14 "D 2 nn L® E=>- 1. —a SR: Fl 74; | a rer en N VB Sr ni lat yz. yMd ER VE GibEOn u 27 —— Se 4 3 En RAN 1% % Ü INT 5 we ee a "rn © Vo BD EX fr RS | Dir Ä En r ® HE I mann ARBOTE- und CHEN, &0 S /® [A CHARLES DARWIN, % über die Einrichtungen zur Befruchtung Britischer und ausländischer Orchideen dureh Insekten | ) N { ! ) und über die günstigen Erfolge der Wechselbefruchtung. { l e o © E2 P Pe d «de \> oo 5. ‘ [4 Mit Nachträgen und Verbesserungen des Verfassers aus dem Englischen übersetzt von H. G. Bronn. Mit den 34 Holzschnitten des Originals. V. E » stuttgart. E. Schweizerbart’sche Verlagshandlung und Druckerei. 1562. j I} h ‚ a ee wre ae 2 72 7 whr BER PTR he 2.) “ ij! * ap 0 27,277 u, un? DT N Eee 20 Mr Rab "Ara No 21) E en ei. wi) ud! ne: ee wi tee ey an RE = Ye er Be WW ala 6 73 a: A IM, BY Kai nt JM, = i Rn’ ’ (Say u» h Va m. * Ra: a j ‚ Wär nn MT nn | wer | y DE Vrore le u GN Tr } # a N 4 ‚re DL Han ea I 4 er f Ze nr 7 Per ge ung ; 4, ur; EPREH 1 - Ar ar a ig Zain Botanisches aus dem Verlag der E. Schweizerbart’schen Verlagshandlung in STUTTGART. Schimper, Dr. W. Ph., Synopsis Muscorum Europaeorum prae- missa introductione de elementis bryologieis tractante. Accedunt ta- bulae VIII typos genericos exhibentes, et mappa bryo-geographica. fl. 12. — R. 7. 10 sgr. — — lIcones morphologicae atque organographicae introductionem Synopsi Muscorum Europaeorum praemissam illustrantes. Ad naturam vivam delineavit et explicavit. Tabulae lapidi incisae XI. fl. 5. 20’kr. R. 3. 6 sgr. — — Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Torfmoose (Sphag- num) und einer Monographie der in Europa vorkommenden Arten dieser Gattung. 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F. v., Versuche und Beobachtungen über die Befruch- tungsorgane der vollkommeneren Gewächse und über die natür- liche und künstliche Befruchtung durch den eigenen Pollen. 232 300kr R- 2.2 — — — Versuche und Beobachtungen über die Bastarderzeugung im Pflan- zenreich mit Hinweisung auf die ähnlichen Erscheinungen im Thier- reiche. 11:93:30, kr) BI 2. — -—— — Methode der künstlichen Bastardbefruchtung der Gewächse und Namensverzeichniss der Pflanzen, mit welchen von dem Verfasser Ver- suche angestellt wurden. (Besonderer Abdruck aus den Versuchen und Beobachtungen über die Bastarderzeugung.) 30 kr. — 10 sgr. r Ledebour, Dr. C. F. a, Flora rossica sive enumeratio plantarunr in totius imperii rossici provinciis europaeis, asiaticis et americanis hucusque observatarum. Accedit mappa geographica. 4 Vol. » fl. 45. 24 kr. R. 26. 12 sgr. Trautvetter, Dr. E. R., plantarum imagines et descriptiones Floram rus- sicam illustrantes. Fasc. I—VII cum tabulis xt. Jedes Heft fl. 1. 12 kr. — 22!/2 ser. Willkomm, Mauritio, et Joanni Lange, Prodromus Florae Hispa- nicae seu synopsis methodica omnium plantarum in Hispania sponte nascentium vel frequentius cultarum quae innotuerunt. In 3 Bänden. I. Band, in 2 Theilen. 1. Theil fl. 2. 20 kr. R. 1. 10 sgr. . Ze a Bonorden, Dr. H. F., Handbuch der allgemeinen Mykologie, als Anleitung zum Studium derselben, nebst speciellen Beiträgen zur Vervollkommnung dieses Zweiges der Naturkunde. Nebst 12 Tafeln in 4. mit colorirten Abbildungen. fl. 3. 30 kr. R. 2. — Lechler, Willibaldus, scientium naturalium Doctor, Berberides Ame- ricae australis. Accedit enumeratio plantarum, quas in America au- strali auctor detexit. (Herausgegeben von G. Zeller.) 30 kr. — 9 ser. Lyons, J. C., praktische Anweisung zur Cultur der tropischen Orchideen, nebst einem monatlichen Kalender und einer alphabetisch geordneten Beschreibung von über 1000 Genera und Species derselben. Nach der dritten englischen Auflage übersetzt und mit eigenen Zusätzen versehen von A. Courtin. il. 1. 30.kr. — 27 ser. Bifhoff, Dr. G. W., Lehrbuch der Botanik. 2. Ausgabe. 1. und 2. Band: die allgemeine Botanik, mit einem Atlas von 16 Tafeln Abbildungen. fl. 6. — NR. 3. 22/2 jgr. 3. Band: fpezielle Botanik. fl. 4. —. NR. 2 1588 — — Mörterbuch der befchreibenden Botanik oder die Kunftausdrüde, welche zum Verftehen der phytographifchen Schriften nothiwendig find. Zweite ver mebrte und verbefferte Auflage, mit Berieffichtigung der neueren botanifchen Schriften bearbeitet von Dr. $. 4A. Schmidt, Prof. an d. Univerf. zu Heidelberg. fl. 1. 368, Nele Gartenzeitung, illuftrirfe. Gine monatliche Zeitjhrift für Gartenbau und Blumenzucht. Herausgegeben von der Gartenbaugefellibaft Flora in Stuttgart, redigirt von E. Müller. Monatlich ein Heft von 2 Bogen Tert in 4° auf feinem fatinirtem Papier und 1 Tafel in Barbendrud mit Ab: bildungen neuer Pflanzen. Preis des Tahrgangs von 12 Heften mit 12 Tafeln fl. 4. — NR. 2. 12 for. Bisher erjibien: I. Band:. 1856 — 1857, 15 Hefte f. 35. — NR. 3. — II. bi$ V. Band: 1858—1861, je 12 Hefte. Aa fl.4. — N. 2. 12 jgr. per Band. CHARLES DARWIN, über die Einrichtungen zur Befruchtung Britischer und ausländischer | Orchideen durch Insekten und über die günstigen Erfolge der Wechselbefruchtung. Mit Nachträgen und Verbesserungen des Verfassers aus dem Englischen übersetzt LIBRAF Dur \ von H. G. Bronn. UL [ EN Mit den 34 Holzschnitten des Originals. U R n Stuttgart. E. Schweizerbart’sche Verlagshandlung und Druckerei. 1562. ‚uarkad ii, Bin gm tat a Fe a, bin nedasiliu, ) E> i # P . . u or Fri a rin fi P ug . Be DATE son nel ee A N ; - \ a ee Ber, Pe m 1 j 19443 | 1. Ah B Einleitung S. 1. Erster Abschnitt. S. 8. Bau von Orchis. Bewegungs-Kraft der Pollen-Massen. Vollkommene An- passung der Theile in Orchis pyramidalis. Insekten, welche Orchis be- suchen und Häufigkeit ihres Besuches. Fruchtbarkeit und Unfruchtbar- keit verschiedener Orchideen. Absonderung des Honigsafts. Motten, welche bei dessen Genuss absichtlich zurückgehalten [gehindert?] werden. Zweiter Abschnitt. S. 35. Fortsetzung über Ophryeen. — Fliegen-, Spinnen-Ophrys. — Die Bienen- Ophrys anscheinend eingerichtet zur beständigen Selbstbefruchtung,, aber mit aussergewöhnlichen Einrichtungen für Kreutzung. — Die Frosch- ÖOrchis; ihre Befruchtung bewirkt durch einen aus zwei Theilen des Labellum abgesonderten Nectar. — Gymnadenia conopsea. — Grosse und kleine Schmetterlings-Orchis; ihre Verschiedenheiten und Befruch- tungs- Mittel. — Zusammenfassung über die Bewegungs - Kräfte in den Pollen-Massen. Dritter Abschnitt. S. 59. Neottieae. Epipactis palustris; eigenthümliche Form des Labellum und deren anscheinende Wichtigkeit für die Befruchtung der Blüthe. — Cephalanthera grandiflora: ihr Rostellum verkümmert; erstes Eindringen der Pollen- Röhrchen; Fall von unvollkommener Selbstbefruchtung ; Be- fruchtung durch Insekten unterstützt. — Goodyera repens. — Spiran- thes autumnalis: vollkommene Anpassung, wodurch der Pollen einer jün- geren Blüthe auf’ die Narbe der älteren Blüthe einer anderen Pflanze übertragen wird. Vierter Abschnitt. S. 31. Malasis paludosa: einfache Befruchtungs- Weise. — Listera ovata: Em- pfindlichkeit ihres Rostellum; Ausbruch klebriger Materie durch In- sekten-Thätigkeit; vollkommene Anpassung der verschiedenen Organe. — Listera cordata. — Neottia nidus-avis: ihre Befruchtung wie bei Listera bewirkt. IV Fünfter Abschnitt. S. 98. Cattleya: einfache Befruchtungs-Weise derselben. — Masdevallia: sonderbar verschlossene Blüthe. — Dendrobium: Einrichtung zur Selbstbefruchtung. — Vandeae: verschiedenartige Pollinien-Bildungen; Wichtigkeit der Ela- stizität des Pedicells; seine Bewegungs-Kraft. Elastizität und Stärke des Stöckchens. — Calanthus: mit seitlichen Narben; Befruchtungs- Weise. — Angraecum sesquipedale: wunderbare Länge des Nectarium, — Aecro- pera: verwirrende Erscheinung einer männlichen Orchidee. Sechster Abschnitt. S. 130. Catasetidae: die merkwürdigsten aller Orchideen. Mechanismus, wodurch die Pollinien von Catasetum auf einige Entfernung ausgeschleudert und dann durch Insekten weiter getragen werden. Empfindlichkeit des Ro- stellum. Ausserordentliche Verschiedenheit in den männlichen, weiblichen und hermaphroditischen Formen von ©. tridentatum. — Mormodes ignea: sonderbare Blumen-Bildung; Ausschleuderung der Pollinien. — Cypri- pedium: Wichtigkeit der Pantoffel-Form des Labellum; Absonderung des Nectars; Nützlichkeit des Aufenthalts der Insekten beim Aufsaugen des Honigsaftes; eigenthümliche Auswüchse des Lippchens, welche die In- sekten anzuziehen scheinen. Siebenter Abschnitt. >. 175. Homologien der Orchideen-Blüthen. Grosse Veränderungen, denen sie un- terliegen. Abstufung der Organe, des Rostellum und der Pollen-Massen. Bildung des Stöckchens. Generalogische Verwandtschaften. Mechanismus für die Bewegung der Pollinien. Nutzen der Kronen-Blätter. Erzeugung von Saamen. Bedeutung kleiner Kinzelnheiten des Baues. Ursachen der grossen Verschiedenheit der Einrichtungen für den gleichen Zweck. Ur- sache der Vervollkommnung. der Einrichtungen der Orchideen. Zusam- menfassung über die Insekten-Thätigkeit. Die Naiur scheut zurück vor steter Selbstbefruchtung. E Verzeichniss der Holzschnitte. Orchis mascula . ihre Pollinien — pyramidalis . . Schmeling, -Kopf und Rüs- sel mit ansitzenden Pollinien . Ophrys muscifera . — araneifera — apifera . — arachnites . Peristylus viridis . Gymnadenia conopsea . Habenaria chlorantha 2. — bifelia, Pollinien . Epipactis palustris . — .latifolia : . Cephalanthera Be likorz ; . Spiranthes autumnalis 17. Malaxis paludosa . . Listera ovata . Cattleya 100 | | DD DD SS SW | . — tridentatum . Masdevallia fenestrata . Dendrobium ehrysanthum 2. Vandeae: allgemeine Zusam- mensetzung im Queerschnitt —: Pollinien Calanthe Masuca Catasetum saccatum Monachanthus Myanthus . Mormotes ignea SP. . Cypripedium . . Idealer Queerschnitt einer Or chidee B Catasetum: Schuabeichen Gymnadenia conopsea: Kleb- scheibe 206 Systematische Übersicht der in dem Buche erwähnten Orchideen-Genera nach »Linorey's Vegetable Kingdom« *., MALAXEAE . Pleurothallidae . . Pleurothallis . Stelis . Masdevallia . Liparis . Mierostylis .. . Malaxis . Dendrobiidae . „ Dendrobium . . Bolbophyllum EPIDENDREAE . Coelogyne . Epidendrum . Sophronitis . Barkeria . Laelia . Leptotes . Phaius . Evelyna . . Cattleya . Bletiu VANDEAE Galeandra Vanda . Phalaenopsis . Sarcanthus . Aerides Angraecum . Cymbidium . Trichopilia . Oneidium . Odontoglossum . Brassia . Miltonia . Stanhopea . Acropera Warrea . Zygopetalum Maxillaria . Lycaste . Rodriquezia . Calanthe un Jatasetideae . Catasetum Mormodes Cyenoches OPHRYEAE Orchis Aceras . Herminium . Ophrys . Gymnadenia . Habenaria . Peristylus . . Bonatea ARETHUSEAE Cephalanthera . (zuweilen mit den fol- genden vereint) NEOTTIEAE . Listera . Neottia . Epipactis . Spiranthes 0% . Goodyera PRIPEDIEAE Uypripedium. #® Die mit Cursivschrift gedruckten Geschlechter sind Gegenstand minder eingehender Untersuchungen gewesen. Einleitung. Dieses Buch ist bestimmt, erstens den Nachweis zu liefern, dass die Einrichtungen zur Vermittelung der Befruchtung bei den Orchideen eben so manchfaltig und fast eben so vollkommen als manche der schönsten Anpassungen im Thier-Reiche sind, — und zweitens zu zeigen, dass diese Einrichtungen hauptsächlich die Befruchtung einer jeden Blüthe durch den Saamenstaub einer andern Blüthe bezwecken. In meinem Buche über die Entstehung der Arten habe ich nur allgemeine Gründe für meine Ansicht angeführt, dass die Organismen-Arten einem gemeinsamen Natur- Gesetze zufolge von Zeit zu Zeit einer Kreuzung verschiedener Individuen miteinander bedürfen oder, was Dasselbe ist, dass kein Zwilter während einer Reihe aufeinanderfolgender Zeugungen immer sich selbst befruchte. Da man die Aufstellung eines sol- chen Lehrsatzes ohne eine Mittheilung der ihn begründenden Thatsachen (für welche dort kein Platz war) getadelt, so will ich jetzt den Beweis liefern, dass ich denselben nicht ohne ein- gehende Forschungen ausgesprochen habe. Ich habe es für angemessen erachtet, diese Abhandlung für sich auszugeben, weil sie zu gross ausgefallen ist, um sie den dortigen Erörterungen über denselben Gegenstand einzuverleiben. Auch bin ich der Hoffnung, dass die Mittheilung der gegenwär- tigen Thatsachen über eine so eigenthümlich und manchfaltig ge- bildete Pflanzen- Familie, wie die Orchideen bekanntlich sind, manchen Pflanzen-Forscher veranlassen möge, das Leben unserer einheimischen Arten genauer zu beobachten. Eine Untersuchung DARWIN, Orchideen. 1 - ihrer vielen schönen Einrichtungen dürfte manchen Personen eine höhere Meinung vom ganzen Pflanzen -Reiche beibringen, obwohl ich anerkenne, dass die zum Verständnisse nöthigen Einzelnheiten für denjenigen zu fein und zu zusammengesetzt sind, der nicht einen lebendigen Sinn für Naturgeschichte besitzt. Diese Abhandlung veranlasst mich auch den Nachweis zu ver- suchen, dass das Studium der Organischen Wesen eben so an- sprechend für denjenigen Beobachter, welcher von der Abhängig- keit ihrer Einrichtung von Naturgesetzen vollkommen überzeugt ist, als für jenen werden kann, der jede unbedeutende Einzel- heit ihres Baues als das Ergebniss eines unmittelbaren Eingrei- fens des Schöpfers betrachtet. Ich muss jedoch noch voraussenden, dass bereits Cur. Kon- RAD SPRENGEL im Jahre 1793 in seinem eben so merkwürdigen als werthvollen Buche vom »Entdeckten Geheimnisse der Natur« eine vortreffliche Übersicht von den Verrichtungen der verschie- denen Blüthen-Theile der Orchideen gegeben hat; denn er kannte sehr wohl die Lage des Stigmas und entdeckte bereits, dass In- sekten nothwendig seyen, um die Pollen-Massen fortzuschaffen, indem sie den Beutel aufstossen und mit den eingeschlossenen klebrigen Drüsen in Berührung kommen. Er übersah aber auch manche eigenthümliche Einrichtungen in Folge, wie es scheint, seiner Voraussetzung, dass jede Narbe gewöhnlich den Saamen- staub von ihrer eignen Blüthe erhalte. Eben so hat SprENGEL zwar den Blüthen-Bau von Epipactis theilweise richtig beschrie- ben, bei Listera aber die eben so merkwürdige als für dieses Genus bezeichnende Erscheinung gänzlich missverstanden, welche Dr. Hooxer in den Philosophical Transactions vom Jahre 1854 geschildert hat. Auch Hooker indessen hat zwar eine vollstän- dige und genaue Beschreibung und Abbildung der Theile sowohl als der Vorgänge mit denselben gegeben, aber diese Ergebnisse nicht richtig zu deuten gewusst, weil er nicht auf die Mitwirkung der Kerbthiere achtete. Auch Roserr Brown hat während der dreissiger Jahre * die Meinung ausgesprochen, dass Insekten zur * Linnaean Transactions 1838, AVI, 704. Befruchtung der meisten Orchideen nothwendig seyen; aber in dem Uimstande, dass nicht selten alle Kapseln einer dichten Blü- then-Ähre Saamen bilden, eine mit jener Annahme schwer zu vereinigende Thatsache gesehen. Wir werden später zeigen, dass dieser Zweifel des Grundes entbehrt. Endlich haben noch viele andre Schriftsteller Thatsachen in Bezug auf diese Frage geliefert und ihre mehr oder weniger volle Überzeugung ausge- drückt, dass Insekten zur Befruchtung der Orchideen unenibehr- lich seyen. Noch freue ich mich den verschiedenen später genannten Fachmännern hier meinen innigsten Dank für die unermüdliche Freundlichkeit ausdrücken zu können, womit sie mich immer wie- der mit frischen Pflanzen-Exemplaren versorgt haben, ohne welche diese Arbeit auszuführen ganz unmöglich geblieben wäre. Die Mühe, welche sich einige meiner so gefalligen Gehülfen gegeben, war eine ganz ausserordentliche:: nie habe ich ihnen einen Wunsch um Hilfe oder Belehrung ausgesprochen, den sie nicht nach Mög- lichkeit in der entgegenkommendsten Weise zu erfüllen bereit gewesen wären. Erklärung vorkommender Kunst - Ausdrücke. Für den Fall, dass sich irgend jemand, der mit der botani- schen Kunstsprache nicht sehr vertraut ist, mit dem Inhalte dieser Schrift bekannt machen wollte, wird es angemessen seyn, die Bedeutung einiger Ausdrücke zu erklären. In den meisten Blü- then umgeben die »Staubgefässe« oder männlichen Organe, stamina, im Kreise stehend ein oder mehre weibliche Organe oder »Stem- pel«, pistillum. In allen gewöhnlichen Orchideen ist jedoch nur ein Staubgefäss vorhanden, und dieses fliesst mit dem Stempel zusammen zur Genitalien- oder »Befruchtungs-Säule« , columna, gynostemium. Die Staubgefässe bestehen aus einem in Eng- lischen Arten nur selten sichtbar werdenden »Staubfaden«, fila- mentum, welcher den Staubbeutel, anthera, trägt, worin der be- iR 4 fruchtende »Saamenstaub«, pollen, eingeschlossen ist. Der Staub- beutel ist wieder in zwei »Fächer« eingetheilt, welche in den meisten Orchideen sehr deutlich sind, so dass sie manchmal wie zwei verschiedene Antheren aussehen. Der Pollen besteht in allen gewöhnlichen Pflanzen aus einem feinkörnigen Staube; in den meisten Orchideen aber hängen alle Körnchen eines Faches in »Klümpchen« zusammen, welche oft wieder von einem sehr eigenlhümlichen Anhange oder »Stöckchen«, caudiculus, getragen werden, wie später umständlich nachgewiesen werden soll. Die Pollen-Klümpchen mit ihren Stöckchen u. a. Anhängen zusammen- genommen heissen »Pollenmassen«, pollinia oder pollinaria. Die Orchideen besitzen eigentlich drei vereinigte Stempel oder weibliche Organe. Der obere Theil des Pistills trägt an seiner Vorderseite eine weiche und klebrige »Narbe«, stigma. Die zwei unteren Narben dagegen fliessen oft so vollständig zu- sammen, als ob nur eine vorhanden wäre. Während der Be- [ruchtung wird die Narbe von langen Röhrchen durchdrungen, welche aus den Pollen-Körnchen hervorkommen und bestimmt sind den Inhalt dieser letzten zu den »Eichen«, ovula, hinabzu- leiten, welche im »Saamenbhälter« oder ovarium sitzen. Von den drei Narben, welche vorhanden seyn sollten, ist die obere zu einem ungewöhnlichen Lebens-Werkzeuge umge- staltet, welches »Schnäbelchen« oder rostellum genannt wird und in vielen Orchideen gar keine Ähnlichkeit mit einem wirklichen Stigma besitzt. Es enthält entweder oder besteht aus einem klebrigen Stoffe, und in sehr vielen Orchideen sind die Pollen- Massen an einem Theil seiner äusseren Haut festgeheftet, welche mit den anhängenden Pollen-Massen durch Kerbihiere weggenon- men wird. Der Theil, welcher so beseitigt werden kann, besteht bei den meisten Britischen Orchideen in einem kleinen Haut- Stückchen mit einer Schicht oder einem Ballen von klebriger Materie darunter, das ich die »Klebscheibe« nennen will; in vielen ausländischen Orchideen aber ist das entfernbare Stück so gross und ansehnlich, dass der Name Klebscheibe nur noch einem Theile desselben entspricht und der andere, an dessen Ende die Pollen-Massen sitzen, das »Füsschen« oder pedicellus des Schnäbelchens genannt wird. Manche Pflanzen - Forscher haben den entfernbaren Theil des letzten als »Klebdrüse“ oder als »Halter«, retinaculum, bezeichnet, weil er offenbar dazu be- stimmt ist, die Pollen-Massen an ihrer Stelle festzuhalten. Das »Füsschen“ oder die Verlängerung des Schnäbelchens, an welche bei manchen ausländischen Orchideen die Saamenstaub- oder Pollen-Massen befestigt sind, ist, wie es scheint, gewöhnlich mit dem wirklichen »Stöckchen«, caudiculus, der Pollen - Massen verwechselt worden, obwohl Natur und Entstehung beider ganz verschieden sind. Derjenige Theil des Schnäbelchens, welcher von Insekten nicht mit weggenommen wird und den klebrigen Stoff enthält, wird zuweilen auch »Beutelchen« oder bursicula und »Grube« oder fovea genannt. Es dürfte jedoch am geeig- netsten seyn, diese Ausdrücke zu vermeiden und das ganze Stigma mit seiner Einrichtung »Schnäbelchen«, rosteilum, zu nen- nen, dessen Form dann oft noch näher zu bezeiehnen seyn wird; — für den Theil aber, welcher an die Pollen-Massen befestigt ist und mit ihnen beseitigt wird, die Benennung »Klebscheibe« an- zuwenden, worunter zuweilen auch noch das Füsschen mitbe- griffen werden kann. Endlich besitzt die Blume zu äusserst einen »Kelch«, caly.r, mit drei »Kelchblättern« oder sepala, welche jedoch nicht grün wie an den meisten andern Blüthen,, sondern farbig zu seyn pflegen, wie die drei von ihm umgebenen »Blätter der Blumen- krone« oder die petala. Eines dieser letzten steht zu unterst, ist grösser als die andern und oft von ganz eigenthümlicher Form. Es ist das »Lippchen«, die »Honiglippe«, labellum, welches den »Honigsaft« oder nectar absondert, um die Insekten anzuziehen, und oft nimmt es die Form eines langen Sporn-förmigen Nec- tarium an. Bester Abschnitt. Bau von Orchis. Bewegungs-Kraft der Pollen-Massen. Vollkommene An- passung der Theile in Orchis pyramidalis. Insekten, welche Orchis be- suchen und Häufiskeit ihres Besuches. Fruchtbarkeit und Unfruchtbar- keit verschiedener Orchideen. Absonderung des Honigsafts. Motten, welche bei dessen Genuss absichtlich zurückgehalten [gehindert ?] werden. Für meinen Zweck kann man die Britischen Orchideen in drei Gruppen unterscheiden, und diese Eintheilung ist grössten- theils eine natürliche. Doch sehe ich dabei von den Britischen Cypripedium-Arten mit ihren zwei Staubbeuteln ab, über die ich nichts anzuführen weiss. Von diesen drei Gruppen besteht die erste aus den Ophreae, deren Pollen-Massen an ihren unteren Enden ein mit der Klebscheibe verwachsenes Stöckchen haben. Die Antheren stehen über dem Schnäbelchen. Dazu gehören die meisten unsrer gemeinen Orchideen. So die Sippe Orchis. Dem Leser mögen die folgenden Einzel- heiten anfangs schwer verständlich erscheinen; doch kann ich ihm die Versicherung geben, dass, wenn er sich mit Geduld in diesen ersten Fall einarbeiten will, ihm die übrigen sodann leicht begreillich seyn werden. Die nachfolgenden Skizzen (vgl. 8.9, Fig. 1.) zeigen die gegenseitige Stellung der wichtigsten Blüthen- Theile von O. mascula zu einander. Die Kelch- und die Kro- nen-Blätter sind mit Ausnahme des Lippchens mit dem Nectarium weggenommen. Das Nectarium ist nur in der Seiten - Ansicht dargestellt (An), indem sein erweiterter Eingang in der vorderen Ansicht (B) im Schatten verborgen liegt. Das Stigma s ist zwei- lappig und besteht aus zwei fast ganz in einander geflossenen Narben unter dem Beutel-förmigen Schnäbelchen r. Der Staub- beutel (Aa, Ba) lässt zwei sehr weit auseinanderliegende Fächer -) unterscheiden, welche vorn der Länge nach geöffnet sind und jede eine Pollen-Masse enthalten. Eine solche aus ihrem Fache herausgenommene Pollen-Masse ist in Fig. C dargestellt. Sie besteht aus einer Anzahl spindel- förmiger, durch feine und sehr elastische Fädchen mit einander verbundener Päckchen von Pollen-Körnern, welche in Fig. F aus- einander gezogen dargestellt worden sind. Diese Fädchen flies- sen am untren Ende einer jeden Pollen-Masse zusammen zu einem geraden elastischen Stöckchen Ce. Das Ende des Stöck- chens hängt mit der Klebscheibe Cd fast zusammen, welche im Längs-Durchschnitte E gesehen aus einem kleinen ovalen Stück- chen Haut und aus einem Ballen klebriger Materie an deren untren Seite besteht. Jede Pollen-Masse hat ihre besondre Kleb- scheibe, und die zwei Ballen klebrigen Stofls liegen beisammen im Schnäbelchen eingeschlossen (D). Das Schnäbelchen ist ein fast kugeliger und etwas zuge- spitzter Fortsatz (Ar, Br), welcher die zwei fast zusammen- fliessenden Narben überhängt, und einer vollständigen Beschrei- bung bedarf, indem jede Einzelheit seines Baues bedeutungsvoll ist. Fig. E stellt einen Längsschnitt durch eine der Klebscheiben und Ballen, und Fig. D eine vordre Ansicht beider Klebscheiben im Schnäbelchen dar. Diese letzte Figur mag sich wohl am besten zur Erklärung des Baues des Schnäbelchens eignen ; doch muss man beachten, dass die vordre Lippe darin bedeutend herab- gedrückt erscheint. Der unterste Theil der Anthere ist, wie aus Fig. B erhellet, mit dem Rücken des Rostellum vereinigt. Auf einer früheren Entwicklungs-Stufe besteht das Schnäbelchen aus einer Masse vieleckiger Zellen, welche voll brauner Materie sind und sich bald in zwei Ballen einer halbflüssigen und äusserst klebrigen und Struktur-losen Substanz auflösen. Diese halbflüs- sigen Ballen sind etwas verlängert, oben meistens flach und unten gewölbt. Sie liegen, nur von Flüssigkeit umgeben, fast frei im Schnäbelchen , indem sie bloss an ihrer hintren Seite mit einem kleinen Theile oder Scheibchen der äussren Membran des Schnäbelehens zusammenhängen. Die Enden der zwei Stöckchen sitzen an diesen zwei kleinen Haut-Scheibchen fest. 5 Die Haut, welche die ganze äussere Oberfläche des Schnä- belchens bildet, ist anfangs zusammenhängend; sobald sich aber die Blüthe öffnet, veranlasst schon die leichteste Berührung ein Platzen derselben längs einer bognigen Querlinie vorne auf den zwei Antheren-Fächern und dem kleinen Kamme oder Haut-Fält- chen zwischen denselben. Dieser Riss ändert an der Form des Schnäbelchens nichts, verwandelt jedoch den Vordertheil in eine leicht herabziehbare Lippe, wie sie in Fig. D dargestellt ist, wäh- rend ihr Rand in der vorderen Ansicht Fig. B. erscheint. Wird die Lippe ganz heruntergedrückt, so kommen die zwei Ballen klebriger Materie frei zu liegen. Sobald aber dieser Druck aul- hört, springt die Lippe der Tasche vermöge der Elastizität des hinteren Theiles oder des Schlosses wieder empor, um die zwei klebrigen Ballen aufs Neue »einzuschliessen. Ich will nicht behaupten, dass die äussre Haut des Schnä- belchens nie von selbst berste, und es unterliegt auch keinem Zweifel, dass sich dieselbe durch eine Schwächung längs der eben bezeichneten Linie dazu vorbereite: doch sah ich mehrmals den Riss in Folge einer so äusserst leisen Berührung erfolgen, dass man diesen Vorgang kaum als einen bloss mechanischen, sondern vielmehr nur als einen Lebens-Akt bezeichnen kann. Wir wer- den später noch andre Fälle anführen, wo ebenfalls die leisesle Berührung oder auch Chloroform -Dunst die Zerreissung der äusseren Haut des Schnäbelchens längs bestimmter Linien be- wirkt hat. Wenn das Rostellum vorn platzt, scheint es gleichzeitig (was aber nicht unmittelbar beobachtet werden konnte) auch hinten auf zwei ovalen Linien zu bersten und dadurch die zwei kleinen Haut-Scheibchen, welche aussen die zwei Stöckchen und innen die zwei klebrigen Ballen tragen, von der übrigen äusseren Ober- fläche des Schnäbelchens zu trennen und zu befreien. Die Zer- reissungs-Linie ist sehr zusammengesetzt, aber genau vorge- zeichnet. Da die zwei Antheren-Fächer sich vorn der Länge nach vom Grund bis zur Spitze schon vor dem Aufblühen öffnen, so kann die Lippe des Schnäbelchens , sobald es in Folge einer Orchis mascula. a Anthere. | rn. Nectarium. e Caudieulus des Pollinium. | p Pollinium. d Klebscheibe. r Rostellum. 2 Labellum. | s Stigma. A Seiten- Ansicht einer Blume, woran die Kelch- und Kronen-Blätter ganz, vom La- bellum jedoch nur die Hälfte und vom obern Theile des Neetarium nur die vordre Seite weggeschnitten sind. B Vordre Ansicht einer Blüthe, von welcher ausser dem Labellum alle Blätter wegge- nommen sind. e C Eine Pollen-Masse, die Päckchen der Pollen-Körner, das Stöckchen und die Kleb-Scheibe zeigend. D Vordre Ansicht der Scheiben und Stöckchen beider Pollen-Massen im Rostellum mit herabgedrückter Lippe. E Schnitt dureh die eine Seite des Rostellum mit eingeschlossenen Scheibehen und Stöck- chen eines Pollinium. FE Päckchen von Pollen-Körnern durch elastische Fäden mit einander verkettet,.hier jedoch auseinandergezogen (nach BAUER). 10 leisesten Berührung geborsten ist, leicht niedergedrückt werden, und da die zwei Haut-Scheibchen bereits getrennt sind, so liegen die zwei Pollen-Massen bereits vollkommen frei, aber noch an ihren eignen Stellen. Somit liegen die Pollen-Päckchen und die Stöckchen in den Staubbeutel-Fächern:; die Scheibchen stellen Theile von der hintren Oberfläche des Rostellum dar, sind aber getrennt; und die klebrigen Ballen liegen im Schnäbelchen ver- borgen. Wir werden jetzt sehen, wie dieser zusammengesetzte Me- chanismus wirkt. Nehmen wir an, ein Insekt lasse sich auf das Labellum nieder, welches einen guten Landungs Platz darstellt, und stecke seinen Kopf in die Kammer, an deren Rückseite die Narbe (I, As, Bs) liegt, um mit seinem Saugrüssel das Nectarium zu erreichen, — oder, was gleiche Folgen hat, schieben wir die feine Spitze eines gewöhnlichen Bleistifts sehr behutsam in diesen Honighälter. Da nun das Beutel-förmige Schnäbelchen in den zum Nectarium führenden Weg vorspringt, so ist es kaum mög- lich irgend einen Gegenstand in dieses letzte einzuführen, ohne das Rostellum zu berühren. Die äussre Haut desselben wird mithin längs der vorgeschriebenen Linie aufreissen, und die Lippe oder der Beutel leicht niederzudrücken seyn. Ist diess geschehen, so würden einer oder beide der klebrigen Ballen unvermeidlich mit dem eingeführten Körper in Berührung kommen und vermöge ihrer ausserordentlichen Klebrigkeit daran fest hängen bleiben. Diese flüssige Materie hat aber ferner die besondre Eigenschaft, in wenigen Minuten wie ein Kitt einzutrocknen und zu erhärten. Da nun die Antheren-Fächer vorn offen sind, wann der Inseklen- Kopf oder Bleistift eindringt, so werden eine oder beide Pollen- Massen daran festgekittet mitherausgezogen werden, eltwa in der Weise, wie es Fig. 2 von Orchis mascula dargestellt ist. Dieses feste Anhaften ist, wie wir sogleich sehen werden, durchaus nothwendig; denn wenn die Pollen-Massen seit- oder rück-wärts fielen, könnten sie die Blütbe nimmermehr befruchten. Nach der Stellung, in welcher sich beide Massen in ihrer Zelle befinden, behalten sie auch auf dem fremden Körper, an welchem sie haften, eine etwas auseinander weichende Richtung bei. Pollen-Masse sogleich nach der Be- festigung. B Dieselbe nach der Niederdrückung. Fliegt nun unser Insekt zu einer andern Blüthe oder führen wir unsern Stift (Fig. 2 A) mit der ansitzenden Pollen-Masse wieder in das nämliche oder in ein andres Nectarium ein, so wird, wie Fig. A 1 zeigt, das fest ansitzende Pollinium wieder gegen oder in ihre alte Stelle, d. h. in das Antheren-Fach gedrückt werden. Wie wird nun die Befruchtung der Blüthe bewirkt? Diess ge- schieht durch eine schöne Einrichtung; denn während die klebrige Oberfläche fest haften bleibt, ist das unscheinbare kleine Haul- Scheibchen, woran das Stöckchen ansitzt, mit einer merkwür- digen Zusammenziehungs-Kraft versehen (wie später genau be- schrieben werden soll), wodurch die Pollen-Masse bestimmt wird, sich binnen etwa 30 Sekunden durch einen Bogen von 90° in einer Richtung hin, nämlich gegen die Spitze des Saugrüssels oder des Stiftes abwärts zu senken, bis in die, Fig. 2 B ange- gebene Lage. Binnen dieser Zeit und Bewegung fliegt das In- sekt nach einer andern Blüthe, wo sodann offenbar, wenn man sich die Fig. 1 A umgekehrt denkt, bei der Einführung von Stift oder Rüssel das dieke Ende der Pollen- Masse genau auf die Oberfläche des Stigma’s treffen muss. Hier kommt nun noch eine andre köstliche, schon längst von Ro». Brown * beschriebene Einrichtung in Betracht. Die Narbe ist sehr klebrig; sie ist jedoch nicht klebrig genug, um das ganze auf dem Insekten-Kopfe oder Stifte sitzende Pollinium bei der Berührung zu zerreissen, sondern nur in dem Grade, um die elastischen * Transact. of the Linnean Society XVI, 731. 12 Fäden, welche die Päckchen der Pollen-Körner miteinander ver- binden (Fig. I F), zu trennen und einige davon auf dem Stigma festzuhalten. Daher kann die eine Pollen-Masse auf dem Insek- ten-Kopfe oder Stifte mit vielen Narben nacheinander in Berüh- rung kommen und alle der Reihe nach befruchten. So habe ich auf dem Saugrüssel emer Motte nur noch die übrig gebliebenen Stöckchen von den Pollen-Massen der Orchis pyramidalis sitzen sehen, nachdem alle Körner - Päckchen derselben bereits an den Narben der nacheinander besuchten Blüthen hängen geblie- ben waren. Noch sind ein oder zwei andre kleine Umstände der Beach- tung werth. Die Ballen der klebrigen Materie sind im Beutel- förmigen Rostellum von einer Flüssigkeit umgeben, was darum von grosser Wichtigkeit ist, weil, wie schon erwähnt worden, diese Materie an der Luft sehr schnell trocken wird. Ich habe’ die Ballen aus ihren Beuteln herausgeholt und gesehen, dass sie ihr Anklebungs-Vermögen schon in wenigen Minuten einbüssten. Dann liegen die kleinen Haut-Scheibchen, deren Bewegung die zur Befruchtung der Blüthen so unerlässliche Bewegung des Pol- linium verursacht, an der unteren und hinteren Seite des Schnä- belchens, dicht umhüllt und somit feucht erhalten von der Basis der Antheren-Fächer; — und auch Diess ist sehr nothwendig, da eine nur 30 Sekunden währende Aussetzung an die freie Luft schon die herabdrückende Bewegung veranlasst, wogegen das Pollinium für die ihm zukommende Verrichtung nach der Entfer- nung aus der Mutter-Blüthe durch ein Insekt nur so lange geschickt bleibt, als das Scheibehen noch feucht ist. Endlich ist es von grosser Wichtigkeit, dass, wie ich schon gezeigt habe, die Tasche oder Lippe wieder in ihre vorige Lage zurückspringt, wenn sie niedergedrückt worden. Denn ausserdem müssten, wenn ein Insekt die Lippe niedergedrückt, aber keinen oder nur einen der Klebe-Ballen mitherausgenommen hätte, beide Ballen oder der allein zurückgebliebene Ballen der Luft ausge- setzt bleiben und rasch vertrocknen, so dass nunmehr die Pollen- Massen ganz nutzlos würden. Nun ist es aber gewiss, dass bei manchen Orchideen - Arten die Insekten nur eines der beiden 13 Pollinia auf einmal mit sich nehmen, und es ist wahrscheinlich, dass sie überhaupt in der Regel nur einen jedesmal mitnehmen, indem die älteren und unteren Blüthen eines Blüthenstandes ge- wöhnlich gar kein, die jüngeren und erst kürzlich aufgebrochenen aber meistens nur noch ein Pollinium enthalten. In der Blü- then-Ähre einer Orchis maculata fand ich in 10 und darunter vorzugsweise in den höher-stehenden Blüthen nur noch ein Pol- linium übrig, welches noch an seiner Stelle sass, während die Lippe des Rostellum geöffnet und der ganze Mechanismus für dessen spätre Entfernung durch irgend ein Insekt vollkommen in Ordnung war. Die bisher gegebene Beschreibung von der Thätigkeit der Organe bei Orchis mascula entspricht auch O. morio, 0. fusca, OÖ. maculata und ©. latifolia, sowie Aceras anthropomorpha *. Diese Arten lassen geringe und anscheinend mit einander zu- sammentreffende Verschiedenheiten in der Länge des Stöckchens, in der Richtung des Nectarium, in der Form und Lage der Narbe erkennen, die aber keine eingehendere Beschreibung ver- dienen. Bei alien unterliegen die Pollen-Massen nach ihrer Ent- fernung aus den Staubbeutel -Fächern jener eigenthümlichen Be- wegung der Niedersenkung, welche so nothwendig ist, um sie in die richtige Lage auf dem Insekten-Kopfe zu bringen, um die Fläche einer andren Blumen-Narbe streifen zu können. In Aceras ist das ‘Stöckchen gewöhnlich kurz; das Nectar-Organ besteht aus zwei kleinen runden Eindrücken: die Narbe ist quer ver- längert; die zwei Klebscheiben liegen im Schnäbelchen so dicht aneinander, dass sie gegenseitig ihren Umriss bedrängen, was zu beachten darum von Nutzen ist, weil sie nur noch einen kleinen Schritt weiter bedürfen um in Orchis hireina oder Orchis pyramidalis ganz zusammenzufliessen. Demungeachtet wird auch in Aceras noch olt, wenn auch seltener als in andren Arten, ein einzelnes Pollinium aus dem Rostellum entführt. * Die Trennung dieses Genus ist eine ganz künstliche; es ist eine ächte Orchis nur mit einem kürzeren Nectarium. Dr. WEDDELL hat in den An- nales des sciences nalurelles 3., XYl1l, 6 das Vorkommen vieler wilder Bastarde von dieser Art und OÖ. galeata beschrieben. Orchis pyramidalis. a Anthere. | ! Labellum. s,s Narbe. | !' Dessen Leitplatte. r Rostellum. | n Nectarium. I A Vordre Ansicht der Blume nach Wegnahme aller Kronen- und Kelch-Blätter, ausser dem Labellum. B Seiten- Ansicht, eben so: das Labellum zur Hälfte und die vordre Seite des oberen Theils des Neetariums weggeschnitten. C Die zwei Pollinia auf der Sattel-förmigen Klebscheibe. D Diese Scheibe nach ihrer ersten Zusammenziehung und ohne dass sie irgend etwas er- fasst hätte. . 15 Wir kommen nun zu Orchis pyramidalis, einer der am höchsten organisirten Arten, die ich untersucht habe, und aus welcher die Botaniker gewöhnlich ein besonderes Genus machen. Die gegenseitige Stellung der Theile (Fig. 3) ist hier sehr ab- weichend von der bei O. mascula und ihren Verwandten. Es sind zwei runde ganz getrennte Narben-Flächen (Fig. 3 Ass) vorhanden, von welchen eine jederseits am Beutel-förmigen Schnäbelchen liegt. Dieses steht nicht mehr etwas über dem Nectarium, sondern so viel tiefer, dass es (vgl. die Seiten-An- sicht Fig. 3 B) dessen Mündung überdeckt und theilweise ver- schliesst. Die Vorkammer zum Nectarium, welche durch die Ver- einigung der Ränder des Labellum mit den Säulchen entsteht und bei O. mascula und ihren Verwandten geräumig ist, bleibt hier nur klein. Das Beutel-förmige Schnäbelchen ist unten in seiner Mitte ausgehöhlt und mit Flüssigkeit erfüllt. Die Klebscheibe ist nur eine, von Form eines Sattels (Fig. 3 C, E), welcher auf sei- nem fast flachen Rücken oder Sitze die zwei Stöckchen der Pol- linien trägt, deren zwei abgestutzte Enden fest an seiner oberen Seite anhängen. So lange die Haut des Rostellum nicht gerissen ist, lässt sich kaum erkennen, dass die Sattel-förmige Scheibe einen Theil der zusammenhängenden Oberfläche des Schnäbel- chens ausmacht. Die Scheibe wird theilweise versteckt und feucht gehalten (was sehr wichtig ist) durch die weit darüberge- falteten Grund-Membranen der zwei Antheren-Fächer. Die obre Scheiben-Haut besteht aus mehren Schichten kleiner Zellen und ist daher verdickt; unten ist sie überzogen von einer Schichte sehr fest anklebender Materie, die im Schnäbelchen gebildet wird. Die einzelne Sattel-förmige Scheibe entspricht genau den zwei getrennten kleinen ovalen Haut-Scheibehen, an welche die beiden Stöckchen bei Orchis mascula und ihren Verwandten befestigt sind: sie sind hier in eines zusammengellossen. E Dieselbe von oben, gewaltsam niedergedrückt, und ein Pollinium weggenommen: die Sen- kung zeigend, wodurch der zweite Akt der Zusammenziehung bewirkt wird. F Das Pollinium durch Einführung einer Nadel ins Nectarium entführt, nachdem es die Nadel durch den ersten Zusammenziehungs-Akt umfasst hat. G Dasselbe Pollinium nach dem zweiten Akt der Zusammenziehung und Niedersen- kung. 16 Wenn sich die Blüthe öffnet und das Schnäbelchen, seye es nun in Folge irgend einer Berührung oder von selbst, symme- trisch geborsten ist, so genügt die leiseste weitre Berührung, um die Lippe, d. h. den untren zweilappigen Theil der äusseren Haut des Rostellum, der in die Mündung des Nectariums vor- springt, niederzudrücken. Dadurch wird der untre Theil der Klebscheibe, da er unverrückt an seiner Stelle bleibt, entblösst und in die Lage versetzt an irgend einen ihn berührenden Kör- per anzukleben. Schon ein ins Nectarium geschobenes Menschen- haar ist steif genug die Lippe niederzudrücken, und die klebrige Oberfläche des Sattels hängt sich daran an. Ist jedoch die Lippe allzuschwach heruntergedrückt worden, so springt sie wieder zurück und bedeckt aufs Neue den Sattel von unten. Die vollkommene Anpassung der Theile lässt sich gut er- kennen, wenn man das Ende des Nectarium wegschneidet und an diesem Ende eine Borste einschiebt, in einer Richtung mit- hin, welche derjenigen entgegengesetzt ist, nach welcher in der Natur die Motten ihren Rüssel einschieben. Es zeigt sich dann. dass das Schnäbelchen leicht davon zerrissen oder durchbohrt werden kann, während der Sattel selten oder nie davon ergriffen wird. Wenn der Sattel mit seinen zwei Pollinien an einer Borste klebend weggenommen wird, so zieht sich die untre Lippe so- gleich einwärts dichter zusammen und lässt die Mündung des Nectariums offener, als sie zuvor gewesen; doch will ich mich nicht vermessen zu entscheiden, ob Diess für die Motten, welche so häufig die Blüthen besuchen, und somit für die Pflanzen selbst von wesentlichem Nutzen seye. Endlich ist das Lippchen mit zwei längs-ziehenden Erhöhun- gen A’, B/!' versehen, welche von aussen her nach innen wie ein Fischlang schief gegen die Mitte zusammenlaufen und somit vortrefflich geeignet sind einen biegsamen Körper, wie eine feine Borste oder ein Haar ist, in die rundliche kleine und überdiess noch theilweise vom Rostellum versperrte Mündung des Nec- tariums zu leiten. Diese Einrichtung der zusammen - leitenden Rippen lässt sich mit dem kleinen Instrumente vergleichen, welches 17 manchmal gebraucht wird, um den Faden in ein feines Nadel- Öhr zu führen. Wir wollen nun sehen, wie diese Theile wirken. Wenn eine Motte ihren Saugrüssel (die Orchideen-Blüthen werden sehr häufig von Schmetterlingen besucht), oder wenn man eine feine Borste zwischen die zwei Leitrippen des Labellums hineinschiebt, so wird dieselbe sicher in die feine Mündung des Nectar-Halters geleitet und wird kaum vermeiden können die Lippe des Schnä- belchens herabzudrücken. Ist Diess geschehen, so kommt die Borste mit der jetzt nackten klebenden Unterseite der ausge- spannten Sattel-förmigen Scheibe in Berührung. Wird die Borste nun wieder zurückgezogen, so geht der Sattel mit den zwei an- sitzenden Pollen-Massen mit ihr. So wie der Sattel in die freie Luft kommt, pflegt augenblicklick eine rasche Bewegung dessel- ben einzutreten, indem seine beiden Seitenlappen sich einwärts krümmen und die Borste umfassen. Zog ich aber die Pollinia an ihren Stöckchen mittelst eines Zängehens heraus, so dass der Sattel nichts zu umfassen hatte, so sah ich die Seitenläppchen sich so rasch einwärts gegen einander krümmen, dass sie sich binnen 9 Sekunden mit ihren Spitzen berührten (Fig. 3 D), und in weitren 9 Sekunden war der Sattel durch fortwährend stärkre Einrollung in .einen anscheinend derben Ball verwandelt. Die Saugrüssel vieler Motten, die ich mit den anklebenden Pollinien untersucht habe, sind so dünne, dass die Spitzen der Seiten- lappen des Sattels gerade um die Rüssel herum und unter den- selben wieder zusammen-reichen. Diess veranlasste einen Natur- forscher, der mir eine Motte mit mehren solchen auf ihrem Rüssel sitzenden Sätteln sandte und nichts von jener Bewegung wusste. natürlicher Weise zu dem Schlusse, dass die Motten ihre Rüssel geschickt durch die Mitte der sogenannten Klebdrüsen einiger Orchideen gebohrt hätten. Diese rasch zusammenklappende Bewegung dient mithin dazu den Sattel und seine Pollen-Massen, was sehr wesentlich ist, aufrecht auf den Saugrüssel zu befestigen. Da aber der Klebe- stoff sehr rasch erhärtet, so würde auch dieser schon für den erwähnten Zweck genügen können, und der Gewinn besteht nur DARWIN, Orchideen. 2 15 » in der Auseinanderneigung der Pollen-Massen. Da diese auf den flachen Rücken oder Sitz des Sattels befestigt sind, so ragen sie anfangs ganz gerade und gleichlaufend neben einander em- por; in dem Grade aber, als der Sattel sich um den dünnen wal- zigen Saugrüssel oder um die Borste herum krümmt, müssen sich die zwei Pollen-Massen nothwendig auseinander-neigen. So- bald aber der Sattel die Borste umfasst und die Pollinia sich aus- einander geneigt haben, beginnt eine zweite Bewegung, welche gleich der ersten ausschliesslich von der Zusammenziehung der Sattel-förmigen Haut- Scheibe bedingt ist, wie im siebenten Ab- schnitte vollständiger beschrieben werden soll. Diese zweite Be- wegung ist ganz so, wie sie in O. mascula und ihren Verwandten schon beschrieben worden, und bestimmt die auseinander-neigen- den Pollinien, welche bisher noch rechtwinkelig auf der Nadel der Borste gestanden (Fig. 3 F), sich unter einem Winkel von 90% gegen die Spitze der Nadel zu senken (Fig. 3 G), bis sie in gleiche Ebene mit dieser zu liegen kommen. In drei Fällen sah ich diese zweite Bewegung sich binnen 30—34 Sekunden nach der Entfernung der Pollen - Massen aus den Staubbeutel- Fächern und mithin binnen etwa 15 Sekunden nach der Umfas- sung der Borste durch den Sattel sich vollenden. Der Nutzen dieser doppelten Bewegung wird deutlich, wenn man eine Borste mit zwei ihr aufsitzenden und bereits ausein- ander-neigenden und vorwärts gesenkten Pollinien zwischen den Leitrippen des Labellum in das Nectarium der nämlichen oder einer andren Blüthe einschiebt (Fig. 3 A, 6). Denn die Enden beider Pollinien besitzen nun genau eine solche Lage. dass, während das eine am Stigma der einen Seite hinstreift, das andre an dem der andern Seite fortgleitet. Diese Narben sind so kleb- rig, dass sie die elastischen Fäden auseinanderziehen, durch welche die Pollen-Päckchen mit einander verbunden sind, und schon mit blossem Auge kann man einige dunkel-grüne Körner auf den zwei weissen Narben-Flächen zurückgehalten sehen. Ich habe diesen kleinen Versuch vor mehren Personen gemacht. welche alle ihre Bewunderung der Zweckmässigkeit dieser Ein- richtung zur Befruchtung der Orchideen lebhaft zu erkennen gaben. 19 Da in keiner andren Pflanze und kaum in irgend einem Thiere vollkommenere Anpassungen des einen Örganes an das andre und des einen Organismus an einen ganz andren, auf der Stufenleiter der Natur so weit von ihm entfernten Organismus nachgewiesen werden können, als die bei unsren Orchideen sind, so verdienen sie wohl eine nochmalige kurze Zusammenfassung Da diese Blüthen sowohl von Tag- als von Nacht-Schmetterlingen besucht werden, so halte ich es nicht für kindisch anzunehmen, dass die glänzende Purpur Farbe der ersten (mag sie nun aus- drücklich für diesen Zweck entwickelt seyn oder nicht) die Tag- Falter eben so anzieht wie der stark fuchsige Geruch die Nacht- falter *. Das obre Kelch-Blatt und die zwei obren Kronen-Blätter bilden eine Haube zum Schutz der Anthere und der Narben- Flächen gegen die Witterung. Das Labellum ist zu einem langen Nectarium entwickelt, dessen Inhalt die Schmetterlinge anzieht, und wir werden jetzt die Gründe angeben, die uns zur Ver- muthung veranlassen, dass der Honigsaft absichtlich so aufbe- wahrt ist, dass er (ganz abweichend von dem in den meisten Blüthen andrer Familien) nur langsam aufgesogen werden kann, um dem Klebstoff an der Unterseite des Sattels Zeit zum Ein- trocknen und Erhärten zu verschaffen. Wer es versucht, eine freie biegsame Borste in die Mündung zwischen den zusammenlaufen- den Rippen auf dem Labellum einzuführen, wird darüber nicht im Zweifel bleiben, dass sie dazu bestimmt sind, die Borste oder den Saugrüssel auf den gehörigen Weg zu lenken und eine schiefe Richtung derselben im Nectarium zu verhüten. Dieser Umstand ist von handgreiflicher Wichtigkeit, indem, wenn der Rüssel schief eingeschoben würde, die Saltel-förmige Scheibe auch schief auf denselben befestigt werden müsste, so dass die zwei Pollinien nach ihrer doppelten Bewegung die zwei seitlichen Narbeu-Flächen nicht mehr zu bestreichen vermöchten. Dann sehen wir das Rostellum die Mündung des Honigsalt- Behälters theilweise versperren, wie es etwa eine auf einem * Sollte denn nicht der Honigsaft selbst einen dem Insekt wahrnehm- baren Geruch verbreiten, wie der des Weibchen den männlichen Schmetter- ling u. s. w. anzieht, obwohl wir nichts davon riechen? D. Ubs. 20 Wild-Pfade ausgestellte Schlinge thut; wir sehen diese Schlinge so zusammengesetzt und zweckmässig mit den symmetrischen Berstungs-Linien versehen, um oben die Sattel-förmige Scheibe und unten die Lippe des Beutels zu bilden; wir sehen endlich diese Lippe so leicht niederdrücken, dass der eingeschobene Saugrüssel einer Motte nicht wohl verfehlen kann die Klebscheibe zu entblössen und an sie anzukleben. Sollte Diess gleichwohl nicht erfolgen, so würde sich die elastische Lippe wieder er- heben, um die klebrige Fläche aufs Neue zu bedecken und feucht zu erhalten. Wir sehen ferner den Klebestoff im Rostellum an die Sattel-förmige Scheibe allein befestigt und von Flüssigkeit umgeben, so dass der Klebestoff vor der Herausziehung der Scheibe nicht eher erhärten kann. Wir sehen endlich die Ober- seite des Sattels mit den ihm aulfsitzenden Stöckchen im Grunde der Antheren-Fächer gleichfalls so lange feucht erhalten, bis er herausgezogen wird, worauf sofort die eigenthümliche Senkung der Pollinia zuerst seitwärts auseinander und dann vor- und nie- der-wärts beginnt, welche so genau darauf berechnet ist, die Enden beider Pollen-Massen mit den zwei Narben-Flächen in Be- rührung zu bringen. Diese Flächen sind klebrig genug, nicht die ganze Pollen-Masse vom Motten-Rüssel an sich zu ziehen, wohl aber die elastischen Fäden derselben zu zerreissen, um einige Pollen-Päckchen für sich selbst festzuhalten und den gan- zen Rest andren Blüthen zu überlassen. Ferner ist noch zu bemerken, dass, wenn auch die Motte wahrscheinlich eine ziemlich lange Zeit zum Aulsaugen des Honig- saftes einer Blume braucht, doch die Senkung der Pollinien, wie ich durch Versuche weiss, nicht eher beginnt, als bis die- selben vollständig aus den Antheren-Fächern herausgezogen sind; und dass ihre Bewegung erst nach einer halben Minute so weit vollendet wird, dass sie aufs Neue in eine Blüthe eingeführt an den beiden Narben-Flächen anstreifen können, daher dem Kerb- thiere Zeit genug bleibt zu einer andern Pflanze zu fliegen und so zwei ganz verschiedene Pflanzen-Stöcke mit einander zu befruchten. — Endlich aber sind auch noch das wunderbare Wachsen der Pollen-Schläuche, die Art wie sie in das Stigma 21 eindringen, und die Geheimnisse der Keim-Bildung in Betracht zu ziehen, obwohl Diess allen phanerogamen Pflanzen gemein ist. Orchis ustulata* stimmt mit O. pyramidalis in einigen wichtigen Beziehungen überein und weicht in andren davon ab. Das Lippchen ist tief rinnenförmig ausgehöhlt und diese Rinne führt, wie die Lenkungs-Rippchen der vorigen Art, zu einer kleinen dreieckigen Mündung eines nur kurzen Nectarium. Die obre Ecke des Dreiecks wird von dem Rostellum überragt, dessen Beutel nach unten hin spitzer ist. Dieser Stellung des Rostellum dicht an der Mündung des Nectarium entsprechend ist die Narbe nothwendig doppelt und seitlich; doch haben wir hier eine an- ziehende Abstufung, welche zeigt, wie leicht die Übergänge des einfachen und schwach-gelappten Stigma der O. maculata durch die zweilappige Narbe von O. mascula in die von O. ustulata und so weiter bis in die ganz doppelte Narbe des O. pyramidalis sind: — denn in 0. ustulata ist gerade unter dem Rostellum eine enge Rinne, welche in unmittelbarem Zusammenhange mit den zwei seitlichen Narben ist und selbst den Charakter eines wirk- lichen Stigmas besitzt, da es aus kleinen Zellenschläuchen oder ächtem Narben-Gewebe ganz wie die seitlichen Narben besteht. Die Klebscheiben sind zuweilen verlängert. Die Pollen-Massen zeigen die gewöhnlichen Senkungs-Bewegungen, in deren Folge sie ein wenig auseinander-neigen, um der Lage der zu bestrei- chenden seitlichen Narben zu entsprechen. Ich habe hiemit den Blüthen-Bau der meisten Britischen Orchis-Arten nach frischen Exemplaren beschrieben. Alle diese Arten bedürfen unbedingt der Mitwirkung der Insekten zu ihrer Befruchtung. Diess geht aus der Thatsache hervor, dass die Pollen-Massen in ihren Antheren-Fächern und die Klebscheibe in ihrem Beutel-förmigen Rostellum so dicht eingebettet sind, dass sie nicht herausgeschüttell werden können. Auch haben wir * Ich bin Hrn. G. CHICHESTER OXENDEN von Broome Park so- wohl für die Mittheilung frischer Exemplare dieser Art, als für seine uner- müdliche Gefälligkeit mich mit lebenden Pflanzen, mit zahlreichen Exem- plaren und mit Belehrungen über manche britische Arten von Orchideen überhaupt zu versehen, höchlich verbunden. 22 viele Einrichtungen gesehen, wodurch die Pollen-Massen nach einer bestimmten Zeitfrist in eine zum Bestreichen der Narben- Fläche geeignete Lage kommen, und woraus hervorgeht, dass die Pollen-Körner gewöhnlich von einer Blume auf die andre über- tragen zu werden pflegen. Um aber zu beweisen, dass Insekten dazu nolhwendig sind. habe ich eine Pflanze von Orchis morio unter eine Glas-Glocke gesetzt, che eine ihrer Pollen-Massen fort- genommen worden war. Drei Pflanzen dieser Art liess ich un- bedeckt stehen, sah jeden Morgen nach ihnen und fand täglich einige Pollinien davon weggenommen, bis endlich nur noch die in einer ganz unten in der Ahre stehenden und in 1-2 an deren Spitze befindlichen Blumen noch allein übrig waren, die auch nie weggeholt worden sind. Ich sah dann auch nach der in vollkommener Gesundheit unter der Glas-Glocke stehenden Pflanze, welche alle ihre Pollen-Massen noch in den Antheren- Fächern hatte. — Ich stellte einen ähnlichen Versuch an Pflan- zen von Orchis mascula mit gleichem Erfolge an. Es ist ferner zu bemerken, dass die bedeckt gewesenen Ähren auch wenn sie später unbedeckt gelassen wurden, aber ihre Pollen-Massen nicht verloren und demgemäss auch keine Saamen ansetzten, während die daneben stehenden deren in Menge erzeugten. Und daraus folgere ich, dass jede Orchis-Art wahrscheinlich ihre bestimmte Zeit zur regelmässigen Honig-Absonderung hat, nach deren Ab- lauf die Insekten solche nicht mehr besuchen. Ich habe zwanzig Jahre lang Orchideen * sorgfältig beob- * Mein Sohn GEORGE DARWIN, Entomologe und sorgfältiger Beob- achter, hat die Befruchtungs- Weise von Orchis maculata klar ermittelt. Er sah viele Zweiflügeler (Empis livida) ihre Schöpfrüssel in das Nectarium einschieben und brachte mir sechs Exemplare mit nach Hause, welche die Pollen-Massen auf den kugeligen Augen in gleicher Höhe mit dem Fusse der Fühler trugen. Die Pollinien hatten ihre Senkung vollendet und sich von oben her dem Rüssel zugewendet, wodurch sie genau in die Lage ge- kommen waren, dass sie auf das Stigma treffen mussten. Eine dieser Fliegen trug sechs und eine andre drei Pollinien. Mein Sohn beobachtete auch eine andre kleinere Art (Empis tenuipes), wie sie ihren Saugrüssel einschob, was jedoch nicht in so regelmässiger Weise geschah. Eines dieser Exem- plare hatte fünf und ein andres drei Pollinien in der Mitte seines Thorax sitzen. Nach aller Wahrscheinlichkeit werden Orchis mascula, O. latifolia und O. morio durch Zweiflügeler befruchtet. (Nachtrag v. Juni 1862.) D. 23 achtet, aber nie ein andres Insekt ihre Blüthen besuchen sehen als Schmetterlinge, welche sowohl an Orchis pyramidalis als an Gymnadenia conopsea sogen. Dass Bienen zuweilen Orchi- deen besuchen, als Beweise dafür besitze ich Hummeln und Ho- nigbienen mit ansitzenden Pollinien, die mir Prof. WesrwooD ge- sandt; und Hr. F. Boxp benachrichtigt mich, dass er dergleichen auch an andren Bienen - Arten gefunden ; gleichwohl halte ich mich fest überzeugt, dass Bienen die Britischen Orchideen ge- wöhnlich nicht zu besuchen pflegen *. Andrerseils aber habe ich in entomologischen Schriften einige Nachrichten von Pollinien gefunden, die man auf Molten haften gesehen. Hr. F. Bonp war so gefällig mir eine lange Reihe von Motten mit solchen An- - hängen zu senden und zu erlauben, dass ich diese letzten selbst auf die Gefahr hin abstreife, die Insekten zu verderben; — und Diess ist in der That notbwendig, wenn man untersuchen will, von welchen Arten die Pollen-Massen herrühren. Merk- würdiger Weise stammen fast alle diese Pollinien von Orchis py- ramidalis und nur einige wenige darunter von der sogleich zu erwähnenden Sippe Habenaria her. Ich gebe hier die Liste von 23 Arten Schmetterlinge, an deren Saugrüsseln Pollen- Massen von Orchis pyramidalis gefunden worden. Polyommatus Alexis. Anthrocera Filipendulae. Lycaena Phloceas. Na Trifoli *. Arge Galathea. ‚Lithosia complana. Hesperia Sylvanus. Leucaria lithargyria (2mal).- — linea. 'Caradrina blanda. Syrichthus alveolus. ı- Alsines. * Hr. MENIERE sagt (im Bulletin Soe. botan. de France 1854, I, 370), dass er in Dr. GUEPIN’S Sammlung zu Saumur gefangene Bienen gesehen habe, welche Pollen-Massen von Orchideen an ihren Köpfen trugen, — und dass jemand, der Bienen in der Nähe des Fakultäts-Gartens (in Toulouse ?) hielt, darüber klagte, dass dieselben von diesem Garten mit gelben Körper- chen auf dem Kopfe beladen zurückkehrten, von welchen sie sich nieht zu befreien vermöchten. Diess beweist also wie fest die Pollinien anhaften. Es kommt in diesem Falle nicht darauf an, ob die Pollinien von der Sippe Orchis oder von einer andren Sippe derselben Familie herrühren, unter welchen ich einige kenne, die von Bienen besucht werden. 24 Agrotis cataleuca. ‚ Toxocampa pastinum. Eubolia mensuraria (2m.). ‚ Melanippe rivaria. Hadena dentina. Spilodes palealis. Heliotbis marginata (2m.). | — einctalis. Xylophasia sublustris (2m.). ‚Acontia luctuosa. Euclidia glyphica. Eine grosse Mehrzahl dieser Tag-, Abend- und Nacht -Falter hatte 2—3 und mehr Paar Pollen- Massen an sich, und alle hatten sie an ihrem Saugrüssel sitzen. Die Acontia hatte deren 7, die Caradrina nicht weniger als 11 Paare. Die Rüssel dieser zwei letzten hatten dadurch ein ganz Kopf und Rüssel von Acontia luetuosa mit Baum -artiges Ansehen (Fig. 4). Ve REFERATE Sattel- förmigen Klebscheiben sassen eine vor der andern in ganz symmetrischer Weise (wie sie nothwendig erfolgen musste, da die Einführung des Rüssels stets durch die Leitrippen des Labellums geregelt war), jede mit ihrem Paar Pollinien. Die unglückliche Caradrina konnte mit ihrem Rüssel kaum mehr den Grund des Nectariums erreichen und hätte wohl bald sterben müssen. Diese zwei Arten Nachtfalter müssen jedoch an viel mehr als bloss den 7— 11 Blumen gesogen haben, von welchen sie noch die Trophäen an sich trugen: denn die zuerst ange- klebten Pollinien hatten ihren meisten Pollen verloren — zum Beweise, dass sie viele klebrige Narben berührt haben müssen. Diese Liste zeigt ferner, wie viele Schmetterlings- Arten einerlei Orchis-Art besuchen. Die Hadena findet sich auch auf * Ich verdanke Hrn. PARFITT eine Untersuchung dieses Falters, deren in „the Entomologists Weekly Imtelligencer“ 1857, I1, 182 und III, 5 erwähnt ist. Die Pollinia waren irriger Weise von Ophrys apifera herge- leitet worden. Der Pollen hatte eine gelbe Farbe angenommen, an deren Stelle aber durch Waschen und Trocknen desselben wieder das natürliche Grün trat. I 25 Habenaria ein. Wahrscheinlich werden alle Orchideen mit Sporn- föormigem Nectarium ohne Unterschied von vielen Falter-Arten be- sucht. Ich habe zweimal Gymnadenia conopsea fast alle ihre Polli- nien verlieren sehen, obwohl sie viele Meilen weit von ihrem natürlichen Standorte hinweg verpflanzt worden war. Hr. Marsuarı von Ely* hat dieselbe Beobachtung an verpflanzten Stöcken von O. maculata gemacht. Ich habe zwar keine voll-genügende Be- weise, vermuthe aber, dass die Neottieae und Malaxeae, welche keine röhrenförmigen Nectarienbesitzern, von Kerbthieren andrer Ordnungen besucht werden. Listera wird gewöhnlich durch kleine Hautflügeler und Spiranthes von Hummeln befruchtet. Hr. Marswarı sah 15 nach Ely verpflanzte Stöcke von Ophrys muscifera nicht eine Pollen-Masse verlieren. So war es auch während des ersten Som- mers mit der in meinen eigenen Garten verpflanzten Epipactis latifolia; im zweiten Sommer dagegen hatten sechs unter zehn Blüthen ihre Pollinien durch irgend ein Insekt verloren. Diese Thatsachen zeigen vielleicht an, dass gewisse Orchideen besondre Insekten- Arten zu ihrer Befruchtung bedürfen **. _Andrerseits wurden der Malaxis paludosa unmittelbar, nachdem sie aus einem Sumpfe zwei Meilen weit in einen andern verpflanzt worden war, fast alle ihre Polien-Massen entführt. Das nachfolgende Verzeichniss soll zeigen, dass Falter in den meisten Fällen die Befruchtung thatsächlich vermitteln. Doch gibt dasselbe in keiner Weise eine richtige Vorstellung von der Art, wie es geschieht: denn ich habe oft fast alle Pollinien ent- führt gefunden, aber gewöhnlich nur in Ausnahms-Fällen allein (wie die beigefügten Bemerkungen ergeben) eine genaue Notitz darüber aufgezeichnet. Überdiess befanden sich die noch nicht entführten Pollen-Massen gewöhnlich in den obren Blüthen zu- nächst unter den noch nicht aufgebrochenen Knospen und wür- den später wohl noch entführt worden seyn. Oft habe ich einen * Derselbe in @ardener’s Chronicle 1861, 73; in Folge meiner Mit- theilung ebendaselbst 1860, 528. ** Vielleicht auch nur, dass die geeigneten Insekten erst mit den ihnen zum ersten Male dargebotenen Pflanzen-Arten bekannt werden müssen. D. Ubs. 2b Überfluss von Saamenstaub an den Narben von Blüthen kleben sehen, die ihre eignen Pollinien noch besassen, aber demnach doch schon von Insekten besucht worden waren; wogegen in vielen andren Blüthen die Pollinien fortgenommen worden, aber keine Pollen-Körner auf den Narben zu finden waren. In der zweiten in unserer Liste enthaltenen Beobachtung über Orchis morio erkennen wir die schädlichen Wirkungen des ausserordentlich kalten und nassen Sommers 1860 aus der spär- lichen Anzahl besuchender Insekten und demgemäss auch be- [ruchteter Orchideen, welche in diesem Jahre nur sehr wenige Früchte ansetzten. b | © | d Bemerkungen: In b sind die später aufgegangenen Blüthen|Zahl der Blüthen, welche nicht berücksichtigt, — dagegen die Zahlen der Rubrik e'von ihren Pollinien ver- mit inbegriffen. loren haben je 2. ver Orchis morio: 3 kleine Pflanzen in N.-Kent.. . . 22 | 2 | 6 358 Pflanzen daselbst, unter den ungünstigsten Ver- hältnissen nach fast 4wöchentlicher Kälte und NARBE LTE TIEREN BATTERIEN ENG 23 | 19 Orchis pyramidelis: 2 Pfl. in N.-Kent und Devonshire, 39 — | S 6 Pfl. in geschützten Thälern, Devon. . . . . 102,0 66 6 Pfl. auf sehr ausgesetzter Lage, ds. . . . | 57 | — | 166 Orchis maculata: 1 Pfl., in Staffordshire. Die 12 Blüthen, welche ihre Pollinien noch nicht verlo- ren, waren meistens frisch aufgebrochen | 32 6 12 I Pf Sins Snnrey.e 4 aa ee Be 5 7 2 Pin? N- undS.-Kent: .* rue... ee le DAR RT EEE Orchis latifolia: 9 Pfl. aus S.-Kent, von Rev. B. S. | MALDEN übersandt. Alle Blüthen reif. . . | 50 | 27 119 Orchis fusca: 2 Pfl. aus S.-Kent. Alle Blüthen reif | und Selbst .abpänpie ..: . wa... | 8 | 5 54 Aceras anthropomorpha: 4 Pfl. aus Süd-Kent . . 65 | 6 54 Summe 1247: 532 91 [715 Von Orchis pyramidalis habe ich Ähren untersucht, in wel- chen alle offenen -Blüthen ihre Pollen- Massen verloren hatten. Die 49 untersten Blüthen einer Ähre von Folkstone (die mir Hr. Cuarıes Lyeır gesandt) entwickelten 48 vollkommene Saamen- Kapseln, und von den 69 untersten Blüthen dreier andrer 27 Blüthenstände dieser Art haben nur 7 keine Kapseln angesetz!. Diese Thatsachen beweisen zur Genüge, wie trefflich die Schmet- terlinge ihr Kuppler-Amt zu besorgen verstehen. Die dritte Notitz, welche in unsrer Tabelle über Orchis pyrami- dalis eingetragen ist, bezieht sich auf eine grasige das Meer bei Torquay überhängende Küste, ohne alles Buschwerk oder sonstigen Schutz für Schmetterlinge. Erstaunt über die sehr geringe Anzahl aus den schon alten und von unten auf abwelkenden Blüthen-Ähren entführten Pollen- Massen sammelte ich der Vergleichung halber sechs andre Ähren in buschigen und geschützten Thälern eine halbe Meile weit jenseits von der freien Küsten-Stelle entfernt ein; diese Ähren waren jedenfalls jünger und müssten gleichwohl schon viel öfter von Insekten besucht gewesen seyn, durch welche sie viel mehr Pollinien verloren hätten und demgemäss auch selbst viel reichlicher befruchtet worden wären als die vo- rigen an dem ausgesetzten Küsten-Rande. Die ©. pyramidalis und die Bienen-Ophrys wachsen in manchen Gegenden Englands durcheinander, und so auch an der genannten Stelle, wo jedoch die Bienen-Ophrys statt seltener, wie sonst gewöhnlich, vielmehr weit häufiger als die Orchis war, wohl hauptsächlich eben dess halb (eine Vermulhung , auf welche kaum Jemand verfallen seyn. würde), weil die Freilage der Örtlichkeit dem Aufenthalte der Schmetterlinge und somit auch der Befruchtung der Orchis py- ramidalis zu ungünstig war, während die der Bienen - Ophrys, wie nachher gezeigt werden soll, von Insekten ganz unab- hängig: ist. Ich habe viele Ähren von Orchis latifolia durchgezählt, weil ich nach meiner genaueren Bekanntschaft mit dem gewöhnlichen Zustande der nahe-verwandten O. maculata überrascht war, in 9 fast schon abgewelkten Ähren nur wenige Pollen-Massen zu ver- missen. Ein Mal jedoch sah ich die O. maculata noch schlechter bestellt, indem von 7 Ähren mit 315 Blüthen nur 49 Saamen- Kapseln ansetzten, was durchschnittlich 7 Kapseln auf eine Pflanze beträgt. In diesem Falle waren die Pflanzen in grosser Anzahl dicht beisammen gewachsen, so dass sie grosse Beete bildeten, wie ich sie früher nie gesehen hatte; und ich stelle mir vor, 28 dass der Blüthen wohl zu viel gewesen seyn mögen für die an dieser Stelle nach Orchideen-Nectar suchenden Schmetterlinge. An andren Pflanzen nicht weit davon sah ich jedoch wieder über 30 Kapseln in jeder Ähre. Orchis fusca bot mir einen noch eigenthümlicheren Fall von unvollkommener Befruchtung dar. Ich untersuchte 10 schöne Ähren aus zwei Örtlichkeiten in Süd-Kent, die ich von den Her- ven Oxenpen und Marpen erhalten hatte; die meisten Blüthen dieser Ähren waren schon abgängig und der Pollen selbst in den ober- sten Blüthen schon schimmelig, so dass man gewiss seyn kann, dass später keine Pollen-Massen mehr entführt worden seyn würden. Ihres schon abblühenden Zustandes wegen untersuchte ich nur in zwei Ähren alle Blumen und erhielt ein Ergebniss, wie es in die vorausgehende Tabelle eingetragen ist, dass näm- lich 54 Blüthen ihre beiden Pollinia noch bei sich trugen, und nur 8 je eines derselben oder alle beide verloren hatten. Wir sehen in dieser wie in der O. latifolia, welche alle beide nicht genü- gend von Schmetterlingen besucht worden waren, dass öfter nur ein als alle beide Pollinien fehlten. Ich untersuchte dann noch viele Blüthen in den übrigen Ähren der 0. fusca, und das Ver- hältniss der entlührten Pollen-Massen war offenbar nicht grösser als in den zwei in der Liste aufgezählten Ähren. Die 10 Ähren enthielten zusammen 358 Blumen, aber in Übereinstimmung mit der geringen Anzahl entführter Pollinien hatten sich auch nur 11 Saamen-Kapseln angesetzt. Fünf von den 10 Ähren ent- wickelten gar keine, zwei nur eine und eine setzte vier Kapseln an. Zur Bestätigung meiner früheren Angabe, dass man oft Pollen auf der Narbe von Blüthen finde, welche noch alle ihre Pollinien am Platze haben, kann ich hinzufügen, dass von jenen I1 mit Frucht- Ansätzen versehenen Blüthen fünfe noch beide Pollinien innerhalb der bereits abgängig werdenden Antheren- Fächer enthielten. Aus diesen Thatsachen ergibt sich naturgemäss die Ver- muthung, dass O. fusca nur desshalb in Grossbritannien eine :so seltene Art ist, weil sie nicht genug Schmetterlinge anzieht und 29 daher auch nur wenige Saamen ansetzt. Aus C. K. Spreneer's * Berichte scheint sich zu ergeben, dass auch in Deutschland die Ö. militaris (welche nach Bextuam die nämliche Art seyn soll) nur unvollkommen, jedoch immerhin noch reichlicher als O. fusca befruchtet werde; — denn er fand 5 reife Ähren mit 138 Blü- then, welche 31 Kapseln angesetzt hatten, während dagegen au Gymnadenia conopsea fast jede Blume eine Frucht bilde. Noch bleibt ein eigenthümlicher Gegenstand im Zusammen- hange damit zu erörtern. Das Vorhandenseyn eines wohl ent- wickelten Sporn -fürmigen Nectariums scheint die Absonderung eines Nectars vorauszusetzen. Und doch konnte SprEnsEL **, der ein so sorgfältiger Beobachter war, nach genauer Durchsuchung vieler Blüthen von ©. latifolia und ©. morio keinen Tropfen Nectar finden, wie auch Krünırz *** in dem Nectarium sowohl als im Labellum von O. morio, O. fusca, ©. militaris, ©. macu- lata und O. latifolia vergeblich darnach suchte. Eben so habe ich alle bis jetzt in dieser Schrift erwähnten Arten darauf un- tersucht, aber selbst mit Hilfe des Mikroskops keine An- zeichen davon entdecken können; so unter andern nicht in eilf der frischesten von Pflanzen aus ganz verschiedenen Stand- orten entnommenen Blüthen der O. maculata. SPpRENGEL nennt diese Blumen »Scheinsaltblumen«, weil er unterstellte, dass diese Pflanzen, zu deren Befruchtung er die Insekten unentbehrlich wusste, nur durch ein organisirtes Täuschungs - System bestehen könnten. Wenn wir indessen die ganz unberechenbare Anzahl von Pflanzen in Betracht ziehen, welche alle im Verlaufe unge- heurer Zeiträume der Mitwirkung der Insekten bei jeder Ver- mehrung nicht entbehren konnten, — und wenn wir aus den ganz eigenthümlichen Einrichtungen der Blumen erkennen, dass jedes Insekt, welches eine Blume besucht und sich getäuscht ge sehen hat, unverzüglich zu einer zweiten gehen muss, wenn * Das entdeckte Geheimniss ete. S. 404. ZEN 015.203: = Auf welchen sich J. G. KURR in seinen »Untersuchungen über die Bedeutung der Nectarien, 1833, S. 28« beruft. . 30 es deren Befruchtung bewirken soll, wofür die grosse Menge der auf den Saugrüsseln die Orchis pyramidalis besuchender In- sekten ansitzenden Pollinien den klarsten Beweis liefert, so kön- nen wir nicht an eine so riesige Betrügerei glauben. Wer diese Lehre annehmbar findet, der muss die instinktiven Fähigkeiten so vieler Schmetterlings-Arten sehr gering anschlagen. Um diese Fähigkeiten auf die Probe zu stellen, machte ich folgenden kleinen Versuch, der einer Wiederholung in grösserem Maasstabe wohl werth seyn möchte. Ich nahm von einer Ähre der O. pyramidalis die schon ganz aufgegangenen Blüthen weg und schnitt von den sechs nächst-reifen aber noch nicht geöfl- neten Blüthen die Nectarien ihrer halben Länge nach auf. Nach- dem diese nun sämmtlich fast ganz abgeblüht waren, fand ich an 13 von den 15 obersten Blüthen mit vollkommenen Nectarien die Pollen-Massen entfernt und nur an zweien derselben noch in den Antheren-Fächern vorhanden, während von den sechs Blu- men mit aufgeschnittenen Nectarien drei ihre Pollinien verloren und drei sie behalten hatten, — was anzudeuten scheint, dass die Falter nicht in einer ganz sinnlosen Weise zu Werke gehen. Man möchte sagen, dass die Natur mitunter denselben Ver- such in einer weniger vollständigen Weise anstelle, indem sie, wie Bentnam * gezeigt, oft monströse Blüthen der Orchis pyra- midalis ohne Nectarium hervorbringt. Sir Cu. Lyerı sandte mir von Folkstone einige Ähren mit vielen in dieser Weise unvoll- ständigen Blüthen; darunter waren 6 ohne Spur von Nectarium, die noch alle ihre Pollinien hatten. In etwa einem Dutzend an- derer Blüthen, wo die Neetarien nur kurz oder die Labellen un- vollkommen waren, indem die Leitrippen fehlten oder durch Wucherung eine blätterige Form angenommen hallen, war nur in einer Blume ein Pollinium zu vermissen und nur in einer andern das Ovarium in Entwickelung begriffen. Und gleichwohl waren in jenen 6 ersten sowohl als in diesem Dutzend anderer Blüthen die saltellörmigen Klebscheiben alle vollkommen und umfingen alsbald eine in passender Weise eingeführte Nadel. Schmetter- * Handbook of the British Flora, 1858, p. 501. 31 linge hatten in den vollständigen Blüthen der nämlichen Ähren die Pollinien weggenommen und die ersten wohl befruchtet, so dass sie die monströsen Blüthen vernachlässigt haben, oder sie, falls sie solche besucht, sich durch die Störungen des zusammen- gesetzten Mechanismus an der Entführung der Pollinien und an der Befruchtung der Blüthen behindert gefunden haben müssen. Aus diesen Verhältnissen vermuthete ich fortwährend , dass eine Nectar- Absonderung bei unsren gewöhnlichen Orchideen stattfinden müsse, und beschloss, ©. morio mit aller Genauigkeit zu untersuchen. Ich fing damit an, sobald sich die ersten Blu- men öffneten und fuhr damit 24 Tage lang fort. Ich suchte bei heissem Sonnenschein und bei Regen und zu allen Stunden des Tages darnach; ich stellte die Ähren in Wasser und untersuchte sie um Mitternacht und früh am nächsten Morgen; ich reitzte die Nectarien mit einem Bürstchen und setzte sie reitzenden Dämpfen aus: ich prüfte solche Blüthen, welche ihre Pollinien schon durch den Besuch von Insekten verloren hatten und in deren einer ich fremde Pollen-Körner* am Nectarium selbst fand, und ich untersuchte andere, die nach der Stelle, welche sie in der Ähre einnahmen, ihre Pollinien schon abgegeben haben mussten. Aber das Nectarium war unabänderlich trocken. Ich dachte nun, die Absonderung möge wohl zur Zeit der ersten Morgenröthe erfolgen, da ich gefunden, dass solche in Blüthen anderer Familien auf sehr plötzliche Weise beginnen und aufhören könne. Da nun. wie sich aus der voranstehenden Liste ergibt, die Orchis pyramidalis von Nacht- sowohl als von Tag-Schmetterlingen (Anthrocera, Acontia) besucht wird, so unter- suchte ich ihr Nectarium sorgfältig an Pflanzen von verschie- denen Örtlichkeiten und in den am geeignetsten scheinenden Blüthen: aber die glitzernden Punkte waren vollkommen trocken! Wir dürfen also schliessen, dass die Nectarien der genannten Orchis-Art in England wie in Deutschland niemals Nektar enthalten * Als ich die Blätter des Rüssels eines Schmetterlings, worauf die Pol- linien einer Habenaria hafteten, mit Wasser aufweichte und trennte, fand ich eine überraschende Menge von Pollen-Körnchen einer andern Pflanze in dem Wasser. 32 Als ich nun die Nectarien von O. morio, O. maculata und insbesondere ©. pyramidalis untersuchte, war ich überrascht von der weiten Trennung der inneren und äusseren den Sporn bil- denden Membran von einander, von der zarten Beschaffenheit der inneren sehr leicht durchdringlichen Membran und endlich von der Menge der zwischen diesen beiden Membranen ange- sammelten Flüssigkeit. Obwohl ich anfänglich nur die Enden der Nectarien von O. pyramidalis aufschnitt und sie nur schwach zwischen dem Glase unter dem Mikroskope drückte, so drangen doch so grosse Tropfen der Flüssigkeit aus den abgeschnittenen Enden hervor, dass ich sicher glaubte Nectar in den Nectarien zu finden. Als ich aber vorsichtig ohne Anwendung eines Druckes einen Schnitt längs der oberen Seite desselben führte und durch diesen in den Sporn hineinsah, war die innere Ober- fläche abermals vollsommen trocken. Ich wandte mich nun zu den Honighältern der Gymnadenia conopsea (die von einigen Botanikern für eine ächte Orchis ge- halten wird, und von Habenaria bifolia, welche immer zu Ys bis 2/3 mit Nectar gefüllt sind). Die innere Membran bietet insofern als sie mit Wärzchen bedeckt erscheint, die nämliche Beschaffen- heit dar, während beide Arten darin von den oben genannten Orchis-Arten gänzlich abweichen, dass die innere und die äussere Membran dicht aneinandergewachsen sind und keine Flüssigkeit zwischen sich halten. Diess erweckte in mir die Vermuthung, die Schmetterlinge könnten mit ihren Saugrüsseln wohl die innere schlaffe Haut der Nectarien jener Orchis- Arten durchbohren um die so reichlich zwischen beiden Häuten enthaltene Flüssigkeit aufzusaugen. Ich weiss wohl, dass Diess eine kühne Hypothese ist, indem kein Fall angeführt ist, wo der Nectar zwischen den beiden Häuten eines Nectariums abgesondert wird *, oder wo * Der einer solchen Unterstellung zunächst-kommende, doch immerhin ganz verschiedene Fall ist die Absonderung von Nectar in verschiedenen Monokotyledonen - Pflanzen zwischen den beiden Wänden oder Blättern, welche die Abtheilungen des Ovariums bilden (AD. BRONGNIART i. Bull. soc. bot. de France 1854, I, 75). Doch wird in diesem Falle der Nectar durch einen Kanal nach aussen geführt und die absondernde Oberfläche ist mit äusserer Oberfläche homolog. 33 Schmetterlinge mit ihren zarten Saugrüsseln auch nur das zarteste Häutchen durchdrängen. Wir haben gesehen, wie schön und zahlreich die Vorrich- tungen zur Befruchtung der Orchideen sind. Wir wissen, dass es von höchster Wichtigkeit ist, dass die auf dem Kopf oder Rüssel eines Insektes sitzenden Pollen- Massen nicht seit- oder rückwärts niederfallen. Wir wissen, dass die Klebscheibe am Ende der Pollen Masse immer zäher und binnen weniger Minuten hart wird; es wäre daher von grossem Nutzen für die Pflanzen, wenn der Schmetterling beim Aufsaugen des Honigsaftes etwas länger aufgehalten wird, damit die Klebscheibe Zeit gewinne sich besser zu befestigen. Ein solcher Aufenthalt würde aber sicher entstehen, wenn er genöthigt wäre die innere Membran des Nec- tariums an mehreren Stellen zu durchbohren, um den Nektar aus den Intercellular-Räumen zu saugen. Diese Erklärung des da- durch entstehenden Vortheils könnte in gewissem Grade die Hy- pothese unterstützen, dass die Nectarien der obengenannten Örchis-Arten ihren Honigstoff nicht äusserlich, sondern in ihren Binnenräumen absondern. Folgende eigenthümliche Beziehung bestärkt diese Ansicht noch weiter. Ich habe Honigsaft in den Nectarien von nur fünf Britischen Ophryeen-Arten gefunden, nämlich in Gymnadenia con- opsea, G. albida, Habenaria bifolia, H. chlorantha und H. (Peri- stylus) viridis. In den ersten vier Arten ist die Klebscheibe der Pollen-Massen nicht in einen Beutel eingeschlossen, son- dern nackt, was schon für sich allein zeigt, dass die klebrige Materie derselben eine andere chemische Beschaffenheit als bei den ächten Orchis-Arten habe und an der Luft nicht so schnell erhärte. Um der Sache aber gewiss zu seyn. nahm ich die Pollinia. aus ihren Antheren-Fächern heraus, so dass die obere wie die untere Seite der Klebscheibe der freien Luft ausgesetzt wurden, und sah die Scheibe der Gymnadenia conopsea zwei und die der Habenaria chlorantha über 24 Stunden lang ihre klebrige Be- schaffenheit behalten. In Peristylus viridis ist die Klebscheibe zwar von einer Beutel-förmigen Membran bedeckt, welche aber so klein ist, dass die Botaniker sie übersehen haben. Als ich diese Art Oo DARWIN, Orchideen. ° 34 untersuchte, kannte ich noch nicht die Wichtigkeit einer genaueren Bestimmung der Zeit, in welcher die klebrige Materie erhärtet, doch finde ich in meinen Notitzen die Bemerkung: »die Scheibe bleibt, aus ihrem Beutel genommen, eine Zeit lang klebrig.« Nun wird die Bedeutung dieser Thatsachen klar. Wenn, wie es schon der Fall ist, die Materie der Scheiben dieser fünf letzten Arten so klebrig ist. dass sie zur genügenden Befesti- gung der Polten-Schläuche an die Insekten dienen kann, ohne alsbald zäher und härter zu werden, so kann es nicht mehr von Nutzen seyn, wenn die Schmetterlinge durch die Nothwendigkeit, die innere Membran der Nectarien mehrfach zu durchbohren, bei dem Aufsaugen des Honigsaftes länger aufgehalten werden, und in diesen fünf Arten und in ihnen allein finden wir einen reichlichen Vorrath von Honigsaft zur Verwendung bereit in offenen Nectar-Röhren. Wenn diese Beziehung einerseits zwischen einem langsam zähe und hart werdenden Klebstoff und einer die sau- genden Motten längere Zeit zurückhaltenden Anhäufungs-Weise des Nectars, — und anderseits zwischen einem schon von An fang her höchst zähen Klebstoff und einem zur raschen Aulfsau- gung reichlich angesammelten Nectar eine zufällige ist, so ist Diess ein schr glücklicher Zufall für unsre Pflanzen. Ist sie aber nicht zufällig, und ich kann nicht glauben, dass sie es seye, so ist es ein ganz eigenthümlicher Fall von Anpassung! Aweiter Abschnitt. Fortsetzung über Ophryeen. — Fliegen-, Spinnen-Ophrys. — Die Bienen- Öphrys anscheinend eingerichtet zur beständigen Selbstbefruchtung, aber mit aussergewöhnlichen Einrichtungen für Kreutzung. — Die Frosch- Örchis; ihre Befruchtung bewirkt durch einen aus zwei Theilen des Labellum abgesonderten Nectar. — Gymnadenia conopsea. — Grosse und kleine Schmetterlings-Orchis; ihre Verschiedenheiten und Befruch- tungs-Mittel. — Zusammenfassung über die Bewegungs-Kräfte in den Polien-Massen. Wir kommen nun zu denjenigen Ophryeen-Sippen, welche sich von Orchis durch zwei getrennte, nicht in eines zusammen- 35 fliessende, Rostellen * unterscheiden. Zuerst zum Genus Ophrys selbst. Ophrys museifera, Fliegen-Öphrys. a Staubbeutel. | rr Rostellum. ? Labellum. | s Stigma. A Blüthe von vorn gesehen; die zwei oberen Kronen-Blätter fast ganz Walzen-förmig und behaart; die zwei Schnäbelchen etwas vor der Basis der Antheren-Fächer stehend; was aber in der verkürzten Ansicht nicht in die Augen fällt. B Eine der zwei Pollen-Massen, pOllinia, aus dem Antheren-Fache genommen und von der Seite gesehen. In der Ophrys musecifera oder Fliegen - Ophrys besteht * Es ist nicht richtig von zwei Rostellen zu sprechen; doch mag die Bequemlichkeit die Ungenauigkeit des Ausdrucks entschuldigen. Das Ro- stellum ist strenge genommen nur ein einzähliges Organ, entstanden aus einer Metamorphose von Dorsal-Narbe und -Stempel, so dass in Ophrys die zwei Beutel und der dazwischen gelegene Raum mit einander das ächte Schnäbelchen darstellen. In Orchis habe ich zwar von dem Beutel-förmigen Organe als dem Rostellum gesprochen; aber strenge genommen schliesst das Rostellum das Kämmchen oder Haut-Fältchen zwischen den Basen der Antheren-Fächer ein. Dieses gefaltete Kämmchen (welches zuweilen auch eine derbe Kante darstellt) entspricht der glatten zwischen den 2 Beuteln in Ophrys gelegenen Erhöhung, und dankt seine vorragende und gefaltete Beschaffenheit in Orchis dem Umstande, dass die zwei Beutel miteinander in Berührung getreten und zusammen-geflossen sind. Diese Umgestaltung wird im siebenten Abschnitte ihre vollständige Erklärung finden. 3, 36 die Haupt-Eigenthümlichkeit darin, dass das Stöckchen des Polli- nium (B) zweimal fast unter rechtem Winkel gekrümmt ist. Das fast kreisrunde Haut-Stück, an dessen Unterseite sich der Klebestoff-Ballen befindet, ist von ansehnlicher Grösse und bildet deutlich den Scheitel, statt, wie in Orchis, die hintre und obre Seite des Schnäbelchens; daher das befestigte Ende des Stöck- chens nach dem Aufgehen der Blüthe der freien Luft ausgesetzt ist. Wie nun schon hieraus zu erwarten, so ist das Stöckchen nicht zu jener für alle Orchis-Arten so charakteristischen Senkungs- Bewegung befähigt; denn diese Bewegung wird immer veranlasst, sobald die obre Membran der Klebscheibe der freien Luft aus- gesetzt wird. Der Klebball ist in dem von der untern Hälfte des Rostellum gebildeten Beutel von Flüssigkeit umgeben, was nothwendig, weil der Klebstoff an der Luft rasch erhärtet. Der Beutel ist nicht elastisch und springt nicht empor, wenn man das Pollinium entfernt. Denn eine solche Elastizität würde ohne Nutzen gewesen seyn, weil hier eine besondre Tasche für jede Klebscheibe ist, während in Orchis nach der Entfernung des einen Pollinium. das andre noch geschützt und für seine Wirk- samkeit tüchtig erhalten werden muss. Die Natur scheint daher so haushälterisch zu verfahren, ‚dass sie selbst eine unnöthig gewordene Elastizität noch unterhält. Die Pollen-Massen lassen sich auch nicht, wie ich oft ver- sucht habe, mit Gewalt aus dem Antheren-Fache ziehen Dass einige Kerbthier - Arten diese Blumen, wenn auch nicht häufig, besuchen und die Pollinien entfernen, ist sicher, wie wir sogleich sehen werden. Zweimal habe ich häufigen Pollen an den Narben von Blumen gefunden, die ihre eignen Pollinien noch vollständig in den Antheren-Fächern enthielten, und ohne Zweifel würde ich dasselbe öfter beobachtet haben, wenn ich mich öfter dar- nach umgesehen hätte. Das verlängerte Labellum bietet den Insekten eine bequeme Stelle zum Niedersitzen dar; an seinem Anfange ist gerade unter der Narbe eine ziemlich ansehnliche Vertiefung, welche dem Nectarium in Orchis entspricht. Ich sah aber niemals weder eine Spur von Nektar darin, noch. Insekten, welche diesen nicht augenfälligen und geruchlosen Blumen auch 37 nur nahe gekommen wären, wie oft ich sie auch überwachen mochte. An jeder Seite ist am Grunde des Labellum ein blin- kender Knopf von fast metallischem Glanze, wie zwei Tropfen Flüssigkeit aussehend, so dass, wenn ich je an Sprexeer's Schein- Nektarien glauben könnte, ich es in diesem Falle thun würde. Ich kann bis jetzt nur Vermuthungen darüber haben, was Insekten zum Besuche dieser Blumen veranlassen könne. Die zwei die Klebscheiben bedeckenden Spitzbeutel stehen nicht weit auseinan- der, und ragen über die Narbe vor. Schiebt man leicht einen Gegenstand gerade gegen eine derselben vorwärts (bei Orchis müsste die Bewegung tiefer abwärts gerichtet seyn), so drückt er den Beutel nieder, hängt an den Klebballen an und kann so nunmehr das Pollinium leicht von seiner Stelle fortnehmen. Dieser Blumen-Bau lässt mich glauben, dass kleine Insekten (wie wir sie auch bei Listera finden werden) längs dem Labellum bis zu seiner Basis kriechen und, indem sie ihren Kopf auf- oder ab-wärts biegen, an einen der Beutel anstreifen; sie fliegen dann, mit einem Pollinium am Kopfe, zu einer andern Blume weiter, und wenn sie ihn dort gegen die Basis des Labellum abwärts senken, so streift das Pollinium vermöge der doppelten Krümmung des Stöckchens die klebrige Narben-Fläche und lässt Saamenstaub darauf zurück. Bei der nächsten Art werden wir guten Grund zur Annahme finden, dass die Doppeltkrümmung des Stöckchens der Fliegen-Ophrys die sonst gewöhnliche Senkungs- Bewegung desselben ersetzt. Dass Insekten die Blüthen der Fliegen-Ophrys besuchen und somit Pollinien mit fortnehmen, wenn auch nicht in einer genü- genden Weise, geht aus folgendem Falle hervor. Vor 1558 unter- suchte ich einige Jahre hintereinander gelegentlich einige Blüthen und fand unter 102 derselben nur 13, die ihre beiden Pollinien verloren hatten. Obwohl ich nun damals in meinen Notitzen be- merkt habe, dass die meisten Blüthen schon abzuwelken ange- fangen, so vermuthe ich jetzt doch, dass auch noch viele junge frisch aufgebrochene darunter gewesen sind, denen ein Besuch vielleicht noch bevorstund. Ich setze desshalb mehr Vertrauen auf die folgenden Beobachtungen. 38 a ——————————— ‘Zahl der Blüthen, worin Zahl der beobachteten Pflanzen und ihrer Blüthen. ‚Pollinien von Insekten |entführt werden und zwar u er | 2--1 Poll. | 0 Poll. 17 Pfl. mit 57 Bl. nahe beisammen stehend (1858) in" NordAkfenun 0. tz Amer N, en | 30 27 25 Pfl. mit 65 Bl. an andrer Stelle (1858), de. . ı 15 |. 50 17 PA. mit LEW de... 0.0. ss | 3 2 . | 4 Pfl. mit 24 Bl. (1861), in Süd-Kent . . . . . 15 | 9 63 Pine 207 BI N no. us. ss | 1m Es ist mithin nicht die Hälfte der 207 untersuchten Blüthen von Insekten besucht worden, und unter 58 besuchten Blüthen hatten 31 nur je ein Pollinium abgegeben. Da aber die Besuche der Insekten zur Befruchtung dieser Ophrys-Art nun einmal un- erlässlich sind, so ist es merkwürdig, dass sie (wie Orchis fusca) nicht mit mehr Anzichungs-Kraft in Bezug auf die Insekten aus- gerüstet ist. Die Zahl der sich ansetzenden Frucht-Kapseln ist natürlich verhältnissmässig eben so gering als die der besuchten Blüthen. Das Jahr 1861 war in Kent ausserordentlich günstig für diese Art, indem ich sie niemals sonst mit einer solchen Menge von Blüthen gesehen; so sah ich 11 Pflanzen mit zusam- men 49 Blüthen, von welchen jedoch nur 7 Kapseln ansetzten. Davon lieferten zwei je 2 und andere nur je 1, mithin sechs Pflanzen gar keine Kapseln! Was ist daraus zu schliessen? Sind die äusseren Lebens-Bedingungen ungünstig für diese Art, welche an manchen Stellen in diesem Jahre wirklich gemein war? Kann die Pflanze nicht mehr Saamen erzeugen oder würde Diess nicht vortheilhaft für sie seyn? Warum entwickelte sie so viele Blüthen, wenn ihr nicht eine grössere Saamen-Zahl von Nulzen wäre. Etwas in ihrem Lebens-Laufe scheint ausser dem Geleise zu seyn? — Wir werden bald einen merkwürdigen Gegensatz dazu aus dem gleichen Genus kennen lernen in der Saamen-reichen Bie- nen-Ophrys. Von der seltenen Ophrys araneifera oder Spinnen- Ophrys hat mir Hr. Oxexven einige wenige Ähren verschafft, dem ich dafür verbunden bin. Das Stöckchen (Fig. 6 A) steht anfangs gerade aufrecht über der Klebscheibe und krümmt sich 39 dann vorwärts in derselben Weise und Fig. 6. nur in minderem Grade, als bei der vo+ rigen Art. Die Anheltungs - Stelle des Stöckchens an der Scheiben - Haut ist in der Basis des Antheren-Faches verborgen und feucht gehalten; sobald mithin die Pollinia der freien Luft ausgeselzt wer- den, erfolgt die gewöhnliche Senkung Ophrys araneifera. derselben im Betrage eines Winkels von A Ein Pollinium vor seiner Nie- 90%, in deren Folge sie (vorausgesetzt „ ee ee dass sie nur an einem Insekten - Kopfe hafteten) genau in die Stellung gerathen, welche nöthig ist, um die Narben-Fläche zu bestreichen, welche in Bezug auf die Beutel- förmigen Rostellen tiefer unten in den Blüthen liegt, als bei der Fliegen-Ophrys. Vergleichen wir die holzschnittliche Darstellung des Polliniums unsrer Spinnen-Ophrys nach seiner Senkung mit dem der Fliegen-Ophrys, welches keiner Senkung fähig ist, so kann man unmöglich bezweifeln, dass die bleibende rechtwinkelige Krümmung dicht an der Scheibe des letzten zum nämlichen Zwecke wie die Abwärtssenkung des ersten führen müsse. Ich habe i4 Blüthen der Spinnen- Ophrys untersucht, von welchen einige schon im Abblühen begriffen waren; keine halte ihre beiden und nur drei halten eine von ihren beiden Pollen- Massen verloren, so dass diese Art wie die Fliegen-Ophrys auch nicht viel von Insekten besucht zu werden scheint. Ihre Staubbeutel-Fächer sind bemerkenswerth weit geöffnet, so dass während ihrer Versendung in einer Büchse zwei Paar Pollinien herausfielen und mittelst ihrer Klebscheiben an der Blüthe haften blieben. Hier haben wir, wie in der ganzen Na- tur, ein Beispiel von stufenweisem Übergange ; denn, während die weite Öffnung der Antheren-Fächer für diese Art nutzlos ist, wird sie, wie sich sogleich zeigen wird, für die folgenden Arten und namentlich für die Bienen-Ophrys höchst wichtig. So ist auch die Biegung des oberen Endes des Pollinium - Stöckehens gegen das Labellum zwar für die Spinnen- und die Fliegen- Ophrys sehr nothwendig, um die von Insekten entführte Pollen- 40 Masse, wenn sie mit diesen auf eine andere Blume gelangt, die Narbe bestreichen zu lassen, aber unnöthiger Weise übertrieben bei der folgenden Art, wo sie zu dem sehr verschiedenen Zwecke der Selbstbefruchtung bestimmt ist. Ophrys apifera, die Bienen-Ophrys, bietet uns den übrigen Arten dieser Sippe und, so weit ich sehen kann, sogar allen andren Orchideen gegenüber ganz eigenthümliche Befruch- tungs-Einrichtungen dar. Die zwei Beutel-förmigen Rostella, die Klebscheiben und die Lage der Narbe sind fast dieselben wie in andern Ophrys-Arten; aber zu meiner Überraschung habe ich wahrgenommen, dass die Entfernung der zwei Beutel von ein- ander und der Form der Masse von Pollen-Körnern veränderlich sind. Die Stöckchen der Pollinia sind merkwürdig lang, dünn und biegsam, anstatt so wie in Ric. 7. allen andern Ophryeen genügende Steilheit zur aufrechten Haltung zu besitzen. Sie sind mit ihren obe- ren Enden nothwendig vorwärts gekrümmt, um sich in die Form des Antheren-Faches zu schmiegen; und die Birn-förmigen Pollen-Mas- sen liegen hoch oben und gerade über dem Stigma eingebeltet. Die Antheren-Fächer öffnen sich natur- gemäss bald nach der vollen Ent- faltung der Blume, und die dicken Ophrys apifera, Bienen-Ophrys. Enden der Pollinien fallen vor, a Anthere. | 7 Labellum. während die Klebscheiben noch in A Seiten-Ansicht der Blüthe, von welcher ihrem Beutel sitzen bleiben. Wie das obere Kronen- und die zwei obe- . \ [ ip yunie . Bw > v R IQ - ren Kelch-Blätter weggeschnitten sind, gt rıng alı h das Gewicht des Pol Ein Pollinium ist mit der Klebscheibe Jens seyn mag, SO ist doch das noch im Beutel, ist eben im Begriffe _,. > : aus dem Antheren-Fache zu treten; Stöckchen so. dünne und wird bald as andere is ler verborgene lar- u . a x ‘1 NP da ander ist ger erborg a n Naı so biegsam, dass es schon nach ben-Fläche gegenüber schon fast ganz herausgefallen. wenigen Stunden herabzusinken be- B Ein Pollinium in der Form, wie es ginnt, bis es frei in der Luft hängt (Fig. 7 A, die untre Pollen-Masse) eingebettet liegt. 4 vor und genau gegenüber der Narben-Fläche. Wenn während dieser Haltung ein auf die Kronen -Blätter wirkender Luft-Zug die biegsamen und elastischen Stöckchen erhärtet, so müssen sie meistens unmittelbar das klebrige Stigma berühren, daran fest haften und die Befruchtung vermitteln. Um mir die Gewissheit zu verschaffen, dass keine weitre Hilfe dazu erforderlich seve, stellte ich, obwohl dieser Versuch kaum mehr nöthig war, eine Pflanze unter ein Netz, durch welches wohl etwas Luftzug, aber keine Insekten mehr eindringen konnten, und. nach wenigen Tagen sassen alle Pollinien an den Narben fest, wogegen die Pollen- Massen einer in windstillem Raum in Wasser gestellten Blüthen- Ähre frei vor den Narben aufgehängt blieben. Roserr Brown hat zuerst die Beobachtung gemacht*, dass die Bienen-Ophrys zur Selbstbefruchtung eingerichtet seye. Wenn wir die Pollinien-Stielehen von ungewöhnlicher und voll- kommen anpassender Länge und von merkwürdiger Dünne, die Antheren-Fächer von Natur weit geöffnet, die Pollen - Massen daraus hervortreten und sich durch ihre eigne Schwere langsam bis zur Höhe der Narben-Fläche herabsenken und sich dann in Folge der leichtesten Luft-Bewegung auf das Stigma hinüber- schwingen sehen, so können wir nicht länger daran zweifeln, dass diese Eigenthümlichkeiten in Bau und Verrichtung der Or- gane, wie sie in keiner andren Britischen Orchidee vorkommen, auf Selbstbefruchtung berechnet sind. Es stellt sich mithin heraus, was sich vorhersagen liess. Ich habe oft wahrgenommen, dass in den Ähren der Bienen- Ophrys fast aus jeder Blüthe eine Fruchtkapsel werde. Bei Torquay untersuchte ich kurz nach der Blüthezeit viele Dutzend Pflanzen und fand an allen 1-4—5 gesunde Kapseln, d. h. so viele als hier Blüthen vorhanden gewesen; der Fall, dass eine Blüthe gar keine Frucht angesetzt, war sehr selten, wenn man von einer oder der andren unvollkommenen Blüthe an der Spitze der Ähre absieht. Welcher Gegensatz zwischen dieser Art und * T'ransact. Linn. Soc. XVI, 740. BROWN war jedoch der irrigen Meinung, dass diese Einrichtung dem ganzen Genus zukomme; unter den vier Britischen Arten ist aber nur diese eine damit versehen. 42 der Fliegen-Ophrys, welche der Mitwirkung der Insekten bedarf, um aus 49 Blumen nur 7 Kapseln zu bilden! Nach demjenigen, was ich bereits bei andren Britischen Orchideen beobachtet, war ich so erstaunt über die Selbstbe- [ruchtung dieser Art, dass ich mich viele Jahre lang gedrungen fühlte, den Zustand der Pollen-Massen in Hunderten von Blüthen zu beobachten, und doch habe ich keinen einzigen Fall kennen gelernt, der mich anzunehmen nöthigte, dass der Pollen von einer Blüthe auf die andre übertragen worden seye. Einige wenige monströse Blüthen ausgenommen ist mir kein Beispiel bekannt geworden, wo die Pollen-Massen nicht zur Narbe ihrer eignen Blüthe gelangt wären, und nur in sehr wenigen Fällen war es bloss ein Pollinium, welches fehlte, wo dann mitunter Schleim-Spuren auf einen statlgeiundenen Besuch durch Schnecken hinwiesen. So untersuchte ich z. B. 1860 im nördlichen Theile von Kent zwölf Ahren mit zusammen 39 Blüthen, von welchen nur drei ein Pollinium verloren hatten; alle andren klebten an den Narben ihrer eignen Blüthen. An einer andern Stelle da- - gegen beobachtete ich den ganz ausserordentlichen Fall, wo von vier Blumen zwei je ein und die zwei andern ihre beiden Polli- nien verloren hatten. Im südlichen Kent habe ich gleichfalls einige Blüthen untersucht und dieselben Ergebnisse erhalten. Bei Torquay vermisste ich in 38 Blüthen an 12 Ähren nur ein einziges Pollinium. Überall können ja Insekten und heltige Winde einmal den Verlust einer solchen Pollen-Masse bewirken. Auf der Insel Wight war Hr. A. G. More so gelällig, eine grosse Anzahl Blüthen sorgfältig zu untersuchen. Er fand, dass in einzeln stehenden Pflanzen beide Pollinien jederzeit vorhanden waren. Er nahm dann von vielen an zwei Stellen gesellig wachsenden Pflanzen einige mit nach Hause, wählte darunter eine Anzahl von solchen aus, welche einige Pollinien verloren zu haben schienen, und untersuchte 136 Blumen genauer Von diesen hatten 10 beide, 14 je eines ihrer Pollinien verloren, und ausserdem waren von 11 Pollinien die Klebscheiben noch in ihren Beuteln vorhanden, aber ihre Stöckchen abgerissen, so dass hier andre Thiere als Insekten — wahrscheinlich Schnecken 43 — mit im Spiele gewesen seyn müssen. Auch von den Blüthen waren drei stark benagt. Zwei wahrscheinlich durch heftigen Wind losgerissene Pollinien klebten an den Kelch-Blättern und drei wurden ganz lose in der Botanisir-Büchse gefunden, so dass es ganz zweifelhaft erscheint, ob auch nur ein einziges der fehlenden Pollinien durch Ankleben an die Blüthen besuchende Insekten entfernt worden seye, zumal ich nie ein Insekt diese Blüthen besuchen sah *. Roserr Brown glaubte, dass diese Blu- men desshalb Ähnlichkeit mit Bienen hätten, eben um Insekten vom Besuche derselben abzuhalten. Aber ich kann Diess nicht wahrscheinlich finden, ‚indem die eben so grosse oder noch grössre Ähnlichkeit der Fliegen-Ophrys mit einem Kerbthiere die Besuche irgend eines noch unbekannten Insektes nicht ver- hindert, das bei dieser Art zur Vermittelung der Befruchtung unentbehrlich ist. Der Bau der verschiedenen bisher beschriebenen Blumen- Theile, der wirkliche Zustand der in vielen Pflanzen zu ver- schiedenen Jahreszeiten und an verschiedenen Örtlichkeiten be- obachteten Pollinien, die Zahl der sich anselzenden Saamen- Kapseln: Alles scheint mit Bestimmtheit darauf hinzuweisen, dass wir es hier mit einer fortwährend sich selbst befruchtenden Pflanze zu thun haben. Doch gibt es auch andre Erscheinungen, die für das Gegentheil sprechen. Wenn man irgend einen Gegenstand (wie bei der Fliegen - Ophrys) gerade gegen eines der Beutelchen des Rostellum voranschiebt, so wird dessen Lippe niedergedrückt, die grosse und sehr klebrige Scheibe hängt sich an den Gegenstand fest und das Pollinium wird so mit weg- genommen. Selbst nachdem die Pollen-Massen aus ihren Fächern gefallen und an der Narbe festgeklebt sind, können sie noch mitunter auf diese Weise entführt werden. Sobald die Kleb- scheibe aus dem Beutel hervorgezogen ist, beginnt die Senkung, wodurch das vorn auf dem Kopfe eines Kerbthiers klebende * GERARD E. SMITH sagt in seinem Catalogue of Plants of 8. Kent, 1829, p. 25: >Hr. PRICE sah eine Biene, ähnlich der lästigen Apis mus- corum, oft Angriffe auf die Bienen-Orchis machen«e. Ich vermag den Sinn dieser Worte nicht zu errathen. 44 Pollinium in eine passende Lage gebracht wird, um eine Narbe bestreichen zu können. Wird eine Pollen-Masse, welche bereits an .der Narbe klebt, davon weggezogen, so zerreissen die ela- stischen Fäden, welche die Päckchen der Pollenkörner unter einander verketten und lassen einige dieser Päckchen an der klebrigen Narben-Fläche hängen. In allen andren Orchideen ist die Bestimmung der verschiedenen Einrichtungen, wie die Ab- wärtsbewegung der Lippe des Schnäbelchens bei leichter Berüh- rung, die Klebrigkeit der Scheibe, die Niedersenkung des Stöck- chens nach der Herausnahme der Klebscheibe, das Zerreissen der elastischen Fäden beim Ankleben an das Stigma und somit die. Übertragung des Pollens einer Masse an mehre Narben durchaus nicht zu verkennen. Und ist es nun glaubhaft, dass die nämlichen Einrichtungen bei der Bienen-Ophrys durchaus ohne Zweck seyen, wie es nothwendig der Fall wäre, wenn in dieser Art fortwährend jede Blüthe sich selbst befruchtete. Wären die Klebscheiben klein und nur wenig klebrig, oder wären die übri- gen Einrichtungen von irgendwie nur unvollkommener Beschaffen- heit, so könnten wir uns vorstellen, dass sie in dieser Art in Verkümmerung begriffen seyen, dass die Natur (man verzeihe mir diese Ausdrucks-Weise), als sie gesehen, dass die Fliegen- und Spinnen-Ophrys nur noch unvollkommen befruchtet würden und wenig Saamen-Kapseln ansetzten, ihren Plan geändert und eine fortwährende vollständige Selbstbelruchtung angeordnet habe, um mehr Saamen zu erzeugen. Die Sache ist verwirrend in einem Grade, wie es nicht leicht wieder vorkommt, da wir in der nämlichen Blume anscheinend sorgfältig überdachte Vorrich- lungen zu ganz entgegengesetzten Zwecken erblicken. Wir haben bereits viele sonderbare Bildungen und Bewe- gungen gefunden, welche wie in der Orchis pyramidalis auf die Befruchtung einer Blume durch den Pollen einer andern berech- net sind: und wir werden deren noch viele andre und sehr ab- weichende in der ganzen grossen Familie der Orchideen zum nämlichen Zwecke finden. Es ist daher unmöglich zu bezwei- (eln, dass nicht durch die Verbindung zwischen zwei verschie- denen oft auf verschiedenen Pflanzen stehenden Blüthen irgend 45 ein grosser Vortheil erreicht werden solle. Aber bei der Flie- gen- und Spinnen- Ophrys wird dieser Vortheil auf Kosten der Fruchtbarkeit erreicht. Bei der Bienen-Ophrys wird eine grosse Fruchtbarkeit um den Preis einer anscheinend beständigen Selbst- befruchtung erreicht: aber es sind auch Einrichtungen vorhanden, welche gewiss auf eine jeweilige Kreutzung mit einer andern Pflanze berechnet sind, und es scheint mir der sicherste Schluss zu seyn, dass unter gewissen unbekannten Umständen und viel- leicht auch nur einmal in langen Zeiträumen ein Einzelwesen der Bienen -Ophrys sich mit einem andern kreutze. So würden die Fortpflanzungs -Verrichtungen dieser Pflanzen im Einklang mit denen der andren Orchideen und überhaupt aller andren Pflanzen kommen, so weit ich ihren Bau zu ermitteln im Stande ge- wesen bin. Ophrys arachnites. Diese Form gilt bei einigen hoch- gestellten Gewährsmännern nur für eine Varietät der Bienen- Ophrys. Hr. Oxenpen sandte mir zwei mit sieben Blüthen ver- sehene Ähren. Die Antheren-Fächer stehen nicht so hoch über dem Stigma und bängen nicht so weit über dasselbe vor, wie in der letztgenannten Art. Die Pollenkörner-Masse ist gewöhnlich mehr verlängert; der obere Theil des Stöckchens ist vorwärts gekrümmt; der untre unterliegt der Senkungs-Bewegung wie bei der Spinnen- und der Bienen-Ophrys. Das Stöckchen hat nur 2/4—?/3 der Länge von dem dieser letzten; aber es ist eben so dick und breit und dabei steifer, so dass es, wenn das obere Ende des Pollinium aus dem Antheren-Fache gedrängt wird, während die Klebscheibe noch im Beutel sitzt, nur schwer gegen das Stigma herabgebogen werden kann. Pollinium der Wir finden daher hier keine Anpassung zur Ophrys arachnites. Seipstbefruchtung. Die sieben mir zugesandten Blüthen sind ohne Zweifel lange aufgegangen gewesen und die Ähren mögen während ihrer Eisen- bahn-Reise eine unzukömmliche Erschütterung durchgemacht haben: dennoch waren in sechsen derselben beide Pollinien noch an ihrem Platze im Antheren-Fache. In der siebenten klebten beide. obwohl mit den Klebscheiben noch in ihren Beuteln steckend, an der Narbe an; doch war diese Blüthe schon stark ab- geblüht und wahrscheinlich gedrückt worden. Von den sechs ersten Blüthen waren drei so alt, dass der Pollen bereits schimmelig und die Kronen-Blätter entfärbt waren, und doch sassen die Pol- len-Massen noch in ihren Fächern. Obwohl ich viele Hunderte von Blüthen der Bienen- Ophrys untersucht, so habe ich doch einen ähnlichen Fall dort nie beobachtet. In Betracht dieser wichtigen funktionnellen Verschiedenheit zwischen O. apifera und Ö. arachnites, der kleineren Abweichungen im Baue ihrer Polli- nien, die wohl ebenfalls funktionnelle Bedeutung haben könnten, und endlich der kleinen Unterschiede in ihren Blüthen scheint mir so lange wenigstens, als keine Zwischenformen nachgewiesen sind, ©. arachnites aufrecht erhalten werden zu müssen als eine gute Art, welche in ihrer Befruchtungs-Weise der O. araneifera näher als der O. apifera steht. Herminium monorchis. Der Moschus - Orchis werden allgemein nackte Drüsen oder Scheiben zugeschrieben, was in- dessen nicht genau richtig ist. Die Klebscheibe ist von ganz ungewöhnlicher Grösse, fast der Masse der Pollen-Körner gleich- kommend, fast dreieckig von Form, unsymmelrisch, elwas einem Helme ähnlich, aber mit einer vorragenden Seite. Sie besteht aus einer harten Membran, welche nur an ihrer vertieften Unter- seite klebrig ist, welche haftet an und bedeckt ist von einem schmalen Haut-Streifen, der leicht zu beseitigen und analog ist dem Beutel bei Orchis. Der ganze obere Theil des Helmes ent- spricht dem kleinen ovalen Haut-Stückehen. an welchem bei Or- chis das Stöckchen ansitzt, während es bei der Fliegen - Ophrys grösser und gewölbter ist. Wenn man den untren Theil des Helmes mit einem spitzen Gegenstande bewegt, so gleitet die Spitze so leicht in die Höhlen-Basis hinein, und wird hier von dem Klebestoff so festgehalten, dass er wie dazu gemacht er- scheint auf irgend einem vorragenden Theile eines Insekten- Kopfes zu sitzen. Das Stöckchen ist kurz und sehr elastisch und nicht an die Spitze sondern an das hintre Ende des Helmes be festiot; — denn wäre es an die Spitze befestigt, so wäre der 47 Befestigungs- Punkt so sehr der freien Luft ausgesetzt, dass er sich nicht zusammenziehen und die Niedersenkung der Pollinien nach deren Enthebung aus dem Antheren-Fache bewirken könnte. Diese Bewegung ist wohl ausgesprochen und ganz nothwendig, um das Ende der Pollen-Masse in die richtige Lage zur Bestrei- chung der Narbe zu bringen. Die zwei Klebscheiben stehen weit auseinander. Es sind zwei queere Narben-Flächen vorhanden, welche mit ihren Spitzen in der Mitte zusammenstossen:; aber mit ihrem breiten Theile liegen sie gerade unter den Scheiben. Das Labellum ist emporgerichtet, so dass die Blüthe fast Röhren- förmig wird. So viel ich zu ermitteln vermochte, müsste ein in die Blume ein oder aus-kriechendes Insekt an dem oben so stark vorragenden Ende der zwei Helm -förmigen Scheiben anstreifen und die unteren Klebflächen so aus ihrer Lage bringen, dass sie sich an den Kopf oder den Körper anhängen könnten. Am Grunde des Lippchens ist eine so tiefe Höhlung vorhanden, dass man sie wohl als Nectarium bezeichnen könnte; doch Honig- saft habe ich nicht darin gefunden. Die Blüthen sind zwar sehr klein und unansehnlich, entwickeln aber zumal bei Nacht einen starken Moschus-Geruch. Auch scheinen sie Insekten in hohem Grade anzuziehen, da ich an einer Ähre, woran sich sieben Blüthen erst kürzlich geöffnet, vier fand, welche schon beide Pol- linien, und eine die eines derselben verloren hatte ”. nn rn : * Mein Sohn hat beobachtet, dass das Herminium von zahlreichen Hy- menopteren besucht wird, die so klein sind, dass ich sie übersehen hatte. Sie gehören zu wenigstens zwei Sippen und die grössten von ihnen sind nur !/20“ lang. Er brachte mir jedesmal 1—2—3, im Ganzen allmählich 24 Exemplare mit nach Hause, an welchen allen sich Pollen-Massen angeheftet fanden. Es ist eine merkwürdige Thatsache, dass sich an allen diesen In- sekten, mit nur einer Ausnahme, die Klebscheiben genau an derselben Stelle des Körpers, nämlich an die Aussenseite des Schenkels bei seiner Einlenkung in die Hüfte der Vorderfüsse angeheftet hatten. In dem einen Ausnahms-Falle sass das Pollinium an der Binnenseite des Oberschenkels. Ausserdern erhielt ich auch einen sehr kleinen Käfer aus der Familie der Serrieornia, der gleichfalls ein Pollinium genau an derselben Stelle der Vorderbeine trug. Diese Thatsachen zeigen, wie wundervoll genau Form und Tiefe dieser Blumen berechnet seyn müssen, dass Insekten von so ver- schiedener Art in gleich unabänderlicher Weise genöthigt sind genau die- 48 Peristylus (Habenaria) viridis, die Frosch - Orchis , ist gleichfalls und mit eben so wenig Genauigkeit als mit nackten Scheiben versehen bezeichnet worden. Die zwei kleinen Beutel stehen weit auseinander, Der Klebball ist Fig. 9. eiförmig, und nicht rasch erhärtend, seine Oberfläche ist durch einen kleinen Beutel geschützt. Die obere häutige Oberfläche der Scheibe ist gross, der Verbindungs- Punkt mit dem Stöckehen (wie in Ophrys muscifera) der freien Luft ausgesetzt, da- her ohne das Vermögen die oft beschrie- bene Sinkbewegung des Pollininms zu be- wirken. Aber die Stöckchen sind nicht wie bei der Fliegen-Orchis doppelt ge- krümmt; die Narben-Fläche ist klein und mittelständig, und obwohl die Antheren- Peristylus viridis. Fächer sich etwas zurückkrümmer und auf ER A DEE SHE dem oberen Ende etwas zusammenneigen, aanthers so dass sie die Stellung der an irgend ! Labellum. „» Mündung des Zentral- Necta einen Gegenstand sich befestigenden riums. Pollinien bedingen, so ist doch zu- n' Seiten-Nectarien. rap nächst nicht leicht zu begreifen, wie die selbe Stellung anzunehmen, (dass sie mit dem vorragenden Hüftgelenke an die klebrige vertiefte Oberfläche der Helm-törmisen Scheibe anstossen. Auf meine Bemerkung, dass diese Insekten mit ihrem Rücken gerade oder schief gegen das Labellum gewendet in die Blume hineinkrabbeln müssen, bestä- tigte er, dass Diess gewöhnlich der Fall seye, dass er jedoch nicht wenige, die in einer ganz verkehrten Haltung eingekrochen, wieder herauskommen, ihre Richtung ändern und aufs Neue eindringen gesehen habe. Ein Indi- viduum war in der Blume gefangen worden mit dem Femur an die noch nicht entführte Scheibe angeklebt, und an diesem erkannte ich, dass die Insekten beiderseits zwischen dem Lippchen und den oberen Kronenblättern hineinschlüpfen und die Scheiben (mit seltenen Ausnahmen) an die äussere Oberfläche des Schenkels ankleben. Wahrscheinlich geschieht es, wenn sich das Insekt zurückzieht, dass Schenkel und Hüftgelenke an der Unter- seite der Scheibe anstreifen und so die Pollinien herausziehen. Ich kenne keinen andern Fall, wo sich die Pollen-Massen der Orchideen an die Beine der Insekten anhängten, obwohl diess bei den Asclepiadeen vorkommt, wie ich selbst gesehen habe. (Nachtrag vom. Juni 1862.) D. 49 Pollinien bei ihrer Entführung durch Insekten das Stigma streifen sollen. Die Erklärung ist ganz eigenthümlich. Das verlängerte La- bellum bildet eine sehr tiefe Höhle vor dem Stigma und in dieser Höhle, doch etwas weiter vorn vom Stigma entfernt, leitet eine kleine Schlitz-förmige Öffnung (n) in das kurze zweilappige Nec- tarıum. Daher ein Insekt, das den Honigsalt, womit das Necta- rium erfüllt ist, saugen wollte, seinen Kopf von dem Stigma abwärts biegen müsste. Das Labellum hat eine mittle Längs- rippe, welche das Insekt wahrscheinlich veranlassen wird, sich auf deren beiden Seiten niederzulassen. Damit aber, wie es scheint, Diess auch sicher geschehe, sind ausser dem wirklichen Necta- rium noch zwei Flecken (n’) jederseils am Grunde des Labellum vorhanden, eingefasst von dessen erhabenen Rändern und gerade unter den zwei Beuteln gelegen, welche Nectar-Tropfen absondern. Nehmen wir nun den Fall an, ein Insekt lasse sich auf der einen Seite des Labellums nieder und lecke zuerst die Nectar Tropfen auf dessen beiden Seiten-Hälften auf, so würde sich, nach der Stellung der Beutel gerade über diesen Tropfen, das Pollinium dieser Seite fast gewiss an den Kopf des Insekts helten; und wenn sich dieses nun nach der Mündung des wirklichen Nectarium wendete, so würde das Pollinium sicher an dem Stigma anstreifen. So würde demnach in diesem einzigen Falle, wo der Honigsaft nicht nur von den Basal-Rändern des Labellum, sondern auch von dem kurzen, mittelständigen Nectarium abgesondert wird, sowohl die bei andern Orchideen so gewöhnliche Bewe- gungs-Kraft der Pollinien als auch die doppelte Biegung des Stämmchens der Fliegen-Ophrys eben dadurch überflüssig ge- macht werden. Nach dieser Beschreibung muss es scheinen, als werde die Blüthe durch ihren eigenen Saamenstaub befruchtet. Söge aber nun das Insekt zuerst die reichere Nectar- Quelle leer und leckte erst dann die seitlichen Tropfen auf, so würde es die Blume nicht verlassen um auf eine andere zu fliegen, als mit den an seinem Kopfe sitzenden Pollinien, und es würde so die Befruchtung zwischen zwei Blüthen einer und der nämlichen oder DARWIN, Orchideen. 4 50 zweier ganz verschiedenen Pflanzen vermitteln. Wenn das Insekt zuerst die Seitentropfen aufsaugen wollte, so würde nach dem, was Sprenger * bei Listera beobachtet hat, sich wahrscheinlich das Insekt durch das Ankleben des Polliniums gestört fühlen und, statt nun augenblicklich zu saugen, nach einer andern Blume fliegen und so eine Kreutzung zwischen zwei verschiedenen Pflanzen bewirken. Ich danke dem Rev. B. S. Maıpen von Can- terbury zwei Ähren der Frosch-Orchis, an welchen einige Blüthen je ein, und nur eine Blüthe die beiden Pollinien verloren hatten. Wir kommen nun zu zwei Sippen, Gymnadenia und Habe- naria mit vier Britischen Arten, welche wirklich nackte Kleb- scheiben besitzen. Ihr Klebstoff ist. wie schon früher bemerkt worden, von etwas anderer chemischer Beschaffenheit als bei Örchis, indem er nicht so rasch erhärtet. Ihre Honigsaft-Hälter sind voll Nectar. Hinsichtlich der unbedeckten Lage der Scheiben befindet sich der zuletzt beschriebene Peristylus viridis in einem fast mitteln Verhältnisse. Die vier folgenden Formen bilden eine sehr gebrochene Reihe. Bei Gynnadenia conopsea sind die Kleb- scheiben schmal, sehr lang und nahe nebeneinander gelegen: in G. albida sind sie weniger verlängert, aber noch dicht beisam- men; in Habenaria bifolia sind sie eiförmig und weit auseinander, und bei H. chlorantha endlich sind sie kreisrund und noch weiter getrennt. Gymnadenia conopsea Fig. 10. gleicht im allgemeinen Aussehen in hohem Grade manchen ächten Orchis-Arten: aber ihre Pollinien haben nackte schmale Streilen- förmige Klebscheiben , welche fast so lang als die Stöckchen sind (Fig. 10). Werden die Pol- Bunnalenigieonopeeg. linien der Luft ausgesetzt, so A Pollinium vor der Senkung. . senkt sich das Stöckchen binnen B Dasselbe nach der Senkung oben vor völ- liger Umfassung der Scheibe. 30—60 Sekunden; und da seine * Das entdeckte Geheimniss der Natur S. 407. 51 Vorderseite etwas vertieft ist, so umfängt es knapp die ober- häutige Seite der Klebscheibe. Der Mechanismus dieser Bewe- gung wird im letzten Abschnitte beschrieben werden. Die elastischen Fädchen zur Verkettung der Pollen-Päckchen sind ungewöhnlich schwach, wie es auch bei den zwei folgenden Ha- benaria-Arten der Fall ist. Diess war an in Weingeist aufbe- wahrten Pflanzen sehr deutlich zu sehen. Diese Schwäche hängt anscheinend damit zusammen, dass der Klebstoff der Scheiben nicht wie bei den Orchis-Arten trocken und hart wird, so dass ein Schmetterling mit einem solchen Pollinium auf dem Saugrüssel wohl mehre Blüthen besuchen könnte, bis allmählich die ganze Pollen-Masse an verschiedenen Narben abgestreift würde. Die zwei Band-förmigen Scheiben liegen dicht aneinander und bilden das Dach der Nectariums-Mündung. Sie sind nicht, wie in Or- ehis, von einer Unterlippe oder Tasche umschlossen, so dass der Bau des Schnäbelchens einfacher erscheint. Wenn wir auf die Homologie des Scheibehens zu sprechen kommen, werden wir sehen, dass diese Verschiedenheit von einer kleinen Veränderung ‚bedingt ist, indem sich nämlich die unteren und äusseren Zellen des Rostellum in eine klebrige Masse auflösen. während bei Or- chis dessen äussere Seite die anfängliche zellige oder häutige Beschaffenheit beibehält. Da die zwei Klebscheiben das Dach der Nectarien-Mündung bilden und dadurch weiter abwärts gegen das Labellum rücken, so werden die zwei Narben, statt unter dem Rostellum stehend zusammenzufliessen, nothwendig eine getrennte und seitliche Stellung einnehmen. Sie bilden zwei vorragende fast Horn-för- mige Fortsätze jedenfalls an der Mündung des Nectarium. Davon dass ihre Oberflächen wirklich klebrig sind, habe ich mich über- zeugt, indem ich sie von einer Menge Pollen-Röhrchen tief durch- bohrt fand. Wie bei Orchis pyramidalis ist es ein schöner kleiner Versuch, eine feine Borste in die enge Mündung des Nectariums einzuführen und zu beobachten, wie sicher sich die schmalen langen Klebscheiben , welche das Dach bilden, an der Borste festsetzen. Zieht man diese wieder heraus, so sitzen die Pollinien an deren oberen Seite, nur wenig auseinander-neigend, 4 * 32 so wie sie es etwa in den Antheren- Fächern gethan. Dann neigen sie sich ganz nieder, bis sie in gleiche Ebene mit der Borste zu liegen kommen; und wenn dann die Borste in bezie- hungsweise der nämlichen Lage ins Nectarium einer andren Blume eingeführt wird, so streifen die beiden Enden der Pollinien ge- nau an den zwei Narben-Flächen, welche dicht zu beiden Seiten der Mündung des Nectariums liegen. Ich bin jedoch nicht ganz sicher den Grund der Divergenz beider Pollinien richtig aufzu- lassen, da ich finde, dass Schmetterlinge oft nur eines von beiden Pollinien forttragen, was mich vermutben lässt, dass sie ihre Saugrüssel schief ins Nectarium einschieben *. Die Blüthen riechen angenehm und der allezeit reichlich in ihren Nectarien vorhandene Honigsaft scheint die Schmetterlinge zahlreich anzuziehen, da die Pollinien alle bald entführt werden. So fand ich in einer Ähre mit 45 offenen Blüthen 41, deren Pollinien entführt worden waren oder Pollen auf den Narben hinterlassen hatten. In einer andern mit 54 Blumen hatten 37 beide und 15 eines von beiden Pollinien abgegeben, so dass nur 2 Blüthen in der ganzen Ähre ihre beiden Pollen - Massen be- sassen. Gymnadenia albida gleicht in den meisten Punkten ihres Blüthen-Baues der vorhergehenden Art, nur dass durch die Aufrichtung des Labellum die Blüthe fast ganz Röhren - förmig * Mein Sohn besuchte nächtlicher Weile eine Stelle, wo G. conopsea wächst, und fing bald mehre Nachtfalter wie Plusia chrysites mit 6, Plusia samma mit 3, Anaitis plagiata mit 5, und Triphaena pronuba mit 5 an ihren Spiralrüsseln festsitzenden Pollen-Massen. Die zwei Klebscheiben bil- den in der Blume eine gewölbte Decke über dem Nectarium und sind im Vergleich zu ihrem Durchmesser gross, hängen sich mithin an die Seiten des Saugrüssels an und kommen somit durch den Senkungs-Akt vollkommen in die geeignete Lage, um die seitlichen Narben zu bestreichen. Wenn die Falter saugen, ruhen sie auf dem Labellum, welches ohne alle leitende Erhöhungen ist, daher es oft vorkommen kann, dass der Rüssel etwas schief eingebracht wird, und in diesem Falle nimmt er gewöhnlich, wie ich mich durch wiederholte Versuche mit einer Borste überzeugte, eine Pollen-Masse mit heraus. So wird uns begreiflich, wie es geschieht, dass so viele Pollinien an den Rüsseln jener Nachtschmetterlinge sitzen. (Nach- trag vom Juni 1862.) j D. 53 wird. Die nackten Drüsen sind klein, aber verlängert und nahe beisammen. Die Narben-Flächen sind halb seitlich und ausein- ander-neigend. Der Nectarhälter ist kurz und voll Nectar. Ob- wohl die Blumen nur klein sind, scheinen sie doch die Insekten sehr stark anzuziehen; denn von den 18 untersten Blüthen einer Ähre hatten 10 ihre beiden und 7 je eines ihrer Pollinien abge- geben; und in einigen andern ältern Ähren waren alle Pollinien entführt, ausser denen der 2—3 obersten Blüthen. Habenaria (Platanthera) chlorantha. Die Pollinien der grossen Buttervogel-Orchis weichen bedeutend von den bisher beschriebenen ab. Die Fig. 11. zwei Antheren- Fächer sind durch eine breite Connectiv-Membran von einander getrennt; die Pollinien (Fig. I1) ver- dünnen sich nach hin- tenzu, und die Kleb- scheiben treten vor der Stigma - Fläche hervor und sind einander zu- gekehrt. In Bezug auf diese Stellung der Schei- ben sind die Stöckchen und Pollen-Massen sehr verlängert. Die Kleb- scheibe ist kreisrund P ac srosse Buttervogel- iS. eschenmderersten Habenaria chlorantha, STOSS gel-Orchis Anlage aus einer Zellen- Gegntbäre: | a Meeeriun; d Klebscheibe. | n' Dessen Mündung. Masse, deren äussere 7 Labellum. s Stigma. (der Lippe oder Tasche A Blüthe von vorn gesehen: alle Kronen- und Kelch- 7 2 Blätter weggeschnitten ausser dem Labellum mit sei- in Orchis entsprechen- nn] den) Schichten sich in B Pollinium. Das Trommel-förmige Stielchen hinter der Scheibe verborgen. eine klebende Masse G Durchschnitt durch die Klebscheibe, welcher durch eine uflö e Di M obere Haut mit einer Schicht Klebstoff darunter, durch a dsen. 1ese Masse das Trommel-förmige Stielehen und das untere Ende hat die Eigenschaft ihre Bes Sprichensgseht: 54 Klebrigkeit noch wenigstens 24 Stunden nach der Entfernung des Pollinium aus seinem Fache zu behalten. Die Scheibe, welche äusserlich mit einer Klebstoff-Schicht (in Fig. 11 C an der Un- terseite) belegt ist, setzt sich an der entgegengeselzten einge- betteten Seite in ein kurzes Trommel-förmiges Stielchen, welches in den häuligen Theil der Scheibe übergeht und aus dem näm- lichen Gewebe besteht. Am eingebetteten Ende des Stielchens ist das Pollinium-Stöckchen quer befestigt und sein Ende ist wie ein gebogener rudimentärer Schwanz, bis über die Trommel hin- aus verlängert. Das Stöckchen ist mithin mit der Klebscheibe in einer ganz abweichenden Art verbunden und zwar in einer Ebene, welche im rechten Winkel zu den bei den Britischen Orchideen gefundenen liegt. In dem kurzen Trommel-förmigen Stielchen erkennen wir eine schwächere Entwicklung des langen Stieles des Rostellum, das in vielen ausländischen Vandeae so sehr in die Augen springt und die Klebscheibe mit dem wirk- lichen Stöckchen des Pollinium verbindet. Der Trommel - förmige Stiel ist von höchster Wichtigkeit, nicht allein insoferne als er die Klebscheibe mehr hervorragen und mehr geschickt macht an irgend ein Insekt anzukleben, wäh- rend es seinen Saugrüssel in das Nectarium unter dem Stigma schiebt, sondern auch in Folge scines Kontraktions-Vermögens, Die Pollinien liegen in ihren Fächern rückwärts-geneigt (Fig. 11 A) über und eine Strecke weit jederseits neben der Narben-Fläche. Wenn sie in dieser Lage sich auch an den Kopf eines Insekts befestigten, so dürfte dieses schon viele andere Blüthen besuchen, ohne den mindesten Pollen auf einer ihrer Narben zurückzu- lassen. Doch sehen wir zu, was geschieht: Wenige Sekunden nachdem das innere Ende des Trommel-förmigen Stieles aus seiner Einbettung enthoben und der freien Luft ausgesetzt worden, zieht sich eine Seite der Trommel zusammen. Diese Zusammen- ziehung drängt das dicke Ende des Pollinium einwärts, so dass das Stöckchen und die Klebfläche der Scheibe nicht mehr pa- rallel zu einander bleiben, wie sie es anfangs gewesen und im Durchschnitte (Fig. 11 C) abgebildet sind. Zu gleicher Zeit dreht sich die Trommel um last einen Viertels-Kreis um ihre fo) Achse, wodurch das Stöckchen wie ein Uhrzeiger abwärts ge- richtet und das dicke Ende des Pollinium niedergesenkt wird. Wenn nun nach dieser Doppelbewegung die Scheibe Beispiels- weise der rechten Seite in gleicher Richtung an die rechte Seite des Kopfes eines Insektes befestigt würde, welches bald nachher eine andere Blüthe besuchte, so würde sich das Pollen-liefernde Ende des Pollinium inzwischen ab- und ein-wärls gebogen haben und nun unvermeidlich die klebrige Oberfläche der Narbe be- streichen, welche in der Mitte unter und zwischen den zwei Antheren-Fächern liegt. Das rudimentäre Schwänzchen des Stöckchens, welches der Trommel-förmige Stiel überragt, wird Diejenigen ansprechen, welche an die Veränderlichkeit der Arten glauben. Denn es zeigt uns, dass die Scheibe ein wenig einwärts gerückt ist und dass die zwei Scheiben ursprünglich noch weiter vor dem Stigma gestanden sind als sie jetzt stehen. Es zeigt uns, dass sich die Stamm-Form in ihrer Struktur etwas mehr der so ganz ausser- gewöhnlichen Bildung in der Bonatia speciosa vom Kap der guten Hoffnung nähert. Die bemerkenswerthe Länge des Nectar-reichen Honigsaft- hälters, die weisse Farbe der ansehnlichen Blüthen, der nächt- liche Woblgeruch: Alles zeigt uns an, dass diese Blumen hin- sichtlich ihrer Befruchtung vom Besuche grösserer Nachtfalter abhängig sind. Ich habe oft Blüthen-Ähren gefunden, welche alle Pollinien abgegeben hatten. Wegen der seitlichen Lage und weiten Entfernung der zwei Klebscheiben von einander * würde * Professor ASA GRAY schreibt mir, dass er die Platanthera Hookeri Nordamerika’s mit meiner Beschreibung der Chlorantha verglichen und sie in den meisten Beziehungen wohl übereinstimmend gefunden, jedoch auch einige merkwürdige Verschiedenheiten gefunden habe. Die zwei Kleb- scheiben stehen weiter auseinander, so dass ein Schmetterling den reich- lichen Honig aufsaugen könnte, ohne, wenn er nicht etwa von riesiger Grösse wäre, die Klebscheiben berühren zu müssen. Doch diese Gefahr wird durch eine andre sehr beachtenswerthe Einrichtung beseitigt. Die Mittellinie der Narbe ist vorspringend und das Läppchen, statt herabzuhängen, aufwärts gebogen, wodurch der vordre Eingang in die Blume in zwei Hälften ge- schieden und der Falter genöthigt ist, entweder auf.die eine oder auf die andere Seite zu gehen, um Nectar zu saugen; und so muss sein Kopf in 56 ein Schmetterling gewöhnlich nur eine Pollinien- Masse auf ein- mal entführen können ; und so fand ich auch in einer noch nicht viel besucht gewesenen Ähre nur drei Blüthen, welche beide, auf acht Blüthen, welche nur eines ihrer beiden Pollinien ver- loren hatten. Aus der Stellung der Klebscheiben lässt sich er- warten, dass sie sich nur an die Seiten des Kopfes der Schinet- terlinge anheften werden; und in der That sandte mir Herr F. Boxp eine Hadena dentina, deren eines Auge von einer solchen Scheibe ganz bedeckt und blind war, und eine Plusia v. aureum mit einer am Augen-Rande sitzenden Scheibe. Obwohl aber diese Scheiben so äusserst leicht ankleben, dass meistens alle Pollinien eines in der Hand getragenen Blüthen-Büschels an den in Folge der Erschütterung die Scheiben berührenden Kelch- und Kronen- Blätter hängen bleiben werden, so ist es doch gewiss, dass Schmetterlinge , vielleicht kleinere Arten, diese Blumen oft be- suchen ohne Pollen-Massen zu entführen: denn als ich die Kleb- scheiben zahlreicher Pollinien noch in ihren Fächern sorgfältig untersuchte, fand ich kleine Schmetterlings -Sippen daran an- geklebt. Habenaria (s. Platanthera) bifolia, die kleine Butter- vogel-Orchis. Ich weiss wohl, dass Bentian u. a. Botaniker diese und die vorangehende Form nur als Varietäten einer nämlichen Art betrachten; ja es sollen sogar Mittelstufen zwischen beiden hinsichtlich der Stellung der Klebscheiben vorkommen. Wir wer- den aber alsbald sehen, dass diese zwei Formen in einer grossen Anzahl von Merkmalen von einander abweichen, nicht zu ge- denken der Unterschiede in der äusseren Tracht und in den Standorten, mit welchen wir hier nichts zu thun haben. Sollte sich später ergeben , dass diese beiden Formen noch heutzulage in einander übergehen, so wäre es ein merkwürdiges Beispiel von Variation, und ich würde mich darüber mehr als Einer wundern und noch mehr freuen, da diese zwei Formen mehr von einander verschieden sind, als die meisten Orchis-Arten. Berührung mit einer der zwei Scheiben kommen. Der Trommel -förmige Theil der Pollinien zieht sich nach ihrer Herausnahme zusammen wie in Pl. chlorantha. (Nachtrag vom Juni 1862.) D. 57 Die Klebscheiben der kleinen Buttervogel-Orchis sind eiför- mig, mit ihren Flächen einander zugekehrt und näher beisammen als in der vorangehenden Art; so dass sie sich in der Knospe, wo ihre Oberflächen noch zellig sind, fast gegenseitig berühren. Sie stehen in Bezug auf die Nectarien- Mündung weniger tief unten, und der Klebstoff ist von einer etwas abweichenden Be- schafferheit, indem er sich viel klebriger erweiset, wenn er nach langer Eintrocknung wiederbefeuchtet wird oder in schwachem Weingeist aufbewahrt worden ist. Von einem Trommel-förmigen Stielchen kann man kaum mehr sprechen, indem es durch eine Längsrippe erselzt wird, welche an dem Ende, woran das Stöck- chen sitzt, abgestutzt ist; und ebenso ist kaum eine Spur mehr von dem rudimentären Schwänzchen des letzten übrig. In Fig. 12 sind die Klebscheiben beider Arten in gleichem Maassstabe dar- | gestellt, senkrecht von oben. Die Pollen- Massen machen nach der Entfernung aus ihren Fächern dieselben Bewegungen durch, scheinen sich aber in der letzten Art, der Lage der Narbe entsprechend stärker ein- SD A A Habenaria bifolia, Scheibe wärts zu neigen. Man kann in beiden For- men die Bewegung ganz gut beobachten, * und Stöckehen von oben gesehen. wenn man mit einer Pincette ein Pollinium B Habenaria chlorantha, eben n 2 so, und das Trommel-för- am dieken Ende fasst und es unbeweglich mige Stielchen in Ver- unter das Mikroskop bringt, wo man die Ebene der Klebscheibe einen Bogen von kürzung gesehen. wenigstens 45° beschreiben sieht. Die Stöckchen dieser kleine- ren Art sind verhältnissmässig etwas kürzer als in der vorigen Art; die kleinen Pollen-Päckchen sind kürzer, breiter und tren- nen sich in der reifen Blüthe leichter von einander. Enilich ist die Narben-Fläche anders gestaltet, deutlicher dreitheilig, mit zwei unter den Klebscheiben gelegenen seitlichen Vorragungen, welche die Mündung des Nectariums verengen, so dass sie fast viereckig wird. Desshalb kann ich nicht zweifeln, dass die grosse und die kleine Buttervogel-Orchis verschiedene aber äusserlich einander sehr ähnliche Arten sind. Sobald ich die beste dieser zwei Arten untersucht hatte, 58 hielt ich mich nach der Lage der Klebscheiben überzeugt, dass sie auf eine andre Weise als die erste Art befruchtet werden müsse; — und nun bin ich durch die Gefälligkeit des Hrn. F. Bono im Stande gewesen, zwei Nachtfalter zu untersuchen, Agrotis segelum und Anaitis plagiata, von welchen die eine drei und die andre tünf Pollinien, nicht wie in der anderen Species an den Seiten des Kopfes, sondern an der Basis des Saugrüssels kleben halte. Ich will dabei bemerken, dass die Pollinien dieser zwei Habe- naria-Arten an den Faltern auf den ersten Blick unterschieden werden können. Wir sind nun mit den Orchideen zu Ende. Ehe wir jedoch zur nächsten Abtheilung übergehen, will ich die wichtigsten That- sachen in Betreff der Bewegung der Pollinien wiederholen, welche alle auf einer genau geregelten Zusammenziehung des kleinen Haut-Stückchens (und bei Habenaria_des Stielchens) beruhen, das zwischen der Klebschicht und dem Ende des Stöckchens liegt. In den meisten Orchis- Arten liegt die Narbe gerade unter den Antheren-Fächern und die Pollinien neigen sich nur einfach ab- wärts. In Orchis pyramidalis und Gymnadenia sind jedoch zwei seitlich-untere Narben vorhanden und die Pollen-Massen bewegen sich ab- und aus-wärts, indem sie unter einem bestimmten, in beiden Arten jedoch verschiedenen Winkel auseinander - ragen, so dass sie die zwei seitlichen Narben berühren müssen. In Habenaria liegt die Narben-Fläche unter und zwischen den zwei weit getrennten Antheren-Fächern und die Bewegung der Polli- nien ist hier eine abwärts- und zusammenstrebende. Ein Dichter könnte sich einbilden, dass, da Pollinien auf dem Leibe eines Falters von Blume zu Blume durch die Luft schweben, sie sich nach ihrem Willen und genauer Berechnung in die Richtung ver- setzen, in welcher allein sie hoffen können ihre Wünsche zu er- reichen und die Art fortzupflanzen. 59 Dritter Abschnitt. Neottieae. Epipactis palustris; eigenthümliche Form des Labellum und deren anscheinende Wichtigkeit für die Befruchtung der Blüthe. — Cephalanthera grandiflor«: ihr Rostellum verkümmert; erstes Eindringen der Pollen-Röhrchen; Fall von upvollkommener Selbstbefruchtung; Be- fruchtung durch Insekten unterstützt. — Goodyera repens. — Spiran- thes autumnalis: vollkommene Anpassung, wodurch der Pollen einer jün- geren Blüthe auf die Narbe der älteren Blüthe einer anderen Pflanze übertragen wird. Wir kommen nun zu einer andern Hauptabtheilung der Bri- tischen Orchideen, zu den Neottieae, die eine frei hinter der Narbe stehende Anthere haben: ihre Pollen-Körner sind durch feine elastischen Fäden mit einander verkettet, welche zum Theile zusammenhängen und vorragen am oberen Ende der Pollen- Massen und (mit wenigen Ausnahmen) an den Rücken des Ro- stellums befestigt sind. Demzufolge haben die Pollen - Massen keine eigentlichen und unterscheidbaren Stöckchen. Nur in der Sippe Goodyera sind die Pollen-Körner zu Päckchen wie bei Orchis vereinigt. Epipactis und Goodyera stimmen in ihrer Be- fruchtungs- Weise sehr genau mit den Ophryeen überein, sind aber einfacher organisirt. Auch Spiranthes gehört zur nämlichen Kategorie, obwohl er sich in einigen Hinsichten abweichend ver- hält. Cephalanthera scheint eine herabgekommene oder verein- fachte Epipactis zu seyn: denn da sie ein Rostellum, dieses vor- zugsweise charakteristische Organ nicht besitzt, und da ihre Pollen-Körner einzeln sind, so verhält sie sich zu den übrigen Orchideen fast in gleicher Weise, wie ein ungeflügelter Vogel zu den übrigen Vögeln. Epipactis palustris*. Der untere Theil des Stigma ist zweilappig und ragt vor der Säule (Fig. 13, Cs, Ds) vor- wärts. An seinem quadratischen Scheitel sitzt ein einzelnes kleines und fast kugeliges Rostellum. Die Vorderseite des * Hrn. G. A. MORE von Bembridge auf der Insel Wight bin ich für die wiederholte Zusendung frischer Exemplare dieser schönen Orchidee verpflichtet. Epipactis palustris. a Anthere mit den zwei offenen Fächern, ! Labellum. welche in D von vorn dargestellt sind. ” Rostellum. a‘ Rudimentäre Anthere oder Öhrchen , wo- s Stigma. 2 von in einem späteren Abschnitte die Rede seyn wird. A Seiten-Ansicht einer Blume, wovon nur die unteren Kelch-Blätter entfernt worden, in natürlicher Haltung. B Seiten-Ansicht einer Blume, woran der Endtheil des Labellum wie von dem Gewichte eines darauf sitzenden Insekts herabgedrückt ist. © Seiten-Ansicht einer Blume, welcher Kelch- und Kronen-Blätter sämmtlich weggeschnitten sind ausser der linken Hälfte des Labellum. Die massige Anthere von ansehnlicher Grösse. D Stirn-Ansicht des Säulchens nach Entfernung aller Kelch- und Kronen - Blätter. Das Ro- stellum hat sich in der abgebildeten Blüthe etwas abwärts zusammengezogen; es sollte etwas höher ragen und die Antheren-Fächer mehr verbergen. 61 -Rostellum (Cr, Dr) überragt etwas die Oberfläche des oberen Theils der Narbe, was von grosser Wichtigkeit ist. In der jungen Knospe besteht das Rostellum aus einer zerreiblichen Zellen-Masse mit rauher Aussenfläche: diese oberflächlichen Zellen erfahren jedoch während ihrer Entwickelung eine grosse Veränderung , indem sie sich in eine weiche glatte und sehr elastische Haut verwandeln, die von so ausserordentlicher Zart- heit ist, dass ein Menschen-Haar sie durchdringen kann. In Folge dieser Durchdringung oder einer schwachen Reibung wird die Oberfläche milchig und etwas klebrig, so dass die Pollen-Körner an ihr hängen bleiben. Manchmal wird auch, wie ich besonders deutlich in Ep. latifolia beobachtet habe, die Oberfläche des Ro- stellum anscheinend milchig und klebrig ohne vorgängige Be- rührung. Diese äussre weiche elastische Haut bildet eine Kappe für das Rostellum und ist innen mit einer Schicht von mehr klebriger Beschaffenheit überzogen, die an der Luft binnen 5 — 10 Minuten erhärtet. Durch einen schwach auf- und rück-wärts da- gegengeschobenen Körper kann die ganze Kappe mit ihrer Aus- kleidung leicht abgehoben werden, so dass nur ein kleiner vier- eckiger Stumpf, die Basis des Rostellum, auf dem Scheitel der Narbe zurückbleibt. Im Knospen-Zustande ragt die Anthere ganz frei hinter Ro- stellum und Stigma empor; sie öffnet sich der Länge nach, ehe die Blüthe aufgeht, und legt die zwei ovalen Pollen-Massen frei, die lose in ihren Fächern ruhen. Der Pollen besteht aus kuge- ligen Körnchen, welche zu vieren zusammenhängen, ohne jedoch auf einander zu drücken; und diese zusammengesetzten Körn- chen sind durch freie elastische Fädchen miteinander verkettet. Die Fäden erstrecken sich, zu Bündeln vereinigt, längs der Mittel- linie der Vorderseite eines jeden Polliniums, wo es mit dem Rücken des obersten Theils des Rostellum in Berührung kommt. Von der grossen Anzahl dieser Fädchen bekommt die Mittellinie ein braunes Ansehen, und jede Pollen-Masse scheint daher geneigt sich der Länge nach in zwei Seitenhällten zu spalten. In allen diesen Beziehungen haben im Allgemeinen die Pollinien eine grosse Älmlichkeit mit denen der Ophrycen. 62 Die Linie, wo die parallelen Fäden am zahlreichsten sind, ist die der grössten Stärke, während anderwärts die Pollen- Massen sehr zerreiblich und zerbrechlich sind. Im Knospen- Stande ist das Rostellum etwas zurückgekrümmt und gegen die frisch geöffnete Anthere gepresst, und die oben erwähnten etwas vorragenden Faden-Bündel befestigen sich stark an den hinteren Lappen der Hautkappe des Rostellum. Der Befestigungs-Punkt liegt etwas unter dem Scheitel der Pollen-Masse, ist jedoch etwas veränderlich, so dass er sich bis zu "s der Länge der Pollen- Massen von diesem Scheitel entfernen kann. Diese Veränderlich- keit jedoch ist insoferne von Interesse, da sie eine zum Bau der Ophryeen leitende Stufe ist, wo die zusammenfliessenden Fädchen oder die Stöckchen aus den unteren Enden der Pollen-Massen entspringen. Nachdem die Pollinien durch ihre-Fädehen an den Rücken des Rostellum befestigt sind, krümmt sich das Schnä- belchen vorwärts, und drängt hiedurch die Pollinien theilweise aus ihren Antheren-Fächern hervor. Das obere Ende der An- there besteht aus einer stumpfen derben Pollen-leeren Spitze, welche sich etwas über die Fläche des Rostellum erhebt, was wie wir sehen werden nicht unwesentlich ist. Die Blumen stehen (Fig. 13 A) wagrecht vom Schafte ab. Das Labellum ist eigenthümlich gestaltet, wie sich aus unseren Zeichnungen ergibt; die End-Hälfte, welche die Kronen-Blätter überragt und den Insekten einen vortrefflichen Landungs-Platz darbietet, ist mit der Basal-Hälfte durch ein schmales Gelenke verbunden und von Natur etwas aufwärts gekrümmt (Fig. 13 A), so dass seine Ränder in die der Basal-Hällte übergehen. Das Gelenke ist so biegsam und elastisch, dass schon das Gewicht einer Fliege, wie mir Hr. More sagt, genügt um den Endtheil herabzudrücken bis in die (Fig. 13 B) dargestellte Richtung; wird aber das Gewicht wieder entfernt, so springt er sogleich wieder in seine vorige und gewöhnliche Lage zurück und schliesst mit seinen eigenthümlichen Mittelrippen theilweise den Eingang in die Blume. Der Basal-Theil des Labellum stellt einen Napf dar, welcher zur geeigneten Zeit mit Honigsaft gefüllt ist. Wir wollen nun schen, wie alle diese im Einzelnen be- 63 schriebenen Theile zusammenwirken. Als ich anfing die Blüthen zu untersuchen und, denselben Weg wie bei den ächten Orchis- Arten einschlagend, das vorragende Rostellum schwach nieder- drückte, war ich sehr beiroffen, es ganz leicht bersten zu sehen: etwas Klebstoff wurde mit herausgezgen, aber die Pollen-Massen blieben in ihren Fächern. Als ich über den Bau der Blüthe nach- dachte, schien mir einzuleuchten, dass ein Insekt, welches darin noch Nectar suchen wollte, wenn es sich auf den Endtheil des Label- lum setzte und dieses niederdrücklte, das Schnäbelchen gar nicht berühren würde; dass es aber, wenn es einmal in der Blume wäre, durch die Aufrichtung dieses Endtheiles des Labellum ge- nöthigt seyn würde, parallel zum Stigma eımnporzukrabbeln, um durch den oberen Theil der Blume wieder hinaus zu gelangen. Ich drückte nun mit dem Ende einer Feder oder einem ähnlichen Körper das Rostellum leicht auf- nnd rück-wärts, und es war deutlich zu sehen, wie leicht die Haut-Kappe des Rostellum ab- ging, wie leicht sie vermöge ihrer grossen Elastizität an den Körper von irgend welcher Gestalt sich anschmiegte und wie fest sie durch die Klebrigkeit ihrer Unterseite daran hängen blieb. Mit der Kappe müssen nothwendig auch grosse durch die Fädchen an sie befestigte Pollen-Massen mit hervorgezogen werden. Doch wurden die Pollen-Massen bei weitem nicht so sauber weggenommen, als Diess auf natürliche Weise bei Insekten ge- schieht. Ich versuchte es mit Dutzenden von Blumen, aber immer mit demselben unvollkommenen Erfolge. Ich dachte mir dann, dass die wieder aus der Blume heraus schlüpfenden Insekten mit irgend einem Theile ihres Körpers gegen das stumpfe oben vor- ragende Ende der Anthere, welches die Narben-Fläche überragt, ansltossen müssen. Ich hielt demnach den Pinsel so, dass ich, während ich damit aufwärts gegen das Rostellum strich, gegen das stumpfe derbe Ende der Anthere (Fig. 13 C) stiess. Diess machte die Pollinien ganz frei, so dass sie in unverletztem Zu- stand herausgezogen werden konnten. Endlich begriff ich den Mechanismus der Blume. Die grosse Anthere (Fig. 13 C) steht hinter der Narbe und fast parallel mit ihr, so dass die Pollinien, wenn sie durch ein Insekt mit fortgenommen werden, an dessen Körper in einer Richtung anhängen werden, welche sie nöthigt, sobald das In- sekt eine andre Blume besucht, die dazu parallele Narben-Fläche zu bestreichen. Daher kommt weder hier noch in irgend welchen anderen Neottieen jene bei den Pollinien der Ophryeen so ge- wöhnliche Senkungs-Bewegung vor. Wenn ein Kerbthier mit den an seinem Kopf oder Rücken sitzenden Pollen-Massen in eine andre Blüthe schlüpft, so fällt dabei wahrscheinlich die Leichtig- keit mit ins Gewicht, mit welcher der End-Theil des Labellum niedergedrückt werden kann; denn die Pollen-Massen sind ausser- ordentlich zerreisslich, so dass, wenn sie beim Einschlüpfen der Insekten gegen die Spitzen der Kronen-Blätter stossen, viel Pollen verloren gehen würde; so aber wird ihnen durch die Senkung des Labellum-Endes ein freier Eintritts-Weg geöffnet, und der erste Gegenstand, an welchem die vom Rücken des In- sekts vorwärts geneigten Pollen-Massen anstreilen, ist die kleb- rige Narbe mit ihrem vorragenden Untertheile *. Ich habe die Blumen nicht alle gezählt; aber in einem von Hrn. More mir gesandten Ähren-Büschel war die grosse Mehrzahl der Pollinien schon durch irgend ein unbekanntes Insekt auf eine natürliche und saubere Weise weggelegt gewesen. Epipactis latifolia stimmt mit der vorigen Art in allen dort auseinandergesetzten Einzelheiten überein; nur dass das Rostellum noch weiter über die Narben-Fläche hinausragt und das stumpfe Oberende der Anthere weniger vorsteht. Der die elastische Kappe des Rostellum überziehende Klebstoff bedarf Da es wohl möglich wäre, dass ich die Wichtigkeit der eigenthüm- lichen Struktur des Lippchens etwas überschätzt hätte, so bat ich Hrn. A. G. MOORE die End-Hälfte des Labellum von einigen Blüthen vor seiner Entfaltung wegzuschneiden: ich kam aber etwas zu spät damit. Er konnte den Versuch nur noch mit drei Blumen am oberen Ende einer Ahre machen. Diese setzten zwar noch Saamen-Kapseln an, welche jedenfalls sehr klein waren, vielleicht nur in Folge ihrer erwähnten Stellung. Unglücklicher Weise verloren diese Kapseln auf dem Wege zu mir auch noch die meisten ihrer Saamen, so dass ich dieselben hinsichtlich ihrer Ausbildung zu prüfen nicht im Stande war; von den wenigen Saamen, welche noch in den Kap- seln sitzen geblieben, waren mehre zusammengeschrumpft und schlecht. 65 einer längeren Zeit zum Austrocknen. Die oberen Kelch- und Kronen-Blätter sind weiter als in E. palustris ausgebreitet; der End-Theil des Labellums ist kleiner und weder in biegsamer noch elastischer Weise mit dem Grundtheile verbunden (Fig. 14), so dass er anscheinend nur zum Landungs -Platze für die In- sekten dient. Die Befruchtung dieser Art bedarf einfach nur eines Insekts, welches in auf- und rück-wärts gehenden Rich- tungen das hoch-vorragende Rostellum anstreift, was wohl am ehesten geschehen mag, wenn es sich nach dem Aufsaugen des im Napfe des Labellum reichlich vorhandenen Nectars wieder aus der Blume zurückzieht. Es scheint durchaus nicht nothwendig zu seyn, dass das Insekt das minder vorragende stumpfe Ober- ende der Anthere zurückdrücke: wenigstens fand ich, dass die Pollinien leicht entführt werden konnten in Folge eines einfachen Wegziehens der Rostellum-Kappe in einer auf- und rück-wärts gehenden Richtung. Epipactis latifolia. Seiten-Ansicht der Blüthe ohne andre Blätter als das Labellum. a Anthere. | ” Rostellum. ? Labellum. | s Stigma. In Deutschland hat C. K. SerexeEr eine Fliege mit Pollinien dieser Art auf dem Rücken gefangen. In England werden die Blüthen mehr von Insekten besucht; während des feuchten und kalten Sommers 1860 untersuchte ein Freund in Sussex 5 Ähren mit 85 entfalteten Blüthen, unter welchen 35 die Pollinien ver- loren und 32 sie noch an ihrer Stelle hatten. Da jedoch viele von diesen letzten unmittelbar unter den Knospen stunden, so würden sie später gewiss noch in einem stärkeren Verhältnisse DARWIN, Orchideen. 5 66 entführt worden seyn. In Devonshire fand ich eine Ähre mit 9 offenen Blumen, deren Pollinien sämmtlich bis auf eines fortge- holt worden waren. Eine Fliege, zu klein um die Pollinien zu entführen, war an diesem einen und dem Stigma zugleich fest- geklebt und so auf jämmerliche Weise zu Grunde gegangen. Chephalanthera grandiflora: scheint mit Epipactis sehr nahe verwandt zu seyn, obwohl ihr einige Botaniker ihre Stelle weit davon entfernt angewiesen haben. Die Narbe nimmt dieselbe Stelle in Bezug auf die Anthere wie in Epipactis ein; doch haben wir hier den einzigen Fall (meine Bemerkungen neh- men auf die weit verschiedene Gruppe der Cypripediae niemals Bezug), dass das Rostellum gänzlich fehlt. Die Anthere gleicht der von Epipactis, steht aber in Bezug auf das Stigma höher. Cephalanthera grandiflora. a Anthere von vorn gesehen, in B mit den |o Verkümmerte Anthere oder Aurikel. 2 Fächern und deren Pollen. ı? Pollen-Massen. ? End-Theil des Labellum. [5 Stigma. A Schiefe Ansicht einer entfalteten vollständigen Blüthe. PB Vordre Ansicht nach Beseitigung aller Kelch- und Kronen-Blätter. C Seiten-Ansicht der Säule (columna) nach Entfernung aller Kelch- und Kronen - Blätter. Die schmalen Pollen-Pfeiler zwischen Anthere und Narbe sind oben sichtbar. 67 Der Pollen ist sehr zerreiblich und klebt leicht an einem daran streifenden Gegenstande an. Die kugeligen Körner sind getrennt anstatt, wie in allen andern Orchideen, zu 3—4 vereinigt zu seyn *. Sie sind durch nur wenige und schwache elastische Fäden mit einander verkettet, so dass sich im Zustande des Pollens wie im Abortus des Rostellum eine Struktur-Verkümmerung zeigt. Die Antheren öffnen sich schon vor dem Aufbrechen der Blüthen und treiben ihren Pollen theilweise hervor, welcher in zwei aufrechten längs ihrer Mitte getheilten Säulen fast frei steht. Diese unterabgetheilten Säulen legen sich vorn an den oberen viereckigen Rand des Stigmas an, welches sich bis zu etwa Ns ihrer Höhe erhebt (Fig. 15 B C). Während die Blume noch im Knospen-Zustande oder doch noch nicht völlig aufgegangen ist, senden die Pollen-Körner, welche sich an den oberen scharfen Narben-Rand anlehnen (nicht aber diejenigen, welche zum oberen oder unteren Theil der Pollen-Masse gehören), eine Menge von Röhren tief hinein in das Narben-Gewebe. Hierauf krümmt sich das Stigma vorwärts, so dass die zwei zerreiblichen Pollen -Säulen frei aus den An- theren-Fächern hervortreten und sich sogar über die Narben hängen, jedoch verkettet bleiben und vorn aufrecht gehalten werden durch das Eindringen ihrer Pollen-Schläuche in den Narben-Rand. Ohne diese Unterstützung würden sie bald um- fallen. i Abweichend von Epipactis steht die Blüthe aufrecht; der Unter-Theil des Lippchens ist gleichlaufend mit der Säule (Fig. 15 A), und die Spitzen der seitlichen Kronen-Blätter treten niemals weit auseinander **, so dass die Pollen - Säulen gegen den Wind geschützt bleiben; und da die Blüthe aufrecht steht, so werden sie auch durch ihre eigne Schwere nicht niederge- zogen. Diess sind für unsre Pflanzen sehr wichtige Verhältnisse, * Diese Trennung der Pollen-Körner war schon von BAUER beobachtet und auf der Tafel dargestellt worden, welche LINDLEY in seinem Pracht- werke Illustrations on Orchidaceous Plants veröffentlicht hat. = BAUER stellt die Blüthen viel mehr ausgebreitet dar; aber ich kann nur sagen, dass ich sie nie in solcher Weise gesehen habe. * 5 Ö 68 da ausserdem der Pollen fortgewehet werden oder niederfallen und verschleudert werden würde. Das Lippchen besteht wie in Epipactis aus zwei Theilen, und wenn die Blüthe reif ist, so wendet sich der kleine dreieckige End-Theil derselben abwärts im rechten Winkel zum Basal-Theile. So bildet er einen kleinen Landungs-Platz vor einer dreieckigen Thüre halbwegs gegen die fast röhrenförmige Blume, wodurch das Insekt eingehen kann. Nectar habe ich nicht gesehen; da aber der untere Napf-förmige Theil des Labellum dieselbe Beschaffenheit wie in Epipactis besitzt, so ist dessen Absonderung wahrscheinlich. Bald nachdem die Blume vollständig befruchtet ist, richtet sich der kleine End-Theil des Labellum auf, sperrt die dreieckige Öffnung und schliesst die Befruchtungs-Organe vollständig ein. In dem frühzeitigen Eindringen einer Menge von Pollen- Schläuchen in die Narbe, wo ich sie tief hinab in das Pollen- Gewebe verfolgen konute, scheint uns (wie bei der Bienen- Ophrys) ein zweites Beispiel von fortwährender Selbstbefruchtung entgegenzutreten. Ich war sehr erstaunt über diesen Fall und fragte mich selbst: warum öffnet sich das End-Theil des Label- lum für eine kurze Zeit? wozu dient die grosse Pollen - Masse über und unter derjenigen Körner-Schicht, deren Schläuche allein in den oberen Rand des Stigmas eindringen? Die Narbe hat eine grosse ebene Klebfläche, auf welcher ich in verschiedenen Jahren fast immer Pollen-Massen anhängen sah, während die zerreiblichen Pollen-Pfeiler einigermaassen niedergebrochen erschienen. Es fiel mir ein, dass, obwohl die Blumen aufrecht und die Pfeiler gegen Wind geschützt stehen, doch die Pollen- Massen zuletzt durch ihr eigenes Gewicht zusammenfallen und somit auf das Stigma gelangen könnten, um den Akt der Selbstbefruchtung zu vollenden. Ich bedeckte daher eine mit 4 Knospen versehene Pflanze mit einem Netze und untersuchte die Blumen sogleich nach ihrem Abblühen, wo sich dann die Narben von dreien der- selben ganz [rei von Pollen zeigten, während nur wenig davon auf eine Ecke der vierten Narbe gefallen war. Mit Ausnahme des oberen Theiles dieses vierten stunden alle andern Pollen- Pfeiler noch aufrecht und ungebrochen. Als ich nun die Blüthen 69 einiger andern umherstehenden Pflanzen dieser Art verglich, sah ich überall, wie schon so oft, nur niedergebrochene Pfeiler und Massen von Pollen auf den Narben. Wir können daher mit Sicherheit annehmen, dass Insekten diese Blüthen besuchen, den Pollen durch einander werfen und Massen davon auf die Narben streuen. Wir ersehen ferner, dass die Zurückbiegung des End-Theiles des Labellum, welches einen zeitweisen Landungs-Platz und eine Thüre bildet, dass die Auf- richtung des Labellum, welche die Blume Röhren-förmig macht und die Insekten nöthigt, dicht an der Narben-Fläche hinzukrab- bein, dass der an einen Gegenstand angelehnte und in gegen den Wind geschützten Pfeilern aufgestapelte Pollen, und dass endlich die in den Band der Narbe eindringenden Schläuche nur des mitteln Lagers von Pollen-Körnern, dass alles Diess einander wechselseitig bedingende, Zweck - entsprechende und keineswegs nutzlose Einrichtungen sind; nutzlos würden sie aber seyn, wenn diese Blumen einer vollkommenen Selbstbefruchtung fähig wären. Um zu erfahren, wie weit die frühzeitige und unabänderliche Durchdringung des oberen Narben-Randes durch die an ihm an- liegenden Pollen-Körner zur Befruchtung wirksam seye, bedeckte ich eine Pflanze unmittelbar vor dem Aufgehen ihrer Blüthen mit einem dünnen Netze, das ich erst nach begonnenem Ab- blühen entfernte. Aus einer langen Erfahrung weiss ich, dass diese vorübergehende Bedeckung der Befruchtung nicht hinder- lich seyn konnte. Die vier bedeckten Blüthen bildeten eben so schöne Saamenkapseln aus als irgend eine der umgebenden Pflanzen. Als sie reif waren, sammelte ich jene sowohl als auch Kapseln von diesen ein, welche sich mit ihnen unter sonst gleichen äusseren Bedingungen befanden, und wog die Saamen auf einer chemischen Wage. Die Saamen von vier Kapseln der unbedeckten Pflanzen wogen 1,5 Gran, die von eben so vielen Kapseln der bedeckten noch nicht 1 Gran, was indessen noch keine richtige Vorstellung von dem verglichenen Grade der Fruchtbarkeit gibt, da ich fand, dass eine grosse Anzahl von Saamen der bedeckten Pflanzen nur in kleinen zusammengeschrumpften Schaalen bestun- den. Ich mengte daher die Saamen beiderseits wohl durch- N) einander und nahm vier kleine Proben von dem einen und eben so viel von dem andern Haufen, erweichte sie im Wasser und verglich sie nun unter dem Mikroskope. Da ergab sich, dass von 40 Saamen der unbedeckten Pflanzen nur 4, von 40 Saamen der bedeckten aber 27, mithin fast 7mal so viel als dort, schlecht und unvollkommen geblieben waren. Wir haben demnach folgenden eigenthümlichen zusammen- gesetzten Fall vor uns. Beständige Selbstbefruchtung durch ein [rühzeitiges Eindringen von Pollen-Schläuchen in die Narbe, mit einem nur äusserst unvollkommenen Erfolge, aber immerhin noch nützlich für die Pflanze. wenn Insekten ihre Blüthen nicht be- suchen können. Das Eindringen dieser Schläuche scheint jedoch mehr dahin abzuzwecken, die Pollen- Pfeiler aufrecht an ihren Plätzen zu erhalten, so dass die in die Blüthen eindringenden Insekten mit Pollen bestäubt werden müssen. Diese unvoll- kommene Selbstbelruchtung wird nun zwar regelmässig und we- sentlich erganzt durch Insekten, welche den eigenen Saamen- staub einer Blume auf deren Narbe übertragen ; aber ein so mit Pollen beschmiertes Insekt kann nicht verfchlen auf gleiche Weise ganz verschiedene Pflanzen mit einander zu kreulzen. Aus der relativen Lage der Theile wird es in der That wahrscheinlich (ich habe jedoch unterlassen, Diess bei der ersten Entfernung der Antheren zu bestätigen, indem ich nicht darauf achtete, ob Pollen von andern Blumen herbeigetragen wurden), dass ein In- sekt öfter beim Austritt als beim Eintritt in dieselbe mit Pollen bestreut werden müsse, wodurch demnach die Verbindung zweier verschiedenen Individuen unter einander erleichtert werden würde. Daher Cephalanthera nur eine theilweise Ausnahme von der all- gemeinen Regel bildet, wornach die Blüthen der Orchideen durch den Pollen andrer Blüthen befruchtet werden. Goodyera repens*. Diese Sippe stimmt in den meisten der Merkmale, die uns hier berühren, sehr nahe mit Epipaclis überein. Das Schild-förmige Rostellum ist beinahe viereckig und ragt über die Narbe vor; es fällt beiderseits schief gegen den F Exemplare dieser seltenen Gebirgs-Orchidee war der Rev. @. GORDON . von Elgin so gefällig mir zuzusenden. {u oberen Rand der Narbe ab, fast in derselben Weise, wie wir es bei Spiranthes sehen. Die Oberfläche des vorragenden Theiles des Rostellum ist rauh und aus Zellen zusammengesetzt, wie sich erkennen lässt, wenn sie trocken ist. Sie ist zarl und schwitzt, wenn sie leicht angestochen wird, etwas milchige klebrige Flüs- sigkeit aus, und ist von einer Schicht eines Klebstoffes überzogen, welcher an der Luft bald erbärtet. Die vorragende Oberfläche des Rostellums ist leicht aufwärts zu drücken und nimmt dabei einen Haut-Streifen mit sich, an dessen hintrem Theil die Polli- nien befestigt sind. Die schief abfallenden Seiten, welche das Rostellum unterstützen, werden jedoch davon nicht betroffen, sondern bleiben dabei wie eine Gabel emporragend und welken spater ab. Die Anthere wird von einem langen und breiten Staubfaden getragen, welcher beiderseits durch eine Haut an die Ränder der Narbe befestigt wird und so eine Antheren - Grube oder Clinandrium bildet. Die Antheren-Fächer öffnen sich bereits in der Knospe, und die Pollinien befestigen sich mittelst ihrer Vorderseite gerade unter ihren Scheiteln an den Rücken des Rostellum; endlich öffnen sich die Fächer so weit, dass die Pol- linien fast kahl liegen und nur noch theilweise von der häutigen Antheren-Grube geschützt werden. Jedes Pollinium ist theilweise längstheilig; die Pollen-Körner hängen zahlreich in dreieckigen Päckchen zusammen , und bestehen selbst wieder aus je vier Körnchen. Diese Päckchen sind durch starke elastische Fäden mit einander verkettet, welche gegen das obere Ende hin zu- sammenlaufen und ein einziges l!aches braunes elastisches Band darstellen, dessen abgestutztes Ende an dem Rücken des Rostel- lum anhängt. Die Oberfläche des kreisrunden Stigmas ist stark klebrig, wie es nothwendig ist damit die ungewöhnlich starken Fäden zwischen den Pollen-Päckchen zerreissen. An dem zweitheiligen Labellum ist der End-Theil zurückgebogen, der Grund-Theil Napf-förmig und mit Nectar gefüllt. Der Eingang in die Blume zwischen Rostellum und Labellum ist verengt. Seitdem ich die gleich nachher zu be- schreibende Spiranthes untersucht habe, vermuthete ich, dass sich in reifen Blüthen das Labellum weiter von der Säule entferne, um 12 Insekten mit Pollinien an Kopf oder Rüssel einen freieren Ein- gang in die Blume darzubieten. In vielen der mir zugesandten Pflanzen waren die Pollinien bereits durch Insekten entführt und die Gabel-förmigen Stützseiten des Rostellum theilweise ab- gewelkt. Goodyera ist ein interessantes Binde-Glied zwischen einigen ganz verschiedenen Formen. In keiner andern Neottiee habe ich einen so grossen Fortschritt zur Bildung eines wirklichen Stöckchens wie bei den Ophryeen gefunden *, und es ist befrem- dend, dass (so viel ich gesehen) in dieser Sippe allein die Pol- len-Körner so wie bei den Ophryeen in grossen Päckchen zu- sammenhängen. Wenn die sich bildenden Stöckchen sich an die unteren Enden der Pollinien, statt etwas unter deren Scheiteln, befestigt hätten, so würden die Pollinien ganz mit denen einer ächten Orchis übereinstimmen. In der Unterstützuug des Ro- stellum durch schief abfallende Seiten, welche nach der Entführung der Klebscheibe sofort abwelken und in dem häutigen Napfe oder Clinandrium zwischen Staubbeutel und Narbe so wie in einigen andren Beziehungen erkennen wir eine deutliche Verwandtschaft mit Spiranthes, in dem breiten Staubfaden eine mit Cephalanthera, und im Bau des Schnäbelchens (mit Ausnahme der schiefen Sei- ten) und der Form des Lippchens eine mit Epipactis. Goodyera zeigt uns wahrscheinlich den Stand der Befruchtungs-Organe in einer grossen aber jetzt meistens erloschenen Gruppe von Or- chideen, von welchen viele der jetzt lebenden Formen abstammen. Spiranthes autumnalis, Frauen-Locken genannt, bietet einige ansprechende Eigenthümlichkeiten dar **. Das Schnäbelchen * In der ausländischen Goodyera discolor, die ich von Hrn. BATEMAN erhalten, geht die Annäherung zu den Ophryeen im Bau der Pollen-Massen noch viel weiter. indem sie wie bei diesen verdünnt in lange Stöckchen auslaufen. Das Stöckchen besteht aus einem Bündel elastischer Fädchen, woran sehr kleine und dünne Päckchen dachziegelständiger Pollen - Körner befestigt sind. Beide Päckchen sind an ihrem Fusse vereinigt, womit sie auf dev Klebscheibe sitzen. Nach der geringen Grösse und ausserordent- lichen Dünne der basalen Pollen-Päckchen und ihrer starken Befestigung an die Fäden zu schliessen scheinen sie ohne Funktion zu seyn, und dann wären diese Verlängerungen der Pollinien ächte caudieuli. ** Hr. Dr. BATTERSKY zu Torquay und A. G. MORE zu Bembridge 13 ist eine lange dünne und flache Vorragung, welche sich durch scharf auseinanderlaufende Seitenränder (oder Schultern) mit dem Scheitel der Narbe verbindet. Mitten auf dem Rostellum ist ein schmaler senkrechter brauner Körper (Fig. 16 C) zu sehen, welcher an jener Seite eingefasst und von einer durchscheinen- den Haut bedeckt ist. Diesen braunen Körper will ich die »Boot- förmige Scheibe« nennen. Er bildet den mittlen Theil der hintern Seite des Rostellum und besteht aus einem schmalen Streifen der äus- seren Haut in einer etwas abgeänderten Beschaffenheit. Sein Scheitel (Fig. 13 E) ist spitz, das untre Ende abgerundet. Er ist etwas Spiranthes autumnalis. a Anthere. » Rostellum. el Clinandrium-Rand. s Stigma. n Nectarhälter. | f Fäden zwischen den Pollen-Massen. p Pollen-Körner. A Seiten-Ansicht einer Blüthe in natürlicher Haltung, ohne die 2 untren Kelch-Blätter. Das Labellum kenntlich an seiner gefransten und zurückgeschlagenen Lippe. B Seiten-Ansicht einer reifen Blüthe nach Entfernung aller Kronen- und Kelch- Blätter. Die Lage des Labellum (welche von dem Rostellum entfernt worden) und der obren Keleh-Blätter ist durch Punkt-Linien angedeutet. C Stirn-Ansicht der Narbe und des Rostellum mit eingebetteter zentraler Scheibe. D Stirn-Ansicht der Narbe und des Rostellum nach Entfernung der Klebscheibe. E Klebscheibe vom Rostellum abgehoben und sehr vergrössert, von hinten und mit den noch anhängenden elastischen Fäden der Pollen-Massen. Die Pollen- Körner sind von den Fäden weggenommen. haben mich durch Zusendung von Exemplaren verpflichtet; ich habe jedoch später Gelegenheit gehabt viele ungepflückte Pflanzen zu untersuchen. 74 Kahn-förmig gebogen, über 0,04 Zoll lang und nicht ganz 0,01 Zoll breit. fast steif, anscheinend faserig, in Wirklichkeit aber aus verlängerten und verdickten, theilweise zusammenfliessenden Zellen gebildet. Dieses Boot, welches senkrecht auf seinem Sterne steht, ist mit einer milchigen und sehr klebrigen Flüssigkeit erfüllt, welche an der Luft sogleich braun und in etwa einer Minute ganz hart wird. Irgend ein Gegenstand klebt daher binnen 4—5 Sekunden fest an das Boot an, und die Befestigung ist wunderbar stark, sobald der Klebstoff einmal erhärtet ist. Die durchsichtigen Ränder des Rostellum zu beiden Seiten der Scheibe bestehen aus einer hinten an die Ränder des Boots befestigten und vorn so über dasselbe gefalteten Membran, dass sie die Vorderseite des Ro- stellums darstellt. Diese gefaltete Membran überzieht mithin, fast wie ein Deck, die in dem Boote enthaltene Klebstoff-Ladung. Die Vorderseite des Rostellum ist auf einer Längslinie über die Mitte des Bootes schwach ausgehöhlt und mit einer eigenthümlichen Lebens,- Thätigkeit versehen; denn wenn man diese Höhlung auch nur leicht ınit einer Nadel berührt oder eine Borste hineinlegt, so reisst sie sogleich der ganzen Länge nach auf und schwitzt etwas klebrige und milchige Flüssigkeit aus. Diese Thatigkeit ist keine mechanische oder von blosser Ge- walt abhängige. Der Riss zieht sich über die ganze Länge des Schnäbelchens unten von der Narbe an bis hinauf zum Scheitel; hier gabelt er sich, läuft jederseits am Rücken des Ro- stellum herab und um den Stern der Boot-förmigen Scheibe her- um. Daher nach diesem Aulplatzen die Boot-förmige Scheibe frei, doch in eine Gabel des Rostellum eingebettet zu liegen kommt. Das Aufplatzen erfolgt nie von freien Stücken. Ich setzte eine Pflanze mit noch nicht geöffneten Blüthen unter ein Netz, wo dann fünf derselben eine ganze Woche lang vollständig geöffnet verweilten; ich untersuchte dann ihre Rostellen, von welchen keines aufgerissen war, während an den darumstehenden aber unbedeckt gelassenen und den Insekten zugänglichen Ähren schon nach 24 Stunden fast alle Rostellen geplatzt waren. Eine 2 Minuten währende Aussetzung in ganz schwachen Chloroform- [1 7 Dampf genügt schon, um das Aufspringen der Rostellen zu ver anlassen, und eben so verhält es sich, wie wir nachher sehen werden, auch mit einigen andern Orchideen. Wenn man 2—-3 Sekunden lang eine Borste in die Furche des Rostellum gelegt hat und in dessen Folge die Haut geborsten ist, so liegt die klebrige Flüssigkeit in der Boot-förmigen Scheibe so dicht unter der Oberfläche und schwitzt selbst so viel aus, dass die Scheibe der Länge nach an die Borste angekittet wird und mit derselben weggenommen werden kann. Nach Entfernung der Scheibe bleiben die zwei Seitenränder des Rostellum (Fig. 16 D), welche von einigen Botanikern als zweiblätterige Vorragungen beschrieben wurden, wie zwei Zinken einer Gabel aufrecht stehen. Diess ist die gewöhnliche Beschaffenheit der Blüthen zwei bis drei Tage nach dem Aufgehen, wenn sie von Insekten besucht worden sind. Die Gabel welkt dann bald ab. So lange die Blume noch im Knospen-Stande ist, wird die Kahn-förmige Scheibe von einer Schicht grosser runder Zellen bedeckt, so dass die Scheibe nur ungenau genommen die äussre Oberfläche vom Rücken des Rostellum bildet. Die Zellen ent- halten nur schwach klebrige Materie und bleiben unverändert (wie man in Fig. E sehen kann) gegen die Spitze der Scheibe hin, während sie an dem Punkte, wo die Pollinien befestigt sind, verschwinden. Ich schloss anfangs daraus, dass der in diesen Zellen enthaltene Klebstoff nach ihrem Bersten zur Belestigung der Pollinien-Fäden an die Scheibe dienen soll. Da ich aber in verschiedenen grossen ausländischen Orchideen keine Spur von solchen Zellen entdecken kann, so mag jene Meinung un- richlig seyn. Das Stigma liegt unter dem Rostellum und ragt mit schief stehender Oberfläche vor (Profil-Ansicht Fig. 16 B); ihr Unter- rand ist abgerundet und mit Haaren bewimpert. An jeder Seite erstreckt sich eine Haut (Fig. 16 B c/) von den Narben-Rändern zum Staubfaden, um auf diese Weise einen häutigen Napf oder Clinandrium zu bilden, worin die untren Enden der Pollen-Massen geschützt liegen. Jedes Pollinium besteht aus zwei Pollen-Blättern, welche an 76 ihren obren Enden gänzlich von einander getrennt, aber auf halbe Länge durch elastische Fäden verkettet sind. Eine sehr geringe Abänderung würde die zwei Pollinien in 4 Pollen-Blätter verwandeln, wie sie in der Sippe Malaxis und in manchen aus- ländischen Orchideen gefunden werden. Jedes der vier Blätter besteht überdiess aus einer Doppelschicht von Pollen - Körnern, die nur längs ihrer Ränder vereinigt sind. Die Pollen - Körner, aus je 4 Körnchen zusammengesetzt, sind durch elastische Fäden nit einander verkettet, welche längs der Ränder jener Blätter zahlreicher sind und gegen den Scheitel eines jeden Pollinium zusammenlaufen. Die Pollen-Blätter sind sehr zerbrechlich, und wenn man sie auf die klebrige Narbenfläche legt, so lösen sich lange Reihen leicht davon los. Lange zuvor als die Blume sich entlaltet, öffnen sich die gegen den Rücken des Rostellum angepressten Antheren - Fächer an ihrem obren Tbeile, so dass die eingeschlossenen Pollinien in genaue Berührung mit dem Rücken der Boot-förmigen Scheibe kommen; die vorragenden Fäden befestigen sich dann stark über dem mitteln Theile des Scheiben-Rückens. Die Antheren-Fächer öffnen sich weiter unten, und ihre häutigen Wände ziehen sich zusammen und werden braun, so dass zur Zeit der völligen Ent- faltung der Blume die oberen Theile der Pollinien ganz nackt liegen und ihre Ballen in kleinen von den abgewelkten Antheren- Fächern gebildeten Näpfchen stecken und seitwärts von Clinan- drium geschützt werden. Da die Pollinien auf diese Weise lose liegen, so können sie leicht irgendwie entführt werden. Die Röhren -förmigen Blumen sind mit wagrechter Haltung in eine zierliche Spirale um den Schaft geordnet (Fig. 16 A). Das Labellum ist von der Mitte an abwärts Rinnen-förmig ausge- höhlt, und mit einem zurückgeschlagenen fransigen Endtheile versehen, worauf sich Bienen niederlassen; seine inneren Basal- Winkel sind in zwei kugelige Fortsätze verlängert, welche einen reichlichen Honigsaft absondern, der in einem kleinen darunter gelegenen Behälter aufgesammelt wird (Fig. 16 B n). In Folge der Vorragung des untren Narben- Randes und der zwei seit- lichen eingekrümmten Nectarien ist der in der Mitte gelegene 77 Eingang in den Nectar- Behälter sehr verengt. Dieser enthält Honigsaft zur Zeit, wo sich die Blüthe öffnet, und zu dieser Zeit liegt die etwas Rinnen-förmige Vorderseite des Rostellum dicht an dem Rinnen-[örmigen Labellum; mithin ist zwar ein Eingang frei gelassen, der aber so enge ist, dass nur eine feine Borste durch ihn eingeschoben werden kann *. Binnen 1—2 Tagen entfernt sich das Labellum etwas vom Rostellum und der Zugang zur Narben-Fläche wird etwas weiter. Von dieser geringen Be- wegung des Labellum ist die Befruchtung der Blüthe unbedingt abhängig. In den meisten Orchideen sind die Blüthen schon eine Zeit lang geöffnet, bevor sie von Insekten besucht werden: doch habe ich bei Spiranthes die Kahn-förmige Scheibe sehr bald nach dem Aufblühen entfernt gefunden. So waren z. B. in den zwei letz- ten der von mir untersuchten Ähren oben in der Spitze noch viele Knospen vorhanden, während unten sieben Blüthen aufge- gangen waren, von welchen schon sechs alle ihre Klebscheiben und Pollen-Massen abgegeben hatten. Wir haben gesehen, dass die Blüthen schon zur Zeit ihres Aufbrechens Nectar in ihrem Behälter enthalten und daher die Insekten anzuziehen im Stande sind; und das Schnäbelchen liegt zu dieser Zeit so dicht an dem Rinnen-förmigen Lippchen an, dass eine Biene oder Motte ihren Rüssel nicht hineinschieben kann, ohne die Mittelrinne des Schnä- belchens zu berühren. Dieses Verhalten kenne ich durch mehr- fache mit einer Borste angestellte Versuche. Und wie schön ist Alles zu diesem Ende eingerichtet, damit die Pollinien durch ein die Blumen besuchendes Insekt entführt werden können! Die Pollen-Massen sind durch ihre Fäden an die Klebscheibe befestigt und hängen mit beginnendem Abwelken der Antheren-Fächer lose aber geschützt im Clinandrium. Die Berührung mit dem Rüssel veranlasst das Rostellum vorn und hinten aufzureissen und befreit die lange und schmale Boot- * Professor ASA GRAY war so gefällig Spiranthes cernuus und Sp. gracilis in den Vereinigten Staaten zu untersuchen. Er fand im Allgemeinen denselben Bau, wie in unsrem Spiranthes autumnalis und war über die enge Beschaffenheit des Eingangs in die Blume verwundert. 18 förmige Scheibe, welche mit äusserst klebriger Materie beladen ist, sicher zu dem Zwecke, um der Länge nach am Rüssel anzu- kleben. Wenn die Biene wegfliegt, nimmt sie gewiss auch die Pollen-Masse mit sich fort. Da die Pollinien in gleicher Richtung mit der Scheibe befestigt sind, so werden sie parallel damit am Rüssel ankleben. Hier erscheint jedoch eine Schwierigkeit. Wenn die Blume sich öffnet und eben am Besten zur Ablassung der Pollinien geeignet erscheint, liegt das Lippchen so dicht am Schnäbelchen an, dass die an einem Insekten-Rüssel befestigten Pollen-Massen unmöglich bis zur Narbe in die Blume hineinge zwängt werden können; sie müssten dabei entweder aufgerichtet oder abgebrochen werden. Wir haben jedoch gesehen, dass sich das Labellum nach 2—3 Tagen etwas mehr vom Rostellum ent- fernt und einen weitren Durchgang offen lässt. Während dieses Zustandes habe ich mit den an einer feinen Borste sitzenden Pollinien einen Versuch gemacht und leicht zu bemerken ver- mocht, wie beim Einschieben der Borste in den Nectar-Behälter (Fig. 16 Bn) ganze Pollen-Schichten auf dem klebrigen Stigma hängen bleiben. Es ist noch zu bemerken, dass in dem Durch- schnitte (Fig. 16 B) die Mündung in den Nectar- Behälter, in Folge des Vorragens der Narbe, dicht an der Unterseite der Blume liegt; Insekten werden daher ihre Rüssel an dieser Seite einschieben und ein offener Raum erforderlich seyn, damit die festgeklebten Pollinien bis unter das Stigma geführt werden kön- nen, ohne zuvor abgestreift zu werden. Die Narbe springt offenbar so vor, dass die Enden der Pollinien an sie anstreifen müssen. Daher muss in Spiranthes der Pollen nicht allein von einer Blüthe zur andern, wie in den meisten Orchideen geführt wer- den, sondern eine spät aufgebrochene Blüthe, deren Pollinien im geeignetsten Zustande für die Entführung sind, kann gar nicht mehr befruchtet werden. Alte werden gewöhnlich durch den Pollen von jüngeren Blumen einer andren Pflanze, wie wir sehen werden, befruchtet, In Übereinstimmung damit bemerkte ich, dass die Narben-Flächen der älteren Blüthen viel klebriger als die der jüngeren sind. Demungeachtet dürfte eine Blume, 19 welche in ihrem frisch geöffneten Zustande nicht von Insekten besucht worden wäre, später bei vollständigerem Aufblühen ihren Pollen nicht gerade olıne Nutzen vergeuden; denn wenn Insekten ihren Rüssel in sie einschieben und wieder zurückziehen, biegen sie denselben vorwärts und werden dabei oft an die Rinne im Rostellum anstreifen. Ich ahmte diese Art von Bewegung mittelst einer Borste nach, und es gelang mir dadurch oft die Pollinien herauszuziehen. Anfangs schob ich die Borste oder einen feinen Grashalm gerade in das Nectarium ältrer Blumen hinab, ohne die Pollinien zu erlangen. Diess geschah jedoch, wenn ich Borste oder Halm vorwärts bog. Diejenigen Blumen, welche ihre eignen Pollen-Massen nicht abgegeben haben, können daher noch be- fruchtet werden, und ich habe nicht wenige Fälle beobachtet, welche ihre Pollinien noch an ihrem Platze und Pollen-Schichten auf ihren Narben hatten. Zu Torquay beobachtete ich eine Anzahl beisammenwach- sender Pflanzen dieser Art etwa eine halbe Stunde lang und salı drei Hummeln von zwei verschiedenen Arten ihre Blumen be- suchen. Ich fing eine und untersuchte ihren Rüssel, welcher an seiner oberen l.amelle nicht weit hinter der Spitze zwei vollkom- mene Pollinien und drei andre Kahn-förmige Scheiben ohne Pollen angeheftet hatte, so dass diese Hummel die Pollinien von fünf Blüthen mitgenommen und wahrscheinlich den Pollen von dreien derselben auf den Narben andrer Blumen zurück- gelassen hatte. Den nächsten Tag beobachtete ich dieselben Blüthen eine Viertelstunde lang und fing eine andre Hummel während ihrer Arbeit. Ein vollständiges Pollintum und vier Boot-förmige Scheiben sassen an ihrem Rüssel, eine auf der Spitze einer andern zum Beweise, wie genau jedesmal der näm- liche Theil das Rostellum berührt hatte. Die Hummeln liessen sich immer unten am Anfang der Ähre nieder, stiegen in einer Spirallinie an derselben empor und sogen eine Blume nach der andern aus. Ich glaube, dass es die Hum- meln gewöhnlich so machen, wenn sie eine dichte Blüthen-Ähre besuchen, da es so am bequemsten für sie ist, — wie auch ein Specht, wenn er nach Insekten sucht, am Stamme einporklettert, s0 e Diess scheint eine sehr unbedeutende Beobachtung zu seyn, doch sehen wir nach dem Resultate. Nehmen wir an, die Biene lasse sich am frühen Morgen, wenn sie ihre Runde beginnt, auf der Spitze der Ähre nieder; gewiss würde sie da die Pollinien der obersten und zuletzt aufgegangenen Blüthen herausziehen. Wenn sie nun zu den nächst-folgenden Blüthen käme, deren Labellum sich bis jetzt noch nicht von der Säule entfernt hälle (indem Diess erst spät und allmählich geschieht), so müssten die Pollen- Massen oft von ihren Rüsseln abgestreift werden und verloren gehen. Nun aber gibt die Natur eine derartige Verschwendung nicht zu. Die Biene fängt daher mit den untersten Blüthen an und, indem sie dann spiral um die Ähre emporsteigt, bewirkt sie nichts an dieser ersten Ähre, bis sie die obersten Blüthen er- reicht, deren Pollinien sie mitnimmt. Sie fliegt nun zu einer andern Pflanze, wo sie sich abermals auf den untersten und ältesten Blüthen, zu welchen in Folge des bereits stattgehabten Zurückweichens des Labellum bereits ein weiter Eingang führt, niederlässt und mit den Pollinien an der vorragenden Narbe an- streift. Ist das Stigma der untersten Blume bereits vollständig befruchtet und daher abgetrocknet, so wird kein oder nur wenig Pollen auf derselben zurückbleiben. Wohl aber werden in den folgenden Blüthen, deren Narben noch klebrig sind, grosse Pollen- Scheiben sich an diese anhängen. Sobald nun die Biene gegen das Ende der Ähre hinaufkommt, wird sie wieder frischen Pol- len in den Blumen finden und, wenn sie dann zu den unltren Blüthen einer andren Pflanze weiter fliegt, diese befruchten. In- dem sie auf diese Weise die Runde macht um Honig aufzuspei- chern, befruchtet sie fortwährend neue Blumen und verewigt so die Spiranthes-Art, welche ihrerseits Honig zur Ernährung künf- tiger Bienen-Generationen bereitet. .81 Vierter Abschnitt. Malaxis paludosa: einfache Befruchtungs- Weise. — Listera owata: Em- pfindlichkeit ihres Rostellum; Ausbruch klebriger Materie durch In- sekten-Thätigkeit; vollkommene Anpassung der verschiedenen Organe. — Listera cordata. — Neottia nidus-avis: ihre Befruchtung wie bei Listera bewirkt. Wir kommen nun zu den letzten der Britischen Orchideen, zu denjenigen, bei welchen kein Theil der äusseren häutigen Oberfläche des Rostellum bleibend an die Pollen-Masse befestigt ist. Aus dieser Unterabtheilung kenne ich nur drei Sippen: Malaxis, Listera und Neottia, welche hier nur der Bequemlichkeit halber zusammengefasst sind. Die Belruchtung der Malaxis bietet kein Interesse dar, während dagegen Listera und Neottia durch die Art und Weise, wie ihre Pollinien von den Insekten ıittelst eines plötzlichen Ausbruches von klebriger Materie aus dem Ro- stellum fortgeführt werden, zu den merkwürdigsten von allen Orchideen gehören. Malaxis paludosa: Diese seltene * und kleinste der Britischen Orchideen weicht von den anderen durch die Stellung ihrer Blüthen ab. In Malaxis ist das Labellum auf- statt ab-wärts gerichtet ** und bietet aul diese Weise den Insekten wie in an- dern Orchideen einen Landungs-Platz dar; sein Unterrand um- fasst die Säule und macht den Eingang in die Blume Röhren- förmig. Durch seine Stellung schützt es die Fruktifikations-Or- gane theilweise (Fig. 17). _ In den meisten Orchideen bieten das obre Kelch- und die zwei obren Kronen-Blätter einen Schutz dar: hier aber sind beide in einer eigenthümlichen Weise zurückgeschlagen (wie in * Für viele lebend übersandte Exemplare dieser Art bin ich Hrn. WALLIS zu Hartfield in Sussex zu innigem Danke verbunden. ** Sir JAMES SMITH hat, wenn ich nicht irre, diese Thatsache 1825 zuerst berichtet in der »English Flora IV, 47«. Gegen die Spitze der Ähre hin hängt das obre Kelch-Blatt nicht mehr herunter, wie es in Fig. 17 Au abgebildet ist, sondern-steht fast rechtwinkelig nach aussen; auch ist die Blüthe nicht immer so vollständig gewunden. DARWIN, Orchideen. 6 Malaxis paludosa (theils nach BAUER kopirt und theils’nach lebenden Pflanzen abgeändert). a Anthere. r Rostellum. el Clinandrium., | s Stigma. 2 Labellum. » u oberes Kelchblatt. p Pollen. | v Spiralgefäss. A Eine vollständige Blüthe in der Seiten-Ansicht: mit dem Labellum in seiner Natür- lichen Stellung zu oberst. B Säule (columna, gynostemium) von vorne gesehen; das Taschen-förmige Stigma und den vordren Seiten-Theil des Clinandrium zeigend. M © Rücken-Ansicht der Säule in &iner Blüthen-Knospe; die Anthere mit den eingeschlossenen nur dunkel sichtbaren Birn-förmigen Pollinien und die hinteren Ränder der Antheren- Grube zeigend. D Rücken-Ansicht einer entfalteten Blüthe, woran die Anthere in jetzt zusammengezogenem und eingeschrumpftem Zustande ist, so dass die Pollinien frei liegen. T Die beiden Pollinien an eine kleine queere Masse von klebriger Materie sitzend, welche in Weingeist erhärtet ist. 83 Fig. 17 A zu sehen), wie es scheint, um den Insekten einen freieren Zutritt zur Blüthe zu gewähren. Diese Lage der Blu- men-Theile ist um so nerkwürdiger,. als sie ihr absichtlich an- erworben ist, wie man aus dem Seil-artig gewundenen Ovarium erkennen kann. In allen Orchideen steht nämlich das Labellum eigentlich oben und gewinnt seine gewöhnliche Stelle als Unter- lippe erst durch eine Schraubendrehung des Eihälters; nur in Malaxis ist diese Drehung bis zu dem Grade verstärkt, dass die Blume wieder in die Richtung gelangt, die sie haben würde, wenn das Ovarium gar nicht gewunden wäre und welche auch das Ovarium zur Zeit der Reife durch eine -allmählige Zurück- windung wieder annimmt. Wenn man die kleine Blüthe aufschneidet, so zeigt sich die Säule der Länge nach dreitheilig; der mittle Theil der oberen Hälfte (Fig. 17 B) ist das Rostellum. Der obre Rand des unte- ren Theils der Columna ragt da, wo er an die Basis des Ro- stellum befestigt ist, vor und bildet eine tiefere Falte, die Nar- ben-Höhle, welche sich mit einer Westen-Tasche vergleichen lässt. Ich fand Pollen- Massen, deren breiteres Ende durch In- sekten in die Tasche gedrängt worden, von wo aus dann ein Bündel von Pollen-Schläuchen in das Zellgewebe der Narben ein- gedrungen war. Das Schnäbelehen oder der mittle Theil ist ein hoher häu- tiger Vorsprung von weisslicher Farbe, der aus viereckigen Zellen besteht, mit einem dünnen Klebstoff-Überzuge versehen, hinten etwas vertieft ist und dessen Kamm von einer kleinen Zungen- förmig vorspringenden Klebstoff-Masse überragt wird. Die Säule mit ihrer engen Taschen-förmigen Narbe und mit dein Rostellum oben ist beiderseits mit einer grünen häutigen Ausbreitung ver- bunden, welche aussen wölbig und innen vertieft ist, deren Scheitel an jeder Seite spitz ist und etwas über dem Kamme des Schnäbelchens steht. Diese zwei Häute ziehen sich (vgl. Fig. 17 C und D in der Rücken-Ansicht) rund um und sind an den Staubfaden oder den Antheren-Fuss befestigt, um auf diese Weise den tiefen Napf oder das Clinandrium hinter dem Ro- stellum zu bilden, dessen Bestimmung es ist die Pollen - Massen 6: 34 zu schützen, wie wir sogleich sehen werden. Bei Besprechung der Homologien der verschiedenen Theile wird sich aus dem Verlaufe der Spiral-Gefässe ergeben, dass die zwei das Clinan- drium bildenden Häute durch Verkümmerung aus den zwei oberen Antheren des inneren Wirbels entstehen, indem sie für diesen besondren Zweck nutzbar gemacht werden. Man kann vor dem Aufbrechen einer Blüthe einen Tropfen klebender Flüssigkeit am Kamme des Rostellum finden, über dessen Vorderseite überhängend. Bald nach dem Aufblühen zieht sich dieser Tropfen zusammen und wird noch klebriger. Seine chemische Beschaffenheit ist verschieden von der des Klebstoffs der meisten Orchideen, indem er selbst an der freien Luft einige Tage lang klebrig bleibt. Aus diesen Umständen schloss ich, dass die klebende Flüssigkeit aus dem Kamm des Rostellum ausgeschwitzt seyn müsse, bekam aber glücklicher Weise hernach eine nahe verwandte Ostindische Form, die Mi- erostylis Redii zu untersuchen (die mir Hooker aus Kew gesandt), worin sich vor dem Aufblühen ein ähnlicher Tropfen klebriger Materie zeigte. Als ich aber sodann eine noch jüngere Knospe öffnete, fand ich am Kamme des Rostellum eine kleine regel- mässige Zungen-förmige Vorragung, aus Zellen bestehend, die bei der Berührung sich in einen Tropfen klebriger Flüssigkeit auflösten. Zu gleicher Zeit war auch die ganze Vorderseite des Rostellum zwischen dem Kamme und dem Taschen-förmigen Stigma mit Zellen voll einer ähnlichen braunen klebrigen Materie bedeckt, so dass kaum ein Zweifel bleibt, dass ich bei Unter- suchung einer genügend jungen Knospe von Malaxis ein ähnliches kleines Zungen-förmiges Zellen-Gebilde am Kamme des Rostellum entdeckt haben würde. Die Anthere öffnet sich weit schon in der Blumen-Knospe, schrumpft dann ein und zieht sich abwärts zusammen, so dass in der völlig entlalteten Blüthe die Pollinien ganz nackt erschei- nen mit Ausnahme nur ihres breiten Unterendes, welches je in einem kleinen von den zusammengeschrumpften Antheren-Zellen gebildeten Napfe steht. Diese Zusammenziehung der Anthere ist in Fg. 17 D gegenüber von Fg. 17 C dargestellt, welche die 85 Anthere in der Blumen-Knospe zeigt. Das obere spitzere Ende der Pollinien ruhet, darüber vorragend, auf dem Kamm des Ro- stellum. In der Knospe ist dasselbe nicht befestigt: zur Zeit aber wo die Blüthe sich öffnet, ist es an seiner Hinterseite be- reits von dem Tropfen klebender Materie ergriffen, dessen Vor- seite etwas über die Vorderseite des Rostellum vorsteht. Dass bei diesem Ergreifen keine mechanische Mitwirkung im Spiele seye, davon habe ich mich überzeugt, indem ich einige Knospen in meinem Zimmer sich öffnen liess. In Fig. IT E sind die Pollinien nicht ganz in ihrer natürlichen Lage. aber genau so dargestellt, wie sie aussehen, wenn man sie mittelst einer Nadel von einem in Weingeist aufbewahrten Exemplare abhebt, wo die unregelmässige kleine Masse von Klebstoff sich erhärtet und fest an ihre Spitzen angehängt hat. , Die Pollinien bestehen aus zwei Paar sehr dünner Blätter wachsigen Pollens, und alle vier Blätter aus kantigen Körnern, welche anscheinend aus vier Körnchen zusammengesetzt sind und sich nie von einander trennen. Da die Pollinien meistens lose liegen und nur durch ihre am Klebtropfen anhängenden Spitzen gehalten werden, während ihre Basen in den Antheren- Zellen stecken, und da die Kronen- und Kelch-Blätter so stark zurückgebogen sind, so mussten die Pollinien bei völliger Ent- faltung der Blüthe so frei zu liegen kommen, dass sie vom leisesten Windhauche entführt würden, wenn sie nicht in der Antheren-Grube (elinandrium) geborgen wären, die von der Haut- Ausbreitung an jeder Seite der Columna gebildet wird. Wenn ein Insekt seinen Rüssel oder Kopf in den engen Raum zwischen dem aufrechten Labellum und dem Rostellum schiebt, so berührt es unvermeidlich die kleine vorragende Kleb- masse und führt dann, wenn es weiterfliegt, die bereits an die Klebmasse befestigten, aber übrigens losen Pollinien mit sich, und ich konnte diesen Vorgang leicht nachahmen, indem ich einen dünnen Gegenstand zwischen Labellum und ‚Rostellum in die Röhren-förmige Blume schob. Wenn das Kerbthier nun auf eine andre Blume gelangt, so werden die sehr dünnen, an dem Rüssel oder dem Kopfe parallel ansitzenden Pollen-Blätter hinein- S6 gezwängt und ihre breiten Enden dringen in das Taschen-förmige Stigma ein. Ich fand Pollinien, welche, in dieser Lage an die obre häulige Ausbreitung des Rostellum befestigt waren und mit einer grossen Anzahl von Pollen -Schläuchen in das Zellgewebe der Narben eingedrungen waren. Die Bestimmung der dünnen Klebschicht des Rostellum bei Malaxis und Microstylis, wo sie mit der Übertragung des Pollens von einer Blüthe auf die andre nichts zu thun hat, scheint mir die zu seyn, dass sie die von den Insekten herbeigetragenen Pollen-Blätter in einer passenden Lage erhalte, damit sie in die enge Narben-Höhle eindringen und darin verbleiben können. Diese Thatsache muss uns vom Ge- sichtspunkte der Homologie aus ansprechen, indem, wie wir nachher ersehen werden, die ursprüngliche Natur und Bestim- mung des Klebstoffs auf dem Schnäbelchen mit der des Kleb- stoffs auf der Narbe der meisten Blumen übereinstimmt, welcher die irgend wie auf deren Oberfläche gelangten Pollen fest- halten soll. Obwohl die Blumen der Malaxis sehr klein und unscheinbar sind, so locken sie doch die Insekten in hohem Grade an; denn ich sah stets die Pollinien aller Blüthen einer Ähre mit Aus- nahme von einer oder zweien zunächst unter den Knospen stehenden entführt. In einigen alten Blüthen-Ähren war gar keines mehr zu finden. Insekten entführen zuweilen nur eines von einem Paare. Ich sah eine Blume mit ihren vier Pollinien- Blättern noch an ihrem Platze und mit einem einzelnen Pollinien- Blatte in der Narben-Vertiefung, in welche sie also durch irgend ein Insekt von aussen eingeführt worden seyn muss. Ebenso fand ich Pollen-Blätter auf den Narben vieler andern Blumen liegen. Die Pflanze bildet eine Menge von Saamen; an einer Ähre hatten 13 von den 21 untersten Blüthen Kapseln angesetzt. Listera ovata oder das Zweiblatt. Bau und Verrichtung des Rostellum dieser Art sind Gegenstand einer sehr beachtens werthen Abhandlung von Dr. Hooser * gewesen, welcher die sonderbare Bildung der Blüthen bis in's Einzelne genau und Philosophical Transactions, 1854, 259. 87 richtig beschrieben, aber nicht auf den Antheil geachtet hat, welchen die Insekten an der Befruchtung haben. GC. K. SPRENGEL hatte deren Mitwirkung zwar bereits beobachtet, aber Bau und Verrichtung des Rostellum verkannt. Das Rostellum ist gross und dünn oder blätterig, vorn wöl- big und hinten vertieft und am spitzen Scheitel jederseits eiwas Fig. 18. Listera ovata (theils nach HOOKER). a Anthere. | p Pollen. co. Columella-Scheitel. r Rostellum. ! Labellum. | s Stigma. n Neetar-bildende Rinne. | A Blüthe in Seiten-Ansicht: alle ihre Kelch- und Kronen - Blätter mit Ausnahme des La- bellum weggeschnitten. B Dieselbe, nachdem auch die Pollinien entfernt worden und das Rostellum sich in Folge seines Ausbruchs mehr zurückgebogen hat. 88 ausgehöhlt; es wölbt sich über die Narben-Fläche (Fig. 18 A rs). Nach Hooser ist es immer durch Längsscheidewände in eine Anzahl Fächer abgetheilt, welche klebrige Materie enthalten und gewaltsam austreiben. Diese Fächer zeigen noch Spuren ihrer Anfangs zelligen Struktur. Diesen Bau des Rostellum habe ich nur in der nahe verwandten Sippe Neottia wiedergefunden. Die hinter dem Rostellum gelegene und von einer Ausbreitung des Gipfels der Columna beschützte Anthere öffnet sich bereits in der Knospe. Nach dem vollständigen Aufblühen liegen die Polli- nien ganz [rei, hinten vom Antheren-Fache getragen, vorn gegen den konkaven Rücken des Rostellum gelehnt und mit ihrem obern spitzen Ende auf dessen Kamm gestützt. Jedes Pollinium ist gewöhnlich in zwei Massen getheilt. Die Pollen-Körner sind in gewöhnlicher Weise durch elastische Fäden miteinander ver- keltet: aber die Fäden sind schwach und gestatten leicht die Ablösung grössrer Pollen Parthien. Wenn die Blume längre Zeit geöffnet ist, wird der Pollen zerreiblich, Das Labellum ist sehr verlängert, am Grunde verengt und abwärts gebrochen (Fig. ISA), es ist in der Mitte der Länge nach Kamm - förmig ausgehöhlt, dicht von seiner Spaltung aufwärts bis zum Grunde der Narbe; die Ränder der Rinne sind körnelig und sondern Nectar ab. Wenn man den Kamm des Rostellum gleich nach dem Aul- gehen der Blüthe auch noch so leise berührt, so wird augen- blicklich ein Tropfen klebriger Flüssigkeit hervorgetrieben, wel- cher, wie Hooker gezeigt hat, aus dem Zusammenfliessen zweier Tropfen entsteht, -die aus zwei vertieften Stellen zu beiden Seiten des Kammes kommen. Ein guter Beweis dafür hat sieh auch an einem Exemplare ergeben, welches eine Zeillang in schwa- chem Weingeist gelegen, wo die klebrige Flüssigkeit anscheinend langsam ausgeflossen und in Gestalt zweier kleinen kugeligen Ballen erhärtet war, die an den zwei Pollinien sassen. Diese Flüssigkeit ist anfangs etwas opak und milchig, überzieht sich an der Luft in weniger als einer Sekunde Zeit mit einem Häut- chen, und in 2— 3 Sekunden ist der ganze Tropfen hart und nimmt auch bald eine purpurbraune Färbung an. Das Rostellum ist so ausserordentlich empfindlich, dass die Berührung mit dem 89 feinsten Menschen-Haare schon genügt, einen solchen Ausbruch zu bewirken. Auch unter Wasser findet er Statt; ebenso in Folge der Einwirkung von Chloroform-Dämpfen während einer Minute. Presst man die klebende Flüssigkeit vor ihrer Erhärtung zwischen zwei Glas-Platten, so erscheint sie erst Struktur-los und nimmt dann ein Netz-artiges Aussehen an, vielleicht in Folge der Anwesenheit und Vereinigung von Kügelchen einer dichteren in einer minder dichten Flüssigkeit. Da die spitzen Enden der losen Pollen-Massen auf dem Kamme des Schnäbel- chens liegen, so werden sie von den herausgeschleuderten Tro- pfen immer getroffen; nie sah ich Diess fehlschlagen. Die Aus- stossung erfolgt so rasch und die Flüssigkeit ist so klebrig, dass es schwer ist, das Schnabelchen behende genug mit einer Nadel- Spitze zu berühren, ohne auch die an bereits theilweise erhär- teten Tropfen klebenden Pollinien zu treffen. Wenn man daher einen Büschel solcher Blüthen in der Hand nach Hause trägt, so ist mit ziemlicher Sicherheit’ anzunehmen, dass einige der durch’s Tragen erschütterten Kelch- und Kronen -Blätter das Rostellum berühren und die Pollinien davon wegnehmen werden, was dann fälschlich den Anschein erwecken kann, als seyen dieselben mit Heftigkeit auf eine gewisse Entfernung fortgeschleudert worden. Nachdem sich die Antheren-Fächer geöffnet und die nackten Pollen-Massen am vertieften Rücken des Schnäbelchens hängen ge- lassen haben, neigt sich dieses letzte etwas vorwärts und vielleicht die Anthere etwas rückwärts. Diese Bewegung ist von grosser Wichtigkeit, weil sonst die Spitzen der Anthere von dem Kleb- stoff getroffen und die Pollinien für immer verschlossen und nutzlos gemacht werden würden. Ich fand einmal eine beschä- digte Blume, welche vor dem vö:ligen Aufblühen gedrückt und zur Ausschleuderung veranlasst worden war, wodurch die Anthere mit ihrer Pollen-Masse auf eine bleibende Weise unter dem Kamme des Rostellum festgekittet worden war. Im Augenblicke des Ausbruchs krümmt sich das Schnäbelchen, welches bereits über das Stigma gebogen stund, rasch vor- und ab-wärts, bis rechtwinkelig zu dessen Oberfläche (Fig. 18 B). Sind die Polli- nien nicht durch die Berührung mit dem den Ausbruch veran- 90 lassenden Gegenstande entführt worden, so befestigen sie sich an dem Rostellum und werden durch dessen Bewegung etwas vorwärts geführt. Wenn ihre untren Enden jetzt mittelst einer Nadel aus den Antheren-Fächern befreit werden, so schnellen sie empor, ohne jedoch durch diese Bewegung auf das Stigma zu gelangen. Im Verlaufe einiger Stunden oder eines Tages nimmt das Rostellum langsam nicht nur seine ursprüngliche schwach gebogene Haltung wieder ein, sondern wird ganz gerade und parallel zur Narben-Fläche. Diese rückgängige Bewegung des Schnäbelchens ist gleichfalls von Wichtigkeit, weil, wenn es nach der Ausschleuderung im rechten Winkel dicht über der Narbe vorgeneigt bliebe, Pollen nicht leicht an deren klebender Oberfläche kleben bleiben könnten. Wird das Rostellum so leise berührt, dass die Pollinien nicht dadurch weggenommen werden, so werden sie, wie schon gesagt, im Augenblicke der Explosion durch die Bewegung des Schnäbelchens etwas vorwärts geführt, kehren aber nachher mit dem Rostellum wieder an ihre ur- sprüngliche Stellung zurück. Aus der hier gegebenen Darstellung ist die Befruchtungs- Weise dieser Orchidee leicht zu entnehmen. Kleine Insekten lassen sich auf das breite Unterende des Lippchens nieder wegen des reichlich in ihm abgesonderten Honigsaftes. Indem sie die- sen Saft auflecken, krabbeln sie langsam auf der verschmälerten Oberfläche weiter, bis ihr Kopf gerade unter den übergewölbten Kamm des Rostellums gelangt. Erheben sie nun den Kopf, so berühren sie den Kamm, welcher explodirt und die Pollinien fest an ihn heftet. Fliegt das Insekt nun weiter, so trägt es die Pollen-Massen mit fort zu einer andern Blume und hinterlässt Massen zerreiblichen Saamenstaubs auf der klebrigen Narbe derselben. Um mich über das Zutreffen dessen zu gewissern, was ich mit Sicherheit voraussah, beobachtete ich eine Gruppe von Pflan- zen 2— 3mal eine Stunde lang, und sah jeden Tag zahlreiche kleine Hautflügeler von zweierlei Arten, einen Hemiteles und einen Cryptus, ab- und zu-fliegen, um den Nektar aufzunippen. Die meisten der fort und fort besuchten Blumen hatten bereits 91 alle ihre Pollinien abgegeben, als ich zuletzt beide Insekten-Arten in jüngre Blumen hineinschlüpfen und plötzlich wieder mit einem auf dem Vorderkopfe steckenden Paar glänzend gelber Pollinien zurückkehren sah. Ich fing sie und fand, dass der Befestigungs- Punkt der innre Augen-Rand war. Am andren Auge eines die- ser Insekten war ein Ball erhärteten Klebstoffs, welcher an- deutete, dass sich dasselbe schon früher mit einem andren Paare Pollinien beladen und sie dann aller Wahrscheinlichkeit nach auf der Narbe einer der besuchten Blumen zurückgelassen hatte. Als ich Jiese Insekten fing, kannte ich den Befruchtungs- Akt noch nicht; aber C. K. Srreneer sah bereits einen Haut- flügeler seine Pollen-Massen auf einem Stigma zurücklassen. Mein Sohn beobachtete einige Meilen weiter eine andre Gruppe dieser Orchideen und brachte mir dieselben Hymenopteren-Arten mit anklebenden Pollinien davon nach Hause; auch sah er Schmetterlinge diese Blüthen besuchen. Es war ihm auch eine Menge der über diese Pflanzen ausgebreiteten Spinnweben auf- gefallen, als ob die Spinnen Kenntniss hätten von der Anziehungs- Kraft, welche die Listera auf die Insekten ausübte, und von deren Unentbehrlichkeit zu ihrer Befruchtung. Um zu zeigen, wie schon die zarteste Berührung die Ex- plosion des Schnäbelehen bewirken könne, will ich anführen, dass ich einen äusserst kleinen Hautflügeler gesehen, der un- geachtet seines Widerstrebens immer tiefer mit dem ganzen Kopfe in den erhärteten Klebstoff hineingerieth und so an den Kamm des Rostellum und an die Spitzen der Pollinien festgekiltet wurde. Das Insekt war nicht so gross wie eines der Pollen- Massen. Nachdem es die Explosion veranlasst, war es daher nicht stark genug die Pollinien fortzutragen, und so ging es über dem Versuche ein seine Kräfte übersteigendes Werk zu vollführen, elendiglich zu Grunde. Bei Spiranthes können die jungen Blüthen, deren Pollinien im geeignetsten Zustande zur Fortführung wären, unmöglich befruchtet werden. Sie müssen in jungfräulichem Zustande ver- harren, bis sie etwas älter geworden sind und sich das Labellum etwas weiter von der Säule entfernt hat. Hier scheint derselbe 92 Vorgang stattzufinden; denn die Narben der älteren Blüthen sind viel klebriger als die der jungen. Bei diesen sind die Pollinien für die Entführung ganz bereit; aber unmittelbar nach der Ex- plosion krümmt sich, wie wir gesehen, das Rostellum vor- und ab-wärts, um auf diese Weise die Narbe eine Zeit lang zu schützen. bis es sich endlich langsam wieder aufrichtet und das inzwischen zur Reife gelangte Stigma frei und der Befruchtung zugänglich werden lässt. Ich war neugierig zu ermitteln, ob das Rostellum auch ohne irgend eine Berührung endlich explodiren würde; fand es aber sehr schwer den Versuch zu machen, weil diese Blüthen so ausserordentlich viele Insekten anziehen und die Berührung auch des kleinsten Insektes, das sich kaum ausschliessen lässt, zur Bewirkung der Explosion schon genügt. Ich habe zu verschiedenen Zeiten Pflanzen dieser Art mit einem feinen Netze bedeckt und so bedeckt gelassen bis lange nachdem alle unbedeckt gebliebenen Pflanzen schon ihre Kapseln angesetzt hatten. Ohne nun in unnütze Einzelnheiten einzugehen, kann ich als thatsächliches Ergebniss berichten, dass die Rostellen mehrer Blüthen nicht explodirt hatten, obwohl die Narbe bereits abgewelkt und der Pollen ganz schimmelig und zur Entführung ungeeignet geworden war. Doch waren einige wenige schon sehr alte Blumen bei rauher Berührung noch einer schwachen Explosion fähig. Andre Blumen hatten jedoch unter dem Netze explodirt und ihre Pollinien sassen am Kamme des Schnäbelchens fest; aber es ist nicht anzugeben möglich, ob dieselben doch noch von äusserst kleinen Insekten besucht worden waren oder sich von selbst entladen hatten. In Bezug auf diese letzten Blüthen ist es jedoch von einiger Wichtigkeit zu bemerken, dass auch bei der sorgfälligsten Nachforschung nicht ein auf ihren Narben haftendes Pollen-Korn aufgefunden werden konnte und dass ihre Ovarien nicht angeschwollen waren. Diese Thatsachen beweisen mithin, dass die Entführung der Pollen-Körner durch die Thätigkeit der Insekten zur Befruchtung dieser Species noth- wendig ist. Dass die Insekten dieselbe thatsächlich vermitteln, geht aus 93 folgenden Beobachtungen hervor. Eine noch junge Ähre mit vielen Knospen in ihrem obren Theile besass alle Pollinien noch in den sieben obersten ihrer offnen Blüthen; aber kein einziges mehr an den zehn untersten, unter welchen aber sechs Pollen auf den Narben trugen. In zwei Ähren zusammengenommen hatten die 27 untersten Blüthen ihre Pollinien verloren, aber Pollen auf allen Stigmaten; darüber kamen 5 offene Blüthen noch mit ihren Pollinien, aber ohne Pollen auf den Narben; und zu oberst standen noch 18 geschlossene Knospen. Endlich sah ich in einer alten -Ähre mit 44 vollständig entfalteten Blumen nicht nur alle Pollinien entführt, sondern auch alle Narben, so weit ich sie untersucht habe, mit Pollen bestreut. Es ist vielleicht keine verlorene Zeit, wenn ich die ver- schiedenen eigenthümlichen Einrichtungen zur Befruchtung dieser Orchidee nochmals zusammenfasse. Die anfangs offnen Antheren- Fächer bieten die Pollen-Massen ganz lose dar, mit ihren Spitzen ruhend auf dem konkaven Kamme des Rostellum. Dieses krümmt sich nun langsam über die Narben-Fläche, so dass sein sich entladender Kamm nur wenig von der Anthere entfernt ist, was sehr nothwendig erscheint, indem sonst die Anthere von dem Klebstoffe ergriffen und der Pollen für immer verschlossen wer- den würde. Diese Krümmung des Schnäbelchens über die Narbe und die Basis des Labellum ist vortrefflich berechnet, ein Insekt an dem- Kamme anstreilen zu machen, wenn es den Kopf aul- richtet, nachdem es auf dem Labellum bis dahin gelangt ist und den letzten Nektar-Tropfen an dessen Basis aufgenippt hat. Wie schon €. K. Sprenger bemerkt hat, wird das Lippchen da, wo es die Säule unter dem Rostellum erreicht, schmäler, so dass dort keine Gefahr vorhanden ist, das Insekt könne sich zu weit seit- wärts halten. Der Kamm des Rostellum ist so ausserordentlich einpfindlich, dass die Berührung eines kleinen Insektes ihn an zwei Stellen platzen macht, und augenblicklich treten zwei Tropfen einer klebrigen Flüssigkeit hervor, welche zusammen- fliessen. Diese Flüssigkeit erhärtet so wunderbar schnell, dass sie selten verfehlt die Spitzen der Pollen-Massen, welche genau auf dem Kamme des Rostellum bereit liegen, an den Vorderkopf Y4 des Insekts anzukitten. Sobald das Rostellum sich in dieser Weise entladen hat, krümmt es sich vor- und ab-wärts bis es in rechtem Winkel über der Narbe steht, sie in ihrem ersten Zustande gegen Befruchtung schützt, in derselben Art wie die Narbe von Spiranthes durch das die Säule umfassende Labellum geschützt wird. Wie aber in Spiranthes das Labellum sich nach- her von der Säule entfernt, um freien Weg für die Einführung der Pollinien zu machen, so bewegt sich hier das Rostellum zurück, bis es wieder seine anfängliche — ja noch weiter, bis es eine ganz aufrechte Richtung erlangt und hiedurch die in- zwischen viel klebriger gewordene Oberfläche der Narbe für den Pollen frei macht, welcher dahin gelangen und dort hängen bleiben soll. Wenn nun die Pollen-Massen sich am Vorderkopfe des Insektes angeklebt, so bleiben sie gewöhnlich fest darauf sitzen, bis die noch klebrigere Narbe einer reifen Blüthe das Insekt von dieser Last befreit, indem sie die Zerreissung der elastischen Fäden veranlasst, durch welche die Pollen- Körner miteinander verkettet sind, und indem sie so ihre eigne Befruch- tung herbeiführt. Listera cordata. Professor Dickie von Aberdeen war so freundlich, mir zwei Sendungen von Pflanzen dieser Art zu machen, nachdem ich mich leider etwas zu spät in der Jahres- Zeit an ihn gewendet hatte. Der Blüthen-Bau ist im Wesentlichen derselbe, wie bei voriger Art, und die Fächer des Rostellum sind sehr deutlich. Mitten auf dem Kamme des Rostellum ragen 2—3 haarige Spitzen hervor, deren Bestimmung ich nicht kenne. Das Labellum hat zwei Seiten-Lappen (wovon auch in L. ovata Spuren vorhanden sind), welche sich an jeder Seite aufwärts biegen und ein Insekt nöthigen müssen, sich dem Schnäbelchen nur gerade von vorn zu nähern. Von zwei Blüthen, welche sich durch eine während der Reise oder vorher stattgefundene Be- rührung entladen hatten, sassen die Pollinien auf dem Kamme des Rostellum fest: aber in den meisten Blüthen waren die Pollen-Massen bereits durch Insekten entführt worden *. Auf meinen Wunsch hat Prof. DICKIE die lebenden Blumen unter- sucht, und schreibi mir nun darüber, dass, wenn der Pollen reif ist, der 95 Neottia nidus-avis. Ich habe viele Beobachtungen über diese Vogelnest-Orchis* gemacht, welche des Berichtes nicht werth sind, indem Bau und Funktion der Theile sich fast ganz wie in Listera ovata verhalten. Das Labellum sondert eine Menge Nectar ab, was ich nur der Vorsicht halber anführen will, indem ich selbst während einer kalten und feuchten Jahres- zeit mich öfters darnach umgesehen, aber nie auch nur einen Tropfen, der die Insekten hätte anziehen können, gefunden habe. Doch zweifle ich nicht, dass ich dazu gelangt seyn würde, wenn ich meine Nachsuchungen fortgesetzt hätte. Ich konnte mich nicht vergewissern, ob das Rostellum ohne eine Berührung zu erfahren sich endlich noch entlade; dass es aber unentladen lange in einem Entladungs-fähigen Zustande auszuharren vermöge, ist gewiss. Ich fand jedoch im Jahre 1860 so viele entladene Blüthen mit dem purpurnen Fleckchen erhärteten Zämentes am Kamme des Rostellum und an den nicht entfernten Pollinien, dass ich vermuthe, sie dürften sich wohl nach Verlauf einer gewissen Zeit von freien Stücken entladen, ohne durch irgend eine Berührung dazu gereitzt worden zu seyn. An einer grossen Ähre waren alle Blüthen von Insekten besucht und alle Pollinien entführt worden. Eine andre ungewöhnlich schöne Ähre, welche mir Hr. Oxexnpen aus dem südlichen Kent geschickt, enthielt 41 Blüthen, woraus sich 27 grosse und einige kleinere Saamen-Kapseln entwickelten. Kamm des Schnäbelchens mit den kleinen Häärchen abwärts gegen das Lippchen gerichtet ist, so dass, wenn in Folge einer Berührung der Kleb- stoff ausgeschleudert wird, die Pollinien an den berührenden Körper zu haften kommen. Nach der Explosion krümmt sich das Rostellum abwärts, breitet sich aus und überdeckt die jungfräuliche Narben-Fläche. Später erhebt es sich wieder und lässt die Narbe frei. So geht Alles in derselben Weise vor sich, wie ich es in L. ovata beschrieben habe. Diese Blüthen werden von kleinen Dipteren und Hymenopteren besucht. (Nachtrag vom Juni 1862.) D. * Man hat von dieser unnatürlich schwächlich aussehenden Pflanze gewöhnlich angenommen, dass sie parasitisch auf den Wurzeln der Bäume lebe, in deren Schatten sie wächst, was jedoch nach IRMISCH (Beiträge zur Biologie und Morphologie der Orchideen 1853. S. 25) sicher nicht der Fall ist. 96 Der Pollen gleicht dem von Listera, indem seine Körner, aus vier Körnchen zusammengesetzt, durch einige schwache Fäd- chen verkettet werden; er ist jedoch viel weniger zusammen- hängend, so dass er schon nach wenigen Tagen anschwillt und über die Seiten und Spitze des Rostellum überhängt. Wenn daher das Rostellum einer etwas ältren Blüthe berührt und eine Entladung bewirkt wird, so werden dadurch die Pollinien nicht so nett an ihren Spitzen erfasst wie bei Listera, daher oft ein guter Theil des zerreiblichen Pollens an den Antheren-Fächern zurückbleibt und anscheinend unverwendet bleiben muss. In- dessen fallen Theile desselben doch auf die Blumenkrone, und da der Pollen in diesem Zustande leicht an jedem Körper an- haftet, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass ein darauf herum- laufendes Insekt damit beklebt werde und etwas davon auf die Narbe übertrage, ohne das Rostellum berührt und eine Entladung desselben bewirkt zu haben. Wäre das Labellum mehr empor: gerichtet, so dass die Insekten genöthigt würden an Anthere und Säule anzustreifen, so würden sie mit dem Pollen, sobald als er zerreiblich geworden, beschmiert werden und nun die Blüthe wirksam befruchten. Diese Beobachtung sprach mich an, weil ich früher, als ich Cephalanthera mit ihrem verkümmerten Rostellum, ihrem aufge- richteten Lippchen und ihren zerreiblichen Pollen untersuchte, mich mit der Frage beschäftigt hatte, auf welche Weise etwa ein Übergang mit jeder für die Pflanze nützlichen Abstufung ver- mittelt werden könnte von dem Zustande, worin sich Pollen und Blume bei der verwandten Epipactis mit ihren an ein wohl- entwickeltes Rostellum befestigten Pollinien darstellen, bis zu deren Beschaffenheit in Cephalanthera. Neottia nidus-avis zeigt bis zu einem gewissen Grade, wie ein solcher Übergang ver- mittelt worden seyn dürfte. Diese Orchidee wird jetzt haupt- sächlich befruchtet durch die Entladungen des Rostellum, welches thatsächlich nur so lange wirkt, als der Pollen in Massen bei- sammen bleibt. Wenn wir aber in dem baldigen Zerreiblich- werden des Pollens nicht eine wahre Beeinträchtigung der Pflanze anerkennen wollen, so können wir annehmen, dass derselbe in 97 solehem Zustande durch Anhängen an behaarte Insekten-Körper zuweilen auf die Narbe gelange. Wenn Diess der Fall, so würde dann dieses Befruchtungs- Mittel durch eine allmählige geringe Veränderung in der Form der Blume und ein immer früheres Zerreiblichwerden des Pollens immer Erfolg-reicher und müssten die Entladungen des Rostellum allmählig immer nutz- loser werden. Zuletzt würde dasselbe ganz überflüssig erscheinen und, nach dem grossen und im Kampfe um's Daseyn so noth- wendigen Natur-Gesetze der Sparsamkeit der Organisation, von andern unentbehrlichen Organen überwunden und absorbirt wer- den. In diesem Falle würden wir eine neue Orchidee mit den Befruchtungs - Mitteln der Cephalanthera und dem allgemeinen Blüthen-Bau nahezu wie bei Neottia und Listera entstehen sehen *. * Ich habe kürzlich bessere Gelegenheit gehabt, diese Orchidee zu beobachten und habe dabei gefunden, dass das Rostellum seine Ausschleu- derungs-Kraft binnen etwa vier Tagen verlor, während der Klebstoff in dessen Fächern braun wurde. Diese Thatsache stimmt zwar nicht mit einigen früheren Beobachtungen überein, inzwischen war das Wetter dieses Jahr ungewöhnlich warm. Nach dem vierten Tage verlor der Pollen einen Theil seines Zusammenhaltes; ein Theil davon fiel auf die Ränder der Narbe, welche von den Pollen-Röhrchen durchbohrt wurde. Wenn daher Insekten bei der Explosion des Rostellum die Pollinien nicht aufnehmen und an den Ort ihrer Bestimmung tragen sollten, so wäre diese Orchideen-Art doch noch im Stande sich selbst zu befruchten. Das Auseinanderfallen des so lose zusammenhängenden Pollens wird noch wesentlich durch kleine In- sekten aus dem Geschlechte Thrips (Blasenfuss) gefördert, welche sich (durch das Netz nicht ausschliessbar) zahlreich in diesen Blumen einfinden und den Pollen in allen Theilen derselben umherstreuen. DARWIN, Orchideen. | 98 Fünfter Abschnitt. Cattleya: einfache Befruchtungs-Weise derselben. — Masdevallia: sonderbar verschlossene Blüthe. — Dendrobium: Einrichtung zur Selbstbefruchtung. — Vandeae: verschiedenartige Pollinien-Bildungen; Wichtigkeit der Ela- stizität des Pedicells; seine Bewegungs-Kraft. Elastizität und Stärke des Stöckchens. — Calanthus: mit seitlichen Narben; Befruchtungs-W eise. — Angraecum sesquipedale: wunderbare Länge des Nectarium. — Acro- pera: verwirrende Erscheinung einer männlichen Orchidee. Nachdem ich die Befruchtungs -Mittel so vieler Britischer Orchideen aus 14 verschiedenen Genera untersucht hatte, war ich begierig zu erfahren, ob die zu ganz anderen Familien ge- hörigen ausländischen Formen gleichfalls der Mitwirkung der Insekten bedürfen. Insbesondre wünschte ich zu ermitteln erstens, ob sich die Regel allgemein bewähre, dass jede Blüthe nothwendig durch den von einer ganz andern Blüthe gebrachten Pollen befruchtet werden müsse, — und zweitens, ob dort die Pollinien ebenfalls diese sonderbare Senkung machen, durch welche sie nach ihrer Entführung durch Insekten in eine andre Blüthe allein in die geeignete Lage kommen, die Narben-Fläche zu bestreichen. Durch die Gefälligkeit vieler Freunde wie Fremder* bin ich * So bin ich insbesondre Dr. HOOKER verpflichtet, der mich bei je- der Gelegenheit mit seinem unschätzbaren Rathe unterstützte und nie er- müdete mir Exemplare aus dem Königlichen Garten zu Kew zuzusenden. Hr. JAMES VEITCH jun. hat mir auf’s Freigebigste viele schöne Or- chideen überlassen, worunter mir manche von besondrem Nutzen gewesen sind. Auch Hr. PARKER übersandte mir eine ausserordentlich werthvolle Formen-Reihe. Lady DOROTHEA NEVILL war so gefällig mir ihre herr- liche Orchideen- Sammlung zur Verfügung zu stellen. Hr. RUCKER von West-Hill, Wandsworth, sandte mir wiederholt grosse Ähren von Catasetum, einen mir höchst werthvollen Mormodes, und einige Dendrobium. Hr. RODGERS von Seven-oaks machte mir wichtige Mittheilungen. Hr. BATE- MAN. so wohl bekannt durch sein prächtiges Orchideen-Werk, überschickte mir eine Anzahl interessanter Formen, wobei das wundervolle Angraecum sesquipedale. Sehr verbunden bin ich ferner Hrn. TURNBULL von Down für die Erlaubniss der freien Benützung seines Warmhauses und die Mittheilung 99 in die Lage versetzt worden, frische Blüthen verschiedener Arten aus 43 ausländischen Genera und aus fast allen Unterfamilien der grossen Orchideen- Gruppe zu untersuchen. Es ist nicht meine Absicht die Befruchtungs-Mittel aller dieser Genera zu beschreiben, sondern nur einige der merkwürdigsten und solche Fälle herauszuheben, welche zur Erläuterung der bereits be- schriebenen dienen können. Die Verschiedenheit der fast lediglich auf Beförderung der Kreutzung zwischen verschiedenen Blumen berechneten Einrichtungen ist fast unerschöpflich. Epidendreae. In der von Linpıey in seinem unschätzbaren »Vegetable Kingdom« gegebenen Anordnung treffen wir zuerst auf die zwei Hauptabtheilungen Malaxeae und Epidendreae. Sie sind durch Pollen-Körner bezeichnet. welche in grossen wachsigen Massen zusammenhängen und nicht angeborener Weise auf dem Rostellum sitzen. Bei den Malaxeen (von welchen die Britische Form oben beschrieben worden) sollen die Pollinien gar kein eigentliches Stöckchen haben, während sie bei den Epidendreen (welche in England nicht vertreten sind) ein unbefestigtes Stöckchen be- sitzen. Für meinen Zweck könnten beide Abtheilungen zusaınmen- fallen; und da die Pollinien einiger Malaxeen ein zwar kleines aber vollkommen werkthätiges Stöckchen besitzen, so fällt auch ihrem Hauptcharakter nach aller Grund zur Trennung weg. In- zwischen ist Diess ein Missgeschick, welchem jeder Naturforscher begegnet, wenn er versucht eine breit-entwickelte oder sogen. natürliche Gruppe zu klassifiziren, worin im Vergleich mit andren einiger Orchideen, und seinem Gärtner HARWOOD für seine Mitwirkung bei meinen Beobachtungen. Professor OLIVER hat mich mit dem reichen Schatze seiner Kenntnisse freundlich unterstützt und mich mit mehren einschlägigen Schriften bekannt gemacht. Endlich hat mir Dr. LINDLEY frische wie getrocknete Exem- plare zugesandt und mir in der gefälligsten Weise auf verschiedenen Wegen geholfen. Allen diesen trefflichen Leuten kann ich für ihre ebenso grossmüthige als unermüdliche Gefälligkeit nur meinen herzlichsten Dank ausdrücken. 7* 100 sruppen nicht viele Formen erloschen sind. Wenn der Syste- matiker genaue und klare Definitionen seiner Unterabtheilungen soll geben können, so müssen ganze Stufen-Reihen von Zwi- schenformen wieder weggewehet worden seyn. Ist aber hier und da eines dieser Mittelglieder dennoch erhalten geblieben, so setzt es jeder scharfen Umschreibung der Gruppen ein wesent- liches Hinderniss entgegen. Ich will mit dem Genus Cattleya beginnen, wovon ich mehre Arten gesehen, die auf eine sehr einfache und von der bei den Britischen Orchideen abweichenden Art befruchtet wer- den. Das Rostellum (Fg. 19 Ar, Br) ist ein breiter Zungen- förmiger Vorsprung, der sich etwas über die Narbe wölbt; seine Cattleya. a Anthere. | n Nectarium. 5 Springfeder am Ende der p Pollinia. col. Columna. r Rostellum. 9 Germen (Ovar.). s Stigma. ?! Labellum. A Stirn-Ansicht der Columna ohne alle Keleh- und Kronen-Blätter. je w Senkrechter Längsschnitt der Blume nach Entfernung aller Blumen-Blätter mit Aus- nahme des längs-halbirten und nur im Umriss gezeichneten Labellum. C Anthere von unten gesehen, die 4 Stöckchen und die 4 Pollinien darunter zeigend. D Ein Pollinium von der Seite dargestellt, so dass Pollen und Stöckchen zu sehen sind. 101 Oberseite besteht aus einer glatten Haut; die Unterseite und der mittle Theil, ursprünglich eine Zellen-Masse, werden von einer sehr dicken Schicht klebriger Materie gebildet. Diese klebrige Masse ist kaum von dem dicken klebrigen Überzuge der Narben- Fläche geschieden, welche dicht unter dem Rostellum liegt. Die gewöhnlich vorspringende Oberlippe der Antheren ruhet auf und öffnet sich dicht über der Basis der häutigen Oberseite des Zungen-förmigen Rostellum. Die Oberlippe wird durch eine Art Springfeder an ihrem Rücken, da wo sie an das Ende der Columna befestigt ist. geschlossen gehalten. Die Pollen - Massen bestehen aus 4 (in C. crispa aus 8) wachsigen Massen, deren jede (Fg. 19 C, D) mit einem Band-förmigen Schweife versehen ist, welcher von einem Bündel sehr elastischer Fäden gebildet wird, woran zahlreiche Pollen-Körner hängen. Der Saamen- staub ist mithin von zweierlei Art: wachsige Massen und ge- irennte (wie gewöhnlich aus 4 Körnchen zusammengeselzte), bloss durch elastische Fäden verkettete Körner, welche mit denen bei Epipaclis u. a. Neottieen übereinstimmen *. Jene Schweile wirken, obwohl aus gutem Pollen bestehend, auch als Stöckchen und werden auch als solche bezeichnet, indem sie als Mittel dienen die grösseren Wachs-Massen aus den Antheren-Fächern zu entfernen. Die Spitze der Stöckchen ist gewöhnlich zurück- gebogen, ragt in der reilen Blüthe etwas über den Antheren- Behälter hinaus (Fig. 19 A) und liegt auf der Basis der obren häutigen Lippe des Rostellum. Das Lippchen umgibt die Säule und macht die Blume Röhren-förmig; sein untrer Theil ist in ein Nectarium verlängert, das bis in den Fruchtknoten (germen) eindringt. Nun zu den Verrichtungen dieser Theile! Wenn ein der Grösse der Blumen-Röhre entsprechender Körper, am besten etwa eine lodte Hummel, in dieselbe hineingezwängt wird, so wird das Zungen-förmige Labellum niedergedrückt und der Kör- per dabei oft etwas mit Klebstoff bestrichen; zieht man den- * Die Pollen-Massen von Bletia sind in riesigem Maasstabe auf eine bewundernswerthe Weise durch BAUER in den von LINDLEY herausgege- benen »Illustrations« dargestellt worden. 102 selben nun wieder heraus, so richtet sich das Zungen-förmige Rostellum wieder empor und eine erstaunliche Menge des Kleb- stolls wird über seine Ränder hinaus und zugleich in die Lippe der Anthere getrieben, welche durch die Aufrichtung des Ro- stellum etwas emporgehoben wird. Dadurch werden die vor- ragenden Spitzen der Stöckchen augenblicklich an den sich zu- rückziehenden Körper geheltet und die Pollinien mit herausge- zogen. Meine wiederholten Versuche haben fast nie verfehlt, diese Wirkung hervorzubringen. Eine lebende Biene oder ein andres grössres Insekt, welches sich auf den fransigen Rand des Labellum niederlässt und in die Blume hineinschlüpft, wird das Lippchen niederdrücken und wird weniger in der Lage seyn störend auf das Rostellum zu wirken, bis es den Nectar gesogen und seinen Rückzug begonnen hat. Wenn eine todte Biene, über deren Rücken die vier wachsigen Pollen-Ballen auf ihren Stöckchen schwanken, in eine andre Blüthe gezwängt wird, so werden gewiss einige oder alle diese Ballen von der breiten, seichten und sehr klebrigen Narben-Fläche erfasst werden, welche auch die Pollen-Körner von den Fäden der Stöckchen abreisst. Es ist sicher, dass lebende Hummeln auf diese Weise Polli- nien entführen können. H. W. ©. Treveryan sandte an Hr. Smiru am Britischen Museum (von welchem ich denselben erhalten) einen Bombus hortorum, den er in seinem Warmhause während der Blüthe einer Catlleya gefangen hatte, und dessen ganzer Rücken zwischen den Flügeln mit einem eingetrockneten Kleb- stoff beschmiert und mit den vier von ihren Stöckchen getragenen Pollinien belader war, ganz passend, um von dem Stigma einer andern Blume, welche die Hummel später besucht haben würde, festgehalten zu werden. Die freie Lage der Pollinien-Stöckchen, die Berührung der- selben mit dem Klebstoff auf dem Rostellum nur durch fremde mechanische Vermittelung, und die allgemeine Befruchtungs-Weise verhalten sich ganz ähnlich in denjenigen Arten von Laelia, Leptotes, Sophronitis, Barkeria, Phaius, Evelyna, Bletia und Coelogyne, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte. In Coelogyne cristata ist die Oberlippe des Rostellum sehr ver- 103 längert. In Evelyna caravata sitzen acht Ballen wachsigen Pollens an einem Stöckchen beisammen. In Barkeria umfasst das La- bellum nicht die Säule, sondern ist an sie angedrückt, wodurch die Insekten noch mehr genöthigt werden müssen am Rostellum anzustreifen. In Epidendrum ist eine kleine Verschiedenheit, in- soferne die Oberseite des Rostellum, anstatt immer häutig zu bleiben, wie in den vorangehenden Sippen, so zart ist, dass dieselbe mit der ganzen Unterseite zugleich schon bei der Be- rührung in eine Masse klebriger Materie aufreisst. In diesem Falle wird das ganze Rostellum mit den ansitzenden Pollinien durch die sich aus der Blüthe zurückziehenden Insekten ent- führt*. Ich sah bei E. glaucum aus der Oberseite des Rostellum bei der Berührung Klebstoff ausschwitzen, wie ich es in Epi- pactis gesehen; — so dass es in diesem Falle schwer zu ent- scheiden ist, ob nıan diese Oberseite als Haut oder als Klebstoff bezeichnen solle. In Epidendrum floribundum stellt sich eine noch viel grössre Verschiedenheit ein. Die vordren Hörner des Clinandrium (d.h. der die Pollinien enthaltende Napf am Ende der Columna) nähern sich einander so sehr, dass sie sich an die zwei Seiten des Ro- stellum anhängen, welches demzufolge in einer Kerbe liegt mit den Pollinien über sich; und da in dieser Art die Oberseite des Rostellum sich in Klebstoff auflöst, so werden die Pollinien ohne irgend eine mechanische Hilfe darangeklebtl. Dagegen können die so angehefteten Pollen-Massen nicht ohne Hilfe der Insekten aus ihren Fächern entfernt werden. In dieser Art scheint es möglich, wenn auch nach der Lage der Theile nicht wahrscheinlich, dass ein Insekt die Pollinien auf die Narbe der eignen Blüthe schleppe. Da aber die Pollen-Massen aller andren von mir untersuchten Epidendrum-Arten ebenso wie in den * Bei Epidendrum cochleatum, wo ich dieselbe Bemerkung machte, fand ich die Larve einer kleinen Blattlaus- (Aphis-) Art, die sich aussen unter dem Perigon in grössrer Menge angesiedelt hatte, in der übrigens wohl-verschlossenen Narben-Kammer. Möglich dass solche Insekten etwas zur Selbstbefruchtung beitragen, wenn nicht -entführte Pollinien sich an Ort und Stelle auflösen? D. Übers. 104 obengenannten Geschlechtern, unbefestigt über dem Rostellum liegen, so muss offenbar der Klebstoff von dem sich zurück- ziehenden Insekte aufwärts in die Antheren-Lippe gedrängt wer- den, so dass dasselbe die Pollinien nothwendig aus einer Blüthe auf die Narbe einer andern tragen muss. Malaxeae. Wenden wir uns nun zu den Malaxeen, so finden wir in Pleurothallis prolifera und Pl. ligulata, dass die Polli- nien mit einem kleinen Stöckchen versehen sind und mechanische Hilfe erforderlich ist, um den Klebstoff von der Unterseite des Rostellum in die Anthere zu drängen, um dort die Stöckchen festzuhalten und die Pollinien entführen zu können. Anderseits wird bei unsrer Britischen Malaxis wie in der Ostindischen Mi- crostylis Redii die Oberseite des kleinen Zungen-förmigen Ro- stellum klebrig und hängt sich ohne mechanische Mitwirkung an die Pollinien an. In beiden Geschlechtern sehen wir den eigen- thümlichen Fall, dass die flache Unterseite des Schnäbelchens mit einer dünnen Klebstoff-Schicht überzogen ist, offenbar um die von Insekten herbeigetragenen Pollinien in die geeignete Lage zu bringen, damit sie in das Spalt-förmige Stigma eingehen und darin zurückbleiben können. In Stelis racemiflora sind die Pollinien anscheinend (denn die Blumen waren nicht in gutem Zustande) gleichfalls von freien Stücken an das Rostellum befestigt worden, und ich erwähne dieser letzten Blume haupt- sächlich, weil einige Insekten im Warmhause zu Kew die meisten Pollinien aus ihrer Stelle entführt und einige derselben an den seitlichen Narben hängen gelassen haben. Diese sonder- baren kleinen Blumen sind anfangs weitgeöffnet und sehr aus- gesetzt; bald aber legen sich die drei Kelchblätter genau zu- sammen und verschliessen die Blume, so dass es fast unmöglich ist, eine alte Blüthe von einer Blüthen-Knospe zu unterscheiden; doch fand ich zu meiner Verwunderung, dass sich die geschlos- senen Blüthen unter Wasser öffnen. Die verwandte Masdevallia fenestrata ist eine ganz ausserordentliche Blume; denn die drei Kelchblätter, anstatt sich 105 wie in Stelis erst einige Zeit auszubreiten und dann wieder zu schliessen, bleiben immer zusammenhängen und öffnen sich nie. Zwei kleine ovale einander entgegengesetzte Seitenfenster (wor- auf sich der Art-Name fenestrata bezieht) hoch oben an der Blume angebracht, bieten den Eingang in diese letzte dar und zeigen sehr deutlich (Fig. 20), wie nothwendig es für die Blüthe ist, dass Insekten einen Zutritt zu ihr fin- den, obwohl ich nicht im Stande gewesen bin, die Art auszumitteln, wie sie bei der Befruchtung verfahren. Am Boden der von den Kelch-Blättern gebildeten geräumigen und dunklen Kammer steht die kleine Säule, vor ihr das Furchen -artige Labellum mit anstehen einem:sehr, beweglichen Gelenke und an 2 jeder Seite eines der zwei oberen Kronen- deutet. » Das Nectarium. Blätter, wodurch eine kleine Röhre gebildet wird. Wenn daher ein kleines Insekt hineinschlüpft oder ein grösseres seinen Rüssel durch eines der Fenster hineinschiebt, so gelangt es leicht durch die innre Röhre weiter in das Nec- tarium an deren Grunde. In diese kleine von Säule, Lippchen und seitlichen Kronen-Blättern gebildete Röhre springt ein sehr breites mit einem Gelenke versehenes Rostellum rechtwinkelig vor, dessen Unterseite klebrig ist. Die kleinen aus dem Anthe- ren-Behälter vorstehenden Stöckchen der Pollinien ruhen auf der Basis der häutigen Oberseite des Rostellum. Die Narben-Fläche ist tief. Nachdem ich die Kelch-Blätter weggeschnitten, versuchte ich vergebens durch Einführung einer Borste in die Blumen- Röhre die Pollinien wegzunehmen. Der ganze Bau der Blüthe schien sorgsam darauf berechnet, deren Entführung sowohl als ihre nachherige Eintragung in die Narben-Kammer zu verhindern. Hier bleibt also noch eine neue und eigenthümliche Einrichtung auszumitteln. Von Bolbophyllum habe ich die sonderbaren kleinen Blumen an vier Arten untersucht, die ich nicht vollständig be- schreiben will. In B. eupreum und B. cocoinum lösen sich die Ober- und Unter-Seite des Rostellum in Klebstoff auf, welcher 106 durch Insekten aufwärts in die Anthere gedrängt werden muss, um die Pollinien zu ergreifen. Ich konnte Diess auch leicht dadurch bewirken, dass ich eine Nadel in die Blume, welche durch die Stellung des Labellum eine Röhren-Form erhält, ein- schob und wieder herauszog. In B. Rhizophorae zieht sich der Antheren-Behälter zurück. wenn die Blume reif ist und lässt die zwei Pollen-Massen frei, welche dann von selbst an die Oberseite des Rostellum ankleben. Beide Massen hängen durch Klebstoff unter sich zusammen und werden, nach meinen Versuchen mit einer Borste zu urtheilen, auch stets mit einander entführt. Die Narben-Kammer ist sehr tief, ihre Mündung oval und für eine der zwei Massen genau anpassend. Nachdem sich die Blüthe eine Zeitlang geöffnet hatte, biegen sich die Seiten der ovalen Mündung der Narben-Kammer einwärts und schliessen sie gänz- lich, ein Vorgang welcher in keiner andern Orchidee von mir beobachtet worden und hier, nach meiner Vermuthung, durch die ausgeselztere Beschaffenheit der ganzen Blüthe bedingt ist. Wenn die zwei an einer Nadel oder Borste sitzenden Pollinien gegen die Narben-Kammer gedrängt werden, so schlüpft eine der beiden Massen leichter durch die kleine Öffnung hinein, als man vermuthen konnte. Demungeachtet ist es klar, dass mehre aufeinanderfolgende Besuche von Insekten dazu gehören, um dieselben in die richtige Lage zu bringen; zuerst nämlich müssen sie die Pollinien entführen und dann eine derselben in die Nar- ben-Öffnung hineinschieben. Die zwei obren Faden -förmigen Kronen-Blätter können dem Insekt als Leiter dienen; aber das Labellum hängt, statt die Blume Röhren-artig zu machen, wie eine Zunge aus dem weit geöffneten Munde hervor. Das Labellum ist bei allen von mir untersuchten Arten so wie bei B. Rhizophorae insbesondere noch dadurch bemerkens- werth, dass es mit dem Fusse der Säule verbunden ist durch einen sehr schmalen dünnen und weissen, schr elastischen und biegsamen Streifen; er ist selbst dann noch sehr elastisch, wenn er gestreckt wird wie Kautschuk. Wenn die Blumen dieser Art einem Windhauche ausgesetzt sind, so wackeln die Zungen- förmigen Lippchen derselben alle auf eine ganz seltsame Weise 107 hin und her. In einigen Arten, die ich nicht beobachtet, wie z. B. B. barbigerum, ist das Lippchen mit einem Barte von feinen Haaren versehen, welche in Folge eines jeden Lültchens eine fast beständige Bewegung desselben veranlassen. Ich kann nicht errathen, was der Zweck dieser ausserordentlichen Biegsamkeit und Beweglichkeit des Lippchens seyn soll, wenn nicht etwa die Aufmerksamkeit der Insekten auf diese matt-farbigen kleinen und unansehnlichen Blüthen zu lenken, wie es bei vielen andern Orchideen offenbar die lebhafte Färbung und der starke Geruch zu thun bestimmt sind. Unter den vielen eigenthümlichen Eigenschaften der Orchi- deen ist die Reitzbarkeit des Labellum verschiedener nur von Ferne mit einander verwandter Formen in hohem Grade merk- würdig. So ist es auch bei einigen Bolbophylium-Arten der Fall; aber ich vermochte ebenso wenig etwas davon in den von mir untersuchten Arten dieses Genus zu entdecken, als mir irgend eine der damit versehenen Orchideen überhaupt nur lebend zur Untersuchung zu verschaffen. Das Australische Genus Calaena ist mit dieser Eigenschaft in einem höchst ausgezeich- neten Grade versehen; denn wenn sich ein Insekt auf sein Lipp- chen setzt, so schlägt es sich plötzlich gegen die Säule zurück und schliesst seine Beute wie in eine Büchse ein. Dr. Hooker * vermuthet, dass dieser Vorgang irgend wie zur Befruchtung der Pflanze nöthig seye. Die letzte Malaxeen-Sippe. deren ich erwähnen will, ist Dendrobium, wovon wenigstens die eine Art, D. chrysanthum, in soferne interessant ist, als sie darauf eingerichtet zu seyn scheint ihre Selbstbefruchtung zu bewirken, falls ein die Blüthe be- suchendes Insekt zufällig die Pollen-Massen nicht mit sich neh- men sollte. Das Rostellum hat nämlich eine Ober- und eine kleine Unter-Seite von häutiger Beschaffenheit, und zwischen beiden ist eine dicke Milch-weisse Masse eingeschlossen, welche leicht herausgedrückt werden kann. Dieser weisse Stoff ist weniger klebrig als gewöhnlich. Der Luft ausgesetzt überzieht * Flora of Tasmania II, 17, unter Calaena. 108 er sich in weniger als einer halben Minute mit einer Haut und nimmt bald eine Wachs- oder Käse-arlige Beschaffenheit an. Unter dem Rostellum liegt dıe grosse seicht - vertiefte klebrige Narben-Fläche. Die vorstehende Vorderlippe der Anthere (Fig. 21 A) bedeckt die Oberseite des Rostellum fast gänzlich. Der Staubladen ist von ansehnlicher Länge, in der Seiten - Ansicht A jedoch hinter der Mitte der Anthere versteckt; im Längs- schnitte B, wo er vorwärts geschnellt ist, wird er sichtbar. Er ist elastisch und drückt die Anthere abwärts fest gegen die ge- neigte Oberfläche des Clinandrium (B), das hinter dem Rostellum liegt. Wenn die Blume offen ausgebreitet ist, liegen die zwei Pollinien zu einer einzigen Masse verbunden ganz lose auf dem Clinandrium und unter dem Antheren-Gehäuse. Das Labellum Fig. 21. lı 5/7 Dendrobium chrysanthum. a Anthere. r Rostellum. 2 Labellum. s Stigma. rn Neectarium, A Seiten-Ansicht einer Blüthe: die Anthere in ihrer natürlichen Lage vor der Ausstossung der Pollinien; alle Keleh- und Kronen-Blätter sind, bis auf die Hälfte des Labellum, weggeschnitten. B Umriss der Säule, von der Seite gesehen, nachdem die Anthere die Pollinien ausge- stossen hat. j C Seiten-Ansicht der Säule, die leeren Antheren-Fächer nach Ausstossung der Pollinien zeigend. Die Anthere hängt in der Zeichnung etwas zu tief und bedeckt mehr von der Narbe, als es in der Natur der Fall ist. 109 umfasst die Säule, indem es vorn einen röhrigen Durchgang frei lässt: der mittle Theil ist verdickt (Fig. 21 A), und der verdickte Theil erstreckt sich aufwärts bis zur Spitze des Stigmas. Der unterste Theil des Lippehens ist zu einem Schäälchen-förmi- gen Nectarium entwickelt, welches Honig absondert. Erzwingt sich ein Insekt seinen Weg in eine von diesen Blüthen, so weicht das elastische Labellum zurück und die vor- stehende Lippe der Anthere schützt das Rostellum gegen Störung: zieht sich aber das Insekt wieder zurück, so wird die Antheren- Lippe aufgehoben und die klebrige Materie aus dem Rostellum in die Anthere gedrängt, wo sie die Pollen-Masse an das Insekt anklebt, welches dieselbe sodann in eine andre Blüthe überträgt. Ich konnte diesen Vorgang leicht nachahmen; da jedoch die Pollen-Massen kein Stöckchen haben, weiter hinten im Clinan- drium unter der Anthere liegen und die vom Rostellum gelieferte Flüssigkeit nicht sehr klebrig ist, so bleiben sie zuweilen unent- führt zurück. In Folge der Neigung der Basis des Clinandrium und der Länge und Elastizität des Staubfadens schoss die Anthere, wenn sie emporgehoben wurde, stets über das Rostellum hin und blieb hier hängen, mit ihrer freien Unterseite über den Scheitel der Narbe ausgebreitet (Fig. 21 C). Der Staubfaden erstreckt sich nun queer über den Raum (Fig. 21 B), welcher ursprünglich von der Anthere bedeckt war. Zu wiederholten Malen schnitt ich an einer Blume. alle Kelch- und Kronen-Blätter weg, brachte sie dann unter das Mikroskop, hob mit einer Nadel die Antheren- Lippe auf, ohne das Rostellum zu stören, und sah dann die Anthere in die Lage hinein-schnellen, welche sie in der Seiten- Ansicht (Fig. 21 B) und Stirn-Ansicht (Fig. 21 C) einnimmt. Bei dieser Bewegung schnellt die Anthere auch die Pollen-Masse aus dem vertieften Clinandrium hinaus und wirft sie in die Luft empor, gerade mit derjenigen Kraft, welche erforderlich ist, um wieder milten auf die klebrige Narbe niederzufallen, wo sie kleben bleibt. In der Natur kann jedoch der Vorgang nicht in der_hier beschriebenen Weise stattfinden, indem das Lippchen abwärts 110 hängt; daher, um das Folgende zu verstehen, man sich die Zeichnung (Fig. 21) fast das Obre zu unterst gekehrt denken muss. Hätte nun ein Insekt die Entfernung des Pollinium durch den Klebstoff von Rostellum nicht bewirkt, so würde das Polli- nium zuerst auf die vorstehende Oberfläche des Labellum un- mittelbar unter dem Stigma hinabgestossen werden. Nun muss man sich erinnern, dass das Labellum elastisch ist, dass es also im nämlichen Augenblicke, wo das die Blume verlassende Insekt die Antheren-Lippe emporhebt und so die Ausstossung der Pollen-Masse bewirkt, zurückspringen und, auf die Pollen-Massen treffend, diese emporschnellen und auf das klebrige Stigma nie- derfallen machen wird. Zweimal gelang es mir, Diess zu be- wirken, indem ich die Blume in ihrer natürlichen Richtung hielt und den Zurückzug des Insektes nachahmte; als ich dann die Blume öffnete, fand ich die Pollen-Masse an der Narbe kleben. Das Zusammenwirken der Theile wäre demnach so ver- wickelt, dass die dem elastischen Staubfaden zugedachte Rolle allerdings wunderlich erscheinen mag. Inzwischen haben wir bereits so viel&e und sonderbare Anpassungen kennen gelernt, dass ich die ausgezeichnete Schnellkraft des Staubfadens und die Verdickung der Mitte des Lippchens nicht für nutzlose Ein- richtungen halten kann. Ist der Vorgang so wie ich ihn be- schrieben habe, so dürfte es der Pflanze zum Vortheil gereichen, wenn die einzelnen grossen Pollen-Massen, falls ihre Befestigung an dem Insekte mittelst des Klebstoffes vom Rostellum misslänge, doch nicht ganz verloren ginge. Diese Einrichtung ist nicht allen Dendrobium-Arten gemeinsam; denn weder in D. bigibbum noch in D. formosum sind Filament oder Anthere elastisch, noch ist die Mittellinie des Labellum verdickt. In D. tortile ist der Staubfaden zwar von elastischer Beschaffenheit; da ich aber nur eine Blüthe gesehen und zwar, bevor ich mich über den Bau des D. chrysanthum unterrichtet hatte, so kann ich über seine Wirkungs-Weise nichts sagen. a Vandeae. Wir kommen nun zu Linprey's grosser Gruppe der Vandeen, welche viele der sonderbarsten Bewohner unserer Warmhäuser enthält. Obwohl sie keine Britischen Vertreter hat, so habe ich doch 24 Genera untersucht. Der Saamenstaub besteht wie in den zwei vorangehenden Gruppen aus wachsigen Massen und jeder Pollen -Ballen ist mit einem Stöckchen versehen, das im Anfange der Entwickelung mit dem Rostellum vereinigt ist. Das Stöckchen ist selten so wie in den Opbryeen unmittelbar in die Klebscheibe, sondern gewöhnlich an die obre und hintre Seite des Rostellum befestigt, und dieser Theil wird mit der Klebscheibe zusammen von den Insekten fortgetragen. Der eingebildete Längs-Durchschnitt (Fig. 22), worin die Theile von einander ge- trennt gehalten sind, dürfte den Grundplan der Vandeen am besten erläutern. Das mittle Organ (2) ist der hintre oder dor- sale von den drei Pistillen, welche in allen Orchideen vorhanden sind; sein Obertheil ist zum Rostellum umgearbeitet und über die Narbe gekrümmt. Das Stigma ist aus den Narben der beiden Fig. 22. Staubbeutel. Stöckchen. Pollen. N ! ‚‚ Rostellum-Stielchen. ... Klebscheibe. Staubfaden. --- il ! \ je Narbe. ‚Idealer Längsdurchschnitt von der Seite der Vandeen im Allgemeinen. (1) Staubfaden (filamentum) die Anthere mit ihren Pollen-Massen tragend; die Anthere dar- gestellt, nachdem sie sich längs ihrer ganzen Unterseite geöffnet hat, welche daher in diesem Durchschnitte nicht mit vorkommt. (2) Das obre zum Rostellum umgewandelte Pistill. (3) Die zwei untren verschmolzenen Pistille mit in eine zusammenfliessenden Narben. 112 andren verschmolzenen Pistille (3) zusammengeflossen. An der linken Seite sehen wir (1) den Anthere- tragenden Staubfaden. Der Staubbeutel öffnet sich frühzeitig und die Spitzen der zwei Stöckchen treten in noch nicht ganz erhärtetem Zustande durch einen kleinen Schlitz hervor (im Längsschnitte Fig. 22 konnten nur ein Stöckchen und eine Pollen-Masse dargestellt werden) und hängen sich an den Rücken des Rostellum an, welcher zu deren Aufnahme gewöhnlich etwas vertieft ist In der Zeichnung ist es glatt dargestellt, in Wirklichkeit aber oft mit Kämmen und Knoten zur Befestigung der zwei Stöckchen versehen. Die An- there öffnet sich nachher weiter an ihrer Unterseite und lässt die zwei Pollen-Massen frei, so dass sie nur noch mit ihren Stöckchen am Rostellum sitzen. Während dieser ersten Entwicklungs-Zeit ist eine merkwür- dige Veränderung aın Rostellum vor sich gegangen. Entweder sein Ende oder seine Unterseite werden ausserordentlich klebrig, und es bildet sich stufenweise eine Trennungs-Linie aus, die an- fangs nur das Aussehen eines hyalinen Zellgewebe-Streifens be- sitzt, welche die endständige Klebscheibe sowohl als die ganze Oberseite des Rostellum bis hinten zum Belestigungs-Punkte der Stöckchen vom übrigen Theile abschneidet. Wenn jetzt irgend ein Gegenstand mit der Klebscheibe in Berührung kommt, so kann er diese mit dem ganzen Rücken des Schnäbelchens, den Stöck- chen und Pollen-Massen leicht alle miteinander fortnehmen. In botanischen Schriften wird das ganze Gebilde zwischen der Kleb- scheibe (gewöhnlich Drüse genannt) und den wachsigen Pollen- Ballen als das Stöckchen bezeichnet. Da sich jedoch diese Theile bei der Befruchtung der Blüthe wesentlich betheiligen, da sie in ihrem Ursprunge wie in ihrem feineren Baue von Grund aus verschieden sind, so bezeichne ich die zwei elastischen Bänder, welche sich lediglich in den Antheren-Fächern entwickeln, als Stöckchen; den Theil des Rostellum, woran die Stöckchen an- sitzen (Fig. 22) und welcher nicht klebt, als Füsschen (pedi- cellus *); den klebrigen Theil des Rostellum wie bisher als * Der Pedicellus der Vandeen, wie er in Fig. 22 dargestellt ist, lässt sich seiner Form nach kaum durch »Stielehen« wiedergeben; und vielleicht wäre 113 Klebscheibe; und das Ganze kann als Pollinium angesprochen werden. Bei den Ophryeen haben wir (mit Ausnahme von Ophrys pyramidalis) immer zwei getrennte Klebscheiben:; bei den Van- deen ausser in Angraecum stets nur eine. Diese Scheibe ist nackt oder nicht in einen Beutel eingeschlossen. In Habenaria tragen die Scheiben, wie wir gesehen haben, die zwei Stöckchen auf kurzen Trommel-förmigen Stielchen, welche dem einen und gewöhnlich weit entwickelteren Füsschen (pedicellus) der Van- deen entsprechen. Bei den Ophryeen sind die Pollinien-Stöckehen zwar elastisch aber steif, und dazu bestimmt, die Pollen-Päckchen in die richtige Entfernung vom Kopfe oder Rüssel des Insekts zu bringen, um dann durch diesen auf die Narbe zu gelangen, Bei den Vandeen wird dieses Ziel durch das Füsschen erreicht. Die zwei Stöckcken der Vandeen sind in eine tiefe Kluft an der Pollen- Masse befestigt und eingebettet und vor der Streckung kaum sichtbar, indem diese letzten dicht am Füsschen des Schnä- belchens liegen. Diese Stöckchen entsprechen nach Lage und Verrichtung den elastischen Fäden, durch welche die Pollen- Päckchen der Ophryeen miteinander verkettet werden, an der Stelle, wo sie zusammenfliessen und den obren Theil des Stöck- chens bilden; die Verrichtung des wirklichen Stöckchens der Van- deen ist die zu zerreissen, wenn die von den Insekten entführten Pollen-Massen an der Narben-Fläche anhängen. In vielen Vandeen zerreissen sie in diesem Falle leicht, und die Befruchtung der Blüthen ist in dieser Beziehung ein sehr einfacher Vorgang. In anderen Fällen aber ist die Stärke der Stöckchen und die Länge, bis zu welcher sie ohne zu zer- reissen, ausgedehnt werden können, erstaunlich gross. Ich war anfangs nicht zu begreifen im Stande, von welchem Nutzen diese Stärke und Ausdehnungs - Fähigkeit der Stöckchen seyn könne. Inzwischen liegt es auf der Hand, dass, wenn die Pollen-Massen weit über den Kopf des fliegenden Insektes (welches bei den grösseren Orchideen von ansehnlicher Grösse seyn muss) vor- der Ausdruck »pedicellic oder »Füsschen< auch bei Habenaria u. a. vorzu- ziehen. D. Ubs. DARWIN, Orchideen. fo) 11d stehen, die Stärke der Stöckchen sie vor Abstreifung und Ver- lorengehen bewahre. Wenn dagegen ein Pollinien - tragendes Insekt eine junge Blüthe mit noch nicht hinreichend klebriger Narbe, oder eine schon befruchtete Blüthe mit bereits abtrock- nender Narbe besucht, so wird die Stärke des Stöckehens die Pollen- Massen gegen nutzlose Abstreifung schützen können. Es ist zu bemerken, dass diese Pollen -Massen sehr werthvoll sind, indem in den meisten Sippen jede Blume deren nur zwei hervorbringt. Auch sollen in manchen Arten, nach der Grösse der Narben zu urtheilen, beide Massen auf das Stigma gelangen, während in andern Arten allerdings die Grösse der Stigma-Mün- dung die Einführung nur von einer Pollen - Masse gestattet, so dass in diesem Falle der Pollen einer Blume wahrscheinlich deren zwei zu befruchten ausreicht. Obwohl zur geeigneten Zeit die Narben - Fläche in manchen Fällen, wie bei Phalaenopsis und Sacecolabium, erstaunlich klebrig ist, so klebten doch die Pollinien, welche ich auf einem rauhen Skalpel mit ihren Klebscheiben anhängend hervorgeholt und dann in die Narben-Kammer eingeführt hatte, doch nicht mit genügen- der Festigkeit an der Narben-Fläche an, um auf ihr sitzen zu bleiben. Ich liess sie eine kurze Zeit mit der klebenden Ober- fläche in Berührung so lange, wie es etwa auch ein Insekt ge- than haben würde: wenn ich aber dann die Pollinien wieder ge- rade aus der Narben-Kammer herauszog, so rissen weder die obwohl zu einer grossen Länge ausgezogenen Stöckchen, noch löste sich die Klebscheibe vom Skalpel, die Pollen Ballen blieben daher nicht auf der Narbe zurück. Es fiel mir dann ein, dass ein davon-fliegendes Insekt die Pollinien nicht gerade aus der Kammer herausziehen, sondern Diess rechtwinkelig zu deren Mündung thun könne. Wenn ich nun den Versuch demgemäss einrichtele, so wurden die gestreckten Stöckchen nothwendig über den Rand der Kammer geschleift, und die hiedurch verur- sachte Reibung mit der Klebrigkeit der Narben-Fläche verbunden bewirkte dann gewöhnlich ein Zerreissen der Stöckchen, und die Pollen-Massen blieben auf der Narbe zurück. Daher scheint die grosse Stärke und Dehnbarkeit der Stöckchen, welche vor ihrer 115 Dehnung in die Pollen Massen eingebettet liegen, die Verhütung einer unnützen Vergeudung dieser letzten zu bezwecken, und sie doch zur rechten Zeit und unter Mitwirkung von Insekten, indem eine Reibung mit ins Spiel gebracht wird, in den Stand zu setzen, auf der Narbenfläche hängen zu bleiben und so die Befruchtung der Blüthe sicher zu bewirken. Die Klebscheiben und Füsschen des Rostellum bieten bei den Vandeen erhebliche Verschiedenheiten der Form und eine anscheinend unerschöpfliche Anzahl von Anpassungen dar. Selbst in Arten von einerlei Genus, wie z. B. in Oneidium, ändern diese Theile in hohem Grade ab. Ich gebe hier einige meist zufällig herausgegriffene Bilder davon. Pollinien von Vandeen. d Klebscheibs. | p Pollen-Massen. ) ped. Füsschen. (Die in den Pollen-Massen eingebetteten Stöckchen sind nicht sichtbar.) A Pollinium von Oneidium grande nach theilweiser Niederdrückung. B Pollinium von Brassia maculata (nach BAUER). C Pollinium von Stanhopea saccata in etwas niedergedrücktem Zustande. D Pollinium von Sarcanthus teretifolius, niedergedrückt. Das Füsschen besteht (so viel ich gesehen) gewöhnlich aus einem Rücken dünner bandförmiger Haut (Fig. 23 A), lang oder kurz; doch zuweilen ist es fast walzenförmig (Fig. 23 C) und sonst fast von allen Formen. Das Füsschen ist gewöhnlich fast gerade, in Miltonia Clowesi von Natur gebogen, und in einigen andren Fällen nimmt es, wie wir sogleich sehen werden, nach seiner Abnehmung verschiedene Formen an. Die dehnbaren und elastischen Stöckchen, durch welche die Pollen - Massen mit dem Füsschen verbunden sind, liegen in einer Spalte oder Höh- lung jeder Pollen-Masse verborgen. Die an ihrer Unterseite g: 116 klebrige Scheibe besteht aus einem Stücke dicker oder dünner Haut von der verschiedensten Form. In Acropera ist sie einer Spitzruthe ähnlich, in andern Fällen Zungen-förmig, Herz-förmig (Fig. C), Sattel-förmig bei einigen Maxillaria-Arten, Polster-förmig in vielen Oneidium-Arten (Fig. 23 A), mit dem Füsschen an einem Ende anstatt wie gewöhnlich nächst seiner Mitte befestigt. In Angraecum distichum und A. sesquipedale ist das Rostellum ausgeschnitten und man kann zwei getrennte dünne Hautscheiben davon abheben, von welchen jede ihre Pollen-Masse auf einem kurzen Füsschen trägt. In Sarcanthus teretifolius (Fig. 23 D) ist die Scheibe sehr seltsam gestaltet, und da auch die Narben- Kammer sehr tief und gleichfalls eigenthümlich geformt ist, so wird man zu glauben versucht. dass die Scheibe mit grosser Genauigkeit auf den viereckig vorstehenden Kopf irgend eines Insektes befestigt werden solle. In den meisten Fällen ist eine Beziehung zwischen der Länge des Füsschens und der Tiefe der Narben -Kammer, in welche die Pollen-Massen eingeführt werden sollen, deutlich aus- gesprochen; in einigen wenigen Fällen dagegen, wo das Füss- chen lang und die Narbe seicht ist, begegnen wir sonderbaren Kompensations-Thätigkeiten. Wenn Scheibe und Füsschen ent- fernt sind, hat sich die Form des Schnäbelchens verändert; ge- wöhnlich ist sie etwas dünner und kürzer geworden; zuweilen ist sie ausgeschnitten; in Stanhopea wird der ganze Umfang des Rostellum-Endes weggenommen und ein dünner spitzer Nadel- förmiger Fortsatz allein übrig gelassen, welcher anfänglich in dessen Mitte verlief *. Kehren wir nun zu dem Normal-Durchschnitte) Fig. 22, S. 111) zurück und nehmen an, das rechtwinkelig gekrümmte Rostellum seye dünner und die Narbe liege näher ‚darunter, so werden wir sehen, dass, wenn ein Insekt mit dem Pollinium auf seinem Kopfe nach einer andren Blume fliegt und dort so ziemlich die w * Vielleicht kann es für den Leser angenehm seyn, die nähere Beschrei- bung einer der oben erwähnten »unerschöptlich manchfaltigen Anpassungen« der Vandeen hier zu finden. Wir haben eine solche von Stanhopea im Anhange gegeben D. Übs. 117 > nämliche Stellung einnimmt, welche es inne hatte, als das Polli- nium darauf befestigt wurde, die Pollen-Massen das Stigma be- streifen müssen, besonders wenn sie durch ihr Gewicht sich ein wenig gesenkt haben. Diess ist Alles, was bei Lycaste Skinneri, Cymbidium giganteum. Zygopetalum Mackai, Angraecum ebur- neum, Miltonia Clowesi, Warrea und, ich glaube, auch Galeandra Funki sich ereignet. Nehmen wir aber an, in unsrem Durch- schnitte seye das Stigma weiter unlen am Grunde einer tiefen Höhle gelegen, oder die Anthere stehe höher oben, so dass das Füsschen des Rostellum aufwärts ansteige, und es seyen noch einige andere der Aufzählung nicht bedürfende Einrichtungen, wie sie in Wirklichkeit alle vorkommen, — in solchen Fällen würde ein Insekt, wenn es mit dem Pollinium auf dem Kopfe nach einer andern Blume flöge, die Narbe nur dann mit den Pollen-Massen bestreichen können, wenn nach deren Anheftung eine grosse Veränderung in ihrer Stellung erfolgt wäre. Diese Veränderung tritt bei vielen Vandeen ganz in derselben Weise ein, wie sie bei den Ophryeen so gewöhnlich ist, nämlich durch die binnen einer halben Minute nach der Entführung der Pol- linien vom Rostellum erfolgende Senkung derselben. Ich habe diese Bewegung sehr deutlich gesehen, welche in verschiedenen Arten von Oncidium, Odontoglossum, Brassia, Vanda, Aerides, Sarcanthus, Saccolabium, Acropera und Maxillaria das Pollinium gewöhnlich durch einen Bogen von 90° abwärts führt. In Ro- driguezia suaveolens ist die Senkung von merkwürdiger Lang- samkeit, in Elophia viridis von nur geringer Erstreckung. Daher ich auch nicht sicher bin, ob in einigen der oben angeführten Fälle, in welchen keine Bewegung stattfinden sollte, nicht doch eine sehr geringe Senkung vorsichgehe. In den Ophryeen sind die Antheren-Fächer in Beziehung zur Narbe zuweilen auswärts und zu- weilen einwärts gelegen, so dass wir eine auswärts und eine ein- wärts gehende Bewegung der Pollinien zu unterscheiden haben; in den Vandeen aber liegen die Fächer gerade über der Narbe und die Bewegung des Polliniums geht immer gerade abwärts. Nur in Calanthe liegen die zwei Narben auswärts von den Antheren- Fächern, und hier ist, wie wir sehen werden, für eine mecha- 118 nische Einrichtung gesorgt, um die Pollinien an die Narbe an- streifen zu machen. Bei den Ophryeen ist der Sitz der Zusammenziehung, durch welche die Senkung bewirkt wird, in der Oberseite der Kleb- scheibe am Befestigungs-Punkt des Stöckchens; bei den Vandeen ebenfalls an der Oberseite dieser Scheibe, aber am Belesligungs- Punkt des Füsschens, mithin in ansehnlicher Entfernung von dem der Stöckchen. Die Zusammenziehung und mithin auch die Be- wegung ist hygrometrischer Art (obwohl, wie wir im VII. Ab- schnitte sehen werden, noch dunkel) und findet daher erst dann statt, wenn die Pollen-Masse vom Rostellum abgehoben und mit- hin der Vereinigungs-Punkt von Scheibe und Füsschen einige Sekunden lang der Luft ausgesetzt worden ist. Setzt man nach der Zusammenziehung und der davon bedingten Senkung des Füsschens den ganzen Körper ins Wasser, so richtet sich das Füsschen wieder langsam empor und nimmt in Bezug zur Kleb scheibe wieder dieselbe Stellung ein, die es aul dem Rostellum gehabt hatte. Wird es wieder aus dem Wasser genommen, so senkt es sich von Neuem. Diese Thatsachen sind der Beachtung werth, weil sie uns Mittel an die Hand geben, diese Bewegung von gewissen andren Bewegungen zu unterscheiden. Eine Maxillaria-Art, die M. ornithorhyncha nämlich, bietet uns einen Fall von einziger Beschaflenheit dar. Das Füsschen des Rostellum ist nämlich sehr verlangert und gänzlich bedeckt von der vorragenden Vorderlippe der Anthere, durch welche sie feucht erhalten wird. In Folge der Abhebung tritt keine Bewe- gung an der Verbindungs-Stelle zwischen Scheibe und Füsschen ein. Aber das Füsschen selbst krümmt sich an einem über seiner Mitte gelegenen Punkt rasch rückwärts gegen sich selbst in einer, mit allen andren Fällen verglichen, umgekehrten Rich- tung. Unter Wasser nimmt es ebenfalls seine ursprünglich gerade Form wieder an. Nehmen wir an, der lange aufrechte Hals eines Vogels stelle das Füsschen und der Kopf die Pollen- Ballen vor, so würde in allen gewöhnlichen Fällen die Bewegung so erscheinen, als ob der Vogel sein Futter vom Boden aufpickte, indem er dabei jedoch nur die untersten dem Rumpf zunächst 119 befindlichen Halswirbel bewegt, während sie in Maxillaria so aus- sieht, als werfe der Vogel durch eine Krümmung seiner mitteln Halswirbel allein seinen Kopf zurück, so dass er fast seinen eigenen Rücken berühre. Ich habe schon oben gesagt, dass, wenn das Füsschen lang und die Narben-Höhle seicht wie in Maxillaria ist, eine diess Missverhältniss aufwägende Tbätigkeit eintrete, und hier haben wir ein Beispiel davon. Das Lippchen hat einen vier- eckigen Vorsprung vor der Narbe, durch welchen der Eingang in die Blume verengt wird, so dass, wenn das Füsschen nicht irgendwie verkürzt würde, die Blüthe kaum befruchtet werden könnte. Nach der so eben beschriebenen umgekehrten Be- wegung und der daraus folgenden Verkürzung des Füsschens kann das an irgend einen kleinen Körper befestigte Pollinium in die Blume eingeschoben werden und sind die Pollen-Ballen so gestellt, dass sie leicht an die Narben-Fläche anhängen. In einigen Fällen kommen auch elastische neben diesen hy- gromelrischen Bewegungen vor. In Aerides odorata, A. virens und Onecidium (roseum?) ist das Füsschen des Rostellum unten befestigt in einer geraden Linie, bei einem Ende an der Kleb- scheibe und beim andern an der Anthere; es besitzt jedoch eine natürliche starke Neigung in den rechten Winkel zur Scheibe emporzuschnellen. Wenn daher das Pollinium mit seiner Kleb- scheibe an irgend einem Gegenstande festsitzend abgehoben wird, so springt das Füsschen sogleich empor in eine zu seiner vorigen Lage last rechtwinkelige Stellung und mit den Pollen-Massen frei in der Luft. Diess haben andre Beobachter gesehen, und ich bin mit ihnen darin einverstanden, dass der hiedurch gewonnene Vortheil darin besteht, dass die Pollen-Massen aus den Antheren- Fächern frei werden. Nach diesem elastischen Emporschnellen beginnt sogleich die hygrometrische Abwärts-Bewegung, welche, wunderlich genug, das Füsschen fast wieder in die nämliche Stellung in Beziehung zur Klebscheibe bringt, die es auf dem Rostellum gehabt hatte. Das Ende des Füsschens jedoch, welches in Aerides die Pollen-Masse auf kurzen schwankenden Stöckchen trägt, bleibt etwas aufwärts gebogen; und Diess scheint wohl berechnet, um die Pollen-Massen über einen vordren Rand in 120 die tiefe Narben-Höhle fallen zu lassen. Der Unterschied zwischen der ersten elastischen und der zweiten oder rückgängigen hygro- metrischen Bewegung konnte durch einen Versuch mit Oneidium wohl dargethan werden, indem man das Pollinium, nachdem beide Bewegungen stattgefunden hatten, ins Wasser tauchte, wo dann das Füsschen in diejenige Lage zurückkehrte, welche es durch seine Schnellkraft erlangt hatte, während diese letzte Lage selbst vom Wasser nicht weiter abgeändert wurde. Ausserhalb dem Wasser begann dann die hygromelrische Senkung bald von Neuem. In Rodriguezia secunda war keine solche langsame Senkung des Füsschens zu beobachten, wie bei R. suaveolens, sondern es trat eine rasche Abwärtsbewegung ein, welche in die- sem einen Falle offenbar eine elastische war. Denn wenn man das Füsschen ins Wasser setzte, so zeigte es keine Neigung in seine alte Richtung zurückzukehren, wie es doch in so vielen andern von mir untersuchten Orchideen der Fall ist. In Phalaenopsis grandiflora und Ph. amabilis ist die Narbe seicht und das Füsschen lang; daher eine diess Missver- hältniss aufwiegende Thätigkeit erforderlich wird, welche inzwischen im Gegensatze zu Maxillaria durch Springkraft bewirkt wird. Eine Senkung tritt nicht ein; wird aber das Pollinium abgehoben, so schnellt das gerade Füsschen plötzlich in eine so (.— 7 —) gebogene Form, wo der Punkt linkerseits die Pollen-Ballen, die Scheibe rechts ein dreieckiges Hautstück vorstellen soll. Das Füsschen wird im Wasser nicht wieder gerade, aber das die Pollen- Ballen tragende Ende erhebt sich nach der Zusammenziehung ein wenig. Und so scheint das mit dem einen Ende aufgerichtete und in der Mitte einen konvexen Bogen beschreibende Füsschen wohl geeignet, die Pollen-Massen über einen vordren Rand in die tiefe Narben-Grube fallen zu lassen. In der Calanthe Masuca und der hybriden €. Dominii ist der Blumen-Bau sehr abweichend. Die zwei eirunden Gruben- artigen Narben sitzen ganz an den Seiten des Rostellum. Die Klebscheibe ist oval, ohne Füsschen, aber mit 8 Pollen-Massen, die mit sehr kurzen und leicht zerreissenden Stöckchen daran Calanthe Masuca. | | A Blume von vorn gesehen ; Antheren-Gehäuse, die 8 Pollen-Massen in natürlicher Lage cl Clinandrium. d Klebscheibe. 2 Labellum. | ss Stigmata. r» Nectarium-Mündung. p Pollen-Massen. ein Clinandrium zeigend. B Pollen-Massen an die Klebscheibe befestigt, von unten gesehen. C Blume in gleicher Lage wie in A, jedoch mit Beseitigung auch von Klebscheibe und Pollen-Massen, das nun getheilte Rostellum und das leere Clinandrium zeigend. Im linksseitigen Stigma hängen zwei Pollen-Massen an dessen klebriger Oberfläche. ansitzen. Die Pollen-Massen haben eine Fächer-förmige Stellung. Das Rostellum ist breit und seine Seiten fallen schief gegen die seitlichen Gruben - förmigen Narben ab. Nach Wegnahme der Klebtheile erscheint das Rostellum in seiner Mitte tief getheilt (Fig. 24 C). Das Labellum ist mit der Säule bis fast zu deren Scheitel hinauf verbunden, und lässt einen Zugang (Fig. 24 An) zu dem langen Nectarium dicht unter dem Rostellum frei. Das Labellum ist mit eigenthümlichen kugelig - warzenförmigen Aus- wüchsen bedeckt. Wenn man eine dieke Nadel in die Neectarial - Mündung (Fig. 24 A) einführt und wieder herauszieht, so bringt sie, ihr aulsitzend, die Klebscheibe mit einem zierlichen Fächer strahlen- ständiger Pollen- Massen mit heraus, welche keine Veränderung in ihrer Richtung erleiden. Wird aber nun die Nadel in das Nectarium einer andern Blume eingeführt, so streifen die Enden der Pollen- Massen nothwendig an die obre und die schiefen Seiten-Flächen des Rostellum und senken sich nach beiden Seiten auseinanderweichend in die zwei Narben-Gruben hinab. Da die _ dünnen Stöckchen leicht zerreissen, so bleiben die Pollen-Massen 122 in Form kleiner Lanzen (Fig. 24 C, am linksseitigen Stigma) an der klebrigen Oberfläche beider Narben hängen, und die Be- [ruchtung der Blüthen wird in einer angenehm zu beschauenden Weise bewirkt. Ich hätte noch beizufügen, dass ein schmaler Streifen von Narben - Zellgewebe unterhalb dem Rostellum die zwei seitlichen Stigmata ınit einander verbindet; und dass wahrscheinlich auch einige der mitteln Pollen-Massen durch den Ausschnitt im Ro- stellum oder unter dessen Oberfläche eingeführt werden. Ich bin zu dieser Annahme geneigt, weil ich in der zierlichen Ca- lanthe vestita das Rostellum sich so weit über die zwei Narben ausgedehnt fand, dass anscheinend alle Pollen-Massen unter dessen Oberflache eingelührt werden müssen. Obschon ich fürchten muss den Leser zu ermüden, so will ich doch noch einige Worte über Angraecum sesquipedale beifügen, dessen grosse sternförmige sechsstrahlige und wie aus schneeweissem Wachs gemachte Blumen die Bewunderung der Reisenden in Madagaskar erregt haben. Ein Peitschen - för- miges grünes Nectarium, von erstaunlicher Länge hängt unter dem Labellum herab. In einigen von Hrn. Bareman mir ge- sandten Blüthen fand ich es 11%2 Zoll lang, die untren andert- halb Zolle erfüllt mit sehr süssem Honigsall. Was mag der Zweck eines so unverhältnissmässig langen Honighälters seyn? Es wird sich, wie ich glaube, herausstellen, dass die Belruchtung der Pflanze von dieser Länge des Nectariums und von der Be- schränkung seines Nectar-Gehaltes nur auf die untren anderthalb Zolle abhängig ist. Es wäre freilich erstaunlich, dass ein Insekt im Stande seyn sollte diesen Nectar zu erreichen! Unsre eng- lischen Abendfalter haben Saugrüssel von der Länge ihres Kör- pers; auf Madagaskar muss es Schmetterlinge mit Rüsseln geben, welche sich auf 10—11 Zoll Länge ausstrecken können. Das Rostellum ist breit und Blatt-artig und wölbt sich recht- eckig über die Narbe und die Mündung des Nectarhälters; es ist tief gespalten durch eine am Ende erweiterte Kluft oder Aus- randung. Daher diess Rostellum fast ganz dem der Calanthe (Fig. 24 C) gleicht, nachdem deren Klebscheibe. abgelöst ist. 123 Die Unterseiten beider Spalt-Ränder sind an deren Ende durch schmale Streifen einer klebrigen leicht zu entlernenden Haut eingefasst, so dass dadurch zwei getrennte Klebscheiben ent- stehen. An die Mitte jeder Scheibe ist ein häutiges Füsschen befestigt, und jedes Füsschen trägt an seinem andren Ende eine Pollen-Masse. Unter dem Schnäbelchen liegt ein schmales Leisten- förmiges klebriges Stigına, Ich konnte eine Zeit lang nicht begreifen, wie die Pollinien dieser Orchidee weggehoben werden sollen, und auf welche Weise sie selbst befruchtet werde. Vergebens schob ich Borsten und Nadeln durch den offenen Eingang in das Nectarium und durch den Spalt im Rostellum. Ich dachte mir dann, dass die Blume wegen der Länge ihres Nectar-Hälters von grossen Schmet- terlingen mit einem am Anfang dicken Saugrüssel besncht werden müsse, und dass, um den letzten Nectar-Tropfen herauszuziehen, selbst der grösste Falter seinen Saugrüssel so weit als möglich hineindrängen müsse. Um Diess zu bewirken, muss der Falter, mag er nun seinen Rüssel anfangs durch die offene Nektarial- Mündung (was nach der Form der Blume das Wahrscheinlichere) oder durch den Spalt des Schnäbelchens einschieben, denselben doch zuletzt in diesen Spalt zwängen, weil Diess der kürzeste Weg ist und das ganze Blatt-förmige Rostellum durch einen leichten Druck niedergesenkt werden kann; die Entfernung von der Aussenseite der Blume bis zum Ende des Nectariums kann auf diese Weise um !ı Zoll gekürzt werden. Ich schob daher einen 0,1 Zoll dicken Zylinder durch den Spalt in das Rostellum hinab, dessen Ränder sich leicht von einander trennten und mit dem ganzen Schnäbelchen abwärts gedrückt wurden. Als ich nun den Zylinder langsam wieder herauszog, ging das Rostellum durch seine Elastizität wieder in die Höhe und die Ränder rich- teten sich am Zylinder anliegend empor. So kamen die häuligen Klebstreifen an den Unterseiten des Rostellum-Spaltes mit dem Zylinder in Berührung, hängten sich fest an ihn an, und die Pollen-Massen wurden mit herausgezogen. Nur auf diese Weise gelang es mir jedesmal die Pollinien zu entführen, und es kann, wie ich glaube, keinem Zweifel unterliegen, dass irgend ein 124 grosser Nachtfalter auf diese Weise wirke: dass er nämlich sei- nen Rüssel bis an dessen Anfang durch den Spalt des Rostellum bis in die Spitze des Honiggefässes hineinzwänge und dann die Pollinien am Rüssel mit herausziehe. Nicht so glücklich wie mit dem Herausholen der Pollinien war ich bei dem Versuche die Befruchtungs-Weise der Blumen nachzuahmen ; doch gelang es mir zweimal. Da die Spalt-Ränder des Rostellum emporgebogen werden müssen, damit sich die Klebscheiben an den Zylinder anhängen können, so werden sie während dieses Herausgehens in einem sehr kleinen Abstand von ihrer wirklichen Basis befestigt. Die zwei Scheiben hängen sich nicht immer an genau entsprechenden Punkten an. Wenn nun ein Schmetterling seinen Rüssel mit den nächst seiner Basis aufsitzenden Pollinien in die Mündung des Nectarium schiebt, so werden die Pollen-Massen wahrscheinlich zuerst unter dem Rostellum eingeführt und gelangen erst durch die nachherige Anstrengung des Falters, wenn er seinen Rüssel in den Spalt des Schnäbelchens zwängt, fast nothwendig auf das schmale Leisten- förmige unter dem Rostellum vorspringende Stigma. Indem ich den Zylinder mit den ihm aufsitzenden Pollinien in dieser Weise bewegte, wurden mir die Pollen-Massen zweimal davon abgestreift und auf der Narben-Fläche anhängend zurückgelassen. Wenn Angraecum in seinen heimathlichen Wäldern mehr Honigsaft absondert, als die von Hrn. Bareman mir gesandten kräftigen Pflanzen, so dass die Nectarien davon gefüllt werden, so mögen kleine Nachtfalter zwar davon ihren Vortheil haben, nicht aber die Pflanze. Denn die Pollinien können nur durch einen grossen Schmetterling, der mit einem wunderbar langen Rüssel den letzten Tropfen zu erschöplen strebt, entführt werden. Stürben diese Nachtfalter in Madagaskar aus, so müsste Angrae- cum gewiss auch aussterben: — und da anderseits der Nectar we- nigstens in der Spitze des Honiggelässes vor Entwendung durch andre Insekten geschützt ist, so würde das Erlöschen von An- graecum daselbst wahrscheinlich ein schwerer Verlust für diese Falter seyn. Man kann auf diese Weise zum Theile begreifen, wie durch aufeinanderfolgende Abänderungen das Nectarium 125 allmählig zu dieser erstaunlichen Länge gekommen ist. Als ge- wisse Falter auf Madagaskar durch natürliche Züchtung in Über- einstimmung mit den allgemeinen Lebens-Bedingungen für den Larven- oder für den reifen Stand grösser wurden, oder als der Rüssel allein zur Erlangung des Honigsaltes von Angraecum u. a. tief röhrenförmigen Blumen, so mussten diejenigen Pflanzen von Angraecum, welche die längsten Nectarien hatten (und die Ho- nigsaft-Gefässe der Orchideen ändern sehr an Länge ab) und mithin die Falter nöthigten ihre Saugrüssel ganz bis an die Basis hineinzuschieben, am besten befruchtet werden. Sie mussten also die meisten Saamen bilden und die Säämlinge gewöhnlich die längsten Nectarien erben; und so ging Diess bei Falter und Pflanze von Generation zu Generation weiter So scheint es demnach, es habe sich eine Art Wettlauf zwischen dem Längen- Wachsthum des Angraecum-Nectariums und des Falter-Rüssels entwickeln müssen, worin das Angraecum gesiegt habe; denn es wächst und blühet reichlich in den Wäldern von Madagaskar und lockt [— vermuthlich —] noch immer jeden Nachtfalter seinen Rüssel bis auf den Grund des Honiggefässes hinabzutreiben, um den letzten Tropfen Honigsaft daraus zu schöpfen. Und nun wäre zum Schluss , eines unabhängigen Grundes wegen, noch Acropera zu erwähnen. Obwohl mir Dr. Hooker immer wieder aufs Neue eine Fülle frischer Blüthen von zwei Arten (A. Loddigesi und A. luteola *) gesandt, so bildete diese Sippe doch lange Zeit eine Schattenseite in meinem Werke. Alle Theile der Blume scheinen dazu eingerichtet zu seyn, jede Befruchtung derselben zu hindern; und obwohl ich glaube zuletzt einen Theil des Räthsels gelöst zu haben, so ist mir doch der Zweck einiger wichtigeren Theile ganz unverständlich geblieben. Ich bin nicht der Meinung alle Einrichtungen in irgend einer Orchidee vollkommen zu begreifen; doch finde ich, je mehr ich * Dr. LINDLEY sagt mir, dass er keine Art dieses Namens kenne, und zu Kew selbst ist der Ursprung des Namens unbekannt. Sie weicht ausser in der einförmig gelben Farbe wenig oder gar nicht von A. Loddi- gesi ab, wovon sie vielleicht nur eine Varietät ist. 126 unsre gemeinsten Britischen Arten studire, immer mehr neue und wunderbare Anpassungen in denselben auf. Das Schnäbelchen von, Acropera ist dünne und verlängert, rechtwinkelig zur Säule vorspringend (S. 111, Fig. 22); das Füss- chen .des Pollinium ist daher ebenfalls lang und sehr dünne: die ausserordentlich kleine Klebscheibe bildet eine innen klebrige Mütze, auf das Ende des Rostellum passend. Nach wiederholten Versuchen finde ich, dass die Scheibe sich an keinen andern Gegenstand anhängt,, bis sie ganz von der Spitze des Rostellum abgegangen ist; und Diess kann nur dadurch bewirkt werden, dass das ganze Rostellum so aufwärts gedrängt wird. dass es über und gegen den drängenden Gegenstand hingleitet; wird die kleine Scheibe auf diese Weise abgehoben, so heftet sie sich gut an den Gegenstand an. Das obre Kelch-Blatt bildet einen die Säule einschliessenden und schützenden Hut. Das Lippchen ist ein ganz ausserordentliches jeder Beschreibung spottendes Organ, und mittelst eines so dünnen elastischen und biegsamen Streifens an die Basis der Säule angelenkt, dass jeder Windhauch es er- schüttert. Es hängt abwärts, und Diess scheint von Wichtigkeit zu seyn: denn die Pflanze selbst ist hängend und um das La- bellum in diese Lage zu bringen, ist das Fussgestell oder Ova- rium jeder Blume im Halbkreise gebogen. Die zwei obren Kro- nen-Blätter dienen als seitliche Zufuhren in das Hut-förmige obre Keleh-Blatt. Doch habe ich nicht den entferntesten Begriff da- von, wie alle diese Theile zusammenwirken, um ein Insekt zu veranlassen, irgend einen Theil seines Körpers in das Hut-förmige obre Kelch-Blatt zu drängen und dann das Rostellum emporzu- drücken, um so zuletzt die kleine Klebscheibe abzuheben. Wenn sich das Pollinium mit seiner Klebscheibe auf einen [remden Körper festgesetzt hat, so macht es die gewöhnliche Senkung: was indessen überflüssig zu seyn scheint, indem die Narben-Höhle (S. 111, Fig. 22) hoch oben am Grunde des recht- eckig vorspringenden Rostellum liegt. Doch ist Diess eine ver- gleichungsweise unbedeutende Schwierigkeit. Die Hauptschwie- rigkeit liegt darin, dass die Mündung der Narben-Höhle so enge ist, dass es kaum möglich erscheint, Pollen - Massen hineinzu- #27 zwängen. Ich habe es oft versucht, aber nur 3—4mal erreicht. Selbst wenn ich diese Massen eine Stunde lang trocknen und so ein wenig einschrumpfen liess, gelang es nur selten. Ich untersuchte junge und fast ganz abgeblühete Blumen, ob nicht die Mündung in verschiedenen Seiten der Entwickelung eine verschiedene Weite besitze, wie es uns in der That schon an einer Bolbo- phyllum-Art (S. 106) vorgekommen: aber die Schwierigkeit der Einführung war zu allen Zeiten die nämliche. Gerade weil die Klebscheibe so ausserordentlich klein und ihr Haft- Vermögen mithin geringer als bei den mit einer grossen Scheibe versehenen Orchideen, und weil das Füsschen lang und dünne ist, schiene ein mehr als gewöhnlich erweiterter Eingang in die Narben- Kammer für die Aufnahme des Polliniums unerlässlich zu seyn. Aber gerade im Gegentheile ist dieselbe vielmehr so zusammen- gezogen, dass es selten gelingt auch nur eine Pollen-Masse hineinzuzwängen. Überdiess ist, wie auch Dr. Hooker beobachtet hat, die Narben-Fläche auffallend wenig klebrig. Ich hatte bereits den ganzen Fall als unerklärbar aufgegeben, als mir einfiel, dass. obwohl sonst kein Fall von Trennung der Geschlechter bei den Orchideen bekannt ist, Acropera eine männ- liche Pflanze seyn könne. Ich untersuchte zuerst die Schläuche der Narben-Fläche an in Weingeist aufbewahrten Exemplaren, und fand sie leer wie kleine Glasgelässe, wenn auch gewöhnlich mit einer blossen Areola oder einem Nucleus versehen *. Ich sah mich nun nach diesen Utrieuli bei vielen andern Orchideen um und habe bis jetzt keine Ausnahme von der Regel gefunden, dass Weingeist eine ansehnliche Menge gelb-brauner Materie in derselben zur Gerinnung bringt. Ich legte frische Orchideen in Weingeist und fand deren Inhalt nach 24 Stunden geronnen und die Kerne stark gedunkelt. Zwar werden noch mehr Beobach- tungen nöthig seyn. um auszumitteln, welcher Werth auf diese Thatsache zu legen ist; — für jetzt aber habe ich anzuführen. dass die Schläuche der Acropera von einer ganz andern * Vgl. ROB. BROWN ın Linn.-Transact. XV1, 710 über den Nucleus der Narbenschläuche, und BAUER’S schöne Zeichnung in LINDLEY’S gros- sem Werke. 128 Beschaffenheit als der aller übrigen Orchideen sind. Der Zustand des Ovarium bietet den besten Beweis dafür. Wenn man einen dünnen Querschnitt des Ovarium unter ganz schwacher Vergrösserung betrachtet, so erblickt man auf den drei eigentlich Eier-tragenden Strängen oder Abschnitten kleine Hervorragungen, die beim ersten Anblick wirkliche Ei’chen zu seyn scheinen. Bei näherer Untersuchung ergibt sich jedoch, dass sie aus mehrfach verzweigten ganz dünnen und durchsich- tigen Haut-Fransen bestehen, welche in einigen Exemplaren eine weit deutlicher zellige Beschaffenheit als in andern besitzen. Wenn diese Fransen für Saamenträger oder placentae zu nehmen, so sind sie stärker als in andern Orchideen entwickelt: sind es aber Ei'chen (oder vielmehr Testae derselben) in atrophischem Zustande, wofür ich sie halte, so hängen sie fester an die Saa- menträger als gewöhnlich an; sie zeigen nicht die eigenthüm- liche Öffnung an ihrem freien Ende, so wie auch keinen Nucleus ; noch sind sie je umgewendet. Ich habe sechs Ovarien von jüngeren und älteren Blüthen der Acropera untersucht, welche theils frisch und theils aus Weingeist genommen waren, und in allen waren die Saamen-Stränge von beinahe gleicher Beschaffen- heit. Ich untersuchte sofort der Vergleichung halber die Ovarien von jungen und alten (aber nicht befruchteten), von frischen und in Spiritus gelegenen Blüthen aus fast allen Hauptgruppen der Orchideen, aber immer boten die Eichen ein ganz andres An- sehen dar. Aus diesen Thatsachen und zwar aus der engen Mündung der Narben-Kammer, in welche die Pollen-Massen nur schwierig hineingelangen können, während die Länge und Dünne des Füss- chens, die Kleinheit der Klebscheibe , die Senkungs-Bewegung, Alles auf die Nothwendigkeit einer tiefliegenden weiten Narben- Höhle hinweisen, — aus der geringen Klebrigkeit der Narben- Fläche, — aus der Leerheit der Narben-Schläuche, — und ins- besondre aus der Beschaffenheit der Eier- Stränge bin ich zu schliessen veranlasst, dass die Pflanze von Kew, wovon die vielen Blüthen der Acropera luteola in verschiedenen Entwickelungs- Perioden entnommen wurden, eine männliche Pflanze ist. Nachdem ich viele Orchideen aus Warmhäusern untersucht *, finde ich keinen Grund zur Annahme, dass die weiblichen Organe durch Kultur die oben beschriebene Beschaffenheit erlangen und dass insbesondre die derben Ränder der Narben-Kammer sich zusam- menzieben können. Ich sehe daher keinen Grund an dem männ- lichen Geschlecht jener Pflanze zu zweifeln, Was nun die zu Acropera luteola gehörige weibliche oder Zwitter-Pflanze seyn mag, ob sie den männlichen ähnlich. ob sie bereits benannt und vielleicht in irgend einem besondren Genus untergebracht seye,. ist jetzt nicht zu sagen möglich. In Acr Loddigesi, welche der andern in allen Beziehungen ausser der Farbe gleicht, fand ich dieselbe fast unüberwindliche Schwierigkeit, die Pollen-Massen in die Narben-Höhle einzuführen: aber zur Zeit ihrer Untersuchung halte ich noch keine Vermuthung von der männlichen Natur dieses Genus und untersuchte desshalb die Övarien nicht. Ich habe nun, vielleicht in zu grosser Ausführlichkeit, einige der manchfaltigen Einrichtungen beschrieben, durch welche die Vandeen befruchtet werden. Die gegenseitige Stellung der Theile, Reibung, Klebrigkeit, elastische und hygrometrische Bewegungen, Alles genau. miteinander in Zusammenhang gebracht, ist zur Mit- wirkung berufen. Aber alle die Anpassungen sind der Thätig- keit der Insekten untergeordnet. Ohne ihre Hilfe würde nicht eine Pflanze dieser Gruppe, woraus ich 24 Genera untersucht habe, befruchtet werden. Eben so klar ist es, dass in einer grossen Mehrzahl von Fällen Insekten die Pollinien erst dann von ihrer Stelle entnehmen, wenn sie im Begriffe sind die Blume zu ver- lassen, um auf eine andre zu fliegen, und dass sie auf diese Weise zwei verschiedene Blumen miteinander befruchten. Diese Thatsache ist endgiltig nachgewiesen in allen den vielen Fällen. * In einer Ähre der Brasilianischen Goodyera discolor, die ich von BATEMAN erhalten, und woran alle Blüthen monströs und verdreht und die Narben unvollkommen waren, fand ich die Ovula mit ihren Nuclei weit aus ihrer Testa (wie sie BRONGNIART von Epipactis genau abgebildet in Annat. d. seiene. nat. 1831, XXIV, pl. 9) hervorstehen und anscheinend wohl entwickelt. DARWIS, Orchideen ( 130 wo die Pollinien nach ihrer Abnahme vom Rostellum ihre Rich- tung ändern, um die Narbe angemessen bestreichen zu können; denn Diess kann nur stattfinden, nachdem das Insekt diejenige Blume verlassen hat. welche als Männchen dient, und bevor es zur zweiten Blüthe gelangt, die als Weibchen befruchtet wer- den soll. Sechster Abschnitt. Catasetidae: die merkwürdigsten aller Orchideen. Mechanismus, wodurch die Pollinien von Catasetum auf einige Entfernung ausgeschleudert und dann durch Insekten weiter getragen werden. Empfindlichkeit des Ro- stellum. Ausserordentliche Verschiedenheit in den männlichen, weiblichen und hermaphroditischen Formen von C. tridentatum. — Mormodes ignea: sonderbare Blumen-Bildung; Ausschleuderung der Pollinien. — Cypri- pedium: Wichtigkeit der Pantoffel-Form des Labellum; Absonderung des Nectars; Nützlichkeit des Aufenthalts der Insekten beim Aufsaugen des Honigsaftes; eigenthümliche Auswüchse des Lippchens, welche die In- sekten anzuziehen scheinen. Ich habe’ mir zur besondren Beschreibung noch eine Unter- familie der Vandeen zurückbehalten, die der Catasetidae, die nach meiner Meinung die merkwürdigsten aller Orchi- deen sind. Ich will mit dem zusammengesetztesten Genus, mit Catasetum, beginnen. Eine flüchtige Betrachtung der Blüthe ergibt sofort, dass hier wie in andern Orchideen irgend eine mechanische Hilfe erforderlich ist, um die Pollen-Massen aus ihren Behältern heraus- zuholen und auf die Narben-Fläche zu übertragen. Wir werden überdiess erkennen, dass die drei folgenden Catasetum-Arten männliche Pflanzen sind, daher ihre Pollen-Massen auf weibliche Pflanzen übertragen werden müssen, wenn Saamen gebildet wer- den sollen. Das Pollinium ist mit einer Klebscheibe versehen, welche in diesem Genus von ansehnlicher Grösse ist: aber diese Scheibe ist nicht wie in andern Orchideen in der Lage, um an ein die Blume besuchendes Insekt anzustreifen und festzukleben, sondern einwärts gekehrt und dicht an der oberen und Rücken- 131 Fläche einer Kammer gelegen, welche als Narben-Kammer be- zeichnet werden muss, obwohl die Narbe hier ohne Verrichtung ist. In dieser Kammer ist nichts, was Insekten anziehen könnte, und selbst wenn solche in die Kammer eindringen, so ist ein Anhängen der Scheibe an dieselben kaum möglich, weil deren Klebfläche an der Decke der Kammer anliegt. Wie geht nun die Natur hier zu Werke? Sie hat diese Pflanzen mit — in Ermangelung eines besseren Wortes sagen wir — Sensitivität und mit dem merkwürdigen Vermögen begabt, ihre Pollinien auf einige Entfernung hinauszuschleudern. Wenn daher gewisse Punkte der Blüthe von einem Insekte berührt werden, so werden die Pollinien wie Pfeile abgeschossen, welche jedoch nicht befedert , sondern mit einem stumpfen und äusserst leicht anhängenden Vorderende versehen wären. Das Insekt fliegt von dem plötzlichen Schuss betroffen oder weil es an dieser Blume das Geniessbare genossen hat, früher oder später weiter und gelangt gelegentlich zu einer weiblichen Pflanze, wo es das Pollen- tragende Ende des Pfeiles, welcher noch in derselben Richtung wie gleich nach dem Schusse geblieben, in die Narben- Höhle einführt und eine Menge an die klebrige Narben-Fläche abgibt. So, und so allein, werden mindestens drei- Arten von Catasetum befruchtet. In vielen Orchideen, wie in Listera, Spiranthes, Orchis haben wir ein in der Weise empfindliches Rostellum gefunden, dass es bei der mechanischen Berührung oder der Einwirkung von Chloro- form-Dämpfen längs gewisser vorgezeichneter Linien platzt. So ist es auch in der Familie der 'Catasetidae, mit dem merkwür- digen Unterschiede jedoch, dass in Catasetum das Schnäbelchen sich in zwei spitz zulaufende gebogene Hörner oder, wie ich sie nennen möchte, Fühlhörner (antennae) verlängert, welche über dem Labellum, wo die Insekten sich niederlassen, vorstehen, und den durch die Berührung bewirkten Reitz ihrer Erstreckung entlang auf die zu zerreissende Membran übertragen; ist Diess bewirkt, so liegt die Pollinium-Scheibe plötzlich frei. Auch haben wir in mehren Vandeen die Stöckchen der Pollinien in flach niedergestreckter Richtung befestigt aber bereit gesehen, vermöge 9* 132 der ihnen verliehenen Elastizität nach beseitigtem Hinderniss em- porzuschnellen und sich aufwärts einzuriegeln, offenbar zu dem Zwecke um die Pollen-Massen aus ihren Antheren-Fächern zu be- freien. In der Sippe Catasetum dagegen werden die Stöckchen in einer abwärts gebogenen Lage festgehalten und strecken sich, sobald sie durch das Reissen der befestigten Ränder der Scheibe frei werden, mit solcher Stärke gerade aus, dass sie nicht allein die Pollen-Ballen und Antheren-Fächer von ihren Befestigungs-Ballen wegdrängen, sondern auch das ganze Pollinium auf und über die Spitzen der sogen. Fühler 2—-3 Fuss weit hinausschleudern. So werden, wie in der ganzen Natur, bereits vorhandene Strukturen und Fähigkeiten zu neuen Zwecken zugerichtet und verwendet. * Ich wıll nun ins Einzelne ein- Cataselum saccatum gehen. Die allgemeine Erscheinung einer Blüthe dieser Art stellt der folgende Holzschnitt (Fig. 25 B) von der Seite dar, nach- dem allerdings alle Kelch- und Kronen-Blätter mit Ausnahme des Labellum weggeschnitten sind; Fig. 25 A ist die Stirn-Ansicht der Säule. Das obre Kelch- und die zwei obren Kronen-Blätter umgeben und schützen die Säule: die zwei unteren Kelch -Blätter springen rechtwinkelig vor. Die Blume steht mehr oder weniger gegen eine von beiden Seiten geneigt, doch mit dem Lippchen ab- wärts. Die trüb Kupfer-arligen und orangefleckigen Farben, der gäh- nende Spalt in dem grossen fransigen Labellum, das eine Horn vorgestreckt und das andre herabhängend, Alles Diess gibt der Blume ein fremdartiges, trauriges und Reptilien-artiges Aussehen. Vorn liegt in der Mitte der Säule (Fig. 25 As) die tiefe Narben - Kammer, am deutlichsten erkennbar im Längsschnitte (Fig. 26 C), wo alle Theile ein wenig auseinander gerückt sind, um den Mechanismus augenfälliger zu machen. Mitten an der Decke der Narben-Kammer, aber weit hinten (Ad), unterscheidet man das aufgerichtete Vorderende der Klebscheibe, die jederseits * Das erste Exemplar, welches ich von dieser Art zu sehen Gelegen- heit hatte, verdanke ich Hrn. J. VEITCH von Chelsea; später sandte mir Hr. S RUCKER. dessen herrliche Orchideen-Sammlung so wohl bekannt ist, in uneigennützigster Weise zwei schöne Ähren und unterstützte mich aufs Freundlichste mit noch andern Exemplaren. 133 mit einer kleinen Haut-Franse zusammenhängt, welche die Basen der zwei Antennen mit einander verbindet. Über der Scheibe springt das herzförmige Rostellum vor, welches von einer dünnen Membran dicht bedeckt ist. Diese Membran ist das Füsschen der Pollen Masse (Ad, C ped), welches mit seinem untern Ende an die Oberseite der Klebscheibe befestigt ist und mit seinem obe- ren Ende unter die Antheren-Fächer «a eintritt und sich dort mit Fig. 25. Al NER: Ko) Wan eG 9); NN) I\ De Catasetum saccatum. a AÄnthere. | 2 Lippchen. an Antennae. | p Pollen-Masse. d Klebscheibe. pedFüsschen. f Staubfaden. s Narben-Kammer. g Germen. A Stirn-Ansicht der Säule. B Seiten-Ansicht der Blume mit bis aufs Labellum weggeschnittenen Kelch- und Kronen- Blättern. GC Durchschnitt durch die Säule: alle Theile ein wenig auseinandergerückt. D Pollinium von der Oberseite. E Pollinium von der Unterseite, welche an dem Rostellum anliegt. 134 Fig. 26. Catasetum saccatum. a Anthere. | ’ Lippchen. an Antennae. | p Pollen-Masse. d Klebscheibe. pd Füsschen. 5 Staubfaden. s Narben-Kammer. 94 Germen. A Stirn-Ansicht der Säule. B Seiten-Ansicht der Blume mit bis aufs Labellum weggeschnittenen Kelch- und Kronen - Blättern. C Durchschnitt durch die Säule: alle Theile ein wenig auseinandergerückt. D Pollinium von der Oberseite. E Pollinium von der Unterseite, welche an dem Rostellum anliegt. 135 den zwei Pollen-Massen verbindet. In seiner natürlichen Lage ist das Füsschen mehr um das vorragende Rostellum herumge- bogen; wird es frei gemacht, so strebt es mit Gewalt die gerade Form anzunehmen, während seine Seiten-Ränder sich einwärts rollen. Früher, im Knospen-Stande, macht das häutige Füsschen einen Theil des Rostellum aus, trennt sich aber später davon in Folge der Auflösung einer Zellen-Schicht. Das Pollinium ist, nachdem es frei geworden und sich ge- rade gestreckt hat, in Fig. 26 D dargestellt; seine am Rostellum anliegende Unterseite ist in Fig. 26 E sichtbar, wo die Seiten- ränder des Füsschens jetzt stark eingebogen sind. Ebendaselbst ist auch der Spalt an der Unterseite der zwei Pollen - Massen ausgedrückt. In diesem Spalte ist an dessen Basis eine Schicht sehr ausdehnbaren Gewebes befestigt, welches das Stöckchen bildet, wodurch die Pollen-Massen an das Füsschen befestigt sind. Das Unterende des Füsschens ist an die Scheibe durch ein bieg- sames Gelenke befestigt, das in keinem andern Genus vorkommt, so dass das Füsschen soweit vor- und rück-wärts umgeschlagen werden kann, als es das aufgerichtete Ende der Scheibe (Fig. 26 D) gestattet. Die Scheibe ist gross und dick, besteht aus einer starken obren Membran, woran das Füsschen sitzt, und aus einem sehr dicken untren Kissen und breiiger flockiger und klebriger Materie. Der hintre (in Fig. D untre) Rand ist bei Weitem der klebrigste Theil und trifft bei Ausschleuderung des Pollinium nothwendiger Weise zuerst auf irgend einen Gegenstand. Der Klebstoff erhärtet bald. Die ganze Oberfläche der Scheibe wird bis zur Ausschleuderung dadurch feucht gehalten, dass sie an der Decke der Narben-Kammer anliegt. Im Längsschnitte GC ist sie, gleich den übrigen Theilen, etwas entfernt von der Decke dargestellt. Die Connectiv- Membran zwischen den Antheren - Fächern (Fig. 25 an, 26 an) ist in eine lange End -Spitze ausgezogen, die nur lose am verdünnten Ende der Säule anhängt, welches (Fig. 26 Cf) mit dem Staubfaden homolog ist. Die Anthere ist daher offenbar hebelförmig gestaltet, so dass sie durch einen Stoss auf ihr untres Ende leicht aufreisst, wodurch dann das 136 Pollinium frei und durch die Elastizität des Füsschens weit hin ausgeschleudert wird. Das Labellum steht rechtwinkelig zur Säule oder hängt etwas abwärts; seine Laleral- und Basal-Lappen sind unter den mitteln Theil gedreht, so dass ein Insekt nur vor der Säule stehen kann. In der Mitte des Lippchens ist eine tiefe von Kämmen einge- fasste Höhle, welche keinen Nectar absondert; aber ihre Wände sind diek und fleischig und haben einen schwachen angenehm »nahrhaften» Geschmack. Ich glaube, dass, wie sich später zeigen wird, Insekten diese Blumen besuchen, um an diesen Neischigen Wänden und Kämmen zu nagen. Das Ende des linker- seits dargestellten Horns steht unmittelbar über dieser Höhle und muss ziemlich gewiss von einem Insekt berührt werden, welches diesen Theil des Labellum aus irgend einem Grunde besuchte. Die Fühlhörner sind die eigenthümlichsten Organe dieser Blume und kommen in keinem anderen Genus vor. Sie sind starr, gebogen, spitz zulaufend und bestehen aus einem schmalen häutigen Bande, dessen Ränder eingerollt sind, so dass sie sich berühren aber nicht miteinander verwachsen. Diese Hörner sind daher hohl, wie der Giftzahn einer Schlange und mit einem längs der einen Seite herablaufenden Spalt. Sie bestehen aus zahl- reichen sehr verlängerten meistens sechskantigen und an beiden Enden zugespitzten Zellen (gleich denen in den meisten anderen Geweben der Blume) und enthalten Zellen-Kerne und Kernchen. Die Hörner’ sind Verlängerungen der Seiten der Vorderfläche des Schnäbelchens. Da die Klebscheibe eine Fortsetzung der kleinen Haut-Franse an jeder Seite ist und diese Franse in-die Basis der Hörner übergeht, so stehen diese letzten Organe in geradem Zu- sammenhange mit der Scheibe. Das Füsschen geht zwischen den Basen beider Hörner hindurch, welche nicht in ihrer ganzen Länge frei sind, sondern mit ihrem aussren Rande eine ansehn- liche Strecke weit mit den Rändern der Narben-Kammer verbun- den und verschmolzen sind. In allen Blumen, welche ich von drei verschiedenen Pflanzen erhalten und untersucht habe, besassen die Hörner eine gleiche Stellung: diese ist wenn auch in beiden sonst ähnlich, doch nicht 137 . ganz symmetrisch. Das Ende des linksseitigen Hornes ist auf- wärls und zugleich etwas einwärts gekrümmt (was in Fig. 25 B deutlicher, als in Fig. 25 A), so dass dessen Spitze in die Mitte reicht und den Eingang in die Grube des Lippcehens bewacht. Das rechtseitige Horn hängt abwärts und ist nur mit seiner Spitze etwas auswärts gebogen. Bei dieser Richtung wird die von den eingerollten Rändern gebildete Längs-Falte oder Furche desselben aussen sichtbar, während solche im andren Horne längs der Unterseite verdeckt ist. Wie wir bald sehen werden, ist das hängende rechtseitige Horn fast gelähmt und anscheinend ohne Verrichtung. ; Wir kommen nun zur Thätigkeit dieser Theile. Wenn das linke Fühlhorn dieser Art (oder eines von beiden Hörnern der zwei folgenden) berührt wird, so platzen augenblicklich die Ränder der obren Scheiben-Membran, welche ohne Unterbrechung in die umgebende Oberfläche übergehen, und die Scheibe liegt frei. Das höchst elastische Füsschen schleudert eben so schnell die schwere Scheibe mit solcher Gewalt aus der Narben - Kammer hinaus, dass das ganze Pollinium mitgeht, die zwei Pollen-Ballen mit sich nimmt und die nur lose befestigte lang-zugespitzte An- there vom Gipfel der Säule losreisst. Das Pollinium wird immer mit der Klebscheibe vorangeschnellt. Ich ahmte diesen Vorgang mittelst eines kleinen Fischbein-Streifchens nach, welches an dem einen Ende etwas beschwert war, um die Klebscheibe vorzu- stellen. Ich bog es dann um einen zylindrischen Gegenstand und hielt das obre Ende unter einem glatten der zurückhal- tenden Thätigkeit der Anthere entsprechenden Nadel-Kopfe. Als ich dann das untre Ende plötzlich frei liess, wurde das Fisch- bein fortgeschnellt wie die Pollen-Masse von Catasetum, und zwar mit dem schwereren Ende voran. Darüber, dass die Scheibe zuerst ausgeschleudert werde, vergewisserte ich mich, indem ich mittelst eines Skalpels auf die Mitte des Füsschens drückte und dann das Horn berührte; augen- blicklich trat die Scheibe hervor, aber das Pollinium konnte wegen des Druckes auf das Füsschen nicht fortgeschleudert werden. Ausser der Kraft des sich in gerader Richtung einschnellenden * 138 Füsschens kommt auch noch eine in genauer Richtung wirkende Elastizität in Betracht. Wenn ein Federkiel in die Länge halbirt und die Hälfte mit ihrer hohlen Seite auf ein zu dickes Bleistift aufgepresst wird, so schnellt dieselbe sogleich in die Höhe, wie der Druck aufhört. Dasselbe geschieht mit dem Füsschen in Folge der plötzlichen Einrollung seiner Seitenränder. Diese ver- einigten Kräfte genügen, um das Pollinium auf eine Entfernung von 2—3 Fuss hinauszuschleudern. Mehre Personen haben mir erzählt, dass ihnen, wenn sie Blüthen dieses Genus in ihren Warmhäusern berührt haben, die Pollinien ins Gesicht gesprungen sind. Ich berührte die Hörner des C. callosum, während ich die Blume über eine Elle weit vom Fenster hielt, und das Pollinium traf die Fenster-Scheibe und blieb mit seiner Klebscheibe an der glatten senkrechten Fläche hängen. Unter den folgenden Beobachtungen über die Natur des Reitzes, welcher die Klebscheibe veranlasst, sich von den umge- benden Theilen zu trennen, sind auch einige an den zwei folgen- den Arten angestellte mitbegriffen. Mehre Blumen waren mir dureh Postwagen und Eisenbahn gesandt und mussten daher wohl stark erschüttert worden seyn, hatten jedoch nicht explodirt. Ich liess zwei Blumen 2—3 Zoll hoch auf den Tisch herabfallen, ohne dass die Pollinien ausgeschleudert wurden. Ich schnitt das Ova- riaum dicht unter der Blüthe, die Kelch-Blätter und einige Male selbst das dicke Lippchen mit einem Klapp der Scheere weg, doch ohne Wirkung. Eben so wenig Erfolg zeigten tiefe Ein- sliche, die ich an verschiedenen Stellen der Säule und selbst der Narben-Kammer machte. “Ein Schlag, hinreichend hart, um die Anthere abzuknicken, veranlasst die Ausschleuderung des Polli- nium, wie ich einmal zufällig gesehen habe. Zweimal drückte ich härter an das Füsschen und dann an das darunter gelegene Rostellum, ohne allen Erfolg. Während ich an das Füsschen drückte, bog ich die Anthere leicht zurück, und da sprang das Pollen-tragende Ende des Pollinium vermöge seiner Schnellkraft hervor, und diese Bewegung hatte nun die Abtrennung der Kleb- scheibe zur Folge. Hr. M£xı£re hat jedoch gezeigt *, dass sich * Bullet. de la Societe botan. de France 1854, I, 567. 139 das Antheren-Gehäuse zuweilen von selbst ablöst oder leicht ab- gelöst werden kann, ohne dass eine Trennung der Scheibe ein- tritt, und dass sich das Füsschen dann vor der Narben-Kammer abwärts schnellt. Nachdem ich Versuche mit fünfzehn Blumen von drei Arten angestellt, finde ich, dass keine Anwendung einer leichten Ge- walt an irgend einem andern Theil der Blume, als den Hörnern, eine Wirkung hervorbringt. Wenn aber das rechtseitige Horn des C. saccatum oder eines der beiden Hörner der folgenden Art berührt wird, so wird das Pollinimm sogleich herausge- schleudert. Die äusserste Spitze und die ganze Länge der Hör- ner sind reitzbar. An einem Exemplare von C. tridentatum ge- nügte die Berührung mit einer Borste; an fünf Blumen von C. saccatum war die leichte Berührung mit einer feinen Nadel noth- wendig; in vier anderen aber nur ein geringer Stoss. In C. tridentatum brachte ein Luft- oder ein Kaltwasser - Strom aus einer feinen Röhre keine Wirkung; auch nie die Berührung mit einem Menschen-Haar, so dass die Hörner weniger empfindlich sind als das Rostellum der Listera. Eine solche äusserste Em- pfindlichkeit würde für die Pflanze in der That ohne Nutzen ge- wesen seyn, indem wir wenigstens Grund zur Annahme haben, dass die Blumen von grösseren Insekten besucht werden. Dass sich die Scheibe in Folge einer nur einfach mecha- nischen Bewegung der Hörner ablöse, ist ziemlich gewiss; denn die Hörner sitzen eine ansehnliche Strecke weit fest an den Seiten der Narben- Kammer und ruhen somit unbeweglich auf ihren Basen. Die mir übersandten Blumen waren manchmal gleich nach ihrer Ankunft nicht reitzbar, wurden es aber, nachdem die Ähren 1-2 Tage lang in Wasser gestanden hatten. Ich weiss nicht zu sagen, ob Diess geschah in Folge ihrer vollständigeren Reife oder der Wasser-Aufnahme. An zwei Blumen von C. cal- losum, welche erst ganz Empfindungs-los und dann eine Stunde lang in laues Wasser gestellt worden waren, wurden die Hörner höchst reitzbar, woraus hervorgeht, dass das Zellgewebe der- selben angeschwollen seyn müsse, um die Wirkungen der Be- rührung zu empfangen und weiter zu führen. Man könnte dar- 140 aus vermulhen, dass sich eine Schwingung längs derselben fort- pflanze, und wenn Diess der Fall, so muss die Schwingung von besondrer Art seyn; denn gewöhnliche Erschütterungen von mehrfach grössrer Stärke bewirken kein Zerreissen. Zwei in heisses Wasser gestellte Blumen, welches jedoch nicht heiss genug war, um meine Finger zu brennen, warfen freiwillig ihre Pollinien aus. Der Verlust einer Pflanze, an welcher ich andre Versuche zu machen beabsichtigt, hinderte mich auszumitteln, ob Tropfen oder Dämpfe von scharfen Flüssigkeiten eine Wirkung aussern. Nach den zuletzt berichteten Thatsachen möchte es zweifelhaft bleiben, ob es die Vibration von der leichten Berüh- rung z. B. mit einer Nadel-Spitze seyn könne, welche durch die ganze Länge der Hörner fortgepflanzt wird. In €. tridentatum fand ich dieselben I!/ıo Zoll lang, und die leise Berührung ihrer äussersten Spitze mit einer Borste pflanzte sich, so viel ich wahrnehmen konnte, augenblicklich durch ihre ganze Länge fort. Ich mass die Länge verschiedener Zellen in dem die Hörner zusammensetzenden Gewebe und fand nach einem ungefähren Überschlage, dass sich der Reitz durch nicht weniger als 70 bis 80 geschlossene Zellen fortzupflanzen hatte. Wir können endlich mit Sicherbeit schliessen, dass «ie Hörner, welche das Genus Catasetum auszeichnen, ganz besonders dazu gemacht seyen, die Eindrücke einer äusseren Berührung zu empfangen und bis zur Klebscheibe des Pollinium weiter zu leiten, die Zerreissung der Haut zu bewirken und die Ausschleu- derung des ganzen Polliniums durch dessen eigne Schnellkraft zu veranlassen. Bedürften wir noch eines ferneren Beweises, so hat ihn die Natur in dem sogen. Genus Monachanthus geliefert, welches, wie wir sehen werden, auf der weiblichen Pflanze von Catasetum tridentatum beruhet und, da es keine Pollinien fort- zuschleudern hat, auch keine Fühlhörner besitzt. Ich habe schon gesagt, dass in C. saccatum das rechtseitige Horn immer herabhängt, mit der Spitze etwas auswärts gekrümmt, und dass sie meist gänzlich gelähmt ist. Ich gründe meine Meinung auf fünf Versuche, wobei ich dieses Horn heftig stiess, bog und stach, ohne eine Wirkung hervorzubringen; obwohl, 141 wenn ich sogleich nachher das linksseitige Horn viel schwächer berührte, das Pollinium fortgeschleudert wurde. In einem sechsten Versuche veranlasste ein starker Schlag auf das rechte Horn die Ausschleuderung, so es doch nicht immer gänzlich gelähmt ist. Da dieses Fühlhorn die Lippchen nicht zu bewachen hat, welches in allen Orchideen der die Insekten anziehende Theil zu seyn scheint, so würde seine Empfindlichkeit nutzlos seyn. Die ansehnliche Grösse der Blume und mehr noch der Klebscheibe, ihre wunderbare Adhäsions-Kraft veranlassen uns zur Vermuthung, dass die Blüthen von Insekten besucht werden. Der Klebstoff hält nach der Erhärtung so fest und das Füsschen ist so stark (obwohl sehr dünn und am Gelenke nur N2o Zoll breit), dass es zu meinem Erstaunen einige Sekunden lang eine Last von 1262 Gran oder fast 3 Unzen —, und lange Zeit hin- durch ein nicht viel geringeres Gewicht trug. Wird das Polli- nium fortgeschleudert, so geht gewöhnlich auch die grosse lang- spitzige Anthere mit. Trifft die Klebscheibe einen glatten Körper, wie z. B. einen Tisch, so führt der vom Gewicht der Anthere gegebene Anstoss oft das Pollen-tragende Ende über die Scheibe hinaus und das Pollinum wird dann in einer falschen Lage be- festigt, unter der Voraussetzung nämlich, dass es zur Befruchtung einer andern Blüthe so am Körper eines Insektes angebracht ist. Der Flug ist auch oft schief*. Aber wir müssen nicht vergessen, Hr. BAILLON sagt im Bullet. Soc. botan. de France 1854, I, 285, Catasetum luridum schleudre seine Pollinien stets in gerader Linie und in solcher Richtung, dass es an den Boden der Konkavität des Labellum zu kleben komme, und nimmt an, dass es in dieser Lage auf eine nicht dent- lich erkannte Weise die Blüthe befruchte. In einem späteren Aufsatze in derselben Zeitschrift (S. 367) bestreitet MENIERE mit Recht BAILLONXN’S Annahme. Er bemerkt. dass das Antheren-Gehäuse leicht abgetrennt wer- den kann und mitunter Diess von selbst thut. In diesem Falle werden die Pollen-Massen durch die Elastizität des Füsschens abwärts geschnellt, während die Klebscheibe noch an der Decke der Narben-Kammer hängen bleibt. MENIERE spricht dann davon, dass durch die nachfolgende immer weitere Zurückziehung des Füsschens die Pollen-Massen in die Narben- Kammer geführt werden könnten. Diess wäre jedoch in den drei von mir untersuchten Arten unmöglich und nutzlos. Aber MENIERE geht dann selbst zur Besprechung der Wichtigkeit der Insekten für die Befruchtung der Orchideen -über und unterstellt offenbar, dass diese Thätigkeit bei 142 dass im natürlichen Zustande die Ausschleuderung in Folge der Berührung des Hornes durch ein auf dem Labellum stehendes grosses Insekt bewirkt wird, welches demnach Kopf und Thorax nahe bei der Anthere haben wird. Ein so gehaltener Gegen- stand wird immer genau in der Mitte getroffen: wird er dann mit dem ihm anhängenden Pollinium zurückgezogen, so drückt das Gewicht der Anthere das Pollinium-Gelenke nieder; in dieser Lage löst sich die Anthere leicht auf und gibt die Pollen-Ballen [rei in einer für den Befruchtungs-Akt geeigneten Lage. Der Zweck einer so kräftigen Ausschleuderung mag darin bestehen, das weiche klebrige Kissen der Klebscheibe gegen den haarigen Thorax einer grossen Hymenoptere oder den uneben-flächigen Thorax eines Blumen-fressenden Käfers zu treiben. Sitzt er einmal da fest, so wird das Insekt durch keine ihm zu Gebote stehende Kraft mehr im Stande seyn, Scheibe und Füsschen wieder los zu machen: aber die Stöckchen reissen leicht ab, und so können die Pollen-Ballen auf der klebrigen Narben-Fläche einer weiblichen Blume zurückbleiben. Catasetum callosum. Diese Art* ist kleiner, aber sonst der vorigen in den meisten Beziehungen ähnlich. Der Rand des Lippchens ist mit Warzen bedeckt; die Grube in seiner Mitte ist klein und hinter ihr ein Jänglich Ambos-förmiger Vor- sprung, welcher Verhältnisse ich hier nur wegen der Beziehung dieser Art zu dem nachher zu beschreibenden Myanthus barbatus gedenke. Das gelb-farbige Füsschen ist stark gebogen und durch ein Gelenk mit der äusserst klebrigen Scheibe verbunden. Wenn eines der beiden Fühlhörner berührt wird, so werden die Pollinien mit grosser Gewalt ausgeworfen. Die Hörner stehen Catasetum in Betracht komme, indem diese Pflanze sich nicht selbst be- fruchte. Sowohl BAILLON wie MENIERE beschreiben ganz richtig die ge- bogene Lage, in welcher sich das elastische Füsschen vor seinem Freiwer- den befindet. Aber keiner von beiden Botanikern scheint wahrzunehmen, dass die Catasetum-Arten (jene drei wenigstens, welche ich untersuchte) ausschliesslich männliche Pflanzen sind. * Eine schöne Blüthen-Ähre dieser Art ist mir von Hrn. RUCKER eefälligst übersandt. nachdem sie von Dr. LINDLEY für mich benannt wor- den war. 143 symmetrisch zu beiden Seiten des Ambos-förmigen Vorsprungs und senken ihre Spitzen in die Grube des Labellum. Die Wände dieser Grube haben einen angenehm »nahrhaften« Geschmack. Die Hörner sind auf ihrer ganzen Oberfläche rauh-warzig. Die Pflanze ist männlich. Catasetum tridentatlum. Das allgemeine Aussehen dieser Art ist von dem der zwei vorigen schr verschieden und in Fig. 27 dargestellt, nachdem ein Kelch-Blatt jederseits weg- geschnitten worden ist. Die Blume steht mit dem Lippchen zu oberst, das ist in einer zu der bei den meisten Orchideen umgekehrten Richtung. Das Lippchen stellt einen Helm dar, dessen abstehendster Theil durch drei kleine Punkte vertreten ist. Aus seiner Richtung gcht hervor, dass das: Lippchen keinen Nectar enthalten kann. Aber seine Wände sind dick und haben, wie in andren Arten auch, einen einladenden »nahrhaften« Geschmack. Die Narben- Kammer ist gross, obwohl als Narbe ohne Verrichtung. Der Scheitel der Säule und die langspitzige Anthere sind nicht in dem Grade wie bei C. saccatum verlängert. In den übrigen Fig. 27. Catasetum tridentatum. a Anthere. | 7 Labellum. an antenna. pd Füsschen. A Seiten-Ansicht einer Blume in ihrer natürlichen Haltung, nachdem die (eigentlich) untren Kelch-Blätter weggeschnitten sind. B Stirn-Ansicht der Säule in aufreehter Haltung. 144 Beziehungen ist kein erheblicher Unterschied. Die Fühlhörner sind von grössrer Länge und ihre Spitzen auf etwa Y,, ihrer Länge durch Warzen-förmig vorragende Zellen rauh. Das Füsschen des Pollinium ist, wie vorhin, an die Scheibe angelenkt; das vordre Ende der Scheibe ist aufgerichtet, so dass, wenn sie an einem Insekten-Kopfe sitzt, das Füsschen sich nicht rück-, sondern nur vor-wärts bewegen kann, eine Bewegung. welche bei der Befruchtung der weiblichen Pflanze offenbar in Betracht kommt. Die Scheibe ist, wie bei den andern Arten, gross und am Hinterende, welches bei der Ausschleuderung zu- erst auf einen Gegenstand trifft, Kklebriger als an den andern Theilen, deren Oberfläche mit einer milchigen Flüssigkeit getränkt ist, welehe an der Luft rasch eine braune Farbe und eine käsige Konsistenz annimmt. Die Oberseite der Klebscheibe besteht aus einer starken Membran aus vieleckigen Zellen, deren jede einen oder mehre Ballen eines braunen durchscheinenden Stoffes ent- hält. Diese Haut sitzt auf und hängt an einem dicken Kissen, das von rundlichen Ballen einer braunen Materie (welche mehr im Innern des Kissens sehr unregelmässig von Form erscheinen) zusammengesetzt ist. die von einander getrennt in eine durch- scheinende Struktur-lose sehr elastische Masse eingebettet liegen. Dieses Kissen geht am hintren Ende der Scheibe in die äusserst klebrige Materie über, welche in verdichtetem Zustande braun, durchscheinend und homogen ist. Die Klebscheibe bietet einen zusammengeselzteren Bau als bei den übrigen Vandeen dar. Ich habe nicht nöthig, ausser der Lage der Fühlhörner noch etwas mehr von dieser Art zu beschreiben. Die Hörner haben in allen sechs von mir untersuchten Blumen genau die- selbe Lage. Sie stehen nicht symmetrisch, sind aber beide empfindlich, ob in gleichem Grade, will ich nicht behaupten. Beide liegen zusammengerollt im Helm-förmigen Labellum. Das linksseitige steht etwas höher oben mit seinem einwärts gebo- genen Ende in der Mitte: das rechte liegt tiefer unten und kreulzt die ganze Basis des Lippchens, während seine Spitze knapp über den linken Rand der Säulen-Basis vorspringt. Nach der Stellung der Kelch- und Kronen-Blätter würde sich ein die o : 145 Blume besuchendes Insekt wohl gewiss auf dem Kamme des Labellum niederlassen; aber es könnte kaum irgend einen Theil der Labellum-Grube benagen, ohne eines der zwei Hörner zu berühren, indem das linke den obren und das rechte den untren Theil derselben überragt; und wenn diese berührt werden, wird das Pollinium unausbleiblich hervorgeschleudert und trifft deu Kopf oder den Thorax des Insekles. Man kann in dieser Art die Stellung der Hörner mit der eines Mannes vergleichen, welcher seinen linken Arm erhebt und so richtet, dass die Hand vor die Mitte der Brust kommt, und welcher den rechten Arm queer darunter hält, so dass die Finger gerade über seine linke Seite vorstehen. In Catasetum callosum stehen beide Arme tiefer unten und symmetrisch. In C. saccalum ist der linke Arm gebogen und vorgehalten, wie in C. tridentatum. aber tiefer uften, während der rechte Arm fast ganz gelähmt herabhängt, mit der Hand ein wenig auswärts ge- richtet. In allen diesen Fällen wird durch eine bewunderns- würdige Einrichtung ein Zeichen gegeben, wenn ein Insekt das Labellum besucht und somit endlich die rechte Zeit gekommen ist für die Hinausschleuderung des Pollinium und seine Über- führung auf die weibliche Pflanze. Catasetum tridentatum erregt die Aufmerksamkeit noch aus einem andren Gesichtspunkte. Die Botaniker waren erstaunt, als ihnen Rog. Scnomsurck * sagte, dass er drei Blumen-Arten, die man drei verschiedenen Genera zugeschrieben, nämlich Catasetum tridentatum, Monachanthus viridis und Myanthus bar- batus, alle an einer Pflanze gefunden habe. Lixprey bemerkte * Transact. of the Linn. Soc. XVII, 522. Ein andrer Bericht von LINDLEY erschien im Botanical-Register, Fol. 1951, über eine Myanthus- und eine Monachanthus-Art an einem nämlichen Schafte beisammensitzend, wobei er auf noch andre Fälle anspielt. Einige der Blüthen befinden sich in einem mitteln Zustande, was nicht überraschen kann, da wir ja auch bei Diöcisten zuweilen die männlichen und die weiblichen Charaktere wie- der theilweise vereinigt finden. Hr. RODGERS von Riverbill benachrichtigt mich, dass er einen Myanthus von Demerara eingeführt habe, der sich bei der zweiten Blüthe in ein Catasetum verwandelte. — Dr. CARPENTER spielt in seiner »Comparative Physiology. 4. edit. 633« auf einen ähnlichen zu Bristol vorgekommenen Fall an. DARWIN, Orchideen. 10 146 darauf*, dass Fälle dieser Art alle unsre Vorstellungen von der Stetigkeit der Sippen und Arten über den Haufen werfen. Scnomgursk versichert. dass er Hunderte von Pflanzen von Cata- setum tridentatum in Essequibo gesehen, ohne je eine mit Saamen zu finden **, dass er aber erstaunt war über die riesigen Saamen- Kapseln von Monachanthus, und bemerkt dann ganz richtig: hier haben wir Anzeigen von geschlechtlicher Verschiedenheit in Or- chideen-Blüthen. i Nach meinen eignen bisherigen Beobachtungen fühlte ich mich veranlasst, die weiblichen Organe von Catasetum tridentatum, C. callosum und €. saccalum sorgfältig zu untersuchen. In kei- nem Falle war die Narben-Fläche klebrig, wie in allen andern Orchideen (Cypripedium ausgenommen), und da Diess doch zur Festhaltung der Pollen-Massen beim Abreissen der Stöckchen nothwendig ist, so sah ich mich in jungen und alten Blumen von C. tridentatum genau desshalb um. Wenn man die Öber- fläche der Narben-Kammer und des Narben-Randes der oben genannten drei Arten an in Weingeist gelegenen Exemplaren aufkratzt, so findet man sie aus Schläuchen (wfriculi) mit Kernen von der eigenthümlichen Form, aber weitaus nicht in so grosser Anzahl wie in den gewöhnlichen Orchideen zusammengesetzt. Die Schläuche hängen aber fester zusammen und sind mehr durchscheinend:; denn ich habe der Vergleichung wegen viele in Weingeist aufbewahrt gewesene Orchideen - Arten untersucht und alle viel weniger durchscheinend gefunden. In C. triden- tatum ist das Ovarium kürzer, weil minder tief gefurcht, am Grunde schmäler und innen derber als in Monachanthus. In allen drei Catasetum-Arten dagegen sind die Eierträger kurz und die Eichen haben ein sehr verschiedenes Aussehen, sind dünner, durchscheinender und weniger breiig als in vielen andern der Vergleichung halber untersuchten Orchideen. Doch waren sie nicht in einem ganz so atrophischen Zustande, wie in Acro- T'he Vegetable Kingdom 1853, 178. * BRONGNIART sagt im Bullet. Soc. Botan. de France 1855, 11, 20, dass NEUMANN, ein erfahrener Orchideen-Befruchter, nie im Stande gewesen ist, Catasetum fruchtbar zu machen. 147 pera. Obwohl sie in Aussehen und Stellung genau mit ächten Eichen übereinstimmen, so hätte ich doch vielleicht kein strenges Recht sie so zu bezeichnen, da ich nie weder die Öffnung der Testa, noch den eingeschlossenen Nucleus in ihnen zu sehen vermochte, noch diese Eichen jemals umgekehrt fand. Aus diesen verschiedenen Thatsachen, nämlich dem kurzen glatten und schmalen Zustande des Ovarium, aus der Kürze der Saamenträger, aus dem Zustande der Eichen selbst, aus der nicht klebrigen Beschaffenheit der Narben-Fläche, aus der Leer- heit der Narben-Schläuche und aus R. Scnomgure#’s Beobachtung, welcher C. tridentatum in ihrer Heimath-Stätte nie Saamen an- setzen sah, dürfen wir getrost schliessen, dass €. tridentatum und so auch die zwei andern Catasetum-Arten männliche Pflan- zen sind. END B. Myanthus barbatus. A. Monachanthus viridis. a Anthere. p Pollinium-Rudiment. ?! Labellum. an Fühl-Hörner (antennae). | s Narben-Spalt. | .. | sep zwei untre Kelch-Blätter. ) Seiten-Ansicht beider Blüthen in natürlicher Haltung (die Schattirung beider Figuren ist nach den Zeichnungen von REISS in den Zinnaean Transactions gegeben worden). 10 * 148 Was nun Monachanthus viridis und Myanthus barbatus be- trifft, so habe ich mit Erlaubniss des Vorstandes der Linneischen Gesellschaft die von R. Scnomguren in Weingeist aulbewahrten und heimgesandten Ähren mit diesen beiderlei Blüthen unter- suchen können. Sie sind hier (Fig. 28) gezeichnet. Die von Monachanthus wächst gleich jener von Cataselum unterst-zu- oberst. Das Labellum ist namentlich an den Seiten viel weniger tief und am Rande gekerbt: Die andern Kelch- und Kronen- Blätter sind alle zurückgebogen und nicht so stark gefleckt als in Catasetum. Das Deckblatt am Fusse des Ovarium ist viel länger. Die ganze Säule und insbesondre der Staubladen und die Spiess-förmige Anthere sind viel kürzer: das Rostellum min- der vorragend. Die Fühl-Hörner fehlen gänzlich und die Pollen- Massen sind in verkümmertem Zustande. Diess sind erhebliche Thatsachen, wohl geeignet, die aufgestellte Ansicht von der Be- stimmung der Hörner zu bestärken: denn da es hier keine eigentlichen Pollinien auszuwerfen gibt, so ist auch kein Organ zur Fortleitung des Reitzes von dem Berührungs-Punkte zum Rostellum nöthig. Ich konnte keine Spur von Klebscheibe und Füsschen finden; sollten sie dennoch vorhanden seyn, so müssten sie sich in einem höchst verkümmerten Zustande befinden, in- dem kaum auch nur eine Stelle zur Einbettung der Scheibe vor- handen ist. Statt einer grossen Narben-Kammer ist nur ein enger Queer- spalt dicht unter der kleinen Anthere vorhanden. Ich bin im Stande gewesen, eine Pollen-Masse aus dem männlichen Cata- setum in diesen Spalt einzuschieben, welcher in Folge der Auf- bewahrung der Blüthe in Weingeist mit geronnenen Klebstofl- Theilchen so wie mit Schläuchen ausgekleidet war. Die Schläuche waren in Folge jener Aufbewahrung, ganz abweichend von denen bei Catasetum, mit brauner Materie beladen. Das Ovarium ist länger, an seinem Grunde dicker und deutlicher gefurcht als in Catasetum: auch die Eier-Stränge sind viel länger und die Ei- chen opaker als in den gemeinen Orchideen. Ich glaube die Öffnung an dem theilweise umgewendeten Ende der Testa mit einem grossen vorragenden Nucleus gesehen zu haben; da 149 jedoch das Exemplar lange Jahre in Weingeist gelegen war und dadurch etwas gelitten hatte, so wage ich mich nicht mit Be- stimmtheit darüber auszusprechen. Schon aus diesen Thatsachen allein wird es fast zur Gewissheit, dass Monachanthus eine weib- liche Pflanze ist, — und Scnomguren sah sie reichlichen Saamen bilden. Im Ganzen weicht diese Blüthe in einer so höchst merk- würdigen Weise von der des männlichen Catasetum tridentatum ab, dass es nicht zu wundern ist, dass man sie bisher in zwei ganzv erschiedene Genera gestellt hat. Die Pollen-Massen bieten eine so eigenthümliche und gute Erläuterung einer verkümmerten Bildung dar, dass sie wohl eine Beschreibung verdienen; doch muss ich die der vollkommenen Pollen-Massen von Catasetum vorausgehen lassen. Diese sind in Fig. 26 D, E (S. 134) zu sehen, wo sie auf dem Füsschen ansitzen. Sie bestehen aus einer grossen Schicht zusammen- klebender oder wachsiger Pollen-Körner, welche zur Sack - Form zusammengebogen ist mit einem offnen Spalt längs der Unter- seite (Fig. 26 E). In diesen Spalt tritt das Zellgewebe ein, wäh- rend der Pollen in seiner Entwickelung begriffen ist. In dem untren vorragenden Ende jeder Pollen-Masse ist eine Lage von sehr elastischem Gewebe befestigt, welche das Stöckchen bildet; das andre Ende sitzt am Füsschen des Rostellum fest. Die äussren Pollen-Körner sind mehr kantig, mehr diekwandig und mehr gelb als die inneren. In der frühesten Knospen-Anlage sind die zwei Pollen-Massen von zwei verbundenen Haut-Säcken umhüllt, welche sofort von den zwei verlängerten Enden der Pollen Massen und deren Stöckchen durchbohrt werden, und dann hängen sich die Enden der Stöckchen an die Füsschen an. Schon vor dem Aufbrechen der Blüthe öffnen sich auch die zwei die Pollen Massen einschliessenden Haut- Säcke und lassen die- selben nackt auf dem Rücken des Rostellum. In Monachanthus dagegen öffnen sich die zwei die rudimen- tären Pollen-Massen enthaltenden Haut-Säcke niemals ; sie trennen sich leicht von einander so wie von der Anthere. Das sie bil- dende Gewebe ist dick und breiig. Wie die meisten rudimen- tären Organe ändern sie sehr in Form und Grösse ab. Die 150 verschlossenen und daher nutzlosen Pollen- Massen sind nicht '. so gross als die in der männlichen Blüthe; sie sind Flaschen- förmig (Fig. 28 p auf S. 147); die Verlängerung ihres untren Endes ist schr gesteigert und durchsetzt beinahe den äussren oder häutigen Sack. Die Flasche ist geschlossen und ohne Spalt längs ihrer Unterseite. Die äussren Pollen-Körner sind viereckig und haben diekre Wände als die innern, ganz wie im Pollen der männlichen Blume, und sehr eigenthümlich ist jede Zelle mit einem Nucleus versehen. Nun hat Ros. Brown behauptet *, dass bei der ersten Entwickelung der Pollen-Körner gewöhnlicher Orchideen oft eine kleine Areola oder ein Nucleus sichtbar seye, so dass die rudimentären Pollen-Körner von Monachanthus offen- bar, wie Das im Thier-Reiche bei rudimentären Organen so oft der Fall, einen embryonischen Charakter bewahrt hätten. Endlich ist innen am Grunde der Pollen-Flasche noch eine kleine Masse braunen elastischen Gewebes, eine Spur des Stöckchens vor- handen, welches sich weit in den Hals der Flasche hineinzieht, ohne (so wenigstens in mehren der untersuchten Exemplare) die Oberfläche zu erreichen und sich an irgend einen Theil des Rostellum befestigen zu können. Diese verkümmerten Stöckchen sind demnach gänzlich nutzlos. Wir ersehen hieraus, dass jede Einzelnheit der Struktur, welche die Pollen-Massen der männlichen Pflanze charakterisirt, auch in den Pollinium-Rudimenten der weiblichen Pflanze mit theils nur geringer und theils bis zum Übermaass gesteigerter Abänderung vertreten ist. Jeder Beobachter ist mit derartigen Fällen vertraut, wird sie aber nie ohne ein erneuertes Interesse untersuchen können. In einer nicht sehr fernen Zeit werden die Naturforscher vielleicht mit Erstaunen und vielleicht nicht ohne Lächeln vernehmen, dass ein ernster und gelehrter Mann vordem behauptet habe, dass solche nutzlose Organe nicht die in Folge von Vererbung in den entsprechenden ersten Entwicke- lungs-Perioden noch erhaltenen Überreste vollkommnerer Gebilde, sondern dass sie von einer allmächtigen Hand besonders dazu * f'ransaclions of the Linn. Soc. XVI, 711. 151 erschaffen und an den zukömmlichen Steilen wie die Schüsseln auf einer Tafel aufgestellt sind (Diess ist die von einem ausge- zeichneten Naturforscher gebrauchte Vergleichung), »um das Schema der Natur zu ergänzen«. Wir kommen nun zu Myanthus barbatus (Fig. 28 B), der dritten Form, welche sich oft an der nämlichen Pflanze mit den zwei vorhergehenden findet. Die Blume weicht äusserlich, nicht aber in ihrem wesentlichen Baue, am weitesten von den andern zurück. Ihre Haltung ist gewöhnlich der bei Catasetum und Monachanthus entgegengesetzt, d. h. mit dem Labellum nach unten gekehrt. Dieses ist ausserordentlich fransig, mit langen Warzen, hat nur eine ganz unbedeutende mittle Vertiefung, an deren hintrem Rande ein eigenthümlich gekrümmtes und abge- flachtes Horn hervorsteht. Die andren Kronen- und Kelch-Blätter sind gefleckt und verlängert, und nur die zwei untern Kelch- Blätter allein zurückgeschlagen. Die Fühl-Hörner sind nicht so lang wie beim männlichen €. tridentatum und ragen symmetrisch zu beiden Seiten des Horn-förmigen Vorsprungs am Grunde des Labellum mit ihren rauh-warzigen Spitzen vor und grossentheils in die mittle Vertiefung hinein. Die Narben-Kammer ist von etwa mittler Grösse zwischen denen der männlichen und der weiblichen Form und ausgekleidet mit Schläuchen voll brauner Materie. Das gerade und stark gefurchte Ovarium ist fast doppelt so lang als in Monachanthus, aber an seiner Verbindungs-Stelle mit der Blume nicht so dick; die Eichen sind nicht so zahlreich als in der weiblichen Form, doch aus dem Weingeist entnommen opak und breiig und denselben in allen Beziehungen gleich. Ich glaube auch, ohne es behaupten zu wollen, wie bei Monachanthus den Nucleus aus der Testa vorragen gesehen zu haben. Die Pollinien sind etwa ein Viertel so gross wie die im männlichen Catasetum, aber mit vollkommen wohl entwickelten Klebscheib- chen und Füsschen versehen. Die Pollen-Massen waren in den von mir untersuchten Exemplaren verloren gegangen; aber glück- licher Weise hat Hr. Reıss in den Linnaean Transactions eine Zeichnung davon gegeben, woraus hervorgeht, dass sie von ver- hältnissmässiger Grösse sind und die eigenthümliche gefaltete 132 oder gespaltene Beschaffenheit besitzen, so dass an ihrer funk- tionellen Vollkommenheit nicht zu zweifeln ist. Da nun, wie sich hieraus ergibt, die männlichen sowohl als die weiblichen Organe gleich vollkommen entwickelt sind, so kann Myanthus als die Zwitter-Form der nämlichen Art betrachtet werden, wo- von Catasetum das Männchen und Monachanthus das Weibchen ist. Es ist sehr sonderbar, dass der zwitterliche Myanthus in seinem ganzen Bau mehr den männlichen Formen zweier ver- schiedenen Arten (C. saccatum und insbesondre C. callosum) gleiche, als der männlichen oder weiblichen Form seiner eig- nen Art. Endlich ist das Genus Catasetum noch in mehren andren Beziehungen von ungewöhnlichem Interesse. Die Trennung der Geschlechter ist bei andern Orchideen unbekannt mit Ausnahme wahrscheinlich des nahe verwandten und sogleich zu beschrei- benden Cyenoches und der schon früher (S. 125) besprochenen Acropera. In Catasetum kommen die dreierlei Geschlechts-Formen gewöhnlich an verschiedenen Pflanzen, doch zuweilen auch an einer durcheinander-gemengt vor; und diese drei Formen sind wunderbar von einander verschieden, in viel höherem Grade als z. B. Pfauhahn und Pfauhenne. Aber die Erscheinung dieser drei Formen auf einer und der nämlichen Pflanze hört nun auf eine Anomalie und ein Muster einer beispiellosen Veränderlich- keit zu seyn. Noch weit ansprechender ist dieses Genus hinsichtlich der mechanischen Einrichtung zu seiner Befruchtung. Wir sehen eine Blume in geduldiger Erwartung ihre Fühl-Hörner weit aus- strecken in wohl-berechneter Haltung, um sofort Nachricht geben zu können, wenn ein Insekt seinen Kopf in die Vertiefung des Lippchers steckt. Der weibliche Monachanthus, welcher keine Pollen-Massen auszuschleudern hat, besitzt auch keine solche Fühl-Hörner. In den weiblichen und zwitterlichen Formen, na- mentlich Catasetum tridentatum und Myanthus, liegen die Polli- nien wie eine Springfeder zusammengebogen, um so wie die Fühl-Hörner berührt werden augenblicklich ausgeschleudert zu werden. Dabei fliegt das Scheiben-Ende immer voran, um 153 mittelst seines klebrigen und rasch erhärtenden Überzuges die mit einem Gelenke versehenen Füsschen augenblicklich an den getroffenen Insekten-Körper zu befestigen. Die damit betrauten Insekten fliegen von Blume zu Blume, bis sie gelegentlich zu einer weiblichen oder einer Zwitter-Pflanze gelangen, wo sie eine der Pollen-Massen in die klebrige Narben - Höhle einer Blume einführen können. Wenn dann das Insekt wieder weiter fliegt, so reisst das hinreichend schwach gebildete Stöckchen ab und lässt die Pollen-Masse an der Narbe fest klebend zurück; dann wachsen die Pollen-Röhrchen langsam hervor, dringen in den Narben-Kanal ein, und die Befruchtung ist vollendet. Wer hätte je auch nur zu vermuthen gewagt, dass die Fortpflanzung einer Art von einer so zusammengesetzten, so offenbar künst- lichen und doch so natürlichen Anordnung abhängig gemacht seyn könne! Ich habe noch zwei andre Sippen aus der Unter - Familie der Catasetiden gesehen, Mormodes und Cyenoches, die letzte jedoch nur in einem sehr beschädigten Zustande. Mormodes ignea. Zum Beweis wie schwer es zuweilen ist, die Befruchtungs-Weise der Orchideen zu begreifen, musstd ich zwölf Blumen dieser Art sorgfältig untersuchen *, mehre Experimente anstellen und die Ergebnisse zusammenfassen, ehe ich mir eine Meinung über die Bedeutung und Thätigkeit der verschiedenen Theile zu bilden vermochte. Es war klar, dass die Pollinien wie in Catasetum ausgeschleudert würden, aber ich konnte nicht einmal eine Vermuthung darüber aufstellen, in wel- cher Weise jeder Theil der Blume dabei mitwirke. Ich hatte den Fall bereits Hoffnungs-los aufgegeben, als mir bei einer Zusammenfassung meiner Beobachtungen plötzlich die nachfolgende Erklärung in den Sinn kam und sich dann durch wiederholte Versuche als richtig bewährte. Die Blumen haben ein ganz aussergewöhnliches Aussehen * Ich muss Hrn. RUCKER von West-Hill, Wandswörth, meinen herz- lichen Dank dafür aussprechen, dass er mir eine Pflanze dieser Mormodes- Art mit zwei schönen Ähren und zahlreichen Blüthen zur Untersuchung und Beobachtung während längrer Zeit geliehen hat. 154 und noch sonderbarer ist ihr Mechanismus (Fig. 29). Die Basis der Säule ist zuerst unter rechtem Winkel zum Ovarium der Fussgestelle rückwärts gekrümmt, und nimmt dann eine mehr aufrechte Haltung gegen den Scheitel an. Sie ist ferner in einer so einzigen Weise gedreht, dass ihre Vorderseite mit der An- there, dem Rostellum und dem obren Theile der Narbe seitwärls und in den Blüthen an den entgegengesetzten Seiten der Ähre entweder rechts oder links gewendet sind. Die eingelfaltete Narben-Fläche erstreckt sich in gleichfalls eigenthümlicher Weise Fig. 29. abwärts bis zum Grunde der Säule und bildet an ihrem ob- ren Ende eine tiefe Höhle un- ter dem Vorsprunge des Ro- stellum (Fig. 29 pd), in wel- cher die grosse Klebscheibe des Polliniums liegt. Das Antheren-Gehäuse (Fig. 29 a) ist verlängert und drei- eckig, ganz dem von Cala-, selum ähnlich, und reicht nicht bis zum Scheitel- Ende der Säule. Dieses Ende besteht aus einem dünnen abgeflachten Faden, welcher in der Knospe gerade ist, aber noch vor deren Aufgehen durch den Druck des Labellum sehr gebogen wird. Ein Spiralgefäss- Bündel ver- Mormodes ignea. läuft auf der Säule bis an’'s ee De el Ende des Antheren - Gehäuses, 2 Labellum. | s Stigma. !s untres Kelch-Blatt. | biegt dann um und zieht sich Seiten-Ansicht der Blume, woran das eine Strecke weit unter das- obre Kelch- Blatt und das diesseitige obre E Kronen -Blatt abgeschnitten sind. (Das La- selbe. Die Umbiegungs-Stelle bellum ist in der Zeichnung etwas aufge- bildet ein kurzes Faden-förmi- richtet, um die Vertiefung in seiner Ober- fläche zu zeigen, welche dicht an dem ge ges Gelenke, durch welches bogenen Scheitel der Säule herabgedrückt werden muss.) das ausgeschnittene Ende des 155 Antheren-Gehäuses an die Säule angelenkt ist, dicht unter deren eingekrümmtein Scheitel. Das Gelenke, obwohl nicht von Nadel- kopf-Grösse, ist von der allerhöchsten Wichtigkeit, indem es empfindlich ist und den durch eine Berührung erregten Reitz auf die Pollinium-Scheibe überträgt; auch dient es als Lenker beim Ausschleuderungs-Akte. Da es den nöthigen Reitz auf die Klebscheibe überträgt, so könnte man vermuthen, dass der Theil des Zellgewebes des Schnäbelchens, der in unmittelbarer Berührung mit dem Staubfaden liegt, sich aufwärts bis zu die- sein Punkte erstreckte; inzwischen kann ich keinen Unterschied der Struktur zwischen diesen und den nämlichen Theilen bei Catasetum finden. Das das Schloss umgebende Zellgewebe ist von Flüssigkeit gequollen, und ein grosser Tropfen schwitzt aus, wenn die Anthere durch die Ausschleuderung des Pollinium ab- gerissen wird. Diese Überfüllung mit Flüssigkeit mag vielleicht die endliche Trennung des Gelenkes erleichtern. Das Pollinium ist von dem des Catasetum (8. 134, Fig. 26 D) nicht viel verschieden. Es ist um das Rostellum herumgebogen, welches weniger als bei dieser Sippe vorragt. Das obre breite Ende des Füsschens dagegen dehnt sich unter den Pollen-Massen aus, und diese sind durch ziemlich schwache Stöckchen an einen mitteln Kamm seiner Oberseite befestigt. Die klebende Fläche der grossen Klebscheibe liegt in Be- rührung mit der Decke der Narben-Kammer, so dass sie von Insekten nicht berührt werden kann. Das vordre Ende der Scheibe ist mit einem kleinen herabhängenden Vorhang (in Fig. 29 nur undeutlich sichtbar) versehen, und dieser ist von dem Aus- schleuderungs-Akte an jeder Seite in Zusammenhang mit den obren Rändern der Narben-Einsenkung. Das Füsschen ist mit dem hintren Ende der Scheibe vereinigt: wenn aber die Scheibe frei geworden, wird der untre Theil des Füsschens doppelt ge- krümmt, so dass es dann durch ein Gelenke mit dem Mittelpunkt der Scheibe verbunden zu seyn scheint. Das Labellum ist wahrhaft merkwürdig. Es ist an seinem Grunde zu einem fast zylindrischen Fuss- Gestelle verengt und an seinen Seiten so weit zurückgeschlagen, dass sich diese bei- rl 156 nahe am Rücken berühren. Es steigt senkrecht empor und bildet dann einen Bogen über und binter dem Scheitel der Saule, gegen welche es fest angepresst ist. Das Labellum ist an dieser Stelle selbst schon in der Knospe in Form einer flachen Vertiefung eingesenkt, welche den zum letzten Male gekrümmten Scheitel der Columna aufnimmt. Diese flache Vertiefung vertritt offenbar die grosse Höhle mit fleischigen Wänden im Labellum verschiedener Catasetum-Arten und andrer Vandeen, welche die Insekten an- zieht. Hier dagegen hält es, durch einen sonderbaren Wechsel der Funktion, nur das Labellum in seiner eigenen Lage an der Höhe der Säule fest. In der Fig. 29 ist das Labellum gewalt- sam emporgehoben dargestellt, um die Vertiefung und den ge- krümmten Staubfaden zu zeigen. In seiner natürlichen Lage kann es am ehesten mit einem hohen Generals-Hut * verglichen werden, welcher auf einem Fussgestelle getragen und auf den Kopf der Columna gesetzt wäre. Die Zusammenfaltung der Säule, welche ich in keiner andern Orchidee gesehen, veranlasst alle wichtigeren Befruchtungs-Organe in den Blumen an der rechten Seite der Ähre sich rechts, und in denen der linken Seite sich links zu kehren. Zwei von ent- gegengesetzten Seiten der Ähre entnommene Blumen parallel neben einander gehalten erscheinen daher nach enlgegengesetzten Richtungen gedreht. Eine einzelne von den andern gedrängt gewesene Blume war nur wenig gedreht, so dass ihre Säule nach dem Labellum sah. Aber auch das Labellum ist etwas ge- dreht; so z. B. ist in der abgebildeten links -schauenden Blume die Mitteirippe des Labellum zuerst rechts und dann wieder, in geringerem Grade, links gekehrt, so dass sie gegen die Hinter- seite des Scheitels der Säule drückt. Die Einbiegung aller Theile der Blume beginnt schon in der Knospe. Die Lage, welche die verschiedenen Organe hiedurch ge- winnen, ist von höchster Wichtigkeit; denn wären Säule und Labellum nicht seitwärts eingebogen, so müssten die ausge- * Cocked-hat, Hahnenkamm - Hut, lang und schmal, wie ihn die Englischen Offiziere und bei uns etwa die Generale u. s. w. tragen. D. Übs. 157 schleuderten Pollinien das übergewölbte Labellum treffen und von diesem zurückgeworfen werden, wie es in der That in jener einzelnen abnormen Blume mit fast gerader Säule der Fall ist. Wären nicht alle Organe in entgegengesetzten Richtungen nach den Seiten der dichten Ähre gekehrt worden, so dass sie sich immer auswärts wenden, so würde in der That kein freier Raum für die Ausschleuderung der Pollinien und ihre Anheftung an Insekten geblieben seyn. Ist die Blüthe reif, so hängen die drei Kelch-Blätter herab, während die zwei obren Kronen-Blätter noch fast aufrecht stehen. Die Basen der Kelch- und zumal der zwei Öbren Kronen-Blätter sind diek angeschwollen und von gelblicher Färbung; bei voll- ständiger Reife strotzen sie in dem Grade von Feuchtigkeit, dass, wenn man eine feine Glas-Röhre in sie einsticht, die Flüssigkeit durch Haarröhrchen-Anziehung etwas darin emporsteigt. Diese anugeschwollenen Basen haben so wie das Fussgestelle des La- bellum, einen entschieden angenehmen und einladenden Geschmack, und ich kann kaum daran zweifeln, dass sie Insekten anzielıen, obwohl kein freier Nectar abgesondert wird. Ich will nun zu zeigen versuchen, wie diese Blumen-Theile alle zusammengestellt sind und zusammen-wirken. Das Pollinium liegt wie in Catasetum um das Rostellum herumgebogen. Wenn es dort, sobald es frei wird, sich gewaltsam gerade streckt, so thut es bei Mormodes noch etwas mehr. In Fig. 30 (S. 16h ist der Durchschnitt der Blumenkospe .von einer anderen Mor- modes-Art dargestellt, welche nur in der Form der Anthere und in dem tiefen herabhängenden Vorhängehen der Klebscheibe von der obigen verschieden ist. Nähmen wir nun an, das Füsschen des Pollinium seye so elastisch, dass sich dasselbe nach dem Freiwerden nicht allein geradaus strecke, sondern sich auch noch weiter rückwärts einbiege bis zur Gestalt eines unregelmässigen Reifes, so käme die äussre Seite des Vorhangs, welche nicht klebrig ist, auf das Antheren-Gehäuse und die klebrige Seite der Scheibe an die äussre Seite des Reifes zu liegen. Genau das- selbe geschieht aber in unsrer gegenwärtigen Mormodes- Art. Das Pollinium springt mit solcher Stärke (die, wie es scheint, 158 durch die queere Einrollung der zwei Füsschen-Ränder nach aussen gesteigert ist) in eine entgegengesetzte Biegung zurück, dass es augenblicklich von der vorspringenden Seite des Rostel- lum emporschnellt. Da die zwei Pollen-Massen anfänglich fester an dem Antheren-Gehäuse hängen, so wird dieses letzte durch die Schnellung an seinem Fusse abgerissen; und da das dünne Gelenke am Scheitel des Antheren-Gehäuses nicht sogleich zer- reisst, so wird das Pollinium mit dem Antheren-Gehäuse augen- blicklich wie ein Pendel emporgeschwungen; aber während dieser Schwingung birst das Gelenke und der ganze Körper wird senk- recht empor in di® Luft geschleudert, einen oder zwei Zolle hoch über und dicht vor dem End-Theil des Labellum. Wenn das Pollinium, ohne auf ein Hinderniss zu treffen, wieder herab- fällt, so gelangt es gewöhnlich in die Falte am Kamme des La- bellum gerade über der Säule und klebt dort, obwohl nicht fest, an. Der Vorhang der Klebscheibe, welcher nach dem Pollinium selbst die Form eines Reifes angenommen hat, liegt nun am An- theren-Gehäuse und bewirkt es vornehmlich, dass der Klebstoff der Scheibe nicht an die Anthere anhänge und auf diese Art das Pollinium fortwährend in die Reif-Form banne. Denn Diess würde, wie wir sogleich sehen werden, eine nachherige zur Be- fruchtung der Blume nothwendige Bewegung des Pollinium un- möglich machen. In einigen meiner Versuche kam Diess in Folge einer Hemmung der freien Thätigkeit der Theile so vor, und das Pollinium blieb mit der Anthere in Form eines unregel- mässigen Reifes zusammen-geklebt. Ich habe vorhin gesagt, dass das kleine Gelenke, durch welches das Antheren-Gehäuse mit der Säule etwas unter ihrer gekrümmten Faden-förmigen Spitze verbunden ist, für Berührung empfindlich seye. Ich machte vier Versuche darüber. Während ich aber irgend einen andern Theil mit einiger Stärke berühren konnte, ohne einen Erfolg wahrzunehmen, so durfte ich diese Stelle nicht mit der feinsten Nadel-Spitze berühren, ohne augen- blicklich die Haut. welche die Scheibe mit den Rändern der sie umgebenden Vertiefung verbindet, platzen und das Pollinium em- 159 porfliegen zu machen, worauf es in schon beschriebener Weise wieder auf den Kamm des Labellum herabfiel. Denken wir uns nun den Fall, es lasse sich ein Insekt auf den Kamm des Labellum nieder (ein andrer passender Lande- platz ist nicht geboten) und neige sich vor der Säule über, um an den von süsser Flüssigkeit angeschwollenen Basen der Kro- nen-Blätter zu saugen oder zu nagen. Gewicht und Bewegung des Insekts werden alsdann das Lahellum mit dem darunter lie- genden gekrümmten Scheitel der Säule drücken und bewegen, und diese letzte wird, indem sie ihrerseits wieder auf das Ge- lenke (oder die Angel) drückt, die Ausschleuderung des Pollinium veranlassen, welches unvermeidlich den Kopf des Insektes treffen und daran ankleben muss. Ich machte den Versuch, meinen in einem Handschuh steckenden Finger auf den Scheitel des La- bellum, so dass er mit der Spitze knapp über dessen Rand vor- ragte, zu legen und dann leise zu bewegen: — und da war es in der That schön anzusehen, wie augenblicklich das Pollinium emporgeschleudert wurde, und wie genau die ganze klebende Fläche der Scheibe meinen Finger traf und fest daran hängen blieb. Demungeachtet zweifelte ich noch, ob Gewicht und Be- wegung eines Insektes genügen würden, diese Wirkung in indi- rekter Weise auf den empfindlichen Punkt hervorzubringen. Be- trachtet man aber die Zeichnung, so erkennt man auch, wie wahrscheinlich es ist, dass ein sich überneigendes Insekt seine Vorderfüsse über die Ränder des Labellum an die Höhe des An- theren-Gehäuses setze und somit den empfindlichen Punkt selbst berühre, in dessen Folge alsdann das Pollinium ausgeschleudert werden und die Klebscheibe auf den Kopf des Insektes treffen und anhängen muss. Ehe ich. weiter gehe, dürfte es wohl der Mühe werth seyn, einige der ersten von mir angestellten Versuche zu erwähnen. Ich stach an verschiedenen Stellen tief in die Säule und in die Narbe ein, schnitt die Kronen-Blätter und selbst das Labellum ab, ohne die Ausschleuderung der Pollinien zu veranlassen. Ein- mal jedoch, als ich in etwas rauherer Weise durch das dicke Fussgestelle des Labellum schnitt, trat dieselbe ein, zweifelsohne 160 in Folge einer Störung des Faden-förmigen Scheitels der Säule. Wenn ich das Antheren-Gehäuse an seinem Fusse oder an seiner Seite behutsam aufrichtete, so wurde das Pollinium ausgeschleu- dert, doch musste dann das empfindliche Gelenke nothwendig gebogen worden seyn. Wenn die Blumen schon lange aufge- gangen und fast zur freiwilligen Ausschleuderung reif sind, so ge- nügt schon ein leichter Stoss an irgend einen Theil der Blume diesen Vorgang zu veranlassen. Ein Druck auf das dünne Füss- chen und mithin auch auf das darunter am Basal-Rande des An- theren-Gehäuses vorragende Rostellum hat die Auswerfung des Pollinium zur Folge; was jedoch nicht überraschen kann, da der durch die Berührung des empfindlichen Gelenkes erregte Reitz gerade durch diesen Theil des Rostellum zur Klebscheibe weiter geleitet werden muss. In Catasetum verursacht ein schwacher Druck auf diesen Theil keine Ausschleuderung; aber in dieser Sippe liegt auch der vorstehende Theil des Rostellum nicht in der erwähnten Leitungs-Linie. Ein auf diesen Theil des Schnä- belchens gebrachter Tropfen von Chloroform, Weingeist oder kochendem Wasser brachte eben so wenig eine Wirkung hervor, als (gegen meine Erwartung) eine Versetzung der ganzen Blume in Cloroform-Dämpfe. Da ich gesehen, dass dieser Theil des Rostellum für Druck empfindlich und die Blume an den Seiten weit geöffnet ist, und voreingenommen durch das bei Cataselum Beobachtete, hielt ich mich anfangs überzeugt, dass Insekten in den unteren Theil der Blume eindrängen und das Rostellum berührten. Ich drückte daher das Rostellum mit Gegenständen von verschie- dener Form; aber die Klebscheibe hängte sich nie fest an die- selben an. Wenn ich eine dicke Nadel anwendete, so bildete das ausgeworfene Pollinium einen Reif darum, mit.seiner Kleb- seite nach aussen gewendet: gebrauchte ich einen breiten flachen Gegenstand, so sträubte sich die Pollen-Masse gegen denselben und rollte sich zuweilen in eine Spirale zusammen; aber die Scheibe klebte sieh gar nicht oder nur sehr unvollkommen daran fest. Nach dem zwölften Versuche war ich in Verzweiflung. Die sonderbare Lage des Labellum auf der Höhe der Columella 161 hätte mir zeigen müssen, dass hier der Ort zu Versuchen war. Ich hätte der Annahme spotten müssen, dass das Labeltum dort nicht am geeigneten Platze seye; aber als ich mich diesem fal- schen Führer überliess , vermochte ich lange nicht den Bau der Blume zu begreifen. Wir haben gesehen, dass, wenn das Pollinium frei empor- geschleudert wird, es mit der ganzen Klebscheibe an irgend einen über den Rand des Labellum gerade über der Säule vorragenden Gegenstand anklebt. So befestigt bildet es einen unregelmässigen Reif, der mit dem abgerissenen Antheren - Gehäuse die Pollen- Masse noch bedeckt und in unmittelbarer Berührung mit der Scheibe liegt, aber durch das Vorhängehen am Anhängen an die- selbe gehindert wird. In dieser Lage musste es das vorstehende und gebogene Füsschen den Pollen-Massen ganz unmöglich machen auf das Stigma einer Narbe zu gelangen, selbst wenn das An- theren-Gehäuse abgefallen wäre. Nehmen wir nun an, das Polli- nium sitze am Kopfe eines Insekts, und sehen zu was dann ge- schieht. Das Füsschen ist im Augenblick seiner Trennung und Ausschleuderung ganz feucht an seiner Unterseite; im Verhält- nisse als diese Seite trocknet, streckt sich das Füsschen langsam gerade, und wenn Diess geschehen, löst sich das Antheren-Ge- häuse leicht ab. Die Pollen-Massen sind jetzt nackt und nur durch die leicht zerreissenden Stöckchen an das Ende des Füss- chens befestigt, in der richtigen Entfernung und an derjenigen Seite, welche beim Übergang des Insekts auf eine andre Blume Natur-gemäss in Berührung mit der klebenden Narbe kommen muss, so dass jede Einzelnheit des Baues nun zur Vollbringung der Befruchtung vollkommen wohl angebracht ist. Wenn sich das Antheren-Gehäuse ablöst, hat es seine drei- [ache Aufgabe erfüllt: sein Gelenke hat als Empfindungs-Organ gedient: seine schwache Befestigung an die Säule hat die an- fangs senkrechte Emporschleuderung des Pollinium geleitet, und sein untrer Rand hat gemeinsam mit dem Vorhängehen der Scheibe die Pollen- Massen gegen ein bleibendes Anhängen an die Klebscheibe geschützt. DARWIN, Orchideen. 11 162 Nach meinen an fünfzehn Blüthen angestellten Versuchen er- heischt die Geradstreckung des Füsschens 12—15 Minuten. Die erste die Ausschleuderung bewirkende Bewegung wird durch Elastizität bewirkt: die zweite langsamere und der ersten ent- gegen-wirkende rührt vom Vertrocknen der äusseren wölbigen Oberfläche her; — aber diese Bewegung unterscheidet sich von der in den Pollinien so vieler Vandeen und Ophryeen beobach- teten; denn wenn man das Pollinium dieser Mormodes ins Wasser setzt, nimmt es die Reif-Form, welche ihm seine Elastizität ge- geben hatte, nicht wieder. an. Mormodes ignea ist ein Hermaphrodit. Die Pollinien sind wohl entwickelt. Die sonderbär verlängerte Narben - Fläche ist äusserst klebrig und mit zahllosen Zellenschläuchen (wutrieuk) versehen, deren Inhalt durch Eintauchen in Weingeist binnen weniger als einer Stunde Zeit sich zusammenzieht und gerinnt. Ein eintägiges Liegen in Weingeist greift die Schläuche so an, dass sie verschwinden, was ich in keiner andern Orchidee beob- achtet habe. Bleiben die Eichen 1—?2 Tage in Weingeist, so bieten sie das gewöhnliche halb-opake breiige Aussehen dar, wie in allen zwitterlichen und weiblichen Orchideen. Die ungewöhn- liche Länge der Narben-Fläche liess mich erwarten, dass, wenn die Pollinien nicht in Folge des Reitzes einer Berührung ausge- worfen worden, das Antheren-Gehäuse sich von selbst ablösen und die Pollen-Massen sich abwärts schwingen und ihre eigene Blüthe befruchten würden. Ich liess daher vier Blumen unbe- rührt, und nachdem sie sich seit 8S—10 Tagen geöffnet hatten, überwog die Elastizität des Füsschens die Stärke der Befestigung und die Pollinien wurden freiwillig ausgeworfen, gingen aber ge- wöhnlich verloren. Obwohl Mormodes ignea der Form nach Hermaphrodit ist, so muss es sich doch dem Wesen nach wie ein Diöcist gleich Catasetum verhalten, so dass nämlich zwei Individuen zur Be- [fruchtung zusammenwirken müssen: denn wenn 12—15 Minuten nach der Ausschleuderung erforderlich sind, damit das Füsschen sich strecken und das Antheren-Gehäuse sich ablösen kann, so kann man wohl als gewiss ansehen, dass ein das Pollinium an 163 seinem Kopf tragendes Insekt in dieser Frist die Pflanze ver- lassen und zu einer andren fliegen werde. Eine zweite Mormodes-Art * ohne Namen, die mir Hr. Veıtcu gesendet, ist in ihrer allgemeinen Tracht so wie in der Struktur sehr verschieden von der vorigen. Die gelben Kelch- und Kro- nen-Blätter sind zurückgebogen, das dicke Labellum ist von eigenthümlicher Form, oben konvex, wie eine umgekehrte flache Tasse. Die dünne Säule ist von ausserordentlicher Länge und über das Lippchen gebogen. Das Aussehen der Blüthe ist wie das von Cyenoches, aber die Säule ist in der Zeichnung zu sehr verkürzt. Die Exemplare sind unglücklicher Weise in zerfallenem Zu- stande angekommen; doch zeigt der hier gegebene Längsschnitt (Fig. 30) einer grossen Knospe den wesentlichen Bau. Wir sehen das elastische Füsschen wie bei der letzten Art gebogen, aber seiner noch wenig vorgeschrittenen Entwickelung entspre- chend noch mit dem Rostellum vereinigt und die künftige Tren- nungslinie durch eine Lage hyalinen Gewebes angedeutet, welche nur nach dem obren Ende der Scheibe hin undeutlich wird. Die Scheibe ist von riesiger Grösse und ihr untres Ende in einen grossen fransigen Vorhang verlängert, welcher vor der Narben- * Ich habe nun vollkommene Blüthen von dieser Orchidee untersucht. Es ist die Cyenoches ventricosum. Ich war hinsichtlich meiner Vermuthun- gen über die Wirkung der Theile einigermassen im Irrthum. Der empfind- liche Punkt liegt in irgend einem Theil des Fadens der Anthere zwischen den kleinen Blatt-ähnlichen Anhängseln am Gipfel des Säulchens. Die Be- wegung des Pollinium ist beinahe dieselbe wie bei Mormodes ignea, und die Anthere wird abgerissen. Allein das Auswurfs-Vermögen oder die aus- stossende Kraft ist schwächer, und die klebrige Oberfläche der Scheibe nach der Bewegung springt unter rechten Winkeln gegen die Anthere vor. Es kann kein Zweifel obwalten, dass Insekten sich entweder auf der An- there oder dem Ende des Säulchens, welches nach unten hängt. niederlassen oder diese berühren, und dann wird die Scheibe weggeschleudert und hängt sich wahrscheinlich an ihre Köpfe an; aber das ganze Pollinium wird nicht auf einige Entfernung hin fortgeschlendert wie in Catasetum. Ungefähr bin- nen einer Viertelstunde streckt sich der Stiel des Polliniums langsam, wie in dem Falle von Mormodes ignea. — Nachtrag vom Juli 1862. D. 1157 Kammer herabhängt. Die Scheibe klebt sich im reifen Zustande erstaunlich fest an einen andern Körper an. Die Ränder der Narben - Kammer stehen an beiden Seiten etwas vor, und diese Vorsprünge hängen wie die Fühlhörner von Catasetum ununter- brochen mit dem Rostellum zusammen. Die Anthere ist der Form nach weit von derjenigen der letzten Art sowohl als der bei Catasetum verschieden, und dürfte die Pollen - Massen wohl offenbar mit grössrer Gewalt zurückhalten. Nach den von Hrn. Veircn mir gewordenen Mittheilungen scheint es, dass, wenn das Ende der Säule berührt wird, irgend eine Bewegung Platz greife; und aus der Analogie mit Catasetum Fig. 30. wird es wahrscheinlich, dass die fill A f | | Il Vorragungen auf dem Rande der Narben-Kammer empfindlich sind. Is Diese Vorsprünge könnte man vorläufig als entstehende Fühl- hörner betrachten. Aus dem ge- gebenen Durchschnitte geht her- vor, dass die Scheibe so lange als sie in der Decke der Narben- Kammer liegt, an keinen Gegen- stand ankleben kann: aber Hr. Veitcn sagt mir, dass sie sich, als er das Ende der Befruchtungs- Säule berührte, an seine Finger Längsschnitt einer Blumen-Knospe einer Mormodes-Art. a Anthere. p Pollen-Masse. a . N d Klebscheibe. | pd Füsschen noch un- hängte. Diese Ihatsachen ge f Staubfaden. vollkommen vom nügen vielleicht um zu zeigen, q Narben-Kanal zum Rostellum getrennt. : N Ovarium, s Narben-Kammer. was ın der Natur vorgeht. Ein grosses Insekt besucht das dicke fleischige Labellum, welches von der Säule überbogen ist, und berührt mit seinem Rücken den empfindlichen vorragenden Rand der Narben-Kammer,, wodurch die Scheibe erregt wird, allein herausfliegt, und sich an den Rücken des Insektes festsetzt. Dieses fliegt nun davon, zieht die Pollen-Massen unter der Anthere hervor E 165 und trägt sie auf eine andre Blume. Dort die gleiche Stellung einnehmend schiebt es dieselben in die Narben-Kammer und die Blüthe ist befruchtet. Als ich die Blume dieser zweiten Mormodes- und der Cyec- noches Art erhielt, untersuchte ich ihre Narben und Ovarien nicht; indem ich zu jener Zeit noch nichts über die Geschlechts-Formen von Catasetum wusste. Mormodes ignea ist ein Hermaphrodit; wäre auch die zweite Art ein solcher, so könnte sie wegen der Grösse des Vorhängchens der Scheibe doch nicht eher befruchtet werden, bis ihr eigenes Pollinium entfernt ist. Was Cyenoches betrifft, so ist aus einer Abhandlung von Linprey* bekannt, dass C. ventricosum an einem Schafte Blüthen mit einfachem und solche mit sehr zertheiltem Labellum nebst Zwischenformen zwischen beiden hervorbringt. Nach den analogen Verschiedenheiten des Labellum in den verschieden-geschlechtlichen Blüthen von Cata- setum möchte man schliessen, dass die Blüthen-Forinen an jener Cyenoches-Art männliche, weibliche und zwitterliche seyen. Aus Linpreys vierter und sechster Tribus. den Ophrycen und Neottieen ist eine gute Anzahl Britischer Formen beschrieben worden. Von der fünften oder den Arethuseen habe ich keine Art lebend zu Gesicht bekommen. Aber nach den Berichten über drei nur weitläufig mit einander verwandte Formen dieser Tribus ist eine mechanische Mitwirkung zu ihrer Befruchtung nothwendig. Irmiscn macht diese Bemerkung in Bezug auf Epi- pogium aphyllum**. Hr. Roveers von Sevenoaks benach- richtigt mich, dass in seinem Warmhause Limodorum- Arten ohne Mithilfe keine Frucht ansetzen; wie Diess auch von der Vanille (Vanilla aromatica Sw.) wohl bekannt ist. Sie wird ihrer aromatischen Frucht-Kapseln wegen auf Tahiti, Bourbon und in Östlindien kultivirt ***, setzt aber ohne künstliche Nachhilfe nicht * Vegetable Ringdom 1853, 177. — LINDLEY hat auch in dem Bo- tanical Register, fol. 1951, noch einen solchen Fall von Erzeugung zweier Formen an einem Schafte bei einer andern Cyenoches-Art bekannt ge- macht. ’** Beiträge zur Biologie der Orchideen, 1853, S. 55. *®* Von Vanilla planifolia erzieht man im botanischen Garten zu Lüt- 166 an *. Diese Thatsache zeigt, dass irgend ein Insekt in der Amerikanischen Heimath der Pflanzen insbesondre mit ihrer Be- [ruchtung betraut ist und dass die Insekten in den andren ge- nannten Tropen-Gegenden, wo man die Vanille künstlich anbaut, entweder deren Blüthen trotz der Fülle ihres Nectars nicht besuchen oder es doch nicht in geeigneter Weise thun. Wir sind nun bei Lixprey's siebenter und letzter Tribus an- gelangt, welche nur das einzige Genus Cypripedium enthält, das von allen Orchideen mehr, als irgend welche andre unter sich abweicht. Eine ungeheure Menge von Zwischenformen muss erloschen seyn, um dieses gleichwohl weitverbreitete Genus in so scharf abgesonderter Stellung als Zeugen eines früheren ein- facheren Zustandes der grossen Orchideen-Ordnung zurücklassen zu können. Cypripedium besitzt ein Schnäbelchen und seine drei Narben sind vollständig entwickelt, obwohl zusammenfliessend. Diejenige Anthere, welche in allen andren Orchideen vorkommt, ist hier zu einem eigenthümlichen schildförmig vorstehenden Körper verkümmert, der an seinem untren Rande tief ausge- schnitten oder ausgehöhlt ist. Dagegen sind zwei fruchtbare An- Iheren vorhanden, die zu einem inneren Wirtel gehören und bei den gewöhnlichen Orchideen nur durch verschiedenartige Stümmel angedeutet sind. Die Pollen-Körner sind nicht wie in allen andern Genera (ausser der verkommenen Cephalanthera) aus 3—4 ver- einigten Körnchen zusammengesetzt, und nicht zu Wachs-artigen Massen vereinigt, noch durch elastische Fäden verkettet, noch mit einem Stöckchen versehen. Das Lippchen ist so gross und, wie in allen andern Orchideen, ein zusammengesetztes Organ. Die nachfolgenden Bemerkungen beziehen sich nur auf die 4 Arten, welche ich gesehen habe, nämlich C. barbatum, ©. pur- tich durch eine eigene Behandlungs- Weise Früchte. die sich wie die gute Vanille des Handels verhalten D. Übers. * In Bezug auf Bourbon siehe „Bullet. de la Soc. botan. de France“, 1854. I, 290. Wegen Tahiti vgl. „H. A. TILLEY Japan, the Amour ete,“ 1861, p. 375. — In Betreff Ostindiens berichtet MORREN in Annals a. Mag. of Natural Hist. 1839, 111, 6. 167 puratum, C. insigne und C. venustum. Die Befruchtungs-Art ist bier weit verschieden von der in allen anderen bereits beschrie- benen Fällen. Das Lippchen ist um die kurze Genitalien- Säule herumgeschlagen, so dass sich seine Ränder längs der Rücken- seite beinahe berühren und sein breites Ende in so eigenthüm- licher Weise auf- und rück-wärts gebogen ist, dass es eine Art Schuh bildet, der das Ende der Blume verschliesst. Daher der Englische Name »Ladies-slipper« oder Frauenschuh *. In der Haltung, wie die Blume wächst und wie sie hier dargestellt wor- den, erscheint die Rückenseite mit fast vereinigten Rändern des Lippchens zu oberst. Die Narben-Fläche ist wenig vorspringend und nicht klebrig: sie ist der Grund-Fläche des Labellum zuge- wandt. Der Rand der oberen und Rücken-Seite der Narbe lässt sich zwischen den Rändern des Lippchens und durch den Aus- schnitt der verkümmerten Schild-förmigen Anthere (Fig. 31, a‘) Cypripedium. a Anthere. 2 Lippchen. @' Schild-förmige verkümmerte Anthere. s Narbe. A Blüthe von oben gesehen, die Rücken-Seite darbietend; die Kelch- und Kronen-Blätter mit Ausnahme des Lippcehens theilweise weggeschnitten. Das Labellum ist etwas niederzebogen, um die Rückenfläche der Narbe nach aussen zu kehren, wodurch die Ränder des Labellum etwas aus einander gegangen sind und die Zehe niedergedrückt worden ist. B Seiten-Ansicht der Geschleehts-Säule, frei-gemacht von allen Keleh- und Kronen-Blättern. * Und die lateinische Bezeichnung Cypripedium calceola. D. Übers. 168 kaum noch erkennen. In der Zeichnung (Fig. 31, As) ist dieser Rand jedoch vor die Ränder des Lippehens durch ihre Nieder- drückung herausgetreten und hat sich die Spitze des Schuhes etwas niedergebogen , so dass die Blume hier weiter als in der Natur geöffnet erscheint. Man kann die Ränder der Pollen-Massen der zwei seitlichen Antheren (Fig. 31 a) nahe darunter im La- bellum liegen und etwas über die Säule vorstehen sehen. Die Pollen- Körner liegen zusammengehalten in einer so klebrigen Flüssigkeit, dass sie sich in Fäden ausziehen lasst. Da diese zwei Antheren hinter und über der konvexen Unterseite (Fig. 31 B) der Narbe stehen, so kann der klebrige Pollen unmöglich ohne mechanische Mithilfe an diese ihre fruchtbare Seite gelangen. Ein Insekt kann zwar durch den offenen Theil des Schuhs leicht bis ans Ende des Lippchens gelangen; aber nach aller Analogie muss der Basal- Theil vor der Narbe der am meisten anziehende Theil seyn. Da nun die Blume am Ende geschlossen ist, und da die Rücken - Fläche der Narbe im Verein mit dem grossen Schild der verkümmerten Anthere den Basal- Theil des mittlen Spaltes fast ganz verschliesst, so bleibt nur noch ein Paar passender Eingänge für ein Insekt, um mit seinem Rüssel gerade über und dicht ausserhalb den zwei seitlichen Antheren. Wenn ein Insekt diesen Weg einschlägt, und es bleibt ihm kaum ein an- derer übrig, so muss sein Rüssel nothwendig mit klebrigem Pollen beschmiert werden, wie ich eine dort eingeführte Borste be- schmiert werden sah. Wenn dann die so beschmierte Borste noch weiter in die Blüthe hineingeschoben wurde, und zumal wenn Diess durch den kleinen Ausschnitt ausserhalb der Anthere geschah, so blieb gewöhnlich etwas von dem klebrigen Pollen an der schwach gewölbten Narben-Fläche hängen. Aber der das untre Ende des Labellum zu erreichen, nämlich Rüssel eines Insektes würde diess Letzte seiner Biegsamkeit und Bewegungskraft halber besser als eine Borste auszuführen ver- mögen. So würde mithin das Insekt den Pollen einer Blume entweder auf deren eigne Narbe bringen oder ihn zu einer andern tragen. Welches von diesen beiden Vorgängen der ge- wöhnlichere seye, wird davon abhängen, ob die Insekten ihren 169 Rüssel zuerst gerade über der Anthere oder ausserhalb durch den kleinen Ausschnitt einführen. Wir ersehen hieraus, wie wichtig oder vielmehr wie noth- wendig für die Befruchtung der Pflanze die sonderbare Pantoffel- Form des Lippchens ist, indem sie die Insekten anleitet, ihren Rüssel durch die Seitenöffnungen dicht an den Antheren einzu- führen. Ebenso und in gleicher Weise ist dazu der Schild der oberen verkümmerten Anthere nothwendig. Die Sparsamkeit der Natur in Anwendung ihrer Hülfsquellen ist auffallend. In allen Orchideen ausser in Cypripedium sehen wir die Narbe mehr und weniger vertieft und klebrig, um den trockenen Pollen festhalten zu können, welcher ihr mit- telst des von einer modifizirten Narbe oder dem Rostellum ab- gesonderten Klebstoffs zugelührt wird. In Cypripedium allein ist der Pollen klebrig und übernimmt daher selbst die Verrichtung sich festzuhängen, welche in andern Orchideen der ächten und der modifizirten Narbe gemeinsam zukommt. Andrerseits ver- liert die Narbe selbst bei Cypripedium ihre Klebrigkeit gänzlich und wird zugleich etwas gewölbt *, um den an einem Insekten- Rüssel sitzenden klebrigen Pollen um so wirksamer abreiben zu zu können. Damit ist der Befruchtungs -Akt ohne Anwendung irgend eines Überflusses von Mitteln vollständig. Nectar - Absonderung. Viele ausländische Orchideen sondern eine Menge von Nectar in unseren Warmhäusern ab. Ich habe Horn- formige Nectarien von Aerides voll Flüssigkeit gefunden, und Hr. Ronsers von = Professor ASA GRAY hat nach dem Lesen dieser Bogen einige Ame- rikanische Cypripedium-Arten sorgfältig untersucht und einige erhebliche Verschiedenheiten in der Struktur und mehre schöne Anpassungen gefunden. Er schliesst daraus, dass in einigen Fällen kleine Insekten in das Labellum hineinschlüpfen und ist vollkommen mit mir einverstanden, dass diese In- sekten für die Befruchtung aller Arten nothwendig sind. Den Zustand der Narbe betreffend führt er als Bestätigung an, dass in C. acaule, wo der Pollen viel körniger als bei den übrigen Arten ist, auch das Stigma eine etwas vertiefte Oberfläche und klebrige Beschaffenheit besitzt. (Zusatz vom Juni 1862.) D. 170 Sevenoaks benachrichtigt mich, dass er Zucker-Krystalle von an- sehnlicher Grösse aus dem Nectarium von A. cornutum entnom- men habe. In fast allen Blumen von Angraecum distichum, die mir von Kew zugesendet worden, hatten Insekten Löcher in die Nectarien gebissen, um leichter zu dem Honigsafte gelangen zu können. Wenn Insekten diesen schlimmen Brauch unabänderlich bei Pflanzen aus Afrikanischer Heimath befolgten, so müssten diese zweifelsohne bald erlöschen, da sie niemals Saamen an- setzen könnten. Die Nectar-absondernden Organe bieten bei den verschiedenen Genera eine grosse Verschiedenheit in Struktur und Lage dar, bilden jedoch offenbar immer einen Theil von der Basis des Lippchens (das daher auch die »Honiglippe« genannt zu werden pflegt). In Dendrobium chrysanthum besteht das Nectarium aus einer flachen Schale; in Evelyna aus zwei grossen vereinigten Zellen-Ballen; in Bolbophyllum cupreum aus einer Mittelrinne. In Cattleya durchdringt es das Ovarium und in Angraecum ses- quipedale erreicht es die erstaunliche Länge von 11 Zoll. Doch ich will nicht alle einzelnen Fälle durchgehen. Nur der von MeEnıerE beschriebene * Nectar-Apparat ist so merkwürdig, dass ich ihn nicht ganz mit Stillschweigen übergehen kann. Zwei kleine Hörner nächst der Band-artigen Verbindung des Lipp- chens mit der Basis der Genital - Säule sondern so vielen flüs- sigen Nectar von schwachem aber angenehmem Geschmack ab, dass er langsam abtroplt. Menıere schätzt die ganze von einer Blüthe abgesonderte Menge auf ungefähr eine Englische Unze. Die grösste Merkwürdigkeit ist jedoch, dass das tief ausgehöhlte Ende des Labellum ‚genau zwischen den zwei Hörnern eine Strecke weit darunter herabhängt und die herabfallenden Tropfen aulfängt. Obwohl die Absonderung des Nectars für die Orchideen von höchster Wichtigkeit ist, indem sie die zu ihrer Befruchtung un- entbehrlichen Insekten anlockt, so scheint dieselbe doch, in eini- gen Fällen wenigstens, zugleich als Exkretion zu wirken. Man möchte Diess schon beim Anblick der ausserordentlichen von * Bullet. Soc. botan. de France 1855, II, 551. 171 Coryanthes abgesonderten Menge vermuthen. Aber auch die Bracteen einiger Orchideen hat man Nectar abscheiden schen *, und da diese ganz ausserhalb der Blume liegen, so können sie nicht bestimmt seyn, die Insekten zum Nutzen dieser letzten an- zuziehen. Hr. Ropsers benachrichtigt mich, dass er viel Nectar am Grunde des Ovariums der Vanille-Blüthe hervortreten sah. Es ist im Einklang mit der Vorstellung von den Folgen einer natürlichen Züchtung, dass alle überflüssig oder schädlich aus dem Organismus ausgesonderten Stoffe wieder zu Zwecken von höchster Wichtigkeit verwendet werden. So ist es, um einen grellen Gegensatz zu Blumen und Honig zu wählen, mit manchen Käfer-Larven (Cassida u. a.) der Fall, welche ihre eigenen Ex- kremente verwenden, um daraus eine Schirm- förmige Hülle für ihren zarten Körper zu bilden. In Cypripedium scheint das Pantoffel-förmige Labellum wohl geeignet, Honig aufzunehmen und zu sammeln, aber ich habe weder selbst eine solche Ansammlung in einer der vier oben-genannten Arten gefunden, noch findet sie nach Kurr jemals in C. calceolus statt *". Doch ist das Labellum bei jenen 4 Arten dicht mit Haaren besetzt, an deren Spitzen ich fast immer kleine Tropfen einer schwach klebrigen Flüssigkeit hängen sah, die, wenn sie ange- nehm von Geschmack, gewiss geeignet seyn müssen, Insekten anzuziehen. Beim Eintrocknen bildet sie eine bröckelige Kruste, aber von Krystallisation habe ich nie eine Spur darin gefunden. Es wäre hier noch daran zu erinnern, dass schon im ersten Abschnitte der Nachweis geliefert worden ist, dass Nectar nie- mals in den Sporn-förmigen Nectarien gewisser Orchis - Arten, wohl aber in reichlicher Menge zwischen den beiden Häuten der- selben gefunden wird (S. 32). In all den so beschaffenen * So berichtet J. @. KURR über die Bedeutung der Nectarien, 1883, S. 28, auf die Gewähr von TREVIRANUS und KURT SPRENGEL. Der Kelch einiger Iris-Arten sondert ebenfalls Nectar ab (a. a. ©. S. 25). Ich habe dessen viel von den Stipulae der Vicia sativa und V. faba absondern sehen, welcher von Bienen fleissig gesammelt wird. Die sehr kleinen Nectar- Tropfen aus den Drüsen an der Unterseite der Blätter des gemeinen Lor- beer-Baums werden von verschiedenen Insekten aufgesogen. ** Bedeutung der Nectarien, 1833, S. 29. 172 Arten erhärtet die Flüssigkeit auf der Klebscheibe binnen 1—2 Minuten, und es würde daher der Pflanze nützlich seyn, wenn ein Insekt genöthigt wäre diese Häute an verschiedenen Stellen zu durchstechen und dabei so lange Zeit zu verweilen, als der Klebstoff zum Eintrocknen nöthig hat. Andrerseits erhärtet bei allen Ophryeen, welche in ihren Nectarien den Honigsaft im Vor- rath sammeln, der Klebstoff nur langsam, und ein längerer Aul- enthalt der Insekten würde keinen Vortheil bringen. Was die bei uns kultivirten ausländischen Orchideen betrifft, die ein Nectarium ohne Nectar haben, so lässt sich natürlich nicht behaupten, dass sie auch in mehr natürlichen Verhältnissen leer seyen. Auch habe ich keine Beobachtungen über die zum Ein- trocknen des Klebstoffs nöthige Zeit bei diesen Ausländern ge- macht. Demungeachtet scheint es gewiss zu seyn, dass von man- chen Vandeen Dasselbe wie von unseren Britischen Orchis-Arten gilt. So hat Calanthe masuca ein sehr langes Nectarium, welches in allen untersuchten Exemplaren innerlich ganz trocken und von staubigen Schildläusen bewohnt war. Aber in den Intercellular- Räumen zwischen den zwei Häuten war viele Flüssigkeit vor- handen; und in dieser Art verliert der Klebstoff der abgehobenen Scheibe seine Klebrigkeit binnen zwei Minuten. In einem On- eidium würde in gleichem Falle die Klebscheibe binnen 12, in einem ÖOdontoglossum in 2 Minuten trocken, und keines von beiden Orchideen hat freien Nectar. Auf der andern Seite wurde die abgenommene Klebscheibe von Angraecum sesquipedale, welche Honigsaft im untren Ende ihres Nectarium angesammelt enthält, erst nach 48 Stunden auf ihrer Unterlage ganz lest. Surcanthus teretilolius bildet noch einen eigenthünlichen Fall. Die Scheibe verliert ihre Klebrigkeit nach der Entfernung des Pollinium vom Rostellum gänzlich in weniger als 3 Minuten, Man würde daher vermuthet haben, dass die Flüssigkeit in den Zwischenzellenräumen des Nectarium und nicht im Nectarium selbst vorkomme. Demungeachtet ist dieselbe an beiden Orten vorhanden, so dass wir hier die beiderlei Zustände des Abson- derungs-Organes in der nämlichen Blüthe vereinigt finden, wor- aus man anzunehmen verleitet werden könnte, dass die Insekten 173 nur den freien Honigsaft flüchtig aufsaugen und den im Zell- gewebe vernachlässigen. Ich glaube aber. dass dieselben beim Aufsaugen des freien Nectars aufgehalten werden, damit der Klebstoff erhärten könne. Das Lippchen mit seinem Neectarium erscheint hier als ein ganz ausserordentliches Organ. Gerne hätte ich eine Zeichnung davon gegeben: aber selbst der be- wanderte Bauer ist mit zahlreichen Figuren und Durchschnitten in grossem Maassstabe kaum im Stande gewesen, den Bau dieser Theile klar zu machen. Der Eingang ist so zusammengesetzt, dass es mir nach wiederholten Versuchen nicht gelungen ist von der Aussenseite der Blüthe her eine Borste in das Nectarium einzuführen. oder in umgekehrter Richtung vom aufgeschnittenen "Nectarium aus nach aussen zu schieben. Ein Insekt würde wohl einen nach seinem Willen biegsamen Rüssel durch diese Durch- gänge zu winden im Stande seyn, um den Nectar zu schöpfen; Diess würde aber Zeit kosten, und Zeit würde eben nöthig seyn, um diese sonderbare viereckige Klebscheibe auf den Kopf oder Körper des Insekts festzukitten. Da in Epipactis das Becken am Grunde des Lippchens als Nectar-Behälter dient, so erwartete ich den entsprechenden Be- hälter auch in Stanhopea, Acropera u. a. zum nämlichen Zwecke verwendet zu sehen, konnte jedoch nie einen Tropfen Nectar finden. Auch nach M£xıkre * ist es weder in diesen Sippen noch in Gongora, Cirrhaea u. a. jemals der Fall. In Catasetum triden- tatum und dessen Weibchen. dem Monachanthus, kann offenbar der umgekehrte Napf nicht als Nectar-Behälter dienen. Was ist es nun, das die Insekten zu diesen Blumen lockt? Denn, dass sie angelockt werden müssen, ist offenbar, zumal in Cataselum, wo die beiden Geschlechter auf zweierlei Pflanzen vertheilt sind. In vielen Vandeen-Sippen ist keine Spur von einem Nectar-abson- dernden oder -sammelnden Organe vorhanden ; aber in allen diesen Fällen ist, wie wir gesehen haben. das Lippchen entweder dick und fleischig, oder mit Auswüchsen besetzt. So bietet es in Oneidium und Odontoglossum namentlich alle Arten von sonderbareın * Bullet. Soc botan. Franc. 1855, Il, 352. 174 Vorragen dar (Fig. 24, S. 121). In Calanthe sehen wir einen Haufen seltsamer kleiner kugeliger Wärzchen auf dem Labellum im Verein mit einem äusserst langen Nectarium ohne Nectar; — in Eulophia viridis befindet sich das kurze Nectarium im näm- lichen Zustande, während das Labellum mit fransigen Längs- Rippen bedeckt ist. Auch in einigen Ophryeen ohne Nectarium, wie insbesondre bei der Fliegen- Ophrys, hat das Nectarium an seinem Fusse zwei glänzende Erhöhungen zwischen den zwei Beuteln. Linprey hat bereits bemerkt, dass die Bestimmung dieser mancherlei sonderbaren Auswüchse ganz unbekannt ist. Aus der Stellung, welche diese Auswüchse in Bezug auf die Klebscheibe des Pollinium einnehmen. und aus der Abwesen- heit des Honigsaftes, wird es mir höchst wahrscheinlich, dass diese Blumen entweder Hymenopteren oder Blumen - fressenden Käfern Nahrung liefern. Ich erwähne dieser Meinung, weil eine genauere Untersuchung der Vandeen-Blüthen in ihrer Heimath, wo sie ihre Pollinien abgeben, diese Frage leicht entscheiden müsste. Es ist nicht mehr innere Unwahrscheinlichkeit vorhanden, dass eine Blüthe beständig durch ein Futter-suchendes Insekt befruchtet werde, als dass die Saamen einer Pflanze regelmässig von Vögeln ausgesäet werden, welche sich von der ihnen wohlschmeckenden Pulpe angelockt fühlen, worin die Saamen eingebettet liegen. Ich bin Dr. Percy verpflichtet, dass er ein dickes furchiges La- bellum einer Warrea mittelst Gährung über Quecksilber mit Zuckerstoff für mich untersucht und dessen nicht mehr als in andern Kronen-Blättern gefunden hat. Dagegen haben das dicke Labellum von Catasetum und selbst die Basen der oberen Kro- nen-Blätter von Mormodes ignea, wie schon früher berichtet wor- den, einen schwachen angenehmen und »nahrhaften« Geschmack. Wir sind nun mit den ausländischen Orchideen fertig. Für mich war das Studium dieser wunderbaren und schönen, mit anderen Blumen so wenig Ähnlichkeit darbietenden Gebilde mit ihren nanchfaltigen Anpassungen, ihren Bewegungs-fähigen Theilen und ihren Empfindungen ähnlichen aber ohne Zweifel wesentlich verschiedenen Erscheinungen äusserst anziehend. Die Orchideen- Blüthen kann man ihrer fremdartigen und ohne Ende manch- 175 faltigen Formen wegen mit der grossen Wirbelthier - Klasse der Fische oder noch passender mit den tropischen Homopteren-In- sekten vergleichen, deren Bau eine Verkörperung der wunderlich- lichsten Grillen zu seyn scheint. Siebenter Abschnitt. Homologien der Orchideen-Blüthen. Grosse Veränderungen, denen sie un- terliegen. Abstufung der Organe, des Rostellum und der Pollen-Massen. Bildung des Stöckchens. Generalogische Verwandtschaften. Mechanismus für die Bewegung der Pollinien. Nutzen der Kronen-Blätter. Erzeugung von Saamen. Bedeutung kleiner Kinzelnheiten des Baues. Ursachen der srossen Verschiedenheit der Einrichtungen für den gleichen Zweck. Ur- sache der Vervollkommnung der Einrichtungen der Orchideen. Zusam- menfassung über die Insekten-Thätigkeit. Die Naiur scheut zurück vor steter Selbstbefruchtung. Der theoretische Bau weniger Blumen ist so vielfältig er- örtert worden, wie der der Orchideen, was nicht befremden kann, wenn man sieht, wie unähnlich er demjenigen bei den übrigen Pflanzen ist. Keine Gruppe organischer Wesen kann gut begriffen werden, bevor man ihre Homologien erkundet hat, d. h. bevor man ihren idealen Typus, die allen Gliedern der Gruppe gemeinsame Grundform erkennt. Vielleicht mag dann nicht eines unter diesen Gliedern seyn. welches vollständig nach diesem Muster gebaut wäre; was aber den Gegenstand für den Naturforscher nicht weniger wichtig, jedenfalls aber wichtiger für das volle Verständniss der Gruppe macht. Die Homologien eines Wesens oder einer Gruppe von Wesen werden am sichersten ermittelt, wenn man womöglich ihre em- bryologische Entwickelung verfolgt, oder Organe in einem ver- kommenen Zustande entdeckt, oder wenn man endlich im Stande ist zwei einander sehr unähnliche und zu sehr verschiedenen Ver- richtungen bestimmte Organe durch eine lange und von dem einen bis zum anderen ununterbrochen fortsetzende Reihe von 176 Zwischenstufen zu verbinden. Es ist kein Fall von einer dichten Stufenreihe zwischen zwei Organen bekannt, wenn sie homologisch eines und dasselbe sind. Die Wichtigkeit der Wissenschaft der Homologie beruht darin, dass sie uns den Schlüssel zur Beurtheilung des mög- lichen Umfangs der Abänderungen des Bildungs - Planes inner- halb einer Gruppe gibt: sie setzt uns in den Stand die am weitesten auseinanderweichenden Organe aus dem wichtigen gemeinsamen Gesichtspunkte zu betrachten; sie zeigt uns Ab- stufungen, welche ausserdem übersehen worden wären und unterstützt uns hiedurch bei der Klassifikation; sie erklärt viele Monstrositäten; sie führt uns zur Entdeckung dunkler und ver- borgener Theile oder ihrer Spuren und zeigt uns die Bedeutung der Rndimente. Ausser diesem praktischen Nutzen bringt die Wissenschaft der Homologie für diejenigen Naturforscher, welche an die stufenweise Umänderung organischer Wesen glauben, Klarheit in das Dunkel solcher Ausdrücke, wie da sind: Schema der Natur, ideale Typen, Grund-Formen und Grund-Ideen; denn diese Ausdrücke bezeichnen wirkliche Thatsachen. Die hiedurch geleiteten Naturforscher sehen, dass alle homologen Theile oder Organe, wie verschieden sie auch aussehen mögen, Abänderungen eines und desselben urälterlichen Organes sind, und indem er die bestehenden Formen verfolgt, gewinnt er einen Leitfaden um, so weit als Diess möglich ist. dem wahrscheinlichen Verlauf der Abänderung während einer langen Reihe von Generationen nachzuspüren. Mag er nun die embryonische Entwickelung ver- folgen, oder nach den unvollkommensten Rudimenten umherspähen, oder die Zwischenstufen zwischen den unähnlichsten Dingen ein- setzen, immer kann er gewiss seyn, demselben Gegenstand auf verschiedenen Wegen nachzuforschen und der Kenntniss des wirk- lichen Stammvaters der Gruppe, wie er einst leibte und lebte, näher zu kommen. So gewinnt die Homologie ein grosses Interesse. Obwohl nun dieser Gegenstand, unter allen Gesichtspunkten betrachtet. für den Naturforscher immer höchst anziehend seyn wird, so ist es dagegen sehr zweifelhaft, ob die folgenden Ein- zelnheiten über die Homologien der Orchideen -Blüthen der all- gemeinen Leserwelt verdaulich sind? Wäre es jedoch der Fall, so würden die Orchideen für den Leser, welcher erfahren möchte, wie viel, wenn auch noch nicht ganz klares Licht. die Homologie auf einen Gegenstand zu werfen vermag, eines der besten Bei- spiele abgeben, - die zu finden sind. Er wird sehen , was für sonderbare Blumen aus vielen getrennten Organen geformt wer- den können: wie vollkommen der Zusammenhang ursprünglich getrennter Theile werden kann; zu welchen von seiner ursprüng- lichen Bestimmung weit verschiedenen Zwecken ein Organ be- nützt, und wie andre Organe völlig unterdrückt oder auf ganz nutzlose Sinnbilder ihrer früheren Bedeutung zurückgeführt wer- den können. Endlich wird er sehen, wie ungeheuer der ganze Umfang von Abänderung ist, welche diese Blume von der ein- fachen Stammform an zu durchlaufen gehabt haben. Rogerr Brown hat zuerst die Homologien der Orchideen in ein helles Licht gesetzt * und, wie man glauben könnte, wenig mehr zu thur übrig gelassen. Von dem allgemeinen Bau der Monokotyledonen-Pflanzen ausgehend und sich auf verschiedene andere Betrachtungen stützend stellte er die Lehre auf, dass diese Blumen eigentlich aus drei Kelch- und drei Kronen-Blättern, aus sechs Antheren in zwei Wirteln (wovon jedoch nur eine zum äusseren Wirtel gehörige Anthere in allen gewöhnlicheren Formen entwickelt ist) und aus drei Pistillen besteht, von wel- chen eines ins Rostellum umgewandelt ist. Diese fünfzehn Or gane sind wie gewöhnlich wechselständig zu einander geordnet, so dass ihrer je drei auf fünf Wirtel kommen. Von dem Vor- handenseyn von je drei Antheren in zwei Wirteln liefert R. Brown keinen ausreichenden Beweis, sondern nimmt an, sie seyen mil dem Labellum verwachsen, wenn irgend dasselbe Kämme und Rippen darbietet. Diesen Ansichten schliesst sich auch Linpr£v an, die grösste lebende Autorität über Orchideen. R. Brown verfolgte die Spiral-Gelässe in der Blume mittelst Querschnitten und nur gelegentlich einmal, wie es scheint, durch * Seine spätesten Ansichten hat er, wie ich glaube, in seiner berühm- ten Abhandlung in den Linnaean Transactions 1832, AVI, mitgetheilt. DARWIN, Orchideen. 12 178 Längsschnitte *. Da die Spiral- Gefässe schon in einer sehr [rühen Entwickelungs-Periode vorhanden sind, was immer von grossem Werthe für die Erforschung der Homologien eines Or- ganes ist, und da sie offenbar eine grosse funktionelle Bedeutung haben, obwohl ihre Funktion nicht genau bekannt ist, so hielt ich es, von Dr. Hooker darin bestärkt, der Mühe werth, alle Spi- ral-Gefässe der sechs das Ovarium umgebenden Gruppen oder Bündel aufwärts zu verfolgen. Von diesen sechs Ovarial-Gruppen will ich (wenn auch nicht genau richtig) das unter dem Labellum als »vordre«, die unter dem oberen Kelchblatt als »hintere« und die zwei zu beiden Seiten des Ovariums befindliche als »vordere Seiten-Gruppe« und als »hintere Seiten-Gruppe« bezeichnen. Das Ergebniss meiner Zerlegungen ist im folgenden Durch- schnilte dargestellt. Die fünfzehn kleinen Kreise stellen eben so viele Spiralgefäss-Bündel dar, die sich in allen Fällen zu einer der sechs grossen Ovarial-Gruppen verfolgen lassen. Sie stehen in fünf Kreisen mit einander abwechselnd, wie es angegeben ist, obwohl ich nicht versucht habe die wirklichen Abstände derselben von einander auszudrücken. Um das Auge zu leiten, sind die drei mitteln zu den drei Pistillen gehenden Gruppen zu einem Dreieck verbunden. Fünf Gefäss-Bündel laufen in die drei Kelch- und zwei obren Kronen-Blätter, drei ins Labellum und sieben zur grossen Genital-Säule in der Mitte. Diese Gefässe sind, wie zu sehen, nach von der Blumen- Achse auslaufenden Strahlen - Linien ge- ordnet, und alle zu einem Strahl gehörigen Bündel laufen unab- änderlich in die nämliche Ovarial- Gruppe zusammen. So ver- einigen sich alle das obre Kelchblatt, die fruchtbare Anthere (Fig 32 Aı) und das obre Pistill oder Stigma (Rostellum —= Sr) " The Linnaean Transactions AVI, 696—701. — LINK in seinen »Be- merkungen über den Bau der Orchideen (Botan. Zeitung 1849, S. 745) scheint sich ebenfalls auf Querschnitte verlassen zu haben. Denn hätte er die Gefässe aufwärts verfolgt, so kann ich nicht glauben, dass er R. BROWN’S Ansicht von der Natur der zwei Antheren in Cypripedium bestritten haben würde. AD. BRONGNIART weiset in seiner vortrefflichen Abhandlung (Annat. d. science. nat., Botan. 1831, XXIV) gelegentlich den Verlauf einiger Spi- ralgefässe nach. 109 bildenden Gefässe, um die hintre Ovarial-Gruppe zu bilden. Da- gegen vereinigen sich alle Gefässe, welche eines der untren Kelchblätter, die Ecken des Lippchens und eine der zwei Narben (S) versorgen, in eine vordre Seiten - Gruppe. Und ähnlich ge- schieht es mit allen übrigen Gefässen. Wenn man sich daher auf das Vorhandenseyn dieser Spiral- gefäss-Bündel verlassen kann — und Dr. Hooxer sagt mir, dass sie ihn nie getäuscht haben —, so besteht die Orchideen-Blüthe sicherlich aus 15 Organen in einer mehr modifizirten und in einanderfliessenden Weise. Wir sehen von den drei Narben die zwei unteren gewöhnlich verschmolzen und die eine obere ins Rostellum umgewandelt. Wir sehen sechs Staubgefässe in zwei Kreisen stehen, unter welchen nur einer allein (Aı) fruchtbar Fig. 32. Öbres oder hintres Kelchblatt. = „A obres x 6) obres Kronenblatt. ng Kronanblaft: Is) o m NL «P [7 DZ 3 untres untres Kelchblatt. Kelchblatt. Labellum. Durchschnitt einer Orchideen-Blume. Die kleinen Kreise zeigen die Stellung der Spiral-Gefüsse an. SS Narben ; Sr zum Rostellum verwandelte Narbe. A, Fruchtbare Anthere des äusseren Wirtels. Ay.z Anthere desselben Wirbels mit dem untren Kronenblatt zum Labellum vereinigt. a, dx Verkümmerte Antheren des inneren Wirtels (fruchtbar in Cypripedium) gewöhnlich das Clinandrium bildend; az dritte Anthere desselben Wirtels (wenn sie vorhanden), die Vorderseite der Columna bildend. 13* 150 « zu seyn pflegt. In CGypripedium sind zwei Stamina des einen Kreises (a, und a,) fruchtbar, wie dieselben auch in andren Orchideen auf verschiedene Weise deutlicher vertreten sind, als die übrigen. Das dritte Staubgeläss des inneren Wirtels (a,) bildet, wenn seine Gefässe verfolgt werden können, die Vorder- seite der Genital-Säule. Ros. Brown glaubte, es seye oft auch durch einen mitteln mit dem Labellum zusammenhängenden Aus- wuchs oder Rücken vertreten, oder in Glossodia* durch ein Faden- förmiges Organ angedeutet, welches vor dem Labellum hervor- tritt. Indessen stimmt die erste dieser Annahmen nicht mit meinen Zergliederungen überein, und über Glossodia weiss ich nichts zu sagen. Die zwei unfruchtbaren Staubgefässe des äusseren Wir- tels (A2, As) glaubte Brown zuweilen vertreten durch seitliche Auswüchse des Labellum: aber ich finde diese Gefässe unabän- derlich vorhanden in allen von mir untersuchten Orchideen und zwar selbst dann, wann das Labellum sehr schmal oder ganz einfach ist, wie in Malaxis, Herminium und Habenaria. Wir ersehen daraus, dass eine Orchideen-Blume aus fünf einfachen Theilen, nämlich aus drei Kelch- und zwei Kronen- Blättern und aus zwei zusammengesetzten Theilen besteht, aus der Säule und dem Labellum. Die Säule besteht aus drei Pi- stillen und gewöhnlich aus vier Staubgefässen, welche alle voll- ständig mit einander verschmolzen sind. Das Labellum wird von einem Kronenblatte und zwei blattförmigen Stamina des äusseren Wirtels zusammengesetzt, welche ebenfalls alle gänzlich zusam- menfliessen. Was diese Thatsache noch wahrscheinlicher macht, das ist, dass in den verwandten Marantaceen die Staubgefässe, und zwar selbst die fruchtbaren, oft alle oder theilweise zusam- menhängen. Diese Ansicht von der Natur des Labellum erklärt seine ansehnliche Grösse, seine oft dreitheilige Form und insbe- sondre die Art. seines Zusammenhangs mit der Säule, in Allem abweichend von den andern Kronen-Blättern **. Da rudimentäre * Vgl. R. BROWN’S Beobachtungen über Apostasia in WALLICH’S Plantae Asiaticae rariores, 1830, p. 74. ** Vo]. LINK’S Bemerkungen über die Art des Zusammenhangs zwischen Labellum und Säule in der Botan. Zeitung 1849, S. 745. 181 Organe stark variiren, so lässt sich daraus wohl auch die grosse Veränderlichkeit begreifen, welche nach Dr Hooxer’s Mitthei- lungen die Auswüchse des Labellum charakterisirt. In einigen Orchideen mit Sporn-förmigem Nectarium sind die zwei Seiten offenbar von den zwei modifizirten Staubgefässen gebildet. Daher in Gymnadenia conopsea (aber nicht in Orchis pyramidalis) die aus der vordren Seiten - Gruppe entspringenden Gefässe den Seiten des Nectarium entlang ziehen und die der vordren-Gruppe genau in seiner Mittellinie verlaufen und dann auf der entgegen- gesetzten Seile wieder zurückkehrend die Mittelrippe des Label- lum bilden. Die weite Ausdehnung dieser seitlichen Elemente des Nectarium scheinen die in Calanthe, Orchis morio u. a. be- merkbare Neigung zur Zweitheilung seines Endes zu erklären. Zahl, Stellung und Verlauf der Spiralgefässe sind so, wie sie im Querschnitte (Fig. 32) dargestellt sind, in einigen Van- deen und Epidendreen wirklich beobachtet worden *. In den = Es mag angemessen seyn, hier noch einige erheblichere Einzelnheiten über die von mir zergliederten Blüthen mitzutheilen, obwohl manche andre, wie der Verlauf der Gefässe im Labellum, der Mittheilung nicht werth sind. In der Vandeen- Tribus habe ich alle Gefässe verfolgt bei Catasetum tri- dentatum und €. saccatum. Der grosse zum Rostellum führende Gefäss- Bündel trennt sich (wie auch in Mormodes) von der hinteren Ovarial-Gruppe unter der Gabelung welche das obere Kelchblatt und die fruchtbare An- there versorgt; die vordere Ovarial-Gruppe läuft eine kurze Strecke von ihrer Gabelung dem Labellum entlang und sendet einen Bündel as auf- wärts gegen die Stirne der Säule. Die aus der hinteren Seiten - Gruppe kommenden Gefässe laufen auf dem Rücken der Geschlechts-Säule beider- seits neben den zur fruchtbaren Anthere gehenden, und nicht zu den Rän- dern des Clinandrium. — In Acropera luteola ist die Basis der Säule, da wo das Labellum befestigt ist, sehr vorspringend (produced) und die Ge- fässe der ganzen vorderen Ovarial-Gruppe sind in ähnlicher Weise; die aufwärts zur Vorderseite der Columna gehenden (a3) sind ganz plötzlich rückwärts gebogen und an der Biegungs-Stelle eigenthümlich gehärtet, ab- geplattet und in seltsame Kämme und Spitzen fortgesetzt. In einem Onci- dium habe ich das Gefäss Sr bis zur Klebdrüse des Pollinium verfolgt. — Bei den Epidendreae fand ich alle Gefässe der Cattleya wieder und in Evelyna carivata alle bis auf a3, das ich nicht gesucht habe. — Bei den Malaxeae habe ich in Lyparis pendula alle aufgefunden bis auf as, welches wirklich zu fehlen scheint. In Malaxis paludosa sah ich fast alle Gefässe. Eben so in Cypripedium barbatum und Ö. purpuratum alle mit Ausnahme 182 Malaxeen wurden alle bis auf a, wiedergefunden. welches von allen am schwersten zu verfolgen ist, wie es scheint, am öftesten ganz fehlt. In den Cyrripedieen dagegen waren alle bis auf a, zu verfolgen *, welches sicher hier gänzlich fehlt; in derselben Tribus ist das Staubgefäss Aı durch ein ansehnliches Schild-för- miges Rudiment, während a, und a, zwei fruchtbare Antheren tragen. In den Ophryeen und Neottieen lassen sich alle nach- weissen, mit der wichtigen Ausnahme jedoch der zu den drei von a3, das beinahe sicher nicht vorhanden ist. — Unter den Neottieae fand ich in Cephalanthera granditlora alle Gefässe wieder ausser dem des abortirten Rostellum und denen der zwei Öhrchen, a und a2, welche sicher fehlen. Eben so in Epipactis, wo aı, a2 und as gewiss nicht vorkommen. In Spiranthes autumnalis lauft das Gefäss Sr zum Grunde der Gabel des Rostellum: Gefässe für die Membranen des Clinandrium kommen weder hier noch in Goodyera vor. — In keiner Ophryee finden sich aı, a2 und az. In Orchis pyramidalis verfolgte ich alle mit Einschluss von zweien für die zwei getrennten Narben. In dieser Art ist der Gegensatz zwischen den Ge- fässen des Lippchens und denen der andern Perigon-Blätter auffallend, da in dem letzten die Gefässe sich nicht verzweigen, während das Labellum drei Gefässe hat, wovon daher die seitlichen in der vorderen seitlichen Övarial-Gruppe verlaufen. In Gymnadenia conopsea fand ich alle Getässe; aber ich bin nicht sicher, ob nicht die für die Seiten der oberen Kelch- Blätter bestimmten wie bei der verwandten Habenaria von ihrem eigent- lichen Wege und in die hintere Seiten-Gruppe übergehen; das zum Ro- stellum laufende Gefäss S2 tritt in den kleinen faltigen Hautkamm ein, welcher zwischen den Basen der Antheren-Zellen vorsteht. In Habenaria chlorantha endlich fand ich alle Gefüsse mit Ausnahme der drei für den inneren Staubfaden-Kreis wieder; — auch sah ich mich sorgfältig nach as um. Das Gefäss für die fruchtbare Anthere verläuft auf der Conneectiv- Haut zwischen den zwei Antheren-Fächern hinan, doch ohne sich zu gabeln. Das Gefäss fürs Rostellum läuft bis zur Spitze auf dem Rande oder der Leiste unterhalb der Connectiv-Haut der Anthere, aber ohne sich zu gabeln und sich bis zu den weit getrennten Klebscheiben zu erstrecken. * Nach IRMISCH’S Beschreibung der Entwickelung der Cypripedium- Knospe in dessen »Beiträgen zur Biologie der Orchideen (1853, S. 42 und 78)« scheint darin eine Neigung zur Bildung eines feinen Staubfadens vor dem Labellum wie bei Glossodia (S. 180) vorhanden zu seyn, woraus sich vielleicht der Mangel von Spiral-Gefässen, die aus der vordren Ovarial-Gruppe entspringen und mit der Säule verschmelzen , erklären lässt. In der Sippe Uropedium , welehe BRONGNIART (Annal, d. seiene. nat., 8. serie, X11I, 114) als eine nahe verwandte und vielleicht blosse Monstrosität von Cypri- pedium betrachtet, nimmt eine dritte fruchtbare Anthere genau die näm- liche Stelle ein. 183 Staubgefässen des inneren Wirtels (a,, &,, as) gehörigen. In Gephalanthera grandiflora trat dann wieder a, deutlich aus der vordern Ovarial- Gruppe heraus, um an der Vorderseite der Co- lumna aufwärts zu laufen; dieses abnorme Glied der Neottieen hat ;kein Rostellum, und das in unserem Durchschnitte mit Sr bezeichnete Gefäss, welches in allen anderen Orchideen vorhan- den, fehlte gänzlich. Obwohl sich in keiner wirklichen Orchidee mit Ausnahme von Cypripedium die zwei Antheren a, und a, des inneren Kreises vollständig entwickeln, so sind doch ihre Rudimente ge- wöhnlich vorhanden und oft nutzbar gemacht. Denn sie bilden gewöhnlich die häutigen Seiten des Clinandrium oder Napfes am Schnitt der Säule, welcher die Pollen - Massen einschliesst und beschützt. Diese Antheren-Rudimente unterstützen daher ihre fruchtbaren Antheren. In der jungen Blumen-Knospe der Ma- laxis paludosa ist die Übereinstimmung der Membranen des Cli- nandrium mit der fruchtbaren Anthere in Form, in Textur und in der Höhe, bis zu welcher in ihnen die Spiral- Gefässe ver- laufen, so zutreffend, dass man unmöglich in diesen Häuten zwei rudimentäre Antheren verkennen kann. Im Epidendreen -Genus Evelyna ist das Clinandrium auf ähnliche Weise, wie die Hörner am Clinandrium der Masdevallia gebildet, welche ebenfalls dazu dienen, das Lippchen in geeigneter Entfernung von der Säule zu halten. Bei Liparis pendula u. e. a. Formen bilden diese zwei vollkommenen Antheren nicht allein das Clinandrium, sondern auch noch zwei Flügel, die an jeder Seite des Eingangs in die Narben-Höhle vorragen und die Einschiebung der Pollen-Massen leiten. In Acropera und Stanhopea sind die häutigen Ränder der Columna bis zu ihrer Basis hinaus, so viel ich erkennen konnte, in gleicher Weise gebildet; in anderen Fällen jedoch, wie z. B. in Cattleya, scheinen die Flügel-förmigen Ränder der Säule ein- fache Entwickelungen der zwei Pistille zu seyn. In dem ge- nannten Genus wie in Catasetum dienen, — so viel sich aus der Lage der Gefässe erkennen lässt, — die zwei nämlichen Staub- gefäss-Rudimente hauptsächlich zur Verstärkung der Rückseite der Columna, während die ihrer Vorderseite die alleinige Aufgabe 184 des dritten Staubgefässes a, des dritten Wirtels in allen Fällen ist, wo ich es beobachtet habe. Dieses dritte Staubgeläss läuft auf der Mitte der Säule bis zum Unterrande oder zur Unterlippe der Narben-Höhle hinauf. Ich habe gesagt, dass bei den Ophryeen und Neottieen die mil a), Ay, Az bezeichneten Spiralgefässe gänzlich fehlen, und dass ich sorgfältig nach ihnen gesucht habe: doch nehmen in fast allen Gliedern dieser beiden Tribus zwei kleine Wärzchen oder Öhrchen, wie man sie oft genannt hat, genau dieselbe Stelle ein, welche die zwei zuerst bezeichneten von den drei Antheren, wenn sie entwickelt wären. einnehmen müssten. Nicht allein stehen sie am nämlichen Platze, sondern in Cephalanthera u. e. a. Genera hat auch die Säule jederseits eine vorragende Kante, welche von ihr bis zur Basis oder Mittelrippe der zwei obern Petala verläuft, d. i. genau in der eigentlichen Stellung dieser zwei Staubfäden. Es ist daher unmöglich zu bezweifeln, dass die Häute des Clinandrium bei Malaxis von diesen zwei Antheren in einem verkümmerten und abgeänderten Zustande gebildet wer- den. Nun lässt sich aber ein stufenweiser Übergang von dem vollkommenen Clinandrium der Malaxis durch das von Spiranthes, Goodyera , Epipactis latifolia und E. palustris (S. 65, Fig. 14, und S. 60, Fig. 13) bis zu den kleinen und etwas abgeplalteten Öhrchen des Genus Orchis vollständig nachweisen. Ich schliesse daraus, dass diese Öhrchen zweifach rudimentär sind, d. h. dass es Rudimente der häutigen Seiten des Clinandrium , welche selbst wieder Rudimente der zwei so oft erwähnten Antheren sind. Die Abwesenheit von bis zu diesen Aurikeln verlaufenden Spiral- Gefässen scheint in keiner Weise zur Widerlegung der Gründe für diese ihre Natur zu genügen. Dass solche Gefässe vollständig verschwinden können beweiset sich zur Genüge aus Cephalanthera grandiflora, wo das Schnäbelchen und sein Gefäss gänzlich [ehlschlagen. Was endlich die sechs Staubgefässe oder Antheren betrifft, welche in jeder Orchidee vertreten seyn sollen, so sind die drei des äusseren Wirtels immer zugegen und ist die obere von ihnen stets fruchtbar, während die zwei unteren eben so unabänderlich 185 eine Blatt-Natur annehmen und Theile des Labellum bilden. Die drei Staubgefässe des inneren Wirtels sind minder deutlich zu erkennen und am wenigsten das untere a,, das, wenn es ent- deckt werden kann, lediglich zur Verstärkung der Columna dient und nur in einigen seltenen Fällen nach R. Brown einen beson- deren Vorsprung oder Staubfaden bildet. Die zwei anderen An- theren dieses inneren Wirtels sind in Cypripedium fruchtbar und in anderen Fällen gewöhnlich vertreten entweder durch häutige Ausbreitungen oder durch kleine Öhrchen ohne Spiralgefässe. Aber auch diese Öhrchen sind zuweilen nicht mehr vorhanden, wie es in einigen Ophrys-Arten der Fall ist. Aus dieser Darstellung der Homologien der Orchideen Blüthe erklärt sich das Vorhandenseyn der augenfälligen mitteln Genital- Säule, die ansehnliche Grösse, gewöhnlich dreitheilige Form und eigenthümliche Belestigungs-\Veise des Lippchens, der Ursprung des Clinandrium, die beziehungsweise Lage der einzelnen frucht- baren Anthere bei den meisten Orchideen und die zwei frucht- baren bei Cypripedium, die Stellung des Rostellum sowohl als aller übrigen Organe, und endlich das häufige Vorkommen einer zweilippigen Narbe, die zuweilen in eine doppelte Narbe übergeht. Ich habe nur einen, aus den vorangehenden Ansichten schwer zu erklärenden Fall gefunden und zwar in Habenaria und der nahe verwandten Bonatea. Diese Blüthen haben in Folge der weiten Trennung ihrer Antheren-Fächer und der zwei Kleb- scheiben eine so ausserordentliche Verdrehung erlitten, dass eine weilre Anomalie derselben nicht mehr viel überraschen kann. Jedoch bezieht sich diese Anomalie allein auf diejenigen Gefässe, welche die Seiten des oberen Kelch- und der zwei oberen Kronen-Blätter versorgen; die in ihrer Mittelrippe und allen anderen wichtigeren Organen verlaufenden Gefässe ver- folgen ihren bei andern Ophryeen gewöhnlichen Weg. Die Ge- fässe an den Seiten des oberen Kelch-Blaltes laufen, anstatt sich nit der Mittelrippe zu vereinigen und in die hintere Ovarial- Gruppe überzugehen, vielmehr auseinander, um in die hinteren Seiten-Gruppen einzutreten; wogegen die Gefässe an der Vorder- seite der oberen Kronen-Blätter, anstatt sich mit der Mittelrippe 186 zu verbinden und in die hinteren Seiten - Gruppen einzugehen, ‚auseinanderlaufen oder von ihrem eigenthümlichen Wege ablenken und in die vorderen Seiten-Gruppen übertreten. Diese Abweichung von der Regel ist insolerne von Wich- tigkeit, als sie einigen Zweifel über die von mir aufgestellte Ansicht, dass das Labellum stets aus einem Kronen -Blatte und zwei Kronenblatt-artigen Staubgefässen bestehe, erregen könnte. Sollte jedoch jemand annehmen wollen, dass aus irgend einem unbekannten Grunde die Seitengefässe des unteren Kronenblattes in einem der ersten Urahnen der Orchideen-Ordnung von ihrem eigenen Wege ab und in die vordre Seiten-Gruppe von Ovarial- Gefässen über-gegangen seyen. und dass sich dann dieser Bau auf alle jetzt existirenden, auch mit dem kleinsten Labellum ver- sehenen und einfachsten Orchideen vererbt habe, so könnte ich ihm nur [olgende, jedoch, wie ich glaube, genügende Antwort geben. Nach der Analogie mit anderen Monokotyledonen-Pflanzen hätten wir in den Orchideen - Blüthen die verdeckte Anwesen- heit von fünfzehn wechselständig in fünf Wirtel geordneten Organen zu erwarten, und in der That finden wir fünfzehn ge- nau so eingetheilte Geläss-Gruppen. Es ist daher eine grosse Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass die Gefässe Aa und As, welche ich nicht bloss in einer oder in zwei, sondern in allen von mir untersuchten Orchideen - Arten in die Seiten des Label- lum eintreten sah, und welche genau die Stelle einnehmen, die sie einnehmen müssten, wenn sie zwei normale Staubgefässe zu versorgen hätten, — dass diese Gelässe in Wirklichkeit umge- wandelten und Blumenblatt-artig gewordenen Staubgelässen ent- sprechen und nicht von ihrem eigenthümlichen Wege abgekom- mene Seitengefässe des unteren Kronenblaltes sind. Anderseits können auch die bei Habenaria und Bonatea * die von den Seiten * In Bonatea speciosa, wovon ich nur trockene von Dr. HOORER er- haltene Exemplare untersuchen konnte, gehen die Gefässe von den Seiten des oberen Kelehblattes in die hintere Ovarial-Seiten-Gruppe genau wie in Habenaria über. Die zwei oberen Kronen-Blätter sind bis zu ihrer Basis herunter gespalten, und die Gefässe, welche den vorderen, so wie jene, die den vorderen Theil des hinteren Lappens versorgen, vereinigen sich mit 187 des oberen Kelch- und der zwei oberen Kronen -Blätter in die [fremden Ovarial-Gruppen übergehenden Gefässe nicht wohl irgend welche ehemals vorhanden gewesene und nun verloren gegangene Organe vertreten. Wir sind nun zu Ende mit der Untersuchung über die all- gemeinen Homologien der Orchideen-Blüthen. Es ist ansprechend, sey es in einer der herrlichen exotischen oder auch nur in einer unsrer unansehnlichsten einheimischen Formen zu beobachten, wie tief die Abänderungen der Orchideen in den gewöhnlichen Bauplan der Blumen eingegriffen haben, um das ungewöhnlich grosse Labellum aus einem Kronenblatt und zwei abortiven Staub- gefässen, — oder die eigenthümlichen Pollen- Massen, — oder die aus sieben verschmolzenen Organen zusammengesetzle Ge- nital-Säule darzustellen, unter welchen nur die Anthere und die zwei zusammenfliessenden Narben ihre eigentliche Funktion noch bewahrt haben, — oder das dritte Stigma auf Kosten seiner Be- [ruchtungs-Fähigkeit in das wunderbare Rostellum zu verwandeln, — oder um drei unfruchtbar gewordene Antheren bali zum Schutze des Pollens der noch fruchtbaren Anthere und bald zur Verstärkung der Genital- Säule zu benützen, sie auf schwache Rudimente zurückzuführen oder gänzlich zu unterdrücken. Wel- chen Aulwand in Abänderung, in Zusammenhang, Form und Ver- richtung bis zum gänzlichen Abortus der Theile finden wir hier zu Tag gelegt! Jetzt in der Geschlechtssäule und den sie umgeben- den Kronen- und Kelch -Blättern verborgen sehen wir fünfzehn einander und gehen dann wie in Habenaria in die vorderen -seitlichen und mithin unrichtigen Gruppen ein. Die vorderen Lappen der zwei oberen Kronen-Blätter vereinigen sich mit dem Lippchen, wodurch dasselbe eine fünflappige ganz ungewöhnliche’Gestalt erhält. Auch die zwei in höchst merkwürdiger Weise vorspringenden Narben hängen eben so an die Ober- seite wie die unteren Kelchblätter an die Unterseite des Labellum an. Ein Durehschnitt von der Basis des Labellum geht mithin durch ein unteres Kronenblatt, durch zwei blatt-artig gewordene Antheren, durch Theile der zwei oberen Kronenblätter so wie anscheinend der zwei unteren Kelchblätter und der zwei Narben, mithin durch nicht weniger als 7—9 Organe. Die Basis des Labellum ist mithin hier eben so zusammengesetzt, wie die Ge- nitalsäule andrer Orchideen. 188 in Wechselstellung mit denen der nächsten Wirtel, Gruppen, die sich wahrscheinlich bis auf unsere Zeit erhalten haben, weil sie sich schon in einer sehr frühen Entwickelungs-Zeit einer jeden Blume gebildet haben, bevor noch die Gestalt oder das Daseyn von diesem und jenem Theile für das Gedeihen der Pflanze fest- gestellt war. Können wir uns in Wahrheit befriedigt fühlen durch die Annahme, dass jede Orchidee genau so wie wir sie jelzt sehen, nach einem gewissen »idealen Typus« geschaffen worden; dass es dem allmächligen Schöpfer, nachdem er einmal einen Plan für die ganze Ordnung lestgestellt halte, nicht mehr von diesem abzuweichen gefiel; dass er daher dasselbe Organ auch zur Ver- richtung anderer Funktionen geeignet machte, die ihrer ursprüng- lichen Bestimmung gegenüber von nur untergeordneter Wichtigkeit sind, während er andere in ganz nutzlose Rudimente verwan- delte — und, nachdem er alle wie für eine getrennte Stellung angeordnet, endlich alle zusammenschmolz ? Ist es nicht eine ein- fachere und begreiflichere Anschauungs-Weise, dass alle Orchi- deen dasjenige, was sie mit einander gemein haben, ihrer Ab- stammung von irgend einer Monkyotyledonen-Pflanze verdanken, die, wie so viele andre Pflanzen der nämlichen Abtheilung, fünf- zehn zu dreien abwechselnd in fünf Kreise geordnete Blüthen- Organe besass, und dass der nun so wunderbar geänderte Bau der Blume erst in Folge einer langen Reihe langsamer Abände- rungen entstund, indem nämlich jede zufällig erfolgende Abände- rung erhalten wurde, welche einer Pflanze in dem beständigen Wechsel von Nutzen war, dem die organische wie die unorga- gewesen Ist nische Welt ausgesetzt Über die Abstufung der Organe.) Das Rostellum, die Pollinia, das Labellum und in etwas geringerem Grade die Columna sind die merkwürdigsten Punkte im Bau der Orchideen. Von den zwei letzten dieser Theile ist bereits genug die Rede gewesen. Kein dem Schnäbelchen ähnliches Organ ist je in einer anderen Blume vorhanden. Wenn die Homologien der Orchideen nicht vollkommen genau bekannt wären, so könnten diejenigen, welche eine besondre Erschaffung eines jeden Wesens glauben, 159 dasselbe als Beispiel eines ganz neuen eigens erschaffenen Or- ganes anführen, das nicht durch allmählige Umänderung irgend eines zuvor bestandenen Theiles entstanden seyn könne. Aber es ist, wie Ros. Brown schon längst gesagt, kein neues Organ. Es ist unmöglich an der Homologie der zwei Gruppen von Spi- ral-Gefässen (S. 179, Fig. 32), welche von den Mittelrippen der zwei unteren Kelchblätter zu den zwei mitunter ganz getrennten unteren Narben verlaufen, mit der dritten von der Mittelrippe des oberen Kelchblattes zum Rostellum, das genau an der Stelle der dritten Narbe liegt, hinziehenden Gruppe zu zweifeln. Es ist jeder Grund zur Annahme vorhanden, dass nicht bloss ein Theil, sondern das ganze obre Stigma in das Rostellum verwandelt worden ist: denn so viele Beispiele auch von zwei Narben vorhanden sind, so ist doch nicht ein Fall von drei Narben-Flächen bei den- jenigen Orchideen bekannt, wo ein Rostellum vorhanden ist. Wohl aber ist in Cypripedium und Apostasia (welche letzte Ro». Brown ebenfalls in die Orchideen-Ordnung versetzt hat), welchen das Rostellum fehlt, die Narben-Fläche dreitheilig. Da wir nur die noch jetzt lebenden Pflanzen kennen, so ist es unmöglich alle die Abstulungen zu verfolgen, welche die obre Narbe zu durchlaufen hatte, um ein Rostellum zu werden: in- dessen wollen wir zusehen, welche Erleichterungen und welche Anzeigen für einen solchen Vorgang sich auffinden lassen. Der Wechsel der Funktionen ist kein so grosser gewesen als es an- fänglich scheint. Die Bestimmung des Rostellum ist es, eine ge- wisse Menge klebriger Materie abzusondern, nachdem es seine Fruchtbarkeit eingebüsst hat: aber diese Einbusse ist etwas bei den Pflanzen so gewöhnliches, dass sie kaum der Rede werth ist. Die Narben der Orchideen sondern gleich denen der meisten andern Pflanzen eine klebrige Flüssigkeit ab, deren Bestimmung allezeit darin besteht, den irgend wie auf die Narben-Fläche ge- langenden Saamenstaub dort zurückzuhalten. Wenn wir nun eines der einfachsten Schnäbelchen, wie z. B. von Cattleya oder Epidendrum, ins Auge fassen, so finden wir eine dicke Klebstofl- Schicht, die nicht deutlich von der klebrigen Oberfläche der zwei zusammenfliessenden Narben getrennt ist, und die einfache 19V Bestimmung bat den Rücken eines sich zurückziehenden Insektes zu beschmieren, und die Pollen-Massen so daran zu befestigen, dass sie auf diese Weise aus der Anthere herausgezogen und auf eine andre Blume entführt werden können, wo sie dann auf einer ziemlich eben so klebrigen Narben-Fläche zurückgehalten werden. Die Aufgabe des Rostellum ist daher auch hier noch die Pollen- Massen ihrer Bestimmung zuzuführen, aber nur auf mittelbare Weise durch vorgängige Befestigung derselben an einem Insekten-Körper. Der Klebstoff des Schnäbelchens scheint von nahezu gleicher Beschaffenheit wie der der Narbe zu seyn; der des Rostellum hat die besondre Eigenschaft schnell trocken und hart zu werden, und auch der der Narbe trocknet, wenn er davon weggenommen wird, schneller als Gummiwasser von ungefähr gleicher Zähigkeit ein. Diese Neigung einzutrocknen ist um so merkwürdiger, als GÄRTNER * gefunden, dass Tropfen der von der Narbe der Nico- tiana ausgesonderten Flüssigkeit selbst in zwei Monaten nicht trocken wurden. Der Klebstoff vom Rostellum vieler Orchideen wechselt an der Luft mit merkwürdiger Schnelligkeit seine Farbe und wird purpur-bräunlich, und einen ähnlichen aber langsamen Farbenwechsel habe ich auch an der klebrigen Narben-Flüssigkeit einiger Orchideen, wie insbesondere der Cephalanthera grandi- flora beobachtet. Wenn ıan die Klebscheibe einer Orchis, wie auch Baurr und Brown gefunden haben, ins Wasser legt. so werden kleine 'Theilchen in einer eigenthümlichen und heftigen Weise ausgestossen, und ich habe genau dieselbe Erscheinung auch an einer Klebstoff-Schicht beobachtet, welche die Narben- Schläuche einer noch nicht aufgegangenen Blüthe von Mormodes ignea bedeckte. Um den feineren Bau von Rostellum und Stigma kennen zu lernen, untersuchte ich junge Blumen-Knospen von Epiden- drum cochleatum und E. floribundum, die im reifen Zustande ein einfaches Rostellum besitzen. Die hintre Oberfläche war in beiden Organen die nämliche. Das Rostellum bestund in dieser * Beiträge zur Kenntniss der Befruchtung (844), S. 236. 191 frühen Entwickelungs-Zeit aus einer Masse fast kreisrunder Zel- ®en, welche im Klebstoff auflösliche Kügelchen brauner Materie enthalten: die Narbe war mit einer dünneren Schicht ähnlicher Zellen bedeckt. und unter diesen lagen die zusammenhängenden spindelförmigen Narben-Schläuche. Man bringt diese Schläuche mit dem Eindringen der Pollen-Röhrchen in die Narbe in Zu- sammenhang. und ihre Abwesenheit im Rostellum spricht daher schon für dessen Unfruchtbarkeit. Da ich im Knospen-Zustande die äussre Schicht fast kreisrunder Zellen auf der Narbe (welche offenbar den Klebstoff absondern), nicht finde, so kann ich mich zwar einiger Zweilel nicht erwehren, indem erfahrenere Beob- achter ihrer erwähnen; aber ich habe sonst keinen Grund an meiner Genauigkeit zu zweifeln. Sind aber die Struktur und das Rostellum in einer der einfachsten Orchideen und die des Stigma's so beschaffen, wie ich sie beschrieben habe, so besteht ihr ein- ziger Unterschied darin, dass am Rostellum die Klebstoff- abson- dernde Zellen-Schicht dicker ist und die Narben - Schläuche ver- schwunden sind. Man kann sich daher ganz leicht einen Verlauf langsamer Abänderung vorstellen, worin die obre Narbe noch eine Zeit lang in gewissem Grade fruchtbar oder für die Pollen-Röhrchen durchdringlich bleibt, während sie bereits einen Überfluss an klebriger Materie absondert, womit sich dann die besuchenden Insekten beschmieren, so dass die Pollen-Massen an sie ankleben und von ihnen auf die Narben andrer Blumen getragen werden. In diesem Fall möchte sich der Anfang eines Rostellum ent- wickeln. Die folgenden Einzelnheiten über Rostellum und Pollinien dürften nur denjenigen ansprechen, der sich viel mit der Struktur der Orchideen beschäftigt oder etwa zu sehen wünscht, in wie weit sehr verschiedene Zustände eines und des nämlichen Or- ganes innerhalb einer Pflanzen- Ordnung durch Mittelstufen in einander übergehen können. In den verschiedenen Tribus bietet das Rostellum ein wunderbares Maass von Struktur-Verschieden- heit dar: aber die meisten dieser Verschiedenheiten lassen sich ohne sehr grosse Lücken mit einander in Zusammenhang bringen. 192 Eine der überraschendsten Verschiedenheiten besteht darin, dass entweder die ganze Vorderseite bis zu einiger Tiefe oder dass nur der mittle Theil allein klebrig wird, in welch’ letztem Falle die Oberfläche eine häutige Beschaffenheit wie in Orchis behält. Aber diese beiderlei Zustände gehen so in einander über, dass es kaum möglich ist eine Grenzlinie zu ziehen. So unterliegt in Epipactis die äussre Oberfläche von ihrer frühesten zelligen Be- schaffenheit an einer ansehnlichen Umänderung, indem sie sich in eine sehr elastische und zarte Membran verwandelt, welche selbst etwas klebrig ist und den darunterliegenden Klebstoff leicht durchschwitzen lässt; dann wirkt sie als eine Membran, deren Unterseite mit viel mehr Klebstoff überzogen ist. In Habenaria chlorantha ist die äussre Oberfläche ausserordentlich klebrig, gleicht aber unter dem Mikroskope gesehen fast ganz der äuss- ren Haut von Epipactis. In einigen Oncidium - Arten endlich scheint die äussre klebrige Oberfläche, so viel man unter dem Mikroskope sehen kann, von der darunter liegenden Kleb- schicht nur in der Färbung abzuweichen; doch muss noch irgend ein erheblicherer Unterschied vorhanden seyn, indem ich finde, dass die untre Schicht so lange klebrig bleiht, als die schr dünne äussre Schicht nicht gestört wird, während jene dagegen rasch erhärtet, wenn Diess geschieht. Die Abstufung im Zustande der Oberfläche des Rostellum kann nicht befremden: da dessen Ober- fläche während des Knospen- Standes in allen Fällen zellig ist, so handelt es sich nur um ein mehr oder weniger vollkommenes Beharren in diesem Zustande. Die Natur des Klebstoffs ändert in verschiedenen Orchideen auf eine merkwürdige Weise ab. Derjenige der Listera erhärtet fast augenblicklich, und rascher als Pariser Gyps, während er in Malaxis und Angraecum einige Tage lang flüssig und klebrig bleibt; aber diese beiderseitige Beschaffenheit geht durch vielerlei Ab- stufungen in einander über. So sah ich in einem Oneidium den Klebstoff binnen 1! Minuten, von einigen Orchis-Arten in 2—3 Minuten, von Epipactis nach 10 Minuten, von Gymnadenia in 2 Stunden und von Habenaria erst nach 24 Stunden erhärten. Ist der Klebstoff der Listera einmal erhärtet, so haben Wasser 193 und schwacher Weingeist keine aufweichende Wirkung mehr auf ihn, während der der Habenaria bifolia, welche zuerst in Wein- geist aufbewahrt gewesen und dann einige Monate lang getrocknet war, durch Befeuchtung wieder so klebrig wird, wie zuvor. Der Klebstoff einiger Orchis-Arten zeigt bei der Befeuchtung ein mittles Verhalten. Eine der wichtigsten Verschiedenheiten im Zustande des Rostel- lum besteht darin, dass die Pollinia von ihrer Entstehung an orga- nisch damit verwachsen oder es nicht sind. Ich will nicht von den Fällen sprechen, wo die obre Seite des Rostellum klebrig wird, wie in Malaxis und einigen Epidendrum-Arten. und sich ohne äussre mechanische Nachhilfe an die Pollen-Massen anhängt; denn diese Fälle bieten keine Schwierigkeit und gehen stufenweise in eine andre über: sondern ich beziehe mich auf die sogenannte kongenitale Befestigung der Pollinien durch ihre Stöckchen. Doch ist es nicht genau richtig von einer kongenitalen Verbindung zwischen beiden Theilen zu sprechen, indem die Pollinien in ihrer ersten Entwickelungs-Zeit ohne Ausnahme frei sind und erst früher oder später in den verschiedenen Orchideen befestigt werden. Obwohl bis jetzt keine wirkliche Abstulung in diesem Befestigungs-Prozesse bekannt ist, so lässt sich doch nachweisen, dass er von sehr einfachen Bedingungen und Abänderungen ab- hängig ist. Bei den Epidendreen bestehen die Pollinien aus einem Ballen wachsigen Pollens mit einem langen Stöckchen (aus elastischen Fäden mit anhängenden Pollen-Körnern gebildet), das sich niemals von selbst an das Rostellum befestigt. Auf der andern Seite hat Cymbidium giganteum zwar ein kongenital be- festigtes Stöckchen, dessen Struktur jedoch wesentlich die näm- liche ist, nur mit dem alleinigen Unterschiede, dass die elasti- schen Fäden mit ihrer Basis an der obren Lippe des Rostellum ankleben statt einfach darauf zu liegen. In dem damit verwandten Oncidium unguiculatum verfolgte ich die Entwickelung der Stöckchen. In einer frühen Zeit sind die Pollen -Massen wie häutige Behälter eingeschlossen, welche bald an einer Stelle zerreissen. In dieser früheren Zeit kann man in dem Spalt einer jeden Pollen - Masse eine Lage zelliger DARWIN, Orchideen. 13 194 Materie entdecken, deren Zellen von ansehnlicher Grösse sind und eine merkwürdige opake Masse einschliessen. Diesen ein- geschlossenen Stoff kann man durch alle Abstufungen der Ent- wickelune bis zu der durchscheinenden Substanz verfolgen, welche die Fäden der Stöckchen bildet. Wie dieser Übergang weiter fortschreitet, verschwinden die Zellen. Endlich treten die Fäden, während sie mit dem einen Ende an den wachsigen Pollen an- hängen, mit dem anderen Ende in einem noch halb-füssigen Zu- stande durch die schmale Öffnung des häutigen Gehäuses hervor und befestigen sich an dem Rostellum, an welches die An- there angedrückt ist. So scheint mithin das Anhängen des Stöckchens an den Rücken des Rostellum nur von einer vor- gängigen Zerreissung des Antheren- Gehäuses und von einem schwachen Heraustreten der Stöckchen vor ihrer gänzlichen Ent- wickelung und Erhärtung abzuhängen. In allen Orchideen wird thatsächlich ein Theil des Rostellum von den Insekten mit entführt, welche die Pollinien forttragen, insoferne nämlich der Klebstoff, wenn auch angemessen als eine Sekretion bezeichnet, ein Theil des Rostellum in eimem umge- änderten Zustande ist. Aber bei denjenigen Orchideen, deren Stöckchen schon frühzeitig an das Rostellum befestigt sind, wird auch ein häutiger oder derber Theil seiner äussren Oberfläche in einem nicht modilizirten Zustande mit fortgenommen. Bei den Vandeen ist dieser Theil (Scheibe und Füsschen des Pollinium bildend) zuweilen von ansehnlicher Grösse und verleiht deren Pollinien ihren merkwürdigsten Charakter. Aber die Verschie- denheiten in Form und Grösse der entführten Theile des Schnä- belchens können selbst innerhalb der Vandeen durch schöne Ab- stufungen miteinander verbunden werden: noch viel besser aber, wenn man mit dem kleinen ovalen Haut-Alome beginnt, an wel- chem das Stöckchen der Orchis hängt, und von da zu jenem der Habenaria bifolia und der H. chlorantha mit ihren Trommel- förmigen Füsschen übergeht, und dann noch durch vielerlei Formen zu den grossen Scheiben und Füsschen von Cataselum gelangt. In allen Fällen, wo ein Theil der äussren Oberfläche des ) Schnäbelehens an den Stöckchen sitzend entführt wird, bilden sich bestimmte und oft zusammengesetzte Trennungs-Linien oder wenigstens durch eine Schwächung vorbereitet, nach deren Ver- laufe sich sodann die entfernbaren Theile leichter ablösen. Aber die Bildung dieser geschwächten Linien ist nicht viel verschieden von gewissen umschriebenen Theilen der äussren Oberfläche des Rostellum, welche in einen schon erwähnten Zustand übergehen, der zwischen unveränderter Membran und Klebstoff das Mittel hält. Die wirkliche Trennung dieser Linien hängt dann in vielen und vielleicht in allen Fällen ab von einem durch Berührung be- wirkten Reitze,. dessen Wirkungs-Weise noch zur Zeit unerklär- bar ist. Indess ist Empfindlichkeit für Berührung im Stigma (und das Rostellum ist ja nur ein modifizirtes Stigma) und gewiss in allen Vegetations-Organen ein keineswegs seltenes Attribut vieler Pflanzen. Bei Listera und Neottia platzen bei Berührung des Rostellumn, wenn auch nur durch ein Menschenhaar, zwei Punkte und augen- blicklich wird der eingeschlossene Klebstoff herausgedrängt. Hier liegt ein Fall bis jetzt ohne stufenweise Steigerung vor. Doch hat Dr. Hooxer nachgewiesen, dass die Bildung des Ro- stellum anfangs (wie in andren Orchideen auch) zellig ist und dass der ursprünglich in diesen Zellen entwickelte Klebstoff an- scheinend in einem Zustande der Spannung in Fächern zurück- gehalten wird, durch welche er auszutreten gedrängt wird, so- bald die äussre Oberfläche platzt. Eine letzte und augenfällige Verschiedenheit im Zustande des Rostellum. deren ich noch erwähnen will, beruhet bei vielen Ophryeen im Vorkommen zweier weit getrennter Klebscheiben, welche zuweilen in zwei geschiedene Taschen eingeschlossen sind. Hier scheint es anfangs, als ob zwei Schnäbelchen vorhanden wären: doch findet sich nie mehr als eine mittle Gruppe von Spiral-Ge- fässen. Bei den Vandeen lässt sich erkennen, wie etwa eime einfache Klebscheibe und ein einfaches Füsschen in zwei getheilt werden können, da in einigen Stanhopea-Arten die Herz-förmige Klebscheibe schon einen Anfang von Spaltung zeigt; und in An- graecum sehen wir zwei getrennte Scheiben und Füsschen, 13 * 196 welche entweder dicht beisammen stehen oder etwas auseinander gerückt sind. . f Man könnte glauben, dass sich eine ähnliche Stufenfolge von einem einfachen Rostellum bis zu anscheinend zwei Rostellen noch deutlicher bei den Ophryeen darstelle, wo wir folgende Reihe finden. In Orchis pyramidalis eine einfache Scheibe in einer einfachen Tasche: in Aceras zwei sich berührende und wechselseitig auf ihre Form wirkende, aber nicht wirklich zu- sammenhängende Scheiben; in Orchis latifolia und ©. maculata zwei ganz getrennte Scheiben und eine schon Spuren der Thei- lung zeigende Tasche: in Ophrys endlich zwei vollständig ge- trennte Taschen, welche daher nicht ganz getrennte Scheiben enthalten. Aber in dieser Reihe fehlen die ersten Stufen, wo durch ein einzelnes Rostellum in zwei Organe geschieden wird: sie zeigt dagegen, wie das schon zuvor in zwei Organe getrennt gewesene Rostellum in einzelnen Fällen nochmals vereinigt wer- den kann. Dieser Schluss gründet sich auf die Natur des kleinen mit- teln Kammes oder »geschnäbelten Fortsatzes« zwischen den Basen der Antheren-Fächer (S. 60, Fig. 13 D). In beiden Abthei- lungen der Ophryeen, mit nackten und mit in einer Tasche steckenden Scheiben, erscheint dieser Kamm, wo immer die zwei Scheiben dicht nebeneinander zu liegen kommen *. Wenn da- gegen die zwei Scheiben weit auseinanderstehen, so ist die Höhe des Rostellum zwischen ihnen glatt oder fast glatt. Bei der Frosch-Orchis (Peristylus viridis) ist der übergewölbte Scheitel Hausdach - förmig gestaltet, und hier sehen wir die erste Stufe zur Bildung des gefalteten Kammes. In Herminium jedoch, wel- ches zwei getrennte grosse Scheiben hat, sieht man einen derben Kamm weit deutlicher entwickelt als zu erwarten gewesen. In Gymnadenia conopsea, Orchis maculata u. a. besteht der Kamm *® Professor BABINGTON bedient sich in der dritten Ausgabe seines Ha- nual of British Botany des geschnäbelten Fortsatzes als eines Charakters zur Scheidung von Orchis, Gymnadenia und Aceras von den andern Ophryeen- Genera. Die Gruppe der eigenthümlich zum Rostellum gehörigen Spiral-Ge- fässe verläuft auf und selbst in der Basis dieses Kammes oder Fortsatzes. 197 aus einem dünnhäutigen Hute: in O. maculata kleben die zwei Seitentheile des Hutes theilweise aneinander; und in O. pyrami- dalis, ©. hircina und Aceras ist er in eine derbe Leiste verwan- delt. Diese Thatsachen werden nur von der Annahme aus be- greiflich, dass, während die zwei Scheiben in einer langen Reihe von Generationen immer näher aneinander rückten, der dazwischen gelegene oder Gipfel-Theil des Schnäbelchens sich immer mehr im Bogen wölbte bis ein gefalteter Kamm und endlich eine derbe Firste daraus wurde. Mögen wir nun die Beschaffenheit des Rostellum der ver- schiedenen Orchideen-Triben unter einander oder mögen wir sie mit Pistill und Narben gewöhnlicher Blumen vergleichen, immer bleiben die Verschiedenheiten wunderbar gross. Das einfache Pistill einer gewöhnlichen Pflanze besteht aus einem von einer kleinen klebrigen Fläche überragten Zylinder. Sehen wir nun zu, welchen Gegensatz dazu das Schnäbelchen von Catasetum bildet, wenn es von den andern Bestandtheilen der Säule ge- trennt wird. Da ich alle Gefässbündel dieser Orchidee verfolgt habe, so kann die folgende Zeichnung als fast vollkommen ge- nau gelten. Das ganze Organ hat seine normale Bestimmung der Befruchtbarkeit verloren. Seine Form ist höchst eigenthüm- lich, sein obres Ende verdeckt, übergebogen und geht in zwei lange sich allmählich verdünnende und empfindliche wie Ötter- Zähne ausgehöhlte Fühlhörner über. Hinter und zwischen den Basen dieser Fühlhörner sehen wir die grosse Klebscheibe, welche sich durch ihre Struktur von dem darunter liegenden Theile des Rostellum unterscheidet und n - » Schnäbelchen von Catasetum. durch eine Schicht hyalinen und sich von selbst auflösenden Ge- «z Fühlhörner des Rostellum. e G £ d Klebscheibe. webes davon getrennt wird. Die ped Füsschen, woran die Pollen-Massen sitzen. 198 Scheibe, welche mit den sie umgebenden Theilen durch eine in Folge von Berührung zerreissliche Membran zusammenhängt, be- steht aus einem starken obren Gewebe, und aus einem darunter gelegenen elastischen und mit Klebstoff überzogenen Kissen, wel- ches bei den meisten Orchideen wieder mit einem Häutchen von abweichender Beschaffenheit überdeckt ist. Wahrlich eine weit- gehende Spezialisirung von Theilen! Nachdem wir nun in den verhältnissmässig wenigen in diesem Buche beschriebenen Orchi- deen so viele und so deutlich ausgesprochene Abstufungen in der Struktur dieses Organes und so bequeme Wege zur Um- wandlung des obren Pistills in ein Rostellum gefunden, kann es uns durchaus nicht ınehr unglaublich vorkommen, dass, wenn wir alle Orchideen , die jemals auf der Erd-Oberfläche existirt haben — , beisammen hätten, wir im Stande seyn würden, alle Lücken in der Kette der bestehenden sowohl als in der vieler verloren gegangenen Ketten auszufüllen im Stande seyn würden. Wir kommen nun zur letzten grossen Eigenthümlichkeit der Orchideen, nämlich zu ihren Pollen-Massen. Die Antheren öffnen sich frühzeitig und lagern oft die nackten Pollinien am Rücken des Schnäbelchens ab. Diese Thätigkeit findet schon ein Vorbild in Canna, einem Gliede der den Orchideen am nächsten ver- wandten Familie, wo der Pollen am Pistill der Narbe abgela- gert wird. Im Zustande des Pollens ist ein grosser Unterschied. Bei der vom allgemeinen Typus abweichenden Sippe Cypripedium liegen einzelne Körner in eine klebrige Flüssigkeit eingebettet: in allen anderen Orchideen * aber (mit Ausnahme der herabge- bildeten Cephalanthera) besteht jedes Pollen-Korn aus vier ver- einigten Körnchen **. Diese zusammengesetzten Körner sind “ Ich finde jetzt, dass bei mehren, vielleicht bei den meisten der Are- thuseen — eine Sippe, zu deren Untersuchung ich, wie schon erwähnt, bis in die jüngste Zeit keine Gelegenheit hatte, — die Pollen-Körner einfach, d.h nicht aus drei oder vier Körnchen zusammengesetzt sind. (Nachtrag vom Juli 1862.) ** In mehren Fällen sah ich vier von den vier Körnchen ausgehende Köhrchen. In einigen halb-monssrösen Blüthen von Malaxis paludosa, Ace- ras anthropophora und in vollständigen Blüthen von Neottia nidus-avis sah ich Röhrchen von den Pollen-Körnern ausgehen, während diese noch in der 199 durch elastische Fäden miteinander verkettet oder sind durch irgend eine unbekannte Substanz zu sogenannten Wachs-Massen verkittet. Die Wachs-Massen sind bei den ÖOphryeen zahlreich; sie gehen bei den Epidendreen und Vandeen von 8 auf 4, auf 2 und durch das Zusammenhängen dieser zwei endlich auf eine einzige Masse zurück. Bei den Epidendreen kommen beide Pollen-Arten miteinander in der nämlichen Anthere vor: Wachs- Massen nämlich mit Stöckehen, welche aus elastischen Fäden und vielen daran-hängenden zusammengesetzten Körnern bestehen. Ich kann nichts zur Aufhellung der Natur dieses in Wachs- Massen vereinigten Pollens beitragen. Wenn man sie drei bis vier Tage in Wasser legt, so fallen die zusammengesetzten Körner leicht aus einander; aber die sie zusammensetzenden Körnchen bleiben noch in festem Zusammenhang mit einander, so dass die innere Beschaffenheit des Zusammenhanges bei beiden verschieden ist. Auch die elastischen Fäden, wodurch die Pollen- Päckchen der Ophryeen miteinander verkettet werden, und welche im In- nern der Wachs-Massen der Vandeen weit fortlaufen, sind von andrer Natur; denn sie werden von Chloroform und durch langes Eintauchen in Weingeist angegriffen, während diese Flüssigkeiten keine besondre Wirkung auf den Zusammenhang der Wachs- Massen äussern. In verschiedenen Epidendreen und Vandeen sind die äusseren Pollen-Körner dieser Massen von der inneren Anthere und noch nicht in Berührung mit der Narbe waren. Ich habe Diess der Erwähnung werth erachtet, weil R. BROWN (Linn. Transact. XVI, 729) offenbar mit einiger Überraschung berichtet, dass er noch in der Anthere einer abgewelkten Asclepias-Blüthe Pollen mit davon auslaufenden Röhr- chen gesehen habe. Diese Fälle zeigen, dass die hervortretenden Röhr- chen wenigstens im Anfange auf Kosten des Inhaltes der Pollen - Körner gebildet werden. ä Da ich von den monströsen Aceras-Blüthen gesprochen, so will ich hinzufügen, dass ich mehre dergleichen untersucht, welche meistens die un- terste Stelle in der Blüthe einnahmen. Ihr Lippchen war kaum entwickelt und dicht an die Narbe gedrückt. Das Rostellum war nicht entwickelt, so dass die Pollinien keine Klebscheiben hatten; aber das Merkwürdigste war, dass die zwei Antheren-Fächer, offenbar in Folge der Stellung des ver- kümmerten Lippchens,, weit auseinandergetreten und durch eine Connectiv- Haut fast so breit wie in Habenaria chlorantha mit einander verbunden waren, v 200 verschieden, grösser, mil gelberen und dickeren Wänden. So- mit finden wir auch im Inhalte eines einzelnen Antheren-Faches einen überraschenden Grad von Differenzirung der Pollen-Struktur, nämlich: Körnchen, welche wahrscheinlich in Folge ihrer frühesten Entwickelungs-Weise zu vieren zusammenhängen, — und zusam- mengesetzte Körner, welche theils durch Fäden miteinander ver- kettet und theils miteinander verkittet, und wobei wieder die äusseren Körner von den inneren verschieden sind. Bei den Vandeen wird das Stöckchen, welches aus freien zusammenhängenden Fädchen besteht, aus dem halbflüssigen In- halte einer Zellenhaut - Schicht entwickelt. Da das Chloroform eine eigenthümliche und kräftige Wirkung auf die Stöckchen aller Orchideen und eben so auf den die Pollen-Körner von Cypripedium einhüllenden Klebstoff äussert, welcher sich leicht in Fäden aus- ziehen lässt, so kann man der Vermuthung Raum geben, dass uns in dieser einfacheren Orchidee die ursprüngliche Beschaffenheit der elastischen Fäden vorliege, durch welche die Pollen-Körner in so vielen anderen höher entwickelten Orchideen miteinander verkettet werden *., Wenn das Stöckchen wohl entwickelt und ohne Pollen-Körner * AUGUST DE SAINT-HILAIRE sagt 1841 in seinen Legons de Bota- nique p. 447, dass die elastischen Fäden schon theilweise in der ersten Knospe nach den Pollen-Körnern als eine diek-rahmige Flüssigkeit gebildet worden sind. Er fügt hinzu, dass ihn seine Beobachtungen an Ophrys apifera gelehrt haben, dass diese Flüssigkeit vom Rostellum abgesondert und langsam, Tropten um Tropten, in die Anthere gedrängt werde. Rührte diese Versicherung nicht von einem so ausgezeichneten Gewährsmanne her, so würde ich ihrer nicht erwähnt haben: gewiss ist sie irrig. Ich öffnete die Anthere aus der Blumen -Knospe von Epipaectis latifolia, während sie noch ganz geschlossen und frei vom Rostelltm war, und fand die Pollen- Körner durch elastische Fäden verkettet. Cephalanthera grandiflora hat kein Rostellum , um die dieke Flüssigkeit abzusondern,, und doch werden ihre Pollen- Körner durch dieselbe vereinigt. In einer monströsen Orchis pyramidalis waren die Öhrchen oder verkümmerten Antheren zu beiden Seiten der fruchtbaren Anthere theilweise entwickelt und stunden ganz an einer Seite von Rostellum und Stigma:; da fand ich in einem dieser Öhrchen ein deutliches Stöckchen (natürlich ohne Klebscheibe am Ende). und dieses Stöckchen kann doch unmöglich vom Stigma sezernirt worden seyn. So könnte ich noch weitre Belege aufzählen; doch mag es nicht mehr nöthig seyn. 201 ist, so bildet es die auffallendste Eigenthümlichkeit der Pollinien. Bei einigen Neottieen und namentlich bei Goodyera sehen wir es in windendem Zustande, gerade wie es über die Pollen - Masse hervortritt und mit nur theilweise zusammenfliessenden Fäden. Verfolgt man bei den Vandeen die Übergänge von der gewöhn- liche nackten Beschaffenheit des Stöckehens an durch Lycaste, wo es grösstentheils nackt, dann durch Calanthe bis zu Cymbi- dium giganteunı, wo es mit Pollen-Körnern bedeckt ist, so wird es wahrscheinlich, dass seine gewöhnliche Beschaffenheit durch Modifikation eines dem der Epidendreen ähnlichen Pollinium ent- standen ist, nämlich durch Absorption der Pollen-Körner, welche ursprünglich an getrennten elastischen Fäden hingen, und durch die Verschmelzung dieser Fäden. Bei den Öphryeen finden wir noch bessre Beweise, als den bloss von den Abstufungen entnommenen, dass das lange starre und nackte Stöckchen theilweise auf diese Art entstanden ist. Ich habe oft ein trübes Aussehen in der Mitte durchscheinender Stöckchen wahrgenommen, und nachdem ich solche der Orchis pyramidalis sorgfältig geöffnet, sah ich mehrmals in deren Achse abwärts auf halbem Wege zwischen den Pollen-Päckchen und der Klebscheibe einige, wie gewöhnlich viertheilige Pollen - Körner ganz lose liegen. Diese Körner können ihrer eingebetteten Lage nach niemals auf eine Narben-Fläche gelangen und sind daher ganz nutzlos. Wer die Überzeugung hegt, dass auch ganz zweck- lose Organe einzeln geschaffen worden seyen, wird auf diese Thatsache nicht viel Werth legen. Wer dagegen an die allmäh- lige Umänderung organischer Wesen glaubt, kann nicht über- rascht seyn zu sehen, dass der Umwandlungs-Prozess nicht immer ein vollständig wirksamer gewesen ist, und dass während und nach den vielen stufenweisen Fortschritten von Abortus der un- teren Pollen-Körner und von Verschmelzung der elastischen Fäden sich noch mitunter da, wo früher Pollen-Körner erzeugt worden sind, eine Neigung zur Hervorbringung solcher Körner vorfindet, welche dann zwischen den zusammengeflossenen Fäden des Stöck- chens verwickelt hängen bleiben müssen. Er wird die kleinen von losen Pollen-Körnern in den Stöckchen der Orchis pyrami’ 202 dalis herrührenden Nebel als gute Beweise betrachten, dass die Pollen-Masse ihrer Stammform ursprünglich der von Epipactis oder Goodyera gleich und dass die Körner langsam aus den un- teren Theilen der Masse verschwanden mit Hinterlassung nur der nackten elastischen Fäden, welche bereit waren in ein wahres Stöckchen zu verschmelzen. Da das Stöckchen, seye es nun nach Verschiedenheit der Arten, länger oder kürzer, wesentlich bei der Befruchtung der Blüthen mitwirkt, so muss es sich offenbar aus einem werden- den Zustande , worin es bei Epipactis erscheint, durch fortwäh- rende Erhaltung zufällig eingetretener Verlängerungen entwickelt haben, von welchen jede in Bezug auf andere Umänderungen in der Blumenbildung nützlich gewesen ist. Doch können wir aus den mitgetheilten Thatsachen entnehmen, dass Diess nicht der einzige Weg zur Heranbildung gewesen ist, indem das Stöck- chen viel von seiner Länge auch der Verkümmerung der untren Pollen-Körner verdankt. Dass es nachher in einigen Fällen noch viel durch natürliche Züchtung an Länge gewonnen habe, ist höchst wahrscheinlich; denn in Bonatea speciosa ist das Stöckchen jetzt über dreimal so lang als die verlängerten Massen von Pollen- Körnern, und es ist unwahrscheinlich, dass eine so verlängerte Masse nur schwach zusammenhängender Körner existirt haben solle, indem ein Insekt Pollen- Massen von solcher Form und Grösse nicht mit Sicherheit zu entführen und auf ein Stigma zu übertragen im Stande gewesen seyn würde. Wir haben bisher die Abstufungen in der Beschaffenheit eines und desselben Organes betrachtet. Für Jemanden, der viel mehr Kenntnisse als ich besitzt, müsste es eine ansprechende Aufgabe seyn, in dieser grossen und eng-verketteten Ordnung, so weit als möglich auch die Abstufungen zwischen den verschie- denen Arten und Arten-Gruppen zu verfolgen. Um eine voll- ständige Stufenreihe herzustellen, müsste man alle erloschenen Formen, welche jemals bestanden haben, in von einem gemein- samen Stammvater der ganzen Ordnung auseinanderlaufende Reihen ordnen. Nur in Folge unsrer Unkenntniss von diesen 203 erloschenen Forinen und der hiedurch verursachten weiten Lücken in diesen Reihen sind wir im Stande alle lebenden Arten in umschriebene Gruppen, in Genera, Familien und Tribus zu ord- nen. Hätte daher kein Erlöschen stattgefunden, so würde es nochejetzt grosse Linien oder Äste mit eigener Entwickelung geben. Die Vandeen z. B. würden sich noch als eine grosse Masse von der grossen Masse der Ophryeen unterscheiden ; aber alte und miltelzeitliche Formen, wahrscheinlich sehr verschieden von ihren jetzigen Abkömmlingen, würden es dann ganz unmög- lich machen die eine dieser grossen Massen von der andern durch scharfe Charakteristik zu unterscheiden. Ich will nur einige Bemerkungen versuchen. Cypripedium mit seinen drei Narben und mithin ohne Rostellum, mit seinen zwei fruchtbaren Antheren und dem grossen Rudimente einer dritten und mit dem verschiedenen Zustande seines Pollens scheint direkt noch aus der Zeit abzustammen, wo der Blüthen-Bau noch in seinem einfachsten Zustande war. Apostasia ist eine ver- wandte Sippe, welche R. Brown unter die Orchideen versetzt, Lispoiey aber zu einer eigenen kleinen Familie erhoben hat. Diese unterbrochenen Gruppen zeigen uns nicht den Bau der gemeinsamen Stamm-Form aller Orchideen, sondern wahrschein- lich den Zustand der Ordnung in alten Zeiten, wo die Formen noch nicht unter sich so weit auseinandergelaufen und noch nicht so weit von den andren Pflanzen zurückgewichen waren, wie Diess mit den jetzigen Orchideen und zumal den Vandeen und Ophryeen der Fall ist: wo sich’ mithin auch die Ordnung in allen ihren Charakteren noch näher an manche andre verwandte Gruppen, wie z.B. die Marantaceen, anschloss. Was die andern Orchideen betrifft, so lässt sich erkennen, dass eine alle Form etwa wie unsre jetzigen Pleurothalliden be- schaffen, welche zum Theil Wachs-artige Pollen-Massen mit einem kleinen Stöckchen besitzen, einerseits durch gänzliche Verküm- merung des Stöckehens zu den Dendrobiiden und durch eine Vergrösserung desselben zu den Epidendreen führen würden. Cymbidium lehrt uns, auf welch’ einfache Weise eine Form ähn- lich unsren jetzigen Epidendreen zu einer der Vandeen-Formen 204 umgewandelt werden könne. Die Neottieen stehen in einer fast ähnlichen Beziehung zu den Ophryeen, wie die Epidendreen zu den Vandeen. In gewissen Neottieen-Sippen sind die Pollen- Körner zu Päckchen verkittet, welche durch elastische Fäden mit einander verbunden sind, die in Form eines in Entwickelung be- griffenen Stöckchens vorragen. Aber dieses Stöckchen entspringt nicht wie bei den Ophryeen aus dem unteren Ende des Pollinium, noch immer bei den Neottieen aus dem äussersten obren Ende, so dass ein Übergang in dieser Hinsicht keineswegs als eine Unmöglichkeit erscheint. In Spiranthes, wo der mit Klebstoff überzogene Rücken des Rostellum allein entführt wird, ist der Vordertheil häutig und platzt gleich dem Beutel-förmigen Rostel- lum der Ophryeen. Eine alte Form, welche die meisten Cha- raktere von Goodyera, Epipactis und Spiranthes, nur mit einem minder entwickelten Grade miteinander verbände, würde durch weitre kleine Abänderungen zur Entstehung der ganzen Tribus der Ophryeen führen. Kaum ist eine Frage in der Natur-Geschichte unsichrer und schwieriger zu entscheiden als die, welche der eine grössere Gruppe zusammensetzenden Formen als die höchste zu betrachten seye *, indem ja alle ihren Lebens-Bedingungen vortrefflich an- gepasst sind **,. Wenn wir den Verlauf allmähliger Abänderung mit beständiger Differenzirung der Theile und demgemäss_ stei- gender Zusammengesetztheit des Baues zum Maassstabe bei der Vergleichung wählen, so würden die Ophryeen und Vandeen am höchsten stehen. Legen wir aber mehr Gewicht auf die Grösse und Schönheit der Blumen und der ganzen Pflanze, so überragen * Die vollständigste und passendste Erörterung dieser Frage ist in H. (4. BRONN’S, Preisschrift über die Entwickelungs- Gesetze der organischen Welt 1858 zu finden, die ich in der Französischen Original-Ausgabe in den "omptes rendus, Supplement, vol. II, p. 520 gelesen habe. [Dort findet sich jedoch nur eine kurze Übersicht. Die ausführliche Entwickelung des Gegenstandes ist in desselben Verfassers »morphologischen Studien 1859« gegeben. ] ** Aber die höchste Entwickelungsstufe besteht ja nicht in der An- passung an die Lebensbedingungen, sondern in der Fähigkeit zu den höchsten Lebens-Verrichtungen. D. Übers. 205 die Vandeen alle übrigen. Sie haben auch zusammengesetztere Pollinien oft mit nur zwei Pollen-Massen. Anderseits hat das Schnäbelchen der Ophryeen offenbar mehr Abänderung seiner ursprünglichen Narben-Natur erfahren, als das der Vandeen. In allen Ophryeen sind die Antheren des inneren Wirtels fast gänzlich unterdrückt und nur die Öhrchen oder Rudimente von Rudimenten sind zurückgeblieben; die Antheren haben mithin eine grössre Summe von Abänderung erfahren. Kann denn aber eine solche Unterdrückung als ein Zeichen höherer Stellung betrachtet werden *? Ich bezweifle, ob irgend ein Glied der Örchideen-Ordnung: tiefer eingreifende Abänderung des ge- sammten Baues erlitten habe, als Bonatea speciosa, eine der Ophryeen. So kann keine Befruchtungs-Einrichtung auch in der- selben Tribus vollkommener seyn als die bei Orchis pyramidalis. Dennoch veranlasst mich ein unbestimmtes Gefühl die Vandeen obenan zu stellen. Und wenn wir in dieser Tribus selbst Cata- setum mit ihrem sorgfältig ausgedachten Mechanismus für die Ausschleuderung und Übertragung der Pollinien, mit ihrem so wunderbar abgeänderten empfindlichen Rostellum, mit den auf verschiedene Pflanzen vertheilten Geschlechtern betrachten, so möchten wir diesem Genus vielleicht den Preis zuerkennen. Noch möchten einige Punkte von allerlei Art, welche bis jetzt nicht passend in die Erörterung hereingezogen werden konnten, einige Beachtung verdienen. Und zwar zuerst der Mechanismus, wodurch die Pollinien so vieler Orchideen niedergedrückt werden oder sich senken, wenn sie von ihren Befestigungs-Stellen weg- geführt und einige Sekunden lang der Luft ausgesetzt werden, Diess rührt immer von der Zusammenziehung eines Theiles, und zwar mitunter wie in Orchis eines äusserst kleinen Theiles der * Wenn die Unterdrückung eines Theiles in Mehrzahl vorhandener Or- gane (»Reduktion der Zahl«) darum stattfindet, weil oder damit die wenigen noch übrig bleibenden dann ihre Funktion vollkommner verrichten als zu- vor, so ist Diess gewiss das ächteste Siegel höherer Stellung — so weit solche nach einem einzelnen Charakter allein beurtheilt werden kann. D. Übers. 206 äusseren Oberfläche des Schnäbelchens her, welcher eine häutige Beschaffenheit behalten hat. Diese Haut ist, wie wir gesehen, auch für eine Berührung empfindlich. In einer Maxillaria zieht sich die Mitte des Füsschens und in Habenaria das ganze Trom- mel-förmige Füsschen zusammen. In allen andern von mir un- tersuchten Arten liegt der Zusammenziehungs -Punkt entweder dieht an der Befestigungs-Fläche des Stöckchens an die Kleb- scheibe, oder am Vereinigungs - Punkte des Füsschens mit der Scheibe; aber beide, Scheibe und Füsschen, sind Theile der äus- seren Oberfläche des Rostellum. Ich lasse hier diejenigen Be- wegungen gänzlich ausser Betracht. welche bei den Vandeen nur von der Elastizität der Pollinien abhängen. Die lange Streifen -förmige Klebscheibe von Gymnadenia conopsea ist wohl geeignet, den Mechanismns der Niederdrückung oder Senkung der Pollinien zu zeigen. Das ganze Pollinium so- wohl in seiner aufrechten wie in seiner (nicht ganz) niederge- drückten Stellung ist bereits S. 50, Fig. 10 dargestellt wor- den. In der hier gegebenen i Fig. 34 sieht man zuerst die ee — stark vergrösserte Scheibe nach Scheibe von @ymnadenia conopsea. Entfernung des Stöckchens, von oben in nicht zusammengezoge- nem Zustande: darunter steht ein Längsdurchschnitt der nicht zusammengezogenen Klebscheibe mit der Basis des aufrecht dar- auf stehenden Stöckehens. Am breiten Ende der Scheibe ist eine tiefe Halbmond-förmige Einsenkung begrenzt von einer nie- drigen aus verlängerten Zellen bestehenden Erhöhung. Das Ende des Stöckchens ist an den Steilabfall dieser Erhöhung gegen die Einsenkung hin befestigt. Wenn nun diese Scheibe der Luft etwa 30 Sekunden lang ausgesetzt wird, so zieht sich die Er- höhung zusammen und senkt sich flach nieder. indem sie das Stöckchen mit sich zieht. Legt man alsdann die Scheibe ins. Wasser, so steigt die Erhöhung auls Neue empor, um, sodann an die Luft gesetzt, wieder zu sinken: aber sie thut Diess 207 jedesmal in etwas schwächerem Grade. Mit jeder Senkung und Hebung des Stöckchens senkt und hebt sich auch das ganze Pollinium. Dass die bewegende Kraft allein in der Oberfläche des Ro- stellum liege, ist an der Sattel-förmigen Scheibe von Orchis py- ramidalis leicht zu erkennen. Denn als ich die ansitzenden Stöckchen sowohl als die Klebstoff-Schicht von seiner Unterseite unter Wasser abgelöst und es dann der Luft ausgesetzt hatte, erfolgte seine eigene Zusammenziehung augenblicklich. Die Scheibe besteht hier aus mehren Schichten kleiner Zellen (und Diess ist, wie ich glaube, auch bei der von Gymnadenia der Fall), welche man an solchen Exemplaren, die in Weingeist auf- bewahrt worden, am besten unterscheidet, weil ihr Inhalt hie- durch opaker geworden ist. Die Zellen in den Seitenlappen des Sattels sind etwas verlängert. So lange der Sattel feucht ge- halten wird. ist seine Oberseite beinahe eben: wird er aber der Luft ausgesetzt (S. 14, Fig. 3 E), so zieht sich die Oberfläche unmittelbar unter dem Anheftungs-Punkte des abgestutzten Endes jedes Stöckchen zusammen und wird schief; und ebenso ent- stehen zwei Thälchen ‚vor den beiden Stöckchen. In Folge dieser Zusammenziehung sinken die Stöckchen um, fast in der näm- lichen Weise, als ob man Gräben vor zwei aufrechtstehenden Pfählen zöge und zugleich den Grund unter denselben unterhöhlte. So viel ich bemerkt habe, verursacht eine analoge Zusammen- ziehung das Umsinken der Pollinien in Orchis masecula. Einige Pollinien, die schon seit Monden mit Gummi auf Pa- pier aufgeklebt gewesen, richteten sich, als ich sie ins Wasser setzte. zuerst auf und begannen dann ihre Senkungs-Bewegung: und ein frisches Pollinium, welches abwechselnd befeuchtet und wieder der Luft ausgesetzt wird, kann dadurch veranlasst werden, sich mehrmals zu heben und zu senken. Ehe ich diese That- sachen ermittelt, welche diese Bewegung als eine hygrometrische zu erweisen scheinen, hielt ich dieselbe für eine vitale und stellte Versuche an mit Chloroform und Blausäure und Lauda- num; aber diese Reagentien hemmten die Bewegung in keiner Weise. Und doch ist es eine sehr schwierige Sache sich eine 208 solche Bewegung durch rein hygrometrische Einwirkungen klar zu machen. Die Lappen des Sattels der Orchis pyramidalis (S. 14, Fig. 3 D) rollen sich binnen neun Sekunden vollständig ein, was für einen blossen Verdunstungs- Akt ausserordentlich rasch ist: und es ist die Unterseite. welche sich so rasch ein- rollt und mithin eben so sehnell vertrocknet seyn müsste. Diess kann aber nicht stattfinden. da sie mit einer dicken Klebstoff- Schicht bedeckt ist; nur die Ränder des Sattels könnten mög- licher Weise in diesen neun Sekunden etwas abtrocknen. Legt man die Sattel-förmige Scheibe in Weingeist, so zieht sie sich kräftig zusammen, und legt man sie ins Wasser, so öffnet sie sich wieder. Diess sieht nicht aus, als ob der Vorgang ein rein hygrometrischer wäre. Mag aber dann die Ursache der Zusam- menziehung eine hygrometrische oder eine endosmolische oder irgend welche andre seyn. so bleiben doch die dadurch veran- lassten Bewegungen zur Senkung der Pollinien in jeder Spezies auf so bewundernswerthe Weise geregelt, dass die Pollen-Massen, wenn sie durch Insekten von Blume zu Blume getragen werden, in die geeignete Stellung gelangen müssen, um auf die Narben- Fläche zu treffen. Diese Bewegungen würden ganz nutzlos seyn, wenn nicht die Pollinien zuvor in einförmiger Stellung gegen die Blume so an das Insekt befestigt worden wären, dass sie durch ihre Sen- kung unabänderlich eine Richtung gegen die Narbe erhielten; und Diess setzt die Nothwendigkeit voraus, dass die Insekten alle Blüthen derselben Art auf gleiche Weise besuchen. Daher muss ich ein paar Worte über die Kelch- und Kronen-Blätter sagen. Ihre ursprüngliche Bestimmung ist ohne Zweifel die Fruktifikations-Organe in der Knospe zu beschützen: und selbst nachdem sich die Blume schon vollständig entfaltet, fahren das obre Kelch- und die zwei obren Kronen -Blätter oft noch fort Diess zu thun. Man kann nicht daran zweifeln, dass dieser Schutz noch immer ihre Aufgabe ist, wenn man sieht, wie in Stelis die Kelchblätter die Blume nach ihrem Aufgehen so sauber einschliessen und schützen: wie in Masdevallia die Kelchblätter so zusammenkleben. dass sie nur zwei kleine Fenster offen lassen; 209 und wie sich in den bereits aufgegangenen Blüthen von Bolbo- phyllum nach einiger Zeit der Mund der Narben-Kammer schliesst. Analoge Thatsachen lassen sich auch von Malaxis, Cephalanthera u. a. Genera anführen. Aber der von dem obren Kelchblatt und den zwei obren Kronen-Blättern gebildete Hut schützt nicht allein die Blume, sondern nöthigt auch die Insekten von vornher in die Blume einzugehen. Ich bin keineswegs geneigt, E. K. Sprenger’s Meinung *, dass die glänzende und augenlällige Färbung der Blumen die Insekten aus einiger Entfernung anzulocken diene, für eine grillenhafte Vorstellung zu erklären; doch haben einige Orchideen allerdings sehr unansehnliche und grünliche Blumen, vielleicht um irgend einer Gefahr zu entgehen. Viele dieser nicht in die Augen fallenden Blumen haben jedoch einen sehr starken Geruch, welcher ebenfalls Insekten anzuziehen geeignet ist. Aber das Labellum ist bei Weitem das wichtigste unter allen Theilen der Blüthenhülle. Es sondert Nectar ab und sammelt ihn oft in einem eigenen Behälter: oder es’ ist fleischig und mit Aus- wüchsen versehen, wahrscheinlich um Insekten anzuziehen, denen er als Nahrung dient. Übten diese Blumen nicht irgend eine Anziehungs-Kraft aus, so müssten sie beständig unfrnchtbar seyn. Das Lippchen steht immer vor dem Rostellum und sein vorderer Theil dient, wie ich gesehen habe, den nothwendigen Besuchern oft als Landungsplatz. In Epipactis palustris ist dieser Theil biegsam und elastisch und nöthigt wahrscheinlich die sich zurück- ziehenden Insekten am Rostellum anzustreifen: bei Cypripedium ist dieses Ende wie das eines Pantoffels zurückgebogen und nöthigt das Insekt seinen Rüssel über und dicht an der Anthere * Dieses Schriftstellers eigenthümliches Werk mit seinem eigenthüm- lichen Titel »das entdeckte Geheimniss der Natur« wird oft geringschätzig beurtheilt. Er war ohne Zweifel ein Enthusiast und hat wohl auch einige seiner Ideen zu einer ausserordentlichen Länge ausgesponnen. Doch habe ich mich mittelst meiner eignen Beobachtungen überzeugt, dass es einen grossen Schatz von Wahrheit enthält. Und schon vor Vielen sprach Roß. BROWN, vor dessen Urtheil sich alle Botaniker neigen, nur mit hoher Ach- tung davon und bemerkt, dass nur Diejenigen darüber lachen können, welche nicht viel von der Sache verstehen. DARWIN, Orchideen. 14 210 einzuschieben. In älteren Blüthen von Spiranthes entfernt sich das Lippchen von der Säule und lässt einen weiteren Eingang für die sichere Einführung der auf dem Rüssel einer Biene be- festigten Pollinien. In gewissen ausländischen Orchideen klappt sich das Lippchen plötzlich zusammen und schliesst das Insekt wie in einen Behälter ein. Bei Mormodes ignea schwebt es am Scheitel der Columna, und hier landen die Insekten an und be- rühren das empfindliche Antheren-Gelenke. Das Lippchen ist oft tief ausgehöhlt oder mit Erhabenheiten versehen, welche die Insekten in die gehörige Richtung lenken, oder ist dicht gegen die Säule gedrängt und schliesst sich in zahlreichen Fällen in der Weise nahe an dieselbe an, dass die Blume röhrenförmig wird. Durch diese manchfaltigen Mittel werden die besuchenden Kerbthiere genöthigt an das Schnäbelchen anzustossen. Inzwischen dürfen wir doch nicht annehmen, dass jede Einzelnheit im Baue des Lippchens auch nothwendig eine nützliche seye; denn so z. B. scheint ein Theil seiner aussergewöhnlichen Form in Sar- canthus eine Folge davon zu seyn, dass es sich in der Knospe in dichter Anlagerung an das eigenthümlich gestaltete Rostellum entwickeln müsste. In Listera ovata steht das Labellum weit von der Säule ab; aber seine Basis ist so schmal, dass die Insekten genau unter der Seite des Rostellum stehen müssen. In andren Fällen, wie in Stanhopea und Phalaenopsis, ist es mit emporgerichteten Basal- Lappen versehen, welche offenbar als seitliche Zulenker dienen. In einigen Geschlechtern, wie in Malaxis, sind die zwei oberen Kronenblätter rückwärts aus dem Wege gebogen; und in andern, wie in Acropera, Masdevallia und einigen Bolbophyllum - Arten dienen dieselben Blätter offenbar als Seiten-Schranken, welche die besuchenden Insekten nöthigen ihren Rüssel gerade vor dem Ro- stellum stehend einzusenken. In noch andern Fällen endlich dienen aus den Rändern des Clinandrium oder von den Seiten der Columna ausgehende Flügel als seitliche Wegweiser sowohl bei der Entführung der Pollinien als bei ihrer nachherigen Ein- führung in die Narben-Höhle. Es kann daher kein Zweifel mehr übrig bleiben. dass die Kelch- und Kronen-Blätter wie die Über- 211 reste der Anthere, abgesehen vom Schutze der Knospe , auch noch mancherlei andre Dienste leisten. Die letzte Aufgabe der ganzen Blume mit allen ihren Theilen ist Saamen hervorzubringen , und diese werden von den Orchi- deen in überflüssiger Menge gebildet. Diess ist freilich nichts, was diese Ordnung höher stellte; denn die Erzeugung einer fast unbegrenzten Menge von Eiern oder Saamen ist unzweifelhaft ein Zeichen niedrigerer Organisation. Dass eine, nicht einjährige, Pflanze dem Untergange in irgend einer Zeit ihres Lebens regel- mässig nur durch Bildung einer ausserordentlichen Menge von Saamen oder Säämlingen entrinnen könne, deutet Armuth an zweckmässiger Einrichtung überhaupt oder Mangel angemessenen Schutzes gegen irgend eine besondre Gefahr an. Begierig die Zahl der von Orchideen hervorgebrachten Saamen genauer kennen zu lernen, nahm ich eine reife Saamenkapsel der Cephalanthera grandiflora, ordnete ihre Saamen so gleichförmig als möglich in einen langen mit dem Lineal geordneten Hügel und zählte dann die auf einen Zehntelszoll seiner Länge kommenden Saamen. Es waren ihrer 83, woraus sich für die ganze Kapsel 6020 und für die 4 Kapseln der ganzen Pflanze 24000 Saamen berechneten. In gleicher Weise die kleineren Saamen der Orchis maculata schätzend fand ich eine ungefahr gleich grosse Anzahl, nämlich 6200 in einer Kapsel, und da ich oft über 30 Kapseln an einen: Stocke gezählt, so erreicht die Gesammtzahl, welche eine so kleine Pflanze hervorbringen kann, die erstaunliche Höhe von 186,300 Saamen. Da nun diese Orchis perennirend ist und an den meisten Stellen nicht in Zunahme begriffen seyn dürfte, so ergibt sich, dass aus dieser ungeheuren Anzahl nur einer alle paar Jahre eine reife Pflanze hervorbringt. Unter vielen Saamen der Cephalanthera, die ich untersucht, schienen nur sehr wenige taub zu seyn. Um eine Vorstellung von der wirklichen Bedeutung der obi- gen Ziffern zu geben, will ich nur kürzlich das mögliche Zahlen- zunahme - Verhältniss für Orchis maculata berechnen. Ein Acre Landes würde 174240 Pflanzen jeder einen Flächenraum von 6 Quadratzoll darbieten, was schon weniger ist als sie bedürfen, 14 * 212 um nebeneinander fortzuwachsen, so dass, wenn auch 12000 taube Saamen darunter sind, die Nachkommenschaft einer Pflanze genügen würde einen Acker dicht zu bestocken. Bei gleichem Fortschritte der Vermehrung würden die Enkel schon einen Raum etwas grösser als die Insel Anglesea bedecken und die Urenkel einer einzelnen Pflanze nahezu die ganze Erd- Oberfläche (näm- lich 0.94 derselben) mit einem gleichförmigen grünen Teppich überziehen. Was diese unbegrenzte Vermehrung hemme, lässt sich nicht angeben. Die kleinen Saamen in ihren leichten Hüllen sind zur weiten Ausstreuung wohl geeignet, und ich habe verschiedene Male in meinem Grasgarten sowie in einem erst kürzlich ge- pflanzten Gehölze Säämlinge getroffen, welche aus einer kleinen Entfernung gekommen seyn müssen, Dennoch ist es eine be- kannte Thatsache, dass die Orchideen spärlich verbreitet sind. So z. B. ist der Bezirk, wo ich wohne, ein für diese Ordnung sehr günstiger, indem im Umkreise von einer Englischen Meile um mein Haus neun Genera mit dreizehn Arten wachsen, unter welchen aber nur Orchis morio häufig genug ist, um eine augen- fällige Stelle in der Pflanzenwelt einzunehmen, und in gerin gerem Grade etwa noch OÖ. maculata in offenen Waldgründen, Wenn man die meisten andern Arten auch nicht gerade als selten bezeichnen kann, so stehen sie doch nur zerstreut, und doch müsste jede derselben, wie wir eben gesehen, unmittelbar das ganze Land bedecken, wenn nicht fortwährend eine unge- heure Menge ihrer Saamen oder Säämlinge zerstört würde. Ich bin nun mit diesem schon zu lange gewordenen Buche nahezu am Ende. Es ist, wie ich glaube, gezeigt worden, dass die Orchideen eine fast unendliche Manchfaltigkeit schöner An- passungen darbieten. Wenn dieser oder jener Theil als einem besondren Zweck entsprechend eingerichtet ist bezeichnet wor- den, so darf man doch nicht unterstellen, dass er ursprünglich immer nur für diesen Zweck allein bestimmt gewesen ist. Der regelmässige Hergang der Sache scheint der zu seyn, dass ein ursprünglich nur zu einem Zwecke dienendes Organ durch lang- same Abänderung auch ganz andren Bestimmungen angepasst 213 werden kann. Um ein Beispiel anzuführen. so dient in allen Ophryeen das lange und fast steife Stöckchen offenbar dazu die Pollen - Körner an die Narbe anzuheften, wenn das Pollinium einem Insekte aufsitzend von Blume zu Blume geführt wird; und die Anthere öffnet sich weit, damit das Pollinium leicht heraus- gezogen werden kann. In der Bienen-Orchis aber erhält das Stöckchen durch eine geringe Vermehrung seiner Länge und Abnahme seiner Dicke, bei gleichzeitig etwas zunehmender Er- weiteruug der Antheren-Öffnung, eine ganz besondre Zurichtung zur Selbstbefruchtung unter vereinigter Mitwirkung der Schwere der Pollen-Massen und einer Erschütterung der Blume. Zwischen diesen zweierlei Zuständen ist dann noch jede Mittelstufe mög- lich, wofür wir einen theilweisen Beleg in Ophrys arachnites finden. Die Elastizität des Pollinien-Füsschens einiger Vandeen da- gegen ist darauf berechnet die Pollen-Massen aus ihren Antheren- Fächern zu befreien; sie kann aber durch weitere geringere Ab- änderungen dahin gebracht werden, die Pollinien auf einige Ent- fernung hinauszuschleudern. — Die grosse Vertiefung im Lipp- chen vieler Vandeen soll Insekten anziehen; wogegen sie in Mormodes ignea in dem Grade verringert ist, dass sie sich nur noch dazu eignet das Labellum in seiner passenden Lage über dem Scheitel der Columna zu erhalten. — Aus der Analogie mit vielen Pflanzen lässt sich schliessen, dass ein langsporniges Nectarium ursprünglich dazu gemacht ist einen Vorrath von Ho- nigsaft abzusondern und aufzubewahren: in vielen Orchideen aber hat es diese Verrichtung insoweit aufgegeben als es Honigsaft nur noch zwischen seinen beiden Häuten enthält. Und in den- jenigen Arten, wo das Nectarium sowohl freien als zwischen jenen Häuten in den Intercellular-Räumen eingeschlossenen Nectar enthält, kann man sehen, auf welche Weise etwa der Übergang vom einen Zustande zum andern bewirkt worden seyn mag, — so nämlich, dass immer weniger Nectar von der inneren Mem- bran abgesondert und immer mehr in den Intercellular - Räumen zurückgehalten wurde. — Und so liessen sich noch andre Bei- spiele anführen. Wenn aber auch irgend ein Organ nicht ursprünglich für 214 irgend einen besondren Zweck geformt war, sind wir doch, wenn es jetzt dazu dient, zu sagen berechtigt, dass es speziell dazu eingerichtet seye, — und zwar mit demselben Rechte etwa, wie wir von einer zu einem besondren Zwecke bestimmten Ma- schine, für welche man jedoch alte Räder, Federn und Rollen mit leichter Abänderung verwendet hätte , sagen dürften, die ganze Maschine seye mit allen ihren Theilen für diesen besondren Zweck erbaut worden. So hat wahrscheinlich in der ganzen Natur fast jeder Theil eines jeden lebenden Wesens mit leichten Abänderungen schon zu verschiedenen Zwecken gedient und in der Lebe-Maschine vieler alten und abweichend gebildeten Or- ganismen-Formen mitgewirkt. Während meiner Untersuchung der Orchideen ist mir kaum irgend eine Thkatsache so sehr aufgelallen, als die endlose Ver- schiedenheit des Baues, die Reichhaltigkeit der Hülfsquellen zur Erreichung immer des nämlichen Zieles, um nämlich die eine Blume mit dem Pollen der andern zu befruchten. Die Thatsache an sich ist in gewissem Umfange begreillich aus dem Prinzipe der natürlichen Züchtung. Da alle Organe einer Blume zweck- mässig zusammengepasst sind, müssen da, wo zufällig erlolgle geringe Abänderungen in irgend einem Theile wegen ihres Nutzens für die Pflanze beibehalten werden, auch die übrigen Theile gewöhnlich eine entsprechende kleine Umgestaltung er- fahren. Da aber gewisse Organe vielleicht gar nicht oder doch nicht in der am einfachsten entsprechenden Weise variiren, so werden diejenigen wie-immer gearteten Abänderungen, welche alle Theile in vollkommeneren Einklang miteinander zu bringen geeignet sind, von der Natürlichen Züchtung aufgegriffen und beibehalten werden, Ich will Diess in einfacher Weise erläutern. In vielen Or- chideen windet sich das Ovarium oder der Blumenstiel für eine gewisse Zeit um seine Achse, damit das Insekt die Blume leichter besuchen kann. Wenn nun in Folge langsamer Abänderung in Form und Stellung der Kronenblatter oder des Besuches neuer Insekten-Arten * es zum Vortheil der Pflanze gereichen sollte, * Über die Wichtigkeit der Art und Weise, wie die Insekten in die Blumen einschlüpfen, vgl. die vorige zu Herminium gehörige Note. 215 dass das Labellum eine aufwärts gekehrte Stellung beibehalte, wie es jetzt bei Malaxis paludosa der Fall. so könnte diese Ver- änderung, wie leicht ersichtlich, einfach dadurch bewirkt werden, dass solche Varietäten, deren Ovarium etwas stärker gewunden wäre, vorzugsweise auf die Fortpflanzung wirkten, und dass, wenn die Pflanze nur Varietäten mit mehr gewundenem Ovarium darböte, immer die am stärksten gewundenen Individuen vor- waltend zur Nachzucht ausgewählt würden bis sich die Blume halb um ihre Achse gedreht hätte. In Malaxis scheint es auf diese Weise zugegangen zu seyn, indem das Labellum jetzt oben steht und das Ovarıum im äussersten Grade gedreht ist. Wir haben bei den meisten Vandeen eine offenbare Bezie- hung zwischen der Tiefe der Narben-Kammer und der Länge des Füsschens gefunden, mittelst dessen die Pollen- Massen an- gesetzt sind. Würde nun die Kammer in Folge einer Abände- rung in der Form der Columna oder aus irgend einer andern unbekannten Ursache etwas seichter,. so würde eine Verkürzung des Füsschens der einfachste entsprechende Wechsel seyn. Ge- setzt aber nun, das Füsschen varlirte nicht in seiner Länge, so könnte die geringste Neigung zu einer elastischen Emporbiegung wie bei Phalaenopsis oder zu einer hygrometrischen Rückwärts- Bewegung wie bei einer Maxillaria-Art von der Natürlichen Züch- tung beibehalten und beständig vermehrt werden, bis hiedurch das Füsschen für den erwähnten Zweck eben so dienstbar ge- macht worden wäre, als es durch eine Verkürzung desselben hätte geschehen können. Vorgänge dieser Art an verschiedenen Blüthen - Organen und in verschiedener Weise während vieler Tausende von Generationen fortgesetzt müssen eine endlose Manchfaltigkeit angepasster Bildungen für den nämlichen Zweck hervorrufen. Diese Ansicht scheint mir den Schlüssel zur theil- weisen Lösung des Problemes von der grossen Verschiedenheit passender Einrichtungen zur Erreichung einander ganz analoger Zwecke in vielen grossen Organismen-Gruppen darzubieten. Je mehr ich die Natur studire, desto mehr werde ich von der immer zunehmenden Überzeugung durchdrungen, dass die schönen Einrichtungen und Anpassungen, welche jedem in 216 verschiedener Richtung zufällig variirenden Organe dadurch zu Theil geworden, dass Natürliche Züchtung diejenigen dieser Ab- änderungen, welche dem Organismus in dem beständigen Wechsel der äusseren Lebensbedingungen nützlich seyn konnten, beibe- halten und admassirt hat, in unvergleichlich hohem Grade alles übersteigen, was sich die fruchtbarste Einbildungskraft irgend eines Menschen als Ergebniss während einer unbegrenzten Zeit- dauer nur vorstellen kann. Nach dem Nutzen jeder unbedeutenden Einzelnheit des Baues zu forschen, ist keineswegs verlorene Zeit in den Augen derjenigen, welche an eine Natürliche Züchtung glauben. Wenn ein Naturforscher zulällig ein organisches Wesen aufgreift und nicht dessen ganzes Leben verfolgt (wie unvollkommen immerbin dieses Studium auch seyn mag), so zweifelt er natürlicher Weise daran, ob jeder unbedeutende Punkt in dessen Zusammensetzung einen Nutzen habe, und sogar ob er sich aus irgend einem all- gemeinen Gesetze herleiten lasse. Manche Naturforscher nehmen an, dass zahllose Bildungen nur um der Mannigfaltigkeit und Schönheit willen gemacht worden, fast wie von einem Künstler eine Reihe von verschiedenen Modellen entworfen wird. Ich habe, so sehr wie Einer, olt daran gezweifelt, ob diese oder jene Einzelnheit des Baues von irgend einem Vortheil seyn könne; wären sie indess ohne Nutzen, so hätten solche Gebilde nicht entwickelt werden können durch die Natürliche Erhaltung vor- theilbafter Abänderungen; für solche Einzelnheiten könnte durch die unmittelbare Einwirkung der Lebens-Bedingungen oder das mysteriöse Gesetz der Wechselbeziehungen nur in unsicherer Weise vorgesorgt werden. Wollte man eine nahezu vollständige Aufzählung aller an- scheinend unbedeutenden Einzelnheiten im Bau der Orchideen- Blüthen liefern, die aber sicherlich von hoher Bedeutung sind, so hiesse Diess einen grossen Theil dieses Buches wiederholen. Indessen will ich noch einige Thatsachen dem Leser ins Gedächt- niss zurückrufen. Ich will dabei nicht beim Grundgerüste der Pflanze verweilen, wozu die fünfzehn Hauptorgane gehören, welche wechselständig in fünf Wirtel‘ geordnet sind; denn wer immer 217 an Abänderung der Arten organischer Wesen glaubt, der wird auch zugeben, dass dieselben durch Erbschaft von einem ent- fernten Stammvater übertragen worden sind. Eine Reihe von Thatsachen zum Belege des Nutzens der verschieden gestalteten und gestellten Kelch- und Kronen-Blätter ist eben erst aufgelührt worden. So z. B. die Wichtigkeit der geringen Abweichungen in der Form des Pollinien-Stöckchens der Bienen-Ophrys gegen- über den andern Arten derselben Sippe; wobei wir auch noch des doppelt-gebogenen Stöckchens der Fliegen-Ophrys erwähnen möchten, wie überhaupt die Wichtigkeit des wirklich stattfinden- den Verhältnisses zwischen der Länge und Form des Stöckchens und der Lage des Stigma durch ganze Tribus hindurch hervor- gehoben werden könnte. Der vorstehende derbe Knopf ohne Pollen an der Anthere der Epipactis palustris befreit die Pollen- Massen, wenn er von Insekten bewegt wird. In Gephalanthera grandiflora schützt die aufrechte Stellung und die fast ganz geschlos- sene Beschaffenheit der Blume die schwach zusammenhängenden Pollen-Säulen gegen Umsturz. Die Länge und Schnellkraft des Staubfadens in den Blüthen gewisser Dendrobium - Arten dient offenbar zur Selbstbefruchtung derselben in Fällen, wo die Fort- führung der Pollen-Massen durch Insekten unterbleiben sollte. Die schwache Vorwärtsneigung des Kammes am Rostellum der Listera macht, dass das Antheren - Gehäuse nicht von der Aus- schleuderung des Klebstoffs betroffen werden kann. Die Schnell- kraft der Rostellum-Lippe der Orchis veranlasst sie wieder in die Höhe zu schnellen, wenn eine Pollen-Masse entfernt ist, und so die zweite Klebscheibe in brauchbarem Zustande zu erhalten, welcher ausserdem verloren gehen würde. Die zwei Nectar-ab- sondernden Flecken der Frosch-Orchis unterhalb der Klebscheibe am Grunde des Lippchens und das mittle Nectarium vor der der Narbe sind offenbar zur Befruchtung der Blüthe nothwendig. Wer die Orchideen nicht sorgfältig studirt hat, wird niemals ver- muthen. dass diese und andre kleine Einzelnheiten des Baues von der höchsten Wichtigkeit für die Art sind; und dass daher, wenn die Art neuen Lebens - Verhältnissen ausgesetzt wird und der Bau der verschiedenen Theile noch so wenig variirt, solche 218 kleine Einzelnheiten der Struktur dennoch einer Abänderung durch die Natürliche Züchtung unterliegen. Diese Beispiele sind vortreffllich geeignet zur Vorsicht zu mahnen bei Beurtheilung anscheinender Kleinigkeiten im Baue andrer organischer Wesen. Man mag nun natürlicher Weise die Frage aulwerfen, wie es komme, dass die Orchideen so zahlreiche vollkommene Ein- richtungen darbieten? Aus C. K. Sprexeer's und meinen eigenen Beobachtungen habe ich die Überzeugung gewonnen, dass noch viele andre Blüthen analoge Anpassungen von grosser Voll- kommenheit in ihren Befruchtungs- Werkzeugen darbieten; doch scheinen sie allerdings zahlreicher bei den Orchideen als bei den meisten übrigen Pflanzen zu seyn. Auch lässt sich bis zu einem Grade die Frage beantworten. Da jedes Eichen ein und wahrscheinlich mehr als ein Pollenkorn erfordert * und die vom den Orchideen hervorgebrachten Saamen so ganz ausserordent- lich zahlreich sind, so ist ersichtlich, dass grosse Massen von Pollen auf die Narbe jeder Blume gebracht und zurückgelassen werden müssen. Selbst bei den Neottieen, welche körnigen Pollen haben, dessen Körner nur durch schwache Fäden miteinander verkettet sind, habe ich gewöhnlich beträchtliche Massen von Pollen auf den Narben zurückbleiben sehen. Daraus lässt sich vielleicht der Nutzen des Zusammenhangs der Körner zu grossen Wachs-Massen erklären, wie sie in so vielen Tribus vorkommen ; es soll Verlust auf dem Transport verhütet werden. Die meisten Pflanzen erzeugen Pollen genug, um mehre Blüthen zu befruchten, selbst wenn jede Blume mehre Narben hat. Da jedoch die zwei zusammenfliessenden Narben der Orchideen so viel Pollen er- heischen, so würde dessen Bereitung, bei einem gleichen Ver- hältniss wie bei den meisten übrigen Pflanzen, ganz ungeheuren Aufwand erfordern und für das Einzelwesen erschöpfend werden. Um nun diesen Verlust und Erschöpfung zu verhüten, sind be- sondre und wunderbare Einrichtungen erforderlich, um das Ge- langen der Pollen-Massen auf die Narbe zu sichern, und daraus lässt sich zum Theil begreifen, warum die Orchideen in dieser * 5. GÄRTNER’S Beiträge zur Kenntniss der Befruchtung 1844, S. 135. 219 Hinsicht besser versorgt worden sind, als die meisten andren Pflanzen. Die einfache Thatsache, dass viele Vandeen nur zwei Pollen- Massen, und einige Malaxeen in Folge des Zusammenschmelzens derselben nur eine Pollen-Masse haben, hat die Verwendung einer aussergewöhnlichen Sorgfalt auf die Sicherung ihrer Be- [ruchtung nöthig gemacht, ohne welche diese Pflanzen hätten zu Grunde gehen müssen. Das Zusammenschmelzen aller Pollen- Körner einer Blume zu einer einzigen Masse, so dass dieselben nun wieder eine einzige Narbe befruchten können, kommt meines Wissens in keiner andren Pflanze vor. Dieser Fall ist einiger- maassen dem bei Saamen analog; viele Blumen erzeugen eine Menge von Saamen und manche nur einen einzigen; sehr viele Blumen erzeugen eine zahllose Menge von Pollen-Körnern und manche Orchideen nur eine, wenn auch aus zahlreichen Körnern zusammengesetzte, aber doch nur zur Befruchtung einer einzigen Blume geeignete Masse. Obwohl nun bei den Orchideen eine solche Vorsorge gegen nutzlose Verschleuderung des Pollens getroffen ist, so sehen wir doch in dieser ganzen Ordnung, die nach Lisvıey * 433 Genera mit etwa 6000 Arten umfasst, den Vollzug der Befruchtung fast ohne Ausnahme den Insekten überlassen. Diese Behauptung dürfte nach der Untersuchung so vieler in- und aus-ländischer Genera aus allen Haupt-Tribus, die einen nahezu gleichförmigen Bau haben, kaum mehr als voreilig anzusehen seyn. In allen Pflanzen, wo Insekten eine wichtige Rolle bei der Befruchtung mitspielen, muss ein guter Theil Pollen von einer Blume zur an- dern getragen werden. Bei den Orchideen aber haben wir viele Anpassungen gesehen, die es, — wie die Bewegung der Pollinien nach ihrer Entführung aus der Blume zur Annahme einer geeig- neten Lage, — die langsame Bewegung des Labellum oder Ro- stellum, um die Eintragung des Pollens zu gestatten, — und in einigen Fällen auch die Trennung der Geschlechter — gewiss machen, dass in diesen Fällen der Saamenstaub der einen Blume * Gardener's Chronicle, 1862, March 1, p. 192. 220 oder Pflanze regelmässig zu einer andren Blume oder Pflanze geführt werde. Da jedoch diese Überführung die Gefahr des Verlustes vermehrt, so erheischt und erklärt sie denn auch die auf die Befruchtungs-Vorrichtungen verwendete ausserordentliche Sorgfalt. Selbstbefruchtung ist bei den Orchideen eine seltene Er- scheinung. Bei CGephalanthera grandiflora kommt sie vor, aber nur in einem sehr ungenügenden Zustande, und die frühe Durch- dringung der Narbe durch die eignen Pollenröhren derselben Blume scheint eben so sehr die Stützung ihrer Pollen - Pfeiler selbst als die Erzeugung eines kleinen Antheils der zu bildenden Saamen zu bezwecken; sicher aber wird die Befruchtung Jieser Orchidee von Insekten unterstützt. In einigen Dendrobium-Arten scheint Selbstbefruchtung vorzukommen, aber nur in dem Falle, dass Insekten unterlassen sollten die einzige Pollen- Masse der Blume zu entführen. Und so verhält es sich offenbar auch mit Neottia nidus-avis. In Cypripedium, in der Frosch - Orchis und vielleicht in einigen andern Fällen wird es von der (bis jetzt unbekannten Art und Weise, wie die Insekten ihre Rüssel durch die eine oder die andere Öffnung einführen, abhängig seyn, ob in der Regel der eigne Pollen dieser Blume oder der einer an- dern Blume auf das Stigma gelange: doch ist in diesen Fällen gewiss eine grosse Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass die Narbe durch fremden Pollen befruchtet werde. In der Bienen - Orchis allein, so viel ich bis jetzt gesehen, sind besondre und vollkommen wirksame Einrichtungen zur Selbstbefruchtung vorhanden, die aber in der sonderbarsten Weise mit bestimmten Anpassungen für die gelegentliche Überführung des Pollens einer Blume zur andern durch die Thätigkeit der Insekten, wie sie in den übrigen Arten desselben Genus vorkommen, verbunden sind. In Betracht des hohen Werthes, welchen der Saamenstaub der Orchideen offenbar besitzt, und der Sorgfalt, welche auf seine und die Organisation der accessorischen Theile verwendet worden ist, und da die Anthere immer dicht hinter und über der Narbe steht, so würde Selbstbefruchtung ein bei weitem sichrerer Prozess als die Übertragung des Pollens von einer Blüthe 221 zur andern gewesen seyn. Es ist eine Erstaunens - werthe Thatsache, dass Selbstbefruchtung nicht der gewöhnliche Vorgang ist. Sie zeigt uns offenbar, dass irgend etwas Nachtheiliges darin liege. Die Natur lehrt uns in der ausdrücklichsten Weise, dass sie vor beständiger Selbstbefruchtung zurückschreckt. Dieses Ergebniss scheint von höchster Wichtigkeit zu seyn und recht- fertigt vielleicht die Länge der in diesem Buche enthaltenen Aus- einandersetzung der Einzelheiten. Können wir denn nun mit der grossen Mehrzahl unsrer Thier- und Pflanzen- Züchter noch anstehen es wahrscheinlich zu finden, dass auch Paarung zwischen nahen Verwandten irgendwie verderblich seye, und dass irgend ein grosser Vortheil in der Verbindung zwischen Individuen von solchen Stämmen liege, welche seit vielen Generationen unver- mischt geblieben sind? Zusatz des Übersetzers. Die prachtvolle Stanhopea Devoniensis (welche man in uns- ren meisten botanischen Gärten auffinden kann) hat am Grunde ihres tiefgespalten-dreilappigen Labellum eine grosse halbkugelige fleischige trockne Nektar-Grube mit sehr weitem Eingang, über welchen sich die schmale lange Columella im Bogen wölbt und sich am Vorderrande des Labellum bis nahe zu diesem herab- biegt. Drei Blüthen einer Pflanze waren mit dem Labellum auf- wärts und mit der Säule abwärts gerichtet, zwei andre hatten eine umgekehrte Lage. Nur ein grosses Insekt könnte hier die Befruchtung vermitteln, und dieses würde nun bei der zuletzt er- wähnten Lage der Blume einen bequemen Eingang zur Nektar- Grube zu beiden Seiten der schmalen Columna und über dem breiten Labellum finden. Die zweifächrige Anthere, den oben erwähnten »Umfang des Rostellum-Endes« sah ich in einer Blume durch ein zufälliges Anstreifen mit der Hand ablallen, an einer andern etwa 36 Stunden nach ihrem Aufgehen sich so ablösen, dass sie am Mittelpunkte des Endes des Labellum hängen blieb. 222 Die zwei Pollen-Massen (Fig. 23 Cp) ragten nun frei über den Vorder-Rand des Lippchens vor, vorn am Füsschen sitzend, von welchem aus das Schnabel-förmige Hinterende der Klebscheibe (länger als in Fig. 23 Cd) schon vor dem Abstreifen der Anthere einwärts gegen den Grund der Blume hin über die Binnenseite der Columna aufgerichtet war. Das Füsschen hat an der Stelle, auf welche in Fig. 23 C der Zeigestrich von ped. aus hinweist, einen in dieser Figur nicht angegebenen mitteln Längsspalt, durch welchen der im Texte (8. 116) erwähnte elastische Nadel-förmige Fortsatz bis in die Achse ein und darin Dis gegen die Spitze von d zu- rück-dringt. Desshalb gehört ein grosses und starkes Insekt (etwa ein grosser -Nachtfalter, der aber freilich nichts zu saugen fände) dazu, um, wenn es sich von der Nectar-Grube wieder zu- rückziehen und vorn zwischen beiden Seitenlappen des Labellum herausgehen will. die Klebscheibe von dieser ihm von oben herab entgegenstrebenden Spitze abzustreifen. Die von der Klebscheibe getragenen 2 Pollen - Massen, auf und vor jener Spitze liegend, könnten nun nicht wohl mehr in die hintre und unter der Spitze gelegene tiefe Narbe derselben Blume gelangen, würden sich aber sehr wohl in die Narbe einer andern Blume einschieben, wenn das Insekt dort dieselbe rückgängige Bewegung machte, wie hier; — und zwar würde es durch denselben Druck, welcher diese Einschiebung bewirkte, die zweite Klebscheibe von der Nadel-förmigen Spitze abstreifen und auch, wenn die Antheren- Scheibe noch festsitzt, die Pollinien doch leicht aus derselben herausziehen. Ja es scheint, dass die Nadel-förmige Spitze in dem Grade emporgedrückt werden müsse, um die Pollen-Massen dicht genug in die Narbe unter ihr zu bringen, wie es nöthig ist, um den an ihr steckenden abzustreifen. Alphabetisches Inhalts-Verzeichniss. A. Abstufung der Organe 188 Aceras anthropophora 13 Aceras: monströse Blüthen 199 Acontialuetuosa: Pollenmassen 24 Acropera: Blüthen-Bau 125; — Bewegung der Pollinien 117; — Gefässe 126 Aerides: Nectarium 169; — Bewegung der Pollinien 117, 119 Angraecum: Nectarium 124; — Pollinien 117, 119; — sesquipedale 122 Anpassungen: anscheinend von gerin- gem Werthe 216; — Verschiedenheit 214; — in wie ferne spezial 212 Antennen, s. Fühlhörner 136, 139 Antherae 184 Antheren (Staubbeutel) rudimentär 183 Antheren-Fächer 185 Apostasia 205; — ihre Verwandtschaft 203 Arethuseae 165. B. BABINGTON, Prof.: über das Rostel- lum 196 BAILLON: über Catasetum 141 Barkeria 102 BATEMAN: Mitwirkung 72, 124, 129 BAUER: über Pollenkörner 67 über Pollenmassen von Bletia 101 über Narben-Schläuche 127 Befruchtung 219 BENTHAM: über monströse Blumen von Orchis 30 Beutelchen (bursieula) 5 Bewegung der Pollinien 58, 206 Bienen-Ophrys 40 Bletia 102 Blumen-Hüllen, äussre nützlich 208 Blumenkrone (corolla) 98, 122, I} I} Bolbophyllum 105 \Bonatea speciosa 185, 156; — Pollinien 202; — Gefässe 185, 186 BOND, F.: Pollinien-tragende Falter 23 BRONGNIART: über Catasetum 146; — über Nectar-Absonderung 32; — über Uropedium 182; — | über Gefässe der Orchideen 178 BRONN: über Abstufung der Organi- sations-Höhe 204 BROWN, R.: über Befruchtung der Orchideen 2; — Klebrigkeit der Narbe 11; — über Ophrys apifera 41; — über Schläuche auf der Narbe 127; — Homologieen der Orchideen 177; — Rostellum 189; — über Apostasia 178 bursicula, s. Beutelchen 5 Buttervögel —= Schmetterlinge, Falter mit anhängenden Pollinien 23 Buttervogel-Orchis 53. e. Calaena 107 Calanthe: Blüthen-Bau 121; Nectarium 172, 174; — masuca 120 calyx, s. Kelch 5 CARPENTER: über Catasetum 145 Catasetidae 150 Catasetum: Spiralgefässe 181; — sonderbares Rostellum 197 Catasetum callosum 142 Catasetum saccatum 132 Catasetum tridentatum 143; — ist eine männliche Orchidee 147 Cattleya: Blüthen-Bau 100; — Gefässe 181 caudiculus, S- Stöckchen 5 = Cephalanthera grandiflora 66; Natürliche Züchtung 96; — Gefässe 181: — Saamen-Zahl 211 224 Clinandrium: Gefässe 183 Coelogyne i02 columna 3 Coryanthes: Nectarium 170, 171 Cyenoches ventricosum 163 Cymbidium 117; — Pollinien-Bildung 192, 193, 201; — | Verwandtschaft 203 Cypripedium: Blüthen-Bau 167; — Sekretion durch Haare 171; — Gefässe 132; — Pollen 200; — | Verwandtschaft 203. D. Dendrobiidae: Verwandtschaft 203 | Dendrobium: Bildung 107, 108. DICKIE: Mitwirkung 94. discus, s. Klebscheibe, Scheibe 32. E. Ei’chen (ovulum) 4 Eihälter (ovarium) 4 Einrichtungen scheinbar lich 216 Epidendreae 99; — Verwandtschaften 205 Epidendrum: Bau 103; — Rostellum 193 Epipactis: Gefässe 182 Epipactis latifolia 64; — Bau 65; — Gefässe 181; — | übergepflanzt 25 Epipactis palustris: Bau 60° | Epipogium 165 Eulophia 174 Evelyna 102; — Nectarium 170; — Gefässe 184. unwesent- F. filamentum, s. Staubfaden 3 Fliegen-Ophrys 35 fovea, s. Grube 5 Frosch-Orchys 48; — Blüthen-Bau 48; — \Habenaria: Gefässe 182, Neectar-Absonderung 33. Fruchtbarkeit Englischer Orchideen 26 | Fühlhörner an Catasetum 136, 139 Füsschen (pedicellus) 4. G. Galeandra 117 | GÄRTNER: über den Klebstoff der Narbe 190 | Gefässe, Gefässbündel 163, s. Spiral- sefässe 177 Genital-Säule (columna) 3 Geschlechter (sewus) 128; 141 Geschlechtssäule (columna) 4 ‚Glossodia 150 Goodyera: Gefässe 182 Goodyera discolor 72; 129 Goodyera repens TV GORDON, G.: Mitwirkung 70 GRAY, Asa: 169; Bau von Spiranthus 77 Grube (fovea) 5 Gymnadenia albida 52 Gymnadenia conopsea 50; — Bildung 51; — Bewegung der Pollinien 206; — Gefässe 182; — Nectar-Absonderung 32, 33. H. 186 Nectar-Absonderung 32, 33 Habenaria bifolia 32, 33; — chlorantha 53; — viridis 58 Halter (retinaculum) 5 Herminium monorchis 46 \ Homologieen der Orchideenblüthen 175 Honighälter, s. Nectarium 5 Honiglippe, s. Lippchen 5 Honigsaft, s. Nectar 5 HOOKER, Dr.: Mitwirkung 98; — Bau von Listera 2; — Bewegung des Labellum 107; — über Listera ovata 84 ıHARWOOD: Mitwirkung 99. I. Insekten: Besuche auf Orchideen 25 IRMISCH: über Cypripedium 182; — über Epipogium 165; — n über Neottia 95. K. Kelch (caly») 5 Kelchblätter (sepala) 5 Klebdrüse 4, 5 Klebscheibe (discus) 4, 32; — doppelt bei den Ophryeen 195 Klebrigkeit bei den Ophryeen 33; — in Catasetum 141; — in Vandeae 171 Klebrigkeit der Narbe 33,188,190, 191 Klebstoff 30, 190 Kronenblätter (petala) 5 KrRÜNITZ: Neetar-Absonderung 29 225 KURR: 29; — Nectar von Braeteen geliefert 171 | L | Labellum, s. Lippchen 5 | Laelia 102 | MORE, A.G.: Fruchtbarkeit der Bie- nen-Öphrys 42; — über Epipaetis paludosa 59, 62 Mormodes-Art 165 Mormodes ignea 154 Moschus-Orchis 46; — Lepidopteren mit anhängenden Polli- Motten, s. Falter, Schmetterlinge 23 nien 23 | Leptotes 102 | Limodorum 165 | LINDLEY, Dr.: Mitwirkung 99; — | Motten mit ansitzenden Pollinien 23 Myanthes barbatus 147, 151. N. Klassifikation der Orchideen 99, | Narbe (stigma) 4 165. 166; — Formen von Catasetum 146; — » » Cyenoches 165: | Homologieen der Orchideen 175.) 178; — Zahl der Orchideen 219; -- | über Apostasia 203 | LINK: 178, 180 Liparis: Gefässe 182 Lippchen (labellum) 5 Auswüchse 173. 181; — leicht zu erschüttern 107; — | Gefässe 180, 185; — | Homologie 185; — | Nutzen 209; — Honighälter 5; — bei Sarcanthus 172; bei Vandeen 173 | Listera cordata 9; — ovata 87 Lorbeerbaum, Honigabsonderung 171 Lycaste 117 | Pollen 201. M. Malaxeae 104 Malaxis palludosa 81; — Clinandrium 182; — Gefässe 181; — | übergepflanzt 25 | MALDEN, B. S.: Mitwirkung 28, 50 | Männliche Blüthen von Acropera 127; | Catasetum 147 | MARSHALL: Unfruchtbarkeit überge- pflanzter Orchideen 25 | Masdevallia fenestrata 105 Mazxillaria: Bewegung der Polli- nien 117, 118 MENIERE: Bewegung von Catasetum 138, 141; — Insekten besuchen Orchideen 23; — Nectar-Absonderung, 170, 173 | Miltonia: Pollinien 115, 117 | Hicrostylis Redii 84, 104 Monachanthus viridis 147 ı Nectar 5: Narbenschläuche(wtrzieuli)127,146,182 - von Bracteen 171; — von Britischen Orchideen 29, 32; von fremden Orchideen 169, 172 Nectarium 5; — von Angraecum 122; — Gefässe 180; — Versuchsweise abgeschnitten 30 Neottia nidus-avis: 94 Neottieae: Verwandtschaft 204 ıNEVILL, Lady: Mitwirkung 98 Nicotiana: Narbe 19%. Ö. Odontoglossum 117 OLIVER, Prof.: Mitwirkung 98 Oncidium: Pollinien 115, 117. 119 Ophryeae: Gefässe 182; — Verwandtschaft 204 Ophrys apifera 40; — araneifera 38; — arachnites 45; — muscifera 35; — Bau 35; — Fruchtbarkeit 38; — Verpflanzung 25 |Orchis fusca 13, 28, 38; — Unfruchtbarkeit 28: -- latifolia 13, 27; — maculata 27; mascula 6; — Bau 9; — morio 13; — pyramidalis 14, 15, 26; — Fruchtbarkeit 26; — Gefässe 182; — Monströse Blüthen von O0. pyra- midalis 30; Nectar-Absonderung bei O. morio 31; Pollinien-Bewegung 11; — Unfruchtbarkeit 26; — Verpflanzung 25; — Zahl der Saamen 211; ustulata 21 226 _—. ovaria, s. Saamenhälter 5 | Saamenhälter (ovarium) 4 ovulum, s. Ei’chen 4 Saamenstaub (pollen) 4 ÖXENDEN, G.Ü.: Mitwirkung 21, 94. | Saamen-Zahl 211 'Sarcanthus 117: — P. | Lippchen 172: — a E yuhl. PARFITT: = über festsitzende Pollinien24 | | I ollinien 115, 117 = PARKER, R.: DE 98 | id Dzen Bewegung 114 pedicellus, s. Füsschen 4 san ne es) hr ara der Vandeen 112 | Sc ıeibe, 5. Xlebse 1ei ee r PERCY, Dr.: Analyse des Labellum 174 | Schläuche (utriculi) Taf 146, 18 Peristylus viridis 48: — | ı Schmetterlings-Orchis 53 \ Nectar-Absonderung 33, 48 | Schnäbelehen, (rostellum) 4, dm etala, s. Kronen-Blätter 5; — REN ü Nutzen derselben 208 | Abstufungen 188, ‚191; — Phaius 12 Bau 190; — > sinzähhlle 3% ONE Phalaenopsis: Bewegung der Pol-| nzählig 54, 195; linien 208: j in Vandeae 112; — ee | . IP 7 97 klebriges Stiema 14 | In Catasetum 197 Schnäbelehen mit Kamm beiden Ophry- istillum, s. Stempel 3 =: ! I < een 196 Platanthera bifolia, s. Habena- |. el ige | SCHOMBURGK, R.: über Catasetum 146 Er eh 2 are ‚9 49) chlorantha 55; Hookeri 5 G en a 29,169,172 Pleurothallis 104 Derlaur SA es S Senkung der Pollinien 197 sepala, s. Kelchblätter 5; — Nutzen derselben 208 'sexus, s. Geschlecht 145 pollen, s. Saamenstaub 4 Pollenmassen (pollinia) 4, 198; Abstufungen 198; — in Monachanthus verkümmert 148 149. — ’; SMITH. F.: Bombus mit Pollenmas- END Fr 092 s. Pollinia 4 sen 102 | Pollen-Röhrehen 199 | SMITH, G.: Bienen besuchen Orchis 43 \ rp\ = > An.-Sto 7 / & Pollen-Sehläuches4 SMITH, J.: Blumen-Stellung in Ma pollinaria 4 laxis 81 Sophronites 102 pollinia 4, s. Pollen-Massen 4, 198; U Ausschleuderung 157; — "| Spiralgefüsse 177, 181 Bewesuncen 11742081 Spir er autumnalis 72 oO oO nn . | = : 3efestigung am Rostellum 193; ae 2 er »dasyGelEimNEN Abstufungen 199; — RE nn a linie = führt 65: bei Catasetum 157: — | en ollinien entführt 65; — bei Mormodes 157: — | ISLETA, Yan \ | Orchis-Nectar 29; — bei Vandeen 115 i De a 2; OR Orchis militaris unfruchtbar 29; — a en Werth seines Werkes: »das Ent- R deckte Geheimniss der Natur« 209 ü stamina, s. Staubgefässe 5 Stanhopea: Pollinien 115 retinaculum, s. Halter 5 RODGERS: Mitwirkung 95: — Staubbeutel (antherae) 5; — über Myanthus 141 rudimentär 183 Rodriguezia 117, 120 Staubfaden (Alamentum) 3 rostellum: 4, s. Schnäbelchen 4. Staubgefässe (stamina) 3 RUCKER: Mitwirkung 98,132,142,154.| Stelis 167 Sterilität Englischer Orchideen 26, S. s. Unfruchtbarkeit 26 'Stielchen 4, 5 Saccolabium 117: — klebriges Stigma 114: — Stigma: s. a. Narbe 4; Pollinien-Bewegung 117. — Abstufung 188, 191; SAINT-HILAIRE. Aug.: über Orchi- | Bau 191; — deen-Pollen 200 Klebrigkeit 114; — 227 Schläuche 127, 146. 182; — 'Vanilla,Absonderung von Nectar 171: in Catasetum 146; — Befruchtung 165, 166 s. Narbe 5 VEITCH: Mitwirkung 98, 132 Stöckchen (caudieulus) 4, 5; — Verschiedener Bau für einerlei Zweck Entwickelung 114; — 214 in Vandeen 115 Vieia: Nectar aus Stipulae 171 Struktur (Bau, Bildung) verschieden Vorrichtungen zur Befruchtung der zu sleichem Zweck 214; — | Orchideen 32 fie. scheinbar unwesentlich 216. w T. ı WALLIS: Mitwirkung 81 TURNBULL, G. H.: Mitwirkung 98. | Warrea: Neetarium 174; Pollinien 117 U. WEDDELL. Dr.: Aceras-Bastarde 13 Unfruchtbarkeit britischerOrchideen26 WESTWOOD, Prof.: Bienen besuchen Uropedium 182. | Orchideen 21, 23 ve 2: Vanda 117 Zygopetalum 117. Vandeae: Pollinien von V.115, 219: Verwandtschaft 203 Verbesserungen. Seite 66, Zeile 6 von oben lies: „Cephalanthera“ anstatt Chephalanthera. „ 160, „ 16 von unten lies: Chloroform anstatt Cloroform. „ 170, „ 19 von oben setze nach „Nectar-Apparat“ noch „von Coryanthes“. » 132, „ 3 von oben lies: Cypripedieen anstatt Cyrripedieen. 05: Zn /" » FE EITIDOEROESETT N 2 oh! jun u ee bmg an Fe! „All yrapalanwalld ‚Bar Ay Ch u „. in a halilama tr» » mr - £ mr H Kapeieall 'n ee. ‚SEVE ale un ala, jahr 1 zplumiz ‚hh" TNBST DISS OT LO UN orbnifhi 3] Ei un ah nos, A u | rain, RER: Ar an i ran das FE r ln ir a FIAT ai Zu SR ana! DIT Zen AN ‚N arh ıhFihtaa, LEE I Luen' Bunkiehi ee UML Da TS Tl, Bene an vl „ui N DIL FTOBECTER! }; ‚1 Pa, ran KT ano | Ar en BOLE, %L« u Im’ d a Sr TUE ar l ’ LE IRIEE, # i N j DE . 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Zweite verbesserte und sehr vermehrte Auflage, mit Dar- win s Porträt in Photographie. In 3 Lieferungen. fl. 4. 48 kr. R. 2. 24 sgr. Ueber die Bedeutung dieses Werkes sagt der Herr Uebersetzer in dem Prospecte unter anderem: „Wir können mit voller Ueberzeugung sagen, dass der Botaniker, der Zoologe, der Paläontologe, der Physiologe, der Geologe und der Philosoph, der sich nicht mit den in diesem Buche niedergelegten That- sachen und neuen Gesichtspunkten vertraut gemacht hat, wenigstens in so ferne nicht mehr au! der Höhe seiner Wissenschaft stehe, als er eine Reihe der wesentlichsten Ausgangspunkte ihrer weitren Entwickelung nicht kennt.“ Der ungewöhnlich rasche Absatz der ersten Auflage hat die Veranstaltung einer Deutschen Ausgabe von diesem berühmten Buche hinlänglich ge- rechtfertigt. Diese zweite Auflage ist da, wo es nöthig, verbessert und wie- der mit vielen ganz neuen Zusätzen bereichert, die der Herr Verfasser eigens für diese Ausgabe einsandte. Bronn, Dr. H. &., Untersuchungen über die Entwick- Jungs-Gesetze der organischen Welt während der Bil- dungs-Zeit unserer Erd-Oberfläche. Eine von der Franzö- sischen Akademie im Jahre 1857 gekrönte Preisschrift. fl. 5. 36 kr. — R. 3. 6 ser. — — Ueber den Stufengang des organischen Le- bens von den Insel-Felsen des Ozeans bis auf die Fest- länder. Eine Fest-Rede mit erläuternden Beilagen. 20 kr. — 6 sgr. — — Handbuch einer Gefchichte der Natur. I. und I. Band: Ginleitung. — Kosmijches Leben. — Tellu- riiches Leben. — Drganifches Leben. Mit 7 Tafeln. fl. d. — RR. 2 IS II. Band in 2 Theilen: Drganifches Leben. — Vernunftskeben. 1. —- NR I — New York Botanical Garden Library QL 66 .A1 D28 1862 Darwin, Charles Rob/Uber die Einrichtu m! 185 00058 1643 ee i en HG RISRRIHRHEN ; a Rh Ber it