1: Ma el eh Dh BIBLIOTHEQUE OTANIQUE DE DUPLICATA DE LA DU CONSERVATOIRE B G VENDU EN 1922 Mm. Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. Mit Einfügung hinterlassener Schriften A. F. W. Schimpers. Von Dr. H. Sehenel® Professor an der Technischen Hochschule in Darmstadt. LIPRARY —_MEW YouK BUTAMIZ AL GAXirS“ Mit Tafel XVI—-XXVII [I—XI], 2 Kärtchen und 69 Abbildungen im Text. re NN AUS ND Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı1899. Bd. II. ı. Teil. 29 E5 N Eingegangen den ı5. Juni 1907. €. Chun. fu graphischen Aufnahmen von Gewächshausexemplaren. Von Herrn Dr. OÖ. Sımonv, Professor an der k. k. Hochschule für Bodenkultur in Wien, waren SchimpEr eine Anzahl seiner hervor- ragenden canarischen Vegetationsaufnahmen in höchst dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt worden. Zu besonderem Danke bin ich Herrn Privatdozenten Dr. Erwın Baur in Berlin ver- a ERNEEnR -r III. Die untere montane Region; der Lorbeerwald Oekologie des canarischen Lorbeerwaldes . . . 2.2... 3. Verbreitung der Lorbeerwälder auf den Canaren . . . . 4. Verzeichnis der Gefäßpflanzen des canarischen Lorbeerwaldes NR UN UN UR 167 ı. Der Lorbeerwald auf Tenerife (Agua Garcia); seine Zusammensetzung und Herkunft 1923 AUG? Vorwort. Die deutsche Tiefsee-Expedition stattete den Canarischen Inseln nur einen kurzen Besuch vom 20..—23. August 1898 ab; am 21. August wurde ein Ausflug nach Icod auf der Nord- seite Tenerifes, am 22. August nach dem Lorbeerwald von Agua Garcia und nach Santa Cruz unternommen, am 23. August in Las Palmas auf Gran Canaria Aufenthalt genommen !). Trotz der Kürze der Zeit gelang es dem Botaniker der Expedition, Professor Dr. A. F. W. ScHIMPER, aus seinen Beobachtungen einige allgemeine Gesichtspunkte zur Beurteilung des Vegetations- charakters der basalen Region und des Lorbeerwaldes zu gewinnen. Aus seinen hinterlassenen Papieren glaube ich daher, die den Canaren gewidmeten Kapitel nach sorgfältiger Prüfung nebst den von Herrn Frrrz Winter, dem Photographen der Expedition, aufgenommenen Vegetätions- ansichten den Fachgenossen übergeben zu sollen. Das Studium der Litteratur über die Canaren gab mir Veranlassung, die Schimper’schen Fragmente zu einer Gesamtdarstellung der Vegetations- regionen dieses Archipels zu ergänzen; sie enthält zwar noch viele Lücken, indessen hoffe ich, daß sie wenigstens zukünftige Forschungen erleichtern werde. Im Textdruck sind die von ScHhimpEr herrührenden Abschnitte mit den Zeichen „ “ ver- sehen. Von einer größeren Anzahl charakteristischer canarischer Pflanzen hatte ScHimPER bereits Habitusbilder herstellen lassen; einige hat Herr Dr. W. BRENNER, die meisten aber Herr Dr. R. AnHEIssEr gezeichnet. Diese Abbildungen wurden vervollständigt, zum Teil nach photo- graphischen Aufnahmen von Gewächshausexemplaren. Von dem verstorbenen Dr. ©. Smonv, Professor an der k. k. Hochschule für Bodenkultur in Wien, waren ScHimpER eine Anzahl seiner canarischen Vegetationsaufnahmen in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt worden. Zu besonderem Danke bin ich Herrn Privatdozenten Dr. Erw Baur in Berlin verpflichtet, welcher mir die Vorlagen der 3 Tafeln XVI [I], XX [V]J, XXV [X] aus seinen im Frühjahr 1906 gewonnenen Bildern bereitwilligst übergab. Eine Reihe von Fachgenossen und Leitern botanischer Gärten haben mir in liebenswürdiger Weise ihre Unterstützung durch Bestimmungen von Herbarpflanzen, durch Materialabgabe oder durch Ueberlassung von Litteratur geliehen, wofür ich ihnen, besonders den Herren Dr. HERMANN Christ-Basel, Professor Dr. Hans Schmz-Zürich, Arwın BERGER-La Mortola, Professor Dr. Marrın Möpsvs-Frankfurt a. M., Professor Dr. ApoLr Hansen-Giessen, Professor Dr. Kart SCHRÖTER-Zürich verbindlichen Dank ausspreche, den ich auch Herrn Professor Dr. EGon Inne- Darmstadt für freundliche Mithilfe an den Korrekturen abstatte. ı) Vergl. den Bericht von C. CHun, Aus den Tiefen des Weltmeeres, 2. Aufl., 1903, S. 53. Darmstadt, im Juni 1907. Dr. H. Schenck. H. SCHENCK, 228 Inhaltsverzeichnis. Seite TeNlüleemeinergkeuer 2... re Enge ch 6,0. 8 0. SE $ ı. Botanische Erforschung = Literatur ET FE FERIEN Pal a. 8 2.1 Lage, aröüße, Bodenbeschaftenkensderibanaren zn ee $ 3. Klima der Canaren . . a EB rec er $ 4. Gliederung der een Bit Tänerite EEE RO N en a Fo DEN 8 5, Iifebersichtiüben.die Resionenlaufstenerite Sur. Ve II. Die basale Region .. Se a En Be EEE ER HE IE NA EEE BE SE, $ ı. Formationen der SE Ben VE EN RE nr 5 $ 2. Succulente Grewächse der basalen Region . . . ee De a, $ 3. Die canarische Dattelpalme, Phoenix Jubae Wen) CHRIST De a EEE Kon Merzcananische Drachenbaum 2 D)raezena-)n.aCo Me re Ku 5, Diescananischen. Rederbuschsewachse. kt. SIE RE ee ee $S 6. Dendrosonchus. . . . A a et $S 7. Plocama-, Spartium- und Erikenfannen. ern egle A]r Vrnrene See RE 2 ses», Hartlaubsträuchenn sn Pe ee oe ee 05 SSR Baumerdetzbasalen@Rrepion ee re rer 0 Soro- HEarnertdersbasalen@Re 1 or EEE EEE eg, Sera. Wasser-zundESUmpiyerFläten Peer Ar .0002008 802, RB istenvegetalona rl ran ee Bee na ne [a Sara. Wundwirkungsaut Sieresi su $ ı4. Eigentümlichkeiten der Blüten . . . EL a $ ı5. Endemismus und Herkunft der basalen Flora Ee a EN $ ı6. Basale Pflanzentypen auf Madeira, den Azoren und den a a N II. Die untere montane Region; der Lorbeerwald . . . . 316 $ ı. Der Lorbeerwald auf Tenerife (Agua Garcia); seine ee en 316 8 2, Dekologie, des canarischen Lorbeerwaldes 2 u an $ 3. Verbreitung der Lorbeerwälder auf den Canaren . . er eylie, $ 4. Verzeichnis der Gefäßpflanzen des canarischen Lerbeswaldes en Be 82 5. Der Lorbeerwald-auf Madeira und den Azoren, 2 2 Eee ern: IN Die opere montaneBepion: der Pinar. N iz wrang ar a ee EIER & ı, Der Pinar auf Tenerife. . . . a ee he Eee aa drei et $ 2. Sträucher und Stauden der Kifferrssion ee alte, Eee Sers. Jumiperus Gedrusa\WEBB. et. BERTE., der) Gedror. rn Ben BersRnans aufzdensnibrisenwG@anarens Bu 5: Taste der Krefaßpllanzenndes;Pinarsy: WET se Nele wire PER En So Hierkunftder' Prlanzenhdes Pinarsukr als ee. Wo zul ee V. Die alpine Region der Canaren. . ER $ ı. Orographie, Bodenbeschaffenheit nd ma der Ereahesaren Ana Fene ee $ 2. Vegetation der alpinen Region auf Tenerife . . . . N nn are $ 3. Hochgebirgspflanzen auf Palma, Canaria, Madeira und den EN a ey $ 4. Verzeichnis der Gefäßpflanzen der alpinen Region der Canaren . . . . 2.2... 396 $ 5. Herkunft der Gefäßpflanzen der alpinen Region der Canaren . . 2 ...2.2.2...400 Bietsgaciscke Nute- und Kulturpflanzen Fuer 2, var. mem. . az I. 2 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. Verzeichnis der Karten. Karte der Canarischen Inseln aus KIEPERT’S Neuem Handatlas . Karte der Vegetationsformation auf Tenerife von Hans MEYER -_ Hr +2 Dub DD DD RB Eos +“ a HO0 au au O VD - [037 SEN Verzeichnis der Textbilder. Euphorbia canariensis L. ER Euphorbia aphylla BROUSS. Zweig . nr Euphorbia aphylla BROusSs. Junge Pflanze . e Phoenix Jubae CHRIST. Junge canarische De - Phoenix Jubae CHRIST. Blattteil und Fruchtstand Dracaena Draco L. Junger unverzweigter Baum Dracaena Draco L. Teil eines Fruchtstandes Dracaena Draco L. Stamm des großen Denbahines von ri Dracaenites narbonensis SAP. Fossiles Blatt Euphorbia atropurpurea BROUSS. und Kleinia ar Haw., nennen a Kleinia nerüfolia Haw. Junges Exemplar RR Euphorbia regis Jubae WEBB et BERTH. Junger ach - : Campanula Vidalii WATSON, Euphorbia balsamifera AıT. und Fe: virescens DC. Federbuschsträucher a Musschia Wollastoni LOWeE. ee a! blühende Ei Kleinia pteroneura DC. und Euphorbia dendroides L. Zweige . Euphorbia regis Jubae WEBB et BERTH. Keimpflanze Euphorbia atropurpurea BROUSS. Zweig Euphorbia atropurpurea BROUSS. er Beamer Echium virescens DC. . . 5 % Sempervivum balsamiferum WEBB et BERTH. > Sempervivum Webbii BOLLE. Vegetative und blühende he Sempervivum arboreum L. . Sempervivum canariense L. im Bartaheo Tacdio - Dendroseris micrantha HOOK. et ARN. Ir Sonchus Jacguini DC. und Sonchus Ipiocephalus Cass. Plocama pendula Hort. Kew. - ER: Plocama pendula Hort. Kew. mas Heinekenia peliorhyncha WEBB; Reseda oharıa BROUSS.; (dene De C. SCHULTZ; Sonchus leptocephalus Cass.; Plantago arborescens POIR.; Convolvulus scoparius L. fil. Chrysanthemum frutescens L Lytanthus salicinus WETTST. Bosia yerva mora L. 5 Statice arborea WILLD.; St. Hera WeBB P 5 Statice imbricata WEBB; St. Humboldtii C. BOLLE; St. reale CHrısT Sempervivum annuum CH. Sm. Blütenstand Waldbild von Agua Garcia auf Tenerife mit ee canariensis "PorR,, N arborsa E und Myrica Faya AIT. : Laurus canariensis WEBB et BERTH. DER 3 229 319 H. SCHENCK, 230 Seite Fig. 37. Dex canariensis POIR. und Ilex platyphylla WEBB et BERTH. Zweige . 320 „ 38. Ilex canariensis POIR. Blatt der lebenden und der fossilen Form . 322 » 39. Viburnum rugosum PERS. und Notelaea grandaeva SAP., fossile Blätter 322 „ 40. Fossile tertiäre Lauraceen . 323 „ 41. Apollonias canariensis NEES. N . 324 „ 42. Ocotea foetens BENTH. et HOoK. Reine 325 „43. FPersea indica SPRENG. Fruchtzweig . 326 „ 44. Heberdenia excelsa BANKS. Blühender nun Fender ste 327 „ 45. Phyllis nobla L. Blütenzweig 5 328 „46. Gesnouinia arborea GAND. Be 328 „ 47. Bencomia caudata WEBB et BERTH. nr B 329 „ 48. Fossile Smilax-Blätter . 329 „ 49. Geranium anemonefolium U’HERTT. nal @. ober an T, 331 „ 50. Canarina Campanula |. . NIE: 332 „ 51. Drusa oppositifolia DC. Fruchtzweig 332 „ 52. Davallia canariensis SM. 334 „ 53. Woodwardia radicans SW. alt: N 335 „ 54. Adiantum reniforme L., Asplenium Bean Ib ERelanines BE hella BoRY; Notho- chlaena lanuginosa DESV.; Trichomanes en VALID. rn zuge, PS HKossilestertiaresRarnese re VL EEE ES e ERDEN ER es le „ 56. Blatttypen aus dem anarschen aa‘ SE EEE ERS No „ 57. Barranco de Badajoz BRIAN REESWE e SAENE RE ge ER er 4 „ 58. Barranco Hidalgo bei Agua Mans ae ee Te ae Ur) "„ 59. Barranco del Rio mit Arbutus canariensis D A Tr GREEN 6% NR „ 60. Pinus canariensis CHR. SM. Zweig und Zapfen 368 TEE EINUSSCANAHLENSTSAOHRESNE ung es Bilanzen re „ 62. Adenocarpus frankenioides WEBB et BERTH. Zweig. . . 3A „ 63. Juniperus Cedrus WEBB et BERTH. Alter Cedro auf dem Bien = hs ee Palmer 376 „ 64. Juniperus Cedrus WEBB et BERTH. Zweig .. BT, „ 65. Höchstes Vorkommen der Spartocytisus as CHRIST- am eree = A 388 „ 66. Spartocytisus supranubius CHRIST. Blüten und Fruchtzweise . . ». 2. 2 2 .2.2..2..389 0 a iolancheiranthr]olaSkE\UME RetEB ON DT er er BE OSSERSTIENENNOGLEOLEUSENWW EBBT EtSBERTEN, oa re ee ee oT BIO WEECHTUMSBoUrSGeanUm NN ERBE a 3 Verzeichnis der Tafeln. Tafel XVI [T. Euphorbia canariensis L. bei Puerto Orotava auf Tenerife. Nach photo- graphischer Aufnahme von Dr. ERWIN BAUR. Tafel XVII [II]. Phoenix Jubae (WEBB) CHRIST bei St. Ursula auf Tenerife. Nach photo- graphischer Aufnahme von FR. WINTER. Tafel X VIII [III]. Dracaena Draco L. bei Icod auf Tenerife. Nach photographischer Auf- nahme von FR. WINTER. Tafel XIX [IV]. Dracaena Draco L. bei Laguna auf Tenerife. . Nach photographischer Auf- nahme von FR. WINTER. Tafel XX [V]. EZuphorbia regis Jubae WEBB bei Puerto Orotava auf Tenerife. Nach photo- graphischer Aufnahme von Dr. ERWIN BAUR. 6 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 231 Tafel XXI [VI]. Lorbeerwald von Agua Garcia auf Tenerife. Stämme von Laurus canariensis WEBB et BERTH. und von Zrica arborea L. Im Vordergrunde Gebüsch von Erica arborea L. und von Viburnum rugosum PERS. Nach photographischer Aufnahme von FR. WINTER. Tafel XXI [VII]. Lorbeerwald von Agua Garcia auf Tenerife. Alte Stämme von Persea indica SPRENG. Nach photographischer Aufnahme von FR. WINTER. Tafel XXIII [VIII]JA. Pinus canariensis CHR. Sm. im Südgehänge des Sombrerito, Ring- gebirge südöstlich vom Pico de Teyde auf Tenerife Nach photographischer Aufnahme von Prof. Dr. ©. SIMONY. Tafel XXIH [VIII]B. Pinus canariensis CHR. Sm. Waldbestände auf den Höhen im Osten von Orotava auf Tenerife. Nach photographischer Aufnahme von Prof. Dr. ©. Sımony. Tafel XXIV [IX]. Vegetationsbild aus der Höhenzone von ı2—ı500 m des Valle de Taoro, Nordgehänge des Teydegebirges auf Tenerife. Adenocarpus frankenioides WEBB et BERTH., Erica arborea L. und Cytisus proliferus L. Nach photographischer Aufnahme von Prof. Dr. ©. Sımony. Tafel XXV [X]. Formation des Codezo, Adenocarpus frankenioides WEBB et BERTH. am Portillo-Paß der Canadas des Pico de Teyde bei 1700 m. Im Hintergrunde in etwa 1800 m die untersten Retamabüsche, Spartocytisus supranubius CHRIST. In der Codezo-Formation, besonders auf der freien Bodenwelle in der Mitte links kleine Büsche von Micromeria julianoides WEBB. Nach photographischer Aufnahme von Dr. ERWIN BAUR. Tafel XXVI [XI]. Nordostansicht des Pico de Teyde und der Montana blanca. Spartocytisus supranubius CHRIST. Nach photographischer Aufnahme von Prof. Dr. O. Sımony. (Dieses Bild ist reproduziert auf Taf. IV der Mitteil. d. k. k. geogr. Gesellschaft zu Wien, Bd. XXXIII, 1890.)} Tafel XXVIH [XII]. Der Pico de Teyde von Nordost gesehen. Im Vordergrunde die Canadas- Ebene mit Büschen der Retama blanca, Spartocytisus supranubius CHRIST. 232 H. SCHENCK, I. Allgemeiner Teil. $ 1. Botanische Erforschung und Litteratur. ALEXANDER von HumsoLpr, der Begründer der wissenschaftlichen Pflanzengeographie, war der erste, der den Einfluß des Klimas und Bodens auf die Pflanzenwelt der Canaren bei Gelegenheit seines mehrtägigen Besuches auf Tenerife 1799 erkannte und eine Schilderung der regionalen Gliederung der Vegetation dieser Insel gab. Kurze Zeit nach Humsorpr bereiste Bory pe Sr. Vincent, ein französischer Offizier, die Inseln. In seinen 1803 erschienenen Essais über die Geschichte, Bewohner und Natur der Canaren finden wir ein Verzeichnis der cana- rischen Flora, 467 Arten umfassend, das aber nur ein historisches Interesse beanspruchen kann. Wertvoll ist dagegen die systematische und nach Regionen gegliederte Aufzählung der cana- rischen Flora, die wir der Reise des Geologen L=ororp von Buch und seines Begleiters, des norwegischen Botanikers CHristen SmirH, verdanken- Beide erforschten nach 12-tägigem Auf- enthalt auf Madeira die Insel Tenerifa von Mai bis Oktober 1815. Smirm nahm gleich nach der Rückkehr von den Canaren an der englischen Kongo-Expedition teil und starb am 22. Sep- tember 1816 am Kongo. Das grundlegende Werk über die Flora und Vegetation der Canaren wurde geschaffen durch P. BArkER-WeEBB und Sasın BERTHELOT, die auf Grund ihrer seit 1820 angestellten langjährigen Forschungen in den Jahren 1836—--1850 die große, mehrbändige Histoire naturelle des Iles canaries publizierten. Im ersten Teil des dritten Bandes dieses Werkes hat S. BEr- THELOT eine umfassende Darstellung der pflanzengeographischen Verhältnisse nach dem damaligen Stande der Wissenschaft gegeben, während der zweite Teil in mehreren Bänden die umfang- reiche Phytographia canariensis mit zahlreichen Pflanzentafeln umfaßt. Auf den Arbeiten beider Autoren fußen alle späteren Darstellungen. Seit Mitte des vorigen Jahrhunderts hat sodann Dr. Carr BorrE (Berlin), der Nestor der Canaren-Forscher, auf wiederholten Reisen die Flora des Archipels studiert und in einer Reihe von inhaltsreichen und interessanten Aufsätzen unsere Kenntnisse bedeutend erweitert. J. F. Bungury gab in seinem Bericht, 1855 vor der Linnean Society in London, von seinen Beobachtungen auf Madeira und Tenerife eine kurze Darstellung der pflanzengeographischen Verhältnisse beider Inseln. Dr. Hermann Schacht (Privatdocent in Berlin, später Professor in Bonn), welcher den Winter 1855 und 1856 auf Madeira zubrachte, besuchte im März ı857 Tenerife und Gran Canaria; in seinem Buche finden wir Schilderungen der Vegetation der Inseln und manche wertvolle Notizen über die Lebensgeschichte einiger ihrer wichtigsten Gewächse. Dr. F. C. Norr (Frankfurt a. M.) hielt sich August und September 1872 auf Tenerife auf und bestieg am ı4. und ı5. September den Pik. Seine zusammenfassende Schilderung der Naturgeschichte der Hochregion dieser Insel verdient besondere Beachtung. Dr. Hermann Christ (Basel) bereiste die Canaren (Palma, Canaria und hauptsächlich Tenerife) im März und April 1884. Außer seiner anziehenden Reiseschilderung, der „Frühlings- 8 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 233 fahrt“, verdanken wir ihm die pflanzengeographisch wichtige Arbeit über die Vegetation und Flora der Canaren (1885) und eine neue vollständige systematische Aufzählung aller canarıschen Endemen in seinem Spicilegium (1887). In neuerer Zeit, 1900 und 1901, hat sodann J. BORNMÜLLER (Kustos des Herbarıums Hauss- KNECHT in Weimar) die Canaren auf mehrmonatlichen Reisen floristisch erforscht und wertvolle Exsiccaten und Angaben über Standortsverhältnisse und kritische Arten geliefert. Auch ver- faßte er eine kurze Vegetationsskizze von der wenig besuchten Insel Hierro. Unter den genannten Autoren ist WEBB und BERTHELOT, BorrE und Christ das Haupt- verdienst um die Erforschung der canarischen Pflanzenwelt zuzuschreiben. Einige allgemeine Betrachtungen über die Beziehungen der atlantischen Inselgruppen untereinander und zu den benachbarten Kontinenten finden sich in der bekannten Abhandlung von Sir J. D. Hooxer über Inselfloren (1866). In Grisesach’s Pflanzengeographie (1872) ist die Vegetation der Canaren nach dem damaligen Stande der Kenntnisse behandelt, während in Ensrer’s Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt (1879) die Herkunft der Flora und ihre Beziehungen zur Tertiärflora Südeuropas erörtert sind. Einen vollständigen Katalog der canarischen Flora publizierte Fr. SAUER im Jahre 1890. Auch manche Geologen, Zoologen, Physiker und Geographen, die die Canaren besuchten, haben sich Verdienste um die botanische Erforschung der Canaren erworben, und in ihren Schriften finden sich viele wertvolle Angaben. So enthält das geologische Werk von G. Harrung über Lanzarote und Fuerteventura die systematische Aufzählung der von ihm 1854 auf beiden Inseln gesammelten Pflanzen aus der Feder O. Heer’s. Prof. Dr. K. von Frırsch bereiste Madeira August 1862, die Canaren vom September bis Mai 1863 und brachte in seinen Reise- bildern manche botanische Einzelheiten sowie in seinem Vortrage über die ostatlantischen Insel- gruppen eine pflanzengeographische Darstellung der Flora, in welcher er auch die Besiedelung der Inseln behandelt. Professor Dr. ALExAnDER KornıG (Bonn), der im Winter 1888/89 Tenerife besuchte, gab anziehende Schilderungen der canarischen Natur in seinen ornithologischen For- schungsergebnissen. Professor Dr. Oscar Sımoxv (Wien) stellte Herbst 1888 und Herbst 1889 physikalische Studien auf den Inseln an; ihm verdanken wir eine Reihe von vorzüglichen Vege- tationsaufnahmen. Dr. Hans Meyer hielt sich Frühjahr 1894 auf Tenerife auf und bestieg den Pik am 5. und 6. April; sein mit lehrreichen Karten und Abbildungen ausgestattetes Buch über die Insel giebt eine vorzügliche Darstellung ihres Gebirgsbaues und ist auch wertvoll durch die zahlreichen eingestreuten Angaben über die Verbreitung der Formationen. Verzeichnis der Litteratur über Vegetation und Flora der Canaren BARKER-WEBB, P., et BERTHELOT, S., Histoire naturelle des Iles Canaries, Paris 1836— 1850. T. I. Premiere partie: L’Ethnographie et les Annales de la conqu£ete, Paris 1842. £ Deuxieme partie: Miscellan&es, Paris 18309. T. II. Premiere partie: La Geographie descriptive, la Statistique et la Ge£ologie, Paris 1839. Deuxieme partie: La Zoologie, Paris 1836 — 1843. 9 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı8g99. Bd. II. ı. Teil, 30 H. SCHENCK, T. IH. Premiere partie: La Geographie botanique (S. BERTHELOT) Paris 1840. Deuxitme partie: Phytographia canariensis, Sectio I—IV, Paris 1836— 1850. Atlas, contenant les Planches de la G£ogr. physique et bot. et de la Geologie, Paris 1839. Boıtz, C., Die Canarischen Inseln. I. Allgemeines. Zeitschr. f. allgem. Erdkunde, N. F. Bd.X, S. ı, Berlin 1861. _—_ Die Canarischen Inseln. II. Historischer Umriß. Ibid., Bd. X, S. 161, Berlin 1861. — Die Canarischen Inseln. III. Die einzelnen Inseln. ı. Tenerife. Ibid., Bd. XI, S. 73, Berlin 1861. _—_ Die Canarischen Inseln. III. Die einzelnen Inseln. 2. Gomera. Ibid., Bd. XI, S. 225, Berlin 1862. — Die Standorte der Farm auf den Canarischen Inseln. I. Ibid., Bd. XIV, S. 280, Berlin 1863. — Die Standorte der Farrn auf den Canarischen Inseln. II. Ibid. Bd. XVII, S. 249, Berlin 1864. — Die Standorte der Farın auf den Canarischen Inseln. III. Zeitschr. d. Gesellsch. f. Erdkunde zu Berlin, Bd. I, S. 209, Berlin 1866. _ Die Standorte der Farrn auf den Canarischen Inseln. IV. Ibid., Bd. I, S. 273, Berlin 1866. —_ Florula insularum olim purpurariarum nunc Lanzarote et Fuertaventura cum minoribus Isleta de Lobos et la Graciosa in Archipelago canariensi. ENGLER’s Botan. Jahrb., Bd. XIV, 1891. __ Botanische Rückblicke auf die Inseln Lanzarote und Fuertaventura. Ibid., Bd. XV, 1892. BORNMÜLLER, J., Ergebnisse zweier botanischer Reisen nach Madeira und den Canarischen Inseln. ENGLER’s Botan. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, S. 387—492. — ‚Senecio Murrayi BORNM., eine unbeschriebene Art von Ferro, sowie einige floristische Notizen über diese Insel, Ibid., Beiblatt No. 72 zu Bd. XXXII, 1904, S. I. __ Ueber zwei für die Flora von Makaronesien neue Arten der Gattung Umbdilicus. Bulletin de PHERBIER BOISSIER, m. 111551903,.9-47- BORY DE St. VIncENT, Essais sur les Isles Fortunees et l’antique Atlantide, Paris, An XI (1803). Uebersetzung von EHRManN in Bibliothek der Reisebeschreibungen, Bd. XII, Weimar 1804. Buch, LEOPOLD von, Physikalische Beschreibung der Canarischen Inseln, Berlin 1825. Abdruck in L. von Buch#’s gesamm. Schriften, Bd. II, Berlin 1877 (enthält in Kap. IV Uebersicht der Flora der Canaren). BuNBURY, CH. J. F,, Remarks on the botany of Madeira and Teneriffe. Journal of the Proceedings of the Linnean Society, Botany, Vol. I, P. 1, 1857, p. 1—34. (Uebersetzung in Botan. Ztg., 1857, S. 43 ff.) CHRIST, H., Vegetation und Flora der Canarischen Inseln. _Enger’s Botan. Jahrb., Bd. VI, 1885, S. 458. — Spicilegium canariense. Ibid., Bd. IX, 1887, S. 86. — Euphorbia Berthelotii C. BoLLE. Ibid., Bd. XIII, 1891, S. 10. — Eine Frühlingsfahrt nach den Canarischen Inseln, Basel 1889. — Ueber afrikanische Bestandteile in der Schweizer Flora. Berichte d. Schweiz. Botan. Gesellsch., 1897, Heft 7. ENGLER, A., Versuch einer Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt, Bd. I, 1879, S. 71; Bd. II, 1882, S. 340. FrıtscH, K. von, Meteorologische und klimatologische Beiträge zur Kenntnis der Canarischen Inseln. PETERMANN’S Mitteilungen, 1866. FRITSCH, K. von, HARTUNG, G., und Reıss, W., Tenerife, geologisch-topographisch dargestellt, Winterthur 1867. Fritsch, K. von, und Reıss, W., Geologische Beschreibung der Insel Tenerife, Winterthur 1868. FrıtscH, K, von, Reisebilder von den Canarischen Inseln. (Mit 3 Karten von Hierro, Gomera und Gran Canaria). Ergänzungsheft No. 22 zu PETERMANN’s Geograph. Mitteilungen, Gotha 1867. — Ueber die ostatlantischen Inselgruppen. Bericht d. Senckenbergischen naturforsch. Gesellsch. Frankfurt a. M., 1869/1870, S. 72. GRISEBACH, A., Die Vegetation der Erde, Bd. II, 1872, S. 510. Hartung, G., Die geologischen Verhältnisse der Inseln Lanzarote und Fuertaventura. Neue Denkschr. d. allgem. Schweiz. Gesellsch. f. d. gesamten Naturwissensch., Bd. XV, Zürich 1857. Mit Karten. HOOkER, ]J. D., Considerations sur les flores insulaires. Extrait du GARDNER’S Chronicle. Annales des Sciences naturelles, Serie V, Botanique, T. VI, 1866, p. 267—299. — Lecture on Insular Floras. Journal of Botany, Vol. V, 1867, p. 23—31. HUMBOLDT, ALEXANDER von, Relation historique du voyage dans les regions equinoxiales du nouveau continent, 1814. Deutsche Uebersetzung von H. HAurr, Stuttgart 1861. Bd. I. 1. Kap. Abreise von Spanien; Aufenthalt auf den Canarischen Inseln, S. 534 —70. 2. „ Teneriffa, S. 77—178. Io Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. J I 5 je J KoenıG, A., Omithologische Forschungsergebnisse einer Reise nach Madeira und den Canarischen Inseln. CABAnIs Journal f. Ornithologie, 1890. MASFERRER y ÄAOQUIMEO, Recuerdos botanicos de Tenerife, Madrid 1880— 1882. MEYER, Hans, Die Insel Tenerife. Wanderungen im canarischen Hoch- und Tiefland, Leipzig 1896. No, Dr. F. C., Das Thal von Orotava auf Teneriffa. Programm der höheren Bürgerschule zu Frankfurt a. M., 1872. — Der Pik von Tenerife und die Cahadas. Jahresber. d. Frankfurter Vereins f. Geogr. u. Statistik, 1871/72, S. 62—106. SAPPER, K., Die Canarischen Inseln. Geograph. Zeitschr., Bd. XII, 1906, S. 481. — Beiträge zur Kenntnis von Palma und Lanzarote. PETERMAnN’s Mitteilungen, 1906, S. 145. SAUER, Fr., Catalogus plantarum in canariensibus insulis sponte et subsponte crescentium. Dissert. inaug. Halis Saxonum 1890. SCHACHT, H., Zur Kenntnis der Visnea Mocanera, L. fil., Regensburg 1859. — Madeira und Tenerife mit ihrer Vegetation, Berlin 18509. Sımony, O., Ueber eine naturwissenschaftliche Reise nach der westlichen Gruppe der Canarischen Inseln. Mitteil. d. k. k. Geograph. Gesellsch. Wien, Bd. XXXIII, 1890, S. 145. I. Tenerife. — Reise nach den Canarischen Inseln. Sitzber. k. k. Zool. bot. Ges. Wien, 1891, S. ı2; Referat in Bot. Centralbl. Beihefte, 1892, S. 117. — Photographische Aufnahmen auf den Canarischen Inseln (Verzeichnis). Annalen d. k. k. Naturhist. Hofmuseums, Bd. XVI, 1901, S. 36. SMITH, Christen, Dagbog paa Reisen til de Canariske Oeer i 1815 ved F. C. Kiaer. Christiania Videnskabs- Selskabs Forhandlinger 1889. Referat in Bot. Centralbl. Beihefte 1892, S. 117. Reisehandbücher. Brown’s Madeira, Canary Islands and Azoren, a practical and complete guide etc., 8. edition, 1905. (Ist das aus- führlichste Reisehandbuch.) WOoERL’s Reisehandbücher. Die Canarischen Inseln in Wort und Bild, Leipzig 1906. Meyer’s Reisebücher: Das Mittelmeer und seine Küstenstädte, Madeira und Canarische Inseln, 3. Aufl., 1907. Die zahlreichen Reiseschilderungen und Aufsätze allgemeinen Inhalts über Land und Bewohner der Canaren sind citiert in BRown’s Reiseführer, S. g®, in H. CHrıst, Frühlingsfahrt, S. 247, und H. Meyer, Tenerife, S. 14. Die beiden letztgenannten Bücher werden jedem, der die Inseln besucht, von Wert sein. Litteratur über Beziehungen der canarischen Flora zur Tertiärflora Europas. (Zusammengestellt von W. SCHIMPER.) ENGLER, A., Versuch einer Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt, Bd. I, 1879, S. 48, 71. GaupIn, CH. TH., et StRozzI, CARLO, Memoire sur quelques gisements de feuilles fossiles de la Toscane. Neue Denkschriften d. Allgem. Schweiz. Gesellsch. f. d. gesamten Naturwissensch., Bd. XVI, Zürich 1858. — — Contributions ä la flore fossile italienne. Second memoire: Val d’Arno. Ibid., Bd. XVII, 1860. — — Idem. 4me me&moire: Travertins Toscans. Ibid. GAuDIn, CH. TH., et PıRAINO DE MANDRALISCA, Contributions & la flore fossile italienne szm®e m&moire: Tufs volcaniques de Lipari. Ibid. HEER, O., Untersuchungen über das Klima und die Vegetationsverhältnisse des Tertiärlandes, Winterthur 1860. — Ueber die fossilen Pflanzen von St. Jorge in Madeira. Denkschriften der Schweizer. Gesellschaft für die ge- samten Naturw., 1856. MARTINs, Ch, Sur l'origine pal&ontologique des arbres, arbustes et arbrisseaux indigenes du midi de la France sensibles au froid dans les hivers rigoureux. Mem. de l’Acad&mie de Sciences de Montpellier, T. IX, 1877. PoToxI£, H., Lehrbuch der Pflanzenpaläontologie, 1899. (Tertiärflora S. 384). SAPORTA, GASTON DE, Etudes sur la vegetation du sud-est de la France & l’epoque tertiaire. Annales des Sciences naturelles, Botanique. 4° Serie, T. XVII, 1862; T. XIX, 1863; 5° Serie, T. III, 1865; T. IV, 1865; T.. ‘VII 7807, 0 7298V2,1872:.:P 2XVR, 1873: 1 XVII 1873: — Demieres adjonctions A la flore fossile d’Aix-en-Provence, 2° partie. Annales des Sciences naturelles, Bota- nique, 7° Serie, T. X, 1889. u 30* 236 H. SCHENCK, SAPORTA, GASTON DE, Remarques sur les genres des vegetaux actuels dont l’existence a &te constatee A l’etat fossile. Bulletin de la Societe botanique de France, T. XIII, 1866. — La flore des tufs quaternaires de France, Aix 1867. — Apercu sur la flore quaternaire, Caen 1867. — Sur l’existence de plusieurs especes actuelles observees dans la flore pliocene de Meximieux. Bull. de la Soc. geol. de France, 2° Serie, T. XXVI, 1868—1869. — Prodrome d’une flore fossile des travertins anciens de Sezanne. M&moires de la Societe geologique de France, 2° Serie, T. VIII, 1868. — Le monde des plantes avant l’apparition de ’homme, Paris 1879, p. 332, 335. — et Marıon, Recherches sur les vegetaux fossiles de Meximieux. Archives du Museum d’Histoire naturelle de TEyon, „1.210872: — Örigine paleontologique des arbres cultives, Paris 1888. SCHENK, A., Paläophytologie in Zırrer’s Handbuch der Paläontologie, 1890. Angaben über das Auftreten canarischer Pflanzen im Tertiär Europas, bei den einzelnen Familien zu finden. Allgemeine Erörterungen S. 800, 812, etc. UNGER, F., Geologie der europäischen Waldbäume, 1869. $ 2 Lage, Grösse und Bodenbeschaffenheit der Canarischen Inseln. BOLLE, K., Zeitschr. f. allgem. Erdkunde, Bd. X, 1861. HARTUNG, G., Die geologischen Verhältnisse der Inseln Lanzarote und Fuertaventura. Neue Denkschrift d. Allgem. Schweizer. Gesellsch., Bd. XV, 1857. FrıTsScH, K. von, Reisebilder von den Canarischen Inseln. PETERMAnN’s Mitteil, Ergänzungsheft No. 22, 1837. — und Reıss, W., Geologische Beschreibung der Insel Tenerife, Winterthur 1868. — Ueber die ostatlantischen Inselgruppen. Bericht d. Senckenbergischen naturforsch. Gesellsch., Frankfurt a. M. 1860/70, S. 72. MEyvER, H., Die Insel Tenerife, 1896. SAPPER, K., Die Canarischen Inseln. Geograph. Zeitschr, Bd. XII, 1906, S. 481. — Beiträge zur Kenntnis von Palma und Lanzarote. PETERMANN’s Mitteil, 1906, S. 145. (Mit Karte beider Inseln und der Isletas.) Kartenwerke. LEOPOLD VON BUCH gab in seiner physikalischen Beschreibung der Canarischen Inseln 1825 auf Tafel VII, VIII, IX Karten von Tenerife, Palma und Lanzarote. Im Atlas von WEBB und BERTHELOT finden wir ausführliche Karten der Inseln in größerem Maßstabe und mit Einzeichnung der Vegetations- formationen. C. BOLLE verdanken wir eine Uebersichtskarte des Archipels auf Tafel I der Zeitschrift für allgemeine Erdkunde, Bd. X, 1861. Diese älteren Darstellungen zeigen aber manche Ungenauigkeiten im Umriß und in der Zeichnung der Gebirge. Die beste Landkarte von Tenerife wurde von K. VON FRITSCH, G. HARTUNG und W. Reıss veröffentlicht in ihrem Werke: Tenerife, geologisch-topographisch darge- stellt, Winterthur 1867. Sie diente auch als Basis für die von H. MEYER in seinem Buche über Tenerife 1896 entworfene und auf S. 239 reproduzierte Karte. Vorzügliche Karten der Inseln Canaria, Gomera und Hierro gab K. VON FRITSCH in seinen Reisebildern von den Canarischen Inseln (PETERMANN’s Mitteilungen, Ergänzungsheft No. 22, 1867), während Palma von K. SAPPER (PETERMANN’s Mitteilungen, 1896, S. 145) in guter Darstellung vorliegt. Außerdem sind die englischen Admiralitätskarten zu nennen. Die Canarischen Inseln liegen zwischen 27° 30° und 29° 30° N. Br. und zwichen 13° 17° und 18° 10° W.L. von Gr. Sie nähern sich mit der Ostküste der Insel Fuerteventura dem afrikanischen Kontinent bei Cap Juby bis auf go km. Die Inselgruppe besitzt ein Landareal von 7273 qkm; sie bildet die Provinz Canarias des Königreichs Spanien; die Volkszählung am 31. Dezember 1900 ergab die Zahl von 358 564 Einwohnern. j 12 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 237 Man kann die Inselgruppe als eine Fortsetzung des marokkanischen Atlasgebirges, in dessen gerade Verlängerung ihre Hauptrichtung ONO. nach WSW. hineinfällt, betrachten I). In der That besteht das Grundgebirge der Canaren, das auf Palma, Gomera, Gran Canaria, Fuerte- ventura hervortritt, dagegen auf Tenerife durch Auswürflinge nachgewiesen werden konnte, und auf welchem vulkanische Ausbrüche die jetzigen Gebirgskegel und Kämme aufgeschüttet haben, aus den- selben Diabasgesteinen, die auch im Atlas sich vorfinden. Dieses alte Diabasgebirge ragte in Form von Inseln aus dem Meere empor, hat aber, wie K. v. Frrrscm2) und auch H. MEyEr hervor- heben, sicherlich keinen geschlossenen Landkörper in jüngerer geologischer Zeit gebildet. Die Annahme einer „Atlantis“ erscheint schon durch die großen Meerestiefen zwischen den Inseln hinfällig. An verschiedenen Stellen der Canaren finden sich ferner tertiäre (miocäne) Schichten Cala { TRBS LIE N Artea yzar Ta an ärla a“ Er Br Zu untl Karte der Canarischen Inseln. Maßstab 1:2500000. Aus H. KIEperr’s Neuem Handatlas Karte No. ı8. Berlin. Verlag von Dietrich Reimer, 1891. [SCHIMPER.] mit Versteinerungen über der jetzigen Strandlinie und beweisen somit, daß sich in der Tertiärzeit die Inseln durch Hebung noch etwas vergrößert haben. Gleiches gilt auch von der Madeira- gruppe. Madeira und Porto Santo waren von der Miocänzeit an sicher getrennte Inseln, und ebenso sind auch die Azoren und Capverden stets insular vereinsamt gewesen. Die ältesten vulkanischen Laven des Canarischen Archipels gehören der Eocänzeit an; im Miocän, Pliocän und in nachtertiärer Zeit aber fanden die stärksten Ausbrüche statt, die auch den Pico de Teyde, den höchsten Berg sämtlicher Macaronesischen Archipele, zu der gewaltigen Höhe von 3730 m aufgethürmt haben. ı) H. MEYER, Tenerife, S. 20. 2) K. v. FrITscH, Ueber die ostatlantische Inselgruppe, S. 80. 13 238 H. SCHENCK, Die Vulkane der Canaren stehen auf einer Transversalspalte, welche sich an die den Atlantischen Ocean von Nord nach Süd durchziehende Vulkaninselreihe von Jan Mayen bis zur Bouvet-Insel ansetzt und wohl der Faltung des Atlasgebirges ihre Entstehung verdanken dürfte !). Wie BorzE2) nach dem Vorgange BroussonxEr’s3) treffend hervorhebt, gliedern sich die Canaren in zwei Gruppen, eine östliche kleinere, die die Inseln Fuerteventura und Lanzarote nebst den kleinen Inselchen Isleta de Lobos, Graciosa, Montafia Clara und Alegranza umfaßt, und eine westliche größere, die aus Gran Canaria, Tenerife, Gomera, Palma und Hierro besteht. Für erstere schlägt Borte die Bezeichnung der Purpurarien vor, für letztere die der Hespe- riden oder Fortunaten im engeren Sinne, Bezeichnungen, die schon von Prınıus angewandt worden waren. Während die Purpurarien, die nur niedrige Hügel tragen, ein fast baumloses dürres Steppenland vorstellen, das in den Depressionen und auf den von Dünensand bedeckten Strecken den lybischen Charakter der benachbarten Sahara zur Schau trägt, erheben sich die Fortunaten zu bedeutender Höhe; ihre im Winter schneebedeckten Berge kondensieren die Feuchtigkeit des Nordostpassats zu Wolken und tragen dementsprechend über ihrer trockenen basalen, afrikanischen Region in dem Wolkengürtel Wälder. Auch auf den Capverden wiederholt sich dieser Gegen- satz von Ost und West, und in der Madeiragruppe ist Porto Santo trockener als die Haupt- insel. Die Fortunaten ragen aus größeren Meerestiefen hervor als oceanische Inseln, aber auch die Purpurarien, die nach SAarrer 4) fast noch als kontinentale Inseln betrachtet werden können, haben seit der Tertiärzeit sicher als Inseln existiert. Die höchsten Erhebungen betragen: Tenerife, Pico de Teyde Nach MEYER. . . ... . 3730 m Palma, Roque de los Muchachos. Nach SIMONY . . . 2420 „ Gran Canaria, Pico del Pozo de las Nieves. Nach ARLETT 1951 „ Hierro, Alto del Malpaso. Nach v. FRITISCH. . . . . 14I5 „ Gomera, Alto de Garajonay. Nach v. FRITSCH . . . . 1380 „ Fuerteventura, Pico de Frayle. Nach v. FRITSCH.. . . 855 „ Lanzarote, Penas del Chache. Nach SIMONY . . . .. 670 „ Alegranza, Montafa de la Caldera. Nach SIMONY. . . 285 „ Nontanat@laranGipiele 28 Graeiosas Mentanaudela Mojone sr ee 7008, Eoboswl\ontanaudewlEopbosı Er oo: (MaderamBicoS RUN vos Nee. AT8n0or , Azoren‘ a PICO WE 2.2380, Gapyverden! ‚Bogonr Anl ra Eee ee SO Tenerife). (Hierzu Karte von Dr. HAns MEYER S. 239.) Die Hauptinsel des Archipels, Tenerife, mit 2026 gkm Flächeninhalt hat die Gestalt eines fast gleichschenkligen Dreieckes, dessen Spitze nach NO. gerichtet ist, dessen Basis etwa halb so ı) H. MEYER, Tenerife, S. 19. 2) C. BoLLE, Zeitschrift f. allg. Erdk., Bd. X, 1861, S. 6; Journal für Ornithologie, 1858, S. 262; Bot. Jahrb., Bd. X VI, 1892, S. 224. 3) BERTHELOT, Ge£ogr. bot., p. 8. 4) SAPPER, Geogr. Zeitschrift, 1906, S. 418. 5) €. BorLE, Teneriffa, in Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XI, 1861, S.73. — K. v. Fritsch, Reisebilder, S. 3—9. — Hans MEYER, Tenerife. 14 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 239 lang ist als die beiden Seiten. Im breitern südwestlichen Teile erhebt sich das gewaltige Massiv des Teyde, ein Gebirgsdom, bei ca. 2000 m gekrönt von dem Ringgebirge Montaüas de las Caäüadas, aus dessen Boden der Pik emporsteigt und von dem ein hoher langgestreckter Gebirgs- kamm, La Cumbre, in der Mittellinie des Dreiecks nach NO. ausläuft. Die Cumbre bildet naturgemäß eine wichtige Klimascheide An ihrem Nordostende kaum 800 m hoch und 11/2 km breit, wird sie nach Südwesten hin höher und schmäler und erreicht in der Felsgruppe Los a del Hidalgo Val de Chinamada N DIE NATÜRLICHEN VEGETATIONSFORMATIONEN auf TENERIFE: aufgenommen u. gezeichnet von D’Hans Meyer. Maßstab 1:510000 6 10 _® = o - - Kilometer Afrikanische Küstenflora u,endemische Vegelati ET rorwiegend mediterranen Charakters e Wretalın Se Yulturland ET kastanie (Castanea vulgaris) EIlZauras z. Monte verde (Erika, lex Faya, Hyperieum etc) ENT] Pinus canariensis EIT]wdeso (Adenocarpus) u. Escobon (Cytisus proliferus) Purta Roja. Hetarma (Spartiurm nubigenum) Karte der Insel Tenerife von HANS MEYER [SCHIMPER]. Cuchillos 1647 m, im Vulkankegel Pedro Gil 1839 m, in der Montafa Yzafa 2305 m Höhe; sie verläuft dann in die ca. 2100 m hohe Majaebene, die an den östlichen Ringwall des Teydecircus angrenzt. Von dieser Cumbre durch die Einsattelung von Laguna (350 m), einer kleinen welligen Hochebene, getrennt, steigt in der Nordostspitze der Insel das Anagagebirge als ein stark erodierter und tief durchfurchter, ca. 900— 1000 m hoher Gebirgskamm mit bizarren Felsformen auf. Seine höchsten Punkte sind Cruz de Afur 1038 m, Hermita de Santa Maria 1025 m und Cruz de Taganana 935 m. An der Südwestecke der Insel lagern sich an das Teyde-Massiv die Berge von Adeje und von San Lorenzo an, erstere als verwitterte und zernagte Kämme von “ca. 1000 m Höhe und 21/2 km Breite inselartig aus dem langen Abhang des Teydesockels her- vorragend, letztere in der Montafia de Jama (720 m) gipfelnd und zum größten Teil von den jüngeren Laven des Teyde eingehüll. An der Nordwestecke von Tenerife erhebt sich der von Wind und Wetter stark zersetzte ca. 1000 m hohe Felskamm des Teno-Gebirges. 15 240 H. SCHENCK, Diese drei an den Ecken stehenden kleinen Gebirge von Teno, Adeje-Lorenzo, Anaga bestehen aus basaltischen Gesteinen und sind die ältesten vulkanischen, wahrscheinlich anfangs als Inseln voneinander getrennt gewesenen Teile Tenerifes, während sich die in geringerem Grade erodierte Cumbre und das an sie anschließende vorwiegend trachytische und phonolithische Ringgebirge des Teyde später gebildet haben. Als jüngste trachytische Bildung der Insel hat sich der kegelförmige Teyde-Pik aus dem vom Ringgebirge umgebenen gewaltigen Felsen- circus bis zu seiner stolzen Höhe von 3730 m aufgebaut !). Die Grundlage der Insel, aus Diabasen und anderen alten Gesteinen bestehend, wurde überall von den vulkanischen Laven und Tuffen bedeckt; sie läßt sich nur in Fragmenten und Auswürflingen in den Tuffen nachweisen. Von dem Ringgebirge, der Cumbre, dem Anagakamm und den kleineren Gebirgskämmen ziehen sich zahlreiche, radienartig oder parallel angeordnete, enge und oft sehr tiefe Schluchten oder Barrancos zur Küste hinüber, die dem Bodenrelief der westlichen Canaren ein höchst eigenartiges Gepräge verleihen und an ihren steilen Lavafels- oder Tuffwänden mannigfaltige Pflanzenstandorte darbieten. So kommt es, daß uns an felsige Standorte gebundene und ange- paßte Gewächse auf den Canaren in großer Zahl begegnen. An der Nordwestseite der Canaren liegen die fruchtbaren Abhänge von Orotava. Zwei gewaltige, aus aufgeschütteten Laven bestehende . Felsrücken, die Ladera de Santa Ursala im Nordosten, die Ladera de Tigaiga im Südwesten, begrenzen als radial verlaufende Wälle oder Strebepfeiler hier einen breiten Teil der Berglehne, das sogenannte Valle de Taoro oder die Mulde von Orotava, dem auf der Südseite das ähnliche, aber kleinere Valle de Guimar ent- spricht, das im Süden durch die Ladera de Guimar, im Norden durch die Ladera de Candelaria eingefaßt wird. Bei Icod de los Vinos, an der nordwestlichen Seite des Teyde, ist eine kleinere Mulde vorhanden, ebenfalls begrenzt durch hohe hinablaufende Bergrücken. Da das Ringgebirge hier eine Unterbrechung zeigt, so fällt der Pik von seinem Gipfel an dieser Seite ganz gleichmäßig zur Basis ab und kann von der Küste aus bis zum Gipfel übersehen werden. An den Westhängen des Teyde, zwischen Guia und Santiago sind die Hänge auf weite Strecken von neueren Lavaströmen bedeckt und tragen daher vielfach fast wüstenartigen Cha- rakter. Ueberhaupt ist der südliche Abhang, die sogenannten Bandas del Sur, von der Ladera de Guimar bis Teno der heißeste und trockenste Teil der großen Insel. Die Ortschaften liegen zum größten Teil in der fruchtbaren Höhenlage von 250—700 m: Icod de los Vinos 245 m Matanza 400 m Adeje 285 m Orotava 330,;; Laguna 550 „ Arona 670 „ Victoria 380 „ Guimar 350 „ Tejina 574 ,„ Santa Ursula ae Guia 558 „ Die höchstliegende Ortschaft ist Chasna oder Vilaflor 1476 m. Gran Canaria?) Die Insel Gran Canarıa hat ungefähr kreisförmigen Umriß, 55 km Länge, 47 km Breite, ı667 qkm Flächeninhalt; sie ist etwa 4mal so groß wie Gomera, mit der sie in vielen Be- ı) Orographie der Hochregion siehe Kap. V, $ 1. 2) K. v. FRITSCH, Reisebilder, S. 21. 16 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 241 ziehungen Achnlichkeiten aufweist. Sie erhebt sich als ein domförmiges Gebirgsmassiv, das ein welliges Hochplateau trägt. Dieses ist auf Canaria aber weit mehr als auf Gomera durch tief einschneidende, radiale Thäler, die zum Teil an ihren Anfängen zu Kesseln erweitert sind, zerrissen. Als größte dieser Kessel schneiden das tiefe und weite Thal von Tejeda von Westen her, und die sogenannte Caldera de Tirajana von Süden her bis fast zur Mitte in das über 1000 m hohe Hochland ein; beide sind von zahlreichen Bergschluchten durchzogen. Die höchsten Punkte sind Pico del Pozo de la Nieve (1951 m nach ARLEIT, ı9Io m nach v. FrrıscnH), Roque del Nublo (1862 m), Roque del Saucillo (1850 m). Gran Canaria ist auf einem basalen Grünstein- und Thonschiefer-Gebirge, das aus dem Meere emporragte, durch vulkanische Aufschüttung entstanden, und seit der Tertiärzeit noch durch Hebung des Landes vergrößert worden. Im nordöstlichen Teile liegt der wohlerhaltene, sehr regelmäßige Krater Caldera de Ban- dama (Boden 224 m, Rand 432 m) in der Nähe des Pico de Bandama (560 m). Vulkanische Ausbrüche sind aber nicht mehr zu historischer Zeit erfolgt. An der Nordostspitze, nördlich von der Hauptstadt Las Palmas, erhebt sich eine kleine vorgelagerte Felsgruppe, La Isleta, aus dem Meere, die mit der Hauptinsel durch einen nied- rigen, sandigen Isthmus verbunden ist. Gran Canaria hat ein trockeneres Klima als Gomera; die größere Höhe der Insel und die größere Länge der Thäler aber bedingen eine ausgiebige Bewässerung des Kulturlandes, das auf Kosten der früheren Waldbedeckung- der montanen Region weit größere Strecken bedeckt als auf den übrigen Inseln. La Palma!). La Palma hat keilförmigen Umriß, eine Länge von 46,5 km, eine Breite von 27,5 km, einen Flächeninhalt von 715 qkm. Im nördlichen breiteren Teile erhebt sich das Land von der Küste rasch- ansteigend zu einem Gebirgsdom mit ringförmigem, über 2000 m hohem Berges- kranze, der nach innen sehr steil auf ca. 500 m abfallend, ein riesiges 5X 71/2 km breites, krater- förmiges Kesselthal, die berühmte Caldera de Taburiente, umrahmt, während seine äußeren Abhänge von zahlreichen, tiefen, radialen Barrancos durchfurcht sind. Der unebene, von zahlreichen Quellen und Bächen bewässerte und malerisch bewaldete Boden der Caldera öffnet sich nach SW. in einem tiefen Einschnitt, Barranco de las Angustias, zum Meere. In dem ringförmigen Gebirgskamm liegen die höchsten Felsgipfel der Insel, der Roque de los Muchachos (2420 m), der Pico de la Cruz (2305 m), der Pico de los Cedros (2170 m)2) Von diesem Ringgebirge zweigt sich ein die Mittellinie der nach Süden sich keilförmig zuspitzenden Hälfte der Insel durchziehendes, hohes Gebirge ab, das zwar in dem Paßübergang der Cumbre nueva zwischen der Hauptstadt Santa Cruz und EI Paso sich auf ı415:m er- niedrigt, dann aber wieder höher wird, im Pico del Vergojo 1885 m erreicht und in der Montana Pelada mit 2065 m seinen höchsten Punkt besitzt. Die Abhänge dieses Gebirges nach der Ostküste sind von zahlreichen, tiefen, parallelen Barrancos durchfurcht, nach der Westseite dagegen von aus- ı) K. v. Fritsch, Reisebilder, S. 9. — CHRIST, Frühlingsfahrt, S. 74. — W. v. KNnEBEL, Studien zur Oberflächengestaltung der Inseln Palma und Ferro, Globus, Bd. XC, 1906, S. 312. — K. SAPPER, PETERMANN’s Mitteil., 1906, S. 145, mit Karte. 2) Höhenangaben nach SımonY. - 17 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. II. ı. Teil. 31 H. SCHENCK, 242 gedehnten, neueren, basaltischen Lavaströmen bedeckt, die vielfach noch ganz kahl sind und zum Teil aus dem 16. Jahrhundert datieren. In der Südspitze der Insel liegt der Kratervulkan von 1678/78, die Montafia de Fuego (700 m) bei Fuencaliente. Das hier gelegene Lavafeld bietet nach v. Frrrsch „ein Bild fürchter- lichster Verwüstung“. Die Caldera de Taburiente greift in das alte Grünstein-Diabas-Gebirge der Insel ein, auf das die vulkanischen Gebirge aufgeschüttet wurden. Seit 1678 haben keine vulkanischen Aus- brüchen mehr auf Palma stattgefunden. Gomera). Gomera hat bei fast kreisrundem Umriß eine Länge von 251/4 km, eine Breite von 203/4 km und einen Flächeninhalt von 374 qkm. BorrE vergleicht die Form der Insel treffend mit einem niedrig abgebrochenen Säulenschaft, der von einer sanft gewölbten, unregelmäßigen Kuppe bedeckt wird. Diese Kuppe erreicht in dem viergipfeligen Rücken des Alto de Gara- jonay ihren höchsten Punkt mit 1380 m. Nur einige Felsen ragen aus dem über 1000 m hohen welligen Plateau, dessen tiefgründiger Boden mit häufig durch Wolken benetztem Lorbeer- wald bedeckt ist, hervor, so der glockenförmige Roque de Agando (ca. 1250 m) und die Fortaleza de Chipude (1245 m). Gegen das Meer fällt das Plateau steil ab, im NW. über 600 m, im SO. wenig über 100 m hoch. Die Gehänge des Gebirgsdomes sind von zahlreichen tiefen Barrancos radienartig durchfurcht, von denen einige im oberen Teil kesselförmig in das Plateau eingreifen. Die Hauptmasse der Insel ist durch vulkanische Aufschüttung von Basalten, Phonolithen, Andesiten auf das basale Grünsteingebirge, das an der Nordostseite noch bis 700 m aufragt, gebildet. Die meisten vulkanischen Gesteine sind bereits stark verwittert, frische Laven und deutliche Krater selten; die vulkanische Thätigkeit ist also viel früher als auf den übrigen Canaren erloschen und ein Ausbruch zu historischer Zeit nicht mehr erfolgt. - Hierro [Ferro]?). Die Insel Hierro hat bei ungefähr dreieckigem Umriß eine Länge von 29!/4 km, eine Breite von 203/4 km, einen Flächeninhält von 275 qkm. Sie wird gebildet von einem steil aus dem Meere aufsteigenden, halbmondförmigen, durchnittlich 1000 m hohen, trockenen und vege- tationsarmen Plateau, dessen nach NW. gerichteter Rand zu einem Bergkranz sich erhöht und dann, etwa 800 m tief sehr steil abfallend, amphitheatralisch eine Mulde umrahmt, in die der weite Meerbusen El Golfo und ein diesen begrenzender, flachhügeliger Küstensaum eingreift. So gleicht die Insel einem zur Hälfte abgesprengten Riesenkrater von ca. 14 km Durchmesser. Die höchsten Punkte liegen in dem erwähnten Bergeskranz, Alto del Malpaso ı415 m, Montana de Tenerife 1336 m, La Mareta 1395 m, Risco de Jinama 1320 m. Das Gebirge besteht aus basaltischem Gestein, das Plateau ist zum Teil mit Rapilli be- deckt. Zahlreiche, frisch erscheinende Ausbruchkegel und Lavaströme auf dem Plateau deuten ı) C. BoLLE, Gomera, Zeitschr. f. allgem. Erdk., Bd. XII, 1862, S. 227. — K. v. FrıITscH, Reisebilder, S. 16. 2) K. v. Fritsch, Reisebilder, S. 18. — W. v. KNEBEL, Globus, Bd. XC, 1906, S. 329. — J. BORNMÜLLER, Botan. Jahrb., d. XXXIIH, 1904, Beiblatt 72, S. 7- 18 Zeiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 243 an, daß die vulkanische Thätigkeit viel später als auf Gomera erloschen ist, jedoch sind seit der Zeit der Entdeckung der Insel keine Ausbrüche mehr erfolgt. Fuerteventural). Fuerteventura ist eine ca. 30 km breite, 99 km lange, in Richtung SW.—NO. gestreckte Insel von 1717 qkm Flächeninhalt. Ihr schmälerer, südlichster Teil, die Halbinsel Jandia (oder Handia), stellt ein basaltisches, stark zerstörtes Gebirge dar, dessen Hauptkamm im Pico del Frayle 855 m, in den Örejas del Asno 842 m erreicht, nach Nordwesten steil abfällt, am Südostabhang von zahlreichen tiefen Thälern durchfurcht wird und sich in einen dünenbedeckten Strand fort- setz. Ein mit Dünensand bedeckter Basaltrücken verbindet die Halbinsel mit der Hauptinsel, die von einem aus Syenit, Diorit, Gabbro und Diabasen, sowie kleineren Partien von Thonschiefer und Kalksteinen bestehenden Mittelgebirge mit gerundeten Bergkuppen bis Oliva durchzogen wird. In der Gran Montafia erhebt sich dieses Gebirge bis etwa 765 m. Altvulxanische Basalte durchsetzen es, und längs der Ostseite zieht sich eine basaltische Küstenkette nach Norden. Neuere Ausbrüche vulkanischer Gesteine finden sich bei Pajara im Westen, Ausbruch- kegel bei Gayria und Tiguitar auf der Ostseite. In historischer Zeit aber erfolgte kein Aus- bruch mehr. Der nordöstliche Teil der Insel wird von einer sanft gewölbten Fläche ein- genommen, auf welcher streckenweise Dünensand liegt und sich Rapillikegel aus jüngeren Lavenströmen erheben. Lanzarote?) Diese schmale, 581/2 km lange und 2ı11/4 km breite, 806 qkm Fläche umfassende Insel setzt die Richtung von Fuerteventura nach Nordosten fort; sie besteht aus zwei altvulkanischen, stark zerstörten Gebirgsteilen, von denen die Montafas de Famara im Norden den höchsten Punkt Penas del Chache mit 670 m erreichen. Verbunden sind diese Gebirge durch einen breiten Bergrücken späterer Bildung, auf dem sich parallele Reihen von jüngeren Ausbruchkegeln er- heben. Unter diesen zahlreichen Kratern des mittleren Teiles der Insel ist die Montafia blanca mit 579 m der höchste. Gewaltige Eruptionen erfolgten in den Jahren 1730 bis 1736 und über- schütteten einen größeren Teil der Insel mit Laven und Schlacken oder Lapilli. Es entstanden die Ausbruchkegel der Montafas de Fuego (525 m), die noch heute Fumarolenthätigkeit aufweisen und deren Kraterwände im Innern noch glühend heiß sind. Auch 1824 fanden, in geringerem Grade, Ausbrüche statt. Die neueren vulkanischen Laven sind noch kahl, kaum von Flechten bewachsen. Das alte Thonschiefer- und Grünstein-Gebirge ist auf Lanzarote vollständig zugeschüttet. Die niedrigen Berge und ausgedehnten, fast ebenen Flächen der Insel sind mit mächtigen Anhäufungen von durch den Nordostpassat herbeigetriebenem Kalkdünensand bedeckt, der zu festem Kalkstein zusammensintert und dann als Brennkalk nutzbar wird. I) G. v. HarTunG, Die geologischen Verhältnisse der Inseln Lanzarote und Fuertaventura. Neue Schweizer Denkschriften, Bd. XV, 1857. (Mit Karte) — K. v. FrıTscH, Reisebilder, S. 283. — C. BoLLE, Botanische Rückblicke auf Lanzarote und Fuertaventura. Bot. Jahrb., Bd. XXXVI, 1892. 2) K. v. FRITSCH, Reisebilder, S. 33. — C. BoLLE, Bot. Rückblicke auf Lanzarote und Fuerteventura. Bot. Jahrb., Bd. XNXXVI, 1892. — K. SAPPER, PETERMANN’s Mitteil., 1906, S. 173, mit Karte. — G. Hartung, Die geol. Verhältnisse der Inseln Lanzarote u. Fuertaventura. Neue Schweizer Denkschriften, Bd. XV, 1857. 19 3Xz H. SCHENCK, 244 Isleta de Lobos. In der Bocayna-Straße zwischen Fuerteventura und Lanzarote, 4,6 qkm groß, besteht aus einem ı22 m hohen halbzerstörten Kraterkegel mit welligem Lavafeld. Graciosa. Durch die Meerenge El Rio von Lanzarote getrennt, 28,6 qkm groß, von Dünen bedeckt, mit 4 kegelförmigen Vulkanen; Montafia del Mojon 190 m hoch. Montaäfa Clara. 2,6 qkm groß, Gipfel 238 m hoch, mit steil abstürzender Klippenwand im Norden. Alegranza. 9,1 qkm groß; vulkanische Berge Montafa de la Caldera 285 m und Montafia de Lobos 205 m, aus letzterem Vulkan ein ausgedehntes Lavafeld nach Norden hervorgekommen. $ 3; Klima der Canaren. BoLL£, C., Zeitschr. f. allg. Erdkunde, Bd. X, 1861, S. 9. Fritsch, K. v., Meteorologische und klimatographische Beiträge zur Kenntnis der Canarischen Inseln. PETERM. Geogr. Mitteil, Bd. XII, 1866, S. 217. BIERMANN, Dr., Beiträge zur Kenntnis des Klimas der Canarischen Inseln. Met. Zeitschr, 1887, S. 1. Cnrıst, H., Frühlingsfahrt nach den Canarischen Inseln, 1889, S. 104 u. 223. Hann, J., Handbuch der Klimatologie, Bd. III, 2. Aufl., 1897, S. 60. (Dort auch die ältere Litteratur vollständig eitiert.) MEYER, H., Tenerife, 1890. SAPPER, K., Die Canarischen Inseln. Geogr. Zeitschr., Bd. XII, 1906, S. 482. BURCHARD, O., Ein Beitrag zur Klimatologie der Canarischen Inseln. Met. Zeitschr., 1907. Die beträchtliche Höhe der westlichen Canarischen Inseln, besonders Tenerifes bedingt naturgemäß regionale Verschiedenheiten des Klimas; wir unterscheiden drei Höhenstufen, von denen die untere auf allen Canaren, die montane nur auf den westlichen und die alpine hauptsächlich auf Tenerife und nur in geringem Maße auf Palma und Gran Canaria zur Geltung gelangen. Nur aus der basalen Region liegen vollständige Jahresreihen meteorologischer Beobachtungen vor, auch von Laguna auf Tenerife, das bereits 570 m hoch liegt, leider aber nicht aus dem Lorbeerwald und dem Pinar der montanen Region und aus der Hochregion, deren Klima wir nur im allgemeinen skizzieren können. I. Basale Region. Temperatur: Der jährliche Gang der Temperatur an den Küstenorten und in den tieferen Lagen der westlichen Canaren ist, wie aus folgender Tabelle zu ersehen, ein sehr gleich- mäßiger. Der ausgleichende Einfluß des umgebenden Oceans und besonders die Bespülung der Küsten durch den südlichen Arm des Golfstromes bedingt sowohl das verhältnismäßig hohe Jahresmittel, von 18—20° C, als auch die nur geringfügigen Abweichungen der Monats- von dem Jahresmitte. Das maritime Klima äußert sich ferner in der Verspätung der Extreme der 20 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 245 und die Sommerwärme erstreckt sich noch bis über den Oktober hinaus; der Winter ist gleich- mäßig mild, der Sommer mäßig heiß. Auch die absoluten Temperaturextreme erreichen keine bedeutenden Werte. Temperatur!); das Minimum ist auf den Februar, das Maximum auf Ende August verschoben, Temperaturen-Tabelle. = ı Tenerife Tenerife Gran Canaria Tenerife Puerto dee snta Cruz Tenerife Las Palmas 9 m j Orotava ee 28° 29° N.B. Deu, 570 m 27° 28! N.B. Sanon a Be Ioo m = 25’ N.B. Nach 2 12! N. B. Met. Zeitschr., 1396, 28° 25° N. Br. Nach Hon- | » Suvru, Nach es in S. 32°) ee FGGER, |Met. Zeitschr., N Zr Met. Zeitschr., 1907, S. 73 Met. Zeitschr., Be: | 1887, S. 178 1887, S. 8 1887, S. 8 Zeit der Be- 1875—77 un T e. . Q obachtung 1391 1905 (2. Jahre) 2!/, Jahre 1876— 1882 Temperatur °C 2 Temperatur Mittl. Monats- ae Tages- und Monatsextreme Near Temperatur, une Mittel d. 5 h Le Mittel Mittel Mittel der Be Absolut.| Absolut.'mittel(74,| Mitt. | Mittl. | Absolut.| Absolut. (7a, 2P, gP) Mitte een, R @g- @&) Max. | Min. | 2, op) | Max. | Min. | Max. | Min. | e a. treme I Dezember 18,7 26,0 12,6 16, 19, 13, 22% II,4 18, 19,0 14,1 22, ‚o 4 9,9 35 3 4 5 9 4 4 5 anuar 15,7 23,0 ‚6 15, 19,4 13,1 24,2 11,0 16,8 17,8 13, 20,6 ‚9 9 5,9 9,4 3" 4 3:3 4, Februar 16,4 23,2 10,4 14,6 17,8 12,4 22,6 10,5 17,0 17,6 13,1 22,7 43 März 18,5 26,8 11,6 16,3 19,2 13,6 31,2 12,7 18,2 19,2 13,9 24,1 5,4 April 19,1 31,2 13,2 1742, 20,2 14,7 22,2 12,9 19,2 19,6 15,3 27,7 3,9 Mai 19,4 28,2 13,6 18,0 20,4 15,7 22,4 13,5 20,9 22,1 16,8 30,6 79 Juni ZIERT 26,0 15,6 20,2 23,1 17,3 28,6 13,8 22,5 23,3 18,2 31,1 9,8 Juli 23,4 28,6 19,4 20,8 23,1 18,0 24,8 15,8 24,1 25,1 20,8 37:9 12,7 August 23,4 29,2 19,4 21,7 24,0 18,4 25,0. || 17.2 25,I 25,9 22, 38,4 12,8 September] 22,8 30,0 17,0 21,3 23,8 18,4 25,6 16,0 24,5 25,2 21,0 33,4 T21 Oktober ZT 28,2 15,0 19,9 23,3 17,0 27,1 14,1 22,2 23,7 19,1 2,4 10,8 November| 19,3 27,0 13,8 17,3 20,5 14,9 25,8 In,I 20,7 21,3 16,3 26,7 8,1 Jahr | 20,0 3,2 9,6 18,3 21,2 15,6 31,2 10,5 20,81 21,65 17,0 | (40,9) 3,4 Von den Purpurarien stehen keine Tabellen zur Verfügung, doch ist hier das Klima kon- tinentaler, die Sommerhitze extremer als auf Tenerife. An der oberen Grenze der basalen Region, beispielsweise in Laguna bei 570 m, ist das Temperaturmittel in allen Monaten bereits etwa 3° niedriger und die Unterschiede zwischen Maximum und Minimum bedeutender, der Gang der Temperatur aber immer noch ein gleich- mäßiger. Niederschläge: Als Mittel der jährlichen Regenmenge der Küstenorte der westlichen Canaren können wir 300—-350 mm ansetzen. Gelegentlich giebt es aber auch recht trockene Jahre, so erhielt Las Palmas 1891 nur 173 mm, 1887 ı88 mm, Puerto Orotava 1878/79 137 mm, 1880/81 193,3 mm, während andererseits in einzelnen Jahren der Betrag von 500 mm erreicht wird. Die Regenminima sind von besonderer Bedeutung für die Vegetation, indem sie eine ı) Vergl. J. Hann, Handbuch der Klimatologie, Bd. II, 1897, S. 61. 2) Vergl. außerdem Met. Zeitschr., 1885, S. 334 (Angaben für 1882), 1889, S. 316 (Angaben für 1883), 1890, S. 79 (Angaben für 1884 u. 1885), 1892, S. 317 (Angaben für 1887—ı889), 1893, S. 393 (Angaben für 1890), 1896, S. 32 (Angaben für 1891 u. 1892). 21 246 H. SCHENCK, kräftige Auslese unter den Pflanzen vornehmen und den xerophilen Charakter der basalen Region reinhalten. Tabelle der Niederschlagsmengen. Gran Canaria * r T. = Tenerife Las Palmas o a p Er ni Santa Cruz Tenerife Nach Hann, an en a SO Nach Hann, Laguna Hdh, di Klimas a : Ei et Hab. d. Klimat., ibid. Bd. II, 1897, S. 62 Iet. Zeitschr., 1907, S. 73 Met. Zeitschr., 1887, S. 9 Ba. III, 1897, S. 62 Zeit der 1905 März bis Dezember HN 10 Jahre z 1874— 188 1886— 18 ı2 Jah Beobachtung ie: 1906 Januar und Februar r 5 “ I Regen- | : | Regen- Regenmenge = | Zahl der | Zahl der Regenmenge Zahl der Sn Zahl der |Regenmenge menge Resventa: m Re 5 menge ei gentage autage egentage Regentage mm mm mm mm mm Dezember 74 1,5 4 28 54 7152 58 10,7 123 Januar 42 9,0 7 2 51 6,5 69 11,9 7 Februar 32 45,2 13 16 64 6,3 qıI 8,9 73 März 28 40,4 6 10 53 8,4 28 6,9 88 April 1] 2,7 2 11 19 5,0 26 6,8 35 Mai 8 12,3 7 6 II 3,0 7. 2,0 17 Juni I 15,4 6 I1 I 0,6 I 0,9 6 Juli 2 1,9 I 16 [6) 0,4 [6) 0,2 4 August 4 1,1 5 26 I 0,2 [6) 00 | I September 5 0,0 [6) 26 2 1,4 2 1,8 10 Oktober 37 57,0 Io 26 35 57 3 7,0 51 November 100 140,6 14 26 44 7,1 37 9,0 70 Jahr | 350 er 2a, 422338 51,8 377 | 6: 554 Im allgemeinen treten die Niederschläge reichlicher auf den Nordseiten der Inseln als auf den Südseiten, die im Windesschatten liegen, auf. Die Purpurarien besitzen ein trockeneres Klima als Tenerife und leiden in manchen Jahren unter Dürre. Die geringe Regenmenge erklärt sich nach J. Hann!) aus der Lage der Canaren im sub- tropischen Barometerminimum des Atlantischen Oceans und dem dadurch bedingten Vorwiegen der Nord- und Nordostwinde. Die Hauptmasse des Regens fällt in die Wintermonate. Die Regenzeit setzt im Oktober ein und klingt im April aus. Die Sommermonate von Mai bis Oktober umfassen die Trocken- zeit. In den oberen Teilen der basalen Region wird das Klima feuchter, die Niederschläge fallen reichlicher, beginnen früher und dauern länger, so in Laguna (570) mit 554 mm Regen- menge von September bis Mai. Die Vegetationszeit fällt in der basalen Region in die winterliche Regenzeit; zu Beginn des Sommers dorren die Kräuter ab, um im Oktober wieder auszutreiben. Luftfeuchtigkeit und Bewölkung: Nach BurcnHarp’s Beobachtungen?) ergab sich, daß der jährliche Gang sowohl der absoluten als auch der relativen Feuchtigkeit mit dem Gange der Luftwärme annähernd zusammenfällt, so daß das Maximum beider im August, das Minimum im Februar liegt. Die Sättigung der Luft mit Feuchtigkeit ist auf den Canaren in ı) J. Hann, Handb. d. Klimatologie, Bd. III, 1897, S. 62. 2) ©. BURCHARD, Met. Zeitschr., 1907, S. 70. 22 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 247 dem konstant trockenen Sommer weit größer als im Winter. Auch v. FrrrscH I) hebt hervor, daß die unteren Lagen der Atmosphäre auf den Canaren gewöhnlich mit Wasserdünsten ge- schwängert sind, die sich oft nahe dem Punkte der Kondensation befinden. Ohne Zweifel Orotava, Station La Paz I0O0O m Nach O. BURCHARD, Met. Zeitschr., 1907, S. 73 Beobachtungsjahr 1905 Bewölkung Relative Luftfeuchtigkeit Mittel (7a, 2P, gP) | Mittel (72, 2P, gP) Dezember 4,2 68,8 Januar 5,4 795 Februar 3,6 62,8 März 6,9 741 April 753 743 Mai 8,1 7453 Juni 6,1 77:4 Jali 5,8 | 794 August 5,4 85,4 September 5,9 79,8 Oktober 5:3 7557 November 5,8 743 Jahr | 5,8 747 hat dieses klimatische Moment große Bedeutung für die basale Vegetation. Auch die große Zahl der Tautage (vergl. die Tabelle der Niederschläge S. 246) muß einen günstigen Ein- fluß auf die Pflanzenwelt ausüben. Die Taubildung ist nach BurcHARD?) in den trockenen Sommermonaten, doch auch im Herbst und Winter eine überraschend konstante Erscheinung. Das Minimum der Bewölkung liegt im Winter, das Maximum im Frühjahr gegen den Mai hin. Winde: Die Canaren stehen unter dem Einfluß des Nordostpassates („brisa“), der im Sommer mit großer Regelmäßigkeit weht, im Winter zwar zuweilen unterbrochen wird, aber auf offener See herrscht3).. Auf den gebirgigen Inseln findet ein Wechsel von Land- und Seewind statt. Der Seewind („tempo de abajo“) am Tage verstärkt den Passat, der Bergwind („tiempo de arriba“) bei Nacht wirkt ihm entgegen. Heiße und heftige Süd- oder Südostwinde („levante“) treten selten auf und halten meist nur kurze Zeit an, können aber der Vegetation großen Schaden zufügen und führen gelegentlich Heuschreckenschwärme aus Afrika herbei. Obwohl die Nordost- und Ostwinde mit mäßiger oder geringer Stärke wehen, sind sie doch wegen ihrer Regelmäßigkeit von Einfluß auf die Gestaltung der Vegetation. II. Montane Region. Der Nordostpassat kühlt sich beim Aufsteigen an den gebirgigen, westlichen Inseln ab, und seine Feuchtigkeit verdichtet sich zu einer mächtigen Wolkenschicht, deren untere Grenze meist zwischen 800— 1200 m liegt und deren Dicke 300—500 m beträgt#). Im Sommer hält ı) K. v. FRITSCH, PETERMANN’s Mitteil., Bd. XII, S. 220. 2) ©. BURCHARD, Met. Zeitschr., 1907, S. 72. 3) Vergl. BIERMANN, Met. Zeitschr., 1887, S. 1. 4) BIERMANN, Met. Zeitschr., 1887, S. 1. — K. v. FRITSCH, PETERMANN’s Mitteil., Bd. XII, S. 218. 23 248 H. SCHENCK, sich nach Christ!) die Wolkenschicht auf den Gräten der Cumbre zwischen 1200—2000 m, auf Tenerife und Palma läßt sie die Südseite fast frei; im Winter rückt sie bis 700 und 500 m gegen die Küste hinab. Ringförmige Wolkenbänke um die Höhen der Inseln sind ein fast nie fehlender Zug in der Landschaft der Canaren. Die Bildung der Wolken setzt meist 1—2 Stunden nach Eintritt des Seewindes am Vor- mittag ein, und gegen Abend beginnt der Wolkengürtel sich wieder zu lösen. Seine oberen und unteren Grenzen erscheinen oft fast wagerecht, und aus ihm ragen die Gipfel von Tenerife, Gran Canaria und Palma hervor. Vor allem sind es die Nord- und Nordostabhänge, welche einen konstanten Wolkengürtel tragen, während die Südseite und Westseite trocken bleiben oder die Nebel erst in größerer Höhe aufweisen. In den unteren Teilen der montanen Region, in dem eigentlichen Wolkengürtel, herrscht an den feuchtesten Stellen, in Schluchten und Senkungen, der canarische Lorbeerwald. Leider fehlt es an genauen Daten über die Höhe der jährlichen Niederschläge in dieser Formation. Es muß in Rücksicht gezogen werden, daß die Kondensation der Nebelfeuchtigkeit durch die Vegetation selbst dem Boden recht viel Nässe zuführen kann. ScHimrER rechnet den Lorbeerwald zu den tempe- rierten Regenwäldern. Wir dürfen erwarten, daß spätere Beobachtungen im canarischen Lorbeer- wald recht bedeutende jährliche Regenmengen ermitteln werden, die wohl mindestens den drei- fachen Betrag der basalen Niederschläge erreichen mögen. Laguna bei 570 m hat bereits 54 mm. In der montanen Region liegen daher zahlreiche Quellen, die das Wasser für die künst- liche Bewässerung der basalen Kulturen liefern. Die Temperatur ist in der montanen Region einige Grade niedriger als in der basalen Zone; der Winter ist aber auch hier milde und frostfrei. In der oberen montanen Region, die vom Pinar eingenommen wird, werden die Nieder- schläge wieder geringer und die Temperaturunterschiede zwischen Sommer und Winter größer. Dies ist die Uebergangsstufe in die trockene alpine Region. An den äußeren Abhängen des Ringgebirges des Teyde auf der Nordseite Tenerifes steigen die Nebel und Wolken aufwärts bis über 2000 m. Der eigentliche Gürtel des Pinars liegt zwischen 1600—-2000 m. Er steht noch unter dem Einfluß des Nordostpassates, der ihm Feuchtigkeit zuführt. Die winterliche Tempe- ratur muß hier noch recht milde sein, da die canarische Kiefer bei uns in Mitteleuropa im Freien nicht mehr aushält. III. Alpine Region. Ueber der montanen Region erhebt sich auf Tenerife die alpine wolkenfreie Region aus den Cafiadas bis zum Gipfel des Piks 3730 m. Hier herrscht ein scharfer Gegensatz zwischen Sommer und Winter; die Vegetationszeit beginnt im April und Mai, auf den kurzen dürren und heißen Sommer mit kühlen Nächten folgt die rauhe Jahreszeit. Die Cafadas und der Pik be- decken sich im Winter mit Schnee, die Vegetation erleidet also hier eine winterliche Ruheperiode. Die Schneefälle greifen auch, allerdings unregelmäßig und meist nur von kurzer Dauer, in die obere montane Region herab bis 1600 m. ı) H. Charıst, Frühlingsfahrt, S. 104. 24 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 249 Die winterlichen Schneefälle in der Hochregion sind nicht jedes Jahr gleich stark. Nach BiERMAnN !) war der Winter 1868/69 schneearm; nur der Teyde selbst erhielt am 24. Dezember eine Schneeknappe, die sich einigemale erneuerte, und Anfang April war kein Schnee mehr vor- handen. 1884 dagegen trug der Teyde noch im Juni Schneefelder bis 3000 m herab; am ı1. September kam schon der erste neue Schnee, und vom 12. Oktober an war der Teyde weiß bis in den April hinein. Nach H. Meyer?) waren die Wintermonate 1893/94 für die Hochregion Tenerifes un- gemein schneereich gewesen. Der Pik hatte Ende März noch einen dichten Schneemantel auf seinen Schultern, und bis herab zu 1900 m, auf dem ganzen oberen Grat der Cumbre bis zum Pedro Gil hin lagen noch zahlreiche Schneeflecken. Anfangs April hatten einige schwere Ge- witterstürme den Pik von neuem und diesmal noch tiefer hinab mit Schnee überzuckert. Der Nordostpassat beherrscht die untere und die montane Region. v. FrrıscH3) fand September 1862 seine obere Grenze meist bei 2000— 2400 m; der Passat geht also hoch hin- auf über die obere Grenze des gewöhnlichen Wolkengürtels und erreicht nur selten den Teydegipfel. Ueber dem Passatwind folgt in der Regel eine 300—600 m mächtige windstille Zwischen- region, über welcher der Antipassat#) als ein trockener Südwest- oder Westwind herrscht. In der Hochregion herrscht eine ungemein kräftige Insolation während des Tages und starke Wärmestrahlung bei Nacht, so daß starke Temperaturschwankungen eintreten. Ueber die Intensität der Insolation in verschiedenen Höhen auf Tenerife hat Kur Äncsrröm 5) 1895/96 Untersuchungen angestellt, aus denen sich ergab, daß die Gesamtstrahlung während des Tages um nahe 30 Proz. vom Meeresniveau bis zur Höhe von 3700 m wächst, wobei die Vertikal- kraft um ungefähr 22 Proz. zunimmt. Die Luft ist in der Hochregion extrem trocken. v. FrrrscH ®) sagt, daß die Trockenheit sich durch Aufspringen der Lippen bemerkbar mache; gefallene Ziegen verwesen nicht, sondern trocknen ein. Die Gesteine der Cafiadas und des Teydekegels sind infolge der Trockenheit wenig zersetzt. OÖ. Sımony?) stellte auf der Alta vista 3262 m am Teyde Beobachtungen an. Es betrugen die Temperaturen vom ı2. bis 21. August 1888: um zh um 2h um gh Minimum zwischen 8,8 zwischen 12,6° _ zwischen 8,7° zwischen 4,9° und 11,8 Sunder6,20 2 underns° und 7,3° Die relative Feuchtigkeit während dieser Zeit schwankte zwischen 9 und 7ı Proz. und bewegte sich meist zwischen 10 und 30 Proz. 1) BIERMANN, Met. Zeitschr., 1887, S. Io. 2) H. MEYER, Tenerife, S. 249. 3) K. v. FRITSCH, PETERMANN’s Mitteil., Bd. XII, S. 218. 4) Hann, Met. Zeitschr., 1906, S. 561. 5) Ref. in Met. Zeitschr., 1g0I, S. 185. 6) K. v. FRITSCH, PETERMANN’s Mitteil., Bd. XII, S. 221. 7) ©. Sımonv, Mitt. d. k. k. Geograph. Gesellsch. Wien, Bd. XXXIII, 1890, S. 166. 25 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. II. x. Teil. 32 H. SCHENCK, 250 H. Meyer !) beobachtete folgende Temperaturen: 1905 April 5. Canadascircus 2056 m (Schneeflecken in größerer Zahl) 1145 Vm. + ı1° Alta vista 3270 m AENme 2/0 7 Nm. —>° ji Nachtminimum — 41° Bodentemperatur (1 cm tief) — 31/,° April 6. Gipfel 3730 m 8 Vm. — 2Y,° Estancia de los Alemanes 3053 m 103° Vm. + 6°. Re Ze . B Bar EN: IV. Vergleich des Klimas der Canaren mit demjenigen der übrigen atlantischen Inselgruppen. Azoren Ponta Delgada auf Madeira Bananen Capverden S. Miguel Funchal oe Praia auf Santiago 37° 45‘ N. Br. 2% 38° N. Br a en 14° 54,4‘ N. Br CE a 28° 25’ N.Br. ne 2 = > Met. Zeitschr., 1887, $ 34 m J. Hann, |Met. Zeitschr., J. Hann, Lehrb. d. Suetg Zeitschr. d. Oesterr. Ges. Tehrb. d |1807, S. 158 Met., 1906 f. Met., 1881, S. 297 Met., 1906 1896 Mitt. Temp. San: Mittl. Temp. ae] Mittl. Temp. Eugen Regenmenge u Dann mm mm mm mm Dezember IS, 10 5I 16,3 ° 119 18,50 54 24,0° 18 Januar TASLS 94 ES 106 16,8 ° 51 2220 I Februar 73.90 151 19,20 81 17:00 64 22R2 I März 14,1 12 I 73 18,2 ° 53 22,7 ° [6) April 15,4° 3 16,4 ° 54 19,2 19 23 o Mai 16,6° IoI 17,8° 23 20,9 II 24,0° o Juni 18,9° 92 19,5 ° 13 ES I 24,8° o Juli 27.30 20 21,4” I 24,1° o 2,50 12 August 22,0° 7 22,3 2 260 I As 103 September 20,9° 14 21,9° 17 24,5° 2 26,6° 136 Oktober 18,9 65 20,3 ° 60 22,20 35 26,3 ° 49 November 16,9 105 18,3 134 20,7° 44 AI 3 Jahr | 17,30 715 18,4 ° 683 | 20,80 335 DASS 323 Azoren. 1) Jährliche Regenmenge zu Ponta Delgada (1864— 1872) 855 mm. (Zeitschr. d. Oesterr. Ges. f. Met., 1876, S. 202.) 2) Desgl. zu Angra do Heroismo auf Terceira (1864—ı1872) 1046 mm. (Zeitschr. d. Oesterr. Ges. f. Met., 1876, S. Capverden. Jährliche Regenmenge zu Praia (8'/, Jahre) 262 mm. 203.) (Hann, Handb. d. Klimat., Bd. II, 1897, S. 98.) Die Gegenüberstellung der Werte für die mittleren Temperaturen und die Regenmengen zeigt, daß die Temperaturen von den Azoren nach den Capverden zunehmen, während umge- kehrt die jährlichen Niederschlagsmengen in der Küstenzone der Inseln abnehmen. Bereits Madeira hat an seinen Küsten eine doppelt so große jährliche Regenmenge als Tenerife, und auf den Azoren steigt sie bis über 1000 mm. Dementsprechend steigt auch die Vegetation der immergrünen Holzgewächse auf Madeira viel tiefer hinab, und auf den Azoren ı) H. MEyER, Tenerife, S. 253 ff. 26 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. DT ist eine basale Region wie auf Tenerife kaum ausgeprägt, während auf den Capverden die basale Region noch viel heißer und trockner ist als auf den Canaren. Die hohen Niederschlagsmengen auf den Azoren deuten darauf hin, daß in der Lorbeerregion der Canaren ebenfalls bedeutend viel mehr Regen fallen muß als an den Küsten dieser Inseln. $ 4. Allgemeines über die Gliederung der Vegetation auf Tenerife, (Von A. F. W. SCHIMPER.) „Die Hauptinsel Tenerife erhebt sich aus dem Meere als eine dreikantige Pyramide, „die sich oberwärts in zwei durch die Ebene von Laguna getrennte Kegelgruppen zerteilt, die „von Anaga im Nordosten, die des Teyde im Westen. „Die steilen Gebirgswände bedingen namentlich Unterschiede der verschiedenen Seiten der „Pyramide. Die Nordseite ist etwas kühler als die nach Südost und Südwest gerichteten Seiten; „Winde von N. und O. blasen hier ununterbrochen, und die Luft ist reich an Wasserdampf, „welcher sich von 700 m Höhe an zu Nebel kondensiert und den hier beinahe stets vor- „handenen, bald mehr bald weniger dichten Wolkengürtel liefert, über welchem der Gipfel des „Leyde sich im trockenen SW.-Passat erhebt. In dieser Wolkenregion giebt es auch im Sommer „regelmäßige, allerdings sehr leichte Niederschläge; unterhalb derselben aber sind die Regen auf „die Wintermonate beschränkt und fallen in großen Zwischenräumen als Platzregen nieder. „An der Südost- und Südwestseite ist die relative Luftfeuchtigkeit sowohl wegen der „höheren Temperatur als der größeren Ruhe der Luft geringer; der Nebelgürtel ist schwach „und unbeständig, die winterlichen Regengüsse sind selten und können sehr gering werden. „no bedingt die mächtige Erhebung der Insel große klimatische Unterschiede sowohl in „wagerechter, wie in senkrechter Richtung und bewirkt in beiden Unterschiede der Vegetation, „Die horizontale Gliederung der letzteren ist beinahe nur eine solche in mehr und in weniger „ausgeprägte xerophile Formationen; weit auffallender ist die vertikale Gliederung, denn hier „wirken weit größere Unterschiede der Temperatur und der Feuchtigkeit auf das Pflanzenleben „als in horizontaler Richtung. Drei ganz ungleiche Klimate folgen übereinander, das trocken- „warme der basalen Region, das feuchtkühle der Wolkenregion, das trockenkalte der in den „NW.-Passat sich erhebenden Gipfels. Wenige Punkte des Erdballes zeigen eine so scharfe ver- „tkale Trennung der Klimate und dementsprechend eine so auffallende vertikale Gliederung der „Vegetation, Bereits Humsorpr hat dieselbe, trotz der Kürze seines Aufenthalts, in allen wesent- „lichen Zügen erkannt; seit seiner Schilderung sind die Regionen des Pico de Teyde zu wieder- „holten Malen, jedoch ohne wesentliche Abweichung, charakterisiert worden, und dieses Beispiel der „vertikalen Gliederung der Vegetation wird als klassisch in vielen Lehrbüchern behandelt. „Dennoch dürfte es wohl Höhenkegel geben, wo der Zusammenhang der vertikalen Gliede- „rung der Atmosphäre und der Vegetation, wenn auch nicht auffallender, so doch weit einfacher und „gleichmäßiger zum Vorschein kommt. Nirgends giebt es allerdings einen Kegel, dessen Vegetations- „gürtel durch horizontale Kreise begrenzt werden, denn stets sind klimatische Unterschiede „wenigstens an der Nord- und Südseite vorhanden, welche schiefe Lagen der Regionen bedingen. Auf „Lenerife, im besonderen an dem Teydemassiv, bedingen außerdem große Unebenheiten der 27 32* 282 H. SCHENCK, „Oberfläche und die ungleiche Verteilung des Wassers im Boden große Unterschiede der Stand- „orte, welche eine ungemein reiche Differenzierung der Vegetation der einzelnen Gürtel hervorrufen. „Die wesentlichsten Unebenheiten sind durch die Thäler und die Schluchten bedingt. „Erstere sind wenig zahlreich, um so zahlreicher hingegen die letzteren, die sogenannten Barrancos, „schmale, aber oft tiefe Rinnen, die strahlenartig von den Gipfeln bis zum Meere laufen, einfach „bleibend oder mit anderen anastomosierend, dauernd oder zeitweise den Regen der Höhen dem „Meere zuführen und eine ganz andere Vegetation beherbergen als die dazwischen befindlichen „Rücken. Dazu kommen größere, mehr kesselartige, feuchte und windgeschützte Schluchten, die „ebenfalls eine sehr charakteristische Vegetation besitzen, und als Gegenstück dazu hügelförmige „Kegel, von welchen das Wasser herabsickert und die vom Winde fortwährend gefegt werden. „Die chemische Beschaffenheit des Bodens kommt auf Tenerife für die Gliederung der „Vegetation nur am Meeresstrand in Betracht, wo das Kochsalz wie überall das Vorhandensein „einer besonderen Flora mit charakteristischer Oekologie bedingt. Die Gesteine Tenerifes sind „allerdings chemisch nicht ganz gleichartig; im oberen Teile der Insel tritt der trachytische Kern „aus dem Basalt hervor, doch ist der Kalkunterschied, der allein in Betracht kommen könnte, zu „gering. Viel wesentlicher ist die physikalische Beschaffenheit des Bodens. Die Lavafelder stellen „unfruchtbare Flächen dar, malpaiso genannt, welche nur spärlich von der Vegetation beansprucht „werden; kaum fertiler sind die Tuffbildungen, außer wenn sie sich an sehr feuchten Stellen be- „finden. Größere Fruchtbarkeit tritt nur dort ein, wo Asche der Lava oder dem Tuff beigemengt „ist. Eine große Rolle spielen als Standorte von Pflanzen die Felswände und Blöcke oder, besser „gesagt, deren von erdigen Bestandteilen gefüllte Spalten, denn die harten Flächen sind, außer „von Wasser berieselt, nackt oder mit spärlich gesätem Moos- und Flechtenflor besetzt. Endlich „seien noch die Höhlen und die spärlichen durch Stauen der Bäche entstehenden Teiche erwähnt. „Im Gegensatz zu Kerguelen, wo die Standortsunterschiede in der Flora kaum zum Vor- „schein kommen, hat hier auf den Canaren, dank dem großen Alter der Flora, eine außer- „gewöhnlich starke standörtliche Differenzierung stattgefunden, so daß jede Höhenregion einem „reichen Mosaik gleicht, in welchem kleine bunte Steinchen sich zu größeren Figuren gruppieren, „welche letzteren sich teils in unsymmetrischem Wechsel, teils in bestimmt orientierten, bald mehr, „bald weniger schärferen Streifen gruppieren. $ 5. Uebersicht über die Regionen auf Tenerife, ALEXANDER v. Humsorpr!) gab folgende regionale Gliederung der Vegetation auf Tenerife: ı) Zone der Reben; von o bis 200—300 Toisen2) (1200—ı800 Pariser Fuß) oder o bis 390—586 m. 2) Zone der Lorbeeren; von 300 bis 900 Toisen (1800 —5400 Pariser Fuß) oder 586—1760 m. 3) Zone der Kiefer; von 900 bis 1200 Toisen (5400— 7200 Pariser Fuß) oder 1760— 2446 m, 4) Zone der Retama. 5) Zone der Gräser. ı) A. v. HUMBOLDT, Reise in die Aequinoktialgegenden, deutsch von H. Haurr, 1861, Bd. I, S. 158. 2) ı Toise — 6 Pariser Fuß — 1,9548 m; ı Pariser Fuß = 0,3258 m. 28 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 253 Wie bereits Berrneror!) richtig bemerkt, ist die Bezeichnung „Zone der Reben“ nicht recht zutreffend. Eine Zone der Gräser gibt es nicht auf den Canaren, denn in der alpinen Region kommen Gräser nur als äußerste Seltenheiten vor; Humsorpr wurde zur Aufstellung dieser Zone durch irrtümliche Angaben von BroussonxEr veranlaßt. Leoporp v. BucH 2) begrenzte die Regionen folgendermaßen: ı) Die afrikanische Region oder die subtropische, bis 1200 Pariser Fuß — 390 m. 2) Die Region der europäischen Kultur oder die mediterraneische, von 1200 bis 2500 Pariser Fuß = 390—815 m. 3) Die Region der dichtbelaubten Wälder oder die sempervirente, von 2500 bis 4100 Pariser Fuß = 815— 1336 m. 4) Die Region der Kiefern oder der Pinar, von 4100 bis 5900 Pariser Fuß — 1336 bis 1922 m. 5) Die Region der Retama blanca oder die Cumbre, von 5900 an aufwärts bis 10380 Pariser Fuß = 1922— 3382 m. 1000 Fuß bis zum Gipfel des Pik sind völlig von aller Vegetationsspur entblößt. BErTIHELOT3) hebt hervor, daß Region ı zu niedrig bemessen sei, die 2. Region könne nicht in so enge Grenzlinien eingeengt werden, und die Grenzen zwischen der 3. und 4. Region seien nicht ganz zutreffend. Eine genauere und umfassendere Darstellung der Regionen auf Tenerife verdanken wir S. BERTHELOT#), der mit richtigem Blick die Verschiedenheiten auf Nord- und Südseite der Insel berücksichtigt. Is Erstes Klıma Nordseite: | Südostseite (und Südwestseite): Vom Meeresufer bis 1500—2000 Pariser Fuß Vom Meeresufer bis 2500 Pariser Fuß = 815 m = 489—652 m. | und an einzelnen Orten noch höher hinauf: Region der Euphorbien und Region der Felspflanzen. 2. Zweites Klima. Nordseite: | Südostseite (und Südwestseite): Von ı500 bis über 5000 Pariser Fuß = 489 Von 2500 bis ca. 4000 Pariser Fuß = 815 bis 1303 m bis 1629 m: | (hier und dort weniger): Region der Lorberbäume und Waldpflanzen und Nur kleine Gruppen von Lorbeer, Arbutus und Region der Eriken und .Cisten. Erica in tiefen Schluehten; Cistus-Gebüsch in größter Ausdehnung. 3. Drittes Klima. Auf der Südseite von 4000 Pariser Fuß = 1303 m| bis zum Cpl da Pe ee n „ Nordseite „ 53000 R BD er02or, j Region des Kiefernwaldes auf der Nordseite bis fast 9000 Pariser Fuß = 2932 m. en 5 + » » Südseite bis 8000 e ne oo Region der strauchigen Leguminosen und der alpinen Pflanzen. Obere Grenze variiert nach den Lokalitäten. I) WEBB und BERTHELOT, Geogr. bot., p. 37- 2) L. v. Buch, Physikalische Beschreibung der Canarischen Inseln 1825, in Gesammelte Schriften, Bd. III, 1877, S. 341. 3) BERTHELOT, Ge&ogr. bot., p. 41. 4) S. BERTHELOT, Geogr. bot., Paris 1840, p. 56. 29 H. SCHENCK, 254 Der Ausdruck „Region“ unter den Rubriken ı. und 2. Klima ist nicht glücklich gewählt. BERTHELOrT selbst hebt hervor, daß er nicht regelmäßig übereinander gelegene Zonen darunter versteht, sondern nur „partielle und isolierte Gruppen“. Der Ausdruck Formation würde also richtiger sein. H. Christ!) schließt sich in der Abgrenzung seiner 3 Regionen im wesentlichen BERTHELOT an. Seine Darstellung bezieht sich aber auf die Nordseite Tenerifes. Er unterscheidet: ı) Region unter den Wolken oder Strandregion, bis ca. 700 m, also bis dahin, wo die Passatwolke gewöhnlich zu schatten beginnt. Afrikanische Strand- und Steppenpflanzen; die meisten endemischen Felssträucher; in den Barrancos Succulenten und Pracaena. 2) Wolkenregion, 700— 1600 m, wo in der Regel die Passatwolke lagert und aus- giebige Bewässerung und Beschattung sichert. Atlantischer Lorbeerhain in Schluchten und Mulden des unteren Teiles, Macchien der Lorbeer-, Eriken- und Farnform. 3) Region über den Wolken oder Gipfelregion. Allmählicher Eintritt in die wolkenfreie trockene Höhenlage über dem Passat. Von 1700 bis 2800 m treten noch Wolken auf, und es erfolgen Niederschläge: höher am Kegel des Teyde herrscht jedoch der Antipassat, und ein Wechsel starker täglicher Insolation und nächtlicher Er- kaltung bei sehr trockener Luft beginnt. Die Schneefälle reichen vom Februar in den April in sehr unregelmäßiger Folge und kurzer Dauer bis herab zu 1600 m und tiefer. 1600-— 2000 m eigentlicher Gürtel des Kiefernwaldes, der aber noch bis 2500 m an den äußeren Flanken des Ringgebirges hinaufgeht. Ueber dem Pinar zunächst Adenocarpus viscosus und von 2000 m an immer ausschließ- licher herrschend Spartocytisus supranubius, bis 2800 m am Pico de Teyde emporsteigend. Die Verteilung der Regionen und Formationen auf Tenerife hat Dr. Hans Mever, der im Frühling 1894 die Insel bereiste, auf seiner S. 239 zum Abdruck gelangten Karte zur Dar- stellung gebracht. A. F. W. ScHimpEr unterscheidet eine basale, eine montane und eine alpine Region auf Tenerife; er rechnet zu der montanen Region als obere Stufe den Pinar, während BERTHELOT und Christ den canarischen Kiefernwald in ihre dritte Region einbeziehen. Im Anschluß an die Darstellungen dieser beiden Autoren gelangen wir so zu folgender Gliederung: ı. Basale Region. Auf der Nordseite 0—700 m. Auf der Südseite o—800 m. 2. Montane Region. a) Untere Stufe, auf der Nordseite 700— 1600 m: Auf der Südseite S00—ı1300 m: Lorbeerwald (temperierter Regenwald!)in Mulden Nur kleine Gruppen von Lorbeerwald in einigen und Schluchten; Hartlaubbusch an trockenen Schluchten; Hartlaubbusch in größter Ausdeh- Abhängen. S nung. b) Obere Stufe, auf der Nordseite 1600—2000 m: Auf der Südseite 1300—2600 m: Kiefernwald, Pinar. Kiefernwald. ı) H. Carıst, Frühlingsfahrt, S. 223; Veget. u. Flora der Canarischen Inseln, S. 489. 30 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 255 3. Alpine Region. Retama blanca-Formation bis 2800 m; vereinzelte Retama-Büsche und einige alpine Stauden bis ca. 3000 m; Viola cheiranthifohia bis 3200 m. Oberhalb dieser Grenze der phanerogamen Vegetation nur vereinzelte Moose und Flechten. Gipfel des Teyde 3730 m. Il. Die basale Region. $ 1. Formationen der basalen Region. (Nach dem Manuskript von A. F. W. SCHIMPER.) „Die Flora der Canaren gehört nicht zu jenen Inselfloren, welche, von den in Gesellschaft „des Menschen einwandernden Pflanzen, von seinen Tieren zerstört, verschwinden oder nur noch „an fernen unzugänglichen Stellen ein verborgenes Dasein führen. Vielmehr stellt sie zum „größeren Teile ein kräftiges Geschlecht urwüchsiger Gewächse dar, welche dem Menschen den „Boden streitig machen, welche gegen Tiere gewaffnet sind oder, von ihnen angetastet, sich wieder- „herstellen, welche mit den ausländischen Unkräutern den Kampf ums Dasein erfolgreich führen „und dieselben sogar von manchen ausgedehnten Standorten dank ihrer viel vollkommneren An- „passung ferne halten !). „Welches Gepräge die ursprünglichen Vegetationsformation vor Anfang der Kultur auf „dem anbaufähigen Boden der basalen Region trug, ist zur Zeit nicht mehr zu entscheiden. Als „natürliche Formationen sind nur noch Steinfelder und Felsen erhalten, demnach „Formationen, die ihren ökologischen Charakter in erster Linie dem Substrat verdanken. Bei der „großen Trockenheit des Klimas ist anzunehmen, daß die Vegetation des feinkörnigen Bodens „ursprünglich aus niederem xerophilen Gesträuch bestand und sich nicht sehr wesentlich von der- „jenigen der Steinfelder unterschied. Arten, die heute massenhaft als Unkräuter und Gestrüpp an „Wegerändern auftreten, dürften Bestandteile solcher klimatischer Formationen gewesen sein, so „Z. B. Aleinia nerüfolia Haw. Zuphorbia vegis Jubae WEse, während die beiden monocotylen „Bäume der basalen Region, Dracanea Draco L. und Phoenix canariensis Hort. derselben mit „Sicherheit angehört haben und auch vielfach noch die Standorte einnehmen, wo sie vor dem „Anfange jeder Kultur wuchsen. Beide Bäume tragen ausgeprägten xerophilen Charakter. „Die mehr oder weniger im ursprünglichen Zustande erhaltenen Formationen der Stein- „telder und Felsen nehmen, da die Trockenheit des Klimas der Verwitterung ungünstig ist, große „Areale ein und tragen eine lockere Vegetation aus ausgeprägt xerophilen Sträuchern und Stauden „mit wenigen (rräsern, welche ökologisch denjenigen ähnlicher Standorte in den Mittelmeerländern „nahe treten und teilweise systematisch mit ihnen übereinstimmen. Doch sind viele Arten „endemisch, und einige dieser Endemismen zeigen die Eigentümlichkeit, daß sie die Gestalt des „Drachenbaumes im kleinen wiederholen, d. h. sie tragen auf kurzem und dickem Stamme „wenige dicke und fleischige Aeste mit an deren Enden schopfartig gedrängten Blättern. Es sind „namentlich Zuphorbia vegis Jubae WEBB und ihre Verwandten, Aleinia nerüfolia Haw. und 1) Bereits S. BERTHELOT (Ge£ogr. bot., p. 77) und BorrE (Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. X, S. 19) heben die Kraft der ein- heimischen Vegetation der Canaren hervor. 31 2 56 H. SCHENCK, „Sempervivum-Arten. Die beiden ersteren sind bei aller Originalität der Gestalt einander doch „so ähnlich, daß sie im nicht blühenden Zustand leicht miteinander verwechselt werden können, „und gehören zu den gemeinsten Pflanzen der Steinfelder, welche die erstere manchmal mit ziem- „ich dichtem, etwa meterhohem Gestrüpp bedeckt. Ein sehr typisches Steinfeld ist auf unserer „Tafel XVI [IT] dargestellt. Die spärlichen, dicht verzweigten Sträucher, welche gewöhnlich die „Zuphorbia begleiten und aus den Steinfeldern entsprießen, sind Chrysanthemum frutescens L., „Cistus vaginalus Art, Lytanthus sahcinus WErıst, (= Globularia salicina Lam.), Adhatoda hysso- „pifolii Nees. und Micromeria varıa Bru., sämtlich canarische Endemen und zu den gemeinsten „Vertretern der canarıschen Flora gehörend. „Während die eigentlichen Succulenten in der Steinfeldformation fehlen oder, wo sie „auftreten, offenbar zufällige, anscheinend eingeschleppte Bestandteile darstellen, beherrschen sie „die felsigen Gehänge, namentlich in den Barrancos. Zuphorbia canariensis L. entspringt aus „den Spalten der sonnigen Felswände und gelangt auch an den dürrsten Standorten zu ansehn- „licher Entwickelung. Mit der Kandelaber-Euphorbia vergesellschaftet, zeigen sich hie und da „die Rosetten der für die Canarenflora so bezeichnenden Serzperviva, doch sind die von ihnen „bevorzugten Standorte, trotz ihrer Succulenz, die feuchteren Felsspalten. Ist die Felswand noch „feuchter und gleichzeitig schattig, so ist sie von Adiantum capillus Veneris L. bedeckt Wie „die Steinfelder und in noch eigenartigerer W eise. haben die Felsen Endemismen entwickelt, so „vor allem innerhalb der Gattung Sempervivum. Die Canaren sind einer der mächtigsten oder „vielmehr, in Anbetracht ihres Areals, der mächtigste Bildungsherd neuer Arten in dieser Gattung „gewesen; diese Arten haben zum Teil ein äußerst beschränktes Areal, und kein Gebiet der Erde „scheint eine so günstige Gelegenheit zu bieten, einen Einblick in die Ursachen der Entstehung „neuer Arten zu gewinnen, wie die Canaren mit ihren zahlreichen endemischen Semperviva. „Der Salzboden der Küste ernährt eine halophytische Flora, welche, im Gegensatz zu den „meisten Strandfloren, ebenfalls reich an Endemismen ist. Namentlich ist hier ein Bildungsherd „von Arten der Gattung Sfatice gewesen, von welcher ı3 Arten bezw. Unterarten den Canaren „eigen sind und, wie die Semperviva, zum Teil äußerst begrenzte Bezirke bewohnen. „Die wichtigsten natürlichen Pflanzenformationen der basalen Region sind auf Tenerife „folgende: 1. Klimatische Formationen. „Niedrige Gehölze auf erdigem Boden durch die Kultur vollständig verdrängt. Die einzigen „baumartigen und überhaupt die auffallendsten Gewächse dieser Formation waren Phoenix cana- o- „riensis HORT. und Dracaena Draco L. 2. Edaphische Formationen. A. Formation der Steinfelder. „Wie alle Formationen auf solchem Substrat durchaus offen, vornehmlich aus niederen „Sträuchern von xerophiler Struktur. Vorherrschen des sklerophylien Typus. „Charakterpflanzen: Zuphorbia regis Jubae Wess (wohl überhaupt die gemeinste Pflanze „der Insel), Aleinia nerifolia Haw. (nur im unteren Teile der Region), Chrysanthemum frute- „scens L, Micromeria varıa Bın, ZLytanthus salicinus Werıst, Adhatoda hyssopifola NEES etc. 32 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. J B. Formation der Felsen. nn I „Zuphorbia canarıensis L., zahlreiche Sempervivum-Arten u. s. w. An feuchten Stellen „Adiantum capıllus WVeneris L. etc. C. Sumpf- und Wasservegetation. ‚Infolge Trockenheit des Klimas sind die Formationen feuchter Ufer an Bächen etc, die ’ 5 ’ „Süßwassersümpfe, die Süßwasserflächen etc. ganz untergeordnet. D. Formation des Meeresstrandes. „Felsen, Steinfelder, grober Sand. Charakteristisch sind namentlich Siatice-Arten. $ 2. Suceulente Gewächse der basalen Region. („Text“ von A. F. W. SCHIMPER.) „Steigen wır vom Strande hinauf an den gebirgigen Abhängen Tenerifes, so finden wir „uns bald der charakteristischsten Pflanze der Felsenformation der Canaren gegenüber, einer weit „übermannshohen cactusähnlichen Wolfs- „milchart, dem Cardon, Zuphorbia cana- „riensis L. Es ist dies wohl für den „nicht botanischen Reisenden, nament- „lich wenn er tropische Gebiete nicht „kennt, nächst dem später zu besprechen- „den Drachenbaume die am eigen- „artigsten und interessantesten erschei- „nende Pflanze der Canaren. Schon in „den Berichten der alten Reisenden wird „sie eingehend geschildert. Neben „ihrem eigentümlichen Aussehen trägt „auch ihre Häufigkeit dazu bei, daß sie „stets so viel Beachtung gefunden hat; „aus allen Felsspalten sieht man schon „in weiter Ferne ‘ihre mächtigen kande- „laberartigen Büsche hervortreten (Text- „fig. ı und Taf. XVI [T)). „Für den Botaniker gehört der „Cardon in keiner Hinsicht zu den am „meisten beachtenswerten Gliedern der „Canarenflora. Aehnliche äußere Eigen- „tümlichkeiten zeigen sich bei ver- Fig. 1. EZuphorbra canarıensıs L. „schiedenen, sehr häufigen Euphorbien der östlichen tropischen und subtropischen Gebiete, nament- „lich in Ost- und Südostafrika; nur sind diese Euphorbien vielfach noch weit größer und durch „die Bildung eines mächtigen Stammes mit oft sehr regelmäßiger Verzweigung weit großartiger „und schöner als der bereits an der Basis verzweigte, unregelmäßig buschige Cardon. Auch Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. Il. r. Teil. 1957 [797 258 H. SCHENCK, „pflanzengeographisch ist die cactusähnliche Zuphorbia der Canaren insofern weniger interessant „im Vergleich zu anderen canarischen Endemen, als sie nahe Verwandte, allerdings von etwas „geringeren Dimensionen, auf dem benachbarten Kontinente in Marocco besitzt 1). Euphorbia canariensis L. ıst auf den Canarischen Inseln weitverbreitet und fehlt auch keineswegs den Purpurarien. Nach BorrE2) besitzt Fuertaventura auf der Strandebene von Jandia sogar einen Reinbestand des Cardon, dessen Büsche dort ihre volle Normalgröße von 4-5 m im Durchmesser bei regulärer Höhe erreichen. Ein eigentlicher Hauptstamm kommt beim Cardon nicht zur Entwickelung, vielmehr bestehen die Büsche, wie Taf. XVI [T] zeigt, aus zahlreichen, ungefähr gleichstarken, senkrecht gestellten und kandelaberartig verzweigten blaugrünen, wachsüberzogenen und erst im Alter mit grauem Kork bedeckten Sprossen, deren unterste, nach außen gerichtete Seitenzweige mit ihrer Basis dem Boden anliegen und dann im Bogen senkrecht nach oben streben; so wächst der Busch an seiner Peripherie immer weiter und kann an sehr alten Exemplaren schließlich einen Umfang von ı5 m erreichen bei einer Höhe von nur einigen wenigen Metern. Die Wurzeln des Strauches entspringen, wie SCHACHT3) angiebt, sämtlich der Hauptwurzel, sie verbreiten sich nach allen Richtungen ungemein weit im Umkreise; er hat sie bis zu 50o Fuß Länge verfolgen können. Die Sprosse sind 4-, häufig auch 5-kantig und tragen längs ihrer Kanten an Stelle der Blätter kleine, abwärts gebogene Dornpaare, aus deren Achseln die Zweige ohne bestimmte Regel entspringen. Schon an den Keimpflanzen, gleich über den beiden kegelförmig vorspringenden Keimblättern, wird der Hauptsproß als succulente blattlose Säule ausgebildet; er verzweigt sich erst nach einigen Jahren. Die roten, unscheinbaren Blüten erscheinen nach Schacht im April und Mai an den Spitzen der Sprosse aus den Achseln der Dornpaare, und zwar stehen ı mittleres männliches und 2 seitliche zwittrige Cyathien in je einer Achsel. Die Früchte reifen im August, ihre Samen keimen nach den ersten Regen in demselben Monat. In den umfangreichen Büschen des Cardons siedeln sich häufig manche andere Gewächse der basalen Zone an, die zwischen seinen Säulenstengeln Raum zur Entwickelung finden. Sie bleiben hier geschützt gegen die Angriffe der Ziegen #). Die Canaren besitzen noch eine zweite endemische, succulente und blattlose Wolfsmilch- art, die Zuphorbia aphylla Brouss.5), welche zur Sectio Tirwcalli Boissier gehört, also zu einem anderen Verwandtschaftskreise als der zur Sectio Diacanthium Boissier gezählte Cardon. Die Zuphorbia aphylia, auf Tenerife „Tolda“ genannt, ist ein niedriger, reich verästelter Strauch, dessen 6—8 cm lange, stielrunde, bleistiftdicke, graugrüne Astglieder an Stelle der Blätter kaum hervortretende Blattnarben aufweisen. Die kleinen Cyathien erscheinen einzeln oder zu 3—5 an der Spitze der Aeste. Auf Tenerife kennt man für die Tolda nur einen Standort, nämlich Felsen in der Nähe der Küste bei Buenavista in der Nähe der Westspitze der Insel, der Punta de Teno. Auf Gran Canaria wächst sie häufig an Felsen bei Las Palmas und auch auf Gomera kommt sie vor. Sie spielt also nicht die wichtige Rolle in der Physiognomie der basalen Vegetation wie ı) Vergl. CHrist, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 507. — BOLLE, Bot. Jahrb., Bd. XVI, 1892, S. 243. Ver- wandte Arten sind Z. resinifera BERG, E. Beaumierana Hook. fil. et Coss. 2) BOLLE, Bot. Rückblicke, Bot. Jahrb., Bd. XVI, 1892, S. 243. 3) SCHACHT, Madeira und Tenerife, S. 127. 4) Vergl. S. BERTHELOT, G£ogr. bot., p. 175, und C. BoLLE, Bot. Rückblicke auf die Inseln Lanzarote und Fuertaventura, S. 243. 5) Vergl. CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 508; BERGER, Succulente Euphorbien, Stuttgart 1907, S. 23. 34 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 259 der Cardon. An ihren exponierten Standorten wird sie höchstens ı m lang, nach Born- MÜLLER !) kann sie aber in geschützter Lage baumartig werden, er sah in Gärten von Funchal auf Madeira kultivierte Exemplare von etwa 7 m Höhe. Die Verwandten der Zuphorbia aphylla bewohnen Ostafrika, Madagascar, Südarabien, Kap- land; eine ihr nahestehende Art, Zuphorbia arbus- cula Barr. fıl, findet sich auf der Insel Socotra, wo auch noch andere wichtige canarische Endemen nahe verwandte Arten aufweisen. Fig. 3. Zuphorbia aphylla Brouss. 15 cm hohe junge Pflanze Fig. 2. Zuphorbia aphylla Brouss. Tenerife. Nat. Gr. mit kandelaberartiger Verzweigung. Im botanischen Garten zu Zürich [SCHIMPER.] photographiert von H. SCHENCK, April 1907. Die basale Region der Canaren beherbergt von Stammsucculenten noch 2 endemische Arten der Asclepiadaceengattung Ceropegia, nämlich die auf den Inseln verbreitete Ceropegia dichotoma Haw., den „Cardoncillo“, und die nur auf Gran Canaria beschränkte Ceropegria fusca Borre, zwei Felssträucher, die sich mit ihren, bald blattlos werdenden, gegliederten, stielrunden, succulenten Stengeln an die Pflanzenform der Zuphorbia aphylla anschließen. Ihre nächsten Ver- wandten leben in Südafrika und in Indien. 1) BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XX XIII, 1904, S. 448. 35 332 H. SCHENCK, S 260 An die Stammsucculenten reihen wir Aloe vulearis Lam. (= Aloe vera L.) als Vertreter der Blattsucculenten an, zu denen auch die in $ 5 erwähnten Sempervivum- und Monanthes- Arten zu rechnen sind. Die Alo& der Canaren ist ein Gewächs, das wiederum seine nächsten Ver- wandten in Südafrika und zwar dort in einem ungemeinen Formenreichtum aufweist. Als eine der Stammpflanzen der offizinellen Alo&-Droge hat sie in fast allen wärmeren Küstenländern der alten und der neuen Welt weite Verbreitung gefunden, und so stößt die genaue Feststellung ihrer Heimat auf Schwierigkeiten. Allem Anschein nach aber scheint sie den Canaren und Capverden ursprünglich‘ eigentümlich gewesen zu sein als Gegenstück zu der auf Socotra einheimischen Aloe Perryi BAER. Christ!) sagt zur Begründung seiner Ansicht von der insularen Herkunft der Pflanze, sie trete im Mittelmeergebiet nur in der Nähe des Seestrandes, an Felsen und Mauern und derart ver- einzelt auf, daß wohl nirgends der Verdacht der Einwanderung im Gefolge der Menschen ganz ausgeschlossen sei; ferner komme sie nicht im benachbarten Nordafrika (Marokko) vor. Auf den Capverden und zwar auf S. Antonio dagegen erscheine sie nach Schmipr fern von allen menschlichen Wohnungen an steilsten Felsenwänden. Die Aloe wulearis2) ein etwa 1/2 m hohes Grewächs, hat succulente, lanzettlich zugespitzte, bedornte, zurückgebogene Blätter an einem kurzen holzigen Stamm, der einige Jahre bis zur Blütenbildung gebraucht (bei uns in Kultur 6—7 Jahre). Die Blütezeit fällt in den März. Auf den Canaren wächst die Alo& zerstreut an Küstenfelsen, so bei Garachico auf Tenerife. Dem trockenen Klima der basalen Regie erscheint die Vegetationsform der Succulenten in hohem Grade angepaßt. Das zeigt sich auch in dem vorzüglichen Gedeihen der aus der neuen Welt zur Cochenillezucht früher eingeführten und jetzt überall verwilderten „Tuneras“, in erster Linie Opuntia Ficus indica |., weniger häufig Opuntia Tuna Mırı. Ebenso ist die blatt- succulente mexikanische Agave americana L., auf den Inseln heimisch geworden. $ 3. Die canarische Dattelpalme, Phoenix Jubae (WEBB) CHRisT. („Text“ von A. F. W. SCHIMPER.) “ „Eine_Exkursion von Puerto de la Orotava nach einem westlicher gelegenen Punkte der „Nordküste, Icod de los Vinos, bietet die Gelegenheit, die verschiedenen Vegetationsformationen „und die wichtigsten Pflanzentypen der unteren Region der Insel kennen zu lernen. „Allenthalben zeigt sich längs des Weges, teils einzeln, teils in kleinen Beständen, die „canarische Dattelpalme, Phoenix Jubae(W EB») CHrısr3) [= Phoenix canariensis Horr.] (Taf. XVII [H]) „Sie ist auf dem canarischen Archipel endemisch, doch kommt sie jetzt wildwachsend nur „auf Palma vor, in den Felsspalten entlegener Barrancos. Auf Tenerife zeigt sie sich nur im „Bereiche der Kultur, angepflanzt oder verwildert. Auf den Capverden, auf Madeira und auf den „Azoren fehlt sie. „Schon in weiter Ferne kennzeichnet sich die canarische Dattelpalme von der ebenfalls „kultivierten afrikanischen Phoenix dactylifera L., bei letzterer erhebt sich die Blattkrone als „steifer Besen, nur die alten Blätter hängen, nicht minder steif, herab. Bei ersterer krümmen „sich die Blätter in weitem Bogen herunter. 1) CHRIST, Spieilegium, 1888, S. 171; Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 508. 2) Abbildung z. B. in A. SCHNIZLEIN, Icon. fam. nat., Vol. I, Bonn 1843—46, Tafel LV. 3) CHRIST, Veget. u. Flora der Canarischen Inseln, S. 500. 36 Beiträge zur Kenntuis der Vegetation der Canarischen Inseln. 261 „Junge Exemplare (Textfig. 4) zeigen neben der viel bedeutenderen Größe der Blätter den „Unterschied in noch auffallenderer Weise als die ausgewachsenen Bäume; letztere erheben sich „bei der canarischen Art anscheinend niemals zu so bedeutender Höhe, wie die mächtigen Dattel- „palmen der algierischen Sahara, deren Prachtgestalten außerhalb ihres natürlichen Wohngebietes „auf den Canaren wie an der Küste des Mittelmeeres niemals auch nur entfernt erreicht werden. Fig. 4. Phoenix Jubae (WEBB) CHRIST. Junge canarische Dattelpalme. Tenerife. [SCHIMPER.] „Die nähere Betrachtung beider Palmen zeigt noch andere Unterschiede Die Gesamt- „fläche des Blattes bei der Dattelpalme ist nach der Mitte der Krone gerichtet, der stabförmige „Stiel stellt sie senkrecht zur Lotlinie, bei der canarischen Palme erfährt der bandförmige Blatt- „stiel eine Drehung von etwa 90°, wodurch die Blattfläche sich gleichsinnig mit der Lotlinie „stell. An der noch kurzstämmigen Palme beider Arten ist der Unterschied auffallend. Bei der „afrikanischen Dattelpalme sehen wir die Blätter des regelmäßigen Trichters an den Seiten 37 DL [67 H. SCHENCK, 38 „im Profil, bei den canarischen zeigen die „seitlichen Blätter ihre breiten Flächen, und „das Ganze stellt ein viel weniger regel- „mäßiges Bild dar. „Die Krone der canarischen Palme „bietet gegenüber ihrer Verwandten auch „ein Bild größerer Ueppigkeit. Ihre Blätter „sind breiter, ihre Segmente sind es eben- „falls und gleichzeitig weniger gefaltet, so „daß sie sich berühren; auch sind sie leb- „haft grün, nicht graugrün, so daß die ganze „Krone voll, schwer und krautig saftig er- „scheint, während diejenige der libyschen „Art sich durchsichtig, sparrig und wie aus „Blech herausgeschnitten darstellt. „Die Unterschiede sind nicht auf „Stamm und Blatt beschränkt; auch der „Blütenstand der canariıschen Art weicht „durch fächerartige Verzweigung von dem „massiven Blütenstand der Verwandten ab. „Die canarısche Dattel endlich ist rundlich, „nicht länglich; ihr Fleisch dünn und leder- „artig, für den Menschen ungenießbar; da- „gegen wird es von verschiedenen Vögeln „verzehrt. Der Same ist etwas größer als „derjenige der echten Dattel und entspricht „in seiner rundlichen Gestalt der Gestalt „der Frucht (Textfig. 5). Phoenix canarıensis kann bedeutende Höhe erreichen. Das höchste Exemplar auf Tenerife ist nach H. MEYER!) eine einsame 44 m hohe Palme im Garten der Familie Sauzal zu Orotava, der auch den berühmten Drachenbaum Hvumsorpr’s enthielt; sie sei vor 400 Jahren schon für die Guanchen eine bekannte Landmarke gewesen. Uebri- Fig. 5. Phoenix Jubae (WEBE) CHRIST. DBlattteil, Zweig des Fruchtstandes und Einzelfrucht mit teilweiser Ent- fernung des Exokarps. Nat. Gr. Aus dem Garten La Mortola. [SCHIMPER.] 1) H. MEYvER, Tenerife, S. 95. Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 263 gens liegen betreffs des Alters höherer Bäume keine exakten Mitteilungen vor, und daher ist auch diese Angabe mit Vorsicht aufzunehmen. „Die canarische Dattelpalme wird gegenwärtig auf sämtlichen Inseln angetroffen; ob sie „auch ihnen allen angehörte, kann nicht mehr entschieden werden. Jedenfalls hat sie ohne Mit- „wirkung des Menschen den Archipel nicht überschritten. Als Zierpalme kultiviert, verdrängt sie „an den Küsten des Mittelmeeres mehr und mehr die gewöhnliche Dattelpalme, welche sie unter „einem der letzteren weniger zusagenden Klima an Schönheit weit übertrifft. Ihre Merkmale „bleiben unverändert erhalten; es ist unbegreiflich, daß sie früher beinahe allgemein und heute „noch von einigen Fachmännern nur als eine Varietät der Phoenix dactylıfera betrachtet wird. Da die Gattung Phoenix schon im Tertiär von Süd- und Mitteleuropa in verschiedenen Arten weit verbreitet war, so liegt die Vermutung nahe, daß die canarische Art schon in dieser Periode, ebenso wie auch der canarische Drachenbaum, nach den Inseln gelangte. $ 4. Der canarische Drachenbaum, Dracaena Draco 1... („Text“ von A. F. W. SCHIMPER.) „Weit seltener ist die zweite Baumart der unteren Region, aber auch viel merkwürdiger. „Der Drachenbaum, Dracaena Draco L.2), ist die berühmteste Schöpfung der Pflanzenwelt der „Canaren (Taf. XVII [III] und XIX [IV]. Ihre, wie man glaubte, einzig dastehende ungeschlachte „Gestalt, welche zum Vergleiche mit den Dickhäutern unter den Tieren führte, wurde bereits von „den ersten Reisenden bewundert und geschildert und ist seit der Darstellung Humsorpr’s in „ihren wesentlichen Zügen allgemein bekannt. „Aehnlich wie die canarische Dattelpalme ist auch der canarische Drachenbaum im wild- „wachsenden Zustande selten geworden. Wie die erstere gehört er zu der Flora der trockenen „offenen Standorte, der Felswände der Barrancos. Wer» und BERTHELOT3) geben als zwei ursprüngliche Standorte des Drachenbaumes auf Tenerife unzugängliche Felsen im Barranco del Infierno bei Adeje®) und die beiden Basalt- pyramiden Los dos Riscos im Thale von Taganana an. BoRNMmÜLLER>) äußert sich über sein Vorkommen folgendermaßen: „Drachenbäume sind allerorts auf den Inseln anzutreffen, bald außer- halb, bald innerhalb von Einzäunungen. Zweifelsohne wildwachsende Exemplare in allen Alters- stufen kann man reichlich beobachten an den zum Meere hingewandten, etwa 300 m hohen Felswänden der Roque de las animas bei Taganana“ ... ferner „auf dem Wege von Garachico nach Los Silos, hoch an den Felsenzinnen des in senkrechten, reichbewachsenen Wänden ab- fallenden Gebirgsstockes“ Das heutige spontane Auftreten des Drago scheint nach BORNMÜLLER somit auf die geologisch ältesten Teile der Insel beschränkt zu sein. 1) WEBB et BERTHELOT, Histoire nat. des Iles Canaries, T. III, 1; Geogr. bot., Paris 1840, p. 73 u. 177; Miscellandes, p. 2 u. 97. — S. BERTHELOT, Observations sur le Dracaena Draco L. Nova Acta Acad.-Leop. Carol., Vol. XII,, Bonn 1827, p. 777. — N. W. P. RAUWENHOFF, Bijdrage tot de kennis van Dracaena Draco L. Verhandelingen der Koninkl. Akad. van \Wetenschappen, Amsterdam, Bd. X, 1864. — H. SCHACHT, Madeira und Tenerife, 1859, S. 24 u. 162. — MEYER, Tenerife, S. 95 u. It. — CHRIST, Frühlingsfahrt, S. 168, 186, 200; Veget. u. Flora der Can. Inseln, S. 471 u. 507. — F. C. Norr, Das Thal von Orotava auf Teneriffa. Programm der höheren Bürgerschule Frankfurt a. M., 1872, S. 22. — H. LoOJANDER, Beiträge zur Kenntnis des Drachenblutes, Diss. Straßburg, 1887. Hier auch die gesamte ältere Litteratur. 2) Canarisch „Drago‘“, maderensisch „Dragoeiro“, französisch „Dragonnier“, 3) WEBB et BERTHELOT, Phytogr. canar., T. II, p. 331 und Atlas, Taf. VIII, Fig. 2 u. 4. 4) Dieser Standort auch von FrırscH, Reisebilder, S. 7, aus den Jahren 1862/63 erwähnt. 5) BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, S. 409. 39 H. SCHENCK, Junger unverzweigter Baum in einer Opzuntia-Kultur. Links und im Vordergrund Klernia Fig. 6. Dracaena Draco L. [SCHIMPER.] nerıifolia HAw., ganz links Zuphorbıa canarıensis L. Tenerfe. Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 265 Were und BErTHELoT nennen als Heimat des Baumes innerhalb des Canarischen Archi- pels die Inseln Canaria, Tenerife, Gomera, Palma. Es ist wohl anzunehmen, daß er vor der Eroberung der Inseln auch auf Hierro vorhanden war. Auf Palma wachsen noch viele Dragos im nordöstlichen Teile, besonders bei Barlovento und La Gallega!); auf Gomera sollen sie nach BoLrE2) einst überaus häufig gewesen sein, er fand aber nur noch ein einziges mächtiges Exemplar in der Nähe von S. Sebastian. Der Drachenbaum fehlt auf den Purpurarien; hingegen gehört er, im Gegensatz zur canarischen Palme, auch der Flora der Madeira- und Capverden-Gruppe an. Auf ersterer Insel ist er fast ausgerottet; Were sah ihn zum letzten Male wild- wachsend auf Porto Santo im Jahre 18283); auf Madeira giebt es nach BORNMÜLLER #) heute noch wildwachsende Exemplare an den Felswänden des Cabo do Garajäo. Hingegen dürfte er auf den Capverden noch zahlreicher erhalten geblieben sein, wo ihn BoLLE in Mengen wild gefunden hat5). Abgesehen von den wenigen, anscheinend ursprünglichen Standorten findet man die merkwürdige Erscheinung des Drago auf den Canaren jetzt beinahe nur noch in der Nähe der Wohnungen, in Gärten; die ältesten Bäume allerdings mögen ver- schonte Ueberbleibsel der Urvegetation vorstellen. „Der ebenso durch Dicke wie durch plumpe Unförmlich- „keit auffallende Stamm, von welchem stellenweise fingerdicke „Luftwurzeln entspringen, teilt sich in einer im Verhältnis zu „seiner Dicke mäßigen Höhe in mehrere dicke Aeste, die nach „wenig wiederholter, wirteliger oder gabeliger Verzweigung in „Rosetten schwertförmiger Blätter enden. So kommt das ge- „wöhnlich zum Vergleich herbeigezogene Bild eines mächtigen „schwerfälligen Kronleuchters zu stande. „Junge Drachenbäume sind noch seltener alsalte. Der Unter- „schied im Wuchse zwischen ersteren und letzteren ist auffallend „(Textfig. 6 u. Taf. XVII [II] XIX [IV). Aehnlich wie die anderen „Liliaceenbäume verzweigt sich der Drachenbaum erst, nachdem er „beträchtliche Größe erreicht hat; ebenso trägt aber zu dem ab- „weichenden Aussehen die Verteilung der Blätter bei, welche den „noch unverzweigten Stamm als lockere Spirale umwinden. Die Fig. 7. Dracaena Draco L. Teil „verbreiterten und ineinander geschachtelten Blattbasen umhüllen a EN Ben en „die Zweiggipfel panzerartig. Die Blüten sind in Rispen gruppiert; die „rotgelben, kirschgroßen, sehr saftigen Beeren werden von Vögeln, namentlich von Amseln, verzehrt „und enthalten einen, selten zwei oder drei Samen (Textfig. 7). In welchem Alter die Verzweigung 1) FRITSCH, Reisebilder, S. 15. 2) BOLLE, Gomera, S. 234. 3) CHRrIST, Vegetation, S. 507. 4) BORNMÜLLER, Botan. Jahrb., Bd. XXXIII, S. 410. 5) CHRIST, Vegetation, S. 507. 4ıI Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. r. Teil. 34 266 H. SCHENCK, „eintritt, ist nicht sicher festgestellt, ebenso ist das Alter der mächtigen Bäume mit irgendwelcher „Sicherheit in keinem Falle festgestellt worden, denn es fehlt bis jetzt an zuverlässigen Grund- „lagen, Jahresringe lassen sich in dem sekundären Zuwachse des Stammes nicht erkennen. Die jungen Drachenbäume haben einen einfachen dicken Stamm (Textfig. 6), dessen Ver- zweigung erst erfolgt, nachdem seine Gipfelknospe in die Bildung der ersten Blütenrispe auf- gegangen ist. ScHachr!) sah in Santa Cruz auf Tenerife einen 8-jährigen, etwa 8 Fuß hohen jungen Drago, der schon zum ersten Male blühte, und bemerkt, daß sonst in der Regel die erste Blüte viel später, wenn der Stamm schon 20 Fuß hoch sei, hervortrete. Nach BErTHELoT2) beginnen die Drachenbäume erst nach 25—30 Jahren sich zu gabeln. Cnrisr3) sagt, daß junge Dragos unter ıo Jahre alt bei einer Höhe von ı!/2 m bereits Stämme von Schenkeldicke aufweisen. Weitere Beobachtungen über Höhe und Alter sind erwünscht. Ohne Zweifel werden die Standortsverhältnisse von Einfluß auf das frühere oder spätere Eintreten der Blüte sein. In unseren Gewächshäusern, wo ihnen die Sonne mangelt, gebrauchen die jungen Drachen- bäume naturgemäß weit längere Zeit, ehe sie blühreif werden, als unter dem milden Klima der Canaren. Aehnliches Verhalten ist ja auch für die hapaxanthische Agave armericana bekannt. So wird es immer ein seltenes Ereignis sein, wenn in einem botanischen Garten ein Drachenbaum- zur Blüte gelangt. RAUWENHOFF#) citiert eine Mitteilung von Mackay, wonach ein 1810 zu Dublin aus Samen gezogener Drago 1846 bis zu dem Dache des 20 Fuß hohen Hauses herangewachsen war. Der Stamm wurde dann 4 Fuß über dem Boden erst eingeschnitten, später ganz durch- schnitten und nach Bildung neuer Luftwurzeln wieder eingepflanzt, worauf er im ganzen nach 14 +18 Monaten zur Blütenbildung überging. Ueber 38 Jahre dauerte also in diesem Falle das Jugendstadium. Solche Verkürzung zu lang gewordener Drachenbaumstämme wird und wurde öfters in Gewächshäusern ausgeübt, so mit Erfolg an Exemplaren des botanischen Gartens zu Darmstadt und zu Frankfurt a. M., sie beweist, daß die Drachenbäume außerordentlich lebens- zähe sind. BERTHELOT>) bewahrte in seinem Zimmer zu Orotava einen losgerissenen Ast eines Drachenbaumes auf, dessen grüne Früchte reif wurden und der noch nach ı4 Monaten frische Blätter aufwies, und bemerkt: „Par leffet de leur robuste organisation ils r&sistent aux vents les plus impetueux, bravent sur un sol volcanis& les rayons d’un soleil brülant et toutes les intem- peries de l’atmosphere.“ Die beste mir bekannte Abbildung des Blütenstandes von Dracaena Draco giebt Rauwen- HOFF6) nach einem im botanischen Garten zu Rotterdam im Mai 1860 zur ersten Blüte gelangten Drago, dessen Schaft bis zur Blattkrone 2,74 m Höhe maß und an seinem Gipfel eine ca. ı,2 m hohe Krone trug; leider ist das Alter dieses Baumes nicht angegeben. Die große Panicula steht terminal, die kleinen, denen des Spargels ähnlichen Blüten zu 4 oder 5 gebüschelt an den Rispenästen. I) SCHACHT, Madeira, S. 26. 2) BERTHELOT, Nova Acta, Vol. XII,, S. 783. 3) CHRIST, Frühlingsfahrt, S. 202. 4) RAUWENHOFF, ]. c. S. 50. 5) BERTHELOT, Nova Acta, Vol. XIIL,, S. 781 u. 783. 6) RAUWENHOFF, |. c. Taf. I. Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 267 BERTHELoT!) bildet einen blühenden Ast von einem verzweigten Baume ab und bemerkt, daß die Blüten sich abends öffnen, am folgenden Morgen wieder schließen; auf den Canaren fällt die Blütezeit auf Ende August. Die alten Rispen lösen sich ein oder zwei Jahre nach der Blütezeit los und hinterlassen je eine tiefe Narbe; der abgeblühte Sproß stellt damit sein Längenwachstum ein und erzeugt dann unter seinem Ende einige wirtelig gestellte Seitensprosse, oft auch nur zwei, oder an manchen Aesten höherer Ordnung auch nur einen Tochtersproß, der dann den Muttersproß sympodial fort- setzt, sich aber durch eine Einschnürung von ihm auch späterhin deutlich abgesetzt zeigt. Die Verzweigung erfolgt also in ähnlicher Weise, wie am Rhizom von Polygonatum oder von Iris. Der Hauptstamm verzweigt sich in mehrere (4, 5) wirtelig gestellte dicke Aeste2), die sich dann weiter zu der eigenartigen Schirmkrone alter Bäume gabeln. Die Länge der einzelnen Glieder des Zweigsystems ist eine verschiedene, im allgemeinen sind die zuerst gebildeten Wirtel- äste länger und kräftiger als die Glieder höherer Ordnung. Deutlich kann man an unserer Ab- bildung des Baumes von Icod (Taf. XVII [IIN) unter dem Vergrößerungsglas an den tiefen Narben der abgefallenen Blütenstände die Sproßglieder voneinander unterscheiden und feststellen, daß die Aeste in der Regel sich mehrmals hintereinander monochasial fortsetzen, bevor sie eine Gabelung ausführen. Die obersten Glieder der Krone folgen so dicht aufeinander, daß die Zeit, die ein Glied bis zur Blütenbildung gebraucht, unmöglich eine sehr lange sein kann, jedenfalls nur wenige Jahre, während der Hauptstamm dazu viel mehr Jahre gebraucht. Aus der Wachs- tumsweise der Aeste erklärt sich, daß die Drachenbäume nicht jedes Jahr blühen, und daß die Blütenperioden je nach dem Lebensalter und je nach den Zweigen Verschiedenheiten aufweisen. In hohem Alter sind die Aeste ungleich entwickelt und gelangen daher nicht mehr alle gleich- zeitig zur Blüte. Genauere Beobachtungen dieser Perioden werden sicher Anhaltspunkte geben, um das Alter der Drachenbäume einigermaßen genau zu bestimmen. Der auf Taf. XVII [III] und in Textfig. 8 dargestellte Drachenbaum von Icod de los Vinos ist heute der größte und wohl auch der älteste auf Tenerife. Er wird zuerst erwähnt von SCHACHT?) 1857 mit 60—70 Fuß Höhe, mit 9,5 m Umfang 8 Fuß über dem Boden und mindestens ı2 m Umfang dicht über dem Boden. Sodann giebt Crrısr#) 1884 die Maße an mit ca. 20 m Höhe, ı1,7 m Umfang in 2,8 m Höhe über dem Boden, und macht darauf auf- merksam, daß also, falls Schachr’s Messungen in gleicher Weise wie die seinigen vorgenommen seien, der Baum in 27 Jahren eine Zunahme von 2,2 m erfahren habe. Dieser Fortschritt des Icoder Stammes im Wachstum sei ein so großer, daß der Begriff eines sehr schnell sich ver- dickenden, also sehr rasch wachsenden Baumes, unabweisbar sei. In der That ist das Alter der größten Drachenbäume ganz bedeutend überschätzt worden. Berechnen wir nach obiger Zunahme der Stammdicke das Alter des Icoder Baumes, so erhalten wir nur 143 Jahre. Ob diese Zahl nun zutrifft, muß einstweilen noch dahingestellt bleiben. O. Sımoxnv5) maß 1889 in gleicher Höhe wie Cnrist den Umfang zu 11,72 m, die Gesamthöhe zu 23 m. Auch Hans MEver 6) erwähnt den 1) BERTHELOT, Noya Acta, Vol. XIIL,, p. 779. u. Taf. XXX VII. 2) Christ, Frühlingsfahrt, S. 202, Abbildung eines Baumes mit 4-teiliger Kandelaberkrone. 3) SCHACHT, Madeira, S. 25. 4) CHRIST, Frühlingsfahrt, S. 200. 5) ©. Sımonv, Mitteil. d. k. k. Geograph. Gesellsch. Wien, Bd. XXXIII, 1890, S. 219. 6) H. MEYER, Tenerife, S. ııı u. 112. 43 268 H. SCHENCK, Prof. CHun, rechts Prof. Fig. 8. Dracaena Draco L. Stamm des großen Drachenbaumes bei Icod auf Tenerife. (Links SCHIMPER.) Nach photographischer Aufnahme von F. WINTER 21. August 1898. 44 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 269 Baum von Icod und giebt 1894 als Maße an ı2!/;ı m Umfang 3 m über dem Boden; somit gegen 1884 wiederum eine Zunahme von 0,55 m. Meyer meint, daß jede Gabelung einer Blüten- periode von ea. ı2 Jahren entspreche, und wenn man die vielen Verästelungen abzähle, möchten an 2000 Jahre für den Icoder Drago herauskommen. Selbst wenn wir auf unserem Bilde (Taf. XVII [IIT)) die zu hohe Zahl von 30 Verzweigungen herauslesen und dann die Periode bis zur Blüte für jedes Glied durchschnittlich mit 10 Jahren ansetzen, erhalten wir nur 300 Jahre. Auf Grund dieser und der obigen Schätzung von 143 Jahren kommen wir vielleicht auf + 200 Jahre. Unser Bild des Drago von Icod zeigt sehr deutlich die Luftwurzeln, die an älteren Aesten hervorkommen und die sich häufig in einige Seitenwurzeln verzweigen. In halber Höhe des Stammes und an seiner Basis sind zahlreiche solcher Wurzeln vorhanden. Diese Luftwurzel- bildungen mögen von Bedeutung sein für die Festankerung des Drago an steilen Felswänden, seinen eigentlichen Wohnstätten. Inwieweit übrigens solche Adventivwurzeln am Dickenwachstum des unteren Stammteiles beteiligt sind, bedarf noch der Untersuchung. In alten Bäumen siedeln sich häufig junge Sämlingspflanzen als Epiphyten an. Der Drago von Icod wırd an Höhe, aber nicht an Stammumfang und Alter, übertroffen von dem Drachenbaum bei Realejo de arriba. Christ!) bezeichnet ıhn als den höchsten Drago der Inseln; der schlanke, vollkommen gesunde Baum mit weithin sichtbarer Schirmkrone mißt reichlich über 25 m. Bungury 2) giebt 1857 seinen Stammumfang auf 14 engl. Fuß und 4 Zoll (= 4,37 m) in einer Höhe von 4 Fuß an. Leider fehlen Maßangaben aus neuester Zeit zum Vergleich, doch hält der Stamm nach der 1887 publizierten Abbildung von LoJanper etwa 13/ı—2 m Durchmesser. Das dritte hervorragende Exemplar auf Tenerife ist der Drachenbaum von Laguna, auffallend kurz- und dickstämmig und schon von Mannshöhe an verzweigt in eine außerordentlich dichtbuschige Krone (Taf. XIX [IV). Der gedrungene Wuchs mag hier vielleicht durch die Höhenlage (Laguna 550 m) mitbedingt sein. Leider liegen keine genauen Messungen des wohl annähernd 2 m dicken Stammes vor. Fast macht der Baum den Eindruck, als ob er durch Verwachsung aus mehreren Stämmen hervorgegangen sei. Der mächtigste Drago der Canaren ist der durch die Schilderung A. v. Humsorpr’s und aller späteren Reisenden berühmt gewordene Drachenbaum zu Orotava3) gewesen. Humsorort #) schätzte 1799 seine Höhe auf 50—60 Fuß; sein Umfang betrug nahe über den Wurzeln 45 Fuß (14,6 m), sein Durchmesser in einer Höhe von ıo Fuß über dem Boden nach Sir GEORG STAUNTON noch r2 engl. Fuß (= 3,7 m), sein mittlerer Umfang nach Borva 33 Fuß 8 Zoll — 10,9 m). BERTHELOT5) berichtet, daß dieser berühmte Baum schon zur Periode der Er- oberung Tenerifes 1496 als ein Baum von hohem Alter betrachtet worden sei, und giebt 1827 als Maße an: Höhe 70—75 Fuß, Verzweigung in Höhe von 20 Fuß, Umfang an der Basis 461/2 Fuß = 15,1 m). Am 21. Juli 1819 riß ein Sturm die Hälfte der Krone ab; im März 1867 wurde der Baum durch einen Orkan ganz zusammengerissen 6), und 1868 ging sein Stumpf 1) CHRIST, Frühlingsfahrt, S. 186. Gute Abbildung des Baumes in LOJANDER, |. c. Taf. IV. 2) BUNBURY, Journal of the Proceedings of the Linnean Society, Bot., Vol. I, 1857. 3) Abbildung im Atlas von WEBB und BERTHELOT, Taf. VIII, aus den Jahren 1790 und 1830. Ferner SCHACHT, Madeira, S. 24 aus dem Jahre 1857. 4) A. Y. HUMBOLDT, 1. c. S. 104. 5) BERTHELOT, Nova Acta, 1827, p. 780. 6) E. HAECKEL (Eine Besteigung des Pik von Tenerife, Zeitschr. d. Ges. f. Erdk., Bd. V, 1870, S. ı4) hat den Baum im Herbst 1866 noch lebend gesehen. 45 270 H. SCHENCK, durch Feuer zu Grunde. F. C. Norr!), der Tenerife 1872 besuchte, teilt die Messungen des Herrn WILDPREr mit — eine Höhe von etwa 65 Fuß, einen Umfang von ı8 m — und erwähnt, daß zwei Nachkömmlinge des Riesen, aus bei seinem Sturze gesammelten Samen von Herrn HoNEGGER gezogen, im Gewächshause des botanischen Gartens zu Frankfurt a. M. grünen. Diese beiden Dragos, denen somit ein historisches Interesse zukommt, existieren noch heute, der eine gedeiht im Palmen- garten, der andere, im botanischen Garten zu Frankfurt verblieben, hat nach meiner Messung 1907 einen Stammdurchmesser von ıo cm und eine Höhe von 7 m, war aber vor ca. 12 Jahren bereits um ı!/a m an seiner Basis gekürzt worden und hat somit nach ca. 38 Jahren eine Gesamthöhe von 81/2 m erreicht, ohne zur Blüte gelangt zu sein. Das Alter des Humsorpr’schen Drachenbaumes ist auf ca. 1600 Jahre, von anderen, wie F. €. Norr mitteilt, sogar auf 4000—6000 Jahre geschätzt worden. Ein Zehntel der letzteren Zahl könnte meiner Ansicht nach eher das Richtige treffen. Die Zerstörung des Baumes durch zwei heftige Stürme zeigt, daß dem Lebensalter dieser Riesenbäume eine Grenze gesetzt ist, die Schirmkrone wird schließlich zu schwer und bietet den Orkanen zu viel Angriffspunkte dar. „Geringe Mengen eines rötlichen Harzes treten hie und da aus Rissen der Rinde des „Drachenbaumes während des Sommers hervor. Diese unbedeutende Erscheinung sprach zu der „Phantasie der früheren Reisenden noch weit mehr, als seine sonderbare Gestalt. Der Saft sollte „zu Blut werden, zu „Drachenblut“, und merkwürdige Eigenschaften besitzen. Dieses canarische „Drachenblut findet höchstens an Ort und Stelle einige Verwendung. Das Drachenblut des „Handels wird von Calamus Draco geliefert. „Ebenso merkwürdig wie in morphologischer ist auch der canarische Drachenbaum in „geographicher Hinsicht. Zwar ist die Gattung mit 36 Arten in den Tropen der alten Hemi- „sphäre von Westafrika bis Australien verbreitet, jedoch weichen ihre Arten in dem nächsten „Gebiet, wo sie sich zeigt, in dem Kamerungebirge, von der canarischen bedeutend ab. Sehr „nahe Verwandte von Dracaena Draco sind hingegen Dracaena Cinnabari Baır. fil. von Soco- „tra2), Dracaena schizantha Baxer von der Somaliküste und Dracaena Ombet Korschy et „PEyR. aus Nubien 3). Dracaena Boerhavi TENORE ist ein in botanischen Gärten öfters kultivierter Drachenbaum mit langen, herabhängenden Blättern: sie stellt nur eine wohl in der Kultur entstandene Form der Dra- caena Draco, die Varietät pendulifolia HAYNE, vor'). „Auf das Vorkommen der beiden, nahe verwandten Drachenbäume auf den Canaren und „auf Socotra sind die Beziehungen zwischen den so weit voneinander entfernten und klimatisch „nicht sehr ähnlichen Inseln — denn Socotra ist heißer und noch trockener — keineswegs be- „schränkt. Vielmehr zeigen die Floren eine ganze Anzahl paralleler Arten gerade unter den- „jenigen Typen, die den Canaren ihr eigenartiges Gepräge verleihen. ı) F. C. Nort, Thal von Orotava, S. 22. 2) Abbildung von Dracaena Cinnabari BALE. f. und eines Drachenbaumbestandes auf Socotra siehe in Vegetationsbilder, 3. Reihe, Heft 5, R. v. WETTSTEIN, Socotra, Taf. XXV u. XXVI. 3) Diese Art wird von DURAND et ScHInz (Conspectus florae Africae, T. V, 1895, p. 327) sogar als Subspecies zu D. Draco L. gezogen, wohl nach dem Vorgange von BAKER (Journ. of the Linn. Soc., Vol. XIV, 1875, p. 527), ist aber sicher von ihr verschieden. Abbildung von Dracaena Ombet auf Taf. V bei H. LOJANDER. 4) Vergl. GÖrPERT in Flora, 1853, S. 400. 46 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. DE „Die unerwartete Uebereinstimmung wird vollkommen begreiflich, wenn wir anstatt der „jetzigen Verbreitung der Gattung deren früheres Areal betrachten !). „oligocänzeit war Dracaena mit mehreren Arten in Mittel- und Süd- „europa vertreten; einige derselben waren mit der canarıschen Art „verwandt und besaßen ähnliche Dimensionen, namentlich gehörten „Dracaena Brongiartii SAPORTA2) und Dracaena narbonensis SAPORTA 3) „zum gleichen Artenkreise (Textfig. 9). Das Schwinden der Drachen- „bäume aus Europa wurde nicht wie dasjenige so vieler anderer „Lertiärbäume durch die Glacialzeit, sondern durch die klimatische „Veränderung, welche mit dem Miocän eintrat, bedingt. In dem aus „zahlreichen Inseln bestehenden europäischen Areal der eocänen Dra- „cänen war das Klima, nach dem Gesamtbild der Vegetation zu ur- „teilen, demjenigen, welches gegenwärtig in den unteren Landschaften „der Canaren herrscht, ähnlich, d. h. ebenso arm an Niederschlägen „wie die Sahara, aber wie auf allen Inseln durch Reichtum der Luft „an Wasserdampf charakterisiert. Der Vegetationscharakter der Küsten- „landschaft von Teneriffa, mit ihren Dracänen und Dattelpalmen, „ihren kleinblättrigen und dornigen Gewächsen hat mit demjenigen „Europas zur Eocänzeit eine unverkennbare Aehnlichkeit. Wie die „Dracaenen und Dattelpalmen aus dem eocänen Europa die Canaren „erreichten, wird durch den Umstand, daß die Früchte von Vögeln „verzehrt werden, leicht begreiflich. Fig. 9. Blatt von Dracaenites narbonensis, links ein Wedel von Hemionitites scolo- Dendrioides. Aus dem Tertiärkalk von Armissan bei Narbonne. '/, nat. Gr. Nach SAroRTA (Annales des Sciences nat., Botanique, 5° Serie, Tome IV, 1865, Pl. V, Fig. 5). [SCHIMPER.] Zur Eocän- und Unter- $ 5 Die canarıschen Federbuschgewächse. („Text“ von A. F. W. SCHIMPER.) „so fremdartig und neu der Wuchs des Drachenbaumes dem Reisenden erscheint und „ohne Aehnlichkeit mit irgend einem kontinentalen Gewächs, so ist seine Gestalt doch auf den „Canaren keineswegs isoliert; vielmehr sieht man in den offenen Landschaften des Tieflandes der „Inseln überall, jedoch in Zwergform, die Kandelaber mit den Federbüschen schmaler Blätter auf- „treten. Man glaubt manchmal eine einzige Art oder doch ganz nahe verwandte Arten vor sich „zu haben, und man erstaunt, wenn man die Blüten erblickt, in der einen eine Wolfsmilch, in „der anderen einen Senecio zu erkennen. „Holzgewächse aus den verschiedensten Verwandtschaftskreisen haben auf den Canaren „die Federbuschform angenommen, darunter einige der gemeinsten Endemen, wie die un- I) A. SCHENK in ZırTTErL’s Handbuch der Paläontologie, Bd. II, 1890, S. 360, 820, 829. 2) SAPORTA, Annales des Sc. nat., Bot., 4° Serie, T. XVII, 1862, p. 227. 3) SAPORTA, Annales des Sc. nat. Bot., 5° Serie, T. IV, 1865, p. 86. 47 NET H. SCHENCK, 72 „krautartig überall wuchernde Aleinia nerüfolia Haw. (Textfig. 10 und ır), die ebenso häufige „Zuphorbia regis Jubae WEBB (Taf. XX [V] und Textfig. 12), welche sterile Standorte oft für sich „allein in dichten Beständen beherrscht, und eine Anzahl anderer mehr lokalisierter Euphorbien „von ähnlicher Gestalt, die mit der genannten zusammen die Gruppe der Tabaybas bilden. Fig. 10. Federbuschsträucher. Links Zuphorbia atropurpurea BROUSS., rechts Aleinia nerifolia HAaw., Canaren. Stark verkleinert. Nach WEBB und BERTHELOT, Atlas, Facies Taf. II und III. [SCHIMPER.] „Manche der endemischen canarischen Sernperviva haben mit der Afeinia, trotz ihrer mehr „fleischigen Blätter, eine sehr große Aehnlichkeit, und die gleiche Form tritt wieder auf bei „Zchium-Arten (E. virescens DC. |Textfig. 13 und 19) £. simplex DC. etc.). „Suchen wir nach der Federbuschform in anderen Gebieten, so finden wir sie vertreten, „jedoch anscheinend weniger häufig, auf den anderen makaronesischen Inseln; sie zeigt sich in aus- „geprägter Form in der Campanula Vidalii Waıson der Azoren (Textfig. 13) und in einer abweichen- „den Ausbildung des Grundtypus bei der ebenfalls zu den Campanulaceen gehörenden Musschia „Wollastoni Lowe von Madeira (Textfig. 14.) Wir vermissen sie ganz in den Mediterranländern, deren „Flora systematisch mit derjenigen der makaronesischen Inseln so nahe verwandt ist. Auch bei den „nächsten Verwandten canarischer Federbuschpflanzen finden wir sie nicht. So ist die südeuropäische „Euphorbia dendroides L. mit den canarischen Tabaybas verwandt und erinnert auch habituell an „dieselben, nur nicht in dem besonders charakteristischen; die Aeste sind dünner und die Blätter „sind durch deutliche Internodien getrennt, in lockerer Spirale angeordnet. Der gleiche Unter- „schied kennzeichnet die canarische Aleinia nerüfolia Haw. vor ihren marokkanischen Ver- 48 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. [57 —I (#5) Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13. Fig. ıı. Xleinia nerifolia Haw. 69 cm hohes Exemplar. 16. Mai 1907 photographiert im botanischen Garten zu Darmstadt von H. SCHENCK. Fig. 12. Zuphorbia regis Jubae WEBB et BERTH. 70cm hohes, ca. 6 Jahre altes Gewächshausexemplar, mit den ersten Astquirlen. Im botanischen Garten zu Zürich photographiert von H. SCHENCK, April 1907. Fig. 13. Federbuschpflanzen. Links Campanula Vidalii WATSON von den Azoren, in der Mitte Zuphorbia balsami- fera AIT. von den Canaren, rechts Zchz- num virescens DC. von den Canaren. Stark verkleinert. Photographische Auf- nahme von C. Rur im botanischen Garten Basel. [SCHIMPER.] Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı8g99. Bd. II. r. Teil. 35 a H. SCHENCK, 274 „wandten (z. B. Aleinia pteroneura DC. Textfig. 15). Da kehrt aber die bedeutsame Erscheinung „wieder, die wir bei den Dracänen kennen lernten daß die Jugendform der canarischen Art „(Textfig. 16) bezüglich der Anordnung der Blätter den kon- „tinentalen Formen gleicht. Das Auftreten einer sonst selteneren „Wuchsform innerhalb der ver- „schiedensten Formenkreise, „die Abweichung der canari- „schen Art gerade bezüglich „dieses Charakters von ihren „kontinentalen Verwandten, die „Uebereinstimmung des ju- „gendlichen Zustandes der „ersteren mit dem ausgewach- „senen der letzteren sind un- „zweifelhafte Beweise, daß wir „es mit einer Anpassung an „äußere Faktoren zu thun „haben. B A Fig. 14. Musschia Wollaston! LOWE von Madeira. ''/,, nat. Gr. A vegetative Pflanze, B dieselbe Pflanze in Blüte. Photographische Aufnahme von C. RUF im botanischen Garten Basel. [SCHIMPER.] = U Ge Fig. 16. Fig. 15. Links Aleinia pteroneura DC. aus Marokko, rechts Euphorbia dendroides L. aus Südfrankreich. Nat. Gr. [SCHIMPER.] Fig. 16. Zuphorbia regis Jubae WEBB. Keimpflanze. Nat. Gr. Botanischer Garten Basel. [SCHIMPER.] 50 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 275 „Betrachten wir die Vegetation außerhalb des soeben umgrenzten Gebietes — desjenigen der „Mediterranländer mit ihren Kolonien — so werden uns allerdings Holzgewächse mit an einem ein- „tachen Stamme oder an wenigen dicken Aesten in Endrosetten gruppierten Blättern häufiger „begegnen, und zwar unter den verschiedensten Existenzbedingungen; auch wird sich in manchen „Fällen, im Gegensatz zur Flora der Canaren, ein unverkennbarer Zusammenhang mit der syste- „matischen Verwandtschaft bieten. Letzteres ıst namentlich der Fall bei den Palmen und bei „den Araliaceen. In beiden Familien weichen jedoch die Blätter wesentlich von denjenigen der „canarischen Federbuschgewächse ab; sie sind sehr groß, meist sehr breit und sehr reich zerteilt. „In den beiden erwähnten Familien, welchen wir noch einige andere Sippen hinzufügen „könnten, ist die Anhäufung der Blätter an den Achsenenden offenbar von klimatischen Faktoren „unabhängig; jedoch ist hier auch ein äußerer Faktor als gestaltbildend im Spiele, die Schwere- „Die großen Blätter von Palmen und Araliaceen haben ein bedeutendes Gewicht und sind durch „eine verhältnismäßig kleine Fläche mit dem Stamme verbunden. Nahe dieser Fläche ist im „Blattstiele die kritische Stelle, diejenige, wo das Zerreißen am leichtesten geschehen kann, denn „hier ist die durch das Gewicht des Blattes bedingte Spannung am größten. Denken wir uns „nun die Blätter durch den Wind bewegt, so wird die Spannung an der kritischen Stelle noch „weit größer werden, denn Stamm und Blatt werden ganz ungleich bewegt. Das Abreißen von „Blättern durch starken Wind geschieht, wie ich mich durch sehr zahlreiche Beobachtungen über- „zeugte, in weit höherem Maße, wenn dieselben groß, als wenn sie klein sind, und beinahe stets „an der kritischen Stelle, obwohl dieselbe verbreitert zu sein pflegt; die zweite kritische Stelle an „der Basis der Spreite ist nach meinen Beobachtungen weit widerstandsfähiger. „Es ist klar, daß das panzerartige Uebereinanderdecken der Blattbasen die Widerstands- „fähigkeit der kritischen Stelle beträchtlich erhöht. Eine Erhöhung der Widerstands- „fähigkeit ist um so notwendiger, als die Blätter größer und schwerer und „die Luft bewegter ist, denn in beiden Fällen ist die kritische Stelle mehr in Anspruch „genommen als bei geringer Größe der Blätter und bei ruhiger Luft. „Die Größe der Blätter bei Palmen und Araliaceen und anderen Gewächsen macht die „rosettenartige Gruppierung der Blätter ökologisch begreiflich. „Ebenso begreiflich ist es uns nach dem gleichen Gesichtspunkte, daß die Blätter boden- „ständiger Rosetten so viel häufiger große Dimensionen erreichen als diejenigen von Bäumen; „denn die kritischen Stellen sind hier von dem umgebenden Boden geschützt, und die Spreiten „werden in den tieferen Schichten der Atmosphäre weniger bewegt als in den oberen, wo die „hemmende Reibung der Erdoberfläche auf die Luftströmungen, sowie der von den größeren „Unebenheiten bedingte Windschutz aufhören. „Bei den Federbuschgewächsen mit mittelgroßen und kleinen Blättern muß ein anderer „Faktor als die Schwere der Blätter den starken Schutz der kritischen Stelle notwendig machen. „Die Federbuschpflanzen, deren Blätter die gewöhnlichen Dimensionen nicht „übertreffen und bei welchen der in Rede stehende Charakter nicht Sippenmerkmal ist, sind „ausschließlich Bewohner sehr windiger Standorte. „Betrachten wir diese Gewächse näher, so werden wir uns überzeugen, daß noch andere „Merkmale in Beziehung zur Luftbewegung stehen. Die Blätter typischer Federbuschpflanzen „sind lang und schmal oder entbehren doch einer ausgeprägten Gliederung in Stiel und Spreite. 51 335 D 76 H. SCHENCK, „Durch die schmale Gestalt ist dem Winde eine geringe Widerstandsfläche geboten und damit die Ge- „fahr des Zerreißens vermindert, sowohl der Spreite als auch, infolge des geringen Zuges, der kritischen „Stelle. Das Fehlen des Stieles bedingt dasjenige der oberen kritischen Stelle. Was die erste kritische „Stelle betrifft, so ist sie durch Verbreiterung der Blattbasis und namentlich durch das panzerartige „Uebereinanderdecken in wirksamster Weise geschützt. Die Spreiten sind blechartig steif, oder „zwar sehr biegsam, aber auch, dank der Ausbildung ihres mechanischen Systems, sehr elastisch 1). „Der Schutz gegen Wind zeigt sich auch in dem Achsensystem. Eine reiche Zerteilung „in kleine Aeste würde ein leichtes Zerreißen bedingen; daher sind nur wenige dicke Aeste vor- „handen. Säulenartige Festigkeit (z. B. beim Drachenbaum) oder große Biegsamkeit, verbunden „mit großer Elastizität, z. B. in auffallender Weise bei den Euphorbien, schützen Stamm und „Aeste gegen das Zerbrechen. Die Aeste sind zwar oft sehr lang, was die Inanspruchnahme der „kritischen Stelle an der Basis bei großer Biegsamkeit in hohem Maße bedingt, sie sind aber „dementsprechend an der Basis beträchtlich dicker, so namentlich bei den biegsamen Euphorbien. Im Anschluß an die vorstehenden Ausführungen ScHimreEr’s seien im folgenden noch einige weitere Angaben über Federbuschgewächse der Canaren und anderer Grebiete angefügt. ı) Compositen. Kleinia nerüfolia Haw. (Senecio Kleinia Less.) [Textfig. 10 und ıı, S. 272 und 273] ist der einzige Vertreter dieser hauptsächlich südafrikanischen, systematisch enge an Senecio sich anschließenden Gattung auf den Canaren, in der basalen Region des ganzen Archipels häufig und ihr eigentümlich; sie gehört mit manchen anderen canarischen Endemen zu dem von Christ als altafrıkanisch bezeichneten Bestandteil der Canarenflora?).. Eine zweite nach Norden vorgeschobene Art der Gattung, Aleinia pteroneura DC, tritt an der marokkanischen Küste auf. Kleinia neriifolia führt den einheimischen Namen „Berode“; sie stellt kleine, reich und regelmäßig quirlig verästelte Bäumchen dar, die in höherem Alter bis 3 m Höhe erreichen, mit fleischigen Zweiggliedern, die ein sehr großes Mark, einen sehr schmalen Holzring und eine grüne Rinde mit auffallenden, lange bleibenden Blattnarben, endständige Rosetten etwas fleischiger, schmaler Blätter und aus diesen hervorragende gelbe Blütenbüschel besitzen. Im Sommer werden die Blätter abgeworfen®). Außerordentliche Lebenszähigkeit zeichnet die Pflanze aus; abgeschnittene Zweige bleiben monatelang lebendig®). Allagopappus dichotomus Cass., ein gabelig verästelter Compositenstrauch der basalen Zone von Tenerife und Canaria, trägt lineale, derbe, 3—4 cm lange Blätter, die an den Astenden dicht aufeinander folgen. Er nähert sich darin sehr den typischen Federbuschpflanzen, ebenso wie auch das auf Fuertaventura endemische, im Handiagebirge die Felsen mit geselliger Vege- tation überziehende Odontospermum sericeum C. ScHuLrz (NMauplius sericeus Cass.), ein herrliches, 1—ı1/3 m hohes, kleines Zwergbäumchen mit silberweiß behaarten, spatelförmigen Blättern und thalergroßen, goldgelben, nach Hollunderblüten duftenden Strahlenblüten, eine der schönsten endemischen ı) Die Litteratur über die mechanischen Eigenschaften der Laubblätter hat seitdem eine Bereicherung erfahren durch ALFRED URSPRUNG, Die physikalischen Eigenschaften der Laubblätter. Gekrönte Preisschrift der Universität Basel. Bibl. botanica, Heft 60, 1903. Diese Arbeit wurde auf Veranlassung SCHIMPER’s unternommen. In ihr ist aber der Federbuschtypus nicht behandelt. 2) H. CHRIST, Ueber afrikanische Bestandteile der Schweizer Flora, S. 17. 3) A. BERGER, Systematische Uebersicht der kultivierten Kleinien (Monatsschr. f. Kaktenkunde, Bd. XV, 1905, S. 37) giebt an, daß die Pflanze in La Mortola im Oktober blüht und daß sie gegen Ende September von neuem austreibe, ganz wie Zuphorbia dendroides. 4) SCHACHT, Madeira, S. 126. — CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 467. 52 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 277 Pflanzen, die BorrE mit Zewcadendron argenteum des Tafelberges vergleicht und als canarisches Edelweiß bezeichnet!). 2) Euphorbia2). Die Federbuscheuphorbien, auf den Canaren „Tabaybas“ genannt, bilden eine makaronesische Gruppe der Sectio Tithymalus, Subsectio Pachycladae BoisstEr, die in einer Anzahl besonderer Arten auch auf anderen Inselgebieten der alten Welt (Socotra, Java, Fidji, Norfolk, Neu-Seeland) verbreitet ist. Die Tabayben verhalten sich in ihrem Formen- reichtum wie die makaronesischen Arten von Zechium, Sempervivum, Statice und Sonchus; sie stellen eine Gattungsgruppe vor, die aus dem Mittelmeergebiet frühzeitig nach den Inseln ge- langte und sich dort in neue Arten spaltete. Chrisr3) gruppiert die Tabayben folgendermaßen: ı) Blütenstände rispenartig: E. mellifera Aır. (Madeira, Canaren); £. stygirana Wars. (Azoren). 2) Blütenstände in Dolden: E. atropurpurea Brouvss. (Tenerife); Z. Dourgaeana J. Gay (Tenerife); Z. Tuckeyana Sreup. (Capverden); Z. Derthelotii C. BoLLE (Gomera); E. rvegis Jubae WEsB (Canaren); 7. fiscatoria (Madeira); Z£. obtusifolia Poir. (Canaren); Z. dendroides L. (mediterran). 3) Inflorescenz einköpfig: E. balsamıfera Arr. (Canaren). Unter ihnen erscheint Zuphorbia regis Jubae WEBE, „Tabayba selvaje“, auf allen westlichen Inseln der Canaren verbreitet und bedeckt oft ganze Abhänge mit ihrer ausschließlichen Vege- tation von Buschwäldern. Nach BorrE findet sie sich auch auf Fuertaventura. Sie wird bis 6 m hoch, ihr Stamm erreicht Schenkeldicke und verzweigt sich reich in 3—5-zählige OQuirle. (Taf. XX [V] und Textfig. 12.) Nächst dieser Art ist die Zuphorbia balsamifera Aır, „Tabayba dulce*“ (Textfig. 13), als ein reich verzweigter und regelmäßiger Kugelstrauch mit schirmdachartiger Krone und mit lineal- lanzettlich zugespitzten, ca. 20 cm langen Blättern in der basalen Region in der Nähe der Küste im Archipel verbreitet. Sie ist auf Tenerife weniger häufig als die erstere, wächst an der Südseite und auch an der Nordspitze der Insel; dagegen ist sie für Canaria charakteristisch, wo nach ScHAcHT (S. 129) ihre 10 Fuß hohen, runden Büsche die dürren Hügel bei Las Palmas bedecken. Vor allem aber repräsentiert sie den Typus der Tabayben auf den Purpurarien, wo außer ihr noch Z. vegis Jubae und obtusifolia vorkommen, aber hinter sie ganz zurücktreten. Auf Fuertaventura und Lanzarote bildet sie nach BorrE#), in endloser Menge aneinander gereiht, den sogenannten Monte verde oder Buschwald, sie wächst bis zur Größe eines mäßigen Feigen- baumes heran, bleibt allerdings meist viel niedriger und ist für die Bewohner von größter Wichtig- keit als Brennholz liefernde Holzpflanze. Diese Tabaybales gehören wohl mit zu den eigen- tümlichsten Bildungen der Canaren, indem in ihnen auf weite Strecken hin die Federbuschform ı) C. BoLLE, Florula insul. Purpur., S. 242, und Botanische Rückblicke auf Lanzarote und Fuertaventura, S. 249 u. 254. — CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 501. 2) CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 503; Spicileg., S. 106, und Botan. Jahrb., Bd. XIII, 1891, S. 13. — BoLLE, Florula insul. Purpur., S. 253. 3) CHkrısT, Botan. Jahrb., Bd. XIII, 1891, S. 13. 4) BOLLE, Botan. Rückblicke, S. 244. 53 H. SCHENCK, 278 dominiert. Borre!) sagt, daß auf der Südseite des Handiagebirges enorme Stämme vorkommen, der Hauptsache nach aus wirr dichotomem Astwerk bestehend, mit tafelförmigem, flachem Gipfel, das Ganze von fast viereckiger Gestalt. Von der kleinen Isleta de Lobos sagt BorLE2): „Ganz eingehüllt erscheint dies Lobos in den prachtvollsten Buschwald, den die Euphorbienformation je hervorzuzaubern vermochte. Es ist aus- schließlich Z. balsamifera, die auf der wüsten Insel, gruppiert um einen alten, vom Meere halb verschlungenen Erhebungskrater, wunderschön, in ganz jungfräulicher Unberührtheit und staunens- werter Baumgröße sich entwickelt und erhalten hat.“ Euphorbia obtusifolia Poır. wird für Tenerife, Canaria, Palma, Gomera und Hierro ange- geben und tritt nach BornmÜLLER namentlich auf den drei letztgenannten Inseln überall massen- haft auf. Auf Hierro ist sie der häufigste Strauch. Nach Borre kommt sie auch auf Graciosa, Fuertaventura und Lanzarote vor. Sie hat gleiche Tracht wie Z. regis Jubae. Euphorbia Berthelotii C. BoLLE3) ist im Gegensatz zu den drei vorigen Arten nur auf eine einzige Insel beschränkt, ein endemisches Erzeugnis Gomeras, wo sie nach BorrLeE in der Nähe der Küste in den Barrancos mit Zchium aculeatum Por. Buschwälder bildet. Sımony fand sie 1889 sogar in einigen Exemplaren auch auf dem Gipfelplateau der Fortaleza bei ı215 m. BorrE sagt: „Das etwa mannshohe Bäumchen (s—7 Fuß Höhe!) wölbt, fast breiter als hoch, seine kandelaberartige Krone über dem Sockel eines kurzen, am Grunde unmäßig verdickten und da- bei geringelten Stammes. Von giftigem Milchsaft strotzend und deswegen gefürchtet, starrt es im Herbste vollkommen blattlos mit sparrigen, aschgrau gerindeten Zweigen, deren obere Enden angeschwollen und blutrot gefärbt sind, in die Lüfte.“ Euphorbia atropurpurea Brouss., „labayba majorera* (Textfig. ı0, 17 und 18), kommt nur auf Tenerife vor, und zwar als Felsstrauch auf der Südseite der Insel und an ihrer Westecke (Vorgebirge Punta de Teno und bei Buena Vista). Der gabelig oder dreiteilig verästelte Strauch trägt rotbraun berindete, glatte Aeste mit quer verlaufenden Blattnarben und graugrüne, sitzende, verkehrt eilanzettliche Blätter. Infolge ihrer braunrot gefärbten Blütenstände ist diese Art eine der auffallendsten der Tabaybas. Nahe verwandt mit ihr ist die auf unzugänglichen Felsen bei Guimar an der Südseite Tenerifes vorkommende, also streng lokalisierte endemische Zuphorbia Bourgaeana ). Gay. Abweichend durch meist baumartigen Wuchs und durch ihr Auftreten in der höher ge- legenen Waldregion verhält sich unter den Tabayben die Zuphorbia mellifera Arı.t), die in den Wäldern Madeiras verbreitet ist. Auf den Canaren selten, findet sie sich nur auf Palma und an der Nordspitze Tenerifes in den Wäldern bei Taganana, wo sie einen bis 10 m hohen Baum vorstellt. Wir dürfen wohl annehmen, daß sie als eine an das Klima der montanen Region an- gepaßte Form aus einer basalen Art hervorgegangen ist. Die Tabayben sind ferner vertreten auf den Azoren durch die der Z. mellifera nahe- stehende Z. s/ygiana Waıs, auf Madeira durch die der Z. regis Jubae ähnliche Z. piscatoria ı) C. BoLLE, Botan. Rückblicke, S. 255. 2) BoLLE, Botan. Rückblicke, S. 240. 3) Vergl. H. CHrisT in Botan. Jahrb., Bd. XIII, 1891, S. 10. 4) VAHL, Madeira, S. 277. 54 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 279 Arı., die aber die Rosettenbildung an den Zweigenden weniger ausgeprägt zeigt, auf den Capverden durch die dort sehr verbreitete FE. Tuckeyana WEBB. Im Mittelmeergebiet erscheint die Euphorbia dendroides L.\). Christ 2) bezeichnet sie als eine aus dem atlantischen Centrum der Gruppe ins Mittelmeergebiet übergetretene, zu- gleich etwas kleinere Form. Man aber auch als Relikt der alten Tertiärflora des An ihr ist kann sie mediterranen Gebietes betrachten. Fig. 17. EZuphorbia atropurpurea BROUSS. Exemplar aus La Mortola. °/, nat. Gr. Fig. 18. Zuphorbia atropurpurea Brouss. 60 cm hohes, etwa 3—4-jähriges Gewächshausexemplar, blühend; der erste Ast- quirl beginnt sich zu entwickeln. Im botanischen Garten zu Zürich photographiert von H. SCHENCK, April 1907. 1) A. BERGER, Succulente Euphorbien, Stuttgart 1907, S. 17. 2) CHRIST, Vegetation und Flora der Canaren, S. 503. ob) 280 H. SCHENCK, die Federbuschform nicht typisch ausgeprägt. Sie stellt einen kugelrunden Strauch oder Zwerg- baum von ı—-3 m Höhe vor. Auch bei ihr zeigt sich als Anpassung an das dürre sommer- liche Klima das Abwerfen des Laubes im Frühjahr und das Wiederaustreiben erst gegen Ende des Sommers. Sie steht also im Winter und Frühjahr belaubt da und blüht im März und April. Die Federbuschform scheint nicht nur auf die Sectio Pachycladae Boıss. beschränkt, sondern auch in anderen Sektionen dieser ungemein vielgestaltigen Gattung zur Ausbildung ge- langt zu sein. So muß wohl nach der Abbildung und Beschreibung in Hooxer’s Icones plant. (Plate 2347, Nov. 1894) auch die zur Sectio Goniostema gerechnete strauchige Zuphorbia Abbottu Baker der Aldabra-Insel zu dieser Vegetationsform gezählt werden. 3) Echium'). Die zahlreichen Arten der Canaren und von Madeira gruppiert Curıst in folgender Weise: a) Simplicia. Subacaulia, simplicia, rosulata, hapaxantha, paniculis terminalibus longissimis. ı) Echium simplex DC. „Arrebol“, Tenerife. 2) Echium Pininana Were, „Pininana“, Palma. 3) Echium callithyrsum We»p, Canaria. 4) Echium Auberianum WeEBs, Tenerife, alpine Region. b) Virescentia. Fruticosa ramosa, foliis ad apicem ramorum fasciculatis, paniculis terminalibus longis pyramidalibus bracteatis. 5) Echium virescens DC. westliche Canaren, besonders Tenerife. 6) Echium nervosum Aır, Madeira. 7) Echium candicans L. fil, Madeira. 8) Echium bifrons DC. Palma. 9) Echium hierrense WEBB, Hierro. 10) Zchium onosmaefolium WEB, Canaria, montane Region. c) Gigantea: Fruticosa ramosa, foliis confertis aut sparsis, non rosulatis, paniculis brevibus ovatis. 11) Zchium gisanteum L., westliche Canaren. ») genuinum BoRNM. }) /ewcophaeum WEBER. y) aculeatum PoiR. (pro Sp.) 12) Echium Decaisnei WeEsB (E. thyrsiflorum Mass.), „Tajinaste“, Canaria und Pur- purarien. d) Stricta. Fruticulosa ramosa, foliis sparsis, ovato-lanceolatis, viridibus, cicinnis axillarıbus. 13) Echium strictum L. fil, „Tajinaste“, westliche Canaren. var. /ineolatum (Jaco.), Tenerife, Canaria. I) CHRIST, Spicilegium, S. 126, BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, S. 465. — BorLe, Florula insul. Purpur., S. 247. — Vergl. ferner A. DE Coıncy, Les Zchium de la Section des Pachylepis sect. nov. (Bull. de l’Herbier BoıssIEr, 2me Serie, T. III, p. 261). Coıncy stellt für die strauchigen Echien der atlantischen Inseln die neue Section Pachylepis auf und gruppiert sie in anderer Weise wie CHRIST. 56 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 281 Abgesehen von dem aus dem Mediterrangebiet stammenden, als Unkraut überall auf sämt- lichen Canaren verbreiteten Zehrum plantagineum L., „Vivorino“, sind sämtliche Arten endemisch, und zwar den westlichen Inseln eigentümlich, nur Zerium Decaisnei Weg findet sich nach BoLrE auch auf dem Handiagebirge Fuertaventuras und auf Lanzarote. Zch. Decaisnei stellt einen 4—5 Fuß u _ ge z ser u Fig. 19. Zchium wirescens DC. Canaren. Photographische Aufnahme eines kultivierten Exemplares von A. Purpus im botanischen Garten Darmstadt. 1. April 1906. hohen Strauch dar und ist ebenso wie auch das verwandte großstrauchige Z. giganteum L. und wie Zechium strictum L. fil. nicht oder kaum zu der Federbuschform ScHimpEr’s zu rechnen, da die schmalen Blätter an den Aesten verteilt, nicht rosettig an den Enden gehäuft stehen. Dahingegen sind wohl die Simplicia und Virescentia größtenteils als Federbuschpflanzen, die hauptsächlich die Felsen der Barrancos mit ihren auffallenden Blütenständen zieren, ausge- bildet. Es ist von Interesse, wieder wie bei Sfafice, das nach Inseln getrennte Vorkommen fast aller hierher gehörigen Arten zu bemerken; die örtliche Trennung hat auch hier wieder die Spaltung innerhalb dieser Gattung mediterraner Herkunft begünstigt. Als Beispiele für die beiden Gruppen seien Zehrum simplex DC. und Zchium virescens DC. (Textfig. 13 und 19) erwähnt, die in unseren Kalthäusern besonders häufig kultiviert werden !). ı) Betreffs beider Arten siehe u. a. H. HALLIER, Canarische Zchrum-Arten im Hamburger Botanischen Garten. Gartenflora Bd. LI, 1902, S. 372. (Mit Habitusbildern.) 57 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. II. ı. Teil. 36 282 H. SCHENCK, Echium simplex DC. der „Arrebol“ Tenerifes, stellt ein höchst eigenartiges, an einen Monocotylenbaum erinnerndes Gewächs dar, mit einfachem, kräftigem, bis 5 cm dickem, holzigem Stamm, der schließlich an mehrjährigen Pflanzen eine Höhe von ı!/2 m erreicht, und an seinem Ende eine mehrere Decimeter breite Rosette lanzettlicher, grauseidenglänzend behaarter Blätter trägt, deren Blattrippe an der breit ansitzenden Blattbasis ungemein stark verdickt ist. So ist die Form und die Anordnung der Blätter in hohem Maße geeignet, der zerreißenden Wirkung des Windes zu begegnen. Die Achse verlängert sich nach mehreren Jahren, wenn das Gewächs zur Blüte übergeht, zu einem hohen, dicht beblätterten Schaft, der in eine mächtige, bis 70 cm lange Rispe milchweißer Blätter ausläuft. Mit der Fruchtbildung erschöpft die Pflanze ihre ganze Kraft und stirbt dann ab. Echtum virescens DC. da- gegen, als Typus der Gruppe Virescentia, bildet, wie Textfig. 19 zeigt, einen sparrig verästelten Strauch, der ı!/a m Höhe und mehr erreicht. Die lanzettlichen, graugrünen, weichhaarigen Blätter bilden an den Zweigenden Ro- setten, aus deren Mitte jedes Jahr die hier viel kleineren Rispen blauer Blüten hervorkommen. 4) Sempervivum '). Diese Gattung hat in den 4 Sektionen lichryson, Goochia, Aeonium, Greenovia eine unge- mein reiche Entwickelung von Formen auf den Canaren, be- sonders auf den westlichen Inseln, erfahren. Im ganzen sind etwa 60 Arten unterschieden worden, x und auch die mit Semperwivum Fig. 20. Sempervivum balsamiferum WEBB et BERTH. 69 cm hoher Strauch. verwandte Gattung Monanthes April 1907 photographiert im botanischen Garten zu Darmstadt von H. SCHENCK. zählt hier etwa 10 Arten. Viele dieser Formen, die übrigens noch einer exakten monographischen Bearbeitung harren, sind ebenso, wie es innerhalb der gleichfalls der Mediterranflora entstammenden Gattungen Sfatice, Echwum etc. der Fall ist, auf einzelne Inseln oder engbegrenzte Standorte beschränkt. Auch Madeira und die Capverden besitzen eine Anzahl endemischer Formen, während die Azoren nach TRELEASE 1) CHRIST, Spicilegium, S. 108 u. 160, giebt eine Uebersicht der Arten. — Vergl. ferner BORNMÜLLER, Botan. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, S. 427, und Hierro, S. 9. — BoLLE, Florula insul. Purpur.. S. 240. — CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 470 u. 502; Frühlingsfahrt, S. 187. — R. P. MurraAv, Canarian and Madeiran Crassulaceae, Journal of botany XXXVII, 1899, S. 201. 58 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. nur eine Art, Sempervivum villosum Aır. beherbergen, die auch auf Madeira und in verwandten Formen auf den Canaren vor- kommt. Nur ein Teil dieser makaronesischen Semperviven gehört zu den Federbusch- gewächsen SCHIMPER’Ss, nämlich diejenigen Arten, welche zu kleinen Sträuchern heran- wachsen und dann am Ende ihrer dicken und langen Zweige die Blätter in Rosetten- form angeordnet zeigen. Hierher gehören wohl sämtliche Vertreter der won CHrısr aufgestellten Sectio Goochria, als deren Vertreter z. B. das an trockensten Felsen Tenerifes häufige Sempervivum _ Lindleyi (Were) oder das auf Lanzarote endemische Sempervivum balsamıferum (Wese) |Textfig. 20] genannt seien; aus der Sectio Acondum 283 Fig. 21. Sempervivum Webbii BOLLE, von den Capverden. A mehrjähriges Exemplar vor der Blüte 1906 30. B blühende Pflanze 1906 ı8. Mai. Photographische Aufnahmen von A. PuRPUS im botanischen Garten zu Darmstadt. 59 36* März, H. SCHENCK, 284 Christ ist Semmpervivum holochrysum (WEB) von Südtenerife zu nennen. Eine jede Insel des Archipels besitzt eine oder mehrere solcher strauchiger Formen, die hauptsächlich an den Felsen der Barrancos sich ansiedeln. Textfig. 2ı giebt den Habitus einer einfach-stäm- migen, mehrjährigen Pflanze des auf den Capverden einheimischen Sempervivum Webbi BoLLE wieder, wäh- rend Textfig. 22 ein älteres, verzweigtes Exemplar von Sempervivum arboreum L. zur Darstellung bringt. Letzteres ist die einzige Art der strau- chigen Federbuschformen der Gattung, die auch in Portugal und auf den südlichen Inseln des Mittelmeergebietes bis zu den griechischen Inseln und Cypern verbreitet ist. CHrısr !) nimmt mit Recht an, daß diese Art vom atlantischen Centrum aus in ihr heuti- ges Areal eingewandert sei. BoLzE2) führt 5 arboreum von Lanzarote auf, während Index Kewensis und auch Christ es nicht unter den canariıschen Gewächsen auf- führen. Die Angaben über sein Vorkommen auf den Ca- naren beziehen sich zum Teil auf das nahe verwandte Serx- pervivum holochrvsum (WEBB). Fig. 22. Sempervivum arboreum L., ca. '/, nat. Gr. Photographische Aufnahme von Prof. J. A. HENRIQUES im botanischen Garten zu Coimbra. [SCHIMPER.] Hingegen wurde es in neuerer Zeit von Rev. P. MurRAY?3) auf Canaria nachgewiesen; im Mittelmeergebiet tritt es also nur eingeschleppt und verwildert auf. In der Hochgebirgsflora von Abessinien kommen übrigens auch zwei Semperviven vor), I) CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 502. 2) BOLLE, Florula insul. Purpur., S. 240. 3) P. Murray, Journal of botany, T. XXXVIL, 1899, S. 202. 4) A. ENGLER, Hochgebirgsflora des tropischen Afrika. Abhandl. d. Königl. Akad. Berlin, 1891, S. 229. 60 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln, 285 Fig. 23. Sempervivum canariense L. An einer Tuffwand im Barranco Tajodio auf Tenerife. Photographische Aufnahme von Prof. Dr. O. SIMoNY. 61 286 H. SCHENCK, nämlich das mit S. arboreum nahe verwandte Sempervivum chrysanthum Hocnsr. und das zur atlantischen Sektion Archryson gehörige S. abessinicum Hochsr. Den strauchigen Arten stehen andere gegenüber, die nicht zur Federbuschform gehören, sondern deren holziger, mehrjähriger Stengel kurz bleibt und somit die Blattrosette dem Boden dicht genähert trägt. Als Typus dieser Formen kann Sempervivum canariense L. (Aeonium Wesp) betrachtet werden, das auf den westlichen Canaren in Barrancos der basalen Region verbreitet ist. Unser Bild Textfig. 23, nach einer Aufnahme von O. Sımonv, zeigt die Pflanze in ver- schiedenen Stadien an ihrem natürlichen Standort, einer Tuffwand. Die großen trichterförmigen Rosetten obovat-spateliger Blätter sitzen flach der senkrechten Wand an. Die Canarier nennen diese Art „Oreja de Abad“ (Ohr des Abtes); die Rosetten gehen nach mehreren Jahren zur Blüte über und sterben dann ab. Aehnlichen Wuchs besitzt Sempervivum aureum Chur. Sm. (Greenovia aurea WeBe), „Pastel del Risco“. Auch ihre becherförmigen Rosetten sitzen auf kurzen, ausläufertreibenden Stämmen, daher zu mehreren bei einander, an senkrechten Felswänden Tenerifes und Canarias; sie erreichen große Dimensionen und treiben einen bis 2 Fuß hohen, reich zusammengesetzten Blütenstand. Christ!) giebt an, daß eine Pflanze mit dem Blütenstand wohl ro Pfd. wiege. Die Arten von Monanthes Haw. (Petrophyes Wer et Berrm.) sind meist kleine, von Felsen herabhängende Kräuter mit kriechenden Zweigen und succulenten kleinen Blättchen. Sıe wiederholen also ähnliche Wuchsformen, wie unsere kleinen Sedwsn-Arten. 5) Federbuschgewächse in anderen Gebieten. Die Flora der Juan Fernandez-Inseln (ca. 331/2° S. Br.) besitzt eine Anzahl endemischer Federbuschbäume aus den Familien der Umbelliferen, Compositen- und Plantaginaceen. So zeigt Eryngium bupleuroides Hoox. et Arn.2), ein gabelig verzweigter kleiner Baum mit abgerundeter, von den endständigen Blattrosetten gebildeter Krone, habituell große Aehnlichkeit mit den Tabaybas der Canaren, und unter den Compositen sind Ahetinodendron Bertero! Hexsr., mehrere Arten von Kobinsonia, Centaurodendron dracaenoıdes Jonow und einige Dendroseris-Arten 3) als hierher gehörige Sträucher oder kleine Bäume zu zählen (Textfig. 24). Ihre starknervigen Blätter haben lanzettliche Form und sitzen mit breiter Basis dicht gedrängt den Zweigenden an. Plan- fago Jernandezia BEr1.4) gehört ebenfalls hierher; ihr holziger, dicker, einfacher, 1—2 m hoher Stamm trägt einen Busch von halbstengelumfassenden, 20 cm langen, schmallanzettlichen Blättern, so daß? das Gewächs den Habitus eines monocotylen Schopfbaumes aufweist. Jomow bemerkt, daß sie von allen Arten der Gattung die meiste Aehnlichkeit mit Plantago princeps Chan. et Schr. der Hawaii-Inseln aufweise, die in der That nach der Beschreibung 5) hierher gehört. Die Hawaii-Inseln beherbergen auf ihren höchsten Höhen einige holzige Compositen, Argyroxiphium sandwicense DC. und virescens HıLesr., Wilkesia gymnoxiphium Gray und Grayana HırrEpr.6), die mit ihrem Yucca-ähnlichen Habitus und ihren dichten Kronen schmaler sitzender I) CHRIST, Frühlingsfahrt, S. 187. 2) F. JoHuow, Flora de Juan Fernandez, Santiago 1896, Taf. XII. 3) Ibid., Taf. VI, Dendroseris micrantha HooK. et ARN. 4) Ibid., Taf. VIII. 5) W. HILLEBRAnND, Flora of the Hawaiian Islands, 1888, p. 363. 6) Ibid., p. 218. 62 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 287 Blätter den Charakter der Federbuschpflanzen wiederholen, und ihnen schließen sich auch die Espeletien!) der südamerikanischen Andern an, die eine gewisse Achnlichkeit mit einer jungen Dracaena Draco aufweisen. Aus den ostafrikanischen Hochgebirgen ist hier Senecio Johnston! Ouv.2), von ähnlichem Wuchse, zu erwähnen. In diesen Gebirgen treten auch holzige, einfachstämmige Lo- belien vom Habitus des canarischen Zerrum simplex auf, z. B. Zobelia Volkenstii ENGL. vom Kilimandscharo und Ulugurugebirge 3) In den Gebirgen des Kaplandes dürften ebenfalls eine Anzahl von Federbusch- gewächsen aus verschiedenen Familien nach- zuweisen sein, wie ich aus Vegetationsauf- nahmen des Herrn Dr. R. Marrorm %) schließen möchte. Unter den Holzgewächsen der tropi- schen Strandflora, deren Physiognomie außer von anderen Faktoren auch von häufigen Winden beeinflußt wird, ist die Federbusch- form ebenfalls vertreten. Als Beispiele seien zwei weitverbreitete Strandsträucher des In- dischen Oceans erwähnt, die Goodeniacee Scaevola Koenig! Van mit langen wirren Aesten und endständigen Blattrosetten und die Borraginacee Tournefortia argentea L. Bemerkt sei, daß die oben ange- führten nicht canarischen Federbuschtypen noch weiterer Untersuchungen bedürfen, in- wieweit bei ihnen eine Anpassung an windi- ges Klima vorliegt, oder ob es sich nur um rein morphologische Charaktere handelt. Es ist denkbar, daß eine typische Feder- buschpflanze, die in einem windigen Klima entstanden war, nachträglich auch in Gebiete mit anderem Klima einwandern konnte, wo sie ihre Organisation beibehielt, weil die Grenzen ihrer Existenzmöglichkeit nicht überschritten wurden. Fig. 24. Dendroseris micrantha Hook. et ARN. var. Pruinata JoHow von Juan Fernandez. Photographische Aufnahme eines 1,10 m hohen kultivierten Exemplares von A. Purrus im botanischen Garten zu Darmstadt ı. April 1907. ı) Abbildungen in ENGLER-PRANTL, Nat. Pflanzenfamil., Bd. IV, 5, S. 217, und K. GoEBEL, Pflanzenbiolog. Schilderungen, DH. Teil, 1891, Taf. X. 2) A. ENGLER, Die Pflanzenwelt Ostafrikas, 1895, A, S. 128. 3) Abbildung auf Taf. XXXII und XLIX in W. GoETZE und A. ENGLER, Vegetationsansichten aus Deutsch-Ostafrika, 1902. 4) Vgl. R. MARLoTH, Kapland, Wiss. Ergeb. der deutschen Tiefsee-Expedition, 1898—99, Bd. II, 3. Teil. 63 288 H. SCHENCK, S 6. Dendrosonchus. Die Federbuschform findet sich unter den Compositen bei ATeinia nerüifoha in typischer Form, bei den atlantisch insularen strauchigen Sonchus-Arten der Sectio Dendrosonchus WEBB) in einer modifizierten Form in Bezug auf die Gestalt des Blattes. Die Canaren beherbergen aus dieser Sektion ıı verschiedene Arten, von denen Sonchzs pinmatus Art. auch auf Madeira wiederkehrt. Letztere Insel besitzt noch 2 andere Arten, und auch den Capverden ist eine Art eigentümlich. So reiht sich diese Artengruppe von Sonchus an die Tabaybas der Gattung Zuphorbia und an die strauchigen Zekium-Arten an; sie zeigen die Zersplitterung eines Pflanzentypus in zahlreichen nahestehenden Formen, die oft nur auf eine einzige Insel beschränkt sind. Die meisten dieser Sonchus-Arten gehören der basalen Region an und sind Bewohner der Felswände der Barrancos, einige aber dringen in den Barrancos höher hinauf in die montane Region, sie bevorzugen also etwas feuchte Standorte im Gegensatz zu den typischen Federbusch- pflanzen der basalen Region Zuphorbia vegis Jubae und Aleinia nerufolia. Als typischer Vertreter ist Sonchus Jacguini DC. (S. fruticosus Jacg., non L. fil.) zu nennen, der auf Tenerife endemisch in Felsspalten der Schluchten des Anagagebirges, an Felsen bei Bajamar und auch an Strandfelsen bei Buenavista vorkommt2). Wie Textfig. 25 zeigt, trägt der holzige, mehrere Decimeter lange einfache oder wenig verzweigte Stamm endständige Rosetten von Blättern, die nicht wie bei Afeinia schmal-ineale, sondern breite und tief fiederspaltige Spreiten aufweisen. Durch die Zerschlitzung des Laubes in bewegliche Zipfel wird die Gefahr des Zerreißens durch den Wind bedeutend vermindert. Die übrigen Arten stellen ähnliche kleine Sträucher dar mit gewöhnlich 1/2 m hohen holzigen Stengeln; ihre Blätter sind stets mehr oder weniger tief fiederschnittig, mit breiten oder schmalen Blattzipfeln versehen, die Federbuschform kommt mehr oder weniger zum Vorschein. Zwei Arten dieser Sonchus-Sträucher aber verdienen ganz besondere Erwähnung, Sonchus lepto- cophalus Cass. und Sonchus arboreus DC. (= Prenanthes arborea Brouss.), indem sie uns in der extremen Zerteilung ihres Laubes in sehr lange, schmale, biegsame Fiederzipfel eine Pflanzen- gestaltung vor Augen führen, die in ähnlicher Weise wie bei der weiter unten behandelten Plocama als eine Anpassung an das windige Klima aufgefaßt werden können. Sonchus leptocephalus Cass, der „Balillo“, stellt einen wenigästigen Strauch oder ein Zwergbäumchen von etwa 21/2 m Höhe dar, der an der basalen Region an den trockensten Felsen, an exponierten Standorten vorkommt und auf Tenerife häufig ist. Textfig. 253) nach WEBB und BERIHELOT giebt eine Vorstellung von seinem Aussehen, und Textfig. 28, 4 von der Gestalt der großen, entfernt stehenden, in schmal-ineale, seidig behaarte Zipfel geteilten Blätter, welche herab- hängen und leicht einem jeden Windstoß nachgeben. Sonchus arboreus DC. wird ebenfalls über- mannshoch, ist dem vorigen ähnlich gestaltet, nur in allen Teilen kräftiger; er gehört zu den I) CHRIST, Spicileg., S. 169; Veget., S. 504 und S. 472. 2) BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, S. 488. 3) Im Atlas von WEBB und BERTHELOT, Taf. VI, ist dieses Bild mit Prenanthes arborea bezeichnet, es stellt aber wie die Autoren in der Phyt., T. III, p. 444 berichtigen, den S. leptocephalus CAss. dar. 64 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 289 canarischen Endemen sehr lokalen Vorkommens; sein einziger Standort liegt auf der Südseite von Tenerife auf einem erloschenen Vulkan zwischen Santa Cruz und Guimar !). Beide Arten zeichnen sich aus durch ihren höheren Wuchs und durch ihre fadenförmigen oder sehr schmalen Blattfiedern; auch sind ihre Blätter nicht so dicht in Rosetten angeordnet, NLA 7 van! DO Non : > N Sa ETIN = = N 97 UN Nr, ran Fig. 25. I Sonchus Jacgquin! DC. (S. fruticosus JACQU.), '/,, nat. Gr. 2 Sonchus leptocephalus Cass., '/,, nat. Gr. Nach WEBB et BERTHELOT, Atlas, Taf. VI (cf. Phytogr. canar., T. III, p. 444). während die übrigen Sonchus-Arten viel kleiner bleiben und geschütztere Standorte vorziehen, wo ihre breiteren Blattflächen nahe dem Boden den Winden nicht so sehr ausgesetzt sind. Ein- gehendere Beobachtungen über die Beziehungen dieser Sonchus-Formen zu ihren speciellen Stand- ortsbedingungen sind noch erforderlich. Besonders hervorzuheben ist aber, daß die beiden ı) C. BoLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. X, S. 18. 65 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı8gg. Bd. II. ı. Teil. 37 290 H. SCHENCK, strauchigen Arten an exponierten Standorten wachsen, wo sie den Winden preisgegeben sind; beide Arten schließen sich an die Z/ocama-Form an. $ 7. Plocama-, Spartium- und Eriken-Formen. („Text“ von A. F. W. SCHIMPER.) „Zu den häufigsten und charakteristischsten Gewächsen der tieferen Landschaften von „Teneriffa gehört ein 6—ı2 Fuß hohes Bäumchen, der „Balo“, ZMocama pendula Hort. Kew., „welche zu der Rubiaceengruppe der Anthospermen gehört, die auf den Canaren durch eine y = —— > U + \\ Fig. 27. Plocama pendula Hort. Fig. 26. Plocama pendula Hort. Kew. „Balo“. " Kew. a und b in nat. Gr., c auf Sehr verkleinert. Nach WEBB et BERTHELOT, Atlas, !/, verkleinert. b Früchte, a Zweig Facies, Taf. III. [SCHIMPER.] = mit Blüten. [SCHIMPER.] „zweite Gattung, Phyllis, außerdem aber nur noch in Südafrika und Australien, dort aber reich- „lich, vertreten ist. Die sehr dünnen, aber zähen und elastischen Aeste des Balo hängen schlaff „herab; sie tragen schmale Blätter und bedecken sich im Frühjahr mit kleinen weißen Blüten, „aus welchen weiße Beeren sich entwickeln (Textfig. 26 und 27). „Hier stehen wir einem von dem bisher besprochenen ganz abweichenden Vegetations- „typus gegenüber; keine dicken Aeste, keine langen Blätter mehr, sondern dünne, herabhängende 66 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln, 2gI „Aeste, kurze, jedoch wiederum schmale Blätter. Auch diese Vegetationsform hängt entschieden „mit dem Klima zusammen, denn sie findet sich, wenigstens in einem ihrer beiden Komponenten, „bei Arten aus der verschiedensten Verwandtschaft, und zwar an trockeneren windigen „Standorten. Mit der Federbuschform sind meistens große Transpirationsflächen verbunden; „dieselbe ist daher in ihren großblättrigen Vertretern an feuchtere Gebiete oder Standorte gebunden. „Nicht alle Arten, welche sich physiognomisch dem Balo nähern, vereinigen seine beiden „charakteristischen Eigenschaften, die dünnen, zähen Aeste und die kleinen schmalen Blätter. „Vielmehr finden wir bei manchen nur die erstere derselben, namentlich bei einer Anzahl Papi- „lionaceen, auch bei Convolvulaceen, meist Bewohnern sehr trockener Standorte. Dies ist GRISE- „BACH’S Spartium-Form. Andererseits finden wir häufig kleine schmale Blätter an mehr oder „weniger dicken oder doch starren Aesten, und an solchen oft dicht gedrängt, GrISEBACH'S „Erikenform. Die im Wuchse an Eriken, doch keineswegs an unser schuppenblättriges Heide- „kraut erinnernden Gewächse gehören wiederum sehr verschiedenen systematischen Kreisen an. „Bei den echten erikenähnlichen Gewächsen sind im Gegensatz zum Balo die Blätter so zahlreich, „daß sie eine keineswegs geringe Transpirationsfläche bedingen; manche Pflanze mit normalen „Blättern besitzt keine größere; der Typus ist zwar, im feineren Bau, entschieden xerophil, jedoch „nicht extrem im Schutz gegen Wasserverlust. Sehen wir uns nach dem sonstigen Vorkommen „der echten Erikenform um, so finden wir sie an ganz bestimmte Existenzbedingungen ge- „bunden. Sie ist in erster Linie charakteristisch für das südwestliche Afrika, dessen klimatische „Komponenten, soweit sie für die Vegetation in Betracht kommen, Regenarmut, feuchte Luft und „starker Wind sind, sie zeigt sich, bei ähnlichen klimatischen Bedingungen, auf den Gipfeln tro- „pischer Kegelberge, wo ich sie z. B. auf der Serra do Pic“ in Brasilien einen ganz absonderlichen „Habitus den Vertretern von Melastomaceen und Malpighiaceen gebend fand, wo sie charakte- „ristisch ist für die Gipfelvegetation des Kinabalu (Borneo), den hohen Gipfel der Insel Reunion, „des Kilimandscharo und des Kamerunpik. Endlich zeigt sie sich, jedoch weniger verbreitet „und auf wenige systematische Typen beschränkt, auf den Hochgebirgen der nördlichen tempe- „rierten Zone, in den Tundren des Nordpolargebietes und in dem westlichen Gebiete Europas — „wiederum an physiologisch ähnliche klimatische Bedingungen gebunden, denn die durch Regen- „mangel bedingte Trockenheit der wärmeren Gebiete wird in diesen Fällen durch Kälte des „Bodens ersetzt. „Fragen wir uns, welcher der klimatischen Faktoren das Zerteilen der transpirierenden „Fläche in kleine und schmale Stücke bedingte, so können wir mit Sicherheit den Wind wiederum „als solchen bezeichnen. Das kleine schmale Blatt bietet dem Winde geringen Widerstand, es „ist schmal und steif und wird an einer dünnen biegsamen Achse getragen, derart, daß es, wie man „sich leicht durch Beobachtung überzeugen kann, auch bei starkem Winde keine Eigenbewegung „zeigt; eine kritische Stelle ist nicht vorhanden, das Abreißen des Blattes ist demnach ausge- „schlossen. Der Feuchtigkeit der Luft entspricht es, daß die Laubfläche eine beträchtliche Größe „repräsentiert; zunehmende Gefahr zu großen Wasserverlustes bedingt eine Abnahme der Größe „der Blätter, oder deren Zahl, oder auch das Auftreten besonderer Schutzmittel, wie Woll- und „Seidenhaare, Harzüberzüge u. dergl. „Die Federbusch-, Zria- und Spartium-Formen beherrschen die Vegetation an den „offenen windigen Standorten sämtlicher Regionen Teneriffas, in dem erwähnten, natürlich nicht 67 372 292 H. SCHENCK, „vollkommenen Zusammenhang mit der Trockenheit, aber in erster Linie als Anpassung an „den Wind. In typischer Weise kehren die beiden Eigenschaften des Balo, dünne, zähe Aeste und kleine, lineale Blättchen, bei dem „Pico de Paloma“, /Zeinekenia peliorhyncha WEB», wieder, einer mit Zotus verwandten endemischen Pflanze Tenerifes, die ihrer großen roten, C/ianthus-ähnlichen Blüten wegen in unseren Gewächshäusern als Zierpflanze vielfach kultiviert wird. Sie kommt nur an zwei Felsenstandorten Tenerifes vor, nämlich oberhalb Arico auf der Südseite und ober- halb La Florida auf der Nordseite. Zeinekenia stellt aber nicht wie der Balo ein trauerweiden- ähnliches Bäumchen vor, sondern eine mit ihren dünnen Langtrieben herabhängende Felspflanze, und wird daher bei uns in Ampeln gezogen. Die Fiederblättchen, meist 5 oder 7, sind gleich- gestaltet, schmallineal und an die Blattbasis zusammengerückt; so erscheinen die Sprosse büschelig beblätter. An der südtenerifischen Form sind die Blättchen weiß-seidig behaart, an der nord- tenerifischen fast kahl. Textfig. 28, ı stellt einen blühenden Zweig dar. An Heinekenia reihen wir die canarischen Arten von Asfaragus an, die in der Ausbildung der biegsamen Zweige und der linealen, in Büscheln stehenden Cladodien ähnliche Gestaltungs- verhältnisse aufweisen. An Felsen der Barrancos der Canaren, besonders Tenerifes, erscheint häufig der auch auf Madeira, auf den Capverden und in Algier auftretende Asfaragus scoparius Lowe, dessen bambusartige Schößlinge in langen Bogen von den steilen Standorten herab- hängen !). Asparagus umbellatus Link, ebenfalls auf Madeira vorkommend, besitzt lange, zwischen Gesträuch windende Sprosse mit Büscheln vierkantiger Cladodien. Asparagus arborescens Wuıv. und Asfaragus albus Lin, zwei Felssträucher der cana- rischen basalen Region, weisen sehr lange, lineale Cladodien auf und bezeichnen den Uebergang zu der Sfartium-Form. Kleine Sträucher mit schmalen, linealen Blättern sind in der basalen Region verbreitet und gehören den verschiedensten Familien an, derart, daß die hierher gehörigen Vertreter auf- fallende Aehnlichkeit in ihrem Habitus aufweisen. In Textfig. 28 sind einige dieser Typen dargestellt. Reseda scoporia Brouss. auf Tenerife und Canaria, ein fußhoher Strauch mit aufrechten, verzweigten, rigiden, grünen Zweigen und kahlen, linealen Blättern (Textfig. 28, 2). Odontospermum stenophyllum C. Schurız, ein elegantes, bis 3 dem hohes, dicht verzweigtes Compositensträuchelchen mit gebüschelten, weiß-seidigen, linealen Blättchen, das an einigen Stellen der Insel Canaria die Küstenfelsen bewohnt (Textfig. 28, 3). Plantago arborescens Por. der „Pinillo“, bis ı m hoher, dicht mit kahlen, pfriemförmigen Blättern besetzter Strauch auf trockenen Felsen (Textfig. 28, 5). Convolvulus scoparius L. fil, „Lena no@l“ (Textfig. 28, 6). Kleiner Strauch mit aufrechten, besenartigen Zweigen und fadenförmigen, hinfälligen Blättern, an trockenen Felsen der Barrancos der westlichen Canaren. Nebst einigen anderen weniger verbreiteten Arten von ähnlichem Habitus gehört C. scoparius L. fil. zur Sektion Rhodorrhiza der Gattung. Ihrer Zweigbildung I) CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 472. 68 [SCHIMPER.] Fig. 28. ı Heinekenia peliorhyncha WEBB, 2 Reseda scoparia BROUSS., 3 Odontospermum stenophyllum C. SCHULTZ, 4 Sonchus leptocephalus Cass., 5 Plantago arborescens POIR., 6 Convolvulus scoparius L. fil. Nat. Gr. H. SCHENCK, 294 nach erinnern sie nach Christ!) eher an Sartium scoparium als an ihre Verwandten im Mittel- meergebiet. Lineale Blätter finden sich ferner bei den endemischen kleinen Compositensträuchern Schtzogvne sericea DC. und Phagnalon umbelliforme WEsB. Auch den „Duraznillo“, die endemische Borraginacee Messerschmidtia fruticosa L., könnten wir vielleicht hier erwähnen. Dieser Strauch ist an Felsen der Barrancos ziem- lich häufig, besitzt herabgebogene, dünne Aeste und lanzettliche Blätter, die bei der var. angustifolia der Küsten Südtenerifes lineale Form annehmen. Zerteilung des Laubes in schmale Zipfel als Anpassung an das windige Klima haben wir bereits bei Sonchus arbo- reus und Zepfocephalus kennen gelernt. Sie kehrt auch wieder innerhalb der Gattung Chrysanthemum bei der Sektion Argyranthemum. Die 7 canarischen Endemen dieser Sektion stellen kleine Sträucher vor; als ihr Typus kann die auf Steinfeldern und an Felsen der unteren Region auf Tenerife, Palma und Canaria verbreitete „Magarza“, Chrysan- themum frutescens L., gelten, ein Strauch, der wegen seiner schönen weißen Strahlen- Blüten als Zierpflanze in unseren Kalt- häusern allgemein verbreitet ist. Die ein- bis zweifach fiederschnittigen Blätter mit ihren linealen, etwas succulenten, blau- bereiften Zipfeln, verleihen dem Strauch einen graziösen Habitus und leichte Be- weglichkeit im Winde (Textfig. 29). Fig. 29. Chrysanthemum frutescens L. °/, nat. Gr. Argyranthemum \iefert uns ein weiteres Beispiel für die Bildung zahlreicher Formen aus einem Typus. A. /rutescens selbst ist schon eine vielgestaltige Art. Während aber die cana- rischen Sonchzs-Arten ihren Ursprung auf die Mittelmeerflora zurückführen, schließen sich die Argyranthemum-Arten an südafrikanische strauchige Arten des Genus Chrysanthemum an 2). An die genannten Chrysanthemen reiht sich in der Laubbildung Arzemisia canariensis Less, ein graufilziger endemischer Strauch der basalen Region Tenerifes und Canarias, dessen zwei bis dreifach fiederspaltige Blätter lineale Zipfel aufweisen. I) CHrist, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 505. 2) CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 510. 79 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 295 Die Spartium-Form ist vertreten durch 3 endemische Ginstersträucher der Gattung Retama und durch Arten von Zphedra, in der Hochregion außerdem durch Spartocytisus. Die Erikenform wird besonders repräsentiert durch die Gattung Micromeria, die nicht nur in der basalen, sondern auch in der Hochregion in einer ganzen Reihe verwandter Arten, in Form von kleinen, reichverzweigten Zwergsträuchelchen mit kurzen, nadelförmigen oder lanzettlichen Blättchen verbreitet ist. Am häufigsten ist die formenreiche Micromeria varıa BENTH. In der oberen montanen Region herrscht die Erikenform vor durch Zrxa arborea L. und scoparia L., Adenocarpus viscosus WEBB et BERTH. und mehrere kleinblätterige Genisten. $ 8. Hartlaubsträucher. Die Succulenten-, Federbusch-, Plocama-, Spartium- und Erikenformen verleihen der basalen Vegetation der Canaren ihre auffallende Eigenart. auch noch manche andere Sträucher auf, die ihnen nicht zuzurechnen sind, die aber auch, je nachdem sie an offenen Standort auf Steinhalden oder an exponierte Felsen, oder an geschütztere Stellen in Barrancos gebunden sind, mehr oder weniger xerophiles Gepräge aufweisen. Die Form der mediterranen Hartlaubgewächse beherrscht in der montanen Region die offenen Halden, aber manche ihrer Vertreter steigen mehr und weniger tief auch in die basale Region herab. Zu den Hartlaubgehölzen gehört beispiels- weise ZylanthussalicinusWETTS1.(Globularia salicina Lam.), der „Lentisco“ (Textfig. 30), ein aufrechter, 2—3 m hoher Strauch mit lederigen, lanzett- lichen Blättern, der an den Felsen der Bar- rancos von Tenerife und Palma nicht selten auftritt und auch auf Madeira vorkommt. R. v. WErTSTEIN hat diese Art und die mit ihr ver- wandte endemische Art der Capverden, Z. amyg- dalfolius (WEBB) WETTSTEIN, von Globwlaria als besondere Gattung, die am nächsten an Glodu- larıa nudicaulis L. sich anschließen soll, ab- getrennt). Ein verbreiteter, kleiner, immergrüner Strauch der trockenen Felsen der basalen Region ist ferner die „Mata prieta“, Adhatoda hyssopi- Jolra NEES, mit fast fleischigen, länglich-stumpfen Außer ihnen treten aber in der unteren Region $ 1uR # iA 1! N b RN 09H Hg N 7 Fig. 30. Zytanthus salicinus WETIST. (Globularia salıcina Lam.). Nat. Gr. ı) R. v. WETTSTEIN, Globulariaceen-Studien. Bull. de l’Herb. Boıssıer, T. II, 1895, und Natürliche Pflanzenfamilien, Bd1V?3b,.S. 273. 71 2 96 H. SCHENCK, Blättern, eine Acanthacee, die ihre nächsten Verwandten im Kapland aufweist. Sie wächst oft zwischen den Büschen des Cardons, wo sie mit manchen anderen Sträuchern vor den Ziegen geschützt bleibt. Rumex Lunaria \., die „Vinagrera“, eine bis 3 m hohe, strauchige Art mit reich- blütigen, spreizästigen Rispen, hat rundlich-herzförmige, glänzend grüne, etwas fleischige Blätter. Sie ist ein endemischer Charakterstrauch der Barrancos in der unteren Region der west- lichen Canaren. Nach Christ schließt sie sich an Aumex scu- Zatus L. an. Bosia yerva mora L.1), der „Hediondo“ (Textfig. 31), ein endemischer Amarantaceen- R7/: iR Le strauch von 2 m Höhe, mit gestielten, ganzrandigen, breit- lanzettlichen, etwas fleischigen, persistierenden Blättern, auf Tene- rife und Canaria an Felsen der Barrancos verbreitet, verdient gleiche Beachtung wie die Adha- foda, indem ihre nächsten Ver- wandten in weit entfernten Ge- bieten zu suchen sind. Nach H. Scumz und E. Aurran ge- hören zur Gattung Dosza außer der canarischen nur noch zwei Arten, nämlich 2. cypria Boıss. auf Cypern und D. Amherstiana Hook. fil. in Indien, beide durch Fig. 31. Bosia yerva mora L. a in Blüte, b in Frucht, c Blatt. Nat. Gr. [SCHIMPER.] £ x A sitzende Blätter verschieden. $ 9. Bäume der basalen Region. Außer den endemischen monocotylen Bäumen der Dracaena und Phoenix sind auch noch 3 Baumarten des Mittelmeergebiets in der basalen Region der Canaren einheimisch, nämlich die „Sabina“, Juniperus phoenicea L., der „Azebuche“, Olea europaeca L., und der „Almacigo“, Pistacia atlantica Desr, deren beeren- oder steinfruchtartige Früchte durch Vögel nach den Inseln über- tragen werden konnten. Juniperus phoenicea L. ist die einzige Conifere der basalen Region, da die beiden anderen Nadelhölzer, Pinus canariensis Ch. Sm. und Juniperus Cedrus WERE, der oberen montanen Region angehören. Die Purpurarien beherbergen keine dieser drei Coniferen. Die Sabina dürfte in der I) CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 512. — SCHINZ et AUTRAN, Des genres Achatocarpus et Bosia. Bull. de l’Herb. BoıssIEr, T. I, 1893, p. 9. 72 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 297 oberen basalen Region in früheren Zeiten wohl weiter verbreitet gewesen sein. Wegen ihres wertvollen Holzes ist sie aber von den Einwohnern an manchen Stellen fast ausgerottet worden. Auf Tenerife war sie früher an der Steilküste nördlich von Taganana häufig!). Sie findet sich auf der Südseite dieser Insel bei Guimar (Barranco Badajoz 4—500 m)2), bei Guia etc, auf der Insel Palma in mächtigen Exemplaren, die im Habitus an Libanoncedern erinnern, in der Cal dera, auf Gomera im oberen Valle Hermosa, auf Hierro bei Sabinosa häufig zwischen 3—500 m), auch auf Canaria in einzelnen Exemplaren. Wahrscheinlich dürfte die Sabina schon zur Tertiär- zeit nach den Inseln gelangt sein; bereits im Eocän Südfrankreichs traten Juniperus-Arten aus der Sabina-Gruppe auf. Olca europaeca L., die wilde Olive, ist sowohl auf Tenerife, Canaria, Palma, als auch auf Madeira einheimisch und soll nach BorrE®) sogar auch auf Fuertaventura früher vorhanden gewesen sein. Nach BERTHELOT>) dürfte die wilde Olive in früheren Zeiten ausgedehnte Wälder auf den Canaren gebildet haben. Oleca war schon im Unteroligocän in Europa in einer dem Oelbaum nahestehenden Art vorhanden und könnte also schon zur Tertiärzeit nach den Inseln gelangt sein. Pistacıa atlantıca Desr. ein mit ?. Terebinthus L. verwandter Baum des nordafrikanischen Mittelmeergebiets, mit abfallenden gefiederten Blättern, kam auf den westlichen Canaren und auch auf Fuertaventura zerstreut vor. Er liefert ein Gummiharz, das früher viel gesammelt wurde, so daß der Baum z. B. auf Gomera®) ganz ausgerottet ist. Wie der Oelbaum scheint die Pistaciıa auch vorwiegend der oberen basalen Region unterhalb der Lorbeerregion angehört zu haben. $ ı0. Farne der basalen Region. Die canarische Farnflora?) erreicht ihre Hauptentwickelung naturgemäß in der feuchten unteren montanen Region des Lorbeerwaldes; im Pinar und noch mehr in der alpinen Region tritt sie an Artenzahl ganz zurück, und auch in der basalen Region spielt sie an den offenen Standorten keine bedeutende Rolle. Das einzige Farnkraut, das in der basalen Region zwischen den typischen canarischen Endemen Cardon, P/ocama, Kleinia und Tabaybas auf Felsen und an trockenem Standort wächst, ist die auch im Mittelmeergebiet und in Nordafrika, Afghanistan bis zum Nordwesthimalaya verbreitete NVothochlaena lanuginosa Desv. (N. vellea R. Br.) [Textfig. 54], ein dichtwolliger xero- philer Farn mit 11/2—2 dem, in schattigen Schluchten sogar über 3 dem langen Wedeln. Er ist auch der einzige Farn, der auf den trockenen Inseln Fuertaventura und Lanzarote zerstreut sich angesiedelt hat, wenn man absieht von dem nur an Quellen vorkommenden Adiantum Capillus Veneris L. und ferner von Polypodium vulgare L., Asplenium Adiantum nigrum L. var. argutum ı) C. BoLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XI, 1861, S. 90. 2) J. BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, S. 398. 3) Ibid. S. 398. 4) C. BorLeE, Botan. Rückblick auf Lanzarote und Fuertaventura, S. 232. 5) S. BERTHELOT, Ge£ogr. bot., p. 74. 6) C. BOLLE, Gomera, S. 256. 7) Vergl. C. BoLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XIV, S. 289 ff. 73 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. Il. ı. Teil, 38 298 H. SCHENCK, Hurt. und Asplenium Hemionitis L., die nur auf den höchsten Bergen dieser Inseln genügende Feuchtigkeit vorfinden }). An nicht zu trockenen, schattigen Felswänden der Barrancos der basalen Region finden sich ferner: Cherlanthes pulchella BoRY (Textfig. 54), endemisch, nach Christ verwandt mit der Ch. hispanica Merr. Südspaniens und Portugals und mit afrikanischen Arten. Cheilanthes fragans WEBB, in einer breiteren Form C%. maderensis LowE auf den atlan- tischen Inseln, sonst im Mittelmeergebiet und Nordafrika verbreitet. Die Gattung war schon im Tertiär Europas vertreten (Cheilanthes primaeva Sar. im Tertiär von Aix [Textfig. 55)). Gymnogramme leptophyllia Desv., auch im Mittelmeergebiet, ist insofern an das trockene Klima des Sommers angepaßt, als sie bald nach den ersten Regen im Winter sich entwickelt im Februar und März fruktifiziert und dann ihre Vegetation abschließt 2). Wo genügend Feuchtigkeit zur Verfügung steht, kann sich auch in der basalen Region als edaphische Formation eine Farngesellschaft entwickeln. So gedeihen an feuchten Felsen überall in Ueppigkeit der „Culantrillo“‘, Adiantum Capillus Veneris L, an Bachufern Pferis longifolia L. und Aspidium molle Swarız, alle drei in wärmeren Ländern sehr verbreitete Farne. In feuchten Schluchten und in den oberen Teilen der Barrancos an Quellen, Bächen, unterhalb der Lorbeerregion treten schon manche der zahlreichen Farnarten auf, die erst in letzterer ihre Hauptentwickelung erfahren, so z. B. Adiantum reniforme L., Nothochlaena marantae R. Br. Davallia canariensis Sm, Asplenium FHemionitis L. $ ın Wasser- und Sumpfvegetation. Die Bodenbildung der Canarischen Inseln ist der Entfaltung der Wasserpflanzen- und Sumpfpflanzenformationen sehr ungünstig). Der einzige See Tenerifes auf der Hochebene von Laguna hatte noch im 16. Jahrhundert größere Ausdehnung, ist aber heute auf zwei kleine Tümpel zusammengeschrumpft, die madre del agua (ca. 50 qm), die nach OÖ. Smony#) als einzige Wasserpflanze Pofamogeton trichoides Cuam. et Schr. beherbergt, und die fossa del agua, ein seichter, mit Conferven erfüllter, im Sommer trockener Sumpf. Auf den Purpurarien finden sich einige Sümpfe in der unmittelbaren Nachbarschaft des Meeres. Die Bäche, die die Thäler und die zahlreichen Barrancos in raschem Laufe durchströmen, haben ihre Quellen (madres del agua) in der Waldregion. Im Sommer versiegen sie häufig im unteren Teile oder lassen nur Reihen von Lachen zurück. So sind also die Standorte für Wasser- und Sumpfpflanzen sehr lokalisiert, und es nimmt uns nicht wunder, daß nur relativ wenige Arten sich angesiedelt haben. Canarische Wasserpflanzen. (Nach CHRIST, SAUER, BORNMÜLLER, BOLLE.) Batrachium trichophyllum flor. Bat. Batrachium marinum FRIES. = heterophyllum Frızs (Tenerife, bei 5; triparlitum (DC). Laguna). > hololeucum (LıovD). ı) C. BoLLE, Florul. insul. Purpur., S. 256. 2) C. BoLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XIV, S. 322. 3) C. BOLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. X, 1861, S. 7, u. Bd. XI, 1861, S. 87. 4) ©. Sımonv, Mitt. k. k. Geogr. Ges., Bd. XXXIII, 1890, S. 160. Vergl. auch H. MEYER, Tenerife, S. 68. 74 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 299 Myriophyllum spicatum L. Potamogeton natans L. ® canariensis (Link pro Callitriche stagnalıs Scor. spec.). Lemna minor L. = trichoides CHAM. et SCHLECHT. „ gubba L. Zannichellia palustris L. Potamogeton fluitans Rorn. Ruppia maritima L. n Ppusillus L. Nayas major L. var. microcarpa Ar. Br. (N. mi- crocarpa C. BOLLE). Canarische Sumpfpflanzen. MNasturtium officinale R. Br. Juncus bufonius L. Lythrum hyssopifolium L. » capıtatus Weic. 5 Graefferi Ten. »„ glaucus Eurn. Helosciadium nodıflorum Koch. „vr ejfusus I. S repens IKocH. Cyperus mucronatus Rorte. Veroniwa Anagallıs L. “ polystachyus ROTTEB. n Beccabunga L. Seirpus paluster L. Rumex conglomeratus MURR. 4 marıtımus L. 55 obtusifolius L. 5 holoschoenus L. Typha australis ScHum. et THonn. (7. macran- . Savı SEB. et MAuUR. thelia WeErB et BerTH.).. (In Afrika ver- Cladium mariscus R. Br. breitet.) Marsilia dıffusa Lepr. (Afrika.) Aus diesen beiden Listen ergiebt sich, daß sämtliche Arten aus den benachbarten Fest- ländern, in erster Linie Europa, eingewandert sind. Wie viel dabei auf Rechnung des Menschen kommt, bleibt dahingestellt; im allgemeinen aber werden die Samen aquatischer Gewächse leicht von Vögeln weithin verbreitet, und es ist anzunehmen, daß im Laufe der Zeiten auch die Samen mancher anderen Wasserpflanzen herbeigeführt wurden, ohne aber die Bedingungen für ihre Ent- wickelung zu finden. Einige der genannten Arten kehren auf den Azoren wieder, wo außerdem manche den Canaren fehlende, mitteleuropäische Sumpfpflanzen auftreten. Keine einzige Art ist auf den Canaren endemisch. Nur die canarischen Formen von Potamogeton natans und von Najyas major könnten vielleicht als Beginn einer Bildung insularer Typen von Wasserpflanzen betrachtet werden, und von den Azoren wird nur /soöfes azorica Durien als endemische Wasserpflanze angegeben. Die aquatischen Pflanzen sind der Einwirkung des eigenartigen Klimas der Inseln auf die Gestaltung entzogen. Nur zwei Seegräser werden von den Küsten der Canarischen Inseln angegeben 1), nämlich: Zostera nana Rorn. Nur an der Küste der Purpurarien, mitteleuropäische Küste, Mittel- meer, nordwestafrikanische Küste, Azoren, Madeira, Canaren. Ferner Südafrika, Japan. ı) P. ASCHERSoN, Die geographische Verbreitung der Seegräser, in PETERMANN’s Geograph. Mitteil., Bd. XVI, 1871, S- 241. Mit Karte. 75 38* 300 H. SCHENCK, Cyrmodocea nodosa ASCHERSON (C. Webbiana Apr. Juss, C. aeguorea Könıc). Im ganzen Mittelmeergebiet und von dort über Madeira, Canaren, westafrikanische Küste bis Senegambien. Beide Arten sind somit von den Küsten der benachbarten Kontinente nach den Inseln gelangt. Auf den ersten Blick erscheint es auffallend, daß, obwohl ein südlicher Arm des Golf- stromes die Küste der Canaren bespült, keines der westindischen Seegräser nach diesen Inseln gelangt ist, weder 7halassia testudinum Kön., noch Cyrmodocea manatorum Ascns., noch ZZalodule Wrishtii Aschs., von denen die letztere an der tropisch-westafrikanischen Küste wiederkehrt. Als Grund für die Verhinderung der Ansiedelung dieser Meeresgewächse mag wohl die geringere Temperatur des Meeres vor der nordwestafrikanischen Küste in Betracht kommen. $ ız. Die canarische Küstenvegetation. Liste der canarischen Strandpflanzen. (Nach WeEBB et BERTHELOT, CHRIST, SAUER, BOLLE, BORNMÜLLER, STAPF (S/atice) zusammengestellt.) Die endemischen Arten sind in Kursiv gesperrt gedruckt. Liliaceae. Urginea Scilla StEINH. Häufig. Asphodelus fistwlosus L. Polygonaceae. Polysonum marıtimum \L. fo] Chenopodiaceae. Beta vulgaris 3 marıtima Moog. Häufig. Beta procumbens Chur. SmrrH. Häufig, auch auf den Capverden. Beta Webbiana Moo. Auf den Purpurarien und an der Isleta von Gran Canaria. Delta palellaris Moo. Auch auf Madeira. Atriplex glauca L. Atriplex halimus L. Auf der Insel Graciosa. Atriplex portulacoides L. Auf Lanzarote, Graciosa. Atriplex parvifolia Lowe. Auch auf Insel Porto Santo der Madeiragruppe und Marokko. Chenolea lanata Moo. (= Ch. canariensis Moo.). Auch auf Madeira und bei Mogador. Arthrocnemum fruticosum Moo. (= Salicornia fruticosa L.). Auf der Insel Graciosa. Suaeda vermiculata Forsk. Auf Gran Canaria und Purpurarien. Suaeda fruticosa FORSK. Purpurarien. Suaeda marıtima Moo. Lanzarote, Tenerife. Traganum Moguini Wese. Purpurarien. Salsola Kali Ten. Gran Canaria. Salsola longifolia FORSK. var. verticillata Moo. Auch bei Mogador. Salsola vermiculata L. Tenerife, Purpurarien. 76 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln, 301 Aizoaceae. Mesembrianthemum nodıflorum 1. „Cosco“. Häufig am Strand der Canaren, an den Küsten des Mittelmeeres und Südafrikas, auch auf Porto Santo. Mesembrianthemum_ cerystallinum 1, „Barilla“. Häufig, besonders auf den Purpurarien. Mittelmeerküste und südafrikanische Küste. Arzoon canariense L., „Patilla“. Häufig am Strand der Canaren und an der nordafrika- nischen Küste. Caryophyllaceae. Polycarpia Teneriffae Luck. Sehr häufig. Cruciferae. Cakıle maritima Scoe. Matthiola tristis R. Br. Purpurarien. Matthiola Bolleana WeEss. Fuertaventura. Zygophyllaceae. Fagonia cretica L. Zygophyllum Fontanesii Wess et Berrm. „Salado moro“ auf Tenerife, „Uvilla« auf Lanzarote. Euphorbiaceae. Euphorbia Peplis L. Auch auf Madeira und den Azoren. Euphorbia Paralias L. Tamaricaceae. Tamarix anglica Bourc. B Derthelotii Wess, syn. ined. Tenerife, Gran Canaria, Fuertaventura. Tamarix anglıca Bourc. y Lanzarottae Weg, syn. ined. Endemisch auf Lanzarote. Tamarix gallica L. 8 canariensis Bourc. Tenerife, Gran Canaria, Fuertaventura, NB. Die Tamarisken, auch die auf Palma, Gomera und Hierro vorhandenen, bedürfen noch näherer Untersuchung. Frankeniaceae. Frankenia pulverulenta L. Tenerife, Purpurarien. Frankenia Boissieri Revr. Canaria. Frankenia intermedia DC. (FR capitata WEBER et BertH.). Auf Canaria, Fuertaventura. Frankenia eric !folia Chur. Sm. Tenerife, Palma, Graciosa. Umbelliferae. Crithmum marıtimum L. Häufig. Papilionaceae. Ononis natrix L. Lotus lanzerottensis WEpp et BErTH. Lanzarote. Lotus sessilifolius DC. Lotus glaucus Ar. 77 30 H. SCHENCK, Plumbaginaceae (Tetfig. 32 und 33). Statice, Sectio Pteroclados, S ı, Odontolepideae Boıss. Statice Thowini! Nıv. ©. Tenerife und Mittelmeergebiet. Statice, Sectio Pteroclados Boıss, $S 2 Nobiles Boıss. 1). Statice arborea Wıuın, fypica Starr (Sf. arborescens Brouvss). Nur an 2 Stand- orten an der Nordküste Tenerifes gefunden, dort aber jetzt nicht mehr vorhanden; nur noch in Kultur. Diese Standorte waren: ı) Burgadofelsen bei Rambla del Castro und EI Daute, ı km westlich von Garachico. Statice arborea f. /rutescens STAPF (SL /rutescens LEMAIRE, Sf. /ruticans WEB».). Nur auf Tenerife am felsigen Vorgebirge El Freyle bei Punta de Teno. Statice macrophylla Brouss. Nur an der Nordküste von Tenerife zwischen Punta del Viento und Taganana und an hohen Klippen unterhalb Santa Ursula, früher auch bei der Punta de Teno. Statice brassicifolia WEBB, fypica Starr. Nur auf Gomera am Felsen EI Risco de las Sulas bei Agulo und auf Hierro an einigen steilen Felsen bei Sabinosa an der Bai EI Golfo. Statice brassicifolia f. macroptera Starr (Sf. macroptera Wepe). Nur auf Hierro an demselben Standort mit der typischen Art.. Statice imbricata WEB. Nur an der Nordküste von Tenerife an 3 Standorten: Strandklippen bei Buena Vista am Westende der Insel, Inselfelsen El Roque de Garachico, La Hondura östlich von Tacoronte. Statice puberula Were. Nur auf Lanzarote an den westlichen Abstürzen des Famaragebirges und an der gegenüberliegenden Küste von Graciosa. Statice puberula var. Dourgeai Sıapr (Sf. Dourgaei Wesp). Lanzarote, an den westlichen Abstürzen des Famaragebirges. NB. sStatice Preauxii WEBB, angeblich auf Gran Canaria, ist nicht wieder beobachtet worden, eine zweifelhafte Art, die vielleicht zu St. puberula gehört. (STAPF, 1. c. S. 308.) Statice, Sectio Zimontum. Statice ovalıfolia Por. Auf der Isleta de Lobos der östlichen Canaren, auf Madeira und im westlichen Mittelmeergebiet. Statice, Sectio Aphanophyllae Christ. Statice tuberculata Boıss. Isleta de Lobos, Gran Canaria an den Lagunen von Maspalomas, und am Cabo blanco der nordwestafrikanischen Küste. Statice papillata Were. Isleta de Lobos, Alegranza, Fuertaventura auf der Halb- insel Handia, Graciosa. Statice, Sectio C/ladophyllae Curist. Statice pectinata Aır. (Sl. pechinata H. Kew. var. incompla WeEBB et BErTH.). Tene- rıfe, Canaria, Hierro. 1) OÖ. STAPF, The Statices of the Canaries of the Subsection Nobiles. Annals of Botany, Vol. XX, 1906, p. 205 u. 301. 78 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 303 Statice Humboldtii C. BoLLE (S#. pectinata H. Kew var. Solandri WEB et Bertn.). Palma, Gomera, Hierro, Tenerife. [Nach BoRnmÜLLER auf Tenerife auch Ueber- gangsformen zu voriger Art. Statice Corculum Christ (Sf. pectinata Arr. var. Corculum WEBB et BERTH.). Canaria an der Isleta. Nach BornmÜLLER auf Tenerife bei Taganana zusammen mit var. incompta und Uebergangsformen zu dieser. Zu dieser Gruppe gehören auch die beiden auf den Capverden vorkommenden Si. Draunü C. BoLLe und 52 Drunner! WEBE, ferner SL mucronata L. fil. von Marokko. Solanaceae. Zycium afrum L. Dornstrauch am Strand. Gran Canaria, Isleta de Lobos. Plantaginaceae. Plantago serraria L. Gran Canaria, Tenerife, Purpurarien. Plantago amplexicaulis Cav. Gran Canaria, Purpurarien. Plantago argentea DEsF. Graciosa, Fuertaventura. Plantago decumbens FoRs®k. Gran Canaria, Tenerife, Purpurarien. Compositae. Diotis maritima Por. Auf Gran Canaria. Die Küsten der westlichen Canaren!) sind überwiegend felsig und steil und bestehen aus von der Brandung zernagtem vulkanischen Gestein. Nur schmale Streifen schwarzen vulkanischen Sandes umsäumen hie und da die Küstenfelsen, und nur an einigen Stellen, in Buchten, dehnt sich der Sand weiter landeinwärts aus, so besonders auf Canarıa an der Südostseite. Auf Canaria besteht ferner der schmale Isthmus, der die Isleta mit der Hauptinsel verbindet, aus gelbem Muschelsand. Auf den östlichen Inseln dagegen finden wir weite, von Sand und Dünen bedeckte Küstenstrecken, und so sind naturgemäß auf den Purpurarien die Bedingungen für die Entwickelung einer Strandsandvegetation, der eine große Zahl der in der Liste citierten Pflanzen angehört, ge- geben, während auf den westlichen Inseln die Küstenpflanzen hauptsächlich an die Felsen ge- bunden sind. Auf den Purpurarien treffen wir in den sandigen und an einzelnen Stellen mit Lagunen versehenen Küstenstrecken ausgedehnte Bestände von Tamarisken hinten den Dünen. Weite Strandsandstrecken sind von maritimen Chenopodiaceen bedeckt, die sich zu charakteristischen For- mationen vereinigen. BortE2) nennt als Bestandteile derselben Zalimus portwlacoides, Salicornia Jruticosa, Suaeda fruticosa, Traganum Mogquini, Salsola vermiculata und Chenolea canariensis. Auffallend erscheint der Mangel von kriechenden Dünenpflanzen. Eine Formation, die also der tropischen es caprae-Formation zu vergleichen wäre, fehl. Von Mangrove ist ebenfalls keine Spur vorhanden. Die Zfornoea es caprae L. kommt dagegen bereits auf den Capverden vor. Die obige Liste umfaßt den Hauptstock der canarischen Strandflora, in die sich außer- dem noch manche landeinwärts vorkommenden Unkräuter und Sandpflanzen einmischen. 1) CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 465. — C. BOLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. X, 1861. 2) BOLLE, Botan. Rückblicke, S. 250. 79 304 H. SCHENCK, Sämtliche nicht endemische Strand- und Küstenfelspflanzen der Canaren entstammen der Strandflora des Mittelmeergebietes und sind in letzterem und an der anstoßenden südwest- europäischen sowie der nordwestafrikanischen Küste mehr oder weniger verbreitet. Nur für die beiden strandbewohnenden Mesembrianthemum-Arten, die übrigens auch an den Mittelmeerküsten sich ausgebreitet haben, müssen wir wohl die Herkunft aus dem Areal der Gattung in Südafrika annehmen, ebenso wie für eine dritte nicht strandbewohnende Art dieser Gattung, Mesembr:- anthemum crassifolium 1, die an Felswänden des Handia-Gebirges und im südlichsten Canaria auftritt 1). Die endemischen Arten und Varietäten unserer Liste, im ganzen 27 Nummern unter 64, also über 1/3 der gesamten Strandflora, leiten sich ebenfalls sämtlich von Gattungen der Küsten des Mittelmeergebietes ab, während Amerika keine Vertreter gesandt hat, obwohl ein Südostarm des Golfstroms von den Azoren her über Madeira zu den Canaren führt, sogar einige Meeres- tiere von den Küsten Centralamerikas nach Tenerife herübergebracht hat?) und mit seiner Drift Samen der Antillen an der Küste der Canaren, so besonders der Inseln Gomera3), Canaria, Hierro 4) auswirft. Der hohe Prozentsatz endemischer Arten unter den Küstenpflanzen ist eine sehr auf- fallende Thatsache, denn im allgemeinen trägt die Strandflora der Kontinente und der meisten Inseln kosmopolitisches Gepräge; ihre Vertreter sind an den Küsten innerhalb der ihnen zusagenden Klimazone weit verbreitet. Hier auf den Canaren aber, an den äußersten Grenzen der Mittel- meerflora, ist auch die Strandflora von der Umbildung zu neuen Formen nicht verschont ge- blieben. Die beiden 7arnarix-Arten haben neue endemische Varietäten gebildet, die Gattung Beta hat 3 endemische Arten geliefert. Am bemerkenswertesten aber erscheint die Arten- neubildung in der Gattung Sfatrce. Vertreter dieser Gattung aus mehreren ihrer verschiedenen Sektionen sind nach den Canaren gelangt. Nur 2 Arten sind heute identisch mit mediterranen, St. Thowini und St. ovalıfolia, die übrigen ı3 Formen dagegen sämtlich den Inseln eigentümlich und wohl auch auf ihnen aus den Einwanderern entstanden. Wohl ohne Zweifel gilt dies von der herrlichen Gruppe der Nobiles5), die in 8 Formen, zu 5 Arten gehörig, sich gespalten hat. Die Formen zeichnen sich sämtlich durch eng begrenzte Standorte aus, die bei einigen nur auf eine einzige Insel beschränkt sind, bei keiner Form aber sich auf mehr als 2 Inseln des Archipels verteilen. Diese auf den Canaren als „Siemprevivas del mar“ bezeichneten Stauden besitzen auf kräftigen kurzen Achsen große Rosetten derber breiter Blätter. Ihre großen, doldenartig weit ausgebreiteten Rispen tragen zahlreiche Blüten, deren persistierende, prachtvoll cyanblau gefärbte Kelche diese Gewächse zu den schönsten Zierden der endemischen Canarenflora erheben. Die stattlichste Art ist die jetzt von ihren ursprünglichen Standorten leider verschwundene Statice arborea (Textfig. 32, ı), deren Hauptachse sich unter günstigen Bedingungen zu einem aufrechten blattlosen Stamm mit kurzen Aesten, die gedrängte Rosetten großer Blätter tragen, entwickelt und die somit einigermaßen an die Federbuschpflanzen erinnert. 1) BOLLE, Botan. Rückblicke, S. 259. 2) CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 463. 3) BOLLE, Gomera, S. 240, und Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. X, S. 4. 4) K. v. FrıTscH, Reisebilder, S. 20. 5) CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 504; Spicilegium, S. 141; Frühlingsfahrt, S. 150. — STAPF, Annals. of Botany, Vol. XX, 1906, p. 205. 80 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 305 N. SA 17% NN Eee 12 Bo 128, pl BEER, 2 N 1 ‘= 2% Z M ART Adi KRHPSIEN NY VE Z II DNNEÄEREN Y / 77 Eh. 7 7 MN > fee THAT Y EN EG Fig. 32. ı Siatice arborea WıLLD. Tenerife. 2 Statice brassicifolia WEBB. Gomera, Hierro. Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. II. r. Teil. 39 H. SCHENCK, 306 SEN AA N NE 2 R ST IH ZA AEEEER S \ \ \ n ! seh Ss a: SS" | N Y h N RN Pr u 0% Si A ZEN NS N: 7 en N RS > S N az / S 5 ee Er al Mr RS N Ss Fig. 33. ı Statice imbricata WEBB. Tenerife. 2 Siatice Humboldtii C. BOLLE. Westliche Canaren. 3 Statice corculum CHRIST. Gran Canaria, Tenerife. Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 307 Die übrigen Arten besitzen alle bodenständige Rosetten. S4. imbricata ist ausgezeichnet durch ihre tief fiederschnittigen Blätter. Bei Sfatice brassicifolia (Textfig. 32, 2), macroptera und imbricala (Textlig. 33, ı) sind die Achsen der Blütenstände breit geflügelt. Die Unterschiede zwischen den einzelnen Arten beziehen sich auf die Flügelung der Rispenäste, die Form der Blätter, die Behaarung und die Dimensionen der Pflanzen; fast sämtliche unterscheidenden Merk- male sind rein morphologische und lassen keine Beziehungen zu den besonderen Standorts- bedingungen erkennen. Christ!) bemerkt sehr richtig: „Wer die Natur dieser felsigen Standorte kennt, begreift die strenge Isolierung der Arten, denn diesen Laven fehlt jeder Humus; nur in seltenen Spalten und Höhlungen vermag eine Pflanze sich zu halten: eine dichte Verbreitung Seite an Seite mit der Mutterpflanze ist unmöglich.“ r Geringer ist die Formenneubildung in der Verwandtschaftsgruppe der Sfafice pectinata Arr, die viel kleiner ist als die Nobiles und sich durch die hell-violettrote Färbung der Kelche ihrer kleinen Blüten auszeichnet. Mit ihr nahe verwandt ist 5%. ZZumboldtii (Textfig. 33, 2), während 5%. coreulum (Textlig. 33, 3), um die Hälfte kleiner, einen dichten, rasigen Zwergstrauch, wohl infolge Anpassung an extrem trockenen Standort, vorstellt. Statice tuberculata mit rosenroten, Sfatice papıillata mit \ila gefärbten Inflorescenzen stellen ebenfalls auffallende Erscheinungen vor. Auf der kleinen Insel Lobos wachsen diese Endemen gesellig mit der lavendelblau blühenden Siatice ova/ıfolra zwischen den Buschwäldchen der Zuphorbia balsamıfera and bilden dort nach Borrz2) wahre Blumenbeete. $ 13. Windwirkung auf Tiere. (Von A. F. W. SCHIMPER.) „ES ist zu erwarten, daß ausgeprägte Windwirkungen nicht nur auf die Pflanzen beschränkt „sind, sondern auch an gewissen Tiergruppen in die Erscheinung treten, nämlich an den fliegen- „den Tieren. „Letzteres ist allerdings in hohem Grade der Fall und seit langer Zeit bekannt, nament- „lich für die Insekten, welche nicht bloß auf den Canaren, sondern auf sämtlichen kleineren „windigen Inseln eine Verkümmerung ihrer Flugorgane, manchmal bis zu gänzlichem Schwinden, „erlitten haben. Dieses gilt in besonders hohem Grade für die Käfer. Die in Rede stehende „Eigentümlichkeit der letzteren wurde zuerst von dem ausgezeichneten Monographen der makaro- „nesischen Coleopteren, Worrasron, betont, und zwar für Madeira. Von den zu jener Zeit, als „er seine Coleopterenfauna dieser Gruppe veröffentlichte, bekannten 550 Arten haben 200 ver- „kümmerte Flügel, so daß sie nicht fliegen können, 22 in Europa beflügelte Gattungen sind „tlügellos, 3 Arten, die ın Europa fliegen, haben ihre Flügel verloren, und von den 29 en- „demischen Gattungen sind nicht weniger als 20 ohne Flugvermögen. Besonders interessant ist, „daß die Proportion der flügellosen Formen auf den stürmischen Desertas noch höher ist. Von „großer Wichtigkeit ist, daß diejenigen Arten, deren Lebensweise den Besitz von Flügeln not- 1) CHrısT, Frühlingsfahrt, S. ı51. 2) BorLLE, Botan. Rückblick, S. 241. 83 39* 308 H. SCHENCK, „wendig macht, auf Madeira häufiger größere Flügel und dementsprechend ein größeres Flug- „vermögen besitzen, als die gleichen oder nächstverwandten Arten Europas. „Die Käfer der Canaren verhalten sich denjenigen Madeiras ganz entsprechend, doch „besitzen wir derartige Zusammenstellungen für dieselben nicht. Nach dem Erscheinen von „Worrasron’s Coleopteren Madeiras und vor demjenigen der Coleopteren der Canaren desselben „Autors war nämlich Darwın’s „Entstehung der Arten“ erschienen — und die Insekten Madeiras „hatten dem Begründer der Selektionstheorie höchst willkommene Beweismittel in die Hand ge- „geben. Darüber war der fromme Worraston, der entschiedenste Gegner der Artenvariabilität „und Anhänger getrennter Schöpfungsakte, gewaltig erschrocken und hatte sich in seinen späteren „Werken, nach dem er Darwın’s Konklusionen, so gut er konnte, zurückgewiesen, jeder allgemeinen „Betrachtung sorgsam enthalten. „Aehnlich wie die Käfer verhalten sich die Schmetterlinge; auch hier findet auf Inseln „entweder eine Verkümmerung der Flügel im Vergleich mit den kontinentalen oder, im Gegenteil, „eine Größenzunahme statt. Der erstere Fall ist auf den Inseln des Mittelmeeres die Regel und „läßt sich, nach Christ, sogar von Insel zu Insel verfolgen. Auf den Canaren, im Gegenteil, ist „nach Cnrısr und Reser, deren Angaben allerdings bezüglich zweier Arten, bei den identischen „und den abweichend gewordenen, nicht übereinstimmen, die Zunahme der Größe häufiger als „die Verkümmerung. Merkwürdig ist, daß nach Rerer die Verkümmerung im Gegenteil auf „Madeira vorherrscht, so daß ein und dieselbe Art oder vikarierende Arten auf den Canaren „groß-, auf Madeira kleinflügelig sind. „Endlich tritt die gleiche Erscheinung auch bei den Vögeln zum Vorschein. Die en- „demischen Unterarten und Varietäten kontinentaler Arten sind auf den Canaren in der Regel „kleiner als die Stammform, was wohl erklärlich ist, indem die kleineren Individuen, als schwächere „Flieger, weit häufiger als die mit großen Flügeln versehenen, auf den Inseln verbleiben mußten und „brüteten. So ist z. B. der Distelfink !) auf Teneriffa kleiner als bei uns, und das Gleiche gilt in noch „höherem Maße von der canarischen Form des Thurmfalken, Cerckneis tinnunculus canarıensis KG. 2). „Auf den Azoren hat man bei manchen Vögeln eine kräftigere Entwickelung der Beine und „Füße beobachtet, welche ebenfalls als Anpassung an das stürmische Klima zu deuten ist. „Die Anpassungen der Insekten an den Wind auf kleinen Inseln zeigen, daß die Existenz- „bedingungen für sie ungünstig sind; thatsächlich beobachtet man im Vergleich mit den Kon- „tinenten eine weit geringere Menge fliegender Insekten; so ist dieses in hohem Maße der Fall „auf den friesischen Inseln 3) und wird auch von BrurL£ für die Canaren, auf Grund der An- „gaben von WEBB und BERTHELOT, hervorgehoben. $ 14. Eigentümlichkeiten der Blüten. (Von A. F. W. SCHIMPER.) „Die relative Armut der Insekten im Zusammenhang mit der durch das Substrat bedingten „Vereinzelung so vieler Pflanzenstöcke bringt manche Eigentümlichkeiten der Blüten der Canaren 1) A. KoENIG, Ormithologische Forschungsergebnisse einer Reise nach Madeira und den Canarischen Inseln. CABANIS’ Journal f. Ornithol., 1890, S. 270 u. 431. 2) A. KoEnIG, ibid. S. 325. 3) P. KuntH, Blumen und Insekten auf den nordfriesischen Inseln, 1894, S. 14. 84 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 309 „unserem Verständnisse näher. Achnlich wie die Insekten durch Verkümmerung ihrer Flügel „der Ungunst des Klimas sich unterwarfen oder ihr, wenn sie der Flügel zur Existenz bedurften, „durch deren Vergrößerung Trotz boten, zeigen die Blüten auf den Canaren weit mehr als auf „den benachbarten Kontinenten einen auffallenden Kontrast zwischen geringer Größe, verbunden „mit Unscheinbarkeit einerseits und außergewöhnlicher Pracht andererseits, je nachdem sie ohne „Insektenbestäubung fortkommen oder derselben durchaus nicht entbehren konnten und daher „diese durch stärkere I.ockmittel sich verschaffen mußten. Beobachtungen über Bestäubung der „canarischen Blüten fehlen, doch können wir auf Grund der Verhältnisse bei ähnlichen Blüten „schließen, daß diejenigen der ersten Gruppe Selbstbestäuber und Windbestäuber sind. Sehr „lehrreich ist es, daß einzelne canarische Formen europäischer Arten durch viel kleinere Blüten „charakterisiert sind, so Viola odorata L. var. maderensis WeBB und Orchis patens Desr. var. „canariensis LinpL. Sonst sehen wir Sippen, welche von Insektenbestäubung nicht ganz abhängig „sind, auf den Canaren reich entwickelt, und manche sehr klein- und unscheinbarblütige Gattungen „gehören zu denjenigen, die eine Menge neuer Arten ausgebildet haben, wie Polycarpıa unter den „Paronychiaceen, Dys/ropogon, Micromeria und Lewcophae unter den Labiaten; auch die Euphor- „bien sind wohl zu denjenigen Formen zu rechnen, bei welchen ohne Beihilfe der Insekten Be- „stäubung regelmäßig eintritt, denn der Insektenbesuch (Dipteren) ist auch bei uns sehr spärlich !) „und doch die Samenerzeugung sehr reichlich. „Diesen unscheinbar blühenden Formen steht, wie schon erwähnt, ein starker Prozentsatz „von Pflanzenarten gegenüber, die sich im Gegenteil durch außergewöhnliche Blütenpracht aus- „zeichnen. Viele Canarenpflanzen sammeln, ähnlich wie die Agave-Arten, jahrelang Nährstoffe „für die Blüten- und Samenbildung, nach welch letzterer die ganze Pflanze oder nur der fertile „Sproß zu Grunde geht. Hierher gehören namentlich die holzigen canarischen Zehrum-Arten, „die durch ihre riesigen, weißen oder leuchtend blauen Blütenständen zu den augenfälligsten Ge- „wächsen des Archipels gehören; namentlich ist dies der Fall für das weißblütige Zorrum sim- „plex L. Ferner zeigen ähnliches Verhalten gewisse Sempervivum-Arten. „Daß Aehnliches sich in Madeira wiederholt, führen die Bilder eines und desselben Stockes „von Musschia Wollaston! LowE2) zur Blütezeit und im vorhergehenden vegetativen Zustande or Ansen (Textlies 174,2. 274): „Die Zunahme des Schauapparates beruht manchmal nur auf Vergrößerung der Krone „gegenüber den verwandten kontinentalen Arten, so bei Cistus vaginatus Aır., der großblütigsten „aller Cistrosen, bei Geranium anemonefolium 1'Hirır., einem großblütigen nahen Verwandten „unseres unscheinbaren G. Kobertianum L., bei Ranunculus cortusaefolius WıLLD, einem Ver- „wandten des Aanunculus cretiwus L. bei Viola cheiranthifolia H. B. aus der Tricolorgruppe, oder „die Farbe ist von außerordentlich leuchtendem Glanze, wie bei der zur Zierpflanze gewordenen „Ileinekenia peliorkyncha WEB», die vereinzelt auf hohen Felsen der Barrancos wächst und daher „einer solchen Lockfarbe wohl bedarf. Meistens jedoch handelt es sich um eine Vergrößerung „des Blütenstandes, mit welcher oft eine Zunahme der Farbenintensität verbunden ist. Als präch- „tige Beispiele seien die canarischen Sfatzce-Arten der endemischen Gruppe der Nobiles der ı) P. KuntH, Blumen und Insekten auf den nordfriesischen Inseln, 1894, S. 131. 2) Musschia Wollastoni wird vielfach bei uns kultiviert und gebraucht dann gewöhnlich 7 Jahre, zuweilen auch nur 6 Jahre, ehe sie zur Blütenbildung übergeht. 85 310 H. SCHENCK, „Sektion Pferoclados gemeint, welche Curısr wegen des außerordentlichen Glanzes der blauen „Farbe ihrer mächtigen, oft riesigen Blütenstände mit Paradiesvögeln vergleicht. Diese Staticen „bewohnen, wie der leuchtend rote Zofzs, jedoch in der Nähe des Meeres oder sogar vom Meere „umspült, ganz einsame Felsen. Bescheidener ist in seiner Blütenentwickelung das gemeine ein- Fig. 34. Sempervivum annuum CH. SM. (= S. dichotomum DC.). Blütenstand von oben in !/, nat. Gr. Höhe des Stengels unterhalb des Blütenstandes 15 cm. Gesamthöhe 45 cm. Nach Photographie, angefertigt im botanischen Garten Basel. [SCHIMPER.] „Jährige Sempervivum annuum Chr. Sm. und doch bietet sein gelber Blütenstand, namentlich im „Verhältnis zur Gesamtgröße der Pflanze, einen überraschenden Anblick (Textfig. 34). Andere „Beispiele bieten uns Dracocephalum, Cineraria, Diegitalis, viele Papilionaceen, z. B. Spartocylisus „supranubius CHRIST, die Retama blanca der Cafadas. $ 15 Endemismus und Herkunft der basalen Flora. („Text“ von A. F. W. SCHIMPER, Anmerkungen von H. SCHENCK.) „Wir haben gesehen, daß der physiognomische Charakter der basalen Vegetation der „Canaren zum Teil durch äußere Faktoren bedingt worden ist; die Anpassungsmerkmale sind „teilweise Artenmerkmale. Auch in der montanen und in der alpinen Region werden wir noch „einige Anpassungen der Vegetation an das Klima beobachten können. „Wie die Anpassung überhaupt, hat sie auch hier nichts Neues geschaffen, sie hat nur „vorhandene Merkmale modifiziert. Sie hat die Blätter an die Gipfel der Stengel zu einer „Rosette zusammengerückt, so daß die kritischen Stellen der Blattbasen einander schützten, sie 86 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 311 „hat große Blattflächen nach der Bandform hin modelliert oder kleine nach der Nadelform, sie „hat Blumenkronen verkleinert und vergrößert, deren Farben intensiver gemacht, die Zahl der „Einzelblüten in Blütenständen vermehrt. In welcher Weise haben wir uns dabei die Reaktion „der Pflanzen auf die Umgebung zu denken? Nach der Darwm’schen Lehre wäre keine „Reaktion vorhanden. Bei gänzlicher Passivität seitens der Pflanzenwelt hätte die natürliche Aus- „lese des Nützlichen ihr Werk ausgeführt. Wie in vielen anderen Fällen läßt uns der geniale „Gedanke hier im Stiche, denn ein Zusammenrücken der Blattbasen ist nur von Nutzen, wenn „die letzteren einander überdecken, also im definitiven Zustande; Zwischenstufen wären be- „deutungslos. Die Fälle, wo die Darwın’sche Selektionslehre sich als unfähig erwiesen hat, die „Anpassungen zu erklären, haben sich so vermehrt, daß wir uns bescheiden müssen, auf die „einzige wissenschaftliche Theorie der Anpassung, die bisher gegeben worden ist, zu verzichten. „Die Hypothesen der Wirkung von Gebrauch und Nichtgebrauch von LAMArRcK, NÄGELI und „der Neu-Lamarckisten, welche sich namentlich unter den Zoologen befinden, mögen ein Körnchen „Wahrheit enthalten; vorläufig sind sie als Phantasiegebilde zu bezeichnen. „Die Anpassung an das Klima der Canaren, hauptsächlich an den Wind, hat manches „Artenmerkmal hervorgerufen; doch entzieht sich die überwiegende Mehrzahl der canarischen „Endemen einer solchen Erklärung. Die Canarenflora setzt sich nach Abzug der mit dem „Menschen eingewanderten Fremdlinge aus über 800 Arten zusammen, und davon sind mehr als „die Hälfte endemischt), Eine Anzahl dieser Arten sind nicht wirklich autochthon, sondern „uralte Einwanderer, die in ihrer ursprünglichen Heimat ausgestorben sind. Diese leicht kennt- „lichen Arten bilden jedoch nur eine kleine Minderheit; die übrigen sind canarische Neubildungen, „sie sind unter den eigentümlichen Existenzbedingungen der Canaren entstanden, aber der Ver- „such, deren Eigentümlichkeiten in jedem einzelnen Falle auf diese Bedingungen zurückzuführen, „läßt vollständig im Stiche. Mehrere canarische Gattungen haben zahlreiche endemische Arten; „in einigen Fällen lassen sich zwar einzelne der Merkmale dieser Arten auf ungleiche Existenz- „bedingungen zurückführen, aber keineswegs alle, und in der Mehrzahl der Fälle läßt die An- „passung vollständig im Stiche, indem sie sich in dem ganzen Cyklus verwandter Arten gleich „entwickelt hat oder häufiger nur Unterschiede zeigt, welche nicht mit den äußeren Bedingungen, „sondern mit der ungleichen inneren Natur der Pflanzen zusammenhängen. In anderen Worten, „die Artenmerkmale der canarischen Endemen sind weitaus in den meisten Fällen morphologische, „nicht ökologische; die Endemen verhalten sich demnach ähnlich wie die kontinentalen Arten. „Das Gleiche gilt von den Inselfloren überhaupt. Hierin ist ein Unterschied zwischen „den letzteren und den Festlandfloren nicht vorhanden; ein solcher war a priori auch nicht zu „erwarten, denn die Kontinente bieten in einzelnen Gebieten, namentlich in Wüsten, weit extremere, „zur Ausbildung von Anpassungen weit günstigere Bedingungen, als die Inseln. „In einem wichtigen Punkte weichen die Canaren von den benachbarten Kontinenten, auf „welche ihre Flora ursprünglich zurückzuführen ist, ab, nämlich in dem außerordentlichen Prozent- „satze von Endemen, welche über die Hälfte der ganzen Flora bilden. Ein solcher reicher En- ı) H. CHrIsT giebt in seiner 1885 erschienenen Abhandlung über Vegetation und Flora der Canarischen Inseln die Gesamtzahl der Gefäßpflanzen auf 806 an, darunter 414 endemischem Arten. In seinem Spicilegium canariense 1888 (S. 156) zählt er 477 makaro- nische endemische Gefäßpflanzen der Canaren auf, wovon auf Tenerife 124 Arten bezw. Varietäten, auf Gran Canaria 64, auf Palma 26, auf Gomera 22 beschränkt sind. Hierro hat nach BORNMÜLLER (S. I1) nur 8 Endemen. 87 312 H. SCHENCK, „demismus kommt der Mehrzahl der alten Inseln zu und ist auf manchen der letzteren noch stärker „entwickelt. „Die Inseln mit reichem Endemismus zerfallen in zwei Gruppen, solche, deren endemische „Arten vorwiegend monotypen oder doch oligotypen Gattungen angehören, und solche mit sehr „zahlreichen endemischen Arten in wenigen Gattungen. Die ersteren Inseln enthalten weit mehr „endemische Gattungen, als die letzteren und ihre Endemen sind nicht autochthon; es sind alte „Einwanderer, die auf den Kontinenten erloschen sind; die Seychellen können als typisches Bei- „spiel für diese Gruppe gelten. Die Inseln der zweiten Gruppe dagegen sind der Herd zahl- „reicher Neubildungen gewesen, Wir wollen die Frage zu beantworten suchen, warum der- „artige Neubildungen so viel massenhafter auf den Canaren entstanden sind, als in der Mutter- „flora, als welche, abgesehen von wenigen mono- oder oligotypischen und demnach in diesem „Zusammenhang nicht zu betrachtenden Gattungen, ohne jeden Zweifel die Mittelmeerflora zu „betrachten ist, mit welcher die Canarenflora beinahe ihre sämtlichen Gattungen und die über- „wiegende Mehrzahl ihrer nicht endemischen Arten gemeinsam hat. „Die genauere Untersuchung einer Anzahl nahe verwandter Arten, sogenannter „kleiner „Arten“ polymorpher Sippen der mitteleuropäischen Flora durch Kerner, v. WETISTEIN, BRIQUET „und andere hat den Beweis erbracht, daß an der Peripherie des Areals des Typus zahlreiche „neue Formen entstehen; v. Wertsrem, der diese Erscheinungen in mustergiltiger Weise für die „Gruppe der Zuphrasia officinalis und für Gentiana sectio Zindotricha studiert hat, sieht hierin „eine Anpassung an neue Existenzverhältnisse. Es ist vielleicht vorsichtiger, hier garnicht von „Anpassung zu sprechen, sondern von einem fördernden Einfluß neuer Existenzbedingungen auf „die Mutation, da in der Regel ein Zusammenhang der von dem Typus abweichenden Eigen- „schaften mit den vom Centralareal abweichenden äußeren Bedingungen nicht erkennbar ist. Den „Canaren kommen in hohem Maße die Bedingungen für die Hervorbringung neuer Formen aus „dieser eben erwähnten Ursache zu; sie haben ihre Flora vom Mediterrangebiete erhalten, sie „legen aber außerhalb desselben, nicht bloß geographisch, sondern, was viel wichtiger ist, klima- „tisch; das Klima ist wärmer und viel gleichmäßiger und in der Küstenzone noch regenärmer „als im Heimatlande. Sehr bezeichnend ist der Umstand, daß die kleinen östlichen Inseln „Fuerteventura und Lanzarote mit einem demjenigen der Sahara ganz ähnlichen Klima ihre aus ı) Gattungen der canarischen Flora mit zahlreichen endemischen Arten sind folgende: Polycarpaea Genista Micromeria ‚Senecio Euphorbia Lotus Bystropogon Tolpis Sempervivum ‚Statice Leucophae Sonchus Monanthes Convolvulus Chrysanthemum Monotype und oligotype Gattungen der makaronesischen Flora sind: Gesnouinia arborea GAUD. (Urtic.), Canaren Heinekenia peliorhyncha WEBB (Papil.) Canaren Dicheranthus plocamoides WEBB (Caryophyll.), Canaren Pleiomeris canariensis A. DC. (Myrsin.), Canaren, Madeira Parolinia ornata WEBB (Crucif.), Canaren Zytanthus salieinus V. WETTST. (Globul.), Canaren, Madeira Sinapidendron (Crucif.), 2 Arten auf Madeira, 3 Arten auf den > amygdalifolius v. WETTST., Capverden Capverden, I Art (‚S. Bozrgae: WEBB) auf den Canaren Cedronella canariensis WILLD. (Lab.), Canaren, Madeira Visnea mocanera L. fil. (Ternstroem.) Canaren, Madeira Ixanthus viscosus GRISEB. (Gent.), Canaren Drusa oppositifolia DC. (Umbell.), Canaren Musschia aurea Dum. und Wollaston! LOwWE (Camp.), Madeira Astydamia canariensis DC. (Umbell.), Canaren Phyllis nobla L. (Rub.), Canaren, Madeira Todaroa aurea PARL, und montana WELB (Umbell.), Canaren a5 viscosa WEBB, Canaren Bencomia caudata WEBB et BERTH. (Rosac.), Canaren Plocama pendula AIT. (Rub.), Canaren ” moquiniana WERB et BERTH,, Canaren Vieraca laevigata WEBB (Comp.), Canaren. „ maderensis BORNMÜLLER, Madeira Allagopappus dichotomus Cass. (Comp.), Canaren. 88 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 208 „der Sahara erhaltenen Bestandteile kaum modifiziert haben. Bezeichnend ist es auch, daß die „Azoren mit ihrem demjenigen des südwestlichen Europa ganz ähnlichen Klima die eingewan- „derten Formen so wenig modifiziert haben. Der eben erwähnte Faktor genügt nicht, um den „hoch entwickelten Endemismus der Canaren zu erklären, denn wir können auf Grund desselben „nur Ähnliche Abweichungen erwarten, wie sie sich auf den Kontinenten auch zeigen. Ein weit „mächtigerer Faktor ist die insulare Isolierung gewesen. „Nur vereinzelt kamen die Samen aus den Mittelmeerländern nach den Canaren; die aus „denselben sich entwickelnden Pflanzen hatten sämtlich die Tendenz nach Variation in einer „bestimmten Richtung, und diese Tendenz wurde nicht durch Kreuzung kompensiert. Es fand, „um mit WEISMANN zu sprechen, Amixie statt. Andererseits wurde die Variabilität durch die „neuen Bedingungen wesentlich erhöht. Eine erste Bedingung für die Ausbildung neuer Formen „war allerdings die, daß die Samen nur spärlich und selten aus dem Mutterlande nach den „Canaren gelangten; manche Arten mit sehr ergiebigen Verbreitungsmitteln haben keine Ver- „änderung erfahren. Letzteres mag auch in manchen Fällen daher rühren, daß die Art sich in „einem Zustande vollkommener Starre befand, so daß sie, auch wenn nur ganz vereinzelt „herübergekommen, keine Veränderung erfuhr. „Diejenigen unter den endemischen Arten, die mit verhältnismäßig ergiebigen Verbreitungs- „mitteln ausgerüstet sind, namentlich solche mit saftigen Früchten oder mit Flügeln, Pappus „u. dergl. an ihren Samen, sind meist über den ganzen Archipel, soweit ihnen die klimatischen „Bedingungen entsprechen, verbreitet; man wird z. B. das Fehlen mancher leicht beweglicher „Arten der westlichen Inseln auf den östlichen und umgekehrt mit viel größerem Rechte auf „das ungleiche Klima als auf mangelnde Einwanderung zurückführen. Anders verhält es sich „mit den schwerfälligen Arten, für welche die Reise von einer Insel zur anderen ein überaus „seltenes Ereignis gewesen ist. Da hat sich innerhalb des Archipels, innerhalb der einzelnen Inseln, „die Neubildung von Formen, denen allerdings nicht immer Artcharakter zugeschrieben worden „ist, wiederholt; innerhalb mancher Gattungen (z. B. Senecio, Echtum, Static, Micromerta) giebt es „Arten und Varietäten, die je nur eine einzelne Insel oder höchstens zwei benachbarte bewohnen. „Bildung neuer Formen durch Isolierung hat jedoch in hohem Grade sogar innerhalb des „Raumes einer einzigen Insel stattgefunden, — in höheren Grade als auf dem Kontinent. Dies „ist namentlich der Fall auf Teneriffa, wo das mächtige Massiv des Teyde und das kleinere des „Anagagebietes den Pflanzenwanderungen Hindernisse entgegensetzten, wo die großen Unter- „schiede der Klimate in verschiedenen Höhen die Bildung regionaler Formen unterstützten, indem „nicht, wie auf dem Kontinente, Einwanderungen aus kühlen Zonen in hohem Maße für die Be- „siedelung der kühlen und kalten Region in Betracht kamen, — obwohl solche Einwanderungen, „wie später gezeigt werden soll, nicht ganz ausgeschlossen geblieben sind. Endlich bedingte der „schroffe Wechsel der wüstenartigen Gebiete mit den tiefen, feuchten Barrancos ebenfalls Iso- „llerungen. Immerhin müssen wir, um die große Wirkung solcher lokaler Isolierung zu erklären, „die bereits erwähnten Ursachen noch zu Hilfe nehmen, nämlich die gesteigerte Variabilität infolge „der exzentrischen Lage gegenüber dem Mutterlande und der Amixie. „Die soeben aufgezählten Faktoren erklären die Entstehung allgemeiner canarischer „Endemen, diejenigen moninsularer Endemen innerhalb des Archipels und lokaler Endemen inner- „halb einer und derselben Insel; dank diesen verschiedenen Ursachen konnte sich eine einzelne 89 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı1899. Bd. II. r. Teil. 40 314 H. SCHENCK, „Art, falls sie sich im Zustande der Variation befand, in eine große Anzahl neuer Arten spalten. „Ihatsächlich können wir die zahlreichen endemischen Arten mancher Gattungen auf diese „Faktoren zurückführen. „Es scheint aber nicht, daß dies durchweg der Fall sei; die 60 Arten der Gattung „Sermpervivum scheinen keineswegs isoliert zu sein, sondern sogar in ihren verwandten Formen „teilweise durcheinander zu wachsen, ähnlich wie bei uns ZZieracium, Erophila. Allerdings ist „unsere Kenntnis der canarischen Semperviva, sowohl was die Begrenzung der Formen anbelangt „als namentlich auch bezüglich des natürlichen Standortes, so unvollkommen, daß ich mich nur „mit Vorsicht aussprechen kann; doch sprechen ganz analoge und ganz unzweifelhafte Er- „scheinungen bei den Käfern dafür, daß auf den Canaren, wie wohl auch anderwärts, eine „meinschaftliche Entstehung neuer Formen auf engstem Raume stattgefunden hat. „Die Mehrzahl der bisher erwähnten Gattungen gehören der europäischen, speciell der „mediterranen Flora an, welcher wir als extremes und abweichendes Glied die marokkanische „anschließen. Wir haben andererseits aber auch canarische Endemen zu nennen, welche zu der „heutigen südeuropäischen Flora keine Beziehungen aufweisen, so Dracaena, deren geographisch „nächste Verwandte Socotra und Nubien bewohnen, //ocama, die sich südafrikanischen Formen „anschließt, ferner Dys/ropogon, eine sonst südamerikanische Gattung. Die drei Beispiele weisen „bereits daraufhin, daß die canarische Flora sich nicht ganz, wenigstens in recenter Zeit, aus dem „Mittelmeergebiet rekrutiert hat; wir könnten noch für die Küstenregion andere Beispiele hinzu- „fügen; da sind manche, namentlich monotypische Gattungen, deren jetzige Verwandte nur in „fernsten Gebieten vorkommen, namentlich in Socotra, in Arabien und in Südafrika, und auch „manche Vertreter europäischer Gattungen schließen sich den Formen solcher Gebiete an. Diese „eigenartigen Beziehungen werden uns weit mehr in der montanen Region, speciell im Lorbeer- „walde begegnen und sollen da im Zusammenhang besprochen werden. „Vorläufig ist lediglich gezeigt worden, daß die canariısche Flora in ihrer Hauptmasse „durch Variation und Spaltung der Einwanderer Nachkomme der Mediterranflora ist, ein Nach- „komme von stark insularem Charakter, indem er nur die Typen enthält, die über das Meer „kommen konnten. HooRER wundert sich, daß Eichen und sonstige Cupuliferen in wildem Zu- „stande auf den Canaren fehlen; es wäre ein Rätsel, wenn sie da wären. Aus dem gleichen „Grunde fehlen eine Fülle großsamiger Leguminosen. „Analoge Beziehungen und ähnliche Veränderungen zeigen sich auch in der Tierwelt. „Auch diese besitzt einen ausgeprägt insularen Charakter, indem nur diejenigen Tiergruppen ver- „treten sind, welche über das Meer wandern können. Also fehlen in erster Linie alle Säugetiere). $ 16. Basale Pflanzentypen auf Madeira, den Azoren und den Capverden. Christ, H., Vegetation und Flora der Canarischen Inseln. Bot. Jahrbücher, Bd. VI, 1885, S. 458. — Ueber afrikanische Bestandteile im der Schweizer Flora. Berichte der Schweiz. bot. Ges., Heft VII, 1897, S. 20. — Spiceillegium canariense. Bot. Jahrb., Bd. IX, 1887, S. 86. 1) Vergl. zu obigen Ausführungen K. v. FRITSCH: Ueber die ostatlantischen Inselgruppen. Bericht der Senckenbergischen naturf. Gesellschaft Frankfurt a. M., 1869/70, S. 96. 90 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 315 TRELEASE, W., Botan. observations on the Azores. Report of the Missouri botan. Garden, Vol. VIII, 1897, p- 77- BORNMÜLLER, ]., Ergebnisse zweier botanischer Reisen nach Madeira und den Canarischen Inseln. Bot. Jahrb,., Bd. XXXIII, 1904, S. 387. Lowe, R. TH., Manual flora of Madeira, London 1888. VaHr, M., Ueber die Vegetation Madeiras. Bot. Jahrb., Bd. XXXVI, 1905, S. 253. Krause, E. H. L., Flora der Insel St. Vincent. Bot. Jahrb., Bd. XIV, 1891. Vergleichen wir die Floren der vier ostatlantischen Inselgruppen untereinander, so ergiebt sich, daß die westlichen Canaren als Centrum die reichste Entwickelung aufweisen. Hier ist vor allem der Lorbeerwald am vollständigsten und reichhaltigsten vertreten, der auch auf Madeira noch in ähnlicher, wenn auch schon etwas ärmerer Form, auf den kühleren Azoren dagegen ganz bedeutend artenärmer wiedergefunden wird. Auf den Purpurarien sind nur Andeutungen der montanen Region zu erkennen, auf den Capverden fehlt der Lorbeerwald. Die Vegetation der Capverden !) entspricht in ihren wesentlichen Charakteren der basalen Region der Canaren, wenn auch die letzteren an Formenreichtum gewisser charakteristischer Gattungen sie bedeutend übertreffen. Auf Madeira2) erscheint die basale Region an der Südseite; ihr fehlen aber bereits eine größere Reihe von charakteristischen canarischen Typen, und auf den Azoren3) sind sie sehr sparsam vertreten. Ernst Krause) sagt daher: „Die Azoren und Capverden können nicht zu einem Floren- gebiet vereinigt werden. Die Gebietsgrenze verläuft über den südlichen Kamm der Insel Madeira, so daß deren Südabhang nebst Porto Santo mit den Canaren und Capverden ein Florengebiet bildet, während Nordmadeira mit den Azoren zusammen bleibt........ Das südatlantische Floren- gebiet, bestehend aus Südmadeira, Porto Santo, den Desertas, Salvagens, Canaren und Capverden ist in sich abgeschlossen: die Dracaena-Euphorbia-Formation ist auf diese Inseln beschränkt ..... Die Beziehung zur nordatlantischen Flora ist ausgeprägt durch das Auftreten des Lorbeerwaldes auf den Bergen der Canaren.“ Diese Abgrenzung zweier Florengebiete giebt aber den thatsächlichen Beziehungen der Inseln zu einander keinen richtigen Ausdruck, da Nordmadeira nicht von der Lorbeerregion der Canaren abgetrennt werden kann. Es ist richtiger, nach dem Vorgange von A. EnGLeEr), alle Inselgruppen als ein Florenreich der altlantischen Inseln oder Makaronesien zusammenzufassen 1) Auf der Insel St. Vincent der Capverden unterscheidet E. H. L. KRAUSE (l. c. S. 419) zwei Vegetationsformationen : 1. Eine Strauchformation, in welcher Zuphorbia Tuckeyana WEBB und Zchium stenosiphon WERE tonangebend sind. Als Baum trat hier früher Dracaena Draco L. auf, die sich aber nur noch an abgelegenen Orten auf St. Nicolao und St. Antonio erhalten hat. Zuphorbia Tuckeyana (von 400 m bis zu den höchsten Punkten, etwa 750 m) wird bis 2,5 m, meist nur etwa ı m hoch und hat bis 10 cm dicke Stämme. Zchium stenosiphon ist ein ı'/, m hoher sparriger Strauch. Zwischen ihnen klettert die blattlose succulente Sarcostemma Daltoni DESCNE. 2. Eine mannigfach zusammengesetzte Strandflora, in welcher Tamar:x senegalensis DC., Zygophyllum Fontanesii WEBE, Sporobolus spicatus VAHL und rodbzstus KTH. am meisten auffallen. Die capverdische Strandflora zeigt vielfache Uebereinstimmungen mit der canarischen. — Zuphorbia Tuckeyana entspricht der Z. atropurpurea BRrouss. der Canaren. Die strauchigen Semperviven sind auf den Capverden durch Aeonium gorgoneum SCHMIDT und A. Webb: BOLLE vertreten. 2) Auf der Madeira-Gruppe fehlen Phoenix, Kleinia, Plocama, Euphorbia canariensis. Dagegen ist Dracaena Draco vor- handen, die Federbuscheuphorbien sind vertreten durch Zuphorbia Piscatoria AıT. und Z. mellifera Aır. (im Lorbeerwald!), die strauchigen Sempervivum und Zchium in mehreren Arten. Dazu kommen die 2 endemischen Campanulaceen Musschia aurea Dum. und Wollastoni LOWE, und 2 endemische Umbelliferentypen Melanoselinum und Monizıa. 3) Die strauchigen Euphorbien sind auf den Azoren nur durch Fuphorbia stygiana WATSON vertreten; die Federbuschform ist ausgeprägt bei der an Küstenfelsen von Flores wachsenden Campanula Vidalii WATSON. Dracaena, Phoenix, Euphorbia canariensis, Kleinia, Plocama, die strauchigen Zchium-Arten fehlen. Stiatice ist nur durch Sf. Zimonium L. vertreten. 4) E. KRAUSE, Bot. Jahrbücher, Bd. XIV, 1892, S. 422. 5) A. ENGLER, Entwickelungsgeschichte der Pflanzenwelt, Bd. II, 1882, S. 340. 91 o* 316 H. SCHENCK, x und die 4 Inselgruppen als ebensovrele Provinzen diesem unterzuordnen. ENGLER nennt es makaronesisches Uebergangsgebiet, indessen ist mir die Bezeichnung „Uebergangsgebiet“ nicht recht verständlich; die basale Region wie auch die Lorbeerregion haben genug Eigenartiges, um der Gruppe ihre selbständige Stellung anzuweisen. E. Krause!) sagt ebenso: „Will man Makaro- nesien nicht auseinanderreißen, so kann man diese Archipele überhaupt keinem der großen Floren- reiche anschließen, sondern muß sie zu einem neuen Florenreich vereinigen, welches sich den südlich-extratropischen Gebieten dadurch anschließt, daß in ihnen Typen vorherrschen und Forma- tionen bilden, welche in anderen Florenreichen zwar vorkommen, aber doch nur eine unterge- ordnete Rolle spielen.“ Den südlich-extratropischen Gebieten wird man allerdings Makaronesien trotz mancher floristischen Beziehungen nicht zurechnen können, da seine Flora der Hauptmasse nach aus dem südwestlichen Europa, aus dem westlichen Mediterrangebiet und aus dem westlichen Nordafrika schon seit Beginn der Tertiärzeit einwanderte. Manche der alten Einwanderer, die im Ausgangs- gebiet ausgestorben sind oder sich heute nur in entlegenen Gebieten noch vorfinden, erhielten sich auf den Inseln, viele bildeten sich unter dem Einfluß des insularen Klimas zu eigenartigen Formen weiter aus, und ein großer Teil namentlich recenter Einwanderer blieb noch unverändert oder kaum verändert. Die Zusammensetzung der Flora ist also eine recht komplizierte. So entstammt beispielsweise Dracaena Draco L. dem Eocän Europas oder Nordafrikas, Ocotea foetens BENTH. et Hoox. dem Pliocän Europas, Zuphorbia regis Jubae WEBB ist ein insularer Typus einer aus dem Mediterrangebiet eingewanderten Gattung, und Zrica arborea L. eine unverändert gebliebene Art des Mittelmeergebietes. III. Die untere montane Region; der Lorbeerwald. $ 1. Der Lorbeerwald auf Tenerife (Agua Garcia), seine Zusammensetzung und Herkunft’). („Text“ von A. F. W. ScHimper, Einfügungen und Anmerkungen von H. SCHENCK.) „Die Halbwüste mit ihren an die jetzige nordafrikanische Wüste mahnenden Dattelpalmen „und ihren an die südafrikanische Wüste erinnernden Euphorbien, ihren aus vorweltlichen afri „kanischen Wüsten stammenden wunderbaren Drachenbäumen, ihren aus den trockensten Ge- „bieten Amerikas eingeführten Opuntien liegt unter unseren Füßen. Wir befinden uns in einem „kühlen feuchten Gürtel, wo die Kulturgewächse des milderen mittleren Europas gedeihen. Wie „ın der unteren Region, so zeigt sich auch hier nur an wenigen Flecken die ursprüngliche Vege- „tationsdecke noch in jungfräulichem Zustande. „Stellen wir nach diesen Bruchstücken das Gesamtbild des Gürtels wieder her, so ergiebt „es sich als ein solches großer Buntheit. Vorherrschend ist Hartlaubbusch, vergleichbar „den üppigsten Maquis der Mittelmeerländer, z. B. denjenigen Korsikas. Nur Myria Faya Ar. ı) E. KRAUSE, ]. c. S. 424. 2) Vergl. hierzu die Litteratur über Tertiärfloren S. 235. 92 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 317 „ist als Baum zu bezeichnen und als solcher von mäßiger Größe; die Baumheide, Zrica arborea L., „stellt hier nur einen großen Strauch dar und bildet als solcher manchmal Bestände beinahe für „sich allein. Massenhaft erscheinen Cistrosen, Cistus monspeliensis L. und Cistus vaginatus Aır., „zu dichtem Gebüsch, wie in den Maquis, vereinigt, während sterile Standorte von dem gewöhn- „lichen Adlerfarn, Pieris aguilina 1... behauptet werden. „Der Hartlaubbusch bewohnt namentlich die offenen, windigen und weniger feuchten „Stellen. Dagegen herrscht an den geschützteren, dem Regen mehr ausgesetzten Abhängen und „in den feuchteren Schluchten die eigenartigste und interessanteste Pflanzenformation der atlan- „tischen Inseln, der Lorbeerwald. „Der Lorbeerwald ist nur in seiner vollkommenen Ausbildung als gemischter hygrophyter „Hochwald ein Produkt des feuchten makaronesischen Klimas; er fehlt den östlichen Canaren, „wie auch den Capverde-Inseln, während er, unter einigen Abweichungen seiner Zusammensetzung, „in wesentlich gleichem Gepräge auf den westlichen Canaren und auf Madeira, in einer verarmten „Form auf den Azoren wiederkehrt. „nein Areal hat infolge der Zerstörungswut der Einwohner abgenommen; jedoch ist die „von manchen Reisenden und Geographen vertretene Ansicht), daß er früher die ganze mitt- „lere Höhenregion der gebirgigen Inseln einnahm, unrichtig. An reichliche Feuchtigkeit gebunden, „ist er jedenfalls stets nur fleckenartig aufgetreten. In größter Ausdehnung zeigt er sich heut- „zutage auf Gomera, wo seine Existenz den besten Kenner der canarischen Flora, C. Borrz, zu „einer begeisterten Schilderung hingerissen hat. Auf Tenerife sind bedeutendere Ueberreste des „Waldes nur noch bei Agua Garcia?, bei Laguna und Mercedes, kleinere in verschiedenen „Schluchten, namentlich bei Guimar erhalten geblieben. Auch diese Waldparzellen haben Be- „wunderer gefunden, welche ihre Ueppigkeit derjenigen der tropischen Urwälder mindestens „gleichstellen. Der Reisende, welcher diese letzteren aus eigener Anschauung kennt, wird den „Vergleich irreführend und die Bewunderung des canarischen Lorbeerwaldes wenigstens auf „lenerife überschwänglich finden. Nichtsdestoweniger, jedoch aus ganz anderen Gründen, ge- „hört derselbe zu den bemerkenswertesten Formationen der Welt. „Der Wald bei Agua Garcia (Taf. XXI [VI] und XXI [VII, Textfig. 35), überzieht den „Grund und die Seiten einer Mulde 3); von geringer Ausdehnung und scharf abgegrenzt gegen „halbzerstörtes Gebüsch und vernachlässigtes Kulturland, wird er vom Auge leicht in seiner ganzen „Ausdehnung überblickt und schon in der Ferne erkannt als von ungleicher Ueppigkeit und „Zusammensetzung an den Abhängen, wo er von den Niederschlägen direkt abhängig ist, und „im Grunde der Mulde, wo er im Genuß des Drainagewassers seine höchste Entfaltung zeigt. „Der trockenere und wesentlich größere Teil des Waldes ist der weniger interessante, „obwohl er manche fremdartige Erscheinung aufweist. Gleich beim Eintritt fällt die mächtige ı) Vergl. z. B. WEBB et BERTHELOT, Geogr. botan., T. III, p. ıııff.; C. BoLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. X, S. 2o, Bd. XII, S. 246. 2) Litteratur über den Wald von Agua Garcia: BERTHELOT, Ge£ogr. botan., p. 98, 114, 131—134. BUNBURY, Remarks on the Botany of Madeira and Teneriffe, p. 33. CHRIST, Frühlingsfahrt, S. 189. MEYER, Tenerife, S. 80. SCHACHT, Madeira, S. 109. 3) Nach H. MEvER (Tenerife, S. 80) steht der Wald von Agua Garcia oberhalb des Gehöftes Portigal (770 m), die holen Laubhallen des Lorbeerwaldes, dessen Umfang kaum mehr als 3 qkm beträgt, betreten wir bei 882m. 93 31 8 H. SCHENCK, „Höhe der Zrica arborea L. auf, welche nur hier ihren Namen Baumheide vollauf verdient, denn „sie gestaltet sich nur hier, sogar unter allen canarischen Wäldern, zu einem echten edlen Baum!), „dessen cylindrischer, massiver Schaft sich erst in der Höhe zur spitzen Krone verzweigt. Wie „die Baumheide tritt auch Yyrzca Faya Aır. aus den Maquis in den Wald über und nimmt dann „unter den günstigen Bedingungen stattlicheren baumartigen Wuchs an. „Während Baumheide und Myrixa dem Wald südwesteuropäische Züge verleihen, ver- „setzen uns die in ihrer Gesellschaft wachsenden anderen Bäume der trockeneren Waldteile in „ganz andere Landschaften. Meist höher „als die Baumheiden, nämlich im Durch- „schnitt 20 m hoch, erheben sich stattliche EN y „Lorbeerbäume, die zwar den mediterranen „sehr ähnlich sind, jedoch von ihnen sich „nicht bloß durch ihre viel beträchtlichere „Größe, sondern auch durch größeres und „namentlich mehr glattes, nahezu glänzendes „rein grünes Laub unterscheiden. Wir be- „befinden uns in einer anderen klimatischen „Formation, nicht mehr im Mattlaub- „walde, welcher die Gebiete mit naßkühlen „Wintern und trockenheißen Sommern be- „wohnt, sondern in dem an ein immer- „feuchtes, mäßig warmes Klima gebundenen „reemperierten Regenwald?) Eine ähn- „liche Waldphysiognomie begegnet uns in „anderen Gebieten mit ähnlichem Klima, so „namentlich in Japan, auch in Süd-Chile, in „der Kapkolonie (Knysna-Wald), in Neu- „„eeland, in den Tropen aber nur im Hoch- „gebirge, und zwar in einer abweichenden „montanen Ausbildung. „Der makaronesische Lorbeerwald stellt „demnach einen Waldtypus dar, dessen Ana- Fig. 35. Wald von Agua Crarcia auf Tenerife. ex canariensis POIR. (baumartig), rechts Erica arborea z als Baum, vorn Gebüsch von Erica „loga wenig zahlreich sind und in größten arborea L., im Hintergrunde Myrica Faya Aıt. Photographische Auf- nahme von E. Winmer 22, August 1898, [Scrmeme] „Entfernungen liegen; doch gilt letzteres nur „von der Jetztzeit. Am Ende der Tertiärzeit, „vor der Eiszeit, stellte er eine solche fremde Erscheinung nicht dar, vielmehr eine Kolonie „aus dem europäischen miocänen und namentlich pliocänen Walde, mit vereinzelten aus Amerika I) MEYER (Tenerife, S. 80) giebt die Höhe der Zrica-Bäume bis zu 20 m, ihre Stammstärke zu 70 cm an; BUNBURY (l. c. S. 33) ihre Höhe bis zu 40 engl. Fuß, ihren Stammumfang nicht über 4 engl. Fuß. Carıst (Frühlingsfahrt, S. 86) sagt: „Stämme von 40 Fuß Höhe und 2 Fuß Durchmesser sind nicht selten und halten im Habitus ungefähr die Mitte zwischen der Tamariske und einer Conifere. 2) Auch M. VAHr (Ueber die Vegetation Madeiras, Bot. Jahrb., Bd. XXXVI, 1905, S. 276) findet, daß die Blattformen der Bäume des Lorbeerwaldes mehr an die Blattformen des subtropischen Regenwaldes als an diejenigen der mediterranen Baumarten erinnern. 94 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln, 319 „eingewanderten Bestandteilen. Ein vollkommenes Abbild des damaligen europäischen tem- „perierten Regenwaldes ist allerdings in dem canarischen Lorbeerwald nicht gegeben, denn er „konnte sich nur aus solchen Arten zusammensetzen, deren Samen die Inseln zu erreichen „vermochten; seine Mannigfaltigkeit ist demgemäß geringer. Doch gab es auch beinahe reine „Wälder des Lorbeertypus. Wohl kein „anderer Wald auf der Welt giebt flo- „ristisch wie ökologisch eine so annähernde „Vorstellung des Waldes, welcher vor der „Eiszeit etwa das damals viel kleinere in- „sulare Frankreich bedeckte, eines Waldes, „für dessen Feuchtigkeit das massenhafte „Auftreten großer Farne Zeugnis ablegt. „Der canarısche Lorbeer, Zaurus cana- „riensis WEBB et BERTH. (Textfig. 36), war „bereits in den miocänen Wäldern z. B. „bei Lyon sehr häufig; er entsprach dem „damaligen mildfeuchten Klima, während „der an extremere klimatische Bedin- „gungen gebundene gewöhnliche Lorbeer, „Laurus nobilis L., noch fehlte und erst „ım Pliocän und im Quaternär auftrat). „Wie die erstere Lorbeerart aus dem „tertiiren Europa nach den seit ihrer Ent- „stehung in insularer Entfernung befind- „lichen Canaren gelangte, das lehrt sofort „die Tierwelt des Lorbeerwaldes; er ist „nämlich die Heimat endemischer Tauben, „Columba laurivora und C. BDollei, die „jetzt ebenfalls auf die atlantischen Inseln „beschränkt sind. In den Vorfahren dieser „Lauben haben wir jedenfalls die haupt- „sächlichsten, vielleicht gar die einzigen „Wanderer zu erblicken, welche so viele „saftfrüchtige Pflanzen aus dem euro- „päischen Tertiärwald in die Gebirge der „atlantischen Inseln brachten. „Non nisi Fig. 36. Zaurus canariensis WEBB et BERTH. ?/, nat. Gr. [SCHIMPER.] „Columba laurivora appetita“ heißt es bei „WEB und BERTHELOT2) von den Beerenfrüchten allerdings des Vinatico, Phoebe indica Pax, „und der ausgezeichnete Kenner der canarischen Vogelwelt, A. König 3), sagt, daß die Beeren I) SCHENK, Paläophytologie, S. 821, 822. 2) Phytogr. canar., Bd. II, S. 225. 3) A. Könıg, Omithologische Forschungsergebnisse einer Reise nach Madeira und den canarischen Inseln. Journal für Orni- thologie, 1890, S. 305. 35 320 H. SCHENCK, —— I >>—ttung = Fig. 37. ı Iex canariensis POIR. 2 Jlex platyphylla WEBB et BERTH. Nat. Gr. [SCHIMPER.] Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 321 „des canarischen Lorbeers und des Til, Ocotea foetens BEnTH. et Hoox., die ausschließliche Nah- „rung der Columba Bollei liefern. Wie die der Verbreitung durch Tauben angepaßten Saft- „rüchte üherhaupt, gehören diejenigen des Lorbeerwaldes nicht zu den kleinsten, erreicht doch „diejenige des canarischen Erdbeerbaumes, Arbutus canariensis Dumam. sogar die Größe einer „Aprikose, und manche haben ziemlich große Samen oder Steinkerne, welche auf Verbreitung „durch größere Vögel hinweisen (Lauraceen, /ex). Fast sämtliche Holzgewächse des Lorbeer- „waldes besitzen Saftfrüchte, und zwar stets von solcher Größe, daß sie durch Tauben verbreitet „werden können. Die einzige Ausnahme unter den Bäumen ist die Baumheide, Zrica arborea L., „aber ihre Samen sind so winzig, daß sie sowohl durch den Wind, als auch äußerlich an Vögeln „hängend herübergebracht werden konnten. „Vielfach ist in floristischen Werken als ein Rätsel aufgestellt die Thatsache des Fehlens „gewisser Baumtypen, welche dem Klima des Lorbeerwaldes unzweifelhaft entsprechen würden, „so z. B. des Fehlens der Eichen. Ein Rätsel wäre vielmehr das Vorkommen von Eichen auf „diesen Inseln. Wie sollten Eicheln dahin gelangt sein? Die Früchte gewisser Ouercus-Arten „kommen zwar in den Auswürfen des Meeres vor, jedoch nur in geringer Entfernung von ihrem „Ursprungsorte. Sie besitzen also wohl eine geringe Schwimmfähigkeit, doch ist die Keimung „solcher Auswürfe nie beobachtet worden. Und wie würden etwaige keimfähige Eicheln des „europäischen Tertiärwaldes in die hohen Regionen gelangt sein, wo sie erst die ihnen passenden „Bedingungen zur Keimung gefunden hätten? „Aehnliche Ursachen haben manchen der tonangebenden Bäume des spättertiären euro- „päischen Regenwaldes die Auswanderung nach den Canaren unmöglich gemacht, so den Juglan- „daceen, den Platanen, den Ahornarten, den Leguminosen. Das Fehlen gewisser häufiger Tertiär- „bäume, deren Verbreitung durch Vögel wohl denkbar ist, wie z. B. Cinnamomum, erklärt sich „andererseits dadurch, daß seiner ganzen Verwandtschaft nach der Ursprung des makaronesischen „Lorbeerwaldes auf die Pliocänperiode zurückzuführen ist; ın derselben fehlten aber die im „Miocän so häufigen Zimmetbäume!). Daß dem Lorbeerwald ein jüngeres Alter zukommen soll „als den Pflanzenformationen des Tieflandes, ist nicht überraschend, werden doch noch heutzutage „manche Berge durch vulkanische Eruptionen völlig ihrer Vegetation beraubt, während das Tief- „land unverändert bleibt. Der vorwiegend moderne Charakter der oberhalb des Lorbeerwaldes „befindlichen Formationen spricht für ein noch jüngeres Alter derselben. „Wenden wir uns wieder an die Betrachtung des Lorbeerwaldes von Agua Garcia in „seiner jetzigen Zusammensetzung und Physiognomie, so begegnen wir, indem wir uns aus dem „lichten und verhältnismäßig trockeneren Rande in das dunklere und feuchtere Innere begeben, „beinahe mit Schritt und Tritt neuen Erscheinungen; teilweise sind sie weit fremdartiger, als der „canarische Lorbeer, doch bleibt ihre Geschichte beinahe stets im wesentlichen die gleiche. In „Gesellschaft des Lorbeers und der Baumheide, schon in den nach außen zu gelegenen Wald- „teilen, zeigt sich viel eine stattliche, baumartige Stechpalme, Zex canariensis Poır. (Textfig. 37); „dieselbe ist nicht mit der europäischen Art verwandt, sondern nähert sich mehr amerikanischen „Arten 2). Doch stammt sie nicht aus Amerika; sie wuchs während des Pliocäns im mitteleuropäischen 1) SCHENK, Paläophytologie, S. 836. 2) TH. LOESENER (Monographia Aquifoliacearum, Pars I, Nova Acta K. Leop.-Carol. Akad., Bd. LXXVIII, 1901, S. 136) rechnet /lex canariensis zu Sectio 2 Cassino:des der Serie A Zzoprinus des Subgenus III Zuzlex. Zu dieser Sectio gehören 2 ostasiatische und 9 amerikanische Arten, von denen /Zex coriacea CHAPM. aus Nordamerika unserer Art am nächsten steht. 9 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. r. Teil. 4 322 H. SCHENCK, „Wald bei Lyon mit dem canarischen Lorbeer (Textfig. 38). Gleiches gilt von einem stattlichen „Strauche, welcher die Hauptmasse des Unterholzes im Walde von Agua Garcia bildet, Viburnum „rugosum PERS. welches sich dem Viburnum Tinus L. der Mittelmeerländer ähnlich verhält, wie „der canarische Lorbeer zum gemeinen (Textfig. 39). Es ist die Form des feuchteren Klimas, „des hygrophilen Regenwaldes im Gegensatz zum mehr xerophilen des Mattlaubwaldes; seine „Blätter sind groß und glatt. Ebenfalls aus dem \ „europäischen pliocänen Walde stammen noch NS AR 2 \ ADS AR ARTN / zZ a \ ) Fa > 24 \ ) LESS ya oa IM N A SS! / \ r f \ IR SAU UDDGER Se N < Y j 7 vw“ > E SS Ewa: >; N > 7 Sf / m NE | So, ST. IN 255 SALSS Wey IS Y UN I \y — VA I IN DY N ; Fig. 39. 1 Piburnum rugosum PERS., fossiles Blatt von Fig. 38. ı Zlex canariensis, Blatt der lebenden Form; Meximieux. (Nach SAPORTA, Arch. du Mus. d’Hist. nat. de 2 INlex canariensis pliocenica, fossil im Tertiär von Meximieux Lyon, T. I, Pl. XXXI, Fig. 1.) 2 Notelaea grandaeva SAP., bei Lyon. Nat. Gr. (Nach SAroRTA, Arch. du Mus. d’Hist. nat. Aix en Provence. (Nach SAPORTA, Ann. Sc. nat., 7© Serie, T. X, de Lyon, T. I, Pl. XXXVI) [SCHIMPER.] Pl. IX, Fig. 7.) Nat. Gr. [SCHIMPER.] „zwei Lorbeerbäume des canarischen Waldes, der Barbusano, Apolonias canariensis NExs (Textfig. 41), „und der Til, Ocotea foetens Bent. et Hook. (Textfig. 42); sie haben sich seitdem beinahe unver- „ändert erhalten, während sie in der großen Revolution des Kontinentes zu Grunde gingen. Die „nächste Verwandte des Til, die Ocofea bullata E. Mey., bewohnt jetzt den Regenwald des Kap- „landes, welcher, wie bereits erwähnt, ökologisch dem makaronesischen Lorbeerwald nahe ver- „wandt ist; wie die makaronesischen Inseln hat das Kapland vielen Flüchtlingen des nördlichen „Tertiärs eine Zufluchtsstätte gewährt, ohne jedoch dieselben unverändert zu erhalten, wie die „Canaren es thaten. Bezeichnend ist auch das Vorkommen von O©cofea in 8 Arten auf Mada- „gascar, wo sich alte Typen in großer Zahl erhalten haben. „Der Til, Ocofea foetens BentH. et Hoox., ist im Walde von Agua Garcia selten, reichlicher „tritt er in den höher gelegenen Teilen des Waldes von Laguna auf und wird in den Wäldern „von Palma zum herrschenden Baume. Vornehmlich bildet er jedoch eigene kleine Bestände „an Quellen und Bächen. Da erreicht er zwar meist eine nicht so große Höhe wie im Walde, „wo er 25—28 m hoch wird und daher seine Krone über diejenigen aller anderen Bäume, die 98 mit den jetzigen Verwandten. Fig. 40. Fossile tertiäre Lauraceen aus Frankreich und Norditalien ‚ı—3 Persea amplifolia. ı und 2 fossil (nach SAPORTA, Arch. Mus. Lyon, T. I, Pl. XX VII, Fig. 2 und 4); 3 fossil (nach Strozzı, Val d’Arno, Taf. VIII, Fig. 1). — 4—6, 8 Zaurus canariensis. 4 Blatt der lebenden Form (nach SaPORTA, Arch. Mus. Lyon, T. I, Pl. XX VIII); 5 fossil (nach GAUDIN und STROzzI, Travertin Toscana, Taf. III, Fig. 9 und 10); 6 desgl. (nach SAPORTA, Arch. Mus. Lyon, T. I, PIXXVII, Fig. 7); 8 fossiles Blatt (nach GAUDIN und PIRAINO DE MANDRALISCA, Tufs de Lipari, Taf. I, Fig. 3). — 9—II Ocofea Heerii. Fossile Blätter; 9 und 10 nach SAPORTA (Arch. Mus. Lyon, T.I, Pl. XX VI, Fig. 9 und 5); ır nach GAupin et Srrozzı (Val d’Arno, Taf. VII, Fig. 6). — 7 und 13 Apollonias canariensis. Frucht und Blatt der lebenden Form (nach SarorTA, Arch. Mus. Lyon, T. I, Pl. XXVII, Fig. o und Taf. XXVI, Fig. a) — 12 Apollonias canariensis pliocenica (nach SAPORTA, ibid., Pl. XXVI, Fig. r). 4ı* 324 H. SCHENCK, „selten 20 m messen, überragt; vielmehr stellt der Til eine Erscheinung dar, welche von den „schlanken Bäumen feuchter tropischer Gebiete sehr abweicht. Der knorrige, dicke, wenig hohe „Stamm !) trägt eine mächtige, sehr breite und dichte Krone, den beliebtesten Sitz der Lorbeer- „taube namentlich zur Zeit der Reife der wenig fleischigen Beerenfrüchte. „Der Barbusano, Apollonias canariensis NEEs, hat, wie der Loro und der Til, seine eigenen ‚Standorte, wo er den einzigen Vertreter seiner Familie darstellt; er erhebt nämlich seine dicken A) NN AR AN EN im mL, 1 Ns [Rice Fig. 41. Apollonias canariens’s NEES. Nach einem ® Herbarexemplar, an dem die Früchte sich zu entwickeln beginnen, rechts reife Früchte. ®/, nat. Gr. (Botanisches Museum Zürich.) „Stämme, die eine sehr dichte Krone tragen, an steileren Abhängen. Auch Afollonias canariensis „NEES wuchs im tertiären Walde von Meximieux. Jetzt ist ihr nächster Verwandter in Ostindien „und namentlich auf Ceylon heimisch. Anderen Ursprunges ist hingegen die vierte und schönste I) SCHACHT (Madeira und Tenerife, S. ıor) bildet einen uralten Til (bei Achado do Judeo auf Madeira) ab, dessen kurzer Hauptstamm über 40 Fuß Umfang aufwies und mehrere gerade, über 100 Fuß hohe Hauptäste entsandte. 100 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 32 „der Lorbeerarten des canarischen Waldes, der stattliche Viratico, Phoebe indica Pax (= Persea „indica SPRENGEL) [Textfig. 43. Nicht aus dem europäischen Tertiär ist er nach den Canaren „gelangt, sondern aus dem tropischen Amerika, wo seine nächsten Verwandten sich befinden. Der Vifatico besitzt, wie schon ScHacHr!) hervorhebt, in noch höherem Maße als der Til das Vermögen, aus dem Hauptstamm neue Schößlinge zu treiben. Aus alten Stöcken ent- springen oft mehrere mächtige, gerade Stämme und dazwischen Triebe jeden Alters. Im Walde von Agua Garcia sah ScHacHt die größten Exemplare des Baumes, mächtige, 24—38 Fuß im Umfang haltende, dabei oft nur 7—8 Fuß hohe und mit dichten Moos- polstern überzogene Hauptstämme, aus denen die geraden Schößlinge hervorkamen. Taf. XXI [VII] bringt diese Eigentümlich- keit des Baumes zur Darstellung. „Zhoebe indica bildet den Hauptbestand- „teilder feuchtesten Waldteile, in Agua Garcia „am Grunde des Kessels, wo man vergeblich „nach den anderen Lorbeeren oder der bei- „nahe ganz auf den trockenen Waldsaum „beschränkten Faya suchen würde, wo die „Baumheide nur noch vereinzelt als Strauch „auftritt und wo die canarısche /ex durch „die weit mehr großblättrige Zex platyphylla „Wesp et BERTH. (Textfig. 37) vertreten ist, „welche sich nur hier und angeblich auch „in einer kleinen Waldparzelle hinter Guimar „befindet. Durch die mächtige Größe ihrer „Blätter übertrifft sie alle anderen /ex-Arten. llex platyphylla führt den canarischen Namen „Naranjero salvaje“, wilde Orange, wegen ihres glänzend grünen, den ÖOrange- blättern ähnlichen Laubes. Sie trägt an schlankem, glattem Schaft lange, herabhängende, wenig verzweigte Aeste2) und gewinnt dadurch einen sehr eigenartigen Habitus. ScmacHr3) vergleicht sie in der Tracht mit der Fichte. Dex platyphylia WEBB et BERTH. ist nicht mit Z/ex canariensis verwandt. LoESENER 4) zählt sie in die Verwandtschaft der Zex aguıfolium und einiger asiatischer Arten zu Subsectio = Oxyodontae der Sectio 2 Aquifolioides der Series c Aquifolium des Subgenus III Zxelex. LoESENER betrachtet diese Art als Varietät von Zex Perado Arr., die er folgendermaßen gliedert: Fig. 42. Ocotea foetens BENTH. et Hook. °/, nat. Gr. ı) SCHACHT, Madeira, S. 102, IIo und Taf. VI. 2) Abbildung des Baumes auf Taf. IV und IX im Atlas von WEBB et BERTHELOT. 3) SCHACHT, Madeira, S. 110. 4) LOESENER, Monographia Aquifoliacearum, Pars I, Nova Acta der Kais. Leop.-Carol. Akad., Bd. LXXVIII, 1901, S. 244. 101 3 26 H. SCHENCK, var. a platyphylla (We»») Lors. Tenerife. Auch auf Madeira, wo sie Uebergangsformen zur var. b zeigt. var. b maderensis (Lam.) Lors. (lex Perado Arr) Madeira und auch auf Tenerife. var. c azorica Lozs. (/lex Perado Wars.) Azoren. var. d iberica Lors. (Zlex aguijolium 8 Wirk. et Lance) Südspanien (Serra de Palma). Fig. 43. Persea indica SPRENG. (Phoebe indica Pax.). °/, nat. Gr. [SCHIMPER.] Innerhalb dieses Verwandtschaftskreises können wir wohl Zex Platyphylla als die an die Bedingungen des feuchtesten Lorbeerwaldes angepaßte Form ansehen. Wie Zex canariensis dürfte auch Zex platyphylla aus dem europäischen Pliocän nach den Inseln gelangt sein. „Jene feuchten Waldteile, in welchen auf auffallend massivem und knorrigem Stamm „der Vinatico seine große spiegelnde Laubfläche trägt und wo der Charakter eines hygrophilen „Regenwaldes weit mehr ausgeprägt ist, als an anderen Stellen, beherbergen die eigenartigsten „Formen des Lorbeerwaldes. Zerstreut wächst in solchen Waldteilen der staatliche, zu den Oleaceen „gehörige Palo blanco, NVotelaea excelsa VEnT. wieder ein sonst überall verschwundener Baum des 102 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 327 „pliocänen europäischen Waldes, der allerdings nicht ganz unverändert ist. Ihr nächster Ver- „wandter ist Ola grandaeva SaroRTA, aus den Tuffs von Meximieux, wahrscheinlich ihre Ahn- „torm (Textfig, 39, S. 322). Heutzutage hat sie ihre Gattungsverwandten, die sämtlich zu einer „anderen Untergattung gehören, in anderen Zufluchtsstätten alter Formen, in Australien und Neu- „Caledonien. Der temperierte Wald des Kaps birgt eine physiognomisch sehr ähnliche Form „in Olea laurifolia Lam. Systematisch noch mehr vereinzelt zeigt sich ebenfalls in jenen Wald- „teilen einschlanker Baum, „der Mocan, Visnea Mo- „canera L. fil.; die Gattung „ist monotyp und zu „den Ternströmiaceen ge- „hörig, die heutzutage in „Europa ganz fehlen. Die „Familie war jedoch im „europäischen pliocänen „Walde sehr verbreitet, „und Blüten von Zurya- „Arten, der Gattung, die „NVisnea am nächsten steht, „sind aus viel älterer Zeit, „im Bernstein von Samland, vollkommen „erhalten. Dort also, in Mitteleuropa, „würde die Heimat des Baumes zu „suchen sein, nicht in Indien und Ost- „asien, wo die Gattung Zurya sich bis „heute in zahlreichen Formen erhielt. „Das Gleiche gilt von den beiden Myr- „sinaceen !), wiederum die Angehörigen „einer aus Europa seit dem Tertiär ver- i ii „schwundenen, in den tropischen Ge- Fig. 44. Heberdenia excelsa BANKS. Nat. Gr. [SCHIMPER.] „bieten jedoch reich vertretenen Familie. „Beide stellen stattliche Bäume dar, der Aderno, ZZeberdenia excelsa Banks (Textfig. 44) ist ver- „hältnismäßig häufig, der Marmolan, ZFeiomeris canariensis A. DC, ist der seltenste und dank „seiner sehr großen, an diejenigen der Magnolia grandifolia erinnernden Blätter der schönste „Baum des canarischen Lorbeerwaldes. Nähere Verwandtschaft zeigt die monotypische Pleiomeris „zu keiner der lebenden Myrsine-Arten, während von ZZeberdenia eine zweite Art, ZZeberdenia „penduliflora Mez, in Mexiko auftritt. Die Heimat der canarischen Myrsinen ist unzweifelhaft „wieder das tertiäre Europa, wo die Familie, wie fossile Reste zeigen, nicht selten war. Die „Beerenfrüchte ermöglichten auch hier die Verbreitung über den Ocean. Hingegen fehlt es bis „jetzt für zwei stattliche Sträucher, die im Schatten des Vifatico im Walde von Agua Garcia ı) Abbildungen von beiden Arten in C. Mrz, Myrsinaceae, Pflanzenreich, Bd. IV, 236, 1902, S. 158 und S. 338. 103 3 28 H. SCHENCK, „gedeihen, an paläontologischen Beziehungen, nämlich für die Rubiacee Pryliis nobla L. (Textfig. 45), „welche mit Viburnum rugosum Pers. und ypericum grandifolium Cuoisy wesentlich an der „Bildung des Unterholzes teilnimmt, und für die seltene Urticacee Gesnouimia arborea (GAUD. „(Textfig. 46), welche sich nur an wenigen Stellen im tiefsten Schatten findet und mehr als irgend „ein anderer Bestandteil des Waldes an einen N „tropischen Typus mahnt, nämlich an die in allen „Regenwäldern verbreiteten Doehmeria-Arten mit „ihren Nesselblättern und langen borstigen Blüten- „ständen, die bei der canarischen Art schön „rot sind. „In den so zahlreichen Fällen, wo der palä- „ontologische Befund im Stiche läßt, suche man „nach Verwandten in jenen kleinen und durch „ungeheure Abständen getrennten (rebieten, in Fig. 45. Phyllis nobla L. Nat. Gr. [SCHIMPER.] Fig. 46. Gesnouinia arborea GAUD. ?/, nat. Gr. [SCHIMPER.] „welchen, von großen klimatischen Veränderungen wie von fremden Einwanderungen mehr ver- „schont als in den großen kontinentalen Ebenen, die temperierte Tertiärflora sich bis zur Gegen- „wart erhalten konnte. Ein solches Schongebiet ist in allererster Linie das Kapland; seine „floristischen Beziehungen zu den Canaren sind bereits mehrfach erwähnt worden. Hier finden „wir die nächstverwandte Gattung der Phydlis, nämlich Galopina, während eine zweite nahe ver- „wandte Gattung NVormandia auf Neu-Caledonien einheimisch ist. Die Gesnowinia ist mit den „ihr äußerlich ähnlichen tropischen Strauchnesseln nicht verwandt, sondern hat ihre nächsten Ver- „wandten in Europa bewahrt, und zwar auf Corsica und Sardinien, wo sich dank der insularen 104 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 329 „Abtrennung und der feuchten insularen Lage einige Typen vergangener Zeiten erhalten konnten. „Zelxine Soleirolii Reo. heißt die Verwandte der canarischen Gesnowinia und stellt eine kleine „kriechende Staude dar, die die Beziehungen zur krautigen Parietaria unserer Mauern und Felsen „vermittelt. Hier wären wohl auch Gymnosporia und Dencomia zu erwähnen. Gymnosporia cassinoides Masr. ist ein seltener immergrüner Celastraceenbaum des Lorbeer- waldes; sie gehört zu den Endemen, die ihre verwandten Arten auf Mauritius, in Natal, auf Madagascar und im tropischen Asien haben. Die auf den Canaren und Madeira endemische Rosaceengattung Dencomia (Textfig. 47), verwandt mit Zoferium und Acaena, am nächsten der kapländischen Gattung C/f/ortia stehend, gehört zwar nicht dem Lorbeerwald selbst an, aber ihre Arten treten als Felssträucher in der unteren montanen Region auf. Es sind wenigästige Sträucher mit an den Zweig- enden stehenden, gefiederten Blättern und blatt- achselständigen, langen Blütenähren. Den- comia caudata WEBB et BERTH. kommt auf Tenerife, Palma, Hierro vor, D. moguiniana Wer et BERTH. nur auf Tenerife, 3. made- rensis BORNM. auf Madeira. Fig. 48. Fossile Smilax-Blätter aus dem europäischen Tertiär. I Smilax mauritanica DESF., Tufs de Lipari. (Nach GAUDIN und PIRAINO DE MANDRALISCA, Schweizer Denkschriften, Bd. XVII, Fig. 47. Bencomia caudata WEBB et BERTH. °/, nat. Gr. Taf. I, Fig. 6.) 2 Sınilax Targionii, Val d’Arno. (Nach STRozzI, [SCHIMPER.] ibidem, Taf. X, Fig. 5.) Nat. Gr. [SCHIMPER.] „Die wenigen holzigen Kletterpflanzen sind ähnlichen Ursprunges wie die Bäume und „Sträucher. Der mächtige Convolvulus canariensis L. wird von dem besten Kenner der Sippe, „CHoisy, in die Nähe einer kapländischen Art gestellt; von den beiden Szi/ax-Arten (Textfig. 48) „ist Spalax mauritanica WEBB et BERTH. durch eine nächstverwandte Form, Smmilax Gargweri „SAP.l), im Miocän Süd-Frankreichs nachgewiesen, sie war noch im Pliocän und später in „Mitteleuropa verbreitet; Smrlax canariensis hatte in Smilax Tr argioni GauD. aus dem Pliocän „von Toscana ihren Vorläufer, und Arten dieser Gattung spielten überhaupt in den tertiären „Regenwäldern Europas eine große Rolle, wie gegenwärtig noch in den ihnen ähnlich gebliebenen I) SAPORTA, Ann. Sc. nat. Ser. 5, T. III, 1865, p. 85. 105 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. 1. Teil. 42 339 H. SCHENCK, „japanischen Wäldern. Der canarische ARuscus androgynus L.!) wird als Typus einer eigenen „Gattung Semele Kuntn aufgefaßt. Der canarische Epheu, /Zedera Helix L. var. canariensis „Were et BertH, schließt sich manchen der zahllosen Spielarten von /Zedera an, die von der „Kreide aufwärts die europäischen Wälder, sich dem jeweiligen Klima anpassend, beständig be- „wohnt haben, und sogar die stattliche Brombeere des Waldes von Agua Garcia, Rubus discolor „Weine, dürfte ebenfalls ein Einwanderer aus alter Zeit sein, auch er ist im Tertiär nachge- „wiesen worden. „Wiederum zu ähnlichen Ergebnissen führt die Betrachtung der krautigen Bodenvegetation. „Allerdings finden wir in derselben einige Arten des europäischen Waldes, teils allgemein ver- „breitete, wie Viola odorata L. und V. canına 1. Miyosotis silvatica Horr.2), teils atlantische, wie „Scrophularia Scorodonia 1. und Origanum virens Horrne. et Ix. Kräuter siedeln sich leichter „an als Holzgewächse, und das alljährliche Eintreffen europäischer Zugvögel macht uns das Vor- „kommen dieser Gewächse wohl begreiflich, deren Samen klein genug sind, um am Gefieder „oder an den Füßen hängen zu bleiben. Ebenso dürften eine Reihe anderer europäischer Kräuter „eingetroffen sein, die jedoch kaum im Lorbeerwalde vorkommen, sondern an lichte Standorte „der montanen Region gebunden sind. Doch ist es hier nicht möglich, die Einschleppung durch „den Menschen von derjenigen durch natürliche Agentien mit einiger Sicherheit auseinander- „zuhalten. Einige andere Bestandteile des Lorbeerwaldes sind zwar ebenfalls vielleicht posttertiären ‚europäischen Ursprunges, jedoch specifisch von den nächstverwandten jetzigen, mediterran- „europäischen Typen wohl verschieden, so Geranium anemonefolium L’H£r.3) (Textlig. 49), ARa- „nunculus cortusaefolius WiLDd.t), Cedronella canariensis Wurn., Jsoplexis canariensis STEUD. etc. „lertiären Ursprung werden wir hingegen für die Arten von Pericallis WEBB (Subgenus von Senecio) „beanspruchen, denn ihre nächsten Verwandten sind heutzutage auf das Kapland beschränkt. „Diese prächtigen Gewächse sind die Stammpflanzen der „Cinerarien“ unserer Gärten; wie diese „ihre künstlichen Nachkommen zeigen auch die natürlichen Typen große Neigung zum Variieren; „neun, meist nahe verwandte und offenbar aus einer gemeinsamen Stammform hervorgegangene „Arten sind in den Canaren heimisch, von welchen allerdings nur drei die Lorbeerwälder „lenerifes bewohnen, ohne auf dieselben beschränkt zu sein, da sie teilweise offene Standorte „der montanen Region bewohnen und teilweise dieselben bevorzugen. „Vögel sind es hingegen gewesen, die eine der merkwürdigsten und schönsten canarischen „Endemen in jener fernen Zeit herüberbrachten, die Canarına Campanula Lau. (Textfig. 50). „Lange blieb diese stattliche Pflanze, die mit ihrem halbkletternden Wuchse, ihren rostbraunen „Blüten und saftigen, süßschmeckenden Beerenfrüchten, in ihrer ganzen Physiognomie eine Aus- „nahmestellung unter den Glockenblütlern einnimmt, einsam in ihrer Gattung und ein pflanzen- ı) Die jetzigen Verwandten von Sermele androgyna KUNTH, sämtlich im Mittelmeergebiet, sind nach BARER (Journ. L. Soc. Vol. XIV, 1875, p. 630): Ruscus aculeatus L., Europa, Fortunaten, Kaukasus, Syrien e Hypophyllum L., Fortunaten, Medit., Oesterreich, Kaukasus > = var. Zypoglossum LAM., ibid. Dana racemosa MOENCH., Griechischer Archipel, Kaukasus, Persien. 2) Die Form der Canaren ist die subtropische Rasse 27. macrocalycina Coss. Vergl. S. 361. 3) Verwandt mit Geranium Robertianum. 4) Verwandt mit Ranunculus creticus L. auf Kreta. 106 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 331 Fig. 49. Geranium anemonefolium L’H£RIT. links; Geranium Robertianum L. rechts. Nat. Gr. [SCHIMPER.] 42* #57 [65) ID fee} . SCHENCK, ANEE \ INN Fig. 50. Canarina Campanula L. Nat. Gr. [SCHIMPER.] Fig. 51. Drusa oppositifolia DC. °/, nat. Gr. [SCHIMPER.] 108 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 333 „geographisches Rätsel. In neuerer Zeit erst wurde auf dem Runssoro in Ostafrika eine zweite „Art entdeckt, Canarına Eminti ÄSCHERSON et SCHWEINF. Eine dritte Art, Canarina abyssinica EnsL., wurde 1900 im Galla-Hochland und Südabys- sinien bei 2500 und 2000 m Meereshöhe aufgefunden !), „Wie die Inseln, sind auch die Höhen Zufluchtstätten verdrängter Pflanzen. Die Hoch- „gebirge des östlichen Afrika haben in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle gespielt. Ebenso „vereinsamt inmitten des heißen Tieflandes wie die atlantischen Inseln im Ocean, bergen ihre „kühlen und feuchten Höhengürtel sonst verlorene Typen der europäischen warmtemperierten „Tertiärflora. Das Auffinden von Arten von Canarına an voneinander so weit entfernten und so „bedeutsamen Stellen deutet auf eine erloschene europäische Ahnform hin. „Rätselhafter ist der Ursprung der Drusa oppositifolia DC. (Textfig. 51), einer kleinen, unschein- „baren Umbellifere, deren nächste Verwandte Südamerika, das andine namentlich, bewohnen, „wenn auch ihr gleichzeitiges Vorkommen in Marokko einen tertiären europäischen Ursprung „wahrscheinlich macht. Namentlich aber stehen wir ratlos vor einem der stattlichsten und ge- „meinsten Kräuter des feuchten Vifatico-Waldes, der einer ins Riesenhafte gewachsenen Chlora „vergleichbaren Gentianacee /ranthus viscosus GRISEB, deren systematische Verwandtschaft und „Ursprung ganz unentwirrbar sind. „Die Farnkräuter, welche in der Flora des canarıschen Lorbeerwaldes einen mehr massen- „haften als mannigfachen Bestandteil bilden, zeigen, wie gewöhnlich, einen weit weniger eigen- „artigen Charakter als die Blütenpflanzen, indem ihre staubähnlichen Sporen schon durch leichte „Winde auf weite Entfernungen getragen werden. Unter den endemischen Arten sind einige „nur als schwach ausgeprägte klimatische oder insulare Formen weit verbreiteter Arten aufzufassen, „so Aspidium canariense A. Br., zum Formenkreis des Aspidium fılix mas L. gehörig, Ceterach „offieinarum Win. var. aureum, Asplenium Adiantum nierum L. var. acutum; einzelne sind „Kosmopoliten, wie Pferis aguilina L.; die meisten kommen auch in dem atlantischen Gebiet „Europas und Nordafrikas vor. Unter den letzteren sind besonders Davallia canariensis Sm. die mit indischen und afri- kanischen Davallien verwandt ist (Textfig. 52), Asplenium Flemionitis L, das im Tertiär von Armissan bereits in ZZemionitites scolopendrioides Sar. seinen Vorläufer zu besitzen scheint (Textfig. 5 5), und die weit verbreitete Moodwardia radicans Sm., die ebenfalls aus der Tertiärzeit stammt, im Pliocän Centraleuropas und bereits auch schon im Miocän (W. KRoessnerianus) verbreitet war (Textfig. 53 und 55), zu nennen. Die auffallendsten makaronesischen Farnformen aber sind Dicksonia Culcita L’Herır. und Adiantum rveniforme L. Dicksonia Culcita L’Herır. ist die einzige Cyatheacee Makaronesiens, hauptsächlich in der montanen Region der Azoren verbreitet, auf Madeira selten und auf Tenerife als größte Seltenheit an der Nordseite des Anagagebirges vorhanden und dorthin wohl wahrscheinlich von Madeira aus gelangt. Nach BorrE2) stellt sie einen stattlichen Farn vor, mit über 4 Fuß hohen Wedeln und mit kräftigem, nach oben gebogenem Rhizom, das aber keinen eigentlichen Farn- stamm bildet, im Habitus an Sfruthiopteris erinnernd. Am nächsten verwandt ist mit ihr Dicksonia 1) A. ENGLER, Campanulaceae africanae. Bot. Jahrb., Bd. XXXII, 1903, S. 116. 2) C. Bortz, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XIV, S. 332. 109 H. SCHENCK, 334 [SCHIMPER.] Fig. 52. Davallia canariensis SM. Nat. Gr. Zu Seite 335. yad) BI, [\ Er 3% N We er, N N 7 NY OM Y [rammas] 29 en (arımy wnsorsgs szunwoynsz 5 “asacı Psoudnun] vurmyy3oyzon + ‘sog Prpayand Saygungayg € “Tszzwonumgp wnundsp z “j ausofıuss wnzuoipp 1 “»ju>uaL uoa usdAyumg "#5 rg HerLY Bo Aber N Dr N „ Pa) UND / gl N M ‚See RS nz Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 335 arborescens L’He£rır, von baumartigem Wuchs, auf St. Helena endemisch, ferner D. Sellowiana Hook. in Brasilien, D. condfolia HooxX. in den Anden, und D. antarctica LasıLL. in Östaustralien und Tasmanien. Man kann für sie amerikanische Herkunft annehmen, wenn sie nicht noch im Tertiär Europas nachgewiesen werden sollte. Adiantum renıforme L. (Text- fig. 54, 1), „die Yerba tostonera“ oder das Guldenkraut der Einwohner, wohl das eigenartigste Farnkrautsämtlicher west- lichen Canaren und auch auf Madeira und Capverden vorkommend, mit lang- gestielten, rundlich - nierenförmigen Wedeln von lederiger Textur, ist nach BorreE!) nicht nur in der Lorbeer- region verbreitet, wo es auf humosem Boden seine vollkommenste Entwicke- lung erreicht, sondern auch weiter abwärts in der oberen basalen Region bis zu 300 m abwärts an nassen Felswänden der Barrancos. Im Wald von Agua Garcia wurde es von BERTHELOT gefunden; BorrE und BORNMÜLLER beobachteten es nament- lich in den Wäldern des Anaga- gebirges oberhalb Taganana. Die nächsten Verwandten dieses auffallenden Farnkrautes, eben- falls mit einfachen, nierenförmigen Spreiten, sind Ad. asarıfolium WiuLv. von Mauritus und Bourbon, Aa. crenatum DBAKER, von Nordmada- gascar, beide als Subspecies zu A. renifolium L. gehörig, und vielleicht auch Ad. Parishi Hoox. von Moul- mein in Birma. Fig. 53. Woodwardia radicans Sw. Links Teil eines fertilen Segmentes, ?/, nat. Gr., rechts ein ganzer Wedel, ?/,, nat. Gr. [SCHIMPER.] Zur Pliocänzeit war Ad. reniforme aber auch in Europa vorhanden, wie die Blattabdrücke von Meximieux bei Lyon lehren (Textfig. 55). Sie wird also damals wohl noch weitere Ver- breitung gehabt haben. Von dort hat sie ihren Weg nach den Canaren gefunden, und während sie in Europa ausstarb, erhielt sie sich auf den weit auseinanderliegenden afrikanischen Inseln. ı) C. BoLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XIV, S. 300. LET 3 36 H. SCHENCK, „Wie die Farne verhalten sich die Moose1); auch bei ihnen ist der Endemismus schwach; „auch sie zeigen vornehmlich Beziehungen zu dem atlantischen Europa und Nordafrika. Letztere „sind sogar noch weit ausgeprägter als bei den Farnen und sprechen zu Gunsten der Hypothese „von WaArLAcE, daß manche tertiäre Moose am äußersten westlichen Rande Europas, wo das „Klima der Eiszeit weniger kalt war, die letztere überstanden haben; es verhält sich mit diesen „Moosen Westeuropas wie mit denjenigen Kerguelens, sie sind Ueberbleibsel einer früheren Epoche. „Kurz gesagt, ist der canarische und überhaupt der makaronesische Lorbeerwald 2) dadurch „entstanden, daß am Schlusse des Tertiärs, als die Inseln infolge der Abnahme der vulkanischen „Erscheinungen, mit Ausnahme der noch tätigen Kegel, „ihr jetziges Antlitz und das damit zusammenhängende „montane Klima erhalten hatten, sich an den dafür ge- „eigneten Stellen, ähnlich wie heutzutage etwa auf „Krakataua, Gehölzformationen entwickelten. Nach Ana- „logie anderer Fälle ist anzunehmen, daß die Anfänge „auf den Wind zurückzuführen sind, der aus Europa „zunächst Moose und Farne einführte. Europäische Zug- „vögel, namentlich die rasch fliegenden Tauben, Be- „wohner des pliocänen Waldes, kolonisierten die Canaren „an allen dafür klimatisch geeigneten Stellen, mit den- „jenigen Gewächsen dieses Waldes, von deren Beeren sie „sich ernährten, oder deren Samen an ihrem Gefieder „hängen blieben. Ganz vereinzelt wurden auch, wie „heute, Vögel der Antillen durch den Sturm nach den „atlantischen Inseln verschlagen und lieferten einige Be- Fig. 55. Fossile Farne aus dem europäischen Tertiär. „standteile3); das Klima noch mehr als die Seltenheit a ne ER Fr en „dieser amerikanischen Besuche erklärt die Spärlichkeit Pl. XXIL, Fig. ı et Fig. 1a) 3 Adiantum reniforme „des amerikanischen Bestandteiles des Waldes. Der Wind Pliocenicum, Meximieux. (Nach SarorTa, ibid., P.XXH, setzte seine Tätigkeit fort und bevölkerte namentlich Fig. 5). 4 und 5 Cherlanthes primaeva SAP., Aix en £ Provence. (Nach SAPorTA, Annal. des Sc. nat., Bot, „den Waldschatten mit Farnen, Moosen, Flechten und 5° Serie, T. XVII, Pl.I, Fig. 12 u. 13a.) 6 Zemin- Pilzen. Während und nach der Eiszeit hörte die Zu- tites scolopendrioides Sar., Armissan bei Narbonne. . (Nach SaPorTA, Annal. des Sc. nat., Bot., ge Serie, T.IV, „nahme der Waldflora durch Kolonisation, wenigstens en — 2 und 4 vergrößert, sonst nat. Gr. yon Europa aus, beinahe ganz auf. Das bisher gleich” „mäßig warme und feuchte europäische Klima war tief „verändert; im Norden hatten sich kalte, im Süden sehr trockene Jahreszeiten herausgebildet. „Die wenigen Nachzügler sind nicht ausschließlich Waldbewohner und zeigen sich im EM 4 > a uw 1) Bezüglich der Cryptogamen des Lorbeerwaldes sei auf die Phytographia canariensis von WEBB und BERTHELOT, T. III, 2, Sectio ultima, und die neuere Speciallitteratur verwiesen; bezüglich der Bryophyten auf W. MıTTEn, Contribution to the cryptogamic flora of the Atlantic Islands. Journal of the Linnean Society, Botany, Vol. VIII, 1863. — V. SCHIFFNER, Ein Beitrag zur Flora von Madeira, Teneriffa und Gran Canaria. Oesterreich. bot. Zeitschr., 1901, S. 1I3—125. — Derselbe, Neue Materialien zur Kenntnis der Bryophyten der atlantischen Inseln. (Bearbeitung der von BORNMÜLLER gesammelten Bryophyten.) Hedwigia, Bd. XLI, 1902. 2) Ueber die Herkunft der makaronesischen Flora vergl. auch A. EnGLER, Versuch einer Entwickelungsgesch. der Pflanzen- welt, Bd. I, 1879, S. 71; M. VAHL, Ueber die Vegetation Madeiras, Bot. Jahrb., Bd. XXXVI, 1905, S. 340. 3) Ueber Einwanderung amerikanischer Vogelarten und Schmetterlinge nach den atlantischen Inseln vergl. A. KönıGg, Orni- thologische Forschungsergebnisse einer Reise nach Madeira und den canarischen Inseln. CABANIS’ Journal für Ornithologie, 1890, S. 297. 11.2 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 337 „Lorbeerwald nur in den trockeneren, lichteren, weniger geschützten, überhaupt den jetzigen „südeuropäischen Verhältnissen sich nähernden äußeren Teilen; dahin gehören nur drei größere „Holzpflanzen, nämlich die Baumheide, Zrica arborea L., deren auffallende Größenzunahme „im Lorbeerwalde, obwohl sie doch nur dessen trockenere Teile bewohnt, die Anwesenheit eines „anderen Klimas verrät, ferner Prunus lusitanica L. und Myria Faya Arr, von kleineren Ge- „wächsen namentlich Crstus monspeliensis L, Daphne Gnidium L. und Origanum virens Horruc. „et Lk. Die feuchten inneren Waldteile blieben für die Kolonisation, da sie ohne Analogon im „postglacialen Europa waren, beinahe unzugänglich. Zwar werden die Canaren alljährlich von „verschiedenartigen, teilweise beerenfressenden Vögeln !) aufgesucht, andere zahlreich gelegentlich „dorthin verschlagen; die Vögel und die etwaigen mitgebrachten Samen finden aber in diesem „europäischen Walde einer längst erloschenen, abweichenden klimatischen Periode keine für sie „geeignete Stätte. Der Lorbeerwald bleibt unverändert in seinem tertiären Charakter, und die „Tauben, welche denselben einst geschaffen und mit ihm erhalten blieben, werden von den „europäischen Besuchern Tenerifes nicht verdrängt. S 2. Oekologie des canarıschen Lorbeerwaldes. („Text“ von A. F. W. SCHIMPER, Zufügungen und Anmerkungen von H. SCHENCK.) „Wir haben das Werden des canarischen Lorbeerwaldes kennen gelernt. Betrachten wir „ihn nun als einen Teil der canarischen Natur, in seinen mannigfachen Wechselbeziehungen mit „ihr in seinem jetzigen Zustande, in welchem sich dieselbe nicht weniger eigenartig ausprägt, als „in dem Pflanzenleben der Küste, jedoch mit ganz neuen, den abweichenden äußeren Bedingungen „entsprechenden Lebenserscheinungen. „Der makaronesische Lorbeerwald ist immergrün und weicht dadurch nicht bloß von den „sommergrünen Laubwäldern Mitteleuropas ab, sondern auch von dem pliocänen europäischen „Walde, aus welchem seine Bestandteile beinahe sämtlich gekommen sind. Das gänzliche „Fehlen laubabwerfender Bäume ist nicht auf das canarische Klima im allgemeinen zurückzuführen, „denn die canarische Flora besitzt zwei sommergrüne Holzgewächse, Salıx canariensis CHR. SM. „und Sambucus palmensis Linx, die allerdings nicht im Walde wachsen, und das Verwildern „europäischer Bäume, wie Casianea vesca, Populus alba etc, zeigt die Gunst der Verhältnisse „gerade in dieser Höhenregion. Das gänzliche Fehlen der sommergrünen Holzpflanzen im „Lorbeerwalde beruht teilweise auf historischen Ursachen. Die laubabwerfenden Bäume des „Pliocänwaldes besaßen weder Beeren noch zur Verbreitung durch den Wind geeignete Samen. „Zudem sind die Existenzbedingungen gerade im Lorbeerwalde für die Immergrünen günstiger „als für die Sommergrünen, da der Sommer auch in der montanen Region nur wenig Nieder- „schläge bringt, und der Winter mild genug ist, um die Tätigkeit des Laubes zu ermöglichen. „Im Mediterrangebiet sieht man die laubabwerfenden Bäume nicht zerstreut zwischen den „ımmergrünen, sondern am Rande der Wasserläufe, wo der Boden im Sommer durchwässert „bleibt, im Winter aber durch niedrigere Temperatur bei sehr großer Nässe und entsprechendem „Rückgang der Salze für die Laubtätigkeit weniger geeignet ist. ı) Vergl. A. Könıs, Ornithologische Forschungsergebnisse einer Reise nach Madeira und den Canarischen Inseln. Journal für Ornithologie, 1890, S. 298 u. 299. 113 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı1899. Bd. II. r. Teil, 43 28 H. SCHENCK, „Zur Zeit unseres Besuches, auf der Höhe der Trockenzeit, waren die Blätter des Vinatico „trotz seiner feuchten Standorte, zum Beweis für weniger günstige Wasserzufuhr, zum größten „Teil rot und gelb geworden und bedeckten überall den Boden. „Die immergrüne Belaubung verbirgt die periodische Abwechslung der Lebensvorgänge, „doch fehlt dieselbe natürlich nicht, ist sie ja auch im tropischen Urwald vorhanden. Die „Temperatur des Winters ist niedrig genug, um die Aufnahme und Bearbeitung der Nährstoffe „aus Boden und Luft herabzusetzen, aber nicht zu verhindern, und Aehnliches gilt von der „sommerlichen Trockenheit. Am regsten sind die vegetativen Vorgänge im Frühsommer, wo „optimale Bedingungen der Wärme und Feuchtigkeit herrschen; dies ist die Zeit, wo neue „Laubtriebe sich aus den ruhenden Knospen entwickeln. „Niedere Temperaturen sowie große Trockenheit bedingen Ausreifen der Blütenstoffe; der „reichste Flor tritt in den subtropischen Gebieten von ähnlichem Klima wie auf den Canaren im „Frühjahr ein, ein weniger reicher und auf die Holzgewächse beschränkter im Herbst nach der „Trockenzeit, wie bei uns, wo ein sehr trockener Sommer einige Herbstblüten an vielen Holz- oewächsen hervorruft. Das Auftreten der Blüten entspricht im canarischen Lorbeerwalde den 5 „gleichen Einwirkungen; man sieht nicht, wie in den Tropen auf manchen, jedoch auch dort nur „auf einer Minderzahl von Bäumen und Sträuchern, gleichzeitig Blüten und Früchte in allen „Entwickelungsstufen, sondern nur etwa die Frühlingsblüte zusammen mit der zur reifen Frucht „gewordenen Herbstblüte. Manche Bäume scheinen doppelte Blütezeit zu besitzen, die erste im „Frühjahr, die zweite im Spätherbst. Die Blütezeiten der Bäume und Sträucher des Lorbeerwaldes bedürfen noch eingehender Beob- achtung, zumal die vorhandenen einzelnen Angaben zum Teil voneinander abweichen. Die Haupt- blütezeit scheint aber in das Spätfrühjahr Ende April und Mai zu fallen )). Für Madeira liegen einige Beobachtungen von G. HARTUNG ?) vor. Hier blüht Myrica an tieferen Abhängen Ende Februar, im März und April folgen Laurus, Ilex perado, Rhamnus glandulosa, Celastrus umbellatus, Euphorbia mellifera, im Mai die Mehrzahl der Bäume, wie Barbusano, Til, Notelaea Heberdenia und Pleiomeris (für die beiden letztgenannten wird andererseits der Februar auf Tenerife angegeben). Prunus lusitanica blüht nach SCHACHT auf Tenerife Anfangs Mai. HARTUNG?) bemerkt, daß einige Gewächse nach den im Herbst eingetretenen Regenschauern zu Anfang November eine nicht unbeträchtliche Zahl von Blüten hervorbringen, die bald darauf ver- schwinden, um dann im Frühjahr — zur Hauptblütezeit — durch um viel größere Mengen ersetzt zu werden; diese Erscheinung soll besonders für den Til charakteristisch sein. Am meisten scheint sich der Vinatico in der Blütenbildung tropischen Bäumen zu nähern, denn nach HARTUNG‘) hat er während des ganzen Jahres unreife Früchte oder Blüten aufzuweisen, und auch Vaccinium maderense soll während des ganzen Jahres blühen. Jedenfalls haben aber diese Bäume ihre Hauptblütezeit auch im Frühjahr. „Die Kräuter blühen sämtlich im Frühling; sie beginnen im Februar mit dem Veilchen, „andere treten allmählich hinzu, der Höhepunkt wird im Mai erreicht, nachher schwinden die „Blüten mehr und mehr. Als wir im August den Wald besuchten, sahen wir nur, in den „trockenen Teilen, drei kleine Sträucher und Kräuter blühen: Daphne Gnidium 1, Orisanum 1) CHrIST, Frühlingsfahrt, S. 193. 2) HARTUNG, Die Azoren, 1860, S. 70. 3) Ibid. S. 71. 4) Ibid. S. 70. 114 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischeu Inseln. 339 x „virens HorexG. und Lk. Scrophularia Scorodonia L. Alles Uebrige war reichlich von reifenden „oder noch mehr von reifen oder überreifen Früchten bedeckt. Eine Verdoppelung der Blüte- „zeit zeigt sich nirgends bei den Kräutern temperierter Zonen, da die Frucht- und Samenbildung „direkt mit der Verarbeitung des Rohmaterials zusammenfällt und daher in die früheren Monate „verlegt wird. Nur gewisse Knollenpflanzen, die sich durch den Besitz von aufgespeicherten „Nährstoffen den Holzgewächsen nähern, verhalten sich auch bezüglich der Blütenbildung manch- „mal diesen ähnlich. „Nähere Betrachtung der Bestandteile des Waldes wird noch eine Fülle von Eigentümlich- „keiten aufweisen, die teilweise in nachweisbarem, teilweise in noch nicht bekanntem, wenn auch „unzweifelhaft vorhandenem Zusammenhang mit den äußeren Bedingungen stehen. Unternehmen „wir eine neue Wanderung durch den Wald. In seinem äußeren, weniger geschützten, weniger „feuchten Teile schließt sich der canarısche Lorbeerwald noch nahe an den mediterranen immer- „grünen Laubwald an und zwar an dessen westlichere Facies. Allerdings sind die Bäume und „Sträucher höher und üppiger, aber ihre Blätter sind noch hart und klein und zeigen bei mehreren „Myrica, Erica, Cistus, Androsaemum, Daphne Gnidium), die charakteristische Glanzlosigkeit und „unreine Farbe, bei anderen, so bei Viburnum rugosum Pers, namentlich aber beim Lorbeer, „Zaurus canariensis WEBB et BERTH, hat sie im Vergleich zu den mediterranen Verwandten „abgenommen. Die zarteren Kräuter sind nur im Frühling belaubt, die immergrünen sind derb. „Besonders bezeichnend sind die Farne, welche in diesem Teile des Lorbeerwaldes beinahe nur „durch eine dickblättrige, wollige Form des Adlerfarns, Pferis aguilina L., vertreten sind; eine „Form, welche auch an ganz offenen windigen Standorten vorkommt. Noch zwei bezüglich der „Feuchtigkeit genügsame Farne kommen hier vor, Asplenium Adiantum nierum L. und Davallia „eanariensis SM. „Nur wenige, kleine, bräunliche Moose bedecken den Boden (Trzxchostomum mutabile „BRucH); Stämme und Aeste der Bäume sind beinahe unbemoost, hingegen hängt die Usnea „plicata Horrm. von den Aesten herab und weist auf leichte, aber häufige kühle Nebel hin. Bei „dichterem Nebel würden die Moose reichlicher auftreten. „Indem wir tiefer in den Wald eindringen, werden die bisher kleinen Laubflächen größer „und, was besonders auffällt, bei frischgrüner Farbe sämtlich glänzend, von allen Bäumen und „Sträuchern werden die Lichtstrahlen zurückgespiegelt; die jetzt üppige, großblättrige Schatten- „tlora ist zwar ebenfalls sattgrün geworden, sie ist aber glanzlos geblieben. „Die Verwandlung ist erst in der Tiefe der Schlucht vollendet, da, wo Phoebe indica Pax „den herrschenden Baum darstell. Während mehr nach außen der Boden nur so viel Wasser „besitzt, als er vom Regen behält, durchsickert das nicht festgehaltene Wasser in den tiefen „Boden der Mulde und erhöht deren Feuchtigkeit. „Nur hier trägt der Wald entschieden hygrophiles Gepräge. Die Laubflächen sind weit „größer geworden und spiegeln an der Phoebe indica Pax, an der Zex platyphylia WEBB et BERTH., „an der noch mehr großblättrigen Myrsine canariensis SPrENG., ähnlich wie sie in den „üppigeren Regenwäldern des südlichen Nordamerika und Japans spiegeln. Große Farne be- „decken dicht den Humusboden und die nassen lehmigen Felswände Nur hier finden wir „den „Helecho negro“ (Trichomanes speciosum WirLv.) [Textfig. 54, 4, S. 335] den zarten dunkeln „Farn, welchen so viele Reisende als die interessanteste Pflanze des Lorbeerwaldes betrachten, 115 2 * 45 340 H. SCHENCK, „sehr mit Unrecht, denn derselbe ist nicht bloß im ganzen tropischen Amerika gemein, sondern „geht viel weiter nach Norden als Tenerife, bis nach Irland. Dieser Farn ist jedoch in anderer „Hinsicht instruktiv; er wächst in Agua Garcia, seinem einzigsten Standorte auf den Canaren, „nur an nassen Lehmwänden in nächster Nähe fließenden Wassers, durch dessen Staub er fort- „während benetzt wird; im tropischen Regenwalde Amerikas überwuchert er, von der Nähe des fließenden Wassers ganz unabhängig, in mächtigen Decken die unteren Teile der Baumstämme ” fo} fo) o- 5) „und die beschatteten Felsen, — ein schlagender Beweis für die geringere Luftfeuchtigkeit und „wohl noch mehr die geringere Taubildung im Lorbeerwalde, — denn regelmäßige Befeuchtung „mit Tau ermöglicht die für den tropischen Regenwald so charakteristische Hymenophyllaceen- „vegetation, welche das Wasser nicht durch die Wurzeln, sondern ausschließlich durch die „Blätter aufnimmt und gegen Trockenheit der Luft beinahe ebenso empfindlich ist, wie die im „tlüssigen Wasser lebenden Pflanzen. „Ueberhaupt genügt das Fehlen echter Epiphyten nicht nur, um den Lorbeerwald öko- „logisch scharf vom tropischen Regenwald zu trennen, sondern ihm sogar nur eine niedere, d.h. „wenig hygrophile Stufe unter den temperierten Regenwäldern anzuweisen. Das sehr häufige „epiphytische Vorkommen von Davallıa canariensis Sm. sogar auf den höchsten Baumgipfeln, das „gelegentliche von Sempervivum dichotomum DC. von Sonchus-Arten, zeigen immerhin einige An- „deutungen eines charakteristischen Merkmals der Regenwälder, welches in den sonst ökologisch „ähnlichen Regenwäldern Südjapans, des Kaplandes u. s. w. noch zur typischen, wenn auch im „Vergleich zum Tropenwalde reduzierten Ausbildung, gelangte. „Epiphytische Moose sind reichlich vorhanden, ebenso wie in feuchten europäischen „Wäldern. Nur bei dem wassertriefenden 7rzchomanes kommt ein Moos, Ahynchostomum curvi- „seluom SCHIMPER, auch auf den Blättern vor, im übrigen aber fehlt die epiphylle Vegetation wegen „zu geringer Taumenge und Luftfeuchtigkeit im Vergleich zum tropischen Regenwald und sogar „zu gewissen temperierten Regenwäldern (Knysna-Wald). „Alle anderen Merkmale stehen mit dem eben erwähnten im Einklang. Die Lianen, welche „mehr reichliches Bodenwasser im Gegensatz zu den an reichliches meteorisches Wasser ge- „bundenen Epiphyten verlangen, erreichen nicht bloß nicht die Mannigfaltigkeit und Mächtigkeit „derjenigen des Tropenwaldes, sondern auch nicht derjenigen Japans, Neu-Seelands und des Kap- „landes. Zwar überragt der schöne Convolvwlus canariensis L. die höchsten Baumkronen !), doch „ist er selten und zeigt in seinen kleinen, stark behaarten Blättern die Ungunst der Wasserzufuhr. „Noch seltener sind zwei ebenso hohe Smilaceen, Syrilax canariensis WıLLD. und Semele andro- „gyna Kunrn. Reichlich treten nur niedrige, krautige Kletterer auf, Smrlax pendulina Lowe und „ARubia angustifolia L., sogar der canarische Epheu, ZZedera helix L. var. canariensis WEBB et „BERTH. erhebt sich nicht oder nur selten an den Stämmen. „Den Bäumen geht das tropisch-hygrophile Gepräge ebenso ab. Ihre Stämme sind im „Verhältnis zur Höhe weit dicker und entbehren stets der so vielen Bäumen feuchter Tropen- „wälder zukommenden Flügelleisten; die Rinde ist dicker und rissiger; die Kronen sind reicher „verzweigt und viel dichter, die Laubflächen sind zahlreicher und auch in diesem feuchtesten I) WEBB et BERTHELOT, Phytographia canariensis, T. II, p. 25 erwähnen, daß er als hochkletternder und ineinander ge- wirrter Strauch auf die höchsten Ardisien (Zederdenia) und Lorbeerbäume von 70 Fuß Höhe hinaufwindet. 116 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 341 „Waldteile viel weniger groß. Aehnlich sehen die Bäume aus z. B. im temperierten Regenwalde „des Kaplandes, noch ähnlicher wahrscheinlich in den Wäldern Südjapans. „Die vergleichende Betrachtung der Baumblätter im Lorbeerwalde (Textfig. 56) ist lehr- „reich. Sie entbehren sämtlich der Träufelspitze und zeigen sich darin im Einklang mit allen „temperierten Regenwäldern im Gegensatz zu den tropischen. Aufgeklärt ist dieser, jedenfalls „durch äußere Faktoren bedingte Unterschied nicht. Allen Beobachtern !) ist die große Aehn- „lichkeit des Laubes beinahe aller Holzgewächse des Lorbeerwaldes aufgefallen, von welchen nur „die Formen des Waldsaumes, namentlich Myrica, weniger Androsaemum und Prunus etwas „abweichen. Beinahe alle diese Blätter haben ovale Gestalt, und beinahe alle sind vollkommen „ganzrandig, sie sind spiegelglänzend, sattgrün, fiedernervig, mit sehr starkem Hauptnerv und „unregelmäßigem, langmaschigem Netze zarter Seitennerven versehen. Bei 3 Arten, Ocofea „foetens BENTH. et Hoorx., Zaurus canarıensis WEBB et BERTH. und Ahamnus glandulosa Arr, „zeigen die Blätter in den unteren Nervenwinkeln Vertiefungen, sogenannte Domatien, welche „sich an der Oberseite blasenartig erheben. Diese Domatien sind sehr ungleich groß und fehlen „an manchen Blättern ganz, sie sind an der konkaven Seite von langen Haaren bedeckt. Wir „haben es in den Domatien mit rätselhaften Gebilden zu thun, die mit klimatischen Verhältnissen „zusammenhängen und sich anscheinend nur bei Holzpflanzen zeigen. Sie sind in den kalt- „temperierten Gebieten selten und nur schwach ausgebildet, am deutlichsten noch bei der klein- „blättrigen Linde, wo sie als die in den Diagnosen hervorgehobenen rostfarbigen Haarbüschel in „den Nervenwinkeln auftreten. Lunpström, der diese bisher kaum beachteten Gebilde genauer „studierte und benannte, wollte in ihnen den Sitz von Milben erblicken, deren Rolle in der Rein- „haltung des Blattes bestehen sollte; es würde sich um eine der Myrmecophilie vergleichbare „Symbiose handeln. Spätere Beobachter haben diese Hypothese nicht bestätigt; irgendwelche „Spuren solcher Tiere zeigten sich in den viel größeren Domatien des canarischen Waldes nicht. „Derartige Domatien kommen in ähnlicher Größe und Ausbildung noch in anderen temperierten „Regenwäldern, so in dem überhaupt dem canarischen Lorbeerwalde vergleichbaren Knysna-Walde „im Kaplande vor, wo der einzige nahe Verwandte des canarischen Til, Ocofea bullata E. Mexr., „sie in ähnlicher Ausbildung wie jener aufweist. Noch viel mehr sah ich sie in den temperierten „Regenwäldern oberhalb Newara Elejia auf Ceylon. Im tropischen Regenwalde werden sie viel- „fach viel größer, so namentlich bei vielen Melastomataceen und Rubiaceen, und dienen dann „Ameisen zum Wohnsitze. Inwiefern eine Anpassung an die letzteren hier vorliegt, könnten nur „Untersuchungen an Ort und Stelle zeigen, die bis jetzt noch fehlen. „Eine derartige Uebereinstimmung der Blattstruktur der Holzgewächse einer und derselben „Formation hat insofern nichts Ueberraschendes, als sich Aehnliches vielfach wiederholt. Alt- „bekannte Beispiele bieten die Gehölzformationen des temperierten Australiens und diejenigen des „südwestlichen Kaplandes. Je mehr wir uns in das Studium der einzelnen Formationen vertiefen, „je mehr finden wir die gleiche Erscheinung wieder, bald in sehr auffallender Weise, nämlich „da, wo sämtliche Holzgewächse übereinstimmen, wie in der tropischen Mangrove oder im cana- „rischen Lorbeerwalde, bald, zunächst weniger in die Augen springend, indem die Blätter mehrere „wiederkehrende Typen aufweisen, wie z. B. in den tropischen Regenwäldern oder in den meisten „sommergrünen Wäldern. In einzelnen Fällen ist es gelungen, derartige Uebereinstimmung auf ı) Vergl. BERTHELOT, G£ogr. bot., p. 171; BUNBURY, Botany of Madeira and Teneriffe, p. 33. 1%7 342 H. SCHENCK, Fig. 56 A—J. Blatttypen aus dem canarischen Lorbeerwald. Nach Zeichnungen von W. BRENNER. Nat. Gr. [SCHIMPER.] A Myrica Faya Aır., Unterseite; B Zaurus canariensis WEBB et BENTH., Oberseite; C Zaurus canariensis WEBB et BERTH., Unter- seite mit Domatien; D Ocotea foetens BENTH. et Hook., Unterseite mit Domatien; E Apollonias canariensis NEES, Oberseite; F Persea indica SPRENG., Unterseite; G Visnea mocanera L. fil., Oberseite; H Rhamnus glandulosa Arr., Oberseite; J Ahammus ‚glandulosa AIT., Unterseite mit Domatien. Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 343 er IIIIISHNÄRE III Fig. 56K—R. Blatttypen aus dem canarischen Lorbeerwald. Nach Zeichnungen von W. BRENNER. Nat. Gr. [SCHIMPER.] Oberseite; L Prunus lusitanica L., Oberseite; M Arbutus canariensis VENT., Unterseite; N Zeberdenia K Zlex canariensis PoIR., P Pleiomeris canariensis A. DC., Oberseite; Q Notelaea excelsa excelsa BANKS, Unterseite; O Heberdenia excelsa BAnNKS, Unterseite; WEBB et BERTH., Oberseite; R Piburnum rugosum PERS., Unterseite. 344 H. SCHENCK, „klimatische Faktoren zurückzuführen und das Wiederauftreten bestimmter Blatttypen in geo- „graphisch weit entfernten Gebieten durch die Wiederkehr dieser klimatischen Faktoren zu er- „klären; meist jedoch stehen wir hier noch vor ungelösten Rätseln. Ein solches Rätsel bietet „eben der canarische Lorbeerwald. „Die Vegetationsorgane im Lorbeerwalde stimmen im übrigen mit denjenigen der öko- „logisch ähnlichen Wälder überein. Die ruhenden Laubknospen sind schwach entwickelt, namentlich „nur mit einer krautigen und weniggliedrigen Niederblatthülle versehen, entsprechend den „günstigen Bedingungen in der Ruhezeit. „Die krautige und halbstrauchige Vegetation verhält sich der holzigen ganz entsprechend. „In den trockeneren äußeren Waldteilen zeigt sich wohl in den feuchten Frühlingsmonaten ein „zartblätteriger Frühlingsflor, in der Trockenzeit hingegen nur noch eine mehr derb- und klein- „blätterige Vegetation von Daphne Gnidium L., Origanum virens Horrme. et Link etc. Von „Farnen ist hier beinahe nur /feris aguilina L., und zwar in einer unterseits stark behaarten, „mehr xerophilen Form, vertreten. Im Schatten des Vinatico und seiner ausgeprägt hygrophilen „Begleiter bleibt die Vegetation auch in der Trockenzeit groß- und zartblätterig, ohne diejenige „etwa der Buchen- oder Tannenwälder hierin bedeutend zu übertreffen, ohne die ungemeine Fülle, „Frondosität und Zartheit der krautigen Vegetation im tropischen Regenwalde zu erreichen. „Dazu fehlt es hier an genügender Feuchtigkeit und an hinreichend starkem Lichte. Die ge- „meinsten Bodenfarne gleichen an Größe und Gestalt denjenigen gemeinsten Waldfarnen Mittel- „europas, von welchen sie nur wenig abweichende Formen darstellen. Die Blätter von Polypodium „vulgare L., das an erdbedeckten Felsen und Stämmen emporklettert, sind etwas breiter und „kürzer als bei uns, eine wahrscheinlich klimatische Abweichung, welche sich auch im Mediterran- „gebiet zeigt. Weit auffallender verändert zeigt sich das Ceierach ofhicinarum Wirrv, welches „in Südeuropa an trockene Felsen gebunden und dementsprechend sehr mäßigen Wuchs zeigt, „auf Tenerife aber größere Anpassungsfähigkeit besitzt; man sieht es nicht bloß auf den sonnen- „verbrannten Felsen der basalen Region, wo es gemein ist und der mediterranen Form voll „kommen gleicht, sondern gelegentlich auch auf dem tiefen schwarzen Humus des schattigen „Lorbeerwalde. Da ist es kaum noch zu erkennen und wurde auch für eine besondere Art „gehalten, so stattlich ist sein Wuchs, der ihn zu einem der prächtigsten Farne macht. Die „anderen Farne des Humusbodens bieten nichts Beachtenswertes und treten meist zurück, mit „Ausnahme der stattlichen Woodwardia radicans Sw., die an feuchten Lehmwänden in der Nähe „der zarten dunklen Ueberzüge des 7richomanes speciosum Wirtv. in Fülle und in üppiger Ent- „wickelung mit ihren herabhängenden großen Wedeln erscheint; hier kommen auch Asplenium „Llemionitis L. und Pieris arguta Ar. in reichlicher Menge vor. „Die Moose spielen auf dem Boden eine unbedeutende Rolle; das auch bei uns gemeine „Zhamnium alopecurum wächst zwischen den Farnen auf dem schwarzen Humus, der feder- „artige canarische Züssidens serrwlatus BRD. ist reichlich an mehr offenen, aber feuchten Stellen „zusammen mit einem zarten Lebermoose, Saccogyna viticulosa Dum. vorhanden, und die mar- „chantia-ähnliche Dumortiera irrigua Tayı. besiedelt triefend-nasse Lehmwände. „Werfen wir endlich einen Blick auf den Blütenflor des Lorbeerwaldes. Derselbe ist am „Waldrande groß und farbenreich; die Einzelblüten sind zwar klein, sie drängen sich aber zu „vielgliedrigen Rispen oder Scheindolden, nach der Art anderer canarischer Gewächse, zusammen; 120 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 345 „so ist der canarische Fingerhut, Zsoplexis canariensis Linp. mit seinen braungelben Blüten 'wohl „beträchtlich kleinblütiger als der rote Fingerhut und kommt der bescheidenen Digrtalis lutea „kaum gleich, sie drängt aber, wenn sie blüht, ihre dichten Trauben aneinander; ähnlich ver- „hält sich Zehium virescens. Die violetten Blüten der Cedronella canarıensis Wırıp. sind größer „und farbenprächtig, die Cinerarien bevorzugen teilweise solche lichtere und trockenere Stellen, „die beiden Cis/us, das großblütige Androsaemum dringen jenseits des Saumes in die helleren, „trockeneren Waldteile ein; Orchideen und eine großblütige Iridacee, Komulea grandiscapa J. Gay, „schmücken dieselben im Frühling, Prunus lusitanica L, die am Waldrande bei Laguna wächst, „ist der einzige schönblütige Baum des Lorbeerwaldes, denn der noch schöner blütige, ebenfalls „nur an offenen, freien Stellen wachsende canarısche Erdbeerbaum, Arbutus canariens!s VEILL. ist „nicht als eigentlicher Bestandteil desselben zu betrachten. „Im Walde selbst, namentlich in dem feuchteren Teile, sind sämtliche Holzgewächse und „beinahe alle Kräuter auffallend kleinblütig. Allerdings tritt überall im Waldesschatten im Ver- „gleich zu offenen Standorten der Blütenflor zurück, denn derselbe ist in hohem Grade vom „Licht abhängig und wird außerdem durch große Feuchtigkeit herabgesetzt. Doch ist derselbe „m Vergleich zu anderen immergrünen, gleichschattigen und ebenso feuchten oder viel feuchteren „Wäldern auffallend gering. Man denke an die Ternströmiaceen und Myrsinaceen, an die Olea- „ceen des Knysna-Waldes am Kap, um nur Familien zu erwähnen, die auch im Lorbeerwalde „vertreten sind. Sie haben zum Teil prächtige oder doch in reiche, auffallende Blütenstände „gruppierte Blüten; hier sind die Blüten auch reichlich, aber alle klein, alle, wie das Laub, von „gleicher Physiognomie, von der Physiognomie der Lorbeerblüten, weiß, gelblichweiß, grünlich- „gelb. Einige sind allerdings wohlriechend. Die für den tropischen Regenwald so charakte- „ristische Erscheinung der Cauliflorie, der Erzeugung von Blüten aus altem Holz, ist in tem- „perierten Regenwäldern stets schwach entwickelt und beinahe stets auf die Aeste beschränkt „Ramiflorie). Im Lorbeerwalde sehen wir sie nur bei den beiden Myrsinen. Auch hier stehen „wir ökologisch noch vor einem Problem. Am wahrscheinlichsten dürfte die geringe Dicke und „Härte der Rinde bei tropischen Bäumen im Vergleich mit der größeren Dicke und Härte der „Rinde bei temperierten die klimatische Gruppierung erklären. Die Blüten der Kräuter sind „ebenfalls zum größten Teile unscheinbar. Allerdings giebt es da ein paar Ausnahmen, wie „Aanunculus contusaefolius WırvD. und Geranium anemonefolium L'H£rır., die den größer blütigen „Formen der mitteleuropäischen Flora vergleichbar sind; jedoch sind schon im trockeneren Teile „des Waldes die Kleinblüten vorherrschend: Daphne Gnidium L. die vorherrschende kleinere „Pflanze des Erikenwaldes ist, wie die Zrica selbst, klein- und weißblütig; noch unscheinbarer „sind jedoch ihre meisten Begleiter, wie Scroßhularia Scorodonia L. Origanum virens Horrnc. et „LE. Dystropogon canariensis U’H£rır. „Im Schatten des Vinatico sind die seltenen Endemen in ihren Blüten ganz unscheinbar, „wie die geographisch so geheimnisvolle Doldenpflanze Drusa oppositifolia DC, von andiner Ver- „wandtschaft, und, im Vergleich zu anderen Gentianaceen, Zvanthus viscosus GRISEB., und sämtliche „Kletterer, denn auch Convolvwlus canariensis L. gehört zu den wenigen kleinblütigen Formen „dieses sonst blütenprächtigen Geschlechtes. 121 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı1899. Bd. II. ı. Teil. 44 3 H. SCHENCK, 346 $ 3 Verbreitung der Lorbeerwälder auf den Canaren. (Von H. SCHENCK.) 1. Tenerife. Wie SchimpEr wohl mit Recht im Gegensatz zu manchen Autoren hervorhebt, kann der Lorbeerwald in seiner typischen Ausbildung niemals, auch nicht vor der Besiedelung der Inseln durch den Menschen, die ganze mittlere Höhenregion der westlichen Canaren gleichmäßig bedeckt haben; er war beschränkt auf die geschützten und feuchtesten Mulden und Schluchten, während auf dem zwischenliegenden offenen Terrain der Hartlaubbusch hauptsächlich aus Zrzrca und Moyrica oder aus Cis/zus sich ausbreitete. Unzweifelhaft aber besaß er früher vor den Eingriffen des Menschen größere Ausdehnung. Die Stelle der zerstörten Waldparzellen nımmt heute der Buschwald ein, soweit der Boden nicht zu Kulturen verwertet wurde. Würde die Vegetation, der Wolkenregion sich selbst überlassen bleiben, so dürfte wohl schon nach wenigen Jahrhunderten der ursprüngliche Zustand wieder erreicht sein; die endemische Vegetation würde dank ihrer vollkommeneren Anpassung an das feuchte insulare Klima die eingeführten Kulturpflanzen bald verdrängt haben. So bemerkt schon BERTHELOTN), daß die Edelkastanie, die bald nach der Eroberung angepflanzt wurde und zu starken alten Bäumen auf den Inseln herangewachsen ist, sich kaum durch Samen von selbst vermehre. An verschiedenen Stellen seien die Kastanienhaine schließlich zu Grunde gegangen, und an ihre Stelle trete die einheimische Vegetation der Zrwa, Myrica und der Lorbeeren. Außer dem von ScHImPER -eingehend geschilderten Lorbeerwald von Agua Garcia giebt es heute auf Tenerife noch einen größeren, erhalten gebliebenen Lorbeerdistrikt, nämlich den „Monte de las Mercedes“, nördlich von Laguna in einer Mulde des Anagagebirges gelegen. BERTHELOT2) gab aus den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts eine Schilderung dieses Lorbeerwaldes, in welchem Vinatico und Loro als häufigste Bäume, Barbusano dagegen zerstreut, Til gegen die Gebirgskämme hin zahlreich, Hija (Prunus Zusitanica) und Faya in Gruppen an den Waldrändern vorkämen. Der Mercedes-Wald wird oft erwähnt3).. Noch heute ist er vor- handen, und H. MEver#) berichtet 1894, daß von dem Westende der Cumbre von Anaga (912 m) bis nahe zum Dorfe Mercedes (652 m) noch ein breiter Streifen prachtvollen Lorbeer- waldes mit Stämmen bis 20 m hoch und bis 3/4 m dick sich hinabziehe. Auch in der Anagakette selbst, namentlich oberhalb Taganana, von wo ein schöner Waldweg in vielen Windungen, den Vueltas de Taganana, zur Cumbre emporführt, sind noch Bestände von Lorbeerwald>5) anzutreffen, die, wie BorLLE sagt, von ferne gesehen, sich wie dunkle Wolkenschleier über die Cumbren breiten. Ueber die Vegetation der Anagakette bemerkt H. MEveEr6), daß auf der Nordseite des 900— 1000 m hohen Kammes, dessen höchster Punkt 1038 m mißt, die Nebel bis unter 600 m herabdringen, im trockeneren Süden nur wenig unter I) BERTHELOT, G£ogr. bot., p. 101. 2) BERTHELOT, Geogr. bot., p. 127. 3) So von H. SCHACHT, Madeira, S. ııI, von C. BOLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XI, S. 87. 4) MEYER, Tenerife, S. 76. 5) BOLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XI, S, 88—89; FRITSCH, Reisebilder, S. 6; BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIIH. 6) MEYER, Tenerife, S. 53, 75, 76. 122 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 347 700 m; gleich weit erstrecke sich im allgemeinen auch der Zrica-Buschwald, aber auch echter alter hochstämmiger Lorbeerwald habe sich an mehreren Stellen südlich unter der Cumbre, namentlich am Monte de Taganana, am Cruz de Afur und Monte Aguere in Mulden und an Wasserfällen erhalten!, In dem Buschwald des Anagakammes bildet die mediterrane, auf den Canaren, wie es scheint, nur hier vorkommende Zrzca scoparia, der Tejo, einen wichtigen Be- standteil. Auf der Nordwestseite von Tenerife, südwestlich vom Agua-Garcia-Lorbeerwald, werden kleinere Waldgruppen von BERTHELOT2) angegeben auf den Höhen oberhalb Matanza, Victoria und Santa Ursula; ferner3) in der Mulde von Orotava primitive Lorbeerwälder an den Abhängen von Resbala und Florida und äuf den Höhen von Agua Mansa; weiterhin nach Westen an der Basis der Ladera de Tigaiga, oberhalb des Städtchens Icod und zuletzt der„Monte del Agua“ genannte Wald bei Los Sılos, wo damals noch ZZeberdenia und Zeiomeris häufig vorkamen. Von dem letztgenannten schönen Wald im Barranco de los Sılos sagen ScHachr#) und C. Borre5), daß er in neuerer Zeit durch Feuer stark ver- wüstet worden sei. ScHacHnr erwähnt, daß unter seinen mächtigen Bäumen Visnea und Hex Platyphylla verbreitet gewesen seien. Heute, nach ca. 60 Jahren, wird von diesen Waldresten nicht mehr allzuviel übrig geblieben sein, doch fehlt es darüber meist an exakten Angaben. Der Wald von Agua Mansa (bei ca. 1290 m) wird von BunBury [1857]9) kurz erwähnt; er nennt als Bestandteile stattliche Bäume der Zersea indica und Unterholz aus Zrica, Myrica, Viburnum, Ilex canartensis, Ayperium grandifolium und Cistus, wenige Kräuter (Myosotis), aber massenhaft Farne, besonders ers arguta, Asplenium acutum, _Cystopteris fragilis, und Moose. Unser Bild (Textfig. 57) bringt nach Aufnahme von O. Smony eine Partie aus dem feuchten Barranco Hidalgo bei Agua Mansa zur Darstellung. SımonyY7) erwähnt von Farnen, die hier ın großer Fülle gedeihen, Woodwardra radıcans, Athyrium umbrosum, FPolypodium canarıense, Asplenium palmatum, Adiantum Capıllus Veneris, während die außer dem Bereich des Spritzwassers gelegenen Felsklüfte noch in einer Seehöhe von 1400 m mit dem ansehnlichen Sempervivum aureum bewachsen sind. In dem westlich von der Ladera de Tigaiga gelegenen Barranco de Castro traf Curisı®) noch waldartige Baumgruppen des Til an, darunter Stämme, die bei geringer Höhe gegen 10 m Umfang aufwiesen, und im Schatten der Tilbäume Asplenien, Cinerarien, Zazudla, Woodwardia. In diesem Barranco wächst nach BORNMÜLLER®) auch noch häufig der Marmolan, jener schönste und seltenste Baum Tenerifes, der gerade als typisches Holzgewächs des feuch- testen Lorbeerwaldes gelten kann; er ist in den Wäldern von Taganana dagegen recht selten. ı) Einige Angaben über die Vegetation des Anagagebirges vergl. in O. Sımonv, Mitt. d. k. k. Geogr. Gesellschaft, Wien, Bd. XXXII, 1890, S. 148. 2) BERTHELOT, Ge£ogr. bot., p. 135. 3) Ibid. p. 136. 4) SCHACHT, Madeira, S. 111. 5) €. BOLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XI, 1861, S. 83. 6) Bungurv, Remarks on the Bot. of Madeira and Teneriffe, p. 29. 7) SImonv, Mitt. k. k. geogr. Ges. Wien, Bd. XXXIII, 1890, S. 221. 8) CHRIST, Frühlingsfahrt, S. 196. 9) BORNMÜLLER, Bot. Jahrbücher, Bd. XXXIII, S. 460. 123 H. SCHENCK, Fig. 57. Barranco Hidalgo bei Agua Mansa auf Tenerife, am zweiten Wasserfall, Wood Wedeln, Zedera canariensis WEBB et BERTH., Rubus spec., oben links ‚Sempervivum spec. Dr. ©. Sımony. [SCHIMPER.] 124 Jardia radicans Sw. mit 2—2,5 m langen Photographische Aufnahme von Prof. 349 Fig. 58. Barranco de Badajoz südlich von Guimar auf Tenerife. Photographische Aufnahme von Prof. Dr. O. SIMoNY. [SCHIMPER.] 350 H. SCHENCK, Zwischen den Lorbeerwaldinseln ist auf der Nordseite von Tenerife an den Abhängen der Cumbre und des Teydegebirges überall der sie verbindende Gürtel des Zrica-Buschwaldes vor- handen. Steigen wir von Cruz Santa (457 m) bei Orotava empor zum Portillo der Cafadas (2015 m) des Pik, so treffen wir nach MEvER!) die ersten Zrzca-Sträucher bei 504 m zwischen eroßen Lavablöcken, bei 690 m liegt der oberste Weinberg, die Zrzca-Sträucher werden nach oben hin reichlicher, und bei 918 m Höhe erscheinen die ersten baumförmigen Eriken, umwuchert von Adlerfarn. Bei 1038 m beginnen die Haine angepflanzter alter Edelkastanien, bei 1172 steht der oberste Kastanienbaum in der obersten Zone des geschlossenen Feldbaues, oberhalb welcher der eigentliche „Monte verde“ beginnt, die dichte Buschformation der baumförmigen Eriken, die bis zu 8 m Höhe er- reichen und in ihrer Pyramidengestalt und mit ihren nadelartigen dunkelgrünen Blättern an die heimatlichen Tannen- wälder erinnern. Als Unterholz wächst in dem unteren Teile der Region überall die HMoyrica Faya, weiter oben der grauwollige, meist flach- kugelige Sträucher vor- stellende Codezo, Adeno- carpus Jrankenioides, und der Escobon, Cyfisus proliferus, die beide von Fig. 59. Barranco del Rio, 880 m, bei Guimar auf Tenerife. Arbutus canariensis L., im Hinter- 1430 m die Oberherr- grunde waldbedeckte Gehänge. Photographische Aufnahme von Prof. Dr. O. SımonY. [SCHIMPER.] schaft erlangen und bis zu den untersten Retamabüschen (bei 1840 m), die den Eintritt in die wolkenfreie Hochregion bezeichnen, eine eigene Vegetationszone bilden. Die ganze montane Region ist also an diesen Abhängen heute von dem Hartlaubbusch eingenommen, während früher in dem oberen Teile wohl auch Kiefernwald, zu dessen Formation die strauchigen Leguminosen zu rechnen sind, und in ihrem unteren Teile auch Lorbeerbestände vorhanden gewesen sein dürften. Während auf der feuchten Nordwestseite der Insel Tenerife der Lorbeerwald in zahl- reichen feuchten Schluchten und Mulden früher verbreitet war, liegen auf der trockenen Süd- 1) MEYER, Tenerife, S. 168. 126 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 358 seite die Verhältnisse wesentlich anders. Die basale Region reicht hier höher hinauf, in der montanen Region herrschen die Cis/zus-Gebüsche und in ihren höheren Lagen der Kiefernwald; die Lorbeerformation aber fehlt fast überall mit Ausnahme der Mulde von Guimar!), die infolge ihrer Lage fast südlich von der bei Laguna befindlichen Einsattelung zwischen der Cumbre und der Anagakette noch von dem Nordostpassat erreicht wird und somit genügende Feuchtigkeit erhält. Im Barranco de Badajoz und im Barranco del Rio dieser Mulde (Textfig. 53 und 59) sammeln sich die Wolken, die aber nicht mehr ihre südwestliche Grenzmauer, die Ladera de Guimar, überschreiten. In den genannten Barrancos finden sich manche Vertreter des Lorbeerwaldes; vor allen tritt hier Arbutus canariensis in prächtigen alten Bäumen zu Hunderten an den waldigen Abhängen auf (Textfig. 59); hier findet sich auch der „Peradillo“, Gymmnosporia cassinoides Masr, ein Bäumchen aus der Familie der Celastraceen, das sonst sehr selten zu sein scheint, und nach Borre2) bildete die Visnea mocanera hier ganze Bestände. 2. Gomera. Unter den westlichen Canaren beherbergt die Insel Gomera noch die bedeutendsten und vielfach im ursprünglichen Zustand erhalten gebliebenen Reste des Lorbeerwaldes. Die Insel ist in neuerer Zeit wenig von Botanikern besucht worden; wir verdanken aber C. BorrE3), der im Herbste 1856 Gomera erforschte, eine begeisterte Schilderung ihrer Vegetation. Das wellen- förmige Plateau der Insel und seine von Schluchten durchfurchten steilen Abhänge sind ganz mit Laubwald bedeckt. Nur einige wenige Felsgipfel ragen über das Plateau empor, so der höchste Punkt, Alto de Garajonay, 1380 m. Abgesehen von der basalen Region, gehört somit der größere Teil der Oberfläche der unteren montanen, von den Passatwolken ständig durchfeuchteten Region an. Der Pinar kommt nicht zur Entfaltung. Den Lorbeerwald setzen nach BorrE hauptsächlich folgende Bäume zusammen: die 4 Lauraceen Vinatico, Barbusano, Loro, Til, dann Visnea mocanera, Prunus lusitanica, MNotelaca excelsa, Ilex canariensis, FHeberdenia excelsa, Pleiomeris canariensis, Arbutus canariensis, Myrica Faya, Erica arborea. „Alle diese Riesen der Wildnis sind, mit wenigen Ausnahmen, in ebenso schlanken als mächtigen Stämmen aufgeschossen. Erst oben verästeln sie sich und verschmelzen ihre Kronen von lederartigen, glänzenden, nie abfallenden Blättern zu einem hohen Dome, unter welchem beständige, tiefe Dämmerung herrscht. Kein Unterholz hemmt den Schritt, wie Säule an Säule gereiht stehen die gewaltigen Stämme da, oft zu drei und mehreren aus einer Wurzel entsprossen, ... meist von einem Ueberflusse herab- hängender grüner Moose und Flechten dicht und polsterartig überzogen. Auf dieser Decke von Kryptogamen wuchern wieder hauslauchähnliche Succulenten und Farne mit schöngefiederten Wedeln und goldfarbig-rauhen, kriechenden Wurzelstöcken.“ Convolvulus, Ruscus und Rubus ranken als Schlingpflanzen an den Stämmen empor. Am Boden „wuchert eine Welt von Farnen, die, in der von immerwährender Feuchtigkeit ge- tränkten Humusdecke des Bodens oder auf niedergestürzten, modernden Baumstämmen wurzelnd, 1) BERTHELOT, G£ogr. bot., p. 63, 136; BoLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XI, S. 78; BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIII, S. 459; O. Sımony, Mitt. k. k. Geogr. Ges., Wien, Bd. XXXIII, 1890, S. 226; MEYER, Tenerife, S. 161. 2) Vergl. SCHACHT, Madeira, S. I11. 3) BOLLE, Zeitschrift für allg. Erdk., Bd. XII, 1862, S. 225, 246; vergl. auch FRITSCH, Reisebilder, S. 15. 127 = H. SCHENCK, 352 = oft so hoch werden, daß sie — ein Wald im Walde — dem Menschen über dem Kopf zu- sammenschlagen“. .... Die schlanken Stämme der Lorbeerbäume erreichen nach Frırsch eine Höhe von über 30o m. An manchen Stellen bildet die Zrica ausgedehnte Buschwälder. 3. Palma!). Die Gebirgskämme der Insel Palma erheben sich über 2000 m und erreichen im Pico de los Muchachos ihren höchsten Punkt, ca. 2420 m. Infolge ihrer bedeutenden Höhe wirken sie wie auf Tenerife als Klimascheiden. Ihre nach Norden und nach Osten gerichteten Abhänge werden oberhalb der basalen Region vom Passat in Wolken eingehüllt und tragen daher in ihren Schluchten und Mulden Lorbeerwald (von 580-—1300 m), der m höheren Lagen in einen Erica-Myrica-Buschwald übergeht, während die im Wolkenschatten gelegenen Westabhänge vom Pinar mit Cis/us-Gebüsch eingenommen sind. Der centrale, von Norden nach Süden verlaufende hohe Gebirgskamm hat westlich von der Hauptstadt Santa Cruz eine Einsattelung von 1415 m, die sogenannte Cumbre Nueva, und an dieser Stelle greift nach BEerrueLor2) der Zrica-Buschwald von der Ostseite her eine Strecke weit, etwa 300 m, auf den Westabhang hinüber, wo er dann in den Pinar übergeht. Die Ver- mischung beider Formationen ist hier dadurch bedingt, daß die Passatwolken über den niederen. Sattel ebensoweit hinüberwandern können, bevor sie sich auflösen, während sie sonst die hohe Cumbre nicht überschreiten. In den Lorbeerwäldern Palmas treten die 4 canarischen Lauraceenbäume, vorherrschend aber unter ihnen der Til auf, der ebenso wie auch der Vifatico zu mächtigen Bäumen heran- wächst. BERTHELoT erwähnt einen Til von ı4 Fuß Umfang oberhalb S. Andres. Visnea mocanera und Zex canariensis sollen nächst den Lorbeerbäumen sehr verbreitet sein. Besonderes Interesse bietet die berühmte gewaltige Caldera auf Palma, deren Vegetation BERTHELOT3) anschaulich schildert. Im Grunde dieses immensen, von einem steilen, über 2000 m hohen Ringgebirge umgebenen Circus mischen sich Vertreter der verschiedenen Höhenlagen. Große canarische Pinien stehen neben den Drachenbäumen und Palmen der basalen Region, Juniperus Cedrus besiedelt die Felsen, Lorbeerbäume, Zrica und Myrica vegetieren in üppiger Entwickelung. In diesem feuchten und warmen, vor dem Winde geschützten, aber gut bewässerten, quellenreichen Kessel finden die verschiedenartigst organisierten Gewächse eine geeignete Wohn- stätte, BERTHELOT sagt: „Les plantes y vivent comme en serre, c’est une temp£rature d’orangerie“#). Auch in den Barrancos der Ostseite steigen die canarischen Kiefern vielfach hinab in die Lorbeerregion, wie dies in gleicher Weise auf Tenerife an manchen Orten beobachtet wird. 4. Hierro. Entsprechend der geringeren Größe der Insel und ihrem orographischen Aufbau hat der Lorbeerwald auf Hierro keine solche Ausdehnung erlangt wie auf den übrigen westlichen Inseln. ı) BERTHELOT, Ge£ogr. bot., p. 143, 64, 66; FRITSCH, Reisebilder, S. 9—15; Christ, Frühlingsfahrt, S. 87 ff. 2) BERTHELOT, Ge£ogr. bot., p. 64. 3) BERTHELOT, Ge£ogr. bot., p. 66 u. 145. 4) Vegetationsbild aus der Caldera auf Pl. 9 des Atlas von WEBB und BERTHELOT. 128 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 353 Sein Wohngebiet sind hier die steilen, nach Norden und Nordwesten gerichteten inneren Abhänge des halbmondförmig den flachen Meerbusen El Golfo umrahmenden Hauptgebirgskammes der Insel, der im Süden im Alto del Malpaso mit 1415 m gipfelt. Steigt man am Risco de Jinama von dem Gebirgskamm (1320 m) hinab zum Golf, so betritt man bald den Waldgürte. Wir verdanken BoRNMÜLLER!) eine Schilderung seiner Vegetation: „Die immergrünen Wälder tragen hier ganz das Gepräge und die Ueppigkeit wie jene von Taganana der Insel Tenerife, doch ist der Wald nicht so artenreich, da die schönsten Gehölze wie Pleiomeris, Catha, llex platyphylla, Isoplexis hier fehlen. In der oberen Region findet sich Pinus canariensis mit Eria arborea, Myrica Faya, llex canariensis untermischt, in den tiefer liegenden Teilen tritt die Lorbeerform in den Vordergrund mit Zaurus canariensis, Apollonias canariensis, Motelaea excelsa und vor allem TVisnea mocanera, welche wie nirgendswo auf den Inseln hier waldbildend und häufig in ungeheuren Baumriesen auftritt. Auch Arbutus cana- riensis, meines Wissens von Hierro noch nicht nachgewiesen, überragt hie und da in großen Stämmen die Waldung.“ Im Unterholz finden sich Zyßericum grandıyolium, Cistus vaginatus, Cistus monspeliensis, Jasminum odoratissimum sehr häufig und überrankt von MVieca_ cirrhosa, Gesnouina arborea, Urtica morıfolia und Dystropogon meridianı“ \on Waldkräutern nennt BoRN- MÜLLER ARanunculus cortusaefolius, Myosotis silvatıca, Senecio Murrayı. Prächtig sind die Farne entwickelt und „selten wird man auf den Inseln so üppige Exemplare von Ceferach aureum, Asplenium canariense, Polypodium vuloare v. Tenerifiae zahlreich beisammen antreffen als gerade hier, neben Aspidium canariense, Nothochlaena Marantae, Adiantum reniforme etc“ Sobald bei etwa 450 m Höhe der untere Waldsaum erreicht ist, befindet man sich wieder in der basalen Region der Euphorbien, Opuntien und Kleinien. 5. Gran Canaria. Gran Canaria, die östlichste Insel der Fortunaten, trug in früheren Zeiten noch größere Lorbeerwälder, die wie auf Tenerife und Palma hauptsächlich die Nord- und Nordosthänge bedeckten, während auf den entgegengesetzten Bergseiten nur in den tieferen Schluchten die Bedingungen für ihr Auftreten gegeben waren. Auf Kosten der sich ausbreitenden Kulturen sind aber die ehemaligen Wälder fast überall verschwunden. Im nördlichen Teile der Insel, im Distrikt von Teror und Moya sind von dem im Zeitalter der Eroberung berühmten Walde von Doramas?) nur noch vereinzelte Tilgruppen und Lorbeerhecken, umrankt von Similar, Convol- vulus und ZZedera, übrig geblieben, nachdem die letzten schönen Waldreste bei Moya, die noch von Wese und BERTHELOrT im Jahre 1820 besucht wurden, bald nachher vernichtet wurden. Ein Seitenstück zu der Caldera der Insel Palma (vergl. S. 352) bietet die ausgedehnte, bis fast zum Centrum der Insel von Süden her einschneidende Caldera de Tirajana, deren etwa 700 m hoch gelegener Grund von hohen steilen Gebirgskämmen umrahmt wird. An den Abhängen steigen auch hier die Kiefern hinab, und im Grunde mischen sich wiederum die Ver- treter der basalen und montanen Region 3). ı) BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, Beiblatt No. 72, S. 8. 2) BERTHELOT, Geogr. bot., p. 138; FRITSCH, Reisebilder, p. 25. 3) BERTHELOT, Ge£ogr. bot., S. 68. 129 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. ı. Teil. 45 354 H. SCHENCK, 6. Purpurarien. Lanzarote und Fuertaventura ragen mit ihren höchsten Erhebungen kaum über die basale Region Tenerifes hinaus. Erstere Insel gipfelt im Norden in dem steilen Gebirgskamm Las Pefias (Famaragebirge) mit 684 m, letztere im Handiagebirge, im Pico del Fraile, 855 m. Nur an der Nordseite dieser höchsten Gebirgskämme ballen sich die Passatwolken zu- sammen und befeuchten den Boden, und so treffen wir an diesen Stellen einige Elemente der Lorbeerregion an). Wenn auch Borrr, der beste Kenner der Vegetation der Purpurarien, meint, daß an Stelle der jetzigen geringen Reste beide Inseln dort eine immergrüne Waldregion beherbergt hätten, so wird diese doch niemals den Charakter eines echten Lorbeerwaldes nach Art desjenigen von Agua Garcia getragen haben können. Nach Borre finden sich an unzugänglichen Abstürzen der Nordseite des Handia- gebirges am Pico del Fraile und am Pico de la Zarza noch Bäume der Cafha cassinoides, „Arbol de la Cumbre“ genannt, und des wilden Oelbaumes, Olca europaea, deren kleine Wäldchen, von unten gesehen, wie dunkle Flecken auf grünem Fels erscheinen, ferner 3 Farnkräuter, oly- podium vulsare, Asplenium Adiantum nigrum und Asplenium Femionitis, an feuchten moosigen Felsgehängen, die sich mit Aanunculus Tenerifae als .Ueberreste der ehemaligen Waldflora bezeichnen lassen. Auch Aubus discolor WEIHE kommt im Handiagebirge vor. Die Zrica arborea erscheint auf Fuertaventura im Gebirge oberhalb S. Maria de la Pena. Auf Lanzarote finden wir die Spuren der Lorbeerregion auf dem hohen Kamm des Famaragebirges (Las Pefias 680 m, Pefiitas de Chache), in welchem Zria arborea, Myrica Faya, Hypericum grandiflorum Christ, Ranunculus Teneriffae ihren Standort haben. Cistus, Cytisus, Adenocarpus und Pinus canariensis fehlen den Purpurarien vollständig. $ 4. Verzeichnis der Gefässpflanzen des canarıschen Lorbeerwaldes?). (Von H. SCHENCK.) Das nachfolgende Verzeichnis ist hauptsächlich aus den citierten Werken von WEBB et BERTHELOT, BOLLE, CHRIST, SAUER, BORNMÜLLER zusammengestellt. Nur solche Arten fanden Aufnahme, deren Vorkommen speciell im Lorbeerwald oder wenigstens in dessen Region angegeben ist. Für manche Arten, die in Chrısr’s Spicilegium zu seiner Regio II zählen, bedarf es noch der Feststellung, ob sie als Bestandteile des Lorbeerwaldes angesehen werden können. Hymenophyllaceae. Hymenophyllum tunbridgense Sm. Tenerife. Ueberaus selten im Walde von Agua Garcia. (Madeira, Azoren. Fast überall in tropischen Hochgebirgen und in feuchten temperierten Küsten- ländern; im westlichen Europa spärlich zerstreut bis nach Sachsen.) 1) BERTHELOT, G£ogr. bot., p. 6 u. 115; G. HARTUNG, Die geolog. Verhältnisse der Inseln Lanzarote und Fuertaventura, Neue Denkschriften der Schweiz. Gesellschaft, 1857, Bd. XV, S. 44; BOLLE, Bot. Jahrb., Bd. XIV, S. 230 u. Bd. XVI, S. 230, 254. 2) Die endemischen Arten kursiv gesperrt gedruckt. 130 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 3or Trichomanes speciosum Wııv. (Tr. radıcans Hoox. nec Sw.) Canar.: „Helecho negro“. Lorbeerwälder der Canaren, selten. Wald von Agua Garcia auf Tenerife, auf feuchtem, schattigem Boden. (Madeira, Azoren. Allgemein in den wärmeren Gebieten, namentlich in der nördlichen Hemisphäre; in Europa nur in Irland.) Cyatheaceae. Dicksonia Culcita Herır. Auf Tenerife nur auf der Nordseite des Anagagebirges in den Dickichten der Zrica scoparia sehr selten. (Madeira, Azoren.) Polypodiaceae. Polypodium vulgare L. var. Tenerifae Fee. Allgemein in den Lorbeerwäldern der Canaren, namentlich auf felsigem Boden, auch auf alten Baumstämmen. (Die Varietät auf den atlantischen Inseln und in den Mittelmeerländern verbreitet, der Typus namentlich in Nordeuropa und Nord- asien, auch auf den Gipfeln von Madeira; verschiedene Varietäten in Nordamerika, auf den Sandwich-Inseln etc.) Pteris aguilina L. Gesellig an den helleren Standorten der canarischen Lorbeerwälder und nach dem Fällen der Bäume massenhaft zunehmend. (Nahezu kosmopolitisch.) Pteris arguta Arı. Lorbeerwälder der Canaren, an feuchten Stellen meist mit Moodwardia (Azoren, Madeira, Portugal.) Adiantum reniforme L. Canar.: „Verba tostonera, Ombliguillo“. Lorbeerregion der westlichen Canaren abwärts bis etwa 330 m Meereshöhe, nach Borre reichlich und stattlich ent- wickelt in den Lorbeerwäldern der Vueltas de Taganana. Auch im Walde Agua Garcia, Barranco Badajoz etc. auf Tenerife. (Madeira, Capverden.) Woodwardia radıcans (L.) Sw. (Gemein in den canarischen Lorbeerwäldern, auf feuchten lLehmwänden, namentlich an Quellen und Bächen, das größte der canarischen Farnkräuter mit 2—21/2 m langen Wedeln. (Madeira, Azoren, westliches Mediterrangebiet, Nordindien, Java, Guatemala, Mexiko, Californien.) Asplenium canariense Wırıv. In der basalen Region, auch in der Lorbeerregion, so auf Tenerife im Barranco de Badajoz, auf Hierro. (Madeira, Capverden. Verwandt mit dem weitverbreiteten A. /urcatum Tune.) Asplenium Adiantum nigrum |L. var. acutum. (A. acutum Borv.) Verbreitet in den canarischen Lorbeerwäldern, z. B. im Walde von Agua Garcia, auf dem Boden und, nach Christ, auf alten Baumstämmen. (Der Typus verbreitet in Europa, Nordasien, Hochland des tropischen Afrika, Südafrika, Mascarenen, Sandwich-Inseln, die Varietät in den wärmeren Teilen des Areals.) Asplenium Trichomanes L. Tenerife, im Walde von Laguna (nach Bory DE Samr-VIncEnT); La Palma, Lorbeerwälder der Cumbre nueva (BoRNMÜLLER). (Kosmopolitisch in den temperierten Zonen und Gebirgsregionen.) Asplenium THemionitis L. (— A. palmatum Lauck.). Allgemein in den canarischen Lorbeer- wäldern, doch nicht massenhaft. (Atlantische Inseln, atlantischer Rand Europas, Nordwestküste Afrikas bis Algier.) 131 45* 3 s6 H. SCHENCK, Ceterach officnarum Wuıv. var. aureum. (Asplenium Ceterach L. var. aureum Hook. f. Ceterach aureum L. v. Buch.) Canar.: „Doradilla de Canarias“. Auf Humusboden in den Lorbeer- wäldern der westlichen Canaren, nicht reichlich. (Die Varietät auch auf Madeira, der Typus an trockeneren Standorten der Canaren, in Westeuropa, im Mittelmeergebiet, in Vorderasien bis zum Himalaya.) Athyrium umbrosum Prst. Im Lorbeerwald oberhalb Taganana und von Agua Garcia auf Tenerife. (Madeira, Azoren, Capverden.) Aspidium aculeatum Swartz. Massenhaft auf dem Humusboden aller canarischen Lorbeer- wälder. (Madeira, Azoren. Nahezu kosmopolitisch.) Aspidium canariense A. Br. (Asp. filix mas |. var. elongatum Hx. et GR. ex p.) Mit dem vorhergenannten die Hauptmasse der Farnvegetation an feuchteren Stellen der Lorbeer- wälder bildend. (Aehnliche oder identische Abweichungen des Wurmfarnes sind auf den Azoren, Madeira, an der Küste Westafrikas, im Kapland, auf den Mascarenen, in Ostindien und in den südlichen Staaten Nordamerikas verbreitet.) Cystopteris fragilis L. Auf schattigen Felsen der canarischen Lorbeerwälder. (Madeira, Azoren, Capverden. Kosmopolitisch.) Lomaria Spicant Desv. Auf Tenerife bei 650— 1000 m Meereshöhe nur im nördlichen Teile der Insel, Wald von Mercedes, auf der Anagakette zwischen Zria scoparia. Auch auf Gomera. (Madeira, Azoren, Europa, Asien, Amerika.) Nothochlaena Marantae R. Br. In der unteren Region und auch in der Waldregion der Canaren bis in die Kiefernregion. (Mittelmeergebiet, Abessynien, Himalaya, Madeira, Azoren, Capverden.) Davalliaceae. Davallia canariensis Sm. Allgemein in den canarischen Lorbeerwäldern, an hellen Stand- orten, auf Felsen und auf Bäumen, weniger auf trockenerem Humusboden. (Madeira, Capverden, Spanien, Portugal, Nordafrika.) Selaginellaceae. Selaginella dentieulata Ix. Auf feuchtem Lehmboden in den canarischen Lorbeerwäldern. (Madeira, Azoren, Mittelmeergebiet.) Gramineae. Ammochloa pungens Boıss. Auf Tenerife in Lorbeerwäldern an Felsen. (Nordafrika.) Cyperaceae. Carex Perraudieriana J. Gay. 120—140 cm hohe Waldcyperacee auf trockenem Laub waldboden, in den Wäldern bei Taganana nach BorNnMmÜLLER bei 6—800 m mit den beiden folgenden Arten zusammen. (Endemisch auf Nord-Tenerife.) Carex canariensis KÜKEnTHAL. In Lorbeerwäldern bei Taganana bei 400—900 m und im Wald bei Las Mercedes auf Tenerife. Auch auf Hierro. (Endemisch.) 132 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 357 Carex divulsa Goop. In Wäldern bei Las Mercedes, Taganana auf Tenerife. Auch auf Palma. (Europa, Madeira.) Juncaceae. Luzula purpurea L. In den Randteilen der Lorbeerwälder. (Portugal, Madeira.) Luzula canariensis Por. Lorbeerwälder von Tenerife, an trockeneren und helleren Stellen, namentlich im Walde von Las Mercedes. Auch auf Canaria. (Endemisch.) Liliaceae. Smilax pendulina Lowe. (Sm. mauriania WEB et Berrn. nec Por, Sm. latıfolia Sorann.) Häufig in allen Lorbeerwäldern der Canaren. (Madeira.) Smilax canariensis WırLvd. Endemisch auf den westlichen Canaren, selten. Semele androgyna KunıHn. (Ruscus androgynus L., Danae androgyna WEBB et BERTH.) Canar.: „Gibalbera“ Auf den westlichen Canaren. Nicht seltener hoher Kletterer in den meisten Lorbeerwäldern. (Madeira.) Irıdaceae. Romulea grandiscapa Gan. (Trichonema grandiscapum WEB et Berrm) In den canarischen Lorbeerwäldern verbreitet. (Endemisch.) Iris foetidissima L. Auf Tenerife in Wäldern ‚bei Taganana, auf Palma an mehreren Stellen, so im Barranco de los Sauces unter Ocofea foetens, an der Cumbre nueva bei 1000 m. (Europa, Orient, Azoren.) Orchidaceae. Orchis cordata Win. (Peristylus cordatus LınpL., JZabenaria cordata R. Br.) Lorbeer- wälder der Canaren. (Nordamerika, Europa, Madeira.) Habenaria intacta BENTH. (Tinaea intacta Biv.) Auf Palma in Lorbeerwäldern an der Cumbre nueva bei 1000—-1300 m nach BORNMÜLLER. (Europa, Nordafrika.) Salicaceae. Salıx canariensis CHr. Sm. Canar.: „Sauce“. Laubwerfender, 7 m hoher Baum an Bächen und Quellen, auch in der Region der Lorbeerwälder, auf Tenerife, Palma, Canaria, aber nicht zur Formation des eigentlichen Lorbeerwaldes zu rechnen. (Madeira, Marocco?) Myricaceae. Myrica Faya Aır. Canar.: „Haya“ oder „Faya“. Häufig in den trockeneren Randteilen der canarischen Lorbeerwälder. (Madeira, Azoren, Portugal.) Urticaceae. Gesnouinia arborea Gau. (Parietaria arborea UH£r., Doehmeria rubra WEBB et Bern.) Canar.: „Ortigon de los montes“. Seltener endemischer Monotyp der westlichen Canaren. Auf Tenerife, als bis 6 m hoher Baum oder hoher Strauch in den schattigsten Teilen der Wälder bei Agua Garcia und Laguna, im Barranco del Valle etc. Urtica morifolia Por. In Lorbeerwäldern der Canaren, Strauch. (Madeira.) 133 5 58 H. SCHENCK, Caryophyllaceae. Silene nutans Linn. Häufig auf den Canaren. In den Lorbeerwäldern in einer größeren Form. (Europa.) Ranunculaceae. Ranunculus cortusaefolius Wııv. (R. Teneriflae Pers.) Verbreitet in den canarischen Lorbeerwäldern. (Varietäten dieser Art auf Madeira [%. grandifolius Lowe] und auf den Azoren [R. megaphylius Streu»... Verwandt mit AR. creticus L. auf Kreta.) Lauraceae. Laurus canariensis WEB et BerıH. Canar.: „Laurel“, auf Palma „Loro“. Haupt- bestandteil aller canarischen Lorbeerwälder. (Madeira.) Apollonias canariensis Ners. (A. barbusana A. Br, Persea canariensis SPRENG., Z’hoebe barbusana WEBB et Bertm.) Canar.: „Barbusano“. Zerstreut in den Lorbeerwäldern der Canaren. (Madeira.) Phoebe indica Pax. (Laurus indica L, Persea indica SPRENG.) Canar.: „Vifatico“, Hauptbestandteil des canarischen Lorbeerwaldes. (Madeira, Azoren.) Ocotea foetens Benın. et Hoor. (Zaurus foetens Arr, Oreodaphne joetens Nees.) Canar.: „Til«. Verbreitet im canarischen Lorbeerwald, stellenweise als wesentlicher Bestandteil. (Madeira; auf den Azoren ist das Vorkommen nach TrELEASE zweifelhaft.) Cruciferae. Crambe strigosa L’Hxrır. An feuchten Felswänden in der Region der Lorbeerwälder. Im Walde selbst in einer breitblättrigen Waldform nach BornMÜLLER, welcher alle Crarmbe-Arten der Canaren nur als Formen dieser variablen Arten auffaßt. (Endemisch.) Cistaceae. Cistus vaginatus Aır. (C. symphytifolius Lam. var. a. vaginatus GROSSER.) Canar.: „Jarra“. Endemisch auf Tenerife, Gran Canaria und Palma, sehr gemein, hauptsächlich an offenen, trockeneren Standorten. Cistus monspeliensis L. Canar. „Iuagarzo“. Sehr gemein auf den Canaren, an ähnlichen Standorten wie der vorige. (Westliches Mediterrangebiet.) Violaceae. Viola tricolor L. Gemein auf den Canaren. (Europa.) Viola canina |. Gemein auf den Canaren. (Europa). Viola Dehnhardtii Ten. (V. maderensis LowE, Viola odorata |. var. maderensis Wes» syn) Auf Tenerife in Lorbeerwäldern bei Las Mercedes 750 m nach BORNMÜLLER, im Walde Agua Garcia; auf Canaria und Palma. (Madeira, Azoren.) Hypericaceae. Hypericum (Androsaemum) grandifolium Cnoisy. Canar.: „Maljurado“. Gemein in allen Lorbeerwäldern. (Madeira.) 134 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 359 Ternstroemiaceae. Visnea mocanera L. fil. Canar.: „Mocan“. Endemisches Genus auf den Canaren. In den meisten Lorbeerwäldern, aber zerstreut und selten häufig. (Madeira.) Geraniaceae. Geranium anemonefolium LH£r. Gemein in den Lorbeerwäldern der Canaren. (Madeira.) Pittosporaceae. Pittosporum coriaceum Aır. (P. laurifotium Brouss.) Ueberaus seltener Baum in den Lorbeerwäldern von Tenerife. (Madeira.) Aquifoliaceae. Tlex platyphyl/a WE»B et Berrm. Canar.: „Naranjero salvaje“, wilde Orange. En- demisch auf Tenerife. (Vergl. S. 325.) Wälder von Agua Garcia und von Guimar, auch bei Las Mercedes und Vueltas de Taganana. Tlex canariensis Poir. Canar.: „Acebiio“. Gemein in allen Lorbeerwäldern der Canaren. (Madeira). Rhamnaceae. Rhamnus glandulosa Aır. Canar.: „Sanguino“. Bis ca. 6 m hohes Bäumchen oder Strauch. Ziemlich häufig in den äußeren trockeneren Teilen der canarischen Lorbeerwälder. (Madeira.) Celastraceae. Gymnosporia cassinoides Masr. (Catha cassinoides WEBB et BERTH, Celastrus cassı- noides L’H£rrr.) Canar. „Peradillo““. Immergrüner Baum, seltener Bestandteil des Lorbeerwaldes der Canaren. Auf Tenerife oberhalb Taganana und in Barrancos bei Guimar. Auch auf Fuerta- ventura, und zwar auf den höchsten Höhen des Handiagebirges, wo sie früher nach Borrz eine Waldregion bildete. (Endemisch.) Euphorbiaceae. Euphorbia mellifera Arı. Canar. (Palma): „Adelfo. Nach Bortze zum Buschholz des Lorbeerwaldes gehörig. 6—ı2 Fuß hoch, baumartig. Von WEB» und BERTHELOT ange- geben aus den Bergen Tenerifes, als 30 Fuß hoher Baum aus dem Walde Monte Grande bei Barlovento auf Palma. (Madeira in der Lorbeerregion.) Thymelaeaceae. Daphne Gnidium L. Trockenere Standorte der Lorbeerwälder, z. B. gemein im Walde von Agua Garcia. (Südwestliches Europa, Mediterrangebiet.) Araliaceae. Federa Helix L. var. canariensis WEBB et BErTH. Canar.: „Yedra“. Gemein in den cana- rischen Lorbeerwäldern, meist nur auf dem Boden kriechend, nach Were und BERTHELoOr auch an alten Stämmen kletternd. (Portugal.) 135 360 H. SCHENCK, Umbelliferae. Drusa oppositifolia DC. (BDowlesia oppositifolia Buch.) Canarische Lorbeerwälder. (West-Marocco.) Crassulaceae. Sempervivum (Aichryson) dichotomum DC. (S. annuum Sm.) Auf dem Boden, an Felsen oder als gelegentlicher Epiphyt (auch auf Hausdächern); das häufigste der endemischen Semperviva, jedoch weniger im Lorbeerwald als an offenen Stellen. Rosaceae. Prunus lusitanica |. Canar.: „Hija“. Stattlicher Strauch oder Baum, bis gegen ıom hoch, am Saume einiger canarischer Lorbeerwälder. Auf Tenerife z. B. im Walde bei Laguna und an einzelnen Punkten der Anagakette; fehlt in Agua Garcia. (Madeira, Azoren, Iberische Halbinsel). Rubus Bollei Fockz, nach FockE die typische Form der ursprünglichen Waldbrom- beere der westlichen Canaren (BORNMÜLLER, Bot. Jahrbuch, Bd. XXXHI, 1904, S. 435). Rubus rusticanus MErc. (= R. Jrutiosus et R. discolor aut. Canar. et Mader. pr. max. parte). Beide Brombeerarten, canar.: „Sarza“, werden von FockeE als subspecies zu A. wlmıfolius ScHorr gerechnet. Bencomia caudata Wese et Berrm. Felsstrauch der unteren montanen Region. Auf Tenerife (Anagagebirge), Palma, Hierro. (Endemisch.) Dencomia Moguiniana WEB et BerrH. Desgl. Auf Tenerife. (Endemisch.) Papilionaceae. Cytisus canariensis Masr. (Genista canariensis L.) Endemisch auf Tenerife, an Felsen unterhalb der Waldregion, in einen großblättrigen Waldform aber auch im Wald von Agua Manza, bei ıt1oom; im Anagagebirge die var. discolor WesB zwischen Zrica bei 7—900 m, die var. samosissima Poır. an Felswänden. (Endemisch.) Vicia cirrhosa Chur. Sm. Nach BornMmÜLLER im Lorbeerwald von Hierro an Sträuchern rankend, auf La Palma im Zrzea-Buschwald, stellenweise in großer Menge. Auch auf Tenerife. (Endemisch.) Ericaceae. Erica scoparia Linn. Canar.: „Tejo“. Auf Tenerife im Buschwald auf den Höhen des Anagagebirges. (Westliches Mittelmeergebiet, Madeira.) Erica arborea L. Canar.: „Brezo“. In den trockeneren Teilen aller canarischen Lorbeer- wälder, meist strauchig gesellig, in dem Walde zu Agua Garcia als echter Baum bis 18 m hoch. (Madeira, Mediterrangebiet bis zum Kaukasus.) Arbutus canariensis Vi. Canar.: „Madrofo“. Bis ca. 7 m hohes Bäumchen. Kaum zum Lorbeerwald zu rechnen, sondern mehr selbständige Gebüsche bildend, so bei Badajoz. Selten, außer in Barranco del Agua, oberhalb Arafo, an der Südseite von Tenerife. Nach BoORNMÜLLER am Risco de Jinama auf Hierro. (Endemisch auf den westlichen Canaren.) 136 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 361 Myrsinaceae. Pleiomeris canariensis A. DC. (Myrsine canariensis SprenG.) Canar.: „Marmolan“. An feuchten, schattigen Stellen. Selten. Vereinzelt im Walde von Agua Garcia, Bestände bildend im Barranco del Agua hinter Guimar. Nach Bornmürter in den Wäldern bei Taganana recht selten, um so häufiger im Barranco Castro zwischen Orotava und Icod. (Monotypisches Genus. Endemisch auf Tenerife.) MHeberdenia excelsa Banks. (Myrsine Feberdenia Rorm. et Schurr, Ardisia excelsa Arr.) Canar.: „Aderno“. In den feuchteren Teilen der Lorbeerwälder häufig, jedoch zerstreut, z. B. im Walde von Las Mercedes bei Laguna. (Madeira.) Oleaceae. Notelaea excelsa WEBB et BERTH. (Piccomia excelsa DC., Olea excelsa Aır.) Canar.: „Palo blanco“. Häufig, aber zerstreut in den canarischen Lorbeerwäldern. (Madeira. Auf den Azoren verwildert, aber nach TRELEASE ohne Zweifel ursprünglich angepflanzt.) Jasminum odoratissimum \. Hauptsächlich in der basalen Region auftretender, oft aber auch bis in die Waldzone der Canaren vordringender Strauch. (Madeira.) Gentianaceae. Ixanthus viscosus GrisEp. Häufig in den canarischen Lorbeerwäldern. (Ende- misches Genus.) Convolvulaceae. Convolvulus canariensis L. Hochkletternder Strauch mit holzigem Stengel, in den Lorbeerwäldern von Gran Canaria, Tenerife und Palma häufig. (Endemisch.) Boraginaceae. Myosotis sılvatıca Horrm. Canar.: „No me olvides“. Lorbeerwald von Agua Garcia und auch in den canarischen Lorbeerwäldern der übrigen Inseln verbreitet. (Nördliche temperierte Zone, Orient.) Nach BORNMÜLLER stimmen die canarischen Exemplare überein mit Myosotis macrocalycina Coss. aus Algier, welche er als eine subtropische große Rasse der M7. sılvatica Horrm. betrachtet. Echium virescens DC. Am Saume der Lorbeerwälder. (Endemisch, auf Madeira das ihm ähnliche Zehrum candicans L. fil.) Scrophulariaceae. Scrophularıa Scorodonia L. Canarische Lorbeerwälder, z. Be Agua Garcia. (Madeira, atlantisches Europa, Asien und Nordafrika.) Isoplexis canariensis LinoL. (Digialis canariensis L, Callianassa canariensis WEBB et BERTH.) Canar.: „Ajonjoli“ Am Rande der Lorbeerwälder. (Endemisch.) Labiatae. Cedronella canariensis Win. (Dracocephahım canariense WEBB et BErTH, C. triphylia Mönch.) Canar. (Tenerife): „Algaritofe“ Am Rande der canarıschen Lorbeerwälder. | 137 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı899. Bd. II. r. Teil. 46 362 H. SCHENCK, (Madeira. TRELEASE, p. 141, giebt für die Azoren an: „San Miguel. — Escaped, and not recently collected‘“.) Bystropogon canariensis LU’H£r. Canar.: „Poleyo de Monte“ Am Rande der canarischen Lorbeerwälder. (Endemisch.) Bystropogon meridiani Borte. Strauch in Lorbeerwäldern auf Hierro und Palma. (Endemisch.) Origanum virens Horruc. et Lx. Trockene Stellen der canarischen Lorbeerwälder. (Madeira, Azoren, südwestliches Europa.) Rubiaceae. Phyllis nobla L. Canar.: „Simple noble“. In den canarischen Lorbeerwäldern, an schattigen, feuchten Stellen. (Madeira.) Rubia angustifolia L. In einigen canarischen Lorbeerwäldern, z. B. Agua Garcia. (Madeira, Azoren, südwestliches Europa.) Rubia peregrina L. Am Rande der Lorbeerwälder. (Mediterrangebiet.) Rubia fruticosa Aır. var. peric/ymenon. Im Lorbeerwald von Agua Garcia nach Weg et BERIHELOT. (Der Typus und die Varietät endemisch.) Galium ellipticum Wir. Hochstengeliges Kraut in mehreren Formen in den Lorbeer- wäldern auf Tenerife, Palma, Hierro. (Westliches Mittelmeergebiet, Madeira.) Caprifoliaceae. Viburnum rugosum PERS. (V. rıgidum Venr). Canar.: „Follado“. Gesellig und einen Hauptbestandteil des Unterholzes bildend. (Endemisch.) Sambucus palmensis Link. „Sauco“ auf Palma. Laubwerfender, baumartiger Strauch oder Baum, an Bachufern in der Lorbeerregion und unterhalb derselben auf Tenerife, Palma. Gomera. Nicht zum eigentlichen Lorbeerwald zu rechnen. (Endemisch.) Campanulaceae. Canarina Campanula Linn. Canar.: „Bicacaro“. Verbreitet in den Lorbeerwäldern. (Endemisch.) Compositae. Senecio Tussilaginis Less. (Pericallis Tussilaginis WEBB, Doronicum Tussilaginis Sch. bip.) Canar.: „Tusilago“. Gemein in den Lorbeerwäldern von Tenerife und Canaria. (Endemisch.) Senecio appendiculatus ScuuLız bip. (Pericallis populifolia WEB») Canar.: „Palomera“. Zerstreut in den Lorbeerwäldern von Tenerife, Palma, Canaria. (Endemisch.) Senecio cruwentus DC. (Pericallis cruenta WEBB et Berrm., Doronicum cruentum SCHULTZ bip.) Zerstreut in den Lorbeerwäldern von Tenerife und Canaria. (Endemisch.) Senecio (Sectio Pericallis WesB) Murrayi Bornm. (Botan. Jahrb, Bd. XXXII, 1904, Beiblatt No. 72). ı—-2 Fuß hohe Staude, nur auf Hierro zwischen Gebüsch auf Geröllfeldern, und in Wäldern an Felsen, 6—ı1100 m. (Endemisch.) 138 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 363 $ 5 Der Lorbeerwald auf Madeira und den Azoren. (Von H. SCHENCK.) ı. Madeira). Auf der Insel Madeira beginnt nach Schacht die eigentliche Waldregion erst mit 2000 bis 3000 Fuß und steigt fast bis auf die höchsten Gipfel aufwärts (Pico Ruivo 1846 m). Lowe setzt seine Region des Zaurus und der Zria auf 2500—5500 Fuß; die immergrüne Region liegt danach also etwa zwischen 600 und 1800 m. Manche ihrer Holzgewächse steigen aber in feuchten Schluchten bis tief in die basale Region hinab, besonders auf der feuchteren Nordseite; die Abgrenzung beider Regionen scheint so auf Madeira weniger scharf als auf Tenerife, ist daher auch von den Autoren zum Teil verschieden angegeben. In der immergrünen Region herrscht ein Maquis-artiger Buschwald vor, dessen Sträucher sich in den Schluchten mit den Bäumen des Lorbeerwaldes mischen oder vor letzterem ganz zurücktreten. Ein wirklicher Lorbeerwald, mit Annäherung seines Charakters an den subtropischen Regenwald, findet sich aber auf Madeira nur in den feuchtesten Schluchten der Nordseite in den unteren Lagen, während die oberen nur Maquis tragen. Ein Kiefernwald fehlt. Nach Vanr hat früher der Hochwald auf der Nordseite in der Region zwischen ca. 300 bis über 1000 m geherrscht, in einem Gürtel zwischen 500—700 m müsse er überwiegend gewesen sein, aus- genommen an den schmalen Bergrücken, wo die Bodenfeuchtigkeit zu gering war. Im maderensischen Lauretum treffen wir die meisten Baum- und Straucharten des cana- rischen wieder, so vor allem die 4 Lorbeerbäume, Zaurus canariensis WEBB („Louro“), Ocotea Joetens BENTH. et H. („Til“), Apollonias canariensis („Barbusano“), Persea indica SPRENG. („Vinhatico“), dann NVotelaea excelsa WEBB („Pao branco“), /Zeberdenia excelsa Banks („Aderno“), Zrica arborea L. („Urze molar“) in Stämmen von 40 Fuß Höhe, Myrica Faya Aır. („Faya“), Prunus lusitanica L., Rhamnus glandulosa Art, Zlex canariensis Por. und Zex Perado Aır, beide meist strauchig, letztere an Stelle der hier fehlenden /ex platyphylia WEBB et BENnTH, ferner Pittosporum coriaceum Aırr, und TVisnea mocanera L. fil, beide sehr selten. Während auf Madeira FV/eiomeris und Arbutus fehlen, begegnet uns hier andererseits als häufiger Baum die den Ericaceen nahestehende endemische C/ethra arborea Aır. („Folhadeiro“), deren Verwandte heute in Amerika und in Ostasien leben. Ci/ethra-Arten finden sich aber im europäischen Tertiär, und so liegt die Ver- mutung nahe, daß Madeira ihre Art aus Europa erhalten hat. Reste von C/ethra arborea sind in den Tuffen der Quartärzeit von St. Jorge auf dieser Insel von HEER nachgewiesen). Ihr gerader Stamm trägt eine lockere Blätterkrone mit endständigen Blätterrosetten, aus denen die duftenden Blütentrauben hervorkommen. Charakteristisch für die Wälder Madeiras ist ferner die bis 7 m hohe, dickstämmige und baumartige Zußhorbia mellifera Arr., die besonders längs der Wasserläufe sich ansiedelt. Sie kommt auch auf Palma vor; auf Tenerife kennt man ihren ı) H. SCHACHT, Madeira und Tenerife, S. 93 ff., S. 105. — G. HARTUNG, Die Azoren, 1860, S. 62. — A. GRISEBACH, Vegetation der Erde, Bd. H, S. 504. — CH. BUNBURY, Remarks on the botany of Madeira and Teneriffe. Journal of the Linn. Soc. London, Botany, Vol. I, 1857, p. 9, — R. TH. Lowe, A Manual flora of Madeira, 1868, p. 4. — J. BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, S. 387 ff. — M. VAHL, Ueber die Vegetation Madeiras. Botan. Jahrb., Bd. XXXVI, 1905, S. 276. — CARLOS DE MENEZES, Arvores e arbustos madeirenses, Funchal 1904. (Ref. Just., Bot. Jahresber., 1905, Bd. I, S. 784. 2) SCHENK, Paläophytologie, S. 732. 139 46* 36 4 H. SCHENCK, Standort nicht näher. Mit den Tabayben der basalen Region verwandt, stellt sie sich dar als eine in die feuchte montane Region eingewanderte Form dieser Gruppe. Wenn auch unter den strauchigen und krautigen Bestandteilen des Waldes einige cana- rische Endemen, wie z. B. Viburnum rugosum, Gesnowinia arborea, Convolvulus canariensis, fehlen, so ist doch die Mehrzahl der wichtigeren Arten auf Madeira vertreten, sei es in denselben oder in korrespondierenden Formen: Phyllis nobla L. Fragarıa vesca L. Aypericum grandifolium Cuois. Lobelia urens L. Isoplexis sceptrum LinpL. Endemisch. Orchis foliosa SoL. Endemisch. Bystropogon maderense WEsB. Endemisch. „ cordata WILLD. Cedronella triphyllia MxcnH. Zahlreiche Farne, darunter Dicksonia Caudlcıta Ranunculus grandifolius Lowe. Endemisch. L’Herır. und Acrostichum sqguamosum SW, Viola maderensis LOWE. ein subtropischer Farn, auch auf Azoren, Gerantum anemonefolium L’Herır. von amerikanischer Herkunft. An schattigen Felsen, in Schluchten der Lorbeerregion kommen auf Madeira einige eigen- artige, endemische, strauchige Pflanzen vor: Chrysanthemum pinnatifhdum L. fil. Sonchus squarrosus DC. Musschia Wollastoni Lowe. Stengel einfach oder wenig verzweigt, zur Federbuschform SCHIMPERS gehörig. Mousschia aurea Duwmorı. Stamm kurz, an Küstenfelsen und in Schluchten aufwärts in die Lorbeerregion hinaufgehend. Melanoselinum decipiens ScHran. et Wenpr. Auffallende hapaxanthische baumförmige Umbelliferenstaude, verwandt mit 7hapsıa. Die Lianen sind vertreten durch: Gelegentliche Epiphyten: Semele androgyna KuNntH. Davallia canariensis SM. Smilax pendulina Lowe. Polypodium vulsare L. Hedera canariensis WILLD. Sempervivum villosum Arr. Einjährig. Endemisch. Rubus grandifolius Lowe. Endemisch. Sempervivum divarıcatum Arr. Einjährig. En- Rubus discolor WEIHE. demisch. Acrostichum sguamosum Sw. Selten. An der Zusammensetzung der Maquis oberhalb der Lorbeerwälder nehmen einige Bäume in strauchigen Formen teil, so die beiden Zex-Arten und Zaurus canariensis, ferner vor allem Erica arborea, die auch auf den höheren Gebirgskämmen, oft mit Pferis aguilina vergesellschaftet, vorherrscht. Dazu kommen Zrica scoparia L. (sehr häufig), Auscus hypophyllum L., Jasminum odoratıssimum L., die endemischen Derberis maderensis LowE, Genista virgata At, Genista made- rensis WERB, Adenocarpus divarıcatus U’H£rrr. und als besonders wichtiger, in höheren Lagen ausgedehnte Bestände bildender Busch das Vaccinium padifolium Sm. das auf den Canaren ganz fehlt, aber auf den Azoren in einer verwandten Art wiederkehrt und nach Christ zu einer in Ostafrika und im Himalaya bis zum westlichen Kaukasus verbreiteten Gruppe gehört. Nach Van 140 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 365 wirft dieser Strauch in exponierten Lagen im Winter das Laub ab. Auch einige mitteleuro- päische Sträucher haben sich im Buschwald angesiedelt, nämlich Ulex europaeus, Sarothamnus scoparius KocH, Rosa canina L., als Seltenheit und in Strauchform Sorbus aucuparia. Sambucus nigra L. erscheint nur auf den Azoren wieder, auf Madeira aber vertritt sie eine verwandte Art, Sambucus maderensis Lowe, auf den Canaren Sambucus palmensis CHR. SM. Taxus baccata und Juniperus oxycedrus L. („Cedro“) waren früher in der immergrünen Region vorhanden, sind aber jetzt fast verschwunden. Rhamnus latifolia V’H£rrr., ein zur /rangula-Gruppe gehörige laubwerfender Strauch der Azoren und Madeiras, findet sich auf letzterer Insel nicht mehr im wilden Zustand. In die basale Region namentlich der Nordseite der Insel dringen maquisartige Gebüsche in den Schluchten tief hinab. Hier wachsen u. a. Myrtus communis L., Olea europaea L., Junı- perus phoenicca L., alle 3 dem mediterranen Hartlaubwald angehörig, ferner von endemischen Holzgewächsen Apollonias canariensis NEES, Catha Dryandri Lowe, mit Catha cassinoides WEBB der Canaren verwandt und von afrikanischer Verwandtschaft, endlich die interessante Sapotacee Sideroxylon mermulana Lowe, die ebenfalls afrikanischer Herkunft sein dürfte und nach Born- MÜLLER neuerdings auch bei Realejo auf Tenerife entdeckt wurde; sie kommt auch auf den Capverden vor. Diesen Sträuchern oder Bäumen mischen sich höher hinauf die oben genannten Holz- gewächse der Lorbeerregion beı. 2. Azoren!) Auf den Azoren ist der makaronesische Lorbeerwald zwar auch vorhanden, aber in einer gegenüber den Canaren sehr verarmten und entsprechend ihren etwas weniger günstigen klima- tischen Bedingungen in einer minder ausgeprägten Form, Die weite Entfernung der Inseln von Europa, dem Hauptstammland ihrer Flora, bedingte die Zufuhr einer geringeren Zahl von Ein- wanderern, deren Samen nur durch Zugvögel, deren Sporen durch den Wind herbeigebracht werden konnten; der Nordostpassat verbindet das Festland mit diesen Inseln. An der Zusammensetzung des Lorbeerwaldes nehmen hier von Lauraceenbäumen nur die Persea indica SPRENG. und die ihr verwandte endemische Persea azorica SEU2.2) teil. Beide Arten sind wohl amerikanischer Herkunft. Die 3 übrigen Lauraceen der Canaren, Loro, Til, Barbu- sano, sind nicht vertreten. Zwar wird der Til, Ocofea foetens BENTH. et H. von der Insel Terceira angegeben, wozu aber TRELEASE3) bemerkt: „perhaps doubtfully established“. Nächst den beiden Persea-Bäumen sind Notelaea excelsa WEBB et BEerın, Myria Faya Dryvan. und Zex platy- Phylia WEBB et Bertm. (Z Perado Aır. var. c. azorica LOESENER) zu nennen, ferner in höheren Lagen die endemische Junrperus brevifolia ANTOINE, im ganzen also nur 6 Baumarten. Nach Hartung liegt die eigentliche Region des immergrünen Lorbeerwaldes zwischen 1500—2500° (470—785 m). Ursprünglich scheint der Wald aber noch tiefer hinab die Inseln bedeckt zu haben, wurde aber dann durch die Kulturen verdrängt. Sämtliche Bäume bleiben 1) M. SEUBERT und C. HOCHSTETTER, Uebersicht der Flora der azorischen Inseln. WIEGMANN’S Archiv für Naturgeschichte 9. Jahrgang, Bd. I, 1843, S. 1. — G. Hartung, Die Azoren, 1860, S. 56 u. 60. — A. GRISEBACH, Vegetation der Erde, Bd. I, 1872, S. 499. — W. TRELEASE, Botanical observations on the Azores. Report of the Missouri bot. Garden, 1897. 2) In der älteren Litteratur ist diese Art als Zaurus canariensis WATS. aufgeführt, so von HARTUNG, GRISEBACH. 3) TRELEASE, 1. c. p. 148. 141 366 H. SCHENCK, unter dem Einfluß der Winde, die hier im freien Ocean heftiger wehen als auf den Canaren, niedrig, ebenso auch die eingeführten europäischen Bäume; häufig sind sie strauchig ausgebildet, und der Wald geht dann in Maquis über, die auch über der Lorbeerwaldregion den Boden bedecken. Als Unterholz der Lorbeerregion und als Sträucher der Maquis erscheinen neben Myrıca Faya und Zex Perado folgende Arten: Prunus lusitanica (Madeira, Canaren). Aus dem Mittelmeergebiet. Myrtus communis (Madeira). do. Viburnum Tinus. do. Daphne Laurceola. do. Ruscus aculeatus (Canaren). do. Rhus corıaria L. (Madeira, Canaren). do. Vaccinium cylindraceum SMIIH. Endemisch, auf Madeira durch Vaccinınm padifolium Sm. vertreten. j Erica azorıa Hocust. (E. scoparia Wars). Endemisch. HAypericum foliosum DryanD. Endemisch. Auf den Canaren und Madeira das verwandte Ayperium grandıfolium Cnoisy. Myrsine africana L. Aus Afrika, merkwürdigerweise nicht auf den Canaren und Madeira. Rhamnus latifolia V’H£rır. Endemisch auf Madeira und Azoren, zur /rangula-Gruppe, laubabwerfender Strauch. Sambucus nigra L. Aus Westeuropa. Ulex nanus FORL. do. Ulex europaeus L. (Canaren, Madeira) do. Sarothamnus scoparius Wars. Madeira. do. Calluna vulgaris L. In höheren Lagen. do. Daboecia polifolia Don. In höheren Lagen. do. Von Kletterpflanzen treten auf: Federa canariensis WıLLD. Smilax excelsa L. Aus dem Mittelmeergebiet. Smilax divarıcata So. Endemisch. Rubus wulmifolius Scuorr (Madeira). Die Mehrzahl der Sträucher stammt also unverändert aus Europa, und zwar nicht nur aus dem Mittelmeergebiet, sondern auch aus Westeuropa. Ueberhaupt enthält die azorische Flora einen großen Prozentsatz europäischer Arten. Von den Bodenpflanzen des canarischen Lorbeerwaldes sind nur einige wenige Arten nach den Azoren verschlagen worden, vor allem fehlen die eigenartigsten der canarischen Endemen, während die Azoren andererseits auch einige ihnen eigentümliche Kräuter zur Ausbildung gebracht haben, je eine Art aus den Gattungen Cardamine, Cerastium, Sanicula, Lysimachia und ZLuzula. Sehr reich sind auf den Azoren die Bodenfarne vertreten, der überwiegenden Mehrzahl nach europäische Arten. Aber auch Amerika hat einige Arten geliefert. Dicksonia culcita L’H£rrr, die auf Madeira und Tenerife sehr selten geworden ist, erscheint auf den Azoren noch häufig, ebenso Acrostichum squamosum Sw., das aus dem tropischen Amerika hierher und nach 142 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 367 Madeira gelangt ist, den Canaren aber fehlt. Ein tropischer Bärlapp, Zycopodium cernwum L., hat sich in gleicher Weise wie auf der Insel St. Paul nur in der Nähe von heißen Quellen angesiedelt !). Besondere Beachtung verdient Junzperus brevifolia, die hauptsächlich in der Region von 2500—4500° (785—ı14ı12 m), aber ohne scharfe Abgrenzung, auftritt, als niedriger Baum mit sehr breiter Schirmkrone, in seiner dem windigen Klima angepaßten Gestaltung also ein Gegen- stück zu der Juniperus Cedrus der Canaren vorstellt, auf den Azoren aber eine viele tiefere Lage einnimmt. Dieser Wacholder geht übrigens in strauchiger Form hoch hinauf bis 5200° (1632 m) und mischt sich als Bestandteil der Maquis hier mit Zrwa azorwa, Ilex Perado und Vaccinium cylindraceum. Die Azoren erheben sich nur im hohen Kegelvulkan der Insel Pico mit 2320 m zu größerer Höhe, die übrigen Inseln bleiben alle viel niedriger, und zwar Santa Maria 570 m, Flores 941 m, Fayal 1021 m, Terceira 1047 m, San Miguel 1088 m. Nur auf Pico kommen daher die höheren Regionen zur Entfaltung. Oberhalb der Maquis 1632 m folgt hier nach HocHSsTETTER und SEUBERT noch eine mitteleuropäische Region bis 2228 m, in welcher zu unterst noch die endemische Zrzca azorica in Gesellschaft mit Daboecia polifolia auftritt; höher hinauf wächst als einziger Zwergstrauch Calluna vulgarıs, ferner Polygala vulgaris L, Thymus serpyllum L. v. angustifolius Boıss. (7. micans DRrovEr) und einige Gräser, also ausschließlich europäische Arten. Alpine Gewächse fehlen vollständig. 3. Auf den Capverden fehlt der Lorbeerwald; kein einziger der in unserer Liste enthaltenen Bäume ist wohl hier ver- treten; die klimatischen Bedingungen sind ihrer Ansiedelung ungünstig. IV. Die obere montane Region; der Pinar. (Von H. SCHENCK.) Sr. Der Pinar aut Venerite Taf. XXIII [VII]. Während der canarische Lorbeerwald auf Tenerife nur in den feuchtesten Mulden der unteren montanen Region zwischen 700—1600 m Höhe, hauptsächlich auf der Nordseite der Insel, die geeigneten Bedingungen für seine typische Entwickelung findet, erscheint dagegen der von der canarischen Kiefer, Pinus canariensis CHR. Sm, als einziger - Baumart gebildete Pinar weniger streng an eine bestimmte klimatische Region gebunden. Zwar liegt sein eigentlicher Gürtel auf der Nordseite der Insel nach Crrisr 2) über der Lorbeerwaldregion zwischen 1600 und 2000 m. Aber aus dieser Region steigt er vorzugsweise an den trockeneren, dem Winde und der Sonne exponierten Böschungen auch in die tiefere montane Region bis ıroo m oder noch ı) Vergl. J. D. HooKER, Journal of the Linnean Soc., Vol. XIV, p. 479, und H. SCHENCK, Ueber Flora und Vegetation von St. Paul und Neu-Amsterdam, Wiss. Ergebn. der deutschen Tiefsee-Expedition, Bd. I, S. 207. 2) CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 486 und 490; Frühlingsfahrt, S. 225. 143 368 H. SCHENCK, Fig. 60. Pinus canariensis CHR. SM. Zweig, männliche Blüte, Zapfen und Samen. 1, 3, 4 in ?/, nat. Gr., 2 in nat. Gr. [SCHIMPER.] 144 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der, Canarischen Inseln. 369 tiefer, und vereinzelt dringen die Bäume sogar bis in die basale Region vor, so an einzelnen Stellen Tenerifes und in den Barrancos auf Palma, im heißesten Süd-Canaria sogar bis zur Meeresküste. Andererseits erstreckt sich der Pinar an den äußeren Abhängen des Canadas- gebirges noch höher hinauf, einzelne Bäume finden sich sogar noch bei 2500 m oder höher, soweit wie noch Wolken auftreten, aber in die Cafadas selbst treten sie nicht ein. Auf der trockeneren und heißen Südseite von Tenerife nimmt die Kiefer nach BERTHELOr !) im allgemeinen die Region zwischen 1300 und 2600 m ein, und in früherer Zeit mag sie sich sogar bis zur basalen Region herab erstreckt haben. Hier fehlt, abgesehen von den Barrancos bei Guimar2), die Lorbeerregion. Die untere montane Region, die bei ca. 800 m beginnt, wird heute von Maquis, hauptsächlich aus Czs/ws eingenommen, während die Zrica arborea zurücktritt. Da die winterlichen Schneefälle, die allerdings in der montanen Region nur kurz dauern und von Februar bis April eintreten, bis zu 1600 m und tiefer herabgehen, so muß die cana- rische Kiefer ziemlich bedeutende Temperaturextreme vertragen können. Indessen ist sie doch durchaus an ein mildes Winterklima gebunden, denn in Süddeutschland hält sie nicht mehr aus, die Nordgrenze ihrer Kulturzone liegt am Genfer See, wo erwachsene und reichlich fruchtende Exemplare stehen 3). Pinus canariensis#) [Textfig. 60], zeichnet sich durch sehr rasches Wachstum aus. Bei ungehinderter Entwickelung erreicht der gerade Stamm die Höhe unserer Tannen (30 m und mehr); seine Aeste, bei freiem Stand, wie es gewöhnlich der Fall ist, vom Boden an beginnend, stehen in unregelmäßigen, horizontal weit abspreizenden, entfernten Wirteln und werden nach der Spitze zu kürzer5). So wächst der Baum mit pyramidenförmiger Krone heran, bis ım Alter der Wipfel sich abrundet; die Bäume erinnern dann im Umriß an Edeltannen oder noch mehr an regel- mäßig gewachsene Arven. An dem Winde exponierten Standorten aber nehmen sie vielfach schirmförmige Gestalt ihrer Kronen an. Eine tiefrissige Borke bedeckt ihre Rinde; ihr Holz zeigt deutliche Jahresringe; das Kernholz, „Tea“ genannt, ist gelblich, sehr harzreich und daher schwer. Höchst eigenartiges Aussehen verdanken die Kiefern ihren silbergrauen, zu dritt in den Scheiden der Kurztriebe sitzenden Nadeln, die, von zweijähriger Lebensdauer, in großen Büscheln an den Enden der Zweige gehäuft erscheinen, 20—27 cm Länge erreichen und wie Roßhaar- büschel in Winde spielen. Aehnliches Verhalten wiederholt sich mehrfach innerhalb verschiedener Sektionen der großen Gattung, so z. B. bei Pinus excelsa War, der Thränenkiefer des Himalaya, aus der Sectio Zustrobus, bei den mexikanischen Kiefern ?. Montezumae Lam», jilifolia LinDL., Pseudostrobus LinpL. aus der Sectio Pseudostrobus, ferner innerhalb der Sectio Zaeda, wozu auch die canarische Art gehört, bei der mexikanischen Pinus Patula SCHIEDE et DEPPE6), bei der californischen Pinus Jeffrey! Hosr. und besonders bei der im Himalaya einheimischen Zinus longifolia Roxp, deren Nadeln bis 40 cm Länge erreichen. An den Sämlingspflanzen. der canarischen Kiefer (Textfig. 61) folgen über den Keim- blättern zunächst in größerer Anzahl spitze, ‚einzeln stehende Nadeln; erst von einer gewissen I) BERTHELOT, G£ogr. bot., p. 58 u. 153. 2) Vergl. S. 351. 3) v. TUBEUF, Die Nadelhölzer, 1897, S. 35. 4) Vergl. BERTHELOT, G£ogr. bot., p. 171. — CHRIST, Vegetation und Flora, S. 486; Frühlingsfahrt, S. 88. — SCHACHT, Madeira, S. 113. 5) Abbildung junger Bäume auf Taf. VI im Atlas von WEBB und BERTHELOT. 6) Vergl. Vegetationsbilder, 2. Reihe, Heft 3; E. Staur, Mexikanische Nadelhölzer, Taf. 13. 145 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı1899. Bd. II. r. Teil. 47 370 H. SCHENCK, Höhe ab treten dann die Nadelbüschel in den Achseln dieser Nadeln oder, weiter oben, von Schuppenblättern auf. Die Jugendform erhält sich in Vergleich zu anderen Kiefernarten hier auffallend lange. Stecklinge von Zweigen der Jugendform wachsen leicht heran und ergeben blaugrüne, buschige, ganz abweichende Pflanzen 1). 895 Auch die Adventivsprosse, die aus dem unteren Teile älterer Stämme und größerer Aeste als dicht buschige Zweige oft in Masse hervorkommen, zeigen dieselbe atavistische Nadelbildung wie die Jugendformen. So ist die canarische Kiefer H, LERF: u n TUT T A B Fig. 61. A Pinus canariensis CHR. SM. 12 cm hohe einjährige Pflanze mit 9 Keimblättern und einzeln stehenden Nadeln. (Aus dem botanischen Garten Jena erhalten, im botanischen Garten Darmstadt 2. Dezember 1906 photographiert von Inspektor A. PURPUS.) B Pinus canariensis CHR. SM. Links etwa 3 Jahre altes Exemplar mit Primärnadeln, rechts etwa 6 Jahre altes und 60 cm hohes PBäumchen, an dem die Bildung der dreinadeligen Kurztriebe begonnen hat. (April 1907 photographiert im botanischen Garten Zürich von H. SCHENCK.) durch eine ungemeine Regenerationsfähigkeit ausgezeichnet, die auch bei gewissen amerikanischen Kiefern wiederkehrt 2), ScHacHr3) berichtet: „Vielfach hatte ich Gelegenheit, Stämme zu sehen, 1) L. BEISSNER, Handbuch der Nadelholzkunde, 1891, S. 251. Ai 2) Rückschlagsprosse mit einzeln stehenden Nadeln bemerkt man z. B. häufig in unseren botanischen Gärten bei Pinzs mono- Dhylla TORR. et FREM. aus Californien. 3) SCHACHT, Madeira, S. 114. 146 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 37a die einer mit Grün umkränzten Säule glichen, weil nach Entfernung der Zweige Tausende von Nebenknospen überall hervorgebrochen waren; dicht oberhalb der Quirlansätze scheint übrigens die Bildung dieser Nebenknospen besonders reichlich zu erfolgen.“ Die Blütezeit des Baumes fällt in das Frühjahr. Die vorigjährigen, noch tiefgrünen, mit Harz überflossenen Zapfen sind dann bereits ausgewachsen. Die reifen Zapfen haben eine Länge von 10—ı7 cm, öffnen sich im zweiten Jahre, und dabei lösen sich die untersten Schuppen ab, Die sehr reichliche Samenbildung und die leichte Keimfähigkeit der Samen verdienen hervor- gehoben zu werden. Die ältesten canarischen Pinien zeigen sehr bedeutende Dimensionen. BerTtHELor I) erwähnt ein Exemplar, das fast 10 m Umfang hielt. Der „Pino santo“ oder „Pino del Paso“ oberhalb Ta Guancha auf Tenerife, der wohl noch in die Zeit vor der Eroberung der Canaren zurückreicht, wurde von Christ?) in 2m Höhe auf 3,1 m Umfang gemessen, und auf Palma haben einige uralte Pinos fast den doppelten Umfang. Der „Pino santo“ oder „Pino de la Virgen“3) am Abstieg von der Cumbra nueva nach EI Paso auf Palma mißt nach Brown 4) über 25 engl. Fuß (= 7,62 m) Stammumfang. Einige mächtige Pinien, „Los Pinos grandes“, stehen am Waldrand oberhalb Vilaflor (1476 m) am Südhang des Piks von Tenerife; sie haben nach MEYER 5) 2 m Stammstärke, 35; —40o m Höhe und 6—7 m Astlänge. Der Kiefernwald bevorzugt die trockeneren, regenärmeren Hänge der montanen Region und erscheint daher auch auf der Südseite Tenerifes häufiger und in schönerer Entwickelung als auf der Nordseite. Von vielen Autoren wird besonders hervorgehoben, daß die canarische Kiefer selbst auf nacktem Lavafels oder vulkanischen Schlacken fortkommt. Kein anderes Ge- wächs der Inseln ist in so hervorragendem Maße wie sie befähigt, sich auf den noch kahlen jüngeren Lavaströmen anzusiedeln, ihre Wurzeln in die Spalten des harten Gesteins hineinzu- senken und aus ihnen die wenige Feuchtigkeit herauszuziehen. So sagt H. Meyer 9): „dicht am Südfuß des Vulkankegels (oberhalb Guimar) steht in 1270 m Höhe in gänzlich nacktem, eisen- festem lLavagestein die oberste Pinie, ein kerngesunder, ca. 15 m hoher Baum von doppelter Mannesstärke.“ Da die jährliche Regenmenge in dieser oberen montanen Region, namentlich auf der Südseite eine sehr geringe ist, so ist der Baum wesentlich auf die Ausnutzung der durch die täglichen Nebel- und Wolkenbildungen gelieferten Feuchtigkeit angewiesen. Dafür sprechen namentlich Angaben und Beobachtungen von H. MEver 7). Beim Abstieg von Guajarapaß nach Vilaflor am Südabhang des Teydemassives durchquerte er in der Region der Wolkenbänke den Kiefernwald. „Die umherstehenden Pinien trieften von der Feuchtigkeit der Nebel, ohne daß es geregnet hatte, und führten das von den langen Nadeln tropfende Naß in großen Pfützen ihren Wurzeln zu, während ringsum der Boden und die Steine vollständig trocken waren. Der Nebel genügt also vollkommen, um in diesen trockenen Höhen die Pinien zu bewässern“ 1) BERTHELOT, Ge£ogr. bot., p. 171. 2) CHRIST, Veget. u. Flora, S. 487; Frühlingsfahrt, S. 199 mit Abbildung. 3) Abbildung auf Tafel XLIH in WEBB et BERTHELOT, Histoire naturelle, Vol. ],. 4) BROWN, Madeira, Canaries, Azores, p. re 5) MEYER, Tenerife, S. 190. 6) H. MEYER, Tenerife, S. 157. Vgl. auch BERTHELOT, Geogr. bot., p. 147. 7) H. MEYER, Tenerife, S. 188 u. 222. 147 47* H. SCHENCK, (5) TI 1567 Diese Beobachtung steht ganz im Einklang zu dem interessanten Befund, den Dr. R. Marrorm in Kapstadt aus seinen Experimenten über die Ausnutzung der Feuchtigkeit der Südwestnebel durch die Vegetation des Tafelberges erhielt!. MarrorH stellte auf der Höhe des Tafelberges 2 Regenmesser auf, den einen offen, den anderen überdeckt von einem Gerüst aus Restionaceenhalmen. Der offene Behälter zeigte in der Zeit vom 2ı. Dezember 1902 bis ı5. Februar 1903 4,97 inches Niederschlag, der andere dagegen lieferte in der gleichen Zeit die erstaunliche Menge von 79,84 inches. Daraus geht hervor, daß die Vegetation höherer Gebirgsregionen aus regelmäßig herbeigeführten Nebeln bedeutende Mengen von Wasser nieder- zuschlagen und ihren Wurzeln zuzuführen vermag. Die Frage, inwieweit bestimmte Pflanzen- formen an eine solche Verwertung der Nebelfeuchtigkeit in ihrem Bau angepaßt sind, verdient wohl besondere Beachtung. Mir scheint es, daß gerade die endständigen Quasten der feinen und sehr langen Nadeln des canarischen Pino ausgezeichnete Nebelfänger vorstellen, aus denen die kondensierten Tropfen rasch abzulaufen vermögen. Zugleich stellen diese langen Nadelbüschel ähnlich wie die Plocama der basalen Region eine Form des Laubes dar, die infolge ihrer Leichtbeweglichkeit der zerreißenden Kraft der Winde wenig Angriffspunkte darbietet. So ist die canarische Kiefer in vorzüglicher Weise ihrem Standort und Klima angepaßt, und da sie unabhängig ist von einem tiefgründigen Humusboden, ihre Abholzung also von keinem Einfluß auf den Boden ist, da sie sich ferner durch große Regenerationskraft, reich- liche Samenbildung und leichte Keimfähigkeit auszeichnet, so können sich ihre Wälder wieder leicht ersetzen, wenn sie niedergeschlagen werden. Es besteht also keine Gefahr der Entwaldung in der oberen montanen Region. Der Pinar konnte sich daher auch in großer Ausdehnung erhalten. In typischer Ausbildung bedeckt der Pinar die Hänge des Teydemassives oberhalb Vilaflor (1476 m) bis hinauf zum Guajarapaß (2436 m). MEYER?) sagt von ihm: „Ohne alles Unterholz oder gar Gras und Moos stehen die prächtigen, meterdicken und haushohen Wetterbäume, die gerade hier (unter dem Guajarapaß) den Arven unserer Hochgebirge im Habitus außerordentlich ähnlich sind, auf dem nackten Lava- und Aschenboden, ein Wunder der vegetativen Kraft und Zähigkeit.“ Tiefer hinab bei 2302 m „wird der Pinal dichter; 20—30 m stehen die alten, vom Wetter zerzausten Baumriesen voneinander entfernt, mit durchschnittlich 11/2 m Stammesdicke und 20 m Wipfelhöhe“ O. Smony3) beobachtete dort sogar Exemplare von 2—2,5 m Durchmesser des Stammes, 35—40 m Höhe und 5—7 m langen untersten Aesten. Die entfernte Stellung der Bäume im Bestand und auch der Mangel an Unterholz ist ein Charakter, der sich in Nadelwäldern anderer trockener Gebiete wiederholt) und der auch ein Analogon in der Retamaformation der Hochregion findet. Das Wurzelsystem eines jeden Individuums breitet sich über eine gewisse Fläche rings um den Hauptstamm aus und wird nun, wenn die Wasserzufuhr eine spärliche ist, das Aufkommen junger Pflanzen sowie auch von Unterholz oder von größeren Bodenpflanzen innerhalb seines Bereichs durch Aufsaugen aller 1) R. MARLOTH, Results of experiments on Table mountain for ascertaining the amount of moisture deposited from the South- east clouds. Transactions of the South African Phil. Soc., Vol. XIV, 1903, p. 403, und Vol. XVI, 1905, p. 97. 2) MEYER, Tenerife, S. 187. 3) ©. Sımony, Mitt. k. k. Geogr. Ges. Wien, Bd. XXXIII, 1890, S. 226. 4) Man vergl. beispielsweise die lichten Bestände von Pinus edulis ENGELM. und Juniderus monosperma SARGENT auf vul- kanischen Hügeln des Hochlandes von Arizona in „Vegetationsbilder“, 4. Reihe, Heft 7, C. A. Purpus, Arizona, Tafel 39. 148 . Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 373 Feuchtigkeit verhindern müssen. Der Boden der Kieferwälder in der oberen Region auf hartem, vulkanischem Boden ist frei von Humus!), höchstens bedeckt von einer Schicht rotbrauner Nadeln, die, ohne Humus zu bilden, austrocknen, und erst in feuchten tieferen Lagen wird die Bodendecke eine dichtere. Auf der Nordseite Tenerifes ist entsprechend der größeren Feuchtigkeit der Charakter des Pinars ein anderer als an der Südseite. Der dichteste, größte und schönste Pinienwald der Insel steht nach Mever’s Schilderung 2) oberhalb Ta Guancha auf dem mächtigen Strome von glasiger Obsidianlava, der sich vom Nordwestfuße des Teydekegels ins Unterland hinabzieht. Die Pinien erstrecken sich hier von 1974 m Höhe bis hinab zu 1286 m. Dichte braune Polster von weichen Nadeln, in denen unzählige Zapfen zu Humus vermodern, bedecken den Boden, die Bäume, hier durchschnittlich 60—80-jährig, haben viel jungen Nachwuchs und stehen viel dichter (8s—ı2 m) als auf der Südseite, wo allerdings Baumriesen stehen, die man hier vergeblich sucht. „Höchst charakteristisch sind die langen Zotten und Fasern grauer, feiner Bartflechten, die von ca. 1550 m abwärts überall von den Aesten wehen und sich oft auch an der Nordseite angesetzt haben.“ Die Wurzeln der Bäume dringen in die Spalten des harten Felsgesteins ein und sprengen die mächtigsten Obsidianblöcke auseinander. Nach der oberen Waldgrenze zu werden die Pinienwälder immer offener. Am Fuß des Sombreritogipfels, südlich vom Teydekegel, stehen nach MEYER 3) die obersten vom Wetter zer- zausten Pinien bei 2407 m, und hier an dieser oberen Grenzregion ist das Wachstum des Baumes ein sehr eigenartiges. Die jungen Pflanzen bilden zuerst breite, runde, polsterförmige Büsche, denen Stürme und Schneedruck nichts anhaben können; aus ihrer Mitte wächst dann der Stamm anfangs gerade hervor, neigt sich aber, je älter er wird, unter dem Druck des täglich vom Unterland heraufwehenden starken Windes derart, daß alle größeren Pinien dieser Region nach Norden übergeneigt sind ®). Die canarische Pinie erhält auch einen anderen Habitus, wenn sie, aus ihrer eigentlichen Region herabgestiegen, in der basalen Region heranwächst. Dann nimmt sie mehr die Gestalt der mediterranen Pinie an, „mit dünnem Stamm, höherer Aststellung und schirmförmiger Aus- breitung der Krone“5). Ihre Nadeln bleiben beträchtlich kürzer, so daß sie eine ganz andere Species zu sein scheint. $ 2. Sträucher und Stauden der Kiefernregion. Im Pinar tritt an vielen Stellen Unterholz auf, Strauchwerk, das auf den Lichtungen eine maquisartige Gebüschformation bildet6. Nur wenige Arten sind zu nennen. Der mediterrane Cistus monspeliensis L, „Juagarzo“, und der endemisch canarische Cistus vaginatus Arr., „Jarra“ I) BERTHELOT, G£ogr. bot., p. 149; MEYER, Tenerife, S. 190. 2) MEYER, Tenerife, S. 243— 246. 3) H. MEYER, Tenerife, S. 191. 4) Vergl. die Abbildung auf S. 191 in MEYvER’s Tenerife. 5) H. MEvER, Tenerife, S. 131 u. 219; vergl. auch H. SCHACHT, Madeira, S. 114; O. SImonY, Mitt. k. k. Geogr. Ges. Wien, Bd. XXXII, 1890, S. 221. 6) CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 486; Frühlingsfahrt, S. 198, 223; BUNBURY, Remarks on the botany of Madeira and Teneriffa, p. 30—32. 149 374 H. SCHENCK, erscheinen als mannshohe Büsche und bedecken sich im Frühjahr, ersterer mit weißen, letzterer mit großen rosenroten Blüten. Von beiden Arten ist die erstere besonders auf der Südseite Tenerifes verbreitet. Wie im Mittelmeergebiet schmarotzt auch hier der rote Cytinus Fypo- cistıs L. auf den Wurzeln der Cistrosen. Im Pinar von Gran Canaria erscheint noch eine dritte, hier ende- mische Art, Cistus ochreatus Chr. Sm. Auch die aus den Maquis des Mittel- meeres stammende Daphne Gnidium L., „Irobisco“, ist häufig. An der unteren Grenze des Pinars mischen sich namentlich auf der Nordseite von Tenerife die Kiefern mit dem Buschwald des „Brezo“, der Zrica arborea, dıe für die Lorbeerregion charak- teristisch ist. Den genannten Arten schließen sich zwei endemische Leguminosen- sträucher an, die häufig und oft in ausgedehnten Be- ständen auftreten, der „Esco- bon“ CyzZisus proliferus L.fil, und der „Codezo“, Adeno- carpus viscosus \NEBB et Fig. 62. Adenocarpus wiscosus WEBB et BERTH. a frankenioides WEBB et BERTH, ®*/, nat. Gr. Nach Zeich- nung von W. BRENNER. [SCHIMPER.] BErrH, beide, wie über- haupt sämtliche Sträucher des Pinars, von mediterraner Verwandtschaft und Herkunft 1). Schon an der oberen Grenze der Lorbeerregion, im Buschwald des „Monte verde“, treten beide Gewächse zusammen mit der Zrica arborea auf (Taf. XXIV [IX], Der „Escobon“ geht hoch hinauf bis zum oberen Rande des Pinars. Er wächst zu einem ı2—ı5 Fuß hohen, aus- gebreiteten Bäumchen heran, dessen Aeste dicht mit dreizähligen Blättern besetzt sind; die zoll- langen Teilblättchen haben lanzettliche Gestalt. Im Frühjahr (Mai) bedecken sich die Sträucher mit weißen Schmetterlingsblüten. An manchen Stellen bilden die Escobonbäumchen eine Art niederen Waldes. Hauptsächlich an der oberen Grenze des Pinars tritt der „Codezo“ auf, Adenocarpus viscosus WepB et BerTH. a /rankenioides?) |[Textfig. 62]. Seine einem kurzen knorrigen Stamme ent- ı) Vergl. die Vegetationskarte S. 239. 2) Habitusbild auf Taf. X des Atlas von WEBB und BERTHELOT; ferner BERTHELOT, G&ogr. bot., p. 179. 150 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 375 springenden, der Länge nach dicht beblätterten, sperrigen Aeste bilden halbkugelige Büsche, die im Mai die harzduftenden, endständigen, gelben Blütentrauben tragen. Anfangs treten sie noch mit dem Escobon vergesellschaftet auf, höher hinauf aber, z. B. wenn man sich beim Aufstieg von Orotava dem Portillo der Cafadas nähert, herrschen sie allein vor in einer Zone von ziemlich großer Ausdehnung, und über ihnen erscheinen dann die Retamabüsche der Hochregion (Taf. XXV [X]. In einer zweiten Form 3 sfartiordes WEBR et BErTH. kehrt dieser Strauch auf Palma am oberen Rande des Pinars wieder. Der Codezo scheint mir seiner ganzen Gestaltung nach ein Gewächs zu sein, das auf die Ausnutzung der Feuchtigkeit der Passatwolken angewiesen ist; doch erfordert die Be- antwortung der Frage, inwieweit dies der Fall ist und inwieweit überhaupt die Gewächse der Kieferregion irgendwelche diesbezügliche Anpassung aufweisen, eingehendere Beobachtung an Ort und Stelle. Wie schon aus der Liste hervorgeht, ist die Gresamtzahl der Arten der Kiefernregion im Vergleich zum Lorbeerwald eine sehr geringe. So haben auch die Bodenkräuter!) nur geringe Bedeutung, sind in erster Linie das westeuropäische ZZelianthemum guttatum MirL., ein einjähriges Kraut mit gelben, an der Basis rotfleckigen Blumenblättern, und der mediterrane Asphodelus microcarpus Vıv., dessen verzweigte, mannshohe Blütenschäfte Ende Mai ihre weißen Blüten tragen, zu nennen, ferner die auf den Canaren an sterilen Orten verbreitete, „Altabaca“, /nu/a viscosa Hort. Kew., ein aus- dauerndes, drüsig behaartes, steifstengeliges, gelbblühendes Kraut, das als Ruderalpflanze im Mittel- meergebiet verbreitet ist und auf den Lichtungen des Pinars massenhaft erscheint; ebenso bedeckt Peris aguilina oft ausgedehnte dürre Strecken der höheren Gebirgslagen mit ihrer geselligen Vegetation. Der Adlerfarn erscheint nach BortE?) am Pik noch in einer Höhe von 7000‘, dringt aber nicht in die Cafadas ein. Außer ihr beherbergt die Kieferregion noch drei xerophile Farn- kräuter, nämlich MVothochlaena marantae R. Br. in einer bis halbmeterhohen Form, Ceferach officinarum Wırrp. und die endemische Ckerlanthes guanchica C. BoLLE. und nur einige wenige Arten fallen als häufige und allgemein verbreitete auf. Hier S 3. Juniperus Cedrus WEBB et BERTH, der „Cedro“. Dem Pinar gehört außer der canarischen Kiefer noch ein zweiter ebenfalls endemischer Coniferenbaum an, der „Cedro“, Juniperus Cedrus Wess et Berem. (Textfig. 63, 64), der in früheren Zeiten wohl an seiner oberen Grenze allgemein verbreitet gewesen sein mag, aber fast gänzlich der Vernichtung durch den Menschen, seines wertvollen Holzes wegen, anheimgefallen ist. Wer und BERTHELOT3) geben in der Mitte des vorigen Jahrhunderts als Standorte der wenigen übrig gebliebenen Bäume an auf Tenerife: Ringgebirge des Teyde, Quelle Traste de Dofia Beatriz oberhalb Chasna (Vilaflor), oberes Barranco del Agua bei Guimar; auf Palma: Pico del Cedro und Caldera; auf Canaria: Caldera de Tirajana. In beiden Calderen wird der Baum zusammen mit der canarischen Kiefer aus seinen luftigen Höhen herabgestiegen sein %). 1) BERTHELOT, G£ogr. bot., p. 58, 118 u. 119; CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 486. 2) BOLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XIV, S. 302. 3) WEBB et BERTHELOT, Phytogr. canar., Vol. II, p. 277. 4) Vergl. S. 352 und 353. 151 6 H. SCHENCK, (65) SI Wieviel heute noch vom Cedro übrig geblieben ist, läßt sich nach den vorhandenen An- gaben nicht genau ermessen. Auf Palma dürfte er wohl jetzt noch am meisten, vielleicht aus- schließlich, in wildem Zustand anzutreffen sein I), BoRNMÜLLER2) fand ihn hier im Barranco de las Ruine einer mächtigen Ceder auf dem Ostgehänge des Pico de los Cedros an der Caldera auf Palma (ca. 2200 m). Nach photographischer Aufnahme von Prof. Dr. ©. Sımonyv. [SCHIMPER.] Fig. 63. Juniperus Cedrus WERB et BERTH. Angustias bei 400 und 800 m und auf der Cumbrecita bei 1400 m. Ferrrscn3) giebt an, daß der Pico del Cedro und die Abstürze der Caldera noch wenige alte Stämme des Juniperus bergen. Im Ringgebirge des Teyde hat nach H. Mever #) früher auf dem Morro del Cedro (2438 m), südwestlich vom Teydekegel, eine stolze Ceder gestanden. FrrrscH 5) erwähnt diesen 1) 2) BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, S. 398. 3) K. v. FRITSCH, Reisebilder, S. 12. . 4) H. MEYER, Tenerife, S. 230. 5) K. v. FrITScH, Reisebilder, S. 6. 152 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 377 herrlichen alten, nunmehr verschwundenen Wachholderbaum, dessen Stamm 5\/2 m Umfang und dessen Höhe wohl an 30 m betragen habe. FrrrscHh meint, daß der Cedro auch in den Cafadas früher vorhanden gewesen sei, da man an manchen Punkten noch Aeste und Stammstücke in den I.avafeldern (so an der Chahorra) an- treffe. Dazu stimmt die Angabe LEoPoLD v. Buch#’s!) von einem großen starken Baum unterhalb des Monte Trigo in den südlichen Canadas des Teyde. Indessen ist wohl an- zunehmen, daß im allgemeinen der Cedro wie auch die Kiefer, an. den Außenseiten S\ 7 . . har 7 emporsteigend, nur an einzelnen Stellen den N\\. SyG 5 R : { INN 1 Kamm des Ringgebirges erreicht hat und N RE ff innerhalb desselben nur in der Nähe von Quellen ganz vereinzelt sich ansiedeln konnte. Auf der Insel Gomera liegt nach BorLeE?) in den Forsten oberhalb Hermigua eine als la Hoya del Cedro bezeichnete Mulde, „in der noch ein paar Stümpfe canarischer Cedern das frühere Vorhandensein dieses herrlichen Baumes beurkunden“. Juniperus Cedrus WEBB et BERTH. ist eine mit J. oxycedrus L. und J. macrocarpa SıprH. des Mittelmeergebietes verwandte Art, deren Nadelblätter in dreizähligen Quirlen stehen. Der kugelige Beerenzapfen, im reifen Zustand rotgelb gefärbt, enthält nur einen Samen. Der Baum erreicht hohes Alter und : s . Fig. 64. Juniperus Cedrus WEBB et BERTH. Nach Herbar- bedeutende Dimensionen, über ı m Stamm- exemplar von der Insel Palma, leg. C. BoLLE, 1851, Bot. Mus. Zürich, durchmesser gezeichnet von R. ANHEISSER. ®/, nat. Gr. Unsere Textfig. 63 stellt die Ruine einer uralten Ceder dar, die von Prof. ©. Sımony am Pico de los Cedros auf der Insel Palma bei 2200 m aufgenommen wurde. Der mächtige, ohne Zweifel mehrere hundert Jahre alte, kurze, mannshohe Stamm trägt eine ebenso hohe, weit schirmförmig ausgebreitete Krone, die nur auf einer Seite noch grünes Laub besitzt. Ver- gleichbar einem Hutpilz, kann dieser Wachholder als Typus einer an das Klima der wind- gefegten Hochregion angepaßten Baumform gelten. $ 4. Der Pinar auf den übrigen Canaren. Die Verbreitung des Pinars auf Tenerife ist aus der Vegetationskarte (S. 239) zu ersehen. Auf Gran Canaria scheinen die Kieferwälder, die zu BERTHELO1S3) Zeiten hier noch sehr 1) L. v. Buch, Ges. Schriften, Bd. III, S. 392. 2) C. BOLLE, Gomera, S. 245. 3) BERTHELOT, Geogr. bot., p. 158. 153 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı1899. Bd. II. r. Teil, 48 378 H. SCHENCK, verbreitet waren, sehr gelichtet zu sein. BORNMÜLLER !) sagt, daß die ganze Cumbre völlig waldlos sei. Dagegen besitzt Palma auf ihren Gebirgskämmen und besonders an deren Süd- und Westhängen noch ausgedehnte Pinare. Gomera ist auf ihrem Hochplateau ganz von Lorbeer- und Zrica-Waldung bedeckt; es fehlt hier an höheren Gebirgskämmen, die dem Pinar geeignete Wohnstätten bieten. Nur ein- zelne Bäume haben sich an exponierten Felsen angesiedelt. So ragt nach BorLrE2) aus dem Walde der Roque de Agando (ca. 1250 m) als glockenförmiger, unersteiglicher Monolith hervor, auf welchem ein uralter Kiefernbaum angegeben wird. BorrE3) fand auch im oberen Valle Hermoso einen Felsgipfel mit einer malerischen Gruppe sehr schöner ‚Kiefern gekrönt. Hierro war ehemals stark bewaldet. Während an den feuchten Abstürzen des Bergkranzes der Insel nach dem Golfo zu Lorbeerwald vorhanden ist, trägt dagegen der südliche Abhang der Insel nach Frrrscn 4) auf trockenem Lapilliboden einen zwar sehr gelichteten, aber beim Orte El Pinar noch recht schönen Kiefernwald. Auf den Purpurarien fehlt die Kiefer vollständig. Madeira und die Azoren entbehren ebenfalls der Kiefernwälder. In der montanen Region Madeiras traten von Nadelholzbäumen früher 7axus baccata und Juniperus oxycedrus auf; die Azoren beherbergen die endemische Juniperus brevifolia >). $ 5. Liste der Gefässpflanzen des Pinars‘). Die folgende Liste gründet sich hauptsächlich auf die citierten Abhandlungen von WEBB und BerrnueLor, BorLLE, CHrısr und BoRNMÜLLER. Im wesentlichen sind nur solche Arten in sie aufgenommen, von denen speciell die Kiefernregion als Standort angegeben ist. Filices. Pteris aquilina |. var. lanuginosa. Canar.: „Helecho“ Nach Borte der verbreitetste Farn der Canaren, namentlich in der Bergregion bis abwärts zu etwa 1500—1000 Fuß. In der Kiefernregion auf den Kämmen von Canaria, Tenerife und Palma bis ca. 2000 m. (Kosmopolitisch.) Nothochlaena marantae R. Br. Canar.: „Doradilla acanelada“. Auf den Canaren haupt- sächlich in der unteren Region unterhalb des Lorbeergürtels. Nach Christ im Pinar in einer bis 1/2 m hohen Form. Nach BornMmÜLLER im Pinar auf Palma an Felsen. (Mittelmeergebiet, Himalaya, Abessynien, Azoren, Madeira, Capverden.) Cheilanthes guanchica C. Borre. Tenerife, in den Bandas de Chasna an trockenen Felsen des Pinars bei 4— 5000 Fuß. (Endemisch.) 1) BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIII, 1904, S. 398. 2) BOLLE, Gomera, S. 245. 3) BOLLE, ibid. S. 245. 4) FRITSCH, Reisebilder, S. 18. 5) Vergl. S. 365 u. 367. 6) Die Endemen kursiv gesperrt gedruckt. 154 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 379 Ceterach ofhicinarum Wirrv. Tenerife, im Pinar von ca. 1300 m in den Bandas von Chasna bis hinauf zum Filo de las Cafadas. Canaria im Pinar des Centralgebirges. Die Form C. aureum in den Lorbeerwäldern der Canaren. (Westeuropa, Mittelmeergebiet, Vorderasien bis Himalaya.) Coniferae. Pinus canariensis Cu. Sm. Canar.: „Tea“. Auf den westlichen canarischen Inseln in der oberen montanen Region Wälder bildend. (Endemisch.) Juniperus Cedrus WeEss et Berru. Canar.: „Cedro“. Auf den westlichen canarischen Inseln an der oberen Grenze der Kiefernregion, auf Tenerife in die alpine Region aufsteigend; auf Palma noch an mehreren Standorten auch in tieferen Lagen vorhanden, auf den übrigen Inseln nur noch ganz vereinzelt oder schon ausgerottet. (Endemisch.) Gramineae. Oryzopsis coerulescens Hack. var. Tenerifjae Hack. Auf Tenerife, in der Kiefernregion bei Chasna. (Die Art im Mittelmeergebiet, Kleinasien.) Anthoxanthum Pueli Lec. et Lmr. Auf den Inseln verbreitet. Auf La Palma nach BoRNMÜLLER im Pinetum der Cumbre nueva. (Europa.) Vulpia myurus GmEL. Auf Tenerife bis 2000 m; auf Canaria auf der Cumbre bei 1600 bis 1700 m. (Europa, Nordasien, Nordamerika.) Dromus tectorum L. Auf Tenerife auch in der Hochregion nach Borre (Zeitschr. f. allg. Erdk, Bd. X, S. 22). (Europa, Nardafrika, Arabien.) Juncaceae. Juncus bufonius Linn. Häufig auf den Inseln, auf Tenerife auch in der Kiefernregion bei Chasna an der Quelle Traste de Dofia Beatriz (WEess und Bertm.). (Kosmopolitisch.) Liliaceae. Asphodelus microcarpus Vıv. In der montanen Region verbreitet, häufig im Pinar nach Christ. Auf der Cumbre von Canaria bei 1500 m nach BoRNMÜLLER. (Mittelmeergebiet.) Caryophyllaceae. Buffonia Teneriffae Christ. Tenerife, kleiner Halbstrauch bei Chasna (Vilaflor) in der subalpinen Region. (Endemisch.) Cistaceae. Helianthemum guttatum Mur. (Tuberaria annua Srpach.) Häufiges Kraut im Pinar der Canarischen Inseln. (Westeuropa, Mittelmeergebiet.) Cistus monspeliensis L. Canar.: „Juagarzo“, In den Maquis der montanen Region der Inseln, im Pinar als Unterholz. (Westliches Mittelmeergebiet.) Cistus vaginatus Aır. (= Cistus symphytifolius Lam., Rhodocistus Berthelotianus a symphytifolius SpacH). Canar.: „Jarra“. In den Maquis der montanen Region von Tenerife Canaria und Palma, im Pinar als Unterholz mit voriger Art. (Endemisch.) 155 48* 380 H. SCHENCK, Cistus ochreatus Cnur. Sm. (C. candıdissimus Dun. Rhodocistus Berthelotianus $ leuco- phyllus Spacn.) Nur auf Canaria und Palma im Pinar höherer Gebirgskämme. Hierzu auch Cistus osbeckiaefolius WEBB im Pinar von Tenerife. (Endemisch.) Hypericaceae. Hypericum (Androsaemum) grandifolium Cnoisy. Canar.: „Malforado“. Haupt- sächlich in den Lorbeerwäldern, aber auch im Cisiws-Gebüsch und in den Kiefernwäldern der Canaren in einer schmalblätterigen Form. (Madeira.) Crassulaceae. Sempervivum strepsicladum WeEsB et BErrn. (Aeonium). Tenerife, an Felsen ober- halb Chasna bei 5000‘ über dem Meer. (Endemisch.) Sempervivum Smithii Sıms. (Aeonium). Tenerife, an Felsen in der Kiefernregion. (Endemisch.) Sempervivum barbatum Chur. Sm. (Aeonium). Tenerife, an den trockensten Felsen in der Kiefernregion. (Endemisch.) Sempervivum caespitosum Chr. Sm. (Aeonium). Canaria, an Felsen bei 5000—5400° über dem Meere. (Endemisch.) Sempervivum rupifragum WEBB (Greenovia). Tenerife, an Felsen der oberen Region. (Endemisch.) Sempervivum Aizoon (C. BOLLE) Christ (Greenovia). Tenerife, an Felsen der oberen Region. (Endemisch.) Grammanthes Heylandianum Were. (Umbilieus Fleylandianus Wer et Bern.) Im Cistus-Gebüsch und als Bodenpflanze im Pinar auf den Höhen der Insel Palma. (Endemisch.) Rosaceae. Rosa canina L. var. biserrata M&rar, forma falmensis Curisr. Palma, nach Christ auf der Cumbre de Garafıa. Papilionaceae. Ulex europaeus L. Auf Tenerife, im Pinar oberhalb Icod de los vinos. (Westeuropa. Adenocarpus viscosus WEBB et BERTH. a /rankenioides WEBB et BERTH. Canar.: „Codezo“ Tenerife, an der oberen Grenze des Pinars, 1650— 2000 m. B spartioides WEB et Berrm. Palma, am oberen Rande der Kiefernwälder. (Endemisch.) Nach BoRNMÜLLER (S. 436) sollen A. viscosus und A. foliolosus DC. durch Zwischenformen verbunden sein und somit sei A. viscosus a. frankenioides nur eine den Verhältnissen des Hoch- gebirges (Tenerifes) angepaßte Form des A. /oliolosus DC. der in der unteren montanen Region der Inseln in verschiedenen Formen vorkommt. Cytisus proliferus L. Canar.: „Escobon“. In der montanen Region, Gebüsche bildend am oberen Rande des Pinars bis zur oberen Grenze des Wolkengürtels. (Endemisch.) 156 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 381 Lotus angustissimus Linn. In der montanen Region der Canaren, steigt hinauf in die Kiefernregion. (Westeuropa, Mittelmeergebiet, Madeira.) Thymelaeaceae. Daphne Gnidium L. Canar.: „Trobisco“. Auf Tenerife, Canaria, Palma in den Maquis der Erica und der Cistrosen, häufig im Pinar. (Mittelmeergebiet.) Rafflesiaceae. Cytinus Hypocistis L. Canar.: „Putigas“. Auf den Wurzeln von Cisius im Pinar von Tenerife und Palma. (Mittelmeergebiet.) Convolvulaceae. Convolvulus Denehoavensis BoLLE. Nur auf Palma in der Gipfelregion. (Endemisch.) Boraginaceae. Echium virescens DC. var. angustissimum BoLLE ms. Auf Tenerife bei Chasna (Vilaflor) im Barranco del Cuervo, subalpine Region. Die Art selbst in der unteren montanen Region der Canaren. (Endemisch.) Labiatae. Micromeria varıa BENTH. var. /achnophylia WEBB et BERTH. Tenerife, an Felsen oberhalb Chasna. Die Art selbst in den unteren Regionen der Canaren und auf Madeira. (Endemisch.) Calamintha officinalis Link. Canar.: „Nauta“ Auf den Canarischen Inseln an Wald- rändern verbreitet. Von Berrneror als Bodenpflanze des Pinars erwähnt. (Mittelmeergebiet, Westeuropa, Madeira.) Leucophaeö canariensis Wer. Canar.: „Chahorra“. Auf Tenerife; wolliger Halbstrauch an Felsen oberhalb Agua Manza. (Endemisch.) Rubiaceae. Rubia angustifolia L. Nach BORNMÜLLER auf Tenerife in der Region der Zrica und des Pinars. Auch auf Palma. (Madeira, Spanien.) Compositae. Centaurea arguta Nrrs. Auf Palma in der Kiefernregion. Auf Tenerife bis auf die Montafias de las Cafiadas aufsteigend. (Endemisch.) Inula viscosa Hort. Kew. (Zriseron viscosum L.) Canar.: „Altavaca“. Häufig auf den Canaren, bis hinauf in die Kiefernwälder, wo sie mit feris aguilina die Lichtungen überzieht. (Ruderalpflanze des Mittelmeergebietes.) $ 6. Herkunft der Pflanzen des Pinars. Pinus canariensis Cur. Sm. hat in der Jetztzeit ihre Nächstverwandten in Nordamerika und Mexiko. Als 3-nadelige Kiefer und nach der Beschaffenheit ihrer Zapfen gehört sie zu der Sectio 157 382 H. SCHENcK, Taeda oder nach der neuesten, von Maxwerr T. Masters!) gegebenen Uebersicht über die Arten der Gattung Pnus zur Sectio Ponderosae. Nach Form und Größe der Zapfen stehen ihr am nächsten innerhalb dieser Sektion Pinus ponderosa DousL, Pinus Jeffreyi MuRR., Pinus attenuata Lemmon (= P. tuberculata GORDON), Pinus radıata D. Don. = P. insignis Doucı.), die sämtlich in den pacifischen Staaten Nordamerikas ihre Heimat besitzen; in der bedeutenden Länge der Nadeln erinnert sie an die mexikanische Pinus patula SCHIEDE et DEppE. Auf dem europäischen Kontinent sind die 3-nadeligen Kiefern, die zur Miocänzeit neben 2- und s5-nadeligen Arten auftraten, ausgestorben; von den z-nadeligen hat sich nur Pinus Cembra erhalten; von den 3-nadeligen existierte Pinus canariensis in der späteren Tertiärzeit im östlichen Spanien (Prov. Murcia)2), und wir dürfen wohl annehmen, daß sie von hier aus, durch Vermittlung von Vögeln, zu den Canarischen Inseln gelangte, wo sie ebenso wie Zaurus canariensis, Ocotea Joelens und viele andere Bestandteile des Lorbeerwaldes bis zur Jetztzeit infolge des unverändert gebliebenen Klimas sich erhalten hat. Nur 2 Vogelarten sind charakteristisch für den canarischen Pinar. Dendrocopus major cangriensis KÖNIG, „Pica madero“, eine Abart unseres großen Buntspechtes, mit dunkler gefärbter Unterseite, ist nach König?) ein echter Standvogel des Pinars, der sowohl Insekten an den Stämmen absucht als auch die Kiefersamen aus den Zapfen klaubt. Zringilla teydea WEBB et BerrH. der blaugraue Teydefink, „Pajaro azul de Teyde“, ebenfalls den Pinar bewohnend, nährt sich als Körnerfresser vorwiegend von den Samen der Kiefer #), sucht aber zur Zeit der Samen- reife der Retama blanca auch die Cafadas auf und fliegt ab und zu bis zur oberen Grenze dieser Sträucher hoch an den Abhängen des Teyde hinauf’). Möglicherweise könnte die Uebertragung der Kiefer nach den Canaren zur Tertiärzeit somit durch Spechte und Finken erfolgt sein. Die zweite Conifere des Pinars, Junsperus Cedrus WEBB, gehört in die Verwandtschaft der südeuropäischen Jumiperus oxycedrus L. und macrocarpa Sızın. Ihre Beerenzapfen machte sie besonders geeignet zur Auswanderung vom Festland nach den Inseln durch Vermittlung von Vögeln. Zur Tertiärzeit war die Gruppe oxycedrus bereits in Europa vertreten. Da der canarische „Cedro“ eine endemische Art vorstellt, mag er vielleicht auch schon zur Tertiärzeit zu den Inseln gelangt sein. Was die übrigen Gewächse der Kiefernregion anbelangt, so stammt ein großer Teil der- selben, wie aus der Liste $ 5 zu ersehen, aus Europa. Unter diesen nicht endemischen Arten befinden sich einige Arten, die in beträchtlichem Maße an der Zusammensetzung des Unter- holzes und der Bodenflora teilnehmen, so z. B. Cistus monspeliensis, Daphne Gnidium, Asphodelus microcarpus, Ptleris aguilina, Inula viscosa. Die endemischen Arten sind entweder mit mediterranen direkt verwandt, wie z. B. Cytisus proliferus, Adenocarpus viscosus, Cistus vaginatus, Cistus ochreatus, oder sie haben ihre nächsten Verwandten in tieferen Regionen der Inseln, wie z. B. die Serrpervivum-Arten. ı) M. MASTERS, A general view of the genus inzs. Journal of the Linn. ‚Soc. Botany, Vol. XXXV. Ref. in Bot. Jahrb., Bd. XXXIV, 1904, S. 28 des Litteraturberichtes. ’ 2) CHRIST, Veget. u. Flora der Can. Inseln, S. 514; Frühlingsfahrt, S. 88. 3) ALEX. König, Ornithol. Forschungsergebnisse einer Reise nach Madeira und den Canarischen Inseln. CABAanıs’ Journal für Ornithologie, 1890, S. 351 und Tafel II. 4) Ibid. S. 424. 5) Vergl. F. C. Norr, Der Pik von Tenerife, S. 86; ©. Sımonv, Mitt. k, k. Geogr. Gesellschaft, Bd. XXXIII, 1890, S. 215. 158 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 383 Im Vergleich zu der basalen Region und auch der Lorbeerregion sind im Pinar nur sehr wenige Gewächse vertreten, deren nächste Verwandte weit abgelegene Gebiete bewohnen. So gehört Grammanthes Heylandianum WEBB zu einem südafrikanischen Genus und Cheilanthes guanchica, nach Bote der Cherlanthes pulchella Borv am nächsten stehend, soll nach Cnrisr !) neben der südspanischen C7. hispanica MeErr. zu einer Gruppe afrikanischer Arten gehören. V. Die alpine Region der Canaren. (Von H. SCHENCK.) $ 1. Orographie, Bodenbeschaffenheit und Klima der Hochregion auf Tenerife. Hierzu die Karte von Tenerife S. 239. Nur auf Tenerife ist infolge der bedeutenden Erhebung des Teyde die canarische Hoch- region in größerem Umfange vorhanden; auf Palma und Canaria gehören ihr nur die höchsten Gipfel und Kämme an, auf denen keine ausgedehnte, alpine Formation sich ausprägen konnte. An der oberen Grenze des eigentlichen Gürtels des Pinars auf Tenerife, bei ca. 2000 m, betreten wir das Gebiet der Retama blanca, des Spartocytisus supranubius (L. fil.) Curist, der Charakter- pflanze der alpinen Region. Die orographischen Verhältnisse, die Bodenbeschaffenheit und das Klima spielen in dieser Region eine besonders wichtige Rolle in der Ausgestaltung der Pflanzendecke. Das westliche dreikantige Massiv Tenerifes wird in einer Meereshöhe von 2000 m von dem großartigen Teydecircus gekrönt, einem Riesenkessel von 188,5 qkm Ausdehnung, aus welchem der gewaltige Kegel des Pico de Teyde aufsteigt2. Das hauptsächlich aus Trachyt, Phonolith und Basalt bestehende Ringgebirge, Las Montafas de las Canadas, erscheint wie der Ueberrest eines ehemaligen ausgedehnten Gipfelkraters. Nach innen steil, oft fast senkrecht abstürzend, erhebt es sich, auf seinem Kamm mit vielen Felszacken gekrönt, einige hundert Meter (bis zu 500 m) über dem Boden des von ihm eingerahmten Kessels. Die tiefe und breite Furche zwischen ihm und den Teydekegel führt den Namen Las Cafiadas (die Rinnen); die Cafadasebene ist namentlich in ihrem östlichen Teile mit graugelbem Bimsteingeröll bedeckt. Das Ringgebirge zeigt sich am vollständigsten und ununterbrochen erhalten an der Ostseite und an der Südseite, wo es im Guajaragipfel mit 2715 m seinen höchsten Punkt erreicht. Von Villaflor führt der Weg über den Guajarapaß (2436 m) nach dem dort 2260 m hoch gelegenen Circusboden. Weiter nach Südwesten sinkt der Circusboden auf 2025 m, an Stelle des Bimssteingerölls tritt als Bodendecke Geröll der Caiadaswände und vulkanisches Gestein des Pik auf; der Ringwall erhält tiefere Einschnitte. Im Südwesten erhebt sich in ihm als größere Felskuppe der Morro del Cedro, 2438 m. In dem I) CHRIST, Veget. u. Flora der Can. Inseln, S. 512. 2) Die folgenden Angaben hauptsächlich aus MEYER, Tenerife, Kap. 7, S. 165, u. Kap. 10, S. 249. Ein gutes Uebersichts- kärtchen des Teydecircus und des Piks auf S. 178. Vergl. ferner BoLLE, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XI, S. 92; F. C. Norr, Jahresber. des Frankfurter Vereins für Geographie und Statistik, 1871/72, S. 62; FRITSCH, Reisebilder, S. 5; ©. Sımony, Mitt. k. k. Geogr. Ges. Wien, Bd. XXXIII, 1890, S. 162. 159 384 H. SCHENCK, nördlichen Teil der Westseite wird der Ringwall unterbrochen durch den breiten, allmählich ansteigenden Hang des Talus de Bilma, wo jüngere Lavaströme alles überflutet haben und zahl- reiche Aschenkegel tragen. Weiterhin ist der Ringwall im westlichen Teile der Nordseite zerstört oder überflutet von den Obsidianlaven, die in einer breiten Fläche nach Icod de los Vinos hinab- ziehen, so daß an dieser Stelle der Berghang vom Meere kontinuierlich zum Gipfel des Teyde ansteigt. Nur ein kleiner Teil des nördlichen Ringwalles hat sich in den Felskämmen des Risco de la Fortaleza erhalten. Die dritte größte Unterbrechung endlich befindet sich in der Nordost- ecke; hier gelangt man von Orotava aus durch die Einsattelung des Portillo bei 2015 m auf die wellige, bimssteinbedeckte Fläche der Canadas (Taf. XXVII [XI])) Ueber der allmählich ansteigenden Cafadasebene (2160 m) erhebt sich nun der Teyde- kegel mit einer Höhe von 1570 m zu seinem 3730 m hohen Gipfel!); er stellt somit 5/ı2 der ganzen Bergeshöhe dar. Seine Hänge bedecken zahlreiche schwarze, zerklüftete Lavaströme aus Trachyt, Obsidian etc., die sich in Form von Wällen hinabziehen und im unteren Teile des Kegels mit Bimssteinfeldern abwechseln. Wie auf beiden Tafeln XXVI [XI] und XXVII [XII] deutlich zu erkennen, erhebt sich der oberste, 140 m hohe Eruptivkegel, das Horn „Piton“ oder der Zuckerhut „Pan de Azucar“ genannt, auf einem schmalen, schiefen Absatz des gewaltigen Berges, auf der Rambleta (3570 m), dem Rande eines ehemaligen Gipfelkraters, auf dem sich der jüngere, mit Bimsstein und Asche bedeckte Piton aufgebaut hat. Vielgenannte Punkte am Kegel sind die Estancia de los Ingleses 2960 m, die Estancia de los Alemanes 3053 m und die Alta vista 3270 m, wo die Grenze der phanerogamen Vegetation liegt. Oben auf dem Piton befindet sich ein kleiner, 40 m tiefer Krater, der offenbar seit Jahr- tausenden keinen Ausbruch mehr erlebt hat2); alle späteren Eruptionen erfolgten aus Spalten an den tieferen Flanken des Berges und vermochten in seinem Gesamtbild nur wenig bedeutende Veränderungen herbeizuführen und die Existenz seiner Flora nicht zu gefährden. Heute offenbart sich der Vulkanismus des Teyde nur noch in Solfatarenthätigkeit; an manchen Stellen des Pitons strömen aus Fumorolen Wasserdämpfe mit etwas schwefliger Säure, Schwefelwasserstoff und Kohlensäure aus und bewirken, daß im Winter hier nicht so viel Schnee wie tiefer hinab liegen bleibt. Ein zweiter, oben mit ı!/2 km weiter und ı5o m tiefer Caldera versehener, also stark gestutzter Kegel, der Pico viejo (3136 m), erhebt sich am Westhang des Pico de Teyde, zum Teil von Lavaströmen des letzteren eingebettet. Der Pico viejo hat die Lavamassen des Talus de Bilma geliefert. An seinem Südwestfuße befindet sich eine lange und tiefe Eruptionsspalte, die Chahorra, und mehrere ca. 100 m hohe Schlackenkegel; aus dieser Spalte und besonders aus dem obersten dieser Kegel, el volcan de Chahorra (2360 m), ergossen sich im Jahre 1798, als letzte Eruptionen des Teydegebirges, zwei, heute noch ganz frische, schwarze, wild zerrissene Lavaströme, der südliche in die Cafadasmulde zur Boca de Tauze und der westliche durch eine Boca des Ringgebirges eine kleine Strecke abwärts. Wie ein Blick auf die von MEyER3) gegebene geologische Karte der Insel lehrt, konnten diese kleinen lokalen Lavaergüsse keinen schädigenden Einfluß auf die alpine Vegetation des Teyde ausüben. Außer dieser Chahorraeruption haben zu I) MEYER, Tenerife, S. 270. Die älteren Messungen von BORDA ergaben 3716 m, von SMYTH 3717 m, von O. SIMONY 37II m. MEYER meint, daß seine Messung vielleicht einige Meter zu hoch ausgefallen sei. 2) MEYER, Tenerife, S. 275. 3) MEYER, Tenerife, S. 23. 160 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 385 historischer Zeit, seit der Eroberung der Canaren, auf Tenerife folgende Lavaergüsse stattgefunden: I) 1704 und 1705 ergossen sich zwei Lavaströme unterhalb des Llano de la Maja am Südabhang der Insel eine Strecke weit bergabwärts. 2) 1705 erfolgte die Eruption des Kraters im obersten - Teile der Mulde von Guimar; ein gewaltiger Strom floß bis zum Meere, ein anderer bis ober- halb Guimar. 3) 1706 ergossen sich die breiten Obsidianlavaströme aus der Montafia negra nördlich am Talus de Bilma bis hinab zum Meere bei Garachico. Allen Eruptionen kommt im Verhältnis zur Gesamtausdehnung der Insel eine lokale Bedeutung zu. Große Eruptionen mit gewaltigen Aschen- und Schlackenauswürfen, nach Art des Ausbruches des Krakatau 1883 oder des Vulkans Guntur auf Java 1843, die die Vegetation der obersten Region hätte vernichten müssen, sind wohl auch in früherer historischer Zeit am Teyde nicht mehr in die Erscheinung getreten; denn er beherbergt zwei charakteristische endemische Pflanzen, Viola cheiranthifolia Huus. et Bonpr. und Siene nocteolens WEBB et BERTH. So reicht also die Vegetation der Hoch- region sicher weit in prähistorische Zeiten zurück. Im Östen des Teyde befinden sich an seinen unteren Abhängen einige kleine vulkanische Kegel, unter denen die Montafia blanca (2649 m) zu nennen ist, die auf dem Bilde Tafel XXVI [XT] links als Schwelle hervortritt; sie sind älter als der Teydekegel selbst. Die gesamte Gipfelregion des Teyde, im Sommer ein wasserloses Gebiet, trägt einen wüstenartigen Charakter. Nur an wenigen Stellen sickert etwas Quellwasser am Grunde des Ring- gebirges in den Cafiadas hervor !)., In den Wintermonaten aber, hauptsächlich von Februar bis in den April ist der Teyde mit Schnee bedeckt. Im Frühjahr dringt das Schmelzwasser in die Spalten der Laven und in den lockeren Bimsstein ein, so daß der Boden für die bald erwachende Vegetation genügend durchfeuchtet wird. OÖ. Smmony2) erwähnt, daß unterhalb Alta vista bei 3302 m Seehöhe eine stabile Wasser- ansammlung, Charco de Aguas, liegt, die durch ihre niedrige Temperatur (25. Juli 1889 1,20) sofort erkennen läßt, daß ein beständiger Zufluß von Schmelzwasser stattfindet. Dasselbe ent- stammt der Cueva del Hielo 3366 m, wo der Schnee in Winter sich anhäuft. Aber auch von der Decke und den Wänden der Höhle sickert Wasser, das also nicht mit der Abschmelzung des Schnees in Zusammenhang steht. Auch am Pico de los Muchachos 2430 m auf Palma befindet sich am Gipfel eine Wasseransammlung. „Derartige Thatsachen zwingen zu der Ver- mutung, daß speciell die porösen Produkte vulkanischer Thätigkeit den Wasserdampf der Luft in sehr hohem Grade absorbieren, bezw. nachträglich kondensieren können. Ihre austrocknende Wirkung auf die benachbarten Luftschichten würde dann auch die Entstehung extremer Minima der relativen Feuchtigkeit bei ruhiger Luft und geringer Höhe über den absorbierenden Flächen auf einfache Art erklären.“ Eine Lapillidecke wirkt, wie K. Sarrer 3) hervorhebt, als Isolierschicht gegen die Sonnen- strahlen, erhält dem Boden Feuchtigkeit und verhältnismäßig kühle Temperatur. Daher bedecken nach SarpEr die Bewohner der regenarmen und heißen Insel Lanzarote ihre Felder mit einer bis 10 cm dicken Lage von Lapilli oder sonstigen vulkanischen Sanden, um die Ernte zu sichern. ı) F. C. Nor, Der Pik von Tenerife, S. 72. 2) ©. Sımony, Mitteil. k. k. Geogr. Ges. Wien, Bd. XXXIII, 1890, S. 169. 3) K. SAPPER, Beiträge zur Kenntnis von Palma und Lanzarote. PETERMANN’s Mitteil., 1906, S. 183. 161 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. r. Teil. 49 386 H. SCHENCK, So finden also selbst am Teydekegel die Wurzeln der wenigen an ihm angesiedelten Pflanzen im Boden genügende Feuchtigkeit. Die Hochregion des Piks ist die Region über dem durch den feuchten NO.-Passat bedingten Wolkengürtel. Hier herrscht der obere trockene SW.-Antipassat, ein tief dunkelblauer Himmel, eine ungemein kräftige Insolation, eine extrem trockene Luft. Infolge der Trockenheit des Klimas erscheinen die Trachytlaven, Obsidiane, Bimssteine wenig zersetzt; die Humusbildung wird gehindert. Erst von 1800 m an abwärts fortschreitend im Gürtel der Wolken und häufiger Regen ist die Zersetzung der härteren Laven weiter vor- geschritten. Der nackte vulkanische Boden in Verbindung mit dem trockenen Höhenklima bewirkt den Wüstencharakter der Hochregion. un >. Vegetation der alpinen Region auf Tenerife. Taf. XXVI [XI] und XXVII [XII]. BERTHELOT, G£ogr. bot., p. 23, 58. v. Buch, L., Gesammelte Schriften, Bd. III, S. 392. 30LL£, Zeitschr. f. allg. Erdk., Bd. XI, S. 92, und Bd. X, S. 22. FrıtscH, Reisebilder, S. 5. Nouı, F. C., Der Pik von Teneriffa und die Canadas. Jahresber. des Frankfurter Vereins für Geogr. und Statistik, 287772,,8: 02. CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 487, 488, 506, und Frühlingsfahrt, S. 214. MEyER, Tenerife, S. 152, 171, 179, 230, 2509. Die Charakterpflanze der alpinen Region von Tenerife ist ein übermannshoher, kugeliger Ginsterbusch, die „Retama blanca“, Spartocytisus supranubius (L. fil.) Carist!), Ihre lichten monotonen Bestände bedecken die ganze Region des Gebirges von etwa 1800 bis 2800 m; ver- einzelt dringt sie sogar bis 3050 m vor. Christ nennt sie die Alpenrose oder das Krummholz des Pik. Selten wohl tritt in einer Vegetationsformation eine einzige Pflanzenart in so reinem Bestand über ein weites Gebiet zerstreut auf wie hier am Teyde die Retama. In unseren Alpen bilden zwar auch die Krummholzkiefer und die Alpenrose in ihren Regionen oberhalb der Wald- grenze ausgedehnte Gürtel, aber sie sind gemischt mit manchen anderen niederen Sträuchern und zahlreichen Stauden und Gräsern. Wir müssen ausgeprägte subtropische Wüsten aufsuchen, um ähnlichen monotonen Pflanzenformationen wiederum zu begegnen. Die Welwitschia-Wüste in Damaraland, die Euphorbienwüste in Groß-Namaland 2) können als Beispiele genannt werden, denen sich in der Sahara die eigenartige und ebenso monotone Formation der von Zimoniastrum Guyonianum gebildeten Sandhügelbüsche bei Touggourt und Ouargla würdig anreiht3). Extrem wüstenartiges Klima in Verbindung mit einer dem Pflanzenwuchs ungünstigen Beschaffenheit des Bodens sind die Vorbedingungen für das Zustandekommen solcher monotonen Formationen. Nur wenige Pflanzentypen vermögen sich den extremen Bedingungen anzupassen. Am Teyde kommt noch dazu die insulare Vereinsamung des Standortes. So treffen wir hier nur 1) WEBB et BERTHELOT, Phytogr. can., Vol. III, p. 50 u. Taf. XLVI; BERTHELOT, G£ogr. bot., p. 180 u. Atlas Taf. X. 2) Vergl. Vegetationsbilder, I. Reihe, Heft 5, A. SCHENCK, Südwestafrika, Taf. 25 u. 26. 3) JEAN MAssART, Un voyage botanique au Sahara, Gand 1898, Pl. III, Fig. 6. 162 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 387 / eine einzige Art an, die dem schwierigen Klima und Boden derart gewachsen ist, daß sie sich allgemein in ihrer Region verbreitet hat, ohne indessen den Boden gleichmäßig und dicht zu bedecken. Nur durch weite Zwischenräume getrennt, erscheinen die rundlichen Ginsterbüsche einzeln oder in kleinen Gruppen; ein jeder Busch gebraucht eben auf eine bestimmte Entfernung in seinem Umkreis alle im Boden kapillar verteilte Feuchtigkeit für sich selbst und verhindert somit die Entwickelung von Sämlingspflanzen in seiner nächsten Nachbarschaft. Gleiches Ver- halten bemerkten wir auch in der oberen montanen Region für die lockere Stellung der Bäume des Pinars. Die in $4 gegebene Liste zählt zwar außer Spartocytisus noch eine Reihe anderer Gewächse meist aus den unteren Teilen der Retamaregion auf, aber sie sind sehr selten und sehr zerstreut oder nur an einzelne Standorte gebunden und treten daher im Gesamtbild vollständig zurück Unsere Bilder, Taf. XXVI [XT] und XXVH [XII], geben eine gute Vorstellung von dem Aussehen der Retamaformation. Meilenweit bedecken die bis etwa 3 m hohen PBüsche die Bimssteinflächen der Cafadas und steigen aus ihnen an den inneren Abhängen und Felsen des Ring- gebirges sowohl wie auch am Teyde selbst in die Höhe, nach oben hin allmählich sparsamer werdend. Vereinzelt aber gehen sie recht hoch hinauf. Nach H. Meyer !) liegt die obere Grenze der Retama bei der Estancia de los Alemanes bei etwa 3050 m, wo allerdings von den früher vorhandenen Exemplaren nur noch Wurzelreste übrig geblieben sind, während er noch lebende Büsche bei der 2960 m hoch gelegenen Estancia de los Ingleses im Schutze der Felsen antraf?). Textfig. 65, nach einer Aufnahme von O. Smony, zeigt die Retama an diesem Standort. Die wallartig vom Gipfel herabziehenden Lavaströme geben den nötigen Windschutz ab für die hier oben klein bleibenden Sträucher und ermöglichen ihr Vorkommen in so extremer Höhe. Im Ringgebirge findet sich die Retama sogar auf dem Gipfel des Alto de Guajara (2715 m), wo sie nach Sımony mit einigen verkümmerten Exemplaren des hier seine oberste Grenze er- reichenden Adenocarpus frankenioides vorkommt). Von der Ebene der Cafiadas ausgehend, erstreckt sich das Verbreitungsgebiet der Retama über den etwa 2100 m hoch gelegenen Llano de la Maja nach dem hohen Kamm der Cumbre nordwestwärts bis zu dem Paßübergang von Orotava nach Guimar, am Pedro Gil (1988 m nach Sımony), wo ihre Nordwestgrenze liegt®. An der Nordseite dieses Paßüberganges (1910 m) findet sie sich nach Smonyv>5) und MEYER 6) untermischt mit Escobon (Cyiisus proliferus L.) und Codezo (Adenocarpus frankenioides WEBB et BeErTH.) auf den trümmerbedeckten Lavafeldern Lomo del Pedro Gil bis ca. 1600 m abwärts, während sie auf der Südseite zu fehlen scheint, denn die hier erst von 1752 m an abwärts auftretenden größeren Bestände von Sträuchern be- stehen nur aus Codezo und Escobon. Die untere Grenze der Retama liegt an den verschiedenen Seiten des Piks ungleich hoch. Im Südwesten, beim Anstieg von Guia auf den Pico Viejo traf MEvERT) sie von 1944 m an ı) H. MEYER, Tenerife, S. 259. 2) F. C. NoLt, Der Pik von Tenerife, S. 78 sagt, daß er 1872 noch weit über der Estancia de los Alemanes zwischen dieser und der Alta vista die Vorposten der Retama gesehen habe. 3) ©. SIMmoNY, Mitteil. k. k. Geogr. Ges. Wien, Bd. XXXIII, 1890, S. 225. 4) L. v. Buch, Ges. Werke, Bd. IH, S. 392, und H. MEYER, Tenerife, S. ı51. 5) SIMoNy, Mitteil. k. k. Geogr. Ges. Wien, Bd. XXXIII, 1890, S. 223. 6) H. MEYER, Tenerife, S. 152. 7) H. MEYER, Tenerife, S. 230, 163 49" 388 H. SCHENcK, aufwärts, auf einigen Strichen wird sie von der canarischen Kiefer bis zur Höhe des Circuswalles begleitet, wo sie die Kiefer zurückläßt und dann allein herrscht. Auch unterhalb des Guajara- passes (2436 m) reicht sie mit Codezosträuchern in den Pinal hinab. Oberhalb Icod geht auf den hier befindlichen Lavafeldern die Retama ziemlich weit hinunter bis zum Fuße des Pinars 1), Interessant ist der Uebergang zur alpinen Zone am Portillo, der Eingangspforte in die Canadas Fig. 65. Höchstes Vorkommen (bei ca. 2900 m) des Spartocytisus supranubius CHRIST im Ostgehänge des Rambleta-Kegels am Pico de Teyde, Tenerife. Im Hintergrunde Lavastrom. Nach photographischer Aufnahme von Prof. Dr. ©. Sımonv. [SCHIMPER.] auf dem gewöhnlich gewählten Anstieg von Orotava und Cruz Santa. Hier treten nach MEver 2) die untersten Retamabüsche bei 1840 m auf. Sie wachsen noch zu buschigen Bäumen von 3 m Höhe und 5 m Astbreite mit 1s—20 cm dickem Stamm heran, ©. Sruony 3) giebt sogar Büsche I) L. v. Buch, Gesammelte Werke, Bd. II, S. 392. 2) H. MEYER, |. c. S. 171. 3) ©. Sımony, Mitteil. k. k. Geogr. Ges. Wien, Bd. XXXIII, 1890, S. 163. 164 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln, 389 von 8 m Durchmesser und 0,5 m Stammstärke an, während sie weiter oben niedriger und buschiger sich ausbilden. Nach den Beobachtungen von Erwın Baur, dessen Freundlichkeit ich die auf Taf. XXV [X] wiedergegebene Aufnahme verdanke, ist hier die regionale Abgrenzung der Formationen eine sehr scharfe. Unterhalb der Retamaregion bildet der Codezo einen Gürtel von 1800 bis zu etwa 1500 m hinab, wo er in den Zria-Buschwald ein Stück weit hineingeht. Auf dem genannten Bilde er- kennt man deutlich oben die ersten Retamabüsche an der Ladera de Tigaiga. In der Codezoformation tritt hier nach Beobachtungen ERrwIn Baur’s auch die Micromeria Julianoides WeErB als kleines Sträuchelchen auf; sie ist auf dem Bilde in der Mitte links auf der freien Bodenwelle vorhanden. Nur klimatische Unterschiede konnten solche scharfe Abgrenzung veran- laßt haben; mit dem Codezo verlassen wir die Region der regelmäßig auftretenden Nord- ostpassatnebel. Uebrigens war in frühe- ren Zeiten an diesem Berg- hang der Kiefernwald weit verbreitet und erstreckte sich bis zum Portillo 1). Von den übrigen Inseln Makaronesiens ist Palma die einzige, auf deren höchsten Höhen die Retama wieder- kehrt. Sie wurde dort 1892 von Rev. Murrar entdeckt 2). Bis dahin hielt man sie für ein endemisches Gewächs des We Brenmer-der m.der Teyde, auf dem sie sich wohl Fig. 66. Spartocytisus supranubius (L.) CHRisT. ®/, nat. Gr. [ScHIMPER.] auch herausgebildet hat. Die Retama blanca dringt mit ihren Wurzeln sehr tief in das Bimssteingeröll des Bodens hinab. Crrısr3) beobachtete bereits an Sämlingspflanzen von 3 cm Höhe sehr lange Pfahl- I) BERTHELOT, Geogr. bot., p. 149. 2) BORNMÜLLER, Bot. Jahrb., Bd. XXXIIL, S. 437. 3) Christ, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 448. 165 390 H. SCHENCK, wurzeln. Die dicken, knorrigen Hauptäste der Sträucher legen sich dem Boden dicht an und verzweigen sich in viele federspuldicke, starrende Zweige so dicht, daß man kaum in die kugel- S NIIT N II u SE Fig. 67. Viola cheiranthifolia Hums. et Bonpr. Nat.-.Gr. [SCHIMPER.] runden, gleichsam wie ge- schoren aussehenden Büsche eindringen kann. So würde man sie treffend als Igel- büsche bezeichnen können; sie erinnern in ihrer Form an die allerdings kleineren, aber ebenfalls an extrem trockenes und windiges Klima angepaßten Asira- galus-Sträucher der klein- asiatischen Steppen I). Uebri- gens ist hier zu bemerken, daß die Ziegenherden in den Cafadas ausschließlich auf die Retamabüsche, deren junge Triebe sie verzehren, angewiesen sind, und daß es immerhin noch der Be- obachtung bedarf, inwieweit durch diese Tiere die äußere Form der Büsche verändert wird. Den größten Teil des Jahres stehen die grau- grünen, rutenförmigen, fein gerippten Zweige der Retama in blattlosem Zustande da. Die kleinen dreizähligen, mit dicht behaarten, lanzettlichen Teil- blättchen versehenen Laubblätter erscheinen zur Zeit der kurzen Niederschläge des Frühjahres, im Mai, haben aber nur kurze Lebensdauer und sind im Juli wieder verschwunden (Textfig. 66), Zugleich mit den Blättern erscheinen an den Büschen, bis tief an den Zweigen herab, für kurze Zeit die un- zähligen, in der Knospe erst rötlichen, dann weißen Blüten, die ihren Wohlgeruch weithin verbreiten und die dem reichlich abgeschiedenen Honig nach- gehenden Bienen aus den tieferen Regionen der Insel herbeilocken. Zu dieser Zeit (Mai und An fang Juni) ziehen Hirten mit Bienenstöcken in die Cafadas, um den Honig einsammeln zu lassen. Die mehrsamigen, mit lautem Geräusch aufspringenden, flachen, schwarzen Hülsen reifen im 1); Vegetationsbilder, 3. Reihe, Heft 6, E. ZEDERBAUER, Kleinasien, Tafel 32 u 33. 166 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 391 August und September. Ende September beginnt die rauhe Jahreszeit, und die Retama hält dann ihre mehrmonatliche Winterruhe I). Die Zweige der Retama haben ein so dichtes Gefüge ihrer Gewebe, sind so wenig saft- reich, daß sogar lebende Büsche leicht in Brand gesetzt werden können, und tatsächlich dient die Retama in der Hochregion als Brennmaterial, dessen Feuer keinen Rauch entwickelt. Obwohl in unserer Liste ($ 4) eine größere Anzahl von Gewächsen aus der oberen Region des Teyde verzeichnet ist, im ganzen 51 Arten, so sind von ihnen außer dem tonangebenden Spartocytisus nur noch 2 Arten von besonderer Wichtigkeit, nämlich die „Viola del Pico“, Frola cheiranthifolia Hums. et BonrL, und die Silene nocteolens WEBB et BERTH. Beide kommen am Teydekegel vor, erscheinen zuerst in einer Höhe von etwa 2400 m an der Montafa blanca und gehen, erstere am höchsten bis 3200 m (bei der Alta Vista), letztere nur bis 3000 m; das Pik- veilchen steigt also noch etwa 200 m höher am Berge empor als die Retama und vertritt dort allein die phanerogame Vegetation. ©. SımonY 2) fand Viola cheiranthifolia ım Geröll am Fuß der östlichen Kraterwände des Pico Viejo. Wir können erwarten, daß gerade in der Gestaltung dieser beiden krautigen Pflanzen der Einfluß der eigenartigen Lebensbedingungen sich besonders kräftig geäußert hat, und in der That zeigen sie eine merkwürdige habituelle Uebereinstimmung (Textfig. 67 und 68). Sie sind ausdauernde Kräuter, die aus ihren im Bimssteingeröll steckenden, mit weithin kriechenden Wurzeln versehenen, fleischigen, langen Wurzelstöcken im Frühjahr die mit lanzettlichen, dicht behaarten Blättern besetzten Stengel \ treiben. Vor dem Erscheinen der Blüten sind die Sprosse beider q Arten einander täuschend ähnlich, aber genauere Betrachtung lehrt, daß bei Vro/a die Blätter mit ihnen gleichgestalteten Nebenblättern versehen sind und daß namentlich die oberen seitliche Zipfel be- Tg 68. Slene. norkeoln: Wan’ et sitzen. Recht auffallend sind bei der Vio/a die großen amethyst- Bexrrm. */, nat. Gr. [ScHimrer.] blauen, mit gelbem, gestreiftem Auge versehenen Blüten, während die kleinen weißen Blüten der Szene zur Abendzeit durch ihren Duft die Insekten anlocken. Die Blütezeit dieser Gewächse dauert von Ende Mai bis zum Juli. F. C. Norr3) giebt an, daß ı) F. C. Nor, Der Pik von Tenerife, S. 80. 2) ©. Sımonv, Mitth. k. k. Geogr. Ges. Wien, Bd. XXXIII, 1890, S. 209. 3) F. C. Noll, Der Pik von Tenerife, S. 76 und 77. 167 392 H. SCHENcK, das Pikveilchen mit dem Reifen der Frucht oft schon Anfang des Sommers hinwelkt, er habe Anfang September nur noch zwei Exemplare, mit bereits entleerten Kapseln, gefunden. Hiola cheiranthifolia steht am nächsten der Viola triolor IL. die übrigens auch bis in die Voralpen unserer Hochgebirge aufsteigt; Sileme nocteolens schließt sich der Szene nutans L. und ihren Ver- wandten an. Beide sind also aus europäischen Arten hervorgegangen, die am Teyde unter der Einwirkung des eigenartigen Klimas und Bodens sich zu besonderen endemischen Formen um- gestaltet haben!), Aus dem Auftreten dieser beiden xerophilen Kräuter geht hervor, daß das Klima des Hochgipfels allein keineswegs dem Pflanzenwuchs eine Grenze setzt. Wenn seine oberste Flora so artenarm ist, so liegt die Ursache einerseits in der Seltenheit der Samenüber- tragung, anderseits in der ungünstigen Beschaffenheit des Substrats. Die verschlackten Laven und unfruchtbaren Bimssteinfelder des Piton verhindern in erster Linie hier die Ansiedelung der Pflanzen, worauf bereits A. v. Humsorpr?2) hingewiesen hat; sie bedingen auch, daß Viola und Siene den Boden nicht in dicht geselliger Vegetation überziehen können; die Formation trägt den Charakter einer Höhenwüste. Die extreme Trockenheit dieser Region bedingt das. vollständige Fehlen von polster- oder rasenbildenden Gräsern und Cyperaceen, im Gegensatz zu der unteren alpinen Region unserer europäischen Hochgebirge. Oberhalb der Grenze der phanerogamen Vegetation finden sich am Teyde nur noch einige wenige Kryptogamen3), nämlich 2 Moose und mehrere weit verbreitete Flechtenarten. Weissia verticillata SCHWAEGR. ein in Europa, Kleinasien und westlichem Nordafrika ver- breitetes Moos, in dichten sterilen Polstern im Gipfelkrater des Piton in Felsspalten, auch auf Canaria und Hierro. Frullania nervosa Mont. Endemisches Lebermoos am Pikgipfel mit der folgenden Art zusammen. Von Flechten sind in der Phytographia canariensis folgende erwähnt: C/adonia gracilis Horrm. Am Gipfel, besonders bei der Estancia de los Ingleses. Auch auf den höchsten Bergen von Canaria. Cladonia furcata Horrm. var. nivea Acn. Am Pikgipfel. Cladonia furcata Horrm. var. fygmaea Mont. Mit vorigen besonders an der Altavista. Im Ringgebirge und am Teyde zwischen 6000— 11000 Fuß sammelte K. v. FrırscH 4) folgende felsbewohnende Flechten: Lecanora flava var. oxylona ACH. Parmelia caperata Acn. 55 Iiparia Ach. = caesıa Horr. be oreina Acn. a speciosa W ALF. Parmelia elegans var. tenuis \WAHLEG. Gyrophora vellea var. spadochroa Acn. 5 dendritica PERS. Lecıidea geographıa var. atrovirens L. „ Partelina var. eclanea AcnH. Cladonia furcata var. vangıformis Horr. 1) Die Viola tricolor L. ß Barvifolia ist in der Lorbeerregion der Inseln verbreitet, ebenso wie SzZene nutans L. 2) A. v. HUMBOLDT, Reise in die Aequinoktialregionen, Uebersetzung, Bd. I, S. 155. 3) Vergl. BERTHELOT, Ge£ogr. bot., p. 24 und 58. Ferner C. MoNTAGNE in der Phytograph. canar., Sectio ultima, p. 39, 55, IIQ, 120. 4) Cf. F. C. NoLL, Der Pik von Teneriffa, S. 101. 168 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. Interessant ist auch das Vor- kommen einer Scylonema-Art am Gipfel, da blaugrüne Algen nach den FEr- fahrungen TrEugs auf Krakatau zu den ersten Pionieren vulkanischer Inseln ge- hören. Von den übrigen Pflanzen der alpinen Region sind noch 2 Arten zu erwähnen, die aus den Cafadas an den Abhängen des Pikkegels höher hinauf- gehen, nämlich Vepela teydea WERB et BEertH. bis zu 2700 m, und Zohum Auberianum We»B et BerTH. bis ca. 2650 m. Die meisten der in der Liste S 4 enthalten Gewächse sind als Begleitpflanzen der Retama in den Cafadas oder in den Felsen des Ringgebirges gefunden, sie treten nur vereinzelt und selten auf. Ueber die Beschaffenheit ihrer Stand- orte wird meistens nichts näheres mit- geteilt. Sicher aber ist die Retama- formation, nach öfteren Angaben der Autoren, auf weite Strecken hin absolut rein von jeglicher anderer phanerogamer Beimischung. ı) Die in Textfig. 69 abgebildete Pflanze stimmt in ihrem Charakter zu der von A. DE CoIncYv (Bulletin de l’Herbier BOISSIER, T. III, 1903, p. 275) gegebenen Dia- gnose von Zchium Bourgaeanum WEBB. Die Stengel und die Blätter sind mit weißen Borstenhaaren besetzt, die Staubgefäße ragen weit aus der violeten Krone hervor, während bei Zechrum Auberianum WEBB et BERTH. (Phyt. canar., T. III, tab. CXLIV) die Borstenhaare gelb- liche Färbung besitzen und von den Staubgefäßen nur dıe 2 vorderen ein wenig hervorragen, die 3 hinteren da- gegen eingeschlossen sind. CHRIST (Spicileg., S. 126) citiert Zchrum Bour- gaeanum als Synonym zu Zchium Auberianum. Beide Arten sind aber doch wohl zu trennen. Das abgebildete Exemplar wurde, nachdem es ab- geblüht hatte, von Herrn Prof. HAnsEN in Gießen dem botanischen Garten zu Darmstadt überwiesen. Nach Ab- schneiden des alten Blütenschaftes kamen aus dem unteren Teile des holzigen Stengels einige neue Blattsprosse hervor, die jetzt (Juli 1907) in guter Entwickelung stehen und wohl späterhin auch zur Blütenbildung übergehen werden, Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—1899. Bd. II. ı. Teil. Fig. 69. EZchrum Bourgaeanum WEBB!). eines kultivierten, 85 cm hohen Exemplars von PH. UHL im botanischen Garten Gießen, 3. Mai 1906. 169 Photographische Aufnahme 5o 2 H. SCHENCK, 394 Einige dieser selten vorkommenden Arten sind endemische, die nur der Gipfelregion angehören, andere sind wohl nur zufällig aus unteren Regionen nach oben hin verschlagen und konnten sich an geschützten Orten ansiedeln; einige sind von Europa her direkt dieser Region zugeführt worden. Die einzige alpine Pflanze, die das Teydegebirge und auch die Gebirgskämme von Palma und Madeira erreicht hat, ist Arabis albıida Srev., die unsere nahe mit ihr verwandte Arabıs alpina in den Gebirgen des südlichsten Mittelmeergebietes von Kleinasien und Abessinien bis zum marokkanischen Atlas vertritt. Ihr Standort auf Tenerife sind die Felsen des Ringgebirges. An den Hochgebirgspflanzen wiederholen sich vielfach ähnliche xerophile Einrichtungen wie an den Stauden und Sträuchern der basalen Region. Dichte Behaarung ist für viele charakteristisch, so für Arabis, Cistus, Lewophac, Echium, Pterocephalus, Andryala;, schmale pfriem- förmige oder schmallanzettliche Spreiten finden sich bei Mantago, Cheiranthus, Carlina, Echium; ericoider Typus bei Zolycarpaea, Micromeria, die Spartiumform außer bei Spartocylisus auch bei Zphedra; Zerteilung der Spreite in schmale Zipfel bei Szsyrmdrium, Andryala, Argyr- anthemum; Rhamnus integrifolia ist ein kleiner, sehr verästelter Strauch mit ausgebreiteten Zweigen und lederigen lanzettlichen Blättern; echte Succulenten aber fehlen. Auch die Federbuschform ist vertreten. Sowohl Cheiranthus scoparius Brouss.!), dessen dicke rigide Zweige an ihren Enden die lanzettlichen, 11/2 Zoll langen, grauweiß behaarten Blätter in schopfartiger Anordnung tragen, als auch Ferocephalus lasiospermus?) Lin. mit ähnlicher Blattbildung zeigen Annäherung an diese Gewächsform. Besonders aber ist Zorrum Bourgacanum Wepg hier zu erwähnen, eine stattliche Staude mit holzigem Stengel und einer dichten Rosette langer schmaler, weiß behaarter Blätter, die zur Blütezeit in einen hohen Rispenschaft mit violetten Blüten auswächst (Textfig. 69), Sie dürfte wohl als Hochgebirgsform des Teyde aus einem Echium der basalen Region hervorgegangen sein, ebenso wie Zehrum Auberianum WEBB et BErTH., dessen mehrere Centimeter dicker Schaft bis 1,50 m Höhe erreicht. Beide Arten sind nur aus der Hochregion des Teeyde bekannt. Die ökologischen und phänologischen Verhältnisse der Gipfelflora der Canaren bedürfen noch in vielen Punkten weiterer Untersuchungen. $ 3. Hochgebirgspflanzen auf Palma und Canaria, auf Madeira, Azoren. Auf Palma3) ist im Gegensatz zu Tenerife keine Hochebene nach Art der Cafadas vorhanden. An den basaltischen Felsen der exponierten Gipfel und Kämme, die sich über 2000 m erheben und im Roque de los Muchachos mit 2420 m ihren höchsten Punkt erreichen, kann sich daher keine ausgedehnte alpine Formation entfalten. Wir zählen auf Palma nach unserer Liste 10 Hochgebirgsarten, die größtenteils auch am Teyde vorhanden sind, außer zwei europäischen Unkräutern (Cerastium arvense L. und Alchemilla arvensis Scop.) und außer zwei für Palma endemischen Gipfelpflanzen (Viola palmensis WEBB et BERTH. und Zactuca palmensis BOLLE). ı) Nach Beschreibung und Abbildung in der Phyt. canar., T. I, p. 69 u. Taf. VI. 2) Ibid. T. III, p. 201. 3) Vergl. S. 241. 170 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 395 Viola palmensis wächst in Felsspalten zusammen mit den Rasen von Arabis albıda und Cerastium arvense. lm Gegensatz zu der ausgeprägt xerophilen Viola cheiranthifolia des Teyde trägt Viola palmensis!) den Habitus der Viola /utea unserer höheren Gebirge, der sie systematisch am nächsten steht. Ihre blauen Blumen sind aber größer. Ihre herabhängenden Stengel erreichen ıl/2 Fuß Länge. Die Charakterpflanze des Teyde, Spartocytisus supranubius, kehrt auf den höchsten Höhen des Roque de los Muchachos wieder, wo sie erst 1892 von Rev. P. Murray beobachtet wurde). Außer den bereits genannten Arten sind auf den Gipfeln Palmas vorhanden: Cheiranthus scoparius Brouss. in der auch auf Canaria vorkommenden var. Zindleyi WEBB. Micromeria julianoides WEBB et BERTH. in der Varietät falmensis BoLLe. Plantago Webbii Barn. Senecio palmensis CHR. SM. Tolpis lagopoda CHR. SM. Auf Gran Canaria?) liegen die Verhältnisse ähnlich wie auf Palma, die Gipfel und Kämme bleiben aber niedriger, denn der höchste Punkt Pico del Pozo de las Nieves mißt nur I9Io m. Mit der Hochregion des Teyde haben die Gipfel Canarias folgende 3 Arten gemeinsam: Polycanpaea arıstata Cur. SM, Cheiranthus scoparius Brouss. und Zewophae dasygnaphala WEBB et BERTH. Von europäischen Unkräutern haben sich auf ihnen angesiedelt: P/antago Loeflingü L. und Alchemilla arvensis Scor. Endemische Gipfelarten sind die 3 Micromerien M. Denthami WEBB et BErTH, M. lanata BENTH., M. helianthemifolia WEBB et BERTH, ferner Scrophularıa callıantha WERB et BERTH., Genista congesta Link und Z’renanthes pendula C. Scuurız Bıp. Die letztgenannte Art, ein sehr eigen- artiger Halbstrauch, dessen Zweige von den Felsen herabhängen, dürfte wohl eher der Waldflora zuzurechnen sein, denn sie wächst auch in Felsspalten an Waldrändern des Tirajanakessels ®). Genista congesta, ein dicht beblätterter Strauch von der Größe des Ulex europaeus, mit filzigen, kleinen, 3-zähligen, lineallanzettlichen Blättchen, wächst an den Abhängen des Roque de Saucillo zusammen mit den ericoiden Micromerien. Die typischen Hochregionspflanzen des Teyde, Spartocytisus, Viola und Silene, fehlen ebenso wie auch die alpine Arabis albıda. Die übrigen Canarischen Inseln ragen mit ihren höchsten Erhebungen nicht über die Waldregion hinaus. Die Insel Madeira erreicht in ihrem höchsten Gipfel, dem Pico Ruivo, nur 1846 m, im Pico dos Arrieiros 1796 m, bietet also einer ausgedehnten alpinen Formation keinen Raum. In höheren Lagen der Insel erscheinen manche mitteleuropäische Kräuter und Gräser angesiedelt >). Das alpine Element der europäischen Hochgebirge ist aber nur sehr schwach vertreten. Außer Arabis albida Syev. kann hier die endemische Viola paradoxa LowE genannt werden, die auf ı) Abbild. in Phytogr. can., T. I, tab. XIV. 2) BORNMÜLLER, Botan. Jahrb., Bd. XXXIII, S. 437. 3) Vergl. S. 240. 4) Abbildung in Phytogr. canar., T. IH, tab. CXXIV u. p. 421. 5) Siehe M. VAHL, Ueber die Vegetation Madeiras, Botan. Jahrb., Bd. XXXVI, 1905, S. 272. DAT 502 H. SCHENCK, 396 den höchsten kahlen Felsen des Pico dos Arrieiros und der benachbarten Gipfel auftritt und mit der V. calcarata unserer Alpen verwandt ist. An Felsen der oberen Region wächst auf Madeira die endemische Saxıfraga maderensis Don. die den südspanischen und marokkanischen Arten dieser Gattung am nächsten steht 1). LowE2) nennt als Pflanzen seiner 4. Region „Highest Peaks—Rocky crags and summits from 5500 to ca. 6000'“: Arenaria serpyllifolia L., Cerastium tetrandrum Curt, Eriwa cinerea L., Viola paradoxa Lowe, Armeria maderensis LowE, Avena marginata Lowe. Auf den Azoren erhebt sich der Kegelvulkan von Pico bis zu 2320 m. Oberhalb der immergrünen Maquisregion haben sich zwar einige mitteleuropäische Arten angesiedelt und be- herrschen den Boden; alpine Arten aber fehlen hier vollständig 3). Im Mittelmeergebiet bietet der Aetna auf Sicilien ein Analogon zum Pik von Tenerife. Sein Gipfel erhebt sich zu der stolzen Höhe von 3274 m. Nach der auf Pmurmprs Angaben fußenden Darstellung Geıserach’s#) liegt die obere Grenze der Waldregion (Oxercus pubescens, Fagus, Betula und Laricio-Kiefer) bei 1946 m; die Zarzrcio-Kiefer, der canarischen auf Tenerife entsprechend, tritt von 1250 bis 1950 m auf und zugleich mit ihr ein auch auf Sardinien heimischer Ginsterstrauch, Genista aetnensis DC., dessen obere Grenze bei 1880 m liegt. Dieser Ginster bildet einen schnell blattlos werdenden hohen Strauch von Zp%edra-Habitus, erinnert also an die Retama blanca des Teyde. Ueber der Waldgrenze folgt am Aetna eine alpine Region, die zu unterst subalpine, aus der Waldregion emporgestiegene Sträucher beherbergt, nämlich Juniperus hemisphaerica, Berberis aetnensis und Astragalus siculus, letztere bis ca. 2390 m. Alpine Stauden in geringer Zahl steigen aufwärts, zerstreut vorkommend, bis 2809 m, darüber hinaus ist der Gipfel wie am Teyde frei von phanerogamer Vegetation. Die Ursache für die Pflanzen- armut des Gipfels führt Pririprr in erster Linie zurück auf die Trockenheit des Bodens und die stets erneuerten Ueberschüttungen der Abhänge mit eruptiven Massen, aber auch auf den durch die isolierte Lage des Berges erschwerten Austausch mit anderen alpinen Vegetationscentren. Nach Ener 5) ist die Zahl der mitteleuropäischen Glacialpflanzen auf den Apenninen und sogar noch auf den Abruzzen eine recht beträchtliche, am Aetna aber fehlen rein alpine Pflanzen, da der Lavaboden ihrer Ansiedelung nicht günstig is. Nur einige Arten der unteren Regionen steigen in die strauchlose Region hinauf und haben dort Hochgebirgsformen gebildet, wie z. B. Senecio squalidus var. aelnensis (Jan.) und Aumex scutatus var. aelnensis PRESL. $ 4. Verzeichnis der Gefässpflanzen der alpinen Region der Canaren?). Die erste, nur 12 Arten umfassende Liste der Pflanzen der Retamaregion gab L. v. Buch”). Die nachfolgende Zusammenstellung gründet sich hauptsächlich auf die Angaben von Wesg und I) CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 506. 2) R. TH. Lowe, Manual flora of Madeira, 1888, p. IV. 3) Vergl. S. 367. 4) A. GRISEBACH, Vegetation der Erde, Bd. I, S. 353. 5) ENGLER, Entwickelung der Pflanzenwelt, Bd. I, 1879, S. 108 u. 109. 6) Die Endemen kursiv gesperrt gedruckt. 7) L. v. BucH, Gesammelte Schriften, Bd. III, S. 392. 73 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln, 397 BERTHELOT, BOLLE, CHRIST, BORNMÜLLER etc. in den citierten Werken. Vielleicht wird die Liste später noch weiteren Zuwachs erfahren, doch kann es sich dann nur um lokal auftretende Ge- wächse oder um gelegentlich versprengte Eindringlinge aus tieferen Regionen handeln. Gnetaceae. 1. Zphedra equisehiformis WeEsB et Berin. (= Z. nebrodensis Tıneo) Felsstrauch im Ring- gebirge des Teyde. (Mittelmeergebiet, Nord-Asien.) Gramineae. 2. Aıra caryophyliea 1. Häufig in der montanen Region der Inseln, auf Tenerife nach Christ auch zwischen den Retamabüschen. (Europa, Orient, Madeira, Azoren.) 3. Festuca laxa Mass. Tenerife, an den Felsen des Cafadas-Circus. Nach Sımonv auch auf dem Gipfel des Guajara, 2715 m, und an der Fuente des Guajarapasses, 2240 m. (Europa.) Caryophyllaceae. 4. Stlene nocteolens WEB et Berrm. Auf Tenerife am Teyde von der Montafia blanca aufwärts, 2400—3000 m, zusammen mit Viola cheiranthifolia. (Endemisch.) 5. Cerastium arvense Linn. Auf Tenerife nach Curisr in der Hochregion des Teyde. Auf Palma nach Wes» und BErrmeror am Gipfel El Lomo del Biscayno zusammen mit Viola palmensis und Arabis albida. (Temperierte Zone der nördlichen Hemisphäre.) 6. Siellaria media Vır.. Tenerife, auf feuchtem Flußsand. Nach L. v. Buch auch an der Quelle der Angostura im Circus des Pik. (Temperierte Zone der alten Welt.) 7. Polycarpaea tenuis Were. (P. aristata WEBB syn. ined. nec Chr. Sm.) Auf Tenerife in den Cafadas des Teyde in Felsspalten ca. 2000 m. Auch auf Palma, bei geringerer Höhe, vorkommend. (Endemisch.) 8. Polycarpaea aristata Cur. Sm. Tenerife, in den Cafadas und an den Felsen des Cafiadasgebirges; in Barrancos bei Guimar. Canaria, auf der Cumbre. (Endemisch.) Cruciferae. 9. Arabis albida Sıev. Auf Tenerife nur in der alpinen Region des Teyde in den Montafias de las Cafiadas. Auf Palma auf den Gebirgskämmen (Cumbre nueva, Cumbrecita etc.). (Alpine Pflanze der Mittelmeerzone vom Orient bis zum Atlas. Auch auf Madeira.) 10. Sisymbrium Bourgaeanum Wess, Christ. Auf Tenerife in der alpinen Region des Teyde an Felsen der Montafias de las Cafiadas bis zu der Montafa de las arenas negras. (Endemisch.) ı1. Cheiranthus scoparius Brouss. (Dichroanthus scoparius WEBB et BERTH. var. a. Poiret. Auf Tenerife in den Montafas de las Cafiadas an Felsen. (Endemisch.) 12. Cheiranthus scoparius Brouss. var. ß Zindleyi WEBB syn. (Dichroanthus muta- bilis y et 5 Were.) (Nach Christ vielleicht als besondere Art zu betrachten.) Auf den Gebirgs- kämmen von Gran Canaria, 8S00—ı1600 m, und Palma. Nach BornmÜLLER auch auf Hierro (Sabinosa 500—600 m). (Endemisch.) 173 39 8 H. SCHENCK, Violaceae. 13. Viola cheiranthifo /ia Hums. et Bone. (Canar.: „Viola del Pico“) Auf Tenerife am Teyde von der Montafia blanca bis zur Alta vista, 2400—3200 m. (Endemisch.) 14. Viola palmensis WeEss et Bern. (Canar.: „Pensamiento de la Cumbre“) Auf Palma auf den höchsten Gebirgskämmen, Cumbre de Garafia, Lomo del Biscayno. (Endemisch.) 15. Viola silvestris (Lam. p. p.) Rcne. Auf Tenerife in der montanen Region, nach BORNMÜLLER auch in den Cafiadas. (Europa, Asien.) Cistaceae. 16. Cistus osbeckiaefolius Wer = Cistus ochreatus Chur. Sm. Auf Tenerife in den nördlichen Cafadas des Teyde am Passe La Degollada del Cedro. (Endemisch.) Geraniaceae. 17. Erodium cicutarium LH£rır. Auf den Inseln häufig. Auf Tenerife auch zwischen den Retamas der Hochregion (Chrisr). (Mittelmeergebiet, in Europa, Asien weit verbreitet Madeira, Azoren.) Rhamnaceae. 18. Rhamnus integrifolia DC. (Rh. coriacea Brouss.). Canar.: „Moralito“. Tenerife, selten und zerstreut in Felsspalten der Montafias de las Cafiadas auf der Südseite des Teyde. (Endemisch.) Rosaceae. 19. Alchemilla arvensis Scor. An den höchsten Stellen der Cumbre nueva von Palma. Auf Canaria am Monte Pico de Osorio. (Nördliche temperierte Zone.) >20. Rosa armidae WeErB et Berrm. Canar. „Rosal de la Cumbre“. Tenerife, häufig an Felsen der Montafas de las Cafadas und in den Cafadas. (Var. von Rosa canına L.?) 21. Sorbus arıa Crantz. Canar.: „Manzanero de la Cumbre“. Tenerife, an Felsen der Montafias de las Cafadas. (Europa, Gebirge des Mittelmeergebietes.) Papilionaceae. 22. Spartocytisus supranubius Cnrisr. (Spartium supranubium L. Nil, Spartocytisus nubigenus Wx»» et Berin.) Canar.: „Retama blanca“. Tenerife, in den Cafadas und am Teyde aufsteigend bis 3050 m. Palma, auf den höchsten Höhen am Roque de los Muchachos. (Endemisch.) 23. Genista congesta Lmx. (G. microphyllia DC) Auf der Cumbre von Gran Canaria. (Endemisch.) Umbelliferae. 24. Pimpinella Buchii Wes» et Berrn. Tenerife, in Felsspalten der Montafias de las Cafiadas. (Endemisch.) 174 ee Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 399 ÖOnagraceae. 25. Fpilobium angustifolium L. Auf Tenerife in der oberen Region, am Pico de Teyde. (Europa, Nordasien, Nordamerika; Madeira.) Boraginaceae. 26. Echium Auberianum WeEBB et BerrH. Tenerife, in den Felsen der Cafiadas selten, am Teyde auf der Montafia blanca. (Endemisch.) 27. Echium Bourgaeanum Were. Tenerife, Cafadas. (Endemisch.) L.abiatae. 28. Micromeria Denthami WEB» et Berrn. Auf Canaria häufig an den höchsten Felsen des Roque de los Saucillos. (Endemisch.) 29. Micromeria lanata Bentn. Auf Canaria in der obersten Region. (Endemisch.) 30. Micromeria Julianoides Wess et Berrn. Tenerife, Hochregion zwischen den Retamabüschen in den Cafadas selten. (Endemisch.) 31. Micromeria jJulianoides Wess et BerrH. var. fjalmensis Borre. Auf Palma in der obersten Region. (Endemisch.) 32. Micromeria helianthemifolia Wer et Bern. Auf Canaria in der obersten Region an Felsen. (Endemisch.) 33. Micromeria teydensis BorLe. Auf Tenerife in der Gipfelregion. (Endemisch.) 34. Mepeta teydea WesB et BEerım. Auf Tenerife in den Cafiadas an Felsen bei 2000 m und am Teyde (Lomo Tiezo) bei 2700 m. (Endemisch.) 35. Leucophae dasygnaphala Wess et BerrH. Auf Tenerife bei Chasna in sub- alpiner Region, ferner in den Cafiadas. Auf Canaria auf der Cumbre oberhalb Tejeda häufig bei 15— 1700 m, ferner am Roque de los Saucillos.. (Endemisch.) Scrophulariaceae. 36. Scrophularia glabrata Ar. Canar.: „Yerva de la Cumbre“. Auf Tenerife nach Were und BErTHELoOT in den Cafadas und auf dem Ringgebirge. Nach Christ aber auch in den unteren Regionen der Insel. (Endemisch.) 37. Scrophularia calliantha Wer» et Berrn. Auf Canaria nach BorNnMmÜLLER bei 1ı6—1700 m auf der Cumbre zwischen S. Mateo und Tejeda. Wohl kaum als alpin zu be- zeichnen, scheint eher der Waldflora anzugehören. (Endemisch.) Plantaginaceae. 38. Plantago Webbii Barntoup. Auf Tenerife in den Cafiadas am Teyde. Auf Palma in der obersten Region. (Endemisch.) 39. Plantago Loeflingii L. Auf Canaria nach BornmÜLLEerR auf der Cumbre bei 1700 bis 1800 m. (Mittelmeergebiet, Orient.) 175 400 H. SCHENCK, Dipsacaceae. 40. Pterocephalus lasiospermus Lin®. Auf Tenerife in den Felsen der Cafadas selten. (Endemisch.) Compositae. 41. Argyranthemum anethifolium WERE. (Chrysanthemum anethifolium Brouss.) Auf Tenerife in den Canadas. (Endemisch.) 42. Senecio palmensis CHur. Sm. Canar.: „Turgayte“ Palma, an Felsen in der montanen Region. Auf Tenerife in den Montafas de las Canadas. (Endemisch.) 43. Senecio Heritieri DC. Tenerife, in der oberen montanen Region, nach WEBB aber auch am Ringgebirge der Canadas bei Chasna. (Endemisch.) 44. Carlina xeranthemoides Linn. fill. Tenerife, an Felsen oberhalb der Quelle Traste de Dofia Beatriz bei Chasna; ferner an Felsen der Montafias des las Cafadas. Selten. (Endemisch.) 45. Centaurea arguta Ners. Tenerife, in der montanen Region und aufsteigend auf die Montafas de las Cafnadas. Auf Palma in der Kiefernregion. (Endemisch.) 46. Serratula canariensis C. ScuurLrz Bipont. Tenerife, in den Cafadas des Teyde; an der Chahorra am Westfuß des Teydekegels. (Endemisch.) 47. Tolpis lagopoda Cur. Sm. Tenerife, auf der Cumbre oberhalb Orotava. In den Cafadas und am Fuße des Teydekegels. Auch auf Palma. (Endemisch.) 48. Tolpis Webbii C. Scuurrz Bipont. Tenerife, in der Waldregion nicht selten, aber auch in den Cafiadas. (Endemisch.) 49. Andryalateydensis C. Scnurrz Bipont. (Nach Cnrrisr eine Form der Andryala Pinnatifida Ar. var. stricla Curisr.) Tenerife, an Felsen am Südfuß des Teyde oberhalb Chasna. Andryala pinnatifhda ist in der unteren Region der Canaren verbreitet, die var. stricta besonders an subalpinen Standorten. (Endemisch.) 50. Prenanthes pendula C. Scnurız Bipont. Canaria, nach Christ in der obersten Region, nach Wer und BERTHELOT an Felsen, Waldrändern des Thales Tirajana. Die Pflanze wohl kaum zur alpinen Flora gehörig. (Endemisch.) 51. Lactuca palmensis Borre. Palma, oberste Region. (Endemisch.) $ 5; Herkunft der Gefässpflanzen der alpinen Region der Canaren)'). Nach der Liste $ 4 sind 51 Gefäßpflanzen in der obersten Region der Canaren beobachtet worden, die meisten naturgemäß auf Tenerife. Ihrer Herkunft nach ordnen sich diese Arten in folgende Gruppen: ı. Kontinentale Arten. a) Mitteleuropäische Arten, die auch in tieferen Regionen auftreten: Ara caryophyliea, Cerastium arvense, Viola silvestris, Brodium cicutarium. 1) Vergl. hierzu CHRIST, Vegetation und Flora der Canarischen Inseln, S. 490 u. 506. 176 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 401 b) Mitteleuropäische Arten, die nur in der alpinen Region der Canaren wiederkehren: Festuca laxa, Epilobium angustifolium, Alchemilla arvensis, Sorbus Aria. c) Aus dem Mittelmeergebiet: Plantago Loeflingü, Ephedra nebrodensis. d) Aus dem Hochgebirge des südlichsten Mittelmeergebietes: Arabıs albıda. 2. Endemische Arten. a) Abgeleitet von mitteleuropäischen Arten: Silene nocteolens, verwandt mit S. nufans L. Viola cheiranthifolia des Teyde, verwandt mit Viola tricolor L. Viola palmensis von Palma, verwandt mit Vro/a lutea Sm. Viola paradoxa LowE von Madeira, verwandt mit Viola calcarata L. Die Thatsache, daß aus drei verschiedenen europäischen Veilchenarten drei atlantische Hochgebirgsformen, nach Inseln geschieden, hervorgegangen sind, verdient besonders bemerkt zu werden. Nur vereinzelt und sehr selten wurden Samen europäischer Gebirgspflanzen durch Vögel nach den entfernt liegenden isolierten Standorten übertragen. b) Abgeleitet von Mittelmeerpflanzen. Hierher gehören fast alle übrigen Arten unserer Liste. Die meisten davon sind verwandt mit endemischen Arten mediterraner Herkunft der unteren Regionen; einige sind nicht auf die alpine Region allein beschränkt, sondern kommen auch tiefer abwärts vor. Wir zählen aber auch einige endemische, ausschließlich in der Hochregion vorkommende Arten, die in tieferen Regionen keine Verwandten haben, sondern direkt an Typen des Mittelmeer- gebietes sich anschließen, also aus ihm wohl direkt in die canarische Hochregion gelangt sind, nämlich: Pimpinella Buchüi, Plantago Webbii verwandt mit ZZ. Cynops, Nepeta teydea, Serratula canariensis nach Curist (Veget., S. 496) an die AAapontica der südlichen Alpen und auch an Rh. acaule DC. Nordafrikas erinnernd; Zachuwca palmensis BoLLE verwandt mit Z. Perennis L. Hierher ist auch Spartoeytisus supranubius Curisv zu rechnen; diese Gattung wird als eine be- sondere Sektion zu CyZisus gestellt und umfaßt 4 Arten im Mittelmeergebiet !). c) Abgeleitet von alten canarischen Typen, welche zu der heutigen mediterranen Flora nicht in direkter Verwandtschaft stehen, vielmehr in Südafrika oder in anderen Gebieten ihre nächsten Verwandten haben: Argyranthemum anethifolium hat mit A. /rutescens der basalen Region seine Verwandten in Südafrika. Senecio Heritieri desgl. Rhamnus integrifolia desgl. Senecio palmensis, verwandt mit Himalaya-Arten. Prenanthes pendula, Verwandte im Himalaya und auf Socotra. 1) TAUBERT, Nat. Pflanzenfamilien, III,, S. 239. 177 Deutsche Tiefsee-Expedition 1898—ı8gg. Bd. II. ı. Teil. 51 402 H. SCHENCK, Aus Vorstehendem ergiebt sich, daß die Mehrzahl der alpinen Arten aus den tieferen Regionen der Inseln stammt. Die Zahl der aus Europa eingewanderten Arten ist nur eine sehr geringe im Vergleich zu der so reichlichen Besiedelung der unteren Region. Dies erklärt sich zunächst aus der Beschaffenheit des Bodens, der für die Keimung der durch Vögel herbeigebrachten Samen höchst ungünstige Verhältnisse bietet. Eine große Seltenheit muß es also sein, wenn an irgend einer geschützten Stelle einmal eine Pflanze Fuß fassen kann. Die extremen klimatischen Bedingungen werden dann aber in hohem Maße die Bildung endemischer xerophiler Formen begünstigen. VI. Canarische Nutz- und Kulturpflanzen. (Von H. SCHENCK.) 1. Einheimische Nutzpflanzen. Litteratur: die citierten Schriften von Wer und BERTHELOT, ScHAacHTt, BOLLE, CHRIST. Außerdem vergl. auch: F.C. Nor, Das Thal von Orotava auf Teneriffa. Progr. d. höh. Bürgerschule Frankfurt a. M., 1872. W. Kaumrr, Die Erwerbsquellen auf den Canarischen Inseln und ihre Wandlungen. Inaug.-Diss. Bonn, 1894. K. SaPpER, Ackerbau auf den Canarischen Inseln. Der Tropenpflanzer, 1906, S. 305. — Die Canarischen Inseln. Geogr. Zeitschr., 1906, S. 481. Ascomycetes. ) Weiße Trüffeln, „Turma“, im Pinar von Tenerife, Canaria etc, auch auf Fuerteventura, werden von den Einwohnern gegessen. Lichenes. Roccella-Arten, „Orchilla“ (R. tinctoria DC. R. fuciformis L., R. phycopsis AcH. und R. cana- riensis DARBISH.). Seit alters her wurden die Orseilleflechten besonders auf Fuerteventura, Lanzarote, Hierro, Tenerife als Purpur liefernde Farbflechten gesammelt. Ihr verdanken die östlichen Inseln im Altertum den Namen der Purpurarien. Parmelia perlata Ach. wird aus Fuerteventura als „Canary moss“ nach England exportiert, wo sie zur Tuchfärberei dient. (BOLLE, Bot. Rückbl., S. 232.) Filices. Pteris aquilina L. Die stärkemehlhaltigen Rhizome wurden bereits von den Guanchen und werden noch heute von den ärmeren Canariern, besonders auf Gomera, geröstet und zu Mehl oder „Gofio“ vermahlen, von dem sie eine Art Schwarzbrot backen. (BOLLE, Gomera, S. 256.) Gofio bildet ein Hauptnahrungsmittel der Einwohner, wird gewöhnlich hergestellt aus Gretreide- körnern (Mais, Weizen, Roggen) und Leguminosensamen (Bohnen, Erbsen, Kichererbsen), die bis zum Platzen geröstet und dann zu grobem Mehl gemahlen werden. In der Regel werden 2 Sorten Gofio gemischt und in Form von Brei oder Suppe genossen (CHRIST, Frühlingsfahrt, S. 129; MEYER, Tenerife, S. 37 und 239). Dem Farnwurzelgofio mischt man Roggen und Weizen bei, um ihn nahrhafter zu machen. Dicksonia Culcita H&ERIT. Die Spreufarne werden auf den Azoren, wo dieser Farn noch häufig ist, als Polstermaterial für Matratzen und Kissen verwertet. Coniferen. Pinus canariensis CHR. SM. Das sehr harzreiche, von den Canariern „Tea“ genannte Holz ist ungemein dauerhaft, bleibt mehrere 100 Jahre unverändert, wird nicht von Insekten angegriffen; es 1798 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 403 findet Verwendung zum Hausbau und Schiffsbau, zu Utensilien verschiedenster Art, liefert gute Holz- kohlen. Das Kienholz, in Späne geschnitten und zu Bünden gebunden, als Fackeln benutzt. Der Stamm liefert Harz, Pech und Teer. Die Pinienkerne wurden von den Eingeborenen gegessen. Liliaceae. Dracaena Draco L. Die Blätter werden in der trockenen Jahreszeit als Futter geschnitten, daher der Drago auf Tenerife öfters angepflanzt (CHRIST, Frühlingsfahrt, S. 202). Die kirschengroßen, mennig- roten Beeren als Futter für Schweine benutzt, übrigens auch von Kindern verzehrt. Ausgehöhlte Aeste dienen zu Bienenstöcken. Drachenblut, das Harz aus der Rinde, wurde in früheren Zeiten in größerer Menge als wertvollstes Erzeugnis der Inseln gewonnen, fand wegen seiner adstringierenden Wirkung medizinische Verwendung sowie technische Verwendung als Farbstoff zu Lacken. Ueber Drachenblut vergl. H. LOJANDER, Beiträge zur Kenntnis des Drachenblutes, Dissertation Straßburg 1887. Dracaena liefert Fasern zu Stricken. Palmae. \ Phoenix Jubae WEBB. Liefert durch Anbohren der Krone Palmwein, „Garapo“, aus dem durch Einkochen Palmhonig, „miel de garapo“, gewonnen wird. Die kleinen orangefarbigen Früchte, „Tamaras“, auf Gomera „Gamames“ genannt, sind eßbar, enthalten aber nur sehr wenig Fruchtfleisch, werden als Schweinefutter verwertet. (BOLLE, Gomera, S. 237.) Die gebleichten Blätter finden Verwendung als Palmwedel zu Ostern, wie im Mittelmeergebiet diejenigen der Phoenix dactylifera. Die Blattstiele und Fiedern liefern Matten, Körbe, Hüte, der weib- liche Spadix Besen. (CHRIST, Frühlingsfahrt, S. gı.) Myricaceae. Myrica Faya Aırt. Die dunkelroten, etwas adstringierend schmeckenden Beeren, „Cresas“, werden roh genossen und auch getrocknet zu Gofio vermahlen. (BOLLE, Gomera, S. 256.) Aizoaceae. Mesembrianthemum erystallinum L. Wurde früher, im vorigen Jahrhundert bis zu Beginn der zoer Jahre, in größerem Maßstabe auf den Purpurarien angebaut und lieferte die „Barilla“ oder die durch Verbrennen der Pflanze gewonnene, zu Stein verhärtete, sodahaltige Asche (BOLLE, Bot. Rückbl., S. 235; KAMPF, S. 65). Jetzt wird die Pflanze kaum noch gebaut, aber die wildwachsenden Pflanzen werden noch gesammelt und an Exporthändler verkauft. (SAPPER, Canarische Inseln, S. 497.) Mesembrianthemum nodiflorum L. Wurde ebenfalls, aber in geringerem Grade zur Gewinnung der Soda benutzt. Die stärkemehlhaltigen Samen dieser als „Cosco“ bezeichneten Pflanze wie auch die- jenigen der vorherigen Art wurden von den Ureinwohnern und werden auch jetzt noch von den Ein- wohnern bei Getreidemangel geröstet und zu Gofio gemahlen. Bautacesae. Laurus canariensis WEBB et BERTH. „Laurel“. Die Früchte enthalten wohlriechendes fettes Lorbeeröl. SCHACHT (S. 103) giebt an, daß im Norden Madeiras dieses durch Auskochen der Früchte mit Wasser erhaltene Oel auf Lampen gebrannt wird. Holz gelblichweiß, hart. Apollonias canariensis NEES, „Barbusano“. Holz sehr wertvoll, hart, dunklem altem Mahagoni ähnlich. Ocotea foetens BENTH. et HooR., „Til“. Kernholz sehr hart, braungrünlich, zuletzt dunkel- schwarz, fast dem Ebenholz gleichend, nimmt schöne Politur an. Verwendung zu Mobiliar. Frisch- gefälltes Holz hat einen höchst unangenehmen Geruch. (SCHACHT, Madeira, S. 100.) Persea indica SPRENG., „Vinatico“. Braunes Kernholz, das sog. „Madeira-Mahagoni“ des Handels, nimmt vortreffliche Politur an. Verwendung zu Mobiliar. (SCHACHT, Madeira, S. 102.) 179 404 H. SCHENCK, Ternstroemiaceae. Visnea mocanera Juss. Die Beerenfrüchte, „Mocanes“, werden gern genossen. Ein aus ihnen bereiteter Sirup wird von den Eingeborenen als Mittel gegen Hämorrhagien benutzt. Zygophyllaceae. Zygophyllum Fontanesii WEBB et BERTH. Succulenter Strandstrauch, liefert beim Verbrennen sehr gute Soda. Anacardiaceae. Pistacia atlantica DESF. Dieser früher sehr verbreitete Baum lieferte wertvolles Gummiharz, „Goma de almacigo“, besonders auf Gomera, wo infolgedessen der Baum ausgerottet ist. (BOLLE, (Gomera, S. 226 u. 256.) Das sehr harte Holz ist braun marmoriert. Rhus coriaria L., „Sumach“. Blätter und junge Zweige als Gerb- und Färbematerial zum Gelbfärben. Cneoraceae. Cneorum pulverulentum VENT., „Lena buena“. Die durchbohrten Früchte von den Ureinwohnern zu Ketten benutzt. (CHRIST, Frühlingsfahrt, S. ıı1.) Die Pflanze gilt als Heilmittel gegen Fieber. Euphorbiaceae. Euphorbia canariensis L. Die durch Feuer abgetöteten und dann getrockneten Stämme des „Cardon“ liefern Brennmaterial. (SCHACHT, Madeira, S. 129.) Euphorbia balsamifera Aır., „Tabayba dulce“. Der weiße, nicht scharfe, an der Luft rasch zähen Firnis bildende Milchsaft wurde bereits von den Guanchischen Hirten und wird noch heute benutzt, um die Euter der milchenden Ziegen zu verkleben, damit die jungen Tiere die Milch nicht wegsaugen können. (SCHACHT, Madeira, S. 130.) Auf Fuerteventura bildet diese Euphorbia ausgedehnte Bestände und ist dort wichtig als Brennholz liefernder Strauch. Crassulaceae. Sempervivum arboreum L. und balsamiferum (WEBB). Nach BOLLE (Bot. Rückblick, S. 246) dienen die zerquetschten Pflanzen zur Herstellung einer Art Leim, mit denen die Fischer ihre Netze und Angelschnüre überziehen, um sie dauerhafter zu machen. Thymelaeaceae. Daphne Gnidium L. Die Baststreifen der Rinde als Material zum Binden. Rosaceae Rubus ulmifolius SCHOTT. Brombeere. Fragaria vesca L., „Fresas“. Erdbeere, häufig an Waldrändern, so im Valle de Orotava. Papilionaceae. Spartocytisus supranubius CHRIST. Als honigliefernder Strauch von Wichtigkeit. Brennmaterial der Hochregion. Ericaceae. Arbutus canariensis VEILL. Die orangegelben, aprikosengroßen Früchte, „Madronos“, sind wohl- schmeckend. 180 Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 405 Oleaceae. Notelaea excelsa WEBB et BERTH. Holz sehr gut und hart, wird zu allerhand Gerätschaften und Instrumenten verwendet. Convolvulaceae. Convolvulus scoparius, „Lena no@l“ oder Alo&holz der Canarier. Die Wurzeln enthalten intensiv nach Rosen duftendes ätherisches Oel und wurden daher in großen Mengen nach Europa exportiert. Convolvulus floridus. Die Wurzein enthalten ebenfalls wohlriechendes Oel, aber in schwächerem Grade als bei voriger Art. Campanulaceae. Canarina campanula L. Die schwarzen Beerenfrüchte, „Bicacaros“, werden gegessen. 2. Kulturpflanzen )). Das gleichmäßige und warme Klima der basalen Region ermöglicht an geschützten Stellen die Kultur mancher tropischer und subtropischer Nutzpflanzen, Palmen und Fruchtbäume: Persea gratissima GÄRTN., „Aguacate‘. Anona squamosa L. Anona cherimolia MILL., „Cherimoya“. Psidium Guayava RADDI. „Guajava“. Jambosa malaccensis DC., „Pomarosa“. Eugenia uniflora L., „Pitanga“. Eriobotrya japonica LINDL. Carica Papaya L. Mangifera indica L. Coffea arabica L. Nur in geringem Maße in Gärten angepflanzt. Musa sapientum L., „Plätanos“. Bananen werden in größerem Maßstabe gezogen und nach Europa exportiert. Saccharum officinale L. Zuckerrohr wurde bald nach der Eroberung im 16. und ı7. Jahrhundert hauptsächlich auf den westlichen Inseln angebaut. Auch heute sind noch einige Plantagen auf Palma, Tenerife, Canaria in Betrieb (so bei Los Silos auf Tenerife, MEYER, Tenerife, S. 122). Colocasia antiguorum SCHOTT, „Iiama“, „Taro“, wird viel in der Nähe der -Bäche gebaut. Ipomoea batatas Lam. Cocos nucifera L. An geschützten Stellen reifen die Früchte. Opuntia ficus indica L., in geringem Maße auch O. Tuna MirLL. Zur Cochenillekultur angebaut. Beginn 1828, Hauptblütezeit 1850—ı870. (Vergl. E. WIEPEN, Die geographische Verbreitung der Cochenillezucht, Inaug.-Diss. Bonn, 1890, und W. KAMPF, I. c. S. 60.) Phoenix dactylifera L., „Palma datil“, liefert sehr gute, große, schwärzliche Datteln. Naturgemäß haben in erster Linie die im Mittelmeer verbreiteten Fruchtbäume und Kulturpflanzen weite Verbreitung gefunden; in höheren Lagen treten dazu auch die mitteleuropäischen: Ficus carica L. Besonders gute Feigen auf Hierro. Citrus aurantium L. Orangen werden in großer Menge versandt. Olea europaea L. Besonders auf Canaria. Eucalyptus globulus La». Punica Granatum L. Ceratonia Siligqua L. I) Vergl. Literatur S. 402. 181 H. ScHenck, Beiträge zur Kenntnis der Vegetation der Canarischen Inseln. 406 Ouercus suber L. Morus alba L. Zur Seitenraupenzucht. Amygdalus communis L. Amygdalus Persica L., „Durazno“. Am verbreitetsten unter den Obstbäumen. Juglans_ regia L. Cydonia vulgaris PERS. Pirus communis L. Pirus malus L. Prunus avium L. Castanea vesca GÄRTN. In der oberen basalen und der unteren montanen Region vielfach angepflanzt, in mächtigen, mehrere 100 Jahre alten Stämmen. Vitis vinifera L. Weinbau seit der Eroberung auf sämtlichen Inseln. Sehr entwickelt ist die Gemüsezucht in Gärten. Besonders werden Zwiebeln und Tomaten (Aus- fuhr nach England) in größerem Maßstabe gezogen. Von Leguminosen werden außer Bohnen, Erbsen, Saubohnen auch Zupinus albus L., „Chochos“, Cicer arietinum L., „Garbanzos“, und Lathyrus sativus L., „Chicharro moro“, gebaut und die Samen ebenso wie die Cerealien viel zur Gofio-Bereitung benutzt. Die Feldkultur erstreckt sich auf Kartoffeln „Papa“, Mais, „Millo“, Weizen, „Trigo“, Gerste, „Cevada“ und in höheren Lagen Roggen, „Centeno“. Als Faserpflanzen werden Linum usitatissimum L. und Agave americana L. benutzt. Nicotiana Tabacum L. seit Mitte des 19. Jahrhunderts in geringem Maße. Frommannsche Buchdruckerei (Hermann Pohle) in Jena. — 3212 Kar ver . (Tafel I.) ; u ee N a xvL | a er RE | atel ISyEE ; 200. Euphorbia canariensis L. bei Puerto Orotava auf Tienerike Nach photographischer Auf nahme von Dr. Erwın BAUR. 1906. = £ B ae 3 { « Z + ä - : a —, > i bızala]"oyYp UM eyjıy yaequasıayy eunaeyJboıjan 906, neg umag'at A awyeuuny joy] Tafel SO, (Tafel II) Vaiel XVII (Tafel II.) Phoenix Jubae (Wese) Christ bei St. Ursula auf Tenerife. Nach photographischer Auf- nahme von Fr. WINTER. 22. August 1898. nz 2 en Nakie ji Haan nn. (Tafel IIT) Tarel OS" = sie s — e - * I): 7% .. hd ar B Eh ) A N PX 5 = - ” Y 3 = re er ® . z % D ’ A « 3 & e!® r. . 4 u . x u N k 4 ; j x 5 ' z FE . 0 = ’ 5 F r - u R w = er N x a r « a a Fr Et z ı » :F . X re ” 2 ne I . a* « . 1 E Tafel XVIH. “1, Yet mm) Dracaena Draco L. bei Icod auf Tenerife, Nach photographischer Aufnahme von R. WINTER. 21. August 1898. . PERS x jr BT dal) gi hau ir - er rad ET un Tafel XIX. (Tafel IV.) Dracaena Draco L. bei Laguna auf Tenerife. [Nach photographischer Aufnahme von Fr. WINTER. 22. August 1898. (Tafel V.) BEN ‚ u Tafel XX. (Tafel V.) Euphorbia regis Jubae WEBB bei Puerto Orotava auf Tenerife. Nach photographischer Aufnahme von Dr. Erwın Baur. 1906. Phot.Aufnahme von DL,Erwin Baur 19 Al Mi A j N He h) E Tafel XXI. ce 2 5 Tafel XX1. (Tafel VL) Lorbeerwald von Agua Garcia auf Tenerife. Stämme von Zaurus canariensis WEBB et BERTH. und von Zrica arborea L. Im Vordergrunde Gebüsch von Zria arborea L. und von Viburnum rugosum Pers. Nach photographischer Aufnahme von FR. WINTER. 22. August 1898- Tafel XXIl. (Tafel VI) Lorbeerwald von Agua Garcia auf Tenerife. Alte Stämme von Zersea indica SPRENG. Nach photographischer Aufnahme von Fr. Winter. 22. August 1898. ne: - Tate X a und B (Tafel VIITA und B.) Tafel XXIILA. (Tafel VII A.) Pinus canariensis Cur. Sm. im Südgehänge des Sombrerito, Ringgebirge südöstlich vom Pico de Teyde auf Tenerife. Nach photographischer Aufnahme von Prof. Dr. OÖ. Sımony. 1888. Tale 11TB. (Tafel VIII B.) Pinus canariensis Cur. Sm. Waldbestände auf den Höhen im Osten von Orotava auf Tenerife. Nach photographischer Aufnahme von Prof. Dr. O. Sımony. 1888. ar >, N s i BU a FO h N 1} = . f PS 5 # . Fi 2 ) 5 ) RI v D Tafel XXIV. % (Tafel IX.) - Tafel XXIV. (Tafel IX.) Vegetationsbild aus der Höhenzone von 12--1500 m des Valle de Taoro, Nordgehänge des Teydegebirges auf Tenerife. Adenocarpus frankenioides WEBB et BERIH, Zria arborea L. und Cyiisus proliferus L. Nach photographischer Aufnahme von Prof. Dr. O. Sımony. 1888. a Be... late XXV. 0). m. | | (Tafel X.) | Tatel XXWV. (Tafel X.) Formation des Codezo, Adenocarpus frankenioides WEBB et BErTH. am Portillo-Paß der Cafiadas des Pico de Teyde bei 1700 m. Im Hintergrunde in etwa 1800 m die untersten Retamabüsche, Spartocytisus supranubius Curıst. In der Codezo-Formation, besonders auf der freien- Bodenwelle in der Mitte links, kleine Büsche von Micromeria julianoides Were. Nach photographischer Aufnahme von Dr. Erw BAUR. 1906. ieh 3,4047 u ee Sao (Tafel XI.) Tafel XXVL (Tafel XL) * Nordostansicht des Pico de Teyde und der Montafia blanca. Spartocytisus supranubıus Curıst, Nach photographischer Aufnahme von Prof. Dr. O. Sımonv. 29. August 1888. (Dieses Bild ist reproduziert auf Taf. TV der Mitteil. d. k. k. geogr. Gesellschaft zu Wien, Bd. XXXIL, 1890.) 4 Bee Tem 2% (Tafel xım) TaleP XXVIE (Tafel XII.) Der Pico de Teyde von Nordost ‘gesehen. Im Vordergrunde die Cafiadas-Ebene mit Büschen der Retama blanca, Spartocytisus supranubius Curisr. (Nach einer älteren photo- graphischen Aufnahme.) NI3SNI NIHOSIMYNYO ] I ] NH v LINE N m > m 00295 3766 Botanical j Il 3518 ee A New York | s » = „> » 5 „* ERICH en “ ig wr | ». be Pe - sı ne 30 a ’ a t 4:7 . Au ‘er u . - u. h Ri > “ ® A s ° 54 / Be de P 2 ur e , Er, A A RT he