ee We RMPEFREFTE Bouwo 7739 HARVARD UNIVERSITY LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY I#I/E FXCHANGE ‘Beiträge zur Naturkunde Preussens herausgegeben von der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg. 5 Der Bernsteinschmuck der Steinzeit von der Baggerei bei Schwarzort und anderen Lokalitäten Preussens aus den Sammlungen der Firma Stantien & Becker una ger physik.-ökonom. Gesellschaft von Dr. Richard Klebs. Mit 12 lithographirten Tafeln und 5 Zinkographien. (Preis 10 Mark.) Königsberg 1882. In Commission bei W. Koch. 2, RE , er ’7 2 TRERU = n ni Beiträge zur Naturkunde Preussens herausgegeben von der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft zu Königsberg. 5 Der Bernsteinschmuck der Steinzeit der Baggerei bei Schwarzort und anderen L.okalitäten Preussens aus den Sammlungen der Firma Stantien & Becker una der physik.-ökonom. Gesellschaft von Dr. Richard Klebs. Mit 12 lithographirten Tafeln und 5 Zinkographien. (Preis 10 Mark.) O8 Königsberg 1882. In Commission bei W. Koch. Vorwort. Der Bernstein ist dasjenige Naturprodukt der Provinz Preussen, welches schon im Alterthum den Namen derselben bekannt gemacht hat. Die Etrusker, Griechen und Römer holten dies von allen hochgeschätzte Mineral von den Küsten der Nord- und Ostsee; die letzteren aus unserem engeren Vaterlande, wie es noch heute der ganze Orient thut. Hoch- poetische Sagen knüpften sich an seine Entstehung und Gewinnung, doch auch die ernste Wissenschaft hat sich mit der Untersuchung des Bernsteins vielfach beschäftigt. Abgesehen von der Naturgeschichte dieses Minerals hat in neuester Zeit auch seine Verwendung und Bearbeitung das Interesse der Forscher vielfach deshalb erregt, weil es gelungen ist, bearbeitete Stücke von Bernstein als Zeichen ältester Kultur in unserer Provinz zu entdecken. Die Königsberger Firma Stantien & Becker, welche sich durch den grossartigen Betrieb des Bergbaues und der Baggerei auf Bernstein ein besonderes Verdienst um die wirthschaft- lichen Verhältnisse der Provinz erworben hat, ist auch der Wissenschaft nützlich geworden dadurch, dass sie aus dem kurischen Haff diese bearbeiteten Stücke durch Baggern gewann und der genauen Untersuchung zugänglich gemacht hat. Eine grosse Zahl dieser Stücke ist als Geschenk genannter Firma in früheren Jahren in den Besitz der physikalisch-ökonomi- schen Gesellschaft gelangt und von dieser aufgestellt worden; einige andere Stücke befinden sich im Besitze der Alterthumsgesellschaft Prussia, vor Allem aber haben die Chefs der Firma Stantien & Becker, Herr Commerzienrath M. Becker und Herr J. Cohn, in den letzten Jahren eine eigene reiche Sammlung dieser Gegenstände zusammengestellt. Diese Sammlung, sowie die des Provinzial-Museums gelangte bei der Fischerei-Aus- stellung und bei der anthropologischen Ausstellung zu Berlin (1880) zum ersten Mal zur allgemeinen Kenntniss und erregte damals die Aufmerksamkeit der Alterthumsforscher in hohem Grade. Da seit jener Zeit das gesammelte Material bedeutend angewachsen ist, so lag der Gedanke nahe, dasselbe wissenschaftlich zu bearbeiten und zu publieiren. Die Herren Com- merzienrath M. Becker und J. Cohn waren in liberalster Weise bereit, die Kosten der Publikation mit der physikalisch- ökonomischen Gesellschaft gemeinschaftlich zu tragen und übergaben mir die Herausgabe des Buches. Da ich mit der genannten Firma seit vielen Jahren in Verbindung stehe und ihre Sammlung geordnet habe, auch mit dem Betriebe der Baggerei genau bekannt bin, als Assistent und Bernsteincustos der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft auch deren Samm- lungen genau keine, so übernahm ich gern den ehrenvollen Auftrag, diese Arbeit für die Beiträge zur Naturkunde Preussens, welche die physikalisch-ökonomische Gesell- schaft herausgiebt, fertig zu stellen. Im Anschluss an die Schwarzorter Funde mussten zugleich die von anderen Stellen der Provinzen Ost- und Westpreussen und den umliegenden Distrikten behandelt werden, weil diese erst einen genaueren Einblick in das Wesen und die Bedeutung der ersteren ge- währten. Dann aber war es nöthig, die Funde aus den übrigen Theilen Nord-Europas kurz zu besprechen, um so einen Ueberblick über den Bernsteinschmuck der Steinzeit überhaupt zu gewinnen. Es liegt in der Absicht der physikalisch - ökonomischen Gesellschaft, dieser Arbeit periodische Nachträge folgen zu lassen und das neu hinzukommende Material, sowie neue Erfahrungen resp. Anschauungen mitzutheilen. Die Lösung der Aufgabe wurde mir allerdings nur dadurch möglich, dass unser Archäologe, Herr Dr. Tischler, die Güte hatte, mich wesentlich zu unterstützen und nament- lich das Vergleichungsmaterial zusammenstellte, sowie den Abschnitt über die chronologische Stellung der Steinzeit, die er in seinen „Beiträgen zur Kenntniss der Steinzeit in Ostpreussen“ bereits skizzirt hat, hier noch weiter ausführte. Ihm, der Alterthumsgesellschaft Prussia zu Königsberg und der Verwaltung des west- preussischen Provinzial-Museums zu Danzig, welche durch Material, und den verschiedenen Herren, welche durch Mittheilungen und Aufschlüsse das Nachstehende gefördert haben, sage ich meinen besten Dank Königsberg, im Mai 1882. Dr. Richard Klebs. Inhalt. Die Bernsteinfunde von Schwarzort . . 2» ee... 0.0. Technik der Schwarzorter Stücke . - © 2 2 2 2 2 00 2 0. Detailbeschreibung der Schwarzorter Bernsteinarbeiten . . . x. - BRöhrenwe nl ehe ke ee en lelie ine Doppelknopten er De ee ee Knöpte mit Vförmiger Bohrung . » x. 2 vo... Linsen und Scheiben . . . 2. . 2 2 2 0 ne 00.0. Bernstein-Ringer 2 a ealene Viereckiver Rerlenu. va ee ee Unregelmässige Perlen . . ». ». . 2 2. 0... Unregelmässige Hängestücke . . 2. . 2 2.2.0. Axtförmige Hängestücke e Schildförmige und pfeilspitzenähnliche Hängestücke SEE RR BndsundsMitielstuckene re Da ee Schiffehenförmige Hängestücke . ». . x x 2 2 20. Gestielte Ring-Anhängsel . . 2. 0 ne. . Bernstein Hammer oa a ee. Kegelförmige Hängestücke. . . !. 2. v2... Stücke von seltener Form . . . . .. 2 200. Menschliche Figuren . . . .» . 9.0 Saure Bernsteimarbeiten aus der Umgebung ie Kurlichen Haffs Die Herkunft der Schwarzorter Bernsteinarbeiten . . .». 2... Bernsteinfumde im Steinzeitcharakter von anderen Fundstellen MREUSBENRSET 7. RE a lei een le het ie Lehe WESTNTEUSSENKR HT. ER HALS RER Nat ATHNS \ VAR SI EL RT Enjavien an ER ee EL Te RS are Polen und Galizien . Die ostihaltische ee eesion Schlesien SR NER ÜERS OL ERSEE Das westbaltische een, DIE ONNIBIEREREHNRRRENS HN CH ANRAAN BOMMORIE SEEN RE NR NE RE rare Lues Meklenburg JETTA a Rn Re EN Ren telken penis 3 Dänischerinsehni ea. So a ER N ven ea lanar SCHW Eden. SE AD RA EN N En ee en ion Grosshritannienm . . 2. 2: 2: 20 0 vr rn Frankreich . .... ö a rege, Die Zeitstellung der eraselufunde RRRNRDEN EA. ORIB Erklärung der Tafeln . . ..:..:... 2 2 2 2 m 2 22 2. . Ost- 25 62 Die Bernsteinfunde von Schwarzort. uunnnnnnnn Eine der interessantesten Gegenden Ostpreussens ist die kurische Nehrung, dieser schmale, hoch aufgethürmte, zum grössten Theil waldlose Sandstreifen, welcher einen trennen- den Dünenwall zwischen den Wassern der Ostsee und denen des kurischen Haftes bildet. Grossartig in der Anlage bietet sie durch ihre kahlen, beweglichen, bis zu einer Höhe von 58m ansteigenden Sandmassen dem Besucher ein landschaftliches Bild*), welches ganz ab- weichend von dem häufig Gesehenen auf ihn einwirkt, und welches sehr bald ermüden würde, brächte nicht der überall sichtbare Spiegel des Haffes oder der See Leben in die Einöde. Es gehört daher eine Wanderung über die kurische Nehrung zu den anstrengendsten und zum Theil gefährlichsten in unserem Vaterlande, und beschleicht den Reisenden, ausser der körperlichen Mattigkeit, die das Fortschreiten im heissen Sande ohne jeden Schatten sehr leicht erzeugt, nur zu oft das bange Gefühl gänzlicher Verlassenheit und Einsamkeit. Aber nicht immer ist die kurische Nehrung so, jedes Baumschmuckes baar, ein Spiel- werk der Winde gewesen. Wie es früher auf derselben ganz anders ausgesehen haben muss, und wie erst verschiedene Öscillationen des Bodens nach der Diluvialzeit stattfanden, ehe sie ihren jetzigen Charakter erhielt, davon erzählen zahlreiche, verschüttete Stämme und die jetzt tief begraben ‚liegenden humosen Schichten alten Waldbodens und andere geologische Merk- zeichen, welche von Berendt untersucht, erklärt und in seiner Geologie des kurischen Haffes zu einem Bilde vereinigt sind, das uns die’ Anfänge und die Entwickelung dieser besonders merkwürdigen Gegend in klaren Zügen vor Augen führt. Was wohl besonders zu Ansiedelungen auf der Nehrung reizte, ist der Reichthum an Fischen in Haff und See, und diesem danken wir es auch, dass trotz der Abgeschlossenheit vom Verkehr, trotz der steten Gefahr, von der Düne verschüttet zu werden, dennoch eine Anzahl Fischerdörfer an der Haffseite der Nehrung angelegt worden ist; und: obwohl die wandernden Sandmassen mehrere derselben bereits überstürzt und begraben haben, so sind sie dennoch immer auf’s Neue wieder aufgebaut. In alter Zeit scheint die Nehrung etwas dichter bewohnt gewesen zu sein, und wird der Mensch, gleich nachdem die ersten Bedingungen zu seiner Existenz, Land und wo- möglich Wald, vorhanden waren, dieselbe in Besitz genommen haben. Hierüber geben uns *) Berendt, Die Geologie des kurischen Haffes und seiner Umgebung. (Schrift. d. phys -ökon. Gesell- schaft IX. 1868.) — Berendt, Reise über die kurische Nehrung im Sommer 1866. (Altpreuss. Monatsschr. IV. Königsberg 1867.) — Schumann, Geologische Wanderungen durch Alt-Preussen. Königsberg 1869. 1 2 die zahlreichen von Schiefferdecker*) und Tischler**) untersuchten Scherbenplätze aus der Steinzeit Aufschluss. Dieselben liegen stellenweise nahe an einander und zeichnen sich durch ihren Reichthum anWerkzeugen aus Stein und Knochen und an eigenthümlich ornamentirten Topfscherben aus. Gerade diese Erzeugnisse aus der frühesten Culturperiode der Einwohner Preussens finden sich hier in einer Menge und Reichhaltigkeit, wie sonst bis jetzt an keinem Orte der Provinz, und ist dadurch die kurische Nehrung und ihre Umgebung für die Kenntniss der Steinzeit ein ganz hervorragend ausgiebiges Feld geworden. Aus den späteren Culturumwälzungen, der Einführung der Bronze und des Eisens und der Ueberschwemmung mit römischen Kunsterzeugnissen in den ersten 4 Jahrhunderten n. Chr. etc., sind uns keine Funde von der kurischen Nehrung bekannt, trotzdem die Untersuchung daselbst von Schiefferdecker und Tischler äusserst eifrig und eingehend betrieben wurde, und treten uns erst wieder eine grosse Anzahl von Gegenständen entgegen, die aus einer Zeit stammen, welche die letzten Jahrhunderte des Heiden- und den Anfang des Christenthums in sich begreift ***). So war also die Nehrung für längere Zeiträume verlassen. Ob dies vielleicht mit dem wechselnden Entstehen und Verschwinden der Bewaldung in Zusammenhang zu bringen sei, bleibt eine offene Frage, deren Entscheidung einer geschickten Combination geologischer und archaeologischer Forschung ein wichtiges und viel versprechendes Feld bieten dürfte. Ausser diesen landschaftlich fremdartigen Reizen, dem geologisch wie archaeologisch äusserst Interessanten, aber besitzt die kurische Nehrung in dem daran stossenden Theil des Haffes ein Mineral in reicher Menge, durch dessen Ausbeutung der Grund zu einem grossartigen Etablissement gelegt wurde. Dieses Mineral ist der Bernstein, welcher bei Schwarzort von der Firma Stantien & Becker durch Bagger vom Boden des Haffes ge- hoben wird. Die ersten Nachrichten von bemerkenswerthen Bernsteinfunden in dieser Gegend stammen aus den fünfziger Jahren, als die kgl. Regierung die Fahrstrasse von Memel nach Königsberg durch Bagger in der für die Schifffahrt nothwendigen Tiefe von Versandungen freihalten liess. Bei dieser Gelegenheit fanden Arbeiter stellenweise recht viel Bernstein, welcher entweder im Stillen nach Memel verkauft oder an den kgl. Bauinspector Bloch ab- geliefert wurde. Das Bekanntwerden dieser Funde verbreitete Ende der fünfziger Jahre in Memel bei fachmännischen Kreisen das dunkle Gerücht von grossen Bernsteinlagern auf dem Grunde des kurischen Haffes. Die Unbestimmtheit dieser Nachrichten, sowie die Neuheit und die Kosten eines eventuellen Betriebes schreckten jedoch jeden Unternehmer von der rationellen Gewinnung dieses Bernsteins zurück, und es bedurfte gewiss grosser Energie und Unternehmungslust eines Kaufmanns, um hier handelnd einzutreten. Im Jahre 1857 hatte sich in Memel ein Consortium von Kaufleuten unter der Firma Stantien & Becker gebildet, bei welchem besonders die Herren Becker, Cohn und Stantien zu nennen sind, welches sich mit der Ausbeutung des im Alt-Alluvium von Prökuls vor- kommenden Bernsteins beschäftigte. Gelegentlich dieser Grabungen in der Luseze bei Schäferei *) P. Schiefferdecker, Bericht über eine Reise zur Durchforschung der kurischen Nehrung. (Schriften der phys.-ckon. Ges. XIV. 1873.) **) OQ, Tischler, Bericht über die praehistorisch-anthropologischen Arbeiten der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft. (Schriften d. pbys.-ökon. Ges. XVIII. 1877.) ***) P, Schiefferdecker, Der Begräbnissplatz bei Stangenwalde. (Schr. d. phys.-ökon, Ges. XII. 1871.) 3 kamen die drei genanten Herren zu der Annahme, dass die Einzelfunde im Haff möglicher- weise eine Fortsetzung des Luszer Lagers seien und beschlosen 1860, sich mit der Regierung in Verbindung zu setzen und die Freihaltung der Fahrstrasse gegen Pacht selber zu übernehmen. Die ersten Arbeiten wurden mit drei Handbaggern ausgeführt, gaben aber leider so geringe Ausbeute, dass nach sechs Wochen das ganze Unternehmen möglicher Weise ge- scheitert wäre, hätten nicht die Unternehmer das Glück gehabt, eine Stelle zu finden, welche so reich an Bernstein war, dass in ganz kurzer Zeit ‘die Ausfälle gedeckt und noch ein recht schöner Verdienst erreicht wurde. Hierdurch war das Fortbestehen gesichert und die Pacht- contracte konnten auf eine längere Zeit mit der kgl. Regierung abgeschlossen werden. Bald wurden die Bagger durch Dampf betrieben, ein Hafen, Beamten- und Arbeiterwohnungen, Maschinenbauwerkstätten bei Schwarzort erbaut, und es entwickelte sich ein Betrieb, dessen Grösse und Vielseitigkeit zu schildern hier nicht am Platze ist, der aber zu den entschiedenen Seherswürdigkeiten Ostpreussens gehört. Neben dem Interesse für die ganze Anlage hat noch das zu Tage geförderte Material einen ganz besonderen Reiz für uns dadurch, dass unter dem Bernstein bisweilen bearbeitete Stücke vorkommen, welche durch Vergleich, auf den weiter unten näher eingegangen werden soll, sich als Kunstprodukte aus der Steinzeit erwiesen haben. Der hohe wissenschaftliche Werth dieser ältesten Arbeiten, welche an Reichhaltigkeit der Formen von keinen Funden der Welt aus dieser Zeit nicht nur nicht übertroffen, sondern kaum erreicht werden, machen Schwarzort für den praehistorischen Forscher zu einem der wichtigsten Fundpunkte von Steinzeitgegenständen. Vor speciellerem Eingehen auf die Funde soll zunächst über die Art der Gewinnung und über die Garantien, welche man für die Echtheit derselben hat, gesprochen werden. Der Grund des Haffes wird bei Schwarzort bis zu einer Tiefe von 6—11 m durch Bagger in die Höhe gebracht, die Sandmassen auf Siebe geworfen, welche das feinere Material in kastenförmige Boote sog. Prähme fallen lassen, das gröbere zurückhalten. Letzteres besteht aus Sprockholz (mehr oder weniger abgerollte Holz- und namentlich Borkenstückchen), welches zum Theil mit dem Bernstein gleichzeitig abgesetzt ist, aus Wasserthierresten, Bern- stein und, was ich besonders hervorheben möchte, aus Splittern eines Holzes, dem man es augenblicklich ansieht, dass es erstens lange im Wasser gelegen hat und sehr gut conservirt ist, zweitens, dass es frische Bruchflächen besitzt. Natürlicher Weise sind diesen Stoffen noch Stroh, Steinkohlen ete. beigemengt, welche in der Neuzeit bei dem Maschinenbetrieb oder durch andere Zufälligkeiten auf den Grund niedersanken. Die Bagger sind so gestellt, dass sie gleich Pflügen tiefe Rinnen in den weichen Boden ziehen, und so lange an derselben Stelle arbeiten, bis von den Seiten keine Sand- massen mehr nachfallen. Der folgende Bagger hebt dann die stehengebliebenen Rücken aus. Aus diese Weise dürfte eigentlich das in Arbeit genommene Stück so durchsucht werden, dass kein Gegenstand, der einen grösseren Durchmesser als 0,5 cm besitzt, der Zutage- beförderung entzogen wird. Die gröberen Massen werden gleich auf den Baggern von Leuten ınit den Händen sehr sauber ausgelesen und der gewonnene Bernstein an’s Land gebracht, dort gewogen, unter Verschluss genommen und dann nach Königsberg geschickt, woselbst die eigentlichen Sortirungen nach Grösse und Farbe vorgenommen und die verschiedenen Handelssorten zusammengestellt werden. Bei der Gesammtuntersuchung des vorhandenen Materials an Alterthümern und deren Vergleich mit andern Lokalitäten hat sich herausgestellt, dass die ganz Keinen Perlen, 4 welche an manchen Fundpunkten oft in grosser Anzahl vorkommen und im Zusammenhang mit andern Stücken noch als ganzer Schmuck gefunden sind, in Schwarzort vollständig fehlen. Es wäre der Fall denkbar, dass dieses Fehlen in dem Mangel dieser Gegenstände bei uns überhaupt seinen Grund hat, es ist aber auch nicht unmöglich, dass ganz kleine Stücke, die jedoch immer noch grösser sind, als oben angegeben, also beim Trennen des Sandes vom gröberen Material auf dem Bagger nicht. verloren sein können, in eine Handelssorte des Bernsteins gelangten, welche nicht mit der Hand, sondern auch durch gröbere Siebe aus- gesondert wird. Diese Handelssorte ist der behufs Herstellung von Lack nur zum Einschmelzen oder als Räucherpulver benutzte „Firniss“. Die Billigkeit dieser kleinsten Stückchen Bern- stein machen ein genaues Durchsuchen solch riesiger Quantitäten, als sie zur Auffindung der ihnen beigemengten, vereinzelten Alterthümer nothwendig sind, in Hinsicht auf Geschäfts- interesse unmöglich. Es liegt im Vorhaben der Firma Stantien & Becker, in geeigneten Fällen, wenn dabei diesem nur einigermaassen Rechnung getragen werden kann, auch nach dieser Riehtung hin ihr Interesse rege sein zu lassen. Es wäre erfreulich, wenn in einem wohl später nothwendigen Nachtrag zu vorliegender Arbeit von Erfolgen für diese Mühe berichtet werden könnte. Bei der Aufmerksamkeit während der Sortirung der grösseren Bernsteinstücke, welche die Kostbarkeit derselben erheischt, ist es kaum anzunehmen, dass, nachdem sämmtliche dabei thätigen Leute durch mich besonders belehrt sind, grössere bearbeitete Stücke in nennenswerther Menge zu den Handelssorten geworfen werden, und ist aus diesem Grunde auch in den letzten zwei Jahren etwa doppelt soviel gefunden als in der ganzen Zeit vorher. Die Mehrzahl der Stücke wird jedoch schon in Schwarzort auf den Baggern von den Arbeitern beim Auslesen bemerkt und separirt, und werden namentlich die grössten und merkwürdigsten Stücke dort gleich heraus gelesen, Daher kam es auch, dass in den älteren Sammlungen nur die auffallend bearbeiteten Gegenstände vertreten waren, während Stücke, wie Taf. V Fig. 1, einfach draussen übersehen wurden und, da man damals in den Könies- berger Sortirungsräumen gar nicht darauf achtete, verloren gingen. Die älteste Sammlung dieser Art, über welche ich Nachricht erhielt, hatte Ingenieur Schmidt in Schwarzort angelegt und dieselbe 1867 seinem jetzigen Nachfolger daselbst, Herrn Glaubitz, gezeigt. Leider hat diese Sammlung das Schicksal des früher Gefundenen getheilt, die Stücke wurden als Merkwürdigkeiten behandelt, den bevorzugten Besuchern der Anlage zur Erinnerung geschenkt, oder zu diesem Zwecke von scheidenden Beamten mit- genommen. Man kann sagen, sie wurden im wahren Sinne des Wortes verschleudert. Auf diese Weise gelangte z. B. eine schöne Collection in den Besitz eines Herrn Regall in New-York, welche unter andern auch die Nachbildung einer menschlichen Figur enthält. Leider ist es mir nicht gelungen, diese Gegenstände zur Benutzung für vorliegende Arbeit zu erhalten. Es ist das entschiedene Verdienst von Professor Dr. Berendt, die Wichtigkeit dieser Funde erkannt und dadurch, dass er die Firma Stantien & Becker veranlasste, einzelne der bearbeiteten Bernsteinstücke der physikal.-ökonom. Gesellschaft zum Geschenk zu über- geben, eine Anzahl des Werthvollsten erhalten zu haben. Später richtete Dr. Tischler sein besonderes Augenmerk auf die Steinzeit der kurischen Nehrung und auf die von Schwarzort, und erhielt namentlich durch Herrn Cohn recht werthvolle Stücke für das Provinzial-Museum. Aber dennoch ging die Mehrzahl der gefundenen Gegenstände verloren, und erst seit drei Jahren sind wir einigermaassen sicher, so ziemlich Alles, was sich in Schwarzort findet, auch zu Gesicht zu bekommen. Er nr “ann SE r } 5 Vor 3 Jahren beschlossen nämlich die Chefs der Firma Stantien & Becker alle irgend wie wissenschaftlich interessanten Bernsteinstücke vom Handel auszuschliessen und sich selber eine Sammlung anzulegen, welcher Alles, was von Bernstein-Einschlüssen, Farbenvarietäten und Alterthümern im Geschäftsbetrieb gefunden würde, einverieibt werden sollte. Dadurch, dass diese Ordre an sämmtliche Etablissements ging, wurde diesen „Merkwürdigkeiten“ ein bestimmter Werth verliehen, zumal Defraudationen derselben in gleicher Weise bestraft werden sollten wie Bernsteindiebstahl überhaupt. Denn es ist eine nicht abzuleugnende Er- scheinung, dass der Begriff von mein und dein in Hinsicht auf dieses Mineral im Ganzen sehr oberflächlich ist, und dass selbst bei der schärfsten Controlle doch noch immer Mittel und Wege gefunden werden, um diese zu täuschen. Noch viel unklarer aber -war dieser Begriff bei Einschlüssen und diesen Schwarzorter Alterthümern, ehe man nachdrücklich so besonderen Werth darauf legte, und habe ich im Privatbesitz Sammlungen dieser Art bei Leuten gesehen, denen man eigentlich ein besseres Urtheil über diesen Punkt zutrauen könnte. Aber noch ein anderer grossen Nutzen ist durch diese Maassregeln entstanden: Es ist der Schutz gegen Falsifikate. Wie wichtig dieser gerade ist, ersehen wir ja daraus, dass erst in neuester Zeit durch die zum Glück noch entdeckten Fälschungen bildlicher Darstellungen auf Knochen aus Höhlenfunden die archaeologische Forschung einen herben Schlag erhalten hat, an dessen Folgen sie noch lange kranken wird, ehe sie die misstrauische Aufnahme seltener Funde wieder ganz überwinden kann. Daher ist es auch von der grössten Wichtigkeit, erst nach einer ruhigen, sehr strengen Kritik Fundstücke, welche nicht von Fachmännern selbst gemacht sind, anzuerkennen und wissenschaftlich zu verwerthen. Für die Erkennung der alten Bernsteinarbeiten im Allgemeinen ist die äussere Rinde von grösster Bedeutung. Es ist dieses eine Schicht zersetzten Bernsteins, welche sich in verhältnissmässig kurzer Zeit an der Oberfläche bildet und dem Einflusse der atmosphärischen Luft zuzuschreiben ist. Je länger diese auf den Bernstein einwirkt, desto spröder und rissiger wird die Rinde, und desto tiefer geht sie in den festen Kern hinein. Dieser Ver- änderung aber sind nicht nur alle an freier Luft liegenden Stücke ausgesetzt, sondern auch diejenigen, welche mit in Wasser gelöstem Sauerstoff in Berührung kommen, und hängt die grössere oder geringere Umänderung der Bernsteinoberfläche in diesem Falle von dem stärkeren resp. schwächeren Luftgehalt des Wassers ab Wir finden aus diesem Grunde den Bernstein im diluvialen Sand meist so zerstört, dass aus ihm durchweg eine gelb- bis rothbraune, bröcklige Masse entstanden ist, besser erhalten liegt ‘er in den Thonen, Lehmen und lehmigen Sanden des Diluviums, deren geringere Durch- lässigkeit für Wasser ihn schützten. Am besten ist die äussere Beschaffenheit des Bernsteins aus der tertiären blauen Erde, was wohl darin seinen Grund hat, dass die Sickerwasser ‚ihren Sauerstoffgehalt in höheren Schichten schon verloren haben. Eine frische Bruchfläche des Bernsteins wird durch die ersten Einwirkungen der Luft in der Weise verändert, dass sie einen mehr stumpfen Glanz erhält, und dass ihre Farbe im Laufe der Zeit immer dunkler braunroth oder gelbbraun wird. Beim diluvialen Bernstein hat diese nachgedunkelte Schicht oft eine Dicke von mehreren Millimetern und verschwindet nach Innen allmählich in dem unzersetzten Kern, nach Aussen wird sie staubiger und nimmt eine viel hellere Farbe an. Sprengt man diese obere Schicht ab, so erscheint der darunter liegende Kern glänzend rubinroth mit kleinen trichterförmigen Vertiefungen. Beim tertiären Bernstein ist diese Uebergangsschicht zwischen Kern und Rinde schwächer und fällt meist mehr in’s Gelbliche, 6 Diese Umänderungen, welche sich an der Oberfläche vollzieben, sind schon nach ver- hältnissmässig kurzer Zeit, etwa nach 15 — 20 Jahren, deutlich nachzuweisen und tritt namentlich der Farbencontrast dann sehr gut hervor, wenn man mit einer Feile die obere Schicht stellenweise entfernt. Es hat sich durch eine Reihe von Versuchen gezeigt, welche sowohl von dem Conservator am hiesigen zoologischen Museum, Herrn Künow, als auch von mir über diese Eigenthümlichkeit. des Bernsteins angestellt wurden, dass dieser durch Aufbewahren bei vollständigem Luftabschluss vor dem Nachdunkeln geschützt werden kann, und zwar geschieht dieses in der Weise, dass man ihn in geschmolzene Harze oder in Wasser bettet. Wie in der Natur der Bernstein in ähnlicher Weise conservirt ist, sehen wir aus den aus dem Wasser genommenen Stücken, welche sich durch den Mangel einer Rinde oder durch eine solche von sehr geringer Dicke von den gegrabenen wesentlich unterscheiden, Natürlicher Weise sind die Bernsteinarbeiten der Vorzeit, welche man entweder als Todtenbeigabe, oder sonst zufällig findet, ähnlichen Einflüssen wie die Naturstücke unter- worfen gewesen. Wir finden sie in der Weise verändert, dass mit dem Alter im Ganzen auch die Zersetzungsschicht oder Rinde immer stärker geworden ist. Allerdings giebt dieses kein Kriterium und ist nicht einmal sicher zur ungefähren Zeitbestimmung brauchbar, da die Erhaltung in erster Reihe vom Boden abhängig ist, in dem die Stücke aufbewahrt waren. Wir sehen diese Verschiedenheit chronologisch gleicher Artifikate am besten an den Erzeug- nissen unserer ältesten Periode, aus welcher dieselben, je nachdem sie trocken oder feucht lagen, ganz von einander abweichende Beschaffenheit zeigen. So sind die im Dünen-, oder in einem ähnlichen Sande sich befindenden Stücke in vielen Fällen durch und durch so zersetzt und brüchig geworden, dass man Mühe hat, sie überhaupt zu conserviren; oder sie besitzen doch eine so dicke, rissige Rinde, dass der darunter liegende feste Kern dagegen ganz verschwindet. Weit besser ist der Erhaltungs- zustand in einem normalen Boden, welcher also Luft und Wasser weniger durchlässt als der Dünensand. Hier ist der Bernstein so erhalten, dass er dem des Diluviallehms sehr ähnlich erscheint, nur ist die Oberfläche noch nicht so staubig gelb geworden, sondern fängt gerade an sich stark zu bräunen; wohl aber tritt die rothe, tiefer liegende Schicht in der- selben Weise auf, wie ich sie oben beschrieben habe. Wieder anders verhalten sich die Stücke aus Torfmooren, dieselben haben ihren alten Glanz fast ganz behalten, und sind nur an der Oberfläche dunkel rothbraun geworden. Hierbei muss noch besonders hervorgehoben werden, dass die rubinrothe Farbe ein- zelner Stücke, auf welche bei den südlichen Funden besonderes Gewicht gelegt wurde, und welche beim Halten gegen das Licht am leichtesten da sichtbar wird, wo die starke Ver- witterungsrinde von der Uebergangsschicht losgebröckelt ist, allein in der Nachdunkelung des Bernsteins ihren Grund hat. Diese Veränderung kann zwar zuweilen das ganze Stück durchzogen haben, doch wird ein innerer gelber Kern in den meisten Fällen noch nachzu- weisen sein. Da neben dem Wechsel der Farbe auch stets eine Wandlung der chemischen und physikalischen Eigenschaften stattfindet, so kann man leicht aus der grösseren Sprödig- keit der nachgedunkelten Schicht im Vergleich mit frischen Schliffflächen finden, ob man es wirklich mit in so dunkelm Roth noch nicht gefundenem Bernstein oder nur mit zersetztem zu thun hat. Da in nordischen Gräbern dieser fälschlich rubinroth genannte in gleicher Weise wie gelblich nachgedunkelter Bernstein vorkommt, kann man weder von einem rothen Bernstein des Südens im Gegensatz zu dem gelben des Nordens sprechen, noch diese Farbe zu Schlüssen über eine andere Heimath als die Küsten der Nord- und Ost-See benutzen. 7 Die grosse Verschiedenheit der Erhaltungszustände dieser Arbeiten durch den Ein- Huss der Zeit und des Bodens wird noch erhöht durch die Varietäten des Bernsteins selber, welcher, was physikalische Eigenschaften anbetrifft, ein ungeheuer verschiedenes Aussehen besitzt. Man kann, insoweit es für vorliegende Arbeit in Betracht kommt, drei grosse Gruppen von Bernstein unterscheiden, welche sowohl rein, als auch in einander, oft mit eharakteristischen Zwischengliedern, übergehend oder mit einander gemischt auftreten. Die erste Gruppe bildet der „klare Bernstein“, den man als den eigentlichen Stamm der andern ansehen dürfte. Durch Wasseraufnehmen, Hydratbildung, entstand aus ihm die zweite Hauptsorte, der „Bastard‘“, welcher vollständig trübe durchscheinend ist. Den gelben Bastard nennt man „kumstfarbig“. Eine dritte Art ist der „knochige Bernstein“*), Der Name sagt schon, dass derselbe knochen- oder elfenbeinähnlich aussieht. Er ist undurch- sichtig, weicher als die vorhergehenden, denen er auch in der Politurfähigkeit weit nach- steht. Während bei Klar und Bastard fast nur die gelben Farbentöne vorwalten, andere zu grossen Seltenheiten gehören, ist der Knochen weiss und kommt gelb oder bräunlich so spärlich vor, dass es ohne jede Handelsbedeutung ist. Sind diesen oben beschriebenen Varietäten stark fremde Stoffe, als Holz, Schwefelkies etc., beigemengt, so führen sie den Namen „Schwarzfirniss“, Mischungen von Klar oder Bastard mit Knochen nennt man buntknochigen Bernstein. Andere Bezeichnungen sind ferner „flaumig“, es ist dieses ein Uebergang von Klar zu Bastard; Halbbastard, ein Stein, der auf der Grenze zwischen Bastard und Knochen steht. Beim Liegen an der Luft zeigt sich die Neigung in Roth nachzudunkeln am deut- lichsten ausgeprägt bei den klaren Bernsteinen, und wie es scheint, sind unter diesen wiederum die wassergelben oder schwach gelblichen dazu am stärksten geneigt, während die mehr gelben in Gelbroth übergehen. Hat sich jedoch erst eine solche Schicht auf dem klaren Bernstein gebildet, so leistet er der weiteren Zersetzung, der Rindenbildung, stärkeren Wider- stand als Bastard und Knochen. Im Uebrigen verhält sich Bastard ebenso wie Klar und sind es auch hier namentlich die mehr weissen Sorten, welche man mit „perlfarbig‘“ be- zeichnet, und die gelblichen, „hellkumstfarbig‘, die besonders rothe Uebergangsschichten bilden. Der Knochen erhält beim Nachdunkeln eine braune oder schmutzig gelbgraue Oberfläche, die Verwitterung verbreitet sich verhältnissmässig sehr schnell im Kern weiter und bildet bald eine dicke Schicht. Wir sehen daraus, dass im Allgemeinen nach der Beschaffenheit der Oberfläche die Echtheit von alten Bernsteinarbeiten leicht erkannt werden kann, da die künstliche Erzeu- gung einer natürlich aussehenden Rinde bis jetzt noch nicht gelungen ist, uns von dieser Seite also keine Gefahr droht. Etwas schwieriger aber ist dieses bei einem Theil der Schwarzorter Gegenstände und wird hier Vorsicht und genaue Prüfung nothwendig. sein. Durch den geringen Sauerstoffgehalt in der Tiefe des Haffes ist die grosse Mehrzahl dieser Stücke nämlich ohne jede Rinde, oft sogar nur so schwach nachgedunkelt, dass eine genaue Kenntniss des Bernsteins und seiner Veränderungen erforderlich ist, um diese selbst von Fabrikaten des vorigen Jahrhunderts sicher unterscheiden zu können. Natürlicherweise bezieht sich dieses nur auf die physikalische Beschaffenheit der Oberfläche, die ganze Technik, in der diese Gegenstände ausgeführt sind, ist so eigenthümlich und charakteristisch, dass sie alle Zweifel leicht entscheidet. *) Klebs, Der Bernstein. Seine Gewinnung, Geschichte und geologische Bedeutung. Königsberg 1880. 8 Ein weiterer Nutzen, den die Firma Stantien & Becker durch Anlage ihrer eigenen Sammlung der archaeologischen Forschung bringt, liegt darin, dass die Arbeiter für ihre Funde kein Geld erhalten, und es ihnen daher nicht den geringsten Nutzen brächte, wenn sie sich mit der Fabrikation dieser Alterthümer abgeben würden. Ausserdem aber kann ein Handel mit diesen Stücken sowohl für den Verkäufer, unter Umständen aber auch für den Käufer die unangenehmen Folgen einer Defraudation nach sich ziehen. Wie sehr geneigt die Arbeiter übrigens sind, sei es auch nur durch Aufkratzen von Linien, den Werth solcher Merkwürdigkeiten zu erhöhen, sehen wir aus einzelnen Stücken, die vor mehreren Jahren in Schwarzort gefunden sein sollen, von denen eines mit Streifen geziert ist, welche eine dem eisernen Kreuz ähnliche Figur darstellen; Debatten über die Echtheit dieser Zeichnung werden dadurch beendet, dass der hellere Bernsteinkern des Stückes in den Linien durch- schimmert und sich daraus zur Evidenz ergiebt, dass hier die nachgedunkelte Oberschicht entfernt sein muss. Wäre die Zeichnung echt, so zeigte sich der Grund der Linien ebenso gefärbt wie die ganze Fläche des Stückes. Wir sehen aber aus diesem Falle, wie leicht es häufig ist, durch genaue Untersuchung des Stückes und Studium der Technik die Echt- heit dieser Funde nachzuweisen, und sind in dieser Hinsicht sämmtliche Alterthümer, welche in Bereich vorliegender Arbeit gezogen wurden, aufs Genaueste ‚mit der Lupe untersucht. Technik der Schwarzorter Stücke. Unter der grossen Anzahl von Schwarzorter Fundstücken finden sich neben den vollendeten eine ganze Reihe unfertiger Arbeiten, welche in allen Uebergängen vorhanden sind, und uns dadurch ein klares Bild über die Art und Weise der Herstellung geben, zu- gleich aber auch darthun, dass die Fabrikation an Ort und Stelle, d. h. in unmittelbarer Nähe des Haffes, stattgefunden hat. Wir sehen, wie die rohen Bernsteine zunächst so weit behauen*) wurden, als es zu der späteren Gestalt nothwendig war, dann wurden die behauenen Stücke beschabt, geschliffen, polirt, durchbohrt und decorirt. Allerdings ist die Reihenfolge dieser Manipulationen nicht immer dieselbe gewesen, und oft die Durchbohrung dem Beschaben vorhergegangen. Rohe, behauene Stücke finden sich namentlich unter den röhrenförmigen Perlen sehr häufig. Die Grösse der muschligen Bruchflächen lassen darauf schliessen, dass sie mit einem Werkzeug hergestellt sind, dessen Schneide stumpfer gewesen sein muss, als es bei Metall der Fall wäre. Denn wir finden an der Oberfläche dieser Stücke, dass sich ver- tiefte Bruchfläche an vertiefte Bruchfläche eng anschliesst, ohne eine grössere ebene Fläche zwischen sich zu haben. Dadurch entstehen kleine Grathe und Kämme, die durch Thäler mit einander verbunden sind. Anders ist es bei Stücken, die mit Metall behauen sind. Hier waltet eine Ebene vor, in welcher zahlreiche, kleine rundliche Ver- tiefungen liegen. Ein Versuch mit rohem Bernstein führt übrigens diesen Unterschied so klar vor Augen, wenn man die erhaltene Fläche mit den Zeichnungen auf Taf. I vergleicht, wie ihn Worte kaum zu schildern vermögen. Mir gelang es im Provinzial-Museum mit einer kleinen Feuersteinaxt Bernstein so herzurichten, dass er vollständig den gefundenen Gegenständen glich. Namentlich konnte Bastard sehr leicht behauen werden, doch gab auch Klar recht gute Resultate, obgleich es sich viel schwerer bearbeiten liess. Es mag hierin der *) Ich wähle den Ausdruck „behauen“, weil dieser sich in der Archaeologie bereits eingebürgert hat. In der Bernsteinindustrie spricht man allgemein vom „Behacken“ der Stücke. 9 Grund liegen, weshalb man zu Gegenständen, deren Gestalt sehr von der natürlichen des Bernsteins abweicht und daher ein stärkeres Behauen verlangte, gerade den Bastard verwendet. Bei diesen Versuchen zeigte sich ferner, dass namentlich leichte fast senkrecht zur Bernsteinoberfläche geführte Schläge kleine Sprünge hervorriefen, während die Splitter grösser wurden, je mehr sich die Schlagrichtung der Parallelen näherte. Konnte man die bei Steinwerkzeuger immerhin langweilige Procedur des Behauens vermeiden, so that man es gewiss recht gerne, wenn das Bernsteinstück schon durch seine Form dem herzustellenden Schmuck entsprach. Auch wird man oft die Stücke mit Feuer- steinmessern geschnitten haben, eine Methode, welche bei der Specialbeschreibung näher erörtert werden soll. Passte nun der rohe Bernstein, oder musste er erst zugerichtet werden, in beiden Fällen wurde das Stück beschabt. Man erkennt dieses an den vielen parallelen feinen Streifen, die sehr häufig senkrecht zu ihrer Richtung schwach gewellt erscheinen. Ganz dieselben Risse kann man auf jedem beliebigen Bernsteinstück dadurch hervorbringen, dass man dasselbe mit einem Feuersteinmesser oder einem grösseren Splitter, welche eine nicht zu zackige Schneide haben, einfach abschabt. Auch noch heute ist das Abschaben des rohen Bernsteins vielfach im Gebrauch, natürlicher Weise aber mit Eisenmessern. Ich hatte Ge- legenheit, diese Arbeit, welche überaus leicht und schnell von Kindern gemacht wird, im Grossen ausführen zu sehen. Man wendet sie bei den sog. Polanger Platten an. Es ist dieses eine aus flachen, kleinen Bernsteinlamellen bestehende Handelssorte, aus welcher Schlösser zu billigen Armbändern hergestellt werden. Bei all diesen Stücken findet man nirgends die feinen Risse wieder, welche die Schwarzorter Gegenstände charakterisiren, es lösen sich vielmehr beim Beschaben mit Metall breite bandartige, oft von unsicherer Führung quer gewellte Streifen los, welche auf der beschabten Fläche ganz andere Spuren zurück- lassen, als sie durch Versuche mit Feuerstein erhalten werden. Auf diese Weise glatter gemacht, wurde dann eine Anzahl von Gegenständen, vielleicht auf feinem Sandstein, geschliffen, vermittelst Leder polirt und dann mit Löchern versehen, welche sie geeignet machten, als Schmuck befestigt zu werden. Die Bohrungen an allen Stücken von Schwarzort zeichnen sich, falls nicht schon ein natürlich im Bernstein vorkom- mendes Loch benutzt wurde, was sofort leicht zu unterscheiden ist, durch ihre kegelförmige Gestalt und die starken Reifen an der Wand aus. Beides erhält man, den Fundstücken voll- ständig identisch, in einer Bernsteinplatte, wenn man dieselbe mit einem spitzen Feuerstein- splitter anbohrt, der zu diesem Zweck nicht einmal in Holz geklemmt sein darf, sondern der einfach nur mit der Hand hin und her bewegt zu werden braucht. Die an den Wänden der Oefinungen beobachteten Reifen verdanken ihren Ursprung den mehr oder weniger gezackten Kanten und Absätzen der Feuersteinsplitter. Die Uebereinstimmung dieser Löcher, sowie die abweichende Beschaffenheit aller Bohrungen in Bernstein mit Metallwerkzeugen, welche sich durch vollständige cylindrische Gestalt auszeichnen, machen es mehr als wahr- scheinlich, dass man zu diesen Bohrungen Feuersteinsplitter benutzt hat. Die Leichtigkeit, mit welcher durch dieselben flache Löcher in Bernstein erzeugt werden können, und die bei zunehmender Tiefe immer grösser werdende Schwierigkeit waren Veranlassung, die Bohrungen einander gegenüber an beiden Seiten zu beginnen, damit sie sich in der Mitte träfen. Genaueres über diese, sowie noch andere Arten der Technik zur Herstellung von Oeffinungen, welche bei den Schwarzorter Gegenständen in einzelnen Fällen im Gebrauch waren (Röhren mit langeylindrischer und Knöpfe mit \/förmiger Bohrung), wird gelegent- lich der speciellen Beschreibung dieser Fundobjecte gebracht werden. 5 10 Zum Schluss wurde dann eine Anzahl von Stücken, von welchen einzelne allerdings gar nicht oder nur sehr schwach polirt waren, noch besonders verziert, indem man auf der Oberfläche tiefere Gruben oder kleine Punkte in derselben Weise, wie oben beschrieben, einbohrte oder Linien und Kerben einkratzte. Bisweilen hat man den rohen Bernstein ausser der Herstellung eines Loches, keiner weiteren Arbeit unterzogen, und ihn so gleich in Gebrauch genommen. Diese Stücke werden weiter unten noch öfters erwähnt werden, Man hat häufig, wenn die Rinde in die beabsichtigte Form passte, dieselbe stehen lassen und nicht, um eine Vertiefung aus dem Stück zu entfernen, dasselbe im Ganzen flacher gearbeitet. In dieser Art fehlerfreie Gegenstände finden sich im Ganzen selten; nament- lich sind einzelne Stücke auf Taf. VIII darin sehr vollkommen und wird gelegentlich der speciellen Beschreibung auf dieselben näher eingegangen werden. Der schöne Erhaltungs- zustand der Schwarzorter Funde, die eben nur nachgedunkelt sind, lässt übrigens mit Leich- tigkeit die ursprüngliche Rinde von der neueren Verwitterungsschicht unterscheiden. Der nachstehende specielle Theil umfasst eine Beschreibung sämmthcher bis jetzt vor- handenen Fundstücke von Schwarzort aus den Sammlungen der Firma Stantien & Becker und des Ostpreussischen Provinzial-Museums der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft, zu welchen noch 7 der Alterthumsgesellschaft Prussia gehörige Stücke hinzukommen, Der Einfachheit wegen sind im Texte Abkürzungen für die Besitzer gebraucht, es bedeutet: St. Be Sammlung von Stantien & Becker, P.O.G. Sammlung des Provinzial-Museums der physikal.-ökon. Gesellschaft, Pr. Prussia-Museum. Detailbeschreibung der Schwarzorter Bernsteinarbeiten. Bei der näheren Betrachtung der Schwarzorter Fundobjecte kann man dieselben leicht in gewisse Kategorien trennen, von denen einige allerdings durch Uebergangsformen ver- bunden sind. Zunächst fallen uns zwei Hauptabtheilungen auf. Erstens Arbeiten mit annähernd centraler Bohrung, um welche das Stück sich symmetrisch ausbreitet; diese sollen speciell „Perlen“ genannt werden. Zweitens solche mit seitlicher Bohrung, „Hängestücke“, welche man herabhängend trug. Zu der ersten Abtheilung gehören: die röhrenförmigen Perlen, kurz Röhren genannt, die Knöpfe mit Vförmiger Bohrung, die unregelmässigen Perlen. Zu der anderen Abtheilung gehören: die verschiedenen Arten der Hängestücke, wie unregelmässige, axtförmige, schild- und pfeilspitzenähnliche, schifichenförmige und Ringanhängsel, sowie einige seltenere Stücke. Die Linsen, Scheiben und Ringe nehmen eine intermediäre Stellung ein, da sie ihrer flachen Form wegen hängend getragen sein müssen, wie dies auch das manchmal excentrische Loch andeutet; doch stehen sie im Uebrigen den Knöpfen ganz nahe, denen sich wohl 11 auch die Doppelknöpfe anschliessen. Endlich finden sicn noch mehrfach durchbohrte Arbeiten, welche wohl Mittel- und Endstücke zum Halten einer mehrfachen Perlschnur waren. Das Nähere werden die folgenden Abschnitte bringen. Neben den sauber gearbeiteten Stücken finden sich auch solche, welchein ganz rohem Zustande geblieben und nur mit einem Loche versehen sind. Ihre Gestalt zeigt oft an, dass man: keine bestimmte Form daraus bilden konnte, dass sie also jedenfalls als fertige Schmuckstücke aufzufassen sind. Es wäre naturgemäss, mit ihrer Betrachtung zu beginnen, doch schiessen sie sich theils an die roh geschnittenen Perlen, theils an die Hängestücke so enge an, dass sie von diesen Formenreihen nicht gut getrennt werden können, zumal sie einen Uebergang zwischen den Schmuckstücken mit centraler und excentrischer Bohrung bilden. Da hier, um zu grosse Weitläuftigkeit zu vermeiden, nicht jedes Stück einzeln beschrieben werden konnte, ist die Bezeichnung der Farbe, sowie der Rinde der abgebildeten Sachen und der Sammlung, in welcher dieselben aufbewahrt werden, zum Schluss in den Tafelerklärungen aufgeführt; bier wird dies nur in Ausnahmefällen geschehen. Röhren. Taf, I Fig. 1-15, 20. _ Die röhrenförmigen Perlen oder kurz Röhren, in ihren verschiedenen Formen und Details Taf. I Fig. 1—15, 20 dargestellt, sind lange dünne Cylinder, nur selten in der Mitte etwas angeschwollen, mit meist abgerundeten Endkanten (Taf. I Fig,5, 6). Ihre Dimensionen schwanken von 17mm Länge 6 mm Breite bis 86 und 19. Ganz kurze sind sehr selten. Von diesen existiren nur wenige Exemplare in den hiesigen Sammlungen. Taf. XII Fig. 21 stellt ein solches dar. Ueber den Grund, weshalb diese Stücke in Schwarzort noch nicht gefunden sind, und über die Aussichten, sie noch zu erlangen, ist pag. 4 die Rede gewesen. Für die Herstellung der Form gilt das oben Gesagte. Taf. I Fig. 1, 2, 3, 4, 11, 12 sind zugehauene Perlen, 5 ist eine noch nicht genügend beschabte. Von einem Abdrehen der Röhren ist nie eine Spur zu finden, man bemerkt nur eine feine, vom Schaben her- rührende Längsstreifung. Die Bohrung der Stücke ist von Tischler genau studirt worden, und weicht von der oben beschriebenen wesentlich ab. Sie ist von beiden Seiten so begonnen, dass zuerst ein conisches Loch, also wohl mittelst eines Feuersteinsplitters, eingedreht wurde, wie dies besonders bei Fig. 11 und 13 deutlich hervortritt. Dann beginnt ein mehr cylindrisches, welches sich aber nach innen stets verjüngt (efr. Fig. 11, 14), oft absatzweise (wie Fig. 12, 13). Solche Löcher konnten nicht mehr mittelst Feuerstein hergestellt sein, da es unmöglich wäre, Splitter von dieser Dünne an langen Stielen zu befestigen. Auf Anwendung von Metallinstrumenten lässt das Loch bei diesen Eigenthümlichkeiten, zumal bei den stumpfen rundlichen Enden, ebenfalls nicht schliessen. Es bleibt also nur die Anwendung einer Knochen- oder Hirschhornnadel übrig. Es gelang auch Bernstein mittelst einer Knochen- nadel und mit Sand anzubohren. Dabei war es wesentlich, trockenen Sand anzuwenden, wie dies von Keller auch bei der durch Bohrung der Steinhämmer mit Hirschhorn gezeigt wurde,*) da nasser Sand nicht haftete und keine Wirkung: hinterliess. Wahrscheinlich wurde die Nadel, wenn das Loch eine gewisse Tiefe erreicht hatte, zugeschliffen, und mögen *) O. Tischler, Ueber die Herstellung der alten Steingeräthe Schr. d. phys.-ökon Ges. XXI. 1830. Sitzungsber. p. 16 ff. — Keller, Pfahlbaubericht. VIII. p. 49 ff. 9% 12 hiervon die Absätze rühren (Fig. 12, 13). Die zwischenliegenden Theile sind ziemlich cylindrisch, zeigen aber Reifen, welche durch gröbere Sandkörner erzeugt sind; doch bemerkt man am äusseren Theil oft noch eine kleine Erweiterung, die von der unsicheren Führung herrührt, so lange das Instrument noch nicht tief genug eingedrungen war. Mitunter miss- glückte die Arbeit dadurch, dass die Löcher an einander vorbei gingen, sich also nicht trafen (wie Fig. 13). Die Bohrung mittelst Knochen geht sehr langsam vor sich, besonders am Anfange, wo die Nadel den Sand noch nicht fassen kann, und muss diese Arbeit daher sehr zeitraubend und mühsam gewesen sein. Aus diesem Grunde wurden dann auch Perlen, bei denen die Längslöcher sich nicht getroffen hatten und welche sonst zu den beabsichtigten Zwecken werthlos waren, noch einmal quer durchbohrt (Taf.I Fig. 13). Bei zweien geht das Loch ganz hindurch, bei einer nur bis in die mittlere Bohrung, so dass eine Communication zum Durchziehen der Schnur entsteht. Verwandt, aber von abweichender Form ist Taf. I Fig. 20, eine längliche, prismatisch zugeschliffene Perle. Der Querschnitt derselben ist annähernd rechteckig, die Kanten sind aber ‚noch zugeschärft. Die Bohrung war bei diesem Stück von der Natur selbst besorgt, indem sich ein Astloch durch den Bernstein zog. Man erkennt dieses, und kann es leicht von einer künstlichen Durchlöcherung dadurch unterscheiden, dass sich concentrisch mit der nahezu kreisrunden Oeffnung eine Schicht knochigen Bernsteins gebildet hat. Es ist dieses eine secundäre Zersetzung des kumstfarbigen Bernsteins, welche ich kurz in der oben eitirten Arbeit angedeutet habe. Ein zweites kleineres Astloch geht aus dieser Röhre in eine der schmalen Längswände. In den Sammlungen, welche bei der Bearbeitung vorlagen, befinden sich zur Zeit: im Provinzial- Museum der physikalisch - ökonomischen Gesellschaft: unvollendete Röhren 11 vollendete 3.20 in der Sammlung der Firma Stantien & Becker: unvollendete ” 8 vollendete 2) Also in Summa 81 Stücke. Diese statistische Uebersicht hat im Ganzen wenig Werth, da vor den pag. 4 er- wähnten, von den Herren Becker und Cohn angeordneten Maassregeln viele Stücke unbeachtet geblieben, oder auf andere Weise abhanden gekommen sind: sie gewährt eben nur einen Einblick in den Bestand der wissenschaftlicher Bearbeitung zugänglichen Sammlungen. Später aber, wenn immer neue Nachträge kommen, wird man bei grösserer Aufmerksamkeit im Sammeln das Verhältniss der einzelnen Formen doch annäkernd schätzen können. Doppelknöpfe. (Taf. I Fig. 17—19, 21—27.) Gegenstände von höchst befremdlicher, Anfangs zum Verdacht reizender Form sind die Doppelknöpfe, zwei Scheiben oder Knöpfe, welche durch einen dünneren Stiel verbunden sind. Die Scheiben sind meist linsenförmig, nicht sehr dick, so dass ihre Kanten ziemlich scharf oder etwas abgerundet erscheinen. Nur bei Fig. 25, 26 sind sie dick, mit stark gerundeten Seitenkanten oder cylindrischem Rande. Der Stiel ist in der Regel mässig lang, nur bei 25, 26 stark entwickelt. Die Dimensionen gehen von dem kleinen Stück Fig. 23 mit 10mm Breite 8mm Dicke bis 26mm Breite und 28mm Dicke herauf. 13 Die Knöpfe sind sämmtlich nicht gedreht, daher auch nicht kreisrund, sondern un- regelmässig. Fig. 25—27 zeigen eine starke Verwitterungsrinde, die andern sind alle gut polirt. Einzelne der Stücke sind glatt, andere decorirt. Fig. 17, 18, 19, 21 zeigen an den scharfen Kanten jeder Scheibe kleine Kerben, wie sie ähnlich mittelst eines Feuersteinsplitters her- gestellt werden konnten. Bei Fig. 22 findet sich ein stark abgeschliffenes System feiner Striche, welche radial verlaufen. Dieselben sind durch mehrfaches Ziehen eines scharfen Geräthes, also wohl eines Feuersteinsplitters, entstanden, den man vom Rande nach innen führte, welcher dabei ausglitt, so dass die Randstreifen sich in mehrere ganze feine Ritze auflösen. Fig. 24 zeigt Striche, welche auf der Oberfläche der einen Scheibe eingeritzt sind, Was den Gebrauch dieser Doppelknöpfe anbetrifft, so wird man nach dem, was wir von der Kleidung dieser so weit zurückliegenden Jahrhunderte wissen oder uns vorstellen, an eigentliche Knöpfe wohl nicht denken dürfen. Wahrscheinlich hat man es auch hier mit Perlen zu thun, d. h. mit Schmuckstücken, die auf eine Schnur gereiht waren. Die Schnur muss um den Stiel gewickelt gewesen sein, und hierfür spricht an einigen Stücken die auffallend starke Politur derselben. So sind bei einem Doppelknopf, dessen Stiel starke, vom Schaben herrührende Furchen zeigt, die Rücken zwischen den letzteren glänzend, Ferner werden wir später in Dänemark neben einem Doppelknopf gewöhnlicher Form solche finden, bei welchen die Stiele quer durchbohrt sind. Auch die dort oft massenhaft vor- kommenden sogenannten hammerförmigen Perlen mit Querdurchbohrung sind entschieden verwandte Formen. Bei diesen letzten Stücken ist der Gebrauch als Perlen aber klar, und man ist demnach berechtigt, die ostpreussischen Doppelknöpfe ebenso aufzufassen, Es befinden sich zur Zeit: im Broyinzial-Museumg aa. in der Sammlung von Stantien und Becker 9 in Summa 14 Stück. Mnöpfe mit Vförmiger Bohrung. (Taf. II, Taf. III Fig. 1, 5, 6, 7.) Das Charakteristische aller dieser flachen Stücke besteht darin, dass auf der Rück- seite eine kurze Röhre in der Richtung der Fläche hergestellt ist, und zwar so, dass man zwei Löcher schräge hineinbohrte, welche sich in der Mitte trafen. Es wurde dadurch eine \/förmige Oefinung erzielt, durch welche man eine Schnur ziehen konnte, an der sich diese Stücke — die also wiederum keine eigentlichen Knöpfe sind — aufreihen liessen. Die sich konisch verjüngenden Löcher, welche die Nebenfiguren (Taf. II Fig. 2c, 8c, Ic, 205, 215) zeigen, deuten wieder auf eine Bohrung mittelst Feuerstein hin, die manchmal, wie es besonders das später behandelte Stück Taf. XII Fig. 7 zeigt, mit Knochennadeln fortgeführt wurde. Die immerhin etwas difficile Operation missglückte öfters, wie dies eine grosse Anzahl von Stücken zeigt. Bei Taf. II Fig. 7a ist das eine Loch etwas zu weit gegangen und hat die Oberfläche bereits durchbohrt. Oefters brach der dünne Steg über der Röhre aus und man bohrte dann in senkrechter Richtung eine zweite, welche entweder unter der defecten ersten durchging (Fig. 13«) oder nur die Wände zur alten Röhre durchbohrte (Fig. 12a). Bei dem misslungenen Knopf Taf. III Fig. 1 bohrte man in der Mitte ein Loch der Dicke nach, so dass eine der später zu beschreibenden linsenförmigen Perlen entstand. Ob der 14 Bruch bei Taf. II Fig. 18 bereits ein alter ist, lässt sich nicht mit genügender Sicherheit ent- scheiden. Bei Taf. II Fig. 16 sind zwei Löcher durchgebohrt. Es liegt eine grosse Anzahl unfertiger Stücke vor (Taf. II Fig. 10, 24), bei deren die Boh- rung noch nicht vollendet. Taf. II Fig. 10 ist wohl ein misslungenes, fortgeworfenes Stück, weil beide Löcher einander zu nahe kamen. Fig. 24 ein unvollendeter Knopf. Taf. II Fig. 1 ist ein noch nicht angebohrter Knopf (oder eine Linse?). Andere undurchbohrte Stücke sind viereckig und in der Form von Taf. II Fig. 8. Diese Knöpfe sind wohl aus zufällig passend gefundenen Bernsteinstücken angefertigt, denen durch Behauen manchmal nachgeholfen wurde. Die Form ist dann durch Schaben hergestellt, wobei grössere Vertiefungen, die durch das Behauen entstanden oder natürlich waren, oft übrig blieben (Taf. II Fig. 6). Die äussere Seite ist meist sorgfältiger geglättet, als die innere, doch ist auch jene nicht immer sauber polirt. So zeigt Fig. 16 aussen theilweise die rauhe Oberfläche des rohen Bernsteins. Die Operation des Bohrens ging der Formgebung voran wie bei Knopf Taf. II Fig. 24, einem noch wenig beschabten, natürlichen Stück. Bei den meisten (Taf. II Fig. 1) sollte sie aber wohl folgen. Die Mehrzahl der Stücke ist rund, von 14 mm bis 40 mm Durchmesser, doch ist die Kreislinie nicht sehr genau eingehalten (Taf. II Fig. 1—4, 9—13, 22—24) und es finden sich Uebergänge bis zu den ausgesprochenen ovalen Stücken (Taf. II Fig. 5—8, 15, 16), deren Contour oft noch bedeutende Unregelmässigkeiten zeigt. Die ovalen gehen in deutlich ausgesprochene Rechtecke über, deren Kanten oft noch etwas gerundet sind (Taf. II Fig. 14, 17, 18, 19). Endlich existiren 2 vollkommen quadratische Knöpfchen (Taf. II Fig. 20, 21). Besonders elegant ist der grosse Knopf Taf. III Fig. 5, ein Oval, welches aus zwei Spitz- bogen besteht, das man als „schiffechenförmig“ bezeichnen kann. Es existirt ein zweites kleineres Stück (P. 0.G. 967) und ebenda ein fast rhombisches (P. ©. G. 1991) mit etwas ab- gerundeten Ecken. Die Bohrung liegt hier überall in der Richtung der Mikrodiagonale. Ein wenig kleineres, nur etwas schmäleres Stück, im Besitze der Alterthumsgesellschaft Prussia (Taf. XII Fig. 17), welches von Herrn Maschke gekauft ist und aus Altpreussen stammen soll, wahrscheinlich wohl aus Schwarzort, ist auf der Rückseite in der Bohrung ausgebrochen, wobei sich allerdings nicht entscheiden lässt, ob dies schon in alter Zeit passirte, da das Stück überhaupt in dieser Linie neuerdings ganz durchbrochen ist. Jedenfalls ist die \/för- mige Bohrung, die sich nun auf dem Bruche (175) sehr schön erkennen lässt, nicht vollendet: die Löcher enden stumpf, ohne sich zu treffen und man hat in der Richtung der Mikro- diagonale nachher 2 Löcher durch die Platte hindurchgebohrt. Die Knöpfe sind linsenförmig, d. h. nach beiden Seiten gleichgewölbt und mit scharfem Rande. Viel häufiger aber ist die Wölbung anderer Art, und zwar ist entweder die Innen- seite flach, die Aussenseite schwach konisch gewölbt (Taf. II Fig. 2,9) oder das Verhältniss ist umgekehrt (Taf. II Fig. 8, 14). Bei Taf. II Fig. 16 sind beide Seiten fach und das Stück ziemlich dick. Das grosse schiffchenförmige Stück Taf, III Fig. 5 ist auf beiden Seiten gleich gewölbt, die äussere Fläche hat aber einen mittleren Grath, von dem sie sich nach beiden Rändern gleichmässig abdacht. Der rechteckige Knopf Taf. II Fig. 19 und der qua- dratische Taf. II Fig. 20 zeigen auf jeder Seite eine vierseitige Pyramide (Fig. 20 schärfer), während Taf. II Fig. 24 mehr rundlich abgeschliffen ist. Diese Knöpfe sind fast alle unverziert. Nur zwei Stücke Taf. II Fig. 22, 23 zeigen eine bei den andern Klassen, besonders bei den Linsen, häufig vorkommende, höchst charakte- 15 ristische Decoration. Fig. 23 trägt einen doppelten Kranz von fein eingedrehten Punkten; Fig 22 einen einfachen Kranz, während nur wenige Löcher des Inneren gebohrt sind und zeigt ein Kreuz, dessen vier Arme aus dreifachen Reihen von Punkten bestehen. In der Sammlung der Firma Stantien & Becker finden sich noch zwei kleine un- durchbohrte Scheiben (Katal. No. 129, 130) mit breitem, geradem Rande, welche beide das- selbe Kreuz aus 3 Punktreihen und den einfachen Randkranz tragen. Bei de: einen sind rückwärts excentrisch 2 Punkte eingedreht zu einer \/förmigen Bohrung wie bei Taf. III, die andere ist ganz undurchbohrt, vielleicht sollten es Scheibenperlen werden. Abweichend sind die Stücke Taf. II Fig. 16 jund Taf. III Fig. 7. Ersteres ist ein ovaler Knopf mit 2 \förmigen Röhren, also wohl eine Art von Mittelstück, durch welche die Schnüre von zwei Perlbändern gezogen wurden. Taf. III Fig. 7 ist ein quadratischer, auf der Aussenseite gewölbter, innen flacher Knopf, dessen senkrecht zur Platte abgeschliffener Rand an der einen Seite bis zur Bohrung ausgebrochen ist. An jeder Kante stellt eine Reihe von \/förmigen Bohrungen eine durchgehende, geknickte Röhre her, so dass in jedem Loche zwei verschiedene Bohrungen gemacht sind. In Fig. 7e sieht man an der untern Kante 3 Löcher, welche 2 \/förmige communi- cirende Bohrungen hervorbringen: in der Ecke rechts unten ist die Bohrung missglückt, ein Loch verläuft blind, das nebenbei durchbohrt die Platte in etwas schräger Richtung, Die beiden Löcher an der rechten Seite stammen von unvollendeten Bohrungen her und enthalten 2 Gruben in ihrer Tiefe. Die obere Kante hat 3 Löcher mit 2 \Bohrungen; die abge- brochene Kante (Fig. 75) zeigt deutlich 3 vollendete \/ mit 4 Bohrlöchern. Ausser dem durchgehenden Loche unten links (in Fig. 7«) hat noch ein anderes Loch aus Versehen die Ober- fläche durchsetzt (als schwarzer Fleck in der Zeichnung Fig. 7a oben rechts erkennbar). Dieses kunstvoll gebohrte Stück hatte wohl auch den Zweck eines Mittelstückes, durch welches oben und unten je eine Schnur gezogen war. Es sind vorhanden: Provinzial-Museum. . . . . . unvollendete 9 fertige 28 37 Sammlung von Stantien & Becker unvollendete 3 fertige Al 44 Prusstans rs la ale ana fertige 1 1 in Summı — 82 Stücke. Darunter 5 schiffchenförmige, 2 quadratische, 12 oblonge und ovale und das Stück Taf. III Fig, 7. Linsen und Scheiben. (Taf. III Fig. 1, 3, 4, 6, S-12, 20, 21. Taf. IV Fig. 1, 2, 5, 7, 11, 12.) Es sind dies runde flache Perlen, deren gewölbte Oberflächen sich entweder in einer ziemlich scharfen, manchmal noch besonders beschabten Kante schneiden, so dass sie eine bi- convexe, nur einmal eine planconvexe Linse bilden, „Linsen“, oder deren fast ebene Flächen einander parallel laufen und durch einen graden oder abgerundeten Mantel verbunden sind, „Scheiben“. Es finden sich jedoch Uebergänge zwischen beiden Formen. Die Bohrlöcher sind wieder von beiden Seiten konisch eingedreht, stark gereift und verlaufen annähernd central, manchmal aber doch etwas excentrisch wie Taf. III Fig. 11, 20, 16 Es ist anzunehmen, dass diese flachen Stücke nicht perlenartig aufgereiht waren, sondern an Schnüren herabhingen, wie dies auch die einseitige Decoration der Oberfläche beweist. Sie bilden also schon einen Uebergang zu den Hängestücken. Die Linse Taf. III Fig. 1 zeigt auf der Rückseite eine unvollendete \/förmige Bohrung etwas exentrisch, ist aber nachher annähernd central gebohrt; man sieht hieraus also wieder, dass beide Formenreihen zusammengehören. Die Scheibe Taf. III Fig. 4 hat eine doppelte Bohrung und ein begonnenes drittes Loch, Taf. III Fig. 3 ein vollendetes und ein begonnenes, die planconvexe Linse Taf. III Fig. 12 hat neben dem sehr sauber gearbeiteten, wohl mit einer Knochennadel vollendeten Loche ein unvollendetes, zwei konische Vertiefungen, die nicht zusammenstossen. Die Linsen sind viel sauberer ausgeführt als die dickeren Scheiben. Sie sind all- seitig beschabt und polirt, doch treten die vom Schaben herrührenden Ritzen immer noch hervor. Die Dimensionen variiren von sehr kleinen Linsen, 17 mm, bis zu recht grossen, 60 mm, und es sind von anderen Fundorten noch weit grössere bekannt. Die Form ist wie erwähnt annähernd kreisförmig bis schwach oval wie Taf. III Fig. 10. Diese grosse Perle zeigt am oberen Rande ein in alter Zeit ausgebrochenes Stück. Einige Linsen sind decorirt, in derselben Weise wie die Knöpfe mit \/förmiger Boh- rung; Taf. III Fig. 21, bei der das Loch etwas excentrisch ist, zeigt wieder den doppelten Punktkranz und das aus 3 Punktstreifen gebildete Kreuz. Die noch undurchbohrte Linse Taf. III Fig. 6, welche auf der Unterseite roh geblieben ist, zeigt bereits den doppelten Punktkranz an dem 3. Theil der Peripherie. Taf, II Fig. 12 steht darin einzig da, dass die decorirte Seite fast eben ist, die andere gewölbt, die Linse also planconvex. Ausser dem echten und dem aufgegebenen Bohrloche daneben finden sich noch 3 Gruben auf dem Fragmente, zu denen auf der fehlenden Hälfte vielleicht noch eine vierte gehört. Während die beiden Kegel des unvollendeten Bohrlochs sich stärker verjüngen, ist das neue fast cylindrisch durchgebohrt, aber wieder von 2 Seiten. Die tiefen Gruben sind auch nahe cylindrisch, enden aber stumpf und sind gereift, also wohl mit einer Knochennadel ı gebohrt. Die Scheiben sind viel weniger sorgfältig bear- beitet wie die Linsen und haben oft eine starke Ver- witterungsrinde, müssen also eine Zeitlang in der Erde gelegen haben, ehe sie in’s Wasser gelangten. Sie sind nicht decorirt, nur die kleine Scheibe Taf. IV Fig. 11 ist an den Kanten gekerbt wie die Doppel- knöpfe. Eine bisher alleinstehende Form ist die nebenste- hend dargestellte Perle Fig. 1 (Prov.-M. 982) von wirtel- förmiger Form mit einem linsenähnlichen Mittelkörper, aus welchem beiderseits niedrige cylindrische Fort- sätze mit schwach gewölbten Endflächen hervorgehen. Verwandte Formen finden sich auch in jüngeren Grä- bern, doch zeigt eine genaue Untersuchung dieses Stückes, dass es vollständig in den Kreis der anderen gehört und mit Feuerstein bearbeitet sein muss. Die 17 unbeschabte Oberfläche zeigt sich ganz mit reihenweise gruppirten Grübchen bedeckt, welche etwas kleiner sind als die durch Zuhauen entstandenen, und zwischen denen man einzelne Grathe und Schrammen bemerkt. Diese ist also nicht behauen, auch nicht mit Eisen geschnitten: denn rohe Perlen aus der Eisenzeit, sowie Versuche mit Eisenmessern ergaben, dass bei hastigem Schneiden sich auch einzelne Grübchen bilden, dass die Zwischen- räume aber matt und eben bleiben. Die Perle muss also mit Feuerstein geschnitten ‚sein. Die Bohrung ist auch nicht mit Metall ausgeführt, sondern es sind 2 lange sich nach der Mitte konisch verengende Löcher, wohl mit Knochen und Sand gebohrt. Es können also gegen die Gleichaltrigkeit dieser Perle mit den andern Stücken keine Zweifel erhoben werden. Das Provinzial-Museum besitzt eine Menge von Bernstein-Linsen, Perlen und Scheiben, die aus seiner Bernsteinsammlung in die praehistorisch-anthropologische Sammlung hinüber genommen sind. Fundorte sind nicht angegeben, da sie in alten Zeiten von Bernstein- händlern aufgekauft sind, wie auch jetzt die Sammlung von Bernsteinperlen auf diese Weise neben systematischen Grabungen vervollständigt wird. Viele davon gehören un- zweifelhaft der Steinzeit an und zeigen die stark konischen Bohrungen und die anderen Kriterien der Feuersteinbearbeitung. Den Linsen und Scheiben ähnliche Formen treten auch später in der Eisenzeit auf, sowohl ziemlich rohe, als sauber abgedrehte. Die jüngeren Linsen sind aber viel dicker als die flachen der Steinzeit und zeigen stets eine streng cylindrische Bohrung, die allenfails am Rande sich schwach erweitert. Schwieriger dürfte es bei den Scheiben, besonders den grösseren sein, in jedem eizelnen Falle eine sichere Entscheidung zu treffen, denn die grösseren von Schwarzort haben manchmal fast cylindrische, nur wenig verengerte Bohrlöcher, die mit einer Nadel der Länge nach ausgeschliffen sind, während andererseits bei den roheren aus jüngerer Zeit, wo das Bohren vielleicht mit Eisen aus freier Hand gemacht ist, das Loch sich nach oben etwas erweitern kann. Doch wird bei diesen oft nicht weiter geglätteten Stücken die Bearbeitung der Oberfläche meist entscheidend sein und man wird in wenig Fällen wirklich im Unklaren bleiben. Es sind vorhanden: Provinzial-Museum. . , . . . Linsen 11 Scheiben h) Wirtelförmige 1 17 Sammlung von Stantien & Becker Linsen 30 Scheiben 13 43 in Summa — 60 Stück. Darunter fünf decorirte Linsen, wovon drei mit punktirtem Kreuz, eine decorirte ‘Scheibe. Bernstein- Ringe. (Taf. IV Fig. 3, 4, 6, 8-10, 13, 14.) Diese Stücke gehen gewissermaassen aus den Scheiben oder Linien hervor und unter- scheiden sich durch ihre sehr weite Bohrung, so dass sie zu wirklichen Ringen werden. Die kleine linsenförmige Perle Taf. IV Fig. 13 kann man wohl schon hierher rechnen, da von einer Seite allein ein konisches, gereiftes Loch hineingedreht ist, so dass sie hier ring- förmig erscheint, während sie auf der andern Seite allerdings nur eine enge SrHuuns hat. 18 Die Ringe sind sämmtlich nicht gedreht, sondern bei ziemlicher Vollendung der Form doch immer unregelmässig, wie dies die Zeichnungen deutlich zeigen. Das Bohrloch ist wieder von beiden Seiten wohl mittelst Feuerstein in das volle Stück hineingedreht und stark ausgearbeitet. Nachher ist es mittelst eines Holzstabes und Sand weiter ausgedreht, doch bleibt die Verengung in der Mitte immer erkennbar. Der Ring Taf. IV Fig. 3 zeigt in Fig. 5 eine starke Schrammung durch grobe Sandkörner, während besonders Taf. IV Fig. 4 und auch die meisten anderen gut auspolirt sind (wohl ebenfalls mittelst eines Holz- stabes). Die Schrammen gehen auch bei der Politur immer kreisförmig, nur bei Taf. IV Fig. 8 sind sie der Ringaxe parallel, wodurch allerdings eine glatte glänzende Bohrung erzielt wurde (85 zeigt die gerade Innenseite), aber die kreisrunde Gestalt des Loches verloren ging. Einige Ringe sind dick und plump wie Taf. IV Fig. 3, 4 mit abgerundeten Mantel- flächen, so dass der Querschnitt fast halbkreisförmig ist. Der Querschnitt der anderen Ringe schliesst an den der Linsen an, eine Form, zu der man Taf. IV Fig.9 noch beinahe rechnen könnte, denn die Unterschiede sind nur quantitativ. Taf. IV Fig. 9 hat einen spitzen dreiseitigen Querschnitt, Taf. IV Fig. 8 den eines gleichseitigen Dreiecks, von welchem eine Seite ganz gerade, zwei gewölbt sind. Bei den anderen Ringen ist die scharfe Kante fortgeschnitten, so dass der Querschnitt als Trapez erscheint, dessen untere Seite mehr oder weniger gebrochen (Taf. IV Fig. 65, 10a), dessen Seiten gewölbt sind (bei Taf. IV Fig. 6 recht schwach). Der leider defekte Ring Taf. IV Fig. 14 ist von zwei einander nicht genau gegenüber stehenden doppelt konischen kleinen Löchern durchsetzt, er wird also wohl als Mittelstück einer einfachen Schnur gedient haben. In der Sammlung von Stantien & Becker befinden sich noch zwei Fragmente von Ringen: 161 mit etwas gewölbter, rauher Innen- seite, 162 innen vorzüglich auspolirt mit dreieckigem Querschnitt. Es sind vorhanden: im Provinzial-Museum . . . 2... 2 in der Sammlung von Stantien & Becker 8 in Summa 40 Stück. Viereckige Perlen. (Taf I Fig. 15, 17—19) Den Scheiben und Linsen nahe verwandt sind flache viereckige Stücke mit centraler Bohrung. Dieselben haben entweder scharfe manchmal concave Ränder mit schwach gewölb- ten Flächen wie die linsenförmigen Perlen (Taf. III Fig. 17, 18), oder sie sind dick, quadratisch mit gewölbtem Rand (Taf. III, Fig. 15, 19). Die Bohrung ist bei allen doppelseitig-konisch; bei den flachen Stücken Taf III Fig. 17 und bei den dicken Taf III Fig. 15 so gut ausgeführt, dass die Verengung in der Mitte nur wenig, aber doch noch deutlich genug hervortritt, während sie bei Taf. III Fig. 19 sehr stark ist. Provinzial-Museum, . . . . . Flache 1 1 Sammlung von Stantien & Becker Flache 2 Dicke 4 6 in Summa — 7 Stück. 19 Unregelmässige Perlen. Oefters finden sich unregelmässige Stücke,. welche entweder ganz in ihrer natürlichen Form belassen (wie Taf. III Fig. 14, 16) oder roh zugeschnitten resp. zugehauen sind, so dass sie sich entfernt dicken Scheiben nähern, Taf. IV Fig. 1, 2. Es sind dies ziemlich rohe Produkte, welche auch meist konische, gereifte Löcher haben, wie die Abbildungen deutlich zeigen. Nur Taf. IV Fig. 2 ist im Bohrloch noch auspolirt, so dass die Verengung schwächer hervortritt. Die rohe und unvollendet zugehauene Scheibe Taf. III Fig. 13 ist vielleicht eine unfertige Linse. Unregelmässige, durchbohrte Stücke kommen auch in den Gräbern der ersten Jahrhunderte n. Chr. vor, doch ist hier stets der Schnitt mit den Eisen- messern zu erkennen, und ist das Loch fein und gerade ausgedreht. Provinzial-Museum. . . ...9 Sammlung von Stantien & Becker 5 in Summa 8 Stück. Hängestücke. Eine grosse Rolle unter den Schwarzorter Bernsteinen spielen die Hängestücke, welche an einem Ende einfach, selten mehrfach senkrecht zur Platte durchbohrt sind, so dass sie an einer Schleife hängend getragen werden mussten. Nur solche mit zwei Löchern waren vielleicht auf eine Schnur gezogen. Diese in vielen Exemplaren vertretene Klasse zeigt eine grosse Mannigfaltigkeit, doch treten einige Hauptgruppen von Formen hervor. Unregelmässige Hängestücke. (Taf. IV Fig. 21-29, Taf. V Fig. 1.) Häufig verwendete man den Bernstein in rohen, natürlichen Stücken, besonders wenn sie der gewünschten dreieckigen Form einigermaassen ähnelten, und durchbohrte ihn nur mit in der Regel stark konischen Löchern. Aus der grossen Anzahl vorhandener Stücke sind nur wenige abgebildet, welche die Hauptformen genügend kennzeichnen. Taf. IV Fig. 21, 22, 23, 28 sind nur darchbohrt, nicht weiter bearbeitet. Taf. IV Fig. 24, 25 sind roh mit kräftigen Schlägen zugehauen. Zum Loche verwendete man manch- mal Astlöcher im Bernstein. Das lange schmale Stück Taf. IV Fig. 27 ist auch ein natür- liches, unten abgebrochenes. Taf IV Fig, 29 ist trotz seiner regelmässigen Gestalt ein rohes Stück, welches nur an der linken Seite behauen wurde, um die Symmetrie der Form herzustellen. Scheinbar unregelmässig sind einige unvollendete, bloss behauene Stücke, welche aber meist schon durchbohrt sind, wie Taf. V Fig 2 und mehrere andere nicht abgebildete. Als unfertige Arbeit ist auch das Riesenstück Taf. V Fig. 1 aufzufassen, welches wohl zu einem Gegenstande unbekannter Form weiter verarbeitet werden sollte — ob aller- dings zu einem Hängestück, ist unklar. Es ist von regelmässiger Gestalt, 260g schwer, dunkel kumstfarben. Oben, an den beiden Seiten und an dem oberen Theil der Vorder- fläche sind mit starken Schlägen grosse Splitter abgesprengt, im Uebrigen zeist die natür- 20 liche Oberfläche. Das Bohrloch Taf. V Fig. fc ist auffallend weit und zeigt vorzüglich gut die konische, absatzförmige gereifte Behnunz, Gerade solche Löcher können mit Feuerstein vorzüglich gut hergestellt werden. Provinzial-Museum 27 Stantien & Becker 19 in Summa 46 Stück. Axtförmise Hängestücke. (Taf. III Fig.2 Taf. IV Fig. 15—16, Taf. V Fig. 2-10, Taf. VI, Taf. VII Fig. 6-9, Taf. VI Fig. 3, 11) Sehr häufig kommen Stücke von dreieckiger oder trapezförmiger Gestalt vor. Wahr- scheinlich sind dies ursprünglich Imitationen von Steinäxten, mit deren zahlreichen Varie- täten viele Stücke in der That grosse Aehnlichkeit haben. Es lag nahe, diese nützlichen und wichtigen Geräthe, die noch mehrere Jahrtausende nach dem Aufhören der echten Stein- zeit, ja sogar in der Gegenwart, ein geheimnissvoller, zauberhafter Nimbus umgiebt, als Schmuckstücke symbolisch zu verwenden, und es werden weiter unten die unzweifelhaften Nachbildungen von Steinhämmern aus Schwarzort besprochen werden, wie auch in Skandi- navien die Imitationen der Amazonenäxte vorkommen. Wenn daher auch nicht behauptet werden soll, dass das flache Hängestück gerade seinen ersten Ursprung der Steinaxt verdankt, so ist es doch wahrscheinlich, dass man es bald den Formen dieses Hauptwerkzeuges an- passte, und dass sich dann hieraus die anderen verwandten Formen entwickelten. Ein Blick auf viele dieser Stücke zeigt ganz die Facetten des Schliffes, welche wir bei Feuer- steinäxten finden, so dass die Achnlichkeit in vielen Fällen eine frappante ist, während sich andere Stücke von diesem Typus weiter entfernen. Es wird auf einige solcher Beispiele besonders aufmerksam gemacht werden. Um weitläufige Umschreibungen zu vermeiden, soll, unabhängig von jeder Hy- pothese, die untere Seite des Trapezes oder Dreieckes die „Schneide“ genannt werden, auch wenn sie in eine breite Kantenfläche übergegangen ist (breite Schneide), die durch- bohrte Seite das „Bahnende“, die Kante die „Bahn“. Die einfachste Form ist annähernd dreieckig mit schwach convexen, manchmal fast geraden Seiten, die sich in einer abgerundeten Ecke schneiden oder im Bogen in einander übergehen (mit spitzer oder runder Bahn). Die Schneide ist gerade, selten schwach concav, Taf. VII Fig. 8, Taf. V Fig. 5, Taf. VIII Fig. 11, oder halbkreisförmig (Taf. V Fig 6, 10). Von beiden Formen, die auch bei Steinäxten vertreten sind, kommen zahlreiche Exemplare vor. Die Seiten und die Schneide sind oft scharf, manchmal aber auch abgeschliffen, so dass eine schmale Kante senkrecht zur Platte entsteht. Alle diese Stücke bleiben aber immer ziemlich dünn. Die Bahn wird länger, wie bei dem mit zwei Löchern versehenen Stück Taf. VII Fig. 6, und geht bei vielen in eine gerade Linie über, so dass die trapezförmige Gestalt entsteht. Diese Stücke, deren Seitenkanten gerade, Taf. V Fig. 3, schwach convex, Taf. VII Fig. 7, oder concav, Taf. IV Fig. 15, 16, und deren Schneide auch gerade Taf. V Fig. 3, Taf. VII Fig. 7, oder concav, Taf. IV Fig, 15, 16, ist, erinnern ganz besonders durch ihren Schnitt an Steinäxte, auch sind die Kanten scharf oder breit abgeschliffen, die Schneide meist etwas zugeschärft (Taf. VII Fig. 7 zeigt dies deutlich), wenn sie manchmal auch nicht ganz scharf ausläuft. 21 Während diese Stücke meist ziemlich sauber ausgearbeitet sind, finden sich einige von rechteckiger Gestalt, mit schwach gebogenen Seiten, ziemlich roh gearbeitet, aber immer geschabt, Taf. V Fig. 4, 7. Die Kanten sind gerundet oder abgeschliffen. Verwandt ist das oben und unten abgerundete Stück Taf. V Fig. 8 aus knochigem Bernstein von gleich- mässiger Dicke, welches sich nur wenig nach dem gerade abgeschnittenen Rande abdacht. Vielleicht sollte das undurchbohrte, mit einer dachförmigen Oberfläche versehene Stück Taf. IV Fig. 26 eine ähnliche Form erhalten. Diesen axtförmigen Stücken stehen die langen, schmalen, meisselförmigen nahe. Einige mit convexen Kanten, Taf. VI Fig. 1, Taf. V Fig. 9; die eine Fläche ist gewölbter als die andere. Bei Taf. VI Fig. 1 sind sowohl Kanten als auch Schneide breit abgeschliffen; bei Taf. V Fig. 9 sind die Kanten scharf, die Schneide fehlt. Solche Stücke finden sich mehrfach. Andere haben concave Kanten, wie Taf. VI Fig. 5, mit scharfer gerader und Taf. VI Fig. 4 mit. stark concaver, abgeschliffener Schneide, der am Bahnende eine identische Kante entspricht, so dass dies Stück symmetrisch wird, Meisselförmig ist auch das etwas unregelmässige Stück Taf. XH Fig. { mit einseitig begonnenem Bohrloche. Als Varietät dieser Form ist wohl auch das Stück Taf. VI Fig. 3, aufzufassen mit ‚concaver, abgeschliffener Schneide und Seitenkanten, welches oben in einer geschweiften, vorspringenden Kante endet. Aehnlich, aber mit einem schwächeren, doch immer deutlich erkennbaren Vorsprung ist das Stück Taf. VII Fig. 3. Die grossen Stücke Taf. VI Fig. 2, 8 schliessen sich dem Typus der geradseitigen Aexte und Meissel an, sind aber ziemlich dick, flach gewölbt und haben breite Kantenflächen, von deren Decoration später die Rede sein wird. Einzig in seiner Art steht das Stück Taf. III Fig. 2 da, ein halbkreisförmiges, am Rande durchbohrtes Stück, wie der obere Theil eines axtförmigen mit runder Spitze. Das- selbe ist auch wohl einst länger gewesen, denn es war parallel der Platte durchbohrt, wie sich dies bei axtförmigen Stücken in Dänemark findet, hier aber sonst nicht weiter vor- kommt. Das Loch (2 d) ist wie bei den Röhren mit kleinen Absätzen und Reifen versehen, und jedenfalls mit Knochen gebohrt. Die meisten axtförmigen Stücke sind glatt, bei einigen finden sich aber Verzierungen, welche sich vollständig den schon an früheren Stellen beschriebenen anreihen. Es sind dies gekerbte Ränder, eingravirte Striche, Reihen von eingedrehten Punkten und tiefer ein- gebohrte konische Gruben. Die Ränder sind an den ziemlich breiten Seitenflächen des axt- förmigen Stückes Taf. VI Fig. 2 an beiden Kanten gekerbt, ebenso wie ein kleineres Stück im Provinzial- Museum (P. ©. G. 996), während bei Taf. VI Fig. 8 die Kerben quer über die scharfen Seitenkanten, welche sich unten zu Flächen ausdehnen, gehen. Bei dem kleinen Stück Taf. VI Fig. 9 sind Seitenkanten und Schneide so stark gekerbt, dass es gezähnt erscheint. Die eingravirten Punktreihen finden sich bei Taf, VI Fig. 7, 10, 11, und zwar längs den Kanten eine einfache Reihe quer über bei Taf, VI Fig. 10 eine einfache, mittlere und untere, bei Taf. VI Fig. 11 3 Bänder, unten und in der Mitte eine dreifache Reihe, oben eine doppelte; bei dem defecten Stück Taf. VI Fig. 7 ist nur die untere drei- fache Reihe erhalten. Alle diese Gegenstände sind bloss auf einer Seite verziert. Das defecte Stück Taf. VII Fig, 10, welches wohl einer anderen Form, den Mittelstücken ange- hört, ist auf einer Seite wie Taf. VI Fig. i verziert, durch einfache Randreihen und 3 schräge mehrreihige Querbänder, auf der anderen ist es mit sich kreuzenden Doppellinien geschmückt. Das jetzt defecte Stück Taf. XII Fig.” muss ursprünglich eine ähnliche Form besessen haben. Es hat an den intacten Kanten eine 3fache Punktreihe, an der alten Bruchkante 22 eine doppelte, die 4. ist neuerdings ausgebrochen. In dem alten Bruche sieht man von der Rückseite her eine ganz besonders interessante \/förmige Bohrung (7b). Es sind zuerst 2 schräge Trichter (mit Feuerstein) eingebohrt und dann die Löcher jedenfalls mit Knochen- nadeln weiter fortgesetzt. Die linke Bohrung ging in der Richtung des Trichters, während die rechte flacher angesetzt war, so dass dies Loch einen Knick erhielt. Das Stück ist schon in alter Zeit zerbrochen, wie es die Gleichheit der Verwitterungsrinde an der Bruch- fläche und den übrigen Stellen zeigt. Die Grubenverzierung findet sich auf Taf. VI Fig. 6 und Taf. VII Fig. 9, bei Taf. VI Fig. 6 auf jeder Seite eine Reihe konisch ausgedrehter Gruben in der Mittellinie; bei dem ziemlich unregelmässigen Stück Taf. VII Fig. 9, mit grossem, doppelt-konischem Bohrloch, sind auf beiden Seiten kleine Gruben ungleich vertheilt. Die .dieke Art mit geraden Seitenflächen und Schneide, Taf. XII Fig. 8, trägt ebenfalls auf einer Seite ein un- regelmässiges Grubensystem, doch sind dieselben annähernd in vier vertikalen Reihen gruppirt. Provinzial-Museum 40 Stantien & Becker 38 Prussia-Museum . 3 in Summa 81 Stück. Schildförmige und pfeilspitzenähnliche Hängestücke. (Taf. VII Fig. 1-4.) Sehr selten sind Stücke von höchst auffallender Form, wie Taf. VII Fig. 1—4, die man wegen ihrer entfernten Aehnlichkeit mit einem heraldischen Schilde schildförmig nennen kann. Fig. 1 und 4 sind unten abgerundet; Fig. 1 hat oben 2 tiefe Einschnitte, wohl zum Umwickeln einer Schnur, ein Bohrloch und eine breite Randfläche. Die Oberseite ist roh geschabt und nicht geglättet. Auf der Rückseite ist eine tiefe Rinne ausgearbeitet. Auf der Vorderseite sieht man an jedem Rande vier Gruben und ein tief eingeritztes Linien- system: eine Querlinie, die beide Einschnitte verbindet, und ein fiederartiges System — eine Mittellinie mit je drei Seitenlinien — der obere Rand ist gekerbt. Gerade dieses Stück, welches durch seine Verzierungen sich als fertig ausweist, zeigt deutlich, dass man die Rinde stellenweise stehen liess, und nur so weit dieselbe abarbeitete, als es die zu gebende Form verlangte. So hat namentlich, vom Beschauer aus gerechnet, die linke obere Hälfte noch die alte Verwitterungsschicht des rohen Steins. Durch die tiefe Rinne an der unteren Seite scheint man fremde Beimischungen des Bernsteins, vielleicht angeklebte Holzsplitter etc., entfernt zu haben. Letztere kommen gerade in Stücken dieses Formates häufig vor. Das schöne Stück Taf. VII Fig. 4 ist oval und oben gerade abgeschnitten, mit 2 seit- lichen Löchern und mit scharfer Kante. Die schwach dachförmige Aussenseite ist mit einem System konischer Gruben bedeckt, 9 entlang des Randes, 6 in der Richtung der Mittellinie, welche aber nicht sehr accurat gruppirt sind. Vom Rande und von den Randgruben strahlen nach innen, von den mittleren Gruben nach beiden Seiten Gruppen von fein eingravirten Linien aus. Dieselben sind stark abgeschliffen und werden durch die Zeichnung in ihrer Erscheinung richtig wiedergegeben. 23 Sehr auffallend sind die Stücke Taf. VII Fig. 2, 3, deren Bedeutung nicht ganz klar erscheint. Sie sind herzförmig oder haben, wenn man sie umdreht, in ihrer jetzigen Form eine auffallende Aehnlichkeit mit Feuersteinpfeilspitzen, indem bei beiden in der Mitte ein schwacher Stielansatz und seitwärts 2 stumpfe Widerhaken erscheinen. Die halbkreis- förmigen Vertiefungen zwischen Stiel und Widerhaken sind durch die übliche doppelt konische Bohrung aus einem vollen Stücke hervorgebracht. Es ist nun fraglich, ob man den Rest abgeschlagen hat, um diese Form absichtlich hervorzubringen, oder ob bei den (besonders in Taf. VII Fig. 2) dünnen Wänden dasselbe zufällig ausgebrochen ist. Bei Fig. 3 zeigt das ganze Stück und die Bohrlöcher eine braune Verwitterungsrinde, die von längerem Lagern in der Erde herrühren muss. An den als Spitze und Widerhaken erscheinenden Vorsprüngen sieht man einen Bruch von wolkiger Kumstfarbe, die aber schwach nachge- dunkelt ist, und somit beweist, dass diese Bruchfläche sich vor dem Aufenthalt im Wasser gebildet hat, mithin alt ist und nicht neuerdings entstanden sein kann, aber immerhin be- deutend jünger sein muss als der mit Rinde bedeckte andere Theil des Stückes. Fig. 2, kumstfarbig, zeigt nur die schwache Nachdunkelung, die durch alleinigen Aufenthalt im Wasser entstanden ist; man kann nicht genau sehen, ob der Bruch in den Löchern jünger ist als die übrige Oberfläche. Fig. 2 hat am spitzen Ende ein Bohrloch. Fig. 3 ist undurchbohrt, also entweder ein unfertiges Stück oder am breiten Ende unvollständig, indem hier 2 Löcher zum Auf- hängen dagewesen wären. Es lässt sich demnach noch nicht genau entscheiden, wie diese Geräthe geformt waren und wie sie getragen sind, ob mit der Spitze nach oben oder nach unten, was erst durch spätere Funde vielleicht aufgeklärt werden kann. Ein drittes pfeilspitzenähnliches Stück befindet sich im Prussia-Museum, mit sehr kurzen, stumpfen Widerhaken und breitem Stiel. Leider ist dasselbe aber nicht in seinem ursprünglichen Zustande, sondern von den Arbeitern wohl muthwillig gezeichnet worden. Auf der einen Seite bemerkt man zwei sich kreuzende Furchen, die aus mehreren Strichen bestehen. Dieselben sind aber schnurgerade, zwar schraffirt, aber scharf, und können nur mit einer Feile hergestellt sein, nicht mit Feuerstein, auch bemerkt man am Stiele und an den sog. Widerhaken die Spuren der Feile. Das Stück, dessen Form im Ganzen jedenfalls alt, ist eins der glücklicherweise wenigen, mit denen eine moderne Bearbeitung (Fälschung ist zuviel gesagt) vorgenommen ist, die sich aber klar erkennen lässt. Dieses Stück beweist daher leider gar nichts. Eine Pfeilspitze aus Bernstein findet sich auch in viel späterer Zeit auf dem Neu- städter Gräberfeld bei Elbing in den ersten Jahrhunderten n. Chr. Es ist möglich, dass man schon in viel älterer Zeit, wo erwiesenermaassen Steininstrumente nachgebildet wur- den, die Pfeilspitzen darstellte, doch wäre hierzu immer der Beweis beizubringen, dass die Form der Geräthe im Wesentlichen unverletzt sei. Provinzial-Museum pfeilspitzenähnlich 2 Stantien & Becker schildförmig 2 Prussia-Museum . pfeilspitzenähnlich 1 in Summa 5 Stück. 24 End- und Mittelstücke. (Taf. I Fig. 16. Taf. IV Fig. 17-20. Taf. Vil Fig. 5, 10. Taf. XII Fig. 6, 9.) Ehe die abweichenden Formen der Hängestücke behandelt werden, muss auf eine Klasse näher eingegangen werden, welche zum Theil den axtförmigen Stücken verwandt ist (Taf. IV Fig. 17—20). Dieselben sind an beiden Enden durchbohrt, entweder mit je einem Loch oder mit mehreren an einem Ende Die Stücke sind selten, während sie in Skandi- navien und England (S. u.) eine grosse Rolle spielen. Taf. IV Fig. 9 hat an einem Ende ein Loch, am andern zwei, die Einkerbung stellt ein verunglücktes drittes vor. Wahrscheinlich war dies ein Endstück. Aus dem einen Loche lief die Schnur nach hinten um den Hals, aus den beiden gegenüberliegenden gingen zwei Perlschnüre hervor. Aehnlich war wohl das Stück Taf. VII Fig. 10, dessen Verzierung schon beschrieben ist, pag. 21. Dasselbe ist an beiden Enden abgebrochen (modern) und lässt sich seine Gestalt nicht näher ermitteln. An einem Ende sind drei Löcher, von denen eins ausge- brochen. Ebenso kann man vielleicht das Stück Taf. VII Fig. 5 hierher rechnen, mit drei Bohrungen (eine ausgebrochen) an einem Ende. Es ist diek mit geraden Seitenflächen, ebener Unter- und gewölbter Oberseite; die beiden Randflächen sind durch eingeritzte ab- wechselnd gerichtete Strichgruppen verziert, welche deutlich ein mehrfaches Hin- und Her- ziehen des Instrumentes und eine unsichere Führung zeigen, wie dies gerade bei Feuer- stein eintreten muss. Die Stücke Taf. IV Fig. 17, 18, 20 sind an jedem Ende einfach mit doppeltkonischem - Loche durchbohrt. Fig. 17 ist ein ganz rohes, nur wenig beschabtes Stück, Fig. 20 platt und unregelmässig viereckig geschnitten, Fig. 138 annähernd axtförmig. Ein anderes, Fig 18 ähnliches axtförmiges (nicht abgebildetes) Stück (P. ©. G. 966) hat eine flache Unter- und eine gewölbte Oberseite. Die beiden Endkanten sind schräge abgeschnitten und die Boh- rungen gehen aus den so gebildeten Endflächen schräge in die gewölbte Oberseite. Das eine Loch ist ausgebrochen. Im Museum der Prussia befindet sich das unregelmässige, an beiden Enden durch- bohrte Stück Taf. XII Fig. 6, welches in seiner äussern Form fast einer Röhrenperle ähnelt. Als ein echtes Mittelstück, welches zum Durchführen mehrerer Perlschnüre diente, ist das Stück Taf. I Fig. 16 aufzufassen, ein plattes Parallelopipedon mit abgerundeten Seitenkanten, welches von drei parallelen Löchern durchsetzt wird. Wenn diese auch sehr gut und sorgfältig gebohrt sind, zeigen sie doch die Verjüngung nach der Mitte, die Ab- sätze und Streifen werden also auch mit Knochennadeln hergestellt sein. Dies Stück ist bis jetzt für Schwarzort und Ostpreussen ein Unicum. In Dänemark finden sich solche aber häufig. Die Stücke Taf. IV Fig. 17, 18, 20 und ähnliche werden, da die Löcher senkrecht zur Fläche stehen, nicht senkrecht, sondern horizontal aufgezogen, zwischen und am An- fange der Schnur oder als trennende Glieder zwischen anderen Perlen getragen worden sein. Wohl aber kann das leider sehr defecte Stück Taf XII Fig. 9 ais Mittelstück für mehrere Schnüre gedient haben. Es ist annähernd axtförmig, mit runder Scheide, ziemlich dünn, scharfkantig und gut geglättet. Am Bahnende und an den Seitenkanten finden sich eine Reihe bis auf eins ausgebrochener Löcher, eben 2, rechts 3, links ist nur 1 Loch und die Spuren eines zweiten erkennbar; wahrscheinlich waren hier auch 3, so dass 4 Löcher auf jeder Seite existirten, die allerdings recht dicht aneinanderlagen, und welche 25 Schnüre aufnehmen konnten; nur müssen dann die Perlen sehr klein und leicht gewesen sein, (vielleicht die uns bis jetzt noch fehlenden), da eine so dünne Bernsteinwand, wie sie hier zwischen Loch und äusserm Rand vorhanden war, nur geringe. Lasten tragen kann, ausserdem ist dieses Stück knochig und daher überhaupt leichter zerbrechlich. Provinzial-Museum 5 Stantien & Becker 4 Prussia-Museum . 1 in Summa 10 Stück. Schiffehenförmige Hängestücke. (Taf. VIII Fig. 4—7). Von diesen Stücken ist nur eins vollständig, Taf. VIII Fig. 7, von den übrigen kann man sich danach nur ein annäherndes Bild machen, und ist Fig. 6 danach ergänzt. Taf. VIII Fig, 7 ist ein flaches, rhombisches Stück ‘mit schwach gebogenen Seiten, also annähernd schiffchenförmig, mit einem grösseren Loche in der Mitte, welches wohl nur zur Zierde dient. Oben ist ein kleineres Loch; beide sind in gewohnter Weise doppelt konisch durchbohrt, das grössere, wie immer, gleichförmiger. Ganz oben sass noch ein kleines, jetzt ausgebrochenes Loch. Vom scharfen Rande zieht sich auf der einen Seite eine Reihe kurzer Striche nach innen. Dieselben sind, wie in allen früheren Fällen, durch mehrfaches Ziehen eines scharfen Instrumentes hervorgebracht; die inneren Enden lösen sich daher meist in mehrere feine Linien auf, und es sind Fehlstriche manchmal neben der Furche gezogen. Ein einfacher Versuch zeigt, dass man mit einem Stahlmesser leicht eine sichere scharfe Linie einschneiden oder ritzen kann, während Feuerstein schlechter fasst, und man wiederholt hin und her ritzen muss, um eine tiefere Furche zu erzielen, so dass am Ende der Splitter öfters aussetzt und man Resultate erhält wie bei obigem Stück. . Zur Hälfte erhalten sind die beiden Stücke Taf. VIII Fig. 4 und 6, deren abgerun- deter Rand oben ausgeschweift ist und in einem kleinen Bogen resp. in einer kurzen Linie endet. Die grossen Löcher sind nach der Bohrung durch Schaben noch weiter ausgearbeitet. Ob Fig. 6 unten mit einer solchen Schweifung endet, wie die Ergänzung annimmt, lässt sich allerdings nicht entscheiden. Das sehr dünne Stück Taf. VIII Fig. 5 hat, nach seiner Schraffirung zu schliessen, jedenfalls dieselbe Form besessen, ist aber leider sehr defect. Ein ähnliches Stück befindet sich im Provinzial-Museum (P. O. G. 1053). Eine symbolische Deutung dieser Gegenstände soll hier nicht versucht werden, wäre aber durchaus nicht unmöglich in Anbetracht eines anderen Stückes, welches auf Taf. VIII abgebildet ist. Provinzial-Museum 1 Stantien & Becker 5 in Summa 6 Stück. Gestielte Ringanhängsel. (Taf. VIII Fig. 8-10, 12.) Von dieser Form sind 4 gefunden, welche sich sämmtlich durch sehr saubere Arbeit und eine Politur auszeichnen, wie man sie selten trifft. Einige wie Taf. VIII Fig. 12 würden 4 er bei ihrer vorzüglichen Erhaltung den Eindruck moderner Fabrikate machen, doch findet man die charakteristischen Zeichen der alten Technik: bei allen ist die Bohrung doppelt-konisch, besonders deutlich bei Fig.8 und 12; bei Fig, 10 ist sie wohl noch durch Hin- und Her- ziehen einer Knochennadel nachgebessert, doch tritt die Verengung immer hervor. Fig. 9 ist seitwärts durchbohrt. Das Loch ist auch von beiden Seiten begonnen und beide Oeffnungen treffen sich schräge. Der Ring ist zunächst auf die übliche Weise von beiden Seiten aus- gebohrt und dann durch Schaben weiter bearbeitet, wodurch bei Fig. 10 und 12 die mittlere Verengung fast ganz verschwurden, dabei aber die reine Kreisform auch verloren gegangen ist. Ebenso sind die Ringe aussen auch nicht streng kreisförmig, aber immerhin gut ge- schnitten, besonders das Prachtstück Taf. VIII Fig. 12. Die Kanten des Stieles sind abge- rundet, bei Fig. 8 ist er ziemlich dick und verbreitert sich nach oben. Die andern ver- schmälern sich und der kurze querdurckbohrte von Fig. 9 läuft spitz zu. Die Stiele von Fig. 9, 10 und der Ring von Fig.9 sind durch eingeritzte Striche (Kerben) auf beiden Seiten verziert. BeiFig.8 geht ein System von feinen Ritzen ringförmig um den Stiel und Ring. Die Führung ist aber eine recht unsichere, indem man mit (jeden- falls anzunehmendem) Feuersteinsplitter nur kurze Striche, der Rundung entsprechend, ziehen konnte. Der Reif ist also aus einer Reil.e kurzer Striche zusammengesetzt, die nicht dicht an einander schliessen, wie dies die Zeichnung auch erkennen lässt. Mit einem Stahl- oder Eisenmesser kann man mit Leichtigkeit einen zusammenhängenden Reif um ein Bernstein- stück ziehen. Stantien & Becker 4 Stücke. Bernstein - Hämmer. (Taf. VIII Fig. 14, 16-19.) Höchst interessant sind die Miniaturimitationen von Steinhämmern. Zweifellos ist diese Imitation bei Taf, VIII Fig. 18 beabsichtigt, einem zierlichen geschweiften Hammer mit doppelt konischem Loch. Derselbe ist sehr sauber polirt. Er scheint schon weiter oben durchbohrt gewesen zu sein, ist dabei aber wohl verunglückt, wie man es ähnlich bei vielen Steinhämmern findet. Nach dieser Analogie ist es nicht zu bezweifeln, dass Fig. 16, 17, (9 ebenfalls Hämmer darstellen sollen. Dieselben sind lang- gestreckt, nicht ganz regelmässig und vorn nur mässig zugeschärft; Fig. 16 hat einiger- massen scharfe Kanten, während Fig. 17 und 19 ganz abgerundet sind. Ob das kleine Stückchen Taf. VIII Fig. 14 eine undurchbohrte Miniaturaxt vorstellen soll, ist fraglich, doch nicht unwahrscheinlich; das betreffende Stückchen ist nur beschabt und nicht polirt. Die Verwendung von imitirten Hämmern aus Bernstein als Schmucksachen findet man noch in späterer Zeit. Das Provinzial-Museum besitzt einen sehr zierlichen kleinen Bernsteinhammer vom Gräberfelde zu Willenberg bei Marienburg aus den ersten Jahrhun- derten n. Chr., der sich von diesen aber durch seine feine cylindrische Bohrung wesentlich unterscheidet. Provinzial-Museum 2 Stantien & Becker 3 in Summa 5 Stücke. TERN BITTER, SER 27 Kegelförmige Hängestücke. (Taf. XII Fig. 2-5.) Hängestücke von kleiner Gestalt sind die Taf. XII Fig. 2—5 abgebildeten Stücke. Dieselben sind zum Theil rein kegelförmig, Fig.4, 5 mit ebener Unterseite, Fig.3 endet unten in einer Kugelcalotte, während Fig. 2 unten kugelig, oben abgeschnitten ist und sich der Tropfenform nähert. Wahrscheinlich ist es auch aus einem natürlichen Bernsteintropfen hergestellt. Fig.5 ist noch undurchbohrt; Fig. 4 und 5 sind oben sehr gut quer durch- bohrt, wahrscheinlich mit einer Knochennadel oder einem ganz feinen Feuersteinsplitter, doch so, dass die beiderseitigen Löcher sich unter einem stumpfen Winkel schneiden. Fig. 2 sollte quer durchbohrt werden, doch ist das eine Seitenloch unvollendet aufgegeben, wohl wegen der zu grossen Dicke des Stückes, und von oben ein konisches Loch bis auf das andere Seitenloch hineingebohrt. Die Unterseite von Fig. 4 enthält einen tief eingeschnittenen achtstrahligen Stern (man könnte es petschaftförmig nennen.). Provinzial-Museum 1 Stantien & Becker 1 Prussia-Museum . 2 in Summa 4 Stücke. 5 Stücke von seltener Form. (Angabe der Figuren im Text.) Ausser den bisher beschriebenen Stücken, welche zum Theil in grosser Menge auf- treten, sind noch einige andere gefunden, die vollständig allein stehen, und die man vor- läufig als Unica auffassen muss. Thierkopf? Taf. VIII Fig. 2 (P.O G 943). Das Stück hat eine regelmässige Form, ist sauber bearbeitet und meist gut geglättet, mit Ausnahme des oberen Endes und des linken Auswuchses, wo die ursprüngliche Rinde erscheint. Die beiden breiten Flächen sind nur ganz leicht gewölbt, ebenso die senkrecht daraufstehenden Seitenflächen, Die Boh- rung ist sehr gut, fast cylindrisch ausgeführt, aber doch mit starken Absätzen und Reifen. Man hat zu seiner Herstellung ein natürliches Stück von annähernd ähnlicher Form ge- nommen, wie es die alte Rinde an den bezeichneten Stellen beweist. Aber die äusserst sorgfältige Bearbeitung trennt es durchaus von den früher beschriebenen unregelmässigen Stücken. Was es vorstellen soll, ist schwer zu sagen. Von der Seite gesehen ähnelt es fast einem Thierkopfe (es ist anders gezeichnet, weil die Spitze herunterhängen musste). Es gehört zwar immerhin viel Phantasie dazu, einen solchen herauszuerkennen, doch ist die Hypothese in Anbetracht der unbestreitbaren Thierdarstellungen, die sich finden, vielleicht nicht ganz unhaltbar. Dreieck. Taf. VIII Fig. 15 (P. ©. G. 1941). Das flache dicke Dreieck steht eben- falls isolirt da und entfernt sich schon zu weit von den axtförmigen Stücken, um damit in Beziehung gebracht zu werden. Es hat sowohl abgerundete Ecken, als auch Kanten und breite Seitenflächen. Die Bohrung ist in gewöhnlicher Weise doppelt-konisch. Halbmond. Taf. VIII Fig. 20 (St. B. 235). Derselbe hat zwei mässig scharfe Kanten. Leider ist eine Spitze abgebrochen. An der convexen Seite hat er zwei doppelt-konische Löcher, hing also mit den Spitzen nach unten. 2 4* 28 Pferdekopf. Taf. VIII Fig. 21 (P.O.G. 1013). Das Stück soll unzweifelhaft einen Pferdekopf darstellen. Es besteht aus knochigem Bernstein. Der Leib oder Brusttheil ist halbmondförmig, und es setzt sich an ihn der Kopf an, bei welchem ein beiderseits einge- ritzter Strich das Maul darstellen soll, während eine Kerbe am oberen Ende die Ohren trennt. Auf jeder Seite des Kopfes sind zwei konische Gruben, von denen eine das Auge andeutet, die andere allerdings nur eine überflüssige Verzierung ist. Das Loch ist gut, fast eylindrisch gebohrt, aber doch etwas nach innen verjüngt und gereift. Das ganze Stück ist gut polirt. Phallus. Taf. VIII Fig. 13 (P. O0. G. 1012.) Eines der merkwürdigsten Stücke ist ein kleiner Phallus aus Schwarzfirniss (vide pag. 7). Derselbe hat an einer Seite eine tiefgehende Furche und schneidet oben viereckig ab. Die Bohrung zeigt sehr schön die beiden konischen, stark gereiften Löcher (wie es die Zeichnung deutlich wiedergiebt) und beweist, dass auch dieses auffallende Stückchen durchaus mit allen übrigen bisher beschrie- benen in eine Klasse gehört und dass man mithin berechtigt ist, ihm denselben Ursprung zuzuschreiben. Es kann dasselbe daher durchaus nicht für römische Arbeit gehalten werden, obwohl gerade dort solche Symbole mit Vorliebe als Amulette getragen wurden. Die Technik der Bohrung wäre eine ganz andere und vollkommenere gewesen. Ebenso kann man sich wohl davon enthalten, weitere religiös -ethnographische Spekulationen hieran zu knüpfen. Stück mit Thierkopf? Taf. VIII Fig. 1 (St. B.237). Vollständig unklar ist dieses grosse, defekte Stück. Aus der Ecke eines, wie es scheint, dicken quadratischen durch- bohrten Stückes, von dem die Hälfte fehlt, geht ein Stiel hervor, welcher in einen Knopf endet, der entfernte Aehnlichkeit mit einem Thierkopf hat. Die Art des Thieres lässt sich allerdings nicht errathen, doch ist diese Deutung weniger befremdlich, wenn man der Dar- stellung solcher Thierköpfe an den Thongefässen aus den Steinzeitniederlassungen Sieben- bürgens zu Tordos u. a. O. gedenkt. Eine richtige Auffassung ist aber ohne Kenntniss der vollständigen Form nicht möglich. Das Bohrloch (Fig. 1c) zeigt in vorzüglicher Weise zwei stark gereifte Trichter. Wenschliche Figuren. (Taf. IX.) Die merkwürdigsten aller Fundstücke sind die vier menschlichen Darstellungen, welche bei Schwarzort gefunden sind, an die sich noch eine fünfte, von einem Scherbenplatze der Nehrung, schliesst (welche weiter unten beschrieben wird), und die Darstellung eines mensch- lichen Kopfes. Das Gemeinsame aller Figuren besteht darin, dass das Gesicht in einem spitzen Winkel abschneidet. Fig. 1 (P.0.G. 1015) hat einen breiten niedrigen Kopf, dessen stumpfes Kinn unter die Schultern herabreicht. Die Stirn schneidet oben convex ab, die Nase liegt in dem- selben Niveau wie die Umrandung und ist ihre Umgebung ausgeschabt, ohne dass die Augen besonders charakterisirt sind. Diese Stelle kennzeichnet die Anwendung eines Feuerstein- schabers, die Linien sind sehr grob und unsicher eingeritzt, wie es bei Stahl- oder Eisen- geräthen nie möglich wäre. Unter der Nase ist der Mund noch besonders durch einen hori- zontalen Strich gekennzeichnet. Der Kopf ist vom Leibe durch zwei tiefe Furchen getrennt, welche dieselbe unregelmässige Streifung zeigen Die Arme liegen am Leibe an und sind nur durch zwei Furchen davon getrennt. Die Beine werden durch zwei Stumpfe vorgestellt, 29 Als Andeutung eines jackenartigen Kleidungsstücks hat man jedenfalls die mässig tief ein- gravirte Linie anzusehen, die oberhalb der Beine um den ganzen Körper herumläuft, hinten in einem Zuge (d. h. durch wiederholtes Ritzen hergestellt), vorne in zwei Zügen, auf der einen Seite doppelt. Auf der Rückseite (15) wird die Trennung der Arme nur durch eine ähnliche Furche dargestellt. Das ganze Stück ist gut polirt, mit Ausnahme der ausgravirten Stellen, doch sind die feinen Ritzen vom ersten Schaben meist noch durchzuerkennen. Die Figur hat vier Löcher, je eins am oberen und unteren Ende jedes Armes, ist also wohl als Mittelstück einer doppelten Perlschnur getragen worden. Die Löcher sind doppelt-konisch, nur das obere links ist einfach-konisch von aussen ganz hindurchgebohrt. Fig. 2 (P. 0. 6.1049). Eine grosse sauber gearbeitete Figur, bei welcher der Kopf sich hoch aus den Schultern erhebt, der breite Hals aber bis an die Stirne verlängert er- scheint, das Gesicht einrahmend. Das Gesicht tritt hervor und endet oben stärker gewölbt. Neben der Nase ist der Bernstein ausgeschabt, so dass dieselbe hervortritt. Augen und Mund sind als tiefere Gruben konisch eingedreht. Die Grube auf der Stirne ist ein natür- licher Fehler des Stückes. Die Arme liegen wieder an und sind beiderseits durch tiefe stark geschrammte Furchen vom Leibe getrennt. Es befinden sich nur am oberen Ende, in der Achselgegend, zwei doppelt konische gereifte Löcher, die Beine sind zwei kurze, nur durch eine Furche getrennte Stumpfe. Das Stück ist beim Herausnehmen oberhalb der Beine etwas geschrammt (durch die Baggereimer), so dass die helle Kumstfarbe unter der dunklen braunen Rinde hervortritt (dies ist in der Zeichnung fortgelassen). Die ganze Oberfläche ist gut polirt bis auf die Furchen an den Armen und Beinen, bei denen die Schrammen sich nicht mehr wegnehmen liessen. Das Stück muss entweder in der Mitte einer Schnur oder an einer Oese hängend getragen worden sein. Fieg.3 (P. 0. G. 1016). Diese Figur ist die roheste. Das Gesicht ist fünfeckig mit concaver Oberkante, und es tritt nur die Nase hervor, um welche sowohl die Gegend der Augen, als auch die ganze untere Hälfte ohne besondere Charakterisirung des Mundes aus- geschabt ist. Die Arme, von denen einer ausgebrochen ist, sind vom Körper wirklich getrennt, indem die Ausschabung das dünne Stück durchbrach, vereinigen sich aber wieder unten mit ihm. Die Beine sind nicht angedeutet. Ein Loch sitzt unten, das andere seit- wärts unter der Nase. Wenn man die concave scharfe Kante, welche den Kopf begrenzt, betrachtet und das Stück umdreht, so macht es vollständig den Eindruck, als sei es aus einem axtförmigen Hängestück gearbeitet, welchem man später durch Schaben diese Form gab und das man dann noch einmal bohrte, um es aufrecht tragen zu können. Es wird die Ver- längerung der Arme annähernd die Ecken der concaven Kante treffen. Diese ziemlich wahrscheinliche Hypothese nähert die Figur noch mehr den Hängestücken, denen sie sich ohnedies durch ihre Technik anschliesst. Fig. 5 (St. B. 238). Diese Figur unterscheidet sich von den andern dadurch, dass sie undurchbohrt und viel dicker, daher auch viel körperlicher behandelt ist. Von den dadurch bedingten Unterschieden abgesehen aber steht sie ihnen immer noch ganz nahe, Der Kopf hat einen ähnlichen Schnitt wie Fig.2. Das Gesicht ist um die Nase herum sehr tief ausgeschnitten, ohne besondere Markirung der Augen und des Mundes. Die Gruben am Kinn sind Absplitterungen. Auf der Rückseite des Kopfes und Halses sieht man einen erhöhten flachen Grath herabsteigen. Es soll dies unbedingt ein Zopf sein und wird dadurch die Figur, wie durch die schlankeren Formen als eine weibliche charakterisirt. Fig. 2 (siehe umstehend) zeigt dieses Stück in der Rückenansicht. Der Hals ist stark eingezogen, ebenso die Taille, aus welcher die Arme als kurze Stumpfe heraustreten. Die Beine sind nur durch 30 Stumpfe angedeutet, indem das Stück unten herzförmig ausgeschnitten ist. Die Farbe dieses Stückes ist wolkig klar, d.h. ein weingelber, schwach getrübter, im Uebrigen durchsichtiger Bernstein, es hat aber lange in der Erde gelegen und ist mit einer ziemlich dicken, rothen, an der Oberfläche grau gewordenen Rinde bedeckt, die an den kleinen Bruchstellen schön röthlich funkelt und dem Stück beim Durchsehen ein fast rubinrothes Aussehen verleiht. Es ist das also der sog. „rothe Bernstein“, der berüchtigte „ambre rouge“. Die Figur ist nieht durchlöchert, wird also, wenn sie als Schmuckstück getragen wurde, von 2 Schnüren um die engen Stellen umwickelt gewesen sein. Fig. 4 (St. B. 239). Abweichend von diesen Stücken ist der Kopf Fig. 4, der aber doch wieder an die anderen Stücke erinnert, nur stärker ausgearbeitet ist und im Relief kräftig hervortritt. Das Stück ist recht dick, an die senkrechten Backen setzt sich das Kinn in Form eines stumpfen Dreieckes an, die leider defekte Stirn scheint rund zu enden. Die leicht gekrümmte Nase tritt stark hervor, indem die Nebenpartieen tief ausgeschabt sind, die Augen und den Mund Fig. 2. hat man noch durch tiefere Furchen ausgedrückt, das Kinn ist seit- wärts leicht erhaben. Der Kopf ist als Hängestück getragen, denn ihn durchbohrt am oberen Ende eine doppelt-konische Röhre (Fig. 4c), deren sich spitzende, wohl mit Knochen herge- stellte Löcher sich unter einem sehr stumpfen Winkel, also fast \ förmig, treffen. Die Oberfläche dieses Stückes zeigt die Gruben, welche vom Schneiden mit Feuerstein herrühren, nur ist der obere sonst scharfe Rand derselben undeutlich und verschwommen, woraus klar hervorgeht, dass man nach der Bearbeitung mit Feuerstein sich Mühe gegeben hat, das Stück vielleicht mit Sand glatt zu poliren, diese Arbeit aber, da gleichzeitig das wohlgelungene Relief wohl auch geschont werden sollte, als zu mühsam bald wieder aufgab. Die wie zerfressen aussehende Oberfläche des Stückes macht es wahrscheinlich, dass dasselbe lange in der Erde gelegen hat, wodurch es eine starke Rinde erhielt. Dann wurde es fortgeschwemmt, lange, ehe es zur Ablagerung kam, vielleicht an sandigen Ufern, durch die Wellen hin und her geworfen, die Rinde wieder abgeschliffen, und dem Stücke diese eigenthümliche Beschaffenheit verliehen. Ausser diesen der Bearbeitung zugänglich gewesenen menschlichen Darstellungen habe ich noch Nachrichten von zwei Stücken derselben Art erhalten. Eine menschliche Figur aus Bernstein von Schwarzort befindet sich, wie pag. 4 mit- getheilt, im Besitz des Herrn Regall in New-York. Dieselbe kann vielleicht nach einer mir mündlich gemachten Beschreibung der Fig. 2 ähnlich sein. Eine zweite Figur ist nach Aussage des Herrn Glaubitz in den letzten Jahren in Schwarzort gewonnen, und entweder dort oder in Königsberg vollständig abhanden gekommen, wenigstens gelang es mir nicht, seine Spur aufzufinden. Dieselbe soll etwa die Grösse von Fig. 1 gehabt und sich dadurch besonders ausgezeichnet haben, dass sie durch die Brust auffallend schön doppelt-konisch durchbohrt war. Da dieses Stück durch die nicht genug anzuerkennende Anordnung der Herren Becker und Cohn für jeden Andern unverkäuflich ist, dürfte sich dasselbe, falls es nicht zufällig in die Handelssorten gekommen, was ich der Sachlage entsprechend ganz entschieden in Abrede stelle, doch noch irgend einmal vorfinden Die Technik dieser Figuren, die Form von Fig. 3 und die Durchbobrung von Fig. 4 stellt sie also vollständig in die Reihe der übrigen Schwarzorter Artifikate, und wir werden GI; 3 daher trotz der höchst befremdenden Erscheinung auch diese Stücke als einheimische Pro- dukte einer äusserst fernen Vorzeit betrachten müssen. Was sie bedeuten, lässt sich schwer entscheiden, ob sie einfache Schmuckstücke sind, oder ob sie Idole darstellen sollen. Letzteres ist wohl möglich, doch ist es absolut unzu- lässig, dieselben mit den erdichteten Göttergestalten einer altpreussischen Mythologie zu identificiren; denn zwischen der dem Einzuge des Ordens vorhergehenden preussischen Zeit und der Periode der Schwarzorter Bernsteinarbeiten, wie der Steinzeit überhaupt kann in ethnologischer und culturhistorischer Beziehung gar kein Zusammenhang existiren und müssen dieselben zeitlich ausserordentlich weit auseinander liegen. Die Schwarzorter Baggerei hat, wie aus der obigen Detailbeschreibung hervorgeht, ein ganz bestimmtes Inventar von Bernsteinschmuck geliefert, welches von dem der Hügel- gräber und der Gräberfelder römischer Zeit oder den spärlichen noch jüngeren Funden wesentlich verschieden ist. Unter den Stücken, welche zuerst dem Provinzial- Museum überliefert sind, als von Schwarzort stammend, befinden sich nur 5 Perlen jüngeren Charakters, 2 paukenförmige (wie Tischler, Gräberfelder Taf. V Fig. 34), 1 Scheibe und 2 kuglige, welche eine cylin- drische, glatte Metallbohrung zeigen, zugleich aber meist roh geformt sind. Zwei derselben sind unbedingt nie im Wasser gewesen, stammen also jedenfalls nicht aus Schwarzort, wäh- rend eine Paukenperle (P. O.G. 984) wohl im Wasser gelegen haben kann, und die andere (P. O0. G. 88) in der Bohrung zwei kegelförmige Löcher hat, die neuerdings eingeschnitten (nicht gedreht sind), wie dies die Beschaffenheit der Rinde genügend beweist. Die un- zweifelhaft unechten (d h. nicht Schwarzorter) Stücke können in der ersten Zeit, als man die Sachen nicht so sorgfältig sortirte, immer aus andern Bernsteinvorräthen hinein- gekommen sein. Bei dem jetzigen gründlichen Durchsuchen der ausgebaggerten Bernstein- vorräthe sind ähnliche Funde nicht zum Vorschein gekommen und werden fremde Stücke nicht mehr hineingelangen. Aber angenommen, dass wirklich einige von diesen der Eisenzeit angehörigen Stücke ausgebaggert sind, so ist die Anzahl so verschwindend, dass sie weiter nicht in’s Gewicht fallen kann. An und für sich wäre es ja nicht unmöglich, dass auch noch in jüngeren Zeiten Bernsteinperlen bei Schwarzort zusammengeschwemmt seien, doch sieht man, dass dies mindestens in allerkleinstem Maasse geschehen ist. Die Funde zeigen in ihrer Form, Decoration und Technik einen durchaus einheitlichen Charakter. Um noch einmal zu recapituliren, es finden sich: Unregelmässige Stücke, d. h. natürliche Bernsteinformen, welche nur einfach durchbohrt sind, als Perlen und Hängestücke . . 54 Röhren ’. . el | End- und Mittelstücke, are en O0 Doppelknöpfe . . . ERTL. Knöpfe mit \förmiger Bohrung ERSTE ee 82 Scheibensund-linsengese me er net Viereckiee Stücke eo 200 en ent Ringe . . OL EN OS e) Eineonkangel. EI a TEA Schifichenförmige Hängestücke Eee) 32 Dreieck . RR 1 Axtförmige Hängestücke 80% ; et Schildförmiger Hängestücke 22 22 0.7, 2,5 Kegelförmige Hängestücke. . . . . 4 Kleine Imitationen von Steinhämmern 3 Halbmond 1 Phallus 0 RER 1 Darstellungen von Thierköpfen o). Ra? 3 Darstellungen von menschlichen Figuren und Köpfen 5 Die Dekoration besteht in Kerben an den Rändern, in mehr oder weniger tief ein- geritzten Linien, in fein eingedrehten Punkten, welche als einfache oder mehrfache Reihen den Contouren folgen, oder Figuren auf der Fläche bilden, deren wichtigste das häufig vor- kommende, aus drei Reihen gebildete Kreuz, und aus eingedrehten Gruben. Die Technik weist nur auf den Gebrauch von Stein- und Horn- oder Knocheninstrumenten hin. Es fragt sich nun, ob es möglich ist, zeitliche Unterschiede zwischen den ver- schiedenen Formen zu machen. Es ist wohl naturgemäss, dass die rohesten Formen auch die ältesten sind. Es lag nahe, das am Strande aufgelesene Stück schillernden Harzes einfach zu durchbohren und um den Hals zu hängen. Hieraus entwickelten sich dann durch vollkommenere Arbeit die anderen Formen und zahlreichen Variationen. Wenn dies nun auch unbedingt der Gang der Erfindung war, so wird man jedenfalls diese rohen Stücke auch später neben den feineren Formen benutzt haben. Der Arme, der untergeordnete Mann trug sie wohl immer noch, er konnte sie ja so leicht und mühelos herstellen. Man trifft ganz ähnliche Verhältnisse in den Gräberfeldern der 1. Jahrhunderte nach Christi Neben schon abgedrehten oder doch wenigstens zugeschnittenen Stücken finden sich in Gräbern derselben Zeit ganz rohe unregelmässige, blos durchbohrte, die man vom rein typo- logischen Standpunkt aus für älter ansehen würde. Ebenso ist man daher auch bei Schwarzort nicht berechtigt, die rohen Stücke als wesentlich älter aufzufassen. Im Uebrigen knüpft das Ornament ein Band zwischen den einzelnen Formenklassen. Die Punktreihen finden sich auf Knöpfen mit \/Bohrung, Linsen und Hängestücken, auch auf den als End- stücken gedeuteten, die Gruben auf axtförmigen und schildförmigen, auf diesen die Kerben und Gravirungen wie auf den Doppelknöpfen und gestielten Ringanhängseln, diese zeigen wieder die Technik der Ringe. Es tritt also die ganze Formenreihe immer als ein ein- heitliches Ganzes entgegen, bei dem eine weitere chronologische Gliederung vorläufig nicht angänglich ist. Eine solche wäre erst möglich, wenn es gelänge, die Steinzeit Ostpreussens überhaupt zu gliedern, wozu die bisherigen Grabfunde, die hierfür viel mehr entscheiden als die Wohnplätze, noch nicht genügendes Material geliefert haben. Bernsteinarbeiten aus der Umgebung des kurischen Haffes. Ehe nun der Herkunft der Schwarzorter Stücke näher nachgeforscht werden soll, müssen erst die analogen Funde vom benachbarten Festlande, d. h. von den Ufern des kurischen Haffes, besprochen werden. 33 Eine der wichtigsten Fundstellen für die Steinzeit in Ostpreussen ist, wie bereits in der Einleitung erwähnt, die kurische Nehrung, deren zahlreiche Wohnplätze von Schieffer- decker und besonders von Tischler zu wiederholten Malen gründlich durchforscht und auf welcher stets durch gewissenhafte einheimische Agenten weiter für das Provinzial - Museum gesammelt wird. Eine kurze Skizze der dortigen Verhältnisse ist in den citirten Arbeiten *) gegeben; eine eingehende Beschreibung soll in einer grösseren Arbeit über die ostpreussische Steinzeit erfolgen, welche seitens der Physikalisch-ökonomischen Gesellschaft vorbereitet wird. Hier nur soviel, dass auf einer zahlreichen Reihe von Wohnplätzen sich Steinäxte und Hämmer in allen Stadien der Fabrikation, Feuersteinpfeilspitzen und andere Instrumente, und eine Unmasse von Scherben finden, unter denen besonders die dekorirten einen hervor- ragenden Platz einnehmen. Dies durch keine fremdartigen Elemente gestörte Ensemble weist die Wohnplätze (cfr. Tischler, Beiträge zur Kenntniss der Steinzeit) einer den Hügel- gräbern und Gräberfeldern vorangehenden Periode, der ostpreussischen Steinzeit zu. Von Gräbern sind hier bisher nur drei gefunden, eines bei Rossitten**) (Provinzial-Museum), zwei südlich, aber noch dicht an der Nehrung zu Wiskiauten bei Cranz (Prussia-Museum). Nun sind auf den Wohnplätzen zwischen den Feuersteingeräthen und Scherben in der alten Culturschicht — so dass die Stücke nicht später hinzugekommen sein können, und in dem Rossitter Grabe Bernsteinarbeiten gefunden worden, welche mit denen von Schwarzort ganz übereinstimmen, oder ihnen recht nahe stehen. Leider ist ihre Erhaltung in dem von Wasser und Luft abwechselnd getränkten Dünensande meist eine so schlechte, dass von der Form in vielen Fällen wenig mehr zu erkennen, und dass ein grosser Theil bereits voll- ständig im Sande auseinandergefallen ist. Die Zahl der aufgefundenen Stücke ist daher eine ihrem ursprünglichen Vorkommen gegenüber viel zu geringe. Roher Bernstein ist von diesen zum Theil jetzt ganz erschöpften Plätzen durch die Nehrungsbewohner früher in grossen Mengen aufgelesen worden, und es mag manches bearbeitete Stück mit untergelaufen sein. Seit dem Jahre 1874, in welchem durch Tischler eine energischere Durchsuchung ins Werk gesetzt wurde, sind aber immerhin genügend viel Stücke entdeckt worden, um die Identität mit den Schwarzortern nachzuweisen. Taf.X Fig.9 ist eine zugehauene undurchbohrte Röhre. Dies Stück ist von dem verstorbenen Oberfischmeister Beerbohm auf einem der Scherbenplätze südlich Nidden ge- funden. Die Rinde ist rissig und verwittert, die Form nicht zu bezweifeln. Taf. X Fig. 4 ist ein unregelmässiges, nur wenig bearbeitetes axtförmiges Hängestück. Taf. X Fig. 2 ein grosses, regelmässiges, axtförmiges mit rundem Bahnende und concaver Schneide. Beide haben eine starke rothe Verwitterungsrinde und wolkig klaren Kern. Bei Fig. 2 sieht man deutlich die Schrammen auf der Oberfläche, zwischen denen grosse Gruben des natürlichen Stückes stehen geblieben sind. Die Löcher zeigen die bekannte doppelt-konische Form. Beide Stücke sind von dem verstorbenen Herrn Sperber, einem langjährigen Schwarzorter Badegast und gewissenhaften Sammler, auf Steinzeitwohnplätzen südlich Schwarzort gefunden, und zwar 4 gleich südlich vom Schapenberge, 2 in der Nähe *) P. Schiefferdecker, Reise zur Durchforschung der kurischen Nehrung. Separatabdr. a. Schr. d. phys.- ökon. Ges. XIV. Königsberg 1873. — O. Tischler, Bericht über die praehistorisch anthropologischen Arbeiten der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft. Separatabdruck a. Schr. XVIII. 1877. — O. Tischler, Beiträge zur Kenntniss der Steinzeit in Ostpreussen und den angrenzenden Gebieten. Separatabdruck a Schr. der phys.- ökon. Ges. XXIII. 1852. **) Abgebildet im Photographischen Album der praelistorischen und anthropologischen Ausstellung zu Berlin 1°80, Sect. I Taf. 5. Daselbst die ostpreussische Steinzeit überhaupt, Sect. I Taf. ee 34 der Dorfstelle des ganz verschollenen Alt-Negeln, nördlich vom Negelnschen Haken, dicht neben dem jetzt zu Tage tretenden christlichen Kirchhofe. Für die Herkunft von der Düne spricht auch die ungewöhnlich dicke Verwitterungsrinde, die jede Verwechslung mit den aus- gebaggerten Stücken (der einzig möglichen Täuschung) ausschliesst. Derselbe Herr hat nach seinem mündlichen und schriftlichen Bericht (in den Akten des Provinzial- Museums) an einer zwischen den beiden obigen gelegenen Scherbenstelle 12 Halbmonde, annähernd in der Form von Taf. VIII Fig. 20, aber mit einem Bohrloche, und einen Doppelmond (nach seiner Bezeichnung) gefunden. Letzteres war nach der Tischler persönlich gemachten Beschreibung vielleicht ein Stück wie Taf. III Fig. 18, ein Viereck mit 2 geschweiften Seiten. Tischler hat bei seinen wiederholten Expeditionen auf den verschiedenen Scherben- plätzen eine Reihe von Bernsteinarbeiten gesammelt, von denen viele aber leider so ver- wittert sind, d h. mit einer dicken bröckligen Rinde bedeckt, dass sie gerade nur noch das stets doppelt-konische Bohrloch zeigen. Da die äussere Form meist recht defeet ist, so lässt sich nur sagen, dass scheibenähnliche Stücke darunter vorkommen. Von einem Scherbenplatze nördlich Schwarzort sind die beiden kleinen Ringe Taf. X Fig. 16, 17, nur bruchstückweise erhalten, die sich in Form und Technik ganz an die grösseren Taf. IV Fig.6 und 8 anschliessen. Der Querschnitt von Fig. 16 ist annähernd quadratisch, nur innen schwach dachförmig, bei 17 aussen rund, innen dachförmig Eben- daher stammt Taf. X Fig. 15, eine sehr defecte Scheibe mit doppelt-konischer Bonrung und einige andere gebohrte Stücke, deren Form unkenntlich, während Taf. X Fig. 12 ein Ringfragment zu sein scheint. Hermann Zander aus Nidden, der Tischler auf allen Expeditionen begleitet hat und jetzt im Auftrage des Provinzial- Museums fortwährend die Scherbenplätze der Nehrung absucht, worüber seine vollständig zuverlässigen Berichte in den Akten liegen, hat ebenfalls auf diesen Plätzen einige Bernsteinstücke gesammelt. Taf. X Fig. 14 ist ein fragmentarischer, etwas unrsselaissieet Ring, südlich Schwarzort gefunden, mit stark kegelförmigen Bohrungen. Taf. X Fig. 13 ist ein ähnliches Stück, dessen Aussenseite aber so stark beschädigt ist, dass man es vielleicht auch als Scheibe auffassen kann, bei Preil zwischen Nidden und Schwarzort gefunden. Taf. X Fig. 11 und 10 sind zwei Perlen mit konischen Bohrlöchern, die erstere nördlich Schwarzort, eine Meile südlich Sandkrug, die zweite südlich Schwarzort gefunden, von. denen die erstere eine viereckige Perle wie Taf. IIl Fig. 15 ist, die zweite wahr- scheinlich ebenfalls, doch ist der Rand sehr defeet und die Rinde auffallend zerbröckelt. Taf. X Fig. 18 ist ein Ringfragment*), welches bei dem Skelett zu Rossitten zusammenlag mit einer Steinaxt, einer Knochennadel, einem Imatrastein und einer ver- steinerten Koralle. Die Innenseite ist schwach dachförmig, die äussere rund. Ringe sind also gerade in ziemlicher Anzahl gefunden. . Das wichtigste Stück aber ist die kleine Bernsteinfigur Taf. X Fig. 6, welche von Herrn Stadtrath Dr. W. Hensche, einem der grürdlichsten Erforscher der Provinz — nach jeder Richtung hin — südlich von Nidden auf einem grossen Wohnplatz zusammen mit Steinäxten und ornamentirten Steinzeitscheiben gefunden ist Die Figur ist aus kumst- farbigem Bernstein hergestellt, dessen dicke, rissige, rothbraune Verwitterungsrinde aber bis tief ins Innere geht, so dass nur ein schwacher, auch bereits nachgedunkelter Kern übrig *) Berliner Album TI, 5. Se 33 bleibt, was für die Aufbewahrung in feuchtem Sand und für ein sehr hohes Alter spricht. Die Figur zeigt trotz einiger unbedeutenden Verschiedenheiten doch eine nahe Verwandtschaft mit den Schwarzorter Stücken. Sie ähnelt am meisten Taf. IX Fig. 1, nur ist der Kopf viel mehr in die Länge gezogen und sind die Formen wegen der rissigen Rinde nicht mehr so deutlich. Die Stirne ist ziemlich breit und oben gerade abgeschnitten, das Kinn ebenfalls gerade abgeschnitten, wie es bei Taf. IX Fig. { in etwas schwächerem Maasse auftritt. Die Partieen seitwärts der Nase sind ausgegraben, so dass an den Augen sich eine ziemlich steile Kante nach der Stirn zu erhebt. Der Mund scheint auch angedeutet, doch ist dies bei der zersprungenen Rinde schwer zu erkennen. Der Leib ist unten defeet, der Absatz unter - "dem letzten linken Loch ist natürliche Oberfläche, das Weitere ist frisch, die rechte Seite in alter Zeit ausgebrochen. Auf der linken Seite sind drei Löcher eingebohrt, rechts zwei, ein etwaiges drittes ist ausgebrochen. Die zwei gleichgrossen oberen sind links durch eine ganz flache Furche verbunden (in der Zeichnung sichtbar), welche die Trennung des Armes andeuten soll; hinten tritt diese noch deutlicher hervor. Auf der defecten rechten Seite (der Zeichnung, der linken der Figur in gewöhnlichem Sinne gesprochen), ist sie grade noch erkennbar. Es ist damit die Zusammengehörigkeit dieser Figur mit den Schwarzorter voll- ständig nachgewiesen. Südlich von der kurischen Nehrung, von Wiskiauten, aus dem Wäldchen Caup, ‚also aus der Nähe der Steinzeitskelette (der Gesellschaft Prussia gehörig) stammt Taf. XII Fig. 19. (Prussia Taf. Il Fig. 83, 4290.) Es ist dieses eine Röhrenperle, in der Mitte etwas angeschwollen, kumstfarbig und aussen nur schwach nachgedunkelt, sie wird also aus dem Wasser oder aus Torf stammen. Auf der andern Seite des Haffes ist zu Spirken, 1'/, Meile NON Memel, ein Hänge- stück (P. ©. G.) in Form eines unregelmässigen Dreiecks, ganz roh, wohl in natürlicher Form, doch mit schwach konischen Bohrungen, die sich in stumpfem Winkel treffen, gefunden worden. Gelegentlich der Grabungen in der Lusceze bei Prökuls wurden unter dem dort gewonnenen Bernstein auch hierher gehörige Kunstgegenstände gefunden. Dieser Bern- -stein schliesst sich unbedingt an den aus dem Haff gebaggerten an, und deutet durch die Art der Lagerung allein schon auf einen gleichzeitigen Absatz. Er findet sich im Alt- Alluvium*) in einer Tiefe von etwa 4 Metern mit Sprockholz ete. gemischt in einem wasser- haltigen Sande. Von den dort gefundenen Alterthümern sind sehr wenig Stücke erhalten worden. Einen kleinen Knopf mit \Vförmiger Bohrung sah ich bei einem Memeler Kaufmann. Die Sammlung von Stantien & Becker aber besitzt aus dieser Gräberei das schildförmige Stück Taf. X Fig. 8. (St. B. 240). Dasselbe ähnelt am meisten dem Schwarzorter Stücke Taf. VII Fig. 4, hat aber gerade parallele Seitenkanten und ist unten weniger stark gebogen. Die beiden Löcher sind ausgebrochen und die Verbindungslinie zwischen beiden concav. Eine Merge von -konischen Gruben bedecken die Aussenseite. Sie ziehen sich längs des ganzen Randes hin und gehen dann in horizontalen Reihen über, allerdings nicht ganz regelmässig. Der Kern ist hellkumstfarbig, die sehr dicke Verwitterungsrinde aber rubinroth, was sich besonders in durchscheinendem Licht sehr deutlich zeigt, so dass man hier wieder ein recht eclatantes Beispiel des „ambre rouge“ vor sich hat. *, Berendt, Geologische Karte d. Prov. Preussen. Sect. 2 Memel. 5* 36 Die Herkunft der Schwarzorter Bernsteinarbeiten. Wir haben gesehen, dass rings um das kurische Haff den Schwarzorter Stücken gleiche und auf gleiche Weise hergestellte Bernsteinarbeiten vorkommen, von denen verschiedene allerdings bis jetzt als Einzelfunde dastehen, die Mehrzahl aber auf der kurischen Nehrung direkt von Scherben- und Wohnplätzen mit Feuersteingeräthen zusammen, eins sogar aus einem Steinzeitgrabe direkt gesammelt ist. Wir haben gefunden, wie diese Stücke der kurischen Nehrung eine so eminente Uebereinstimmung mit den Schwarzortern zeigen, dass selbst die so leicht anzuzweifelnden Darstellungen menschlicher Gestalten in der Bernstein- figur Taf. X Fig. 6, einem sichern Steinzeitstück, ihren Vertreter besitzen. Wir haben ferner durch die ganze Arbeit hindurch gezeigt, dass zur Herstellung aller dieser Gegen- stände der Feuersteinsplitter nicht allein geeignet ist, sondern dass Metallwerkzeuge ganz andere Spuren auf den bearbeiteten Stücken zurückgelassen hätten, und werden noch weiter unten Funde aus Steinzeitgräbern anderer Gegenden beschreiben, welche mit den Schwarzorter auch vollständig übereinstimmen. Durch alle diese Beobachtungen und Gründe sind wir gezwurgen, die Schwarzorter Bernsteinarbeiten der ostpreussischen Steinzeit zuzuweisen. Nachdem so das hohe Alter dieser werthvollen Funde festgestellt ist, fragt es sich, wo wir die eigentliche Heimath derselben zu suchen haben. Wir wollen zunächst versuchen, nach den von Berendt äusserst genau und eingehend studirten geologischen Verhältnissen des kurischen Haffs und seiner Umgebung uns ein Bild über die damaligen Verhältnisse des Landes und die wahrscheinliche Zeit der Besitz- ergreifung desselben durch den Menschen zu machen. Dieser Forscher beweist*) aus Tiefenmessungen in Haff und See, sowie den Lagerungs- verhältnissen verschiedener Schichten, dass das kurische Haff nicht durch Zuschlämmung und Verflachung einer Meeresbucht, sondern durch Abschwemmung des Festlandes allmälig ent- standen ist. Dieser Verlust an Land wurde dadurch hervorgebracht, dass gegen Ende der Diluvial- zeit das Land sich hob, und die Memel, deren Gefälle mithin immer zunahm, durch grossartige Abspülungen und Auswaschungen einen Meerbusen erzeugte, welcher den grössten Theil des Areals der Memelniederung, das Haft und die heutige Nehrung in sich begriff. Das Bild der damaligen Gegend giebt derselbe folgendermaassen an: „Das Vorhandensein eines bis Tilsit hinaufgehenden Busens in den durch die späteren Alluvialbildungen noch ziemlich sicheren Grenzen; der Abschluss desselben durch eine Inselreihe in der heutigen Nehrungs- linie und die Trennung der Inseln gerade in den auf Taf. III Kärtchen I (Berendt) gezeich- neten vier Flussmündungen.“ Durch die darauf folgende allmälige Senkung, welche Berendt im Ganzen auf min- destens 30—40 Fuss schätzt, hörte nicht nur die Zunahme des Gefälles auf, sondern es verringerte sich auch allmälig. Die gröberen und feineren Sinkstoffe wurden jetzt nicht mehr bis ins Meer geführt, sondern lagerten sich dicht an der Mündung ab; die Folge davon war der Beginn einer Deltabildung. *) Vergleiche Berendt, Die Geologie des kurischen Haffes und seiner Umgebung, und Geolog. Karte der Provinz Preussen, Sekt. 2, Memel. 37 „Gegen Ende dieser grossen Senkung bot das Tilsiter Haff den Anblick eines weiten Busens, entsprechend dem Bilde des Landes, wie es sich für eine Senkung von circa 40 Fuss konstatiren lässt und demgemäss in Taf. III No. 2 gegeben ist. Nur Diluvialbildungen überragen der Hauptsache nach eben bei einer solchen Senkung noch die Wasserfläche. Die vorliegenden alten Inseln waren allmälig bis auf den heutigen Rest verringert und bildeten überfluthet eine langgestreckte schützende Barre vor dem flachen Tilsiter Busen in der Richtung der einstmaligen Uferlinie und der späteren oder heutigen Nehrung. Die Inselreste selbst wurden hinfort nicht weiter angegriffen, die auf ihnen lagernde Sandbarre wuchs vielmehr durch den Sand der hier sich begegnenden Strom- und Meeresfluthen be- ständig. Namentlich wirkte auch bestimmend die an der deutschen Ostseeküste allgemein bekannte westöstliche resp. nordöstliche Strömung, welche eben den flachen Bogen der alten Uferlinie auch ferner verfolgte, weil sie durch das flachere Wasser an jeder Abweichung verhindert wurde.‘ Während der wiederum folgenden Hebung des Landes (nach Berendt bis mindestens 10 Fuss über das heutige Wasserniveau) entstanden durch Ausspülungen am Meeresgrund und Absatz an den alten Uferlinien die Bernsteinablagerungen in der Gegend von Prökuls und zum Theil auch die des Haffes bei Schwarzort; die Anfänge der Nehrung traten aus dem Wasser, vergrösserten sich durch zugewehten Sand allmälig, so dass am Schlusse dieser Periode die Dünenbildung der Hauptsache nach vollendet wurde. „Die Delta-Bildung der Memel war nur wenig in dieser Periode vorgeschritten, was jedoch nicht ausschliesst, dass gegen Ende derselben zum Theil schon mehr fester Boden hervorragte, das Westufer der Niederung wenigstens. bereits weiter gegen Westen lag als heute, Taf. III Kärtchen 4. Die zahllosen Mündungsarme des Flusses hatten durch die Erhebung allmälig wieder ein stärkeres Gefälle erhalten, so dass sie ihre Sinkstoffe weiter hinausführten, Anfangs zur Bildung der emportauchenden Nehrung beisteuerten und schliesslich, als diese und die Ausflüsse in ihr der Hauptsache nach geschlossen, doch wenigstens bis in’s offene Haff führten und dieses verflachten. Gleichzeitig schnitten sie ihre Betten tiefer ein, manchen neuen Nebenarm auszuwählen, den sie früher und auch gegenwärtig wieder bei langsamem Gefälle gar nicht bedürfen — und die zum Theil als todte Wasser noch bestehen, zum Theil auch bereits völlig verwachsen und verlandet sind.“ Durch die nachfolgende Senkung um 10 Fuss, welche Berendt durch eine Reihe von Beobachtungen sicher begründet, gelangen wir allmälig zu dem augenblicklichen Bilde des kurischen Haffes und seiner Umgebung. Die Folgen dieser Senkung waren die Fortspülungen abgelagerter Bernsteinmassen und der sie begleitenden Beimischungen, als Sprockholz etc. von den ‚Ufern bei Prökuls, und der Absatz derselben an tieferen Stellen des Haffes. Die mitgeführten Sande bewirkten die Bildung von Sandbänken und Haken. Die Bildung des Memeldeltas wurde dadurch begünstigt, und breiteten sich die Alluvionen immer mehr und mehr aus. Gleichzeitig wurde aber auch der Grundwasserstand ein ganz anderer. Eichen und Kiefern starben aus oder wuchsen nur auf den höher gelegenen Sandinseln weiter, und räumten der Erle das Feld, an den feuchter gewordenen Stellen entwickelte sich eine üppige Sphagnumvegetation, welche Moosbrüche bildete, unter denen an verschiedenen Stellen die alten Stämme und Stobben heute gefunden werden. Nach dieser hier nur ganz oberflächlichen Wiedergabe eines Bildes der Geogenie des kurischen Haffes und seiner Umgebung, welches Berendt vor uns entrollt hat, treten wir nun der Frage näher: In welche dieser Perioden haben wir das Auftreten des Menschen in jener Gegend zu setzen ? 38 Sehr wichtiges Material zur Entscheidung über diesen Punkt bilden die pag. 35 be- schriebenen, bei Prökuls mit dem dort gegrabenen Bernstein zusammen gefundenen, bear- beiteten Stücke, ohne die Frage allerdings zu erledigen. Es zeigt, dass der Mensch damals existirt haben wird, als sich jene Schichten absetzten. Dieses aber fällt in die Zeit der zweiten Hebung jenes Landstriches. Berendt, dem diese Stücke von Prökuls unbekannt waren, findet die Existenz des Menschen erst sicher nachgewiesen zu Anfang der zweiten Senkung, äussert sich jedoch schon über die dieser vorhergehenden Periode folgendermassen: „Ob der Mensch diese Ge- genden bereits während der in diesem Abschnitte besprochenen (zweiten) Hebung oder auch nur zu Ende desselben in ihrer höchsten und trockensten Lage gekannt, dafür fehlen uns zur Zeit noch die nöthigen Anhaltspunkte Unwahrscheinlich ist es jedoch gerade nicht, denn seine Spuren finden wir bereits früh in der nun folgenden Periode einer aber- maligen Senkung des Landes.“ Es ist nun klar, dass wir die Schwarzorter Stücke, die mit den bei Prökuls gefun- denen in Technik und Stil vollständig übereinstimmen, einer gleichen oder doch annähernd gleichen Zeit zuschreiben können. Aber doch zeigen erstere wieder unter sich in ihrem Erhaltungszustande so grosse Verschiedenheiten, dass wir einen längern Zeitraum für die Ablagerung bei Schwarzort in Anspruch nehmen können. Die daselbst gemachten Funde vertheilen sich ihrer äusseren Beschaffenheit nach in drei Suiten: 1) Schwach nacheedunkelte Stücke, welche in einem Frhaltungszustand sich befinden, der kaum einen zwanzigjährigen Einfluss der Luft annehmen lässt, sondern der eigentlich bald nach der Herstellung des Gegenstandes die conservirende Eigenschaft des Wassers verlangt; | 2) Stark nachgedunkelte Stücke, welche zeigen, dass sie jedenfalls längere Zeit mit der Luft in Berührung waren, ehe sie in’s Wasser kamen; 3) Solche Stücke, aus deren dicker Verwitterungsrinde man auf einen sehr langen Aufenthalt in der Erde vor Ablagerung auf dem Haffgrunde schliessen muss. Diese letzteren zeigen sich in einem Erhaltungszustand, wie wir etwa die Beigaben in den Gräberfeldern der ersten 4 Jahrhunderte n. Chr. finden. Ich will keineswegs sagen, dass diese vor ihrem Absatz im Haff, woselbst sie sich jedenfalls nicht mehr verändert haben als die ganz frischen Stücke, etwa 1500 Jahre in der Erde gelegen hätten, denn leider wissen wir nicht, wie lange Zeit der Bernstein bei den ungünstigsten Verhältnissen braucht, um eine solche Rinde zu erhalten, und wenn dieselbe einmal da ist, werden weitere Umbildungen wohl so difficiler Natur sein, dass wir sie erst nach grösseren Zeiträumen erkennen können. Wie lange es übrigens dauert, ehe sich auch nur eine Andeutung von Rinde auf dem Bernstein findet, sehen wir an alten Schnitzereien. Ich hatte Gelegenheit, eine solche aus dem 17. Jahrhundert untersuchen zu dürfen, welche aus hellem Bastard hergestellt und allerdings sehr stark nachgedunkelt war, aber dennoch zeigte die Oberfläche nur ganz feine Sprünge, von einer wirklichen Rinde war nicht eine Spur vorhanden. Wir werden also gezwungen sein, diese zwei Jahrhunderte mehrfach zu multipliciren, wollen wir eine annähernde Bestimmung des Alters dieser letzten Schwarzorter Stücke, vor ihrer Fortspülung vom Lande, haben. Alle diese drei verschiedenen Kategorien von Bernsteinarbeiten finden sich nun bunt durcheinander auf dem Haffsgrunde unter einer Sanddecke von 2—4 m, nesterweise beisammen mit rohem Bernstein und den andern pag. 3 erwähnten Stoffen gemengt, und zeigen doch, 39 wie wir im Verlauf der Arbeit gesehen haben, durchweg denselben einheitlichen Charakter. Die obere jüngere Sanddecke enthält rohen Bernstein ganz vereinzelt, Arbeiten daraus gar ° nicht, was ja auch seinen Grund darin haben dürfte, dass überhaupt die mittleren archäolo- gischen Perioden auf der Nehrung nicht vertreten sind, und in dem allerjüngsten Bernstein ganz fehlte oder nur untergeordnet in der Mode war. Betrachten wir die abgebildeten Stücke von Schwarzort insoweit, als sie sich ganz sicher nach ihrer Oberflächenbeschaffenheit bestimmen lassen, so finden wir 102 Nummern in dem Erhaltungszustand 1 41 ” „ £}) „ 2 > 13 ” ”» „ ” 3. Alle übrigen nicht abgebildeten verhalten sich ebenso, dass die kaum nachgedunkelten in der bei Weitem überwiegenden Mehrzahl vorhanden sind. Woher kommt diese Verschiedenheit? und zu welchen Schlüssen sind wir durch dieselbe berechtigt? ; Unsere weiteren Kenntnisse über die Bewohner jener Gegend zur Steinzeit sind sehr lückenhaft (mit Ausnahme der kurischen Nehrung). Wenig vermehrt wird unser Wissen über diese Periode auch noch durch andere Spuren des Menschen an Orten, die heute bis 9 Fuss unter dem Wasserspiegel des Haffes liegen. Berendt berichtet, dass 8S—10 Fuss unter Torf auf den Duhnau’schen Wiesen (südliches Haffufer, westlich Labiau) eine Kohlen- stelle zwischen vielen festgewurzelten Stubben gefunden sei; dass ferner regelmässige Kohlen- stellen im Tyrus-Moor, im Berstus- Moor, in Theilen der Ibenhorster Forst (Wentaine und Wirschup), im grossen Moosbruch bei Lauknen in grösserer Tiefe nachgewiesen wurden. Leider aber wurden dabei keine Funde von Werkzeugen etc. gemacht, und konnte nur als sicher hingestellt werden, dass sie von Menschenhänden herrühren müssen, und dass unsere Vorfahren hier zu einer Zeit gelebt haben, als der Boden &—10 Fuss höher war als jetzt. Da nun eine solche trockene Lage des Landes in die Zeit der zweiten Hebungsperiode fällt, so ist es wohl ohne jeden Zweifel richtig, dass wir es in diesen Feuerungsresten- mit Brandplätzen der Steinzeitmenschen zu thun haben. Es ist sicher, dass sich diese Nachrichten bei grösserer Aufmerksamkeit der Be- wohner des Memeldeltas sehr vermehren, und dass bei genauer archäologischer Unter- suchung dieser Gegend gewiss noch manche charakteristische Funde gemacht würden. Denn da einmal die Spuren des Steinzeitmenschen dort sicher nachgewiesen sind, kann man auch annehmen, dass dieselben sich längs der alten Wasserstrasse der Memel überhaupt auf- finden lassen werden, deren Reichthum an Fischen, verbunden mit ausgedehnten Jagdterrains, gewiss schon in den ältesten Zeiten den Menschen zur Ansiedelung reizte, zumal wir solche Wohnplätze an den Memelufern zwischen Grodno und Kowno kennen. . Es wäre demnach naheliegend, anzunehmen, dass ein Theil der Schwarzorter Alter- thümer von den Ufern der Memel stammt, welche zu Anfang der zweiten Senkungsperiode, bei dem durch Verringerung des Gefälles erzeugten Rückstau ihrer Wassermassen, das Bett in die Breite vergrösserte, Wohnplätze und Grabstätten aufspülte und den leichten rohen und bearbeiteten Bernstein mit sich fortführte, um ihn an geeigneten Stellen der Ruhe abzusetzen. Gegen einen weiten Transport im Wasser, durch welchen der Bern- stein abgerieben und ungleiehmässig polirt wird, sprechen jedoch fast alle Funde von Schwarzort, deren Oberflächen die bei der Herstellung freiwillig oder unfreiwillig erzeugten - feinen Zeichnungen vollständig intact aufweisen. Selbst bei Artifikaten mit starker Rinde ist diese so gering abgerieben, dass auch die lange in der Erde gewesenen 40 Stücke aus der Nähe der jetzigen Fundstelle herstammen müssen. Die Darstellung eines - menschlichen Kopfes Taf. IX Fig. Aa, d, c scheint hiervon eine Ausnahme zu bilden, und zeigt gerade durch ihre äussere Beschaffenheit, auf welche bereits pag. 30 hingewiesen ist, dass dieses Artifikat, nachdem es aus dem Boden gespült war, lange durch Wasser hin- und hergerollt wurde, ehe es auf dem Grund des Haffes Ruhe fand. Müssen wir demnach von einer weit entfernten Heimath für die Schwarzorter Stücke absehen, so bleiben uns die nächsten Ufer, vielleicht die kurische Nehrung selber übrig, deren Bewohner das nöthige Material zu unsern heutigen Funden geliefert haben. Wir können uns die Besitzergreifung jener Gegend durch den Menschen so denken, dass er vom Festlande aus auf den trockenen Hügeln, welche nach der ersten Senkung übrig geblieben und während der folgenden Hebung immer vergrössert waren, sich ansiedelte und seine Wohnplätze und Grabstätten darauf anlegte.e. Bei der Zunahme des Terrains folgte er allmälig dem zurückweichenden Wasser. Die Vergrösserung des Landes musste in der Nähe von Schwarzort namentlich an dem gegenüber liegenden östlichen Haffufer so gross sein, dass nur eine schmale Rinne, welche heute in 3—4 Meter Tiefe und 300—400 Meter Breite zwischen den alten Ufer- rändern (Krautas) sich hinzieht, übrig blieb. Platz genug zur Ansiedelung vieler Menschen. Ich will nicht zu weit gehen, da direkt beweisende Funde noch fehlen, aber eigen- thümlich ist es, dass unfer der Decke von Land, in der eigentlich Bernstein führenden Schicht im Haffboden, sich bisweilen Pfähle zeigen (cfr. pag. 3), welche durch die Bagger- eimer nicht zur Seite geschoben werden können und die so fest im Boden stehen, dass es die ganze Kraft zweier grosser Dampfmaschinen bedarf, um dieselben stückweise los- zuschneiden. Leider kann man an diesen zu Tage geförderten Fragmenten aber nur bemerken, dass es runde, ungeschälte Pfähle sind, deren Dicke aus den von mir an Ort und Stelle nach der äussern Rundung geschätzten Stücken zwischen 0,15—0,20 Meter Durchmesser schwankt, Diese Pfähle sollen nach dem einstimmigen Urtheil verschiedener, bei der Bernstein- Baggerei betheiligten Personen gar nicht selten sein. Auch lässt sich in einzelnen Fällen kon- statiren, dass man dasselbe Hinderniss, welches sich übrigens auf dem ganzen Bagger als kräftiger Stoss fühlbar macht, an derselben Stelle bei tieferem Gang der Eimer wiederfand. Es wäre daher nicht unwahrscheinlich, dass die Menschen der Steinzeit, wie in anderen Gegenden auch in unserem kurischen Haff Pfahlbauten angelegt hatten. Es wird uns ein direkter Beweis dafür allerdings fast unmöglich werden. Denn wollte man in strenger Kontrole alle die Punkte eines beschränkten Abbau - Gebietes verzeichnen, an welchen sich feststehende Pfahlreste in dem Haffboden kennzeichnen, und dann etwa sehen, ob sich dieselben reihenweise ordnen liessen, so gäbe dieses eine Arbeit, zu welcher extra Beamte besoldet werden müssten. Es würde jedoch die Wahrscheinlichkeit solcher Bauten wesentlich erhöht werden, wenn es gelingen sollte, mit Bernsteinarbeiten zusammen, oder doch von der- selben Fundstelle Feuersteinwerkzeuge und Topfscherben mit den Baggern in die Höhe zu bringen. Auf meine Bitte ist von Herrn Cohn auch die dahin zielende Anweisung an die Verwaltung von Schwarzort ergangen, und hat mir der dortige Betriebsführer fest versprochen, sein Augenmerk auf diese bis dahin nicht beachteten, aber möglicher Weise vorkommenden Stücke zu richten. Leichter wird der Nachweis etwaiger Pfahlbauten in den bei der letzten Senkung vermoosten Stellen des Haffes sein, und dürfte vielleicht das Bekanntwerden dieser Anregung in weiteren Kreisen der dortigen Bewohner den Nutzen haben, dass sie von 4 solchen verdächtigen Stellen schleunigst eine Nachricht Herrn Dr. Tischler in Königsberg zukommen lassen. Gelingt es uns, Pfahlbauten auf den flachen Stellen des Haffes westlich Prökuls nachzuweisen, so erklärt sich der Erhaltungszustaud der unter Fig. 1 pag. 38 zusammen- gefassten Stücke sehr einfach dadurch, dass dieselben bald nach ihrer Herstellang in’s Wasser kamen, ehe noch der Einfluss der Luft sie dunkler färben konnte. Namentlich wäre dann auch die grosse Anzahl dieser Stücke, welche 67 pCt. des gesammten Materials ausmachen, nicht mehr auffallend. Bei der allmäligen Senkung des Landes kam das zunächst liegende Vorland unter Wasser und mit ihm die Stücke sub 2, welche bereits länger im Boden gelegen hatten (26 pCt. des gesammien Materials), dabei auch diejenigen, deren Rinde schon durch einen Jahrhunderte langen Aufenthalt in der Erde mit dicker Rinde bedeckt war (6 pCt.). Gleich- zeitig lebte der Mensch wohl schon auf den niedrigen Sandhöhen der Nehrung, wo wir die zahlreichen Scherbenplätze finden. Während also die grosse Mehrzahl der Stücke auch durch ihren Erhaltungszustand auf eine Herstammung von Wohnplätzen deutet, die der jetzigen Schwarzorter Fundstelle nicht allzufern liegen, werden einige (bis jetzt noch ziemlich vereinzelte) durch die Fluss- läufe aus dem Memeldelta her zu den übrigen Ablagerungen hinzugefügt sein. Wenn nun dieses Bild der Wohnverhältnisse, welches besonders auf den Erhaltungs- zustand der Schwarzorter Stücke basirt ist, ein gewisses Maass der Wahrscheinlichkeit in sich trägt, so bleibt es immer noch hypothetisch und muss erst durch weitere Funde, welche die Zukunft hoffentlich bringen wird, eine nähere Begründung erfahren. Soviel steht also immerhin fest, dass die Wohnplätze, von denen die Bernsteinarbeiten stammen, nicht all zu weit von Schwarzort gelegen waren, in dem Bereiche der jetzigen Wasser- fläche des kurischen Haffes oder seiner nächsten Umgebungen, und während der zweiten Senkung unter Wasser kamen, welches den Bernstein fortführte und wieder absetzte. Wäh- rend welchen Abschnitts derselben dies stattfand, dürfte sich vorläufig auch noch nicht mit annähernder Sicherheit entscheiden lassen, Ob ferner die Stücke von Prökuls bereits älter als die von Schwarzort sind, was der Natur der Sache nach nicht unmöglich wäre, lässt sich auch nicht genau entscheiden, da ganz exakte Fundberichte darüber fehlen. Bernsteinfunde im Steinzeitcharakter von anderen Fundstellen Ostpreussens. Es sollen nun die analogen Bernsteinfunde aus Ostpreussen und den benachbarten Regionen verfolgt werden. Hoffentlich wird diese Beschreibung die Aufmerksamkeit auf die höchst charakteristischen, doch noch nicht genügend beachteten Formen lenken, so dass sich die Zahl der Fundorte und Fundstücke nun bedeutend mehren dürfte. Zunächst sind aus dem Samlande eine Anzahl von Stücken bekannt. Taf. X Fig 7 (P. O0. G. 3369) ist bei einer Probebaggerung im frischen Haff ge- wonnen und durch die Firma Stantien & Becker dem Provinzial-Museum geschenkt. Es ist ein kleines axtförmiges Hängestück mit schmaler Bahn, gerundeten, ziemlich erden Kanten, 42 breiter, concaver, defekter Schneide, kumstfarbig mit sehr glatter, schwach nachgedunkelter Rinde. Beim Poliren sind die Gruben der natürlichen Oberfläche nicht beseitigt. Das Loch ist stark doppelt-konisch und gereift, das Stück ist also ganz von der Beschaffenheit der Schwarzorter. Taf. X Fig.5 ist ein Doppelknopf (P. O. G. 3367), angeblich von Rothenen im Westsamland (woselbst er durch Herrn Apotheker Kowalewski gekauft ist). Derselbe ist aus knochigem Bastard mit brauner Rinde und kann sehr gut aus dem Lande stammen. Auffallend ist der dicke obere, fast kegelförmige Knopf Sicher aus der Erde stammt ein anderer Doppelknopf (P. 0. G 1929) mit der charakteristischen röthlichen bröckligen Rinde. Die beiden Scheiben sind oval, ziemlich dick und large nicht so gut geschnitten, wie dies meistens bei diesen Stücken der Fall ist. Hingegen ist der Doppelknopf Taf. XII Fig. 16 [Prussia III. 5, 517 (14)], von Germau, Kreis Fischhausen im Westsamlande (gek. durch Herrn Maschke aus dem Nach- lasse des Kantor Preuss in Germau), sehr sauber gearbeitet, aber doch nicht gedreht, wie dies auch durch kleine Abweichungen von der Kreisform hervortritt. Die Rinne, welche beide Knöpfe trennt, ist hier auffallend tief ausgearbeitet. Der untere Knopf ist eine unten flache Scheibe mit niedrigem, geradem, cylindrischem Rande, der obere kuglig gewölbt, ebenfalls mit geradem Rande. Die obere Seite ist von einem Netzwerk fein eingeritzter, sich kreu- zender Striche überzogen, ähnlich wie Taf. XI Fig. 1, die bei aller Genauigkeit doch die für Steininstrumente charakteristischen Fehler zeigen, nämlich eine gewisse Unsicherheit in der Führung, welche sich besonders am Rande durch öfteres Aussetzen kennzeichnet. Diese kleinen- Abweichungen trennen demnach diese Perle immer scharf von modernen Stücken, mit denen sie der Laie verwechseln könnte, und weisen sie mit den verwandten zusammen der Steinzeit zu. Es sind also ausserhalb des kurischen Haffes mit Sicherheit drei Bernsteinknöpfe nachweisbar. Taf. XII Fig.20 stammt von Bersnicken, nördlich Germau im Westsamlande (also einer an diesen Stücken reichen Gegend), woselbst es in einer moorigen Wiese gefunden und als Geschenk des Herrn Gutsbesitzer Rosenow - Bersnicken in’s Provinzial - Museum (P. ©. G. 3366) gelangt ist. Es ist ein flacher breiter Ring, fast ein Uebergang zu einer weitgeöffneten Linse, sehr gut gearbeitet und polirt, fast rund, aber doch nicht gedreht und mit kleinen Ab- weichungen von der Kreisgestalt. Der Querschnitt ist ein sehr spitzes Dreieck mit etwas gewölbten Seiten. Die Oeffnung verjüngt sich etwas nach der Mitte und ist gut polirt. Diese technischen Bemerkungen, das Fehlen solcher Stücke in Gräbern der Metallzeit und die volle Uebereinstimmung mit den Schwarzorter Sachen weisen auch dieses elegante Object der Steinzeit zu. > Röhrenperlen sind ebenfalls im Samlande gefunden worden. Taf. XII Fig. 18 (Prussia III. 106, 951) stammt aus Fischhausen (vom Techniker v. Mülverstedt gekauft). Sie ist recht dick und quer, d. h. senkrecht zur Axe, sowie an beiden Endflächen geschabt und etwas polirt, doch so, dass alle vom Schaben herrührenden Schrammen deutlich zu erkennen sind. Die beiden tief hineingebohrten Löcher treffen beinahe zusammen, erreichen sich aber nicht ganz. Taf. XII Fig. 13 (Prussia II. 89, 446) ist vom Kapellmeister Matern in Neukuhren am samländischen Nordstrande gefunden und durch Dr. med Hieber der Prussia übermittelt worden. Es ist eine kurze, in der Mitte etwas angeschwollene Röhre, in deren durch- 43 gehende Bohrung noch ein kleines seitliches Loch hineinreicht und so eine neue Durchbohrung hervorbringt. Taf. XII Fig, 14, 15 sind zwei grosse linsenförmige Perlen von Gross -Waldeck bei Domnau unter Torf an einer Stelle gefunden, welche die Heidenkaule heisst, ein Geschenk des Gutsbesitzers Schmidt an die Prussia (II. 44, 1). Fig. 15 ist ziemlich unregelmässig rund, eine Seite fast gerade, mit scharfem Rande und sehr sauber polirt. Das Loch verengt sich schwach in der Mitte und ist auch gut polirt. Neben ihm sind auf der einen Seite zwei Gruben eingegraben. Fig. 14 ist viel grösser, aber sehr unvollständig, nur 8mm dick, ca. 80-87 mm im Durchmesser. Das eine Stück zeigt, dass die Rundung auch stellenweise in eine gerade Linie übergeht. Beide Stücke sind hellkumstfarbig, stark nachgedunkelt und sehr sauber gear- beitet. Sie schliessen sich ganz den Schwarzorter Stücken an. Taf. XII Fig. 10—12 stammen von Schonklitten (Kreis Pr. Eylau) und sind unter einer alten Eiche tief im Torf gefunden worden (Prussia-Museum Ill. 85, 881). Taf. X1I Fig. 11 ist ein gleichseitig dreieckiges, axtförmiges Hängestück, auf einer Seite stark gewölbt, auf der anderen ist ein grosser Splitter ausgebrochen, so dass eine scharfe Schneide entsteht. Der Bruch muss aber bei der Fabrikation entstanden sein, da das Stück überall dieselbe Rinde zeigt. Das Loch ist wenig verjüngt, aber auch von beiden Seiten angebohrt. Fig. 10 ist ein kleines, ca. 7mm dickes, trapezförmiges Hängestück mit parallelen Flächen, deren jede von vier nicht ganz regelmässigen Reihen stärker eingedrehter Punkte bedeckt ist, und deren eine Randkante von zwei Strichen gekerbt ist. Fig. 12 ist ein parallelopipedisches, meisselförmiges Hängestück mit parallelen, sehr schwach gewölbten Flächen. Die Bohrung der beiden letzten Objeete verjüngt sich schwach nach der Mitte. Die nahe Verwandtschaft mit den Schwarzorter Stücken und die tiefe Lage im Torf verleiht auch diesen Stücken ein ähnliches Alter. Der Inhalt eines Grabes zu Wuttrienen, Kr, Allenstein, ist durch Herrn Professor Lohmeyer dem Provinzial-Museum gerettet worden. Leider war es schon zerstört und konnten über seinen Bau nur dürftige Nachrichten gesammelt werden. Es soll von kleinen Steinplatten umsetzt gewesen sein; von den Leichenresten wurde nichts mehr gemeldet. Der Inhalt des Grabes, dessen Abbildung im Photographischen Album der Berliner anthropo- logischen Ausstellung 1880, Sect. I Taf 5, gegeben ist, bestand aus 2 Feuersteinäxten, Scherben mit höchst charakteristischen Verzierungen der ostpreussischen Steinzeit, Strich- zonen, Zickzacklinien etc. und einer linsenförmigen Bernsteinperle Taf. XI Fig. 6. Dieselbe ist aus knochigem Bastard mit dicker, zersprungener, röthlich - gelber Verwitterungsrinde, letztere vielfach abgeplatzt, so dass die Perle in etwas stark defektem Zustande vorliegt, bes. in dem decorirten Theile der Oberfläche. Sie ist linsenförmig von ca. 70 mm Durchmesser mit einst wohl scharfem, rundem Rande, der jetzt vielfach fehlt. Die Mitte ist 13mm dick, das Bohrloch deutlich doppelt-konisch. Auf einer Seite ist schwach, aber immerhin noch deutlich genug wieder das aus drei Punktreihen gebildete Kreuz zu erkennen. Am Rande lief wahrscheinlich ein aus Punkten gebildeter Zackenkranz herum, der aber nur noch an einer Stelie erhalten ist. *) ©. Tischler, Bericht über die prähist.-anthrop. Arbeiten der phys.-ökon. Ges. Separatabdruck aus Schriften XVIII. 1877, p. 265. 6*F 44 Der Wuttriener Perle nahe verwandt ist eine grosse linsenförmige, im Besitze des Herrn Apotheker Kowalewski in Fischhausen, von unbekanntem Fundorte, wahrscheinlich aus dem Samlande stammend, Taf. XI Fig.7, aus schwach knochigem Bastard mit dicker, röthlich - gelber Rinde, die in der Erde gelegen haben muss. Das Stück ist nicht ganz kreisrund (82 und 79mm Durchmesser), der scharfe Rand ausgebrochen. Das Loch ist von beiden Seiten eingebohrt mit Verengerung nach der Mitte. Auf der einen Seite sieht man wieder das etwas unregelmässig angelegte Kreuz, dessen Arme aus einer dreifachen Punkt- reihe bestehen. Die Randzeichnung ist ebenso wie bei Wuttrienen meist ausgebrochen, und nur einige Reste zeigen, dass wohl ein zackiger Kranz einfacher Punkte um die Scheibe herumgegangen ist. Die Perle gehört also zum Formenkreis der Steinzeit. In der Gegend von Neidenburg ist das Bernsteinstück Taf. X Fig. 1, aus der Sammlung des verstorbenen Sanitätsrath Marschall-Marienburg stammend, jetzt im Provinzial- Museum No. 1922, gefunden. Die Form ist ganz räthselhaft, doch kann man es wohl als einen rohen Versuch zu einer Menschen- oder figürlichen Darstellung ansehen. Die Ab- bildung kennzeichnet es besser als jede Beschreibung. Hervorzuheben ist besonders der lange Hals. Das Stück trägt an den Seiten vier Löcher, zwei oben, zwei in der Mitte, ähnlich wie Taf. IX Fig. 1; würde also die Rolle eines Mittelstücks gespielt haben. Auf- fallend ist das grosse Loch zwischen den beiden oberen, doch etwas tiefer, welches der Figur wieder den Charakter eines Hängestückes verleiht. Vielleicht sollen die 3 Oeffnungen Augen und Mund andeuten. Sie sind alle doppelt -konisch gebohrt, und besonders bei dem oberen mittleren trefien die beiderseitigen Bohrungen nicht sehr genau auf einander. Unter den beiden unteren Löchern geht eine Furche querüber und zwei längs der Seiten- kanten hinab, Auf der Rückseite läuft eine doppelte Furche querüber oberhalb beider Löcher. Ueber die schulterartigen Absätze zieht sich je eine Kerbe herum. Die Furchen sind ganz im Charakter der Steinzeit unsicher eingeritzt. Das Stück ist kumstfarbig mit stark nachgedunkelter Rinde und wird im Torf gelegen haben. Die Figur Taf X Fig.3 von Krucklinnen, Kreises Lötzen, ein Geschenk des Herrn Gutsbesitzer Skrzecka an das Provinzial-Museum (No. 1923), ist zwar noch weniger im Detail ausgeführt als Taf. X Fig.1, aber auch hier kann man wohl die schwache Andeutung einer menschlichen Figur erkennen, bei der die Schultern und Taille stark ausgedrückt sind, die Arme und Beine aber fehlen und der Kopf auch nur durch ein quadratisches Stück dar- gestellt ist. Die Vermuthung gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man dies Stück mit den primitiven Darstellungen menschlicher Gestalten in Thon, wie sie der Pfahlbau des Laibacher Moores geliefert hat, vergleicht (Mitth. der Wiener anthrop. Ges. VIID, wo bes. Fig. 12 mit unserer Fig. 3 in den Contouren eine gewisse Aehnlichkeit besitzt, obwohl die Stücke sonst in der Technik und Decoration ganz verschieden sind. Das platte Stück, kumstfarbig mit stark nachgedunkelter Rinde, ist vorzüglich gearbeitet und polirt, so dass die vom Schaben herrührenden Furchen fast ganz verschwunden sind. Das Kopfstück ist zweimal in der Richtung der Platte durchbohrt, und wird die Figur als herabhängendes Mittelstück einer doppelten Perlschnur gedient haben. Die beiden langen Löcher sind jedenfalls mit Knochennadeln gebohrt, sie sind von beiden Seiten begonnen, so dass die Bohrungen etwas schief aufeinander treffen. Beim obern Bohrioch ist rechts zweimal angesetzt, weil das eine Loch zu schief gerathen war, so dass hier zwei Röhren in die gegenüberliegende münden. Ausser den vorigen Stücken befinden sich im Provinzial-Museum der physikal.-ökon. Gesellschaft noch einige andere von unbekannten Fundorten, entweder aus der Bernstein- 45 sammlung der Gesellschaft stammend oder von Händlern gekauft. Jedenfalls sind dieselben in der Provinz gefunden und höchst wahrscheinlich in Ostpreussen. Das interessanteste dieser Stücke ist der neben- stehend (Fig. 3) in “/, natürlicher Grösse abgebildete Ring. Derselbe ist vom Bernsteinarbeiter Gerber in- Königsberg gekauft, der ihn wiederum von einem Händler erstanden hat, welcher meist im Samland reist, er dürfte also wohl von daher stammen. Näheres war vorläufig nicht zu ermitteln (P. ©. G. 3370). Der Ring ist hellkumstfarbig mit vereinzelten klaren Stellen, mit dicker rothbrauner, zersprungener, vielfach abgesprungener Verwitterungsrinde, die schon auf sehr langes Verweilen in der Erde hindeutet. Der äussere Durchmesser ist 115 mm, der innere ca. 50mm und nimmt nach der Mitte zu noch ab, die Dicke ist 23mm, die Oberfläche wölbt sich beiderseits nach dem ziemlich scharfen Rande, ist ersichtlich Fig. 3. nicht abgedreht, und ist die grosse Regelmässigkeit nur scheinbar, indem sich besonders innen Abweichungen von der Kreislinie finden. Der innere Cylindermantel zieht sich nach der Mitte zu etwas zusammen und somit steht dieser Ring in seiner Form den Schwarz- orter Ringen, besonders Taf. IV Fig 8, ganz nahe, die er nur durch seine riesige Grösse weit übertrifft. Die Technik lässt sich bei der zerbröckelten Oberfläche nicht weiter studiren, dass er nicht modern ist und sehr lange in der Erde gelegen hat, zeigt aber die Verwitte- rungsrinde und der Mangel der Abdrehung. In Gräbern der Metallzeit ist hier nichts ent- fernt Aehnliches vorgekommen. Daher kann man ihn unbedenklich zusammen mit den Schwarzorter Ringen der ostpreussischen Steinzeit, überweisen. No. 3381 (P. O0. G.) ist eine flache, etwas defecte Linse von ca. 65 mm Durchmesser, 17 mm Oeffnung, kumstfarben, mit gut erhaltener, glatter, etwas nachgedunkelter Rinde, die ihrem Erhaltungszustande nach auch aus Schwarzort stammen könnte. No. 3382 (Taf. XI Fig.5) ist ein schwach ovales Stück mit zwei Oefinungen, das sich der Form nach also an die schiffchenförmigen Hängestücke anschliesst. Es ist klar mit schwach nachgedunkelter Rinde und könnte aus Schwarzort stammen, doch ist nichts Näheres darüber bekannt. Die untere Seite ist flach, die obere senkt sich dachförmig nach dem abgeschliffenen Rande und der centralen Oeffnung. Die beiden Oeffnungen sind doppelt-konisch ausgebohrt und dann mittelst eines Feuersteinsplitters weiter aus- geschnitten, wie es die starken Gruben zeigen, welche im Uebrigen dieselbe Rinde wie die Oberfläche besitzen. Das Stück ist zwar gut geglättet, aber die Flächen recht uneben. Das Stück Taf, XI Fig.3 (P. 0. G. 3381) ist offenbar ein Fragment eines viereckigen Ringes — wenn der Ausdruck gestattet ist — mit rundlichem Querschnitt. Es ist klar mit nachgedunkelter Rinde und zugehauen oder wohl mit einem Steinmesser geschnitten, wie die Schwarzorter unfertigen Röhren. Der Bruch ist alt; der Fundort unbekannt, doch wäre eine Provenienz von Schwarzort der Oberfläche nach nicht unmöglich. Im Uebrigen finden sich im Provinzial- Museum noch 12 Scheiben von 13—35 mm Durchmesser, zwei deutlich viereckige und sechs unregelmässige scheibenähnliche Perlen, deren doppelt-konische zum Theil stark gereifte Bohrungen sie von allen übrigen trennen 46 und unbedenklich der Steinzeit zuweisen, Bei einigen ist die Verwitterung nicht stärker als bei vielen Schwarzorter Stücken, so dass sie zum Theil, aber wohl nicht alle, daher stammen können. Westpreussen. Auch in dieser Provinz ist eine Zahl analoger Funde gemacht, welche mit den ost- preussischen vollständig übereinstimmen. Gross Wickerau bei Elbing. Die Perle Taf. XI Fig. 4 ist durch Herrn Dr. Jentzsh dem Provinzial-Museum übermittelt (No. 3389). Sie ist linsenförmig mit scharfem Rande, 43cm dick. Die Rundung ist nicht genau kreisförmig, sondern an einer Seite ziemlich gerade, die gegenüberliegende ist ausgebrochen, die Durchmesser sind 51 und ca. 52 mm. Die Oeffnung ist doppelt-konisch mit starken Absätzen. Der Kern ist knochig mit blanker, hellbrauner, gut erhaltener Oberfläche. Die Form ist also mit der der Schwarzorter Linsen identisch, und wir werden sie daher unbedenklich der Steinzeit zuschreiben. Von besonderer Bedeutung sind aber die Fundverhältnisse dieses Stückes, die daher nach der Mittheilung von Jentzsch*) eingehender dargestellt werden müssen. Aus der nahezu horizontalen und ebenen Fläche des Jungalluviums ragen im Weichsel- Nogatdelta einzelne diluviale und altalluviale Inseln auf, welche von jeher die passendsten Plätze für Ansiedelungen bildeten und factisch auch als solehe noch heute benutzt werden. Südlich von Elbing liegen zwei solche Inseln (auf der eitirten Karte gut charakterisirt), die grössere mit Neukirch, Fichthorst, Neuhof und Möskenberg, dicht dabei die kleinere mit den Häusern von Klein Wickerau. Um diese kleine Inselgruppe, die in Wickerau bis 8 m, südlich Neuhof bis 10 m aufragt, zieht sich ein grosses Torfbruch ringsum, und zwar ein Sphagnetum: derartige Moosbrüche haben bekanntlich die Tendenz, sich seitlich auszubreiten und vorher bewohnbare Stellen allmälig zu überwuchern. Durch die Sinkstoffe der Nogat- überschwemmungen ist dieses rechts der Nogat gelegene Bruch grösstentheils überschlickt, so dass nur noch ein relativ kleiner Theil südöstlich der Diluvialinseln als unbedecktes Moosbruch erhalten ist. Die letzten der bedeckenden Sinkstoffe sind im Jahre 1721 ab- gesetzt (l. c. p. 164), da damals der letzte rechtsseitige Durchbruch der oberen Nogat statt- fand. Mit diesem Jahre ist bier also die Neubildung des Bodens abgeschlossen. Zu Gross Wickerau, 1—2 km östlich Klein Wickerau, ist nun nach einer Mittheilung ‚des Besitzers Claassen unter Torf und Schlick 7’ unter der Oberfläche (also ca. 2’ Schlick 5‘ Torf) eine Herdstelle gefunden, d. h. 3 Steine mit Holzkohlen und ein Topf. (Näheres ist nicht bekannt, daher die Deutung nicht zu controliren.) Die von Herrn Dr. Jentzsch mitgebrachten Scherben sind leider nur zwei ganz kleine, charakterlose Fragmente, das eine schwärzlich mit gröberen Steinchen durchsetzt, das andere hellbraun und aus feiner Masse, wie sie sich in der Steinzeit finden, aber auch später. Jedenfalls muss dieser Wohnplatz aber sehr alt sein, da er 1721 bereits 7’ hoch mit Schlick und Torf überdeckt war und seitdem eine Senkung von mindestens 7’ stattgefunden haben muss, denn heute liegt die *) Jentzsch, Die geologischa Erforschung des norddeutschen Flachlandes, insbesondere Ost- und West- preussens im Jahre 1878—79. Separatabdruck a. d. Schr. d. phys.-ökon. Ges. XXI. 1830, p.157 und anderw. mit einer Karte des Weichseldelta’s, Die daselbst nur kurz gehaltenen Notizen sind von Herrn Dr. Jentzsch für diese Arbeit noch vervollständigt. 47 Oberfläche im Gebiete künstlicher, durch Mühlen bewerkstellister Entwässerung. Es müssen also hier ähnliche Terrainveränderungen stattgefunden haben als bei den vermeintlichen Wohn- plätzen im Memeldelta (ef. p. 36, 37), und muss jene Periode sehr weit zurückliegen. Auch sonst sollen dort öfters Töpfe im Torf. gefunden sein. Obige Bernsteinlinse ist nun im Torfe bei Gross Wickerau gefunden. Die Tiefe ist nicht genau angegeben und somit kann sie mit jener alten Herdstelle — oder was es war — zwar nicht in unmittelbare Verbindung gebracht werden, doch sieht man, dass sich seit ihrer Deponirung eine bauwürdige Schicht Torf darüber gebildet hat und dann vor 1721 die 2° dicke Schlickschicht. Sie muss immerhin ein hohes Alter haben und passt dies voll- ständig zu ihrem Steinzeitcharakter. Jedenfalls war also das Delta schon zur Steinzeit bewohnt und liefert neben dem Herdplatze besonders diese Perle den Beweis dafür Zu Danzig im Stadtgraben ist das Stück Taf. XI Fig. I gefunden, ein Geschenk des Herrn Dr. Wollenberg an das Provinzial-Museum (No. 3368). Es ist kumstfarbig mit glatter dunkelrother Rinde, von axtförmiger Gestalt mit scharfen, etwas gerundeten Kanten und breiter, halbmondförmiger Schneidefläche, auf einer Seite viel stärker gewölbt als auf der anderen. Oben hat es drei doppelt-konische Löcher, von denen zwei ausgebrochen, Es ist auf der flacheren Seite (Fig. fa) durch quer über- gehende, nicht ganz regelmässig gerichtete Reihen von kleinen Gruben bedeckt, die sich in drei Hauptbänder gruppiren, 2 zu 2, das oberste zu d—5 Reihen. Auf der convexeren Seite (Fig. 15) sieht man unten eine doppelte Reihe, drüber eine kleine Gruppe von sechs Punkten; das mittlere doppeltreihige Band geht am linken Ende in zwei convergirenden Reihen aus- einander; das obere fehlt. Ausserdem ist jede Seite von einem Netzwerk sich kreuzender, schwach eingeritzter Linien bedeckt (ähnlich dem Doppelknopf Taf. XII Fig. 15, wie sie die Zeichnungen genau in ihren Stärken wiedergeben, und welche deutlich die etwas unsichere Führung der Steinzeit zeigen. Das Stück gehört mit dem Schwarzorter unbedingt in eine Klasse, Ebenfalls aus der Gegend von Danzig stammt Taf. X Fig. 19, welches daselbst unter Bernstein gefunden ist. Dieses Stück ist ein Geschenk der Firma Stantien & Becker an das Provinzial-Museum (No. 3385). Es ist die Hälfte einer dicken Scheibe mit parallelen Flächen und rundlichem Rande. Nach dem Vorhandenen muss das Stück oval gewesen sein, ob aber die in der Zeichnung angedeutete Ergänzung richtig, lässt sich nicht bestimmen. Das Bohrloch ist doppelt-konisch und stark gereift, und das Stück beiderseits mit ziemlich tief eingedrehten Gruben bedeckt. Es ist wahrscheinlich, dass diese Arbeit aus einer Ab- lagerung von Bernstein stammt, welche unter ähnlichen Verhältnissen entstanden ist wie die von Prökuls, Bei Steegen überschreitet man, von der See her kommend, einen Dünenkamm; . vom Fusse desselben bis zu dem alten Festlande erstreckt sich ein Sandstreifen von wechseln- der Breite, in welchem bei einer Tiefe von 4—5 Metern eine Schicht Bernstein mit Sprock- holz gemischt sich vorfindet. Dieser wurde durch die Firma Stantien & Becker abgebaut und im Juni 1868 von Herrn Glaubitz einige bearbeitete Bernsteinstücke gefunden, von welchen namentlich ein Knopf sich vollständig übereinstimmend mit dem Taf. II Fig. 23 ab- gebildeten Stücke von Schwarzort zeigte. Ob die Scheibe Taf. X Fig. 19 auch von daher stammt, ist wahrscheinlich, aber nicht bewiesen. Aus dem Neustädter Kreise stammt das Stück Taf. XI Fig. 8a, d (im Danziger Provinzial- Museum III. 1a), welches daselbst aus der See gefischt ist. Dasselbe ist unregelmässig länglich, theilweise mit Beibehaltung der natürlichen Rinde, nur der 48 Länge nach auf einer Seite facettirt und geglättet, auf der Unterseite im Ganzen geglättet, wobei aber tiefe Gruben des rohen Bernsteins stehen blieben. Die Enden sind gerade abgeschliffen. Das Bohrloch ist von beiden Seiten gefertigt, von der einen steigt ein cylindrisches, stark gereiftes tief hinab und verjüngt sich kuglig nach dem Durchbruch zu, so däss es mit einer Knochennadel gebohrt sein muss. Die eine Seite ist mit konisch eingedrehten, gereiften Gruben bedeckt. Das Stück ist kumstfarbig, mit stark nach- gedunkelter Rinde. Die Bearbeitung und Decoration reinen es durchaus den Steinzeit- Schmucksachen an. Taf. XI Fig. 2, vom Danziger Strande (Danziger Prov.-Museum I:I. 1565), wolkig klar, ist eine Perle von linsenförmiger Gestalt und scharfem Rande, 11mm dick, die aber von zwei Seiten gerade abgeschnitten ist, so dass sie den Uebergang zu den viereckigen bildet. Das doppelt-konische Bohrloch zeigt deutlich die Absätze und die Reifung, so dass hiernach, wie nach der Form, die Perle durchaus den Schwarzorter Linsen gleich steht. Die Oberfläche ist sehr sauber polirt, wie bei den Ringanhängseln, und lässt die Spuren der Beschabung kaum erkennen. Der vorzügliche Erhaltungszustand würde die Perle als ein modernes, vielleicht einige Jahrzehnte altes Stück erscheinen lassen, wenn nicht Form und Technik unzweifelhaft für die Steinzeit sprächen. Im ostpreussischen Provinzial-Museum befinden sich noch zwei dicke, unregelmässige, scheibenähnliche Perlen, No. 1998 mit brauner Rinde und stark doppelt-konischem Loche, 1991 mit rother, erdiger Verwitterungsrinde und von zwei Seiten begonnenem, unvollendetem Bohrloche. Sie gehören unbedingt der Steinzeit an und sind in Danzig gekauft, stammen also wohl auch aus Westpreussen, obwohl dies nicht sicher ist, da nach Danzig natürlich sehr viel ostpreussischer Bernstein kommt. Trzcebcz, Kreises Kulm *). Unter einem Steindenkmal, welches aus drei concentrischen Steinkreisen und drei einzelnen in der Mitte bestand, lag ein Pflaster kleinerer Steine und darunter möglicherweise ein Grab. Zwar wird von Knochen gar nichts berichtet, doch können diese ganz vergangen sein. Die Art der Beigaben deutet aber immer darauf hin. Dar- unter lagen vier Bernsteinröhrenperlen von 23,5—3 cm Länge und {cm Durchmesser mit verwitterter Rinde. Ferner fanden sich Reste zweier Gefässe, deren eines einen spitzen, hornartigen Henkel besitzt und durch horizontale Strichzonen und Zickzacklinien decorirt ist, einem grade für diese östliche Steinzeitgruppe höchst charakteristischen Ornament. Cujavien. Mehrfach sind linsenförmige Bernsteinperlen in Cujavien, sowohl im preussischen als im polnischen Theile, in Gräbern der Steinzeit gefunden worden. . Zu Gross Morin bei Inowraclaw**) fanden sich auf einer niedrigen Anhöhe beim Wegebau vier Skelette — von Steinumhüllung oder Decke wurde nichts berichtet — zum Theil mit Beigabe von Steininstrumenten. Später wurden an den Wänden des Durch- schnittes noch eine Knochennadel und decorirte Scherben im Steinzeitcharakter gefunden. *, Zeitschrift des historischen Vereins für den Regierungsbezirk Marienwerder. Heft II 1877 p.82. Taf. XI Fig 1—5. **) Lissauer, Crania prussica in Zeitschr. f. Ethnol. X. Berlin 1878 p.126 Taf. II Fig. 28. 49 “w Neben dem einen Skelette lag eine flache Bernsteinperle. Dieselbe befindet sich mit den anderen Fundstücken im Danziger Provinzial- Museum (I. 66c) und wurde zur Beschrei- bung geliehen. Sie besteht aus knochigem Bastard mit klaren Adern und ist mit dicker, gelbbrauner Rinde überzogen, die am Rande ganz abgeplatzt ist, so dass hier ein grosser Defekt entsteht. Die Perle ähnelt den Linsen Taf. XI Fig. 6, 7 von Wuttrienen und aus der Kowalewski’schen Sammlung so ausserordentlich, dass von einer Abbildung (die in der Zeit- schrift £. Ethn. X., Taf. II Fig. 28 gegeben) abgesehen wurde. Sie ist linsen- oder mehr scheibenförmig, es fehlt der Rand ganz und kann derselbe nicht scharf gewesen sein, da die Flächen fast parallel sind. Sie ist sehr flach, 9 mm dick und jetzt ca. 60 mm im Durch- messer (doch war sie grösser). Auf der nicht sehr ebenen, etwas gewellten Rückseite be- merkt man die beiden schrägen Löcher einer \/förmigen Bohrung, welche aber wohl nicht glückte, worauf man von vorne eine ziemlich kleine kegelförmige Oeffnung (7 mm) hindurch "bohrte und so eine durchbohrte Scheibe erhielt. Auf der einen Seite befindet sich wieder das aus drei Reihen feiner Punkte bestehende Kreuz, doch ist von einem Randkranze nichts zu bemerken, da dieser Theil ganz ausgebrochen ist. In Polnisch-Cujawien zwischen dem Goplo-See und der Weichsel findet sich eine grössere Anzahl von Megalithgräbern mit Steinkammer und sehr langer, schmaler Stein- umfassung, welche General von Erckert*) untersucht hat. Dieselben ähneln im Bau den Hünenbetten Pommerns und Meklenburgs, während ihre Keramik sie der ost- und west- preussischen Steinzeit nahe stellt Die übrigen Beigaben bestehen aus Stein- und Knochen- instrumenten. In einem solchen Grabe zu Janischewek**), Skm von Lubraniec, fand sich eine linsenförmige Bernsteinperle von 55mm Durchmesser, 12mm Dicke und mit einem Loche von 12mm. Die Form ist ganz die der ostpreussischen, von einer Verzierung wird aber keine Mittheilung gemacht. Polen und Galizien. Aus dem übrigen Theile von Polen sind nur wenig analoge Funde bekannt. Redzinskie***), °,, Meilen westlich Kochany in der Nähe des Swider. Hier existirt ein grosser Wohnplatz der Steinzeit, der auch noch in späterer metallischer Zeit benutzt wurde Wezyk hat daselbst im Auftrage von Przyborowski eine Masse von Feuerstein- splittern und anderen Geräthen gesammelt (nahe ein Scheffel), und dabei eine Bernstein- perle, wie es nach der Abbildung scheint, von linsenförmiger Gestalt mit konischer Bohrung. Kociubince in Galizieny). In einer unter der natürlichen Oberfläche angelegten grossen Steinkiste fand Kirkor zwei sitzende Skelette, zwei Thongefässe, eine kleine Thon- perle und eine Bernsteinperle, nach der Abbildung eine flache Linse. *) Verh d. Berliner Ges. f. Anthropologie 1879 p.428 ff.; 1880 p.314 ff. — Tischler, Beiträge zur Kenntniss der Steinzeit Ostpreussens. p.27 (11) ##*) Verh. d. Berliner Ges. 1879 p. 434. **#) Albin Kohn, Materialien zur Vorgeschichte des Menschen im östlichen Europa. 1879 p. 167. 7) Ibid. p. 99. : 30 Von den Ufern des Niemen stammt ein unregelmässig facettirtes durchbohrtes Hängestück mit eingedrehten Gruben bedeckt (in der ehemaligen Sammlung des verstorbenen Professors Podezaszynski*). Dasselbe ähnelte den ostpreussischen Stücken. Genaueres ist darüber nicht bekannt, es finden sich aber am Niemen von Grodno abwärts eine Menge von Steinzeitwohnplätzen **), und dürfte also das obige Stück wohl von einem solchen Wohn- platze an der Nordostgrenze Polens stammen. Die ostbaltische Steinzeit-Region. Bei der bisherigen Betrachtung hat sich herausgestellt, dass Bernsteinarbeiten von ganz übereinstimmendem Charakter, wie sie am vollständigsten in Schwarzort vertreten sind, sich in Ost- und Westpreussen, und den angrenzenden Theilen Polens und den nordöstlichen Posens vorfinden. Dieselben kommen (ausser Schwarzort) als Einzelfunde oder in Grab- funden und auf Wohnplätzen vor, und zwar sind dies, so weit die anderen Objecte den Cha- rakter klar hervortreten lassen, Fundstellen der Steinzeit. Es finden sich die Röhren zu Trzebez (Grab ?), kurische Nehrung (Wohnplatz), die Hängestücke auf der kurischen Nehrung (Wohnplätze), die Ringe und Linsen ebenda in Gräbern und Wohnplätzen, die menschliche Figur ebenda, die Linsen in Gräbern (Wuttrienen, Gross Morin, Janischewek, Redzinskie), und zwar mit dem charakteristischen punktirten Kreuz, welches sie den Knöpfen mit \/ Bohrung nähert. Die ursprüngliche \förmige Bohrung der Perle zu Gross Morin zeigt ebenfalls die Zusam- mengehörigkeit beider Klassen Für hohes Alter sprechen ferner die tief in der Erde liegen- den Funde (Gross Wickerau). Wenn nun auch noch nicht alle Schwarzorter Stücke in Steinzeit- Niederlassungen gefunden sind, wie die Doppelknöpfe (in Dänemark sind sie es zum Theil), Ringanhängsel, so müssen auch diese Stücke, wie oben gezeigt, durch Technik und Decoration den anderen angereiht werden, und es bilden alle bisher beschriebenen Gegenstände demnach einen abgeschlossenen Formenkreis, dem man in den Gräbern der Metallzeit nicht mehr begegnet — oder falls noch ähnliche Formen auftreten, wie Hämmer, Pfeilspitzen, Linsen, Scheiben, mit ganz anderer Technik. Wir sind daher berechtigt, diese Arbeiten als „Bernsteinschmuck der Stein- zeit“ aufzufassen, eine Bezeichnung, die schon im Laufe der Behandlung vielfach antieipirt worden ist und nun durch die Betrachtung der Landfunde vollständig bewiesen sein dürfte. Tischler hat in der Arbeit „Beiträge zur Steinzeit in Ostpreussen“ kurz gezeigt, wie die Cultur der Steinzeit in einem bestimmten Gebiete, (Ost- und Westpreussen, Cujawien, Polen und den russischen Ostseeprovinzen), einen durchaus einheitlichen Charakter aufweist, der von dem westlicher Regionen sich unterscheidet — nur der Bau der Cujawischen Megalith- gräber erinnert etwas an jene Gegenden. Man kann dies Gebiet füglich das „ostbaltische“ (eigentlich südöstliche) nennen und demnach von einer „ostbaltischen Steinzeit“ sprechen. Dieselbe ist nicht nur durch die ausschliessliche Verwendung von Stein-, Knochen- und Horngeräthen charakterisirt, sondern besonders durch eine ganz eigenartige, in decorativer Hinsicht reich entwickelte Keramik, die sich scharf von der späterer Zeiten *) Aufgef. im Supplement z. Katalog d. prähistorischen Ausstellung zu Budapest 1976. Suppl No. 64. #*) Tischler, Beitr. z. Kenntniss d. Steinzeit p. 28 (12). 51 unterscheidet, wo Steinwerkzeuge neben Metallgerätben nur noch ganz vereinzelt und ausnahms- weise auftreten. . Die Bernsteinarbeiten sind in dem Gebiet nicht gleichmässig vertheilt, sondern am zahlreichsten aus der Nähe der Küste bekannt. In den russischen Ostsee- provinzen scheinen sie noch ganz zu fehlen. Zum Theil hängt dies mit dem natürlichen Vorkommen des Rohmaterials zusammen, und ist es daher erklärlich, dass die meisten Funde in der Nähe des Samlandes und der Danziger Küste gemacht sind. Doch erstrecken sie sich auch ziemlich tief ins Innere, zumal Bernstein sich weit verstreut im Diluvium findet, und auch in jener fernen Vorzeit ein Handelsverkehr zwischen den einzelnen Distrik- ten anzunehmen ist. Man kann daher wünschen, dass auch im Binnenlande und besonders in den russischen Nachbardistrikten sich die Funde mehren würden. Wie leicht übersieht man diese meist schon so verretteten Stückchen. Wenn denselben aber nun eine erhöhte Aufmerksamkeit gewidmet wird, werden die Nachträge dieser Arbeit hoffentlich neues und reicheres Material bringen*). Eine eingehendere Behandlung dieser ostbaltischen Steinzeit- eultur, die dann auch wieder mehr Licht auf die Bernsteinarbeiten werfen würde, kann hier nicht gegeben werden. Dieselbe ist einer grösseren Abhandlung vorbehalten, welche das reiche ostpreussische Material bearbeiten und mit dem fremden vergleichen soll. Hier wäre nur noch zusammenzufassen, was sich vorläufig über ihre chronologische Stellung und mithin über die der Bernsteinarbeiten sagen lässt. Dies ist von Tischler (l, e. Beiträge etc. 33 [17] £f.) versucht und von demselben hier noch etwas weiter ausgeführt worden. Ehe aber dazu geschritten wird, müssen zunächst die analogen Bernsteinarbeiten in anderen Regionen Nord- europas betrachtet werden. Schlesien. Ausserhalb des eben behandelten ostbaltischen Steinzeitgebietes ist in Schlesien die merkwürdige nebenstehend (Fig. 4) in halber Grösse abgebildete Perle gefunden worden, ein Geschenk der Firma Stantien & Becker an das Provinzial-Museum (No. 3393). Die Perle ist in der Gegend von Breslau ausgegraben, 10 Loth schwer, kumstfarbig, mit dicker, zersprungener, rothbrauner Rinde, die bereits auf hohes Alter schliessen lässt. Es ist eine ovale Scheibe von 137 und 116 mm Durchmesser, an den vier Seiten wenig ge- krümmt, so dass sie fast ein Rechteck mit abgerundeten Ecken vorstellt (ähnlich Taf. XI Fig. 2). Die Dicke nimmt von der Mitte nach dem Rande zu ab, doch erhebt sich so- wohl um das Loch ein nabenartiger, 5mm breiter erhöhter Ring, wie ein ähnlicher *), UmMittheilung solcher Funde, zumal wenn dieselben noch nicht publieirt sind, werden alle Archäo- logen und Alterthumsfreunde bestens gebeten. 7* 52 9 mm breiter entlang des Randes. Diese ragen etwa 1mm über die Fläche empor, die zwischen ihnen ausgearbeitet ist. Der Rand ist gerade abgeschnitten, ca. 9 mm dick, die Mitte 18 mm. Das Loch ist aussen ca. 23 mm weit. Die beiden erhabenen Reifen auf einer Seite wie der gerade Rand sind von einem System gekreuzter, tief eingeritzter Furchen bedeckt. Die übrigen Stellen sind glatt, und kann man bei der ungemein starken Verwitterung die Technik weniger genau verfolgen; nur in der Nähe des erhöhten Randes bemerkt man starke ausgeschabte flache Furchen, welche durch niedrige Grathe getrennt sind, und die wohl von einem schaberartigen, also schwach gezähnten Instrumente herrühren, welches den Stein etwas stärker anfasste. Die Bohrung verjüngt sich wieder etwas nach der Mitte und zeigt einige deutliche Absätze. Die ganze Form, Decoration und das, was man von der Technik erkennen kann, sowie die starke Verwitterungsrinde zwingen uns demnach, auch diese Riesenperle in den Kreis der oben behandelten Scheiben einzureihen und der Steinzeit zuzutheilen. Leider ist diese für Schlesien noch fast gar nicht erforscht, besonders liegt nichts von Keramik vor, es lässt sich daher nicht übersehen, welche Stellung man diesem neuen Gebiete anweisen soll. Das westbaltische Gebiet, Aus der Steinzeiteultur dieses Gebietes, welches sich von Pommern westwärts durch Norddeutschland und Skandinavien erstreckt, und durch seine riesigen Steingräber charakte- risirt ist, findet sich vielfach Bernsteinschmuck in Formen, welche den oben behandelten ostbaltischen nahe verwandt sind, und zwar ausschliesslich in Gräbern mit Steinbeigaben, wie Aexten, Lanzen- und Pfeilspitzen, Dolchen ete., oder als Massenfunde in der Erde resp. in Mooren, wo die Sachen vielfach in einem Thongefässe oder auch, wie es scheint, Holz- gefässe als Schatz vergraben waren. Ausserdem sind zahlreiche Einzelfunde gemacht, oder existiren wenigstens als solche in den Sammlungen. Der Bernstein findet sich aber nicht gleichmässig in dem ganzen Gebiet, sondern ziemlich reichlich in Vorpommern, hauptsächlich auf Rügen, knapp in Meklenburg, äusserst reichlich in Jütland, wo die enormen Perlen- massen einiger grossen Funde an Zahl alle ostpreussischen weit übertreffen, in etwas geringerer Zahl auf den dänischen Inseln und nicht selten in Schweden, wo die Funde besonders um Falköping (Westgotland) häufig sind. Die Frequenz der Funde und die Verwendung des Bernsteins wird besonders mit dem natürlichen Vorkommen desselben zusammenhängen, der hauptsächlich an der jütischen Westküste *) seit den ältesten Zeiten gesammelt worden ist. Weiter westlich hört daher die Verwendung dieses Materials so gut wie ganz auf. Man kann das Gebiet des Bernsteins hier als „westbaltisches‘‘ bezeichnen. Es treten nun zum Theil dieselben Formen auf wie im ostbaltischen, daneben aber auch neue, welche speziell für dies Gebiet charakteristisch sind und demnach demselben eine eigene Richtung zuweisen, wie es schon aus den gesammten Culturverhältnissen bekannt ist. *) Werlauff, Bidrag till den nordiske Rafhandels Historie. (Danske Vidensk Selskab hist. og phil. Afhandl. V. p. 149—316. Kjöbenhavn 1836.) 53 Häufig sind unregelmässige, rohe Stücke jeder Art, sowohl Perlen als Hängestücke, Da dieselben in grossen Schatzfunden, wie dem von Laesten, mit feiner bearbeiteten Röhren, End- und Mittelstücken zusammen vorkommen, ergiebt sich, wie p 32 schon ausgeführt, dass man die einzelnen Vorkommnisse nicht als ältere Stücke oder bloss als Anfänge der Cultur anzusehen hat, sondern dass sie noch lange mit den feineren zusammen verwendet wurden. Die Röhrenperlen sind im ganzen Gebiet, besonders in Dänemark, so häufig, dass sie nicht näher eitirt zu werden brauchen. Sie kommen von '%—?2',' Länge vor, aber auch vielfach ganz kurz (wie sie in Ostpreussen noch seltener gefunden sind) und gehen durch Abrundung der Kanten manchmal in kuglige Perlen über. Die Bohrung besteht ganz wie die ostpreussische aus. zwei kegelförmigen, in der Mitte zusammenstossenden, stark gereiften Löchern, wie dies besonders bei der Abbildung einer durchschnittenen Perle von Laesten*) deutlich hervorttritt. Weit häufiger als in Ostpreussen treten End- und Mittelstücke auf. Erstere sind flache, axtförmige Stücke, manchmal mit concaver Bahn und Schneide, die an einem Ende 4 (selten 2), am anderen 4—5 Löcher haben (Laesten, Aegersmose in Jütland). Die Mittel- stücke sind ovale oder viereckige, manchmal unregelmässig geformte Platten, die parallel der Fläche von 2, meist 3—5 Löchern durchsetzt werden, wie Taf. I Fig. 16 von Schwarzort, Dabei sieht man oft, dass die von zwei Seiten eingebohrten Löcher sich nicht ganz gerade treffen (wie besonders an einem Stück zu Skifsby sehr schön sichtbar). Solche Mittelstücke finden sich zu Laesten (50 Stück), Aggersmose bei Kjaer, Skifsby (alle Jütland), Hagendrup (Seeland). Manchmal sind zerbrochene Scheiben wieder einfach oder mehrfach in der Art der Mittelstücke durchbohrt (Boel, Jütland'. Doppelknöpfe in der Form der ostpreussischen sind selten. Aus dem ganzen Gebiete ist nur ein einziger undurchbohrter bekannt von Tolne, Hjörring Amt, Jütland (Ann. 1838 p. 170), der nicht reproducirt ist, weil die Zeichnung nicht genau scheint. Hingegen finden sich häufiger Doppelknöpfe, deren Stiel quer durchbohrt ist, aus denen dann eine neue, dem Gebiet eigenthümliche Formenreihe hervorgeht, welche die neben- stehenden Figuren zur An- schauung bringen. Zunächst finden sich ganz rohe, noch un- durchbohrte (Fig. a), welche aus einem rundlichen, in der Mitte eingeschnürten Stücke Fig. a. Fig b. Fig. ce. Fig. d. bestehen (25 Stück zu Laesten, Ann. 1838 p. 163) und welche vielleicht als Vorläufer der Doppelknöpfe anzusehen sind, d. h. die sich später neben vollendeteren Formen noch er- halten haben. Flache durchbohrte Doppelknöpfe, noch fast ganz in der ostpreussischen Form, sind in Vesterbygaards Brakmark bei Kallundborg (Fig. 5), (Seeland), zu Thingstrup, zu Gjedesby auf Falster, nahe verwandte zu Karleby und allenfalls zu Welterlingsgärd**) (beide bei Falkö- ping in Schweden) gefunden. Nun schliesst sich hieran aber eine andere, in dem Gebiete viel *) Annaler for Nordisk Oldkyndighed. Kjöbenhavn 1838/39 p 163. Dies wird später immer als Ann. 1838 eitirt werden. ”*) Comte rendu du Congres intern, d’Anthropologie & Stockholm 1874 p.788 Fig. 7, 6. 54 häufigere Form: der Stiel wird länger und cylindrisch und als Knöpfe sitzen zwei Halb- kugeln oder parabolische Kegel drauf (Fig. c). Diese Perlen werden von den Skandinaviern „hammerförmige“ genannt und sind so häufig, dass es hier nicht lohnt, sie speciell auf- zuzählen. Sie variiren von 15 mm Länge, 10 mm Dicke bis zu riesigen von 43 mm Länge, 35 mm Dicke (Gobbin auf Rügen). Dieselben sind manchmal von den durchbohrten Doppel- knöpfen kaum zu trennen. Eine andere Umwandlung (Fig. d) besteht darin, dass sie platt gedrückt werden, so dass zwei halbkreisförmige Endstücke durch einen engeren geraden oder biconcaven, parallel der Platte durchbohrten Hals verbunden sind. Es ist dies die Form der im westbaltischen Gebiete häufig aus Stein vorkommenden „Amazonenaxt“ und ‘werden danach die Perlen benannt, welche unbedingt Imitationen dieser Steinwerkzeuge sein sollen. Die Doppelknöpfe und Hammerperlen treten mit ihnen gleichzeitig in denselben Funden auf und zwar oft in Menge (wie zu Stege auf Moen), es waren also gereihte Perlen und lässt sich daraus mit Wahrscheinlichkeit schliessen, dass auch die ostpreussischen Doppelknöpfe als Perlen dienten, d. h. von einer Schnur umwickelt waren. Knöpfe mit VBohrung kommen in dem Gebiete eigentlich gar nicht vor. Nur ein einziges solches aus Jütland stammendes Stück befindet sich in einer Privatsammlung nach einer Mittheilung von Herrn Dr. Sophus Müller. Hingegen ist manchmal eine kleine Oese oder Bügel ausgearbeitet, indem man eine vorspringende Leiste in gewöhnlicher Weise anbohrte, so ein Knopf zu Aalborg*) (Madsen 42 23), zwei Stücke zu Vesterbygaards Brak- mark (Aarb. 68 p. 104). Linsen und Scheiben scheinen nicht so häufig zu sein als in Ostpreussen. Sie finden sich biconvex (Broholm, Seh. XVI 00**), noch häufiger aber planconvex (Varde, Madsen 423; Pirup), glatt oder durch eingedrehte Gruben verziert (Pirup, Meisling). Verwandt ist das merkwürdige Stück Madsen 42 ı2 von Boel, von fast halbkugliger, unregel- mässiger Form, dessen flache Seite einen Randkranz grösserer Gruben und eine Menge fein punktirter, radialer Strahlen zeigt. Hängestücke finden sich auch öfters und zwar sowohl von unregelmässiger Gestalt, die sich der natürlichen anschliesst (Madsen 42 4, 10 u. a.), als axtförmig. Diese axtförmigen haben oft eine stark hervortretende, halbmondförmige Schneide, wie sie sich bei späten Steinäxten und flachen Bronzecelten findet (aus Jütland Madsen 42 32); Borre Sogn, Moen (Ann, 1838 p. 168); Samsö, (Aarb. 1868 p. 104); die letztere parallel der Platte durchbohrt). Die Decoration besteht in Reihen eingebohrter Punkte (Madsen 42 a) in Gruben, welche die Schmalseiten der Axt bedecken (Samsö, Aarb 1868 p. 104, Pirup) und in eingeritzten Strichen (Samsö). Eines der merkwürdigsten Stücke dieser Art ist eine aus Jütland stammende, etwas unregelmässige Axt (Madsen 44, No. 1488 Koph), welche mit ganz unregelmässig vertheilten, seltsamen, eingeritzten Strichen bedeckt ist. Den schildförmigen Stücken ähnelt Fig. %% Taf. XVI (Sehested) von Broholm mit Einschnürung an einem Ende. Danach wäre die Oefinung, die in der Ergänzung gezeichnet ist, nicht erforderlich. =) **) Madsen, Afbildunger af Danske Oldsager Steenalderen, soll immer nur Madsen citirt werden. Sehested. Fortidsminder og Oldsager fra Egnen om Broholm. 3) Im Folgenden soll eine kurze Aufzählung der Funde im westbaltischen Gebiete gegeben werden*). Pommern. (Die meisten Stücke auf Rügen gefunden. Alle im Museum Stralsund.) Damerow bei Pasewalk: in einem Grabe mit Steininstrumenten eine Bernsteinröhre, Dumsevitz (Rügen): Steinzeitgräber mit zerbrochenen Hammerperlen. Gobbin (Rügen): Steinzeitgrab mit drei Hammerperlen, Amazonenaxt, kleiner Perle. Lanken (Rügen): Steinzeitgrab mit Amazonenaxt, 80 mm lang, 48 mm breit, Bruch- stücke ähnlicher und von Amazonenäxten, drei kurze Röhrenperlen. Mucran (Rügen): |Steinzeitgrab mit Bruchstücken von 6—-7 Hammerperlen und einigen Scheiben oder Linsen. Puddemin (Rügen): mit Steinalterthümern eine Amazonenaxt. Seelwitz (Rügen): aus einem Steinzeitgrabe eine excentrisch durchbohrte Scheibe “ (Bohrloch konisch, aussen beiderseits 6 mm, innen 3 mm weit) und ein kahnfärmiges, durch- bohrtes Stück. Zirmoisel (Rügen): in einem Torfmoor zwölf durchbohrte Stücke, eine doppelt durchbohrte Scheibe, unregelmässige Hängestücke, eine runde, eine viereckige Perle. Schwinge, Kr. Grimmen: eine defekte Linse mit einem Steinmeissel und Feuerstein- messer zusammen gefunden. Meklenbure. Hier sind nur wenig und schlecht erhaltene Bernsteinsachen in Megalithgräbern gefunden. Karft bei Wittenburg (Mekl. Jahrb. VII. p. 19): in einem zerstörten Hünenbett neben Skelettresten ein Stück Bernstein von fast herzförmiger Gestalt, 2’ lang, 1°/,” breit. Remlin bei Gnoien (Mekl. Jahrb. IX. p. 363): in einem Hünenbett neben Stein- instrumenten aus Bernstein eine scheiben- oder beilförmige Schmucksache, ° Rosenberg: in einem zerstörten Hünenbett mit viel Steininstrumenten zwanzig runde, cylindrisch abgeschnittene Perlen (wohl kleine Scheiben oder kurze Röhren), eine scheibenförmige, drei stenglige (wohl Röhren), drei herzförmige (!). Viecheln bei Gnoien (Mekl. Jahrb. XVI. p 252): eine hammerförmige Perle, 5/,“ lang, °/," dick, was als besondere Seltenheit hervorgehoben wird. Prieschendorf bei Wismar (Mekl. Jahrb II. 1837, pag. 26, 27): in diesem grössten und reichsten Hünengrabe Meklenburgs waren zwei herzförmige (?) und zwei kugelförmige Bernsteinstücke, letztere aber so durchbohrt, dass der obere Theil einen jetzt verlorenen Henkel bildet. *) Dieselben sind nach der vorhandenen Literatur und nach Reisestudien von O. Tischler zusammengestellt, und sind die Listen durch die Herren Dr. Bayer-Stralsund, Dr. Bels-Schwerin, Dr. Sophus Müller-Kopenhagen für die betreffenden Sammlungen gütigst revidirt und vervollständigt. Das Verzeichniss wird immer noch sehr lückenhaft sein und soll bei späteren Nachträgen vervollständigt werden, um so allmälig eine Uebersicht des Bernsteinschmucks zur gesammten Steinzeit zu bringen. Ergänzungen werden bestens erbeten und mit Dank angenommen. 36 Jutland Aarhus Amt, Gegend von Aarhus: Verzierte Linse oder Scheibe. Aalborg Amt, Österbrönderlev bei Aalborg: In einer Riesenstube mit Stein- sachen ein Henkelknopf (Madsen 42 23), Slagstrup: Röhrenperlen. Hjörring Amt: Dies nördlichste Amt ist ganz besonders reich an Bernsteinfunden. F. 0.?2 Verziertes Hängestück (Madsen 42). Birknin Mark: Massenfund in einem Torfmoor, ca. 70 Stücke, theils in rein natürlicher Form, theils durchbohrt. Einige Mittelstücke (Madsen 42 5) und ein 8förmiges, flaches, durchbohrtes Stück. Boel: In einer Grabkammer der Steinzeit 153 Bernsteinstücke (Madsen 42 12), darunter unregelmässige, durchbohrte Stücke mit Grubenverzierung, dreieckige, durchbohrte Scheiben und Jängliche Stücke, die im Bohrloch zerbrochen und nun noch einmal parallel der Platte durchbohrt sind. Gundestrup (Madsen 15): In einem Grabhügel mit Steinsachen 4 Röhre, 1 Hammer- perle, 1 Amazonenaxt, längliches Stück mit Gruben an der schmalen Seite, 12 zer- brochene Perlen. Pirup: 2 ovale, planconvexe Linsen mit Grubenkranz, Hängestück, kleine Röhre und unregelmässige, durchbohrte, polyedrische Stücke. Tolne: Aus einem Megalithgrabe mit Steinsachen der undurchbohrte Doppelknopf (Ann. 1838 p 170), ein Bernsteinstück mit Loch und ein langes (Rohr?). Skifsby: Grosser Fund mit Röhrenperlen und viereckigen, mehrfach längs durch- bohrten Mittelstücken. Ulsted: KRöhrenperlen. Rinskjöbing Amt, Aggers Mose bei Kjaer (Aarb. 1868 p. 104 nur kurz eitirt): In einem Thongefäss, 10' tief im Boden, lagen 1800 Bernsteinperlen, darunter trapez- förmige und ganz schmale Mittelstücke, Endstück ete. Ribe Amt, Andsager bei Varde (Madsen 42 3): Planconvexe Linse mit % Steinhämmern auf der Heide gefunden. Mhisted Amt, Engkaer: Grosser Fund mit Röhrenperlen. Bei Thisted: in grossem Moorfunde kurze Röhren. Weile Amt, Meisling: Grosser Fund, darunter eine mit Grubenkranz verzierte, doppelt durchbohrte Scheibe, Röhrenperlen. Wiborg Amt: Zu Laesten (Madsen 4235, Ann. 1839 p. 162 ff.) im Moor, 3°’ tief, ist der grösste dänische Massenfund gemacht. Zwischen Holzresten, die wahr- scheinlich von dem beherbergenden Holzgefässe rührten, sind an 4000 Stück gefunden, die wohl zu verschiedenen Garnituren gehörten, von denen eine in den eitirten Abbildungen zu reconstruiren versucht ist. Darunter sind 25 undurchbohrte eingeschnürte, doppelknopf- artige Stücke (Fig. «), 500 grössere oder kleinere rohe, durchbohrte Stücke, 59 dreiseitige, der Länge nach durchbohrte Stücke, 460 Röhren, "/„—2!/,‘' lang, 2800 kleine, rundliche Perlen, 50 oblonge Mittelstücke mit 4—5 Löchern, 5 Endstücke mit 4—5 Löchern an der einen, 1 an der andern Seite, und einige Stücke in Form von kegelförmigen Berloks, die meist längs durchbohrt waren, im Ganzen 17 Pfund. Vinkel-Mark bei Viborg (Ann. 1833 p. 169): In einem Ganggrabe der Steinzeit mit Skeletten kleine Bernsteinperlen von unvollkommener Form. Dänische Inseln. Fünen, Broholm im Walde Nyhave (Sehested p. 76, 79 Taf. XVI @—-pp, XIX ec): In 2 der Steinzeitgräber sind Bernsteinsachen gefunden. In Hügel I 1 schildförmiges Stück, 4 rhombisches flach durchbohrtes, 6 Hammerperlen, 8 Amazonenäxte, 1 Röhre, 1 wirtelförmige Perle, 1 Linse, 1 Scheibe und Bruchstücke; in Hügel III 1 Hammerperle. Seeland, Vesterbygaards Bradmark bei Kallundborg (Aarb. 1868 p. 104): Bernsteinschmuck von ca. 200 Stück in der Erde deponirt, darunter 1 durchbohrter Doppel- knopf (Fig. a), 2 Stücke mit seitwärts heraustretendem durchbohrten Henkel, Röhrenperlen und unregelmässige. Hagerdrup (Madsen 42 6-9): in einem Torfmoor unregelmässige Stücke, Gehänge- stücke, Röhre, Mittelstück. Eiby: Röhrenperlen. Bidstrup: Röhrenperlen, Nestved: Röhren, Falster, Gjaedeby: Ein durchbohrter Doppeiknopf. WHöen, Borre Sogn: 2 Grabhügel (Ann. 1833 p. 167) mit Steinalterthümern. In I 1 Hammerperle, 1 Röhre, mehrere runde; in II 2 grosse Amazonenäxte, Röhren. Stege (Madsen Taf. 16. Ann. 1833 p. 12): In einem Hügel mit Skeletten, Stein- und Knochengeräthen; 17 Bernsteinperlen, 2 lange Röhren, 7 kurze und kuglige, 8 hammer- förmige und Amazonenäxte. ; Ausserdem sind bei Madsen noch eine Anzahl aus Dänemark stammender Einzelfunde abgebildet, deren Fundort nicht weiter bekannt ist. Schweden. Die schwedischen Funde stammen, so weit sie mitgetheilt sind (diese Liste ist nur nach der Literatur und Reiseskizzen zusammengestellt, nicht nochmals verglichen), aus Westgotland, und zwar aus der Gegend von Falköping. Dverstrup (Montelius, Antiquit6s Suedoises 84; Führer d. Mus. vat. Alt. Stock- holm 82D): Auf den Wiesen 19 Perlen gefunden (hammerförmig) und ein Feuersteindolch. Luttra (Ant. Sued. 85—88; Führer 80): In einem Ganggrabe mit Steinsachen 4 unregelmässige Bernsteinperlen. In demselben Grabe ist noch ein Ringanhängsel aus Knochen (Ant. Sued. 82), d.h. ein Ring mit durchbohrtem Stiel und eine durch eingeritzte Streifen verzierte Knochenröhre gefunden worden. Ersteres erinnert auffallend an die Ring- anhängsel von Schwarzort. Frugärden: Aus einem Ganggrabe mit Steinsachen Bernsteinperlen (Führer 78A). Karleby (Führer 73A; Comte rendu Congr. Stockholm p. 787 Fig. —10): Aus einem Ganggrabe mit Knochen und Steinsachen Bernsteinsachen, darunter ein kleiner axt- förmiger, durchbohrter Hammer, ganz analog denen von Schwarzort, Amazonenaxt, durch- bohrter Doppelknopf, kuglige Perle mit 2 Querbohrungen. Ebenfalls zu Karleby (Führer 83): In einem grossen Steinzeitgrabe ein Pracht- Feuersteindolch, 12 andere Dolche, 6 Speer-, 4 Pfeilspitzen, kleiner Meissel, Se Bernstein- 58 perlen (die leider nicht abgebildet) und 2 kleine Bronzeperlen und der abgebrochene Theil einer Bronzelanze, Es ist dies der einzige Fall im westbaltischen Gebiet, dass solche Bernsteinperlen noch mit Bronze zusammen vorkommen. Die Perlen sind leider nicht beschrieben und werden wohl einfach sein. Das Grab ist seiner Bauart nach jünger als die Ganggräber. Ottagarden (Führer 73E): Ganggrab mit verzierten Scherben und Bernsteinperlen. Ranten: Ganggrab mit Knochen und Steinsachen, 2 rohen Stücken Bernstein und 33 Perlen (Führer 78E). Axewalla: Bernsteinperlen (Führer 78C). Wetterlingsgärden bei Falköping (Congr. p. 737 Fig. 6): In einem Ganggrabe 3 Feuersteinsplitter, mehrere 100 Bernsteinperlen, darunter Doppelknöpfe (Uebergang zu Hammerperlen). Wir sehen also, dass in dem ganzen westbaltischen Gebiet Berrsteinsachen von ost- preussischem Typus oder zwar abweichende, aber doch verwandte Formen nur in Gräbern der Steinzeit vorkommen, Einzig das Steinkistengrab von Karleby ist ein Uebergangsfund zur Bronzezeit mit geringem Bernsteininhalt. Südlich von dieser Region im Binnenlande tritt Bernstein zur Steinzeit äusserst selten auf. In einem Grabhügel der Steinzeit zu Schkölen*), Kr. Weissenfels, Prov. Sachsen, ist eine flache, rundliche Perle von { cm Durchmesser gefunden (in der Weissenfelser Sammlung); es wäre daher hier auf solche Funde besonders zu achten. Grossbritannien. Ein abgeschlossenes und höchst merkwürdiges Gebiet ist England und Schottland**), Es treten hier zum Theil ganz dieselben Formen auf, aber Bernstein findet sich verhältnissmässig nur selten; man verwandte zu den Schmucksachen die hier häufiger vor- kommenden Mineralien Jet und Cannelkohle, auch manchmal Sandstein und Schiefer, es müssen daher diese Stoffe kurz in den Bereich der Betrachtung gezogen werden, zumal sie mit Bernstein ganz unter denselben Verhältnissen auftreten. Höchst auffallend ist es, dass hier die Knöpfe mit \/förmiger Bohrung ausserordentlich häufig sind, die im West - Balticum fast ganz fehlen. Die Abbildungen sind den unsrigen #) Verhandl. d. Berliner anthrop. Ges. 1881 p. 186. *#) Die Beschreibung dieser Funde-fndet sich bei Evans: The ancient Stone Implements of Great Britain Cap. XXI, woselbst die ganze Literatur angeführt ist. Ausserdem ist noch benutzt: Greenwell, British Barrows. 59 so ähnlich, dass man ostpreussische Stücke vor sich zu sehen glaubt, nur ist die Unterseite 'stets eben, die Oberseite konisch oder geschweift. Die Knöpfe sind manchmal schön durch eingeritzte Striche decorirt, und zwar bilden kurze, radiale Striche einen Randkranz, während andere ein Kreuz bilden (Thwing, Rudstone). Mit diesen Knöpfen kommen öfters zusammen cylindrische Ringe vor, d. h mit senkrechtem Rande und ebenen Endflächen, in denen 3—4 Löcher im Rande 2 \/förmige Bohrungen hervorbringen, Solche Knöpfe sind gefunden: Zu Butterwick (Yorkshire) in einem Skeletthügel: 5 aus Jet, 1 aus oolithischem Sand- stein mit einem ganz einfachen Bronzedolche und einem flachen Bronzecelt. (Greenwell p. 186 ff.) Thwing: In einem Grabhügel Jetknopf mit Kreuz und Jetring mit 2 \/ Bohrungen. Dabei eine Feuersteinpfeilspitze. Rudstone: In einem Grabhügel 2 Jetknöpfe, einer mit Kreuz, verzierter Jetring mit 2 \/Bohrungen, Schleifstein, ein Stück Schwefelkies, Feuerstein und ein einfacher Bronze- dolch. (Greenwell p. 263 ff.) Rudstone: In einem andern Hügel ein Jetknopf und ein gekerbter Ring mit parallel dem Rande durchbonrtem Loche und Steininstrumente. Ferner zu Crawford Moor (Lanarkshire): 1 solcher Jetknopf; zuLamborne Down (Berkshire): 1 Jetknopf; Castern (Derbyshire): 1 Jetknopf und Feuersteinstücke; Buxton: einige Knöpfe aus Kimmeridge Kohle; Durrington (Wilts): Knopf, Ring, Feuersteindolch; Fovant (Wilts): Ring und doppelt durchbohrte Scheibe, Feuersteinpfeilspitze und Bronze- dolch; Fosson (Northhumberland): 3 Knöpfe von Cannelkohle; Calais Wold: kleine Knöpfe. Sehr selten kommen Knöpfe mit V Bohrung aus Bernstein vor: zu Driffield (Yorkshire) mit Knochenarmschiene und Bronzedolch 3 Bernsteinknöpfe. Ferner sind in den Wiltshire-Hügeln solche Knöpfe aus Holz mit Gold bedeckt, aus Knochen und Elfenbein gefunden worden. Zu Stevenston (Ayrshire) sind Jetknöpfe mit concaver Basis, an welcher ein Knöpfchen statt einer Durchbohrung sitzt, gefunden. Jetringe mit V Bohrung am Rande, zum Aufhängen, kommen noch vor zu Tring Grove: Ringe von 2” Durchmesser ®/, Oecffnung mit 4 Löchern, die 2 bilden und 2 Gru- ben im Rande; zu Whitby: 2 Jetringe mit 2 Löchern, dabei 2 Feuersteinlanzenspitzen ; zu Yarrow (Selkirkshire): ein Ring aus Cannelkohle mit 4 seitlichen Durchbohrungen; zu Lesmahago (Lanarkshire): ein Stück eines ähnlichen Ringes, Undurchbohrte Ringe sind gefunden aus schwarzem Stein in der Kent-Höhle; zu Winterburn Stoke: 5 braune Ringe, ca. 1” Durchmesser; zu Ty Mawr aus einer alten Kreiswohnung. Von besonderer Schönheit sind einige grössere, zum Theil in Gräbern gefundene Halsgarnituren aus Jet. Es treten in denselben die Röhrenperlen von verschiedenen Dimensionen auf, welche meist in der Mitte etwas geschwollen sind und manchmal kurz werden mit abgerundeten Enden (tonnenförmige). Dabei finden sich dann dreiseitige Endstücke und viereckige, rechteckige oder trapezförmige Mittelstücke. Dieselben sind meist ausserordentlich sauber gearbeitet, aber abweichend gebohrt. Es gehen nämlich nicht Röhren parallel der Platte hindurch, sondern kurze Löcher dringen von der schmalen Seiten- fläche durch die Kante auf die Unterseite. Vielleicht war es bei Jet schwieriger, lange Löcher durch die dünnen Platten zu bohren, wie man es bei den Röhren noch verstand. Die Anzahl der Oeffnungen ist vielfach auf beiden Seiten eines Mittelstücks verschieden, so dass nach der Mitte des Halsschmucks wohl eine grössere Anzahl von Rohren übereinander 60 hing. Die Platten sind öfters mit Bandmustern, die aus mehrfachen Punktreihen bestehen, bedeckt, ganz wie die ostpreussischen, doch sind diese Grübchen hier manchmal sehr sauber mit feinen Goldblättchen ausgelegt, was ihnen, als sie neu waren, jedenfalls ein prächtiges Aussehen verlieh (Assynt). Diese Stücke finden sich in Gräbern mit Steinsachen, einfachen Bronzewaffen und Gold. - Der schönste Schmuck ist der von Assynt (Rossbire) (Evans p. 410 Fig. 375): Röhrenperlen, 2 Endstücke, 4 Mittelstücke, die 3 bis 5 Röhren zwischen sich aufnehmen können. Die Bandmuster sind mit Goldblättchen ausgelegt. Neben dem Skelett lag ein flacher Celt, ein Bronzedolch, am Griff mit Goldblättchen ausgelegt, ein Steinhammer. Ein zweiter Prachtschmuck ist zu Pen-y-Bone bei Ty Mawr (Holyhead) gefunden, (Evans p. 413 Fig. 376, 77) aus Jet oder Cannelkohle: 2 dreieckige Endstücke mit 6 facher Bohrung durch die untere Kante und \Vförmiger am oberen Ende, 5 Mittelstücke mit Boh- rungen durch die Kante zu 6—9 Fäden (theilweise ungleich auf beiden Seiten), eine Menge angeschwollener Röhren (mindestens 48), ein Dreieck ganz wie Taf. VIII Fig. 15 von Schwarzort, aber mit Bohrung und 2 Knöpfe mit VBohrung. Evans nimmt bei der Reconstruction an, dass diese an den Enden der Schnur gesessen. Aber erstens sieht man dann nicht, wie man die Schnur weiter um den Hals geführt hätte, und ferner würden die dünnen Stege zu leicht durch das Gewicht der Halskette ausbrechen. Da anderweitig solche Knöpfe zusammen in grösserer Anzahl auftreten, folgt, dass man sie immer perlenartig ge- reiht hat. Im Grind-Low-Hügel zu Over Haddon ist eine Garnitur von 73 Stück gefunden: 26 Röhren, 8 Mittelstücke mit eingedrehten Punkten in Sparrenmuster (chevron) (davon 7 aus Jet mit 3 seitlichen Löchern, 1 aus Knochen mit 9 Löchern), 39 konische Knöpfe mit \V Bohrung. Zu Arbor Low: 425 Jetstücke; 348 dünne Platten, 54 Röhren, 18 konische Knöpfe und Platten aus Jet und Knochen, einige mit Punktmustern. Zu Cow-Low bei Buxton: 2 Halsschnüre aus Kimmeridge Kohle. Zu Pickering und Egton ähnliche Jetstücke mit Feuerstein zusammen. Zu Soham Fen ähnliche, zu Hargate Wall (Derbyshire) eine ähnliche Halsschnur mit Elfenbeinplatten. Ferner aus Jet ähnliche Schnüre mit Röhren und Mittelstücken zu: Aberlemno, Rothee mit zwei Bernsteinröhren, Bronzefragmenten, Leichenbrand, Rafford, Hauston, Fordorin House, Lenchband Toll bei Brechin, Letham. Bernstein findet sich einige Male in diesen Schnüren: Kingston Deverill (Wilts): 6 Platten, 40 Bernsteinröhren, 2 aus Jet, 2 aus Horn. Lake: 8 Bernsteinplatten, zahlreiche Bernsteinröhren, einige konische röhrenförmige Berloks, einige Goldknöpfe (?). Little Cressingham: kleine rundliche Perlen und Berloks aus Bernstein am Halse eines Skeletts; dabei ein Bronzedolch, Goldplatte, Goldarmring. Upton Lovel: in einem Hügel mit Leichenbrand grosse Bernsteinplatten und gegen 1900 Bernsteinperlen (wohl zum Theil Röhren), eine Goldbüchse (nach Evans wahr- scheinlich die Randeinfassung einer flachen Holzscheibenperle), kleiner Bronzedolch. Röhrenperlen aus Jet von rundem Querschnitt, auch viereckig prismatisch, in der Mitte meist angeschwollen, sind ferner gefundenzu Egton Bridge, 14 runde, (—1°/,' lang, 1 viereckige. Ebenda in einem anderen Grabe 1 viereckige, 2 runde geschwollene, ein Knopf mit \ Bohrung. Hay-top barrow, Monsal dale: kleine Röhren und Scheiben und 2 Knöpfe. 61 Cromer: lange dünne geschwollene Röhren und tonnenförmige Perlen. Cruden: Halsschnur von Jet-Röhren, 1—5‘ lang, einige stark geschwollen, einige mit Verstärkung an jedem Ende. Dabei einige wenige Bernsteinperlen und 1 Feuersteinaxt. Eine andere Form von Halsschnur besteht aus kurzen scheibenförmigen Jetröhren und einem dreieckigen durchbohrten Stück mit abgerundeten Kanten, genau wie von Schwarzort (Taf. VIII Fig. 15). Solche Schnüre stammen von Weaverthorpe Ling (Yorkshire): 122 flache Röhren, 1 Dreieck. Fimber (Yorkshire, Evans p.414 Fig. 378): eine Menge Röhren und ein Dreieck; dabei eine Bronzeahle mit Holzstiel. Als seltene Formen werden ferner angeführt; Anglesea: Jetringe, transversal durchbohrt, mit Bronzeknöpfen, Ringen, Armbändern. Bakewell: flache runde Jetperle (wohl Scheibe) mit Feuersteinschaber, Bronze- dolch, Celt. Stanton-Moor (Derbyshire): birnförmiges Hängestück aus Jet. West-Kennet (Wilts): Perle (wie?) aus Kimmeridge Schiefer. Hungry Bentley (Evans p. 417 Fig. 381): eigenthümliches Hängestück, 3 neben- einander liegende Ringe, über denen mit senkrecht stehender Axe ein kleiner als Oese sitzt, also ein merkwürdiges Ringanhängsel. Frankreich. In Frankreich ist bearbeiteter Bernstein auch gegen Ende der Steinzeit und zu Anfang der Bronzezeit gefunden. ; So hat De Baye Bernsteinperlen in den künstlichen Begräbnisshöhlen von Oyes (Marne) gefunden. Ferner sind Perlen gefunden in den Dolmen von Penhars, au Loqueffret (Finistere); Lombrives (Ariege), Ouet le Chäteau, la Goudalie, Rodelle, Dessous-du-Jas, la Bastide- Pradines, Couriac, Saint Rome-de-Tarn, Fialets (Aveyron), im Megalithgrabe de la Roquette a Saint-Pargoire (Herault), in Dolmen zu Graille (Gard); Malpas, la Beaume (Ardeche). In allen diesen Dolmen sind neben Bernsteinperlen Pfeilspitzen aus Feuerstein und kleine Objecte aus Bronze gefunden, Im Ganzen scheint der Bernstein aber lange nicht die Rolle zu spielen als der Jet oder Bernstein in England. *) Obige Zusammenstellung nach Mortillet: „l’ambre‘ in Bulletin de la societ€ d’anthropologie, Paris 3 Ser. 1881 p.264 ff Die Originalarbeiten standen nicht zur Verfügung. Die Zeitstellung der Bernsteinfunde. Es finden sich, wie im Obigen gezeigt ist, verwandte Reihen von Schmuckstücken aus Bernstein in drei grossen, in sich abgeschlossenen Gebieten, dem ostbaltischen, west- baltischen und grossbritannischen, wobei im letzteren für Bernstein meist Jet oder Kohle eintritt. Im Ostbalticum treten dieselben auf Wohnplätzen und Gräbern der Stein- zeit auf, im Westbalticum in den Megalithgräbern (Hünenbetten, Ganggräbern), die eben- falls nur mit Steininstrumenten ausgestattet sind, — nur in einem einzigen Falle, zu Karleby p. 58, findet sich schon Bronze in einem Grabe, das nach dem Bau einer Uebergangszeit angehört. In Grossbritannien tritt Jetschmuck in Hügeln auf, welche dem Uebergange der Steinzeit zur Bronzezeit angehören. Denn in den betreffenden Hügeln finden sich neben Steininstru- menten flache Bronzedolche mit runder Spitze und flache oder Randcelte, d. h. Schaftcelte mit niedrigen emporstehenden Rändern (celtes & bord droit, Hanged celts), welche nach der Uebereinstimmung aller Forscher als die ältesten Bronzegeräthe anzusehen sind. Es fragt sich nun, in welchen Beziehungen diese einzelnen Gruppen zu einander stehen und welche Zeit man ihnen annähernd zuweisen darf. Diese letztere Frage kann nur durch genaues Studium der nachfolgenden Periode gelöst werden, d h der Bronzezeit oder der vorrömischen, metallischen Zeit in Nordeuropa. Eine eingehendere Darlegung des jetzigen Standes der Untersuchung würde aber viel zu weit führen und die Grenzen dieser Arbeit um ein Bedeutendes überschreiten. Es können daher die Hauptresultate nur kurz zusammengefasst werden, welche uns doch bereits eine annähernde Schätzung gestatten. Eine vorurtheilsfreie Prüfung derselben wird später etwaige Irrthümer aufklären und dazu beitragen, der Lösung dieser schwierigsten Frage in der nor- dischen Urgeschichte näher zu kommen. In dem ganzen Bernsteingebiete finden sich einzelne Formen ziemlich gleichmässig verbreitet, wie die Röhrenperlen, während andere für die Einzelgebiete charakteristisch sind. Die grösste Mannigfaltigkeit tritt in Ostpreussen auf, doch sind hier die dänischen Mittel- stücke selten. Ausschliesslich im Westbalticum treten die Hammerperlen und Amazonenäxte auf, während undurchbohrte Doppelknöpfe selten sind Die Knöpfe mit \/Bohrung sind ostpreussisch und grossbritannisch (in Dänemark soll nur einer existiren). Diese letztere That- sache ist besonders wichtig und schwächt die Beweiskraft der Beziehungen zwischen den einzelnen Gebieten, die man aus der formalen Uebereinstimmung herleiten könnte, etwas ab, denn es ist nicht denkbar, dass direkte Beziehungen zwischen England und Ostpreussen existirt haben können mit Uebergehung Dänemarks. (Es finden sich in England auch die flachen rhombischen Pfeilspitzen, die in Ostpreussen und Livland auftreten, im Westbalticum aber fehlen.) Wir müssen daher schliessen, dass die verwandten Formen zum Theil Aus- flüsse eines ähnlichen Culturzustandes sind und an mehreren Stellen gleichzeitig entstanden sein können, dass sie dabei aber doch einige Beziehungen bekunden, die indess noch durch andere Gründe gestützt werden müssen. Es sind daher die drei Gebiete zunächst einzeln zu betrachten. Das reichste und am genauesten studirte ist das westbaltische und können wir uns hier von der Gliederung der Bronzezeit doch schon ein annäherndes Bild machen. In dieser Frage vertreten die beiden Hauptkenner nordischer Bronzen, Montelius in Stockholm und 63 Sophus Müller zwei verschiedene Standpunkte. Während ersterer eine Zweitheilung der Bronzezeit in eine ältere und eine jüngere annahm, sucht S. Müller in einer wichtigen Ar- beit*) nachzuweisen, dass diese beiden Abtheilungen gleichzeitig nebeneinander hergegangen waren, aber lokal getrennt, so dass die sog. ältere eine westliche, die jüngere eine östliche sei. Montelius hat das ganze Material nochmals gründlich durchgearbeitet und wird die Resultate dieser Untersuchungen im zweiten Hefte von „Sveriges forntid“ bringen. Der- selbe hat aber bereits im Monatsblatt der Stockholmer Antiquitäts- Akademie eine Reihe wichtiger Specialarbeiten veröffentlicht, welche zum Theil einige äusserst wichtige Funde besprechen (Pile-Fund), zum Theil die Ornamentik einer genauen Betrachtung unterziehen, und die bisher gewonnenen Resultate zusammenfassen. An der Hand vollständigeren Materials tritt er der Müllerschen Auffassung entgegen und seine Beweise erscheinen so überzeugend, dass hier die Montelius’sche Gliederung der Bronzezeit acceptirt werden soll **). Danach ist man jetzt in der Lage, eine weitergehende Gliederung als in die obigen zwei Perioden vorzunehmen. Die jüngste Periode wird durch die Wellen- und Schiffsornamente charakterisirt (wie Montelius Ant. Sued. Fig. 231, 232, 246, 24%, 251 u. s. w.). Die Zeit, oder vielmehr das Ende derselben, lässt sich durch Verbindung mit den Hallstädtischen und italischen Funden einigermaassen feststellen. In verschiedenen Funden (Holbaek Ladegärd auf Seeland, Lüb- berstorf in Meklenburg etc.) finden sich Hängekessel mit Wellenornamentik zusammen mit Halsringen mit wechselnder Torsion (wie Mänadsblad 1880 p. 101 Fig.50) und hohlen ge- gossenen Armringen (wie ibid. p. 108 Fig. 54). Diese‘ Stücke dürften nicht recht in der nordischen Bronzeregion zu Hause sein, sondern ihre eigentliche Heimath in den südlich und östlich angrenzenden Gegenden Deutschlands haben. Sie kommen aber öfters mit Gegen- ständen der Hallstädter Periode vor, und zwar ein solcher Halsring u. a. in der enggerippten Ciste von Primentdorf in Posen. Demnach wird man auf die jüngere Hallstädter Periode und auf den Begräbnissplatz der Certosa von Bologna, also ca. das 5. Jahrhundert v. Chr,, hingeführt und ebendahin deuten die Funde vom Röderberg bei Halle, wo solche Ringe besonders häufig sind. Montelius hält die Ringe mit wechselnder Torsion zwar für etwas jünger als die Blüthezeit des jüngeren Bronzealters, weil sie sich nicht zusammen mit Brillen- fibeln finden, doch dürfte diese Thatsache vielleicht erklärlich. sein, wenn man sie überhaupt als Fremdlinge im Norden ansieht. Die obigen Funde sprechen mehr für Gleichzeitigkeit. Ob die Bronzezeit nachher noch eine erhebliche Dauer hat, ist fraglich. Es treten keine wirklich charakteristischen Formen mehr auf, und die merkwürdigen Ringformen, welche Montelius im Verlaufe seiner Abhandlung (und Undset in Jernalderens Begyndelse p. 336 ff.) als Uebergangsformen mittheilt, zeigen zum Theil schon den Einfluss der hereinbrechenden La Tene-Cultur. Es ist daher möglich, dass die jüngere nordische Bronzezeit die jüngere Hallstädter Periode (ca. 400) nicht lange überdauert und dass neue Funde diese Lücke mehr ausfüllen werden. Doch kommt es hier weniger auf das Ende der Bronzezeit an, wie auf ihre früheren Phasen. *) Sophus Müller, Broncealdernes Perioder in Aarböger f. nord. Oldk. Kjöbenhavn 1876. Deutsch von J Mestorff bei Meissner, Hamburg. *%*) Montelius, Minnen frän bronsälderens slut i Norden. Kong]. Vitt. och antiqu. Akad. Mänadsblad. Stockholm 1880 p. 97 - 123. — Ders., Ett fynd frän vär bronsälders äldsta tid. Mänadsblad 1580 p. 129—158. — Ders.. Om den nordiska bronsälderens ornamentik. Mänadsblad 1881 p.17—71. In letzterer Abhandlung werden die Resultate besonders klar zusammengefasst. 64 Ein früherer Abschnitt, die letzte Abtheilung der älteren Bronzezeit, wird durch die mit Harz ausgelegten Gefässe charakterisirt (wie Ant. Sued. 247, 50). Auch solche finden sich an der Seite von südlichen getriebenen Gefässen, wie im Ögemose auf Fünen, wo solche Kessel mit Buckeltassen zusammen vorkommen. Gefässe mit zahlreichen Buckeln finden sich im älteren Theile des Bologneser Gräberfeldes, in den Ausgrabungen von Arnoaldi, und es würde dies mit der Zeitstellung, die Montelius dieser Periode giebt, gut stimmen. Eine genauere Datirung dürfte erst möglich sein, wenn eine vollständige, genaue Publikation dieses grossartigsten aller Gräberfelder vorliegt, von der die wichtigsten Theile (Benacei, de Lucca) leider immer noch fehlen. Man ist daher nicht recht im Stande, den Beginn der italischen Necropolen der Eisenzeit, welche auf die Terramaren der Bronzezeit folgen, sicher festzu- stellen, nur einige intermediäre Abschnitte lassen sich durch Studium des phönieisch - car- thagischen Einflusses annähernd schätzen. Wenn man demnach den Beginn annähernd auf 1000, oder in das 10. oder gar 9. Jahrhundert v. Chr. legt, wird dies immer nicht sehr falsch sein, und es ist wahrscheinlich, dass die obige spätere Abtheilung der nordischen älteren Bronzezeit in die ältere Necropolenperiode fällt. Die Blüthezeit der älteren Bronzeperiode (nach M.), welche besonders durch echte Spiralornamente charakterisirt ist (wie Ant. Sued. 113, 116, 123), muss den harzgefüllten Gefässen vorangehen und ist wahrscheinlich auch schon älter als die italischen Necropolen. Ihr geht aber wieder eine deutlich charakterisirte Periode voran, die man als Beginn der Bronzezeit ansehen kann und welche besonders der Fund von Pile (Mänadsblad 1880 p. 129 ff.) südlich Malmö repräsentirt. Für diesen Abschnitt sind flache und Randcelte, flache breite Dolche charakteristisch. Zu Pile findet sich ferner ein breites gereiftes Arm- band und ein Armband in Form eines Spiral- Drahtringes mit Mittelösen (ähnlich den ostpreussischen). Montelius zeigt nun, wie diese Celte als älteste Formen aufzufassen sind (was allgemein anerkannt wird) und ebenso die Dolche, Dieselben finden sich manchmal zusammen mit eleganten dreieckigen Dolchen, die unbedingt aus Italien stammen müssen (Malchin in Meklenburg) und daselbst bereits einer frühen Abtheilung des Bronzealters an- gehören. Da dieses hier aber ca. um 1000 oder wenig später schliesst, müssen die Dolche noch mehrere Jahrhunderte vor 1000 zurück zu datiren sein, und ebenso der Anfang des nordischen Bronzealters, das demnach nicht viel später als in Italien beginnt — ein zwar sehr überraschender, aber durch eine ganze Reihe von Gründen bekräftigter Schluss. Man ist also berechtigt, den Beginn der Bronzezeit oder das Ende der Steinzeit im Westbalticum auf ca. 1500 v. Chr. zu setzen — eine Schätzung, die natürlich immer noch um Jahrhunderte schwanken kann. In ähnlicher Weise sucht Evans die Bronzezeit Grossbritanniens zu gliedern*) und zeigt, dass auch hier die flachen und Randcelte, sowie die flachen Dolche den Anfang machen. Er setzt den Anfang der Periode ca. 1200 -1400 J. v. Chr., eine Zahl die mehr instinktiv aufgestellt ist, nicht einigermassen sicher begründet wie die Schätzung von Montelius, obwohl beide Zahlen in den Grenzen der die überhaupt vorläufig zu erreichen ist, noch ziemlich übereinstimmen. Diese ältesten Bronzegeräthe, die besonders in England stark vertreten sind, finden sich hier in Hügeln noch mit Steingeräthen und den oben beschriebenen Jet-Arbeiten zu- sammen, während die analogen Bernsteinartefacte weder im Westbalticum, noch in der reinen *) In dem meisterhaft gründlich zusammengestellten Werk: Evans, The aneient bronze implements of Great Britain and Ireland. London 1881, bes. Kap. XXI. 63 Steinzeit vorkommen. Also entweder treten diese Bronzegeräthe in Grossbritannien schon etwas früher auf oder der Bernstein-Jet-Schmuck dieses Stiles hat sich hier etwas länger erhalten, jedenfalls wird die Zeitdifferenz keine sehr grosse sein und wir werden in beiden Gebieten den Schmuck weit in das 2. Jahrtausend hinein, vielleicht annähernd in die Mitte, setzen können. Wenn wir nun in unsere Heimath, nach dem Ostbalticum, zurückkehren, so ist die Frage schwerer zu beantworten, weil hier eine reich entwickelte Bronzezeit, vor allem Gräber mit Bronzegeräthen fehlen. Die vorrömischen Grabhügel Ostpreussens sind an Beigaben äusserst arm; in Westpreussen treten die Steinkistengräber mit den so sehr charakteristischen Gesichts-Urnen auf und Hügel mit Steinkisten, in denen sich schon Eisen findet. Die Hügel sind immer noch lange nicht genügend systematisch ausgebeutet, und dürfte hier immer noch Manches zu erwarten sein. Von den ostpreussischen ist an einer anderen Stelle*) gezeigt, dass ein Theil derselben in die Hallstädter Periode fällt und dass hierfür besonders eine wichtige Ringform, die Spiral-Oesenringe, sprechen. Leider scheint diese Form aber sehr lange im Gebrauch gewesen zu sein. In der La Tene-Periode ist sie bisher ‘nicht gefunden, wohl aber in der jüngeren Hallstädter (so besonders am Röderberg bei Halle) in Gesellschaft von Ringen mit wechselnder Torsion. Nun findet sich ein solcher Ring auch zu Pile (Mänadsblad 1880 p. 134 Fig. 62) beim Beginn der Bronze- zeit. Die Vermuthung, dass solche Drahtringe die Vorbilder zu den breiten, gereiften Armbändern waren, wird durch einen Fund von Grossendorf am Putziger Wiek in West- preussen (im Besitze von Herrn Blell) bestätigt; bei zwei nicht sehr breiten, gereiften Arm- bändern geht der oberste Reif in eine kleine, durchbrochene Oese aus. Man sieht deutlich, dass das Modell aus aneinander geklebten Wachsfäden gemacht war, deren oberster sich zu einer Oese umbog; also liegt die Idee nahe, dass man die Ringe anfänglich aus Bronze- draht bog und zwar mit Endösen (die in Skandinavien häufigere Form) oder mit Mittelösen. Diese Drahtringe aber bleiben dann ausserordentlich lange im Gebrauch, so dass sie in der Bronzezeit vorläufig keine Zeitabschnitte andeuten. In Westpreussen müssen die Steinkistengräber der Hallstädter Periode zugetheilt werden und in Posen, also unweit von den Cujawischen Bernsteinfunden, treten besonders zu Kasmierz neben Eisenwaffen und Geräthen von Hallstädter Typus Bronzeschwerter und solche Bronzehohlcelte auf, die man der westbaltischen jüngeren Bronzezeit parallel setzen würde. Es finden sich also im Ostbalticum Gräber, die jünger als die Steinzeit und zum Mindesten einem Theile der Hallstädter Periode parallel sind. Wenn nun die Gräber wenig Ausbeute lieferten, so finden sich in Ostpreussen und Nachbarländern doch eine ganze Menge von Bronzecelten und anderen Geräthen, sowie einige Schwerter, sowohl als Einzel- wie als Schatzfunde. Diese Schatzfunde enthalten Hohlcelte, eine eigenthümiiche Art von dicken, pseudo- tordirten ‚Ringen in Bügelform mit schnabelartig umgebogenen Enden (die nur von der Weichsel an ostwärts vorkommen), Spiral-Armringe etc. Ein solcher Schatzfund von Lötzen (Gm Besitze des Herrn Blell) enthält u. a. einen Spiral-Armring aus Doppeldraht, d. h. mit Endöse, und einen Bronzedolch in Form der in Frankreich, Schweiz und Süddeutschland häufigen Schwerter (wie Comte r, Congres de Stockholm p. 905 Fig. 38). Diese Schatzfunde, die unbedingt einem Theil der ostpreussischen Hügelgräber gleichaltrig sind, werden also *) "Tischler, Beitr. z. Kenntn. d. Steinzeit Europas, p. 17 (33) ff. 66 ungefähr mit der jüngeren Bronzezeit des Westens zusammenfallen und noch ziemlich weit in die Hallstädter Periode hineinreichen. Nun kommen aber als Einzelfunde in Ostpreussen auch noch Schafteelte mit niedrigen Rändern (Randcelte) wie Ant. Sued. 141 vor, welche dem ältesten Theile der westlichen Bronzezeit angehören *). Leider können wir die Rolle, die sie in Ostpreussen spielen, noch nicht beurtheilen. Es wäre ja möglich, dass dieselben schon zur Steinzeit eingeführt sein könnten, wie in England, doch ist davon auf den zahlreichen, gründlich untersuchten Wohn- plätzen bisher keine Spur gefunden worden. Das einzige, von der kurischen Nehrung stammende Bronzegeräth ist ein Hohlcelt, der aber nicht von einem der Wohnplätze her- rührt, sondern weit davon entfernt dicht an der See bei Nidden gefunden ist. Wenn dieser Beweis auch nur ein negativer und daher weniger evidenter ist, so scheint es doch fast, als ob auch in Ostpreussen die reine Steinzeit sehr früh aufgehört habe, und während somit die Kluft zwischen ihr und der römischen Zeit immer grösser wird, verkleinert sich die Zeitdifferenz nach der westbaltischen Steinzeit zu, und wenn die Metalle im Osten auch etwas später bekannt geworden sein werden, dürfte der ausschliessliche Gebrauch des Steines doch nicht so lange gedauert haben, als man bisher annahm. Ausserdem muss man der entwickelten Steinzeit jedenfalls eine längere Dauer von vielen Jahrhunderten zuschreiben , zumal auch die Betrachtung des Erhaltungszustandes der Schwarzorter Stücke (p. 38) zeigt, dass man es jedenfalls mit einem grossen Zeitraume zu thun hat. Die Cujawischen Megalithgräber schliessen sich im Bau an die westbaltischen Hünen- betten an, und wenn die Keramik auch von der des Westbalticums verschieden ist, zeigt die Decoration immerhin einen gewissen gemeinsamen Zug und nähert sich besonders auffallend der Thüringens, welche in einem grösseren Werke von Klopfleisch bald dem allseitigen Studium zugänglich sein wird. Im Hinblick auf diese Resultate gewinnt nun auch die Verwandtschaft der Bernstein- arbeiten mit denen des Westens und Englands an Bedeutung und erhebt sich weit über die Stufe einer zufälligen Aehnlichkeit. Alles weist darauf hin, die Zeitäifferenz nicht zu gross zu nehmen, und bei der Länge des Zeitraums, dem man den ganzen Abschnitt zuschreiben muss, kann man als Resultat dieser Betrachtung vorläufig annehmen: dass die Steinzeit des Ostbalticums und mit ihr die Bernstein- arbeiten von Schwarzort, sowie die verwandten Formen in dem ganzen Gebiete weit vor den Schluss der Hallstädter Periode, also ungefähr an den Beginn des 4. Jahrtausends v. Chr, wenn nicht noch früher, zu setzen sind. Ueber die Nationalität der Bewohner des Ostbalticums, welche die merkwürdigen Bernsteinarbeiten herstellten, und über die Wege, auf welchen diese Cultur nach dem Norden gezogen, lässt sich (wie an anderer Stelle, Tischler, Beitr. z. Kenntn. 4. Steinzeit p. 35 [19] auseinandergesetzt) vorläufig noch keine sichere Entscheidung treffen. Jedenfalls müssen wir bereits eine sesshafte Bevölkerung annehmen, die von Jagd und Fischerei lebte, aber *) Montelius rechnete sie damals der jüngeren Bronzezeit zu, was er jetzt im Einklange mit allen Forschern berichtigt. 67 auch bereits Ackerbau trieb, wie dies zahlreiche Mahlsteine und Getreidequetscher auf den Wohnplätzen und in den Abfallhaufen beweisen. In technischer Beziehung ist neben der Bearbeitung des Feuersteins und der krystallinischen Geschiebe besonders eine geschmack- volle Keramik und die Herstellung der Bernsteinartefacte hervorzuheben. Von letzteren _ fallen am meisten die Darstellungen menschlicher Figuren auf, doch befremden diese weniger, wenn man die Nachbildungen von Menschen und Thieren betrachtet (Tischler, Beiträge p. 23 [39], welche sich am Ende der Steinzeit, beim ersten Auftreten von einfachen Metall- geräthen, auf den grossen Wohnplätzen Siebenbürgens (Tordos), in den Pfahlbauten Oester- reichs (im Mondsee, besonders im Laibacher Moor) und in Stationen der entwickelten Bronzezeit in der Schweiz (Auvernier) und Savoien (Lac de Bourget) finden. Die österreichischen Niederlassungen können nicht wesentlich älter sein — nach den oben angeführten Argumenten — wie das Ende der westbaltischen Steinzeit, dürften also nicht durch einen gar zu grossen Zeitraum von der ostbaltischen getrennt sein. Wirsehen eben, wie sich bereits vor oder bei dem ersten- Auftreten der Metalle in Mittel- und Nordeuropa eine plastische Neigung entwickelte, deren Erzeugnisse in Ostpreussen für die damalige Zeit schon als kleine Kunstwerke bezeichnet werden müssen. Zu Wolka Dzierlinska in Polen*) ist angeblich 10 Ellen tief (?) ein Knopf aus flachem Kalkstein 10—11 cm Durchmesser gefunden. Ueber die näheren Umstände und besonders über die Schichtung des Bodens ist aber gar nichts bekannt. Auch macht der Kopf trotz entfernter Aehnlichkeit mit dem Schwarzorter Taf. IX Fig. 4 nach der Abbildung einen ganz anderen Eindruck und dürfte ein viel neueres Fabrikat sein. Am meisten ähneln in den Contouren (wie bereits p. 44 eitirt) einige Figuren aus dem Laibacher Pfahlbau besonders dem Stück aus Krucklinnen (Taf X Fig. 3). Die Köpfe und Figuren von Broos (über die bald eine Monographie von Fräulein v. Torma zu erwarten ist) zeigen auch entfernte Verwandtschaft, doch wird man aus diesen kleinen rohen Thongebilden vorläufig keine weitergehenden Schlüsse ziehen dürfen. Ebenso dürfte es jetzt noch gewagt sein, Vergleiche mit den idolartigen Figuren von Mykenae und Ilion anzustellen, die schon einen wesentlich anderen Typus zeigen, in der Zeit aber den siebenbürgisch-österreichischen Plätzen wohl ebenfalls nahe stehen. Das eifrige vergleichende Studium der Steinzeit, über welche in verschiedenen Ländern Europas jetzt wichtige Monographien vorbereitet werden, wird hoffentlich in nicht gar zu langer Zeit eine Fülle von Licht in diese so weit zurückliegende dunkle Urzeit werfen und dadurch wesentlich zum Verständniss der Schwarzorter Bernsteinarbeiten beitragen. *) Albin Koln, Materialien zur Vorgesch. d. Menschen im östl. Europa p. 214 Fig. 96. 9x Erklärung der Tafeln. Die Figuren sind sämmtlich in natürlicher Grösse gezeichnet und im Ganzen so ge- ordnet wie in der Detailbeschreibung, nur in manchen Fällen mussten der Raumersparniss wegen einzelne Stücke verstellt werden. Auf den ersten 9 Tafeln sind die Funde von Schwarzort aus den Sammlungen von Stantien & Becker und der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft dargestellt. Die 9, und 10. enthält analoge Stücke anderer Fundorte aus Ost- und Westpreussen, von welchen einige gütigst vom Provinzial-Museum in Danzig zur Be- arbeitung hergegeben sind. Auf der 12. Tafel sind als Nachträge dargestellt die im Besitz der Alterthumsgesellschaft Prussia zu Königsberg befindlichen und für diese Publikation gütigst geliehenen Gegenstände, zu welchen noch hinzukommen sowohl einzelne während der Abfassung dieser Arbeit gefundene, als auch solche, deren Zeichnung noch beim Ver- lauf der genaueren Untersuchung nothwendig erschien. Bei den ersten 9 Tafeln ist eine besondere Rubrik für die Oberflächenbeschaffenheit der Stücke eingeführt, und zwar abgekürzt mit den Buchstaben a, 5 und c; a bedeutet eine schwach nachgedunkelte Oberfläche (p. 38 No. 1), 5 bezeichnet Stücke, welche stark nach- gedunkelt sind (p. 38 No. 2) und ce (No. 3) eine dicke Verwitterungsrinde. Tafel 1. ee Fi d Rind S I S® E S ig. Farbe des Kerns inde ammlung E 3 Ei zz 2a 1 | Röhre, behauen Bastard mit klaren Stellen b Stantien & Becker 9 !ı 20 edor do. dunkel perlfarbig b do. 13 | — 3 do. do kumstfarbig a do. 5 | — 4 do. do. ungebohrt Bastard mit klaren Stellen b Provinzial-Museum | 1925 | — 5) do. unpolirt hell kumstfarbig a |, Stantien & Becker 1a 6 do. polirt kumstfarbig a — 18) — 7 do. do. buntknochig a = 145) — 8 do. do. kumstfarbig a _ 10 | — i) do. do. do. b _ 16 | — 10 do. do. do. a — 21 |ı— lla,b do. behauen. durchsebnitten, knochig b Provinzial-Museum | 1940 | — | um die konische Bohrung zu | zeigen 69 £ a5 |S3 SE 3, Fig Farbe des Kerns Rinde Sammlung E = ER z2|35 = IR 2 m 12a,b | Röhre, behauen u. durchschnitten kumstfarbig b Stantien & Becker 89 | 11 13 do. behauen, durchbrochen; do. b Provinzial-Museum | 978 | 12 die ‘Bohrlöcher treffen sich nicht, ein neues ist seitwärts eingebohrt 14 | Röhre, behauen, die Bohrung hellkumstfarbig a Stantien & Becker 22 | unvollendet 15 Röhre, die Bohrlöcher treffen | Bastard mit klaren Stellen a —_ 11 = sich seitlich 16a,b | Mittelstück, 3fach durchbohrt knochiger Bastard a Provinzial-Museum | 1982 | — 17 Doppelknopf, a) von oben unreiner knochiger a == 1933 | — b) von der Seite Bastard 18a,b do. wolkiger Bastard a Stantien & Becker 50 E 19 do knochig a zu He 20 | Prismatische Perle knochig und klar a Provinziai-Museum | 1034 | 12 21 | Doppelknopf knochig b Stantien & Becker 56 | 11 22 a,b do. kumstfarbig a do. 52 13 23 do. do. b do. 5 | — 24 do. do. a do. 54 | — 25 do. do. e Provinzial-Museum | 1928 | — 26 do. do. b Stantien & Becker 49 | — 27 do. do. e Provinzial-Museum | 1030 | — Tafel EI. 1 | undurchbohrter Knopf wolkiger Bastard b Stantien & Becker 75 |14 2 | Knopf mit Vförmiger Bohrung stark knochig a do. 16% | — 3 do. wolkiger Bastard a do. 1 ı— 4 do. kumstfarbig a do. 73 | — b) do. oval do. e do. 79 6 do. do. do. a do. 80 7 do. do. klar a do 81 —_ ) do. do, heller kumstfarbig b do. 32 | — 9 do. do. buntknochig a do. 83 | 14 10 do. rund, Bohrung unvollend. kumstfarbig a do. 4 | — 11 do. do. Bohrung ausgebro- do a do. 85 = chen 12 | Knopf, rund, 2mal gebohrt do. a do. 87 13 13 do, do. do. buntknochig b do. 9 |13 14 do. oklong kumstfarbig a do. 68 | — 15 do. oval do. a do. 714 |. — 16 do. do. mit 2 Bohrungen do. a do. 88 17 do. oblong wolkig klar b Provinzial-Museum | 965 18 do. do. kumstfarbig a do. 1041 | — 19 do. quadratisch knochig a Stantien & Becker ED 20 do. do. kumstfarbig a do. g1 — 21 do. do. wolkiger Bastard a do. yasa le 22 do. rund mit Punktkranz knochig a do. 92 15 und Kreuz 23 | Knopf, rund, mit Punktkranz buntknochig a do. 93 |15 24 do. do. Bohrung unvollend. kumstfarbig b Provinzial-Museum | 1076 | 14 70 Tafel IEL. Fig. Farbe des Kerns Rinde Sammlung £ E 32 zz |: = —— ——>—— = — — = = = = 1 Linse mit centraler u. unvollen- knochig und klar b Stantien & Becker | 248 | 16 deter V förmiger Bohrung mit Punktkranz und Kreuz 2 | Hängestück, in einer röhrenför- kumstfarbig @ do. 207 | 21 migen Bohrung abgebrochen 3 | Linse, ein volles, ein unfertiges do. a Provinzial-Museum | 952 | 16 Loch 4 Scheibe, zwei volle, ein unfer- klar b Stantien & Becker io | = tiges Loch 5 | Schiffehenförmig:s Stück mit Bastard a - 93 114 V törmiger Bohrung 6 | Linse, undurchbohrt, Spuren = a — 128 | 16 eines Punktkranzes 7 | Quadratisches Stück mit mehr- knochiger Bastard b = 101 | 15 fachen Vförmigen Bohrungen längs den Kanten 8 | Linse Bastard b u 122 | 16 9 do. knochiger Bastard b _ 102 | — 10 do knochig b = 1217, — 11 do. wolkig und klar a _ 106 | 15 12 | Linse, planconvex, mit Gruben do. a Provinzial-Museum | 962 | 16 13 | unregelmässige scheibenähn- knochig a Stantien & Becker | 151 | 19 liche Perle 14 | unregelmässige Perle Bastard c = al = 15 | dicke quadratische Perle = ce = 147 | 18 16 | unregelmässige Perle klar b = 150 | 19 17 flache rechteckige Perle knochiger Bastard a —— 149 | 18 18 do. do. do. do. a Provinzial-Museum | 1944 | — 19 | dicke quadratische Bastard a Stantien & Becker | 148 20 | Linse, excentrisch gebohrt —_ a = 126 | 15 21 | Linse mit Kreuz u. Punktkranz _ a — 127 | 16 Tafel IV. 1 | Scheibe kumstfarbig a Stantien & Becker 133 | 16 2 do. — b = 134 | — 3 | Ring klar 2) _ 156 | 18 4 klar a u 155 5 | Linse kumstfarbig b _ 121 | 16 6 | Ring, b Querschnitt knochig a Provinzial-Museum | 1950 | 18 7 | Linse Bastard b Stantien & Becker ; 112 | 16 8 | Ring, b Querschnitt knochiger Bastard a Provinzial-Museum | 1004 | 18 9 | ringförmige Linse Bastard a Stantien & Becker 157 | — 10 | Ring, b Querschnitt knochiger Bastard a —_ 158 | — 11 | Scheibe, gekerbt Bastard a _ 131 | 16 12 | Linse wolkig und klar b = 123 | — 13 | ringförmige Liuse | knochig a n 160 | 18 14 | Ring, 2 mal durchbohrt knochig a _ 159 | — 15 | axtförmiges Hängestück klar a Provinzial-Museum | 1062 | 20 16 do. do. Bastard a = 1990 | 20 zul Fig. Farbe des Kerns Rinde Sammlung Ss 38 zs2 |: E) 17 | Unregelmässiges Mittel- oder Bastard a _ 940 | 24 Endstück 18 | Mittel- oder Endstück _ a — 1026 | — 19. | Endstück _ a Stantien & Becker | 240 | — 20 | Mittel- oder Endstück Bastard 2 Provinzial-Museum | 964 | — 2] | Hängestück, roh, unregelmässig knochiger Bastard e —_ 1037 | 19 22 klar ce — 96 | — 23 knochiger Bastard a — 947 | — 24 Hängestück, roh, etwas behauen Bastard a 91 | — 25 do. do. do. do. a Stantien & Becker 164 | — 26 Hängestück, undurchbohrt do. b Provinzial-Museum 1032 | — 27 Hängestück, roh, unregelmässig do ? _ 1008 | — 28 do. dor klar a — 937 | — 2) do. do. klar b = 1004 | — Tafel V. 1 | Hänge- oder unfertiges Stück, Bastard a Stantien & Becker | 163 | 19 ganz roh 2 | Hängestück, zugehauen hell Bastard a = 174 | — 3 | axtförmiges Hängestück Bastard b — 205 | 20 4 _ _ knochiger Bastard a = 204 | 21 5 = _ - a = 150 | 20 6 = — = a Provinzial-Museum 1050 | — 7 — — _ a _ 1985 | 21 8 —_ _ _ a _ 19512 7 — y = — klar b Stantien & Becker 212 | -- 10 _ — klar a Provinzial-Museum | 1995 | 20 Tafel VE. 1 Hängestück, meisselförmig kumstfarbig a Stantien & Becker 209 | 21 2 do. axtförmig mit ge- = = _ 208 | — kerbtem Rande 3 | Hängestück, axtförmig mit ge- knochig a = 213 | — kerbtem Rande 4 | Hängestück, meisselförmig knochiger Bastard a — 215 E 5 do. do. _ a _ 214 | — 6 do. axtförmig, mit Gru- klar a = 199 | 22 ben bedeckt, gekerbt 7 | Hängestück, axtförmig, mit knochig a — 155 | 21 Punktbändern verziert 8 Hängestück, axtförmig, mit | Bastard, stellenweise klar a Provinzial-Museum 1924 | — Punktbändern verziert, gekerbt 9 | Hängestück, sägeartig gekerbt hell kumstfarbig a Stantien & Becker 200 | — 10 do do. knochig b Provinzial-Museum | 1029 | — mit Punktreihen verziert 11 | Hängestück, mit Punktreihen do. b _ 1991 | — verziert Tafel VIL. FE Fig. Farbe des Kerns Rinde Sammlung E E FB ==. 1 | Hängestück, schildförmig kumstfarbig c Stantien & Becker 220 | 22 2 do. pfeilspitzenförmig do. a Provinzial-Museum | 1932 | 23 3 do. do — c — 1074 | — undurchbohrt 4 Hängestück, schildförmig — b Stantien & Becker 211 122 5 | End- oder Mittelstück a = 222 | 24 6 | Hängestück, axtförmig mit zwei = c Provinzial-Museum | 1997 | 20 Löchern 7 . Hängestück, axtförmig _ (d Stantien & Becker ;ı 204 | — 8 do. do. _ a Provinzial-Museum | 990 | — [) do. do. mit Gru- wolkig und klar a _ 1986 | 22 ben bedeckt 10 | End- oder Mittelstück, mit punk- knochig b Stantien & Becker | 223 | 21 | tirten Bändern decorirt Tafel VIEL. 1 | Stück mit Thierkopf (?) kumstfarbig a Stantien & Becker | 237 | 28 2 | Thierkopf (?)- Hängestück _ a Provinzial-Museum 948 | 37 3 | axtförmiges Hängestück _ a — 1399 | 20 4 | Hängestück, schiffehenförmig, buntkoochig a Stantien & Becker 226 | 25 defekt 9. | Hängestück , schiffehenförmig, kumstfarbig b = 225 | — defekt 6 ı Hängestück, schiffchenförmig, _ a — EN defekt, 7 ! Hängestück,, schiffchenförmig, knochiger Bastard a = 2535| — vollständig bis auf das oberste ausgebrochene Loch 8 | gestieltes Ring-Anhäugsel Bastard a == 230 | 26 9 | do. quer durchbohrt buntknochig a - 232 | — 10 do. beide Oeffnungen parallel knochiger Bastard a = 231 | — 1l | axtförmiges Hängestück kumstfarbig b Provinzial-Museum | 995 | 20 12 Ring-Anbängsel — a Stantien & Becker 229 | 26 13 Phallus, b) von der Seite schwarzfirniss a Provinzial-Museum | 1012 | 28 14 | Miniaturaxt kumstfarbig b — 1976 | 26 15 | dreieckige Perle buntknochig a er 1941 | 27 16 Hammer klar b Stantien & Becker 235 | 26 17 do. hell kumstfarbig a Provinzial-Museum Neal 18 | elegauter Hammer klar a Stantien & Becker a 19 | Hammer wolkiger Bastard b _ 234 | — 20 | halbmondförmiges Stück kumstfarbig a = 236 | 27 21 | Pferdekopf knochiger Bastard b Provinzial-Museum | 1013 | 28 73 Tafel IX. SS : . Se 2 Fig. Farbe des Kerns Rinde Sammlung se E82 s5 3 N b REN Se B 1 menschliche Figur, kumstfarbig a Provinzial-Museum | 1015 | 28 a) Vorder-, b) Rückseite 2 do. do. do. —_ 1049 | 29 3 do. do. do. — 1016 | — 4 | Kopf, a) von vorne, b) von der hell kumstfarbig e Stantien & Becker 239 | 30 Seite, c) von oben, um die i Bohrung zu zeigen 5 | weibliche Figur schwachwolkiges klar ec _ 238 | 29 (Die Rückseite im Text p. 30 Fig 2.) Tafel X. Bernsteinarbeiten von anderen Fundorten Ost- und Westpreussens. 1 | Figur (ob Imitation e. mensch- kumstfarbig , stark nach- Provinzial-Museum | 1922 | 44 lichen ?), Gegend von Neiden- gedunkelt ohne ausge- burg sprochene Rinde 2 axtförmiges Hängestück, kuri- wolkiges klar, stark rubin- —_ 4190 | 33 sche Nehrung rothe Rinde 3 | Figur (ob Imitation e. mensch- kumstfarbig, Rinde wie — 1923 | 44 lichen?), Krucklinnen No. I 4 | Hängestück, unregelmässig, wie 2 _ 4191 | 33 kurische Nehrung 5 Doppelknopf, angeblich von knochiger Bastard mit = 3367 ! 42 Rothenen brauner Rinde 6 | menschliche Figur, kurische kumstfarbig, Rinde wie 2 >= 4189 | 34 Nehrung 7 | axtförmiges Hängestück a. dem kumstfarbig, Rinde b = 3369 | 41 frischen Haff 8 | schildförmiges Stück, Prökuls hell kumstfarbig m.starker Stantien & Becker 246 | 35 rubinrother Rinde 9 Cylinderperle, undurchbohrt, klar, Rinde wie 2 Provinzial-Museum | 4201 | 33 kurische Nehrung 10 | Scheibe, unregelmässig, knochiger Bastard, stark — 3577 | 34 kurische Nehrung verwittert 11 viereckige Perle, defekt, kumstfarbig, stark ver- = 4192 | — kurische Nehrung wittert 12 | Ring, kurische Nehrung — _ 4200 | — 13 do. do. — 3569 | — 14 do. do. = = 4193 | — 15 | Scheibe (?) do. — - 4211 | — 16 | Ring, do. _ = 4196 | — ine lerdo: do. = _ 4197 | — 18 | Ring, Rossitten a d. kurischen _ — 2417 | — Nehrung a e. Grabe 19 | Scheibe mit Gruben, Danzig knochiger Bastard mit —_ 3385 | 47 gelbrother Rinde Bernsteinarbeiten von anderen lundorten Ost- und Westpreussens. 74 Tafel XI. Sammlung Eur = es2 Fig. Farbe des Kerns Ss eG Ss3 Fig z = £ 7 fr 1 | axtförmiges Hängestück, kumstfarbig mit glatter, | Pro vinzial-Museum 3368 47 a)flachere, b) gewölbtere Seite, dunkelrother Rinde verziert, aus dem Stadtgraben zu Danzig % | Linse, Strand bei Danzig wolkiges klar, Rinde a Danziger Museum III. 165b 48 3 | viereckiger Ring, defekt, F. O. ? klar, Rinde b Ostpr. Prov.-Museum 3387 45 4 | Linse, Gross Wickerau knochig, Rinde b _- 3333 46 5 | ähnlich einem schiffchenför- klar, Rinde b — 3382 45 migen Anhängsel, F. O. ? 6 | Linse mit Punktkreuz und | knochiger Bistard mit —_ 2098 43 Jackenkranz, Wuttrienen dicker, röthlich - gelber Rinde 7 ähnliche Linse, F. O. ? schwachknochiger Bastard | Kowa lewski - Fisch- 44 mit dicker, gelb - grauer hausen Rinde 8 | längliches Stück mit Gruben, stark nachgedunkelt D anziger-Museum 111. 19 47 aus dem Meere im Neustädter Kreise Tafel XI. Aus dem Museum der Alterthumsgesellschaft Prussia von Schwarzort und anderen Lokalitäten, und Nachträge. 1 | meisselförmiges Hängestück, kumstfarbig, Rinde a Prussia II. 5. 48 21 Bohrung unvollend., Schwarz- ort 2 | kegel -tropfenförmiges Hänge- wolkiges klar, Rinde a Stantien & Becker 247 27 stück, Schwarzort 3 | kegelförmiges Hängestück, knochiger Bastard, Rinde a Prussia II. 5.48 = Schwarzort 4 | kegelförmiges Hängestück, kumstfarbig, Rinde a = —_ _ Schwarzort 9 | kegelförmiges Hängestück, un- | knochiger Bastard, Rinde b| Provinzial-Museum 1031 _ durehbohrt, Schwarzort 6 | End- oder Mittelstück, Schwarz- Prussia II. 5.48 24 ort 7 | Knopf mit V förmiger Bohrung, | wolkiger Bastard, Rinde e | Provinzial-Museum 1983 21 b) der Bruch, Schwarzort 8 | Axtförmiges Hängestück, mit kumstfarbig, Rinde e Prussia 11. 5.48. | 22 Grubenverzierung, Schwarz- ort 9 | Mittelstück, Schwarzort buntknochig, Rinde b Stantien & Becker 210 24 10 | axtförmiges Hängestück, knochig, Rinde a Prussia III. 85 881 | 43 Schonklitten 11 axtförmiges Hängestück, hellkumstfarbig, Rinde b _ —_ —_ Schonklitten kurze Röhre, Schwarzort 2 Druck der Universitäts-Buch- und Steindruckerei von E. J. Dalkowski in Königsberg. 73 ss |: Fig. Farbe des Kerns Sammlung E E Ei zz 8 12 | axtförmiges Hängestück, kumstfarbig, Rinde a Prussia = 43 Schonklitten — II. 89.446 | 42 13 | Röhrenperle, Neukuhren wolkiges klar, Rinde a ERS I. 44.1 43 14 | Linse, defekt, Gr. Waldeck wolkiges klar, stark ge- = EN wu 15 do. dunkelte Rinde Bu . \IIL. 5.517. (ld) | 42 16 | Doppelknopf, Germau knochiger Bastard, Rinde b De 1IL, 19.585 | 14 17 | schiffchenförmiger Knopf, kumstfarbig, Rinde a b) Bruch i. d. Durchbohrung, : wahrscheinlich Schwarzort _ III. 106. 951 | 42 18 | Röhre, Fischhausen wolkiges klar, Rinde b ER II. 83, 429b | 35 19 do. Wiskiauten hellkumstfarbig, Rinde a | Provinzial-Museum 3366 42 20 | Ring, Bersnicken knochiger Bastard, Rinde b ei 1984 11 21 V N LE SCH NE ri [9 \s N Druck v. Herm. Schwarz. h. Braune gez. Druck v.Herm. Schwarz j h H. Braune gez. Druck v.Herm. Schwarz. Se Tatel IV. ER 7 Druck v.Herm. Schwarz. H. Braune gez, mi N.Brauns gez Druck v.Herm.Schwarz. or} Se fh‘ ok Tafel VI. Druck v.Herm. Schwarz. H. Braune gez N en H. Braune gez. Druck v. Herm. Schwarz. v. lem Joh ud arz Gil KR | / Tafel IX. N. Braune gez Druckev. Herm. Schwarz. H. Braune gez. H. Braune gez. Druck v.Herm. Schwarz. HBraune gez. Druck v. Herm. Schwarz. Le ae ERSETZT E Br em een ie Bee ee EN