraus folgt aber auch, daß die Steigerung des Fibrinogengehaltes, die wir *) Bullet. de l’Acad. de St. Petersbourg, 1861, zitiert nach Vierordt, „Daten u. Tabellen“, 472 Paul Th. Müller, im Knochenmarkextrakt der mit Typhus infi- zierten Tierebeobachtethaben, nichtausdenVer- änderungen des Blutgehaltes dieses Organes bzw. aus der Steigerung des Blutfibrinogens zu er- klären sein kann. Denn, machen wir selbst die Annahme, daß der Blutgehalt des Markes beim normalen Tier !/;. beim infizierten Tiere aber !/, des Gewichtes dieses Organes betragen würde, daß also, mit anderen Worten, nach dem Verbluten dieser Tiere noch soviel Blut in den Markgefäßen zurückbliebe, so würde dies einem Plasmagehalt von !/, bzw. !/,. entsprechen. Der Fibrinogengehalt des Markes wäre dann vor der Immunisierung (wieder auf 12 g frischer Substanz berechnet) 0,0033 g, nach der Immuni- sierung dagegen 0,100 g, was einer Fibrinogenzunahme von 0,0076 gleichkommen würde. Die von uns beobachtete Zunahme des Fibrinogens im Markextrakt betrug dagegen durchschnittlich 0,0576 g, also mehr als das Achtfache jener Menge, welche bestenfalls aus dem Blute herrühren könnte, und diese Verhältnisse werden nicht wesentlich ge- ändert, wenn wir auch noch eine geringe Zunahme des Lymph- gehaltes im Knochenmark unter dem Einflusse der Immunisierung in Rechnung setzen. Alle diese Schlußfolgerungen gelten natürlich in gleicher Weise auch für die Streptokokkentiere und a fortiori auch für die mit Eiterstaphylokokken behandelten Tiere. Denn bei diesen letzteren hatten wir ja den Fıbrinogengehalt des Knochenmark- extraktes durchschnittlich fast doppelt so hoch gefunden, als den des Plasmas, so daß also in diesem Falle eine Herleitung des Markfibrinogens aus dem in den Gefäßen zurückgebliebenen Blute von vornherein und ohne jede Rechnung ausgeschlossen er- scheinen muß. Woher rührt nun aber die große Fibrinogenmenge, bzw. die Fibrinogenvermehrung, die wir z. B. bei unseren Typhus- und Staphylokokkentieren beobachtet haben? Man könnte vielleicht meinen, daß das Fibrinogen einen normalen Bestandteil der Iymphoiden Zellen des Knochenmarkes bildet, und daß die Fibrinogenvermehrung nur daher rühre, daß unter dem Einfluß der Immunisierung Fettmark in Iymphoides Mark übergehe, also die Zahl der fibrinogenhaltigen protoplasmatischen Elemente sich vermehre. Auch diese Annahme ist jedoch kaum haltbar, dain diesem Falle die Steigerung des FihrinogengehaltesunsererKnochenmarkextrakte Uber chemische Veränderungen des Knochenmarks usw. 473 der Steigerung des Gesamteiweißgehaltes pro- portional sein müßte. Dies ist jedoch, wie aus Tabelle Il hervorgeht, durchaus nicht der Falle Während z. B. bei den Eiter- staphylokokkentieren der Gesamteiweißgehalt sich von 0,3491 auf 0,5139, also auf weniger als das Doppelte vermehrt hat, ist der Fibrinogengehalt von 0,0469 auf 0,1745, also auf das 4fache ge- stiegen, und ähnlich liegen die Verhältnisse bei den übrigen Immuntieren. Es hat also mit anderen Worten nicht nur eine absolute, sondern auch eine relative Fibrinogenvermehrung im Knochenmark stattgefunden, was ja übrigens auch in den hohen Prozentzahlen deutlich zum Ausdruck gelangt, (Tabelle II) mit der oben angeregten Deutung jedoch nicht vereinbar sein dürfte. Da nun weiterhin auch eine Aufspeicherung von zugeführtem, anderswoher stammendem Fibrinogen im Knochenmarke als höchst unwahrscheinlich bezeichnet werden muß, so ist wohl die ein- fachste Erklärung für den großen Fibrinogenreichtum derselben die, daß dieser Eiweißkörper im Knochenmark selbst entsteht, und daß seine Bildung unter dem Einfluß der Immunisierung eine erhebliche Steigerung erfährt. Wie stellt sich nun diese Folgerung, die sich, wie mir scheint, aus unseren Beobachtungen vollkommen zwanglos ergibt, zu den herrschenden Anschauungen über den Ursprung des Fibrinogens? Die Angaben, die über den Entstehungsort dieser biologisch so wichtigen Substanz vorliegen, sind äußerst spärliche. Weder inHammarstens Lehrbuch der physiologischen Chemie, noch. in dem gleichnamigen Werke von Neumeister finden sich in dieser Beziehung irgendwelche Andeutungen. Ebenso wenig tut Bunge in seinen bekannten Vorlesungen dieser Frage Erwähnung. Dagegen zitiert Dastre*) gelegentlich einer Mitteilung von Experimenten, auf die wir noch zurückzukommen haben werden, eine Reihe von älteren, aus den 50er Jahren stammenden Ar- beiten vonLehmann*), Brown-Sequard”*, Cl. Bernard und Simon, welche sich mit der Ursprungsstätte des Fibrins bzw. seiner Muttersubstanz, des Fibrinogens, beschäftigen. Vergleichende Analysen des arteriellen und des Mesenterialvenenblutes hatten nämlich diesen Forschern, was den Fibringehalt betrifft, ganz auf- *) Archives de physiolog. 25, 1893. **) Journ. f. prakt. Chem. 53, 1851 und Cannstadts Jahresber. 1855. ***) ‚Journ. de la physiol. de ’homme et des animaux. 1858. 474 Paul Th. Müller, fallende Differenzen ergeben. Während das arterielle, dem Darm zufließende Blut etwa 1,57 g Fibrin auf 1000 enthielt, fand sich im Blute der Mesenterialvenen 4,12 g, also fast die dreifache Menge, woraus man den Schluß ableitete, daß der Darm eines von jenen Organen sein muß, in welchen Fibrinogen entsteht. Ebenso müßte nach Analysen von Lehmann die Haut als eine Quelle von Fibrinogen angesehen werden. Dastre gelangte nun durch Weiterführung dieser Experi- mente dazu, noch ein drittes Organ als Fibrinogenbildner anzu- sprechen, nämlich die Lunge. Allerdings war das Ergebnis seiner Versuche durchaus kein einheitliches, und Dastre fand sich daher selbst veranlaßt, dieselben in zwei Gruppen anzu- ordnen, welche ein gerade entgegengesetztes Resultat aufwiesen. In der ersten Gruppe, welche 5 Versuche umfaßte, war das Blut nach seiner Passage durch die Lunge tatsächlich fibrinreicher ge- worden, als vorher, bei den 8 Versuchen der zweiten Gruppe da- gegen war das Blut der Lungenvenen fibrinärmer, als das der Lungenarterie. Da überdies 2 von den Experimenten der ersten Gruppe nach Dastres eigenen Angaben wegen eines technischen Fehlers bei der Blutentnahme ausgeschlossen werden müssen, so bleiben also nur 3 Versuche übrig, bei welchen das aus der Lunge kommende Blut reicher an Fibrin gefunden wurde, als das der- selben zuströmende. Die zahlenmäßigen Ergebnisse sind in der‘ folgenden kleinen Tabelle verzeichnet. Trockenes Fibrin in 1000 Blut Nummer des Versuchs n vor der Lunge | hinter der Lunge VI (1°) 1,480 | 1,890 X 0,020 0,140 XI (1°) 1,554 1,567 Wie man sieht, und wie auch Dastre hervorhebt, erscheint nun auch Versuch X wegen des auffällig geringen Fibringehaltes wenig vertrauenerweckend, während der Unterschied der beiden Blutarten bei Versuch XI ein so minimaler ist, daß er wohl inner- halb der Fehlergrenzen gelegen sein dürfte. Bleibt also nur Ex- periment VI als einwandsfreier Vertreter dieser ganzen Gruppe. Ob es nun berechtigt ist, aus diesem immerhin spärlichen Versuchsmateriale den Schluß abzuleiten, den Dastre daraus ge- zogen hat, daß nämlich die Lunge je nach Umständen als Fibrin- bildner oder als Fibrinzerstörer fungieren kann, oder ob es nicht vielmehr vorsichtiger wäre, sich bezüglich der Entstehung von Fibrinogen in der Lunge einstweilen noch eines Urteils ganz Uber chemische Veränderungen des Knochenmarks usw. 475 zu enthalten, bis neue entscheidende Versuche vorliegen, soll hier nicht weiter erörtert werden. Jedenfalls geben aber weder diese Experimente von Dastre noch die älteren, mit ähnlicher Methodik angestellten Versuche irgend einen Aufschluß darüber, welche Gewebselemente es denn eigentlich sind, denen die fibrin- erzeugende Fähigkeit zugeschrieben werden muß, eine Frage, die mit Rücksicht auf die großen Unterschiede, welche die genannten drei Organe, Darm, Haut und Lunge in ihrem histologischen Baue aufweisen, sich jedem wohl von selbst aufdrängt. — Auf ganz anderem Wege hat Mathews*) vor einigen Jahren versucht, die Ursprungstätten des Fibrinogens festzustellen. Ent- fernt man nämlich das Fibrinogen aus dem Blute eines Hundes oder einer Katze durch wiederholte Blutentziehung, Defibrinierung und Wiedereinspritzung des defibrinierten Blutes, so regenerlert sich dieser Eiweißkörper ziemlich rasch und ist in 2 bis 3 Tagen wieder in normaler Menge vorhanden. Ist nun irgend ein be- 'sonderes Organ an der Fibrinogenbildung ausschließlich oder doch wenigstens vorwiegend beteiligt, so muß es möglich sein, durch Exstirpation dieses Organes die Regeneration entweder vollkommen zu verhindern oder doch wenigstens aufzuhalten. In Verfolgung dieses Gedankenganges untersuchte daher Mathews, welchen Einfluß die Exstirpation der Milz, des Pankreas, der Nieren, der reproduktiven Organe und des Gehirns auf die Fibrinregeneration nimmt, und konnte auf diese Weise feststellen, daß der zeitliche Ablauf dieses Vorgangs durch das Fehlen der genannten Organe nicht merklich alteriert wird. Es können somit diese Organe wenigstens nicht die ausschließlich en Fibrinogenbildner sein. Dagegen blieb die Regeneration des Fibrinogens vollkommen aus oder war zum mindesten sehr unvollständig bei Tieren, welchen der Dünn- und Diekdarm herausgeschnitten worden war. Auch diese Experimente scheinen somit, wie die früher referierten, auf den Darm als wichtige Ursprungsstätte des Fibrinogens hin- zuweisen. Allerdings darf man sich aber nicht verhehlen, daß die Beweiskraft derselben denn doch nur eine ziemlich geringe sein dürfte. Denn die Exstirpation des ganzen Darmtraktes stellt zweifellos einen so schweren Eingriff dar, daß es nicht wunderbar wäre, wenn durch denselben auch die Funktion anderer wichtiger Organe in hohem Grade beeinträchtigt würde, in welchem Falle *) Amer. Journ. Physiol. 3, Ref. Maly, Jahresber. 1899. 476 Paul Th. Müller, dann also das Ausbleiben der Fibrinregeneration nur als eine in- direkte Folge dieser Operation angesehen werden müßte, und zu keinen Schlüssen über den Ursprung des Fibrinogens be- rechtigen würde. Dazu kommt noch, daß derartige Tiere überhaupt nur sehr kurze Zeit, nur wenige Stunden, am Leben zu erhalten sind, inner- halb welcher die Fibrinregeneration, auch wenn sie im normalen Tempo erfolgen würde, doch nur in sehr bescheidenem Umfange vor sich gehen könnte. Bemerkt sei übrigens noch, daß auch Mathews, wie seine Vorgänger das Blut der Mesenterialvene etwas fibrinreicher ge- funden hat, als das arterielle Blut, so daß diese Tatsache wohl als sichergestellt gelten kann, und mit größerer Wahrscheinlich- keit für die Fibrin erzeugende Funktion des Darmes sprechen dürfte, als die erwähnten Exstirpationsversuche. Auch die Experimente von Mathews haben somit keine wesentlich neuen Tatsachen zu dem früher Bekannten hinzugefügt. Was jedoch die Arbeit dieses Forschers für uns besonders inter- essant macht, ist sein Versuch, die Bildungsstätte des Fibrinogens noch genauer zu lokalisieren und zwar in gewisse Zellen, in die Leukozyten. Mathewsistnämlich der Anschauung, daß der Fibrinogen- gehalt des Blutes ein direktes Maß für die Aus- dehnung des Leukozytenzerfalls im Körper sei, und führt für diese Auffassung unter anderm die folgenden Be- weisgründe ins Treffen. 1. Die Steigerung des Fibrinogengehaltes im Blut bei ge- wissen akuten Erkrankungen, welche mit Hyper- leukozytose einhergehen: wie Pneumonie, Erysipel, akuter (relenkrheumatismus, Peritonitis. 2. Die Steigerung des Fibrinogengehaltes bei länger an dauernder Leukozytose, welche sich an Eiterungen, lokale Entzündungen usw. anschließt. 3. Steigerung des Fibrinogengehaltes bei Leukämie. 4. Die Tatsache, daß der leukozytenreiche Darm als Haupt- quelle des Fibrinogens erkannt wurde. 5. Daß im Zellkörper der Leukozyten eine Substanz vor- handen ist, welche durch einen im Zellkern entstehenden Stoff in fibrilläre Form umgewandelt wird. Wie man sieht, kommt keinem einzigen dieser Beweisgründe — mit Ausnahme vielleicht des unter 5. angeführten — ireend eine zwingende Bedeutung zu; dieselben sind nämlich EINER BIETER he u TE AL m eälichgeme en Bee 3er Über chemische Veränderungen des Knochenmarks usw. 477 zwar mit der Annahme, daß das Fibrinogen in den Leukozyten entstehe, sehr wohl vereinbar, schließen aber auch eine ganz andere Bildungsweise dieses Blutbestandteils keineswegs aus. Noch wichtiger ist aber, daß, wie Pfeiffer“) betont hat, die unter 1 bis 3 aufgezählten Tatsachen deshalb für die Ent- stehung des Fibrins in den Leukozyten nicht herangezogen werden dürfen, weil es gar nicht richtig ist, daß inallen Fällen von Leukozythämie ein vermehrter Fibri- nogengehalt des Blutes besteht und Mathews diesbezüglich von einer irrigen Voraussetzung ausgegangen war. Pfeiffer konnte nämlich den Nachweis erbringen, daß gerade bei der Leukämie, gleichgiltig ob es sich um Iymphatische oder um myeloide Formen handelt, stets voll- kommen normale Fibrinogenwerte gefunden werden. Die Lehre Mathews, nach welcher die Leukozyten als Quelle des Fibrinogens anzusehen sind, „könnte deshalb nur unter Annahme differenter Leistung der weißen Blut- körperchen bei Leukozytose und Leukämie auf- recht erhalten werden, eine Annahme, die bisher einer. festen Grundlage ermangelt, und umso weniger wahrscheinlichist, als in beiden Fällen zum großen Teile morphotisch gleichgeartete Zellen vorhanden sind“) (Pfeiffer.) Dieim Kreislauf befindlichen weißen Blutkörperchen können somit kaum mit dem gesteigerten Fibrinogengehalt des Blutes bei entzündlicher Leukozytose in direkte ätiologische Be- ziehung gebracht werden, wie Mathe ws angenommen hatte, und seine Theorie erscheint daher nur äußerst dürftig gestützt. An diesem Punkte setzen nun unsere eigenen Untersuchungen ein. Aus diesen geht, wie oben auseinandergesetzt wurde, deutlich hervor, daß das Fibrinogen tatsächlich in einem exquisitlymphoiden Organe gebildet wird, nämlich im Knochenmark. Bei der großen histologischen Verwandtschaft, die zwischen dem Knochenmark und den anderen Iymphoiden Organen, den Lymphdrüsen und der Milz, besteht, kann nun aber wohl kaum ein Zweifel obwalten, daß man auch diesen letzteren die Fähigkeit, Fibrinogen zu erzeugen, wird zuschreiben nıüssen, wenn auch der spezielle Nachweis hierfür einstweilen ncech aussteht. Auch der reiche Iymphoide Apparat des Verdauungs- kanals wird von dieser Regel keine Ausnahme machen dürfen, *) Zentralbl. f. innere Medizin 1904. **) Im Original nicht gesperrt gedruckt. 478 Paul Th, Müller, und der von allen Forschern übereinstimmend gefundene Fibrin- reichtum des Mesenterialvenenblutes fügt sich in den Rahmen dieser Auffassung vortrefflich ein. Bis hierher decken sich also die aus unseren Experimenten abgeleiteten Schlußfolgerungen vollkommen mit der Anschauung von Mathews und verleihen derselben sogar eine feste Stütze, deren sie, wie wir gesehen haben, bisher entbehrt hatte. Wie erklären sich nun aber die Verschiedenheiten in dem Fibrinogengehalt des Blutes bei Leukämie und bei Leukozytose? Warum erscheint er im ersteren Falle unverändert, im letzteren Falle dagegen gesteigert, obwohl doch die Leukozytenvermehrung bei beiden Prozessen im Blute fast gleicher Natur und gleichen Grades sein kann? Es scheint mir nicht schwierig, auf diese Fragen eine be- friedigende Antwort zu geben, wenn man sich nur von der sicher unzutreffenden Vorstellung freimacht, daß die Fibrinogen- vermehrung allein von den im Kreislauf befind- lichen Leukozyten des Blutes herrühren könne Es ist ja doch allgemein anerkannte Tatsache, daß weder bei der Leukämie noch bei den entzündlichen Leukozytosen die Ver- änderung des Blutbildes, die Vermehrung der zirkulierenden weißen Blutkörperchen die einzige Abweichung von der Norm darstellen, ° sondern daß in beiden Fällen auch mehr oder minder hochgradige Alterationen der blutbildenden Or- gane, derLymphdrüsen, derMilzund desKnochen- marks, bestehen. Diese Veränderungen der lymphoiden Organe sind nun aber zweifellos, wie ja auch die histologische Untersuchung lehrt, bei deninfektiösen Prozessen anderealsbeidenleukämischen, wenn auch das Blutbild manchmal gewisse äußerliche Ähnlich- keiten aufweisen kann. Daraus folgt aber mit Notwendigkeit, daß auch die chemischen Leistungen derlymphoiden Organe bei den beiden genannten Gruppen von pathologischen Prozessen durchaus nicht mit- einander identisch zu sein brauchen, und daß es daher garnichts Auffälliges oder Unverständliches an sich hat, wenn in dem einen Falle eine vermehrte Fibrinogenbildung zu be- obachten ist, im anderen Falle dagegen nicht. Denn, da der aus- gedehnte Iymphoide Apparat des Organismus den im Kreislauf . befindlichen weißen Blutkörperchen quantitativ bei weitem über- legen ist, so wird er es sein, von dessen fibrinbildender Tätigkeit der Fibrinogengehalt des Blutes vorzugsweise abhängig ist, während Über chemische Veränderungen des Knochenmarks usw, 479 die zirkulierenden Leukozyten in dieser Beziehung mehr in den Hintergrund treten. Es wäre übrigens noch zu überlegen, ob man den weißen Blutkörperchen, die einmal ihre Bildungsstätte, die blutbildenden Organe, verlassen haben und daher außer Kontakt mit dem Mutter- gewebe stehen, überhaupt noch das Vermögen zutrauen darf, Fibrin zu erzeugen, eine Frage, die, wie mir scheint, nicht ohne weitere Untersuchungen zu bejahen ist. Wie dem auch sei, jedenfalls gibt der Nachweis, daß in ge- wissen lymphoiden Organen Fibrinogen entsteht, ein vortreffliches Erklärungsmittel für die Tatsache an die Hand, daß der Fibrin- gehalt des Blutes seinem Gehalt an Leukozyten nicht parallel zu gehen braucht. Fassen wir die Ergebnisse unserer Untersuchungen nochmals kurz zusammen, so können wir folgende Schlußsätze aufstellen: 1. Die chemische Zusammensetzung desBlut- plasmas normaler Kaninchen ist ziemlich beträchtlichen Schwankungen unterworfen. Serumglobulin Albumin ergab sich uns als Mittelwert 1:142, eine Zahl, die mit dervon Mollgefundenen gut übereinstimmt. Für den Eiweißquotienten: 2. DieEinspritzungverschiedenartiger aviru- lenter abgetöteterBakterienkulturenrief meist eine Vermehrung des Fibrinogenge- haltes und des Gesamteiweißgehaltes im Blutplasma hervor. 3. Von einer wesentlichen Vermehrung der Globulinfraktion war dagegen bei unseren Versuchen nichts zu bemerken. 4. Auchim Knochenmarkextrakt war bei den mitBakterienvorbehandeltenTierenmeist eine beträchtliche Steigerung desGesamt- eiweißgehaltesunddesFibrinogengehaltes zu beobachten. 5. BesondersausgeprägtwardieseFibrinogen- vermehrung bei Jen mit Eiterstaphylo- kokken immunisierten Tieren. 6. Der Fibrinogengehalt des Knochenmarks war einsobeträchtlicher, daßer sich nicht 480 Paul Th. Müller, Über chemische Veränderungen usw. durch den.Blut- und Lymphgehalt dieses Organs erklären ließ. . Es muß daher das Knochenmark als eine der Ursprungsstätten des Fibrinogens an- gesehen werden. . Die Fibrinogen bildende Tätigkeit des Knochenmarks wird durch die Einwirkung bakterieller Produkte beträchtlich ge- steigert. XXXII. Zur Theorie der Harnstoffbildung. Von Dr. Hans Eppinger (Graz). Aus dem physiologisch-chemischen Institut in Straßburg. LE Der Harnstoff des Säugetierharns stammt von den Amino- säuren des im Körper zerfallenden Eiweißes her. Nur ein kleiner "Teil kann dabei aus der Guanidingruppe des Arginins durch ein- fache Hydrolyse entstehen. Der bei weitem größere Anteil muß aus den Eiweißspaltungsprodukten durch weitgehenden Abbau und eine sich zuletzt daran anschließende Synthese hervorgehen. Über die chemischen Vorgänge, die der Synthese unmittelbar voran- gehen, besitzen wir nur hypothetische Vorstellungen, obgleich es sowohl vom physiologischen, wie vom rein chemischen Stand- punkte sehr wichtig wäre, näheres über diese sich im Organismus offenbar überaus leicht abspielenden Vorgänge zu erfahren. Man hat sich dementsprechend sehr bemüht, die dem Auftreten des Harnstoffs unmittelbar vorangehenden Zwischenprodukte, die Vor- stufen des Harnstoffs, sicherzustellen. In dieser Richtung ist seit v. Schröders*) Versuchen über die Harnstoffbildung in der künstlich durchbluteten Leber festgestellt, daß als eines der bei der Harnstoffbildung beteiligten Zwischenglieder das Ammoniak anzusehen ist. Hingegen bestehen in betreff der kohlenstoffhaltigen Komponente verschiedene Meinungen. Am weitesten geht die Anhydrierungstheorie von Schmiedeberg**), derzufolge einfach Ammoniumkarbonat (nach Drechsel**), Ammonriumkarbamat) CO, (NH,), — CO,NH,.NH, — CO(NB;3); unter Wasserabgabe in Harnstoff übergehen soll. *) Schröder, Arch f. exp. Pathol. u. Pharmak. 15, 364. **) Schmiedeberg, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmak. 8, 1. #*#) Drechsel, Ber. d. kgl. sächs. Gesellsch. d. Wissensch. 1875, S. 172. Beitr. z. chem, Physiologie. VI, 31 482 Hans Eppinger, Einer anderen von Hoppe-Seyler*, und Salkowsky”*) vertretenen Vorstellung zufolge würde es sich um einen der Wöhlerschen Harnstoffsynthese entsprechenden Vorgang handeln; darnach wären einerseits Ammoniak, andererseits Cyansäure als unmittelbare Vorstufen der vitalen Harnstoffsynthese anzusehen. NH; + CONH= CO (NB;).. Gegen beide Theorien lassen sich anscheinend begründete Ein- wände erheben. Die Anhydrierungstheorie nimmt einen vollständigen Abbau des N-haltigen Materials bis zu CO, und NH, an; dabei er- scheint die Loslösung der NH,gruppe vom Kohlenstoff als ein überflüssiger Schritt, wenn unmittelbar darauf eine Wiederan- lagerung erfolgen soll. Ferner ist zwar die Bildung von Ammonium- karbonat oder -Karbamat im Blute oder in den Geweben gut ver- ständlich, nicht wohl aber eine analoge vor Entstehung der Tauro- karbaminsäure oder des Tyrosinhydantoins anzunehmende analoge Bildung von Taurin- oder Tyrosinkarbonat. Endlich gelingt eine Überführung von Ammoniumkarbonat in Harnstoff zwar in vitro ziemlich leicht, aber doch nur unter Bedingungen (bei 130 bis 140° im Einschlußrohr), die von den im Organismus gegebenen weit entfernt sind. Dem gegenüber bietet die Cyansäuretheorie den Vorteil, daß sie sowohl die Bildung von Harnstoff als auch von Ureidosäuren unter ° den im Organismus gegebenen Bedingungen — bei 37° C in wässeriger Lösung — ohne weiteres nachzuahmen gestattet. Wenn sich hätte nachweisen lassen, daß Cyansäure im Tierkörper inter- mediär auftritt, so wäre in der Tat die Beweisführung für die Cyansäuretheorie kaum anfechtbar. Allein hier fehlt es. Weder gelang es Hofmeister***), in der so leicht Harnstoff bildenden Leber Cyansäure nachzuweisen, noch vermochte er bei mit Am- moniak vergifteten Tieren das Ammoniak durch Injektion von Natriumeyanat unter Überführung in Harnstoff unschädlich zu machen. Bei der Schwierigkeit, den Vorgang der vitalen Harnstofl- bildung unmittelbar in der Zelle zu verfolgen, ist man in betreff der vermuteten Vorstufen, wie auch die angeführten Theorien lehren, auf die aus rein chemischen Untersuchungen sich er- gebenden Analogien angewiesen. Es ist daher von Wichtigkeit, daß Hofmeister zeigen konnte, daß auch außerhalb des Organismus unter Verhältnissen, die einigermaßen den physiologischen ent- *) Hoppe-Seyler, Physiol. Chemie, IV. Teil. **) Salkowski, Ber. d. deutsch. chem. Gesellsch. 6, 1191. ***) Hofmeister, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmak. 57; 426, We Ba En cn da 5 72325 [4 Zur Theorie der Harnstoffbildung, 483 sprechen, durch Oxydation Harnstoff und zwar zum Teil in reichlicher Menge entstehen kann. Hofmeister ging von der Vorstellung aus, daß unter physiologischen Verhältnissen andauernd Ammoniak abgespalten wird und daß sonach die im Organismus sich voll- ziehenden Oxydationen stets bei Anwesenheit von Ammoniak er- folgen müssen; in dieser Voraussetzung oxydierte Hofmeister die typisch bekannten Harnstoffbildner, vor allem Eiweiß und Aminosäuren in ammoniakalischer Lösung und konnte zeigen, daß unter diesen Umständen ganz beträchtliche Mengen von Harn- stoff gebildet werden. Vielleicht noch bedeutsamer dürfte die weitere Beobachtung erscheinen, daß bei solcher Oxydation in Gegenwart von Ammoniak auch zahlreiche stickstofffreie Körper sich als ausgiebige Harnstoffbildner herausstellten. Da sich jedoch durchaus nicht alle stickstofffreien Körper für diese Reaktion ge- eignet zeigten, so konnte die Vorstellung, daß dabei Ammoniak und Kohlensäure als solche oder als Ammoniumkarbonat die Vor- stufen des Harnstoffs seien, nicht als zutreffend angesehen werden, vielmehr iag der Gedanke nahe, daß sich die Fähigkeit der Har»- stoffbildung an bestimmte chemische Gruppen knüpfen dürfte. Man konnte daher bei rein theoretischer Betrachtung der zalıl- reichen stickstofffreien und stickstoffhaltigen Substanzen, welche sich in Harnstoff umwandeln lassen, versuchen, nach eventuellen gemeinsamen Reaktionen oder Zwischenstufen zu fahnden. Nach den Auseinandersetzungen Hofmeisters muß man annehmen, daß es dabei einerseits durch Oxydation von Ammoniak zur Bildung eines NH;,-restes kommt, andererseits aus den ver- schiedenen Körpern bei Oxydation in Gegenwart von Ammoniak eine CONH;,-Gruppe entsteht. Aus dem Zusammentreten beider Reste könnte direkt Harnstoff hervorgehen. Als einfachste Oxydationsprodukte, die zur Bildung der CO NH,- gruppen führen könnten, bezeichnet Hofmeister Oxaminsäure, Formamid und Cyansäure. Es konnte daher daran gedacht werden, daß diese Stoffe, wenn sie regelmäßige Zwischenglieder der Harn- stoffbildung sind, im Organismus besonders leicht zur Harnstoff- bildung führen müßten. Daß dies für Cyansäure nicht zutrifft, konnte Hofmeister, wie erwähnt, selbst dartun; aber auch für die beiden anderen Substanzen konnten Halsey*) undSchwarz**) zeigen, daß man ihnen kaum eine Hauptrolle als regelmäßige Zwischenstuf2 beimessen kann, denn nicht nur zeigen sich bei Ver- fütterung derselben bloß geringe Ausschläge an Harnstoff, sondern *) Halsey, Zeitschr. f. phys. Chemie 25, 325. ”#*) Schwarz, Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmak. 41, 60. 51* 484 Hans Eppinger, sie bilden schon bei Oxydation in vitro verhältnismäßig weniger als z. B. Glykokoll. Uberdies tritt Oxaminsäure auch bei Oxydation von Substanzen auf, welche selbst: keinen Harnstoff geben. II. Da die Vorgänge der oxydativen Harnstoffbildung in vitro bei Anwesenheit von Ammoniak durch die vorliegenden Untersuchungen noch lange nicht aufgeklärt sind und die Möglichkeit vorlag, auf diesem Wege doch noch auf bisher nicht beachtete Vorstufen der Harnstoffbildung zu stoßen, habe ich die Versuche Hofmeisters von neuem aufgenommen und versucht, die Zwischenglieder zu fassen. A. Cyanwasserstoff: Ich habe oftmals zu beobachten Ge- legenheit gehabt, daß es bei der Oxydation der verschiedenen Aminosäuren, falls kein Ammoniak zugesetzt wurde, zu deutlichem Geruch nach Blausäure kommt. Nimmt man die Oxydation nm einem leicht abschließbaren Gefäß vor und leitet während des Vorganges einen trockenen Luftstrom durch, so daß man die ab- strömende Luft in einem mit Kalilauge beschickten Absorptions- gefäß abfangen kann, so läßt sich zeigen, daß sich nur dann mit der Berlinerblaureaktion Blausäure nachweisen läßt, wenn man während oder unmittelbar nach Ablauf der Oxydation Mineral- säure zufließen läßt. Gleichzeitig mit diesen meinen Befunden erschien die Arbeit von Plimmer*), worin ebenfalls auf das Auftreten von Blau- säure bei Oxydation von Aminosäuren aufmerksam gemacht wurde. So ansprechend die Annahme wäre, daß die Bildung von Harn- stoff über Blausäure erfolgt, so muß doch darauf hingewiesen werden, daß wir diese Reaktion in Übereinstimmung mit Plimmer nur nach Zusatz von Säure beobachten konnten, während die Harn- stoffbildung selbst nur bei Anwesenheit von freiem Ammoniak erfolgt. Immerhin verdient Beachtung, daß die Berlinerblau- reaktion unter sonst gleichen Verhältnissen auch dann positiv ausfiel, wenn wir statt Glykokoll milchsaures Ammonium nahmen. Die Oxydation verläuft wie man sieht in einer ammoniakalischen Lösung anders als in einer sauren. B. Cyansäure: Das Auftreten von Blausäure legte es nahe, 4 im Oxydationsgemisch auf Cyansäure zu fahnden, da sie sich bei - Oxydation sehr leicht aus intermediär entstandener Blausäure bilden konnte. Versuche in dieser Richtung wurden zuerst soam *) Journ. of Physiol. 31, 65. Zur Theorie der Harnstoffbildung. 485 gestellt, daß zu dem Oxydationsgemisch Bleinitrat zugefügt wurde, in der Erwartung, daß sich eventuell gebildete Oyansäure mit Blei zur schwer löslichen Bleiverbindung paart. Das Gemenge von Braunstein und Bleiniederschlag wurde nach beendeter Oxydation mit Ammonsulfat 1 Stunde lang auf dem Wasserbad digeriert, und das Filtrat nach dem Eindampfen auf Harnstoff untersucht, jedoch ohne Erfolg, und zwar gleichgiltig ob man das Glykokoll in Gegenwart von Ammoniak oder allein oxydiert hatte. Man kann daher sagen, cyansaures Blei hat sich nicht in merk- lichen Mengen gebildet. Da nun Cyansäure sich überaus leicht an Aminosäuren unter Bildung von Uramidosäuren anlagert, so habe ich mich noch auf andere Art über die Entstehung von Cyansäure zu unterrichten versucht. Es wurde zu diesem Zwecke der Versuch so angestellt, daß dem zu oxydierenden Glykokoll eine schwer angreif- bare Aminosäure, z. B. Taurin beigefügt wurde, wobei erwartet werden konnte, daß man bei Auftreten von Cyansäure den be- treffenden substituierten Harnstoff, also in unserem Falle Tauro- karbaminsäure erhielte. Bei den in dieser Richtung angestellten Versuchen (als Oxydationsmittel nahm ich Bariumpermanganat) bekam ich nach Abfiltrieren des gebildeten Braunsteins und Ein- dampfen des Filtrates einen diekflüssigen Sirup, aus dem sich schließlich ein Gemenge von Taurin und einem Bariumsalz darstellen ließ. Das Bariumsalz kristallisierte in typischen rhombischen Tafeln, so daß ich zunächst glaubte, Tauro- karbaminsäure vor mir zu haben. Es ergab sich jedoch ein viel zu hoher Bariumgehalt. | Ganz ähnlich gedachte Versuche, festzustellen, ob es bei Oxydation von Glykokoll in Gegenwart von Glykokoll, also im Überschuß desselben, zur Bildung von Hydantoinsäure kommt, fielen gleichfalls negativ aus. Versuchte man nämlich aus dem Oxydationsgemenge einzelne Körper zu isolieren, so fand man stets neben großen Mengen unangegriffenen Glykokolls Harnstoff, niemals jedoch Hydantoinsäure oder Hydantoin. C. Glyoxylsäure: Es schien auf Grund dieser Versen aussichtsvoller, zuerst zu untersuchen, wo überhaupt die Oxydation der Aminosäuren, sei es nun in Gegenwart von Ammoniak oder ohne solchen Zusatz, angreift. Oxydiert man Glykokoll mit Permanganat allein, so erhält man, ehe es zur endgiltigen Zerlegung. in Kohlensäure und Am- moniak kommt, einen sirupartigen Rückstand, aus dem es mir einigemal gelungen ist, Harnstoff zu isolieren. Als Zwischen- 486 Hans Eppinger, produkt der Oxydation konnte je nachdem, ob der Sauerstoff an dem Stickstoff oder an dem Kohlenstoff angreift, Hydroxylamino- essigsäure (Ir >N.CH,.00 oH) oder Aminoglykolsäure (Amino- glyoxylsäure NH,.CH(OH).COOH) entstehen. Letztere Ver bindung ist von Böttinger*) aus Glyoxylsäure dargestellt worden, und es läßt sich erwarten, daß sie sehr leicht unter Ammoniak- abspaltung in Glyoxylsäure CH(OH), COOH übergeht. Ich war daher bemüht, in weiteren Versuchen den Nachweis der Glyoxyl- säure als intermediären Produktes der Oxydation von Glykokoll zu erbringen, und zwar wie ich glaube mit Erfolg. Destillierte man das Oxydationsgemenge mit Phosphorsäure, so ließ sich im Destillat ein sauer reagierender Körper nachweisen, der sich als Glyoxyl- säure erkennen ließ. Da jedoch diese Ergebnisse Anlaß boten, in anderer Richtung Versuche anzustellen (vgl. nachfolgende Arbeit), so will ich die Methoden des Nachweises der Glyoxylsäure hier nicht näher ausführen, sondern nur mitteilen, daß es mir gelang, ihre Anwesenheit durch eine Reihe qualitativer Reaktionen sowie durch Überführung in Allantoin (N gefunden: 29,7 Proz., berechnet; 30,4 Proz.) unter den Oxydationsprodukten des Glykokolls nach- zuweisen. Dieser Befund scheint für unsere Aufgabe zunächst kaum sehr belangreich, da die Glyoxylsäure bei Oxydation in ammoniakalischer ° Lösung keinen Harnstoff gibt, worauf bereits Hofmeister auf- merksam gemacht hat. Er kann an sich übrigens kaum be- fremden, wenn wir bedenken, daß nach Hofmeister die Aldehyde — denn als den Aldehyden sehr verwandt müssen wir die Glyoxyl- säure auffassen — nicht Harnstoff geben. Auch die Amino- glykolsäure (Böttinger) gab nach meinen Erfahrungen keinen Harn- stoff, so daß man sich wohl sagen mußte, daß der Weg vom Glykokoll zum Harnstoff kaum über die Glyoxylsäure gehen dürfte. Daß dieser Befund aber nach anderer Richtung Interesse verdient, wird aus später mitzuteilenden Betrachtungen hervor- gehen. D. Bildung von Karbylamin und Phenylharnstoff. Abermals kehrte ich zu dem Versuche zurück, ob es nicht doch gelänge, Anlagerungsprodukte ähnlich der Taurokarbaminsäure bei Wahl eines anderen Amins zu erhalten. So konnte sich z. B. eine CONH;-Gruppe an anwesendes Anilin unter Bildung von Mono- phenylharnstoff anlagern. Der Versuch ergab zunächst ein *) Böttinger, Anal. d. Chemie 198, 217. Zur Theorie der Harnstoffbildung. 487 anderes Resultat. Oxydiert man Glykokoll mit Permanganat bei Anwesenheit von Anilin, so tritt sofort unter äußerst stürmischem Verlauf der Reaktion typischer Isonitrilgeruch auf. Ebenso bei Ausführung der Oxydation in Gegenwart von Äthyl- und Methyl- amin. Vielleicht noch intensiver tritt der Geruch auf, wenn man die Oxydation in Gegenwart von Ammoniak vornimmt. Von ganz besonderem Interesse erscheint es nun, daß sich der Isonitril- geruch auch entwickelt, wenn man statt Glykokoll stickstofffreie Körper in Gegenwart von Anilin oxydiert. Ohne alle meine Versuche in dieser Richtung aufzählen zu wollen, sei nur erwähnt, daß z. B. Milchsäure, Weinsäure, Methylalkohol, Oxalsäure, auch unabhängig von der Anwesenheit von Ammoniak, mit Anilin stets den starken Geruch nach Phenylkarbylamin ergaben. Wenn sich auch kein Parallelısmus zwischen jenen stickstofffreien Körpern, welche in Gegenwart von Ammoniak Harnstoff geben und jenen, welche bei der Oxydation neben Anilin den Geruch nach Karbylamin geben, herausstellte, so hat die Reaktion doch schon darum ein gewisses Interesse, weil sie lebrt, mit welcher Leichtig-- keit sich bei heftiger Oxydation C an N anlagert, z. B. GH, NH; + CH,.OH +20 =C,H;,.N.C +3 H,O oder nach Analogie der gewöhnlichen Isonitrilreaktion mit Chloro- form aufgefaßt C,H,NH, + C(OH),H = C,H,NC+3 H,O: daneben entstand, aber- allerdings nur in ganz geringer Menge Phenylharnstoff (Schmp. gefunden: 144° unkorr., angegeben: 147°). Etwas besser war die Ausbeute, wenn man nicht in Gegenwart von Ammoniak oxydierte: man erhielt dann natürlich nur Diphenylharnstoff (Schmp. gefunden: 232° unkorr., angegeben: 235°), immerhin aber so verschwindend wenig, daß ich kaum glaube einen ähnlichen Vorgang bei der eigentlichen Harnstoff- bildung annehmen zu dürfen. Auch in bezug auf Bildung von Methyl- und Dimethylharnstoff bei Oxydation von Glykokoll in Gegenwart von Methylamin kann ich leider nur dasselbe berichten. Die Bildung von Phenylharnstoff (C,H; NH.CONH,) kann am ehesten als die Folge einer Bildung von Phenylisocyanat (C,H; NCO) angesehen werden, die der Phenylkarbylaminbildung vorangeht oder nachfolgt, und weist darauf hin, daß Vorgänge im Sinne einer Cyansäurebildung in der Tat vorkommen können. Die geringe quantitative Ausbeute gestattet jedoch kaum, diesen Weg als den der beobachteten reichlichen Harnstoffbildung bei Fettkörpern adäquaten anzusehen. 488 Hans Eppinger, E. Verhalten der Imide: Bisher habe ich ausschließlich angenommen, daß die Oxydation der Aminosäuren am Kohlenstoff angreift. Es liegt aber auch die Möglichkeit vor, daß auch der Stickstoff anoxydiert wird. Hofmeister hat bei seinen Ver- suchen über Oxydation in ammoniakalischer Lösung reichliches Auf- treten von NO:H und NOsH beobachten können. Auch die be- sprochene Bildung von Phenylkarbylamin könnte in folgender Weise gedeutet werden: C,H, NH, + CH,0H > C,H,NHOH +HCOH — G,H,NC+2H,0. Es war daher die Annahme einer Oxydation am Stickstoff, unter Bildung von Hydroxylaminderivaten oder von Imiden nicht von der Hand zu weisen. Für letztere Vorstellung glaube ich einige Anhaltspunkte beibringen zu können: Oxydiert man Phenyl- glykokoll, oder Sarkosin, so zeigt sich deutlich Geruch nach Karbylamin. Auch die Proben auf sekundäre Amine, die sich allerdings nicht ganz eindeutig verwerten lassen, fielen bei Oxy- dation von Glykokoll, Asparaginsäure und Alanin (natürlich in nicht ammoniakalischer Lösung) positiv aus. Ich habe\sowohl mit dem Reagens von Griess-Ilosvay (Sulfanilsäure-a«- Naphthylamin) als auch mit Diphenylamin im eingedampften Filtrat des Oxydations- gemisches positive Reaktionen erhalten. Es wurden nun Versuche in mehrfacher Richtung angestellt, aus dem Oxydationsgemenge, teils durch Äther- oder Essigätherextraktion, Imidoverbindungen zu isolieren, jedoch ohne Erfolg. Das einzige was sich zeigen ließ, war, daß in die Ätherfraktion ein harziger Körper überging, der beide Reaktionen gab. Ob dieser Befund auf den richtigen Weg weist, ist zunächst nicht zu entscheiden; jedenfalls mußte daraufhin untersucht werden, ob Imidoverbindungen bei Oxydation in ammoniakalischer Lösung Harnstoff geben. Der dem Glykokoll entsprechende Imido- körper, die Imidoessigsäure, ist nicht bekannt. Die dieser Verbindung zunächst stehenden Körper sind die Oximidoessig- säure (CH.NOH.COOH) und eventuell die Cyanameisensäure (CN.COOH), an welchen beiden ich allerdings zeigen konnte, daß sie in ammoniakalischer Lösung sich leicht zu Harnstoff E23 -. - 2 > £ j 4 5 % = z 3 & re > Dr; P.} > a 3 7 - u . | | oxydieren lassen. Ähnliche imidartige Abkömmlinge des Alanins, die Oximidopropionsäure (CH,. CNOH. COOH) und Imidopropion- säure (CH,.CNH.COOH) — dargestellt nach Böttinger — gaben reichlich Harnstoff. F. Verhalten der Oxime: Fragen wir uns, wie sich an stickstofffreie Körper, z. B. an Milchsäure oder Aceton, Zur Theorie der Harnstoffbildung. 489 Stickstoff anlagert, so liegt es nahe, an eine Oximbildung zu denken. Oxydiert man Milchsäure, so entsteht zuerst Brenztrauben- säure, oxydiert man Ammoniak, so entsteht Hydroxylamin; nun reagieren aber Brenztraubensäure und Hydroxylamin leicht auf- einander, so daß Oximidopropionsäure (CH;.CNOH.COONH) ent- steht, von welcher wir bereits gesehen haben, daß sie als Harn- stoffbildner aufgefaßt werden kann. Ganz ähnliche Verhältnisse müssen beim Aceton obwalten, wobei wir als das Zwischen- produkt Acetoxim zu erwarten haben. Daß dem Hyrdoxylamin, wenigstens bei unseren Versuchen in vitro, eine besondere Bedeutung für die Harnstoffbildung beizumessen ist, lehren folgende Beispiele: Wenn man Glyoxyl- säure mit Hydroxylamin zusammen bringt, so bildet sich Oximido- essigsäure. Warum erwies sich nun Glyoxylsäure nicht als Harn- stoffbildner? Augenscheinlich weil wir bei unseren Oxydationen von allem Anfang an Ammoniak im Überschuß zugefügt hatten; da nun Glyoxylsäure viele Eigenschaften mit den Aldehyden teilt, so kann sich zuerst ıhr Aldehydammoniak, in diesem Fall Amino- glykolsäure, bilden, die nun wie andere Aldehydammoniake kein Harnstoffbildner ist. Ganz anders bei Zusatz von Hydroxylamin. In diesem Fall liefert die Oxydation der entstandenen Aldoxime — ich habe den Versuch mit Formaldoxim, Acetaldoxim und Propionaldoxim, sowie mit Oximidoessigsäure ausgeführt — reichlich Harnstoff. Ebenso verhalten sich, wie zu erwarten war, Acetoxim und «-Oximidopropionsäure. — Es könnte sonach die Bildung von Harnstoff aus Aminosäuren auch auf eine inter- mediäre Oxydation des NH;,-Restes bezogen werden, und es muß z. B. künftig erwogen werden, ob nicht, sei es Imidoessigsäure oder Hydroxylaminoessigsäure oder Oximidoessigsäure als rasch ver- schwindende Zwischenglieder bei der Glykokolloxydation auftreten. 11. Im nachstehenden gebe ich eine Übersicht der Substanzen, die bisher in vitro auf ihr Vermögen, Harnstoff zu bilden, geprüft worden sind. In der Tabelle sind alle jene Körper mit + bezeichnet, die bei Oxydation in Gegenwart von Ammoniak sich als Harnstoff- bildner zeigten; die durch Fettdruck ausgezeichneten, es handelt sich vorwiegend um Propionderivate, sind erst von mir unter- sucht worden. (Siehe Tabelle auf S. 490.) Es läßt sich der Tabelle leicht eine gewisse Regelmäßigkeit in betreff der Fähigkeit der einzelnen Körper zur Harnstoffbildung ee Eee Hans Eppinger, 490 j. | m Cyanverbindungen CNH-+ CNSH+ CN.CH, — CN.COOH +!) CN. CH, . CH; + CN.CH,.COOH+ Säuren und ihre Abkömm- linge H.COOH — H.CONH, + CH,.COOH — CH,OH.COOH + CH(OH),.COOH — COOH.COOH — CH, NH,.COOH + CHOH.NH,COOH — CH.NOH.COOH + CH,.CONH, — CONH,.CONH, — CONH,.COOH + CONH,.CO0C,H;, — CH,.CH, NH, CH,.CH,.COOH — CH,.CH.OH.COOH + CH,0H.CH,.COOH + CH,.CO.COOH + CH,.CH.NH,.COOH + CH,NH,.CH,.COOH + CH,.CNH.COOH +) CH,.CNOH.COOH + CH,.CH,.CONH, — COOH.CH, COOH — COOH.CH.OH.COOH-+ COOH.CO.COOH + C,H,.0H — CH,;.COH — Eu EEE EEE a kat. Alkohole und ihre Abkömm- | Aldehyde und ihre Ab- | Ketone und ihre Ab- linge kömmlinge kömmlinge EEE EEE GUN EUER EN CH,OH — H.COH — | H.CNOH.H-+°) CH, ÖHSCH, OH - : COH.COH — CC1,.CH(OH), — CH,.CH.NOH + >) CH,.CH,.CH,.OH — CH, CH,.COH — CH,;.COCH, + CH, OH.CH.OH.CH,0OH— [|CH,.CH,.CH.N.OH-+>) CH,.CH.OH.CH, + CH,0H.CH.OH.COOH-+ CH,.CH.NH,.CH, +) CH,.CNOH.CH, + !) Verwendet wurde der Äthylester. 2) Dargestellt aus Formaldehyd und Hydroxylamin. ®) Aldehydam- moniak und Hydroxylamin. + Dargestellt nach Gold- schmied B. 20, 728. 5) Propylaldehyd und Hydroxyl- amin. ®) Dargestellt nach Böttinger. Anal. 208, 135. Zur Theorie der Harnstoffbildung. 491 entnehmen. Hofmeister hat bereits hervorgehoben, daß die Fähig- keit der Harnstoffbildung sich auf bestimmte chemisehe Gruppen zurückführen läßt. Ich konnte im ganzen die Vorstellungen Hofmeisters bestätigen. Es läßt sich sagen, daß von stickstoff- freien Substanzen (dıe Derivate der Methanreihe nehmen eine Ausnahmsstellung ein) nur Oxysäuren, gleichgiltig ob ein- oder zweibasisch, Ketosäuren und Ketone leicht die Umwandlung in Harnstoff eingehen. Alkohole haben nicht durchwegs die Eigen- schaft Harnstoff zu bilden. Sie fehlt dem Äthyl-, Propylalkohol und Glycerin, kommt aber dem Methylalkohol und Glykol zu. Glykose lieferte mir abweichend von den Resultaten Hofmeisters eine allerdings sehr geringe Menge Harnstoff. Von den stickstoffhaltigen Körpern geben alle Amino- und Imino- säuren Harnstoff, gleichgiltig ob der Stickstoff in «a- oder ß-Stellung steht. Säureamide (OÖxaminsäure ausgenommen) sind keine Harn- stoffbildner, desgleichen nicht Nitrile (auch hier macht die Methan- reihe eine Ausnahme). Tritt jedoch neben die Nitrilgruppe eine Karboxylgruppe, so geben sie Harnstoff. Alle Ketoxime und Adoxime, sowie deren Verwandte bilden Harnstoff. Wenn es auch nicht gelungen ist, durch Verfolgung der oxydativen Harnstoffbildung in vitro zu bindenden Schlüssen auf den vitalen Vorgang zu gelangen — das war von vornherein auch nicht zu erwarten — so glaube ich doch durch Nachweis einer Reihe von Produkten, die dabei auftreten, neue Angriffspunkte für die Untersuchung der physiologischen Vorgänge gefunden zu haben. XXXIV. Über das Verhalten der Glyoxylsäure im Tierkörper. Von Dr. Hans Eppinger (Graz). Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg. 1. Bei Gelegenheit der in vorstehender Arbeit mitgeteilten Ver- - suche über die Vorstufen des Harnstoffs ergab sich die Frage, ob die Glyoxylsäure nicht im Tierkörper bei der Oxydation von Glykokoll und von anderen, auch stickstofffreien, Substanzen ent- steht, und vielleicht eine wichtige Rolle speziell bei der Harn- stoffbildung spielt. Der Gedanke, daß gerade die Glyoxylsäure ein häufiger auftretendes Oxydationsprodukt sein dürfte, stützte sich vor allem auf rein chemische Überlegungen. Denn auf Grund der Vorstellungen, die wir uns über den oxydativen Abbau bilden können, war die Möglichkeit ihrer Entstehung zunächst aus Aethan-. derivaten und weiter beim Aufbau und Abbau von Fettkörpern überhaupt nicht von der Hand zu weisen. Auch die Tatsache, daß bei der Harnstoffbildung ein äußerst reaktionsfähiger Körper im Spiel sein muß, weist auf eine solche Deutung hin, da wir wissen, daß die Glyoxylsäure bei ihrer Mittelstellung zwischen Säure und Aldehyd überaus leicht Kondensationen auch zu Ureiden eingeht. So macht Böttinger*) bereits darauf aufmerksam, daß Glyoxylsäure bei Gegenwart von Salzsäure sich leicht mit Harn- stoff zu Allantoin paart; vielleicht noch leichter erfolgt Konden- sation mit Thioharnstoff, worüber Döbner*) und Glass be- richten. Hier verbindet sich Glyoxylsäure mit nur einem Molekül Harnstoff zu Glyoxylthiokarbamid, also zu einem Körper, der einem Hydantoin entspricht. Unsere Erwartung jedoch, daß Glyoxylsäure bei der Harnstoffbildung als intermediäres Produkt eine Rolle . spielen dürfte, hat sich nicht bewahrheitet, da sie, wie gezeigt wurde, *) Berichte 11, 1784. **) Annalen 317, 147. [x Über das Verhalten der Glyoxylsäure im Tierkörper. 493 bei Oxydation in Gegenwart von Ammoniak keinen Harnstoff gibt. Aber ihre Bedeutung ist anscheinend eine viel allgemeinere. Da- für spricht schon, daß sie im Pflanzenkörper oft aufgefunden wurde. Besonders die Untersuchungen von Brunner und Chuard*), welche lehren, daß sich Glyoxylsäure bloß in jungen Trieben und Früchten vorfindet, jedoch später, nachdem Kohle- hydrate und mehrbasische Fruchtsäuren an ihre Stelle getreten sind, fehlt, zeigen, daß man der Glyoxylsäure eine bedeutende Funktion zuschreiben muß. Bereits Königs“*) entwickelt die durch diese Beobachtung näher gerückte Anschauung, daß Glyoxylsäure im Assimilationsprozesse der Pflanzen eine wichtige Stellung ein- nehmen dürfte, was durch Döbner“**) insofern näher gerückt wurde, als es ihm gelang, über Glyoxylsäure in Verbindung mit Malonsäure zu Fumarsäure zu gelangen, einem Produkte, das sich in zahlreichen Pflanzen und reifen Früchten findet. Wenn es nun gelingt, den Nachweis zu erbringen, daß Glyoxylsäure bei der physiologischen Oxydation von Stoffen auftritt, die für. den tierischen Organismus Bedeutung haben, so dürfte dies von all- gemein biologischem Interesse sein. II. Oxydiert man, wie ich es bei meinen Harnstoflversuchen getan habe, Glykokoll mit Caleiumpermanganat und zwar ohne Zusatz von Ammoniak, und destilliert das Filtrat in stark phosphorsaurer Lösung, so geht im Anfang mit den Wasserdämpfen eine Säure über, die sich als Glyoxylsäure herausstellt. Die Glyoxylsäure reduziert Silberlösung und kann bei ent- sprechender Konzentration selbst Silberspiegel bilden. Von ihren Salzen ist die Kalkverbindung am besten bekannt. Bereits Duppa und Perkin*), welche zum erstenmal Glyoxylsäure aus Alkohol dargestellt haben, erwähnen, daß sich das Kalksalz beim Kochen mit Kalkwasser in ein Gemenge von Calcium- Oxalat und -Glykolat umwandeln läßt. Von denselben Autoren wird auch eine charakteristische Reaktion angegeben: Das Kalk- salz, mit oxalsaurem Anilin versetzt, gibt nach Abfiltrieren des Calciumoxalates ein farbloses Filtrat, in dem sich nach längerem Stehen oder nach gelindem Kochen ein hellorangefarbiger Niederschlag bildet. Ferner hat GrimauxYr) darauf aufmerksam N *) Berichte 19, 595. > **) Berichte 25, 800. ***) Berichte 34, 53. +) Annalen 112, 24. ir) Compt. rend. 68, 494 Hans Eppinger, gemacht, daß sich Glyoxylsäure mit Harnstoff, allerdings erst bei 100°, in Allantoin umwandelt; Böttinger*) vereinfachte diese Art des Nachweises, indem er zeigte, daß diese Kondensation in Gegenwart von Salzsäure auch schon bei Wasserbadtemperatur erfolgt und zwar in so verläßlich einfacher Weise, daß sich dieses Verfahren zum qualitativen Nachweis empfichlt. Schließlich kann auch das zuerst von Elbers**) dargestellte Phenylhydrazinderivat der Glyoxylsäure zur Charakterisierung verwendet werden. — Alle diese Reaktionen habe ich an meinem Destillationsprodukt erprobt. Wenn es mir auch nicht gelungen ist, größere Mengen des Kalksalzes zur Analyse zu bringen, so zeigten doch die anderen Methoden, daß es sich um Glyoxylsäure handelte. Bei der Reaktion von Duppa und Perkin gelang es, durch Kochen mit Kalk Oxalsäure abzuspalten. Weiter gaben positive Resultate die Probe mit öoxalsaurem Anilin, und jene, bei der es sich um Umwandlung ‘in Allantoin handelt. Ohne auf die Einzelheiten des Nachweises auf diesem Wege eingehen zu wollen, will ich nur er- wähnen, daß ich an das Eindampfen des Destillates in Gegenwart von Harnstoff und einigen Tropfen konzentrierter Salzsäure die be- kannte Methode von Loewy*"*), anschloß, nach welcher es am leichtesten gelingt, Allantoin zu isolieren und durch Stickstoff- bestimmung zu charakterisieren. (N gefunden: 29,85 Proz., be- rechnet 30,4 Proz.) Bezüglich der Identifizierung der Glyoxyl- säure durch Phenylhydrazin muß ich sagen, daß sich in den ersten Tropfen des Destillates stets ein beträchtlicher Niederschlag bildete, den ich jedoch nie so rein erhalten konnte, daß der Schmelzpunkt sich mit dem von Elbers angegebenen (137°) gedeckt hätte. Schließlich möchte ich eine neue Reaktion angeben, von der ich denke, daß sie wegen ihrer leichten Ausführbarkeit und Zu- verlässigkeit allgemeinstes Interesse verdient. Bekanntlich wurde von Hopkins eine Farbenreaktion angegeben, die den Nach- weis der Indolgruppe in Eiweißspaltungsprodukten ermöglicht. Sie wird nach ihm so ausgeführt, daß man die zu unter- suchende Flüssigkeit mit einer etwas Glyoxylsäure enthaltenden Oxalsäurelösung mengt und dann mit konzentrierter Schwefel- säure unterschichtet. Ist nun Indol vorhanden, so bildet sich an der Berührungsstelle ein roter Ring, der sich leicht nach oben zu verbreitet. Gerade so gut wie es nun gelingt, Indol mit dieser Reaktion schon in Spuren nachzuweisen, war von *) Berichte 11, 1783. **) Annalen 227, 353. ***) Archiv f. exp. Path. und Pharmak. 44. Über das Verhalten der Glyoxylsäure im Tierkörper. 495 ihr auch umgekehrt ein empfindlicher Nachweis der Glyoxylsäure zu erwarten. Ich prüfte die Reaktion zunächst an chemisch reiner Glyoxylsäure durch Zusatz von 0,1 Proz. Indollösung und konzen- trierter Schwefelsäure und fand meine Vermutung bestätigt. Es trat schon bei größter Verdünnung ein deutlicher roter Ring auf; ließ man die Probe länger stehen, so erschien bei entsprechender Konzentration bald die ganze Flüssigkeit schön purpur- bis violett- rot. Charakteristisch für den roten Farbstoff ist, daß er sich mit Amylalkohol ausschütteln läßt. Diese Indolprobe besitzt eine sehr große Empfindlichkeit. 0,00005 g Glyoxylsäure in 1 ccm zeigen noch einen leicht roten Berührungsring. Ich habe die verschiedensten, vor allem die näher verwandten Körper: Harnstoff, Harnsäure, Acetaldehyd, Form- aldehyd, Propylaldehyd, Aceton, Brenztraubensäure, Lävulinsäure, Essigsäure, Glykolsäure, Glyoxal, Glykol, Methylalkohol, Aethyl- alkohol, Weinsäure, Ameisensäure, Acetessigsäure, Milchsäure u. v.a. auf diese Reaktion hin untersucht, habe jedoch keinen gefunden, der in reinem Zustande bei dieser Reaktion die Anwesenheit von Gly- oxylsäure vorgetäuscht hätte. Wichtig ist aber, daß Allantoin und ÖOximidoessigsäure, also Kondensationsprodukte der Glyoxylsäure, nach Spaltung durch Kochen mit Kalilauge die Reaktion geben. — Bemerkenswert erscheint mir weiter, daß man Indol durch Skatol ersetzen kann. In diesem Falle tritt an der Berührungs- stelle zuerst ein grünlicher Ring auf, über dem sich dann ein rot- violetter bildet. Die Empfindlichkeitsgrenze ist dieselbe wie beim Indol. Der Versuch, das ziemlich teure Indolpräparat durch ein zugänglicheres zu ersetzen, z. B. Methylindol, ergab ein negatives Resultat. Wegen ihrer großen Empfindlichkeit und Zuverlässigkeit leistete mir die Indolprobe bei späteren Untersuchungen die größten Dienste. Wie zu erwarten, gab auch das Destillat der Glyeinoxydation die Reaktion, und zwar auch wenn die Oxydation in ammoniakalischer Lösung vorgenommen wurde, so daß die An- wesenheit von Ammoniak in dieser Richtung keinen prinzipiellen Unterschied zu bedingen scheint. Es wurden nun verschiedene Körper, teils stickstoffhaltige, teils stickstofffreie auf ihre Fähig- keit, bei Oxydation mit Permanganat Glyoxylsäure zu geben, geprüft. In zahlreichen Fällen konnte ich im Destillat des Filtrats diesen Nachweis führen; so z. B. bei Oxydation von Alkohol, Milchsäure, Weinsäure, Glycerin, Glykol, Glykolsäure, Betain, Sarkosin; vermißt habe ich die Indolprobe bei Oxydation von Methylalkohol, Ameisensäure, Oxalsäure, Aceton, Harnstoff. 496 Hans Eppinger, III. Es lag nun nahe, verschiedene Se- und Exkrete des tierischen Organismus auf Glyoxylsäure zu untersuchen, wobei besonders der Harn berücksichtigt werden mußte. Nach meinen bisherigen noch lange nicht abgeschlossenen Untersuchungen läßt sich bereits sagen, daß die Indolreaktion sehr häufig im Meerschweinchen- und Kaninchenharn positiv ausfällt, aber durchaus nicht immer. So- viel ich sehe, dürften diese Verschiedenheiten teils von der Art der Nahrung, teils von Stoffwechselstörungen abhängig sein. Für die Ausführung der Reaktion im Harne glaube ich folgende Vorschrift geben zu können. Man fügt zu 3 bis 5 ccm Harn un- gefähr ebensoviel Indollösung hinzu, die man sich durch Lösen von 0,5 bis 1,0 g Indol*) in ungefähr 500 Wasser und kräftiges Durch- schütteln bereitet. Unterschichtet man mit konzentrierter Schwefel- säure, so tritt an der Berührungsstelle sofort ein schön purpurroter Ring auf, der sich beim ruhigen Stehen, schneller beim Schwenken nach oben zu verbreitet, oft so rasch und intensiv, daß die ganze Flüssigkeit sich sofort dunkelkirschrot färbt. Als besonders charakteristisch möchte ich erwähnen, daß der rote Farbstoff sich von Amylalkohol aufnehmen läßt und daß auch im Destillat des vorher mit Phosphorsäure angesäuerten Harns die Indol- probe positiv ausfällt: Größere Mengen aus dem Harn durch Destillation zu isolieren, gelingt nicht, was wohl an der großen Affinität der Glyoxyisäure zu Harnstoff und vielleicht noch zu anderen im Harn vorkommenden Körpern liegen dürfte. Wenn ich auch die Versuche über die Identität der Glyoxylsäure im Harne noch nicht abgeschlossen habe, so kann ich doch schon be- richten, daß es mittels Überführung in Allantoin gelingt, den Nach- weis zu führen, wobei sich folgendes Verfahren als geeignet erweist. Man teilt die vorhandene Harnmenge; die eine Hälfte wird sofort nach der Methode von Lövy quantitativ auf Allantoin untersucht, die andere mit 3 bis5 g Harnstoff gemengt und nach Zusatz von 5 ccm konzentrierter Salzsäure bei Wasserbadtemperatur eingedampft, abermals in Wasser gelöst und ebenfalls zur quanti- tativen Allantoinbestimmung nach Lövy verwendet. Wenn man die Harne von Tieren untersucht, so findet man häufig, daß sich bei Anstellung der Probe an der Berührungsstelle bloß ganz vorübergehend ein schwach roter Ring bemerkbar macht. Ich glaube in dieser Hinsicht zu einer gewissen Vorsicht raten zu müssen; wenigstens habe ich nur jene Proben als positiv berück- *) Das von mir verwendete Indol stammte zum Teil aus der Sammlung des hiesigen physiologisch-chemischen Institutes, zum Teil von Merck. CRUREYE PIEUOTIREE OO) | DER, UR, SOUND ar Über das Verhalten der Glyoxylsäure im Tierkörper. 497 sichtigt, bei welchen die Rotfärbung länger angeda:ert hat und sich bald über die ganze Flüssigkeit verbreitete. Im übrigen habe ich mich stets durch Untersuchung des Harndestillates gegen Irrtum zu sichern gesucht. Erst in meinen späteren Versuchen versuchte ich Skatol zu verwenden. Nicht wenig erstaunt war ich, als ich fand, daß Harn, der mit Indol starke Rotfärbung gab, sich mit Skatol gar nicht veränderte. Dagegen gab in solchen Fällen das Destillat ganz die typische Skatolreaktion. Es müssen somit im Harne Substanzen vorhanden sein, die die Skatolprobe beein- trächtigen, weshalb bei direkter Harnuntersuchung stets Indol verwendet werden muß. Ich habe mich auch mit der Frage der quantitativen Bestimmung der Glyoxylsäure speziell im Harne beschäftigt, verfüge aber derzeit nur über eine grobe kolorimetrische Schätzungsmethode, die in ihrem Wesen auf dem Prinzip beruht, daß sich mittels der Indolprobe nach 0,00005 g Glyoxylsäure in einem ccm nachweisen lassen. Verdünnt man den zu unter- suchenden Harn so weit, bis sich in einem Kubikzentimeter bei der Probe kein roter Ring mehr zeigt, so kann man darnach die in der Tages- menge ausgeschiedene Menge Glyoxylsäure schätzen. Natürlich macht diese Methode keinen Anspruch auf Exaktheit, und hat nur so lange Wert, bis es gelingt, sie durch eine bessere zu ersetzen. Ich habe bereits erwähnt, daß ich beobachten konnte, daß das Vorkommen von Glyoxylsäure im Kaninchenharn nicht regelmäßig, sondern anscheinend zum Teil von der zugeführten Nahrung ab- hängig ist. Füttert man Kaninchen mit Hafer allein, so fehlt meist die Indolprobe im Harn. Am häufigsten, aber auch hier gibt es individuelle Verschiedenheiten, findet sich Glyoxylsäure, wenn man die Tiere mit Zuckerrüben füttert, manchmal allerdings auch bei Zufuhr von Grünfutter (Abfälle von Kohl und Kohlrüben), Eine nähere Beziehung zwischen der zugeführten Menge Kohle- hydrat und der Indolprobe dürfte kaum bestehen, da durch Fütterung mit großen Zuckermengen (30 g Traubenzucker) ke.ne Glyoxylreaktion erzielt wird. Weiter beschuldigte ich das in den Rüben ziemlich reichlich vorkommende Betain, von welchem ich nachweisen konnte, daß es bei Verfütterung Auftreten der Indol- probe im Harn veranlaßt. Da jedoch nach Zuckerrübenfütterung nicht immer Glyoxylsäure auftritt, und verhältnismäßig viel zu- geführtes Betain (3 g) keine sehr starke Rotfärbung gibt, so dürften hier noch unbekannte Momente mitspielen. Die Frage, ob nicht die in der Pflanzennahrung selbst vor- kommende Glyoxylsäure ausschlaggebend sein könnte, kann ich im verneinenden Sinne beantworten, da nach Verfütterung von 1 bis 2 g Calciumglyoxylat die Probe im Harn negativ ausfiel. Von Interesse ist das Auftreten von Glyoxylsäure nach Zufuhr bestimmter Stoffe. Wohl am stärksten tritt die Indolreaktion auf, Beitr. z. ehem. Physiologie. VI. 32 498 Hans Eppinger, wenn man Kaninchen größere Mengen von Alkohol (10 bis 15 ccm) reicht. Sonst fand ich, ‘allerdings in lange nicht so reichlicher Menge, Glyoxylsäure nach Verfütterung von Glykokoll (10 9), Glykolsäure (5 g), Sarkosin (3 g), Betain (2 g), nicht dagegen nach Zufuhr von Methylalkohol (15 cem), Milchsäure (10 g), Es:ig- säure (6 g), Harnsäure (3 g), Weinsäure (5 g), Glycerin (8 g), Glykol (5 g), Morphin (0,04). Im Hunde-, Kuh-, Pferde- und Affen- harn habe ich die Reaktion bei wiederholter gelegentlicher Prüfung vermißt. Im Menschenharn fällt die Indolprobe öfter positiv aus, weswegen ein eingehendes Studium dieser Reaktion unter ver- schiedenen physiologischen und pathologischen Verhältnissen dringend geboten erscheint. Vorläufig kann ich, obwohl mir großes Material zur Verfügung stand, noch kein sicheres Urteil abgeben, unter welchen Verhältnissen Glyoxylsäure sich im Harne findet. Mit ziemlicher Bestimmtheit glaube ich jedoch einen gewissen Zusammenhang mit der Alkoholzufuhr erkennen zu müssen. Besonders bei Darmstörungen (Dysenterie, Typhus) fällt häufig dıe Indolprobe positiv aus und zwar auch unabhängig von Zufuhr von Alkohol. Genauere Details, sowie Studien über das gleichzeitige Vorkommen von Glyoxylsäure, Oxalsäure und Ammoniak bei pathologischen Fällen, sollen an anderem Ort Be- rücksichtigung finden. Selbstverständlich werden die Versuche Gly- oxylsäure im Harne noch genauer nachzuweisen weiter fortgesetzt. In. Aus dem bisher Mitgeteilten ergibt sich, daß die im Harn ausgeschiedene Glyoxylsäure als ein Produkt des intermediären Stoffwechsels anzusehen ist. Es fragt sich nun, ob sie als solches regelmäßig oder nur unter gewissen Umständen auftritt. Um dies einigermaßen richtig beurteilen zu können, schien es vor allem geboten, an Tieren Fütterungsversuche mit Glyoxylsäure selbst anzustellen, und dabei die nächsten Abbauprodukte derselben zu studieren. Die nächststehenden Abbauprodukte sind Oxalsäure und Kohlensäure; es war daher naheliegend, bei unseren Unter- suchungen vor allem die Ausscheidung der Oxalsäure zu berück- sichtigen, zumal da Pohl*) bereits nach Glyoxylsäurezufuhr beim Hunde eine geringe Steigerung der Oxalsäureausscheidung bec- merkt hat. Bei unseren Fütterungsversuchen verwendeten wir das Calciumsalz (der Glyoxylsäure, welches wir noch nach der Methode von Böttinger**) _*) Archiv f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 37, 413. **) Annal. 198, 206. Über das Verhalten der Glyoxylsäure im Tierkörper. 499 darstellten, Die zu reichenden Mengen wurden in Wursthäute gefüllt und so an Hunde verfüttert; die Oxalsäurebestimmungen geschahen nach dem Verfahren von Barth und Authenrieth*), das ich wärmstens empfehle, besonders wenn man das ziemlich umständliche und sicher nicht ganz zu- verlässige Verfahren des Ausschüttelns dadurch vermeidet, daß man den in heißer Salzsäure gelösten Kalkniederschlag mit einem gut wirksamen Atherextraktionsapparat auszieht. Die Versuche selbst sind aus nachstehenden Tabellen ersichtlich: I. Versuch. (Großer kräftiger Hund.) Datum Oxalsäure | Verfüttert Harnmenge 390 0.0924 | 9 rn R es <— 7,0 g Calciumglyoxylat 510 0,0482 ; 420 0,0310 Gleich nach Zufuhr der Glyoxylsäure frißt das Tier nicht mehr, be- kommt ein krankes Aussehen, struppiges Fell, und geht nach 6 Tagen ein. Bei der Sektion finden sich keine nennenswerten Veränderungen, Keine - Enteritis, keine Nephritis, auch während des Lebens wurde kein Eiweiß im Harn nachgewiesen. Indolprobe stets negativ. II. Versuch. (Kleiner kräftiger Rattler.) Datum | Harnmenge | Oxalsäure | Verfüttert Tl. 0,03214 8. II. 0,0264 9. N. 0,03104 | 10. I. 0,0926 <— 5,0 g Caleiumglyoxylat 2 300 0,0438 Auch hier fraß das Tier mehrere Tage hindurch nicht, erholte sich aber wieder. Als bemerkenswert sei hervorgehoben, daß an dem Tage der hohen Oxalsäureausscheidung sich im Harne die Indolprobe leicht positiv zeigte. Jedenfalls handelt es sich, wie aus den angeführten Zahlen zu ersehen ist, um eine sehr bedeutende Steigerung der Oxal- säurewerte. Ob wir aus dieser Beobachtung schließen dürfen, daß die Glyoxylsäure im tierischen Organismus eine größere Rolle spielen kann, soll vorläufig dahingestellt bleiben. Jedenfalls aber wird es wichtig sein, den vermutlich bestehenden Zusammenhang zwischen Oxalurie und Glyoxylurie experimentell und klinisch zu verfolgen. In den gereichten größeren Dosen ist die Glyoxylsäure, nach dem, was wir bis jetzt gesehen haben, für den tierischen *) Zeitschr. f. physiol. Chemie 35, 327. 39% 500 Hans Eppinger, Organismus nicht gleichgiltig. Ob ein Tier in solchem Fall die ganze zugeführte Glyoxylsäure oxydativ abbaut, ist sehr fraglich, außer sie zerfiele gleich in Kohlensäure und Wasser. Es lag daher die Vermutung nahe, daß sich der tierische Körper anderweitig gegen dieses Gift schützt, wobei vor allem an eine Synthese zu un- giftigen Körpern zu denken war. Besonders zu berücksichtigen war die Allantoinbildung, da Glyoxylsäure sich so leicht, wenigstens in vitro, mit Harnstoff in dieser Art verbindet. Aber auch von einem ganz anderen Standpunkte aus würde ein solcher Vorgang Interesse verdienen; es läge da eine synthetische Allantoinbildung im Tierkörper vor, welche zu erörtern ich in einer früheren Arbeit*) Gelegenheit hatte. Die Versuche, in denen die Ausscheidung des Allantoins (nach Loewy) untersucht wurde, sind folgende: III. Versuch. (Hündin.) Datum 'Harnmenge) Stickstoff | Allantoin | Verfüttert 20. XI. | 165 5,4516 | 0,208 21. XI. | 126 4,72 0,226 a 92. XI. | 195 4.19 0 |< EEE Ba. 195 3,97 0,400 24. XI. | 180 3,22 0,240 Außer einer dreitägigen Inappetenz, von der es sich wieder erholt, ist nichts Auffälliges an dem Tier zu beobachten. Indolprobe negativ. IV. Versuch. (Großer starker Hund.) Datum | Harnmenge | Stickstoff | Allantoin | Verfüttert 1. AM. 180 7,056 0,2008 | 8. XI. 230 8,016 0,2109 : 9. XII. | 460 10,709 0,3504. ‚|* 7:08 Calciumpiyoswiee 10. XII. 490 7,632 0,3682 EE> XIE 230 5,62 | 0,2018 Das Tier frißt nicht und stirbt am 6. Tage nach der Zufuhr der Glyoxylsäure. Bei der Sektion findet sich nichts Auffälliges. Indolprobe war stets negativ. Wir sehen also unsere Erwartung bestätigt, daß sich nach Glyoxylsäurezufuhr die Allantoinwerte stets fast um das Doppelte . erheben. Wie bereits erwähnt, verdient dieser Befund in zwei- facher Richtung Interesse. Vor allem ist damit wohl in ganz *) Diese Beiträge 6. Über das Verhalten der Glyoxylsäure im Tierkörper. 501 einwandsfreier Weise der Nachweis einer synthetischen Allantoin- bildung beim Säugetier geliefert. Man kann aber auch die Allantoinbildung als eine Entgiftungserscheinung auffassen. Dem- gemäß prüfte ich in einem Versuch, ob man nicht durch gleich- zeitige Darreichung von Glyoxylsäure und Harnstoff die Allantoin- ausscheidung steigern und gleichzeitig die Toxizität der Glyoxyl- säure herabsetzen kann. Das Ergebnis des folgenden Versuches spricht nicht für diese Anschauung. V. Versuch. (Mittelgroßer kräftiger Hund.) Stickstoff | Allantoin Verfüttert Datum |Harnmenge 1. III. | 960 4,83 0,212 a 300 4,28 0,240 ie Fleiumelsukerlak nr Ze iumglyoxylat, 37T, 320 5,10 0,3624 2 Stunden später 7 8 4. II. 250 4,23 0,310 Harnstoff subkutan. 5:11; 300 4,04 0,262 Die Allantoinzaklen weichen nicht wesentlich von denen der voran- gehenden Versuche ab. Auch die Toxizität scheint nicht gemildert, da auch hier das Tier nach siebentägiger Inappetenz zugrunde ging. Im vorstehenden glaube ich gezeigt zu haben, daß die Gly- oxylsäure ein verbreitetes Zwischenprodukt der Oxydation von physiologisch wichtigen Fettkörpern ist, daß sie auch im Harn, und zwar in bestimmten Fällen als Produkt der Oxydation ange- führter Stoffe z. B. des Alkohols, Glykokolls und anderer auftreten kann, daß sie endlich in größerer Menge eingeführt zu sehr reichlicher. Ausscheidung von Oxalsäure und vermehrter Ausfuhr von Allantoin Anlaß gibt. Durch die Auffindung bequemer Nachweismethoden hat sich ferner die Möglichkeit ergeben, das Vorkommen von Glyoxylsäure nach experimenteller und klinischer Richtung weiter zu verfolgen. Ich hoffe über einschlägige Erfahrungen bald aus- ührlicher berichten zu können. Elementaranalysen Best. v. N, S, Halogen in org. Subst. Chem. Lab. v. Dr. H. Weil, München, Herzog Rudolistr. 18. Verlag von FERDINAND ENKE in Stuttgart. Soeben erschien: Jahresbericht über die Fortschritte der Herausgegeben von Prof. Dr. L. Hermann. Physiologie. XII. Band: Bericht über das Jahr 1903. Br8% 1908. geh:..M. 16.—. EBENSO TE AT EENERE EEE RRE Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig, Der Stickstoff | und seine wichtigsten Verbindungen. Von Dr. Leopold Spiegel, Privatdozent an der Universität Berlin. Mit eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 20 #4, geb. 22 4. Die chemische Organisation der Zelle. Ein Vortrag von Franz Hofmeister, 0. Professor der physiologischen Chemie an_ der Universität Strassburg. 8. geh. Preis 0,60 4. Die Zersetzung stickstofifreier organischer Substanzen durch Bakterien. Von Dr. 0. Emmerling. Privatdozentan der Universität Berlin. Mit sieben Lichtdrucktafeln. kl. 8. geh. Preis 4 4. Synthesen in der Purin- und Zuckergruppe. Von Emil Fischer. Vortrag, gehalten am 12. Dezember 1902 vor der Schwedischen Akademie der Wissenschaften zu Stockholm. gr. 8. geh. Preis 0,80 4, chemische Fabrik, Darmitadt, empfiehlt alle Drogen u. Chemikalien | "eisen Kinschlussmedien für den a medizin,-pharmaceutischen Gebrauch alle Reagentien in besten Qualitäten und in anerkannter . R n Reinheit, insbesondere Alkaloide für medizinische, pharmaceutische, und Glykoside, analytische und technische Zwecke, alle Präparate fürmikroskop. sämtliche Chemikalien für und bakteriolog. 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Zickfeldt, Osterwieck /Harz. u Bi \SAAS Beiträge zur Chemischen Physiologie und Pathologie Zeitschrift für die gesamte Biochemie ® unter Mitwirkung von Fachgenossen herausgegeben von Franz Hofmeister 0. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg VL Band. 11. a. 12. Heft (Ausgegeben Juni 1905) m Braunschweig Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn 1905. Hr u: Inhalt des 11. u. 12. Meftes. Seite XXXV. Ernst Magnus-Alsleben. Über die Giftigkeit des normalen Darminhalts. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Sirassburg.) 2 2.» wo XXXVL Osw. Schwarz. Zur K Enke dar Ania (Ay dem physiologisch- chemischen Institut zu Strassburg). . . . 524 XXXVILI. Olinto Pascucci. Die Zusammensetzung des Blutscheiben- stromas und die Hämolyse. Erste Mitteilung: Die Zu- sammensetzung des Stromas. (Aus dem physiologisch- chemischen Institut zu Strassburg) . . . 543 XXXVIII Olinto Pascucci. Die Zusammensetzung des Bintächeißeh stromas und die Hämolyse. Zweite Mitteilung: Die Wirkung von Blutgiften auf Membranen aus Leeithin und Cholesterin. (Aus dem physiologisch - -chemischen Institut in Strassburg) . . 552 XXXIX. Walther Hausmann. Über die Entgiftung de Scpanns durch Cholesterin. (Aus dem chem. Laboratorium der allgem. Poliklinik und dem tierphysiologischen Institut der Hochschule für Bodenkultur in Wien) . -. . . . .. 567 Die „Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie“ erscheinen in zwanglosen Heften, von denen 12 einen Band von 36 Druckbogen zum Preise von M. 15,— bilden. Die Ausgabe der Hefte erfolgt nach Maßgabe des einlaufenden Materials in kurzen Zwischenräumen. Die Zahl der in einem Jahre er- scheinenden Bände soll zwei nicht überschreiten. Manuskriptsendungen sind an den Herausgeber, Straßburg i. E., Wimpfelingstraße 2, zu richten. Bei der Aufnahme von Arbeiten in die „Beiträge“ soll in erster Reihe deren biologisches Interesse, sodann Exaktheit der Durchführung, Sachlich- keit, Knappheit und Übersichtlichkeit der Darstellung maßgebend sein. Polens Ausführungen, welche den Rahmen einer tatsächlichen Richtig- stellung überschreiten, können nicht Aufnahme finden. Der kurzen Mit- teilung neuer Befunde bleibt ein besonderer Raum vorbehalten. Solchen „kürzeren Mitteilungen“ kann ein besonders rasches Erscheinen zugesichert werden. Die Mitarbeiter erhalten ein Honorar von M. 40,— für - Druck- bogen und 50 Sonderabzüge. XAXYV. Über die Giftiekeit des normalen Darminhalts. Von Dr. Ernst Magnus-Alsleben (Köln). Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg. 4 Die Frage, ob der Darminhalt unter normalen Verhältnissen giftige Stoffe enthält, ıst in den letzten Jahren wiederholt be- handelt worden, doch sind die Ergebnisse bisher noch recht widersprechend. Ein Teil der Beobachter spricht dem normalen Darminhalt jede giflige Eigenschaft ab, während ein anderer das Vorkommen toxischer Substanzen für sicher hält. Kukula*), injizierte das Alkoholextrakt vom Darminhalt normaler Hunde bei jungen Katzen und Hunden intraperitoneal; hierauf erfolgte in manchen Fällen gar keine Reaktion, in anderea hingegen sah er bei Katzen außer Speichelfluß und Erkrechen „gelinde Depression“ oder „etwas Somnolenz“, bei Hunden eben- falls „gelinde Depression“. Aus diesen Symptomen geht nach. Kukulas Meinung die Giftigkeit des normalen Darminhaltes „evident“ hervor. In einer etwas anderen Richtung bewegen sich die Versuche von Saux**), welcher nachzuweisen bemüht war, daß unter den peptischen Verdauungsprodukten stets giftige Stoffe aufträten. Mit einem Glycerinextrakt aus Schweinsmagen bereitete er künstliche Verdauungsgemische und konnte mit ihnen Kaninchen bei intravenöser Injektion von 15 bis 20 cem unter starken Krämpfen töten. Saux bezieht diese Wirkung auf die reichliche Anwesenheit von Acidalbuminen.. In einer anderen Versuchs- reihe stellte derselbe Autor vermeintlich giftige Stoffe aus ver- *) Kukula, Untersuchungen über Autointoxikationen bei Darm- okklusionen. Archiv f. klin.. Chir. 63, 1901, 813 bis 815 u. 833. **) Saux, De la toxieitö des produits de la digestion peptique. These Bordeaux 1902. a 504 Ernst Magnus-Alsleben, schiedenen Fleischsorten direkt durch Mazeration mit destilliertem Wasser her. Um den Tod der Versuchstiere herbeizuführen, mußte er von dem Filtrat dieser Mazerationen 176 bis 242 ccm pro Kaninchen einspritzen. Daß es so überaus großer Mengen bedurfte, macht den Schluß auf die Giftigkeit der eingespritzten Flüssigkeit wohl sehr bedenklich. Albeck*) filtrierte verdünnten normalen Dünndarminhalt von Katzen und Hunden durch eine doppelte Lage von Filtrier- papier und machte dann bei diesen Tieren intraperitoneale und intravenöse Injektionen. In drei Fällen blieb jede Reaktion aus, zweimal trat eine Peritonitis auf, und zweimal erfolgte auf Injektion von 35 bzw. 25 cem bei Kaninchen nach 7 bzw. 24 Stunden der Tod, ohne daß Albeck auf diese in der Tat ja nicht einwandsfreien Erfolge hin den normalen Darminhalt für giftig erklärt. Clairmont und Ranzi**) bezeichnen, unter Hinweis auf Albecks vorwiegend negative Resultate und anf Grund von „wenigen Kontrollversuchen“ den normalen Darminhalt ebenfalls als ungiftig. 7: Die Giftwirkung des Darminhalts vom Hunde. Im folgenden will ich über Versuche berichten, welche dartun sollen, daß sich im Darminhalt von Hunden unter bestimmten Be- dingungen nach der Fütterung ganz regelmäßig giftige Stoffe vor- finden, darunter einer von so hoher Wirksamkeit, daß er bei Kaninchen, intravenös injiziert, schon in kleinsten Mengen selır schwere, meistens gleich tödlich endende Vergiftungserscheinungen hervorruft. | Meine Untersuchungen erstreckten sich ausschließlich auf den Dünndarminhalt von Hunden. Um diesen jederzeit zur Verfügung zu haben, legte ich wiederholt eine Dünndarmfistel an. Als die hierfür geeignetste Stelle erwies sich, aus Gründen, die später auseinandergesetzt werden sollen, der oberste Teil des Jejunum, möglichst dicht hinter der Flexura duodeno-jejunalis. Man konnte da 3 bis 4 Stunden nach der Fütterung vermittelst einer kleinen Saugvorrichtung 50 bis 100, ja manchmal 200 cem Darminhalt ge- winnen. Hierdurch war es auch ermöglicht, den Einfluß ver- *) Albeck, Experimentelle und klinische Untersuchungen über die Todesursache bei Dünndarmstrangulation. Archiv f. klin. Chir. 65, 1902, 597/598. | | **), ÖOlairmont und Ranzi, Zur Frage der Autointoxikation bei Ileus. Archiv f. klin. Chir. 73, 1904, 708. Über die Giftigkeit des normalen Darminhalts. 505 schiedenartiger Ernährung auf die Giftigkeit des Darminhalts an einem und demselben Tiere durchzuprobieren. In einer Anzahl von Fällen (neunmal) wurde ferner der Dünndarminhalt sowie die Dünndarmschleimhaut (viermal) eben getöteter Tiere benutzt. Die Verarbeitung des gewonnenen Materiales war sehr einfach. Der aus der Kanüle ausgeflossene Inhalt wurde direkt, der aus dem Darm eines getöteten Hundes entnommene nach einer entsprechenden, aber möglichst geringen Verdünnung mit physiologischer Kochsalzlösung durch Papierfilter filtriert, dann mit Kieselgur durchgeschüttelt und einige Stunden zentrifugiertt. Er war stets etwas trübe, von hellgelber bis dunkelbrauner Farbe und meistens fast geruchlos, jedenfalls niemals fäkulent oder faulig. Zeigte er saure Reaktion, wie der aus der Darm- fistel stets, so wurde erst mit Natriumkarbonat neutralisiert. Die Giftigkeit wurde an Kaninchen geprüft; dieselben hatten ein Gewicht von 1100 bis 1900 g. Eine Proportionalität zwischen Giftwirkung und Körpergewicht der Tiere innerhalb dieser Gewichtsdifferenzen konnte ich nicht beobachten. Die Injektionen wurden stets in die Ohrvene ge- macht. | Das Vergiftungsbild gestaltete sich meist wie folgt: Nach der Einspritzung von 2 ccm dieser Filtrate — selten bedurfte es höherer Dosen — wurden die Kaninchen in der Regel sofort, manchmal erst nach wenigen Minuten von einer voll- ständigen Lähmung befallen. Sie lagen einige Augenblicke regungslos am Boden, streckten sich plötzlich und starben dann rasch unter starken, vorwiegend tonischen Krämpfen. In seltenen Fällen nahm die Vergiftung einen etwas langsameren Verlauf; die Lähmung trat nur allmählich ein, hin und wieder blieb sie eine ganze Weile nur auf die vordere oder nur auf die hintere Körperhälfte beschränkt. Schließlich breitete sie sich aber doch über den ganzen Körper aus, so daß die Kaninchen dann schlaff wie in allertiefster Narkose dalagen. Die nunmehr einsetzenden Krämpfe dauerten ebenfalls meist viel länger und waren heftiger als in ganz akut verlaufenden Fällen; es kam zu Dreh- und Roll- bewegungen und schließlich zu stärkstem Opisthotonus. Die ge- samte Vergiftung währte so manchmal fast eine Stunde, einmal sogar etwas länger. In solchen Fällen war mit Sicherheit zu beobachten, was später durcli Kymographionversuche auch be- stätigt wurde, daß der Tod stets durch Stillstand der Atmung eintrat. Das Vergiftungsbild ist somit vorwiegend das einer zentralen Lähmung mit sich daran anschließenden Krämpfen, die einigermaßen an die Wirkung von Hirnkrampfgiften erinnern. Während es in den akut verlaufenden Fällen ausnahmslos zum Exitus kam, trat bei den protrahierten Vergiftungen hin und wieder Erholung ein, indem sich die Tiere mit einem kurzen 506 Ernst Magnus-Alsleben, Ruck rasch aufrichteien und weghüpften, ohne, abgesehen von den anfangs unbeholfenen Bewegungen, äußerlich auch nur die geringste Spur des überstandenen schweren Anfalles aufzuweisen. Von dem Moment der Erholung an blieben sie jedoch für einige Stunden gegen eine nochmalige Einspritzung selbst einer größeren als der ersten Dosis unempfänglich, ein Verhalten, auf das weiter unten noch eingegangen werden soll. Das Eintreten der heftigen Symptome, meist unmittelbar nach der Injektion, schließt den Gedanken aus, daß es sich um eine Infektion durch die miteingebrachten Bakterien handelt. Hingegen war bei den wenigen überlebenden Tieren die nachträgliche Ent- wicklung einer bakteriellen - Infektion nicht auszuschließen, und ich habe demgemäß etwaige, erst nach Stunden oder gar am nächsten Tage auftretende Erscheinungen nicht weiter be- rücksichtigt. Die Sektionen ergaben keine eindeutigen Befunde Wenn schon bei den sofort tödlıch endenden Vergiftungen, wie nicht anders zu erwarten wär, keine beweisenden, anatomischen Be- funde erhoben werden konnten, so zeigten auch die typischen Fälle, in denen der Tod erst nach "z bis % Stunde, ja einmal erst nach mehr als einer Stunde eintrat, keine Veränderungen, die den tötlichen Verlauf erklären konnten. Jede Sektion deckte zwar, wie bei Kaninchen fast immer, kleinere pathologische Ver- änderungen auf, denen aber irgend eine Bedeutung beizumessen ich mich wegen ihrer Unbeständigkeit nicht berechtigt fühle. Nur eine bestimmte Ausnahme muß erwähnt werden. War auch infolge der Zentrifugierung und Filtration der eingespritzten Flüssigkeiten die Gefahr von kapillären Embolieen beseitigt, so blieb doch die Möglichkeit zu erwägen, daß in den Flüssigkeiten Gerinnungsfermente, sei es von der eingeführten Nahrung, oder aus den Darmsekreten oder von Darmbakterien herstammend, vor- handen sein könnten. Zwar wird der Verdacht, daß die Vergiftungserscheinungen durch Thrombose oder Embolie zustande kämen, schon durch den gleichlörmigen Typus des Symptomenkomplexes und durch die rasche Erholung bei unzureichender Dosis genügend entkräftcet; trotzdem habe ich besonders auf das Auftreten von Thrombosen geachtet. In der Tat bin ich unter zahlreichen Sektionen nur dreimal auf solche gestoßen, sodaß in diesen Fällen der Tod der Tiere darauf zurückgeführt werden konnte. Gerade diese Fälle zeigen aber, daß für das uns vorliegende typische Vergiftungsbild den Thrombosen eire ursächliche Bedeutung nicht zukommt. Über die Giftigkeit des normalen Darminhalts. 507 In einem Versuche, mit Einspritzung eines nach reiner Milehfütterung gewonnenen Darminhaltes, der in der Regel nicht toxisch ist, begann das Kaninchen plötzlich nach Luft zu schnappen und starb in wenigen Sekunden. Die sofort vorgenommene Sektion ergab eine vollständige Thrombosierung, von den peripheren Öhrvenen beiderseits beginnend, durch beide V. jugulares bis zum rechten Herzen, von hier durch die Art. pulmonalis in beide Lungen, durch die V. subelaviae bis zu den Ellbeugen und durch die V, cava inferior b’s zur Leber. Bei den übrigen Kaninchen, denen dasselbe Material eingespritzt worden war, trat nichts dergleichen auf; sie ertrugen eine Einspritzung von 12 cem ohne jedes Anzeichen von Vergiftung. Eine ähnliche, wenn auch nicht ganz so weitgehende Thrombosierung trat noch einmal nach der Einspritzung eines nach Zufuhr von rohem Rind- fleisch gewonnenen Filtrates auf. Hier starben zwei Kaninchen nach 2 cem sofort unter starken Krämpfen und Luftschnappen ohne eine vorhergehende Lähmung. Die Sektion ergab ebenfalls weitgehende Thrombosen. Der Darminhalt muß also in diesen beiden Fällen irgend eine akut wirkende gerinnungsbeför.Jernde Substanz enthalten haben. Die näheren Verhältnisse über die Bedingungen ihres Auftretens und die Art ihrer Wirkung habe ich nicht genauer studiert. II. Näheres über das Nervengift des Duodenalinhalts. Es handelte sich nun um die Beantwortung folgender Fragen: A. Tritt die Substanz, welche die beschriebenen Erscheinungen bei Kaninchen auslöst, und die ich. nach den hervorstechendsten Symptomen, zur Unterscheidung von einer anderen, später zu er- wähnenden, blutdruckherabsetzenden Substanz, kurzweg das „Nervengift“ nennen will, im Darminhalt der Hunde immer oder nur unter bestimmten Bedingungen auf? B. Findet sie sich im ganzen Dünndarm oder nur in einzelnen Teilen ? C. Woher stammt sie? D. Welches sind ihre chemischen Eigenschaften? A. Fütterungsversuche an einem Hunde mit Darmiistel im obersten Teil des Jejunum ergaben, daß in dieser Gegend des Intestinaltraktus der Darminhalt 3 bis 4 Stunden nach Einführung sehr verschiedener Nährstoffe die typische giftige Wirkung zeigt. Es wurden Pferdefleisch (4mal), Rindfleisch (2mal), Kalbfleisch (1 mal) sowohl roh, als auch gekocht, ferner Schwarzbrot (1 mal), sodann Stärkemehl, mit Wasser zu einer Suppe angerührt (3mal), und schließlich Schweinefett (3 mal) verfüttert. In diesen Fällen war der Darminhalt bei Injektion von 1 bis £ cem prompt wirksam, ohne daß irgend welche quantitativen Unterschiede mit Sicherheit festgestellt werden konnten; nur imal blieb er nach Stärkemehl ungiftig. Nach Zufuhr von Milch und von Kasein hingegen blieben in 3 Versuchen sogar 10 bis 12 cem 508 Ernst Magnus-Alsleben, ohne Wirkung, wenn man von vieldeutigen Symptomen, wie Mattigkeit, beschleunigter Atmung, Harn- und Kotentleerung, die sich wohl hin und wieder zeigten, absieht. Nur in einem Fall trat nach Injektion von 8 bzw. 12 ccm Darminhalt nach Milchfütterung der Tod ein.*) (S. Tabelle Nr. 62 und 63.) B. Genauere Beobachtungen darüber, in welchen Teilen des Dünndarms die toxische Substanz vorkommt, ergaben, daß sie sich regelmäßig in den oberen Teilen, dagegen fast nie in dem unteren Ileum vorfindet. So zeigte sich bei einem Hunde, dem ich eine Dünndarmifistei dicht hinter der Flexura duodeno-jejunalis, eine zweite unmittelbar vor dem Üoecum angelegt hatte, der Inhalt aus der oberen Kanüle unter den geeigneten Bedingungen steis wirksam, der aus dem unteren lleum dagegen immer un- wirksam. Dasselbe Verhalten war zu konstatieren, wenn der Dünndarm eines getöteten Hundes in mehreren Abschnitten ab- gebunden und entleert wurde. | So war einmal, wo der Darminhalt in drei, annähernd gleichen Portionen entnommen wurde, nur die oberste giftig, die beiden unteren ungiftig; in 3 Fällen, wo ich in zwei Teilen abband (etwa 2 Drittel oben, 1 Drittel unten), war ebenfalls nur die obere Partie wirksam. Nur in einem einzigen Versuche (Tabelle Nr. 24/25) enthielten auch die unteren Partieen noch giftigen Inhalt. In diesem Falle war eine außergewöhnliche Menge von Fleisch verzehrt worden, sodaß an ein besonders ıasches Hinabrücken des Darminhalts zu denken ist. C. Für die Herkunft der giftigen Substanz kamen folgende Möglichkeiten in Betracht. 1. Sie konnte aus der Nahrung stammen, also vielleicht eine während der Verdauung auftretende intermediäre Abbaustufe dar- stellen. Dies wird dadurch im allerhöchsten Grade unwahr- scheinlich, daß sie sowohl nach Zufuhr von Eiweiß als auch von Kohlehydraten und von Fett gefunden wurde. Daß dasselbe intermediäre Produkt aus Eiweiß, aus Fett und aus Stärke ent- stünde, ist nicht gut denkbar. 2. Es konnte die Substanz von den im Duodenalinhalt vegetierenden Bakterien gebildet sein. Dann hätte man sie aber ständig finden sollen, während sie ja nach Milchfütterung in der Regel vermißt wurde. Wenn nun wohl die Bakterienflora des Darmes auch in einer gewissen Abhängigkeit von der aufgenommenen Nahrung steht, und speziell der Einfluß von Milchzufuhr auf die Darmfäulnis von einer ganzen Anzahl von Forschern**) sichergestellt ist, so *), In diesem Fall stammte der Darminhalt von einem anderen Hund, als in den übrigen Milchversuchen. ++) Pöhl, Schmitz m. 3 2 Über die Giftigkeit des normalen Darminhalts. 509 erscheint doch die Annahme, daß sich die Bakterienvegetation unter ausschließlicher Milchnahrung von einem Tage. zum andern in so hohem Maße ändert, wenig ansprechend. 3. Es konnt: der Giftstoff aus den Verdauungssäften hervor- gegangen sein. Von diesen habe ich Galle und Pankreassaft, beide aus Fisteln an Hunden frisch entnommen, geprüft und in Mengen bis 4 ccm völlig unwirksam gefunden. Für das Pankreas- sekret sei aber immerhin daran erinnert, daß die aus einer Pan- kreasfistel fließende Flüssigkeit ja nur Trypsinogen und noch nicht. aktiviertes Trypsin enthält. Aus künstlichen Verdauungsgemischen (rohes Pferdefleisch mit Pepsin und Trypsin) gelang es mir eben- falls nicht, einen Auszug herzustellen, der das Nervengift ent- halten hätte. 4. Es konnte der giftige Stoff aus der Schleimhaut stammen. Für diese Annahme kann ich folgende Tatsache geltend machen: Die aufs gründlichste abgespülte Schleimhaut des Duodenum und oberen Jejunum vom Hunde gibt, wenn man sie von der Muskularis abschabt und mit der gleichen Menge physiologischer Kochsalzlösung etwa 1 Stunde lang schüttelt, ein Filtrat, das bei Kaninchen ganz genau dasselbe plötzlich eintretende, schwere, fast immer tödlich endende Vergiftungsbild hervorruft, wie die Filtrate des Darminhalts. Die Schleimhaut des Ileum erwies sich in dieser Beziehung als unwirksam. D. Die Bemühungen, das Nervengilt cheinisch genauer zu charakterisieren, haben zu keinem befriedigenden Resultat geführt. In Wasser und verdünnter Kochsalzlösung ist die giftige Substanz löslich und wird durch Zentrifugieren mit Quarzsand und Kiesel- gur nicht niedergerissen. Sie ist thermolabil, denn sämtliche Filtrate, sowohl die des Darminhalts, als die der Darmschleim- haut büßen durch energisches Aufkochen in schwach saurer Lösung ihre Giftigkeit vollständig ein; beim Kocben in neutraler und schwach alkalischer Lösung bleiben sie manchmal wirksam. Nach Zusatz von Essigsäure im Überschuß blieb die Flüssigkeit über dem ausfallenden Niederschlag das eine Mal prompt wirksam, das andere Mal nicht Ebenso widersprechende Resultate lieferten die Versuche, die wirksame Substanz mit Alkohol zu fällen. In einem einzelnen Falle zeigte sich nach Schütteln mit einem Gemenge von Alkohol und Ather zu gleichen Teilen, wonach sich 2 deutlich getrennte Schichten absetzten, der aus der oberen Schicht durch Abdunsten im Vakuum erhaltene Rückstand nach seiner Auflösung wirksam; genau ebenso ein zweites Mal bei ent- sprechender Extraktion mit reinem absoluten Alkohol. In allen weiteren Versuchen gelang trotz zahlreicher Anderungen in der Versuchsanordnung eine solche Trennung nicht wieder. Die außerordentliche Ungleichheit in der chemischen Zusammensetzung des Darminhaltes, besonders in bezug 510 Ernst Magnus-Alsleben, auf die jeweilig vorhandenen Eiweißkörper mag die Ursache für dies launische Verhalten sein. Von ausfallendem Oalciumphosphat wurde sie stets nieder- gerissen, doch gelang es nicht, sie von dem Niederschlag wieder zu trennen; durch Cholesterin wurde sie nicht gefällt. Filtrieren durch Pukalsche Tonzellen ergab kein wirk-ames Filtrat. Dialyse durch Schilfschläuche führte zu keinem verwertbaren Resultat. IV. Die blutdruckherabsetzenden Stoffe des Darm- inhaltsund der Darmwand. Wichtige Aufschlüsse in mehrfacher Hinsicht ergaben Blut- druckversuche. Sie wurden stets in Urethannarkose vorgenommen; der Blutdruck wurde in der Karot's gemessen, die Injektionen teils in die Jugularis, teils in die Ohrvene gemacht. Diese Experimente lehrten folgendes: Die Schleimhautextrakte, und zwar sowohl die typisch auf das Nervensystem wirkenden, vom oberen Dünndarm, als auch die nicht toxischen vom unteren, verursachten in Mengen von '/s ccm, also jedenfalls unterhalb der tödlichen Dosis keine oder nur eine ganz geringe Blutdruck- senkung (s. Kurve Fig. 1), die auch nach dem Erhitzen der Extrakte bestehen blieb. Versuch UI. 11. 2. 05. Kaninchen. Darmschleimhaut (oberer Dünndarm). Kochsalzextrakt, 1 ccm, erhitzt. Fig. 1. a 2 Die Filtrate des gesamten Darminhalts dagıgen aus allen Teilen des Dünndarms, nach jeder Art von Nahrung, also mit typischer Lähmungswirkung und ohne solche riefen zu einem er Uber die Giftigkeit des normalen Darminhalts. 51l viertel bis einem halben Kubikzentimeter sofort eine sehr be- deutende ganz steile Blutdrucksenkung hervor (s. Kurve Fig. 2 u. 3). So fiel einmal (Versuch vom 8. 2. 05) der Druck von 112 mm Hg auf 62 mm; einmal (Versuch vom 22. 2. 05) von 100 mm auf 54 mn und ein andermal (Versuch vom 24. 2. 05) von 68 mm auf 28 mm. Versuch VII. 22. 2. 05. Kaninchen. Darminhalt nach Milch-Kasein (nicht lähmend) ungekocht. 1- cem. Fig. 2. EEE 100 mm. RIND SEN RO NUT DIN NUN 54 mm. 2sec. Versuch VI. 17. 2. 05. Kaninchen. Darminhalt eines getöteten Hundes nach Fleischfütterung aus dem unteren Teil des Dünndarms (nicht lähmend) 1 ccm. Fig. 3. BNFLNLELESTUFENE Ka ALLEN en 70 mm 40 mm 512 Ernst Magnus-Alsleben, Nach 1 bis 2 Minuten trat stets wieder Erhebung des Blutdrucks zur alten Höhe ein. Bei Fortsetzung der Beobachtung bis zum Tode ließen die Kurven erkennen, daß die Atmung stets zuerst still- stand, während das Herz noch eine Weile weiter schlug. Nach starkem Aufkochen der Filtrate in schwach saurer Lösung blieb diese Blutdrucksenkung stets aus. Wir finden somit im Darm Hiindesten: 3 toxische Stoffe. a) In sämtlichen Schleimhautextrakten manchmal eine thermostabile, schwach blutdruckerniedrigende Substanz. b) Im Darminhalt oben und unten bei jeder Art Ernährung eine thermolabile, sehr stark blutdruckerniedri- gende Substanz. c) Im oberen Dünndarminhalt und den Extrakten der oberen Dünndarmschleimhaut ein thermolabiles, lähmendes, unter Krämpfen tötendes Nervengift. Gegen die Annalıme, daß die thermolabile, stark blutdruck- herabsetzende Substanz mit dem thermolabilen Nervengift identisch sei und die Blutdruckwirkung nur einer quantitativ schwächeren Wirkung entspräche, muß folgendes geltend gemacht werden: | a) Es besteht zwischen der Intensität beider Wirkungen kein Parallelismus. b) Die Extrakte der oberen Schleimhaut zeigen nur die Lähmungs- und Krampfwirkung, bewirken aber keine Blutdruck- herabsetzung. c) Der Darminhalt nach Milchfütterung erzeugt (wenigstens zumeist) nur Blutdruckherabsetzung, aber keine Lähmung. d) Ein weiterer Unterschied ergibt sich aus folgendem: Die Tatsache, daß normalerweise zahlreiche im Verdauungskanal auf- tretende und für den Organismus schädliche oder wenigstens unbrauchbare Stoffe in der Leber verändert werden, führte zu dem Gedanken, die Filtrate durch eine Mesenterialvene beizu- bringen, da sie dann, ebenso wie wenn sie vom Darm resorbiert worden wären, ihren Weg durch die Leber nehmen müssen. Eine Schwierigkeit dieser Versuche bestand darin, daß nach Eröffnung der Bauchhöhle der Blutdruck in der Regel sehr tief sank, so daß das Resultat des Experimentes nicht einwandsfrei erschien. In einem Versuche (vom 24. 2.'05) jedoch, wo der Blutdruck auf 68 mm Hg blieb (Fig. 4), zeigte es sich, daß das thermolabile Kreislaufgift von der Mesenterialvene aus genau FM. Ku Mi re ee Über die Giftigkeit des normalen Darminhalts. 513 so prompt wirkte, wie von der Ohrvene oder der Jugularis, während die Wirkung des Nervengiftes (bis zu 10 cem injiziert) ausblieb. ” Versuch VII. 24. 2. 05. Kaninchen. Injektion in die Mesenterialvene. Darminhalt nach Schweinefett (lähmend) 2 ccm Fig. 4. LTTTT, 28 mm Der besseren Übersicht wegen gebe ich nachstehend eine Tabelle über das örtliche Verhalten der drei giftigen Substanzen. \ Nervengift, ther- an a ni Schwach blutdruck- erabsetzende Sub- | molabil, ar . .stanz, thermolabil, Beanzende scheinend durch die nieht durch die Stanz, thermostabil Leber entgiftbar | Leber entgiftbar (Peptozym?) Schleimhaut des oberen vorhanden fehlt manchmal Dünndarms Schleimhaut des unteren | fehlt fehlt manchmal Dünndarms | Inhalt nach jed. Fütterung des oberen ausser Milch immer _ fehlt Dünndarms (Ausnahme s. oben) in Inhalt ı wenn oben, dann | des unteren | in seltenen Fällen immer | fehlt Dünndarms ebenfalls vorhanden | Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 33 514 Ernst Magnus-Alsleben, V. Hetero- und Isotoxizität. Um zu untersuchen, ob der Hundeorganismus auch wirklich den in ihm selbst gebildeten toxischen Substanzen gegenüber giftempfänglich ist (die Injektionen der Hundedarmfiltrate an Kaninchen würden ja allein nur eine Heterotoxizität, noch keine Isotoxizität beweisen), spritzte ich zweimal die Filtrate bei Hunden ein. Im ersten Fall, wo ich den Versuch am Kymographion machte, zeigte sich die Blutdrucksenkung ebenso prompt, wie beim Kaninchen (Fig. 5), (der Druck sank von 152 mm Hg auf 78, später von 108 auf 36 mm: Hg), hingegen blieb eine sofortige Lähmungs- oder Krampfwirkung selbst nach Einspritzung von 25 ccm aus. Der Hund blieb aber sehr elend und starb nach etwa 20 Stunden. (Die Sektion ergab keine Veränderungen. Versuch RL 2. Bud: 3 Darminhalt eines nach Fleischfütterung getöteten Hundes (oberer Teil des Dünndarms). Toxisch, 2 cem. Fig. 5. 108 mm. AN HERHLN. 36 mm. Die Wunde am Halse zeigte keine Entzündung.) Ich kann diesen Versuch weder nach der einen noch nach der anderen Richtung hin als überzeugend ansehen. . Bei einem zweiten Experiment injizierte ich, ohne den Hund mit dem Kymographion zu verbinden, im Zeitraum von etwa 15 Minuten 20 cem in die Femoralis, worauf der Hund, der zum ZN vursse Über die Giftigkeit des normalen Darminhalts. 515 Freilegen der Vene leicht mit Äther narkotisiert gewesen, aber inzwischen wieder erwacht war, etwa 's Stunde lang in einer Art von Betäubungszustand mit leichten Muskelzuckungen ver- blieb; darauf trat vollständige Erholung ein. Auch dieser Versuch ist vorläufig nicht eindeutig beweisend. Auch die Isotoxizität von Kaninchendarminhalt an Kaninchen konnte ich nicht sicherstellen. Ich spritzte 5mal 10 bis 12 cem des Extraktes aus dem zähen Darminhalt von eben verendeten ° Kaninchen ein. Hierauf blieben zunächst in allen Fällen Ver- giftungserscheinungen aus; zweimal brachen die Tiere, aber erst nach '/; Stunde, plötzlich tot zusammen. Die Sektionen gaben keine Aufklärung. v1. Herkunft der Kreislaufgifte. Es liegt, wie oben erwähnt, vorläufig kein Grund vor, an der Identität des aus der Schleimhaut extrahierten und des aus dem Darminhalt gewonnenen Nervengiftes zu zweifeln. Ist die oben ausgesprochene Vermutung, daß es aus der Schleimhaut stammt, richtig, so müssen wir annehmen, daß es mit dem Sekret an den Darm abgegeben wird. In diesem Falle würde es in der Mucosa bei jeder Art Fütterung, auch im Hungerzustand, zu finden sein. Aber auch die Möglichkeit, daß es den umgekehrten Weg geht, nämlich im Darm entsteht uni dann bei der Resorption von der Darmschleimhaut aufgenommen und festgehalten, gewisser- maßen aufgespeichert wird, ist nicht von der Hand zu weisen, obwohl bisher eine Gewinnung aus Verdauungssekreten und Verdauungsgemischen nicht gelungen ist. Für die Herkunft der stark blutdruckherabsetzenden, thermo- labilen Substanz kommen dieselben Möglichkeiten in Frage, wie für das Nervengift. Ob sie vielleicht mit der dem Sekretin*) an- haftenden blutdruckerniedrigenden Substanz identisch ist, muß noch unentschieden bleiben; jedenfalls macht es ihr regelmäßiges Vorkommen sehr wohl möglich, daß man durch Einspritzung großer Mengen auch des nach Milchfütterung gewonnenen Darminhaltes gelegentlich einmal infolge der dann auftretenden enormen Blut- drucksenkung den Tod des Versuchstieres herbeiführen kann. Wenn also, wie dies einmal vorgekommen ist (Tabelle Nr. 62, 63), *) Bayliß und Starline, The mechanism of pancreatic secretion. ‚Journ. of physiol. 28, 325 bis 353. 33* 516 Ernst Magnus-Alsleben, die Kaninchen nach 8 bzw. 12 cem eines solchen Filtrates starben, so will ich die Frage offen lassen, ob hier die Blutdrucksenkung oder das vielleicht in sehr geringer Menge vorhandene Nervengift den Tod veranlaßt hat. Die auch nach dem Erhitzen bleibende geringe Blutdruck- senkung, die den Schleimhautextrakten manchmal eigen war, dürfte wohl am ehesten auf das Vorhandensein von Albumosen und Peptonen oder, wie Pick und Spiro gezeigt haben *), auf das diesen anhaftende „Peptozym‘ zu beziehen sein. Diese Substanz sei bei den weiteren Betrachtungen außer Acht gelassen. vn. Schicksal der Darmgifte. Welche Schicksale das Nerven- und das thermolabile Kreislauf- gift im Tierkörper erleiden, ist vorläufig nicht zu entscheiden. Daraus, daß der Inhalt des Ileum fast immer ungiftig ist, auch wenn der obere Dünndarminhalt lähmend wirkt, müssen wir schließen, daß das so heftig wirkende Nervengift sehr bald auf irgend eine Weise wieder aus dem Darm verschwindet. Ob das Unwirksamwerden in der Leber der einzige Weg der Entgiftung ist, muß dahingestellt bleiben. Denn auch bei der intravenösen Injektion bleibt es nicht lange in einer wirksamen Form bestehen. Wenn der Tod nicht sehr rasch eintritt, kommt es, wie gezeigt wurde, nach vorübergehender Lähmung hin und wieder zu einer ganz plötzlichen und völligen Erholung. Die Substanz wird also auch so in kürzester Frist durch Zersetzung, Bindung oder Aus- scheidung unschädlich gemacht. Auch die blutdruckherabsetzende Substanz ist sehr wenig beständig, da der Blutdruck 1 bıs 2 Minuten nach der Einspritzung seine alte Höhe stets wieder erreicht. Hierin sehe ich auch die Ursache, daß die Filtrate bei subkutaner Injektion unwirksam bleiben. Die Einspritzung von 10 bis 12 ccm sehr giftigen Filtrats unter die Rückenhaut rief bei Kaninchen nicht die allergeringsten Erscheinungen hervor; am nächsten Tage war das kleine Infiltrat, an der Injektionsstelle geschwunden. In der Vergänglichkeit der Wirkung erinnern diese Gifte an ein anderes tierisches Gift, das Adrenalin. *) Pick und Spiro, Über gerinnungshemmende Agentien im Organismus ‚ höherer Wirbeltiere. Zeitschrift f. physiol. Chemie 31,.1900/01, 271. = . ; Über die Giftigkeit des normalen Darminhalts. 517 VIU. Immunitätserscheinungen. Wie bereits kurz angedeutet, zeigten sich die Kaninchen, die eine Lähmung nach der Einspritzung überstanden hatten, für kurze Zeit immun gegen weitere Injektionen. Genauere Unter- suchungen hierüber stießen deshalb auf Schwierigkeiten, weil ein Urteil über die Giftigkeit der einzuspritzenden Filtrate vor dem Versuche fast unmöglich war. Es gelang nicht, die Schwere der Symptome oder den Zeitpunkt ihres Eintritts nach Wunsch zu variieren. Nur in einem einzigen Falle (Tabelle Nr. 23) ist dies bis zu einem gewissen Grade geglückt.. Von dem Darminhalt, der einem getöteten Hunde nach Fütterung mit rohem Pferdefleisch entnommen war, hatte 1 ccm genügt, um ein Kaninchen sofort unter den typischen, akutesten Symptomen zu töten. An einem zweiten nahm ich folgende Einspritzungen vor: 8.209. 4b 28 — !/; ccm leichte Lähmung 4h 39 — 1; , nichts. Ah — ! e nase) N Ah 3 — HISPE.n 5 Be. 1/s ’ „ 620 — 25 , 5 6h 40 — 2/5 >) „ 53 — % ,„ sofort Lähmung, Krämpfe 8 — Tod Summa: 2°/; ccm. Es führte also '; der bei dem .ersten Tier sofort tötlich wirkenden Dosis eine rasch vorübergehende Lähmung herbei. Im Verlauf der nächsten 2 Stunden hatte ich im ganzen das 10fache hiervon, nämlich 2 ccm eingespritzt, ohne die geringste Reaktion auszulösen. Bei einer dann vielleicht zu rasch erfolgten Einspritzung von °/s ccm trat der Tod unter den typischen Er- scheinungen ein. Es war somit eine Art Immunität erreicht; wie weit dieselbe gehen kann, soll mit diesem einen Versuch natürlich nicht entschieden sein. Sie beginnt, wie ich in anderen Fällen feststellen konnte, mit dem Momente der vollständigen Erholung nach der ersten Injektion. 4 bis 5 Stunden später fand ich bereits wieder die gewöhnliche Empfänglichkeit. Das momentane Eintreten sowie die nur kurze Dauer der Immunität ist sehr eigentümlich und dürfte unter den durch Bakterientoxine veranlaßten Fällen von Immunität kaum ihres- 518 Ernst Magnus-Alsleben, eleichen haben. Ähnliche, wenn auch nicht ganz so rasch sich abspielende Verhältnisse bestehen wohl einzig und allein bei der Peptonimmunität*). Hier bleibt auch, wenn durch eine intravenöse Peptoninjektion das Blut des Versuchstieres für 2 bis 3 Stunden ungerinnbar geworden ist, unmittelbar nach Wiedereintritt der Gerinnungsfähigkeit eine erneute Injektion für etwa 24 Stunden unwirksam. IX. Schlußbemerkungen. Eine Erklärung dafür, warum von allen Nahrungsmitteln gerade Milch (und Kasein) das einzige ist, wonach sich im Darm- inhalt keine giftigen Stoffe vorfinden oder wenigstens nur in sehr geringen Mengen, ist vorläufig nicht zu geben. Irgend welche klinischen. Schlüsse, etwa im Sinne der sogenannten „blanden Diät“ aus meinen Versuchen zu ziehen, erscheint mir noch ver- früht. Wenn die Harmlosigkeit der Milch im Gegensatz zum Fleisch auch mit den klinischen Erfahrungen übereinstimmt, so: ist doch auffällig, daß Kasein ebenso unschädlich sein soll, während Fett und Kohlehydrate (wenn auch anscheinend nicht immer) die Entstehung der giftigen Stoffe veranlassen. Ein Einwand gegen meine Versuche in dem Sinne, daß etwa die Bildung oder Sekretion der toxischen Substanz, wenn sie einmal hervorgerufen ist, auch noch am 2. und 3. Tag anhält und deshalb zu Täuschungen Anlaß gibt, wird durch folgende Tabelle entkräftet: Es wurde in einer Serie an einen und denselben Hund verfüttert: am: 8.2. gekochtes Pferdefleisch Darminhalt toxisch a rohes Kalbfleisch 2 toxisch a. Milch 3 nicht toxisch ne gekochtes Rindfleisch ha toxisch 2 Brot + toxisch u 0 2 xasein z; nicht toxisch: TR Stärkemehlsuppe 5 toxisch 17.8. Schweinefett P toxisch Aus dieser Übersicht geht heıvor, daß das Auftreten des Nervengiftes ganz von der Nahrung abhängt und sich von einem Tage zum anderen ändert. Nur ein Versuch fiel, wie oben er- wähnt, aus der Reihe; da war der Darminhalt nach Stärkemehl- zufuhr fast unwirksam. (Tabelle Nr. 49, 50, 51.) *) Vgl. Spiro und Ellinger, Der Antagonismus gerinnungsbe- fördernder und gerinnungshemmender Stoffe im Blut und dıe sogenannte ‘ Peptonimmunität. . Zeitschr. f, physiol. Chemie 23, 1897, 139. Über die Giftigkeit des normalen Darminhalts. 519 Noch auf einen anderen Punkt sei mir erlaubt, im Anschluß an meine Untersuchungen einzugehen, nämlich auf die mit der Eckschen Fistel gemachten Erfahrungen. Nach der ersten großen Arbeit von Hahn, Maßen, Nencki und Pawlow‘“) sollten bei Hunden, deren Pfortaderblut unter Umgehung der Leber in die untere Hohlvene geleitet wird, stets nach Zufuhr von Fleisch Gesundheitsstörungen, wie Krämpfe, Amaurose, Anal- gesie auftreten. Inzwischen hat Filippi**) diesen Befund sehr eingehend nachgeprüft und ist zu dem Resultat gekommen, daß einerseits keineswegs alle Hunde mit Eckscher Fistel nach Fleisch- fütterung erkranken, und daß andererseits auch häufig andere Er- nährungsarten nicht ertragen werden. Aus der allerneuesten Arbeit über diesen Gegenstand von Rothberger und Winterberg“) geht ebenfalls hervor, daß über die Bedingungen, von denen das - Auftreten der Vergiftungserscheinungen bei den operierten Hunden abhängt, kaum sicheres bekannt ist. Darüber jedoch scheinen nun- mehr alle Autoren einig zu sein, daß die klassischen Symptome, wie sie Pawlow beschrieben hat, doch überwiegend nach Fleisch- zufuhr auftreten. | Aus meinen obigen Versuchen am Hunde darf nun wohl ge- schlossen werden, daß die Möglichkeit zu einer intestinalen Autointoxikation bei jeder Art von Ernährung, vor allem nach Fleischzufuhr, am wenigsten bei Milchnahrung, gegeben ist; da ferner das vom Darm kommende Nervengift in der Leber unwirk- sam zu werden scheint — was ich freilich nur beim Kaninchen geprüft habe — ist es zu verstehen, daß bei Hunden mit Eckscher Fistel bei jeder Art Ernährung, am öftesten aber bei Fleischzufuhr, Vergiftungen auftreten können. Wenn sich nun einzelne Hunde refraktär zeigen, kann man daran denken, daß der Hund ebenso wie das Kaninchen gegen die selbst erzeugten Giftstoffe vorübergehend immun sein kann, daß also bei den anscheinend ganz unempfänglichen Tieren nur eine rasch erworbene Giftfestigkeit vorliegt. *) Hahn, Maßen, Nencki und Pawlow, Die Ecksche Fistel zwischen der unteren Hohlvene und der Pfortader und ihre Folgen für den Organismus. Archiv f. exper. Pathol. u. Pharm. 32, 1893, 16. **) De Filippi, Recherches sur l’&change materiel des chiens operes de fistule d’Eck. Contribution & l’ötude de la physiopathologie du foie. Archives italiennes de biolog. 31, 1899, 211. ***) Rothberger und Winterberg, Über Vergiftungserscheindngen bei Hunden mit Eckscher Fistel. ar f. exper. Pathol. u. Therap. 1, Heft 2, 1905. 520 Ernst Magnus-Alsleben, Da Hunde ohne Schilddrüse eine ähnliche Abhängigkeit der Vergiftungserscheinungen von der Art der Ernährung zeigen, wie Tiere mit Eckscher Fistel und auch hier der günstige Einfluß der Milchdiät namentlich auf Grund der Versuche F. Blums*) sicher steht, so liegt es nahe, in meinen Erfahrungen eine Erklärung auch dieses Verhaltens zu sehen. In der Tat schreibt Blum der Schild- drüse die Fähigkeit zu, „Enterotoxine* zu entgiften. Vielleicht läßt sich die Gesamtheit der bei der Eckschen Fistel und nach Schilddrüsenentfernung auftretenden Vergiftungserscheinungen in einheitlicher Weise deuten, wozu die im hiesigen Institute bereits begonnenen weiteren Untersuchungen neues Material beibringen dürften. Die Resultate meiner Untersuchungen möchte ich folgender- maßen zusammenfassen: In dem Inhalte des oberen Teiles des Dünndarms vom Hunde sowie in der zugehörigen Schleimhaut findet sich nach der Fütterung von Fleisch in der verschiedensten Form, wahrschein- lich auch nach Zufuhr von Brot, Fett und Stärkemehl, anscheinend nicht von Milch und Milcheiweiß, eine giftige Substanz. Diese veranlaßt bei Kaninchen nach intravenöser Injektion in kleinsten Mengen allgemeine zentrale Lähmung mit darauffolgenden Krämpfen und führt meistens den Tod durch Stillstand der Respiration herbei. Manchmal tritt während der Lähmungsperiode rasch Erholung ein, worauf die Tiere für einige Stunden gegen weitere Einspritzungen ımmun sind. Nach der Injektion durch das Pfortadersystem tritt die Wirkung (wenigstens bei denselben Mengen) nicht ein. Durch Kochen in saurer Lösung wird die Substanz zerstört. In dem Inhalt des gesamten Dünndarms findet sich ferner regelmäßig nach jeder Art von Nahrung eine Substanz, welche, ebenfalls in kleinsten Mengen, sofort eine ganz steile Blutdruck- erniedrigung bewirkt, die sich jedoch nach höchstens 1 Minute wieder völlig ausgleicht. Diese blutdruckherabsetzende Substanz ‘wird in der Leber nicht entgiftet; durch Kochen in saurer Lösung hingegen wird sie ebenfalls zeıstört. *) F. Blum, Neue, experimentell gefundene Wege zur Erkenntnis und Behandlung von Krankheiten, die durch Antointoxikationen bedingt sind. Virchows Archiv 162, 1900, 375. Sn ee Nr. = des | 3 as} Vers A %21:7..12 2 > 3 ” 4 „ 5 |15.12 6 ” 7 ” 8 ” 9 116.12. 10 |20.12 24: |81. 12 12 | 22.12. 397.41, 14 5 19.1 5,1 16 |23.1 17 2) 18 1231. 19 |26.1. 20 E 21 30.1 2 | 3.2. 23 » 24 A 235 | » Über die Giftigkeit des normalen Darminhalts. 521 Tabelle der Versuchsprotokolle. Eingeführtes Filtrat Darminhalt eines getöteten Hundes nach Fütterung mit rohem Pferdefleisch ” ” » Darminhalt von einem an- deren Hund, sonst ebenso ” ” ” „ .. Darminhalt von einem an- deren Hund, sonst ebenso ” Alkoholätherextrakt aus gleichem Darminhalt in wässeriger Lösung ” pr] Darminhalt aus Darmkanüle des oberen Jejunum nach Fütterung mit rohem Pferdefleisch ” Alkoholextrakt daraus ” Darminhalt eines getöteten Hundes nach Fütterung mit rohem Pferdefleisch Ebenso,voneinemand.Hund ” Von demselben Tiere aus dem lleum & Darminhalt eines getöteten Hundes nach Fütterung mit rohem -Pferdefleisch | B)) Inji- zierte Br ® Be Wirkung ecem 4 | Lähmung, Erholung 4 | Sofort Tod 4 ” 2 ” 2 ” 4, , Keine Erscheinungen, in der Nacht Tod 2 .| Sofort Lähmung, dann Erholung 2 | Nach 5 Min. Lähmung, nach 1 Stde. Erholung 2 | Sofort Tod ” 2 | Lähmung, nach 5 Min. ‘ Erholung. Nach 5Stdn wieder 2!/, ccm, sofort Tod 2 | Sofort Tod 2. | Lähmung, dann Erholung 2 2 | 1Stde.Lähmung,dannTod 2 | Sofort Tod 0,5 | Tud nach 2 Stunden 2 | Sofort Tod 2 | „ 1,5 1 Stunde Lähmung, dann Erholung 2 | Nach einigen Minuten Lähmung, dann nach 5 Min. Tod 1 | Sofort Tod 0,2| Leichte Lähmung. Im- munisierungsversuch s. Seite 517 1 Sofort Tod 1 N 6 | Lähmung, dann Erholung 6 | In der Nacht Tod Ernst Magnus-Alsleben, Datum Inji- Eingeführtes Filtrat ar Wirkung cem | ., Aus Jejunumkanüle nach Fütterung mit gekochtem Pferdefleisch 4 | Sofort Tod do. nach Fütterung mit rohem Kalbfleisch 4 ' Lähmung, auf Injektion weiterer 4 ccm Tod do. nach Milchzufuhr 6 1.0 „ 8 0 Darminhalt eines getöteten Hundes nach Fütterung mit rohem Pferdefleisch 5 Lähmung, dann Erholung Extrakt d. Duodenalschleim- haut des gleichen Hundes 4 ' Sofort Tod , 2 ” Aus Jejunumkanüle nach Zufuhr von gekochtem Rindfleisch 2 re Aus Jejunumkanüle nach \ Zufuhr von Brot 2 a Extrakt d. Duodenalschleim- haut eines mit Fleisch gefütterten Hundes 2 B » | 2 » -„ B) ” Aus Jejunumkanüle nach Kaseinfütterung (500 g) B.=1 12 0 Aus Jejunumkanüle nach Stärkemehlsuppe 2 | Sofort Tod Aus Jejunumkanüle nach Kasein (wieVers. 41u.42) | 10 | 0 Aus Jejunumkanüle nach Zufuhr von Schweinefett 2 | Sofort Tod Ebenso nach Milch + 2508 | - Kasein 19.18 £ 6 , Luftschnappen, Krämpfe, Tod; ausgedehnte Thromben 2 10 0 Ebenso nach Stärkemehl- suppe 10 7 | Leichte Lähmung; Er- holung nach !/, Stde. N > _ 192278 r 2 | Lähmung; nach weiteren 1 2 cem Tod & 2 , Sofort Tod Ebenso nach ausgelassenem Schweinefett 2 a 6 ‚ Extraktd. Duodenalschleim- haut nach Fütterung mit rohem Fleisch > Were Über die Giftigkeit des normalen Darminhalts. Eingeführtes Filtrat Darminhalt eines getöteten Hundes nach Fütterung mit rohem Fleisch ı Aus Jejunumkanüle nach Fütterung von rohem Rindfleisch ” Aus Jej unumkanüle nach Milch . | Extraktd. Duodenalschleim- haut eines getöt. Hundes nach Fleischfütterung Aus Jejunumkanüle nach Fütterung mit rohem Pferdefleisch | Inji- zierte Menge ecm [60) "BD W et ID 00 IWw 523 Wirkung | Sofort Tod | . Thromben _ Nach einigen Minuten Tod ı Sofort Tod ' Erst Lähmung, dann Er-. holung, nach 4 Stdn. neuerlich 2 ccm: Läh- -mung, Erholung XXXVI /ur Kenntnis der Antipepsine. Von med. cand. Osw. Schwarz (Brünn). Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg. | 1, Seitdem man sich mit dem Studium von Fermentwirkungen befaßt, weiß man, daß sie durch verschiedene Stoffe geschwächt oder vernichtet werden. Diese Beeinflussung kann augenblicklich eintreten oder sich erst nach längerer Einwirkung zeigen; sie kann ‚auf Vernichtung des Fermentes beruhen, oder es kann die Schädigung der Rück- bildung fähig sein; endlich kann sie spezifisch, d. h. nur gegen gewisss Fermente gerichtet sein, oder sie kann alle Fermente betreffen. Eine besonders bemerkenswerte Gruppe solcher „Ferment- gifte* bilden die „Antienzyme“, die bei absichtlicher Einbringung von Fermenten in den Tierkörper durch dessen Reaktion ent- stehen und in ihrer Bildung den Antitoxinen an die Seite ızu setzen sind. Den ersten Nachweis einer solchen Reaktion verdanken wir Hildebrandts*), Versuchen, Tiere mit Emulsin zu immunisieren. Dann gelang es v. Dungern“*) die Bildung von Antienzymen gegen proteolytische Fermente von Bakterien nachzuweisen Morgenroth**), und Briotr) erzielten Bildung von Antilab, Achalmerr) von Antitrypsin, Gessardffr) von Antityrosinase, Sachs*r) von Antipepsin, Bordet**r) von gerinnungshemmenden Sera, Moll***r) von Antiurease. *) Virchows Archiv 131. **) Münch. med. Wochenschr. 1898. ***) Oentralbl. f. Bakt. 26, 1899; 27, 1900. +) These de Paris 1900. +7) Annal. Inst. Pasteur 15, 737 (1902). {rr) Ebenda 15, 595 (1902). *+-) Fortschritte der Medizin 20, 425 (1902). **+) Annal. de l’Inst. Pasteur 15, 129. ***-) Diese Beiträge 2, 350. | a A. rue Zur Kenntnis der Antipepsine. 525 Da Fermente überhaupt zu den unentbehrlichen Hilfsmitteln des Stoffwechsels gehören und, wie ihr Übertreten in den Harn lehrt, unter Umständen die Blutbahn durchlaufen, besteht für den Tierkörper die Möglichkeit einer Antikörperbildung gegen die normalen, selbsterzeugten Fermente. Jedoch sind die ersten einschlägigen Beobachtungen ganz unabhängig von solchen Überlegungen gemacht worden. Dahin gehört der von Röden*) und Hammarsten geführte Nachweis eines die Labgerinnung hemmenden Körpers im normalen Serum, ebenso die von Schnappauf“) und v. Nasse herrührende Beobachtung, daß Leber und Muskeln, sowie definibriertes Blut und Serum Pepsin „zerstören“. In neuerer Zeit förderten weitere Untersuchungen eine große Anzahl von Antifermenten zutage, die sich in den verschiedensten Organen finden und deren Wirkung gegen fast alle im Organismus vorkommenden Fermente gerichtet ist. Von den auf diese Weise gefundenen Tatsachen sei nachstehendes hervorgehoben. In betreff des normalen Antilabs konnte Röden zeigen, daß - weder Formbestandteile noch Salze des Blutes, daß weder Serum- globulin oder -Albumin, noch Fibrinferment Träger der Labhemmung sind. Durch Erwärmen auf 70° oder Alkoholeinwirkung wurde die Hemmung aufgehoben. Verschiedene Sera hemmten verschieden stark. Die hemmende Substanz mußte also ein bisher noch unbe- kannter Serumbestandteil sein. Die Hemmung beruhte nicht auf Beeinflussung des Kaseins, da aus mit Serum versetzter Milch das Kasein nach Reinigung wieder gefällt werden konnte. Korschun***) zeigte dann, daß das normale Antilab ein „spezi- fischer Antikörper“ ist, der in bestimmten Mengenverhältnissen Lab unwirksam macht (neutralisiert). Neben dem thermolabilen Antilab fand Korschun im Pferdeserum ein zweites, bei Zimmer- temperatur unwirksames, bei 37° aber bedeutend schneller wirken- ‘ des „Pseudoantilab“, das durch „Korhen nicht vernichtet wird und verhältnismäßig leicht durch Tiermembranen dringt“. In betreff der hemmenden Wirkung im normalen Gewebe vorkommender Stoffe auf proteolytische Fermente liegen An- gaben vor von Fermi und Pernossir) über hemmende Wirkung der Organe gegen Tıypsin, von Pugliese und Coggiryf) über Hemmung von Pepsin und Trypsin durch Blutserum. Ähnliches *) Ref. in Malys Jahresbericht 17, 160 (1887). -- **) Diss. Rostock 1888. ***) Zeitschr. f. phys. Chemie 36, 141 (1902). 7) Malys Jahresbericht 1894, 723. Tr) Ebenda 1897, 832. 526 Osw. Schwarz, berichten Hahn*),, Camus und Gley“), Matthes**), Glässnerf) und andere. — Von Wichtigkeit für die uns beschäftigende Frage sind be- sonders die Untersuchungen von Danilewsky und Weinland. Von der Frage ausgehend, warum sich die Magenschleimhaut nicht selbst verdaut, hat anscheinend zuerst (1901) A. Danilewsky auf die Existenz von Antipepsin in der Magenschleimhaut auf- merksam gemachttr). Ihm zufolge enthält die Mucosa des Magens . eine organische Substanz, die die Wirkung des Pepsins in saurer Lösung hemmt, mit angesäuertem Wasser ausgezogen werden kann, Erwärmen auf 60 bıs 70° und sogar kurzdauerndes Kochen verträgt, durch längeres Kochen mit verdünnter Salzsäure allmählich zer- stört wird. Natürlicher Magensaft enthält von der Substanz viel weniger als- künstlich bereiteter. Pepsin in saurer Lösung zerstört dieses „Antipepsin“, letzteres dagegen vernichtet das -Pepsin nicht, sondern paralysiert es nur. E. Hensel, der diese Versuche unter Benutzung von Fibrin- zylindern fortsetzte, teilt weiter mit, daß die antipeptisch wirkende Substanz weder durch Bleiacetat noch Phosphorwolfram- säure gefällt wird, daß sie zwar organischer Natur, aber kein Eiweißkörper ist. Er fand sie — d.h. eine gleichartig wirkende — in Leber, Niere, Milz, Herz und Muskeln. Sie wird durch Kochen ‚nicht angegriffen, durch Säure und mehr noch von Alkali von be- . stimmter Konzentration in ihrer Wirkung beeinträchtigt. Von einem ähnlichen Gesichtspunkt, namentlich von der ‚rätselhaften Resistenz der Eingeweidewürmer gegen Magen- und Darmfermente ausgehend, untersuchte Weinlandrry), ohne von Danilewskys Untersuchungen Kenntnis zu haben, die Anti- fermente des Magens und Darms. Sie fanden sich in den Preß- . säften der Magen- und Darmschleimhaut, waren thermolabil, durch Alkohol bei hoher Konzentration fällbar. — Ich werde Gelegenheit haben, auf Einzelheiten dieser Befunde zurückzugreifen. *) Berl. klin. Wochenschr. 1897, 499. **) Arch. f. Physiologie 1897, 764. ***) Münch. med. Wochenschr. 1902, 8. 7) Diese Beiträge 4, 79. ir) Diese und die nachstehenden Angaben von E. Hensel entnehme- ; ich einem Referat von Lawrow im Jahresber. f. Tierchemie 1903, 556. ‘Sie sind mir leider erst lange nach Beginn meiner Untersuchungen, bei Erscheinen dieses Jahrgangs, bekannt geworden und haben daher meine ‚ Arbeit nicht mehr beeinflußt. {rr) Zeitschr. f. Biol. 44, 1; 44, 45 (1902). Zur Kenntnis der Antipepsine. 527 Hierher gehört endlich noch eine aus jüngster Zeit stammende Beobachtung von Pollak*). Bei seinen Untersuchungen über die einheitliche Natur des Trypsins fand er, daß eine erhitzte Trypsin- lösung eine entschieden hemmende Wirkung auf Trypsin zeigt. Die Hemmung war nur gegen die Leimverdauung gerichtet, während die Verdauung von Serum erst durch viel größere (uantitäten hemmender Flüssigkeit beeinflußt wurde. Der Anti- körper, Antiglutinase genannt, dem er diese Wirkung zuschrieb, war kochbeständig, nicht artspezifisch, nicht dialysierbar. Ein sehr bemerkenswertes physiologisches Vorkommnis eines Antifermentes und zwar einem Ferment gegenüber, das, soviel man weiß, im normalen tierischen Gewebe nicht auftritt, beobachtete Moll*). Er fand, daß das Serum von Kaninchen auf die harn- stoffspaltende Wirkung der Urease einen hemmenden Einfluß ausübt. Dieser Einfluß wurde durch Vorbehandlung mit Ferment- injektionen sehr erheblich gesteigert. Während aber das Ferment- serum das Plus seiner Hemmungswirkung bei einstündigem . Erhitzen auf 65° einbüßte, wurde die hemmende Kraft des Normal- serums bei gleicher Behandlung nicht beeinträchtigt. Eine gleich bemerkenswerte Tatsache hat in jüngster Zeit Lust“**, mitgeteilt. Die Untersuchungen M. Jacobys fortsetzend, beschrieb er ein Anticrotin, das sich in der Magenschleimhaut des Schweines sowie in künstlichen Pepsinpräparaten findet. Es ist hitzebeständig, wird durch das doppelte Volumen absoluten Alkohols und Ganzsättigung mit Ammonsulfat ausgefällt und ist nicht dialysierbar. Von anderen darauf untersuchten Organen ergab die Untersuchung der Leber ein negatives, Darm und Lunge ein positives Resultat. Bei Anwesenheit von thermolabilem Injektionsantierotin addieren sich die Wirkungen beider nicht nur, sondern verstärken sich sogar. I. Nachweis und Eigenschaften des thermostabilen Antipepsins. Die oben erwähnte Beobachtung Pollaks, der zufolge durch Erhitzen von Trypsin ein kochbeständiges Antiferment ge- ‘ bildet, richtiger gesagt, nachweisbar wird, ist so merkwürdig, ‚daß es wünschenswert schien, zu untersuchen, ob auch andere *) Diese Beiträge 5, 9. **) Diese Beiträge 2, 344. ***) Diese Beiträge d, 132. 528 Osw. Schwarz, Fermente dieses Verhalten zeigen, und es womöglich einer theoretischen Deutung zuzuführen. Doch beschränke ich mich im nachstehenden auf die über „Antipepsin* gemachten Erfahrungen, die sich in mehrfacher Richtung an die von Danilewsky und Hensel mitgeteilten anschließen. Ich möchte zunächst die Resultate der einzelnen Versuchs- reihen einfach mitteilen, eine eingehendere Erörterung soll am Schlusse im Zusammenhang versucht werden. a) Versuchsanordnung und orientierende Versuche. Voraussetzung für eine brauchbare Versuchsanordnung war, da die Resultate vergleichbar sein sollten, die Einhaltung gleicher Volumina und gleicher Acidität in den Einzelversuchen; ersteres weil die Wirksamkeit des Pepsins nicht von seiner absoluten Menge, sondern von seiner Konzentration abhängt, letzteres, weil die Verdauungsgröße mit der Acidität, wenn auch nur in mäßigem Umfange, schwankt. Wo Abweichungen nicht besonders hervorgehoben sind, diente koaguliertes Eiereiweiß in Mettschen Röhrchen als Ver- dauungsobjekt; die Verdauungszeit betrug 20 bis 24 Stunden. Das verwendete Pepsin war von Grübler bezogen; zum Ver- gleich benutzte ich daneben Präparate von Merck, das Pepsinum Germanicum der deutschen Pharmakopöe, endlich Preßsaft aus Schweinemagen. Das Vorgehen bei den einzelnen Versuchen gestaltete sich meist, wie folgt: 4 ccm einer Lösung von Pepsin in 0,3proz. HCl von angegebenem Ge- halt wurden im Wasserbade 5 Minuten auf 80° erhitzt, hierauf zu 2 ccm der gleichen nicht erhitzten, wirksamen Pepsinlösung zugesetzt; das Ganze wurde dann mit Mettschen Röhrchen beschickt und 24 Stunden im Brut- schrank stehen gelassen. Als Kontrollversuch dienten 2 ccm wirksamer Pepsinlösung, die statt mit erhitzter Pepsinlösung mit 4 ccm 0,3proz. HCl versetzt waren, Nach 24 Stunden zeigte sich nun regelmäßig, daß im Kontrollversuch von der Eiweißsäule des Mettschen Röhrchens eine größere Strecke wegverdaut war als in der Hauptprobe, die die erhitzte Pepsinlösung enthielt. Umstehend ein Beispiel für die Hemmungswirkung ver- schiedener Pepsinpräparate. Wir sehen hier also dasselbe Verhalten wie beim Trypsin: die erhitzte Lösung besitzt die Fähigkeit, die Verdauungskraft der nicht erhitzten herabzusetzen. nn Me Me ee ee a Zur Kenntnis der Antipepsine. 529 Tabelle I. i Verdauung in 24 Stdn. ni mm Präparat er el Line Haupt- | Vergleichs- versuch probe . Grübler |2ccm PI.*) 1 proz. +4ccm Pl.,auf80° erhitzt 6 9,5 b] ” 2 ” ) 5 8 ” „ 10 „ “ 4,4 1 1 Peps. Germ. “ BON 2a: 3 3,8 5,7 Merck . 19 ,, ; 2 7 b) Einfluß der Temperatur auf das Auftreten der Hemmungswirkung. Um diesen zu prüfen, wurden 4 ccm der wie oben bereiteten sauren Pepsinlösung durch 5 Minuten im Wasserbade auf ver- schiedene Temperaturen erhitzt, dann zu 2 cem wirksamer Pepsin- lösung zugesetzt und 24 Stunden im Brutschrank belassen. Es zeigte sich nun bei Temperaturen bis zu 50° eine Steigerung der Verdauungsgröße gegenüber dem Kontrollversuch; bei 60° aber setzte scharf eine namhafte Hemmung ein, die sich bis 100° in gleicher Höhe erhielt (Vergl. Vers. III). Tabelle II. Tempe- Verdaute mm in raturen| Vers. I | Vers. II | Vers. III 2 ccm 10 proz. Pl. + 4 ccm 0,3 proz. HÜl 8 8,5 12 2ccm 10proz. Pl. +4 ccmPl., erhitzt auf! 20° = 14 ee: >, 400 5 16. » i 50° 15 “ a 60° 6 » „ 0° 5,5 6 ; £ Ta ar 1: » » 80° 4 5,5 6 2 i 900 ana RR : i | 1000 | .4 6 *) Pl. bedeutet hier und später: Pepsinlösung in 0,3 proz. Salzsäure. Die Gesamtproben besaßen somit stets diesen Säuregrad. Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 34 530 Osw. Schwarz, Die Dauer des Erhitzens ist insofern von geringem Einfluß, als die maximale Hemmung dabei bereits in wenigen Minuten erreicht wird. Tabelle Ill. 2 Er- Verdaute mm in ee ENBE: | og, n e IT. |Vers. I. 2ccm Pl.+4 cem Pl. erhitzt auf 80° 5: 4 3 | 800 10° 4 6 j 100° 5° 2 a, | 1000 10° 9 \ 100° 20° 2 . gekocht 30‘ EIREOR ee Es ergibt sich aus Tabelle III, daß das hemmende Agens — wir wollen vorläufig immer der Kürze wegen von einem „Hemmungskörper“ sprechen — in der schwach salzsauren Lösung kochbeständig ist und selbst längeres Erhitzen auf 100° ohne irgendwelche Schädigung seiner Wirksamkeit verträgt. Man kann daher auch eine den Hemmungskörper enthaltende Lösung auf dem Wasserbade bis zur Trockne eindampfen, ohne daß der Rückstand, der als hellgelber Firnis den Boden der Schale über- zieht, seine Hemmungswirkung eingebüßt hätte. 2 ccm der salzsauren Pepsinlösung + 4 ccm H,O verdauten 4 mm, 2 ccm Pl. + 4 ccm der wässerigen Lösung des Rückstandes verdauten O0 mm. c) Eigenschaften des Hemmungskörpers. Der Hemmungsvorgang tritt bei saurer — geprüft bis 0,6 Proz. HCl — wie neutraler Reaktion in gleicher Weise auf. Er haftet nicht an dem beim Erhitzen der Pepsinlösung sich bildenden Niederschlag. Die Präparate von Grübler zeigten schon beim Erwärmen auf 50 bis 60° eine leichte Trübung der Lösung, die sich bei höheren Tempe- raturen zu einem starken flockigen Niederschlag steigerte; ebenso verhielt sich Mercksches Pepsin; das Pepsinum Germanicum zeigte auch bei 80° bloß eine mehr oder minder deutliche Opaleszenz. Ein Vergleich der Hemmungswirkung einer klar filtrierten Probe und einer nicht filtrierten, erhitzten Probe ergab, daß der Hemmungskörper ganz in das Filtrat übergeht. 2 ccm Pl. + 4 ccm 0,3proz. HCl — verdauten 14 mm. 2 ccm Pl. + 4 ccm Pl. erhitzt auf 100° — 7 mm. 2 cem. Pl. => 4 com Pl. 72 ;„» „» flltriert — 7 mm. Der abfiltrierte Niederschlag gab mit Wasser extrahiert keine hemmende Substanz ab. Zur Kenntnis der Antipepsine. 531 Es war danach zu erwarten, daß der Hemmungskörper auch anderen in der Lösung erzeugten Niederschlägen nicht anhaften dürfte. Versuche, bei denen ich sehr reichliche Fällungen von Eiweiß in den Hemmungslösungen hervorrief, bestätigten diesen Befund. Bei Untersuchungen über die Absorption von Pepsin hat Dr. F. Dauwe“) ım hiesigen Laboratorium gefunden, daß Pepsin in kompakte Würfel aus koaguliertem Serum- oder Eiereiweiß zentimetertief hineindiffandiert. Ich untersuchte nun auch den Hemmungskörper nach dieser Richtung und fand, daß er nicht absorbiert wird. Je 15 ccm der den Hemmungskörper enthaltenden Lösung wurden mit 15 g koaguliertem Serum und 10 g koaguliertem Eiereiweiß einige Zeit stehen gelassen. Vorher und nachher gab die Prüfung auf ihr Hemmungs- vermögen denselben Wert. — Hingegen ist der Hemmungskörper alkoholfällbar. Bei Zusatz des doppelten Volumen absoluten Alkohols zu einer er- hitzten und filtrierten Pepsinlösung fiel ein reichlicher ‚Niederschlag aus. Er wurde abfiltriert, und nach Verjagen des Alkohols bei 40° stellte er eine leicht pulverisierbare, krümlige, weiße Masse dar, die sich leicht in Wasser löste; die Lösung gab keine Biuretreaktion. Der Niederschlag wurde mit Wasser aufgenommen, und auf sein Hemmungsvermögen geprüft. 2 cem Pl. + 4H,0 — verdauten 10 mm. 2 ccm Pl. + 4 cem Lösung verdauten 2 mm. Der Hemmungskörper zeigt eine Art spezifischer Wirkung. Bekanntlich wird koaguliertes Eiereiweiß erheblich schlechter von Pepsin angegriffen als koaguliertes Serumeiweiß. Als ich nun dieses als Verdauungsobjekt benutzte, konnte ich zunächst bei keinem Versuche auch nur eine Spur von Hemmung nach- weisen, während Kontrollproben von Eiereiweiß stark gehemmt wurden. Tabeile IV. Verdaute mm | Serum | Eiereiweiß a hecmosu HN 9 | 95 I m < 24 „ ‚Pl 1proz. erhitzt auf 80° 15 8 z BEN DE, EEE 8 8 „ 24... Pa. se ur 15 7 i I ee 6 *) Diese Beiträge 6, 426. 34* 532 Osw. Schwarz, Die kleine Hemmung im letzten Versuch mit Serumeiweiß machte es wahrscheinlich, daß das Verhältnis der Konzen- trationen zwischen verdauender und hemmender Lösung zur Er- zielung einer gleichen Hemmungsgröße bei Verwendung von Serum ein anderes sein müsse als für Eiereiweiß. Der Versuch rechtfertigte diese Überlegung: Tabelle V. Verdaute mm 2 ccm Pl. 1proz. + 4HCl. (ge 13 DE 9°, 19702. r2 Dom Tier Dr Ss | 13 4 ” „ + 4 2) ” 5 » Ss | 5,6 Nur wenn sehr stark hemmende Lösungen auf schwach ver- dauende einwirkten, ließ sich die Verdauung von Serumeiweiß zurückdrängen. Daß sich in vielen Fällen gar keine Hemmung zeigte, ist demnach leicht verständlich. Ein ganz ähnliches Ver- halten fand Pollak für das Trypsin. Es könnte daher gestattet erscheinen, den Schluß, den er daraus in betreff der Mehrheit der im Trypsin vorkommenden Fermente gezogen hat, auf das Pepsin auszudehnen. Das Pepsin wäre danach kein einheitlicher Körper, wie man bis jetzt angenommen hat, sondern bestünde aus mindestens zwei verschiedenen Fermenten, von denen eines spe- zifisch für das Eiereiweiß, das andere für das Serumeiweiß wäre. Unser Hemmungskörper wäre eben spezifisch und zwar dem Eiereiweiß verdauenden Ferment gegenüber. Es darf jedoch nicht verschwiegen werden, daß die Beweis- kraft dieses Versuches weniger schlagend ist, als des von Pollak beigebrachten: Bei der Antiglutinase macht sich die Hemmungs- wirkung gegenüber sehr rasch verlaufender Leimverdauung stark geltend, sehr wenig gegenüber der langsameren Serumverdauung. In meinem Falle wird die träger fortschreitende Verdauung des Eieralbumins gehemmt, nicht oder kaum merklich jene des gut angreifbaren Serumeiweiß. Der Unterschied könnte sonach, wenig- stens zum Teil, durcb die ungleiche Angreifbarkeit der beiden Eiweißarten bedingt sein. Dieser Einwand wird allerdings einiger- maßen dadurch abgeschwächt, daß der Hemmungskörper, wie ich feststellen konnte, auch die Pepsinwirkung auf sonst sehr gut an- ' greifbares Eiweiß, so auf Fibrin und Fleisch, stark hemmt. Zur Kenntnis der Antipepsine. 533 d) Abhängigkeit der Hemmungswirkung von der Kon- zentration der angewandten Pepsinlösungen und ihr Wirkungsgesetz. i Wie aus nachfolgendem Versuche hervorgeht, nimmt die Größe der Hemmung mit der Konzentration der erhitzten Ausgangslösung sehr deutlich zu. Tabelle VI. ‚Verdaute mm a cem Pl, I proz. - 4Hcl. 5 Bin, +4 ccm Pl. 1 proz. erhitzt auf 80° | 3,5 Sa a ee Frege Ev Da Pi er | 0 Es war nun weiter von Interesse zu sehen, ob die Hemmungs- wirkung dem Pepsingehalt der Präparate parallel geht, schon aus ' rein praktischen Gründen, um zu wissen, wie sich das Hemmungs- vermögen mit der peptischen Valenz des Pepsins ‘ändert. Zu diesem Zwecke untersuchte ich zunächst das Grüblersche . Präparat bei verschiedenen Konzentrationen, ferner das Mercksche Pepsin, das der Pharmakopöe, und endlich Preßsaft aus Schweine- magen. | Die Versuche ergaben nun, daß bei demselben Präparate die hemmende der peptischen Valenz annähernd proportional ist, daß aber beim Vergleich der verschiedenen Präparate untereinander bedeutende Verschiedenheilen bestehen. Man kann das vielleicht dahin deuten, daß der Hemmungskörper wegen der verschiedenen Bereitungsweisen der einzelnen Präparate in wechselnden Mengen in dieselben übergeht. Ä Die folgende Tabelle enthält Mittelwerte aus einer größeren Versuchszahl. Tabelle VII. | Verdaute mm bei Zusatz von Präparat ' Verdauende Lösung 4ccm Hc1 * com Pepsinlösung erhitzt auf 80° Grübler SD ecm.Pl. 10pro2. -* 11,8 5 ? RER ar ir) = 5 » DER 2 5; | 7 5 j Merck Ra de Eee - 45 Peps. Germ. 3 r a 5,6 8,7 3 .,:, te 1,6 Preßsaft I RER I 5,5 Preßsaft II 07, Rt 272 534 Osw. Schwarz, Von Bedeutung für die theoretische Deutung des Hemmungs- vorganges war die Frage, wie sich die Größe der Hemmung ver- hält, wenn man die Menge des Hemmungskörpers ändert, also wenn man auf eine Verdauungsflüssigkeit von bestimmter Wirkung steigende Mengen Hemmunsgslösung einwirken läßt. Die Versuchsanordnung war folgende: Zu je 2 ccm Pepsinlösung, deren Verdauungskraft in den einzelnen Versuchsreihen konstant war, wurden steigende Mengen einer Hemmungslösung hinzugefügt und die Volumina in allen Reagenzgläsern mit 0,3proz. HCl gleich gemacht. Tabelle VIII. Verdaute mm in Vers. 1. Vers. II. Vers. III.|Vers. IV. 2 ccm Pl.+-4cem 0,3 proz. HCl‘ 10 6,6 | 18,5 3|100.985 2 u 5. + %s eem PL Erika: 800 | 8 Pe 7 6,3 A EEE; h „Erz, \ > 2 „ng VPE 3,6 6 3 PR TR 1,6 2. ar, GA 1 5 1 2, a R Bl nicht ', mehr u u re a 0 4 Li, 3. 13 Se a | 2 a PR at ee Vers. 86) Mit Ausnahme der III. Reihe zeigen die Versuche Propor- tionalität zwischen der Menge des zugesetzten erhitzten Pepsins und der Größe der Hemmungswirkung; die angewandte quantitative Methode gestattet keine schärfere Formulierung. II. Natur des Hemmungskörpers. Wie bereits erwähnt wurde, kann der Hemmungskörper in sehr wirksamer Lösung erhalten werden, die keine Biuret- reaktion zeigt. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, daß es sich um einen nicht koagulablen Proteinstoff handelt, wenn man nicht annehmen will, daß bei ihm die Hemmungswirkung eine ungleich feinere Reaktion darstellt, als es die Biuretreaktion ist. Ausschließen läßt sich diese Möglichkeit allerdings nicht. Zur Kenntnis der Antipepsine. 535 Da es zunächst nicht aussichtsvoll schien, auf eine chemische Isolierung des Hemmungskörpers auszugehen, habe ich mich darauf beschränkt, auf indirektem Wege etwas über seine Natur zu er- mitteln. Wie bereits eingangs erwähnt wurde, kennen wir eine große Anzahl Körper, die die Fermentwirkungen störend beeinflussen. Es war daher zu untersuchen, ob die verwendeten Pepsinpräparate etwa solche bekannte Hemmungskörper enthielten. Diese Präparate bestehen, soweit es sich beurteilen läßt, nur zum allergeringsten Teil aus Pepsin; die Hauptmasse sind koagulable Eiweißkörper, der Rest anderweitige Zellbestandteile und anorganische Salze. Unter Umständen können sich darin geringe Mengen von Albu- mosen und anderen Verdauungsprodukten vorfinden. Daß die vorhandenen unlöslichen koagulablen Eiweißkörper nicht als die Ursache der Hemmung zu betrachten sind, geht ohne weiteres aus dem Umstande hervor, daß die wirksame Substanz beim Koagulieren ins Filtrat geht. | Da es bekannt ist, daß die Anhäufung von Verdauungs- produkten eine Hemmung für das Fortschreiten der Verdauung abgibt, habe ich mir von der Größe dieser Hemmung bei meiner Versuchsanordnung eine Vorstellung zu bilden versucht, indem ich verschiedene annähernd rein dargestellte Fibrinalbumosen der hiesigen Institutssammlung zu den Verdauungsproben zusetzte und den Säuregrad gleich machte. Tabelle IX. Verdaute | mm - Hl ee % er ir 4 „ 5proz.Lösungv.Albumose Aa (alkohollösl.) 4 »» en 2 Sa + DV 5 „ (alkoholunlösl.) 2 = “4 en = e 3 Heteroalbumose | 5 i 7 ern Zr B= 2 Thioalbumose (alkohollösl.) | | 3 | Auch bei Verdünnung der zugesetzten Albumosenlösung bis zu 1 Proz. zeigte sich eine, dann aber nur geringe, Hemmung (9:11 mm). Eine 1proz. Lösung von käuflichem Wittepepton hemmte übrigens garnicht. Jedenfalls kommt danach der Einfluß dieser Verdauungsprodukte bei unserem Hemmungsvorgang nicht in Betracht, da das angewandte Pepsin höchstens Spuren von Albumosen enthalten haben konnte, da ferner, wie oben erwähnt, 536 Osw. Schwarz, auch Lösungen, die überhaupt keine Biuretreaktion darboten, stark hemmend wirkten. Viel eher ist daran zu denken, daß die oft beobachtete hemmende Wirkung von Albumosenpräparaten gelegentlich von anhaftendem Hemmungskörper veranlaßt war. | Daß die anorganischen Salze bei der Hemmungswirkung be- teiligt sein sollten, ist bei der geringen Menge, in der sie in Pepsinpräparaten enthalten sind, von vornherein unwahrscheinlich. Übrigens habe ich mich noch in folgender Weise davon überzeugt: Die Asche von 1 g Pepsin wurde mit 10 ccm Wasser aufgenommen und 4 ccm davon wurden statt der Hemmungslösung zu 2 cem Pepsinlösung zugesetzt; es zeigte sich keine Spur einer Hemmung, selbst eine 1 proz. NaCl-Lösung hemmte noch nicht. Vergleicht man die mitgeteilten Beobachtungen mit den An- gaben von Danilewsky und Hensel einerseits, und von Wein- land andererseits, so ergibt sich in der Hauptsache eine Überein- stimmung .mit den Erfahrungen der russischen Autoren: Ihr Antipepsin und mein Hemmungskörper stimmen in der Koch- beständigkeit, der Resistenz gegen Säure und Alkali sowie darin überein, daß es sich um keinen Eiweißkörper handelt. Hingegen finde ich im Gegensatz zu ihnen den Hemmungskörper durch Alkohol fällbar. Weinlands aus Magenschleimhaut hergestelltes Antipepsin ist hingegen anscheinend nicht kochbeständig*. Ferner wird es schon durch schwache Säuren (0,4 bis 0,6 Proz.) zerstört (ich fand bis 5 Proz. HC] auf meinen Hemmungskörper ohne merkliche Wirkung), ist aber alkoholfällbar. e) Verbreitung der antipeptischen Wirkung. Anschließend an diese Aufzählung der Eigenschaften des Hemmungskörpers möchte ich noch einiges über sein Vorkommen erwähnen: Wie erinnerlich habe ich den Hemmungskörper auch in Magenpreßsäften nachweisen können; ich versuchte ihn nun aus der Schleimhaut direkt zu extrahieren. 50 g Schleimhaut von Schweinemagen werden möglichst zerkleinert und in kochendem Wasser 15 Minuten extrahiert. Die Flüssigkeit wurde dann soweit eingeengt, daß das Volumen von Extrakt plus Rückstand 100 cm betrug. Diese Reduktion wurde auch bei den weiteren gleich zu erwähnenden Versuchen vorgenommen, um einen Vergleichmaßstab zu *) Eine spezielle Angabe über die Hitzebeständigkeit des aus Magen- schleimhaut erhaltenen Antipepsins finde ich bei Weinland nicht, wohl ‘aber für das aus Askariden erhaltene; doch geht aus der Darstellung hervor, daß er auch das Antipepsin aus Magenschleimhaut als thermolabil ansieht. Zur Kenntnis der Antipepsine. 537 haben. Nach dem Filtrieren wurde auf Hemmung untersucht, indem ich in gewöhnlicher Weise 4 ccm Extrakt auf 2 ccm der salzsauren 1 proz. Pepsinlösung einwirken ließ, Es zeigte sich starke Hemmung. Wir hätten uns also etwa vorzustellen, daß der Hemmungs- ‘ körper neben dem Pepsin in den Drüsen der Magenschleimhaut gebildet wird. Gegen sein Austreten in den sezernierten Magen saft scheinen dagegen Schutzmaßregeln getroffen zu sein. Als eine solche ist vielleicht die von Weinland erwähnte Tatsache zu betrachten, daß sein Antipepsin sehr fest am Zellprotoplasma haftet, da es in der zweiten Preßfraktion in größerer Menge er- scheint, als in der ersten. Ebenso ließe sich etwa meine Beob- achtung verwerten, daß mein Hemmungskörper nicht durch Eiweiß- membranen (Zellwände) diffundiert. Auch mit Extrakten anderer Organe konnte ich die Pepsin- verdauung hemmen. So hemmten nach derselben Methode her- gestellte Extrakte aus Darm, Leber, Milz in gleicher Intensität wie der Magenauszug, solche aus Nieren und Nebennieren eine Spur schwächer. Der Annahme, daß auch diese Hemmung auf der Anwesenheit des Hemmungskörpers beruht, steht nichts entgegen, - zumal da wir ja auch über das weitere Schicksal des resorbierten Pepsins wenig wissen. IV; Wird der Hemmungskörper erst dureh Erhitzen gebildet? Wenn es auch zunächst nicht möglich war, über die chemische Natur des Hemmungskörpers näheres festzustellen, so konnte ich doch die Frage entscheiden, ob er im Pepsinpräparat vorgebildet ist, oder erst durch das Erhitzen entsteht. Wir haben da zwischen folgenden Möglichkeiten zu entscheiden. 1. Der Hemmungskörper entsteht aus dem Pepsin selbst beim Erhitzen. 2. Er ist von vornherein in der Pepsinlösung neben dem Pepsin als solcher vorhanden, oder in Gestalt einer Muttersubstanz, die durch das Erhitzen aktiviert wird. Gegen die erste Annahme, daß er aus dem Pepsin selbst in irgend einer Weise entsteht, spricht die Tatsache, daß die peptische ‘ und die hemmende Valenz verschiedener Pepsinpräparate nicht parallel gehen (Tabelle VID), was doch der Fall sein müßte, wenn zwischen den Trägern beider Funktionen ein genetischer Zusammenhang bestünde. Es war also die andere Möglichkeit zu prüfen, daß er oder eine Vorstufe von ihm bereits in der ursprüng- lichen Pepsinlösung neben dem Pepsin vorhanden Ist. 538 Osw. Schwarz, Eine Entscheidung war von der Aufklärung der Frage zu er- warten, welche Bedeutung das Erhitzen für das Auftreten des Hemmungskörpers hat. Das Erhitzen räumt jedenfalls die Pepsin- wirkung hinweg; es kann also der Hemmungskörper von vorn- herein vorhanden gewesen sein, nur in seiner Wirkung durch das aktive Pepsin überkompensiert, oder er ist nicht vorgebildet und entsteht erst beim Erhitzen. Der Umstand, daß sich die Hemmung scharf bei 60° zeigt — der Tötungstemperatur des Pepsin — spricht mehr für die erstere Auffassung. Um einen direkten Beweis dafür zu erbringen handelte es sich darum, entweder Pepsin und Hemmungskörper in derselben Lösung nebeneinander nachzuweisen, oder sie ohne Anwendung hoher Temperaturen zu trennen. Letzteres Verfahren bot mehr Aussicht auf Erfolg. Nachdem sich die Trennung durch Fällungs- mittel (Alkohol, Uranylacetat) ı:icht als durchführbar erwiesen hatte, gelang sie mit Hilfe der bereits erwähnten Eigenschaft des Pepsins in Eiweißwürfel hineinzudiffundieren: Je 15 ccm einer 1 proz. Pepsinlösung wurden mit 15 g koaguliertem und in Würfel geschnittenem Serum- und 10 g ebensolchem Eiereiweiß 24 Stunden stehen gelassen. Die Lösung wurde vorher und nachher auf Verdauungs- bzw. Hemmungsvermögen gegen 1proz. Pepsinlösung geprüft. Tabelle X. | Verdaute mm | N.d.Stehen mitkoag. vorher PERET Serum Eiereiweiß 2 ccm der Lösung + 4 cem .H,0 I 1,5 | 0 2 ccm Pl. I proz. + 4 cem Lösung, ungekocht | 4 3 2 cem Pl. 1proz.--4 cem Lösung, gekocht | 4 | 4 3,5 Das Resultat dieser und anderer ähnlicher Versuche bestätigte vollauf unsere frühere Überlegung. Die Eiweißwürfel absorbierten das Pepsin, nicht aber den Hemmungskörper. Nachdem das Pepsin durch Absorption aus der Lösung entfernt worden war, zeigte sie vor und nach dem Kochen die gleiche hemmende Valenz (4). Daraus ergibt sich, daß der Hemmungskörper bereits in der ursprünglichen Pepsinlösung vorgebildet ist, und sich hier nur des- halb nicht geltend macht, weil seine Wirkung durch den Über- schuß noch wirksamen Pepsins verdeckt ist. Da das Pepsin nicht nur durch Erhitzen zerstört werden kann, war zu erwarten, daß sich der Hemmungskörper auch noch mit anderen Mitteln nachweisen lassen würde, die das’ Pepsin zerstören, das Antipepsin aber nicht. Zur Kenntnis der Antipepsine. 539 Solche Mittel sind z. B. die Einwirkung von Alkali oder Säure. 2 cem Pepsinlösung wurden mit Lauge neutralisiert, dann mit 1 ccm n/, „ NaOH versetzt und 5 Minuten stehen gelassen, nach dieser Zeit mit Säure zurückneutralisiert, auf die ursprüngliche Aecidität gebracht und mit Mettschen Röhrchen in den Brutschrank gestellt. Als Kontrollversuch dienten 2 ccm Pepsinlösung, der die verwendeten Reagenzien in derselben Quantität, aber schon vorher gemischt, zugesetzt worden waren. Es ge- schah dies, um den Einfluß der beim Neutralisieren entstandenen Salze bei der Beurteilung der Hemmungsgröße ausschalten zu können. Fügte man nun 4 ccm einer solchen neutralisierten Alkali-Pepsin- lösung zu 2 ccm einer wirksamen Pepsinlösung hinzu, so konnte man auch hier eine starke Hemmung beobachten. Es verdaute z. B. ein solches Gemisch 4 mm Eiereiweiß gegen 8 mm in dem sonst gleich konzentrierten Kontrollversuch. Nach Analogie der durch Erhitzen hervorgerufenen Erscheinung muß man auch hier den Einfluß eines Hemmungskörpers annehmen, und wir stehen vor der Frage, ob wir den durch Erhitzen erhält- lichen Hemmungskörper oder einen neuen vor uns haben. Die Tatsachen sprechen für die erstere Ansicht: Erstens wirkt der Hemmungskörper bedeutend schlechter gegen die Serum- als gegen die Eiereiweißverdauung. Sodann ließ sich zeigen, daß der Einfluß des Alkalı analog dem des Erhitzens nur in einer Zer- störung des Pepsins besteht: Bei der Einwirkung des Alkali durch 5 Minuten verdauten die Proben 2,5 mm, bei 15 Minuten langer Einwirkung ebensoviel, neutralisierte ich aber erst 1 Stunde nach dem Zusetzen des NaOH, so war keine Spur von Verdauung zu sehen, das Pepsin war eben ganz zerstört. Übrigens gelang es auch, einen experimentellen Beweis für die Identität beider zu erbringen. In 8 cem Pepsinlöung wurde auf die gewöhnliche Weise der Alkali- hemmungskörper erzeugt; 4 ccm wurden hierauf gekocht und ebenso wie 4 andere ungekochte zu je 2 ccm wirksamer Pepsinlösung zugesetzt. Nach 24 Stunden hatten beide Proben gleich viel Eiereiweiß verdaut. Tabelle XI. | Verdaute mm | Vers. I. | Vers. I. 2 ccm Pl. + 4 ecem Lösung, ungekocht | 4 | 6 2 cem Pl. + 4 ccm Lösung, gekocht | In beiden Proben enthielt die Lösung somit die gleiche Menge Hemmungskörper. In der gekochten Probe war kein weiterer Anti- körper neben dem bereits durch Alkali gebildeten „entstanden“. Da wir aber wissen, daß der Kochantikörper gar nicht erst „entsteht“, so läßt sich die Erscheinung ohne Zwang folgendermaßen er- klären: In beiden Fällen liegt nur Zerstörung des Pepsins vor, 540 Osw. Schwarz, nach dessen Wegfall der für Hitze und verdünntes Alkali unan- greifbare Hemmungskörper in gleicher Wirksamkeit zu Tage tritt. Ganz analog wie durch Alkalı ließ sich auch durch stärkere Säure (5 bis 10 Proz. HÜC]) eine Hemmung erzielen. Doch führe ich die Versuche nicht genauer an, da sie genau wie die Alkalı- versuche ausgeführt wurden; die angestellten Überlegungen gelten auch für diesen Fall. Y. Über den Hemmungsvorgang. Bei jeder Hemmung einer Fermentreaktion haben wir be- kanntlich zwischen drei Möglichkeiten zu entscheiden: 1. Verändert der Hemmungskörper das Substrat? 2. Greift er das Ferment an? 3. Beeinflußt er den Vorgang? Daß der erste Fall hier nicht vorliegt, läßt sich leicht zeigen: Mettsche Röhrchen, die mehrere Tage in einer Hemmungslösung gelegen hatten, wurden nachher von Pepsin in gleichem Maße angegriffen, wie frisch bereitete. \ | Die Tatsache, daß die Pepsinwirkung auf koaguliertes Serum kaum beeinträchtigt wird, wohl aber die auf koaguliertes Eierei- weiß, scheint eher für die zweite Auffassung des Hemmungsvor- ganges zu sprechen, wonach der Hemmungskörper eine spezifische Beziehung zu der auf Eiereiweiß wirkenden Fermentkomponente hätte. Auch hier wären dann noch zwei Möglichkeiten ausein- ander zu halten: 1. Daß der Hemmungskörper das betreffende Ferment zerstört; 2. daß er sich mit iım zu einem unwirksamen „neutralen“ Komplex vereinigt. Die erste Annahme ist ausgeschlossen, da sich zeigen ließ, daß in Lösungen, die durch Zusatz des Hemmungskörpers un- wirksam gemacht worden waren, das Pepsin unversehrt er- halten bleibt: Es lassen sich nämlich leicht Gemische von Pepsin und Hemmungs- körper herstellen, die angesäuert gar nicht verdauen; es müßte also in diesen Fällen das ganze vorhandene Pepsin vernichtet sein. Bringt man aber Mettsche Röhrchen, die einige Zeit in solchen neutralen Lösungen gelegen hatten, in 0,3proz. HCl, so werden sie verdaut. Dies läßt sich nur so erklären, daß das Pepsin aus den unwirksamen Lösungen in die Eiweißzylinder hineindiffundierte und sie nach Salzsäurezusatz verdaute. Es bleibt aber noch die andere Möglichkeit, daß Ferment und ' Hemmungskörper sich gegenseitig „absättigen“, ähnlich wie nach Ehrlichs Vorstellung Toxin und Antitoxin. Zur Kenntnis der Antipepsine, 541 Weitere Versuche zeigten aber, daß die Verhältnisse weniger einfach lagen. Schon die Untersuchung der quantitativen Ver- hältnisse der Absättigung (vgl. Tab. VIII) gab, wie oben er- wähnt, kein genügend gleichmäßiges Resultat. Auf Grund dieser Annahme wäre ferner zu erwarten, daß sich ein Mischungsverhältnis von Pepsin und Hemmungskörper finden lassen müßte, bei welchem die Verdauung dauernd und voll- ständig gehemmt würde. Das war allerdings scheinbar der Fall. In Tab. VIz. B. sehen wir, daß 4 ccm 10proz. Hemmungslösung die Wirkung von 2 cem lproz. Pepsinlösung vollständig aufheben. Weitere Versuche haben das bestätigt. Eine solche Mischung würde gleichsam eine Limes- Dosis im Sinne Ehrlichs darstellen und könnte als Einheit für die Bestimmung der Hemmfähigkeit einer Lösung dienen. Aber diese „Neutralisation“ war nur cine scheinbare. Die Pepsinwirkung war nur sehr stark verzögert und es ließ sich durch immer größeren Zusatz von Hemmungslösung die Verdauung zwar immer weiter hinausschieben, aber nach genügend langer Zeit war sie doch immer wieder nachweisbar. Durch Zufall blieb einmal eine solche neutralisierte Lösung doppelt so lange als die übrigen Proben {48 Stunden) im Brutschrank stehen, und nach dieser Zeit zeigte sich eine schwache Verdauung. Ich unter- suchte die Erscheinung nun genauer und setzte zu 2 ccm 1proz. Pepsin- lösung 4 ccm sehr wirksamer Hemmungslösung; nach 6 Stunden war noch keine Verdauung bemerkbar, nach 12 Stunden waren 2 mm wegver- daut. Andere 2 ccm Pepsinlösung mit 6 ccm Hemmungslösung versetzt hatten nach 12 Stunden nur 1 mm verdaut; nach Zusatz von weiteren 6 ccm Hemmungslösung zu dieser Probe war an neuen Mettschen Röhr- chen erst nach 20 Stunden 1 mm verdaut. Es ist nun von Interesse, daß sich in der Literatur eine An- gabe über ein ganz ähnliches Verhalten eines anderen Hemmungs- körpers findet. Weinland fand, daß der Schutz seiner Anti- fermente kein „unbegrenzter“ war; nach genügend langer Zeit wurde das Fibrin doch verdaut: Bei Pepsineinwirkung war nach 12 Tagen die Hauptmasse des Fibrins gelöst, bis zur Lösung des letzten Restes der Flocke dauerte es oft noch länger. Für die Trypsinverdauung dauerte die Hemmung 14 Tage und darüber. Ähnliche Beobachtungen machte einer mündlichen Mitteilung zufolge Herr Dr. Julius Baer bei Versuchen über Autolyse. Er konnte durch Serumzusatz die Autolyse anscheinend bis zum vollständigen Verschwinden zurückdrängen, -sah sie aber nach einigen Tagen doch wieder eintreten. Hält man an der Bindungsvorstellurg fest, so kann man sich diese Tatsachen nur so erklären, daß die Bindung von Ferment 542 Osw. Schwarz, Zur Kenntnis der Antipepsine. .durch den Hemmungskörper eine sehr leicht dissoziable ist, und daß der durch Dissoziation freigewordene Anteil des Hemmungs- 'körpers von dem nun ebenfalls wieder teilweise wirksam ge- wordenen Verdauungsferment zerstört wird. Einfacher lassen sich alle Erscheinungen verständlich machen, wenn man annimmt, daß der Hemmungskörper nicht das Ferment -selbst, sondern den von ihm hervorgerufenen Prozeß beeinflußt. Analoge Vorgänge finden wir auch in der Chemie der an- organischen Fermente. So setzt z. B. 0,00004 g Mannit in I ccm die Oxydationsgeschwindigkeit einer 800 Mal so großen Natrium- sulfitlösung auf die Hälfte herab*). Ebenso verlangsamen Spuren von Nikotin, Morphin, Chinin, Cyankalium usw. die Oxydation von Zinnchlorür oder Natriumsulfit durch Sauerstoff**). Man be- zeichnet solche Stoffe als „negative Katalysatoren“ ***), Als einen solchen negativen Katalysator, nur von -sehr intensiver Wirkung, hätte man denn auch den untersuchten Hemmungskörper zu betrachten. Daß sich unter den im normalen Tierkörper vorgebildeten Hemmungskörpern auffällig viel relativ hitzebeständige finden — Korschuns Pseudoantilab, Danilewskys und mein Anti- pepsin, Molls Antiurease, Lusts Antikrotin, Pollaks Anti- glutinase — während die Immunisierung zu homologen, aber thermolabilen Körpern führt, weist auf eine noch verborgene Regelmäßigkeit bei der Entstehung dieser Körper hin. *) Bigelow, Zeitschr. f. physik. Chemie 26, 503. **) Joung, Journ. Amer. Chem. Soc. 23, 119 u. 24, 297. ***) Vgl. Bredig, Ergebnisse der Physiologie 1. Biochemie 142. XXXVII, Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. Von Dr. Olinto Pasceucei (Rom). Erste Mitteilung. Die Zusammensetzung des Stromas. Aus dem physiologisch-chemischen Institut zu Straßburg. rn Bekanntlich lassen sich die Blutscheiben durch verschiedene wenig tiefgreifende Einwirkungen in einen farblosen, im Blut- serum unlöslichen Anteil, das Stroma*) Rolletts und der meisten späteren Autoren, und einen blutfarbstoffreichen, im Serum lös- lichen Anteil trennen. Während nun an Angaben über die Gesamt- zusammensetzung des Blutes und über die chemische Natur des Blutfarbstoffs kein Mangel ist, liegen nur spärliche Angaben über den chemischen Aufbau des Stromas vor, obgleich an seiner Bedeutung für die physiologische Intaktheit und Funktions- fähigkeit der. Blutscheiben kein Zweifel bestehen kann. Allein die Schwierigkeiten, das Stroma nach Abtrennung vom Hämo- globin in genügender Menge zur Darstellung zu bringen, scheint die Forscher mit ganz wenigen Ausnahmen von der Untersuchung abgeschreckt zu haben. Schon vor nahe 40 Jahren hat L. Hermann darauf hin- gewiesen, daß die Wirkung der blutkörperchenlösenden Agentien mit hoher Wahrscheinlichkeit durch eine Einwirkung derselben auf das Protagon der Blutscheiben zu erklären sei. Heute, wo die Frage der Hämolyse eine noch viel allgemeinere biologische *) Wenn ich hier und im nachfolgenden zunächst die übliche Bezeich- nung „Stroma“ festhalte, so geschieht dies nur im Interesse der Verständlichkeit und nicht etwa, weil ich Rolletts Auffassung des Stromas bestätigt finde. Im Gegenteil, wie noch auseinanderzusetzen sein wird, sind meine Erfahrungen viel besser mit der Membrannatur des „Stromas“ in Einklang zu bringen. 544 Olinto Pascueci, Bedeutung erlangt hat, bedarf die Wiederaufnahme dieser Unter- suchungen keiner weiteren Begründung. Nachdem Hermann die Anwesenheit eines Körpers von dem Verhalten des Protagons von Liebreich in den Blutscheiben er- kannt hatte und auch die Vermutung ausgesprochen hatte, daß dieses „Protagon“ ein Bestandteil des Stromas sein dürfte, hat dann Hoppe-Seyler festgestellt, daß die Blutscheiben neben Hämoglobin und anorganischen Salzen geringe Mengen eines globulinähnlichen Eiweißkörpers, Cholesterin und Leeithin ent- halten. Welchem Teil der Blutscheibe, ob dem Stroma oder der es erfüllenden Farbstofflösung, diese Bestandteile angehören, war schon aus ihren Löslichkeitsverhältnissen zu entnehmen. Es war von vorneherein anzunehmen, daß das Cholesterin und Leeithin vorzugsweise dem serumunlöslichen Stroma angehören dürften. Das Verdienst, die Zusammensetzung des Stromasin qualitativer Richtung klargestellt zu haben, gebührt Wooldridge, der unter C. Ludwigs Leitung zuerst die Darstellung des isolierten Stromas in Angriff nahm. Nach Entfernung des Serums löste Wooldridge die Blutkörperchenmasse in Wasser, versetzte dieses mit Äther und fällte die Stromata mit Kaliumdisulfat. Diese sind frisch dar- gestellt ganz löslich in 2proz. Salzsäure, nach längerem Verweilen unter Wasser lösen sie sich in der verdünnten Salzsäure nur unter Zurücklassung eines nucleinartigen Körpers. Durch Ausziehen des Stromaniederschlags mit Alkohol und Äther erhielt Wool- dridge Cholesterin und Lecithin. Fett fand sich nicht. Durch Ausziehen mit 5proz. Kochsalzlösung und Sättigung des Auszugs mit Kochsalz erhielt er ein Globulin. Das zurückbleibende Stroma enthielt dann noch einen Körper, der in verdünnter Säure und in Alkali leicht löslich war und sich bei Pepsinverdauung in Pepton und einen phosphor- und schwefelhaltigen Körper spalten ließ, der dem Miescherschen Nuclein entsprach. Um die Rolle zu beurteilen, die das Stroma der Blutscheiben bei Diffusionsvorgängen sowie bei der Hämolyse spielt, genügt diese qualitative Kenntnis seiner Zusammensetzung nicht. Ich habe daher über Anregung von Herrn Prof. Hofmeister die Mengenverhältnisse, in denen die einzelnen Stoffe am Aufbau der Stromata beteiligt sind, genauer zu ermitteln versucht. Ich habe zuerst nach Wooldridges Vorschrift, dann nach einem eigenen Verfahren Stromata aus dem leicht in genügender Menge zu beschaffenden Pferdeblut dargestellt, und deren Trocken- gewicht, Stickstoff- und Aschengehalt, sowie den Gehalt an mit Äther, Chloroform und Alkohol ausziehbaren Stoffen bestimmt. Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. 545 1. Darstellung nach Wooldridge. In der Darstellung folgte ich zunächst der Vorschrift von Wooldridge. Bezüglich der angewandten Methoden genügt ein kurzer Hinweis. Das Trocknen geschah im Vakuum über Schwefelsäure bis zur Gewichts- konstanz. Zur Extraktion bediente ich mich des Soxhletschen Apparats und zwar wurde stets zuerst mit Ather, dann mit Chloroform, zuletzt mit Alkohol erschöpft. Die Stickstoffbestimmung führte ich nach Kjeldahl aus. Tabelle 1. Zusammensetzung der nach Wooldridge erhaltenen Präparate. Pferd A. 1,6050 g Subst. gaben 0,0142 g Asche —= 0,885 Proz. 5 We 2 OO 1 > 1 = 0815 „ Mittel = 0,85 Proz. BRnE.. „ „0,0232 ,, Stickstoff N Mans ., » 2. 021%, . = 1090, Rx ‘- Mittel = 11,16 ‚Proz. INT, 2,5 „2,4683 ,„ in Ather, Chloroform u.Alkohol lösl. Subst. — 34,87 ,, 10,3438 ,, , „3,6102 „in Ather, Chloroform u. Alkohol lösl. Subst. —= 34,89 Mittel = 34,88 Proz. PferdB. 0,5321 g Subst. gaben 0,0047 g Asche =,-0,883: „ 0,3114 „ „ „ 0,0027 ” „ = 0,856 rl Mittel = 0,87 Proz. 2607, „ „0,0211 ‚, Stickstoff —= 13,10 _,, 1 ...:0:0831;;, ha —— 9 1210 1 f Mittel =18,14 Proz. 12.048), . „ „8,6590 „in Ather, Chloroform u. Alkohol lösl. Subst. = 30,49 „, BoD. „2,5232 „in Ather, Chloroform u. Alkohol lösl. Subst. = 30,37 „, Mittel = 30,43 Proz. Pferd ©. 0,385 g Subst. gaben 0,0037 g Asche — 0,96 5 DieRs. , Er EDOLE, 7 == 70.88.% Mittel = 0,92 Proz. 0,3042, „ „0,0864 „Stickstoff — 11,96 „ BISSL, ;.. 200218 ,, =I1.941.7,, Mittel = 11,94 Proz. BAT2B.,.. , a2, IN Äther, Chloroform- u. Alkohol lösl. Subst. = 31,52 „, 7,8438,» „2,3426 „ in Ather, Chloroform u. Alkohol lösl. Subst. = 31,90 ,, Mittel = 31,71 Proz. Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 35 546 Olinto Paseucci, Pferd D. 0,5217 g Subst. gaben 0,0045 g Asche ==: .0,86. Pro® Dsalan = 5... Mala nr — +091:75 Mittel = 0,88 Proz. 0,1879 5: ‚0,0241 „ Stickstoff ae 10 2. 0 0,3471;, =: ». RE b; —= 11,66 „ y Mittel = 12,24 Proz. 10.0840; ,, „ 3,2003 , in Ather, Chloroform u. Alkohol lösl. Subst. = 31,89 „, 9:-0782,,..0 5 -» 8,0041, in Ather, Chloroform u. Alkohol lösl. Subst. = 33,09 „, Mittel = 32,49 Proz. DIT Darstellung nach dem neuen Verfahren. In einer zweiten Versuchsreihe benutzte ich ein einfacheres Verfahren zur Darstellung des Stromas. Ich vermied dabei den Zusatz von Äther, der möglicherweise einen Verlust an äther- löslicher Substanz veranlaßt haben konnte, so wie die Verwendung des sauren Kaliumsulfats, das so stark saure Eigenschaften hat, daß eine Veränderung der Membranbestandteile nicht ausge- schlossen schien. Die Isolierung gelang unter bestimmten Be- dingungen mit Hilfe von Ammonsulfat. Man läßt die Blutscheiben des defibrinierten Blutes sich absetzen, hebert das überstehende Serum ab und versetzt den Blutkörperbrei mit dem 15 bis 20fachen Volum einer 1 gesättigten Ammonsulfatlösung. (Der Blutkörperchenbrei kann vorher nach Wooldridge durch Behandeln mit 2proz. Kochsalzlösung von Serum befreit werden, doch ist dies nicht unumgänglich nötig.) Nach gutem Umrühren läßt man die Blutscheiben sich absetzen, hebert die überstehende Ammonsulfatlösung ab, zentrifugiert anhaltend und gießt die überstehende Flüssigkeit ab. Der Bodensatz wird in ganz dünner Schicht auf flachen Porzellantassen ausgebreitet und bei Zimmertemperatur eintrocknen gelassen. Je rascher dieses Ein- trocknen erfolgt, desto bequemer gestaltet sich die weitere Darstellung*). Die trockene Masse wird in kaltem Wasser verteilt, worin sich der Farb- stoff löst, während die Stromata sich am Boden sammeln, und bleibt darin längere Zeit, ungefähr 24 Stunden bei 0°. Dann wird das Wasch- wasser über dem Bodensatz durch Dekantieren so oft gewechselt, bis es farblos wird. Ich benutzte für die ersten Waschungen Leitungswasser, für die letzten destilliertes. Zuletzt werden die Stromata auf dem Filter gesammelt und mit destilliertem Wasser sorgfältig ausgewaschen. *) In einigen von den ausgeführten Darstellungen brachte ich die Blut- körperchenmasse ohne sie zu trocknen sofort in große Mengen destillierten Wassers. Gewöhnlich setzen sich dann nach 24 Stunden die entfärbten Stromata am Boden ab, während der Farbstoff in Lösung geht. Doch gelingt diese Darstellung nicht immer und die Ausbeute bleibt stets eine unvollkommene. Pferd Ss F Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. 547 Die so erhaltenen Präparate besaßen im trockenen Zustande je nach der Menge des mitgerissenen Hämatins eine graubraune bis aschgraue Farbe. In letzterem Falle waren sie viel weniger gefärbt als die nach Wooldridge erhaltenen. In der beistehenden Tabelle (II) teıle ich die an solchen wenig gefärbten Präparaten ausgeführten Bestimmungen mit. Zum Ver- gleich habe ich stets von demselben Blut auch Präparate nach Wooldridge dargestellt und stelle die daran ermittelten Zahlen daneben. Tabelle II. Darstellung nach Wooldridge mit Ammonsulfat in | | in | en | | en Be ee | form. |Pron. Mittel] oma || Asche | „om | torm, |Proz.|| Mittel Alkohol | | Alkohol | löslich | löslich | g g N 0,3852 1 0,0039 — —_ 1,01\ 0,96 0,1403 0,0012] — &_ 0,86 | 0.86 0,4723 ||0,0018| — “7 Uglf 0,5392 | 0,0047) — 4 0,87 0,3101 — 10,085 — 11,9 I122 0,1587 | — 0,0197) — [19,4 |\ 28 0,1589| — [o,0ıg8l — [12,5 =104315| — 100978 — 11,11] 8,7254 | — — [3,026434,7 og [15,7489 | — — 1|5,3112|33,7 |\ = 12,7528 — — [4,1350)32,4 |” | 8,3976 | — — 1|2.6783|31,9 |(”- 0,6847 | 0,0052| — — 10,76) ggal 94793 0,0038| — — 0,80 0,2378 | 0,0022 — — | 0,99]1[ "°*] 0,7467 0,00631 -- = 0,2571| — [0,0839 — 118,2 |\ 130 0,2471 — 0,0886 — 13,2 || Er 0,4207 | — |0,0539| — 113,8 |j 0,3852 | — 0,0492) --- 12.8 ii = Tal — — |1,8257|85,1 |\og 3 |18,7698) — | — [4,1597 29,1 og Ba — =, 8.608237.6: |) 7 18.4835 | .— — |8,3512]24,8 11" " 0,4371 0,0088| — . — 0,87] 0.87 0,5723 0,0050) — E= 0,87 | 0.87 0,6750 | 0,0059) — — 0,871 0,3213 | 0,0028 — -— 0,87 | I 0,6503|| — [0,0845 — 113,0 ||| 12.9 0,3282 —- [0,0413) - —: [12,7 ı\ 196 0,4791 — 00613 — 19.8 be: 0,4172| — |0,05%25| -- 119,6 I A 2,7320 | — — 3,6795/28,9 || 991 112305 _ = 3,0883127,5 |] 96.4 7,3252 | — — 2,146229,3 \j 6,5462 I — = 1,6591 25, 6) ı er 0,1246 0,0009 — — 0,72|\\ 0.74 0,6431 | 0,0052| — = 0, 81 IN 0.81 0,2453 | 0,0019| — — 072: 0,4273 0,0035 — — 0 ‚82 | 2 0,8407 | — 10,022) — [12,4 || oo | 06052| — |0,0768| — 112,7 |\ og eo er joe /— [01134 — 19” 5,4730 || — — 1,4667 26,8 | 96.7 7,0520 | — — 1,8617 126,4 \ 96.6 4,2072 — — |1,1202|26,6 |j” 5,7907 — — | 1,4683|26,8 |j "> Einen Überblick der gefundenen prozentischen Mittelwerte gibt nachstehende Tabelle: [SX) a 548 Olinto Pascucci, Tabelle III. Darstellung nach Wooldridge|Darstellg.nachd.neuen Verfahren Pferd Asche Stickstoff re Asche Stickstoff A Proz. Proz. Proz. Proz. Proz. Proz. A 0,85 11,2 34,9 = ee = B 0,87 13;1.:%] 20.2 — a u C 0,92 1,8 N TBLR — -- = D 0:88. 1, 1 39,5 e= > ze E 0,96 12,2 33,6 0,86 | 118 32,9 F 0,84 13,0 26,3 0,82 13,0 23,5 G 087.1 ,24108 29,1 0,87 12,6 26,4 H 0,74 12,2 26,7 6BL.: Pre 26,6 Mittel: | 0,87 | 133 30,7 515 084.2 388 27,4 EN; Aus den mitgeteilten Zahlen ist zu entnehmen, daß Wool- dridges Kaliumdisulfat- und meine Ammonsulfatmethode für das- selbe Blut annähernd gleiche Werte geben. Die oben gegen das Wooldridgesche Verfahren geäußerten Bedenken betreffend einer Veränderung der Stromata durch das verwendete Äther- wasser und die stark saure Reaktion des sauren Sulfats sind somit unbegründet. Zugleich bietet diese Übereinstimmung eine Gewähr für die Brauchbarkeit beider Methoden. Der Ammonsulfatmethode gebührt dabei, was Bequemlichkeit und rasche Ausführbarkeit anlangt, weitaus der Vorzug. Ferner gestatten diese Zahlen zum ersten Mal, sich eine ge- nauere Vorstellung von der Zusammensetzung des Stromas zu bilden. Vor allem fällt dabei der ganz maßgebende Anteil auf, den die in Äther, Chloroform und Alkohol löslichen Stoffe mit ungefähr 30 Prozent des Gesamttrockengewichts an dem Aufbau des Stromas nehmen. Mit Hilfe des neuen Verfahrens gelingt es leicht, genügende Mengen davon zu isolieren, um über seine qualitative Zusammensetzung weitere Untersuchungen anstellen zu können. Über die dabei ermittelten Verhältnisse soll in einer späteren Mitteilung ausführlicher berichtet werden. An dieser Stelle sei nur folgendes hervorgehoben. Die Äther-, Chloroform- und Alkohol-Extrakte enthalten, wie dies Wooldridges Angaben entspricht, vorwiegend Cholesterin und Lecithin. In dem Alkohol- auszug ist überdies eine geringe spektroskopisch eben erkennbare Menge von Hämatin enthalten und zwar reichlicher bei den nach *) Äth.-Chl.-Alk.-Extr. In Äther, Chloroform und Alkohol lösliche Substanz. u Mehl ni A nee en 5 A Ze er Te u ee Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. 549 Wooldridge dargestellten Präparaten. In beiderlei Präparaten ist überdies in kleiner Menge ein Körper nachweisbar, der in heißem Äther unlöslich ist, sich aus heißem Alkohol in weißen Flocken ausscheidet, Stickstoff enthält, sich mit konzentrierter Schwefelsäure prachtvoll rot färbt und bei Säurespaltung eine die Fehlingsche Lösung reduzierende Substanz liefert. Allem An- schein nach handelt es sich um ein Üerebrosid. Das Cholesterin scheidet sich aus Äther in Nadeln und Rosetten, aus Alkohol in typischen Tafeln aus, gibt die Reaktionen von Salkowski und von Liebermann-Burchard und schmilzt bei 143° (unkorr.). Das Leecithin findet sich nur in geringer Menge in der Äther- lösung, der größere Teil geht erst in Chloroform und Alkohol über. Es läßt sich mit Aceton als phosphorreicher Niederschlag fällen. Neben diesen Stoffen dürften die Auszüge noch andere Substanzen enthalten, doch gelang mir bisher der geringen Menge wegen ihre Isolierung nicht. | Es muß übrigens hervorgehoben Seräch, daß die im vor- stehenden mitgeteilten Analysen von Dale stammen, die einen annähernd gleichen Stickstoffgehalt aufwiesen. Ich habe bei Untersuchung des Blutes noch anderer Pferde hin und wieder einen geringeren oder noch höheren Stickstoffgehalt des Stromas (im ganzen von 10,5 bis 14 Proz.) angetroffen. Es ist noch nicht zu entscheiden, ob diese Verschiedenheiten von Unvollkommen- heiten des Darstellungsverfahrens abhängen oder von individuellen Abweichungen. Jedenfalls ist bemerkenswert, daß auch Abder- halden individuell verschiedene Zahlen für die Eiweißkörper der Blutscheiben fand. Die mitgeteilten Beobachtungen über die Zusammensetzung des Stromas sind für die in jüngster Zeit viel besprochene Frage nach dem Bau des Stromas von einiger Bedeutung. Aus ihnen geht hervor, daß die Stromata zu etwa zwei Dritteln des Trocken- gewichts aus in Wasser und Kochsalzlösung unlöslichen Eiweiß- stoffen, zu etwa einem Drittel aus Lecithin, Cholesterin und ge: ringen Mengen anderer in Alkohol oder Äther oder Chloroform löslichen Stoffen bestehen. Stimmt dieser Befund besser mit der Annahme, daß das Stroma ein protoplasmatisches, von Hämoglobin- lösung durchtränktes Gerüstwerk darstellt oder aber eine Membran, die die flüssige Blutfarbstofflösung umschließt? Der hohe Gehalt an Lecithin und Chlolesterin findet sein Analogon in der Mark- scheide des Nerven, wo diese Stoffe verteilt in einem eiweiß- ähnlichen Gerüst den wichtigsten Bestandteil in der Hülle des 550 Olinto Pascucci, Axenzylinders bilden. Man wird im vorliegenden Fall umsomehr an eine ähnliche Bedeutung dieser Stoffe denken, als ein so hoher Gehalt daran, bei Abwesenheit von Fett, sonst im Protoplasma und Zellinhalt auch nicht entfernt vorkommt. Dieser Befund scheint mir sonach mehr für die Membrannatur des Stromas zu sprechen. Es liegt mir nun fern, auf die zahl- reichen für und wider diese Vorstellung vorgebrachten Beweis- gründe näher einzugehen*). Ich muß aber betonen, daß das chemisch-physikalische Verhalten der Blutscheiben vorwiegend für die Membrantheorie spricht. Dafür scheinen mir folgende Beobachtungen besonders beweisend: 1. Das Verhalten der Blutscheiben bei Veränderung des osmotischen Druckes. Sie behalten bei Quellunug und Schrumpfung nicht, wie das etwa bei einer Leimscheibe oder bei einem gleich- geformten Stück von totem Protoplasma der Fall wäre, annähernd die Scheibenform, sondern zeigen sehr starke Formveränderung; Kugel-, Stechapfelform usw. Ferner ist das Platzen und Einreißen der Membranen bei starkem Aufquellen direkt\ wahrnehmbar. Setzt man z. B. 1Oproz. Kalilauge unter dem Mikroskop zu Blut, so werden die Scheiben kugelig und platzen dann wie Seifen- blasep, wobei der Farbstoff austritt. Auffällig ist ferner das Ver- halten der Blutscheiben beim Durchschlagen des elektrischen Funkens, wobei sie sich verkleinern, Maulbeerform annehmen, zu Tröpfehen zusammenfließen und schließlich sich entfärben. Auch hier machen die Stromata den Eindruck farbloser Membranen und zwar von großer Elastizität und Retraktionsfähigkeit. Die Maul- beerform dürfte als Ausdruck einer nicht an allen Punkten gleichen Elastizität aufzufassen sein. 2. Die Abgabe von Blutfarbstoff infolge von mechanischer Läsion der Blutscheiben. Während sie an das zugehörige Serum oder isotonische Kochsalzlösung keinen Farbstoff abgeben, genügt es, Blut mit Quecksilber oder Asbest zu schütteln oder Blut- körperchenbrei ganz kurze Zeit mit Glas- oder Quarzpulver zu verreiben, um einen ausgiebigen Austritt von Blutfarbstoff zu erzielen. Wäre das Hämoglobin chemisch (wie Heppe-Seyler annahm) oder mechanisch an das Stroma gebunden, so wäre dieses Verhaiten unverständlich. 3. Das öfter beobachtete Auskristallisieren des Hämoglobins zu einem oder wenigen Kristallen innerhalb des farblosen fast ent- färbten Stromas. Ein solches Auskristallisieren setzt die Abwesen- *) Eine ausführliche kritische Darstellung der einschlägigen Verhältnisse hat jüngster Zeit Weidenreich (s. Literaturverzeichnis) gegeben. | j j £ | b { ee fe uch Se ee. Me re ee ee el een. le a ae Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. 551 heit erheblicher Mengen von fremden Beimengungen namentlich kolloidaler Natur voraus, da diese erfahrungsgemäß auch besser als Hämogiobin kristallisierende Körper an dem Auskristallisieren zu verliindern pflegen. Mit der Annahme, daß der Blutfarbstoff die Poren eines Protoplasmagerüsts erfüllt, ist die Ausscheidung des gesamten Hämoglobins in Form großer Kristalle umso weniger vereinbar, als man in solchen Fällen von dem Protoplasma- gerüst — das nun neben den Kristallen sichtbar werden sollte — nichts wahrnimmt. Jedenfalls gelangt man, selbst wenn man an der Stromatheorie festhalten will, auf Grund der chemisch-physikalischen Tatsachen zu der Vorstellung, daß die Oberflächenschichte des vermeintlichen Stromas für das Festhalten der Blutfarbstofflösung von wesentlich anderer Bedeutung sein muß als das (vermeintliche) innere Gerüst, so daß man dieser Schichte, die darnach doch eine vom übrigen Stroma verschiedene Membran darstellt, auch eine besondere physiologische Funktion zuschreiben muß. Damit ist aber diese Schichte mit der Plasmahaut und der lipoiden Schichte anderer Zellgebilde in eine Linie gerückt. Die mechanische Isolierung der lipoiden Schichte behufs ihrer chemischen Untersuchung ist bisher ein Ding der Unmöglichkeit. Es scheint nun, als ob in dem Stroma infolge der Involution des ursprünglichen Protoplasmas diese Isolierung annähernd verwirklicht wäre. In der Tat ent- spricht das „Stroma“ als eine reichlich von Lecithin, Cholesterin (und einem Cerebrosid) durchtränkte permeable Eiweißmembran sehr nahe den Vorstellungen, die man sich nach Overtons Vor- gang von der chemischen und physikalischen Beschaffenheit der „lipoiden Schichte“* des Protoplasmas bilden muß. Literaturverzeichnis. Hermann, L. Über die Wirkungsweise einer Gruppe von Giften. Du Bois-Reymonds Arch. f. Anat. u. Physiol. 1866, S. 36, Hoppe-Seyler, F., Physiologische Chemie 2, 401 (1881). Handbuch der physiologisch und pathologisch-chemischen Analyse. 6. Aufl. 1893. Wooldridge, G., Zur Chemie der Blutkörperchen. Arch. f. Anat. und Physiol. Physiol. Abt. 1881, S. 387. Weidenreich, F. Studien über das Blut. Arch. f. mikroskop. Anatomie und Entwicklungsgeschichte 61 (1902). — Die roten Blutkörperchen. Ergebnisse der Anatomie und Entwicklungsgeschichte. Herausgegeben von Merkel und-Bonnet 13 (1904). Abderhalden, E., Zur quantitativen vergleichenden Analyse des Blutes. Zeitschr. f. Bestel. Chemie 25. Overton, E., Jahrb. f. wissensch. Botanik 34. XXXVIN. Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. Von Dr. 0. Pascucei (Rom). Zweite Mitteilung. Die Wirkung von Blutgiften auf Membranen aus Leeithin und Cholesterin. Aus dem physiologisch-chemischen Institut in Straßburg. I In der vorhergehenden Mitteilung*) habe ich gezeigt, daß das Stroma der Blutscheiben zu nahe einem Dritteil der Trocken- substanz aus in Äther, Chloroform und Alkohol löslichen Stoffen, vor allem aus Leeithin und Cholesterin besteht. Die anderen zwei Drittel entfallen, von etwa 1 Proz. anorganischen Salzen abgesehen, auf eiweißartige Stoffe. Es ist dort ferner gezeigt worden, daß die Vorstellung, derzufolge das Stroma bloß die Membran der biäschenförmig gebauten Blutscheibe darstellt, mit diesem Befund sowie mit dem physikalisch-chemischen Verhalten der Blutscheiben besser übereinstimmt als mit der Annahme eines schwammartig gebauten protoplasmatischen Gerüstes. Von diesem Gesichtspunkt aus drängt sich aber die Frage auf, ob die Wirkung der blutscheibenlösenden Gifte nicht ganz oder doch in erster Reihe durch chemische Einwirkung auf die die Membran zusammensetzenden Stoffe zu Stande kommt. Soweit das mikroskopische Bild ein Urteil gestattet, ist die Membran der Blutscheiben homogen und allenthalben gleich be- ‚schaffen. Es dürften daher die drei Hauptbestandteile Eiweiß, ”) Diese Beiträge 6, 543. N Da — oe TI a WE Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. 553 Leecithin, Cholesterin in ihr innig gemengt sein, wobei nicht aus- zuschließen ist, daß bestimmte Schichten reicher an einzelnen Bestandteilen sind als andere. So liegt die Möglichkeit vor, daß die Oberfläche reicher an Leecithin und Cholesterin ıst als die tieferen Schichten. Da die Membranen quellbar und für Wasser, Sauerstoff, Kohlensäure, Kochsalz, Harnstoff usw. durchlässig sind, so ist anzunehmen, daß sie Poren, allerdings nur von ultramikros- kopischen Dimensionen, besitzen. Da das Leeithin eine salben- artige Konsistenz hat und Cholesterin aufzulösen vermag, so ist es am mindesten gezwungen anzunehmen, daß die Membran von unlöslichen aber quellbaren Eiweißstoffen gebildet wird, die von einem Lecithin-Cholesteringemenge durchtränkt sind. Es ist darnach zu erwarten, daß chemische Stoffe, die dieses mechanische Gemenge durch Lösung (oder auch Koagulation) einer der Komponenten wesentlich zu verändern vermögen, auch ım- stande sein sollten, die homogene Beschaffenheit und die Kohäsion der Membran so erheblich zu schädigen, daß unter geeigneten Be-. dingungen der Austritt von Blutfarbstoff erfolgt. Beobachtungen über Beziehungen der Blutscheiben lösenden Gifte zu Lecithin und Cholesterin liegen bereits von mehreren Seiten vor. Ransom fand bei im Laboratorium von Hans Meyer aus- geführten Versuchen, daß eine Art Affinität oder ein Löslichkeits- verhältnis zwischen dem blutkörperchenlösenden Saponin und dem Cholesterin besteht, wodurch es dem ersteren möglich ist, auf Ge- webe, die Cholesterin enthalten, als Gift einzuwirken, wodurch aber umgekehrt das Cholesterin unter bestimmten Bedingungen zu einer Schutzwirkung gegenüber dem Saponin befähigt wird. Darnach ist das Saponin für die Blutscheiben giftig, weil es einen wesentlichen Teil ihrer Struktur — das Cholesterin —- angreift. Andererseits schützt die Anwesenheit von Cholesterin im Serum die Blutkörperchen bis zu einem gewissen Grade vor der Saponin- wirkung. Lecithin fand Ransom hingegen ohne Schutzwirkung. Auch fand er das Cholesterin nur gegen das eigentliche Saponin und Glieder der Saponingruppe wirksam. . Gegenüber anderen Hämolysinen pflanzlichen Ursprungs, sowie gegen die hämolytische Wirkung fremder Sera übt es nach seinen Erfahrungen keinen Schutz aus. Noguchi beobachtete, daß Cholesterin gegenüber Agaricin, Saponin, Tetanolysin antihämolytisch wirkt, während Leeithin keine solche Wirkung hat. Er ist geneigt, die antihämolytische 554 OÖ. Pascucci, Wirkung von Blutserum und Milch auf ihren Cholesteringehalt zu beziehen. Kyes und Sachs konnten nachweisen, daß das Leeithin im stande ist, den Kobragift-,„Ambozeptor“ zu aktivieren und, daß das abweichende Verhalten der Blutscheiben verschiedener Tiere aus- schließlich auf das Lecithin zurückzuführen ist, indem nur die- jenigen Blutkörperchen gelöst werden, in denen „das Lecithin so locker gebunden ist, daß es für die Aktivierung des Kobragift- ambozeptors disponibel ist“. Kyes stellte dann „Lecithide* des Kobragifts und anderer Schlangengifte dar, die er als chemische Verbindungen auffaßt. R. Kobert teilte Versuche mit, aus denen er folgert, daß Lecithin und Saponinsubstanzen sich mit einander chemisch ver- binden. Im Anschluß an Ransom unterscheidet er bei der Saponinwirkung auf Blut zwei chemisch ähnliche aber toxikolo- gisch sehr ungleiche Vorgänge; das Saponin zerstört die Blut- scheiben, indem es sich sowohl mit Leeithin als mit Cholesterin verbindet, jedoch mit dem Unterschied, daß die Cholesterinver- bindung ihre hämolytische Wirkung verliert, die Lecithinver- bindung sie beibehält. Aus diesen Angaben geht als sicher hervor, daß einzelne der blutscheibenlösenden Gifte eine besondere Beziehung zum Leeithin und Cholesterin besitzen, wenngleich die Natur dieser Beziehung noch einer näheren Aufklärung bedarf. Ein zwingender Beweis dafür, daß diese Gifte ihren Angriffspunkt in dem Cholesterin und Leeithin der Blutscheiben haben, ist allerdings nicht erbracht, da die Möglichkeit offen bleibt, daß die hämolytische Wirkung der betreffenden Gifte durch eine Einwirkung auf das Eiweiß des Stromas, oder durch fermentative Vorgänge, oder durch „Proto- plasmagiftwirkung“* zustande kommt. In der Tat wird von den Beobachtern die Hämolyse zumeist als Zeichen des erfolgten Protoplasmatodes aufgefaßt, eine Vor- stellungsweise, der sich selbst Ransom, der im übrigen der Frage am unbefangensten gegenübersteht, nicht entziehen kann. II. Versuehsanordnung. Nach dem Gesagten besteht, wenigstens für einen Teil der ‚in Frage stehenden Gifte, die Möglichkeit, daß sie einfach durch Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. 555 chemische Veränderung, namentlich durch mehr oder weniger weit- gehende Auflösung oder Anätzung der Blutscheibenmembranen Farbstoffaustritt veranlassen. Um dieser Frage in ihrer einfachsten Form unter Ausschaltung sogenannter vitaler Faktoren näher zu treten, habe ich über Vor- schlag von Herrn Prof. Hofmeister die Wirkung einiger hämo- lytischen Agenzien auf künstliche Cholesterin-Lecithinmembranen untersucht, was ja auch in bezug auf die „lipoide Schicht“ anderer Zellen von Interesse schien. Ich habe mir zu diesem Behufe eine Art künstliche Blutkörperchen hergestellt, nämlich kleine Dialy- satoren, deren Boden von einer solchen Membran gebildet war. Sie wurden mit Blutfarbstofflösung oder anderen Farbstofflösungen gefüllt und gestatteten, den Austritt des Farbstoffs unter dem Einfluß der untersuchten Blutgifte direkt zu beobachten. Zur Herstellung dieser Dialysatoren benutzte ich 4 cm hohe 5 bis 6 mm weite Glasröhrchen, deren eine Öffnung mit feinem weißen Seiden- stoff überbunden war. Dieser Seidenstoff wurde nun mit Cholesterin, oder: Leeithin oder Gemengen davon sorgfältig imprägniert. Zu diesem Zwecke löste ich Lecithin in warmem Alkohol, ließ bis zum Sirup verdunsten und tauchte dann das mit Seide überbundene Ende des Röhrchens in die Lösung. In ähnlicher Weise erhielt ich Cholesterin- membranen durch Eintauchen in vorsichtig geschmolzenes Cholesterin oder in Leeithin-Cholesteringemenge. Letztere erhielt ich durch Lösen beider Substanzen in dem gewünschten Gewichtsverhältnis und völliges Ein- dunsten, Nach der Imprägnation wurden die Röhrchen, da, wo die Seide befestigt war, mit geschmolzenem Wachs umgeben, dann bei 37° getrocknet und im Vakuum über Schwefelsäure aufbewahrt. Von den so in großer Zahl hergestellten Röhrchen kamen nur die am besten gelungenen zur Verwendung. Ich achtete vor allem darauf, daß der Verschluß gelungen und die Dicke der Membranen möglichst gleich war. Das verwendete Cholesterin und Leecithin war zumeist aus nach den früher beschriebenen Methoden isolierten Stromata dargestellt. Soweit dem schwierig zu reinigenden Lecithin Verunreinigungen anhafteten, konnten es nur Stoffe sein, die den Stromata selbst angehören und somit auch für deren hämolytische Verhältnisse in Betracht kommen. Als Farbstoff benutzte ich zuerst Hämoglobin später Cochenille von neutraler Reaktion, und zwar in physiologischer Kochsalzlösung. Die Röhrchen wurden zu zwei Drittel mit der Farbstofflösung gefüllt, dann in Probiergläschen, die die hämolytische Substanz ebenfalls in physiologischer Kochsalzlösung gelöst enthielten, so tief hineingehängt, daß das Flüssig- keitsniveau innen und außen zusammenfiel. Das Durchlässigwerden der Membran war an dem Übertritt von Farbstoff in die farblose Außenlösung leicht zu erkennen, Nachdem ich mich in zahlreichen Vorversuchen von der Ver- wendbarkeit derartig hergestellter Membranen überzeugt hatte, habe ich mich der Untersuchung bestimmter Einzelfragen zugewendet. 556 O. Pascucci, 133% Die Angreifbarkeit der Leeithin-Cholesterinmembranen hängt ab von ihrer Zusammensetzung. Wie bekannt, ist die Angreifbarkeit der Blutscheiben ver- schiedener Tiere gegenüber hämolytischen Agenzien recht ungleich. Da nun aus den eingangs mitgeteilten Beobachtungen anderer Forscher hervorgeht, daß unter bestimmten Umständen das Cholesterin der Hämolyse entgegenwirkt, während das Leeithin, soweit ein Urteil möglich, dies nicht tut, ja sie in bestimmten Fällen (Kobragift) begünstigt, so wurde genauer untersucht, welchen Einfluß der wechselnde Lecithin- und Cholesteringehalt auf die Angreifbarkeit der Membranen durch Blutgifte hat. Als typische Repräsentanten der verschiedenen Gruppen blutscheibenlösender Gifte kamen Saponin, Solanin, Kobragift und Tetano- toxin zur Verwendung. Das Saponin war von Merck bezogen und im wesentlichen Sapotoxin, Kobragift wurde mir gütigst von Herrn Dr. Faust zur Verfügung gestellt, das Tetanotoxin stammte aus dem Institute Pasteur. Als Farbstoff diente in den Versuchen I, III, V und VII Hämo- globin, in den übrigen Cochenille. In den nachfolgenden Tabellen gebe ich eine Übersicht der beobachteten Tatsachen. In der ersten Spalte finden sich die nötigen Angaben über die verwendete hämolytische Lösung, in der zweiten über das relative Verhältnis von Leecithin zu Cholesterin in der angewandten Membran. Das Plus-Zeichen in den weiteren Spalten zeigt den erfolgten Übertritt des Farbstoffs in die Außen- lösung an, das Minus-Zeichen das Ausbleiben desselben. Tabelle I. Versuche mit Saponin (0,25 Proz.). Farbstoff: Hämoglobin. 52 Verhältnis Beobachtet nach Außenflüssigkeit von Stunden Leeithin zu Cholesterin | a | 4° I-6 | s|l1o 5 ccm physiolog. Koch- | | salzlösung mit 0,25 Proz. 1:4 — 1 + Hari Saponin ebenso 172 —-— —-/+1+1'+ ebenso 1:3 BE DE a RT ebenso 1:4 Er A ebenso 1:5 nl; er Ta Bl ae Fa an CZ 4.5 una 4 in a6 Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. 557 Tabelle II. Versuche mit Saponin (0,3 Proz.). Farbstoff: Cochenille. Verhältnis Beobachtet nach Außenflüssigkeit von Stunden Leeithin zu Cholesterin | o | 4 |6& |s_» 5 cem physiolog. Koch- | salzlösung mit 0,3 Proz. 11 En a Di ra Be a A a Saponin ebenso 14 - l—/|+/+|+ ebenso 1:3 — | > ebenso 1:4 E Sr ee ebenso 1:5 —-|-|—-| - + Tabelle Il. Versuche mit Solanin (0,25 Proz.). Farbstoff: Hämoglobin. Verhaltne %o Beobachtet nach erhältnis von A flüssigkeit Stunden BnWesigkei Leecithin zu Cholesterin Bat. 38,410 5 ccm physiolog. Koch- | salzlösung mit 0,25 Proz. 1:1 ee nee re Solanin Ebenso -. _ | 6:2 — + +|I+|J+ ebenso | 1:3 ee ET ebenso | 1:4 Be a ebenso 1:5 RE BE —|+ Tabelle IV. Versuche mit Solanin (0,35 Proz.). Farbstoff: Cochenille. Verhältnis Beobachtet nach Außenflüssigkeit von Stunden Leeithin zu Cholesterin | 9 4 6 & je 5 ccm physiolog. Koch- salzlösung mit 0,35 Proz. 121 ++) +1 + Solanin | ebenso 1:2 Sr Han dee ebenso 1:3 era rlone ebenso 1:4 BAR = | = ebenso 1:5 Br Ey | > 558 O. Pascuccei, Tabelle V. IE mit Kobragift (0,10 Proz.). Farbstoff: Hämoglobin. Verhältnis Beobachtet nach Außenflüssigkeit von Stunden Leeithin zu Cholesterin | o | Fer: | 8 | 10 5 ccm physiolog. Koch- salzlösung mit 0,1 Proz. et +/|+I1+|+3-+ Kobragift ebenso 1:2 = | el la ee ebenso 1:3 — 1 ebenso 434 ee ee “ebenso 1:5 = | ER; | Se - Versuche mit Kobragift (0,10 Proz.). Außenflüssigkeit 5 ccm physiolog. Koch- salzlösung mit 0,10 Proz. Kobragift ebenso ebenso ebenso ebenso Versuch mit Tetanotoxin (0,15 Proz.). Tabelle VI. Farbstoff: Cochenille. Beobachtet nach Tabelle VII. Verhältnis an \Stunden ‚Leeithin zu Cholesterin 9 a | 6|8 | 10 1 u 1:2 +. #1 ei ee 1:3 - ee 1:4 — Tr 1:5 — + Farbstoff: Hämoglobin. Beobachtet nach Verhältnis Außenflüssigkeit von Stunden Leeithin zu Cholesterin | oa | 4 | 6 | 8 | 10 5 cem physiolog. Koch- | | | salzlösung mit 0,15 Proz. 1:1 +1 +1 +14+]|+ Tetanotoxin ebenso 1:2 —f =, 14a ee ebenso 1:3 — ||| .+'+ ebenso 1:4 —_—ı -1-/+- | + ebenso 155 —_—ı Be _ _ Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. 559 Tabelle VII. Versuche mit Tetanotoxin (0,27 Proz.). Farbstoff: Cochenille. Verhältnis Beobachtet nach Außenflüssigkeit von Stunden Leeithin zu Cholesterin| o | 4 6 8 |10 5 ccm physiolog. Koch- salzlösung mit 0,97 Proz. Ft ++! +/4+|+ Tetanotoxin \ ebenso | L® se Men: | | +| + ebenso 1:3 en ee ebenso | en Sn RE BE ER = ebenso | 1:5 ee Une Die mitgeteilten Versuche lehren überzeugend, daß die angewandten hämolytisch wirksamen Gifte, obgleich ganz ver- schiedenen Ursprungs und Charakters, sämtlich Lecithin-Cholesterin- membranen angreifen und durchlässig machen, und zwar um so. rascher je geringer deren Oholesteringehalt ist. IV. Beeinflussung der Hämolyse durch in Lösung befindliches Leeithin, Cholesterin und Üerebrin. Wie schon erwähnt, hat man für einzelne blutkörperchen- lösende Gifte die Annahme gemacht, daß sie mit Cholesterin und Lecithin Verbindungen einzugehen vermögen, so für Saponin und Cholesterin (Ransom), für Saponın und Lecithin (Kobert), für Kobragift und Lecithin (Kyes), und hat dieses Verhalten zur Er- klärung teils der hämolytischen, teils auch der antihämolytischen Wirkung herangezogen. Daß eine besondere Beziehung zwischen Leecithin und Cholesterin einerseits und bestimmten hämolytischen Stoffen andererseits besteht, unterliegt keinem Zweifel und es kann vor- läufig dahingestellt bleiben, ob es sich dabei um einfache Lösungs- verwandtschaft oder um chemische Affinität im üblichen Wort- sinne handelt. Sehr einfach läßt sich die Beziehung von Saponin zu Lecithin zeigen. Erhitzt man eine Saponinlösung, so erhält man bekanntlich einen sehr beständigen Schaum, der auch beim Erkalten nicht verschwindet, fügt man etwas Lecithin zu und erhitzt, so ver- schwindet der Schaum, sobald sich das Lecithin gelöst hat. Cholesterin löst sich in kochender Saponinlösung nicht, und hat 560 OÖ. Pascucci, auch keinen Einfluß auf die Schaumbildung. Setzt man überdies noch Leecithin zu, so löst sich dieses viel schwieriger als in Saponin- lösung allein und beeinflußt die Schaumbildung viel weniger. Es besteht hier ein gegensätzliches Verhalten zwischen Cholesterin und Leeithin, das einerseits an die Fähigkeit des Lecithins, die hämolytische Wirkung des Kobragiftes zu begünstigen, andererseits an die antihämolytische Wirkung des Cholesterins dem Saponin gegenüber erinnert. Die oben beschriebene Versuchsanordnung bot die Möglichkeit, das Verhalten zu Blutgiften genauer zu untersuchen. Ich habe dabei neben dem Cholesterin und Leeithin auch das Cerebrin (Phrenosin) verwendet, da sich ein Cerebrosid von den Eigen- schaften- des Phrenosins als normaler Bestandteil des Blutscheiben- stromas ergeben hatte. Die -benutzten Membranen waren, um die Verhältnisse möglichst einfach zu gestalten, nur aus Lecithin allein oder Cholesterin allein her- gestellt. Die Substanz, die auf ihre Fähigkeit, die Hämolyse zu befördern oder zu hemmen, untersucht werden sollte (Leeithin, Cholesterin, Cerebrin), wurde der Lösung des Blutgiftes zugesetzt und mehrere Stunden damit digeriert. Die Versuche wurden unter Verwendung von Blutfarbstoff als Indikator für die eingetretene Durchlässigkeit, die übrigen unter Ver- wendung von Cochenille ausgeführt. Tabelle IX. Versuche mit Saponin (0,25 Proz.). Farbstoff: Hämoglobin. Beobachtet nach Außenflüssigkeit Material der Membran Stunden 2 4 6 8 /|10 5 ccm physiolog. Koch- Leeithin | er ee Se Cholesterin Ba De 2 5 ccm physiolog. Koch- Leeithin —. 1 ee SER salzlösung mit 0,25 Proz. ine FE Re Saponin Cholesterin --1- | - /+/+ 5 cem physiolog. Koch- Leeithin a 2... salzlösung mit 0,25 Proz. — er Saponin + Leeithin Cholesterin —. | en 5 ccm physiolog. Koch- Leeithin ee salzlösung mit 0,25 Proz. — lo Saponin + Cholesterin Cholesterin u. u Zee 5 cem physiolog. Koch- Leeithin || -|+|+ salzlösung mit 0,25 Proz. joe Saponin + Cerebrin Cholesterin ei iv un Se a 2 Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. Tabelle X. Versuche mit Saponin (0,30 Proz.). Farbstoff: Cochenille. Außenflüssigkeit 5 ccm physiolog. Koch- Material der Membran Leeithin 561 Beobachtet nach Stunden 4 salzlösung Cholesterin 5 ccm physiolog. Koch- | salzlösung mit 0,30 Proz. | Saponin 5 cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,30 Proz. Leeithin Cholesterin . Leeithin Saponin + Lecithin Cholesterin 5 cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,30 Proz. Leeithin Saponin— Cholesterin Cholesterin 5 cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,30 Proz. Saponin + Cerebrin Tabelle XI. Leeithin Cholesterin Versuche mit Solanin (0,25 Proz.). Außenflüssigkeit as ccm physiolog. Koch- "lıl#+/#/#]##[ 0] 1.[e Farbstoff: Hämoglobin. +++ [es Beobachtet nach salzlösung 5 cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,25 Proz. Solanin 5 cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,25 Proz. Solanin + Leeithin 5 cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,25 Proz. Solanin + Cholesterin 5 ccm physiolog. Koch- salzlösung mit 0,25 Proz. Solanin + Cerebrin Beitr. z. chem. Physiologie. Material der Membran Stunden — 2 4 6 8-10 Leeithin N a en Cholesterin RE FIR Leeithin are Ras Cholesterin Sen TEN ee Br Leeithin ee Se u Cholesterin Sr EN Be en Kar Leeithin ja +|-+ Cholesterin a te ee ae RER Leeithin ee] ee Cholesterin BE RE AT VL. | 36 562 Versuche mit Solanin (0,35 Proz.). O. Pascucci, Tabelle XII. Außenflüssigkeit 5 cem physiolog. Koch- salzlösung 5 cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,35 Proz. Solanin Material der Membran Leeithin Cholesterin Leeithin Cholesterin 5 cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,35 Proz. Solanin + Lecithin 5 cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,35 Proz. Solanin + Cholesterin 5 cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,35 Proz. Solanin + Cerebrin Leeithin Cholesterin Leeithin Cholesterin Leeithin Cholesterin Tabelle XIIL Farbstoff: Cochenille. Beobachtet nach Stunden = EP — 4er | -/+] 2 ae AT Per Versuche mit Kobragift (0,10 Proz.). Farbstoff: Hämoglobin. Außenflüssigkeit - 5 cem physiolog. Koch- salzlösung Material der Membran Leeithin Cholesterin 5 cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,10 Proz. Kobragift 5 cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,10 Proz. Kobragift + Lecithin 5 ccm physiolog. Koch- salzlösung mit 0,10 Proz. - Cobragift+ Cholesterin 5.cem physiolog. Koch- salzlösung mit 0,10 Proz. Kobragift + Cerebrin Leeithin Cholesterin Leeithin Cholesterin Leeithin Cholesterin Leeithin Cholesterin [ala lalel+jıl#lıli fe Beobachtet nach Stunden ı|6|sj1o Bak2 er RT Fee 1 Se Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. Tabelle XIV. Versuche mit Kobragift (0,10 Proz.) Farbstoff: Cochenille, 563 Beobachtet nach Tetanotoxin + Cerebrin Außenflüssigkeit Material der Membran Stunden — 2 4 6 8:10 5 ccm physiolog. Koch- ‘ Leeithin ee Bueuns Cholesterin a re 5 cem physiolog. Koch- Leeithin ee nme salzlösung mit 0,10 Proz. m Kobragift Cholesterin _ ur en nee 5 ccm physiolog, Koch- Lecithin a a IE salzlösung mit 0,10 Proz. - = Ar = Kobragift + Lecithin Cholesterin a 5 ccm physiolog. Koch- Leeithin RE a salzlösung mit 0,10 Proz. 2 — =; Kobragift+Cholesterin Cholesterin EL A ARE ES 5 cem physiolog. Koch- Leeithin st See nn salzlösung mit 0,10 Proz. er — —- Kobragift+ Cerebrin Cholesterin —_ A Tabelle XV. Versuche mit Tetanotoxin (0,15 Proz.). Farbstoff: Hämoglobin. Beobachtet nach Außenflüssigkeit Material der Membran Stunden 2 4 6 Sg Ei 5 ccm physiolog. Koch- Leeithin u, ee ee semng Cholesterin ee 5 cem physiolog. Koch- Leeithin +1+/| +1 +|+ salzlösung mit 0,15 Proz, —— Ir pipe u na ri a SE Tetanotoxin Cholesterin ea ne 5 cem physiolog. Koch- Leeithin El ar ee salzlösung mit 0,15 Proz. —— EP ae Eh LER Tetanotoxin—+ Lecithin Cholesterin ee newer 5 ccm physiolog.Kochsalz- Leeithin ee Na lösung mit 0,15 Proz. Te- ——— tanotoxin+Cholesterin Cholesterin an ee We Eee 5 ccm physiolog. Koch- Leeithin — '—- | — | +]J+ salzlösung mit 0,15 Proz. A re Cholesterin — 11-1 | 36* 564 OÖ. Pascucci, Tabelle XVI. Versuche mit Tetanotoxin (0,27 Proz.). - Farbstoff: Cochenille. Beobachtet nach Außenflüssigkeit Material der Membran Stunden HESESEIET 5 ccm physiolog. Koch- Leeithin ll a a ee a 2 Cholesterin Er 5 cem physiolog. Koch- Leeithin ze salzlösung mit 0,27 Proz. |—— ea te ea Tetanotoxin Cholesterin li en ne ae 5 cem physiolog. Koch- Leeithin 2 ee salzlösung mit 0,27 Proz. —— ER Eid kin > Tetanotoxin-+ Leeithin Cholesterin rt ur a 5 ccm physiolog. Kochsalz- Leeithin ee lösung mit 0,27 Proz. Te- | ————— 1 — tanotoxin-—-Cholesterin Cholesterin BR a N en. 5 cem physiolog. Koch- Leeithin —'| A 12 he salzlösung mit 0,97 Proz ze Tetanotoxin-+ Cerebrin Cholesterin Ne Aus diesen Versuchen geht zunächst in Übereinstimmung mit dem Ergebnis der ersten Versuchsreihe hervor, daß Lecithin- membranen von den untersuchten Giftlösungen viel rascher an- gegriffen werden als Cholesterinmembranen. Sie lehren ferner, daß die Giftlösungen bei Digestion mit Lecithin an Giftigkeit nicht merklich einbüßen, wohl aber bei Digestion mit Cholesterin und Cerebrin. V, Die Wirkung anderer blutscheibenlösender Stoffe auf Leeithin-Cholesterinmembranen. Es war von vorneherein zu erwarten, daß jene Stoffe, die Leeithin oder Cholesterin leicht in Lösung bringen, auch die Leeithin-Cholesterinmembranen angreifen und durchlässig machen würden. Der Versuch entsprach der Erwartung. Leeithin- membranen wurden sofort von Alkohol, Äther, Benzol, Xylol, Chloroform aufgelöst, etwas langsamer von Aceton. Cholesterin- membranen lösten sich rasch in Äther, Aceton, Benzol, Xylol und | Chloroform, etwas langsamer in Alkohol. Ammoniak, Ammoniumkarbonat, Natriumkarbonat, Natron- lauge, Essigsäure griffen die Leeithinmembranen an, hatten jedoch keine Wirkung auf Cholesterinmembranen. Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas und die Hämolyse. 565 Verdünnte Schwefelsäure war beiden Arten von Membranen gegenüber ohne Wirkung. | | Bei Ausführung der Versuche mit Cochenillelösung der je nach Bedarf vorher eine Spur Alkali oder Säure zugesetzt worden war, ließ sich an dem Farbenwechsel des Indikators die erfolete Diffusion von Säure oder Alkali erkennen noch ehe Farbstoff durchtrat, und zwar auch in jenen Fällen, z. B. bei Cholesterinmembranen, wo ein mechanischer Übertritt überhaupt nicht erfolgte. Diese Erscheinung ist im Hinblick auf die Permeabilität der „lipoiden Schichte“ von Interesse, und ich habe in dieser Richtung Versuche mit Aminosäuren, Harnstoff, den physiologisch-wichtigen Salzen und anderen Stoffen in Angriff genommen, über die ich später zu berichten hoffe. Die lösende Wirkung von Alkalı und Alkalikarbonaten, von Äther, Chloroform usw. auf die Lecithin- bzw. Cholesterin- membranen entspricht der Fähigkeit dieser Stoffe das Blut lack- farben zu machen. Auch dürfte in diesen Fällen die Vorstellung, daß es sich dabei um eine unmittelbare Veränderung des Blut- scheibenstromas handelt, kaum auf Widerspruch stoßen. Wichtiger ist, daß auch Stoffe von unbekanntem Lösungs- vermögen und so wenig ausgesprochener chemischer Affinität wie Solanin, Saponin, Schlangengift, Tetanotoxin anscheinend in gleicher Weise wirken. Die Vorstellung, daß aile Hämolysine, selbst die in kleinster Menge wirksamen, zunächst durch eine mehr oder weniger weitgehende Lösung (oder vielleicht auch Fällung) der Stromabestandteile, also durch eine Anätzung der Blutscheibenmembran wirken, hat in ihrer Einfachheit viel Be- stechendes. Schon dieser Einfachheit halber verdient sie bei dem Versuche, hämolytische Wirkumgen zu erklären, in erster Reihe in Betracht zu kommen. Die Tatsache, daß Choiesterin und Cerebrin, ohne erkennbare Spezifität, die Wirkung sehr verschiedener hämolytischen Gifte abzuschwächen imstande sind, spricht ebenfalls für eine einfache Deutung. Eine Entscheidung darüber, ob man die Hämolysine zum größeren Teil einfach als chemisch wirkende Stromagifte auffassen darf, ist freilich nur von weiteren Untersuchungen zu erwarten, die festzustellen haben werden, ob die überaus zahlreichen schon bekannten einschlägigen Tatsachen sich mit einer solehen Deutung in Einklang bringen lassen. 566 0. Pascucei, Die Zusammensetzung des Blutscheibenstromas usw. Wichtiger scheint mir der sich aus diesen Erfahrungen er- gebende Hinweis, auf welchem Wege im Tierkörper etwa die Immunisierung gegen Hämolysine zustande kommt. Ich habe Versuche nach dieser Richtung in Angriff genommen und denke nach deren Abschluß auf die sich zum Teil jetzt schon auf- drängenden Schlußfolgerungen zurückkommen zu können. Literaturverzeichnis. H. Ransom, Saponin und sein Gegengift. Deutsche med. Wochenschr. 1901, Nr. 13. H. Noguchi, The anti-hämolytice action of blood sera, milk and cholesterin upon agaricin, saponin and tetanolysin. University of Pennsylvania, Medical Bulletin 1902. Kyes und Sachs, Berl. klin. Wochenschr. 1903, Nr. 2 u. 3. Kyes, Über die Isolierung von Schlangengiftlecithiden. Ebenda 1903, Nr. 42 u. 43. R. Kobert, Beiträge zur Kenntnis der Saponinsubstanzen. Stutt- gart 1904. XXXIX, | Über die Entgiftung des Saponins durch Cholesterin. Ven Dr. Walther Hausmann. Aus dem chem. Laboratorium der allgem. Poliklinik und dem tierphysiolog. Institut der Hochschule für Bodenkultur in Wien. Vor einigen Jahren berichtete F. Ransom“*) über Versuche aus dem Laboratorium von Prof. Hans Meyer, in denen es ihm selungen war, durch Cholesterin die Giftigkeit des Saponins gegen- über Blut und im Tierversuche aufzuheben. Bei Untersuchung der Wirkungsweise des Saponins auf Blut hatte Ransom festgestellt, daß gewaschene Erythrocyten ungleich empfindlicher gegen Saponin sind, als im Serum befindliche. Es gelang ihm nachzuweisen, daß ein durch Äther extrahierbarer Bestandteil des Serums das Saponin entgiftet. Als Hauptbestandteil des Ätherextraktes wurde Cholesterin nachgewiesen. Ransom emulgierte nun Cholesterin in Lecithin und schüttelte die Emulsion mit Saponin. Auch hier trat völlige Entgiftung ein. So war festgestellt, daß Cholesterin die Giftigkeit des Saponins für Blut und für das ganze Tier aufzuheben vermag. Es war damit, wohl zum ersten Male, eine Schutzwirkung des normalen Serums chemisch dem Verständnis nahe gerückt. Nachstehend sei nun über vorwiegend im tierphysiologischen Institut der Hochschule für Bodenkultur ausgeführte Versuche be- richtet, in denen ich festzustellen versuchte, an welche Gruppe des Cholesterins die Wirkung auf Saponin gebunden ist und ob Cholesterine verschiedener Herkunft ebenfalls entgiftend wirken können. Deshalb wurden Abkömmlinge des Cholesterins in ihrer Wirkung auf Saponin untersucht, ebenso einige mir zugängliche Cholesterine verschiedener Provenienz. Herrn Prof. J. Mauthner *) Marburger Sitzungsberichte 1901, Nr. 8 und Deutsche med. Wochen- schrift 1901, Nr. 13. 568 Walther Hausmann, sei auch an dieser Stelle für sein überaus großes Entgegenkommen, mit dem er mir die von ihm dargestellten kostbaren Substanzen zur Verfügung stellte, mein herzlichster Dank ausgesprochen. I: Die über Cholesterin und seine Abkömmlinge bekannten Tatsachen, soweit sie für die hier zu besprechende Reaktion Interesse haben, sind kurz folgende. Cholesterin*) aus menschlichen Gallensteinen, C;- H, OH, ist ein ungesättigter Alkohol. Die Hydroxylgruppe ist leicht ersetzbar durch Chlor, ebenso durch organische Säurereste (Essig- säure, Benzoesäure usw.). So gelingt es Cholesterylchlorid C;;H,,Cl, Cholesterylacetat C,,H,;C,H,0,, Cholesterylbenzoat C;,H,;,C,H;CO, usw.) zu erhalten. Wird im Cholesterylchlorid das Chloratom durch Wasserstoff ersetzt, so entsteht der ungesättigte Kohlenwasserstoff C;-H.. Cholesten (nach Mauthner und Suida). Alle bisher genannten Derivate unterscheiden sich von Cholesterin nur durch die ver- schiedene Substitution der OH-Gruppe.. — Von besonderem Interesse erscheint hier noch ein’ von Mauthner und Suida zuerst dargestellter Körper, der Cholesteryläther, der als in Alkohol unlösliches Reaktionsprodukt bei Einwirkung von ent- wässertem Kupfersulfat auf trockenes Cholesterin bei 200°C. von den genannten Autoren erhalten wurde und dessen Formel (C>:H.s),O lautet.**) Die bisher genannten Körper unterscheiden sich nur durch verschiedene Besetzung der OH-Gruppe untereinander und von Cholesterin selbst. Eine andere Gruppe von Cholesterinderivaten ist jene, in denen die Hydroxylgruppe intakt, die doppelte Bindung hingegen auf verschiedene Weise aufgehoben ist. Durch Einleiten von trockenem Chlorgas in eine Lösung von Cholesterin in Chloroform wird Cholesterindichlorid erhalten, C,-H,;OC];; hier ist durch Chlor- addition die doppelte Bindung aufgehoben. Auch durch Wasser- stoff kann dies geschehen, und zwar tritt dies ein bei Umwandlung von Cholesterin im menschlichen Darme in Koprosterin, welches *) Nachfolgend ist für Cholesterin und entsprechend für seine Derivate die von Mauthner und Suida vorgeschlagene wasserstoffärmere Formel C,;H,sOH angenommen gegenüber der Formel C,,H,;OH früherer Autoren. (Monatshefte für Chemie 15, 362 [1894)). **) Monatshefte für Chemie 17, 29, (1896). Über die Entgiftung des Saponins durch Cholesterin. 569 zuerst von Bondzynski und Humnicki*) beschrieben wurde Koprosterin, Dihydrocholesterin, C,;H,,O unterscheidet sich von Cholesterin — die Autoren legten dessen wasserstoffreichere Formel zu Grunde — nur durch seinen Mehrgehaltvon zwei Atomen Wasserstoff und den dadurch hervorgerufenen Mangel der doppelten Bindung. Ich stellte den Körper nach den Angaben von Bond- zynski und Humnicki dar und kristallisierte sehr häufig um. Es schieden sich reine weiße Kristalle ab, welche die von den genannten Autoren beschriebenen Reaktionen zeigten, kein Brom addierten, jedoch konstant bei 89—90° C. statt bei 96°, wie die Autoren angeben, schmolzen. Die doppelte Bindung des Cholesterins kann nun, wie Mauthner und Suida*) und Windaus***) zeigten, auch durch Sauerstoff aufgehoben werden. Wird Cholesterylacetat mit Salpeter- säure und Natriumnitrit in geeigneter Weise behandelt, so entsteht der Körper U»sH,,;NO,, aus weichem durch Reduktion das Acetat von 05; H,.O,, deinnach der Körper CsH,,O, erhalten werden kann. Es ist dies das Cholestanon-ol-Acetat, aus welchem durch Ver- . seifung Cholestanon-ol erhalten wird. Cholestanon-ol unterscheidet sich von Cholesterin nur durch den Mehrgehalt an Sauerstoff. Es handelt sich um den Übergang der Gruppe CH=C in CO— CH, also um Aufhebung der doppelten Bindung durch Sauerstoff. Schließlich sei noch eines Körpers gedacht, des Oxycholeste- nons, der durch Oxydation von Cholesterin durch Chromsäure von Mauthner und Suida erhalten) wurde. Dieser Körper CG,;H.0, besitzt eine Hydroxylgrupperr) und eine Ketongruppe. Ob die doppelte Bindung erhalten ist oder nicht, erscheint zweifelhaft. Was nun die Chemie des Saponins betrifft, so scheint es nach den Angaben der Autoren kolloid zu sein. Es ist nach Kobertyry) durch Ammonsulfat ausfällbar, kaum dialysabel und wohl ein Gemenge von Körpern, die der Formel Can Hn-,;O0 an- nähernd entsprechen. Die Körper der Formel C,:-HssO,, nennt Kobert Sapotoxine. Das von mir ausschließlich benutzte Sap. puriss. albiss. Merck besteht nach Kobert zum größten Teile aus Sapotoxin. Daß Ransoms an Saponin gewonnene Erfahrung *) Zeitschr. f. physiol. Chemie 22, 396. **) Monatshefte für Chemie 25, 1903. ***) Berichte d. deutsch. chem. Ges. 36, (3752). +) Monatshefte f. Chemie 17, 579 (1896). ir) Windaus, Habilitationsschrift Freiburg 1903. Tr) Die Saponinsubstanzen. Stuttgart 1904. 570 Walther Hausmann, auch für Sapotoxin gilt, hat ebenfalls Kobert gezeigt. Eine all- gemeine Eigenschaft der Saponine scheint darin zu bestehen, daß sie durch verdünnte Mineraisäuren in der Wärme in eine oder mehrere Zuckerarten und in das ungiftige Sapogenin gespalten werden. li. | Die nachstehend mitgeteilten Versuche sind mit einer von Ransom angegebenen Versuchsanordnung ausgeführt, die bei An- wendung von Cholesterin ganz sicher zu Entgiftung des Saponins führt. Da die Entgiftung durch Cholesterin selbst sehr leicht eintritt und sich sogar durch die Schutzwirkung des Serums gegen Saponin zeigt, so lag es daran, festzustellen, ob unter diesen Bedingungen auch die Derivate des Cholesterins wirksam seien. Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, daß es gelingt, durch ein- greifende Variierung der Versuchsbedingungen Entgiftung des Saponins durch Derivate zu erhalten, die ich eventuell nicht beobachtet habe; doch könnte man eine etwa nur durch sehr hohe Temperatur u. dgl. eintreiende Entgiftung nicht mit'\dem Zustande- kommen der so leicht eintreterden Cholesterin-Saponin-Entgiftung vergleichen. Es lag auch außerhalb des Rahmens dieser Arbeit, eventuelle ganz minimale Schutzwirkungen festzustellen. Immer wurden — wenigstens annähernd — die quantitativen Verhältnisse der Cholesterin-Saponin-Reaktion selbst als Vergleichspunkt ge- wählt denn einen kaum merklichen Schutz zu konstatieren, war deshalb unnötig, weil bei minimaler Wirkung die Anwesenheit geringster Mengen von Cholesterin selbst kaum hätte ausge- schlossen werden können. Die Versuche wurden folgendermaßen angestellt. 5 cem einer 0,1 proz. Lösung von Saponin in physiologischer Kochsalz- lösung wurden mit 5 ccm Ather, in welchem die zu prüfende Substanz gelöst war, versetzt. Nur bei Prüfung des in Ather unlöslichen Cholesteryl- äthers wude Benzol als Lösungsmittel verwandt, ebenso bei einem Versuche mit Cerin Chloroform. Das kräftig durchgeschüttelte Gemisch wurde 7 bis 8 Stunden bei 40° C, dann über Nacht bei 30° ©. belassen, sodann der Ather verjagt. Oft wurden zu verschiedenen Zeitpunkten Proben entnommen, um eine etwa durch längere Erwärmungsdauer eintretende Sprengung einer Verbindung nicht zu übersehen, zur Kontrolle wurde stets ein Saponin- Cholesterinversuch unter denselben Bedingungen angesetzt, ebenso wurde versucht, ob nicht durch Erwärmung der Saponinlösung mit Ather allein eine Abschwächung der hämolytischen Wirkung eintrat. Bei den Cholesterinderivaten, die Saponin gar nicht oder abgeschwächt - entgifteten, wurde festgestellt, ob sie an sich nicht hämolytisch wirken. Ganz große Mengen dieser Substanzen zeigten wie Cholesterin selbst nach 24 Stunden ganz geringe hämolytische Wirkung, die keinesfalls mit a u a u A nu en u ee re ee Vie ft Ai ee Über die Entgiftung des Saponins durch Cholesterin. 571 Saponinhämolyse verwechselt werden könnte. Zur Verwendung Kam stets 5 ccm einer 5proz. Kaninchenblutaufschwemmung, welches nach Zusatz der zu prüfenden Flüssigkeit immer mit 0,9 proz. Kochsalzlösung entsprechend versetzt wurde, sodaß die Versuche in 8 ccm Flüssigkeit vor- genommen wurden. Zunächst sei ein Versuch mitgeteilt, in dem die Schärfe der Saponin-Cholesterinreaktion für Kaninchenblut festgestellt wurde. Menge der Substanz in g Da ee in 5cem 0,1 proz. Saponin- tzt Bemerkung lösung zugesetz EEE RE A A ee be Sr 7 FR BETEN ERDE SEE er 0,0005 Cholesterin : en Se a cem ämolys Nach 24 Stunden keine s =. 1 Cem Hämolyse en 3 cem | Nach 24 Stunden kom- plette Hämolyse 0,0025 ER 0.020 1: cem Nach 24 Stunden 0.050 3 ccm keine Hämolyse : Nach 24 Stunden 0,10 1 ecM keine Hämolyse 0,30 3 cem Nach 24 Stunden schwache Hämolyse Wir sehen hier die bei sehr geringen Mengen beginnende Schutzwirkung, ferner zeigt dieser Versuch die besonders bei einigen Derivaten stark in Erscheinung tretende Tatsache, daß größere Mengen derselben Flüssigkeit lösend wirken, während geringe sich Biut gegenüber indifferent verhalten. Es tritt dies bei ganz kleinen und ganz großen Dosen auf, die augenscheinlich etwas schwächer schützten als geringere. In verschiedenen Versuchen habe ich gefunden, daß besonders 0,02 g Cholesterin ganz sicheren Schutz gegen 5 ccm O,lproz. Saponin- lösung gewährte und diese Menge immer zur Kontrolle und, zum Vergleiche gewählt. Die Tatsache, daß bei großen und kleinen Dosen 1 ccm ein und derselben Flüssigkeit nicht hämo- lytisch wirkt, während es bei 3 ccm der Fall ist, könnte vielleicht durch zwei im Saponin von Cholesterin verschieden beeinflußbare hämolytische Substanzen erklärt werden, doch ist diese Annahme keine notwendige. — Die sehr geringe hämolytische Wirkung großer Cholesterinmengen hat vielleicht auch einen geringen Anteil an diesem Phänomen. 572 Walther Hausmann, Von den Derivaten des Cholesterins wurden zunächst jene untersucht, in denen die Hydroxylgruppe auf verschiedene Weise ersetzt ist. Cholesterylchlorid (,,H,,Cl. Menge der Substanz in g Davon zu 5 cem Blut indcem er Saponin- zugesekzt Bemerkung 0,005 Cholesterylchlorid 0,01 h E 0,02 I cem Es trat überall sofort 0.05 s 3 cem komplette Hämolyse 0,10 ‚ ein 0,30 » 0,02 Cholesterin ne Nach 24 Stunden 3 ccm keine Hämolyse Cholesterylacetat 0,;H,50,H;0, \ 0,01 Cholesterylacetat 0,02 bei; Sofort komplette Hämolyse 0,05 Ri r ccm O2 E cem 0,3 x G 0,02 Cholesterin ] ccm | 36cm | Nach 24 Stunden keine Hämolyse Cholesterylbenzoat C,,H, C,H, CO, 0,03 Cholesterylbenzoat 0, 1 „ 0, 3 9 1ecmM 3 ccm 0,02 Cholesterin 0,02 Cholesten 01 ) 0,3 R - 0,02 Cholesterin 1.26 3 ccm Cholesten G,,H. Sofort komplette Hämolyse Nach 24 Stunden keine Hämolyse 1 ccm Sofort komplette 3 ccm Hämolyse l ccm Nach 24 Stunden 3-ecm | xeine Hämolyse Über die Entgiftung des Saponins durch Cholesterin. 573 Cholesteryläther (C,,H,), O Menge der Substanz in & RE en in 5ccm0,1proz. Saponin- ER Bemerkung lösung zuge 0,01 2a l ccm Sofort komplette en > ccm Hämolyse 0,1 0,3 = EEE 0,02 Cholesterin : > Be en ip) Aus den vorstehenden Protokollen ergibt sich, daß durch Besetzung der Hydroxylgruppe die entgiftende Wirkung von Cholesterin auf Saponin verloren geht. Es ist jedoch durchaus nicht nötig, anzunehmen, daß die Hydroxylgruppe der Ort ist, an welchem die Verbindung zwischen Cholesterin und Saponin stattfindet, falls es überhaupt zu einer Verbindung zwischen den beiden Körpern kommt. Wir können jedoch aus den oben mitgeteilten Daten mit Sicherheit entnehmen, daß die Besetzung der Hydroxylgruppe im Choiesterin die entgiftende Wirkung auf Saponin aufhebt. Nachstehend seien nun die Saponinentgiftungsversuche mit denjenigen Körpern mitgeteilt, in denen die Hydroxylgruppe un- verändert, die doppelte Bindung hingegen aufgehoben ist. Cholesterindichlorid C,,H,,OHC], Menge der Substanz in 5 cem 0,1 proz. Saponin- Davon zu 5 cem Blut Bemerkung ” „ lösung zugesetzt | 0,01 g l cem ı Nach 24 Std. fast gar keine Hämolyse 3 ccm Nach 24 Std. komplett gelöst 0,02. „ 1--6em Nach 24 Std. keine Hämolyse 5 1 ccm Keine Hämolyse nach 24 Std. 0,05 „ : 3 ccm Komplette ‚, u ar. 1 ccm Eiwas Hämolyse nach 24 Std. 0,1 „ r > ccm Komplette ,, . l ccm | Keine Hämolyse nach 24 Std. 0,1 DB) 3 cem Fast komp!. „ u 574 Walther Hausmann, Menge der Substanz in | ngyon zu 5 cem Blut 5 ccm 0,1proz. Saponin- EN! Bemerkung lösung 8 o. l cem Keine Hämolyse nach 24 Std. a 3. Cem Fastkompl. „, ee... 0,02 Cholesterin | 3 ccm Keine Hämolyse nach 24 Std. Es geht aus diesem Versuche, der mit sehr oft umkristallisiertem Cholesterindichlorid angestellt wurde, eine zweifellos sehr ge- schwächte, jedoch unverkennbare Schutzwirkung hervor, die zu erheblich scheint, um durch etwaige Beimengungen von Cholesterin erklärt werden zu können. Ähnliche Verhältnisse zeigt Koprosterin, in dem durch Wasserstoff die doppelte Bindung gelöst ist. Koprosterin C,,H,-OH Menge der Substanz in in ee Die \ 5 ccm 0,1 proz. Saponin- i Bemerkung lösung zugesetzt 0.01 l cem Deutliche Hämolyse n. 24 Std. : 3 cem Komplette ,, BEN et 0.09 l cem Fastgar keine Hämol.n.24 Std. Ju, 3 cem Komplette a a 0.05 1 cem FastgarkeineHämol. n.24 Std. 2 3 ccm „ kömpleite 7 ee 01 l cem Fastgar keine Hämol.n. 24 Std. : 3 cem „ komplette” 5. mr 01 1 cem Gar keine Hämolyse n. 24 Std. £ 3 ccm Deutliche s u Era 0,02 Cholesterin 3 ccm Keine Hämolyse nach 24 Std. Die Übereinstimmung in der Wirkung beider Körper ist sehr deutlich. Auch das Koprosterin schützt gegen Saponin, es schützt wie Cholesterindichlorid und wie dieses zeigt sich auch hier dasselbe Verhalten, wie bei unvollständig schützenden Gaben Cholesterin. Demnach kaun man sagen, daß die Lösung der doppelten Bindung, die durch Chlor oder Wasserstoff bewirkt wird, die Schutzwirkung des Cholesterins sehr erheblich . schwächt, dieselbe jedoch nicht aufhebt. Über die Entgiftung des Saponins durch Cholesterin. 575 Wie oben bemerkt, kann auch durch Sauerstoff die doppelte Bindung gelöst werden, es entsteht dann 0,;H,,O,. Dieser Körper hat nur zweifelhafte und inkonstante Wirkung. Cholestanon-ol (C,,H,,0; Menge der Substanz in Der Sa. Biut 5 ccm 0,1 proz. Saponin- ein: Bemerkung ° lösung l ccm Fast ganz kompl. Hämolyse 0,01 4 3- ccm | Komplette £ l cem Fast ganz kompl. Hämolyse 0,03 i BrCcc Komplette R 0.05 1 com Sehr wenig Hämolyse i 3 ccm Fast kompl. , 01 1 cm Keine Hämolyse nach 24 Std. : 3 ccm | Fast kompl. 3 BE .: 0,1 L'’cem Fast keine Hämol. n. 24 Std. 0,1 Komplette Hämolyse n. 8 Std. 3 ccm 0,02 Cholesterin 3 ccm Keine Hämolyse nach 24 Std. Die Schutzwirkung dieses Körpers erscheint mir deshalb zweifelhaft, weil jene Proben, in denen eine Wirkung eintrat, mit Mutterlauge verunreinigt waren. Es ist mir deshalb unmöglich, derzeit ein sicheres Urteil hierüber zu fällen. Oxycholestenon, welches wie oben erwähnt eine andere Hydroxylgruppe und eine Ketongruppe besitzt, ist unwirksam. Oxycholestenon C,,H.0; nr an N | Davon zu 5 cem Blut 5 ecm 0,1 proz. Saponin- ueeseiz Bemerkung lösung 0,03 Oxycholestenon i.cem Sofort komplette 0,3 3 cem Hämolyse 0,02 Cholesterin - 3 ccm Keine Hämol.n. 24 Std. Soweit es möglich ist, aus der Untersuchung der letzten beiden Körper Schlüsse zu ziehen, scheint daraus zu folgen, daß auch bei Vorhandensein der Hydroxylgruppe durch weitere Veränderung die antitoxische Wirkung des Cholesterins aufgehoben werden kann. 576 Walther Hausmann, Es erschien nun wünschenswert, festzustellen, wie Cholesterine verschiedener Herkunft sich Saponin gegenüber verhalten. Zunächst sei über Versuche mit einem pflanzlichen Cholesterin, also einem Phytosterin berichtet. Durch die Freundlichkeit von Herrn Dr. Burian stand mir Sitosterin zur Verfügung. Sitosterin ist ein von Burian*) aus Weizenkeimlingen dar- gestelltes Phytosterin. Es ıst isomer mit Gallensteincholesterin, unterscheidet sich aber von diesem durch seinen Schmelzpunkt, spezifische Drehung und besonders die Eigenschaften seiner Derivate. Sitosterin erwies sich wirksam gegen Saponin. Sitosterin %&;H,0OH Menge der Substanz N Davon zu 5 cem Blut 5 ccm 0,1 proz. Saponin- Bemerkung lösung zugesetzt 0,02 Sitosterin i ECM Keine Hämolyse nach 0,02 Cholesterin 3 cem 24 Stunden Analog den Verhältnissen beim Cholesterin erwies sich ein Ester des Sitosterins, Sitosterylpropionat, gegen Saponin gänzlich unwirksam. 0,03 und 0,3 g Sitosterylpropionat übten keine Spur entgiftender Wirkung auf 5 cem O,1proz. Saponinlösung aus. Es lag nahe, um jeden Zweifel an der Reinheit des benützten Sitosterins zu beheben, durch Verseifung des unwirksamen Sitosteryl- propionates gegen Saponin wirksames Sitosterin zu erhalten. Strenge genommen kann man bei jeder in geringen Mengen noch wirksamen Substanz nur dann diese selbst und nicht irgend eine in minimalsten Mengen wirkende Beimengung als wirksames Prinzip annehmen, wenn es gelingt, sie entweder synthetisch herzustellen oder zum mindesten, wenn es möglich ist, aus unwirksamen Derivaten den wirksamen Ausgangsstoff wieder herzustellen. Dies letztere trifft in unserem Falle ein. Sitosterylpropionat wurde in möglichst wenig Alkohol in der Wärme gelöst, sodann mit einigen Tropfen Natriumäthylat versetzt und kurze Zeit. auf dem Wasserbade erhitzt. Die alkoholische Lösung wurde in Wasser gegossen und mit Äther ausgeschüttelt. Der nach dem Verdunsten des Äthers erhaltene Rückstand wurde aus Alkohol umkristallisiert. Eine Schmelzpunktsbestimmung er- gab 137 bis 138°. Es entspricht dies dem von Burian für Sitosterin festgestellten Schmelzpunkte (137,5°), während Sitosteryl- *) Wiener Sitzungsberichte 1897. Über die Entgiftung des Saponins durch Cholesterin. 577 propionat bei 108° C. schmilzt. Dieses aus dem unwirksamen Propionat dargestellte Sitosterin war hoch wirksam gegen Saponin ; das Versuchsprotokoll dieses Präparates ist schon oben mitgeteilt worden. Dadurch war nachgewiesen, daß das Sitosterin selbst und nicht irgend eine Beimengung die Schutzwirkung gegen Saponin besitzt. Es war mir ermöglicht, auch die. Wirkung aus Aethalıum septicum gewonnenen Paracholesterins festzustellen. Herrn Hofrat Wiesnerbin ich für Überlassung dieser Substanz zu großem Danke verpflichtet. Paracholesterin ist ein aus Aethalium septicum, einem Myxomyceten, von Reincke und Rodewald‘*) zuerst dar- gestelltes, dem Cholesterin isomeres Phytosterin. Auch dies von protoplasmatischen Organismen BRUZIENE Phytosterin schützt gegen Saponin. Paracholesterin (C,,H,OH Menge der Substanz in Davon zu 5 cem Blut 5 cem 0, \ mer ON Bemerkung 0,03 Paracholesterin k.cem Keine Hämolyse nach 0,02 Cholesterin 3 ccm 24 Stunden Es sei nun noch über zwei Substanzen berichtet, die den eigentlichen Cholesterinen anscheinend sehr nahe stehen, über Spongosterin und Cerin. Spongosterin C,H,,O. Spongosterin wurde von M. Henze aus einem Kieselschwamm des Mittelmeers (Suberites domuncula) dargestellt und untersucht. Nach Henze**) steht die Formel für diesen cholesterinartigen Körper aus dem Tierreiche nicht ganz fest, ist aber sehr wahrscheinlich so wie oben angeführt. Von den Reaktionen ist Salkowskis Reaktion undeutlich; die Liebermann-Burchardsche Probe ist bei Spongosterin positiv. Die geschmolzenen Ester des Spongosterins irisieren nicht beim Erstarren. Spongosterin enthält wahrscheinlich keine doppelte Bindung. Spongosterin *) cit. nach Burian loc. cit. **) Zeitschr. f. physiol. Chemie 41, 109. Ich verdanke der Freundlichkeit von Herrn Dr. Henze die zur Reaktion nötige Menge von Spongosterin, welches über das Acetat gereinigt war. Beitr. z. chem. Physiologie. VI. 37 578 Walther Hausmann, wirkte deutlich wenn auch schwach auf Saponin. Es verhielt sich in der Tat, wie etwa Koprosterin, in welchem Körper die doppelte Bindung ebenfalls aufgehoben ist, und scheint demnach den eigentlichen Cholesterinen sehr nahe zu stehen. Spongosterin 0,,H,0 Menge der Substanz in Da an Bi 5 ccm 0,1 proz. Saponin- h Bemerkung lösung zugesetzt 2 ” l cem | Sofort komplette 0,03 Spongosterin en a 0 = l ccm Geringe Häm. n. 24 Std. i 3 cem Bald kompl. Hämolyse 0,10 ER Keine Hämol. n. 24 Std. 25 CCm 0,02 Cholesterin 3 ccm Keine Hämol. n. 24 Std. Cerin. Der positive Ausfall der Saponin-Cholesterinreaktion bei Spongosterin, welcher die nahe Verwandtschaft dieses Körpers zu den eigentlichen Cholesterinen sehr wahrscheinlich gemacht hat und Henzes Ansicht bestätigt, ließ es wünschenswert erscheinen, auch andere Substanzen zu untersuchen, deren Zugehörigkeit zu den Cholesterinen zweifelhaft war. Durch die Freundlichkeit von Herrn Prof. Zeisel stand mir Cerin, welches von Herrn von Schmidt dargestellt war, zur Verfügung. Cerin wurde zuerst von Siewert aus Kork dargestellt und ıhm die Formel C,;,H,,O zugeschrieben. Nach Kügler*) jedoch hat Cerin die Formel C.,H,O. Im einen, wie im anderen Falle läge die Zusammensetzung des Üerins in der Nähe eines Homo- logen des Koprosterins. Später wurde von Thoms**, dem Cerin die Formel C,,H,,0, oder C,;,H,.O, zugeschrieben. Ein Beweis für die angenommene hohe Molekularformel liegt nicht vor, doch spricht der hohe Schmelzpunkt (249°C.) mehr für die von Thoms angenommene Formel als für die älteren Cerinformeln. Thoms’ Präparatgab Hesses und Liebermanns Reaktion und wurde von ihm deshalb den Phytosterinen zugezählt, was der Formel nach kaum möglich erscheint. Saponin wurde durch Cerin nicht beeinflußt. . *) Ber. d. deutsch. chem. Gesellschaft 17, 1, Ref. 213. **) Pharmac. Centralhalle 39, 699. | | i > | | Br Über die Entgiftung des Saponins durch Cholesterin. 579 Gerin BeuBe pam ‚in Davon zu 5 ccm Blut ; 5 ccm 0,1 proz. Saponin- a Bemerkung lösung 0,01 | z 0,05 1 ccm Überall bald komplette 0,1 3 cem Hämolyse 0,125 0,02 Cholesterin 3 ccm Keine Hämol, n. 24 Std. Der Ausfall dieser Reaktion macht eine sehr nahe Ver- wandtschaft des Cerins zu den Phytosterinen unwahrscheinlich. Ein anderer Bestandteil des Eichenkorks hingegen, der aus den leichter löslichen unverseifbaren Substanzen des Cbloroform- korkextraktes bestand, schützte deutlichst gegen Saponin. Da dieses mir von Herrn Professor Zeisel übergebene Rohmaterial, welches besonders die Essigsäureanhydridreaktion ungemein stark gab, noch nicht völlig rein vorlag, so kann über die quantitativen Verhältnisse der Schutzwirkung gegen Saponin nichts ausgesagt werden. Doch scheint es sich um ein noch unbekanntes echtes Phytosterin zu handeln. Die Isolierung und das genauere Studium dieser Substanz wird im chemischen Laboratorium der Hochschule für Bodenkultur von Herrn v. Schmidt vorgenommen. Die Ransomsche Cholesterin-Saponinreaktion kann demnach dazu dienen, zweifelhafte Phytosterine und Cholesterine betreffs ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gruppe zu prüfen. Nachstehend seien die Ergebnisse tabellarisch zusammen- gestellt. Körper Formel Wirkung auf Saponin Cholesterylehlorid C;,H..Cl negativ Cholesterylacetat GC, H,0C.H,;0, x Cholesterylbenzoat GC; H,0,H; CO, . Cholesten G; Hu: - Cholesteryläther (C; H,;), O r Cholesterindichlorid CıHsVH6l; abgeschwächt Koprosterin C:;H,, OH a Cholestanon-ol C;-H.,0; zweifelhaft Oxycholestenon CG;;H.0; negativ Sitosterin C;;H, OH wirksam Sitosterylpropionat C:;H,C;H;,O;, negativ Paracholesterin GC; H,OH wirksam Spongosterin CH. 0 abgeschwächt Cerin -CurH30 P) negativ 87. 580 Walther Hausmann, Über die Entgiftung des Saponins usw. Die Ergebnisse der vorstehenden Arbeit sind folgende: 1. Durch Besetzung der Hydroxylgruppe wird die entgiftende Wirkung des Cholesterins auf Saponin aufgehoben. 2. Die Aufhebung der doppelten Bindung des Cholesterins durch Chlor oder Wasserstoff schwächt die entgiftende Wirkung, ohne sie aufzuheben. 3. Phytosterine verschiedener Herkunft schützen ebenfalls gegen Saponin. 4. Die Ransomsche Cholesterin-Saponinreaktion scheint ge- eignet Körper, deren Cholesterinnatur zweifelhaft erscheint, auf ihre Zugehörigkeit zu dieser Gruppe zu prüfen. . . ch A u u ee ee a ee BR. 5 PR Peer nn Verzeichnis der Mitarbeiter des 6. Bandes. Almagia, M. 59. Luzzatto, R. 87. Bergmann, G. v. 27, 40. Magnus-Alsleben, E. 503. Bethe, A. 399. Müller, P. Th. 454. Blumenthal, F. 329. Pascucci, O. 543, 552. Claus, R. 214, 343. Pauli, W. 233. Dauwe, F. 426. Pollak, L. 95. Dreser, H. 178. Reichel, H. 68. Embden, G. 44, 59, 63, 214, 343. Salomon, H. 63. Eppinger, H. 287, 481, 492. Satta, G. 1,.358, 376. Friedmann, E. 92. Schmidt-Nielsen, S. 175. Fürth, ©. v. 296. Schrumpf, P. 396. Großmann, J. 192. Schwarz, O. 524. Hausmann, W. 567. Slowtzoff, B. 163, 170. Jacoby, M. 113. Spiro, K. 68. Knoop, Fr. 150, 392. Steinitz, F. 206. Langstein, Iı. 27, 349. Weigert, R. 206. Loeb, L. 260. Windaus, Ad. 392. Lust, F. A. 132. ra» _ TR Be . - — o ı _ - n . - [3 = Elementaranalysen Best. v. N, S, Halogen in org. Subst. Chem. Lab. v. Dr. H. Weil, München, Herzog Rudolistr. 18. Verlag von FERDINAND ENKE in Stuttgart. Soeben erschien: Jahresbericht über die Fortschritte der Herausgegeben von Prof. Dr. L. Hermann. ® o Physiologie. XII. Band: Bericht über das Jahr 1903. gr. 8°. 1905. geh. M. 16.—. Verlae von Aug. Hirschwald in Berlin. Soeben erschien die erste Abteilung Jahresbericht über die Leistungen und Fortschritte in der gesamten Medizin. (Fortsetzung von Virchow’s Jahresbericht.) Unter Mitwirkung zahlreicher Gelehrten, Herausgegeben von W,. Waldeyer und ©. Posner. 39. Jahrgang. Bericht für das Jahr 1904. 2 Bände (6 Abteilungen). Preis des Jahrg. 46 M. Verlag von Friedr. Vieweg & Sohn in Braunschweig, Der Stickstoft und seine wichtigsten Verbindungen. Von Dr. Leopold Spiegel, Privatdozent an der Universität Berlin. Mit eingedruckten Abbildungen. gr. 8. Preis geh. 20 #4, geb. 22 M. Die chemische Organisation der Zelle. Bin Vortrag von Franz Hofmeister, 0. Professor der physiologischen Chemie an der Universität Strassburg. 8. geh. Preis 0,60 4. Die Zersetzung stickstofffreier organischer Substanzen durch Bakterien. Von Dr. 0. Emmerling. Privatdozent ander Universität Berlin. Mit sieben Lichtdrucktafeln. kl. 8. geh. Preis 4 4. & | | \ IM ı) Sn ce Fabrik, Darmitadt, “empfiehlt alle drogen u. Chemikalien | """slüsiskeiten, Kinschlussmedien ® “u. . r und Nährböden ete., sowie für den medizin.-pharmaceutischen Gebrauch alle Reagentien in besten Qualitäten und in anerkannter u iz Reinheit, insbesondere Alkaloide für medizinische, pharmaceutische, und Glykoside, analytische und technische Zwecke, allePräparate fürmikroskop. | sämtliche Chemikalien für und bakteriolog. Zwecke, | photographische Zwecke, wie mikrochemische Reagentien, Farb- ; ZN stoffe, Farbstoffkombinationen, dieselben auch in äusserst bequemen Härtungs- und Einbettungsmittel, Unter- | Tabletten und Patronen. 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