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Bericht
über die
zur Bekanntmachung geeigneten
« Verhandlungen
der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin.
Aus dem Jahre 1848.
Berlin.
Gedruckt in der Druckerei der Königlichen Akademie
der Wissenchaften.
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Bericht
über die
zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen
der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften
II.
zu Berlin
im Monat Januar 1848.
Vorsitzender Sekretar: Hr. Böckh.
3. Januar. Sitzung der physikalisch-mathe-
- matischen Klasse.
Hr. Ehrenkerg machte folgende Mittheilungen:
. über in dem Magen eines peruanischen Flufsfi-
sches als Speise gefundene mikroskopische Orga-
nismen.
.über zwei neue Genera kieselschaliger Polyga-
stern aus dem Guano und über die neue Art von
Guano aus Patagonien, welche das dänische Schiff
Waldemar 1847 gebracht hat.
über 3 neue Infusorien-Biolithe der Braunkohle
des mittleren Deutschlands bei Godesberg, Öst-
heim und Redwitz, entdeckt durch die Herren
Nöggerath in Bonn, Eckhard in Marburg und
Nauck in Berlin.
. über vom Hrn. Dr. Thomas in Königsberg aufge-
fundene Polygastern im Bernstein.
. Bericht über des Grafen Suminski Entdeckung
der Befruchtung der Farrnkräuter.
L
Hr. Valenciennes in Paris, Correspondent der Akademie,
_ hat im Magen und im Darmcanale der Lebiasina bimaculata,
eines neuen Genus aus der Familie Erythrini der Fische, Infu-
4
sorien beobachtet und dieselben zur Bestimmung der Arten im
August 1846 an Hrn. Ehr. gesandt. Magen und Darm fanden
sich bis zur Bauhinschen Klappe mit einem schwärzlichen oder
röthlichen Schlamm erfüllt und davon ausgedehnt. Der Flufs in
welchem der kleine Fisch lebt soll aus dem Titicaca-See flie-
fsen, und somit gäben die im Magen desselben Fisches vorhan-
denen mikroskopischen Organismen den ersten Blick in die For-
men-Verhältnisse des Innern Peru’s.
Ferner war aus Hrn. Ehr’s. vielfachen Untersuchungen meh-
rerer Hundert Arten von Fischen hervorgegangen, dals dieselben
höchst selten und nur zufällig einzelne Infusorien in ihrem Ma-
gen- und Darm-Inhalt unter den Nahrungsstoffen führen, wel-
cher Umstand bei der Frage über die Entstehung des landwirth-
schaftlich so wichtig gewordenen Guano Interesse gewinnt. Man
hält ihn nämlich für ein Product, für Exeremente der zahlreichen
fischfressenden Vögel. Da diese Vögel weder Wasser noch
Schlamm absichtlich in Menge genielsen, so könnten die Infuso-
rien nur in den genossenen Fischen gewesen sein. In einer frü-
heren 1845 (Monatsbericht 1845, p. 68.) gegebenen Mittheilung
wurde auf diese Schwierigkeit hingewiesen und den Würmer
fressenden Strandvögeln der Haupt-Antheil an dem Guano muth-
mafslich zugeschrieben. Durch diese peruanische Fischart ist nun
eine interessante Anzeige vorhanden, dals es dort Fische giebt,
welche gerade Infusorien-Schlamm als Nahrung im Darme füh-
ren. Ob die Erscheinung ausgedehnter und auch bei Seefischen
dort zu beobachten ist, wird weitere Forschung lehren.
Folgende Species haben sich aus der übersandten kleinen
Probe des Magen-Inhaltes bestimmen lassen.
PoLyGastrıcA 27.
Amphora gracilis Fragilaria rhbadosoma
Cocconeis fasciata Gloeonema paradoxum?
Placentula Gomphonema gracile
Cocconema Leptoceros dugur
Lunula Himantidium Arcus
Coscinodiscus radiolatus®? _Navicula lineolata
Discoplea? (Gallionella?) Scalprum
Eunotia gibba Pinnularia affınis
Fragilaria acuta borealis
ou
Pinnularia peregrina Synedra Entomon
viridis Sphenosira Catena
Podosphenia Pupula Stauroneis linearis
Synedra acuta Stauroptera Monogramma.
constricta?
PHYTOLITHARIA 4.
Lithostylidium Clepsammidium Lithostylidium rude
Rajula Trabecula.
Aus diesem Verzeichnifs geht hervor, dafs das Flulswasser,
in welchem der Fisch sich aufgehalten, Beimischungen von See-
'thierchen (Coscinodiseus) hat, mithin entweder selbst im Fluth-
gebiete des Meeres liegt, oder, da nur Fragmente der Seeform
gesehen sind, tertiäre Biolithe berührt. Auch Cocconeis fasciata
ist bekannte Küstenform von Peru.
Synedra Entomon, bisher nur aus Chile bekannt, ist durch
ihr Vorkommen im Passatstaube merkwürdig. Synedra? con-
strieta ist eine glatte an beiden Enden nadelartig sehr lang zu-
gespitzte characteristische Form. Stauroneis linearis und Sphe-
nosira Catena sind bekannte Amerikaner von Chile und Mexico.
Stauroptera Monogramma ist eine gerippte der glatten Stauro-
neis Monogramma von Surinam ähnliche Form, die auch der
Achnanthes ventricosa ähnlich, aber nicht gleich ist.
Sämmtliche Formen wurden in Zeichnungen und Präpara-
ten vorgelegt.
I.
Da bei der sehr grofsen Menge der bereits in Übersicht
gebrachten generischen Form-Typen bei den Polygastern die
neuen Genera nicht mehr so häufig vorkommen können, so ha-
ben wirklich vorkommende neue Formen dieser Beschaffenheit
ein höheres wissenschaftliches Interesse. Hr. Ehr. hat bei sei-
ner Anwesenheit in England im vergangenen Sommer eine sol-
che interessante Form unter den mikroskopischen Präparaten ken-
nen gelernt, die Hr. Topping mit grofser Sauberkeit zum Ver-
kauf zubereitet. Sie findet sich in einer gewissen Art von Guano
aus Patagonien und gehört zu den grölseren Formen. Hr. E. nennt
sie Hemiptychus ornatus. Es sind einzelne, verhältnifsmäfsig an-
sehnlich grofse, scheibenförmige feine Kiesel-Platten, die durch
6
ein zierliches Netzwerk verbundene Strahlen auf ihrer Fläche
zeigen, nach Art der Gattung Actinoptychus. Diese Strahlen
sind auch wie dort erhabene Leisten, welche aber vom Rande
anfangend nicht innen bis zum Centrum reichen, vielmehr eine
breite Mittelscheibe übrig lassen, in der sich jene Leisten als fein
punctirte Strahlenlinien fortsetzen, bis unmittelbar am Centrum
ein Kranz von Zähnchen sichtbar wird. Auch liefsen sich keine
Rand- Öffnungen erkennen.
Die Zeichnung und das Präparat in einem der bei Hrn.
Topping verkäuflichen Kästchen wurden vorgelegt.
Ein anderes neues Genus von Polygastern fand sich in einem
Guano aus Patagonien, den das dänische Schiff Waldemar, Capit.
Schmidt, im October 1847 nach Berlin gebracht hat, Hr. H.
Rose hatte eine Flasche voll dieses Guano erhalten und sie
Hrn. Ehr. zur mikroskopischen Prüfung übergeben.
Der patagonische Guano enthält wieder, wie alle bisher un-
tersuchten Arten dieses Stoffes, eine ansehnliche Beimischung von
kieselschaligen Polygastern verschiedener Gattungen, samt vielen
Kiesel-Nadeln von See-Schwämmen.
Die interessanteste Form ist Entopyla australis, eine neue
Gattung. Am meisten äufsere Ähnlichkeit hat diese neue Form
mit Tessella, in der inneren Bildung ist dieselbe aber der Gat-
tung Biblarium weit ähnlicher. Sie bildet viereckige Platten die
von der Seite gesehen oben und unten abgerundet sind. Diese
viereckigen Täfelchen oder Kästchen bestehen aus vielen Blättern
wie ein Buch, die aber fest verbunden sind. Die Blätter sind
den schmalen Seiten parallel und gekrümmt. Die beiden End-
blätter sind wie die Deckel eines Buches, dicker und mit bis 32
Queer-Rippen ausgezeichnet. Diese beiden verzierten Endblät-
ter sind bei Bidlarium einander gleich, bei Entopyla sind sie es
nicht, da ist eins nach aulsen concav, das andere nach aufsen
convex. Das concave Endblatt ist auf der Bauchseite, da es
2 grofse rundliche Öffnungen an den Enden hat, das entgegen-
gesetzte convexe hat keine Öffnungen. Die sämtlichen Zwischen-
Blätter haben eine grolse Öffnung in der Mitte, so dals nur ein
dünner Rand übrig bleibt. Hierdurch entsteht ein zusammen-
hängender grolser Raum im Innern der Täfelchen. Ähnlich ist
der Bau bei Bidlarium.
7
Diese Form ist nicht ganz neu, indem sie als Fragment im
Jahre 1843 von den Falklands-Inseln her bekannt wurde und
als unvollständige, aber characteristische Form einstweilen frag-
lich zur Gattung Surirella gestellt und Surirella? australis ge-
nannt wurde. Es war ein Theil des allerdings den Surirellen-
Schalen ganz ähnlich gebildeten Deckels der Entzopyla.
In diesem neuen Guano fanden sich aulserdem:
POLYGASTRICA.
Aetinoptychus octonarius Grammatophora oceanica
Cocconeis oceanica serpentin@
Coscinodiscus subtilis Tessella Catena
Entopyla australis Synedra Gallionii?
Gallionella sulcata Zygoceros Rhombus?
Grammaetophora angulosa
3 PHYTOLITHARIA.
{ Lithodontium furcatum Spongolithis Clavus
5 platyodon cenocephala
.}
Fustis.
Alle Formen sind sonst bekannte Meeres-Organismen, bis
auf die Zithodontia, welche Randzähne von Gräsern sind.
Sämtliche Arten wurden in Zeichnungen und Präparaten vor-
gelegt.
Novorum generum characteres succincti.
HEMIıPTyYcHus Nov. Gen. Prachtschildchen.
Animal e Bacillariis Naviculaceis liberum. Lorica simplex
aequaliter bivalvis silicea orbicularis (non concatenata?) intus
sepimentis imperfectis ad dimidiam fere radiorum partem in
loculos radiantes (nec alternos impressos) divisa, medio disco
late vacuo, radiato nec septato, centro, denticulorum corona
cincto, radiorum experte, extremi marginis aperturis non con-
spicuis.
Sepimentis abbreviatis, concamerationibus non alterne
impressis, centro coronato et aperturis marginalibus obsoletis
‚ab Aczinoptycho differt.
. ornatus disco subtilissime granulato radiis 29 aequalibus, cel-
—_ lularum apparatu interposito concentrico. Diameter - 5”.
EntopxytA Nov. Gen. Doppelthor.
Animal e Bacillariis Nayiculaceis (an Echinelleis?). Lorica
En:
8
prismatica compressa multivalvis (libera, an concatenata?).
Valvis in serie simpliei recta, libri foliorum instar, conti-
guis, internis apertura maxima media perviis, externis inae-
qualibus transverse striatis, altera integerrima (non perfo-
rata), altera ad utrumque apicem poro magno insigni. |
Forma arcuata ad Achnanthem accedit, tabelları forma
Tessellae affınior est, maxime Biblario propinquior est.
E. australis, foliolis linearibus utroque fine rotundato, foliolis
mediis in adultis numero fere 16, costis foliolorum latera-
lium in adultis ultra 40 iisque (Surirellae more) linea me-
dia flexuosa divisis. Longit. - 5”.
Vidi juniora specimina %” longa, foliolis intermediis
tribus, costis inter aperturas 6.
Synonymon: Surirella? australis 1843. Abhandl. d. Akad.
III.
Da die Kenntnis der tertiären Kiesel-Biolithe oder Infu-
sorien-Tripel, besonders der Braunkohle, wieder bedeutend zu-
genommen hat, so scheint es zunächst zweckmäfsig folgende Mit-
theilungen der Akademie vorzulegen.
a. Über eine von Hrn. Geheimen Bergrath Nöggerath
gesandte Probe eines erdigen über 50 Fufs mächtigen
Braunkohlen-Flötzes bei Godesberg am Rhein.
Im August 1847 sandte Hr. Nöggerath eine Probe der
neuen erdigen und Infusorien-haltigen Braunkohle von Liessem
zur mikroskopischen Prüfung und in Folge der gemachten Mit-
theilungen und Wünsche erhielt Hr. Ehr. neue Auskimft und
Proben am 11. Sept. Hr. Nöggerath ist selbst am Orte ge-
wesen und meldet Folgendes:
„Die Lagerstätte des Gemisches von Braunkohlen und In-
fusorien ist (bei Liessem 1 Stunde südwestlich von Godesberg)
bedeutend mächtig und mag eine nicht unbeträchtliche Ausdeh-
nung haben. Letztere lälst sich aber nicht übersehen, da man
bisher nur einen bergbaulich geöffneten Punkt, einige Minuten
östlich von dem Dorfe Liessem kennt. Man hat sie aber gegen
Nordosten hinter dem Dorfe wieder erbohrt. Es ist kaum zu
erwarten, dals man genaue Aufschlüsse über die Ausdehnung und
Gestalt der Ablagerung erhalten wird, da die Kohle eben wegen
9
der Infusorien, zu schlecht brennt, als dafs eine bergmännische
Speculation darauf gegründet werden kann. Wo der Bergbau
auf die Lagerstätte eröffnet worden, liegt dieselbe unter einer
Oberfläche von 21% Fufs Mächtigkeit, vorzüglich aus Quarzge-
schieben und Sand bestehend, aber grofse Blöcke von Quarzfels
und buntem Sandstein (diese wohl ursprünglich vom Hundsrücken
herrührend) und andere Blöcke von Trachyt enthaltend (dieser
ist gut erkennbar als von Borkum herrührend, etwa 15 Stunde
von Liessem). Die Braunkohlen- und Infusorien - Lager sind hier
nur 19 Fufs mächtig. Durch die ganze Braunkohlenmasse sind
die (weilsen Lagerungsstreifen der) Infusorien verbreitet bald in
geringerem bald in reicherem Quantitätsverhältnils. Die Exem-
plare welche hierbei folgen sind von solchen Stellen, wo die
Infusorien am reichsten in der Braunkohle verbreitet sind, nir-
gends fehlen sie aber ganz.”
„Der Bergbau hat ermittelt, dafs die gemischten Braunkoh-
len- und Infusorien-Lager auf einer Schicht von erdig zerrie-
benem Trachyt, + Fuls mächtig, ruhen. Es ist ein Trachyt-Tuff,
in welchem auch grölsere abgerundete Blöcke von festem Tra-
chyt vorkommen. Die Bruchstücke des Trachyts in kleinen Par-
tikeln kommen auch in den schiefrigen Braunkohlen- und Infu-
sorien-Massen eingemengt vor; oft ist der glasige Feldspath und
die Hornblende gut zu erkennen. Unter dem Trachyt- Tuff liegt
endlich ein bläulich-grauer schwefelkieshaltiger Thon von unbe-
kannter Mächtigkeit, da er nicht durchsunken worden. Es ist
aber wohl gar keinem Zweifel unterworfen, dals das ganze Braun-
kohlengebirge dem Thonschiefer und der Grauwacke unmittelbar
aufgelagert ist, denn es steht dieses Übergangsgebirge in gerin-
ger Entfernung östlich zu Tage an und überdiels ruhen alle un-
sere Braunkohlen - Ablagerungen unmittelbar auf Thonschiefer und
Grauwacke.”
„Südlich des Dorfes Liessem hat das Braunkohlen- und In-
fusorien-Lager eine Mächtigkeit von 52% Fuls. Es ist hier blofs
durch Bohrversuche durchsunken worden. Man kann über die
Verbreitung des Lagers nichts Bestimmtes sagen. Sie mag grols
sein. Zwischen dem Bergbau und dem Bohrpunkte mag eine
Distanz von 5 bis 8 Minuten Weges sein. Das giebt aber durch-
aus kein Anhalten.”
10
Auf Hrn. Ehr’s. frühere Bemerkung, dafs das Lager, der
Infusorien-Formen halber, in die Periode des Leuciscus papyra-
ceus zu gehören scheine, antwortet Hr. N.:
„Ich habe aus dem Braunkohlenlager wirklich ein Paar
schlechte Exemplare von .Zeuciscus papyraceus erhalten. Seine
Existenz ist dadurch wenigstens bewiesen.”
Dies sind die Lagerungsverhältnisse des neuen Tertiär-La-
gers.
Die Hrn. Ehr. übersandte Masse ist ein schiefriges sehr
mürbes im trocknen Zustande perlgraues oder silbergraues Fos-
sil, im Äufsern dem Polirschiefer von Cassel am ähnlichsten.
Manche Proben haben dickblättrige erdige Lagen, andere haben
sehr dünne Schiefer- Absonderungen und die letzteren sind ho-
mogener und feiner. Die graue Farbe entsteht deutlich durch
schneeweilse kleine Kieselschalen von Polygastern oder Phytoli-
tharien, welche mit schwärzlich-kohligen Stoffen gemengt sind
und nur in dünnen Lagen beim Queerbruch feine weilse Strei-
fen da bilden, wo sie gehäuft sind.
Folgende Formen sind bis jetzt unterschieden worden:
Kieselschalige Polygastrica:
Chaetotyphla? volvocina
Cocconema lanceolatum
Leptoceros « adultum
£ß pumilum (juvenile?)
Fragilaria Gallionella
Gallionella undulata
Gomphonema_ gracile
longicolle
Himantidium Arcus
Pinnularia aequalis
rhenana?
Kieselerdige Phytolitharia:
Amphidiscus armatus?
Spongolithis acicularis
aspera
inflexa
mesogongyla.
U EEE LEERE SE NEL NEO ZERERET
11
Weiche Pflanzentheile:
Pollen Pini.
Die Mischung dieser Formen ist eigenthümlich. Die Haupt-
masse wird von Cocconema Leptoceros 8 gebildet, welche in un-
zählbaren Massen dicht auf einander liegt und nur selten und
einzeln die übrigen Formen einschliefst. Diese Mischung ist nur
neuerlich beim Polirschiefer der Braunkoble von Redwitz wie-
der vorgekommen. Die Gallionella undulata und der Amphidis-
cus sind characteristisch für den Casseler Polirschiefer aus dem
Basalttuff. Der Amphidiscus armatus ist in gleicher Form bei
Cassel und in der Grube Elise bei Wohlscheid am Rhein, aus
den jetzt lebenden Verhältnissen aber nicht bekannt. Die Pin-
nularia rhenana verbindet dieses neue Lager am linken Rhein-
ufer mit den Lagern bei Rott am rechten. Alle Formen können
Süfswasser-Bildungen sein.
Der neue Tertiär-Biolith des linken Rheinufers ist auf der
Höhe abgelagert und scheint unmittelbar /auf Grauwacke und
Trachyt zu ruhen. Daher wird es immer wahrscheinlicher, dals
vor und während der Thätigkeit der Vulkane in der Eifel eine
bedeutende Überdeckung der ganzen vulkanischen Tufflande mit
tertiären, reich Braunkohle und Braunkohlen-Tripel haltigen Ge-
birgsarten stattgefunden haben mag, deren Durchbrechung und
Verstäubung oder Mischung mit Wasser und Aschen oder Bim-
‚stein-Staub durch die Vulkane, die dortigen eigenthümlichen ge-
fritteten und mit Infusorien-Schalen gemischten Tuffe bedingen.
Hierbei wurde noch einer erdigen Blätterkohle von Gu-
sternhain im Westerwalde gedacht, welche der Hr. Geheime
Medicinalrath Dr. v. Franque in Wiesbaden mit mehreren
Braunkohlenproben des Westerwaldes Hrn. Ehr. auf seinen
Wunsch auf amtlichen Wege hat zukommen lassen. Diese
Blätterkoble, in deren Nähe wahrscheinlich auch wirklicher
Braunkohlen- Tripel oder Polirschiefer vorhanden ist, zeichnet
sich durch Mangel an Infusorien-Schalen aus, bei einer ziemlich
reichlichen Mischung von unverbrennlichen Phytolitharien zwi-
schen den verbrennlichen Pflanzenresten. Es finden sich nament-
lich darin, jedoch meist zerbrochen oder zerfallen: Zithasteriscus
Zuberculatus, Amphidiscus Rotula, armatus, Spongolithis acicula-
ris und odtusa? sämmtlich wohl Süfswasserbildungen. Nur die
12
letztere ist ein zweifelhaftes Seegebilde. Da noch weitere Ma-
terialien für den Westerwald zugesagt sind, so wird eine über-
sichtliche Darstellung der dortigen Verhältnisse späterhin mehr
Interesse der Vergleichung gewähren.
5. Über einen vom Hrn. Candidat Eckhard entdeckten
Infusorien-Biolith von Ostheim bei Hanau.
Im April 1847 sandte Hr. Candidat Eckhard aus Marburg
an Hrn. Ehr. eine kleine Probe eines weilsen Kieselguhrs, der
sich bei Ostheim 2 Stunden von Hanau mit Braunkohlen gefun-
den hat und der ihm eigenthümliche Formen zu enthalten schien.
Hr. Eckhard hat auf Hrn. Ehr’s. Anregen den Gegenstand
weiter verfolgt und folgende, sehr schätzbare Notizen allmälig
mitgetheilt, welche das Vorkommen der Masse völlig erläutern.
Die geognostischen Nachrichten verdankt derselbe der Mittheilung
des Oberstabsarztes Dr. Speyer.
Bei Ostheim, 2 Stunden nördlich von Hanau am Main, fin-
den sich alte Braunkohlengruben, welche jetzt verlassen sind,
weil die Wasser zu viel Kosten machen und die Gruben bei’Rafs-
dorf, in gleicher Entfernung, südwestlich von Hanau, vortheil-
hafter geworden sind. Über den Braunkoblen bei Ostheim liegt
ein braunrother Letten, in welchem sich hin und wieder, doch
selten, erbsengrolse kieselguhrartige Massen eingestreut finden, die,
wie er sah, aus Infusorien bestehen. In den Braunkohlen selbst
kommt der Kieselguhr, der zuweilen dem Polirschiefer nahe
steht, massenweise, oft in bedeutenden Brocken vor, nicht sel-
ten auch in Lagen, die aber fast nie mehr als 1 Fuls Mächtig-
keit hahen und nie sich auf gröfsere Strecken fortsetzen, son-
dern nur 8 bis 14 Fufs in horizontaler Richtung verlaufen.
Hr. Eckhard hatte bereits unter den Formen, welche die-
sen Kieselguhr von Ostheim zusammensetzen, eine besonders aus-
gezeichnete (Siylobiblium) erkannt und sie mit einigen anderen
skizzirt. Derselbe hat Hrn. Ehr. ersucht die nähere Formen-
bestimmung selbst zu übernehmen und ein Namen-Verzeichnils
seiner Notiz beizufügen.
Folgende 56 Formen haben sich bei 40 genauen Analysen
der Masse, welche Hr. Ehr. gemacht hat, als Bestandtheile fest-
stellen lassen.
13
POLYGASTRICA 31.
Biblarium_ellipticum
emarginatum
Glans
speciosum
Stella
Chaetotyphla? volocina
Cocconeis Placentula
Cocconema asperum
lanceolatum
Eunotia Diadema
gibberula
granulata
parallela
procera
Fragilaria
Gallionella distans.
Amphidiscus armatus
4
Gallionella r
Gomphonema gracile
longicolle
Himantidium Arcus
Pinnularia affınis
macilenta
nobilis
viridis
ß
Stauroneis gracılis
Phoenicenteron
Stauroptera cardinalis
Phoenicenteron
Stylobiblium Eckhardi
Trachelomonas laevis
PHYTOLITHARIA 25.
Lithostylidium Rhombus
clavatus rude
Rotula Serra
Lithodontium furcatum sinuosum
nasutum Trabecula
platyodon unidentatum
rostratum Spongolithis acicularis
Lithostylidium Amphiodon aspera
Clepsammidium Erinaceus
Emblema inflexa
Pipa mesogongyla
quadratum Trachystauron
rectangulum.
Durch die beigemischte grolse Menge der zierlichen stern-
artigen Deckel der neuen Form Stylodbidlium Eckhardi erhält die-
ser tertiäre Kieselguhr schon beim ersten Anblick etwas Eigen-
thümliches und die vielen Bidlaria vermehren diesen Character.
Die Hauptmasse bildet Eunotia gibberula.
_ tharien sind Zirhostylidium Pipa und rectangulum als seltene
_ Character-Formen ausgezeichnet. Die dabei oft vorkommenden
Unter den Phytoli-
14
gezahnten Ringe sind nicht Species von Mesocena, sondern die
Mittelblätter des Siylobiblium, dessen Seitenblätter (Deckel) die
Sterne sind. Biblarium Castellum ist eine verwandte Form.
Sämmtliche Formen sind entweder bekannte, oder die neuer,
wahrscheinliche Süfswasser-Gebilde. Anzeigen brakischer Beimi-
schung sind nicht vorhanden.
Alle waren in Zeichnungen und Präparaten vorgelegt.
In diesen und auch in einigen anderen Braunkoblen - Tri-
peln haben sich neuerlich geringe kleine Staubtheile von Bim-
stein oder vulkanischer Asche eingemengt erkennen lassen, ohne
aber dadurch der Masse einen vulkanischen Character zu geben.
Sie mögen aus gleichzeitigen fremden Ereignissen zugekommen
sein.
ec. Über einen von Hrn. Lehrer Nauck mitgetheilten
Polirschiefer der Braunkohle von Redwitz am Fichtelgebirge.
Hr. Nauck hat Hr. E. einen Infusorien-Biolith als Polir-
schiefer von Redwitz am Fichtelgebirge zur Ansicht und weite-
ren Untersuchung gebracht, welcher die Kenntnils der tertiären
Lebens -Verhältnisse Deutschlands durch ein neues Mittelglied vom
Rhein nach Böhmen hin vervollständigt und daher von einem
besonderen Interesse ist. Über die Lagerung verdankt man Hrn.
Nauck, der sich den Naturwissenschaften widmet, die folgenden
und nachträglichen, von Hrn. Fikenscher stammenden Nachrichten.
„Der weilse Infusorienschiefer findet sich am südlichen Ab-
hange der Basaltberge, welche 2 Stunden südlich von Redwitz
liegen. Er ist die Sohle von einem schwachen Braunkohlenflöz,
das 30 Fufs unter Tage liegt und mit sandigem Lehm und Thon
bedeckt ist. Das Lager ist 1800 Fuls über dem Meere.”
Die übergebene Substanz ist eine gelblichweilse dem Bili-
ner Polirschiefer an Farbe und Cohärenz ähnliche Gebirgsart, für
welche der Name Polirschiefer mit allem Rechte gebraucht wird.
Die vorliegende etwas über 2 Zoll breite, 5 Zoll dicke Probe
wurde von allen Seiten und nach Ablösung der oberen Lage auch
innen untersucht. Aus 40 von Hrn. Ehr. unternommenen ge-
nauen Analysen nadelknopf grolser Theilchen der Substanz hat
sich folgendes Verzeichnils der 41 die Masse constituirenden Or-
ganismen erhalten lassen.
15
PoLYGASTRICA 32.
A,nphora libyca
Biblarium_ellipticum
Chaetotyphla? volvocina
Cocconeis Placentula
elongata
Cocconema lanceolatum
Leptoceros «
ß pumilum
y angulare
Eunotia?
Fragilaria? Gallionella
biceps
rhabdosoma
Zurgens
Gallionella undulata
Gloeonema paradoxum?
Gomphonema clavatum
gracile
longicolle
Himantidium Arcus
Navicula fuloa?
Semen
Pinnularia aequalis
inaequalis
macilenta?
; Placentula
F viridis
Stauroptera Isostauron?
Synedra acuta
brevis & gracilior
ß turgida
Trachelomonas laevis.
PHYTOLITHARIA 8.
Amphidiscus verticillatus Lithodontium platyodon
Lithasteriscus tuberculatus Lithostylidium quadratum
Lithodontium Bursa rude
nasutum Spongolithis acicularis.
16
Weiche Pflanzentheile 1.
Pollen Pini.
Überwiegend vorherrschend und Masse bildend ist Cocconema
Leptoceros ß pumilum. Die anderen Cocconemata sind nebst °
Chaetotyphla? volocina die nächst zahlreicheren Formen. Die
Gallionella undulata verbindet dies Lager nahe mit dem des Ba-
salttuffes von Cassel, aber die massebildenden Cocconernata ver-
binden es am engsten von allen ähnlichen bekannten Massen auf
der Erdfläche mit dem vom linken Rheinufer bei Liessem.
Da die betreffende Kohlengrube bei Redwitz der Familie
des Hrn. Nauck eigenthümlich gehört, so ist ihm bekannt, dals
ein Basaltdurchbruch den Fortbau in einer Richtung hindert, in
welcher nach einiger Entfernung hinter dem Basalte wieder ein
ähnliches Braunkohlenlager erscheint.
Ferner „findet sich bei Pilgramsreuth, eine Meile südwest-
lich von Redwitz, ein Braunkoblenflötz, dessen Liegendes ein
Brandschiefer ist, welcher mitunter Blätterabdrücke von Dicoty-
len enthält. Dieses Flötz ist im Mittel 5 Fufs mächtig, hat viel
bituminöses Holz in festen Stücken und liegt, bei einem Einfal-
len von 25°, 25 bis 90 Fufs, unter der Oberfläche. Das Han-
gende des Braunkohlengebirges ist grauer Sand und Lehm, dar-
über ein schwaches Brauneisensteinflötz und über diesem bis zur
Oberfläche Lehm. Im Lehme finden sich Basaltblöcke, wie an
der Oberfläche. Das Lager des Brandschiefers, in dem eine
schwache Schicht von Phosphorit ist, liegt 1900 par. Fuls über
dem Meere.”
Auch diese sammt einer Probe von Hrn. Nauck überge-
bene Nachricht hat ein specielles Interesse für die Bildungsver-
schiedenheiten solcher Ablagerungen.
Eine Reihe von mikroskopischen Analysen hat ergeben, dafs
dieser Brandschiefer gar keine Infusorien, aber doch ansehnlich
viele Kieseltheile enthält, welche Phytolitharien sind. Es ist
Amphidiscus armatus und verticillatus mit Spongillen - Nadeln,
welche die Mischung bilden. Dies Verhalten schliefst sich an
das ganz ähnliche der erdigen grauen Blätterkohle von Gustern-
hain im Westerwalde an.
Die braunrothe Farbe dieses sogenannten Brandschiefers
kann nicht vom vulkanischen Erglühen durch Basalt- Durchbruch
17
entstanden sein, da die Masse viel Kohle noch enthält und beim
Glühen sich sogleich schwärzt.
IV.
Zu den die Tertiärverhältnisse der Erdoberfläche berühren-
den Erscheinungen gehört auch die Bernsteinbildung und so
scheint es nicht ohne vorzügliches wissenschaftliches Interesse
zu sein, dals neuerlich Infusorien im Bernstein entdeckt worden
sind, welche wieder neue Vergleichungspunkte der Lebens -Ver-
hältnisse liefern.
Hr. Dr. Thomas in Königsberg hat solche Formen zuerst
im Bernstein gefunden und Hrn. Ehr. dieselben zur Bestätigung
und Bestimmung der Arten übergeben.
Da Hr. Ehr. eine Zeitlang im Zweifel blieb, ob die im
Bernstein gefundenen Objecte wirkliche Einschlüsse, oder nur
äufserlich in Spalten eingeklemmte Dinge seien, so kann erst jetzt,
nach dem Überwinden dieser Zweifel, auch der Akademie Mit-
theilung davon gemacht werden, wie er es für wohl zweckmä-
fsig hält.
In unreinen Bernsteinstücken, wo sich allerlei dunkle
Flecke und Einschlüsse zeigen, fand Hr. Thomas zweimal, dicht
neben facettirten dunklen Körperchen, die er für Schwefelkies-
‚krystalle zu halten geneigt und allerdings nicht behindert ist, den
Infusorien äbnliche sehr kleine Körperchen. Die Krystalle so-
wohl als diese Körperchen lagen beidemal in einer feinen Spalte
des Bernsteins. Dieser Umstand hielt Hrn. Ehr. eine zeitlang
ab, das Object als ein gleichzeitiges des Bernsteins zu erklä-
ren, zumal er einige der kleinen Schalen mit Luft erfüllt sah.
Hr. Dr. Thomas erläuterte die Spalten dadurch, dafs auch die
Insecten und viele andere, vielleicht alle Einschlüsse auf der-
leichen Spaltungs- oder Überdeckungsflächen liegend erscheinen.
ach Hrn. Ehr.’s jetziger Ansicht ist aber der Umstand entschei-
end, dafs die meisten und mit geringer Ausnahme alle die klei-
nen Infusorien-Formen, welche man dichtgedrängt beisammen
‚sieht, die auch sämmtlich Kieselschalen von bekannten Bacillarien
sind, vom Bernsteinharze durchdrungen und nur daher völlig
‚durchsichtig sind. Nur durch ein Harz oder einen harzigen
Balsam ist diese Durchsichtigkeit zu erlangen. Nun konnte zwar
N, 4*
18
der zum Anheften der Bernsteinstücke auf Glas von Hrn. Dr.
Thomas benutzte Balsam die Schalen erfüllt haben, allein dann
würden die Spalten selbst auch unsichtbar, durchsichtig, gewor-
den sein. Andere Gründe, dals die Formen entschieden zur
Bernsteinbildung gehören, liegen in den Formen selbst, die in
beiden Stücken sehr gleich sind und offenbar Jugendzustände
schon sonst aus der Tertiärzeit bekannter Körper sind.
Folgende 9 Species sind bisher im Bernstein vorgekommen:
Amphora gracilis Navicula amphioxys
Cocconeis borealis Bacillum (tenuis)
Cocconema Cistula? Pinnularia capitata
Fragilaria rhabdosoma? Gastrum
Navieula affınis.
Am zahlreichsten ist Navicula amphioxys, die sammt Cocco-
neis und Amphora, auch Pinnularia Gastrum, die Masse bildet.
INK
Der Graf Suminski hat Hrn. Ehr. zur Überreichung an
die Akademie einen Aufsatz übergeben, welcher die Befruchtung
der Farrnkräuter in einen neuen Gesichtspunkt bringt. Der Auf-
satz betrifft keine blolse Speculation, sondern directe neue Be-
obachtungen, bei denen das Speculative eine unwesentliche Ne-
bensache bildet.
Die mannichfachen Bemühungen der Botaniker, bei den
Farrnkräutern eine die Befruchtung vermittelnde Organisation nach-
zuweisen, sind von Hrn. Link in den Schriften der Akademie
von 1840 ceritisch zusammengestellt und mit neuen Versuchen
vermehrt worden. Von diesen sämmtlichen Resultaten der Un-
tersuchung ist die von Hrn. v. Suminski gewonnene Ansicht
wesentlich abweichend. Hr. Link besonders hat auf anderem
Wege, im richtigen Vorgefühle, denselben Hauptresultaten sich
genähert und hauptsächlich die Wichtigkeit der kleinen Keim-
platte der jungen Farrnpllanzen geahnet, indem er sie mit dem
besonderen Namen Prothallium bezeichnete. Hr. Link hat auch
sehr glücklich die Verwandtschaft der Farrn mit den monokoty-
len Bildungen bereits erkannt und fest ausgesprochen. All diese
schwierigen Verhältnisse bekommen durch Hrn. v. Suminski’s
glückliche Beobachtung eine festere Basis und da derselbe Hrn.
ü
\
19
Ehr. die zarten Objecte im lebenden Zustande und unter des-
‚sen Mikroskope zur Ansicht gebracht hat, so ist Hr. Ehr.
veranlalst den Gegenstand der Akademie zu empfehlen. Er
ist auch noch specieller, der dabei vorkommenden sogenannten
Spermatozoen halber, davon berührt.
Von allen Seiten hat es längst in der Botanik zu der Ver-
muthung hingedrängt, dafs die eryptogamischen Gewächse, neben
ihrer deutlichen Fruchtbildung auch Befruchtungsorgane haben
mögen und das Streben zum Aufsuchen solcher Verhältnisse wird
durch Schule und Conversation überall! täglich genährt, von jun-
gen Kräften aber, die von vergeblicher Mühe nicht erschlafft
sind, stets frisch und enthusiastisch erfalst.
Die früheren Beobachter haben die zu vermuthenden Be-
fruchtungsorgane der Farrn in der Nähe der braunen Körner-
häufchen, die man bisher Saamen nannte, gesucht und sie, wenn
nicht in diesen Häufchen (Soris) selbst, doch in deren Umge-
bung auf den grolsen Ast- und Blatt-Wedeln suchen zu müssen
geglaubt.
ga Hr. v. Suminski, welcher aus Liebe zu den Naturwissen-
schaften eine Reise in ferne Länder beabsichtigt und sich auch
mit dem Mikroskope dazu vorbereitet, hat bei der mikroskopi-
‚schen Beobachtung der Samen- und Stamm-Entwickelung der
Farren plötzlich kleine schnell bewegte Spiral- Körper gesehen
und da dergleichen Spiral-Körper schon öfter als Spermatozoen
r Pflanzen angezeigt und namentlich bei eryptogamischen Pflan-
zen als die Befruchtung vermittelnd angenommen waren, so wurde
eine Aufmerksamkeit auf kleine runde Zellen zwischen den Wur-
1 des Prothalliums gelenkt, aus denen solche bewegliche Spi-
Körperchen hervortraten. Nach dieser Auffindung vermuth-
licher Befruchtungsorgane lag die Vermuthung nahe, dafs die zu
befruchtenden Keim-Anlagen in der Nähe sein möchten: Er
ıd dann auch die Verhältnisse einer Anzahl eigenthümlicher
Kleiner Wärzchen im Ausschnittswinkel des Prothalliums gerade
da, wo jedesmal das neue Stämmchen sich bildet so besonders
nd blumenartig, dafs er diese Theile genauer in ihrer Entwicke-
ing verfolgte. So sah er denn, dafs von vielen vorhandenen
ch stets nur eins entwickelt, dals alle an der Spitze Öffnungen
aben und dafs in diesen Öffnungen sich bewegte Spiralfäden
20
öfter einsenkten und darin liegend erkennbar waren. Die wei-
tere Entwickelung der Vorstellung liegt nahe.
Hr. v. Suminski schlielst aus seinen Beobachtungen, dafs
die bisher sogenannten Samen der Farren keine Samen, sondern
Knospen ohne Befruchtung sind, dafs aber die Blüthen der Far-
ren auf der Keimplatte, dem Prothallium, vollständig vorhanden
sind, und dafs meist immer nur ein Same ausgebildet wird, der
sogleich in den Stamm auswächst.
Hiernach wären denn die Farrenstämme Producte mikro-
skopischer, auf der Keimplatte, dem Prothallium, als Blumenbo-
den vorgehender Befruchtung, im ganzen übrigen Verlauf ihrer
oft baumartigen Entwicklung aber blüthen- und fruchtlose Pflan-
zen mit Bulbillenbildung. Freigewordenen Samen gäbe es dem-
nach gar nicht. Dafs die braunen Körnchen der Sori, welche
man bisher Samen nannte, ohne Spur von Albumen sind, wäre
dadurch allerdings erklärt.
Nicht alle Schlüsse, nur Facta kann Hr. Ehr. vertreten. Die
Verhältnisse, welche die beiliegende Zeichnung enthält, hat Hr.
Ehr. genau so bestätigt, wie sie gezeichnet sind. Die in den
runden Zellen befindlichen sehr zarten spiralen Körperchen hat
er selbst gesehen, auch die rasch zitternde Bewegung derselben
beim Austreten und auch feine Fäserchen, deren Schwingen die
Bewegung vermittelt. Das bedeutende Malertalent des Hrn. v.
Suminski hat ihm die Beobachtung und richtige Darstellung
der Verhältnisse sehr erleichtert. Die Methode der Beobachtung
ist sehr zweckmälsig und sinnreich. In einem flachen Blechkäst-
chen mit vielen Fächern sind die kleinen Pflänzchen auf weilsem
feuchten Sande gezogen, wodurch sie reichlich zur Hand und
reiner für die Untersuchung blieben. Alle untersuchten Genera
in allen Arten haben die gleiche Bildung gezeigt.
So viel schien als Einleitung nöthig, um den wissenschaft-
lichen Gesichtspunkt für diese jedenfalls sehr interessante Beob-
hl
achtung darzulegen.
Nur noch einige Worte schlielst Hr. Ehr. bei dieser Ge-
legenheit über die Wimperbewegungen bei Pflanzensamen und
die sogenannten Spermatozoen der Pflanzen an.
Seit Leeuwenhoeks wichtigen Beobachtungen über die
Existenz der Spermatozoen sind von Zeit zu Zeit immer neue
21
oft monströse Auswächse der Beobachtung und Speculation er-
schienen. Dafls das Köpfchen jedes menschlichen Spermatozoons
einen kleinen zusammengekauerten Embryo mit grofser offener
Fontanelle, Armen und Beinen enthalte, bildete Hartsoeker ab
und der Schwanz war ihm die Nabelschnur. Diese Darstellung
ist als unwahr und roh seit Kurzem erst fest verbannt. Die
neuere Zeit neigte zu ähnlichen Vorstellungen. Bei den Thieren
sind sie sehr verfeinert worden, bei den Pflanzen treten sie we-
niger fein mit grofser Sicherheit entgegen. Gewisse Dinge darf
man im gesunden Zustande nicht wollen, über andere darf man
nicht entscheidend urtheilen. Die Lehre von den Spermatozoen
gehört zu den letzteren, bis bessere Sehmittel kommen.
Vielleicht ist es nützlich hierbei darauf aufmerksam zu ma-
chen, dafs die Spiralfäden in den Befruchtungsorganen mancher
Pflanzen, die von Hrn. Unger als Spirillum bei Sphagnum, von
Hrn. Lindley als Yiörio bei Polytrichum, mit Namen von In-
fusorien bezeichnet wurden und die in anderen Pflanzen von
Anderen mit Monaden für identisch erklärt worden, ein von den
"Infusorien ganz und gar verschiedener Gegenstand sind, dafs
auch die Vergleichung der bewegten Theilchen bei der Pflan-
zen-Befruchtung mit den Spermatozoen der Thiere offenbar ganz
Heterogenes vergleicht. Gegliedert und biegsam sind die Sa-
mentheilchen der Thiere, starr und ungegliedert sind die Kör-
perchen bei den Pflanzen, hier sollen die Enden unmittelbar zu
Embryonen werden, dort sieht jeder, wer sich mit der Entwik-
_kelung des Eies oder dem Geschichtlichen der Eibildung ver-
traut gemacht hat, die Unmöglichkeit solchen gleichen Ver-
_ haltens ein, wie es Hartsoeker darstellte.
Die Wimperbewegungen mancher Pflanzen-Samen hat man
neuerlich für thierische Charactere erklärt. Ein bisher nicht be-
_ rücksichtigter Character, welcher Pflanzenwimpern (die sich so
_ bewegen mögen wie die Afterblättchen des Hedysarum gyrans)
von Thierwimpern unterscheidet, ist die Einziehbarkeit der letz-
tern und meist ihre Contractilität. Die schwimmenden Samen
; des Ectosperma sehen freilich der Holophrya Ovum der Poly-
gastern ähnlich, aber ihre weilse vordere Stelle ist kein Mund,
wird schnell zur Wurzel, die Wimpern erstarren; polygastri-
ur Structur, Ernährung durch Mund und Magen giebt es
22
nicht. Es sind und bleiben Samen von Pflanzen ohne Ein-
ziehbarkeit und ohne Contractilität der Bewegungs-
organe. Bei den bewimperten Spiralfäden der Befruchtungs-
organe erscheint mir das Verhältnils nicht anders.
Zur Entwickelungs-Geschichte der Farrnkräuter.
Die zur Fortpflanzung reife Farrnspore besteht aus einer
festen braun gefärbten, auf der Oberfläche mit eigenthümlichen
Configurationen versehenen Aufsenhaut, die eine zarte dursich-
tige Tochterzelle in sich birgt, welche, nachdem sie die Mut-
terzelle durchbrochen, die erste Prothallium-Zelle bildet. Diese
Zelle verlängert sich, es entsteht an dem freien Ende eine leb-
hafte Zellenbildung, die in einer Fläche sich ausbreitet, und nach
und nach das herzförmige Prothallium hervorbringt. An der
unteren Seite dieses Gebildes entwickeln sich in der Nähe des
Randausschnitts, immer auf der Mitte des Blattes 3-10 eiförmige,
aus 10-14 Zellen bestehende hohle Körper, die an dem freien
Ende mit einer viereckigen Öffnung versehen sind. Diese Öff-
nung führt in einen länglichen Kanal, der an seinem unterm blin-
dem Ende sich kugelförmig erweitert, worin sich eine, den in-
neren Wänden anliegende Zelle bildet.
Aulser diesen so eben beschriebenen Körpern befinden sich
ebenfalls an der unteren Seite des Prothalliums, zwischen den
Wurzeln, viel zahlreichere (20-30) kugelig über die Oberfläche
hervorragende Zellen. Diese Zellen sind mit scheinbar körnigem
Inhalte erfüllt; sie zerplatzen freiwillig an der Spitze und lassen
eine Anzahl kleiner, runder Zellchen heraustreten, welche eben-
falls zu bersten scheinen und einen spiraligen Faden entwickeln,
welcher an seinem hinteren Ende mit den Zellchen meistens in
Verbindung bleibt.
Der Spiralfaden beginnt nach seinem Hervortreten mittelst
zarter, an seinem anderen keulenförmig angeschwollenem Ende
befindlicher Wimpern, äufserst lebhaft zu bewegen und erinnert
an die Bewegungen der Saamenfäden der Moose, Lebermoose
und Charen; sein hinteres, fadenförmiges Ende ist gleichfalls
mit einer sehr schwachen Anschwellung versehen.
Diese beiden, von einander so abweichenden Organe auf
der Unterseite des Prothalliums, die bisher als Antheridien in
23
verschiedenen Bildungszuständen angesehen, stellen den Geschlehts-
apparat der für eryptogamisch gehaltenen Farrn dar, denn oft
findet man, dals eines der oben beschriebenen hohlen Eichen
mit 2-4 freien Spiralfäden angefüllt ist, die durch die weite
kraterförmige Öffnung, der Anfangs nur sehr wenig sich über
die Oberfläche des Prothalliums erhebenden Ovula eingedrungen
sind.
Diese, in der Höhle des Eichens sich befindenden Spiralfä-
den vergrölsern sich allmälig, schwellen an beiden Enden an
und dringen mit einem dieser keulenförmig verdickten Enden in
die, im blinden Ende des Eichens vorgebildete Zelle, wodurch
diese zur weiteren Ausbildung bestimmt wird.
Wunderbar ist es, dafs gewöhnlich nur eines der zahlrei-
eben Ovula zur Ausbildung kommt, was vielleicht daber rühren
mag, dals das Nahrungsmaterial des kleinen Prothalliums zur Er-
nährung mehrerer Embryonen nicht ausreicht, denn indem eines
(zuweilen gar keines) dieser Ovula sich zur Ausbildung des Em-
bryo anschickt, gehen die übrigen, ohne fernere Theilnahme an
dem Entwickelungs- Processe der künftigen Pflanze, unter.
Die ursprünglich einhäutige Embryo-Sackzelle füllt sich
nach geschehener Befruchtung durch Zeugung neuer Zellen im
Innern und so bildet sich allmälich der Anfangs runde, dann in
die Länge auswachsende Embryo und läfst, aus seiner geschlos-
senen Höhle präparirt, deutlich die Anlage eines Blattes und einer
Wurzel erkennen. Nachdem er die sehr erweiterte Embryosack-
und Nucleus-Höhle ausgefüllt hat, sprengt er mittelst seines er-
sten Blättchens und seiner demselben gegenüberstehenden Wur-
zel die nunmehr zu kleine Umbüllung an zwei entgegengesetz-
ten Punkten und tritt so, innig anliegend an dem Prothallium
und von dessen Zellen-Inhalte noch lange Zeit ernährt, zu Tage.
Nachdem der Blattstiel eine gewisse Gröfse erreicht hat,
erkennt man zwischen der Anlegungsstelle (am Prothallium) und
den dreilappigen Blättchen eine neue dichte Zellengruppe, die,
sich kugelig erhebend, zum zweiten Blättchen sich gestaltet, wel-
ches wiederum aus sich oft eine Wurzel treibt, so dals zuweilen
die beiden ersten Blättchen mit ihren ersten Wurzeln sich gera-
dezu kreuzen.
24
”
Das zweite Blättchen bekommt. ebenfalls nahe seiner Basis
auf der inneren Fläche des Blattstiels eine Knospe, die sich wie-
derum zu einem Blatte und zwar zu einem dritten gestaltet u.s. w.
Aus vorstehender Darlegung geht nun hervor:
4, dafs die Spore keinesweges Analogon des Saamens der hö-
heren Pflanzen, sondern:
2, die aus einer Mutter und einer Tochterzelle bestehende Spore
vielmehr die erste Anlage zu einer Blüthenknospe ist.
3, dals das Prothallium allmälich und nach einander zum Blü-
then-, Frucht- und zum Keim-Boden wird.
4, dafs das Prothallium zum Embryo in keinem anderen Ver-
hältnifs steht, als zum Embryo phanerogamer Pflanzen das er-
nährende Albumen.
5, dals die Farrn somit keinesweges eryptogamische, sondern
phanerogamische, mit zwei verschiedenen Geschlechtsappara-
versehene Pflanzen sind.
dafs die Befruchtung nicht durch Pollen-Schläuche vermittelt
wird, sondern ausschliefslich durch bewegliche Spiralfäden.
7, dafs die Farrn nicht nur phanerogamische, sondern auch mo-
nocotyle Pflanzen sind, die mit einem Blatte und einer Wur-
zel keimen.
Im Laufe des Winters wird über Vorstehendes in der Hof-
buchdruckerei des Hrn. Decker eine ausführliche Abhandlur 5
mit erläuternden Abbildungen versehen, erscheinen.
a
er
Graf Seszc’zyc' Suminski.
Die beigehende Abbildung zeigt bei 100maliger Vergrölse-
rung ein aus dem Samen von Pteris serrulata entwickeltes Pro-
thallium mit 4 in dem Ausschnitte befindlichen Keimkörper-
chen (weiblichen Blüthen), von denen nur eins durch die Be-
fruchtung entwickelt wird und zwischen den Wurzelfasern, die
runden mit Spiral-Körper-Zellchen erfüllten Zellen (männliche
Theile).
Hr. Müller las die folgende Abhandlung des Hrn. Beyrich.
Über Xenacanthus Decheni und Holacanthodes
gracilis, zwei Fische aus der Formation des Rothlie-
genden in Nord-Deutschland.
25
In Schlesien und in Böhmen kommen in der Formation des
Rothliegenden als eine ganz verbreitete und die Entwicklung der
Formation bezeichnende Erscheinung Einlagerungen von kalkigen
oder mergeligen, oft bituminös werdenden Schichten vor, welche
sich an den verschiedenen Punkten ihres Auftretens in ihrem
äufseren Ansehn sehr verschieden verhalten, jedoch nirgend eine
grolse Mächtigkeit zu erreichen scheinen. Während sie in eini-
gen Gegenden mit grofser Regelmäfsigkeit über weite Strecken
hin sich verfolgen lassen, erscheinen sie anderwärts sporadisch
und verschwinden schnell wieder zwischen den dominirend die
Formation zusammensetzenden Sandsteinen und Conglomeraten.
Diese dem Rothliegenden mitten einliegenden Kalk- oder Mer-
gelschichten verdienen eine besondere Aufmerksamkeit, indem sie
eine grölsere Anzahl organischer Reste einschlielsen, welche der
Formation eine gewisse paläontologische Selbstständigkeit erthei-
len und von grolsem Gewicht sein werden bei Beantwortung
der noch jelzt sehr verschieden beurtheilten Frage, ob das Roth-
liegende durch nähere Beziehungen mit der Steinkohlen- oder
Zechstein-Formation verbunden sei.
Von thierischen Resten haben bis jetzt jene Kalkstein- oder
Mergelschichten ausschliefslich Fische geliefert; keine Spur von
Conchylien oder anderen animalischen Formen ist in deren Be-
gleitung vorgekommen. Dagegen fanden sich überall, wo die
- Fischreste liegen, auch Pflanzen, von welchen einige durch Göp-
_ pert bekannt geworden sind. Eine Ähnlichkeit mit denjenigen
_ Pflanzen, welche in Deutschland der Kupferschiefer der Zech-
- steinformation einschliefst, hat sich nirgend herausgestellt; wohl
aber fanden sich für die untersuchten Arten, wenn sie auch als
i eigenthümliche unterschieden werden mufsten, sehr nahe Verglei-
_ chungspunkte unter den bekannten Pflanzen der Steinkohlen -
K. Flora vor. Von den Fischen sind zwei Palaeoniscus-Arten, P.,
Fratislaviensis und P. lepidurus, durch Agassiz als eigenthümli-
che, von denjenigen anderer Schichten zu unterscheidende Arten
_ der Gattung bestimmt worden; beide konnten nicht zu weiteren
Vergleichungen Veranlassung geben, da die Gattung Palaeoniscus
durch zahlreiche einander sehr ähnliche Arten in der Steinkoh-
lenformation eben so wie in der Zechsteinformation vertreten
ist. Viel hervortretender und wichtiger durch die an ihr Auf-
TE Ta
ER,
26
treten sich anschliefsenden Folgerungen sind die beiden Fische,
über welche im Folgenden ausführlicher zu berichten ist,
Xenacanthus ist ein zu den Haien gehörender Fisch, wel-
cher in der Körperform der lebenden Sywatina sehr ähnlich muls
gewesen sein. In der Form des Kopfes und eben so in der
Form, Stellung und Anheftungsweise der grolsen zu beiden Sei-
ten des Leibes flach ausgebreitet gewesenen Brust- und Bauch-
flossen zeigt er die grölste Analogie mit der genannten leben-
den Gattung; aber andere Charaktere treten hinzu, welche ihn
von Squatina entfernen, und ihn als Repräsentanten einer aus-
gestorbenen, wenn auch im System den Squatinen zunächst zur
Seite zu stellenden Familie von Haien bestimmen. Der Kopf
ist vorn breit gerundet und von halbkreisförmigem Umrils.. An
dem einen der vorhandenen Stücke sind die knochigen Theile
desselben, wie auch die des ganzen übrigen Skelets, so vollkom-
men erhalten, dals noch die der knöchernen Knorpelrinde der
Knorpelfische eigenthümliche mosaikartige Struktur sichtbar blieb.
Die Form und Anordnung der Zähne war nicht ganz sicher zu
bestimmen. Man sieht von einer anscheinend gemeinschaftlichen
Basis kleine, etwa 2 Linien lange kegelförmige Spitzen aufstei-
gen, welche von gleicher Gröfse und Form sind, so dafs es den
Anschein gewinnt, als ob kleine, denen der Squatina ähnliche
Zähne dicht gedrängt nebeneinander gestanden hätten und mit
ihrer Basis seitlich verwachsen wären. Vielleicht sind die in Eng-
land in der Steinkohlenformation gefundenen Zähne, welche Agas-
siz Diplodus genannt hat, in ähnlicher Weise zusammengesetzte
Zähne und dürften dann denen des Xenacanthus näher vergleich-
bar sein. An der Wirbelsäule war der centrale Theil der Wir-
belkörper von weicher knorpeliger Beschaffenheit; von seiner
Substanz blieb nichts an Stücken erhalten, welche sehr wohl
noch die Reste der mehr knochigen Fortsätze der Wirbel und
die dem vorderen Theil der Wirbelsäule ansitzenden Rippen
erkennen lassen. Die Rippen sind kurz, pfriemförmig zugespitzt.
Platte, oben stumpf gerundete Dornfortsätze lassen sich ähnlichen
Fortsätzen vergleichen, welche an einem Theil der Wirbelsäule
von Squatina vorhanden sind. Die Brustilossen sind wie bei
Squatina mitielst einer starken knochigen Wurzel mit der Schul-
ter verbunden. Man unterscheidet an ihrer Wurzel ein grölse-
pnkräufer.
Befruchtung der Far
27
res plattes und ungetheiltes Vorderstück von dreieckigem Umrifs
und ein hinteres dornförmiges sehr regelmäfsig in Glieder ge-
theiltes Stück, welches sich nach hinten bis an den Endrand der
Flosse erstreckt. Die Flossenstrahlen sitzen theils dem Aufsen-
rande des platten Vorderstückes der Wurzel, theils dem geglie-
derten Dorn an; eine Gliederung derselben unterhalb der den
Aufsentheil der Flossen bildenden Borsten läfst sich nicht erken-
nen. Wie bei den Brustflossen sind auch bei den Bauchflossen
‚die Flossenstrahlen einer nach hinten in einen gegliederten Dorn
auslaufenden Wurzel angeheftet.
Die auszeichnendste Eigenthümlichkeit des Xenacanthus be-
steht in einem langen, vollkommen geraden und allmählig in eine
scharfe Spitze auslaufenden Stachel, welcher mit seiner Basis un-
mittelbar dem Hinterrande des Kopfes anliegt. Dieser Stachel
ist von vorn nach hinten zusammengedrückt und hat an seinen
scharfen Seitenrändern kurze, hakenförmig rückwärts gekrümmte
Zähne. Durch seine vollkommen gerade Form und mehr noch
durch seine Abplattung von vorn nach hinten und durch seine
Stellung dicht hinter dem Kopf unterscheidet sich der Stachel
von allen bei lebenden Haien vorkommenden Flossenstacheln,
welche stets seitlich zusammengedrückt und nach hinten gekrümmt
sind; er ist allein in seiner Form den auf dem Schwanz der
Stachel-Rochen sitzenden Stacheln vergleichbar und für solche
sind auch ähnliche Stacheln schon früher gehalten worden. In
beträchtlicher Entfernung erst binter diesem eigenthümlichen
Stachel beginnt eine lange Rückenflosse, welche wahrscheinlich
auf dem ganzen hinteren Theil des Körpers bis zur Schwanz-
flosse hinlief; ihre Strahlen waren anscheinend ungegliedert, bieg-
sam und durch etwas breitere Zwischenräume als sie selbst von
einander getrennt. Den Aufsentheil dieser langen Rückenflosse
bildeten denen der Brust- und Bauchflossen ähnliche, ‘jedoch
kürzere Borsten. Der Schwanz des Thieres konnte bis |jetzt
nicht beobachtet werden.
Durch Agassiz wurden einige in der Steinkohlenformation
in England vorgekommene Stacheln beschrieben, welche mit dem
Rückenstachel des Xenacanthus in ihren wesentlichsten Merkma-
len so weit übereinstimmen, dals man sie unbedingt ähnlichen
Thieren zuzuschreiben hat. Es sind die beiden von Agassiz für
28
Stacheln gegründete Gattungen Pleuracanthus und Orthacanthus,
welche man mit Xenacanthus in dieselbe Familie von Haien
stellen muls. Agassiz betrachtete jene Stacheln als die ältesten
Anzeichen des Auftretens von Rochen, welche sonst nur in der
Tertiär- und Kreideformation fossil gekannt sind. Da jetzt durch
das Auffinden des Xenacanthus jene Stacheln anders zu deuten
sind, verschwinden die Rochen ganz aus der Reihe der organi-
schen Formen älterer Gebirgsformationen und Haie bleiben al-
lein zurück als die Repräsentanten der grolsen Abtheilung der
Knorpelfische in allen denjenigen Formationen, in welchen von
anderen Fischen nur Ganoiden gekannt sind. Die Stacheln, wel-
che Agassiz Pleuracanthus nannte, sind den Stacheln des Xena-
canthus viel ähnlicher als die der Orzthacanthus; sie unterschei-
den sich durch eine Rinne auf der einen Seite des Stachels,
welche bei Xenacanthus fehlt und durch die Form der seitli-
chen Zähne, welche bei Xenacanthus kürzer sind und auf einer
breiteren Basis aufsitzen. Die Orthacanthus sind seitlich zusam-
mengedrückt und werden dadurch gewöhnlichen Flossenstacheln
von Haien ähnlicher; die beiden Reihen von Stacheln sitzen
nicht an seitlichen Kanten, sondern mehr nach hinten. Ihre ge-
streckte Form scheint Agassiz bestimmt zu haben, sie mit Pleu-
racanthus zunächst zu vergleichen. In denselben Schichten, in
welchen die Pleuracanthus und Orthacanthus gefunden wurden,
kommen auch wahre Xenacanthus-Stacheln vor, wie ein aus der
Steinkohlenformation von Carluke in Lanarkshire herstammender
Stachel in der Königl. Sammlung beweilst. Könnte man aus
der ganz gleichen Form der Stacheln allein auf Identität der
Arten schliefsen, so würde derselbe Fisch, welcher in Deutsch-
land der Formation des Rothliegenden angehört, in England in
der Steinkohlenformation vorkommen. Wenn man in einem sol-
chen Schlufs auch zu weit gehen würde, so bleibt es immerhin
eine wichtige Thatsache, dals nicht allein eine Art derselben
Gattung, sondern auch alles, was von anderen, dem Xenacanthus
zunächst vergleichbaren Fischen bis jetzt gefunden ist, der Stein-
kohlenformation angehört.
Xenacanthus ist unter den Fischen des deutschen Rothlie-
genden derjenige, welcher bis jetzt in der gröfsten Verbreitung
gefunden wurde. Die besterhaltenen Stücke, welche die meisten
29
Aufschlüsse über den Bau des Thieres gaben, stammen von Rup-
persdorf, dem bekannten Fundorte des Palaeoniscus Fratislavien-
sis. Das vollständigste dort vorgekommene Exemplar befand sich
seit längerer Zeit im Besitz Otto’s zu Breslau, und kam nach
dessen Tode mit der übrigen Sammlung seiner schlesischen Ver-
steinerungen in die Königl. Sammlung zu Berlin. Otto schon
hatte sich mit dem Fische beschäftigt; er hatte eine vortreflliche
Zeichnung von demselben anfertigen lassen, und beabsichtigte
ihn, wie die von seiner Hand. herrührende Unterschrift der
Zeichnung zeigt, als eine neue Gattung fossiler Fische unter
dem Namen Cephalacanthus bekannt zu machen. Dieser Name
konnte, als anderweitig schon in der Zoologie vergeben, nicht
angenommen werden. Noch von einem zweiten Individuum des
Fisches von Ruppersdorf hesals Otto ein Fragment. Ein drittes
bedeutenderes und in einigen wesentlichen 'Theilen das Haupt-
stück der Otto’schen Sammlung ergärzendes Stück kam in den
Besitz des Hrn. J. Müller und wird gleich den vorigen in den
hiesigen Königl. Sammlungen aufbewahrt. Unbedeutendere Frag-
mente desselben Fisches von Ruppersdorf enthält aulserdem noch
die Sammlung des Hrn. Boksch zu Waldenburg. In hohem Grade
erregte in Berlin der so merkwürdige Fisch Hrn. J. Müller’s
Interesse, und durch ihn über den Bau der Knorpelfische be-
lehrt, unternahm ich es eine Beschreibung desselben zu geben.
Von dem Ruppersdorfer Hauptexemplar der Otto’schen
Sammlung kam die Gegenplatte in Besitz des Hrn. Berghaupt-
mann v. Dechen und wurde von ihm dem Museum in Bonn zum
Geschenk gemacht. Nach diesem Exemplar hat vor kurzem Hr.
Goldfuls den Fisch als einen neuen Fisch der Steinkoblen-For-
mation unter dem Namen Orthacanthus Decheni bekannt gemacht;
der von ihm gewählte Species-Name ist anzunehmen, aber die
Gattung mulste geändert werden, da der Name Orthacanthus
einem von dem des Xenacanthus verschiedenen Stachel gegeben
wurde. Agassiz’s Pleuracanthus würde viel nähere Vergleichungs-
| punkte dargeboten haben, wenn ein schon vorhandener Name
gewählt werden sollte. In der kurzen von Hrn. Goldfuls gege-
benen Beschreibung wird eben so, wie oben, das Thier zunächst
_ mit der lebenden Squatina verglichen. Die eine der beiden
30
Bauchflossen wurde für eine zweite Rückenflosse gehalten, ein
Irthum, welcher sich dadurch erklärt, dals an dem beobachteten
Stück von der wahren Rückenflosse des Fisches nichts zu sehen
ist. Die mosaikartige Struktur der Knochen wurde verkannt und
die Knochenstückehen wurden für Chagrin-Körner gehalten,
welche zerstreut auf dem halbverknöcherten Skelet umherliegen
sollten.
Durch Hrn. Ehrenberg, Dirigenten des Arsenik-Werkes zu
Riesenhayn am südlichen Fulse der Schneekoppe, wurde Xena-
canthus Decheni aufgefunden in bituminösen kupferhaltigen Mer-
gelschiefern, welche an der Südseite des Riesengebirges sehr ver-
breitet, gegenwärtig aus der Gegend von Trautenau bis über
Hohenelbe hinaus verfolgt worden sind. Diese Mergelschiefer
werden in gleicher Lagerung wie die Kalkschiefer von Ruppers-
dorf von der Formation des Rothliegenden eingeschlossen, und
dürfen eben so wenig wie jene der Steinkohlenformation zuge-
rechnet werden, welche hier, wie in allen anderen deutschen
Gebirgen als eine ältere Formation vom Rothliegenden getrennt
gehalten werden mufs. Die gleichen organischen Reste, Pflan-
zen und Fische, unter welchen Xenacanthus die ausgezeichneste
Form ist, beweisen die Identität der an der Südseite des Rie-
sengebirges auftretenden Gesteine mit den Kalkschiefern des
Rothliegenden in der Grafschaft Glatz, zu welchen das Gestein
von Ruppersdorf gehört. Die von Trautenau gegen Hohenelbe
hin sich verbreitenden Mergelschiefer des Rothliegenden sind
ohne Zweifel auch dieselben, welche weiter ostwärts noch in
der Gegend von Eypel und Saugwitz gekannt sind. Hierdurch
stellt sich heraus, wie durch Hrn. v. Warnsdorff schon richtig
entwickelt wurde, dals nur in Folge einer unrichtigen Auffas-
sung der Lagerungsverhältnisse früher den Schiefern von Eypel
eine tiefere Stellung zugeschrieben wurde als denen von Rup-
persdorf. Es wurde angenommen, dals diese identen Schichten
von einander getrennt seien durch eine mächtige kohlenführende
Ablagerung, welche man nur der Steinkohlenformation zustellen
konnte und dadurch allein entstand die unrichtige und verwir-
rende Vorstellung, dafs in Schlesien und Böhmen Steinkohlen-
formation und Rothliegendes zwei nicht von einander zu son-
dernde Formationen seien. Der Kupfergehalt der fraglichen
31
Schichten an der Südseite des Riesengebirges hat Veranlassung
zu einem Bergbau gegeben, welcher zunächst bei Hermannsseifen
zwischen Trautenau und Hohenelbe begonnen wurde. Hr. Eh-
renberg sammelte mit [grolser Sorgfalt alles, was von organi-
schen Resten bei den Arbeiten gefunden wurde und machte der
Königl. Sammlung ein Geschenk mit einer Auswahl der ausge-
zeichnesten vorgekommenen Stücke. Es befinden sich hierunter
Theile von drei Individuen des Xenacanthus Decheni.
Dafs die hier betrachteten Schichten mit den sie eigenthüm-
lich auszeichnenden organischen Einschlüssen in einer noch viel
_ grölseren Verbreitung in unserer Formation des Rothliegenden
vorkommen, hat sich weiter noch ergeben durch einige Fisch-
und Pflanzenreste, welche in Sachsen in der Gegend von Oschatz
aufgefunden wurden, und über deren Auftreten man von Hrn.
Naumann genauere Mittheilungen zu erwarten hat. Als ich jene
Reste im Oktober d. J. zu Leipzig sah, wurde ich frappirt durch
die vollständige Übereinstimmung derselben mit den mir früher
von Hermannsseifen bekannt gewordenen, und ich war erfreut
von Hrn. Naumann zu hören, dafs er die Schichten, in welchen
jene organischen Reste bei Oschatz vorkommen ebenso, wie ich
die böhmischen betrachte, für Einlagerungen in der Formation
des Rothliegenden hält, welche auch nach seiner Ansicht in
Sachsen, ebenso wie in Böhmen und Schlesien, überall die Stein-
} kohlenformation als eine jüngere Formation bedeckt. Ein Frag-
ment des Xenacanthus Decheni erkannte ich unter den Stücken,
welche ich in Leipzig sah.
Der Fisch, welchen ich Holacanthodes gracilis nenne, gehört
als einzige gekannte Art zu einer neuen Gattung von Ganoiden
_ aus der Familie der Acanthodier, welche von J. Müller auf die-
jenigen Ganoiden mit heterocerkem Schwanz und kleinen Schup-
pen beschränkt wurde, die Stacheln an den Flossen haben, d.h.
die Gattungen Acanthodes, Cheiracanthus und Diplacanthus.
Diese den Inhalt der Familie ausmachenden Fische, mit welchen
Holacanthodes allein näher vergleichbar ist, sind bisjetzt sämmtlich
in der Übergangs- und Steinkohlenformation gefunden. Ho-
lacanthodes unterscheidet sich von den übrigen Acanthodiern schon
in seiner Körperform durch die schlanke Gestalt des ganzen Lei-
es. Statt der Brustflossen sieht man an den meisten Stücken
32
nur ein Paar aufserordentlich kräftiger, seitlich zu einer Schneide
zusammengedrückter und leicht gekrümmter Stacheln, hinter de-
ren Basis, wie an anderen Stücken zu sehen ist, ganz kurze und
feine gegliederte Flossenstrahlen stehen. Die Bauchflossen wer-
den durch ein Paar gleichgeformter, etwa halb so grolser Sta-
cheln vertreten, hinter welchen sich keine Flossenstrahlen er-
kennen lassen. Rückenflossen fehlen gänzlich. Die Seiten des
Leibes sind mit fast mikroskopisch kleinen quadratischen Schup-
pen bedeckt, welche gegen die Mitte des Rückens hin verschwin-
den; in Folge davon scheint bei den von oben her im Gestein
plattgedrückten Exemplaren der mit Schuppen bedeckte Leib
durch einen glatten schuppenfreien Saum in zwei Hälften ge-
tbeilt zu werden. Die Schwanzflosse ist ungewöhnlich klein.
Dieser Fisch ist bei Herrmannsseifen der am häufigsten vorkom-
mende und begleitet auch bei Oschatz den Xenacanthus Decheni.
Von Ruppersdorf ist er bisjetzt nicht bekannt geworden.
In dem klassischen Werke der Hrn. Murchison, de Verneuil
und Graf Keyserling über die Geologie des europäischen Ruls-
lands wurde von dem ersten der genannten Verfasser die An-
sicht aufgestellt, dals man in Deutschland die Formation des
Rothliegenden sehr natürlich mit der Zechsteinformation und dem
unteren Theil des bunten Sandsteines verbinden könne, um so
ein Äquivalent des in Rufsland unter dem Namen des permischen
Systems unterschiedenen Schichtensystems zu erhalten. Es wird
insbesondere das Vorkommen der Fische zu Ruppersdorf her-
vorgehoben, um jene Ansicht zu unterstützen, und die beiden
von Agassiz daher beschriebenen Palaeoniscus- Arten werden
schlechtweg als Zechstein-Fische bezeichnet. Es hat sich aber
aus den vorgehenden Untersuchungen ergeben, dals die den Pa-
laeoniscus Vratislaviensis und lepidurus als Altersgenossen begleiten-
den ausgezeichneten Fischformen solche sind, welche nur unter
den älteren Fischen der Steinkohlenformation und nicht unter
den jüngeren des Zechsteins Verwandte besitzen. Da aufserdem
auch die mit den Fischen vorkommenden Pflanzen jedenfalls de-
nen der Steinkohlen-Flora näher stehen als den Pflanzen des Ku-
pferschiefers, so kann man in Deutschland das Rothliegende nur
als eine Formation betrachten, welche zwar als eine selbständige
Formation festzuhalten ist, aber durch die ihr eigenthümlich an-
33
gehörenden organischen Reste der unterliegenden Formation nä-
her steht als der aufliegenden. Wir würden, wenn wir in
Deutschland von einem permischen Systeme sprechen wollten,
das bei uns in der Natur Gesonderte in einer unzweckmälsigen
und durch Nichts gerechtfertigten Weise verbinden und man
könnte einen deutschen Geognosten, welcher in Deutschland ein
permisches System annähme, einem Historiker vergleichen, wel-
cher in der deutschen Geschichte neue Abschnitte einführen
wollte, um sie mit denen der russischen in Einklang zu bringen. *)
Desgleichen trug Hr. Müller folgende Mittheilung von
Hrn. J. Ewald vor.
Über Menaspis, eine neue fossile Fischgattung. **)
Unter verschiedenen Petrificaten aus der Harzgegend gelang-
ten vor einiger Zeit zwei Platten eines schwarzen Mergelschie-
fers nach Berlin, von denen die eine einen Fisch aus der Gat-
tung Palaeoniscus, die andere aber eine sehr eigenthümliche neue
Fischgattung enthält. Beide Platten sollen den daran befindlichen
Etiquetten zufolge aus den Umgebungen von Lonau (nördlich von
Hertzberg) im Harze herrühren und zwar aus dem Zechstein,
welcher den Südrand dieses Gebirges zusammensetzt. Mit Si-
*) Bei Abfassung vorstehenden Aufsatzes war von Hın. Goldfuls nur
‚die kurze Beschreibung seines Orthacanthus Decheni im vierten Heft des
_ Leonhard- und Bronn’schen N. Jahrbuches von 1847 bekannt gemacht. In
_ der so eben erschienenen Schrift von Goldfu[s „Beiträge zur vorweltlichen
N Fauna” ist die Abbildung des Knorpelfisches gegeben, aus welcher hervor-
- geht, dafs die in Bonn befindliche Platte des Hauptexemplars in einigen Thei-
len weniger vollkommen erhalten ist, als die in Berlin befindliche Gegen-
platte desselben Individuums. Dies trifft insbesondere den Nackenstachel,
F urch dessen Abbildung (Tab. V. Fig. 11.) die von Goldfu[s gewählte Be-
2 nnung Orthacanthus verständlich wird. Die Figur giebt ein falsches Bild
"von der Form des Stachels, welcher nicht allein an dem von Goldfuls be-
"obachteten Individuum, sondern eben so an allen übrigen in Berlin befind-
lichen Stücken die oben beschriebene, nicht die von Goldfuls gezeichnete
; 2) Indem ich hier eine kurze Beschreibung dieser Gattung folgen lasse,
habe ich zu erwähnen, dafs ich dabei mehrfachen durch die Güte des Hrn.
Müller mir darüber gewordenen Aufschlufs benutzt habe.
qrr
34
cherheit läfst sich annehmen, dafs sie keinenfalls jüngeren Schich-
ten angehören; eher wäre es möglich, dafs sie aus einer noch et-
was älteren Bildung, namentlich aus dem Rothliegenden, welches
ebenfalls an vielen Stellen des südlichen Harzrandes entwickelt
ist, herstammen könnten.
Die neue Fischgattung hat einen von der Rücken- gegen
die Bauchseite hin stark comprimirten Körper. Der Kopf und
der vordere Theil des Rumpfes, mit Ausschluls des Schwanzes,
bilden eine scheibenförmige Gestalt von 3 Zoll Länge und un-
gefähr ebenso grolser Breite und daran schlofs sich wahrschein-
lich ein schmälerer Schwanz an, der jedoch nur durch einzelne
Schuppen, die ihm zugehört zu haben scheinen, angedeutet ist.
Der Kopf trägt auf seiner oberen Seite ein breites Kno-
chenschild von halbmondförmiger Gestalt. Nach diesem ist der
Name Menaspis (von urvn und asmis) gebildet. Von diesem Kopf-
schilde kommen, da der Fisch mit dem Rücken am Gestein haf-
tet und nur die Bauchseite frei ist, nur die seitlich weit hervor-
ragenden Hörner zum Vorschein; aufserdem bemerkt man von
der Bekleidung des Rückens zunächst noch die peripherischen '
Theile eines breiten Rückenpanzers, dessen Gestalt an den Sei-
ten gradlinig ist, nach hinter aber jederseits in zwei stachelartige
Fortsätze ausläuft, von diesen Fortsätzen sind die vorderen mehr
nach auswärts, die hinteren, welche etwas stärker sind, mehr
rückwärts gerichtet. Endlich ist zu bemerken, dafs sich vor dem
Knochenschilde des Kopfes noch jederseits ein säbelförmiger
Knochen zu befinden scheint, welcher sich dem äulseren Rande
des halbmondförmigen Kopfschildes unmittelbar anschliefst und
nach innen, nahe der Mittellinie des Fisches knopfförmig endet.
An der unteren Seite fehlen grolse Knochenschilder ganz;
vielmehr ist der ganze vordere Theil des Körpers "bis zum
Schwanze hin unten mit einer flexiblen Haut bekleidet, in wel-
che sehr kleine, sehr nahe an einanderliegende, jedoch sich nicht
unmittelbar berührende Schmelzpünktchen eingestreut sind.
An dem Schwanz scheint eine dritte Art von Körperbe-
deckung vorhanden gewesen zu sein; wenigstens finden sich an
dessen Stelle im Gestein zerstreut mehrere Schuppen, von etwa
zwei Linien Durchmesser, welche entweder ausgezeichnete Li-
nien auf demselben eingenommen oder ihn ganz bedeckt haben
mögen. Diese Schuppen haben die Gestalt eines stumpfen und
35
dabei etwas schiefen Kegels, der von der Spitze nach den Sei-
ten bin strahlig gerippt ist.
Eigentliche Flossen sind nicht wahrzunehmen; dagegen ent-
springt hinter dem Knochenpanzer des Kopfes jederseits des Fi-
sches ein sehr langer und schmaler ungegliederter Brustflossen-
_ stachel von knochiger Beschaffenheit, welcher etwa 1- Zoll lang
in halbkreisförmiger Krümmung längs eines grolsen Theils des
Körpers hinläuft.
Die Wirbelsäule ist nicht erhalten; jedenfalls ist sie nicht
knöchern gewesen.
Von Zähnen sind im Ganzen zwei, jederseits der Mittelli-
nie einer, zu beobachten, welche sehr grols uud durch einen
kleinen Zwischenraum von einander getrennt sind; es sind wahr-
scheinlich die Zähne des Öberkiefers; man sieht nur die Kauflä-
che derselben. Diese ist ungefähr einen halben Zoll lang, in
der Mitte am breitesten und zwar etwa — Zoll breit, und an den
beiden Enden spitz zulaufend; dabei ist sie schwach gewunden
und durch eine flache Längsfurche getheilt. An einigen Stellen
nimmt man unter dem Schmelz eine feinröhrige Struktur wahr.
Betrachtet man nun den Fisch in Beziehung auf die Stelle,
welche er im System einzunehmen hat, so scheint er sich als
ein Fisch mit starkem knochigen Kopfpanzer und ohne knochige
Wirbelsäule unmittelbar an die Cephalaspier des devonischen
Gebirges anzureihen. Was seine übrigen Charaktere betrifft, so
möchte auch die überaus starke Entwicklung eines einzelnen
Brustflossenstachels an der Stelle der Brustflosse mit dem, was
Analoges, wenngleich im Einzelnen Abweichendes, bei Prerich-
ihys und Pamphractus vorkommt, in Verbindung zu bringen sein
und die vorausgesetzte Bekleidung des Schwanzes mit konischen
"8 huppen würde ebenfalls sehr wohl zu der Familie der Cepha-
laspier passen.
In dieser Familie würde sich dann dieser Fisch durch seine
Zähne, welche lebhaft an die Cestracionten erinnern und durch
‚das Fehlen grofser Schilder auf der unteren Seite von Kopf und
umpf auszeichnen.
Die einzige bis jetzt gefundene Species dieser Gattung kann
mit dem Namen Menaspis armata belegt werden.
36
Hr. H. Rose las über eine neue quantitative Be-
stimmung des Arseniks, Antimons und Zinns.
Das Chlorammonium kann durch seine Eigenschaft mehrere
Oxyde bei erhöhter Temperatur zu zersetzen und mit den Me-
tallen derselben leicht sich verflüchtigende Chloride zu bilden,
auf mannigfaltige Weise in der analytischen Chemie benutzt
werden.
Es ist bekannt, mit welchen Schwierigkeiten die Trennung
der Säuren des Arseniks, und des Antimons, so wie die des
Zinnoxyds von den Basen verknüpft ist. Diese Schwierigkeiten
werden noch bedeutender, wenn das Salz der metallischen Säure
in Wasser und in Chlorwasserstoffsäure gar nicht oder nur sehr
schwer löslich ist. Dies ist aber häufig der Fall, wenn ein sol-
ches Salz geglüht worden ist, was oft nöthig ist, wenn man den
ganzen Wassergehalt unmittelbar bestimmen will.
Man kann diese Schwierigkeiten in vielen Fällen durch die
Anwendung des Chlorammoniums umgehen.
Hat man ein Salz von alkalischer Base mit einer der ge- |
nannten Metallsäuren zu untersuchen, ‘so braucht man es nur nach
dem Glühen und Wägen im fein gepulverten Zustande mit der
fünf- bis achtfachen Menge von gepulvertem reinem Chlorammo-
nium zu mengen und das Gemenge in einem kleinen Tiegel von
Berliner Porcellan, auf den man einen concaven Platindeckel le-
gen kann, über der Spirituslampe mit doppeltem Luftzuge bis
zur Verflüchtigung des Chlorammoniums zu glühen. Es bleibt‘
das Alkali als Chlormetall zurück, dessen Menge sehr genau un-
mittelbar bestimmt werden kann. So lange das Chlorammonium
sich verflüchtigt, ist die Temperatur so niedrig, dafs nichts von
dem alkali chen Chlormetall entweichen kann; nach der Verflüch-
tigung des ammoniakalischen Salzes mäfsigt man die Hitze, so
dafs der Rückstand im Porcellantiegel nicht zum Schmelzen
kommt. Man mengt ihn nach dem Wägen mit ciner neuen
. Menge von Chlorammonium, und glüht von Neuem, um zu se-
hen, ob dadurch das Gewicht des Rückstandes dasselbe bleibt,
oder sich verringert, in welchem Falle die Behandlung mit Chlor-
ammonium wiederholt werden mufs. Bisweilen ist durch den.
Zutritt der Luft der Platindeckel mit einem Hauche der metalli-
schen Säure beschlagen, namentlich mit Zinnoxyd, wenn zinn-
saure Verbindungen untersucht werden. Man bestreut in diesem
37
Falle bei dem folgenden Glühen den Deckel mit etwas von dem
ammoniakalischen Salze.
Es wurden auf diese Weise arseniksaures und antimonsaures
Natron, so wie zinnsaures Kali untersucht; die erhaltenen Men-
gen der alkalischen Chlormetalle entsprechen so vollkommen den
Gehalten an Alkali in den Salzen, wie man dieselben kaum durch
andere Untersuchungen zu finden im Stande sein wird. Bei dem
arseniksauren Natron war nur ein einmaliges, beim antimonsau-
‚ren Natron ein fünfmaliges, beim zinnsauren Kali ein dreimali-
ges Glühen mit Chlorammonium erforderlich.
6. Januar. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Dieterici las über die Vertheilung der Be-
völkerung nach Geschlecht und Alter im Preufsischen
Staate.
Seitdem Süfsmilch in der göttlichen Ordnung in den Ver-
änderungen des menschlichen Geschlechts aus 56 bestimmten
Dörfern nach den Todesfällen u. s. w. im Anschlufs an ähnliche
frühere Versuche Anderer, Sterblichkeitstabellen entworfen hatte,
ist man in der politischen Arithmetik in Berechnung von Ren-
ten, Wittwen-Cassen und ähnlichen Untersuchungen, besonders
durch die genauen Arbeiten Brune’s und in neuester Zeit auch
durch die wissenschaftlichen Forschungen Mosers und anderer
über die menschliche Lebensdauer sehr viel weiter vorgeschrit-
ten. Für praktische Fragen bei Errichtung von Wittwenkassen
und ähnlichen Veranlassungen fehlt es kaum mehr an hinlängli-
‘chen Vorarbeiten. Wird indessen die Frage allgemein gestellt:
Wie viel Menschen von denen die in einem bestimmten Jahre
geboren werden, erleben das 20°, 30ste, 40ste, 50, 80° Jahr,
so geht man, wie Hoffmann schon früher in einer am 225
October 1835 in der Akademie gelesenen Abhandlung angeführt
hat, meist immer vorzugsweise von den Todesfällen aus, und
rechnet von diesen zurück auf die Lebenden. Zum directen Be-
weis, wie viel Menschen ein bestimmtes Lebensalter erreichen,
wäre nöthig, die beispielsweise 60 Jahre alt gestorbenen mit
denen die vor 60 Jahren geboren worden, zu vergleichen. Zu
solchen Vergleichungen liefert aber die Statistik nicht die gehö-
rigen Data; auch wird es sehr schwer sein durch unmittelbare
4
}.
38
Angaben sichere Zahlen zu erhalten, da die wenigsten Menschen
an ihren Geburtsorten verbleiben.
Indessen wäre, um in allen diesen Beziehungen, in wissen-
schaftlicher Auffassung vorzuschreiten, doch schon viel gewon-
nen, wann man, nicht aus Combination und Rechnung, sondern
bestimmter Zählung feststellen könnte, wie viel Procente einer
gegebenen Bevölkerung in einem bestimmten Staate in den ver-
schiedenen Altersklassen sich befinden, also wie viel Procente
sind beispielsweise von 16 Mill., die in einem bestimmten Staate
in diesem Augenblick leben, 1-5 Jahr; 5-10 Jahr; 10-15 Jahr;
15-20; 20-25; 25-30; 30-35; 35-40; u.s. w. bis 80 und 90
Jahr hinauf. Es fänden sich vielleicht allgemeine Gesetze, in
welcher Art die Bevölkerungen sich veriheilen. Da aber Natur-
gesetze und Civilisations-Verhältnisse hier zusammen wirken, so
ist es nöthig, für jeden einzelnen Staat, und nicht nach Rech-
nung, sondern den bestimmten Zählungen folgend, Zusammen-
stellungen der bezeichneten Art zu entwerfen; dabei aber auch
die Vertheilung nach dem Geschlechte zu berücksichtigen, da
andere Gesetze in der Vertheilung der Bevölkerung nach Al-
tersklassen bei dem männlichen und bei dem weiblichen Ge-
schlecht obwalten könnten. — Wie sich diese Verhältnisse für
den Preufsischen Staat ungefähr stellen, was und wie viel sich
in diesen Beziehungen nach bestimmten Zahlenangaben heraus
finden läfst, ist in der obigen Abhandlung zu zeigen versucht
worden; — späteren Arbeiten bleibt vorbehalten, ob aus den
statistischen Darstellungen anderer Staaten auch für diese solche
Ermittelungen nach bestimmten Zahlenangaben, — nicht nach
Rechnung— entworfen werden können. Vielleicht gelingt es auf
diesem Wege zur wissenschaftlichen Beantwortung der Fragen
hindurch zu dringen:
41. Wie würde sich in einer gegebenen Bevölkerung die Men-
schenzahl nach Alter und Geschlecht vertheilen, wenn blos
natürliche Verhältnisse hier von Entscheidung wären? |
2. Welche Veränderungen und Modificationen erleiden die na-
türlichen Gesetze der Vertheilung der Bevölkerung nach Al-
ter und Geschlecht in einem jeden gegebenen Staate durch
die besonderen Civilisations- und ihm eigenthümlichen poli-
tischen und socialen Verhältnisse?
39
Hr. J. Grimm übergab einen Aufsatz des Hrn. Munch zu
Christiania, correspondirenden Mitgliedes der Akademie, über die
Inschrift auf dem bei Gallehuus unweit Tondern im
#
Jahre 1734 gefundnen goldnen Horne. Dieser Aufsatz
wird hier mitgetheilt.
Wenn alle Überreste der altgothischen Literatur in der letz-
ten Zeit mit aller nur möglichen Sorgfalt aufgesammelt und be-
wahrt wurden um den Wörtervorrath der edlen Sprache — wäre
es um ein noch so unbedeutendes — zu bereichern, und die gram-
matischen Verhältnisse aufzuklären, so dürfte es als ein übergrolser
Gewinn anzusehen sein, dals wir in der Inschrift, deren Auslegung
ich hier mittheile, nicht nur ein lange verkanntes Denkmal der go-
thischen Sprache besitzen, sondern auch, dals dieses Denkmal der
gothischen Sprache bei der Ostsee, somit der Sprache, wie sie
in den ältern Sitzen des gothischen Volkes vor des-
sen Auswanderung, gesprochen wurde, gehört; endlich,
dals wir darin eine Probe gothischer Runenschrift haben, wodurch
denn auch die Frage, ob die Gothen Runenschrift kannten oder hat-
ten, von selbst beantwortet wird.
Von den manchen frühern Versuchen, die Horn - Inschrift aus-
zulegen, mag ich hier nicht sprechen; das sonderbarste dieser Art
dürfte wohl die Auslegung des sonst so verdienten P. E. Müller
sein, welcher die Inschrift celtiberisch nennt, und die barbarischen,
von ihm selbst nicht zu erklärenden Wörter herausbringt: SCAGS-
_ BELESTIT ARGTIDET ARISLE TEBIMR. Es ist doch leicht,
nachlier, wenn alles in Ordnung gebracht ist, über solche milsge-
rathene Resultate zu spotten; man möge nicht vergessen, dals der
edle Mann eigentlich, was diese Inschrift betrifft, ganz und gar im
_ Finstern herumtappte, und daher ebensowohl das Falsche, als das
Rechte festhalten konnte. Sonderbar ist es nur, dafs man überhaupt
das germanische Feld verliels, und nicht sogleich durch die angel-
sächsischen Run-Alfabete etwas zu errathen suchte; dies würde
doch ein genügenderes Resultat haben geben können. Noch sonder-
barer ist es, dafs ein Mann, welcher späterhin die Inschrift eigent-
lich ganz richtig las, oder, wenn er den dazu gebrauchten Schlüssel
et
N
‚consequent angewendet hätte, richtig hätte lesen können, Dr.
Bredsdorff, dennoch in mehreren Stücken irrig gelesen oder
-buchstabirt hat, blofs um einen eitlen Wahn, den er mit mehreren
40
Landsleuten theilt, zu befriedigen: dafs alle dergleichen Sprach-
denkmale nordisch oder quasinordisch (im Gegensatze zu den
deutschen) seien. Er sagt nämlich in seiner kleinen Abhandlung
über diese Inschrift (M&moires de la societ€ royale des antiquaires
du Nord 1836-1839 Pag. 161): „Die Sprache halte ich für nordisch,
doch in einer sehr alten Form, worin sie sich der ursprünglichen
germanischen, und also auch dem ältesten bekannten Zweige des
germanischen Sprachstamms, der gothischen Sprache, nähert”.
Wenn er sogleich die Sprache als gothisch anerkannt hätte — denn
sie ist keine andere — würden alle Schwierigkeiten gehoben sein.
Doch hat er einen richtigen Weg eingeschlagen, indem er (l.c.
p- 160) das auf einem in späterer Zeit gefundenen oder wenigstens
bekannt gewordenen Bracteate enthaltene Runen- Alfabet als den
* besten Schlüssel zur Entzifferung der Inschrift erklärt. Diesem Brac-
teat, welcher daher für unsern Zweck von gröfster Wichtigkeit ist,
werden wir auch hier eine genauere Untersuchung widmen müssen,
bevor wir mit der Auslegung der fraglichen Inschrift den Anfang
machen. Das Bracteat ist vor einigen Jahren in Schonen gefunden,
und wird jetzt in dem Antiq. Museum zu Stockholm aufbewahrt.
Eine genaue Abbildung ist in „Det kongelige Danske Videnskabers
Selskabs historiske og philosophiske Afhandlinger, 6° Deel” Tab.
XII. Fig. 5 mitgetheilt worden, und eine weitläuftige Erklärung
des Alfabets ebendas. p. 620-633 vom Hrn. Etatsr. Finn Magnu-
sen gegeben. Warum wir dieser Erklärung eben so wenig als
der von ihm in demselben Werke gegebenen Deutung der In-
schrift nicht beistimmen können, mag aus dem Folgenden ohne
weitere Auseinandersetzung hervorgehen.
Das Bracteat ist von Gold, mit dem gewöhnlichen Gepräge,
einem monströsen Menschenkopfe und einem darüber schwebenden
Vogel, der Kopf trägt eine Art von Helm; alles sehr unförmlich
und roh. Nächst dem Rande steht die Legende, das besagte Alfabet
mit noch acht anderen Buchstaben, wovon bald nachher; um die
ganze Münze geht ein Rand von geflochtener oder gedrehter Ar-
beit; gerade über dem Kopfe ist ein Öhr oder Henkel mit einer
dreieckigen, durch vier knopfförmige Nieten an der Münze angena-
gelten Platte zusammenhangend. Diese Platte deckt sogar etwas
von dem Helmbusche und von der Inschrift; von dieser ist auf sol-
che Weise wenigstens der obere Theil des vorletzten Buchstabs des
i 4
>
"Alfabets, und der letzte ganz verdeckt. Alles wird durch folgende
in rechter Linie angebrachte Abschrift besser einleuchten:
| Q,®
i aanraan NEx SARMAT : 2YATPIAH : DPESIAIAN
Denn ein flüchtiger Blick zeigt schon, erstens, dals die Inschrift
“verkehrt, oder von der rechten zur linken Hand geschrieben ist,
d.h. auf den Stempel richtig eingegraben war, ohne dafs es dem
- Stempelschneider einfiel, sie müsse auf der Münze verkehrt ste-
hen, zweitens, dals das Alfabet im Ganzen mit den bei Hickes
- (Gramm. angl. p. 135,136) und von W. Grimm in seiner Schrift
„Über deutsche Runen” mitgetheilten deutschen oder angelsächsi-
schen Run-Alfabeten übereinstimmt, weshalb wir denn auch ohne
Weiteres das nächst dem Dreiecke stehende Kreuz, von dem der
obere Theil fehlt, so ausfüllen können, dafs es ein X wird, und un-
‚ter dem Dreiecke selbst ein M errathen, das in dem Alfabete nicht
‚fehlen darf. Die ganze Inschrift, rechts gekehrt, wird demnach
#,
NDRRXP : NHIILBPS : TBMPIr OR: AN PRTNPR.
N. ranen
u
4
"Wir erkennen sogar eine durch angebrachte Kolon’s (:) bewerk-
telligte gleichförmige Eintheilung; die altnord. sogenannten zttir
oder prideilingar, und die mit F, die mit H, und die mit T an-
“fangende Gruppe, von der jede in dem einfacheren nordischen Al-
_fabete fünf, hier dagegen acht Buchstaben zählte. Die später zu-
_ gekommenen verzierten oder modifieirten Buchstaben, welche sonst
in den angelsächsischen Alfabeten angefügt werden, sind hier aus-
gelassen: ein gutes Zeugnils für das hohe Alter des Alfabets. Denn
die übrigen acht Buchstaben gehören nicht dem Alfabete, wie wir
bald sehen werden, indem wir hier jeden einzelnen Buchstab ge-
nauer untersuchen:
1. Die erste Klasse (des P).
F,N,P«F, U, p) bedürfen keiner Erklärung.
E R ist in angels. Inschriften A oder eigentlich Ä; hier muls es
das reine A sein, weil sonst dieser unentbehrliche Buchstab fehlen
42
C ist das latein. C, d.i. K; sonst wird in andern deutschen
Runalfabeten diese Rune K geschrieben; dals es dieselbe ist, zeigt
der Platz. Auf dem goldenen Horne ist das Zeichen, wie wir sehen
werden, mehr eckig (g) geschrieben.
X ist G.
P sieht dem P sehr ähnlich, nur dafs der Krummstrich etwas
höher angebracht ist. Der Platz zeigt, dals es hier das gewöhnliche P
d.i. V vorstellt. F. Magnusen (l. c. p.628) glaubt, hier eine Modi-
fication des P zu sehen, besonders weil ein P, seines Erachtens,
später vorkommt, er vergilst aber, dafs dieses letztere Zeichen den
Krummstrich nach der entgegengesetzten Seite hat, und daher kein
P sein kann.
2. Die zweite Klasse (des N)
N, +, I sind als H, N, I leicht erkennbar.
4, die Figur, welche F. Magnusen irrig für ein V angesehen
hat, nimmt in dem Alfabet den Platz des J (geär) ein, das sonst
$ geschrieben wird; der Unterschied ist doch nicht grölser, als
zwischen P und dem gothischen Y. Für die Horn - Inschrift ist die
Frage, was dieses Zeichen vorstelle, von keinem Belang, da es dort
nicht vorkommt. Wäre es nicht möglich, dafs das gothische J aus
einem 4 gebildet sei?
1, angels. eoh, kommt auch nicht in der Inschrift vor; dafs
es eine Modification von I bedeute, ist offenbar; vielleicht das ge-
brochene I, gothisch ai?
B ist P.
Y, oder, wenn wir den kleinen Haken an dem längsten Stri-
che als unwesentlich betrachten, Y, wird in den angels. Alfabeten
“ eolhx genannt, und für ein X erklärt. Dals es in der Horn -In- |
schrift nur M bedeutet, wird in der Folge einleuchten; doch würde
auf diese Weise das Alfabet zwei Figuren des M haben, YundM.
Bredsdorff glaubt daher, vielleicht auch mit Recht, dafs man das an-
lautende und auslautende M mit zwei verschiedenen Figuren be-
zeichnet haben möge; auf dem Horne kommen nur auslautende
M’s vor.
$ ist S.
3. Die dritte Klasse (des T).
1,B, M, Pl, P sind als T, B, E, M, L nicht zu verkennen.
Der Punkt im M mag nur zufällig sein. Vom vermutheten Unter-
43
'schiede zwischen Pf (anlautend) und Y (in- und auslautend) ist eben
die Rede gewesen.
9 nimmt den gewöhnlichen Platz des & ein. Dieser Buch-
‚stab wird in den angls. Alfabeten Ing genannt; man hat ihn ing
erklärt; richtiger wäre doch, damit nur den Laut ng bezeich-
net zu sehen, oder noch besser, den Laut, welcher in der Guttural-
klasse ganz und gar dem N der Lingualen und dem M der Labialen
entspricht. Die Gothen gebrauchen dazu bekanntermalsen nur ein
G, z.B. gangan statt gansgan. Eigentlich ist auch 2 aus zwei
X (also GG) zusammengesetzt; und das Quadrat des Bracteaten -
Alfabetes ist entweder nichts anders als ein 2 mit abgerissenen En-
den, oder auch eine Zusammensetzung von zwei eckigen < (K), wie
wir in der Horn-Inschrift sehen werden. Dals dies auch das en-
guz der Wiener Handschrift ist, und nicht, wie W. Grimm (zur
Lit. der Runen p. 10) glaubt, eolhx, mag nicht zu bezweifeln sein.
Die rechte gothische Form wäre Iggus oder besser Iggvis, in
schwacher Form Iggvja, altnord. Yngvi.
X ist O, und der fehlende, oder durch die Platte verborgene
Pl oder N, das in der Horn- Inschrift vorkommt, ist D.
Von den übrigen acht Buchstaben, die wenigstens auf der
einen Seite durch einen Punkt von dem Alfabete getrennt sind, ist
‚der erste auch durch die Platte etwas defect geworden. Aus der
"Form möchte man ein R (A), P (L) oder T (T) errathen. Das
letztere ist mir am wahrscheinlichsten. Demnach stünde: TU-
_YVATUVA, was ich so erkläre, dafs der Besitzer oder Graveur
Namens Tuva, zuerst, ehe er das Alfabet einzugraben anfıng, sei-
nen Namen schrieb, und nachher, als er, ob er gleich — was deut-
h ich zu erkennen ist — durch Dehnung der letzten Zeichen und
1? bstände den Raum auszufüllen suchte, dennoch einen leeren
Raum übrig behielt, auch diesen mit seinem Namen ausfüllte.° Der
Name Tuva würde nach der gewöhnlichen ulfilanischen Orthogra-
phie Tuba lauten, und entspricht ganz und gar dem häufig (insbe-
sondere bei dänischen und schwedischen Eingebornen) in altnor-
wegischen Sagen vorkommenden Namen Tofi. Dals V statt B
steht, darf nicht befremden, denn dies B ist auch nicht bei dem Ul-
filas reines B; es ist die schwache Lippen-Aspiration, im Altsächsi-
schen mit 5 bezeichnet, im Altnorweg. mit F oder V; wenn der
Stamm entblöfst wäre, würde er auch bei Ulfilas Tuf — lauten,
44
wie gaf von giban. Eben das Wort giba ist in dem in der
Wiener Handschr. enthaltenen gothischen Alfabet mit W (geuua)
geschrieben (Gabelenz u. Loebe, goth. Gramm. p.18. W. Grimm
zur Lit. der Runen p.11.). F. Magnusen liest den Zusatz LUpA’
TUpA/, d.i. Iyd a5 pya ä, also altnorw. horch an, deut an;
doch wenn auch, was ich bezweifele, P Th vorstellen könnte, wäre
doch wenigstens unmöglich, dals man in der ältesten Zeit, wo
man so genau zwischen P und T in der Aussprache unterschied,
TUp statt PUP geschrieben hätte. Überhaupt möchte es wol ein
für allemal abgemacht sein, dals es bei deutschen Runinseriptio-
nen gar keine Frage von nordischer Sprache sein kann.
Wir gehen jetzt auf die Inschrift über. Die Buchstaben sind:
M) bis zu ö’= 90°. Wenn aber cosd’ negativ wird, so kön-
nen sie sowohl bei Himmelskörpern vorkommen, die weiter von
der Sonne entfernt sind als die Erde, als bei solchen, die ihr
näher sind. In der That hat ein solcher Fall stattgefunden bei
dem Cometen von 1843 nach den vortrefflichen Berechnungen
des Hrn. Prof. Santini in Padua, wo eine elliptische und hy-
erbolische Bahn aus sehr genauen Daten gefunden ward, von
von denen die erste die irrige war. Hier war der Comet ent-
ee von der Sonne als die Erde. Ein zweiter Fall ereignete
sich bei den ebenfalls sehr genauen Berechnungen des Hrn. Dr.
3rünnow über den Cometen III. 1846 (No.171 des Galleschen
Verzeichnisses), wo zwei elliptische Bahnen gefunden wurden,
n denen die, welche die kürzere Umlaufszeit gab, die irrige
ar. Hier war der Comet der Sonne näher als die Erde.
Die Erklärung der Unmöglichkeit einer Bahnbestimmung bei
wilsen zu kleinen oder grofsen Werthen kann man so aus-
64
drücken, dals wenn auch alle gemessenen Werthe beibehalten
werden, die Grölse der Zwischenzeiten eine Flächengeschwin-
digkeit bedingt, welche, da sie vom halben Parameter abhängt,
mit der Entfernung der Punkte der Gesichtslinien, in welchen
man den Himmelskörper versetzt, in einem gewilsen Verhält-
nifs allerdings sich ändert, aber bei einer bestimmten Lage der
Gesichtslinien, wenn man willkührlich die Zwischenzeiten ändern
wollte, für jede nähere Annahme oder für jede weitere, nach
ihrer Ableitung aus den Entfernungen und Winkeln grölser |
oder kleiner ausfallen würde, als es nach den Keplerschen Ge-
setzen gestattet ist.
An eingegangenen Druckschriften wurden vorgelegt:
Rendiconto delle adunanze e de’ lavori della Reale Accademia
delle scienze. No.28-32. 1846. Luglio-1847 Aprile. Napoli.
4.
mit 2 Begleitungsschreiben des beständigen Secretars dieser Akade-
mie, Hrn. V. Flauti d.d. Neapel d. 12. März u. 12. Juli 1847. |
Abhandlungen der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu |
Göttingen. Bd.3. von den Jahren 1845-1847. Götting. 1847. 4. |
mit einem Begleitungsschreiben des Secretars dieser Gesellschaft
Herrn Dr. Hausmann d. d. Göttingen d. 2. Januar d. J. |
Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesell-
schaft der Wissenschaften zu Göttingen 1847. No.14.15. 8.
Comptes rendus hebdomadaires des seances de l’ Academie des
sciences. A847. 2.Semestre. Tome 25. No.20-25. 15. Nov.-
20. Dec. et Table du Tome 24. 1. Semestre 1847. Paris. 4.
Felix Ravaisson, Zssai sur la Metaphysique d’Aristote, ouvrage
couronne par ÜInstitut (dAcademie des sciences morales et po-
litigues). Tome1.2. Paris 1837. 46. 8.
‚„del’Habitude ib. 1838. 8.
nn ‚ Philosophie contemporaine. ib. 1840. 8.
Th. D’Estocquois, Memoire sur la Iheorie malhematique de la
chaleur. (Besancon 1847). 4.
Peter A. Browne, an attempt to discover some of the laws which
govern animal torpidity and hibernation. Philadelphia 1847. 8.
J. Kops en J. E. van der Trappen, Flora Batava. Aflev. 150.151.
Amsterdam. 4.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No.621. Altona 1847.
4.
Kunstblatt 1847. No.61-63. Stutig. u. Tüb. 4.
65
A. Auer, Sprachenhalle. (Wien). fol.
mitgetheilt durch den Geh. Kabinets-Rath Illaire hierselbst mit-
telst Schreibens vom 10. Januar d. J.
I. C. Freiesleben, Magazin für die Oryktographie von Sachsen.
Aus dessen Nachlasse herausgeg. von Carl Herrm. Müller. Heft
14. Vom Vorkommen der Silbererze in Sachsen Abth.2. Frei-
berg 1847. 8.
(A. Moreau de Jonn&s), Introduction a la statistique de l’indu-
strie de la France. — Statistique generale et oficielle de la
France. A40.Volume. (Paris). 4.
- von Herın Dieterici im Namen des Verf. überreicht.
Hr. v. Schelling liefs durch den Vorsitzenden den Dank
des Hrn. Ravaisson für seine Ernennung zum corresp. Mitgliede
der Akademie zu erkennen geben.
Hr. Ehrenberg theilte aus einem Briefe des Hrn. Hai-
dinger zu Wien vom 27. Dec. vor. J. dessen Dank für die Zu-
sendung der Schriften der Akademie an die Wiener Gesellschaft
der Freunde der Naturwissenschaften mit.
Derselbe trug hierauf eine auf den am 31. März 1847,
gleichzeitig mit dem rothen Schnee im Puster- Thale
auch im Gasteiner-Thale in Salzburg vorgekomme-
nen rothen Staubregen bezügliche Nachricht aus dem-
selben Schreiben des Hrn. Haidinger in Wien vor
und gab das Resultat seiner Vergleichung an.
Hr. Haidinger, Correspondent der Akademie, meldet un-
term 27. Dec. folgendes: „Ich habe das Vergnügen Ihrem —
Auge — zwei neue Proben Passatstaub hier einzuschlielsen. Sie
‚sind beide im Gasteiner - Thale in Salzburg gesammelt und zwar
No. 1. vom Hrn. Bergverwalter Werkstätter in Böckstein,
"unmittelbar nach dem Falle, das Pulver No.2. aber vom Hrn.
"Schichtmeister Reifsacher Anfangs Juni am Rathhausberg und
‚in Singlitz.
i Der Fall des Pulvers erfolgte am 31. März zwischen 11
"und 12 Uhr Mittags mit heftigem Regen und Sturm aus Südwest.
N Barometer. Thermometer.
6% Uhr früh N 5 — 3°R
124 Uhr Mittags 24” 4,7} Wiener u + TOR.
arrrr
y
u
66
Der Niederschlag fand nur in der Meereshöhe zwischen
3000 Fufs und 7000 Fufs statt, darüber hinauf blieben die be-
schneiten Gletscher und Alpenköpfe weils. Der Absatz geschah
nach Hr. Reilsacher gleichförmig an den südlichen und nörd-
lichen Gebirgsabhängen. Hr. Reilsacher konnte die Färbung
deutlich über die ganze, das Gasteiner- und Raurieser-Thal süd-
lich begrenzende Central-Kette beobachten, die immer wieder
den Sommer hindurch hervortrat, wenn frisch gefallener Neu-
schnee abschmolz.”
„Es ist das Phänomen von Deffereggen aber weiter gegen
Nord-Ost ausgedehnt.” |
Die mit dieser Nachricht übersandten 2 Proben des Meteor-
staubes aus Salzburg bei Gastein sind beide gelblich braun. Die
Probe von Böckstein No. 1, welche unmittelbar nacb dem Falle
selbst gesammelt wurde, ist etwas gelblicher als die Probe No. 2, ,
die mehr ins graubraune spielt und etwas dunkler ist, aber auch.
2 Monate nach dem Falle erst, wahrscheinlich vom Schnee, ge-
sammelt wurde. Beide Pulver haben in Feinheit und Cohärenz;
dieselben äufsern Charactere als die des Pusterthales; an Farbe‘
sind sie beide der daselbst später gesammelten Form am mei-
sten ähnlich.
In diesen beiden Staubarten haben sich in 30 und 10 Analysen
folgende Formen mikroskopischer Organismen entdecken lassen:
POLYGASTRICA 21.
Campylodiscus Clypeus
Closterium ?
Coscinodiscus radiatus
Discoplea atmosphaerica
2
+ + ++ 8
Eunotia amphioxys
gibba
longicornis
Zebra?
Gallionella crenata
distans
++t+t+t+t+4+4+4++ +7
granulata
laminaris
67
Gallionella procera
Gomphonema gracile
Navicula Semen
Pinnularia borealis
viridis
Podosphenia Pupula
Synedra Entomon
Ulna
PHYTOLITHARIA 26.
Amphidiscus obtusus
Zruncatus
Lithasteriscus tuberculatus
Lithochaeta laevis
Lithodontium Bursa
furcatum
nasutum
rostratum
Lithostylidium Amphiodon
biconcavum
calcaratum
clavatum
curvatum
falcatum
laeve
Pecten
polyedrum
quadratum
rude
Serra
spiriferum
Taurus
Trabecula
Spongolithis acicularis
aspera
obtusa
+ + ++++=
++ ++ ++5=
++
++ ++
+++ ++
444++ + ++++++
++
++
+
+ + +++
68
L..i. I
PARTICULA SILICEA INCERTAE
ORIGINIS 1.
Lamina silicea hexagona umbonata —
PARTICULAE PLANTARUM MOLLES 9.
Parenchyma, cellulae ocellatae, Pini
fibrosum
porosum
clathratum
Pilus plantae simplex
asper
stellatus
Pollen Pini
5
44+ + +++
+ ++ + 4
CRXYSTALLI 3.
Crystalli virides columnares (Pyroxeni?)| + | +
albi rhombei -
seminis Tritici forma albi (cal-
carei?) | + |
Im allgemeinen gehören die Staubtheile zu den etwas grö-
beren Formen dieser Art.
Die Mischung ist sehr reich organisch und der der atlanti-
schen Staubarten wieder in allen Hauptsachen völlig ähnlich und
gleich. Eigenthümlich ist dieser Staubart eine überaus grofse
Menge von Fichten-Blüthenstaub (Pollen Pini) in einem offen-
bar durch Verrotten sehr gefalteten und oft zerstörten Zustande,
so dals, selbst wenn man von den gleichzeitigen 3 Graden
Kälte und der völligen Winterzeit in Tyrol und Salzburg abse-
hen wollte und an südeuropäische vielleicht schon blühende Fich-
ten denken wollte, deren Blüthezeit für den März überall zu früh
ist, doch jedenfalls dann frischen Blüthenstaub finden mülste, wie
bei den bekannten Schwefelregen es jedesmal der Fall ist. Mit
diesem Polen finden sich auch überaus viel verkohlte augenartig
poröse Holzzellen, wie sie das Fichtenholz characterisiren. Die-'
ser Fichtenblüthenstaub sammt den feinen Holztheilchen ist in
69
solcher Menge, dals besonders ersterer sicher über 4 des Volu-
3
mens der Masse, vielleicht die Hälfte bilden mag.
Mit den grünen Ovarien und in Selbsttheilung ist wieder
Eunotia amphioxys beobachtet.
Ebenso wie im atlantischen Staube fanden sich wieder See-
formen (Coscinodiscus, ein elegantes deutliches Fragment).
Ferner finden sich in diesem Staube wieder die characte-
ristrische südamerikanische Synedra Entomon und die noch auf-
fallendere, ihre Verwandten in China habende Discoplea atmos-
phaerica.
Das zahlreiche, mit vorherrschende, Vorkommen der Gallio-
nella granulata, procera, distans und crenulata schlielst sich
sammt der Erscheinung der Eunotia longicornis dem Passatstaube
völlig an. Auch Amphidiscus truncatus ist sehr zahlreich und
charactergebend.
Überhaupt werden späterhin die Lokalformen, welche der
Sturm hier und da zufällig in diese fernhergetragenen Staubarten
bringt, sich leicht ausscheiden. Die übereinstimmenden häufige-
ren Formen werden den Malsstab geben und die abweichenden
und seltneren Formen wird man unberücksichtigt lassen können.
Durch Hrn. Curat Villplaner’s Mittheilung war früher
gemeldet, dafs, aufser in Tyrol, auch im Böhmerwalde gleich-
zeitig solcher Staub gefallen sei. Die Nachricht stammt von Hrn.
Martin Tegischer, welcher es selbst in der Grafschaft Win-
‚terberg, Sablat und Wallern gesehen hat und dessen Zuver-
lässigkeit Hr. Villplaner rühmt.
Durch den von Hrn. Haidinger gesandten, hier analysir-
‚ten Staub ist nun die weitere Verbreitung der gleichen Substanz
direct festgestellt und das von ihr bedeckte Areal von Winter-
4 erg in Böhmen bis Sayoyen aulser Zweifel gesetzt.
Ferner kamen zum Vortrag:
4) Ein Schreiben des Königl. Ministeriums der geistl. Unt.- und
e Med.- Angel. vom 6. Januar d. J. wodurch die Bewilligung
von 400 Rthlrn. Remuneration für das J. 1848 an Hrn. Prof.
Dr. Franz als Bearbeiter des Corpus Inser. Gr. genehmigt
wird.
2) Ein Schreiben der Königl. Akademie der Wissenschaften zu
70
Neapel vom 12. Juli 1847 über den Empfang der Abhand-
lungen unserer Akademie vom J. 1845 und der Monatsbe-
richte vom Juli 1845 bis Juni 1846.
3) Ein Schreiben des physikalischen Vereins zu Frankfurt a. M.
vom 1. Dec. vor. J. über den Empfang der Monatsberichte
der Akademie vom Juli 1846 bis Juli 1847.
4) Schreiben der Königl. Akademie der Wissenschaften zu Neapel
vom 20. Juli v. J. und der Hrn. Melloni und Mich. Tenori
daselbst vom 13. März 1847 über den Empfang der Leibni-
zischen Denkmünze.
47. Januar. Sitzung der philosophisch-histo-
rischen Klasse. ö
Die Sitzung wurde durch Abhandlungen über innere Ange-
legenheiten der Klasse, vorzüglich über zukünftige wissenschaft-
liche Unternehmungen ausgefüllt, welche zu öffentlicher Bekannt-
machung noch nicht reif sind.
20. Januar. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. v. Buch las über die Ceratiten.
Ceratiten (eine Abtheilung der Ammoniten) werden immer
und überall Hauptleiter zur Bestimmung der Formation des Mu-
schelkalks bleiben, denn wo sie vorkommen, ist es gewöhnlich in
unglaublicher Menge, so dafs sie nicht leicht übersehen werden
können.
Man hat von ihnen auch im Muschelkalk mehrere Arten
beobachtet, welche bisher nicht gehörig unterschieden worden sind.
Die bis jetzt für diese Formation bekannt gewordenen Arten sind.
folgende:
41. AMMONITES NODOsUS. Bruguiere Encyel. methodique von
1792. Er läfst dem Namen ein Nobis folgen, daher ist es’
der seinige. Schlottheim hat ihn überall verbreitet. Reinicke’s'
Benennung A. undatus ist sechszehn Jahre jünger.
2. AMMONITES SEMIPARTITUS. Montfort. 1802. Gaillardot (1824)
verweist auf Montforts Abbildung und Namen, mi-parti, und
daher wird er semi-partitus von Brogniart genannt (Elie de‘
Beaumont, Observations sur les Vosges. Annales des mines
1828). Irrig nannte man ihn später bi-partitus. Quenstedt
71
hat kleinere Stücke als Ammonites enodus abgebildet. Hier-
her gehört auch Am. Hedenströmiü (Keyserling).
. AMMONITEs pArcus. Ohne Hülfsloben; in der Sammlung
von Solothurn, von Strasburg, von Recoaro im Dogenpallast
zu Venedig.
AMMONITES CASSIANUS. Durch Quenstedt bekannt, beschrie-
ben und abgebildet (Petref. Deutschlands t. 18. f. 11.). Auch
dieser ist ohne Hülfsloben, aber aufserdem auch mit Zähnen
zu beiden Seiten des Rückens besetzt.
AMMOoNITES MIDDENDORFIL., (Graf Keyserling. Zull.de Pacad.
F de Petersbourg 1845. V.t.1.u.2.) Nur mit einem Hülfslobus.
> Die Windungen bis zur Hälfte eingewickelt. Im östlichen
Theile von Sibirien am Flufs Oleneck.
. AMMONITEs EvompHALus. (Graf Keyserling 1. c. t. 3. f.9.)
Nur ein Hülfslobus; allein mit scharfem Kiel auf dem Rücken.
Vom Oleneck in Sibirien.
. AMMONITES BOGDOANUS. (de Ferneuil Russia I. f. 1.). Sehr
flach, scheibenförmig, ohne Hülfsloben, mit höchst geringem
Anwachsen und nur gar wenig eingewickelt. Vom Bogdo
zwischen Wolga und Ural.
AMMONITES OTTonıs. Flach, scheibenförmig, mit gespal-
tenen Rippen auf der Mitte der Seite, von Knöpfen aus;
auch an der Sutur erheben sich die Rippen zu Knöpfen; am
Rücken zu einer doppelten Reihe von Zähnen. Vom ver-
storbenen G. M. R. Otto zu Schedlitz bei Cosel entdeckt,
jetzt in der Sammlung in Berlin.
Die Zertheilung des Am. nodosus in verschiedene andere
Arten beruht auf Täuschung.
Wenn man überlegt, wie durch das allmählige Verschwin-
den der Spitzen im Grunde der Loben Ceratiten und Goniatiten
unmerklich in einander übergehen, so wird man sich leicht über-
zeugen, dals diese Unterschiede nicht bedeutend genug sind,
eigene Geschlechter zu bilden, und dafs beide nur als Unterab-
theilungen der Ammoniten angesehen werden können. Schwerer
ist die Bestimmung der wesentlichen und durchgreifenden Kenn-
zeichen, durch welche Goniatiten und Ceratiten von einander
getrennt sind. Ceratiten folgen, in Vertheilung der Loben, noch
‚ollkommen den Gesetzen, welche allen übrigen Ammoniten mit
72
so wunderbarer Bestimmtheit eigenthümlich sind, und man sieht
in ihnen nichts fremdartiges, als nur den Mangel der Zähne an
den Seiten der Loben, und vorzüglich auf den Sätteln. Nicht‘
so bei den Goniatiten. Sie treten fast ganz aus den gewöhnli-
chen Gesetzen heraus: statt, wie bei allen übrigen Ammoniten
nach vorn, gehen die Falten und Streifen ihrer Seiten nach
hinten, wie bei dem Nautilus. Ihre Loben vermehren sich,
zuweilen zu einer sehr grofsen Zahl, schon lange ehe die Win-
dung eine vorige umwickelt und ehe sie der Hülfsloben bedarf.
Das schöne Gesetz der sechs Hauptloben scheint hier unterdrückt
oder wohl gar aufgehoben. Dabei ist fast allen Arten eine ku-
gelförmige Gestalt eigen, Zähne aber zu beiden Seiten des Rü-
ckens zeigen sich niemals. Dies giebt wohl offenbar den Gonia-
titen einen eigenthümlichen Charakter, der sie den Nautilen sehr
nahe stellt, allein wollte man diesen Charakter in grolser Schärfe
festhalten, so müfsten die Goniatiten den Ceratiten eine grolse
Menge von Arten abtreten, welche ihnen bisher zugerechnet‘
werden, und dabei würde wahrscheinlich die genauere und festere
Kenntnils dieser Cephalopoden nicht wenig gewinnen.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Memoires de la Sociele d’Archeologie et de Numismatique de St.
Petersbourg. 1. II. St. Petersb. 1847. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Secretars dieser Gesellschaft,
Herrn v. Köhne ohne Datum.
C.G. Reu schle, neue Sätze u. Gesichtspunkte aus der Theorie
der Raumkurven und Stabflächen. (Einladungsschrift des Kö
nigl. Gymnasiums zu Stuttgart zu der Feierlichkeit am Geburts
feste Seiner Majestät des Königs Wilhelm von Würtemberg d.
27. Sept. 1847.) Stuttg. 1847. 4.
C.E. Bourdin, Zraitement des affections cancereuses. 1. M&-
moire. Paris 1844. 8.
, du Suicide considere comme maladie. ib. 1845.
8. !
‚ de la proprieiE hemostatique du Coton. Be-
sancon 1847. 8.
,„ Essai sur la Phrenologie consideree dans ses
principes generaux et son application pratique. Paris 1847. 8.
Schumacher, astronomische Nachrichten. N.622. Altona 1848.
4.
a
73
C. E. Hammerschmidt, allg. österreich. Zeitschrift für den
Landwirth etc. 19.Jahrg. 1847. No.50.51. Wien. 4.
Väjasaneya-Sanhitae specimen ce. commenlario, primus ed. Albr.
Weber. Particula 2. Berol. 1847. 8.
Aufserdem kamen zum Vortrag:
4) Ein Schreiben des Königl. Ministeriums der geistl. Unt.- und
Med.-Angel. vom 12. Januar d. J. enthaltend die Benach-
richtigung, dafs dem Antrage der Akademie gemäls und aus
ihren Fonds 200 Rthlr. für den Dr. Weber zur Fortsetzung
seiner Reisen und seiner Forschungen im Gebiete der Sans-
krit-Litteratur angewiesen worden.
2) Ein Schreiben desselben Königl. Ministeriums vom 15. Januar
d. J. über die Genehmigung der dem Dr. Bergmann be-
willigten Remuneration von 100 Rthirn. für die Anfertigung
der Register zum 2. Bande des Corpus Inser. Gr.
3) Ein Schreiben ebendesselben Ministeriums von 15. Januar d.
J. über die Bewilligung von 200 Rithlrn. an den Dr. Oscar
Schmidt zu Jena als Beihülfe zu einer naturhistorischen
Reise nach Island.
4) Ein Schreiben desselben Ministeriums vom 15. Januar d. J.
über die Bewilligung von 150 Rthirn. an den Dr. Theod.
Mommsen zu Anschaffung epigraphischer Werke in Bezug
auf das von der Akademie zu unternehmende Corpus Inscri-
ptionum Latinarum.
927. Januar. Öffentliche Sitzung der Akade-
mie zur Gedächtnifsfeier des Kö-
nigs Friedrich I].
. Die Sitzung erhielt eine besondere Weihe und Glanz durch
‚die theilnehmende Gegenwart Sr. Maj. des Königs. Der den
"Vorsitz führende Sekretar, Hr. Ehrenberg, eröffnete dieselbe
mit einer Einleitungs-Rede. Davon ausgehend, dals es eine Mu-
‚sik der Rede gebe, die als kunstvolle Beredtsamkeit bei feierli-
‚chen Gelegenheiten und ohne anderen Erfolg und Zweck als den
‚einer momentanen feierlichen Spannung oft eine sehr erwünschte
Anwendung finde, diese aber an gegenwärtigem Orte und Tage
als zweckmälsig in Frage gestellt werden könne, wies er auf
74
die mit freiem Geiste allen Theilen des Wissens, auch dem lang-
sam und unbehaglich sich entwickelnden Kerne desselben zuge-
wandte Theilnahme des grofsen Königs und Philosophen von
Sanssouci hin, dessen bändereiche Schriften durch des jetzt re-
gierenden Königs Majestät mit neuem Glanze vervollständigt wer-
den, und auf die specielle darin ausgesprochene Theilnahme selbst
auch für Leeuwenhoek’s und Hartsoeker’s mikroskopische
Forschungen. Hierauf ging der Vortrag in eine Mittheilung
neuer Ergebnisse der mikroskopischen Forschungen über. Diese
betrafen eine Übersicht der Verhältnisse des Passatstaubes, be-
sonders die Beziehung des Meeres der Finsternisse bei den
Arabern, von Edrisi (1160) an, auf die afrikanische Nebelküste,
wonach das Dunkelmeer (dahr mudslim, mare tenebrosum), zu
ne ei
dessen Durchbrechung ein Columbus nöthig war, mit dem or-
ganischen Passatstaube in directe Verbindung tritt und die Be-
ständigkeit der Erscheinung der dortigen (rothen) Staubnebel auf
700 Jahre historisch verlängert wird. Hieran wurde die histo-
rische Übersicht von über 260 Blutregen und rothen Staubfällen,
stets nur der nördlichen Erdhälfte, gereiht, welche wahrschein-
lich sämmtlich in gleicher Beziehung stehen. Es wurde einer-
seits die völlige Unabhängigkeit dieser Meteore von den Jahres-
Fand u BE u BE u Ren A hl a
zeiten nachgewiesen, andererseits ihr öfteres Fallen bei heiterem
a
Himmel, so wie ihre so vielfache Verbindung mit Feuermeteoren
und Meteorsteinen, dafs das letztere kein blofser Zufall sein könne.
Der rothe Polar- und Gletscherschnee wurde, als andersartig
und weniger interessant, ausgeschieden. Hiernächst wurde spe-
ziell der befruchtenden rothen Staubwolken in Kaschgar und des
Nebelgebirges Bolor Takh in Mittelasien erwähnt, welches wohl
eine continentale Wiederholung der Verhältnisse des Meeres der
Finsternisse bei Westafrica zu sein scheine. Aus eigener An-
schauung auf der Reise mit Hrn. v. Humboldt 1829 wurde
der zu rothen Staubmeteoren nirgends geeigneten Steppen und
: in :
Wüsten Centralasiens südlich am Altai gedacht, eben so der we-
der in Fezzan, noch am weifsen Nil in Centralafrica genügenden
rothen Erden und der sechsjährigen eigenen Anschauung in den
Wüsten des nordöstlichen und mittleren Afrika’s Erwähnung ge-
than. Nur ein Land sei völlig eigenthümlich und geeignet als
Quelle grolser Massen rothen Meteorstaubes weitreichender Stürme,
mr Be a
75
aber schwerlich des Passates, angesehen zu werden, dies Land
sei Indien in Beludschistan. Die nach Henry Pottinger’s
Reisebeschreibung bis 20 Fuls hohen ziegelrothen dortigen, ihm 60
Meilen lang bekannt gewordenen unabsehbaren Wellen des fein-
sten Staubes seien jedoch völlig unfruchtbar, und aus 150 Fufs
Tiefe noch gaben die Brunnen brakisches Wasser. Solcher Staub
könne nicht Kaschgar befruchten und nicht der reich organische
Passatstaub des Atlantischen Meeres. sein, welcher sich als rother
Schnee und Blutregen periodisch bis Tyrol, Trebbin, Schlesien
und ÖOstpreulsen verbreite. So bleibe wieder nur Südamerika
mit seinem oft ockerartigen Lande und seinen gleichen Organis-
men sammt der Gegend China’s um Canton als geographische
Basis des Passatstaubes übrig.
Die ganze Angelegenheit dieser einflufsreichen, ein unbe-
\ kanntes grolses Leben und Wirken in der Atmosphäre bekun-
denden Meteore wurde der Theilnahme empfohlen, und am
Schluls wnrden Proben von Hrn. Dr. Philippi’s, des Reisen-
den in Indien, reichen und wissenschaftlich gewählten Sammlun-
gen hundertfältiger Materialien aus Indien und den Nikobaren-
Inseln vorgelegt, welche zunächst der weiteren Vergleichung ein
reiches Feld bieten werden.
* Nachdem die Personal-Veränderungen bei der Akademie,
den Statuten gemäls, vorgetragen worden waren, las Hr. Tren-
‘delenburg über den letzten Unterschied der philoso-
‚phischen Systeme, indem er die Grunddifferenz derselben
aus dem verschiedenen Verhältnifs, in welchem der Gegensatz
und die Einheit von Gedanken und Kräften aufgefalst werden
kann, ableitete, an den hervorragenden Systemen nachwies und
endlich in den Kampf, den die Grund-Ansichten mit einander
führen, zu verfolgen suchte.
Aus der Akademie ist ausgeschieden:
Hr. von Raumer, ordentliches Mitglied der philosophisch - hi-
storischen Klasse und Sekretar derselben Klasse.
Durch den Tod hat die Akademie verloren:
. Hoffmann, ordentl. Mitglied der philosoph. - historisch.
Klasse.
76
Hrn. Jacobs in Gotha, auswärtiges Mitglied der philosoph.-
histor. Klasse.
- Rühle von Lilienstern, Ehrenmitglied derselben Kl.
- Alexandre Brongniart in Paris, Correspondent der
physikalisch- mathematischen Klasse.
- Geijer in Upsala, Correspondent der philos.-histor. Klasse.
- von Linde in Warschau, desgl.
- Finn Magnussen in Kopenhagen, desgl.
31.Januar. Sitzung der physikalisch-mathe-
matischen Klasse.
Hr. Encke las über das Mikrometer von Amici, bei
welchem das Princip der doppelten Bilder, ganz wie
bei dem Heliometer zum Grunde gelegt ist.
Dieses Mikrometer, von welchem Hr. Amici in der Cor-
respondance astronomique von Hrn. von Zach T. IX. pag. 517
eine ausführliche Beschreibung und Zeichnung gegeben hat, be-
steht in einer getheilten Linse, die zwischen das Objektiv und
den Brennpunkt gestellt wird, und durch Verschiebung ihrer
Hälften ein doppeltes Bild giebt. Es hat den Vortheil eine Er-
leuchtung des Feldes oder der Fäden überflüssig zu machen, und
vermindert auch nur wenig (gegen die Ansicht des berühmten
Ramsden) die Güte des Bildes, da in dem Exemplar, welches
ein Geschenk des Hrn. Amici selbst ist, und welches auf der
Berliner Sternwarte an dem grofsen Refraktor angebracht ward,
die Brennweite der biconcaven Linse sehr grols, von 5532 Pa-
riser Linien ist. Immer indessen sind einige Nachtheile dabei
nicht zu vermeiden, wohin theils die, wegen des nöthigen Zwi-
schenraumes zwischen den verschiebbaren Linsen, stattfindende
Wegnahme der besten Strahlen, in dem ohnehin schon kleinen
Durchschnitt des Strahlenkegels, der auf die Zwischen-Linse fällt,
gehört und eine damit verbundene wenn auch nicht starke Beu-
gung der Lichtstrahlen, die auf den Rand des Durchschnittes der
Linse fallen; theils die Kleinheit der Winkel, die man mit dem
Mikrometer überhaupt noch messen kann, wenn die Entfernung
der Zwischenlinse vom Brennpunkte, in Verhältnils zur Brenn-
weite des Haupt-Objektivs gering ist. Bei dem hiesigen höl-
77
| zernen Rohre des Refraktors, liels diese Entfernung sich nicht
über 35,3 Pariser Linien vergröfsern, woraus nach der Nähe-
Winkel $, der zu einer Entfernung der Centra beider Hälften
„ bei der Brennweite des Haupt-Objektivs F und der Zwischen-
ine f, so wie der Entfernung der Zwischenlinse vom Brenn-
punkt des Haupt-Objektivs x gehört, gefunden wird durch
- x
ae
folgt, dals der gröfstmöglichsten Verschiebung bei diesem Instru-
mente „=45", da F=1920” und f= 5532” ist, nur ein
inkel von noch nicht 31” entspricht. Es können sonach bei
yeitem nicht alle Planeten zu allen Zeiten damit gemessen wer-
‚den. Auch bei Doppelsternen bedingt dieser Umstand den Nach-
theil, dafs die Bestimmung des Nullpunktes des Positionswinkels
unsicher wird, unsicherer als man selbst bei sehr nahestehenden
Doppelsternen es wünschen möchte. Weniger möchte die Be-
trachtung, dals die Bestimmung des Werthes der Skalentheile in
Bogensecunden, ebenfalls nur auf dieser kleinen Basis beruhen kann,
von Einfluls sein; wenigstens gab eine doppelte Methode diesen
"Werth zu bestimmen, einmal Durchgänge der getrennten Bilder
‚des Polarsterns an einem festen Faden, und zweitens Bestimmung
es Werthes der Skale, wenn das Mikrometer an einem kleinen
\ Fernrohre von 502” Focaldistanz angebracht wird, dadurch der
melsbare Winkel vergrölsert, und mit andern direkten Messun-
gen verglichen, nahe genug bei der Reduktion der verschiede-
nen Focaldistanzen auf einander, unter Berücksichtigung der Dicke
des Glases, denselben Werth. Die erste gab 07315, die andere
0312, für einen Scalentheil von denen 150 gleich 69/3 Pariser
Maals sind. Einen nicht unwichtigen Vortheil gewährt das Mi-
krometer bei Doppelsternen, dafs man die Bilder der Sterne,
die man zusammenbringen will, ohne Mühe von gleicher Hellig- °
eit machen kann, auch wenn die Sterne sehr ungleich hell sind,
je nachdem man einen grölseren oder kleineren Kreisabschnitt
der Lichtscheiben, auf die eine oder andere Linse fallen läfst.
Doch findet dieses nur statt, wenn man die Bilder sich wirklich
decken läfst. Es wurden im Frühlinge 1845 mehrere weite
ind enge Doppelsterne gemessen, welche im Ganzen recht be-
reis
=
—
78
friedigende Resultate gaben. Es fand sich aus Messungen von
4 Tagen Castor. 1845 Apr. 13. 5,223 250928’
Dia dsir, Beat, Mai 2. 1,268 308 54
2 - y' Virgin. Apr. 12. 2,446 188 53
5 - yleonis Apr. 20. 3,105 106 52
% auf der Sonne Mai 8. 11,536.
Indessen erlaubte der Gebrauch des Refraktors für Planeten
und Cometen- Ortsbestimmungen nicht sehr lange Zeit hinterein-
ander das Mikrometer bei seiner kleinen Skale mit ihm in Ver-
bindung zu lassen, und die zeitraubende Berichtigung des Posi-
tions Nullpunktes hinderte ein häufiges Vertauschen. Sonst schein ;
in der That dieses Mikrometer, wenn auch nicht ganz so über-
wiegende Vortheile zu gewähren wie Hr. Amici es hoffen läfst,
doch von grolsem Werthe für Doppelstern - Messungen sein zu
können. Nur müfste seine mechanische Construction etwas, doch
nicht sehr viel mehr als bei dem hier angewandten Exemplare,
vollkommener ausgeführt sein, da der Mangel einer Äquilibrirung‘
bei starken Verschiebungen in verschiedenen Lagen nachtheilig”
einwirkte.
Hr. Encke berichtete, dafs die von Hrn. Dr. Gerkaue
gewünschten Abschriften von Briefen von Leibniz an Englisch 2
Gelehrte von dem Sekretar der Royal Society Hrn. Weld an
ihn eingesandt worden.
Bericht
über die
zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen
der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin
im Monat Februar 1848.
“
Vorsitzender Sekretar: Hr. Böckh.
3. Februar. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Bekker zeigte schriftlich an, dals er den Altfranzösi-
schen Roman von M&raugis de Porlesguez aus derselben
Handschrift der Königl. Bibliothek, welche den Roman von As-
pramonte enthält, abgeschrieben und zum Druck in den Abhand-
lungen der Akademie bereit habe.
Hr. Böckh legte eine neue Bearbeitung der Atti-
schen Tributregister vor.
Die Einleitung enthält eine Übersicht der Schriften, in wel-
chen diese Register bekannt gemacht worden sind. Mit Dank
wird vorzüglich anerkannt, dafs Hr. Rangab@ zu Athen in seinen
Antiquitös Helleniques den gröfsten Theil der erhaltenen mei-
‚stens sehr unglücklich zertrümmerten und verstümmelten Stücke
z mengestellt und mit Scharfsinn und Genauigkeit versucht
jat, sie nach der Zeit zu ordnen. Will man das Verdienst die-
Arbeit richtig schätzen, so muls man dieselbe ganz von neuem
Ibständig machen. Der Verf. der vorgelegten neuen Bearbei-
hat dies gethan, und dabei weder Zeit noch Mühe gespart;
? hat hierdurch allerdings gefunden, dafs eine Anzahl Bruch-
cke nicht die Stelle behalten können, welche ihnen der Athe-
ische Herausgeber angewiesen hat; und da der neue Bearbeiter
jerdies einige Bruchstücke mehr als Hr. Rangab€ hat benutzen
Önnen, so hat er es für angemessen gehalten, eine neue Reihen-
[isas.] 2
80
folge zu bilden, wobei er jedoch nur in den nothwendigsten
Fällen von dem ersten Herausgeber abgewichen ist, zugleich
aber die Einsicht gewonnen hat, dafs auch diese von den ein-
leuchtendsten Mängeln befreite Anordnung noch weit von Sicher- |
heit entfernt ist und mehrern Bedenken unterliegt. Von den
meisten Bruchstücken haben dem Verf. aulser Rangab&’s Ausgabe
noch andere Abschriften, namentlich von Hrn. Rofs und Otfr.
Müller zu Gebote gestanden; nach allen vorhandenen Quellen sind
die ursprünglichen Texte soweit berichtigt worden, als dieses auf
diplomatischem Wege geschehen konnte. Der in gewöhnlicher
Cursivschrift wiederholte Text ist mit den Ergänzungen und Ver-
besserungen versehen, die sich vorzüglich durch Vergleichung
der verschiedenen Parthien ergeben. Die neue Sammlung ent-
hält im ganzen 139 Nummern oder besondere Bruchstücke. Wo
im folgenden eine Nummer angeführt ist, meinen wir darunter
nicht die Rangab@’sche, sondern die Nummer unserer Sammlung,
wenn nicht das Gegentheil bemerkt ist.
Das erste Erfordernils in der Bearbeitung dieser Denkmäler
war die Sicherstellung der Namen der tributpflichtigen Städte und
der dazu gehörigen Ziffern. Die Berichtigung der erstern und
die der letztern stehen in Wechselwirkung; sind beide bis auf
einen möglichst erreichbaren Grad bewerkstelligt, so verschwindet
der gröfste Theil der Schwierigkeiten, welche die Verchiedenheit
der Zahlungen vieler Staaten in den verschiedenen Stücken die-
ser Verzeichnisse auf den ersten Blick darbietet. Das Ergebnils
aller hierauf bezüglichen Untersuchungen wird am überschaulich-
sten in einem Register der zinspflichtigen Staaten zusammenge-
stellt; ein solches hat auch Rangab& schon geliefert; der Verf.
der vorliegenden Bearbeitung hat es jedoch nöthig gefunden,
ein ganz neues Register der Art anzufertigen, worin theils die
Stellen vollständiger verzeichnet, theils die Ziffern der Tribute
berichtigt, theils die Namen und die Lage der in den Inschrif-
ten bezeichneten Örter näher hestimmt worden; doch bleiben
noch immer Städte übrig, die aus andern Quellen nicht nach-
weisbar sind. Dagegen verschwinden andere ganz; auch sind
neue bei Rangab@ nicht erscheinende hinzugekommen. Um einige
Beispiele anzuführen, so sind Rangabe’s JAPMIOI nichts anderes
als Aura; dessen Awdiwv o "I&re: sind Awdıwv Oure; seine
4
3 81
Karyvdioı sind ganz auszutilgen; seine KIM.NAIOI im Thra-
j' kischen (Chersones sind die Arwvaic; seine KYANAIOI
sind die Kunatcı, seine MINAYEE die Kwövzs, seine PEIOI
die Kia, seine EINAYEE wieder die Kwöuss, u. dergl.
m. Ein besonders merkwürdiges Verhältnifs bieten die Suey-
yereis dar, welche in unsern Inschriften öfter vorkommen, of-
fenbar das Volk von Zovaysra, wo die alten Karischen Könige
ihre Gräber hatten; später scheint der Name des Ortes euphe-
_ misch in Oedyyer« verwandelt worden zu sein, da es nicht wahr-
-scheinlich ist, dals Theangela von Syangela oder Suagela ver-
‚schieden sei: übrigens findet sich die Form Svayysr5s nur in
‚diesen Inschriften, wenn sie nicht im Strabo XIII. S. 611 her-
zustellen ist. Diese sind N. 50 und N. 9 genannt gewesen, in-
‚dem dort Suleyyerzs], hier Z[vayyerys] zu ergänzen ist; an
beiden Orten ist dem Namen weiter kein Zusatz zugefügt. In
andern Stellen folgt auf diesen Namen ein Zusatz, der, wie ge-
'wöhnlich in diesen Inschriften die Zusätze, eine besondere Zeile
bildet; in welchen Fällen denn auf zwei Zeilen nur Eine, meist
etwas unter der ersten und etwas über der zweiten Zeile ste-
hende Tributziffer zu stehen kommt. Diese Zusätze hat man
nicht als solche erkannt, und daher Namen von Städten darin
gesucht, wie N. 114 in LAIAMYNA; es ist aber zu schreiben
Buley]yl75] || zei Anvve[vöss], welche zusammen die Summe
zahlten, welche hier vor der ersten Zeile, nicht wie gewöhn-
lich in solchen Fällen, vor der Mitte zwischen beiden Zeilen
steht. Eine ähnliche, jedoch nicht völlig gleiche Bewandtnifs
hat es mit einigen andern Stellen. N. 105 steht:
R In der neuen Bearbeitung ist die ganze Sammlung in zwei
Klassen unterschieden, welche, was früher nicht bemerkt worden,
völlig von einander unabhängig sind. Die eine Klasse enthält
nur 8 Bruchstücke, deren zwei bei dem ersten Herausgeber feh-
len; in dieser Art von Inschriften ist der ganze von jeder Stadt
zu entrichtende Tribut angegeben, und man sieht hieraus, wie
hart die Bundesgenossen belastet waren: so zahlte Paros 30, Na-
xos 15, Andros 15, Melos 15, Siphnos 4 Talente jährlich. In
‘der andern zahlreichern Klasse ist nur eine Quote angegeben:
bereits früher (a. a. O. S. 339) haben wir bemerkt, dafs die Be-
‚schaffenheit der Zahlen sehr vieler Positionen dahin führe, sie
müfsten mit 12 multiplicirt werden. In Bezug auf die Beschaf-
fenheit der Zahlen macht es keinen Unterschied, ob man mit 12
oder mit 120 multiplicire: bei einer Übersicht, wie sie erst aus
| einer Menge solcher Inschriften, die damals noch nicht vorlag,
gewonnen werden konnte, hat Hr. Rangab* richtig gefunden,
dals mit 120 zu multipliciren sei. Er stellt zwar auch anderes
"daneben auf; aber nur diese Vervielfältigung ist haltbar für die
Gi
86 ;
Mehrheit der Summen; für einzelne Posten, besonders in den äl-
tern Inschriften, sind Ausnahmen anzunehmen, die eine besondere
Begründung erfordern. Welshalb aber blofs eine Quote des
Tributes, ‚35, in diesen Inschriften verzeichnet sei, darüber sind
von dem ersten Herausgeber verschiedene Meinungen aufgestellt.
Wir glauben das Richtige gefunden zu haben, wenn wir nach
einer Stelle in N. 102 behaupten, diese andere Klasse der Regi-
ster enthalte die in den besonderen Schatz der Schutzgöttin Athe-
näa bezahlten &r«oyds; ein Wort, welches in jener Stelle falsch '
für gleichbedeutend mit osos gehalten worden ist. Dieses Ver-
hältnifs der Register mus in der Überschrift des ersten Jahres
(N. 1) ausgedrückt gewesen sein, welche in der neuen Bearbei-
tung in diesem Sinne hergestellt wird. Diese &ragyaı bestan-
den in einem Zehnten (ösz«r7) der ersten monatlichen Rate, also
in ;5o des ganzen Tributs. Die nähere Beweisführung und die
Erklärung aller Einzelheiten ist von dem Verf. in der Abhand-
lung niedergelegt.
ae 5 7
Na Tr
Hr. Ehrenberg theilte eine Privatnachricht des Hrn. Göp-
pert zu Breslau über den daselbst am 31. Jan. gefallenen Meteor-
staub mit und behielt sich das Nähere darüber zu berichten vor,
da er in demselben Charactere des Passatstaubes erkannt habe.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Ferdinando de Nanzio, intorno al concepimento ed alla figliatura
di una Mula, Memoria. Ed. 2. Napoli 1847. 4.
Filippo Parlatore, Giornale botanico italiano. Tomo Il. Anno
2. Fasc. 7. 8. Firenze 1847. 8.
Melloni sulle ipotesi circa il calore raggiante. (Annali delle
scienze del Regno Lombardo Veneto). 4.
James D. Dana, on the origin of continents. (Extr. from the Ame-
rican Journal of science. Vol. III. 2. Series). 8.
The quarterly Journal of ihe geological Society. No. 12. Nov.
1847. London. 8.
Revue archeologique. 4. Annee. Livr. 1-9. 1847. Avril - Dec.
Paris. 8.
Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesell-
schafider Wissenschaften zu Göttingen 1848. No.1. 8.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No.623-625. Altona
1848. 4
87
_A.L.Crelle, Journal für die reine u. angew. Mathematik. Bd.
y 36. Heft1. Berlin 1848. 4. 3 Expl.
6. E. Hammerschmidt, allg. österreich. Zeitschrift für den
ö Landwirth ete. 19.Jahrg. 1847. No. 52, nebst Titel und Re-
gister zum 2. Bande Juli-Dechbr. Wien. 4.
Kunsiblatt 1847. No.61-64. 1848. No.1.2. Stuttg. u. Tüb. 4.
“ F.C.Penrose, two letters from Athens on certain anomalies
‘ in the construction of the Parthenon etc. published for the
- Society of Dilettanti. (London 1847.) 4.
B0. Februar. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. H. Rose las über das specifische Gewicht der
Pelopsäure.
Wie die Niobsäure, so zeigt auch die Pelopsäure verschie-
dene Dichtigkeiten, wenn sie verschiedenen Temperaturen aus-
gesetzt worden ist. Man kann mit Sicherheit wohl drei ver-
schiedene Zustände des spec. Gewichts annehmen, von denen
_ einer amorph und zwei krystallinisch sind.
| Wenn das Chlorid des Pelops mit Wasser behandelt wird,
| so wird es, wenn die Behandlung unmittelbar nach der Berei-
tung geschieht, in die amorphe Modification der Säure verwan-
delt, wie dies auch beim Niobchlorid der Fall ist. Der Verf.
| bedauert, in seinen früheren Tagebüchern nicht bemerkt zu ha-
‘ben, ob die meisten der untersuchten Mengen der Pelopsäure
aus dem Chloride auf die angeführte Art bereitet, und ob sie
"vollkommen amorph waren. Er wurde erst später, als die mei-
‚sten der Versuche schon längst angestellt worden waren, auf den
merkwürdigen Unterschied in der Struetur und im spec. Gewicht
der Säure aufmerksam, je nachdem das Chlorid, aus welchem
sie dargestellt worden, der Luft längere Zeit ausgesetzt worden
war, oder unmittelbar nach seiner Bereitung mit Wasser be-
jandelt wurde. Die amorphe Säure aber, welche später vom
Verf. aus dem Chloride durch Behandlung desselben, unmittel-
E nach der Bereitung, dargestellt wurde; hatte das spec. Ge-
wicht von 6,236.
3 Die Dichtigkeit dieser amorphen Säure wird bedeutend er-
ht, wenn man sie einem Kohlenfeuer ausseizt. Je länger die
itzung dauert, eine desto grölsere Dichtigkeit scheint die
ure anzunehmen, ohne ihre amorphe Structur dabei zu verlie-
58
ren. Das spec. Gewicht der erwähnten Säure steigt von 6,236.
bis zu 6,416 durch ein einstündiges, und bis zu 6,725 durch ein
starkes dreistündiges Kohlenfeuer. Andere Mengen der Säure,
welche ebenfalls aus dem Chloride bereitet worden waren, und
dann der Wirkung eines bald schwächern, bald stärkeren Koh-
lenfeuers ausgesetzt worden waren, zeigten die Dichtigkeiten von
6,370; 6,088; und 6,318. Eine Pelopsäure, welche nicht aus
dem Chloride, sondern aus der schwefelsauren Verbindung erhal-
ten und einem dreistündigen Kohlenfeuer unterworfen worden
war, hatte das spec. Gewicht von 6,4825. N
Die Dichtigkeit der amorphen Säure ist also nach den ver-
schiedenen Versuchen durch die verschiedenen Temperaturen eine
sehr verschiedene. Man kannte früher nicht ähnliche Thatsachen,
doch wissen wir jetzt durch die Versuche über die Dichtigkeit
der Titansäure, und durch die des Grafen Schafgotsch über
die verschiedenen Dichtigkeiten der Kieselsäure, dafs das spec. h
Gewicht derselben im amorphen Zustand verschieden ist, und
nach dem heftigen Glühen bedeutender wird.
Von den beiden krystallinischen Zuständen der Pelopsäure
entsteht die eine wie bei der Niobsäure, wenn das Chlorid sich
allmälig durch die Feuchtigkeit der Luft zersetzt. Die Dichtig-
keit dieser Säure ist aber auch verschieden, oder was wahrschein-
licher ist, die untersuchten Säuren waren Mengungen von ver-
schiedenen Modificationen. Die Dichtigkeit dieser krystallisirten
Säure ist oft der der amorphen Säure fast gleich (6,239), bis-
weilen aber auch, wie die aus dem Acichlorid des Pelops erhal-
tene krystallinische Säure von einer auffallend geringen Dichtig- !
keit (5,495.)
Die Pelopsäure erhält ein bestimmtes spec. Gewicht, wenn
sie in den zweiten krystallinischen Zustand übergeht, der dadurch
hervorgebracht wird, dafs irgend eine Modification der Säure i
dem heftigsten Feuer des Porcellanofens ausgesetzt wird. Zwei
Quantitäten der Säure, aus dem Chloride bereitet, darauf in
einem Kohlenfeuer geglüht, wodurch die Dichtigkeit sehr ver-
mehrt wurde, zeigten, nachdem sie der Hitze des Porzellanofens
unterworfen worden waren, die Dichtigkeiten 5,793 und 5,7887;
sie hatten also fast dasselbe spec. Gewicht; beide waren von schr
deutlich krystallinischer Structur. Auch die aus der schwefel-
89
sauren Verbindung bereitete Säure zeigte, nachdem sie dem Feuer
des Porzellanofens ausgesetzt gewesen ist, eine Dichtigkeit, die
der erwähnten sehr nahe kommt, nämlich 5,83. Auch diese
Säure war vollkommen krystallinisch.
Was die Pelopsäure betrifft, welche aus dem Columbite
von Nordamerika erhalten und auch dem Feuer des Porcellan-
ofens ausgesetzt worden war, so zeigte diese zwar ein höheres
spec. Gewicht (6,117) als die Säuren aus dem Columbite von
Bodenmais in Baiern, doch glaubt der Verf. nicht, dafs sie von
einer andern Dichtigkeit war, als diese. Die Bestimmung mulste
mit einer so geringen Quantität (mit 0,599 Grm.) gemacht wer-
den, dals auf dieselbe nur wenig Gewicht zu legen ist.
Das spec. Gewicht der Pelopsäure schwankt nach den Ver-
suchen des Verf. zwischen 5,495 und 6,725. Früher würde der-
selbe Substanzen, die eine so verschiedene Dichtigkeit zeigen,
von ganz verschiedener Zusammensetzung gehalten haben. Aber
die verschiedenen Säuren waren ursprünglich fast alle aus einer
und derselben Säure bereitet worden, die verschiedenemal in
Chlorid umgewandelt wurde, aus welchem der Verf. wiederum
die Säure darstellte.
Vergleicht man die verschiedenen Dichtigkeiten der Pelop-
säure mit denen der Niobsäure, so findet man zwar Analogien,
aber auch bedeutende Verschiedenheiten. Beide Säuren zeigen
ein bestimmtes spec. Gewicht und eine sehr deutlich krystallini-
sche Structur, wenn sie der höchsten Temperatur, ohne zu schmel-
zen, dem Feuer des Porzellanofens ausgesetzt gewesen sind. Bei
beiden Säuren ist, ganz der bisherigen gewöhnlichen Ansicht
entgegen, der amorphe Zustand der dichtere, und der krystalli-
der oft bei weitem minder dichte. Die Niobsäure unter-
scheidet sich aber von der Pelopsäure darin, dals die Schwan-
er in den verschiedenen Dichtigkeiten nicht so bedeutend
s Sie gehen nach den Versuchen des Verf. nur von 4,5625
bis 5,26. Beide Säuren zeigen sich, wenn man sie aus den Chlo-
2. darstellt, unter denselben Umständen bald amorph, bald
krystallinisch ; amorph, wenn die Chloride unmittelbar nach ihrer
Bereitung durch Wasser zersetzt werden; krystallinisch, wenn
‚Zersetzung sehr allmählig durch den Einflufs der atmosphä-
rischen Luft bei der gewöhnlichen Temperatur erfolgt. Aber
90
während die Dichtigkeit bei der Pelopsäure gesteigert wird,
wenn die nur über der Spirituslampe geglühten Säuren einem
starken Kohlenfeuer ausgesetzt werden, wird die Dichtigkeit der
Niobsäure dadurch vermindert. Während ferner bei der Niob-
säure die aus dem Chloride dargestellte krystallinische Säure
dieselbe oder fast dieselbe Dichtigkeit zu haben scheint, wie die
dem Feuer des Porzellanofens ausgesetzt gewesene Säure, ist
dies bei der Pelopsäure nicht der Fall.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
L’Institut. 1. Section. Sciences math., physiq. et nat. 15. Anne.
No. 721-726. 1728-1730. 1847. Oct. 27.-
Dec. 29. Paris. 4. I
2. Section. Sciences hist., archeol. et philos. 12. Annce,
No. 140-144. 1847. Aout.-Dec. ib. 4.
Kunstblatt 1848. No.3. Stuttg. u. Tüb. 4.
14. Februar. Sitzung der philosop hisch-histo-
rischen Klasse.
Hr. Panofka las I. über eine volcenter Amphora der
Münchner Vasensammlung, die Entführung der Ko-
rone darstellend. j
II. Über den aus Münzen nachweislichen Tropho-
nioskultus in Rhegium.
I.
Eine der schönsten volcentischen Amphoren in der Vasen-
sammlung der Pinakothek zu München ist neulich durch Ger-
hard’s Publication, Auserlesene Vasenbilder, Band III, Taf. cLxvıum,
in den Kreis der Alterthumsforschung eingeführt worden, nach-
dem dieselbe vorher nur durch die Beschreibung de Witte’s
Catalogue Ötrusque p. 63 und 64 bekannt gewesen. In letzterer‘
Schrift bezieht Hr. Lenormant zufolge der neben den Hauptfi-
guren befindlichen Inschriften KOPONE und hv343o die
Hauptgruppe auf den Raub der Korone durch Theseus
vollbracht: hinter ihnen kömmt Helena HEAENE, die
Fortgetragene beim rechten Arm fassend um sie zurückzuhalten#
ihr auf den Fuls folgt der bärtige Peirithous, den Namen.
’
|
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“
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# 9
MEPITOYS oberhalb vor sich, mit einer Chläna über den
Schultern und einem Kranz um den Kopf wie Theseus, (die
Kränze vermilst man ungern auf der lithographirten Tafel), in
der Rechten hält er eine Lanze, in der Linken wohl das Wehr-
gehenk seines Freundes. Die Inschrift HEPEZ zwischen sei-
nen Fülsen erklärt Hr. Lenormant durch ein dazu zudenkendes
iegöv und meint, dafs Korone aus dem Heratempel geraubt wird,
wie Helena aus dem Tempel der Artemis Orthia.
Pirithous scheint die Flucht zu decken und blickt zurück
nach zwei Frauen auf der Rückseite des Gefälses: von diesen
‚hebt die letztere, mit einem Kopftuch statt Haube verhüllt, mit
beiden Händen ihren Peplos empor und wird uns durch die In-
schritt ANTIOMEIA als Antiope vorgestellt. Ihr voran
schreitet, das Haupt mit Smilax bekränzt, eine jüngere Ge-
fährtin und erhebt vor Entsetzen die Rechte: die Inschrift EI-
AON ®EMEN längs ihrer Figur erklärte Hr. de Witte sıdov
©rr:« ich sah Theseus, als aus ihrem Munde kommend. Hin-
ter den beiden Frauen steht ein bärtiger Mann, mit Ausnahme
‚der Hände ganz in den Mantel gehüllt; er hält in der Linken
seinen Knotenstab und erhebt vor Staunen die Rechte. Die In-
‚schrift XAIPE+ OEZEYZ verleitete den genannten Archäo-
logen bier wiederum Theseus, natürlich in älteren BAmER; als
_Gemal der Antiope zu erkennen und XAlIPET für Yaizere als
"einen aus seinem Munde fliefsenden Grufs an die beiden
rauen aufzufassen.
Abweichend von dieser Erklärung nahm Hr. Gerhard auf
Hauptseite den Raub der Helena durch Theseus als
durch schriftliche Zeugnisse gesicherten Mythos an und er-
erte, wie auf Vasenbildern selbst sorgfältigen Styls Stellen-
echslung der Inschriften öfter vorkommt. Zugleich prote-
er mit Recht gegen die Person des Theseus auf der Rück-
indem er lieber des Theseus Vater Aegeus hier vermuthet,
in dessen Munde die Inschrift Yauze Sysevs sei gegrüfst The-
us sehr natürlich und angemessen erscheint. Es entging ihm
t, dals das hinter %«ıze befindliche Kreuz + nur ein Tren-
zeiehen abgiebt, wie es denn auch von dem r in Hlesıreus
Avrıorsıc sich wesentlich unterscheidet. Um so mehr muls
befremden, dals unser College über die Inschrift HEPEXZ
92
Se oe u
ein absolutes Schweigen beobachtet und hinsichts der zwei Worte
vor der jüngeren Tänzerin EIAON DEMEN die Erklärung
de Witte’s billigt und wiederholt ‚„„Theseus der sie gesehen, sei
in der Nähe”; ja mit Hrn. de Witte auch hier einen Jungfraun-
raub des Theseus annimmt, der sich durch die Flucht der Braut
Antiope und einer Brautjungfer offenbart. Seine Erklärung des |
Vasenbildes schlielst mit folgenden Worten: (1) „‚dals Antiope’s
„ihr voraneilende Gefährtin lieber als Antiope selbst die Nähe
„des Freiers verkündet und mit dessen Kunde die Flucht er-
„greift, kann unsrem Künstler als eine Feinbeit zugerechnet wer-
„den, bei welcher Antiope’s jungfräulicher Stolz zur Flucht und
„zur Erleidung des Raubes verlockt wird, ohne viel, eignen
„Willen zu zeigen. An eine Versetzung der Inschriften, wie
„sie im Gegenbild Helena’s und Korone’s nahe gelegt wird, ist
„daher bier nicht zu denken: dieses um so weniger, da Antiope
„durch Kopfputz, breitere Gewandung und völlige Formen von
„ihrer Gefährtin unterschieden ist, ohne dals deren Bekränzung'
„mit rankendem Laub für eine besondre Auszeichnung derselben
„gelten dürfte.”
An die Erklärung der drei genannten Archäologen reiht sich
eine vierte von Welcker, welcher in der neu erschienenen drit-
ten Auflage des Müllerschen Handbuchs der Archäologie ($.689.)
über dies Vasenbild folgendermalsen sich ausspricht: „die Ent-
„führung der Helena (Rv. Theseus und Antiope). OEZEVZ
„trägt HEAENE davon. NEPITOVZ schaut sich nach Ver-
„folgern um, eine stattliche Figur, HEPEZ, will die Entfüh-
„rung hindern — Here, zur Andeutung dafs ihrem Sinn die
„That entgegen sei — und Namen ohne Figur, die meisten an-
„dern an falscher Stelle geschrieben.” —
Je weniger die von vieren meiner Freunde aufgestellte Er-
klärung dieser Prachtvase im Zusammenhang mit dem drakoni-
schen Urtheilsspruch über den epigraphischen Theil derselben
mich befriedigt, desto mehr fühle ich Veranlassung über dies
Vasenbild eine abweichende Ansicht zu näherer Prüfung vorzu-
legen.
(') Gerhard, Auserlesene Vasenb. III, S. 50.
93
Da über die Auffassung der bildlichen Darstellung der Haupt-
seite eine Verschiedenheit der Meinung kaum denkbar ist, so
kann hier der Zwiespalt sich nur auf die Inschriften beziehen.
Soll man mit Hrn. Lenormant orthodox an den Buchstaben hän-
gen und hier den Raub der Korone durch Theseus ausgeführt
anerkennen, wenn gleich die bekannteren litterarischen Zeugnisse
von diesem Mythos uns fehlen? oder mit den Herren Gerhard
und Welcker die beiden Frauennamen umzustellen nach manchen
Analogien auf andern gemalten Gefälsen sich für berechtigt hal-
ten? Eh wir über diesen Punkt unsre Meinung äufsern, müssen
wir bemerken, dals Hrn. Lenormants Deutung von HEPES für
“Hors ieoov sich wohl kaum Par Re der Sprachforscher
erfreuen dürfte und daher einen andern Erklärungsversuch um
so dringender hervorruft. Gewils aber nicht den, welchen Hr.
Welcker vorschlägt, wobei der Genitiv HEPES$ statt HEPE
mitten unter lauter Eigennamen im Nominativ jeder Rechtferti-
gung ermangelt und überdies die mit HEAENE vor ihrem Kör-
per bezeichnete Jungfrau die Göttin Hera schon deshalb nicht
darzustellen vermag, weil nach der Analogie andrer Kunstdar-
stellungen, wir für die erhabne Gemalin des Zeus wenn nicht
kolossalere Proportionen, als wir sie bei den drei sie umgeben-
den Sterblichen wahrnehmen, doch wenigstens Stephane und
Scepter als unerläfsliche Erkennungszeichen der Herrin, "Hoe,
zu verlangen uns gedrungen fühlen, zumal die Tracht dieser so-
nnten Hera von der der entführten Jungfrau sich nicht im
geringsten unterscheidet.
Was die Rückseite anbetrifft, so sehen beide Collegen hier
eine Flucht der Geliebten vor dem entführungssüchtigen Bräuti-
m und beziehen gestützt auf die Inschrift Avrıorsız die Scene
die Verbindung des Theseus mit Antiope, ohne daran An-
ls zu nehmen, dals unsere Anliope auch nicht die leiseste Spur
von Amazonencharakter verräth, und überdem eine Kopf bedeckung
welche einer vumpn wenig angemessen erscheint.
% Deshalb kann ich dieser Auslegung durchaus nicht beipflich-
ten; vielmehr hege ich die Überzeugung, wenn das Vasenbild
e Inschriften ans Licht getreten wäre, hätte Niemand in der
ren mit Haubenähnlichem Kopftuch versehenen Frau die Braut
94
vermuthet, sondern die Brautmutter,(') dagegen in der ent-
schieden jüngeren mit einem Kranz von Smilax ausgezeichneten,
welche mit der Briseis vor Achill auf einer andern volcenter
Amphora (?) verglichen zu werden verdient, die Verlobte er-
kannt. So entspräche auf der Rückseite die Hauptbekränzte Jung-
frau der entführten Braut Korone auf der Vorderseite; die Braut-
mutter Antiopeia der Theilnehmenden Schutzanbietenden He-
lena, endlich der Mann mit Mantel und Knotenstab, vielleicht der
Braut Vater, dem Pirithous auf der Vorderseite. Eben so we-
nig scheint uns der Gedanke an Flucht von Seiten der Antiopeia
und ihrer Gefährtin durch das Vasengemälde selbst motivirt,
vielmehr das Bild des Tanzes 'in Hand- und Fulsbewegung bei-
der weiblichen Figuren deutlich ausgeprägt. Man könnte verlei-
tet werden äm Gegensatz mit den bisherigen Erklärern die Fi-
guren der Vorder- und Rückseite nicht zwei verschiednen Hand-
lungen zuzuweisen, sondern ein und derselben, indem die ent-
führte Korone vermuthlich im Begriff an dem Tanz der Jung-
fraun im Tempel der Göttin Theil zu nehmen, von Theseus
geraubt ward, grade wie Helena in gleichem Tempeldienst der
Artemis Orthia von demselben attischen Heros nach Aphidnae
entführt ward. So würde sich das Rückblicken des Peirithous,
der Besorgnifs hegt, dals verfolgende Jungfraun des Chors die
Beute dem Theseus zu entreilsen versuchen möchten, sich erklä-
ren; und auf diesen Zusammenhang beider Seiten könnte der
Zuruf der Mantelfigur Xaırpe Ossevs Glück auf, Theseus! noch
entschiedener hinweisen, der erst dann seine Beziehung erhält,
sobald man annimmt die Mantelfigur wünsche dem Theseus Glück,
sehend dafs die Entführung ihren Erfolg hat. Allein die Son-
. derung der beiden Scenen durch die ansehnlichen Henkel der
Amphora, und mehr noch die Ungleichartigkeit des Kopfputzes
der vier Frauen und der Mangel an Bekränzung welcher bei
einem Festtanz etwas unerhörtes wäre, bestimmen uns das Bild
der Rückseite unabhängig von dem Mythos der Vorderseite auf-
(‘) Panofka Cab. Pourtales Pl. XXXVI, wo die Brautmulter Deinoma-
che eine ähnliche Kopfbedeckung trägt, im Gegensatz mit der Stephane der
Braut Phylonoe.
(°) Gerhard Auserlesene Vasenbild. III, euxxxvur.
95
zufassen und dieselbe für eine individuelle Hochzeitsscene zu er-
klären. Der Schlüssel zu richtigerem Verständnils des ganzen
"Vasengemäldes liegt vielleicht in den von den bisherigen Erklä-
rern höchst milsverstandenen Inschriften. Was berechtigt hinter
eıdov ein Osss« zu lesen, während ein Vergleich der Inschrift
_ OEZEYZ vor dem Mädchenräuber in Übereinstimmung mit
der Schreibart desselben Namen QETEYX hinter XAlPE+
ılser Zweifel setzt, dafs der erste Buchstabe hier kein $ son-
dern , der dritte kein = sondern , vorstellt, und ebenso der
fünfte kein « sondern », so dals an die Stelle von OEZEA,
®EMEN sich darbietet? Die Worte welche die bekränzte
Jungfrau spricht, lauten aber nicht blos eıödov dewsv für byunv,
sondern da der bisher unerklärliche Genitiv Heges unter den
Fülsen des Peirithous damit zusammenhängt, Heges sıdov dbenev
für Hans &idov yunv, ich sah die pyun der Hera.
? Wer ist aber diese ®44 der Hera, dieses Organ der
3 Juno? Meines Erachtens keine andre als die zogwvr, cornix,
-Krähe, welche Münzen der Gens Cornuficia auf der Schul-
ter der Juno Caprotina(') uns zeigen, und von der Apollonius
von Rhodos (?) singt, dafs hoch auf den Ästen der Scharspap-
% 2 nah am Tempel sie der Here Beschlüsse verkündete, “Hors
juimame Bovrs; wie wir sie denn auch auf einer volcenter Am-
phora bei der Geburt der Athene hinter dem Haupt der mit
kegischiton bekleideten Hera erblicken.(°) Ist diese Auslegung
ichtig, so erinnern diese Worte °Hgrs sidov dyunv für eidev
joowvyv an das naive Wechselgespräch einer andern volcenti-
ü 0) Morelli G. Cornuficia II, p.142. Eckel D. N. T.V, p- 196. Panofka
intike Weihgesch. Abhd. d. Kgl. Akad. 1834. Taf. 1, 8.
-(?) Apollon. Rhod. Argon. III, 927:
"Esrı 88 ig nedloıo xara arißov &yyuSı vnod
alyeıpos buAAoıaı Amsıperioıs xonowea,
Th Dana du Aaxtpubaı önyuhlovro xopuvat.
Tdwv TIg ueranyUg dva rrepa xıvnoaca
öbod ’em dxpeuovuv "Hong nviname Bouide.
ol. Hom. h. in Cerer. v.46. Der suchenden Demeter will keiner der Göt-
rt, noch Sterblichen die Wahrheit sagen, wo Persephone geblieben, oö%’
ayiav TIG "n Ermrunog dyyekos nASer.
-(°) Monum. d. Instit. ach. Vol. III, Pl. 44.
2*
96
schen Amphora('), das mit siehe da eine Schwalbe! beginnt.
Erwägt man dafs der Tanz bei den Hellenen fast nie ohne
Gesang stattfand, so lassen sich diese Worte als Anfang einer
Strophe ohne Schwierigkeit auffassen, wobei die Anspielung der
zopuvN als Vogel der Hera mit Koowvn der von Theseus ent-
führten Jungfrau sich von selbst ergiebt. Hieraus folgt zugleich
wie sehr man Bedenken tragen muls trotz der Berühmtheit des
Helenaraubes durch Theseus an die Stelle von Kogove auf der
Hauptseite Herve zu setzen, zumal Plutarch selbst, nachdem er
im 28ten Kapitel von der Vermälung des Theseus mit Antiope
ER EASTERN:
und Phädra gesprochen, im 29ten Kapitel fortfährt: „Es existi-
„ren aber von der Ehe des Theseus noch andre Sagen die der
„Scene entgangen sind, obwohl sie weder einen milderen An- 8
„fang, noch ein glücklicheres Ende hatten. Denn er soll die
„Anaxo eine Trözenierin geraubt und nach Ermordung des Si-
„nis und Kerkyon mit Gewalt mit ihren Töchtern Umgang ge-
„pfogen; auch des Ajas Mutter Periboia und wiederum Phere-
„boia und Iope, des Iphikles Tochter, geheirathet haben: und '
„aus Liebe zu Aigle, der Tochter des Panopeus, klagt man ihn
„an, habe er gar verlassen, was weder schön, noch schick-
„lich gewesen.”
Die Vermuthung dals ”Hgys zidov zum für zidov PEN
den Anfang eines Gesanges bildet, den die unbenannte Tänzerin
vor Antiopeia — die wirkliche Braut, der die Amphora zum
Hochzeitsgeschenk dargeboten ward — anstimmt, gewinnt an
Wahrscheinlichkeit, sobald man sich des Liedes zogwvsu@ erin-
nert, welches die für die Krähe Haus an Haus Almosen sam-
melnden absangen, aus dessen bei Athenäus (?) mitgetheilten
Versen
„Und der Krähe bringt die Jungfrau Feigen;
„Götter! möge tadellos das Mädchen werden
„Und ’nen reichen und namhaften Mann ausfinden!”
(*) Monum. dell’ Institut. archeol. Vol. II, Pl. XXIV. Ann. de P’Instit.
Vol. VII, p. 239. Bilder antik. Lebens Taf. XVII, 6. Griechinnen und Gas
chen Taf. II, 14.
(*) Athen. VIII,59, p. 359 f: xai rn Kopwun mäp9evog epeı rüxa.
Seol, yEvorro nayr Aueumrog 7) xoupn,
nädvedv Avdpa xılvouanrov EEeupor.
97
die Rücksicht auf ehliches Glück deutlich hervorleuchtet, und
für die ebliche Entführungsscene auf diesem entschieden hoch-
zeitlichen Gefäls sich in Anschlag bringen läfst. Das wichtigste
‚Zeugnils aber für die Beziehung der Krähe zur Hochzeit verdan-
ken wir dem Aelian ('), der nachdem er von der Treue und
wechselseitigen Liebe der Krähen gesprochen, fortfährt, die
Alten rufen bei der Hochzeit nach dem Hymenäos die
Krähe, indem sie dieses Symbol .des Einverständnisses den sich
begattenden zum Vortheil der Kinderzeugung geben. Wenn So-
phocles in der Electra v.1109,1110 $+4n durch zAndwv erläu-
tert, so dürfen wir hiebei die goldnen Keledonen an der
Decke des Apollotempels zu Delphi, die Pausanias (?) mit den
Sirenen vergleicht, um so weniger vergessen, je mehr die Juno
Caprotina mit der Krähe und die Here von Koronea mit Si-
renen auf der Hand, aus deren Fittigen die obsiegenden Musen
zu ihrem Kopfschmuck sich Kränze, coronas, flochten,(?) sich
assimiliren und uns in denselben Ideenkreis und die gleiche sym-
bolische Ausdrucksweise einführen.
Gegen etwanige Bedenken dafs nicht sidcv pruyv, sondern
naouov brumv auf dieser Vase stehen müsse, wie ja auch Sopho-
‚eles im Oedip. Tyr. v.42 eire rov Sewv dyunv drovoas, sr dm
@vdgos cirSe mou sich ausdrückt, läfst sich entgegnen dafs diese
Worte nach ünsrer Vermuthung, nicht prosaischem Dialog, son-
dern dem Chorgesang tanzender Frauen angehören und selbst in
dem poetischen Dialog bei Sophocles Trachin. v. 695, 696
d8 sgronar parıv
abpasrov, Semögen avIawy PRSSEITA
ihre vollständige Analogie und Begründung finden. Dagegen un-
riest es grölseren Schwierigkeiten über Familie und Geburts-
BR:
r
(*) Aelian de nat. anim. L. III,9. Kopüvaı aAAnAwv elcı mıotararaı, xul
eis xoıvwviav auviidwer, mavu ohodpe dyandcı edäs' Kal oux av idor rıs
uneva radra ra Sida üvednv nal og Eruxev. Akyousı d& ol ra Umkp rouruv dx-
eußoüvres, Orı xdv amoIdm =o Erepov, TO Aoımöv xnpeveı. ’Axovw d& Toy; maraı
E "ev Tolg yanoız Hera Toy Un&vauoy rrv Kopwunv xueiv, cuvOnua Önovolag rolro
7 auvıodaıv Emil 7 maudonouig Judovras.
% (°) Paus. X, 5,5.
—() Paus. IX, 34,2: ein altes Schnitzbild des Pythodorus.
98
ort der Korone eine Vermuthung aufzustellen, je weniger die-
selbe mit der Mutter des Aesculap gleichen Namens verwechselt
werden darf, obschon diese letztere als Tochter des Lapithen-
fürsten Phlegyas und Schwester des Ixion (') mit dem auf unsrer
Vase ebenfalls vorkommenden Lapithen Peirithous, Sohn des Ixion
aus Larissa (?) sich in Verbindung bringen lielse. Erwägt man
dafs Helena von Theseus und Peirithous in Sparta geraubt (°)
wird, so bestimmt die Anwesenheit der Helena in dieser Scene
den Raub der Korone ebenfalls nach der Hauptstadt Lakoniens
zu versetzen (*), zumal Pausanias (°) daselbst einen Tempel der
Ziegenesserin Juno, Hera Aigophagos erwähnt, deren engen
Zusammenhang mit der Krähe wir bereits oben sowohl aus
Münzen der Gens Cornuficia und dem archaischen Vasenbild der
(‘) Hom. h. XVI, 2. Apollod. III, 10,3.
(*) Hom. 1. 1, 741. Apollod. I, 8,2.
(°) Panofka Mus. Blacas. Pl. XXX, XXXT. pag. 88.
(*) Die Beziehung der Inschrift "Hpns eidov dyunv zu der KOPONE
der Vorderseite bestimmt mich die von Gerhard vorgeschlagne Namenver-
setzung zu Gunsten des Helenaraubs aufzugeben, wonach Korone, eine Ge-
nossin im Tanz zu Ehren der Hera, der Helena zu Hülfe eilt, um sie zu
retten und zwei andre Frauen an dem Chortanz betheiligt sind. Wollte
man dieser Hypothese Beifall schenken, so liefse der Name Tyndareos für
die bärtige Mantelfigur auf der Rückseite mit um so gröfserer Wahrschein-
keit sich vorschlagen, als nach einer bei Plutarch (Thes. 31) angeführten
Sage Tyndareos seine Tochter Helena dem Theseus anvertraute, um sie vor
dem Enarophoros, Sohn des Hippokoon, zu schützen, und der Ausruf xat-
ps Suceug im Munde des Vaters der Helena, zumal mit Rücksicht auf die in
Sparta wie in Kreta übliche Sitte des Brautraubes, hiemit im vollkommen-
sten Einklang stände. Hiezu käme drittens, dafs die Erscheinung des Tyn-
dareos auf dieser Vase mit der auf einer Kylix des Kgl. Museums — (Gerhard
Trinkschalen d. Kgl. Mus. HeftII, Taf. x1, xır.): vgl. auch den Tyndareos auf
der Amphora des Exekias (Mon. de !’Instit. arch. T. 11, Pl. XXII) — überein-
stimmt, wo die Inschrift rurapeog keinen Zweifel über die gemalte Person
zuläfst. Erwägt man ferner, dals auf dieser Kylix eine weibliche Figur mit
Namen Evorız mit Tytareos und Ikarios in lebhaftem Gespräch sich zeigt,
so liegt die Versuchung nahe, die Euopis der Kylix mit der Antiopeia der
münchener Amphora wegen ihrer Nähe und Beziehung zu Tyndareos für
eine und dieselbe Person zu halten.
(°) Paus. II, 15,7. Vgl. Panofka Terracotien des Kgl. Mus. $.32. u, ff.
99
Minervengeburt, als aus den Versen des Apollonius Rhodius nach-
wiesen. Auch ist grade von Sparta die Sitte bekannt durch einen
Raub der Braut die Ehe einzuführen ('); weshalb wir wohl nicht
En. wenn wir in dem bejahrten Mann der dem Theseus Glück
nicht an seinem Platze wäre, sondern den Vater der Korone
voraussetzen. Wir deuten ihn aber nicht als mythische Person,
sondern als Vater der wirklich lebenden Braut Korone, und be-
ziehen seinen Gruls an Theseus als einen verkappten Glück-
wunsch an seinen künftigen Schwiegersohn, den Heimführer sei-
ner Tochter Korone.
Die gegen meine Erklärung erhobnen Bedenken dals HEPET
nicht auf derselben Seite der Vase wie EIAON ®EMEN
steht, sondern durch den Henkel der Amphora getrennt wird,
vermag am bündigsten der Vergleich einer andren volcenter Am-
phora (Gerhard Auserl. Vasenb. III. cıxxxvın.) gleich grofs-
artigen Styls zu beseitigen, deren eine Seite eygadrev EvSynidss
6 Ilodıo zeigt, und die entgegengesetzte ös ouderor Eurgovios scil.
eygacbsev Euthymides der Sohn des Polias hat gemalt wie nie-
mals Euphronios.
— Hr. Professor Schwartze berichtet in zwei Briefen an
die Herren Neander und Bopp über den bisherigen Erfolg
‚seiner koptischen Bestrebungen während seines Aufenthalts in
England.
4 Die koptischen Handschriften des British Museum enthalten
weitem reicher ist Oxford, welches unter vielen noch ungedruck-
ten Handschriften in sahidischer (thebaischer) Mundart auch. eine
sehr alte über gnostische Philosophie enthält. Eben so sind die
P ivatsammlungen der Herren Lee, Tattam, u. A., deren Benu-
izung dem Berichterstatter frei steht, mit koptischen Handschrif-
ten zur Genüge versehen.
Nach erlangter Übersicht über den in England angehäuften
Stoff ging der Verf. mit allem Eifer an die Abschrift des Wer-
R
(*) Plutarch. Lycurg. 15. Müller Dorer II, S. 282 u. ff.
Dr:
100
möglichst wortgetreue lateinische Übersetzung desselben die er
am 18. December 1847 vollendet hat, übrigens noch einmal
sorgfältigst mit dem Texte vergleichen will. Es würde ihm sehr ;
willkommen sein, sowohl dieses Werk als zwei Oxforder Mss.,
die „Gnosis der unsichtbaren Dinge” und die „Lehre des gro-
fsen Logos nach den Mysterien” enthaltend, bereits im J. 1848
herausgeben zu können.
Die eigentliche Pistis Sophia reicht nach Hrn. Schw. nur
bis Seite 318 des Codex. Dann beginnt unter dem Titel: „Ein
Theil der Bücher des Heilandes” eine neue koptische Abhand- 3
lung, welche vermuthlich Bruchstück eines gröfseren Werkes. ä
Diese unterscheidet sich durch viel stärkeren Gebrauch kabbali- h
stischer Ausdrücke, verschiedne Potenzirung der gnostischen Ge- 2
walten und stärkeres Eingehen in die astrologischen Constella- 4
tionen. Professor Dulaurier in Paris, der ebenfalls (1838-40)
in England eine Abschrift dieses Codex genommen und kürzlich
eine Notiz darüber nebst einer Probe seiner eignen Übersetzung }
(die übrigens mehr sinn- als wortgetreu) mitgetheilt hat, *)
möchte das Ganze für ein Werk Valentins erklären; Herren
Schwartze scheinen beide Abhandlungen nur im allgemeinen Y
auf dessen Schule begründet. Den Verfassern hatten offenbar
griechische Texte vorgelegen; doch glaubt Hr. Schw. aus dem
ganz eigenthümlichen, von dem griechischen Gedankengange sehr
abweichenden Vortrage darthun zu können, dafs wenigstens die
grölsere Schrift nicht als eine Übersetzung, sondern als freie‘
Bearbeitung zu betrachten ist.
In Bezug auf die Schreibung giebt sich das Ms. als die
Arbeit eines Mannes zu erkennen, dessen Schrift den Charakter
der ältesten, uns erhaltenen griechisch-biblischen Mss. an sich
trägt; nirgends ist eine Spur von arabischer Schrift. — Die sa-
hidische Sprache dieser alten Urkunde erscheint im Ganzen
auf derselben Stufe welche die spätere Litteratur dieses Dialek-
tes einnimmt, und bestätigt somit auch ihrerseits, dals das Kop-
tische als allgemeine Landessprache des alten Ägyptens in seinem“
auf uns gekommenen Zustande weit über die christliche Zeit-
*) Notice sur le manuscrit copte-thebain intitule: la fidele sagesse etc.
Journal Asiatique, 1847, no. 45.
101
rechnung binausreicht. Doch hat der sahidische Dialekt hier in
‚mancher Hinsicht sich reiner erhalten als er sich später darstellt,
so z.B. erscheint statt des später gewöhnlich verdoppelten Stamm-
vocals der einfache. Die Zischlaute wechseln selbst in griechi-
schen Ww. noch mit den ursprünglichen Gaumlauten, z.B. adı-
sıantos für azivyro, Aogımazeım für dozımalsw. Überhaupt zeigt
sich der Dialekt noch in engerem Anschlusse an den Memphiti-
schen. — Die Übersetzung hat dem Verf. ob dunkeln Inhalts
und oft verworrenen Gedankenganges des Originals nicht selten
bedeutende Mühe verursacht. Die vielen in der Pistis Sophia
‚enthaltenen griechischen Wörter sind theils Kunst- oder Schul-
Ausdrücke, wie z.B. npohoAr (mooßoAy), aswıt (aisv), theils
nur Ausdrücke einer prunkenden Gelehrtheit, an deren Stelle die
gleichbedeutenden koptischen Wörter eben so gut hätten ge-
braucht werden können. Dieser Gebrauch griechischer Wörter
ist ihm indels zuweilen von Nutzen gewesen. Koptische Schrift-
‚steller drücken nämlich einen und denselben Begriff öfters dop-
pelt, oder mit zwei Worten aus, und ist in solchen Fällen das
‚eine Wort ein griechisches, so kann es dazu dienen ein ander-
‚weit dunkles koptisches Wort aufzuhellen.
Bald nach Absendung seiner zwei Briefe gedachte der Verf.
‚auf längere Zeit nach Bedford überzusiedeln und die Sammlung
Tattam’s mit ganzer Kraft in Angriff zu nehmen.
47. Februar. Gesammtsitzung der Akademie,
Hr. Link las einen Entwurf eines phytologischen
Pflanzensystems. Zweite Abhandlung.
Der Verf. hatte in der ersten Abhandlung gel. im Juli 1823
so wie schon früher gezeigt, dafs die natürlichen Ordnungen im
Pflanzenreiche auf einer willkürlichen Zusammenstellung von Kenn-
zeichen beruhen, dafs vielmehr in der ganzen organischen Natur
folgendes Gesetz gelte: Indem ein Theil unveränderlich oder
wenig; veränderlich bleibt, durchlaufen die übrigen Theile eine
Reihe von verschiedenen Entwickelungsstufen. Aber ein System
mach diesem Gesetz würde nicht wohl auszuführen sein, da die
Bestimmung jener Stufen zu grofse Schwierigkeiten haben möchte,
indessen ist es nöthig, sich ihm so viel als möglich zu nähern.
Vorläufig war es zweckmälsig, jene, wenn auch willkürlich, doch
102
fleilsig und genau bearbeiteten natürlichen Ordnungen auf-
und anzunehmen. Schon Jussieu sah ein, dals man zu keiner
Übersicht der natürlichen Ordnungen gelangen könne, wenn &
man sie nicht nach einem künstlichen System, gegründet auf
einige wenige Verchiedenheiten der Theile, zusammenstelle. In }
dieser Rücksicht gab er einen Clavis, der nachher gar oft ver-
ändert, und zuletzt von Lindley und Endlicher, so vortrefflich,
als es möglich war, gegeben ist, nachdem die Zahl der Ordnun-
gen seit Jussieu sich fast um das dreifache vermehrt hat. Aber
auch dieser Clavis giebt keine Übersicht. Erstlich wegen der
Unbestimmtheit der Kennzeichen, wo es schwer wird, unter den
vielen „oder” ein einziges herauszufinden, wodurch man die
Ordnungen und Unterordnungen gehörig unterscheiden kann.
Zweitens wegen der vielen Ausnahmen; wo soll man z.B. Zedum
finden, mit einer corolla polypetala, die zu den Ericeae allerdings
mit Recht gestellt ist, welche alle eine corolla monopetala (ga-
mopetala) haben? Drittens wegen der vielen genera affinia,
welche alle Ordnung stören. Es ist also nicht blofs eine clavis,
sondern ein künstliches System nothwendig, um die natürlichen
Ordnungen zur Übersicht zu bringen, und zwar ein durchgrei-
fendes künstliches System, welches die natürlichen Ordnungen
oder Familien trennt, wenn es nöthig ist. Die natürlichen
Ordnungen oder Familien können dabei immerhin als natürliche
Ordnungen angeführt und erhalten werden; sie sind in dieser
Rücksicht den Gattungen die auch als natürliche Gattungen gel-
ten sollen, gleich zu stellen.
Nach welchem Theile sollen die Klassen bestimmt werden?
Ohne Zweifel nach dem Theile, welcher alle andern Theile
trägt und aus sich entwickelt, nach dem entwickelten Stamme,
der allerdings im Embryo schon vorgezeichnet ist. So entste-
hen folgende Klassen:
1. COoRMOPHYTA. Lignum radiatum vasculosum intrieatum.
Hieher gehören die Cycadeen. Das Holz wächst strah-
lenweise gegen den Umfang an, besteht nur aus Gefälsen
ohne eingemengtes Zellgewebe, und diese Gefälse verwickeln
sich in Mark, Rinde, und selbst im Holz.
2. CALAMOPHYTA. Lignum fasciculare celluloso - vasculosum in-
tricatum.
a
a
103
Hieher gehören die Palmen, Drachenbäume, Pandaneen
u.a. Das Holz bildet Bündel, welche im Stamm sich ver-
wickeln. Zwischen den Gefäfsen ist Zellgewebe.
. CRINOPHYTA. Lignum fasciculare, celluloso -vasculosum rec-
tum. Embryo distinctus.
Hieher gehören die übrigen Monokotylen. Die Holz-
bündel gehen im Stamme gerade nieder, und verwickeln sich
erst in der Zwiebel oder dem Rhizom nämlich dem unent-
wickelten Stamme. Die Beschaffenheit des Embryo muls
hinzugesetzt werden, um einen deutlichen Unterschied von
den Farrn zu haben. Ein ähnlicher Zusatz wäre auch bei
den andern Klassen gestattet, wenn es nöthig wäre.
CAULOPHYTA. Lignum radiatum, celluloso - vasculosum.
Hieher gehören die meisten Dikotylen. Ihr wahrer
Charakter besteht allein in dem strahlenförmig anwachsen-
den Holz, welches man auch in der zartesten Pflanze er-
kennt.
PıTyoPpHYTA. Zignum radiatum vasculosum rectum.
Hieher die Coniferen. Sie kommen den Cycadeen nahe,
unterscheiden sich aber auffallend dadurch, dafs sich die Ge-
fälse in Mark und Rinde auch im Holz nicht verwickeln.
HYDRrOPHYTA. Lignum tubulosum.
Eine kleine Klasse von Wasserpflanzen welche sich da-
durch unterscheidet, dafs lange Röhren ohne Spiralfäden und
ohne sogenannte Poren sich im Stamme befinden.
7. MyYcEPHYTA. Lignum sparsum.
Ebenfalls eine sehr kleine Klasse von Pilzähnlichen Ge-
wächsen, deren ganzer Stamm von einzelnen Bündeln von
Gefälsen durchzogen ist.
RHIZANTHOPHYTA. Lignum intra florem, alias deficiens.
Hieher gehören die sonderbaren Gewächse, Rafflesia,
Brugmansia, Frostia, deren Blüte auf einer fremden Wur-
zel parasitisch ist.
PTERIDOPHYTA. Lignum fasciculare celluloso - vasculosum
rectum. Embryo non distinctus.
Die Farrn unterscheiden sich von Monokotylen beson-
ders durch den Embryo, der sich von dem Innern des Stam-
mes nicht unterscheidet.
104
10. PALAEOPHYTA. Lignum vasculosum medullare.
Durch die Mitte des Stammes, wo sich sonst das Mark
befindet, zieht sich ein Bündel von Gefälsen, welches bei
keiner andern Pflanzenklasse der Fall ist, ohne eingemeng-
tes Zellgewebe. Hieher die Zycopodiaceae, welche sich von
den Farrn auffallend unterscheiden, auch wie es scheint, die
Salviniaceae. Da sich die Zycopodiaceae besonders unter
den fossilen Pflanzen finden, so habe ich sie Palaeophyta
genannt. '
41. BRYOPHYTA. Lignum substitutum e cellulis strictis.
Hieher die Moose. Den Stamm und wenn er fehlt,
wie bei vielen Lebermoosen, die ganze Pflanze durchziehen
langgestreckte Zellen statt der Gefälse.
12. CRYPTOPHYTA. Lignum plane nullum.
Hieher gehören die Algen, Lichenen, Pilze, in denen
auch nichts dem Holze Ähnliches zu finden ist. Ich habe
vorausgesetzt, dafs Holz durch Spiralgefäfse und durch so-
genannte poröse Gefälse bezeichnet wird.
Übrigens bedürfen alle gegebenen Kennzeichen nur einer
Lupe um erkannt zu werden.
An eingegangenen Druckschriften wurden vorgelegt.
Duc de Caraman, Histoire des revolutions de la Philosophie en
France pendant le moyen age jusqu’au seizieme siecle. Tome
1-3. Paris 1845-1848. 8. \
mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d.d. Paris d. 18. Jan, d. J.
Zantedeschi al Signor E. Fabri Scarpellini illustrazione di al-
cuni fenomeni di elettro-magnetismo. (Venezia il 31 gennaio
1848). 8.
E. Gerhard, archaeologische Zeitung. Neue Folge. Lief. 4. No.
10-12. Oct.-Dec. 1847. Berlin 1847. 4. j
Schumacher, astronomische Nachrichten. No.626. Altona 1848.
4.
Bartolommeo Zanon, Analisi delle acque potabili di Treviso, Me-
moria. Padova 1847. 4.
mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d.d. Belluno d. 8. Febr. d.J.
Revue archeologique. 4.Annee. Livr.10. 15.Janvier. Paris 1848. 8.
Bibliothek des literarischen Vereins in Stuttgart. XVI. Stuttgart
1847. 8.
Kunstblatt 1848. No.4.5. Stuttg. u. Tüb. A.
105
Aufserdem kam zum Vortrag:
Ein Schreiben des Hrn. Dr. Römer d. d. Hildesheim d.
12. Febr. d. J. womit er anzeigt, er habe in Folge der von der
Akademie ihm zu Theil gewordenen Förderung seiner Reise nach
Amerika drei Kisten mit Amerikanischen Mineralien und Verstei-
nerungen an das Königl. Mineralienkabinet hierselbst abgehen
lassen.
24. Februar. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. G. Rose las über die chemische Zusammense-
tzung des Magnetkieses. Der Verfasser sucht zu beweisen,
dafs der Magnetkies nur eine einzige Gattung ausmache, deren
Zi
chemische Zusammensetzung durch die Formel Fe’ Fe zu be-
_ zeichnen sei, und dals weder der Magnetkies von Bartges, dessen
chemische Zusammensetzung nach Berzelius durch die Formel
’ 2
Fe Fe, noch der Magnetkies von Bodenmais, dessen chemische
Zusammensetzung nach dem Grafen Schaffgotsch durch die For-
m
mel Fe’ Fe ausgedrückt wird, von dem übrigen Magneikiese zu
trennen sei.
Der Verfasser widerlegte ferner die von Breithaupt aufge-
stellte, und von Frankenheim, v. Kobell und Rammelsberg ange-
nommene Meinung, dafs der Magneikies Einfach - Schwefeleisen
Fe sei, weil er die Form von anderen Einfach -Schwefel-, Ar-
- senik- und Antimon-Metallen habe; denn der Magnetkies hin-
terlälst bei der Auflösung i in Chlorwasserstoffsäure einen Rück-
“ ‚stand von Schwefel, der in ihm nicht als eingemengt angenom-
men werden kann, da derselbe durch Schwefelkohlenstoff nicht
auszuziehen ist, und eine geschliffene und polirte Fläche beim
| " Magnetkies nicht die geringste Ungleichartigkeit der Masse zeigt.
Das Einfach-Schwefeleisen ist auch eine vom Magneikiese ganz
verschiedene Verbindung, da letzteres magnetisch, ersteres aber
gan: unmagnetisch ist, und der Magneikies ein viel „geringeres
E specifisches Gewicht als das Zweifach-Schwefeleisen Fe hat, ob-
leich doch sonst alle bekannten niedrigeren Schwefelungsstufen
ein höheres specifisches Gewicht haben, als die höheren. Der
Magnetkies hat nämlich nur ein specifisches Gewicht 4,62, wäh-
rend das Zweifach - Schwefeleisen im Eisenkiese ein specifisches
Gewicht 5,03, und im Speerkiese ein specifisches Gewicht 4,86
106
hat *). Dieses niedrigere specifische Gewicht des Magnetkieses
beweist nicht nur, dals er eine von dem Einfach -Schwefeleisen
verschiedene Schwefelungsstufe, sondern auch eine Verbindung
zweier verschiedener Schwefelungsstufen sei.
Die Form des Magnetkieses, die eine Combination eines
Hexagon-Dodecaöders mit dem ersten sechsseitigen Prisma und
der geraden Endfläche ist, kann nach dem Verf. nicht in An-
schlag gebracht werden, da diese Form eine solche ist, die sehr
verschieden zusammengesetzten Verbindungen zukommt, indem
nicht allein die oben genannten Verbindungen, sondern auch
einfache Metalle wie Arsenik, Antimon, Tellur, und Oxyde wie
Eisenglanz, Chromoxyd und Korund eine dem Magnetkiese sehr
ähnliche Form besitzen. Es scheint daraus hervorzugehen, dafs
in gewissen Fällen durch Gruppirung ganz verschiedenartig ge-
formter Atome doch Verbindungen mit gleichen Formen entste-
hen können, wenn auch diese Formen nicht zum regulären Kry-
stallisationssysteme gehören, wo allerdings diese Fälle am häufig-
sten sind, und also auch die Bedingungen zur Hervorbringung
der gleichen Form am ersten zutreffen mögen.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
The Journal of the royal geographical Society of London. Vol.
47. 1847. Part2. London. 8.
Bojer, Planches relatives au genre Gaertnera. (Extr. des now.
Mem. de la Soc. helvet. des scienc. nat. Vol. 8. Neuchätel
1847). fol.
Jean-Alexandre Duran de Bordeaux, nouveau systeme de Phy-
sique generale en opposition avec les principes recus, pro-
clame par la science actuelle et present a l’Academie des
sciences (Inst. de France). Paris 1843. 8.
‚ Resume general d’une revelation scienti=
fique, prouvant la verite de la Physique par la Metaphysique,
et reciproquement. (Bordeaux.) 8.
mit einem Begleitungsschreiben d. d. Nizza d. 10. Januar 1848,
welches bereits in der Sitzung vom 17. Febr. vorgelegen hatte.
*) Das specifische Gewicht des künstlich dargestellten Einfach-Schwe-
feleisens fand der Verf. nur 4,73, zwar immer höher als das des Magnetkie-
ses, aber niedriger als das des Eisenkieses, was jedoch offenbar nur von
der Porosität der angewandten Masse herrührte.
Y
Mi
i 107
Schumacher, astronomische Nachrichten. Titel u. Register zum
26. Bande. Altona 1848. 4.
Hiernächst kamen folgende Schreiben des Königl. Ministe-
_riums der geistlichen, Unterrichts- und Medicinalangelegenheiten,
betr. die Genehmigung der von der Akademie aus ihren Fonds
bewilligten Geldverwendungen, zum Vortrag:
1) Vom 16. Febr. d. J. über 200 Rthlr. Beitrag zu den Kosten
- der Steindrucktafeln für die Abhandlung des Hrn. Joh. Mül-
ler über den Hydrarchus.
-2) Vom 16. Febr. d. J. über 300 Rithlr. Beitrag zu den Ko-
sten einer von Hrn. Dr. Karsten in Stralsund zu unterneh-
menden zweiten naturwissenschaftlichen Reise nach Vene-
zuela.
3) Vom 17. Febr. d. J. über 500 Rithlr. zur Anschaffung eines
Apparats für die Beobachtung der diamagnetischen Erschei-
nungen, welchen Hr. Poggendorff herzurichten übernom-
men hat.
Hr. Ehrenberg machte speciellere Mittheilungen über
den Meteorstaubfall in Schlesien am 31. Januar d. J.
und über dessen gleichzeitiges Erscheinen bei Glo-
gau, Hirschberg, Liegnitz, Prefsburg, Wien und wohl
Salzburg.
Hr. Prof. Göppert, Correspondent der Akademie, meldet,
unterm 31. Januar aus Breslau folgendes:
„Nach heftigem Südwinde erschien heute Morgen, beim
Anbruch des Tages, der Schnee in der ganzen Umgend von
"Breslau, so wie in Breslau selbst, mit einem grauen Staube dicht
bedeckt, der auch noch Vormittags bei übrigens halb heiterem
immel die Atmosphäre erfüllt. Unverkennbar finden sich darin
srganische thierische und vegetabilische Reste, über deren Be-
stimmung ich mich — nicht erkühne etwas zu äufsern. — Die
b iliegenden Portionen Staub sind an 2 verschiedenen Stellen ge-
n melt, a. vom Fensterbrett meiner nach Osten und ganz im
eien gelegenen Wohnung. Der Staub war nemlich auch durch
sonst ziemlich gut anschliefsenden Fensterrahmen gelangt und
bedeckte in dichter Schicht das Fensterbrett. ö. Aus geschmol-
zenem, auf der Oder gesammelten Schnee.” —
108
Die Untersuchung dieses Staubes hat bis jetzt folgende or-
ganische Mischung ergeben:
Polygastrica 6
Phytolitharia 27
Weiche Pflanzentheile 6
"39 Arten.
Die Farbe des Meteorstaubes ist gelblich grau. Die constitui-
renden Theilchen sind nicht überaus fein, Überwiegend sind
es unorganische Theilchen, weiche Pflanzentheile sind nicht sel-
ten, kieselerdige Pflanzentheile sind zahlreich, Infusorien selten,
doch aber so häufig, dals in jeder Nadelknopfgrölse der Masse
deren eins oder einige angetroffen werden.
Besonders merkwürdig ist, dafs die Infusorien mit ihren
grünen Ovarien, also lebensfähig und in Selbsttheilung vorhan-
den sind.
Die Mehrzahl der Formen sind aus Europa bekannt, beson-
ders die Phytolitharien. Unter den Infusorien sind aber 2 für
Amerika (und Canton) characteristische Formen: Arcella con-
siricta, Synedra Entomon.
Die Mehrzahl der Formen sind Süfswasserbildungen, allein
Spongolithis robusta (ingens?) ist wohl eine sichere Seebildung.
Ganz besonders merkwürdig ist eine auffallende Menge von
wahrscheinlich vulkanischen grünen und bräunlichen Krystallen.
Diese Resultate der Untersuchung erhalten ein noch ansehn-
lich gröfseres Gewicht durch ein Schreiben des Corresponden-
ten der Akademie Hrn. Haidinger in Wien vom 16. Februar.
„Kaum gaben Sie am 24. Januar Ihre neueste Übersicht,
als wir in Österreich schon wieder einen Staubfall hatten und
zwar in der Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar, an wel-
chem Tage ich selbst und gleichzeitig Dr. Reilsek ihn bemerk-
ten. Ich schliefse eine Probe ein, die aber unglücklicherweise
aus den 3 Fundorten: Wien Glacis vor der Münze, botanischer
Garten, und Dürnkrut im Marchfelde, die übrigens von gleicher
Beschaffenheit waren, gemischt ist. Hr. Dr. Reilsek hat sie
bereits untersucht. — Auch diesmal war Scirocco, aber nur bis
Salzburg. Ich sammle jetzt einige Daten um die Verbreitung
des Südweststurmes genauer kennen zu lernen. In Wien hat-
ten wir fast Windstille.”
109
3 — „Ich versäumte (früher) zu bemerken, dafs die Kohlen-
fragmente in dem Staub von Böckstein zufällig beim Schnee-
‚schmelzen in den Staub geriethen.”
Die letztere Bemerkung ändert nichts wesentliches in den
ittheilungen über den Schneestaub von Böckstein, da er voll
von F ichten-Blüthenstaub und unverkohlten Holztheilchen ist und
‘sich dem Tyroler vom gleichen Tage genau anschlielst. Die
"Verunreinigung durch Kohlenstaub konnte daher nur unbedeu-
d sein.
Was den Wiener Meteorstaub anlangt, welcher beim glei-
chen Südwind, wie in Breslau, aber um 24 Stunden später ge-
fallen, obschon Wien und Prefsburg genau im Süden von Schle-
‚sien liegen, so ist derselbe auf die auffallendste Weise mit dem
Breslauer in Farbe, Form und speciellster Mischung überein-
stimmend.
Polygastrica 9
Phytolitharia 17
Polythalamia 1
Weiche Pflanzentheile 4
Insectenfragmente rm
Dieselbe Farbe und Cohärenz, sowie dieselbe Durchschnitts-
Grölse der massebildenden Staubtheilchen begleitet die gleiche
N ischung.
"Die Infusorien sind dieselben Species, in demselben Zusande
der Lebensfähigkeit und Selbsttheilung.
Die amerikanische Synedra Entomon ist mit ihren Ovarien
ind in sehr grolsen Exemplaren darin.
Anstatt des einen fraglichen Seekörpers im schlesischen
Staube, sind deren 2 und dabei ein ganz entschiedener (Texti-
aria) im Wiener Staube. Der andere ist dieselbe Spongolithis.
"Auch hier sind viele Pyroxenartige? und Hornblendeartige ?
Krystalle im Staube neben Kalkspath ähnlichen Krystallen.
[Aufser dieser Nachricht ist mir durch Hrn. Dr. Frieden-
berg später der Aufsatz des Hrn. Dr. Reilsek aus Wien zuge-
kommen, welcher in No. 55 der Wiener Zeitung unterm 24. Febr.
bgedruckt ist. Demnach war der meteorische Staubfall am 31.
Januar d. J. im gröfsten Theile Nieder-Österreichs, so wie in der
nzen Umgegend Wiens beobachtet worden. Nachdem in der
110
‚ganzen letzten Hälfte des Januars bei einer durchschnittlichen Tem-
peratur von — 8°R. am Tage und — 10° bei Nacht, bei ziem-
lich reicher allgemeinen Schneedecke ein anhaltender, mitunter
heftiger Ostwind geweht und sich am 31. die Atmosphäre in
ähnlicher Weise verdüstert hatte, wie es in trocknen Sommer-
tagen durch den aufgewirbelten Staub geschieht, bemerkte man
schon des Abends an diesem Tage, noch deutlicher aber am
Morgen des 1. Februars, die Oberfläche des Schnees mit einem
grauen erdartigen, wie durch ein feines Sieb ausgestreuten Staube
bedeckt. Diese Erscheinung zeigte sich allgemein. — Besonders
auffallend war die Erscheinung in der Ebene des Marchfeldes,
wo sie sich bis Prefsburg überall zeigte. — Ein auffallendes
Phänomen, das gleichzeitig mit dem — Staubfall eintrat, war das
Steigen der Temperatur auf 0° R. und das Aufhören des Ost-
windes. Ursache davon scheint der am 31. Januar im Salzburgi-
schen bei + 6° wehende Scirocco gewesen zu sein. —
Eine mikroskopische Untersuchung wurde von Hrn. Dr.
Wedl gemacht.
Der Staub, in grölserer Menge, war einer gewöhnlichen grauen
feingesiebten Acker- oder Garten-Erde ähnlich. Es liefsen sich
schätzen als Bestandtheile:
Quarzkörnchen 60-70
Glimmerstückchen 10-15
Humus 10-12
Organische Reste 1 p.C.
Die organischen Reste waren mannichfaltig, darunter mit freiem
Auge bemerkbare Holzsplitterchen und Kohlenfragmente. j
4. Stückchen der Oberhaut von gralsartigen — unverwesten Ge-
wächsen.
2. Ebensolche verkohlt. |
3. Haare von mehreren Pflanzenarten, gröfstentheils nur in Frag-
menten. f
4. Holzstückchen eines unbekannten Baumes oder Strauches, ver-
kohlt, selten. f
. Protococcusartige erstorbene Zellen, ziemlich selten. j
. Fragmente von Spiralfasern, Bastzellen, selten.
. Fragmente eines Laubmooses, selten. n
Da ea
DE
4
111
8. Vertrocknete panzerlose Infusorien, vom Ansehen der Bur-
saria, Colpoda oder Paramecium.
9. Kieselpanzrige Infusorien aus der Gattung Navicula, 3 Ar-
ten, ziemlich selten, alle zu den kleinsten gehörig, zwei el-
lipsoidisch, eine länglich quergestreift.
10. Flügelfragmente einer kleinen Zepidoptere (?), sehr selten.
Dr. Reifsek schliefst aus dieser Mischung, dafs der Staub aus
— den russischen Steppen (!) kommen müsse, wo Hirten die
"Steppe abbrennen und grolse Ebenen wären. Ein wunderlicher
Schluls, welcher aus Unbekanntschaft mit der Steppe entspringt
und die Winterverhältnisse auf unbegreifliche Weise aufser Acht
läfst. Jedoch ist das Erkennen specieller organischer Verhält-
nisse wichtig, obschon die vertrockneten Bursarien, Colpoden
und Paramecien nimmermehr erweislich das gewesen sind, wo-
‚für sie gehalten worden und jedenfalls besser unerwähnt geblie-
ben wären, um den übrigen Mittheilungen ihren Credit unge-
-schmälert zu lassen.
| Bemerkenswerth ist noch die Angabe der Menge des in
Österreich gefallenen Staubes, welche von Dr. Reilsek zu -
Kubikzoll auf die Quadratklafter geschäzt wird, wodurch auf die
Quadratmeile 14 Kubikklafter käme.]
Hieran erlaubt sich Hr. Eh. noch einige später eingegan-
| ene Nachrichten aus Schlesien und der Lausitz zu schliefsen.
Aus Alt-Rauden (bei Glogau) ward in der Breslauer Zei-
‚uns vom 1. Februar unter der Chiffer E. H. gemeldet: „Der
Sturmwind, der gestern aus Ost Süd Ost wehte, hat die hiesige
egend mit einer neuen Natur-Erscheinung überrascht. Es zeigte
h, — sobald die Nacht gewichen war, der schöne weilse Schnee
it einem Überzuge, der je nach der Dichtigkeit des Anfluges
m Aschgrauen ins Ockergelbe überging, bedeckt. — Die Wol-
n aus denen direct Niederschlag kam, gingen bei mälsiger Höhe
ı ostsüdöstlicher Richtung ‚oft mit solcher Unterbrechung, dafs
e Sonne klar durchscheinen und einen Theil der Gegend hell
euchten konnte. Oft aber hüllte eine einzige Wolke an und
sich ganz helle Gegenstände in einen so dichten Schleier,
sie dem Auge des Beschauers gänzlich unsichtbar wurden.
Diels dauerte bis gegen Abend ununterbrochen fort. Abends
legte sich der Wind auf einmal und der Himmel klärte sich auf.
2rr*
|
112
Ich nahm nun eine Quantität solchen verunreinigten Schnees,
denn es war nur ein oberflächlicher Überzug, brachte ibn unter
das Vergrölserungsglas und erkannte ihn als wirkliche Asche.
Eine Messerspitze davon auf die Zunge gebracht gab einen Salz-
gehalt mit einem bitterlichen Nachgeschmacke und verursachte
ein Kratzen im Gaumen wie die Laugensalze. Eine Auflösung
in kleiner Quantität auf weilsem Papier hinterliels einen ocker-
gelben Niederschlag, der im trocknen Zustande sich in Pulver-
form leicht ablösen liefs. Eine gröfsere Menge in einem Ge-
fälse aufgelöst hinterliels nach Abseigung des trüben Wassers
einen dunkelbraunen Bodensatz, der im trocknen Zustande einige
Festigkeit erlangte, lehmige oder schmutzig gelbe Farbe hatte,
ganz feine krystallinische Spitzen zeigte und einen bittern salzi-
gen Geschmack auf der Zunge hervorbrachte. — Es schien mir
also unzweifelhaft, dafs die hiesige Gegend ein sogenannter
Aschenregen getroffen hat. —”
Die Wolkenverhältnisse dieser Nachricht sind sehr interes-
sant, ebenso ist es auch die ausgesprochne ockergelbe Farbe des
Staubes. Die Laugensalze und die Aschenvorstellung sind wohl
weniger beachtenswerth.
Aus dem Monatsberichte der Königlichen Regierung zu Frank-
furth a.d.O. an des Königs Majestät für Januar 1848 sind fol-
gende Nachrichten von Spremberg in der Lausitz.
„Nach einem starken Sturme in der Nacht vom 30. zum
31. Januar wurde am Morgen in der Umgegend von Spremberg
der Schnee mit einer scharfen gelblich grauen Staubmasse über-
zogen gefunden, deren Ursprung man sich um so weniger er-
klären konnte, als der Erdboden bis in weite Ferne mit Schnee
bedeckt und gefroren war.”
„Zu derselben Zeit ist dasselbe bei Alt-Rauden in Schle-
sien als ein sogenannter Aschenregen beobachtet worden.”
Da auch von Hirschberg in Schlesien der Staubfall in den
Berliner Zeitungen gemeldet worden war, so hat der Verf. dort-
hin so wie nach Landshut geschrieben und um Nachrichten gebe-
ten. In Landshut hat man die Erscheinung nicht bemerkt. In
Hirschberg ist dieselbe für einen im Anfange Frühjahrs nicht
ungewöhnlichen Staubwind gehalten worden, ohne dals aufser
113
#
em unbekannten Zeitungsreferenten irgend jemand darauf geach-
tet habe, da Stadt und Umgegend ohne Schnee waren.
Hr. Apotheker Dubois hat dem V. folgendes geschrieben:
„Bevor der Sturm am 31. v.M. eintrat, waren die Felder
bereits von dem zuvor gefallenen Schnee durch den wenige Tage
vorher herrschenden Wind entblöfst und hatte sich derselbe in
den Gräben und Schluchten angesammelt. Der Erdboden war
auf der Oberfläche ziemlich trocken. Kein Wunder (schien es)
daher, dals der Sturm am 31. den Staub von den Feldern auf-
jagte, den Schneemassen zuführte und diese bedeckte. Am an-
deren Morgen waren jene Massen mit schwarzem Staube über-
zogen, wie wir diels jeden Winter wahrnehmen können. —
Gleich nach dem Empfang des geehr. Schreibens ging ich ins
Freie, suchte mir eine von späteren Einflüssen befreit gebliebene
‚Stelle aus, mals einen Quadratfuls Oberfläche ab und befreite
die Eisdecke vom Überzuge, der in seiner latwergartigen Consi-
stenz wohl ein halbes Quart falste. Denn die Oberfläche be-
trug wohl 1% Linien. Die ganze Masse trocknete ich bei ge-
wöhnlicher Stubenwärme ab und erlaube mir Ew. eine Kleinig-
keit davon zu senden. —”
| Hr. Prorector Ender hat während der Zeit in Hirschberg
täglich drei Thermometer- ‘und Barometer-Beobachtungen ge-
‚macht, wonach vom Morgen des 31. Decembers bis Mittag den
4. Febr. plötzlich sehr niedriger Barometerstand und morgens
4. Febr. trübe Luft bemerkt ist. Am 31. Morgens war 7 Grad
Kälte mit Ostwind. Am 1. Febr. waren am Netze und Mittag
"+ 2° R. mit Westwind. Abends — 2° mit Nordwinkl
| An organischen Theilen entbält dieser Staub
Polygastrica 5
Phytolitharia 18
Weiche Pflanzentheile 1.
s sind fast insgesammt dieselben Species wie im Staube von
eslau und Wien.
Auch fehlen ‚vermuthliche Pyroxen-Krystalle nicht.
Ferner hat der Verf. nachträglich unterm 4. März durch
Irn. Pascal’s Verwendung Nachrichten und Meteorstaub vom
ärafen von Lüttichau aus Ober-Wangten und Nieder-Kum-
‚mernick bei Liegnitz erhalten.
114
Am Nachmittag ‘des 30. Januars war in Ober-Wangten (2
Meilen von Liegnitz) im Süden und Südosten eine eigenthümli-
che Erscheinung. Die ganze Atmosphäre sah am Horizonte dick
aus und halte eine roth-braune Färbung. Diese Bemerkung wurde
um 5 Uhr Nachmittags gemacht und auf nahen Sturm gedeutet.
Um jene Zeit hatte die rothbraune Wand kaum mehr als 15°
am Himmel eingenommen. Es war 4° Kälte und über dem
Scheitel war der Himmel heiter. In der Nacht vom 3% erhob
sich ein fürchterlicher Orkan, welcher den Niederschlag des Stau-
bes brachte. Vor diesem Sturm hatte die Gegend eine sehr
schöne gleichmälsige Schneedecke, nach demselben waren grolse
Massen Schnee zu Haufen getrieben und grolse Erdflächen ganz
davon entblöfst. Der Niederschlag wurde so gewaltig vom Sturme
gepeitscht, dals derselbe nicht allein durch die Doppelfenster ge-
trieben ward, sondern auch in ziemlich beträchtlicher Menge in
die Zimmer drang. Im Garten hatte der Orkan an einer Aka-
zien-Hecke 5 Fufs hoch den Schnee zusammengetrieben und
darauf sich der Staub so häufig niedergelegt, dals noch am 4.
März (wo die Bitte um Nachrichten eingetroffen) nachdem der
Schnee unten weggeschmolzen war, nicht die gewünschten Lothe
oder Quentchen, sondern zu vielen Centnern dieser Erde weg-
zunehmen war. Sie war durch am 1. Febr. darauf gefallenen
Schnee, der am 4. Febr. einem wahren Frühlingswetter weichen
mulste, nafls geworden und es wurden einige Blumentöpfe voll
als Brei gesammelt. — Die Erscheinung erstreckte sich nur 1
Meile westlich von Wangten nach Liegnitz hin. Graf y. Lütti-
chau fand später bei Prauswitz nahe bei Goldberg die Schnee-
decke noch unverändert. Sturm wollte man dort gehabt haben,
aber der Staubfall war nicht zu erweisen.
In diesen 2 Staubarten fanden sich bis jetzt 35 bestimmbare
org. Theile: Polygastrica 3
Phytolitharia 24
Polythalamia 1
Weiche Pflanzentheile 6
Insecten - Flügelstaub 1
Die Polygastrica sind 2 einheimische, allen Passatstaubarten
aber gemeinsame Formen. Desmogonium ist eine nur aus Guiana
bekannte Form. Das Fragment ist jedoch unsicher zu bestimmen.
115
Eunotia amphioxys ist mit grünen Ovarien, lebensfähig.
Von Seegebilden sind nur 3 deutlich, eine kalkschalige Po-
Iythalamie, die aber aus fossilen Verhältnissen beigemischt sein
"kann und Spongolithis robusta samt cenocephala?, von denen diels
weniger wahrscheinlich ist.
Die sämmtlichen übrigen Prytolitharia können einheimischen
Pflanzen angehören.
Lauchgrüne und gelbgrüne Krystalle giebt es ebenfalls.
$ Kurze Übersicht und Folgerungen.
}
Soviel bis heut bekannt worden, hat der staubführende Or-
kan vom 31. Januar d. J. in südlicher Richtung von Glogau und
Spremberg bei Muskau bis Wien und Prefsburg, in einer Länge
_ von 70 Meilen und in westlicher Richtung von Prefsburg bis
Salzburg, so wie von Breslau bis Spremberg in einer Breite von
30-50 Meilen seine Wirkung geäufsert. Dieses Areal beträgt
gegen 3500 I Meilen.
. In Wien wurde der Staubfall ohne Sturm beobachtet, bei
Goldberg in Schlesien wurde Sturm ohne Staubfall beobachtet.
In Hirschberg hat der Staub 14 Linie hoch auf dem Eise
gelegen. In Wien hat man die Masse des gefallenen Staubes zu
44 Kubikklaftern auf jede OMeile geschätzt. Da in Landshut
der Staubfall nicht beobachtet worden ist, so scheint derselbe
‚strichweis erfolgt zu sein. Die von den Wolken getragene
Masse hat jedenfalls viele Tausende, vielleicht Hundert-Tausende
von Centnern betragen. Den Nachrichten aus Rauden zufolge,
at der Staub dort getrennte tiefziehende Wolken gebildet, zwi-
schen denen Sonnenschein war. Mithin war der Staub nicht
jlofs vom Winde getrieben, sondern offenbar durch electrische
Verhältnisse so geordnet, wie es die Wasserdunst-Wolken sind.
Schon am 30. Januar ist der Staub bei Liegnitz in Süd-Ost
zesehen worden und erst in der Nacht vom a ist er bei
Wien beobachtet worden. Diese der überall ähnlichen Win-
desrichtung entgegengesetzte Verbreitung der Erscheinung scheint
ich mit einem Wirbel-Orkan und dessen Drehung weniger zu
ereinen. Eine Senkung der Staubmasse von oben, in der Nähe
ler Erdfläche sich verdichtend, zuerst über Breslau, dann über
Preisburg, scheint erläuternder zu sein.
116
Der Staub ist meist grau oder gelblich grau gefallen, ge--
wöhnlichem Ackerstaube fast gleich, doch gelblicher, allein bei
Rauden ist seine Farbe ockergelb gewesen, wie die des Passat-
staubes von West- Africa.
Wie der Passatstaub des atlantischen Oceans, so enthält die-
ser Staub sowohl Süfswasser- als Meeres- Organismen in seiner
Mischung. Die Meeresorganismen sind nicht sämmtlich aus fos-
silen Verhältnissen erklärlich. Ebenso finden sich südamerikani-
sche Character-Formen: Synedra Entomon, Arcella constricta,
Desmogonium? Keine afrikanische Charakterform.
Sehr auffallend ist, dafs der Meteorstaub am 31. Januar
keine anderen Polygastern enthält, als solche, welche vorherr-
schend im Passatstaube sind und dafs diese so gleichartig ver-
theilten Formen auch allein nur mit Ovarien versehen, als le-
bensfähig und in Selbsttheilung erkannt wurden: Synedra Ento-
mon (amerikanisch), Eunotia amphioxys, Pinnularia borealis.
Andererseits weicht der Staub vom 31. Januar in einigen |
wesentlichen Punkten vom Passatstaube ab, nemlich:
4) Er ist sehr viel ärmer an Polygastricis und reicher an Phy-
tolitharien.
2) Es fehlen die characteristischen Gallionellen, die Discoplea
atmosphaerica und Campylodiscus, so wie die Eunotiae des
Wendekreises bis jetzt gänzlich.
3) Er ist weniger eisenhaltig, weniger gelb.
Das Vorkommen von Krystallen, welche Pyroxen und Horn-
blende-Krystallen in Form und lauchgrüner, bei auffallendem
Lichte zuweilen dunkler Farbe ähnlich sind, hat den Verf. veran-
lafst die früher analysirten Passatstaub-Arten auf diesen Charac-
ter nochmals zu prüfen, da auf die unorganischen Verhältnisse
so specielle Aufmerksamkeit früher nicht gewendet worden war.
Zu grolser Verwunderung hat sich ergeben, dals alle früher ge-
nannten Meteorstaub-Arten, so wohl die atlantischen, als die
europäischen eine ganz bedeutende, eben solche Mischung von
grünen und gelben, oft sehr schön ausgebildeten, nur leider sehr
kleinen und sehr durchsichtigen Krystallen enthalten, so dafs der-
gleichen Krystallbildungen künftig als wesentliche
Mischungsverhältnisse des Passatstaubes betrachtet
werden müssen. Schwierig freilich wird es noch eine zeit-
117
lang bleiben, die wahre Natur dieser Krystalle wissenschaftlich
festzustellen, zumal sich im Scirocco-Staube von Malta nun auch
lebhaft bräunlichrothe (Hyacinthrothe) Säulen -Krystalle, jedoch
stets nur mit unausgebildeten beiden Endflächen, öfter nur als
h Splitter gefunden haben.
E Gerade solche im Mikroskope lauchgrüne und braungrüne,
"ganz ebenso geformte, dem blofsen Auge nicht zugängliche, in
ihren Flächenverhältnissen schwer bestimmbare Krystalle und de-
ren Splitter finden sich als wesentliche, oft sehr zahlreiche Be-
4 standtheile vieler vulkanischen Staub-Arten und Tuffe, nament-
lich auch sehr zahlreich in den Tuffen der Eifel. In allen vul-
_ kanischen Staubarten wurden die lauchgrünen bisher vom Verf.
für Pyroxen und die braungrünen für Hornblende-Krystalle vor-
läufig gehalten. In den Eifel-Tuffen sind diese selben Krystalle
} öfter mit den deutlichsten Leuzit- und Sodalit-Krystallen lagen-
weis dicht gemischt *).
7 ®) Diese lauchgrünen Krystalle sind meist schmale linienförmige, 4 bis
ä 6 seitige Täfelchen mit 2 breiten und 2 oder 4 schmalen Längsflächen. Die
Zuspitzung ist selten auf beiden Enden vollendet. Meist ist ein Ende un-
regelmälsig abgestumpft. Die vollendete Zuspitzung ist gewöhnlich ungleich
im rechten oder stumpfen Winkel, meist so, dafs bei 4 seitigen nur die schma-
len Seiten sich zuspitzen und eine Zuspitzungsfläche kürzer, die andere län-
‚ger ist. Da wo beide Enden 'auskrystallisirt sind, entspricht auf gleicher
"Seite die kurze Endfläche der entgegengesetzten langen. Aulserdem giebt
I es fast regelmälsige sechsseitige blalsgrüne Säulen mit auf den Kanten ste-
/ henden Zuspitzungsllächen an beiden Enden.
Lielsen sich die bei durchgehendem Lichte lauchgrünen und bräunlich
grünen, auch zuweilen, besonders in Splittern, ziemlich hochgelben Kry-
stalle, deren Existenz.unabweisbar ist, anstatt für Pyroxen und Hornblende,
für Olivin und Chrysolith ansehen, so würde der Passatstaub noth-
wendige Mengen von Nikkel (+ p.C. der Krystalle) enthalten und
es würde der Grund, warum die chemische Analyse bisher in solchem
Staube kein Nickel fand, in der zu geringen Menge des auf einmal analy-
ten Staubes liegen können. Durch Beobachtung dieser Meteorstaub - Kry-
stalle ist somit, wenn nicht Gewilsheit, doch die Möglichkeit gewonnen,
dafs 50 bis 100 Pfund Nickel-Eisen (zu 3 p. C. Nickel mit 97 p. €. Eisen)
) recht wohl in 10000 Centnern von Meteorstaub (mit 14 p. C. Eisen), wie
ein einziger Tag ihn öfter gebracht hat, enthalten sein könnten.
118
Das wären also doch sichtbare Spuren eingreifen-
der Thätigkeit der Vulkane in die über dem unteren
Passatwinde liegende obere, vielleicht sehr ferne At-
mosphäre und deren Wechelbeziehung auch dort zu
dem organischen Leben.
Meteorstaub vom 31. Januar 1348.
21:8
2|l E| ©
sı2|2|:
Breslau = E E E
rer. lz2|l»
A|» “iefe
POLYGASTRICA 11.
Arcella constrieta -—-
hyalina +
Desmogonium guianense? +
Eunotia amphioxys +++++-+l:
Fragilaria +
Navicula Semen —
Pinnularia affınis +
borealis ++ ++ +
viridis ? +
Synedra Entomon +++
? +
PHYTOLITHARIA 35.
Amphidiscus truncatus +
Lithasteriscus tuberculatus +
Lithodontium Bursa — +
curvatum —
furcatum ++ - +++
nasutum + +
oblusum +
platyodon Ft ITrrFE
rosiralum + ++
Lithostylidium amphiodon + Hr
angulosum R + His + 4t
biconcavum ++
119
Lithostylidium clavatum
Clepsammidium
crenulaltum
Emblema
laeve
polyedrum
quadratum
Rajula
rostratum
Rhombus
rude
serpentinum
Serra
spiriferum
spinulosum
Trabecula
unidentatum
ventricosum
Spongolithis acicularis
} cenocephala ?
foraminosa
Fustis
robusta
POLYTHALAMIA 2.
Seminulum plantae reniforme
Sporangium Fungi
s plantae simplex laevis
turgidus
[e}
8
2
Wien
Hirschberg
Kummernick
Ober -Wangten
DS
&
N
+++ +++
+ ++
++ ++
+ +
++
+++ +++
++ +
+ +
+++ +++
+
+ +
+
++++++
|
+
+
—++
+
++++
120
315
PIE eR
" S = : £
a|» Pe
Pilus plantae articulatus simplex obtusus + |
aculus —
Museci frondosi particula +
Cellulae plantarum —+
Vasa fibrosa plantarum + +- ++
spiralia +
reticulata +
ocellata Pini +
INSECTORUM FRAGMENTA 2.
Pes —? —+
Insecti Squamula alarum +
ANORGANISCHE FORMEN 3.
Kalkspath? weils kubisch +
? weils rhombisch —-
Lauchgrüne Krystalle
wg
Blafsgrüne Krystalle FUSESE
Bimstein -artige Theilchen er
Organische Theile 62
Anorganische Formen 5
28. Februar. Sitzung der physikalisch-mathe-
matischen Klasse. |
Hr. E. H. Dirksen, welcher wegen Krankheit abwesend
war, hatte eine Abhandlung eingesandt: Zur Transformation
er
von D; _,(1—2% Cosy-+k?) * inbestimmte Integrale.
Bei einer frühern Gelegenheit (s. Bericht über die Verhandl.
der Königl. Akad. d. Wissensch. zu Berlin vom 3. April 1843)
ist bereits vom Verf. bemerkt worden, dals sich für den Ausdruck
121
P, a D; =o (12% Cosy+k?) =
(k=0)
— )
o D; —/k)=
sitiv ‚gesetzt Fe og zwei Klassen bestimmter Integrale vermitteln
lassen, deren Differenziale beliebige Constanten enthalten, die
aber solcher nähern Bestimmungen fähig sind, dafs die entspre-
Be Differenziale selbst in einfachere Formen übergehen.
Die eine dieser Klassen entsteht aus der Gleichung
und, der Bestimmtheit halber, y als po-
+r
$ 1 fe) _ /t+Re‘)
2 In+i) di 2 ee
wo R eine beliebige angebbare Constante bezeichnet, in Ver-
bindung mit der Gleichung
N Eu: ı e(@_ı)
EN Flle RL RER ©, alt, FEGEHENER, ERS Card) 2,
pe ) I(n-+ 1) Di ze Er "I(n+1) de
Mit Rücksicht auf (1) entsteht alsdann
+7
P, = m : S Su, a de aa Ye vi,
Pad Ka Rer!
Das Differenzial dieses bestimmten Integrals vereinfacht sich am
meisten, wenn man setzt
Fi
E
|
|
|
entweder 2=+Siny, oder = tiSiny.
Im ersten Fall erhält man
+r
(5) P, = + S(Cosy& iSiny Sin)” dp,
$ 77
und im zweiten
[4 +
(6) P. = 4 S(Cosy #iSiny Cosy)"ap =
1 .
= Se: Fin) Cobp)" dr;
von welchen vier besondern Formen die Gleichung
122
(7) yaE=- ZN (Cosy — iSiny Cosp)" dp
mit der Laplace’schen (M£e. cel., t. V, p. 33) übereinstimmt.
Die andere jener beiden Klassen bestimmter Integrale ent-
springt aus der Gleichung
+7
Pe _ 1 fie)
(8 N an
wo R gleichfalls eine beliebige angebbare Constante bezeichnet,
sei es allein, oder in Verbindung mit der Gleichung
+7
9) Seertsaena=o
Auf den in Rede stehenden besondern Fall
Se
(10) SA) =(1—2kCosy-+k?) °
angewandt, werden die Differenziale der bestimmten Integrale,
in (8) und (9) enthalten, am einfachsten, wenn man R=1 setzt.
Nur tritt bei dieser Substitution eine Schwierigkeit hervor, die
nicht allein nicht übersehen, vielmehr scharf ins Auge gefalst zu
werden verdient. Die Gleichungen (2), (8) und (9) sind na-
mentlich nicht unbedingt, sondern nur unter gewissen Einschrän-
kungen gültig. An dem oben angeführten Ort ist in dieser Be-
ziehung der folgende Satz geltend gemacht worden.
Ist (streng allgemein) D; _, f(w) vollständig bestimmt, und das
Integral J f(re?’) ap, vnr=0, bs r=R undvnp=—r,
bis a=-+-r, continuirlich: so ist
+7
N 3 N
Te rer
Und dies vorausgesetzt, folgt sogleich, wie eben daselbst auch
af)
di"
man den sich daselbst eingeschlichenen störenden Druckfehler
verbessert) das Integral Sr + re’ Jap, innerhalb der vorhin
bezeichneten Grenzen, continuirlich ist, alsdann
bemerkt worden ist, dals, wenn
einföormig und (indem
123.
| ı aW_A fiC+Re‘),
F' IT(n +1) di“ 2% (Her'.) {
$ -r
ist.
I Für den besondern Fall
< SO=W—N",
auf welchen an jenem Orte das Hauptinteresse gerichtet ist, ist
die Einsicht in die Erfüllung dieser Bedingungen leicht zu ge-
|
winnen, weil die Funktion
St+re'’)= $e+ rer! „’—1}?
eine ganze Funktion von r, Sinp und Cosp, und daher rück-
sichtlich r und » unbedingt continuirlich ist. Für den besondern
all (10) aber ist die Erlangung dieser Einsicht mit mehr Um-
"ständlichkeit verbunden, indem namentlich die Funktion
1
& Are) fi—2re' Cosy + r?e?r' DR
nicht allein eine irrational-imaginäre Funktion, sondern auch für
4 und Cosp = Cosy ein Unendliches bildet.
Untersucht man nun diese Funktion näher, so ergibt sich:
F' ) dafs sie, ihrer irrational-imaginären Form ungeachtet, con-
tinuirlich bleibt von r=0, bis r= 1 ausschliefslich und von
p= —r, Cop=-+-r; 2) dals die Ordnungszahl jenes Unend-
lichen + ist, wenn Siny> 0, dagegen 1, wenn Siny= 0 ist.
Dies also vorausgesetzt, folgt zunächst, den Elementen der
EEE EEE ET
=
©
je}
-
=
—
ber}
I)
oO
=“
=}
{=}
>
je}
[je]
©
B
*
70
=
j>®
D
[Zu
-
mie
=
[2
[e}
@
-
5
e2)
-.
=
2
oO
-
n
—
2
°
=
©
-.
—
lich, ferner
+r
0) „fen mie ne ytefven]=o
—-n
u
wie auch, vermöge (11) und des oben angeführten Satzes (weil,
1
wie leicht zu übersehen, D; _, (1 — 2% Cosy + k?) * vollstän-
dig bestimmt ist)
124
+7
1 h R el
(13) fe mei Cosy ter} "p=
1
T(r +1)
Weiter folgt aus dem Obigen, ebenfalls den Elementen der In-
tegralrechnung nach, dafs, wenn Siny=0, also (weil yr.>0)
y=0, oder y=7 gesetzt wird, die in (12) und (13) enthalte-
nen bestimmten Integrale beziehungsweise, streng wissenschaft-
lich gesprochen, unmöglich werden, mithin
+r h
a Seren ser rg
ı
z
D;-. ft -2%KCosy+kr
—n
und
+7 1
(15) Serie Cosy+e??'? Fapı.=
Baal Rh 1 —2%C ey?
Tai #54 it Ber
ist.
Hiernach sind also die Gleichungen (8) und (9) für den in
Rede stehenden besondern Fall, d.h. die Gleichungen (12) und
(13), nur insofern gültig, als y. ist. Und dies vorausgesetzt,
haben wir uns jetzt mit diesen Gleichungen selbst zu beschäftigen.
Die Differenziale der bestimmten Integrale, in (12) und (13),
enthalten, bilden beziehungsweise implicit-imaginäre Funktionen.
Um sie auf explicit-imaginäre Formen zurück zu führen, dienen,
dem betreffenden Bestimmungsbegriff gemäfs, die folgenden Glei-
chungen. j
3 ß
@ + 2)" = (a?-+ B?)? e/r arcig@ wenn «>o0
EL} ’
ek -e)
= (a? B?)? eir\r — arcigyer), wenn a0,
N; ne
= (a?+ 82)? e'#\® + arcis 7er) wenne Cos y,
a nr
= 2? VCosy— Cosp, wenn Cosp < Cos y
t; und ferner, wie man leicht übersieht,
16) Si—2e'Cosytetrirt ?
Cos+p — iSin- +
BT ne vnp=—-m,bsp=-+nm,
= Eu Sen eu
22V Cosp — Cosy wenn Cosp > Cosy,
Sintp + iCos+tp» $
ze sent Tee: vnp=0,bsy=-+7,
= FB te
32 VCosy — Cosp wenn Cosp < Cosy,
Sintp + iCos+ 3
Er Tb bene ua vnpy=—m,bisp=0,
Ze
22 VCosy — Cosp wenn Cosp < Cosy
h N) . . ® > 0 .
st; mithin, weil y_ __ gesetzt wird,
+r
rt
Be Hi ? dp
ee fe Sr sur: dp
2 5 VCosy — Cosp Cosp
„fer pr al aD
32 VCosp — Cos: — Cosy
fe Sep nslasen
5 27 ul’CosyCosp
y
“ Cosnp Cos4p — Sinnp Sintp &
32 VCosp — Cosy
arg Cosnp Sin$+p + Sinnp Cos+p
Y
m dp.
32 VCosy — Cosp €
eine völlig analoge Weise erhält man
126
+ F
2 1 „=
(18) Se ft — 2er’ Cosy + e?ri I Fap R
> f ’Cos np mr zp + Sinnp Sin4p
I — dp
22 VCosp — Cosy
m
Cosnp Sin4p — Sinnp Cos 4p
+2 dp.
22 VCosy — Cosp
Aus der Verbindung von (1), (13) und (17) folgt
Gase eszP — Sinnp Sin4p ®
PEI V Cosp — Cosy
23 MM: ins np Sin—p + Sinnp Cos+p
22 2 VCosy — 1 — Cosp
(19) PB, Se
dp;
und die Verknüpfung von (12) und (18) gibt, insofern zugleich
n>0 gesetzt wird,
1 ; nd.
(20) Be Kösan SR 5pP-+ Sin np Sin4p =
ge V Cosp — Cosy
Cos np Sin4p — Sinnp Cos4p 2
2rVCosy — Cosp ä
Aus den Gleichungen (19) und (20) folgen endlich noch, in so
fern n nicht allein als ganz, sondern auch als angebbar voraus-
gesetzt wird,
2 Gas np Cosgp
21 PR, =— ————e dp
21) 32 VCosp — Cosy
2 au ar ——dp,
2 zVCosy — (osp
(22) pie 2 Kin np Sin—p ap u:
BE 32 VCosp — Cosy
m.
Sinnp Cos4p
el AV Ten
ver de VCosy — Cosp
127
Es sind nun die Gleichungen (19), (21) und (22), auf welche
der Verf. bereits in dem Eingangs angezogenen Bericht hin zu
' deuten sich erlaubt hat, und die, wie sich ergeben, nur in so
fern richtig sind, als y a“ gesetzt wird, während die Gleichun-
‘gen (5), (6) und (7) streng allgemeine Gültigkeit haben. An
‚sich betrachtet, mag dieses Resultat eben kein besonderes wis-
senschaftliches Interesse darzubieten scheinen. Dieses Interesse
dürfte sich jedoch anders gestalten, so bald das Ergebnis jener
a Igemeinen Verfahrensweise (s. Laplace, Theor. anal. d. Prob.,
Nr. 21) gegenübergestellt wird, welche zur Vermittelung der
Gleichungen (8) und (9), für den besondern Fall von R=1,.
"nicht selten angewandt zu werden pflegt. Nach diesem Verfah-
ren wird namentlich zunächst
(23) SR) = Yyo+ Yık + Yak? + Ysk’ + ininf.,
und hier e”‘ anstatt k gesetzt, wodurch man erlangt
) Se')=yotryıE' + Yae?Ff’ + Yze??’ + in inf.
Multiplicirt man nun die Gleichung (24) zuerst in e="?’ ap,
dann in e"”+')‘ dp, und nimmt von den beiden so entstehenden
Differenzialgleichungen die Integrale vnp=—r, bs p=-+ m:
;o erlangt man, wie behauptet wird, die Gleichungen (8) und (9).
Es ist aber klar, dafs, wofern dieser Fortgang zugleich eine
hinreichend explicirte wissenschaftliche Begründung der hervor-
tretenden Gleichungen bilden soll, nicht allein die Gleichung
(24) als wirklich statt findend, sondern auch die in derselben
enthaltene unendliche Summenreihe als convergirend vorausge-
etzt werden muls, und zwar beziehungsweise vnp=— r, bis
P=--r: eine Voraussetzung aber, welche weder für den vor-
| in besprochenen besondern Fall (10) zulässig, noch hier für das
stattfinden der betreffenden Gleichungen nothwendig ist. Auch
zuchtet es ein, dals, wenn jener Fortgang unbedingt richtig
äre, die Gleichungen (8) und (9) sich als unbeschränkt gültig
arstellen würden. Die wissenschaftliche Mangelhaftigkeit jener
Kortschreitungsweise (und dies ist gerade der Punkt, der hier
hervorgehoben werden sollte) liegt demnach klar zu Tage.
orrx
128
Aufserdem kamen zwei von der Gesammtakademie an die.
physikalisch-mathematische Klasse verwiesene Schreiben zum Vor-
trag: ;
4) des Hrn. v. Mühlbach d. d. Köln d. 24. Januar d. J. in
Betreff früher angestellten Versuche über die Dauer der Höl-
zer: welches den Hrn. Crelle und Hagen zugewiesen
wurde, um das Nähere über den Gegenstand zu ermitteln,
über welchen Hr. v. Mühlbach Auskunft zu erhalten
wünscht.
2) des Hrn. Ludw. Moser d. d. Malta den 12. Januar d. J.
über das Erdbeben, welches Tages zuvor sich daselbst er-
äugnet hatte: welches Schreiben der Akademie von der phi-
losophischen Facultät der hiesigen Universität war zugefertigt
worden, und den Mitgliedern der Akademie, welche davon
Kenninils nehmen wollen, zunächst Hrn. Dove, mitgetheilt
werden soll.
Bericht
über die
zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen
4
der er Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften
% zu Berlin
im Monat März 1848.
Vorsitzender Sekretar: Hr. Böckh.
2, März. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Karsten las über die gegenseitigen Beziehun-
zen, in welchen Anhydrit, Steinsalz und Dolomit in
ihrem natürlichen Vorkommen zu einander stehen.
Anhydrit und Steinsalz gehören den geschichteten Forma-
tionen in welchen sie angetroffen werden, nicht als Glieder an,
ondern als eingedrungene Massen, die bis zu jenen Formationen,
dder noch über dieselben hinaus, aus dem Inneren der Erde hin-
uf gedrängt worden sind. Gips ist keine ursprüngliche, sondern
eine aus der später erfolgten Umänderung des Anhydrit entstan-
jene Gebirgsart. Die Umänderung des Anhydrit in Gips kann
ntweder auf der ursprünglichen Lagerstätte des ersteren, oder
°hon getrennt von derselben, erfolgt sein. In beiden Fällen, aber
' dem letzteren am mehrsten in die Augen fallend, können Gips-
hichten, ja ganze Gipsflötze, in jeder Periode der Bildung ge-
hichteter Gesteine erwartet werden, wenn während dieser Pe-
iode Anhydritmassen über die vom Wasser bedeckte Erdober-
äche ausgegossen wurden, und solche ‚Schichten oder Aigtze
Bei den Skeicalzalfägerhin treten die, durch den späte-
a Einflufs des Wassers bewirkten Veränderungen der Ablage-
ngsweise, noch deutlicher und bestimmter als bei den Anbhy-
130
Die Lagerungsverhältnisse des Anhydrit und des Steinsalzes |
sind häufig verkannt worden, weil man Anhydrit und Steinsalz
von ursprünglicher Bildung, mit den Lagerungsverhältnissen ver-
wechselt hat, welche sich bei dem später durch Wasser verän-
derten Anhydrit (Gips) und bei dem regenerirten Steinsalz er-
geben.
Der Dolomit ist, — wie Hr. v. Buch überzeugend darge-
than hat, — ein durch Cementation mit Dämpfen veränderter
Kalkstein. Diese Umänderung des Kalksteins in Dolomit konnte _
jeden Kalkstein in jeder Bildungsperiode betreffen. Eine Bildung
des Dolomit auf nassem Wege ist eben so unmöglich, als die
aus einem Feuerflüssigen Zustande der Kalksteinmasse. Es mufs
auf das Wesentliche der Theorie der Dolomitbildung das wahre
und eigentliche Gewicht gelegt werden, und dieses besteht darin,
dafs jede Dolomitbildung auf einem anderen Wege, als auf dem
der Cementation mit Dämpfen von Magnesium, unmöglich ist.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Handbuch über den Königl. Preussischen Hof und Staat für da
Jahr 1848. Berlin. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Herrn von Raumer hierselbst
vom 27. Febr. d.J. &
Reuss, Johann I. von Egloffstein, Bischof von Würzburg u.
Herzog von Franken, Stifter der ersten Hochschule in W. ürz-
burg. Würzburg. 1847. 8. 2Expl.
C. E. Hammerschmidt, allg. österreich. Zeitschrift für den.
Landwirth etc. 20. Jahrgang 1848. No.1. Wien. 4.
Kunstblatt 1848. No. 6.7. Stuttg. u. Tübing. 4.
Aufserdem wurde ein Schreiben des vorgeordneten Königl.
Ministeriums vom 24. Febr. d. J. vorgetragen, womit die auf
Antrag der Akademie durch die Königl. Gesandtschaft zu Paris
von der dortigen Bibliothek entliehene Handschrift des Stepha-,
nus von Byzanz N. 1413 übersandt wird.
ER
”
”
”*
2
ä
9. März. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Karsten las über die Verhältnisse unter wel-
chen die Gipsmassen zu Lüneburg, zu Segeberg und
zu Lübtheen zu Tage treten.
131
Die genannten Gipsmassen sind Anhydrit, der auf seiner
ursprünglichen Lagerstätte theilweise in Gips umgeändert
ward. Die plutonische Bildungsweise des Anhydrit wird durch
das Verhalten zu den geschichteten Gesteinen nachgewiesen,
welche, durch die Erhebung des Anhydrit, der Erdoberfläche
ebenfalls näher gerückt worden sind; sie wird aber auch bestä-
tigt durch die Beschaffenheit der Massen, mit welchen die Spal-
ten im Gips ausgefüllt sind. Diese Spaltenausfüllungen zeigen
_ an allen drei Punkten dasselbe Verhalten und dieselbe chemische
Zusammensetzung. Sie bestehen aus einem krystallinischen, bald
dichtem, bald körnigem, bald schiefrigem, bituminösem Gemenge
von fein zerriebenem Kieselthon, von kohlensaurer Kalkerde und
kohlensaurer Bittererde, in sehr verschiedenen Verhältnissen.
Diese Verbindungen der kohlensauren Erden sind weit verschie-
‘den von der Zusammensetzung des Dolomit, aus welchem sie ur-
sprünglich entstanden sein mögen. Der Muschelkalkstein, wel-
cher bei Lüneburg, in steil aufgerichteten Schichten, bis an die
Erdoberfläche gehoben worden ist, enthält die kohlensaure Bit-
tererde nicht im Gemenge mit der kohlensauren Kalkerde, son-
dern im Zustande des wahren Dolomits. Die Umänderung des
"Muschelkalkes in Dolomit ist um so vollständiger erfolgt, je mehr
der Kalkstein der Erhebungsspalte des Anhydrit genähert ist. Die
hangendsten Schichten enthalten nur geringe Antheile von Do-
lomit, welche den Character desselben, der in der Nähe der
Spalte ganz eingebülst ward, nicht wesentlich verändert haben.
Die Beschaffenheit der Spaltenausfüllungen in den Gipsmas-
‚sen zu Segeberg und Lübtheen führt zu dem Schlufs, dafs der
Behr, bei seiner Erhebung, ebenfalls Schichten von Kalkstein
durchbrochen und theilweise im Dolomit umgeändert haben muls,
wenn diese auch nicht, — wie es zu Lüneburg wirklich der Fall
ist, — bis zur Erdoberfläche gelangt sind. Aus den Lagerungs-
_ Verhältnissen und aus der Beschaffenheit der Spaltenausfüllung
ergiebt sich ferner, dafs die jetzt zu Tage stehenden Gipsmassen
die Erdoberfläche erst erreicht haben, nachdem sich die tertiären
Kama schon abgelagert hatten. Dagegen werden die me-
anischen Stöhrungen, welche die Schichten des Nebengesteins
erlitten haben und die chemischen Veränderungen derjenigen
_Kalkschichten, welche mit der Erhebungsspalte in nähere Berüh-
nn Bi
132
rung kamen, wahrscheinlich einer ungleich früheren Periode an-
gehören, denn die Erhebung des Anhydrit scheint, wie aus der
Beschaffenheit der Ausfüllungsmasse der Spalten hervorgeht, lang-
sam, vielleicht gar mit Unterbrechung, erfolgt zu sein.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
4stronomische Beobachtungen auf der Königlichen Universitäts -
Sternwarte in Königsberg. Herausgegeben von A. L. Busch.
Abth. 23. vom 1. Jan.—31. Dec. 1837. Königsberg 1847. Fol.
Schumacher, Astronomische Nachrichten. No.627. Altona 1848.
4.
C. E. Hammerschmidt, allg. österreich. Zeitschrift für den
Landwirth ete. 20. Jahrgg. 1848. No. 2. Wien. 4.
Knnstblatt. 1848. No.8. Stuttg. u. Tübing. 4.
Aufserdem kamen zum Vortrag: :
4) Ein Schreiben der Akademie der Medicin zu Paris d.d.
28. Dec. 1847, betr. die wechselseitige Zusendung der Schrif- .
ten derselben und der hiesigen Akademie.
2) Ein Schreiben des Instituts für archäologische Correspondenz
zu Rom d.d. 19. Febr. 1848 über den Empfang der Ab-
handlungen der Akademie v. J. 1845 und des Monatsberich-
tes vom Juli 1846 bis Juni 1847.
13. März. Sitzung der philosophisch-histori-
schen Klasse. f
Hr. Pertz las über das Heldengedicht von König,
Heinrich IV. Sachsenkriegen.
16. März. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Bopp las über das altpersische Schrift- und
Laut-System.
Es ist eine sehr gewöhnliche Erscheinung in der Sprachgei
schichte, dafs die Endlaute eines Wortes abgelöst oder geschwächt.
werden. So hat sich im Zend das lange # am Ende mehrsylbigeig
Wörter, dialektische Eigenheiten an verschiedenen Stellen des.
Yas’na ausgenommen, fast regelmälsig gekürzt, und im Lateinischen.
findet man langes & am Ende der Wörter vorzüglich nur da, wo
ursprünglich noch ein Consonant hinter ihm stand, wie im Ablat.
133
sing. der isten Decl., wo 4 für da steht, während sich im Nom. das
ursprünglich lange @ des Stammes gekürzt hat, daher z.B. oidua —
skr. fat vidavd, equa — Es al asvd4, nova — Aal raod.
‚Auch im Gothischen hat sich die Länge des « am Ende mehrsylbi-
\ ger Wörter gekürzt, namentlich im Nomin. der sten starken De-
-elin. der Feminina. Wo aber ö oder £, die etymologischen Vertre-
‚ter des langen 4, ein mehrsylbiges Wort im Gothischen schlielsen,
! waren sie ursprünglich durch einen nachfolgenden Cons. geschützt,
z.B. im Genit. pl., wo € und ö der skr. Endung 4m, griech. wv be-
_ gegnen. In Adverbien wie anjathrö anderswoher entspricht
das ö dem skr. &t und zend. #t des Ablat. der männlichen und neu-
tralen Stämme auf a, die auch im Altpersischen nach einem allge-
| meinen Gesetze den schlielsenden T-Laut verloren haben, wodurch
‚eine äulserliche Gleichheit zwischen dem Abl. und Instrum. einge-
treten ist, die uns aber nicht veranlassen darf, die wirklichen Abla-
tive mit Benfey als Instrumentale zu erklären. Die Präposition
hadä aus, von regiert, wie es ihrer Bedeutung zukommt, im Alt-
‚pers., wie im Zend, den Bu Abhdv, daher Beh. 1.40. G 7 Y- M- X
pP IT. NT >= .Y- di -M- halä kabugiya von tee
Interessant sind die Ablative hr. e- =. YY- Zyanä und M-
-- ıe SCH YYy- eniyanä, die u, ebenfalls als Instrumen-
tale erklärt; dann hätten sie, wie das skr. Fe /y&na und Hrael
any&na, ein euphonisches n zwischen dem Stamm und der Casus -
odung. Allein das Altpersische und Zend wissen nichts von die-
sc m rn im Instrum. (*); die Form anä durch diesen, worauf sich
Penfey S.72.u.82. beruft, ist zwar wirklich ein Kae ., sie hat
ber in ihrem Bildungsprincip nichts mit zyanä und aniyanä
gemein, denn sie kommt nicht von dem Demonstrativstamme a,
ondern von ana, wovon im Skr. Hart anena. Die Formen
yand und aniyanä aber sind ihrer Bedeutung nach keine In-
mentale, sondern echte Ablative; ersteres heilst (Beh. 1.23.)
'on wo an, seit, und aniyanä wird an den beiden Stellen, wo
5 kommt (Lass. H. 11.1. 20.), von der Präposition Aa dä regiert.
Was das Bildungsprincip dieser Formen anbelangt, so stimme ich
awlinson’s scharfsinniger Erklärung bei, nach welcher nä dem
ir. smät der Pronominal-Ablative entspricht, also iyand =
2 S. Vergl. Gramm. $.298. Anm. 2.
.
134
skr. zyasmät, und aniyanä = anyasmät. Das s, welches
hätte zu % werden sollen, ist unterdrückt, wie in M- Te Y- £ d
amiy ich bin = skr. asmi, und das m ist zu n geworden, wie
in der skr. Endung der 1sten P. sing. des Imperativs, wo äni of-
fenbar für ämi steht. Doch stellt Rawlinson selber (Journal of
the Royal Asiatic Society X. p. 199.) die Erklärung von -an& aus
-asmät nicht mit der Zuversicht auf, die sie meiner Überzeugung
nach verdient, sondern läfst bei 3! ve T iyanä auch die
Möglichkeit zu, dals es dem demonstrativen Instrum. V-=CM
anä analog sein und auf das skr. Ar ty&na sıch stützen könne.
Ich halte beides für unmöglich, weil ich, wie bemerkt worden,
M:- = W- anä nicht von einem Stamme a, sondern von ana ab-
leite, und weil ich überhaupt für die Einfügung eines euphoni-
schen n im Instrum. im Altpersischen keinen Beleg kenne. Wenn
aniya, welchem Rawl. an mehreren Stellen gewils mit Recht die
Bedeutung Feind zuschreibt, im Ablativ der Pronominal-Deeli-
nation folgt, so gründet sich dies auf seine ursprüngliche Bedeutung
alius, wobei zu berücksichtigen, dafs es auch im Sanskrit ein Wort
gibt, welches sowohl anderer als Feind bedeutet, nämlich para,
wovon par&esäm hostium nach Analogie der Pronominaldecli-
nation (Draup. VI. 29.).
An der vorhin erwähnten Kürzung des schliefsenden ä, die
wir im Zend, Lateinischen, Gothischen und gelegentlich auch im
Griechischen wahrnehmen, nimmt das Altpersische nicht nur nicht
Theil, sondern es hat sich auf einem entgegengesetzten Wege vom
Urzustande der Sprache entfernt, indem es das kurze a, wo es von
Haus aus am Ende stand, und nicht erst durch den Wegfall eines
folgenden Cons. an das Wort-Ende gelangt ist, regelmäfsig ver-
längert hat; es sei denn, dafs unter Einwirkungen, die ich sogleich
näher bezeichnen werde, eine gesetzmälsige Kürzung eingetreten
sei. Der Vöda-Dialekt, auf den sich Benfey in einzelnen Fällen
beruft, wo unorganische «- Längen am Ende altpersischer Wörter
erscheinen, kennt keine principmälsige Verlängerung des schliefsen-
den @’, sondern zeigt blos gewisse Endungen gelegentlich lang,
während andere immer kurz erscheinen, z.B. die Genitiv-Endung
sya. Diese aber ist im Altpersischen, sehr wenige, mir darum ver-
dächtige Formen ausgenommen, dem allgemeinen Princip zufolge
/ 135
überall lang, wo nicht ein besonderer Grund zur Kürzung vorwal-
tet, Einen solchen Grund glaube ich entdeckt zu haben bei den
Monatsnamen auf a, nicht als wenn diese ein Privilegium hätten
_ zur Bewahrung der ursprünglichen Kürze, sondern weil sie auf der
Inschrift von Behistum nur vor der allgemeinen Benennung des
Monats sich zeigen, ein Fall der ungefähr 18 mal vorkommt, und
nicht ein einziges Mal hat der Eigenname des Monats die lange En-
dung hyä, nicht ein einziges Mal auch die darauffolgende allge-
meine Benennung des Monats die kurze aaa Al z.B. Beh.]l.
EEE NT EEE irakna-
hya mähyä des Viyakhna-Monats. Ich deute durch diese
Übersetzung an, dals ich die beiden Wörter für ein Compositum
Bisle, wenn sie gleich getrennt geschrieben und beide mit Casus-
- Endungen versehen sind. In letzterer Beziehung erinnere ich an
- Fälle wie das griech. örrıs und die sogenannten emphatischen Ad-
_ jective im Litthauischen, z.B. gerasis der gute, geramjam dem
guten; in Bezug auf die Trennung der einzelnen Glieder der
Composita im Altpers. beachte man die graphische Gewohnheit des
Zend, z.B. in pe’rend mäonhe'm plenam lunam, kerefs ka-
r6 corpus edentes (carnivori).(*) Die Belastung eines Wortes
(*) Da in den obigen Zend- Compositen die Nominative pe’-
rend und kerefs die Stelle des am ersten Gliede der Composita
zu erwartenden Thema vertreten, so mag hier darauf aufmerksam
gemacht werden, dafs es auch im Altpersischen Composita dieser
‚Art gibt. So wenigstens glaube ich Formen wie käpiskänis
nämä eine käpiskäni-namige (didä Burg, Beh. III. 60.),
gudrus näma eine gudru-namige (vardanam Stadt,
ein Neut. Beh. II. 65.) trotz der graphischen Trennung der zu einem
Comp. verbundenen Wörter fassen zu müssen. Im Sanskrit er-
heint näman Name häufig am Ende possessiver Composita, wie
nalanäman den Namen Nala habend. Das Altpers. aber
hat den Stamm näman in der Compos. durch Ablegung des n ver-
ürzt, wie im Griech. övoua@T in analogen Compp. sein 7 ablegt
und & zu o schwächt (öuwvuuos, FuvWvuuoS). Im Neut. sollte man
im Altpers. den Nom. nämam erwarten, dafür aber steht näma,
vielleicht als Verstümmelung von nämam, oder als Überrest der
136
durch Composition gibt aber leicht Veranlassung zur Schwächung }
eines der vereinigten Glieder, daher tritt im Lateinischen der leich-
teste Vocal : an die Stelle der schwereren Vocale, z.B. in Zerricola
für Zerracola, eoelicola für coelucola oder eoelocola.
Es verdient Beachtung, dals im Altpersischen auch die Mo-
natsnamen auf ’ vor mähyä des Monats eine schwächere En-
dung haben, als den männlichen Stimmen auf i überhaupt zukommt.
Die ursprüngliche Endung des Genitivs der männlichen Stämme 7
auf i ist 4is, d.h. s mit Diphthongirung des stammbaften i zu @i,
daher m-W- & =. 1: -<- dispäis des Tschischpi (Beh.I.
Ye MN SI M- 1 Geikrais des Tschi-
tschikhri (l.c. II.9.), dagegen *Y. fy- YıY. M- GL. ıe- mM: bägayädais mähyä des Bägayä- )
di-Monats (L55.) und KT. #.(M. =. PM. UM.
€ ‚e- Mm: faigarca is mähyä (wenn nicht fi... zu lesen) des z
Thaigartschi-Monats (I1.69.). Ist aber dis der wahre Aus-
gang des Genitivs der i- Stämme, so begegnet das lange @ des Diph- 7
ihongs dem langen o (&b) der zendischen Genitive wie sub Ri
patöis des Herrn von paiti, und es ist zu beachten, dals im ”
Zend der skr. Diphthong € (—=a-+i) vor einem schliefsenden s und 7
! immer durch sb di vertreten ist, daher auch Baröis du mö-
gest tragen — skr. bares, griech. Begeıs. Im Altpers., wo
Potentiale dieser Art noch nicht belegt sind, würde ich barä is
erwarten. Ri
Die hier aufgestellte Theorie der Genitiv-Bildung wäre ver- J
letzt, wenn ad(i)Caris in einer Stelle der Inschrift von Beh.
(1.64. 65.), wie Benfey annimmt, wirklich ein Genitiv wäre. Es
wäre dann adicarais zu lesen, da in dem r ein kurzes a enthalten j
sein kann. Rawlinson liest jedoch abicaris‘ (abicharish) und
falst diese Form als Nom. sing. Mir gilt sie als Acc. pl. und ich lese”
daher adicar is mit langem i, nach Analogie von =. Y- <: dis,
ursprünglichen Declination (vgl. skr. näma als Nom. und Acc),
doch ohne die vom allgemeinen Princip gefoderte Verlängerung
des a, wegen der Belastung durch Composition.
137
| xy g1- Q sis eos (*) von den enklitischen Pronominalstäimmen
di, si. Möglich, dals dins, sins und abicarins zu sprechen,
und dals der Laut des Anusvära, welcher im Sanskrit nur durch
_ einen Punkt angedeutet wird, im Altpersischen zwar nicht ‚geschrie-
| ben, aber doch gesprochen wurde. Die Formen dins, s/ns und
_ abicarins würden schön zu gothischen Plural- Accusativen wie
gastins stimmen, und zu vedischen wie gir/nr, vasünr, wo das
r für s steht, durch den Einfluls eines folgenden Vocals oder a
+ (#®). Vielleicht bedeutet adicdari soviel als caerimonia, da die
j Sanskrit-Wurzel I dar gehen auch thun, verrichten be-
- deutet; dann wäre abicari(n)s im gestöliälichen Sinne des Acc.
zu fassen, also caerimonias (cantumque, cultumque). Sollte aber
abicari wie abicari im Sanskrit Unterthan bedeuten, so wür-
de ich annehmen, dafs der Acc. hier, wie öfter, dative Bedeutung
habe, und es bedürfte danach nicht der von Rawl. (p. 208.) ange-
deuteten Vermuthung, dafs in dem besprochenen Worte ein 5 durch
{ "Versehen des Steinmetzen ausgelassen sei, und also adbicaris für
h abicdarabis stehe. Übrigens nennt Rawlinson diese Stelle die
- schwierigste der ganzen Inschrift, und sie ist jedenfalls nicht dazu
"geeignet, auf den Grund von Benfey’s Vermuthung, dals abica-
ris ein Genitiv sei, den oben ausgesprochenen Satz zu entkräften,
dals dis der wahre Ausgang des Genitivs der ’-Stämme sei, und
dals nur unter der angedeuteten Veranlassung die Kürzung von
u: zu ais eintrete. Aulser 4is und ais findet man im Genitiv
der männlichen Stimme auf i auch Formen auf isah yä, nament-
‚lich in &ispisahyd, statt des oben erwähnten eis päis, in einer
kleineren Inschrift (bei Rawl. A.s.), und dem analog ist ein ver-
stümmeltes Wort wahrscheinlich fravartisahyä zu lesen (8.
(*) Ich nehme mit Lassen an, dafs die Buchstaben, welche in
der Keilschrift das ? und z bezeichnen, den beiden Quantitäten an-
gehören, wie am Anfange der Wörter der «-Buchstabe ( m) so-
wohl die Kürze als die Länge ausdrückt. Da aber das kurze a in
der Mitte und am Ende gar nicht geschrieben wird, sondern dem
vorhergehenden Cons. inwohnt, so wird 172 an diesen Stellen blos
la gesetzt, wo der Vocal lang ist.
(**) S. Kleinere Sanskrit - Gramm. 2te Ausg. $. 145. Anm.
3
133
Rawl. Notes p. 50.). Wie sind nun diese Formen aufzufassen?
Schwerlich so, dafs aus dem Nomin. auf s sich ein erweitertes The-
ma auf @ gebildet habe, dem dann die Genitiv-Endung der a-Stäm-
me angetreten wäre, gleichsam als wenn man im Latein. von ignis
einen Genitiv zgnisi und im Sanskrit von agnis einen Genitiv
agnisasya bilden könnte. Da das Altpersische häufig von abso-
luten Nominativen Gebrauch macht, so zweifle ich kaum, dals eis -
pisahyä eine Zusammensetzung sei aus dem Nomin. dis pis und
dem Genitiv des Demonstrativstammes a (ahyd — skr. asya);
also dispisahyä pitä hakämanis „Teispes dessen Vater
(war) Achaemenes”, statt „des Teispes Vater war Achaemenes”.
Wir kehren zu dem Gesetze der Verlängerung, des schlielsen-
den a ‚zurück. Dieses Gesetz wäre verletzt, wenn Yyy. T=. >-I<.zhıY
avag.ata (Beh.1.32.) wirklich, wie Benfey annimmt, eine 3te P.
Medii mit passiver Bedeutung und unterdrücktem Augment wäre.
Auch Raw. (p. 201.) findet Schwierigkeit in der Erklärung dieser
Form, sowohl in etymologischer, als grammatischer Beziehung. Die
Etymologie hat Benfey insofern zichüg erkannt, als er darin die
Wurzel gan tödten = skr. han in Verbindung mit der Präp.
M- >>. ava sieht, während Rawl. an die Wz. Is] vag denkt,
so dals das @ als Augment aufzufassen wäre. Es ist aber avag 'ata
gewils nichts anders als der Nom. masc. des Part. perf. pass., denn
es entspricht so genau wie möglich dem skr. avahatas, so dals
dem « der Endsylbe, weil ursprünglich ein Cons. dahinter stand,
im Altpers. eine Verlängerung nicht zukommt.
Bi a Y-«- Y-W. naisida (so lese ich absichtlich für nisi-
da) nicht hier ist das verlängerte # des locativen Suffixes d4
(zend. dha) in seine Kürze zurückgetreten wegen der Belastung
des locativen Adv. durch die Composition. Ich theile aber nicht
nais-ida, sondern nai-sida. Denn da es im Altpers. einen De-
monstrativstamm si gibt, dessen Erzeugnisse nur enklitisch ge- 6
braucht werden, so liegt es nahe, auch ein Adverbium sid4 von
diesem Pronominalstamm anzunehmen, welches nur in Verbindung
mit der Negation vorkommt, die sich auf das skr. n&z und zend.
nöit stützt, deren schliefsender T-Laut im Altpers. nach einem all-
gemeinen Lautgesetze weichen mufste. Rawlinson, welcher ni-
sida schreibt, erkennt darin (p.248.) die skr. Präpos. erg] nis
139
aus, allein die Verbindung dieser Präpos. mit einem Adverbium
wäre unsanskritisch; der Anstols aber, welchen Rawl. an der Kürze
des Endvocals nimmt, ist durch das obenangedeutete euphonische
Gesetz beseitigt. Benfey bemerkt in seinem Glossar (p.91.), dals
ida für idä stehe, ohne einen gesetzlichen Grund der Vocalkür-
zung anzugeben; das vorhergehende s hält er für die Umwandlung
- des ursprünglichen z und beruft sich hierbei auf Formen wie ak u-
nus (zu lesen akunaus) er machte — skr. akrnöt (aus
akarnöt). Der Unterschied aber ist, dafs, während hinter z oder
_ dem Diphthong au das schlielsende # in der That regelmäßig zu s
geworden ist, hinter / und ai, wie hinter @ und ä, das schliefsende z
- verloren gegangen, wornach : zu iy, und ai zu aiy werden mulste,
daher Ciy aus der enklitischen Partikel far dit, und naiy aus
x Arnee. Vor dem enklitischen s’da unterbleibt aber die Erwei-
terung von nai zu naiy, also nai-sida.
Auch solche «-Längen, welche nicht in Folge des dem Alt-
_ persischen eigenthümlichen Gesetzes aus ursprünglichen Kürzen
_ erzeugt, sondern ursprünglich sind, findet man zuweilen unter dem
_ Einflusse der Belastung durch Composition gekürzt. So bewirkt
- das enklitische maiy meiner, mir die Kürzung des Fem. kuvä
diese, daher Auoa-maiy, Beh. III. 11, wo Auva sich auf das
Fem. dahyäus Land bezieht. Die prohibitive Partikel mä
scheint, wenn biyä sit (= skr. Prec. düyäz) darauf folgt, mit
‚diesem in einem engen phonetischen Zusammenhang zu stehen,
‚oder ein Compositum damit zu bilden und daher die Kürzung des
langen # von diyä zu bewirken. Es ist gewils kein Zufall, dafs
zweimal auf der Inschrift von Beh. mä biya „ne sit” le-
sen, (*) dagegen 5mal diyä ohne vorhergehendes ınä (IV. 56 zwei-
mal, 58, 74,75).
-(*%) Beh. IV. 59.u.79.; Benfey schreibt jedoch an beiden Stel-
len diyä. Falst man apagaudaya (Beh. IV. 54.: mä apagau-
daya verbirg nicht) und die am Schlusse der Inschrift von
N.R hinter mä stehenden Formen: mä /adaya verlals nicht
e. als Imperative, und nicht nach sanskritischem Princip als Aug-
_ ment-Präterita mit unterdrücktem Augment und imperativer Be-
deutung, so ist das vom Verlängerungsprineip geforderte lange &@
140
In Zusammenhang mit dem Gesetze der @-Verlängerung am
Wort-Ende könnte man die Erscheinung bringen, dals die Vocale
i und z, sowie die damit schliefsenden Diphthonge ai und au, durch
den Zusatz des dem Vocal entsprechenden Halbvocals verstärkt wer-
den, nämlich i und ai durch y (unser j), v und au durch o (unser
w), daher z.B. M- 1: Y- ve amiyich bin — skr. HEN as-
mi, M- =. hr]. Y- ‚e- astiy er ıst = Ten asti, 72 =.
<= Y- ve: upariy über = sun upari, >Yyf. Ir ve- maiy
meiner, mir — Fu me (aus mai), zT. Y- e- taiy dei- KH
ner, dir = A te (aus tai), =M-N MR päfuso er er-
halte, schütze = Ufef pätu. Aue für au findet man in Lo-
cativen von männlichen Stämmen auf z, indem nämlich der skr.
Diphthong AI du im altpersischen Locativ sein erstes Element ge-
kürzt hat, daher z.B. -T. M- =!. Y- =T. 72 =. bäbiraue in
Babylon von "1. yy.FV. 1. <<. (if. sabiru.
Hinter 7 geht i blos in y, nicht in öy über, daher M- “. ıe: ?
ahy dubist = Sin asi, m-. GC. amahy wir sind
— ved. EHTET smasi (aus as-masi), wobei ich daran erinnern
will, dals im Altslawischen die Personal-Endungen ni und ti in
der Gestalt von Mb nj und Tb ij erscheinen, so dals KIMB jesmj,
KEUTB jestj dem skr. asmi, asti und litih. esmi, esti gegenüberste-
hen. Auch kommt im Altslaw. :j (ill) als Erweiterung eines schlie-
(senden i vor, und die Diphthonge ai, ei, oi werden durch AU aj,
EIT ej, Ol oj vertreten. (*) Vom slawischen aj weicht der altper-
ebenfalls wegen des vorhergehenden m& gekürzt. fadaya erkläre
ich aus der schon von Lassen in Vorschlag gebrachten skr. Wz.
tyag verlassen, mit dem Charakter der 10ten Kl. Die Form
hyä (Z.56.) gilt mir als 3. P. pl. des Potent. (vgl. die zend. Endung
yann aus yän), und framänä als Nom. pl. neut. nach dem Prin-
cip des Veda-Dialekts. Ich übersetze also das Ganze: «Mensch! es
seien (in Kraft) des Auramazdä Befehle, er dein Führer (gasträ
von der skr. Nebenwurzel gac gehen mit causaler Bedeutung),
verlafs nicht den rechten Weg, sündige nicht, zerstöre nicht». ;
(*) Ich habe früher das slaw. I durch ! übertragen, da es aber.
141
sische Diphthong aiy nur dadurch ab, dafs dem Halbvocal y (=
noch der entsprechende Vocal vorklingt.
Da die altpersische Keilschrift die Fälle nicht unterscheidet,
wo ein Consonant mit @ zu lesen oder vocallos ist, so könnte man
auch für iy, we, aiy, auo mit Rawlinson iya, uva (uwa),
aiya, auva (auwa) lesen; ich ziehe aber in zweideutigen Fällen
immer diejenige Lesung vor, bei welchem der altpersische Sprach-
zustand sich am wenigsten von den Urformen entfernt, und soviel
ist gewils, dals iy, aiy, uo, auo den primitiven Endungen ;, ai,
u, au näher liegen als iya etc., und dals z.B. asziy, pd/uo dem
'skr. asti, pätu weniger entfremdet erscheinen als asziya, pä-
fuoa. Die Ansicht, dafs durch Y- ‚e iy und N72 >P>= wo blos
‚die Länge des i und u bezeichnet werden solle, dafs also z.B. Yy
Ts hl. Y- ‚e astiy wie ast?! zu lesen sei, widerlegt sich durch
Formen wie M- CA. ve ahy du bist, W- -YyY. CK. ıe amahy
wir sind, wo y unmöglich als Verlängerungszeichen, sondern nur
als Erhärtung des ursprünglichen ? gelten kann, nach Analogie der
‚oben erwähnten altslaw. Formen KIMB jesmj ich bin, KUTb
Jjestj er ist. Wahrscheinlich ist aber auch hinter r das schlie-
Isende i im Altpers. zuerst zu iy erweitert, und später das i ver-
drängt worden, so dals blos der euphonische Zusatz zurückgeblie-
ben. Aus ahi wäre also zunächst aRiy und hieraus aRy geworden.
Gelegentlich findet man die ee von i zu iy auch in
Aoristbildung im Altpersischen. i y ‚gegenüber, daher Yy M- (el. 72
«AN E-W16-%- aa’ urug-iy-sa sie logen (Beh. IV.
35.).(*) In der Regel aber bleiben z und x am Anfange und in der
patiy (= skr. prati) in der Zusammensetzung zur Form pati
zurück, nur dals vor Vocalen, wo das Skr. zur Vermeidung des
Hiatus die Umwandlung des i in & y verlangt, im Altpersischen,
vie j ausgesprochen wird, so scheint es mir jetzt zweckmälsiger es
h so zu schreiben.
- (#%) Wer iy (ij) vor Consonanten zu hart findet und darum lie-
4 er iya lesen will, möge serbische Formen wie yiljMa cCijma
Dat, pl. von YHj Cij, Wuk p.61.) berücksichtigen.
Be en
142
Bo
Er
welchem die unmittelbare Verbindung von y und oe mit einem vor-
hergehenden Cons. nicht zusagt, iy für y und wo für 0 gesetzt i
wird, daher zwar pati-kara Bildnils, aber patiy-äisa ac-
cesserunt, obvenerunt (Beh. 1.13.18.) = skr. TrageL )
praty-äisan (Wz. zqis gehen).
Da Wortformen, welche ursprünglich mit einem Diphthong
enden, trotz der in dem Diphthong enthaltenen Länge dennoch
durch den Zusatz eines y oder v erweitert werden, so wird es hier-
durch wahrscheinlich, dafs auch einem langen i und u der entspre-
chende Halbvocal zur Seite trat, und dafs man daher im Altpersi- |
schen Duale auf /y und Ze von Stämmen auf ’ und u zu erwarten
hat, gegenüber den sanskritischen wie ao? zwei Schafe von avi,
sünü zwei Söhne (litth. sun&) von söünu. Einen Accus. du.
auf /y glaube ich entdeckt zu haben an dem enklitischen Pronomi-
nalstamm ET. Y- di. Denn wir lesen Beh. IV. 68.69.: ya drau-
gana ahatiy hyavä .. ahatiy avaly mä ... atifrastä-diy
parsä „wer ein Lügner ist, oder wer ... ist, diese nicht
(schone), als strenger Strafer diese strafe”. Avaiy ist
der mit dem Nom. identische Acc. pl. des Demonstrativstammes
ava und vertritt die Stelle des Duals, den vielleicht die Pronomi-
nalstimme auf @ verloren haben; das mit azifrastä verbundene
diy kann aber nur ein Dual sein. Benfey, welcher zuerst in die-
sem Encliticum den Demonstrativstamm d’i (fi nach Rawlinson’s
Lesung) erkannt hat, liest jedoch fiya (diya) und falst diese Form
als Genitiv sing. Dann wäre a (= skr. as) die Casus- Endung.
Solche Genitive von Stämmen auf ; sind aber im Altpersischen
noch unbelegt, und das Skr. gibt zu ihrer Voraussetzung keine Ver-
anlassung. Auch palst an unserer Stelle weder ein Singular, noch
ein Genitiv, sondern nur ein Dual, oder zu dessen Vertretung ein
Plural — da sich das Pronomen auf die beiden vorangehenden Re-
lative bezieht — und ein Accusativ, den pars strafen auch an
anderen Stellen, wo es vorkommt, regiert. Zu berücksichtigen ist
auch, dafs, wenn man dem besprochenen paragogischen ve y den
Vocal « entzieht, der in ihm enthalten sein könnte, im Altpersischen
nur einsylbige Formen als Enclitica erscheinen, ein Umstand, der
für sich allein sehr nachdrücklich sowohl für die Weglassung des
graphisch möglichen @ der Enklitica >YyY. Y- e- maiy,
143
Frl. Y- e- taiy, Q: Y- ve: saiy, als für die Auffassung von
EN. Y- ve: diy als Dual spricht, weil ey Y- ıe als Genitiv
gelfalst nur zweisylbig sein könnte (diya), denn daiy zu lesen ist
unmöglich, weil =]f zu a nicht stimmt; auch läfst sich von einem
Stamme auf ; kein Encliticum auf aiy erwarten, da maiy, taiy,
saiy Stämmen auf a angehören (ma, ta, sa).
Das euphonische Gesetz, wornach gewisse Abstufungen von
Consonanten im Altpersischen nur vor @-Lauten, andere nur vor
i- oder w-Lauten gestattet sind, hat Rawlinson scharfsinnig dazu
- benutzt, um die Diphthonge ai und au, die früher im Innern der
Wörter, wo a nicht geschrieben wird, ganz übersehen worden, an
“ das Licht zu ziehen, und es hat sich ergeben, so weit die leitenden
a Consonanten in den uns vorliegenden Inschriften Gelegenheit ge-
ben, daraus Beweise zu ziehen, dals überall, wo die Sanskrit-
_ Grammatik einen Diphthong darbietet, auch das Altpersische daran
Theil nimmt. So kann man aus dem Encliticum >YY. Yy. „C-
maiy meiner, mir (= skr. m£), welches Rawlinson früher
ü _miya gelesen hat, jetzt aber, da >YyY m zu i nicht stimmt, maiya
liest, die Folgerung ziehen, dals auch das Encliticum der 2ten P.
- @M-W-x6) taiy, oder mit Rawl. zaiya zu lesen ist, wenn-
f gleich zYı! £ auch mit : sich verträgt, und daher auch die Lesung
tiy oder tiya möglich wäre. Das analoge Enclit. der 3ten P.,
x YY- ıC- liest Rawl. auch jetzt noch shiya (*), ich bezweifle
‚aber nicht, dals das in « enthaltene a mitzulesen und somit saiy
als Abkömmling des Stammes s'@ den analogen maiy und zaiy
| gleichzustellen sei. Die Endung der 3ten P. des Mediums lese ich,
urch das skr. € und griech. raı geleitet, taiy, wenngleich die
rschrift auch die Lesung ?iy oder tiya gestattet; also mM.
FT. A. Y Y e- gaubataiy er nennt sich, wird ge-
nannt, welches Rawlinson jetzt gaubatiya (früher guba-
tiy.a) liest (l. c. pp- 177,216, 218 ff.).
Den Ablativ von Bädiru Babylon liest Rawl. jetzt (l. ce.
.222.) Zäbiraus, und diese Form scheint auch theoretisch rich-
ig, denn die zendischen Ablative der v-Stämme wie abwerau
= -
(*) Journal of the R. A. S. 3tes Heft p. 218. ff.
144
anhaot mundo, die für das ursprüngliche Bestehen sanskritischer
auf d2 sprechen, er auf ‚altpersische auf aus schliefsen, wos
für 2 steht, wie z.B. in M- <. 72 ak: 1% «. akunaus er 3
machte (= skr. akrndt), wofür früher akunus gelesen wur-
de, welches sich als unrichtig erwiesen hat, da = n zu u nicht
stimmt und also mit a auszusprechen ist. Im Ablativ von ädir u
aber (Beh. II. 65.) hat die Urschrift dasjenige r, welches blos dem
u zukommt « r), was also dädirus zu lesen nöthigt, wenn
man nicht ein Versehen des Steinmetzen annehmen will. Im Ge- -
nitiv der männlichen v-Stämme ist der Diphthong verbürgt durch
das >=] r von «I. (1. 21. (ff. X Y- X. Kuraus Cyri, welches sehr
schön zu gothischen und litthauischen Genitiven wie sunaus, su-
naüs des Sohnes stimmt. Wenn der Genitiv von därayavu
Darius N- M- =. e- >-P=. K. NT &- därayavahus ge-
schrieben wird, so hat das % hier, wie auch Rawlinson annimmt,
schwerlich eine phonetische Geltung, sondern es steht nur da, um
zur Lesung des Diphthongs au zu nöthigen, den sonst die Urschrift
nicht würde bemerklich machen können, da -P= v sowohl zu « als
zu u stimmt. Wäre dahyäus in der Inschrift H. bei Niebuhr,
wie Lassen geglaubt hat, ein Genitiv von einem Stamme auf u, so
hätte dieser Vocal eine ähnliche Steigerung erfahren wie ’ in den
oben (8. 136.) besprochenen Genitiven auf äis. Allein dahydus
ist offenbar, wie schon von Holtzmann erkannt und durch Raw-
linson’s Ausgabe und vortreffliche Übersetzung der Inschrift von
Behistun hiolänglich bestätigt worden, ein Nominativ, dem jedoch
nicht dahyu, sondern dahy au als Stamm zum Grunde liegt. Die-
ser folgt in seiner Declination der Analogie der skr. Stämme auf
ZT d (= au) darin, dafs er in den starken Casus das erste Element
des Diphthongs verlängert, daher Nom. dahydus, wie im Skr.
gäus, Acc. dahydäum (*), Nom. pl. dahyäva, wie gävas; der
Acc. pl., der im Skr. sich zu den schwachen Casus bekennt, ist im
(*) Das skr. gäm steht unregelmälsig für gdeam, da einsyl-
bige Stämme mit vocalischem Ausgang die Endung am statt eines
blofsen mn haben. Nach Analogie der mehrsylbigen Wörter würde
dem Nom. gäus ein Acc. gäum gegenüberstehen, welchem da-
hyäum analog ist.
145
_ Altpersischen ebenfalls stark, oder er wird bei dem besprochenen
Worte durch den Nom. ersetzt. Den Locativ sing. liest Rawl.
dahyauoä (Beh. 1.34.), wofür Benfey (Glossar p. 85.) dahyuvd
(dahyuwä) gelesen wissen will, weil er darin eine V&da-Form
auf ö in Verbindung mit der Postposition 4 zu erkennen glaubt.
Die Urschrift läfst bei diesem Worte nicht unterscheiden, ob das a,
welches in dem y enthalten sein kann, mit zu lesen ist, oder nicht,
da y sowohl zu a als zu u stimmt; wir haben aber eine analoge Form
KH. 1 >. Fr hl. TE M- ufrarauoa (Beh. I. 92. Tr.
TEN MENT NAT ara urra-
tauoä am Euphrat), wo das zu w nicht rk z'ıY t beweist,
dals auoä, nicht uoä, zu lesen ist. Wir lernen also durch diese
beiden Eorden das Lautgesetz kennen, dafs im Altpersischen der
"Diphthong au vor Vocalen zu auo wird, während der breitere
BPipkthong 4 &u nicht in 4uo, sondern blos in #0 nhergcht, also da-
hyäova die Länder im Gegensatze zu dahyauvä im Lande.
Das schlielsende # der letztgenannten Form hängt aber eben so
wenig mit der skr. Präposition & zusammen, als der vorangehende
Theil des Wortes mit der vedischen Locativ-Endung auf &, son-
dern das & ist selber Casus-Endung, sei es, dafs bei weiblichen vo-
_ calisch endigenden Stämmen der Locativ durch den Genitiv ersetzt
werde, und somit @ auf die skr. Endung äs sich stütze, oder dafs,
was mir viel wahrscheinlicher ist, die skr. weibliche Locativ- En-
dung 4m im Altpersischen ihr m verloren habe, wie im Zend z.B.
wow yahmya i in welcher dem skr. ATUITH yasydm
(aus yas myäm) gegenübersteht, und wie im Präkrit der Locativ
vocalisch endigender Femininstämme darum dem Genitiv gleich ge-
worden ist, weil ersterer ein m oder Anusyära, wie letzterer ein s
(#) Die Frage, ob ufrätauoä ein Locat. oder ein Genitiv sei,
kann erst zur Entscheidung gebracht werden, wenn wir durch un-
eideutige Formen erfahren, ob die Präpos. anwo den Locativ
‚oder den Genitiv regiert. Jedenfalls aber ist das blolse von ufrä-
{ auoä die Casus-Endung, und man darf nach dieser Form einen
Nominativ ufrätäus und überhaupt eine Übereinstimmung in der
Declination mit dahyau erwarten.
3*
re
146
die Endung des Instr. Dat. Abl. du. ihr eingebülst und aufserdem
noch den vorhergehenden langen Vocal gekürzt hat, so dafs ws
bya dem skr. b,ydm gegenübersteht.
Hat man einmal dahyau als den wahren Stamm der bisher
betrachteten Formen dahyäus, dahyäum, dahyauvd, dah-
yäova erkannt, so versteht es sich von selbst, dals Rawlinson
Recht hat, wenn er jetzt den Genit. pl. dahyaunäm schreibt
(nicht dahyunäm), wie er auch schon früher den Loc. pl. dak-
yausuvä (dahyaushuwä) geschrieben hat, wiewohl die Ur-
schrift auch die Lesung dahyunäm (oder dahyünäm) und dah-
yusuoä gestattet. Die Endung swo& stimmt zur zendischen En-
dung s oa, indem die Einschiebung eines u und die Verlängerung
des schliefsenden a auf allgemeinen Lautgesetzen beruht. Benfey
will jedoch auch in der pluralen Locativ-Endung suo&, uod (letz-
teres für Auoä, zend. koa) eine Postposition d erkennen (Glossar
p- 70.), weil im Veda-Dialekt den Locativen zuweilen die Präpos.
ZT @ nachgesetzt wird, welche in dieser Stellung soviel als hier
oder da bedeuten mag. Viel näher liegt es aber, das Sanskrit,
Zend und Altpersische hinsichtlich der pluralen Locativ-Endung
dadurch mit einander zu vermitteln, dals man, wie schon früher ge-
schehen ist (Vergleich. Gramm. $$.250, 252), die skr. Endung su
als Zusammenziehung von soa auflalst, wie z.B. supta geschla-
fen habend offenbar aus soapta, und wie das griech. Umvos das
a der skr. Schwesterlorm seapnas Traum ausgestolsen und den
Halbvocal vocalisirt hat, während das litthauische sapnas den Vocal
in Vorzug vor dem Halbvocal gerettet hat, wie auch die litth. plu-
ralen Locativ-Endungen sa, se von der mir als primitiv geltenden
Endung sea nur den Vocal bewahrt haben.
Wenn ich bei Darstellung altpersischer Wörter durch lateini-
sche Schrift diejenigen Consonanten, die nur vor Y- i, i stehen, mit
einem Spir. asp. und diejenigen, welche nur vor M. u, ü vorkom-
men, mit einem Spir. len. bezeichne, so will ich damit nicht die
Überzeugung aussprechen, dals :, ? wirklich eine Aspirationskraft
auf gewisse Consonanten ausübe, glaube aber, dals YY- und XYr. wirk-
lich irgend einen nicht mit Sicherheit genau zu bestimmenden Ein-
fluls auf die Aussprache derjenigen Consonanten haben, welche
in der Schrift ihre Form wechseln, je nachdem sie vor a-, i- oder
147
ü- -Lauten Ban Nimmt man aber nach Rawlinson’s jetzi-
Y gem phonetischen System an, dafs die nach Malsgabe des folgenden
Vocals ihre Form wechselnden Consonanten in ihrer lautlichen Gel-
tung identisch (*), und also z.B. die Sylben N da, EN. Y- di und
E NZ d’u hinsichtlich ihres Consonanten gleichlautend seien, so
könnte man den überllüssigen Luxus in der Bezeichnung der con-
ale iundw, kurz oder lang, wo sie mit einem vorhergehenden Con-
onantischen Laute durch die Annahme rechtfertigen, dals die Vo-
sonanten eine Sylbe bilden, ursprünglich eben so wenig als @ in
‚solcher Stellung geschrieben wurden, sondern in dem Consonanten
“enthalten waren, dafs also z.B. so wie Y- zur Bezeichnung der
Sylbe da genügt, so auch EN. und (el. zur Bezeichnung der Syl-
ben di, di, du, dü hinreichten, und früher allein geschrieben wur-
u bezeichnen, und eigentlich nur für den Anfang der Wörter nöthig
gewesen wären, pleonastisch, oder gleichsam als Commentar zur
Seite gestellt wurden. Man könnte sich hierbei auf die sogenannte
medische Keilschrift berufen, in welcher die Sylben, welche aus
"einem Consonanten mit nachfolgendem Vocal bestehen, nach We-
‚stergaard’s Entzilferung der genannten Schriftgattung fast überall
nur durch Einen Buchstaben geschrieben sind, wie z.B. in dem
orte, welches dem altpers. Rarauvatis Arachosien ent-
spricht und von Westerg. äruwatis gelesen wird, das w und i
eben so wie « in dem vorhergehenden Cons. enthalten sind. Gegen
diese Erklärung der Erscheinung, dals in der altpersischen Schrift
anche Consonanten dreifach, EM zweifach, und wieder andere
ur einfach vertreten sind, erhebt sich aber ein sehr starker Ein-
vand dadurch, dafs die Buchstaben, die nur vor Y- i, { erscheinen,
\<- m und Yr- o sämmtlich Mediae sind, also sämmtlich den
sichsten consonantischen Articulationen angehören, ferner dals
inter den Consonanten, die vor w, i eine besondere Vertretung ha-
en, sich keine Aspirata und auch kein Labial findet. Wäre die ver-
hiedenartige Bezeichnung gewisser Consonanten, nach Malsgabe
les folgenden Vocals, nur ein Überrest einer ursprünglich durch-
reifenden Sylbenschrift, so mülste es als ein höchst sonderbarer
(*) S. Journal of the R. A. S. Bd. X. 2tes Heft p. 176 ff.
®
148
Zufall erscheinen, dafs von den Bezeichnungen der mit einem i-
Laute schliefsenden Sylben sich keine einzige mit anfangender '] Te-
nuis oder Aspirata erhalten hätte, dals z.B. hl z, INK { und r €
sowohl vor a, & als vor i, / erscheinen, YYy Yy d und Nee g aber nur vor
a-Lauten. Haben aber ;, /und w, ö einen rückwirkenden euphoni-
schen Einfluls, so kann es gar nicht befremden, wenn dieser Ein-
flufs sich nicht auf alle Consonanten - Stufen erstreckt, sondern der
des :, # nur auf Mediae und die noch schwächeren Laute zn und o,
der viel durchgreifendere des u, ö aber nur auf 'Tenues und Mediae
— mit Ausnahme der Labiale — und auf die Liquidae m,n,r. Der
Umstand, dafs unter den Mutae nur die Labiale von dem euphoni-
schen Einflusse des u verschont bleiben, kann daraus erklärt wer-
den, dafs die Labiale schon an und für sich zu z sehr gut stimmen,
weshalb auch im Sanskrit der Vocal x öfter durch den Einfluls eines
vorhergehenden Labials erzeugt wird. Man vergleiche z.B. die De-
siderativa Budürs zu tragen wünschen von dar (br), mu-
mürs zu sterben wünschen von mar (mr) mit eikirs zu
machen wünschen, und das Part. päürna angefüllt, voll von
par (gr?) mit kirna (avakirna, anukirna angefüllt) von
kar (A ki‘).
Die Ansicht, dafs der Vocal i einen phonetischen Einfluls auf
gewisse Consonanten ausübe, und dafs, wie zuerst Holtzmann
erkannt hat, =l. und (= >. die dem i/ zukommenden Modificatio-
nen des d und g (= dsch) seien, lälst sich dadurch unterstützen,
dals auch im Griechischen die T-Laute dem euphonischen Einflusse
eines folgenden i insofern ausgesetzt gewesen sind, als 7 in den
Endsylben in der gewöhnlichen Sprache, a ai wo 7 vor-
hergeht, regelmäßsig zu 7 geworden ist, daher zwar &ori = skr.
asti, aber didwrı — dadäti, begousı = Varanti; so rı als
Wortbildungssuffix — skr. Tet fi, Nom. tis. Die skr. Endungen
ta, fa, tas, fas, tam, täm, tät haben dagegen im Griech.
sämmtlich den T-Laut bewahrt, und erscheinen nur in den Formen
TE, TO, Tov, TyV, TwvV, Tw. Im Litthauischen hat ; zwar nicht für
sich allein, aber doch wenn ihm ein a, o oder u zur Seite tritt, einen
euphonischen Einflufs auf ein vorhergehendes z oder d und wandelt
er in € (auch ez ‚geschrieben) = isch (skr. 2] €), letzteres in
= dsch (skr. 3] g) um; das i selber aber geht für die Ausspra-
149
che fast ganz verloren, daher % B. von z alti-s Schlange und z’o-
di-s Wort der Genit. z’ale' io, z odz' io, für z "altio, z’odio. Es kann
daher nicht befremden, wenn auch im Altpersischen der i-Laut
einen euphonischen Einfluls auf gewisse T-Laute, wozu auch die
_ Palatale der Aussprache nach gehören, ausüben, und wenn d und 8
_ (dsch) vor i, nicht blos anders geschrieben, sondern auch anders
gesprochen wurden, als vor a, 4. Worin aber dieser euphonische
Einflufs bestand, ist unmöglich genau zu bestimmen. Vielleicht war
er mehr ein die Aussprache mildernder als ein aspirirender, so dals
also vor dem leichtesten Vocal die weichen Consonanten noch mehr
_ erweicht wurden, während die harten (die Tenues und ihre Aspira-
ae) von dem : unaffheirt blieben. Sollte (7 g, wie jetzt Raw-
_ linson annimmt, nur vor a-Lauten vorkommen, niemals vor ;, und
daher z.B.
P= =.ov und m e sich zu m erhärtet haben und somit zwar
mada Medien = Tr - Y- mäda ist, aber auch ärumatis
= CLEI.M TE Kl... Rarauoatis Arachosien und
mitasp BE ee Fr: 12 sy]. RR: =. vitasp a Hys taspes. Gewils ist
nur, dafs die altpersischen Sylben ma, oa einerseits und m'i, ei an-
dererseits in der Sprache der zweiten Schriftgattung gleichlautend
sind, ob aber zn, ın zu eo, oder umgekehrt >P>. 0, Ar 0 zu m gewor-
den, kann aus der Schrift nicht mit Sicherheit erkannt werden.
Darin stimmt das Altpersische zum Zend, dals r einen aspirirenden
Einflufs auf den vorhergehenden Consonanten ausübt, indem F. k,
=YyY. r, = p vor r zu <<. k, IKT. #, \«. f werden. Eine
scheinbare Verletzung dieses Gesetdes ied dadurch beseitigt, dals
man =.>Y. 1. E11. Yy.y(>- (Beh. IE.30.50) und =). .2yl- My-
(II. 20. cet.), was Rawlinson pridiya (früher prifiya), pritä
liest und im Sinne von salve, salvete falst, mit Oppert(*) auf die
Wz. i gehen zurückführt, und durch ziehe aus, ziehet aus
übersetzt, was in den Zusammenhang sehr gut pafst. Doch lese ich
nicht mit Oppert paridiy, paritä, was zur Präp. pari um
führen würde, sondern mit Zuziehung des in dem >Y r enthaltenen
a, paraidi, paraitäd. Es ist darin die Präp. parä enthalten,
die ihr mit dem folgenden : zu ai zusammenzieht, wie im Sanskrit
4 mit i nicht di, sondern GE (=a-+-i) gibt. Man berücksichtige
die Zusammensetzung und die Bedeutung der skr. Wz. imit pard,
(*) Das Lautsystem des Altpersischen, S.34.
e
151
oder parä-+-ä, in den vonWestergaard (Radices p.27.) citirten
Veda-Stellen. Es versteht sich nun auch ziemlich von elle, dals
ein bisher sehr milsverstandenes Wort, nämlich M- u ==1.Yy Y-
6. .W- ve (Beh. I.23.) nicht apriyäya sondern apariyäya
gelesen werden muls; wollte man aber auch die Möglichkeit der
- Verbindung pr zugeben und apriyäya lesen, so wülste ich doch
nicht, wie man dies mit Rawl. und Benfey als 3te P. pl. Imperf.
‚eines zur skr. Wz. pr’ gehörenden Verbums erklären könnte.
Nach der 10ten Klasse mülste man apräyaya (=apräyayan),
oder nach Analogie von M- (Mm. =. =Y. M- e- agarbäya
‚sie nahmen (Beh. II. 13.cet.) apräyäya erwarten. Indem ich
E. apariyäya lese, fasse ich dessen 1ste Sylbe als a privativum
T und das Ganze als Instrumentalis mit gekürzter Endung, wie es
scheint, wegen der Belastung durch die Composition. Der Stamm
K pariydya stimmt schön zum skr. gay paryaya Nachlässig-
& keit, Speparhlässigung (*) mit Verlängerung des dem y vor-
# hergehenden a, wie in dem vorhin erwähnten agarbäya sie
_ nahmen, und mit regelrechter Einschiebung eines: zwischen r und
y. Apariyäya heilst also eigentlich mit Nicht-Vernachläs-
& sigung, oder ohne Zögern, ungesäumt, und dies palst treff-
lich in den Zusammenhang der Stelle, worin dieser Ausdruck, der
_ mir lange räthselhaft geblieben ist, vorkommt. Sie lautet: FE.
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153
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161
Hierauf las Hr. Heinr. Rose über das specifische
Gewicht der Tantalsäure.
Die grolsen Schwankungen im specifischen Gewichte, welche
der Verfasser bei der Niobsäure und der Pelopsäure gefunden
hatte, wenn dieselben erhöhten Temperaturen ausgesetzt worden
waren, finden sich auch bei der Tantalsäure.
Wird diese Säure auf die Weise durch Zersetzung des Chlo-
rids bereitet, dals man dasselbe unmittelbar nach der Darstellung
mit Wasser behandelt, so erhält man eine Säure von ganz glas-
artiger Structur. Setzt man hingegen das Chlorid sehr lange dem
Einfluls der feuchten atmosphärischen Luft aus ehe man es mit
Wasser behandelt, so erhält man eine Tantalsäure, welche bei
‚der Besichtigung mit dem Microscope eine krystallinische Structur
‚zeigt. Beide Säuren aber, die amorphe und die krystallinische,
zeigen, nachdem sie über der Spirituslampe nur so lange geglüht
worden waren, bis die Lichterscheinung sich gezeigt hatte, ein
fast gleiches specifisches Gewicht. Die amorphe Säure hatte eine
"Dichtigkeit von 7,280; die krystallinische die von 7,284. — Aber
‚diese Dichtigkeit ist nicht immer dieselbe. Andre Mengen der
"Säure ebenfalls aus dem Chlorid erhalten, und über der Spiri-
tuslampe geglüht zeigten die spec. Gewichte von 7,125, von
7,028, von 7,109, von 7,039, und selbst auch von 7,529.
Wird die Tantalsäure einer erhöhten Temperatur ausge-
setzt, so nimmt die Dichtigkeit der Säure bedeutend zu. Aber
es ist dem Verfasser nicht geglückt, die Säure durch irgend eine
Temperaturerhöhung von einer bestimmten Dichtigkeit zu erhal-
n, wie eine solche bei der Niobsäure und der Pelopsäure er-
lten werden kann.
Wird die Tantalsäure, nachdem sie über der Spirituslampe
geglüht worden ist, einem Kohlenfeuer ausgesetzt, so nimmt
die Dichtigkeit derselben in dem Maafse zu, als das Feuer lange
gedauert hat.
Durch ein sechsstündiges Kohlenfeuer vermehrte sich das spec.
Gewicht einer Säure von 7,039, bis 7,851. — Wird aber die
äure der heftigsten Hitze des Porzellanofens ausgesetzt, so wurde
die Dichtigkeit der Säure von 7,851 bis auf 7,783, vermindert.
Um den Einfluls der nach und nach erhöhten Temperatur
auf die Dichtigkeit der Tantalsäure näher kennen zu lernen, wurde
zrr
162 1
mit einer und derselben Menge der Säure eine ausgedehnte Reihe
von Versuchen angestellt.
Die Säure, aus dem Chloride dargestellt, hatte, nachdem
sie über der Spirituslampe geglüht worden war, das spec. Ge-
wicht von 7,109.
Die Dichtigkeit dieser Säure vermehrte sich durch ein
einstündiges Kohlenfeuer bis zu 7,274
34 » » 23ER 3 83
5 » » DER); 7,529
6 » » » » 7,536
14 » » ».» 7,9 14
15 » » » » 7,9944.
Letztere ist die gröfste Dichtigkeit, welche der Säure durch eine
nach und nach erhöhte Temperatur mitgetheilt werden konnte,
denn als sie darauf dem Feuer des Porcellanofens ausgesetzt
worden war, hatte sie eine mindere Dichtigkeit, die von 7,6508.
Die angewandte Säure war ursprünglich amorph. Sie be-
hielt auch den unkrystallinischen Zustand bei den Dichtigkeiten
von 7,274, und von 7,383; die Säure von 7,529 Dichtigkeit
zeigte indessen unter dem Microscope schon einige Krystallgrup-
pen, und die von den Dichtigkeiten 7,914 und 7,9944 bestand
aus lauter complicirten Krystallgruppen.
Durch die Hitze des Porcellanofens konnten sowohl die Ni-
obsäure als auch die Pelopsäure zu einer bestimmten Dichtigkeit
gebracht werden. Dies ist indessen bei der Tantalsäure nicht
der Fall. Eine aus der schwefelesuren Verbindung dargestellte
Säure, zeigte, nachdem sie dem Feuer des Porcellanofens aus-
geselzt gewesen war, das spec. Gewicht von 8,257, während
andere Mengen der Tantalsäure, aus dem Chloride bereitet,
derselben Hitze ausgesetzt die Dichtigkeiten 7,783 und 7,6508
hatten.
Die erwähnten Bestimmungen der Dichtigkeit beziehen sich
alle auf die Tantalsäure aus den Tantaliten von Finnland. Die
Tantalsäure aus dem schwarzen Yitrotantal von Yiterby in Schwe-
den, aus der schwefelsauren Verbindung dargestellt und über der
Spirituslampe geglüht, zeigte das spec. Gewicht von 7,43.
Die grolsen Schwankungen im spec. Gewichte der Säuren
des Niobs, des Pelops und des Tantals sind sehr beachtens-
163 ®
Be Bee Verfasser ‚sind bei seinen manngfaltıgei Untersu-
Verschiedenheiten vorgekommen.
Aber dessen ungeachtet können die drei erwähnten Säuren
durch das specifische Gewicht unterschieden werden. Denn die
Schwankungen erstrecken sich nur innerhalb gewisser Gränzen,
d keine dieser Gränzen berührt die andere. Die leichteste
wicht 4,5614, die schwerste 5,262; die leichteste Pelopsäure
hat die Dichtigkeit von 5,495, die schwerste 6,725; die leich-
teste Tantalsäure hat das spec. Gewicht von 7,022, die schwer-
schwersten Pelopsäure ist daher fast ganz gleich dem zwischen
der leichtesten und schwersten Tantalsäure; der Unterschied zwi-
schen der leichtesten und schwersten Niobsäure ist hingegen ein
weit geringerer.
Es ist hier noch zu bemerken dals nach Ekeberg das spec.
zewicht der Tantalsäure nur 6,5 und nach Hermann 6,78 ist.
Der Verfasser hat bei seinen vielen Wägungen nie eine so ge-
ringe Dichtigkeit gefunden.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
' Meteorologische Beobachtungen angestellt auf Veranstaltung der
nalurforschenden Gesellschaft in Zürich. 1837-1846. Zü-
rich. 1846. 4.
Denkschrift zur Feier des hundertjährigen Stiftungsfestes der na-
turforschenden Gesellschaft in Zürich am 30. November
1846. ib. eod. 4.
Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Zürich. Heft.
1. (No. 1-13.) ib. 1847. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Präsidenten der naturforschen-
den Gesellschaft in Zürich, Herrn Professor Mousson, vom
31. Januar d.J.
E. Plantamour, Memoire sur la Comete Mawvais de l’annde
1844. Geneve 1847. 4.
E. Plantamour, Observations astronomiques faites a Vobserva-
! _ toire de Geneve, dans l’annee 1845. 5. Serie. ib. 1848. 4.
- Edward Sabine, Observations made at Ihe magnetical and meteo-
i rological Observatory at St. Helena. Vol. 1. 1840-1843. Lon-
don. 1847. 4
- 4 =
16 R
ft)
George Biddell Airy, astronomical observations made at the Ro-_
yal Observatory, Greenwich, in the year 1845. London 1847. 4,
Charles Babbage, Observations on the Temple of Serapis at Poz-
zuoli near Naples. 1847. 8.
Philosophical Transactions of Ihe Royal Society of London for the
year 1847. Part 1.2. London 1847. 4.
Transactions of the Royal Society of Edinburgh. Vol. 16. Part 3.
Vol. 17. Part 2. containing Ihe Makerstoun magnetical and
meteorological observations for 1843. Edinburgh 1847. 4.
Proceedings of the Royal Society of Edinburgh. Vol. 11. 1846-7.
No. 29. 30. 8.
F. Zantedeschi della condizione magnelica e diamagnetica pro-
prie del regno inorganico etc. (Venezia 1848.) 4.
Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesell-
schaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1848. No. 2.3. 8.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 629-631. Altona
1848. 4.
K. E. Hammerschmidt, allg. österreich. Zeitschrift für den
Landwirth etc. 20. Jahrg. 1848. No. 5. Wien. 4.
Kunstblatt 1848. No. 11. 12. und Titel nebst Register zum 28.
Jahrg. 1847. Stuttg. u. Tüb. 4.
Aufserdem kamen zum Vortrag:
Ein Schreiben der Royal Society zu London v. 19. Jan. d.J.
über den Empfang der Abhandlungen der Akademie v. J. 1845
und der Monatsberichte vom Januar bis August 1847.
Ein Schreiben der Accademia Gioenia di scienze naturali in
Catania v. 10. Juni 1847, betr. die künftige Zusendung der Schrif-
ten dieser Akademie an die unsrige.
Ein Schreiben der Akademie der Künste und Wissenschaf-
ten zu Boston v. 18. Febr. 1848, wodurch die Absendung der
Proceedings derselben angezeigt wird, die jedoch noch nicht
eingegangen sind.
Hr. Dr. Crusell übersandte mittelst Schreibens d. d. St.
Petersburg & März d. J. eine versiegelte Abhandlung zur Aufbe-
wahrung, welche in das Archiy der Akademie niedergelegt wurde.
Der Königl. Departements- Thierarzt Hr. Erdt übersandte
durch Schreiben von Köfslin d. 13. d. M. einen lithographirten
Aufsatz über eine neue Theorie des Lichtes, welcher der physi-
kalisch-mathematischen Klasse der Akademie zugeschrieben wurde.
———
+q
Bericht
über die
3 ur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen
- der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin
im Monat April 1848.
Vorsitzender Sekretar: Hr. Böckh.
6. April. Gesammtsitzung der Akademie.
- Hr. Heinr. Rose las über das specifische Gewicht
der Thonerde, der Beryllerde, der Magnesia und
des Eisenoxyds.
Die auffallenden Resultate, welche der Verfasser bei den
frühern Bestimmungen über die Dichtigkeit der Titansäure, so
wie bei den spätern über die der Niob-, Pelop-, und Tantalsäure
erhalten hatte, wenn er diese Säuren verschiedenen Temperatu-
ren ausseizte, veranlalsten denselben, auch noch andere Oxyde
ähnlichen Versuchen zu unterwerfen, von denen RR hier
mitgetheilt werden.
f Thonerde.
Wenige Oxyde bieten so viele Schwierigkeiten bei der Be-
stimmung des specifischen Gewichts dar, wie die künstlich be-
reitete Thonerde. Diese Schwierigkeiten bestehen vorzüglich da-
in, dals es schwer ist Quantitäten von einigen Grammen mit
jrolser Genauigkeit zu wägen. Wenn ferner eine selbst ziemlich
tark geglühte künstlich bereitete Thonerde nach dem vollständi-
gen Erkalten mit Wasser übergossen wird, so erwärmt sie sich
edeutend. Sie scheint ein Hydrat zu bilden, und wenn man
daher unter Wasser wägt, so wird durch Vergleichung des
Gewichts unter Wasser mit dem Gewichte der Thonerde in der
uft wahrscheinlich nicht das richtige Gewicht der verdrängten
Wassermenge erhalten. Die meisten Bestimmungen des s =cifi-
[18s4s.] A
166
schen Gewichts der nicht durch die stärkste Hitze geglühten
Thonerde können daher aus diesem Grunde nicht unbedingt
richtig sein.
Eine anhaltend über der Spirituslampe geglühte sehr reine
Thonerde zeigte eine Dichtigkeit von 3,87 bis 3,899. Wurde
dieselbe einem sechsstündigen Kohlenfeuer unterworfen, so war
das spec. Gewicht derselben 3,750 bis 3,725, also geringer als
zuvor.
Aber diese beiden Bestimmungen, selbst auch die letztere,
verdienen aus den oben angeführten Gründen kein grofses Zu-
trauen; es konnte das absolute Gewicht nicht mit grolser Ge-
nauigkeit bestimmt werden, und die selbst durch starkes Koh-
lenfeuer geglühte Erde erwärmte sich stark, als sie mit Wasser
angerührt wurde.
Dieselbe Thonerde wurde darauf dem Feuer des Porcellan-
ofens ausgesetzt. Sie nahm dadurch bedeutend an Volumen ab,
war aber nicht zusammengesintert. Unter dem Microscop konn-
ten in ihr bei oft wiederholten Untersuchungen keine Krystalle
wahrgenommen werden. Wenn sie indessen mit Wasser ange
rührt wurde, so entstand dadurch keine Wärme; auch konnte
das absolute Gewicht mit grolser Genauigkeit genommen wer-
den, so dafs die genaue Bestimmung des spec. Gewichts keine
Schwierigkeiten hatte. Sie hatte die Dichtigkeit von 3,999.
Mit der Dichtigkeit dieser Thonerde stimmt die der in der
Natur als Corund, Rubin und Sapphir vorkommenden Thonerde
sehr gut überein. Graf Schafgotsch hat hierüber eine Reihe
von Versuchen angestellt, und die Resultate derselben dem Ver-
fasser mitgetheilt. Er fand das spec. Gewicht von verschiedenen
ganzen Corundkrystallen 3,899; 3,929; und 3,974; im gepulver-
ten Zustande war dasselbe 4,0067; 3,989; und 4,008. Die Dich-
tigkeit von geschliffenen Sappbiren war 3,9998 und 4,0001, und
die vom geschliffenen Rubin 3,994.
Nimmt man mit Berzelius das Atomgewicht der Thonerde
zu 641,8 und das spec. Gewicht derselben zu 4 an, so ist das.
Atomvolum. der Thonerde 160,45.
Beryllerde.
Wird die Beryllerde aus ihrer Auflösung in kohlensaurem
Ammoniak durchs Erhitzen gefällt, so bildet sie ein leichtes‘
167
Pulver. Diese basisch kohlensaure Beryllerde erscheint unter
_ dem Mikroskop unkrystallinisch, oder wenigstens sehr zweifel-
- haft krystallinisch. Über der Spirituslampe geglüht, verliert sie
leicht ihre Kohlensäure und ihren Wassergehalt, und bildet ein
sehr lockeres, unter dem Microscope unkrystallinisches Pulver,
das in Chlorwasserstoffsäure schwerlöslich ist. Mit Wasser ange-
_ rührt erwärmt sie sich nicht. Wegen der grofsen Lockerheit konn-
- ten nur kleine Mengen zur Bestimmung des spec. Gewichts ange-
wandt werden. Dasselbe schwankte zwischen 3,090 und 3,083.
Diese Beryllerde wurde dem Feuer des Porcellanofens aus-
gesetzt. Sie verwandelte sich in eine zusammengebackene Masse
- von sehr geringem Volumen, die sich aber leicht im Agatmör-
ser zerdrücken liefs. Unter dem Microscope besichtigt bestand
- sie aus lauter schönen ausgebildeten Krystallen, die sechsseitige,
uud wie es schien, reguläre Prismen wie der Corund bildeten.
Sie batte das spec. Gewicht 3,021.
Es ist in der That eine sehr auffallende Erscheinung, dafs
‚das lockere Pulver der schwach geglühten Beryllerde, das ein
so grolses Volumen einnimmt, eine grölsere Dichtigkeit hat, als
‚die im Porcellanofen geglühte, welche scheinbar ein so geringes
Volumen einnimmt.
Fällt man Beryllerde aus ihrer chlorwasserstoffsauren Auflö-
sung durch Ammoniak, so erhält man sie nach dem Glühen über
‚der Spirituslampe von einem weit geringeren Volumen, als die
lockere, durchs Glühen der kohlensauren Verbindung erhaltene
Erde. Sie gleicht dann der Thonerde, erscheint auch wie diese
unter dem Mikroskope als durchscheinende Massen, die durch-
‚aus nichts von einer krystallinischen Structur zeigen. Ungeachtet
ber der scheinbaren gröfseren Dichtigkeit fand der Verfasser
als das spec. Gewicht derselben das nämliche ist, wie das der
chwach geglühten kohlensauren Erde; es war 3,096. Dem
Feuer des Porcellanofens ausgesetzt, wurde eine zusammenge-
sinterte Masse erhalten, die unter dem Microscope vollkommen
krystallinisch erschien, und eine Dichtigkeit von 3,027 zeigte.
(Sie war also gleich der im Porcellanfeuer geglühten Erde aus
der kohlensauren Verbindung.
Nimmt man das spes. Gewicht der Beryllerde, welches der
in der Natur vorkommenden Thonerde entspricht, zu 3,021 an,
168
so ist das Atomvolum der Beryllerde, wenn man dieselbe aus
zwei Atomen Metall und drei Atomen Sauerstoff zusammenge-
setzt annimmt, 157. Dieses Atomvolum ist aber dem oben an-
geführten der Thonerde so nahe, dals durch diese Übereinstim-
mung die der Tlionerde gleiche atomistische Zusammensetzung der
Beryllerde bewiesen wird. Nimmt man an, dafs die Beryllerde
aus gleichen Atomen von Metall und von Sauerstoff besteht, so
ist das Atomvolum derselben 52,3.
Um letzteres Atomvolum mit dem von einem anderen Oxyde,
das ohne Zweifel aus einem Atom Metall und einem Atom Sau-
erstoff besteht, vergleichen zu können, wurde das spec. Gewicht
der Magnesia untersucht.
Magnesia.
Es ist sehr schwer, das spec. Gewicht der gebrannten Mag-
nesia mit Genauigkeit zu bestimmen. Der Verfasser erhielt keine
übereinstimmende Resultate, und die verschiedenen Temperatu-
ren ausgesetzte Erde war von sehr verschiedener Dichtigkeit.
Die Magnesia wurde deshalb dem Feuer des Porcellanofens aus-
gesetzt, wodurch sie merkwürdige Eigenschaften erhielt. Bei
der hohen Temperatur oxydirt sich das Platin des Tiegels, wo
es in Berührung mit der Magnesia ist, und diese wird dadurch
bräunlich gefärbt. Die braunen Stellen kann man aber leicht
von der übrigen reinen Magnesia trennen. Unter dem Micros-
cop zeigte sich diese Magnesia aus lauter kleinen Krystallen be-
stehend. In Säuren scheint sie anfänglich ganz unauflöslich zu
sein, und nur nach einer sehr langen Behandlung mit denselben
wird sie aufgelöst; zur vollständigen Auflösung gehört indessen
lange Zeit. Sie zeigte das spec. Gewicht 3,644.
In diesem Zustande ist die Magnesia der ähnlich, welche
in dem von Scacchi entdeckten interessanten Minerale vom
Vesuv, das derselbe Periklas genannt hat, enthalten ist, und
das seine grüne Farbe einem Gehalte von Eisenoxydul verdankt.
Scacchi giebt das spec. Gewicht des Minerals zu 3,75 an.
Nimmt man das Atomgewicht der Talkerde zu 258,14 und |
das spec. Gewicht derselben zu 3,644 an, so ist das Atomvolum
derselben 71.
Von den Oxyden, welche aus einem Atom Metall und einem
Atom Sauerstoff bestehen, kann man hinsichtlich der Dichtigkeit
169
nur wenige mit derjenigen Magnesia vergleichen, welche durch
_ eine schr hohe Temperatur in den krystallinischen Zustand ver-
‚setzt worden ist. Genth hat ein krystallisirtes Nickeloxyd unter-
sucht, welches er aus dem Gaarkupfer ausschied, und das daher
auch einer hoben Temperatur ausgesetzt gewesen ist. Es zeich-
net sich ebenfalls durch seine Schwerlöslichkeit in Säuren aus
und krystallisirt wie der Periklas in regulären Octaedern.
Genth bestimmte das specifische Gewicht zu 5,745, woraus
ein Atomvolum von 81,7 folgern würde, was sehr von dem der
krystallisirten Magnesia abweicht. Der Verfasser bewog daher
Herrn Genth die Untersuchung über das spec. Gewicht des
merkwürdigen Nickeloxyds zu wiederholen. Es wurde in der
That durch neuere Untersuchungen zu 6,605 bestimmt, wo-
raus genau dasselbe Atomvolum folgert, wie das, welches sich
‚durch die krystallisirte Magnesia ergiebt, nämlich 71. Es er-
giebt sich durch diese grofse Übereinstimmung in den Atomvo-
lumen der Magnesia und des Nickeloxyds, welche sehr von dem
der krystallisirten Beryllerde abweichen, wenn man diese aus
‚gleichen Atomen von Metall und Sauerstoff zusammengesetzt an-
nimmt, dals eine solche Zusammensetzung bei der Beryllerde in
‘der 'That nicht statt finden kann.
Eisenoxyd.
Das Atomvolum der 'Thonerde wenn man es aus dem spec.
"Gewicht des Corunds berechnet, weicht von dem Atomvolum
des Eisenoxyds ab, wenn dasselbe aus der Dichtigkeit des Eisen-
‚glanzes abgeleitet wird.
Eisenoxyd, aus der Auflösung des Chlorids durch Ammo-
niak gefällt, und über der Spirituslampe geglüht, zeigte das spec.
Gewicht 5,169. Dasselbe, einem dreistündigen Kohlenfeuer aus-
gesetzt, war sehr zusammengesintert, erschien schon unter der
Loupe krystallinisch, und war von schwarzer Farbe, aber zu Pul-
ver zerrieben vollkommen roth. Es zeigte die Dichtigkeit 5,037.
Wurde dieses Eisenoxyd dem Feuer des Porcellanofens aus-
gesetzt, so verwandelte es sich dadurch in eine geschmolzene
chwarze Masse welche zerrieben auch ein schwarzes Pulver gab.
Die Auflösung desselben in Chlorwasserstoffsäure gab mit Kalium-
eisencyanid einen starken blauen Niederschlag, und mit Ammo-
niak eine dunkel schwarz braune Fällung, welche nicht die voll-
170
kommen schwarze Farbe hatte, wie ein Niederschlag von der Zu-+
sammensetzung des Magneteisens. Es hatte sich also, wie voraus-
zusehen war, durch die starke Hitze ein Theil des Eisenoxyds in
Oxydul verwandelt.
Dals das Eisenoxyd nicht ohne Zersetzung eine hohe Tem-
peratur ertragen kann, ist wohl der Grund, dals dasselbe nicht
von einer Dichtigkeit erhalten werden kann, welche der der
Thonerde und der Beryllerde entspricht, wenn diese dem Feuer
des Porcellanofens ausgesetzt worden waren.
Das spec. Gewicht des krystallisirten Eisenglanzes ist von
G. Rose zu 5,191, 5,214 und 5,230 bestimmt worden. Letz-
tere Dichtigkeit entspricht einem Atomvolum des Eisenoxyds von
191. Es ergiebt sich hieraus, dafs ungeachtet der Gleichheit der
Krystallform des Corunds und des Eisenglanzes beide nicht eine
analoge Dichtigkeit haben. Die Auflöslichkeit des Eisenglanzes in
Chlorwasserstoffsäure, und die Nichtauflöslichkeit des Corunds in
derselben, ist vielleicht eine Folge davon. Aber in jedem Falle
ist die Gleichheit der Form und das verschiedene Atomvolum
bei der Thonerde und dem Eisenoxyde im hohen Grade bemer-
kenswerth.
Hr. Böckh legte eine Abhandlung des Hrn. Prokesch
von Osten zu Athen über die Münzen Athens vor, welche
in den Abhandlungen der Akademie gedruckt erscheinen wird.
An eingegangenen Druckschriften wurden vorgelegt:
Arbeiten der Kurländischen Gesellschaft für Litteratur und Kunst.
Heft 1-3. Mitau 1847. 8.
Sendungen der Kurländischen Gesellschaft für Litteratur und
Kunst. Bd.3. ib eod. 4.
mit einem Begleitungsschreiben des Geschäftsführers dieser Gesell-
schaft, Herrn Dr. M. G. von Paucker, d. d. Mitau d. 5 Januar
d. J.
The Transaclions of the Linnean Society of London. Vol. 20.
Part 2. London 1847. 4. 5
Proceedings of the Linnean Society of London. No. 30-33. 1846 -
1847. 8. \
List of ihe Linnean Society of London. 1847. 4.
The quarterly Journal of the geological Society. No. 13. Febr. 1.
1848. London. 8.
171
..Comptes rendus hebdomadaires des seances de l’Academie des
sciences. 1847. 2. Semestre. Tome 25. No. 26. 27. Dec. 1848.
1. Semestre Tome 26. No. 1-11. 3 Jan.-13 Mars. Paris 4.
Revue archeologique. 4. Annee. Livr. 11. 15. Feyr. Paris 1848, 8.
Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesell-
schaft der Wissenschaften zu Göltingen. 1848. No.4. 8.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No.632. Altona 1848.
4.
Kunstblatt. 1848. No. 13. Stuttg. u. Tüb. 4.
10. April. Sitzung der philosophisch-histori-
schen Klasse.
Hr. Neander las über das Verhältnifs der ethischen
Principien des Plotinos zu denen des Platon und
Aristoteles.
Es wurde nachgewiesen, dals das von Plotin aufgenom-
- mene platonische Princip der Gottähnlichkeit vermöge der Ver-
schiedenheit der Gottesidee bei Plotin und Platon eine verschie-
denartige Anwendung in der Ethik des ersten erhalte, dafs, wenn
"Aristoteles göttliche und menschliche Tugend unterscheide, diese
in dem unpraktischen Geist Plotin’s nicht zu ihrem Rechte ge-
lange. Somit ergiebt sich das Resultat der Untersuchung, dals
er die ethischen Principien beider Philosophen nicht dem Geiste
ihrer Urheber gemäfs verstanden habe, also auch die Ausglei-
chung der Differenz zwischen beiden Principien ihm nicht ge-
lungen sei.
13. April. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Crelle setzte die Mittheilung der Ergebnisse einiger
Untersuchungen zur weitern Entwicklung der Theorie der Dampf-
maschine fort, welche er in der Gesammtsitzung vom 25. März
"vorigen Jahres begonnen hatte.
Er hatte damals, nach Vorausschickung einiger Bemerkungen
‚über die Dampfmaschinen selbst und über ihre Theorie, welche
rst in der neuesten Zeit durch die Arbeiten des Herrn von Pam-
"bour auf den richtigen Weg gelangt sein dürfte, angedeutet,
"was nun weiter noch, nach den unstreitig im allgemeinen an-
semessenen Pambourschen Ansichten, bei den Dampfmaschinen
theoretisch zu untersuchen sein dürfte. Es ist dies zunächst das
172
Verhalten und die Wirkung des sonst für alle Dampfmaschinen
unentbehrlichen Schwungrades, in den verschiedenen Fällen;
ferner die Frage, wie die so vortheilhafte Absperrung des
Dampfes im Dampfstiefel praktisch am wirksamsten zu benutzen
sei; sodann die Frage, ob jenes wie etwa der sogenannte Was-
sersturz (cataracte) für Maschinen, die z.B. durch Pumpen Was-
ser aus verschiedenen Tiefen zu heben, oder überhaupt einen
sehr wechselnden Widerstand zu überwinden haben, durch eine
einfachere und sicherere Vorrichtuug zu ersetzen sei; besonders
aber die Frage, welche von den verschiedenen Arten der Dampf-
maschinen die vortheilhafteste sei, nämlich welche derselben mit |
einer bestimmten Masse verdampften Wassers, oder mit einem
bestimmten Aufwande von Brennstoff, die gröfste Nutzwirkung
hervorbringe; welche Fragen sämmtlich insbesondere auf dieje-
nigen Theile der Dampfmaschinen sich beziehen, die zur Be-
nutzung der durch das Feuer auf der Esse im Kessel erzeug-
ten Dampfkraft bestimmt sind, und deren Untersuchung mehr
mathematischer Art ist; während dann noch die mehr der
Physik anheimfallenden Untersuchungen der vortheilhaftesten Art
der Erzeugung der Dampfkraft für die Maschine durch das Feuer
übrig bleiben, von welchen zunächst wenigstens die Frage in Be-
tracht kommt, auf welche Weise der Esse mit dem geringsten
Verlust an bewegender Kraft die zum Verbrennen des Brennstof-
fes nöthige atmosphärische Luft zuzuführen sein dürfte; welche
Frage zugleich auch eine Anwendung der vorangegangenen Un-
tersuchung der mehr mathematischen Theile der Maschinen in
Anspruch nimmt,
Der Vortragende hatte damals erst die Berechnungen über
die Wirkungen des Schwungrades für den Fall vollendet, wo
die Maschine in der Kreisbahn der Kurbelwarze einen unverän-
derlich starken Widerstand fortzutreiben hat, und von diesen
Rechnungen theilte er damals die Ergebnisse mit. Nachdem er
weiterhin auch die übrigen hier oben namhaft gemachten Fragen
der Rechnung zu unterwerfen gesucht hat, legt er jetzt davon
die Ergebnisse vor.
Zunächst kommt, was die Wirkungen des Schwungra-
des betrifft, der andere Fall in Betracht, wenn eine Dampfma-
schine, statt einer drehenden, eine auf und niederge-
hende Bewegung hervorbringen, z.B. Wasserpumpen treiben
i 173
$
‚soll. Wird der Dampf im Dampfstiefel nicht abgesperrt, sondern
‚strömt er vom Anfang bis zum Ende des Kolbenlaufes aus dem
Kessel in den Stiefel, *so ist ein Schwungrad nebst Kurbel nicht
dazu nöthig, dafs die Bewegung der Maschine überhaupt mög-
lich sei, denn, eben wie der zu überwindende Widerstand,
ist dann auch die bewegende Kraft bereits stets unveränderlich
gleich stark; das Schwungrad nebst Kurbel ist in diesem Fall
ur nützlich, weil die Kurbel die Bewegung gleichförmiger
“macht, sie sicherer leitet und den Dampfkolben am Aufstofsen
‚hindert: wird dagegen der Dampf nur während eines Theiles
des Dampfkolbenlaufs in den Stiefel eingelassen und dann abge-
sperrt, so würde die Bewegung der Maschine ohne Schwung-
rad nicht möglich sein, indem dann die bewegende Kraft des
Dampfes vor der Absperrung stärker sein muls, als der Wider-
‚stand, nach der Absperrung immerfort aber abnimmt und selbst
bis auf die geringe Spannung des niedergeschlagenen Dam-
‚pfes herabsinken kann, also zuletzt weit schwächer ist, als
der Widerstand, so dals dann nur das Beharrungsvermögen der
Masse des Schwungrades die Bewegung zu erhalten im Stande
; ohne Schwungrad würde die Maschine still stehen, wie
"stark auch die Dampfkraft sein mag. Also nur insbesondere auf
Maschinen mit Absperrung des Danıpfes kommt es bier an.
Eine kleinste Geschwindigkeit des Schwungrades kann nach
der Absperrung hier nicht wohl vorkommen, weil die bewe-
gende Kraft immerfort abnimmt und also die Geschwindigkeit
licht wieder zunehmen kann. Bei einer etwas baldigen Ab-
rung, z.B. nach 25 Procent des Kolbenlaufes, giebt es gar
eine kleinste, sondern nur eine gröfste Geschwindigkeit, und
war nach der Absperrung. Die Formeln für den gegenwärti-
sen Fall der auf- nnd niedergehenden Bewegung lassen sich un-
nittelbar aus den Grundformeln für die drehende Bewegung ab-
eiten, man darf nur in letzteren den Widerstand A der Kur-
warze in der Richtung der Tangente ihrer Kreisbahn, der
lier nicht Statt findet, gleich Null setzen und dagegen den Wi-
lerstand der Pumpen von der durch den Dampf hervorgebrach-
jen Kraft der Bläuelstange abziehen. Statt der in der vorjähri-
gen Mittheilung für die Maschinen mit drehender Bewegung
gegebenen Endformeln No. 1 bis 9. ist hier, mit derselben
“
174
Bedeutung aller Buchstaben, für Maschinen mit auf- und nieder-
gehender Bewegung
iglzy — zo — tl, — 20) (1 — cos v)]
2
40, a ze M-+N sin VL?
des Ausdruck der Geschwindigkeit der Kurbelwarze für einen
beliebigen Winkel y. Ferner giebt der Ausdruck
Ag?
NM. MS)
Lis(@r — 20) (1 — cos Y) — (ey — 20)) + R’v5 NsinW?],
wenn man daraus den gröfsten Werth sucht, welchen M, für
irgend ein \ haben kann, dasjenige Gewicht, welches das
Schwungrad haben muls, wenn die Geschwindigkeit der Kur-
belwarze von derjenigen v, an, die sie am Anfange und am
Ende eines halben Umlaufes hat, bis auf nicht weiter als au,
sich soll verändern dürfen. Es darf aber hier nicht, wie bei
dem Fall der drehenden Bewegung, N gleich Null gesetzt wer-
den, weil hier N das sehr grolse Gewicht der Pumpenstangen
mit einschliefst. Den Winkel Y für welchen die stärksten
Abweichungen der Geschwindigkeit der Kurbelwarze von ihrer
Anfangs- und Endgeschwindigkeit vorkommen, geben die For-
meln
coli an +P)R—zQı + c))
12.
BON,
für die Kolbenbewegung dis zur Absperrnng und
13. co’Y=1i
: T#2 - Bay # Bı u 2Ädc ey?)
ee
as AR
14 4= Nn°v, und
B=asi(n+P,)(%, +e)
ist, für die Kolbenbewegung nach der Absperrung, von wel-
chen beiden Formeln aus den oben angegebenen Gründen in der
Regel nur die zweite (13) zur Anwendung kommt. Setzt man f
den Werth von &, welchen (13) giebt, in (11), so findet sich
das dem Schwungrade nöthige Gewicht. Für eine zum Beispiel
175
angenommene Dampfmaschine mit a = 20 @. F. Kolbenfläche,
?=8 F. Kolbenlauf, %, =2 F. Absperrung, P, = 8000 Pf. oder
etwa 4 Atmosphären Dampfspannung auf den Quadratfuls bis zur
Absperrung, g=2 F. Länge des Kurbel-Arms, ö = 16 F. Durch-
messer des Schwungrades, v, =1 F. Anfangs- und Endgeschwin-
digkeit der Kurbelwarze, findet sich aus den Formeln, dafs die
grölste Geschwindigkeit der Kurbelwarze Statt findet, wenn
_ der Dampfkolben von seinem Laufe von 8 F. 5,56 F. zurückge-
legt hat, also weit nach der Absperrung, und dals das Schwung-
rad 378 Cir wiegen muls, wenn die Anfangs- und Endgeschwin-
digkeit der Kurbelwarze nicht bis auf mehr als das Doppelte
zunehmen soll. Dieses Gewicht des Schwungrades ist sehr be-
trächtlich; aber die Maschine ist auch schon sehr gross und
stark. Es darf übrigens, wie aus der Formel (11) zu sehen,
viel geringer sein, wenn man v, grölser annimmt d.h. die Ma-
schine schneller sich bewegen läfst, oder auch wenn man
den Durchmesser ö des Schwungrades vergröfsert.
Ein weiterer interessanter Fall, auch für die Theorie des
Schwungrades, ist der einer Dampfmaschine, welche eine dop-
pelt-wirkende Luftpumpe zu treiben hat. Dieser Fall kommt
auch bei Gebläsen in Betracht, wird aber ganz besonders dann in
Betracht kommen, wenn man dereinst eingeschen haben wird,
dals es, wie es der Vortragende in einer besondern, auch der
Akademie vorgelegten Abhandlung ausführlich nachgewiesen hat,
bei weitem besser sei, auf Eisenbahnen die Spannkraft von Luft
_ zu benutzen, die (wo man nicht etwa Wasserkraft hat) durch ste-
hende Dampfmaschinen zusammengepresst worden ist und die
dann in eisernen Cylindern mit fortgeführt wird und zur bewe-
genden Kraft dient, als wie jetzt unmittelbar die bewegende
Kraft des Dampfes in einer vor dem Wagenzuge hergehenden
_ Dampfmaschine während der Fahrt zu erzeugen; schon allein
deshalb, weil dann alle Feuersgefahr von den Eisenbahnen ent-
_ fernt wird.
Für eine Dampfmaschine nun, welche eine doppelt wir-
_kende Luftpumpe zu treiben hat, ist das Schwungrad ein
noch wesentlicherer Theil, und noch viel unentbehrlicher, als
für eine Pumpenmaschine; besonders wenn man den Dampf im
Dampfkessel absperrt, wie es wohl überall wegen des grofsen
a Se
176
Gewinnes durch die Absperrung geschehen wird. Während näm- \
lich bei den Pumpen wenigstens der von der Maschine zu über-
windende Widerstand den ganzen Kolbenlauf hindurch sehr nahe
der nämliche bleibt, ist derselbe in der Luftpumpe ungemein
stark veränderlich und sogar grade dann am stärksten, (näm-
lich gegen das Ende des Kolbenlaufes, weil dann die Luft am
meisten zusammeugepresst ist), wenn die Wirkung des Damp-
fes, der sich nach der Absperrung immerfort ausgedehnt hat,
am schwächsten ist. Im Anfange der Bewegung wirkt die
Spannung der Luft der ungeschwächten Dampfsperrung gar nicht
einmal entgegen, sondern die in dem Spielraum zwischen dem
Luftkolben und dem Boden der Luftpumpe zurückgebliebene zu-
sammengepresste Luft hinter dem Kolben kommt der Dampf-
sperrung sogar noch zu Hülfe; so lange bis jene zusammenge-
presste Luft sich so weit ausgedehnt hat, dals ihre Spannung
der nun schon etwas zusammengepressten Luft vor dem Kolben
nur noch die Waage hält, in welchem Augenblick der Wider-
stand Null ist und welcher Zeitpunkt immer vor der Absper-
rung des Dampfes im Dampfstiefel eintreten wird. Von da wei-
ter dehnt sich die Luft hinter dem Kolben ferner aus, bis zur
einfachen Spannung der Atmosphäre hinab, während die Luft
vor dem Kolben weiter zusammengepresst wird; welches der
zweite Theil der Bewegung des Kolbens ist, und auch in die-
sen Theil wird in der Regel die Absperrung des Dampfes nicht
fallen, sondern erst in den dritten Theil der Bewegung, näm-
lich von da an, wo die Spannung der Luft hinter dem Kolben
bis zu der der äufsern Luft sich vermindert hat nnd also die
äussere Luft nun anfängt hinter den Kolben in den Luftpumpen- _
stiefel einzutreten, bis dahin, wo die zusammengepresste Luft
vor dem Kolben die stärkste verlangte Sperrung erreicht hat,
Da der Ausdruck der Wirkung des Dampfes nach der Absper-
rung, wo sie abnimmt, von demjenigen der Wirkung des un-
geschwächten Dampfes vor der Absperrung verschieden ist, so
zerfällt durch die Absperrung der dritte Theil der Bewegung
für die Berechnung der Geschwindigkeit der Kurbel und des
Schwungrades in zwei Theile, in einen dritten und vierten,
In dem fünften und letzten "Theil der Bewegung endlich behält
die Luft vor dem Kolben die stärkste Spannung und tritt in den
177
Behälter, nachdem die Luft hinter dem Kolben ferner nur die
Spannung der Atmosphäre hat, die Spannung des Dampfes im
Dampfkolben dagegen weiter und bis zur Spannung des niederge-
schlagenen Dampfes hinab abnimmt. Gewöhnlich wird die Wir-
kuug des Dampfes bis in den vierten Theil der Bewegung des
Luftkolbens hinein über die Gegenwirkung der zusammengepress-
‚ten Luft das Übergewicht haben müssen, also auch bis dahin die
Geschwindigkeit der Kurbel und des Schwungrades immerfort
Br ebmen Sie wird in dem Augenblick, wo die beiden Wir-
‚kungen einander gleich geworden sind, also die beschleuni-
gende Kraft welche die Kurbel treibt Null ist, ihr gröfstes
"Maafs erreicht haben. Von da an kann sie aber bis zum Ende
nur noch abnehmen, weil die Dampfkraft immerfort abnimmt,
die Gegenwirkung der Luft dagegen erst noch zunimmt, bis zur
stärksten . Spannung und dann bis zu Ende dieselbe bleibt. Es
wird also hier in der Regel wieder gar keine kleinste son-
‚dern nnr eine grölste Geschwindigkeit der Kurbel und des
Schwungrades geben, und dals diese gröfste Ceschwindigkeit,
die Anfangs- und Endgeschwindigkeit nicht um zu viel über-
‚steige, muls das Schwungrad verhindern. Es muss Masse und
s
v
7
Beharrungsvermögen, also Gewicht genug haben, um von der
gröfsten Geschwindigkeit noch so viel aufrecht zu erhalten, dafs
die Geschwindigkeit am Ende des halben Umlaufes, wie es für
den Beharrungsstand der Bewegung der Maschine sein muls,
Be der am Anfange des halben Umlaufes gleich sei.
a Die Berechnungen und Formeln sind hier ziemlich verwik-
‚kelt und weitläuftig. Die Haupt-Ergebnisse sind folgende.
h Wenn ö der echte Bruch ist, welchen die Reibung in der
Maschine von dem Widerstande ausmacht, e der echte Bruch,
welchen der Spielraum zwischen dem Luftkolben und dem Boden
und Deckel der Luftpumpe von dem Kolbenlauf beträgt, = das
Moment einer Pferdekraft in Pfunden und Fufsen auf die Minute
it, @ die Zahl der Pfunde Druck der Atmosphäre auf 1 Qua-
dratfuls und » die Zahl der Atmosphären wirksamer Spannung,
bis auf welche die Luft in dem Behälter zusammengepresst wer-
soll, so ist
178
13: so
s(l —ue)
—Bll+dreldrn (8 — 1))] log. nat. (1-+r) — 28 [1 + e (4 + 2) log. nat. (ld + ——— rn, 1 )]
die Zahl der Cubikfulse atmosphärischer Luft, welche eine
Pferdekraft in einer Minute in den Behälter treibt. Es er-
giebt sich ans dieser Formel 1
Fürua=0,1 05 1 2 4 6 8 10 415 20Atmosphären
133,98 32,62 19,04 11,96 8,079 6,583 5,731 5,128 3,862 0 für e= 0,05;
133,99 32,65 19,09 12,02 8,174 6,732 5,935 5,411 4,609 4,113 für e = 0,02;
16 @= 1 |39,00 32,66 19,10 12,04 3,203 6,771 5,991 5,471 4,704 4,255 für e = 0,01;
139,00 32,67 19,11 12,06 8,231 6,808 6,029 5,524 4,777 4,350 für e=0.
Diese Zahlen zeigen den merkwürdigen, vielleicht nicht erwar-
teten Umstand, dafs es für nicht ungemein starke Spauuungen,
selbst noch bis zu 10 Atm. wirksamer Spannung, keinen sehr
bedeutenden Unterschied in der Wirkung der Pumpe macht, ob
der, allerdings schädliche, nämlich die Wirkung der Kraft ver-
mindernde, aber, damit der Kolben nicht aufstolse, unvermeid- ?
liche Spielranm, 5 oder 2 oder 1 procent des Kolbenlaufes
beträgt, ja selbst, wenn es sein könnte, Null wäre. Für ge-
ringere Spannungen, z.B. bis zu 1 Atmosphäre, ist der Un-
terschied ganz unbedeutend; so dafs man also wegen des Auf-
stofsens des Kolbens, zumal da die Kurbel ihn daran hindert, |
nicht besorgt sein darf. j
Die gröfste Geschwindigkeit der Kurbel und des Schwung-
rades wird, wie oben bemerkt, gewöhnlich in den vierten
Theil der Bewegung des Luftkolbens fallen. Ist dem nach den ;
Umständen so, so ist die Formel für das Gewicht M. Pfunde
des Schwungrades, welches nöthig ist, damit die Geschwindig-
keit der Kurbelwarze von vo F. in der Secunde am Anfange und
am Ende des halben Umlaufes nirgend bis auf mehr als v, F. in.
der Secunde zunehme, folgende: 3
|
|
16g2° aA ;
R (w2 — v5) :
— |-» (r+p +4)
LEN MıI=
m,
(o+n) (rn +P,)[log nat RR SE
1+e
+ Prv [( +3)((1+e)log nat ——— +m, eu)
1+2e
+(1—3) (1 Fp)e Logan (ip) "POL FRE 2JO)IOENANTT
179
In dieser Formel ist wie früher g = 154 F. die freie Fallhöhe
in der ersten Secunde, @ @. F. die Dampfkolbenfläche, ? F. der
Dampfkolbenlauf, ?, Pf. auf den Quadratfuls die Spannung des
Dampfes im Dampfstiefel vor der Absperrung, a ce €. F. der
Inhalt jedes der beiden Spielräume im Dampfstiefel und n eine
durch Versuche gefundene constante Zahl; ö, e, 8 und « haben
die eben vorhin erklärte Bedeutung, und ferner ist o F. der
Kurbelbruch, A? der Durchmesser des Schwungrades, c? F. der
Theil des Dampfkolbenlaufes bis zur Absperrung, +A derjenige
der Höhe der Spielräume im Dampfstiefel, 2,2 derjenige für
welchen die grölste Geschwindigkeit der Kurbel Statt findet, A
F. der Hub der Luftpumpe, v @ @. F. die Fläche des Luftpum-
penkolbens, p Pf. auf den Quadratfuls die Spannung des nieder-
geschlagenen Dampfes und p Pf. auf den Quadratfuls Dampfkol-
benfläche der Betrag der Reibung der leergehenden Maschine.
Um ein Beispiel zu geben ist nach den obigen Formeln die
stehende Dampfmaschine berechnet worden, welche nöthig sein
würde, um in der Minute 800 C. F. atmosphärischer Luft bis
auf 8 Atmosphären wirksamer Spannung zusammenzupressen; was
ungefähr das Bedürfnils für die Eisenbahnstrecke zwischen Ber-
lin und Potsdam sein würde, wenn man sich auf derselben statt
einer Zugdampfmaschiene oder eines Dampfwagens der Spannung
‚mitgeführter zusammengepresster Luft als bewegender Kraft be-
dienen wollte. Es findet sich, dsfs die Maschine 140 Pferde-
kräfte haben muls, wenn der Dampf auf 30 pro cent des Kol-
beulaufs abgesperrt wird und der Spielraum im Lufstiefel, eben
"wie im Dampfstiefel, 5 pro cent des Kolbenlaufes beträgt. Der
Dampf muls bis zur Absperrung 13095 Pf. auf den Quadratfuls
so etwa 6 Atm. wirksame Spannung haben und in der Minute
‚sind 0,528 €. F. Wasser zu verdampfen und dazu etwa 3,7 Pf.
einkohlen nöthig. Der Dampfstiefel muls 15,87 C.F. grols sein;
die gröfste Geschwindigkeit der Kurbel findet Statt, wenn die
Hälfte des halben Umlaufs der Kurbel; und macht man die
Luftpumpe eben so hoch wie den Dampfstiefel, aber von dop-
peltem Querschnitt, den Kurbelarm 1 F. lang, das Schwuugrad
F. im Durchmesser und läfst die Maschine 30 Kolbenschläge
ı der Minute machen, in welchem Fall die Geschwindigkeit der
150
Kurbelwarze am Anfange und am Ende eines halben Umlaufes
etwa 1 F. in der Secunde betragen wird, so muls das Schwung-
rad, unter der Bedingung, dals die Geschwindigkeit nirgend hö-
her als bis auf 2 F. steige, 286 Ctr. wiegen; welches Gewicht
aber wieder sehr vermindert werden kann, wenn man entweder
dem Schwungrade einen gröfsern Durchmesser giebt, oder die
Maschine schneller sich bewegen lälst; besonders durch das letz-
tere; was auch noch deshalb sehr rathsam ist, weil dann der
Dampfstiefel und die Luftpumpe kleiner sein können.
Der Vortragende hat nun weiter die Frage: wie bei den |
verschiedenen Arten von Dampfmaschinen, mit niedrigem und
mit hohem Druck, mit und ohne Niederschlag, mit und ohne Ab-
sperrung, durch den gleichen Aufwand von Kraft, nemlich durch
die gleiche Masse verdampften Wassers, folglich mit dem nem-
lichen Brennstoff und den nemlichen Kosten desselben. die grö-
fseste Nutzwirkung hervorzubringen sei, durch Rechnung zu er-
örtern gesucht.
Der Gewinn von einer vortheilhaften Anordnung der Esse
und des Kessels, so dafs durch die nemliche Masse Brennstoff
möglichst viel Wasser verdampft werde, läfst sich mehr oder
weniger bei jeder Art von Maschine erzielen. Eben so der Ge-
winn vom Zusammenhalten der Wärme des Dampfes im Dampf-
stiefel durch eine Hülle um denselben uud durch Ausfüllung des
Zwischenraums mit irgend einem schlechten Wärmeleiter; ferner
der Gewinn von möglichster Verminderung der Reibung, von
einer genauen Steuerung der Maschine und von den schnell sich
öffnenden sogenannten Kernklappen. Ferner ist es von selbst klar,
dafs es vortheilhafter sei, den Dampf, welcher seine Dienste ge-
than hat, niederzuschlagen, als ihn, wie bei den sogenannten
eigentlichen Hochdruckmaschinen, ins Freie ausströmen zu las-
sen. Und endlich ergeben Theorie und Erfahrung, dafs die Nutz-
wirkung sehr erhöht werde, wenn man, statt den Dampf wäh-
rend des ganzen Kolbenlaufs in den Dampfstiefel strömen zu
lassen, ihn absperrt, nachdem der Kolben erst einen Theil
seines Laufs zurückgelegt hat: mit 50 pro cent Absperrung ist’
die Wirkung schon 1,55 mehr, mit 30 pro cent Absperrung
1,95 und mit 10 pro cent Absperrung sogar 2,61 mal so grols,
als ohne Absperrung. Im Allgemeinen also ist die Antwort auf
#
die obige Frage die, dafs Maschinen mit Niederschlag und an-
. gemessener Absperrung also auch mit starker Dampfspannung die
gröfste Nutzwirkung hervorbringen. Und da nun der Nieder-
schlag seine bestimmte Grenze hat, so bleibt nur noch insbe-
sondere die Frage, wie von der so nützlichen Absperrung
der möglichste Gewinn zu erzielen sei.
Der Gewinn durch die Absperrung nimmt fortwährend zu,
je früher man den Dampf im Stiefel absperrt, bis zu einem ge-
wissen Maafs, für welches die Nutzwirkung am gröfsten ist. Be-
sonders dnrch die starke Absperrung erlangen die Cornwallis-
schen Maschinen ihre so sehr vortheilhafte Wirkung. Aber die
möglichst grölste Nutzwirkung erfordert bei einer einigermalsen
starken Dampfspannung eine so sehr frühe Absperrung, dals die-
selbe technische Schwierigkeiten bat, weil der Gang der Ma-
- schine dabei gar zu ungleichförmig werden, auch die alsdann nö-
thige Genauigkeit beim Öffnen und Schliefsen der Klappen kaum
zu erreichen sein dürfte. Man wird mit der Absperrung nicht
leicht weiter als bis auf den 3ten, höchstens den 4ten Theil
des Kolbenlaufes gehen können. Es folgt also, dafs eine Ein-
‚richtung der Dampfmaschine vortheilhaft sein werde bei welcher
man in der Verstärkung der Absperrung nicht gehindert ist.
Eine solche Einrichtung haben die Woolfschen Maschinen, mit
181
zwei Dampfstiefel statt eines einzelnen, von welchen der grös-
sere insbesondere zur Ausdehnung des abgesperrten Dampfes be-
stimmt ist; denn es hindert hier nichts, zuwal wenn man noch
die Absperrung im kleineren Stiefel zu Hülfe nimmt, den grös-
seren Stiefel so grols zu machen, dafs sein Raum, zusammen
_ Dampf binter dem Kolben im kleineren Stiefel einnimmt. Die
_Woolfschen Maschinen würden also wieder unter denen mit
Absperrung die gröfsere Nutzwirkung haben. Bei Maschinen
mit nur einem Stiefel ist es, nächst dem Verhältnifs der Span-
nungen des Dampfes im Stiefel und im Kessel nur dasjenige der
Länge der Absperrung zum Kolbenlauf, welches sich für die
möglichst gröfste Nutzwirkung ordnen läfst: bei Maschinen
mit zwei Stiefeln läfst sich auch noch über das Verhältnils der
‚Grölse der beiden Stiefel zu einander verfügen, und da hier
Ar
152
die Ausführung dessen, was für die möglichst grölste Nutzwir-
kung nöthig ist, im Allgemeinen nicht durch technische Schwie-
rigkeiten behindert ist, so läfst sich durch eine Woolfsche Ma-
schine eine gröfsere Nutzwirkung als durch jede andere erreichen.
Als bestimmtes Maals oder Einheit für den zur Erzeugung
der Kraft einer Dampfmaschine nöthigen Kosten- Aufwand
kann man eine bestimmte Masse z. B. 1 Cub. F. in einer be-
stimmten Zeit z.B. in 1 Minute verdampften Wassers betrach-
ten, weil im Allgemeinen gleich viel Wärme und also gleich viel
Brennstoff nöthig ist, nur eine bestimmte Masse Wasser in einer
bestimmten Zeit in Dampf zu verwandeln, welche Spannung der-
selbe auch in dem verschlossenen Raum des Kessels mag bekom-
men sollen: für die Nutzwirkung einer Maschine dagegen ist
das Produkt der Kraft der Maschine in dem Raum durch wel-
chen sie den von ihr mit dieser Kraft zu überwindenden Wi-
derstand in der bestimmten Zeit, also in 1 Minute, fortzubewe-
gen vermag, das Maals, folglich eine gewisse Zahl von Pfer-
dekräften. Wenn man also berechnet, wieviel Pferdekräfte
Dampfmaschinen nach ihrer verschiedenen Einrichtung durch 4
C. F. verdampften Wassers erlangen, so giebt dies eine verglei-
chende Übersicht ihrer Leistungen. Eine solche Übersicht, nach
den verschiedenen Formeln, mit beispielsweise angenommenen
Dampfspannungen im Stiefel berechnet, ist folgende.
Ein Cubikfufs in der Minute verdampften Was-
sers bringt an Nutzwirkung hervor:
a. Durch eine Dampfmaschine mit niedrigem Druck z.B.
von 2500 Pf. auf den Quadratfuls (etwas über eine Atmosphäre)
und mit Niederschlag des Dampfs, aber ohne Absperrung
90 Pferdekräfte.
d. Durch eine Maschine mit hohem Druck und Absper-
rung, aber ohne Niederschlag, also durch eine sogenannte Hoch-
druckmaschine
4) wenn der Druck 5878 Pf. (etwa 2-- Atm.) beträgt und die
Absperrung nach 44 Proc. des Kolbenlaufs Statt findet,
96 Pferdekräfte.
2) Mit‘ 11756 Pf. (etwa 5 Atm.) Druck und 23 Proc. Ab-
sperrung, die aber schon schwer ausführbar ist,
166 Pferdekräfte.
183
ec. Durch eine Maschine mit Niederschlag und sonst nach
Art der Cornwallis’schen Maschinen auf das beste eingerichtet
4) mit 5878 Pf. Dampfspannung und ohne Absperrung
114 Pferdekräfte.
2) Mit der gleichen Dampfspannung und 30 Proc. Absperrung
208 Pferdekräfte; die vortheilhafteste Absperrung würde
hier 10 Proc. sein; was aber nicht ausführbar ist.
d. Durch eine Woolf’sche Maschine mit zwei Dampfstie-
feln, mit hohem Druck, Niederschlag und den hier ausführbaren
vortheilhaftesten Verhältnissen der Absperrung und der
Gröfse der beiden Stiefel:
4) mit 5878 Pf. Dampfspannung (etwa 22 Atm.), 28 Proc. Ab-
sperrung und 4,06 mal so viel Raum im grofsen als im
kleinen Stiefel 295 Pferdekräfte-
2) Mit 11756 Pf. (etwa 55 Atm.) Dampfspannung, 20 Proc.
Absperrung und 5,58 mal so viel Raum im grofsen als im
kleinen Stiefel 375 Pferdekräfte.
Es zeigt sich hieraus, wie ungemein viel auf die Anordnung
_ und Einrichtung einer Dampfmaschine ankommt. Eine Woolf’
sche Maschine, mit den vortheilhaftesten Verhältnissen ihrer Theile,
leistet, mit dem gleichen Aufwande von Brennstoff, mehr denn
_ viermal so viel, als eine Maschine mit niedrigem Druck, Nie-
derschlag und ohne Absperrung. Indessen entscheiden allerdings
diese theoretischen Ergebnisse nicht ohne Weiteres bei der Wahl
einer Maschine: es kommen auch die Kosten der Maschine
selbst, nach den Zinsen und der Wieder- Ansammlung angeschla-
gen; die Erhaltungskosten, die Grölse der verlangten Kraft, so
wie die örtlichen Verhältnissen in Betracht. Wo indessen alle
diese Umstände nicht zu sehr für eine andere Maschine spre-
chen, dürfte die Woolf’sche Einrichtung wohl immer die beste
es besonders da, wo eine sehr starke Maschinenkraft nöthig
ist. Jedenfalls aber dürfte es rathsam sein, wenigstens überall,
wo es irgend angeht, die Vortheile des Niederschlagens des
mpfes und der Absperrung möglichst zu benutzen.
Der Wassersturz oder sogenannte Cataract ist eine Vor-
richtung, durch welche zwischen den Kolbenschlägen einer Ma-
schine beliebig lange Ruhezeiten hervorgebracht werden kön-
nen, so dafs eine solche Maschine nur in stets unterbroche-
154
nem Gange sich befindet. Die Vorrichtung ist, besonders bei
einfach wirkenden Maschinen mit niedrigem und mit hohem Druck,
dann üblich, wenn dieselben durch Pumpen Wasser aus ver-
schiedenen Tiefen zu heben bestimmt sind, und hat dort
den Zweck, dem Feuer der Esse, wenn die Tiefe zunimmt, und
also mehr Kraft nöthig ist, Zeit zu verschaffen, mehr Wasser
zu verdampfen und dadurch eine gröfsere bewegende Kraft her-
vorzubringen. Allein, obgleich dann die Höhe des Kolbenhubs
der Pumpen für kleinere und grölsere Tiefen dieselbe bleibt,
kann doch im Ganzen leicht Zeit verloren gehen, und das kann
in Bergwerken sehr nachtheilig sein. Schon die einfach wir-
kenden Maschinen, bei welchen die Dampfkraft nicht das Was-
ser, sondern die Pumpenstangen hebt, die dann, zurücksinkend,
durch ihr Gewicht das Wasser hinaufdrücken, sind gegen die
doppelt wirkenden Maschinen mit Gegenwicht, wo die Dampf-
kraft, den Kolben auf- und abtreibend, das Wasser in die Höhe
drückt, dadurch im Nachtheil, dafs letzteren der Nutzen des be-
sonders für die Absperrung so nöthigen Schwungrades mehr zu
Gute kommt. Aufserdem ist offenbar der Wassersturz eine künst-
liche, leicht versagende und gebrechliche Vorrichtung, die fast
gleichsam nur ein Nothbehelf zu nennen sein dürfte. Es würde
daher vielleicht nicht unrathsam sein, statt des künstlichen Was-
sersturzes eine andere, einfachere Vorrichtung an der Maschine
anzubringen, mittelst welcher man die stets gleichbleibende
Dampfkraft eine nach Erfordern verschiedene Kraft auf die
Pumpen ausüben lassen kann. Eine solche Vorrichtung wäre sehr
einfach folgende. Anstatt nemlich wie gewöhnlich die Pumpen-
stange an das Ende des einen Arms des Wagebalkens der Dampf-
maschine zu hängen, lasse man sie einen andern einarmigen He-
bel anstolsen, welcher sich um einen aufserhalb der Maschine
liegenden festen Punkt dreht, der etwa um die halbe Länge des
Wagebalken- Arms tiefer liegt als der Ruhepunkt des Wage-
balkens und von demselben, horizontal gemessen, etwa um die
anderthalbfache Länge des Wagebalken-Arms entfernt ist. Die-
ser zweite einarmige Hebel liegt horizontal, wenn der Wage-
balken horizontal liegt. Verbindet man ihn nun mit dem Wa-
gebalken-Arm durch eine senkrechte Stange, die oben und un-
ten ein Charnier hat und die nach Erfordern hin- und her-
185
gerückt werden kann, so wird sich, wie leicht zu sehen,
durch die gleiche Kraft des Dampfkolbens eine nach Belieben
_ und Erfordern verschiedene Kraft auf die Pumpenstange, die
‚natürlich immer an derselben Stelle bleibt, hervorbringen und es
wird sich also mit der gleichen Dampfkraft das Wasser aus
verschiedenen Tiefen heben lassen. So wie man die senk-
rechte Stange, welche den einarmigen Hebel mit dem Wage-
balken-Arm verbindet, z. B. dem Ruhepunkt des Wagebalkens
näher rückt, wird der Hebelsarm des Wagebalkens kürzer und
zugleich der einarmige Hebel länger: also bringt nun aus
doppeltem Grunde die gleiche Dampfkraft mit dem glei-
- chen Hube des Dampfkolbens, auf die Pumpenstange eine stär-
_kere Kraft hervor, als vorher. Rückt man die Verbindungs-
stange von dem Ruhepunkt des Wagebalkens weiter ab, so
erfolgt das Gegentheil, und wieder aus doppeltem Grunde.
Freilich wird auf diese Weise der Hub der Pumpen in dem-
‚selben Verhältnifs niedriger oder höher, aber bekanntlich
lassen sich Druckpumpen, selbst Doppeltwirkende, leicht so
einrichten, dafs der Hub niedriger oder höher sein kann, ohne
‚dals weiter eine Veränderung an den Pumpen nöthig wäre.
Das bei doppelt wirkenden Maschinen nöthige Gegengewicht ist
nicht, oder doch nur wenig zu verstärken oder zu vermindern
nöthig, so wie man die Verbindungsstange der beiden Hebel dem
Ruhepunkt des Wagebälkens der Maschine nähert, oder sie von
entfernt; denn so wie die Tiefe zunimmt, wimint auch? das
immer demselben Gegengewicht die Wage. Es ist nicht wohl
abzusehen, warum diese sehr einfache Änderung nicht ausführ-
bar sein sollte. Durch sie würde man den gebrechlichen Was-
sersturz vermeiden, niemals an Zeit verlieren, und die Vortheile
eiues immer gleichen Dampfdrucks, so wie die doppelt wirken-
den Maschinen mit Absperrung, also auch Woolf’schen Maschi-
en, nebst den Vortheilen eines Schwungrades und eines sehr
leichförmigen Ganges der Maschine erlangen.
Rt In Dampfwagen auf Eisenbahnen wird der Esse die zum
Verbrennen des Brennstoffs nöthige atmosphärische Luft insbe-
sondere dadurch zugeführt, dafs man den Dampf, der seine
Dienste gethan hat, in den Schornstein strömen und ihn die
186
Luft aus demselben austreiben läfst, wodurch dann ein Überge-
wicht des Drucks der äufsern Luft auf die Essenthür entsteht
und die äulsere Luft nun kräftig in die Esse dringt. Der Schorn- —
stein ohne dieses Dampfgebläse würde nicht hinreichend sein,
die für das Feuer nöthige Luft in die Esse zu schaffen, weil
hier schnell viel Dampf erzeugt werden mufs und also viel Luft
zum Verbrennen nölhig ist. Es ist aber mit diesem Dampf-
gebläse offenbar ein sehr bedeutender Verlust an Kraft und an
Wärme, also an Heizkosten verbunden. Die gewöhnlichen
Dampfwagenmaschinen haben in den Dampfstiefeln nicht einmal
eine Absperrung, sondern der Dampf entweicht mit seiner vol-
len Kraft, und es ist noch die Frage, ob dies nicht selbst ganz
nothwendig sei, blos um das Feuer hinreichend anzublasen.
Ist wirklich eine Absperrung bier thunlich, wie es neuere Ver-
suche zu ergeben scheinen, so wird sie immer nicht bedeutend
sein können, weil der Dampf unvermeidlich, um dem Schorn-
steingebläse zu dienen, eine die Spannung der Atmosphäre über-
steigende Kraft behalten mufs. In keinem Fall wird man in
Dampfwagenmaschinen die Dampfkraft so vollständig benutzen
können, wie in stehenden Maschinen.
In diesen wird gewöhnlich der Esse die zum Verbrennen
nöthige Luft, wie bei andern Feuerungen, dadurch zugeführt,
dafs man die Feuerluft, welche das Wasser im Kessel in Dampf
verwandelt hat, mit noch ansehnlicher Wärme in den Schorn-
stein ausströmen läfst, damit die Luftsäule in demselben durch
die Wärme leichter werde als eine gleich hohe Säule atmosphä-
rischer Luft und so der Unterschied des Gewichts der beiden
Säulen die Luft in die Esse treibe. Bei dieser Art der Esse
die nöthige Brennluft zuzuführen, ist es also gar nicht gestat-
tet, alle Wärme der Feuerluft zur Verdampfung oder Erwär-
mung des Wassers zu benutzen, sondern ein Theil der Wärme
mus ganz nothwendig und unvermeidlich geopfert werden, blofs
um das Feuer in der Esse zu nähren. Dieser Theil ist aber
sehr bedeutend und beträgt bei gewöhnlichen Feuerungen, di-
recten Messungen zufolge, beinahe die Hälfte der gesammten
Wärme, vielleicht sogar noch mehr. Die grolse Höhe, welche
man den Schornsteinen giebt, damit die erwärmte Luftsäule hö-
ber sei, kann nicht viel helfen, weil man doch kein stärkeres
157
| Übergewicht erlangt, wenn nicht die mittlere Wärme der Luft
im hohen Schornstein eben so stark ist, als im niedrigen. Der
- Verlust an Wärme wird immer so sehr grofs sein, dafs fast die
Frage wäre, ob man nicht besser thäte, auch bei stehenden Ma-
} schinen, eben wie bei den Dampfwagen, den Dampf, der seine
_ Dienste gethan hat, statt ihn niederzuschlagen, in den Schorn-
stein strömen zu lassen und so auch hier ein Dampfgebläse
ge veranstalten. Es würde, besonders bei starker Dampfspannung
immer noch die Absperrung benutzt werden können, denn
der Dampf dürfte keinesweges mit seiner vollen Kraft ausströ-
men müssen, sondern nur mit einer Spannung, welche die der
Atmosphäre übersteigt. Statt die Dampfkraft durch die Absper-
rung, wie beim Niederschlag, bis auf 5 Atmosphäre hinunter zu
benutzen, würde man freilich nur bis auf etwas mehr als eine
volle Atmosphäre gehen dürfen; indessen würde bei hohen Span-
nungen von 4, 5 und mehreren Atmosphären, immer noch ein
bedeutender Gewinn durch die Absperrung übrig bleiben. Die
_ Wärme der Feuerluft könnte man dann so weit als es nur
möglich ist zur Verdampfung und Erwärmung des Wassers be-
nutzen, ehe man sie in den Schornstein entläfst.
E Aber es giebt offenbar noch ein anderes Mittel, der Esse
die nöthige Brennluft zuzuführen, nemlich dadurch, dafs man das
Übergewicht des Luftdrucks auf die Einmündung nicht sowohl
durch Verminderung des Drucks auf die Ausmündung hervor-
bringt, sei es durch Erwärmung der Luft im Schornstein, wie
gewöhnlich, oder durch Austreibung der Luft aus demselben mit-
tels des Dampfes, sondern vielmehr durch Verstärkung des
Drucks auf die Einmündung, während der Druck der Atmosphäre
f die Ausmündung bleibt, also so, dafs die Luft nicht gleich-
durch Einsaugung in die Esse hinein getrieben wird,
‚sondern durch eine mechanische Kraft, also durch ein Luftge-
bläse, ganz von der Art, wie es längst für starke Feuer, z. B.
bei Hochöfen und selbst in allen Schmieden gewöhnlich ist. Die
buftpumpe des Gebläses mülste aber die Luft nicht unmittelbar
ı die Esse treiben, damit sie nicht stolsweise eindringen,
sondern in einen hinreichend grofsen Behälter, damit man sie
dann aus diesem durch eine Röhre, mit Hahn, nach Erfordern
u das Feuer strömen lassen könne. Die Luftpumpe mülste na-
> 188
türlich von der Dampfmaschine srlbst in Bewegung gesetzt wer-
den; was auch sonst ganz angemessen sein würde, indem die
Maschine, so wie sie selbst das kalte und das heilse Wasser
sich zuführt, auch ganz passend sehr wohl die ihrer Esse nö-
thige Luft derselben zuführen kann. Es kommt nur darauf an,
ob die dazu nöthige Kraft nicht etwa einen zu beträchtlichen
Theil der Kraft der Maschine wegnimmt: auch um dies zu er-
mitteln ist die Theorie der Lufipumpen ausführlich abgehandelt
worden.
Bei der Untersuchung der Frage kommt es darauf an, welche
Luftmenge zum Verbrennen des Brennstoffs nöthig sei und welche
Spannung der Luft im Bebälter, um diese Luftmasse in der be-
stimmten Zeit in die Esse zu treiben. Bei der Ermittelung des
Letztern, so wie überhaupt bei den Luftgebläsen, darf man nicht,
wie es hin und wieder geschieht, versäumen, den Widerstand
der Atmosphäre gegen den Luftstrom des Gebläses zu berück-
sichtigen, da dieser Widerstand wegen der grofsen Geschwin-
digkeit bedeutend ist. Die Angaben der zum Verbrennen nö-
thigen Luft sind sehr verschieden, gehen jedoch nicht über
300 €. F. für das Pfund Steinkohlen. Also würde das Gebläse,
um 1 €. F. Wasser in einer Minute in Dampf zu verwandeln,
wozu bei der jetzigen Art der Feuerung etwa 7 Pf. Kohlen nö-
ihig sind, 2100 C. F. Luft in der Minute oder 35 C.F. in der
Secunde in die Esse treiben müssen. Nun ergeben die Formeln
für das Gebläse, das schon ein Übergewicht der Spannung
von ; Atm., oder etwa 217 Pf. Druck auf den Quadratfuls, eine
Ausströmungs- Geschwindigkeit von 222 F. in der Secunde her--
vorzubringen vermag, was dann eine Düse von 23 Q.Z. Quer-
schnitt oder von 54 Z. Durchmesser erfordert. Ferner ergeben
die Formeln für die Luftpumpe, dals eine Pferdekraft 139
C. F. Luft in der Minute bis auf — Atm. wirksame Spannung,
oder Übergewicht über die Spannung der äulsern Luft, zusam-
menzupressen vermag: also findet sich, dals, um 1 C. F. Wasser
in 14 Minute zu verdampfen, 47 = 15 Pferdekräfte nöthig sein
würden; wofür man wegen der Reibung und sonstiger Hinder-
nisse 20 Pferdekräfte annehmen mag. Aber, wie weiter oben
gesagt, vermag Ein €. F. verdampften Wassers durch eine vor-
theilhaft eingerichtete Dampfmaschine bis zu 375 Pferdekräften
189
hervorzubringen: also würde die Maschine nur einen sehr ge-
ringen Theil ihrer Kraft (etwas über 5 Proc. derselben) her-
zugeben haben, um ihrer Esse die zum Verbrennen des Brenn-
stoffs nöthige Luft zuzuführen. Lälst man sie diesen Theil ihrer
Kraft hergeben, so ist man nicht mehr wie jetzt gezwungen,
einen Theil, und zwar einen so beträchtlichen, wohl bis auf die
Hälfte steigenden Theil der erzeugten Wärme aufzuopfern, da-
mit durch Erwärmung der Luft im Schornstein das Feuer in der
- Esse hinreichend angeblasen werde, sondern man kann dann die
erzeugte Wärme so vollständig als möglich zu ihrem eigentli-
chen Zweck, nämlich zur Verdampfung des Wassers, also zur
Erzeugung von Kraft der Maschine benutzen. Dieses letztere
wird insbesondere durch Verlängerung der Feuerröhre ge-
schehen können. Man wird dieselbe in einem ersten Kessel un-
ter Wasser hin- und herführen können, ferner ebenso in einem
zweiten Kessel über dem ersten, gefüllt mit dem heilsen nie-
dergeschlagenen Wasser, und wenn auch da noch Dampf erzeugt
‘wird, in einem dritten Kessel über dem zweiten, um in ihm das
kalte Wasser vorzuwärmen. So wird die Feuerröhre, zumal
für grofse Maschinen mit Kesseln von 20 F. lang und darüber,
200 bis 300 F. lang sein können; aber so lang sie auch sein
mag, wird immer nothwendig die Feuerluft, unter den gehöri-
gen Vorkehrungen gegen Verstopfung, durch die Röhre getrie-
"ben werden, weil immer das Übergewicht des Drucks von In
Atm. vorhanden ist. Sollte es nun auf diese Weise zu erlangen
sein, dals die Luft kalt, oder doch beinahe kalt in den Schorn-
tein ausströmt (und danach darf man hier trachten, weil es
ht mehr nöthig ist, dafs sie, wie sonst, warm und beträcht-
i warm in den Schornstein trete, damit die Esse Zug be-
komme): so würde der Gewinn sehr grols sein. Statt der jetzt
n 7 Pf. in der Minute verbrannten Kohlen, unter dem Verlust
dekräfte der Maschine, würde man, wenn auch nicht das Dop-
elte, so doch vielleicht, nach Abzng der 20 Pferdekräfte für
das Luftgebläse, 500 bis 600 Pferdekräfte erzielen, und dies
äre noch fast eben so viel als selbst durch die so vortheihafte
Absperrung des Dampfs gegen sonstige Hochdruckmaschinen
‚erlangt worden ist und sich erlangen läfst. Ist dem so, so er-
2
190
giebt sich hieraus (im Vorbeigehen bemerkt) ein neuer und sehr
grolser Vorzug der Benutzung der Spannkraft zusammengeprels-
ter mitgeführter Luft auf Eisenbahnen vor dem Dampfwagen,
weil sich mittels des Luftgebläses, welches sich auf Dampfwagen
nicht anbringen läfst, durch stehende Maschinen die nöthige
bewegende Kraft bei weitem wohlfeiler hervorbringen läfst,
als durch die mitfahrenden Maschinen. Das Luftgebläse würde
auch noch den Vortheil ergeben, dals wegen des vollkommenen
Verbrennens weniger Rauch aus dem Schornstein entweichen
und ein ganz niedriger Schornstein hinreichend sein würde; so
wie den noch viel grölseren Vortheil, dafs man die gleiche Kraft
aus weniger Brennstoff erzielt, also an Brennstoff spart; was
gar sehr zu berücksichtigen ist, da es wegen der immer stei-
genden Zahl der Dampfmaschinen gar nicht unmöglich ist, dafs
die Steinkohlenlager, wenn auch nicht überall, so doch in die-
sem oder jenem Lande bald erschöpft werden, ihr Ersatz durch
Brennstoff aber grofse Landflächen erfordert, die statt Holz Nah-
rungsstoff für Menschen uyd Thiere hervorbringen können. Die
Ersparung an Brennstoff würde noch besonders auf den Dampf-
seeschiffen aufser der Kosten-Ersparnils den Nutzen haben, dafs
die Schiffe weniger Kohlen zu laden brauchen, oder dals sie
umgekehrt mit derselben Kohlenmasse weitere Reisen machen
können. Die Maschinen würden allerdings durch das Lufige-
bläse, durch die mehreren Kessel und die längeren Feuerröhren
theurer werden, allein es ist sehr wahrscheinlich, dafs die hö-
heren Kosten den grolsen Gewinn bei weitem nicht aufwiegen
würden. Dieser Gegenstand verdient daher nnstreitig alle mög-
liche Aufmerksamkeit. Der Vortragende hat von einem Augen-
zeugen unlängst gehört, dals man in Manchester bei Dampfma-
schinen einen Versuch mit dem Luftgebläse gemacht und dafs
sich dasselbe ungemein wirksam gezeigt habe; er hat aber dar-
über seitdem noch nichts Näheres erfahren können.
Dies ist die Übersicht der Ergebnisse, zu welchen der Vor-
tragende bis jetzt bei seinen weiter fortgesetzten theoretischen
‚Untersuchungen über Dampfmaschinen gelangt ist. Allerdings
werden die Ergebnisse der Praxis von denen der Theorie
abweichen, aber die Abweichung kann hier nicht wohl allzu be-
deutend sein, weil die Pambour’schen Ansichten, auf welche die
191
theoretischen Berechnungen sich stützen, nicht a priori von Hy-
pothesen ausgehen, sondern schon auf im Ganzen gemessenen
wirklichen Erfahrungen im Grofsen gegründet sind, auch die
Ergebnisse dieser Ansichten an wirklichen Maschinen von den
verschiedensten Formen sich sehr gut bewährt haben.
Die ausführlichen Auseinandersetzungen und Rechnungen, aus
welchen die oben aufgezählten Ergebnisse hervorgehen und die
zum Theil ziemlich weitläufig, schwierig und verwickelt sind,
füllen nicht blos den Raum einer Abhandlung, sondern ein Buch
und eignen sich also nicht wohl für die Sammlung der Abhand-
lungen der Akademie, um so weniger, da, um sie ganz deutlich
zu machen, erst das, wovon sie nur eine Fortsetzung sind, vor-
ausgeschickt werden mülste, auch viele Zeichnungen dazu nöthig
sein würden. Sie werden daher besonders gedruckt werden,
und zwar als Anhang zu der neuen Auflage des grolsen Werkes
des Herrn von Pambour über Dampfmaschinen, welches der Vor-
tragende deutsch, und auch noch mit einigen sonstigen Anmer-
kungen, herauszugeben im Begriff ist. -
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Memoires de la Societe de Physique et d’Histoire nalurelle de Ge-
neve. Tom. 11. Partie 2. Geneve 1848. 4.
Proceedings of the American Academy of arts and sciences, Pagg.
49-296. Boston. 8.
Zeitschrift der Deutschen morgenländischen Gesellschaft. Bd. 2.
Heft 1. 2. Leipzig 1848. 8.
Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesell-
schaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1848. No.5. 8.
A.L.Crelle, Journal für die reine und angewandte Mathematik.
Bd. 36. Heft 2.3. Berlin 1848. 4. 3 Expl.
Kunstblatt. 1848. No. 14. 15. Stultg. u. Tüb. 4.
ANNO NN
nu
I Bericht
über die
zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen
der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin
im Monat Mai 1848.
Vorsitzender Sekretar: Hr. Ehrenberg.
2. Mai. Sitzung der physikalisch-mathemati-
schen Klasse.
Die Sitzung war, eingetretener Hinderrisse halber, vom 1.
Mai auf den folgenden Tag verlegt worden.
Hr. Encke erstattete folgenden Bericht über die dies-
jährige Wiedererscheinung des Pons’schen Cometen.
Am 30. Oktober 1845 hatte ich zuletzt die Vergleichung des
vorausberechneten Laufes des Pons’schen Cometen mit einigen
damals bekannten römischen Beobachtungen gegeben. Es sind
später zwei amerikanische hinzugekommen welche auf eine sehr
befriedigende Weise sich den römischen anschliefsen, eine Be-
| stätigung welche um so wünschenswerther war, als die Hellig-
keit der Dämmerung auf allen andern Sternwarten, auch hier in
Berlin, wo der Wunsch den Cometen aufzufinden am lebhafte-
ten sein mufste, den Cometen im Jahre 1845 den Nachforschun-
sen der Astronomen entzogen hatte. Nach einer kleinen Verbes-
ng der Reduktion bei den amerikanischen Beobachtungen stellt
sich das Endresultat jetzt so:
Der Comet war beobachtet
M.Berl. zZ. AR£L Dec.£ Beob. Ort
Ä h ’ ” , ” o ’ ”
1845 Juli 4. 20 41 32,6 75 29 52,9 + 29 26 55,2 Philadelphia
« 9. 14 54 39,6 82 45 40,9 29 41 26,6 Rom
» 10. 21 17 52,0 84 48 35,0 29 41 25,3 Washington
» 14. 14 51 13,3 91 840,2 29 28 2,2 Rom.
P}
194
‚An diese Beobachtungen sind alle kleineren Correktionen der
Aberration, Nutation, Praecession und Parallaxe schon so ange-
bracht, dals sie mit einer für das gültige mittlere Äquinoktium
von 1845 Aug. 9,6 berechneten Ephemeride, unmittelbar ver-
glichen werden können. Die Vergleichung mit der Vorausbe-
rechnung ergiebt dabei die Unterschiede:
Rechnung — Beobachtung
AR Decl.
Ik arg RE
9, — 46,5 + 123,6
10. — 381 43
14. — 29,7 |
Aus denen mit beträchtlicher Sicherheit angenommen wer-
den kann, für Jul. 10,6 ein Unterschied von — 37”,5 in AR
und + 7”,0 in Declination.
Bei der Kleinheit dieses Unterschiedes, die noch dadurch
bestätigt wird, dafs im Jahre 1842 aus denselben Elementen der
Fehler der Vorausberechnung fast völlig Null war, wird eine
Verbesserung der Elemente überflüssig. Überhaupt wird es auch
für die Zukunft höchst wahrscheinlich immer nur alle 10 Jahre
erforderlich sein die Elemente zu verbessern, da bei der Um-
laufszeit des Cometen von etwa 1209 Tagen drei Umläufe nach
10 Jahren ziemlich nahe wieder ihn in eine solche Stellung brin-
gen werden, dafs er in Europa mit Genauigkeit beobachtet wer-
den kann. -
Hiernach hat Herr d’Arrest mit Beibehaltung der im Jahre
1838 bestimmten Elemente die Störungen von 1845 bis 1848
fortgesetzt und nach gehöriger Prüfung der Richtigkeit dieser
Rechnungen habe ich daraus folgendes Elementen-System her-
geleitet, gültig für das mittlere Äquinoktium von 1848 Novbr.
26.3: M.P. Z.:
1848 Nov. 26, 125 M. P. Z.
M = Ep. der mitt. Anom. = 0° 0’ 3”,046
%» = mittl. tägl. sid. Bew. = 1076, 46749
p = Eccentric. Winkel = 57° 58’ 34”,38
wm = Länge d. Perih. War Ar Tu
5% = Länge d. aufst. Knot. = 334 22 11,53
i = Neigung = 13 835,84
195
Der Comet wird nach diesen Elementen nahe denselben Lauf
verfolgen wie 1805, wo er am 21. Nobr. in der Sonnennähe
_ war und wird vielleicht im Anfange des Septembers von licht-
starken Fernröhren aufgefunden werden können, während des
- Oktobers und Novembers wird er auch von schwächeren Fern-
‚ röhren leicht gefunden und gut beobachtet werden können. Eine
- genaue Ephemeride ist bereits an einem andern Orte bekannt ge-
macht worden.
Die diesjährige Wiederkehr zur Sonne hat noch das Inte-
ressante, dals der Comet dem Merkur ganz ungewöhnlich nahe
kommt, fast so nahe als es überhaupt möglich ist, und dafs
® folglich die Störungen die er in den nächsten Jahren erleidet,
‚die Masse des Merkurs noch beträchtlich genauer werden ermit-
teln lassen, als es bisher möglich gewesen. Die jetzt von mir
angenommene Masse beruht auf der Einwirkung der Nähe des
_Merkurs 1835. Aug. 23,26, wo der Comet dem Merkur bis auf
0,1193 nahe kam. Jetzt aber wird er 1848 Nobr. 22,6 sich
_ dem Merkur bis auf 0,0378 nähern oder etwa bis auf die 15
fache Entfernung des Mondes von der Erde. Wenn die folgen-
‚den Perihelszeiten günstiger lägen als sie wirklich fallen, so
würde man schon 1852 eine verhältnilsmäßsig sehr genaue Mas-
senbestimmung des Merkurs aus der Vergleichung der Beobach-
tung mit der Vorausberechnung erhalten können. So aber wird
“wahrscheinlich erst später die Wirkung mit Sicherheit ermittelt
werden können, gewiss indessen nach 4 Umläufen oder im Jahre
‚1861 und 1862 der Comet dieses wichtige Element unseres Son-
iensystems erhalten lassen.
a
Hr. Ehrenberg macht eine Mittheilung über den Mete-
Orstaub von Muhrau in Schlesien als Erweiterung der
Kenntnils des am 31. Januar d.J. erschienenen Mete-
Orstaubes.
Da das Staub-Meteor, welches am 31. Januar d.J., bei
plötzlich sehr tiefem Barometerstande und gefrornem Boden mit
Schneedecke, sich über Schlesien und Nieder-Österreich verbreitet
hat, den bereits gegebenen Mittheilungen zufolge (Monatsbericht
Febr. p. 107), mit den Scirocco- und Passat -Staubmeteoren in
\ 196
enger Beziehung zu stehen scheint, so erlaube ich mir folgende
die Kenntnils jenes neuesten Meteors erweiternde Nachrichten
den frühern zuzufügen.
Der Geheime Oberbergrath Steinbeck hat mir ein Schäch-
telchen mit Meteorstaub übergeben lassen, welcher am 31. Ja-
nuar in Muhrau bei Striegau in Schlesien gesammelt worden ist.
Nähere Unistände sind mir bis jetzt nicht angezeigt worden,
nur ging aus vorheriger kurzer mündlicher Mittheilung hervor,
dafs auch dort ein Sturmwind gleichzeitig eingetreten ist, und
dals der Staub durch die verschlossenen Fenster in die Zimmer
getrieben wurde.
Die Untersuchung des hell graubraunen, ins gelbliche ziehen-
den, an Farbe und allen übrigen Aufserlichkeiten den gleichzei-
tigen Staubarten von Breslau und Wien, gleichen Staubes von
Muhrau giebt für das Mikroskop wieder auffallend genau diesel-
ben Mischungsverhältnisse an organischen und anorganischen er-
kennbaren Formen.
Im Ganzen sind in 20 Analysen nadelkopfgrofser Theilchen
bis jetzt 47 Formen nahmhaft zu machen gewesen, von denen
bei weitem die grofse Mehrzahl ganz dieselben wie in jenen be-
reits analysirten Staubarten sind.
Der Staub zeigte bis jetzt nur dieselben 2 eierführenden
Arten kieselschaliger Polygastern und beide öfter auch mit den
Ovarien, daneben bis jetzt keine anderen Arten. Beide sind
Siülswasserformen aller Länder der Erde. Amerikanische Poly-
gastern und Seeformen wurden nicht erkannt.
Von Kiesel-Phytolitharien fanden sich 28 Formen, darunter
2 Meeresgebilde, Spongolithis Caput serpentis und Triceros in Frag-
menten, die übrigen alle sind Sülswasserbildungen. Nur Zithodon-
tium Scorpius ist eine, vielleicht eigenthümliche, neue Art.
Von kalkschaligen Polythalamien fand sich das gewöhnliehe
noch jetzt lebende Kreidethierchen Texzilaria globulosa.
Von weichen Pflanzentheilen fanden sich 10 Arten von For-
men, dasselbe Pilzsporangium, eine im Seirocco-Staub von 1803
zuerst gefundene Conferva, dieselben glatten einfachen Pflanzen-
haare, dieselben Moosfragmente, dieselben Parenchym- und Ge-
fälsformen.
Von Insecten-Theilen fanden sich 4 Arten, 3 Formen von
+ "197 .
Schmetterlings-Schüppchen und ein vermuthlicher Flügel eines
Zweiflüglers.
Von anorganischen Formen fanden sich unter vorherrschen-
den nicht vulkanich veränderten Quarzfragmenten dieselben lauch-
grünen und bläfsgrünen Krystalle.
Da wenige Tage später, in Folge der Zeitungs- Anzeige
meines Vortrages in der naturforschenden Gesellschaft, auch eine
Probe des gleichzeitigen Meteorstaubes von Niesky bei Görlitz
einging, so erlaube ich mir auch dessen Analyse sogleich zuzu-
fügen. Die Probe ist von Herrn Apotheker Burckhardt da-
selbst gesammelt. Der Boden hatte in der Umgegend meist seine
Schneedecke und war damals überall hart gefroren. Den Staub
brachte ein Sturm.
$ Die äufseren Charactere sind vollständig denen des vorigen
_ und der übrigen gleichzeitigen Meteor-Staubarten gleich. Die
Mischung ist ebenfalls wieder sehr übereinstimmend.
Bei 20 Analysen nadelkopfgrofser Theilchen sind bis jetzt
35 Arten von Formen beobachtet.
Unter den 9 Polygastern sind auch die beiden der vorigen
_ Staubart, und nur diese beiden Arten ‘allein sind mit Ovarien
versehen. Dieselben sind im Scirocco und Passatstaube ebenso
bereits angezeigt. Meeresformen und amerikanische Formen wur-
den vermilst.
Unter den 19 Phytolitharien findet sich Spongolithis robusta
als Seegebild.
Polythalamien wurden vermilst.
Die weichen Pflanzentheile sind denen der übrigen gleich-
zeitigen Meteorstaubarten meist gleich. Der Fichten -Blüthen-
staub scheint einer anderen Fichtenart anzugehören und erinnert
an den der Picea pectinata, während er bei den übrigen mehr
dem der Pinus sylvestris gleicht. Dieser ist grölser, jener con-
stant kleiner.
Insectenfragmente fanden sich nicht.
Die anorganischen Theile welche dem Volumen nach, wie
. ‚überall, vorherrschende Masse sind, scheinen meist kleine Quarz-
> fragmente ohne vulkanische Einwirkung zu sein. Säure verändert
‚sie nicht. Darunter sind aber die kleinen grünlichen Krystall-
Prismen der vulkanischen Tuffe.
- 198° s
Beiden Staubarten fehlen wieder mehrere der Hauptformen
des Passatstaubes und des südeuropäischen Scirocco-Staubes, aber
viele der wesentlichen sehr ins Einzelne gehenden Charactere der
Mischung sind völlig dieselben, nach folgender Übersicht:
Meteorstaub des 31. Januar 1848
von Muhrau und Niesky.
Niesky
Mnlırau
POLYGASTRICA 9.
156)
Discoplea ?
Eunotia amphioxys foeta
+
F++++H+H+H+H+ =
Gomphonema gracile
Navicula Semen ?
Pinnularia affınis
borealis foeta
+
viridis
P
Synedra Ulna ?
PHYTOLITHARIA 33.
[Se]
[e2)
»
Ne)
Ampbhidiscus truncatus
Lithasteriscus tuberculatus
Lithochaeta laevis
Lithodontium Bursa
excisum
+
furcatum
nasutum
EEITErT
obtusum
platyodon
+
rostratum
+
+
Scorpius
Lithostylidium amphiodon
+++
angulosum
clavatum ++
Clepsammidium
+
199
Lithostylidium crenulatum
laeve
obliguum
polyedrum
quadratum
rude
. serpentinum
Serra
spiriferum
spinulosum
Trabecula
unidentatum
ventricosum
Spongolithis acicularis
Caput serpentis
fistulosa
robusta
Triceros
POLYTHALAMIA 1.
Textilaria globulosa
PLANTARUM PART. MOLLES 13.
Sporangium Fungi
Gonfervae utriculi
Pilus plantae simplex laevis
Zurgidus
articulatus acutus
hamatus
Musci frondosi particula
Cellulae plantarum
Vasa fibrosa plantarum
spiralia
reticulata
Muhrau
Niesky
Pollen Pini majus (P. sylvest. ?) {
minus (Piceae pect.?) +
INSECTORUM FRAGMENTA 4. 4|0
Squamula Lepidopteri dentata +
x x = alia --
- - integra +
Ala Dioteri? +
ANORGANICAE FORMAE 2. 2|1
Crystalli columnares pallide virescentes ++
- - intense virides +|
ja7|35]|
4. Mai. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. H. Rose las über die Anwendung des Salmiaks
in der analytischen Chemie.
Vor einiger Zeit suchte der Verfasser zu zeigen, dafs das
Chlorammonium ein vortreffliches Mittel sei, um manche Me-
talle, namentlich Arsenik, Antimon und Zinn aus ihren Verbin-
dungen vollständig zu verflüchtigen, worauf man dann die Basen,
namentlich die Alkalien, mit denen die Säuren jener Metalle ver-
bunden waren, als Chlormetalle mit grolser Genauigkeit ihrer
Menge nach bestimmen kann. Der Verfasser machte zu gleicher
Zeit darauf aufmerksam, dals sich die Anwendung des Salmiaks
bei quantitativen analytischen Untersuchungen auf trocknem Wege
nicht auf die Verbindungen der genannten Metalle beschränken
würde. In der That kann das Chlorammonium auf mannigfal-
tige Weise bei der Untersuchung von Salzen metallischer Säu-
ren, selbst solcher, deren Metalle durch Chlorammonium nicht
als flüchtige Chloride verjagt werden können, benutzt werden,
und auch selbst Verbindungen vieler Metalle mit Schwefel, so
wie mit Arsenik, Antimon, Tellur und Zinn, werden durch
Chlorammonium zersetzt.
201
en
Titansaure Salze. — Glüht man Titansäure mit Salmiak,
so wird das ammoniakalische Salz verflüchtigt, ohne dafs die
Titansäure an Gewicht abnimmt.
Die Titansäure bildet mit den Alkalien nur saure unlösliche
Salze. Sie sind in Chlorwasserstoffsäure auflöslich, aber ganz
_ unlöslich wenn sie durch Glühen ihren Wassergehalt verloren
_ haben. Es ist also sehr schwierig, ihre Zusammensetzung zu
bestimmen, wenn man zugleich den Wassergehalt nicht blols
_ durch den Verlust finden will. Es geht dies aber sehr leicht
_ an, wenn man sie der Behandlung mit Salmiak unterwirft. Man
_ bestimmt zuerst den Wassergehalt durchs Glühen, mengt die ge-
- glühte Verbindung mit Salmiak, glüht das Gemenge, und wieder-
holt diese Operation so lange, bis keine Gewichtszunahme mehr
erfolgt. Während die Titansäure dabei unverändert bleibt, hat
das Alkali Sauerstoff verloren und Chlor aufgenommen; es läfst
sich daher blols durch die Gewichtzunahme die ganze Zusammen-
setzung des wasserfreien Salzes berechnen. Denn es verhält sich
die Differenz der Atomgewichte des Sauerstoffs und des Chlors
- zum Atomgewichte des Chlors, wie der Gewichtsüberschuls zu
_ der Menge des Chlors in der mit Salmiak behandelten Masse;
durch diese Chlormenge findet man die des alkalischen Metalls,
und die der Titansäure.
Eine einfache Controlle dieser Bestimmung ist die, dals man
die mit Salmiak geglühte Masse mit Wasser behandelt, welches
das alkalische Chlormetall auflöst, dessen Menge durch Abdam-
‚pfen bestimmt werden kann, während die Titansäure ungelöst
‚zurückblejbt.
Aus den Untersuchungen ergab sich, dafs das bei 100° C.
getrocknete Kalisalz nach der Ar K Ti°+3H, das Natron-
‚salz aber nach der Formel Na? Ti? +5H zusammengesetzt ist.
Ersteres bildet ein Pulver, das unter dem Microscope ganz kry-
‚stallinisch erscheint, letzteres ist unter dem Microscope ganz un-
ystallinisch und besteht aus glasartigen Stücken.
Schwefelsaure Salze. — Die schwefelsauren Alkalien
erden durchs Glühen mit Salmiak vollständig in alkalische Chlor-
"metalle verwandelt, aus deren Gewicht sich genau die Menge des
‚schwefelsauren Salzes ergiebt. Schwefelsaure Baryterde wird eben-
falls durchs Glühen mit Chlorammonium zersetzt, aber es ist fast
202
unmöglich, es dahin zu bringen, dals die Zersetzung vollständig
ist, weil das entstandene schmelzende Chlorbaryum die unzersetzte
schwefelsaure Baryterde gegen die Zersetzung schützt. Schwefel-
saure Magnesia hingegen wird durch Salmiak nicht zersetzt,
Selensaure Salze. — Selensaure Baryterde verwandelt
sich mit Salmiak geglüht, in eine Mengung von selenichtsaurer
Baryterde und Chlorbaryum, welche von freiem Selen braun
aussieht.
Thonerdeverbindungen.— Fein zerriebene geglühte
Thonerde verflüchtigt sich durch Behandlung mit Salmiak gröfs-
tentheils. Ein kleiner Theil aber, der von gröberer Beschaffen-
heit ist, widersteht hartnäckig der Einwirkung des Chlorammo-
niums. Die Thonerde bekommt endlich durch das lange Glühen
eine solche Beschaffenheit, dals sie nicht mehr durch Salmiak
zerlegt werden kann.
Schwefelsaure Thonerde, mit Chlorammonium geglüht, ver-
flüchtigt sich ohne einen Rückstand zu hinterlassen.
Kali-Alaun hingegen wird zwar vollständig zerlegt, es bleibt
aber nicht reines Chlorkalium zurück, sondern die schwer flüch-
tige Doppelverbindung vom Chloraluminium und Chlorkalium.
Beryllerde.— Ihre Verbindungen verhalten sich gegen
Salmiak den Thonerdeverbindungen sehr ähnlich. Die lockere
kohlensaure Beryllerde wird schneller durch Chlorammonium zer-
setzt, als die durch Ammoniak gefällte Erde, doch auch erstere
kann nicht vollständig durch erneute Behandlung mit Chlorammo-
nium verflüchtigt werden. Je öfterer man die Erde glüht, um
desto mehr widersteht sie der ferneren Zersetzung durch Salmiak.
Eisenoxyd.— Wird dasselbe mit Salmiak gemengt ge-
glüht, so schmilzt die Mengung, steigt aber leicht aus dem Tie-
gel. Es verflüchtigt sich viel Eisen als Chlorid in rothen Däm-
pfen, und innerhalb des Tiegels setzt sich an die Wände des-
selben Eisenoxyd von krystallinischer Beschaffenheit, durch Oxy-
dation aus dem Chlorid entstanden.
Manganoxyde.— Sie verwandeln sich durch Behandlung
mit Salmiak in Manganchlorür, in welchem sich durch Oxydation
etwas Manganoxyd-Oxydul bildet.
Nickeloxyd und Kobaltoxyd.— Sie verwandeln sich
mit Chlorammonium geglüht, in regulinische Metalle. Arsenik-
203
- nickel (Nickelspeise) hingegen wird nur theilweise zersetzt, in-
dem Arsenik sich verflüchtigt, und das Nickel als Chlornickel
_ zurückbleibt.
Wismuthoxyd.— Es reducirt sich unter lebhafter Ver-
puffung zu metallischem Wismuth.
Silberverbindungen.— Chlorsilber mit Chlorammonium
gemengt und geglüht verändert sich nicht. Silberoxyd mit Sal-
miak geglüht hinterläfst sowohl metallisches Silber als auch Chlor-
silber. Durch die erste Einwirkung der Hitze wird ein Theil
des Oxyds zu metallischem Silber reducirt, das durchs Glüben
mit Salmiak nicht verändert wird; der Theil des Oxyds, der
durch die Hitze nicht reducirt worden ist, wenn das Chloram-
monium zu wirken anfängt, verwandelt sich in Chlorsilber. —
Antimonsilber (natürliches, grobkörniges von Wolfach, Ag? Sb)
"wird durch Salmiak nur unvollständig zersetzt. Durch oft er-
‚neute Behandlung würde endlich metallisches Silber zurückblei-
ben, denn. je öfterer man es mit Salmiak glüht, desto mehr nimmt
das Antimonsilber an Gewicht ab, und desto minder spröde wird
der Rückstand.
Bleiverbindungen.— Bleioxyd mit Salmiak geglüht ver-
wandelt sich in Chlorblei, das beim Zutritt der Luft und bei er-
neutem Zusetzen von Salmiak sich gänzlich verflüchtigen kann.
Schwefelblei mit Chlorammonium geglüht, giebt einen geschmol-
zenen schwarz braunen Rückstand, eine Verbindung von Chlor-
und Schwefelblei, die beim Glühen beim Zutritt der Luft starke
Dämpfe von Chlorblei ausstölst, und sich endlich durch erneu-
tes Zusetzen von Salmiak gänzlich verflüchtigen kann.
Zinkoxyd.— Es verflüchtigt sich, mit Salmiak gemengt,
ollständig als Chlorzink, doch sehr schwer beim Ausschluls
der Luft.
_ Entwässertes schwefelsaures Zinkoxyd schäumt mit Chloram-
monium geglüht, sehr stark; der Rückstand kann endlich durch
erneute Behandlung mit Salmiak vollständig verflüchtigt werden.
Chromoxyd und chromsaure Salze.— Eırsteres erlei-
det durchs Glühen mit Salmiak keine Veränderung; die chrom-
sauren Alkalien aber hinterlassen eine Mengung von Chromoxyd
und alkalischen Chlormetall, welches sich bei Behandlung mit
Wasser auflöst, während das Chromoxyd ungelöst bleibt. Durch
204
diese Behandlung können die chromsauren Alkalien leicht und
genau analysirt werden. Das bekannte Doppelsalz von schwefel-
saurem Kali und schwefelsaurem Chromoxyd verwandelt sich nach
dem Entwässern, und nach dem Glühen mit Salmiak in eine Men-
gung von Chromoxyd und Chlorkalium.
Kieselsäure.— Nicht stark geglühte Kieselsäure verliert
durch Behandlung mit Salmiak zwar etwas an Gewicht, aber
durch längeres Glühen wird sie in einen solchen Zustand der
Dichtigkeit versetzt, dals sie der Behandlung mit Chlorammo-
nium widerstehen kamn.
Krystallisirtes kieselsaures Natron, im entwässerten Zustande
wird durch Glühen mit Salmiak nur zum kleinsten Theile zersetzt.
Phosphorsaure Salze.— Phosphorsaures Natron mit Sal-
miak geglüht nimmt an Gewicht zu; aber das Gewicht des Rück-
standes vermindert sich durch fernere Behandlung mit Salmiak,
bleibt aber immer grölser, als das des angewandten phosphor-
sauren Salzes. Es findet eine theilweise Zersetzung statt: es bil-
det sich Chlornatrium, und etwas Phosphorsäure wird als Chlo-
rid ausgetrieben. Glüht man länger, nachdem der Salmiak sich
verflüchtigt hat, so wird durch die Phosphorsäure und durch den
Einfluls der atmosphärischen Luft und der Feuchtigkeit derselben
Chlor als Chlorwasserstoffsäure ausgetrieben, woher das abwech-
selnde Zu- und Abnehmen des Gewichts entsteht.— Phosphorsaure
Kalkerde wird durchs Glühen mit Salmiak nicht zersetzt.
Antimonverbindungen.— Der Verfasser hat schon frü-
her gezeigt, dals aus den antimonsauren Alkalien der Antimon-
gehalt gänzlich durch Salmiak ausgetrieben, und das Alkali mit
Genauigkeit als Chlormetall bestimmt werden kann. Sehr gut
können durch die Behandlung mit Salmiak die Verbindungen der
alkalischen Schwefelmetalle mit Schwefelantimon, namentlich das
unter dem Namen des Schlippe’schen Salzes bekannte Schwefel-
salz aus Schwefelnatrium und Schwefelantimon analysirt werden.
Bei letzterem bleibt nach der Behandlung mit Chlorammonium
reines Chlornatrium zurück, ganz frei von jeder Spur von Anti-
mon und Schwefel.
Arseniksaure Salze.— Dals die arseniksauren Alkalien
mit grolser Leichtigkeit durch Salmiak in alkalische Chlormetalle
verwandelt werden, hat der Verfasser schon früher gezeigt. Auch
205
arseniksaure Kalkerde hinterläfst nach dem Glühen Chlorcalcium,
_ nicht aber arseniksaure Magnesia, welche ziemlich unverändert
durch die Behandlung mit Salmiak bleibt. Sie kann durch schwe-
Du
felsaures Ammoniak, wie es scheint, vollständig zerlegt werden,
_ mungen nicht gut anwendbar, da es beim Erhitzen schmilzt und
stark schäumt, so dafs ein Übersteigen der Masse aus dem Tie-
gel schwer zu vermeiden ist.
Borsaure Salze.— Borax wird durch das Glühen mit
- Salmiak nicht verändert; letzterer entweicht beim Erhitzen,, ehe
- der Borax anfängt zu schmelzen.
4 Fluormetalle. — Fluornatrium wird durch Glühen mit
- Salmiak zersetzt, jedoch schwer. Die Decke des schmelzenden
9
» ist dieses ammoniakalische Salz bei quantitativen Bestim-
Chlornatriums schützt das noch unzersetzte Fluornatrium gegen
- die fernere Zersetzung durch Salmiak. Schwerer als Fluorna-
trium wird Fluarcalcium durch Chlorammonium zersetzt.
Brommetalle.— Bromnatrium wird zwar durchs Glühen
"mit Chlorammonium, aber nicht vollständig zerlegt. Der durch
oftmalige Behandlung mit Salmiak erhaltene Rückstand besteht
zwar grölstentheils aus Chlornatrium, enthält aber immer nicht
ganz unbedeutende Mengen von Bromnatrium.
Jodmetalle.— Jodkalium wird durchs Glühen mit Sal-
miak, jedoch selbst nach oft wiederholter Behandlung nicht voll-
ständig in Chlorkalium verwandelt.
Es ist bemerkenswerth, nicht nur dafs das Chlorammonium
die Brom- und Jodmetalle nicht vollständig zersetzen kann, son-
dern auch, dafs es sich eben so wie gegen diese auch gegen
die Fluormetalle verhält, deren theilweise Zusetzbarkeit durch
Salmiak nicht vorauszusehen war.
Salpetersaure Salze. — Salpetersaures Kali wird leicht
und vollständig durch Chlorammonium zersetzt, und giebt genau
die dem Salze entsprechende Menge von Chlorkalium.
An eingegangenen Druckschriften wurden vorgelegt:
_ Nieuwe Verhandelingen der eerste Klasse van het Koninklijk -
Nederlandsche Instituut van Wetenschappen, Letterkunde en
schoone Kunsten te Amsterdam. Deel 13. Amsterdam 1848.
206
Tijdschrift voor de wis-en natuurkundige Wetenschappen, uit-
gegeven door de 1ste Klasse van het Koninkl. Nederlandsche
Instituut van Wetenschappen, Letterkunde en schoone Kun-
sten. Deell. Aflev. 1-3 Amsterdam. 1847.48. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des beständigen Secretairs der 4sten
Klasse des Königl. Niederländischen Instituts, Herrn W. Vro-
lik, d. d. Amsterdam d. 15. März d.)J.
Abhandlungen der philosophisch-philologischen Classe der Königl.
Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd.5. Abth. 1.
München 41847. 4.
Abhandlungen der mathematisch-physikalischen Classe der Kö-
_ nigl. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. 5. Ab-
thlg. 1. ib. eod. 4.
Bulletin der Königl. Akademie der Wissenschaften. 1847. No: 8-
35 nebst Titel zum Jahrg. 1847. ib. 4.
Gelehrte Anzeigen. Herausgegeben von Mitgliedern d. kön. bayer.
Akademie der Wissenschaften. Bd. 24.25. 1847. ib. 4.
E. v. Lasaulx, über den Entwickelungsgang des griechischen und
römischen und den gegenwärtigen Zustand des deutschen Le-
bens; vorgetragen zur Feier des Namenslages Sr. Majestät
des Königs am 25. Aug. 1847. in der öffentl. Sitzung der Kö-
nigl. Akademie der Wissenschaften. ib. 1847. 4.
mit einem Begleitungsschreiben der Königl. Bayrischen Akademie
in München vom 6. Februar d. J.
Nyt Magazin for Naturvidenskaberne. Udgives af den physiogra-
phiske Forening i Christiania. Bind 5. Hefte 3. Christiania
1847. 8.
Diplomatarium Norvegicum. Samlede og udgivne af Chr. C. A.
Lange ogCarl R. Unger. Samling I. Helte 1. ib. eod. 8.
Fagrskinna. Kortfattet Norsk Konge-Saga, udgivet ete. af P.A.
Munch ogC.R. Unger. ib. eod. 8
Den aeldre Edda, udgivet af P. A. Munch. ib. eod. 8.
C. A. Holmboe, Sanskrit og Oldnorsk. ib. 1846. A4.
u) ,‚ det oldnorske verbum, oplyst‘ved sammenlig-
ning med Sanskrit og andre Sprog af samme Aet. ib. 1848.
4.
Index Scholarum in Universitate Reg. Fridericiana septuagesimo
ejus Semeslri anno. 1848 ab a. d. 17. Kal. Febr. habendarum.
ib. eod. 4.
mit einem Begleitungsschreiben der Königl. Universität zu Chris-
tiania, Herrn Chr. Holst.
Oeuvres de Frederic le Grand. Tome 6. 7. Berlin 1848. 8.
207
Franc. Zantedeschi, dei fenomeni elettrici della macchina di
Armstrong. Venezia. 1847. 4.
u) ‚ delt’ influenza delle variazioni di pres-
sione nelle indicazioni termometriche, Memoria letta il 40.
Febbr. 1848. 4.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No 633.634. Altona
1848. 4.
Revue archeologique. 4. Annee. Livr. 12. 15. Mars Paris 1848. 8.
Kunstblatt 1848. No.16-18 Stuttg. u. Tüb. 4.
K. E. Hammerschmidt, allgem. österreich. Zeitschrift für den
Landwirth etc. 20. Jahrg. 1848. No. 7. Wien. 4.
Ferner kam zum Vortrag:
4. Eine Verfügung des Hohen Ministerii der geistlichen etc. Ang.
vom 2. Mai die Genehmigung der von der Akademie beschlosse-
nen Ausgabe von 250 Rthlrn. für Anschaffung einer kleinen alt-
griechischen Schrift für die akademische Druckerei betreffend.
Ein Schreiben des Hrn. Dr. Mauz aus Efslingen vom 13. April
nebst einer geschriebenen Abhandlung: die Cholera im Ver-
hältnifs zur Kartoffelkrankheit, welche zur Kenntnisnahme an
die physikalisch-mathematische Klasse abgegeben wird.
3. Ein Schreiben des Herrn Robert Wheaton aus Cambridge
vom 23. März, worin er den am 11. März erfolgten Tod
seines Vaters, des ehemaligen Gesandten der Nordamerikani-
schen vereinigten Staaten in Berlin, Herrn Henry Wheaton
Ehrenmitgliedes der Akademie, anzeigt.
41.Mai. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Kunth liest nachträgliche Bemerkungen über die Familie
der Smilacineen. Trillium Govianum Wall. wird hierbei, wegen
des gefärbten Kelchs, der nach aufsen aufspringenden Staubbeutel
ind der pfriemförmigen Narben als besondere Gattung, Trili-
dium genannt, betrachtet. Sie stimmt in den beiden letzteren
Merkmalen mit Paris überein, von der sie sich jedoch durch
die Sechszahl leicht unterscheiden läfst.
Nachdem bereits früher die Gattungen Convallaria, Poly-
jonatum, Majanthemum und Glintonia genauer begrenzt worden
yaren, erleidet Smilacina hier eine weitere Trennung, wonach
blos S. racemosa und ciliata Desf. der ursprünglichen Gat-
tung verbleiben, die übrigen Arten dagegen drei besondere,
208
Asteranthemum, Jocasta und Medea bilden, von denen die erstere
S. stellata Desf., dahurica Turcz. und trifoia Desf., die
zweite S. purpurea Wall. und die dritte S. fusca Wall. in
in sich begreift.
Smilax herbacea Linn€ und peduncularis Mühlenb., von
Torrey unter dem Namen Coprosanthus blos als eine Unter-
abtheilung von Smilax betrachtet, werden im Verein mit einigen,
theils bekannten, theils neuen Arten zu einer besonderen Gat-
tung erhoben, welche sich von Smilax hauptsächlich durch ge-
paarte Eichen unterscheidet. Bei dieser Gelegenheit wird be-
merkt, dafs der Fruchtknoten von Smilax puberula Mich. und
Sprengelii nob. ungeachtet drei Narben vorhanden sind, blos
einfächrig erscheint, darauf eine Trennung zu gründen nicht für
rathsam erachtet, angeführt, dafs Beispiele von mehr als drei-
fächrigen Fruchtknoten gleichfalls vorkommen, und mit einer n
neuen japanischen Art, wegen des schlauchartigen Perigons und
der gepaarten Eichen die Gattung Heterosmilax gebildet.
Nach einem Versuch die der Gattung Smilax verbleibenden
Arten (circa 170) in grölsere und kleinere natürliche Gruppen
zu vertheilen, wobei hauptsächlich auf die Gröfse der männli-
chen Blüthen, die Länge der Staubfäden und Blüthenstiele, so
wie auf das Vaterland Rücksicht genommen wird, erfolgt die
Begrenzung der Gattung durch genauere Merkmale, wobei frü-
here falsche Angaben ihre Berichtigung finden.
Luzuriaga Ruiz. et Pav. und Callirine Juss. werden vor-
läufig noch als der Typus einer 5ten Abtheilung der Smilacineen
betrachtet. Bei näherer Angabe ihrer Merkmale zeigt sich, dals
die letztere kaum als Gattung beizubehalten ist. Die Philesieen,
für welche der Name Lapagerieen in Anspruch genommen wird,
weil er von einer genauer gekannten Gattung hergenommen ist,
die Roxburghiaceen, Herrerieen und Ophiopogoneen werden als
besondere Familien anerkannt, und mit einigen Bemerkungen be-
gleitet, namentlich in Bezug auf Roxdurghia Jones und Bulbo- {
spermum Blume. Clara, eine neue Gattung, ist Herreria am
nächsten verwandt, im Habitus aber Ophiopogon ähnlich. Bei
einer Revision der Aspidistreen ergiebt sich, dals Macrogyne Lk.
mit Aspidistra Gawl. zu vereinigen, Plectogyne Lk. dagegen
als Gattung beizubehalten ist. Das letztere gilt auch von Tupi-
de Ze
209
stra Gawl. und Rohdea Roth. Macrostigma wird eine neue
| Gattung genannt, welche das Ansehen von Tupistra hat, sich
aber von ihr durch Gröfse und Form der Narbe unterscheidet.
- Zuletzt wird noch bemerkt, dals die Aspidistreen füglich als
eine blofse Abtheilung der Ophiopogoneen betrachtet werden
könnten.
1
'
Hierauf kamen 3 die Genehmigung und Anweisung von der
Akademie beschlossener Ausgaben betreffende Verfügungen des
vorgeordneten Hohen Ministerii vom 6. Mai zum Vortrag.
41. Die Summe von 300 Rithlrn. für Hrn. Dr. Herm. Karsten
zu einer Nachgrabung für wissenschaftliche Zwecke in Vene-
zuela.
2. Die Vergütung der Kosten für Abschriften Leibnizischer
Briefe.
3. Die Summe von 200 Rthlrn. als Remuneration pro 1848 für
Anfertigung des Index zum Aristoteles.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Natuurkundige Verhandelingen van de Hollandsche Maatschappij
der Wetenschappen te Haarlem. 2. Verzameling. Deel III. Stuk
2. Te Haarlem 1847. 4.
mit einem Begleitungsschreiben des Directoriums dieser Gesellschaft
d.d. Haarlem, April d.J.
Archiv des historischen Vereines von Unterfranken u. Aschaffen-
burg.. Bd. 9. Hefı 3. Würzburg 1848. 8.
Reufs, Johann I. von Egloffstein, Bischof von Würzburg und
Herzog von Franken, Stifter der ersten Hochschule in Würz-
burg. ib. 1847. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Ausschusses des historischen
Vereins für Unterfranken u. Aschaffenburg d. d. Würzburg d.
26. Febr. d.J.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 635. Altona 1848,
4.
Kunstblatt 1848. No. 19. Stuttg. u. Tüb. 4.
5. Mai. Sitzung der philosophisch-histori-
schen Klasse.
Hr. Dieterici las über die Vertheilung der Bevöl-
terung nach Alter und Geschlecht in den verschiede-
5*
210
nen Staaten vonMittel-Europa, mit Ausschlufs Preu-
[sens, und in den Nordamerikanischen Freistaaten.
Es ist in der Vorlesung am 6. Januar 1848 versucht wor-
den, aus den Zählungen des Preufsischen Staats aufzufinden,
nach welchen Procentsätzen der Totalbevölkerung die Volkszahl
in Zeiträumen von 5 zu 5 Lebensjahren sich vertheile. —
Es schien wichtig aus andern Staaten ähnliche Resultate
aufzusuchen, um, wenigstens für das mittlere Europa, vielleicht
auf ein allgemeines Gesetz der diesen Lebensabschnitten zum
Grunde liegenden Procentreihe zu kommen. Leider sind nur
in wenigen Staaten die statistischen Zählungen so eingerichtet,
dafs die Anzahl der Menschen nach den verschiedenen Alters-
klassen zusammengestellt wird. So viel jedoch Nachrichten in
glaubwürdigen statistischen Werken vorhanden waren, sind solche
aufgenommen, und aus dem Durchschnitt aller dieser einzelnen
positiven Zählungen eine Reihe entworfen, wie viel Procent der
Totalbevölkerung in den mittleren Staaten Europa’s auf die Men-
schen bis zu 5 Jahren, von 5-10; von 10-15; von 15-20;
von 20-25; von 25-30; von 30-35; von 35-40; von 40-45;
von 45-50; von 50-55; von 55-60; von 60-65; von 65-70;
und über 70 Jahre gerechnet werden können. —
Kleinere Differenzen werden in den einzelnen Staaten immer
bleiben; aber es ist für Wissenschaft und Leben schon viel ge-
wonnen, wenn nur in Hauptsummen, in ganzen Procenten die
ungefähr zutreffende Zahl ermittelt ist.
18. Mai. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Meineke las über die Quellen des Stephanus ii
von Byzanz, erste Abhandlung.
Hr. Encke theilte folgendes über den neuen (den 17.) Pla- R
neten mit: 4
Der von Hrn. Graham am 25. April in Markree entdeckte
Planet, konnte vermittelst der akademischen Sternkarte Hora XIV,
gezeichnet von Hrn. Hussey, sogleich aufgefunden werden, und |
auch im Meridian beobachtet. Folgendes sind die bisher redu-
cirten Beobachtungen in Berlin:
i 211
M.B. Zt. AR. Decl.
Mai 7. 10:14’ 45/1 221° 8° 52/8 — 12° 2 53/1 Refr.
» 41 40 56,9 221 754,5 — 12 2 42,7 Merid.
| 8. 10 41 40,0 22053 33,9 — 12 0 21,1 Refr.
| » 411 36 1,5 22052 59,3 — 12 0 16,6 Merid.
9.11 31 6,5 22038 40,7 — 11 57 485: Merid.
10. 10 35 28,0 220 23 55,1 — 11 55 34,7 Refr.
» 11 26 11,8 22023 26,7 — 11 55 26,7 Merid.
11. 11 21 17,2 220 844,3 — 11 53 3,2 Merid.
Es sind mir zwei Elementenberechnungen mitgetheilt wor-
den, von Hrn. D’arrest in Leipzig aus den Beobachtungen von
Apr. 26 in Markree, Mai 5 in Hamburg, und Mai 11 hier,
und von Hrn. Schubert hierselbst aus Apr. 30, Mai 7, und
Mai 11, welche nahe genug übereinstimmen, und daher schon
_ eine Vorstellung von der Gestalt und Lage der Bahn geben
können. Der neue Planet ist seinen Elementen nach am näch-
sten der Vesta stehend, bei verhältnilsmälsig geringer Eccentri-
eität und geringer Neigung der Bahn. Diese Elemente sind:
Epoche. 1848. Mai 1,0 Berl. Zt,
Elem. von D’arrest von Schubert
Mittl. An. 449° 49’ 4774 149° 32’ 3674
u en Da EEE
Perihel 64 57 28,3 65 43 20,8
94 66 4 7,4 62.18 410,3
Neigung 6 7 58,6 3 58 30,1
Eccentr. Winkel 9 34 36 8 46 43,4
Mittl. sid. Bew. 96473834 96277877
lg. halb gr. Axe 0,377171 0,377651.
Noch näher, und wahrscheinlich ausreichend für die dies-
jährige Erscheinung der Metis, sind die folgenden Elemente
won H. Luther hieselbst berechnet, welche aus den Beobachtun-
zen bis Mai 22. folgen, und die bei der Verspätung des Druckes
bier noch hinzugefügt werden mögen:
Epoche 1848 Mai O Berlin.
M 143° 6’ 45795
L 215 10 7,00
” 72 3 21,05
Rn 68 34 47,62
Mittl. Aeq. 1848 Jan. 0
212
i 5 33 46,40
$ 6 59 32,44
1% 963,25778 £
Umlaufszeit 1345,43 Tage.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Demonville, Resume philosophique des principaux problemes et _
phenomenes de la nature. Materialisme. — Spiritualisme. —
Sceplicisme. Paris 1847. 8. 5 Exempl|. j
mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Paris d. 15. März
asgE
L.C. F. Petit-Radel, Examen analytique et tableau compa-
ratif des synchronismes de Ühistoire des
temps heroiques de la Grece. Paris 1827.
4.
Recherches sur les monuments cyclo- \
peens ou pelasgiques. ıb. 1841. 8. |
mit einem Begleitungsschreiben des Herrn D. Goujon in Paris vom
11. Januar d. J. ä
J. A. Freih. von Brandis, die Geschichte der Landeshauptleute
von Tirol in den Jahren 1610-1628. Heft 3. Innsbruck 1848. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Verwaltungs - Ausschusses des
Tirolischen Ferdinandeums zu Innsbruck vom 29. Sept. 1847.
Comptes rendus hebdomadaires des seances de !’Academie des |
sciences 1848. 1. Semestre. Tome 26. No. 12-16. 20. Mars-17. j
Avril. Paris. 4. a
W etenschappen, Letterkunde en schoone Kunsten, over den
Jare 1846. No. 4. Amsterdam 1847. 8. |
Simon Karsten, de tetralogia tragica et didascalia Sophoclea, le-
ctio habita in Instituti Reg. Belg. classe tertia. ib.1846, 4.
The quarterly Journal of the chemical Society of London, ed. b |
Ed. Ronalds. No.1. London 1848. 8.
Nachrichten von der G. A. Universität u. der Königl. Gesellschaft
der Wissenschaften zu Göttingen 1848. No.6. 8. i
Giambatlista de Tomasi, sulle due antiche citta’ Saluro e Taranto.
Lecce 1847. 8. ;
E. Gerhard, archäologische Zeitung. Neue Folge. Lief. 5. No. 13-
15. Jan.- März 1848. Berlin 1848. 4.
213
- Kunstblatt. 1848. No. 20. 21. Stuttg. u. Tüb. 4.
Schumacher, astronomische Nachrichten No. 636. Altona 1848.
4.
Erinnerungsblätter an das fünfhundertjährige Jubelfest des Ly-
ceums zu Hannover und die funfzigjährige Dienstjubelfeier
des Directors G. F. Grotefend am 2. Febr. 1848. Hannover
1848. 8.
25. Mai. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Ehrenberg machte einige Mittheilungen:
I. Über eigenthümliche auf den Bäumen des Ur-
valdes inSüd-Amerika zahlreich lebende mikrosko-
‚pische oft kieselschalige Organismen.
Dals die interressanten einflulsreichen Beziehungen des klein-
‚sten Lebens zur grofsen Natur der mannichfachen bisherigen Er-
kenntnisse ungeachtet noch nicht erschöpft sind, hat sich neuerlich
durch die vulkanischen und zuletzt durch die atmosphärischen
Verhältnisse derselben und ihre Verbindung mit den Passat- und
Seiroceco- Winden zu erkennen gegeben. Ein anderes ziemlich
&
unerwartetes Verhältnils des kleinsten Lebens ist seitdem wieder
neu hervorgetreten und ich halte dasselbe wohl für werth, dafür
e Aufmerksamkeit der Akademie auf einige Minuten zu erbitten.
Unter den von Hrn. Dr. Herrmann Karsten vor mehr
ıls einem Jahre an mich aus Venezuela zur Verwahrung einge-
sandten Manuscripten und Naturalien befand sich auch ein Paket
it Farrnkräutern. Bei Durchsicht desselben, um die Boden-
er, den eingezogenen Nachrichten zufolge, jene Länder an mi-
woskopischen Lebens-Formen sein sollten. Es lielsen sich aus
iela feststellen.
Obwohl unter diesen Formen einiges Neue, auch einige neue
jenera waren, so regte doch, bei der Fülle von Material, welches
1A
mir aus Amerika bisher zugegangen war, die ganze Formen -
Masse mich nicht so besonders an, dafs ich ihre Zusammenstel-
lung geeignet gehalten haben würde zu einem besonderen Vor-
trage. Dennoch war die Eigenthünlichkeit der Formen hinrei-
chend grofs, um bei Hrn. Karsten nach seiner Rückkehr nach
Berlin die Lokalitäten im Einzelnen specieller zu erfragen. Es
hat sich die Realisirung dieses Wunsches bis nahe zur Wieder-
abreise des Hrn. Karsten nach Venezuela verschoben. Glückli-
cherweise lenkte ich in den letzten Tagen das Gespräch auf die-
sen Gegenstand. Die am reichsten mit ansitzender Erde verse-
henen Farrnkräuter waren als Zomaria lineata und Cheilanthes
glabra von Hrn. Karsten bezeichnet worden. Aus diesen Er-
den stammten denn auch die über 50 Arten von kleinen Organis-
men, welche bisher zu erkennen gewesen. Hierbei ergab sich
auch, dafs sämmtliche Farrn, bei denen dergleichen mikroskopische
Formen vorgekommen waren, aus den Wäldern bei La Guayra
stammen und dafs sie nur allein auf Baumstämmen gesehen wor-
den sind, welche auf dem Berge Galipan bei La Guayra in 5000
Fufs Höhe wachsen.
Hierdurch erhielt sogleich die ganze Formenmasse einen eigen-
thümlieben interessanten Character. Es war in jenen Formen eine
Baum-Fauna der Urwälder ermittelt, welche durch die Eigenthüm-
lichkeit einer Vielzahl ihrer Formen etwas Ausgezeichnetes darbot.
Bisher waren aus Venezuela überhaupt nur die 8 im Jahre
1843 von mir auf den Wurzeln der Heteranzthera alismoides
aus Herrn Kunth’s Herbarium in den Schriften der Akademie
verzeichneten Arten bekannt. Quellwasser, welches Herr Kar-
sten in 4 Flaschen mitgebracht hatte, war zufällig ohne erkenn-
bare Formen angekommen, wahrscheinlich weil es keine kiesel-
schaligen enthielt.
Aus den vielen von Hrn. Richard Schomburgk aus
Guyana mitgebrachten Erd- und Flufsschlick-Proben hatte sich
bis tief ins Innere Süd-Amerika’s nur 1 eigenthümliches Genus
mikroskopischer Thierarten ermitteln lassen und bei mehr als
100 Species waren nur wenige neue Arten. Die Details mei-
ner Untersuchungen der Schomburgk’schen Materialien habe
ich in Richard Schomburgk’s Reisebeschreibung von 1847
im 2teu Theile ausführlich niedergelegt.
215
Unter den Formen, welche die Baumstämme des Urwaldes
_ bei La Guayra als Dammerde und Erd-Boden der Farrnkräuter
bekleiden, fanden sich sogleich 3 sehr eigenthümliche Genera
und aulserdem eine so grolse Zahl neuer Arten von Polygastern,
_ dals das Neue die Hälfte bildet.
Folgendes Verzeichnifs von Formen hat sich aus der auf den
Bäumen befindlichen Dammerde ermitteln lassen:
_ Mikroskopische Baumfauna der Urwälder Venezuela’s
nach Dr. H. Karstens -Materialien.
POLYGASTRICA 29:
* Arcella caudicicola #** Liparogyra dendroteres
ecornis * circularis
hyalina Navicula Formica ?
Difflugia areolata Semen
* collaris Silicula
* Dryas ‘ Pinnularia borealis «
* reticulata * »..8
laevigata decurrens ?
hyalina %* Porocyclia dendrophila
* squamata Stauroneis Fenestra ?
* Discoplea dendrochaera * Stauroptera dendrobates
Eunotia Monodon *%* Stephanosira Epidendron
Gallionella spiralis ? * Hamadryas
Himantidium gracile Tabellaria' trinodis
Arcus
PHYTOLITHARIA 18:
* Lithastericus tuberculatus * Lithostylidium hispidum
Lithodontium nasutum laeve
rostratum obliguum
Lithostylidium amphiodon Ossiculum
apicatum Pecten
biconcavum polyedrum
caraccanum quadrtaum
m. Clepsammidium rude
crenulatum spiriferum
Weiche Pflanzentheile 11:
Pilus simplex laevis Pilus simplex ornithorhamphus
216
Pilus simplex appendiculatus * Semen Filicis triangulum
* » » ? Calyptra % » tricorne
"» stellatus Semen reniforme latius
Sporangium Fungi “on » angustius
Semen Filicis subglobosum
Insectentheile 3:
* Acari species
Squamula alarum Lepidopteri 5 dentata
» » » integra
Neue Genera sind die mit Doppelsternen bezeichneten
Liparogyra
Porocyclia
Stephanosira.
Die neuen Arten sind mit einfachen Sternchen bezeichnet. Von
den 29 polygastrischen Thierchen sind 11 bis 13 ganz unbekannte,
für Venezuela charakteristische, Formen.
Auch unter den Phytolitharien sind eigenthümliche Kiesel-
bildungen, welche vorläufig als Zithostylidium apicatum, caracca- =
num und Ahispidum festgehalten sind.
Besonders beachtenswerth ist manche Übereinstimmung die- |
ser Formen mit solchen des Passatstaubes, welche bisher ohne
sichere Heimath waren.
Die sternförmigen Haare
das Pilzsporangium
der Farrnsamen
die Schmetterlings -Schüppchen des Passatstaubes
finden nun auch dort Anhalten. Von den charakteristischen Kie-
sel-Polygastern ist aber im Passatstaube noch keine Form ge-
sehen worden. .
Das neue Genus Liparogyra ist für Algologen besonders
merkwürdig, indem es einer Spirogyra ganz ähnlich erscheint. c
Die inneren Spiral-Linien sind aber nicht freie, grüne, fadenar-
tige Körner-Schläuche, sondern es sind feste crystallene Leisten
im Innern einer cerystallenen Kieselschale, welche ganz die Form
eines häutigen Conferven-Schlauches hat, sich aber den Gattun-
gen Gallionella und Stylobiblium anschlielst. =
Verwandt dieser Form ist auch das neue Genus Porocyclia,
aber‘ es hat innere Cirkel-Leisten ohne Spirale und am Rande
ü 217
der scheibenförmigen Enden seiner Cylinder-Glieder einen Kranz
von grolsen Öffnungen oder tiefen Eindrücken.
Das dritte neue Genus Stephanosira ist ein naher Verwand-
ter des in der Spree bei Berlin einen kleinen Repräsentanten
zeigenden Genus Siephanodiscus, von welchem eine weit grö-
fsere Art im Wasserfall des Niagara lebt (Monatsbericht 1845
p- 80). Die Endscheiben sind sternartig gestrahlt, wie es bei
- Seebildungen häufig, bei Süfswassergebilden höchst selten ist.
Stephanosira’ ist ein kettenbildender Stephanodiscus, also so, wie
_Discoplea und Gallionella sich scheiden, von ihm verschieden.
Die zahlreichen Arcellae und Difflugiae sind auffallend und
oft charakteristisch.
Novorum generum et specierum diagnosis.
LiparocyrA N. G. Wendelröhrchen.
Animal e Bacillariis Naviculaceis cylindricis. Lorica sim-
plex silicea utricularis truncata. Utriculi singuli in media
parte sponte transverse dividui (an concatenati?), disco utrin-
que occlusi, pariete interno eristis filiformibus siliceis gy-
roso. Fissurae porive nullibi conspicua, (aperturae verisi-
militer ad discorum marginem denticulatum positae tenues).
Sepimenta interna nulla.
Pyxidiculis propinqua, si solitaria est, sin viva conca-
tenata est, quod non liquet, Gallionellis affınis forma; ha-
bitu Spirogyrae plantarum, non siliceae, proxima. Arrages, yu-
55, gyris splendidum animalculum.
Porocycrıa N. G. Ringelmund.
Animal e Bacillariis Navieulaceis eylindricis. Lorica simplex si-
licea utrieularis truncata. Utriculi singuli medii sponte trans-
verse dividui (an concatenati?), aperturis foveisve in disci lae-
vis margine ‚pluribus simplicibus, (non tubulosis). Utriculorum
internus paries cristis filiformibus eireularibus annulatus.
Aulisco affınis forma, sin concatenata, Gallionellis affınior.
Habitu Ziparogyrae proxima. Ilogos, #U=Acs, aperturis in
eirculo positis insigne animalculum.
TEPHANOSIRA N. G. Kronenkette.
Animal e Bacillariis Naviculaceis cylindricis. Lorica sim-
218
plex utricularis truncata silicea. Utriculi singuli medii sponte
transverse dividui, distinete concatenati. Aperturae in ipso
disco sepimentaque interna nulla. Disci (valvae) laterales
(subtilissime punctato-radiati) non cellulosi, apiculorum co-
rona marginali (et coronula centrali) ornati. YreVavos, seid,
coronarum catenam referens.
Stephanodisco proxime affınis forma imperfecta divisione
spontanea Gallionellarum catenas aemulatur. Stephanodisei
sunt Discopleae nudae margine apiculis coronatae, Siephano-
sirae sunt Gallionellae apiculorum corona marginali insignes.
Novae species.
Arcella caudicicola n. sp. A. ovato-oblonga, utroque fine ro-
tundo, hyalina hispidula nec areolata, apertura antica laterali
(sub margine) rotunda ampla. Habitus A. Nidi penduli. Lon-
”, Ad La Guayram Venezuelae in arborum caudi-
cibus montis Galipani, viva Filicibus substrata.
Difflugia collaris n. sp. D.lorica sub ostio in colli formam at-
tenuata pyriformi et subelavata recta, superficie irregulariter
cellulosa, cellulis parvis aequalibus, colli angustioribus, aper-
1,9
tura integra. Longitudo — 53”. Ibidem.
gitudo — %
D.— Dryas n. sp. D. lorica ovata cellularum elongatarum se-
riebus longitudinalibus utrinque fere 7, apertura integra trun-
cata. Longitudo 5’”. Ibidem.
Cellulae fundi loricae minores.
D.— reticulata n. sp. D. lorica ovata ampliore superficie cel-
lulis minoribus reticulata, apertura simplici ampla. Longi-
tudo — 5”. Ibidem.
Particulis inclusis interdum tanquam gemmis crebris ornata
iisque in ostii margine interdum dentes referentibus. An duae
species?
D. — squamata n. sp. D. lorica ovata, areolis laxis magnis
tanquam squamata, ostiolo edentato truncato contracto. Lon-
gitudo — 4”. Ibidem.
. Discoplea dendrochaera n. sp. D. testula parva a fronte tumida
disci margine et (striolarum corona circumdato) centro laevi-
bus. Habitus D. comzae. Coronulae mediae radii fere 10.
Diameter — 4”. Ibidem.
“ AEEESE er ang
T.
9.
10. |
219
Liparogyra dendroteres n. sp. L. testa (utriculari ter quaterve
longiore quam lata) laevi erystallina, (discorum margine den-
ticulato), gyris internis spiralibus in 5,” longis 13. Longi-
tudo - 4” Latit. - /;”. In arborum caudicibus ibidem obvia.
Habitus Spirogyrae. Divisio spontanea spatio medio spi-
ris vacuo praeparatur. Intestina vivae, quae siccata colore
viridi sunt, sicut in Gallionellis lobata.
L. — circularis, n. sp. L. testa laevi erystallina (discorum
margine denticulato), gyris internis annularibus in 5,” 13.
Longit. — 55”. Cum priori.
Utriusque speciei disci laeves esse videntur, apiculis tri-
bus mediis. Utrum varietates unius speciei, an duae spe-
cies bae formae sint, dijudicare nondum valui.
Pinnularia borealis ß caraccana statura longiore et media
parte testae turgidula differt. Longit. - 5” Lat. - 5”. Cum
prioribus.
Porocyclia dendrophila n. sp. P. testa cylindrica elongata (du-
plo longiore quam lata) laevi, gyris internis eircularibus in
# longis 9, poris disci marginalibus (semper?) utrinque 12,
areis discorum subtilissime punctato-radiatis, apiculis centra-
libus 5. Longit. — 5”. Lat. — 4”. Ibidem viva.
Stauroptera dendrobates n. sp. St. testula a ventre anguste li-
neari, utroque fine obluso, marginibus anguste et oblique stri-
atis, a latere late oblongo-quadrata. Longit. — 4”. Ibidem.
Divisione spontanea longitudinali duplicem vidi.
Stephanosira Epidendron, n. sp. St. testula singula cylindrica
brevi aut elongata superficie subtilissime in lineis transversis
punctata, suturis mediis transversis singulis, aut (accedente
divisione spontanea) binis in fasciae formam dilatatis, disco
terminali subtilissime punctato-radiato, apiculorum corona
marginali et centrali (apiculis prope centrum 4). Magnitudo
testae singulae majoris — 5;”", minoris — ;{5””. Ibidem cum
prioribus viva.
Ternas et quaternas testulas concatenatas et ovariis viri-
dibus repletas vidi.
St. — Hamadryas n. sp. St. testula singula cylindrica brevi
aut elongata, superficie laevi, epidermide in articulorum jun-
etura sola striata, hine, ruptis articulis, trunci margine den-
220
ticulato, disci margine radiato, media latissima area laevi-
gata punctis raris aspera, apiculis centralibus 2, 3 aut 4.
Magnitudo singulae testae — 5”.
ovariis viridibus repletas ostendens.
14. Lithodontium Scorpius n. sp. L. corpusculo tricuspidi siliceo,
L. rostrati habitu, sed rostro (dente) praevalido tereti ob-
tuso et uncinato longiore quam basis, apice basis longitudi-
nem non excedente. Aculeum Scorpionis fere refert. Mag-
E pulvere meteorico in pago Muhrau Silesiae
mense Januario 1848 collecto.
- Cum prioribus, catenas
nitudo - 5”
15. Lithostylidium- apicatum n. sp. L. corpusculo oblongo siliceo
laevi obsolete anguloso, utroque fine subito in apicem at-
tenuato acuto. Longit. 4”. Forma erystalli, exacta regulari-
tate et spectro optico carens. In arboribus montis Galipani
Venezuelae.
16. L. — caraccanum n.sp. L. corpusculo siliceo anguloso (subtri-
angulari) oblongo bacillari truncato, annulis transversis obtuse
rugoso, latere uno sinuoso uni- aut bidentato. Longit. — es
Habitus Lithost. unidentati et sinuosi.
17. L. — hispidum n. sp. L. corpusculo siliceo anguloso (sexangu-
lo) bacillari elongato, uno fine truncato altero oblique de-
currenie, tota superficie apiculis hispida. Longit. — 7%”.
Tales silices in plantarum cellulis porosis formari debent
suaque forma pororum naturam evidenter declarant, qui me-
atus veri hine non esse non possunt.
I.
Über die Ampo oder Tanah ampo (Tanah Ambo,
Rauch-Erde?) genannte e[sbare Erde von Samarang
auf Java, ihre geognostische Lagerung und organi-
sche Mischung.
Hr. Dr. Otto Mohnike, welcher vor 3 Jahren von Ber-
lin als Arzt in holländischen Diensten nach Java ging, suchte bei
mehreren Mitgliedern der Akademie specielle wissenschaftliche
Aufträge nach. Unter den von mir aufgezeichneten Fragen und
Wünschen befand sich auch die Erläuterung der dortigen efsba-
ren Erde und deren Proben, da es durch Zadillardiere seit 1792
bekannt war, dals auf den Dörfern zwischen Sourabaya und.
221
"Samarang dergleichen als kleine viereckige röthliche Kuchen ver-
kauft wird. $
Im Januar vorigen Jahres hat Herr Dr. Mohnike von sei-
ner glücklichen Ankunft in Java aus Samarang selbst zuerst Nach-
rieht gegeben und zugleich eine Flasche voll der in Samarang
verkäuflichen efsbaren Erde an mich übersandt, welche im Som-
‚mer hier eintraf. Da allmählich die he Untersuchung
dieser Erde ein bestimmtes Resultat ergeben hat, so erlaube
‚ich mir eine Nachricht davon der Akademie vorzulegen.
u Herr Mohnike schreibt Folgendes: „Ich beschränke mich
darauf Ihnen die beifolgende Flasche zu übersenden, welche
einen elsbaren Letten, javanisch Ampo ('), enthält, in dem Zu-
stande, in welchem er im Innern von Java auf allen Bazars feil
geboten wird. So viel ich weils ist diese Thonerde nur einmal
und zwar durch Leschenault de la Tour (?), der auch eine
(*) Der Name Ampo wird von Labillardiere Tana ampo geschrie-
ben. Nach Herrn Dr. Buschmanns gefälliger Erläuterung heilst /anah im
'Malayischen u. Javanischen Erde. Ambo heilst Rauch, Ampo ist keiner
sprachlichen Erläuterung zugänglich. Da javanisch hapu Kalk heilst, so ver-
muthet derselbe, dals es eigentlich Tanah hapu geschrieben werden müsse,
Jedoch ist die Substanz selbst ein eigentlicher fetter Lehm, keine Kalkerde,
was bei dieser sprachlichen Ansicht einige Schwierigkeit übrig lälst.
- (?) Nicht Leschenault sondern Labillardiere ist der erste Beobach-
ter dieser elsbaren Erde, als er 1791-94 auf der Reise zur Aufsuchung La
Pörouse’s Java berührte. Diese Nachricht gab Hr. A.v.Humboldt in den
A nsichten der Natur schon 1807 B. 1. p- 176 II. Ausgabe 1826. Sie findet
sich in Labillardiere Relation du voyage ä la recherche de La Perouse
T. II. Par. VIII. (1800) p. 322. In neueren Schriften wird öfter Lesche-
I ‚ault, ein Reisender für den Jardin des plantes (mit Baudin) von den Jah-
en 1816 und 1817, genannt, was aus dem Dictlionnaire classique d’hist. na-
, 1830 stammt, wo im Artikel Terre comestible Leschenault für La-
dillardiere genannt ist. Labillardiere schreibt den Namen der Erde
ana ampo, was nach Herrn Buschmann in Tanah ampo (wenn nicht
anah hapu) abzuändern ist. Labillardieres Worte sind: En voyageant
e Sourabaya a Samarang j’avois vu avec surprise dans les marches de plu-
leurs villages des boutiques remplies de petits pains carres et aplatis d’une
e glaise rougätre, que les habitans appellent tana ampo. Javois cru
"abord, qu’ils pouvoient bien s’en seryir pour degraisser leurs etoffes; mais
dientöt je les avois vu en mächer de petites quantites et ils m’assurerent
s n’en faisoient pas d’autre usage.
222
Probe davon Herrn Baron von Humboldt mitgetheilt hat, nach
Europa überbracht worden. Die mikroskopische und chemische
Untersuchung dieser Erde wäre gewils von grolsem Interesse.
Die beifolgende Erde befindet sich an mehreren Stellen des bis
zu einer Höhe von 4000 Fuls aufsteigenden sehr höhlenreichen se-
cundären Kalkgebirges, welches in der Mitte von Java von Nord
nach Süd und weiter unten nach Süd-Ost streichend, die Grenze
zwischen dem an Holland tributairen Reiche Djocjokerto und
der dem Gouvernemente unterworfenen Provinz (Residentia)
Baglew bildet. Dieser Gebirgsläufer hängt im Norden, recht
eigentlich im Herzen der Insel, mit dem südlichsten der Ge-
birgszüge secundärer Kalkformation zusammen, welche die In-
sel in mehrfachen Zügen von West nach Osten durchstreichen
und die Basis der isolirten bis zu einer Höhe von 11000 Fufs
sich erhebenden Trachyt-Vulcane mit einander verbinden. Am
Fuflse des erwähnten Bergzuges nun, ungefähr in einer Höhe
von 400 bis 600 Fufs über dem Niveau des Meeres sowohl an
der nach Djocjokerto als der nach Baglew gelegenen Seite findet
sich die genannte Erde an verschiedenen Stellen von nicht sebr
beträchtlicher Ausbreitung und in horizontaler Schichtung von
sehr verschiedener Mächtigkeit dem secundären Kalke aufgelagert,
allein mit einer Schicht von Humus bedeckt. Diese Erde deren
eine Fundgrube ich von Pourworedjo dem Hauptplatze der Pro-
vinz Baglew selbst besucht habe, ist in ihren natürlichen Ver-
hältnissen sehr fest, klebrig und knetbar. Unmittelbar nach dem
Ausgraben wird die gewonnene Erde zwischen zwei kleinen Bret-
tern zu dünnen Platten ausgedehnt, welche wiederum zwischen
den Handflächen in einander gerollt werden, bis sie die Form
von Zimmtrohr erreichen. Ein leichtes Rösten über Kohlenfeuer
troknet diese Röhrchen schnell aus und macht sie dem javanischen
Gaumen mundrecht. Auf allen Bazars im ganzen Innern von.
Java sieht man Verkäufer dieser efsbaren Erde, welche nicht al-
lein von schwangeren mit Pica behafteten Frauen, sondern von
Personen jeden Alters und Geschlechts gern gegessen wird. Dafs
diesem Gebrauch eine medieinische Erfahrung, oder ein Vorur-
theil dieser Art zu Grunde läge habe ich nicht erfahren können;
mir scheint es als ob das Ampo rein als Leckerei, javanisch Que-
que, genossen wird. In diesem Sinne waren auch alle Erklärun-
223
(gen, welche vornehme Jayanesen mir über diesen Gebrauch ga-
ben. Die Otomaken am Orenoco von denen Hr. von Humboldt
berichtet, genielsen eine Art Erde mit dem Fette von Alligato-
ren und Schildkröten vermengt,(') während der an Nahrungsmit-
In ärmsten Jahreszeit, allein, um die geringe Quantität, welche
die Umstände ihnen verstatten zu sich zu nehmen, voluminöser
machen und sich so das lästige Gefühl der Magenleere zu
vermindern. Dieser Mangel anderer Lebensmittel kann hier auf
Java wo alle Zeiten des Jahres hindurch die unerschöpflichste
ülle von Baum-und Erdfrüchten, Cerealien, Fischen und Wild-
pret vorhanden ist, niemals der Grund des Erdessens gewesen
sein. Dals der Genufs des Ampo ähnliche Erscheinungen von
Mesenterialphthise hervorrufe, wie das Erdessen der Neger in
den westindischen Kolonien, habe ich nicht erfahren können; nie-
mand hält hier das genannte Mineral, selbst in grofsen Massen
zu sich genommen, für schädlich. Auffallend ist mir noch die
Erfahrung gewesen, dals ein grolser und schöner Wauwau (Hy-
lobates leuciscus) den ich frei in meinem Hause zu Kedongkebo
herum laufen liels, mehr als ein Pfund des Ampo, dessen er die-
bischer Weise habhaft geworden war, mit gröfster Begierde ver-
zehrte. Ich liefs diesen Affen sein Mahl ungestört beenden, um
später die Excremente desselben beobachten zu können. Die
Darmentleerung zeugte sich diarrhöartig vermehrt und enthielt
Koth den Ampo breiartig aufgeweicht und vermengt mit vie-
n galligten Excrementstoffen. Übrigens war der Affe anhaltend
gesund und munter.”
Die in der Flasche hier angekommenen, vorliegenden Pro-
en dieser elsbaren Erde sind zolllange Röllchen von der Dicke
iner Federspule wie Zimmtröhrchen von etwa £—1 Linie
icke der gerollten Masse. Sie haben auch ganz die Zimmt-
r rbe, sind aber viel schwerer. Der Geruch und Geschmack ist
ach empyreumatischem Öl, dem Ofenrufs oder vielmehr einer
(*) Dies Citat aus dem Gedächtnils ist in sofern zu berichtigen, als
ft. v. Humboldt gerade selbst bereits jene Ansicht des Pater Gumilla
s man Fett und Mehl beimische, widerlegt hat und auch den starkrie-
henden Leiten, nicht Kalk, als besonders beliebt, aber nur für Otomaken
mschädlich erklärt hat. Ansichten d. N. 1826. p. 172.
224
viel gerauchten Tabackspfeife ähnlich, daher nicht Jedermann an-
genehm. Mit Salzsäure bestrichen braust diese Erde nicht auf
und im Wasser zerfällt sie sogleich und verhält sich wie ein
gewöhnlicher feiner plastischer Letten von gelblich rother Farbe.
Da die Röhrchen auf den ganzen Bruchflächen heller gefärbt
sind als äufserlich, wo ein mehr bräunlicher Ton herrscht, so
scheint man sie dem Rauche, vielleicht Tabacksrauche, ausgesetzt,
nicht aber mit einer empyreumatischen Flüssigkeit äulserlich über-
zogen oder getränkt zu haben.
Die mikroskopische Analyse von bis jetzt 20 Proben zeigt,
dafs auch dieser efsbare Letten organische Beimischungen, aber
in nicht reichlicher Menge besitzt.
Folgende Formen sind darin beobachtet:
POLYGASTRICA 3-4.
Navicula amphioxys
dirhynchos
Gallionella crenata?
?
PHYTOLITHARIA 19.
Lithasteriscus tuberculatus
Lithodontium angulosum
nasulum
plalyodon
* Sagitta
Lithostylidium curvaturn
falcatum
* polymorphum
quadratum
rude
Serra
spinulosum
Trabecula.
Aus diesen 16 bis 17 Formen läfst sich, da es meist schon
sonst bekannte Körper sind, erkennen, dals der Letten hierin gar
keinen Charakter der Kreidebildung besitzt, wohl aber ebenso-
viel, als Einzelkörper genannt sind, Charaktere hat, welche den-
selben der Kreide entfremden, in der die genannten bisher ni
angetroffen worden sind. Formen wie Zithost. rude komme
225
in der Kreide als verwitterte Spongolithen- Fragmente vor, sind
"aber eben nicht das erstere, sondern das letztere. Ferner sind die
_ Lithodontia und Lithostylidia entschieden Sülswasser, oder Fest-
land-Bildungen. Es fehlt durchaus an entschiedenen Seeformen.
So erscheint denn die efsbare Erde von Samarang als ein
röthlicher Letten der sogenannten geologischen Tertiär-Periode,
ein Sülswassergebild, welches auf die javanischen sogenannten
Sekundär-Kalke aufgelagert wäre.
Die gekräuselten zimmtartigen Röhrchen der efsbaren Erde
im Jahre 1847, anstatt der viereckigen platten Thonkuchen von
1792, scheinen eine Verfeinerung der Cultur auch in diesen Efs-
waaren Java’s anzudeuten.
Auch die zwei als neu bezeichneten Formen sind wenig
ausgezeichnet.
II.
Über die in der heifsen Quelle des Rio Taenta-
"Flusses in Afrika, im Innern von Mosambik vorkom-
menden mikroskopischen Organismen.
Herr Dr. Peters hat im Jahre 1845 im Innern von Mo-
sambik eine heiflse Quelle besucht, welche den Rio Taenta-Flufs
bildet und hat daraus einen grünen organischen Absatz gesam-
‚melt, welcher bei 25° R. entstanden war.
; Der Rio Taenta d. i. heifse Fluls, entspring®® nach Herrn
Dr. Peter’s Be im Lande Injaondo@ (Inhaondoe)
etwa 5 Meilen von Tette aus Granitgebirg, über welchem sich
ein lockeres Gestein befindet, woraus die Neger Kochsalz ge-
winuen. Dieser beilse Fluls ist etwa 10 Fufs breit und 3-5
Fufs tief, fliefst von NO. her, mit dem linken Ufer an einen
Bergzug streifend, nach — Meile seines Laufes in das linke Ufer
des Zambeze - Flusses, etwa 125 deutsche Meilen oberhalb des
A sflusses desselben. Die Ufer sind reich mit Phoenix dactyli-
era bewachsen.
Der gesammelte Absatz ist vom Grunde des Flusses einige
Fuls vom Ursprunge der Quelle entfernt genommen, wo die
Temperatur des Wassers nur 25° R. beträgt, während in der
Quelle selbst an den Löchern des Gesteins woraus sie dringt das
Ohermometer bis 55° R. zeigte. Der Geschmack des Wassers
schwach säuerlich angenehm. An den hervorragenden Steinen
5+r*
226
des Baches setzt sich Kochsalz ab. Die Gegend der Quelle mag 4
eine ungefähre Bodenerhebung von gegen 700 bis 900 Fufs über
dem Meeresniveau haben. Zur Regenzeit in den Monaten Decem-
ber bis März ist sie sehr viel ergiebiger als im Juli wo der
Reisende sie sah.
Die mir zugekommene Probe des Absatzes ist ein kleines
Päckchen, dessen Inhalt etwa 14 Cubikzoll fester Masse beträgt.
Es sind grüne papierartige Filze von kurzgliedrigen Wasserfäden
die in eine Gallerte eingehüllt sind, wie eingetrocknete Nostoc,
mit grobem Granitsand, dessen Bestandtheile deutlich erkennbar
sind. Dabei ist eine dunkelgraubraune zusammenhanglose erdige
Masse. Mit Säure braust diese Masse ziemlich lebhaft auf, doch
ändert sie danach dennoch ihr Volumen nicht allzuviel. Mithin
enthält sie etwas, aber nicht allzuviel Kalk. |
Ein Theil dieser Masse in Wasser aufgeweicht und gerührt
gab eine nicht sehr dick getrübte Flüssigkeit, welche abgegossen
die leichteren und feineren Theile enthielt und zu Boden fallen
liefs. Verdunstende Tropfen auf Glas gaben, wider Erwarten, |
keinen salinischen Crystallabsatz. Auch mit der Zunge liels sich
Salzgehalt nicht wahrnehmen. Dieser geschlemmte Bodensatz
wurde mikroskopisch in 40 Analysen geprüft und ergab fol-
gende organische Bestandtheile des kleinsten Lebens. '
Übersicht der Arten:
POLYGASTRICA 16.
Arcella ecornis Navicula affinis
Cocconema amphioxys
Eunotia gibba Bacillum
Monodon Semen
? Silicula
* Fragilaria Taenia Pinnularia borealis?
Gomphonema gracile Stauroneis
Himantidium Arcus Tabellaria.
PHYTOLITHARIA 18.
Lithodontium Bursa Lithodontium rostratum
furcatum Lithostomatium subrotundum
nasutum Lithostylidium Amphiodon
227
Lithostylidium angulosum Lithostylidium rude
biconcavum Serra
Catena? spiriferum
Clepsammidium * tessellatum
cerenatum Trabecula
quadratum Spongolithis Fustis ?
Weiche Pflanzentheile 2.
Einfache glatte Pflanzenhaare. Nostoe n. sp.?
| Insectentheile 2.
Insecten - Fuls- Fragment (glatt). Schmetterlings -Schüppchen.
Anorganische Formen 2.
Rhombische Crystalle (Kalkspath). Obsidian- Splitter?
Aus diesen 40 Formen lassen sich etwa folgende Schlüsse
ziehen:
1) Tief im Innern des östlichen Südafrikas sind die mikros-
kopischen Lebensformen höchst unbedeutend charakteristisch. Nur
die zwei mit Sternchen bezeichneten Arten der Polygastern und
Phytolitharien sind neu und eigenthümlich.
2) Von den eigenthümlichen oder wenig ausgezeichneten
Formen ist Fragilaria Taenia sammt Nostoc? in geringer Menge
in der Substanz, kann aber nicht als massebildend angesehen wer-
den, alle übrigen sind sehr untergeordnet. Nostoc? ist vorzugs-
weise aufgesammelt worden.
3) Aufser Spongolitihis Fustis? sind alle übrigen Formen
Sü swasser- oder Festlandgebilde. Von dieser Seeform sind nur
, Fragmente beobachtet. Sie gehört vielleicht der wohl ter-
iären kochsalzhaltigen lockeren oberflächlichen Gebirgsmasse an,
elche demnach als maritime Bildung mit Beimischung einiger
ulkanischer Asche (Obsidian?) bezeichnet wäre.
4) Der Kalkgehalt besteht nicht aus Polythalamien, sondern
us kleinen unregelmäfsigen Crystall-Drusen.
5) Charakteristische Formen des Passatstaubes sind nicht
abei.
IV.
Über die in einer kleinen Wasser-Probe des Ni-
er-Flussesam Westrande Afrika’s beobachteten klein-
ten Lebensformen.
998
Wegen der oft für Meteorologie wichtig scheinenden Bezie-
hungen des afrikanischen Festlandes zu den grofsen meteorischen
Erscheinungen des südlichen Europa’s und um ein, nicht nach
einem System schon verarbeitetes, wissenschaftliches Material als
Basis für directe Schlüsse zu geben, halte ich für angemessen
eine vorläufige Mittheilung über eine einzelne interessante Loca-
lität des westlichen Festlandes Afrika’s dieser östlichen anzu-
schliefsen.
Während meines Aufenthaltes in England im vergangenen
Sommer sprach ich dort öfter den Wunsch aus, Wasser oder
Flufsschlick des Niger untersuchen zu können. Herr Dr. Mac
William hat die Güte gehabt mir ein aus dem, Bonny River ge-
nannten, Ausfluls-Arm des Niger mitgebrachtes, 2 Unzen Wasser
haltendes versiegeltes Fläschchen in seinem Original-Zustande nach
Berlin zu übersenden, dessen Etikette auf Pergament die Bezeich-
nung trägt From the River Bonny. Branch of Niger. W. of Afrika.
Es stammt, wie ich aus der Unterredung mich erinnere, von der
letzten engl. Niger-Expedition (1841) her.
Das Wasser des (der Akademie zur Ansicht gebrachten)
Fläschehens war und ist klar, jedoch hat sich darin eine bräun-
liche Aygroerocis gebildet, welche als ein häutiges gallertartiges
Wesen darin schwimmt, Am Boden ist ein schwacher Niederschlag.
bemerklich, welcher beim Umschütteln das Wasser trübt, aber
sich bald wieder zu Boden senkt. 2
Lebende Formen fanden sich bei der mikroskopischen Un-
tersuchung des etwas nach Schwefelwasserstoff riechenden Was-
sers nicht, wohl aber zeigten sich einige Spuren organischer
Verhältnisse im Bodensatze. Es wurde daher das Wasser in ein
reines Glas abgegossen und der Bodensatz sammt der Hygrocroeis.
in 30 Untersuchungen trüber Tropfen und einzelner Theile de
Hygrocrocis genau geprüft. Folgende Resultate wurden gewon-
nen. ”
Übersicht der Formen:
POLYGASTRICA 135.
Coscinodiscus eccentricus Fragılaria ?
minor Gallionella crenata ?
Discoplea — ? distans
picta granulata
229
6 lionella laevis Pyxidicula cruciata ?
procera Synedra acuta
Tabellaria trinodis ?
PaYTOoLITHARTA 4.
Lithostylidium cerenulatum ? Lithostylidium rude
quadratum ? serpentinum
Weiche Pflanzentheile 6.
Iygrocrocis (Jusca ) Pilus plantae laevis simplex
Parenchyma cellulos. continuum
dissolutum
stellare
Insecten-Fragmente 3
Pes insecti laevis squamosus
» » ungue duplici bası
Pectinato -pilosus
Die aus diesen Formen zu ziehenden Schlüsse sind:
1) Von den Polygastern und Phytolitharien ist keine Form
eu und eigenthümlich.
2) Es sind unter den 15 Polygastern 3-5 entschiedene See-
lierchen, die Coscinodisci und die Pyzidicula, auch vielleicht beide
iscopleae, alle übrigen sind sicher oder wahrscheinlich Land-
rmen. Discoplea picta ist aus Mosambik und Indien als Seeform
hon verzeichnet, aus Patagonien als fossile vermuthliche See-
4) Aus dem Bisherigen ergiebt sich, dafs dafs Wasser nicht
he am Meere aus dem Flufse genommen ist, aber doch noch
Gebiete der Ebbe und Fluth (im Fluthgebiete). Die kie-
schaligen Seethierchen und der Mangel der Kalkschalenthier-
en scheinen diels zu erweisen.
5) Auffallend sind die Fichtenholz (?) - Zellen.
6) Von den Gallionellen ist nur eine Art mit Ovarien, G.
eis, die übrigen sind kleine Fragmente, meist nur halbe Ein-
Ithiere.
230
7) Auch im Niger aufs Geradewohl geschöpftes klares Flufs-
wasser in kleinster Quantität ist reichlich erfüllt mit organischem
Leben.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Transactions of the zoological Society of London. Vol. Ill. Part. 5.
London 1848. 4.
Proceedings of the zoological Society of London. No. 78. 79. ib.
8.
K. E. Hammerschmidt, allg. österreich. Zeitschrift für den
Landwirth etc. 20. Jahrg. 1848. No. 9. 10. Wien. 4. |
Kunstblatt 1848. No.22 Stuttg. u. Tüb. 4.
Annales de la Societ€ entomologique de France. 2. Serie. Tome 5.
Paris 1847. 8.
D.F. L. von Schlechtendahl, Linnaea. Bd. 20. Heft 5. 6. Halle
1847. 8.
Aufserdem kam ein Schreiben der Zoological society of
London vom 11. Mai zum Vortrage, welches den Empfang der
Abhandlungen der Akademie für 1845 und der Monatsberichte
vom Juli 1846 bis Juni 1847 anzeigt.
Zur definitiven Besprechung durch die Zeitverhältnisse nö-
thig gewordener Maalsnahmen wurde eine aufserordentliche Si-
tzung auf den 26. Mai beantragt und einberufen.
29. Mai. Sitzung der physikalisch-mathema-
tischen Klasse.
Hr. Klug berichtete über die Australien eigenthüm-
liche Lepidopteren-Gattung Synemon Doubleday, ihre‘
geringe Verschiedenheit von der dem Südlichen Amerika aus-
schliefslich angehörenden Gattung Castina und die Vereinigung‘
beider Gattungen zu einer die Tagschmetterlinge, namentlic
die Hesperiden mit den Dämmerungsschmetterlingen, Sphingides,
verbindenden Familie.
Hr. Mitscherlich theilte die Untersuchungen mit, welche
Hr. Werther über die Verbindungen der Phosphorsäure und
Arseniksäure mit Uranoxyd angestellt hat. {
231
Das Uranoxyd zeigt bekanntlich in seinen Verbindungen mit
Säuren so abweichende Eigenschaften von denen anderer Basen mit
3 Atomen Sauerstoff und andererseits eine solche Regelmälsig-
keit, indem meistens 1 Atom Uranoxyd mit 1 Atom Säure sich
verbindet, dals Hr. Werther die Untersuchung der phosphor-
sauren und arsensauren Verbindungen dieses Oxyds für besonders
"interessant hielt, um zu erforschen, ob die drei Atome Wasser
des Phosphorsäure- und Arseniksäuretrihydrats durch 3 Atome °
Uranoxyd ersetzt werden könnten, ob also in gewissen Verbin-
dungen der Phosphorsäure und Arseniksäure mit Uranoxyd das
ungewöhnliche Sauerstoffverhältnils der Basis zur Säure = 9:5
sich zeige.
Die Verbindungen, welche Hr. Werther darstellte und
untersuchte, sind ‚folgende:
(8 + 28) B + 3H und (d + 2H) Äs + 38 sind die sau-
ren Verbindungen, welche in kleinen gelben Krystallen sich aus-
scheiden, wenn Uranoxyd in überschüssiger Phosphorsäure oder
Arsensäure gelöst und stark eingedampft wird. Die Salze verlieren
bis 130° und 140° 3 Atome Wasser, die andern 2 Atome gehen
erst bei stärkerer Hitze fort. Das arseniksaure Salz verliert durch
starkes Glühen zuletzt einen Theil seiner Säure.
(&° +8) P + 3# bildet sich bei der Behandlung von Uran-
'oxyd mit verdünnter Phosphorsäure, (4?+H)PH-+8 beim Zu-
_ satz von Phosporsäure zu einer Lösung des essigsauren Uranoxyds.
Beide Salze sind gelbe Pulver, das erstere amorph, das zweite
‚krystallinisch, unlöslich in Wasser, löslich in starken Säuren und
in kohlensaurem Ammoniak. Ein entsprechendes arseniksaures
Salz (U? +H)Äs-+ SH läfst sich auf ähnliche Weise darstellen,
‚sowohl wenn essigsaures Uranoxyd mit Arseniksäure versetzt,
als auch wenn Uranoxyd mit verdünnter Arsensäure behandelt
wird, oder wenn man neutrales arsensaures Natron zu einer
Uranoxydlösung setzt. Es ist ein gelbes bald amorphes, bald kry-
stallinisches Pulver, welches sich gegen Säuren und kohlensaures
Ammoniak wie das phosphorsaure Salz verhält.
Der Versuch, ein phosphorsaures und arsensaures Salz mit
Atomen Uranoxyd darzustellen gelang nicht. Beim Zusatz
einer Lösung des basisch phosphorsauren Natrons zu der eines
232
Uranoxydsalzes fiel, wenn das Natronsalz im Überschufs vorhanden
war, ein dunkelgelbes Pulver, welches aus (Na + U?) P +5’p
bestand. Waren bei der Fällung die beiden sich zersetzenden
Salze in ungefähr gleichem Atomgewicht vorhanden, so schied
sich ein hellgelbes Pulver von (4? +H) P + WP +xH
aus,
Durch Hinzufügung eines Überschusses von basisch arsen-
saurem Natron zu salpetersaurer Uranoxydlösung bildet sich ein
Salz, welches aus (Na + 3?) As + 5H besteht. Dieses, so wie
das eben erwähnte phosphorsaure Salz, welches Natron enthält,
werden durch Essigsäure zersetzt, was bei den andern phosphor-
sauren und arseniksauren Salzen mit 2 Atomen Uranoxyd nicht
der Fall ist.
Die phosphorsauren Salze wurden auf folgende Weise unter-
sucht: nachdem ihr Wassergehalt auf die gewöhnliche Weise
ermittelt war, wurden sie in ein schmelzendes Gemenge von ver-
kohltem weinsauren Kali-Natron eingetragen, dessen Kohle eine
Reduktion des Uranoxyds zu Oxydul bewirkte und so eine leichte
Trennung vom phosphorsauren Alkali möglich machte, indem bei
gehöriger Vorsicht die Phosphorsäure sich nicht reducirt. Die
letztere wurde im Filtrat auf die übliche Weise durch Ammo-
niak und Magnesiasalz bestimmt, das Uranoxyd aber durch Lösen
des Oxyduls in Salpetersäure und Fällen der Lösung mit Ammo-
niak. Die arsensauren Salze wurden in Salzsäure gelöst, mit
schweflichter Säure und dann mit Schwefelwasserstoff behandelt,
das Schwefelarsenik in Ammoniak gelöst, filtrirt abgedampft und
gewogen, dann mit Königswasser oxydirt, die entstandene Ar-
seniksäure an Eisenoxyd gebunden und dieses gewogen.
Da die Methode, die Arseniksäure quantitativ zu bestimmen,
1A
unvollkommen und weitläufig ist, so versuchte Hr. Werther
diese Bestimmung durch Uranoxyd vorzunehmen. Er fand, dals
wenn basisch oder neutrales arsensaures Alkali mit Essigsäure
übersättigt und mit essigsaurem Uranoxyd im Überschuls versetzt
wird, stets dieselbe Verbindnng der Arsensäure mit Uranoxyd
dd: + #) As + 8H niederfällt, welche bei vorsichtigem Glü-
hen 3? Äs zurückläfst. Diese Methode, die Arsensäure zu be-
stimmen, erfordert nicht mehr Vorsicht als die, durch eine Eisen-
233
oxydlösung von bekannten Eisengehalt, ist aber viel einfacher
und kürzer zum Ziele führend.
Durch die sichere Trennungsart des Uranoxyds von der
Phosphorsäure veranlafst, untersuchte Hr. Werther auch den
Chalkolith und Uranit. Er fand für beide dieselbe Zusammen-
setzung in 100 Th. wie Berzelius, und nimmt dafür die schon
von Hrn. Mitscherlich in seinem Lehrbuch aufgestellte For-
mel: (Cu + g°) P+8H und (Ca+U?) P+SH an, statt
der andern Cu? P +25? P + 24H. Jene Formel ist unstreitig
defshalb vorzuziehen, weil es Hrn. Werther gelang, die Ver-
‚bindung, in welcher Kupferoxyd enthalten ist, künstlich darzu-
‚stellen, indem er das oben erwähnte Salz (U? + H) P +SH
mit einer Lösung von basisch essigsaurem Kupferoxyd digerirte,
Er erhielt dadurch ein grünes in Essigsäure unlösliches Pulver;
welches bei der Analyse 8,7 p. C. Cu und 14,6°H gab, und
diese Zahlen kommen der berechneten Zusammensetzung des Chal-
koliths (8,44 Cu und 15,32H) sehr nahe. Ein ähnliches Salz
'kann man auch mit dem (U? + H) Äs + 8H darstellen; es be-
eht aus (Cu+U?) Äs + SH.
Ferner theilte Hr. Ehrenberg mit:
I.
Beobachtung zwei generisch neuer Formen des
Frühlingsgewässers bei Berlin als lebhaft grüner Was-
serfärbung.
Das früh eingetretene Frühjahr mit den mancherlei Witte-
rungs-Eigenthümlichkeiten scheint auch für die mikroskopischen
Lebensformen einige Besonderheiten bewirkt zu haben. Jeden-
falls sind vorkommende neue Formen bei Berlin seit Jahren schon
twas ganz Ungewöhnliches. Seit dem Jahre 1838, wo das grö-
se e Infusorien-Werk publicirt wurde, nun 10 Jahre, haben
ich immer nur dieselben generischen Formen, welche dort ver-
eichnet sind auffinden lassen, selten neue Arten, höchst sel-
en und einzeln ein neues Genus, so Stephanodiscus 1844 und
rochogonium 1846. Auch auf neueren Reisen am Rhein, in
rankreich, Belgien und England, so wie bei wiederholt monate-
ingem Aufenthalt in Wismar in Mecklenburg an der Ostsee haben
234
sich in allen diesen Gegenden immer dieselben Formen in den
verschiedensten Verhältnissen wiedergefunden.
Die neuen Genera, welche Dr. Werneck bei Salzburg in
einer langen, durch die zahlreichen schönen im Besitze der Akade-
mie befindlichen Zeichnungen und mehrere im Wasser selbst ein-
gesandte Formen beglaubigten Beobachtungszeit gewonnen hatte
(s. die Monatsber. d. Akad. 1841. p. 377.) sind in einem richtigen
Verhältnifs damit. Es sind nur wenige. Spaltungen schon be-
kannter grölserer Formenreihen in anderen als den bisherigen
Richtungen, oder in mehrere kleinere Gruppen sind andersar-
tige Bemühungen, die nicht wirklich Neues geben. Auf diese
Weise haben Andere viele neue generische Namen neuerlich
aufgestellt. Die in diesem Jahre angezeigten 8 neuen Genera von
Bern in der Schrift: Blepharophora Nymphaeae, ein Bei-
spiel automatischer Wimperbewegung im Pflanzen-
reiche nebst einigen Erörterungen über Sporozoidien,
Infusorien, Bacillarien, welche sehr wesentliche Änderun-
gen in der Ansicht der Infusorien-Structur verlangt, sind, ohne
weitere Bezeichnung, nur als Namen bisher gegeben worden.
Auch ist es deshalb zweifelhaft, ob sie wirklich eigenthümlich
sind, weil das sogenannte neue Pflanzen- Genus, Blepharophora
genannt, nur ein unentwickelter längst bekannter Blumenpolyp,
Haleyonella reptans oder articulata ist, dessen ganze Natur, der
3 Tafeln Abbildungen in quarto ungeachtet, unerkannt blieb,
dessen Wirbeln für automatische Wimperbewegung, und dessen
bekannte Eier im Leibe für Samen gehalten worden. In der-
selben Schrift ist eine andere neue Pflanzen-Form von Bern
beschrieben und abgebildet als Gloeocapsa polyzonia, welche
offenbar auch keine Pflanze, sondern Eier irgend eines Wasser-
thierchens, wahrscheinlich einer kleinen Schnecke (Planorbis) sind.
Es ergiebt sich hieraus, dals der Beobachter offenbar nicht die
Garantie einer richtigen scharfen Auffassung der noch weit fei-
neren übrigen Details gegeben hat, zumal die Abbildungen eini-
ger Bacillarien gänzlich verfehlt sind und ihre Bezeichnung als
neue Arten gar kein Gewicht bat, da sie nicht einmal den ge-
nannten Generibus angehören. (')
(‘) Auf eine gleiche Weise hätte der fleilsige Autor des neuen Genus
235
Wegen dieser Verhältnisse der schon entschiedenen Selten-
heit wirklich neuer Genera auch mikroskopischer Organismen
_ in Europa, wie der grölseren, ist es auffallend und bemerkens-
werth, dafs jetzt in Berlin in einem Wasserständer der Strafse
sich in überschwänglicher Menge mit einander und mit Chloro-
‚gonium euchlorum 2 neue Genera entwickelt zeigen, welche le-
bend noch heut vorgezeigt werden können, und von denen nie
vorher eine Spur bei Berlin oder sonst wo erkannt worden ist,
die auch nur jedes in Einer Art vorhanden sind. Das ganze
Wasser des grofsen Behälters ist schön grün gefärbt durch die
weit überwiegenden Massen einer dieser Formen.
Bei der Feststellung der Charactere dieser 2 neuen For-
men zeigte sich, dals eine derselben ein tiefer greifendes Inte-
resse gewinnt. Sie palst nämlich in keine der bisher aufge-
stellten Familien - Gruppen der Polygastern. Dennoch ist sie
nicht ohne Vorbereitung durch eine schon früher bekannte Bil-
“dung. Beide gehören den panzerlosen Monaden im allgemeinen
- an, allein wenn die durch unvollkommene Selbsttheilung Polypen-
stöcke bildenden Formen von der Monaden -Familie auszuschlie-
fsen sind, so bildet eine der Formen eine Familie für sich, wel-
‘che jedoch in der (Monas polytoma) Polytoma Uvella als exi-
stirender Bildung schon eine vorläufige Andeutung hatte. Aus einer
einzelnen Form eine eigene Familie zu bilden schien damals
eines zollgrofsen Doppelthierchens (Syngamus trachealis, Wiegmanns Ar-
‚chiv 1836 p. 104.) welchen, nach Publication seiner genauen Anatomie
desselben, erst ein Anderer darauf aufmerksam machen mulste, dals es, wie
er selbst (Wiegmanns Archiv 1837 p.256.) anerkennt, „nichts anders ist als
ein in der Begattung begriffnes Strongylus-Pärchen” doch in der 1845 er-
hienenen vergleichenden Anatomie vorsichtiger die Wissenschaft vor
neuen Meinungen über die Organisation der mikrosk. Organismen schirmen
sollen, die leicht hinein, aber schwer herausgebracht werden, denn be-
kan ntlich erörtern die meisten Schriftsteller nicht das Wahre, sondern das
Falsche in langen Worten und unnöthigen Schriften. Mit dieser kurzen
Bemerkung, welche auch das Göttinger, namentlich in dieselbe Auffassung
eingehende, gerade in diesem Theile von eigener Beobachtung aber gar
kein Zeugnils ablegende Lehrbuch der Zootomie (1843, abgeschlossen
1847) trifft, entledige ich mich vorläufig der Pflicht einer vielleicht schon
ausreichenden Antwort.
236
(1838) nicht zweckmälsig, daher wurde die Form mit Bemer-
kung der Eigenthümlichkeit den Monadinen angereiht, bei wel-
chen ohnehin viele beerenartige Bildungen, als periodische Ver-
einigungen, nicht aber als Monadenstöcke vorkommen. Jetzt ist
es offenbar zweckmälsiger Polytoma mit der neuen Form als 2
Genera einer besonderen Familie zu trennen.
Folgende Charactere sind demnach anwendbar:
HYDROMORINA Nova familıia:
Familie der Wasserbeeren.
Character: Animalia polygastrica anentera (tubo intestinali desti-
tuta) gymnica (non appendiculata) et corpore uniformi Mo-
nadibus simillima, sed spontanea divisione imperfecta in po-
Iyparii baccati lorica destituti formam divisa, perfecta demum
divisione singula libera eundem evolutionis circulum repetitura.
Genera: Polytoma (') et Spondylomorum.
Spondylomorum Nov. Gen. Wirtelbeerchen, Wirtel-
beerenthierchen.
Animal ex Hydromorinorum familia ocello dorsali instructum,
cauda nulla, spontanea divisione in formam baccae verti-
cillatae divisum.
Sp. quaternarium, geviertes Wirtelbeerchen.
Sp. animalculis alterne quater quaternis viridibus, postremis acu-
1m
tioribus, proboscidibus 4-5. Longitudo polyparii — ;;”, sin-
1m
guli animalculi —
Diese merkwürdige stets aus 16 Thierchen bestehende neue
Form erinnert an das ebenfalls stets 16 Thierchen enthaltende
Gonium pectorale, dessen Thierchen aber in Einer Ebene si-
tzen und mit ihrem Gallert- Mantel, der hier fehlt, ein sehr zier-
liches schwankendes viereckiges Täfelchen bilden.
Die Bewegung der Beeren ist um ihre Längsaxe und zu-
gleich in der Richtung der Axe nach vorn und rückwärts.
Die Beeren zerfallen zuletzt in ihre kleinen Einzelthiere,
welche dann wieder in 16 Theile auf einmal getheilt erscheinen
und dann erst zu den grölseren Beeren heranwachsen. So drän-
gen sich kleine Beeren zwischen den grofsen umher. Am Rande
der Tropfen sieht man die kleinen am besten.
(‘) Der Name Polytoma ist als Polytomus schon früher angewendet.
Man kann bei den Polygastern dafür später Hydromorum setzen.
237
Das zweite neue Genus ist:
Chloraster, Nixensternchen.
Animal e familia Monadinorum solitarium ecaudatum ore termi-
| nali, ocello frontali, medio corpore sensim verrucis radiato.
Glenomori et Phacelomonadis generibus affınis anguloso-
radiata forma:
Chl. gyrans, drehendes Nixensternchen, Drehsternchen: colore
viridis, corpore medio fusiformi utroque fine acuto, radiis
mediis in verticillo quaternis, primum obtusis, dein sub-
acutis, proboscidibus 4-5. Magnitudo — 41; ”.
Die ausgebildete Form dieses sehr beweglichen und zierli-
chen kleinen Thierchens bildet ein regelmälsiges Achteck, wenn
man sich seine 6 Spitzen durch Linien verbunden denkt. Es
dreht sich rasch um seine Axe und schwimmt dabei nach allen
Richtungen kreiselartig sehr schnell. Man findet es am Rande
der Tropfen am leichtesten auf.
Die 4 Höcker erinnern an die Knospenstellung bei Hydra,
allein ich sah keine Entwickelung der Strahlen in dieser Art.
Die Fortpflanzung habe ich nicht beobachtet. Bei beiden
Formen ist die innere grüne Färbung körnig, daher wohl der
Eierstock. Rundliche einzelne Drüsen haben beide. Contractile
Blasen sah ich nicht.
Dals solche Formen samt Chlamidomonas und Chlorogo-
nium keine sogenannten Sporozoidien sind, findet jeder Unbefan-
gene leicht darin erwiesen, dafs sich Pflanzen, zu denen sie
‚gehören könnten und überhaupt Algenpflanzen, da gar nicht fin-
den, wo sie in zahllosen Mengen vorkommen (in Regentonnen
ind s. w.) und dals sie da gar nicht oder sehr zufällig verein-
zelt vorkommen, wo die Pflanzen sich kräftig entwickeln, deren
Samen man so fälschlich mit einigen verglichen hat. (')
-(") Heut am 26. Juni, wo dieser Aufsatz zum Druck kommt, sind in
lemselben Wasserständer (Feuerkübel) der Strafse noch dieselben zahllo-
en Thierchen, ohne sich in der Form verändert zu haben, das Wasser
irbend. Chlorogonium ist mehr vorherrschend und hat eine etwas mehr
elblich- -grüne Farbe als Spondylomorum und Chloraster. Im Glase sammelt
ich Chlorogonium an der Oberfläche der Lichtseite und die beiden neuen
‘ormen halten sich nahe dem Boden auf.
238
II.
Über eine neue einflulsreiche Anwendung des po-
larisirten Lichtes für mikroskopische Auffassung des
Organischen und Anorganischen.
Erste Mittheilung,
die Anwendung auf die kleinsten Organismen und die
biolithischen Kiesel- und Kalk-Gebirgsarten
betreffend.
Wenn das polarisirte Licht, welches auch bei mikroskopi-
schen Untersuchungen einzelne überaus auffallende und glänzend
eigenthümliche Erscheinungen (wie beim Stärkmebl (Kartoffel-
mehl), den Kalkprismen der Muschelschalen, der Holz-, Flachs-
und Baumwollenfasern) dem Auge bietet, noch gar kein den
Hoffnungen gemäfses allgemein einflulsreiches wissenschaftliches
Resultat ergeben hat, so hat dies doch nur an der Anwendung
nicht an dem kräftigen Entwickelungsmittel gelegen.
Hoffentlich gelingt es durch gegenwärtige Mittheilungen
das Interesse der Beobachtung einem, der einflulsreichen Anwen-
dungsart nach neuen, entwickelnden Gesichtskreise solcher For-
schungen beharrlich zuzuführen.
Schon seit mehr als 30 Jahren beschäftigten sich nach Arago’s
und Brewster’s Vorgange Physiker und Physiologen mit der
Anwendung des polarisirten Lichts auf mikroskopische Objecie,
und schon seit mehr als 10 Jahren weils man auch, dals Haare,
Horn, Knochen- und Zahngewebe doppelt lichtbrechende Eigen-
schaften haben, mithin bei Anwendung des polarisirten Lichtes“
durch Frauenglas-Blättchen bunt erscheinen. Am auffaliendsten
für organische Verhältnisse war Biot’s Entdeckung des so über-
raschenden Lichtbildes im Amylum 1837 (Comptes rendus V.
905.), welches Herrn Biot selbst so sehr imponirte, dafs er
später (1844) die wunderbare, aber nicht zu begründende Vor-
stellung gewann, dals die Armylum-Körnchen Früchte sein mülsten.
Man hätte demnach eine rasche Entwickelung einer ganz
neuen und tieferen Ansicht der Elementarstoffe und der feinsten
Structur der Organismen erwarten sollen, allein die Aufhellung
dunkler organischer Structur ist nur in weniger bedeutenden,
u
239
keine fruchtbaren allgemeinen Schlüsse erlaubenden Einzelheiten
damit gelungen.
Neulich haben sich durch Anregung und Erläuterung des
"Gegenstandes ganz besonders Hr. Prof. Boeck (Buk) in Chri-
stiania, später Dr. Carpenter in London und zuletzt auch Hr.
Dr. v.Erlach in Berlin und Bern, verdient gemacht.
Das Geschichtliche nur hier in soweit noch berührend, als
das Resultat der Untersuchung bis in die neueste Zeit als Karnd-
sätze aufgestellt hat:
— dals die meisten organischen Substanzen im höheren oder
geringeren Grade doppeltbrechend, keine an sich einfach bre-
chend sei, — dals die Doppelbrechung bei Pflanzen - Theilen
stärker sei als bei Thiersubstanzen und — dafs sie im jüngeren
Zustande der Theile schwächer, im älteren stärker sei.
Obwohl ich mich seit 10 Jahren von Zeit zu Zeit mit der
‚Anwendung des polarisirten Lichtes beschäftigt habe, so ist doch
erst neuerlich die besondere Anwendung so fruchtbar geworden,
dals ich allmälig die Resultate der Akademie mitzutheilen für
ützlich hielt, und eine vorläufige Anzeige davon zu machen
ich angeregt fühle.
A. Allgemeine Verhältnisse des polarisirten Lichtes
bei mikroskopischer Analyse besonders
des Organischen.
. Die Anwendung des polarisirten Lichtes ist für die Analyse
des Organischen keineswegs das zweckmälsigste Beleuchtungs-
mittel, sie gleicht oft nur einem Sehen durch farbiges Glas
und hat dessen Nachtheile für die Schärfe der Untersuchung.
. Da dickere und dünnere, jüngere und ältere Platten. einer
und derselben organischen Substanz sich entgegengesetzt ver-
halten, so läfst sich durch Verschiedenheit oder Gleichartig-
keit der Erscheinungen nie sicher auf die Übereinstimmung
oder Verschiedenartigkeit der Substanz und der Structur
- schlielsen.
‚, Auch die scheinbar übereinstimmendsten Structurverhältnisse
des Organischen verhalten sich optisch bei polarisirtem Licht
zuweilen völlig entgegengesetzt Vergl. C. 1.
240
4. Das polarisirte Licht analysirt chemische Mischungsverhältnisse
und unorganische Aggregations- Zustände unmittelbar, die or-
ganischen Structurverhältnisse aber nur mittelbar und erläu-
tert sichrer die Substanz als die Structur.
5. Die bisherige Behauptung, dafs keine der organischen Sub-
stanzen an sich einfach lichtbrechend sei, aus dem Grunde,
weil ältere, entwickeltere und dickere Verhältnisse Doppel-
brechung zeigen, welche bei jüngeren und dünneren nur
schwächer, defshalb nicht bemerklich sei, ist eine nicht halt-
bare Meinung, welche durch die Existenz zahlreicher vollen-
detentwickelterund dennoch kein Lichtbild zeigen-
der organischer Substanzen widerlegt wird. Vgl. B. 1. 5-7.9.
6. Man kann den doppeltbrechenden organischen Substanzen zu-
weilen deutlich diese Eigenschaft nehmen, ohne nachweisliche
Veränderung ihrer organischen Structur und man kann auch
dieselbe solchen, welche sie nicht haben, geben. Vgl. C.1. A. 8.
7. Auch bestimmte optische Bilder in organischen Substanzen
lassen sich willkührlich methodisch ordnen oder verändern,
ohne Veränderung der Structur. Ein einfaches gestrecktes
Haar zeigt die Farben in linearer Ordnung. Dasselbe in Ca-
nadabalsam spiralförmig zusammengelegte Haar zeigt die Far-
ben als Kreuz.
8. Organische Häute und Zellen sind oft so lange doppelt licht-
brechend, (wie Luftblasen im Wasser) als sie mit Luft erfüllt
sind, mit deren Entfernung aber einfach lichtbrechend.
B. Wichtige specielle Anwendung.
So wenig organische Gewebe im Allgemeinen durch pola-
risirtes Licht einer wissenschaftlich sicheren Erläuterung zugäng-
lich sind, so hahen sich doch folgende im Grolsen ein-
flulsreiche organische Verhältnisse neuerlich feststellen lassen.
1. Keines der bisher beobachteten lebenden polygastrischen In-
fusorien erscheint, auch bei vollendeter Entwicklung seines
Organismus, im ganzen Gewebe doppelt lichibrechend. Da-
durch dals Spirogyren und Conferven sich deutlich durch
Doppellichtbrechung als Pflanzen zu erkennen geben, wird
die einfache Lichtbrechung der Gallionellen ein neuer An-
schlufs dieser an die polygastrischen Thiere. Eeiosperma mit
241
4
seinen bewegten Samen verhält sich doppelt lichtbrechend
‚wie Pflanzen, das selbstbewegte vielbestrittene Closterium wie
ein polygastrisches Thier. Oscillatorien und sehr feine Hy-
grocrocis - Arten erscheinen einfach lichtbrechend. Frstere
sind zweifelhafter Natur, letztere nur ungünstig für die Be-
urtheilung.
Die Seeschwämme zeigen in ihren weichen Fasern prächtige
doppelte Lichtbrechung wie Pflanzen und ihre Kieseltheilchen
verhalten sich, wie Phytolitharien, einfach lichtbrechend.
Ebenso die Kieselnadeln der Spongila.
3. Die Wasser- Älchen Anguillula (Vibrio Anguillula) habe ich
4830 ihres Organismus halber zuerst von den Infusorien ent-
fernt und den Rundwürmern zugesellt. Sie zeigen Farben
wie Ascariden und Naiden, nicht einfache Lichtbrechung wie
die fadenartigen Infusorien Uroleptus Filum und Spirostomum
ambiguum, sind also auch optisch allerdings keine Infusorien.
Ebenso verhalten sich die Spermatozoen nicht wie Infusorien.
. Man weils durch Hrn. L. v. Buch’s Abhandlung über die Si-
licification 1828, dafs der kalkartige Theil der Muscheln nicht
formloser kohlensaurer Kalk, sondern kleine wirklich krystal-
linische Kalkspath-Prismen sind und die Knochen der Thier-
körper erklärte derselbe damals für Apatit. Hr. Prof. Gray
hat 1833 die Conchylien in krystallinische und unkrystallini-
sche systematisch geordnet. Hr. Dr. Carpenter erklärte seit
1843 mit Hülfe des polarisirten Lichts, dafs doch alle Mu-
schelschalen, auch die nicht deutlich fasrigen, krystallinisch
sind ('). Dies Resultat durch polarisirtes Licht ist das bis-
her am allgemeinsten interessante. Mir ist es gelungen, das-
‚selbe Verhältnils bei den sämtlichen Polythalamien (auch der
Kreide) nachzuweisen, wodurch die sonst unerreichbare Stru-
-_(*) The structure of all shells appears to me to be equally erystalline.
mals and Magaz. of nat. hist. Dec. 1843.
Den Zustand der apatitartigen Kalkerde in den Knochen hält Hr. Car-
enter nicht für krystallinisch.
Hr. Dr. Carpenter hat die Freundlichkeit gehabt mir bei meiner An-
esenheit in England im vorigen Sommer eine ganze Reihe seiner geschlif-
Muschelpräparate als Geschenk zu geben, wodurch ich im Stande
n die Sauberkeit derselben und die Structurverhältnisse zu bestätigen.
SIAK
SI
doppelt brechend vorgekommen, welche im lebenden Zustande einfach
lichtbrechend sind. Ist hier allmälig der glasartige Zustand in den krystal-
linischen übergegangen ?
. Gewils auffallend und wichtig ist die Eigenthümlichkeit der
. So wenig die in Europa, Nordafrika, Süd- und Nordamerika,
. In gleichem Verhältnifs einfacher Lichtbrechung fand ich
. Das Verhältnifs der Phytolitharien gewinnt noch dadurch ein
242
etur dieser kleinen Schalen sich der der Muscheln so anreiht,
dafs sie der optischen Farben halber ebenfalls als krystallisir-
ter Kalk, als Kalkspath erscheinen. Sämtliche Kalktheile der
Korallen und Echinodermen, welche von mir als Zoolitharia
bezeichnet worden, zeigen denselben doppeltbrechenden Cha-
racter.
Kieselschalen bei den Polygastern, dafs sie weder den häu-
tigen Pflanzenzellen, noch auch den Muschelschalen sich gleich
verhalten. Sie sind unkrystallinische Kieselerde, wäh-
rend auch die kleinsten Kalkschalen der Polythalamien kry-
stallinische Kalkerde sind. Diese Kieselschalen der Poly-
gastern sind also opalartig oder glasartig ('). Dals sie ein
eigenthümliches specifisches Gewicht haben, hat neuerlich Graf
Schafgotsch ermittelt.
so wie auf den Philippinen-Inseln Asiens Gebirgsmassen bil-
denden Kieselschalen der polygastrischen Infusorien
doppeltlichtbrechend und krystallinisch sind, so wenig sind es
auch die auf den Antillen-Inseln in Barbados Gebirgsmassen
bildenden Kieselschalen der ganzen zierlichen Poly-
ceystinen-Klasse.
sämtliche geformte Kiesel-Absonderungen der Pflan-
zen, die ich als Phytolitharia bisher systematisch geordnet und
übersichtlich gemacht habe, deren Einfluls auf ganze Gebirgs-
massen von mir ebenfalls und als selbstständig von der Insel
Ascension gemeldet worden ist (Monatsber. 1846 p.191.).
besonderes Interesse, dafs es sich von der Bildungsweise des
Kieselsinters heilser Quellen und anderer anorganischer Ver-
hältnisse absondert. Der Kieselsinter bildet sich nicht nach
Art des Tropfstein-Kalkes und Sprudelstein-Kalkes in über-
einander stehenden fasrigen Schichten, er hat vielmehr einen
(‘) Nur in fossilen Verhältnissen sind mir zuweilen solche Formen
EN
243
durchaus unfasrigen, im Äulsern oolithartigen mikroskopischen
Anfang, auch da wo er gestreift und netzartig erscheint. Er
ist einfach lichtbrechend wie Opal. Ebenso bilden sich
die von mir angezeigten Kiesel - Steinkerne der Infusorien
in den Braunkoble - Tripeln, welche auch von ihren Anfän-
gen an einfach lichtbrechend sind, während die Schalen zu-
weilen allmälig doppeltbrechend geworden. Weder solche
oolithische Anfänge, noch auch concentrische Ablagerungs-
schichten und Streifungen sieht man bei Phytolitharien, welche
unzweifelhaft Concretionen der Kieselerde auf kaltem
Wege sind und sich, wie einfache Crystallisationen ohne
Blätterdurchgänge und ohne Flächen verhalten, d. h. wie
die Körper, welche ich (Monatsb. 1840 p. 136) Morpholithe
genannt habe. Übrigens ist, meinen Beobachtungen nach,
der Kieselsinter des Geyser zwar stellenweis doppelt licht-
brechend, allein nur da wo er fremde Einschlüsse hat, also
niemals krystallinisch.
. Auch die Geolithia sind eine ganze Gruppe einfach lichtbre-
chender thierisch - organischer Kieseltheile, zu denen die fas-
rigen Kieselkerne einiger Anthozoen (Halinerna Gray) gehören.
. Aus den bisherigen Mittheilungen ergiebt sich, dals sich in
allen mergelartigen Gebirgsmassen organische Kie-
seltheile von allem beigemischtem unorganischen, nicht
vulkanischen Quarzsand auch optisch leicht unterschei-
den lassen, während chemisch dies unerreichbar ist.
- Vulkanischer Sand und Staub (Bimstein oder Obsidian-Frag-
mente) sind von allem unorganischen Quarzsande durch ein-
fache Lichtbrechung, von allen organischen Kieseltheilen durch
> Unregelmälsigkeit der Formen zu erkennen. Opalfragmente
werden durch die Nebenverhältnisse wohl stets hinreichend
erläutert.
. Diese Charakteristik findet eine wichtige Anwendung in der
mikroskopischen Analyse des atmosphärischen Passat- Staubes,
dessen vorherrschende Mischung auf diesem Wege allein mit
Sicherheit als nicht vulkanisch erkannt wird, während ande-
__ rerseits wahre vulkanische Beimischungen, aufser der Form,
durch den optischen Charakter noch eine neue Stütze fin-
den.
244
C. Andere merkwürdige Einzelheiten.
1. Das schönste aller einfachen optischen Bilder in organischen
mikroskopischen Verhältnissen ist bei 100 maliger diametraler
Vergrölserung ein breites zweifarbiges (blaues und gelbes, im
rothen Grunde violett und goldgelbes) Strahlen- Kreuz der
schildartigen Pflanzenschuppen, welche die Blätter der Hip-
popha£& rhamnoides und besonders E/aeagnus argentea bedek-
ken ('). Sie müssen nicht auf Glimmer sondern auf Glas in
Wasser liegen. Die organisch ganz ähnlich gebildeten Schuppen
der Blätter des Ölbaums und des ARhododendrum ferrugineum
geben kein solches Farbenbild. Die Schuppen der Tillandsia
usneoides geben ein ähnliches aber anderes, weniger regelmä-
fsiges Bild. Das von Hrn. Biot entdeckte farbige oft un-
gleiche Bild im Stärkmehl ist in farbigem Lichte zwar präch-
tig, aber bei weitem prächtiger ist das breite von mir ent-
deckte zweifarbige regelmälsige Kreuz der Pflanzenschuppen.
. Durch Schwefelsäure kann man diesen Pflanzenschuppen, ihre
optische Eigenschaft ganz nehmen, ohne irgend die Structur
sichtlich zu verändern. Ähnliches geschieht beim Fichten-
[5e}
holze u.s.w. Es scheint die Schwefelsäure sich mit einem
Überzuge der Schuppen (Amylum?) zu einer in Wasser auf-
löslichen Substanz (Zucker? Dexzrine?) zu verbinden. Jod färbt
diesen Überzug nicht.
3. Dafs die Schiefsbaumwolle im polarisirten Lichte nicht mehr
die Doppelbrechung der natürlichen Baumwolle zeige, wird
in Poggendorff’s Annalen 1847 von Hrn. Apotheker Kindt
in Bremen mitgetheilt. Dafs dies nicht stets der Fall ist geht
daraus hervor, dals Schielsbaumwolle, welche ich besitze, im-
mer noch doppeitbrechend ist und dabei rein explodirt. Viel-
leicht macht die neuere Bereitungsart mit einer Mischung aus
Schwefelsäure und Salpetersäure zuweilen jene Wirkung.
4. Versteinertes Holz ist in seinen Zellwänden einfach lichtbre-
chend, in den oft zahlreichen scheinbaren Zellkernen der
Monokotylen sehr stark doppelt brechend. Diese Zellkerne
(') Ähnliche überraschende Bilder geben die sternförmigen Haare der
jungen Epheu- Triebe (Hedera Helix), vieler Cistus-, Malven-, Hieracium-
und Croton- Arten u.s.w. Alle sind weniger schön als das des Zlaeagnus.
245
sind daher keineswegs etwa Chlorophyll, sondern deutlich
krystallinischer Art. Auch sind dergleichen Einschlufs-For-
men deshalb niemals Infusorien.
. Die den versteinerten Pflanzen in der Structur sehr ähnli-
chen Bryozoen als Einschluls der Feuersteine sind im Steine
selbst doppelt brechend (kalkhaltig und krystallinisch).
. Die Schwämme (Spongien) der Feuersteine sind einfach
lichtbrechend, obwohl die Seeschwämme doppelt lichtbre-
chende Fasern haben. Die Substanz verhält sich demnach
wie die der versteinerten Pflanzen, sie ist wohl durch opal-
artige Kieselmasse ersetzt und als Pflanzensubstanz nicht
vorhanden.
Moos-Achat ist in seiner Achat-Substanz, wie aller (stala-
etitartig krystallinische) Achat doppelt lichtbrechend. Das
grüne scheinbar organisch erhaltene Confervengebild oder
Moos ist einfach brechend, nicht wie organisch erhal-
tene Pflanzenzelle, vielmehr unorganischen eigenthümlichen
Dendriten ähnlich.
. Die im Palagonit auf Island vorkommenden mikroskopischen
Ringe und Kugeln hat man neuerlich ebenso für Infusorien
gehalten, obwohl sie viel zu unregelmäfsig und unbeständig
in ihrer Gröfse dazu sind. Sie sind aber auch deutlich durch
ihre Doppelbrechung abweichend charakterisirt und krystal-
linischen concentrischen Ausscheidungen oder traubenförmi-
gen Bildungen (den ja oft augenartigen des Achats) ähnlich,
während die gelbliche Hauptmasse des Palagonits sich, dem
- Opale gleich, einfach lichtbrechend zeigt.
9. Die von mir als Pyxidieula prisca bezeichneten runden sehr
gleichförmigen Körper im Opal von Steinheil u. s. w. sind
- nicht doppelt lichtbrechend, verhalten sich daher allerdings
auch optisch wie Polygastern- Schalen.
Die im milch- und leberfarbenen Feuer-Opal von Zimapan
früher von mir angezeigten sechsseitigen, an beiden Enden
abgestutzten stabförmigen Crystalle sind auf diesem opti-
schen Wege in sofern einer neuen Critik zugänglich, als
sie in allen Lagen einfach lichtbrechend erscheinen wie die
Opal- Masse selbst. Quarzerystalle sind sie sicher nicht. Sind
sie daher den lokalen crystallinischen Ausscheidungen im
246
Fensterglase ähnliche Crystallisationen der Opal- Masse?!
(Monatsber. 1845. p. 150).
11. Der Quarzsand der norddeutschen Ebene und der Meeres-
Dünen vieler Küsten der Erde sind nie amorphe Kiesel-
erde, durch Nachlals vormaliger Meereswärme, dem Kiesel-
sinter am Geyser gleich, entstanden, sondern es sind somit
nachweislich crystallinische stark doppeltbrechende Quarz-
fragmente. Gerade so verhält sich der, wohl niemals
amorphe, Quarz im Granit. Solcher Sand ist als Beimi-
schung in Kalkmergel-Gebirgsarten mit polarisirtem Lichte —
sogleich zu erkennen.
12. Die Schalen der Entomostraca sind doppelt lichtbrechend,
wie Muschelschalen, also krystallinisch, die Schalen der Rä-
derthiere: Brachionus, Anuraea, Noteus u. s. w. auch der
grölsten, sind einfach lichtbrechend. 2
13. Die zwei Zähne des früher oft bei den Infusorien verzeich-
neten, von mir ausgeschiedenen, kleinen Wasserbären (Ar-
ctiscon) sind prächtig doppelbrechend, die übrige Substanz
ist es schwach, die Krallen sind es nicht. Die Zähne der
Räderthiere, auch die viel grölseren der Notommata Myr-
meleo zeigen nie optische Farben. Auch die Fischreusenar-
tigen Zähne der Polygastern bleiben farblos. Nur die Kau- |
muskeln der Brachionen geben zu beiden Seiten ein auffal-
lend eigenthümliches Farbenspectrum, während kein anderer
Theil Farben zeigt. %
14. Die von mir früher entdeckten so regelmäfsigen mit 3 wi-
derhaken versehenen birnförmigen Giftbläschen der Sülswas-
ser-Polypen (Hydra) geben keine Farben, so wenig als ir-
gend ein Theil der jungen oder alten Hydra. $
45. -Die dicken Gallerthüllen des Ophrydium versatile, Volvox Glo-
bator, Conochilus Foloox und anderer Infusorien und Räder-
thiere brechen das Licht nicht doppelt, wohl aber thun dies“
öfter die Gallerten der Algen bei Nostoc und Rioularia®
(Solche Gallerten sind im Alter durch fremde Stoffe, Infu--
sorien und fasrige Vegetationen, welche sie durchdringen,
oft sehr verunreinigt).
16. Die Kieseltheile der Steinkohle sind auch da wo sie unre-
gelmäfsig erscheinen meist entschieden kein Quarzsand, nicht
247
eingemengte Urgebirgs-Fragmente, sie sind fast stets nur
den Phytolitharien gleiche einfach lichtbrechende Kie-
selmasse (!).
. Künftig wird das polarisirte Licht in so vielen Fällen über
organische, amorphe und crystallisirie sehr feine Zustände,
mancher rückbleibenden Schwierigkeit ungeachtet, ganz allein
directen Aufschlufls geben, dafs der mikroskopisch polarisirende
Apparat den Chemikern, Mineralogen und Geologen unent-
behrlich sein wird, wie es das Mikroskop nun schon ge-
worden ist. An wichtigen Resultaten wird es nicht fehlen.
Aufserdem wurde die von der Gesamt- Akademie an die
lasse abgegebene Schrift des Hrn. Dr. Mauz über die Kartof-
Ikrankheit den Mitgliedern zur Kenntnilsnahme vorgelegt und
rer weiteren Bestimmung gemäls dem Gartenbauvereine über-
ndet.
ANNO
Bericht
über die
zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen
‚der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin
im Monat Juni 1848.
Vorsitzender Sekretar: Hr. Ehrenberg.
8. Juni. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Poggendorff las über die angeblichen Hydrüre
des Silbers und einiger anderen Metalle im Wesentli..
chen folgenden Aufsatz.
Der in einer Silberlösung unter gewissen Umständen am
negativen Pol der galvanischen Batterie entstehende schwarze
Niederschlag ist zuerst von Priestley beobachtet, darauf von
Ritter, Brugnatelli, Ruhland u. Anderen. Ritter sagt,
man erhalte ihn aus jeder so weit verdünnten Silberlösung, dafs
die Quantität Wasserstoff, welche die Säule am negativen Pole
liefert, nun nicht mehr Silberoxyd genug am Orte seines Aus-
tritts vorfindet, um dies Oxyd blos zu reduciren, hinzusetzend,
der überflüssige Wasserstoff verbinde sich dann mit dem redu-
irten Silber zu schwarzem Wasserstoffsilber. Brugnatelli
und auch Priestley erhielten die Substanz im blofsen Wasser,
lektrolysirten; das Verfahren kommt indels auf das erstere zu-
ück, da sich durch Oxydation und Auflösung des positiven
bts in dem offenbar nicht ganz reinen Wasser zuvor eine
erselzt wurde.
Im Ganzen kann ich die Angabe Ritter’s bestätigen, na-
entlich für die wälsrige Lösung des salpetersauren und des
:hwefelsauren Silberoxyds und für die ammoniakalische Lösung
owohl dieser beiden Salze als auch des Chlorsilbers; alle diese
- [ısas.] 6
250
Lösungen gaben mir bei gehöriger Verdünnung den in Rede
stehenden schwarzen Niederschlag, ja es war sogar der Fall mit
ungelöstem Chlorsilber, in welches ich, nach Übergielsung mit
verdünnter Schwefelsäure, die beiden Polplatten oder auch nur
die negative (während die positive in der Säure stand) gestellt
hatte. Dagegen erhielt ich ihn nicht aus einer Lösung von Cy-
ansilber oder Chlorsilber in Cyankalium; wie verdünnt auch die
Flüssigkeit sein mochte: immer entstand auf der als negativen
Pol dienenden Platinplatte jener unkrystallinische mattweilse
Überzug, auf welchem bekanntlich das galvanische Versilbern
beruht.
Nächstdem kann ich bestätigen, was Kastner freilich nur
sehr undeutlich ausgedrückt hat, indem er es auf Längs- und
Querdurchmesser der Flüssigkeit zurückführen will, dals nämlich
die Bildung des schwarzen Niederschlags, aufser der Verdünnung
der Lösung, wesentlich abhängt von der Stromstärke und zwar
nicht sowohl von der Stärke des Stroms im Ganzen, als viel-
mehr von der in seinen einzelnen Punkten, von der eigentlichen
Strom - Intensität. Eine und dieselbe sehr verdünnte Lösung
kaun einen weilsen oder einen schwarzen Niederschlag geben,
je nachdem diese Intensität schwach oder stark ist; ja sie kann
es sogar gleichzeitig, sobald diese Intensität nicht an allen Punk-
ten der fällenden Polplatte gleich grofs ist.
Eine Lösung des salpetersauren oder schwefelsauren Salzes
im 100 fachen Gewichte Wasser giebt z.B. zwischen Platinplat-
ten von mälsiger Grölse, die mit Einem Grove’schen Becher
verbunden sind, einen weilsen Niederschlag; dagegen entsteht
ein schwarzer, wenn man hinter jenem einem Becher noch einen
zweiten hinzufügt. Vergröfsert man nun die negative Platte in
gehörigem Maalse, so erhält man wiederum einen weilsen Nie--
derschlag, und dieser weicht abermals einem schwarzen, so wie
man durch Zusatz einiger Tropfen Säure die Leitungsfähigkeit
der Flüssigkeit erhöht.
Nimmt man die negative Platte etwas grols, die positive
dagegen klein oder ersetzt diese durch einen blofsen Platin-
draht, so findet man, dafs die dem positiven Pol gerade gegen-
überstehenden Theile der negativen Platte sich dunkel oder
schwarz beschlagen, während die seitlichen, ihm ferner liegen-
1 351
5
den Theile einen mehr oder weniger weilsen Überzug bekom-
men.
Selbst bei gleich grofsen Platten und ohne irgend etwas
an der Vorrichtung zu ändern, bilden sich im Laufe des Zer-
setzungsprozesses Niederschläge von verschiedener Farbe. Ist
‚die Lösung neutral und der Strom nicht zu stark, so kann man
beobachten, dals der allererste Niederschlag weils ist; an der
Rückseite der Platte bleibt er es sogar längere Zeit; an der
Vorderseite dagegen wird er sehr rasch durch einen schwarzen
‚ersetzt, der sich über ihn ablagert und, besonders an den Rän-
dern der Platte, in warzen- oder blumkohlartigen Formen bald
ansehnlich vergrölsert, dabei aber auch stellenweise wieder eine
mehr oder weniger helle Farbe annimmt. Letzteres ist beson-
ders der Fall, wenn der wulstige Niederschlag sich bis zu den
Wänden des Glases ausdehnt und somit dem Strom in der Flüs-
sigkeit ein Hindernils darbietet. Dann kann es geschehen, dafs
‚der Rand und die Rückseite sich mit einem weilsen Niederschlag
bekleiden, während die Mitte der Vorderseite einen schwarzen
absetzt.
Der Farbencontrast ist bisweilen ungemein auffallend. Ich
habe schon den Fall gehabt, dafs auf der Polplatte ein raben-
schwarzer Niederschlag neben einem aus silberweilsen Kryställ-
‚chen gebildeten auf’s allerschärfste abgegränzt war, und ein an-
der Mal, da derselbe Umstaud bei einem als Pol dienenden
Draht eintrat, zeigte der wulstige Niederschlag, der wohl einen
Zoll im Durchmesser haben mochte, als er nahe bis zum Boden
Glases hinabgewachsen war, von unten gesehen, fast den
Anblick der preulsischen Kokarde, nur dafs das Weils die Mitte
sinnahm.
Es ist beinahe unmöglich die mannigfaltigen Erscheinungen,
ie bei diesem Prozesse auftreten, im Detail zu beschreiben;
es ist auch unnöthig, da sie alle ihre Erklärung ganz ein-
f darin finden, dafs dort, wo die Strom - Intensität hinrei-
chend grofs ist, ein dunkler, und wo sie es nicht ist, ein mehr
der weniger heller und selbst silberweilser Niederschlag ent-
t.
Um sicher zu sein, dafs die negative Polplatte sich überall
d fortwährend mit einem Niederschlag von vollkommen schwar-
252
zer Farbe bekleide, muls man dem Strom eine solche Stärke
geben, dals zugleich mit der Bildung des Niederschlags eine ste-
tige Wasserstoffentwicklung stattfindet. Man erreicht dies, wenn
man eine Batterie von zwei Grove’schen Bechern anwendet,
ferner die verdünnte Silberlösung, welche etwa ein Procent Sil-
bersalz enthalten mag, ein wenig ansäuert, und endlich die Pol-
platten nicht zu grofs nimmt, etwa so, dafs sie der Flüssigkeit
eine Fläche von einigen Quadratzollen darbieten. Doch darf
man selbst dann den Prozefs nicht so lange fortsetzen, dals der
Niederschlag sich nahe bis zu den Wänden des Gefälses aus-
breitet; sonst wird er defsungeachtet an diesen Stellen heller
und selbst weils.
Die Polplatten können entweder beide von Platin oder Sil-
ber sein, oder auch die eine von Platin und die andere von
Silber. Ist die positive Platte von Platin, und die Lösung eine
neutrale oder saure, so bildet sich an dieser Platte das soge-
nannte Silberhyperoxyd, das aber bekanntlich auch Salpetersäure
und Schwefelsäure enthält, falls das gelöste Silbersalz ein salpe-
tersaures oder schwefelsaures war. Aus der ammoniakalischen
Lösung dieser Salze bildet das Hyperoxyd sich nicht, uud eben
so wenig entsteht es aus der neutralen oder sauren, wenn die
positive Platte von Silber ist; vielmehr wird diese Platte wäh-
rend des elektrolytischen Prozesses angegriffen und fortgelöst,
in dem Maafse als sich am negativen Pol der schwarze Nieder-
schlag ablagert und Wasserstoff entwickelt.
Es ist indefs keineswegs nothwendig, dafs zugleich mit der
Bildung des schwarzen Niederschlags eine Wasserstoffentwicke-
lung stattfinde. Durch zweckmäfsige Regulirung der Stromstärke
kann man kleine Mengen eines vollkommen schwarzen Nieder-
schlags erhalten, auch ohne dafs irgend ein Gasbläschen mit
demselben zum Vorschein kommt.
Dieser Fall ist vorzüglich geeignet, die sonderbare und mei-
nes Wissens bisher noch nicht beschriebene Erscheinung zu be-
obachten, welche zur gegenwärtigen Untersuchung näheren An-
lafs gegeben hat. Ist es nämlich geglückt, die negative
Platte in angeführter Weise mit einer dünnen Schicht
des schwarzen Niederschlags zu bekleiden, und man
öffnet nun die Kette an einer beliebigen Stelle, ohne
253
die Platte irgend wie zu erschüttern oder sonst zu
bewegen, so sieht man plötzlich, wie wenn ein Blitz
_ die Masse durchführe, die schwarze Farbe derselben
in eine schmutzig grau- oder gelb-weilse übergehen,
und dabei ist von einer Gasentwicklung auch nicht
das Mindeste wahrzunehmen.
Dieselbe Farbenwandlung tritt ein, wenn man die negative
Platte mit dem daransitzenden Niederschlag zur Flüssigkeit her-
auszieht, und sie erfolgt überhaupt immer bei Unterbrechung des
Stroms, der schwarze Niederschlag mag ohne oder mit Wasser-
‚stoffentwicklung gebildet worden sein; nur fällt im letzteren Falle
das Grauweils, welches er annimmt, mehr in’s Dunkle.
Je-grölser die Masse des Niederschlags ist, desto später und
langsamer erfolgt die Farbenwandlung. „Massen von etwas be-
trächtlichem Volumen kann man mit der Platte, woran sie sitzen,
auf einige Zeit an die Luft bringen, ohne dals der Farbenwech-
sel eintritt, aber er bleibt nicht aus und durchglimmt, einmal
angefangen, immer ziemlich rasch das Ganze, bis Alles in ein
Grau verwandelt ist.
Was einmal die Farbe verändert hat, läfst sich nicht wie-
der in Schwarz verwandeln. Hat man die negative Platte un-
berührt in der Flüssigkeit gelassen, und man schliefst nach der
Öffnung die Kette abermals, so lagert sich auf den weilslich ge-
wordenen Niederschlag wiederum ein schwarzer ab, aber der
weilsliche bleibt unverändert.
Ich habe diesen Farbenwechsel bei jeder Art des schwar-
zen Niederschlags beobachtet. Am hellsten ist die Farbe nach
dem Wechsel, bei dem aus einer neutralen oder sauren Lösung
salpetersauren oder schwefelsauren Silberoxyds erhaltenen
Niederchlag; dunkler ist sie bei dem aus einer ammoniakalischen
Lösung dieser Salze dargestellten, und am dunkelsten bei der
Masse, in welche sich ein mit verdünnter Schwefelsäure über-
zossenes Chlorsilber zwischen den Polen der Batterie verwan-
delt. Bei dieser ist der Farbenwechsel sehr schwach, und das
au, welches die Masse nach der Unterbrechung des Stromes
gt, erst bei einiger Aufmerksamkeit von dem anfänglichen
raunschwarz zu unterscheiden, welches, wenn man bei Kerzen-
ht oder am 'Tage hinter einem rothen Vorhang arbeitet, einen
254
schönen Contrast zu dem noch unzersetzten schneeweilsen Chlor-
silber darbietet*).
Niemals ist die Farbe des veränderten Niederschlags das
reine Weils der kleinen Krystalle, die sich aus einer concentrir-
ten Silberlösung abscheiden, sondern es ist ein weilsliches oder
gelbliches, mehr oder weniger dunkles Grau, und eben so wenig
zeigt sich darin etwas Krystallinisches. Durch beide Eigenschaf-
ten unterscheidet sich dieser metamorphosirte Niederschlag we-
sentlich von dem, der gleich anfangs in einer verdünnten Lösung
rein weils auftritt und sich unter der Lupe oder schon mit blo-
[sen Augen als ein Aggregat von Krystallen erweist.
Dennoch ist der hellgraue Niederschlag offenbar nichts an-
deres als metallisches Silber, denn streicht man ihn mit dem
Nagel oder Polirstahl auf Papier aus, so nimmt er den schönsten
Silberglanz an, und schaltet man ein so gebildetes Plättchen in
den galvanischen Strom ein, indem man die Spitzen zweier mit
der Kette verbundenen Drähte darauf setzt, so erweist es sich
als ein vortrefflicher Leiter.
Es fragt sich nun wohl, was denn der schwarze Nieder-
schlag sei? Gewöhnlich wird derselbe für Silberhydrür ge-
halten; ich habe indefs schon angeführt, dafs er, bei Ausschlufs
von Wasserstoffentwicklung gebildet, nicht die mindeste Gasblase
°) Diese Zersetzung des Chlorsilbers liefert ein interessantes Bei-
spiel von elektrolytischer Wirkung des galvanischen Stroms auf eine un-
lösliche Substanz, indem sie bei frisch gefälltem nuch feuchtem Chlorsilber
rasch und vollständig geschieht. Sie ist aber auch von praktischem Inter-
esse, denn wenn es sich darum handelt, reines Silber zum Behufe der Wie-
derauflösung zu gewinnen, möchte es kaum einen einfacheren Weg geben,
als eben den galvanischen. Schon Fischer hat. J. 1812 darauf aufmerk-
sam gemacht (Gilbert’s Ann. Bd. 42, S. 90), nur ist das von ihm angegebene
Verfahren mangelhaft. Am besten verfährt man so, dafs man das noch
feuchte Chlorsilber in einen Platintiegel oder Silberkessel schütlet, es darin
mit verdünnter Schwefelsäure (1 Thl. concentrirter und 9 Thl. Wasser)
übergielst, einen mit derselben Flüssigkeit gefüllten porösen Thoncylinder
hineinstellt, und in diesen wiederum einen Cylinder oder eine Platte von
amalgamirtem Zink anbringt. Verbindet man nun das Zink durch einen
Kupferdraht mit dem Platin oder Silber, so erfolgt die Reduction des Chlor-
silbers mit Leichtigkeit, ohne dals man es einmal umzurühren braucht. f
255
entläfst, wenn er in den weilslichen Zustand übergeht. Da nun
_ der weilsliche Niederschlag unzweifelhaft metallisches Silber ist,
so wird man nothwendig zu dem Schluls geführt, dafs auch der
schwarze nichts anderes sei, nichts als Silber in höchst fein
zertbeiltem Zustand.
Hiegegen spricht nun freilich die Angabe Priestley’s, dals
sich durch Erhitzung des schwarzen Niederschlags Wasserstoff
aus demselben abscheiden lasse. Allein ich mufs diese Angabe
geradezu für einen Irrthum erklären, denn da jener Niederschlag
nur während des Stroms Bestand hat, so kann weder Priestley,
noch irgend ein späterer Physiker, zumal sie seine merkwürdige
Anwandlung aufser Acht lielsen, denselben im unveränderten Zu-
‚stand untersucht haben.
Ich habe mir viele Mühe gegeben, einen Weg aufzufinden,
das sogenannte Hydrür in unverändertem Zustand zu erhalten;
aber vergebens. Manchmal gelang es zwar, aus der neutralen
Lösung des salpetersauren Silberoxyds kleine Mengen eines dun-
‚klen Niederschlags zu erhalten, aber ganz schwarz und ganz frei
‚von helleren Parthien war er doch nie. Am besten fand ich es
och, eine etwas angesäuerte Lösung von salpetersaurem oder
‚schwefelsaurem Silberoxyd zwischen Platinplatten, von denen die
‚positive innerhalb eines porösen Thontiegels zur Verhütung des
Hyperoxyds in blolser Säure stand, vollständig zu zersetzen, und
dann, wann diels geschehen war, noch vor der Unterbrechung
(des Stroms schnell einen Überschuls von Ammoniakflüssigkeit
einzuspritzen. Allein selbst der auf diesem Wege erhaltene Nie-
derschlag ist nicht vollkommen schwarz, sondern nur sehr dunkel
grau, und er besteht offenbar blols aus metallischem Silber, da
er mit dem Polirstahl gestrichen, den schönsten Silberglanz an-
mt.
Eine merkwürdige Eigenschaft dieses dunkelgrauen Silber-
pulvers besteht darin, dafs es, im feuchten und selbst im trock-
nen Zustand mit sehr verdünnter Schwefel- oder Salpetersäure
ibergossen, sogleich eine viel hellere Farbe annimmt, ohne dafs
sich Gas entbindet oder etwas löst.
Diese Eigenschaft scheint mir den näheren Grund von der
F: rbenwandlung zu liefern, welche der schwarze Niederschlag
am Orte seiner Bildung beim Öffnen der Kette so plötzlich er-
256
leidet. Indem nämlich der elektrolytische Prozefs Silber aus der
Lösung scheidet, wird nothwendig Säure frei, und da sie nicht
sogleich zum positiven Pol übergeht, wirkt sie in angegebener
Weise auf den Niederschlag, sobald derselbe nicht mehr durch
den Strom vor ihr geschützt ist. Es war eben in dieser An-
sicht, dafs ich der Lösung nach ihrer vollständigen Zersetzung
Ammoniak hinzusetzte, und somit meinen Zweck wenigstens theil-
weis erreichte. Ich hoffte, ihn noch vollständig zu erreichen,
indem ich eine vorweg mit Ammoniak übersättigte Silberlösung
anwandte, aber vergebens, denn, wie schon erwähnt, geht auch
in einer solchen Lösung der schwarze Niederschlag, bei Unter-
brechung des Stroms, in einen grauen über, obwohl mehr dun-
klen, welcher die saure Lösung liefert.
Von der Richtigkeit des eben angegebenen Grundes der
Farbenwandlung beim Öffnen der Kette kann man sich überzeu-
gen, wenn man die negative Platte, während sie sich in einer
neutralen Lösung mit dem schwarzen Niederschlag bekleidet,
durch kleine senkrechte Stöfse erschüttert. Bei jedem Stofs wird
der Niederschlag hell, und es sondern sich von ihm helle Wölk-
chen ab, die, von der theilweis entsilberten und deshalb specifisch
leichteren Flüssigkeit in die Höhe geführt, an der Platte empor-
steigen, aber auch im Laufe ihres Weges wieder gelöst werden.
Man kann diese Erscheinung beliebig oft hervorrufen.
Da es auf keine Weise gelang, das angebliche Hydrür im
unveränderten Zustand isolirt darzustellen, so versuchte ich, ob
es nicht möglich sei, die Natur desselben durch die Produkte
bei seiner Bildung näher zu bestimmen.
Ich nalım daher einen Daniell’schen Zersetzungs- Apparat,
füllte die eine seiner Zellen mit verdünnter, etwas angesäuerter
Silberlösung und die andere mit verdünnter Säure; ich verband
alsdann den Apparat in gehöriger Weise mit einer kleinen Gro-
ve’schen Batterie aus zwei Elementen, fing die Gase auf und be-
stimmte das Silber, indem ich den an der negativen Platte ent-
standenen Niederschlag sammelte, scharf trocknete und wägte,
Meine Meinung war: der Wasserstoff, nämlich der gasförmig
aufgefangene und der dem Silber äquivalente, würde nicht ganz
dem aufgefangenen Sauerstoff entsprechen und das daran Feh-
lende würde die Menge des im Hydrür enthalten gewesenen
257
_ Wasserstoffs vorstellen. Meine Voraussetzung bestätigte sich
auch wirklich insofern, als die Summe des Wasserstoffs nicht
das Äquivalent des Sauerstoffs erreichte; allein zugleich ersah
ich, dafs der Versuch kein genaues Resultat liefern konnte, denn
‚erstlich war es unmöglich, in jenem Apparat den ganzen Nie-
derschlag im völlig schwarzen Zustand zu erhalten, und zweitens
vermochte man auch nicht, den in der schwammförmigen, aufge-
dunsenen Masse mechanisch eingeschlossenen Wasserstoff von
dem zu sondern, der sich möglicherweise nach Unterbrechung
des Stroms durch freiwillige Zersetzung des angeblichen Hy-
drürs ausscheiden konnte.
Nachdem auch dieser Versuch zur Ermittelung der Zusam-
‚mensetzung des schwarzen Niederschlags gescheitert war, habe
‚ich keine ferneren der Art gemacht, überzeugt, dafs sie alle nur
erfolglos sein würden. Ich habe indefs das vermeintliche Hy-
drür noch einer Probe unterworfen, die mir schien, ein neues
Licht auf seine Natur werfen zu müssen. Ich suchte es nämlich
auf Quecksilber zu bilden, das, am Boden einer mit schwefel-
saurer Silberlösung gefüllten Flasche, in einer U-förmigen Röhre
enthalten, und zum negativen Pol der Batterie gemacht worden
ar. Was ich erwartet hatte, geschah; so wie Etwas des schwar-
zen Stoffs gebildet worden, wurde es sogleich vom Quecksilber
wenn ich einen Platindraht, der mit seiner Spitze in das Queck-
silber gesteckt und in Folge dessen mit dem angeblichen Hydrür
bekleidet worden war, tiefer in das flüssige Metall einsenkte
ind dann rasch wieder herauszog, so zeigte er sich seines Über-
gs gänzlich beraubt und dafür amalgamirt. e
Dals eine so leichte Amalgamationsfähigkeit einem Hydrür
ukommen sollte, scheint mir wenig wahrscheinlich; vielmehr kann
ich in dieser Eigenschaft nur einen Grund mehr erblicken, den
schwarzen Niederschlag für nichts anderes als fein zertheiltes Sil-
ber zu erklären. Ich will zugeben, dafs diese Ansicht noch Zwei-
übrig lassen kann, allein ich halte sie für ungleich besser be-
wündet als die, welche ein Hydrür annimmt, da gewils noch
emand das Dasein des Wasserstoffs in dem schwarzen Nieder-
chlag mit Sicherheit nachgewiesen hat.
258
Ist, wie ich glaube, die ausgesprochene Ansicht richtig, so
knüpft sich an diesen Niederschlag ein nicht unbedeutendes phy-
sikalisches Interesse, die Merkwürdigkeit nämlich, dafs eine blolse
Zertheilung und Auflockerung das Silberweils des compacten
Metalls in vollkommnes Schwarz umwandelt. Das Silber steht
jedoch in dieser Beziehung nicht allein; die Umwandlung fin-
det sich auch beim Platin und mehren anderen Metallen, so
wie vermuthlich bei vielen farblosen oder weilsen Substanzen,
denen ein hohes Brechvermögen eigen ist; bei keiner Substanz
ist aber meines Wissens eine solche Rückkehr aus dem schwar-
zen in einen helleren Zustand beobachtet, wie sie bei dem Sil-
ber stattfindet.
Um nichts zu übergehen, mufs ich noch erwähnen, dals
man die beschriebenen Erscheinungen fast alle, nur nicht so
ausgeprägt, auch ohne Hülfe einer Voltaschen Batterie beobach-
ten kann, wenn man das geeignete positive Metall in eine ver-
dünnte Silberlösung taucht. Es ist dies freilich nicht ganz un-
bekannt, und namentlich hat Fechner schon auf die bei An-
wendung von Zinn vorkommenden Erscheinungen aufmerksam
gemacht; allein man hat, wie mir scheint, nicht Alles beachtet.
Am zweckmäfsigsten ist es, Zink zu nehmen. Taucht man ein
Zinkstäbchen in eine verdünnte Silberlösung, z. B. von ı Thl.
salpetersauren Silberoxyds in 100 'Thl. Wasser, und zwar so,
dafs es etwa einen Zoll vom Boden des Glases bleibt, so hat
man Gelegenheit, alle die mannigfaltigen Abstufungen des Sil-
berniederschlags mit Mufse zu beobachten. Anfangs bildet sich
ein rein schwarzer Niederschlag, darauf entsteht allmälig ein im-
mer mehr grauer, und endlich umsäumt sich dieser mit den
schönsten silberweilsen Dendriten. Erschüttert man das Stäb-
chen ein wenig, so wird der schwarze Niederschlag sogleich
stellenweis hellgrau, und haben sich Theile von ihm abgeson-
dert und zu Boden gesenkt, so nehmen auch diese, wenngleich
nicht alle gleich schnell, denselben hellgrauen Farbenton an.
Alle diese Erscheinungen sind nach dem bereits Gesagten leicht
verständlich, und es bedarf wohl kaum der Bemerkung, dals
auch hier, mit Ausnahme der Fällung des allerersten Silber-
theilchens, der Vorgang ein galvanischer ist.
259
Die vorstehenden Erfahrungen veranlafsten mich, noch einige
andere Metalle, die angeblich Hydrüre liefern sollen, der Un-
tersuchung zu unterwerfen, namentlich Wismuth, Antimon, Tel-
lur und Kupfer.
Vom Wismuth wurde eine- salpetersaure Lösung ange-
_ wandt, vom Antimon eine Brechweinstein-Lösung. Beide Flüs-
sigkeiten, hinreichend verdünnt, geben am negativen Pol einen
schwarzen Niederschlag, der auch bei Unterbrechung des Stroms
seine Schwärze behält, und offenbar nichts als regulinisches
Metall ist, da er, mit dem Nagel gestrichen, einen lebhaften
"Metallglanz annimmt, und, auf die $. 254 angeführte Weise ge-
prüft, sich als ein guter Electricitätsleiter erweist.
Ganz eben so verhält sich Tellur, wenn man eine ver-
_ dünnte Auflösung des Chlorids elektrolysirt. Von der auffallen-
den, zuerst von Ritter beobachteten, später von H. Davy und
Magnus näher untersuchten Erscheinung ist dabei nichts wahr-
unehmen. Ersetzt man aber die Tellurlösung durch Wasser,
‚ohne mit dem Apparat eine sonstige Veränderung vorzunehmen
(ein mehrmaliges Abspülen der Elektroden abgerechnet), so son-
dert sich das feine Tellurpulver, welches beim ersten Prozels
die negative Polplatte überzogen hatte, von dieser wolkenförmig
und bildet auf dem Boden des Gefälses den grauen Nieder-
schlag, dessen Metallität nach Magnus’s Untersuchung keinem
Zweifel unterliegen kann. Ein kleiner Gehalt des Wassers an
Tellurchlorid oder irgend einer Säure stört den letzteren Pro-
zels nicht, befördert ihn vielmehr durch Erhöhung der Leitungs-
fähigkeit der Flüssigkeit; aber ein grölserer unterdrückt ihn völ-
ig, indem man dann an der mit Tellur überzogenen Platte nur
=
asserstoffgas, gemischt mit Tellurwasserstoffgas, bekommt. Sehr
chön erhält man dagegen jene Wolkenbildung, unter Verschwin-
len des Wasserstoffs, wenn man dem Wasser ein Alkali, ent-
= ’eder Ammoniak oder Kali, hinzusetzt. Bei Anwendung des
moniaks bildet sich, viel ausgezeichneter als es H. Davy bei
reinem Wasser sah, jene ihrer Natur nach noch räthselhafte,
theils morgen-, theils rosenrothe Flüssigkeit, die sich streifen-
_ förmig von der Platte herabsenkt, um weiter unten in eine
graue Wolke überzugehen. In einer verdünnten Kalilösung
260
zeigt sich diese rothe Verbindung nicht, aber der graue, von
der negativen Platte heruntersinkende, Niederschlag bildet sich
mit aulserordentlicher Leichtigkeit, so dals man durch den Strom
von einem oder zwei Groveschen Bechern ungleich mehr von
ihm bekommt, als früher, bei Anwendung von blofsem Wasser,
mit einer Säule von 50 oder 100 Plattenpaaren.
Das einzige Metall, bei welchem ich die Bildung eines star-
ren Hydrürs auf galvanischem Wege nachweisen konnte, ist das
Kupfer, bei welchem dessen Dasein auch schon von Wurtz
auf rein chemischem Wege dargethan worden ist. Elektrolysirt
man eine hinreichend verdünnte und ein wenig angesäuerte Lö-
sung von schwefelsaurem Kupferoxyd durch einen Strom von
mälsiger Stärke, so erhält man an der negativen Elektrode einen
schwarzbraunen Niederschlag, ohne dals zugleich eine Wasser-
stoffgas-Entwicklung stattfindet. Dieser Niederschlag ist sicher
ein Hydrür, denn, wenn man die Kette öffnet, so zeigt er die
auffallende Eigenschaft, dafs er, ohne übrigens seine Farbe zu
ändern, Gas (Wasserstoff) entläfst, bisweilen ziemlich plötzlich,
immer aber eine geraume Zeit hindurch, woraus auch hervor-
geht, dafs er nicht im unzersetzten Zustand untersucht werden kann,
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Memoirs of the royal astronomical Society. Vol. 16. London
1847. 4.
(Proceedings of Ihe) Royal astronomical Society. Vol. 7. No. 1-
17. 1845-47. (ib.) 8.
Vincenzo Campagnano, Ricerche patologico-cliniche su la na-
tura del Tifo e sul modo meglio adatto a curarlo. Napoli
1847. 8.
L. Pilla, Istoria del Tremuolto che desolö la costa Toscana il
14. Agosto 1846. Pisa 1846. 8.
Revue archeologique. 5. Annee. Livr. 1. 15. Avril. Paris 1848. 8,
Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 637.638. Altona
1848. 4.
Kunstblatt 1848. No. 23.24. Stuttg. u. Tüb. 4.
Robert Thom, the Chinese Speaker. Part 1. Ningpo 1846. 8.
The Weekly Cincinrati Enquirer. 1847. Vol. 7. Numb. 7. Cin
cinnati June 17, 1847. fol.
mit einem Begleitungsschreiben des Herrn David Thom d. d. Li-
verpool d. 20. Oci. 1847.
261
Libri, Reponse au rapport de M. Boucly, publie dans le Moniteur
\ universel du 19. Mars 1848. Londres 1848. 8.
Oskar Schlömilch, analytische Studien. Abth. 1. 2. Leipzig
1848. 8.
Hierauf wurde ein Gutachten der physik.-mathemat. Klasse,
veranlalst durch eine schriftliche Anfrage des Herrn Major von
Mühlbach aus Cöln, die Hartigschen Versuche über die Dauer
‚der Hölzer betreffend, vorgetragen, wonach die Akademie bei
diesen Experimenten nicht betheiligt gewesen und keinerlei ofh-
cielle Kenntnifs davon erlangt hat.
49. Juni. Sitzung der philosophisch-histori-
schen Klasse.
Hr. Bekker sprach von dem Optativ auf ow, der I. 21
463 und Od. 20 383 herzustellen sein dürfte.
22. Juni. Gesammtsitzung der Akademie.
7
Hr. H. Rose las über die isomeren Zustände des
Zinnoxyds.
Berzelius hat zuerst auf die beiden Modificationen des
Zinnoxyds aufmerksam gemacht, von denen die eine sich durch
Einwirkung der Salpetersäure auf Zinn erzeugt, die andere durch
Alkalien aus den Auflösungen des Zinnchlorids gefällt wird. Sie
anterscheiden sich besonders dadurch, dafs erstere in einem Über-
schuls von Salpetersäure unlöslich ist, letztere sich aber leicht in
derselben in der Kälte auflöst. Berzelius nennt letztere Modifi-
eation a Oxyd, und erstere 3 Oxyd. Die andern Unterschiede,
velche Berzelius von den beiden Oxyden angiebt, bestehen da-
.“
in, dals sich das « Oxyd in Schwefelsäure, auch in verdünnter
vird, während das & Oxyd nicht von der Schwefelsäure aufgelöst
wird, auch wenn sie concentrirt ist. Die Modification « wird
Shlorwasserstoffsäure aufgelöst, verbindet sich aber damit zu einer
in überschüssiger Chlorwasserstoffsäure unlöslichen Verbindung;
262
wenn die Säure abgegossen wird, so löst sich dieselbe in reinem
Wasser auf; erhitzt man diese Verbindung zum Kochen, so schlägt
sich das Oxyd nieder.
Nach Berzelius lösen sich beide Modificationen des Zinn-
oxyds in den Hydraten und Carbonaten der feuerbeständigen Al-
kalien auf, und wenn sie durch Säuren aus diesen Auflösungen
niedergeschlagen werden, so haben sie dieselben Eigenschaften,
wie vor der Auflösung in Alkali. Man kann aber die eine Mo-
difcation in die andere verwandeln, wenn man das durch Sal-
petersäure erhaltene Oxyd 5 noch feucht mit concentrirter Chlor-
wasserstoffsäure übergielst, und das Ganze bei gelinder Hitze bis
zur Trocknils destillirt. Das Destillat enthält Zinnchlorid, aus
welchem das a Oxyd darzustellen ist. Andrerseits entsteht aus
einer Auflösung von Zinnchlorid, wenn sie lange mit Salpeter-
säure gekocht wird, das Oxyd 2.
In neuern Zeiten hat sich nur Fremy mit diesem Gegen-
stande beschäftigt. Er ändert, wie dies auch schon Berzelius
vorgeschlagen hat, den Namen von Zinnoxyd in Zinnsäure, und
nennt so das durch Alkalien aus der Auflösung des Zinnchlorids
gefällte Oxyd, während das durch Salpetersäure erzeugte Oxyd
nach ihm Metazinnsäure heilst.
Nach Fremy unterscheidet sich die Metazinnsäure von der
Zinnsäure aulser durch ihre Unauflöslichkeit in Salpetersäure vor-
züglich durch folgende Eigenschaften: Sie bildet mit dem Kali
und Natron Salze, die gallertartig und unkrystallisirbar sind, wäh-
rend die löslichen zinnsauren Salze leicht krystallisiren. Sie ver-
bindet sich zwar mit der Chlorwasserstoffsäure, giebt aber mit
ihr keine Verbindung, welche die Eigenschaften des Zinnchlorids
zeigt, während sich die Zinnsäure leicht in Chlorwasserstoffsäure
löst und wieder Zinnchlorid bilden kann. Sie unterscheidet sich
ferner von der Zinnsäure durch einen andern Wassergehalt, so
wie auch die Verbindungen beider Säuren mit Alkalien eine ver-
schiedene Zusammensetzung und einen andern Wassergehalt zei-
gen. Fremy vergleicht daher die beiden Modificationen der Zinn-
säure mit den verschiedenen Modificationen der Phosphorsäure,
welche sich durch einen verschiedenen Wassergehalt und dev
eine verschiedene Sättigungscapacität unterscheiden.
26.3
Der Verf. hat sich seit längerer Zeit mit dem Verhalten
des Zinnoxyds gegen Reagentien beschäftigt, und dabei zu ver-
‚schiedenen Zeiten Erscheinungen wahrgenommen, welche die
nsichten, die er aus den Resultaten eigner früherer Versuche
gezogen hatte, ganz veränderten. In jedem Falle ist der schwie-
tige Gegenstand noch lange nicht erschöpft, und gewifls werden
die Arbeiten anderer Chemiker in Zukunft zu noch andern Vor-
stellungen führen können.
Um das a Oxyd zu erhalten, kann man sich statt der Auf-
ösung des flüchtigen Zinnchlorids auch einer Auflösung des kry-
stallisirten Zinnchloridhydrats bedienen, dessen Darstellung sehr
leicht ist. Der Verf. fand die Zusammensetzung desselben über-
einstimmend mit den Versuchen von Lewy nach der Formel
Sn&l?+5H zusammengesetzt.
Der auffallendste Unterschied zwischen den beiden Modifi-
alionen des Zinnoxyds, welche der Verf. mit Berzelius « und 5
Zinnoxyd nennen will, ist die gänzliche Unlösliehkeit des Oxyds
b in Salpetersäure, während das Oxyd a sich mit Leichtigkeit
in einem Übermaalse derselben auflöst. Aber auch gegen Chlor-
asserstoffsäure ist das Verhalten beider verschieden, doch nicht
o auffallend‘ wie gegen Salpetersäure. Das @ Zinnoxyd löst sich
der Kälte in einem Übermaals von Chlorwasserstoffsäure auf,
uch wenn sie concentrirt ist; die Modification 5 löst sich, wie
3erzelius dies schon hervorgehoben hat, nicht in dieser Säure
‚„ auch wenn sie damit erhitzt wird. Fügt man aber darauf
Wasser hinzu, so erfolgt sogleich eine klare Auflösung, Um
ber diese immer zu erhalten, ist es nöthig, dafs das Oxyd mit
ler Säure vor dem Zusatz des Wassers erhitzt worden ist.
Jede Auflösung des Zinnoxyds in Säuren, namentlich in Chlor-
asserstoffsäure, sie mag die Modification a oder enthalten, wird,
enn sie mit der gehörigen Menge von Wasser verdünnt wor-
en ist, durch Kochen gefällt, und das Zinnoxyd abgeschieden,
d zwar vollständig. Je weniger freie Chlorwasserstoffsäure in
Auflösung enthalten, und mit je mehr Wasser sie verdünnt
den ist, um so schneller geschieht die Ausscheidung durchs
Kochen. Daher erfolgt sie leicht aus der Auflösung des Zinn-
hlorids und des Zinnchloridhydrats. Die Auflösung des Oxyds 5
in Chlorwasserstoffsäure enthält gewöhnlich viel freie Säure, aber
264
auch in ihr wird durch längeres Kochen, bei Erneuerung des
verdampften Wassers, endlich alles Zinnoxyd gefällt. Es scheint
sogar, dafs unter gleichen Umständen das Oxyd 5 früher aus sei-
ner Auflösung gefällt wird, als das Oxyd a.
Auch wenn man das Oxyd a, mag es nun durch Kochen,
oder durch Ammoniak gefällt worden sein, in Salpetersäure auf-
löst, so wird aus dieser Auflösung, nachdem sie mit Wasser ver-
dünnt worden ist, durchs Kochen das Zinnoxyd gefällt.
Die beiden Modificationen des Zinnoxyds haben, wenn sie
durchs Kochen aus ihren Auflösungen gefällt worden sind, ein
völlig gleiches Ansehn, so dafs sie nicht von einander zu unter-
scheiden sind. Sie sind voluminös. Dessen ungeachtet haben
sie ihren verschiedenen isomerischen Charakter behalten. Sie’
lösen sich beide unter denselben Umständen wie früher in Chlor-
wasserstoffsäure auf, das Oxyd a sogleich, das Oxyd 3 durch
Erhitzen und nachherigen Zusatz von Wasser.
In dieser Hinsicht unterscheiden sich die beiden Modifica-
tionen des Zinnoxyds, wenn sie durchs Kochen aus ihren Auf-
lösungen gefällt worden sind, wesentlich von der aus ihren Auf-
lösungen durchs Kochen gefällten Titansäure, die dadurch in Säu-
ren fast unlöslich geworden ist.
In den Auflösungen der beiden Zinnoxyde a nie db in Chlors
wasserstoffsäure werden durch Ammoniak voluminöse Nieder-
schläge von gleichem äufsern Ansehn erzeugt. Aber auch die@
Ähnlichkeit dieser Fällungen ist wie dies bei den durchs Kochen,
erfolgten Niederschlägen der Fall ist, nur eine scheinbare; sie
haben beide nach der Fällung ihre Eigenthümlichkeiten behalten.
Es giebt mehrere Reagentien, durch welche man die beiden
Arten des Zinnoxyds in ihren chlorwasserstoffsauren Auflösun-
gen unterscheiden kann.
In den Auflösungen des Oxyds a erfolgt, wenn sie nicht zu
verdünnt sind, keine Fällung durch verdünnte Schwefelsäure. Die
des Oxyds 8 aber zeichnet sich besonders dadurch aus, dals wenn
sie auch mit einer ziemlich bedeutenden Menge von Chlorwas-
serstoffsäure versetzt worden ist, verdünnte Schwefelsäure in ihr
einen starken Niederschlag hervorbringt. Der Niederschlag ist
eine Doppelsäure von Schwefelsäure und Zinnoxyd. Wird die
Fällung mit Wasser besonders mit warmem gewaschen, so kann
1 265
aus derselben leicht und vollständig die Schwefelsäure ausgezo-
gen werden. Es bleibt dann das Oxyd 5 mit seinen Eigenschaf-
ten unverändert zurück. Es löst sich nur in Chlorwasserstoff-
säure, wenn es damit erhitzt, und darauf Wasser hinzugefügt
worden ist, Die Auflösung giebt dann von Neuem einen Nie-
_ derschlag mit verdünnter Schwefelsäure.
Wird das schwefelsaure Oxyd 5 mit Chlorwasserstoffsäure
erhitzt, und darauf Wasser hinzugefügt, so löst es sich auf, weil
der Überschuls der Schwefelsäure fehlt, in welchem es unlöslich
ist. Aber in dieser Auflösung entsteht nun selbst nach einiger
Zeit ein Niederschlag. Wenn daher die Menge der Chlorwas-
serstoffsäure, in welcher das Oxyd 2 aufgelöst ist zu bedeutend
ist, so kann oft durch Schwefelsäure nur eine unbedeutende oder
gar keine Fällung entstehen. Auch selbst mit Salpetersäure er-
hitzt, ist das schwefelsaure Oxyd 5 in Wasser auflöslich; nach
einiger Zeit aber entsteht in der Auflösung ein starker Nieder-
schlag.
n So sehr sich indessen durch dieses Verhalten gegen Schwe-
_ felsäure die Oxyde @ und 5 in ihrer chlorwasserstoffsauren Auf-
lösung unterscheiden, so mufls doch bemerkt werden, dafs wenn
_ man Zinnchlorid mit einer ganz aulserordentlich grofsen Menge
_ von Wasser verdünnt, verdünnte Schwefelsäure einen Nieder-
u schlag auch in dieser Auflösung hervorbringen kann. Es gehört
aber dazu eine Verdünnung mit so vielem Wasser, wie man sie
bei Untersuchungen gewöhnlich nicht anwendet. Das auf diese
Weise durch Schwefelsäure gefällte Oxyd a hat seine Eigen-
schaften behalten.
Der Verfasser hat viele Versuche angestellt, um vermittelst
der verdünnten Schwefelsäure die beiden Zinnoxyde @ und 2 in
ihrer chlorwasserstoffsauren Auflösung quantitativ von einander
zu trennen. Er hat indessen keine genaue Resultate erhalten,
esonders wohl deshalb weil das schwefelsaure Oxyd 2 nicht
ausgewaschen werden kann, ohne trübe durchs Filtrum zu gehen.
- Gegen andere Säuren verhalten sich die Auflösungen beider
xyde nicht so verschieden wie gegen Schwefelsäure. Die Auf-
ösung des Zinnchlorids giebt mit Chlorwasserstoffsäure keinen
Niederschlag; wenn aber die Auflösung des 3 Oxyds in Chlor-
"wasserstoffsäure keine überschüssige Säure enthält, so giebt sie
6*
®
. 266
mit Chlorwasserstoffsäure einen starken Niederschlag, während
die gewöhnliche Auflösung des Oxyds 2, die immer viel freie
Säure enthält, keine Fällung mit Chlorwasserstoffsäure geben
kann. Aber eine solche Auflösung des Oxyds 5 in möglichst we-
nig Chlorwasserstoffsäure ist nicht immer zu erhalten, und der
Verfasser verdankt sie nur dem Zufall, wie dies weiter unten
wird erörtert werden. Der in derselben durch Chlorwasser-
stoffsäure entstandene Niederschlag, löst sich, wenn man die Säure
abgegossen hat, leicht im hinzugefügten Wasser auf. — Dieses
Verhalten liefs sich voraussehen, wenn man das Verhalten des
Oxyds 6, welches man durch Behandlung von metallischem Zinn
mit Salpetersäure erhalten hat, gegen Chlorwasserstoffsäure da-
mit vergleicht. Es ist schon oben erwähnt worden, dals es
nicht in einem Überschuls derselben auflöslich ist, auch nicht
durchs Kochen, dals es aber eine klare Auflösung giebt, wenn
man nach dem Erhitzen eine gehörige Menge von Wasser hin-
zufügt.
Eine solche chlorwasserstoffsaure Auflösung des Oxyds 2,
wie sie so eben erwähnt worden ist, giebt auch einen, wiewohl
geringen Niederschlag durch Zusatz von Salpetersäure; doch er-
scheint dieser nicht sogleich, sondern nach einiger Zeit; durch
hinzugefügtes Wasser löst er sich wieder auf. — Hat man aber
das Oxyd 5 aus irgend einer chlorwasserstoffsauren Auflösung
durchs Kochen oder durch Ammoniak gefällt, so ist das Oxyd,
nachdem die Chlorwasserstoffsäure entfernt worden ist, auch im
feuchten, frisch gefällten Zustande in Salpetersäure nicht löslich,
während die durchs Kochen oder durch Ammoniak entstandenen
Niederschläge des Oxyds a in Salpetersäure löslich sind. — Es
ist also im obigen Falle die Gegenwart der Chlorwasserstoff-
säure, obgleich sie in keinem Überschufs vorhanden ist, die Ur-
sach des nur geringen Niederschlags durch Salpetersäure.
Die gewöhnliche chlorwasserstoffsaure Auflösung des Oxyds
5, wenn man dieselbe durch Behandlung von Zinn mit Salpeter-
säure erhalten hat, zeichnet sich aulser durch das charakteristische
Verhalten gegen Schwefelsäure durch mehrere andere Reactionen
von der Auflösung des Oxyds a in Chlorwasserstoffsäure aus.
Setzt man zu letzterer Weinsteinsäure in hinreichender
Menge, und darauf einen Überschuls von Ammoniak, so wird
a2 2.2008
DIZEREWEUET TI u)
ATELIER
267
durch dasselbe das Zinnoxyd nicht gefällt. — Wird hingegen
Weinsteinsäure zu der chlorwasserstoffsauren Auflösung des Oxyds
5 hinzugefügt, so hat die Gegenwart dieser Säure keinen Ein-
Mufs auf die Fällung des Oxyds vermittelst eines Überschusses
von Ammoniak.
Wird zu einer chlorwasserstoffsauren Auflösung des Oxyds
a ein Überschuls von salpetersaurer Silberoxydauflösnng gesetzt,
so löst sich der entstandene starke weilse Niederschlag vollstän-
dig in einem Überschufs von Ammoniak auf. — Wird hingegen
die chlorwasserstoffsaure Auflösung des Oxyds 5 eben so behan-
delt, so löst Ammoniak nur das Chlorsilber auf, und scheidet das
Zinnoxyd 5 unaufgelöst ab.
Es ist hierbei zu bemerken, dafs wenn die gänzliche Auf-
lösung des a zinnsauren Silberoxyds in Ammoniak erfolgen soll,
man einen bedeutenden Überschuls der Silberoxydauflösung hin-
zugefügt haben mufs. Enthält die Auflösung des Zinnoxyds a
eine bedeutende Menge von Chlorwasserstoffsäure, so wird zu-
erst blols Chlorsilber gefällt, und ist nicht hinreichend Silber-
oxyd vorhanden gewesen, so kann Ammoniak nach der Auflö-
sung des Chlorsilbers das Zinnoxyd a abscheiden.
Galläpfelaufguls giebt in der Auflösung des Oxyds a keinen
Niederschlag, wohl aber in der des Oxyds 5 einen weilslichgel-
ben, der indessen nicht sogleich, sondern erst nach mehreren
Stunden entsteht.
Es giebt indessen Übergänge des Oxyds a in 5 und man
findet daher bisweilen Auflösungen des Oxyds 6, die nicht mit
allen von den erwähnten Reagentien Niederschläge geben. So
kann man häufig ein Zinnoxyd erhalten, dessen chlorwasserstoff-
saure Auflösung durch Schwefelsäure oft gar nicht getrübt wird,
die aber nach Zusatz von Weinsteinsäure und Ammoniak einen
starken voluminösen Niederschlag fallen läfst. Es kann dies aber
auch häufig darin seinen Grund haben, dafs durch die Gegen-
wart einer zu grolsen Menge von Chlorwasserstoffsäure die Fäl-
lung durch Schwefelsäure verhindert wird.
Beide Modificationen des Zinnoxyds sind in Auflösungen von '
Kali- und Natronhydrat auflöslich. Aber in den Auflösungen sind
beide, wenigstens wenn sie nicht lange gestanden haben, in ih-
rem unveränderten Zustand enthalten.
268
Eine Auflösung von kohlensaurem Kali bringt in der Zinn-
chloridauflösung unter Brausen einen starken voluminösen Nie-
derschlag bervor, der sich vollständig in einem Übermaals des
Fällungsmittels auflöst. In dieser Auflösung werden durch ver-
dünnte Säuren Fällungen des Zinnoxyds @ hervorgebracht, die
sich aber durch eine grölsere Menge der hinzugesetzten Säuren
wieder vollständig auflösen. Eine Auflösung von kohlensaurem
Natron giebt ebenfalls unter Brausen einen starken Niederschlag
in der Chloridauflösung, der sich indessen in mehr hinzugesetz-
tem Fällungsmittel nicht vollständig auflöst. Die trübe Auflö-
sung wird indessen vollständig durch Übersättigung mit verdünn-
ter Chlorwasserstoffsäure, Schwefelsäure und Salpetersäure klar.
In der chlorwasserstoffsauren Auflösung des Oxyds 5 geben
Auflösungen von kohlensaurem Kali und Natron starke volumi-
nöse Niederschläge, die in mehr vom hinzugesetzten Fällungs-
mittel nicht auflöslich sind. Werden die Niederschläge aber mit
Wasser ausgewaschen, so lösen sie sich zum Tbeil auf und das
Waschwasser trübt die durchfitrirten Flüssigkeiten.
Das Oxyd a kann in seinen Auflösungen in das Oxyd um-
gewandelt werden. Die unmittelbare Verwandlung des Oxyds 5
in das Oxyd a hingegen hat der Verfasser wenigstens in Auflö-
sungen nicht bewirken können. Sie kann nur durchs Schmelzen
mit Kalihydrat geschehen.
Der Verfasser hatte seit langer Zeit mehrere Auflösungen
des flüchtigen Chlorids in Wasser in wohl verschlossenen Fla-
schen aufbewahrt. Als er, nachdem sie sechs Jahre gestanden
hatten, zufällig die Eigenschaften derselben mit einer frisch be-
reiteten Auflösung des Zinnchloridhydrats verglich, fand er zwi-
schen beiden ein vollkommen verschiedenes Verhalten gegen Rea-
gentien. Namentlich gab erstere Auflösung einen starken Nie-
derschlag mit Schwefelsäure, letztere hingegen nicht.
In einer Auflösung des flüchtigen Zinnchlorids und des Chlo-
ridhydrats verwandelt sich durch die Länge der Zeit das Oxyd
a in die Modification 6, ohne dals die Auflösung ibre Klarheit
verliert. Zu dieser Umwandlung gehört aber eine lange Reihe
von Jahren. Denn wenigstens zwei Jahre sind dazu noch nicht
hinreichend. Die Auflösung zeigt dann mit allen Reagentien die
Erscheinungen einer chlorwasserstoffsauren Auflösung des Oxyds
269
d, nur in einem Punkte unterscheidet sie sich wesentlich von
derselben. Sie enthält nämlich die geringste Menge von Chlor-
_ wasserstoffsäure zur Auflösung des Oxyds 6. Wenn man dasselbe
durch Behandlung von Zinn mit Salpetersäure erhalten hat, und
in Chlorwasserstoffsäure auflöst, so muls man dazu gröfsere Men-
gen anwenden. Jene Auflösung giebt daher, wie das schon oben
erwähnt worden ist, Fällungen mit Chlorwasserstoffsäure und
selbst mit Salpetersäure.
Die Umwandlung des Zinnoxyds a in das Oxyd 5 kann aber
in sehr kurzer Zeit bewirkt werden. Erhitzt man eine frisch
bereitete Auflösung des Aüchligen Chlorids oder des Chloridhy-
drats bis zum Kochen, so wird das Zinnoxyd gefällt. Dies ge-
fällte Oxyd ist, wie dies schon oben erwähnt wurde, das Oxyd
a. Wenn man aber zu der Auflösung des Chlorids eine hinrei-
chende Menge von Chlorwasserstoffsäure setzt, so verhindert man
die Ausfällung des Oxyds durchs Kochen. Man mufs, während
man von Zeit zu Zeit kleine Mengen von Chlorwasserstoffsäure
binzufügt und unter Erneuerung des verdampften Wassers einige
Stunden oder so lange kochen, bis endlich eine herausgenom-
mene Probe der Flüssigkeit nach dem Erkalten durch Schwefel-
säure getrübt wird. Dann zeigen auch die übrigen Reagentien,
namentlich Weinsteinsäure und Ammoniak, salpetersaure Silber-
oxydauflösung und Ammoniak, so wie auch Galläpfelaufgufs die
Gegenwart des Oxyds 2 an.
Wenn man die Auflösung des flüchtigen Chlorids oder des
‚Chloridhydrats mit Salpetersäure versetzt und sie lange und an-
haltend kocht, so scheidet sich endlich das Zinn als 5 Oxyd ab.
Aber diese Abscheidung erfolgt erst, wenn die Chlorwasserstoff-
säure fast gänzlich verjagt worden ist.
Wird das Oxyd a bei der gewöhnlichen Temperatur ge-
trocknet, so löst es sich leicht und vollkommen in der Kälte in
Chlorwasserstoffsäure auf; die Auflösung zeigt dann noch alle
Eigenschaften des Oxyds a. Trocknet man es bei einer mehr
oder weniger erhöhten Temperatur, z.B. bei der des kochenden
Wassers, so löst es sich nur zum Theil auf, der gröfste Theil
bleibt ungelöst; das was sich aber auflöst, giebt keinen Nieder-
schlag mit Schwefelsäure. Bis zu 170° C. erhitzt, verliert das
Oxyd noch an Gewicht, darüber aber erhitzt nicht mehr.
u
270
Wenn krystallisirtes Zinnchlorür viele Jahre hindurch im
festen Zustand beim Zutritt der Luft aufbewahrt worden ist, so
hat es sich endlich vollkommen in eine Verbindung von Zinn-
chlorid mit Zinnoxyd verwandelt. Aber das Zinn ist in der
Verbindung als Oxyd a enthalten. Es ist also die Gegenwart
des Wassers nöthig, um durch die Länge der Zeit die Umwand-
lung des Oxyds a in das Oxyd 5 zu bedingen.
In seiner Auflösung in Kali kann indessen das Oxyd @ in
kürzerer Zeit in das Oxyd 5 verwandelt werden. Wenn man
Zinnchlorür in Kalihydratlösung auflöst, und die filtrirte Auflö-
sung lange der Luft aussetzt, so wird nach und nach das Oxydul
in Oxyd verwandelt. Das Oxyd ist in der Auflösung die Modi-
fication a. Lälst man aber die Auflösung noch länger der Luft
ausgesetzt, so wird sie trübe, und alles Zinnoxyd scheidet sich
in dem Maafse ab, als das Kalihydrat sich in kohlensaures Kali
verwandelt hat. Das ausgeschiedene Oxyd ist aber von der Mo-
dification 2.
Aufser den beiden Modificationen des Zinnoxyds a und
mufs man deren wohl noch mehrere unterscheiden. Beide ver-
halten sich zwar verschieden gegen Chlorwasserstoffsäure, sind
aber in derselben löslich. Werden aber beide Modificationen
geglüht, so werden sie in Chlorwasserstoffsäure unlöslich; sie
widerstehen selbst der Einwirkung der concentrirten Schwefel-
säure, und werden auch durch Schmelzen mit saurem schwefel-
sauren Kali nicht in Wasser auflöslich.
Das geglühte Zinnoxyd, das also die Eigenschaften des in
der Natur vorkommenden Zinnsteins hat, mufs als eine andere
Modification als die Oxyde a und 5 angesehen werden.
Zu derselben Modification, zu welcher das geglühte Zinn-
oxyd gehört, möchte der Verfasser noch eine andere rechnen,
die nämlich, welche durch Schmelzen mit kohlensauren Alkalien
entsteht. Von der geschmolzenen Masse löfst sich aufser dem
freien kohlensauren Alkali zinnsaures Alkali im Wasser auf, aber
nicht in sehr bedeutender Menge. Das Zinnoxyd ist in dersel-
ben von der Modification a. Das aber, was vom Wasser unge-
löst zurückgeblieben ist, läfst sich nicht mit Wasser auswaschen;
wenn das koblensaure Alkali fast schon fortgenommen ist, läuft
die Flüssigkeit ganz milchicht durchs Filtrum. Chlorwasserstoff-
ar
säure löfst nur sehr wenig von dem im Wasser Ungelösten auf,
‚und auch concentrirte Schwefelsäure ist fast ohne Wirkung. Es
ist schwer sich davon zu überzeugen, ob das Ungelöste wesent-
lich Alkali enthalte, und ein sehr saures zinnsaures Salz ist oder
nicht, denn es ist ganz unmöglich, das suspendirte Zinnoxyd von
‚der Auflösung zu trennen, in welcher noch kohlensaures Alkali
aufgelöst ist. Man kann es jedoch dahin bringen, so wenig Al-
kali darin zu finden, dals man der Ansicht sein muls, das unge-
‚löste Zinnoxyd sei frei davon.
Fremy giebt an, dafs die Auflösung des durch Salpeter-
säure erzeugten Oxyds 5 in Chlorwasserstoffsäure kein Zinnchlo-
rid giebt, während das Oxyd « mit Chlorwasserstoffsäure leicht
"Zinnchlorid bildet. Der Verfasser konnte dies durch seine Ver-
‚suche nicht bestätigen. Werden die chlorwasserstoffsauren Auf-
lösungen beider Arten des Zinnoxyds destillirt, so destillirt zu-
‚erst Wasser und Chlorwasserstoffsäure, und zuletzt verflüchtigt
‚sich wasserfreies Zinnchlorid. Aber schon das zuerst erhaltene
‚saure Wasser enthält Zinnoxyd, das als Chlorid sich verflüchtigt
‚hat, so dals es bei quantitativen Analysen nicht anzurathen ist,
‘eine verdünnte chlorwasserstoffsaure Auflösung von Zinnoxyd
durch Abdampfen zu concentriren.
& Der Verfasser ist nicht geneigt, die Verschiedenheiten der
beiden Arten des Zinnoxyds von einer verschiedenen Sättigungs-
eapaeität derselben als Säuren herzuleiten, wie man dies bei den
‚verschiedenen Modificationen der Phosphorsäure gethan hat. Wenn
e solche wirklich statt finden sollte, wie Fr&my behauptet,
vorüber aber der Verfasser keine Versuche angestellt hat, so
ührt diese von dem verschiedenen Zustand der beiden Oxyde
r, und ist eine Folge, nicht die Ursach derselben. Wenn man
bedenkt, wie aufserordentlich manche metallische Oxyde. ihre
I jichtigkeiten verändern können, wenn sie verschiedenen erhöh-
Temperaturen ausgesetzt werden, also nach dem Glühen im
rasserfreien Zustand verschiedene isomere Modificationen bilden
innen, so sieht man den Grund nicht ein, weshalb sich ähnli-
che isomere Zustände nicht auch bei den Oxyden in ihren Ver-
bindungen und Auflösungen im Wasser bilden sollten.
272
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Atti dell’ Accademia Gioenia di seienze naturali di Catania. Tomo
13-20. Catania 1839-43. Serie II. Tomo 1.2. ib. 1844. 45. 4.
Eingesandt durch die Königliche Bibliothek hierselbst mittelst
Schreibens vom 13. Juni d. J.
Memoires de ’Academie Royale de Medecine. Tome 4-13. Paris
1835-47. 4.
Bulletin de V’Academie Royale de Medecine. Tome 1-12. ib. 1836-
1847. 8.
Revue archeologique. 5. Anne. Livr. 2. 15. Mai. Paris 1848. 8.
Schumacher, Astronomische Nachrichten. No. 639. Altona 1848.
4.
K. E. Hammerschmidt, allg. österreich. Zeitschrift für den
Landwirth ete. 20. Jahrgg. 1848. No.12. Wien. 4.
Kunstblatt. A848. No.25-27. Stuttg. u. Tübing. 4.
Estatutos de la Academia Real de ciencias exaclas, fisicas y na-
turales. Madrid 1848. 4.
D. Jose Aparici, Coleccion de documentos ineditos relativos a
la Batalla de Lepanto. ib. 1847. 8.
Aufser den beiden letzten Schriften ist auch eine bronzene Medaille
mit dem Bildnisse der Königin von Spanien und der Umschrift:
Isabel 2: Reina de las Espaitas, und auf den Revers: Cuerpo
de Ingenieros del ejercito, von dem Königlich - Spanischen
Gesandten hierselbst der Akademie zugefertigt worden.
99. Juni. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Ranke las über die Glaubwürdigkeit der Me-
moiren der Markgräfin Friderike Wilhelmine von
Baireuth.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Academie des Sciences et Leitres de Montpellier. Memoires de la
section des sciences. Annde 1847. Montpellier 1847. 4.
The fifteenth annual Report of the Royal Cornwall polytechnie
Society. 1847. Falmouth. 8.
Brandt, Versuch'einer kurzen Naturgeschichte des Dodo. St. Pe-
tersburg 1848. 8.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 640. Altona. 1848,
4.
273
stitut, 1. Section. Sciences mathemat., physig. et naturell.
gr 16. Annee. No. 731-754 5. Janv.-14. Juin
1848. Paris. 4.
2. Section. Sciences historig., archeol. et philosoph.
12. Annde. No. 145. 146. Janv. Peyr. 1848.
% ib. 4.
Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesell-
schaft der Wissenschaften zu Göttingen. A848. No. 7. $.
Kunstblatt. 1848. No. 28. Stutig. u. Tüb, 4.
7
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Bericht
über die
_ zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen
der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin
im Monat Juli 1848.
Vorsitzender Sekretar: Hr. Ehrenberg.
3. Juli. Sitzung der physikalisch-mathemati-
schen Klasse.
Hr. Kunth las über die Familie der Dioscorineen, zeigte,
dals sich dieselben von den Smilaceen blos durch den angewach-
‚senen Fruchtknoten unterscheiden, machte auf eine wichtige Ver-
‚schiedenheit aufmerksam, welche der Same der zahlreichen bis-
‚her zu Dioscorea gerechneten Arten darbietet, und glaubte sich
‚hiernach berechtigt, nicht allein die Gattung Teszudinaria wie-
der herzustellen, sondern auch eine neue zu bilden, welcher
‘er den Namen Helmia beilegt. In dieser ist nämlich der Same
nach unten, in jener nach oben geflügelt, während in den äch-
ten Dioscorea-Arten ein fügelartiger Rand den ganzen Samen
umgiebt. Nach Aufzählung der diesen drei Gattungen zukom-
menden Arten werden dieselben in mehreren natürlichen Grup-
pen vertheilt, welche mit ihrer geographischen Verbreitung in
enger Beziehung stehen, und von denen einige in der Folge bei
genaueren Kenntnils ihrer Blüthen- und Fruchttheile vielleicht
och besondere Gattungen bilden dürften. Gleichzeitig werden
über einzelne Arten, so wie über Rajania und Tamus, meh-
rere Berichtigungen hinzugefügt. Der Schluss handelt von der
Bildung des Embryos sämmtlicher zu den Dioscorineen gehöri-
zen Gattungen, woraus sich ergiebt, dals Adr. de Jussieu
hierüber die ersten richtigen Beobachtungen geliefert hat.
Tıs4s] 7
276
Hr. Poggendorff sprach über die Färbung des Wis-
muths auf galvanischem Wege.
Bekanntlich nimmt das Wismuth, wenn es nach dem von
Quesneville angegebenen Verfahren durch Schmelzen mit Sal-
peter gereinigt wird, die prächtigsten theils goldgelben, theils
grünen und röthlichen Farben an, und eben so ist bekannt,
dals es mit Wasser befeuchtet der Luft ausgesetzt, in einiger
Zeit braunroth und zuletzt veilchenblau anläuft. Es scheint in-
defs noch nicht beobachtet zu sein, dafs man gleiche oder ähn-
liche Farben auf Wismuthflächen von beliebiger Grölse ganz
nach Willkühr und in verbältnifsmälsig sehr kurzer Zeit her-
vorrufen kann, wenn man solche Flächen in Kalilauge als posi-
tive Elektroden eines galvanischen Stromes anwendet.
Der Verf. der bei Gelegenheit anderer Untersuchungen auf
diese Thatsache geleitet wurde, bediente sich hierbei in der
Regel einer Batterie von zwei Grov&@’schen Bechern und einer
Lösung von 4 Thl. Ätzkali in 4 oder 6 Thl. Wasser, in wel-
cher der positiven Wismuthelektrode eine Platinplatte als nega-
tive Elektrode gegenüberstand. Bei einer solchen Combination
überzieht sich die Wismuthplatte in wenig Augenblicken und in
voller Gleichförmigkeit mit einer Reihe von Farben, deren suc-
cessives Auftreten im Allgemeinen ganz dem Gesetze der Nev-
ton’schen Farbenringe folgt, indem der Reihe nach Gelb, Roth, |
Violett, Blau und Grün hintereinander erscheinen. Durch schick-
liches Unterbrechen des Stromes kann man jede dieser Farben
festhalten; jedoch tritt ihre wahre Natur erst dann hervor, wenn
man die Wismuthplatte zur Flüssigkeit herauszieht, mit der Spritz-
flasche wohl abspült und an der Luft trocknen lälst.
Die so erhaltenen Farben zeigen, wenn die Platte gut ge-
schliffen und polirt worden, auch frei von Arsenikgehalte ist,
einen Glanz und eine Lebhaftigkeit, welche die der Nobili’schen
und Böttger’schen Farben wohl noch übertreffen möchten, ver-
muthlich weil das Substrat derselben durchsichtigerer und farblo-
serer Natur ist, als das Blei- und das Manganhyperoxyd, welche
das Material zu den letztgenannten Farben bilden. Unterhält man
den Strom, nachdem das Grün erschienen ist, noch einige Zeit,
so wird die Wismuthplatte wiederum farblos, und nun kommen
Farben zweiter Ordnung zum Vorschein, die aber lange nicht so
277
rein nnd glänzend wie die der ersten sind. Die Wismuthfar-
ben bilden hiedurch eine Art von Gegensatz zu den Blei- und
Manganfarben, die gerade erst in der zweiten Ordnung ihre
grölste Lebbhaftigkeit entwickeln. Es wäre indefs möglich, dafs
sich auch die Wismuthfarben zweiter Ordnung in höherer Leb-
haftigkeit darstellen lielsen, wenn man eine Batterie von gröfse-
‚rer Becherzahl anwendete. Bei der oben genannten Batterie von
zwei Bechern wird der Strom durch die geringe Leitungsfähig-
‚keit der auf das Wismuth abgelagerten Substanz so geschwächt,
dafs die Darstellung jener zweiten Farbenreihe einige Stunden
Zeit erfordert.
Übrigens kann das successive Auftreten zweier Farbenrei-
hen, getrennt durch eine Schicht von vollkommener Farblosig-
keit, wohl keinen Zweifel hinterlassen, dafs die Wismuthfarben
ihre Entstehung nur der Dicke der sie bildenden Schicht ver-
danken, während es noch ungewils sein mag, aus welchem Ma-
terial dieser Schicht bestehe, ob aus einem Oxyde oder einer
Kaliverbiudung desselben. Letzteres möchte jedoch das Wahr-
scheinlichere sein, da die Farben schon bei Eintauchung der
Platten in sehr verdünnte Schwefelsäure fast augenblicklich ver-
chwinden, und anderseits bei Anwendung von Ammoniakflüssig-
keit, statt der Kalilauge, gar nicht zum Vorschein kommen.
Die auf obige Weise gefärbten Wismuthplatten, von denen
der Verf. einige vorzeigte, erweisen sich, bei Untersuchung im
risirten Licht, mit recht bemerkenswerthen optischen Eigen-
aften versehen, deren Studium indess einer künftigen Arbeit
orbehalten sein mag, da es mit der noch wenig entwickelten
Theorie der auf Metallplatten überhaupt erzeugten Interferenzfar-
en im engsten Zusammenhange steht. Für jetzt erlaubt sich der
Verf. nur darauf aufmerksam zu machen, dafs unter den Farben
erster Ordnung, die auf Wismuthplatten und, nach dem No-
li’schen oder Böttger’schen Verfahren, auf Platinplatten er-
egugt werden können, ganz dasselbe Braun auftritt, welches
m auch an dem ersten Newton’schen Ringe und an dem in-
sten der bei Krystallplatten im polarisirten Licht erscheinen-
Ringe wahrnimmt, obne dafs es bisher von den Physikern
iher in Betracht gezogen wurde.
278
6. Juli. Öffentliche Sitzung zur Feier desLeib-
nizischen Jahrestages.
Hr. Trendelenburg hielt als vorsitzender Sekretar die
Einleitungsrede, in welcher er in Leibnizens umfassender viel-
seitigen Thätigkeit das Verhältnils der Richtung auf die beson-
deren Wissenschaften zu dem allgemeinen philosophischen Ele-
ment hervorhob und an Leibnizens Ansicht vom Naturrecht als
einem einzelnen Beispiel ausführte und prüfte. Hierauf verkün-
dete der Sekretar der physikalisch-mathematischen Klasse, Herr
Encke, folgende Preisaufgabe. Die physikalisch- mathematische
Klasse der K. Akademie der Wissenschaften wünscht eine che-
misch-physiologische Untersuchung und Vergleichung von Früch-
ten in unreifem und reifem Zustande. Es erscheint zweckmälsig,
solche Früchte auszuwählen, welche in beiden Zuständen auffal-
lende Verschiedenheiten zeigen. Zuerst wird eine genaue che-
mische Untersuchung reifer und unreifer Früchte im Allgemeinen,
und zwar derselben Pflanze, verlangt. Dann eine Nachweisung,
in welchen Theilen der Frucht die gefundenen Bestandtheile vor-
kommen, auch welche Veränderungen die festen und flüssigen
Theile beim Reifen mögen erlitten haben: und endlich physio-
logische Beobachtungen, welche Einwirkungen durch Wärme,
Licht, Feuchtigkeit, Entblätterung, Ringeln und Einschnitte in
das Holz des Stammes oder auch der Zweige hervorgebracht
werden. Dafs der Verfasser auf das Rücksicht nehme, was vor
ihm über diesen Gegenstand geleistet wurde, wird erwartet.
Der Termin der Einsendung der Beantwortungen unter den be-
kannten Bedingungen ist der 1. März 1851. Die Entscheidung
über dieselben und die Zuerkennung des Preises von hundert
Dukäten wird in der öffentlichen Sitzung zum Andenken an
Leibniz im Juni desselben Jahres bekannt gemacht werden. Hr.
Encke überreichte sodann die Abhandlung des Dr. Gerhardt:
die Entdeckung der Differentialrechnung durch Leibniz, welche
der Verfasser für diese Sitzung eingesandt hatte. Endlich las
Hr. Dieterici über die Vertheilung der Bevölkerung nach Ge-
schlecht und Alter im Preufsischen Staate mit Vergleichung der
gefundenen Verhältnisse zu den Ergebnissen in andern Ländern.
Indem er Hoffmann’s Verdienste um die Ermittelung der Sterb-
279
lichkeitsgesetze hervorhob, widmete er im Namen der Akademie,
die im letzten Jabre dieses Mitglied verlor, seinem Andenken
einige Worte. Herr Dieterici suchte in seiner Abhandlung
‚aus den statistischen Aufnahmen, nicht nach Rechnung aus den
Todtenlisten, sondern nach bestimmter positiver Zählung, ein
‚Gesetz aufzufinden, nach welchen Procentsätzen die verschiede-
nen Altersklassen von fünf zu fünf Jahren in einer gegebenen
Bevölkerung sich vertheilen.
43. Juli. Gesammtsitzung « der Akademie.
Hr. v. Schelling las über die ursprüngliche Bedeu-
tung der dialectischen Methode.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Memoires de la Societe d’Archeologie et de Numismatique de St.
Petersbourg. No. 3. St. Petersbourg 1847. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Sekretars dieser Gesellschaft
Herrn Dr. B. v. Köhne d. d. St. Petersburg den # März d.)J.
Memoires and proceedings of the chemikal Society. Part 23. (Lon-
don) 8.
Annals of the Lyceum of natural history of New-York. Vol. 4.
No. 6-11. Aug. 1846-Juli 1847. New-York. 8.
' Berichte über die Mittheilungen von Freunden der Naturwissen-
schaften in Wien; gesammelt und herausgg. von Wilh. Hai-
dinger. Bd.3. No. 1-6. Juli-Dec. 1847. Wien 1848. 8.
E5. Panofka, Testa di Ganymeda giudizio di Paride Venere la
_ nera Lyssa lInsania. (Estr. dal Bullett. archeol. Napol. deli
Lugl. 1847) 4.
‚J. Graf Leszezyc-Suminski, zur Entwickelungs- Geschichte der
Farrnkräuter. Berlin 1848. 8.
de Morlot, Lettre sur la Dolomie adressee 4 Mr. Elie de Beau-
mont. Vienne. le 21 Fevr. 1848. 8.
L.de Koninck, Description des animaux fossiles qui se tron-
vent dans le terrain carbonifere de Belgique.
Texte et Planches. Liege 1842-1844. 4.
Recherches sur les animaux fossiles. Partie 1.
Monographie des genres Producius et Chone-
tes. ib. 1847. ‚4.
——— Description des coquilles fossiles de l’Argile,
f de Basele, Boom, Schelle etc. (Extr. du T. XI
280
des Mem. de l’Academie royale de Bruxelles)
(1837) 4.
L.deKoninck, Memoire sur les crustaces fossiles de Belgique.
(Extr. du T. XIV des Mem. de l’dcad, roy. de
Bruxell.) (1841) A.
Notice sur quelques fossiles du Spitzberg. (Extr.
du T. XIII No. 6 des Bullet, de l Acad. roy. de
Belgique) 8.
a ar Notice sur deux especes de Brachiopodes du
terrain paldosoique de la Chine. (Extr. du T.
XIII No. 12, des Bullet, de Akad. roy. de Bel.
gique) 8.
Dumont et de Koninck Rapports sur un memoire de M.Nyst,
presented dl’ d4cademie royale de Bruxelles, pour le concours
de 1843, en reponse a la question suivante: Faire la descrip-
tion des coquilles et des polypiers fossiles tertiaires de Bel-
gique etc. 4.
J. Kops en J. 2. van der Trappen, Flora Batava. Allev. 152.
Amsterdam. 4.
A.L. Crelle, Journal für die reine und angewandte Mathema-
tik. Bd. 36, Heft 4. Be, 37. Heft 1. Berlin 1848. 4. 3 Expl.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No.64t. 642. Altona
1848, 8.
Revue archeologique. 5. Annde. Livr. 3. 15 Juni 1848. Paris 8.
Kunstblatt. 4848. No. 29-31. Stutt, u. Tüb. 4.
Virlet d’Aoust, Observations sur le metamorphisme normal et
la probabilitd de la non-existence de veritables Roches pri-
mitives A la ErRReR du globe. (Extr. du Bullet. de la Fo
geol. de France. 2. Ser. Tome 4. 1847.) 8. -
The Journal of the royal geographikal Society of London. Vol,
18. 1848, Part 1. London. 8.
C. 1. Gerhardt, die Entdeckung der Differentialrechnung durch
Leibniz mit Benutzung der Leibnisischen Manuscripte auf der
Koönigl. Bibliothek zu Hannover, Malle 1848. 4. $
mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Salzwedel d, 1. Ju
dieses Jahres.
17. Juli. Sitzung der philosophisch-histori
schen Klasse.
Hr. Ritter las über die älteste Dattelcultur.
281
22. Juni. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Gerhard las über den Gott Eros.
Die geschichtliche Entwickelung welche in dieser Abhand-
lung über Begriff, Kultus und Götterverwandtschaft des Eros ge-
geben ist, ging billigerweise vom Erosdienst der böotischen Stadt
Thespiä aus. Dort wo vorzugsweise von musischem zugleich
aber auch von athletischem Wettstreit die Rede ist (Paus. IX,
31,3), wurde so viel sich vermuthen lälst der rohe Stein, der
dem ältesten Eros zu einziger Andeutung diente (Ebd. IX, 27,1),
von Sängern und Bogenschützen mit Lyra und Bogen so lange
geschmückt, bis des Göttersteins Bildung zu blühender Knaben-
gestalt beide Attribute dem menschlich gewordenen Gott in die
"Hände gab. Seiner Idee nach ein Gott physischer und ethischer
Kraft, den Chariten verwandt und dem Hermes zunächst ver-
gleichbar, ward dieser Gott durch die begeisterte Männerfreund-
schaft altdorischer Sitte zum Liebesgott gesteigert. Die Tiefe
und Innigkeit solcher Auffassung liels ihn aber nicht blofs als
einen Gott der Kämpfer, Sänger und Liebenden, als den Vorste-
her dorischer Staats- und Freiheitsfeste erscheinen; sie gab schon
in Hesiods Vorstellung vom Anfang der Dinge den ersten schö-
pferischen Naturtrieb als Eros kund und ward in der Orphiker
orstellung zu des mannweiblichen Eros Geburt aus dem Weltei
gesteigert. Gleiche Geltung lag ohne Zweifel dem delisch-at-
tischen als Sohn Ilithyia’s gefalsten Eros zu Grunde, mit wel-
‚chem die ciceronische (Nat. Deor. 1,23) Ableitung des ältesten
Eros von Hermes und Artemis durchaus übereinstimmend ist;
aber auch die samothrakische Gottheit Axieros d. h. ’A&ı-tows
„Ehren-Eros” ist demselben Götternamen und Götterbegriff an-
g hörig: ihre Gleichsetzung mit Demeter (Schol. Ap. Rhod. I,
917) erklärt sich aus Berührungen des Eros mit cerealischem
Dienst, für welchen wir selbst aus Thespiä und aus Parion den
beiden Hauptsitzen des Erosdienstes Zeugnisse haben.
- Einer späteren Zeit und Auffassung als jener selbständige
und uralte böotische Eros gehört der gleichnamige Gott den die
gangbarste Sage als jüngeren Eros, als Sohn Aphroditens und
als unzertrennlich von dieser Göttin bezeichnet. In solcher Ver-
bindung zeigt ihn hauptsächlich ein mehrerwähntes wichtiges
282
Denkmal des samothrakischen Götterdienstes, die Chablais’sche
dreifache Herme, gegenwärtig im Museum des Vatikans (Gerhard
Bildw. XLD: den drei samothrakischen Gottheiten Dionysos,
Kora und Hermes sind dort die korinthischen Helios-Apollo,
Aphrodite und Eros, letzterer als beflügelter Fackelträger zur
Seite gestellt, ganz wie Aphrodite und Eros auch auf korinthi-
schen Münzen (Mionnet II p. 179.188) sich finden. Erst durch
jene Gruppirung der Liebesgöttin mit einem dämonischen Flü-
gelknaben, eine Gruppirung die aus ähnlichen Vereinen einer
Göttermutter mit einem Erdgeist vollkommen verständlich wird,
mag das im spätern Alterthum so allgemeine Verhältnils des Eros
zu Aphrodite begründet worden sein. Wesentlich zu dessen Ver-
ständnils ist das aphrodisischen und cerealischen Festen gleich-
mäfsig entsprechende Symbol der Fackel, ein Symbol nächtlicher
Weihe und Reinigung, an welches für Eros selbst die Kunstdar-
stellung des Todesgenius und die Sagen von Eros und Psyche,
für seinen Bezug zu andern Gottheiten die Analogie des cerea-
lischen Iacchos sich knüpfen. In gleichem Sinn erklärt sich der
hermaphroditische Eros, dessen häufige Erscheinung in den My-
sterienbildern Unteritaliens einer mit Aphrodite ganz gleichge-
setzten Kora beigesellt zu sein pflegt: nach dem jetzigen Stimd-
punkt der Untersuchung vielleicht weniger wegen eines ursprüng-
lichen Verhältnisses zu Aphrodite als wegen der früheren Verbin-
dung des Eros mit cerealischem Mysterienwesen, aus welcher
sein später so enges Verhältnils zu Aphrodite sich erst erklärt.
Dals dieses bereits nach Plato’s (Symp. 180 D) Zeugnils so all-
bekannte und doch bei Phidias (Paus. V, 11, 3) noch verleugnete
enge Verhältnifs späterhin so allgemein durchgedrungen ist, lälst
nur aus dem Ansehn gewisser Kulte, wie der aus Samoihrake
und Korinth nachgewiesenen, sich erklären, wo Aphroditen der
fackeltragende Flügelknabe zur Seite stand. Einmal durchge-
drungen jedoch hatte diese Verbindung den entschiedensten und
unvermeidlichsten Einfluls auf Umwandlung des Erosbegriffes.
Anfangs als Gott des Kampfs und der Freundschaft durch Bogen
und Lyra bezeichnet, dann als leuchtender Fackelträger im Na-
turdienst der Erdgottheiten bewährt und demnach mit Aphrodite
verknüpft, ward Eros in gleicher Weise wie diese Göttin selbst
aus dem Tiefsinn ältester Schöpfung und aus der Bedeutung all-
283
liebender Kraft am Anfang der Dinge zum Tagesdämon herab-
gezogen, dem die heitersten und flüchtigsten Regungen der Göt-
ter und Menschen die liebsten und die beschütztesten sind. Vom
himmlischen Begriff beider Gottheiten zu ihrem irdischen, vom
Eros Uranios zum Pandemos zu gelangen war hauptsächlich in
Hafenstädten wie Korinth ein Übergang leichtester Art, und
ebenso trug die Kunstentwickelung viel dazu bei im Zeitalter
des Praxiteles den Eros nicht weniger als Aphroditen mit blü-
hender Schönheit sowohl als mit einem Reiz der Verführung
auszustatten, der die ursprüngliche Bedeutung des thespischen
Gottes allzubald in Vergessenheit brachte.
Von archäologischen Nebenfragen deren Lösung im Zusam-
menhang dieser Abhandlung versucht worden ist, verdient theils
die zuletzt von Raoul-Rochette besprochene Bedeutung des Her-
maphroditen, theils die von Otto Jahn neuerdings in Zweifel ge-
‚stellte Todesbeziehung des Mythos von Amor und Psyche er-
"wähnt zu werden.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
- Annales des sciences physiques et naturelles, d’agriculture et
d’industrie, publides par la Societ€ royale d’agriculture etc.
de Lyon. Tome9. Annee 1846. Lyon. 8.
"Guinon, Note sur l’emploi du Sucre pour preserver les chaudie-
res a vapeur des incrustations salines. ib. 1847. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Secretaire-Archiviste de la So-
ciete royale d’agriculture etc. de Lyon, Herrn E. Mulsant, vom
s 30. Januar d.J.
_ Ludw. Ross, Reisen des Königs Otto und der Königin Amalia in
#: Griechenland. Bd.1.2. Halle 1848. 8.
Im Auftrage des Verf‘ von der Verlagshandlung C. A. Schwetschke
und Sohn iu Halle unterm 4. Juli d. J. übersandt
_ Raoul-Rochette, Memoires d’archeologie comparee asiatique,
grecque et elrusque. Premier Memoire. Sur ÜHercule assy-
rien et phenicien etc. Paris 1848. 4.
_ Karte über die geographische Verbreitung des Kameels nach einer
Handzeichnung von Carl Ritter, reducirt und vermehrt mit
der geographischen Verbreitung der Dattelpalme (Phönix Da-
etylifera), durch I. M. Ziegler. Zu Ritter’s Erdkunde Bd. 13.
fol. 2 Expl.
Kunstblatt 1848. No. 32. Stutig. u. Tüb. 4.
284
Obwohl schon immer bisher zu jeder wöchentlichen Ge-
sammtsitzung der Akademie andere Personen, welche dabei an-
wesend sein wollten, von jedem ordentlichen Mitgliede einge-
führt werden konnten und eingeführt worden sind, auch Gäste
durch Karten ordentlicher Mitglieder an den vorsitzenden Se-
kretar zu jeder wöchentlichen Gesammtsitzung empfohlen werden
konnten, so hat die Akademie doch, den als dringendes Bedürf-
nils laut gewordenen Wünschen thätiger Gelehrten gern entge-
genkommend, diesen bisher offnen Zutritt zu den wissenschaftli-
chen Vorträgen in ihren Gesammtsitzungen noch überdiefs dahin -
erleichtert, dafs künftig von jedem der 50 ordentlichen Mitglie-
der der Akademie an irgend einen Theilnehmenden eine perma-
mente auf ein Jahr gültige Karte übergeben werden könne, was
mit der nächsten Sitzung schon in Ausführung kommen soll.
27. Juli. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Müller las über die Metamorphose der Echi-
nodermen. Zweite Abhandlung. ;
Die Beobachtungen über die Larven der Seeigel und ihre
Metamorphose vom J. 1846 (Bericht der Akademie 1846 Octo-
ber 29) wurden 1847 in Helsingör bis zur Entwickelung der
Zähne des Seeigels fortgesetzt. Es folgt nun die Beschreibung
einer neuen in Helsingör beobachteten Echinodermenlarve mit häu-
tigen Wimpeln an den Seiten des Körpers und 3 mit einem
Stern von Papillen gekrönten Armen. Das an der Larve sich
entwickelnde Echinoderm ist platt, am Rande gelappt, es konnte
nicht entschieden werden, ob es eine Holothurie oder Asterie
wird. Darauf folgt die Anatomie der Bipennaria asterigera, de-
ren Bau durch die Beobachtungen der Vorgänger nicht hinläng-
lich aufgeklärt ist. Die vorgelegten Abbildungen erläutern die
Structur der letztern sowohl als der neuen Larve und ihre Ent-
wickelungsstadien. Den Schluls der Abhandlung bilden Untersu-
chungen über die Natur der Metamorphose der Echinodermen
und ihre Übereinstimmung mit dem Generationswechsel.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Memoires de la Societ€E royale des sciences de Liege. Tome 5.
Liege 1848. 8.
285
mit einem Begleitungsschreiben des Secredtaire general dieser Ge-
sellschaft, Herrn Th. Lacordaire vom 25. Mai d. J.
Nachrichten von der G. A. Universität und der Königl. Gesell-
schaft zu Göttingen. 1848. No. 8.9. 8.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 641. 642. 1848. 4.
K. E. Hammerschmidt, allg. österreich. Zeitschrift für den
Landwirth etc. 20. Jahrg. 1848. No. 13. Wien. 4.
Kunstblatt 1848. No. 33. Stuttg. u. Tüb. 4.
‚31. Juli. Sitzung der physikalisch- mathema-
tischen Klasse.
Hr. Lejeune Dirichlet las über die Reduction der
_ positiven quadratischen Formen mit drei unbestimm-
ten ganzen Zahlen.
Bekanntlich hat Lagrange zuerst gezeigt, dafs jede binäre
quadratische Form reducirt werden d.h. in eine andere verwan-
delt werden kann, deren Coeffhicienten gewisse Ungleichheitsbe-
_ dingungen erfüllen, und hat zugleich nachgewiesen, dafs in je-
der Klasse positiver Formen immer nur eine einzige solche Form
existirt, so dals für diesen Fall die verschiedenen einer gegebe-
nen Determinante entsprechenden reducirten Formen als die Re-
präsentanten der verschiedenen Klassen dienen können. Nach-
- dem später in den Disquisitiones arithmeticae die ternären For-
men aus einem allgemeinen Gesichtspunkt betrachtet worden wa-
ren, wurde es für die weitere Ausbildung dieser Theorie erfor-
derlich, die von Lagrange ausgeführte Untersuchung auf die
‚positiven Formen dieser Art auszudehnen, d.h. solche Ungleich-
heitsbedingungen zwischen den Coefhcienten aufzufnden, dafs
dieselben in jeder Klasse von einer und nur von einer Form
erfüllt werden. Diese mit grofsen Schwierigkeiten verbundene
Erweiterung ist von Seeber in einem speciell den positiven ter-
nären Formen gewidmeten Werke geleistet worden, dessen Haupt-
inhalt sie ausmacht. Die grolse Complikation der von Seeber
befolgten Methode liefs einen einfacheren zu denselben Resulta-
en führenden Weg wünschenswerth erscheinen, der jedoch erst
mach manchen fruchtlosen Versuchen hat aufgefunden werden
‚können. Zu leichterer Bezeichnung dieses neuen Verfahrens von
überraschender Einfachheit wird es zweckmälsig sein, die Sache
286
in ein geometrisches Gewand zu kleiden, indem wir dabei die
interessante geometrische Construction benutzen, durch welche
Gaufs in einem kleinen Aufsatz, worin er das Seebersche
Werk bespricht (*), die Haupteigenschaften der positiven binä-
ren und ternären Formen darstellt. Nach dieser geometrischen
Darstellung entspricht jeder positiven ternären Form ein unend-
liches System parallelepipedisch geordneter Punkte, und die ver-
schiedenen Unterformationen der Form sind nichts Anderes als
veränderte Anordnungen desselben Systems, nach einem andern
Elementarparallelepipedon. In dieser Sprache ausgedrückt, be-
stehen die Seeberschen Resultate wesentlich in Folgendem.
4. Jedes System parallelepipedisch geordneter Punkte läfst
sich immer so abtheilen, dafs bei dem entsprechenden
Elementarparallelepipedon weder die Seiten der Flächen
gröfser sind als die Diagonalen derselben, noch die Kan-
ten des Parallelepipedons gröfser als die Diagonalen des
Parallelepipedons.
2. Eine solche Anordnung kann bei einem gegebenen Sy-
stem im Allgemeinen nur auf eine Weise bewerkstel-
ligt werden.
Von der Richtigkeit des ersten dieser Sätze überzeugt man
sich leicht durch folgende höchst einfache Betrachtung. Es sei
(0) ein beliebiger Punkt des Systems. Die übrigen Punkte des-
selben liegen offenbar immer paarweise in gleicher Entfernung
und entgegengesetzter Richtung von (0). Es sei (1) einer der
Punkte des Paares für welche die Entfernung von (0) kleiner
ist als für jedes andere Paar. Findet dieselbe kleinste Entfer-
nung für mehrere Paare Statt, so wähle man (1) nach Belieben
in irgend einem derselben. Legt man jetzt durch die Gerade
(01) in irgend einen Punkt des Systems aulserhalb derselben eine
unendliche Ebene, so werden alle in diese Ebene fallende Punkte
ein parallelogrammatisches System bilden. In einer der beiden
nächsten Parallellinien dieses Systems nehme man den am näch-
sten bei (0) liegenden Punkt oder nach Belieben einen dersel-
ben, falls dieselbe kürzeste Entfernung für zwei Punkte dieser
Linie Statt findet. Unter allen Ebenen, welche auf die angege-
(*) Crelle’s Journal, Band 20, Seite 312.
287
bene Weise durch (01) gelegt werden können, wird diese kür-
zeste Entfernung bei einer oder bei einigen kleiner sein als bei
allen übrigen. Diese Ebene oder eine derselben, wenn dieselbe
kürzeste Entfernung mehreren gemeinsam sein sollte, und den
Punkt in ihr, den wir mit (2) bezeichnen wollen, halte man
fest. Man hat dann offenbar (02) Z (01) und eben so leicht
"sieht man dals in dem durch die Seiten (01) und (02) bestimm-
‚ten Parallelogramm die beiden Diagonalen nicht kleiner als diese
Seiten sind. Nachdem auf diese Weise die Ebene (012) fixirt
worden, bemerke man dals das gesammte Punktensystem in der
Ebene (012) und andern mit dieser parallelen und untereinander
‚aequidistanten Ebenen liegt. Nun nehme man in einer der beiden
der Ebene (012) benachbarten Ebenen den bei (0) nächsten Punkt
oder einen der nächsten, wenn dieselbe kürzeste Entfernung
bei mehreren stattfinden sollte. Nennt man diesen Punkt (3),
so hat man offenbar (03) Z (02) und das durch die Kanten (01),
(02) und (03) bestimmte Grundparallelepipedon wird die ver-
‚langten Eigenschaften haben.
| Nach dem oben über das Parallelogramm unter (01) und
(02) bemerkten, haben wir noch zu zeigen, dals sowohl bei den
Parallelogrammen (013), (023) als bei dem Parallelepipedon die
Seiten und Kanten nicht gröfser als die Diagonalen sind, was bei
zwei der Ungleichheiten (03) (02) (01) offenbar darauf hinaus-
kommt nachzuweisen, dals (03) weder grölser ist als eine der 4
Diagonalen der genannten Parallelogramme, noch grölser als eine
der 4 Diagonalen des Parallelepipedons. Nun fallen aber offenbar
diese 8 Diagonalen der Länge nach mit den 8 Geraden zusam-
men, welche von (0) nach den 8 Parallelogrammecken gezogen
werden können, die in der mit (012) parallelen, durch (3) ge-
henden Ebene um (3) herum liegen. Dafs aber von diesen 8
Verbindungslinien keine (03) übertreffen kann, folgt unmittelbar
aus der Bedingung, nach welcher der Punkt (3) gewählt worden.
Sind bei der eben angedeuteten Construction (1), (2) und
völlig bestimmte Punkte, (von der immer Statt findenden
Möglichkeit abgesehen, dafs man für jeden derselben auch den
Punkt nehmen kann, welcher in Bezug auf (0) in gleicher Ent-
ernung und entgegengesetzter Richtung liegt), so werden die
Kanten (01), (02) und (03) des erhaltenen Grundparallelepipe-
288
dons ungleich und die Diagonalen wirklich grölser als die Sei-
ten und Kanten sein, von denen sie im Allgemeinen nicht über-
treffen werden sollen. Für diesen Fall beweist man dann leicht,
dafs dem System nur dieses einzige Elementarparallelepipedon
mit den verlangten Eigenschaften entspricht. Etwas anders ge-
staltet sich die Sache, wenn bei unserer Construction zwischen
verschiedenen nich! entgegengesetzten Lagen für die Punkte (1),
(2) und (3) gewählt werden kann; in solchen singulären Fällen
können für das System mehrere nicht congruente Grundparalle-
lepipeden existiren, welche die verschiedenen Eigenschaften be-
sitzen. Alle diese Parallelepipedon lassen sich jedoch ohne
Schwierigkeit vollständig aufzählen und man kann immer eines
derselben durch gewisse Nebenbedingungen von den übrigen
trennen, so dafs durch das Hinzutreten dieser secundären Bedin-
gungen der Satz, dals jede Klasse nur eine reducirte Form ent-
hält, seine Gültigkeit nicht verliert. Etwas Ähnliches findet be-
kanntlich auch schon in der Thorie der positiven binären For-
men statt, wo man in zwei besondern Fällen für den mittleren
Coefhicienten ein bestimmtes Zeichen vorschreiben muls, wenn
man in jeder Klasse nur eine reducirte Form behalteu will.
Hierauf las Hr. Heinr. Rose über die quantitative
Bestimmung der Molybdänsäure.
Da die Molybdänsäure nicht ganz feuerbeständig ist, und
sich bei erhöhter Temperatur, besonders beim Zutritt der Luft,
in nicht ganz unbeträchtlicher Menge verflüchtigt, so ist ihre
quantitative Bestimmung mit Schwierigkeiten verbunden. Man
kann die Molybdänsäure zwar aus den sauer gemachten und ver-
dünnten Auflösungen vermittelst Schwefelwasserstoffgas als brau-
nes Schwefelmolybdän fällen; aber diese Fällung ist mit nicht
geringen Schwierigkeiten verknüpft, da die Molybdänsäure
äufserst schwer ganz vollständig in diese Schwefelverbindung
umgewandelt werden kann.
Der Verf. fand, dafs die beste Methode, um die Molybdän-
säure quantitativ zu bestimmen, die ist, dafs man sie in Molyb-
dänoxyd verwandelt. Dies geschieht am besten so, dals man sie
in einer Atmosphäre von Wasserstoffgas erhitzt. Erhitzt man
über der Spirituslampe bei nicht zu starker Hitze, so kann man
289
‚sicher sein, dafs sich nur Oxyd und nicht zugleich kleine Men-
‚gen von metallischem Molybdän bilden. Das Erbitzen kann in
einem Platintiegel geschehen, durch dessen durchbohrten Deckel
"man das Wasserstoffgas in den Tiegel leitet. Man erhitzt so
lange, bis das Gewicht des Molybdänoxyds unverändert bleibt.
Ist in einer Flüssigkeit Molybdänsäure in Ammoniak aufge-
löst, so. wird sie vorsichtig zur Trocknils abgedampft, und die
trockne Masse auf dieselbe Weise wie reine Molybdänsäure in
‚einer Atmosphäre von Wasserstoffgas erhitzt, um sie in Oxyd
zu verwandeln. Auch diese Operation kann in einem Platintie-
‚gel geschehen.
Wenn die Molybdänsäure in einer alkalischen Flüssigkeit
enthalten ist, so kann man sie durch eine Auflösung von salpe-
tersaurem Quecksilberoxydul vollständig fällen, nachdem die Flüs-
sigkeit durch Salpetersäure neutralisirt worden ist. War kohlen-
‚saures Alkali vorhanden, so läfst man nach der Sättigung mit
Salpetersäure das Ganze 12 bis 24 Stunden an einem mäfsig er-
wärmten Orte stehen, damit die Kohlensäure vollständig entwei-
ben kann. Der Niederschlag des molybdänsauren Quecksilber-
oxyduls ist von gelber Farbe, und sehr voluninös, sinkt aber nach
mehrstündigem Stehen sehr zusammen. Nach dem Filtriren auf
einem gewogenen Filtrtum wäscht man ihn mit einer sehr ver-
dünnten Auflösung von salpetersaurem Quecksilberoxydul aus, da
er in reinem Wasser etwas auflöslich ist. Nach dem vollständi-
gen Trocken bei 100° C. und nach genauem Wägen nimmt man
der Niederschlag von dem Filtrum und behandelt denselben in
einem Platin- oder Porcellantiegel mit Wasserstoffgas auf die-
elbe Weise wie Molybdänsäure oder molybdänsaures Ammoniak.
Man erhält Molybdänoxyd. Das auf dem Filtrum Haftende wird
nit demselben gewogen, und die Menge des Molybdänoxyds da-
in berechnet.
- Man kann bei dieser Methode zugleich die Menge des feuer-
beständigen Alkalis genau bestimmen, das mit der Molybdänsäure
'erbunden war. Man setzt zu der von molybdänsaurem Queck-
silberoxydul abfiltrirten Flüssigkeit Schwefelsäure und concentrirt
lieselbe durch Abdampfen. Es scheidet sich schwefelsaures
Jueksilberoxydul aus, das sich beim Eindampfen der Flüssigkeit
n gelbes basisches schwefelsaures Quecksilberoxyd verwandelt.
290
Die trockne Masse wird mit heilsem Wasser ausgezogen, der
gelbe Rückstand abfiltrirt, und die filtrirte Flüssigkeit zur Trock-
nils verdampft. Aus der trocknen Masse kann man durch Be-
handlung mit kohlensaurem Ammoniak auf die bekannte Weise
neutrales schwefelsaures Alkali erhalten.
Die Verbindungen der Molybdänsäure mit den feuerbestän-
digen Alkalien können auch durch Chlorammonium zerlegt wer-
den. Man mengt sie im trocknen Zustande mit einem Überschusse
des ammoniakalischen Salzes, und glüht sie damit. Wenn die
Molybdänsäure als saures Salz mit dem Alkali verbunden ist, so
schmiltzt die Masse nicht; die Säure verwandelt sich aber in
Molybdänoxyd. Man mengt mit neuen Quantitäten von Chlor-
ammonium und glüht von Neuem so lange, bis nach dem Glü-
hen keine Gewichtszunahme mehr stattfindet. Die geglühte Masse
wird mit Wasser behandelt, wobei Molybdänoxyd ungelöst zu-
rückbleibt, das auf einem gewogenen Filtrum filtrirt und bei
100° C. getrocknet werden muls. Die vom Molybdänoxyd ge-
trennte Flüssigkeit enthält das Alkali als alkalisches Chlormetall.
Diese Methode giebt hinsichtlich der Bestimmung der Mo-
Iybdänsäure nicht ein so genaues Resultat, wie die vermittelst
salpetersauren Quecksilberoxyduls, da ein kleiner Theil der Säure
durch Chloranmmonium zu metallischem Molybdän reducirt wird.
Sie kann aber besonders bei molybdänsauren Verbindungen au-
gewandt werden, die schr schwer im Wasser löslich sind.
Herr Ehrenberg zeigte die einfache Lichtbrechung
der Hefe gleich der der Schimmel-Bildungen bei po-
larisirtem Lichte vor.
nice
Beilage.
Einleitungsrede gehalten am Gedächtnilstage
Leibnizens
am 6. Juli 1848
vom vorsitzenden Sekretar
Herrn Trendelenburg.
Längst hat in den Wissenschaften, wie in den Werkstät-
ten, die Theilung der Arbeit begonnen. Längst liegt die Zeit
jener Anfänge hinter uns, in welcher noch Eine geistige Kraft
allen Richtungen genügen und Eine Kraft alle Seiten umspan-
nen konnte.
Und doch geht in demselben Sinne, als die Welt der Dinge
Eine ist, durch die Wissenschaften, wie vielfach sie sich auch
spalten, wie viele Seiten sie auch ausbilden, die Idee einer Ein-
l eit hindurch, die Idee eines Ganzen, in welcher sie wie Glie-
der zusammengehören, die Idee eines Lebens, in welchem sie
sich wechselseitig fördern und erhöhen.
Es ist die Aufgabe der Philosophie, diese Idee, die sich in
der wachsenden Masse des Einzelnen, in der zunehmenden Fülle
ss Besondern zu verlieren droht, immer von Neuem ans Licht
u bringen. Die Philosophie will diese Aufgabe namentlich da-
ırch lösen, dafs sie in den mannigfaltigen Principien der be-
ondern Wissenschaften die Eine Quelle des begründenden Ge-
lankens aufsucht. Aber die Durchführung des Besondern muls
ie den besondern Wissenschaften überlassen. Es liegt hier ihre
schranke und hier droht ihr die Gefahr, der die einzelnen Ge-
alten der Philosophie selten entgehen, da sich die volle Kraft
es allgemeinen Princips erst in der vollen Verzweigung des Be-
ndern offenbart. Indem in der Philosophie das Allgemeine
iederum einer besondern Wissenschaft, einer besondern Ar-
7*
292
beit anheimfüllt, entstehen daraus eigenthümliche Schwierigkei-
ten, welche die übrigen Wissenschaften in ihrer handlichern
Aufgabe nicht kennen.
Aber es kann nicht anders sein. Dem unendlichen Stoff
des Besondern steht das endliche Maals der einzelnen Kraft in
einem Milsverhältnils gegenüber, das nie ganz und nur in selte-
nen Geistern anniherungsweise ausgeglichen wird.
Zu diesen seltenen Geistern rechnet man Leibniz.
Allerdings begegnen sich in dem Raum seiner Gedanken
alle Wissenschaften seiner Zeit fast ohne Ausnahme. Wir be-
wundern den Umfang seiner Kraft; — und er nimmt nicht die
Wissenschaft auf, wie sie ihm von Andern überliefert werden;
er belebt, was er empfüngt, so weit, dals es auch im Beson-
dern weiter zeugt und Neues hervorbringt.
Werfen wir einen Blick auf die Seiten seiner wissenschaftli-
chen 'Thätigkeiten.
Leibniz war ursprünglich Jurist. Seine juristischen Schril-
ten sind die frühesten (1668) und schon die Titel zeigen ihre
reformatorische Richtung. Die eine ist eine neue Methode, die
Rechtsgelehrsamkeit zu lernen und zu lehren, nova methodus dis-
cendae docendaeque iurisprudentiae; sie bezieht sich auf das gel-
tende Recht des deutschen Reichs und enthält im Anfange ein
Verseichnils dessen, was in der Rechtswissenschaft vermilst wird
(catalogus desideratorum). Kine andere will das corpus duris au
einem System ordnen (ratio corporis duris reconcinnandi). Leibniz
war Publicist, Er griff mehrfach in politische Fragen seiner
Zeit ein. Als ».B. 1677 beim Friedensschluss zu Nimmwegen
die französischen Gesandten keinen Gesandten der deutschen Für-
sten aulser der Ghurlürsten zulassen wollten, schrieb er unter
dem Namen Gaesarinus Fürstener seine gelehrte Schrit über
das Recht der Hoheit und der Gesandtschaft der deutschen Für-
sten (de jure suprematus ac legationis principum Germaniae), Al
später (1713) der Churfürst von Hannover König von Englan
geworden und in England angegriffen und namentlich von Sei
ten der kirchlichen Gesinnung verdächtigt wurde: schrieb Leib
niz, wenn auch ohne sich zur Schrift zu bekennen, den Andi Ja
cobite, Leibniz war Philolog. Wenigstens versuchte er sie
an Etymologien, wie seine Gollectaneen beweisen nnd fals
293
h der Analogie der Algebra den Gedanken einer Universal-
prache. Leibniz war Historiker. Davon zeugen seine grolsen
"Sammlungen geschichtlicher Urkunden und Denkmäler, sein co-
dex iuris gentium diplomaticus, seine accessiones historicae, seine
s riptores rerum Brunsvicensium illustrationi inservientes. Davon
eugen seine Annalen des Reichs, «nnales imperü. Leibniz
war Mathematiker. Wenn er in den geschichtlichen Studien
( Stoff zusammenbrachte, sichtete und darstellte und mit va-
tem Gedächtnils umfalste: so übte er in der Mathematik die ent-
gegengesetzte Thätigkeit des Geistes; in der Mathematik brach er
nit schöferischem Scharfsinn neue Bahnen. Wir erinnern an seine
Combinationsrechnung, an seine Dyadik, an seine Differentialrech-
ung. Leibniz gehört zu jenen erfinderischen Köpfen, welche
nicht blofs Einzelnes neu erkannten, sondern auch dem mensch-
ichen Geiste ein neues Werkzeug schufen und dadurch seine
Igemeine Macht zu erkennen steigerten. Leibniz war Physi-
er. Dahin gehört seine Nachricht über einen Fortschritt der
'ptik (1670), seine "Theorie der abstracten und concreten Be-
wegung (1670), seine protogaea oder über den ersten Zustand
r Erde (1693). Leibniz war Mechaniker. So erfand er
eine Rechenmachine und entwarf für den Harz eine Mühle, um
s Wasser aus den Bergwerken zu schaffen. Wie Leibniz auf
sen Gebieten mit den änfsern Kräften der Natur verkehrte,
beschäftigte er sich mit den höchsten Gedanken des nach in-
gekehrten Geistes. Leibniz war Theolog. Mit Vorliebe
ıg er in kirchliche und dogmatische Fragen ein, wie sein
riefwechsel z.B. mit Arnauld, de Bosses, beweist. Seine Ver-
eidigung des Begriffs der Dreieinigkeit gegen den Soeinianer
Vissowatius (1710), sein viel besprochenes systema theologicum
nd Belege dieser Richtung. — Nach diesem verschiedenartigen
‚bieten, anf welchen Leibniz Meister oder doch heimischer
ast war, messen wir die Vielseitigkeit seines Geistes, seine
jeweglichkeit in der Vielartigkeit der besondern Erkenntnisse.
- Zwar thuts das viele Wissen nicht und schon der alte He-
iklit sagt: „Vielwissen erzeugt nicht Vernunft”. Aber Leibniz
it nicht in die Breite des Besondern, um die Tiefe des All-
meinen aufzugeben. Den Forschungen und Erfindungen in den
sondern Wissenschaften stehen bei Leibniz philosophische Un-
294
tersuchungen gegenüber. Leibniz, obwol er den Gedanken einer
Encyklopädie der Wissenschaften besonders lieb hatte, war kein
blofser encyklopädischer Kopf; er war ein philosophischer Geist.
Wir fragen nun, wie sich bei ihm das philosophische Ele-
ment zu den besondern Erkenntnissen verhält.
Campanella, der im 16'" und 17 Jahrhundert die theo-
logisch gefärbte scholastische Philosophie des Mittelalters be-
stritt, drang in der Philosophie, um Einseitigkeiten zu vermei-
den, auf eine Berücksichtigung aller einzelnen Wissenschaften.
Wer nur Theologie oder nur Mathematik oder nur Medizin
studirt habe, bringe die Richtung dieser einseitig gepflegten Wis-
senschaft in die Philosophie hinein. Nach dieser Anforderung
war niemand mehr, als Leibniz, zur Philosophie berufen. In
einem so beweglichen Geiste, wie Leibniz war, begegnen sich
die Analogien der einzelnen Wissenschaften, sie beleuchten sich
wechselseitig, und werfen auch ihr Licht oder ihren Widerschein
in die allgemeine philosophische Ansicht.
Wir erläutern dies am besten an Leibnizens Begriff Got-
tes. Leibniz, ein genauer Kenner der Scholastik, hatte früh eine
Richtung zur Theologie; und immer sucht er in dem Begriff
Gottes, dem ursprünglich Guten und Vollkommnen, den Mittel-
punkt der Betrachtung, den Stützpunkt der Weltansicht. Von der
Gottheit als dem Vollkommnen kann nur das Vollkommne her-
rühren, das Vollkommenste unter dem Möglichen. Daraus schliefst
Leibniz, dafs die Welt, weil sie unter den möglichen wirklich
geworden ist, auch die beste sei, und er entwirft in dieser Rich-
tung seinen Optimismus. Er geht von der Voraussetzung aus,
dafs unendlich viele Welten ebenso möglich waren, als die wirk-
lich gewordene. Jede mögliche Welt hatte so viel Anrecht,
wirklich zu werdeng als sie das Gute in sich darstellt. Die den-
kende Ursache der Welt konnte nur das Beste wählen. Wenn
unter allen möglichen Welten keine die beste gewesen wäre, so
hätte die vollkommne Weisheit, welche ebenso geregelt ist, als
die mathematische Wissenschaft, gar keine schaffen können. Weil
Gott keine andere Welt geschaffen hat, ist es die beste Welt.
Die Voraussetzung, nach welcher in dieser Ansicht die denkende
Thätigkeit Gottes aufgefalst wird, ist eine mathematische Analo-
gie. Das Mögliche spielt in Gottes Verstande, bis sich in der
295
Vergleichung das Beste ausscheidet, auf ähnliche Weise, wie sich
in der von Leibniz ausgebildeten Combinationsrechnung die Ele-
mente zu den möglichen Complexionen versetzen und zusam-
menfügen. Wie die Combinationsrechnung die möglichen Fälle
‚darstellen und berechnen lehrt, die sich unter bestimmten Be-
‚dingungen ergeben können: so entwirft und erwägt der combi-
nirende Verstand Gottes das Mögliche in seiner unendlichen
Mavnigfaltigkeit, um es dann nach dem Mafs des Besten zu ver-
‚wirklichen. — — In demselben Zusammenhange wendet Leibniz,
m sich Gottes Geist vorzustellen, eine andere mathematische
Analogie an. Er denkt sich ihn, wie einen construirenden Geo-
meter, wenn er in dem kürzlich herausgegebenen discours de
metaphysique v. J. 1685 sagt: „Gott hat das Vollkommenste ge-
wählt, d.h. dasjenige, was zugleich das Einfachste in den Vor-
aussetzungen und das Reichste in den Erscheinungen ist.” In
der arithmetischen Dyadik (1697) will er, indem er eine neue
Rechnungsweise aus dem Zeichen des Nichts und der Einheit
darstellt, ein Bild der Schöpfung aus dem Nichts und dem Einen
(dem Schöpfer) entwerfen. In allen diesen Fällen erläutert die
geistige That des mathematischen Verstandes die schöpferische
That Gottes. Eben denselben Einfluls des Mathematikers auf
den Philosophen kann man in Leibnizens logischer Theorie, in
seiner Erkenntnifslehre nachweisen. In dem neuen Versuch über
den menschlichen Verstand stellt er dem Empirismus Locke’s,
nach welchem der Geist eine leere Tafel ist, die von der Er-
fahrung beschrieben wird, nothwendige Erkenntnisse entgegen,
velche nicht aus der verworrenen Sinneserfahrung stammen kön-
nen, nothwendige und allgemeine Wahrheiten, welche durch
keine Induction von aufsen kommen können. Allenthalben schwebt
him dabei die Arithmetik und Geometrie vor. Der denkende Ma-
hematiker gründet hier die tiefere logische Theorie.
Es mögen diese Beispiele genügen, um zu zeigen, wie
ie Beschäftigung mit den besondern Wissenschaften auf seine
hilosophische Ansicht einwirkte. Sie gab ihr Klarheit und
tückbhalt. J
Aber es fragt sich umgekehrt, welche Gewalt bei ihm das
Allgemeine über das Besondere hatte. Die Kraft und die Eigen-
296
thümlichkeit des philosophischen Elements kann erst darin er-
kannt werden.
Allenthalben, wo Leibniz Besonderes behandelt, sehen wir
ihn bis in die Principien gehen und er versucht auch, wie in
der Monadologie, das Allgemeine zur Einheit zusammenzufassen.
Aber wie seine philosophischen Schriften fast alle Gelegenheits-
schriften sind, bald Briefe, bald Widerlegungen, wie z.B. von
Locke in seinen neuen Versuchen über den menschlichen Ver-
stand, von Bayle in der Theodicee: so ist überall die Weise,
wie er philosophirte, mehr reflectirend, als deducirend, mehr
kritisch, als schöpferisch. Freilich kann es, obwohl das kritische
Geschäft negativ ist, doch keine Kritik geben, die nicht auf dem
Grunde eines positiven Gedankens ruhte — zumal in einem Leib-
niz. Aber die Entwicklung dieses Positiven tritt bei ihm gegen
die Beurtheilung zurück. Die Ausführung ist mehr fragmenta-
risch, als systematisch. Leibniz ist fern von dem Ebenmals, in
welchem sich das Allgemeine und Besondere durchdringt und
das Besondere behält gegen das Allgemeine in seinem Geiste ein
grofses Übergewicht. Wenn man in Leibnizens Philosophie his-
torisch die Ansätze der Gedanken aufsucht, so sinkt der Werth
des anscheinend Ursprünglichen. Vergebens hat man in neuerer
Zeit Leibniz aus Spinoza hervorgehen lassen; die dafür beige-
brachten Beweise beruhten grofsen Theils auf einem literari-
schen Irrthum, indem man Leibnizens Schrift de vita beata für
spinozistisch hielt, während sie nur historische Studien, nur eine
Skizze aus Cartesius enthält. (*) Anch das ist unhistorisch, dals
Leibniz, der Cartesius genau kannte, je Cartesianer war. Leib-
niz selbst datirt den Ursprung seiner eigenen philosophischen
Gedanken aus einer Zeit, da er Cartesius noch nicht gelesen.
Aber Leibniz hatte früh die Alten, namentlich den Aristoteles
studirt und war früh in den Scholastikern heimisch, wie schon
seine erste Dissertation zeigt. Daran knüpft sich seine Richtung
auf die Probleme der Theologie an, die er vom Beginn seiner
Laufbahn bis zu Ende verfolgt. Daran seine platonischen und
aristotelischen Begründungen. Aus dem Geist dieser Studien geht
(*) S. die Abhandlung in dem Monatsbericht der Akademie der Wis-
senschaften, October 1847. S. 372.
297
seine Richtung auf den Zweckbegriff im Gegensatz gegen die
blinde Kraft hervor, seine praestabilirte Harmonie der Zwecke
und Kräfte durch den Gedanken Gottes. Ja, man könnte selbst
in der Monadenlehre Zusammenhänge mit Aristoteles finden; denn
die Monaden sind die individuellen Gedanken Gottes, wie Zwecke,
und Leibniz nennt sie selbst mit einem aristotelischen Ausdrucke
Entelechien.
Um nicht im Allgemeinen zu schweben, sondern den Nach-
weis im Einzelnen zu suchen, heben wir als ein Beispiel Leib-
nizens Ansicht vom Naturrecht hervor. Vielleicht ist es auch
in einer Zeit, in welcher alle geistigen Kräfte aufgeboten wer-
den, das Recht in eine neue Formel zu fassen, von Interesse,
den Grundbegriff des Rechts in einem Geiste, wie Leibniz war,
zu erkennen. Wir verweilen daher bei Leibnizens Grundbegriff
_ vom Naturrecht etwas länger.
Es fehlt uns auch auf diesem Gebiete eine ausführliche Ent-
wickelung; aber Leibniz bleibt sich in den Grundzügen gleich,
_ mögen wir nun seine Äufserungen in seiner schon 1667 geschrie-
% benen Abhandlung nova methodus discendae docendaeque iuris-
prudentiae (W. 8. 72. ff. ed Dutens IV, 3, p.212) und die Äufse-
rungen wenige Jahre darauf in dem ersten Briefe an Arnauld
(herausgegb. v. C.L. Grotefend p.143) vergleichen, oder die
im J. 1693 der Vorrede des codex iuris gentiurn diplomaticus
} eingefügte Darstellung (bei Dutens IV. 3. p. 291. ff. $. XI ff.).
Die Rechtslehre, sagt Leibniz im codex iuris gentium diplo-
x maticus, die Rechtslehre, von Natur in enge Grenzen einge-
g schlossen, ist durch den menschlichen Geist unermefslich erwei-
tert. Die Begriffe des Rechts und der Gerechtigkeit sind
immer noch nicht hinlänglich klar. Das Recht (ius) ist ein
sittliches Vermögen (quaedam potentia moralis) und die Ver-
pflichtung (odligatio) eine sittliche Nothwendigkeit (necessitas
moralis). Unter einer sittlichen verstehe ich diejenige, welche
bei einem guten Manne (apud virum bonum) einer natürlichen
gleich gilt; denn ein römischer Rechtslehrer hat Recht, wenn
er sagt: dafs wir thun können, was gegen die gute Sitte ist,
dürfen wir nicht einmal annehmen. Ein guter Mann (vir bonus)
ist aber der, welcher alle liebt, soweit es die Vernunft erlaubt.
Wir erklären daher die Gerechtigkeit, welche die leitende Tu-
298
gend der Menschenliebe ist, als die Liebe des Weisen (caritas
sapientis) d.h. die Liebe, welche den Vorschriften der Weis-
heit folg. — — Liebe (caritas) ist allgemeines Wohlwol-
len — — und lieben (amare) heilst sich an des Andern Glück-
seligkeit freuen, oder, was auf dasselbe hinausläuft, fremde Glück-
seligkeit zur eigenen machen. — Dadurch löst sich, sagt Leibniz,
ein Knoten, der auch für die Theologie von Wichtigkeit ist,
wie es eine edle Liebe gebe, die von Furcht und Hoffnung und
Eigennutz frei sei. Denn wir nehmen die Glückseligkeit derje-
nigen, deren Nutzen uns erfreut, in die unsere auf, weil alles,
was erfreut, für sich erstrebt wird. Und wie die Betrachtung
des Schönen wohlgefällt und ein Gemälde Raphaels den ein-
sichtigen Beschauer, obwohl es keinen Gewinn bringt, gleich
einem Abbild .der Liebe entzückt: so geht diese Ewpfindung,
wenn das Schöne auch der Glückseligkeit fähig ist, in wahre
Liebe über. Aber die göttliche Liebe übertrifft jede andere,
weil Gott am reinsten geliebt werden kann; denn es kann nichts
Seligeres und nichts Schöneres und der Seligkeit Würdigeres
gedacht werden. Und da Gott die höchste Macht und Weis-
heit ist, so nehmen wir, wenn wir weise sind, d.h. wenn wir
ihn lieben, seine Seligkeit nicht blos in die unsere auf, sondern
er wirkt sie auch. Weil aber Weisheit die Liebe leiten muls,
so muls auch die Weisheit bestimmt werden; und wir genügen
der Vorstellung der Menschen, wenn wir die Weisheit als
Erkenntnils der Glückseligkeit erklären *). Wir werden dadurch
auf die Glückseligkeit zurückgewiesen, die aber dieses Orts, sagt
Leibniz, nicht weiter zu entwickeln ist.
Aus dieser Quelle fliefst, fährt er fort, das Recht der
Natur, das drei Stufen hat: das strenge Recht in der aus-
gleichenden Gerechtigkeit des Verkehrs (in der iuszitia commuta-
tioa), die Billigkeit (oder im engern Sinne des Wortes Liebe)
in der vertheilenden Gerechtigkeit (iustitia distributiva), endlich
Frömmigkeit (oder Redlichkeit) in der allgemeinen Gerech-
tigkeit (also ius strietum, aequitas, pietas oder probitas). Daraus
ergeben sich die allgemeinsten und verbreiteten Rechtsregeln,
°) Dieselben kurzen Bestimmungen über die Liebe finden sich noch in
pem Briefe an Hansch 1707. Bei Erdmann p. 445,
; 299
nämlich niemanden zu verletzen, jedem das Seinige zu geben,
sittlich (oder vielmehr fromm) zu leben.
Es ist die Vorschrift des blofsen oder strengen Rechts, nie-
manden zu verletzen, damit ihm nicht im Staate das Recht der
Anklage, aufser dem Staate das Recht des Krieges gegeben werde.
_ Daraus ergiebt sich die Gerechtigkeit, welche die Philosophen
die commutative nennen, die ausgleichende Gerechtigkeit des Ver-
kehrs... Leibniz bezieht sich dabei auf seine Jugendschrift über die
Methode der Rechtswissenschaft, in welcher sich folgende Er-
- läuterung findet ($. 74. IV. 3. p. 213). Das strenge Recht, sagt
Leibniz dort, stammt aus der Bestimmung der Übereinkunft (ex
terminorum definitione) und ist, genau erwogen, nichts anders
als das Recht des Krieges und Friedens. Denn zwischen Person
_ und Person ist so lange ein Recht des Friedens, als der eine
nicht den Krieg anfängt d. h. so lange er nicht verletzt. Aber
- zwischen Person und Sache ist, weil die Sache nicht Verstand
_ hat, ein beständiges Recht des Kriegs. Ein Löwe z. B. darf
einen Menschen zerreilsen und ein Berg den Menschen im Sturz
erschlagen, dagegen darf der Mensch den Löwen bändigen und
- den Berg durchbrechen. Der Sieg einer Person über die Sache
und die Gefangenschaft einer Sache heilst Besitz. Besitz also
‚giebt einer Person Recht auf eine Sache nach dem Recht des
Krieges, vorausgesetzt, dals sie herrenlos ist. Denn wenn die
Sache einen Herrn hat, so darf man sie ebenso wenig verletzen
oder nehmen, als einen fremden Sklaven tödten oder einen über-
laufenden fremden Sklaven aufnehmen. Wenn also einer den
andern entweder in der Person oder in seinen Sachen verletzt,
so giebt er ihm das Recht des Krieges. — Auf diese Weise be-
stimmt Leibniz das strenge Recht (das ius strictum), die unter-
‚ste Stufe. <
=. Die höhere Stufe nenne ich, fährt Leibniz im codex iuris gen-
tium diplomaticus fort, die Billigkeit, oder, wenn man lieber
will, Liebe (nämlich im engern Sinne), welche ich jenseits der
‚starren Strenge des blolsen Rechts auch auf diejenigen Verpflich-
ungen erstrecke, aus welchen ein Recht der Klage, um uns zu
zwingen, den Betheiligten nicht gegeben wird, z. B. zur Dank-
barkeit, zum Almosen. Und wie es auf der untersten Stufe galt,
300
nützen, aber nach dem Mafs, das jedem zukommt oder jeder
verdient, da es nicht möglich ist, alle und jeden zu begünstigen.
Deswegen gehört hieher die vertheilende Gerechtigkeit (die iu-
stitia distributiva) und die Vorschrift des Rechts jedem das Sei-
nige zu geben. Und hierauf beziehen sich im Staate die politi-
schen Gesetze, welche für das Glück der Unterthanen sorgen
und nicht selten bewirken, dafs diejenigen, welche nur Anspruch
des Verdienstes haben, ein Recht erlangen und nun fordern kön-
nen, was für andere zu leisten billig ist. Und während auf der
untersten Stufe des Rechts keine Unterschiede der Menschen in
Betracht kommen, aufser so weit sie aus dem Geschäft selbst
entspringen, sondern alle Menschen für gleich gelten: so wer-
den doch auf dieser höhern Stufe die Verdienste gewogen; da-
her ergeben sich hier Privilegien, Belohnungen, Strafen. — —
Rücksicht auf die Personen findet da nicht Statt, wo wir im
Verkehr fremde Güter eintauschen, sondern nur da, wo wir die
unsern oder die Güter des Staates vertheilen. Hiernach sagt
Leibniz in der Schrift über die Methode der Rechtswissenschaft
($ 75), dafs die Billigkeit d. h. das Verbältnils oder gleiche Ver-
hältnifs zweier oder mehrerer in der Harmonie oder Überein-
stimmung bestehe.
Die höchste Stufe des Rechts heifst Redlichkeit oder viel-
mehr Frömmigkeit. Denn was bis jetzt gesagt ist, kann so
aufgefafst werden, dafs es sich auf die Rücksichten des sterbli-
chen Lebens beschränkt. Und zwar entsteht das blofse oder
strenge Recht aus dem Princip den Frieden zu halten; die Bil-
ligkeit oder die Liebe strebt zu Höherem, um, so viel man
kann, indem man andern nützt, in der fremden Glückseligkeit
die eigene zu mehren; und um es kurz zu sagen, das strenge
Recht vermeidet Unheil, das höhere Recht strebt nach Glück-
seligkeit, aber nur wie sie in diesem sterblichen Leben Statt haben
kann. Dafs wir aber das Leben selbst und was das Leben wün-
schenswerth macht, einem grofsen fremden Vortheil nachsetzen
müssen und selbst die gröfsten Schmerzen für andere ertragen
sollen: das wird mehr von den Philosophen schön vorgeschrie-
ben, als gründlich bewiesen. — — Um aber allgemein darzu-
thun, dafs alles Sittliche nützlich ist und alles’ Unsittliche schäd-
lich, mufs man die Unsterblichkeit der Seele hinzunehmen und
301
den Regierer des Alls, Gott. Dann sehen wir ein, dafs wir
alle in dem vollkommensten Staate leben unter einem Könige
(monarcha), der nach seiner Weisheit nicht fehlen und dem
nach seiner Macht niemand entgehen kann, der dergestalt zu
lieben ist, dals einem solchen Herrn zu dienen Glückseligkeit
wird. Wer ihm also sein Leben hingiebt, der gewinnt es nach
Christi Lehre. Durch seine Macht und Vorsehung wird es be-
wirkt, dafs alles Recht in That übergeht, dafs niemand verletzt
_ wird aufser von sich selbst, dafs es keine gute That ohne Be-
_ lohnung giebt, keine böse ohne Strafe. Weil nun, wie Christus
lehrt, alle Haare auf unserm Haupte gezählt sind und nicht ein-
mal ein Trunk Wassers einem Dürstenden umsonst gegeben wird,
so wird nichts in dem Gemeinwesen des Alls verabsäumt. Nach
dieser Betrachtung heilst diese Gerechtigkeit die allge-
meine (iustitia universalis) und umfalst alle Tugenden. Denn
_ was sonst keinen andern angeht, z. B. unsern Leib und unser
Eigenthum uicht zu mifsbrauchen, ist auch jenseits der mensch-
lichen Gesetze durch ein natürliches Recht d. h. durch ewige Ge-
setze des göttlichen Rechts verboten, da wir uns und das Unsrige
Gott schuldig sind. Denn wie dem Staate, so liegt noch mehr
dem Universum daran, dafs niemand das Seine milsbrauche.
Deswegen hat von hier aus die höchste Vorschrift des Rechts
ihre Bedeutung, welche sittlich, d. h. fromm zu leben gebietet.
Daher, sagt Leibniz, vermifst man noch in der Wissenschaft ein
Natur- und Völkerrecht nach der Lehre der Christen d. h. (im
Sinne der Zeugnisse Christi) nach dem höhern, nach dem gött-
lichen Geist der Weisen. In diesem Sinne erklärt Leibniz das
_ Dasein Gottes, des weisesten und mächtigsten Wesens, für das
letzte Fundament des Naturrechts (d. meth. iurispr. 8 76); denn
der Nutzen des Menschengeschlechts und die Schönheit und Har-
monie der Welt fallen ihm mit dem göttlichen Willen zusam-
men. Leibniz sagt in dem ersten Briefe an Arnauld ($. 143) in
demselben Zusammenhange: es sei dasselbe, alle lieben und ge-
recht sein; und es sei dasselbe, alle lieben und Gott lieben, den
‚Sitz der Harmonie der Welt (sedem harmoniae universitatis).
Leibniz, weit entfernt Recht und Sitiliches, Legales und
_ Moralisches, wie Spätere thaten, von einander zu scheiden, ver-
tieft auf diese Weise das Naturrecht in die Menschenliebe, die
302
Menschenliebe in die Gottesfurcht. Naturrecht und Ethik, Ethik
und Theologie gehen noch Hand in Hand.
Wenn uns in den Grundzügen diese Ansicht gerade durch
die Einheit des später Getrennten und Zerfallenen, durch den
Einklang aller praktischen Sphären anzieht: so bleibt sie leider
nur eine Ansicht in geistvollen Umrissen. Wir vermissen hier,
wie öfter in Leibniz, die Ableitung aus einem höhern Allgemei-
nen und die Entwicklung in die Folgerungen des Besondern.
Erst durch jene würde sie Glied in einem Ganzen, erst durch
diese Macht im Einzelnen, erst durch beides wahrhaft das lö-
sende Wort für die Räthsel streitender Rechtsbegriffe. Aus
Leibnizens Schriften läfst sich im Wesentlichen kaum mehr als
das Mitgetheilte über diesen Gegenstand entnehmen.
Werfen wir zunächst auf die Ableitung einen Blick. Es
ist der allgemeine Grundgedanke, dafs Gerechtigkeit die Liebe
des Weisen und Weisheit die Erkenntnils der Glückseligkeit
sei; und es sollen daraus die drei Stufen des strengen Rechts,
der Billigkeit und der Frömmigkeit berflielsen. Wir übergehen
es, dals die Gerechtigkeit schwerlich wie eine Art unter das
Allgemeine der Liebe fallen kann. Wir mögen die Liebe als
die Gesinnung bezeichnen, die auch durch die Gerechtigkeit
durchgeht. Aber das Eigenthümliche der Gerechtigkeit hat eine
Richtung auf das Mals des Besondern, auf die Gliederung des
Allgemeinen. Es würde dies nur versteckt in dem zweiten Ele-
ment der Erklärung liegen: Gerechtigkeit sei die Liebe des
Weisen und Weisheit sei die Erkenntnils der Glückseligkeit.
Sollte es darin liegen, sollte eine Anwendung auf das Besondere
gefunden werden: so bedürfte der vieldeutige Ausdruck der
Glückseligkeit einer Bestimmung. Nur von diesem Punkte her
könnten Leibnizens formale Bestimmungen in die Sache überge-
hen. Aber gerade bei diesem Begriff bricht Leibniz ab. In
dem Worte der Glückseligkeit sind alle einig, aber in dem Sinn
ist die Auffassung so verschieden, als die ethischen Ansichten
selbst. Gab es doch schon im Alterthum zwischen Epicureern
und Peripatetikern, Stoikern und Neuplatonikern in der Bestim-
mung der Glückseligkeit des Streites genug? So lange Leibniz
nicht sagt, was denn die Glückseligkeit sei, auf welche die Ge-
rechtigkeit, die Liebe des Weisen, gerichtet ist; so lange fehlt
303
den Umrissen der Inhalt, dem Allgemeinen die bestimmte Ge-
stalt des Wesens, dem Wesen die Kraft besonderer Eigen-
schaften.
Leibniz müfste dabei in der Richtung seines Gedankenganges
auf die prästabilirte Harmonie, auf die Harmonie der Zwecke im
Universum und näher auf die Harmonie der Zwecke im mensch-
lichen Leben zurückgehen. Denn die Glückseligkeit, der letzte
Begriff in Leibnizens ethischer Ansicht, kann nur eine Lust sein,
die aus dieser Harmonie entspringt oder mit ihr eins ist. Daher
setzt auch Leibniz als die höchste Stufe der Gerechtigkeit die
Frömmigkeit (piezas). Denn Gott und Harmonie des Universums
sind bei Leibniz immer so eins, wie die Quelle und ihr Was-
ser eins sind. Leibniz vertauscht beides nicht selten. Aber auch
_ hier vermissen wir dasselbe. Harmonie drückt nur eine Form
des Zusammen aus, eine Form und eine Beziehung gleichzeiti-
ger Verhältnisse. Aber weder sind damit die wirklichen Ele-
mente bezeichnet, welche in Harmonie treten — sind es Töne,
sind es Gründe, sind es Zahlen, sind es Kräfte?— noch ist da-
mit die Weise der Harmonie ausgedrückt, denn, wie die Musik
‚uns lehrt, es giebt ihrer eine unendliche Fülle.
Sollte von der höchsten Stufe der Gerechtigkeit, der Fröm-
migkeit, welche in der Liebe Gottes die Harmonie des Alls um-
falst, zu den beiden andern Stufen, zur Billigkeit, welche je-
dem das Seine giebt, und zum strengen Recht, welches nie-
manden verletzt, ein Übergang der Ableitung möglich sein: so
durfte die Harmonie des Alls und in ihr die menschliche Glück-
seligkeit nicht ein blofser Anklang der Empfindung bleiben, son-
dern sie mulsten in ihren Elementen und in der Weise, wie sie
‚die Elemente zusammenfalst, bestimmt werden. Denn wenn die
Billigkeit vertheilende Gerechtigkeit ist, so bedarf sie aus dem
Allgemeinen eines Malses für den Unterschied des Besondern.
Aber in den Worten der Harmonie, der Glückseligkeit, die nur
‚eine Form des Daseins ausdrücken, sind keine Unterschiede ge-
‚setzt. Dasselbe gilt vom strengen Recht, das, indem es zu ver-
etzen verbietet, gesetzte Unterschiede schützt und behauptet.
Unter diesen Verhältnissen kann es uns nicht wundern, dafs
ei Leibniz jeder Versuch fehlt, aus den allgemeinen Grundbe-
griffen Bestimmungen über das Recht der Personen oder Sachen
304
oder Actionen abzuleiten oder daraus positive Rechtsverhältnisse
zu beurtheilen. Das Allgemeine schwebt über das Besondere
dahin, ohne sich in dem Besondern zu vollziehen und zu befe-
stigen. Daher geschieht es auch, dafs bei Leibniz im codex iuris
gentium auf die allgemeinen Bestimmungen über das Naturrecht
das willkührliche Recht, das nach den Bedingungen des Volkes
und Landes in der Geschichte wechselt, und das positive gött-
liche Recht wie ein Anhang folgt. Es hätte sich doch darum
handeln müssen, wie beide zu dem Naturrecht, dem Recht der
unwandelbaren Vernunft, sich verhalten. Denn beide können
nicht wie beigeordnete Arten neben dem Naturrecht stehen.
So haben Leibnizens Bestimmungen des Naturrechts das
Schicksal geistvoller Umrisse; die Symmetrie des Gedankens er-
freuet, aber der Gedanke bleibt ohne Macht über die Dinge.
Die Gedanken sind, wie Glanzpunkte, an den Stoff angesprengt,
aber sie durchdringen oder erhellen ihn nicht, wie das Licht.
Wir betrachten endlich in Leibnizens Ansicht die histori-
schen Elemente. Hier liegt ein augenscheinliches Beispiel, dals
man Leibniz nicht an Spinoza anknüpfen darf. Von Spinozis-
mus kann in Leibnizens Ansicht vom Naturrecht weder nach
dem Inhalt der Sache, noch nach der Zeit die Rede sein; und
zwar nicht nach dem Inhalt der Sache, da Spinoza göttliche
Zwecke, in denen bei Leibnitz der letzte Grund liegt, nicht an-
erkennt und er nur aus der Macht, der durch Einigkeit verstärk-
» ten Macht die Rechtsbegriffe ableitet, und nicht nach der Zeit,
da Leibnizens nova methodus discendae docendaeque iurispruden-
tiae zwei Jahre vor Spinoza’s Zraetatus theologico politicus er-
schien. Leibniz erinnert dagegen in der Schrift über die Me-
ihode der Rechtswissenschaft ($. 73. tom IV. 3. p. 212. ed.
Dutens) unter andern an Hobbes, der aus dem Krieg aller ge-
gen alle im Naturzustande den Frieden im Staate sucht, an
Hugo Grotius, der das Recht aus der Bewahrung der Ge-
sellschaft vernünftiger Wesen ableitet, an Sfortia Pallavi-
cini, der in dem weisen Ursprung der Natur, der Bewegung
und Ruhe, den Ursprung des Rechts findet. Leibniz glaubt diese
und andere in seiner Ansicht zu vereinigen. Allerdings führt
das strenge Recht, Leibnizens erste Stufe, auf Hobbes Bestim-
mung zum Frieden; und die Billigkeit, die zweite Stufe, hat in
305
_ den Zwecken der Gesellschaft ihr Mafs, was an Grotius anstreift;
und die Frömmigkeit, die höchste Stufe, geht auf den weisen
Ursprung der Welt zurück und klingt an Sfortia Pallavicini an.
Aber die historischen Spuren gehen weiter zurück. Leibniz
hatte anch auf diesem Gebiet den Aristoteles studirt. Was er
in der Schrift über die Methode der Rechtswissenschaft von
der Autarkie und Eudaimonie, dem Zwecke des Staates, sagt, ist
aristotelisch. Sein kleiner deutscher Aufsatz über das Naturrecht
und von den Gesellschaften erinnert ganz und gar an das erste
Buch der Politik des Aristoteles. Es liegt daher nahe, auch mit
der erörterten Ansicht den Aristoteles zu vergleichen.
Aristoteles behandelt den Begriff der Gerechtigkeit eigen-
thümlich und ausführlich im 5. Buche der nikomachischen Ethik.
Er unterscheidet die allgemeine Gerechtigkeit von der besondern,
die Gerechtigkeit im weitern Sinne von der engern. Die all-
gemeine Gerechtigkeit richtet sich nach dem Sinn des Gesetzes,
_ das immer das Gute will und ist daher der ganzen Tugend gleich.
Die Gerechtigkeit im engern Sinne sieht entweder auf die Wür-
digkeit der Personen, dals sie Angemessenes empfangen — die
dustitia distributiva -— oder gleicht im Verkehr den erlittenen
"Schaden aus und geht insofern nur auf die Sache — iustitia com-
mutativa.
Es liegen darin die drei Stufen des Leibniz vorgebildet.
Leibnizens strenges Recht verhütet den Schaden und ist
nichts als die ausgleichende Gerechtigkeit des Aristoteles, die
Billigkeit entspricht der vertheilenden, und die allgemeine Ge-
rechtigkeit, bei Aristoteles nach dem Geist der gegebenen Ge-
setze als der Inbegriff aller Tugend bestimmt, bot sich leicht
zu einer solchen theologischen Umbildung dar, dafs sie zur piezas
urde. Schon bei dem Stoiker Chrysipp findet sich eine ähn-
liche Verwandlung desselben Begriffs.
Es bleibt dabei ungewils, ob Leibniz die aristotelischen Ele-
e unmittelbar oder etwa durch das Mittel der Scholastiker
er der Prolegomena des Hugo Grotius empfing.
Den alten drei Rechtsregeln gab Leibniz in ihrem Paral-
lelismus mit den drei Stufen einen tiefern und gleichsam syste-
tischen Sinn.
306
So war Leibniz auf diesem Gebiete nicht ursprünglich, aber
er verschmilzt Gegebenes, er giebt Überliefertem eine neue Stel-
lung und beleuchtet es mit neuen Beziehungen.
Dies Beispiel steht in Leibniz nicht einsam da. Allenthal-
ben sieht der tiefer Blickende die Fäden historischer Anknüpfun-
gen. Leibniz ist überhaupt Meister, wo er in leichten, aber
festen Zügen, in kurzen, aber gedrungenen Worten Punkte aus
der Geschichte der Philosophie behandelt, z.B. in dem Briefe
an Hansch de enthusiasmo Platonico.
Obgleich nun, wie wir sahen, Leibnizens Gröfse darin be-
steht, dafs er nicht allein die Fülle des Wifsbaren, die Breite
des Besonderen, sondern auch die Einheit der Principien, die
Tiefe des Allgemeinen beherrscht: so kann es uns doch nicht
zweifelhaft sein, auf welche Seite die gröfsere Macht seines Gei-
stes fällt. Die Richtung auf das Besondere, in der er gelehrt
und schöpferisch war, überwiegt bei ihm die Richtung auf das
Allgemeine, in welcher er zumeist Altes durch neue Beziehun-
gen belebte, aber das Eigene und Neue nicht durchführte.
Auch in dieser Hinsicht ist zwischen Leibniz und Spinoza,
seinem ältern Zeitgenossen, ein Gegensatz. Während sich bei
Spinoza der Stoff in die höchste Einfachheit zusammenzieht, wäh-
rend sich Spinoza in der Einheit des Prinzips und der strengen
Ableitung hält: arbeitet Leibniz in dem Stoff und sein Allgemei-
nes schwebt nicht selten darüber oder bewegt sich daran herum.
Während Spinoza kühn mit der überkommenen Gestalt der Wis-
senschaft bricht, wo sie sich seiner Einheit entgegenstellt, na-
mentlich mit der Theologie: hat Leibniz eine Rücksicht gegen
das Überlieferte, die ihn selhst zu unphilosophischen Accommo-
dationen führt (wie z.B. in der Transsubstantiationslehre): Da-
her wird der philosophischen Forderung gegenüber seine Stärke,
die Vertrautheit mit dem Besondern, nicht selten zur Schwäche.
Es wird durch dies Urtheil der Gröfse Leibnizens nichts
entzogen. Vielseitig in dem Umfang seines Blicks.und in jeder
Richtung der Wissenschaft zu Hause, gründlich in dem Inhalt
und belebend in der Form, scharfsinnig in der Entdeckung des
Fehlenden und erfinderisch in der Lösung der Aufgaben, voll
Lichtblicke vom Allgemeinen her und geistreich in der bündigen
und doch anschaulichen Darstellung wirkte Leibniz fast ein Jahr-
307
hundert lang mit unmittelbar anregender Kraft. Wir sehen seine
Wirkung nicht blos in den Wissenschaften, welche seine Ge-
danken ausarbeiteten, nicht blos in der Philosophie, in welcher
Christian Wolf das in die Breite führte, was Leibniz in der
Enge gehalten hatte, sondern selbst in unserer entstehenden Na-
- tionalliteratur, z. B. in einem Geiste, wie Lessing.
Wie Leibniz in sich die verschiedensten Wissenschaften ver-
einigte und in gegenseitigen Verkehr brachte: so entwarf er für
denselben Verkehr die Societät der Wissenschaften zu Berlin.
Schon im Jahre 1696 schrieb er an Placcius *): „Zu wünschen
wäre es, dals es eine universale Gesellschaft unter den Gelehr-
ten gäbe, welche aber gleichsam in verschiedene Collegien ge-
theilt wäre. Denn der Zusammenhang der verschiedenen Theile
der Gelehrsamkeit ist so grofs, dals sie nicht besser als durch
wechselseitige Harmonie und ein gewisses Einverständnils geför-
dert werden können”. Daher wollte Leibniz in dem Verein einer
solchen Gesellschaft Austausch und anregende Berührung und mit-
ten in der Theilung der wissenschaftlichen Arbeit die Einheit der
gegenseitigen Förderung; er wollte in ihren Denkschriften nicht
blos eine Niederlage gelehrten Stoffs, sondern auch eine zeu-
gende Kraft des Gedankens; er gründete in ihr nicht blos.eine
Friedensstätte der Wissenschaft, sondern wollte in ihr, indem
er sie zu einer teutschgesinnten Gesellschaft bestellte, auch eine
‚geistige Macht für die deutsche Nation. Der Akademie, die in
hrem anderthalbhundertjährigen Bestand manchen Wechsel der
Zeitläufte erlebte, möge es auch jetzt gelingen, in Leibnizens
Sinne zu wirken!
An die Akademie ergeht eigentlich auch wie ein Vermächt-
nils ihres Stifters die schön geschriebene deutsche Ermahnung,
die von ungewissem Datum kürzlich aus den Handschriften der
öniglichen Bibliothek zu Hannover herausgegben ist. „Leibni-
;ens Ermahnung an die Teutsche, ihren Verstand und Sprache
esser zu üben samt beigefügten Vorschlag einer Teutschge-
nnten Gesellschaft”. **) Leibniz hatte eine edle deutsche Ge-
nung, wenn auch seine Vaterlandsliebe noch mit vielen Ele-
*) Guhrauer Leibniz I. S. 181.
_ *) Herausgegben von Dr. C. L. Grotefend. 1847.
308
menten versetzt war, die wir heute bekämpfen, mit reichsstän-
dischem und kurfürslichem und fürstlichem Particularismus. Er
liebt Deutschland mit allen Flecken und Gebrechen. Sein Wort
klingt noch wie zu unserer Zeit gesprochen, wenn er in dieser
Schrift die Klugdünkenden in Deutschland straft, die die deutsche
Freiheit und deutsche Ordnung untergraben. „Ihr hochfliegender
Verstand ist dahin kommen, dafs sie die Religion vor einen Zaum
des Pöbels und die Freiheit vor eine Einbildung der Einfältigen
halten. — — — Solche Leute soll man billig fliehen und hassen,
gleich wie die so die Brunnen vergiften. Denn sie wollen die
Brunnquell gemeiner Ruhe verderben und die Zufriedenheit der
Gemüther verstören, gleichwie die so schreckliche Dinge aufs-
sprengen, und dadurch die Herzen der Menschen ängstigen; sie
sind denen gleich, so einen Gesunden bereden, dafs er kranck
sei und verursachen dadurch, dafs er sich lege, anstatt dafs sie
unsere Wunden mit Öl lindern solten, so reiben sie solche mit
Salz und Essig. Aber wir sind Gottlob noch nicht so unglück-
lich, und unser Kleinod ist noch nicht verlohren; unsere Krone
ist von uns noch nicht genommen und unsere Wohlfahrt steht
in unsern Handen”. Möge sich Leibnizens Wort heute an uns
Deutschen bewähren, wenn er weiter sagt, dals es in unserer
— der Deutschen — Macht sei glückselig zu sein!
IINANAIBORNININIIE
Bericht
über die
zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen
der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin
im Monat August 1848.
Vorsitzender Sekretär: Hr. Ehrenberg.
B. August. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Mitscherlich las über
die Lichtbrechung durch
ie Wärme.
‚Hierauf machte Hr. G. Rose eine Mittheilung über bei Burg
okn-Solms ohnweit Wetzlar gefundene Quecksilber- Erze.
An eingegangenen Schriften wurden
Elix Lajard, Recherches sur le eulte pı
Mithra en Orient et en Oc
vorgelegt:
tblie et les mysteres de
cident. Planches. Livr.
10-17. et les 6 premieres JFeuilles del Erplication
sommaire des planches. Paris 1847. fol.
Introduction d letude du culle
res de Mithra en Orient el e
mit einem Begleitun gsschreiben des Verf. d.
R. Göppe rt, zur Kenntnifs der Balanophoren insbesondere der
Galtung Rhopalocnemis Jungh. (Nova Acta Acad, Caes. Leop.
Carol. nat. cur. Vol. XXIIP. IA.
eodor Poleck, chemische Untersuchun
Bestandtheiles der Balanophora elongata Blume. (Nova Acta
Acad. Caes. Leop. Carol, nat. cur. Vol. XXI. P. (ober
mit einem Begleitungsschreiben des Hertn P
Breslau, vom 30. Juli di J.
y-Lussac, Ara 50 elc., Annales de Chimie el de Physique
1848. Janvier-Juin. Paris. 8.
unstblatt. 1848. No. 34. Stuttg. u. Tüb. 4.
» Karsten, Vorschläge zur allge
‚meinen deutschen Maafs-, Ge-
wichts- und Münz- Regulirung. Berlin 184, 8.
848.]
8
public et des mysle-
n Occideit. ib. eod. 4.
d. Paris d. 11. Juli d.J.
5 des wachsähnlichen
rofessor Göppert in
310
The quarterly Journal of the chemical Society of London, ed. by
E. Ronalds. No. 2. July 1. 4848. London. 8.
Darauf wurde ein an den Vorsitzenden gerichtetes Privat-
Schreiben des Herrn Dr. Oscar Schmidt, Privatdocenten in
Jena d. d. Jena 13. Juli, im Auszug vorgetragen, worin derselbe
die durch die politischen Verhältnisse verhinderte Ausführung
seiner mit Unterstützung der Akademie angetretenen Reise nach
Island anzeigt und meldet, dals er statt dessen genöthigt gewe-
sen, nach den Faroer Inseln abzugehen, dort aber, obwohl eben-
falls durch aufregende Nachrichten bald verdrängt, Geleginheit
gehabt habe, mannichfache, ihm sehr erfreuliche, auch hie und
da Neues enthaltende Beobachtungen zu machen, wobei er nach
glücklicher Rückkehr über Norwegen und Lübeck vorläufig sei-
nen Dank für die gewordene Unterstützung ausspricht.
40. August. Gesammtsitzung der Akademe.
Von Hrn. Steiner wurde eine Abhandlung vorgelegt iber
„allgemeine Eigenschaften der algebraischen Curvn.”
Die Curven werden nach Grad und Klasse aufgefalst; das Ve-
sen der Doppel- und Rückkehrpunkte, der Doppel- und Wendugs-
tangenten wird erläutert und die gegenseitige Abhängigkeit lie-
ser Elemente und des Grads und der Klasse wird nachgewicen.
Bezeichnen 8 und % beziehlich den Grad und die Klasse aer
Curve, = K', ferner d und r die Zahl ihrer Doppel-ınd
Kückkehrpunkte, so wie £ und » die Zahl ihrer Doppel- ınd
Wendungstangenten, SO hat man die drei Gleichungen
1. ge -W= kriadtdr,
2%. kk-W=E tt
3. gg N) tm
aus denen, wenn von den 6 Gröfsen irgend drei gegeben :d,
die drei übrigen gefunden werden; was somit auf 60 For:In
führt.
Bei Bestimmung der Curven durch gegebene Punkte er;bt
sich der folgende bekannte Satz als
Erster Fundamentalsatz:
„Durch beliebige gegebene yn(n+ 3) — 1 Punkte a, geht ı
unzählige Schaar Curven nien Grads, und alle diese Curven”®
3tl
gehen nebstdem nothwendig noch durch andere „(n—1)(n— 2)
bestimmte Punkte a,, so dafs sie ein Curvenbüschel B(A"”) mit
n? gemeinschaftlichen Schnitipunkten a bilden”. Die Punkte a,
heilsen die beszimmenden, die Punkte a, die nothwendigen, und
beide insgesammt, die n? Punkte @ heilsen die Grundpunkte des
Büschels 3(.4").
Dieser Satz ist für die Betrachtung der Curven einer der
wesentlichsten und fruchtbarsten, indem er zahlreiche Folgerun-
‚gen gewährt, Dahin gehört unter andern die Erzeugung der
Curven durch Curvenbüschel niedrigern Grades, ganz analog,
wie die Kegelschnitte durch projectivische Strahlbüschel erzeugt
werden. Ferner eine grolse Reihe von Sätzen über gegensei-
‚tige Berührung der Curven, wobei sich insbesondere verschie-
dene merkwürdige Eigenschaften der 28 Doppeltangenten der
Curve 4" Grads ergeben.
Über die Polaren werden einige neue Gesichtspunkte auf-
gestellt, die zu einer Menge neuer Resultate führen.
Werden aus einem beliebigen Punkte P an eine gegebene
urve A” (die Basis) Tangenten gelegt, so liegen die n(n — ı)
Berührungspunkte in einer Curve 4” '; und werden aus dem-
selben Punkt P an diese neue Gurve Tangenten gelegt, so lie-
gen die (na —1)(n— 2) Berührungspunkte eben so in einer Curve
4A" ?; und wird so fortgefahren, so erhält man die aufeinander
Blenden Curven 4°", 4”?, A4"7°? ..... 4°, A', welche
die successiven Polaren des Punkts P in Bezug auf die Basis 4”,
ind zwar nach der Reihe die 1!, 2, 38, ....., (n— 2)",
(r— 1)!" Polare genannt, und die in Zeichen wie folgt, dar-
sestellt werden
(P:#= 4"-',(P),: "= 4-2, (PD: 4 = 4°;
Be ee A Pe N
robei also z.B. (P),: 4"= A"* heilst: die x! Polare des
Punkts P in Bezug auf die Basis 4” ist eine Curve vom (n— an
Grad, =4"*. Die n— 2" Polare 4? ist ein Kegelschnitt und
die n— ıte Polare 4' ist eine Gerade.
Bewegt sich der Pol P in irgend einer Linie Z (Directrix),
© wird jede seiner Polaren, wie etwa die x'‘, eine continuir-
iche Schaar Curven 4°*,
send eine Curve umlüllen, welche die x‘ Polar- Enveloppe E,
oder S. 4”*, durchlaufen, die ir-
312
des bewegten Pols P, oder schlechthin die x“ Polare der Leitlinie
L in Bezug auf die Basis A” genannt wird. In Zeichen wird
dies wie folgt ausgedrückt:
4. (L.:A"=8.4"""=E,.
Ist die Directrix Z eine gegebene Curve, etwa vom r!“
Grad, =D’, so ist auch der Grad jeder ihrer Polaren E,, E,,
2... E,_, bestimmt, nämlich es ist allgemein
5. (Di: 0= Eit +2: 90-2),
d.h.: „Die ate Polare der Curve D’ in Bezug auf die Basis A"
ist eine Curve E vom r(r + 2x — 3) (n — x)!" Grad”; oder:
„Bewegt sich der Pol P in der Curve D’, so ist seine x'° Polar-
Enveloppe E, eine Curve vom genannten Grade”.
Für die erste und letzte Polare, also für &=1 und@=n—1
hat man insbesondere
6. Di: Er VWe-N) nd (Dee
ist dagegen r=1, also die Directrix eine Gerade D', so hat
man:
. ei “ = =
7. (DaB Ua,
und für x=1 und x=n—1 kommt
8. (D') : = BIN: und 9. Eh Re A’ ET )— &’- 1
d.h. „Bewegt sich der Pol P auf einer Geraden D' (8.), so ist
seine erste Polar- Enveloppe vom Nullten Grad, E?, was anzeigt,
dafs die $S. A’! sich in (n— 1)? Punkten a schneiden, auf wel-
che sich die Enveloppe reducirt, oder dafs die Schaar Polaren
A’='" in ein Büschel B(4"”') übergehen”; und (9.) „die n— 1°te
Polare einer Geraden D' in Bezug auf die Basis A” ist eine
Curve vom 2(n — 2)” Grad und zugleich von der n — 1!
Klasse &"-!.”
Für die Betrachtung der Polaren dient der folgende, allge-
mein bekannte, Satz als
Zweiter Fundamentalsatz:
„Nimmt man, in Bezug auf dieselbe Basis A”, von zwei
beliebigen Punkten P und © die ersten Polaren, seien diese P" 1
und 07} und nimmt sodann verwechselt die erste Polare von
P auf die Curve Q@"”"' und die erste Polare von @ in Bezug
auf P"=', so sind diese beiden Polaren eine und dieselbe Curve
R"—-?, oder in Zeichen:
10. (9:01: 4]=(Dı:[9)ı:4]=R-8r
313
Dieser Satz ist ebenso folgenreich, wie der obige. Durch
wiederholte Anwendung desselben folgt zunächst, dafs
11. (0,:[@.:4"]=(®).:[0),:4°]= 1-7.
Eine andere Folgerung ist:
„Liegt der Punkt Q in der a“ Polare von P, also in P""*,
so geht die n— x‘ Polare von Q, also Q*, durch den Punkt P.”
Ebenso folgt daraus der schöne Reciprocitätssalz:
„Hat die x! Polare eines Punkts P, P"*, einen Doppel-
unkt Q, so hat auch umgekehrt die n— x — 1! Polare des letz-
teren (Q), d.i. Q**', jenen Punkt P zum Doppelpunkt.”
Die Doppelpunkte der Polaren spielen eine wesentliche Rolle,
ie aus dem folgenden Beispiel zu ersehen ist.
„Der Ort desjenigen Punkts P, dessen erste Polare, P’-',
inen Doppelpunkt @ hat, ist eine Curve vom 3(n — 2)”** Grad
= pi%- 2)?
nd der Ort des Doppelpunkts @ ist eine Curve vom 3(n — 2er
rad
3(@— 2),
o ’
iese ‚letztere Curve @, ist also zugleich auch der Ort desjeni-
en Punkts ©, dessen n— 2'° Polare, @*, einen Doppelpunkt P
at, und jene erste Curve P, ist der Ort dieses Doppelpunkts.
ie Polare @? ist somit ein Kegelschnitt, der aus zwei Geraden
steht, die sich in P schneiden. Die Curven P, und Q@, wer-
n, nebst andern, conjugirte Kern-Curven der Basis A” ge-
nt. Sie haben unter andern folgende Eigenschaften:
„Die Curve Q, geht durch die 3n(n— 2) VF endungspunkte
r Basis A”, wogegen die Curve P, die Wendungstangenten der-
en berührt.” — „Die Curve P, ist von der 3(n— 1) (n _ Zjren
lasse; und von gleicher Klasse ist, im Allgemeinen, diejenige
urve Ro, welche von der Geraden PQ umhüllt wird; diese
rve R, berührt ebenfalls die Wendungstangenten der Basis
;” ete.— „Die n— 1‘ Polare von jeder beliebigen Curve D*,
i. DV +2>»3) (6,), berührt die Kerncurve P, in 3r (n—2) Punk-
;” et. — „Die Kerncurve P, hat
r Aa (An—9) Wendungstangenten,
3(a—2Y)[@r?+1)(n—4)+23] Doppeltangenten,
12(n— 2)(n—3) Rückkehrpunkte, und
%(n — 2) [3 (rn — 2°’ — 14(n— 2)+ 11] Doppeltangenten.”
3 8
Sind ?, und ?, irgend zwei solche Punkte, deren Polaren
Pi" und P3=' einander in irgend einem. Punkte X berühren
sollen, so muls die Gerade P, P, allemal die Curve P, in ir
gend einem Punkte P berühren, und so ist der Punkt X der
zu P reciprocke Pol @ und die Gerade PQ ist die gemeinsame
Tangente jener Polaren im Punkte @. Also können alle ersten Po-
laren Pr=', P3=",.... einander nur in solchen Punkten @ berüh-
ren, welche in der Kerncurve @, liegen, und somit zugleich
Doppelpunkte von einzelnen derselben sind. Jeder Tangente
PP, der Curve P, entspricht ein Büschel erste Polaren (8.),
B(P+}='), die sich in einem und demselben Punkte @ berühren,
welcher der reciprocke Pol zum Berührungspunkt ? der Tan-
gente ist. Ist PP, insbesondere eine Wendungstangente der
Kerncurve P,, so osculiren sich ihre Polaren B(P}-') in @;
und ist PP, eine Doppeltangente von P,, so berühren sich die
Polaren B(P7-') in zwei verschiedenen Punkten @. Ist ferner
insbesondere P ein Doppelpunkt der Curve P,, so hat seine
erste Polare P"=' zwei Doppelpunkte Q, und somit giebt es
eben so viele erste Polaren, welche zwei Doppelpunkte haben,
als die Kerncurve P, Doppelpunkte hat; u.s. w.
Die gesammten ersten Polaren P"=', Pi=', P37', 2... bil-
den ein sogenanntes Netz, welches durch irgend drei derselben
(die nicht zu einem Büschel gehören) bestimmt ist, und wo-
durch dann auch die Basis 4” bestimmt wird. Haben die drei
gegebenen Curven gemeinschaftliche Punkte (1, 2,3, .... bis höch-
stens (rn —1)(n+2)— 2), so sind dieselben Doppelpunkte der
Kerncurve @,. Daher ist z. B. der Ort der Doppelpunkte (oder
der Berührungspunkte) aller Curven P*, welche durch dieselben
gegebenen 4ax(x+3)— 2 Punkte a RNE eine Curve Qg“=,
welche die Punkte @ zu Doppelpunkten hat. Sollen die Curven
P* durch a(@ +3) — 1 Punkte d gehen, so bilden sie ein Bü-
schel B(P*) und dann haben sie zusammen 3(x— 1)? Doppel-
punkte. — *) \
*) Über die obigen Polaren (Polar- Enveloppen) wird bemerkt, dafs
wenn man eine derselben zur Directrix annimmt, ihr ebenfalls eine Reihe
Polarcurven entsprechen, von denen die eine vorzugsweise ihre reciproche
Polare genannt wird. Nämlich wird von der z'en Polare einer Curve D,
also von A ee N a
315
Eine gegebene Curve @? kann von den Curven eines in
derselben Ebene gegebenen Büschels B(P?) in y(a+2P7—3)
- Punkten AR berührt werden, welche allemal mit den 3(» — 1)?
y Doppelpunkten des Büschels Z(P?) zusammen in einer Curve
R: R?+2r—3 Jiegen.— Sind in derselben Ebene irgend zwei Cur-
- venbüschel B(PP) und B(0@?) gegeben, so ist der Ort des
- Punkts R, in welchem sich je zwei Curven beider Büschel be-
rühren, eine Curve vom 2p +29 — 3" Grad; und die Anzahl
Berjenigen Punkte R,, in welchen sich zwei Curven P’ und ©?
osculiren, ist
=3[P+H)P+9—-)+ 277 +5].
Sind in einer Ebene drei beliebige Büschel Z(P?), B(@?) und
B(R') gegeben, so ist die Zahl derjenigen Punkte, in welchen
je drei dieser Curven einander berühren, im Allgemeinen
=i(lpy pr + gr)—6(p +4 +r—1).
Für die Curven 3er und 4'® Grads insbesondere ergeben
sich aus der obigen allgemeinen Betrachtung viele, zum Theil
ganz neue interessante Eigenschaften, wie leicht zu ermessen.
Namentlich treten hier wiederum eigenthümliche Relationen der
dien — x'e, d. i. die reciprocke Polare genommen, so mülste diese die ge-
gebene Curve D’ sein; nach der allgemeinen Formel (5.) ist sie aber, wenn
r(r+227—3) (n—2)=s gesetzt wird, eine Curve vom s|s+2(na—r)— 3] x!"
Grad. Hier ist also der scheinbare Widerspruch noch auffallender, als bei
der gewöhnlichen Polarität, wo die Basis nur ein Kegelschnitt, und für
welchen Fall er durch Poncelet aufgeklärt worden. Hier wird das Para-
doxon wie folgt erklärt.
Die erste Polare von D’, in Bezug auf die Basis 4”, ist EEK "Ye,
und für die 2 — ıte Polare von dieser giebt die Formel (6.)
Fligiae 1) (r—ı)[r(r—ı) (n—ı)+272—5]
n—ı
statt dals sie, vermöge der Reciprocität, blofs die ursprüngliche Curve D’
geben sollte. Dieses Wundersame klärt sich nun dadurch auf: dafs die
Curve Eu -ı
4) aus (r— 1)” Mal der Curve D’ nebst deren 3r(r— 2) Wendungstan-
, genten und -(r—2) r’— 9) Doppeltangenten, wobei noch jede Wen-
dungstangente als eine 3fache und jede Doppeltangente als eine 2 fa-
che Gerade zu zählen ist, also aus ("— 1)’x (D’+2d+3w), und
2) aus densr(r—ı) (r—1)(r—2) gemeinschaftlichen Tangenten der
| Curve D’ und der Kerncurve £,
besteht.
316
28 Doppeltangenten der Curve 4! Grads hervor, ein Gegen-
stand, über welchen bisherige Bemühungen noch wenig ermit-
telt haben. Über die Curve 3!" Grads bieten sich noch mehr
specielle Sätze dar; dabei wird nachgewiesen, dafs das eigent-
liche Wesen vieler ihrer Eigenschaften vornehmlich auf der so-
genannten Involution beruht.
Durch verschiedene Correlationssysteme werden theils ana-
loge Resultate, wie durch die Polarität, theils aber auch neue
Sätze über Curven gewonnen.
Hr. Hagen las hierauf über die vermeintliche Abnahme
des Wasserstandes in den Hauptströmen Deutschlands
und legte zwei Tabellen der mittleren jährlichen Was-
serstände des Rheins vor.
Die erste dieser Tabellen war aus den in Düsseldorf von
1800 bis 1847 angestellten Beobachtungen hergeleitet, während
die zweite sich auf Coblenz bezog, und die Jahre 1818-1847
umfalste. Unter der Voraussetzung, dals eine gleichmälsige Än-
derung des Wasserstandes statt finde, war die Gröfse derselben
nach der Methode der kleinsten Quadrate für beide Beobach-
tungs-Orte hergeleitet, und sie ergab sich in beiden Fällen po-
sitiv, oder deutete auf eine Zunahme des Wasserstandes. Ihr
Werth ist indessen nach den Düsseldorfer Beobachtungen so ge-
ringfügig, dals sie nur als Folge der Witterungs-Verhältnisse
angesehen werden kann, wogegen die etwas bedeutendere Zu-
nahme nach den Coblenzer Beobachtungen nicht zufällig zu sein
scheint, vielmehr wahrscheinlich durch die Änderung des Strom-
bettes nächst unterhalb Coblenz veranlalst ist.
Hr. Heinr. Rose sprach über das Vorkommen des
Quecksilbers in Tirol.
Hr. Weidenbusch hat in dem Laboratorium des Ver-
fassers bei der Untersuchung eines derben Fahlerzes mit der
Etiqueite: aus Schwaz in Tirol, einen sehr beträchtlichen Queck-
silbergehalt gefunden. Dasselbe enthält 15,5 Proc. Quecksilber.
Das Fahlerz ist mit Quarz und Kupferkies gemengt. Es giebt
ein fast schwarzes Pulver, hat ein spec. Gewicht von 5,1075
und giebt schon für sich im Kolben erhitzt etwas metallisches
317
Quecksilber, nebst einem geringen braunrothen Sublimat. Wenn
_ man es mit kohlensaurem Natron mengt, und das Gemenge er-
hitzt, so erhält man mehr metallisches Quecksilber. Es enthält
aulserdem die Bestandiheile der Fahlerze, Zink, Eisen, Kupfer,
Antimon und Schwefel, so wie eine Spur von Arsenik und von
Silber. Diese Bestandtheile sind im Erze in dem Verhältnisse
_ enthalten, wie man sie auch in anderen Fahlerzen findet; das Schwe-
felquecksilber muls im Minerale als HgS angenommen werden,
obgleich der Umstand, dals bei der blolsen Erhitzung des Erzes
metallisches Quecksilber entweichet, auf die Gegenwart von HgS
geschlossen werden kann.
Als Hr. Weidenbusch ein krystallisirtes Fahlerz, ebenfalls
mit der Etiquelte: aus Schwaz in Tirol, einer qualitativen Un-
tersuchung unterwarf, konnte er in demselben kein Quecksilber
aulfinden.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Comptes rendus hebdomadaires des seances de l’Acaddmie des
sciences. A847. Tables. 2. Semestre. Tome 25. Paris. 4.
1848. 1. Semestre. Tome 26. No. 17-
25. 24. Avril-19. Juin. 2. Semestre Tome 27. No. 1-3. 3-7. Juil-
ler. ib. 4.
Annales des Mines. Table des Matieres de la 3. Serie 1832-1841.
Paris 1847. 8.
u 4 Serie: Tome 9-12. ib: 1846. 4847. 8.
Transactions of the Royal Jrish Academy. Vol. 21. Part2. Du-
blin 1848. 4.
Report of Ihe 17T. meeting of the British Association for the ad-
wancement of science; held at Oxford in June 1847. London
48418. 8.
The Journal of the Royal Asiatic Society of Great Britain and Ire-
land. No.18. ib. eod. 8.
Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft. Bd. 2.
Heft 3. 1848. 8.
Demonville, Resume philosophique des principaux problemes et
phenomenes de la nature. Materialisme.— Spiritualisme —
Scepticisme. 2.Ed. Paris 1848. 8. 9Expl.
Auguste Comte, Discours sur V’ensemble du positivisme. Paris
£ Juillet 1848. 8.
_(C.Cavedoni) Annolazioni al corpus inseriplionum graecarum che
si pubblica dalla R. Accademia di Berlino. Modena 1848. 8.
*
318
Schumacher, astronomische Nachrichten No,645. Altona 1848. 4.
A.L. Crelle, Journal für die reine und angew. Mathematik.
Bd. 37. Heft 2. Berlin 1848. 4. 3Expl.
Kunstblatt 1848. No. 35. Stuttg. u. Tüb. 4.
Gay-Lussacetc., Annales de Chimie et de Physique 1848. Juil-
let. Paris 8.
Revue archeologique. 5. Annde, Livr.4. 15. Juillet 1848. ib. 8.
G. F. Grotefend, Bemerkungen zur Inschrift eines Thongefä-
Sses mit babylonischer Keilschrift. Göttingen 1848. 4,
Thom. Henderson, astronomical observations made at Ihe Royal
Observatory, Edinburgh. Reduced and edited by Charles Pi-
azziSmyth. Vol. 7. for 1841. Edinburgh 1848. 4.
mit einem Begleitungsschreiben des Herausgebers d. d. Edinburgh
Dec. 14. 1847.
Die Fortschritte der Physik im Jahre 1846. Dargestellt von der
physikalischen Gesellschaft zu Berlin. 2. Jahrgang. Redigirt
von Dr. G. Karsten. Berlin 1848. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Herausgebers d. d. Berlin d. 1.
Aug.d.J.
Hiernächst kam aus einem Schreiben des Herrn Director
G.F. Grotefend d. d. Hannover 23. Juli 1848. an Hrn Perz,
welches einen Abdruck seiner Schrift: Bemerkungen zur Inschrift
eines Thongefälses mit babylonischer Keilschrift, aus dem 4. Band
der Abhandlungen der K. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göt-
tingen für die Akademie begleitet, folgende Stelle zum Vortrage,
deren Mittheilung in dem Monatsberichte beschlossen wurde.
„Diese Bemerkungen bezwecken nur eine Nachweisung der
Verwandtschaft zwischen der babylonischen, assyrischen und ar-
menischen Keilschrift, zu deren Entzifferung am besten die dritte
Schriftart von Persepolis führt, weil dann der Sinn schon durch
die bereits entzifferte erste Schriftart gegeben ist, durch deren
Vergleichung ich auch schon zu der Einsicht gelangt bin, dals
die Sprache der babylonischen Keilschrift die nächste Verwandt-
schaft mit der chaldäischen in der heiligen Schrift hat, welches
alles die grölste Hoffnung giebt, dafs die noch unbekannten Keil-
schriftarten nicht lange mehr ein Räthsel bleiben werden. Sollte
ich das noch erleben, so kann ich immer noch kleine Inedita
liefern: schon jetzt ist es mir durch ein Bruchstück von einer
Inschrift des Artaxerxes I. klar geworden, dals eben dieser die-
319
jenigen meiner Urkunden unterzeichnet hat, deren Königsname
mir lange unerklärlich war, und zuletzt irrig auf des Darius Va-
ter Hystaspes bezogen wurde. Manches Andere verschweige ich
noch, bis ich meiner Sache mehr gewils bin.”
Darauf übergab Herr Gerhard eine kleine Abhandlung des
Ehrenmitgliedes der Akademie Herrn v. Prokesch-Osten zu
Athen, folgenden Inbaltes:
Fortgesetztes Verzeichnifs europäisch griechischer
Münzen aus der Sammlung des Freihern v. Prokesch- Osten.
Ferner kamen zum Vortrage:
1) ein Danksagungsschreiben der Royal Asiatic Society in Lon-
don vom 4. Dec. 1847, den Empfang der Abhandlungen der
Akademie von 1845 und der Monatsberichte von Juli 1846
bis Juni 1847 anzeigend;
2) ein gedrucktes Programm des Congres agricole von Brüssel;
3) ein ähnliches der deutschen morgenländischen Gesellschaft,
die diesjährigen Versammlungen betreffend;
4) ein Schreiben des Herrn Dr. du Bois d. d. Berlin d. 6.
August, als Erwiederung auf das bekannt gemachte frühere
Schreiben der Akademie.
14. August. Sitzung der philosophisch-histo-
rischen Klasse.
Hr. Bopp las über die Participialbildung der indo-
europäischen Sprachen.
47. August. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. H. E. Dirksen legte eine Abhandlung vor: Beiträge
zur Auslegung einzelner Stellen in den Kaiser-Biogra-
phieen des Suetonius.
Hierauf gab Hr. Poggendorff mündlichen Bericht
über einige von ihm gemeinschaftlich mit Hrn. Prof.
_W. Weber in Leipzig angestellte Versuche zur Her-
_ vorrufung des Diamagnetismus durch alleinige Wir-
kung des galvanischen Stroms.
320
Die von Faraday mit dem Namen Diamagnetismus be-
legte Klasse von Erscheinungen umfalst bekanntlich zweierlei Be-
wegungsvorgänge, innere und äulsere, die obwohl muthmafslich
einer gemeinschaftlichen Ursache entspringend, wie es auch der
berühmte englische Physiker annimmt, dennoch, was ihren Zu-
sammenhang betrifft, noch lange nicht genügend erforscht wor-
den sind. Es geht diefs unter andern daraus hervor, dafs man
bisher noch keinen Grund anzugeben vermag, weshalb die dia-
magnetischen Körper, troztdem sie in ihren äulsern Bewegun-
gen sich geradezu entgegengesetzt wie die magnetischen Sub-
stanzen verhalten, rücksichtlich der innern, molecularen Vorgänge
gar keine specifische Verschiedenheiten von letzteren darzubieten
scheinen, und weshalb andrerseits krystallisirte Substanzen unge-
achtet ihrer Durchsichtigkeit nicht die innern Vorgänge zeigen, wäh-
rend sie doch in ihren äulsern Bewegungen als diamagnetische Kör-
per auftreten und sich nur darin von den unkrystallisirten unterschei-
den, dafs noch die optischen Axen (oder wohl richtiger die Axen op-
tischer Elasticität) einen besonderen Einfluls ausüben.
Eben so besteht seither ein noch nicht aufgeklärter Unter-
schied rücksichtlich der Hervorrufung der diamagnetischen Er-
scheinungen. Jene inneren molecularen Bewegungen, welche
sich, wie es scheint, bei allen flüssigen und unkrystallisirt star-
ren, durchsichtigen Substanzen durch eine Drehung der Polari-
sationsebene des durchgehenden Lichtes nachweisen lassen, sind
von Faraday sowohl durch Wirkung blofser galvanischer Ströme,
als auch durch die von Elektromagneten und Stahlmagneten her-
vorgebracht; was aber die äulsern, räumlichen Bewegungs-Er-
scheinungen betrifft, so hat man sie bisher immer unr auf letz-
terem Wege erzeugt, und man durfte wohl fragen, ob sie denn
überhaupt durch unvermittelte Einwirkung galvanischer Ströme her-
vorgerufen werden können, da wenigstens Ströme, die mit Hülfe
des durch sie magnetisirten Eisens recht deutliche Abstofsungen
diamagnetischer Substanzen bewirken, ohne dasselbe nicht das
mindeste Resultat ergeben. Offenbar würde die Verneinung die-
ser Frage einen specifischen Unterschied zwischen galvanischer
und magnetischer Wirkung festsetzen, aber eben so einleuch-
tend ist, dals man sie nicht eher für erledigt erhalten durfte,
als bis sie durch Anwendung kräftigerer Mittel auf eine entschei-
321
dende Probe gestellt worden war. Der kürzlich von der K. Aka-
demie .bewilligte Apparat bot hiezu eine treflliche Gelegenheit
dar und es schien daher zweckmälsig, ihn zunächst zur Lösung
dieser Aufgabe zu benutzen.
Der zu diesem Apparat bestimmte Kupferdraht, eine pari-
ser Linie dick und sehr nahe drei Centner an Gewicht, ist vor-
läufig, zum Behufe anderweitiger Untersuchungen, auf eine ein-
zige grolse Holzrolle gewickelt, und bildet somit den kolossal-
sten Multiplicator, der vielleicht bisher dargestellt worden ist.
Die Rolle, deren Backen eine sechsseitige Gestalt besitzen, ruht
mittelst zweier Kanten derselben horizontal auf einem steinernen
Postament, hat 600 Mllm. inneren Durchmesser und 200 Mllm.
Länge. Die Windungen der innersten Drahtschicht halten 1900
Mllmet. im Umfang, die der äufsersten 2350.
Innerhalb dieses Gewindes wurde nun an einem aus 48 Co-
confäden ohne Drehung zusanımengesetzten, 230 Mllmet. langen
Seidensträhn ein 308,6 Grm. schwerer, 14 Mllm. dicker und 210
Milmet. langer Stab aus reinem Wismuth horizontal aufgehängt,
und so ajuslirt, dafs er mit den Drahtwindungen, die dem ma-
gnetischen Meridian parallel lagen, einen Winkel von ungefähr
45 Grad bildete. Er war versehen mit einem Planspiegel, in
welchem das Bild einer 2340 Milmet. entfernten Skale mittelst
eines Fernrohrs beobachtet werden konnte.
Nach Verschliefsung der Rolle durch ihre hölzernen Seiten-
thüren, in deren eine, zur Wahrnehmung des Spiegels, ein Plan-
glas eingelassen war, wurden die Schwingungen und Elongatio-
nen des Wismuthstabes mehr als eine Stunde lang beobachtet,
theils um die Empfindlichkeit der Aufhängung kennen zu lernen,
theils um die Veränderungen zu ermitteln, welche der Stab, un-
abhängig von galvanischer und diamagnetischer Wirkung, durch °
ufällige Einflüsse in seiner Ruhelage erleiden konnte und wirk-
lich erlitt, indem sich zeigte, dafs diese Lage sich im Laufe der
eobachtungszeit, wahrscheinlich in Folge von Temperaturände-
ngen, von der Ebene der Drahtwindungen entfernte, jedoch
nicht ruckweise, sondern stetig und sehr langsam. Hierauf wurde
eine Batterie von 24 Grove’schen Bechern, in denen nach Cal-
n’s Vorschlag das Platin gegen platinirtes Blei vertauscht und
Salpetersäure mit einem starken Antheil concentrirter Schwe-
322
felsäure versetzt war, mit dem auf die Rolle gewickelten Draht
verbunden und während der Dauer zweier Schwingungen des
Stabes in Verbindung erhalten. Mit dem Anfang der dritten
Schwingung öffnete man wieder die Batterie und liels sie wäh-
rend der beiden folgenden Schwingungen geöffnet, worauf sie
abermals geschlossen wurde u. s.w. So fortfahrend, die Schwin-
gungen des Stabes bei abwechselnd geschlossener und geöffneter
Batterie zu beobachten, erhielt man eine Reihe von Elongatio-
nen, aus welchen die Ruhelage des Stabes, während der diama-
gnetischen Einwirkung und ohne dieselbe, abgeleitet werden konnte.
Als Mittel mehrer Messungen ergab sich dadurch, dafs der Stab
während der Einwirkung des galvanischen Stroms um 44,545
Skalentheile oder etwa 0° 32’ dem Parallelismus mit den Draht-
windungen näher lag als ohne dieselbe.
Die Wirkung des Stroms auf den Wismuthstab war also
entschieden, und es könnte nur fraglich sein, ob sie wirklich eine
diamagnetische war. Allein eine magnetische konnte sie nicht
sein, weil diese den Stab von den Drahtwindungen entfernt ha-
ben würde, und andrerseits würden inducirte Ströme, wie sie
allerdings im Wismuth bei Anfang und Ende des galvanischen
Stroms hervorgerufen werden, wegen der Entgegengesetztheit
ihrer Richtung zu beiden Zeitpunkten, die Ruhelage des Stabes
nicht zu ändern vermögen, abgesehen davon, dafs sie gegen die
Dauer seiner Schwingungen, die 168 Sekunden betrug, nur eine
wahrhaft momentane Dauer besitzen. Es ist also ohne Zweifel
die beobachtete Wirkung eine rein diamagnetische gewesen und
damit der Beweis geführt, dals der galvanische Strom,
auch ohne Vermittlung von Eisen, Diamagnetismus
hervorbringt.
Die Verhältnisse des angewandten Apparats waren zu dem
erreichten Zwecke keineswegs die günstigsten und wurden nur
benutzt, weil sie eben vorhanden waren; sie können und sollen
künftig noch zweckmälsiger gestaltet werden. Allein schon jetzt
knüpft sich an die gemachten Messungen das Interesse, dals sie
einer, wenigstens vorläufigen, Maalsbestimmung des Dia-
magnetismus zum Grunde gelegt werden können, an der es
bisher noch ganz gebricht, weil die mit Elektromagneten gemach-
ten Versuche dazu nicht tauglich sind.
323
| Zur Erläuterung dieser wichtigen Anwendung diene folgende
vom Prof. Weber verfalste Notiz.
Die Schwingungsdauer # des Wismuthstabes ist gleich
168 Sekunden -
gefunden worden. Das Trägheitsmoment X dieses Stabes nebst
dem daran befestigten Spiegel war, wenn Millimeter und Milli-
(gramm zur Längen- und Massenmaals genommen werden:
K = 1176 . 10°
Hieraus ergiebt sich die Directionskraft D des Wismuthstabes:
D = "** — 411400.
Eine Ablenkung des Stabes von 44,545 Skalentheilen bei einem
Horizontalabstande von 2347 Skalentheilen (= 2340 Millimetern)
des Spiegels von der Skale entspricht hiernach einer ablenkenden
Kraft F: PL BEN Ten
4694
Diese ablenkende Kraft F ist nun aber das Product -des diama-
guetischen Moments des Wismuthstabs in das galvanische Mo-
ment, welches der Strom in der Rolle am Orte des Wismuth-
‚stabes übt, multiplicirt mit dem Sinus des Winkels, welchen die
diamagnetische Axe des Wismuthstabs mit der Axe der Rolle bildet.
| Es bezeichne $ denjenigen Winkel, welchen die Axe des
Wismuthstabs mit der Verticalebene der Rolle bildet, und wel-
cher in obigen Versuchen nahe 45° war.
A sin .b bezeichne sodann das diamagnetische Moment des
ismuthstabs, welches = A wird für $ = 90°, wenn die Stab-
axe normal gegen die Rolle steht.
Ferner bezeichne G das reducirte galvanische Moment des
Stroms in der Rolle. Es ergiebt sich dann, wenn R den Halb-
messer der Rolle bezeichnet, das von jenem Strome im Mittel-
punkte der Rolle, in dessen Nähe sich der Stab befand, wirklich
Breeäbte Bren T;: 2G.
folglich die Shlankende Kraft F:
F=TAsin$ cos$ = 3903,
worin für die obigen Versuche $ = 45° ist. Hieraus wird der
Werth von A gefunden, wenn @ bekannt ist; denn der Halb-
messer Al ist nach der Abmessung der Rolle etwa 340 Millimeter.
324
Zur Bestimmung von G war aber bei obigen Versuchen in
1841,5 Millimeter Abstand von der Mitte der Rolle in einer ge-
gen die Rolle (d.h. gegen den magnetischen Meridian) senkrech-
ten Richtung eine Boussole aufgestellt und deren Ablenkung durch
den Strom in der Rolle beobachtet worden.
Die Ablenkung dieser Boussole durch den Strom in der
Rolle betrug 62° 42’. Vernachlälsigt man die Glieder höherer
Ordnungen, so folgt hieraus
1
tang 62°49' = 26, me
(1841,5° + 340?) ®
worin 7 den horizontalen Theil der erdmagnelischen Kraft nach
absolutem Maafse bezeichnet, welcher
T=1,84
gefunden worden war. Es war also @:
G = 117 .10°.
Durch Substitution dieses Werths von G erhält man A:
A131.
Dieser Werth des diamagnetischen Moments des Wismuthstabs
entspricht nun dem im Mittelpunkte der Rolle wirkenden galva-
nischen Momente T': 2G ©
= —, =5%
340
Der Einheit des galvanischen Moments würde also das diamagne-
tische Moment ö des Wismuthstabs entsprechen:
= I = 0,09.
596
Die Masse m des Wismuthstabs war endlich:
zn = 308600 Milligramm.
Da nun der beobachtete Diamagnetismus des Stabs blos als Wir-
kung des galvanischen Stroms in der Rolle auf alle einzelnen
Wismuththeile betrachtet werden kann, weil die diamagnetische
Wechselwirkung dieser Theile unter einander bei der Kleinheit
ihrer diamagnetischen Kräfte als verschwindend anzusehen ist
(was bei den magnetischen Kräften der Eisentheile nicht der
Fall ist), so ergiebt sich der Diamagnetismus des Wismuths, auf
die Masseneinheit des letzteren reducirt, für die Einheit der gal-
vanischen Kraft a ae
308600 14000000
325
Zur Vergleichung diene, dafs in einem Milligramm stark magne-
tisirten Stahls im Mittel etwa 400 Einheiten Magnetismus ent-
halten sind. Der horizontale Theil der erdmagnetischen Kraft,
welcher = 1,84 war, bringt biernach in einem Wismuthstabe
einen Diamagnetismus hervor, welcher ungefähr 3000 Millionen
Mal schwächer ist als der Magnetismus eines starken Stahlma-
}
i
1
gnets von gleichem Gewichte.
Hr. Ehrenberg machte ferner eine Mittheilung neuer
Beobachtungen über das gewöhnlich in der Atmo-
sphäre unsichtbar getragene formenreiche Leben und
legte eine reichhaltige Übersicht davon in 109 Arten
‚als Mafsstab für Ungewöhnliches vor.
Bevor man das gewöhnliche Verhältnifs des Kleinsten Le-
bens in der Atmosphäre kennt, giebt es für das ungewöhnliche
"keinen Malsstab. Ich halte für wissenschaftlich nützlich, bei der
"Akademie einen ersten, allmälig weiter fortzubildenden reich-
haltigen, aber bei weitem noch nicht erschöpfenden Mafsstab
für dieses wichtige Verhältnifs niederzulegen.
Geistreiche und nachdenkende Männer haben längst darauf
aufmerksam gemacht, dafs der ganze Luftkreis, welcher schon
dem unbewaffneten Auge belebt erscheine, es noch wunderbarer
lem bewaffneten Auge sei, aber mit Namen hat man im wis-
senschaftlich strengen Sinne die unsichtbar kleinen Lebensfor-
men des Luftkreises nie in erheblicher Weise zu bezeichnen ver-
mocht. Freilich mufsten erst Methoden der Beobachtung und
der Unterscheidung erfunden werden, um eine genaue Bezeich-
jung jener mit Bestimmtheit nur geahneten Verhältnisse auch zu
erreichen und wissenschaftlich festzustellen.
Da man von Zeit zu Zeit auch eigenthümliche, ja oft gif-
ige, ganzen Menschen- Generationen grofser Erdflächen verderb-
iche Eigenschaften der Atmosphäre wahrgenommen zu haben
aubt, so ist daraus abnehmbar, dafs man den Luftkreis sich
icht stets in gleicher Mischung zu denken Anlafs hat. Hieraus
giebt sich die Wichtigkeit der Frage, wie denn eigentlich die
wöhnliche unschädliche Luft gemischt sei, und wodurch sich
ine schädlich gemischte Atmosphäre dieser Mischung nach un-
rscheidet. Bei weiterem Nachdenken tritt hervor, dafs eine
gr
326
bewegte Luft sich anders verhalten werde, als eine ruhige, eine
feuchte anders als eine trockne, dals die obere anders als die
untere sein werde, je nachdem gröbere oder feinere Bestand-
theile sie erfüllen. Ja wenn man sich, wie es wohl zuweilen
ausgesprochen ist, die Luft mit Formen aller Art überall und
stets erfüllt denkt, so muls man zugeben, dals die steten Luft-
züge und der Luftwechsel die Formen aller Weltgegenden in
der Atmosphäre mischen werde, und dafs die Oberfläche aller
Erdgegenden längst übereinstimmend mit gleichen Formen oder
deren materiellen Überresten überall bedekt sein müsse.
Anstatt alle diese so nahe liegenden Vorstellungen wirk-
lich begründet zu finden, haben diejenigen Beobachter, welche
bis jetzt dem Gegenstande direct nachforschten, theils gar nichts,
theils nur ®ehr wenige erkennbare Formen in der Luft aufgefun-
den, theils hat sich ergeben, dals jedes Land der Erde an der
Oberfläche gewisse eigenthümliche Formen des kleinsten Lebens
zeigt. Hieraus wird deutlich, dafs das Verhältnils ein anderes
sein muls als die Theorie es ankündigt.
Der Mangel an in die Augen fallenden und auch mit dem
Mikroskop leicht erkennbaren, verhältnilsmäfsig zahlreichen Din-
gen in der Atmosphäre, hat bei weit verbreiteten und anstek-
kenden schweren Seuchen, wie die Pest und Cholera, die Ärzte
veranlalst, den organisch belebten und giftigen dann zu vermu-
thenden Bestandtheilen der Luft, die man oft geradehin Pest- und
Cholera-Tbierchen genannt hat, eine auch mit bewaffnetem Auge
unerreichbar kleine Gröfse und bestimmte milbenartige oder mük-
kenartige Gestalt zuzuertheilen, und selbst Linn€, der Reforma-
tor der Naturforschung, hat sich vom medicinischen Standpunkte
aus im spätern Alter verleiten lassen, diese phantastischen We-
sen zu classihieiren und direct in die Zoologie einzuregistriren.
Wirklich gesehen bat dergleichen giftige Thierchen bis heut kei
glaubwürdiger Mann. *)
*) Aus Scherz und Satyre, um die 1832 bei der Cholera laut geworde-
nen Vorstellungen zu geilseln, hat Prof. Mikan in Prag in seiner zum Be-
sten der Cholera-Waisen Böhmens herausgegebenen, oft in etwas zu nie
drig komischem Tone gehaltenen Schrift: „Kinder meiner Laune” Prag 183:
am Ende, das Cholera - Thierchen beschrieben, benannt und abgebildet, wi
man 1721 das Pestthierchen abbildete. t
327
Dennoch muls sich die Wissenschaft damit beschäftigen, die
Grenzen des Möglichen und Wahrscheinlichen auch in dieser
Beziehung festzustellen. Ich erlaube mir folgende Übersicht
des Geschichtlich bekannten über die unsichtbaren Lebensfor-
‚men der Luft in gedrängter Kürze vorauszuschicken, um den
"Gesichtspunkt festzustellen, aus dem einige neuere Untersuchun-
‚gen und neuere Thatsachen hervorgegangen sind.
Nicht das Mikroskop hat die Idee des thierisch belebten An-
steckungsstoffes der Atmosphäre bei schweren Epidemien und na-
‚mentlich früher bei der Pest hervorgerufen, diese Idee ist Jahr-
tausende älter. Unsichtbare, oder nur sehr kleine giftige, in der
Luft fliegende Thierchen (Fliegen), als Ursache pestilenzartiger
Krankheiten anzusehen, ist eine uralte Erklärungsweise, welche
zur Zeit Christi und lange vorher nachweislich als eine Wir-
ung des Teufels des Baal Sebub (Herrn der Fliegen, Belzebub)
petrachtet wurde. Elaeon in Ägypten und Accaron in Palästina,
wei grolse Städte, erzeigten dem pestbringenden Fliegen-Teufel,
m ihn sich günstig zu erhalten, göttliche Verehrung. Ganze
Städte wurden solcher Fliegen, das heilst wohl der oft wieder-
ehrenden Pest, halber, im Alterthum verlassen und Völkerschaf-
en wanderten aus ihren Sitzen der Pestfliegen halber aus, Me-
zara in Griechenland, Myus in Phrygien, Atarna in Mysien, sind
Städte, welche in dieser Beziehung als verwüstet genannt wer-
en, und die Rhizophagen wanderten der Fliegen halber von ihren
Wohnsitzen am Astaboras in Indien, oder vielleicht aus Äthio-
ien aus, so wie der Perserkönig Sapores durch die pestbrin-
nden Fliegen gezwungen wurde, die Belagerung von Nisib
fzuheben, auch lielsen nach Strabo die Römer in Spanien zur
stzeit Fliegen einfangen und bezahlten sie scheffelweis (ad men-
ram).*) Varro und Columella erklärten die italienische schäd-
he Sumpfluft durch kleine Fliegen. Das erst 1590 erfundene
kroskop hat also die bald gröber bald feiner aufgefalste Idee
eht erweckt, wurde aber freilich besonders 1721 bei der gro-
n Pest in Marseille angewendet, um Leeuwenhoeks damals neue
kroskopische Thierwelt zu erspähen und daraus die Epidemie
| erklären.
*) Bochart, welcher in seinem Hierozoicon vieles hierher gehörige flei-
Ssig und gelehrt gesammelt hat, erklärt Strabo’s Nachricht auf diese Weise.
328
Das wirklich thatsächlich und wissenschaftlich begründete in
dieser Angelegenheit der Luftorganismen ist Folgendes:
Im April 1675 entdeckte Leeuwenhoek die Infusorien in
Regenwasser, fand aber bald, denn er war ein nüchtern prü-
fender Mann, dals sie nicht dem meteorischen Gewässer eigen-
thümlich waren. Ja durch seine am 24. April des folgenden
Jahres gemachte Entdeckung der Aufgufsthierchen des Pfeffers,
und deren Folgen kam er allmählig gleich Anfangs ganz davon ab,
dals die Infusorien atmosphärische Wichtigkeit hätten. Schon
im Jahre 1676 wollte man aber jenes wissenschaftliche Resultat
in die praktische Medicin einführen. Ein Engländer schlug vor,
bei epidemischen Krankheiten Trompeten Pauken und Kanonen
gegen die unsichtbaren Luftorganismen, welche die Ursache sein
möchten, anzuwenden. Es war der erste Übergriff einer unwis-
senschaftlichen voreiligen medicinischen Praxis in die erst aus-
zubildende neue Wissenschaft, wie er sich dann oft und in die-
sen Tagen noch wiederholt hat.
Wie es scheint, blos um eine eigne Meinung geltend zu
machen und einigen Antheil an Leeuwenhoeks Ruhm zu nehmen,
behauptete der oft unangenehm leichtfertige Physiker Hartsö-
ker 1694, welcher bald die Mikroskope für Aufgufsthierchen,
bald die Samenthierchen und noch vieles andere entdeckt haben
wollte, dafs die Aufgufsthierchen nur Larven von unsichtbar klei-
nen Fliegen wären. Diese Idee wendete Lancisi 1717 ohue di-
recte Beobachtung auf die cattiva aria in Italien an. Hieraus ist
denn sehr erklärlich, dafs man bei der 1721 so heftig aufgetre-
tenen Pest in Marseille die uralte Vorstellung von giftigen kleinen
Fliegen in der Luft wieder festhielt, wohin sich auch der Ge-
lehrte Vallisneri in Padua aussprach. Reaumur führte diese Idee
1734, ebenfalls ohne neue Beobachtung, in seinem übrigens sehr
lehrreichen Insectenwerke weiter und bis dahin aus, dals die
trübe Atmosphäre und namentlich die die Kimmung (Fata mor-
gana) bedingende Schicht im Frühling direct bedingt sei durch‘
die Schwärme der unsichtbar kleinen Fliegen oder Schmetter-'
linge der Infusorien-Larven. Linne’s Ansichten und systemati-
sche Versuche, welcher die sämmtlichen Ausschläge, Pocken,
Masern, Syphilis und auch die Ruhr, für bedingt durch kleine
unsichtbare Luftthierchen erklärte und zuletzt den ganzen Äther
UL ln
329
als Chaos infusorium in die Zoologie aufnahm, beruhen nicht auf
Beobachtungen, sondern nur auf phantastischen Ausbildungen je-
ner früheren, von Leeuwenhoeks nüchterner Forschung abwei-
chenden Behauptungen ohne alle Beobachtung.
Die mehr wissenschaftliche Entwickelung dieses Gegenstan-
des beförderte Leeuwenhoek selbst und allein 26 Jahre später wie-
der dadurch, dals er am 2. Sept. 1701 im 76. Lebensjahre die
Thierchen im Dachrinnensande entdeckte. Er sah rothes Was-
ser in seiner bleiernen Dachrinne stehen und fand es erfüllt
mit weilsen Räderthierchen und rothen, sehr kleinen anderen
Thierchen, wahrscheinlich Euglena sanguinea. Nach dem Ein-
trocknen des Wassers lebten beide aus dem trocknen Sande un-
ter Wasser wieder auf, und diefs bis nach 5 Monaten. Diese
interessante neue Beobachtung hatte eine meteorische und eine
physiologische Seite, die physiologische des Wiederauflebens ver-
trockneter Thiere wurde von Leeuwenhoeck selbst am meisten her-
vorgehoben und auch bei den neuesten Beobachtern war das me-
teorische Interesse der Thierchen im Dachrinnensande nur immer
‘ein Anhang des physiologischen. Dennoch hat diese Beobach-
tung Leeuwenhoeks wohl mit auf Vallisneri, Lancisi und Linne
gewirkt, wie sie auf den Preufs. Leibarzt Friedrich Hoffmann
4720, ja auch auf Hahnemann, der die Linneischen Phantasien
homoeopathisch ausgebeulet hat, weiteren Einfluls gewann.
Offenbar haben die Erscheinungen der Aufgüsse, wonach
sich leicht viele Thierchen in dergleichen, selbst in zugeschmol-
zenen Glasröhren entwickelten, Leeuwenhoek abgehalten, auf
das Meteorische der Dachsandthierchen ein groflses Gewicht zu
legen, da sie ja nach Art der Aufgulsthierchen sich vorfanden.
Andere haben später wieder im Regen und Schnee nach Infuso-
rien gesucht. Spallanzani hat 1776 durch seine geistvollen mühsa-
men Untersuchungen die Idee befestigt, als wären nur die Keime,
die Eier, der unsichtbaren Organismen in der Luft verbreitet und
‚als erklärten diese das Vorkommen solchen Lebens in allen Auf-
güssen. Gleichen sah und zeichnete 1778 ein im Schneewasser,
das in einer warmen Stube stand (er sagt nicht wie lange),
‚aufgefundenes vollendetes Thierchen. Es ist Trichoda (Kolpoda)
Pyrum. Vielleicht war es aus demselben lange stehenden, mit
‚anderem Wasser gemischten faulen Schneewasser, mit dem er
330
gleichzeitig, wie er sagt, Experimente machte und mithin ist
für jene Form gar keine Sicherheit des meteorischen Ursprungs.
Im frisch aufgefangenen Regenwasser beobachtete Gleichen immer
nur erst am 2. und 3. Tage lebende Thierchen, die also auch
nicht dierect beweisend für ihr meteorisches Verhältnifs sind.
Aus dem Grunde, weil gewils die Mücken und viele an-
dere kleine Luft-Insecten sich, da sie sich lange in der Luft
aufhalten, von noch kleineren daselbst so nährten, wie sich die
Schwalben von jenen nähren, glaubte 1783 Zimmermann in seiner
Geographie des Menschen Ill. p.46. an unsichtbar kleine Luft-
Thierchen.
Ungeachtet Otto Friedr. Müller, der dänische gleichzeitige
Naturforscher und beste mikroskopische Forscher seiner Zeit, nir-
gends von directer Untersuchung der Atmosphäre spricht, und
mit den reichsten Beobachtungen die Idee Hartsockers von Ver-
wandlung der Infusorien in Luftfliegen zurückweist, so erkennt
man doch daraus seine Neigung für Anerkennung des Erfüllt-
seins der Luft mit Eiern der Infusorien, dafs er pag. 298 seines
nachgelassenen Werkes von 1786 sagt, er habe in 2 Monate
lang (zur Winterszeit) stehendem Meerlinsen-Wasser bei öfte-
rer Nachforschung nichts Lebendes gesehen, aber plötzlich in
der Neujahrsnacht von 1778 zu Mitternacht darin Yorticella ro-
tatoria und Fibrio Olor, zwei lebende Infusionsthierchen, beob-
achtet, so dafs es wahrscheinlich sei, dafs die Eier derselben in
seinem Arbeitszimmer (in museo) aus der Luft herab in das Was-
ser gefallen wären. Dafs aus dieser so einzelnen Beobachtung
am wahrscheinlich festlich verbrachten Neujahrs- Abende nicht
viel für die Belebung der Atmosphäre sicher geschlossen wer-
den könne, liegt am Tage.
So waren und blieben denn Leeuwenhoeks Räderthierchen
des Dachrinnensandes sammt der Euglena sanguinea bis ins neue
Jahrhundert die einzigen 2 directen und sicheren Anhaltspunkte
für durch die Atmosphäre gehobene und hoch abgesetzte le-
bende unsichtbar kleine Organismen. Da man aber die genera-
tio spontanea dieser sämmtlichen kleinen Wesen aus Urstoffen
anzunehmen geneigt blieb, so verschwand auch das meteorische
Interesse bei diesen.
331
Alexander von Humboldt hat in seinen, in der Berliner
Akademie der Wissenschaften gehaltenen Vorträgen, welche un-
ter dem Titel „Ansichten der Natur” zuerst 1807 besonders ge-
druckt wurden (II. p. 3. 1826), die Belebung des Luftkreises
auch durch nur mit dem bewaffneten Auge erkennbare Le-
bensformen, „Räderthiere, Brachionen und eine Schaar mikros-
kopischer Geschöpfe” bezeichnet, welche „unbeweglich und in
Scheintod versenkt in den Lüften schweben, bis der Thau sie
zur nährenden Erde zurück führt.” „Insecten-Eier und Eier der
Pflanzen mit Haar- und Federkronen zu langen Herbstreisen ge-
schickt, sammt Blüthenstaub der Pflanzen, welcher die Befruch-
tung getrennter Geschlechter vermittelt”, werden als kleinste Be-
standtheile des Luftstaubes genannt. Obwohl diese Bezeichnun-
gen Alexander v. Humboldts nur allgemeinere Andeutungen von
gewissen unausweichlichen Gruppen und Gattungen der Luftorga-
nismen sind, so sind sie doch die ersten bestimmteren Aussprü-
che der wissenschaftlichen Forschung und CGombination, welche
den Reichthum des Luftlebens im Detail bezeichnen.
Im Jahre 1812 hielt Gruithuisen den Luftstaub und Son-
nenstaub für einen Schimmel der Luft, welcher die Belebung
der Aufgüsse vermittle.
Y Seit 1818 wurde dann durch die Beobachtung eines sehr
ausgebreiteten rothen Schnees in der Polargegend durch Capitän
- Rofs und des zur Vergleichung gebrachten rothen Alpenschnees,
die Erfüllung der Luft mit unsichtbar kleinen Organismen von
- Neuem lebhaft angeregt und aufgenommen, allein es hat sich spä-
terhin zur Gewilsheit herausgestellt, dafs jene rothe Schneefär-
3 bung nicht aus der Luft herabgefallen, sondern sich auf dem lie-
genden Schnee entwickelt hatte. Es war die Sphaerella nivalis.
d In derselben Zeit wirkten Chladni’s höchst ausgezeichnete
Untersuchungen und Zusammenstellungen über die Meteorsteine,
ablenkend von der Lebensfülle der Atmosphäre. Alles herab-
fallende erschien ihm kosmischen Ursprungs sein zu müssen und
“auch den rothen Schnee der Alpen erklärte er für, mit organi-
‚schen Stoffen gemischte, kosmische Masse.
Im Jahre 1824 erst behauptete Bory de St. Vincent in Pa-
ris, bei Gelegenheit der Aufzählung des von ihm Enchelys py-
_ riformis genannten Schneethierchens von Gleichen im Dictionn.
332
classique d’histoire natur., dals er ebenfalls mehrmals Infusorien
im Schneewasser und im Regenwasser gefunden habe, weil sie
klein genug wären, im Wasserdunste der Atmosphäre zu leben.
Da er aber keine beobachtete Art nennt und auch die Unsicher-
heit der Gleichenschen Form unbemerkt läfst, so ist aus dieser
Angabe kein neuer Gewinn für positive Kenntnils zu ziehen.
Im Jahre 1826 hat sich derselbe Beobachter im Dictionn.
classique d’hist. nat. im Artikel Matiere pag. 276. dahin ausge-
sprochen, dafs der Luftstaub, bestehend aus dunklen unbewegten
Theilchen ohne Organisation, wohl vertrockneter Schlamm (Zi-
mon ü Petat de siccite) sei, den wir selbst aufrührten, der durch
“ den Regen wieder ins Wasser käme, aus ihm bilden sich die
festen Theile aller Organismen. . Speciellere Bezeichnungen wer-
den nicht gegeben.
Etwas detaillirter sind aber im Jahre 1828 wieder vom Pro-
fessor Sig. Schultze in Greifswald die kleinsten Luftorganismen be-
zeichnet worden. Er sagt in seiner Schrift über Herrn Robert
Browns bewegte Moleküle und die Erzeugung der Monaden, pag.
29. „Dieser überall in der Luft umberfliegende Staub enthält
nun aufser kleinen animalischen und vegetabilischen Haaren und
Fasern, die sich in bewohnten Zimmern in der Form von Flok-
ken auf und unter den Möbeln sammeln, theils kleine rundliche
und eckige Theilchen von verschiedener Grölse, die ihren orga-
nischen Ursprung dadurch verrathen, dafs sie entweder im Was-
ser aufquellen oder sich zum Theil in eine schleimige Masse auf-
lösen. Ein anderer Theil besteht aus rundlichen und eckigen
Bruchstücken unorganischer Körper, die wie der feine Sand
weder quellen noch sich lösen, oder wenn sie sich lösen, doch
nicht jene schleimähnliche Masse bilden; diese machen einen
Hauptbestandtheil des Staubes in der Nähe der Landstrafsen aus,
sind aber immer mit einer grolsen Menge organischer Überreste
und eingetrockneter Infusionsthiere, die der Wind von jeder
vertrockneten Pfütze zu Hunderttausenden mitnimmt, gemengt.—
Zuweilen findet man in dem, mit dem Regen an die äulsere
Fläche der Fenster geworfenen und angetrockneten Staube, ovale
gelbe Körper, in denen jeder, der Versuche über die merkwürdi-
gen Räderthiere (Furcularia rediviva) angestellt hat, dieses Thier
im zusammengeschrumpften Zustande erkennen wird. — Hiermit
}
2
2
N
333
verbinden sich an bewohnten Plätzen mehr oder weniger Ruls-
und Aschentheilchen, die beim Verbrennen in die Atmosphäre
hinaufgerissen werden, sie befinden sich vorherrschend in dem
schwarzen Staube, der in räuchrigen Küchen sich ansammelt und
hindern, wahrscheinlich durch ihren Gehalt an löslichen Alka-
lien und Salzen, die Bildung der Monaden in einem von die-
sem Staube gemachten Aufgusse.”
seinen, die Bildung von Monaden aus solchem Staube betreffen-
den Beobachtungen über, und nennt diese Monaden Monas Termo
Hierauf geht der Verfasser zu
und Monas Lens.
Diese Darstellung des Luftstaubes zeigt schon einen grölse-
ren Reichthum von beobachteten Formverbältnissen an, allein sie
hält sich ebenfalls in allgemeinen Bezeichnungen. Nur Ein Thier-
chen, Furcularia rediviva, wird speciell genannt, während zwei
andere Monas Termo und Monas Lens mehr einer späteren ge-
neratio spontanea aus unförmlichen schleimigen Theilchen zuge-
wiesen werden. Furcularia rediviva ist aber das alte Leeuwen-
hoeksche Thierchen.
Die von mir in den Jahren 1820 bis 1826 in Afrika auf der
Reise mit Dr. Hemprich gemachten Beobachtungen des Thaues,
welche in 300 Nachforschungen kein einziges lebendes Wesen fan-
den, sind in den Abhandlungen der Akademie von 1829 p. 14
niedergelegt.
Im Jahre 1830 habe ich dann wieder das ebenfalls negative
Resultat von über ein Tausend einzelnen Schneeflocken, Regen-
tropfen und Thautropfen in Poggendorffs Annalen der Physik
pag. 513 mitgetheilt. Ich hatte damals das Leben in der At-
mosphäre, nicht die todt darin schwebenden Formen im Auge.
Jetzt halte ich, nach mancher mühsamen Forschung, einiges für
erreichbar, was ich damals für unerreichbar hielt, zumal von
Hartsoeker an viel behauptet, wenig erwiesen war.
Im Jahre 1834 hatte Sigismund Schultze wieder seine Auf-
merksamkeit auf die Thierchen des Dachrinnensandes gelenkt und
_ unter dem Namen Macrobiotus Hufelandii eine neue 4 zehige Art
beschrieben, dabei aber besonders das Wiederaufleben auch der
Furcularia rediviva ins Auge gefalst. In demselben Dachrinnen-
sande des Verfassers wurden von mir, anstatt der Furcularia, Phi-
lodina erythrophthalma und roseola erkannt und auch Yidrio An-
334
guillula beobachtet, so dafs sich damals die durch die Luft ge-
tragenen mikroskopischen Formen demnach um 3 Artnamen ver-
mehrten.*)
In dem 1838 herausgegebenen Infusorienwerke ist Callidina
rediviva als Dachsandthierchen zuerst beschrieben (p. 500) und
der jetzt wieder untersuchte Sand bezeichnet. Vielleicht gehört
auch Callidina elegans der Eichenrinde zu den Baummoos- Infu-
sorien.
Im Jahre 1838 wurden von Herrn Schultze wieder als im
Dachrinnensande lebend 6 mikroskopische 'Thierchen bezeichnet:
Furcularia rediviva, Macrobiotus Hufelandii, Macrobiotus al. sp.
(Oberhäuseri), Arctiscon tardigradum, Arctiscon al. sp. vel nov.
Gen. (Echiniscus), Fibrio Anguillula.
Im Jahre 1840 beschrieb derselbe das neue Genus als Echi-
niscus Bellermanni, welches wohl unter den früher genannten 6
Arten begriffen ist.
Im Jahre 1842 hat Herr Doyere in Paris in einer fleilsigen
Monographie der Tardigraden aus den Dach- und Mooserden
der Häuser und Mauern in Paris 6 Arten publicirt, nämlich Emy-
dium Testudo, spinulosum, granulatum, Milnesium tardigra-
dum, Macrobiotus Hufelandii, Oberhäuseri, wobei bemerkens-
werth ist, dafs der Verfasser die Thierchen der Dächer nie im
Sumpfwasser beobachtet hat und den Aufenthaltsort als Character
benutzt**).
*) Das Trionychium ursinum, welches mir neuerlich nicht wieder vor-
gekommen ist und welches Herr Doyere als Macrobiotus Ursellus aufführt,
gehört nicht zu den Luftthierchen, ist aus Sumpfwasser. Der Name war
vor Macrobiotus gegeben, ist vielleicht aber zu specifisch bezeichnend.
**) Doycere Memoire sur Vorganisation et les rapports naturels des Tardi-
grades. Paris 1842. Inaugural-Schrift. Eine der besten neueren Arbeiten
in mikroskopischer Forschung.
Herr Doyere hat nicht nur wohlbegründete richtig aufgelalste Facta
dargelegt, sondern sein Streben nach umsichtiger Betrachtung hat ihn auch
angeregt, über die Beobachtungen hinaus Combinationen zu machen. So
anerkennend ich seine vortrefflichen Beobachtungen empfehle, so darf ich
andrerseits nicht unterlassen zu bemerken, dafs derselbe sich dadurch in
Schwierigkeiten und Unrichtigkeiteu verwickelt hat, dafs er nicht auch ir-
gend ein Räderthierchen, die er beständig critisirend vergleicht, mit gleich
335
So war denn die Kenntnils der von der Atmosphäre getra-
genen unsichtbar kleinen Thierarten bis zum Jahre 1842 im Gan-
zen folgende:
grolsem Fleilse beobachtet hat. Wie in Deutschland eine einseitig auf-
gefalste und consequent angewendete Zellentheorie viel Schädliches durch
Verwirrung der physiologischen Vorstellungen gewirkt hat und noch wirkt,
so haben in Frankreich die Vacuoles und Systolides die Entwickluug der
richtigen mikroskopischen Forschung, wie der Erfolg zeigt, verschoben
und gehemmt. Nur theilweis, aus persönlichen Rücksichten, wie es nach
Note pag. 15 scheint, billigt beides Herr Doyere, aber auch der Theil hat
ihm keine gute Frucht getragen.
Er hält die Tardigraden für den Räderthieren gleich gebildet und fin-
det deshalb manche meiner Ansichten über die letzteren Organe nicht zulä-
[sig. Wie sehr aber diese beiden Formengruppen von einander abweichen
und unvergleichbar sind, ergiebt sich wohl aus meiner folgenden Parallele:
Doyere:
Tardigraden = Gliederthiere.
1) Wahre Körper-Gliederung mit
Ganglien -Reihe.
2) Wahre Fülse der wahren Glie-
der mit eingelenkten Zehen.
3) Wahre Queermuskeln in jedem
Körpergliede.
A) Gefälssystem wiebei Crustaceen,
nur ohne Puls, mit grofsen Blut-
körperchen ohne Queergefälse,
ohne deutliche Gefälsnetze.
5) Keine Rückenöffnung.
6) Keine zitternden Organe (Kie-
men?).
7) Spermatozoen in der Samenblase.
Ehrenberg:
Räderthiere=Gliederlose.
Keine wahre Körpergliederung, keine
Ganglien-Reihe, aber zerstreute
Ganglien.
Keine wahren Fülse wahrer Glieder,
noch eingelenkte Zehen.
Keine wahren Queermuskeln.
Gefälssystem sehr verschieden von
dem der Crustaceen, ohne Puls,
ohne Blutkörperchen, mit Queer-
gefälsen und deutlichen Gefäls-
netzen.
Rückenöffnung (mit Fühlwimpern).
Innere zitternde Organe, (Kiemen?).
Keine Spermatozoen in der oft sehr
grolsen Samenblase erkannt.
Das pulsirende Gefälssystem der Lernaeen, wenn es wirklich fehlt,
hindert am meisten die Vereinigung der Tardigraden mit diesen, aber in
Vergleich mit Räderthieren finde ich so wichtige Widersprüche, wie zwi-
schen Vögeln und Säugethieren kaum statt finden.
Die gute Beobachtung von 6 Tardigraden hätte nicht der guten Beob-
achtung von 168 Arten der Räderthierchen gleich geachtet werden dürfen.
Dem braven Beobachter aber alle Ehre!
336
Rotifer vulgaris, Leeuwenhoek (Furcularia rediviva) 1701.
Brachionus, Alex. v. Humboldt 1807.
Philodina erythrophthalma Ebrenberg 1834.
— roseola
Callidina elegans? Ehrenberg 1830.
— _ rediviva, Ehrenberg 1838.
Euglena sanguinea, Leeuwenhoek 1701.
Monas Fens U gchultze 1828.
— Termo
Trichoda Pyrum (Gleichen 1778).
Anguillula fluviatilis, Schultze, Ehrenberg 1834.
Echiniscus Testudo Emydium, Doyere 1842.
—_ spinulosus
— granulatus
— Bellermanni, Schultze 1838. 1840.
Milnesium tardigradum, Doyere 1842.
Macrobiotus Hufelandii, Schultze 1834.
— Oberhäuseri, Doyere 4842.
Durch die seit 4 Jahren, seit 1844, vorgetragenen Unter-
suchungen des atlantischen Passatstaubes, vulkanischer Aschenre-
gen, des Sciroccostaubes und des rothen frisch gefallenen Schnees
hat sich die wissenschaftliche Erkenntnis der unsichtbar kleinen
Organismen in der Atmosphäre sehr erweitert. Es handelt sich
nun nicht mehr um einige wenige unsicher meteorische Formen
und allgemeinere hypothetische Bezeichnungen, sondern es sind nun
mehr als 140 Arten aus der oberen Atmosphäre mit-grofser Ge-
nauigkeit festgestellt worden, deren Mehrzahl kieselschalig ist
und deshalb eine überaus scharfe Vergleichung gestattet.
Einen besonderen Abschnitt für diese Beobachtungen dürfte
die 1845 zuerst in vulkanischem Aschenregen des Hecla, dann
1846 im Scirocco -Staube ermittelte Beimischung lebensfähiger
Formen machen ($. die Monatsber. d. Akad.). Am Fenster durch
Platzregen, vielleicht nur ab- oder aufgesprützte, Räderthierchen
erschienen weniger sicher direct meteorisch.
Die im Monat Mai d. J. der Königl. Akademie angezeigte
Beobachtung eigenthümlicher, auf den Bäumen des Urwaldes in
Südamerika zahlreich lebender mikroskopischer, oft kieselschaliger
Organismen haben mich angeregt, die Bäume der Umgegend,
337
die Dachmooserde der Häuser und den Staub der untern Atmos-
phäre überhaupt, welcher entschieden gehoben und getragen
worden ist, wieder und aus neuen Gesichtspunkten, nämlich aus
dem der Gleichartigkeit oder Ungleichartigkeit der vorherrschen-
den Formen und der Mischung mit lebenden, nach neuen, sehr
verfeinerten Untersuchungs- und Unterscheidungs- Methoden zu
revidiren. So ist denn ein weit ansehnlicherer Reichthum an
meteorischen Organismen, welche mit Namen festzuhalten sind,
erreichbar geworden.
Um die jetzige Zeit mit einer ferner liegenden früheren zu
vergleichen, kam jener Dachrinnensand zu Hülfe, welchen ich
1838 aufgenommen und aufbewahrt hatte, dessen in dem damals
zu publieirenden Infusorienwerke 1838 p. 500 Erwähnung ge-
schehen ist. Er stammt aus der Dachrinne meiner damaligen
Wohnung, Französ. Stralse 36.
Ferner habe ich Berlin, Charlottenburg und Potsdam zu
vergleichen gesucht und auch in Berlin noch im August-Monat
die Extreme der Stadt in ihrem Verhalten geprüft.
Auf diese Weise sind 15 Lokalitäten meteorisch gehobenen
und abgelagerten Luftstaubes der verschiedensten Art zur Unter-
suchung gekommen, in der Weise, dafs von jeder Art bis 10
nadelknopfgrofse Mengen der Staubarten sehr genau geprüft wur-
den, was eine Summe von 150 Analysen ergiebt. Bei jeder die-
ser Reihen haben meist 20 bis 40 Bestimmungen von Formen
stattgefunden, was eine Summe von 419 Bestimmungen ausmacht.
Die Masse der auf diese Weise ermittelten Specialformen
ist für Berlin und Umgegend auf 109 Arten gestiegen, welche
39 Generibus angehören, und wovon 92 auf August 1848 kom-
men, sieben 1838 allein beobachtet wurden.
Zur Erläuterung der beigehenden Tabelle ist noch folgen-
des nöthig.
Die 5 ersten Beobachtungsreihen beziehen sich auf Dach-
erde der Häuser und Mauern. No. 4. betrifft Dachrinnensand
aus einer etwa 45 Fuls hoch gelegenen Dachrinne des 3 stöcki-
gen Hauses 36., nahe der katholischen Kirche, in der französi-
schen Strafse zu Berlin;
No. 2. betrifft Dachmoos aus der Leipzigerstralse nahe am
Potsdamer Thore vom Dache eines etwa 65 Fuls hohen Hauses.
338
No. 3. bezieht sich auf Dachmoos eines Gartenhauses der
Krautsgasse in der Gegend des Frankfurther Eisenbahnhofes, in
grolsen freien Gartenanlagen gelegen, etwa 12 Fuls hoch ent-
nommen.
No. 4. bezieht sich auf Moos von einer etwa 10 Fufs hohen
Gartenmauer in Charlottenburg, besonders dessen erdige Unter-
lage.
No. 5. auf Moos von einer ebenso hohen Gartenmauer in
Potsdam.
Die folgenden Beobachtungsreihen von No. 6. bis 10. be-
ziehen sich auf Baummoos-Erde, welche in mehr als Mannshöhe
(8— 10 Fuls vom Boden) entnommen worden sind.
No. 6. ist von einer Eiche im inneru Thiergarten, in der
Gegend von Kempershof, nach Bellevue zu.
No. 7. ist von einer Hainbuche in der Gegend der Rous-
seau’s Insel, im geschlossenen Walde ebenda.
No. 8. ist von einem Apfelbaume aus der Krautsgasse, mit-
ten in sehr ausgedehnten freien Garten- Anlagen des Bouch£-
schen Kunstgartens.
No. 9. ist aus dem geschlossenen Walde des Brauhausberges
zu Potsdam in der obersten Höhe, von einer Eiche.
No. 10. von einer anderen Eiche ebenda, etwas tiefer.
Die dann folgenden 5 Beobachtungsreihen betreffen den
feinen Staub der inneren Häuser von Berlin.
No. 11. ist aus meiner 2 Treppen hoch gelegenen, etwa 45
Fufs hohen Wohnung des ehemaligen Gräflich Raczynskischen
Palais unter den Linden 21.
No. 12. ist ebendaher vom Flur, in gleicher Höhe.
No. 13. ist vom Boden desselben Hauses, eine Treppe hö-
her (3 Treppen hoch).
No. 14. ist vom Boden des Hauses No. 84. der Zimmer-
stralse, 4 Treppen hoch.
No. 15. ist aus den Räumen der Königlichen Bibliothek am
Opernplatze.
Übersicht der Resultate.
4) In sämmtlichen 15 Beobachtungsreihen des entschieden
meteorisch gehobenen Staubes um und in Berlin sind 109 un-
sichtbar kleine Formen specifisch bestimmbar gefunden worden:
339
Polygastrica (meist kieselschalig) . . . 24
Phytolitharia (kieselerdig)...... . » 37
Rotatoria (weich)... 2:2 22.... 5
Polythalamia (kalkschalig) .... » . 2
Nematoidea: earth
Mearoideaı ie. era 1
Xenomorphidae (Tardigraden)*).... 2
Unseotonum. fragm.....erchllenee
Hhiumspäartieulas as. Dee 1
Mammalium partieula. .» 2.2...» 1
Hominis arte facta, colorati pii ... 1
Plantarum fragmenta ........:.. 26
Particulae organicae deformes .... 1
Crystalli rhombei albi » 2.2...... 1
— columnares breves albi.... 1
—_ — Qurudesiancrn. ana
Quarzi particulae deformes ...... 1
109
2) Von diesen Formen sind 36 im Jahre 1838, und zwar
29 ganz gleichartig wie 1848 in dem Luftstaube zu Berlin ge-
wesen, so dafs die Mischung in bei weitem der Mehrzahl der
Formen, in 10 Jahren sich gleich geblieben.
3) Im Passatstaube und Sciroccostaube wurden bis August
1847 141 Arten beobachtet. Unter diesen sind 42 mit den je-
izigen gleichnamige Arten, so dals die meteorischen Organis-
men nun auf 207 Arten gestiegen sind. Allein es sind seit Aug.
1847 bereits so viele, noch andere Luftstaub- Organismen wieder
beobachtet worden, dals die Zahl der nun direct bekannten Arten,
zumal mit den Baumformen von Venezuela, 200 weit überreicht.
5) Nach den Örtlichkeiten der Ablagerung ergiebt sich fol-
gende Übersicht:
*) Den von Herrn Perty 1834 für die Bärenthierchen (il Tardigrado) als
besondere Familie gegebenen Namen Aenomorphidae habe ich interimistich
angenommen, glaube aber doch, heut wie 1834, dals diese so deutlichen
Gliederthiere den Acaris oder Lernaeen einst anzuschliefsen sein werden,
zumal die Bluteirculation von Sigism. Schultze berichtet wird, während
Doyere sie freilich als wahre Circulation leugnet. Auch bei Lernaeen ist
ihre Bestätigung schwer, aber durch Ratlıke festgestellt.
340
Dächer
Polygastrica „2... 14
Phytolitharia. . 2...»
Rotatoria ..... 1.0 wu.
Polythalamia ...»..
Nematoidea ......
Acaroidea sl nal.
Xenomorphidae ....
lIveleIla8&
Insectan.. cranevahamt are
Avesnn. ser —
Mammalia .......—
Homo 5 2.1...
Plantarum fragm. . . .. 13
Partie. org. deformes . 1
Urystali.ssbonEeraisso
Partic. anorg. deformes 1
69
5) Unter diesen Bestandtheilen des
Bäume Zimmer
lIoaSa
Ivlex
1 _
4 a
1 2
—_ 1
—_ 1
—_ 1
15 17
1 1
3 2
1 1
68 39
meteorischen Staubes
sind einige, welche in keiner Untersuchungsreihe fehlen, andere
sind nur öfter, noch andere nur in einzelnen vorhanden. Am
wichtigsten für die Atmosphäre sind offenbar die stets vorhan-
denen. In allen Reihen ohne Ausnahme
Eunotia amphioxys,
Unförmliche organische Theilchen
sind beobachtet 3:
(weich, verkohlbar),
Unförmliche Quarztheilchen (hart, nicht verkohlbar).
2
In der Beobachtungsreihen sind gleichartig 10:
Arcella vulgaris,
Eunotia amphioxys,
Lithodontium furcatum,
— rostratum,
Lithostylidium rude,
Spongolithis acicularis,
Pollen Pini laeve,
"Pilus plantae ornithorhamphus,
Unförmliche organische Theilchen,
Unförmliche Quarztheilchen.
6) Die Hauptmasse der sämmtlichen Formen sind Süfswasser-
und Landgebilde, doch sind folgende Seeformen darunter:
341
T Be globulosa Bde,
Rotalia globulosa
Spongolithis Trianchora
— Fustis Kieselerde.
robusta
Die beiden erstern sind die gewöhnlichsten massenhaftesten
Kreidethierchen und sind nur im Staube der Häuser beobachtet,
daher stammen sie wohl von den geweilsten Wänden des Hau-
ses, die 2-3 Meeres-Spongolithen lassen sich so nicht erläutern.
Entschieden fremdländische Formen sind nicht darunter, alle
sind europäische, schon bekannte Formen, oder haben europäi-
schen Anstrich.
Als lebensfähig und wirklich lebend haben sich folgende 23
Formen erkennen lassen:
an Thieren:
Arcella Globulus
hyalina
vulgaris
Difflugia areolata
Seminulum
Eunotia amphioxys
Navicula Semen
Pinnularia borealis
Stephanosira europaea
Callidina rediviva*)
hexaodon
octodon
telraodon
Ova Callidinarum
Anguillula (fluviatilis) tectorum
*) Aus dem Umstande allein, dafs ich die augenlosen Callidinas nie mit
entwickelten Jungen im Leibe (nie lebendig gebärend) beobachtet habe,
vielmehr stets und unzählige Male mit einzelnen Eiern erfüll® gesehen,
schliefse ich, dafs Leeuwenhoeks Thierchen, das bis 3 Junge in sich
hatte, eine Philodina oder ein Rotifer gewesen, welche beide Genera oft
lebendig gebärend sind (vergl. Infusionsth. 1838. 492.). Da Callidinen mit
2, 3,4, 6 und 8 Zähnen in jedem Kiefer vorkommen, so halte ich diese für
besondere Arten.
8 xx
342
Echiniscus Testudo
Macrobiotus Hufelandii
an Pflanzen:
Oscillatoria
Semen Filicis
— reniforme
Sporangium Fungi biloculare
— quadriloculare
— multiloculare
alle übrigen organischen Formen sind entweder als leere Scha-
len oder als fragmentarische, wenn auch leicht erkennbare Theile
von Organismen vorgekommen. Eunotia amphioxys und Pinnu-
laria borealis sind öfter in Selbsttheilung (Fortpflanzung) darin
beobachtet.
9) In einem hohen Grade merkwürdig erscheint, dals die
beiden Formen Eunotia amphioxys und
P;nnularia borealıs,
welche (unter 63 kieselschaligen Polygastern) 1847 allein als im
Sciroccostaube lebensfähig (mit wohlerhaltenen weichen Organen
versehen) genannt wurden, die auch allein als lebensfähige For-
men im Winter-Meteorstaube vom 31. Jauuar d. J. bezeichnet
wurden und die in den Gewässern Berlins nur selten und ein-
zeln vorkommen, auch in den Berliner Staubarten die vorherr-
schenden, zum Theil nie fehlenden sind, zumal sie von mir nach-
träglich neuerlich auch im ächten atlantischen Passatstaube mit
grünen Ovarien aufgefunden worden sind (Vergl. Monatsber. 1846
326. 1847, 328. 1848, 116.).
Hat es daher oft periodisch unbemerkbare Meteorstaubfälle
in Berlin gegeben, welche dem Passatstaube sich anschlielsen?
Warum finden sich von nahe 400 kieselschaligen Polyga-
stern-Arten, welche bei Berlin leben, gerade nur 2 und die
beiden Passatstaub-Thierchen (vom Staube des atlantischen Oceans)
lebend im Luftstaube und auffallend zahlreich, während sie am
Boden (der Vermischung halber?) selten sind?
10) Da dieselben 2 Formen nebst der amerikanischen Sy-
nedra Entomon die alleinigen lebensfähigen Arten im letzten
schlesischen. Meteorstaube vom 31. Januar d. J. gewesen sind, so
entsteht die Frage, hat der Sturm an jenem Tage von den ge-
343
frornen Dächern und Bäumen jene nachweislichen 100,000 Cent-
ner gleichartiger abgelagerter Masse zusammengeweht, oder hat
er sie aus der obern Atmosphäre herabgebracht und haben ähn-
liche mehr oder weniger bemerkbare Staubfälle seit 1UO Jahren
nun nachweislich jene Gleichartigkeit des Oberflächen -Staubes
hervorgebracht? Das erstere erscheint unwahrscheinlicher.
11) Vallisneri beobachtete 1689 einen rothen Staubregen in
und bei Venedig, welcher beim Genusse nicht wohl davon
gereinigter Gemülse Durchfall und Übelkeiten verursachte. Er
hielt es für rothe vulkanische Asche des Vesuvs (Vergl. Monats-
ber. der Akad. 1847. p. 347.). Es ist eben so und mehr wahr-
scheinlich, dafs dieser rothe Staub Scirocco-Staub gewesen und
mithin in seiner Mischung dem von mir analysirten, in eben je-
ner Gegend 1803 und 1813 gefallenen berühmten Staube gleich
war (Monatsber. d. Akad. 1847 p. 324).
12) Wenn es periodisch giftige Eigenschaften des Luftstau-
bes giebt und die Luft nachweislich mit mehreren Hunderten er-
kennbarer organischen und unorganischen unsichtbar kleinen For-
men (in 1 Tage periodisch zu 100000 Centner) erfüllt ist, so fragt
man wohl, welche dieser Formen sind unverdächtig und welche
sind etwa verdächtig, zumal im August 1848 zu Berlin?
Die 109 beobachteten Formen zerfallen in „
a re
j EEE. N ae 56
} Kalkerdipe Fre 7, DOT E E , 2
“ thierisch gallertige (weichhäutige) 21
Pllänzenzellipe, 2.4.0 0 af sung 26
unorganischen..;. S.6 een de mie 4
109°
Das Unorganische unberücksichtigt lassend*), da man das
Organische mehr zu beschuldigen pflegt, ergiebt sich folgendes
Verhältnils:
*) Der unorganische Theil des Luftstaubes beträgt naeh Herrn Gibbs (s.
d. Monatsbericht d. Akad. 1846. p. 205) im atlantischen Passatstaube von1838
1%pCt. an Gewicht, im schlesischen Meteorstaube vom 31. Januar 1848 nach
Dr. Wedl 80 bis 85 pCt. (s. Monatsber. d. Akad. 1848 p. 110). Bei der erste-
n Analyse sind alle organischen Kieseltheile, Kalktheile und Eisentheile
mit den unorganischen verbunden, bei der zweiten Analyse sind zwar die
Polygasternschalen abgezogen, aber die weit zahlreicheren Phytolitharien
»
*
344
Die 56 kieselschaligen Organismen (polygastrische Infusorien
und Pflanzen -Kieseltheile), welche mit dem Quarzsande 37-50
pCt. des Gewichts des Luftstaubes machen, sind als Bergmehl
sehr häufig gegessen worden und zwar in der Mehrzahl auch in
denselben Arten. An der Grenze Lapplands ifst man sie noch
jetzt zu Hunderten von Wagen voll jährlich. Diese Dinge sind
nicht das Giftige.
” Die kalkschaligen Thierchen sind die gewöhnlichen Kreide-
thierchen und, sammt den in jedem Theewasser vorkommenden
anderen kohlensauren Kalk- Theilchen, offenbar unschädlich.
Die 26 Pflanzentheilchen des Luftstaubes, welche etwa 15
p€t. Kohle des Staubes liefern, zeigen sich nicht wesentlich an-
ders im August 1848 als sie im April 1838 waren und geben eben-
falls kein Anhalten für eine jetzt giftige Beschaffenheit der Luft.
unerkannt und unberücksichtigt geblieben, während das, was Humus ge-
nannt wird (10-12 pCt.) offenbar mit zum organisch Weichen (Verrotteten)
gehören mag.
Mikroskopisch abgeschätzt erscheint mir das Verhältnils der Kiesel-
erde, Kalkerde und Eisen sammt Mangan im Passatstaube so:
BER bs ee (Polyg. & Phytolith.) 20 pCt.
magelegn unorganisch (Quarzsand) . . 17 nie:
j organisch. 22. Yon ed, 4» } i
m ee 2 Deren see 1er:
en EN } ie
Bauen unorganisch . . . are 6 a.
organisch (Poly halamia) Pal
Kohlens. Kalk = 94 »
unorganisch . . . . =»
Im Meteorstaube vom 31. Januar d. J. zürda ich die Kieselerde, als vor-
herrschende Masse, abschätzeud so bestimmeu::
organisch (Polyg. & Phytolith.) 15 -20 pCt.
unorganisch es ud 23,- 30.» \ 40-50 pCı.
, organisch" #.. & 4»
Eisen und Mangan u Bas Os } 10 »
Kohlens. Kalk und a (Polythalamia) An } JB
Gyps z
Kiescelerde {
unorganisch . . . . 6 »
aulserdem mögen 10-15 pCt. Thonerde durch Glimmerblättchen und ähn-
liche unorganische Dinge vermittelt darin sein, andere 10-15 pCt. theilen
sich in Talkerde, Kali, Natron und geringfügige andere Dinge, während 10-
20 pCt. kohlenstoflige organische Theile sind.
Das Organische beträgt 30-48 pCt. oder %-%.
345
Es bleiben die weichen gallertigen und häutigen tbierischen
Theilchen übrig, deren 21 Formen unterschieden sind und die
etwa 1 pCt. der Masse bilden mögen. Dieselben Hauptformen
sind 1834 und 1838 im Dachrinnensande vorhanden gewesen.
Dabei ist es schliefslich vielleicht gut, folgende Betrachtun-
gen zu erwägen. Ein einzelner, in der Luft getragener Pflan-
zensame oder organischer Keim, dessen Masse im Luftstaube und
der Luft überhaupt ganz verschwindet, kann sehr leicht die Ver-
anlassung sein, dals in wenigen Jahren sich alle Dächer einer
Stadt, von den benachbarten der ersten Niederlassung anfangend,
mit solchem Moose, auch Räderthieren, überziehen. Auch kahle
Gebirgsspitzen und nackte Felsen im Ocean erlangen so leicht
die wenigen sie zahlreich bekleidenden Formen. Zu einem wirk-
samen Gifte der Luft bei Epidemieen reichen einzelne Formen so
nicht aus, es muls an massenhaftes, nur selten seinen Boden fin-
dendes Gift gedacht werden, das in kurzer Zeit wirkt. Daher mülste
bei fleilsiger Benutzung der optischen Kräfte das Massenhafte
der Untersuchung schnell zu Hülfe kommen, was nicht der Fall ist.
Etwas bemerkenswerth ist das Verhältnis der milbenartigen
lebenden Bärenthierchen, Tardigraden, doch sind sie im frisch
fallenden Staube noch nicht beobachtet worden.
Der hiermit der Akademie übergebene erste reichhaltige
Mafsstab des unsichtbar kleinen Lebens in der Atmosphäre hat
zwar schon Vieles, vorher unbekanntes, aber etwas auffallend
Ungewöhnliches im August 1848 noch nicht erkennen lassen.
Es wurde noch ein so eben von Herrn Prof. Retzius an
den Vorsitzenden eingegangenes Schreiben vorgelegt, welches
den am 7. Aug. erfolgten Tod des Herrn Jacob von Berzelius
in Stockholm, des hochverdienten auswärtigen Mitgliedes der
Akademie, im Auftrage der Familie meldet.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Bulletin de la Societe geologique de France. 2. Serie. Tome 4.
feuilles 53-62. Tome5. feuill. 1-8. Paris 1847. 48. 8.
Lorenzo Blanco, Yarietaä nei Volumi Ercolanesi. \Vol.1l. Par. 1.
2. Napoli 1846. 8.
346
E. Gerhard, archäologische Zeitung. Neue Folge. Lief. 6. No. 16-
48. April-Juni 1848. Berlin. 4.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 646. Altona 1848.
4. '
Kunstblatt 1848. No. 36. 37. Stuttg. u. Tüb. A.
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13
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ArcellajCallid;
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Rotalia
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Diffiugia are »olata
Seminulum
Eunotia amphioxys
gibba
gibberula
Fragilaria rhabdosoma
Gallionella —?
distans
granulala
Gomphonema
Meridion(Podosphenia Pupula?)
Nav icula dubia
Semen
Silicula
Pinnularia borealis
aequalis
Stauroneis anceps
Semen
Stephanosira europaea
Synedra U: Ina
PHYTOLITHARIA 37.
Amphidiscus clavatus
Lithasteriscus tuberculatus
Lithodontium Bursa
Jurcatum
nasutum
obtusum
platyodon
rostratum
Scorpius
Lithostylidium Amphiodon
angulosum
biconcavum
Catena
clavatum
Clepsammidium
curvalum
dentatum
Iaeve
obliguum
polyedrum
quadratum
rude
serpentinum
Serra
sinuosum
spinulosum
spiriferum
Trabecula
unidentatum
ventricosum
Spongolithis acicularis
Trianchora
apiculata
Jıstulosa
Fustis
robusta
Tkylacium semiorbiculare
Übersicht von 109 mikroskopischen gewöhnlichen Atmosplif@iiten, 1838 bis Aug. 1848, in und bei Berlin.
Dach - Erde
der
Häuser und Mauern
Baummoos -Erde
Staub der Häuser im Innern
— u | m
in Berlin
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1838 | 1848 | 1848
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in
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Aug
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der zu Berlin
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in Berlin,
in Thiergarten |Krauts- Bücher- | Flur- | Bodenstaub
Pots- | —— | gasse | in Potsdam | Staub |Staub| -
Linden | Zimmer- | Königl.
dam | Eichen | Buchen | Apfelb. | ——, 3Tr.. | str.4 Tr. | Bibliotlick
1848 1848 1848 1848 1848 1548 1848 1818 1848 1848 1848
Aug. | Aug. | Aug: | Aug. |Aug.1. |Aug.2.| Mai Mai | Mai | Aug. August
Rorarorıa 5.
ei er e & er Callidina rediviva
5 + + 5 + — Ovum
+ + + | + + + hexaodon
5 . 5 5 ® . + 3 + octodon
er + a er = + lelraodon
+|. ö + + + pP
OLYTHALAMIA 2.
ir = | S= at ar ar = u 2 > Teztilaria globulosa
3 5 ä 5 . . E Rotalia globulosa
en NEMATOIDEA 1.
i - Et Anguillula (fuviatilis?) tectorum
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+ AcARroIDEA 1,
Acarus
e +? XENONORPHIDAE 2.
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£ er Macrobiotus Hufelandüi
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eu er es . + ö 5 . D Pes insecti
. . H . ö . +? Squamula Lepidopteri
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2 . . 5 Human. westium fibrae
er . . . . 5 . . 2 + linieae et laneae
+ + er er + + 5 En + + coloratae
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= & plant. fibrosae
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epiderm. Gramin.
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. + + o R + Crystallus rhombeus albus
+? columnaris brevis albus
+ 5 : 0 o 2 0 a + viridis
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Dach -Erde Baummoos-Erde Staub der Häuser im Innern
der den zu Berlin
Häuser und Mauern oberen Stämme (Sonnenstaub)
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in Berlin Pa Pots- gasse | in Potsdam | Staub |Staub GE Kbsi
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April | Mai | Aug. | Aug. Aug. Mai [Aug | Aug | Aug | Aug | Aug | Aug Aug.1.|Aug.2.| Mai Mai | Mai | Aug. | Angnst
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36 |20 |ao | 28 alslalsisi es laelsielia
Bericht
über die
zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen
der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin
in den Monaten September und October 1848.
Vorsitzender Sekretar: Hr. Trendelenburg.
September: Sommerferien der Akademie.
16. October. Sitzung der physikalisch-ma-
thematischen Klasse.
Hr. Heinr. Rose las über die quantitative Bestim-
: mung der Wolframsäure und der Verbindungen des
Wolframs.
Unter den verschiedenen Methoden, die Wolframsäure aus
ihren alkalischen Auflösungen abzuscheiden, um sie quantitativ zu
bestimmen, gab der Verf. der entschieden den Vorzug, welche
schon Berzelius vorgeschlagen hatte, nach welcher sie als
wolframsaures Queksilberoxydul gefällt wird. Um in den Ver-
bindungen der Wolframsäure mit Metalloxyden sie von letzteren
zu trennen, genügt in den meisten Fällen ein Schmelzen mit
_ kohlensaurem Alkali.
I Der Verf. gab darauf die Methoden an, deren man sich be-
dienen kann, um die merkwürdige Verbindung zu analysiren,
welche Wöhler durch Behandlung des sauren wolframsauren
_Natrons mit Wasserstoffgas dargestellt hat. Wegen ihrer gro-
fsen Indifferenz gegen fast alle starke Reagentien, ist die Zer-
setzung derselben mit Schwierigkeiten verknüpft. Wöhler be-
rachtete sie zuerst als eine Verbindung von Wolframoxyd mit
atron, Malaguti hielt sie später für eine Doppelverbindung von
volframsaurem Wolframoxyd mit wolframsaurem Natron. Die
- [1s4s.] 9
348
Versuche zeigten, dafs letztere Ansicht die richtige sei, und die
Resultate, welche Wöhler erhalten hat, bestätigen dieselben zum
Theil ebenfalls.
19. October. Öffentliche Sitzung zur Nach-
feier des Geburtstags Sr. Maje-
stät des Königs.
Die Sitzung der Akademie wurde von dem vorsitzenden
Sekretar Hrn. Encke mit einer Einleitungsrede eröffnet. Er
erinnerte an den vor 200 Jahren geschlossenen westfälischen
Frieden, der die dunkelste Periode der neueren deutschen Ge-
schichte beendigt habe, während wir jetzt an dem Anfange einer
neuen ständen, welche durch den Mifsbrauch der Rede und die
daraus hervorgegangenen neuesten Gräuel uns mit ähnlichen Zer-
würfnissen bedrohe. Im deutschen Sinne sei vorzüglich zu be-
klagen, dafs der Anstols der Bewegung von aulsen gekommen,
und dafs noch immer mit den Waffen der Unwahrheit gegen
die frühere Verwaltung gekämpft werde. Vielmehr beruhe die
Hoffnung auf eine glückliche Durchführung der eingeleiteten Re-
formen für Preulsen wesentlich auf dem trefflichen Kern, den
die frühere Verwaltung gebildet, weshalb die Verknüpfung der
Vergangenheit mit der Zukunft die Hauptaufgabe Preüfsens sei.
Das natürliche Band zwischen beiden bilde die Macht der Krone,
an welche sich alle früheren geschichtlichen Erinnerungen an-
schlössen, während sie als das nicht wechselade Element der
künftigen Staats-Verfassung, in Verbindung mit der immer von
Zeit zu Zeit sich erneuernden Volks-Vertretung, die Zukunft
Preufsens sicherstelle. Die neue Zeit füge deshalb zu den Ge-
fühlen, mit welchen wir früher diese Feier begangen hätten,
noch eine hochwichtige Betrachtung hinzu, und fordere auf, die
Wünsche für die Erhaltung Sr. Majestät des Königs und des
Königlichen Hauses in erhöhter Weise kundzugeben. Am Schlusse
der kurzen Darstellung der Thätigkeit der Akademie in dem ver-
Aossenen Jahre, welche hierauf folgte, erwähnte der Redner
noch, dafs die neuere Bestimmung der Elemente des Planeten
Neptun in keiner Art dem grolsen Verdienste des Hrn. le Ver-
rier in den Augen der Sachkenner Abbruch thäte, da die Ent-
349
deckung dieses Planeten lediglich seiner scharfsinnigen Benutzung
der durch die hohe Ausbildung der Astronomie vorbereiteten
Data zu verdanken sei.
Hierauf las Hr. Ehrenberg über das gewöhnlich in der
Atmosphäre unsichtbar getragene formenreiche Leben. Bevor das
gewöhnliche Verhältnils des kleinsten Lebens in der Atmosphäre
bekannt sei, gebe es keinen Malsstab für das ungewöhnliche.
Nach einer geschichtlichen Einleitung wurden zuerst die Ver-
hältnisse des Luftstaubes der Atmosphäre im August d. J. in
und um Berlin erläutert, über Einhundert organische, zum Theil
lebende mikroskopische Formen der Luft von Berlin nament-
lich aufgeführt und im Einzelnen ihre Schädlichkeit als unwahr-
scheinlich beurtheilt. Daran knüpfte der Vortragende noch eine
grofse, auch die jetzige Epidemie berührende Untersuchungs-
reihe aus den Monaten September und October d. J., welche
wieder über Einhundert unsichtbare kleine Luft-Organismen er-
geben hat, unter denen siebenunddreilsig von den ersten ver-
schieden sind. Die Verhältnisse Berlins wurden mit den gleich-
N
zeitigen vom Harz und mit denen vom Libanon in Syrien im
Jahre 1824 speziell verglichen, wo sich Vieles übereinstimmend
zeigte. Die Gesammtzahl der bekannten mikroskopischen Orga-
nismen des Luftkreises wurde als die Zahl 300 übersteigend
angezeigt, und zum Schlusse der besonderen Methoden Erwäh-
nung gethan, wodurch diese Untersuchung allein möglich ge-
"worden. *)
26. October. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Jacob Grimm las über das Geschenk im Alter-
thum.
Hr. Ehrenberg zeigte das seit alter Zeit berühmte
I rodigium des Blutes im Brode und auf Speisen als
etzt in Berlin vorhandene Erscheinung im frischen
‚ustande vor und erläuterte dieselbe als bedingt durch
in bisher unbekanntes monadenartiges Thierchen
onas? prodigiosa).
*) Vergl. die Beilage.
350
Das älteste geschichtliche Vorkommen dieser auffallenden
Erscheinung, theilte derselbe mit, gründet sich bereits auf eine
Nachricht vom Jahre 332 vor Christi Geburt, einem Pest-Jahre,
in dem zu Rom 170 Frauen, Matronen, wegen vermeinter ab-
sichtlicher Vergiftung des Volkes hingerichtet wurden, einer
That, die schon Livius mehr einer Wahnsinns-Epidemie als der
Bosheit Schuld giebt. Alexander der Grofse wurde, den alten
griechischen und römischen Geschichtsehreibern zufolge (Diodo-
rus Siculus L. 17. ec. 41. Curtius Rufus L. IV. c. 2.) in Syrien
bei der Belagerung von Tyrus durch Blut im Brode seiner Sol-
daten erschreckt, während ein Blutregen auch die Belagerten
aufregte. Beide Theile erklärten diese Wunderzeichen zu ihrem
Gunsten. Der Priester Aristander ermuthigte die Macedonier
zur Fortsetzung der Belagerung deshalb, weil das Blut innerhalb
im Brode sei, mithin das bezeichnete Unglück die. Belagerten
betreffen werde ').
Die nächstfolgende Nachricht ist vom Jahre 91 vor Chri-
stus, einer Zeit voll Aufregung in der Natur und in den Völ-
kern römischer Herrschaft. Paulus Orosius erzählt, dafs in Are-
1) Diodor von Sicilien, dessen Nachricht, aus der Zeit von Christi Ge-
burt, Curtius, welcher später schrieb, benutzt haben kann, sagt: ’Eyivero d%
al AAN onnela mapddoka, duvaueva duarponyv xal boßov Toig oxkoıs mapa-
exesosaı. xard yap Ts Tpobas mapd tols Maxedocı oi duaxkwuevor Tov äpruv
alnarosidn ruv mpocodıv elyxov.
Curtius Rufus hat das Factum folgendermalsen erzählt und ausge-
schmückt: Sed quum fornacibus ferrum quod excudi opportebat imposilum
esset admotisque follibus ignem flatu accenderent (Tyrü), sanguinis rivi sub
ipsis flammis ewstitisse dieuntur idque omen in Macedonum metum verterunt
Tyrü. Apud Macedones quoque quum forte panem quidam militum frangeret
mananlis sanguinis gullas nolaverunt territoque rege Aristander perilissimus
valum respondit, si extrinsecus cruor fluxisset Macedonibus id triste futurum,
contra quum ab inleriore parle manaverit, urbi quam obsidere destinassent
exitium portendere.
Aus blutartigem Ansehen des Brodes sind Tropfen flielsenden (Hüssi-
gen) Blutes geworden. Aus rothen Regen-Gerinnen mögen die Bäche von
Blut hervorgegangeu sein, welche unter Blasebälgen entstanden, von denen
Diodor schweigt. Nach Curtius ist es in einem Brode, nach Diodorus in
vielen, ja im Ausdrucke kann liegen, in allen Broden vorgekommen, was
beides möglich ist, wovon aber nur eins wahr sein kann.
ni
> 2
391
tium beim Essen Blut aus dem Brode, als es gebrochen wurde,
wie aus Wunden eines Menschen flofs; gleichzeitig spricht er
von einem sieben Tage lang andauernden Steinregen, offenbar
nach wirklichen Thatsachen mit etwas Übertreibung.
Im Jabre 583 unsrer Zeitrechnung sah man in Tours in
Frankreich beim Brechen des Brodes Blut flielsen. Lycosthenes.
Ähnliche Nachrichten über Blut im Brode finde ich aus den
Jahren 1093 nach Christus, wo in der Grafschaft Namur (?) in Asche
gebackenes Brod gleichsam mit Blut befleckt schien, und 1104,
wo, nach Abbas, zu Speier Blut aus Brod flols und Brod, wel-
ches auf dem Roste gebacken wurde, soll beim Feuer selbst, als
es dann gebrochen wurde, flielsende Blutstropfen gezeigt haben.
Grolse pestartige Sterblichkeit war damals unter Thieren und
Menschen, auch der Wahn des eintretenden jüngsten Gerichtes
verbreitete sich in Deutschland. Lycosthenes. Schnurrer.
Im Jahre 1163 wird die Erscheinung des Blutes im Brode
von La Rochelle gemeldet. Lycosthenes Prodig. chronicon.
Im Jahre 1169 sah ein Priester auf der Insel Alsen in Dä-
nemark Blut auf einer Hostie, als er’ das Abendmahl nehmen
wollte. Ebenda.
Im Jahre 1198 sah ein Priester (apud Rossetum) bei der
| Messe, dals der Wein sich in Blut und das Brod sichtlich in
- Fleisch verwandelt hatte. Ebenda.
Im Jahre 1503 fanden sich blutige Kreutze auf Brod in
Deutschland '). Ebenda.
Im Jahre 1550 fand man in dem polnischen Dorfe Sienna,
12 Meilen von Glogau, 2 Meilen von Wibitsch, Blut im Brode.
- Es fielen, als man das Brod mit dem Messer zerschnitt, Tropfen
des Blutes auf den Tisch. Ebenda.
Im Jahre 1555 ist zu Neuendorf bei Bruck Blut aus Brod
>
und Flaten geflossen. Fincelius.
Das neueste Auftreten dieser Erscheinung ist im Jahre 1819
in Padua, wo sie von Herrn Sette beobachtet wurde. Derselbe
hielt es für einen Pilz und nannte diesen Zaogalactina imetrofa.
t) Die blutigen Kreutze auf Kleidern, welche im Mittelalter grolse Ge-
müthsbewegungen verursachten, sind naturhistorisch noch nicht erläutert.
Rothe Regentropfen auf groben Kreutzfäden der Zeuge geben den gesuch-
‚ten Schlüssel nicht befriedigend.
352
Das Geschichtliche der vorliegenden jetzt in Berlin vorhan-
denen gleichen Erscheinung ist folgendes. Im September d. J.
war im Hause an den Werderschen Mühlen No. 6. bei der Fä-
milie R. ein secundärer harter tödtlicher Cholerafall bei einer
neuvermähblten jungen Frau vorgekommen. Der Sanitätsrath Herr
Dr. Eckard als behandelnder Arzt erfuhr dabei, dafs auf Speisen,
die in einem neuen Küchenschrank standen, sich blutartige Flecke
gezeigt hatten. Der Geheimerath Dr. Kuntzmann, dem zunächst
davon Mittheilung geschehen, brachte mir Mitte Octobers Stück-
chen gekochter Kartoffel mit Schale, worauf eine angetrocknete
rothe Färbung erkennbar war, zur Ansicht. Das Stückchen war
von Schimmel stark eingebüllt, durchwirkt und schon ganz trocken.
Da ich mich mit den blutartigen Erscheinungen in der Na-
tur, sowohl der Gewässer als der Meteore, vielfach beschäftigt
und seit 1830 darüber öfter Mittheilungen gemacht hatte, so er-
kannte ich sogleich ein hohes Interesse der Sache, wegen der
historischen vielfachen Angaben des Blutes im Brode, das ich
nie selbst gesehen. Ich fand mich daher zu sofortiger Untersu-
chung’ veranlalst. Die getrocknete Substanz gab auch mit Was-
ser befeuchtet gar keine Ansicht irgend einer erläuternden or-
ganischen Structur, so dals sie bei Seite gelegt wurde. Frische
Substanz war, der Bemühungen des Herrn Geh. R. Kunzmann
ungeachtet, nicht mehr zu erlangen, da die Familie nach dem
Todesfalle das Lokal verlassen hatte und daselbst alles verändert
war. Nur wurde bei diesen Nachforschungen noch ermittelt,
dafs es auch auf Fleisch vorgekommen und ich erhielt auch eine
trockene Probe davon. Ebenso hatte ein weilser Fenster-Vor-
hang, der mit in jenem Schranke verwahrt wurde, rothe Flecke
bekommen.
Nach mehr als 8 Tagen erst trieb mich der historische Ruf
und die Wichtigkeit der Erscheinung von Neuem an, ihre Natur
zu erforschen und ich versuchte daher ihre Erneuerung durch
‚Fortpflanzung, d. h. Oculiren auf neue gekochte Kartoffeln,
während die Wiederbelebung durch Feuchthalten des Kartoffel-
Fragmentes nicht gelungen war, sondern dessen gänzliches Ver-
schimmeln bedingte. Es überzog sich ganz mit Penicillium glau-
cum. Jenes Oculiren gelang vortrefflich. Gekochte Kartoffel-
schnitte auf feuchtes Papier in eine Blechbüchse gelegt, bekamen
.
353
frische lebhaft rothe Blutflecke. Ebenso leicht pflanzte es sich
auf Schweitzer Käse und besonders auf Weilsbrod fort. Eine
wärmere Witterung als die jetzt schon herrschende würde wahr-
scheinlich die Entwicklung bedeutend in der Zeit noch beschleu-
nigt haben. Binnen 3 Tagen sind die der Akademie vorgeleg-
ten Bluterscheinungen oder rothen Flecke und Färbungen auf
gekochten Kartoffeln, Käse und Brod zu Stande gekommen.
Es bedarf nur noch eines Ausspruches über die eigentliche
Natur dieser Erscheinung.
Seit 30 Jahren, seit 1818, wo ich über Schimmel, auch
deren Entstehung durch Samen, nicht durch generatio spontanea,
in Berlin eine Inaugural-Dissertation schrieb, habe ich mich un-
gewöhnlich viel mit Beobachtung solcher Organisationen beschäf-
tigt. Mein Lehrer war Herr Link, der es noch viel früher ge-
than und später auch fortgesetzt hat. Wir beide haben so we-
nig je in Berlin diese Erscheinung gesehen, als irgend ein an-
derer davon Meldung gethan hat. Sie ist mithin als eine sehr
seltene für unsere Gegend zu betrachten, welche zuletzt 1503
und 1555 in Deutschland vorgekommen.
Die 1819 ın Padua beobachtete Erscheinung scheint ganz
dieselbe gewesen zu sein. Herr Sette hielt sie für einen Pilz
und nannte sie Zaogalactina imetrofa. Leider habe ich seine
Schrift nicht selbst gesehen.
Nach meinen Untersuchungen ist es keine Pflanze, sondern
es sind sehr kleine monadenartig freie Körperchen, welche sich
bewegen. Es sind >55 bis 055 Linie grofse ovalrundliche Kör-
perchen, deren Bewegungen von den sogenannten Molecular-
Bewegungen entschieden abweichen, indem sie zuweilen bei ein-
zelnen rascher und unregelmäfsiger sind. In verdünntem Zu-
stande angetrocknet kann man die Formen einzeln erkennen.
Sie bilden nicht Ketten, wie Fidrio, sondern sind Einzelthier-
chen. Ja ich habe bei Angetrockneten mich öfter überzeugt
geglaubt, dafs jedes Körperchen einen kleinen Rüssel näch Art
der Monaden führt, welcher etwa halb so lang als der Kör-
per ist.
Er
354
Fortsetzung der Beobachtung des sogenannten Blutes
im Brode als Monas prodigiosa').
Da sich nach Vorlegung der lebenden Erscheinung der blut-
artigen Färbung auf Speisen mehrere wesentliche und sogar wis-
senschaftlich sehr einflufsreiche Erläuterungen und Beziehungen
ergeben haben, so erlaube ich mir die Aufmerksamkeit der Aka-
demie von Neuem darauf zu lenken.
Zuerst ist es seitdem gelungen, einen höchst intensiven Zu-
stand dieser Färbung im Brode zu erlangen, welcher die Vor-
stellung von geronnenem Blute im Brode freilich unabweisbar
begünstigt. Diesen Zustand erlaube ich mir im Brode selbst
frisch und lebend vorzulegen.
Ferner hat sich in der meteorologischen Abtheilung der
Königlichen Bibliothek die kleine Schrift von Sette über die im
Jahre 1819 bei Padua vorgekonmene Erscheinung aufgefunden,
welche Erscheinung damals eine grofse Aufregung unter dem
Volke hervorbrachte, so dals Regierungs- und Universitäts- Com-
.missionen zur Untersuchung und Berichterstattung ernannt wer-
den mufsten. Folgende Mittheilung daraus dürfte wissenschaft-
lich erläuternd und nützlich sein.
Auf einer Schüssel voll poZenta (dicker Brei aus Mais-Mehl)
des wohlhabenden Bauers Pittarello in Legnaro bei Padua, die
man am 2. Aug. 1819 in einem Tischkasten in der Küche weg-
gesetzt hatte, fanden sich am andern Morgen rothe Punkte wie
Blutstropfen. Man warf die verdorbene Speise weg, aber am
folgenden Tage fanden sich auf neuer polenta die Flecke wieder.
Stillschweigend wurde der Oberprediger zur Einsegnung des Or-
tes geholt. Dennoch wurde es täglich schlimmer. Ein Reisge-
richt, eine Brodspeise für ein kleines Kind nahmen nach 12 Stun-
den dieselbe Färbung an. Fasten, Gebete, Sakrament waren um-
sonst. Ein halbes Huhn überzog sich im verschlossenen Schranke
mit Blut. Mit Staunen und Schauder erfüllte die Sache allmälig
immer mehr die betreffende Familie und die Nachbarn. Am 12.
*) Da es der Beziehungen halber wünschenswerth ist, dafs der Gegen-
stand nicht zu spät und im Zusammenhange übersichtlich bekannt werde,
welcher in seiner lebendigen allmäligen Entwicklung der Akademie vorge-
legt wurde, so sind diese etwas späteren Mittheilungen ohne irgend einen
Anspruch auf Priorität an dieser Stelle genehmigt und zugefügt worden.
|
|
359
Aug. sandte die Distriets-Polizei Herrn Sette zur Untersuchung
der Sache und Berichterstattung.
Die Stralse von Padua nach Legnaro belebte sich allmälig
von Personen jedes Standes und jedes Alters, welche tausend-
und aberlausendweis in das Haus des Pittarello strömten. Diese
guten Leute, an sich schon erschreckt, zitterten vor den unglück-
lichen Vorbedeutungen, die man vor ihnen immer von neuem
aussprach. Das ungebildete Volk sprach von der Strafe Gottes
für das Zurückhalten alten Getreides bei der Theuerung im Jahre
1817, woraus muthmalslich das Mehl bereitet sei.
Herrn Sette schien es alsbald, dals die Erscheinung durch
einen kleinen bis dahin unbekannten Pilz oder Schimmel erzeugt
werde und es gelang ihm dessen frische Übertragung. Da der
Oberprediger den Aberglauben durch kirchliche Einsegnungen
begünstigte, so versuchte Herr Sette, den vermeinten Pilz in der
Wohnung des Predigers selbst fortzupflanzen, was sogleich ge-
lang und die Meinung am Orte zerstörte, dals nur in einem
verbrecherischen Hause dergleichen vorkommen könne. So wur-
den denn auch dem Oberprediger die ferneren Einsegnungen
untersagt.
Während in Legnaro und Padua die Gemüther sich allmä-
lig beruhigten, steigerte das Gerücht die Erscheinung an ent-
fernten Orten, so dals von allen Seiten die absurdesten Anfra-
gen kamen.
Am 14. Aug. beobachtete der Botaniker Don Pietro Melo
in Savonara, welcher von Legnaro eine Probe mitgenommen hatte,
die Erscheinung auch auf Stockfisch. In Ponte Casale versuchte
man sie hervorzubringen, es gelang aber nicht eher als bis 'man
von der Färbung etwas darangebracht hatte. Der Naturforscher
Dr. Domenico Martinatti beschäftigte sich viel mit Untersuchung
der Bedingungen, die er Herrn Seite mittheilte.
Am 15. Aug. kam aus Padua eine wissenschaftlich polizei-
liche Commission nach Legnaro, aus Professoren der Universi-
tät und des Gesundheitsrathes der Provinz sammt angesehenen
_Polizeibeamteten bestehend. Herr Sette zeigte denselben po-
lenta, Reis, Stockfisch, gekochtes Huhn, gebratenes Huhn, Rind-
Beisch und frisches Brod vor, welche Substanzen sämmtlich die
‚rothe Färbung angenommen hatten.
356
Ohne Übertragung zeigte sich dieselbe Erscheinung am 16.
in Ponte longo, durch Übertragung am 17. in Abano und Cor-
rezola im Palazza Feudale Melzi. Später in Udine und la Motta
im Friaul.
Gleichzeitig berichtete Herr Sette, dafs es ihm nicht blofs
gelungen sei, die schreckenerregende Erscheinung zu erklären,
sondern er habe auch entdeckt, dafs dieselbe ein guter Färbestoff
für eine prächtige Farbe sei, welcher die Aufmerksamkeit des
Staates verdiene.
Sogar in einem mit Schwefeldämpfen erfüllten Schranke
gediehen noch kärglich die Färbungen.
Später verbreitete sich die Erscheinung in Padua und im
Districte des Herrn Sette hatten sie mehr als 100 Familien.
Lügenhafte Zeitungsnachrichten im Nuovo osservatore Veneziano
No. 101. 1819 verdrehten die Sachen und auch die Zeiten. In
der Gazzetta privilegiata di Venezia 24. Agost. 1819 erklärte ein
Ungenannter die Erscheinung als jedesmal auf polenta vorkom-
mend, sobald sie in Gährung gerathe. Die Beobachtungen des
Herrn Pietro Melo von Savonara vom August 1819 wurden im
Giornale dell’ Italiana Letteratura schon im November- und De-
cember-Heft von 1818 bekannt gemacht.
Der Chemiker Pietro de Col, Adjunct an der Universität
zu Padua, legte der Regierung damit schön gefärbte Seide in
allen Abstufungen des Rosenroth vor und nannte die Substanz
Mucor sanguineus.
Ende Septembers hörte die Erscheinung völlig auf. In den
Tagen des warmen Scirocco-Windes war sie am stärksten. Am
18. April 1820 erweckte Herr Sette die Erscheinung wieder in
seinen Hause mit einigen seit 5 Monaten aufbewahrten Stücken.
Aufser der genannten Substanz erschien es auch auf rohem
Fleisch warm- und kaltblütiger Thiere, auf ungekochtem Leim,
auf Stärke und auf reifen Birnschnitten. Nicht übertragen liefs
es sich auf unreife Birnen, nicht auf rohe Thierleber, nicht auf
Käse.
Rücksichtlich der Schädlichkeit konnte man bei Menschen
nichts nachweisen, weil niemandem einfiel, davon zu essen, aber
im Hause des Herrn Sette starben damals 6 Katzen, doch war
gleichzeitig in Piove eine tödtliche Katzenepidemie, die in Le-
357
gnaro nicht beobachtet wurde. Körnerfressende Vögel wurden
durch Hunger genöthigt, davon zu geniefsen, brachten es aber
mit sehr gewaltsamen Bewegungen ganz wieder aus dem Kropfe
heraus und waren erst daun wieder munter, während sie vorher
sehr ergriffen geschienen.
Rücksichtlich der Natur der Substanz entscheidet sich Herr
Sette dafür, dals es ein neues Genus von Pilzen sei, dessen Cha-
racter er angiebt: Keine Hülle, Substanz gleichartig gal-
lertig, von sich gleichbleibender Gestaltung. Ent-
stehungsweise unbekannt. Die sphärische gekörnte Gestal-
tung der anfänglich kleinen Haufen nnd die Farbe werden zum
Species-Character benutzt').
Diesen vorsrefflich umsichtigen Beobachtungen des Herrn
Sette vermag ich und fühle ich mich verpflichtet, noch einen
anderen und vielleicht den wichtigsten Gesichtspunkt, welcher
bisher nicht berührt wurde, hinzuzufügen. Ich habe denselben
absichtlich bei der ersten Mittheilung weniger hervorgehoben,
bis ich erst einige nähere historische Nachforschungen angestellt
haben würde.
Zuerst spreche ich aber wiederholt und bestimmter meine
Meinung darüber aus, dafs drei Gründe mich nunmehr bewegen,
entschieden diese Färbung für eine thierisch-belebte zu halten.
1) Die gallertige rothe Substanz, welche als meist dünner
| Überzug die Speisen überzieht und durchdringt, ist keine struc-
_ turlose gleichartig gallertige Masse, sondern ein unregelmäfsiger,
_ punktartig anfangender Haufe von sehr kleinen bewegten rundli-
| chen Körperchen, welche, wenn sie in ein Tröpfchen Wasser
gebracht werden, sich sogleich zerstreuen, mithin unter sich zu-
sammenhanglos erscheinen. Diese Körperchen erkennt man nur
von 300 maliger Vergröfserung an, aber da noch überaus fein.
Bei 800 bis 1000 maliger Vergröfserung im Durchm. erscheinen
sie 4 bis + Linie grols. Alle sind in Bewegung und zwar in
ungleichartiger Bewegung, wodurch sie sich von todten Mole-
- eulen scharf unterscheiden. Diese Bewegung der Körperchen
hat noch das Eigenthümliche, dafs Einzelne im Wasser, da wo
*) Memoria storico-naturale sull’ arrosimento straordinario di alcune so-
'sltance alimentose osservato nella provincia di Padava Tanno 1819 di Vin-
eenzo Sette, Medico-chirurgo condotto in Piove. Venezia 1824, 8.
f
R
4
%
|
358
das Wasser karg zu werden anfängt, zuweilen eine schnellende,
abstolsende Bewegung zeigen, der gleich, welche rüsselführende
Monaden vermittelst ihres Rüsselfadens ausführen.
2) Aufser diesen eigenthümlichen selbstständigen Bewegun-
gen der Körperchen habe ich mich zuweilen vom Dasein eines
kleinen Rüssels, wie ihn die Monaden haben, überzeugt und ge-
sehen, dals er kürzer als der Körper ist. Die Länge solcher
Rüssel bedingt bei Monaden die Leichtigkeit oder Schwerfällig-
keit ihrer Bewegungen. Diese Bewegungen sind bei den rothen
Körperchen nicht allzu lebhaft, was jene Länge des Küssels er-
läutern würde.
3) Ich habe meist in verdünnten Verhältnissen, wo die Kör-
perchen sich vereinzeln, 2 zusammenhängende Körperchen in der
Art beobachtet, dafs die Bewegungsaxe in der Verbindungslinie
oder Trennungslinie des Doppelkörperchens lag. Diels ist die
Erscheinung einer Selbsttheilung in der Längenaxe bei Monaden
= Fortpflanzung.
Diese 3 Gründe veranlassen mich jetzt mit Bestimmtheit
auszusprechen, dafs die rothen Gallerten Haufen kleiner Mona-
den von rother Farbe sind, für welche ich denn den systemati-
schen Namen Monas prodigiosa nun gerechtfertigt halte.
Auffallend und bemerkenswerth ist, dafs auch die schöne
bimmelblaue Farbe auf saurer Milch und Sahne, so wie die auf
denselben Substanzen zuweilen vorkommende hohe Orangenfarbe
aus kleinen Thierchen bestehen ').
Pflanzliche Gallerten sind nie zusammenbanglos in ihrem In-
nern, zerflielsen nicht wie Tusch-Farbe im Wasser und bleiben
bei Berührung nicht am Finger hängen wie jene rothe Färbung.
Hauptcharactere der historischen Bluterscheinungen im Brode
und auf Hostien sind:
) Diese beiden Färbungen, welche grofses Unglück auf Holländereien
in Meklenburg angerichtet haben, sind durch kettenartige Formen der Gat-
tung Fibrio bedingt, welche ich 1840 (s. die Monatsberichte pag. 202) Vi-
brio syneyanus und synxanthus genannt habe. Auch diese gehören zu den
kleinsten Lebensformen. Die Materialien wurden mir von Herrn Fuchs zur
Untersuchung und Bestimmung mitgetheilt. Derselbe hat im folgenden Jahre
eine lehrreiche Schrift darüber publieirt, an die Stelle jener Namen aber an-
dere gesetzt.
}
|
|
359
1) die wahrhaft intensiv blutartige Farbe,
2) das schnelle Wachsen der erst rundlichen Flecken,
3) das, den Schimmeln und Pilzen völlig fremde, mögliche
Abtropfen mit deutlich flüssigem, wenn auch mehr dünn
gallertigem Character.
Diese das Volk erschreckenden Charactere sind sämmtlich auch
an der vorliegenden, hier vorkommenden, Substanz allmälig wahr-
nehmbar geworden ').
Monas prodigiosa (= Mucor sanguineus de - Col= Zaogalactina
imetrofa?) Sette) corpusculis 3995 — z000 lineae longis,
subrotundis, singulis hyalinis, acervatis sanguineis, pro-
boscide corpore breviore. In ’cibis humidis interdum
copiosae sanguineas maculas gelatinosas efhiciunt.
In pollice cubico uno 46,656,000,000,000 ad
884,736,000,000,000 vivunt. Habitat in Syria et Europa.
Hierauf treten nun die historischen Angaben von Blut im
Brode in ein sehr merkwürdiges neues Licht, was ich hier nur
andeuten und weiterer geschichtlichen Forschung anheim geben
kann.
Eine Monade war es, vor welcher Alexander der Große
erschrack, als er Tyrus belagerte, und dals die Monade im In-
nern des Brodes war, begeisterte die Macedonier zum Sturm
und bewirkte die Einnahme von Tyrus vor nun 2000 Jahren.
Im Jahre 1510 wurden in Berlin 38 Juden hingerichtet und
zu Pulver verbrannt, wie es im Urtel geheilsen, weil sie gewei-
hete Hostien so lange gemartert hätten, bis Blut kam. Das Fa-
ctum des Blutes an den Hostien wurde, wie es scheint, erwie-
sen und somit die Schuld. Ein gewisser Paul From hatte im
Februar im Dorfe Knobloch bei Brandenburg die heiligen Ge-
räthschaften sammt der Hostienbüchse gestohlen. Ein Jude in
*) Die Erscheinung ist zwar in einem Cholera Hause zuerst hier aufge-
funden worden, allein es scheint offenbar dieselbe Färbung auf einer Schüs-
sel Erbsenbrei im August in der Krautsgasse beobachtet zu sein und Herr
Dr. Münter hat mir gesagt, dafs er Mitte Septembers 1846 dergleichen in
Berlin auch schon gesehen, so wie Herr Dr. Boek aus Christiania es damals
gleichzeitig in Hamburg beobachtet habe.
?) Ein unglücklich gebildeter Name. Wie Verf pag. 61 sagt, von Saw vivo,
A x . a . - \ D
yakazrıyn gelalina, eınaı insideo, rpobn alimentum.
360
Spandow hatte sie gekauft, war also strafwürdiger Diebeshehler.
Die blutigen Hostien im Sommer 1510 und der krankhafte Fa-
natismus von beiden Seiten haben den Procefs in das Monströse
ausgedehnt. Eben solcher Wahnsinn lielfs im Jahre 332 vor
Christo, als Alexander vor Tyrus durch blutiges Brod erschreckt
wurde, in Rom 170 wahrscheinlich unschuldige Frauen als Gift-
mischerinnen binrichten. — Im Winter wären jene Manifestatio-
nen wohl nicht möglich gewesen ').
Ferner ist im Jahre 1383 bei Gelegenheit der Zerstörung
und Einäscherung des Dorfes und der Kirche zu Wilsnack durch
Heinrich von Bülow ein berühmtes Wunder vorgekommen, des-
sen Umstände historisch verfolgt werden können. Der Brand
der Kirche war am Tage nach Mariae Krautweihe, Sonntags am
46. August. Der Pfarrer hatte 3 geweihete Hostien kranker
Leute halber auf dem Altare stehen lassen. Nach 8 Tagen erst
und nachdem es in der Nacht so geregnet hatte, dals der Altar
ganz nals war, fand der mit den Bauern das nutzbare Kirchen-
gut aufsammelnde Pfarrer zu seinem Erstaunen die drei Hostien
wohl erhalten und vom Regen nicht betroffen. Nur waren sie
ein wenig am Rande versengt (?) und auf jeder Hostie war ein
Blutstropfen. Die ganze Nachbarschaft wurde zusammengerufen
und sah mit Schrecken das Wunder. Von Tage zu Tage kamen
nun dort neue Wunderzeichen vor, bis der Bischof von Havel-
berg, Dietrich, selbst dorthin kam, um am Altare des heiligen
Blutes, wie er dann genannt wurde, Messe zu halten. Er legte
selbst eine von ihm geweihete und erhobene Hostie auf das Gor-
porale zu den anderen 3 Hostien, weil er zweifelte, dals jene
3 Hostien geweihte gewesen. Da er aber sah, dals das Blut
der mittelsten Hostie sich vermehrte und gröfser wurde und dals
es über das ganze Corporale hinflielsen würde, wenn die Macht
Gottes es nicht zurückhielte, so wurde er überzeugt von dem
Wunderblute und die mit ihm waren, der Probst von Havel-
berg und Perner von Alt Reppin, bestätigten und erzählten die
Sache weiter. Später wurde bei einer schweren Krankheit der
t) Die gedruckte Nachricht über das Ereignils ist von 1511 aus Frank-
furth und befindet sich als liber rarissimus auf der Königl. Bibliothek. — Die
Hostien scheinen grolse gewesen zu sein, welche man früher in mehrere
Theile brach.
361
Kaiserin Elisabeth (Sigismundi) die Wunderkraft des heiligen
Blutes der Kirche zu Wilsnack benutzt, worauf von Stunde an
Besserung eintrat ').
Endlich tritt merkwürdig genug in die Reihe dieser Erschei-
nungen das Wunder von Bolsena vom Jahre 1264. Dafs die im
_Iten Jahrhundert nach Christus entstandene Transsubstantions-
Lehre, welche im Jahre 1215 von Pabst Innocenz II. ihre Be-
tätigung erhielt, zu einem grolsen Kirchenfeste, der öffentlichen
‚Verehrung und Anbetung der geweiheten Hostie, benutzt werden
möge, war eine gegen die Mitte des 13. Jahrhunderts lebhaft
‚erörterte Kirchen- Angelegenheit. Der Protestantismus hat das
Fest nicht angenommen. Die Priorin Juliana in Lüttich und der
Diaconus Jacob ebenda, der bald Pabst Urban IV. wurde, hatten
den Gegenstand besonders unterstützt. Dennoch zögerte Pabst
Urban IV. mit der Einsetzung des Frohnleichnams-Festes und
‚sie geschah erst, nachdem sich in der Kirche der heiligen Chri-
stina in Bolsena bei Civita vecchia ein Wunder ereignet hatte.
In Siegels Handbuch der christl. kirchlichen Angelegenheiten
‚heifst es B. II. p. 151. „Urban IV. bielt diese Sache für zu wich-
tig, um geschwind darüber zu entscheiden. Doch ein Wunder,
das sich zu Bolsena, nicht weit von Civita vecchia, wo er sich
mit seinem Hofe befand, im Jahre 1264 zutrug, brachte ihn so-
gleich auf andere Gesinnungen. Als ein Priester daselbst die
Bestandtheile des Abendmahls einsegnete und an der Wahrheit
der Brodverwandelung gezweifelt, fielen Blutstropfen auf seinen
leinenen Überrock herab. Er wollte sie verbergen, indem er
denselben in Falten legte, dadurch aber bildeten sich mehrere
blutige Gestalten einer Hostie und dieser Rock wurde bis auf
die neuesten Zeiten zu Civita vecchia als eine Reliquie vorge-
eigt. — Hierauf ordnete Urban noch im Jahre 1264 durch eine
igne Bulle dieses Fest für seine ganze Kirche auf den Donner-
stag nach der Pfingstwoche an.” Das Factum wird verschieden
zählt. Raphael hat bekanntlich dasselbe Ereignils zum Gegen-
tande seines schönen Gemäldes Miraculo di Bolsena oder Misse
- *) Van der vyndinge unde Wunderwerken des hilligen Sakramentes to
der Wilsnack. 1521. 4 Blätter in Rostock gedruckt. Liber rarissimus der
Königl. Bibliothek.
362
di Bolsena gemacht, wo er aber Pabst Julius II. abgebildet hat.
Dieses Gemälde wurde 1512 beendet! ')
Indem Hr. Dr. du Bois-Reymond durch Hrn. Ehrenberg
der Akademie den ersten Band seiner Untersuchungen über thie-
rische Elektrieität (Berlin 1848. 8.) überreichte, theilte er dere
selben zugleich folgende zwei Thatsachen mit:
1. Wenn man beide Hände auf geeignete Weise mit den
Enden des Multiplicators in Verbindung setzt und die Muskeln
des einen Arms anspannt, erfolgt ein Ausschlag der Nadel, wel-
cher einen in diesem Arm aufsteigenden Strom anzeigt.
2. Wenn eine Strecke eines Nerven einem Strom ausge-
setzt wird, so wirken alle Punkte des Nerven aulserhalb dieser
Strecke elektromotorisch nach dem Gesetze der Säule in der
Richtung des erregenden Stromes.
Hr. v. Humboldt ist schon im September vorigen Jahres
Zeuge beider Versuche gewesen. Von der Richtigkeit der er-
steren Thatsache hat sich kürzlich noch ein anderes Mitglied der
Akademie, Hr. Magnus, überzeugt.
Ferner übergab Hr. Ehrenberg einen Aufsatz des Herrn
Dr. Remak, die Function und Entwickelung des obern
Keimblattes im Ei der Wirbelthiere betreffend, wel-
cher am 21. Sept. a. c. eingegangen und nach Genehmigung der
Phys. Math. Klasse hier mitgetheilt wird:
Die Veröffentlichung meiner fortgesetzten Untersuchungen
über die Entwickelung der Wirbelthiere wurde durch den Wunsch
verzögert, die genetische Bedeutung des oberen Keimblattes (des
Bär’schen serösen Blattes, der Reichert’schen Umhül!lungshaut)
zu ermitteln. Erst-im Laufe dieses Sommers ist es mir, nach
siebenjährigen Bemühungen, beim Hühnchen gelungen, zu einer
Lösung dieser Frage zu gelangen, und ich erlaube mir, der hoch-
geehrten Akademie eine vorläufige Mittheilung über diesen Ge-
genstand zu machen.
t) Auf Oblaten habe ich die Erscheinung sehr leicht fortpflanzen kön-
nen. Am schönsten erscheint sie auf gekochtem Reis. In zugedeckten Ge-
fäfsen oder Tellern entwickelt sie sich in warmer Luft auffallend leicht,
— Welche Productionsfähigkeit! Welcher Einfluls!
363
Wenn die schildförmige Verdickung der Keimscheibe, der
Bärsche Embryonalschild, erscheint, lassen sich an der Keim-
scheibe drei scharf gesonderte Blätter unterscheiden. An der
Verdickung betheiligt sich blos das obere und das mittlere Keim-
blatt, nicht aber das untere Keimblatt, welches ich, da es nicht
blos das Epithelium des Darmrohrs sondern auch das der Luft-
wege und das zellige Parenchym der Leber, des Pancreas, der
Nieren, der Schilddrüse und der Thymus liefert, Drüsenblatt
nenne. Die schildförmigen Centraltheile des oberen und des
mittleren Keimblattes verwachsen in ihrer Längsachse mit einan-
der. Durch diese Verwachsung entsteht die Axenplatte, der
Bärsche Primitivstreifen, aus welchem die Medullarplatte, so wie
die Urwirbelplatten und die Chorda hervorgehen. Die Medul-
larplatte steht dann mit dem freien Theile des oberen Keim-
blattes, die Urwirbelplatten mit dem freien Theile des mittleren
Keimblattes in Verbindung. Sowohl das obere wie das mittlere
Keimblatt zeigen eine die Axengebilde umkreisende Verdickung,
‘den an der Bildung der Axenplatte nicht betheiligt gewesenen
Rest des Doppelschildes (Wolff’s Zaminae abdominales). Ich
habe mich nicht überzeugen können, dafs eine Fortsetzung des
‚freien Theiles des oberen Keimblattes die Medullarplatte überzieht.
u Der die Medullarplatte begrenzende freie Theil des oberen
"Keimblattes ist nun weder, wie Pander, Bär und Andere mein-
ten, die Anlage der Leibeswände (seröses oder animales Blatt),
noch auch, wie Reichert aufstellte, eine vergängliche Umbüllungs-
haut, sondern soweit er den Embryo bekleidet, ist’er die Anlage
der gefäls- und nervenlosen Hautdecken, der Epider-
i mis, der Nägel, der Federn, des Schndbäisl Der pe-
ripherische Theil kleidet die Amnioshöhle aus und dessen nach
dem Schlusse des Amnios sich abschnürende, den Dotter umge-
"bende Fortsetzung bildet die sogenannte seröse Hülle. Der Name
ornblatt dürfte sich am besten für denjenigen Theil des obe-
n Keimblattes eignen, welcher an den Axengebilden keinen
Antheil hat.
Wenn während des dritten Brüttages die Rippenplatten sich
on dem verdickten Theil des mittleren Keimblattes, welcher
ie Urwirbelplatten begrenzt, abgelöst und an den entsprechen-
den verdickten Theil des Hornblattes angelegt haben (wodurch
a g9*
.
364
die Bauchhöhle entsteht), so verliert das Hornblatt seine Selbstän-
digkeit und wird zu einem Überzug der Rippenplatten. Die aus
den letzteren hervorwachsenden Extremitäten treiben diesen Über-
zug vor sich her. Schon am siebenten Tage zeigt derselbe an
dem freien Ende der hinteren Extremitäten eine ansehnliche Ver-
dickung, welche der Anlage der Nägel entspricht.
Es hält nicht schwer, die Umwandlung des Hornblattes in
Federn, Nägel und Epidermis zu verfolgen.
Die Federn erscheinen zuerst als warzenförmige Auswüchse
der Haut, welche alsbald eine zotten- oder haarförmige Gestalt
annehmen. Ein solcher Auswuchs besteht aus einem weichen,
durch Zellen gebildeten und Blutgefälsschlingen enthaltenden Pol-
ster und aus einem festen, verhältnilsmälsig dicken, von dem
Hornblatt herrührenden Überzug. Dieser läfst nach der Behan-
dlung mit Wasser an seiner Aufsenfläche Zellen erkennen. Wenn
sich der Auswuchs verlängert, so verdickt sich der hornige Über-
zug üunverhältnifsmäfsig stark. In demselben zeigt sich schon am
zehnten Tage ein deutlicher Gegensatz zwischen einer inneren
festen undurchsichtigen Schicht, welche aus säulenförmigen, in
den gefäfshaltigen Axenraum vorspringenden Abtheilungen be-
steht, und zwischen einer äulseren durchsichtigen, durch Wasser
sich auflockernden Zellenschicht. In der inneren Schicht zeigen
sich fast immer zahlreiche sternförmige Pigmantfiguren: nur in
den ganz weilsen Federn fehlen sie gänzlich. Diese dem gefäls-
haltigen Hauptpolster zunächstliegende Sebicht ist die Grundlage
der Feder, die äufsere epitheliale Schicht dagegen die Grundlage
des farblosen Balges, nach dessen Sprengung die Federfahne zum
Vorschein kommt.
Ähnlich ist die Entstehung der Nägel. Am elften Tage ver-
dickt sich das Hornblatt an der Spitze der Zehen und vom zwölf-
ten Tage ab kann mau die Sonderung des Hornblattes in die
feste (hornige) Nagelplatte und in einen weichen‘, sich leicht
ablösenden Überzug verfolgen. Hierbei zeigt sich auch ein auf-
fallender histogenetischer Gegensatz zwischen den Zellen der
Nagelplatte und zwischen denen des häutigen Überzuges. In den
durchsichtigen, beim Zusatz von Wasser sich aufblähenden Zel-
len des letzteren erscheinen die Kerne als verhältnilsmälsig kleine
feste Körperchen; dagegen werden gegen den sechzehnten T
365
in den Zellen der verhärteten Nagelplatte verhältnilsmäfsig grofse
wasserhelle blasige Kerne bemerkt, welche ein dichter feinkör-
niger Zelleninhbalt umgiebt. — In den hornigen Schienen, wel-
che die Füfse bedecken, in dem Schnabel und in der gesammten
Epidermis läfst sich ebenfalls die Sonderung des Hornblatts in
eine festere Schicht und in einen weicheren, sich leicht ablösen-
den Überzug erkennen.
z Da den Vögeln die, den Säugethieren eigenthümlichen
Schweils- und Talgdrüsen der Haut fehlen und eine auf die
Bürzeldrüse gerichtete Untersuchung bisher wenig Erfolg ver-
spricht, so wird erst die Vergleichung von Säugethierembryo-
nen zeigen, ob das Hornblatt auch bei der Drüsenbildung be-
theiligt und auch in dieser Hinsicht mit dem Drüsenblatt des
Darmrohrs vergleichbar sei '). Doch läfst sich schon jetzt aus
den mitgetheilten Wahrnehmungen das überraschend einfache Bil-
dungsgesetz für die höheren Wirbelthiere (aus einer nerven-
und gefälsbildenden Mittelschicht, aus dem Centralnervensystem
und aus zwei nerven- und gefälslosen Aufsenschichten) erkennen.
Berlin d. 20. September 1848.
R. Remak.
'An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Natuurkundige Verhandelingen van de Hollandsche Maatschappij
der Wetenschappen te Haarlem. 2. Verzameling. Deel 3. Stuk
4. Deel 4. Deel 5. Stuk 1. Haarlem 1844. 48. 4.
mit zwei Begleitungsschreiben des Secretars dieser Gesellschaft,
Herrn van Breda vom 29. Juli und 24. Aug. d.J.
Bulletin de la Societe Imperiale des Naturalistes de Moscou. An-
nee 1847. No. 3. 4. Annee 1848. No. 1.2. Moscou 1847. 48. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Secretars dieser Gesellschaft,
Herrn Dr. Renard d. d. Moskau d. Er au d.J.
Neueste Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig.
Band 4. Heft 2. Inhalt: die Branchiopoden der Danziger Gegend
von Lievin. Danzig 1848. 4.
1) Ich habe so eben bei Schweinsembryonen ermittelt, dals die Talgdrü-
- sen aus den schlauchförmigen Haarkeimen hervorwachsen, welche ihrerseits
- Producte der tieferen pigmentirten Schicht des Hornblatts sind.
Berlin, den 25. November 1848. Remak,
366
mit einem Begleitungsschreiben des Directoriums dieser Gesellschaft
vom 28. Sept. d. J.
Gelehrte Denkschriften der Kaiserlichen Universität zu Kasan (in
russischer Sprache) 1847. Heft 4. 1848. Heft 2. Kasan 1848. 8.
mit einem Begleitungsschreiben derselben Universität d. d. Kasan
den 20. Aug. d.J.
Aug. Emil Reufs, die fossilen Polyparien des Wiener Tertiär-
beckens. Wien 1847. 4.
mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Bilin d. 8. Sept. d. J.
C. F. Schneitler, die Instrumente und Werkzeuge der höheren
und niederen Mefskunst, so wie der geometrischen Zeichnen-
kunst. Leipzig 1848. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Berlin d. 15. Sept.
d.J.
Georgii Bartal, Commentariorum ad historiam status jurisque
publici Hungariae aevi mediü libri XV. Tom. 1-3. Posonii
1847. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Wien d. 18. Aprild.J.
Annales de U’Institut archeologique. Nouy. Serie. Tome 4. 1847.
Paris 1847. 8.
Monuments inedits publies par Institut archeologique pour l’an-
nee 1847. Cahier 1. 2. ib. eod. fol.
Bulletin de la Societd de Geographie. 3. Serie Tome 8. ib. eod. 8.
Comptes rendus hebdomadaires des seances de l’Academie des
sciences. 1848. 2. Semestre. Tome 27. No. 4-10. 24. Juill. —
4. Sept. Paris 4.
Memoires de la SocietE royale des sciences, de l’agriculture et des
arts de Lille. Annee 1845. Lille 1845. 8.
Memoires de l’ Academie royale des sciences, des letires et des
beaux-arts de Belgique. Tome 21. 22. Bruxelles 1848. 4.
Memoires couronnes et memoires des savants etrangers publies
par lAcademie royale des sciences, des lettres et des beaux-
arts de Belgique. Tome 22. 1846 et 1847. Bruxelles 1848. 4.
Bulletins de !Academie royale des sciences, des lettres et des
beaux-arts de Belgique. Tome1A4, Part. 2. 1847. Tome 15. Part.“
1. 1848. ib. 8.
Annuaire de l’ Academie royale des sciences, des letires et des
beaux-arts de Belgique. 14. Annee ib. 1848. 12.
Collection de Chroniques Belges inedites, publice par ordre du
Gouvernement.— Monuments pour servir a lhistoire des pro-
vinces de Namur, de Hainaut et de Luxembourg, publ. par
le Baron de Reiffenberg. Tome 5. ib. 1848. 4.
367
A. Quetelet, Annales de !’Observatoire royal de Bruxelles. Tome
6. Bruxelles 1848. 4.
‚ Annuaire de l!’Observatoire royal de Bruxelles. 15.
Annde 1848. ib. 1847. 12.
nn, Systeme social et des lois qui le regissent. Paris
1848. 8.
‚ Rapport adresse a M. le Ministre de l’interieur, sur
Vetat et les travaux de l’Observatoire royal, pen-
dant l’annee 1847. Bruxelles 1847. 8.
‚sur le Climat de la Belgique. Partie 2. ib. 1848. 4.
Andre Dumont, Memoire sur les terrains Ardennais et Rhenan
de l’Ardenne, du Rhin, du Brabant et du Condros. (Extr. du
Tome 22. des Mem. de l’ Acad. roy. de Belg.) 4.
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Ilepi ns mepi mavwAovs xal naSaprewv En Iereug rg ml
Tovrov &mirponns vg &v Ilapıstoıg B. larpınng dxadenlas
emioroinuaia dıarpıpy. ib. 1846. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Verfassers d. d. Santorin d.y
März d.J.
F. Schubert, über die Weinjährung. Würzburg 1849. 4.
mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Würzburg d. 10.
Oct. d.J.
Alphonse Favre, Recherches geologiques faites dans les environs
de Chamounix en Savoie. Avril 1848. (Geneve) 8.
Voyage autour du Monde execute pendant les annees 1836 et 1837
sur la Corvette La Bonite command#e par M. Vaillant. Bo-
tanique par Gaudichaud. Tome 1. Cryptogames cellulaires
et vasculaires par Montagne, Leveille et Spring. Paris
4844-46. 8.
N. Joly, Memoire sur un nouveau genre de monstres celosomiens,
pour lequel l’auteur propose le nom de Dracontisome.
(Toulouse) 1848. 8.
‚ de la nature des animaux, comparee a la nature humaine
(ib.) 1848. 8.
et Leymerie, Memoire sur les Nummulites condirees
zoologiquement et geologiquement. (ib.) 8. |
Franc. Zantedeschi, Cenni di alcuni studi sperimentali fatti nell’
Agosto e Sett. del 1848 in Firenze. Firenze 1848. 8.
C. A. Holmboe, dei oldnorske Verbum, oplyst ved sammenlig-
ning med Sanskrit og andre Sprog af samme det. Christiania
4848. 4.
J. Kops, en J. E. van der Trappen, Flora Batava. Afley. 153.
154. Amsterdam. 4.
FO
369
L’Institut. 1. Section. Sciences math., phys. et nat. 15. Annde. No.
727. 8. Dec. 1847. 16. Annde No. 755-766.
21. Juin- 6. Sept. 1548. Paris. 4.
2. Section. Sciences hist., archeol. et philos. 12, Annee.
No. 147-150. Mars-Juin 1848. ib. 4.
K. E. Hammerschmidt, allg. österreich. Zeitschrift für den
Landwirth etc. 20. Jahrg. 1848. No. 14. Wien. A4.
Gay-Lussac etc., Annales de Chimie et de Physique. 1848. Aoüt,
Septembre. Paris. 8.
Revue archeologique. 5. Annde. Livr. 5. 6. 15. Aoüt et 15. Sept.
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| Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 647. 648. Altona
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Ed. Oscar Schmidt, neue Beiträge zur Naturgeschichte der Wür-
mer, gesammelt auf einer Reise nach den Färör im Frühjahre
1848. Jena 1848. 8.
Emil du Bois-Reymond, Untersuchungen über thierische Ele-
ktrieität. Bd.1. Berlin 1848. S.
30. October. Sitzung der philosophisch-his-
torischen Klasse.
Hr. Meineke las über Interpolationen des Stephanus
von Byzanz.
Beilage.
Bei der Königlichen Geburtstags-Feier am 19. October trug
Hr. Ehrenberg jene Mittheilungen vom 17. August vor, welche
in den Monatsberichten nun bereits gedruckt sind, mit folgen-
dem Zusatz:
Fortgesetzte Beobachtungen über jetzt herr-
schende atmosphärische mikroskopische Verhältnisse.
An die bereits im August der Akademie vorgelegten That-
sachen und Zusammenstellungen schliefsen sich noch folgende
neuerlich im Monat September und zum Theil auch im October
gewonnene Resultate.
Mannichfache Aufforderungen in Briefen, Druckschriften und
direct von der Academie nationale de Medecine in Paris haben
wünschenswerth erscheinen lassen, dafs die jetzt herrschende und
im Fortschritt von Osten nach Westen begriffene Seuche in ihren
atmosphärischen und speciellen Bedingungen und Lokal-Eigen-
thümlichkeiten besonders mikroskopisch auch berücksichtigt wer-
den möchte.
Schon im Jahre 1832 habe ich in dem Cholera-Lazareth
des verstorb. Dr. Boehr mich mit den mikroskopischen Erschei-
nungen bei dieser oft schnell tödtlich werdenden Krankheit be-
kannt zu machen gesucht. Das Resultat war nicht ansprechend,
indem die vorbereitenden Untersuchungen damals noch bei wei-
tem weniger ausreichend waren, als sie es jelzt sind.
Von diesem specielleren Gesichtspunkte aus sind die auf der
zweiten und neuen hiermit vorzulegenden tabellarischen Über-
sicht zusammengestellten Beobachtungen ausgegangen.
Es sind zu den vorigen 15 Beobachtungsreihen nun nocb13 (15)
in Vergleichung gebracht, welche planmälsig ausgewählt wurden,
um eine weiter greifende Fernsicht und eine specielle und di-
recte practische Nützlichkeit zu erzielen. Die 10 ersten Reihen
betreffen Luft-Niederschläge in Berlin im September und Octo-
371
ber dieses Jahres, die 3 folgenden betreffen dergleichen auf der
Höhe des Brockens und im Harz im August; die letzten 2 Rei-
hen betreffen eben solche von der Höhe des Libanon in Syrien
und der dortigen Küste bei Beirut vom Juli 1824, wo ich selbst
im Libanon mit meinem auf der Reise verstorbenen Freunde Dr.
Hemprich die Materialien dazu sammelte.
Specieller betrifft nun die erste Reihe zwei Untersuchungen
des Luftstaubes im Gebäude der Thierarzneischule in der Lui-
senstralse, also nahe am nordwestlichen Ende der Stadt. Ich
habe nämlich am 21. Sept. d. J. Herrn Prof. Gurlt in der Thier-
arzneischule ersucht, ein mit destillirttem Wasser gereinigtes
weites Gefäls (ein Waschbecken) mit einem Quart destillirten
Wassers gefüllt, auf dem platten Dache des Anatomie- Gebäudes
mitten im Garten der Thierarzneischule auf einem Gestell so
aufzustellen, dals von Platzregen, der etwa einträte, nichts hin-
eingesprützt werden könnte und dasselbe 8 Tage lang bis zum
28. Sept. der freien Luft ruhig ausgesetzt zu lassen. Nach 8
- Tagen haben wir beide das Gefäls weggenommen. Ohne das
"Wasser bedeutend zu bewegen, wurde die grolse Masse dessel-
ben abgegossen und der geringe Bodensatz theils sogleich, theils
in meiner Wohnung mikroskopisch genau geprüft. Am Orte
selbst sah man in dem etwa 2 Uhrgläser füllenden, mit dem Bo-
densatz getrübten Wasser einzelne Monaden, die ich als Bodo
saltans und Monas Guttula, also für bekannte Formen sofort er-
_ kannte. Die weitere speciellste Prüfung des scheinbar sehr ge-
ringen Bodensatzes hat 27 Formen erkennen lassen, von denen
die grolse Mehrzahl sich in dem Wasser binnen der 8 Tage
defshalb durchaus nicht durch eine sogenannte Generatio sponta-
nea eingelunden haben konnte, weil es Kieseltheile und Zellge-
websfragmente von Pflanzen, darunter auch bunte Cattun- und
Tuchfasern waren. Zur Erklärung der gleichzeitig vorhandenen
4 Kieselschalen- Thierchen und einiger Pilzsaamen bedurfte es
also auch keiner Generatio spontanea, nur des Einfallens von
Luftstaub. Unter den 4 Kieselschalthierchen sind die beiden
Hauptformen des Passatstaubes im atlantischen Ocean: Eunotia
amphioxys und Pinnularia borealis.
Die 2te Reihe betrifft einen Luftstaub, welcher sich in einem
nur selten geöffneten, verschlossenen Glasschranke des Museums
372
der Thierarzueischule als feiner impalpabler grauer Staub abge-
lagert hatte. In diesem Staube sind 36 Formen bestimmbar ge-
worden, in der Hauptsache dieselben Arten.
Die 3te Reihe ist aus einem feinen Staube entnommen,
welcher sich in der K. Sternwarte, also nahe am entgegenge-
setzten südwestlichen Ende der Stadt, in einem sehr selten ge-
öffneten Schranke fand, der zur Aufbewahrung alter metallner
Instrumente dient. Es sind daraus bis jetzt 27 Species, in den
Hauptsachen ebenfalls dieselben Arten verzeichnet.
Die 4te und Ste Reihe betrifft den unsichtbar feinen Staub,
welcher sich auf Früchten und wahrscheinlich auf allen Gemüsen
findet, zunächst denjenigen Luftstaub, welcher sich auf einem
Körbchen voll Weintrauben fand, die ich selbst in meinem Gar-
ten von einer nach Westen sehenden Giebelwand aus etwa einer
doppelten Mannshöhe am 2. October abschnitt und in Wasser
abspülte. Der Bodensatz des leicht getrübten Wassers enthielt
39 Arten mikroskopischer Formen.
Die Ste Reihe betrifft am 14. October auf dem Markte ge-
kaufte Pflaumen (Zwetschen) der besseren Sorte. Sie waren
etwas feucht, aber ansehnlich. Mit Wasser in einem Porzellan-
gefäls übergossen und bewegt trübten sie das Wasser, und aus
dem Bodensatz der Trübung liefsen sich 34 Arten mikroskopi-
scher Organismen feststellen. Auch bei diesen beiden Reihen
von Untersuchungen fanden sich Eunotia amphioxys und auch
wohl Pinnularia borealis, letztere nicht völlig sicher.
Indem ich noch die Beobachtungsreihen No.6 bis8 (10) über-
gehe, erlaube ich mir zunächst die drei folgenden 11, 12 und
13 zusammenzufassen. Diese 3 Reihen von Beobachtungen be-
treffen den Harz. Wissenschaftliche Reisende haben auf meinen
Wunsch in diesem Sommer das Material zugeführt.
No. 11 bezieht sich auf die Analyse einer Moos-Erde, wel-
che der kürzlich aus Mosambik zurückgekehrte Herr Dr. Peters im
August auf der Höhe des eigentlichen Brockens von einem frei
der Atmosphäre ausgesetzten Steinblocke mitgenommen und zu
meiner Untersuchung gebracht hat. Es haben sich darin 30 Ar-
ten mikrosk. Formen ermitteln lassen, worunter Räderthiere, Äl-
chen (Anguillula) und Bärenthierchen (nämlich Milnesium tardi-
gradum, das bisher nur aus Paris bekannt war) unter Wasser in
373
Berlin wieder auflebten. Drei neue Arten der Gattung Difflu-
gia: Bructeri, cancellata und ciliata zeichnen dieses Material aus,
worin ebenfalls die beiden Passatstaubthierchen Eunotia amphioxys
und Pinnularia borealis gefunden wurden.
No. 12 betrifft eine Probe des Erdanfluges, welcher auf dem
zur Vermittlung der Aussicht errichteten Gestell auf der Victors-
_ höhe im Harz vorkommt. Hr. Prof. H. Rose hat die Güte ge-
_ habt, dergleichen mitzubringen. Auf diesem frei über den Wald
_ sich erhebenden Gerüst finden sich in dem erdigen Anfluge eben-
_ fals 32 mikrosk. Formen, in der Mehrzahl dieselben früheren Arten.
No. 13 ist aus einem auf den freien Felsen liegenden Moose
von der Teufelsmühle im Harze. Es enthält 22 Arten.
Nun folgen 2 Beobachtungsreihen aus Syrien, welche, wie
jene Baumfauna von Venezuela, von der ich früher berichtet
habe, den hohen Libanon und die Küste mit Berlin, dem Harz
und den Urwaldbäumen des Berges Galipan bei La Guayra in
ein Vergleichungs-Verhältnils bringen.
No. 14 ist nämlich eine Reihe von Beobachtungen, die sich
auf ein Moos von einer etwas über mannshohen Mauer bei Bei-
rut in Syrien beziehen, welches ich selbst 1824 entnommen habe.
In der an diesem Moose hängenden, offenbar aus atmosphäri-
schem Staube bestehenden Erde fanden sich 22 mikroskopische
|
|
Formen, auch hier Eunotia amphioxys sammt vielen anderen
‚völlig übereinstimmenden Arten.
No. 15 ist eine Reihe von Formen, welche sich aus einem
Baummoose der alten berühmten Cedern des Libanon ermitteln
‚liefsen, das ich auch im Juli 1824 selbst sammelte und welches
‚sich zufällig in der ursprünglichen Verpackung erhalten hat. Die
Zahl der über Mannshöhe an diesen Cedern in über 9000 Fuls
Erhebung über der Meeresfläche als Moosboden vorhandenen
mikroskopischen Lebensformen beträgt 37. Eunotia amphioxys
d Pinrularia borealis fehlen nicht. Von Tardigraden oder
enomorphiden findet sich eine neue ausgezeichnete röthliche
orm darin, welche ein besonderes neues Genus bildet und die
ch Hypsidius Hemprichi nenne‘). Von Räderthierchen finden
- *) Dieser dem Macrobiotus Hufelandii nahe verwandten Form fehlen die
Augenpunkte.
374
sich überaus zahlreich 3 Arten der augenlosen Gattung Callidina,
welche sämmtlich auch bei Berlin zahlreich, aber nur in Dach-
und Baummoosen leben. Nicht ohne Wichtigkeit dürfte sein,
dals, ungeachtet diese Moose des Libanon und von Beirut ganz
erfüllt sind mit Räderthierchen, Älchen und Bärenthierchen, die
nun 24 Jahre trocken gelegen haben, und obwohl sie sich all-
mälig ganz ausdehnen und aufweichen, doch auch nach 8 Tagen
im Uhrglase unter Wasser kein einziges wieder aufgelebt ist. Ge-
rade so ist es auch mit den trocknen, durch Aufquellen im Was-
ser scheinbar bewegten und wie lebendig aussehenden, aber nie
wahrhaft wieder auflebenden, nie fortwachsenden Moosen.
An diese sämmtlichen Beobachtungsreihen nun schlielsen sich
solche aus der directen Atmosphäre von an der Cholera Erkrankten
und Verstorbenen zu Berlin. No. 6 u.7 sind aus dem Hause der Wall-
str. No. 17, einer Gegend, welche bei der jetzigen Epidemie am feind-
lichsten für ihre Bewohner gewesen ist, indem dort bereits über
100 Personen erlegen sind, 18 in einem Hause. Ich habe mich
mit Herrn Medicinalrath Dr. Schütz in Verbindung gesetzt, wel-
cher in jener Strafse selbst wohnt und sehr vielen Kranken daselbst
Beistand geleistet hat. Auch das unter seiner Leitung stehende
Hospital für Cholera-Kranke, welches in der Pallisadenstrafse
am Frankfurther Thor ist, habe ich besucht, dort die Verhält-
nisse von Neuem an den Krankenbetten speciell überblickt und
mit ihm Verabredung genommen. Es ist destillirtes Wasser auf
meinen Wunsch 3 Tage lang im Zimmer ausgestellt und der
Bodensatz davon mir in einem Reagenzglase übersandt worden.
Das ist No. 8.
In dem Hause der Wallstrafse No. 17 ist der Staub von
Bilderrahmen in 2 Zimmern schwer erkrankter, später nicht gestor-
bener Personen von mir untersucht worden. In einer dieser Staub-
arten fanden sich 30, in der andern 21 mikroskopische Formen,
welche sich den allgemeinen Characteren des Luftstaubes, wie
sie hiermit vorgelegt sind, ganz conform verhalten ').
‘) Das Blut der Cholera-Kranken und der Verstorbenen, welches ich
1832 und jetzt wieder untersucht habe, zeigt auch in seinem pechartigen
Zustande mikroskopisch gar keine auffallende Besonderheit in den Blutkör-
perchen. Nur geringeres Serum und die dunklere venöse Farbe sind mir be-
merkbar geworden. Durch Schröpfen eines Cholera-Kranken gewonnenes,
375
Ich wage nicht, aus diesen ersten Materialien, welche ich
der Akademie nicht im Auszug, sondern im Detail, nur als Facta,
vorlege, sehr specielle Schlüsse zu ziehen. Dafs dieselben auf
ein bisher nicht bekanntes grolses Massenverhältnils des unsicht-
bar feinen Organischen in der Atmosphäre hindeuten, unterliegt
keinem Zweifel.
Durch diese Zusätze, welche 118 (mit dem Nachtrage 121)
Arten umfassen, vermehrt sich die Zahl der bekannten atmos-
phärischen kleinsten Lebensformen um 37 Arten, so dafs nun die
Zahl der atmosphärischen Organismen im Ganzen 300 Arten
übersteigt.
In den Umgebungen der an der Cholera Erkrankten sind
nur weit verbreitete bekannte Formen, von kieselschaligen Poly-
gastern nur Eunotia amphioxys, Gallionella distans und Pinnu-
laria borealis vorgekommen, im Ganzen jedoch 38 organische
und 2 unorganische, zusammen 40 durch die Atmosphäre getra-
gene mikroskopische Formen erkennbar gewesen. 3
Auf dem Brocken und in den Höhen des frei auf grolser
Ebene gelegenen Harzgebirges sind auf den kahlen Felsen und
anderen Hervorragungen über Bodenfläche und Wald viele der-
selben Luftorganismen beobachtet, welche in Berlin die Dächer
und Bäume, so wie den Staub der Wohnungen erfüllen.
Schon im Jahre 1824 waren in Syrien an der Küste und
auf den Höhen des Libanon in ähnlichen Verhältnissen oft die
gleichen Formen'). Die Übereinstimmung der Räderthiere ist
sehr auffallend, da das Genus Callidina nie bisher im Wasser
efunden worden, aber im Dach- und Baummoos selten fehlt,
weilen und sogar oft in zahlloser Menge dichtes Leben bildet.
In Berlin, im Harz und Syrien 1824 und 1848 gleichartig
sind folgende Formen beobachtet:
Ü
’on mir auf Glimmer rasch angetrocknetes Blut zeigte mir neulich wieder
ie Blutkörperchen in regelmälsiger Form, Gröfse und Farbe.
1) Die im August hier ausgesprochene Vermuthung (s. Monatsb. p. 334),
als Callidina elegans zu den atmosphärischen Baummoosthierchen gehöre,
st durch die libanotischen Formen nun erwiesen, unter denen es zwar weit
rölsere, aber auch ganz ebenso grolse in Mehrzahl giebt. Sie haben mehr
als 8, den ganzen Kiefer bedeckende, gleichgrolse Zähne in jedem Kiefer.
376
Difflugia areolata Lithostylidium Amphiodon
Eunotia amphioxys Clepsammidium
Pinnularia borealis denticulatum
> laeve
Lithodontium furcatum quadratum
platyodon rude
rosiratum spinulosum
Trabecula
x
Spongolithis acicularis.
Die grofse Mehrzahl auch dieser 121 Formen sind Süls-
wasser- und Festland-Gebilde, allein es sind ebenfalls mehrere
entschiedene Seeformen dabei. Es sind wieder
Textilaria globulosa
Rotalia globulosa
Spongolithis Fustis
robusta und
cenocephala.
Im Luftstaube vom Gestell der Victorshöhe im Harz fanden
sich 2 entschiedene Seeformen Spongolithis cenocephala und ro-
dusta, letztere fand sich auch im Staube der Marktpflaumen zu
Berlin. Die 2 kalkschaligen Polythalamien Texzilaria und Rota-
lia gehören vielleicht wieder der Kreide an, womit die Zimmer
geweilst worden sind, doch sind dieselben 2 Arten auch im
Moosstaube der Mauern von Beirut in Syrien, wo freilich die
Meeresküste sehr nahe ist, und früher schon auch im Passatstaube
des atlantischen Oceans angezeigt.
Fichtenblüthenstaub ist wieder mannichfach verbreitet (be-
sonders reichlich im Staube des oberen Gensd’armen Thurmes
B erkannt, wahrscheinlich von früheren sogenannten Schwefel-
regen zur Zeit der Fichtenblüthe herrührend, die aber in den
Stralsen Berlins gar nicht bemerkt worden sind, vielleicht auch
als trockne Wolken sich über die Stadt fortbewegt haben. Die
meist glatten Pollenkörperchen sind viel kleiner als die der Pi-
nus sylvestris, also nicht von unseren nächsten Nadelholzwäldern,
doch denen der Adies excelsa [des Harzes?] ähnlich).
Von aufsereuropäischen Formen ist nur Arcella constrict@
bemerkenswerth, welche bisher nur aus Amerika bekannt war
(s. das kleinste Leben in Amerika, Abh. d. Akad. 1841 p. 368) und
377
nun auch vom Harz und aus Syrien als atmosphärisch getragene
Form hinzu kommt. Aufserdem ist die unter dem Namen Pilus
ramosus aufgeführte Form von Pflanzenbaaren, welche im inne-
ren Staube eines Schrankes der Thierarzneischule und einem
Cholera- Zimmer gleichartig vorgekommen, aber zu keinem der
mir bekannten inländischen Pflanzenhaare pafst, vielmehr mit
Cactus Haaren ') einige Ähnlichkeit hat, deshalb besonders merk-
würdig, weil diese Form ganz gleichartig im rothen Scirocco-
Staube der Tyroler Alpen von 1847 vorkommt.
Zu den in der Tabelle speciell aufgeführten Untersuchungs-
Reihen sind vom Staube und den Niederschlägen im Wasser nie
mehr als 5 bis 20, meist aber 10, Nadelknopf grofse Mengen be-
nutzt worden, um nicht Mühe und nöthige Zeit allzuhoch zu
steigern. Freilich wird demnach jede fortgesetzte Untersuchung
die Formenzahl mehren.
Sämmtliche genannte Formen sind in Präparaten fixirt und
jeder ferneren Vergleichung zugänglich aufbewahrt.
Die Möglichkeit dieser so feinen Untersuchungen beruht
hauptsächlich auf den 3 von mir allmälig der Akademie ange-
zeigten Beobachtungsmethoden. 1) Dem Erfüllen des Nahrungs-
Canals auch der kleinsten Organismen mit gefärbten Nahrungs-
stoffen, namentlich Indigo. Diese 1830 mitgetheilte Methode
gab Anschauung und wissenschaftliche Sicherheit für vollendete
selbstständige Organisation. Die 2te 1838 vorgetragene Me-
thode war die Benutzung der durchdringenden Kraft der Ter-
pentine, namentlich des Canada Balsams für erdartige Verhält-
nisse. Durch diese ist es möglich geworden, die Lebensformen
der Kreide- und Tripel-Felsen bis in alle ihre einzelnen con-
stituirenden Formbestandtheile zu verfolgen und diese namentlich
zu verzeichnen. Sie erläutert auch alle Staubarten. Die dritte
neueste Methode ist die Anwendung des chromatisch polarisirten
Lichtes, nicht wie man es bisher anwendete, um Structurverhält-
nisse zu erkennen, sondern um Substanzverhältnisse mit grolser
Schärfe zu sondern. Diese letztere Methode verspricht noch einen
2) Auf die Ähnlichkeit mit Cactus- Haaren machte mich der lleilsige
Pflanzen- Anatom Hefr Dr. Herrmann Karsten, der in Venezuela war, auf-
merksam. Nur sind die Cactus- Haare nicht so fein.
ln EN) Ey 2 Lu L El Lu a u a
378 »
grofsen Reichthum analytischer Erkenntnifs und hat bereits auch
der Zirbeldrüse ') des Menschen, dem öfter vertheidigten und be-
strittenen Sitze der Seele ein neues Interesse erweckt!
Nachtrag.
Da seitdem noch atmosphärischer Staub von der Höhe
(etwa 150 Fuls) der Gallerie des südlichen Thurmes auf dem
Gensd’armen Markte zu Berlin untersucht wurde, so habe ich mir
erlaubt, diese Untersuchungen in der Tabelle noch zuzufügen,
hoffend, dafs vielleicht jetzt noch vergleichende atmosphärische
Untersuchungen daraus Nutzen ziehen werden. A-betrifft feinen
Staub, welcher von mir selbst aus den hohlen Säulchen der äulse-
ren Gallerie entnommen ist. B betrifft Staub, welcher in glei-
cher Höhe im inneren Raume, dicht unter der Uhr, von einem
hölzernen Geländer von mir abgenommen worden ist. In bei-
den feinen frei in der Höhe abgelagerten Staubarten fanden sich
zusammen 33 Formen, darunter nur 2 unorganische, in beiden
Eunotia amphioxys und Pinnularia borealis lebend und in Selbst-
theilung. Diese beiden merkwürdigen kieselschaligen Thierchen
finden sich aulsen auf den Thürmen, in allen Staubverhältnissen
Berlins, auch in den Krankenzimmern, auf dem Harze und in den
Cedern des Libanon; sie sind in Europa, Afrika, Asien, Austra-
lien, Süd- und Nordamerika als weit verbreitet schon längst ge-
nannt, bilden die Hauptmasse des kleinsten Lebens am Kotzebue’s
Sund gegen den Nordpol und auf den Cokburns Inseln am Süd-
pol (s. Monatsber. 1844. p.192). Sie gehören zu den Hauptfor-
men des Passatstaubes und sind in der Hecla-Asche gefunden
(s. Monatsber. 1846. p. 152), in den vulkanischen (Tertiär) Tuf-
fen der Eifel und im tertiären Polirschiefer von Bilin, welcher
unmittelbar auf. der Kreide liegt (l. c. 1846, p. 170), leben auch
im Gewässer bei Berlin, nur verhältnifsmälsig sparsam.
t) Speciellere vorläufige Mittheilungen über den Zirbeldrüsensand sind
in Poggendorffs Annalen der Physik für das Octoberheft abgegeben worden.
379
Novarum specierum diagnosis:
1) Arcella® Globulus, lorica subglobosa laxe venoso -reticulata,
venulis granulatis, apertura ampla simplici. Diame-
ter — 5”.
Habitat Berolini et Potsdami in tegulis et in
muscis Hercyniae.
2) — granulata, lorica oblonga hyalina, 4. hyalinae magni-
tudine et habitu, superficie non laevi sed granulata.
Longit. — 5”.
Habitat in muscis Hercyniae rupium summis api-
cibus affızis.
3) Difflugia Bructeri, lorica ovata superficie rugulosa, apertura
in fine leviter attenuato truncatoque posita integer-
rima. Longit. — 5”.
Habitat in muscis summas Bructeri rupes vestien-
tibus. Quater observata.
4) — cancellata, lorica oblonga obtusa, superficie cellulis
| subrotundis (in 4” 5— 6) cancellata, ostiolo con-
strieto integerrimo. Longit. — 5”.
Habitat cum priore. Semel observata.
5) — ceiliata, lorica ovata, superficie areolata, areolis singu-
lis posterioribus cirrhigeris, ostioli parte attenuata,
aperturae denticulis 10 — 16. Longit. — 4”.
| Habitat frequens in Hercyniae summis montibus.
| D. areolatae non cirrhigerae admodum similis.
6) — Seminulum, lorica brevius ovata fusca superficie an-
guste et subtiliter areolata simplici, ostiolo lato, sub-
} tilissime denticulato aut integro. Longit. — 4-4”.
Habitat in Hercyniae summis muscosis saxis.
7) Stephanosira europaea, testulae superficie laevi, margine sub-
tiliter ciliato, articulis catenularum 3-4, sin-
i gulis testis + — 55” longis, rarissime 4,” la-
tis, saepius latioribus quam longis (more Gallio-
nellarum).
Habitu Gallionellae distanti affınis, americanis
formis multo minor.
In arborum muscis prope Berolinum.
ar
380
8) Lithostylidium annulatum, corpusculo siliceo toruloso, annu-
lis elevatis tanquam a latere dentato, denticu-
lis oppositis. Longit. — 55” in eaque dentes
utrinque s. annuli 6. Z. serpentino affıne. Be-
rolini ex are delapsum.
9) — Hemidiscus, corpusculo hemisphaerico, lateris
plani margine parumper producto. Diam.— 5".
In museis ad Berytum Syriae.
10) — —? corpusculo subquadrato trapezoide, angu-
lis spinescentibus, duobus approximatis. Lon-
. 1m
gıt. ame
E Cedris Libani. Z. quadridentatum vocari
posset.
Callidina rediviva'), corpore fusiformi dilute lateritio, ovis
distinctius rubellis, dentibus in singula maxilla duo-
1m
a.
bus mediis maioribus. Longit. — +
Habitat Berolini, in Hercynia et in Syriae Libano.
14) — triodon, corpore hyalino ovis albis, dentibus in sin-
gula maxilla tribus mediis maioribus. Longit. — zZ”.
Habitat Berolini in tectis.
412) — _ tetraodon, corpore hyalino, ovis albis, dentibus in
singula maxilla quatuor mediis maioribus. Longit.
Am
Side
Habitat Berolini in tectis.
13) — hexaodon, corpore hyalino, ovis albis, dentibus in
singula maxilla 6 mediis maioribus. Longit. — >”.
Habitat Berolini in tectis et arborum muscis, nee
non in muscis Cedrorum Libanı.
44) — _ octodon, corpore hyalino ovis albis, dentibus in sin-
gula maxilla 8 mediis maioribus. Longit. — >”.
Habit. Potsdami in murorum muscis.
— _elegans, corpore hyalino, ovis albis, dentibus nume-
rosis aequalibus (ultra 8) totam maxillam obtegenti-
1.
bus. Longit, — —”.
t) Im Monatsbericht 1840 p. 218 ist der sinnentstellende Druckfehler
oculis distinclis rubris in ovulis d. r. zu verbessern, da das Genus keine
Augen hat, i
381
Habitat Berolini sub arborum musco et in musco
Cedrorum Libani in Syria.
Specimina nonnulla syriaca eximia magnitudine
valde excelluerunt, dentibus congruerunt.
Hypsibius Nov. Gen. Xenomorphidarum.
15)
Char. Generis: Corpus non scutatum, nudum, annu-
latum. Annuli corporis alterni pedibus instructi.
Pedum paria 4. Os breviter tubulosum cum capite
non appendiculatum. Mandibulae inclusae duae. Oculi
nulli.
Hemprichii, corpore rufescente laevi nec granulato
nec areolato, unguibus pedum quaternis, uno vali-
diore, mandibulis tenuibus, ovis hispidis. Magnitudo
am
18
Habitat in musco Cedrorum Libani Syriae.
Oberhäuseri = Macrobiotus Oberhäuseri Doyere dif-
fert corpore rufescente granulato et areolato, ovo-
rum superficie granulata laevi. Magnitudo — 5”.
Habitat Parisiis et Gryphiswaldiae in musci tecto-
rum strato.
Oculorum defectu hoc genus ab affıni Macrobioto
satis graviter differt.
INIUSDORTNIUNN
EN, 20 m
TR
bu >
er es
ien,
il
aeri
Zweite Übersicht von 121 mikroskopischen Atmosphaerilien, meist vom August, September und October 1848.
Harz Libanon
Berlin Moos Moos Berlin
„TILL TU | mm nn [mm nn „I [ei
Thierarznei- | Stern- Cholera- Gens- = si = 5. = Thierarznei- Stern- Cholera- | Gens-
schule warte | Wein- | Pfau- Zimmer |Cholera-| d’armen- = S 5 3 3 schule warte Wein- | Pflau- | Zimmer Cholera. d’armen-
— trauben-| men- |Bilderstaub [Lazarethh Thurm 3 En 5 —— trauben-| men- |Bjlderstaub |Lazareth Thurm
Dach | Schrank | Schrank | Staub | Staub | "—— ——— = (28 Dach | Schrank [Schrank | Staub | Staub | —— In)
1 2 A. | B. = = 1 2 ArEB2
Sept. Sept Sept. Sept. Sept. | Oct. | Oct. Oct. Oct. | Oct. | Aug. | Aug. | Aug. Juli Juli Sept. Sept. Sept. Sept. Sept, Oct, | Oct. Oct. Oct. | Oct.
1848 1848 1848 1818 1818 1848 | 1848 1848 1848 | 1848 | 1848 | 1848 | 1848 1524 1824 1848 1848 1848 | 1848 1848 | 1848 | 1848 | 1818 1848 | 1848
ee a en = BE
PoLyGASTRIcA 25, 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 | 11 | 12° | 13 14 15 NEMATOIDEA 1, 1 2 3 4 5 6 7 8 95 100 daS r22 Az 14 15
« pP, $| 7
Arealta N : ; : Rai: : Ra I 2 | Anguillula fluviatilis : ; \ $ 2 | : 5 |kbe I &su]l ranulala . . . . . . B + +
5 alina 5 0 . . 0 . . o + + +? +? EZ 1
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Difflugia areolata + + + D > +? + + + + x ;
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ciliata 5 . . D . o o . . & + ö + *Milnesü lardierad en &
ln ? i ; ü R : EI esium tardigradum o a o 9 a . . . . . .
Eunotia amphioxys + + + + + + + + + + + + + + I
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Fragilaria + aber 5
Gallionella distans B +? E . L ö n + e 4 > . + Een Ve LUNG) Ei : x y = > ns
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granulata : . . . 1 5 D b > + R 0 . + 7
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Navicula afınis . . = Pil vH 2
Silicula 3 a E tus Neur opteri? j . a D
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Pinnularia borealis + + + ö +| + & 6 + + + + + a + 7 RIGaOR En . .
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“Surirellz Bifrons : F 3 +? unata e & 3 ci 5 ö . 0 - c . B c ö +
Synedra Ulna E 0 . . ‘ . . . . . . ern AvIUM PLUMAR 1.
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Kr 1a E : Plumae anserinae B 7 0 x 3 + ® +
6 3 5 2 1 1 2 3 3 8 5 8
Puyrorıtnarıa A0. > = MAMMALIUM Ppırı 2,
*4mphidiscus truncatus ö . » . 9 +? Ovium lana + + + + + + Eu +
Lithodontium furcatum + 5 + + + . d 0 + + + . . + *Murium pili . +
(Lithenteron) nasutum 5 + . + +
obtusum . . . + » 5 n B . o ö 0 . + HoNmInuUm ARTE TACTA 1.
platyodon + + . + » . . . . 6 + 6 o . +
rosiratum + 5 - En + DZ BEE - =r 6 + | + B = + Fibrae coloratae + + + + + zu CE + +
Scorpius 5 ö R . h . . D +| . + 2 3 6 4 3 4 4 4 1 . 4 3 2 7
*Lithomesites Pecten . . “ . + . . . . a + PLANTARUM PARTIC. MOLLES 30,
*Lithosphaera . . . . ö . 5 H . o . +
Lithostylidium Amphiodon a + =E 2 B 5 + + o : + . e + Pollen Pini laeve B ö ö R 5 0 ® . a 9 a +
angulosum 2 0 + + ’ . “ . ° + ö . + minus 5 o + . O © +
* annulalum + granulatum o n fi . 5 n . D Q + . +
x apiculatum ö h z Cedri q ö ö ö e o E n ö B . . a +
clavatum . + . + c e B + R 5 + = & R R ö
Clepsammidium + h » Q + . © + + Sporangium Fungi biloculare a 0 . . e R ö +
* crenatum . . +? . . > . ä + + quadrilocul. & 6 6
curvalum . + multilocul. + + + + + + + ar + +
denticulatum + + + + . B + : R + + + *Sporulae Mucedinis 5 5 a o + & . +
x Hemidiscus 5 l ’ : 5 o B B 5 2 + "Seminulum quadratum R s Q - h . m e . . . h . . +
* Emblema 1 - ö 6 3 7 = 0 + reniforme ® ® B 9 E e . . . . Er . +
laeve . = ar + + + . + +] + +| + + + = triquetrum - B . . . . . E - . . =E
obliguum . } B 0 + > 5 + » . + Pilus articulatus + + + + D +1 +
quadralum + + + + + : + + 9 + + + bulbosus ö + + + +
rude + + + + + + + + + + . + + > + Jasciculatus - + . - E + c Ö . + . . ==
serpentinum + + + = A + + + + + + . + laevis simplex + a + + B + + + + . . . . =
Serra sr + . . ze 0 +) + ornithorhamphus + + Er + + + + = “> | - EI E - >E
sinuosum b . J ö ä ® . o +) + ramosus + . 6 +
spinulosum + + + an 2 « + + + + . + stellatus +
spiriferum A, verticillatus . +
Trabecula + + + + + + + c + ® + + Cellulae fibrosae . + + . + + + . . +
unidentalum + e., linteae + + 5 . 6 + + u
2 ? . F o o 0 o e . . . + amplae parench. 5 . © . +
Spongolithis acicularis Er + + + + + 2 + + + . Gr Eu Epidermidis Gram. + + 5 5 . se +
cenocephala = ö J 2 R 7 } R = = al. 2 E 2 * A 5 3 +
= Cruz + marginal. Gram. molles + . b an en
fistulosa . + A. scalares D +
Fustis i . 5 + spirales ö 5 n R R + c 5 » 5 62
* Erinaceus + * stellatae solutae 5 . + . . +
robusta 0 ; +? 2 ; 7 6 ’ 0 + Pini ocellatae + 5 + o . + | +
Thylacium semiorbiculare ? 8 ee 8 12 7 7 5 13 | 10 6 7 7 3 3 2 1 6
10 14 7 19 20 10 3 5 14 8 16 | 13 6 12 14 Organicae parliculae deformes + + + + + + + + + + + + + + +
RoTAToRIA 3, en
*Callidina elegans 2 ö 2 e): Crystalli globulares ii R *
2. ö. 3 ” : ” _ _ alıı
Ze | ae & peiumatet ih Re: ae lee
a u D , 5 0 2 virides a + + + + + . . +
ı 1zi parliculae deformes + + + + + + + + + +| + +1 + + BE
POLYTHALAMIA 2. Quarzi parlieulae def 28 37 27 39 34 310 m21 20 26 | 22 | 30 | 32 | 22 22 7
Teztilaria globulosa + N ; re : 0 D . . . o.
Rotalia globulosa - s ; 7 + +? ö e h e . 4»
Bericht
über die
zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen
| der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin
|
| im Monat November 1848.
Vorsitzender Sekretar: Hr. Trendelenburg.
2. November. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Panofka las über die Namen der Vasenbildner
in Bezug zu ihren bildlichen Darstellungen.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Biografia del Professore dei Consoni. (Napoli 1845). 8.
_ Taddeo dei Consoni, nuovo sistema di Stenografia italiana. Ed.
2. Milano 1829. 8.
‚ della Mnemolecnia, disserlazione. Firenze
1848. 8.
Übersandt durch Herrn Giovanni Battista Ghezzi in Leipzig mit-
telst Schreibens vom 4. October d.J.
Verhandlungen der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft
bei ihrer Versammlung zu Schaffhausen d. 26. 27. u. 28. Heu-
monat 1847. 32. Versammlung. (auch mit dem Titel: 4ctes de
la SocietE Helvelique des sciences naturelles etc.). Schaffhau-
sen 1847. 8.
Mittheilungen der naturforschenden Gesellschaft in Bern aus dem
Jahre 1847. No.105-108. 1848. No.109-134. Bern. g.
Die wichtigsten Momente aus der Geschichte der drei ersten Jahr-
zehnde der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft.
(auch mit dem Titel: Conp-d’oeil historique ete.) Zürich 1848, 8,
mit einem Begleitungsschreiben des Archivars der Schweizerischen
naturforschenden Gesellschaft, Herrn Chr. Christener, d.d.
Bern d. 30. Sept. d.J.
eı 848. ] 10
1
; 384
Übersicht der Arbeiten u. Veränderungen der Schlesischen Ge-
sellschaft für vaterländische Kultur im Jahre 1847. Breslau
1848. 4.
mit einem Begleitungsschreiben des Präsidiums dieser Gesellschaft
d.d. Breslau d. 20. Oct. d.J.
Bulletin des seances de la SocidtE Vaudoise des sciences natu-
relles. No.17. 8.
Joh. Franz Encke, astronomische Beobachtungen auf der Königl.
Sternwarte zu Berlin. Band 3. Berlin 1848. Fol.
BONES ‚ Berliner astronomisches Jahrbuch für 1851.
Berlin 1848. 8.
Manuel J. Johnson, astronomical observations made at the Rad-
cliffe observatory, Oxford, in the year 1846. Vol.7. Oxford
1848. 8.
The quarterly Journal of the chemical Society af London, ed. by
Edm. Ronalds. No.3. Oct.1. 1848. London 1848. 8.
H. C. Schumacher, astronomische Nachrichten. No. 649 und
Titel nebst Register zum 27. Bande. Altona 1848. 4.
Kunstblatt 1848. No.50. Stuttg. u. Tüb. 4.
A.C. Harris of Alexandria, Fragments of an oration against
Demosthenes respecling the money of Harpalus. London
1848. Fol.
Letztere Schrift überreichte Hr. Böckh im Namen des
Herausgebers und begleitete sie mit einigen Bemerkungen über
die von ihm unternommene und in der hallischen allgemeinen
Literaturzeitung abgedruckte Herstellung dieser Fragmente, die
einer verlorenen Rede des Hyperides angehören.
9. November. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Jacobi las über quadratische Formen und hy-
perelliptische Functionen.
Hr. Ehrenberg setzte seine Bemerkungen über das soge-
nannte Blut im Brote fort. Das Wesentliche daraus ist bereits
in den inzwischen erschienenen Bericht des Monats October mit
aufgenommen worden. (S. die Sitzung vom 26. October.)
Es wurden drei Schreiben, die sich auf den Empfang der
akademischen Schriften beziehen, vorgelegt und zwar ein Schrei-
} 385
ben des Institut royal zu Amsterdam vom 29. Oct., der Akade-
mie der Naturforscher zu Breslau vom 5. Nov. und der Acad£-
mie imperiale zu St. Petersburg vom 20. Oct. a. St.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Gay-Lussac, Annales de Chimie et de Physique 1848. Octobre.
Paris. 8.
H.C.Schumacher, astronomische Nachrichten. No.650. Altona
1843. 4.
Kunstblatt 1848. No.51. Stuttg. u. Tüb. 4.
13. November. Sitzung der physikalisch- ma-
£ thematischen Klasse.
j
Hr. Heinrich Rose berichtete über eine Arbeit des Hrn.
; Rammelsberg über die Salze des Lithions.
Die Akademie hatte vor längerer Zeit den Verfasser zum
Zweck einer Untersuchung gewisser Verbindungen des Lithions
& in Anschaffung des erforderlichen kostbaren Materials unterstützt,
1 und er beeilt sich jetzt, der Akademie die erhaltenen Resultate
% mitzutheilen. Es war nämlich die Frage zu lösen, ob das Li-
ihion, nach Analogie mit den übrigen Alkalien, im Stande sei,
E. Schwefelsäure und mit den Erden und Metalloxyden Dop-
# pelsalze zu bilden. Denn bisher waren nur Verbindungen von
_ phosphorsaurem Lithion mit den Phosphaten des Natrons und der
Thonerde mit Sicherheit bekannt, und in Betreff der schwefel-
sauren Salze lagen widersprechende Angaben vor. So hatte Ar-
‚fvedson, der Entdecker des Lithions, einen Lithionalaun, d.h.
eine Verbindung von schwefelsaurer Thonerde mit schwefelsau-
rem Lithion zu finden geglaubt, überzeugte sich jedoch später,
nachdem Chr. Gmelin’s Versuche das Gegentheil ergeben hat-
ten, dals das von ihm für Lithionalaun gehaltene Salz ‘nichts
als Kalialaun war, entstanden durch einen Kaligehalt der zur
arstellung des Salzes aus Alaun bereiteten Thonerde. Nichts de-
stoweniger hat Kralowanszky sechs Jahre später den Lithion-
alaun abermals beschrieben, selbst eine Analyse desselben mit-
heilt, wonach er ganz die Zusammensetzung des gewöhnli-
hen Alauns haben sollte, dessen Form auch seine Krystalle an-
386
geblich besitzen. Aus der Beschreibung dieser Versuche folgt
jedoch keinesweges, dals dem so sei, denn man vermilst mit
Recht eine besondere Prüfung des bei der Analyse für schwe-
felsaures Lithion gehaltenen Salzes. Da der Lithionalaun nach
Kralowanszky noch schwerer löslich als der Kalialaun ist, inso-
fern er sich erst in 24 Th. kalten Wassres auflösen soll, so
muss es seltsam erscheinen, dafs dieses Doppelsalz nicht mit
grolser Leichtigkeit krystallisiren sollte.
Der Verfasser hat seine Versuche daher gerade mit der Er-
örterung dieses seit 20 Jahren fraglichen Punktes begonnen, und
er glaubt mit voller Sicherheit behaupten zu dürfen, dals ein
Lithionalaun, wie der von Kralowanszky beschriebene, nicht
existirt, und dafs Arfvedson und C. Gmelin durchaus Recht
haben. Er hat seine Versuche vielfach modificirt, sowohl was
Concentration, Neutralität oder saure Reaktion der Flüssigkeit, als
auch die Temperatur beim Verdunsten betrifft, aber niemals ei-
nen Litbionalaun erhalten können. Ebensowenig war ein Zusatz
von Alkohol im Stande, die gesuchte Verbindung abzuscheiden.
Der Verfasser versuchte neue Doppelsalze von schwefelsau-
rem Lithion mit anderen schwefelsauren Salzen darzustellen, und
wandte zu dem Ende Sulfate von Talkerde, Zinkoxyd, Nickel-
oxyd, Kobaltoxyd, Mangan-, Eisenoxydul und Kupferoxyd an. Das
Lithionsalz und das betreffende Sulfat wurde zu etwa gleichen
Aequivalenten gemeinschaftlich aufgelöst, und diese Auflösungen
theils an sich, theils nach Zusatz von etwas Schwefelsäure zu kry-
stallisiren versucht. In keinem einzigen Versuche wurden deut-
liche Anzeigen eines entstandenen Doppelsalzes erhalten, wohl
aber stets Abscheidungen der einzelnen Salze, so dafs diese in-
nerhalb der Dauer eines halben Jahres gewonnenen Erfahrungen
zu dem negativen Resultat führen, dals ähnliche schwefelsaure
Doppelsalze, wie wir sie beim Kali, Natron und Ammonium-
oxyd kennen, beim Lithion nicht erhalten werden.
Dagegen hat sich der Verfasser bemüht, einen anderen nicht
minder interessanten Theil der chemischen Verhältnisse des Li-
thions genauer zu untersuchen, nämlich die phosphorsauren
Salze, eine Arbeit, welche sich an eine bereits früher der
Akademie vorgelegte über das phosphorsaure Natron - Lithion
| 387
anreiht #*). Er unterwirft die erhaltenen Resultate, von denen
das Folgende ein kurzer Auszug ist, dem Urtheile der Akademie.
Abgesehen von dem oben erwähnten Natron - Doppelsalze
sind alle bisherigen Angaben über die Verbindungen zwischen
Phosphorsäure und Lithion sehr wenig zahlreich und durchaus
_ nur qualitativer Natur. Es fehlt ihnen jede analytische Bestim-
mung. €. Gmelin und Berzelius sind die einzigen Chemiker,
j welche hierhergehörige Data anführen. Ohne dieselben zu wie-
_ derholen, folge hier sogleich eine Übersicht der vom Verf. er-
langten Resultate.
Die gewöhnliche (sogenannte dreibasische) Phosphorsäure
bildet mit dem Lithion mindestens drei verschiedene Salze, näm-
lich das mit 3 Atomen Lithion, Li’P, eine Verbindung von die-
sen und dem Salze mit 2 At. Lithion und 1 At. basischem Was-
ers, L’P + (Li?H)P, und endlich das Salz mit 1 Atom Li-
thion und 2 At. basischem Wasser, (Li,H?)P.
Drittelphosphorsaures Lithion, Li’P, erhält man,
FR zu einer sauren Auflösung von essigsaurem Lithion phos-
_ phorsaures und freies Ammoniak, oder wenn zu der neutralen
; Auflösung von jenem nur phosphorsaures Ammoniak gesetzt wird.
- Ebenso scheidet es sich ab, wenn kohlensaures Lithion mit Was-
ser und einem geringen Überschuss von Phosphorsäure erhitzt
_ wird, in welchem Falle einfach phosphorsaures Lithion aufge-
löst bleibt. Es bildet ein krystallinisches Pulver, löst sich in
‚833 Th. Wasser von 12° €. auf, schmilzt beim Erhitzen nicht,
und fällt vor und nach dem Glühen die Silbersalze rein gelb.
Es enthält 1 Atom Krystallwasser, welches vor dem Glühen
entweicht.
Die Verbindung von drittel- und halb phosphor-
saurem Lithion bildet sich, wenn man Chlorlithium mit phos-
phorsaurem Ammoniak fällt. Der krystallinische Niederschlag ent-
hält kein Ammoniak. Er ist in 200 Th. Wasser löslich, den
Analysen zufolge enthält er 3 At. Wasser, von denen bei 100°2,
bei 200° aber % entweichen, so dafs dann schon die Hälfte des
Halbphosphats in Pyrophosphat verwandelt ist.
*) Monatsberichte der Akademie v. J. 1845. S.235.
388
In diesem Salze enthält die Säure 2 mal so viel Sauerstoff
als das Lithion, allein man darf es nicht als eine Verbindung
von 5 At. Lithion und 2 At. Phosphorsäure ansehen, sondern
muss es als ein Doppelsalz betrachten, Li? P + (Li?H)P+2H,
worin das eine Glied an der Stelle von 1 At. Lithion 1 At.
basisches Wasser enthält, obwohl dasselbe bis jetzt nicht für
sich bekannt ist, indessen dem gewöhnlichen phosphorsauren
Natron entspricht. Ein ähnliches Doppelsalz existirt unter den
Kalksalzen, künstlich durch Fällung darstellbar, und auch in den
Knochen enthalten, Ca® P? d.h. 2 Ca? P + (Ca®H)P, denn es
muls nothwendiger Weise 1 At. basisches Wasser enthalten.
Das einfach phosphorsaure Lithion endlich, d. h. das
Salz, in welchem die Säure 5 mal so viel Sauerstoff als das Li-
thion enthält, erhält man: 1, wenn man das Drittelphosphat in
einer starken Säure auflöst, den Überschuls derselben verdampft,
und den Rückstand auflöst und krystallisiren lälst; 2, wenn man
kohlensaures Lithion mit überschüssiger Phosphorsäure erhitzt,
und die vom Drittelphosphat getrennte Flüssigkeit abdampft; 3,
wenn neutrales essigsaures Lithion in aufgelöster Form mit Phos-
phorsäure abgedampft wird.
Es bildet gröfsere, an der Luft zerflielsliche, leicht lösliche
Krystalle; seine Auflösung reagirt sauer, fällt die Silbersalze
gelb, Chlorbaryum aber erst auf Zusatz von Ammoniak. Bis
100° erhitzt, verliert es nichts; in höherer Temperatur geht
Wasser fort, und im Glühen schmilzt es zu einem klaren Glase,
metaphosphorsaurem Lithion, dessen Auflösung Chlorbaryum so-
gleich, und die Silbersalze weils fällt. Es enthält etwa 18 p.C.
oder 2 At. Wasser, von denen es bei 200° die Hälfte verliert,
und zu Pyrophosphat wird.
16. Novbr. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. H. E. Dirksen las über die Ehegelöbnisse nach
den Bestimmungen einzelner Ortsrechte im Bereiche
der römischen Herrschaft.
|
j 389
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Norges gamle Love indtil 1387, udgivne ved R. Keyser ogP. A.
Munch. Bind 2. Christiania 1848. 4.
Speculum regale. Konungs-Skuggsjd. Konge-Speilet et philoso-
phisk-didaktisk Skrift, forfattet i Norge etc. af det tolfte
Aarhundrede. ib. eod. 8.
Nyt Magazin for Naturvidenskaberne. Udgives af den physiogra-
phiske Forening i Christiania. Bind 5. Hefte 4. ib. eod. 8.
Mart. Nissen, Norsk Bog-Fortegnelse. 1814-1817. ib. eod. 8.
Fortegnelse over den Tilvaext, som det Kgl. Frederiks Universi-
teis Bibliothek har erholdt i Aaret 1847. ib. eod. 8.
Im Namen des akademischen Senats der Königl. Universität zu
Christiania durch den Secretair derselben, Herrn Chr. Holst
mittelst Schreibens vom 10. Oct. d. J. übersandt.
Revue archeologique. 5. Annee. Livr.7. 15 Oct. Paris 1848. 8.
Kunstblatt 1848. No.52 53. Stuttg. u. Tüb. 4.
93. Novbr. Gesammtsitzung der Akademie,
Hr. Dove las unter Vorzeigung der dazu gehörigen Char-
ten über die Isothermen des Januar und July und ihre
Übergänge in einander in den zwischenliegenden Mo-
N a
Ze
naten.
Die Vorarbeiten, auf welche sich die entworfenen Charten
gründen, sind in den Abhandlungen der Akademie abgedruckt.
Sie beziehen sich auf die Nothwendigkeit die nicht periodischen
und Jie periodischen Veränderungen zu eliminiren.
ae 1 u a
Die Temperatur eines Monats fällt in einzelnen Jahren sehr
verschieden aus. Ihr wahrer Werth kann also nur aus langen
EEE WRETERWORNNE
_ Jahresreihen ermittelt werden, welche für so wenige Beobach-
_ tungsorte vorhanden sind, dafs, wollte man sich auf diese be-
schränken, der Punkte zu wenige sein würden, durch welche
Linien gleicher Wärme gelegt werden können. Es mulste da-
her auf ein Mittel gedacht werden die Beobachtungen, welche
nur wenige Jahre umfassen, so zu verbessern, dals sie für Mit-
tel längerer Zeiträume gelten können. Dies würde nicht mög-
lich sein, wenn die Abweichungen einzelner Jahre ganz lokal
aufträten. Ob dies der Fall sei, mufste daher zunächst ermittelt
werden.
390
In vier Abhandlungen „über die nicht periodischen Verän-
derungen der Temperaturvertheilung auf der Oberfläche der
Erde” wurden für einen Zeitraum von 115 Jahren nämlich 1729-
1843 der thermische Witterungsgang bestimmt. Aus mehrere
Jahre umfassenden Zeiträumen wurden nämlich gleichzeitige Be-
obachtungssysteme gebildet und die Abweichungen der Monate
der einzelnen Jahre von diesen vieljährigen Mitteln abgeleitet.
Daraus ergab sich, dafs alle erheblichen Abweichungen nicht ver-
einzelt auftreten, dafs vielmehr derselbe Witterungscharacter über
grolse Erdstrecken verbreitet ist und zwar in der Weise, dals die
Anomalie an einer bestimmten Stelle als Maximum hervortritt, sich
dann immer mehr vermindert und durch Stellen, wo die Ver-
hältnisse normal sind, in ein entgegengesetztes Extrem übergeht,
welches das erste in der Weise ergänzt, dals die zu einer be-
stimmten Zeit des Jahres auf der Erde verbreitete Summe eine
constante Gröfse ist, dals aber in verschiedenen Jahren die Werthe,
welche diese Summe bilden, sehr verschieden vertheilt sind. Da-
durch wird es also möglich die Beobachtungen weniger Jahr-
gänge eines bestimmten Ortes zu verbessern, da man den in allen
einzelnen Jahren an bestimmten Stellen vorwaltend gewesenen
Witterungscharacter kennt, und daher aus den Abweichungen
einiger Normalstationen, für welche sehr lange Reihen vorban-
den sind, den quantitativen Werth der anzubringenden Verbesse-
rung ermitteln kann. Die vierte Abhandlung enthält für funfzehn
solcher Normalstationen die berechneten Correctionselemente.
Diese Stationen sind Madras, Palermo, Mailand, Genf, Wien,
Regensburg, Stuttgard, Karlsruhe, Berlin, Kopenhagen, Torneo,
London, Kinfauns Castle, Zwanenburg, Paris, Salem, Albany,
Gothaab und Reykiavig. Zugleich enthalten diese 4 Abhand-
lungen das vollständige Beobachtungsmaterial von 700 Stationen,
die Monatsmittel in einzelnen Jahrgängen.
Die zweite nothwendig an den Beobachtungen, insofern sie
nicht stündlich gemacht wurden, anzubringende Verbesserung ist
die Elimination der täglichen Veränderung, um die zu bestimm-
ten Tagesstunden angestellten Beobachtungen auf wahre Tages-
mittel zurückzuführen. Die dazu erforderlichen alle Tagesstun-
den und die gewöhnlichen Combinationen derselben umfassenden
Reductionstafeln für 29 Stationen finden sich in der Abhandlung
e
391
„über die täglichen Veränderungen der Temperatur der Atmo-
’
spbäre”. Diese Stationen sind: Rio Janeiro, Trevandrum, Madras,
Bombay, Frankfort Arsenal, Toronto, Rom, Padua, Kremsmün-
ster, Prag, Mühlhausen, Halle, Göttingen, Salzuflen, Brüssel, Ply-
mouth, Greenwich, Leith, Apenrade, Christiania, Drontheim, Hel-
singfors, Petersburg, Catharinenburg, Barnaul, Nertchtinsk, Ma-
toschkin Schar, Karische Pforte, Boothia felix.
Es kam nun noch darauf an aus den einzelnen Jahrgängen
die Nonatsmittel vieljähriger Zeiträume zu ziehen. Die Tempe-
raturtafeln im letzten Bande unserer Memoiren enthalten dies für
900 Stationen und zwar die Monatsmittel, die der Jahreszeiten
und des Jahres direct wie sie aus den Beobachtungen folgen,
ohne Verbesserung für die tägliche Veränderung. Diese Tafeln
sind auch in Fahrenheitscher Skale berechnet worden und in
dem Report of the seventeenth meeting of the British Associa-
tion held at Oxford 1847 veröffentlich worden. Seit der Ver-
öffentlichung dieser Arbeit sind noch mehrere Stationen hinzu-
gekommen, für andere die Mittel aus längere Reihen bestimmt
worden.
Endlich war es noch nöthig die weiten Lücken zwischen
den Stationen auf den dieselben bespülenden Meeren durch
Bestimmungspunkte auszufüllen. Diese Arbeit ist äufserst zeit-
raubend, da die einzelnen Schiffsbeobachtungen in der Regel
nicht einmal zu Tagesmitteln zusammengezogen sind, und aufser-
dem jedesmal der mittlere Ort des Schiffes aus der sich stets
ändernden Länge und Breite zu bestimmen ist. Nur in Beechey
narrative of a voyage to the Pacific and the Beerings Strait,
einem wahren Muster in Beziehung auf Redaction, ist dies ge-
schehen. Aufserdem sind folgende Werke benutzt worden: die
United States Exploring Expedition, in welcher der besondre me-
teorologische Appendix noch nicht erschienen, wo also nur Text
Notizen benutzt werden konnten, James Ross a voyage of dis-
covery and research in the southern and antarctic regions, Du-
mont d’Urville voyage au Pol Sud et dans lOceanie sur
PAstrolabe et la Zelee. Diese drei Werke und Glerk daily ab-
stract of meteorological observations made on board of the Pa-
goda, so wie King and Fitzroy narrative of the surveying
voyages of the Adventure and Beagle describing their examina-
392 e
tion of the southern shores of South America haben es möglich
gemacht, die Isothermen der südlichen Halbkugel weiter zu er-
mitteln als noch vor Kurzem möglich war und dadurch eine
genäherte Bestimmung der Temperatur der südlichen Erdbälfte
zu erhalten. Aulserdem wurden folgende Journale benutzt: Vail-
lant voyage autour du monde sur la Bonite, du Petit Thou-
arsvoyage autour du monde sur la Venus, Duperrey voyage
autour du monde sur la Coquilie, Freycinet voyage autour
du monde sur "Uranie ei la Physicienne, besonders von
reicher Ausbeute für die tropische Gegend, ferner Lütke voyage
autour du monde sur le Seniavine, Meyens Reise um die
Erde, Rafaele de Cosa corsi di osservazioni meteorologiche
fette nella zona torrida a bordo del Fesuvio, Hasskarl meteo-
rologische Waarnemigen op drie Reizen van en naar de Oost-
indien, ein Journal von Dieffenbach auf einer Reise von Eng-
land nach Neu Seeland und von Schaeyer von England nach
Australien, Reynolds voyage of the Potomaec during the eir-
cumnavigation of the globe und die Beobachtungen auf dem Krot-
koi in Ermans russischen Archiv. Von älteren Reisen endlich die
von Peron und Baudin, la Perouse, Dentrecasteaux, Lisianski,
Krusenstern, Chamisso und Journale von Lawson, Peters, Newbold.
Wenn auch wegen der geringen Veränderung der Tempe-
ratur auf der weiten Fläche des Meeres die Beobachtnngen selbst
kürzerer Zeiträume annährende Resultate geben, so schwindet doch
der Reichthum von Beobachtungen, über den man zu gebieten
glaubt, bei näherer Ansicht äulserst zusammen, denn so wie auf
dem Festlande Beobachtungsstationen sich an bestimmten Punk-
ten unnöthiger Weise znsammendrängen, so giebt es auf dem
Meere viel befahrene Stralsen neben weiten Strecken, die fast
nie besucht werden. Aufserdem hat die Jahreszeit hier den we-
sentlichsten Einfluls, da die herrschenden Winde bestimmen,
wann der Seefahrer eine bestimmte Fahrt am günstigsten unter-
nehmen kann. Hingegen haben die Schiffsbeobachtungen den
Vorzug, dafs man der Reduction auf die Meeresfläche enthoben
ist, die oft bei Landstationen äufserst unsicher wird.
Auf dieses Material gründen sich die zwei in der Äquato-
rial- und Polarprojection vollständig ausgeführten Charten des
Januar und Juli, für den Januar von 4 zu 4 Graden R., für den
en
I A EEE EEEETETEEEEIDUEERNENENEEZEETU N
393
Juli von 2 zu 2. In diesen Monaten können die Seefahrer ent-
weder auf der südlichen oder auf der nördlichen Erdhälfte sich
den Polen am meisten nähern, daher kann die Untersuchung in
die höchsten Breiten hinaufgeführt werden. Zugleich stellen sie
die Extreme des Unterschieds der Temperaturvertheilung in der
jäbrlichen Periode dar, zwischen welche sich die andern Mo-
nate, von denen die Zeichnungen in der Äquatorialprojection
ebenfalls vorlagen, als Mittelstufen einschalten. Aufser den Linien
gleicher Wärme sind noch andere gezogen, welche thermische
Normalen genannt werden können. Sie sind das für die Ver-
theilung der Wärme, was die Linien ohne Abweichung für die
magnetische sind. Wie verschieden nämlich auch unter dersel-
ben geographischen Breite die Temperatur unter verschiedenen
Längen sein mag, so hat doch jeder Breitenkreis eine bestimmte
mittlere Wärme, welche sich durch graphische Interpolation
zwischen den entworfenen Isothermen finden lälst. Ein Ort nun,
dessen Temperatur der mittleren seiner geographischen Breite
entspricht, besitzt eine normale Temperatur, alle, deren Tempe-
ratur geringer ist, sind relativ kalt, alle, deren Temperatur höher
ausfällt, relativ warm. Rechnet man alle Orte, die im Winter
zu warm, im Sommer zu kühl sind, dem Seeklima zu, die hin-
gegen, welche im Winter zu kalt, im Sommer zu warm sind,
dem eontinentalen, so bilden die thermischen Normalen die Grenz-
linien des See- und Continentalklimas. Die Charten der einzel-
nen Monate lassen dann beurtheilen, ob ein Ort stets nur einer
dieser Formen angehört, oder ob er im Jahre seine Rolle ver-
tauscht.
Es ist bekannt, dafs die höchste Winterkälte nach Nord-
asien und Nordamerika fällt. Bei Vergleichung der thermischen
Normalen für den Januar ergab sich, dals diese beiden kälte-
sten Stellen einen zusammenhängenden kalten Fleck bilden. Es
fand sich nämlich, dafs die Grenzen an der Westküste von Ame-
rika und der Ostküste von Asien in dem Beeringsmeer zusam-
mentreflen, und dafs die beiden andern Grenzen, da, wo sie
sich nicht weiter nach Norden verfolgen lielsen, genau nach dem
Pole hinweisen. Nun liegt aber in der Natur der Sache, dafs
eine thermische Normale durch den Pol hindurchgehen mufs,
denn da er in sich alle geographischen Längen vereinigt, so
394
mufs er der Bedingung ein Punkt normaler Temperatur zu sein,
nothwendig entsprechen. |
Ganz Europa fällt im Januar in den warmen Raum, denn
die thermische Normale ist fast genau die Scheidelinie zwischen
Europa und Asien. Auch Grönland liegt darin, aber nur der
schmale Kiüstensaum von Nordamerika am stillen Meer jenseits
der Andes und Rocky Mountains. In der tropischen Gegend ist
überall das Meer im Winter wärmer, daher bildet das Innere
von Afrika eine isolirte kalte Stelle im Gegensatz zu dem war-
men Westindien und den Küstenländern des indischen Meeres
und grolsen Oceans. Java und die Sundainseln haben daher dann
im Gegensatz zu Westindien und Polynesien ein Continental-
klima. Hingegen wird dieser Name unpassend, wenn man Orte
zu verschiedener Breite vergleicht. Es würde barock klingen,
wenn man sagte, Moscau liegt im Seeklima, hingegen Singapore
und Batavia im continentalen.
Entsprechend der Gestalt der kalten Räume haben alle Iso-
thermen im Januar ihre Längenachsen von Amerika nach Asien
hin in einer Linie, die von der Mitte Nordamerikas jenseits des
Pols nach der Mandschurei geht.
Der furchtbaren Kälte von Jakutzk im Januar entspricht
kein ebenso kalter Punkt in Nordamerika. Will man also für
diesen Monat zwei Kältepole annehmen, so mufs man ihnen ver-
schiedene Intensität beilegen. Nothwendig ist dies aber nicht.
Der Verlauf der Curven scheint vielmehr dafür zu sprechen, dafs
der kälteste Raum eine zusammenhängende schmale Stelle ist von
Jakutzk nach Neusibirien hinauf.
Aber, kann man sagen, wie ist es möglich, dafs wenn die
Jahresisothermen sich um zwei getrennte Kältepole schlingen,
diese nicht auch in den einzelnen Abschnitten des Jahres her-
vortreten. Dagegen kann bemerkt werden, dafs die Untersuchung
sich nicht mit gleicher Strenge bis in die höhern Polargegenden
für alle einzelnen Monate durchführen lälst, und dafs aulserdem
etwas im jährlichen Mittel richtig sein kann, welches in keinem
einzelnen Abschnitt des Jahres Realität hat. Folgendes Beispiel
wird dies erläutern.
Eine Anhäufung des Landes erhöht unter den Tropen bei
senkrechtem Sonnenstande die Wärme so, dafs alle Continen-
395
talmassen dann Temperaturen zeigen, welche auf dem Meere
nirgends sich finden. Sind diese Continentalmassen nun auch im
Winter kühler als das Meer, so ist diese Abkühlung doch nicht
so grols als jene unverhältnilsmälsige Erwärmung. Das gesammie
Jahresmittel continentaler Massen in der tropischen Zone fällt
daher höher aus, so dafs die Linie höchster Jahreswärme nicht
auf den Äquator fällt, sondern wegen der weiten Ausbreitung
Afrikas nördlich von ihm. Wir wollen uns nun vorstellen, dafs
zwei feste Ringe in einer bestimmten Entfernung einen flüssigen
Äquator einschlössen, wir würden dann in Beziehung auf die
Jahreswärme zwei heilseste Linien erhalten, dennoch würde, we-
der wann die Sonne über der Nordhälfte, noch wann sie über
der Südhälfte steht dies in der That stattfinden, denn die Som-
merwärme des nördlichen festen Ringes ist gleichzeitig mit der
grölsern Winterkälte des südlichen, während das Äquatorialmeer
mit seiner Temperatur sich zwischen beide einschaltet.
Es geht daraus hervor, wie wenig man berechtigt ist von
der mittleren Vertheilung der Wärme im Jahre einen Schlufs
zu ziehen auf die seiner einzelnen Abschnitte, ja es läfst sich im
Gegentbeil behaupten, dals die Jahresisothermen erst durch die
monatlichen erläutert werden und dals eben deswegen alle Be-
mühungen ihre Gestalt unmittelbar auf die Configuration der
Continente zurückzuführen, erfolglos geblieben sind.
Die gewöhnliche Abtheilung der Erde in zwei Hemisphä-
ren durch den Meridian von Ferro giebt zugleich die beiden
Äquatorialansichten der gröfsten Land- und Wassermasse. Be-
rechnet man von 10 zu 10 Grad die Temperatur der halben
Breitenkreise dieser Land- und Seehälfte, so findet man für alle
Breiten 70° ausgenommen die Osthälfte, wegen der überwiegen-
den Landmasse, kälter als die Westhälfte. Dieser Unterschied
nimmt nach dem Äquator hin immer mehr ab.
In der tropischen Zone erfolgt die Wärmeabnahme nach
Norden bin sehr regelmälsig. Auf der östlichen Hälfte wird sie
zwischen 0 und 30° genau dargestellt durch die Gleichung: (£
in Reaum. Graden) t.= 2lcos 2x
wo x die Breite, auf der westlichen sehr annährend zwischen 0
und 40 durch:
t.—= 21.4 cos(2x — 7).
396
Es ist nicht gelungen, eine allen Breiten sich anschliefsende
Formel zu finden, in der Breite von 30° und 40° werden die
Abweichungen immer erheblich. Der Grund ist leicht ersicht-
lich, denn in Nordamerika biegt bier der Golfstrom von Ame-
rika ab und fliefst nach den Azoren hinüber, in Asien erhebt
sich das Hochland aus dem Tiefland des Ganges. Daher ist hier
ein plötzlicher Sprung in der Temperaturabnahme. Als allge-
meine Formel schliefst sich für den Äquator und höhere Breiten
noch am besten an:
= — 24.5 +45.5 005?x
für niedere Breiten noch näher:
= — 24 + 45 cos? x
die Temperatur wird demnach 245 unter dem Frostpunkt.
Für die Osthälfte der südlichen Erdhälfte bis 40° gilt die For-
mel: = —5 + 26.2 008’ (x — 5).
Für die Polargegenden bleibt immer eine Unsicherheit, die aber
von geringer Bedeutung ist, wenn. es sich um die Bestimmung
der mittleren Temperatur einer ganzen Erdhälfte handelt. Eine
annähernde Bestimmung wurde dadurch erbalten, dafs die mittlere
Temperatur der Zonen berechnet wurde zwischen O0 und 10, 10
20 Breite u.s.f. und dabei so weit die Beobachtungen reichten
die empirischen Werthe unmittelbar angewendet wurden, für
die höchsten Breiten die durch Jnterpolationsformeln gefundenen.
Wenn demnach diese Bestimmungen nur als eine erste Annähe-
rung gelten können, so scheinen sie doch sicherer als die bis-
her angewendete ganz willkührliche Methode, dafs man auf einem
beliebigen Meridian fortging und daraus die mittlere Tempera-
tur des Poles bestimmte. Später sollen diese Werthe dadurch
verbessert werden, dals die Temperaturen der Ost- und West-
hälfte vermittelst der Besselschen Formel zu einem Ganzen ver-
bunden werden und indem die Form der Function unbestimmt
gelassen wird, durch Hinzufügen von Gliedern die empirischen
Werthe so nahe als möglich, durch die Formel wiedergegeben
werden. Als vorläufge Werthe findet sich:
Jan. Nordh. 7°5
Südh. 12.2
Erde 9.9.
397
Hingegen für den Juli Nordh. 17°3
Südh. 9.6
Erde 13.5.
Die Temperatur der Erde nimmt daher vom Januar bis Juli um
volle 34 Grad zu. Bestimmte man die mittlere Temperatur der
Erde zunächst als Mittel des Januar und Juli, so würde sie 11.7,
die der Nordhälfte 12.4, der Südhälfte 10.9. So wie, wenn wir
nach Süden reisen, nördliche Gestirne untersinken, südliche über
den Horizont sich erheben, so überblickt die Sonne bei ihrer
jährlichen Bewegung, wenn sie in andere Zeichen tritt, immer
andere Theile der Erdoberfläche. Diese ist eine mannigfach ge-
staltete, die Wirkung auf sie daher eine stets sich ändernde,
denn die auf die Erdoberfläche fallende Sonnenwärme wird ver-
wendet zur Temperaturerhöhung der Substanzen, welche ihren
Agregatzustand nicht verändern, und sie wird im Schmelzungs-
prozels des Eises und im Verdampfungsprozels des Wassers ge-
bunden. So wie die Sonne von ihrer nördlichsten Abweichung
in südliche Zeichen tritt, wird wegen des immer steigenden An-
theils der flüssigen Grundfläche ein desto gröfserer Antheil ihrer
Wärme gebunden, daher jene grofse periodische Veränderung
der Gesammttemperatur der ganzen Erde.
In diesen Verhältnissen scheint ein wichtiges Moment des
Bewegungsmechanismus der gesammten Atmosphäre zu liegen,
die Bedingung nämlich eines periodischen Überganges der Was-
serdämpfe in den Zustand des Tropfbaren. Der Kreislauf des
Flüssigen, dieser wesentliche Hebel alles vegetativen und anima-
lischen Lebens erscheint auf diese Weise nicht mehr gebunden
an lokale Abkühlungen, an die Vermischung ungleich temperirter
Luftströme, sondern in der unsymmetrischen Vertheilung der fe-
sten und flüssigen Massen auf beiden Erdhälften liegt die in-
nere Nothwendigkeit, dals der Wasserdampf, der sich vom Herbst-
äquinoctium bis zum Frühlingsäquinoctium über der südlichen
Erdhälfte in überwiegendem Maafse entwickelt, in der andern
Hälfte des Jahres zur Erde als Regen und Schnee zurückkehrt.
So erscheint der wundervolle Gang der mächtigsten Dampfma-
schine, die wir kennen, der Atmosphäre dauernd geregelt.
398
Man beklagt sich oft darüber, dafs alle physikalischen Qua-
litäten auf der Oberfläche der Erde so unregelmäfsig vertheilt
sind, diese Unregelmäfsigkeit ist, wie wir sehen, das Erhaltungs-
princip des gesammten Erdlebens.
Es ist wahrscheinlich, dafs die nördliche Erdhälfte überwie-
gend der Condensator dieser Dampfmaschine ist, die südliche
ihr Wasserresevoir, dals die Regenmenge auf der nördlichen
Erdhälfte daher bedeutender als auf der südlichen, und dafs ein
Grund der höhern Temperatur der Nordhälfte eben darin liegt,
dafs die auf der südlichen Erdhälfte gebundene Wärmemenge
auf der nördlichen in den mächtigen Niederschlägen frei wird.
Sind aber alle diese Erscheinungen wesentlich an die Ver-
hältnisse des Festen und Flüssigen zu einander geknüpft, so müs-
sen sie ganz andere gewesen sein, wenn diese Verhältnisse an-
dere waren. Haben sich, wie die Geognosie lehrt, die festen
Massen nach einander aus ihrer flüssigen Bedeckung erhoben, so
müssen als Folge solcher Veränderungen die atmosphärischen
Verhältnisse sich wesentlich verändert haben. Im Allgemeinen
mufs das Hervortreten neuer fester Masse ein bestimmtes Quan-
tum des vorhandenen Wasserdampfes condensirt haben, da der
Antheil der latenten Wärme sich verändert hat, aber die Stelle,
an welcher sich die feste Masse erhob, muls hier von der grö-
[sten Bedeutung sein. So würden die geognostischen Revolu-
tionen der Erde atmosphärische bedeutende Convulsionen zur
secundären Folge gehabt haben, bis die Bewegungen der Atmo-
sphäre sich der neuen Gestaltung ihrer Grundfläche angepalst ha-
ben. Die Temperatur der ganzen Erdoberfläche muls sich im
Allgemeinen bei jeder Vermehrung des festen Areals vermehrt
haben.
Kehren wir zu der jährlichen periodischen Veränderung der
Temperatur der ganzen Erdoberfläche zurück, so kann es auf-
fallen, dafs sie gröfser sein soll als die der südlichen Erdhälfte
allein, denn sie beträgt 34° für die ganze Erde, und nur 2%6
für die südliche, hingegen 9°8 für die nördliche. Es leuchtet
ein, dals nur die letzten beiden Grölsen mit einander verglichen
werden können, nicht aber die erstere mit den beiden letztern.
Denn die periodische Änderung der südlichen und nördlichen
Erdhälfte stellt für sich den Gegensatz dar, welchen die verän-
399
derte Mittagshöhe der Sonne in der jährlichen Periode über ei-
ner vorwaltend festen oder flüssigen Grundfläche hervorbringt;
hier ist also die Grundfläche constant, die Bedingung der Inso-
lation hingegen verschieden. Die periodische Veränderung der
Temperatur der ganzen Erde entsteht hingegen dadurch, dafs für
gleichbleibende Einstrahlungsbedingungen die beleuchtete Grund-
Näche sich periodisch ändert.
Gehen wir nun näber darauf ein, wie sich die Lage und
Gestalt der Isothermen vom Januar zum Juli hin verändert.
Die concaven Scheitel der Januarisothermen fallen in Ame-
rika mitten in den Continent hinein, in der alten Welt mehr
nach der Ostküste, wenn auch in das Innere des Landes, die
convexen Scheitel hingegen anf die zwischenliegenden Meere.
Steil erheben sich die Curven von Labrador nach Spitzbergen
hinauf und stürzen dann vollkommen senkrecht an den europäi-
schen Küsten herab, ja von Norwegen bis Novaja Semlja haben
sie nach Osten hin überhängende Scheitel. Der nachhaltige Ein-
Aufs des Golfstroms ist hier unverkennbar. Von Philadelphia an
geht die Nulllinie quer über die Neufundlandsbank durch den
südlichen Theil von Island zum Polarzirkel hinauf, den sie im
Meridian von Brüssel erreicht, und geht dann vollkommen senk-
recht in der Richtung des Meridians bis nach Holland hinab, wo
sie sich erst nach dem Balkan hin in südöstlicher Richtung wen-
det. In der Mitte des schwarzen Meeres beginnt sie ihren öst-
_ lichen Lauf, und steigt dann erst in der Mitte von Corea nach
den Aleuten hinauf, um längs den Rocky Mountains bis in die
Breite von Palermo hinabsinken. Daher findet man, wenn man im
Januar von den Schetlands Inseln an der Ostküste von England
nach dem Canal hinabgeht, überall dieselbe Wärme, mit jedem
Schritt nach Westen wird es wärmer und nicht unerheblich, denn
die Westküste von Irland und die äufserste Spitze von Corn-
wallis liegt jenseits der Linie von 4° R. Noch auffallender sind
die Verhältnisse in Scandinavien. Die südlichen Theile von Nor-
wegen sind durch das vorliegende Grofsbrittanien mehr gegen
den Einfluls der warmen Meeresströme geschützt, als die nörd-
lichen. Daher wird es wärmer, wenn man im Januar von Nord-
botten nach Finnland d. h. von Süd nach Nord reist. Am Nord-
cap sind die Südostwinde dann die kältesten. Eine ähnliche
10*
400
Scheidewand wie die scandinavischen Alpen bilden in Amerika
die Rocky Mountains.
Mit der Annäherung an die Tropen verflachen sich die
Curven. Die Isotherme von 16° entspricht fast genau in ihrem
Verlauf dem Wendekreis, ihre concaven Scheitel in Afrika und
Hinterindien mit einem zwischenliegenden convexen in Vorder-
indien sind unbedeutend.
Die Scheidelinie der Temperatur beider Hemisphären von
21° ist nur bei den Gallopagos einfach, sie spaltet sich sogleich
nach beiden Richtungen und umschlielst einen zusammenhängenden
wärmsten Raum, der sich im atlantischen Ocean eng zusammen-
schnürt, aber in Südamerika, dem indischen Ocean und der äquato-
rialen Inselwelt jenseits Australien seine gröfste Breite erreicht.
Nur ausnahmsweise z.B. an der Nordküste von Australien tritt
hier die Temperatur von 22° hervor, aber nicht als zusammen-
hängende Curve. Dals der heilseste Raum hier im indischen
Ocean am weitesten auf die Südhälfte der Erde übergreift, dafs
er zugleich hier die höchste Temperatur erreicht, sind die Gründe
dafür, dafs hier der Nor.dostpassat zum Nordwestmonsoon wird.
Von 70° N. B. bis 70° S.B. sind also die grölsten Unter-
schiede der mittleren Monatswärme im Januar 54° R. Der
thermische Äquator fällt mit Ausnahme von Columbien und Gui-
nea überall auf die Südhälfte der Erde. Aber südlich von ihm
liegen bis zur Breite von 70° nur 22 Isothermen von 1° R.,
nördlich 54.
Die Isothermen der Südhälfte der Erde haben das Eigen-
thümliche, dafs sie in der heilsen Zone weit gekrümmter sind
als in der gemälsigten. Da wo in Beziehung auf Ost und West
die Abwechselung von Land und See aufhört, fallen auch die
Gründe der Krümmung der Isothermen hinweg. Aufser dem
nämlich, dafs der Effect der Insolation auf eine feste und flüs-
sige Grundfläche verschieden ausfällt, bedingt die Configuration
der Continente die Richtung der Meeresströmungen, deren Ein-
Aufs auf die atmosphärischen Temperaturen, in einer Arbeit wie
die vorliegende, deutlich hervortritt, da bei der Zeichnung der
Isothermen auf dem Meere nur auf die Beobachtungen der at-
mosphärischen Wärme Rücksicht genommen worden ist, hinge-
gen nie auf die zahlreichen Beobachtungen der Meerestempera-
401
tur, deren Aufnahme in eine isolhermische Darstellung atmo-
sphärischer Verhältnisse nicht gerechtfertigt werden kann, wo es
sich eben darum handelt, Ursache uud Wirkung so scharf als
möglich zu sondern.
Der abkühlende Einfluls des Polarstromes an der Kiste von
Chile ist von Hrn. v. Humboldt entdeckt worden. Er ist das
ganze Jahr hindurch unverkennbar, wenn auch nicht von dersel-
ben Gröfse. Die convexen Scheitel (hier die kälteren Punkte)
liegen also stets an der Westküste von Südamerika, die con-
caven an der Ostküste. Der Grund dieser Beständigkeit liegt
darin, dals der kalte Strom nicht ein oberflächlicher ist, sondern
wie aus den Sondirungen auf der Erdumschiffung der Venus
hervorgeht, eine Mächtigkeit von 5480 Fuls hat. C’esz une sec-
tion considerable des mers polaires, heilst es in dem Rapport,
marchant majestueusement du sud au nord.
Dals entsprechend den Erscheinungen in Südamerika auch
im äthiopischen Meere die Isothermen sehr stark gekrümmt sind,
folgt aus der Vergleichung der Temperatur von Rio Janeiro,
St. Helena, Ascension, Christiansburg, der Capstadt und Isle de
Bourbon. Der Vegetationscharacter von St. Helena muls daher
ein wesentlich verschiedener sein, wenn man ihn mit dem der
neuen Hebriden vergleicht. Selbst wenn man die Temperaturab-
nahme nach der Höhe, wie sie die Beobachtungen in St. He-
lena gaben, noch erheblicher annimmt, bleibt eine viel niedrigere
Temperatur als die mittlere des Archipels der niedrigen Inseln.
Der Grund, dafs diese starke Krümmung der Isothermen bisher
übersehen ist, liegt wahrscheinlich darin, dafs die Schiffer sich
entweder mehr an der amerikanischen oder afrikanischen Küste
halten, der südliche Wendekreis daher selten in der Mitte des
südatlantischen Oceans durchschnilten wird.
Südlich vom Cap verflachen sich die Isothermen schnell und
drängen sich grade hier am nächsten zusammen. Dies ist noch
auffallender im März, denn bier im Meridian des Cap haben die
Isothermen der heilsen Zone ihre concaven, die der gemäfsigten
und kalten Zone ihre convexen Scheitel.
Die Lage der Nullinie auf der südlichen Erdhälfte hat nur
für 4 Monate December, Januar, Februar, März direct bestimmt
werden können. Sie ist verhältnifsmälsig wenig gekrümmt, doch
402
können diese Bestimmungen nur als annähernde gelten, wenn
man bedenkt, dals das Treibeis der südarktischen Gegenden der
Wirkung eines überall freien Oceans ununterbrochen ausgesetzt,
wenn auch aus compactern Massen bestehend, doch nie zu so
ausgedehnten Eisfeldern sich zusammenfügt als in den nördlichen
Meeren, wegen dieser grolsen Zertrümmerung aber als Ganzes
in einzelnen Jahren seine Stelle wesentlich verändert. Die Kühn-
heit, mit welcher Kapitän Ross diesen beweglichen Eisgürtel
durchbrach, da wo Dumont d’Urville ein offenes Meer gefun-
den, wurde dadurch belohnt, dafs ein eisfreies Meer ihm nach-
her das Vordringen in viel höhere Breiten gestattete, aber aus
der Vergleichung der verschiedenen Reisen gewinnt man die
Überzeugung, dals, ehe man die feste Eisbariere erreicht, die von
der Lage des beweglichen Eises abhängige Temperatur in ein-
zelnen Jahren einen sehr erheblichen Spielraum haben kann.
Vermöchte man in einem Jahre die Isothermen zu entwerfen,
so würde man vielleicht eine Temperaturzunahme erhalten jen-
seits des beweglichen Ringes des Treibeises. Verbindet man die
Ergebnisse einzelner Jahre, so erscheint das als lokale Krüm-
mung der Isothermen, was im Mittel vieler Jahre sich zu ein-
fachern Formen abgleichen würde. Auf diese Weise erläutern
sich die scheinbaren Widersprüche zwischen den Aussagen der
einzelnen Weltumsegler über die Temperatur der südlichen Erd-
hälfte. Unbekannt mit dem Spielraum der nicht periodischen
Veränderungen hat man die jedesmal beobachteten atmosphäri-
schen Verhältnisse für die normalen gehalten. Man hat dabei
vergessen, dafs ein Reisender, welcher im Januar 1823 Berlin
besuchte, die mittlere Januarwärme von Godthaab, der Bären-
insel und Moscau gefunden hätte, im Januar 1834 hingegen eine
höhere als die mittlere Januarwärme der Lombardischen Ebene.
Im Februar beginnen die Isothermen in Nordasien sich
schon nach Norden zu bewegen, während sie in Nordamerika
noch nach Süden wandern. In der Baffins und Hudsonsbay sind
sie noch steiler geworden, während sie in Sibirien bereits zu
verflachen beginnen. An der Scheidegrenze beider Erdhälften tritt
die Temperatur von 22 schon in zwei getrennten Räumen auf, einem
im Innern von Südamerika, dem andern in Centralafrika bis nach
Australien hinüber mehr auf der Südhälfte der Erde, aber doch
|
403
in Guinea bis 10 Grad noch auf die Nordhälfte übergreifend.
Auf der Südhälfte der Erde hat sich die Vertheilung wenig
geändert. In Australien bleibt bis in den März die Ost- und
Westseite kühler als die Mitte.
Im März haben sich die von der Isothermen von 22° um-
schlossenen getrennten Räume in Amerika und Afrika mit einander
vereinigt. Die Einschnürung desselben in der Mitte des atlantischen
Oceans erinnert noch an die im Februar dort bestandene Trennung.
Das Flachwerden der asiatischen Curven ist noch entschiedener
geworden, es äufsert sich unverkennbar in den europäischen Cur-
ven mit Ausnahme der skandinavischen, die ihre abweichende
Gestalt behalten. Nur in der Kirgisensteppe erhält sich die Tempe-
raturerniedrigung auffallend, sie verschwindet dort erst im April.
Auch die amerikanischen Curven werden im Innern des Conti-
nents flacher, da sie aber ihre Steilheit an der Ostküste behal-
_ ten, so rückt der concave Scheitel allmählig immer mehr nach
Neufoundland bin. Im Atlantischen Ocean bleibt die Eigenthüm-
lichkeit, dals die Curven diesseits des Wendekreises hier ihre
eonvexen Scheitel, die innerhab desselben in demselben Meri-
dian, dem der Inseln des grünen Vorgebirges ihre concaven
_ haben. Dies erläutert sich dadurch, dals der Golfstrom hier
bei der Bank von Flores sich nach Süden biegt. An der West-
_ küste von Nord- und Südamerika sind die Verhältnisse dieselben
geblieben. Die convexen Scheitel liegen überall dicht an der
Küste. Im Äthiopischen Meer sind die Curven flacher, sehr
dicht am Cap der guten Hoffnung und an der Südküste von Au-
stralien, weil die Nulllinie in diesem Meridian in 57° Breite
_ ihre convexen Scheitel erreicht, die Temperaturzunahme von da
zuerst langsam, von 45 S. B. aber äufserst rasch erfolgt.
Im April entwickeln sich in der Mitte von Nordafrika und
im Innern von Vorderindien in zwei von Isothermen von 24°
umschlossenen Räumen ungewöhnlich hohe Temperaturen. Über-
all in Asien und dem mittleren Europa gehen die Isothermen den
Breitenkreisen fast parallel. Nur die Curven von 4, O und —4
behalten ihre wunderbare Krümmung. Die von — 4 geht vom
südlichen Theil der Hudsonsbay an der Westküste von Grönland
bis nach Spitzbergen hinauf, und fällt dann bis zum Eingang des
weilsen Meers hinunter. Die Nulllinie läuft vom Cap Breton nach
404
der Südspitze von Grönland durch Island fast bis zur Bäreninsel,
dann nach dem Nordcap und senkt sich auf dem Kamm der scan-
dinavischen Alpen bis in die Breite von Drontheim, wo sie nach
Osten umbiegt. Das heruntertreibende Eis der Küste von Grön-
land und der Baffinsbay ist der Grund dieser Erscheinung.
Diese Wirkung des Eises ist noch entschiedener im Mai.
Hier drängen sich von Neuschottland nach der Neufoundlands-
bank hinüber die Isothermen am dichtesten zusammen. Daher
im Frühling von Neufounland jene merkwürdige Bildung des
Silberthaus, wenn warme Südwinde die Bäume mit einer mäch-
tichen Eiskruste überziehen, und wie Bonnycastle berichtet, je-
den Baum in einen Candelaber vom reinsten Krystall verwan-
deln, daher jene dichten Nebel, die dann den Eingang der Baf-
finsbay verdunkeln. Unterdessen hat sich der von 24° umschlos-
sene heilse Raum in Afrika erweitert und mit dem von Vorder-
indien vereinigt. An seiner nördlichen Grenze nimmt die Tem-
peratur schnell nach den Küsten des mittelländischen Meeres hin
ab, der SO. Passat dringt nun als SW. Mousson höher hinauf
nach dieser heifsen Stelle. In Kamschatka laufen die Curven be-
reits von Norden nach Süden. Die den Breitenkreisen parallelen
nordasiatischen Curven steigen nämlich hier an der Ostküste des
alten Continents schnell in die Höhe und sinken dann eben so
schnell nach den Aleuten und Kurilen hinab.
Im Juni sind die Verbältnisse analog. Der warme afrika-
nische Raum reagirt bis nach Christiania hinauf, denn die eu-
ropäischen Isothermen erheben sich noch an den WVestküsten
und beginnen ihren östlichen Lauf erst im Meridian von Berlin.
Nur der Fox Canal, das Karische und Behringsmeer zeigen als
Abzüge des Eismeeres ihren Einflufs in der concaven Krümmung,
die sie in der bereits sehr regelmälsig gewordenen Gestalt der
Isothermen erzeugen. In Amerika liegen die concaven Scheitel
dicht an der Ostküste, der warme vom 22° umschlossene Raum,
der sich schon im Mai im caraibischen Meere bildete, umfafst
jetzt dasselbe und den ganzen mexikanischen Meerbusen. Auf
der Südhälfte der Erde sind die Curven äufserst flach gewor-
den, selbst der Unterschied zwischen der Ost- und Westseite
Südamerikas ist weniger erheblich. Die Abkühlnng durch ge-
schmolzene Eismassen hat sich bedeutend vermindert.
405
Im Juli erreichen die Verhältnisse ihre Extreme. Im lang-
gezogenen Raum von 24° hat sich ein von 26° umschlossener
gebildet, der Nubien und das südliche Arabien umfalst. Es sind
die Gegenden, von denen Hagi Ismael sagt, dafs die Erde von
Feuer, und der Wind eine Flamme. Aber auch in Vorderindien
sind die Temperaturen seit dem Mai noch ungewönlich hoch.
„Guter Gott, warum hast du die Hölle geschaffen, da doch
Ghizni schon da war,” ist das bezeichnende Wort der Afgha-
nen. Ist es nun wohl ein Wunder, dafs nun der SO. Passat als
SW. Monsoon dem zurükweichenden NO. Passat bis zum Fufse
des Himalaja folgt. In Europa und Asien ist der Durchgang
der Isothermen durch die Kreisform bereits überschritten, sie
beginnen nun auch im Innern des Continents convex zu werden.
Die thermische Normale umschliefst als wärmeren Raum ganz
Asien, Evropa und Afrika bis zum Äquator. Nur Schottland und
Irland gehören dem eigentlichen Seeklima an, ebenso Labrador,
Canada, Neu- Nord- und Südwales, der Küstensaum von Cali-
fornien nach der Mündung des Macquenzie hinauf. Auch zeigt
sich in dem umschlossenen warmen Raum des Mexikanischen
Meerbusens keine Spur von so hohen Temperaturen als in Afrika
und Hindostan, nur Maracaybo erreicht 24. Die Grenze der
südlichen und nördlichen Erdhälfte, der sogenannte thermische
Äquator, ist hier vom Beginn des Jahres an nur wenig nach
Norden heraufgerückt, hingegen erreicht er auf der Osthälfte an
manchen Stellen den nördlichen Wendekreis. '
Die Längenachse der Isothermen geht von den Aleuten auf
der Westhälfte der Erde nach der Baffinsbay hinüber, die Pfor-
ten des Eismeeres, die Karische, Lancastersund und die Beh-
ringsstralse verziehen aber die Kreisform der den Polen nächsten
Isothermen zu einen mehr dreieckigen Raum. Da in Nordame-
‚rika die Isothermen sich seitlich verschoben haben, indem ihre
concaven Scheitel aus dem Innern nach der äufsersten Ostküste
gerückt sind, in Europa und Asien hingegen aus ihrer concaven
Form in eine convexe übergegangen sind, so stehen sie im
Juli in dem gröfsten Theile von Nordamerika, in Europa und
‚Asien senkrecht auf der Richtung, welche sie im Januar verfol-
gen. Auf der Südhälfte sind die von 12° bis 1? dicht gedrängt
und äulserst flach.
406
Im August widersteht nur die Ostseite von Novaja Semlja
in der alten Welt der noch fortdauernden Tendenz der Curven
convexer zu werden. Die Isothermen erhalten daher zwei cha-
racteristisch convexe Scheitel, den einen bei Spitzbergen, den
zweiten über der Mündung der Lena. Aber an der Küste von
Grönland vermindert sich, da im hohen Norden sich die Kälte
bereits steigert, das Eistreiben nach Süden, nun beginnen sich
daher die Ostküsten Nordamerikas nachträglich zu erwärmen, die
Curven verflachen sich also. Im September ist dies in noch hö-
herem Grade der Fall, und da über den Continent von Asien
die Kälte bereits von Neu-Sibirien aus einbricht, so stumpfen
sich auch hier die convexen Scheitel ab. Daher ist jetzt die
Vertheilung der Wärme auf der ganzen Oberfläche der Erde am
regelmälsigsten geworden, selbst Amerika macht nun keine Aus-
nahme. Der Indianersommer beginnt, die Zeit wo der grolse
Geist der Rothhaut seinen Sommer sendet, damit sie auf die
Jagd gehe. Daher ist, wie in den „‚nichtperiodischen Veränderun-
gen” gezeigt worden ist, der September der Monat, der in
den einzelnen Jahrgängen die geringsten Anomalien zeigt, denn
wenn nach Ost und West hin die Temperatur gleich vertheilt
ist, hören östlich und westlich gerichtete Luftströme auf, stö-
rend zu wirken, sie führen gleiche Wärme herbei. Daher ist
auch bei uns der September der eigentliche Reisemonat, auch
hier der Nachsommer, wenn auch minder schön als in Amerika,
nicht ohne Reiz. Die Natur schlummert im Herbst ruhig ein,
sie erwacht fieberbaft im Frühjahr, und wenn der Winter die-
sem nicht zur Folie diente, würde man gewils den Herbst hö-
her stellen.
In der tropischen Zone beginnt jetzt bereits die Tempera-
tur merklich zu sinken, man sieht deutlich, dals von der auf die
Erde fallenden Sonnenwärme ein gröfserer Theil gebunden wird,
so wie die Sonne aus nördliche in südliche Zeichen tritt. Schon
sind die Antillen aus dem von 22° umschlossenen Raum, der
zum schmalen Küstensaum von Veracruz bis Cayenne zusammen-
geschrumpft ist, herausgetreten, schon hat sich in Afrika dieser
Raum weit mehr von der Westküste in das Innere zurückgezo-
gen, der von 24° umschlossene umfalst nur noch Cordofan, Nubien
und Arabien, nicht mehr Hindostan. Im October ist er bei
407
Massaua im Verschwinden begriffen. Auch bricht die Kälte nun
entschieden vom Norden herein. Schon berührt an der Mündung
der Jana die Isotherme von — 22 den asiatischen Continent,
schon ist die Temperatur der Melville Insel auf — 16 herabge-
sunken. Die Kälte kommt in der alten Welt von Nordost, in
der neuen von Nordwest. Aber erst im November werden
die Linien gleicher Wärme in beiden entschiedener concav,
während auf der südlichen Erdhälfte gleichzeitig die Curven im-
mer stärker sich krümmen, da nun die höher steigende Sonne
dort die Eisschmelze beginnt, und den Unterschied des Festen
und Flüssigen schärfer bervortreten läfst. Die Isothermen der
heifsen Zone nördlich vom Äquator laufen hingegen fast voll-
kommen in der Richtung der Breitenkreise. Über Europa hin-
auf sind indessen schon die wunderbaren Verschlingungen der-
selben eingetreten, die sich im December noch entschiedener
ausbilden, wo die Isolherme vom 4. Grad bereits von den Faröer
bis nach Rochelle an der Westküste von Grofsbrittanien hinab-
läuft. Ebenso hat die Südspitze von Novaja Semlja die Tempe-
ratur der Kirgisensteppe. In den Curven des Decembers erkennt
man fast schon die extremen Formen des Januar.
Solche wesentliche Veränderungen in der Vertheilung der
Wärme können nicht ohne die stärkste Rückwirkung auf die Be-
wegungen der Atmosphäre und als Folge derselben auf die Ver-
'theilung des atmosphärischen Druckes sein. Die gleichzeitig vor-
_ liegenden graphischen Darstellungen einer neuern im gröfsern
Detail ausgeführten Untersuchung der jährlichen Veränderung
des Druckes der Luft und des Dampfes zeigen, dals der Aus-
tausch der Luftmassen nicht allein zwischen der nördlichen
und südlichen Hemisphäre stattfindet, dals zu bestimmten Zeiten
ein seitliches Abflielsen erfolgt. So häuft sich über der
Stelle zurückbleivender Kälte in Amerika die Luft an, wenn sie
sich im Frühjahr in Asien bereits in der ansteigenden Wärme
aufzulockern beginnt. Daher sind die Länder des kalten
Frühlings, die arktischen Gegenden Nordamerikas nämlich, zu-
gleich die, wo das Maximum des Druckes auf das Frühjahr fällt,
_ wie der Verf. bereits vor 15 Jahren zeigte (Pogg. Ann. 24, p.
205), daher haben die Westküsten von Nordamerika im Sommer
das Maximum des Druckes, das Innere von Asien im Sommer
408
hingegen sein Minimum, da die Längenachse der Isothermen im
Sommer in die Meere hineinfällt, im Winter in die Continente.
Ebenso verwandelt das isolirte Auftreten zweier geschlossener
warmer Räume in Hindostan den Passat in Mousson, während im
Sommer das Mittelmeer von Nordwinden (Etesien) überströmt
wird, für welche Afrika den Anziehungspunkt bildet. Daher fehlt
in Asien die subtropische Zone, während die geringe Veränderung
der Lage der Isothermen 12° bis 20° im atlantischen Ocean sie
hier an eine bestinimte Stelle fixirt. Daher endlich ändert sich
die Vertheilung der Wärme in den thermischen Windrosen in
so entgegengesetzter Weise, je nachdem der Ort an der Ost-
oder Westseite eines Continents liegt.
Die hier mitgetheilten Ergebnisse werden es wohl gerecht-
fertigt erscheinen lassen, schliefslich den Wunsch auszusprechen,
dals wo meteorologische Beobachtungen veröffentlicht werden, es
ihren Werth wesentlich vermindert, wenn wie bisher so oft
geschehen, nur die Mittel der Jahreszeiten und des Jahres, nicht
aber auch die Monatsmittel bekannt gemacht werden.
Es wurde ein Schreiben des Hrn. Dieterici, Mitgliedes
der Akademie, vom 19. d. vorgetragen, mit welchem derselbe
einen wissenschaftlichen Bericht seines Sohnes Dr. Frdr. Die-
terici aus Cairo vom 18. Apr. d. J. übersendet und zugleich
Mittheilungen über die weitern Erfolge der wissenschaftlichen
Reise desselben verbindet.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Verhandelingen der eertse Klasse van het Koninklijk-Nederland.
sche Instituut van Welenschappen, Lelterkunde en schoone
Kunsten te Amsterdam. Reeks11lI. DeelI. Stuk 1. Amsterdam
1818. 4.
Tijdschrift voor de wis- en natuurkundige W’etenschappen, uit-
gegeven door de 1. Klasse van het Koninklijk- Nederlandsche
Instituut vanW etenschappen, Letterkunde enschoone Kunsten
te Amsterdam. Deel I. Aflev. 4. Deel II. Aflev.1.2. ib, eod. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des beständigen Secretars des Kgl.
Niederlandischen Instituts zu Amsterdam, Herrn W. Vrolik,
vom 11. Oct. d.J.
Bijdragen tot de Dierkunde, uitgegeven door het Genootschap Na-
tura Artis Magistra te Amsterdam. Aflev.1. Amsterdam 1848.
4.
409
mit einem Begleitungsschreiben der Commission scientifique du
Jardin zoologique d’Amsterdam, Natura Artis Magistra, vom
11. Oct. d. J.
Verzeichnifs der Abhandlungen der Königlichen Academie der
Wissenschaften zu Berlin aus den Jahren 1822-1846, nach
den Klassen zusammengestellt. Berlin, Ferd. Dümmler’s Buch-
handlung 1848. 8. 100 Expl.
mit einem Begleitungsschreiben von Ferd. Dümmler’s Buchhand-
lung hierselbst vom 16. Nov. d.J. Exemplare dieser Schrift
wurden vertbeilt und von den Anwesenden mıt Dauk entgegen-
genommen.
Nachrichten von der G. A. Universität und der Königlich. Gesell-
schaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1848. No. 12. 8.
Kunstblatt 1848. No.54. Stuttg. u. Tüb. 4.
27. November. Aufserordentliche Sitzungder
Akademie.
Die Akademie beschlofs, Ihrer Majestät der Königin eine
alte Denkmünze mit dem Bildnisse der ersten Königin, Sophie
Charlotte, an deren Gedächtnils sich der Ursprung der Akade-
mie anknüpft, und mit der Umschrift: mon devoir fait mon plai-
sir, zur Feier der silbernen Hochzeit als anspruchsloses Zeichen
_ treuer Wünsche darzubringen.
30. Novbr. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Heinr. Rose las über die isomeren Modificatio-
nen der Phosphorsäure.
Wenn man nach Graham drei Modificationen der Phos-
phorsäure annehmen muss, die Metaphosphorsäure, die Pyro-
phosphorsäure und die gewöhnliche Phosphorsäure, welche man
auch mit Berzelius *,? uud “ Phosphorsäure nennen kann, so ist
es besonders die Metaphosphorsäure, welche die grölsten Ano-
malien zeigt. Auch die Pyrophosphorsäure zeigt deren, und
es ist nur die gewöhnliche Phosphorsäure, die in ihrem Ver-
halten gegen Reagentien noch die meisten Analogien mit dem
Verhalten anderer Sauerstoffsäuren hat.
°Phosphorsäure (Metaphosphorsäure).
Wenn man die Menge von anomalen Erscheinungen, wel-
che diese Säure zeigt, wenn auch nur für die nächste Zukunft,
410
etwas aufhellen will, so ist man gezwungen, mehrere Untermo-
dificationen derselben anzunehmen. Für jetzt kann man wenig-
stens deren drei unterscheiden.
1) Die eine dieser Untermodificationen ist die Säure, wel-
che in dem sogenannten Graham’schen metaphosphorsauren Na-
tron enthalten ist. Die Auflösung reagirt bekanntlich neutral,
und zeichnet sich besonders dadurch aus, dafs sie mit den neu-
tralen Auflösungen sehr vieler Salze der Erden und Metalloxyde
Fällungen giebt, die gewöhnlich in einem Übermaafs des Na-
tronsalzes auflöslich sind, und die merkwürdige Eigenschaft be-
sitzen beim Schütteln zu einer schweren dickölartigen Masse zu-
sammenzuflielsen. Die Auflösung des Salzes selbst giebt keinen
Niederschlag mit einer Auflösung von Eiweils; es erscheint aber
sogleich eine reichliche dicke Fällung beim Zusetzen von Essig-
säure.
Wird die Auflösung des Natronsalzes mit der neutralen
Auflösung eines Metalloxyd — oder Erdsalzes zersetzt, so rea-
girt die über dem erhaltenen Niederschlage stehende Flüssigkeit
stark sauer. Dies ist auch der Fall, wenn salpetersaures Silber-
oxyd durch die Auflösung des Natronsalzes zerlegt wird. Es
wurde deshalb der Niederschlag, der während einer Nacht unter
der Flüssigkeit, in welcher er erzeugt war, gestanden hatte, und
mit kaltem Wasser ausgesüfst worden war, untersucht. Bei 100° C.
getrocknet, war seine Zusammensetzung As’ P? +H, also
nicht entsprechend dem angewandten Natronsalze. Nach Fleit-
mann kann man ihn indessen, wenn man ihn unmittelbar nach
seiner Entstehung Altrirt, nur wenig und möglichst schnell aus-
wäscht, und zwischen Löschpapier ausprefst von der Zusammen-
Wird die Siure aus dem Salze Äg’ P? +H durch Schwe-
felwasserstoffgas isolirt, was mit Schwierigkeiten verknüpft ist,
da das entstandene Schwefelsilber lange in der freien Säure sus-
pendirt bleibt, und sich sehr schwer durchs Filtriren abscheiden
läfst, so zeigt dieselbe andere Eigenschaften als die wässrige
Auflösung der Metaphosphorsäure, die durchs Verbrennen des
Phosphors in Sauerstoffgas entstanden ist. Beide fällen zwar die
Auflösung des Eiweils, und verhalten sich auch gegen eine Auf-
lösung von salpetersaurem Silberoxyd gleich, aber die durchs
411
Verbrennen des Phosphors entstandene Säure giebt mit Chlor-
baryum einen dicken voluminösen Niederschlag, was bei der an-
dern Säure nicht der Fall ist.
2) Als eine zweite Untermodification der Metaphosphor-
sänre kann die Säure in dem merkwürdigen Salze gelten, wel-
ches Fleitmann und Henneberg aus dem sauren phosphor-
. sauren Natron oder vielmehr aus dem microcosmischen Salze
durch Schmelzen und sehr allmäliges Erkalten darstellten, und
das dem Grahamschen Salze ganz gleich zusammengesetzt ist. Die
merkwürdigste Eigenschaft der Säure dieses Salzes, wodurch sich
diese von allen Modificationen der Phosphorsäure wesentlich un-
terscheidet, ist die mit allen Basen auflösliche Verbindungen zu
geben. Die Salze, auch das Silberoxydsalz, können krystallisirt
erhalten werden. Die Säure kann aus dem Silberoxydsalze durch
Schwefelwasserstoffgas leicht isolirt werden. Sie giebt mit Eiweils
eine starke Fällung.
3) Die Säure in den schon seit längerer Zeit bekannten frü-
her sogenannten unlöslichen sauren phosphorsauren Salzen kann
als die dritte Untermodification der Metaphosphorsäure angese-
hen werden. Die Salze derselben sind in neuerer Zeit von
Maddrell untersucht worden.
Die verschiedenen Untermodificationen der Metaphosphor-
säure stimmen alle darin überein, dals sie alle eine gleiche Sät-
tigungscapacität haben, aber die einzige Eigenschaften, die ihnen
allein gemein ist, um sie bei qualitativen Untersuchungen zu er-
kennen, ist, dals sie die Auflösung des Eiweils fällen.
Ausser den drei erwähnten Untermodificationen der Meta-
phosphorsäure giebt es deren unstreitig noch mehrere. Man kann
die Säure, die durch Verbrennen des Phosphors entsteht, für
eine vierte Untermodification halten, denn sie verhält sich in
ihrer Auflösung gegen Reagentien auf eine andere Weise wie
die andern Untermodificationen. Die Salze welche sie mit Ba-
sen giebt, sind noch nicht dargesellt und untersucht worden.
Es ist vielleicht zweckmälsig, die verschiedenen Untermo-
dificationen der Metaphosphorsäure als gepaarte Säuren zu be-
_ trachten, weil dann ihr verschiedenes Verhalten gegen Reagen-
tien genügender erklärt werden kann. Es kann der Paarling
- wasserfreie Phosphorsäure sein, die sich in verschiedenen Ver-
412
hältnissen mit Pyrophosphorsäure oder mit “ Phosphorsäure ver-
binden kann, wodurch die vielen Untermodifieationen der Me-
taphosphorsäure entstehen. Dieser Paarling allein bat vielleicht
nur die Eigenschaft, das Eiweils zu fällen, wodurch allen Arten
der Metaphosphorsäure diese Eigenschaft mitgetheilt wird.
°Phosphorsäure (Pyrophosphorsäure)
Auch bei dieser Modification der Phosphorsäure muss man
wenigstens zwei Untermoldificationen annehmen. Es giebt näm-
lich zwei verschiedene Arten der pyrophosphorsauren Salze. Zu
der einen Art gehört das bekannte pyrophosphorsaure Natron,
das durch Glühen des “ phosphorsauren Natrons (Na? P #) ent-
steht, und die Salze, die durch Zersetzung aus diesem Natron-
salz erzeugt werden können. Die zweite Art entsteht auf eine
ähnliche Weise, wie die unlöslichen metaphosphorsauren Salze
von Madrell, wenn man nämlich Salze mit einem Überschuss
von Phosphorsäure erhitzt, aber nicht bei so starker Hitze, dals
metaphosphorsaure Verbindungen entstehen können. So wird ein
Kupferoxydsalz erzeugt, das dem unlöslichen metaphosphorsauren
Kupferoxy«d ähnlich ist.
Die Auflösung des pyrophospborsauren Natrons giebt mit
den Auflösungen sehr vieler Metalloxydsalze Niederschläge, die
in einem Übermals des pyrophosphorsauren Natrons zum Theil
leicht auflöslich sind. Manche dieser Auflösungen verhalten sich
sehr eigenthümlich. So wird aus der Auflösung des pyrophos-
phorsauren Manganoxyduls in pyrophospborsaurem Natron durch
Schwefelammonium kein Schwefelmangan gefällt. Auf die Eigen-
schaft des pyrophosphorsauren Natrons leicht Doppelsalze zu bil-
den, hat schon Stromeyer aufmerksam gemacht. Die freie Py-
rophosphorsäure unterscheidet sich wesentlich von allen Arten
der Metaphosphorsäure dadurch, dals sie Eiweils nicht fällt, mit
Silberoxydsalzen zwar auch einen weilsen Niederschlag giebt, der
aber von anderer Beschaffenheit ist, als der des metapbosphor-
sauren Silberoxyds, und mit Chlorbaryum keine Fällnng hervor-
bringt.
“Phosphorsäure (gewöhnliche Phosphorsäure).
Die Salze dieser Säure sind so häufig untersucht worden,
dals die meisten ihrer Eigenschaften bekannt sind. Eine Eigen-
413
schaft scheint man indessen übersehen zu haben, durch welche
sich die “ phosphorsauren Salze besonders charakterisiren. Es ist
dies die Auflöslichkeit sehr vieler phosphorsaurer Salze in einem
Überschuss der Salzauflösung, aus welcher sie durch Fällung ver-
mittelst des phosphorsauren Natrons entstanden waren. Diese
Auflösung hat gewöhnlich die Eigenschaft, durchs Erhitzen einen
starken Niederschlag zu erzeugen, der aber durchs Erkalten gänz-
lich wieder verschwindet.
Nur die “ Phosphorsäure und deren Salze werden, wie neu-
lich Svanberg und Struve gezeigt haben, in den kleinsten
Mengen auf die Weise leicht und unzweideutig entdeckt, dafs
man zur Auflösung molybdänsaures Ammoniak, und darauf so viel
Chlorwasserstoffsäure oder besser Salpetersäure hinzufügt, dafs der
anfangs entstandene Niederschlag wieder verschwindet; die Flüs-
‚sigkeit wird dadurch sogleich gelb, und setzt selbst bei den ge-
ringsten Mengen von Phosphorsäure einen gelben Niederschlag
ab, der aus Molybdensäure besteht, welche aber von einer an-
dern Modification ist, als die auf andere Weise ohne Gegen-
wart von Phosphorsäure dargestellte Molybdänsäure. Ist die zu
untersuchende phosphorsaure Verbindung im Wasser unlöslich,
‚so wird sie in ihrer Auflösung in Säuren, namentlich in Salpe-
tersäure angewandt. Der gelbe Niederschlag ist in Ammoniak
löslich, so wie auch in einem Überschuss der phosphorsauren
Salze. Deshalb werden auf diese Weise grade leicht nur ge-
ringe Mengen von Phosphorsäure aufgefunden, und es ist sehr
leicht möglich, dafs grölsere Mengen derselben sich der Wahr-
nehmung entziehen können, weil in diesem Falle eine sehr grofse
Menge des molybidänsauren Salzes nothwendig ist, um nach Über-
sättigung vermittelst Salpetersäure den gelben Niederschlag ber-
vorzubringen. Es ist hierbei aber zu bemerken, dafs nur “ Phos-
horsäure und die Salze derselben diese Reaction hervorbringen
können. Die andern Modificationen der Phosphorsäure geben
mit dem molybdänsauren Ammoniak nur dann den gelben Nie-
derschlag, wenn sie durch hinzugesetzte Salpetersäure in “ Phos-
‚phorsäure verwandelt werden. Dies geschieht bekanntlich in der
Kälte oft sehr langsam und unvollständig. Bringt man aber das
Ganze zum Kochen so erhält man sogleich eine gelbe Flüssig-
keit und bald darauf einen gelben Niederschlag.
414
Es wurde ein Schreiben des Hrn. P. A. Browne in Phi-
ladelphia vom Juni d. J. vorgetragen, in welchem die Gründung
einer „society for the developpement of the mineral resources
of the united states” für Zwecke der Volkswirtbschaft angezeigt
wird.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
George Biddell Airy, astronomical observations made at Ihe royal
Observatory, Greenwich, in the year 1846.
London 1848. 4.
‚ mugnelical and meteorological observations
made at Ihe royal Observatory, Greenwich,
in the year 1846. ib. eod. 4.
Schumacher, astronomischeNachrichten. No. 652 Altona 1848. 4.
James D. Dana, a general review of the geological effects of
the Earth's cooling from a state of igueous fu-
sion. New Haven 1847. 8.
‚ Conspectus crustaceorum, in orbis terrarum
circumnavigalione, Carolo Wilkes etc. collec-
torum. Gantabrig. 1847. 8. 2Expl.
‚on certain laws of cohesive attraction. 1847.
8. 4Expl.
mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. New Haven, Con-
necticut, den 20. Oct. 1847.
A.L. Crelle, Journal für die reine und angewandte Mathematik.
Bd.37. Heft3. Bd.38. Heft1. Berlin 1848. 4. 3 Expl.
Kunstblatt 1848 No.55. Stuutg. u. Tüb. 4.
Auszug der am 9. November von Hrn. Jacobi ge-
lesenen Abhandlung.
Über die Reduction quadratischer Formen aufdie
kleinste Anzahl Glieder.
Die quadratischen Formen von einer beliebigen Anzahl Va-
riabeln können durch lineäre Substitutionen, deren Determinante
#1 ist, auf unendlich viel Arten in andere äquivalente ver-
wandelt werden. Man kann die Coäfficienten, welche die Sub-
stitution enthält, zur Reduction der Form benutzen. Das
Hauptaugenmerk bei Reduction der Functionen pflegt darin zu
415
bestehen, dafs man die Argumente, von welchen dieselben abhän-
| gen, auf die möglich kleinste Anzahl zu bringen sucht. Aber bei
der Reduction der quadratischen Formen stellt man sich eine an-
| dere Aufgabe, nämlich die Coäfficienten derselben in solche Grän-
| zen einzuengen, dals von allen äquivalenten Formen nur immer
eine einzige eine reducirte ist. Es ist gleichwohl auch hier von
Interesse, jenen andern Gesichtspunkt zu verfolgen, und nach
der kleinsten Anzahl Glieder zu fragen, auf welche eine qua-
dratische Form von rn Variabeln immer gebracht werden kann.
Es ist einleuchtend, dafs bei den quadratischen Formen von
zwei Variabeln oder den binären quadratischen Formen keine
derartige Reduction möglich ist, oder im Allgemeinen keines
ihrer drei Glieder zum Verschwinden gebracht werden kann.
Die quadratischen Formen von mehr als 2 Variabeln dagegen
können immer auf eine kleinere Anzahl Glieder gebracht werden.
Während die Anzahl der Glieder der vollständigen quadratischen
Formen mit der Zahl der Variabeln wie die dreieckigen Zahlen
1, 3, 6, 10, 15 etc. wächst, wird die Zahl der Glieder der auf die
_ kleinste Anzahl derselben reducirten quadratischen Formen nur wie
die ungeraden Zahlen 1, 3, 5, 7, 9 etc. wachsen, so dals man
bei quadratischen Formen von 3, 4, 5 etc. Variabeln resp. 1, 3,
6 etc. Coäfficienten zum Verschwinden bringen kann. Man kann
nämlich für jede gegebene quadratische Form von n Variabeln eine
äquivalente finden, welche aufser den Quadraten der Variabeln
nur die n—1 Producte enthält, welche durch Multiplication
jeder Variable in die nächst folgende erhalten werden. Man wird
also für jede quadratische Form von n Variabeln der Allgemein-
_ heit unbeschadet einen Ausdruck folgender Art,
aww + 2a,ww, + www, 2a, w,w, ta,ww +
2a, wo ww; a, Wz w,t+ ... + 2Qan—ı a1 Pan —+ Aon WW
annehmen können.
Das Mittel zur Bewerkstelligung solcher Reduction besteht
darin, dals man für einen gegebenen lineären Ausdruck
ax Faktor... FF;
einen einzigen Term f.w einführt, in welchem f den gemein-
‚schaftlichen Theiler von «&,, &3 ... «; bedeutet.
10 *x
416
Zwei Systeme Gröfsen, welche auf solche Art von einander
abhängen, dafs, wenn für die Gröfsen des einen Systems belie-
bige ganze Zahlen gesetzt werden, immer auch die Gröfsen des
andern Systems ganze Zahlen werden, will ich äquivalente
Systeme nennen. Damit zwei Systeme Grölsen äquivalent sind,
müssen die Gröfsen des einen Systems lineäre Functionen des
andern sein; es müssen ferner die Coeffhicienten dieser Functio-
nen ganze Zahlen und ihre Determinante = 1 sein. Ist nun ein
lineärer Ausdruck von i Variabeln &,, 2 ... x; gegeben, «,2,+
Roxy... + 0; x; , dessen Coäfhcienten @,,@3...«,; ganze Zah-
len sind, so kann man immer für x,, &g... x; ein anderes äqui-
valentes System Gröfsen einführen, so dals, wenn u eine der-
selben und f der gröfste gemeinschaftliche Theiler von «,, @g ..»
&; ist, die Gleichung
ax Far... re; ; = f.u
erhalten wird. Wie die hierzu erforderlichen Substitutionen
am einfachsten werden, und man ihre Coä@ffhcienten in den klein-
sten Zahlen findet, werde ich an einem andern Orte zeigen.
Es sei jetzt 7 eine quadratische Form von n Variabeln x,,
&%g...%,, in welcher das Aggregat der in x, multiplicirten
Glieder
a, (a0 + ag2..+a,_,,.—ı)+ a, x
sei. Für &,, &3..-x,_, führe man ein äquivalentes System
Grölsen x!,x%3...x/_, von der Beschaffenheit ein, dafs
y e 5 —— „
a,%, > GA2a%oa ie + a, 1 Ian — =/f, x —19
wo f, den gemeinschaftlichen Theiler von a,,az...a,_, be-
deutet. Man erhält dann
Fa ar far
wo F, eine quadratische Form der n—1 Gröfsen x}, x% ....
@,_, ist. Es sei in 7, das Aggregat der in x/_, multiplicir-
ten Glieder,
7 1, u: 1 1 LIT
u_,(la X, HF a32..+%_,._.) m _ım_1
Für x1,x5..x/_, führe man ein äquivalentes System Gröfsen
a4,a%..a,_s von der Beschaffenheit ein, dafs
| 154 1 EN = 2?
aıxıı ta3223..+ a _n_2 =Se:%n_2
417
wo fs den gröfsten gemeinschaftlichen Theiler von at, a}...
a!_s bedeutet. Man erhält dann
F=zar + fs ta, ui tft Fa
„
wo 7, eine quadratische Form der n— 2 Gröfsen a’, x, ....
x, _e ist. Fährt man auf diese Weise fort, so erhält man zuletzt
= 3, _ ui ta... tal ag)?
mn I EEE A EEE A
welches eine Form von der verlangten Art ist. Ich bemerke
noch, dafs, wenn in der ursprünglichen Form die Coäfficienten
der Produkte verschiedener Variabeln gerade sind, auch die Zah-
len fi, f2.-fa_-ı gerade werden.
Beilage.
Fortgesetztes Verzeichnils
europäisch - griechischer Münzen aus der Sammlung
des
Freiherrn v. Prokesch-Osten.*)
1. Campanıa. Numi Romanorum.
AR 54.-1184 ran. Belorberter doppelter Frauenkopf in
der Weise eines Januskopfes. Perlenkranz ringsum.
Rv. ROMA. Jupiter, den Blitz schleudernd, auf einem
durch die geflügelte Nike geführten Viergespann r.
Das leicht eingebauchte Feld mit einem Kreise um-
schlossen.
AR 5. 124 Gran. Dieselbe, doch die Schrift nicht erhöht,
sondern vertieft. Die mir bekannten Verzeichnisse ge-
ben diese Münze nur in Gold.
2. Tarentum Calabriae.
AR 14.11 Gran. Zweigehenkeltes Gefäls. Im Felde fünf
Punkte.
Rückseite eben so. Das Feld eingebaucht.
3. Pantıcarızum Chers. Taur.
AR 34.- 83 Gran. Belorberter Apollokopf r.
Bv. NAN-TIKA-MAITRN. Bogen und Köcher.
Darunter Keule.
4. HeracrzeA Thraciae.
AE 2. Löwenkopfr.
Rv. HPAKAE-QTAN. Gerstenkorn.
*) Fortsetzung des in den Abhandlungen der Kgl. Akademie vom Jahr
1845 gegebenen Verzeichnisses europäisch - griechischer Inedita.
419
5. Maronea Thraciae.
AR 2.-35 Gran. Vordertheil eines springenden Pferdes |.
in einem Perlenkranze.
Rv. M-A-P-Q in den Feldern eines vertieften senk-
recht und wagrecht getheilten Vierecks.
6. Ruormeracceses I. Thrac. Rex.
AE 7. BAZINENZ.POIMHTAAKOY. Kopf des Kö-
nigs und der seines Sohnes Cotys V, der erste mit der
Königl. Binde geziert; beider. Perlenkranz ringsum.
Rv. KAIXAPOZ.ZEBAITOY. Kopf des Augustus
und derjenige Cotys V, der erste belorbert; beide r.
Im Felde Capricorne. Perlenkranz ringsum.
Der Kopf des Cotys auf beiden Feldern ist kindlich;
der des Königs und des Augustus im jugendlichen Man-
nesalter.
7. Imsavs, Ins. Thrac.
AE 4. Behelmter Kopf der Pallas r. in einem Perlenkranze.
Rv. IMBPIQN. Hauben der Dioskuren; Stern über je-
der; dazwischen ein Kranz (?).
8. Larıssa Thessaliae. |
AR 4.-114 Gran. AAEYA?-. Behelmter Manneskopf von
vorne; der Helm mit geschlängeltem Rande in der
Bauchung geflammt, mit Ohrlaschen und Sturmband.
Über der ]. Achsel Doppelaxt. Das Ganze in einem
Perlenringe.
Rv. AAPIZAIA.EAAA. Adler auf einem Blitze, 1.
gewendet, r. sehend.
Offenbar dieselbe Münze, welche das Numismatic
Chronicle für 1839 pag. 230 bekannt machte und über die
de Witte in der Revue numism. für 1842 eine Abhandlung
gab. Ihre Seltenheit bestimmt wich, sie auch hier ein-
zureihen. Ob die Legende EANA für "Erra«dos oder
“Errenızn stehe, oder ob sie einen der Aleuaden be-
zeichne, z.B. Hellanokrates, mögen Andere entschei-
den. Gewicht und Styl weisen auf die Zeit Philipps.
9. ALEXANDER M.
Maced. Rex.
420
Goldstater mit AAEZANAPOY.
halber Pegasus. 162 Gran. Durchlöchert.
Viertelstater, wie oben.
Tetradrachmen mit AAEZANAPOY:
Mit neuen Beizeichen:
Im Felde fl und
Im Felde Ähre.
40 Gran.
323 Gran. Im Felde Löwenkopf. Unter dem Stuhle Kl
324
306
312
311
309
310
320
3114
327
324
319
304
315
324
307
324
324
323
307
322
319
324
322
314
305
305
»
»
Fackel.
re
Biene.
Biene u. Füllhorn.
Chimäre.
Stierkopf . X.
Delphin. M.
Nackter Mann, hinter
sich Steine werfend.
Bogenschütze.
Geflüg. Nike.
Dreizack. M.
Dioskurenhaube. A.
Blitz. &.
runder Schild.
Traube.
Pflug.
Traube. PP.
Epheublatt.
Blitz.
»
Stern u. Mon-
dessichel.
2
SHESE
| »123#]
&
421
312 Gran. Im Felde Dreizack. ®A. Unter dem Stuhle ZN
30 » » Dreifuß. » B
314 » » Apfel. » —
8301.» » Akrostolium. » _
324 » » Bellügelter Jubelstab. » _
320.» » Delphin. A e: x R » —_—
306 » » Diota m. Rebenschmuck » _
325 » » Keule. NL » —
325 7» » Füllhorn. » —
3241 » » Mondessichel. » —
322 » » Epheublatt. » >=
BB.» » Diota. » —
324 » » Pyramide. M. » kpl ;
325 » » Bogen. » —
318 » » Ceres mit zwei Fackeln. » =
302 ; » » kr » —
3157.» » — » bRI
324: » » —E » ni
323 » » (Fre) »
324 » » RP » NM
324 » » Ohr. M. » E31
31 » » Halber Widder. » nr
Bas» » Helm. » er
324 » » RX » N. NA.
Tetradrachmen mit BAZIAENZ.AAEZANAPOY
324 Gran. Im Felde Stern M. Unter dem Stuhle En
322 » » Dreizack M. » rl
314 » » Mondessichel. Al. »
324 » » Caduzeus. M. »
323 » » »
bp
MI
3244 » » Phrygische Mütze. » _
323 » » Pflug. » (0)
le]
N
316 » » FP »
422
320 Gran. Im Felde dJ Unter dem Stuhlle M
278 » » Hammer. 2» Be
324 » » N » A
322)0%3 » zn » A
325 » » — » A)
322 » » dd » M
321 » » & » _—
ha s Strahlender Kopf der a KY
Sonne.
Didrachmen mit AAEZANAPOoY:
1551 Gran. Im Felde Bogen. Unter dem Stuhle —
Gefüttert. » Köcher. » —_
Drachmen mit AAEZANAPoY.
814 Gran. Im Felde Greif. Unter dem Stuhle Widderkopf.
rn
78 » » Maus. » A
719 » » Mondessichel. » K
cc » » . Seepferd. » —_
78 » » ®. Löwenkopf. » Ziegenfußs.
78 » » ri. Vogel. » F—
78 » » M.- Fackel. » —
74 » » TI. Birne. » vw
71T » » Kl » M
76 » » 13 » _— V
73 » » NR » p
21 » » (A) » x
78 » » JA » B
76 » » (0) » xK
s1 » » Fackel. » A
70 » » Traube. » ei
77 » » — » —— ’
79 » » > » N \
Triobole mit AAEZANAPoY.
37 Gran. Im Felde Anker. Unter dem Stuhle E".
Obole mit BAZIAENZ. AAEZANAPOoY.
13 Gran. Im Felde Anker.
423
10. Corcyra, Insula.
AR 1. 16 Gran. Bekränzter Kopf des Bacchus r.
Rv.
N. Jubelstab und Traube.
11. Morossı.,
AE 4. Jugendlicher behelmter Kopf.
Rv.
MOAOZEQNN. Adler aufr. links auf dem Blitze.
12. PLaracır Boeot.
AE3.
Rv.
Böotischer Schild.
M? in einem Lorbeerkranze.
13. Tanacra Boeot.
AE3. Belorbeerter Kopfr.
Rv. TA-NA. Merkur, der Bockträger, von vorne.
14. Tuesaer Boeot.
AR 1.- 10 Gran. Diota.
Rv. Vertieftes Viereck diagonal getheilt.
AR 14.-12 Gran. © in Mitte von drei Halbschilden auf
Vor- und Rückseite.
AE 1. Herkuleskopf mit der Löwenhaut r.
Rv.
Stern, Bogen und Keule.
15. ÄTHENAE.
Tetradrachmen mit neuen oder anders verbundenen Ma-
302 Gr.
294 »
312 »
305 »
312 »
311 »
gistratsnamen.
AMOZTIOZ.MOTHZ. Ceres mit Fak-
kel u. Schale. K. ZO.
AMEAAIKON.TOPFIAZ.AIOT. Greif. B. AA.
A®PPOAIZI. AIOTE.AOH. Doppeltes
Füllhorn — IP,
A®POAIZI. ANMOAHZ. APIZTAP.
Viktoria.
ANAPEAZ.XAPINAYTHE. AMYN.
Fackelträgerin vor einer
sitzenden Gottheit. — AN.
ANAPEAZ.XAPINAYTHZ.AMYNOM.
Fackelträgerin vor einer
sitzenden Gottheit. A.ZO.
312
424
. AXAIOZ.HAI.EYAHMOZ. Füllhorn zwi-
schen Ähren. N. Z®.
AXAIOZ.HAI.HPAKAE. Füllhorn zwi-
schen Ähren.
AAMQN. EDEIKPATHZ.MIKO. Kö-
cher. A. —
AIOTIMOZ.METAKAE.HPOA. NE
AIOTIMOZ.MATAZ.EXEZOENHE. Z. NIE.
AQNPOOE.AIOKAE.AIOB. Halber
Löwe. B. Zb-
EYMAPEIAHZ.KAEOMEN.MHTEP.
Triptolemns. H. Es,
HPAKAEIAHZ. EYKAHZ.XAPMIO.
Viktoria opfernd. E. ME.
B8EMIZTO.8EONOMMNOZ. AMENOP.
Trophee auf einem Schiffe. — zp.
KAPAIX.EPTOKAE.TIMO. Schiffschna-
bel. A. ME.
% » KAE. Schiffschnabel. — Ib.
NIKHTHZ.AIONYZIOZ.APOMO.
Medusenhaupt. — AN.
MOAEMQN.AAKETHZ.AHMH.
XAPINAYTHZ.APIZTEAZ.OEOS=SE.
Fackelträgerin. A. Al.
Dichalkus. AE 6. Dianenkopfr. Köcher auf der Schulter.
Rv. AOE. Pallas r. schreitend; Eule auf der Rechten.
Chalkus. AE35. Breites Gefäls mit Deckel.
Rv. AO®E. Dasselbe in vertiefter Runde.
Symbolon. AE3. Behelmtes Brustbild der Pallas r.
Rv. ABOHNAIQN. Theseus auf dem Felsen sitzend,
die Rechte auf die Keule gestützt.
Trilepton. AE2. Behelmtes Haupt der Pallas r.
Rv. AOBE. Brennende, bebänderte Fackel.
AE 24 . Behelmtes Brustbild der Pallas r.
Rv. ABHNAIRN. Dreifuß.
Dreifufs. FT. ME.
» »_ » » ——' 2.
a
Dilepton. AE2.
425
Kopf der Ceres r.
Rv. AOE. Zwei Ähren in einem Kranze.
AE 2. "Heuschrecke r. schreitend.
Rv. ADENAI, zweizeilig, in einem Lorberkranze,
Lepton. AE 1. Bärtiger Kopf r.
Rv. AOE. Behelmter Kopf der Pallas r.
AE 14- Frauenkopf r.
Rv. AOH. Keule in einem Perlenkreise.
16. MEGARA ATTICAE.
AR. 25 Gran.
a
Belorberter Apollokopf 1.
» j Rv.
MEFTA-PERN. Leyer.
Die entsprechende Drachme ist bekannt. Die Diobole
und Triobole sind es nicht.
17. FoEpvs acHaıcum.
AR 23.-404 Gr. links F; oben I; unten Blitz;
»
»
»
2 43
2 Al
1
2, Ad
3. 44
3 42
3 43
3 42
3 43
3 42
3 39
3
2 E 4A
3 4
3 43
3 44
3. 394
1 1
1.4 7 42 7
3 40
»
x
x
>
S
z>rbMm2>|ın
»
» Haube
» Haube
ie }
[a]
&
1,"
and
[777
>
» — »CDRCIAC » A.
> » — » 3.
we » Dreizack » 2.
BAR A — » N.
» Leyer » — » A.
» Leyer » R » QD
» Leyer » AO 3
ET » H
» 0. » AM
»H. Halbe
Ziege » _ » AJ
»ZE. Halbe
Ziege » — ae
» % » AA RATEN
» A » EY »
Haube
» A » (09) »
Haube
» A » Pallashaupt 9» A
» AY. » Fisch » AN.
» x. » Blitz » K&
18.
426
AR 3. 46 Gran; links Z; oben N&; unten XTE; rechts E;
(auf dieser der Jupiterskopf links; auf der früheren ne-
ben dem Jupiterskopfe eine unleserliche Legende).
CoRINTHUS ACH.
Stateren der dritten Epoche (AR 5) mit neuen Beizeichen:
151 Gran. Vorne EY. Hinten Stierkopf sammt Hals r.
I » 0 » Diana Bogenschielsend.
158 » » A » P. Triton.
448 » » _— » 23 . Diota.
161» » 0 » A. Biene.
457 » » » Schildkröte.
160» » A » Löwe l. laufend.
454 » Dee » %. Adler aufrecht r.
AS 2» 0 » Leuchter.
Viertelstateren: AR3.
Au Gran. Vorne H; hinten P.
45 » ».— » Ne.
» 230r
Aut » » » Zweig und Kranz.
X
4 1 » » M » »
a
42 » ii » rh
35 » » K » =
Achtelstateren: AR 2.
234 Gran. Vorne A; hinten PA.
24 \ » a » =;
Zehntelstateren: AR ıt.
16 Gran. Pegasus mit eingekr. Flügeln r. schreitend.
Rv. ®. Derselbel. fliegend.
AR 4. 11 Gran. Pferdekopf sammt Hals 1.
Rv. Vertieftes Dreieck durch gezahnte Diagonalen ge-
theilt.
19. Forpus Corintaıum ET Soch.
Syracusae. AR 3. 33 Gr. Behelmter Kopf des Apollo r. &
Rv. Pegasus r. fliegend. Darunter
Ähre.
427
Syracusae. AR 3. 33 Gr. Dieselbe mit &.
» 3 26 » Dieselbe » » Ohne Ähre.
Ambracia. AR 5. 159 Gr. Behelmter Kopf der Pallas r. AM.
Satyr. H.
» 255110» » AN.A.
» 156 » » A.
Laufender Hund.
» 158 » » im vertieftenViereck. Epheu-
zweig.
» 2 39 » Frauenkopf im vertieften Viereck.
Rv. für sämmtliche fünf: Pegasns r. fliegend. A.
Amphilochium. AR 5. 158 Gr. Behelmtes Pallas- Haupt 1. Ähre.
Rv. Pegasus r. liegend. AM.
Anactorium. AR 3. 48 Gran. AKTIAZ. Frauenkopf r.
Rv. Pegasus 1. liegend. A.
AR 2. 21 Gran. Frauenkopfl.
Rv. Pegasus mit eingekerbten Flügeln 1. flieg.
N.
Alyzia. AR 24. 34 Gr. Frauenkopf r. WV.
Rv. Pegasus r. fliegend. AY.
Heraclea. AR 5. 156 Gr. Behelmtes Haupt der Pallas I. — I.
Bukranium.
Rv. Pegasus 1. fliegend. H.
Leucas. AR 5. 143 Gr.. Behelmtes Haupt d. Pallas 1. &d-
» 4154 » » Mondessichel.
» 1541» » » 20):
» 1571 » » EY.Pedum.
» 457 » » A. Viktoria.
» 150 » » A. Seepferd.
» 4150 » » r. Pentagon.
AR 4. 524 Gr. Frauenkopf l.
» 3 434 » » von vorne.
» 3 49 1 » » re. N.
3 ist » » Kir
» 1 16 » Pegasus mit eingekerbten Flügeln r.
schreitend. A.
N IR 1 » » A-P.
428
Leucas. AR 1. Von 10 bis 134 Gr. Maske von vorne, mit u.
ohne £.
Rv. für alle diese Münzen Pegasus 1. oder r. flieg.
Darunter A.
AR 14. 23 Gran. Frauenkopf l.
» 11.23 » » EN,
AE 3. Frauenkopf T.
Rv. für diese drei Münzen halber Pegasus 1. oder
r. flieg. Darunter N.
AR A 8 Gr. Pegasus]. Nieg. A. Rv. X.
2 s+ » » » Dreizack. £.
AE 34. AEYKAZ. Frauenkopfl. » » Traube.
» 2%. Pferdekopf sammt Hals. A. » Delphin. Drei-
zack.
Locri. AR 15. 161 Gran. Kopf der behelmten Pallas l. im ver-
tieften Viereck. Dahinter Ziegenfuls.
Rv. Pegasus 1. flieg. gezäumt und mit eingekerb-
ten Flügeln.
» 4 162 Gran. Derselbe. Bogen.
Rv. Pegasus r. flieg. N.
Patrae. AR 3. 30 Gran. Frauenkopfr. $. Lanze.
Bv. GP. Pegasus r. fl.
Arcadia. AR 24. 324 Gr. Frauenkopf r. AP.
Rv. Pegasus r. fl. Caduzeus.
Elis. AR 5. 145 Gr. Behelmtes Haupt des Pallasr. F. Blitz.
Rv. Pegasus r. flieg.
v
20. PELLENnE Acnanıe.
AR 3. 50 Gran. Belorberter Kopf des Apollo Theoxenius
r. Im Felde TE.
Rv. TIEA. in einem Lorberkranze.
21. SIEYON ACcHAIAE.
AR 2. 51 Gran. Chimäre 1. schreitend.
Rv. IZ. Taube r. flieg. Im vertieften Viereck.
» 14. 18 Gran. Pegasus 1. flieg. 9.
Rv. A. Pegasus. flieg. &.
429
AR 1. 4 Gran. Nackter Bogenschütze r. sitzend.
Rv. ZE in einem Lorberkranze.
22. Cnarcıs Euınıs (?).
AE 4. Kopf der behelmten Pallas r.
Rv. X darunter Schwert. Im Felde EAA; Fisch. Alles
in einem Lorberkranze.
23. HERAEA ARCADIAE.
AR 34. 50 Gran. Lorberbekränzter Kopf des Jupiter r.
Rv. A.HP. Pan sitzend auf dem Felsen, auf dem die
Hirtenpfeife l., die Rechte gehoben, in der Linken den
Krummstab.
24. ARGOS ARGOL.
AR3. 48 Gr. Halber Wolfl. Rv. A. 3 Mondessicheln. A.
» 3 4st » » r. » » P-P. Keule. Traube.
»' 3 4194 » » N -! - » »
ag aut » » r. » » ZEY. Keule.
» 3 43 E- » » ».» ®-A. Keule.
a » » » ®-A. Dreizack.
» 3 473 » » NI. 2 Bogen. Keule.
» 3 391» »— » » AIXXYAOZ.Blitz.
» 14. 144 Gr. Wolfskopfl. Rv. A. N-I. Keule.
IL 1 Tote 5, ST Pre
Bericht
über die
zur Bekanntmachung geeigneten Verhandlungen
der Königl. Preufs. Akademie der Wissenschaften
zu Berlin
im Monat December 1848.
Vorsitzender Sekretar: Hr. Trendelenburg.
7. December. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Panofka las über den Vasenbildner Pamphaios.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
F.’Muller, Tratado de Fortification. Escrito en Ingles. Tradu-
cido en Castellano etc. por D. Miguel Sanchez Taramas.
Tomo 1. 2. Barcelona 1769. A4.
D. Mariano de Zorraquin, Geometria analitica-descriptiva. Ma-
drid 1819. 8.
D. Fernando Garcia San Pedro, Teoria algebräica elemental o
sea Calculo differencial & inte-
gral. ib. 1828. 4.
_—_— _________,Principios de Geometria ana-
litica elemental. ib. 1840. 4.
‚„ Tratado complelo de Mecca-
nica. ib. eod. A4.
D. Jose Maria Roman, nueva Gramatica griega. ib. 1832. 8.
D. Celest. de Pielago, Teoria mecanica de las construcciones.
ib. 1837. 4.
„—-, Introduccion al estudio de la Arquitectura
hidrdäulica. ib. 1841. 4.
D. Mariano Carrillo de Albornoz, T'ratado de Topografia y Agri-
mensura. ib. 1838. 4.
_—— 7, Luminas de la Topografia. fol.
[ıs4s. ] 41
432
D. Ant. Bandarän, Tratado elemental de Dibujo. Madrid 1838. 4.
D. Luis Gautier, Memoria sobre el tiro d rebote. Guadalajara
1842. 4.
Resumen historico del Arma de Ingenieros en general, y de su or-
ganizacion en Espana. (Memorial de Ingenieros. Tomo 1.)
ib. 1846. 8.
Memorial de Ingenieros. Ano de 1847. Tomo 2. ib. 8.
D. Manuel Diez de Prado, Lecciones de Trigonometria esferica y
de Geometria analitica. ib. 1847. fol.
Sämmtliche von den Officieren des Königl. Spanischen Ingenieur -
Corps herausgegebene Schriften sind von dem General-Lieu-
tenant und Ingenieur-General, Präsidenten der. Königl. Aka-
demie der Wissenschaften zu Madrid und Königl. Spanischen
Gesandten hierselbst, Herrn A. R. Zarco del Valle, mittelst
Schreibens vom 5. Novbr. d. J. der Akademie übermacht wor-
den.
Schumacher, astronomischeNachrichten. No.653. Altona 1848. 4.
Kunstblatt 1848. No. 56. Stuttg. u. Tüb. 4.
Die Akademie beschlols dem General Zarco del Valle, dem
Einsender der oben bezeichneten Schriften, als Zeichen ihres
Dankes für seine ihr mehrfach bethätigte Theilnahme die zu
Leibnizens Gedächtnifs im Jahre 1846 geprägte Denkmünze zu
überschicken.
Es wurde die Cabinetsordre Potsdam v. 2. d. M. vorgetra-
gen, in welcher Se. Maj. der König für die Übersendung des
Jahrgangs 1846 der akademischen Abhandlungen, so wie der
Monatsberichte vom Juli 1847 bis- Juni 1848 seinen Dank be-
zeigt.
11. Dec. Sitzung der physikalisch-mathema-
tischen Klasse.
Hr. Gustav Rose las über die Isomorphie von Schwe-
fel und Arsenik.
Der Verfasser untersucht die Fälle, wo man eine solche
Isomorphie angenommen hat. Sie finden sich, da Schwefel und
Arsenik im einfachen Zustande, wie auch in ihren Sauerstoffver-
bindungen ganz verschiedene Formen haben, nur bei ihren Ver-
bindungen mit den Metallen, besonders bei den Doppelt-Schwe-
fel- und Arsenikverbindungen.
q
3
Von diesen führt man drei Verbindungen an, die isodimorph
sind, die also zwei Gruppen bilden, deren jede aus drei iso-
morphen Species bestehen. Zu den einen gehören:
Der Speerkies, der Arsenikkies und das Arsenikeisen;
zu der zweiten:
Der Eisenkies, der Kobaltglanz und der Speiskobalt.
Die Krystalle der ersten Gruppe sind 1-und-1axig, die der
zweiten regulär.
f Erste Gruppe.
I
Der Speerkies ist nach der Untersuchung von Berzelius
Fe S?, der Arsenikkies nach den sämmtlichen vorhandenen Ana-
_ Iysen stets FeS?-+ Fe As?, das Arsenikeisen noch zweifelhaft
Fe As?. Scheerer nimmt diefs nur von dem von Fossum an,
_ und betrachtet das Arsenikeisen von Reichenstein als Fe? As?,
_ mit welcher Annahme die vorhandenen Analysen aber auch nur
zum Theil stimmen. Die chemische Zusammensetzung ist noch
keinesweges als ausgemacht zu betrachten.
Die Krystalle der 3 Gattungen sind stets rhombische Pris-
men. Bei dem Speerkiese aber betragen die Winkel in den
_ stumpfen Seitenkanten nach Breithaupt 105° 28°, bei dem Arse-
nikkiese weichen sie an den Krystallen der verschiedenen Fund-
Forte nach demselben Mineralogen von 110° 29’ bis 112° 4’ ab,
_ (was wahrscheinlich von einem mehr oder weniger großsen Ge-
4 me
halte an Kobalt herrührt, der sich zuweilen als Ersatz einer ent-
\ sprechenden Menge Eisen findet) und beim Arsenikeisen betragen
sie 122° 26’. Diese Unterschiede sind doch zu großs, um an-
as zu können, dals die Gattungen isomorph wären, selbst
"wenn man fände, dafs das Arsenikeisen wirklich Fe As? wäre,
zumal da man nie beobachtet hat, dafs sich in den Arsenikkie-
sen Fe S? und Fe As? in unbestimmten Verhältnissen einander
_ ersetzten.
Zweite Gruppe.
Der Eisenrkies ist Fe S°, in seiner chemischen Zusammen-
setzung also von dem Speerkiese nicht verschieden; der Kobalt-
glanz ist analog dem Arsenikkies zusammengesetzt Co S?+ Co As?,
der Speiskobalt Co As’. Wenn das Arsenikeisen Fe As? wäre,
so würden sämmtliche Mineralien dieser Reihe mit denen der
origen eine gleiche atomistische Zusammensetzung haben, und
434
mit ihnen also, da Kobalt und Eisen sich gewöhnlich isomorph
verhalten, heteromorph sein.
Die Formen des Eisenkieses sind Combinationen des Hexaö-
ders und Octa@ders mit dem sonst nur selten vorkommenden Py-
rito@der. Ganz dieselben Formen finden sich bei dem Kobalt-
glanz; indessen ist derselbe sehr vollkommen hexa@drisch -, der
Eisenkies dagegen entweder gar nicht oder doch nur höchst un-
vollkommen spaltbar. Der Speiskobalt krystallisirt auch in He-
xa@dern, und ist nur so unvollkommen spaltbar wie der Eisen-
kies, aber Pyrito@der sind bei ihm nicht beobachtet. Die Be-
hauptung Breithaupt’s, dals er einmal eine solche Form beim
Speiskobalt wahrgenommen habe, widerlegt der Verfasser da-
durch, dals er die Flächen von Tetrakishexa@dern an dem Speis-
kobalt mehrerer Fundorte bestimmt beobachtet habe, was bei
dem Vorkommen von Pyrito@derflächen nicht möglich wäre.
Also auch diese Mineralien können nicht isomorph sein, wenn
auch hier von Seiten der chemischen Zusammensetzung kein Wi-
derspruch stattfindet; der Eisenkies kann nicht mit dem Kobalt-
glanz isomorph sein, obgleich bei beiden das Pyrito@der vor-
kommt, da der letztere spaltbar, der erstere es nicht oder fast
gar nicht ist, und wahrhaft isomorphe Substanzen sich nicht blofs
in der Form, sondern auch in der Spaltbarkeit gleich bleiben,
(wie man daher auch dieselbe Vollkommenheit der Spaltungsflä-
chen bei dem, mit dem Kobaltglanz unbezweifelt isomorphen
Nickelglanz, sowohl dem Arsenik- als dem Antimon-Nickelglanz
wiederfindet); der Eisenkies ferner nicht mit dem Speiskobalt,
da wenn er ihm auch in Unvollkommenheit der Spaltungsflächen
gleicht, bei dem einen die Pyrito@derflächen vorkommen bei
dem andern nicht, und endlich noch weniger der Kobaltglanz
und Speiskobalt, die in Structur und Form verschieden sind.
Gegen die Isomorpbie dieser Substanzen spricht auch hier
der Umstand, dals sich Schwefel und Arsenik in der Zusam-
mensetzung derselben nicht ersetzen. Zwar scheint diels in den
Analysen des Nickelglanzes und des Amoibit’s nach den Analy-
sen von Löwe und von v. Kobell der Fall zu sein, aber aus den
Analysen des Nickelglanzes von Berzelius und Rammelsberg_ er-
giebt sich ganz bestimmt die dem Kobaltglanze analoge Formel,
daher es wohl wahrscheinlich sein möchte, dafs der von Löwe
435
»analysirte Nickelglanz nicht rein, sondern vielleicht mit Arsenik-
- nickel, welcher in Schladming, von wo der von Löwe analy-
- 'sirte Nickelglanz abstammt, auch vorkommt, gemengt gewesen
ist. Eine ähnliche Bewandnils möchte es auch mit dem Amoi-
bite von Kobell’s haben, und überhaupt hier noch auszumachen
_ sein, ob er in der That eine selbständige Species bildet und
von dem Nickelglanz verschieden ist.
Andere Schwefel- und Arsenikverbindungen sind nicht mit
einander zu vergleichen, denn die Einfach-Schwefel- und Arse-
nikverbindungen, der Haarkies Ni S und der Kupfernickel Ni As
- (und ebenso der Antimonnickel Ni Sb) bestehen zwar aus einer
gleichen Anzahl Atome, sind aber doch sämmtlich so undeut-
lich krystallisirt, dafs von ihrer Form kein Beweis hergenommen
werden kann. Eher könnte man hier das Tellursilber AgTe und
_ Tellurblei Pb Te anführen, da ersteres die Geschmeidigkeit des
- Silberglanzes, und letzteres die Spaltbarkeit des Bleiglanzes hat
_ und anzunehmen ist, dafs das, was vom Tellur gilt, auch vom
_ Arsenik gelte. Vom Ag Te mülste man ferner annehmen, dals
seine Form nicht ein Rhomboäder wie Hess angiebt, sondern ein
Hexaöder sei; da nun aber diese Form zum regulären System
_ gehört, so ist sie wenigstens nicht entscheidend. Aus alle dem
geht wohl hervor, dafs man zur Annahme einer Isomorphie von
Schwefel und Arsenik bis jetzt noch nicht berechtigt ist. *)
| In einem Anhang sucht der Verfasser es noch wahrscheinlich
zu machen, dafs der von Breithaupt beschriebene Plinian nichts
anderes als ein unregelmäfsig krystallisirter Arsenikkies sei, mit
welcher Annahme auch die von Plattner untersuchte chemische
- Zusammensetzung stimmt.
Hr. Dove las über den Einflufs der Windesrichtung
auf die Temperatur eines der freien Ausstrahlung und
der Insolation ausgesetzten Bodens und seiner Pflan-
zendecke.
*) Da das Mischungsgewicht des Schwefels = S, das des Arseniks aber
=2As oder As ist, so könnte man auch von chemischer Seite gegen die
angenommene Isomorphie des Schwefels und Arseniks einwenden, dafs in
allen diesen Fällen Körper von ungleicheu Mischungsgewichten für iso-
morph gehalten werden.
436
Wenn es durch die Ergebnisse mannigfaltiger Untersuchun-
gen als erwiesen betrachtet werden kann, dals die sogenannten
unregelmäfsigen Veränderungen der Schattenwärme durch die
Veränderungen der Windesrichtung bedingt werden, so ist es
von vorn herein wahrscheinlich, dafs dies auch für die Wärme-
verhältnisse eines Bodens gelten werde, welcher dem Sonnen-
schein und der nächtlichen Strahlung frei ausgesetzt ist. Da aber
die Wirkungen beider durch einen bedeckten Himmel abgestumpft,
durch einen heitern gesteigert werden, die Himmelsansicht wegen
der verschiedenen Feuchtigkeit der Winde selbst aber eine Fun-
ktion der Richtung derselben ist, so sieht man leicht ein, dals
der definitive thermische Werth, welcher dem Boden unter dem
Einfluls einer bestimmten Windesrichtung zukommt, das Ender-
gebnifs einer Anzahl theils in gleichem, theils in entgegengesetz-
tem Sinne wirkender Ursachen sein wird. Auf die Sonderung
dieser einzelnen Bedingungen kommt es aber an, wenn es sich
darum handelt, den Einfluls zu ermitteln, welchen die Verände-
rung der Windesrichtung auf die Vegetation äulsert, denn ein
durch starke Ausstrahlung erfolgter Nachtfrost wird in seiner _
Wirkung nicht neutralisirt durch den Wärmeüberschufs, welchen
der bei Tage heitere Himmel der Pflanze gewährte.
In dem Pflanzengarten in Chiswick bei London wird seit
dem Jahre 1826 ein Barometer, Thermometer und Daniellsches
Hygrometer dreimal täglich beobachtet, Morgens, Mittags und
Abends, aufserdem aber ein gegen terrestrische Rückstrahlung
und gegen die Sonnenstrahlen durch einen Schirm von geoel-
tem Zeuge geschütztes, im Schatten aufgehängtes Rutherfordsches
Thermometer, ein mit schwarzer Wolle bedecktes Minimum-
Thermometer, welches im Brennpunkt eines parabolischen Hohl-
spiegels der vollen Himmelsansicht ausgesetzt ist, endlich ein den
Sonnenstrahlen ausgesetztes Maximum - Thermometer ebenfalls mit
schwarzer Wolle bedeckt zwei Zoll über einem Grunde von Gar-
tenerde auf der Südseite einer 4 Fufs davon entfernten Garten-
mauer. Die herrschende Windesrichtung und die Regenmenge
werden täglich bestimmt.
Von diesen Beobachtungen wurden funfzehn Jahrgänge der
Berechnung unterworfen. Aufser der barometrischen und atmi-
schen Windrose wurden Windrosen bestimmt für das Minimum
I , n
a u u ı 5 7 NAD 2 en, a Ze una}
437
und Maximum der Schattenwärme, für das Insolationsmaximum und
das Ausstrahlungsminimum, aufserdem wurden die vom Drehungs-
gesetz abhängigen Veränderungen für das Barometer, Thermo-
meter und Hygrometer durch die drei täglichen Beobachtungen
ermittelt. Die folgenden Ergebnisse gründen sich auf die Be-
rechnung von mehr als 71000 Beobachtungen, eine Anzahl, die
so grols gewählt werden mufste, um Unterschiede, welche im
Continentalklima unmittelbar hervortreten würden, im Seeklima
bemerkbar zu machen. Für das Continentalklima fehlen zu dem
vorliegenden Zweck brauchbare Beobachtungen.
Der Einfluls der Richtung des Windes auf die Temperatur
des Bodens, über welchem er weht, ist ein sehr erheblicher
durch den Effect, welchen die ihn begleitende Trübung oder
Aufhellung auf seine Ausstrahlung äufsert. Bei SW fällt das
Mittel der Strahlungskälte in keinem Monat unter den Frostpunkt,
bei NP, N, NO ein halbes Jahr ununterbrochen unter densel-
ben, bei N im Januar um volle 13° F. Bei der grofsen Regel-
mälsigkeit der vom Drehungsgesetz abhängigen Veränderungen
des Barometers, verglichen mit den viel weniger deutlichen des
Thermometers und Hygrometers, kann man daher im April, wenn
der Wind mit steigendem Barometer von W/ nach N herumgeht,
auf einen Nachtfrost rechnen, in gewissen Fällen auch im Mai,
denn das Monatsmittel der Ausstrahlungskälte fällt nur einen hal-
ben Grad F. über den Frostpunkt.
Aus dem eben Gesagten folgt unmittelbar, dafs das Barome-
ter in Verbindung mit Beobachtung der Windfahne für den Gärt-
ner und Landwirth das wichtigste unter den meteorologischen
Insrumenten ist.
Die Wärmeunterschiede, welche der freie Boden im Ge-
gensatz des beschatteten innerhalb der täglichen Periode erfährt,
sind bei nördlichen und östlichen Winden gröfser als bei südli-
chen und westlichen. Bei Ostwind beträgt im Juli diese Ver-
änderung innerhalb 24 Stunden 24° R., im Schatten nur 11°.
Dann erreicht aber das mittlere tägliche Maximum in der Sonne
j die Höhe von 31° R., während der Thaupunkt im Schatten nur
12° beträgt. Darf man sich da wundern, dafs in dieser trock-
nen Hitze die Pflanzen verschmachten?
438
In den Wintermonaten überwiegt die Ausstrahlung bei Nacht
die Insolation bei Tage, im Sommer findet das Umgekehrte statt.
Abgesehen von dem durch die in verschiedenen Monaten ver-
schiedene isothermische Vertheilung sich ändernden Einfluls der
Windesrichtung müssen die aufheiternden Winde daher in ihrem
thermischen Werth eine gröfsere jährliche periodische Verände-
rung zeigen als die den Himmel trübenden. Daher ist bei SW
dieser Unterschied nur 2996 F., bei O 4291 und nimmt regel-
mälsig nach beiden Seiten hin ab. Wäre die sich ändernde
isothermische Vertheilung allein der Grund, so mülste die Wind-
rose der Schattenwärme dasselbe zeigen. Hier sind aber die Un-
terschiede unerheblich und weniger regelmäfsig. In dieser Be-
ziehung ist die Vergleichung beider Windrosen besonders wich-
tig, sie lehrt die primären Wirkungen von den secundären un-
terscheiden.
Die thermische Windrose des Schattens und der freien Luft
stimmt darin überein, dafs die westlichen Winde im Sommer
die kälteren sind, im Winter hingegen die östlichen. Dies hängt
genau mit der Veränderung der isothermischen Vertheilung zu-
sammen, denn im Januar nimmt die Temperatur am schnellsten
von London nach Torneo hin ab, im Sommer nach Island zu.
Diese Veränderung zeigt sich deutlich in den Constanten der
Formeln, durch welche die Vertheilung der Wärme in der Wind-
rose dargestellt wird.
Da die Thaubildung dadurch bedingt wird, dafs die Tem-
peratur des durch Ausstrahlung erkälteten Bodens unter den Con-
densationspunkt der in der Luft enthaltenen Wasserdämpfe her-
absinkt, so kann, wenn das Ausstrahlungsminimum mit dem durch
das Hygrometer ermittelten Thaupunkt verglichen wird, die grös-
sere oder geringere Wahrscheinlichkeit der Thaubildung bei
verschiedenen Windesrichtungen dadurch annähernd bestimmt
werden.
Man ist gewohnt eine Annäherung an tropische Verhält-
nisse in unserem Sommer zu sehen, und durch die Mächtig-
keit der Thaubildung in der heilsen Zone könnte man daher zu
dem Glauben verleitet werden, dafs die Bedingungen für Thau
im Sommer reichlicher vorhanden seien, als für Reif im Winter.
Dies ist aber gerade umgekehrt. Es mag dies eines der Mittel
TERN EEE SEEN EEE TEN
439
sein, deren sich die Natur so häufig bedient, um in einem dem
Organismus schädlich werdenden Prozels das Gegenmittel für
seinen zu verderblichen Einfluls zu gewinnen, denn die oft wie-
derholte Bildung des Reifes überzieht zuletzt mit einer so dich-
ten Hülle die Pflanzen, dals sie eine schwache Schneedecke
vertritt.
Berücksichtigt man das genaue Anschlielsen der atmischen
Windrose an die barometrische, die ihre Extreme bei entgegen-
gesetzten Winden erreichen, so sieht man unmittelbar ein, wie
einfach Erscheinungen, die bei dem Begielsen der Pflanzen dem
Barometerstande zugeschrieben worden sind, sich auf die Feuch-
tigkeitsverhältnisse der Winde zurückführen lassen. g
Es sind bei Berechnung der thermischen und barometrischen
Windrose von Paris vom Verfasser bereits vor 20 Jahren die
Gründe entwickelt worden, warum im Winter sich die Verthei-
lung des atmosphärischen Druckes in der Windrose nahe an die
der Wärme anschlielst, warum dies im Sommer in weit gerin-
gerem Grade stattfindet. Diese Gründe treten entschiedener her-
vor, wenn man die barometrische Windrose direct mit der ther-
mischen des frei bestrahlten und ausstrahlenden Bodens vergleicht,
denn die Abweichungen der Schattenwärme finden eben darin
ihre Erklärung, dafs die Aufhellung oder Trübung, indem sie
die Temperatur der direct betroffenen Gegenstände verändert,
zugleich eine wenn auch schwächere Wirkung auf die geschütz-
ten äulsert.
In neuerer Zeit hat sich die Anzahl der für die einzelnen
Jahreszeiten berechneten Windrosen von Paris bis Jakutzk hin
sehr vermehrt. Für alle dem Verfasser bekannten wurden daher
die Formeln entwickelt, um daraus unmittelbar abzuleiten, in wie
fern die lokale thermische Vertheilung in der Windrose sich an-
schlielst an die Modification der Gestalt der Isothermen in der
jährlichen Periode. Die berechneten Formeln zeigen, dafs dieser
Anschluls vorhanden ist, sie ergänzen demnach die im vorigen
Monat vorgelegten Isothermcharten. Bei der Verwickelung at-
mosphärischer Verhältnisse kann man nur mit Sicherheit vorschrei-
ten, wenn jedes einzelne Phänomen vom lokalen und universel-
len Standpunkt aus gleichzeitig und zwar so viel wie möglich
durch die Aussagen verschiedener meteorologischer Instrumente
440
betrachtet wird. In derselben Weise bedürfen die bisherigen
pflanzengeographischen Untersuchungen, in welchen der klimato-
logische Gesichtspunkt allein hervorgehoben worden ist, der Er-
gänzung einer meteorologischen lokalen Untersuchung, zu der
die hier vorgelegte Arbeit ein Beitrag ist, welcher sich unmit-
telbar an die früheren Arbeiten des Verfassers in den Abhand-
lungen von 1844 und 1846 anschlielst.
Hr. Ehrenberg sprach über die von ihm gewonne-
nen Resultate bei Untersuchung der atmospbärischen
Luft auf organische geformte Stoffe mittelst Leitung
derselben durch destillirtes Wasser.
Seitdem Moscati in Mailand und Brocchi in Rom die Was-
serdünste der aria cativa direct untersucht haben, indem sie die-
selben an mit Eis gefüllten Glasgefälsen verdichtet aufsammelten
und seitdem Vauquelin in solchen Niederschlägen organische Stoffe
durch chemische Analyse nachwies, hat man sich (seit 1810) mit
der Annahme der Existenz solcher Stoffe um so mehr begnügt,
je mehr andere Chemiker ein gleiches Verhalten dann öfter nach-
gewiesen haben.
Die mikroskopische Analyse ist in den gleichen Fällen nicht
so glücklich gewesen. Niemand hat bisher jene angeblichen reich-
lichen organischen Stoffe auch nur mit einem Namen bezeichnet.
Man hielt bisher die organischen Substanzen miasmatischer Luft
für chemische Lösungen und Verbindungen mit dem Wasserdunst.
Da ich neuerlich dem Gegenstande meine Aufmerksamkeit
specieller von Neuem zuzuwenden veranlalst war, so habe ich
durch eine einfache Methode Resultate gewonnen, welche die
Aussicht eröffnen, dafs durch dieselbe sich noch mancherlei Auf-
schlüsse werden erhalten lassen.
Dafls der vor Kurzem von mir untersuchte abgelagerte at-
mosphärische Staub, als eigentlicher Sonnenstaub auch in der
Luft geschwebt haben müsse, ist zwar unumgänglich anzunehmen,
allein es ist doch wissenschaftlich deshalb wichtig, die Verhält-
nisse zu wissen, in denen er sich in der Luft findet, weil er in
gewissen Verhältnissen nicht darin gefunden worden ist. Ja das,
was die Chemiker in dem Malaria Dunste gefunden haben, scheint
441
offenbar auch nicht jener von mir nachgewiesene organische
Luftstaub zu sein.
Meine vielen eigenen und Anderer Untersuchungen des Thaues
in seinen einzelnen Tropfen, einzelner Regentropfen, so wie vie-
ler einzelnen Schneeflocken haben nie organische geformte "Theile
gezeigt. Aufgefangenes Regenwasser hat dergleichen viel gezeigt,
aber auch ganze Raupen und Blätter habe ich in frei aufgefan-
genem Regenwasser gefunden. Das erstere ergab zu wenig, das
letztere zu viel.
Um näher zu kommen, habe ich die nahe liegende Methode
angewendet, durch destillirtes und frisch abgekochtes Wasser
Luft hindurch zu treiben und den Niederschlag genau mikrosko-
pisch zu analysiren.
Durch diese Methode, welche in ihrer Einfachheit eigen-
thümlich zu sein scheint, habe ich denn vorläufig das Resultat
bereits gewonnen, dals die Vorstellung, die geformten organi-
schen Theile, die mikroskopischen Lebensformen u. s. w. wären
in der Luft stets und nur in Verbindung mit dem Wasserdunste
und fielen mit Thau und Regen regelmäfsig herab, anders mo-
difieirt wird. Während im natürlichen und künstlichen Thau
durch das Mikroskop keine Lebensformen gefunden werden, ent-
hält der trockne Luftstaub deren viele. Mithin besteht keine
regelmälsige und gewöhnliche Verbindung beider Dinge in der
Luft. Der Wasserdunst schlägt sich meist frei vom Staube nie-
der, und nur gewisse besondere Verhältnisse vereinigen beides.
Diese besonderen Verhältnisse scheinen elektrischer Natur zu sein,
wie sich aus anderen directen Beobachtungen ergiebt, welche
später zusammengefalst werden sollen.
Da es wünschenswerth ist, dals miasmatische Luftverhältnisse
auf das vielseitigste untersucht werden, so sind grofse und kost-
spielige Apparate mehr hindernd als fördernd.
Der Apparat, mit welchem es mir gelungen ist, den Luft-
staub während seines Schwebens in der Luft selbst, mithin frisch
zur Ansicht zu erlangen, besteht in einer einfachen, etwa 6 Zoll
hohen weilsen Glasflasche mit etwas grolser Mündung und Kork-
stöpsel-e. Durch den Stöpsel gehen 2 rechtwinklich gebogene
Glasröhren mit ihrem senkrechten Schenkel, welcher bei der
einen bis nahe zum Grunde der Flasche reicht, bei der anderen
442
die Länge des Stöpsels nur wenig überragt. Die Flasche mit
gekochtem destillirten Wasser gut ausgespült, wird nur 2-3
Zoll hoch mit frisch gekochtem destillirtten Wasser gefüllt.
An den horizontalen Schenkel der längeren durch den Stöpsel
gehenden Glasröhre wird eine Cautschuk Röhre befestigt, welche
eine lösbare bewegliche Verbindung mit dem Rohre eines ge-
wöhnlichen Blasebalges gestattet. Stöpsel und Blasebalg werden
bei dem Gebrauche festgebunden.
Mit einem solchen Apparate läfst sich in einer Stunde ein
Volumen von etwa 30000 Cubik Zoll Luft (in 10 Minuten von
5-6000 €. Zoll) durch das Wasser treiben, wobei alles Feste
darin abgelagert wird. Schon die letztere Menge reicht hin,
eine gewisse Übersicht der Luftverhältnisse eines Ortes zu er-
langen. Man lälst das Wasser einige Stunden ruhen, giefst die
gröfsere Masse ab und beobachtet den Rückstand, wobei man
noch die Vorsicht anwenden kann, vorher den oberen Theil des
Wassers dunkel, den unteren hell zu lassen, damit lebende das
Licht suchende Formen mehr unten gehalten werden.
Boussingaults neuere chemische Versuche werden sich auf
diese Weise leicht durch mikroskopische Forschung sehr lehr-
reich erweitern lassen. Man wird auf Häusern, Thürmen, Schif-
fen und in Krankenzimmern leicht Versuche dieser Art ausführen
können. Die kleinen Mengen lassen sich leicht verschicken und
vielseitig prüfen.
Das Speciellere wird Gegenstand späterer Mittheilung sein.
14. December. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. Poggendorff las über das Verhalten des Queck-
silbers bei seiner elektromagnetischen Rotation.
Die elektro-magnetische Rotation des Quecksilbers ist seit
ihrer Entdeckung durch Humphry Davy i. J. 1823 Gegenstand
oftmaliger Beobachtung gewesen; dennoch findet man nicht, dafs
eine Erscheinung zur Sprache gebracht worden sei, die unter
den gewöhnlichen Umständen immer mit dieser Rotation ver-
bunden ist, und die, wenn auch nicht in galvanischer, doch in
chemischer Hinsicht viel Interesse besitzt.
Um diese Erscheinung zu beobachten, reicht es hin, das
Quecksilber auf irgend eine Weise in elektromagnetische Rota-
443
ton zu versetzen: der Verfasser verfuhr indefs meistens so, dafs
er etwa eine Unze Quecksilber in ein Uhrglas oder Porzellan-
schälchen gols, dasselbe auf eine Drahtrolle stellte, die einen
Eisenkern einschlols, und nun zwei Drähte von Eisen oder Pla-
tin lothrecht in das flüssige Metall tauchte, den einen nahe am
Rande, den anderen in der Mitte der runden Masse. Werden
dann die erforderlichen Verbindungen gemacht, um den Strom
eines galvanischen Apparats, auch nur einer einfachen Grove’schen
Kette, einen zusammenhängenden Weg durch die Rolle und das
Quecksilber darzubieten, so wird der Eisenkern zu einem Ma-
guet und damit tritt denn sogleich eine lebhafte Rotation des
Quecksilbers ein, die sich besonders durch aufgestreute Staub-
theilchen oder Papierfäserchen sichtbar machen läfst.
So ist der Vorgang in den ersten Momenten, und, je nach
Umständen, kann er auch wohl 10-15 oder 20 Minuten so blei-
ben. Nach und nach verlangsamt sich aber die Geschwindigkeit;
die Staubtheilchen rotiren nicht mehr, wie anfänglich, getrennt,
sondern gleichsam zusammenhängend, wie wenn die Oberfläche
des Quecksilbers eine starre Scheibe bildete; immer träger wird
die Rotation dieser Scheibe und am Ende hört sie gänzlich auf.
Dabei hat das Quecksilber eben so wenig von seinem Glanze,
als der Strom von seiner Stärke etwas verloren, wie sich leicht
nachweisen läfst.
Als der Verf. diese auffallende Erscheinung zuerst beobach-
tete, setzte sie ihn nicht wenig in Verwunderung, da er keinen
Grund anzugeben vermochte, weshalb der Strom oder der Ma-
gnet seine Wirksamkeit verloren haben sollte; allein bald über-
zeugte er sich, dafs das Phänomen seinen Sitz nur an der Ober-
fläche, nicht in der Masse des Quecksilbers habe, denn wenn
er unter gehörig schiefem Winkel auf das Metall blickte, konnte
er an einer gewissen Wellenbewegung deutlich erkennen, dals
die Rotation keineswegs aufgehört hatte, sondern sich im Innern
der Masse unverändert und mit grofser Geschwindigkeit fort-
setzte. Es war also klar, dafs blols die Oberfläche des Queck-
silbers eine Veränderung erlitten hatte.
Für diesen Schlufs spricht noch der Umstand, dals man
Quecksilber, welches unbeweglich geworden ist, nur in eine Fla-
sche zu gielsen und tüchtig durchzuschütteln braucht, um ihm
A4sA
seine frühere Beweglichkeit vollständig wieder zu geben. Man
kann dies beliebig oft mit unverändertem Erfolg wiederholen
und hat dadurch das einfachste Mittel in der Hand, den Versuch
unzählige Mal mit derselben Portion Quecksilber anzustellen.
Die Veränderung der Oberfläche des Metalls allein ist es
jedoch nicht, was die Unbeweglichkeit hervorruft. Sie hat ihren
Grund zum Theil auch in einer vermehrten Adhäsion des Queck-
silbers zu der Wandung des Gefälses.. Denn wenn man bei
einem grolsen Tropfen Quecksilber, der in einem Uhrglase un-
beweglich geworden ist, mehrmals mit einer feinen Nadel zwi-
schen Glas und Metall herumstreicht und somit die Oberfläche
des Tropfens gleichsam vom Glase abschneidet, setzt sich diese
wiederum in Bewegung, jedoch immer nur auf kurze Zeit, als
eine zusammenhängende Scheibe und mit geringer Geschwindig-
keit. Dasselbe erfolgt auch, wenn man den kapillaren ringför-
migen Raum zwischen Glas und Quecksilber mit Wasser oder
Alkohol ausfüllt, ohne die übrige Fläche des Metalls zu benässen.
Die nächste Frage war nun wohl die: Ob die Erscheinung
eine Wirkung des galvanischen. Stromes sei oder nicht. Um *° |
hierüber Auskunft zu erhalten, nahm der Verf. eine Portion Queck-
silber, von deren Beweglichkeit er sich zuvörderst überzeugt hatte,
und prüfte sie von Zeit zu Zeit auf wenige Augenblicke in der
angegebenen Weise. Dadurch stellte sich dann bald heraus, dafs
das Quecksilber schon für sich, durch blofses Stehen an der Luft,
in den Zustand der relativen Unbeweglichkeit übergeht, dafs folg-
lich der galvanische Strom als solcher keinen Theil an der Er-
scheinung hat, sondern nur als Reagenz dient, um dieselbe sicht-
bar zu machen.
Nach einiger Übung hält es auch gar nicht schwer, schon
durch blofses Umrühren des Quecksilbers mit einer Nähnadel zu
erkennen, ob dasselbe eine bewegliche Oberfläche habe oder nicht.
Indels bleibt dies Mittel, was Empfindlichkeit und Deutlichkeit
der Angabe betrifft, doch weit hinter dem zurück, welches der
galvanische Strom in Combination mit einem Magnete darbietet.
Es gestattet auch dieses eine viel mannigfachere Anwendung.
So z. B. kann man die Drähte der Batterie von unten her in
das Quecksilber einführen und den Magnetstab von oben nähern.
Wenn man nun diesen dabei sehr nahe an die Quecksilberfläche
445
bringt, läfst sich wahrnehmen, dafs die Theile gerade unter ihm
noch rotiren, während die seitlichen, auf die er schwächer wirkt,
schon nicht mehr in Bewegung gesetzt werden, — wohlverstan-
den damit immer die Theile an der Oberfläche gemeint, denn
die im Innern bewegen sich, wie vorhin gesagt, zu allen Zeiten
ohne Ausnahme.
Nach diesen Erfahrungen fragte es sich nun ferner worin
denn die sonderbare Veränderung der Quecksilberobertläche ihren
Grund habe.
Zur Beantwortung dieser Frage mufls zuvörderst bemerkt
werden, dals der Verf. von der Zeit an, wo er die erwähnte
Erscheinung näher zu untersuchen anfıng, nur ein möglichst rei-
nes Quecksilber anwandte. Es war eigends zu diesen Versu-
chen längere Zeit mit einem beträchtlichen Antheil Salpetersäure
in der Wärme digerirt, dann sorgfältig gewaschen und getrock-
net worden. Eine Quantität von‘ anderthalb Unzen desselben,
die in einem bedeckten Porzellantiegel über der Weingeistlampe
verflüchtigt wurde, hinterliefs nur ein kaum wahrnehmbares Pünkt-
chen, dessen Natur sich eben wegen seiner äufserst geringen
Menge nicht näher bestimmen lies; es konnte nur ermittelt wer-
den, dals es kochender Salpetersäure widerstand und in Königs-
wasser verschwand. Jedenfalls war diese Beimischung so höchst
unbedeutend, dals sie keinen Einfluls auf die Erscheinung haben
konnte und der Verf. wohl das angewandte Quecksilber so gut
wie völlig rein betrachten durfte.
Vollends wurden alle Bedenklichkeiten in dieser Hinsicht
gehoben, als er durch Güte des Hrn. H. Rose Gelegenheit be-
kam, ein aus dem Chloride durch Destillation mit Eisen darge-
stelltes Quecksilber anwenden zu können. Es verhielt sich durch-
aus ganz wie das auf nassem Wege gereinigte.
Von reinem Quecksilber wird in den chemischen Lehrbü-
chern angegeben, dafs es bei gewöhnlicher Temperatur an der
Luft unveränderlich sei, obwohl die Angaben in dieser Bezie-
hung nicht ganz übereinstimmend lauten.
Berzelius sagt kurz: Es hält sich unverändert an der Luft
undi im Wasser. Bestimmter äufsert L. Gmelin: Das Queck-
silber bleibt unverändert bei noch so langem Schütteln mit Sauer-
stoffgas, Luft u. s. w. Dagegen heilst es bei Th&nard: Das
446
Quecksilber hat bei der gewöhnlichen Temperatur keine Wir-
kung auf das Sauerstoffgas oder die atmosphärische Luft im
trocknen oder feuchten Zustande, oder wenigstens ist seine Wir-
kung darauf ausnehmend langsam. Ähnlich spricht sich Dumas
aus, indem er sagt: Bei gewöhnlicher Temperatur oxydirt sich
das Quecksilber nur an feuchter Luft. Selbst unter diesem Um-
stande ist die Oxydation schwierig und unvollständig. Sie er-
folgt nur auf langes Schütteln, wie dasjenige, welches man er-
hält, wenn eine zum vierten Theil mit Quecksilber gefüllte Fla-
sche an den Flügel einer Windmühle befestigt wird. Nach Ver-
lauf einer langen Zeit bildet sich etwas Oxydul.
Dumas hat hier wohl die alten, ums Jahr 1733 von Boer-
haave angestellten Versuche im Sinne, welche in neuerer Zeit
von Vogel etwas abgeändert und unstreitig mit reinerem Mate-
rial wiederholt worden sind. Vogel gols eine Unze Quecksil-
ber, erhalten durch Zersetzung des Chlorids mit Ätzkali oder
durch Erhitzung des rothen Oxyds, in eine Quartflasche und band
diese, wohl verschlossen, an das Rad eines Fuhrwerks, welches
zwischen Paris und Versailles hin und her fuhr. Nach sechs Ta-
gen hatte das Quecksilber nicht die mindeste Veränderung erlit-
ten. Dasselbe war der Fall, als die Luft durch Sauerstoffgas er-
setzt wurde. Hiebei waren alle Materiale möglichst trocken.
Bei einem andern Versuch wurde das Schütteln unter Zusatz von
Wasser vorgenommen. Dabei verwandelte sich das Quecksilber
in ein graues Pulver, welches aber auch nur aus äulserst fein
zertheiltem Metall bestand.
Nach diesen Angaben mulste es gewils unwahrscheinlich er-
scheinen, dafs bei den Versuchen des Verf. das jedenfalls sehr
reine Quecksilber innerhalb der kurzen Zeit von zehn, funfzehn
oder höchstens zwanzig Minuten durch ruhige Berührung mit
der Luft eine merkliche Oxydation erlitten haben sollte. Wirk-
lich zeigte es auch bei allen Versuchen, nachdem es seine Be-
weglichkeit verloren hatte, denselben ungetrübten Metallglanz,
den es zuvor besals. Der Verf. untersuchte das von seiner Ober-
fläche im beweglichen und im unbeweglichen Zustand reflektirte
Licht mittelst eines Nicol’schen Prisma, konnte aber durchaus
keinen Unterschied zwischen beiden Fällen wahrnehmen. Das
völlig unveränderte Ansehen der Quecksilberfläche bei zwei so
; 447
verschiedenen Eigenschaften derselben ist sicher ein Umstand,
der das Auffallende der in Rede stehenden Erscheinung bedeu-
tend erhöht.
Worin liegt nun aber der Grund der Verfestung des Queck-
silbers an seiner Oberfläche? Es lassen sich, wie es scheint, hier-
über zwei Meinungen aufstellen. Entweder geschieht die Ver-
festung durch einen innern Prozefs, durch eine Art von krystal-
linischer Anordnung, welche die Theilchen der Oberfläche bei
Ruhe annehmen. Oder es wird, ungeachtet das Auge keine Ver-
änderung an der Oberfläche wahrnimmt, dennoch irgend ein Stoff
aus der Luft absorbirt.
Vor näherer Prüfung dieser Möglichkeiten schien es unter-
suchungswerth, ob auch wässrige Flüssigkeiten eine Verfestung
ihrer Oberfläche an der Luft erleiden würden. Flüssigkeiten der
Art sind bekanntlich, gleich dem Quecksilber und jedem anderen
metallischen Leiter, der elektromagnetischen Rotation fähig, und
man kann daher auch bei ihnen diese Rotation benutzen, um die
Empfindlichkeit ihrer Oberfläche zu prüfen.
Der Verf. bediente sich dazu eines dem früheren ähnlichen
Apparats, nur dals. die Poldrähte der Batterie ersetzt wurden
durch zwei winkelförmige Metallstreifen, deren horizontale Schen-
kel ringförmig gekrümmt waren. Der eine dieser Ringe schlofs
dicht an den innern Rand des etwa zwei Zoll im Durchmesser
haltenden Schälchens, der andere stand in der Mitte desselben
und mals etwa drei Linien im Durchmesser. Bei Verbindung
der lothrechten Schenkel mit der Batterie ging der Strom durch
die Flüssigkeit radialiter entweder vom kleineren zum grölseren
Ringe, oder umgekehrt. Man stellte zwei Versuche an, den einen
mit verdünnter Schwefelsäure, den andern mit Kupfervitriol-Lö-
sung; im ersteren Fall bestanden die Streifen aus Zink, dessen
ringförmiger Theil amalgamirt war, im zweiten aus Kupfer.
Beide Flüssigkeiten nahmen schon mit Hülfe des Stroms
eines einzigen Groveschen Bechers und des erwähnten Elektro-
magnets eine lebhafte Rotation an, welche sich durch aufge-
streutes Lycopodium deutlich erkennen liels, und diese Rotations-
fähigkeit der Oberfläche hatte noch nach 24 Stunden nichts von
ihrer Stärke verloren. Bei wässrigen Flüssigkeiten scheint also
an der Luft, wenn sie nicht geradezu durch diese eine che-
41?
448
mische Zersetzung erleiden, keine Unbeweglichkeit der Ober-
fläche einzutreten.
Der Verf. kehrte nun wieder zum Quecksilber zurück. Um
die Luft von demselben abzuhalten, bediente er sich zunächst
des einfachen Mittels, dasselbe mit einer Schicht Flüssigkeit zu
bedecken. Er übergofs dasselbe also einige Linien hoch succes-
sive mit Mandelöl, Terpentinöl, Schwefelkohlenstoff, Äther, Al-
kohol und destillirtem Wasser, gekochtem wie ungekochtem. Un-
ter allen diesen entweder gar nicht oder sehr schlechtleitenden
Flüssigkeiten kam die Oberfläche des Quecksilbers nicht zur Ro-
tation. Wenn er aber dem Wasser einige Tropfen Säure oder
Salzlösung zusetzte, stellte sich sogleich jene Rotation ein, wäh-
rend auch die wässrige Flüssigkeit rotirte.
Unter Ammoniakflüssigkeit, die bekanntlich in geringem Grade
leitend ist, behielt die Quecksilberfläche eine Zeitlang ihr Rota-
tionsvermögen, aber es ward sichtbar geschwächt, nahm immer
mehr ab, und verschwand dann gänzlich. Lycopodium, das auf
die Ammoniakflüssigkeit gestreut worden, zeigte dals diese an-
fangs an der Rotation Theil nahm, sich aber immer später in
Bewegung setzte als die Quecksilber- Oberfläche.
Die Unbeweglichkeit der Quecksilberfläche unter den vor-
hin erwähnten nichtleitenden Flüssigkeiten kann wohl nicht auf
Rechnung einer Reibung geschoben werden, denn man sollte
meinen, unter den Theilchen im Inneren der Quecksilbermasse,
wo doch die Rotation ungestört fortging, wäre die Reibung
grölser als zwischen den Theilchen des Quecksilbers und der
nicht metallischen Flüssigkeit. Diese Versuche scheinen demnach
zu beweisen, dals es nicht allein ein in der Luft befindlicher
Stoff sei, welcher die Quecksilber -Oberfläche träge zu machen
im Stande ist.
Um zu sehen, ob dasselbe auch von gasförmigen Substan-
zen gelte, änderte er den Apparat dahin ab, dals er zur Auf-
nahme des Quecksilbers eine Glasschale mit seitlichen diametra-
len Öffnungen anwandte, in welchen die winkelförmig geboge-
nen Poldrähte durch Korke festgehalten wurden. So konnte die
Luft in der Schale leicht mit verschiedenen Gasen und Dämpfen
geschwängert werden, wenn ein Stück Flielspapier, benäfst mit
449
der erforderlichen flüchtigen Flüssigkeit, über den Rand ausge-
breitet und mit einer Glasplatte bedeckt wurde.
In dieser Weise liels er zuvörderst Terpentinöl und Alko-
hol in der Schale verdunsten. Von beiden Dämpfen konnte er
keine deutliche Wirkung wahrnehmen, indem die Queksilber-
fläche ihre Beweglichkeit geraume Zeit behielt, und als sie die-
selbe zuletzt verloren hatte, sich nicht entscheiden liels, ob dies
nicht auf Rechnung der vorhandenen Luft zu schieben sei. Eben
so verhielt sich Schwefelkohlenstoffdampf.
Dagegen hatte Ammoniakgas augenscheinlich eine, so zu
sagen tödtende Wirkung auf die Quecksilber-Oberfläche, indem
dieselbe viel schneller als in Luft allein zu Ruhe kam, ohne da-
bei übrigens etwas von ihrem Glanze einzubüfsen.
Der Verf. glaubte nun einen Augenblick, der in der atmos-
phärischen Luft vorbandene Ammoniakgehalt könnte, irotz sei-
ner Geringfügigkeit, die Ursache der von ihm untersuchten Er-
scheinung sein. Allein als er die Schale durch ein mit verdünn-
ter Schwefelsäure benetztes Papier bedeckte, wodurch doch die-
ser Ammoniakgehalt entfernt werden mulste, zeigte sich keine
Abnahme in der Wirkung der Luft.
Jetzt wurde ein Stück Phosphor in der Schale aufgehängt.
Es erfüllte sie bald mit dem bekannten Nebel, der sich senkte
und auf die Quecksilberfläche ablagerte. In Folge defs verlor
sie schnell ihre Beweglichkeit. Ob diels Wirkung des Ozons
war, mag dahin gestellt bleiben.
Am stärksten unter allen vom Verf. untersuchten Substanzen
wirkte in dieser Weise der Dampf des Schwefeläthers. Nur
wenige Augenblicke brauchte das mit dem Äther benäfste Papier
die Schale zu überdecken, um eine vollständige Tödtung der
Quecksilberfläche zu veranlassen, wobei diese übrigens spiegel-
blank blieb.
In entgegengesetzter Weise als die vorhin genannten Sub-
stanzen und in auffallender Stärke wirkten die Dämpfe flüchti-
ger Säuren, wie Essigsäure, Salzsäure, Salpetersäure.
Über einer an der Luft, in Ammoniakgas oder Ätherdampf un-
beweglich gewordenen Quecksilberfläche braucht nur auf wenige
Augenblicke ein mit solcher Säure benäfstes Papier ausgebreitet
zu werden, um ihr die ursprüngliche Lebendigkeit wiederzuge-
450
ben, noch vollständiger, wie es scheint, als es durch das Schüt-
teln geschieht. Es diels um so auffallender, als in dem Dampf
der Salpetersäure und auch der Salzsäure die Quecksilberfläche
nicht blank bleibt, sondern anläuft oder beschlägt. Ätherdampf
vernichtet die nun eingetretene Lebendigkeit nicht, wohl aber
Ammoniakgas, dessen Wirkung sich durch abermalige Anwen-
dung von sauren Dämpfen wieder entfernen lälst.
Wasserdampf hat keine Wirkung. Selbst bei stärkster Be-
hauchung der Quecksilberfläche behält sie ihre Beweglichkeit,
oder erlangt sie nicht wieder, wenn sie dieselbe schon verloren
hat. Eben so ist eine Sättigung der Luft mit Feuchtigkeit oder
eine Austrocknung derselben durch concentrirte Schwefelsäure
ohne allen Einflufs, in dem einen, wie in dem anderen Sinn.
Zu diesen letzten Versuchen diente ein Apparat von folgen-
der Einrichtung. Das Quecksilber befand sich in einer kleinen
Woulf’schen Flasche mit drei Hälsen, welche, wie früher die
offene Schale, auf dem Elektromagneten stand. Zwei dieser
Hälse, nämlich der mittlere und einer der seitlichen, nahmen
mittelst übersiegelter Korke luftdicht die beiden Polardrähte der
galvanischen Kette auf, und der dritte war durch Kautschuk
verbunden mit einem der Seitenröhren einer kleinen Handluft-
pumpe. Die andere mit einem Hahn versehene Seitenröhre die-
ser Pumpe führte zu einer zweiten, mit Baumwachs angekitte-
ten Woulf’schen Flasche, ähnlich der ersteren, nur darin an-
ders vorgerichtet, dafs ihr mittlerer Hals zugepfropft war und
der zweite Seitenhals luftdicht eine offene, bis zum Boden der
Flasche hinabreichende Röhre aufnahm. Je nachdem nun die
in der ersten Flasche enthaltene Luft mit Feuchtigkeit gesättigt
oder ausgetrocknet werden sollte, wurde die zweite Flasche ent-
weder mit Wasser oder mit concentrirter Schwefelsäure gefüllt,
dann der Hahn im Seitenrohre verschlossen und die erste Flasche
ausgepumpt. Wurde nun der Hahn geöffnet, so drang die Luft
der äufsern Atmosphäre, die Füssigkeit durchströmend, in die
erste Flasche und erfüllte sie entweder im feuchten oder trock-
nen Zustande. Ein paarmaliges Wiederholen dieser Operation
liels den Zweck derselben immer vollkommen erreichen.
Denselben Apparat benutzte der Verf., um die Wirkung eini-
ger Gase, nämlich der Kohlensäure, des Wasserstoffs und
451
des Sauerstoffs zu untersuchen. Es erlitt dabei nur in sofern eine
Abänderung, als die offene gerade Röhre der zweiten Woulf’schen
Flasche ersetzt wurde durch eine gekrümmte, die in der oberen
Öffnung eine durch Wasser abgesperrten Glasglocke luftdicht ein-
gekorkt war. Mittelst der Luftpumpe, bei geöffnetem Hahn der
Seitenrohrs, wurde diese Glocke zunächst mit Wasser gefüllt,
und dann, nach Verschlielsung des Hahuns, mit dem zu prüfen-
den Gase versehen. Die fernere Operation des Füllens der er-
sten Woulf’schen Flasche mit diesem Gase war der schon be-
schriebenen gleich; nur wurde darauf gesehen, sie möglichst rasch
auszuführen, damit nicht während derselben schon die Quecksil-
berfläche eine Veränderung erlitten haben möchte.
Die Kohlensäure wurde aus doppelt-kohlensaurem Natron
mittelst zerstolsener Weinsäure dargestellt. Bei dieser Berei-
tungsweise hatte sie, selbst ohne Auffangung über Wasser und
Durchleitung durch Schwefelsäure, keinen Einfluls auf die Queck-
silber-Oberfläche d.b. wenn diese beweglich war, so blieb sie
es auch stundenlang in dem Kohlensäuregase, und wenn sie vor-
her ihre Beweglichkeit verloren hatte, erhielt sie dieselbe in dem
Gase nicht wieder. Eine mit Salzsäure aus Kreide entwickelte
Kohlensäure aber, direct ohne Waschung, mit der Quecksilber-
fläche in Berührung gesetzt, wirkte, wenn diese zuvor durch
Stehen an der Luft unbeweglich geworden, belebend auf sie, —
wahrscheinlich durch Wirkung eines Antheils von salzsaurem
Gase, welches den Kolben oberhalb der Flüssigkeit erfüllte und
mit dem Kohlensäuregas übergeführt ward.
Wasserstoffgas verhielt sich eben so indifferent wie rei-
nes Kohlensäuregas. Stundenlang sah der Verf. darin die Quecksil-
berfläche ihre Beweglichkeit behalten, und, wenn sie dieselbe an
der Luft verloren hatte, auch nicht wieder erlangen. Um sicher
ganz reines Wasserstoflgas anzuwenden, bediente er sich eines
elektrolytisch entwickelten.
Hierauf schritt der Verf. zum Sauerstoffgase und zwar
auch hier zur Anwendung eines elektrolytisch dargestellten, weil
er gefunden hatte, dals das aus chlorsaurem Kali bereitete, und
noch mehr das aus einem Gemenge von chlorsaurem Kali und
Manganhyperoxyd gewonnene einen Antheil Chlor enthält, in
Folge dessen es, wenigstens wenn es unmittelbar, ohne Wa-
492
schung und sonstige Reinigung angewandt wird, die Quecksil-
ber-Oberfläche bedeutend angreift. Vom elektrolytischen Sauer-
stoff sah er solchen Angriff nicht, aber dennoch büfste in dem-
selben die Quecksilberfläche ihre Beweglichkeit ein. Das Sau-
erstoffgas wirkte in dieser Beziehung unstreitig rascher als die
atmosphärische Luft, jedoch nicht in solchem Grade wie er wohl
erwartet hatte.
Endlich schien es ihm noch nöthig die Wirkung eines luft-
leeren Raumes zu versuchen. Gern hätte der Verf. zu die-
sem Behufe das Quecksilber in ein Torricellisches Vacuum ver-
setzt, aber die Umständlichkeit des dazu erforderlichen Apparats
hielt ihn davon ab. Er begnügte sich daher mit dem Vacuum,
welches die Handluftpumpe zu liefern im Stande ist, und in der
That erwies sich dieses auch schon als völlig hinreichend. Es
zeigte nämlich eine völlige Indifferenz. Mehr als 12 Stunden
lang behielt darin die Quecksilberfläche ihre volle Beweglich-
keit, in weit höherem Grade als im Wasserstoff- oder Kohlen-
säuregas, zum Theil offenbar in Folge des aufgehobenen Drucks,
wie man diels auch an jedem etwas weiten Barometer zu beob-
achten Gelegenheit hat, wo die Quecksilberfläche des langen
Schenkels schon bei leiser Erschütterung in eine ziemlich anhal-
tende Wellenbewegung geräth, während die im unteren Schen-
kel, auch frisch nach der Füllung, sich relativ unbeweglich ge-
zeigt. Bei der elektromagnetischen Rotation im Vacuo scheinen
die auf der Quecksilberfläche schwimmenden Staubtheilchen oder
Papierfäserchen dieselbe kaum zu berühren, und sie beschreiben
mit grolser Schnelligkeit Curven um den centralen Polardraht,
die von einander unabhängig und keineswegs kreisförmig sind.
Umgekehrt, hat einmal die Quecksilberfläche ihre Beweg-
lichkeit durch Stehen an der Luft oder in Sauerstoffgas verlo-
ren, so erlangt sie dieselbe in Vacuo auch nicht wieder.
Hiemit schlols der Verf. den experimentellen Theil seiner
Untersuchung, da er ihm im Wesentlichen nichts mehr hinzuzu-
fügen hatte. Fragen wir nun, welche Auskunft sie über die in
Rede stehende Erscheinung liefern, so mufs er sich dahin ent-
scheiden, dafs ungeachtet die Oxydirbarkeit des Quecksilbers an
der Luft bei gewöhnlicher Temperatur von den chemischen Au-
toritäten in Abrede gestellt wird und ungeachtet das Zeugniss
453
des Auges ihre Meinung zu unterstützen scheint, dennoch eine
oberflächliche Oxydation des Metalls unter den genannten Um-
ständen statifinde, und folglich eine sehr dünne, für das Auge
unwahrnehmbare Oxyd- oder Oxydulschicht als Ursache der rela-
tiven Unbeweglichkeit der Oberfläche anzunehmen sei.
Dafür spricht, seiner Ansicht nach, die Wirkungslosigkeit
des Wasserstoffgases, der Kohlensäure und des Vacuums. Die
_ Indifferenz des Vacuums scheint auch die Vermuthung von einer
blofsen Absorption des Sauerstoffgases zu widerlegen, da wohl
glaublich ist, dals ein blols absorbirter Sauerstoff im luftleeren
Raum wieder entweichen würde. Das Verhalten im Vacuum un-
terstüzt ferner nicht die Meinung, dafs die Quecksilberfläche an
sich durch irgend einen noch unbekannten Prozels eine Verän-
derung bei Ruhe erleide, denn sonst könnte sie nicht im luftlee-
ren Raum ihre Beweglichkeit behalten.
Die angeführten Versuche lehren freilich, dafs auch andere
Gase, wie Äther- und Ammoniakgas, der Quecksilberfläche ihre
Beweglichkeit zu rauben vermögen, aber an der Luft läfst sich
diese Wirkung nur dem Sauerstoffgas zuschreiben. Dafür möchte
auch der Umstand sprechen, dals es dem Verf. wenigstens nicht
geglückt ist, ein Quecksilber darzustellen, welches nicht, nach-
dem es einige Zeit an der Luft gestanden, beim Durchlaufen
durch eine unten fein durchlöcherte Papiertute ein Kügelchen
mit unreiner Oberfläche zurückgelassen hätte.
Endlich möchte der Verf. auch glauben, dafs die Unbe-
weglichkeit, welche die Quecksilber-Oberfläche bei der elek-
tro-magnetischen Rotation an der Luft, in Sauerstoff-, Ather-,
Ammoniakgas u.s.w. annimmt, mehr von einer erlangten Zähig-
keit herrührt, als von Abnahme des elektrischen Leitungsvermö-
gens. Wenigstens leitet sie immer noch einen Theil des elektri-
schen Stroms, denn oft hat er gesehen, dafs man, nach bereits
eingetretener Uubeweglichkeit, die Oberfläche partiell wieder in
Bewegung setzen kann, wenn man den Magnet von oben her
sehr nähert; es kommen dann die gerade unter ihm befindlichen
Theile wieder zur Rotation, während die seitlichen in Ruhe
verharren. Die belebende Kraft der sauren Dämpfe, von der
er früher sprach, könnte wohl auf Wiederherstellung eines ver-
nichteten oder geschwächten Leitvermögens hindeuten, aber mit
454
der Wirkung der Säuren ist auch eine Zerreilsung der Oxyd-
schicht verknüpft, und getrennte Oxydtheilchen, haben wie ver-
einzelte Staubtheilchen, keinen Einfluss auf die Beweglichkeit der
Quecksilber - Oberfläche.
Die hier besprochenen Erscheinungen werfen ein neues Licht
auf die Unregelmäfsigkeiten, welche der Stand des Quecksilbers in
Haarröhrchen zeigt, Unregelmälsigkeiten, die noch neuerdings von
Frankenheim umständlich erörtert worden sind und zum Theil
ebenfalls von einer Veränderlichkeit der Quecksilberoberfläche an
der Luft hergeleitet werden, freilich nicht von einer Oxydation,
sondern, wie er sich ausdrückt, von der Bildung einer Art Queck-
silbergallerte. Worin auch die Veränderung des Quecksilbers ihren
Grund haben möge, so würde man doch wahrscheinlich in Betreff
der Capillar-Erscheinungen zu constanteren Resultaten gelangen,
wenn man die Beobachtungen künftig im Vacuo oder in einer
Atmosphäre von Wasserstoffgas wiederholen wollte.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
I. Kops en I. E. van der Trappen, Flora Batava. Aflev. 155.
Amsterdam. 4.
Gay-Lussac, Annales de Chimie ei de Physique 1848. Novem-
bre. Paris. 8.
L’Institut. 1. Section. Sciences malhemat., physig. et naturell.
16. Annde, No.767-778. 13. Sept.-29. Nov.
1848. ib. 4.
2. Section. Sciences hist., archeol. et philos. 12. Anne,
No0.151. 152. Juil.- Aoüt 1848. ib. 4.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No.651. 654. Altona
1848. 4.
Kunstblatt 1848. No.57. 58. Stuttg. u. Tüb. 4.
The quarterly Journal of the geological Society. No.16. Nov. 1.
1848. London. 8.
Bulletin de la SocietE de Geographie. 3. Serie. Tome 9. Paris
1848. 8.
Comptes rendus hebdomadaires des seances de l’Academie des
sciences. 4848. 1. Semestre. Tome26. Tables. 2. Semestre.
Tome27. No. 11-20. 11.Sept.-13. Nov. ib. 4.
Es wurde ein Erlafs vom 7. Dec. vorgelesen, in welchem
Ihre Majestät die Königin der Akademie für den Glückwunsch
zur Feier ihrer silbernen Hochzeit und für die zu diesem Tage
455
überreichte Denkmünze mit dem Bildnifs der ersten Königin von
Preufsen dankt.
Es wurde beschlossen, künftig der im Jahre 1847 zu Ma-
drid gestifteten Real Academia de ciencias exactas, fisicas y na-
Zurales die Abhandlungen der physikalisch-mathematischen Klasse
zu übersenden, da die ältere historische Akademie zu Madrid die
Abhandlungen der philosophisch - historischen Klasse empfange.
Es wurden folgende Schreiben vorgelegt, welche den Dank
für die Zusendung der akademischen Schriften enthalten:
1. Ein Schreiben des Institut de France, academie des scien-
ces vom 9. Oct.
2. Der geological society of London vom 2. Nov.
3. Des vorgeordn. Ministers Excellenz Hrn. v. Ladenberg v.7. Dec.
21. December. Gesammtsitzung der Akademie.
Hr. H. Rose las über die unorganischen Bestand-
theile in den organischen Körpern.
In neuern Zeiten hat man, besonders durch Liebig’s Bemü-
hungen angeregt, den unorganischen Bestandtheilen in den orga-
nischen Körpern mehr Aufmerksamkeit als früher geschenkt, und
vielfältig die Asche der Pflanzen und der thierischen Substanzen
untersucht. Diese Untersuchungen hatten aber mehr einen tech-
nischen Zweck, und gewöhnlich hat man nur das relative Ver-
hältnils der unorganischen Bestandtheile in der Asche bestimmt,
aber nie hat man sich ernstlich mit der ziemlich nahe liegenden
Frage beschäftigt: auf welche Weise sind die unorganischen Sub-
stanzen mit den organischen verbunden?
Vor einiger Zeit suchte der Verfasser zu zeigen (Monats-
bericht der Akad. der Wissenschaften 1847. S. 67.), dals wenn
man einen organischen Körper beim Ausschlufs der Luft durch
ein nicht zu starkes Erhitzen verkohlt, die unorganischen Bestand-
theile sich zwar zum Theil durch die gewöhnlichen Auflösungs-
mittel der unorganischen Salze, Wasser und Chlorwasserstoff-
säure ausziehen lassen, dafs aber ein Theil, und zwar oft der
grölste Tbeil in der Kohle einiger organischer Substanzen in
einem Zustande enthalten ist, dals er sich der Auflösung in Was-
ser und in Chlorwasserstoffsäure gänzlich entzieht, und nur durch
Verbrennen der Kohle in Sauerstoffgas oder in atmosphärischer
456
Luft dargestellt werden kann. Offenbar ist dieser Theil der un-
organischen Substanzen nicht so, wie man ihn nach der Ver-
brennung erhält, in der organischen Substanz, und auch nicht in
der Kohle derselben enthalten gewesen, sondern er ist erst durch
Oxydation gebildet worden.
Fernere Untersuchungen, die in dem Laboratorium des Ver-
fassers angestellt wurden, haben diese Ansicht bestätigt. Es wur-
den in vielen organischen Substanzen die unorganischen Bestand-
theile von dem Gesichtspunkt aus bestimmt, dafs die von ihnen,
welche im organischen Körper schon fertig gebildet enthalten
sind, von denen getrennt wurden, die in einem nicht oder min-
der oxydirten Zustande in demselben vorhanden sein müssen.
Wenn man den ganzen Procels, wie die Pflanzen und die
Thiere die erhaltenen unorganischen Substanzen assimiliren, nä-
her verfolgt, so scheint sich zu ergeben, dals dies bei beiden
auf eine entgegengesetzte Art und Weise geschieht.
Die unorganischen Bestandtheile in den Pflanzen.
Die Pflanzen erhalten die unorganischen Bestandtheile durch
die Wurzel, welche sie dem Boden entnimmt. Dieser enthält
dieselben entweder schon unter seinen Bestandtheilen, oder sie
werden ihm durch einen geeigneten Dünger zugeführt. In bei-
den Fällen sind diese unorganischen Bestandtheile im möglichst
oxydirten Zustande.
Während des Wachsthums der Pflanze findet in derselben
ein Desoxydationsprocels statt. Die grünen Theile entwickeln
durch den Einfluls des Sonnenlichts bekanntlich Sauerstoffgas.
Wenn sie auch nur die Kohlensäure der Luft zersetzen, so as-
similiren sie doch den Kohlenstoff derselben, wodurch nach und
nach die Masse desselben gegen die des Sauerstoffs in der Pflanze
bedeutender wird. An diesem Desoxydationsprocesse nehmen alle
Theile der Pflanze Antheil, welche mit den grünen Theilen der-
selben in Berührung stehen, so lange dieselbe im Zustand des
Wachsens ist, und die grünen Theile ihre grüne Farbe noch
nicht verloren haben.
Wenn man nun findet, dals in den Pflanzen ein Theil der
durch die Wurzel aufgenommenen unorganischen Bestandtheile
in einem desoxydirten Zustande enthalten ist, in welchem er,
457
wenigstens nach der Verkohlung der Pflanzen, in den gewöhnli-
chen Auflösungsmitteln der unorganischen Salze, dem Wasser
und der Chlorwasserstoffsäure, unlöslich ist und dafs dieser
Theil sich erst durch Oxydation wieder in ähnliche Salze ver-
wandelt, wie sie von der Wurzel aus dem Boden aufgenommen
sind, so ist zu vermuthen, dals die Menge der desoxydirten un-
organischen Bestandtheile in denjenigen Theilen der Pflanze ge-
ring sein muls, die in näherer Berührung mit dem Boden ste-
hen, in denen also die Oxydation der Pflanzentheile und also
auch die der unorganischen Salze erst angefangen hat. Jene
Menge muls aber um so grölser in den Theilen der Pflanze sein,
deren Entstehung die längste Zeit erfordert hat, und nach deren
Bildung viele, die jährigen Pflanzen gänzlich, absterben. Das
Verhältnifs also der nicht desoxydirten zu den desoxydirten un-
organischen Bestandtheilen in den Pflanzen mufs also sehr ver-
schieden sein in dem Kraute und in dem Samen.
Diese Vermuthung ist durch das Experiment auf das voll-
ständigste bestätigt worden.
Herr Weber hat die unorganischen Bestandtheile in den Erb-
sen und in dem Erbsenstroh, so wie die in dem Rapssaamen und
in dem Rapsstroh untersucht.
Die unorganischen Salze, welche Wasser und Chlorwasser-
stoffsäure aus dem verkohlten Erbsenstroh auszog, betrugen an
Quantität 13 mal mehr als die, welche durch Verbrennung der
durch Auflösungsmittel erschöpften Kohle erhalten wurden. Aber
diese Asche enthält mehr als die Hälfte ihres Gewichts an Kie-
selsäure, welche schon als solche im oxydirten Zustande in der
lebenden Pflanze existirte, und nur durch ihre Unauflöslichkeit
in den Auflösungsmitteln erst nach Verbrennnng der Kohle er-
halten werden konnte. Berücksichtigt man diesen Umstand, so
ist die Menge der oxydirten Bestandtheile im Erbsenstroh 30 mal
grölser als die, welche durch das Verbrennen der erschöpften
Kohle erzeugt wird.
Aus den verkohblten Erbsen hingegen lösen Wasser und
Chlorwasserstoffsäure weniger unorganische Bestandtheile auf, als
durch Verbrennung der durch Auflösungsmittel erschöpften Kohle
erzeugt werden. Die Menge derselben ist weit beträchtlicher;
aber das Verhältnis letzterer zu den ersteren wird noch auffal-
458
lender, wenn man bedenkt, dafs der Hauptbestandtheil der Salze
im wässerigen Auszuge der verkohlten Masse aus alkalischen Chlor-
metallen besteht, die in der verkohlten Masse des Erbsenstrohs
nur in geringer Menge enthalten sind. Die alkalischen Chlor-
metalle aber sind nicht desoxydirt worden, sondern als solche
schon vorhanden gewesen und in dem Saamen nur concentrirt
worden.
Die durch Wasser und Chlorwasserstoffsäure erschöpfte Kohle
der organischen Substanzen erzeugt durchs Verbrennen eine grolse
Menge von phosphorsauren Salzen, und zwar solche, die, wären
sie, als solche fertig gebildet in. der verkohlten Pflanzensubstanz
enthalten, sich im Wasser und der Chlorwasserstoffsäure hätten
auflösen müssen. Die verkohlte Masse enthält ferner noch nicht
unbedeutende Mengen von Stickstoff. Wenn der Phosphor im
nicht oxydirten Zustande vorhanden gewesen ist, so ist es am
wahrscheinlichsten, dafs er mit Kohlenstoff und Stickstoff zusam-
mengesetzte Radicale, ähnlich dem Cyan oder dem Schwefelcyan
bildete, die mit den Metallen der in der Asche enthaltenen ba-
sischen Oxyde verbunden waren.
In dem Maalse also, als der Desoxydationsprocels in der
lebenden Pflanze fortschreitet, verwandeln sich wahrscheinlich
die phosphorsauren Salze, welche durch die Wurzel dem Bo-
den entnommen worden sind, in nicht oxydirte Verbindungen,
aus zusammengesetzten, jedenfalls Phosphor enthaltenden Radi-
calen mit Metallen der Alkalien und Erden bestehend. Diese
müssen in der grölsten Menge in den Pflanzentheilen enthalten
sein, die aus Stoffen gebildet sind, welche dem Desoxydations-
procels am längsten ausgesetzt waren, und dies sind offenbar die
Saamen der Pflanzen, die am spätesten sich erzeugen, und mit
deren Erzeugung das Leben sehr vieler .Pflanzen gänzlich aufhört.
Hierbei drängt sich eine Frage auf, die noch nicht genü-
gend beantwortet werden kann. Wenn wirklich jene Verbindun-
gen in gewissen Pflanzentheilen existiren, welche Veränderungen
erleiden sie, wenn der Pflanzentheil beim Ausschlufs der Luft
verkoblt wird, wenn also alle organische Substanz zerstört, “und
der Zusammenhang, in welchem sie vielleicht zu jenen Verbin-
dungen stand, aufgehoben wird? So lange wir nichts Gewisses
von der Existenz dieser Verbindungen wissen, können wir auch
459
nicht mit Sicherheit über die Veränderungen urtheilen, die sie
durch erhöhte Temperatur erleiden. Es ist aber möglich, we-
nigstens nicht unwahrscheinlich, dals sie sich auf ähnliche Weise
bei erhöhter, aber nicht zu hoher Temperatur verhalten mögen,
wie die Cyanmetalle, wenn diese durchs Erhitzen in Paracyan-
metalle übergehen.
Es ist bekannt, dafs nur die meisten, aber nicht alle im
Wasser unlöslichen unorganischen Salze in Chlorwasserstoffsäure
löslich sind. Aber die in dieser Säure unlöslichen Salze finden
sich gewils nur höchst selten in den vegetabilischen und ani-
malischen Substanzen.
Es ist hier aber das merkwürdige Vorkommen der Kiesel-
säure in den Vegetabilien, namentlich in den Stengeln der Grä-
ser und der Equisetaceen zu erwähnen. Offenbar wird die Kie-
selsäure aus dem Boden als Silicat aufgenommen. Aus diesem
Silicate wird sie aber abgeschieden, und diese abgeschiedene
Kieselsäure bildet die Hauptmasse des Stengels bei mehreren
Species von Equisetum und der Gräser. Sie ist natürlich als
völlig oxydirte Kieselsäure in demselben enthalten, aber wegen
ihrer Unlöslichkeit im Wasser und in Chlorwasserstoffsäure fin-
det man sie grölstentheils in der durch Wasser und Säuren er-
schöpften Masse der verkohlten Substanz.
Wenn man daher die Mengen der unorganischen Substan-
zen vergleicht, welche Saamen und Stengel von Gräsern in den
wälsrigen und chlorwasserstoffsauren Auszügen der verkohlten Sub-
stanzen, und beim Verbrennen der Kohle liefern, so findet man, dafs
im Widerspruch mit dem oben Erörterten die ausgelaugte Kohle
des Strohs bei weitem mehr feuerbeständige Substanzen giebt, als
die der Saamen. Aber dieser Widerspruch ist nur ein schein-
barer, weil die nach dem Verbrennen der Kohle des Strohs er-
haltenen Substanzen fast nur aus Kieselsäure bestehen.
Der Verfasser nennt die organischen Substanzen, deren un-
organische Bestandtheile in einem ganz oxydirten Zustande ent-
halten sind, teleoxydische Körper. Sind aber die unorga-
nischen Bestandtheile theilweise in einem desoxydirten und theil-
weise im oxydirten Zustande, so sind dies meroxydische Kör-
per. Man kann z. B. das Erbsenstroh und Rapsstroh und selbst
auch das Weitzenstroh fast teleoxydische Substanzen nennen,
460
während die Erbsen, der Raps und der Weitzen meroxydische
sind. Ganz anoxydische Körper hat der Verfasser noch nicht,
weder bei der Untersuchung der vegetabilischen, noch bei der
der animalischen Stoffe angetroffen.
Die unorganischen Bestandtheile in den Thieren.
Die Thiere erhalten die unorganischen Bestandtheile, welche
die verschiedenen Theile ihres Körpers enthalten, durch die Nah-
rung. Diese wird aber bei ihnen auf eine ganz andere Art as-
similirt, als bei den Pflanzen. Während bei diesen im Allge-
meinen ein Desoxydationsprocels statt findet, welchem auch die
dem Boden entnommenen unorganischen Substanzen unterworfen
werden, erleiden bei den Thieren die Nahrungsmittel durch den
eingeathmeten Sauerstoff eine Oxydation. Sie werden erst in
Blut verwandelt, und dieses allen Theilen des Körpers zugeführt,
wo Ergänzung statt finden mufs. Durch die Oxydation der Nah-
rungsmittel oder vielmehr der durch dieselben erzeugten Stoffe
wird die erhöhte Temperatur des thierischen Körpers hervorge-
bracht, und da diese eine ziemlich gleichförmige ist, so geschieht
auch wohl die Oxydation eben so gleichförmig in den verschie-
denen Theilen des Körpers.
An der Oxydation- nehmen aber nicht blofs die Theile des
Körpers Theil, die nur aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Stickstoff
und Sauerstoff bestehen, sondern unstreitig auch jene Verbindun-
gen der hypothetischen phosphorhaltigen Radicale mit Metallen,
welche die nicht fleischfressenden Thiere aus den meroxydischen
Substanzen der vegetabilischen Nahrungsmittel erhalten. Der
Theil von ihnen, welcher nicht zur Ergänzung des Körpers ver-
wandt wird, wird oxydirt, und dasselbe geschieht auch mit den
Theilen vom Körper, die ergänzt werden. Indem der Kohlen-
stoff dieser Verbindungen als Kohlensäure ausgeathmet, und der
Stickstoff in Ammoniak verwandelt wird, oxydirt sich der Phos-
phor zu Phosphorsäure, und die mit Radicalen verbundenen Me-
talle zu Oxyden. Je länger die Stoffe der Oxydation ausgesetzt
gewesen sind, um so vollständiger sind phosphorsaure Metall-
oxyde gebildet worden.
‚Aus dieser Schlufsfolgerung muls sich ergeben, dafs der Stoff,
der zuerst durch die Nahrungsmittel gebildet worden ist, das Blut,
461
aus welchem die übrigen Theile des Körpers ergänzt werden,
zwar schon vollständig oxydirte Salze enthalten kann, da er aus
meroxydischen Körpern gebildet worden ist, aber auch noch viel
von jenen Verbindungen der hypothetischen Radicale mit Metal-
len enthalten mufs. Etwas Ähnliches wird bei dem Fleische statt
finden, dessen Zusammensetzung der der Bestandtheile des Bluts
zwar ähnlich ist, aber da es sich aus dem Blute bildet, wohl
mehr oxydirte unorganische Salze und weniger der desoxydirten
enthalten muls, als das Blut. Wenn aber dann die Oxydation
noch länger fortdauert, so müssen endlich die durch den einge-
athmeten Sauerstoff vollkommen oxydirten unorganischen Be-
standtheile, da sie im Körper keine Anwendung mehr finden, aus
demselben entfernt werden. Und so sehen wir auch in der That,
dafs in den flüssigen und festen Excerementen die unorganischen Be-
standtheile in einem vollkommen oxydirten Zustand enthalten sind.
Die Untersuchungen über die unorganischen Bestandtheile
im Blute, im Fleisch und in den Excrementen, die in dem
Laboratorium des Verfassers durch die Herrn Weber, Merk und
Fleitmann angestellt worden sind, haben diese Vermuthungen auf
das Vollständigste bestätigt. Es geht aus ihnen hervor, dafs Blut
und Fleisch meroxydische, die Excremente aber vollkommen tele-
oxydische Substanzen sind.
Es ist interessant, die unorganischen Bestandtheile in den
übrigen Theilen des thierischen Körpers zu untersuchen.
Man weils, dafs man durch verdünnte Chlorwasserstoffsäure
die unorganischen Bestandtheile aus den Knochen ausziehen
kann, so dals der Knorpel rein zurückbleibt. Auch wenn diesel-
ben beim Ausschlufs der Luft geglüht worden sind, so löst Chlor-
wasserstoffsäure die unorganischen Salze auf. Es ist bekannt,
dals man das sogenannte Beinschwarz auf diese Weise zersetzen
kann. Die Knochen enthalten also, wie die flüssigen und festen
Excremente die grolse Masse der unorganischen Salze im völlig
oxydirten Zustande, und gehören vollkommen zu den teleoxy-
dischen Substanzen.
Auch die Galle (Ochsengalle) ist nach den Untersuchungen
des Herrn Weidenbusch eine ganz teleoxydische Substanz, indem
nach der Verkohlung derselben fast alle unorganische Bestandtheile
sich durch Wasser und durch Chlorwasserstoffsäure ausziehen lassen.
462
Die Milch (Kuhmilch) unterscheidet sich wesentlich von den
flüssigen Excrementen. Denn sie ist nach den Untersuchungen des
Herrn Weber eine meroxydische Substanz.
In den Eiern (Hühnereiern) gehört nach den Versuchen des
Herrn Poleck das Eigelb zu den meroxydischen Substanzen; das Ei-.
weils hingegen kann fast zu den teleoxydischen gerechnet werden.
Hr. Ehrenberg tbheilt der Akademie mit, dals es ihm
gelungen ist, die Monas prodigiosa oder die Erscheinung des so-
genannten Blutes im Brode während ihrer stärksten und reinsten
Intensität zu beliebiger Aufbewahrung unverändert zu fixiren und
zeigte wohlerhaltene characteristische Proben davon vor.
An eingegangenen Schriften wurden vorgelegt:
Carl Friedr. Naumann, Lehrbuch der Geognosie. Bd.1. Abth.1.
oder Bogen 1-20. Leipzig 1849. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d. d. Leipzig d. 14. Dec.
d.J.
E. Gerhard, archäologische Zeitung. Neue Folge. Lief.7. Juli-
Sept. 1848. Berlin 1848. 4.
mit einem Begleitungsschreiben des Verf. d.d. Berlin d. 19. Dee. d.J.
Revue archeologique. 5. Annee. Livr.8. 15.Nov. Paris 1848. 8.
Schumacher, astronomische Nachrichten. No.656. Altona 1848. 4.
Kunstblatt 1848. No.59. Stuttg. u. Tüb. 4.
(C. Cavedoni) Annotazioni al corpus inscriptionum graecarum
che si pubblica dalla R. Accademia di Berlino. Modena
1848. 8.
Neues Jahrbuch der Berlinischen Gesellschaft für Deutsche Sprache
und Alterihumskunde, herausgegeben von Fried. Heinr. von der
Hagen. Bd.$. Berlin 1848. 8.
mit einem Begleitungsschreiben des Hrn. v. d. Hagen v. 21. d. M.
Aufserdem wurde vorgetragen:
1. Die Anzeige der Baronin von Berzelius von Berzelius Able-
ben im 69. Jahre seines Alters am 7. Aug. d. J., datirt
Stockholm 15. Sept. 1848.
2. Die Ministerialverfügung von 13. d. M., wonach dem An-
irage der Akademie gemäls die Summe von 300 Rthlrn. für
die Herausgabe der akademischen Sternkarten aus den Fonds
der Akademie angewiesen wird.
IIANN ON
Namen -Register.
Bekker, Bericht üb. d. Abschrift des altfranzös. Romans v. Meraugis de
Porlesguez, 79. — Vond.Optativ auf oıv, der Il. 21. 463 u. Od. 20. 383
herzustellen sein dürfte, 261.
Berzelius, Tod, 345.
Beyrich, Üb. Xenacanthus Decheni u. Holacanthodes gracilis, Fische aus
d. Formation des Rothliegenden in Nord-Deutschland, 24.
Böckh, Neue Bearbeitg. d. Attischen Tributregister, 79.
Bopp, Üb. das Altpersische Schrift- und Lautsystem, 132. — Partieipial-
bildung d. indoeuropäischen Sprachen, 319.
Brogniart, Alex., Tod, 76.
v. Buch, Üb. d. Ceratiten, 70.
Crelle, Untersuch. zur weitern Entwickelung der Theorie der Dampfma-
schine, 171.
Dieterici, Vertheil. d. Bevölkerung nach Alter u. Geschlecht im Preufs.
Staat, 37,— in Mittel-Europa u. d. nordamerik. Freistaaten, 210. 278.
Dirichlet, Le Jeune-, Üb. d. Reduction d. positiven quadrat. Formen mit
drei unbestimmten ganzen Zahlen, 285.
Dirksen, E. H., Zur Transformation v. =0(1—2kcosy—+k?) ır&
in bestimmte Integrale, 120. — Zur Theorie d. Transformat. d. Funk-
tionen in Gränzen v. Summenreihen, 152,
Dirksen, H.E., Beiträge zur Auslegung einzelner Stellen in den- Kaiser-
biographien desSueton, 319. — Üb.d. Ehegelöbnisse nach d. Bestimm.
einzelner Ortsrechte im Bereich d. römischen Herrschaft, 388.
Dove, Üb. d. Isothermen des Januar u. Juli u. ihre Übergänge in. d. Zwi-
schenmonaten, 389. — Einfluls d. Windesrichtung auf d. Temperatur
eines der freien Ausstrahlung u. d. Insolation ausgesetzten Bodens u.
seiner Pflanzendecke, 435.
Dubois-Reymond, Neue Thatsachen üb. Thierelektrieität, 362.
1 1 *x*
‘
464
Ehrenberg, Mikroskop. Organismen im Magen eines peruan. Fisches, 3. —
Charakterist. d. kieselschaligen Polygastern - Gatt. Hemiptychus u. En-
topyla, 5. — Bericht üb. drei neue Infusorien -Biolithe d. Braunkohle
d. mittleren Deutschlands, 8. — Infusorien im Bernstein, 17. — Des
Grafen Suminski Entdeck. der Befruchtung d. Farrnkräuter, 18. — Un-
tersuch. des mit d. rothen Schnee im Puster- u. Gasteiner- Thal vor-
gekomm. rothen Staubregens, 65. — Rede zur Gedächtnifsfeier Frie-
drich’s II. u. Mittheil. neuer Ergebnisse d. mikroskop. Forschung üb.
den Passatstaub, 74. — Bericht üb. d. Meteorstaubfall am 31. Jan. d.
J. in Schlesien, Wien u. Salzburg, 107. 195. — Neue mikrosk. Orga-
nismen auf d. Bäumen d. Urwaldes in Süd- Amerika, 213. — Üb. d.
Ampo genannte elsbare Erde v. Samarang auf Java, 220. — Mikroskop.
Organismen in d. heilsen Quelle des Rio Taenta in Mosambik, 225, —
in einer Wasserprobe des Niger, 227. — Zwei neue Genera in d. Früh-
lingsgewässer bei Berlin als grüne Wasserfärbung, 233. — Anwend.
des polarisirten Lichts zur mikroskop. Auffassung des Organischen u.
Anorganischen, 238. — Die einfache Lichtbrech. d. Hefe bei polarisirt.
Licht gleich der der Schimmelbild., 290. — Zusammenstell. der in d.
Atmosphäre getragenen kleinsten Organismen, 325. 349. 370. — Nach-
weis, dals d. Prodigium d, Bluts in Brod u. Speisen hervorgebracht ist,
durch ein monadenart. Thier, 349. 354. 384. 462. — Untersuchungen
d. Luft auf Organismen mittelst Leitung derselben durch destillirtes
Wasser, 440. — Fixirung u. Aufbewahrung d. Purpur Monade, 462.
Encke, Bestimm. d. Planetenbahnen aus geocentr. Beobachtungen, 60. —
Üb. d. Mikrometer v. Amici, 76. — Bericht üb. d. diesjährige Wieder-
erscheinung d. Pons’schen Cumeten, 193. — Elemente des neu ent-
deckten Planeten Metis, 210. — Rede zur Geburtstagsfeier Sr. Maj. d.
Königs, 348.
Ewald, Menaspis, eine neue fossile Fischgatt., 33.
Finn Magnussen. Tod, 76.
Geijer, Tod, 76. h
Gerhard, Üb. d. Gott Eros. 281.
Gerhardt, Entdeck. d. Differenzialrechn. durch Leibniz, 278.
Grimm, J., Bemerk. zu Munch’s Erklärung d. Inschrift auf dem bei Ton-
dern gefund. goldenen Horn, 57. — Üb. d. Geschenk im Alterthum,
349. ;
Grotefend, Bemerk. üb. babylon. Keilschrift, 318.
Hagen, Üb. d. vermeintliche Abnahme d. Wasserstandes in den Haupt-
strömen Deutschlands, und die mittleren jährlichen Wasserstände des
Rheins, 316.
465
Hoffmann, Tod, 75.
Jacobi, Üb. quadrat. Formen u. hyperellipt. Functionen, 384. 414.
Jacobi, Tod, 76.
Karsten, Gegenseit. Beziehungen v. Anhydrit, Steinsalz u. Dolomit in
ihrem natürl. Vorkommen, 129. — Verhältnisse, unter denen d. Gips-
massen zu Lüneburg, Lübtheen u. Segeberg zu Tage treten, 130.
Klug, Üb. die Australien eigenthüml. Lepidopterengatt. Synemon, 230.
Kunth, Üb. d. Smilaceen, 207. — d. Familie d. Dioscorineen, 275.
Lilienstern, Rühle v., Tod, 76.
v. Linde, Tod, 76.
Link, Entwurf eines phytolog. Pflanzensystems, 101.
Magnussen, Finn, Tod, 76.
Meineke. Üb. d. Quellen u. Interpolationen des Stephanus von Byzanz,
210. 319.
Mitscherlich, Üb. d. Lichtbrech. durch d. Wärme, 309.
‘Müller, Metamorphose d. Echinodermen, 284.
Munch, Erklär. d. Inschrift auf dem unweit Tondern 1734 gefund. gol-
denen Horn, 39. f
Neander, Verhältnils d. ethischen Principien d. Plotinos zu denen des
Platon u. Aristoteles, 171.
Osten v., s. Prokesch.
Panofka, Üb. eine Volcenter Amphora, d. Entführung der Korone dar-
stellend, u. den Trophonioskultus in Rhegium, 90. — Üb. die Namen
der Vasenbildner in Bezug zu ihren bildlichen Darstellungen, 3383. —
Der Vasenbildner Pamphaios, 431. ö
Pertz, Üb. d. Heldengedicht v. König Heinrich IV. Sachsenkriegen, 132.
Poggendorff, Üb. d. angeblichen Hydrüre d. Silbers u. einiger anderen
Metalle, 249. — Üb. d. Färbung d. Wismuths auf galvan. Wege, 276.
— Verhalten des Quecksilbers bei seiner elektromagnet. Rotation, 442.
Poggendorff u. Weber, Versuche zur Hervorruf. des Diamagnetismus
durch alleinige Wirkungen .des galvan. Stroms, 319.
Prokesch v. Osten, die Münzen Athens, 170. — Verzeichnifs d. in sei-
ner Sammlung befindl. europäisch - griech. Münzen, 319. 418.
Rammelsberg, Untersuch. d. Salze des Lithions, 385.
Ranke, Glaubwürdigk. d. Memoiren der Markgräfin Friederike Wilhel-
mine v. Baireuth, 272.
| v. Raumer, Austritt aus d. Akademie, 75.
Remak, Funktion u. Entwickelung des obern Keimblatts im Ei der Wir-
belthiere, 362.
Ritter, Üb. d. älteste Dattelcultur, 280.
466
Rose G., Chem. Zusammensetz. des Magnetkieses, 105. — Üb. Quecksil-
bererze v. Burg Hohen-Solms bei Wetzlar, 309. — Üb. d. Isomorphie
v. Schwefel u. Arsenik, 432.
Rose H., Neue quantitative Bestimm. des Arseniks, Antimons und Zinns,
36. — Specif. Gew. der Pelopsäure, 87. — Spec. Gew. d Tantalsäure,
161. — der Thonerde, Beryllerde, Magnesia u. d. Eisenoxyds, 165. —
Anwend. d. Salmiaks in d. analytischen Chemie, 200. — Üb,. d. iso-
meren Zustände d. Zinnoxyds, 261. — Quantitative Bestimm, d. Mo-
Iybdänsäure, 288. — Vorkommen des Quecksilbers in Tyrol, 316. —
Quantit. Bestimm. d. Wolframsäure u. Verbind. d. Wolframs, 347. —
Die isomeren Modificationen d. Phosphorsäure, 409. — Üb. d. unor-
gan. Bestandtheile der organ. Körper. 455.
Rühlev.Lilienstern, Tod, 76.
v.Schelling, Ursprüngliche Bedeut. d. dialektischen Methode, 279.
Schwartze, Bericht üb. seine koptischen Bestrebungen in England, 99.
Steiner, Allgemeine Eigenschaften d. algebraischen Curven, 310.
v.Suminski, Graf, Entdeck. d. Befruchtung der Farrnkräuter, 18.
Trendelenburg, Üb. d. letzten Unterschied d. philosoph. Systeme, 75.
— Rede zur Feier d. Leibniz’schen Jahrestags, 278. 291.
Webeı W., s. Poggendorff.
Weidenbusch, Anal. eines quecksilberhalt. Fahlerzes aus Tyrol, 316.
Werther, Verbind. d. Phosphorsäure u. Arseniksäure mit Uranoxyd, 230.
Wheaton, Tod, 207.
u A ne ee ee De see u
Sach -Register.
Altpersisches Schrift- u. Lautsystem, 132,
Ampo (Ambo), efsbare Erde v. Samarang auf Java, ihre geognost. Lage-
rung u. organ. Mischung, 220.
Anhydrit, s. Geologie.
Antimon, Quantitative Bestimmung dess. durch Chlorammonium, 36. s.
Hydrür.
Archäologie, Entziffer. der Inschrift auf d. bei Gallehuus unweit Ton-
dern i. J. 1734 gefund. goldenen Horn, 39. 57. — Neue Bearbeit. der
Attischen Tributregister, 79. — Beschreib. u. Erklär. einer Volcenter
Amphora, die Entführung der Korone darstellend, 90. — Die Münzen
Athens, 170. — Verzeichnils griechisch - europ. Münzen aus d. Samml.
d. Freih. Prokesch v. Osten, 319. 418. — Bemerk. zur Inschrift eines
Thongefälses mit babylon. Keilschrift, 318. — Üb, das Geschenk im
Alterthum, 349. — Üb. d. Namen d. Vasenbildner zu ihren bildlichen
Darstellungen, 383. — Üb, d. Vasenbildner Pamphaios, 431, s. Eros.
Trophonios.
Arsenik, Quantitative Bestimm. dess. durch Chlorammonium, 36. — Die
Isomorphie mit Schwefel noch nicht erwiesen, 432.
Arseniksäure, Quantit. Bestimm. derselb. durch Uranoxyd, 232.
Asche. Die unorgan. Bestandtheile d. organ. Körper zerfallen in oxydirte
u. desoxydirte, 455. — In d. Pflanzen erleiden d. unorgan. Körper einen
Desoxydationsprocels, 456 — in d. Thieren eine Oxydation, 460.
Astronomie, Bestimm. d. Planetenbahnen aus geocentr. Beobachtungen,
60. S. Cometen, Metis.
Athen, Münzen daselbst, 170.
Atmosphäre, Staub darin, s. Mikroskop. Organismen.
Bernstein, Infusorien darin, 15.
Beryllerde, Specif. Gewicht, 166.
4685
Biographieen, s. Suetonius.
Blut, die vermeintl. Verwandlung v. Brod u. andern Speisen in Blut her-
rührend v. einem seither unbekannteri monadenart. 'Thier, 349.
Botanik, Bemerk. üb. d. Wimperbeweg. bei Pflanzensamen un, die soge-
nannten Spermatozoen der Pflanzen, 20. — Entwurf eines phytolog.
Pflanzensystems, 101. — Bemerk. über die Familie der Smilacineen,
207. — Charakteristik d. Dioscorineen, 275. — Älteste Dattelcultur,
280; s. Farrnkräuter.
Ceratiten aus d. Muschelkalk, 10.
Chalkolith, gleich zusammengesetzt mit Uranit, 233.
Chemie, Anwend. d. Salmiaks in d. analytischen Ch., 200; s. Antimon,
Arsenik, Asche, Lithion, Molybdäns., Uranoxyd, \Wolframs., Zinn.
Chlorammonium, Anwend. in d. analyt. Chemie, namentlich bei Salzen
mit metall. Säuren, 200.
Cholera-Atmosphäre erläutert, 325. 370.
Comet, Bestimm. d. Elemente des Pons’schen C. bei seiner diesjährigen
Wiedererscheinung, 193.
Dampfmaschine, Beiträge zur Theorie derselben, namentlich über das
Schwungrad u. d. Absperrung, 171. — Üb. d. Zuführung der zur Ver-
brenn. nöthigen Luft, insbesondere bei Dampfwagen, 185.
Dattelcultur, älteste, 280,
Diamagnetismus, Versuche zur Hervorbring. dess. durch alleinige Wir-
kung d. galvan. Stromes, 319,
Dioscorineen, Charakteristik derselb., 275.
Dolomit, s. Geologie. ö
Echinodermen, Metamorphose derselb., 284.
Ehegelöbnisse, s. Jurisprudenz.
Eisenoxyd, Specif. Gewicht, 169.
Elektrieität, Erreg. derselb. in Muskeln u. Nerven, 362. — Elektroma-
guet. Rotation des Quecksilbers, 442. — Die Verfestig. der Oberfläche
dabei v. Oxydation herrührend, 453; s. Hydrür.
Eros, Begriff, Cultus u. Götterverwandtschaft dess., 281.
Fahlerz, Grolser Quecksilbergehalt eines F. v. Schwatz in Tyrol, 316.
Farrnkräuter, Befrucht. und Entwickelung derselben, 19, 22. — Die F.
phanerogamische monokotyledon. Pilanzen, 24.
Geologie, Gegenseit. Beziehungen zwischen Anhydrit, Steinsalz u. Dolo-
mit, 129. — Verhältnisse, unter welchen d. Gypsmassen zu Lüneburg,
Segeberg u. Lübtheen zu Tage treten, 130; s. Ceratiten, Holacanthodes,
Menaspis, Xenacanthus.
Geschenk im Alterthum, 349.
469
Gewicht, specifisches, v. Pelopsäure, 87; v. Tantalsäure, 161; 'Thonerde
165; Beryllerde, 166; Magnesia, 168; Eisenoxyd. 169.
Gyps, s. Geologie.
Handschriften, Bemerk. über koptische H., namentlich über die Pistis
Sophia, 99.
Hefe, die Lichtbrech. der H. bei polarisirt. Licht gleich der der Schimmel-
bildung, 290.
Heinrich IV., s. Heldengedicht.
Heldengedicht v. König Heinrich IV. Sachsenkriegen, 132.
Holacanthodes gracilis, aus der Formation des Rothliegenden in Nord-
Deutschland, 24.
Horn, goldenes, s. Archäologie.
Hydrür, Die auf galvan. Wege angebl. erhaltenen Hydrüre sind fein ver-
theilte Metalle, nur Kupfer giebt ein schwarzbraunes H., 249. 260.
Inschriften, s. Archäologie.
Insolation, s. Meteorologie.
Isomorphie v. Schwefel u. Arsenik noch nicht erwiesen, 432.
Isothermen, s. Meteorologie.
Jurisprudenz, Bestimm. einzelner Ortsrechte im Bereich d. röm. Herr-
schaft üb. Ehegelöbnisse, 388.
Keimplatte, s. Physiologie.
Koptische Handschriften in England, 99.
Kupferhydrür auf galvan. Wege, 260.
Licht, Einflufsreiche Anwendung d. chrom. polarisirten Lichts für d. mi-
krosk. Auffass. des Organischen u. Unorgan., 238. — Lichtbrech. durch
d. Wärme, 309. — Die Lichtbrech. d. Hefe bei polarisirt. Licht gleich
der d. Schimmel, 290. — Lichtbild, schönstes, 244. — im Hirnsande, 378.
Lithion, Lithionalaun existirt nicht, 386. — Phesphorsaures Lith. in ver-
schied. Sättigungsstufen, 386.
Magnesia, Specif. Gewicht, 168.
Magnetkies, Chem. Zusammensetz., 105.
Mathematik, Transformation v. i=0(1—2kcosy-+ k?) —% in be-
stimmte Integrale, 120. — 'T’'heorie d. Transformat. der Funktionen in
Gränzen v. Summenreihen, 152. — Entdeck. der Differenzialrechnung
durch Leibniz, 278. — Reduction d. positiven quadrat. Formen mit drei
unbestimmten ganzen Zahlen, 285. — Über quadrat. Formen u. hyper-
elliptische Funktionen, 384. 414. — Allgemeine Eigenschaften d. al-
gebraischen Curven, 310.
Memoiren d. Markgräfin Friederike Wilhelmine v. Baireuth, Glaubwür-
digk. derselb., 272.
470
Menaspis, Neue fossile Fischgatt. v. Harz, 33.
Mer
augis de Porlesguez, Abschrift dieses altfranz. Romans, 79.
Meteorologie, Lage u. Gestalt J. Isothermen im Januar u. Juli, u. Ver-
Met
Met
Mik
Mik
a)
2)
änderung, derselb. in d. Zwischenmonaten, 389. — Unsicherheit des
Schlusses aus der Jahresisotherme auf d. Wärmevertheilung einzelner
Jahresabschnitte, 395. — Einfluls d. Windesrichtung auf d. Tempera-
tur eines d. freien Ausstrahlung u. Insolation ausgesetzten Bodens u.
seiner Pflanzendecke, 435. — Nebelmeer, Mare tenebrosum, 74.
eorstaub, s. Mikroskop. Organismen.
is, Elemente dieses neuen Planeten, 210.
rometer v. Amici, Werth dess., 76.
roskopische Organismen im Magen u. Darmkanal eines peruani-
schen Fisches, 3 — im Guano v. Patagonien, 6 — im Bernstein, 17. —
Geognost, Verhältnisse der tertiären Kieselbiolithe (Infusorien-Tripel)
v. Godesberg am Rhein, 8; v. Ostheim bei Hanau, 12; v. Redwitz am
Fichtelgeb., 14. — Mikr. Org. aus Mosambik u. vom Niger, 225. 227.
— Neue Formen als Ursache d. lebhaft grünen Färbung d. Frühlings-
gewässer, 233. — Einflulsreiche Anwend, d. polarisirten Lichts bei d.
mikroskop. Analyse, u. für d. Auffassung des Organ. u. Unorgan, 238.
— Ein neues monadenart. Thier d. Ursache d. vermeintl. Verwandlung
d. Brods u. d. Speisen in Blut, 349. 384. — Hypsibius Nov. Gen., 381.
Meteorstaub: Nachrichten üb. d. im Puster- u. Gasteiner Thal mit
rothem Schnee am 31. März gefallenen rothen Staubregen, 65. —
Übersichtliche Zusammenstell. d. Beobachtungen üb. d. rothen Me-
teorstaub, 74. — Meteorstaubfall am 31. Januar in Schlesien, Wien u,
Salzburg, 107, in d. Gegend v. Muhrau u. Niesky, 195. — Krystalle,
wesentliche Bestandtheile d. Passatstaubes, 116. — Einfluls d. Vul-
kane auf die obern Regionen d. Atmosphäre, 118. — Mikroskop. oft
kieselschalige Organ. auf den Bäumen d. Urwaldes in Süd- Amerika,
213. — Chronolog. Aufstellung der seitherigen Vermuthungen und
Forschungen üb. das in d. Atmosphäre unsichtbar getragene formen-
reiche Leben, 325. — Resultate 338. — Einfluls dieser Verhältnisse
auf die menschl. Gesundheit, 344-349. — Erweiterung dieser herr-
schenden Verhältnisse, 370. — Untersuch. der Luft auf mikrosk, Or-
ganism. mittelst Leitung derselben durch destillirtes Wasser, 440.
Polygastrica: im Magen eines peruan. Fisches, 4 — im Guano
aus Patagonien, 7 — in tertiären Kieselbiolithen, 10. 13. 15 — im
Bernstein, 18 — in dem mit rothem Schnee gefall. rothen Staubregen
im Puster- u. Gasteiner Thal, 66 — im Meteorstaub v. 31. Januar,
118. 198 — auf d. Bäumen d. Urwälder Venezuelas, 215 — im Ampo,
474
einer auf Java elsbaren Erde, 224 — in der heilsen Quelle des Rio
Taenta in Afrika, 226 — aus d. Niger, 228 — in den Atmosphärilien
v. Berlin, 346. 382, — Charakteristik der Gatt. Hemiptychus, Ento-
pyla, 7; Liparogyra, Porocyclia, Stephanosira, 217; Chloraster, 237.
— Die neue Gatt. Spondylomorum bildet mit Polytoma d. neue Fa-
milie'Hydromorina, 236. — 'Baumfauna von Berlin, 346.
c) Phytolitharia, im Magen eines peruan. Fisches, 5 — im Guano
v. Patagonien, 7 — in tertiären Kieselbiolithen, 10. 13. 15 — in ro-
them Staubregen mit rothem Schnee, 67 — im Meteorstaub v. 31.
Januar, 118.198 — auf d. Bäumen der Wälder v. Venezuela, 215 —
im Ampo, elsbare Erde auf Java, 224 — im Rio Taenta in Afrika,
226 — im Niger, 229 — in d. Atmosphärilien Berlins, 346. 382,
d) Polythalamia im Meteorstaub v. 31. Januar, 119. 199 — in den
Atmosphärilien v.: Berlin, 346. 382.
e) Rotatoria, unter d. Atmosphärilien v. Berlin, 346. 382.
Molybdänsäure, Quantitative Bestimm., 288.
Münzen Athens, 170. — Verzeichnifs europäisch -griech. Münzen aus d.
Sammlung d. Freiherrn v. Prokesch- Osten, 319. 418.
Mythologie, s. Eros, Trophonios.
Optativ, s. Philologie.
Pamphaios. ein Vasenbildner, 431.
Passatstaub, s. Meteorstaub unter Mikroskop. Organismen.
Pelopsäure, Dichtigkeit in verschied. Zuständen, 87.
Persisch, s. Altpersisch.
Philologie, Altpersisches Schrift- u. Lautsystem, 132. — Üb. d. Opta-
tiv auf oıw, der Il. 21. 463, u. Od. 20. 383 herzustellen sein dürfte,
261. — Partieipialbild. d. indoeuropäischen Sprachen, 319; s. Archäo-
logie, Handschriften, Meraugis, Suetonius.
Philosophie, Letzter Unterschied d. philos. Systeme, 75. — Verhältnils
d. ethischen Principien .d. Plotinos zu denen des Plato u. Aristoteles,
1741. — Ursprüngl. Bedeutung d. dialektischen Methode, 279.
Phosphorsäure, Verhalten d. verschied. Modificationen derselb., 409.
Pistis Sophia, Bemerk. üb. dieselbe, 100.
Plotinos, s. Philosophie.
Physiologie, Funktion u Entwickl. d. obern Keimblatts im Ei d. Wir-
belthiere, 362. — Elektr. Erscheinungen an Muskeln u. Nerven, 362.
Quecksilber, Erze desselben v. Burg Hohen -Solms bei Wetzlar, 309,
— Q. in einem Fahlerz aus Tyrol, 316. — Elektromagnet. ‚Rotation
d. Q., 442. — Die dabei beubachtete Verfestig. d. Oberfläche v. einer
Oxydation herrührend, 453.
1rr*
472
Reden zur Gedächtnifsfeier Königs Friedr. I., 73 — zur Feier des Leib-
nizischen Jahrestags, 278. 291 — zur Geburtstagsfeier Sr. Majest. d.
Königs, 348.
Rhein, Mitt. jährlicher Wasserstand dess., 316.
Salmiak, s. Chlorammonium.
Schwefel u. Arsenik, zur Zeit noch nicht als isomorph zu betrachten, 432.
Silber, s. Hydrür.
Smilacineen, Bemerk. üb, dieselben, 207.
Statistik, Vertheil. der Bevölkerung nach Geschlecht u. Alter im Preufs.
Staat, 37. 278 — in Mitteleuropa u. d. nordamerikan. Freistaaten, 209.
Steinsalz, s. Geologie.
Stephanus v. Byzanz, Quellen dess., 210. 369.
Ströme, s. Wasserstand.
Suetonius, Ausleg. einzelner Stellen in d. Kaiserbiographieen, 319.
Synemon, eine Australien eigenthüm]. Lepidopterengattung, 230,
Talkerde, Specif. Gewicht, 168.
Tanah Ampo, s. Ampo.
Tantalsäure, Specif. Gew. in verschied. Zuständen, 161.
Temperatur, s. Meteorologie.
Tellur, s. Hydrür.
Thonerde, Specif. Gewicht, 165.
Tributregister, attische, neue Bearbeitung derselben, 79.
Trophonios, Cultus dess. in Rhegium aus Münzen nachweisbar, 90.
Uranit mit Chalkolith v. gleicher Zusammensetzung, 233.
Uranoxyd, Untersuch. des arseniksaur. u. phosphorsaur. Ur., 231.
Vulkane, Einflufs derselb. auf d. oberen Luftregionen, 118.
Wasserstand, Vermeintl. Abnahme dess. in d. Hauptströmen Deutsch-
lands, 316.
Wind, s. Meteorologie.
Wismuth, Lebhafte Färbung dess. auf galvan. Wege, 276; s. Hydrür.
Wolframsäure, Quantitative Bestimmung derselb., 347.
Xenacanthus Decheni aus der Formation des Rothliegenden in Nord-
Deutschland, 24.
Zinn, Quantitative Bestimm. durch Chlorammonium, 36.
Zinnoxyd, Unterschied. d. isomeren Modificationen desselb., 261.
Zoologie, Function u. Entwickl. des oberen Keimblatts im Ei der Wir-
belthiere, 362; s. Holacanthodes, Menaspis, Mikroskop. Organismen,
Physiologie, Synemon, Xenacanthus.
—— DI —
Berichtigungen.
p. 220 Zeile 6 v. u. nach „ging” einzuschalten : (Vergl. Monatsber. d. Akad.
- 225
- 226
- 243
- 356
1844. p. 46.)
7-8 v. u. lies: Phoenix farinifera.
4 v.o.lies: setzt sich eine Kochsalzähnliche Substanz ab.
18 v. u. lies: Zyalonema.
3v.o.lies: Palazzo.
9 v. u. lies: den genannten Substanzen.
2 v.u.lies: Padova.
4 v.u. lies: Zum.
6 v. o. lies: Transsubstantiations - Lehre.
18 v. o. lies: Archäologie für Angelegenheiten.
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