Br > ‘ be . “r “ y De x ” “ Ay yrık u ww % ® ® - y 2 > .. bi 2 U an n wi . ya’. ee NT FUR a N * er ae are nn - ee een ee Ian] Mh Ar in N 41. BERICHT der SENCKENBERGISCHEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAPT in FRANKFURT AM MAIN LIBRARY NEW YORK BOTANICAL GAXDEN. Frankfurt am Main Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft 1910 Übersetzungsrecht vorbehalten A JUN 2 - 1910 — I — Vorwort. Der 41. Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft erscheint in wesentlich anderer Form und Aus- stattung wie die vorausgegangenen. Die geschäftlichen Mit-. teilungen der Verwaltung, sowie die Berichte über die Ver- mehrung unserer Sammlungen und über unsere Lehrtätigkeit werden in Zukunft auf vier Hefte verteilt, einzeln oder als Doppelhefte, unseren Mitgliedern zu verschiedenen Zeiten des Jahres Rechenschaft über die einzelnen Zweige der Gesamt- tätigkeit unserer Gesellschaft ablegen. Jedes Heft wird außer- dem eine Reihe populär-wissenschaftlicher Aufsätze enthalten anstelle der seither im zweiten Teil des Berichts vereinigten streng-wissenschaftlichen Arbeiten, die sich meistens nur an einen engen Kreis von Fachgelehrten gewandt und eines allgemeineren Interesses für unsere Mitglieder entbehrt haben. Diese Aufsätze sollen in erster Linie unsere Schau- sammlung in Wort und Bild beschreiben, einen Einblick in unsere Werkstätten und Laboratorien, sowie in die in unserem Museum geübten Präparationsmethoden gewähren und zugleich Anleitungen zum Sammeln und Konservieren der verschiedenen Tiergruppen und Pflanzenarten, von Mineralien und Petrefakten geben. Ein Hauptaugenmerk soll dabei auf die bildliche Dar- stellung der Neuaufstellungen in der Schausammlung ge- richtet sein. So werden diese Aufsätze ein Führer durch unser Museum werden und die zahlreichen Besucher desselben, vor allem unsere heranwachsende Jugend, mit seinen reichen Schätzen bekannt und vertraut machen. Andere Aufsätze werden den Verlauf unserer wissenschaftlichen Forschungs- und Sammel- reisen schildern und abgerundete Bilder aus unserem deutschen Tier- und Pflanzenleben, aus der Mineralogie, Geologie und Pa- läontologie unserer engeren und weiteren Heimat vor Augen führen. LIBRAR\ NEW YOk BOTANIC; GARDEN E Auf diese Weise hoffen wir, durch die Neugestaltung des Berichts vielfach geäußerten Wünschen unserer Mitglieder ge- recht zu werden und vielleicht auch manche von ihnen zu eigener Sammeltätigkeit anzuregen, die für jeden Freund unserer herrlichen Natur eine Quelle ungeahnten Genusses sein wird. Der zusammenfassende Bibliotheksbericht, der auch schon bisher die neuen Erwerbungen der Dr. Senckenbergischen Stiftung, des Physikalischen, Ärztlichen und Geographischen Vereins berücksichtigt hat, soll in Zukunft von der Verwaltung der vereinigten Bibliotheken herausgegeben und unseren Mit- gliedern auf Wunsch kostenlos zugestellt werden. Von der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft erworbene Bücher von allgemeinerem Interesse werden in unserem Bericht aufgeführt werden und zum Teil eine kurze Besprechung finden. Frankfurt a. M., im März 1910. Die Direktion. aun’ ve. . Das indische Nashorn Erle 7 Arbiliuagen von E. Ma STzAl. N & {) ver Der afrikanische Elefant (mit 9 Abbildungen) von E. Wolf. Der Riesenalk (mit 2 Abbildangen) von O. zur Strassen Ein fossiler Hai (mit 1 Abbildung) von F. Drevermann EL Im Grönländischen Eismeer (mit 8 Abbildungen) von R. v. Gold- & N — schmidt-Rothschild Geschenke aus der Ausbeute der 1. Deuter MDiofkee Hrpaiipg (mit 6 Abbildungen) von F. W. Winter. Verteilung der Ämter im Jahr 1910 Verzeichnis der Mitglieder | Rückblick auf das Jahr 1909 (Mitteilungen ee " Verwaltung) Kassenbericht über das Jahr 1909 : ren 0 Museumsbericht über das Jahr 1909 . Zoologische Sammlung Botanische Sammlung : Mineralogische und et es Geologisch-paläontologische Sammlung . : Lehrtätigkeit im Sommerhalbjahr 1909 und Mahn 1909 no: ae RA ee 8 Bntamık . . . . N a Mineralogie, Be tobi aa Balsonioloeie EN END TR Wissenschaftliche Sitzungen: OÖ. zur Strassen: Psychologie der Insekten K. Escherich: Über Termiten N re R. Volk: Biologisches aus der seit insbesondere die Beziehungen des Planktons zur Selbstreinigung des Stromes bei Hamburg . K. Deninger: Ergebnisse seiner Reise ee en Molukken H. Schubotz: Zoologische Ergebnisse und Beobachtungen während der Zentralafrika-Expedition des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg L. Grünhut: Die Beziehungen zwischen Ehreikalischer Chemie und Biologie ; E. Strauß: Tierische Farbstoffe i R. Richter: Die Entstehung des ale von a Quelle bis Mainz . E. Kaiser: Die Entstehung des En von Mainz Die Köln 194 195 196 197 199 201 205 208 210 211 213 214 H. 3 achs: Die Be des über artfremden Stoffen . . | Pr F. W. Winter: Neuere Untersuchungen a und Fortpflanzung der Foraminiferen, ei : Kleinlebewelt Se W. Schauf: Über den Odenwail Ps K. Priemel: Über den wissenschaftlichen Pflege und Schaustellung lebender Tiere en E. Wolf: Die Inseln der Südsee und ihre Bewoh Wissenschaftliche Beiträge: i u. M. Möbius: Eine botanische Exkursion nach Algier und Tunis (mit 8 Abbildungen) . . . 2 SR Su A. Knoblauch: Unsere een ech und Molche u im Kreislauf des Jahres (mit 7 Abbildungen) Be F. Drevermann: Eine geologische Forschungsreise in die si Morena . P.sPr1or- Wie Den ee Shdwestatrikag (a 9 ab bildungen). . . . 133 et P. Sack: Aus dem Deben unserer und (Ciromamiden) 4 E\ 2 (mit 8 Abbildungen) . . ad, L- A. Handlirsch: Fossile NED a 1 Abb .. 265 = J. Ziehen: Die Darstellung der Tiere in der antiken Kunst E- (mit 11 Abbildungen). . . 2... ....0. re Nekrologe: ae F. W. Winter: Anton Dohrn und die Zoologische Station e in Neapel’... ; we F. Kinkelin: Ds BaRBer upe 0 A. Libbertz: Robert Koch (mit Porträt) . 2 ee Besprechungen: 4 I. Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft: Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt a. M.: Band 31 Heft 1: Riechbahnen, Septum und Thalamus bei Didelphis marsupialis von Dr. Paul Röthig (L. Edinger) 155 Die Farnpflanzen in der Umgegend von Frankfurt a. M.- von J. Müller-Knatz (A. Knoblauch) . . . . 319 Band 32: Festschrift zum siebenzigsten Geburtstag von Wilhelm Kobelt am 20. Februar 1910 (F. Haas) . . 156 II. Neue Bücher: F. Kinkelin: Vorgeschichte vom Untergrund und von der Lebewelt des Frankfurter Stadtgebietes. Eine geologische Skizze (A. Knoblauch) - . - 2 2.0.02. Dr Ausgegeben Bel, 1207 r Schausammlung . EL ‚der Ämter im Jahre Jane ee RE der Mitglieder FE RE 1. auf das Jahr 1909 (Mitteilungen der Verwaltung) ER BRETT 1 cht über das Jahr 1909 . . . ; 6% 07.07 BRIOht ber das Jahr 1009 5: 7.2..0.0 sn end eit im Sommerhalbjahr 1909 . . . . :, , Möbius: Eine botanische Exkursion nach Algier und Tunis , . 76 ‚Knoblauch: Unsere einheimischen Salamander und Molche im Kreislauf des Jahres . . . 104 RN Drevermann: Eine geologische Forschungsreise i in "die SierraMorena 123 P. Prior: Die Diamanten Deutsch-Südwestafrikas . . 133 E.W. Winter: Anton Dohrn und die EEE Station in Neapel 142 -F. Kinkelin: Ludwig Becker } .. ERENTO eBeaprechungen: E ‘1: Neue Veröffentlichungen der Gesellschalt . . . . ..... 155 ıE U. Neue Bücher... .. 5 ae Te en e 108 ARE, - Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet, Übersetzungsrecht vorbehalten. ak an Main 91 Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Einzelpreis des Doppelheits M. 4.—. u Neues aus der Schausammlung. Das Flußpferd. Mit einer Abbildung. Wer erinnert sich nicht der alten treuen Hüter, die links und rechts den Eingang unseres früheren Museums geziert haben. Der eine dieser Kolosse, das Nilpferd, hat unterdessen den Flammentod erlitten; der andere, ein sumatranisches Nashorn, mußte sich in unserem neuen Museum bescheiden in eine Nische des Obergeschosses zurückziehen. So haben wir gerade die Riesen unserer Tierwelt, die Dickhäuter, entbehren müssen, bis hochherzige Schenker es uns ermöglicht haben, diese Lücke mit Prachtexemplaren ihrer Art auszufüllen: ein mächtiges Fluß- pferd, das ein Kunstwerk der neueren Dermoplastik genannt werden darf, hat bereits Aufstellung gefunden; Rhinozeros und afrikanischer Elefant werden in Bälde folgen. Rudolf von Goldschmidt-Rothschild, dem unser Museum in neuerer Zeit so manche wertvolle Schenkung ver- dankt, hat das Flußpferd für uns erworben; im westafrikanischen Oberguinea wurde es erlegt, und englische Präparatoren haben aus ihm ein lebenswahres Schaustück geschaffen. Die Zoologie stellt das Flußpferd, Hippopotamus amphibius L., zu den Paarzehern, also in die Nähe der Schweine. An jedem Fuß, vorn wie hinten, trägt es vier mächtige Zehen, die beiden vorderen etwas näher zusammengerückt, die seitlichen weiter abstehend, aber alle den Boden berührend. Sein fast 3m langer Magen zerfällt in drei ziemlich scharf gesonderte Abteilungen, ein Hinweis darauf, daß dieses Tier auch mit den Wiederkäuern nahe verwandt ist. Seine Beine sind plump und kurz; der Bauch hängt tief herab; der massige Kopf mit den 1 er zugespitzten unscheinbaren Ohren, den kleinen, mit stark ge- wölbter Hornhaut versehenen Augen und den S-förmigen, ver- schließbaren Nasenlöchern nimmt nahezu ein Dritteil der Körper- länge ein. Auf der Oberlippe zerstreut stehen wenige Borsten, die sich sonst nur noch als winzig kleiner Haarbüschel an dem kurzen Schwanze finden. Die schwarzgraue, an einzelnen Stellen hellere Fleischtöne aufweisende Haut ist rissig. Das ganze Äußere des Tieres sowie seine unnachahmliche Stimme mit ihren brummenden, grunzenden und pustenden, oft trompetenartigen Tönen lassen diesen Dieckhäuter nicht gerade als eine Schönheit erscheinen. Aber so, wie er uns hier entgegentritt, macht er durchaus nicht den Eindruck der Plumpheit oder Schwerfällig- keit, ist er nicht der träge, im Wasser ruhende Fettkoloß, sondern ein wutschnaubender, kraftstrotzender Riese, der trotz der ge- ringen Gliederung seines Körpers, die eigentlich nur durch die Falten an den Oberschenkeln und in der Nackengegend zum Ausdruck kommt, einen nicht zu verachtenden Gegner darstellt. So mag er im grauen Altertum in den Arenen Roms seinen Widersachern — Löwen, Bären und anderen Bestien — ent- gegengetreten sein; so mögen sich die Bullen, wenn sie im Frühjahr um die Weibchen kämpfen, gegenüberstehen; so soll das Flußpferd auch in Augenblicken blinder Wut auf seine Gegner losstürzen, Menschen und Tiere mit seinem fürchterlichen Gebiß zermalmend. Noch immer ist es uns ein Rätsel, wie die alten Römer trotz ihrer primitiven Hilfsmittel eine große Zahl dieser Tiere bis nach Rom transportieren konnten; denn selbst heutzutage gelingt es nur selten, einen dieser Dickhäuter, zumal ein erwachsenes Exemplar, in die europäischen Tiergärten zu bringen. Ist aber die Überführung erst einmal gut vonstatten gegangen, so werden die Tiere bald zahm und halten sich oft jahrzehntelang; ja sie können sogar in der Gefangenschaft zur Fortpflanzung gebracht werden. 3!/s m mißt unser Bulle von der Schnauze bis zur Schwanz- wurzel; 3,20 m ist sein Leibesumfang, selbst sein Hals weist einen Umfang von 2!/s m auf; 1500 kg mag wohl das Gewicht des lebenden Tieres betragen haben. Es ist also im wahren Sinn des Wortes ein Koloß. Und doch sind schon Tiere von 4—5 m Länge und mit einem Gewicht von 2000—3000 kg er- legt worden. Schon die 2 cm dieke Haut mit der darunter PIrygosygoyg-Iprmysspjon Ay uo A Yuoyoson) SuurT smguydun snungododdırg “progdnpT a IT TEE FE Br N A „ ae ARE ' liegenden 8-16 cm mächtigen, mehr flüssigen als festen Fett- schicht, die als sogenannter „Seekulispeck* für die Eingeborenen ‚ einen hochgeschätzten Leckerbissen bildet, wiegt bei diesen ' Riesen 500—600 kg. Nilpferdpeitschen, aus Längsstreifen der abgezogenen Haut hergestellt, haben schon zur Pharaonenzeit eine bedeutsame Rolle gespielt, und durch die Buren lernten die Eingeborenen wie die Zugtiere Südafrikas diese Marterwerk- zeuge in gleich unliebsamer Weise kennen. Aus dem weitaufgerissenen Rachen starrt uns ein Gewirr von Zähnen entgegen, die aber in der sichersten Weise ineinander- ' greifen und für ihre Zwecke vortrefllich angepaßt sind. Oben und unten sehen wir jederseits zwei wurzellose, nach vorn ge- richtete Schneidezähne, von denen der innere, bei unserem Exemplar 22 cm lang, den äußeren überragt, und je einen Eck- zahn, von welchen der untere, hier 30 cm messend, die drei- bis vierfache Länge des oberen besitzt. Die Backenzähne, jederseits sechs bis sieben oben und unten, sind im Unterkiefer von dem Fleischwulst der Zunge nahezu vollständig verdeckt und treten deshalb nur im Oberkiefer deutlich hervor. Wie arbeitet nun dieser absonderliche Mechanismus? Der ökg erreichen kann, erscheint außen tief gerieft und ist ziemlich stark nach ein- wärts gebogen. An der Spitze zeigt seine Innenseite eine spiegel- glatte Fläche; die entsprechende Gegenfläche findet sich auf der Außenseite des oberen Eckzahns. Beide Zähne sind fort- während im Wachsen begriffen; doch durch die andauernde Be- nützung werden sie auch in gleicher Weise wieder abgeschlifien. Hierdurch weist jede Seite ein vorzüglich funktionierendes Scherenpaar auf, mit dem das Tier selbst die zähesten Stengel der verschiedenartigen Wasserpflanzen, die es täglich zentner- weise verzehrt, abzuschneiden vermag. Die Schneidezähne, deren untere ebenfalls die oberen weit an Größe übertreffen, greifen nicht über-, sondern zwischeneinander und weisen deshalb auch die abgenutzten Flächen an den Seiten auf. Ihnen fällt das Ausreißen und Festhalten der Nahrung zu, so daß nur noch das Zerkleinern und Zermalmen derselben den Backenzähnen vor- behalten bleibt. Paläontologische Funde bezeugen, daß das Flußpferd zur Tertiär- und Quartärzeit in noch gewaltigeren Arten, wie auch ee en in Zwergformen, sogar Süd- und Mitteleuropa — auch unsere Mainebene —, ja selbst das ferne Indien bevölkert hat. Eine noch lebende Zwergform, die höchstens eine Länge von 2m erreicht, wurde im Innern von Liberia in Westafrika aufgefunden. Heutzutage ist das Flußpferd auf Zentralafrika zurückgedrängt. Noch vor ungefähr hundert Jahren hat dieses Riesentier ganz Afrika bewohnt und sich vereinzelt selbst noch im Unterlauf des Nils gezeigt. Daher rührt auch der Name Nilpferd. Nicht so einfach ist der zweite Teil dieses Namens zu erklären; denn mit einem Pferd hat das Tier nicht die geringste Ähnlichkeit. Noch früher war es bis hinab nach Südafrika der unumschränkte Herrscher der afrikanischen Flüsse und Seen, vor dem selbst die gierigen Krokodile zurückschreckten, und dem auch auf dem Lande kein Geschöpf entgegenzutreten gewagt hat. Nur der Mensch suchte seit alten Zeiten auch hier seine Oberhoheit durchzusetzen. Aber weder die Jäger der Pharaonen, die, wie noch heute manche Eingeborenenstämme, das Tier unerschrocken mit Harpunen angriffen, noch die Fallgruben oder vergifteten Fallhölzer der westafrikanischen Völker konnten es in seiner Existenz bedrohen. Erst das Feuergewehr, Pulver und Blei, haben unter den Flußpferden in verheerender Weise aufgeräumt. Haut und Zähne, namentlich die Eckzälhne, die, nachdem die Sehmelzschicht abgebeizt ist, ein sehr hartes Elfenbein liefern, bilden vielbegehrte Handelsartikel, und so haben bereits in wenigen Jahrzehnten Jagdlust und Geldgier diese gewaltigen Tiere dezimiert. Bald werden wir auch sie, wie schon so manchen anderen ihrer eliemaligen Heimatgenossen, auf die schwarze Liste derjenigen Tiere setzen müssen, von denen die Krone der Schöp- fung sich rühmen kann, sie vollständig vernichtet zu haben. Als ausgezeichnete Schwimmer und Taucher, die es dank ihrer gewaltigen Lungen bis zu fünf Minuten unter Wasser aushalten können, sowie infolge der ihnen eigenen Scheu und Schlauheit werden die Flußpferde allerdings noch einige Zeit ihr Dasein fristen; aber ihr völliger Untergang scheint unabwendbar. Auch die neueste Entdeckung Robert Kochs, daß wie die Krokodile so auch diese Tiere als Zwischenwirte der Erreger der Schlafkrankheit in Betracht kommen, läßt uns dieses un- aufhaltsame Schicksal nicht weniger bedauerlich erscheinen. Möge es den gegenwärtigen, eifrigen Bestrebungen gelingen, für Riesenhirsch, Cervus (Megaceros) euryceros Aldrovandi. 2. Anh die bedrohte Tierwelt Afrikas Schutzreservate zu schaffen, in denen die verschiedenen Vertreter dieser einzigartigen Fauna in, voller Freiheit, ähnlich wie die letzten Reste der großen Büffelherden in Nordamerika, leben können und so wenigstens vor der vollständigen Ausrottung bewahrt bleiben. E. Wolf. Riesenhirsch und Höhlenbär. Mit 2 Abbildungen. Zwei stattliche Tiere der Vorzeit sind in den letzten Monaten im Lichthof neu aufgestellt worden: der Riesenhirsch, tiefdunkel gefärbt von dem irischen Torfmoor, unter dem er gelegen hat, stolz aufgerichtet mit dem mächtigen Schaufelgeweih, und ein alter, ausgewachsener Höhlenbär, dessen Skelett an Frische mit dem eines rezenten Tieres wetteifert, hell gefärbt von dem Höhlenlehm der Tiroler Kalkalpen. Beide sind Charakter- tiere (Leitfossilien) der Diluvialzeit; beide mögen oft genug miteinander gerungen haben; beide sind sie schließlich vom Menschen gejagt und ausgerottet worden. Der Riesenhirsch, Cervus (Megaceros) euryceros Aldro- vandi,') war zur Diluvialzeit weit verbreitet. Seine Reste finden sich in besonderer Menge in Irland und zwar in einer mergeligen Süßwasserschicht direkt unter den gewaltigen Torflagern, die große Teile der Insel bedecken. Mehr vereinzelt sind die Funde in Großbritannien, in ganz Frankreich und Deutschland (auch in unserer Gegend ist der Riesenhirsch mit Sicherheit nach- gewiesen), Belgien, Dänemark und Österreich; wieder häufiger sind sie in Ungarn und Oberitalien, endlich im europäischen Rußland, besonders im Wolgagebiet, und als äußerster östlicher Vorposten in Sibirien. Bei einer so großen Verbreitung ist es natürlich, daß sich auch beim Riesenhirsch wie bei seinen rezenten Verwandten eine Anzahl von Rassen herausgebildet hat, die sich besonders nach der Gestalt des Geweihes voneinander unterscheiden lassen. Dieses besteht beim männlichen Tiere (das weibliche trug kein Geweih) aus gewaltigen Schaufeln mit lang auslaufenden Spitzen am Rande, deren größter Abstand ‘) Literaturangaben in der hier besonders benutzten Arbeit von K. Hescheler „Der Riesenhirsch“. Neujahrsblatt der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich. 1909, 111. Stück. ee U bei unserem Skelett fast 3 m beträgt, bei dem riesigsten bisher bekannten Exemplar aber fast 4 m erreicht. Selbst dieser im- posante Kopfschmuck, neben dem jeder Hirsch oder Elch der Gegenwart uns klein erscheint, wurde jährlich abgeworfen und in wenigen Monaten neu gebildet; denn die tiefen Furchen und Eindrücke auf den Schaufelflächen rühren von Blutgefäßen her und stammen aus der Zeit, als das Geweih während der Neu- bildung noch mit Bast bedeckt war. Fast alle in europäischen Museen aufgestellten Skelette und Geweihe des Riesenhirschs stammen aus Irland, wo sie sich an einzelnen Stellen so häufig finden, daß es besondere Sammler gibt, die mit langen Eisenstangen den Torf und Letten durchstechen und da, wo sie auf einen Widerstand stoßen, nachgraben. Wie kommen diese Mengen der großen Tiere nun gerade in die eine Lettenschicht? Da sich außerdem Süßwasser- schnecken und -Muscheln darin finden, läßt sich leicht feststellen, daß die Schicht am Grunde von flachen Seen abgelagert wurde, die zur Diluvialzeit weite Strecken von Irland bedeckten. Man darf vielleicht annehmen, daß ganze Rudel von Riesenhirschen, vielleicht von Wölfen (oder vom Menschen?) gejagt, im Wasser Zuflucht gesucht haben und in dem zähen Lehm versunken sind. Der schwere Hauptschmuck hinderte durch sein Gewicht die Tiere, sich aus dem Morast herauszuarbeiten. So erklärt sich leicht auch die Tatsache, daß die Überreste weiblicher Tiere viel seltener als die der männlichen gefunden werden. War der Riesenhirsch ein Zeitgenosse des Menschen ? Man hat eine durchlöcherte Rippe des Tieres aus Irland als Beweis für eine Verwundung durch Lanze oder Pfeil ansehen wollen; sicherer ist ein Fund in England, wo in der gleichen Schicht Riesenhirschknochen mit Steinwerkzeugen gefunden worden sind. Die Annahme, daß der Mensch das prachtvolle Tier gejagt hat, ist also gerechtfertigt. Als reine Vermutung muß es aber bezeichnet werden, daß der Riesenhirsch in Deutsch- land bis ins Mittelalter hinein gelebt haben soll. Im Nibelungen- lied erschlägt Siegfried auf der Jagd auch „einen grimmen Schelch“, und da man kein Tier des deutschen Urwaldes kennt, das etwa mit dieser Bezeichnung gemeint sein könnte, hat man an den Riesenhirsch gedacht. Die große Unwahrscheinlichkeit dieser Annahme geht jedoch schon daraus hervor, daß ein Ge- ‚ajnwussoy snopjods snsın ‘requelygH Br u d 3 Be weihträger von so gewaltiger Gestalt niemals ein Waldbewohner gewesen sein kann, wie das übrige in derselben Strophe des Nibelungenliedes erwähnte Wild, Wisent, Elch und Auerochs. Irland war wohl die letzte Zufluchtsstätte des Riesen- hirschs. Er gelangte dorthin über die Landbrücken, die da- mals noch England mit dem Kontinent und mit Irland ver- bunden haben. Hier hat er bis an die Grenze der Gegenwart gelebt; in Deutschland wie überhaupt in Mitteleuropa aber muß er als ein Charaktertier der Diluvialzeit gelten. Das gleiche gilt von dem Höhlenbär, Ursus spelaeus Rosenmüller.!) Seine Reste haben sich in manchen Höhlen, ganz besonders in Schwaben, in solcher Menge gefunden, daß man viele Wagenladungen fortfahren konnte. Auch die Tisch- oferhöhle bei Kufstein, aus der unser Skelett stammt, enthielt die Reste von zahlreichen Individuen, unter denen diejenigen von ganz alten, sowie von weiblichen und jungen Tieren stark vorwiegen. Der Erforscher der Höhle Prof. M. Schlosser in München glaubt, daß nur ganz alte Bären die Höhle aufgesucht haben, um darin zu verenden, und ferner weibliche Individuen, um zu wölfen. Denn der schlechte Zugang zur Höhle er- schwerte das Einbringen der Beute ganz außerordentlich, und es wurden in der Tat nur wenige Reste von Beutetieren ge- funden (Rentier, Steinbock u. a.). Hier haben die Höhlenbären also wohl nicht dauernd gehaust, wie man dies bei vielen an- deren Höhlen für ganze Reihen von Generationen annehmen darf. Trotz seiner mächtigen Größe, welche die des Eisbären und des grauen Bären Nordamerikas erreicht und übertrifft, war der Höhlenbär wie die Mehrzahl seiner jetzt lebenden Ver- wandten vorzugsweise ein Pflanzenfresser. Außerdem fand er aber mit seinen Zeitgenossen, dem Höhlenlöwen, der Höhlen- hyäne und dem Höhlenwolf, reiche Beute in den undurchdring- lichen Wäldern Mitteleuropas. Sicherlich hat auch der Mensch der Diluvialzeit mit ihm gekämpft, und oft mag er ihn in hartem Ringen aus den Höhlen des Kalkgebirges vertrieben haben, um selbst darin Schutz vor den Unbilden der Witterung zu suchen. !) Vergl. die Arbeit von M. Schlosser „Die Bären- oder Tischofer- höhle im Kaisertal bei Kufstein.“ Abhandl. der Kgl. Bayer. Akademie der Wissenschaften, XXIV, 2, München 1909. el Man findet über der Schicht des Höhlenlehms, in der die Skelette und Einzelknochen der Raubtiere und ihrer Beute gefunden werden, häufig eine andere mit menschlichen Artefakten, mit Feuerstätten, mit den Beutetieren und Resten des Menschen. Ja in einzelnen Höhlen geben uns mehrere über einander folgende Ausfüllungsschichten mit ihren Einschlüssen ein ganz genaues Bild langer Zeiten wieder und werden zu wichtigen Dokumenten längst verschwundener Klimaperioden und ihrer Tierwelt. Der Mensch benutzte alles vom Höhlenbären; sein Fell diente zur Kleidung, sein Fleisch als Speise (man kennt an- gebrannte Knochen des Höllenbären, auch unser Museum be- sitzt einen solchen); seine Zähne wurden durchlöchert und als Halsschmuck aufgereiht getragen, und dem Unterkiefer schlug der Mensch den hohen Gelenkfortsatz ab, benützte diese Stelle als Griff und spaltete nun durch einen geschickten Schlag mit dem spitzen Eckzahn die markhaltigen Röhrenknochen seiner Beute. Ob der Höhlenbär durch den Menschen ausgerottet worden ist, ist nicht erwiesen; jedenfalls tritt zu Beginn der Gegenwart überall der viel kleinere braune Bär an seine Stelle. F. Drevermann BERN, ee Protektorin: Ihre Majestät die Kaiserin. Verteilung der Ämter im Jahre 1910. Direktion: San.-Rat Dr. E. Roediger, I. Direktor | W. Melber, Kassier . Dr. A. v. Weinberg, II. Direktor ' Gen.-Konsul Stadtrat A. v. Metzler, Dipl.-Ing. P. Prior, I. Schriftführer | Kassier A. Siebert, II. Schriftführer | Justizrat Dr. F. Berg, Konsulent Verwaltung: Die Verwaltung besteht satzungsgemäß aus den arbeitenden Mit- gliedern, deren Namen im Mitgliederverzeichnis mit * versehen sind Abgeordn, zur Kommission der vereinigten Bibliotheken: Prof. Dr. H. Reichenbach Bücher-Kommission: Prof. Dr. F. Richters, Vorsitzender | Prof. Dr. W. Schauf Prof. Dr. M. Möbius | Prof. Dr. 0. zur Strassen Prof. Dr. H. Reichenbach | Dr. @. Wahl Redaktion der Abhandlungen: W. Melber, Vorsitzender \ Prof. Dr. M. Möbius Prof. Dr. 0. Boeitger ' Prof. Dr. H. Reichenbach Prof. Dr. L. v. Heyden | Prof. Dr. 0. zur Strassen Redaktion des Berichts: Prof. Dr. A. Knoblauch, Vorsitzender | Dipl.-Ing. P. Prior Dr. A. v. Weinberg | F. W. Winter Lehrkörper: Prof. Dr. H. Reichenbach Zoologie. „7.22.00 00 ne ee EP EOI. Dr. Wi | Dr. E. Wolf Botanik... 0,7..." &:. 0 Prof. Dr. M. Möbius Mineralogie... .r 7.1.) me een Prok. Dr. Vi Noms | Prof. Dr. F. Kinkelin Geologie und Paläontologie Dr. & Drevarca 13 Museums-Kommission: Die Sektionäre und der II. Direktor Sektionäre: Vergleichende Anatomie und Skelette. . . . | Säugetiere Vögel . Reptilien und Erachier Fische . Koleopteren und Allgemeines . . . .. A Hymenopteren . Lepidopteren Dipteren . : Neuropteren, Behepleren und een : Krustazeen Mollusken Wirbellose Tiere it Kacschtuß der Arthro‘ poden und Mollusken a ee. 2-22 er | Mineralogie . Geologie und Paläontologie . . . . .... | Prof. Dr. H. Reichenbach Frau M. Sondheim Prof. Dr. W. Kobelt Komm.-Rat R. de Neufville Prof. Dr. 0. Boettger A. H. Wendt Prof. Dr. L. v. Heyden A. Weis A. Weis Dr. J. Gulde Dr. P. Sack Dr. J. Gulde Prof. Dr. F. Richters Prof. Dr. W. Kobelt Prof. Dr. H. Reichenbach Prof. Dr. M, Möbius M. Dürer Prof. Dr. W. Schauf Prof. Dr. F. Kinkelin Prof. Dr. 0. Boettger Direktor des Museums: Prof. Dr. 0. zur Strassen Kustos d. zool. Sammlung: | Kustos d.geol.-pal.Sammlung: Bibliotheksekretär: Dr. E. Wolf | Dr. F. Drevermann Bibliothekar: Dr. 6. Wahl Th. Hassler Konservatoren: Techniker: Adam Koch ' Rudolf Moll August Koch Christian Strunz Handwerker: | Markus Burkhard Bureau: Frl. M. Pixis, Vorsteherin ' Berthold „ M. Göbel | „ M. Ender | | Lehrlinge: Christian Kopp Joseph Lengle Hausmeister: Diegel lt Verzeichnis der Mitglieder. I. Ewige Mitglieder. An Stelle der Entrichtung eines Jahresbeitrages haben manche Mitglieder vorgezogen, der Gesellschaft ein Kapital zu schenken, dessen Zinsen dem Jahresbeitrag min- destens gleichkommen, mit der Bestimmung, daß dieses Kapital verzinslich angelegt werden müsse und nur die Zinsen für die Zwecke der Gesellschaft zur Verwendung kommen dürfen. Solche Mitglieder entrichten demnach auch über den Tod hinaus einen Jahresbeitrag und werden nach einem alten Sprach- gebrauch als „Ewige Mitglieder“ der Gesellschaft bezeichnet. Vielfach wird diese altehrwürdige Einrichtung, die der Gesellschaft einen dauernden Mitgliederstamm sichert und daher für sie von hohem Werte ist, von den Angehörigen verstorbener Mitglieder benützt, um das Andenken an ihre Toten bleibend in dem Senckenbergischen Museum wach zu halten, zumal die Namen sämtlicher „ewigen Mitelieder* nicht nur den jedesmaligen Jahresbericht zieren, sondern auch auf Marmortafeln in dem Treppenhause des Museums mit goldenen Buchstaben eingegraben sind. Simon Moritz v. Bethmann 1827 | 6. H. Hauck-Steeg 1848 Georg Heinr. Schwendel 1828 ‚ Dr. J. J. K. Buch 1851 Joh. Friedr. Ant. Helm 1829 6. v. St. George 1853 Georg Ludwig Gontard 1830 J. A. Grunelius 1853 Frau Susanna Elisabeth Bethmann- P.F. Chr. Kröger 1854 Holweg 1831 Alexander Gontard 1854 Heinrich Mylius sen. 1844 M. Frhr. v. Betlimann 1854 Georg Melchior Mylius 1844 Dr. Eduard Rüppell 1857 Baron Amschel Mayer v. Roth- ' Dr. Th. Ad. Jak. Em. Müller 1858 schild 1845 Julius Nestle 1860 Joh. Georg Schmidborn 1845 Eduard Finger 1860 Johann Daniel Souchay 1845 Dr. jur. Eduard Souchay 1862 Alexander v. Bethmann 1846 J. N. Gräffendeich 1864 Heinrich v. Bethmann 1846 E. F. K. Büttner 1865 Dr. jur. Rat Fr. Schlosser 1847 K. F. Krepp 1866 Stephan v. Guaita 1847 Jonas Mylius 1866 H. L. Döbel in Batavia 1847 Konstantin Fellner 1867 Anmerkung: Nach dem Mitgliederbestand vom 1. Januar 1910. R Dr. Hermann v. Meyer 1869 W. D. Soemmerring 1871 J. 6. H. Petsch 1871 Bernhard Dondorf 1872 Friedrich Karl Rücker 1874 Dr. Friedrich Hessenberg 1875 Ferdinand Laurin 1876 Jakob Bernhard Rikoff 1878 Joh. Heinr. Roth 1878 J. Ph. Nikol. Manskopf 1878 Jean No&e du Fay 1878 6g. Friedr. Metzler 1878 Frau Louise Wilhelmine Emilie Gräfin Bose, geb. Gräfin von Reichenbach-Lessonitz 1880 Karl August Graf Bose 1880 Gust. Ad. de Neufville 1881 Adolf Metzler 1883 \ Joh. Friedr. Koch 1883 Joh. Wilh. Roose 1884 Adolf Soemmerring 1886 Jacques Reiss 1887 Dr. Albert von Reinach 1889 Wilhelm Metzler 1890 *Albert von Metzler 1891 L. S. Moritz Frhr. v. Bethmann 1891 Vietor Moessinger 1891 Dr. Ph. Jak. Cretzschmar 1891 Theodor Erckel 1891 Georg Albert Keyl 1891 Michael Hey 1892 Dr. Otto Ponfick 1892 Prof. Dr. @g. H. v. Meyer 1892 Fritz Neumüller 1893 Th. K. Soemmerring 1894 Dr. med. P. H. Pfefferkorn 1896 Baron L. A. v. Löwenstein 1896 Louis Bernus 1896 Frau Ad. von Brüning 1896 Friedr. Jaennicke 1896 Dr. phil. Wilh. Jaennicke 1896 P. A. Kesselmeyer 1897 Chr. 6. Ludw. Vogt 1897 Anton L. A. Hahn 1897 Moritz L. A. Hahn 1897 Julius Lejeune 1897 Frl. Elisabeth Schultz 1898 15 ' Karl Ebenau 1898 Max von Guaita 1899 Walther vom Rath 1899 Prof. D. Dr. Moritz Schmidt 1899 Karl von Grunelius 1900 Dr. jur. Friedrich Hoerle 1900 Alfred von Neufville 1900 Wilh. K. Fıhr. v. Rothschild 1901 Marcus M. Goldschmidt 1902 ; Paul Siegm. Hertzog 1902 Prof. Dr. Julius Ziegler 1902 Moritz von Metzler 1903 Georg Speyer 1903 Arthur von G@winner 1903 Isaak Blum 1903 Eugen Grumbach-Mallebrein *Robert de Neufville 1903 Dr. phil. Eugen Lucius 1904 Carlo Frhr. v. Erlanger 1904 Oskar Dyckerhoff 1904 Rudolph Sulzbach 1904 Johann Karl Majer 1904 Prof. Dr. Eugen Askenasy 1904 D. F. Heynemann 1904 Frau Amalie Kobelt 1904 *Prof. Dr. Wilhelm Kobelt 1904 P. Hermann v. Mumm 1904 Philipp Holzmann 1904 Prof. Dr. Achill Andreae 1905 Frau Luise Volkert 1905 Karl Hoff 1905 Sir Julius Wernher Bart. Sir Edgar Speyer Bart. J. A. Weiller 1905 Karl Schaub 1905 W. de Neufville 1905 Arthur Sondheimer 1905 Dr. med. E. Kirberger 1906 Dr. jur. W. Schöller 1906 Bened. M. Goldschmidt 1906 A. Wittekind 1906 Alexander Hauck 1906 Dr. med. J. Guttenplan Gustav Stellwag 1907 Christian Knauer 1907 1903 1905 1905 1906 | Jean Joh. Val. Andreae 1907 | Hans Bode 1907 Karl von Metzler 1907 Moritz Ad. Ellissen 1907 Adolf von Grunelius 1907 Conrad Binding 1908 Linc. M. Oppenheimer 1908 W. Seefried 1908 Ch. L. Hallgarten 1908 Gustav Schiller 1908 Rosette Merton 1908 Carl E. Klotz 1908 Julius von Arand 1908 Georg Frhr. v. Holzhausen 1908 16 | | Dr. med. J. H. Bockenheimer 1908 J. Creizenach 1908 *A. H. Wendt 1908 Paul Reiss 1909 Hermann Kahn 1909 ' Theodor Alexander ; Leopold Sonnemann Henry Seligman 1909 Wilhelm Jacob Rohmer 1909 Deutsche Gold- und Silber-Scheide- Anstalt 1909 Heinrich Lotichius 1909 Frau Marie Meister 1909 Dr. med. Heinrich Hoffmann 1909 Dr. ıned. Karl Kaufmann 1909 Fritz Hauck 1909 Kom.-Rat Eduard Oehler 1909 Sara Bender 1909 August Bender 1909 Eugene Hoerle 1909 1909 1909 Moritz Ferd. Hauck 1909 II. Beitragende Mitglieder. (Die arbeitenden Mitglieder sind mit * bezeichnet.) Abraham, Siegmund, Dr. med. 1904 Abt, Jean 1908 Adam, W., Zollinspektor Adelsberger, Paul S. 1908 Adler, Arthur, Dr. jur. 1905 Adler, Franz, Dr. phil. 1904 Albert, August 1905 1909 \ Andreae, ı Andreae, Albert, K., Dr. phil., Amöneburg 1909 Albrecht, Julius, Dr. 1904 Alexander, Franz, Dr. med. 1904 Almeroth, Hans, stud. rer. nat. 1905 Alt, Friedrich 1894 *Alten, Heinrich 1891 *Alzheimer, A., Professor Dr. med., München 1896 Amschel, Frl. Emy 1905 Amson, L. S., Dr. jur. 1907 Andre, C, A. 1904 Andreae, Albert 1891 Andreae, Frau Alharda 1905 Andreae, Arthur 1882 Andreae, Heinrich Ludwig 1904 *Andreae, Hermann, Bankdir. 1873 J.M. 1891 K., Rapallo 1906 Richard 1891 Richard jr. 1908 Andreae, Rudolf 1878 Andreae, Viktor 1899 *Andreae-v. Grunelius, Alhard 1899 Andreae, Andreae, ' Andreae-Lemme, Frau Elise 1891 Andreas, Gottfried 1908 ' Andresen, Joh. Karl, Konsul 1906 Antz, Georg, Zahnarzt 1908 | Apfel, Eduard 1908 ' Armbrüster, Gebr. Askenasy, Alexander Apolant, Hugo, Prof. Dr. med. 1903 1905 1891 Auerbach, L., San.-Rat Dr. 1886 | Auerbach, M., Amtsger.-RatDr. 1905 *Auerbach, S., Dr. med. 1895 ı Auffarthsche Buchhandlung 1874 Anmerkung. Es wird höflichst gebeten, Veränderungen der Woh- nung oder des Titels u. dergl. dem Bureau der Senckenbergischen Natur- forschenden Gesellschaft, Viktoria-Allee 7, mitzuteilen. Aurnhammer, Julius 1903 Avellis, Georg, San.-Rat Dr. 1904 Bacher, Karl 1904 Baer, Jos. Moritz, Stadtrat 1873 Baer, Max, Generalkonsul 1897 Baer, M.H., Justizrat Dr. 1891 Baer, Simon Leop., 1860 Baer, Theodor, Dr. med. 1902 Baerwald, A., Dr. med. 1901 Baerwindt, Franz, San.-Rat Dr. 1901 Bangel, Rudolf 1904 v. Bardeleben, Fr., Generalmajor z. D. 1900 *Bardorfi, Karl, San.-Rat Dr. 1864 Barndt, Wilhelm 1902 de Bary, August, Dr. med. 1903 de Bary, J., Geh. San.-Rat Dr. 1866 de Bary, Karl Friedrich 1891 de Bary-Jeanrenaud, S. H. 1891 de Bary-Osterrieth, Joh. Heinr. 1909 *Bastier, Friedrich 1892 Bauer, Max 1906 Bauer, Moritz Tob. 1908 _ Bauer-Weber, Friedrich 1907 v. Baumgarten, A., Kaiserl. Russ. Kammerherr u. Generalkonsul, Wirkl. Staatsrat, Exzell. 1904 Baumstark, R., Dr.med., Homburg vrd.H.. 1907 Baunach, Robert 1900 Baur, Karl, Dr.med. 1904 Bechhold, J. H., Dr. phil. 1885 Beck, Karl, Dr. med. 1905 Becker, F. Ph., Dr. med. 1905 Becker, H., Prof. Dr. phil. 1903 Beer, Frau Berta 1908 Beer, Emil 1908 Beer, Gustav, stud. med. 1908 Behrends, Robert, Ingenieur 1896 Behrends-Schmidt, Karl, Konsul 1896 Behringer, Gustav 1905 *Beit, Eduard, Kommerzienrat 1897 Benärio, Jacques, Dr. med. 1897 Bender, Gustav 1909 Bender, Otto, Dr.med., München 1908 Berend, Frau Paula, Dr. 1905 Berg, Alexander, Dr. jur. 1900 17 *Berg, Fritz, Justizrat Dr. 1897 Berghaus, W., Stabsarzt Dr. 1907 Berlizheimer, Sigmund, Dr. med. 1904 Bernus, Louis 1909 Berthold, Frl. Berta 1903 Bessunger, Karl 1909 Besthorn, Otto 1908 v. Bethmann, Frhr. $S. Moritz 1905 Beyfuß, Leo 1907 Bibliothek, Kgl., Berlin 1882 Binding, Gustav 1904 Binding, Karl 1897 Binding, Theodor 1908 Bing, Albert 1905 Bingel, Adolf, Oberarzt Dr. 1907 Bischheim, Bernhard 1907 Bittel-Böhm, Theodor 1905 Bittelmann, Karl 1887 Blank, Oskar 1909 ; Bleibtreu, Ludwig 1907 Bleicher, H., Stadtrat Prof. Dr. 1903 *Blum, Ferd., Prof. Dr. med. 1893 Blum, Frau Lea 1903 Blumenthal, Adolf 1883 *Blumenthal, E., San.-Rat Dr. 1870 Blümlein, Viktor B. 1909 Bode, H., Gerichtsassessor Dr. 1908 Bode, Paul, Dr. phil., Direktor der Klingeroberrealschule 1895 Boeckh, A., Generaloberarzt Dr. 1906 *Boettger, Oskar, Prof. Dr. phil. 1874 Böhm, Henry, Dr. med. 1904 Böhme, John 1904 Boller, Wilhelm, Prof. Dr. phil. 1903 v. Boltog, Hans 1908 Bonn, Sally 1891 Bonn, William B. 1886 Borchardt, Heinrich 1904 Borgnis, Alfred Franz 1891 Borgnis, Karl 1900 Brach, Frau Natalie Braun, Franz, Dr. phil. 1904 Braun, Leonhard, Dr. phil. 1904 Braun, Wunibald, Kom.-Rat 1903 Braunfels, O., Geh. Kom.-Rat 1877 Brechenmacher, Franz 1906 1907 | Breitenstein, Walter, Ingenieur 1908 2) [4 Brendel, Martin, Prof. Dr. phil. 1908 Brendel, Wilhelm 1906 Brentano-Brentano, Josef 1906 Briel, Heinrich 1906 Brodnitz, Siegfried, Dr. med. Brönner, Frau Pauline 1909 Bruck, Richard, Rechtsanwalt 1906 Brückmann, Karl 1903 Brugger, R., Generaloberarzt Dr., Kassel 1904 v. Brüning, G., Dr. phil., General- direktor, Höchst 1903 Bucher, Franz 1906 Bücheler, Anton, Dr. med. 1897 Budge, Siegfried 1905 Buecking, Wilhelm 1908 Bullnheimer, Fritz, Dr. phil. 1904 Burchard, Karl, Bergassessor 1908 Burchard, Kurt, Prof., Dr. jur. 1904 Burgheim, Gustav, Justizrat Dr. 1905 v. Büsing-Orville, Frhr. Adolf 1903 Bütschly, Wilhelm 1891 Büttel, Wilhelm 1878 Cahen-Brach, Eugen, Dr. med. 1897 Cahn, Albert 1905 Cahn, Heinrich 1878 Cahn, Paul 1903 Cahn, S., Konsul 1908 Canne, Frau Anna 1905 Canne, Ernst, Dr. med. Cante, Cornelius 1906 *Carl, August, San.-Rat Dr. Cassel, B. B. 1905 Cassian, Heinrich 1908 Cayard, Karl 1907 Cayard, Frau Louise 1909 v. Chappuis, Hermann, General - leutnant z. D., Exzellenz 1904 Christ, Fritz 1905 Unyrim, Adolf, Dr. jur. Cnyrim, Ernst 1904 Cohen, Eduard 1900 Creizenach, Ernst 1906 Cullmann, Rudolf 1905 Cunze, D., Dr. phil. 1891 Öurti, Theodor 1905 Curtis, F., Prof. Dr. phil. 1897 1880 1909 1903 18 1897 Dambitsch, Arthur 1907 Dannehl, P., Oberstabsarzt Dr. 1909 Daube, 6.L. 1891 Daube, Kurt, San.-Rat 1906 Deckert, Emil, Prof. Dr. phil. 1907 Degener-Böning, Emil 1906 Deguisne K, Prof. Dr. phil. 1908 Delkeskamp, Rudolf, Dr. phil. 1904 Delliehausen, Theodor 1904 Delosea, S. R., Dr. med. 1878 Demmer, Theodor, San.-Rat Dr. 1897 Deutsch, Adolf, Dr. med. 1904 Diener, Richard 1905 Diesterweg, Moritz 1883 Dietze, Karl 1870 Ditmar, Karl Theodor Ditter, Karl 1903 Doctor, Ferdinand 1892 Dondorf, Karl 1878 Dondorf, Otto 1905 Donner, Karl Philipp 1873 Dreves, Erich, Justizrat Dr. 1903 Drory, William, Direktor 1897 Drory, William, Dr. phil. 1904 ° Drüner, L., Stabsarzt Dr., Trier 1904 Du Bois, Georg, Dr. phil. 1906 Duden, P., Prof. Dr. phil., Höchst 1906 Dumcke, Paul 1909 Duncan, Frl. Elisabeth 1909 *Dürer, Martin 1904 Ebeling, Hugo, Dr. med. 1897 Ebenau, Fr., Dr. med. 1899 Eberstadt, Albert 1906 v. Eckartsberg, Emanuel, Major 1908 Eckert, Frau Marie 1906 Eckhardt, Karl, Bankdirektor 1904 *Edinger, L., Prof. Dr. med. 1884 Egan, William 1891 *Ehrlich, P., Geh. Ober- Med. -Rat Prof. Dr. 1887 Eichengrün, Ernst 1908 v. Eichhorn, Hermann, Kommandieren- der General d. XVIII. Armee- korps, Exzellenz 1905 1891 | Eichmeyer, Hermann, Generaldirektor, Bensberg 1907 Eiermann, Arnold, Dr. med. 1897 *Ellinger, Leo, Kommerzienrat 1891 Ellinger, Philipp, stud. rer. nat. 1907 Ellinger, Rudolf, Dr. jur. 1907 Embden, Gustav, Prof. Dr. med. 1907 Emmerich, Friedrich H. 1907 Emmerich, Jakob 1907 Emmerich, Otto 1905 Enders, M. Otto 1891: Engelhard, Karl Phil. 1873 Engelhardt, Otto, Hofheim i. T. 1908 Engert, Heinrich, 1907 Epstein, Jak. Herm. 1906 Epstein, Jos., Prof. Dr. phil. 1890 Epstein, Wilhelm, Dr. phil. 190% Eschelbach, Jean 1904 Ettlinger, Albert, Dr. med. 1904 Euler, Rudolf, Direktor 1904 Eurich, Heinrich, Dr. phil. 1909 Ewald, W., Privatdozent Dr. med. 1907 Eyssen, Remigius Alex. 1882 v.Fabricius, Ph., Geh. San.-Rat Dr. 1907 Fade, Louis, Direktor 1906 Fay, C.F, 1904 Feis, Oswald, Dr. med. 1903 Feist, Fr., Prof. Dr. phil., Kiel 1887 Feist, Louis 1906 Fellner, Johann Christian 1905 Fellner, Otto, Dr. jur. 1903 Fester, August, Bankdirektor 1897 *Fischer, Bernh., Prof. Dr. med. 1908 Fischer, Karl 1902 Fischer, Ludwig 1902 Flaecher, F., Dr. phil., Höchst “1908 Fleck, Otto, Oberförster 1903 Fleisch, Karl 1891 Flersheim, Albert 1891 Flersheim, Martin 1898 Flersheim, Robert 1872 Flesch, Karl, Stadtrat Dr. jur. 1907 *Flesch, Max, Prof. Dr. med. 1889 Flinsch, Heinrich, Stadtrat 1866 Flinsch, W., Kommerzienrat 1869 Flörsheim, Gustav 1904 v. Flotow, Frhr. Theodor, 1907 Flügel, Josef, Limburg 1907 de la Fontaine, Ernst, Reg.-Rat 1907 Forchheimer, Arthur 1908 19 Forchheimer, Frau Jenny 1903 Forst, Karl, Dr. phil. 1905 *Franck, Ernst, Direktor 1899 Frank, Franz, Dr. phil.. 1906 Frank, Heinrich, Apotheker 1891 Fresenins, A, San.-Rat Dr., Jugen- heim 1893 Fresenius, Eduard, Dr. phil. 1906 Fresenius, Philipp, Dr. phil. 1873 *Freund, Mart., Prof. Dr. phil. 1896 Freyeisen, Willy 1900 *Fridberg, R., San.-Rat Dr. 1873 Fries, Heinrich 1905 Fries Sohn, J.S. 1889 Fries, Wilhelm, Dr. phil. 1907 Fries-Dondorf, Jakob 1906 Fritzmann, Ernst, Dr. phil.. 1905 Frohmann, Herbert 1905 Fromberg, Leopold 1904 Fuld, Adolf, Dr. jur. 1907 Fulda, Heinrich, Dr. med. 1907 Fulda, Karl Herm. 1877 Fulda, Paul 1897 Fünfgeld, Ernst 1909 *Gäbler, Bruno, Landger.- Direkt. 1900 Gans, Adolf 1897 Gans, Fritz 1891 Gans, L., Geh. Kom.-Rat Dr. phil. 1891 Gans, Ludwig, W. 1907 Gaum, Fritz 1905 Geelvink, P., Dr. med. 1908 Geiger, B., Justizrat Dr. 1878 Geisow, Hans, Dr. phil. 1904 Geist, George, Dr. med. dent. 1905 v. Geldern, Frau Gräfin Friederica, Dr. med. 1904 *Gerlach, Karl, Dr. med. Gerlach, Karl 1903 Gerth, H., Dr. phil. Getz, Moritz 1904 Gillhausen, Karl 1905 Gins, Karl 1906 Glöckler, Alexander, Ingenieur 1909 Glogau, Emil August 1904 Gloger, F., Dipl.-Ing. 1908 Goering, Viktor, Direktor des Zoolog. Gartens 1898 1869 1905 9*+ u v. Goldammer, F. 1903 Goldschmid, J. E. 1901 Goldschmidt, Edgar, Dr. med. 1908 Goldschmidt, Julius 1905 Goldschmidt, M.S. 1905 Goldschnidt, R., Prof. Dr. pbil., München 1901 v. Goldschmidt- Rothschild, Fıhr. Max, Generalkonsul 1891 *v. Goldschmidt-Rothschild, R. 1907 Goll, Richard 1905 Gombel, Wilhelm 1904 v. Gordon, R., Hauptmann a. D. 1908 Gottschalk, Joseph, San.-Rat Dr. 1903 Graebe, Karl, Prof. Dr. phil. 1907 Grandhomme, Fr., Dr. med. 1903 Graubner, Karl, Höchst 1905 Greb, Louis 1903 Greef, Ernst 1905 Greiff, Jakob, Rektor Grieser, Ernst 1904 Grimm, Otto, Geh. Reg.-Rat Bürger- meister 1907 Grosch, K., Dr. med, Uffenbach 1904 Grosse, Gottiried 1907 Groß, Otto, Dr. med. 1909 Großmann, Emil, Dr. med. 1906 Grüder, Paul, Referendar 1906 v. Grunelius, Eduard 1869 v. Grunelius, Max 1903 Grünewald, August, Dr. med. 1897 Grüters, August, Prof. 1907 *Gulde, Johann, Dr. phil. 1898 v. Günderrode, Frhr. Waldemar 1905 Günther, Oskar 1907 Günzburg, Alfred, Dr. med. Guttenplan, Frau Lily 1907 Haack, Karl Philipp 1905 Haag, Ferdinand 1891 Haas, F., stud. rer. nat., Heidelberg 1906 Haas, Ludwig, Dr. 1906 Häberlin, E. J., Justizrat Dr. 1871 Haeckel, Georg, Mil.-Int.-Rat 1907 Haefiner, Adolf, Direktor 1904 *Hagen, B., Hofrat Dr. med. 1895 Hagens, K., Wirkl. Geh. Ober-Justiz- 1880 1897 rat u. Oberlandesgerichts-Prä- sident Dr., Exzellenz 1900 Hahn, Julius 1906 Hahn, Otto, Baurat 1908 Hahn-Opificius, Frau M., Dr. med. 1907 Hahne, A., Stadtschulrat, Hanau 1908 Hallgarten, Fritz, Dr. phil. 1893 Hamburger, K., Geh. Justizrat Dr. 1891 Hamburger, Frl. Klara, Dr. phil., Heidelberg 1906 Happel, Fritz 1906 . Harbers, Adolf, Direktor 1903 v. Harling, Oberförster, Rod a.d. Weil 1906 v.Harnier, E., Geh. Justizr. Dr. 1866 Hartmann, Eugen, Professor 1891 Hartmann, Johann Georg 1905 Hartmann, Karl 1905 Hartmann, M., Geh. san.-Rat Dr., Hanau 1908 Hartmann-Bender, Georg 1906 Hartmann-Kempf, Rob., Dr. phil. 1906 Haßlacher, Franz 1905 Hauck, Georg 1898 Hauck, Max 1905 *Hauck, Otto 1896 Haurand, A., Geh. Kom.-Rat 1891 Haus, Rudolf, Dr. med. 1907 Häuser, Adolf, Justizrat 1909 Hausmann, Franz, Dr. med. 1904 Hausınann, Friedrich, Prof. 1907 Hausmann, Julius, Dr. phil. 1906 Heerdt, Rudolf, Direktor 1906 Heichelheim, Sigmund, Dr. med. 1904 Heicke, Karl, Stadtgartendirektor 1903 Heilbrunn, Ludwig, Dr. jur. 1906 Heilmann, Heinrich 1906 Heinemann, Frau Adele 1909 Heintzenberg, Erwin, Offenbach 1908 Heinz, Philipp 1907 Heinz-Jung, Frau Emmy 1907 Heister, Ch. L. 1898 Hemmerich, Wilh., Hauptmann 1907 Henrich, K.F., Geh. Kom.-Rat 1873 Henrich, Ludwig 1900 Henrich, Rudolf 1905 9 — Heräus, Heinrich, Hanau 1889 *Hergenhahn, Eugen, Dr. med. 1897 Hertzog, Adolf, Gerichtsassessor 1907 Hertzog, Frau Anna 1908 Hertzog, Georg 1905 Herxheimer, Frau Fanny 1900 Herxheimer, G., Prof. Dr. med., Wies- baden 1901 *Herxheimer, Karl, Prof. Dr.med. 1898 Herz, Alphonse J. 1906 Herz-Mills, Ph. Jak., Direktor 1903 Herzberg, Karl, Konsul 1897 Herzog, Ulrich, Dr. med. 1908 Hesdörfier, Julius, Dr. med. 1903 Hesse, Hermann 1900 v. Hessen, Prinz Friedrich Karl, Hoheit 1907 Hessenberg, Walter 1908 Heß, Arnold, Dr. phil., Höchst 1908 Heuer, Frl. Anna, Cronberg 1909 Heuer, Ferdinand 1909 Heuer & Schoen 1891 Heußenstamm, Karl, Bürgermeister a. D. Dr. jur. 1891 *y. Heyden, Lukas, Prof. Dr. phil., Major a. D. 1860 v. Heyder, Georg 1891 Hinkel, August 1906 Hirsch, Ferdinand 1897 Hirsch, Frau Lina 1907 Hirsch, Raphael, Dr. med. 1907 Hirschberg, Max, San.-Rat Dr. Hirschfeld, Albert 1909 Hirschield, Otto H. 1897 Hirschhorn, Fritz 1905 Hirschler, Leopold 1903 Hobrecht, Frl. Annemarie Höchberg, Otto 1877 Hochschild, Leo 1908 Hochschild, Philipp, Dr. Hochschild, Salomon 1906 Hochschild, Zachary, Kom.-Rat 1897 Hock, Fritz, Architekt 1907 Hoerle, Fräulein Cecile 1907 Hoerle, Julius 1907 Hoff, Alfred, Konsul Hoffmann, Paul 1908 1892 1907 1907 1903 21 ı Jay, Frau Sophie ; Jelkmann, Fr., Dr. phil. Hofmann, Otto 1905 Hohenemser, Frau Mathilde 1908 Hohenemser, Moritz W. 1905 Hohenemser, Otto, Dr. med. 1904 Hohenemser, Robert, Dr. jur. 1905 Höhne, Fritz, Oberarzt Dr. 1908 Holl, Joseph & Co. 1905 Holland, Frau Dora 1908 Holz, August 1909 Holz, Wilhelm 1907 Holzmann, Eduard 1905 Homberger, Ernst, Dr.med. 1904 Homburger, A., Dr. med., Heidelberg 1899 Homburger, Michael 1897 Homm, Nikolaus 1906 Hopf, Karl 1909 Horkheimer, Anton, Stadtrata.D. 1906 Horkheimer, Fritz 1892 Horn, Hans, 1906 Horstmann, Frau Elise 1903 Horstmann, Georg 1897 v. Hoven, Franz, Baurat *Hübner, Emil, Dr. med. Huck, August 1900 Hupertz, Eduard, Oberstaatsanwalt, 1897 1895 Geh. ÖOberjustizrat Dr. 1905 Hüttenbach, Frau Lina 1909 Jacobi-Borle, Frau Sophie 1909 Jacquet, Hermann 1891 Jafife, Gustav 1905 Jaffe, Theophil, San.-Rat Dr. 1905 Jaeger-Manskopf, Fritz 1897 Jäger, Alfred, Dr. phil. 1903 *Jassoy, August, Dr. phil. 1891 Jassoy, Frau Ida 1908 Jassoy, Julius 1905 ı Jassoy, Ludwig Wilhelm 1905 1903 1893 Jenisch, C., Dr. phil, Mainkur 1908 Illig, Hans, Direktor 1906 Job, Wolfgang, Konsul 1907 | Jordan-de Rouville, Frau L.M. 1903 Josephthal, Karl 1908 | Istel, Frau Charlotte, Paris 1908 | Jung, Frau Emilie 1907 Junge, Bernhard 1907 Jungmann, Eduard 1897 Junior, Karl 1903 Jureit, J. C. 1892 Kahn, Bernhard 1897 Kahn, Ernst, Dr. med. Kahn, Julius 1906 Kalb, Moritz 1891 Kalberlah, Fritz, Dr. med. 1907° *Kallmorgen, Wilh., Dr. med. 1897 Käßbacher, Max 1909 Katzenellenbogen, Albert, Dr. jur. 1905 Katzenstein, Edgar 1906 Kaulen, Ernst, Amtsrichter Kayser, Heinrich, Dr. med. Kayser, Karl 1906 Kaysser, Fritz 1899 Kaysser, Frau Georgine Keller, Adolf 1878 Keller, Ernst, Direktor des Lehrerin- nenseminars 1907 Keller, Otto 1885 Kessler, Hugo 1906 Kilb, Jean, Skobelefi 1909 Kindervatter, Gottiried 1906 *Kinkelin, F., Prof. Dr. phil. 1873 Kirchheim, S., Stadtrat Dr. med. 1873 Kissner, Heinrich 1904 Klein, Walter, Amtsgerichtsrat 1906 Kleinschnitz, Franz 1909 Kleyer, Heinr., Kommerzienrat 1903 Kliewer, Joh., Gewerberat 1907 Klimsch, Eugen 1906 1897 1908 1903 1909 Klinghardt, Franz, cand. geol. 1908 Klitscher, F. Aug. 1878 Knauer, Jean Paul 1906 Knickenberg, Ernst, Dr. med. 1897 *Knoblauch, A., Prof. Dr. med. 1891 Knoblauch, Frau Johanna 1908 Knoblauch, Paul, Dr. med. 1905 Knodt, Georg 1909 Koch, Karl 1902 Koch, Louis 1903 Koch -v. St. George, FrauA L. 1891 Köhler, Frl. Emilie, Hofheim i.T 1907 Köhler, Hermann, Kom.-Rat 1891 Kohn, Julius, Dr. med. 1904 22 | | Lauter, W., Kohn, Karl, Direktor 1909 Kohnstamm, O., Dr. med., Königstein 1907 Kölle, Karl, Stadtrat 1905 Kömpel, Eduard, Dr. med. 1897 König, Albert, San.-Rat Dr. 1905 König, Ernst, Dr. phil, Höchst 1908 König, Karl, Dr. med. 1904 v. Königswarter, Baron H., 1891 Königswerther, Heinrich 1906 Könitzers Buchhandlung 1893 Könitzer, Oskar . 1906 Könitzer-Jucho, Frau Lisa 1907 Körner, Erich, Prof. 1907 Köster, E. W., Direktor 1908 Koßmann, Alfred, Bankdirektor 1897 Koßmann, Heinrich 1908 Kotzenberg, Karl, Konsul Kowarzik, Joseph 1898 Kraemer-Wüst, Julius 1908 Kramer, Frau Emma 1908 Kramer, Robert, Dr. med. 1897 Krekel, E., Forstmeister, Hofheim i.T. 1904 v. Kremski, Maximilian, Major Kreuscher, Jakob 1880 Kreuzberg, August 1905 Küchler, Eduard 1886. Küchler, Fr. Karl 1900 Kugler, Adolf 1882 Kuhlmann, Ludwig 1905 Kullmann, Karl 1904 Künkele, H. 1903 Kutz, Arthur, Dr. med. 1904 Labes, Philipp, Dr. jur., Direktor 1905 * Lachmann, Bernh., San.-Rat Dr. 1885 Ladenburg, August 1897 Ladenburg, Ernst, Kommerzienrat 1897 ii. 2. =—cz 1903 1908 Lampe, Ed., San.-Rat Dr. 1897 Lampe, J. D. W. 1900 Landauer, Fredy 1905 Landauer, Max 1907 Lapp, Wilhelm, Dr. med. 1904 *Laquer, Leopold, San.-Rat Dr. 1897 Lauch, Jean 1909 Laurenze, Ad., Großkarben 1903 Dr. ing.h.c. 1908 Lauterbach, Ludwig 1903 Lehmann, Leo 1903 Lehranstalt für Zollbeamte d. Provinz Hessen-Nassau, Kgl. 1907 Leisewitz, Gilbert 1903 Leitz, Ernst 1908 Lejeune, Adolf, Dr. med. Lejeune, Alfred 1903 Lejeune, Ernst 1905 v. Leonhardi, Frhr. M., Großkarben 1904 *Lepsıus, B., Prof. Dr. phil., Berlin 1883 Leser, W., Oberlandesger.-Rat Dr. 1907 Leser, E., Geh. San.-Rat. Prof. Dr. 1908 Leuchs-Mack, Ferdinand 1905 Levi, Adolf 1907 *Levy, Max, Prof.Dr. phil. 1893 *Libbertz, A., Geh. San.-Rat Dr. 1897 Liebmann, Jakob, Justizrat Dr. 1897 Liebmann, Louis, Dr. phil. 1888 Liermann, Otto, Dr. phil., Direktor des Wöhler-Realgymnasiums 1907 Lilienfeld, Sidney, Dr. med. 1907 v. Lindequist, Oskar, Generaloberst u. Generaladjutant Sr. Majestät d. Kaisers u. Königs, Exzellenz, Berlin 1900 Lindbeimer, L., Justizrat Dr. 1905 Lindley, William, Baurat 1904 Linke, Franz, Dr. phil. 1909 Lipstein, Alfred, Dr. med. 1908 Lismann, Karl, Dr. phil. 1902 Livingston, Frau Emma 1897 Livingston, Frl. Rose 1903 Loew, Siegfried 1908 Lorentz, Guido, Dr. phil., Höchst 1907 *Loretz, Wilh., San.-Rat Dr. 1877 Lotichius, Alfred, Dr. jur. 1908 Löwe, Hermann 1908 Löwenstein, Simon 1907 zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Prinz Johannes, Kleinheubach 1907 Lucae, Frl. Emma 1908 Lucius, Frau Maximiliane 1909 Luraschi, Frl. Ernesta 1906 Lüscher, Karl 1905 1900 23 Lust, Heinrich Friedrich 1905 Lußmann, Konrad 1907 Maier, Herm. Heinr., Direktor . 1900 Maier-Livingston, E., Dr. med. 1909 Majer, Alexander 1889 Manskopf, Nicolas 1903 Mappes, Heinrich, Generalkonsul 1905 Marx, Eduard 1907 *\Marx,.E., Stabsarzt Prof. Dr. 1900 Marx, Hermann, Dr. phil. 1908 Marx, Josef 1907 Marx, Karl, Dr. med. 1897 v. Marx, Heinrich, Falkenhof 1908 v. Marx, Frau Mathilde 1897 Matthes, Alexander 1904 Matti, Alex., Stadtrat Dr. jur. 1878 May, Adam 1908 May, Franz L., Dr. phil. 1891 May, Hans Robert. 1909 May, Martin 1866 May, Martin, jun. 1908 May, Robert 1891 Mayer, Frl. J., Langenschwalbach 1897 Mayer, Ludo, (eh. Kom.-Rat 1903 Mayer, Martin, Justizrat Dr. 1908 Mayer, Norbert 1908 v. Mayer, Freiherr Adoli 1903 v. Mayer, Eduard, 1891 v. Mayer, Freiherr Hugo 1897 Mayer-Dinkel, Leonhard 1906 v. Meister, Herbert, Dr. phil., Sind- lingen 1900 v. Meister, Wilhelm, Reg.- Präsident Dr. jur., Wiesbaden 1905 Melber, Friedrich, Konsul 1903 *Melber, Walter 1901 Menges, Joseph, Buchschlag 1909 Merton, Alired, Direktor 1905 Merton, Eduard, Rittnerthaus 1909 *Merton, Hugo, Dr. phil., Heidelberg 1901 Merton, Walter, Direktor 1906 Merton, Wilhelm Dr. phil. h.c. 1878 | Mettenheimer, Bernh., Dr. jur. 1902 | *v. Mettenheimer, H., Dr. med. 1898 ı Metzger, L., Dr. med. 1901 Metzler, Hugo 1892 Meyer, Otto 1907 Meyer, P., Ober-Reg.-Rat Dr. jur. 1903 Meyer, Richard, Dr. jur. 1909 *v, Meyer, Edward, Dr. med. Meyer-Petsch, Eduard 1906 Michels, Eduard 1909 Minjon, Hermann 1907 Minjon, Frau Sophie 1898 Minoprio, Heinrich 1907 Minoprio, Karl Gg. 1869 *Möbius, M., Prof. Dr. phil. Moessinger, W. 1891 Moricinski, &., Oberstabsveterinär 1909 1893 1894 Mosessohn, Sally, Dr. phil. 1904 Mouson, August 1909 Mouson, Jacques 1891 f Müller, Adolt, Isenburg 1907 Müller, Eduard 1909 *Müller, Karl, Berginspektor 1903 Müller, Max, Fabrikdirektor 1909 Müller, O. Vietor, Dr. med. 1907 Müller, Paul 1878 Müller-Knatz, Frau Hedwig 1909 Müller Sohn, A. 1891 Mumm v. Schwarzenstein, A. 1869 Mumm v. Schwarzenstein, Fr. 1905 Nassauer, Max, Dr. phil. 1905 Nassauer, Frau Paula 1909 Nathan, S. 1891 *Naumann, Edmund, Dr, phil. 1900 Nebel, August, San.-Rat Dr. 1896 Neher, Ludwig, Baurat 1900 Neisser, Frau Emma 1901 *Neisser, Max, Prof. Dr. med. Nestle, Hermann 1900 Nestle, Richard 1891 Nestle, Wilhelm 1905 Neubauer, Josef, Dr. med. vet. 1908 Neuberger, Julius, Dr. med. 1903 Neubronner, J., Dr. phil., Cronberg | 1907 Neubürger, Otto, Dr. med. 1891 Neubürger, Th., Geh. San.-Rat Dr. 1860 de Neuiville, Eduard 1900 *de Neufville, Robert, Kom-.Rat 1891 de Neufville, Rud., Dr. phil. 1900 24 ı Oppenheim, Moritz ' Oppenheim, Paul, Dr. phil. ' Oppenheimer, | Oppenheimer, v. Neufville, Adolf 1896 v. Neufville, G. Adolf 1896 v. Neufville, Karl, 1900 v. Neufville, Kurt 1905 Neumann, Paul, Dr. jur. 1905 Neumann, 'Theod., Dr. phil. 1906 Neustadt, Adolf 1903 Niederhofheinı, Heinr. A., Direktor 1891 Nies, L. W. 1904 v. Obernberg, Ad., Stadtrat a. D. Dr. jur. 1870 ÖObernzenner, Julius Ochs, Hermann 1873 Ochs, Richard, Direktor 1905 Oehler, Rudolf, Dr. med. 1900 Oehmichen, Hans, Dipl. Berging. 1906 Oelsner, Hermann, Justizrat Dr. 1906 Ohl, Philipp 1906 Oppenheim, Eduard, Bankdirekt. 1905 1887 1905 1907 Benny 1903 Joe, Dr. jur. 1905 Frau Leontin 1909 Oppenheimer, O., Dr. med. 1892 Oppenheimer, Oskar F. 1905 Oppermann, E., Dr. phil., Höchst 1907 Oppenheimer, ı d’Orville, Eduard 1905 ÖOsann, Ernst, Dr. med. 1908 Osann, Fritz, Oberstabsarzt Dr. 1909 ' Osterberg, Frl. D., Königstein 1908 Österrieth-du Fay, Robert 1897 ' Östreich, Frau Anna, Utrecht 1901 1900 | Oswalt, H., Justizrat Dr. 1873 Pabst, Gotthard 1904 Pachten, Ferd., Dr. jur. 1900 ı Paehler, Franz, Dr. phil. 1906 ı v. Panhuys, Henry, Generalkonsul 1907 ' Parrisius, Alfred, Dr. phil. 1904 ' Passavant, Philipp 1905 Passavant, Rudy 1905 v. Passavant, G. Herm. 1903 | Petersen, Ernst, Dr. med. v. Passavant - Gontard, R., Geh. Kom- merzienrat 1891 Peipers, August 1905 Peters, Hans 1904 1903 *Petersen, Th., Prof. Dr. phil. 1873 Pfaff, Frau Maria 1906 . Pfeffel, August 1869 Pfeiffer, Ludwig 1901 Pfeiffer-Belli, C.W. 1903 Pfungst, Arthur, Dr. phil. 1900 Philippsohn, Frl. Paula, Dr. med. 1907 Picard, Lucien 1905 Pinner, Oskar, San.-Rat Dr. 1903 Plieninger, Th., Gen.-Direktor 1897 Pohle, L., Prof. Dr. phil. 1903 Ponfick, Wilhelm, Dr. med. 1905 Popp, Georg, Dr. phil. 1891 Poppelbaum, Hartwig. 1905 Posen, Eduard, Dr. phil. 1905 Posen, Sidney 1898 *Priemel, Kurt, Dr., Direktor des Zoo- logischen Gartens 1907 *Prior, Paul, Dipl.-Ing. 1902 Propach, Robert 1880 Prösler, J. Wilhelm 1906 Przyrembel, Julius, Direktor 1908 Pust, H., Oberstabsarzt Dr., Offen- bach 1908 Quincke,H.,Geb. Med.-Rat Prof.Dr.1908 Quincke, H , Oberlandesger.-Rat 1903 Raab, A., Dr. phil. 1891 Ransohoff, Moritz, San.-Rat Dr. Ratazzi, Karl 1905 Ravenstein, Simon 1873 Rawitscher, Ludwig, Landgerichtsrat Dr. 1904 Reh, Robert 1902 *Rehn, H., Geh. San.-Rat Dr. 1880 Rehn, L., Geh. San.-Rat Prof. Dr. 1893 Reichard, A., Dr. phil., Helgoland 1901 Reichard, Frl. E. 1907 Reichard-d’Orville, Georg 1905 *Reichenbach, H., Prof. Dr. phil. 1872 v. Reichenbach-Lessonitz, Frau Gräfin Amelie, geb. Freiin Göler v. Ravensburg 1903 1907 Reidenbach, Friedr. Wilh. 1908 Rein, Frl. Ella 1908 v. Reinach, Frau Antonie 1905 Reinartz, Karl, Dipl.-Ing. 1908 Reinert, Frau Martha, 1909 25 | Rosenbaum, E., San.-Rat Dr. Reiss, A., Gerichtsassessor Dr. 1906 Reiss, Ed., Dr, med., München 1903 Reiss, Emil, Dr. med. 1907 Reiss, Frl. Sophie 1907 Rennau, Otto 1901 Reutlinger, Jakob 1891 Richter, Johannes 1898 Richter, Rudolf, Dr. phil. 1908 *Richters, F, Prof. Dr. phil. 1877 Riese, Frau Karl 1897 Riese, Otto, Baurat 1900 Riesser, Eduard 1891 Rintelen, Franz, Dr. pbil., Svakopmund 1904 Ritsert, Eduard, Dr. phil. 1897 Ritter, Hermann, Baurat 1903 Roediger, Frl. Anna 1908 *Roediger, Ernst, San.-Rat Dr. 1888 Roediger, Paul, Justizrat Dr. 1891 Roger, Karl, Bankdirektor 1897 Rohmer, Wilhelm 1901 Rolfes, Werner 1908 kKollmann, Ludwig 1906 Ronnefeld, Adolf 1905 Ronnefeld, Friedrich 1905 Roos, Heinrich 1899 Roos,. Israel, Dr. phil. 1905 Roques, Adolf., Dr. phil. 1900 Roques-Mettenheimer, Etienne 1897 *Rörig, Ad., Dr. med.h.c., Forstmeister a.D. 1897 Rose, Christian 1905 1891 Rosenbaum-Canne, Frau Marie 1907 Rosenbusch, Eduard 1907 Rosengart, Jos., Dr. med. 1899 Rosenhaupt, Heinrich, Dr. med. 1907 Rosenthal, Rudolf, Dr. jur., 1897 Rößler, Frl. Charlotte 1907 Rößler, Friedrich, Dr. phil. 1900 | Rößler, Heinrich, Prof. Dr. phil. 1884 Rößler, Hektor 1878 Roth, Karl, Medizinalrat Dr. Rother, August 1903 1903 | Röthig, Paul, Dr. med., Charlotten- burg 1908 Rothschild, D., Dr. med., Soden 1904 26 Rothschild, Otto, Dr. med. 1904 Röver, August 1909 Rühle, Karl 1908 Ruland, Karl, Offenbach 1908 Rumpf, Gustav Andreas, Dr. phil. 1905 Ruppel, Sigwart, Prof, 1908 Ruppel, W., Prof. Dr. phil., Höchst 1903 Sabarly, Albert 1897 Sachs, Hans, Prof. Dr.med. 1903 Sachs-Hellmann, Moritz 1909 *Sack, Pius, Dr. phil. 1901 Salomon, Bernhard, Prof. 1900 Saloschin, P., Ingenieur 1909 Sandhagen, Wilhelm 1873 Sarg, Francis ©. A., Konsul 1906 *Sattler, Wilh., Stadtbauinsp. 1892 Sauerländer, Robert 1904 *Schäffer - Stuckert, Fritz, Dr. dent. surg. 1892 Schaffnit, Karl, Dr. phil., Rödelheim | 1903 Scharff, Charles A. 1897 Scharf, Julius, Bankdirektor Schaub, Alfred 1909 *Schauf, Wilh., Prof. Dr. phil. 1881 Schaumann, Gustav, Stadtrat 1904 Scheib, Adam 1905 Scheller, Karl 1897 Schepeler, Hermann 1891 Schepeler, Remi 1909 Scherenberg, Fritz, Polizei-Präsident 1905 Scherlenzky, Karl August 1905 Scheuermann, W., Geh. Justizrat 1909 Scheven, Otto, Dr. med. 1907 Schiechel, Max, Dipl.-Ing. 1909 1900 Schiermann-Steinbrenk, Fritz 1903 Schiff, Ludwig 1905 Schild, Eduard 1904 Schild, Rudolf, Dr. med. 1903 Schleich, Wilhelm 1908 Schlesinger, Theodor Heinrich 1907 Schleußner, Friedr., Direktor 1900 Schleußner, Karl, Dr. phil. 1898 Schloßmacher, Karl, jun. 1906 Schlund, Georg 1891 ‚ Schmitt, H., Dr. med., Arheiligen 1904 ' Schmitz, Ernst, Dr. med. ı Schmölder, P. A. ' *Schnaudigel, Otto, Dr. med. ' Schneider, Gustav M. ' Schott, | Schrey, Max | Schulz-Euler, Karl Fr. ' Schulze-Hein, Hans 1891 Schwarz, Schmick, Rudolf, Geh. Oberbaurat, München 1900 Schmidt, Frau Anna 1904 Schmidt, H., Kloppenheim 1908 ı Schmidt, J. J., San.-Rat Dr. 1907 Schmidt - Benecke, Eduard 1908 Schmidt-de Neufville, Willy, Dr. med. 1907 Schmidt-Diehler, W. 1908 Schmidt-Polex, Anton 1897 *Schmidt-Polex, Fritz, Dr. jur. 1884 Schmidt-Polex, K., Justizrat Dr. 1897 Schmiedicke, Otto, Generalarzt Dr. 1906 1908 | 1873 | 1900 1906 | Scholl, Franz, Dr. phil., Höchst 1908 | Scholz, Bernhard, Dr. med. 1904 Schott, Alired, Direktor 1897 Sigmund 1906 Schott, Theod., Prof. Dr. med. Schrauth, Heinrich 1908 1905 Schuenemann, Theodor Schüler, Max 1908 Schulz, Karl 1905 1903 1908 1906 Schumacher, Peter, Dr. phil. 1905 Schuster, Bernhard 1891 Schuster, Bernhard, Dr. med. Schuster, Paul, Dr. med. 1908 Schuster-Rabl, F. W. 1905 Schwarte, Karl 1909 Schwartze, Erich, Dr. phil. Schwarz, Arthur 1909 Schwarz, Ernst, stud. phil. Schwarz, Frau Ernestine 1907 Georg Ph. A. 1878 Schwarzschild, Martin 1866 Schwarzschild-Ochs, David Scriba, Eugen, Dr. med. Seriba, L., Höchst 1890 Seckel, Hugo, Dr. jur. 1909. 1908 1907 1908 1891 1897 Seeger, G., Architekt 1893 Seeger, Oskar 1904 Seeger, Willy 1904 Seibert, A., Amtsgerichtsrat, Offen- bach 1909 Seibert, W., Hauptlehrer, Offenbach 1909 Seidler, August, Hanau 1906 *Seitz, A., Prof. Dr. phil., Darmstadt 1893 Seitz, Heinrich 1905 Seligmann, Milton, Amtsrichter Dr. 1905 Seligmann, Rudolf 1908 Sendler, Alexander, Dr. phil. Seuffert, Theod., San.-Rat Dr. Sexauer, Fritz, Dr. med. 1908 Sichel, Isnaz 1905 Sidler, Karl 1905 *Siebert, A., Gartenbaudirektor 1897 Siebert, Arthur, Konsul 1900 Siegel, Ernst, Dr. med. 1900 Siesmayer, Philipp 1897 Simon, Friedrich, Dr. phil. 1908 Simon, Julius, Geh. Justizrat: Ober- landesgerichtsrat Dr. 1907 Simonis, Eduard 1907 Simons, Walter, Major 1907 Simrock, Karl, Dr. med. 1907 Singer, Fritz, Dr. phil., Offenbach 1908 Sioli, Emil, Prof. Dr. med. 1893 Sippel, Albert, Prof. Dr. med. 1896 Sittig, Edmund, Prof. 1900 Solm, Richard, Dr. med. 1903 Sommer, Julius, Direktor 1906 Sommerhoft, Louis 1891 Sommerlad, Friedrich 1904 *Sondheim, Frau Maria 1907 Sondheim, Moritz 1897 Spieß, Gustav, Prof. Dr. med. Sporleder, Oskar, Buchschlag 1905 Stavenhagen, Julius 1909 v. Steiger, Baron Louis 1905 v. Stein, Frau Baronin Karoline, Pröbstin 1909 Stern, Adolf 1906 Stern, Frau Johanna 1901 1909 1900 27 ı Thoma, Phil. | Thoms, Heinrich, Dr. phil., Kreis- 1897 | | *Teichmann, Ernst, Dr. phil. Stern, Mayer 1905 *Stern, Paul, Dr. jur. 1905 Stern, Richard, Dr. med. 1893 Stern, Willy 1901 Sternberg, Paul 1905 Stettheimer, Eugen 1906 Stiebel, Karl Friedrich 1903 v. Stiebel, Frau Hermine 1903 Stock, Wilhelm 1882 Stoecker, Georg . 1909 Stoeckicht, Karl 1905 Stolzenhayn, Frl. Margarethe 1907 Straus, F., Dr. med. 1904 Strauß, Eduard, Dr. phil. Strauß, Ernst 1898 Strauß, J., Tierarzt, Offenbach 1908 Strauß-Ellinger, Frau Emma 1908 Stroof, Ignatz, Dr. phil. 1903 Strupp, Louis, Geh. Kom.-Rat 1908 1906 Sturm, August 1908 Sturm, Otto 1907 Sulzbach, Emil 1878 Sulzbach, Karl, Dr. jur. 1891 Szamatölski, Dagobert 1905 Tabbert, Georg 1909 Tecklenburg, Wilhelm, Assessor 1907 1903 „Tellus“, Aktiengesellschait für Berg- bau und Hüttenindustrie 190% Textor, Karl W. 1908 Thebesius,L., Gen.-K onsul Dr. jur. 1900 Theiß, Wilhelm, Reg.-Baunstr. 1907 Thilenius, Otto, Geh. San.-Rat Dr., Soden i. T. 1907 1893 tierarzt 1904 Trauner, August 1908 Treupel, Gustav, Prof. Dr. med. 1903 Trier, Bernhard 1909 | Trier, Frau Berta 1908 Trier, Julius 1908 ı Trommsdorfi, Wilhelm 1909 Trost, Fritz 1897 | Türk, Frl. Berta 1909 | Ullmann, Karl, Dr. phil. Ullmann, Albert 1905 1906 Ulrich, Otto, Direktor 1902 Uth, Franz, Justizrat Dr., Hanau 1907 Varrentrapp,A., Geh.Reg.-Rat, Bürger- | meister a.D. Dr. jur. 1900 Velde, August, Prof. Dr. 1908 Velde, Frl. Julie, Oberlehrerin 1902 v.d. Velden, Wilh., Bankdirektor 1901 Vögler, Karl, Dr. phil. 1903 Vogt, H., Prof. Dr. med. 1908 *Vohsen, Karl, San.-Rat Dr. 1886 Voigt, W., Prof. Dr. phil., Bonn 1908 Vollmar, Otto, Baumeister 1907 Vorster, Karl 1907 Vossen, Fritz 1909 Voß, Otto, Prof. Dr. med., 1907 Vowinckel, Martin 1891 Wachsmuth, Hans, Dr. med. 1907 Wachsmuth, R., Prof. Dr. phil. 1907 Wagener, Alex 1904 Wagner, Gottfried 1905 *Wahl, Gustav, Dr. phil. 1907 Walthard, Max, Prof. Dr. med. 1908 v. Wartensleben, Frau Gräfin Gabriele, Dr. phil. 1902 Weber, Eduard, Direktor Weber, Heinrich, Dr. med. Weidmann, Hans, 1905 Weiller, Emil 1906 Weiller, Jakob H. 1891 Weiller, Lionel 1905 *v. Weinberg, Arthur, Dr. phil. 1897 v. Weinberg, Karl, Gen.-Konsul 1897 Weinrich, Philipp 1908 Weinschenk, Alfred 1903 Weinsperger, Friedrich 1906 Weintraud, W., Prof. Dr. med., Wies- baden 1909 *Weis, Albrecht 1882 Weis, Julius, Montigny 1897 Weisbrod, Aug., Druckerei 1891 Weismann, Daniel 1902 | Weismantel, O., Prof. Dr. phil. 1892 1907 1897 28 Wertheimber, Julius 1891 ‘ Wiesbader, Julius | Zimmer, J. Wilh., Stadtrat Weller, Albert, Dr. phil. 1891 Wendt, Bruno, Dr. jur, 1909 Wernecke, Paul, Baurat 1908 Werner, Felix 1902 Wertheim, Julius 1909 | Wertheim, Karl, Justizrat 1904 | Wertheim, Max 1907 | Wertheimber -de Bary, Ernst 1897 Wertheimer, Otto, Dr. phil. 1905 Wetzel, Heinrich, Bensheim 1864 Wetzlar-Fries, Emil 1903 Wiederhold, Kurt, Dr. phil., Mainkur 1904 1906 *v. Wild, Rudolf, Dr. med. 1896 ' Wilbelmi, Adolf 1905 Wilhelmi-Winkel, Gustav 1907 ' Willemer, Karl, Dr. med. 1905 Winkler, Hermann, Direktor 1909 Winter, Frau Gertrud 1908 *Winter, Friedrich W. 1900 ' Winterhalter, Frl. E., Dr. med. 1903 ı Winterwerb, Rud., Dr. jur., 1900 | Witebsky, Michael, Dr. med. 1907 | ' Wittich, E., Dr. phil., Darmstadt 1898 | ' Wirth, Richard, Dr. ' Wolff, Ludwig, Dr. med. 1905 1904 Woliskehl, Ed., Reg. - Baumeister, Darmstadt 1907. Wollstätter jun., Karl 1907 Wormser, S. H., Bankdirektor 1905 Wronker, Hermann 1905 Wurmbach, Julius 1905 Wurmbach, P., Landgerichtsrat 1908 Wüst, Georg 1908 Wüst, Hermann 1908 Zeiß-Bender, Louis, Konsul 1907 , Zeltmann, Theodor 1899 ı Zerban, Eugen 1908 Ziegler, Karl 1905 1907 in 1900 1907 1907 1907 1907 1907 1908 1908 1866 1850 u, 1860 1860 1862 1862 1868 1872 1872 1873 1873 1873 1873 1873 1874 1875 1876 1876 1876 1878 A) De 11I. Außerordentliche Ehrenmitglieder. Wallot, Paul, Prof., Dr. phil. h, c., Geh. Hof- und Baurat in Dresden Adickes, Franz, Dr. med. et jur. h. c., Oberbürgermeister in Frankfurta.M. v. Erlanger, Freifrau Karoline in Nieder-Ingelheim v. Grunelius, Adolf in Frankfurt a. M. v. Metzler, Albert, Stadtrat in Frankfurt a. M. Schiff, Jakob H. in New York Reiss, L. H. in Frankfurt a. M. Ziehen, Julius, Dr. phil., Stadtrat in Frankfurt a. M. IV. Korrespondierendes Ehrenmitglied. Rein, J. J., Dr. phil., Geh. Regierungsrat, Professor der Geographie an der Universität Bonn . V. Korrespondierende Mitglieder. Scheidel, Sebastian Alexander in Bad Weilbach £ Weinland, Christ. Dav. Friedr., Dr. phil. in Hohen-Wittlingen bei Urach Weismann, August, Dr. phil, Wirkl. Geh. Rat, Exzellenz, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Freiburg i.B. Steffan, Phil., Dr. med. in Marburg Deichler, J. Christ., Dr. med. in Jugenheim Hornstein, F., Dr. phil., Prof. in Kassel Westerlund, Karl Agardh, Dr. phil. in Ronneby, Schweden Hooker, Sir Jos. Dalton, Dr., früher Direktor des botanischen Gartens in Kew bei London Günther, Albert, Dr., früher Keeper of the Department of Zoology am British Museum (N.H.) in London Selater, Phil. Lutley, Secretary of the Zoological Society in London Schwendener, Simon, Dr., Geh. Reg.-Rat, Prof. der Botanik und Direktor des bot. Instituts der Universität Berlin Fries, Th., Dr. Prof. in Upsala Schweinfurth, Georg, Prof., Dr. in Berlin Gasser, Emil, Dr. med., Geh. Med.-Rat, Prof. der Anatomie und Direk- tor des anat. Instituts der Universität Marburg Bütschli, Johann Adam Otto, Dr. phil., Geh. Hofrat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Heidelberg Liversidge, Archibald, Dr., Prof. der Chemie und Mineralogie an der Universität Sidney Meyer, Adolf Bernhard, Dr. med., Geh. Hofrat in Berlin Wetterhan, J. D. in Freiburg i. Br. Chun, Karl, Dr., Geh. Rat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Leipzig Anmerkung. Es wird höflichst gebeten, Veränderungen des Wohn- ortes oder des Titels u. dergl. dem Bureau der Senckenbergischen Naturfor- schenden Gesellschaft, Viktoria-Allee 7, mitzuteilen. 1880 1881 1882 1882 1882 1883 1883 1883 1883 1883 1884 1884 1884 1884 1886 1886 1887 1887 1887 1887 1888 1888 1888 1889 1890 1890 1890 1891 1891 1891 1891 1892 1892 Jickeli, Karl, Dr. phil. in Hermannstadt Snellen, P.C.F. in Rotterdam Retowski, Otto, Staatsrat, Konservator an der Kaiserl. Eremitage in St.-Petersburg äh 3 Retzius, Magnus Gustav, Dr. med., Prof. emer. in Stockholm Russ, Ludwig, Dr. in Jassy Koch, Robert, Prof., Dr. med., Wirkl. Geh. Rat, Generalarzt I. Kl.ä la suite des Sanitätskorps, 0. Mitglied desK. Gesundheitsamts, Exzellenz in Berlin Loretz, Mart. Friedr. Heinr. Herm., Dr. phil., Geh. Bergrat in Berlin Ranke, Johannes, Dr., Prof. der Anthropologie an der Universität München, Generalsekretär der Deutschen anthropol. Gesellschaft Jung, Karl, Kaufmann in Frankfurt a. M. > Boulenger, George Albert, F. R.S., I. Class Assistant am British Museum (N. H.), Department of Zoology, in London Lortet, Louis, Dr., Professeur de Parasitologie et de Microbiologie a la Facult& de Mödecine in Lyon Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern, Kgl. Hoheit, Dr.med.in Nymphenburg v. Koenen, Adolf, Dr., Geh. Bergrat, emer. Prof. der Geologie und Paläonto- logie in Göttingen Knoblauch, Ferdinand in Noumea, Neukaledonien v. Bedriaga, Jacques, Dr. in Florenz Koerner, Otto, Dr. med., Prof. der Ohrenheilkunde an der Universität Rostock Schinz, Hans, Dr. phil., Prof. der Botanik und Direktor des botan. Gartens der Universität Zürich Stratz, ©. H., Dr. med. im Haag, Holland Breuer, H., Dr., Prof., Direktor des Realgymnasiums in Wiesbaden Hesse, Paul, Kaufmann in Venedig v. Kimakowiez, Mauritius, Kustos der zool. Abteilung des Museums des Siebenbürgischen Vereins für Naturw. in Hermannstadt Rzehak, Anton, Prof. der Paläontologie und Geologie an der tech- nischen Hochschule in Brünn Reuss, Johann Leonhard, Kaufmann in Kalkutta Roux, Wilhelm, Dr. med., Geh. Medizinalrat, Prof. der Anatomie und Direktor des anat. Instituts der Universität Halle a. S. v. Berlepsch, Graf Hans auf Schloß Berlepsch, Hessen-Nassau Fritsch, Anton Johann, Dr., Prof. der Zoologie und Kustos der zool. und paläont. Abteilung des Museums der Universität Prag Haacke, Joh. Wilh., Dr. phil., Oberlehrer in Lingen am Emskanal Engelhardt, Hermann, Hofrat, emer. Prof. in Dresden Fischer, Emil, Dr. phil., Geh. Regierungsrat, Prof. der Chemie und Direktor des chemischen Instituts der Universität Berlin Hartert, Ernst, Dr. phil., Curator in charge of the Zoological Museum in Tring, Herts. Strubell, Adolf, Prof., Dr. phil., Privatdozent der Zoologie an der Universität Bonn Beccari, Eduard, Prof. emer. ın Florenz van Beneden, Eduard, Dr., Prof. der Zoologie an der Universität Lüttich 1892 1892 1892 . 1892 .. 1892 1892 1892 1892 1892 1892 1893 1893 1893 1894 1894 1894 1894 1894 1895 1895 1895 1895 1895 1896 1896 1896 1896 ee HE Engler, Heinrich Gustav Adolf, Dr., Geh. Reg.-Rat, Professor der Botanik und Direktor des bot. Gartens und des bot. Museums der Universität Berlin Haeckel, Ernst, Prof. Dr., Wirkl. Geh. Rat, Exzellenz, in Jena Nansen, Fridtjof, Dr., Prof. der Ozeanographie in Christiania Schulze, Franz Eilhard, Dr., Geh. Reg.-Rat, Professor der Zoologie und Direktor des zoologischen Instituts der Universität Berlin Straßburger, Eduard, Dr. pbil., Geh. Reg.-Rat, Prof. der Botanik und Direktor des bot. Gartens der Universität Bonn Sueß, Eduard, Dr., Prof. der Geologie und Direktor des geologischen Museums der Universität Wien Waldeyer, Heinrich Wilhelm Gottfried, Dr, Geh. Med.-Rat, Prof. der Anatomie und Direktor des anat. Instituts der Universität Berlin Fleischmann, Karl, Konsul, Kaufmann in Guatemala 4 Bail, Karl Adolf Emmo Theodor, Prof., Dr., Gymnasial- Oberlehrer a. D. in Danzig Conwentz, Hugo Wilhelm, Prof., Dr., Direktor des westpreuss. Provinzial- Museums, staatlicher Kommissar für Naturdenkmalpflege in Danzig Verworn, Max, Dr. med., Prof. der Physiologie und Direktor des physiol. Instituts der Universität Göttingen Koenig, Alexander Ferd., Prof., Dr. phil., Privatdozent der Zoologie an der Universität Bonn Liermann, Wilh., Prof. Dr. med., Leibarzt Seiner Hoheit des Herzogs von Anhalt, Direktor des Kreiskrankenhauses in Dessau Urich, F. W., Secretary of the Trinidad Field Naturalists’ Club in Port of Spain, Trinidad Douglas, James, President of the Copper Queen Company „Arizona” in New York Pagenstecher, Arnold, Dr. med., Geh. San.-Rat, Inspektor des natur- historischen Museums in Wiesbaden Dreyer, Ludwig, Dr. phil. in Wiesbaden Dyckerhoff, Rudolf, Dr. ing., Fabrikbesitzer in Biebrich a. Rh. Kraepelin, Karl Mathias Friedrich, Prof., Dr., Direktor des natur- historischen Museums in Hamburg Bolau, Heinrich, Dr., früher Direktor des zool. Gartens in Hamburg Kükenthal, Willy, Dr. phil., Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts und Museums der Universität Breslau v. Behring, Emil, Dr. med., Wirkl,. Geh. Rat, Exzellenz, Prof. der Hygiene an der Universität Marburg Murray, Sir John, Dr. phil., Direetor of the Challenger Expedition Publications Office in Edinburgh Scharff, Robert, Dr. phil., Keeper of the Science and Art Museum in Dublin Bücking, Hugo, Dr. phil, Prof. der Mineralogie an der Universität Straßburg i. E. Greim, Georg, Dr. phil., Prof. der Geographie an der technischen Hoch- schule in Darmstadt Möller, Alfred, Dr. phil., Prof., Oberforstmeister und Direktor der Forst- akademie Eberswalde 1896 1896 1897 1897 1897 1897 1898 1898 1898 1898 1898 1899 1899 1899 1899 1899 1899 1899 1899 1900 1900 1900 1900 1900 1900 1900 1901 1901 1901 1901 1901 1901 1901 1901 e“ Br Lepsius, Richard, Dr. phil., Geh. Oberbergrat, Prof. der Geologie und Mineralogie an der technischen Hochschule und Direktor der geolo- gischen Landesanstalt für das Großherzogtum Hessen in Darmstadt v. Mehely, Lajos, Prof., Kustos des Nationalmuseums in Budapest Verbeek, Rogier Diederik Marius, Dr. phil., Ing. im Haag, Holland Voeltzkow, Alfred, Prof.,Dr. phil. in Berlin Rüst, David, Dr. med. in Hannover Kaiser, Heinr., Dr., Geh. Reg.-Rat, Prof. an der tierärztlichen Hoch- schule in Hannover v. Ihering, H., Prof., Dr., Direktor des Museums in Säo Paulo Forel, A., Dr. med., Prof. in Chigny bei Morges, Kanton Waadt Sarasin, Fritz, Dr. in Basel Sarasin, Paul, Dr. in Basel Schmiedeknecht, Otto, Prof., Dr. in Blankenburg, Thüringen Kossel, Albrecht, Dr. med., Geh. Hofrat, Prof. der Physiologie und Direktor des physiologischen Instituts der Universität Heidelberg Stirling, James, Government Geologist of Victoria in Melbourne Le Sou£f, Dudley, Director of the Acclimatisation Society, Royal Park in Melbourne Martin, Charles James, Dr., Director of the Lister Institute of Preventive Medicine in London Strahl, H., Dr. med., Geh. Med.-Rat, Prof. der Anatomie und Direktor des anat. Instituts der Universität Gießen Fischer, Emil, Dr. med. in Zürich Lenz, H., Prof., Dr. phil., Direktor des naturhistor. Museums in Lübeck Schenck, H., Dr. phil., Geh. Hofrat, Prof. der Botanik und Direktor des bot. Gartens in Darmstadt Dönitz, Wilhelm, Prof., Dr. med., Geh. Med.-Rat in Charlottenburg Ludwig, H., Dr. phil., Geh. Reg.-Rat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts und Museums der Universität Bonn Munk, Herm., Dr. med. Prof. der Physiologie an der Uni- versität Berlin Fresenius, Heinrich, Dr. phil., Geh. Regierungsrat, Prof. in Wiesbaden Zinndorf, Jakob in Offenbach Montelius, Oskar, Dr., Prof. in Stockholm Becker, Jorge, Direktor in Valencia Thilo, Otto, Dr. med. in Riga Nissl, Franz, Dr. med., Prof. der Psychiatrie und Direktor der psychia- trischen Klinik der Universität Heidelberg v. Wettstein, Rich., Dr., Prof. der Botanik in Wien Steindachner, Franz, Dr. phil., Geh. Hofrat, Intendant des K.K. naturhist. Hoimuseums in Wien v. Grafi, Ludw., Dr., Hofrat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Graz Döderlein, Ludw., Dr., Prof. d. Zoologie a.d. Universität Straßburg Simroth, Heinr., Dr., Prof. in Leipzig Schillings, C. G., Prof. in Berlin 1901 1901 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1903 1903 1903 1903 1903 1903 1904 1904 1904 1904 1904 1905 1905 1905 1905 1905 1905 1905 1906 FAABEN > De Lampert, Kurt, Prof., Dr., Oberstudienrat und Vorstand des Kgl. Natu- ralien-Kabinetts in Stuttgart Friese, Heinrich, Dr. phil. in Schwerin Treboul, E., President de la Societ& nationale des sciences naturelles et mathömatiques in Cherbourg Schneider, Jakob Sparre, Direktor des Museums in Tromsö Kaiser, E., Dr., Geh. Reg.-Rat, Prof. der Geologie und Paläontologie und Direktor des geol. Instituts der Universität Marburg Spengel, J. W., Dr., Geh. Rat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Gießen Credner, Herm., Dr., Prof., Geh. Bergrat in Leipzig Reis, Otto M., Landesgeolog in München Notzny, Albert, Bergwerksdirektor und Bergassessor auf Heinitzgrube in Beuthen Beyschlag, Franz, Prof., Dr., Geh. Bergrat, Direktor der geol. Landes- anstalt in Berlin Schmeisser, K., Berghauptmann und Oberbergamts-Direktor in Breslau de Man, J. G., Dr. in Ierseke, Holland Boveri, Theod., Dr., Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Würzburg Weidmann, Karl, Kgl. Torfverwalter in Oarolinenhorst, Pommern Oestreich, Karl, Dr., Professor a. d. Universität Utrecht Preiss, Paul, Geometer in Ludwigshafen Weber, Max, Dr., Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts in Amsterdam Fürbringer, Max, Dr., Geh. Hofrat, Prof. der Anatomie und Direktor des anatomischen Instituts der Universität Heidelberg de Vries, Hugo, Dr., Prof. der Botanik in Amsterdam Schlosser, Max, Prof. Dr.,II. Konservator derpaläont. Sammlungin München Klunzinger, B., Dr., Prof. emer. in Stuttgart v. Schröter, Guido, Konsul des deutschen Reiches in San Jose, Costa-Rica Vigener, Anton, Apotheker in Wiesbaden Wolterstorff, W., Dr., Kustos des naturhistor. Museums in Magdeburg du Buysson, Vicomte Robert in Paris Albert Fürst von Monaco, Durchlaucht in Monte Carlo Brauer, August, Prof., Dr., Direktor des Kgl. zool. Museums in Berlin Hauthal, Rudolf, Prof., Dr., Direktor des Römermuseums in Hildesheim Hagenbeck, Karl in Stellingen bei Hamburg v. Linstow, Otto, Dr. med., Generaloberarzt a. D. in Göttingen Langley, J. N., Prof., Dr. in Cambridge Löb, Jacques, Prof., Dr. in Berkeley, Californien Haberlandt, Gottlieb, Dr., Prof. der Botanik und Direktor des bot. Gartens der Universität Graz Ehlers, E., Dr., Geh. Rat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Göttingen Witzel, Louis, Rittergutspächter in Comuna Prundu Judetul Jefov, Rumänien 3 1906 1906 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1908 1908 1908 1908 1908 1908 1909 1909 1909 1909 1909 1909 1909 m — 34 — di Monterosato, Marchese Tom. All. in Palermo Dewitz, J., Dr. in Metz Buchner, E., Prof, Dr. phil. in Berlin Barrois, Charles, Dr., Prof. in Lille Bumpus, Hermon C., Dr., Prof., Direktor des Amercian Museum of Natural History in New York Fischer, Gustav, Dr. phil. et med., Verlagsbuchhändler in Jena v. Groth, Paul, Dr. phil, Geh. Hofrat, Prof. der Mineralogie und Direktor des Mineralogischen Instituts der Universität München Hertwig, Oskar, Dr. med., Geh. Med.-Rat, Prof. der vergl. Anatomie und Direktor des anatomisch-biologischen Instituts der Universität Berlin Hertwig, Richard, Dr. phil, Geh. Hofrat, Prof. der Zoologie und Direktor des zoologischen Instituts in München Lankester, Sir Edwin Ray, K.C.B., F.R.S. in London Pfeffer, Wilhelm, Dr. phil., Geh. Rat, Prof. der Botanik und Direktor des botanischen Instituts und Gartens der Universität Leipzig Steinmann, Gustav, Dr. phil, Geh. Bergrat, Prof. der Geologie und Direktor des geologisch-paläontologischen Instituts der Universität Bonn Treub, Melchior, Dr. phil., Prof., Direktor des botanischen Landes- instituts in Buitenzorg Wiesner, Julius, Dr. phil., Geh. Hofrat, Prof. der Botanik und Direktor des pflanzenphysiologischen Instituts der Universität Wien Zirkel, Ferdinand, Dr. phil., Geh. Rat, Prof. der Mineralogie und Direktor des mineralogischen Instituts der Universität Leipzig Sterzel, J. T. Dr., Prof., Direktor des Naturhistorischen Museums der Stadt Chemnitz Stromer-v. Reichenbach, E., Dr., Prof., Privatdozent der Geologie und Paläontologie an der Universität München Lucanus, L., Sanitätsrat Dr. in Hanau Nies, August, Prof. Dr. phil. in Mainz Schultze, Leonhard Siegmund, Dr. phil., Prof. d. Geographie an der Universität Jena Klemm, Gustav, Dr. phil., Prof. der Geologie, Großh. Hess. Landesgeolog in Darmstadt Kammerer, Paul, Dr. phil., Assistent der zoolog. Abteilung der biolog. Versuchsanstalt in Wien. Rayleigh, The right Hon. Lord, P.C., OÖ. M., Kanzler der Universität Cambridge, Professor der Naturphilosophie in Witham, Essex Darwin, Franeis, F. R. S., M. A. in Cambridge. Darwin, Sir Georg Howard, K. 0. B., Professor der Astronomie und experimentellen Philosophie in Cambridge v. Gwinner, Arthur, Direktor der Deutschen Bank in Berlin Ahlborn, Fr., Prof. Dr. in Hamburg Osborn, Henry Fairfield, L. L. D., Hon. Sc. D. Cantab., Präsident des American Museum of Natural History in New York. Rückblick auf das Jahr 1909. Mitteilungen der Verwaltung. Das verflossene Jahr hat der Gesellschaft durch den am 20. März 1909 erfolgten Tod des Direktors des Museums Prof. Dr. Fritz Römer einen außerordentlich schweren Verlust gebracht. Das verdienstvolle Wirken des Entschlafenen, der seit i. November 1900 an unserem Museum tätig gewesen ist, hat der II. Direktor Prof. Marx!) bei der letzten Jahresfeier zu würdigen versucht. Römers Bibliothek, besonders reich an Sonderabdrücken aus den Gebieten der Zoologie, vergleichen- den Anatomie und Entwickelungsgeschichte, ist von seinen Freunden erworben und in dankenswerter Weise dem Museum überwiesen worden. Zum Direktor des Museums wurde durch Beschluß der Verwaltung vom 17. September 1909 Prof. Dr. Otto L. zur Strassen, seither a. o. Professor der Zoologie an der Uni- versität Leipzig berufen. Er hat sein Amt am 1. Januar d. Js. angetreten. Die Zahl der beitragenden Mitglieder, die zu Anfang des abgelaufenen Jahres 1052 betrug, ist auf 1081 angestiegen; verstorben sind 23, ausgetreten 31, in die Reihe der ewigen Mitglieder übergetreten 3, dagegen neu eingetreten 86 bei- tragende Mitglieder. Des am 17. April verstorbenen außerordentlichen Ehren- mitgliedes Dr. jur. Wilhelm Freiherr von Erlanger in Nieder-Ingelheim und des am 30. Mai verstorbenen arbeitenden Mitgliedes, des Geheimen Kommerzienrates Eduard Oehler ) „Fritz Römer, sein Leben und sein Wirken“ (mit Porträt). 40. Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. S. 9* Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1909. 3* BB; u hat bereits der letztjährige Bericht gedacht, ebenso der ver- storbenen korrespondierenden Mitglieder Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Th. W. Engelmann-Berlin, Polizeirat a. D.M. Kuschel- Guhrau, Wirkl. Geh. Admiralitätsrat Prof. Dr. G. von Neu- mayer-Neustadt a. H., Verleger E. Spandel-Nürnberg und Prof. H. @. Seeley-London. Aus der Zahl der korrespondierenden Mitglieder wurden uns ferner durch den Tod entrissen am 26. September Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Anton Dohrn, der Begründer und Direktor der Zoologischen Station in Neapel (korrespondierendes Mitglied seit 1892) und am 22. November 1909 Oberingenieur Ludwig Becker- Wandsbek, der von 1878 bis 1885 unserer Verwaltung als arbeitendes Mitglied angehört hat und bei seinem Wegzug von Frankfurt in die Reihe der korrespondierenden Mitglieder “übergetreten war. Am 12. Dezember verstarb unser außerordentliches Ehren- mitglied, der frühere preußische Kultusminister, Staatsminister Dr. L. Holle-Berlin. Am 7. Juli 1909 verschied in München der Kunstmaler Fritz Hauck (Mitglied seit 1905). Er hat durch letztwillige Verfügung der Gesellschaft ein Kapital von M. 100 000.— ver- macht, mit der Bestimmung, zwei in München bezw. in Karlsruhe lebenden Künstlern eine lebenslängliche Rente von M. 2500.— auszuzahlen. Fritz Hauck war am 13. September 1852 zu Frankfurt a. M. als jüngster Sohn des hiesigen Bankiers Georg Hauck, eines intimen Freundes unseres Eduard Rüppell, geboren. Ursprünglich für das Bankfach bestimmt, war er mehrere Jahre im Auslande und im väterlichen Geschäfte tätig; doch entsprach dies nicht seinen Neigungen. Deshalb widmete er sich späterhin ganz der Kunst und studierte die Malerei im hiesigen Städelschen Kunstinstitut, in Karlsruhe und München. Dann trieb es ihn hinaus in die Welt. Als Landschaftsmaler hat er auf zahlreichen Reisen in fremden Erdteilen, in Nord- und Südamerika, auf den westindischen Inseln, in Ostasien, Australien und Afrika, die Motive zu seinen Bildern gefunden, die wie seine Kilimandjaro-Studien, seine Wasserfälle und Steppenlandschaften aus Deutsch-Ostafrika ein hervorragendes Künstlertalent bekunden. Auf seinen Reisen hat er auch manche Schätze an Naturalien gesammelt und sie unserem Museum als er y \ Pa Dee Geschenk überwiesen. Zwei Ölgemälde der Meeresfauna in den Korallenrifien und Schwammbänken, die Hauck nach eigenen Studien 1905 in Nassau auf den Bahama-Inseln gemalt hat, schmücken das Treppenhaus des Museums. Durch seine letztwillige Verfügung hat Fritz Hauck sein warmes Interesse an unserer Gesellschaft und seine Freude an dem Aufblühen unseres neuen Museums zum Ausdruck gebracht. Zur bleiben- den Erinnerung an seine hochherzige Stiftung ist sein Name in die Liste unserer ewigen Mitglieder eingetragen worden. In die Reihe der ewigen Mitglieder wurden ferner auige- nommen: Rentmeister Theodor Alexander, Frau Sara Bender, Eugene Hoerle, Sanitätsrat Dr. Karl Kauf- mann, Frau Marie Meister, Justizrat Paul Reiss und die Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt, sowie die Ver- storbenen: August Bender, Moritz Ferdinand Hauck, Geh. Sanitätsrat Dr. Heinrich Hoffmann, Hermann Kahn, Heinrich Lotichius, Geh. Kommerzienrat Eduard Oehler, Wilhelm Jakob Rohmer, Henry Seligmann und Leo- pold Sonnemann. Die Zahl der ewigen Mitglieder ist somit im Berichtsjahr von 139 auf 156 angestiegen. Manche der neu eingetretenen ewigen Mitglieder sind seither beitragende Mitglieder. gewesen. Die Verstorbenen haben jahre- und jahrzehnte lang der Gesell- schaft angehört, und zu ihrem bleibenden Gedächtnis haben die Hinterbliebenen in pietätvoller Gesinnung ihre Namen in die Liste unserer ewigen Mitglieder eintragen lassen. Es zeigt sich hierin deutlich die treue Anhänglichkeit und das tiefe Interesse an unserer Gesellschaft, der von ihrer Gründung im Jahre 1817 an zahlreiche Frankfurter Familien nunmehr durch mehrere Generationen angehören. Zu arbeitenden (Verwaltungs-) Mitgliedern wurden er- nannt: Kommerzienrat Eduard Beit, Rudolf von Gold- schmidt-Rothschild, Otto Hauck-von Metzler, Dr. phil. Hugo Merton, Dr. phil. Kurt Priemel, Direktor des Zoo- logischen Gartens, und Dr. phil. Arthur von Weinberg, Mitglied des Kg]. Instituts für experimentelle Therapie. Zu korrespondierenden Mitgliedern: Prof. Dr. Ahlborn- Hamburg, Franeis Darwin und Sir George Howard Darwin-Cambridge, Arthur von Gwinner-Berlin, A e 38 — Dr. phil. Paul Kammerer- Wien, Prof. Henry Fairfield Osborn-New York und Lord Rayleigh, Kanzler der Uni- versität Cambridge. Prof. Dr. L. von Heyden wurde von der Nederland- sche Entomologische Vereeniging in Rotterdam durch die Ernennung zum Ehrenmitglied ausgezeichnet. Am 20. Februar wurde Dr. Eugen Wolf, seither Assistent der zoologischen Abteilung des Museums, zum Kustos ernannt. Er beteiligte sich vom 23. Februar an im Auftrage der Ge- sellschaft an der Hanseatischen Südsee-Expedition, die zur Erforschung der dortigen Korallen-Insein ausgesandt wurde, und ist am 24. November glücklich und mit reicher Ausbeute zurückgekehrt. Die Teilnahme an dieser Expedition wurde hauptsächlich durch das Entgegenkommen der hiesigen Firma Tellus, Aktiengesellschaft für Bergbau und Hütten- industrie, und durch die eifrigen Bemühungen unseres arbeiten- den Mitglieds Dr. E. Naumann ermöglicht, wofür wir auch an dieser Stelle unseren verbindlichsten Dank aussprechen möchten. Am 24. Februar fand die ordentliche Generalversammlung statt. Sie genehmigte nach dem Antrag der Revisionskom- mission die Rechnungsablage für 1908 und erteilte dem I. Kas- sierer A. Andreae-von Grunelius Entlastung. Der vor- gelegte Voranschlag für 1909, der in Einnahmen und Ausgaben mit M. 88045.— balanzierte, wurde genehmigt. Nach dem Dienstalter schieden aus der Kommission aus: Konsul Etienne Roques-Mettenheimer und August Ladenburg. An ihre Stelle wurden gewählt: Charles A. Scharff und Moritz von Metzler. Der Revisionskommission für 1909 gehören ferner an: Arthur Andreae als Vorsitzender, Hermann Nestle, Adolf von Neufville und Wilhelm Stock. Am 7. April kam zum neunzehntenmal der im Jahre 1828 gestiftete Sömmerringpreis zur Erteilung und wurde Dr. Paul Kammerer in Wien zuerkannt. Am 20. März feierte die Gesellschaft mit zahlreichen anderen hiesigen Korporationen in der Aula der Akademie den hundertsten Geburtstag Georg Varrentrapps; am 13. Juni nahm sie teil an dem Festakt des Ärztlichen Vereins zur Er- innerung an den hundertsten Geburtstag Heinrich Hoff- manns, des Dichters des „Struwwelpeter“, der wie Varren- . i 4 g L . | F a trapp unserer Verwaltung lange Jahre hindurch als eifriges Mitglied angehört hat. Der Universität Cambridge überbrachten zu ihrer großartigen Jahrhundertfeier der Geburt Darwins vom 22. bis 24. Juni der I. Direktor und Dr. Merton als Delegierte die Grüße der Gesellschaft, die selbst am 13. Februar eine Darwin-Feier veranstaltet hat. Bei dieser Feier hielt Geh. Hofrat Prof. Dr. Richard Hertwig aus München die Gedächtnisrede; sie ist in dem letztjährigen Bericht nieder- gelest. Bei der Feier des fünfzigjährigen Bestehens des Vereins für Naturkunde zu Offenbach am 20. Mai war die Gesellschaft durch Prof. von Heyden, bei dem fünfzigjährigen Jubiläum des Freien Deutschen Hochstiftes am 7. November durch den I. Direktor vertreten. Am 21. Oktober feierten die näheren Freunde unseres hochverdienten Sektionärs der entomologischen Abteilung, Albrecht Weis, dessen siebzigsten Geburtstag. Der Tagung der Deutschen Zoologischen Gesell- schaft zu Pfingsten des Jahres und der in der Ila veranstalteten Ausstellung von Flugorganen bei Tieren und Pflanzen gedenkt der Museumsbericht. In der Sitzung vom 1. Dezember 1909 hat die Verwaltung Kenntnis von einem Vertrag genommen, den die Administration der Dr. Senckenbergischen Stiftung mit dem Magistrat betr. Ge- währung einer städtischen Subvention für die Sencken- bergische Bibliothek abzuschließen beabsichtigt. Der Ver- trag sieht für zehn Jahre eine jährliche Subvention von M. 15000 vor, die zur Bestreitung eines Teils der Verwaltungskosten und zur Anschaffung von Büchern bestimmt ist, mit der Maßgabe, daß ein Abgeordneter des Magistrats in die Kommission für die vereinigten Bibliotheken eintritt, und daß die Anschaffung medi- zinischer Werke einschließlich Buchbinderkosten in der Höhe von M. 3750.— auf Vorschlag des Magistratsabgeordneten erfolgt. Die aus dem städtischen Zuschuß angeschafiten Bücher gehen in den Besitz der Dr. Senckenbergischen Stiftung über. Die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft verpflichtet sich ebenso wie der Physikalische, Ärztliche und Geographische Verein und wie die Stiftung selbst, für die Dauer des Vertragsverhältnisses mindestens die gleichen Beträge zur Ergänzung der Bibliothek aufzuwenden wie seither (für die Gesellschaft sind dies jährlich M. 5700.—) und zu den steigenden Gehalten des Bibliothekars, des Bibliotheksekretärs und der Hilfsbeamten gemäß dem Gehalts- regulativ für die Beamten der Stadtbibliothek beizutragen. Die Administration der Dr. Senckenbergischen Stiftung hat dagegen die Verpflichtung übernommen, ihre Bücherbestände nur im Ein- verständnis mit sämtlichen beteiligten Vereinen aus der Biblio- thek herauszunehmen, eine Verpflichtung, die die Vereine unter- einander bereits in dem Vertrag vom 10. Februar 1860 ein- gegangen waren. Der Vertrag zwischen der Stiftungsadmini- stration und dem Magistrat soll, wenn er die Genehmigung der Stadtverordnetenversammlung findet, am 1. April 1910 in Kraft treten.) Nach zweijähriger Amtszeit sind satzungsgemäß aus der Direktion ausgeschieden: der II. Direktor Stabsarzt Prof. Dr. E. Marx und der II. Schriftführer F.W. Winter. An ihre Stelle wurden für die Jahre 1910 und 1911 Dr. A. von Weinberg und Gartenbaudirektor A. Siebert gewählt. !) Die Stadtverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung vom 8. Februar 1910 den Antrag des Magistrats mit der Abänderung genehmigt, daß die jährliche Subvention für die Senckenbergische Bibliothek von M. 15000 auf M. 10000 herabgesetzt wird. se ge | C6G FE8 LE | 901 8 | 21997 — | 0699 8 | TE91 st | z1ae 08 | 8887 g8 | SOT2CH. 89 | 98291 18 | 22201 — | 62€ — | gg7€ — | 90€ — ) 00801 ST | 16B€$ LE STIER 09 | ETLEI er | T2E8 — | 000.08 64 | FILEI al W . . . . . . OJUOM-PAAISIY-SFUNIIUITSIA A " ° * 0uoy-9Yedar] 'n -oyuay9sen) * oyuoy-jeyrdey ‘staıg-Aseuaysy oJuoy-Jeydeyy 'staıIg-uuewapaLL ' o4uoy-jehdey ‘SIOTJ-SULLTIWWIOg 'A o4uoy-[endey ‘Fanyng-ıeuydszy1g " oquoy-jepidey 'smag-yeury "A ‘ oyuoy-Jendey "Sunygg-weuryg 'A ‘“ oyuoy-peyrdey ‘Sungggg-peddnyg ‘oyuoy-Jendey ‘Sunyms oyasddey 'W oJuoY-2OyIoTqrq " * oguoy-ITeyoH E : 0Juoy-sdunss]IloA ‘Sunypmeg-snmkM 'H " * * oyuoy-uaıfemyen * oyuoy-usdunjwweg " * oyuoy-usınyereday .* r oyuoy-[endey | “ “ | Ij| 98 OJUOY-ISULIOA 'n -UUIMOH | | “ °° 09Uoy7-SuoIsuaT | G64 788 | | 68 | 874 9 Be o4uoy-essey &7 | 2680799 " * oJUOYy-uauorresittgo 09 | erzett | 90 Sumyns agosddeg "m =, 000. F7E et oyuoy-usyaygodAH 12 | eseHE uolyBazgsturupesdungftIg SUOSTIIHqUENDUAS 'ICL Id "N u9geH ‘6067 OqWZaq "TE add zueftg a n =. BR... | u: Übersicht der Einnahmen und Ausgaben Einnahmen I M. Pt, ' Saldo des Zinsen-Kontos | 21212 Beiträge-Konto | 24092 | 5 Erträgnis der Be in 1908 .....| A intrisisgelder-Konto, . a.» A... 0 Ze | 1385 | 50 Abhandlungen und Berichte . . . 3890 | 09 (inkl. Geschenk von Frau vn von Erlanger | M. 2500) Sonstige Einnahmen . . . 281 | 8 Ferner wurden a zu De Re Konten: v: Beinach-Stiftung-K0n10 2... WW Fe 1212. 9B2 v..Sömmerring-Preis-K ante 4 2... u..0.. re 521 | — Samımlungen-Konte 2. en a. TE 1027 | 50 Versieherungs-Reserve-Konto . . . 2... 2... .l 109 | Reparaturen-Konto . . . 6782 | 82 An Geschenken und een gingen ein an Be in Obligationen angelegt: Justizrat Paul Reiss, ewig. Mitgl.. . .M. 1000.— | W. Jakob Rohmer, 2 a a | Henry Seligmann, : N.) — Hermann Kahn, a „ 1000.— ı DeutscheGold-u.Silber- Bee Anktı ‚ew. M. „ 1000.— | Heinrich Lotichius, ew. Mitgl. . . . „ 600.— Frau Marie Meister, „ x = 910008 Geh.RatDr.H.Hoffmann, , a Geh.Kom.-RatE.Oehler, „ 5 ee San.-Rat Dr.Kaufmann, „ a 2 22 100 Eugene Hoerle, = A „ 1000.— August Bender u. Frau Sara er „ 1000.— Theodor Alexander, ewig. Mitgl. . „ 1000.— M. 16100. — An Geschenken für Naturalien gingen ein und wurden für 1910 zurückgestellt: Sir Julins "Wernher =... 2 2.22.02 M::5000== Theodor Alexander . . . a 5 Zurückvergütung einer Hirbschafteetener „ 300.— MS: u. Seen. 2, 300 M. 6650.— BETEN, 0 vom 1. Januar bis 31. Dezember 1909. Ausgaben | MER Unkosten-Konto ; | 23559 | 99 Saldo des Gehalt-Kontos i | 24716 | 90 Be NVorlesungen-Kontos.. , Tea. | 3910 |.21 » » Bibliothek-Kontos en Le ADOR 8604 | 06 bkandlungen und Berichte . .:, . . 1... .. |. 1001 |18 ae ee er STR 56 zemach-Stuitung-Konto . °...'. 2. eaceoe| 12123 | 57 v. Sömmerring-Preis-Konto . . . 2.2... | Ba — ERLERNEN | 1027 | 50 Wersicherungs-Reserve-Konto . . . . . ... 2. | 109 | 70 Reparaturen-Konto Gh Fu: Be) 6782 | 82 Ferner Rücklagen auf rende a Versicherungs-Reserve-Konto 000°, Sammlungen-Konto . EEE IE SR CET RI TERLA GEN BEE SE 1.000 | | Basen Konto... . . u 2 00 mans, IHR: 2200 | — | 'Reparaturen-Konto ne de Se. 2000 | — | Überschuß an Gewinn- und Werne Kon EU Far | 1026 | 37 | —— | | 95 416 66 Pe. Museumsbericht. Welch reges Interesse das Publikum fortdauernd unserem Museum entgegenbringt, geht deutlich aus der Zahl der Besucher im verflossenen Jahre hervor: vom 1. Januar bis 31. Dezember 1909 wurden 68012 Personen gezählt. Auch zahlreiche Studenten verschiedener Fakultäten, meist unter Führung ihrer Lehrer, sowohl von unseren Nachbaruniversitäten Heidelberg’und Gießen als auch von entfernter gelegenen wie Göttingen, Stuttgart und Tübingen besichtigten eingehend unser Museum. Für viele Vereine von hier und aus der Umgegend wurden, namentlich auf Wunsch des Ausschusses für Volksvorlesungen, wie in früheren Jahren besondere Führungen veranstaltet. Der Besuch von seiten der hiesigen Schulen hat sich außerordentlich gesteigert, da viele Lehrer dazu übergegangen sind, ihren naturgeschicht- lichen Unterricht durch Demonstrationen im Museum zu er- gänzen. Aber nicht nur die ausgestellten Schauobjekte sondern auch der Museumsbau in seiner inneren Einrichtung, seine Schränke sowie unsere Aufstellungsprinzipien veranlaßten in vermehrter Zahl einzelne Sachverständige wie auch mehrgliederige Kommissionen, unser Museum aufzusuchen. Zahlreiche Fach- gelehrte (siehe die einzelnen Abteilungen) benutzten unsere wissenschaftlichen Sammlungen zu eingehenderen Studien. Während der Ferienzeit war in allen Abteilungen eine größere Anzahl von Studierenden der Naturwissenschaften beschäftigt. Ihre Tätigkeit, die für uns eine willkommene Hilfe bildet, kam zugleich ihrer eigenen weiteren Ausbildung zustatten. Nachweis von Literaturangaben wurde siebenmal erteilt; Bestimmung eingesandter Tiere und Pflanzen, namentlich von Schädlingen aus der Insektenwelt bezw. Pflanzenkrankheiten, erfolgte in 24 Fällen. Auf technische Fragen bezogen sich neun Auskünfte. ne ar Mer Mannigfaltige Veranstaltungen wie Sängerfest, Ila, wissen- schaftliche Kongresse und Kurse, die im vergangenen Jahre in Frankfurt abgehalten wurden, nahmen die Räumlichkeiten des Museums (Festsaal, Hörsäle nnd Laboratorien) oft in weit- gehendem Maße in Anspruch. Zu besonderer Freude gereichte es uns, daß die Deutsche Zoologische Gesellschaft in der Pfingstwoche vom 31. Mai bis 4. Juni ihre XIX. Jahresversammlung in unserem Museum abhielt, um nach 19jähriger Pause zum zweiten Male an dem Orte ihrer Gründung zu tagen. 79 Vertreter der Zoologie aus allen Teilen Deutschlands und aus dem Auslande waren hier zu ernster Arbeit vereinigt. In besonderen Führungen wurden unsere Sammlungen und sonstigen Einrichtungen eingehend be- sichtigt. Konnten wir auch der Prüfung unserer Arbeit in den letzten Jahren durch diese berufensten Sachverständigen ruhig entgegensehen, so erfüllte es uns doch mit hoher Befriedigung, daß das Urteil von allen Seiten günstig und anerkennend ausgefallen ist. Die Übernahme einer besonderen Ausstellungsabteilung in der Ila (Juli bis Mitte Oktober) nahm für mehrere Monate alle verfügbaren Kräfte des Museums in Anspruch. Unter der sach- kundigen Leitung Dr. H. Mertons gelang es trotz der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit, eine Ausstellung zu schaffen, die den Erwartungen in jeder Weise entsprochen hat. An einer sroßen Zahl präparierter rezenter wie vorweltlicher Tiere, sowie an Pflanzensamen, an zahlreichen Modellen, Erklärungskarten und Tafeln, durch Wort und Bild, wurden die Entwickelung des Flugvermögens im Pflanzen- und Tierreich, sowie die ver- schiedenen Flugarten wie Gleitflug, Segelflug usw. vorgeführt. Durch diese Zusammenstellung ist es nicht nur gelungen, die Ausstellungsbesucher in die Flugprobleme einzuführen; sie hat auch den Praktikern und Theoretikern der Aeronautik manclıe fruchtbare Anregung gegeben. Da sich namentlich für die geologisch-paläontologische Abteilung die Anschaffung verschiedenartiger Schränke als not- wendig erwiesen hat, unternahm Dr. F. Drevermann ins- besondere zum Studium dieser Frage eine Besichtigungsreise an das naturhistorische Museum in Brüssel. Des Ablebens des Direktors Prof. Römer und der Be- rufung Prof. zur Strassens an seine Stelle, sowie der Er- ze AH Fee nennung Dr. Wolfs zum Kustos der zoologischen Abteilung des Museums haben bereits die Mitteilungen der Verwaltung gedacht. Im Büreau trat am 15. April Frl. M. Göbel zur Unterstützung der Vorsteherin ein. Größere bauliche Veränderungen fanden nur in den Kojen statt, indem zwei der bestehenden kleineren Kojen zu einer größeren vereinigt wurden. In verschiedenen Abteilungen unserer Schausammlung sind die Schränke überfüllt, worunter die Übersichtlichkeit sehr zu leiden hat. Auch in der Lehrsammlung ist ein erheblicher Raummangel eingetreten, so daß sich die Neuanschaffung einer großen Anzahl von Schränken als ein immer dringenderes Be- dürfnis erweist. Leider stehen uns vorderhand nicht die nötigen Mittel zur Verfügung, um diesem Übelstande abzuhelfen. Durch die Schenkung eines Fensterschrankes für Planktontiere nebst dem dazugehörigen Material hat sich Dr. H. Merton ein großes Verdienst um diesen Teil der Sammlung erworben. Dank der Geschicklichkeit unseres Technikers R. Moll war der Bau eines zweiten Projektionsapparates möglich, der im kleinen Hörsaal Aufstellung gefunden hat. Derselbe kann infolge seiner leichten Transportfähigkeit auch bei den wissen- schaftlichen Vorträgen im Festsaal zu den verschiedenartigsten Projektionen Verwendung finden. Im kleinen Laboratorium wurde in Anbetracht seiner vermehrten Benützung durch Lehrer und sonstige freiwillige Mitarbeiter eine Ergänzung des Inventars und der wissenschaftlichen Ausrüstung notwendig. Für die Insektenabteilung wurde in unserer Werkstatt ein Schwefel- kohlenstoffapparat konstruiert, der es ermöglicht, 54 Insekten- kasten gleichzeitig zu desinfizieren. Auch sonstige Inventarstücke, wie Tische, Tritte, kleinere Schränke usw., wurden in größerer Anzahl von unserem Handwerker angefertigt. Im Hofe hat sich die Anbringung eines Verschlages unter dem schon vor- handenen Glasdach als nützlich erwiesen. Auch unsere Druckerei war lebhaft in Anspruch genommen. Aus derselben gingen allein 60000 Adressen, 24000 Einladungs- karten, 4000 Postkarten mit Aufdruck, 1000 Zirkulare und über 10000 größere und kleinere Etiketten hervor. Ein Bild unseres verstorbenen Direktors Prof. Römer für das Sitzungszimmer verdanken wir der Malerin Fräulein B. Sondheim. Das Direktionszimmer erhielt von Professor Dr. A. Knoblauch durch ein aus den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts stammendes, Kleines Aquarell unseres alten Museums einen künstlerischen Wandschmuck. 1. Zoologische Sammlung. Die Vermehrung der Schau- und der Lehrsammlung bewegte sich im verflossenen Jahr in engen Grenzen. Einerseits sind die wenigen zur Verfügung stehenden Schränke in allen Abteilungen zum großen Teil überfüllt; andererseits waren die verfügbaren Arbeitskräfte, die ohnehin infolge des Todes von Prof. Römer und der Abwesenheit Dr. Wolfs stark überlastet waren, auclı noch durch unsere Ausstellung auf der Ila und die Vorbereitungen zum Zoologentag in hohem Maße in Anspruch genommen. Umsomehr ist es anerkennend hervorzuheben, daß unsere freiwilligen Mitarbeiter Frau L. Cayard (Histologie), Frl. E. Fellner (Insekten), Frl. E. Pfaff (Histologie und vergl. Anatomie), E. Cnyrim (vergl. Anatomie), E. Creizenach (Skelette), E. Müller (Lepidopteren), Lehrer A. Noll (Haus- bibliothek) und Lehrer H. Stridde (Histologie) auf ihren Ge- bieten überaus dankenswertes geleistet haben und auch jederzeit bei allen anderen vorkommenden Arbeiten zur Hilfe bereit waren. Auch Frau Geheimrat Leser, Frl. G.Oswalt und Frl. A. Roe- diger haben sich tatkräftig an den Museumsarbeiten beteiligt. Dr. Wolf begleitete als Zoolog die Hanseatische Südsee- Expedition und brachte nach ?/sjähriger Abwesenheit von allen größeren Inselgruppen der Südsee reiches Material mit, das zum größten Teil sortiert vorliegt, dessen abschließende Bear- beitung aber wohl noch Jahre beanspruchen wird. Besonders reich ist die Ausbeute an Reptilien, z. T. auch an Amphibien, unter den Insekten vor allem an Orthopteren, ferner an Spinnen, Krus- tazeen, Würmern uud Coelenteraten. Unter den letzteren sind namentlich die Korallen und Schwämme gut vertreten. In den meisten der erwähnten Gruppen dürfte uns also später reichliches Tauschmaterial zur Verfügung stehen. Vor allem wird das gesammelte Material auch in Hinsicht auf die Tiergeographie wünschenswerte Aufschlüsse ergeben. Unsere Konservatoren Adam Koch und August Koch unternalımen eine mehrwöchentliche Sammelreise nach Helgoland = N und erlangten in mühevoller Arbeit eine reiche Ausbeute der dort brütenden nordischen Vögel für unsere das Nordpolarleben veranschaulichende Koje. Unter ausschließlicher oder teilweiser Benützung von Ma- terial aus unseren wissenschaftlichen Sammlungen sind folgende Arbeiten veröffentlicht worden: F. Haas: Neue und wenig bekannte Lokalformen unserer Najaden. Nachrichtsblatt der Deutsch. Malakozoologischen Ge- sellsch., Jahrg. 1909, Heft 1, Beil. 2 und Heft 3, Beil. 3. L. von Heyden: Coleoptera, gesammelt von O. Bam- berg 1908 in der Mongolei. Entomologische Blätter, 5. Jahrg.., S. 157—161, Schwabach 1909. W.Kobelt: Genus Vövipara Montf. inMartini-Chem- nitz: System. Konchylienkabinett, 2. Aufl. Nürnberg 1909. . Derselbe: Roßmäßlers Iconographie der Land- und Süßwassermollusken, Neue Folge Bd. 15, Lief. 1-4, Wies- baden 1909. Derselbe und G. Winter: Die Philippinischen Land- schnecken, Genus Cochlostyla in Semper: Die Philippinen (unter Benützung unserer v. Möllendorffschen Cochlostylen- sammlung). M. J. Surcouf: Tabanides nouveaux de l’Afrigue ocei- dentale.e Bulletin du Museum d’histoire naturelle, Paris 1909. Derselbe: Tabanides nouveaux de Madagascar; ebenda. Zahlreiche Zuwendungen, die den verschiedenen Abtei- lungen unserer zoologischen Sammlung zugegangen sind, ver- danken wir folgenden Schenkern: I. Amschel-Melbourne, R. Andreae, Ingenieur A. Askenasy, Generalkonsul M. Baer, Frl. B. Bagge-St. Blasien, O. Bagge, Dr. F. Brancsik, Prof. E. Brandis-Traonic, Geh. Kommerzienrat O.Braunfels, GeneraloberarztR. Brugger- Kassel, Förster L. Budde-Schwan- heim, M. Burkard, Kommandant E. Caziot-Nizza, S. Clessin-Regensburg, E. Drevermann-Battenberg, M. Dürer, Frl. E. Fellner, Geh. Regierungsrat Fitzau-Kassel, Prof. M. Flesch, C. Franz-Breslau, Flersheim-Heß, Dr. W. Fries, D.Geyer-Stuttgart, R. von Goldschmidt-Roth- schild, A. von Grunelius. L. von Guaita, Messe cand. rer. nat. F. Haas, stud. rer. nat. Hägemeier-Heidel- berg, K. Hagenbeck-Stellingen, F, Hashagen- Bremen, == ,497 =: K. Hebeling, Frau W. Heerdt, Dr. W. Hein-München, Prof. K. Heller-Dresden, Landrat F. von Heimburg- Wiesbaden, Prof. L. von Heyden, H. Jacquet, W.Israel- Gera, W. Jungmann, J. Kilb-Skobeleffl, Prof. W. Kobelt- Schwanheim, A. Koch, C. Koch, Dr. H. Krapf, Dr. 6. Krapf, F. Külz-Marburg, Frau Krebs, Prof. R. Lauter- born-Ludwigshafen, J. Lengle, Freiherr M. von Leon- hardi-Großkarben, Dr. H. Lotz-Berlin, Dr. E. Lüring, Stabsarzt Prof. E. Marx, J. Menges, Dr. H. Merton, A.L. Montandon-Bukarest, E. Müller, W.von Möllen- dorff, Baurat L. Neher, Kommerzienrat R. de Neufville, Dr. B. Parisi-Mailand, von Ploennies-Buitenzorg, Dr. A. Reichard-Helgoland, Dr.F. Rintelen-Swakopmund, Sanitäts- ratE.Roediger, Dr. Rüby-Marburg, Intendanturrat L. Schal- lehn-Straßburg, A. Schifferli-Sempach, Dr. E. Schreiber- Görz, Oberleutnant Schulze-Bonn, J. Seeth, Prof. A. Seitz- Darmstadt, F. Simon, F. Sommerlad, Dr. P. Stern, Frl. E. Strebel-Zweibrücken, Prof. H. Strebel-Hamburg, H. Suter-Auckland, Prof. E. Vanhöffen-Berlin, Lehrer Völker-Moicht b. Marburg, Städt. Völkermuseum, T. Ulrich- Pforzheim, A. Weis, A. H. Wendt-St. Goar, F. Winter, Zoologischer Garten. Unsere Hausbibliothek, speziell die Separatensammlung, wurde auch im letzten Jahre wieder bedeutend vermehrt und zwar durch Zuwendungen von: Akademie für Sozial- und Handels- wissenschaften, Dr. C. Apstein-Kiel, F. Bastier, Dr. Bieder- mann-Imhoof-Eutin, Prof. F. Blochmann-Tübingen, C. Boettger, Dr. F. Drevermann, Geh. Med.-Rat Prof. W. Engelmann-Berlin, Dr. V. Franz-Helgoland, Freies Deutsches Hochstift, Geh. Hofrat Prof. M. Fürbringer- Heidelberg, Dr. E. Gaupp-Freiburg i.B., Dr. Gruner-Bern, Prof. A. Gutzner, Prof. L. von Heyden, Dr. A. Jassoy, Kaiser-Friedrich-Gymnasium, Dr. P. Kammerer- Wien, Prof. F. Kinkelin, Prof. C. B. Klunzinger-Stuttgart, Prof. A. Knoblauch, Prof. W. Kobelt-Schwanheim, Prof. E. Kor- schelt-Marburg, Prof. M. Könike-Bonn, Prof. A. Lang- Zürich, Dr. A. Liversidge-Sidney, Meinhold & Söhne- Dresden, Prof. Meunier-Antwerpen, L. A. Montandon- Bukarest, Prof. M. Möbius, Dipl.-Ing. P. Prior, Sanitätsrat 4 3 ei E. Roediger, Dr. P. Sack, Prof. G. OÖ. Sars-Christiania, Dr. F. Sarasin-Basel, Dr. R. S. Scharff-Dublin, Dr. C. Schleußner, Dr. O. Schmidtgen-Mainz, W. Seiffert- Stuttgart, Geh. Rat I. W. Spengel-Gießen, Prof. O. L. zur Strassen, Prof. G. Steinmann-Bonn, Dr. O. Thilo-Riga, G. B. Teubner-Leipzig, Dr. G. Tornier-Berlin, Dr. K.W. Verhoeff-Bonn, Dr. G. Wahl, A. Weis, F. W. Winter, A. Woerl-Leipzig, Prof. OÖ. Zacharias-Plöhn. Im Tausch erhielten wir Schriften von: Dr. P. Adloff-Königsberg, Dr. Breßlau-Straßburg, Dr. E. Gaupp-Freiburg i.B., Dr. V. Häcker-Stuttgart, Dr. R. Hesse- Tübingen, Prof. A. Jakobi- Tübingen, Prof. E. Marenzeller-Wien, Dr. G. von Mark- tanner-Turneretscher-Graz, Prof. J. Meisenheimer- Marburg, Dr. OÖ. Schmidtgen-Mainz, Prof. H. Spemann- Rostock, Dr. A. Steuer-Innsbruck, Prof. W. Voigt-Bonn Dr. B. Wandolleck- Dresden. 1. Säugetiere. Die in der Schausammlung zur Verfügung stehenden Schränke sind vollkommen besetzt, so daß vorläufig nur noch an die Aufstellung größerer Tiere, die im Lichthof Unterkunft finden, gedacht werden kann. Hierfür kommen vor allem die großen Dickhäuter in Betracht, von denen wir ein prächtiges Flußpferd Rudolfv. Goldschmidt-Rothschild verdanken, Von seinen zahlreichen Schenkungen fanden ferner ein Zebra, ein schwarzer Wolf aus Canada und ein Zobel sowie der Kopf eines männlichen Wapiti mit sehr starkem Geweih in der Schau- sammlung Aufstellung. Von Baurat L. Neher wurde uns ein Pärchen des amerikanischen Bibers zum Geschenk gemacht, das längere Zeit im hiesigen Zoologischen Garten lebte und durch seine Nagearbeit an Stämmen allgemeines Interesse erregte. Unsere Sammlung an anthropoiden Affen ist durch ein Geschenk von Direktor J. Seeth um ein Männchen und Weibchen des Chimpansen (Anthropopithecus troglodytes L.) ver- mehrt worden; durch Kauf erlangten wir vom Naturhistorischen Museum in Wiesbaden Männchen und Weibchen einer anderen Chimpansenart (Anthropopithecus tschego Duvern). Einen höchst interessanten Bastard zwischen Löwe und Tiger verdanken wir unserem korrespondierenden Mitglied Karl Hagenbeck- — 51 — Stellingen. Unsere Beuteltiersammlung erhieltvon FreiherrnM.von Leonhardi einen willkommenen Zuwachs durch zwei Männchen von Peragale lagotis Reid aus Australien. Die übrigen Neuerwerbun- gen stammen größtenteils aus dem hiesigen Zoologischen Garten. Unsere Konservatoren sind, den neuesten Fortschritten der Dermoplastik Rechnung tragend, zur direkten Abmodellierung des abgehäuteten Tierkörpers übergegangen, um dadurch den zu präparierenden Tieren die größte Naturtreue zu sichern. In der wissenschaftlichen Abteilung wurde die Sammlung der Bälge revidiert und katalogisiert. Eine Koje für nordisches Polarleben ist in Angriff genommen worden. Das Tiermaterial, das in ihr Verwendung findet, verdanken wir fast ausschließlich R. von Goldschmidt-Rothschild. 2. Vögel. Der Sektionär war im Verein mit den Konservatoren in erster Linie darauf bedacht, die Bälgesammlung zu ordnen. Unsere sämtlichen Vogelbälge sind jetzt in 50 nummerierten Pappkasten eingereiht und Katalogisiert. Diese Bälgesammlung bildet nunmehr mit den in den Schränken untergebrachten aus- gestopiten Vögeln die wissenschaftliche ornithologische Abteilung. Hiermit ist die Aufstellung dieser im 4. Stock unseres Museums untergebrachten Sammlung beendet. Konservator Adam Koch hat einen Katalog der ornithologischen Schausammlung fertig gestellt. Aus der Reihe der Schenkungen sind hervorzuheben: eine große Anzahl von Vögeln aus allen Erdteilen als Geschenk des Sektionärs, eine reichhaltige Kollektion von Bälgen aus dem asiatischen Rußland (Andishan) von Jean Kilb-Skobelefi und eine Sammlung ausgestopfter deutscher Vögel von Leo von Guaita. Auch von der Neuen Zoologischen Gesellschaft haben wir als Geschenk oder durch Kauf eine Reihe wertvoller Vögel erworben. Von W. Schlüter-Halle wurden aus Mitteln der Cretzschmarstiftung mehrere uns fehlende Vogelarten angekauft. Durch Tausch mit J. Michel-Bodenbach in Mähren und A. Fischer-Augsburg erlangten wir eine größere Zahl der dortigen Lokalformen. 3. Reptilien und Batrachier, Durch Geschenke, Tausch und Kauf floe&® der Sammlung reiches Material zu, das zum großen Teil vom Zoologischen 4* ER Garten stammt. Auch Freiherrn M. von Leonhardi verdanken wir wieder eine ansehnliche Kollektion australischer Reptilien. Verschiedene Arten aus Dalmatien erhielten wir von Dr. E. Schreiber in Görz. Leider konnte das eingelaufene Material wegen Erkrankung des Sektionärs noch nicht bestimmt und eingereiht werden. 4. Fische. Die Sammlung der deutschen Süßwasserfische wurde durch den Sektionär um mehrere Arten vermehrt. Dr. W. Hein- München schenkte interessante biologische Präparate. Zahlreiche Zuweisungen aus dem Aquarium des Zoologischen Gartens ver- anlaßten uns, eine besondere Abteilung für Aquarien- fische anzulegen. 5. Tunikaten. Gut konservierte Exemplare von Salpa zonaria verdanken wir Dr. W. Hein-München. Dr. H. Merton stiftete für die Planktonsammlung zahlreiche Salpen und Pyrosomen. 6. Mollusken. Die Neuordnung der wissenschaftlichen Sammlung wurde begonnen, wobei uns C. Boettger behilflich war. Doch reichte der neue dreiteilige Schrank nur für einen Teil der europäischen Heliciden aus den Sammlungen Roßmäßlers, von Möllen- dorffs und Kobelts. F. Haas ordnete die Zentralsammlung der Najaden, die durch zahlreiche Geschenke in erfreulicher Weise gewachsen ist. Durch die Arbeiten von Prof. Kobelt und F.Haas (s. S. 48) vermehrten sich die Originale unserer Sammlung in den Genera Vivipara, Cochlostyla und Unio. Von H. Suter- Auckland erwarben wir käuflich eine vollständige Kollektion kleiner neuseeländischer Seekonchylien und Endodontiden, unter denen sich viele Kotypen Suters befinden. Im Tausch mit einer größeren Anzahl von Sammlern konnte vor allem unsere Najadensammlung bedeutend vergrößert werden. D. Geyer- Stuttgart hatte die Freundlichkeit, die Vallonien unserer Samm- lung zu revidieren. Um die im letzten Bericht erwähnten wissenschaftlichen Bestrebungen weiter fördern zu können, ist die Vervollständi- gung unserer Zentralsammlung der Najaden durch Mate- rial aus dem ganzen paläarktischen Gebiete, besonders aber aus Nord- und Ostdeutschland, unerläßlich. Wir bitten um Über- lassung derartigen Materiales, eventuell im Tausch. Durch die Neuordnung der von Möllendorffschen Dublettensammlung sind wir imstande, den Tauschverkehr in vollem Maße wieder aufzunehmen ; aueh Separata der Arbeiten Prof. Kobelts EOHUEN auf Wunsch im Tausch abgegeben werden. Den Zuwachs der Handbibliothek der konchyologischen Sektion verdanken wir den Herren: P. Bartsch, G. Bollinger, %. Caziot, H. Dall, Pb. Dankenberg, P. Ehrmann, W. Evans, L. German, F. Haas, W.Kobelt, T. Kormos, Melville und Ponssonby, C. Pollonera, M. Shepman, E. A. Smith, H. Strebel und O. Wohlberedt. 7. Insekten. Auch im verflossenen Jahre konnte die Aufstellung einer Insekten-Schausammlung noch nicht in Angriff genommen wer- den, da für die nötigen Schränke keine genügenden Mittel zur Verfügung stehen. Es konzentrierte sich daher die Arbeit der Sektionäre auf die wissenschaftliche Sammlung. Der Sektionär für Koleopteren Prof. von Heyden revidierte und ordnete in der paläarktischen Abteilung die Dyticiden und Staphyliniden. Das im vorigen Jahre von O. Bamberg gekaufte Käfer- material aus der Mongolei wurde vom Sektionär bearbeitet (s. S. 48). Unter den zahlreichen Geschenken sind einige Typen von Prof. K. Heller-Dresden hervorzuheben, nämlich Rhunoscapha dolosa Heller von Kaiser-Wilhelms-Land, Gymnopholus weiskev Heller von Neuguinea und Mecopus kühni Heller von den Key- Inseln. Von Prof. von Heyden wurden fünf fehlende Staphy- linidengattungen durch Tausch erworben; fünf weitere seltene Staphyliniden konnten im Tausch mit Lehrer Luze in Wien er- langt werden. Eine Anzahl unbenannter Staphylinen bestimmte Dr. Bernhauer-Grünburg in Oberösterreich. In der Abteilung für Hymenopteren wurde durch den Sek- tionär A. Weis das unbestimmte Material, in der Hauptsache aus der Ausbeute Dr. Mertons von den Key-Inseln und den Schenkungen des Freiherrn von Leonhardi bestehend, an eine größere Anzahl von Spezialisten zur Bearbeitung übersandt. Es übernahmen Dr. H. Friese- Schwerin die Bienen (neu Mega- BER u chile mertoni), Kustos A. Handlirsch-Wien die Bembexarten, Dr. E. Strand-Berlin Cerceris, Sphex und Sceliphron (neu Sphex mertoni), Vicomte R. du Buysson-Paris die Falten- wespen (neu Belonogaster leonhardii und Polistes mertont), E. Frey-Geßner-Genf die Scoliiden und Prof. OÖ. Schmiede- knecht-Blankenburg i. Th. die Ichneumoniden. Den interessantesten Zuwachs verdankt die Abteilung Freiherrn M. von Leonhardi durch eine Reihe von Arten (SF und $) der Gattung Thynnus sowie durch eine Anzahl der merkwürdigen Honigameisen (Camponotus inflatus Lubb.) aus Australien. Dr. P. Sack übergab aus unserer Dipterensammlung Prof. T. Hermann-Erlangen die Asiliden zur Bestimmung und die Typen dieser Gruppe von Wiedemann und Jaennicke zur Revision. Unter den Geschenken ist eine größere Sammlung von Fliegen aus Palästina und Ägypten durch A. Weis hervorzuheben. Die übrigen Abteilungen unterstehen Dr. J. Gulde. In die Abteilung für Lepidopteren trat E. Müller als Mitarbeiter ein. Er hat die Sempersche Schmetterlingssammlung von den Philippinen, die wir alsganzhervorragendesGeschenk Geh.Kommer- zienrat OÖ. Braunfels und Dr. P. Stern verdanken, revidiert und die Ausbeute Dr. Mertons von den Key-Inseln in Präparation genommen. Vom Sektionär wurde die Sammlung der exotischen Hydrocoriden in vier Kasten neu aufgestellt. Von dem Material der Mertonreise bearbeitet Dr. R. Shelford-Oxford die Blattiden und Dr. Fr. Werner-Wien die Mantiden. Aus unserer Lokal- fauna verdient das Auftreten der Wasserwanze Aphelocheirus aestivalis Fabr. in der Nidda bei Rödelheim und das Vorkommen der Klapperheuschrecke (Psophus stridulus L.) auf Sandstellen bei Mitteldick (August bis Oktober) besondere Erwähnung. Auch diese Abteilung verdankt Freiherrn M. von Leonhardi eine reiche Sendung von Insekten aus Zentralaustralien. Käuflich erworben wurde eine Anzahl Hemipteren von A.L.Montandon- Bukarest, ferner 24 Arten von Hydrocoriden und 42 Arten von Cieadiden von OÖ. Staudinger-Blasewitz-Dresden. 8. Krustazeen. Durch die eifrige Mithilfe zahlreicher Naturfreunde konnte für die sonst seltenen Branchipoden eine Reihe neuer Fundorte Be in der Umgebung Frankfurts festgestellt werden. Durch die Freundlichkeit von Prof. E. Vanhöffen-Berlin erhielten wir verschiedenes Material aus der Ausbeute der Gaußexpedition, namentlich aus der Gruppe der Ostrakoden. Durch Kauf von Dr. W. Verhoeff-Dresden gelangte eine weitere Serie von Landisopoden, die zahlreiche Typen und Originale enthält, in unseren Besitz. 9. Arachnoiden und Myriopoden. Das eingelaufene Spinnenmaterial übernahm wiederum Dr. E. Strand-Berlin zur Bearbeitung. Freiherr M. von Leon- hardi schenkte mehrere Spinnen und Skorpione aus Zentral- Australien und Südwestafrika. Zahlreiche Diplopoden und Chilopoden wurden zur Ergänzung der früheren Erwerbungen von Dr. W. Verhoeff-Dresden angekauft. 10. Würmer. Durch Vermittelung von Dr. K. Priemel erhielten wir eine seltene Distomeenart (Gastrodiscus polymastos Leuckart) aus dem Zebra, die für uns um so wertvoller ist, als in unseren Abhandlungen Bd. XII Sonsinoi eine eingehende Arbeit über diesen Wurm veröffentlicht hat. Durch Tausch mit dem zoo- logischen Institut der Universität Graz gelangten wir in den Besitz zahlreicher Schnittpräparate von Turbellarien. 11. Echinodermen. Einige seltene Formen verdanken wir Profi. Vanhöffen- Berlin aus dem Material der Gauß-Expedition. 12. Coelenteraten. Dr. H. Merton schenkte eine große Anzahl von Quallen für die Planktonsammlung. 13. Protozoen. Durch die Freundlichkeit von Prof. M. Flesch gelangten wir in den Besitz einer Schnittserie von Miescherschen Schläuchen, eines Parasiten aus der Halsmuskulatur des Schafes. Wegen der Übernahme des zootomischen Kurses konnte Frau Sond- heim ihre Studien über Protozoen in afrikanischen Schlamm- kulturen während des Sommers nur in beschränktem Maße fort- setzen; doch hat sie dieselben jetzt wieder in vollem Umfang aufgenommen. 56 — 14. Vergleichende Anatomie. Das eingelaufene Material, vorwiegend aus dem Zoologischen Garten und aus dem Schlachthof stammend, konnte wegen Über- füllung der Schränke nur teilweise zu Schausammlungsobjekten verarbeitet werden und wurde daher hauptsächlich der wissen- schaftlichen Sammlung zugewiesen, wo es als Tausch-, Arbeits- und Vergleichsmaterial von großem Wert ist. In der Skelettsammlung hat E. Creizenach begonnen, die Schädelsammlung neu zu ordnen und zu revidieren. Außer mehreren kleineren Skeletten wurden das Skelett des Rhinozeros und ein Pferdeskelett, Geschenk des Kommerzienrat R. de Neuf- ville, präpariert. 15. Mikroskopische Präparate. Die Sammlung, besonders ihre histologische Abteilung, wurde im verflossenen Jahre wesentlich bereichert. Zahlreiche Schnitte durch tierische Organe, nach verschiedenen Metlıoden konserviert und gefärbt, bilden eine erfreuliche Grundlage zu einer Samm- lung für Demonstrations- und Lehrzwecke, die wir der eifrigen Tätigkeit unserer freiwilligen Mitarbeiter verdanken. Prof. M. Flesch schenkte uns eine große Anzalıl mikroskopischer Präparate. Hiervon sind Originalbelege zu wissenschaftlichen Publikationen sowie Schnittserien durch früheste Entwickelungs- stadien höherer Säugetiere besonders wertvoll. II. Botanische Sammlung. Die Arbeiten in der Schausammlung sind so weit fort- geschritten, daß die Aufstellung in den meisten Schränken zu Ende geführt werden konnte. Das Herbarium ist durch Sammeln einheimischer Pflanzen, Tausch und Kauf wesentlich vermehrt worden. Ebenso wurde die wissenschaftliche und Lehrsamm- lung durch konserviertes Pflanzenmaterial, mikroskopische Prä- parate und Abbildungen vergrößert. Allen Zweigen der Sammlung ist auch die Reise zustatten gekommen, die Prof. Möbius mit Unterstützung durch das Askenasy-Stipendium (siehe S. 76) im März und April nach Algier und Tunis unternommen hat. An den Arbeiten im Museum beteiligte sich regelmäßig wie seit mehreren Jahren ©. Koch als freiwilliger Mitarbeiter. Zeitweilige Beihilfe leisteten W. Jungmann und Fräulein a a M. Frank. Mehrfach wurde die Hilfe der Sektionäre zur Bestimmung von Pflanzen, Ptlanzenkrankheiten und zu Gut- achten über den Hausschwamm in Anspruch genommen. Dr. M. Schenck in Siegen erhielt auf seinen Wunsch aus dem Herbarium die Gramineengattung Elymus zum Studium und zur Revision. Reichliches Pflanzenmaterial ging für die Schau- und die wissenschaftliche Sammlung von folgenden Personen und In- stituten ein: cand. med. F. Altstadt, I. M. Andreae, Frl. B. Bagge-St. Blasien, Botanisches Institut-Berlin, Botanisches Institut-Hamburg, M. Challand, Prof. Dingler- Aschafien- burg, ©. Flesch jr., Dr. Ch. H.Gulde, Schulinspektor Hahne- Hanau, Gg. Hartmann-Niederhöchstadt, Prof. L.v. Heyden, Med.-Rat Heyl-Darmstadt, W. Jungmann, Öbergärtner OÖ. Kraus, C. Koch, Freiherr M. von Leonhardi-Großkarben, E. Merck-Darmstadt, R. Moll, Neidlinger, Palmen- garten, W. Paeckelmann-Elberfeld. E. Petsch-Manskopf, Dr. M. Plaut-Marburg, Sanitätsrat E. Roediger, Prof. H. Schenck-Darmstadt, Dr. E. Wolf. Von den Geschenken sind besonders hervorzuheben: eine große Sammlung von meist tropischem Pflanzenmaterial, das, in Spiritus konserviert, sowohl für die wissenschaftliche als auch für die Schausammlung wert- voll ist (H. Hahne), größere Sammlungen von Farbstofidroguen (I. M. Andreae) und Gerbstofidroguen (C. Koch), drei große Palmenstämme von Arenga saccharrfera, Livistona australis und Phoenix farinifera (Palmengarten), merkwürdige Dornen von Acacia-Arten (H. Schenck). Das Herbarium erhielt ein sehr wertvolles Geschenk in Gestalt des außerordentlich reichhaltigen und besonders durch Abnormitäten ausgezeichneten, aus 30 Faszikeln bestehenden Herbariums von Gefäßkryptogamen des verstorbenen Herrn J. Müller-Knatz. Seiner Wittwe, die uns nach dem Testament des Entschlafenen diese Sammlung übergeben hat, sei der Dank, den wir dem Stifter nicht mehr abstatten können, auch an dieser Stelle ausgesprochen. Durch Kauf und Tausch erwarb das Herbarium 50-60 Exemplare von Leonhardt-Nossen und durch Tausch 50 Exemplare von Kaulfuß- Nürnberg. Abbildungen von Pflanzen schenkten: B. Haldy- Wies- baden, J. Hetzel, W. Jungmann, C. Koch, Professor H. BER ZU I A Schenck-Darmstadt, H. Schwarzberg. Auch diesen Gebern sagen wir unseren besten Dank, namentlich Herrn J. Hetzel für eine Sammlung von etwa 400 Tafeln kolorierter Pflanzen- abbildungen aus älteren Werken. Für die Handbibliothek erhielten wir Beiträge durch: F. Altscehul, Botanisches Institut-Zürich, Chemische Fabrik- Flörsheim, M. Dürer, Prof. L. von Heyden, Prof. M. Möbius, J. Müller-Knatz, stud. ret. nat. F. Rawitscher- Freiburg i. B., Smithsonian Intitution-Washington, Buchhandlung von OÖ. Weigel-Leipzig. Aus diesen Zuwendungen sei besonders Strasburger „Botanisches Praktikum“, 2. Aufl. 1902 (große Ausgabe), geschenkt durch F. Altschul und F.Rawitscher, hervorgehoben. III. Mineralogische und petrographische Sammlung. In der Schausammlung wurden an den Schränken Schilder mit Inhaltsangaben unter Glasplatten angebracht. Auch inner- halb der einzelnen Glaspulte wurde jede Gruppe zur leichteren Orientierung durch gedruckte Etiketten markiert. An den Museumsarbeiten hat sich wie in früheren Jahren Berginspektor K. Müller in dankenswerter Weise beteiligt. Der spanischen Studienreise Dr. Drevermanns ver- danken wir eine größere Anzahl von Mineralien und Gesteinen, darunter 16 Handstücke von Zinnobersorten nebst einem großen Zinnoberblock; stud. rer. nat. H. Ewald brachte einige Erze von El Molä am Ebro mit, Prof. Möbius Gips von Gabes in Tunis. Als Schenker von Mineralien, Gesteinen und Metallen sind dankend zu erwähnen: Frau M. Borgnis, Rechtsanwalt L. Braunfels, F. Brestel-Altenhein, Lehrer Burk, E. Creize- nach, J. Fritz-Hanau, Schulinspektor Dr. Hahne-Hanau, Rektor Henze, Prof. F. Hornstein-Kassel, Prof. Lopriore- Catania, Metallgesellschaft Frankfurt, Dr. H. von Metten- heimer, Berginspektor K. Müller, E. Petsch-Manskopf, Dipl.-Ing. P. Prior, Dr. R. Richter, San.-RatE. Roediger, Oberförster Roßmäßler, Prof. W. Schauf. Besonders wertvolle Schenkungen erhielten wir von C. Ditter (Schaustücke von Achat, Gips, Zinkblende u. a.), Bank- direktor A. von Gwinner-Berlin und Bezirksgeologen Dr. H. Lotz-Berlin. EEE A. von G winner hat wiederum eine große Serie von ausgezeichneten Stufen und einzelnen Mineralien für die Schau- sammlung gestiftet: ein Riesenexemplar von Chalcedon mit Wassereinschluß von Uruguay, angeblich Brasilien; drei Dia- manten von Deutsch-Südwestafrika; Quarz mit Gold von Bere- sowsk; eine schöne Kollektion von 22 geschlifienen Edelsteinen, darunter auch künstliche Rubine — diese Sammlung fand auf einer sammtbeschlagenen Platte mit schwarzen Etiketten in Golddruck im Mineraliensaal bei den Diamanten Aufstellung; Smaragd auf Glimmerschiefer aus dem Ural; eine herrliche Gruppe von Kalkspat (R3. + R3), Bleiglanz (xOx».O), Kupfer- kies (+P) und Dolomit, auf Dolomitgestein aufgewachsen, von Joplin in Missouri; eine große Mansfelder Gipsplatte mit einer Menge von klaren Kristallen bedeckt (oP.»Px.P.-P.4P»; z.T. Zwillinge nach xPx); Topas aus dem Nertschinsker Gebiet, 40:71:54 cm (»P. »oP».oP); Kalkuranit von Schwarzenberg; eine mächtige Granitplatte von Striegau, dicht mit Orthoklasen be- setzt (M, T, P,x), die mit Strigovit und Epidotnädelchen be- deckt sind; Epidot mit Asbest und Apatit von der Knappen- wand; Pyrargyrit von Andreasberg in Höhlungen von Arsen- kugeln (Pseudomorphosen von Arsenkies nach Arsen); Quarz und Zinnwaldit, angeblich Phlogopit, von Zinnwald; Wulfenit von Bleiberg; Steinsalz aus Sizilien; eine Adulargruppe aus den Alpen; Coelestin von Put in Bay, großer Kristall mit P».P».»P». »oP». Dr. H. Lotz erfreute die Gesellschaft mit einem 228 kg schweren Eisenmeteoriten von Gibeon in Südwestafrika. Das Geschenk ist um so mehr zu begrüßen, als wir überhaupt noch keinen größeren ganzen Meteoriten besaßen, aber von den Eisen von Gibeon, die wahrscheinlich zu demselben Fall wie Mukerop gehören, vor drei Jahren eine schöne geätzte Platte erworben hatten. Zum Vergleich wurde eine kleine Stelle des Blocks angefeilt, poliert und geätzt. Im September wurde uns durch die Zuweisung der großen Sammlung des Senators F. J. Kessler (1806 bis 1889) ein hochherziges Geschenk zuteil. Die Sammlung enthält mehrere tausend Nummern, durchweg sorgfältig etikettiert und mit der Seitenzahl der 11. Auflage von Naumann-Zirkels „Ele- menten der Mineralogie“ versehen. Eine gründliche Durchsicht ER ee war dem Sektionär noch nicht möglich; doch kann jetzt schon mitgeteilt werden, daß in der Sammlung zahlreiche, treffliche Stücke vorhanden sind, besonders von alten, aufgelassenen Gruben. Die besten Sachen sollen der Schausammlung mit der Etikette „Sammlung Senator Friedrich Jakob Kessler“ eingereiht, andere in der wissenschaftlichen Sammlung unter- gebracht werden. Das übrige wird vorläufig in seinen Schränken verbleiben und kann als Tauschmaterial, für Praktika ete. Ver- wendung finden. Zu dieser Schenkung gehören auch 128 exakt gearbeitete Kristallmodelle aus Holz oder parafingetränktem Gips, an denen die einfachen Formen bei Kombinationen oft durch verschiedene Farben markiert sind. Von den Erwerbungen durch Kauf mögen besonders zwei Benitoite (BaTiSis Os) genannt sein, für deren außergewöhn- liche kristallographische Bedeutung auf die Arbeit von Hla- watsch im Zentralblatt für Mineralogie 1909 hinzuweisen ist. Von Madagaskar stammt ein wunderbar zonar aufgebauter Turmalinquerschnitt (80 bis 100 mm) mit trigonalem rotem Kern und zahlreichen hell- und dunkelgrünen Schichten; das Pracht- stück steht vor einem Spiegel im großen Schauschrank. Prof. Klemm-Darmstadt stellte der Gesellschaft wieder sechs sehr instruktive Gesteinsplatten aus dem Odenwald gegen Erstattung der Schleifkosten zur Verfügung. Durch Tausch erhielten wir einige Mineralien von Prof. Yabe und Lehrer H. Menge. Die Sammlung mikroskopischer Gesteinspräparate wurde um 80 Schliffe von Sedimenten und kristallinen Schiefern ver- mehrt. : IV. Geologisch-paläontologische Sammlung. Auch im verflossenen Jahre wurde die Vervollständigung und Verbesserung der Schausammlung in erster Linie ange- strebt. Die ersten Erklärungstafeln, Zeichnungen und zahl- reiche neue Etiketten geben hiervon Zeugnis. Nebenher ging die Durcharbeitung der wissenschaftlichen Sammlung, die bei einzelnen Abteilungen gut vorwärts schritt. Es erhielten Sammlungsmaterial zur Bestimmung resp. wissenschaftlichen Bearbeitung: Oberbergrat Prof. L. von Ammon-München (Seeigel aus dem oberen Jura von Eich- en en stätt), Dr. K. Andr&e-Karlsruhe (Arthropleura aus dem Carbon von Saarbrücken), Prof. H. Engelhardt-Dresden (zahl- reiche Flörsheimer Pflanzen), stud. R. Ewald- Heidelberg (Ammoniten aus der Trias Spaniens), Dr. C. Gaillard- Lyon (oligozäne Vogelreste aus dem Quercy), Prof. A. de Grossouvre-Bourges (Limneen und Planorben des Mainzer Beckens), cand. rer. nat. F. Haas-Heidelberg (Konchylien von Mosbach, Diluvium), Prof. W. Kilian-Grenoble (Tithon von Cabra, Prov. Granada), Prof. I. Lörenthey-Budapest (sämtliche Krabben aus dem Rupelton von Flörsheim), Prof. E. Philippi-Jena (rätische Fossilien von Sumatra), Prof. M. Schlosser- München (einzelne Knochen aus dem Fajüm), Dr. F. Sehöndorf-Hannover (Seesterne aus dem rheinischen Devon und amerikanischen Carbon), Prof. E. Stromer-von Rei- chenbach-München (die Krokodilreste und verkieselte Hölzer aus dem Fajüm, sowie die Reste von Janassa aus dem Kupfer- schiefer), Dr. A. Till-Wien (die Rhyncholithen der Strunz- schen Sammlung aus dem Muschelkalk von Bayreuth), Dr. A. Smith Woodward-London (fossiler Fisch ohne Fundortangabe). Auf Wunsch von Prof. Sterzel-Chemnitz nahm Prof. Kinkelin die Bestimmung der im dortigen Albert-Museum be- findlichen Säugetierreste von Mosbach etc. vor. . Der Sektionär widmete sich ferner der Bearbeitung der vom städtischen Tiefbauamt im Norden und Osten der Stadt ausgeführten Grabungen, von denen namentlich die Anlage des Osthafens wichtige geologische Aufschlüsse mit sich brachte. Prof. Kinkelin gab auf Ersuchen des Tiefbauamts geologische Gutachten über die Schichtenfolge und über ein Braunkohlenflöz im Cyrenenmergel des Osthafengeländes ab. Er hat außerdem auf Anregung des Architekten- und Ingenieurvereins und mit Unterstützung des Tiefbauamts zur Herstellung der begleitenden Tafeln eine zum größten Teil auf eigenen 25jährigen Studien fußende zusammenfassende Darstellung über den Untergrund Frankfurts veröffentlicht.) In dieser Schrift spiegelt sich deut- lich wieder, in welch hohem Maße der Verfasser von 1884 bis heute in seinen geologischen Lokalstudien von den Beamten des Tiefbauamts, hoch und niedrig, unterstützt worden ist, au B. Kinkelin, „Vorgeschichte vom Untergrund und von der Lebewelt des Frankfurter Stadtgebietes‘. Frankfurt a. M. (J. Rosenheim) 1909. Bu — 2 — und welche Fülle von Material aus dem Untergrund des Frank- furter Stadtgebietes unser Museum dem Tiefbauamt verdankt. Folgende weitere Publikationen behandeln ganz oder teil- weise Material aus dem Museum: E. Daqu& und E. Krenkel: Jura und Kreide in Ost- Afrika. Neues Jahrbuch für Mineralogie, Beil. Bd. 28, H.1, S. 150—232. Stuttgart 1909. R. Richter: Beiträge zur Kenntnis devonischer Trilobiten aus dem Rheinischen Schiefergebirge. Vorbericht zu einer Mono- graphie der Trilobiten der Eifel. Dissertation. Marburg 1909, 96 Seiten. F. Schöndorf: Paläozoische Seesterne Deutschlands 1. Die echten Asteriden der rheinischen Grauwacke. Palaeonto- graphica, Bd. 56, S. 37—112, Taf. 7—11. Stuttgart 1909. Derselbe: Die fossilen Seesterne Nassaus. Jahrbuch des Nassauischen Vereins für Naturkunde, Bd. 62, S. 7—46, Taf. 2—5, Wiesbaden 1909. Derselbe: Organisation und Aufbau der Armwirbel von Onychaster, ebenda, S. 47—63, Taf. 6. A. Till: Die fossilen Cephalopodengebisse. Jahrbuch der k. K. geologischen Reichsanstalt, Bd. 58, 1908, Heft 4, S. 573— 608, Wien 1909. Derselbe: Neues Material zur Ammonitenfauna des Kelloway von Villany (Ungarn). Verhandlungen der k.k. geologischen Reichsanstalt 1909, Nr. 8, S. 191. Die reiche Vermehrung der geologisch-paläontologischen Sammlung :ist auf den Gemeinsinn folgender Persönlichkeiten zurückzuführen: Ingenieur A. Askenasy, Werkführer J. Bach- mann-Langenbochum, J. Basquitt-Offenbach, Kommer- zienrat E. Beit, Berggewerkschaftskasse - Bochum, Direktor Bonhöte-Oberrosbach, Frau M. Borgnis, Architekt O. Bräutigam, Lehrer OÖ. Burk, E. Creizenach, Bauaufseher Dobbert, Prof. L. Edinger, stud. R. Ewald-Heidelberg, Dr. Foucar, K. Fischer, Geh. Kom.-Rat Dr. L. Gans, Lehrer K. G@eib-Kreuznach, Bankdirektor A. von G winner-Berlin, cand. rer. nat. F. Haas-Heidelberg, Bürgermeister Hahn- Waldböckelheim, Ch. Heister, Rektor A. Henze, Philipp Holzmann & Co, Prof. F. Hornstein-Kassel, Apotheker W.Huss-Schwäbisch Gmünd, Dr. A.Jassoy, W.Jungmann, har Erben von Senator Kessler, Prof. F. Kinkelin, A. Koch, Direktor C. Köller-Sötenich, Redakteur H. König- Heidelberg, Direktor Körner, Bergreferendar Kredel-Bonn, P. Kuhn, Baurat H. Lindley, Frl. F. Marx, Dr. H. Merton-Heidel- berg, Dr. H. von Mettenheimer, Prof. M. Möbius, Berg- inspektor K. Müller, Frl. M. Müller, Museum für Völker- kunde, Frau A. Nassauer, Direktor Reisert-Dettingen a. M., Dr. R. Richter, Prof. F. Richters, H. Roos, C. Rosen- berg, Oberförster Roßmäßler-Eisenbach, Prof. M.Schlosser- München, ©. Schmitgen- Berncastel, Prof. Schwertschlager- Eichstätt, Sieglesche Güterverwaltung-Friedenfels, Verleger E.Spandel-Nürnberg, Ingenieur B. Spitzer, Dr. E. Stroof, G. Tabbert, Städtisches Tiefbauamt, Dr. K. Torley- Iserlohn, A. Trauner, ÖOberlehrer E. Vogel-Graudenz, Frau Baron Gaston de Vinck-Chäteau la Hooghe bei Ypres, Baron Wolff-Bonn, F.Wünnemann-Bingen, Ingenieur A. Zimmer, J. Zinndorf-Offenbach. 1. Säugetiere und Vögel. Im Lichthof wurden die frei montierten Skelette eines Riesenhirschs und eines Höhlenbären aufgestellt. Der Zuwachs durch Geschenke, Tausch und Kauf stammt aus dem Tertiär von Süddeutschland, Südfrankreich und Samos, sowie aus dem Diluvium von Nord- und Süddeutschland und Tirol. Besondere Erwähnung verdienen die im Tausch erworbenen Extremitäten von Hipparion gracile Kaup und eine große Anzahl Höhlen- bärenknochen von ganz jugendlichen Individuen, ein Geschenk von Prof. Schlosser-München. 2. Reptilien und Batrachier. Das Skelett des Nothosaurus, das im vorigen Jahre von OÖ. Hauck-v. Metzler geschenkt worden ist, wird aus dem Gestein frei präpariert, eine Arbeit, die den Präparator etwa 3/ı Jahr in Anspruch nehmen wird. Die wertvollste Erwerbung des Jahres ist die Strunz- sche Sammlung von Saurierresten aus dem Muschelkalk von Bayreuth, die Kommerzienrat E. Beit dem Museum geschenkt hat. Sie enthält eine große Zahl von Schädelresten, Unter- kiefern und anderen Skeletteilen von Nothosaurus, Ichthyo- saurus, FPlesiosaurus, Anomosaurus, Tanystrophaeus und vor -, BR N allem Placodus und Cyamodus. Durch dieses glänzende Ge- schenk rückt das Museum in die vorderste Reihe aller Samm- lungen, was die Saurier der Vorzeit angeht, und wird speziell in den seltenen Reptilien des Muschelkalkes von keiner Samm- lung übertroffen. Ein Teil der wertvollsten Stücke war längere Zeit in einer Sonderausstellung vereinigt. Eine weitere großartige Schenkung von Sir J. wer London hat es der Gesellschaft ermöglicht, je ein freimontiertes Skelett von Peloneustes, Steneosaurus und Metriorhynchus für das Museum anzukaufen. Sie stammen von Peterborough wie der schöne Ophthalmosaurus und Oryptochdus, die bereits im Liehthof aufgestellt und der Freigebigkeit desselben Gönners zu verdanken sind. Als Geschenk unseres korrespondierenden Mitgliedes Prof. Hornstein-Kassel erhielten wir eine Platte mit Tierfährten sowie mehrere Gipsabgüsse solcher Platten aus dem Buntsandstein von Karlshafen. 3. Fische. Die Neuerwerbungen stammen aus dem Perm der Saar- gegend und von Richelsdorf, dem Jura von Süddeutschland und England, der Kreide von Norddeutschland, Schlesien und Schweden und dem Tertiär von Süddeutschland, Oberitalien und England. Hervorzuheben sind drei schöne Fische aus dem Plattenkalk von Eichstätt, ein Geschenk von Dr. H. Merton, und ein großer Dapedius aus dem schwarzen Jura Schwabens, den Bank- direktor A. von Gwinner geschenkt hat. 4. Mollusken. Fräulein B. Türk ordnete wie im Vorjahre die alttertiären Gastropoden; durch ihre fleißige Mitarbeit ist die Durchbestim- mung und Katalogisierung dieser Gruppe am weitesten fortge- schritten. Rektor A. Henze hat die Kreideversteinerungen z. T. neu geordnet und bestimmt; er wurde dabei von dem Schüler H. Herxheimer unterstützt, der auch dem Sektionär beim Einordnen der Kesslerschen Sammlung behilflich war. Die Neuerwerbungen stammen aus dem Silur Englands und Nord- deutschlands (erratisch), dem Devon des Rheinlands, von Böhmen und Südfrankreich, dem Carbon von Westfalen, der Trias von Süddeutschland, Tirol, Spanien und Japan, dem Jura von Nord- und Süddeutschland, England und Frankreich, der Kreide von Norddeutschland, Frankreich, Schweden, Algier, Syrien und Nordamerika, dem Tertiär von Nord- und Süddeutschland, Nord- und Südfrankreich, Kleinasien und Ägypten, dem Diluvium von England. Hervorzuheben sind mehrere prachtvolle, große Schau- stücke für die Schrankaufsätze, eine lang ersehnte Erwerbung, die Prof. L. Edinger ermöglicht hat, ein herrliches Cerithaum giganteum Lamarck, ein Geschenk von Bankdirektor A. von G winner, sowie einige große, noch unpräparierte fossilreiche Platten, die von Werkführer J. Bachmann-Langenbochum und Apotheker W. Huß-Schwäb. Gmünd geschenkt wurden. Durch großen wissenschaftlichen Wert zeichnet sich die Suite aus, die auf Veranlassung und Kosten von Dr. J. Stroof durch stud. R. Ewald-Heidelberg in der Trias von Mora am Ebro gesammelt wurde. Schließlich sei noch eine gute Serie paläo- zäner Gastropoden erwähnt, die im Tausch erworben wurde. 5. Arthropoden. . Die Trilobiten-Sammlung befindet sich in schnellem Wachs- tum dank der Rührigkeit Dr. R. Richters, der diese Gruppe einer durchgreifenden Neubearbeitung unterzieht. Eine be- sondere Zuwendung seitens der Gesellschaft ermöglichte die Unterstützung seiner Bestrebungen durch den Ankauf zahll- reicher Trilobiten. Der Zuwachs an Arthropoden stammt aus dem Cambrium und Silur von Böhmen, Südfrankreich, England und Nordamerika, sowie dem Erraticum Norddeutschlands, dem Devon des Rheinlandes, ven Böhmen und dem Bosporus, dem Carbon der Saargegend und dem Jura von Süddeutschland. Besondere Hervorhebung, verdient ein vollständiges Pracht- exemplar von Bronteus granulatus Goldfuß aus dem Mitteldevon von Iserlohn, ein Geschenk von Dr. K. Torley daselbst. Von Dr. P.Sack wurden die Bernstein-Insekten geordnet. 6. Brachiopoden, einschl. Bryozoen und Würmer. Der Zuwachs kommt aus dem Silur von England, dem Devon des Rheinlands, von Böhmen und vom Bosporus, der Trias von Süddeutschland und Tirol, dem Jura von Südfrankreich, der Kreide von Schweden und Spanien, dem Tertiär von Nord- deutschland und Südfrankreich. Hervorzuheben ist das Geschenk von großen, schönen Platten für die Schausammlung durch E. Creizenach und Prof. L. Edinger. [s er; Fiealh 7 Ylayece 7. Echinodermen. Neu erworben wurden zahlreiche Stücke aus dem Silur von Norddeutschland (Erraticum) und Südfrankreich, dem Devon des Rheinlands, der Trias Deutschlands, dem Jura Nord- und Süddeutschlands und Frankreichs, der Kreide von Norddeutsch- land, Schlesien, Belgien, Frankreich, Spanien, England, Schweden und Algier und dem Tertiär von Westfalen, Frankreich und Ägypten. Durch hohen wissenschaftlichen Wert ragen hervor ein prächtiger Otenocrinus aus dem Devon von Öberstadtfeld, ein Geschenk von A. H. Wendt, ein vorzüglicher Goniaster aus der englischen Kreide, den E. Creizenach schenkte, so- wie eine Platte mit zwei kleinen Seeigeln aus dem weißen Jura von Eichstätt, die das Museum durch Dr. H. Merton erhielt. 8. Coelenteraten. Das neue Material stammt aus dem Cambrium Nord- amerikas, dem Silur von Südfrankreich, dem Devon der Rhein- lande und von Nordamerika, der Kreide Norddeutschlands und dem Tertiär des Rheinlandes, von Frankreich und Kleinasien. Besondere Erwähnung verdient die prachtvolle Platte mit 25 Dictyophyton nodosum Hall aus dem Oberdevon des Staates New York, ein Geschenk von Prof. L. Edinger. 9, Protozoen. Es wurden im Tausch Foraminiferen und Radiolarien aus ‘verschiedenen Horizonten Japans und aus dem französischen Tertiär erworben. 10. Pflanzen. Als Geschenk erhielt das Museum fossile Pflanzen aus dem Carbon von Böhmen, Westfalen und dem Saargebiet, aus der Trias von Bayreuth und Tirol, aus dem Tertiär von Öningen und Spitzbergen, sowie aus dem Diluvium und Alluvium vom Rhein und aus der Pfalz. Hervorzuheben ist die hervorragende Suite von Pflanzen aus dem Rät von Bayreuth, die mit der Sammlung Strunz von Kom.-Rat E. Beit geschenkt wurde. 11. Lokalsammlung. Die Ankäufe und Aufsammlungen an den benachbarten Fundorten wurden fortgesetzt und lieferten reichen Zuwachs an Fauna und Flora. Dazu kamen als Geschenke Fossilien N aus den linksrheinischen Meeressanden und Cyrenenmergeln, aus den Braunkohlen des Vogelsbergs und ganz besonders aus den oberpliozänen Sanden des Klärbeckens und anderer Orte. Hier verdient das Entgegenkommen des städtischen Tiefbauamtes und seiner Beamten, sowie die Mitarbeit von Ingenieur A. Askenasy besondere Hervorhebung. Als wertvolle Geschenke sind aufzuführen: zahlreiche Blattabdrücke aus dem Polier- schiefer von Kettenbach von Oberförster Roßmäßler-Eisen- bach, eine schöne Platte mit mehreren Pinna rugosa Lud- wig von K. Fischer und zahlreiche Süßwasserkonchylien aus dem Offenbacher Hafen von J. Zinndorf daselbst. Der Sektionär ordnete und bestimmte die Mosbacher Säugetierfauna neu, die beim Umzug in Verwirrung geraten war, ebenso die Fossilien aus dem Mainzer Becken, wobei Lehrer L. Lauterbach ihn unterstützte. Er stellte weiter die von Prof. Engelhardt-Leipzig bearbeitete Flora des Rupeltons von Flörsheim in der Schausammlung aus. Die Süßwasser- konchylien aus dem Offenbacher Hafen wurden von Fräulein B. Türk frisch konserviert. 12. Allgemeine Geologie. Zahlreiche Geschenke von Gesteinsstücken gingen ein, die besonders die Tätigkeit des fließenden Wassers und der Meeres- brandung klar erkennen lassen. 13. Praktische Geologie. Diese Abteilung wurde neu begründet; sie erhielt als erste Geschenke geschliffene Gesteinsplatten und Proben der Bausteine Frankfurts, als deren Geber die Sieglesche Güterverwaltung in Friedenfels und Philipp Holzmann & Co. genannt seien. Anschauungsmaterial (Bilder, Tafeln), sowie Bücher für die Sektionsbibliothek wurden geschenkt von E. Creizenach, K. Fischer, Frau Ch. Istel- Paris, Lehrer Reich-Nerchau, Prof. Schmeil-Heidelberg, Lehrer H. Schwarzberg, Prof. Stromer-von Reichenbach-München und Dr. K. Torley- Iserlohn. Hervorgehoben sei eine Serie von über hundert Pho- tographien von Lehrer H. Schwarzberg, die zur Illustrierung der verschiedensten allgemein-geologischen Fragen dienen. H* Lehrtätigkeit im Sommerhalbjahr 1909. I. Zoologie. Eine vorübergehende Erkrankung Prof. Reichenbachs, der Tod Prof. Römers und die unvorhergesehene Teilnahme Dr. Wolfs an einer Forschungsreise nach der Südsee haben unmittelbar vor Beginn des Sommerhalbjahrs eine Änderung der Dispositionen für die zoologischen Vorlesungen und Kurse not- wendig gemacht. Dr. H. Merton und Frau M. Sondheim übernahmen die Abhaltung des zoologischen Praktikums, Ober- lehrer Dr. P. Sack die Leitung der Exkursionen, während die angekündigten Vorlesungen über „Bau und Leben der Insekten“ bedauerlicherweise ausfallen mußten. Das zoologische Praktikum (zootomisch-mikroskopischer Übungskurs) wurde Dienstags und Freitags von 4--6 Uhr im sroßen Laboratorium abgehalten. An ihm nahmen 10 Lehrer hiesiger Schulen, 2 Privatgelehrte und 7 Damen teil. In 28 Kursen wurden unter Zugrundelegung des Kükenthalschen Leitfadens sämtliche neun Stämme des Tierreichs durchgearbeitet. Nach einleitenden Vorträgen erhielten die einzelnen Praktikanten Ver- treter der wichtigsten Ordnungen in frischem und konserviertem Zustand zugeteilt und wurden angeleitet, die Präparation des Materials selbständig vorzunehmen. Die auf solche Weise ge- wonnenen Kenntnisse des anatomischen Baues der Tiere wurden ergänzt und vertieft durch die mit der makroskopischen Präpa- ration Hand in Hand gehende mikroskopische Untersuchung einzelner Gewebe und Organe (Haut, Darm, Geschlechtsdrüsen u. a.) in selbstangefertigten frischen Präparaten und durch das Studium mikroskopisch-histologischer Präparate aus der Sammlung des Museums. = I Das im Kurs verwandte Material an Seetieren (Quallen, Korallen, Seesterne, Seeigel. Tintenfische, Haie usw.) wurde von den Zoologischen Stationen zu Triest und Rovigno bezogen, mit denen die Gesellschaft im Tauschverkehr steht. Bei der Beschaffung des übrigen Materials, soweit es nicht wie Blut- egel, Krebse, Fische, Tauben u. a. käuflich zu erhalten ist oder wie Insekten, Schnecken und Muscheln, Frösche und Eidechsen auf Exkursionen gesammelt werden konnte, waren besonders der Direktor des Zoologischen Gartens Dr. K. Priemel und Lehrer H. Stridde behilflich. Die zoologischen Exkursionen sollten die Teilnehmer mit der Kleintierwelt der nächsten Umgebung Frankfurts be- kannt machen und ihnen praktische Anleitung zum Sammeln, Konservieren und besonders zum Beobachten, selbständigen Be- stimmen und Züchten der Tiere geben. Im ganzen wurden 10 Exkursionen unternommen, an die sich Besprechungen des gesammelten Materials anschlossen. Die Zahl der Teilnehmer betrug 15. Die erste Exkursion (12. Mai) führte an den Luderbach. Von der Königswiese aufwärts wurden der Bach selbst sowie die benachbarten toten Arme und Tümpel abgesucht. Das Wasser lieferte eine gute Ausbeute an Chironomiden, Egeln, (Aulastoma gulo, Nephelis vulgaris, Clepsine sexoculata, Piscicola) und Culicidenlarven, darunter die sehr seltene Mochlonyz velutinus Ruthe. In Baumstümpfen fanden sich zahlreiche Insekten- larven, besonders Larven von Tipuliden. Am 26. Mai wurden die Tümpel und Wasserläufe bei Seckbach durchsucht, wobei eine große Anzahl Wasserschnecken und Muscheln (Pisidium fossarinum, Calyculina lacustris) erbeutet und zahlreiche An- siedelungen des Röhrenwurmes (Tubifex rivulorum) beobachtet wurden. Eine Exkursion nach dem Buchrainweiher am 9. Juli lieferte eine reiche Ausbeute an Plankton, darunter zahlreiche niedere Krebse (Daphnien, Oyclops, Diaptomus, Gammarus), außerdem die Eikapseln des Pferdeegels (Nephelis vulgarıs). Auf dem Ausflug nach Ginnheim am 16. Juli wurden außer einem prächtigen, 54 cm langen, aber nur etwa lmm dicken Exemplar des gemeinen Drahtwurmes (Wasserkalb, Gordius aquaticus) die Larven, Puppen und Imagines zahlreicher Arten >; — 0 — von Zuckfußmücken erbeutet, die in langsam fließenden oder stehenden Gewässern als Fischfutter von großer wirtschaftlicher Bedeutung sind. An der Grastränke fanden sich am 30. Juli die Larven von fünf verschiedenen Waffenfliegen (Stratiomyiden). Die Ausbeute an Insekten, deren Fang diese Exkursion besonders galt, war infolge des windigen und kühlen Wetters nur eine geringe. Reiches Material an Kiefenfuß (Apus caneriformis) lieferte eine Exkursion nach Bischofsheim am 11. August. Während dieser merkwürdige Krebs im Freien nur wenige Wochen lebend zu finden ist, gelang es einem der Kursteilnehmer, in seinem Aquarium sechs von den bei dieser Exkursion ge- fangenen Tieren ganz ungewöhnlich lange (bis zum 30. November) am Leben zu erhalten. Die beiden Exkursionen nach Nied am 18. und 25. August galten dem Aufsuchen von Wasserkäfern, die sich in zwei dicht an der Straße gelegenen, leicht zugäuglichen, größeren Wasseransammlungen in Menge finden. Die Larven von Libellen und Ephemeriden waren ein willkommenes Material für mikro- skopische Untersuchungen. Bei einer Exkursion nach den Nied- armen zwischen Rödelheim und Sossenheim am 1. September zeigte die Fauna bereits einen herbstlichen Charakter; die Daph- nien trugen schon Ephippien mit Dauereiern. Außerdem wurden in den Niedarmen verschiedene Fische und Batrachier, in den Wiesengräben Gammarus fluviatilis in großer Zahl gesammelt. Die letzte Exkursion wurde bei sonnigem Herbstwetter am 9. September nach Enkheim-Seckbach unternommen und galt dem Insektenfang. Erfreulich war die Zahl der auf den Wald- wiesen gesammelten Libellen, Hymenopteren und Dipteren. In den Wassertümpeln fanden sich zahlreiche Wasserkäfer (Dytieus marginalis, Gyrinus usw.) und seltene Insektenlarven (Hexatoma pellucens, Dicranota bimaculata USW.). Bei dem reichen Material aus den verschiedensten Gruppen der wirbellosen Tiere, das gesammelt und besprochen wurde, fanden die Teilnehmer, meist Lehrer und Lehrerinnen, vielfache Anregung für den naturwissenschaftlichen Unterricht in ihren Klassen, II. Botanik. Die Vorlesungen über Ernährungsphysiologie der Pflanzen (Prof. M. Möbius) wurden Dienstags und Freitags von 6—7 ET Uhr im kleinen Hörsaal abgehalten und von 45 Zuhörern und Zuhörerinnen besucht. Gegenstand der 30 Vorträge war: Auf- nahme und Verarbeitung der Kohlensäure aus der Luft unter dem Einfluß des Lichts bei grünen Pflanzen; Aufnahme des Stickstoffis und der übrigen Elemente durch die Wurzeln; Auf- nahme, Aufstieg und Verdunstung des Wassers; Stoffwechsel, Bildung und Verbrauch der Reservestofie; abweichende Ernäh- rungsverhältnisse bei Humuspflanzen, Schmarotzern und soge- nannten Insektivoren; Atmung und Gährung. Die meisten der besprochenen Erscheinungen wurden an Experimenten ge- zeigt und der Vortrag durch Demonstration lebenden und toten Pflanzenmaterials, mikroskopischer Präparate und dergleichen unterstützt. Dabei wurde auch die wichtigste Literatur auf- gelegt und besprochen. Ungefähr alle 14 Tage wurden am Samstag nachmittag botanische Exkursionen in die Umgebung Frankfurts unternommen, um die Hörer der Vorlesung und andere Teil- nehmer mit der hiesigen Flora und Vegetation näher bekannt zu machen und sie mancherlei biologische Erscheinungen im Freien beobachten zu lassen. Bei den meisten Exkursionen, zu denen sich in der Regel 12—20 Teilnehmer eingefunden hatten, wurde der Dozent durch den vortrefllichen Kenner der Frank- furter Flora M. Dürer unterstützt. Die erste Exkursion (8. Mai) führte von der Oberschwein- stiege nach Oberrad und war auf die Frühlingsflora gerichtet; eine zweite (22. Mai) galt dem Besuch des Vilbeler Waldes, wo Ranunculus lanuginosus u.a. reichlich gefunden wurde. Auf einem Ausflug von Kelsterbach nach der Unterschweinstiege am 5. Juni konnten mannigfaltige Vegetationen beobachtet werden, z. B. die Sandflora bei Kelsterbach, die Ufer- und Wasser- pflanzen am Main, die Farne des Waldes, Dietammus albus u. a Die vierte Exkursion wurde am 29. Juni von Cronberg aus nach Falkenstein und ins Reichenbachtal unternommen und brachte eine sehr reiche Ausbeute an Pflanzen der Gebirgsflora. Ein Ausflug am 7. August galt besonders dem Studium der Sumpf- und Wasserpflanzen, wozu die Gegend bei Dornheim gute Ge- legenheit bot. Zwei weitere Exkursionen lehrten die Sandflora von Arheiligen-Wixhausen (21. August) und die Pflanzenwelt - re des Mainufers auf dem Wege von Niederrad nach Schwanheim (4. September) kennen. Die letzte kleinere Exkursion am 18. September war leider durch Regen gestört; sie wurde in den Frankfurter Stadtwald (bis Isenburg) unternommen, um Pilze zu sammeln, die reichlich und aus den verschiedensten Familien des lau sefunden wurden. Das botanisch-mikroskopische Praktikum war im letzten Sommer nur für Geübtere bestimmt, im besonderen für solche, die an dem Kursus für Anfänger schon früher teil- genommen hatten. Es sollte zur Einführung in das Studium der Kryptogamenkunde dienen. Zu diesem Zweck wurde das teils von dem Leiter des Kurses gesammelte, teils aus dem Botanischen und Palmengarten beschafite Material mikroskopisch untersucht unter kurzgefaßten Erläuterungen und Demonstrationen an Wandtafeln und Zeichnungen. Jeder Kursteilnehmer stellte sich seine Schnitte selbst her und konnte sich bei deren Auf- bewahrung eine Sammlung sonst schwierig zu erlangender Ob- jekte anlegen. Das Praktikum wurde Mittwochs von 3-6 Uhr im großen Laboratorium abgehalten; die Zahl der Teilnehmer, meistens Lehrer, betrug i0. In 17 Kursen wurden zunächst die Fortpflanzungsorgane der Angiospermen (Hirtentäschel, Capsella bursa pastoris) und Gymnospermen (Kiefer, Pinus) unter- sucht; hierauf folgten die Gefäßkryptogamen (Zycopodium, Sela- ginella, Isoetes, Equwisetum, Farne, Pilularia, Salvinia, Axolla), die Moose (Sphagnum, verschiedene Laub- und Lebermoose, besonders Marchantia), Algen (Rot- und Brauntange, einzelne Grünalgen), Pilze (verschiedene Asco-, Basidio- und Phycomyceten) und Flechten. Außerdem wurden auf Wunsch des Vorstandes der Frauen- schule Montags von 3—4 Uhr im kleinen Hörsaal für einige Kindergärtnerinnen und Schülerinnen des Instituts Steimer Vor- träge über „Pflanzenbiologie* gehalten, in denen an der Hand von Experimenten und anderen Demonstrationen die Grundbegrifie der Ernährung und des Wachstums der Pflanzen erklärt wurden. III. Mineralogie. Die petrographischen Vorlesungen (Prof. W. Schauf) behandelten die wichtigsten Gesteinsarten und deren Entstehung. WrrT: - h Br | DE AR i | g Sie wurden Mittwochs von 6—7 Uhr im kleinen Hörsaal ab- gehalten und waren recht gut besucht. Nachdem im voraus- gegangenen Winter in einem allgemeinen Teil die vulkanischen Erscheinungen, gesteinsbildenden Mineralien und deren optische Eigenschaften, die Natur der Tiefen- und Ergußgesteine, sowie die Ursache dieser Faziesbildung, die Kontaktmetamorphose u. a. besprochen worden waren, beschäftigten sich die Sommervor- lesungen vorwiegend mit der Systematik der Eruptivtypen, während den kristallinen Schiefern und Sedimenten nur wenige Stunden gewidmet werden konnten. Auch hier wurden die genetischen Prozesse, magmatische Differentiation, Schlieren- bildung, Pneumatolyse usw. in den Vordergrund gestellt und nur die Haupttypen der Eruptivmassen eingehend charakterisiert. Die Übereinstimmung der älteren und jüngeren Ergußgesteine wurde stets betont; von „G@anggesteinen“ wurden nur wohl charak- terisierte Typen erwähnt. Taunus, Spessart und Odenwald dienten, wenn irgend möglich, als Ausgangspunkte für die Ge- steinsstudien. Die Verwendung zu Bau- und ornamentalen Zwecken fand gebührende Beachtung. | 10—15 Mikroskope standen für jede Vorlesung zur Ver- fügung. Zur Demonstration des geologischen Auftretens und der Absonderungserscheinungen diente eine große Zahl schema- tischer Zeichnungen. Re ER IV. Geologie und Paläontologie. Die Vorlesungen Dr. F. Drevermanns über den Taunus und sein Vorland (Donnerstags von 7—8 Uhr im kleinen Hör- saal) waren im wesentlichen erläuternde Begleitworte zu den von dem Dozenten veranstalteten Exkursionen und dienten dazu, die vorausgegangene Wintervorlesung zu ergänzen und zu vertiefen. Die Exkursionen, sieben an der Zahl, wurden in der Regel an Sonntagen unternommen. Am 9. Mai wurde vor- mittags der große Dyckerhoffsche Steinbruch am Heßler bei Wiesbaden besucht (reiche Fundorte im Hydrobienkalk und den darüber liegenden Mosbacher Sanden). Am Nachmittag zeigten die Steinbrüche bei Sonnenberg mit ihren steil auigerichteten, gefalteten und von quarzgefüllten Rissen durchschwärmten Se- ricitgneisen deutlich den Gegensatz zwischen diesen Taunus- — ee? ‘gesteinen und den flach gelagerten Schichten des Vorlandes. Ein Ausflug am Samstag den 15. Mai führte in die Rupelton- grube bei Flörsheim (Absatz aus tieferem Meer; Besprechung der eigenartigen Fauna und Flora) und in den Kalkbruch am Wege nach Hochheim. In den geschichteten Cerithienkalken wie auch in den stockförmig aufragenden Algenkalken dieses Bruches konnte eine Fülle von Brackwasser- und einge- schwemmten Landkonchylien gesammelt werden. Am 13. Juni wurde von Butzbach aus eine Exkursion nach Oppershofen, wo eine versteinerungsführende Scholle des Unterdevons aus der tertiären und diluvialen Decke herausragt, und nach Münzenberg zum Studium der dortigen „Blätterquarzite“ unternommen. An beiden Punkten ist trotz Regens und Sturms mit gutem Erfolg gesammelt worden. Um auch die vulkanischen Gesteine der Nachbarschaft zu erläutern, führte Prof. Schauf am 20. Juni zahlreiche Teilnehmer in die Basaltbrüche von Steinheim bei Hanau und besprach an Ort und Stelle das Auftreten und die Erscheinungsweise des Basalts und des Halbopals. Am Samstag den 26. Juni ging es zu einer zweitägigen Exkursion mit der Bahn nach Niederselters, von dort zu Fuß nach Vilmar, wo am Wege steil aufgerichtete Devonschichten und Diabase angesehen wurden. In Vilmar selbst fand eine eingehende Besichtigung des großen Marmorwerks statt, in dem mächtige Blöcke uralten Rifikalkes aus den Felsen herausgesägt und als „Marmor“ ver- arbeitet werden. Am Nachmittag führte der Weg von Station Friedrichsegen nach der Grube hinauf, wo Direktor Leuschner die Teilnehmer willkommen hieß und in den gastlichen Räumen des Kasinos bewirtete. Ein Vortrag von Direktor Glocke- meier erläuterte die zahlreichen ausgestellten Gangstufen und ihr Auftreten. Nachdem in Braubach übernachtet worden war, wurde am nächsten (Sonntag-) Vormittag zuerst ein benach- barter Fundort im Unterdevon mit gutem Erfolg besucht und nachmittags die Höhe von Bornig unweit St. Goarshausen er- stiegen. Der weite Blick, den diese Höhe über die Terrassen des Rheintals bietet, zeigt deutlich, wie der Rhein sich allmäh- lich und mit langen Pausen das enge Bett gegraben hat, in dem er heute tief zu den Füßen der Loreley dahinfließt. Mit einer fröhlichen Dampferfahrt nach Bingen schloß diese Ex- kursion ab. Er Am 15. August wurde die in der Geologie berühmte Gegend von Alzey aufgesucht. Unter Führung des Lehrers Th. Crecelius aus Lonsheim wurden die verschiedenen Aufschlüsse besichtigt und Versteinerungen in Hülle und Fülle gesammelt. Besonders interessant waren die Stellen, an denen der Meeressand mit mächtigen Blöcken untermischt ist, "welche die Brandungswoge vom Uferfelsen abgerissen hat. Hier bieten Austern und andere Küstentiere ein Bild dar, als ob das Meer eben erst den Platz verlassen hätte. Am Samstag den 4. September wurde noch ein kleinerer Spaziergang nach dem Gelände des neuen Ost- hafens unternommen, wo die gewaltigen Ausschachtungen den tertiären Untergrund (Cyrenenmergel) und die darüberliegenden Mainschotter mit einer ganzen Musterkarte von Gesteinen der durchflossenen Gegenden zeigen. Im Anschluß an diese Be- sichtigung erläuterte Direktorial-Assistent Dr. Ss. Weleker vom städtischen historischen Museum in eingehender Weise die reichen neolithischen Funde von Wohngruben und anderen Zeichen der frühen Anwesenheit des Menschen in der Frank- furter Gegend. Die Vorlesungen waren von 69 Hörern und Hörerinnen besucht; bei den Exkursionen schwankte die Zahl der Teil- nehmer zwischen 20 und 40. Eine botanische Exkursion nach Algier und Tunis. Mit S Abbildungen von Martin Möbius. Wenn man vom westlichen Deutschland aus nach Osten reist, so kann man bis an die Ostküste Sibiriens kommen, ohne daß sich die Vegetation wesentlich verändert: der Wechsel von Laub- und Nadelwäldern mit Wiesen wird uns bis dorthin be- gleiten, und in den vorkommenden Arten der Pflanzen wird sich nur eine ganz allmähliche Veränderung zeigen. Wenn wir aber unsere Reise von demselben Ausgangspunkt nach Süden richten, so können wir in drei Tagen ebensoviele deutlich von- einander unterschiedene Vegetationszonen kennen lernen. Wir selangen nämlich in einem Tage aus dem nördlichen Waldgebiet in das Mittelmeergebiet; wir fahren am zweiten Tage über das Mittelmeer und treffen an Afrikas Nordküste zwar noch sehr ähnliche Verhältnisse wie an der Südküste Europas an; aber ein dritter Tag bringt uns über das Atlasgebirge an den Nord- rand der Wüste Sahara, in eine wesentlich neue Vegetations- zone. Von diesem Gesichtspunkt aus hatte ich schon längst die Absicht, eine solche botanische Exkursion zu unternehmen, die nun im Frühjahr 1909 zur Ausführung kam. Wenn ich meine Reise nach Algier und Tunis, die sechs Wochen in Anspruch nahm, auch nur als einen flüchtigen Besuch dieser Länder be- zeichnen kann, so möchte ich doch versuchen, die gewonnenen 1 EI es Eindrücke in Kürze hier wiederzugeben ohne Anspruch darauf, etwas wesentlich Neues zu bringen.) In diesem Jahre dauerte in Deutschland der Winter noch den ganzen März hindurch. Wir fuhren am 10. dieses Monats von Frankfurt ab und fanden bis Lyon noch viel Schnee auch in den unteren Regionen liegen; von frischem Grün sahen wir bei dieser Stadt die ersten Spuren. Südliche Vegetation mit den immergrünen Eichen, Oliven, Eukalyptusbäumen usw. tat sich zuerst bei Arles auf, das wir wegen der interessanten Reste aus dem römischen Altertum nicht unbesucht lassen wollten. Vor Marseille hat man sogar schon den Vorgeschmack des Steppen- und Wüstencharakters der Vegetation, wenn der Zug durch die steinige, mit einzelnen Sträuchern und Gräsern bewachsene Ebene der sogenannten Crau?) fährt. Abe: südliche Wärme war auch hier noch nicht zu finden: in Marseille waren, damit die Menschen ihr Bedürfnis, im Freien zu sitzen, befriedigen konnten, vor einigen Cafes auf der Straße Öfen neben den Tischen aufgestellt. Hier schifiten wir uns am Mittag des 14. März auf einem französischen Dampfer ein und erreichten nach einer Fahrt von 27 Stunden, die im Golfe du Lyon durch Kälte, Wind und Regen recht unangenehm wurde, die Stadt Algier. Die herrliche Lage dieser Stadt ist berühmt, und in seinem arabischen Teil bietet Algier dem Europäer viel Inter- essantes; aber in rein botanischer Hinsicht findet der nicht viel Neues hier, der die Riviera kennt, da ja die nördlichen und südlichen Küsten des westlichen Mittelmeers in der Vegetation einander sehr ähnlich sind. Ich erwähne deshalb von unserem Aufenthalt in Algier nur den Besuch des wundervollen botanischen !) Zur Ausführung der Reise erhielt ich von der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft das im Jahre 1908 zum ersten Mal erteilte Askenasy-Stipendium, das von den Hinterbliebenen des im Jahre 1903 ver- storbenen a. o. Professors der Botanik zu Heidelberg Eugen Askenasy zur Förderung botanischer Untersuchungen und Reisen gestiftet worden ist. Ich ergreife gern die Gelegenheit, sowohl denen, die das Stipendium gestiftet, als auch denen, die es zu vergeben haben, an dieser Stelle meinen verbind- lichsten Dank auszusprechen, ?) Eine gute Beschreibung der Crau findet man in dem Buche von CharlesMartins „Von Spitzbergen zur Sahara“ (deutsche Ausgabe, Jena 1868, 2. Bd., S. 135), Nach Martins stammt das Wort Crau von dem kel- tischen ‚„crai‘‘, das Stein bedeutet. a =. — Gartens in der Vorstadt Mustapha inferieur, da man außerhalb der Tropen schwerlich etwas Ähnliches finden wird. Vor mehr als 60 Jahren wurde er als Versuchsgarten für die Kultur tropischer und anderer Pflanzen angelegt und soll in Zukunft mehr zu einem Park eingerichtet werden. Näher beschreiben will ieh ihn nicht, weil dies bereits von verschiedener Seite, aber mit dem gleichen Ausdruck der Bewunderung geschehen ist.) Man findet dort Plätze, die den Besucher geradezu in die Tropen versetzen: so üppig und mannigfaltig entwickelt sich hier die Vegetation. Da stehen mächtige Palmen verschiedener Art, gewaltige Bäume von FVeus, Oeida u. a. Bombaceen, mit Lianen behangen und noch Raum lassend für einen reichen Pflanzen- wuchs auf dem Boden. Den größten Eindruck macht eine Allee von Ficus macrophylla: die kurzen dicken Stämme sind von mächtigen, stammartigen Luftwurzeln und oberflächlichen starken Bodenwurzeln derart umgeben, daß die Basis eines jeden Baumes den Raum eines Zimmers einnimmt. Man braucht. mehrere Stunden, um den Garten einigermaßen kennen zu lernen. Sonst haben wir nicht viel von der näheren Umgebung Algiers ge- sehen; es war auch hier kühl und regnerisch, und deshalb wollten wir möglichst bald den Süden erreichen. Man kann zwar von Algier aus in 17—18 Stunden mit der Bahn bis nach Biskra kommen; wir zogen aber den Umweg über Bougie und Setif vor, um die berühmte Todesschlucht, Chabet-el-Akhra, zu besuchen. Die Bahn führte uns zunächst an dem Nordrand des kleinen Atlas hin und ließ uns im Hinter- srunde die schneebedeckten Gipfel des Djurdjura sehen. Dann durchfuhren wir das Gebirge selbst und wandten uns wieder nördlich zur Küste. In den ebenen Teilen ist das Land gut bebaut und trägt Getreidefelder, Gemüse- und Obstgärten. Das noch niedrige, grüne Getreide besteht wohl meistens aus Weizen und zwar wird hier besonders der Hartweizen, Trit- cum durum, gebaut. Die Reben, auf großen Feldern gezogen, waren noch ganz blattlos, Artischocken und Buffbohnen dagegen waren schon ziemlich weit entwickelt. Oft sind die Felder von Hecken stachlicher Opuntien umgeben; diese und Agaven werden aber auch selbst felderweise kultiviert. Von Bäumen seien er- !) Bei Martins l.c. S. 221 und bei Kobelt „Reiseerinnerungen aus Algerien und Tunis“ (Frankfurt a. M. 1885, 8. 27). El 1 wähnt Orangen und Zitronen und die gerade in Blüte stehenden Mandeln. Besonders an den Stationen finden sich Eukalyp- tusbäume angepflanzt, deren hohe Stämme gutes Material für die Telegraphenstangen liefern. Auch als Chausseebäume werden manche Eukalypten verwendet und als Stecklinge gepflanzt. Deshalb sieht man viele ihrer Zweige beraubte Stämme, die aber wie Kopfweiden wieder ausschlagen und dann mehr die Form von Pyramidenpappeln annehmen.!) In höheren Lagen sind an den Stationen die Eukalypten gewöhnlich durch Strand- kiefern ersetzt; Pinus maritima ist ein schöner Baum, der eine viel dichtere Krone als unsere Waldkiefer hat. Das gebirgige, nicht bebaute Land ist teils mit der als Maquis bezeichneten Buschvegetation bekleidet, teils trägt es den Charakter der Steppe, in der die schönen, weiß blühenden und ganze Beete bildenden Büsche des Asphodelus albus und die hohen Stauden der Umbellifere Ferula communis mit feinzerschlitzten Blättern und gelben Blütendolden die Blicke auf sich ziehen. Merk- würdig war eine Steppe, die als Hauptpflanze die Zwergpalme, Chamaerops humilis, trug; die nur etwa '/—1 Meter hohen Büsche waren in unregelmäßigen Abständen über den Boden verstreut, der das nackte Gestein, aber auch zahlreiche blühende Frühlingskräuter zeigte. Doch wollen wir nicht weiter auf Einzelheiten eingehen und zur Schilderung unserer Reise zurück- kehren.?) Nachdem wir Algier frühmorgens verlassen hatten, kamen wir Nachmittags in Bougie an, das an einer Bucht des Meeres höchst anmutig gelegen ist, so daß man sich an das Ufer eines Schweizer Sees versetzt wähnt. Leider war unser Aufenthalt !) Im Jahre 1861 wurde zuerst Hucalyptus yglobulus aus Austra- lien in Algier eingeführt, wo der Baum so günstige Existenzbedingungen fand, daß er jetzt wie die aus Amerika stammenden Agaven und Öpuntien zu den dauernden Bestandteilen der Flora zu rechnen ist. Außer der genannten Art und besonders noch E. rostrata werden zahlreiche Arten und aus diesen gezogene Hybriden kultiviert, worüber man Näheres findet in: Battandier et Trabut, „L’Algerie“ (Paris, 1898), einem Buche, das den Besuchern von Algier sehr zu empfehlen ist. ?) Zum Bestimmen der wildwachsenden Pflanzen besitzen wir ein sehr gutes, kleines Buch, leider ohne Abbildungen, in: Battandier et Tra- but, „Flore analytique et synoptique de l’Algerie et de la Tunisie“ (Alger, 1902, 8°, 460 8.) x — 80° — hier nur kurz, denn am nächsten Morgen um vier Uhr ging die = Post ab, die uns nach Setif bringen sollte. Fast drei Stunden führt zunächst der Weg am Ufer des Meeres hin; dann biegt er in das Gebirge ein, dessen Wald hauptsächlich von Kork- eichen (Quercus suber) gebildet wird, mit Baumheide als Unter- holz. Wo von jenen Bäumen die alte Rinde am unteren Teil des Stammes zur Korkgewinnung entfernt ist, da erscheint die neu sich bildende Rinde mit rotbrauner Farbe und macht auf diese Weise den Baum leicht kenntlich. Die Heide, Erica ar- borea, prangte bereits im Schmuck ihrer weißen, rötlich ange- hauchten Blüten. An den Wegen fanden sich viele Caruben oder Johannisbrotbäume (Ceratonia siligua), die bereits im Ab- blühen begriffen waren. Häufig war auch der Weg mit Judas- bäumen eingefaßt, die noch unbelaubt aber dieht mit ihren braunroten Hülsenfrüchten behangen waren. Kukalypten, Ca- suarinen und echte Akazien mit duftenden, gelben Blütenrispen fanden sich ebenfalls reichlich angepflanzt. Oleander begleiten die Bachränder, wie es bei uns die Weiden tun; sparrige Ginster- arten dagegen sind häufig an trockenen, steinigen Stellen des Weges. Dieser wird nun immer mehr durch steile Berge ein- geengt und führt in die 7 km lange, großartige Todesschlucht, deren felsige Abhänge bis 1800 m aufsteigen. Die Fahrstraße ist erst durch die Franzosen in sechsjähriger Arbeit (1864— 1870) angelegt worden, um Bougie auf kürzerem Wege mit Setif zu verbinden. Der Verkehr der Einheimischen scheint zwar nicht sehr lebhaft zu sein; aber auch in dieser Wildnis begegneten wir mehreren Automobilen, mit denen Touristen diese Sehens- würdigkeit besuchten. Gegen Mittag gelangten wir an das Ende der Schlucht und erreichten das hoch und frei gelegene Kerrata, wo wir rasteten und ein vorzügliches Dejeuner ge- nossen. Doch ging es von hier aus immer weiter hinauf; die Vegetation wurde immer ärmer an Baumwuchs, schließlich blieben nur noch kaum grüne Getreidefelder übrig. Da nun auch statt der südlichen Bäume Pyramidenpappeln und Kopf- weiden auftraten, so konnte man glauben, durch eine deutsche, winterliche Hügellandschaft zu fahren, ein Eindruck, der durch den kalten Regen noch verstärkt und nur durch die ärmlichen Kabylendörfer, die hie und da passiert wurden, gestört wurde. Um sechs Uhr kamen wir bei Dunkelheit in Setif an. Dieser a über 1000 m hoch liegende Ort mit über 15000 Einwohnern ist die höchstgelegene Stadt Algeriens und darum im Winter sehr kalt. Wir waren auch jetzt, am 20. März, recht froh, daß ein Feuer im Kamin brannte, als wir im Hotel unser Diner einnahmen, und waren nicht minder froh, als wir am nächsten Vormittag diesen trostlosen Ort verlassen konnten. Die Gegend, durch die uns nun wieder die Eisenbahn führte, behielt noch lange denselben dürren und winterlichen Charakter wie vor Setif; später nahm sie den einer richtigen Steppe an, deren Boden getrennte, niedrige Pflanzen trägt. Auf dieser Steppe ziehen die Araber mit ihren aus Rindern, Eseln, Ziegen und Schafen gemischten, kleineren oder größeren Herden umher. Ihre Wohnungen bestehen aus elenden Lehmhütten, die auch zu kleinen Ansiedelungen vereinigt sind, oder aus Zelten. Mit Freude und Interesse erblickten wir die ersten Kamele, als wir weiter nach Süden gekommen waren. Es begann schon zu dunkeln, da wir an den von Wasservögeln belebten großen Seen, dem Schott Tinsilt rechts und dem Schott Mzuri links, vorbeikamen, aber die Salzkrusten, die an ihren Ufern ausge- schieden waren, glänzten hell und ließen sie als echte Schotts, d. h. Salzseen, die im Sommer stark austrocknen, erkennen. Von Batna und dem berühmten Eingang in die Wüste bei El Kantara sahen wir leider jetzt nichts mehr. Um zehn Uhr er- reichten wir Biskra und fanden hier im Hotel du Sahara ein gutes Unterkommen. Dieses Hotel ist nach orientalischer Sitte so gebaut, daß es einen viereckigen Hofraum umschließt, von dem aus man direkt die in ebener Erde gelegenen Zimmer betritt, während im oberen Stockwerk eine ringsumlaufende Galerie zu den ein- zelnen Zimmern führt. In dem Hofe stehen einige Palmen und Obstbäume, und die Mitte nimmt eine Laube ein, deren Dach während unseres Aufenthaltes ganz von den dunkelroten Blüten der Dougainvillea bedeckt war, einer Kletterpflanze, die man schon von der Riviera an vielfach als prächtigen Schmuck an Mauern und Häusern findet. Vor dem Hotel, durch die nach dem Bahnhof führende Straße getrennt, dehnt sich der kleine Stadtpark aus mit Caruben, Feigenbäumen und andern hohen Bäumen, unter denen die Sträucher einer Justitia mit. weiß- violetten Blütensträußen und der Acacia farnesiana mit ihren 6 >” —_— 32 — süß duftenden, gelben Blüten prangen. Hinter dem Park liegt das Fort St. Germaine, eine große Kaserne, während sich nach der andern Seite die europäische Stadt mit ihren vornehmen Hotels und dem schönen Rathaus erstreckt; nach Süden zu geht sie unmittelbar in das arabische Quartier über. Etwas abseits liegt im Süden Altbiskra, ein aus Lehmhütten bestehendes, zum Teil von Negern bewohntes Dorf. Einen weit größeren Raum als die Stadt selbst nimmt die sich südlich direkt anschließende Oase mit ihren Palmengärten ein, die etwa 140000 Dattel- palmen enthalten sollen. Rings um die Oase Biskra aber er- streckt sich die Wüste, nach Norden zu in einem weiten Halb- kreis von kahlen, rötlich schimmernden Bergen eingefaßt, nach Süden zu sich ins Unermessene ausdehnend. Acht Tage ver- wandten wir darauf, diese so fremdartige Gegend kennen zu lernen. Das Wetter begünstigte unseren Aufenthalt in wünschens- wertester Weise; denn wir hatten fast beständigen Sonnen- schein ohne Hitze, die schon im April anfangen kann, recht lästig zu werden; vielmehr war es meistens morgens und abends so kühl, daß man nicht ohne Mantel im Freien sitzen konnte. Etwas Schöneres und Lieblicheres als den Palmenwald einer großen Oase (Fig.1)kann man kaum sehen, und dieser Ein- druck wird noch durch den Gegensatz verstärkt, in dem diese Fülle der Vegetation zu der umgebenden Wüste steht. Be- kanntlich ist die Existenz einer Oase an die Gegenwart von Wasser gebunden, und hier ist es ein kleiner Fluß, der Oued Biskra, der vom nördlichen Gebirge kommend und im Schott Melrir endend, Wasser genug liefert, um die Gärten und die einzelnen Bäume damit zu versorgen. Die Oase besteht nämlich aus vielen einzelnen, durch Lehmmauern getrennten Gärten, zwischen denen breitere und schmälere Wege hindurchführen, beschattet von den herüberragenden Blattkronen der gewaltigen Palmen. Die Dattelpalme, Phoenix dactylifera, ist der eigentliche Baum der Wüste und wird seit den urältesten Zeiten kultiviert, so daß man nichts Genaueres über ihre Herkunft weiß. Um die Früchte zu reifen, erfordert sie im Sommer Temperaturen bis zu 45—48°; aber außer der Sommerhitze bedarf sie auch ge- nügender Bewässerung, so daß, wie ein bekanntes arabisches Sprichwort sagt, die Dattelpalme ihr Haupt im Feuer, ihren Fuß im Wasser badet. An die 100 Varietäten mögen kultiviert Fig. 1. Weg durch die Oase Biskra. Hinter den Lehmmauern sieht man die Dattelpalmen, Feigen und andere Büsche. (Vom Verf. nach d. Nat. gez.) 6* ran: - er Wet ee werden, die sich besonders durch die Beschaffenheit des Frucht- fleisches unterscheiden. In Algerien bekommt man zum Nach- tisch immer getrocknete Datteln vorgesetzt, die nicht so süß und durchsichtig wie die bei uns verkauften sind, deren man aber auch nicht so leicht überdrüssig wird. Die Kultur des Baumes erfordert, abgesehen von der gehörigen Bewässerung, nicht viel Mühe: nach der Ernte der Früchte im Herbst werden die alten Blätter entfernt und der Stamm von den Resten der Blattstiele gesäubert. Im Winter wird in eine Grube um den Fuß des Baumes Dünger gebracht, und das ganze Jahr hindurch wird von Zeit zu Zeit das Wasser durch kleine Kanäle in hinreichender Menge zu jedem Baum geleitet. Ende April beginnen die Palmen zu blühen, und dann muß für die Be- stäubung gesorgt werden, indem Teile des männlichen Blüten- standes an den weiblichen Blütenständen befestigt werden; denn bekanntlich gibt es bei der Dattel männliche und weibliche Bäume, ja diese Palme ist das älteste Beispiel für die Geschlecht- lichkeit der Pflanzen. Während unseres Aufenthaltes begannen die Blüten sich zu entfalten, und erst im Herbst werden die Früchte reif, die das hauptsächlichste Nahrungsmittel für die Bewohner der Sahara bilden. Aber auch die anderen Teile des Baumes finden ihre Verwendung: die Stämme werden als Bau- holz gebraucht, die Blätter dienen zum Bedecken der Häuser und als Flechtwerk für Matten, Körbe usw.!) Nicht allein durch ihre eigenen Produkte bringt die Dattel- palme so mannigfachen Nutzen, sondern sie dient auch zur Be- schattung zahlreicher anderer Kulturgewächse. Zunächst werden fruchttragende Bäume und Sträucher in der Oase unter den Palmen kultiviert, wie Olive, Granate, Orange, Zitrone, Feige und Rebe, sowie die aus Europa eingeführten Maulbeerbäume, Pfirsiche, Mandeln, Birnbäume und Gewächse anderer Her- kunft, wie die schon genannte Acacia. Ferner findet man in der Oase eine Menge krautiger Pflanzen kultiviert, wie Bohnen, Kohlarten, Karotten, Artischocken, Spargel, Kartoffeln und Ba- taten, Wassermelonen und andere Kürbispflanzen, Tabak und zwar in der Art Nicotiana rustica, den Gombo, Hebiscus esceu- lentus, und schließlich auch die Hennepflanze, Lawsonia inermıs, !) Eine ausführliche Schilderung der Dattelpalme, ihrer Kultur und Verwendung hat A. Hansen im Prometheus 1890 geliefert. ran deren getrocknete Blätter auf dem Markte verkauft werden und zur Gewinnung des roten Saftes dienen, mit dem sich die Frauen der Araber die Nägel färben. Außerdem trägt der Boden der Oase eine Menge von sogenannten Unkräutern, die uns teilweise durch ihre schönen Blüten erfreuen, teilweise auch als alte Bekannte aus der Heimat begrüßen. So ist die Oase reich an Arten und Formen von Kräutern, Sträuchern und Bäumen; doch ist es immer die Dattelpalme, die ihr den Charakter verleiht. Einzelnen Palmen außerhalb der Oase begegnet man nur selten, und dann sind es junge, kümmerliche Exemplare, die offenbar einer zufälligen Keimung ihr Dasein verdanken. Tritt man heraus aus dem duftigen Schatten der Oase, so erblickt man die Wüste vor sich. In der nächsten Umgebung von Biskra trägt die Sahara den Charakter eines steinigen Hochplateaus: sie ist ein Teil der sogenannten peträischen oder steinigen Sahara, deren Boden fest. und mit zahllosen Steinen verschiedener Größe, Form und Farbe bedeckt ist. Nach Norden zu ziehen sich im Halbkreis die südlichen Aus- läufer des Auresgebirges herum, von denen der „Berg der Rosenwangen“, der Djebel Ahmarkaddou, nicht nur durch die Färbung, sondern auch durch die schöne Form in die Augen fällt. Das Terrain ist nicht pflanzenleer; aber es sind nur einzelne, niedrige Büsche vorhanden, die jetzt in Frühling ihre frischen, grünen Triebe und zum Teil auch schon ihre Blüten entfalten. Hinsichtlich des Pflanzenwuchses kann man den Unterschied zwischen Steppe und Wüste wohl am besten so bezeichnen, daß man eine Formation dann Steppe nennt, wenn der unbewachsene Boden einen geringeren Raum einnimmt als der von Pflanzen bewachsene, während es in der Wüste um- gekehrt ist: hier sind die einzelnen Pflanzen durch größere Zwischenräume von einander getrennt als dort. Daraus geht schon hervor, daß es auch Übergänge geben muß, und daß wir zweifelhaft sein können, ob wir ein Terrain als Steppe oder Wüste bezeichnen sollen, dann nämlich, wenn bewachsene und unbewachsene Stellen sich. ungefähr in gleichem Maße in den Boden teilen. Die Spärlichkeit und Dürftigkeit des Pflanzen- wuchses im Allgemeinen ist natürlich ein Produkt der klima- tischen Faktoren; das Vorkommen bestimmter Arten ist dagegen auch von der Beschaffenheit des Bodens abhängig. Neben der ee steinigen trifft man nun bei Biskra auch die anderen Wüsten- formationen, von denen besonders noch die Sebkahformation mit lehmigem, salzhaltigen Boden und die Sandwüste in Betracht kommen. Wir lernten sie auf verschiedenen Ausflügen kennen. !) Gleich am ersten Tage besuchten wir die 8 km nördlich von Biskra liegende warme Schwefelquelle, Fontaine chaude von den Franzosen, Hammam Salahhin von den Arabern genannt, Fig. 2. Limoniastrum Guyonianum. Ein Zweig mit 3 Gallen und Blüten- knospen. Links oben eine einzelne Blüte. Rechts oben die Blattspitze vergrößert, um die Bedeckung mit Kalkschüppchen zu zeigen. (Vom Verf. nach d. Nat. gez.) die von Gesunden und Kranken viel aufgesucht wird, da ein Kur- haus mit einem größeren Badebassin und mit Einzelbädern alle Bequemlichkeit bietet. Man erreicht sie sehr leicht in ?/s Stunden mit einer Pferdebahn. Auf dem Weg dahin sahen wir zum ersten Mal Wanderheuschrecken, die einzeln umherflogen, aber !) Trabut hat die in der Umgebung von Biskra vorkommenden Pflanzen in einem besonderen Verzeichnis zusammengestellt, das 1892 bei Gervais-Courtellemont et Comp. (Alger) erschienen ist. ea ge nicht sprungweise wie unsere Heuschrecken, sondern in so ge- wandtem Fluge, daß man kleine Vögel zu sehen glaubte. Auch eine Hornviper, die ein Straßenarbeiter gefangen hatte, wurde uns auf dem Wege gezeigt. In der Nähe des Bades, das am Abhang des hier beginnenden Höhenzuges liegt, treten nun schon solche Strecken auf, wo der lehmige Boden derartig salz- haltig ist, daß das Salz beim Austrocknen weiße Krusten auf der Oberfläche bildet. Wenn man darauf tritt, so sinkt man in den weichen Boden ein. Hier kommen natürlich besonders Salzpflanzen, Salsolaceen, Staticeen und gewisse Binsen vor. Ein charakteristischer Strauch ist Zemoniastrum Guyonianum (Fig. 2), der häufig mit bohnengroßen Gallen besetzt ist und im Frühling seine rötlichen Blüten entfaltet.!) Das von der Quelle ablaufende Wasser hat noch in ziemlicher Entfernung eine hohe Temperatur, durch die das üppige Wachstum blaugrüner Algen?) in dichten Rasen begünstigt wird. Stellenweise bildet der Bach etwa mannstiefe Tälchen mit steilabfallenden Wänden und ist hier von stechenden Juncusbüschen und Staticesträuchern ein- sesäumt. In herrlichen, roten und violetten Tönen glänzten die kahlen Höhen der Umgebung, als wir abends zurückkehrten. Um die Sandwüste und Dünenformation kennen zu lernen, machten wir einen Ausflug nach Süden, indem wir uns dabei der Kamele bedienten, auf denen sich sehr bequem reiten läßt. Freilich waren die Dünen, die wir erreichten, nur niedrig: sie bildeten nicht die hohen, den Ausblick begrenzenden Hügel, wie sie weiter im Innern vorkommen, sondern nur bis meter- hohe Sandhaufen, die sich hinter den Büschen in der Wind- richtung aufschichten. Es war hier meistens eine spärlich be- blätterte Wolfsmilchart, Euphorbia Guyoniana, die in dem sandigen Boden wuchs und auf der Windseite frei, auf der !) Die auffallenden Gallen, an denen man den Strauch geradezu er- kennen kann, werden von dem Schmetterling Oecocecis guyonella Guen&e erzeugt, nach ©. Houard „Les Zoocecidies des Plantes d’Europe et du Bassin de la Mediterran&e.“ T. II. p. 802. Paris. 1909. 2) Die Watten der blaugrünen Alge waren hauptsächlich von einer Öscillatoria gebildet, die ich als O. formosa Bory bestimmt habe; nur vereinzelt kamen dazwischen Fäden der fast doppelt so starken O. chalybea Martens vor, welche Art Sauvageau für Biskra angibt. Erstere ist aber nach demselben Autor ebenfalls für Nordafrika bekannt. Vgl. Gomont „Mono- graphie des Oscillaries,* in Ann. sc. nat. 7. ser. Bot. T. 16, p. 250 und 252. 2. ee pa anderen Seite im Sande vergraben war. Auch abgestorbene Büsche des Dringrases, Aristida pungens, fanden wir hier, dessen verdürrte Wurzeln mehrere Meter weit wie Drähte über den Sand liefen. Besonderes Interesse aber erregten die Früchte der Koloquinte, Citrullus colocynthis, die an den vertrockneten Sprossen ansitzend scheinbar frei auf dem Sand oder im Sand vergraben lagen. Unser arabischer Führer grub einige Wurzeln dieser Pflanze aus dem Boden aus: sie waren bis etwa auf Fig. 3. Asteriscus pygmaeus, die kleine Jerichorose. 1 Blühendes Exemplar mit Blättern und einem Blütenköpichen. 2 Köpfchen im Längsschnitt. 3 Hüllblatt. 4 Randblüte. 5 Kelchblatt derselben. 6 Scheiben- blüte, noch geschlossen. 7 Tragblatt derselben. 8 Staubgefäß. 9 Griffel mit Narbe. (Vom Verf. nach d. Nat. gez.) !/a m Länge dick rübenförmig angeschwollen und von weißer Farbe. In Wirklichkeit gehen sie wohl mehrere Meter tief hinab und bilden ein Beispiel für solche Wüstenpflanzen, die sich ihren Wasserbedarf mit Hilfe überaus langer Wurzeln aus der Tiefe des Bodens verschaflen und dadurch imstande sind, die lange Trockenheit zu ertragen. Ein anderer Ausflug galt dem Col de Sfa, der Paßhöhe, auf der die alte Straße nach El-Kantara und Batna das Ge- birge überschreitet, während die Eisenbahn jetzt mehr östlich geht. Doch wird auch die alte Straße noch viel benutzt, und beständig begegnet man einzelnen Reitern zu Esel oder zu Pferd, Herden und Karawanen mit Kamelen; diese stilvolle Harele .ı: pe Staffage verleiht der öden Landschaft einen ganz eigentümlichen Reiz. Sehr bald erreicht man im Norden von Biskra die felsig- steinigen Höhen, über die der Weg auf- und abwärts nach dem Col führt. Die Vegetation scheint bei oberflächlicher Betrach- tung nur aus ganz vereinzelten dornigen Büschen zu bestehen, aber zwischen den Steinen kommen jetzt im Frühjahr verschiedene kleine und zierliche Pflanzen, auch solche mit helleuchtenden Blumen heraus. Besonders sind Kompositen vertreten, und von Fig. 4. Asteriscus pygmaeus, die kleine Jerichorose. Links eine Pflanze mit drei Fruchtköpfchen, rechts dieselbe Pflanze nach viertelstündigem Eintauchen in Wasser, in der Mitte ein einzelnes Früchtchen mit gespreiztem Kelch. (Vom Verf. nach d. Nat. gez) diesen sei erwähnt die kleine Jerichorose, Asteriscus pygmaeus, deren vorjährige Fruchtstände neben den diesjährigen blühenden Exemplaren (Fig. 3) gefunden werden; letztere, nur einige Zenti- meter hoch, ragen mit einigen ungeteilten, wolligen Blättchen, zwischen denen ein paar gelbe Blütenköpfchen sitzen, über die Erde. Die Hüllblätter des Köpfchens werden lederig und schließen über den Früchten zusammen, wenn es trocken ist; bei Benetzung durch den Regen aber öffnen sie sich ebenso wie beim Eintauchen in Wasser (Fig. 4), so daß dann die Früchtchen herausgespült werden und auf dem feuchten Boden keimen können.') Die anderen auf diesem Ausflug gefundenen Pflanzen will ich nicht !) Die große Jerichorose, Anastatica hierochuntica L., eine Kruzifere kommt ebenfalls in der Umgebung von Biskra vor, wurde aber nicht von uns gefunden. Fig.5. Aussicht vom Col de Sfa auf die Felsenwüste bei Biskra. (Nach einer käuflichen Photographie.) Ba ee weiter erwähnen und nur noch bemerken, daß der Col de Sfa eine wundervolle Fernsicht über die Wüste im Süden und über die mehr angebaute Ebene von El-Outaya im Norden bis gegen El-Kantara hin gewährt (Fig. 5). Schließlich sei auch des Besuches der Oase Sidi Okba ge- dacht, die etwas über 20 km östlich von Biskra liegt. Man fährt mit dem Wagen zwei Stunden über die teils sandige, teils steinige Ebene. Eine der häufigsten Pflanzen hier wie auch in der tunesischen Wüste, sogar auf den Wegen, ist die Harmelraute, Peganum harmala, die, wie der deutsche Name sagt, mit unserer Raute, Ruta graveolens, verwandt ist und durch ihre feinzer- schnittenen Blätter auch äußerlich an sie erinnert. Damals fanden wir nur das Kraut, ganz selten noch vorjährige Stengel mit den dreiteiligen Fruchtkapseln, deren kleine schwarze Samen in der Türkei als Gewürz dienen. In der Medizin der Araber spielt die unangenehm riechende Pflanze eine wichtige Rolle. An salzreichen Stellen fanden wir einige niedrige, vom Vieh ver- bissene Tamarisken. Ganz besonders aber fiel durch ihre Größe und lebhaften Farben eine auf Salsolaceen schmarotzende ÖOrobanche, Phelipaea violacea, in die Augen, die eine Höhe von mehr als !/;; m erreichen kann. Der dicke weiße Stengel dieses Parasiten ist mit bleichen Schuppenblättern besetzt und trägt oben in dichter Traube die zahlreichen violett und gelb gefärbten Blüten; man muß sie als die schönste Pflanze der ganzen Wüstenflora bezeichnen (Fig.6). Der Palmenwald von Sidi Okba ist viel kleiner als der von Biskra; aber das Eigentümliche jenes Ortes liegt darin, daß er bis auf einige europäische Wirtshäuser seinen arabischen Charakter rein bewahrt hat: die Straßen und Häuser, die Bewohner und ihr Treiben treten uns hier in aller Ursprünglichkeit entgegen, besonders auf dem Marktplatz, wo ein lebhafter Verkehr herrscht, wo Brennholz, Kohlen, Fleisch, Früchte, Gemüse, Brod u. a. bunt durcheinander feilgeboten werden. Außerdem besitzt Sidi Okba die älteste Moschee in Algerien, die aber nur ihres Alters wegen sehenswert ist, denn sie ist wenig besser gebaut als die Lehmhütten der Bewohner. Das Minarel bietet eine schöne Aussicht über die Gegend und über die flachen Dächer der Häuser, auf denen meistens noch eine Laube angebracht ist, um bei der sommerlichen Hitze wenigstens des Nachts einen annehmbaren Aufenthalt zu gewähren. Die Fig. 6. Phelipaea violacea, violette Orobanche. Links der obere Teil mit Blüten, rechts der untere Teil des Stengels. Die Verbindung mit der Nähr- pflanze liegt noch tiefer. (Nach d. Nat. u. nach Desiontaines vom Verf. gez.) N Araber, die nicht in den Oasen wohnen, sind Nomaden und be- gnügen sich mit Zelten zur Wohnung. Man sieht häufig solche niedrige, mit vielerlei Lappen zusammengeflickte und mit einer Dornhecke umgebene Zelte, einzeln oder zu mehreren beisammen. Um sie weiden die Tiere der Herde, Schafe, Esel und Kamele. Ist die Weide erschöpft, so werden die Zelte mit dem geringen Hausrat auf die Kamele gepackt, Männer, Weiber und Kinder, begleitet von den schakalähnlichen, bissigen Hunden, ziehen mit ihnen weiter. Gelegentlich sieht man auch einen Jagdfalken an einem Kamele angebunden, oder man begegnet einem Araber mit einem Jagdfalken auf der Hand. Man sagte uns aber, daß es besonders ein Vergnügen wohlhabender Araber sei, mit diesen Vögeln auf Hasen zu jagen, denn das Wild ist in dem Lande jetzt sehr spärlich geworden. Für den Fremden hat der An- blick dieser Nomaden und Kamelkarawanen natürlich einen großen Reiz; doch muß es ihn mit Bedauern erfüllen, wenn er von der großen Armut hört, die meistens in der arabischen Be- völkerung herrscht, und die in diesem Jahre noch dadurch ge- steigert war, daß im vergangenen Herbst die Wanderheuschrecken die Gegend heimgesucht hatten. Aber selbst wenn er bettelt, zeigt der Araber eine gewisse Würde und Grazie, die uns über- haupt sein Wesen‘so sympatisch erscheinen läßt. Nur ungern schieden wir von diesem interessanten Land und seinen Be- wohnern und verließen am Morgen des 29. März Biskra. Durch Wüste und Steppe brachte uns die Bahn in 2!/s Stunden nach El-Kantara; während der Fahrt regnete es etwa zehn Minuten lang, aber kaum so, daß der Sonnenschein dabei be- einträchtigt wurde. Mit Recht wird von allen Reisenden der imponierende Eindruck und die wunderbare Schönheit von El- Kantara gepriesen; glaubt man es doch zu sehen, wie hier die mächtige Felswand krachend auseinanderreißt, um dem kleinen Flüßchen in steilabfallender Rinne einen Durchgang zu gewähren. Noch imposanter als für uns, die wir von Süden kamen, muß der Anblick für den sein, der von Norden her durch das Ge- birge hierher gelangt und nun zum ersten Mal die Wüste vor sich ausgebreitet sieht und in El-Kantara die erste Oase begrüßt. Von jeher ist die Straße, die durch das enge Felsentor führt, weit und breit der einzige Weg gewesen, der das „Tell“, die fruchtbare Zone am Nordrand des Atlas, über das Gebirge S. — 4 — hinüber mit der Sahara verbindet. Sie wird heute noch ebenso- viel benutzt wie vor Jahrhunderten, aber erst seit zirka 20 Jahren geht nun auch die Eisenbahn hindurch. Wir hielten uns einige Stunden hier auf und fuhren dann in fast derselben Zeit wie von Biskra hierher weiter nördlich nach Batna. Dieses Städtchen liegt in zirka 1000 m Meereshöhe prächtig in einem weiten Tal, das von mehr oder weniger bewaldeten Bergen eingefaßt wird. In jenen Bergwäldern soll auch gelegentlich noch der Berber- löwe vorkommen: wahrscheinlich ist die Gefahr, ihn zu treffen, nicht größer als die, einem Bären in der Schweiz zu begegnen. Für den Botaniker aber bieten diese Berge ein großes Inter- esse, weil hier die Atlaszeder, Oedrus atlantica,') wächst, nach der der höchste Berg in der Umgebung den Namen Zedernpik trägt. Der nächste Tag wurde zu einem Besuch der Zedern- wälder bestimmt, und dazu wurden ein Führer und Maultiere be- stellt. Ein herrlicher, frischer Morgen empfing uns, als wir aus Batna hinausritten. Die nähere Umgebung mit den noch nicht grünen Feldern und blühenden Obstbäumen machte einen recht europäischen Eindruck, dann aber trat doch mehr ein steppen- artiger Charakter hervor. Nach etwa zwei Stunden war der Fuß des Berges erreicht und nun ging es auf schmalem Pfade in die Höhe durch einen Wald, der größtenteils aus immergrünen Eichen und Wachholder besteht und eine Bodenflora trägt, in der stachelige, polsterförmige Pflanzen, also solche der Steppen- formation, vorherrschen. Erst in einer gewissen Höhe fangen die Zedern an aufzutreten, und dieser Zedernwald ist mehr eigentümlich als wirklich schön zu nennen. Die Atlaszedern sind unregelmäßig gewachsene Bäume, und bei vielen von ihnen breiten sich die obersten Zweige in der Form eines flachen Daches aus, was wahrscheinlich eine Folge der Verletzung der Spitze ist. Ferner sieht man einzelne ganz abgestorbene Bäume, die ihrer Rinde gänzlich beraubt wie weiße Gerippe dastehen, wie ich es nie bei anderen Bäumen gesehen habe. Unter den !) Die drei Cedrus- Arten: ©. Libani Barrel. (auf dem Libanon, in Kleinasien und Cypern), ©. Deodara (Roxb.) Loud. (auf dem Himalaya) und C, atlantica Mannetti (im Atlas) sind wahrscheinlich nur drei Standorts- varietäten derselben Art. Die letztgenannte zeichnet sich vor den anderen durch steifere, meergrüne und etwas silberglänzende Nadeln, etwas kleinere und mehr walzenförmige Zapfen aus (Fig. 7). er: ae Zedern wachsen die erwähnten Eichen, @zercus virens, und Wachholder, Juniperus oxycedrus; letztere tragen hie und da einen mit unserer Mistel verwandten Parasiten, Arceulhobium oxycedri, der aber viel kleiner als die Mistel ist und nur winzige Schuppenblätter besitz. Auf dem Kamme des Berges fanden wir in einer Lichtung des Waldes eine kleine Wiese, die an eine Alpenmatte erinnerte, und aus deren schönem Grün die reizenden violetten Sterne eines ganz niedrig bleibenden krokus- Fig. 7. Cedrus atlantica, Atlaszeder. Zweig mit Zapfen und Blättern. (Vom Verf. nach d. Nat. gez.) artigen Gewächses, Romulea bulbocodium, hervorleuchteten. Auch ein kleines Schneefeld hatte sich hier oben noch erhalten. Wir lagerten an einer Quelle, wo wir unsere mitgenommenen Vorräte verzehrten und die Maultiere grasen ließen. Nachdem eine Skizze des Zedernwaldes aufgenommen (Fig. 8) und etwas botanisiert worden war, ritten wir denselben Weg zurück und trafen abends in unserm Hotel des Etrangers wieder ein, wo wir die freundlichste Aufnahme und beste Verpflegung gefunden hatten. Der nächste Tag war dem Besuch der römischen Ruinen in Lambessa und Timgad gewidmet. Als wir gegen acht Uhr im Wagen abfuhren, war es so kalt, daß wir uns in unsere Mäntel und Decken hüllten und uns des Kalorifers freuten, einer langen = — % — großen Wärmflasche, die man auf den Boden des Wagens gelegt hatte. Jene berühmten Ruinen will ich hier nicht schildern, obwohl sie äußerst interessant sind und ihr Besuch jedem Reisenden, der nach: Algerien kommt, sehr zu empfehlen ist. Auf dem mehr als dreistündigen Weg von Lambessa nach Timgad über hügeliges Weide- und Ackerland trafen wir keine einzige Ortschaft an, nur Viehherden und Nomadenzelte. In dieser Einsamkeit ruft ein halbverfallener römischer Bogen, durch den der Weg nicht weit hinter Lambessa führt, eine umso eindrucksvollere Wirkung hervor, als er durch ein bewohntes Storchennest gekrönt ist. Überhaupt war die Menge von Störchen, die sich in Batna und seiner Umgebung aufhalten, bemerkenswert. Wegen seiner hohen Lage hat der Ort recht kalte Winter und ist auch im Sommer noch ein recht gesunder Aufenthalt für Europäer. Wir mußten ihn leider schon am Abend des zweiten Tages verlassen, um nach Constantine zu fahren, das wir nach 4—5stündiger Fahrt erreichten. Diese Stadt, deren größte Sehenswürdigkeit die Rummel- schlucht ist, hat schon so viele Beschreiber gefunden, daß ich ihre Zahl nicht zu vermehren brauche; auch von Tunis will ich nur soviel sagen, daß wir die Stadt bedeutend interessanter als Algier fanden. Die Entfernung von Constantine nach Tunis beträgt etwa 15 Bahnstunden: es geht durch gebirgiges Terrain, das teils mit Steppe oder Maquisformation, teils mit Wald be- deckt, aber wenig angebaut ist. Auch Tunis besitzt einen Ver- suchsgarten, der sich an die Kolonial- und landwirtschaftliche Schule mit ihren Plantagen anschließt; er enthält viel Inter- essantes und Sehenswertes, kann sich aber mit dem Akklimati- sationsgarten von Algier nicht an Schönheit messen. Am 5. April versammelte sich in Tunis die französische botanische Gesellschaft, die unserem Wunsch, an ihrer Sitzung und der sich anschließenden Expedition teilzunehmen, freund- liche Zusage gewährt hatte. Am 6. April begann die Exkursion mit 20—30 Teilnehmern, die zunächst mit der Eisenbahn nach dem südlicher gelegenen Sousse, dem alten Susa, fuhren. Auf jeder Station, die einigen Aufenthalt bot, wurde ausgestiegen und was von Pflanzen zu erreichen war, gepflückt, untersucht und bestimmt. Da die Bahn noch nicht weiter nach Süden als bis Sousse geht, wurde die Reise von da an mit Automobilen 5 j (za8 gen 'p wor woA) 'eureg Ieq uoyoig ur pfeamopoz "8 LA ea ee fortgesetzt und in etwa fünf Stunden Sfax erreicht, das eben- falls an der Küste liegt. Man sieht aber das Meer während dieser Fahrt meistens nicht, weil die Küstenlinie hier eine Ausbiegung nach Osten macht und die Straße quer durch das Land geht. Lange Strecken weit führt sie in schnurgerader Richtung über das wellige Terrain, das teils Steppen- und Wüstencharakter zeigt, teils mit Gerstenfeldern bedeckt ist. Reichlicher als in Algier sieht man hier die Opuntien oder Kaktusfeigen angebaut. Es ist nur eine Art, Opuntia fieus indica, die kultiviert wird, aber in verschiedenen Sorten, und zwar unterscheiden sich diese einerseits nach den Früchten und deren Farbe, andererseits nach der Bestachelung, also in stachelige und unbestachelte. Hauptsächlich die letzteren dienen zum Vieh- futter und werden namentlich von den Kamelen gern gefressen. Die stacheligen Formen werden als Hecken um Gärten und Felder gezogen; doch sieht man auch große Felder, die ganz mit Kaktusfeigen bepflanzt sind, offenbar der Früchte wegen. Bei unserer Anwesenheit im Frühling aber trugen diese Pflanzen weder Blüten noch Früchte. Ihre Kultur ist äußerst einfach, da ein abgebrochenes und in die Erde gestecktes Glied, wenn es auch nicht mehr ganz frisch ist, sich leicht bewurzelt und weiterwächst. Die weit über mannshoch werdenden Büsche nehmen sehr groteske Formen an und rufen durch den Glanz der Oberfläche, indem ein Glied je nach seiner Stellung bald silbergrau bald gelbgrün erscheint, sowie durch den scharfen Schlagschatten eine malerische Wirkung hervor. Die unteren, stammbildenden Glieder wachsen an den anfangs flachen Seiten allmählich so stark in die Dicke, daß sie sich zu zylindrischer Gestalt abrunden, wobei sie sich mit graubrauner Borke um- geben und demgemäß die grüne Farbe verlieren. Die Glieder werden über '/s m lang, und den Umfang eines starken Stammes habe ich nach einer Messung bei Tunis 1!/;m groß gefunden, was einem Durchmesser von etwa 40 cm entsprechen würde. Man findet übrigens die Opuntie nicht nur in der Sahara, sondern auch im Tellgebiet, also an der Nordküste angepflanzt, und es ist ja bekannt, daß sie auch in Südeuropa vielfach kultiviert und verwildert vorkommt: daß sie dort nicht ein- heimisch, sondern aus Amerika eingeführt ist, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. 1190. um Nach dieser Abschweifung kehren wir zu unserer Reise- route zurück. Nicht ‘weit hinter Sousse sahen wir einen großen See glänzen, der auch zu jenen Schotts genannten Salzbecken gehört, die von dem ehemals von Osten weit nach Westen vor- ‘dringenden und naclı der Tertiärperiode ausgetrockneten Meer- busen des mittelländischen Meeres’ übriggeblieben sind!). Etwa in der Mitte zwischen Sousse und Sfax erscheint plötzlich ein -gewaltiges Gebäude am Horizont; mit Erstaunen erkennt man beim Näherkommen die Ruinen eines kolossalen Amphitheaters, von dem etwa noch die Hälfte erhalten ist und stellenweise noch drei Bogenreihen übereinander stehen; an Größe soll es nur von dem Kolosseum in Rom übertroffen werden. Man ver- mutet, daß hier die Römerstadt Thysdros gestanden hat; jetzt heißt die Araberstadt, die sich bescheiden au den Fuß der gewaltigen Ruine schmiegt, Eldjem. Bald verschwindet dieser bedeutsame Ort wieder hinter uns, und nach einigen Stunden ist Sfax erreicht. Hier wurde übernachtet und am nächsten Morgen ging es weiter nach Gabes, wohin man durch die Schnelligkeit der Automobile in vier Stunden kommt. Auf dieser Strecke führt der Weg nun fast immer durch die Wüste, die hier direkt an das Meer grenzt, und man sieht dieses zur linken Hand am Horizonte glänzen, wenn der Ausblick nicht durch eine Bodenerhebung begrenzt wird. Man muß sich wundern, daß die Nähe des Meeres dem Lande keine größere Feuchtigkeit zuführt, kann sich aber die Erscheinung dadurch erklären, daß einesteils westliche Winde vorherrschen, andernteils die feuchte Luft, die bei Ostwind über die warme Bodenfläche streicht, ihren Wassergehalt nicht eher abgibt, als bis sie an die kühleren Höhen gelangt. Die Vereinigung von Wüste und Meer macht einen eigentümlichen und gewaltigen Eindruck; bei großen Gegensätzen haben beide doch auch manches Gemeinschaftliche, vor allem den Charakter der Unermeßlichkeit und Erhabenheit. Wer einen empfänglichen Sinn für die Schönheit des Meeres hat, wird auch die Wüste schön finden, nirgends aber habe ich sie schöner als auf dieser Strecke gesehen. Freilich waren auch die äußeren Umstände besonders günstig; lachender Sonnenschein von oben und vom Boden her der Glanz leuchtender Frühlings- blumen, die sich gerade ihres kurzen Daseins erfreuen durften. 33 1) Vergl. Martins „Von Spitzbergen zur Sahara“ (s. oben),;.2. Bd. 8..276. 7* = I, Da waren großblumige, rote Winden, orangerot leuchtende Ringelblumen, violette Strandnelken und viele andere, die nicht alle einzeln genannt werden können. Auf und am Wege wuchsen überall die grünen Büsche der Harmelraute, und weiterhin sah man verschiedene kleinere und größere Sträucher zerstreut über die Ebene, darunter die mit leuchtend gelben Blüten bedeckten Stechginster (Ulex spec.). Gelegentlich erhebt sich aus einem niederen Strauch eine hohe Staude, die man im schnellen Vor- überfahren für eine Königskerze halten könnte: es ist eine große, gelbblühende Orobanche, Phelipaea lutea, die ebenso wie die bei Biskra gefundene violette Art über !/; m hoch wird. Einzelne Büsche sind mit einer Menge bunter Läppchen behängt, und besonders scheint der mit der Harmelraute verwandte, stachelige Neterstrauch, Netraria tridentata, dessen weiße Blüten sich eben entfalteten, in dieser Weise bevorzugt zu werden; denn es sind den Arabern heilige Büsche, die jeder der Vorübergehenden mit einem solchen Schmuckstück behängt. Die Araber mit ihren Kamelen und Eseln beleben die Straße und bringen sich und ihre Tiere schleunigst in Sicherheit vor den dahersaußenden Automobilen. Dazu kommt ein reiches Vogelleben: Steinschmätzer und große, silberglänzende Würger fliegen von Busch zu Busch oder von Stein zu Stein, Falken schweben über dem Boden, Zwergtrappen huschen über die Straße, prachtvoll gefärbte Mandelkrähen erheben sich von den Telegraphendrähten; kurz das Auge ist kaum imstande, die Fülle der sich darbietenden Mannigfaltigkeit zu fassen!). Manchmal fliegt auch ein großer, schwarzer Käfer in den Wagen: es ist ein Scarabaeus oder sogenannter Pillendreher, dessen interessante Tätigkeit wir beobachten können, wenn zu kurzer Rast gehalten wird. Wir sehen dann, wie der Käfer rückwärts gehend eine aus Schaf- oder Kamelmist gebildete Kugel mit den Hinterbeinen mühsam vor sich herschiebt, da sie viel größer als sein eigener Körper ist; sie wird dann in eine dazu gegrabene Röhre versenkt, um dort zur Bereitung einer das Ei enthaltenden Umhüllung zu !) Auch in Algier ist ein reiches Vogelleben, wenn ich es bei Biskra auch nicht so bemerkt habe. Man vergleiche die prächtigen Schilderungen, die Professor A. König in seinem großen Werke davon geliefert hat; der erste Teil „Reisen und Forschungen in Algerien“ ist separat, der zweite Teil „Beiträge zur Ornis Algeriens“ ist im Journal für Ornithologie 1905 erschienen. A — 11 — dienen. Beladen mit selchen Eindrücken und den gesammelten Pflanzen kommen wir Mittags in Gabes an. Dies war mit dem 34. Grad der südlichste Punkt, den wir erreichten, und hier mußten wir uns leider von den fran- zösischen Kollegen trennen, da wir keine Zeit mehr hatten, sie noch weiter ins Innere zu begleiten. Es wäre auch zu be- dauern gewesen, wenn wir Gabes sogleich wieder hätten ver- lassen sollen; denn diese weitausgedehnte Oase bot mit ihrer Umgebung und dem Meere im Hintergrund einen prächtigen Anblick dar, als wir dies alles vom flachen Dache unseres Hotels aus überblickten. Sobald als möglich suchten wir denn auch den Strand auf und waren erstaunt zu sehen, wie ähnlich er dem unserer Nordseeküste ist. Ein flaches, sandiges Ufer wird in geringer Entfernung durch niedere Dünen begrenzt und trägt einen ganz ähnlichen Pflanzenwuchs wie der Strand der Nordsee: der Queller, Salicornia herbacea, der Meersenf, Cakile maritima, der Strandhafer, Psamma arenaria, treten hier wie dort als "Charakterpflanzen auf. Dagegen zeigen die anderen Muscheln und Tange, .die Strünke des Seegrases, Posidonia oceanica, und die zahlreichen Schulpe des Tintenfischs, von den Wellen ans Ufer gespült, die fremdartige Küste an, während die der Benutzung noch harrenden Badekarren nicht anders wie die unsrigen aussehen. Steigt man aber auf die Düne hinauf, so erscheinen auf ihrer inneren Seite bereits einzelne Dattelpalmen als Ausläufer der nahen Oase. Diese ist von zahllosen schmalen Wegen und kleinen Kanälen durchzogen, und man kann stundenlang in ihr umherirren, da man bei gehindertem Ausblick und bei der Gleichförmigkeit der Umgebung schnell die Richtung verliert. Ein wesentlicher Unterschied gegenüber der Oase von Biskra, der sie an Schönheit nicht nachsteht, ist nicht zu bemerken: dieselben Fruchtbäume und Gemüsepflanzen werden unter den Palmen gezogen, sind aber hier, in etwas späterer Zeit,. schon ein wenig weiter in der Entwicklung fort- geschritten. Dagegen sahen wir hier etwas, was in Biskra nicht ' beobachtet: wurde, nämlich die Gewinnung des Palmen- weins. Dazu benutzt man männliche Bäume oder solche Frucht- bäume, die schlecht tragen, und verfährt auf folgende Weise: Man schneidet die Blätter bis auf die äußersten weg und das sogenannte Herz in der Mitte glatt ab. spitzt dann den mittleren — 12 — Teil zu, macht unterhalb dieser Spitze eine Rinne rings um den oberen Kegel mit einem Ausfluß, und vor diesem befestigt man einen Tonkrug, in den der Saft läuft. Die Ausscheidung ist so reichlich, daß ein Baum an einem: Tag. mehrere ‚Liter liefert, der Krug also öfters gewechselt werden muß. Wenn dies wirklich, wie man uns versicherte, drei Monate so fort- geht, so kann man nicht genug staunen über die große Menge von Saft, die hier geliefert wird, und über die enorme Leistung des Wurzeldrucks, wie die das Wasser in den Pflanzen empor- treibende Kraft von den Physiologen genannt wird. Merkwürdig ist auch, daß sich später eine neue Knospe bildet und der Stamm weiterwächst, so daß er wiederholt der Anzapfung unter- worfen werden kann. Wie oft dies an einer Palme geschehen ist, sieht man an den tiefen Furchen unter der spärlichen Krone, die ein solcher Baum in gewissen Abständen aufweist; die Ab- stände zwischen zwei Furchen dürften aber mehr als einem Jahrestriebe entsprechen. Während der Weingewinnung postiert sich eine Wache am Fuße des Baumes und ruht auch des Nachts hier unter einer leicht zusammengestellten Hütte. Der frische Wein, den wir probierten, schmeckt angenehm süß, aber etwas -fade. Ein sehr gewandter arabischer Führer machte uns nicht nur mit dieser Prozedur und anderen Beschäftigungen der Oasen- bewohner in Garten und Haus bekannt, sondern führte uns auch durch das arabische Quartier der Stadt, das viel größer und origineller als das in Biskra ist. Wir passierten eine Straße, die ganz überdeckt und infolgedessen stockdunkel war: das Bedürf- nis, wenigstens stellenweise die Sonnenhitze auszuschließen, scheint so dringend zu sein, daß die mit der Dunkelheit verbundenen Nachteile nur wenig angeschlagen werden. Während der paar Tage unseres Aufenthaltes hatten wir freilich nicht von Sonnen- hitze zuleiden ;es war vielmehr kühlundregnerisch, ein den Arabern in Hinsicht auf die Ernteaussichten sehr willkommenes Wetter. Der europäische Stadtteil von Gabes ist weit weniger elegant als der von Biskra. Daß aber außer der ziemlich großen Garnison auch eine tätige und angeregte französische Bevölkerung hier zu finden ist, zeigte schon der Umstand, daß gerade während wir dort waren, eine Ausstellung von Natur- und Kunstprodukten des Landes, sogar mit einer kleinen Gemäldeausstellung ver- ze u: ee — 198 — bunden, abgehalten wurde. Auch die Verpflegung in unserem Hotel ließ kaum zu wünschen übrig. Am Morgen des 10. April verließen wir Gabes in Be- gleitung eines französischen Botanikers und seiner Familie, der gleich uns verhindert gewesen war, sich an der Fortsetzung der gemeinsamen Exkursion zu beteiligen. Auf demselben Weg, den wir gekommen waren, ging es nun wieder im Automobil zurück. Wir konnten uns jetzt aber Sfax und Sousse etwas näher an- sehen: beide sind kleine Hafenstädte mit sehr eleganten fran- zösischen Häusern und mit Arabervierteln, die vollkommen einer kleinen Festung mit vier nach den vier Himmelsrichtungen ge- legenen Toren gleichen. In Sfax hatten wir Gelegenheit, die reiche Sammlung römischer Altertümer zu bewundern, die aus dem alten Thyna in der Nähe hierher gebracht worden sind. Auch eine innerhalb des Hafengebiets frei im Meere errichtete Station zur Aufzucht von Badeschwämmen wurde uns gezeigt und verschafite uns eine sehr interessante Besichtigung. Doch darf ich mich mit der Beschreibung dieser Orte und der Fahrt nicht weiter aufhalten, da sie in botanischer Hinsicht nicht viel Neues boten. Am 12. April kehrten wir nach Tunis zurück und hatten hier noch Zeit, einige Ausflüge in die Umgebung der Stadt, besonders nach den berühmten Ruinen von Carthago, zu machen, bevor unser Schiff nach Palermo abging. Die Ver- bindung von Tunis nach Palermo ist nämlich höchstens zweimal in der Woche gegeben. Von da fuhren wir nach Neapel und nach Genua ebenfalls zu Schiff und kamen am 24. April glück- lich zurück. Wir trafen es dabei hinsichtlich der Witterung so eigentümlich, daß es immer wärmer wurde, je weiter wir vom 34. bis zum 50. Grad nach Norden kamen. Von Genua an war kaum eine Änderung im Zustande der Vegetation zu bemerken, was die soımmergrünen Gewächse betrifft, d.h. es war in Deutsch- land ebenso weit wie südlich der Alpen. Bei uns drängt sich eben die Entwicklung auf kürzere Zeit zusammen und gewährt dadurch den Eindruck einer Fülle, den die südlichen Länder nicht bieten: den Anblick der grünenden Wiesen und der mit neuem Laub sich schmückenden Wälder muß der Italiener ent- behren. So entschädigte auch uns die Freude an der herrlichen deutschen Frühlingslandschaft für den Reiz des Schönen und Fremdartigen der südlicheren Regionen, die wir verlassen hatten. = a Unsere einheimischen Salamander und Molche im Kreislauf des Jahres. Mit 7 Abbildungen von August Knoblauch. Bevor im ersten Frühjahr unsere Tümpel und Teiche völlig eisfrei sind, erwachen Salamander und Molche nach langem Winterschlaf zu neuem Leben. Allmählich verlassen sie die verborgenen Schlupfwinkel, die ihnen im vergangenen Herbst Schutz vor der herannahenden winterlichen Kälte gewährt haben, und schreiten oft schon in den ersten schönen Tagen eines trügerischen Vorfrühlings zur Paarung. Freilich ist die Witterung ihrem Fortpflanzungsgeschäft nicht immer sonderlich günstig. Gar manchesmal bedeckt noch frischer Schnee das junge Grün, und Nachtfröste überziehen die stehenden Gewässer noch oft genug mit einer dünnen Eiskruste, die erst im Lauf des Tages unter dem erwärmenden Strahl der Frühlingssonne schmilzt. Aber der gebieterische Drang des trächtigen Weib- chens zum Aufsuchen geeigneter Laichplätze zwingt unsere Feuersalamander und Molche zur Wanderung nach dem Wasser, und wenn wir sie auch selten und nur zufällig auf dieser Wan- derung selbst antreffen, im Wasser finden wir wenigstens die Molche im ersten Frühjahr in größeren Mengen beisammen als zu jeder anderen Zeit im Wechsel des Jahres. So sehen wir schon Ende März und im April in geeigneten Tümpeln und Lachen Dutzende von Molchen sich tummeln, die im Schmuck — 15 — des farbenprächtigen Hochzeitskleides ihre graziösen Liebes- spiele ausführen. Auch Feuersalamanderlarven beleben in reicher Zahl die kleinen Bachläufe und Wiesengräben und selbst mulden- förmige Pfützen im Waldesdunkel, wie sie die Schneeschmelze zurückläßt. Erwachsene Salamander dagegen treffen wir auch zur Frühjahrszeit in der Regel nicht im Wasser an, sondern nur in dessen Nähe, weil sie es nur zur Paarung und zum Ab- setzen ihrer Larven aufsuchen, um es gleich nachher wieder zu verlassen. Die eigentümliche Art der Fortpflanzung des Alpensalamanders bringt es mit sich, daß er zu keiner Zeit des Jahres an das Wasserleben gebunden ist. In Deutschland sind die Schwanzlurche nur durch eine einzige Familie, die Salamandriden, vertreten, deren Gattungen Salamandra und Molge in mehreren Arten unserer heimischen Fauna angehören. Zur ersten Gattung zählen der auf schwarzem Grund gelb gefleckte Feuersalamander des deutschen Mittel- gebirgs, Salamandra maculosa Laur., der neuerdings auch in » unserem Stadtwald und auf der rechten Mainseite nachgewiesen worden ist, und der einfarbig schwarze Salamander der deutschen Alpen, S. atra Laur. Zur Gattung der Wassermolche gehören drei in der nächsten Umgebung Frankfurts vorkommende Arten: der Kammolch, Moige cristata (Laur.), der Bergmolch, M. alpestris (Laur.) und der Streifenmolch, M. vulgaris (L.), sowie eine vierte Art, der Leisten- oder Fadenmolch, M. palmata (Schneid.), der in der Mainebene zu fehlen scheint, aber schon im nahen Taunus und an dessen südlichen Abhängen regelmäßig angetroffen wird. Führt uns zur ersten Frühjahrszeit ein Spaziergang in unserem Stadtwald durch das junge, kaum sichtbare Grün der knospenden Buchen nach der Grastränke oder ein Weg von der Mainkur nach Bergen an den überschwemmten Wiesen bei Enkheim vorüber, so können wir mühelos das Leben und Treiben unserer einheimischen Molche im Freien beobachten. An einer tieferen Stelle des kristallklaren Wassers erblicken wir auf dem Grunde fast unbeweglich ein kleines Tierchen etwa von der Gestalt und Größe einer Eidechse, mit einem hohen, zackigen Kamm auf dem Rücken und mit einem silberglänzenden Streifen in der Mitte des breiten Ruderschwanzes. Es ist ein prächtiges Kammolchmännchen im Schmuck des sogenannten Fig. 1. Kammolch-Pärchen, M. cristata (Laur.) subsp. karelini Strauch, im Hochzeitskleid (etwa °/ı der natürlichen Größe), Originalaufnahme von W. Köhler-Tegel bei Berlin. — 117 — „Hochzeitskleides“ (Fig. 1)!). Behende und graziös schwimmt es auf ein Weibchen seiner Art zu; es macht vor ihm Halt, um- schwimmt es und peitscht sekundenlang mit dem breiten Schwanze seine Flanken. Jetzt flüchtet -das weibliche Tier; und mit ihm entschwindet auch der schmucke Kammolch unseren Blicken. Hier tummelt sich ein Pärchen der kleineren Streifenmolche in feurigem Liebesspiel (Fig. 2)°). Sie sind dem Leistenmolch sehr ähnlich, jedoch zur Frühjahrszeit im männlichen Geschlecht durch einen hohen Kamm und durch das Fehlen des faden- förmigen Anhangs, der dem abgestutzten Schwanzende des ru } Km I TER, Fig. 2. Streifenmolche, M. vulgaris (L.) im Liebesspiel (etwa !/; der natürlichen Größe), Originalaufnahme von Douglas English. Leistenmolches eigentümlich ist, von diesem unterschieden. Dort sehen wir ein dickleibiges Weibchen des farbenprächtigen Berg- molchs in eigenartiger Stellung unbeweglich im Wasser ruhen. Während es mit den Vorderbeinen hin und her balanziert oder sich auf eine Pflanze, auf einen untergetauchten Grashalm auf- stützt, hat es mit den Hinterbeinen einen frischen Trieb winkelig umgebogen und in dem Winkel ein eben abgesetztes Ei angeklebt. Denn nicht in Klumpen oder Schnüren wie die Frösche und Kröten ihren Laich, sondern einzeln legt das Molchweibchen seine zahlreichen Eier (60—300) ab. Es wählt hierzu geschützte !) Aus Köhler „Das Photographieren lebender Tiere im Aquarium“, Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde. 17. Jahrg., S. 223. Magdeburg (Creutzsche Verlagsbuchhandlung) 1906. ?2) Aus Douglas English „How to know the Amphibians, The Newts“. The Nature Book. Part 15, p. 449. London (Cassell & Co., Ltd.) 1908. — 18 — Stellen in den Blattwinkeln junger Wasserpflanzen, an einem geknickten Grashalm, stets aber nicht in der Tiefe des Wassers, sondern nur wenig unterhalb der Oberfläche, wohin der wärmende Strahl der Frühlingssonne noch zu dringen vermag. In unserer Gegend lebt der Bergmolch, der durch den Mangel an dunkleren Flecken auf seiner prachtvoll orangerot gefärbten Bauchseite gekennzeichnet ist, oft in denselben Tümpeln und Gräben mit den anderen Molcharten zusammen; doch steigt er höher im Gebirge auf als sie, und noch in einer Höhe von 2700 m ist er auf den baumlosen Matten des Hochgebirgs gefunden worden. Wohin wir blicken, überall die munteren Tierchen, einzeln oder in Paaren, mauchmal auch mehrere Männchen in heißem Liebeswerben um dasselbe Weibchen. Bald schreiten sie lang- sam am Grunde des Wassers dahin, ab und zu behende nach einem aufgescheuchten Flohkrebs, einer Wasserassel, einer vorüberschwimmenden Kaulquappe schnappend, oder quer im breiten Maul einen ringelnden Wurm, der sich verzweifelt ab- müht, dem gefräßigen Molche zu entrinnen. Von Zeit zu Zeit steigen die flinken Tierchen fast senkrecht zur Oberfläche des Wassers empor, um Luft zu schöpfen, — denn sie atmen durch Lungen — und lassen sich alsdann wieder langsam in die Tiefe sinken. Werden sie aber durch den jähen Sprung eines Frosches aufgescheucht, der sich vor unseren Schritten ins Wasser flüchtend in den Schlamm einwühlt, so verschwinden sie blitzschnell im Pflanzengewirr; denn alle Molche sind während ihres Wasserlebens ausgezeichnete, äußerst gewandte Schwimmer. Verlassen wir jetzt die Grastränke und folgen dem Laufe des Bächleins, das sie durchfließt. Unter prachtvollen Buchen- beständen machen wir Rast und blicken sinnend in die klare Flut. Was liegt dort am Grunde auf den modernden Blättern abgefallenen Laubes? Es scheint ein kleines Stückchen Holz zu sein, kaum 2—3 cm lang, von dem jederseits zwei kleine, _ stämmige Seitenästchen ausgehen. Unwillkürlich berühren wir es mit unserem Stock: ein kurzer Ruck! .Blitzschnell ist es verschwunden, und jetzt sehen wir das vermeintliche Ästchen wieder ebenso regungslos wie zuvor, etwa einen halben Meter von der ersten Stelle entfernt, auf dem dunklen Grund des Bächleins liegen. Wir blicken genauer zu und erkennen deut- lich, daß die kleinen Ästchen an der Stelle, wo sie aus dem — 19 — Stückchen Holz hervorzukommen scheinen, einen kleinen, lichten ‚Fleck tragen. Es sind die hellen Flecken an den Extremitäten der Salamanderlarve, und was wir anfänglich für ein Ästchen gehalten haben, ist die neugeborene Larve unseres Feuer- salamanders. Nur an vereinzelten Stellen unseres wasserarmen Stadt- waldes werden Salamanderlarven gefunden. Häufiger sind sie schon im Gebiet des Hengstbaches, der die angrenzenden hessi- schen Waldungen in der Richtung von Dreieichenhain nach der Mitteldick durchfließt, im Messeler und Groß-Gerauer Park, und im nahen Taunus, in der Bergstraße und im Spessart sind zahlreiche Wald- und Wiesenbäche von ihnen belebt. Durch die Art ihrer Fortpflanzung unterscheiden sich Salamander und Molche in bezeichnender Weise voneinander. Während die Molche Eier legen, bringen unsere beiden Sala- manderarten lebende Junge zur Welt. Indessen ist auch bei ihnen je nach den äußeren Verhältnissen, unter denen sie leben, die Art der Fortpflanzung verschieden. Der Feuersalamander ist ein Bewohner des wasserreichen Berg- und Hügellandes, der an einzelnen Stellen seines Verbreitungsgebietes auch in die Ebenen der großen Flußläufe hinabsteigt, aber nur selten höher im Gebirge als 800 m angetroffen wird. Der Alpensalamander dagegen ist ein ausgesprochener Bewohner des Hochgebirgs, der am liebsten innerhalb eines sich zwischen 1000 und 2200 m hinziehenden Höhengürtels lebt und bis zu 3000 m aufsteigt. Er fristet also sein Dasein und schreitet zur Fortpflanzung noch in einer gewaltigen Höhe, in der es keine Bachläufe, keine Wasserlachen mehr gibt, in der vielmehr das Gewässer der Gletscher über nackte Felsen rieselt und einer Fauna ent- behrt, die seiner Larve zur Nahrung dienen könnte. Sie voll- endet deshalb ihre Metamorphose im mütterlichen Organismus und kommt als lungenatmendes Landtier zur Welt, an Gestalt und Farbe ganz der erwachsene Alpensalamander im Kleinen. Unser Feuersalamander setzt dagegen seine lebendigen Jungen als kiementragende Larven ab, die mitunter noch von der Eihülle umgeben, dieses dünne Häutchen erst während oder unmittelbar nach der Geburt sprengen, und zwar wählt er mit Vorliebe klare Quellen, Gebirgs- und Waldbäche zum Laichen. Er vermeidet aber auch stehendes Wasser nicht, selbst enge — 10 — Brunnenstuben, dicht bewachsene Tümpel und Lachen, wie sie sich mitunter in verlassenen Steinbrüchen und Tongruben finden. Wo aber Salamanderlarven leben, trefien wir sie gewöhnlich in größerer Menge an; denn meistens setzt das einzelne Feuer- salamanderweibchen zahlreiche Larven — bis 70 Stück — hintereinander ab, während der Alpensalamander in der Regel nur zwei Junge gebiert. Wenn bei einer solch großen Fruchtbarkeit des Feuer- salamanders anscheinend nur eine beschränkte Anzahl von In- dividuen zur vollen Entwickelung gelangt, so rührt dies daher, daß zahlreiche Larven anderen Tieren zum Opfer fallen. Die wichtigsten Feinde der Salamanderlarven sind zugleich auch die hauptsächlichsten Schädlinge der Larven unserer Molche und dieser selbst, so lange sie im Wasser leben. Es sind vor allem die Raubfische — Forelle, Groppe und Stichling —, Ringel- und Würfelnatter und auch manche Amphibien, namentlich der gefräßige Kammolch und der Wasserfrosch. Zu ihnen gesellen sich der Flußkrebs und die räuberischen Libellenlarven hinzu, Wasserwanzen, Wasserskorpion und die großen Schwimmkäfer mit ihrer mordgierigen Brut, von der schon ganz kleine Exem- plare die Molch- und Salamanderlarven anfallen und töten. Auch die Larven der Köcherfliegen müssen zu den Schädlingen der Molchbrut gezählt werden, insofern sie gelegentlich die an den Blättern der Wasserpflanzen- abgelegten Molcheier zerstören und die Embryonen auffressen. Im Taunus und in der Bergstraße sind die Forellen die gefährlichsten Feinde der Salamander- larven; in manchen Taunusbächen ist neuerdings der wieder- eingeführte Flußkrebs hinzugetreten. Für die nähere Umgebung Frankfurts kommt hauptsächlich der Stichling in Betracht, weil er wie die Salamanderlarve fließendes Wasser dem stehenden vorzieht. Und so mag gerade das massenhafte Auftreten des Stichlings in dem Luderbach, sowie in den Tümpeln und Lachen seines Überschwemmungsgebietes ein Grund sein, weshalb in unserem Stadtwald trotz des regelmäßigen Vorkommens der Salamanderlarven die Landform des Feuersalamanders recht selten angetroffen wird. Bei den Molchen dauert die Entwickelung der Embryonen im Ei bis zum Ausschlüpfen der kleinen Larven je nach den Temperaturverhältnissen und der Belichtung des Wassers ver- N schieden lange Zeit, im Durchschnitt 14 Tage. Die frisch aus- geschlüpfte Molchlarve ist etwa 6—10 mm lang; sie hat bereits deutlich ausgebildete äußere Kiemen, aber noch keine Beine (Fig. 3)!). Sie unterscheidet sich durch ihre geringe Größe und durch den völligen Mangel an Extremitäten ausreichend von der neugeborenen Salamanderlarve. Denn die letztere mißt bei der Geburt bereits 24—30 mm und hat schon vollständig aus- gebildete, sogar recht plumpe Vorder- und Hinterbeine. Während nun bei den Larven unserer Frösche und Kröten, den Kaulquappen, zunächst die Hinterbeine und erst später die Vorderbeine hervorbrechen, treten bei den Molchlarven die Fig. 3. Molchlarve unmittelbar nach dem Ausschlüpfen. Darüber eine zweite Larve noch von der durchsichtigen Eihülle umgeben (natürliche Größe), Originalaufnahme von Douglas English. vorderen Gliedmaßen früher als die hinteren hervor und zwar schon in der ersten oder zweiten Woche nach dem Verlassen des Eies, während die Hinterbeine etwa 14 Tage später zum Vorschein kommen (Fig. 4)?). Die Gliedmaßen der Molchlarven sind viel graziler als die stämmigen und robusten Gliedmaßen der Feuersalamanderlarve. Auch ist der Flossensaum des Ruderschwanzes bei den Larven beider Gattungen von verschiedener Form. Bei unseren Molch- larven ist er am hinteren Ende mehr oder weniger zugespitzt, bei der Kammolchlarve sogar mit einem fadenförmigen Anhang ı) Aus Douglas English „How to know the Amphibians. The Newts“. The Nature Book. Part 15, p. 452. London (Cassel & Co., Ltd.) 1908. 2) Ebenda, p. 453. — 112 — versehen, und außerdem ist er wesentlich höher und überzieht fast den ganzen Rücken bis zum Nacken in die Gegend der Kiemenwurzeln. Bei der Larve des Feuersalamanders dagegen ist der Flossensaum des Schwanzes breit ZUSSTENGEE ‚und reicht nur etwa bis zur Mitte des Rückens. er Diese rein morphologischen Unterschiede haben einen sehr charakteristischen biologischen Unterschied in der Art der Fört- bewegung der Larven der Molche und Salamander zur Folge. Die Feuersalamanderlarve bewegt sich auf ihren stämmigen Gliedmaßen kriechend am Boden, und aufgescheucht schwimmt sie ruckweise durchs Wasser, um sich alsbald wieder auf den Fig. 4. Junge Molchlarven in verschiedenen Stadien der Entwickelung (natürliche Größe), Originalaufnahme von Douglas English. Boden niedersinken zu lassen. Die Molchlarve dagegen bewegt sich schwimmend im Wasser umher, während ihr die grazilen Extremitäten das Kriechen am Boden erschweren, und entwickelt namentlich auf der Jagd nach Beutetieren eine ganz erstaunliche Behendigkeit im Schwimmen. Feuersalamander und Molche sind während ihres ganzen Lebens, sowohl im Larvenzustand wie als entwickelte Lurche, Fleischfresser, und zwar ernähren sie sich ausschließlich von lebenden Tieren. Unmittelbar nach dem Ausschlüpfen aus dem Ei beginnt die Molchlarve ihre Jagd. auf. Hüpferlinge und Wasserflöhe, und die gleichen kleinen Krebschen und junge Wasserasseln sind auch der neugeborenen Salamanderlarve eine willkommene Beute. Daneben fallen die Larven und Puppen unserer verschiedenen Schnakenarten, der Eintagsfliegen, einzelner — 13 — Arten von Wasserkäfern und anderer Insekten in großen Mengen den gefräßigen Salamander- und Molchlarven zum Opfer, ebenso kleine Wasserschnecken und Muscheln, Schneckeneier, Würmer, Flohkrebse und selbst junge Kaulquappen und kleinere Larven der eigenen Art. Die Lebensweise der schwerfälligen Salamander- larve am Grunde der Gewässer bringt es indessen mit sich, daß ihr vorwiegend die Bodenfauna zur Nahrung dient, während die schwimmgewandte Molchlarve auch auf die planktonisch lebenden Arten Jagd macht. Da die Paarungszeit der Molche sich durch viele Wochen hinzieht und der Feuersalamander den ganzen Frühling und Sommer hindurch seine Jungen absetzt, treffen wir in den ersten Sommermonaten an geeigneten Örtlichkeiten Larven in den verschiedenen Stadien ihrer Entwickelung an. Allein mit Beginn der heißen Jahreszeit trocknen viele Tümpel und Gräben, die nach der Schneeschmelze im Frühjahr reichlich Wasser enthielten, allmählich aus; die kleineren Bäche beginnen zu versiechen, und so werden an vielen Orten unsere Molch- und Salamanderlarven zu einer frühzeitigen Metamorphose genötigt. Sie wird be- günstigt durch das Sinken des Wasserstandes, das eine stärkere Erwärmung des Wassers zur Folge hat und zugleich den heran- wachsenden Larven die Möglichkeit einer reichlicheren Ernährung bietet, indem auch ihre Beutetiere auf ein dichteres Zusammen- leben angewiesen sind. So sehen wir unsere Larven je nach der Örtlichkeit zu verschiedenen Zeiten zur Metamorphose schreiten; doch vollenden sie ihre Entwickelung zum Landtier im allgemeinen in einem Zeitraum von 2—3!/a Monaten. Schickt sich nun die Feuersalamanderlarve zur Verwandlung an, So machen sich an ihr sehr auffällige Veränderungen bemerk- bar, vor allem in bezug auf die Färbung und auf die Gestalt der Kiemenbüschel und des Flossensaums am Schwanze. Die erwachsene Salamanderlarve ist etwa 5—6 cm lang und von grau- brauner Farbe mit einer unregelmäßig angeordneten, dunkleren Fleckung am Rumpf und Schwanz, während die charakteristischen hellen Flecken an der Wurzel aller vier Extremitäten bereits deutlich eine gelbliche Farbe angenommen haben. In den letzten Wochen vor der Verwandlung treten auch am Kopfe über den Augenlidern und in der Ohrgegend helle Flecken auf, die manch- mal jederseits zu einem schmalen Bande zusammenfließen. All- 8 E — 114 — mählich werden diese Flecken mattgelb mit einem eigenartigen Bronzeton, während die Grundfärbung der Larve am Kopf und Rücken dunkler wird und die vorher rosafarbene Bauchseite einen Stich ins Stahlblaue annimmt. Die Kiemenbüschel der Salamanderlarve haben in den letzten Wochen vor der Verwandlung ihre größte Entwickelung erlangt und sind zu einem prachtvollen „Federkragen“ geworden, der den Hals des Tieres umgibt (Fig. 5)'). Kurze Zeit, bevor die Larve ans Land geht, bilden sie sich jedoch ziemlich schnell Fig. 5. Salamanderlarve kurz vor der Verwandlung (etwa */, der natürlichen Größe), Originalaufnahme von H. Hinterberger-Wien. zurück, schließlich soweit, daß sie nur noch ganz kurze Stummel darstellen. Jetzt sehen wir die Larve sich meist an der Ober- fläche des Wassers aufhalten oder mit dem Kopf auf einem den Wasserspiegel überragenden Stein oder am flachen Uferrande liegen, so daß die Kiemenreste gerade noch vom Wasser um- spült sind. Annähernd gleichzeitig mit ihrer Rückbildung wird auch der Flossensaum am Schwanze schmäler und schwindet allmählich mehr und mehr. Der typische Ruderschwanz verliert dadurch seine seitliche Abplattung, wenn er auch, so lange die Larve im Wasser bleibt, noch nicht die volle Rundung an- !) Aus Fahr „Versuche über Neotenie bei Salamandra maculosa‘. Wochenschrift für Aquarien- und Terrarienkunde. 4. Jahrg., S. 536. Braun- schweig (Gustav Menzel & Sohn) 1907, nimmt, die dem drehrunden Schwanz des erwachsenen Salaman- ders eigen ist. Ganz ähnliche Veränderungen hinsichtlich us Färbung, sowie der Rückbildung der Kiemen und des Flossensaums am Schwanze treten bei der Molchlarve auf, bevor sie sich an- schickt, das Wasser zu verlassen. Der Akt der Metamorphose stellt an den Organismus der Larven unserer Schwanzlurche offenbar ungeheure Anforderungen, wie dies erklärlich ist, wenn man bedenkt, daß ein bisher kiementragendes Wassertier sich in wenigen Tagen zu einem lungenatmenden Landtier entwickelt. Während der Verwand- lung ist die Freßlust der Larven stark vermindert, vielleicht ganz aufgehoben, und ist die Metamorphose vollendet, so ist der junge Landsalamander etwa 1—1!/» cm, der kleine Molch !a—1 cm kleiner, als es wenige Tage zuvor die Larven ge- wesen sind. Nicht sämtliche Larven unserer einheimischen Molcharten entwickeln sich indessen zur Landform. Unter besonderen Ver- hältnissen, die uns im einzelnen noch nicht genügend bekannt sind, verbleiben manche Individuen wie der Axolotl der mexi- kanischen Seen dauernd im Wasser und erreichen im Larven- zustand die Geschlechtsreife. Es handelt sich bei dieser interes- santen Erscheinung also offenbar nicht um eine Entwickelungs- hemmung, sondern um eine Anpassung an äußere Lebens- bedingungen. Solche fortpflanzungsfähige Larven, die man neotenische nennt, werden beim Bergmolch am Südabhang der Alpen und in den kleinen Seen Oberitaliens ziemlich häufig ge- funden, und auch an den verschiedensten Orten Deutschlands kommen sie bei sämtlichen Molcharten vereinzelt vor. Beim Feuersalamander dagegen scheint "eine vollständige "Neotenie noch nicht beobachtet worden zu sein. Inzwischen ist es Hochsommer geworden. Die wasser- lebenden Larven zahlreicher Insektenarten, die den Molchen und Salamandern während ihres Jugendstadiums zur Nahrung dienten, haben gleichfalls ihre Entwickelung vollendet und sich zu geflügelten- Formen umgewandelt, die der unbehölfene und schwerfällige, kleine Schwanzlurch nicht mehr zu erhaschen vermag. Wohl aber trifit er auf seiner Landwanderung kleine Beütetiere genug- an, die ihn durch ihre Bewegung zur Jagd g*+ =, — 16 — anlocken. Es sind Blattläuse, Spinnen und Milben, Asseln und Tausendfüßer, Nacktschnecken, kleine Würmchen, unbehaarte Räupchen u. a., und gelegentlich mag ihm auch eine stillsitzende Mücke oder eine kleine Heuschrecke zum Opfer fallen. In den feuchten Waldungen, die er sich zum Aufenthalt erkoren hat, sprossen zu Ende des Sommers Pilze in Menge aus der Erde; sie beherbergen Fliegen- und Käfermaden genug, die den kleinen Molchen und Salamandern eine willkommene Beute sind. Es sind dieselben Arten — Würmer, Nacktschnecken und Kerfe nebst ihren Larven —, die auch den erwachsenen Lurchen zur Nahrung dienen. Auch die alten Molche haben inzwischen ihr Hochzeits- kleid abgelegt und zu verschiedenen Zeiten je nach der Örtlich- keit, an der sie zur Paarung geschritten sind, das Wasser mit dem Lande vertauscht, um während der heißen Jahreszeit in feuchten, kühlen Verstecken ein beschauliches Leben zu führen. Nur vereinzelte Individuen verweilen an geeigneten Orten auch im Spätsommer noch im Wasser, ja überwintern selbst in ihm. Die übergroße Mehrzahl der Molche hat sich auch im äußeren Habitus dem Landleben angepaßt. Der hohe Rückenkamm, der die Männchen einzelner‘ Arten zur Bruustzeit auszeichnet, hat sich zurückgebildet; der Flossensaum des Ruderschwanzes, dessen die Landtiere nicht mehr bedürfen, ist geschwunden, und die vollen, leuchtenden Farben, die ihr Hochzeitskleid im ersten Frühjahr geschmückt haben, sind verblaßt. Auf dem Lande scheint auch das Nahrungsbedürfnis der Molche viel geringer zu sein, als es während der Zeit ihres Wasserlevens gewesen ist. Unmittelbar nach dem Verlassen des Wassers verkriechen sie sich in ähnliche Schlupfwinkel, wie sie die Landform des Feuersalamanders zeitlebens bewohnt, in das lockere Erdreich unter freiliegenden Wurzeln oder in den Mulm morscher Baum- strünke, unter moosbewachsene Steine, in altes Mauerwerk und Felsenritzen, in verlassene Mauslöcher und andere Verstecke, die ihnen tagsüber genügenden Schutz vor der Hitze des Sommers gewähren. An solchen Orten werden gewöhnlich mehrere Exemplare zusammenliegend angetroffen. Molche und halbwüchsige Feuersalamander verlassen diese Schlupfwinkel, in denen es ihnen an reichlicher Nahrung nicht fehlt, anscheinend selten und nur, um sie mit anderen, nalıe gelegenen zu ver- 3 ” — 17 — tauschen. So kommt es, daß sie überhaupt nicht häufig außer- halb ihrer Verstecke gefunden werden. Den erwachsenen Feuer- salamander dagegen treibt der Hunger gelegentlich hervor. In der Abenddämmerung, wenn feuchte Nebel sich auf Wald und Wiesen lagern, verläßt er seinen verborgenen Schlupfwinkel, um zu jagen, bis der Morgentau im ersten Strahl der aufgehen- den Sonne erglänzt. Nur wenn nach längerer Trockenheit warme Regenschauer niederfallen, treffen wir ihn auch am hellen Tage oft in großer Zahl selbst auf freien Plätzen und mitten im Wege an. Jetzt wird das grelle Gelb des Feuersalamanders, das ihn zwischen dem fahlen Laub des Waldbodens so leicht den Blicken des Spaziergängers verbirgt, zur Trutz- und Warnungsfarbe für seine Feinde. Freilich sind Feuersalamander und Molche während ihres Landlebens nicht vielen Nachstellungen ausgesetzt. Nur gelegentlich fallen sie nächtlich jagenden Vögeln und Säuge- tieren zum Opfer, der Eule, dem Dachs, Iltis und Igel und vielleicht auch wohl einer Wasserratte und Spitzmaus. Auch Ringelnattern, große Eidechsen und Frösche werden manchmal den jüngeren Exemplaren gefährlich. Farbe und Zeichnung des Feuersalamanders sind recht verschieden, je nach der Örtlichkeit, an der seine Larven zur Entwickelung gekommen und die jungen Landtiere herange- wachsen sind. Schon die Salamanderlarven zeigen eine außer- ordentlich große Anpassung ihrer äußeren Erscheinung an die Verhältnisse der Umgebung. Fließt das Bächlein, in dem die Larve lebt, im Waldesdunkel dahin, wo sein Boden mit moderndem, dunklem Laube bedeckt ist, so ist auch sie dunkel gefärbt, während in sonnenbeschienenen Wiesenbächen mit lehmigem Boden auch ihre Grundfärbung fast lehmgelb ist. Und je vor- herrschender der gelbe Ton in der Färbung der Larve, desto zahl- reicher und größer gestalten sich die gelbe Fleckung und Streifung des erwachsenen Tieres, zumal wenn es in recht feuchter Um- gebung auf lehmhaltigem Boden lebt. Dunkle Humuserde und Trockenheit dagegen bewirken ein Zurücktreten der gelben Zeichnung hinter der schwarzen Grundfarbe des Feuersalamanders. Doch wechselt auch die Farbe der Flecken vom grellen Sch wefel- gelb durch Orangezum lebhaften Rot, obwohl derartig tiefrot gezeichnete Salamander nur an vereinzelten Orten gefunden ar — 18 — worden sind.!) Als Abnormitäten kommen gelegentlich auch beim Feuersalamander wie bei anderen Lurchen und Kriechtieren einerseits pigmentarme Exemplare, selbst Albinos (Fig. 6)?), und andererseits melanotische Individuen vor. PBisweilen werden sogar beide Farbenspielarten an dem gleichen Fundort an- getroffen. Anscheinend übt auch die Meeresliöhe, in der der Feuer- salamander lebt, einen Einfluß auf seine Färbung aus. Das grelle Gelb, das sich bei Tieflandstieren findet, tritt mehr und Fig. 6 Feuersalamander-Albino (natürliche Größe), Originalaufinahme von F. Maue- Magdeburg. mehr zurück, je höher der Wohnbezirk des Salamanders über dem Meeresspiegel liegt. So sind Exemplare aus der subalpinen Region oft vorwiegend schwarz gefärbt und tragen nur wenige und kleine, mattgelbe Flecken. Sie nähern sich also in der Färbung dem einfarbig-schwarzen Salamander des Hochgebirgs, der indessen an Länge mehrere Zentimeter hinter unserem !) v. Schweizerbarth „Eine rote Farbenvarietät von Salamandra maculosa Laur.“ Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. 1906, S. 119. Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1906 und „Der rotfleckige Feuersalamander (Salamandra muculosa Laur. var. coceinea)*. Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde. 20. Jahrg., S. 382. Stuttgart (Fritz Lehmann) 1909 (mit farbigen Abbildungen). ?) Aus Wolterstorff „Über einen Albino von Salamandra maculosa Laur. (Feuersalamander)“. Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde. 20. Jahrg. S. 380. Stuttgart (Fritz Lehmann) 1909. nn — 119 — Feuersalamander zurückbleibt. Wohl führt der Alpensalamander im allgemeinen ein ähnliches Leben wie unser Feuersalamander, versteckt unter hohlliegenden Steinen und dergl. auf Viehtriften, Matten und auch im Walde; doch lebt er geselliger als der Feuersalamander, so daß in der Regel mehrere Exemplare in demselben Schlupfwinkel gefunden werden. Den ganzen Sommer hindurch bis in den Herbst hinein bietet sich den Salamandern und Molchen Gelegenheit zu reich- licher Ernährung. Mit dem herannahenden Winter aber wird die Zahl ihrer Beutetiere immer kärglicher; doch nimmt mit dem Sinken der Außentemperatur zugleich auch das Nahrungs- bedürfnis unserer Lurche ab. Und wenn die ersten Nachtfröste die Reste des sommerlichen Insektenlebens erstarren lassen, wenn fallender Schnee die Erde deckt, dann ziehen sich auch Salamander und Molche in tiefer gelegene Schlupfwinkel zurück, die ihnen Schutz vor der winterlichen Kälte gewähren. Jetzt finden sich auch die ungeselligen Feuersalamander scharenweise zusammen, und zu Dutzenden und Hunderten können wir sie im Spätherbst an geeigneten Orten antrefien, die ihnen als Winterquartiere dienen sollen. So ist es Forstassessor Maisch!) zu Wilhelmsdorf im Württembergischen Schwarzwald zwei Jahre hintereinander gelungen, die Feuersalamander bei dem Beziehen ihrer Winter- quartiere zu beobachten. Eine Wegböschung im Walde mit überhängenden Wurzeln und Felsenritzen war ihr Ziel. In milden Nächten, die auf die erste, kurze Frostperiode im November folgten, wanderten die Salamander ihrem erwählten Versteck entgegen und zwar in solchen Mengen, daß das lauschende Ohr des Beobachters ihre Schritte im abgefallenen, dürren Laube der alten Eichenbestände rascheln hörte. Mit jeder Nacht zogen neue und größere Scharen heran und ballten sich zeitweise in dichtem Durch- und Übereinander vor den engen Eingängen der Erdlöcher und Felsenritzen zu wirren Knäueln zusammen. Wochenlang wiederholte sich derselbe Vor- gang, bis auch die letzten Nachzügler ein sicheres Unterkommen in dem frostfreien Erdreich gefunden hatten. Maisch hat die Zahl der Feuersalamander, die er Mitte November tagelang ı) Floericke „Kriechtiere und Lurche Deutschlands“. S. 18—20. Stuttgart (Kosmos) ohne Jahreszahl. Fig. 7. Feuersalamander bei dem Beziehen des Winterquartiers. Originalaufnahme von Forstassessor Maisch, 19. XI. 07. — 1211 — hintereinander vor ihren Winterquartieren sich zusammenfinden sah, auf etwa 200 Individuen täglich geschätzt. Nur vereinzelte Molche verbleiben, wie erwähnt, auch während des ganzen Winters im Wasser und zwar außer den geschlechtsreifen neotenischen Larven auch vollentwickelte Tiere. Gelegentlich werden aber auch junge Molchlarven beobachtet, deren Verwandlung zur Landform bei später Eiablage sich in- folge ungünstiger Witterungsverhältnisse, von Mangel an Licht und Wärme und von unzureichender Nahrung verzögert hat, und die deshalb zur Überwinterung im Wasser gezwungen sind. Freilich ist dies nur möglich in tieferen Wasserbecken, deren Bodentemperatur während des ganzen Winters annähernd die gleiche (4—5° C) bleibt, und in denen durch einen ständigen oder nur vorübergehend unterbrochenen Wasserzufluß auch unter der schneebedeckten, dicken Eiskruste eine genügende Sauer- stoffzufuhr ermöglicht wird. In solchen Teichen ist eine aus- reichende Winterfauna vorhanden, die offenbar unseren Molch- larven zur Fristung ihres Daseins und zu einer langsamen Weiterentwickelung in der dunklen Tiefe genügt. In milden Wintern sind an besonders warmen Tagen gelegentlich auch Feuersalamander außerhalb ihrer Verstecke beobachtet worden. Doch ist dies selten. In der Regel ver- harren unsere Molche und Salamander in einer langen Winter- ruhe, in der ihre gesamte Lebenstätigkeit auf ein Minimum herabgesetzt ist, und in dieser Starre, die ihnen die Nahrungs- aufnahme erspart, schlafen sie dem kommenden Frühling ent- gegen, bis der wärmende Strahl der höher steigenden Sonne sie zu neuem Liebesleben erweckt. In der systematischen Schausammlung des Museums sind die Schwanzlurche im ersten Obergeschoß des Nord- flügels in dem zweitletzten Doppelschrank aufgestellt und zwar von deutschen Arten nur Molge cristata (Laur.), Kammolch, vom Grafenbruch bei Offenbach, und Salamandra atra Laur., Alpen- oder Mohrensalamander, von Oberstdorf im Algäu, (Weibchen mit Embryonen, aus dem mütterlichen Eileiter aus- seschnittener, kiementragender Embryo, junge und erwachsene Exemplare). Von S. maculosa Laur., Feuersalamander, sind e, — 12 — zwei südeuropäische Varietäten ausgestellt: var. corsica Savi aus dem Prunellital bei Bastelica (Korsika) und var. molleri de Bedr. aus der Serra de Gerez (Portugal), sowie die nahe- verwandte, langschwänzige Art aus dem Kaukasus, S. caucasia (Waga), vom Lomis-Mta. bei BorZom, die im männlichen Ge- schlecht durch ein eigentümliches sexuelles Reizorgan, den „Schwanzwurzelhöcker“ gekennzeichnet ist !).“ Von ausländischen Arten sind in der systematischen Schausammlung ferner vertreten: Spelerpes fuscus Bp., Höhlen- molch, aus Sardinien; Salamandrina perspicillata (Savi), Brillen- salamander, aus Italien; Molge marmorata (Latr.), marmorierter Molch, aus Spanien; M. (Euproctus) montana (Savi), korsischer Bergmolch, aus Korsika; M. (Pleurodeles) waltli Michah., Rippen- molch, aus Tanger (Marokko); M. viridescens (Rafın.), Tüpfel- molch, aus Nordamerika; M. pyrrhogastra Boie, Feuerbauch- molch, aus Japan; sowie Necturus maculatus Rafin., Furchen- molch, aus Nordamerika. In der vergleichend-anatomischen und ent- wickelungsgeschichtlichen Schausammlung im zweiten Obergeschoß des Nordflügels sind aufgestellt: Salamandra maculosa Laur., Feuersalamander, Weibchen mit reifen Eiern und Embryonen, sowie eine Reihe von Larven in verschiedenen Stadien der Entwickelung, z. T. mit verstümmelten Extremitäten infolge von Verletzungen durch Flußkrebse, aus den Bächen bei Niedernhausen im Taunus, und S. atra Laur., Alpen- oder Mohrensalamander, aus dem mütterlichen Eileiter ausgeschnittene Embryonen mit äußeren Kiemen, junge und erwachsene Exemplare. !) Knoblauch „Der Kaukasische Feuersalamander, Salamandra caucasia (Waga)“. Mit einer farbigen Tafel und 4 Textfiguren. Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. 1905, S. 89. Frankfurt a.M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1905. — 13 — Eine geologische Forschungsreise in die Sierra Morena. Von Fritz Drevermann. Man liest so vieles von den glänzenden Bildern der Allılambra mit ihren sagenumwobenen Trümmern maurischer Pracht, von dem lachenden Leben in Sevilla, von den Zigeunern, die in Granada in Erdlöchern hausen und ibre wilden Tänze den Fremden vorführen, von Stiergefechten mit ihrem Schimmer und ihrem Jubel unter dem südlichen blauen Himmel. Immer wieder taucht die Erinnerung an solche Schilderungen Spaniens in uns auf und weckt unsere Sehnsucht nach dem wunderbaren Lande. Wenn man aber hört, daß all diese Herrlichkeiten durch Tagereisen mit der Bahn voneinander getrennt sind, und daß die Reise selbst durch ödes, unbewässertes Land, durch Wüsten ohne Baum und Strauch, ohne Leben, ohne Vogelsang führt, daß in kahlen, wilden Gebirgen noch die Wölfe hausen, da treten die Kontraste zwischen den landläufigen Schilderungen des Landes und der Wirklichkeit recht scharf hervor. Und erzählt schließlich der Reisende, der die Heerstraße der Cookschen Touristen verläßt und einsame Wege wandert, von Gegenden, in denen man tagelang kein Haus, nur die elenden Hütten der Hirten sieht, wo man nur diesen Hirten und ihren Ziegen be- gegnet, so will dies schlecht zu dem fröhlichen Bilde passen, das man sich von Spanien gemacht hat. Aber gerade die Schilderung einer solchen Reise gibt eine rechte Vorstellung von dem Lande, das einst die Herrscherin einer Welt gewesen ist und heute jammervoll darniederliegt, und von seiner gast- — 1214 — freien Bevölkerung, die in den großen Städten — wahrhaften -Oasen in der Einöde — durch die immer wachsende Fremden- industrie den gleichförmigen Charakter aller Großstadtbewohner angenommen hat. Wir hatten als Ausgangspunkt für unsere Forschungen Almaden gewählt, die alte, berühmte Quecksilberstadt, deren reiche Zinnoberbergwerke auch heute noch den größten Teil des flüssigen Metalls liefern. Gerade die Umgegend von Almaden sollte nach der Literatur eine Fülle von Versteinerungen bergen und zwar besonders solche, die mein Interesse seit meinen ersten Studien im rheinischen Gebirge gefesselt hielten. Fran- zösische Forscher hatten in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts dort gesammelt und ihre Ausbeute, sowie die von dem ehemaligen Almadener Bergwerksdirektor Prado ge- sammelten Fossilien beschrieben. Außer einer Menge von Krebsen aus dem Altertum der Erdgeschichte, den Trilobiten, waren es ganz besonders Versteinerungen, die denen unseres rheinischen Devons ungemein nahe verwandt schienen. Wenn solch eine Ähnlichkeit bei einer einzelnen Form auftritt, kann sie zufällig sein und oft den Forscher täuschen; wenn aber die ganze Tier- welt, die in den Schichten der Sierra Morena begraben liegt, mit derjenigen unseres rheinischen Devons übereinstimmt, — und so schien es in der Tat — so konnten sich aus ihrer gründlichen Erforschung wichtige Folgerungen über Verbreitung, Gestaltung und Tiefenverhältnisse der Meere zur damaligen Zeit ergeben. Außerdem waren einige verdächtige Versteinerungen beschrieben worden, die neues verhießen, und nicht zuletzt lag ein großer Reiz auch in dem Umstand, daß bisher nur das Pariser Museum sich rühmen konnte, aus jener Gegend Petre- fakten zu besitzen. Dies war die wissenschaftliche Begründung der Reise, und da unser korrespondierendes Mitglied Herr A. von Gwinner in Berlin die Mittel zu ihrer Ausführung in freigebigster Weise zur Verfügung gestellt hatte und mir außer- dem durch seine Vermittlung die Unterstützung der spanischen Behörden in Aussicht stand, mußte nur noch eins hinzukommen: das rechte Sammelglück. Bei unserer Ankunft in Almaden konnten wir wenig Spa- nisch. Unsere Kenntnisse beruhten im wesentlichen auf zwei kleinen Taschenlexikons; aber sie reichten hin, um bis zum — 125 — „Hotel“ durchzudringen, und nach einigem energischen Auf- treten erhielten wir sogar ein Zimmer mit Fenstern. Was dies in der dortigen Gegend heißen will, weiß jeder, der einmal dort gewesen ist. Kein Schlafzimmer hat Fenster; der Inhaber läßt abends seine Tür offen und vermeidet auf diese Weise das Eindringen der Moskitos, die sich sonst mit Gier auf ihre Opfer stürzen. Wir wollten aber Luft haben; also hieß es, die Mos- kitos mit in Kauf nehmen. Manches Dutzend dieser blut- saugenden Insekten hat sein Leben gelassen ; aber neue Kämpfer füllten die Reihen, und bald mußten wir den ungleichen Kampf aufgeben. Unser Bankier verstand unser Spanisch zwar offenbar nicht übermäßig gut; aber er kannte einen Trilobiten, und dies genügte, um eine Verständigung mit ihm zu ermöglichen. Ich empfehle jedem Forschungsreisenden, eine Versteinerung, wie er sie besonders sammeln will, bei sich zu tragen; dieses Mittel half immer sehr gut. Es gab einen Mann in Almaden, der Versteinerungen sammelte und die Fundorte kannte; er war im Hauptfach Agent für Singer-Nähmaschinen und verkaufte nebenbei Klöppelspitzen, Grammophone, Obst, reparierte alle feineren Maschinen — kurz er machte alles — und er war wegen seiner vielen Talente auch noch auf der staatlichen Grube angestellt. Dies war Don Quintin Fernandez, und diesen Mann empfehle ich jedem, der Almaden besucht, um dort zu sammeln. Er war schnell gewonnen, uns zu begleiten, und mit einem Empfehlungsbrief des Ministerpräsidenten Moret konnten wir ihm sogar drei Wochen Urlaub erwirken. Schon am ersten Nachmittag nach unserer Ankunft saßen wir auf dem Feld und klopften Steine, mit mäßigem Erfolg, aber doch die ersten, guten Petrefakten. Und nun gingen drei Wochen hin, reich an Funden, voll Jubel über neue, schöne Versteinerungen; wäre aber auch die Ausbeute nicht so glän- zend gewesen, wir hätten es nicht länger als einige Tage dort ausgehalten! Am nächsten Tag war unser trefflicher Führer schon um vier Uhr morgens auf dem Markt. Er kaufte Me- lonen, Zwiebeln, Knoblauch, Weintrauben und was sonst noch zum Lebensunterhalt während einer mehrtägigen Exkursion gehört. Seine prächtige Frau kochte und briet Fleisch und Kartoffeln, füllte den großen Schlauch aus Ziegenfell mit feurigem Rotwein, und alle Vorbereitungen zur Reise waren getroffen. ER — 126 — Drei Esel und ein Maultier warteten vor der Türe, und ein Damensattel für meine Frau war schnell aus einem Kopfkissen und aus vier Stöcken hergestellt, deren zwei kreuzweise zu- sammengebunden wurden (allerdings mußte ein Eselstreiber be- ständig dieses Kunstwerk festhalten). Dann luden wir die Eßwaren, die Hämmer und das Einwickelpapier auf, und unter dem Jubel der halben Stadt ging die Kavalkade los. Drei bis vier Stunden im Sattel ist auf einem Pferd und auf guter Straße keine Anstrengung; auf unseren Reittieren indessen war der Ritt nicht sonderlich erfreulich. Zudem weit und breit kein Baum, kein Strauch, abgesehen von vereinzelten Eneinen (immergrünen Eichen mit langen, süßschmeckenden Eicheln), 30—35° Wärme, und dabei gings querfeldein über Steingeröll (unsere Begleiter sprachen fortwährend von einem Weg; aber wir vermochten erst in den allerletzten Tagen unseres Aufent- haltes in Spanien einen Weg oder einen Acker von einem Ab- hang voll abgerollter Steine zu unterscheiden). In der Ferne sahen wir unser Ziel, einen blauen Höhenzug mit ragenden Felsen, daran angeklebt ein einziges kleines, weißes Haus. Als wir es erreicht hatten, fanden wir einen alten Hirten, der sofort für uns und unser Mittagsmahl Platz machte. Schnell einige Weintrauben, eine Melone, und dann gings auf den Höhenzug los, glücklicherweise zu Fuß; denn wir waren wie sgerädert. Unsere Reittiere weideten in der Nähe mit zusammengebundenen Vorderbeinen die kümmerlichen Grashalme ab. Das Blockmeer, das uns schon von weitem entgegenge- leuchtet hatte, war den „Rosseln“ täuschend ähnlich, wie sie am Rhein und im Taunus als wirre Schotterhalden von den Quarzithöhen herabrollen. Und die erste Versteinerung, die wir auflasen, war eine wohlbekannte Muschel des Taunusquarzits. Jeder Schlag mit dem Hammer lieferte neues Material, und immer wieder waren es die rheinischen Formen. Bald saß meine Frau da und wickelte ein; unsere Begleiter und ich sammelten und trugen immer von neuem zu, bis der Abend hereinbrach. Dann gings weiter, — ein Esel hatte in seinen Seitenkörben vollauf genug zu tragen von den Steinen — und unser Nachtquartier war bald erreicht. Ein einsames Haus, indessen geradezu luxuriös ausgestattet (es gab sogar Betten darin und ein Zimmer mit Tisch und Stühlen), das uns der — 127 — freundliche Bankier in Almaden zur freien Verfügung gestellt hatte, umgeben von einer rohen Steinmauer, in die abends das Vieh zum Schutz gegen Wölfe getrieben wurde, bewacht von mehreren riesigen Hunden und bewohnt von einfachen, freund- lichen Leuten. Solche Abende bleiben unvergeßlich: ein Abendessen aus einem großen gemeinsamen Topf, der vom Feuer schwarz gefärbt aufgetragen wurde, — es gab „carne con patatas“, Fleisch mit Kartoffeln — und aus dem wir mit unseren Messern herausfischten, was darin schwamm; dann Aus- teilung von reichlich mitgenommenen Zigarren und ein stilles Abendstündchen unter dem sternklaren Himmel in lautloser Ruhe; zuletzt ein fröhlicher spanischer Sang zur Guitarre, zu dem die Kinder des Verwalters tanzten; dabei die lauwarme Nacht, die Freude über die glücklichen Funde, die vorauseilenden Pläne für den nächsten Tag und endlich eine Ruhe ohne Moskitos! Nach einigem Suchen gabs am nächsten Morgen sogar ein Waschbecken en miniature mit Wasser, ein seltener Luxus. Ein Handtuch war nicht aufzufinden, wurde aber durch eine Schürze ersetzt, die uns fünf Tage lang treue Dienste geleistet hat. Dann tranken wir Kaffee im Freien und zogen zu neuen Funden aus. Heute sollte es Trilobiten aus den ältesten Silur- schichten geben, wie ich sie vor Jahren in Böhmen und in der Montagne noire gesammelt hatte. Im Dorf, durch das wir zogen, wurden der aus Frankfurt mitgenommene Trilobit herumgezeigt und Kupfermünzen versprochen für alle, die sich am Sammeln beteiligen wollten. Nach dreistündigem Ritt waren wir an Ort und Stelle: 5 Peseten für den ersten Trilobiten! — kaum hatte ichs gesagt, da rief ein Hirt „Don Federico, un trilobita!“ Wahrhaftig, und noch dazu das Prachtstück einer Art, von der wir nur zwei Exemplare gefunden haben. Und nun hagelte es förmlich Trilobiten. In langer Linie verteilten wir uns am Ab- hang und suchten die festen, schwarzen, kieseligen Knollen auf, die aus dem weichen Bröckelschiefer herausgewittert waren. Ein Schlag mit dem Hammer genügte fast immer, um sie zu spalten, und oft waren gute Dinge darin. Überall wurden Depots angelegt, um Zeit zu sparen; hoch am Busch flatterte die Frankfurter Zeitung als Zeichen der Kostbarkeiten, die dort lagerten, und langsam zog meine Frau von Niederlage zu = — 1238 — Niederlage, um einzupacken. Glühend heiß wurden die Steine; immer wieder rief unser Koch, der Eselstreiber, bis wir schließlich kamen: glücklich, müde und hungrig. Leider waren unterdessen die Ameisen über unser Fleisch hergefallen, und ein Esel hatte unsere schönste Melone gefressen; aber das andere reichte doch aus, um den Hunger zu stillen. Zwei gefährlich aussehende Hirten, bewaffnet mit alten Vorderladern und Messern, begleitet von mächtigen Hunden mit Stachelhalsband, leisteten uns mit einer Riesenherde von braunen Ziegen Gesellschaft, und gegen ein paar Zigarren gabs einige Becher schäumender Ziegenmilch zum Kaffee. (Über diesen Kaffee können meine Frau und ich uns nicht einigen; sie behauptet bis heute, es seien Eicheln gewesen, während ich Eichelkaffee besser finde.) Nachher wurde in der ärgsten Mittagshitze Siesta gehalten. Der einzige Baum meilenweit gab uns seinen Schatten; auf seine Zweige hatten wir unsere Röcke gelegt, um ilın dichter zu gestalten, und so hörten wir nichts als das Trappeln der Ziegen und das Schnarchen unseres Führers. Der Nachmittag brachte wieder Trilobiten und andere Versteinerungen in Menge und außerdem ein Novum für uns: ein Hirt schoß ein Kaninchen und verkaufte es uns. An diesem Tag begrüßten wir das Tierchen als Abwechselung in unserem Küchenzettel noch mit Freude; heute denken wir mit Grauen an das „conejo con patatas“ zurück. Kaninchen gab es von jetzt ab jeden Abend, und da wir unvorsichtiger Weise erklärt hatten, es schmecke hervorragend, um unseren prächtigen Wirten Freude zu machen, gabs auch in Almaden nach unserer Rückkehr bei zwei Einladungen „conejo“. Das Rezept bietet wohl Interesse genug, um hier niedergeschrieben zu werden: Man zieht dem conejo das Fell notdürftig ab, zerhackt es in große Stücke und wirft es in einen Topf voll siedenden Öls. (Da wir in Spanien sind, muß das Öl ranzig sein; sonst behagt es dem verwöhnten Gaumen des Spaniers nicht.) In das gleiche Gefäß kommen zerschnittene Kartoffeln, zwei handvoll spanischen Pfeffers, je eine handvoll Knoblauch, Zwiebeln und zuletzt Safran, damit das Gericht schön gelb werde. So kommt es auf den Tisch, und nun suchen sechs, sieben oder mehr Messer in der Schüssel herum, um ein zusagendes Stück zu erwischen. Daß auch hierbei die sprichwörtliche Ritterlichkeit des Spaniers den Gästen die besten Stücke läßt, ist selbstverständlich; ja — 19 — unser Eselstreiber, derselbe, der den „Damensattel“ meiner Frau zu halten hatte, ging in seiner Galanterie so weit, daß er be- sonders hervorragende Stücke nach längerem Suchen auf der Spitze seines fußlangen Dolches meiner Frau direkt in den Mund schob. So lebten wir das erste Mal fünf Tage im gleichen Haus, jeden Abend müde, aber in froher Stimmung zurück- kehrend, jeden Morgen frisch hinausziehend in die Berge, in jeder Weise unterstützt von prächtigen Menschen. Der leiseste Wunsch wurde uns erfüllt, fast ehe er ausgesprochen war; wohl hundertmal am Tag fragte der Eselstreiber, der den schönen Namen Don Juan Rosas führte, ob wir irgend etwas ent- behrten. Als meine Frau unvorsichtigerweise eines Abends sagte, sie hätte wohl gerne einen Brief aus der Heimat, da ruhte er nicht, bis ich ihm den Wunsch übersetzt hatte. Wenige Minuten später war er verschwunden, und am anderen Morgen über- reichte er uns, strahlend vor Glück, ein Paket, die Post aus Almaden. Wohl fünf Stunden Weg hin und ebensoviel zurück hatte er, ohne viel Worte zu verlieren, zurückgelegt, den Post- verwalter mitten in der Nacht herausgeholt und war ausgelassen vor Freude, als meine Frau ihn lobte. Und all der Jugend des Dorfes, durch das wir zogen, muß ich gedenken: wie wurden wir jeden Abend belagert, wie eifersüchtig waren die schmierigen kleinen Kerle auf ihre Sammelerfolge, und wie strahlten sie, wenn es reichlich Kupfermünzen gab. Als wir zurückkehrten in unser Hotel in Almaden, eine staubige, müde Truppe, alle Tiere schwer bepackt mit Ver- steinerungen, da glaubten wir einige Tage Ruhe zu finden. Aber der sofort beginnende Kampf mit den Moskitos und der entsetzliche Schmutz ließen uns nicht ruhen. Schon am nächsten Morgen zogen wir wieder hinaus, ausgerüstet wie das erste Mal, jedoch nach einer anderen Richtung. Noch einsamer gelegen, ganz isoliert im Gebirge, auf recht gefährlichem Saumpfad nur mühsam zu erreichen, aber umgeben von zahlreichen, guten Fundorten, die der treffliche Quintin kannte, und wieder bewohnt von schlichten, einfachen Leuten, die uns alles gaben, was sie besaßen. Diesmal hieß es allerdings auf der blanken Erde schlafen, — nur einmal fand meine Frau eine Lagerstatt — und wiederholt hörten wir nachts auch in weiter Ferne die Wölfe heulen. Aber dafür waren auch die Erfolge gut, und 9 — 10 — da wir reichlich Melonen mitgenommen hatten, brauchten wir nicht ausschließlich von dem gräßlichen „conejo“ zu leben. Am meisten vermißt haben wir den Wald und das Wasser in jeg- licher Form: zum Kochen, Trinken und Waschen. Oft gab es meilenweit keine Quelle, und mehrfach haben wir Wasser aus srünen Pfützen, die verdächtig genug aussahen, trinken müssen, Auch diesmal war der Rückzug nach Almaden eine lange und schwierige Reise. Die Esel legten sich mit Vorliebe, wenn wir sie gerade gut bepackt hatten, einfach um, warfen die Steine wieder ab und mußten nun von neuem beladen und unter beständigem Prügeln nach Hause gebracht werden. Aber es gelang schließlich doch, und in der folgenden Nacht hat uns kein Moskito erwecken können, und längst stand die Sonne hoch am Himmel, als wir anderen Morgens aufwachten. Ich übergehe die Schilderung eines Stiergefechtes in dem elenden Nest — es bot nichts anderes als derartige Veran- staltungen, die zwar ärmlich waren, aber umso begeisterter bejubelt wurden, weil sie nur selten stattfanden — und er- wähne nur kurz zwei Einladungen, die wir annehmen mußten, und die zu denjenigen Erinnerungen gehören, von denen man nur selten und erst nach Jahren ohne schmerzliches Unbehagen in der Magengegend spricht. Aber der eine Gastireund war unser trefflicher Quintin und der andere war der Drogist des Ortes, Don Felipe Alcazär, ein einflußreicher Mann, auf den wir zugleich als den Besitzer der einzigen — Badewanne in Almaden Rücksicht zu nehmen hatten. Er hat uns viele Ge- fälligkeiten erwiesen, ist oft mit uns hinausgezogen und hat „conejo con patatas* gekocht, hat uns sogar eine Konserven- büchse mit Lachs mitgebracht, die uns nachher noch mehrere Tage als Trinkgefäß gedient hat (man gewöhnt sich an alles; wir haben zuletzt den „Kaffee“ mit leisem Geschmack nach Lachs und — Odol gerade so gern getrunken, wie E. Fraas in Ägypten seinen Tee mit Petroleumgeschmack). Solchen Leuten hieß es schon ein Opfer bringen, und so mußten wir ein Diner von fünf Gängen mitmachen. Eine Fundstelle in der Nähe von Alamaden zeichnete sich dadurch aus, daß sie auf einer richtigen, guten Straße mit Wagen und Maultieren zu erreichen war. Da gleichzeitig gerade hier die besten Funde von ganz neuen und unbekannten Petrefakten zu R — 131 — erwarten waren, so benützten wir jedesmal diejenigen Tage zu einer solchen Reise, die uns zwischen den anstrengenden, mehr- tägigen Gebirgstouren übrig blieben. Ein großer, poröser Ton- krug enthielt gutes Wasser; der Wagen konnte all das gesammelte bergen; der Kutscher konnte kochen — kurz es war ein Luxus- fundort. Ein Berg mit flachen Abhängen, dicht mit klebrigem Gebüsche bewachsen, überschottert von oben bis unten von aus- gelaugten Kalksandsteinblöcken, an der Seite angeschnitten von einem fast wasserlosen Flußtal, so sah etwa dieser Fundort aus. Fast alle Blöcke enthielten Versteinerungen, manche in Hülle und Fülle; der Fluß hatte die Schichten freigelegt, und an seinen Ufern sahen wir Schieferschichten wechseln mit petre- faktenreichen Sandsteinbänken, die nun alle untersucht wurden. Und bei jedem Besuch gabs neues zu finden; immer häufiger wurden die Versteinerungen der oberdevonischen Zeit, die in einem flachen Meer mit sandigem Boden gelebt haben mussten, wie es gleichzeitig nur aus Belgien und Nordamerika bekannt ist. Wie deutlich führt ein solcher Fund vor Augen, daß all die Meereskarten längst vergangener Zeiten nur Stückwerk sind, daß jede Forschungsreise sie umwerfen kann. Wie groß ist aber auch die Freude des Sammlers, dem es vergönnt ist, solch einen frohen Fund zu machen, von dem er schon im fernen Land ohne Bücher und Abbildungen voraussieht, daß er neu sein, daß er die Wissenschaft ein gutes Stück vorwärts bringen wird. Der letzte Sonntag in Almaden war Packtag. Der Schreiner hatte uns sieben Kisten gebaut, und in diese wurden die Funde verstaut, sorgfältig getrennt nach Fundorten und Schichten, immer mit dem frohen Gedanken an das Auspacken in Frankfurt. Der Erholung sollten die letzten Tage dienen: Cordoba, Granada, Sevilla und auf dem Heimweg Paris haben uns allmählich wieder mit den Freuden der Zivilisation bekannt gemacht. Doch diese letzten Tage waren eigentlich keine geologische Reise mehr. Nur noch ein kurzer Abstecher brachte uns gerade mit dem Einsetzen der Regenzeit eine reiche Beute. Von Cordoba aus gings ins Innere des Landes, und das kleine Städtchen Cabra beherbergte uns eine Nacht. In einem alten maurischen Hause, mit leise rieselndem Brunnen im Hofe und mit leidlich sauberer Küche, konnte man sich nach Almad&en schon wohl fühlen. Ob- 9%* de VB —- 12 — wohl es am nächsten Tage in Strömen regnete, beschlossen wir, in die Berge zu fahren und an einem Fundort zu sammeln, der nach der Literatur Ammoniten und andere Versteinerungen der jüngsten Juraepoche bergen sollte. Zu unserer Freude weideten dort einige Ziegen, und die Hirten, kleine fixe Buben und Mädels, halfen uns fleißig sammeln. Wir hätten lange nicht so reichen Erfolg gehabt, wenn diese Hilfe nicht gewesen wäre. So konnten wir die ärgsten Regenschauer in einer kleinen Hütte abwarten, und immer wieder brachten die kleinen Gehilfen uns Hände voll Petrefakten, die sie mit ihren Spitzbubenaugen trotz der Nässe der Steine schnell gefunden hatten. So oft die Sonne wieder durchblitzte, sammelten wir gemeinsam, und als wir nach wenigen Stunden abzogen, hatten wir etwa 250 gute Ammonshörner der verschiedensten Arten und etwa 100 andere Versteinerungen gesammelt. Damit schloß die Geologie ab; unser braver Quintin, der uns bis hierher begleitet hatte, fuhr in seine Heimat zurück, und wir reisten nach Granada, um über Sevilla, Madrid, Bordeaux und Paris die Heimfahrt anzutreten. Langsam gewöhnte sich unser Magen wieder an die Tatsache, daß es Butter gibt, daß sogar ein Mittagessen ohne conejo möglich ist, und langsam traten in der Erinnerung die erlebten Unbequemlichkeiten und kleinen Leiden vor der Freude über das Neue und Schöne zurück, das uns die Reise nach Spanien gebracht hatte. — 13 — Die Diamanten Deutsch-Südwestafrikas. Mit 2 Abbildungen von Paul Prior. Von allen Mineralien erfreut sich der Diamant der all- gemeinsten Wertschätzung. Durch seine auffallende Erscheinung nötigt er auch dem mineralogisch gänzlich Unbewanderten be- sondere Beachtung ab, und selbst dem, der gar keinen Sinn für die seltenen Eigenschaften des prächtigen Steines hat, wird er durch seinen hohen Handelswert imponieren. Lebhaft interes- siert die materielle Wertschätzung dieses Steines bei dem Vor- kommen, von dem hier die Rede sein soll, da eine unserer Kolonien, deren Sandreichtum berüchtigt war, durch eben dieses Vorkommen zum Märchenland geworden ist, in dem man den kostbaren Stein nur aus dem Sande aufzulesen braucht. Wodurch ist nun eigentlich die Sonderstellung des Dia- manten berechtigt? Die Eigenschaft, die ihn vor allen anderen Steinen auszeichnet, ist seine Härte. Durch sie ist er den anderen Mineralien so überlegen, daß er trotz seines hohen Preises in der Bohrtechnik Verwendung findet. Der Karbonat, eine schwarze, zu Schmuck gänzlich untaugliche Varietät des Diamanten, erzielt sogar die höchsten Preise, da er den farb- losen Schmuckstein an Härte noch etwas übertrifft. Neben der Härte ist das Lichtbrechungsvermögen des Diamanten seine auffälligste Eigenschaft, die man durch kunstvollen Schliff zu besonderer Wirkung zu bringen gelernt hat. Für den Mine- ralogen nimmt der Diamant außerdem noch durch seine Sub- stanz an sich eine Sonderstellung ein. Er ist kristallisierter S, _ 134 — Kohlenstoff; kein anderer Edelstein ist von so einfacher Zusammensetzung. Alle anderen Elemente, die als solche mine- ralisch vorkommen, können leicht als Kristalle dargestellt werden, in derselben Form, die wir auch in der Natur finden. Anders der Kohlenstoff, der so außerordentlich weit verbreitet ist, der als kohlensaure Salze viele Mineralien bildet und auch keinem einzigen organischen Gebilde mangelt. Ihn in Kristallform zu erhalten, ist bis jetzt nur in mikroskopisch kleinen Stückchen gelungen. Auch sein Vorkommen in der Natur als Diamant hat der Erklärung seines Ursprungs lange Zeit die größten Schwierigkeiten bereitet. Alle älteren Vorkommen des viel- begehrten Steines sind sogenannte Seifen, d. h. sekundäre Ab- lagerungen. Auch die ersten Diamantfunde in Südafrika im Jahre 1867 und die 1869 entdeckten Lagerstätten in dem Tal des Vaalflußes waren solche Seifen, sogenannte River-Diggings. Erst 1870 entdeckte man bei Kimberley und Jagersfontein pri- märe Lagerstätten, die Dry-Diggings, und nannte sie, nachdem ihr vulkanischer Ursprung erkannt worden war, Pipes (Röhren). Diese Lagerstätten sind von sehr verschiedener Mächtigkeit; sie bedingen auch eine veränderte Gewinnungsmethode, da sie sich mehr nach der Tiefe ausdehnen, während die sekundären Lager sich flach an der Oberfläche ausbreiten. In den Pipes sind die Diamanten in Blaugrund oder in Gelbgrund gebettet. Daher hat man auch in Südwestafrika, wo man schon lange gehofft hatte, ähnliche Diamantvorkommen zu entdecken, wie sie in den benachbarten Ländern abgebaut werden, vor allen Dingen nach Blaugrund gesucht. Bei Gibeon am großen Fisch- fluß, bei Berseba und neuerdings auch bei Windhuk, im ganzen an etwa 15 Stellen, hat man in der Tat auch Blaugrund gefunden; leider konnten in diesen Vorkommen aber noch keine Diamanten nachgewiesen werden. Auch in Südafrika enthalten nicht alle Pipes den Edelstein, und in den Pipes selbst sind die Dia- manten sehr ungleich verteilt. Die als reich geltenden de Beers- und Kimberley-Gruben enthalten etwa 55 Karat, andere, noch immer abbauwürdige Gruben nur etwa 14 Karat pro Tonne. Gegenüber den reichen Schätzen, welche die südafrika- nischen Diamantvorkommen bergen, ist die Bedeutung der an- deren Fundorte in den Hintergrund gedrängt worden. Ganz besonders günstig für das südafrikanische Vorkommen ist auch — 15 — der Umstand, daß die Pipes mehr große Steine enthalten als die Seifen. Die größten bis jetzt aufgefundenen Diamanten gehören ebenfalls diesem Vorkommen an, so der schwerste, der berühmte Cullinan (so benannt nach dem damaligen chairman der Premier Company). Er wurde am 25. Januar 1905 im „Yellow ground“ 18 Fuß unter der Oberfläche der Premier Mine gefunden. Als Geschenk der Kolonie Transvaal in den Besitz des Königs von England gelangt, wurde der Cullinan in Amsterdam geschliffen und aus ihm mehrere Steine von großer Sehönheit hergestellt, von denen zwei mit 516'/s und 309°®/ıs Karat die größten existierenden geschliffenen Diamanten sind. Der rohe Stein wog 3024°/ı Karat oder °/Jı Pfund. Der zweitgrößte Stein, der Excelsior, mit einem Rohgewicht von 971'/» Karat ist in Jagersfontein ebenfalls in einer Pipe gefunden worden. Wie in Transvaal die Entdeckung der ersten Fundorte Zufälligkeiten zu verdanken ist, so war es auch in unserer Kolonie. Im Mai 1907 brachte ein „Cape-boy“, der wohl schon früher Rohdiamanten gesehen hatte, den ersten Diamanten seinem Herren, dem Bahnmeister Stauch. Hierdurch aufmerksam geworden, entdeckte man bald, daß diese Steine dort gar nicht so selten sind, und es will uns heute fast unbegreiflich er- scheinen, daß die kleinen glitzernden Dinger nicht schon früher ent- deckt worden sind, wenn man bedenkt, daß ein Bahnbau mit den erforderlichen Erdarbeiten durch diese Gegend geführt worden ist. Selbstverständlich bemächtigte sich sehr bald der Bewohner von Lüderitzbucht das Diamantfieber, und so wurden in kurzer Zeit die kostbaren Steine durch emsige Nachforschungen an vielen Punkten der Kolonie gefunden. Wie dies bei derartigen Entdeckungen unvermeidlich ist, tauchte auch bald die wilde Spekulation auf. Indessen ergriff die Regierung zeitig genug die nötigen Maßnahmen, um derartige Auswüchse zu unter- drücken, so daß sich heute schon die Gewinnung und Ver- wertung der südwestafrikanischen Diamanten in ziemlich ge- ordneten Verhältnissen vollzieht und dem Lande hieraus ein beträchtlicher Nutzen erblühen wird. Die Erforschung der Lager- stätten auf wissenschaftlicher Grundlage hat ebenfalls eingesetzt, und verschiedene Versuche sind schon gemacht worden, die Vor- gänge zu erklären, denen diese Ablagerungen ihre Entstehung verdanken, i a Die Schicht, in der Diamanten gefunden werden, ist ziemlich dünn, nur etwa 10—40 cm stark, und besteht aus einem Sande, dessen einzelne Körner hauptsächlich Bandachat, Eisenkiesel, Jaspis, ferner Granat, Olivin und Magneteisen sind. Ungefähr 70°/o des Sandes bestehen aus Feinsand; der Rest ist ein Kies von etwa 2—6 mm Korngröße. Der Gehalt dieses Sandes an Diamanten ist recht verschieden und wohl noch nicht genau anzugeben, da es nicht erwiesen ist, wieviel Steine bei dem heutigen Gewinnungsverfahren ungewonnen bleiben. Das Gewicht der einzelnen Diamanten aus der Zeit der ersten Funde schwankte zwischen !/s und !/s Karat; jetzt hat man auch wesentlich größere Steine aufgelesen. So wurde am 11. November 1909 bei Bogenfels (27° 30‘ südlicher Breite) ein Diamant von über 17 Karat gefunden. Über die Entstehung der deutsch-südwestafrikanischen Diamantlagerstätten sind verschiedene Theorien aufgestellt worden. Nach Merenskis Ansicht liegt die ursprüngliche Lagerstätte der Diamanten in einem Gebiet von Mandeldiabas, das jetzt durch das Meer unseren Augen verborgen ist. Diese primäre Lagerstätte wurde in der Kreidezeit denudiert; ihre Produkte wurden durch das Meer wegtransportiert und in ruhigerem Wasser wieder abgesetzt. Diese Kreideschichten, in denen der Diamant nur spärlich vorkommt, wurden seit der Hebung des Festlandes durch Regen und Wind zerstört, und durch den Wind wurde alsdann das Konzentrat geschafien, das die jetzigen abbauwürdigen Lager darstellt. Andere Theorien führen den Ursprung der Diamanten teils auf Kimberlitvor- kommen in der Nähe ihrer jetzigen Fundstellen zurück; teils nehmen sie an, daß die Diamanten durch Flüsse aus dem Innern oder durch den Wind vom Süden (Oranje River) hertransportiert seien. Lotz spricht die Ansicht aus: „Die Lüderitzbuchter Diamantvorkommen sind ältere, z. T. wieder durch den Wind aufbereitete und verlagerte Küstenbildungen. Die Verknüpfung der Diamanten mit den begleitenden Feinkiesen und die Achatgerölle einer jüngeren Strandterrasse lassen vielleicht Beziehungen zum Stromgebiet des Oranje, also zu den Vaal- river-Diamanten zu, denen die Lüderitzbuchter Diamanten in ihrer Beschaffenheit und ihrem Begleitgestein außerordentlich ähneln.“ — 121 — Die Ausdehnung des Gebietes von Südwestafrika, auf das die bis jetzt gefundenen Diamantlager verteilt sind, ist recht beträchtlich; die nördlichsten und südlichsten Felder liegen etwa 450 km voneinander, die östlichsten Felder ungefähr 20 km von der Küste entfernt. Das Gebiet, in dem sich augenblickliclhı die Diamantgewinnung entwickelt hat, ist in dem wasserarmen Küstenstreifen gelegen, der unserer Kolonie bei vielen den Ruf vollkommenster Unfruchtbarkeit verschafit hat. Wenn hier nun auch tatsächlich große Armut an Trinkwasser herrscht, so ist doch überall die Möglichkeit zur Beschaffung von Brackwasser gegeben, das in geringer Tiefe unter der Oberfläche angetroffen wird. Dies ist von größter Wichtigkeit für den Abbau der Diamantfelder; denn ohne Wasser wäre die Aufbereitung des Sandes mit den größten Schwierigkeiten verknüpft. Dagegen erfüllt das Brackwasser für den technischen Betrieb der Diamant- aufbereitung vollständig seinen Zweck. Der Aufbereitungs- betrieb ist, wenigstens vorläufig noch, ein sehr primitiver. Der Sand wird gesiebt, um das feine Material von dem grob- körnigen, diamanthaltigen zu trennen; das grobkörnige Material kommt sodann auf einfache Handsiebe. Durch wiederholtes stoßweises Eintauchen der Siebe in Wasser wird ein Stauchen des aufliegenden Sandes bewirkt und hierdurch eine sogenannte Setzwirkung erzeugt. Durch das Setzen werden die spezifisch schwereren Körner nach unten gebracht, d.h. es sammeln sich Diamant (spezifisches Gewicht 3,5), Granat (spez. Gew. 3,4—4,3), Olivin (spez. Gew. 3,2—3,5) und Magneteisen (spez. Gew. 4,9—5,2) unten auf dem Siebe an, während sich die übrigen Bestandteile des Sandes, die verschiedenen Quarzvarietäten (spez. Gew. 2,7) darüber lagern. Die Siebe werden alsdann auf einen Tisch umgestürzt, so daß die nach unten gesetzten Mineralien oben aufzu- liegen kommen. Der rote Granat, der schwarze Magnetit und der grüne Olivin bilden eine Schicht, die sich durch ihre lebhafte Färbung scharf abhebt und als Herz bezeichnet wird. In diesem Herz finden sich auch die Diamanten, die dann mit der Hand ausgelesen werden. Die Prozedur des Setzens und Auslesens wird mit dem Herz so oft wiederholt, bis keine Diamanten mehr in dem Material gefunden werden. Bei der Einfachheit des ganzen Verfahrens läßt es sich natürlich nicht vermeiden, daß noch einzelne Diamanten ER — 138 — in den Abgängen verbleiben und so der Gewinnung entgehen; jedoch erleichtert der außerordentliche Glanz der Steine die Auslese ungemein. Eine der beigegebenen Abbildungen (Fig. 1) zeigt einen Tisch mit dem aufgeschichteten Siebinhalt während der Auslese der Diamanten, die andere Abbildung (Fig. 2) ein Diamantfeld bei Kolmanskop; die darauf ersichtlichen Sandhaufen sind durch den Abbau entstanden. In der mineralogischen Fig.1. Auslese der Diamanten. Schausammlung unseres Museums sind südwestafrikanische Diamanten sowohl in dem Originalsande liegend, als auch im Herz des abgesiebten und gesetzten Sandes ausgestellt, wie sie sich bei der Arbeit des Auslesens zeigen. Ein unliebsamer Verlust, dessen Vermeidung bei der Diamantengewinnung stets besondere Beachtung gefunden hat, ist der durch Betrug entstehende. Die Art des Vorkommens und der Gewinnungseinrichtungen in Deutsch - Südwest be- günstigen natürlich Unterschlagungen in hohem Maße. Des- ’. 3 Br a — 139 — halb ist eine strenge Aufsicht des Diamantenhandels in Kraft getreten, die wohl manchem unbequem erscheint, aber bei den örtlichen Verhältnissen unbedingt erforderlich ist. In den südafrikanischen Diamantgruben, die man ganz anders ab- schließen kann wie die offenen Sandfelder Südwestafrikas, hat man mit großem Erfolg das „compound system“ eingeführt. Bei diesem System verpflichten sich die Arbeiter auf drei Monate TE PIE FRETTEMENLLT RT NT . j HN t. Fig. 2, Diamantfield bei Kolmanskop. dem Grubenunternehmer. Während dieser Zeit leben sie voll- ständig von dem Verkehr mit der Außenwelt abgeschnitten in den zur Grube gehörigen Gebäulichkeiten und erhalten dort Kleidung und Nahrung geliefert. Wird der Kontrakt nach Ablauf von drei Monaten nicht erneuert, so werden die Arbeiter vor ihrer Entlassung einer peinlich genauen körperlichen Unter- suchung unterworfen. Daß von jeher alle erdenkliche List auf- geboten wurde, um unrechtmäßig erworbene Steine in Sicher- heit zu bringen, ist verständlich, und interessant ist es, auf welche Schliche manche Schmuggler verfallen sind, So waren ER pe 1888 die Polizisten einem Kaffer auf den Fersen, der im Ver- dacht des Eidibi (Idb = illieit diamond buying) stand. Der ver- folgte Kaffer schoß plötzlich einen seiner Ochsen nieder. Er hatte statt der Kugel Diamanten im Gewehrlauf, die er seinem Ochsen in den Leib jagte, um sie später wiederfinden zu können. Die Steine, die auf den südwestafrikanischen Feldern ge- funden werden, sind im Durchschnitt von guter Qualität. Die meisten Stücke sind klar und von heller Farbe; gelbliche, rötliche, grünliche und bräunliche Kristalle treten auf, daneben aber auch in beträchtlicher Menge schöne farblose Stücke. Ihre Kristallformen sind die bekannten, in denen der Diamant auch an seinen anderen Fundorten auftritt. In Bezug auf die Menge der Steine, die von den verschiedenen Fundorten in Deutsch- Südwestafrika zu erwarten sein wird, gehen die Schätzungen weit auseinander. Eine einigermaßen zutrefiende Schätzung dürfte auch noch kaum möglich sein; daß wir es aber mit sehr beträchtlichen Mengen zu tun haben, ist wohl sicher. Die Produktion der ersten Monate hat folgende Zahlen erreicht: von der ersten Entdeckung bis September 1908: 2720 Karat, September 6644, Oktober 8621, November 10228 und Dezember 11549 Karat. Im Jahre 1909 trat die Diamantenregie in Kraft, die seit März regelmäßig die Produktion nach Europa verschickt und zwar ungefähr 36000 Karat in jedem Monat. Um diesen Zahlen gegenüber einen Maßstab zu geben, wieviel Diamanten überhaupt- in den Handel kommen, sei er- wähnt, daß 1907 Südafrika allein rund eine Tonne (5002962 Karat) gefördert hat. Nach den Angaben von Reunert, Bergeat und der De Beers-Gesellschaft sind aus den Kimberley-Gruben seit 1870 ungefähr 90347750 kg Diamanten im Werte von 2644553400 M. gefördert worden. Trotz dieser großen Mengen ist der Preis der Diamanten gestiegen, und zwar betrug nach George F. Kunz der Wert eines Karats im Mittel des Gesamt- exportes und Gesamterlöses: 1893 M. 26.— 1898 M. 26.50 1903 M. 43.— 1894, 24.— 1899 „ 28.30 1904 „39.95 1895 „ 25.50 1900 „33.15 1905 „ 40.90 1896 „ 26.75 1901 „ 36.90 1906 „ 43.— 1897 „ 26.90 1902 „41.95 1907 „ 44.75 — 141 — Die Produktion an deutsch-südwestafrikanischen Diamanten ist gegenüber der Aufnahmefähigkeit des Weltmarktes nicht so groß, daß sie einen ungünstigen Einfluß auf den Preis erlangen wird. An dem Erfolg dieser Industrie hat der Staat ein großes Interesse; er erhält ein Drittel des Wertes als Ab- gabe, was bei der jetzigen Produktion bereits eine Einnahme von mehreren Millionen im Jahre bedeutet. Auch verursacht die einfache Art der Diamantgewinnung in Deutsch-Südwest- afrika so niedere Gestehungskosten, daß aus den Funden ein außerordentlich großer Nutzen für unsere Kolonie zu erwarten ist. — 12 — Anton Dohrn und die Zoologische Station zu Neapel. Von F. W. Winter. Am 4. Oktober vorigen Jahres hat die Senckenbergische Naturforschende Gesellschaft den Lorbeerkranz an der Bahre eines Forschers niedergelegt, der seit 9. April 1892, dem 75. Jubiläumsjahr der Gesellschaft, zu unseren korrespondierenden Mitgliedern zählte. An der Stätte seines ersten Wirkens in Jena, wie es Anton Dohrn gewünscht hatte, fand die erhabene Totenfeier statt. Obwohl in vierzigjähriger Arbeit das sonnige Italien ihm ein zweites Vaterland geworden schien, war Dohrn doch ein deutscher Geist geblieben. Zahlreiche Forscher Deutschlands und des Auslandes waren hier in Jena zusammengekommen, um dem Manne, dem die gesamte Naturwissenschaft so unendlichen Dank schuldet, eine letzte Stunde zu widmen. Anton Dohrn und die Zoologische Station in Neapel sind eine Einheit. — Eine kurze Schilderung seines Lebens bis zur Gründung seiner Station mag vorausgehen. Anton Dohrn wurde am 29. Dezember 1840 in Stettin geboren. Sein Vater, Karl August Dohrn, war Doktor der Rechte, ein Mann von ungewöhnlicher Vielseitigkeit in Wissen- schaft und schönen Künsten, namentlich Musik, ein begeisterter Anhänger Goethes, der mit Vorliebe spanische Dramen Cal- derons und schwedische Lieder ins Deutsche übersetzte, ein anerkannter Entomolog, der selbst eine entomologische Zeitschrift gegründet und sie redigiert hat. Auf seinen vielen Reisen lernte — 13 — Karl August Dohrn Italien mit seiner Fülle von Eindrücken einer gewaltigen Geschichte kennen und bewundern. Diese reiche Atmosphäre war die geistige Keimstätte, inder Anton Dohrn groß wurde, das geistige Protoplasma, wo die Begeisterung für die Welt der Gedanken erwuchs, das Bedürfnis groß wurde, den Punkt zu finden, wo Wollen und’ Handeln dem Denken zu Hilfe kommen können, wie Anton Dohrn selbst erzählt. Es folgten die Studienjahre an den Universitäten Königs- berg, Bonn, Jena und Berlin, wo Dohrn 1865 die Doktorats- prüfung mit einer Arbeit über die Entwickelung des Insekten- flügels ablegte. Es ist verständlich, daß seine ersten Forschungen das Gebiet der Arthropoden betrafen, von denen ja ein kleiner Teil die väterliche Domäne bildete. Mit einer Embryologie der Arthropoden habilitierte sich Anton Dohrn 1868 als Privat- dozent in Jena. Bei seinen entwickelungsgeschichtlichen Unter- suchungen hatte Dohrn bald herausgefunden, daß ohne Heran- ziehen der Beobachtungen an Jugendformen auf ein Eindringen in die Probleme des Aufbaues der Organismen nicht zu rechnen sei. Zum Studium der lebenden Jugendformen begab sich Anton Dohrn nach einer kleinen Exkursion an verschiedenen Küsten Westeuropas im Herbst 1868 nach Messina, dem Mekka der deutschen Privatdozenten, wie die Italiener scherzend sagten, wo seit Lazzaro Spalanzanis Zeiten 1787 wiederholt zahl- reiche Naturforscher den faunistischen Reichtum des Sizilianischen Meeres gerühmt hatten. Hier vertiefte sich Dohrn in das Studium der Entwickelung der Krustazeen und knüpfte vielfache Beziehungen zu anderen Gelehrten an; hier wurde auch der Keim zu mancher tiefen Freundschaft gelegt, die sich später bewähren sollte. Bis Frühjahr 1869 verweilte Dohrn an der Messinesischen Straße, und nachdem er einmal erkannt hatte, welche Fülle von Problemen das intensive Studium der marinen Organismen nach sich zog, trug er sich mit dem Gedanken, hier ein zoologisches Laboratorium zu errichten. Solche Unternehmungen waren schon früher in Kleinen Anfängen verschiedentlich angebahnt worden, und heute noch steht in Portovenere an der Halbinsel bei La Spezia das Haus Spalanzanis, das einst ein kleines Laboratorium des italienischen Forschers enthielt, die älteste zoologische Station. Auch Carl Vogt hatte schon in den sechziger Jahren die Absicht, ein großes zoologisches Laboratorium an dem herrlichen ER = WM Punkt Miramare in der nördlichen Adria zu errichten; die eingeleiteten Verhandlungen mit dem damaligen Kaiser von Österreich zerschlugen sich indessen. Verschiedene Buchten der westitalienischen Küste wurden von Anton Dohrn auf seiner Rückreise besucht; der Aufent- halt in Deutschland mit seinen jungen Freunden und Anhängern und nicht zum wenigsten mit seinem Vater bot reichlich Ge- legenheit über die tief empfundenen Eindrücke sich auszu- sprechen. Und nachdem Dohrn in Hamburg und Berlin die Seewasseraquarien besichtigt hatte, kam ihm eines Tages, — er erzählt es selbst — als er im Februar 1870 in der Post- kutsche von Apolda nach Jena fuhr, der Gedanke, eine marine zoologische Arbeitsstätte, verbunden mit einem Schauaquarium für Forscher und Publikum, an Italiens Küste zu errichten. Eins jener großen Produkte einer Zeit, in der die Wogen der geistigen Hochflut bei uns besonders brandeten und die deutschen Heere siegreich gegen Westen vordrangen. Für die Stätte hatte sich Anton Dohrn auf Grund von Informationen und eigener Erfahrung bald entschieden: es sollte der herrlichste Punkt an dem faunistisch reichen Golf der Bella Napoli sein. Hier beginnt Anton Dohrns großes Lebenswerk. Die Art und Weise, wie er seine großen Pläne zielbewußt verfolgte, seine ungewöhnliche Energie, sowie die diplomatischen Fähigkeiten, ohne die es ihm oft nicht möglich gewesen wäre, vorwärts zu kommen, dies alles zwingt uns hohe Bewunderung ab. Es ist leicht zu verstehen, daß das Munizip in Neapel keineswegs geneigt war, Anton Dohrn für seine Wünsche, die man zunächst, nicht verstand, die Mitte des herrlichen Parkes der Villa Reale zu überlassen mit dem prächtigsten Ausblick nach Süden auf den Golf, nach Westen auf den Posilipp, nach Osten auf die Silhouette des Vesuvs; eine Stätte, an der die vor- nehme Welt Neapels allabendlich bei untergehender Sonne ihren Korso abhielt. Mancher seiner Freunde und Verehrer stand damals mißtrauisch und kopfschüttelnd beiseite, und es bedurfte der Überwindung vieler Widerwärtigkeiten und des Einflusses erst zu gewinnender Freunde, um Munizip und Regierung von der hohen Bedeutung seiner vornehmen Aufgabe zu überzeugen und den ersten Vertragsabschluß durchzusetzen, nach welchem das — 15 — Eigentumsrecht der zu erbauenden Station auf die Stadt überging und das Nutznießungsrecht für 30 Jahre Anton Dohrn bleiben sollte. In den ersten Apriltagen 1872 konnte der Grundstein zu dem Monumentalbau der Stazione Zoologica gelegt werden. Von vornherein war sich Dohrn darüber klar, daß eine Stätte, lediglich wissenschaftlicher Forschung dienend, ganz außer- ordentlicher Mittel bedurfte; er verknüpfte deshalb die rein wissen- schaftliche Arbeitsstätte mit dem öffentlichen Schauaquarium. Die Einnahmen aus den Aquarien sollten einen Teil der Kosten des wissenschaftlichen Betriebs decken. Dieser Umstand mußte bei der Auswahl des Platzes berücksichtigt werden. Freilich verlangte die Stadt dagegen hier ein monumentales Gebäude, so daß die Kosten über die ursprünglich vorgesehenen weit hinausgingen. Aber Anton Dohrn hatte keineswegs die Absicht, sein Unter- nehmen auf beschränkter Basis aufzubauen; er hatte die Not- wendigkeit, entsprechend dem Bedürfnis, der Naturwissenschaft eine Stätte intensivster Forschungsmöglichkeit zu schaffen, erkannt und hät dieser großen Forderung, getreu seinem wissenschaftlichen Denken, Rechnung getragen. Dies war die hohe Aufgabe, die er sich gestellt hatte! So entstand der vor- nehm-einfache, majestätische Bau mit einem Kostenaufwand für Bau und innere Einrichtung von 369136,11 Frs. (I. Jahresbericht der Zoologischen Station 1876). Im September 1873 konnte der erste Forscher, der jetzige Geheimrat Waldeyer in Berlin, seine Tätigkeit beginnen; die Aquarien wurden gerade eingerichtet. Als zweiter folgte von Februar bis Juni 1874 Francis Balfour. Der Zuzug zu der Station war überraschend; 1874 arbeiteten bereits 30 Biologen verschiedenster Nationalität an dem neuen Institut. Das Aquarium ergab schon im ersten Jahre seiner Eröffnung eine Einnahme von mehr als 20000 Frs. Um das Interesse für die Station zu wecken und ihre Einnahmen zu vermehren, ver- schickte man schon frühzeitig konserviertes Material. In der ersten Versandliste finden wir eine uns angehende Notiz; am 2. April 1875 steht an zwölfter Stelle die Bemerkung „Senckenbergisches Museum Frankfurt a. M. alle Klassen“, eine Bemerkung, die sich am 2. Juni 1875 wiederholt. Die so prächtig angelegte Aufgabe wuchs indessen unter der Hand dergestalt riesenhaft, daß die Einnahmen des Aqua- 10 — "Man riums doch nur einen kleinen Teil der Unterhaltungskosten des großen Unternehmens deckten. Um die notwendigen pe- kuniären Mittel für die Aufrechterhaltung des wissenschaftlichen Betriebs der Station zu erlangen, griff Anton Dohrn zur weiteren Ausgestaltung seiner schon früher angebahnten Wege, der Vermehrung der jährlichen Subventionen durch erhöhte Vergebung von Arbeitsplätzen an die verschiedenen europäischen Regierungen. Das Bedürfnis nach Erlangung eines Arbeitstisches machte sich mehr und mehr bemerklich, und so verdoppelten die italienische und die deutsche Regierung bald ihre gemieteten Tische. Bayern, Württemberg, Baden, Hessen-Darmstadt und Hamburg, das Kgl. Sächsische Hausministerium, die holländische Regierung, die Universitäten Cambridge und Straßburg, die British Association, die Berliner Akademie der Wissenschaften, sie alle hatte Anton Dohrn nach und nach dauernd oder vorübergehend für sich gewonnen. 1877 betrug die Zahl der Jährlich gemieteten Arbeitstische 26, und da ein großer Teil der Inhaber den Tisch mit M. 1500 jährlich zahlte, so wurden die Einnahmen wesentlich erhöht. Seit dieser Zeit ist ihre Zahl ständig gewachsen. Aber das große Unternehmen verschlang doch zu reichlich Mittel durch die vielen Bedarfsartikel an Reagenzien und Instrumenten, die in liberalster Weise zum Arbeiten seitens der Station gestellt werden, durch die zahlreichen Beamten, durch die Bibliothek, welche die Arbeitsmöglichkeit wesentlich erleichterte, aber um- somehr pekuniäre Lasten brachten, und so wies das Budget des Institutes oft ein Defizit auf, obgleich Dohrn in uneigennützigster Weise seine eigenen Mittel weiter und weiter hereinzog und auch seine Gemahlin „lieber die Tische der Gelehrten gut gedeckt wünschte, als den häuslichen“. So war es in den ersten Jahren oft ein heißes Ringen um die Existenz von Anton Dohrns großartiger Schöpfung. Und Männer wie Helmholtz, Du Bois-Reymond, nicht zum wenigsten Charles Darwin, Werner und William Siemens, Karl Ernst von Baer, Huxley, Francis Balfour, Carl Theodor von Siebold, Carl Vogt, Carl Ludwig, Theodor Billroth und viele andere Freunde Dohrns machten ihren Einfluß zur Förderung des Unternehmens geltend. Mit besonderem Interesse nahmen regen, wohlwollenden Anteil an — 147 — ‘ dem Gedeihen der zoologischen Station der König und die Königin - von Italien, viele Fürsten, sowie drei deutsche Kaiser. Und Kaiser Wilhelm I. hat wiederholt in kritischen Zeiten aus seiner Tasche große Zuwendungen gemacht. Bald konnte Anton Dohrn einen Wunsch in Erfüllung bringen, der für die Be- wegungsfreiheit auf dem Golf und zum Einbringen von reich- lichem Tiermaterial von großer Wichtigkeit war, und für den er immer mit unermüdlichem Eifer gearbeitet hatte: die Anschaffung eines für die Spezialzwecke der Fischerei eingerichteten Dampfers. Infolge einer Eingabe an die Akademie der Wissenschaften zu Berlin und mit Unterstützung des Unterriehtsministeriums wurden Anton Dohrn endlich die Mittel zur Beschaffung eines solchen zur Verfügung gestellt. Am 21. Mai 1877 langte der nach Dolhrns besonderen Angaben auf der Thornycroft-Werft in London gebaute Stahldampfer „Johannes Müller“ wohlbehalten in Neapel an. Gleichzeitig mit diesem äußeren, für die Station nach verschiedenen Richtungen großen Vorteil konnte Dohrn in seinem zweiten Bericht über die Station (18761878) einen weiteren, wichtigen Erfolg verzeichnen: die Verlängerung des Vertrags mit der Stadt Neapel auf 90 Jahre. Langsam aber stetig schritt so Anton Dohrn von Erfolg zu Erfolg, beständig bestrebt, den Wirkungskreis der Station zu größerer Leistungsfähigkeit zu erweitern und die Mittel hierzu zu erlangen. Die wiederholten Gesuche an die deutsche Regierung um Zuschüsse zu den Betriebskosten der zoologischen Station führten endlich zum Ziel. Das Auswärtige Amt ordnete eine Unter- suchung der Station seitens des kaiserlichen Botschafters in Rom an und stellte auf dessen Bericht hin weitere Mittel zur Verfügung. Dieses Gutachten war aber. von noch größerer Be- deutung, als nämlich jene Petition der Professoren Helmholtz, Virchow und Du Bois-Reymond, begleitet von den Worten „es hat die Zoologische Station in Neapel die Wissenschaften vom tierischen Leben in ein neues Stadium der Entwickelung empor- gehoben,“ an die deutsche Reichsregierung ging, mit der Forderung, der Zoologischen Station in Neapel einen jährlichen Zuschuß von M. 30000.— zu gewähren. Diese Petition, eine Auszeichnung, die der Station gewissermaßen „ein Ritterschlag“ war, fand, unterstützt vom Fürsten Otto von Bismarck, wohlwollende 10* — 148 — _ Aufnahme bei der Aufstellung des Reichshaushaltsetats 1879. Der jährliche Zuschuß wurde später auf M. 40000.— erhöht. Wenn auch trotz der neuen Einnahme die Station anfangs noch wegen Begleichung alter Verpflichtungen immerhin äußerst sparsam wirtschaften mußte, so trat sie doch frühzeitig „als Zentralgebiet für die biologische Erforschung des Mittelmeeres“ als publizierendes Institut in eine neue Aera ein. Ein Zentral- organ, als Sammelstelle der Literatur, in Gestalt des Zoologischen Jahresberichts, übernahm bereitwilligst Vietor Carus, bis ihn 1882 Paul Mayer in der Redaktion ablöste. Um öffentlich Rechenschaft abzulegen — wie es Anton Dohrn immer gehalten hatte — über das, was geleistet und erreicht wurde, dazu sollten zwei nebeneinander herlaufende Zeitschriften dienen, Gestreng dem gestellten Programm sollte in umfassender Weise zusammengetragen werden, was auch immer „zum Feststellen und Begreifen des organischen Lebens im Mittelmeer dienen kann.“ Anton Dohrn legte sein Unternehmen auf großer Basis in großen Zügen an. Unter dem Titel „Fauna und Flora des (olfes von Neapel und der angrenzenden Meeresabschnitte“ werden kleinere Gruppen monographisch bearbeitet in vorbildlicher Weise und so erschöpfend als irgend möglich, ferner mit Illu- strationen versehen, die aufs sorgfältigste dem Leben in den Aquarien abgelauscht sind, so daß bis zu einem gewissen Grade das konservierte Objekt entbehrt werden kann. Ein naturwissen- schaftliches Inventar für ein bestimmtes Gebiet ist hier in groß- artiger Weise angelegt und wird so zusammengetragen. Eine der ersten Monographien ist diejenige Anton Dohrns über Pyeno- soniden. Neben dieser Publikationsreihe, die bis jetzt 32 Mono- graphien aufweist, auf deren Besitz die Bibliotheken mit be- rechtigtem Stolz blicken, gehen die „Mitteilungen“ einher, die zugleich ein Repertorium für Mittelmeerkunde darstellen. Sie sollten kleinere Arbeiten und Ergebnisse bringen, wie sie in einem solchen Großbetrieb wissenschaftlicher Tätigkeit in Fülle abfallen; eine Sammelstelle sollte solchen Arbeiten geboten sein. Heute zeigen die Mitteilungen die stattliche Reihe von 19 Bänden mit Arbeiten von hoher wissenschaftlicher Bedeutung. Daneben. enthalten sie die Jahresberichte über die geschichtliche Ent- wickelung, das allmähliche Werden der Station, von dem Leiter — 19 — selbst geschrieben. Sie reden eine schöne Sprache von der reichen Gedankenwelt des Verfassers und seinen besten Absichten für die Forscher und ihre Wissenschaft, aber auch von dem heißen, nie verzagenden Ringen nach den gesteckten Zielen. Als Krone zieren die „Mitteilungen“ jene Ergebnisse eines vornehmen Gebietes der Forschung, das sich Anton Dohrn. an der wissenschaftlichen Zentrale am Mittelmeer selbst vorbehielt, seine „Studien zur Ur- geschichte des Wirbeltierkörpers“. Einen gewissen Vorläufer haben diese Studien in Anton Dohrns „genealogischen Skizzen“, „Der Ursprung der Wirbeltiere und das Prineip des Funktions- wechsels“, 1875. In 25 Einzeluntersuchungen, die zusammen einige Bände der Mitteilungen repräsentieren, erstrecken sie sich vom 3. bis 18. Band derselben von 1882 bis 1908, an sich die umfassende Lebensarbeit eines tiefen, großen Forschers dar- stellend. Die histogenetischen Probleme des Kopfes und Aufbaus der Spinalnerven, die Metamerie des Kopfes und die Neuromerie des Gehirns werden an hunderttausenden von Schnitten der Embryonen von Haien und Rochen entwickelungsgeschichtlich behandelt. Es kann nicht im Bereich der hier gespannten Grenzen liegen, in die Forschungen Anton Dohrns in der stillen Stube einzutreten gegenüber der im Vordergrunde stehenden, impulsiven Tätigkeit nach außen zu Gunsten der Station und ihrer welt- umfassenden Bedeutung. Es mag genügen, zu betonen, daß die Ergebnisse seiner Forschung grundlegende sind für alle Zeiten, berufen, für die Entstehung, sowie den Bau des Kopfes des höheren Wirbeltiers in fundamentaler Weise aufklärend zu wirken. Es spricht für die Größe Anton Dohrns, daß er auch in der Beschränkung sich als Meister zeigte und beharrlich mehr als 30 Jahre lang sich in ein Gebiet und das schwierigste ver- tiefte, das, eng begrenzt, um so intensiver bepflügt wurde. Nach Ende der 80er Jahre ging die Zoologische Station schnell immer größerer Blüte entgegen. Die zahlreichen Publi- kationen, die Erweiterung der Regierungsverträge zur Vermehrung der Arbeitstische, der gesteigerte Versand des konservierten Materials, das technisch höchst vollendet war und für die Schau- sammlungen vieler Museen diente, dies alles sprach dafür, daß eine geniale Anlage, glänzend geleitet, sich glänzend bewährt hatte. Im ersten Jahrzehnt der Stationstätigkeit hatte sich die =, — 0 Zahl der Forscher, die in den Mauern des Instituts gearbeitet hatten, auf nahezu 300 belaufen. Von Jahr zu Jahr nahm sie zu, und bald machte sich der Platzmangel geltend. Auch der Ausspruch Dohrns, den er 1872 in den preußischen Jahr- büchern in freudiger Hofinung niedergelegt: die Zoologische Station in Neapel mache hoffentlich den ermutigenden Anfang zur Herstellung eines Netzes zoologischer Stationen über die sanze Erde, ist berechtigt gewesen: wir zählen heute an marinen Stationen über fünfzig, die über dem ganzen Erdball verteilt sind. In den Jahren 1886 bis 1892 geschahen die ersten großen baulichen Erweiterungen in der Station, durch Höherlegung des Daches und durch Errichtung eines zweiten Gebäudes neben dem ersten. Ganz anders wie vor 15 Jahren stellten Stadt und Regierung bereitwilligst einen Platz von 400 qm für einen Bau im gleichen Stil zur Verfügung und unterstützten das Zustande- kommen durch erhebliche Mittel. Hatte die Tätigkeit der Station sich bis dahin mehr auf den Gebieten der Morphologie und der Biologie bewegt, so konnte nunmehr die Erforschung des feineren Baues der tierischen Zelle und ihrer Funktionen mehr in den Kreis der Betrachtung gezogen werden, durch erhöhte Heranziehung der Physiologie und der physiologischen Chemie in den eigens dazu eingerichten Laboratorien. Zugleich wurde auch der Botanik eine selbständige Institutsabteilung eingeräumt. Am i4. April 1897 konnte die Zoologische Station zu Neapel das 25 jährige Jubiläum ihres Bestehens feiern. Die Feier gestaltete sich zu einem Fest, an welchem die Kulturvölker aller Nationen, Männer in den höchsten Stellungen, hohe Staats- beamte und gekrönte Häupter warmen Anteil nahmen. Ein Beweis von dem hohen wissenschaftlichen Wert und der Be- deutung, welche die Station als internationales geistiges Band um die verschiedenen Völker schlingt, konnte nicht geeigneter erbracht werden, als durch eine mit begeisterten Begrüßungs- worten eingeleitete Adresse an den Leiter der Zoologischen Station. Mehr als 1900 Namen von Gelehrten und wissenschaft- lichen Korporationen aller Länder waren unterzeichnet. In feiernden Worten sprachen Vertreter der Wissenschaften und der Regierung Anton Dohrn ihre Anerkennung und ihren Dank aus für die Großtat, die er in ernster Arbeit in einem Vierteljahrhundert zustande gebracht hat. a Im Jahre 1906 konnte der dritte Bau der Zoologischen Station auf der Ostseite des ersten Gebäudes im gleichen Stil wie die früheren bezogen werden. Das neue Gebäude besitzt Arbeitsräume für physiologische Zwecke im eroßen Stil. Die Resultate, die aus diesem Zweig des Unternehmens einst hervor- gehen werden, lassen sich heute nicht übersehen; aber der Stab von Gelehrten unter Leitung seines dritten Sohnes, Rein- hard Dohrn, die alle bestrebt sind, den Manen Anton Dohrns getreu in dessen Sinne und Geiste weiter zu arbeiten, lassen mit freudiger Zuversicht erwarten, daß die so aufsteigende Ent- wickelung eine ununterbrochene bleibt. Wollte man die Frage aufwerfen, welche Bedeutung hat die Zoologische Station gehabt, so können wir keine andere Antwort darauf geben, als die: es gibt kein biologisches Gebiet, das nicht durch die Arbeiten der Zoologischen Station in einer nicht abzuschätzenden Weise gefördert wurde. Wir Deutsche aber sind stolz darauf, daß Anton Dohrn ein deutscher Forscher gewesen und daß seine internationale Großtat eine deutsche ist. & ae Ludwig Becker geb. 4. 1. 1837 zu Darmstadt, gest. 22. XI. 1909. zu Wandsbek. Von Friedrich Kinkelin. Ludwig Becker war nicht etwa durch die korrespon- dierende Mitgliedschaft nur lose mit unserer Gesellschaft ver- bunden; er ist eintatkräftiger Förderer unseres Museums gewesen und hat durch eigene Sammeltätigkeit in den ver- schiedenen Gegenden Deutschlands, wohin er als Bauleiter berufen war, mit größtem Eifer und Erfolg an der Vervollständigung unserer geologisch-paläontologischen Sammlung mitgearbeitet. Das Andenken des tüchtigen und jovialen Mannes, der uns älteren ein lieber, treuer Freund gewesen ist, soll unvergessen bleiben! Vorbildlich möge sein verdienstlichesWirkenallen Frankfurtern sein, denen Beruf oder Erholungsreisen die Möglichkeit zum Sammeln gewähren, die das Geschick hinaus- führt in fremde Länder und Zonen, wo sich ihnen reiche Ge- legenheit bietet, durch eigene Sammeltätigkeit der Wissenschaft zu dienen und unserem Museum zu nützen! Nach Absolvierung der Technischen Schule seiner Vater- stadt war Becker zunächst beim Bau der Hessischen Ludwigs- bahn Frankfurt-Mainz-Darmstadt beschäftigt und leitete als Sektionsingenieur den Bau der Strecke Bingen-Alzey. Später baute er als führender Ingenieur bayerische Bahnen. Im Jahre 1872 wurde er als Direktor der Internationalen Baugesellschait nach Frankfurt berufen. 1877 trat er unserer. Gesellschaft bei und wurde bereits im folgenden Jahre zum arbeitenden Mit- glied ernannt. In dieser Eigenschaft war er uns nicht . — 13 — nur als Berater in baulichen Angelegenheiten recht nützlich; er brachte auch auf vielen sonntäglichen Exkursionen, die wir gemeinsam unternommen haben, den diluvialen Bildungen unserer Landschaft großes Interesse entgegen und führte dem Museum aus hiesigen Baugruben manche Säugetierreste von hohem Lokal- wert zu. Infolge seiner Übersiedelung nach Hamburg trat Becker 1885 in die Reihe der korrespondierenden Mitglieder über. Er betätigte aber nach wie vor seine treue Anhänglich- keit an unser Museum durch reiche und wertvolle Zuwendungen aus den verschiedenen Stätten seiner beruflichen Wirksamkeit. 1885 —1889 baute er den Barkenhafen mit Zollanschluß und die sroßen Lagerhäuser am Haupthafen in Hamburg; 1889--1893 führte er beim Bau des Nord-Ostsee-Kanals die Strecke Levensau- Achterwehr aus. Von dort aus sandte er reichliche Aufsamm- Jungen von interessanten Fossilien aus den glazialen Schutt- anhäufungen unserem Museum. In den Jahren 1893 — 1896 führte er die Kanalisation der Fulda mit sieben Schleusen aus und wurde hierfür dekoriert. 1896 ging Becker im Auftrag der Deutschen Bank (South African Contracting Association) in Berlin als Direktor für alle von letzterer geplanten, weitausschauenden Unternehmungen nach Südafrika. Durch Trazierung von Eisenbahnen und die Ermittelung von Bezugsquellen für die notwendigen Baumaterialien war er veranlaßt, weite Reisen ins Innere des Landes zu unter- nehmen. Doch bald machte der Ausbruch des Burenkriegs dem großzügig angelegten Unternehmen, das aus Hoch- und Tiefbauten bestehen sollte, ein jähes Ende und damit auch dem von uns geplanten Sammeln südafrikanischer Fossilien und Gesteine. Während der gezwungenen Muße in Johannisburg wandte Becker sein Interesse dem Studium eines bedeutsamen Problems — der Ermittelung der Ursache von Ebbe und Flut — zu und setzte nach Hamburg zurückgekehrt, wo er in den letzten Jahren als Aufsichtsrat bei der Leitung des Erweiterungs- und Neu- baues der Lübecker Maschinenfabrik tätig war, diese Studien fort. Das Resultat derselben, seine Gezeitentheorie, hat er am 14. März 1906 im Naturwissenschaftlichen Verein zu Hamburg vor die Öffentlichkeit gebracht (Verhandlungen d. Natur- wiss. Vereins, Hamburg, 1906, S. LX—LXIV). 02) — 14 — Hiernach sind kosmische Verhältnisse von keinem Einfluß auf den Verlauf der Gezeiten; vielmehr ist es die Revolution der Erde um die Sonne, deren Einfluß, durch die Rotation der Erde um ihre Polachse bald vermehrt, bald verringert, Ebbe und Flut bedingen soll. Auch die topographische Gestaltung von Meeresufer und Meeresboden scheinen von Bedeutung zu sein. Leider hat Becker die ausführliche Abhandlung über seine Gezeitentheorie wohl zum größten Teil, aber nicht ganz druckfertig zum Abschluß gebracht. Sein Manuskript ist der Kaiserl. Seewarte in Hamburg übergeben worden. —- 15 — Besprechungen. I. Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft. Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Ge- sellschaft in Frankfurt a. M. Band 31, Heft 1, Seite 1—19. „Riechbahnen, Septum und Thalamus bei Didelphis marsupialıs* von Dr. Paul Röthig. Mit 2 Tafeln und 12 . Abbildungen im Text (zunächst nur als Sonderabdruck er- schienen). 4° Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesell- schaft) 1909. Preis broschiert M. 5,50. Die Beutelratte, deren Gehirn Röthig untersucht hat, ist für ihre Lebensweise wesentlich auf den Geruch- und den Oralsinn angewiesen. Dementsprechend sind die Riechlappen und die dem Oralsinn dienenden Lobi parolfactorii ganz enorm entwickelt. Es war deshalb, zumal die übrigen Gehirnteile relativ klein sind, eine verlockende Aufgabe, hier die Riech- und ÖOralsinnbahnen einmal genau zu studieren und ein Gehirn, an dem die ent- sprechenden Zentren und Bahnen so kräftig ausgebildet sind, mit den anderen Säugergehirnen zu vergleichen, welche die reiche Sammlung des Neurolo- gischen Instituts besitzt. In der Tat ist es Röthig gelungen, eine große Anzahl von Kernen und Verbindungen, über die man bisher nicht völlig: ins klare hatte kommen können, an diesem überaus günstigen Objekt genau festzustellen. Wir können sie jetzt bei allen anderen Säugern, auch bei solchen, wo sie schlecht entwickelt sind, leicht wiederfinden, und uns so ein viel voll- kommeneres Bild von dem Mechanismus des Riechens und Schnauzentastens machen, als es bisher möglich gewesen ist. Zahlreiche Schemata und zwei trefilliche Wintersche Tafeln erleichtern das Verständnis und das Nacharbeiten. Das gleiche Gehirn hat der Verfasser auch zur genaueren Untersuchung der Kerne des Seehügels und ihrer Verbindungen benützt, die man gleich- falls noch nicht genau genug kennt, weil sie hauptsächlich an dem auber- ordentlich kompliziert gebauten Gehirn des Menschen studiert wurden. Auch hier ist es Röthig vielfach gelungen, unbekanntes klar zu stellen. So haben wir jetzt wenigstens für ein niedriges Säugetier eine vollständige Kenntnis dieses wichtigen Gehirnteils. L. Edinger. & li. Ale Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Ge- sellschaft in Frankfurt a. M. Band 32. „Festschrift zum siebenzigsten Geburtstag von Wilhelm Kobelt am 20. Fe- bruar 1910*. VII u. 463 S. mit einem Porträt, 28 Tafeln und 51 Abbildungen im Text. 4°. Frankfurt a. M. (Selbst- verlag der Gesellschaft) 1910. Preis broschiert M. 75.—. Den 32. Band ihrer „Abhandlungen“ bringt die Gesellschaft dem lang- jährigen Sektionär der konchyologischen Abteilung des Museums, Prof. W. Ko- beltin Schwanheim, als Festschrift zu seinem 70. Geburtstag dar. Der stattliche Band enthält malakologische Studien von Schülern, Freunden und Verehrern des Jubilars und als besonderen Schmuck auch eine größere Arbeit von ihm selbst. Ein Teil der Abhandlungen ist systematisch-morphologischer Art. So liefert der bekannte Zephalopodenforscher W. E.Hoyle eine sehr brauchbare Zusammenstellung der Gattungen und Arten der zweikiemigen Kopffüßer. P. Pallary beschreibt morphologisch die nordwestafrikanischen Spezies der Gattung Albea. Über eigentümliche Formunterschiede der Ge- häuse männlicher und weiblicher Heliciniden, ferner über zwei neue Arten von Acme und eine neue Vitrella aus Steiermark berichtet A. Wagner. F. Borcherdings Beitrag „Monographie der auf der Sandwichinsel Kauai lebenden Molluskengattung Carelia“ enthält die Originaldiagnosen und Ab- bildungen aller bisher bekannten Arten. W. A. Lindholm beschreibt eine neue KRetinella, R. kobelti, aus der Krim, die alle übrigen südrussischen Hyalinien an Größe übertrifft. Die anatomische Untersuchung dieser Hya- linia (Retinella) kobelti ergab P. Hesse einige bemerkenswerte Resultate. Nach J. Thieles Untersuchungen an Hydrocena cattaroensis durchbohrt bei dieser Form der Enddarm zwar nicht die Herzkammer, doch liegt die Aorta dem Enddarm auf, was an die primitiven Verhältnisse der nahe verwandten Neritiden erinnert. Andererseits gibt sich im Bau des Geschlechts- und Respira- tionsapparats zu erkennen, daß die Hydroceniden primitiver als die Neritiden sind. Mehrere Forscher haben ihr Material von tiergeographischen Gesichtspunkten aus bearbeitet. So vor allem Kobelt selbst: sein Beitrag, der die Molluskenausbeute der v. Erlangerschen Reise in Nordostairika behandelt und unter anderem 50 neue Arten schildert, liefert in seinem zweiten Teil ein Verzeichnis der aus Ostafrika, Madagaskar, Mauritius, Bourbon, Sokutra, Abd-el-gouri und von den Seychellen bekannten Binnen- konchylien, das Museen und Sammlern als Besitz- und Desideratenliste sehr willkommen sein wird. In seiner Schrift „Die Binnenkonchylien von Deutsch- Südwestafrika und ihre Beziehungen zur Molluskenfauna des Kaplandes* teilt OÖ. Boettger die Diagnosen von 9 neuen Arten und einigen Varietäten mit. Da es infolge des Vorkommens der Mollusken in jungen Sedimenten, trockenen Flußbetten usw. oft unmöglich war, zu entscheiden, ob die be- treffenden Arten zu den noch heute dort lebenden zu zählen seien oder nicht, hat Boettger von der Trennung des Materials in lebende, subfossile und fossile Formen ganz abgesehen. Von drei Arten weist er nach, daß sie ein- geschleppt sind. H. v. Jhering kommt durch das Studium der Najaden- —- 17 — faunen des Rio Paraguay, des Rio Paranä und des Rio San Francisco zu interessanten Resultaten über die Beziehungen dieser Flüsse zueinander. In einer zweiten Arbeit teilt er nach Beschreibung einiger neuen Arten einen Bestimmungsschlüssel der südamerikanischen Formen des Genus Helicigona mit und schließt mit Betrachtungen über die Beziehungen der altweltlichen zu den amerikanischen Heliciden. F. Haas vergleicht die Najadenfauna des ÖOberrheins mit denen der benachbarten Flußgebiete und findet dabei die Kobeltsche Ansicht über die Entwickelungsgeschichte des Rheingebietes vollauf bestätigt. Hierher gehört auch D. Geyers Studie „Die Mollusken- fauna der schwäbischen Alb“. Der Verfasser schildert zunächst eingehend die biologischen Verhältnisse der Alb und beschreibt sodann die Verteilung ler Schnecken auf die einzelnen biologischen Bezirke (Täler, Abhänge u. dergl.), während ein letzter, geographischer Teil die Schneckenfauna der Alb auf ihre Herkunft untersucht. In einer sehr interessanten Arbeit „Zur Natar- geschichte der Campylaea phalerata“ stellt P. Ehrmann für die genannte Form, die übrigens nach Maßgabe der Anatomie mit Arianta arbustorum nächst- verwandt ist, die ganze horizontale Verbreitung fest, Ihre lokalen Ver- änderungen in den einzelnen Teilen ihres Heimatgebietes wie auch ihre Lebens- verhältnisse werden eingehend dargestellt. Ähnliche Ziele verfolgt H. Simroths Beitrag „Nacktschneckenstudien in den Südalpen“. Er folgert aus der gegen- wärtigenhorizontalen und vertikalen Verbreitung der Limaciden, daß diese Familie älter als die Alpen ist, und daß ihr Schöpfungszentrum in den Ostalpen liegt. Besonders bemerkenswert ist Simroths Angabe über einen Fall von echter Mimikry: eine große Nacktschnecke, Limax maximus, ahmt die Aspisviper nach. Erfreulicherweise ist auch die Entwickelungsmechanik in dem Festband vertreten. H. Rolle berichtet über einige abnorme Landschnecken, K. Schmalz über abnorme Gehäuse von Land- und Süßwassergastropoden und über die Ursachen ihrer Entstehung. Zuchtversuche mit Campylaea cingulata haben K. Künkel gezeigt, daß hier der Albinismus erblich ist. Außerdem enthält seine Schrift interessante Beobachtungen über die Eier, die Embryonalentwickelung, die Fortpflanzung und Lebensdauer der Oampyläen. Endlich hat C. F. Jickeli, der Verfasser des bemerkenswerten Buches „Über die Unvollkommenheit des Stoffwechsels als Entwickelungsprinzip“ den Nachweis versucht, daß der gleiche Faktor auch am Werden und Vergehen der Schneckenschalen in erster Linie beteiligt ist. Die Unvollkommenheit des Stoffwechsels belastet die Individuen von Generation zu Generation mehr und mehr und zwingt sie endlich zur Rückbildung. Auf diese Anschauung gestützt, erklärt der Verfasser die Schalenrückbildung bei den verschiedenen Molluskenklassen, die durch Selektion, wie er sagt, nicht zu deuten ist. Eine besonders feine Ehrung des Jubilars stellt schließlich ein frisch geschriebener Artikel des Frankfurter Volkswirtschaftlers A. Ph. Stein über „Sozialpolitik und Heimat“ dar. Was Stein hier als Pflicht des Gebildeten schildert: soziale Heimarbeit, das hat Kobelt in seinem Kreise, in Schwan- heim und in der „Provinz Groß-Frankfurt“, wie er sie nennt, sein Leben lang mit ebensoviel Eifer als Erfolg getan. Die Ausstattung des Werkes, dem ein Porträt des Jubilars beigegeben ist, ist eine vornehm würdige. F. Haas. a — 18 — II. Neue Bücher. Vorgeschichte vom Untergrund und von der Lebe- welt des Frankfurter Stadtgebietes. Eine geo- logische Skizze von Prof. Dr. Friedrich Kinkelin, Dozent und Sektionär der Geologie und Paläontologie am Senckenbergischen Museum in Frankfurt a M. VII u. 96 S. mit 9 Tafeln. 8°. Frankfurta.M. (J. Rosenheim) 1909. Preis broschiert M. 2.40. In den einleitenden Abschnitten dieses Buches, das für viele unserer Mitglieder von großem Interesse sein wird, zeigt der Verfasser, wie der Frankfurter Stadtbezirk (vor den Eingemeindungen im Jahre 1895) in West und Ost durch zwei Verwerfungen, die als vertikale Bewegungen nachbarlicher Schollen gegeneinander aufzufassen sind, natürlich begrenzt ist. Auch wird die Art und Weise eingehend beschrieben, in der sich Tier- und Pflanzen- reste ungezählte Jahrtausende im Boden erhalten können. Namentlich die in den letzten 25. Jahren im Stadtgebiet und in seiner Nachbarschaft ausgeführten Tiefbauten haben es ermöglicht, ein zuver- lässiges Bild vom Boden und von der ehemaligen Lebewelt Frankfurts zu geben. Von diesen sind die geologisch wichtigsten: die Braunkohlenwerke, die Kanalisation des Mains — besonders die Schleusenbauten —, die Her- stellung des Westhafens, die Bohrungen und Grabungen im Interesse der Wassergewinnung (im Unterwald, Hattersheimer Feld, unteren Niddatal und in Sachsenhausen), die Ausräumung von drei großen Wasserbehältern, die Kanalisation der Stadt, auch die Aushebung des Offenbacher Hafens und schließlich die des Osthafens. Diese Geologie des Frankfurter Stadt- gebietes ist in den folgenden Abschnitten des Buches in einer auch dem Laien verständlichen Weise zusammengefaßt. Zahlreiche Abbildungen von Petrefakten, Schnitte und Profile, sowie eine Karte der Verbreitung der alluvialen Moore in unserer Gegend sind dem Text beigegeben. Die Landschaft, in deren Mitte Frankfurt liegt, ist größtenteils von Absätzen in Meeren oder Seen erfüllt, die in der Tertiärzeit erfolgt sind. Sie ist im Westen und Osten von zwei alten, stark abgetragenen Gebirgen, vom Taunus und Vorspessart, begrenzt und hat als Unterlage rötliche Sandsteine, das sogen. Rotliegende, das geologisch gesprochen nahezu vom Alter der Steinkohle ist. Senkungen zwischen den beiden Gebirgen lassen zu Beginn der Mittel- oligozänzeit in unsere Landschaft von Süden und bald auch von Norden her das Meer eindringen, in dem eine mannigfaltige Tierwelt — Seekühe, Fische, Krebse, Mollusken u.a. — lebt. Das subtropische Klima jener Zeit spiegelt sich in einer reichen, auf zartem Tonmergel eingebetteten Flora wieder. Spätere Wandlungen machen die rheinische Meeresstraße zu einem brackischen Becken; da und dort schließen sich auch die Wasser zu Sübwasser- Seen, deren Absätze u. a. die Reste uralter Paarzeher bergen. (Auch pracht- volle, in Eisenkies umgewandelte Schalen von Weichtieren sind bei dem Bau — 159 — des Offenbacher Hafens gefunden worden.) Das Klima behält trotz beträcht- licher Schwankungen seinen subtropischen Charakter bis in die Zeit hinein bei, in der die Letten und Kalkschichten entstanden sind, auf denen unsere Stadt erbaut ist. Viel reicher als heute ist zu dieser Zeit die Welt der Wirbeltiere, besonders der Säuger, Reptilien und Fische. Aber auch Schalen von Muscheln, Schneckchen und Muschelkrebsen liegen in ungeheurer Menge jedoch in geringer Mannigfaltigkeit, in diesen, Ablagerungen, die der Geolog Oberoligozän und Untermiozän nennt. Daß im brackischen Wasser auch kalkabsondernde Algen in großer Menge lebten, hat man in den Stöcken bewundern können, die im Westen der Stadt (Niederräder Schleuse etc.) den geschichteten Letten durchsetzen. Einen Einblick in Bewegungen, die im Untergrund Frankfurts vorgegangen sind und wohl auch noch vorgehen, hat die Baugrube des Westhafens gestattet, in der sich infolge solcher Bewegungen die Letten und Mergel in weiten flachen Mulden und Sätteln gelegt zeigen. In Verbindung mit der Schilderung der Lagerungsweise und Folge der Schichten im Westhafengebiet wird auch der Entstehung der Grindbrunnen (kalte Schwefelquellen) gedacht. Ganz eigenartig ist die Bildung von Hohlräumen im kalkigen Mergel des Frankfurter Gebietes (gegenüber der Sachsenhäuser Warte, links der Darmstädter Landstraße). Diese Hohlräume sind zum Teil von unregel- mäßiger Form und mit diluvialem Sand erfüllt; zum Teil zeigen sie eine ausgesprochene Gewölbebildung und sind im Letten gleichsam durch Kalk- mauern abgeschlossen und völlig leer. Von nun an bis zur Eiszeit liegt die seither weit von Wasser bedeckte Gegend trocken wie heute, nur durchflossen von einem mächtige Gerölle mit sich führenden Strom, an dessen Ufer Mastodonten, die Ahnen unserer heutigen Elefanten, weiden. Erst bei dem Herannahen der Eiszeit wird die rheinmainische Land- schaft wieder zu einem See, in dem sich die Abwässer der Alpen und der mittelrheinischen Gebirge sammeln. Das Klima kühlt sich bedeutend ab. Dies ist aus der — noch immer manniglaltigen — Flora zu erkennen, die hauptsächlich an der westlichen Grenze Frankfurts bei Aushebung der Klärbeckenbaugrube in einem in Sand und Ton eingebetteten Braunkohlen- flözchen zutage getreten ist. Viele Formen dieser untergegangenen Flora finden wir heute nur noch in weit entfernten Weltteilen, manche sind ganz ausgestorben; aber eine ziemlich beträchtliche Zahl von ihnen hat sich, mehr oder weniger verändert, in späteren Zeiten wieder in unserer Landschaft angesiedelt. Trotz der Mannigfaltigkeit dieser Flora, die demnach noch tertiären Uharakter hat, scheint die Jahreswärme — nach Maßgabe der eine höhere Wärme, als sie heute im Untermaintal herrscht, heischenden Pflanzen — die jetzige Jahresisotherme nur um 0,50 übertroffen zu haben. Im Westen Frankfurts zog sich der Ostrand des Oberpliozänsees hin. Durch ihre Kalk- losigkeit unterscheiden sich die Absätze dieses Sees — ein Grund, weshalb sich fast keine tierischen Reste in ihnen erhalten haben — von fast allen älteren tertiären Sedimenten. Besonders lebendig haben sich im Untermaintal die unterirdischen Gewalten während der Pliozänzeit geäußert, indem Lavaströme, die inzwischen a — 160 — Bi # zu Basalt erstarrt sind, auf Spalten emporstiegen, sie re und sich da A ; und dort noch weiter ausbreiteten. em Aura | Mit dem Eintritt der Eiszeit schwindet in unserer Landschaft die Br; oberpliozäne Flora bis auf wenige Bäume, die ein kaltes Klima ertragen können. Der Main beginnt sich eine Rinne zu graben; er erweitert und . vertieft sie mehr und mehr und setzt in seinem Bette auch aus seinem Ober- lauf stammende Trümmer ab. Auf Eisschollen trägt er mächtige Blöcke abwärts. Bis zu einer Höhe von 150 m trifft man Mainsand aus der ältesten Zeit des diluvialen Flusses; die jüngsten diluvialen Mainsande sind es, in denen die heutige Mainrinne liegt. So haben sich die Fluten des Stroms im Laufe der Zeit nicht nur ein weites (bis 6 km) sondern auch tiefes Tal (60 m) ausgeräumt. Während der Auischüttung der Mainsande, die in drei Stufen erfolgt ist, erfährt die Fauna sehr beträchtliche Änderungen. Spiegelt sich in den Resten der wunderbaren Säugetierwelt, die besonders in den Mosbacher Sanden liegen (früheste Zwischeneiszeit), mindestens ein Klima wieder, wie es heute um das Mittelmeer herrscht, so tritt in der mittleren Mainterrasse eine Fauna auf, der das Rentier beigesellt ist. Zahlreicher sind die Rentierfunde in der letzten Zwischeneiszeit, als Mitteldeutschland zu einer Steppe wird, in der fast nur von der Luft — von Wind und Sturm — bewegte Absätze (Löß) zustande kommen. Im jüngsten Mainabsatz fehlen nun alle die großen Dickhäuter und Wiederkäuer (Mammut, Rhinozeros, Bison, Riesenhirsch u. a.), die zuvor unsere Landschaft belebten; das Ren aber ist nach dem Norden verzogen. In großer Menge liegen hingegen in diesen Absätzen die Geweihe des Edelhirschs. An die Stelle der Steppe ist der Wald getreten. In dem Bau von Ein- bäumen verrät sich nun auch die Existenz des Menschen am Untermain. In der frühen Alluvialzeit bilden sich in den verlassenen Stromstrecken Moore. Sie weisen uns den Weg, den damals Main und Nidda eingehalten haben. Das größte Tier aus dieser Zeit, dessen Reste uns überliefert sind, ist der Urochs (Bos primigenius Boj.); weit und breit scheint sich auch der Biber an den Flußufern angesiedelt zu haben. Auch menschliche Skeletteile liegen im Enkheimer Moor begraben. Mit dem oberflächlichen Aulehm schließen die geologischen Gebilde in unserer Landschaft ab; er ist der Absatz von jüngeren Überschwemmungen. Im letzten Abschnitt des Buches bringt ein Profildurchschnitt durch die Sohle, auf der sich der Main bewegt, — von Dietesheim bis über Flörs- heim — die vielfachen Schichtenstörungen in diesem geologisch noch dem Rheingraben zugehörigen Gebiet zur Darstellung. Die meisten fossilen Dokumente der beschriebenen Vorgeschichte vom Untergrund des Frankfurter Stadtgebietes birgt das Senckenbergische Museum. Die besterhaltenen unter diesen Tier- und Pflanzenresten sind in der geo- logisch-paläontologischen Schausammlung ausgestellt. 4A. Knoblauch. an ihre Aaritee. a ai ERALE 1 Karte). 1888 . RE TS aa . opterenfauna von Fortorin mit Porträt u i 5 do pteren von hiemlas 1 mit 7 Taten), 1884 Bea rn ) ke von. gi 1I u Porträt „ 30,— Ar ee NER r ER Fossilien des Senskenbersiäkhen Museums. ; Toxtfguren u. 8 Tafeln). PH us, iier eaanische Ta Rhus vernifr D.C. (mit 2 Tertäguren u 1.Talel). 1899 2.2.2. .0&, En er Ferner sind erschienen und von dem Bureau zu beziehen: RE holt, Reiseerinnerungen aus Algerien und Tunis (mit 13 Voll- BE: bildern u. 11 Abbildungen im Text). 185 . . ...... M.3— v. Heyden, Katalog der Käfer von Nassau und Frankfurt a.M, VB REaRe LIONS ER N a el ee Der anti)" a y Ausgewählte Phanzenfannili en Beginn: Dienstag, den 26. Aprit 1 ® (klei (Im Anschluß an. die Vorlesung Exkursionen (Bei Kursen u Exkursionen vorherige een Dozenten erbeten), N Fe er ee Ausgegeben Juni. 1910 Inhalt: 8 aus der Schausammlung:: : Das indische Nashorn - 3 Der afrikanische Elefant . Der Riesenalk- . . . . . f DR Ein fossiler Hai nl : Lehrtätigkeit im Winterhalbjahr 1909) 10 Br e, BR Sack: Aus dem Leben unserer ‚Zuckmücken iohrondwidear Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet, Übersetzungsrecht vorbehalten. Frankfurt am Main 1910 Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. * Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Hefits M. 2.—. u « asagareitnk dee Museums, 2 ee Bär 11—1, am ersten Sonntag eines jeden M + ice im Sommer (April bis September) yon 2—5, im ‚Win Er März) von 2—4 Uhr, Kur EEERTE Dienstags von 10—1 Uhr, 3 zur | rd -. Mittwochs im Sommer‘ von 35, im ‚Winter von. 240 U re Donnerstags von 10—1 Uhr, i Freitags von 11—1 Uhr, By Samstags im Sommer: von 3—5, im Winter von PERF Uhr Ber RS. (Montags und an den hohen Feiertagen bleibt das Museum g D Mitgliedschaft. Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt mindestens M. 20.— einmalige Zahlung eines BERRDTSCHENGSR Kapitals wird die ewige kitgnied schaft erworben. a Die Mitglieder. und ihre Angehörigen. haben freien Zutritt zu. dem 5 ‘Museum, zu den Vorlesungen, praktischen Kursen und Vorträgen (wissen-. schaftlichen Sitzungen); doch wird von den Teilnehmern am Zoologischen Praktikum eine Gebühr von M.10.— für Materialverbrauch erhoben. Die Mitglieder erhalten ferner von den Veröffentlichungen der Gesellschaft den „Bericht“ unentgeltlich und, gelegentlich erscheinende Beihefte zu ae sowie die „Abhandlungen“ und Kataloge zu ermäßigten Preisen. Nichtmitglieder zahlen am. Dienstag, Donnerstag und Samstag. 50 Pk Eintritt in das Museum, für den Besuch jeder Vorlesung M. 8.— im lich der Gebühr für Materialverbrauch, In den risseneharRnE Stangen, 2 können Nichtmitglieder als Gäste eingeführt werden. 2 — 161 — Neues aus der Schausammlung. BE NEW YORK BOTANICAL Das indische Nashorn. GARDEN. Mit 7 Abbildungen. Dem indischen Nashorn, Rhinoceros unicornis L., geht es wie allen Riesen der Tierwelt: sein Wohnbezirk wird ständig kleiner, und sein Geschlecht wird durch die modernen Hand- feuerwafien immer mehr dezimiert. Heute lebt es in größeren Mengen nur noch in Nepal, dem Maharadscha als jagdbares Wild vorbehalten. Auch nach Europa ist es zu allen Zeiten weit seltener als das afrikanische Nashorn gelangt; 61 v. Chr. wurde es zum ersten Male von Pompejus den Römern bei Tier- kämpfen vorgeführt, und erst 1503 kam wieder ein Exemplar nach Portugal: es ist von Dürer verewigt worden, der es allerdings pur aus einer Zeichnung kennen gelernt hat. Selbst in den letzten Dezennien des vorigen Jahrhunderts, als Tierhandel und Tierimport unter Jamrachs und Hagenbecks zielbewußter Leitung in so ungeahnter Weise aufblühten, blieb das indische Nashorn eine kostbare Rarität auf dem Markt, und es ist zu erwarten, daß es auch in Zukunft immer seltener zu uns ge- langen wird. Augenblicklich leben nur noch zwei Vertreter der Art in Europa, das eine Tier in Antwerpen, das andere in London. Von dem zweihörnigen afrikanischen Nashorn ist das ein- hörnige indische schon äußerlich ganz wesentlich verschieden. Während die dicke Haut des .afrikanischen Nashorns sich bis auf wenige, nicht stark hervortretende Falten dem Körper an- schließt, ist beim indischen Nashorn die Haut in einen Panzer verwandelt, der durch gewaltige Falten in ganz bestimmte Schilder geteilt ist. Da in diesen Falten die Haut verhältnis- 11 — 12 — mäßig dünn ist, kann hier eine Bewegung der Hautmassen statt- finden. Die Haut der einzelnen Schilder ist wieder durch netz- artige Zeichnungen und kleine polygonale Felder, die sich buckel- artig erheben, in äußerst feiner Weise modelliert. Das Wesen des Nashorns ist im allgemeinen weder in der Wildnis noch in der Gefangenschaft ein gutmütiges. Zu trauen ist ihm niemals, und so plump es in der Ruhe erscheint, so Fig. 1. Gipsabguß des frischen Kadavers. gewandt zeigt sich das gereizte Tier im Angriff. Über seine Lebensweise in der freien Wildbahn sind wir auch heute noch nicht in allen Einzelheiten unterrichtet, besonders nicht über die des indischen Nashorns, da die Beobachtung mit großen Schwierigkeiten verknüpft ist. So viel scheint jedoch festzustehen, daß die Nashörner ungesellige Tiere sind, die wohl nur die Brunst für kurze Zeit vereinigt. Bei Tage meist schlafend, be- nutzen sie die Stunden der Nacht und des frühen Morgens, um gestärkt durch ein Schlammbad Äsung zu suchen. Zärtliche Mütter sind aber die Nashornweibchen; wer das 4a 18 — Junge erbeuten will, muß die Alte erlegen. Es ist der einzige - Weg, dieser Tiere für die zoologischen Gärten habhaft zu wer- den; denn bei ihrer ungeheuren Kraft ist es ausgeschlossen, andere als ganz junge Exemplare einzufangen und zu trans- portieren. Da nun aber die Aufzucht dieser Kleinen mit großen Schwierigkeiten verknüpft ist und weite Wege bis zu der Küste zurückgelegt werden müssen, versteht man den hohen Preis, Fig. 2. Provisorische Zusammensetzung des Skeletts. der auch für das verhältnismäßig noch leicht zu erlangende afrikanische Nashorn in Europa gezahlt werden muß. Die Farbe der Tiere erscheint in der Wildnis meist dunkler, als sie in Wirklichkeit ist. Das indische Nashorn ist hellgrau, das afrikanische gelbbraun; aber die dicke Schlammschicht, mit der sich die Tiere, wie man glaubt, zum Schutz gegen Blut- sauger bedecken, läßt sie wesentlich dunkler erscheinen. Unser Nashorn, ein weibliches Exemplar, ist, wie Noll*) *, Noll, „Die Rhinocerosarten“. Der Zoologische Garten, 14. Jahrg.., S. 47. Frankfurt a. M. 1873. 055 a berichtet, zusammen mit einem Männchen am 19. September 1872, etwa drei Jahre alt, für den Preis von 8000 Talern vom Ber- liner Zoologischen Garten erworben worden. Es war damals 2,80 m lang und 1,33m hoch. Die Hoffnungen, daß dieses Paar sich fortpflanzen würde, erfüllten sich nicht, und so wurde schließ- lich das weibliche Tier am 10. April 1896 an den hiesigen Zoologischen Garten verkauft. Es gedieh ausgezeichnet, bis im Fig. 3. Anfertigung des Tonmodells. Winter 1907/08 schwere Krankheitszeichen (Blutung aus den Genitalorganen) auftraten. Da es trotz sorgsamer Pflege all- mählich immer mehr abnahm, wurden alle Vorbereitungen ge- troffen, das Tier zu töten, sobald an seinem bevorstehenden Ab- leben nicht mehr zu zweifeln sein würde; denn seine wertvolle Decke sollte der Wissenschaft erhalten bleiben. Am 24. August 1909 war dieser Zeitpunkt gekommen. Das Nashorn war vormittags in seinem Auslaufkäfig zusammen- gebrochen und schien sich nicht mehr erheben zu können. Es wurde deshalb nachmittags zwei Uhr durch Einspritzen von 2g = | | — 15 — Skopolamin in wenigen Minuten getötet. Da unser Museum sich entschlossen hatte, den Kadaver zu erwerben, wurde sofort mit der Präparation begonnen. So war es möglich, mit allem Raf- _ finement vorzugehen, dessen sich die moderne Präparationskunst bedient, um als Endresultat ein Objekt zu erhalten, das nicht nur im allgemeinen die Gestalt eines Nashorns wiedergibt, sondern auch in allen Einzelheiten dem Individuum entspricht. Wie hierbei Fig. 4. Tonmodell, halb im Gipsmantel. vorgegangen wurde, seiin Wort und Bild geschildert, um zu zeigen, wie solche Schaustücke entstehen, die durch ihren wissenschaft- lichen und künstlerischen Wert in gleicher Weise bedeutend sind. Gleich nach der Tötung wurde das Tier auf die Seite ge- lest und mit dem Abformen in Gips begonnen. Es war ein schweres Stück Arbeit. Der Abguß einer Seite des Tieres ge- nügte; er Konnte aber wegen der Größe des Objekts nur stück- weise vorgenommen werden, wobei auf das Abformen der gewal- tigen Hautfalten besondere Sorgfalt verwandt werden mußte, weil gerade ihre exakte Wiedergabe für die spätere Präparation — 16 — von größter Wichtigkeit war. Endlich war das Werk vollbracht; numeriert lagen die einzelnen Stücke. der Form wohlgelungen nebeneinander. Nun wurden die Maße vervollständigt, mit deren Notierung schon während des Abgießens begonnen worden war. Es ergab sich unter anderem, daß das Tier eine Gesamtlänge von 3,25m und eine Höhe von 1,68 m erreicht hatte. Fig. 5. Tommodell, ganz im Gipsmantel. Hierauf begann der zweite und schwierigste Teil der Prä- paration, das Abbalgen. Mit vereinten Kräften ging es flott ans Werk; galt es doch, schnell zu arbeiten, denn es war keine Zeit zu verlieren, wenn das Fell noch vor der Nacht geborgen sein sollte, und dies war nötig, da bei der warmen Witterung die Decke unter dem gewaltigen Druck des Kadavers sicher gelitten haben würde. Alles ging gut; nur das Abhäuten des Kopfes bot an der Ansatzstelle des Hornes ungeahnte Schwie- rigkeiten. Kurz entschlossen löste man den Kopf im Zusammen- hang mit dem Fell vom Rumpfe los, und noch am Abend konnten — 167 — Fell und Kopf nach dem Museum geschafit werden. Dort wurde zunächst das Fell in ein Wasserbad gelegt, um es von Schmutz und Staub zu befreien, und schon bei sinkendem Licht wurden noch Abgüsse der Muskulatur der Vorder- und Hinterbeine, der Schulter und Hüfte genommen. Am frühen Morgen des nächsten Tages kamen die Ana- tomen zu ihrem Recht; es begann die Zergliederung des Tieres. nn Fig. 6. Zusammensetzen der einzelnen Formstücke. Durch Strieke wurde es in Rückenlage fixiert, so daß die Ob- duktion ohne allzu große Schwierigkeiten vorgenommen werden konnte. Es fand sich eine gewaltige Geschwulst der Gebär- mutter, deren genaue Untersuchung in der Senckenbergischen Anatomie für das krankhaft vergrößerte Organ ein Gewicht von 1 Zentner ergab. Es lag ein Fibromyom des Uterus und ein Krebs der Uterusschleimhaut vor. Erwähnt sei aber, daß der Tod des Tieres in erster Linie wohl durch Altersschwäche bedingt gewesen ist; denn auch das eingangs erwähnte männliche Nas- horn in Berlin, das gleichzeitig mit unserem Tier nach Europa —, — 18 — gekommen war, ist vierzehn Tage später verstorben. Die Lebens- dauer des Nashorns in der Gefangenschaft scheint demnach nur etwa vierzig Jahre zu betragen. Nach Bergung alles dessen, was für die wissenschaftliche Bearbeitung von Wert war, wurde mit dem Abfleischen der Knochen begonnen. Schon am Abend konnte das ganze Skelett, in einzelne Teile zerlegt, nach dem Museum verbracht werden, wo es alsbald in die Mazerationsbehälter wanderte. Inzwischen hatte aber auch im Museum die Bearbeitung des Felles begonnen. An Ketten und Flaschenzügen mußte das 15 Zentner schwere Fell bewegt werden, und es galt nun, es so herzurichten, daß es sich einer Form anschmiegen konnte, die das Modell des Tieres darstellen würde, d.h. es mußte von dem Unterhautzellgewebe herausgeschnitten werden, was nur irgend herausgeschnitten werden konnte. Nur wenn das Fell dünn genug war, konnten Alaun und Salz durchdringen und das Fell für alle Zeiten vor dem Verderben schützen. Nur dann konnte es später möglich sein, die Haut über das anzufertigende Modell des Tieres zu ziehen. Drei Wochen lang wurde Tag für Tag diese schwierige und anstrengende Arbeit vorgenommen. Neun Zentner sind auf diese Weise heruntergeschnitten und seschabt worden. Nun konnte das Fell dem Gerbungsprozeß überlassen und zur Herstellung des Modells geschritten werden. Während man früher bekanntlich die Tiere „stopfte* und sich mit den wenig naturgetreuen Präparaten begnügte, die auf solche Weise hergestellt waren, beansprucht man heutzutage, daß auch das tote und präparierte Tier uns ein naturwahres Abbild des Lebens gibt. Dies läßt sich nur dadurch erreichen, daß zunächst ein genaues Modell des Tieres in natürlicher Größe hergestellt und daß alsdann über dieses Modell das präparierte Fell gespannt wird. Sobald es sich der Form anschmiegt, muß ein Stück entstehen, das in allen Einzelheiten den anatomischen Eigentümlichkeiten des lebenden Tieres entspricht. Da mußte nun zunächst das Gipsnegativ — ein solches war ja der im Zoologischen Garten gewonnene Abguß — zu- sammengesetzt werden, um durch Ausguß desselben als Modell für alle weiteren Arbeiten ein Positiv zu erhalten, wie es uns Fig. 1 zeigt. In wunderbarer Schärfe treten hier alle Felde- rungen und Zeichnungen der Haut des lebenden Tieres hervor, "UUIT sSIUloMUm SO490Wy7 UIOUSEN SOyosıpu] 'L — 10 — so daß danach eine bis ins kleinste gehende Kontrolle bei der weiteren Arbeit möglich war. Die Unterlage für ein anatomisch richtiges Modell mußte das Skelett abgeben. Inzwischen war nun auch die Mazeration und Präparation der Knochen soweit vorgeschritten, daß die Skeletteile getrocknet und provisorisch, wie es Fig. 2 zeigt, zusammengesetzt werden konnten. Auf Fig. 3 sehen wir, wie auch der Leib des Tieres nach innen durch Holz faßdauben- ähnlich abgedeckt worden ist, und wie nun unter beständiger Anlehnung an den Gipsabguß begonnen wurde, über dieses Skelett das Tier vollständig in Ton zu modellieren. Doch dies durfte nicht die bleibende Form sein, über die später das Fell kommen sollte; denn sie enthielt in ihrem Innern noch das wertvolle Skelett, dessen besondere Aufstellung für später in Aussicht genommen ist, und Ton ist auch kein geeignetes Material zur Herstellung einer leichten und dauer- haften Form. So mußte also von diesem Modell zunächst ein neuer Abguß genommen werden. Auf Fig. 4 sehen wir das halbe Tonmodell im Gipsmantel, und Fig. 5 zeigt uns eine Seite desselben ganz und gar in Gips gehüllt. Natürlich mußte der Abguß aus einzelnen Formstücken zusammengesetzt werden. 21 solcher Teilstücke waren hierzu nötig. Nach ihrer Abnahme wurde das Tonmodell auseinander- gebrochen, um das Skelett wieder zu gewinnen, dessen feinere Präparation noch nicht beendet war. Jetzt galt es, die einzelnen Stücke der Gipsform Seite für Seite aneinanderzusetzen und durch Ausguß der ganzen Form das endgültige Positiv, eins von der rechten und eins von der linken Seite, zu gewinnen. Fig. 6 zeigt uns, wie man angefangen hat, auf einer Lage von nassem Sand die Formstücke zusammenzusetzen, die dann noch gut verbunden werden mußten, bevor sie definitiv aus- gegossen werden konnten. Durch ein besonderes Verfahren ist es gelungen, die endgültige Form nur 3cm dick zu gestalten, so daß die miteinander verbundenen Hälften, d. h. das voll- ständige Modell, so leicht wurden, daß sie ein starker Mann wenigstens anheben konnte. Spannende Augenblicke waren es, als nun die geschmeidige Haut wie ein Handschuh über die gewaltige Form gestülpt wurde. Würde alles genau passen? Ein einfaches schematisches Arbeiten, — 11 — das sich sklavisch nach dem Abguß hätte richten können, war nicht möglich gewesen; denn da das Tier lange krank und sehr abgemagert war, hing.ihm die Haut in seinen letzten Lebens- tagen in großen Lappen um den abgefallenen Körper. Dies mußte bei der Herstellung des Tonmodells berücksichtigt werden, und gar manche abgemagerte Stelle war nach photographischen Aufnahmen des lebenden Tieres aus früheren Jahren auszu- gleichen, um die Spuren des langen Siechtums zu verwischen. Aber alles war gut geraten; das Werk war gelungen. Als die Haut auf das mit Leim bestrichene Modell übergezogen, vernäht und mit vielen tausend kleinen Nägeln befestigt war, stand das Tier in voller Lebenswahrheit vor uns (Fig. 7). Sieben Monate harter Arbeit hat es erfordert, um unser Nashorn wieder aufleben zu lassen. Mit Stolz sehen wir es jetzt neben dem Elefanten und dem Flußpferd als eins der gewaltigsten und schönsten Schaustücke in unserem Lichthof stehen. E. Marx und A. Koch. Der afrikanische Elefant. Mit 9 Abbildungen. Früher, als wir gehofft, ist unser Wunsch, die Gruppe der Diekhäuter durch hervorragende Exemplare in unserem Museum vertreten zu sehen, in Erfüllung gegangen. Über das Fluß- pferd wurde im letzten Heft berichtet, das Rhinozeros ist vor- stehend erwähnt; hier soll das größte und bedeutendste neue Schaustück, der afrikanische Elefant gewürdigt werden. Wiederum ist es der eifrige Förderer unserer Sammlungen, Rudolf von Goldschmidt-Rothschild, dem wir diesen gewaltigen Vertreter der afrikanischen Tierwelt verdanken. Im belgischen Kongogebiet ist der Riese erlegt worden; Rowland Ward in London, der Schöpfer so mancher hervorragender Schaustücke der Dermoplastik, hat ihn präpariert. Mag es schon erhebliche Schwierigkeiten verursacht haben, die Haut eines solchen Riesen aus dem Innern Afrikas nach Europa zu transportieren, so stellten sich der Überführung des fertigen Schaustücks von London nach Frankfurt noch weit größere Hindernisse in den Weg. Ein Transport auf der Eisenbahn war —- 12 — ausgeschlossen, und so mußte der Elefant, in einer 4m hohen und über 7m langen Kiste sorgfältig verpackt, nachdem er auf einem Frachtschiff nach Rotterdam überführt worden war, auf einem der großen Mainkähne der Firma Altschüler & Co. verladen werden. Doch für solch umfangreiche Güter waren die Luken nicht vorgesehen, und deshalb konnte die weit dar- über hinausragende Kiste nur durch wasserdichte Tücher gegen Fig. 1. Im Hafen. Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a. M. die Unbilden der Witterung geschützt werden. Nach zwölf- tägiger Fahrt kam sie glücklich in Frankfurt an. Um die nahe- zu 90 Zentner schwere Last an Land zu bringen, bedurfte es des riesigen Portalkrahnens im Hafen, und eine große Zu- schauermenge umstand die Verladestelle, um den Koloß in den Lüften schweben zu sehen. Doch war es eigentlich eine Ent- täuschung, konstatieren zu müssen, daß sich der ganze Vorgang mit solch selbstverständlicher Ruhe und Sicherheit abspielte, als ob es nur gegolten hätte, wenige Kilo aus dem Schiff zu heben. Auch die zwei kräftigen Pferde schienen die Last nicht — 13 — ungewöhnlich zu finden, denn in ungestümer Hast nahmen sie die erste scharfe Ecke, und schon kam die Kiste ın unliebsame Berührung mit einem Güterschuppen. Aber es lief günstig ab; nur eine geknickte Dachrinne warnte vor weiterer Übereilung. Sodann schien alles gut zu gehen, bis ein eiserner Steg den bedenklich schwankenden Wagen mit seiner hohen Last umzu- werfen drohte. Obwohl die Kiste streifte, passierte sie glücklich. Fig. 2. Beim Auskrahnen. Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a.M. Das Schwanken der unsanft in Bewegung gesetzten Telephon- drähte am Bahnübergang brachte uns nicht mehr aus unserer Ruhe, und so langte das wertvolle Gut nach ungefähr drei- viertelstündiger Fahrt unbeschädigt vor dem Museum an. Ein halbes Dutzend Zimmerleute mit Balken und Winden stand schon bereit. Doch nahm es 12 Stunden in Anspruch, bis der Elefant aus seinem überaus widerstandsfähigen Gefängnis be- freit und an seinen Aufstellungsort verbracht war. Unser Bau- meister hatte beim Abmessen des Portals entschieden eine glückliche Hand, denn auch hier konnte der Elefant gerade — 114 — hindurch transportiert werden, ohne anzustreifen. Noch war er sorgfältig in Strohmatten verpackt, nur die mächtigen Stoß- zähne ragten frei hervor. Aber bald fielen auch diese Hüllen, und vor uns stand er in seiner imponierenden Größe, ein Bild der Stärke, ein unangreifbarer Herrscher der Tierwelt. Die Zoologie bezeichnet den afrikanischen Elefanten als Elephas africanus Blumenbach. Doch die große Ausdehnung Fig. 3. Eine bedenkliche Belastungsprobe. Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a.M. Afrikas, die verschiedenen klimatischen Zonen und die ab- weichenden Lebensbedingungen haben mit der Zeit eine Reihe von Unterarten herausgebildet, die namentlich an der ver- schiedenen Gestalt der Ohren zu unterscheiden sind. Die größten Ohren besitzt die nahezu ausgerottete Abart im Kaplande, E..a. capensis. Mehr von ovaler Gestalt, aber auch noch von bedeutender Größe sind die Ohren des westafrikanischen Ver- treters, E. a. cyclotis. Der Sudanelefant, E. a. oxyotis, zu dem wohl auch unser Exemplar zu zählen ist, fällt durch die be- deutend kleineren Ohren auf, die halbkreisföürmig abgerundet g vr. ee PET — 15 — sind, nach vorn und unten jedoch eine deutlich ausgeprägte Spitze aufweisen. Die ostafrikanische Unterart, E. a. knocken- haueri, besitzt noch kleinere Ohren von deutlich dreieckiger Form. Im Kongogebiet findet man eine Zwergform, E. a. pumilo, die kaum über 2 m Höhe erreicht. Früher über ganz Afrika verbreitet ist der Elefant jetzt nur noch südlich vom Tsadsee anzutreffen. In Südafrika soll Kun em & N a ER ae ia N main NEE S Rue .N, Fig. 4. Ein kritischer Augenblick. Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a. M. er noch in wenigen Exemplaren vorhanden sein; namentlich ist er auch aus allen Küstengegenden mit Ausnahme von Kamerun vollständig verschwunden. Der Elefant ist der einzige noch lebende Vertreter der Rüsseltiere (Proboscidea), wenn wir nicht das Mammut, Hlephas primigenius, auch noch zu den rezenten Formen rechnen wollen. Mastodon und Dinotkerium waren ihre Vorläufer. Nach den paläontologischen Funden zu schließen, müssen namentlich die drei letztgenannten Vertreter der Familie früher eine weite Verbreitung gehabt und vor allem auch in der Frankfurter — 116 — Gegend — im Mainzer Becken — in großer Menge gelebt haben, wie dies schon die reichen Funde, die sich in unserem Museum befinden, zur Genüge beweisen. Betrachten wir unser Schaustück etwas eingehender, so fällt uns vor allem die ungeheuere Größe dieses Exemplars in die Augen. Bei einer Schulterhöhe von 3,28 m, einer Länge von der Rüsselspitze bis zum Schwanzende gemessen von 7m m en — Fig. 5. Beim Öffnen der Kiste. Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a.M. und einem Leibesumfang von 5,40 m stellt es wohl das größte auf dem Kontinent befindliche Exemplar dar. Das Gewicht des lebenden Tieres mag über 100 Zentner betragen haben. Ein Vergleich mit der darunter aufgestellten Spitzmaus läßt uns erst so recht die enorme Größendifferenz zwischen diesen ex- tremen Vertretern der Säugetiere erkennen. Die rissige ge- felderte Haut ist nur an wenigen Stellen in mächtige Falten gelegt. Von dem rotwollenen Pelz, den das Mammut getragen, oder von dem feineren, aber dichten Haarkleid des neugeborenen Elefanten ist hier nichts wahrzunehmen. Aber immerhin finden — 117 — sich noch viele Haare über die ganze Oberfläche zerstreut, die nur am Ende des Schwanzes als dicke Borsten eine ziemlich lange Quaste bilden. Der Rüssel, also die verlängerte Nase des Tieres, erreicht die stattliche Länge von 2,80 m. Seine ungemein vielseitige Verwendung ist durch ein reiches und kompliziertes Muskelsystem ermöglicht. Auf der Vorderseite ist die Haut des Rüssels in zahlreiche Falten gelegt, die eine Fig. 6. Vor dem Portal des Museums. Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a.M. für diese Art charakteristische Ringelung hervorrufen. Er endigt in zwei beweglichen Fortsätzen, die ein äußerst ge- schicktes Greiforgan darstellen. Der verhältnismäßig kleine Kopf zeigt eine auffallend abgerundete Stirn. An die kleine Ohröffnung schließen sich die Ohrmuscheln an, deren größter Durchmesser 1,20 m, deren kleinster 0,90 m beträgt. Sobald das Tier in Aufregung versetzt wird, stellt es die Ohren auf, so daß sie senkrecht vom Körper abstehen und sich in der Nackengegend nahezu berühren. Der Hals ist kurz und gedrungen, die Schultergegend auffallend hoch, der Rücken steil abfallend. 12 ! — 198 — Der gewaltige Rumpf wird von vier mächtigen säulenförmigen Beinen getragen, von denen uns am lebenden Tier namentlich die hinteren Extremitäten bei der Bewegung auffallen, da hier im Gegensatz zu den meisten anderen Tieren das Knie frei aus der Muskelmasse hervortritt. Während wir am Skelett vorn und hinten fünf wohlgegliederte Zehen antreffen, ist am lebenden Tier hiervon nichts wahrzunehmen, denn die Haut überzieht die Fig. 7. In dem Portal des Museums. Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a. M. Zehen vollständig gleichmäßig; nur die am Vorderfuß in der Vierzahl, am Hinterfuß in der Dreizahl vorhandenen platten, nagelartig nur die äußerste Zehenspitze umschließenden Hufe weisen auf eine innere Gliederung hin. In der Nähe der Vorderbeine befinden sich zwei Brustwarzen. Am meisten imponieren uns die langen Stoßzähne, die 1,90 m aus dem Oberkiefer hervorragen, von denen jedoch noch ein bedeutendes Stück als hohle Wurzel in den sogenannten Zahnbüchsen eingeschlossen ist. Die hohle Wurzel nimmt z. B. beim indischen Elefanten !/;—!/ı, beim abessinischen !/«—a, — 179 — bei der Zambesiform sogar '!/s—'!/s der Gesamtlänge des Stoß- zahns ein; beim Mammut dagegen betrug sie nur !/s—!/s. Der größte bis jetzt exportierte Zahn wies eine Länge von 3,27 m bei einem Gewicht von 94 kg auf. Das Gewicht der Stoßzähne unseres Exemplares beträgt 73 kg. Schmelz und Zement fehlen, und so stellen sie in ihrer gleichmäßigen, nicht zu großen Härte das geschätzte Elfenbein dar. Stetig fortwachsend können sie x NZ \ Fig. 8. Ankunft im Lichthof. Aufnahme von Carl Neithold in Frankfurt a. M. bei einer längeren Lebensdauer ihres Trägers eine Länge von über 3m erreichen. Bei dem asiatischen Elefanten sind sie lange nicht in derselben Stärke ausgebildet wie bei dem afrikanischen Vertreter der Gattung; das Weibchen weist ge- wöhnlich überhaupt keine Stoßzähne auf, und es gibt auch viele Männchen, bei denen sie zeitlebens nicht mehr zur Aus- bildung kommen. Die Stoßzähne des Elefanten haben sich aus Schneidezähnen entwickelt und zwar bei unseren rezenten Arten aus den Schneidezähnen des Oberkiefers, während der Unterkiefer keine 12* — 10 — Schneidezähne aufweist. Auch unter den Vorfahren der heutigen Elefanten finden sich Arten, bei denen nur im Oberkiefer Stoß- zähne zur Entwickelung gekommen sind, z. B. beim Mammut. Ein großer Teil der Mastodonarten trug dagegen sowohl im Oberkiefer als auch im Unterkiefer Stoßzähne, während bei Dinotherium nur im Unterkiefer zwei gewaltige, nach unten und innen gebogene Stoßzähne vorhanden waren. Abnorm ist auch das übrige Gebiß; Eckzähne fehlen, und gewöhnlich finden wir in jeder Kieferhälfte nur einen Backen- zahn, manchmal vor demselben noch das Rudiment eines abge- nützten zweiten, der jedoch schließlich von dem nachgewachsenen Zahn aus dem Kiefer hinausgedrängt wird. Demnach liegt hier ein kontinuierlicher Zahnwechsel vor: sobald ein Backenzahn abgenützt ist, wird er durch einen neuen ersetzt. So konnten bis zu sechs einander folgende Backenzähne konstatiert werden. Die Oberfläche eines solchen Zahns weist rautenförmige Leisten, die sogenannten Schmelzfalten, auf, die zwischen und neben sich weichere, tiefer liegende Partien einschließen. Bei dem asiatischen Elefanten stehen diese Schmelzleisten viel dichter als bei der afrikanischen Art, so daß die einzelnen Leisten nahezu parallel zu einander verlaufen. Ihr Aussehen nähert sich hierdurch der Zahnbildung des Mammut. Beim jungen Zahn sind die einzelnen Platten, von der harten Schmelzschicht vollständig überzogen, nebeneinander gelagert; durch die fort- schreitende Abnutzung verschwindet allmählich die obere Kante, und an ihrer Stelle treten zwei gesonderte Schmelzlinien auf, die, je weiter die Abnutzung vor sich geht, um so weiter aus- einander rücken. Aus der Zahl der Schmelzplatten kann man am besten das Alter der Backenzähne feststellen: beim ersten Zahn treten drei, beim zweiten sechs, beim dritten und vierten sieben, beim fünften acht und beim sechsten zehn solcher Platten auf. Außer der erwähnten Verschiedenheit in der Gestaltung der Backenzähne unterscheiden sich die beiden rezenten Elefanten- arten durch die Mächtigkeit der Stoßzähne, die Form des Kopfes, die Größe der Ohren und die Gestalt des Rüssels, sowie durch das Profil des Rückens und durch die Zahl der Hufe. Die Stoßzähne des asiatischen Elefanten bleiben an Länge weit hinter denjenigen des afrikanischen zurück. Die Seitenpartien seines Kopfes treten infolge mächtiger Knochenauftreibungen "pırgosqJog ypıImyosp[on UOA x U0A YuogdsaH 'ypequownjg SMuDd9L/n soydayz ‘ yuego]H aoyosuenuuy 6 "LH — 12 — als gewaltige Stirnhöcker hervor, während die Stirn des afrikanischen Elefanten gleichmäßig gewölbt ist; auch sind seine Ohren bedeutend kleiner. Bei dem asiatischen Elefanten hat der Rüssel an der Oberseite seiner Spitze eine ziemlich große fingerförmige Verlängerung; bei der afrikanischen Art zeigt die Rüsselspitze an der Ober- und Unterseite derartige, gleich große, aber kleinere Fortsätze. Bei dem asiatischen Elefanten ist der ganze Rücken annähernd gleich hoch; bei dem afrikanischen stellt die Schulterhöhe weitaus die höchste Partie dar. Schließlich finden wir bei der ersten Art am Vorderfuß fünf, am Hinterfuß vier Hufe, bei der afrikanischen Form dagegen nur vier und drei Hufe. Bei dem großen Nahrungsbedürfnis des Elefanten ist es selbstverständlich, daß er ein ungebetener Gast in der Nähe der Ansiedlungen ist, in denen er gewaltige Verwüstungen an- richten kann. Doch in den Urwäldern Afrikas findet er an Früchten, Baumzweigen und Blättern nie versagende Vorräte, und selbst in den Steppen, wo er nur auf Baumrinde oder Knollen und Wurzeln angewiesen ist, die er mit seinen mäch- tigen Stoßzähnen aus der Erde herauspflügt, findet er noch vortrefllich sein Fortkommen. Er ist aber durchaus nicht auf die heißeste Region angewiesen, obwohl ihm brennende Hitze mehr zuzusagen scheint als z. B. dem sumatranischen Vertreter, der sich tagsüber in den dichten, schattigen Busch zurückzieht. In Afrika geht er zu gewissen Zeiten, z. B. in den Bergländern des Kilimandjaro, bis zu einer Höhe von 2700 und 3000 m hinauf. Auch in Abessinien kann man ihn noch in 2400 m Meereshöhe antrefien. Er unternimmt oft weite Wanderungen, bewegt sich, sobald Gefahr droht, in seinem Paßschritt sehr rasch vorwärts und ist sogar im Erklettern felsiger Abhänge äußerst geschickt. Der afrikanische Elefant ist wohl ebenso klug wie sein asiatischer Verwandter, aber keineswegs so gutmütig wie dieser. Es sprechen viele Gründe dafür, daß schon Hannibal seinen Sieg über die Römer mit afrikanischen Elefanten errungen hat. Sicherlich verwandten ihn die Römer bei ihren Tierkämpfen. Dann ist es fast zwei Jahrtausende lang überhaupt nicht mehr gelungen, ihn lebend nach Europa zu bringen. Heutzutage ist er jedoch in vielen zoologischen Gärten vertreten. " u ee — 13 — Er lebt gewöhnlich gesellig in Herden von zwanzig bis zu mehreren Hundert Stück, die Weibchen immer an Zahl über- wiegend. Nur alte Männchen scheinen sich manchmal als förm- liche Einsiedler abzusondern. Von Menschen und Tieren ge- fürchtet, konnte er sich so in der günstigsten Weise vermehren, denn obwohl das Weibchen nach einer Tragzeit von 20!/s Monaten nur ein Junges zur Welt bringt, gleicht sich dieser geringe Zuwachs durch eine mehr als 100jährige Lebensdauer wieder aus. Begnügten sich früher die Eingeborenen damit, unseren Riesen in großen Fallgruben zu fangen oder durch vergiftete Fallspeere zu töten, so gingen sie, als auch für sie das Elfen- bein zu einem lohnenden Handelsartikel wurde, zur Massentötung über. Indem große Steppengegenden an verschiedenen Stellen in Brand gesetzt wurden, fanden die eingeschlossenen Elefanten durch Feuer und Rauch und durch die Speere der Eingeborenen, die von den geängstigten, matten Tieren keine Gefahr mehr zu befürchten hatten, zu Hunderten ihren Tod. Interessanter ist die Jagd einiger Nubierstämme, bei der mehrere berittene Jäger das gefährliche Wild zu stellen suchen, während ein einzelner das Tier von hinten anschleicht, um ihm mit einem Hiebe seines breiten Schwertes die Achillessehne durchzuhauen, so daß der Koloß wie vom Blitz getroffen zusammenstürzt. Die modernen Feuerwafifen der berufsmäßigen Elefantenjäger und der Sportsleute scheinen jedoch sein Schicksal vollends besiegelt zu haben. Wie uns die Statistik lehrt, wird von den 1200000 kg Elfenbein, die jährlich zur Verarbeitung kommen, etwa ein Drittel aus den fossilen Zähnen des Mammut gewonnen, ganz unbedeutende Mengen liefert der asiatische Elefant; 800 000 kg werden dagegen schon seit Jahrzehnten Jahr für Jahr aus Afrika exportiert, und wenn man bedenkt, daß diese Menge jährlich etwa 65000 Elefanten das Leben kostet, kann es uns nicht wundern, wenn dieser interessante Vertreter der Tierwelt bald nur noch in Museen anzutreffen sein wird. Mit um so größerer Freude begrüßen wir es deshalb, daß uns durch die verständnisvolle Fürsorge unseres Gönners ein solch vorzügliches Exemplar überwiesen worden ist. Denn nur zu bald wird die Zeit verstrichen sein, in der es überhaupt noch möglich sein dürfte, derartig riesige Vertreter dieser Art zu erlegen. E. Wolf. — 14 — Der Riesenalk. (Mit 2 Abbildungen.) In den Museen beginnt neben den Vertretern der gegen- wärtig lebenden Fauna und den versteinerten Resten vorzeit- licher Geschöpfe eine neue Kategorie von Objekten mehr und mehr in die Erscheinung zu treten: Bälge, Skelette und sonstige Präparate von Arten, die in historischer Zeit erloschen sind. Noch ist ihre Zahl gering, aber sie wächst unaufhaltsam ; denn die menschliche Kultur führt einen vernichtenden Krieg gegen die Tierwelt. Wie lange wird es noch dauern, bis Elch und Luchs, Steinbock, Wisent und Bison, Beutelwolf und See- otter, Bartgeier, Kiwi, Brückenechse und viele andere, schon Jetzt schwer bedrängte Arten endgültig verschwinden? Durch eifrige Schonung, zu der man sich aufzurafien beginnt, wird der Untergang verzögert, aber nicht verhindert werden. Die Pflicht der Museen aber wird es sein, als unentbehrliches Material für künftige Forschung von den erlöschenden Formen zu bewah- ren, was sich nur irgend bewahren läßt. Diese Aufgabe ist keineswegs immer leicht. Arten erlöschen, ehe man die Gefahr bemerkt, und wird sie bemerkt, so sind die Tiere oft schon so selten geworden, daß Präparate von ihnen kaum mehr zu erhalten sind. Hier heißt es also für ein Museum, das auch in dieser Hinsicht an erster Stelle stehen will, gut aufpassen, rasch zugreifen und wegen der Kosten nicht allzu ängstlich sein. Je länger man zögert, um so teurer wird das Objekt, und ist der Untergang einer Spezies erst einmal perfekt, sind alle vorhandenen Reste in festen Händen, dann glückt es nur noch äußerst selten, eines Stückes habhaft zu werden. Am schlimmsten steht es in dieser Hinsicht natürlich mit denjenigen Tieren, deren Erlöschen schon längere Zeit zurück- liegt. Wie ging man damals mit den kostbaren Objekten um! Dronte und Solitär, die flugunfähigen, plumpen Riesentauben von Mauritius und Rodriguez, sind Ende des 17. Jahrhunderts ausgestorben, und außer Bildern und ein paar kümmerlichen Fragmenten besitzt die Wissenschaft nichts von ihnen. Der letzte existierende Drontebalg, der sich im Oxforder Museum befand, wurde 1755 verbrannt, weil die Motten hineingekommen — 15 — waren; heute würde jede Feder ein Kleinod sein. Und wie hat man sich durch den Untergang der Arten überrumpeln lassen! Das Quagga starb so unvermutet aus, daß nur ganz wenige Museen — gleichsam durch Zufall — sich mit brauchbaren Stücken versehen hatten, obwohl das Tier in unseren zoologi- schen Gärten lange genug das häufigste Zebra war und die Buren Südafrikas gewohnheitsmäßig’ sein Fell zu Kornsäcken be- nützten. Im Senckenbergischen Museum befindet sich ein Stück; aber wir haben gute Gründe, es oben im gnädig verhüllenden Dunkel der „wissenschaftlichen Sammlung“ stehen zu lassen. Um so erfreulicher ist es, daß unser Museum von einer anderen, höchst interessanten und vielbegehrten Art, deren Untergang in die erste Hälfte des vorigen Jahrhunderts fiel, nicht nur einen gestopften Balg sondern auch ein tadelloses Skelett besitzt: vom Riesen- oder Brillenalk, Plautus im- pennis L. Die Riesenalke waren nordische Meeresvögel aus der Ver- wandtschaft der Lummen, speziell dem Tordalk nahestehend, aber viel größer als dieser, etwa so groß wie eine Gans. Ihr Federkleid war unten schneeweiß, am Rücken, Hals und Kopf dunkel braunschwarz; ein großer ovaler weißer Fleck vor jedem Auge gab dem Vogel ein Ansehen, als wenn er eine Brille trüge; ein weißer schmaler Randstreifen zierte die Flügel. Wie beim Tordalk war der schwarze Schnabel hoch und seitlich stark zusammengedrückt und trug eine Anzahl schräg verlaufender Furchen. Die Schwimmfüße saßen weit hinten am Rumpf, so daß der Vogel nach Art der antarktischen Pinguine mit beinahe senkrecht gehaltenem Leibe stand und nur mit kurzen Schrittchen, aufrecht wie ein Mensch, einhertrippeln konnte. Bei weitem das Auflallendste waren die im Verhältnis zu einem so großen und schweren Vogel winzigen Flügel, deren Länge nicht mehr als 17—20 cm betrug. Daß sie zum Flug in der Luft gänzlich untauglich waren, ist selbstverständlich. Dagegen haben sie dem schwimmenden Vogel als Ruder vorzügliche Dienste geleistet; denn der Riesenalk schwamm — auch hierin spricht sich voll- kommene Übereinstimmung mit den Pinguinen aus — mit Hilfe seiner Flügel, als wenn er durchs Wasser flüge. Und wie voll- endet er dieses, sein wahres Element zu beherrschen wußte, ist uns von alten Seefahrern, die ihn darin gesehen haben, +) . © —_ S ra an Be = {os} a ® un ® = En ® un = Unser Riesenalk nach der .Umstopfung. — 18 — geschildert worden. Die Beute, die das fischreiche Meer den Vögeln lieferte, verdauten sie am Land in beschaulicher Ruhe, scharenweise auf den felsigen Klippen stehend. Dort legte auch das Weibchen sein einziges, 120 bis 130 mm langes, kreisel- artig geformtes, auf grünlichem Grunde braun geflecktes Ei ohne besondere Sorgfalt auf den moosigen Boden. Der Wohlgeschmack dieser großen Eier war einer der Gründe für den Untergang der Art. In grauer Vorzeit be- wohnten die Riesenalke, wie aus einzelnen Knochenfunden geschlossen werden kann, ein weites Gebiet, das sich von Grönland und Neufundland im Norden und Westen bis Norwegen, Dänemark und England nach Osten und Süden erstreckt hat. Aber die Menschen machten eifrig Jagd auf die fetten Vögel und ihre Eier, — findet man doch auf Irland öfters Knochen von Riesenalken in „Kitchen middens“, den vorhistorischen Küchenabfällen — so sank ihre Zahl und verengte sich ihr Wohngebiet, und gegen Ende des achtzehnten Jahrhunderts lebten sie in einiger Häufigkeit nur noch auf ein paar Klippen bei Island und Neufundland. Um 1830 herum galten sie bereits als selten, und 1844 ist das letzte lebende Stück, von dem man weiß, auf Island erschlagen worden. Die damals ver- breitete Ansicht, daß man im höheren Norden noch viele von ihnen antreffen werde, fand keine Bestätigung. Die Art ist erloschen. Das Schicksal der schönen und auffallenden Vogelform rief eine ganze Literatur hervor; wir kennen jetzt dank der rastlosen Bemühungen von Steenstrup, W. Blasius, Bid- well u. a. jedes einzelne in den Sammlungen befindliche Stück und von den meisten auch die Geschichte. Es sind im ganzen nur 80 Bälge vorhanden, 20 in Deutschland und einer davon im Senckenbergischen Museum. Freilich war unser Exemplar bisher keine Augenweide. Sein Gefieder war zer- zaust und blutig, an einigen Stellen infolge ausgeschwitzten Fettes schmutzigbraun statt weiß, und der gewaltsam auf die Brust herabgebogene Kopf gab ihm ein jämmerliches und un- natürliches Ansehen. Aber unter den geschickten Händen unserer Konservatoren Adam und August Koch ist der Alk, wie ein Phönix aus der Asche, neu erstanden. Mit Pfeifenerde, Benzin, Persil und Wasserstofisuperoxyd ist alles Fett und Blut aus — 19 — dem Gefieder herausgewaschen worden, so daß seine Brust jetzt wieder glänzt wie frischgefallener Schnee. Die ganze Haut wurde vorsichtig erweicht, aufgetrennt und umgewendet und dann in anmutiger Haltung neu präpariert Jetzt kann unser Stück den schönsten überhaupt vorhandenen beigezählt werden. Dunkel ist die Herkunft unseres Riesenalkes. In dem von Hartert 1891 angefertigten Katalog unserer Vogel- sammlung steht die Notiz „getauscht von Prof. Fries in Stockholm im November 1837“. Da aber in den alten Tausch- listen und Protokollen hierüber kein Wort zu finden ist, dürfte der Angabe Harterts nur eine Vermutung und unbestimmte Äußerung des früheren Präparators Erckel zugrunde liegen. Dennoch wird sie ungefähr das Richtige treffen. Im Jahre 1831 sind auf der Insel Eldey bei Island zwei Dutzend Riesenalke getötet, in einer ganz besonderen Weise — nämlich durch einen Längsschnitt unter dem rechten Flügel — abgebalgt : und größtenteils nach Kopenhagen verkauft worden. Da unser Stück auf die gleiche Art präpariert worden ist, stammt es wahrscheinlich von Eldey und mag über Kopenhagen und Stock- holm nach Frankfurt gekommen sein. Begreiflicherweise stehen Riesenalkbälge sehr hoch im Preis. Schon 1869 hat Wilh. Schlüter in Halle nach Mit- teilung des jetzigen Inhabers der Firma Herrn Schlüter jr. einen Balg für 1500 Dollar an das Museum in Washington verkauft. Den jetzigen Geldwert aber schätzt Herr Schlüter auf nicht weniger als 20000 Mark. Sicher ist, daß wir unser Stück auch für diese Summe nicht hergeben würden. Noch spärlicher als Bälge sind vollständige Skelette des Riesenalkes — es sind im ganzen nicht mehr als 23 — in den Museen vertreten. Frisch aus dem Kadaver herauspräparierte Skelette gibt es überhaupt nur zwei: in Paris und im Londoner College of Surgeons. Alle übrigen hat die Funksinsel bei Neu- fundland geliefert. Hier muß eine starke Kolonie der Vögel ge- wohnt haben; denn unter dem torfigen Boden, oft mehrere Fuß tief, sind zahlreiche, durch die Einwirkung des Humus tiefbraun gefärbte Einzelknochen, ferner auch eine kleine Anzahl mumi- fizierter Körper und nahezu kompletter Skelette gefunden worden. In einem Falle war eine Wurzel durch den ganzen Wirbelkanal k — 10% — hindurch gewachsen und hielt so die losen Wirbel zusammen. Aus Einzelknochen hat man eine Reihe vollständiger Skelette künstlich zusammengesetzt, an den übrigen das Fehlende er- gänzen können. Von dort stammt auch das tadellose, nur wenig ergänzte Skelett, das kürzlich der Senckenbergischen Gesellschaft von Ch. Girtanner in Clarens für den Preis von M. 2850 ange- boten wurde, — in Anbetracht der Schönheit des Stückes ein recht geringer Preis — und es ist sehr erfreulich, daß die Ver- waltung sich rasch entschlossen hat, die Summe vorläufig zu bewilligen, ehe noch ein großmütiger Spender (auf den wir aber immer noch hoffen) dafür gefunden war. Unser prächtiges Stück läßt erkennen, daß die durch gleiche Lebensart bestimmte Ähnlich- keit („Konvergenz“) zwischen Riesenalk und Pinguin sich auch auf das Innere erstreckt. Wie die Pinguine besaß der Riesenalk einen hohen Brustbeinkamm, der sonst als Ansatzfläche der Brustmuskulatur nur flugbegabten Vögeln zukommt, bei fluglosen aber — Strauß, Kiwi, Eulenpapagei u. a. — durch Rückbildung verschwindet. Daß dieser Kamm bei Riesenalk und Pinguin trotz ihrer Flugunfähigkeit erhalten geblieben ist, erklärt sich durch den Gebrauch der Flügel als Ruderorgan: zu ihrer Be- wegung im Wasser dienen die gleichen Muskeln und sind dieselben Ansatzflächen erforderlich wie bei den Fliegern. Auch die Ab- flachung des ganzen Arm- und Handskeletts, die bei den Pinguinen so auffallend ist, findet sich angedeutet. Leider besitzt unser Museum kein Ei des Riesenalkes, nur eine Nachbildung. Von den 72 in der Welt vorhandenen echten Eiern hat England sich weitaus den Löwenanteil — nicht weniger als 49 — gesichert, vor allem auch durch den Eifer privater Sammler. Ganz Deutschland besitzt nur fünf. Die Summen, die für Riesenalkeier bezahlt werden, sind freilich schon jetzt enorm; erzielten doch die letzten Stücke, die ihren Besitzer gewechselt haben, Preise zwischen 4000 und 6000 M. Dennoch erscheint es fast als eine wissenschaftliche Ehrenpflicht des Senckenbergischen Museums, die nächste sich etwa bietende Gelegenheit zum Erwerb eines solchen Eies und damit zur völligen Komplettierung seines Besitzes an Riesenalkresten un- gesäumt zu ergreifen. O. zur Strassen. — 11 — Ein fossiler Hai. Mit einer Abbildung. Die lithographischen Plattenkalke des oberen Jura von Solnhofen und Eichstätt in Bayern, Nusplingen in Württemberg und einigen wenigen anderen Orten sind bekannt wegen der Fülle prachtvoll erhaltener Fossilien, die sie bergen. Es gibt kaum eine zweite Schicht auf der Erde, in der die zartesten Tiere der Vorzeit in gleicher Vollständigkeit erhalten sind. Die dünnsten Insektenflügel mit ihrem Geäder und die äußerst feine Flughaut des Plerodactylus hinterließen scharfe Abdrücke in den Plattenkalken; ja selbst die zartesten aller Tiere, die Medusen, sind so ausgezeichnet erhalten geblieben, daß man ihre Reste recht gut in das System der ‚jetzt lebenden Quallen einzureihen vermag. Gerade dieser Umstand ermöglicht die Vergleichung der damaligen Fauna mit der heutigen, und diese hat gezeigt, daß zahlreiche Meerestiere der Jurazeit kaum verändert noch in den heutigen Meeren leben. Ganz eigenartige Lebensbedingungen herrschten zu jener Zeit in den genannten Gegenden. Mächtige Korallenrifie wuchsen aus dem tiefen klaren Meerwasser empor, und zwischen ihnen hatten sich stille Lagunen gebildet, in denen nur ein ungemein feiner Kalkschlamm zur Ablagerung kam, genau so wie in den ruhigen Wasserbecken, die heute von einem Atoll umkränzt werden. Nur bei Stürmen brachen die Meeresfluten in die Lagunen herein; aber bald wurden sie wieder abgeschnitten, und die tropische Sonne trocknete das Wasser schnell ein. Jeder Einbruch des Meeres brachte Schwärme von Quallen und Tintenfischen, Krebsen, Fischen und anderen Meerestieren mit sich, und der weiche Kalkschlamm bewahrte ihre Reste aufs sorgfältigste. Vom nahen Festland trieb der Wind Blätter, Zweige und viele Insekten auf den klebrigen Schlick, und nun flatterten und hüpften die Flugsaurier und der Archaeopterix heran, um die allenthalben reich vorhandene Beute zu erhaschen. Wie ein großes Buch hat der Plattenkalk alle Zeichen des Lebens aufbewahrt, das in jenen Lagunen geherrscht hat; die Fährte des Urvogels, die letzten hastigen Bewegungen des Limulus, der dem drohenden Verderben zu entrinnen suchte, sie sind deutlich zu erkennen. Und doch ist uns dieses reiche Tierleben Squatina alifera (Münster), ein fossiler Hai. Geschenk von A. von Gwinner. —- 19 — nur zum Teil bekannt geworden; denn von sehr vielen, nament- lich den großen Formen sind nur ganz wenige oder gar nur Einzelexemplare gefunden worden, die der Zufall in die flache Lagune verschlagen hat, in der sie verendet sind. Zu diesen Tieren gehört auch ein Hai Squatina alifera (Münster) von breitem flachem Körper, mit mächtigen, nach außen gerichteten Brust- und Bauchflossen. Sein nächster Ver- wandter, der Meerengel (Squatina angelus) lebt noch heute in Menge im Atlantischen Ozean und besonders im Mittelmeer auf dem Meeresgrund, wo er sich von Schollen und Rochen nährt. Die beiden durch Millionen von Jahren getrennten Arten unter- scheiden sich nur durch das etwas stärker verknöcherte Skelett der Juraform. Das prachtvolle Stück unseres Museums ist eins der zahl- reichen Geschenke unseres korrespondierenden Mitglieds A. v. Gwinner in Berlin. Es wurde bei Nusplingen in einem jetzt verfallenen Steinbruch gefunden, und seine Erwerbung ist schon deshalb mit großer Freude zu begrüßen, weil weitere Exemplare von der früher hervorragenden Fundstelle nicht zu erwarten sind. Außerdem aber ist die Erhaltung des Stückes geradezu glänzend. Selbst die dreieckige Rückenflosse ist deutlich zu erkennen; der Hautsaum, der sich auf dem langen Schwanz hinzieht, ist körperlich erhalten, und die zahllosen kleinen Chagrinkörnchen in der rauhen Haut sind schon mit bloßem Auge sichtbar. Unser Museum hat mit diesem Stücke einen der schönsten, bisher überhaupt bekannten fossilen Haie erhalten. F. Drevermann. rt u — 14 — Lehrtätigkeit im Winterhalbjahr 1909/10. I. Zoologie. In den Monaten Oktober bis Dezember wurde von Prof. Dr. M. Flesch ein Vortragszyklus von 13 Stunden über die Entwickelungsgeschichte des Menschen gehalten. Zunächst, wurden Zellteilung und Befruchtung behandelt. Es wurden die neueren Feststellungen über die Geschlechtsbestimmung bei niederen Tieren besprochen, besonders die Untersuchungen aus der jüngsten Zeit über den Einfluß, den die Zahl der Chromo- somen bei einigen Insekten auf die Entstehung des Geschlechts ausübt. Daß ein Mehr an Chromosomen weibliche Sprößlinge be- wirkt, steht im Einklang mit den Tatsachen, daß anderwärts aus unbefruchteten Eiern Männchen, aus befruchteten Eiern Weibchen ausschlüpfen, und daß experimentell bei Kaninchen durch reichlichere Ernährung ein Überschuß an weiblichen Jungen gegenüber den Ergebnissen bei Unterernährung bewirkt wird. Ferner wurde auf die Forschungen Loebs hingewiesen, dem es gelungen ist, lediglich durch chemische Beeinflussung der Eier niederer Tiere lebensfähige Embryonen zu entwickeln, ohne daß eine Befruchtung vorausgegangen war. Weitere Vorträge be- handelten die Bildung der primitiven und sekundären Keim- blätter, der Primitivrinne und des Canalis neurentericus, ferner die Organentwickelung unter besonderer Berücksichtigung des Nervensystems und der Sinneswerkzeuge und schließlich die Bildung der Sexualorgane und der Eihüllen beim Menschen und in der Wirbeltierreihe. An Demonstrationsmaterial standen in erster Linie mikrosko- pische Präparate des Vortragenden, besonders Schnitte aus frühen Stadien der Embryonalentwickelung des Hühnchens und der Katze, sowie Präparate und Wachsmodelle aus der Lehr- und Schau- sammlung des Museums zur Verfügung. Auch waren dem Vor- tragenden von dem Dr. Senckenbergischen anatomischen Institut Be ee weitere Modelle und von Prof. Edinger einige Präparate aus der Entwickelung des Gehirns leihweise überlassen worden. Diaposi- tive aus der Sammlung des Ausschusses für Volksvorlesungen und epidiaskopische Vorführungen von Abbildungen ergänzten das reiche Anschauungsmaterial zu möglichster Vollständigkeit. Vom Januar bis März hielt Prof. zur Strassen die an- gekündigten Vorlesungen. Montags und Mittwochs las er über die Naturgeschichte der Vögel. Er gab zunächst eine all- gemeine Schilderung der Vogelklassen, wobei nicht nur auf Bau und Entwickelung, sondern vor allem auch auf physiologische und psychologische Verhältnisse Wert gelegt wurde. Hierbei be- nutzte der Vortragende anatomische Präparate, Modelle und Bilder, die zum Teil neu gekauft, zum Teil eigens für diesen Zweck im Museum angefertigt worden waren. Im zweiten Teil der Vorlesungen wurden die wichtigsten einheimischen und aus- ländischen Vogelarten nach Gadows System besprochen und unter Verwendung der Schausammlung in natura vorgeführt. - Donnerstags las Prof. zur Strassen über den gegenwär- tigen Stand der Abstammungslehre. Hier wurden die Gründe für die Annahme einer stammesgeschichtlichen Entwickelung und die verschiedenen Möglichkeiten, sie mechanistisch zu begreifen, dar- gelegt. Darwins Zuchtwahlhypothese wurde mit einigen neue- ren Korrekturen und Zusätzen als zureichende Erklärung an- erkannt. Auch für diese Vorlesungen stand eine Anzahl neuer Bilder, von freiwilligen Hilfskräften hergestellt, zur Verfügung. Beide Kollegien waren gut besucht, das über Abstammungslehre so stark, daß es im Festsaal abgehalten werden mußte. II. Botanik. Prof. Möbius behandelte in seinen Vorlesungen das Thema „Spezielle Pflanzengeographie oder Beschreibung der Pflanzenwelt der verschiedenen Länder‘. In 39 Stunden wurden die pflanzengeographischen Gebiete der Erde geschildert: zu- nächst das arktische Gebiet, dann die Gebiete der alten Welt, Australiens, Amerikas von Norden nach Süden und zuletzt das antarktische Gebiet. Es handelte sich natürlich nicht nur um das Aussehen der Vegetation in diesen verschiedenen Gegenden, sondern auch um die Bestandteile der Flora, deren Unterschiede und Beziehungen von und zu den Floren anderer Gebiete und 13% — 16 — vor allem auch um die Abhängigkeit der Pflanzenwelt von den klimatischen und anderen äußeren Verhältnissen ihres Landes. Früher war der Dozent zur Unterstützung des mündlichen Vortrages auf Wandtafeln, aufgelegte und herumgereichte Ab- bildungen und Präparate angewiesen; diesmal konnte neben diesen Hilfsmitteln auch das Epidiaskop verwendet werden. So wurden am Schluß jeder Stunde etwa 20 Projektionen vor- geführt: Vegetationsbilder, Abbildungen einzelner Pflanzen, ge- trocknete Pflanzen, kartographische Darstellungen, Tabellen und dergl. Die Vorlesung war von 43 Hörern und Hörerinnen besucht. Praktische Übungen wurden nicht abgehalten; doch war einzelnen Herren Gelegenheit geboten, auch im Winter- halbjahr mikroskopisch zu arbeiten. Der Kursus über Pflanzenbiologie für die Frauenschule wurde fortgesetzt und beendigt. In 20 Vorlesungen wurden die Be- ziehungen der Pflanzen zu einander und zu den Tieren, die verschie- denen Arten der Vermehrung und Reproduktion, die Bestäubung und die Verbreitung der Früchte durchgenommen, und mit einem Blick auf den Stammbaum der Pflanzen wurde der Kurs geschlossen. III. Mineralogie, Geologie und Paläontologie. Im geologisch-mineralogischen Seminar, das Prof. Schauf gemeinsam mit Dr. Drevermann abhielt, wurden wichtige Neuerscheinungen aus der Literatur von den Leitern und Teil- nehmern besprochen. An neun Abenden fanden die verschie- densten Seiten der Wissenschaft Berücksichtigung, und oft zeigte eine rege Diskussion den Wunsch, tiefer in die behandelten Fragen einzudringen. Es nahmen 25 Hörer teil, darunter 17 Lehrer und 8 Lehrerinnen. Die Vorlesungen Dr. Drevermanns über die Entwicke- lung der Wirbeltiere im Laufe der Erdgeschichte wurden Donners- tags von 7—8 Uhr im kleinen Hörsaal abgehalten und von 73 Hörern und Hörerinnen besucht. Es wurden die Fische, Amphibien, Reptilien und Vögel der Vorzeit unter Zugrunde- legung des Sammlungsmaterials durchgesprochen, wobei zahl- reiche Lichtbilder zur Ergänzung der Lücken dienten. Die Vorlesung findet ihre Fortsetzung im laufenden Sommerhalbjahr, in dem die Entwickelung der Säugetiere in ähnlicher Weise vorgetragen wird. — 17 — IV. Wissenschaftliche Sitzungen. 1. Sitzung am 16. Oktober 1909. Prof. Dr. OÖ. zur Strassen, Leipzig: „Psychologie der Insekten.“ In Fragen der Tierpsychologie haben von jeher nächst den Wirbeltieren die Insekten die Hauptrolle gespielt, da sie durch Häufigkeit und Schönheit das menschliche Interesse auf sich zogen und in ihrem Verhalten in der Tat mehr als andere Wirbellose merkwürdig sind. Dabei wurde und wird noch manchmal der Fehler begangen, menschliche Bewußtseinsvor- gänge und psychische Leistungen ohne genügende Kritik auf die Insekten zu übertragen. In dieser Hinsicht verlangt viel- mehr das „Prinzip der Sparsamkeit“ die größte Vorsicht. Die inneren Vorgänge, die unser eigenes Verhalten bewirken, stellen eine ganze Stufenleiter von steigender Kompliziertheit dar, die mit unbewußten, den physiko-chemischen Prozessen ähnlichen, ja im Prinzip auf solche zurückführbaren Leistungen beginnt und bis zum bewußten intelligenten Denken emporsteigt. Es dürfen nun innere Vorgänge einer bestimmten Komplikations- stufe nur dann beim Tiere angenommen werden, wenn das Verhalten des Tieres nicht schon durch einfachere erklärt werden kann. Auf der niedersten Stufe stehen die vollkommen ange- borenen, unbewußten Bewegungen unserer inneren Organe (Darm, Herz) und die ebenso unbewußten, durch äußere Reize ausge- lösten Reflexe, wie die Iriskontraktion auf Lichtreiz. Derartige Vorgänge genügen, um beim Insekt die Lauf-, Flug-, Freß- bewegung usw. an sich zu erklären, desgleichen die zweckmäßige Auslösung solcher Bewegungen durch den Reiz einer Berührung, Belichtung des Auges, Geruch der Nahrung und ähnliches. Sehr oft sind nun die Bewegungen der Insekten zweckmäßig gerichtet. Überwinternde Räupchen kriechen auf das Licht zu und gelangen so an die Zweigenden, wo sie Nahrung finden; Schmetterlinge fliegen zu duftenden Blüten, Aasinsekten zum Aas; die Männchen finden auf enorme Distanz ihre Weibchen. Solche Richtungs- bewegungen (Tropismen) sind als besondere Art des Reflexes leicht zu erklären. Auch der menschliche Säugling findet die Brust der Mutter. 1 — 18 — Wenn angeborene zweckmäßige Bewegungen der ‚Insekten nicht durch einfachen Reiz (Druck, Geruch usw.) ausgelöst wer- den, sondern durch eine bestimmt geordnete Kombi- nation von Reizen, die von einer „Form“ ausgehen, wie dies z. B. bei den kunstvollen Bauten der Insekten geschieht, so könnte man denken, hierzu sei eine bewußte „Vorstellung“ der betreffenden Form unentbehrlich. Dies trifft aber nicht zu. Beim Menschen wird das Vorhandensein und die Wirksamkeit unbewußter „Vorstellungen* angenommen. Also kann auch beim Insekt die „Form“ als eine entsprechend geordnete und in sich verknüpfte Gruppe physiologischer, d. h. unbewußter Reizvorgänge wirken, was sparsamer ist. Übrigens sind die Reize, die das angeborene Verhalten der Insekten bestimmen, oft andere, als man nach menschlicher Analogie vermuten möchte. Ameisen „erkennen“ Freund und Feind lediglich nach dem Geruch, ebenso ihren Weg, wobei sie durch einen „Formgeruch“ für die Richtung der Fährte reizbar sind. Bienen und Hummeln werden beim Heimweg durch optisch eingeprägte Landschaftsbilder geleitet, wobei aber das Bild des Zieles selbst keine Rolle spielt. Äußerst wertvoll für die Insekten ist ihre Fähigkeit, je nach den Umständen ihr Verhalten zweckmäßig zu modifizieren. Die Räupchen, die dem Lichte folgend an die Zweigspitzen ge- langt sind, wandern vom Lichte fort, sobald die Futterquelle erschöpft ist; die Bienen ändern ihr Verhalten weitgehend, je nachdem eine Königin im Stock vorhanden ist oder nicht. Vom menschlichen Standpunkte aus könnte man hierin den Beweis einer Intelligenz erblicken wollen. Allein die genannten und zahl- reiche andere Fälle von zweckmäßiger Verhaltensmodifikation sind vollkommen angeboren. Sie können darum nur mit den unbewußt-zweckmäßigen Modifikationen im Verhalten etwa un- seres Herzens verglichen werden, das je nach Temperatur usw. seine Tätigkeit regelt. Aus Reflexen und ihren angeborenen Modifikationen setzen sich alle, auch die kompliziertesten „Instinkte“ der Insekten zusammen. Somit ist dieser weitaus größte und wichtigste An- teil ihres Verhaltens relativ sparsam erklärt. Aber manche In- sekten besitzen nachgewiesenermaßen auch die Fähigkeit, ihr Verhalten auf eine nicht angeborene Weise zweckmäßig zu modifizieren: sie lernen aus Erfahrung. Nach Forel lernte — 199 — ein Schwimmkäfer, zur Fütterung an die Oberfläche zu kommen. Hummeln befliegen an einem Tage nur Blüten einer bestimmten Art, die sich als honigreich erwiesen hat. Bienen lernten die Stunden kennen, zu denen auf Forels Veranda Konfitüren zu stehen pflegten. Nach v. Buttel besuchen Bienen, die in Fen- stern Nahrung gefunden haben, danach auch fremde Fenster. Wasmann berichtet, daß die blutrote Raubameise (Formica sanguinea) lernte, die sonst geduldeten Dinarda-Gäste (kleine Käferchen aus der Familie der Staphyliniden) zu fangen und zu fressen. Dies sind erstaunliche Leistungen, jedoch nicht „in- telligente“. Zu ihrer Erklärung genügt vielmehr die Annahme, daß die Insekten der „Assoziation“ von Sinneseindrücken mit Bewegungen fähig sind. Assoziationen geschehen auch im Men- schen ohne intelligentes Zutun „von selbst“, sogar unbewußt. Fälle eigentlicher Intelligenz bei Insekten sind unbekannt. Was als solche berichtet wurde, beruht auf falscher Deutung. Künst- lich gestellten kleinen Aufgaben gegenüber versagen auch höchste Insekten. 2. Sitzung am 23. Oktober 1909. Prof. Dr. K. Escherich, Tharandt: „Über Termiten.* Die Termiten sind in den Tropen als furchtbare Schädlinge überall bekannt, die, in Massen auftretend, Holz, Papier, Leder, Kleider, Pflanzen usw. zerstören. Man kann den von ihnen angerichteten Schaden jährlich auf viele‘ Millionen schätzen. Gewöhnlich werden die Termiten „weiße Ameisen“ genannt; dies ist aber nicht ganz gerechtfertigt, da sie mit den echten Ameisen verwandtschaftlich nichts zu tun haben, sondern in die nächste Nähe der Küchenschaben zu stellen sind. Biologisch zeigen sie allerdings viel Übereinstimmung mit den Ameisen. Sie leben in Staaten, in denen die Arbeitsteilung in weitgehendem Maße durchgeführt ist; es gibt Geschlechtstiere, Arbeiter und Soldaten. Letztere können wieder in verschiedenen Formen und Größen auftreten und dienen entweder zur Verteidigung nach außen oder zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Innern. Die Arbeiter haben es völlig in der Hand, die Individuenzahl der einzelnen Kasten nach Bedarf zu regulieren; wie sie dies machen, ist größtenteils noch ein Rätsel. — 200 — Höchst interessant ist die Koloniegründung der Termiten, die wie bei den Ameisen durch das Ausschwärmen der geflügelten Individuen eingeleitet wird. Zu Tausenden, ja zu Hundert- tausenden, verlassen die letzteren ihren Bau, um sich in die Lüfte zu erheben und eine Zeitlang sich dort zu tummeln. Doch bald hat dieses Vergnügen ein Ende. Erschöpft fallen sie auf den Boden herab, um ihn nie wieder zu verlassen, da sie sich jetzt ihrer Flügel entledigen. Zuerst wimmelt alles regellos durcheinander; allmählich jedoch kommt etwas Ordnung in die Gesellschaft, indem die Tierchen sich zu Paaren ordnen und so, das Weibchen voraus, das Männchen dicht hinterdrein, nach allen Richtungen auseinander laufen („Liebesspaziergang“*), bis sie einen passenden Platz zur Gründung eines neuen Heims ge- funden haben. Dann gräbt sich das Pärchen, Rücken gegen Rücken gekehrt, gemeinsam in die Erde ein. So verbleiben sie vier bis fünf Monate; es ist dies eine Art Brautzeit, eine Er- scheinung, wie sie im Tierreich einzig dasteht. Erst nach dieser Zeit findet die Hochzeit statt, da erst dann die Geschlechtsorgane voll entwickelt sind. Nun dauert es ein Jahr, bis junge Brut vorhanden ist, die den Eltern zur Seite steht. Es ist leicht er- klärlich, daß der größte Teil der ausschwärmenden Termiten verloren geht, da ihnen Vögel, Schlangen, Eidechsen, Spinnen und Ameisen eifrig nachstellen. Die kunstvollen Termitenbauten zeigen nach Größe (6—7 m Höhe), Form, Konstruktion und Härte des Materials große Mannigfaltigkeit. Im Innern der Bauten, die von Höhlen und Gängen durchzogen sind, ist auch das königliche Gemach, in dem die mit einem etwa 10 cm langen Hinterleib aus- gestattete Königin täglich gegen 20 000 Eier legt. Die Nahrung, die, wie erwähnt, aus allem besteht, was zernagt werden kann, wird von den meist augenlosen und lichtscheuen Teermiten größten- teils auf Gängen in der Erde geholt; auch werden Vorräte an- gelegt. Man hat in den Kammern auch schwammartige Gebilde aus fein verarbeitetem Holz gefunden, auf denen Pilze wachsen, die als konzentrierte eiweißhaltige Nahrung namentlich den Lar- ven gegeben werden. Untereinander sind sich die Termiten feindlich ge- sinnt; trotzdem leben verschiedene Arten, aber durch Scheide- wände getrennt, in einem Bau, die kleineren Arten, um bei TEE — 201 — größeren zu stehlen, sogar als Pilzdiebe. Als Termitengäste finden sich Käfer, Käferlarven und Fliegen, die sich allmählich dem Termitenleben anpassen und geduldet werden, weil sie Sekrete absondern, die den Wirten behagen. Merkwürdig ist, daß sich alle diese Gäste durch dicke Bäuche auszeichnen, also gut genährt sind. Auch Schlangen .und Eidechsen kommen in den Bauten vor; Eidechsen legen ihre Eier hinein, Vögel nisten darin. In manchen Gegenden werden die Termiten roh, geröstet oder gebacken gegessen; auch finden ihre Bauten zum Brot- backen oder als Hochöfen Verwendung. 3. Sitzung am 30. Oktober 1909. R. Volk, Vorstand der biologischen Elbe-Untersuchungen, Hamburg: „Biologisches aus der Unterelbe, insbesondere die Beziehungen des Planktons zur Selbstreinigung des Stromes bei Hamburg.“ Die faunistische Durchforschung des Niederelbe-Gebietes war von der Direktion des Naturhistorischen Museums zu Hamburg schon seit langem geplant, und der Vortragende selbst hatte bereits im Sommer 1898 versuchsweise Beobachtungs- und Fangfahrten auf dem Strom und in den Häfen unternommen, als im Frühjahr 1899 die Staatsbehörde den Auftrag erteilte, mit diesen faunistischen Studien auch solche über die Einwirkung der Sielwässer von Hamburg und Altona auf die Elbtiere zu verbinden. Da aber Tier- und Pflanzenleben aufs innigste mit einander verknüpft sind und sich in gegenseitiger Abhängigkeit von einander abspielen, mußte auch die Elbflora, insbesondere die Mikroflora, in den Kreis dieser Untersuchungen einbezogen werden. Weil ferner Wohl und Wehe aller Wasserbewohner von der Beschaffenheit ihres Lebenselementes abhängig ist, waren auch chemische Wasseranalysen auszuführen. Eine Eigentümlichkeit des Elbwassers von Magdeburg abwärts ist sein hoher Gehalt an Chloriden. Dieser Salzgehalt entstammt der Wasserhaltung der Mansfelder Gruben und den Mutterlaugen der Kaliindustrie des Saalegebietes; er regelt sich nach dem jeweiligen Betriebe dieser Montanindustrie und der — 202 — Menge der atmosphärischen Niederschläge (bei Hamburg wurden bis zu 693 Milligr. Chlor im Liter Elbwasser gefunden). Er- höhter Salzgehalt aus der Nordsee kommt aber niemals bis Hamburg; er läßt sich selbst bei Hochwasserstand nur bis etwa 50 Kilometer unterhalb der Stadt nachweisen. Mit der Einrichtung eines Laboratoriums und der Leitung des Unternehmens wurde der Vortragende beauftragt; die syste- matische Bearbeitung des gesammelten Materials übernahm eine größere Anzahl von Spezialforschern. Die Vielgestaltigkeit und große Ausdehnung des Arbeitsgebietes, die sich heute auf rund 180 Kilometer von Süßwasser oberhalb der Stadt durch alle Grade der Salinität im Brackwasser bis zum hohen Salzgehalt der Nordsee erstreckt, bereitete besondere Schwierigkeit, zumal das ganze Gebiet unter der tiefeingreifenden Wirkung der Ge- zeiten steht. Es mußten zur Aufklärung der biologischen Ver- hältnisse und zur Lösung der von der Behörde gestellten Auf- gaben eigene Methoden ausgearbeitet und dazu auch neue Apparate konstruiert werden, zumal Erfahrungen über derartige Stromuntersuchungen noch gänzlich fehlten. Die Methoden richten sich im großen und ganzen nach Art und Lebensverhältnissen der Wasserbewohner. Diese scheiden sich in zwei große Gruppen, in Bewohner des Ufers und Grundes und solche, die schwebend oder. schwimmend das freie Wasser bevölkern. Die Gesamtheit der im Süßwasser meist mikroskopisch kleinen Schwebewesen, die weniger durch eigene Kraft wie die Fische schwimmen, sondern vielmehr durch geringes spezifisches Gewicht, innere Reibung des Wassers oder mancherlei mechanische Vorrichtungen ihres Körpers schweben, hat Hensen „Auftrieb“ oder „Plankton“ genannt. Unter den Wassertieren und -pflanzen gibt es solche, die nur im reinsten Wasser gedeihen, andere, die in mäßig ver- schmutztem Wasser ihr Fortkommen finden, und wieder andere, die zu ihrer Existenz ein stark mit fäulnisfähigen Stoffen ver- unreinigtes Wasser nötig haben. Da man aber zuweilen im Reinwasser durch Zufall dahin verschlagene Abwasserorganismen findet und andererseits auch Reinwasserbewohner einige Zeit in mehr oder weniger verschmutztem Wasser leben können, mußte neben der Feststellung der Formen auch deren Mengenbe- stimmung angestrebt, d. h. es mußten qualitative und quantitative — 203 — biologische Analysen ausgeführt und dabei ganz besonders auf charakteristische Lebensgenossenschaften, Biocönosen, geachtet werden. Weil sich in jenem Gebiet eine brauchbare Mengen- bestimmung der Ufer- und Grundbewohner nicht erzielen ließ, wandte der Vortragende nach dieser Richtung hin seine Auf- merksamkeit besonders dem Plankton zu. Nur die aus wöchent- lichen Fangfahrten jahrelang durchgeführten quantitativen Planktonbestimmungen aus dem „Reinwasser“ verglichen mit solchen aus der Abwasserregion konnten zu sicheren Schlüssen und zur Aufklärung über Einwirkung des Planktons bei den Selbstreinigungsvorgängen führen. Die Unbrauchbarkeit der sogenannten „quantitativen“ Planktonnetze zur Ermittelung des Planktongehalts im Wasser hatte der Redner bereits im Sommer 1893 erkannt. Darum konstruierte er für seine Zwecke eine „Planktonpumpe“, die aus jeder beliebigen Tiefe des Stromes genau gemessene Wasser- mengen mit ihrem vollen Planktongehalt zur Untersuchung bringt. Im Laboratorium werden die mit Formalin fixierten _ Organismen durch Sedimentierung vom Wasser getrennt und dann, mit Quittenschleim sehr genau gemischt, auf ein be- stimmtes Gewicht gebracht. Von diesem Quittenschleimgemenge, das eine erkennbare Entmischung durch Absetzung der Or- ganismen verhütet, werden Stichproben auf Objektträgern mit der Analysenwage gewogen und dann die Mengen der ver- schiedenen Planktobionten unter dem Mikroskop ausgezählt. Die Zählungsergebnisse, stets auf einen Raummeter Wasser be- rechnet, liefern dann die angestrebten Vergleichszahlen. Zu den Qualitativfängen werden die bekannten Netze aus feinster Müllergaze verwandt. Neu eingeführt hat der Vortragende ferner noch qualitative Streckenfänge, die in ununterbrochener Kette von 5 zu 5 Kilometern in Einzelproben vom gleichen Tage ein Bild der Verteilung der Planktonorganismen auf der ganzen Strecke bis zur Nordsee liefern. Mit jedem dieser Fänge wird eine Wasserprobe zur Salzbestimmung entnommen. Außer ihrem abnormen Salzgehalt bringt die Elbe aus ihrem Oberlauf, neben ihrem gewöhnlichen Gehalt an organischen Stoffen, zur Zeit der Zuckerkampagne noch außergewöhnliche Mengen fäulnisfähiger Substanz, die den Abwässern von mehr als 300 Zuckerfabriken entstammen. Selbstverständlich erhält — 204 — das Elbwasser dann noch durch die Efifluvien der ausgedehnten Sielnetze von Hamburg, Altona und Wandsbek eine weitere Anreicherung von Abwasserbestandteilen. Doch bewirkt hier das Einsetzen der Flut eine so energische Verdünnung und Ver- teilung in der gewaltigen Wassermasse des Stromes, daß diese Anreicherung nur in größerer Nähe der Sielmündungen und während der Ebbe auch unterhalb derselben nachweisbar ist. Wie die Untersuchungen gezeigt haben, werden diese Abwässer von dem Strom nicht nur ohne Schädigung seiner Bewohner verdaut; sondern sie führen überdies noch zu einer gewaltigen Vermehrung der Lebewesen, indem eine hochgradige Wieder- belebung toter organischer Stoffe stattfindet, die als ein Teil der Selbstreinigung angesehen werden muß. | Diese Selbstreinigung besteht in dem Zusammenwirken einer Reihe von physikalischen, chemischen und biologischen Vorgängen, durch die Fremdkörper, besonders organische fäul- nisfähige Stoffe, die das Wasser aufgenommen hatte, wieder aus diesem ausgeschieden werden. Die biologische und zum Teil auch die chemische Reinigung werden durch die Lebens- prozesse von Bakterien eingeleitet (seßhafte Abwasserpilze spielen bei Hamburg keine nennenswerte Rolle) und vielfach bis zur Mineralisierung und Vergasung der Fäulnisstofe fort- geführt. Erst bei einer gewissen Verdünnung setzt die Wirkung der Planktonalgen ein, von denen bis über 80 Milliarden im Raummeter Hafenwasser gefunden wurden. Einerseits assimi- lieren sie Kohlensäure unter Entwickelung von freiem Sauerstoff, wodurch sie zu Durchlüftern des Wassers werden, und anderer- seits absorbieren sie gelöste organische Substanz. Auch Proto- zoen sind befähigt, organische Substanz zu absorbieren; sie fressen aber auch Bakterien, darunter Erzeuger von Infektions- krankheiten, andere Protozoen, Planktonalgen und selbst kleine Metazoen. Die Metazoen des Planktons, Rädertiere, Kruster usw., ernähren sich von denselben Organismen. Unter ihnen sind die Kopepoden der Unterelbe wahre Mastschweinchen, Omnivoren, die neben Lebewesen auch noch Detritus verschlingen und sich im Sielwasserbereich in kaum glaublicher Weise vermehren. Auch die Bodenfauna ist im Sielwassergebiet eine überreiche, besonders an Mollusken und Würmern (Tubifieiden); sie sind in ihrer Masse gewaltige Detritusvertilger. Selbst die winzigen — 205° — Planktonkruster, von denen im Durchschnitt eine Eurytemora 0,064, eine Bosmina gar nur 0,0084 Milligr. wiegen, bewirken Erstaunliches durch ihr Massenvorkommen. Durch Kombination von Zähl- und Gewichtsanalysen wurden z. B. in 315000 Raum- meter Wasser des Indiahafens 30000 Kilogr. Bosminen und an einem anderen Tag in 12 Millionen Raummeter Wasser unter- halb der Städte 4800000 Kilogr. Eurytemoren (volle Ladung eines fünfmastigen Seeschiffes) festgestellt, während an denselben Tagen im „Reinwasser“ noch keine 2 Zentigramme Bosminen im Raummeter und Eurytemoren überhaupt nicht gefangen wurden. Aus alledem erkennen wir eine weitgehende Inkarnation von Sielwasserbestandteilen, eine Wiederbelebung von Stoff- wechselresten unseres eigenen Lebensprozesses und von Abfällen unseres Haushaltes. Da nun aber alle hier genannten Wasser- organismen, seien sie Schwebewesen oder Grundbewohner, von größter Wichtigkeit als Fischnahrung sind, so erkennen wir ferner, daß die Dungstoffe, die wir durch die Siele in den Strom - schicken, statt sie auf den Acker zu fahren, wirtschaftlich durchaus nicht verloren sind. Wenn auch nicht in Gestalt von Feldfrüchten und Mastvieh, gelangen sie doch zum großen Teil als wertvolles Fischfleisch wieder in unseren Besitz; denn in der Tat gehört die Niederelbe zu den fischreichsten Gewässern Deutschlands. Ausdrücklich aber warnt der Redner davor, von dem günsti- gen Abbau organischer Abwässer bei Hamburg Schlüsse auf die Entwässerung volkreicher Uferstädte im Binnenlande zu ziehen, weil dort der überaus wichtige Einfluß der Gezeiten gänzlich fehlt. Der Vortrag wurde durch Karten und eine größere Anzahl von Lichtbildern erläutert. Unter diesen befanden sich Mikro- photogramme von Elborganismen bis zu 8200facher Linearver- größerung auf den Originalplatten, Erzeugnisse der Mikro- photographie, die der Vortragende mit Hilfe Zeißscher Apo- chromate erzielt hat. 4. Sitzung am 6. November 1909. Privatdozent Dr. K, Deninger, Freiburg i. B.: „Ergebnisse seiner Reise nach den Molukken* Die Expedition, die der Vortragende im Herbst 1906 nach der Molukkeninsel Buru unternommen hat, war durch eine — 206 — Nachricht veranlaßt, die ihm durch einen Freund und Kollegen, Dr. Wanner, zugegangen war. Während seiner Reise in Nieder- ländisch-Indien hatte Wanner von Eingeborenen gehört, daß auf jener Insel merkwürdige primitive Menschen leben sollten. Obwohl diese interessante Nachricht sehr bestimmt klang, war sich der Vortragende darüber klar, daß er in dieser Frage keines- wegs mit einem sicheren Erfolg rechnen durfte, daß er vielmehr bestrebt sein mußte, einen möglichen Mißerfolg durch ander- weitige Forschungsergebnisse auszugleichen. Mit Ausrüstung und Proviant für ein halbes Jahr versehen, landete der Vortragende in Tifu auf Buru. Die Insel Buru, eine der größten Molukkeninseln mit einem Längendurchmesser von 140 Kilometern, ist sehr gebirgig und fast ganz mit Urwald bedeckt. Streckenweise ist der Wald durch hohes Savannengras unterbrochen, während nur ganz unbedeutende Flächen von den Eingeborenen in Kultur genommen sind. Die höchsten Erhebungen mit dem Kapalamatang, der sich als stolzer Gipfel von 2800 m direkt am Meere erhebt, liegen in der Landschaft Fogi im Nord- westen der Insel. Dies war auch das Gebiet, dem zunächst die Untersuchungen des Vortragenden galten, da von dort die Nach- richten über die „Waldmenschen“ ausgegangen waren. Zunächst wurden die geologischen Verhältnisse dieses Ge- bietes eingehend untersucht. Die Westhälfte von Buru stellt ein vorherrschend aus mesozoischen Kalksteinen aufgebautes, stark sefaltetes Gebirge dar, dessen Erforschung wegen der dichten Waldbedeckung große Schwierigkeiten bereitet. Allgemeineres Interesse gewinnt jedoch die Geologie der Molukken dadurch, daß in den letzten Jahren in diesem entlegenen Gebiet Versteine- rungen gefunden wurden, die in überraschender Weise mit sol- chen aus anderen Weltgegenden, namentlich aus der europäischen Juraformation, übereinstimmen. Vielfach ist auch die Ähnlich- keit des umschließenden Gesteins so groß, daß es an dem ein- zelnen Stück nicht möglich ist, festzustellen, ob es aus Schwaben oder von den Molukken stammt. Nach den gebräuchlichen Anschauungen über Leitfossilien stellt man unbedenklich Ablagerungen mit ähnlichem Fossilinhalt zeitlich einander gleich. Die Beobachtungen im Gelände, die der Vortragende über die Aufeinanderfolge der verschiedenen fossil- führenden Schichten auf Buru anstellen konnte, scheinen indessen — 207 — dafür zu sprechen, daß die Schichtenfolge in den Molukken eine andere ist wie in Europa, so daß vielleicht die Anschauung der Geologie über die Bedeutung der Leitfossilien in ihrer jetzigen Ausdehnung einer Revision bedarf. Sollte diese Auffassung sich bestätigen, so würde dies auch für die Stammesgeschichte der Organismen von großer Bedeutung sein. Besonderes Interesse bietet die Insel Buru auch vom tier- geographischen Standpunkt aus, weil sich in den Molukken das Verbreitungsgebiet der Beuteltiere mit dem höherer Säugetiere berührt. - Von letzteren Kommen eine Hirschart, Wildschweine, der Hirscheber (Babirusa), Zibethkatzen und Mäuse vor, während die Beuteltiere durch einen kleinen Kletterbeutler (Kuskus) ver- treten sind. Da verschiedene dieser Formen durch den Menschen eingeführt sein können, ist es von Wichtigkeit, daß der auf Buru vorkommende Hirscheber von der auf Üelebes lebenden Form stark abweicht und somit als ursprünglicher Bewohner der Insel angesprochen werden darf. Wie die Tierwelt stellen auch die Menschen eine Mischung von westlichen malayischen und östlichen papuanischen Elementen dar. Die Küstenbewohner sind zumeist Mohammedaner, und nur im Südwesten der Insel ist die Landschaft Masarete bis weit in das Innere christlich. Hier ist durch tüchtige Missionare, die die Bevölkerung zur Ordnung und Arbeit erzogen haben, viel geleistet worden. Bei der übrigen Bevölkerung herrscht ein Geisterglaube wie bei allen malayischen Völkern, hier zumeist verbunden mit einem Schädelkult, einer Verehrung der Schädel der verstorbenen Angehörigen. Kopfjagd wird nirgends betrieben, und nur im Süden der Insel werden von den bergbewohnenden Alfuren in seltenen Fällen Küstenleute zu religiösen Zwecken erschlagen. Die Nachforschungen nach den Waldmenschen stellten sich als sehr schwierig heraus. Monatelanges Umherstreifen hat kei- nen positiven Anhalt dafür gebracht, daß diese „Orang utan“ oder „Gebba boho“ (böse Menschen), wie sie bezeichnet werden, reale Wesen sind. Sie sollen sich durch starke Behaarung, kräf- tiges Gebiß, Mangel einer verständlichen Sprache, Fehlen aller Werkzeuge und anderes mehr auszeichnen. Endlich ist es dem Vortragenden gelungen, in der Landschaft Masarete in Höhlen Skelette aufzufinden, die von solchen Waldmenschen herrühren — 208 — sollen. Die im anatomischen Institut der Universität Freiburg aus- geführten Untersuchungen haben ergeben, daß sich darunter tat- sächlich Angehörige einer von der übrigen Bevölkerung ver- schiedenen Rasse befinden. Sie zeigen Verwandtschaft mit den Weddas von Ceylon, die eine der am tiefsten stehenden lebenden Menschenrassen sind. Mit ihnen in Beziehung stehende Völker sind bisher in Malakka, Sumatra und Celebes nachgewiesen worden, so daß das Vorkommnis auf Buru nur den am weitesten nach Osten vorgeschobenen Posten darstellt, wo sich Angehörige dieser Rasse zwischen den vordringenden übrigen Völkern noch erhalten haben. Wie anderwärts sind sie auch in Buru einem baldigen Verschwinden ausgesetzt. Die vordringende Kultur ist der schlimmste Feind alles ursprünglichen Volkslebens, und die anthropologische und ethnographische Erforschung der durch sie bedrohten Gebiete ist deshalb eine der dringendsten Forderungen der Wissenschaft. 5. Sitzung am 13. November 1909. Dr. H. Schubotz, Berlin: „Zoologische Ergebnisse und Beobachtungen wäh- rend der Zentralafrika-Expedition des Herzogs Adolf Friedrich zu Mecklenburg.“ Der Vortragende gibt einleitend eine kurze Übersicht über die Reiseroute und die Ziele der Expedition des Herzogs, an der er als Zoolog teilgenommen hat. Ihr Arbeitsgebiet lag zu beiden Seiten des zentralafrikanischen Grabens in seiner Aus- dehnung vom Kiwu-See bis zum Albert-See. Die Bedeutung dieser geologisch sehr merkwürdigen Erdspalte in tier- und pflanzengeographischer Hinsicht galt es insbesondere aufzuklären. Zu diesem Zweck wurden umfangreiche, jetzt dem Berliner Zoologischen Museum überwiesene Sammlungen, die sich auf alle Stämme des Tierreiches erstreckt haben, in der Nordwest- ecke des deutsch-ostafrikanischen Schutzgebiets, auf der Graben- sohle selbst zwischen Kiwu- und Albert-See und im nördlichen Teile des zentralafrikanischen (Kongo-) Urwaldes angelegt. Der afrikanischen Süßwasserfauna wurde besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Sie erwies sich, namentlich in Bezug auf das Plankton, auffällig artenarm bei einem sehr großen Individuenreichtum. Im Kiwu-See fehlen beispielsweise Cladoceren (Flohkrebse) ganz. — 209 — Auch Schwämme, Moostierchen, ja selbst Muscheln scheinen in diesem landschaftlich sehr schönen, geologisch offenbar jungen zentralafrikanischen See nicht vorzukommen. Fische sind zwar reichlich in ihm vorhanden; aber auch sie beschränken sich auf die verhältnismäßig geringe Zahl von zehn Arten. Der Albert-See und der Albert-Eduard-See, die sich in vielen Punkten ähneln, weisen etwas reichere faunistische Verhältnisse als der Kiwu-See auf. Die zentralafrikanischen Hochgebirge, die Virunga-Vulkane am Nordende des Kiwu-Sees und der Ruwenzori, wurden bis zu einer Höhe von mehr als 4000 Metern bestiegen. Dabei ergab sich eine auffallende Übereinstimmung der räumlich weit entfernten, durch den Albert-See und die tiefliegende Rutschuru-Ebene voneinander getrennten Gebirge in faunistischer Hinsicht. Von allgemeinerem Interesse ist die Feststellung, daß der Elefant sich bei seinen Wanderungen bis nahe an die Schneegrenze verläuft. Wenig unterhalb des Gipfels des 4500 Meter hohen Karissimbi, des höchsten der Virunga- Vulkane, in einer sehr unwirtlichen Region, in der nur noch Senecios (baumartige Kräuter) und Alchemillen gedeihen, fand der Vortragende frische Elefantenfährten. Von höheren Tieren wurden in dieser Region nur noch einige Vögel beobachtet und zwar die stahlblau gefärbte Nectarinia johnstoni, einer der kleinsten und dabei farbenprächtigsten Vertreter der afrikanischen Ornis, die nahe unter dem Gipfel des Muhawura-Vulkans und am Ulimbi im Ruwenzori-Gebirgsstock auf einer von ihr be- sonders bevorzugten Schaftlobelie vorkommt. Dem großen zentral- afrikanischen Urwald ist naturgemäß eine ganze Anzahl Arten eigentümlich; indessen finden sich sogenannte „westafrikanische* Formen auch in den Wäldern östlich des Grabens bis an den Viktoria-See und noch über diesen hinaus. Andererseits nimmt die dem östlichen Steppengebiet eigentümliche Fauna von Osten nach Westen an Artenzahl ab, so daß der Schluß nahe liegt, Äqua- torialafrika sei in früherer Zeit viel weiter nachWesten hin vom Ur- wald bedeckt gewesen, als es heute der Fall ist. Die in den relativ kleinen Urwaldparzellen Östafrikas vorkommenden westlichen Foor- men wären danach alsRelikte eines früheren Zustandes aufzufassen. Interessante Mitteilungen macht der Vortragende schließlich über die Möglichkeit der Domestikation afrikanischer Wildarten. Hieraus sei hervorgehoben, daß der Kongostaat in jüngster Zeit 14 — 210 — erfolgreiche Versuche gemacht hat, den afrikanischen Elefanten zu zähmen. In einer Station des Uelle-Distrikts befindet sich zurzeit eine Herde von etwa 30 Stück, allerdings durchweg jungen Tieren, von denen einige schon zu Feldarbeiten verwendet werden. Diese Zähmungsversuche sind von großer wirtschaft- licher Bedeutung, weil der Elefant nicht empfänglich für die verheerenden Viehseuchen ist, denen in Afrika sowohl Rinder als Pferde in ungeheurer Zahl zum Opfer fallen. 6. Sitzung am 20. November 1909. Dozent Dr. L. Grünhut, Wiesbaden: „Die Beziehungen zwischen physikalischer Chemie und Biologie.“ Physikalisch-chemische Anschauungen sind zuerst von medi- zinischer Seite zur Erforschung der Vorgänge am lebenden Organismus herangezogen worden, und zwar wurden zunächst Fragen der menschlichen Physiologie bearbeitet wie die Probleme der Entstehung bestimmter Sekrete und Exkrete, des Ablaufs bestimmter physiologischer Vorgänge u. dgl. Nachdem durch diese Arbeiten eine gesicherte Grundlage gewonnen war, konnte hierauf nun auch die Erörterung allgemeinerer Phänomene auf- gebaut werden, so daß, weit über die Fragen der menschlichen Physiologie hinausgehend, heute die gesamte Biologie in wesent- lichen Punkten physikalisch-chemisch beeinflußt ist. Vier Ab- schnitte der physikalischen Chemie sind es, die nützliche Fun- damente der Biologie geworden sind und zweifellos in Zukunft noch eine erhöhte Bedeutung gewinnen werden. Es sind die klare Fassung des Begrifis vom osmotischen Druck und die Möglichkeit seiner exakten Messung, die Theorie der elektro- lytischen Dissoziation, die präziseren Vorstellungen über die Beschaffenheit der Kolloide und endlich die Wiederbelebung der Beschäftigung mit dem Problem der Katalyse. An einer Anzahl vortrefilich gewählter Beispiele erläutert der Vortragende die Bedeutung dieser vier Momente für die Biologie. So werden die Beziehungen des osmotischen Drucks des Milieus, in dem ein Wesen lebt, zu dem osmotischen Druck seiner Körperflüssigkeit besprochen. Es werden die Beziehungen der Jonenproteide zu Leben und Tod der Zelle erörtert, Be- ziehungen, für deren Aufklärung Jonentheorie und Kolloidehemie — 2lil — die gleiche Bedeutung besitzen, und bei denen vielleicht auch die Katalyse eine gewisse Rolle spielt. Ein ähnliches Zusammen- wirken mehrerer Faktoren ergibt sich weiter bei den bemerkens- werten Forschungen von Jacques Loeb über die künstliche Parthenogenese, als deren Resultat feststeht, daß Seeigeleier beim Verbringen in gewisse Salzlösungen sich zu teilen beginnen und zu Larven entwickeln, ohne daß vorher eine Befruchtung erfolgt ist. Wesentlich bestimmend für diese Erscheinung ist die Art und die osmotische Konzentration der in der Salzlösung vorhandenen Jonen. Vom Standpunkt der Kolloidehemie wird ferner eine Reihe von Erfahrungen über die Beeinflussung des Lebensvorganges durch minimale Spuren fremder Substanzen erörtert, und schließlich werden die Fermentwirkungen zu den katalytischen Erscheinungen in Beziehung gebracht. iz. Sitzung am 27. November 1909. Dr; E. Strauß: „Tierische Farbstoffe.“ Bei der großen Mannigfaltigkeit der im Tierreich vor- kommenden Farbstoffe können nur einzelne Vertreter dieser Körperklasse besprochen werden, und zwar wählt der Vor- tragende hauptsächlich diejenigen aus, denen eine allgemeine biologische Bedeutung zukommt. Substanzielle Farben finden sich normalerweise in den Körperflüssigkeiten kreisend, als Se- krete besonderer Drüsen und als Ablagerungen in den Geweben. Das pathologische Auftreten gewisser Farbsubstanzen kann als spezieller Fall der letzteren Art des Vorkommens aufgefaßt werden. Die wichtigsten Farbstoffe der ersten Gruppe sind die Blutfarbstoffe. Ihre Aufgabe ist es, als Überträger des ein- geatmeten Sauerstofis in den Geweben Oxydationen im weitesten Umfang einzuleiten. Die im Tierreich verbreitetste Art von Blut- farbstoff ist das Hämatin, ein an einen Eiweißkörper, das Globin, gebundener eisenhaltiger Komplex. Die Verbindung beider Stoffe, das Hämoglobin, gibt dem Wirbeltierblut seine rote Farbe. Bei den niedrigsten Formen, beim Lanzettfisch und bei der Jugend- form des Aals, scheint es jedoch zu fehlen. In Bezug auf seine Verbreitung bei wirbellosen Tieren herrscht offenbar eine große Regellosigkeit. Es spielt z. B. bei den Würmern eine wichtige Rolle; bei Schnecken und Muscheln findet es sich nur in wenigen 14* — 2122 — Arten, und während es bei den Krebsen sehr verbreitet ist, fehlt es wieder fast vollständig bei den Insekten. Bei jenen Tieren nun, bei denen das Hämoglobin vermißt wird, scheint die respiratorische Tätigkeit von anderen Farbstoffen übernommen zu werden, so bei einigen Würmern von dem Chlorocruorin und dem Hämerythrin, bei den Mollusken und Krustazeen von dem Hämocyanin, einem blauen Farbstofi, der an Stelle des Eisens Kupfer enthält. Im Blute einiger Muscheln finden sich auch farblose respiratorische Stoffe, sogenannte Achroglobine, die Mangan enthalten. Eine für die Entstehung der tierischen Farb- stoffe überhaupt höchst wichtige Erscheinung bietet das Insekten- blut. Diese fast farblose sogenannte Hämolymphe wird nämlich an der Luft unter Einwirkung eines oxydierenden Fermentes schwarz gefärbt, ein Vorgang, den man als Melanose bezeichnet. Eingehende Untersuchungen haben auch eine auflallende Ver- wandtschaft zwischen dem Blutfarbstoff der Tiere und dem Blatt- grün der Pflanzen ergeben, obwohl zwischen beiden ein wichtiger funktioneller Unterschied vorhanden ist, indem das eisenhaltige Hämoglobin analytisch, das Magnesium enthaltende Chlorophyll synthetisch wirkt. Über Bildung und Zerfall des Hämoglobins im Tierkörper sind wir noch recht spärlich unterrichtet. Bekannt ist als Umwandlungsprodukt des Hämatins der in der Leber gebildete Gallenfarbstoff, das eisenfreie Bilirubin, das, leicht oxydierbar, in alkalischer Lösung an der Luft in das grüne Biliverdin übergeht. Von sekretorischen Farbstoffen verdienen die Purpursäfte einiger Meeresschnecken (Aplysıa, Purpura u.a.) und das schwarz- braune Drüsensekret des Tintenfischs (Sep:a), das Sepia-Melanin, wegen ihrer technischen Verwendung besondere Erwähnung. Die größte Anzahl verschiedener Substanzen, aber auch die größte Unklarheit in chemischer Hinsicht, bieten die Fär- bungen der tierischen Gewebe. Hier sei nur kurz erwähnt, daß sich möglicherweise in den Tegumenten grüner Insekten Chloro- phyll findet, daß bei einer Reihe wirbelloser Tiere sogenannte Lipochrome (fettlösliche Farbstoffe) auftreten, zu denen die blauen und roten Farbstoffe des Krebspanzers zu zählen sind, und daß die weißen Farbstoffe in den Flügeln des Kohlweißlings der Harnsäurereihe angehören. Dies sind nur einige Beispiele aus der Fülle von Substanzen, von denen zumeist weiter nichts zu nennen ist als der Name. Der einzige bis jetzt genauer studierte —_— 213 — Gewebsfarbstoff niederer Tiere ist die Cochenille, das pracht- volle rote Pigment einer Pflanzenlaus (Coccus cacti), dem die Karminsäure zugrunde liegt. Die weiteste Verbreitung als Ge- websfarbstoffe der Wirbeltiere besitzen die sogenannten Melanine, braune oder schwarze, meist schwefelhaltige Substanzen, die sicher Eiweißabkömmlinge sind und die Färbung der Haare, der Haut, der Horngebilde, des Auges usw. bedingen. Sie bilden auch die schwarzen Pigmentkörner mancher Geschwülste (Mela- nosarkome). Ihre chemische Konstitution ist noch fast völlig unaufgeklärt. Während man früher annahm, daß sie Zersetzungs- produkte des Blutfarbstofies seien, glaubt man jetzt, mit einiger Sicherheit behaupten zu dürfen, daß sie in den Zellen selbst entstehen und zwar unter der Einwirkung von Fermenten auf bestimmte, vom Zellkern ausgehende Chromogensubstanzen. Wahrscheinlich bilden für die Entstehung aller oder doch der meisten Farbstoffe des Organismus die chromogenen Gruppen der Eiweißmoleküle den Ausgangspunkt. 8. Sitzung am 4. Dezember 1909. Oberlehrer Dr. R. Richter: „Die Entstehung desRheintals von derQuelle bisMainz.“ Die Talbildung ist erst auffällig spät zum Gegenstand wissenschaftlicher Forschung gemacht worden. Als man über den Gebirgsbau längst gute Vorstellungen hatte, bestanden über sie noch ganz unhaltbare Auffassungen, obgleich die Talbildung auf den Charakter vieler Gebirge keinen geringeren Einfluß ausübt, als es die gebirgsbildenden Vorgänge selbst tun. In letzter Linie war es erst die Untersuchung der schweizerischen Täler und vor allem des Rheintals durch Rütimeyer, die die Täler allgemein als Werke des fließenden Wassers erkennen lehrte. Die talbildende Kraft ist überall dieselbe. Wenn trotzdem die Täler, selbst die einzelnen Strecken unseres Rheintals, ver- schiedene Formen annehmen können, so wissen wir heute, daß hierbei eine ganz bestimmte Gesetzmäßigkeit obwaltet. So sind alle Längstäler rasch zur Reife gelangt und zeigen ruhige, ausgeglichene Formen, während die Quertäler noch im Kampf mit dem größeren Gesteinswiderstand stehen und sich mit ihren Engen und Fällen alle Merkmale der Jugend bewahrt haben. Andere Talstrecken sind wirklich jugendliche Bildungen, die der — 214 — Rhein erst später begonnen und bis heute noch nicht bis zur Reife der älteren, zu ihren Gunsten verlassenen Talstrecken fertig gestellt hat. Endlich hat auch die Eiszeit die von Glet- schern durchströmten Talstrecken umgestaltet und in den Jugend- zustand der unausgeglichenen Gegensätze zurückversetzt. Aus solchen Elementen, die bei aller Verschiedenheit das eine gemeinsam haben, daß es vom Wasser selbst ausgeräumte Hohlformen sind, setzt sich das Rheintal von der Quelle bis Basel zusammen. Die Hohlform von Basel bis Mainz dagegen ist nicht vom Rhein geschaffen, überhaupt nicht oberflächlich aus- geräumt worden. Ihr Boden, ein schmaler Streifen der Erdkruste, ist vielmehr in die Tiefe versenkt worden, und der Rhein hat diese Hohlform schon offen vorgefunden. Es handelt sich also hier gar nicht um ein Tal im eigentlichen Sinne, vielmehr ist dieser Begriff auf die vom Rhein geschaffene Rinne am Boden des Grabens einzuschränken. Das Rheintal hat sich also aus sehr verschieden gebauten Stücken nach und nach zusammen- gefügt, und seine Geschichte ist wohl zu unterscheiden von der Geschichte des Rheinlaufes. 9, Sitzung am 11. Dezember 1909. Prof. Dr. E. Kaiser, Gießen: „Die Entstehung des Rheintals von Mainz bis Köln.“ Unter Benützung einer Reihe von Tafeln und von sehr instruktiven Lichtbildern schildert der Vortragende in großen Umrissen die Entstehungsgeschichte des Rheinischen Schiefer- gebirges und bespricht sodann eingehender die Talbildung. Zu Ende des Miozäns oder zu Beginn des Pliozäns war das ganze Gebiet des jetzigen Rheintals von Mainz bis Köln ein flacher Schild, der nur wenig über den Meeresspiegel hervor- ragte. Eine gleichmäßige Emporhebung des Gebirges oder ein Absinken der vorlagernden Teile bedingte zusammen mit den allgemeineren Erscheinungen der Vergletscherung Nord- und Süddeutschlands ein gleichmäßiges und allmähliches Einschneiden des Tals. Dieses Einschneiden erfolgte aber nicht auf einmal sondern in Intervallen, in denen Zeiten der Talvertiefung mit solchen der Aufschüttung von Kies und Sand in den bisherigen Hohlformen des Tals miteinander wechselten. Dadurch wurde ein terrassenförmiger Bau der Talflanken bedingt. Die einzelnen —_— 25 — Talstufen lassen sich auf weite Strecken verfolgen und sind mit besonderen Namen belegt worden. Es zeigt sich, daß ähnliche Talstufen auch im Gebiet des oberen Rheintals auftreten, und daß bei der Entstehung einzelner von ihnen ein Zusammenfallen mit bestimmten Zeiten der diluvialen Vergletscherung zu ver- folgen ist. Die Zahl der Stufen innerhalb des Rheinischen Schiefer- gebirges scheint von Norden nach Süden zuzunehmen. Während man in der Gegend von Köln nur drei Stufen deutlich von- einander unterscheiden kann, ist ihre Zahl oberhalb Koblenz am Rhein und an der: Mosel scheinbar sehr viel größer, und gegen den Südrand des Rheinischen Schiefergebirges in der Gegend von Bingen scheint eine größere Zahl von einzelnen Terrassen am Gehänge aufzutreten. Dabei sind die gleichalt- rigen Terrassen in den anstoßenden Teilen des Oberrheintals in einem sehr viel tieferen Niveau abgesetzt, so daß in diesem Gebiet besondere tektonische Bewegungen angenommen werden müssen, die ein Absinken des Oberrheintals auch noch in jung- diluvialer Zeit bedingt haben. Damit steht eine relative Empor- hebung des Rheinischen Schiefergebirges selbst in Zusammen- hang und zwar in der Weise, daß sein südlicher Teil stärker, dabei aber nicht gleichmäßig sondern in Zwischenpausen ge- hoben worden ist. Hiermit hängt auch die größere Zahl der Terrassen im Süden zusammen. Auf vulkanische Erscheinungen der Tertiärzeit sind die Kuppen zurückzuführen, die zu den Seiten des Rheintals die Hochfläche des Schiefergebirges überragen. Auf vulkanische Erscheinungen der Diluvialzeit deuten Schlackenkegel, Lava- ströme und Bimssteinüberschüttungen hin, die namentlich in der weiteren Umgebung des Laacher-See-Gebietes auftreten. Abgesehen von diesen jungen vulkanischen Aufschüttungen ist die Talbildung innerhalb des Rheinischen Schiefergebirges, also etwa von Bingen bis Linz, allein ein Werk der Erosion, des Einschneidens des Flusses. Die Widerstandskraft der ver- schiedenartigen Gesteine zeigt sich nur in der Form der Tal- hänge, in der Enge und Weite des Tals. Erst weiter draußen, von Linz an rheinabwärts, tritt der Rhein in das Gebiet der Niederrheinischen Bucht und ist hier von dem tektonischen Ein- bruche derselben abhängig. Er verändert aber auch hier wieder durch Erosion seine Lage und die Form der Aufschüttung. — 216 — Der Mensch hat den größten Teil der Talentwickelung des Rheins auch hier mitangesehen, zum Teil in primitivstem Natur- zustand, unter wechselnden klimatischen Verhältnissen und von den mannigfachsten Naturerscheinungen bedroht. 10. Sitzung am 8. Januar 1910. Prof. Dr. R. Goldschmidt, München: „Das Problem der Geschlechtsbestimmung.“ Unter Hinweis auf die in dem Problem selbst liegenden Schwierigkeiten erwähnt der Vortragende kurz die zahllosen, vergeblichen Versuche zu seiner Lösung. Wie in der gesamten Biologie können auch hier nur exakte Beobachtung und ein- wandfreies Experiment zum Ziel führen. Der Ausgangspunkt des Organismus ist die Eizelle. Nun wirft sich sofort die Frage auf: ist das Geschlecht des zukünftigen Individuums schon im unbefruchteten Ei festgelegt, wird es erst durch die Befruchtung bestimmt, oder ist auch noch eine nachträgliche Geschlechts- bestimmung des befruchteten Eies möglich? Außerordentlich zahlreiche Beobachtungen und die sorgfältigsten Experimente haben seither zu keinem sicheren Entscheid geführt; vielmehr lassen sich für die Berechtigung der Annahme sämtlicher drei Möglichkeiten gewisse Gründe anführen, wenn auch die Hypothese einer nachträglichen Bestimmung des Geschlechts auf den schwächsten Füßen steht. In neuester Zeit hat man das schwierige Problem durch eine sorgfältige Analyse der Eigenschaften der Geschlechtszellen selbst zu klären gesucht. Unter dem Einfluß der modernen Vererbungsforschung, die in dem Mendelschen Bastardierungs- gesetz gipfelt, ist man dazu gekommen, „Männlichkeit* und „Weiblichkeit“ als zwei Elementareigenschaften der Geschlechts- zellen und die Fortpflanzung als eine Bastardierung zu betrachten, wobei das Ergebnis der Befruchtung in Bezug auf das Geschlecht den gleichen Gesetzen unterliegen muß, wie sie für die Bastar- dierung überhaupt gelten. Im Gegensatz zu dieser Anschauung, die qualitative Verschiedenheiten in den Geschlechtszellen annimmt, stehen Vorstellungen, die aus den zellulären Untersuchungen abgeleitet werden. Sie scheinen zu zeigen, daß ein Quantitäts- unterschied in der chemisch wichtigsten Substanz der Zelle, dem Chromatin, über die Frage „männlich oder weiblich“ ent- — 217 — scheidet, und zwar in dem Sinne, daß das gewissermaßen besser ausgestattete Laboratorium zu einem Weibchen, das weniger gut eingerichtete zu einem Männchen führt. Mit einem bedeutungsvollen Ausblick auf die praktischen Konsequenzen der Lösung des Problems der Geschlechtsbe- stimmung schließt der Redner seinen interessanten Vortrag. 11. Sitzung am 15. Januar 1910. Dr. R. Kahn: „Über schlagende Wetter.“ Die erschreckende Anzahl von Menschenleben, die alljähr- lich in den Kohlengruben den schlagenden Wettern zum Opfer fällt, rechtfertigt das große Interesse, das diesen Erschei- nungen allgemein entgegengebracht wird. „Schlagende Wetter“ sind ein besonderer Fall der in der Chemie unter dem Namen „Knallgasexplosionen* bekannten Erscheinung. Solche Explo- sionen treten immer ein, wenn ein brennbares Gas mit einem Gase, das die Verbrennung zu unterhalten imstande ist, in be- stimmtenVerhältnissen innig gemengt einer Entzündung unterliegt. In den Kohlenbergwerken ist natürlich genügend Luft vorhanden, um den zu einer solchen Verbrennung notwendigen Sauerstoff zu liefern. Das brennbare Gas entsteht aber bei dem langsamen Zer- setzungsprozeß, dem die Kohle bei ihrer Umwandlung aus Holz in Anthrazit, die älteste bekannte Form der Steinkohle, unterliegt. Das Gas, das sich hauptsächlich in den Kohlengruben findet, ist ziemlich einheitlicher Natur und wird Gruben- oder Sumpf- gas genannt, da es auch häufig in Sümpfen entsteht, in denen sich Holz unter Luftabschluß zersetzt. Es besteht vorwiegend aus dem niedrigsten Kohlenwasserstoff, den die Chemiker Methan nennen. Dieses Gas verbrennt angezündet ruhig an der Luft mit schwach leuchtender Flamme, mit Luft oder Sauerstoff ge- mengt aber unter heftiger Detonation. Die verheerende Wirkung der schlagenden Wetter ist größtenteils in der kolossalen Hitze zu suchen, mit der die Verbrennung vor sich geht, so daß alles, was sich im unmittel- baren Gebiet der Explosion befindet, verbrennen muß. Daß die Wirkungen gewöhnlich noch viel weiter greifen, ja öfters das ganze Bergwerk umfassen, liegt zum Teil daran, daß durch die Wärmeentwickelung eine plötzliche und außerordentlich starke rn, Lg — 218 — Ausdehnung der Luft stattfindet, die solche Gewalt ausüben kann, daß Menschen direkt weggeschleudert, an die Wandungen ge- worfen, zermalmt und erdrückt werden. Findet die sich aus- breitende Luft, wie es in den engen Gängen und Winkeln der Bergwerke fast immer der Fall ist, Widerstände, die sie am raschen Entweichen nach außen hindern, so wird die Gewalt ihres Stoßes die Holz- und Eisenstützen einreißen, durch die die Stollen und Gänge gesichert sind, ja das Gebirge selbst kann unter ihrem Druck zum Einsturz gelangen. Man hat natürlich eine Reihe von Mitteln erdacht, um vor den schlagenden Wettern zu warnen und ihre Entzündung zu verhüten. Hauptsächlich kommt ausgiebige Berieselung der be- drohten Felder mit Wasser in Betracht, wodurch der feine Kohlenstaub aus der Luft niedergeschlagen wird, so daß bei Eintritt einer Explosion die Flamme keine weitere Nahrung finden kann. Denn in der Regel sind die schlagenden Wetter mit einer Reihe darauf folgender „Kohlenstaubexplosionen“ ver- knüpft, die häufig die Ursache der großen Ausdehnung der Explosionen bilden. Gute Dienste können der auf der hohen Dif- fusionsgeschwindigkeit des Grubengases beruhende Ansellsche Gasindikator und die verschiedenen Formen der Grubenlampen leisten. Daß diese Apparate indessen oft versagen, hat seine Ursache in der Unvollkommenheit alles Menschenwerks und in den besonders ungünstigen Bedingungen, die derartige empfind- liche Instrumente im Innern der Kohlengruben finden. Wenn die kolossalen Mengen Grubengas, die täglich den Kohlenflözen entströmen, aufgefangen werden könnten, so würde man durch ihre Verbrennung enorme Kraftleistungen vollbringen können. Man könnte Gasmaschinen mit ihnen treiben und Erze mit ihrer Hilfe verhütten. Auch als Ballongas wäre das Gruben- gas verwendbar, da es viel leichter als Luft ist. Vielleicht mag es einer fernen Zukunft gelingen, die schlagenden Wetter zu bändigen und sie zugleich unseren Kulturzwecken dienstbar zu machen. 12. Sitzung am 22. Januar 1910. Prof. Dr. G. Greim, Darmstadt: „Die Zirkulation der Ozeane.“ Von der besonderen Eigenart der Meeresströmungen aus- gehend, die sich von den auf dem Festland vorhandenen Strö- — 219 — mungen wesentlich unterscheiden, erwähnt der Vortragende die in dieser Eigenart begründeten Methoden zur Untersuchung der Oberflächenströmungen, um sodann die Theorien zur Erklärung der Strömungen genauer zu erörtern. Bis vor kurzem galt, zwar von manchen Seiten widersprochen, doch bei den meisten Ozeanographen fast allgemein anerkannt, die von Zoeppritz 1878 genauer begründete Wind- (Trift-) theorie, die den Wind (oder besser die großen Systeme in der Zirkulation der Atmo- sphäre) als Ursache für die Entstehung der Meeresströmungen ansieht. Zoeppritz hatte die Fortpflanzung der Impulse der Atmosphärenbewegung, die natürlich nur auf die Oberfläche wirken können, in die Tiefen des Wassers sehr plausibel gemacht und durch Rechnungen gestützt. Dieser Theorie trat in den letzten Jahren eine andere gegenüber, die unter Führung Nansens, von einer Reihe hauptsächlich nordischer Forscher auf die Ver- hältnisse in den Nordmeeren und die Ergebnisse ihrer Unter- suchung gestützt und experimentell und rechnerisch verfolgt wurde. Sie verneint die Atmosphärenbewegungen als Ursachen der großen Meeresströmungen und erklärt die Zirkulation der Ozeane für einen von der Atmosphäre unabhängigen, selb- ständigen Kreisprozeß der Wärme, in dem die warmen Wasser der tropischen Meere und die Eisschmelze in den arktischen Gewässern die Hauptfaktoren sind. Durch die Eisschmelze werden danach in erster Linie die Strömungen erzeugt und die Wärme dadurch in Bewegung verwandelt. Über beide Theorien hat sich neuerdings unser deutscher Ozeanograph Krümmel geäußert, der insofern einen vermittelnden Standpunkt einnimmt, als er rät, vorläufig überhaupt nicht von Ursachen, sondern von Konstituenten der großen Strömungen in den Ozeanen zu sprechen. 13. Sitzung am 29. Januar 1910. Prof. Dr. H. Sachs: „Die Reaktionsfähigkeit des Organismus gegenüber artfremden Stoffen.“ Der unermeßlichen Mannigfaltigkeit äußerer Formen, denen wir in der belebten Welt begegnen, steht in weiten Grenzen eine merkwürdige Monotonie gegenüber, wenn man den Aufbau der einzelnen Organe und Gewebe sowie ihre Anordnung verfolgt — 20 — oder mit den Hilfsmitteln der Chemie ihre Bausteine analysiert. Obwohl man bei rationeller Betrachtungsweise aus zahlreichen naheliegenden Gründen bereits annehmen mußte, daß mit den auffälligen Ähnlichkeiten auch tiefgreifende Differenzen gepaart sind, ist es doch erst dem letzten Jahrzehnt vorbehalten ge- blieben, die Mittel und Wege aufzufinden, durch die es mit Sicherheit gelingt, die Gewebsbestandteile verschiedener Tierarten zu differenzieren. Die hierzu dienenden Methoden beruhen auf der Reaktions- fähigkeit des Organismus gegenüber artfremden Stoffen. Der Teil der biologischen Wissenschaften, der sich mit dem Studium dieser Reaktionen beschäftigt, die Immunitätsforschung, trägt ihren Namen heute nicht mehr ganz zu Recht. Ursprünglich hatte man nämlich diese Reaktionsfähigkeit des Organismus bei der Einverleibung von krankheitserregenden Bakterien oder ihren giftigen Stoffwechselprodukten entdeckt. Man hatte fest- gestellt, daß der Organismus, falls es nicht zum tödlichen Ausgang kommt, eine Immunität zurückbehält, die ihm gegenüber dem erneuten Eindringen der gleichen Krankheitsursache einen Schutz verleiht, und daß die Blutflüssigkeit (das Blutserum) dabei eine neue Eigenschaft gewinnt, die es befähigt, auf die Bakterien oder ihre Gifte so einzuwirken, daß sie ihre krankheits- erregende Funktion einbüßen. Man nennt daher solche Sera (Antisera) „Immunsera“. Mit der Zeit hat sich aber immer allgemeiner ergeben, daß die nämliche Reaktionsfähigkeit des Organismus nicht nur gegenüber schädlichen Agentien besteht, sondern gegenüber artfremden Stoffen im allgemeinsten Sinne. Werden z. B. einem Kaninchen menschliche Eiweißbestand- teile, etwa Blutserum, eingespritzt, so erfolgen im Kaninchen- organismus tiefgreifende Umwälzungen, die wir daran erkennen, daß das Kaninchenblutserum neue Eigenschaften annimmt. Diese Eigenschaften können wir in sinnfälliger Weise nachweisen. Mischt man nämlich ein derart gewonnenes „Anti“-serum mit einer Lösung von menschlichem Eiweiß, so entsteht ein Nieder- schlag, der beim Mischen des gleichen Antiserums mit einer andersartigen Eiweißart (etwa Pferdeserum) ausbleibt. Man nennt diesen Vorgang Präcipitation und die im Antiserum ent- haltenen wirksamen Stoffe Präcipitine. Ein anderes Verfahren, das die besondere Beschaffenheit des Antiserums zum sichtbaren _ 21 — Ausdruck bringt, beruht auf dem Prinzip der sogenannten „Komplementbindung“. Die beim Zusammentrefien einer eiweiß- _ haltigen Flüssigkeit mit dem entsprechenden Antiserum erfolgende Reaktion führt nämlich zu einem Produkt, das die Fähigkeit besitzt, gewisse blutzerstörende Stoffe, die Komplemente genannt werden, zu binden. Man erkennt also die stattgehabte Wirkung daraus, daß schließlich die Zerstörung (Hämolyse) von roten Blutkörperchen ausbleibt, während sie dann, wenn die eine der beiden erforderlichen Komponenten fehlt, eintritt. Das Gemeinsame beider Methoden, die von dem Vortragenden demonstriert werden, ist die Spezifität der Wirkung. Hierdurch unterscheiden sich die in den Antisera enthaltenen Reagenzien, die „Antikörper“, von allen anderen bekannten Stofien. Daher gelingt es, mit diesen Stoffen, die uns die Reaktionsfähigkeit des Organismus an die Hand gibt, die Differenzen in der Kon- stitution der Materie verschiedener Arten, die man früher nicht nachweisen konnte, mit Sicherheit aufzudecken. Andererseits ist daraus eine erfolgreiche Methode entstanden, um die Ver- wandtschaft im Tierreich zu verfolgen und neues Material im Sinne der Deszendenzlehre aufzufinden. Die Reagenzien, welche die Antikörper darstellen, haben aber auch eine vielseitige praktische Bedeutung. So sind sie mit größtem Erfolg der gerichtlichen Praxis nutzbar gemacht worden, indem es auf die geschilderte Weise gelingt, die Herkunft von Blutspuren zu bestimmen. Das Verfahren kommt ferner auch in der Fleischbeschau und zum Nachweis von Fleisch- und Wurstverfälschungen (Pferdefleisch) zur Anwendung. Auch zu zahlreichen anderen Zwecken (Honigverfälschungen, Unter- scheidung verschiedener Milcharten, Nachweis von Blut in blutsaugenden Insekten usw.) ist die Methode herangezogen worden. Obwohl man das Studium der Reaktionen des Organismus, die zu dem Auftreten der Antikörper im Blutserum führen, allgemein als Immunitätsforschung bezeichnet, ist diese Bezeich- nung für die hier behandelten Reaktionen, wie schon anfangs erörtert, nur in einem stark übertragenen Sinne zu verstehen. Ja, bei geeigneter Versuchsanordnung tritt sogar, wie die Er- fahrungen der letzten Jahre gezeigt haben, mit großer Regel- mäßigkeit eine Zustandsänderung im Organismus ein, die das —_— 22 — Gegenteil von Immunität darstellt. Die mit artfremdem un- giftigem Material vorbehandelten Tiere werden nämlich „schutzlos“ gegenüber der sonst für sie gefahrlosen Einverleibung des gleichen Materials, indem sie nunmehr mit den schwersten Krankheits- erscheinungen reagieren. Man hat die derart veränderte Re- aktionsfähigkeit des Organismus „Anaphylaxie“ genannt. Da auch die Anaphylaxie spezifisch ist, hat man sie ebenso wie die Antikörper zu praktisch-diagnostischen Zwecken heran- gezogen. Man kann also in diesem Fall nicht mehr von Immunisierung und Immunität sprechen. Wenn trotzdem nach Einverleibung artfremder Stoffe, gleichgültig ob es sich um Bakterien oder völlig ungiftiges Material handelt, Reaktionsprodukte im Blut- serum, die Antikörper, entstehen, die im Reagensglas prinzipiell gleichartig wirken, so ergibt sich, daß die Entstehung von Immunsera, die wir zu Heil- oder Schutzzwecken verwenden (wie das Diphtherieserum), nur den Spezialfall eines allgemeinen biologischen Grundgesetzes darstellt, das in der Reaktionsfähigkeit des Organismus gegenüber artfremden Stoffen begründet ist. 14. Sitzung am 5. Februar 1910. F. W. Winter: „Neuere Untersuchungen über Biologie und Fort- pflanzung der Foraminiferen, ein Bild aus der Kleinlebewelt.“ Die Gruppe von Organismen, die der Vortragende bespricht, ist ein Seitenzweig des Stammes der Einzelligen, der an dessen Basis entsprungen ist und sich selbständig weiter entwickelt hat. Bei dem hohen Wert, den diese schalentragenden kleinen Organismen für die Zusammensetzung unserer Erdkruste gehabt haben und durch ihr massenhaftes Auftreten auch für die Bil- dung der Sedimente und den Aufbau unserer Korallenbänke und vieler geologischer Ablagerungen heute noch besitzen, ver- lohnt es sich wohl, sich in das Studium ihrer Gestalt, ihrer Lebensweise und ihrer Fortpflanzung zu vertiefen. Es über- rascht bei näherer Betrachtung. wie hier vielfach Gehäuseformen auftreten, die äußerlich den Schalen der verschiedensten Or- ganismen aus höheren Tiergruppen ähnlich, „Kkonvergent“ sind. Wurmröhren aus Sand gebildet oder die Röhren der Köcher- _ 23 — fliegenlarven gleichen auffällig den Gehäuseröhren, die Fora- miniferen aus Sand aufbauen. Die langgezogenen, spitzkegeligen, kalkigen Schalen dieser Organismen erinnern an manche Schnecken- und Belemnitenschalen; spiral aufgerollt, ähneln sie dagegen ge- wissen Wurmschalen, von denen sie sich zum Teil äußerlich nur bei genauer Untersuchung unterscheiden lassen. Wenn solche Röhren durch Querwände in einzelne Kammern geteilt sind, erscheinen Schalenformen, die ausgestorbenen kleinen Ammoniten- schalen so ähnlich sind, daß die Wissenschaft eine Zeitlang beide Gruppen zusammenfaßte. Diese Konvergenz der gleichen Reaktionen auf gleiche äußere Faktoren zeigt sich weiter bei den vollständig freischwebenden Formen, die je nach ihrem Gewicht und der Beschaffenheit des Meerwassers wie viele andere planktonische Organismen verschieden starke Schwebe- strahlen ausbilden. Die Bedeutung der Foraminiferen für die Geologie und Paläontologie ist schon lange bekannt. Schon in den frühesten Zeiten der Erdgeschichte, in denen lebende Organismen auf- treten, finden sich Vertreter der Gruppe, die nun in allen marinen Ablagerungen angetroffen wird. Eine der Perioden ihrer Haupt- entwickelung fällt in die Kreidezeit, wie die Zusammensetzung der hoch aufgetürmten Gebirge jener Schichten zeigt; ihre Bezeichnung „Kreidetierchen“ ist diesem Vorkommen entnommen. Eine weitere, ganz plötzliche Entwickelung zeigt ein Seitenzweig der Foraminiferen, die Nummuliten, zu einer Zeit, als die Haupt- entwickelung der Säugetiere im Früheozän begann. Während die heutigen Formen höchstens bis zu Zentimetergröße heran- wachsen, besaßen die Nummuliten Talergröße. Das Nummuliten- gebiet, auf das wir jetzt in den Mittelmeerländern überall bis in hohe Erhebungen hinauf stoßen, zeigt seine westlichen Spuren in Amerika und erstreckt sich nach Osten an dem Südrande Asiens hin bis nach Java. Während die Nummuliten durch ge- waltige Bodenerhebungen rasch untergehen, schreiten die Ab- lagerungen der Hochseeforaminiferen seit der Kreideformation unabänderlich und gleichartig weiter; besonders ist hieran die Gattung Globigerina beteiligt, die sich bei zunehmender Kammer- zahl unter Auflösung der übrigen Kammern in eine einzige Kugelschale, Orbulöina, umwandelt und in ungeheurer Zahl heute noch alle wärmeren Meere bewohnt. Hier haben hauptsächlich _ 24 — die modernen Tiefsee-Expeditionen aufklärend gewirkt und ge- zeigt, daß der Boden des Meeres ein getreues Abbild seiner an der Oberfläche lebenden schalentragenden Organismen ist. In größerer Tiefe lösen sich die Globigerinenschalen, die beim Sinken immer dünner werden, schließlich mit anderem Material zu einem grauen Kalkschlamm auf, den wir vielfach auf unserer Erde antreffen. Das Studium der Fortpflanzung dieser Organismen erklärt die Möglichkeit ihrer massenhaften Entwickelung. Im Durch- schnitt betrachtet zeigen sich die Foraminiferen einerseits als Formen, die mit einer kleinen Anfangskammer beginnen, anderer- seits als solche mit einer großen Anfangskammer. Von außen gesehen sind die Schalen gleich. Die kleinkammerigen Formen zerfallen nach Ende des Wachstums unter Verlust der Schalen in über hundert Teilstücke, die der Anfangskammer der groß- kammerigen Formen entsprechen und zu solchen heranwachsen. Ist dies geschehen, so bilden die großkammerigen in Form von Gameten die Geschlechtsprodukte, von denen sich zwei zu einer amöbenähnlichen Zelle vereinigen, die sich mit einer Hülle um- gibt und so die erste Kammer der kleinkammerigen Formen dar- stellt. Von Interesse sind im besonderen dieVerhältnisse des Kerns, der wie bei allen Organismen auch hier aus einem absterbenden Ernährungschromatin und einem Fortpflanzungschromatin be- steht. Das letztere läßt aus sich das erstere wieder hervor- gehen. Sehr merkwürdig ist, daß viele Foraminiferen Parasiten enthalten, von denen gewisse kommensale Algen außerordentlich häufig in einer einzigen Foraminifere vorkommen, bis über hunderttausend, obwohl das Wirtstier nur 2—3 Millimeter groß ist. Daß eine einzige Zelle an sich allerdings unschädliche Parasiten in solcher Menge enthält, steht einzig da. Die kommensalen Algen, die außerhalb des Wirtstieres eine andere Lebensweise führen, vererben sich bei der Zerfallsteilung, so daß die durch diese Fortpflanzung hervorgegangenen Jugendformen hierdurch infiziert werden. 15. Sitzung am 12. Februar 1910. Prof. Dr. M. Möbius: „Eine botanische Exkursion nach Algier und Tunis.“ (Siehe diesen Bericht, Heit 1 u. 2 S. 76.) — 25 — 16. Sitzung am 19. Februar 1910. Prof. Dr. W. Schauf: „Über den Odenwald.“ Während sich die Vorträge vom 4. und 11. Dezember 1909 mit dem Rheingraben und der Entstehung des Rheindurchbruches beschäftigten, bittet der Redner die Versammlung, ihm heute auf einem Ausflug in eins der Glieder des oberrheinischen Gebirgs- systems, in den Odenwald, zu folgen. Das alte Faltengebirge hat durch Abtragung, Auflagerung von Schichtgesteinen, Ein- bruch des Rheingrabens, damit in Verbindung stehende Ver- werfungen und weitere Abhobelung seinen heutigen Charakter erhalten. Am Bau des „kristallinen* Odenwalds beteiligen sich außer Eruptivgesteinen (Granit, Gabbro, Diorit) Reste der auf- gefalteten Schichten, die durch den Einfluß der Granite usw. in „kristalline“ Schiefer übergeführt worden sind. Ein Teil der sogenannten „Gneiße“ ist aber durch Gebirgsdruck während der Erstarrung geschieferter Granit. Granite und ihre Verwandten sind aus Schmelzmassen hervorgegangen, die bei ihren Ausbruchs- versuchen in der Tiefe stecken blieben; Quarzporphyre, Mela- phyre, Basalte dagegen haben sich über die Erdoberfläche er- gossen, und wir treffen sie heute als Decken oder Kanalaus- füllungen an. Staubstürme haben während einer Trockenperiode der Diluvialzeit die Täler mit Löß angefüllt und die Berge bis zu bedeutenden Höhen damit bedeckt. 17. Sitzung am 26. Februar 1910. Dr. F. Drevermann: „Eine geologische Forschungsreise in die Sierra Morena.“ (Siehe diesen Bericht, Heft 1u.2 S. 123.) 18. Sitzung am 5. März 1910. Dr. K. Priemel: „Über den wissenschaftlichen Wert der Pflege und Schaustellung lebender Tiere.“ Zunächst tritt der Redner der Meinung entgegen, daß Beobachtungen an gefangengehaltenen Tieren, sofern sie bei einer richtigen, möglichst naturgemäßen Haltungsweise angestellt 15 —_— 226 — werden, Schlüsse auf deren Freileben nicht zulassen, und führt als Beispiel die Zuchtversuche an, die Dr. Heinroth-Berlin mit empfindlichen, wenig bekannten deutschen Vögeln im Zimmer vorgenommen hat. Die Zucht des Ziegenmelkers (Oaprimulgus europaeus) wird in Lichtbildern vorgeführt. Auch der heutige Stand der Vivarienkunde wird eingehend besprochen; sie geht von dem Grundsatz aus, den gefangenen Tieren so weit als möglich die gleichen Lebensbedingungen zu bieten, wie sie in der Natur gegeben sind, die Tiere also gewissermaßen in einem nachgeahmten Naturausschnitt zu pflegen. Die Bedeutung des Vivariums als Hilfsmittel der biologischen Forschung wird durch Beispiele aus der Entwickelungsmechanik, der Vererbungs- forschung und der Tierpsychologie dargelegt. Auch auf den hohen pädagogischen Wert des Vivariums wird hingewiesen und die Anlegung von Schul-Aquarien und -Terrarien zur Ergänzung des naturwissenschaftlichen Unterrichts empfohlen. Der zweite Teil des Vortrages behandelt die wissenschaft- liche Bedeutung der zoologischen Gärten und Tierparks. Nach der Ansicht des Redners sollen bei der Anlegung eines zo00- logischen Gartens, der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit machen will, im großen und ganzen systematische Grundsätze leitend 'sein; andererseits sollen überall da, wo es ungezwungen möglich ist, die Gehege „biologisch eingerichtet“, also den Lebens- bedingungen ihrer Bewohner angepaßt sein. Das Bestreben, den gefangenen Tieren im zoologischen Garten soweit als möglich natürliche Verhältnisse zu bieten, ist jedoch keineswegs neu, wie in den letzten Jahren oft behauptet worden ist. Eingehend verbreitet sich der Vortragende über die Aufgaben der zoo- logischen Gärten als Volksbildungsstätten und als wissenschaft- liche Institute und führt an zahlreichen interessanten Beispielen aus, wie ein richtig zusammengesetzter Bestand lebender Tiere mög- lichst nutzbringend für die Wissenschaft verwendet werden kann. Dem vielfach falsch verstandenen Begriff „Akklimatisation“ werden längere Ausführungen gewidmet. Als völlig „akklimati- siert“ betrachtet der Redner nur solche fremdländischen Tiere, die sich in unseren Breiten in freier Wildbahn ohne Zutun des Menschen durch eigene Nahrungssuche selbst erhalten, wie z..B. von alters her den ursprünglich ostasiatischen Jagdfasan und neuer- dings den sardinisch-korsikanischen Mufillon. Als „in beschränktem —_— 27 — Maße akklimatisationsfähig“ kann z. B. der afrikanische Strauß gelten, der, wenn er in unserem Klima zur Fortpflanzung schreiten soll, sich .in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis zum Menschen befindet, von dem er Pflege und Nahrung erhält. Der größte Teil der Tiere in den zoologischen Gärten ist nicht als „akklimatisiert“, sondern als „eingewöhnt“ zu bezeichnen, da ihnen außer einer oft recht komplizierten Ernährungsweise zum dauernden Wohlbefinden auch unbedingt bestimmte Temperaturen geboten werden müssen, trotz aller, neuerdings so häufig auf- gestellten gegenteiligen Behauptungen. Versuche in den zoo- logischen Gärten geben den besten Aufschluß, welche fremd- ländischen Tiere sich für eine rationelle Domestikation durch den Menschen aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten und welche sich für das Leben in freier Wildbahn zur Ergänzung unseres Wildbestandes eignen. Voreiliges Aussetzen fremd- ländischer Tiere kann zu einer schweren Plage werden. Da man durch Akklimatisation fremdländischer Tiere gewissermaßen Fälschungen vornimmt, zu denen der Rückgang unseres heimischen Wildbestandes allerdings nötigt, ist es im höchsten Grade zu wünschen, daß die heimische Natur wenigstens in genügend großen Reservaten, in sog. Naturschutzparks, in unverfälschter Reinheit erhalten werden möge. Weiter behandelt der Redner die Wichtigkeit der zoo- logischen Gärten als Lieferanten von frischem, häufig mit wichtigen biologischen Notierungen versehenem Material für anatomische, histologische und embryologische Studien. Enge Zusammenarbeit der Gärten mit zoologischen Museen und Labora- torien ist in jeder Beziehung zu erstreben. Beobachtungen über Wachstumsverhältnisse besonders größerer Tiere, über Balz- und Begattungsvorgänge, über Bastardierungen u. a. m. sind in den zoologischen Gärten leicht anzustellen. Auch manche Frage der zoologischen Systematik ist in den zoologischen Gärten geklärt worden; denn lediglich aus der dauernden Beobachtung des gefangenen Tieres lassen sich jahreszeitliche Neufärbungen, Jugend- und definitive Kleider erkennen. Der Redner schließt seine interessanten Ausführungen mit dem Wunsche, daß ein gleich gutes Verhältnis der zoologischen Gärten mit den naturwissenschaftlichen und medizinischen In- stituten wie hier in Frankfurt auch in anderen Städten Platz 15* —_— 2383 — greifen möge, und mit einer kurzen Übersicht über die während des letzten Jahres im hiesigen Zoologischen Garten ausgeführten wissenschaftlichen Arbeiten. 19. Sitzung am 12. März 1910, Dr. E. Wolf: „Die Inseln der Südsee und ihre Bewohner.“ Der Vortragende hat sich im verflossenen Jahr im Auftrag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft als Zoolog an der Hanseatischen Südsee-Expedition beteiligt. Die Reise führte von Singapore aus über die Molukken nach den Palau- Inseln, Neu-Guinea und dem Bismarck-Archipel, die als deutsche Besitzungen besonders eingehend untersucht wurden; von hier aus erstreckte sie sich über die Neu-Hebriden, Fidji- und Tonga- Inseln, Samoa, Cook- und Austral-Inseln und Tahiti bis zu den Niedrigen Inseln (Paumotus) und berührte auf dem Rückwege nochmals Samoa, sowie die S. Cruz-Gruppe, die Salomonen, West- Karolinen und Philippinen, um schließlich wieder in Singapore zu endigen. Die geologischen Verhältnisse dieser Gebiete werden eingehend erörtert; der Vulkanismus und die Tätigkeit der Korallen spielen beim Aufbau dieser Inselgruppen die Hauptrolle. Zahlreiche Beobachtungen, die auf der Reise gemacht wurden, geben der Theorie Darwins von der Entstehung der Korallen- riffe eine neue Stütze. Fauna und Flora lassen im westlichen Teil der durchforschten Gebiete an Üppigkeit und Schönheit nichts zu wünschen übrig, während der äußerste Osten als sehr arm an Tieren und Pflanzen angesprochen werden muß. Immer- hin sind gerade die deutschen Gebiete, namentlich auch Samoa, im allgemeinen sehr fruchtbar, so daß die Arbeit der Ansiedler nach einigen Jahren reich belohnt wird. Die Bewohner der Südsee-Inseln kann man als Melanesier, Mikronesier und Polynesier auseinander halten, die sich in der Hautfarbe, dem Haarwuchs, der Sprache, in Sitten und Gebräuchen deutlich unterscheiden. Von den Tausenden von Inseln ist bis jetzt nur ein kleiner Teil der Kultur zugänglich gemacht worden, so daß hier noch weite Gebiete vorhanden sind, in denen uns Land und Leute in voller Naturwüchsigkeit entgegentreten. —_— 229 — Aus dem Leben unserer Zuckmücken (Chironomiden). Mit 8 Abbildungen von P. Sack. Bei einem Spaziergang, denman an einem schönen, sonnigen Sommertag in die Umgebung Frankfurts, etwa nach der Königs- wiese, nach Wilhelmsbad oder nach den sumpfigen Wiesen des Niddatals unternimmt, fallen stets größere oder kleinere Schwärme von Mücken auf, die im Sonnenschein ihren Reigen aufführen. Über Wiesengräben tanzen Scharen langbeiniger Tipuliden und zarter Limnobien; an Büschen, die recht stark von der Sonne beschienen werden, schweben Tausende von plumpen schwarzen oder ziegelroten Haarmücken (Bibioniden), und über sonnigen Wegen schwärmen an schwülen Tagen winzige, nur 1—2 mm große Kribbelmücken oder Simuliden. Die großen dichten Schwär- me aber, die hauptsächlich in den Strahlen der Abendsonne „geigen“ und durch ihren stoßweise auf- und abwiegenden Flug auffallen, bestehen aus Zuckmücken oder Chironomiden. Es sind fast’ausschließlich die mit mächtigen Federbüschen geschmückten Männchen, die sich zum Hochzeitsfluge zusammenfinden, während die trägen schmucklosen Weibchen in der Nähe an Baumstämmen, auf Blättern oder an Grashalmen des Gemahles harren. Nach einer Reihe von Regentagen kann die Zahl der ausgeschlüpften, hochzeitsfähigen Männchen eine ungeheure werden, so daß sich unter besonders günstigen Bedingungen turmhohe Säulen bilden können, wie von einwandfreien Biologen wiederholt beobachtet 3 — 230° — worden ist. Schöne geschlossene Mückenschwärme werden im Volke als Verkünder guten Wetters angesehen und daher von alt und jung freudig begrüßt. Die Zuckmücken sind den Stechmücken (Culieiden) sehr ähnlich und müssen wohl auch als deren nächste Verwandte angesehen werden. Gleich diesen besitzen die Männchen pinsel- oder büschelförmige Fühler (Fig. 1 u. 2), die die Träger eines außerordentlich scharfen Geruchsinnes sind und den Tieren das Fig. 1. Chironomus spec. $ (Dorsalansicht). Vergr. 4><1. Aufsuchen der Weibchen ermöglichen. Diese können einen Kopfschmuck leicht entbehren, da weder die Sorge um Nahrung noch um die Nachkommenschaft eine feinere Ausbildung der Sinne erfordert; sie tragen daher nur schlichte geißelförmige Fühler. Auch in ihrer ganzen Tracht stimmen die Chironomiden mit’ den Culiciden so überein, daß beide Familien für den Laien nur schwer voneinander zu unterscheiden sind. Der kurze, aufiallend hoch gewölbte Mittelleib (Thorax) und der schlanke achtringelige Hinterleib machen die meisten Arten beider Gruppen zum Ver- wechseln ähnlich. Die Chironomiden kann man daran erkennen, daß sie im Sitzen nur auf den beiden letzten Beinpaaren ruhen, dabei die Vorderbeine über den Kopf emporstrecken und damit au a7 —_— 231 — ohne Unterlaß zuckende Bewegungen ausführen (Fig. 2). Die Stechmücken dagegen stützen sich auf die beiden vorderen Bein- paare und strecken die Hinterbeine in die Höhe. Für die toten Tiere liefern die Flügel das beste Unterscheidungsmerkmal. Während sie bei den Chironomiden nur ein sehr blasses zartes Geäder zeigen, besitzen die Culicidenflügel sehr kräftige Adern, die durch die reihenweise angeordneten Schuppen noch besonders auffallen (Fig. 3). Fig. 2. Chironomus & in sitzender Stellung. Vergr. 4x1. Fig. 3. Culex, Flügel. Vergr. 8x1. Unsere einheimischen Chironomiden sind zum größten Teil recht harmlose Tiere, da ihr Rüssel meist sehr kurz oder rudi- mentär und zum Stechen ungeeignet ist. Eine Ausnahme bilden nur die kleinen Ceratopogonarten, die stets einen etwas ver- längerten Rüssel haben und gelegentlich recht lästig werden können. Wer im Frühsommer auf dem Lande bei offenem Fenster schläft, wird häufig durch ein Kribbeln und Jucken auf der Haut, besonders im Gesicht und an den Händen, im Schlafe gestört werden. Die Ruhestörer sind am Morgen an den oberen Fensterscheiben zu finden. Es sind winzig kleine, oft nur 1 mm große Mücken aus der Gattung Ceratopogon, die nachts von einer benachbarten Wiese durch die offenen Fenster in die Wohnräume gekommen sind. Da diese Tiere mit ihrem kurzen Rüssel nicht tief stechen können, sind die Folgen des E _ 232 — Stiches meist nach kurzer Zeit wieder verschwunden, In den wärmeren Ländern gibt es aber unter den Chironomiden auch echte Blutsauger, die wegen ihrer Blutgier eine Plage für Men- schen und Tiere sind. Manche Ceratopogonarten sind dort mehr gefürchtet als die Moskitos (Culiciden), da sie infolge ihrer Kleinheit durch die feinmaschigen Moskitonetze schlüp- fen, so daß man sich gegen diese Quälgeister überhaupt nicht schützen kann. Berüchtigt ist der in Italien lebende Myecterotypus Noe£. Die Larven und Puppen der Chironomiden leben fast alle im Wasser. Daher trifft man auch die entwickelten Tiere im Freien vorwiegend in der Nähe von Gewässern an. Da die meisten das helle Licht scheuen, sieht man nur wenige in der Sonnenhitze fliegen und kann sie deshalb am besten in den Morgen- und Mittagstunden in ihren Verstecken aufsuchen. In feuchten Gebüschen findet man den großen Chironomus plumosus und seine Verwandten, ferner den durch eine Flügelbinde aus- gezeichneten Ch. flexilis und den grün und schwarz gebänderten Ch. pedellus, der ebenso wie der hellgrüne Ch. veredis abends nach dem Lichte fliegt und oft in unglaublicher Zahl unter der Lampe auf dem Tische gefunden wird. Auf der Unterseite von Blättern, namentlich in der Nähe kleiner Tümpel, trifft man die sammetschwarz und zitronengelb gebänderten Cricotopusarten; an Sumpfrändern streift man Arten der Gattung Tanypus, die durch ihre schwarz-weiß geringelten Beine und ihre gescheckten Flügel auffallen. An Grashalmen sitzen meist die kleinen ein- farbigen (schwarzen oder braunen) Camptocladiusarten (aterrimus und byssus), die dann beim Schöpfen massenhaft in das Netz geraten. Über Waldbächen schwebt im Spätherbst eine unserer kleinsten Mücken, Coryoneura atra, die massenhaft von den Fischen, namentlich von den jungen Forellen, weggeschnappt werden. Die größeren Arten werden in Unzahl von insekten- fressenden Vögeln verzehrt und von Fröschen erbeutet, und da die Zuckmücken zuweilen in unglaublicher Menge vorkommen, so ist es leicht begreiflich, daß viele Fische und Frösche zu gewissen Zeiten sich fast ausschließlich von Chironomiden ernähren. Die Zuckmücken sind demnach als Nahrung für kleine Nutztiere von nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Bedeutung. — 23 — In viel höherem Maße gilt dies aber für die Larven und Puppen dieser Insekten, deren Entwickelung für jeden Natur- freund recht viel Interessantes und Merkwürdiges bietet. Nur verhältnismäßig wenig Chironomidenlarven leben außerhalb des Wassers. Die Larven der schwarzen Camptocladiusarten hat man z. B. im Dung und in faulendem Laube gefunden. Einige Ceratopogonarten leben als Larven bei Ameisen. Auch unter der Rinde abgestorbener Äste, in verwesenden Pilzen, im Moose und in feuchter Erde trifft man die charakteristischen Larven von Zuckmücken an; eine Art (Ceratopogon resinicola) lebt sogar im flüssigen Harze unserer Kiefer. Die bei weitem über- wiegende Zahl der Arten bewohnt jedoch das Wasser. Fast in keiner Wasseransammlung, sei sie noch so klein, fehlen die Chironomiden. Jeder Teich, jeder Bach, der kleinste Wasser- tümpel, ja jede Pfütze in der Umgebung Frankfurts enthält solche Larven. Die Schlammbänke des Luderbaches und des Metzgerbruches wimmeln oft von diesen Geschöpfen; in den Wiesengräben bei Ginnheim und Seckbach ist der Grund zu- weilen wie eine Bienenwabe von den Gängen dieser Larven durchlöchert. Die Algenpolster in den Enkheimer Sümpfen und im südlichen Teile des Buchrainweihers sind oft dicht mit ihnen besetzt. Und da mehrere Generationen während eines Jahres zur Entwickelung kommen, trifft man sie im Februar ebenso häufig wie in den Sommermonaten. Unglaublich geradezu ist die Menge, in der sie vorkommen können. Thumm berichtet, daß er ein- mal aus 12 Liter Bodenschlamm fast 3 Liter reine Mückenlarven aussieben konnte. Dabei ist ihr Vorkommen nicht etwa auf die Ebene beschränkt; in den Wasseransammlungen der uns umgebenden Mittelgebirge, vor allem in denen des Vogelsberges, fehlen sie ebensowenig wie in den Alpenseen, wo sie noch in einer Höhe von 2000 m in Menge gefunden werden. Daß die fetten, nur schwach chitinisierten Larven der Zuckmücken für unsere Wassertiere ein recht willkommener Leckerbissen sind, ist längst bekannt; aber erst in neuerer Zeit hat man die Bedeutung der Chironomiden als Fischnahrung richtig erkannt. Systematische Untersuchungen des Mageninhaltes haben gezeigt, daß über die Hälfte unserer deutschen Nutzfische sich aus- schließlich oder fast ausschließlich von Chironomuslarven nährt. Für viele Hydrobiologen ist daher die Quantität der im Grund- —_ 234 — schlamm vorkommenden Zuckmückenlarven geradezu ein Grad- messer für die Nutzfähigkeit des betreffenden. Gewässers. In den letzten Jahren hat man auch gelernt, die Chirono- midenlarven als Nahrung für Aquarienfische zu verwenden. Seitdem einzelne Handlungen diese Tiere das ganze Jahr über lebend versenden, hat dieses billige „lebende Fischfutter“ die Daphnien zum großen Teil verdrängt, da diese nur einen Teil des Jahres über in genügender Menge zu erhalten sind. In dem Aquarium unseres Zoologischen Gartens kann man beobachten, mit welcher Gier die Fische sich auf die blutroten Mückenlarven stürzen, die ihnen als Futter gereicht werden. Auch die Aktinien nehmen dieses Nahrungsmittel gerne an, so daß auch sie jetzt vorwiegend damit gefüttert werden. Es ist erstaunlich, wie lange die Mückenlarven, die, nur wenig befeuchtet, in kleinen Kästchen verschickt werden, am Leben bleiben. Viele von ihnen zeigen allerdings auch in der freien Natur ein außerordentlich zähes Leben. Einzelne Arten sind Bewohner von Abwässern, denen durch Fäulnisvorgänge fast aller Sauerstoff entzogen wird, und die oft einen so hohen Chlorgehalt zeigen, daß fast alles organische Leben in ihnen erloschen ist. Im Luderbach haben sich zwischen der Königs- wiese und Neu-Isenburg an vielen Stellen schwarze Schlammbänke gebildet, die beim Umrühren sehr stark nach Schwefelwasserstof riechen. Dort findet man das ganze Jahr hindurch gewisse Arten von Chironomidenlarven in großer Zahl. Da sie zuGattungen gehören, von denen man nur pflanzenfressende Arten kennt, kann man wohl mit Recht annehmen, daß sie fortgesetzt an der Beseitigung der verwesenden Stoffe im Wasser arbeiten und mithin für die Reinigung der übelriechenden Abwässer von größter Wichtigkeit sind. Nachdem man erkannt hat, welche wirtschaftliche Be- deutung die Larven der Zuckmücken für die biologischen Ver- hältnisse unserer Binnengewässer besitzen, beginnt man jetzt auch, die Entwickelung dieser Tiergruppe genauer zu beobachten. Man weiß allerdings noch herzlich wenig davon; aber dieses Wenige enthält so interessante Tatsachen, daß es sich wohl verlohnt, näher auf sie einzugehen, Die kleinen zigarrenförmigen Eier der Chironomiden werden von den wasserbewohnenden Arten — es ist im folgenden aus- — 235 — schließlich von diesen die Rede — in oder unmittelbar an das Wasser gelegt. Sie bilden entweder Schnüre, in denen die Eier in einer oder in mehreren Reihen nebeneinander angeordnet und durch eine gallertartige Masse miteinander verbunden sind, oder sie werden ungeordnet in Klumpen abgesetzt. Nach ein paar Tagen schlüpfen die kleinen wurmförmigen Larven, die sich von den kopf- und fußlosen Maden der Fliegen dadurch unterscheiden, daß sie einen deutlichen Kopf und ein bis zwei Paar Fußstummel besitzen, von denen das erste Paar an dem vordersten der zwölf Körpersegmente, das zweite Paar am Fig. 4. Chironomus-Larve. Vergr. 3x1. letzten Körperring sitzt (Fig. 4). Am Kopfe lassen sich schon bei schwacher Vergrößerung zwei Augenflecken, ein Paar Fühler und beißende Mundwerkzeuge erkennen. Ein Unterschied zwischen Brust- und Hinterleibsringen, den die Üulicidenlarven zeigen, ist bei den Larven der Zuckmücken nicht wahrzunehmen. Sehr deutlich ist dieser Unterschied dagegen bei den Puppen, deren Kopf meist durch ein Paar auffallender, heller Kiemenbüschel geziert ist (Fig. 5). Die Puppe schwimmt entweder frei umher, oder sie hält sich in dem von der Larve verfertigten Gehäuse ver- borgen, das sie dann erst unmittelbar vor dem Ausschlüpfen der Imago verläßt. Den merkwürdigen Bauten der Chironomidenlarven haben in den letzten Jahren die Biologen ihre Aufmerksamkeit mehr und mehr zugewendet, nachdem hauptsächlich Thienemann*) darauf hingewiesen hat, daß, von den Trichopteren abgesehen, keine Insektengruppe eine solche Mannigfaltigkeit von Bautypen aufweist wie die Larven der Zuckmücken. Aber nicht alle Arten bauen Gehäuse; den räuberischen Tanypusarten, die sich vorwiegend von kleinen Krustern und Würmern nähren, wäre *), Thienemann „Die Metamorphose der Ohironomiden“. Zeitschr. f. wissensch. Insektenbiologie. 4. Bd., S. 95. 1908. — „Die Bauten der Chirono- miden‘. Zeitschr. f. d. Ausbau der Entwickelungslehre. 3. Bd., S. 1. 1909. — 236 — ein Köcher bei der Jagd nur hinderlich. Diese Larven besitzen ebensowenig wie die fleischfressenden Trichopteren ein Gehäuse. Nur diejenigen Formen, die sich von Detritus oder von Pflanzen nähren, bauen zum Schutze ihres weichen Körpers ein Gespinst. Den Baustoff liefern zwei Spinndrüsen, die in der Mundhöhle Fig. 5. Chironomus-Puppe. Vergr. 61. münden und ein dickflüssiges klebriges Sekret absondern, dessen chemische Zusammensetzung man noch nicht kennt. Bei der Berührung mit Wasser erhärtet dieses Drüsensekret, so daß die Larve aus den entstandenen Fäden ein regelrechtes Gespinst herstellen kann, das oft noch durch die Aufnahme von Fremd- körpern, wie Sandkörnchen oder Diatomeenschalen, verstärkt wird. Das Sekret scheint nicht bei allen Arten von derselben chemischen Beschaffenheit zu sein. Bei einer kleinen Gruppe von Zuckmücken erhärtet es nämlich nicht vollständig, sondern quillt zu einer gallertartigen Masse auf, die kein festes Gehäuse bildet. Dem verschiedenartigen Baumaterial entsprechend ist auch die Form der Gehäuse eine verschiedene; die Gallertzehäuse weichen in ihrem Bau von den Gespinstgehäusen nicht unbe- deutend ab. Die einfachste Form der Gehäuse ist eine an beiden Enden offene, überall gleichweite Röhre, die entweder ihrer ganzen Länge nach auf einer Unterlage angeheftet oder so in den Schlamm eingebettet ist, daß nur die beiden aufwärts ge- bogenen Enden etwas über dem Boden liegen (Fig. 6). In solchen —_— 237 — Röhren leben z. B. die bekannten roten Mückenlarven aus der Gattung Chironomus. In den langsam fließenden Gewässern sind die Bauten so angelegt, daß der Wasserstrom durch die Röhre hin- durch fließt. Durch fortwährendes Schwingen des Körpers können Fig. 6. Längsschnitt durch ein Larvengehäuse von Chironomus. Natürliche Größe. die Larven aber auch einen künstlichen Strom erzeugen, der ihnen frisches Atemwasser und neue Nahrung zuführt. Das Gewebe dieser Röhren ist so locker, daß die Larve die Röhre jederzeit erweitern und ausbessern kann. Daher kommt es, daß diese überall gleich weit sind. Ganz anders ist dies bei _ Röhren, die ein sehr festes Gefüge besitzen. Bei ihnen muß Fig. 7. Larvengehäuse von Tunytarsus. Vergr. 1'/2>1. naturgemäß der Teil, den die junge Larve gebaut hat, am eng- sten sein, so daß das Gehäuse sich ganz allmählich erweitert. Diesen Bautypus finden wir z. B. bei den Tanytarsuslarven. Ihre Röhren sind in der Regel nicht der ganzen Länge nach festgewachsen, sondern am freien Ende etwas aufgebogen. Die Wände der Röhren sind außerdem durch ein Gerüst von starken Längsfäden, die noch über die Mündung hinausragen, und durch eingelagerte Fremdkörper gefestigt; das ganze Gebilde sieht deshalb einer Hydra, die ihre Tentakeln ausstreckt, nicht un- ähnlich (Fig. 7). In den klaren Bächen des Odenwaldes und des Vogelsberges kann man oft ganze Kolonien solcher Röhren zu- sammen mit den Bauten der Kribbelmücken mitten in der Strö- —_— 2383 — mung an Steinen sitzen sehen. Das festsitzende Gehäuse gibt diesen Tieren ofienbar einen sicheren Halt gegen die reißende Strömung. Es hindert sie aber daran, bei der Nahrungssuche freiwillige Ortsbewegungen auszuführen; die Tiere müssen vielmehr mit dem vorlieb nehmen, was ihnen das Wasser zuführt. In stehenden Gewässern fällt natürlich der Vorteil, den das festsitzende Haus gewährt, weg; dagegen kann unter Umständen die freie Orts- bewegung vorteilhaft, ja unentbehrlich sein. Hier finden wir deshalb auch Larvenformen mit frei beweglichen Gehäusen. So trifft man im dichten Algengewirre der Enkheimer Sümpfe ge- R ES RATTEN! az N Re , NINE Fig. 8. Larvengehäuse von Psectrocladius. Vergr. 31/.>1. legentlich Gallertröhren, die eine gewisse Ähnlichkeit mit einer Tonne besitzen und an ihrer Oberfläche ganz mit Algenfäden besetzt sind (Fig. 8). Die Bewohner dieser Röhren (Pseetro- cladius- und Trichocladiusarten) nähren sich von den Algen, zwischen denen sie mit Hilfe ihrer Fußstummel ganz geschickt umherklettern, wobei sie nach Art der Trichopterenlarven das Gehäuse stets mit sich herumschleppen. Die kleine Gruppe der blattminierenden Chironomidenlarven bedarf natürlich keines besonderen Köchers; die zähe Oberhaut der Blätter, in denen sie leben, bietet ihnen genügend Schutz gegen Feinde. Bis jetzt kennt man nur wenige Formen. Die Blätter des Laichkrautes (Potamogeton natans), das in den Ab- wässern der Nied nicht selten vorkommt und an einzelnen Stellen die ganze Oberfläche des Wassers bedeckt, zeigen oft recht merkwürdige Fraßgänge, die von kleinen grünen Chiro- nomidenlarven (Oricotopus dbrevipalpis) verursacht werden. Die junge Larve dringt von der Unterseite in das Blatt und frißt sich allmählich in mäanderartigen Windungen durch das Mesophyll des Blattes, wobei die Oberhaut sorgfältig geschont wird. Auch die Längsrippen des Blattes werden nicht durchgefressen. Da- her können mehrere Larven nebeneinander in demselben Blatte — 239 — minieren und dieses ganz und gar zerfressen. Eine zweite Chironomidenlarve (Tanytarsus stratiotis) wurde in der Wasser- aloe (Stratioles aloides) gefunden. Die Minen haben die Form langgestreckter Höhlen, die mit ihrer Längsachse parallel zur Blattachse gerichtet und mit kleinen blutroten Larven besetzt sind. Auch aus den Blättern der Wasserschwertlilien und aus Sarganium ramosum, sowie aus den Blattstielen der Wasser- rosen sind minierende Chironomidenlarven bekannt geworden. Jedenfalls aber ist damit die Zahl der blattminierenden Zuck- mücken bei weitem nicht erschöpft; denn wie bereits oben erwähnt wurde, ist die Kenntnis dieser biologisch so interessanten Larven bis jetzt überhaupt nur eine sehr lückenhafte. Nur von etwa 5°/o aller beschriebenen Chironomiden ist die Ent- wickelung genau bekannt; von vielen Larven weiß man nicht einmal, zu welcher Gattung sie gehören. In jüngster Zeit hat sich nun Dr. A. Thienemann in Münster in Westfalen ein- gehender mit dem Studium dieser Tiergruppe befaßt und bereits für eine Reihe von Arten die Entwickelung festgestellt. Aber in der richtigen Erkenntnis, daß nur das Zusammenarbeiten vieler in absehbarer Zeit ein befriedigendes Ergebnis liefern kann, hat er sich in einem Aufrufe*) an alle Biologen mit der Bitte um Unterstützung gewendet. Vor allem gilt es, die Metamorphose unserer einheimischen Chironomiden durch Zucht festzustellen, und dies ist nicht schwer, wenn sich viele in die Arbeit teilen; denn die Aufzucht der Zuckmücken ist eine verhältnismäßig recht einfache Sache. Die Larven findet man ja überall im Wasser und meist in großer Zahl. Da aber oft mehrere Arten zusamınen leben, muß man natürlich zunächst die einzelnen Arten, die sich meist durch Form, Farbe und Größe sehr gut unterscheiden, voneinander trennen. Einen Teil der Larven wird man durch Übergießen mit kochendem Wasser und Überführen in Alkohol konservieren, die übrigen aber in ein Zuchtglas bringen. Recht gut eignen sich hierzu niedrige Einmachgläser, die so weit sein müssen, daß man bequem mit der Hand hineinfassen kann. Am besten gedeihen die Tiere, wenn man in das Glas etwas von dem eingetragenen Schlamm *, Thienemann „Die Metamorphose der Chironomiden (Zuckmücken). Eine Bitte um Mitarbeit.“ Verhandl. d. Naturhist. Ver. d. preuß. Rheinlande u. Westfialens. 65. Jahrg., 1908. — 240 ° — bringt a diesen mit einer etwa 5cm hohen Wasserschi h bedeckt. Einige Wasserpflanzen verhüten das Faulen des Wassers. Man hat dann die Gläser nur noch mit einem Gaze- BR oder Mullstück zuzubinden und vor allzu starker Erwärmung zu schützen; im übrigen kann man die Zucht sich selbst über- lassen. Bald werden sich auch die Puppen zeigen, von denen man gleichfalls mehrere in Alkohol konserviert. Männchen und Weibchen einer Art schlüpfen oft zu verschiedenen Zeiten aus; man wird daher die Zucht so lange fortsetzen, bis man von jedem Geschlecht mehrere ausgefärbte Stücke erhalten hat, die man dann ebenso wie Gehäuse und Puppenhüllen in Alkohol konserviert. Entomologen werden wohl stets eine Anzahl Tiere nadeln, um sie trocken aufzubewahren. Damit ist für gewöhnlich eine Zucht beendet, denn die Entwickelung aus dem Ei wird nur in den seltensten Fällen gelingen. Für die wissenschaftliche Verarbeitung solcher Zuchtergebnisse ist natürlich eine genaue Buchführung nötig. Sie soll in Form kurzer Notizen Angaben über Fundort, Datum des Einsetzens in das Zuchtglas, Farbe der Larve, Gehäusebildung und das Datum des Ausschlüpfens der Mücke enthalten. Diese einfachen Zuchtversuche, die jedem Laien Gelegenheit zu wissenschaftlicher Betätigung geben, können dem Naturfreund ebensoviel Vergnügen bereiten wie die oft recht schwierige und langweilige Aufzucht exotischer Aquarientiere. Für die wissenschaftliche Erforschung unserer einheimischen Süßwasser- fauna aber wäre es von größter Bedeutung, wenn recht viele Einzelbeobachtungen eine systematische Durchforschung unserer Chironomidenfauna ermöglichten. Die Senckenbergische Natur- forschende Gesellschaft wird gern die Bestimmung und wissen- schaftliche Bearbeitung von solchem Material vermitteln. RR | en m u..1 Karte), 1 oo = u ak opte e eydı In, am von n Madagaskar II (mit Porträt / L Pre . ie HEN RE RA EN RRET Einige seltene Fossilien des Senckenbergischen Museums | ‚Textfiguren u. e Tafeln), ee: De a a De . 8 . D « “ . . . . . . n 25.— ne ne 1 Tafel). 1899 TER BE NET Are IR #3 £ E a Schmetterlinge von den nes, re 2 Tafeln), ee a un? SEEN N ET SR ee ER: Vegan Ferner sind erschienen und von dem Bureau zu Hechen: Kobelt, Reiseerinnerungen aus Algerien und Tunis (mit 13 Voll- bildern u. 11 Abbildungen im Text). 1885 .. .... M3— Hat RAR He yden, Katalog der Käfer von Nassau und Frankfurt a.M. E PAR: Karla, 3004: > ran ne Sn RIEF 'b E x bezogen ee ES ER TE: ‚Arbeiten, deren Ergebniss ı Berechtigung, ‚diejenige Arbeit, der der Preis zu ohne weiteres Entgelt in ihren Schriften zu veröffentlie aber auch dem Autor das freie Verfügungsrecht \ Nichtpreisgekrönte Arbeiten ‚werden den Verfasser gesandt. ar Über die Zuerteilung des Preises entscheidet bis Ende Februar 1912 die unterzeichnete Direktion auf einer von ihr noch zu ernennenden Prüfungskommiss Frankfurt a.M., April 1910, Die Direktion der ° Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich. f Für die Redaktion verantwortlich: Prof.Dr. A.Knoblauch in Frankfurt am Ba An Druck von Gebrüder Knauer in Frankfurt am Main. ' Ausgegeben September 1910 Seite | 3-2 aeg aus der Ausbeute 37T, Dohtachen Tiefsee-Expedition 254 dlirsch: Fossile Wespennester . . . . . ER, Die Darstellung der Tiere in der antiken Kunst DE TR, rbz: Robert 11 2 ER a ee N RER) Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft . . . . . 22.310 Frankfurt am Main Eee 1910 Selbstverlag der PER DIe EIRDER, Naturforschenden Gesellschaft. - Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Heits M. 2.—. . Dipt- ng. Bee £ Br a von sr am ersten Kohn eines a jeden Mo Sie im Sommer (April bis September) v von 2—5, im a) von 2—4 Uhr, A 3 Br AR RN ‘Dienstags von 10-1 Uhr, * ESF SENERL e Ei ' Mittwochs im Sommer von 3-5, im Winter 2 ET EETETR: Donnerstags von 10-1 Uhr, Freitags von 11—1 Uhr, einmalige Zahlung eines entsprechenden Kapitals wird die e Bi schaft ‚erworben. h Mitglieder erhalten. ferner von den Veröffentlichungen der Gesellsch & „Bericht“ a und gelegentlich erscheinende Beihefte zu ' demse 50 Pf. Eintritt in das Museum, für den Besuch jeder Vorlesung M. Rt Halbjahr, für die Teilnahme am Zoologischen Praktikum M. 20,— einschließ- lich der Gebühr für Materialverbrauch. In den wissenschaftlichen Sitzungen - können Nichtmitglieder als Gäste eingeführt werden. SE 5 I En cr EN en ATI —_— 4l — Neues aus der Schausammlung. RA NE WW Yo Im Grönländischen Eismeer. BOTANICAL GARDEN. Zur Erläuterung der „Arktischen Gruppe“. Mit 8 Abbildungen. Nachstehende Schilderung soll kurz erklären, wie unsere arktische Gruppe entstanden ist, und wo die darin ausgestellten Stücke erlegt worden sind. Eine kurze Beschreibung meines Jagdausflugs nach Ostgrönland habe ich in der Zeitschrift „Wild und Hund“ vom 11. Juni 1909 veröffentlicht. In den fol- genden Zeilen möchte ich versuchen, einen arktischen Sommer- monat zu schildern, wie ihn Kunstmaler Nebel in dem Bilde, das uns jetzt die fertige Koje zeigt, vortreflich wiederzugeben verstanden hat (Fig. 1 und 2). Als ich im Frühjahr 1908 den leider allzufrüh verstorbenen Prof. Römer im, Museum auf- suchte, um ihm meinen Reiseplan mitzuteilen, war er es, der schon damals den Gedanken angeregt hat, in unserem Museum eine arktische Gruppe als Gegenstück zu der ostafrikanischen aufzustellen, vorausgesetzt, daß es mir gelingen sollte, das nötige Tiermaterial zu erlegen und in präparierbarem Zustande zu- rückzubringen. Prof. Römer selbst ist auf Tiefseeforschungen im hohen Norden gewesen und hat mir noch manchen guten Rat mit auf die Reise gegeben. So geschah es, daß ich am 21. Juni 1908 von dem kleinen norwegischen Hafenstädtchen Tromsö aus meine Fahrt nach der Küste Ostgrönlands antrat. Nach fürchterlichem Sturm, wobei unser Segelschiff, das für das Eismeer noch eine kleine Hilfsmaschine führte, stark aus dem vorgeschriebenen Nord- westkurs getrieben wurde, kam erst am fünften Tage nach 16 ‚aqgoapdury oıp uroA ‘ozynmddery edunl auto syur ‘ouasyowmaa our ayyıy ap up 'Oyag oNur ‘oddnın) ayasıyyay 'T 'ATY - . [3 "u9AoM pun uswwn] ‘uoyjy ‘usrssededaag ‘JoaeMm "SI sddnıg ayasıyyıy 'Z "IH —_ 244 — unserer Abfahrt von Tromsö das Treibeis in Sicht. Das Meer wurde ruhiger, sobald wir uns dem Eise näherten, und schon am folgenden Tage war es spiegelglatt. Die Sonne schien präch- tig, und weiß glitzernd gaben die schneebedeckten Eisschollen ihren strahlenden Schein wieder. Wie oft bin ich gefragt worden, ob es nicht recht kalt „dort oben“ gewesen sei; ich kann darauf nur antworten, daß ich Kälte nicht empfunden habe. Während .der Sommermonate geht ja bekanntlich im hohen Norden die Sonne nicht unter und erwärmt die Luft ununterbrochen, wenn nicht gerade Nebel oder Schneewehen von kurzer Dauer auftreten. Von den sechs Wochen, die ich im Eismeer gekreuzt habe, waren nur drei bis vier Tage ungünstig, der Nebel so dicht, daß unser Schiff an einer Eisscholle verankert werden mußte und an ein Jagen nicht zu denken war. Freilich war es unter solchen Umständen draußen sehr ungemütlich; doch gegen diese feuchte Kälte konnte man sich durch warme Kleidung schützen, auch ließ sich unser kleiner Schiffssalon recht gut heizen. Ende Juli war ich bereits wieder im Hafen von Tromsö. Aber ich hörte von einer Expedition, die im Jahre vorher bis gegen den 25. August im Eise nahe der Grönlandküste kreuzte und, durch Nebel festgehalten, langsam von den Eisschollen eingeschlossen wurde, bis sich endlich, kurz vor dem Beginn der ewigen Nacht des arktischen Winters, das Eis noch einmal teilte und der wackere Kapitän das offene Meer zu erreichen vermochte. Wenn heute unser Blick auf die sonnige Sommerlandschaft der arktischen Koje fällt, will es uns kaum glaublich scheinen, daß es nicht immer gelingt, die Küste Grönlands zu erreichen. Und doch ist dies oft genug der Fall, und die Rückkehr von dort ist manchmal mit noch größeren Schwierigkeiten verbunden als die Hinfahrt. Manche Stunde habe ich auf dem Festland an der Küste Ostgrönlands verbracht, doch lange durfte man nie ausbleiben ; immer mußte das Schiff zwischen den Eisschollen hin und her kreuzen, um das Eingeschlossenwerden zu vermei- den. Treibende Eismassen können auch dem auf dem Lande Weilenden gar leicht den Rückweg zum Schiff abschneiden. Auf meiner Expedition habe ich eine ganze Anzahl Eisbären erlegt (Fig. 3), auch zwei Junge lebend gefangen A ro f e% —_— 245 — und mitgebracht. Sie sind in unserem Zoologischen Garten untergebracht worden und haben sich inzwischen prächtig weiter- entwickelt. Was das Tiermaterial unserer Koje anbelangt, so ist von den Robben die große Klappmütze, Oystophora cristata Erxl., die zahlreich nur noch in der Danemark-Straße zwischen der Westküste Islands und der Südostküste Grönlands vorkommt, durch ein recht gutes Exemplar vertreten (Fig. 1). Es ist ein erwachsenes altes Männchen, das unweit der Insel Jan Mayen Fig. 3. Eisbär auf einer Scholle treibend. ungefähr auf 74° nördlicher Breite und 15° westlicher Länge erbeutet wurde. Es lag auf einem mächtigen Eisblock, als sich das Schiff näherte, und sicherte bereits, als ich ihm die tötliche Kugel gab. Die Klappmütze nährt sich hauptsächlich von Fischen, und ihre starken Raubtierzähne und kräftigen Kieferladen zeigen deutlich, daß sie sich auch großer Exemplare bemäch- tigen kann. Die eigentümliche Kappe mit ihrem samtartigen Überzug, der die Art ihren Namen verdankt, sitzt über der Nase und dient dazu, Luft einzunehmen, damit das Tier beim Tauchen in die Tiefe (manchmal bis zu 300 m) lange genug mit Sauerstoff versorgt bleibt. Bei jugendlichen Individuen ist A — 2465 — die Kappe noch nicht entwickelt; auch weichen die Jungen während der ersten drei Jahre ihres Lebens in der Färbung von den erwachsenen Tieren wesentlich ab. Sie sind gelblich- grau gefärbt mit einem schwärzlichen Streifen auf dem Rücken, während das Fell der erwachsenen Klappmütze zahlreiche gelb- schwarze Flecken aufweist (Fig. 1). Die jungen Tiere sind wegen des Specks und des weichen Fells besonders gesucht. Sie sind auch. viel leichter zu erlegen als die Erwachsenen, die mit der Zeit vorsichtiger geworden sind und selten etwas Fremdes wie ein Schiff oder Ruderboot an sich herankommen lassen, ohne rasch in der Meerestiefe zu verschwinden. Die jungen Tiere dagegen erkennen in ihrem jugendlichen Leichtsinn oftmals zu spät das Raubtier „Mensch“ und machen gar keinen Versuch, der drohen- den Gefahr zu entrinnen. Die Jagd auf alle Seehunde hat ihren besonderen Reiz; — die Annäherung ist schwierig und kann nur unter Be- rücksichtigung des Windes und bei Vermeidung möglichst jeden Geräusches geschehen; gut treffen muß man auch — doch entbehrt sie meist jeglicher Gefahr, wie ich dies später bei meinem Zusammentreffen mit Walrossen empfunden habe. Wie zäh und wild jedoch die Klappmütze unter Umständen sein kann, beweist mir ein Erlebnis, das einer der Matrosen meiner Besatzung aus seinen Erfahrungen erzählt hat. Das Tier wurde von dem Matrosen eines Fangschiffes schwer angeschossen, und als dieser sich anschickte, seine Beute mittels eines kräftigen Stockes vom Eise in das Ruderboot zu befördern, fuhr die Robbe plötzlich mit letzter Kraft auf und riß dem Matrosen mit ihren starken Fängen die Eingeweide aus dem Leibe, worauf derselbe alsbald verstarb. Am nächsten in der Größe kommt der Klappmütze die Grönländische Bartrobbe, Phoca barbata Fabr., die gleich- falls bis zu3 m Länge erreicht. Ihr graubraunes Fell ist sehr gesucht, und besonders der Speck wird bewertet. Ich habe mehrere Exemplare dieser Art erlegt, eins davon ist in unserer Koje aus- gestellt (Fig. 4 und 5). Die Bartrobben leben nie in allzu großer Entfernung von der Küste, wohl weil sie dort am leichtesten ihre Nahrung an kleinen Fischen finden. Bei schönem Wetter sieht man sie gelegentlich auf Eisschollen gelagert sich sonnen. Eine solche Situation muß der Jäger ausnützen, um sich seine Beute —_— 247 — durch einen Kopfschuß zu sichern; sonst, wenn auch schwer getroffen, rutscht sie vom Rand des Eises ins Wasser und ver- sinkt. Auf diese Weise sind auch mir einige schöne Exemplare verloren gegangen. Überhaupt ist es ein recht unsicheres Schießen aus schwankendem Boote und weiter Entfernung, wenn man keinen größeren Zielpunkt hat als den Kopf der Bart- robbe. Oft sieht man auch die Robben im Wasser schwimmen, . wer : Fig. 4. Arktische Gruppe: Grönländische Bartrobbe. zeitweilig mit dem Kopfe untertauchend und dann in weiter Entfernung unverhofit wieder über der Wasserfläche erscheinend. Ich habe diese Tiere immer nur einzeln gesehen, während die anderen Seehunde gewöhnlich in größerer Anzahl auftreten und namentlich die Walrosse nur in Herden vorzukommen pflegen. Für meinen Geschmack ist die schönste Seehundsart der ge- fleckte „Snad“, wie er allgemein von den Norwegern genannt wird, oder die Ringelrobbe, Phoca foetida Fabr. (Fig.1). Der Snad dient besonders den Eisbären als Nahrung. Er lebt unter den großen Eisschollen, die sich auf Kilometer hinaus, nur durch kleine Rinnen unterbrochen, auf dem Meere hinstrecken. Die — 2148 — Oberfläche einer solchen endlosen Eismasse ist von zahllosen Eis- und Schneehügeln bedeckt und insbesondere voll kleiner Löcher, durch die der Snad auftaucht, um Luft zu schöpfen oder um auf das Eis zu gelangen und dort ausgestreckt sich der Sonne zu erfreuen. Dies ist jedoch oft sein Verderben; denn der Bär lauert vor solchen Löchern auf das plötzliche Auftauchen des nichts ahnenden Seehundes und erfaßt ihn mit seinen Zähnen oder Pranken. Auch von den Robbenjägern wird diesen Tieren wegen ihres schönen Fells eifrig nachgestellt. Der Riese der nordischen Tierwelt ist nicht, wie viel- fach geglaubt wird, der Eisbär sondern das Walroß, Triche- chus rosmarus L., das sich hin und wieder noch in größeren Herden vorfindet, wenn auch seine Existenz durch die zahl- reichen Fangschiffe immer mehr bedroht wird. Eines Tages kreuzten wir auf 75° nördlicher Breite und 14° westlicher Länge ganz nahe der Küste entlang und waren bei der Claverings Bay angelangt, als der Kapitän mit aufgeregter Miene in meine Kabine stürzte und meldete, er habe Walrosse gesehen. Als ich mit dem Fernglas in der Hand auf Deck eilte und den Horizont in der Richtung der Bai, wo nach den Angaben des Kapitäns die Walrosse liegen sollten, nach allen, Richtungen hin musterte, konnte ich nichts von den Tieren entdecken, wie sehr ich auch den flachen Küstenrand und die dahinter liegenden Felsklippen abspähte. Nur einige braune Felsmassen sah ich nahe am Wasser, wo der Küstensaum sich im Meere verläuft. Die Küste war an dieser Stelle ziemlich eisfrei, nur einige größere Schollen trieben umher. Als der Kapitän immer erregter nach der Stelle hinwies, wo die Fels- massen lagen, erkannte ich schließlich diese Gebilde, die ich vorher für Felsen gehalten hatte, als eine Herde mächtiger Walrosse. Das Schiff wurde sofort gestoppt und zwei Boote ausgelassen; langsam ruderten meine Leute der etwa 1'/s km entfernt liegenden Herde zu. Je näher wir kamen, um so laut- loser wurden die Ruderschläge; fast unhörbar tauchten die Riemen ins Wasser. Ein Gefühl von Machtlosigkeit überkam mich, als ich mich auf 150 m vierzehn dieser Kolosse gegen- über sah. Sie lagen eng beieinander und schienen zu schlafen, ein Bild der Ruhe und des Friedens, bis plötzlich ein starker Bulle uns bemerkte und sofort durch einen mächtigen Trompeten- Fig. 5. Arktische Gruppe, rechte Seite. Walroß und Bartrobbe, Lummen und Krabbentaucher. — 250 ° — stoß die ganze Herde in Bewegung brachte. Doch in diesem Augenblick hatte ich bereits geschossen, und des Mächtigen Haupt, der eben noch den Warnungsruf ausgestoßen hatte, sank nach vorn, und seine Hauer gruben sich in den weichen Sand. Jetzt hieß es schießen; das Wasser spritzte hoch empor, als die auf dem Lande so unbeholienen Tiere das Meer erreichten. Rings um unsere Boote tauchte Kopf auf Kopf auf, mit den langen weißen Hauern und dem wilden Blick, und immer wieder Fig. 6. Der Verfasser mit dem erlegten Walroß. gaben die wutschnaubenden Tiere ihrem Zorn über die Störung ihres friedlichen Zusammenseins in trompetenartigen Tönen Ausdruck. Was mich jedoch besonders wunderte, war, daß keins der Walrosse unsere Boote angrifi, daß sie sich vielmehr eiligst zur Flucht wandten, wohl durch das Schießen und den Verlust ihres Anführers erschreckt und entmutigt. Schneller, als ich imstande bin, die Lage zu beschreiben, hatte ich zwei der in nächster Nähe meines Bootes auftauchenden Tiere er- lest; doch gab ich bald die Verfolgung der nach allen Richtungen hin flüchtenden Herde auf. — 231 — 24 Stunden verbrachten wir an der Stelle, wo die bei- den gesunkenen Walrosse mit großer Mühe ans Land gezogen wurden (Fig. 6). Obwohl ich dem Kapitän und der Besatzung des Schiffes ganz besonders ans Herz legte, die Häute gut einzusalzen und recht sorgfältig mit Alaun einzureiben, ist doch nur einer der Kolosse leidlich unversehrt zurückgebracht worden, und dieses Exemplar ist der Stolz unserer Koje. Die ee # er Fig. 7. Arktische Gruppe: Lummen. Decken der anderen Tiere erwiesen sich leider als unbrauchbar. An denjenigen Stellen, an denen sie nicht genügend mit Salz und Alaun eingerieben worden waren, sind sie gefault und wie ein von Motten zerfressener Teppich auseinander gefallen. Die Sonne brannte freilich in vollster Kraft, und es ist nicht zu verwundern, daß damals bei der Riesenarbeit — dem Abziehen der Walroßhäute und dem Abspecken dieser kolossalen Decken — die Mannschaft nicht gewissenhaft genug eingesalzen hat. Immerhin war es mir eine große Befriedigung, wenigstens eins der Walrosse unserem Museum erhalten zu haben. —_ 22 — An manchen Tagen, an denen wenig jagdbares Wild zu sehen war, habe ich auch einige Vögel erbeutet. Am zahl- reichsten ist die Bürgermeistermöve, Larus glaucus Brünn, die unserer Möve ähnelt. Eine interessante Jagd gab es bei Gelegenheit einer Landung auf der Sabineninsel, wo Tausende von Eissturmvögeln, Fulmarus glacialis L., ihre Brutstätten haben. Wir erklommen einen steilen Felsen, dessen Wände senkrecht in das Meer abfallen. Ein Ruderboot mußte Fir. 8. Der Verfasser mit dem erlegten Moschusochsen. tief unten die Felswand umfahren, und während wir hoch oben standen, flogen die durch die Störung, die das Ruderboot verursachte, erregten Vögel auf, so daß wir manches gute Exemplar erlegen konnten. Die geschossenen Möven wurden sodann von dem Boote aufgelesen. Auch einige Eiderenten, Somateria mollissima L., kamen zur Strecke; doch sind diese Vögel besonders vorsichtig und deshalb schwierig zu erlegen. Je mehr man sich dem Lande nähert, um so zahlreicher um- fliegen die verschiedenartigsten Vögel das Schiff, verfolgen es stundenlang und stürzen mit Gier auf die Abfälle, die ins Meer —_— 253 — geworfen werden. Kaum daß man einen Seehund erlegt hat und sich entfernt, den Kadaver auf dem Eise zurücklassend, so sieht man schon in kurzer Zeit die schneeweiße Elfenbein- möve, Pagophila eburnea (Phipps), wegen ihres lichten Gefieders kaum vom Eis zu unterscheiden, sich gierig dem Aase nähern. Gelegentlich kann man auch einen Raubfalken, Hierofalco candi- cans Gmel., sehen; doch gelang es mir nicht, ein Stück zu erlegen. An der Küste Grönlands selbst habe ich einige Schwalben- möven, Xema sabinei Sab., erbeutet; sie haben ihre Brut- stätten an den steilen Felswänden der Küste ebenso wie der Seepapagei, Fratercula arctica (L.), und die zahllosen Alken, Alca torda L., Teisten, Cepphus gryllie L., und Lummen, Uria lomvia (L.), von denen die letzteren zum Brüten bis nach Helgoland herabziehen (Fig. 1,5 und 7). Der von mir besuchte Teil Grönlands ist unbewohnt, da wegen des Polarstromes die Küste vom Eisgürtel nie ganz frei wird. Eskimos leben nur an der West- und Südküste und an der Nordostküste bis zum 70. Breitengrad. Das einzige jagdbare Wild des Festlandes ist der Moschus- ochs, Ovibos moschatus Blainville, von dem ich auch ein Exem- plar erlegt habe (Fig. 8). Er lebt auf den öden Bergen, die im Sommer von etwas spärlichem Gras, von Moos und verein- zelten Blumen bewachsen sind. Doch mit dem Beginn des langen Winters schwindet auch dieses ewige Einerlei der Vege- tation, und es ist mir ein Rätsel geblieben, wie diese stattlichen Tiere während des langen Winters ihr Dasein fristen. Wer nach dem Lesen dieser kurzen Schilderung die ark- tische Gruppe in unserem Museum betrachtet, wird es empfinden, welch eigener Reiz in dieser schimmernden Eismeerlandschaft liegt: ein mächtiger Zauber, der alle, die dort gewesen, wieder hinlockt, ebenso wie die Buschsteppe Afrikas mit ihrem Tro- penzauber jeden umfangen hält, der einmal davon ergriffen worden ist. R. von Goldschmidt- Rothschild. e — 234 — Geschenke aus der Ausbeute der ersten Deutschen Tiefsee-Expedition. Mit 6 Abbildungen. Von der seitens des Reichsamts des Innern im Jahre 1898/99 ausgesandten ersten Deutschen Tiefsee-Expedition') ist durch ihren Leiter, Geh. Rat Prof. Dr. Carl Chun in Leipzig, unserem Museum vor einiger Zeit eine Auswahl der heimgebrachten Tief- seeorganismen, soweit ihre Bearbeitung schon in den „Wis- senschaftlichen Ergebnissen“ vorliegt, überwiesen worden. Die geschenkten Objekte stellen für unser Museum eine solche Be- reicherung an auserlesenen und seltenen Stücken dar, daß es an- gebracht ist, wenigstens die Hauptschaustücke mit einigen Worten zu charakterisieren. Es sind 1918 hundert Jahre, seitdem bei einer Lotung in der Baffinsbai Sir John Ross rein zufällig aus 1500 m Tiefe einen Schlangenstern emporbrachte und damit zum ersten Male in gewichtiger Weise der damals herrschenden Ansicht von dem Fehlen jeglicher Lebewesen in tieferen ozeanischen Wassermassen Abbruch tat. Wenn auch einige Forscher später gelegentlich den Nachweis erbracht haben, daß in mehreren hundert Metern der Boden des Meeres eine reiche Lebewelt enthält, so setzt doch die systematische Erschließung der abyssalen Gründe des Meeres erst mit der Legung der submarinen Kabel ein, die, aus tausenden von Metern zur Reparatur gehoben, sich reich besetzt mit Organismen fanden, teils mit fremdartigen Lebewesen, teils mit solchen, deren Verwandten längst geologisch eingebettet sind. Rasch trat eine ungeahnte Begeisterung für die marine Forschung ein, und seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts mehren sich größere und kleinere Expeditionen von Forschern vieler Nationen und hochgesinnter Privater. Bald galt es nicht mehr, den Boden des Meeres abzudredgen, sondern die ganzen Wassermassen vertikal zu durchfischen. Heute wissen wir, daß das gewaltige Gebiet, das Dreiviertel unseres Planeten bedeckt, und dessen größte Tiefe 9644 m beträgt, nicht azoisch sondern überrall belebt ist. Den tiefsten Dredgezug führte Alexander !) F.W. Winter, „Einiges über die Deutsche Tiefsee-Expedition“. Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. 1900, S. 45. Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1900. Agassiz aus: in über 7000 m konnten lebende Seesterne nach- gewiesen werden. Es ist nicht das geringste Verdienst der Deutschen Tiefsee-Expedition, gezeigt zu haben, daß auch eine reiche und vielfältig geartete pelagische Fauna in größeren Tiefen, tausende von Metern über dem Boden, lebt. Dank der bevorzugten Verwendung großer Vertikalnetze, die von dem Leiter der Expedition auf Grund seiner früheren Erfahrungen besonders zweckmäßig konstruiert waren und eine gute Er- haltung der heraufgezogenen Organismen sicherten, ist die Aus- beute gerade dieser in mittleren Tiefen schwebenden Lebewelt eine besonders reiche und wertvolle geworden. Das uns bis jetzt überwiesene Material besteht vorzugs- weise aus Schwämmen und Fischen. Unter den sessilen Formen der Tiefsee sind es vorwiegend die Glasschwämme (Hexactinellidae), deren duftig zarte, zierlich gebaute Kieselgerüste schon von Anbeginn der Forschung immer wieder das Erstaunen der Zoologen erweckten. Lange dünne Glasfäden, die zu kleineren oder größeren Schöpfen ver- einigt im Bodenschlamm wurzeln, verfilzen sich dicht aber gesetzmäßig zu einem engmaschigen Netzwerk, das, durch modifizierte und mikroskopisch kleine Nadelgebilde gestützt und vom Weichkörper umspannt,. den Schwamm aufbaut. Immer aber sind die Grundformen der Nadeln, wenn auch noch so mannigfaltig ausgebildet, Sechsstrahler, denen die Gruppe ihren Namen verdankt. Unter den Hexactinelliden aus 362—4990 m Tiefe war es der Expedition vorbehalten, nicht nur von bereits bekannten Formen ungleich mächtigere und außerordentlich gut erhaltene Exemplare zu erbeuten, sondern auch Vertreter ganz neuer Familien aufzufinden. Wir führen einige der selten schönen Exemplare an, die jetzt in unseren Besitz gelangt sind. Aus der Unterordnung der Amphidiscophora, ausgezeichnet durch zierliche, mikroskopisch kleine Doppelanker, verdienen besondere Beachtung je ein prächtiges Exemplar der verwandten Formen Pheronema raphanus F. E. Schulze und Platylistrum platessa F.E.Sch. Sie gehören zu den schönsten der Aus- beute. Pheronema besitzt eine gedrungene rettigartige Ge- stalt, deren Breitendurchmesser ungefähr der Höhe von 15 cm entspricht. Von der Basis geht ein mächtiges, leicht verfilztes Nadelbüschel von etwas geringerer Breite zur Bodenverankerung — 256 — ab, während das obere Ende mit der quergestellten Siebplatte abschließt, die peripher von fünf bis sechs Büscheln linear an- geordneter Marginalnadelschöpfe von 1!/j,—2cm Höhe eingefaßt ist. Unser unverletztes Exemplar stammt von der Südwest- küste der Nikobaren aus 805 m. Bei dem ebenso schönen, in Fig. 1 abgebildeten Exemplar aus 863 m bei Sansibar, dem Genus Platylistrum mit der Schöpflöffelgestalt zugehörig — daher der Name —, steht die Siebplatte vertikal, und der Nadelschopf bildet die Verlängerung des Stieles. Eine wahre Überraschung bot die neue Gattung Monorhaphis F. E. Schulze, gleichfalls ein Amphidiscophore, deren annähernd zylindrischer Körper der Länge nach durchzogen wird von einer etwas exzen- trisch gelegenen „Pfahlnadel* von einer Größe, wie man sie nicht im entferntesten erwarten würde. Die beiden sich langsam ver- jüngenden Enden der Nadel ragen über den Schwammkörper hinaus; von dem unteren Ende nimmt man an, daß es tief in den Meeresboden eingegraben ist. Begreiflicherweise erreichten die gefischten Schwämme mit ihren gebrechlichen Nadeln fast niemals ganz unversehrt die Oberfläche; doch messen die längsten Pfahlnadel-Bruchstücke von M. chuni, wie die Art zu Ehren des Expeditionsleiters genannt wurde, bis ?’Ocm bei einem Durch- messer von 0,6—8,5 mm, und bei der nahestehenden M. dives ist eine Nadel von 1,50 m erhalten, die nur 4,5 mm Dicke zeigt. Die Rekonstruktionen lassen vermuten, daß die Pfahlnadeln über 3 m lang werden, der Schwamm selbst 1,50 m hoch. Fig. 2 zeigt das uns überwiesene Stück: das obere Ende eines Schwammes mit der Pfahlnadel und den sie umgebenden Komitalien, den schwächeren Begleitnadeln. Das Gitternetz g, das die großen inneren Lakunen ähnlich einer Siebplatte gegen die sogenannten Nischen, große modifizierte Osculaöffnungen, abschließt, kommt neben den eigentlichen Osculis o deutlich zum Ausdruck. Weiter sind wir in den glücklichen Besitz einer 80 cm langen und etwa 4 mm dicken Pfahlnadel von M. dives gekommen: ein Schau- stück, das neben so manchen anderen, die uns jetzt zuge- gangen sind, außer dem Berliner Museum kein anderes Museum der Welt aufweist. In unserer Schausammlung werden diese Schenkungen durch wohlgelungene, früher erworbene Photo- graphien ergänzt: die des größten gefundenen Schwammbruch- stückes, das das spiralige Wachstum um die 70 cm lange Nadel Fig. 1. Platylistrum pla- tessa F. E. Schulze, An- sicht auf die Siebplatte Ph msGr.). Fig. 2. Monorhaphis chuni F. E. Schulze, obe- rer Teil, seitlich geöffnet (*sn.Gr.) g= Gitternetz, o— Osecula. —_— 2598 — zeigt, ferner durch die Photographie einer kräftigen Glasnadel, die von einer Amphihelia umwachsen ist, wodurch der Eindruck erweckt wird, die Nadel sei die zentrale Ausscheidung der stark- kalkigen weißen Koralle. Südwestlich von der Insel Groß-Nikobar aus 296 und 362 m sind von der Expedition sechs Exemplare der dem vor- erwähnten Schwamme nahestehenden Semperella cucumis F. E, Schulze gedredgt worden, wovon uns eins überwiesen ist, das neben der guten Abbildung in unserem Hexactinellidenschranke, nach dem einzig existierenden vollständigen Exemplar von 62 cm Höhe aus den „Ergebnissen“, uns ein deutliches Bild dieses prächtigen Glasschwammes abgibt. | Wir übergehen die interessanten neuartigen Vertreter gestielter Polypen, sowie schöner Gorgoniden und er- wähnen von den am Boden lebenden Formen der Tiefsee aus der Gruppe der kurzschwänzigen Krebse (Brachyuren) drei schöne Vertreter, die jetzt in unserem Besitz sind. Zwei Geryon affinis Milne Edwards u. Bouvier, im Leben stark rot gefärbt, ent- stammen einer von der Expedition aufgefundenen Untiefe von 936m im südatlantischen Ozean, zur Erinnerung an den Expe- ditionsdampfer „Valdivia-Bank“ genannt, 8 Breitengrade von der Walfischbai entfernt. Die neue Spezies hertwege Doflein des Genus Scyramathia, von der zahlreiche männliche und weibliche Indi- viduen vorliegen, ist in 300 bis 500 m auf der Agulhas-Bank sehr verbreitet, und was schließlich die uns überwiesene Platymava wyville-thomsoni Miers betriät, so handelt es sich wohl um die interessanteste der uns bekannten Tiefsee-Krabben. Die außer- ordentlich hochbeinig gestelzte Form zeichnet sich durch Scheren- finger aus, die messerartig schmal und nach innen gebogen sind; aber vor allem imponieren uns die furchtbaren Waffen des Tieres in Gestalt langer dornartiger Stacheln, die mehrreihig an den vorderen Extremitäten sitzen und dem erbeuteten Opfer ein Entrinnen unmöglich machen. Nicht unwesentlich tragen bei zur Charakterisierung der auf dem Boden oder wenig darüber lebenden benthonischen Lebewelt neben anderen noch nicht in unserem Besitz befind- lichen Formen die meisten Arten der Macruren, jene auffallend langgeschwänzten Fische, die vorwiegend in dem warmen Gürtel weitverbreitete Tiefseefische darstellen. Der dicke Kopf —_ 259 — mit einem kurzen Körper wirkt fremdartig durch die gewaltig vergrößerten Augen; das gelegentlich weit unterständige quer- gestellte Maul mit einem stark verlängerten Rostrum zum Auf- wühlen des Schlammes, auf dem die Fische leben, läßt auf eine ähnliche Lebensweise schließen, wie sie unsere Acipenseriden führen, was auch der Mageninhalt, bestehend aus Echinodermen- resten, kleinen Schnecken, Foraminiferenschalen u. a., verrät. Zufolge ihrer Lebensweise fangen sich die Macruren fast aus- schließlich in dem Trawl, auch gelangen sie leicht in die Netze. Unsere Expedition brachte 205 Exemplare in 16 Arten an die Oberfläche, von denen 10 Arten aus Tiefen von 178, 465, 628 und 900—1134 m in unser Museum gekommen sind. Fünf Arten kommen der Hauptgattung Maerurus zu, die übrigen den Sub- genera Coelorhynchus, Mystaconurus und Malacocephalus. Die Exemplare sind meist sehr gut erhalten; dasjenige von Malaco- cephalus laevis (Lowe) besitzt eine Länge von 40cm. Unsere Schau- sammlung enthält, beiläufig bemerkt, einen schönen Macrurus von etwa 70 cm Länge, rupestris Gunner, aus dem unteren Litoral, der von Prof. Römer 1904 bei der Insel Alvaerströmmen mit der Grundangel erbeutet worden ist. Neben diesen Macruren sind uns weiter einige Vertreter aus verschiedenen Familien und Unterordnungen übermittelt, so daß jetzt die Hauptrepräsentanten der benthonischen Tiefen- fischfauna unserer Sammlung einverleibt sind. Sie entstammen Tiefen um 1000 m und sind meist dem nordwestlichen indischen Ozean entnommen. Es seien hervorgehoben Bathygadus longt- filis @oode u. Bean, dessen erster Strahl der Rücken-, Brust- und Bauchflossen zu einem langen dünnen Faden ausgezogen ist; die dunkelblaue Färbung der Bauchseite, der Kiemen und des Maules kontrastiert auffällig gegen das grünlich schillernde Auge. Ferner Bathygadus melanobranchus Vaillant von der deutsch- ostafrikanischen Küste, noch erheblich dunkler gefärbt mit tief- schwarzen Kiemen; seine Überführung aus 1289 m an die Ober- fläche ging so rasch vonstatten, daß durch die plötzliche Druck- verminderung bei unserem Exemplar der Magen weit in den gewaltigen Rachen vorgepreßt worden ist. Eine ähnliche Tinten- farbe, aber noch mehr nach blau über den ganzen Körper ziehend, zeigen Lampogrammus niger Alcock aus 1024 m bei den Nikobaren und die neue Art Aleposomus lividus A. Brauer, 17% A — 260 — von der nur fünf Exemplare heimgebracht wurden. Diese Form erhebt sich schon weit über den Boden und tritt in die pela- gische Lebensweise ein. Eine ähnliche Teilung der Lebensweise hat unter der Gruppe der Pediculaten stattgefunden, die sich teils in den Schlamm einwühlen, teils aber eine bathypelagische und pela- gische Lebensweise angenommen haben. Zu den Pediculaten zählen höchst merkwürdige Formen: es isolieren sich bei einigen die ersten Strahlen der Rückenflosse und rücken nach der Schnauze zu vor, um Funktionen als Lockangeln anzunehmen. Das knopfförmige Ende kann außerdem noch ein Leuchtorgan und Tastfäden enthalten. Die Herkunft eines solchen Tentakels und seines Endorgans verrät jedoch der an der Spitze des Tentakels sich aufsplitternde Nerv, der weit hinten als dorsaler Ast eines Spinalnerven entspringt. Von den interessantesten dieser Familien, den Öeratiiden, konnte die Expedition kein Exemplar abgeben, da von den einzelnen Arten höchstens zwei Tiere gefangen wurden. Um so freudiger begrüßen wir es, daß uns von den übrigen vier Familien der Pediculaten Vertreter überwiesen worden sind: zunächst ein neuer Lophius quinquera- diatus A. Brauer; diese Gattung kann gewissermaßen als die Stammform der verschiedenen Pediculaten- Familien ange- sehen werden. Weiter gehören hierher Aceratias, der Vertreter einer Familie, bei der der Tentakel zwar wieder verschwunden, seine Rudimente aber innerlich noch nachzuweisen sind; ferner die Antennariiden, repräsentiert durch Chaunax pietus Lowe und die Malthiden mit der vielseitig interessanten Form Halicmetus ruber Alcock, die im Leben eine schöne rosa Färbung zeigt. Diese beiden Familien besitzen Tentakel höchst merkwürdiger Gestalt; bei Chaunaz ist das Organ troddelartig, bei dem ab- geplatteten Halicmetus ist es flach und liegt in einer Nische. Ehe wir in einige Bemerkungen über die rein pelagischen Fische eintreten, wollen wir zwei Arten derjenigen Formen berücksichtigen, die voraussichtlich eine große vertikale Ver- breitung besitzen und gelegentlich benthonisch sich finden, wenn sie auch bis jetzt selten erbeutet wurden. Zunächst das un- versehrte prächtige Exemplar von Avocettina infans (Günther) von 30 cm Länge, das mit dem bis 3070 m hinuntergesenkten Vertikalnetz zwischen Sierra Leone und Kamerun gefischt ‘(a9 ‘U !/;) doneıg 'y snaopn.ınd smuppydorirs "9 "Sg "(ag u 2) uoweätogyoner] yru ‘usgoyas semge dung 'c :uosuyop smzopıdaj04omu snjadoosoay 'g pun F dry "Can u t/.) gdoy “(aoqyung) sunfus nwmsooay "ge "SIA 1 eh Ba UT ne a, —- 22 — wurde, zuzuzählen den bandartigen Nemichthyidae, Formen, die bei 2 cm Höhe und 60 cm Länge nur wenige Millimeter Dicke erreichen. Der Körper verjüngt sich gleichmäßig bis zur faden- dünnen Schwanzspitze, die Brustflossen sind klein, Bauchflossen fehlen, die Rückenflosse, die mit der Afterflosse in die Schwanz- flosse ohne Unterbrechung übergeht, besitzt 325—340 Flossen- strahlen, die Afterflosse 240 —260. Langgezogen, wie der ganze Fisch, stellen sich auch die Kiefer dar (Fig. 3); beide ziehen sich fadenartig aus und gleichen divergierenden, sehr elastischen Spangen. Ihre Innenseiten sind mit scharfen, nach hinten ge- richteten, in rhombischen Feldern angeordneten Zähnchen besetzt, ebenso die knopfförmigen Enden; vergrößert erscheinen die Innenseiten der Kiefer wie kreuzweise aufgeschlagene Feilen. Der funktionelle Wert dieser Widerhaken für den Nahrungs- erwerb leuchtet ohne weiteres ein. Die andere Art, die noch erwähnt sein mag, Neoscopelus macrolepidotus Johnson (Fig. 4), gehört zu einer großen Gruppe von Leuchtfischen, den Scopeliden, die eine fast durchaus pela- gische Lebensweise führen. Neben der prachtvollen Färbung im Leben — rote Flossen, grüne Augen, zart rosavioletter Körper mit silberglänzenden großen Schuppen — fallen vor allem auf die ventralen und lateralen, auf starkpigmentiertem Hintergrund hell aufblitzenden großen Leuchtorgane, deren Leuchtwirkung durch einen mächtigen silberglänzenden Reflektor erhöht wird. In Reihen ziehen sie sich auf Bauch und Seiten hin bis auf den Isthmus und seltsamerweise auch auf die Unter- seite der Zunge (Fig. 5), eine Erscheinung, die für sich steht. Weitaus die interessantesten Formen kommen den unend- lichen Wassermassen des Pelagials zu, dem größten belebten Raumgebiet unserer Erde. Durch die erwähnte reichliche Verwendung der großen Vertikalnetze hat die Kenntnis auch der dem Boden vollständig fremden Fische der Tiefsee eine überraschende Erweiterung erfahren. Diese mehr oder weniger bathypelagisch lebenden Fische zeichnen sich vielfach aus durch die hohe Zahl von Leucht- organen und die oft gewaltige Vergrößerung der Augen, deren schrittweise zu verfolgende Ummodelung zu der höchst aberranten gestreckten Form der „Teleskopaugen“ führt, eine Umwandlung, die konvergent nicht nur bei verschiedenen Familien der Fische — 263 — sondern auch in anderen Tiergruppen ganz unabhängig wieder- kehrt, z. B. bei Zephalopoden. Dabei verlagert sich die Linse des Auges mehr und mehr rostrad oder dorsad, gleichzeitig tritt eine Verlängerung des Augapfels und unter Umständen auch eine funktionelle Teilung der Netzhaut ein. Ausgebildete Tele- skopaugen können rein nach vorn oder nach oben gerichtet sein. Die Befunde der Expedition haben hier ganz neuartige Familien zu unserer Kenntnis gebracht. Unser Museum ist in den Besitz von drei Arten der Gattung Argyropelecus gekommen, die zum teil die Träger typischer, dorsad gerichteter Teleskopaugen sind. A. affinis (Garman), bei den Chagos-Inseln im indischen Ozean aus 1900 m gehoben, zeigt die dorsale Ausbildung, während sein Verwandter o/fersi (Cuvier) aus 2200 m des südlichen in- dischen Ozeans nur die dorsale Verschiebung der Linse erkennen läßt, ein fertiges Teleskopauge also noch nicht besitzt. Eine Form, die ebenfalls auf einer Zwischenstufe dieser Bildungsrich- tung steht, zeigt uns ein kleines Exemplar aus dem südatlan- tischen Ozean, Dissomma anale A. Brauer. Von Fischen mit Leuchtorganen besitzen wir nun eine stattliche Reihe in Vertretern der Stomiatiden, Sternoptychiden und Scopeliden. Während aus dem Formenkreis der Stomiatiden die Repräsentanten meist einzeln erbeutet wurden — wir sind nur im Besitz eines Chauliodus slonaei Bloch u. Schneider ge- kommen —, sind die Sternoptychiden an Individuenzahl und die Scopeliden an Artenzahl sehr reich vorhanden. Von ersteren besitzen wir ein größeres Exemplar von Sternoptyx diaphana Herrmann; ebenso wie sein schon genannter naher Verwandter Argyropelecus zeichnet sich diese Form durch beilfürmige Gestalt, prächtigen Silberglanz und außerordentlich große Leuchtorgane aus, die aus mehreren zusammengelegten Leuchtdrüsen aufgebaut sind. Unter allen Tiefseefischen ist die hierher gehörige Gattung Cyelothone mit ihren sieben zum Teil kosmopolitischen Arten wohl die verbreitetste; auf der Valdivia-Expedition wurden etwa 2000 Stücke erbeutet. Jede Art ist unserem Museum in mehreren Exemplaren zugekommen. Von der ebenso bedeutenden Familie der Scopeliden haben wir den prächtigen Neoscopelus schon ange- führt, den Verwandten der umfassenden Hauptgattung Myetophum. Von den 31 von der Expedition heimgebrachten Arten der ins- gesamt 52 Spezies der Untergattungen Myctophum, Lampadena, — 264 — Diaphus und Lampanyctes sind uns die überwiesenen deslalb besonders interessant, weil es sich hier um Fische handelt, deren Einordnung in das System sich bei großer äußerlicher Ähnlichkeit wesentlich auf die Konstanz der Leuchtorgane, deren Stellung zu einander, das Auftreten von Leuchtplatten und Leuchtschuppen als Artcharaktere stützt. Diese Andeutungen über die pelagischen Fische wären indessen unvollständig, wenn wir die merkwürdigen Funde der Expedition mit der ansprechenden Bezeichnung „Stielaugenfische* übergehen wollten. Hier handelt es sich um Larven, die in älteren Stadien Leuchtorgane zeigen. Brauer hat diesen Jugend- formen den Namen Stylophthalmus paradoxus gegeben; vermutlich kommen sie Stomiatiden zu. Das unserem Exemplar entsprechende Stadium ist in Fig. 6 abgebildet. Vergegenwärtigen wir uns die Art der Bedingungen, unter denen pelagische und benthonische Organismen leben, so sind sie wohl eigen und fremdartig. Sie sind indessen, namentlich in dem Pelagial, erheblich gleichmäßiger als diejenigen der uns umgebenden Organismenwelt. Wir lernen daher verstehen, daß an den Tiefseeorganismen, wohin wir auch blicken, immer wieder konvergente Anpassungen der Organe, vor allem der Sinnes- apparate, auftreten und zu einem Grade der Vollkommenheit gelangen, die die übrige Lebewelt nicht erreicht. Die hoch- gradige Adaption an eigenartige Bedingungen ist es, die den Tiefseeorganismen und Dämmerungsformen die fremdartige Ge- stalt gibt. Trotz der großen Fortschritte auf diesem Gebiet der Forschung sind wir jedoch auch heute noch weit davon entfernt, ihre Biologie restlos zu erkennen. Wenn wir jetzt den Besuchern unseres Museums und den Hörern unserer Vorlesungen von diesen so abseits stehenden Naturobjekten prächtige Exemplare vor Augen führen können, so verdanken wir dies dem Geschenk der. Deutschen Tiefsee- Expedition. Daß durch diesen köstlichen Schatz eine empfind- liche Lücke unserer Sammlung ausgefüllt worden ist, wollen wir gern und dankbar hervorheben. F. W. Winter. ENRTON —_ 265° — Fossile Wespennester. Mit einer Abbildung von Anton Handlirsch (Wien). Im ÖOberoligozän von Flörsheim wurden zusammen mit Landschnecken, Insektenlarven, Eidechseneiern und Säugetier- resten einige Gebilde gefunden, die auf den ersten Blick eine auffallende Ähnlichkeit mit den bekannten kugelförmigen Lehm- Fossile Wespennester aus Flörsheim (natürliche Größe). nestern der solitären Vespiden aus der Gattung Eumenes zeigen. Friese, der diese Objekte gesehen, hat keinen Augenblick an ihrer Eumenidennatur gezweifelt. Nachdem jedoch einige Paläontologen, denen diese Gebilde vorgelegt wurden, meinten, es sei doch möglich, daß es sich um Spongien handle, und nachdem ich selbst ein äußerlich ganz ähn- liches miozänes Fossil gefunden habe, das dem Bryozoon Cellepora —_— 26 — globularis (det. Th. Fuchs) angehört, habe ich eine chemische und mikroskopische Untersuchung der fraglichen Gebilde vor- genommen, durch die nun wohl alle Zweifel behoben werden. Es sind Hohlkugeln von 18—22 mm Durchmesser und 2—3 mm Wandstärke Sie tragen an der oberen Seite das charakteristische Flugloch und bestehen aus Lehm, in dem Kalk- sandkörnchen eingebettet sind. An manchen Stellen sind in der Wand kleine Hohlräume sichtbar. Von geformten Hartgebilden (Kalk- oder Kieselnadeln) ist keine Spur zu finden, und das Material entspricht vollkommem jenem rezenter Eumenes-Nester. Nach der Größe der Nester zu schließen, muß die Wespe zwei- bis dreimal so groß gewesen sein wie die heute in Mittel- europa verbreitete E. pomiformis; so große Arten leben jetzt nur in heißen Ländern. Ich schlage für die oligozäne Art von Flörsheim den Namen Eumenes römeri m. vor, zur Erinnerung an Prof. Dr. F. Römer, der mir diese interessanten Objekte vor längerer Zeit zur Untersuchung vorgelegt hat. P f —_— 267 — Die Darstellung der Tiere in der antiken Kunst. Vortrag bei der Jahresfeier am 29. Mai 1910. Mit 11 Abbildungen von ‚Julius Ziehen. „Wenn Sie, hochverehrte Anwesende, bei den Betrachtungen, die Ihnen im folgenden vorgeführt werden sollen, nicht ganz auf Ihre Rechnung kommen, so müssen Sie darüber zum Teil mit dem verehrten Vorstande unserer Gesellschaft abrechnen; denn er ist schuld daran, daß sich in diesen der Naturforschung gewidmeten Räumen an dem heutigen festlichen Tage die Wissen- schaft der Kunst- und Kulturgeschichte eindrängt und Gehör erbittet für eine Reihe von Erörterungen, bei denen sie zwar vorwiegend der empfangende Teil ist, aber vielleicht doch auch ihrerseits einiges zu geben vermag. Nur wenn letzteres wirklich der Fall ist, darf der Eindringling es wagen, hier zu erscheinen; sehen wir zu, was er zu bieten hat! Von den Tierdarstellungen der antiken Kunst!) soll hier die Rede sein; denn auf dieses engere Gebiet der Kunst- und Kulturgeschichte wollen wir unser Thema von vornherein beschränken und nur in gelegentlichen Seitenblicken auch Kunst- werke aus anderen Kulturepochen heranziehen. Was kann Ihnen, den Naturforschern und Freunden der Naturforschung, eine solche Betrachtung bieten, da doch Ihr Interesse den Natur- objekten selbst gewidmet ist und die Art der künstlerischen Wiedergabe der Objekte für Sie an dieser Stelle kein unmittel- —_— 268 — bares Interesse haben kann? Lassen‘Sie uns die Antwort auf diese Frage nicht in langen theoretischen Erörterungen suchen, sondern sie lieber gleich dadurch geben, daß wir aus einigen prak- tischen Beispielen die leitenden Gesichtspunkte gewinnen. Kein von Künstlerhand illustriertes antikes Lehrbuch der Zoologie hat unseres Wissens jemals bestanden; auch ist es mehr als zweifelhaft, ob die zoologischen Werke des Aristoteles, des Meisters der antiken Tierforschung, des Begründers der noch heute festgehaltenen Tierklassifikation, überhaupt in illu- strierten Ausgaben, wie etwa die des Pflanzenbuches von Dios- korides, existiert haben. Aber wenn auf antiken Bildwerken wie dem berühmten „Nilmosaik“ von Präneste (Fig. 1—3)?) den einzelnen Tierbildern die Namen der Tiere beigeschrieben sind, so war dafür sicherlich unter anderem auch ein gewisser Lehrzweck maßgebend, und die Freude an der künstlerischen Darstellung der Tiere ist im Altertum ganz allgemein gewesen. Es würde eine erstaunlich reichhaltige Sammlung geben, wollte man die Schätze der Antikensammlungen, die sich auf die Tier- welt beziehen, übersichtlich zusammenstellen zu einer „Sala degli animali“ großen Stiles, von der der Raum des vatikanischen Museums, der diesen Namen trägt?), nur eine sehr bescheidene Teilvorstellung geben kann. Auch große Künstlernamen, die Gegenstücke zu den großen Namen der Neuzeit, eines Rubens, Potter, Cuyp, Riedinger, Barye, würden in diesem Saale vertreten sein, sie freilich nur als Namen, denn die sonst so identifikationsfrohe und identifikationsfähige Kunstarchäologie hat auf dem Gebiete der Zurückführung erhaltener Bildwerke auf berühmte Originale, was die Tierdarstellung anbetrifit, bis jetzt noch recht wenig sichere Ergebnisse zeitigen können ‘®). Freude an der Wiedergabe der charakteristischen Tier- formen und eine oft bewundernswerte Kunst der Tierbeobachtung würde das erste sein, was wir festzustellen haben; wir finden beide in reichem Maße an den köstlich naturwahren Köpfen eines Kamels und eines Esels in der eben genannten Sala degli animali des Vatikans und sehen mit gleichem Verständnis für die Naturformen auch den Gesamtkörper der Tiere wieder- gegeben in Werken wie der schönen Windhundgruppe der- selben Sammlung (Fig. 4), der sich eine ganze Reihe gleich — 269 — vortrefflicher Windhundskulpturen mit den verschiedensten Mo- tiven aus anderen Antikenmuseen anreihen ließe. Nur eine scharfe Naturbeobachtung, von einer genauen Kenntnis des Tierkörpers und seiner Struktur unterstützt, vermag Werke von Fig. 1. Mosaik im Palazzo Barberini zu Palestrina. Nach Pieralisi (s. Anm. 2). so ruhiger Sicherheit der Naturwiedergabe hinzustellen; es ge- sellt sich dazu eine Kenntnis der „Tierseele“, die auch der humoristischen Seite des Tierlebens gerecht zu werden imstande ist: in der Sala degli animali ist die Gruppe eines Mutter- schweines mit 12 Ferkeln zu finden, die mit köstlichem Behagen das Familienidyll der Rüsseltiere festgehalten hat, und jede genauere Betrachtung größerer Antikensammlungen zeigt deutlich, SAUNLDNANAREUNEUHÄNNLIAKGNULHBRNEERFEAERBUBRREHEIEUNAINRKOLUNN EARTH DI UNKLAR WEHREN - - —— = E T——————— = OSTEN Mosaik im Palazzo Barberini zu Palestrina. Nach Pieralisi (s. Anm. 2). Fig. 2. g w u & & BI i BI “ B B g 4 3] S EFERDING E] E] UREKNUN HELEN NHL HON RATTEN FRNLLBNRKRREKARSRSGABARFÄKABNDABLJERRERSARKOHRUOANDINLLADFUNJERERKARNHEHFRABANENAN Un NUNMAL Nach Pieralisi (s. Anm. 2). 1na. Palestr ini zu im Palazzo Barber Mosai Fig. 3. _ 22 — in wie weitem Umfang Großkunst und Kunsthandwerk sich mit glücklichen Schöpfungen auf dem Gebiete der Tierdarstellung betätigt haben °). Erwähnen wir wenigstens noch einige Meisterwerke. Als ein wundervolles Zeugnis solcher Kunst der Tierbeobachtung mag zunächst der bekannte Bronzewidder des Museums von Palermo genannt sein. Goethe fand ihn „einen Phrixus und eine Helle zu tragen würdig“ und rechnete ihn aus diesem Gefühl heraus der „mythologischen Familie“ zu; aber die un- bestreitbare Großzügigkeit der Formgebung schließt nicht aus, daß Körperbau und Sinnesart des Tieres mit vollendeter Natur- wahrheit wiedergegeben sind. Alles ist an dem Kunstwerke wohl erwogen, die Haltung der Beine, die Art der Wiedergabe des Pelzes, die mit verhältnismäßig wenigen treffsicheren Strichen das Zusammenkleben der einzelnen Partien des Wollhaares zum Ausdruck bringt, und nicht in letzter Linie die Öffnung des Maules, das sich zum Blöken anschickt. Die Volksmeinung fand gerade dieses letztgenannte Motiv der Darstellung offenbar besonders bezeichnend: der Widder soll, mit einem Gegenstück am Hafeneingang von Syrakus aufgestellt, durch sein Blöken die Stärke des Windes angegeben haben; in Wirklichkeit diente dieses Bildwerk wohl als Brunnenfigur. Stellen wir dem Palermitaner Bronzewidder gleich ein zweites Tierbild zur Seite, das dem Bereiche der großen Kunst angehört und sich mit dem Widderbilde in bezug auf Groß- zügigkeit wie Naturtreue der Formgebung wohl messen kann: es ist die Statue eines Ebers (Fig. 5), in mehreren Repliken eines offenbar beliebten Originals auf uns gekommen, von denen die Statue des Florentinischen Museums, wie es scheint, die beste ist. Auch hier dieselbe Treffsicherheit in der Auffassung des Wesentlichen der Naturformen, dazu die glückliche Beob- achtung eines charakteristischen Bewegungsmotivs, und wir dürfen dem ÖOriginalwerk, von dem wir ja nur die Kopien vor uns haben, gewiß eine noch weit feinere Wiedergabe der Details der Körperformen zuschreiben. Auch ein Hauptvorzug des Bild- werkes wird in dem Original noch mehr hervorgetreten sein, als es bei den Kopien der Fall ist: ich meine die sichere An- deutung der gewaltigen Kraft, die in dem ruhenden Tierkörper latent enthalten ist ®). _ 23 — Ob sich solchen Werken gegenüber wohl wirklich das scharfe Verdikt aufrecht erhalten läßt, das vor einiger Zeit von beachtenswerter Seite über die Tierplastik des Altertums aus- gesprochen worden ist? In einem sehr lehrreichen Aufsatz, den Fig. 4. Windhundgruppe im Vatikan. Nach Photographie. Friedrich Fuchs über „Moderne Tierplastik“ vor kurzem in Velhagen und Klasings Monatsheften hat erscheinen lassen’), ist ein rascher Überblick über die Tierdarstellung des Altertums in dem Resultat znsammengefaßt, „daß der Antike das Organ für die selbständige Lebendigkeit der Lebewesen gefehlt hat. 18 Fig. 5. Statue eines Ebers im Vatikan. Nach Photographie. —_ 275 — Das lag an der Weltanschauung.“ Mir scheint dieses Urteil selbst ebenso anfechtbar wie seine Begründung; die letztere schon darum, weil schon durch die Beziehung der Tiere zu dem Götterkultus das Altertum mehr als irgend eine spätere Epoche der Geschichte mit der Tierwelt in beständige nnmittelbare Berührung kam und dabei Gelegenheit fand, die Formen und die Lebensäußerungen der Tiere von immer neuen Seiten kennen zu lernen. Es gibt allerdings eine Gruppe von Tierdarstellungen, für die das vorhin erwähnte harte Urteil über die Tierbildnerei des Altertums bis zu einem gewissen Grade zutrifft. Mit der Dar- stellung der Seetiere sieht es, wenn man die naturwissen- schaftliche Seite in Betracht zieht, in der antiken Kunst nicht eben günstig aus; phantastische Seetiere — Seelöwen, Seestiere, Seepanther und dergl. mehr — haben die Künstler des Altertums mit wundervollem Schwung der Formgebung und immer neuer Fülle sinnreicher Motive zur Darstellung gebracht; aber die wirklichen Seetiere haben sie in merkwürdig weit- gehendem Maße stilisiert. Sehen wir ab von dem Wappentier auf den Münzen der „Robbenstadt“ Phoköa, so bleibt kaum eine nach zoologischer Naturtreue strebende und sie erreichende Darstellung eines Seetieres in der antiken Denkmälerwelt übrig; insbesondere sind die überaus zahlreichen Delphindarstellungen der antiken Kunst meist ebenso graziös wie unrealistisch. Auch die wunderlichen Gestalten des Elefanten und noch mehr des Nashorns hat ein gewisser Mangel an Impressionismus in der antiken Kunst nur selten wirklich naturgetreu wiederzugeben vermocht; einige vortreflliche Münzbilder von Elefanten müssen dabei als rühmliche Ausnahmen erwähnt werden). Wir wissen von den meisten der bisher betrachteten Tier- figuren nicht, welchem Zweck sie ursprünglich gedient haben, ob sie freie Schöpfungen eines künstlerischen Interesses an der Naturform gewesen sind oder bestimmten Aufträgen ihre Ent- stehung verdankten; jedenfalls aber hat die antike Kunst mehr als die Kunst irgend einer späteren Kulturepoche immer aufs neue die vielseitigsten Impulse zur Darstellung von Tieren empfangen, die nachhaltigsten einerseits durch die bereits vor- her erwähnten Kultbeziehungen der Tiere und andererseits — auf einem besonderen Einzelgebiete — durch die Sitte oder 18* — 276 — Unsitte, die der Widmung von Reiterdenkmälern oder von Qua- drigen im Altertum einen für unseren Geschmack unbegreiflichen Umfang gab. Sehr vielfach — so gewiß bei dem Pferde der Marc-Aurel-Statue des Kapitols — ist anzunehmen, daß ein bestimmtes Tier mit allen seinen individuellen Eigentümlichkeiten von dem Künstler dargestellt ist; der Verfasser des Cicerone hat das eben erwähnte Kaiserpferd „an sich ein widerliches Tier“ genannt, der Kunstleistung als solcher läßt er mit Recht alle Ehre widerfahren. Eins dieser Bildwerke mag hier besonders erwähnt sein, sowohl wegen seiner Schönheit an sich als auch deshalb, weil es auf einen der großen Tierbildner des Altertums stilistisch zurückgeführt werden darf: das große Bronzepferd im Kon- servatorenpalast zu Rom zeigt in seiner ganzen Formgebung die Spuren einer Meisterhand, deren Originalwerk gewiß getrost dem berühmten Pferdekopf des Parthenongiebels an die Seite gestellt zu werden verdiente. Es ist Lysippos, der Lieblings- künstler Alexanders des Großen, auf den aller Wahrschein- lichkeit nach das Original der meisterhaft durchgeführten Pferde- figur zurückgeht. Der Künstler hat, wie hier gleich miterwähnt sein mag, seinen Königlichen Gönner wiederholt, unter anderem auch einmal auf der Löwenjagd, dargestellt; ein Nachklang der letzteren Komposition findet sich vielleicht auf einem leider stark zerstörten Relief im Louvre zu Paris’). Leicht ließe sich den oben erwähnten Tierfiguren aus dem Bereich der großen Plastik eine Masse von Werken der Klein- kunst anreihen, die uns die verschiedensten Tierarten in mehr oder weniger naturgetreuer Nachbildung zeigen; fast jede größere Antikensammlung enthält in ihren Bronzebeständen ein reich- haltiges, vom zoologisch-tiergeschichtlichen Standpunkt aus aber noch wenig durchforschtes Material. Am meisten zu Ehren ist von allen diesen Tierbronzen die kleine Figur einer Kuh ge- kommen, die sich im Cabinet des medailles zu Paris befindet: sie soll auf die berühmte Kuh des Myron von Athen zurück- gehen und trägt allerdings entschieden den Stempel eines Meister- werkes an sich !P); doch dürfen wir ihr, was frische Naturauf- fassung anbelangt, mehr als ein Bildwerk anreihen, wie es unter anderen die Bronze-Menagerie des Britischen Museums an antiken Fundstücken bietet ?!). , — 27 — Naturgemäß begegnen uns unter den Kleinbronzen auch am ehesten Darstellungen von niederen Tieren und Tieren unter- geordneter Art; die Skorpionenbronzen, die aus Karthago nach Paris und London gekommen sind, mögen als ein Beispiel hier wenigstens kurz erwähnt sein, und es mag daran gleich ein Hinweis angeschlossen werden auf: die schier unabsehbare Reihe antiker Bildwerke, auf denen Tiere aller Art — nicht in letzter Linie die Vogelwelt — uns in ornamentaler oder sinn- bildlicher Verwendung entgegentreten. Wir müßten zurückgehen Fig. 6. Römische Meerkatze. Relief im Museum zu Kopenhagen. Nach Arndt-Amelung (s. Anm. 5). bis auf die kretisch-mykenische Kunst mit ihren Schmetter- lingen, Tintenfischen, fliegenden Fischen, wenn wir einen auch nur annähernd vollzähligen Überblick über die Fülle der Erscheinungen bieten wollten. Die zoologische Forschung hat für einige Gruppen dieser Tierdenkmäler — vor allem für die Vogelwelt — noch fast alles zu leisten; sie muß dabei natürlich um so behutsamer vorgehen, je weiter sie in das Ge- biet der ornamentalen Verwendung des Tieres — den Bereich von Büchern wie M.P. Verneuils „L’animal dans la deco- ration“ — vordringt !?). Wir verdanken dieser Kunst der Tierdarstellung aber nicht nur einen Kunstgenuß, sondern in vielen Fällen auch eine —_— 298 — naturwissenschaftliche Belehrung, deren Wert durch die Treue und Zuverlässigkeit dieser antiken Tierbilder durchaus gesichert ist. Es treten uns nämlich in diesen Kunstwerken gelegentlich Tierrassen bezw. Tierformen entgegen, die uns ohne sie unbe- kannt oder wenigstens nicht ausreichend bezeugt sein würden, und man darf wohl sagen, daß für die rassengeschicht- liche Forschung noch ungehobene Schätze gerade in diesen Kunstwerken zu finden sind, die der Altertumsforscher in dieser Richtung naturgemäß nur unvollkommen zu verwerten weiß, er müßte denn wie der hochverdiente Hauptvertreter dieses For- schungsgebietes Otto Keller in jahrelanger Bemühung auch die nötige naturwissenschaftliche Fachkenntnis dazu erworben haben ’?). Vorsicht bei der Verwendung der Bildwerke ist hier vor allem insofern geboten, als die älteren Antikensammlungen in bezug auf Ergänzung an Tiertorsen und Zusammensetzung der Reste von verschiedenen Figuren das Unglaublichste ge- leistet haben und darum manche Tierabnormität bei genauerem Zusehen rasch in Wegfall kommt. Ich muß mir leider versagen, in diesem Zusammenhange näher einzugehen auf das weite und schwierige Gebiet rassen- geschichtlicher Probleme, das uns durch die antiken Pferde- darstellungen erschlossen wird. Sie alle kennen schon oder werden gewiß mit großem Interesse die fesselnden „Plaudereien über ein Pferd des Phidias“ lesen, in denen der feinsinnige Viktor Cherbuliez, auch als Verfasser eines guten Buches über „Die Kunst und die Natur“ um unser ganzes heutiges Betrachtungsgebiet verdient, die Pferderasse der Partlıenon- skulpturen zum Ausgangspunkt hippologischer und sportlicher Betrachtungen in novellistischem Gewande gemacht hat. Die wissenschaftliche Bearbeitung des ganzen umfangreichen Ma- terials über das Altertum hinaus hat in neuerer Zeit vor allem R. Schoenebeck an der Hand eines reichen Apparates von Abbildungen sehr gefördert; es fehlt, so weit ich sehe, vor allem an einer eingehenden kritischen und erläuternden Behandlung des literarischen Quellenmaterials. Ein nicht ganz leichtes Problem der rassengeschichtlichen Forschung stellt uns die wundervolle Figur des sog. Molosser- hundes, von der sich je ein Exemplar im Vatikan und in den Uffizien zu Florenz befindet, die aber schwerlich mit Collignon — 279 — auf ein Original des Lysipp zurückzuführen ist. Ein echter Molosserhund ist in dem prachtvoll wiedergegebenen Tiere keinesfalls zu erkennen; denn die echte Molosserrasse, von der ein lebensvoll dargestelltes Exemplar unter dem Stuhle der Torloniaschen Olympias-Statue erscheint, stimmt mit unseren Bullenbeißern in allen wesentlichen Zügen überein, während wir in dem Florentiner Bildwerk und seinen Gegenstücken eine andere Hunderasse vor uns haben. O. Keller hat jedenfalls recht, wenn er mit dem statuarischen Typus den einer Mamer- tinermünze von Messana zusammenstellt und Spuren der in beiden Fällen dargestellten Rasse in Sizilien nachweisen zu können glaubt. Zu einem positiven, sicheren Ergebnis über die Herkunft und Weiterentwicklung der Rasse ist leider zur Zeit noch nicht zu gelangen !t). Mit einer Fülle interessanter Tierkreuzungen macht uns auch die Betrachtung der Kunstdarstellung katzenartiger Tiere bekannt. Die naturwissenschaftliche Kritik muß auch auf diesem Gebiete der Altertumsforschung noch sehr unter die Arme greifen; aber einige klare Resultate sind wohl schon jetzt gewonnen: ein pompejanisches Mosaik zeigt uns z.B. ein katzen- artiges Tier (Fig. 7), das ohne Zweifel mit Recht als Kreuzung des Sumpfluchses mit der Falbkatze bezeichnet wird und so den Darstellungen des Sumpfluchses selbst (Fig. 8) in inter- essanter Weise zur Seite tritt. Ebenso erhalten wir den Ein- druck mannigfacher Tierkreuzungen, wenn wir die Masse antiker „Panther“- Darstellungen nebeneinander halten; wenigstens halte ich es für unzweifelhaft, daß die großen Verschiedenheiten dieser Darstellungen zum guten Teil nicht auf Künstlerlaune oder Künstlerkönnen zurückgehen, sondern daß auch verschie- dene Rassen und Kreuzungsergebnisse zugrunde liegen. Eine kleine Gruppe der Pantherdarstellungen des Altertums ist aus der übrigen Masse der Bildwerke von vornherein deutlich aus- zuscheiden, indem sie den afrikanischen oder den indischen Gepard darstellt '>), Fast noch unklarer ist die Sachlage in bezug auf die rassengeschichtliche Forschung für die antiken Darstellungen des Hirsches und seiner Verwandten. Der Damhirsch ist im europäischen Altertum stets eine importierte Rarität ge- blieben, wenn anders wir mit Recht annehmen, daß mit dem als —_ 230° — „dama“ bezeichneten Tier der antiken Schriftsteller eine Anti- lopenart gemeint ist, und wenn wir den Denkmälern Glauben schenken, auf denen der Damhirsch nur innerhalb des asia- tischen Denkmälerkreises erscheint. Der Künstler, dem wir die wundervolle Bronzegruppe des Herkules mit dem heiligen Hirsche der Diana zu Palermo verdanken, gibt uns das Bild des Hirsches'%), der in den westlichen Mittelmeerländern offenbar allein verbreitet gewesen ist; doch zeigen die antiken Denk- mäler auch in ihren Darstellungen dieses Hirsches im einzelnen EEEERREEEE Fig. 7. Luchskatze. Pompejanisches Mosaik im Museum zu Neapel. Nach Photographie. große Verschiedenheiten der Formgebung, die nicht allein auf Stilrichtung und künstlerisches Können zurückzuführen sind. Auch hier kann nur eine eingehende Untersuchung an der Hand der Originale oder genauer photographischer Reproduktionen über das Gebiet bloßer Vermutungen hinaushelfen. Eine ganze Reihe interessanter tiergeschichtlicher Fragen knüpft sich auch an die Darstellungen der Rinder in der antiken Kunst, und zwar interessieren uns hier weniger die Verschiedenheiten der Rassen, wie sie sich in der Form des Kopfes oder der Hörner kundgeben, sondern in erster Linie die Frage, wie weit sich auf den Bildwerken noch Spuren der wilden Rinderarten nachweisen lassen, die einst in Europa — 231 — bis weit hinein in die südlichen Halbinseln verbreitet gewesen sein müssen. | Die neuere Forschung hat ja den großen Fortschritt ge- macht, den geschichtlichen Kern mehr als einer Sage anzuer- kennen, die von Ungeheuern der Heldenzeit zu erzählen weiß. Wir lächeln nicht mehr stolz von oben herab, wenn die Skylla des Odysseus auf eine besonders große Krakenart der ältesten Zeiten zurückgeführt und wenn in den Lindwurm- und Drachen- sagen der unbewußte Nachklang der Eindrücke erkannt wird, Fig. 8. Sumpfluchs. Pompejanisches Mosaik im Museum zu Neapel. Nach Photographie. die die ausgestorbenen Riesensaurier der Vorwelt auf längst dahingegangene Generationen ausgeübt haben. So darf es denn heute als ausgemacht gelten, daß den Sagen von dem Stier- kampf des Herakles und des Theseus wohl die Erinnerung an eine Wildstierrasse zu Grunde liegt, die dereinst auf dem griechischen Boden gehaust haben mag und bereits in der vor- geschichtlichen Zeit ausgestorben ist. Begreiflicherweise haben die Verfertiger der überaus zahlreichen Kunstdarstellungen der Herakles- und der Theseustat tiergeschichtliche Betrachtungen dieser Art nicht angestellt; aber es ist bemerkenswert, daß sie sich kaum bemüht haben, in der Darstellung des marathonischen und des kretischen Stieres auch nur annähernd etwas von be- _— 232 — sonderer Furchtbarkeit der Formen zum Ausdruck zu bringen. Die Größenverhältnisse des Tieres sind gegenüber denen des Zuchtstieres wohl gelegentlich gesteigert, und seine Wildheit ist durch die Art seines Dahinstürmens angedeutet; aber der Kreis der den Künstlern vertrauten Tierrasse ist weder durch phantastische Zutaten noch durch Verwendung älterer Darstellungen wirklicher Wildstiere verlassen. Und doch hat die griechische Kunst wenig- stens in ihren Anfängen Darstellungen solcher Wildstiere ohne Zweifel hervorgebracht: wir haben einen Beweis dafür in den Reliefs der berühmten Goldbecher von Vaphio, die uns zeigen, wie eine Reihe mächtiger Stiere in ausgespannten Netzen eingefangen und sodann — vielleicht in den Wildpark eines Herrschers — eingebracht wird. Die Bäume, unter denen diese Szenen vor sich gehen, sind allerdings wahrscheinlich Palmen und weisen so auf eine orientalische Herkunft der Darstellung hin; doch haben wir keinen Grund zu bezweifeln, daß ähnliche Wildstiere auch auf dem Boden Griechenlands und seiner Inseln vorgekommen sein mögen. Die beiden Sagen, von denen wir ausgegangen sind, sprechen jedenfalls sehr entschieden zugunsten dieser Annahme !?), Und dieser rassengeschichtlichen Belehrung treten wert- volle Aufschlüsse über die Geschichte der Tierwelt und ihrer geographischen Verbreitung zur Seite. Vorsichtige Verwendung der Denkmäler ist dabei allerdings naturgemäß geboten; denn sehr viele Tierdarstellungen auf antiken Denkmälern erklären sich durch den ungeheueren Tierimport, von dem wir später noch zu reden haben werden, andere aber durch die Nach- ahmung von Werken fremder Kunstkreise, so vor allem des ägyptisch-assyrischen sowohl in der älteren griechischen wie z.T. auch in der hellenistisch-römischen Kunst. Zum Beispiel sind die Viverre einer mykenischen Dolchklinge und derServal eines altkretischen Wandbildes ohne Zweifel nicht als Zeugnisse des Vorkommens dieser Tiere in Hellas oder auf der griechischen Inselwelt zu betrachten, und auch das mehrfach erörterte Pro- blem der Bildwerke des sogenannten „mykenischen Schafes“ mit seinen dem Halse fast anliegenden Zackelhörnern wird wohl so zu beurteilen sein, daß die Modelle ausländischer, nicht griechischer Kunstübung in ihnen zu erkennen sind ’®). Pausanias, der Perieget, sah zu Delphi den ehernen Kopf eines Wisent, den ein thrakischer Häuptling nach Delphi —_— 23 — als Weihgeschenk gestiftet hatte. Das Werk ist nicht auf uns gekommen, aber die Notiz an sich von großem Interesse. Sie bestätigt aufs beste die aus anderen Umständen vermutungs- weise erschlossene Annahme, daß der Wisent im Altertum ziem- lich weit in die Balkanhalbinsel hinein verbreitet gewesen ist. Von dem Auerochsen mag ebenfalls anzunehmen sein, daß er früher weit verbreitet gewesen ist — sein Vorkommen auf einem Relief mit Elefant und Panthern in der Sala degli animali (No. 109 Taf. 31 bei Amelung) beruht allerdings so gut wie sicher auf moderner Ergänzung '?). Unmittelbare tiergeographische ee gestatten uns dagegen z. B. die Darstellungen des Zebus, die uns auf antiken Münzen und Reliefs ziemlich zahlreich erhalten sind. Das Tier ist nach Ausweis dieser Denkmäler im Altertum bis nach Vorderasien und dem östlichen Teil des griechischen Insel- meeres hin ganz allgemein als Haustier verwendet worden; es erscheint als Opfertier auf der berühmten Homerapotheose des Archelaos von Priene, die wir jetzt dank Watzingers scharfsinnigen Forschungen ziemlich genau, auf etwa 210 n. Chr., datieren können, und ist auch seiner Verwendung für Münz- typen nach im Altertum weit nach Westen vorgedrungen ?°). Auch für die Verbreitung des Bären ist aus den antiken Bildwerken vielleicht einige Belehrung zu gewinnen. Ein Relief aus Vienne in Südfrankreich stellt uns dar, wie Meister Petz sich an einen Weinstock herangemacht hat, von wo ihn der Weinbergs- besitzer mit einem Stein zu vertreiben sucht. Es wird wohl ein Genrebild aus dem Leben der Gegend sein, das da in handwerks- mäßiger Ausführung festgehalten ist, und vielleicht entstammt auch die — künstlerisch unbedeutende — Gruppe eines Bären, der einen Stier überfallen hat, in der Sala degli animali nicht sowohl der Arena, von der wir später hören werden, als vielmehr den Eindrücken, die das Landleben nicht nur in den Alpen- gegenden sondern in fast allen Gebirgsgegenden Mittel- und Süd- europas genugsam bieten mochte. Die schöne Bronzefigur eines Bären, die von dem Schloßberge zu Muri in das Berner Museum gekommen ist, kann sehr wohl das Werk eines nordischen Pro- vinzialkünstlers gewesen sein, und die eherne Bärin am Münster zu Aachen, die die alte Münstersage zu einer Wölfin umge- deutet hat, braucht keineswegs aus Italien zu stammen ?'). N — 234 — Ein Problem der Tiergeographie des Altertums, bei dessen Lösung die Denkmäler jedenfalls mitzusprechen haben, will ich hier wenigstens noch kurz streifen: war der Löwe in geschicht- licher Zeit noch in Griechenland zu finden? Die Heraklessage fixiert das Tier in Nemea und dürfte für die vorgeschichtliche Zeit eine gewisse Beweiskraft haben. Aus historischen Zeiten sind uns mehrere Zeugnisse erhalten, die für das wenn auch vereinzelte Vorkommen des Tieres im Norden der Balkanhalb- inse] sprechen, und ich halte es nicht für rätlich, diese Berichte kurzweg ins Gebiet der Fabeleien zu verweisen. Die Kunst- darstellungen des Löwen in der Zeit bis etwa herab auf Augustus zeigen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, eine starke Stili- sierung, die mit auf mangelnde Autopsie zurückzuführen sein dürfte; erst die römische Kaiserzeit mit ihren Venationen (s. u.) machte die Kenntnis der wirklichen Formen des Tieres wieder ziemlich allgemein — ein Verlauf, dessen Einfluß selbst in so ungeschiekten Produkten der provinzialen Handwerkskunst wie etwa den Löwenfiguren des Antikenmuseums zu Regensburg sich geltend macht ??). Wir haben bisher fast ausschließlich von den Tierformen gesprochen; es ist Zeit, daß wir uns dem zweiten Teile unserer Betrachtung zuwenden und fragen, was uns die antiken Kunst- denkmäler von dem Tierleben zu erzählen wissen. Betrachten wir zunächst die Tiere im friedlichen Verhältnis zu ihrer Umgebung; der Landschaftssinn der antiken Völker, der nicht selten allzu gering veranschlagt worden ist, ist in der griechisch-römischen Kunst genug zum Ausdruck gekommen, um uns eine ganze Reihe von Gemälden und Mosaiken zu liefern, die das Tier im Rahmen seiner Umgebung zeigen. Es ist die hellenistische Kunst, die zunächst in ihren malerischen Reliefs, den sogenannten „Reliefbildern“, alte Darstellungsgegenstände der altägyptischen Kunst mit den Mit- teln griechischer Formgebung wieder aufleben läßt. Mit sehr viel Sinn für das Charakteristische der Erscheinung, aber z. T. in starker Gebundenheit des Stils — namentlich in bezug auf die räumlichen Verhältnisse — hatten die Bildhauer und Maler der Pharaonenzeit das Tierleben des Nillandes und der an- srenzenden Wüstengebiete in sachlich sehr interessanten, künst- ee lerisch überraschend geschickten Darstellungen festgehalten. Sie wissen, wie vielfach diese altägyptischen Urkunden der Tiergeschichte von Brehm und anderen Gelehrten mit Glück haben verwendet werden können. Im alexandrinischen Zeitalter fand dies Vorgehen der Künstler und Kunsthandwerker des Pharaonenreiches eifrige Nachahmung, und eine ganze Reihe von glücklichen Darstellungen zahmer wie wilder Tiere ist uns aus dem hellenischen Kunstkreise erhalten. Theodor Schrei- bers Sammlung der hellenistischen Reliefbilder??) bietet in vor- trefllichen Reproduktionen, zu denen auch die modernen Zutaten überall kenntlich gemacht sind, zahlreiche Beispiele von z. T. nicht geringem Kunstwert. Und mehr noch natürlich als die Reliefplastik konnte auf diesem Gebiete die Malerei zu naturgetreuen, das Bild der Wirklichkeit annähernd erschöpfenden Darstellungen gelangen. Fehlen uns auch die großen Originalwerke, so können wir doch aus ihren Nachklängen in der kampanischen Wandmalerei und aus den erhaltenen Mosaikgemälden in Italien und anderswo von dem vielseitigen Reichtum der Motive wie auch von der Naturwahrheit dieser hellenistischen Tier- und Landschaftsbilder eine ausreichende Vorstellung gewinnen. Ein pompejanisches Mosaik ist darum interessant, weil es uns die Tierwelt des Nils mit naivem Vollständigkeitsbedürfnis ohne allzuviel Rück- sicht auf die relativen Größenmaße der Tiere vorführt: der Ichneumon erscheint seiner Hauptfeindin, der Aspisschlange, gegenüber; ein Krokodil schließt die Szene nach rechts ab; Wasservögel beleben die Oberfläche des mit Schilf be- wachsenen Flusses. Und ganz ähnlich stellt ein Wandbild von Pompeji die Tierwelt des inneren Afrika in halb lehrhaftem Nebeneinander dar; mehr noch als Elefant, Schlange, Schakal, Rind und die sonstigen Tiere dieses Bildes verdient die Säbelantilope Beachtung, deren Körperbau auch in dem handwerksmäßigen Bilde nicht übel getroffen ist ?*). Einen Höhepunkt in dieser Entwickelung des antiken Landschaftsbildes mit Tierstaffage bezeichnet das berühmte Mosaik von Präneste, auf das wir zu Anfang schon einmal kurz hingewiesen haben (Fig. 1—3). Wie ein wunderbares Mittel- ding von Idyll und Lehrgedicht in Farben stellt es sich dem Auge dar, und wenn wir das eigenartige Werk vom zoologischen Statue eines „Leoparden“ im Vatikan. Nach Photographie (s. Anm. 15). — 28397 0 — Standpunkte aus betrachten, so tritt uns sofort eine Fülle von Problemen entgegen, die allerdings bei dem Mangel einer zu- verlässigen, echte und unechte Bestandteile des Bildwerkes scharf scheidenden Publikation und auch bei der sichtlichen Ungeschicklichkeit der handwerksmäßigen Arbeit mit ihren offen- bar groben Formfehlern schwer zu lösen sind. Welche Affenart haben wir vor uns in den als Sphinxe bezeichneten Tieren, die, von Negern gejagt, im Hintergrunde des Bildes erscheinen (Fig. 2)? Dies ist nur eine von den vielen Fragen, die erst nach genauer Feststellung des wirklichen Aussehens der antiken Mosaikteile mit Aussicht auf Erfolg erörtert werden können. Das Bild als Ganzes mit seinem sichtlichen Trachten nach Dar- stellung einer vielseitig belebten, auch ihrem Gesamtcharakter nach z. T. nicht übel wiedergegebenen Landschaft können wir auch angesichts der bis jetzt vorliegenden mangelhaften Repro- duktionen schon bewundern. Eine ganze Anzahl ähnlicher, wenn auch minder umfangreicher Bildwerke läßt sich dem Mosaik von Präneste zur Seite stellen: wir nennen nur ein Mosaik des Museo delle Terme, das uns mit liebenswürdigem Humor das Flußpferd und andere Lebewesen der Nilgegenden vor Augen stellt, und die Landschaft mit Tierstaffage auf einem Mosaik der Vatikanischen Bibliothek, die uns an eine Tränke führt, zu der ein Löwe, ein Elefant, ein Wildschwein, ein Hirsch und eine Hirschkuh in verschiedener Weise in Be- ziehung gesetzt sind. Auch friedlichere Landschaften mit Tier- staflage wie das Mosaik der Sala degli animali (No.113a Taf. 31 bei Amelung) ließen sich der Aufzählung zugesellen; doch können sie uns in diesem Zusammenhange weniger inter- essieren ??). Ob sie dem Leben abgelauscht sind, diese antiken, gewiß recht primitiven Gegenstücke zu den Schillings-Aufnahmen, die wir heutzutage mit Recht als neue Offenbarungen über das Tierleben bewundern? Wir wissen urkundlich von keinem Fromentin des Altertums, der mit Palette und Schreibtafel die tierreichen Länder Nordafrikas bereist hätte; aber selbst die bescheidenen Reste dieser Tier- und Landschaftsmalerei, die auf uns gekommen sind, zwingen uns, mehr als einen antiken Vorgänger des französischen Maler-Schriftstellers und seiner modernen Genossen anzunehmen. Mit der Erschließung Afrikas SEN — 28 — sowie der östlichen Gebiete Vorderasiens war der zoologischen Forschung wie auch der Tiermalerei der Hellenen eine neue Welt aufgetan. Man darf wohl sagen, daß die Künstler sich diesen Umstand besser zunutze gemacht haben als die Gelehrten, wenngleich ich bezüglich dieser letzteren nicht ohne weiteres dem absprechenden Urteil zustimmen möchte, das heutzutage über die nacharistotelische Zoologie in Geltung ist. Doch ist systematische wissenschaftliche Forschung jedenfalls in den Hintergrund getreten; mit die meiste Belehrung über die Tier- welt geben uns unter den Späteren die Verfasser von Jagd- büchern in Poesie und in Prosa. Und dies führt uns zu einer zweiten, reich vertretenen Klasse von Kunstdarstellungen aus dem antiken Tierleben, zu den Jagdbildern. Mit wundervollem Realismus und einer Kühnheit der Konzeption, die nur einem mit den Vorgängen durchaus vertrauten Künstlerauge möglich ist, haben schon die assyrischen und ägyptischen Künstler und Kunsthandwerker auch stark bewegte Jagdszenen dargestellt: es ist zum Staunen, wie auf den Reliefbildern von Kujundschik und in den ägyp- tischen Wandgemälden, man möchte sagen „Momentaufnahmen aus dem Jagdleben* versucht werden und über alles Erwarten gut gelingen. Und schon die älteste griechische Kunst hat sich in gleichen Aufgaben mit kaum geringerem Glück versucht: wir haben schon früher von den Reliefs der Goldbecher von Vaphio gesprochen, auf denen der Fang wilder Stiere mit einem Natura- lismus von erstaunlicher Trefisicherheit dargestellt ist, und wollen hier noch kurz an die oft abgebildete Klinge mit der eingelegten Darstellung einer Löwenjagd erinnern. Im hellenistisch- römischen Zeitalter folgte nach langer Pause dieser ersten Blüte des Jagdbildes eine zweite, die durch vorgeschrittene Technik der Landschaftsdarstellung ihrer Vorgängerin entschieden über- legen ist. Soweit diese Jagdbilder sich als Reliefdarstellungen an Sarkophagen und Grabsteinen finden, vermögen sie uns freilich verhältnismäßig wenig zu bieten. Es fehlt ihnen eben vor allem das landschaftliche Element und diejenige Gruppierung der Figuren, die die Darstellung über eine konventionelle An- deutung zu wirklicher Wiedergabe des Vorganges erhebt; um so mehr bieten uns auch hier die Wandbilder und die Mosaiken der hellenistischen und römischen Zeit. —_— 289 — Es würde natürlich zu weit führen, wollte ich versuchen, Ihnen unter Mitheranziehung der antiken Jagdschriftsteller an diesen Bildern zu zeigen, mit welchen Mitteln und auf welche Art das edle Waidwerk im Altertum betrieben wurde. Betrachten wir nur einige Bildwerke, die auch vom zoologischen Stand- punkt aus unser Interesse in Ansprueh nehmen. Da sehen wir zunächst auf einem Mosaik aus Utica, jetzt im Britischen Museum zu London (Fig. 10), ein eigenartiges Treibjagen am See- oder Meeresstrand: ein netzartiges Gehege zieht sich um eine Anzahl verschiedener Jagdtiere herum; die Leute in den beiden Booten sollen das Netz offenbar enger zusammenziehen und die Tiere in das Wasser treiben, damit sie eine leichte Beute der Jäger werden. Es ist recht ungeschickte, mäßige Handwerksarbeit, die wir vor Augen haben, und doch sind wesentliche Züge in der Erscheinungsform und in den Bewegungen der Tiere auch in dieser bescheidenen „Kunstleistung“ erstaunlich gut getroffen. Dasselbe läßt sich bis zu einem gewissen Grade dem Fisch- fangmosaik nachrühmen, das auf alle Perspektive verzichtet, um die Formen der verschiedenen Fischarten in flächenhafter Weise recht deutlich darstellen zu können ?®), Wir wollen hier gleich ein drittes Mosaik aus Utica an- schließen, das uns den Fang des Hirsches mit dem Lasso vor Augen führt. Die Bescheidenheit der Kunstleistung reicht auch hier immerhin aus, um die Tierart erkennen zu lassen: es ist ein Edelhirsch und zwar wahrscheinlich der Berberhirsch, der der nordafrikanischen Küstenlandschaft eigentümlich ist; für den Fang mit dem Lasso ist mir sonst kein antikes Denkmal als Beleg bekannt. Die Beliebtheit des Jagdsports im römischen Nordafrika aber zu belegen, mögen hier noch die zahlreichen Mosaiken des Bardo-Museums von Tunis angeführt sein, die einen merkwürdigen Reichtum mannigfacher Tiere in den ver- schiedensten Situationen der Jagd darstellen. Es sind die Kreise dieser Jagdliebhaber, für die noch im3. Jahrhundert n. Chr. der Karthager Nemesianus in Anlehnung an ältere Vorbilder sein Lehrgedicht von der Jagd geschrieben hat ?”). Brehm hat mit Recht gelegentlich davor gewarnt, diese antiken Berichte über eigenartige Jagdmethoden ohne weiteres als törichte Fabeleien zu verwerfen. Soweit mir ein Urteil zu- steht, bin ich geneigt, die Glaubwürdigkeit eines Oppianus 19 0 — 2% — und seiner Genossen in sehr weitgehendem Maße anzunehmen, und scheue den Vorwurf der Leichtgläubigkeit u. a. nicht gegen- über zunächst so wunderlichen Berichten wie denen, daß man sich den Fang der Panther erleichterte, indem man ihnen, wie übrigens auch den größeren Affenarten, die Tränke mit Wein untermischte, oder daß man Glaskugeln benutzte, um die den Jäger verfolgenden wilden Tiere irre zu machen und aufzu- halten, oder dem, daß die Äthiopier an die Höhle des Löwen in dieken Wollenpanzern und Helmmasken herangeschlichen seien und das Tier durch vergebliches Ankämpfen gegen die große Zahl der so gegen seine Bisse geschützten Angreifer schließlich matt und unfähig zum Widerstande gemacht hätten; eim wahrer Kern liegt gewiß allen diesen Angaben zugrunde. Es ist ein eigenartiger Zufall, daß uns gerade eine dieser zunächst angefochtenen Jagdgeschichten auf einer bildlichen Darstellung aus dem Altertum wenigstens einem Hauptzuge nach wiederbegegnet. Im Wandschmuck des Grabmals der Na- sonen zu Rom sind zwei Jagdszenen enthalten, die eine Treib- jagd auf Tiger und Panther darstellen; sie wirken z. T. geradezu wie eine Illustration zu den Schilderungen der antiken Schriftsteller, indem sie uns die Flucht der berittenen Jäger zu bereitgehaltenen Schiffen und das Heranlocken der wilden Tiere an besonders für die Jagd konstruierte Käfige zeigen ?®), Ebenso überraschend ist eine Notiz des jagdkundigen Xenophon über eine zunächst wunderliche Methode der Eber- jagd vor einigen Jahren durch einen glücklichen Denkmalfund unerwartet bestätigt worden. Auf dem sogenannten „lykischen Sarkophag“, der gleichzeitig mit dem berühmten „Alexander- sarkophag“ zu Sidon gefunden und von dort in den Tschinli- Kiosk zu Konstantinopel gebracht worden ist, finden wir nämlich deutlich und ganz der xenophontischen Schilderung entsprechend dargestellt, wie ein Eber von einer Reihe berittener Jäger um- stellt und mit den Lanzen bedroht wird. Es steht außer Zweifel, daß diese Szene dem Leben entnommen ist, und dies gibt viel- leicht auch gegenüber den Anfechtungen zu denken, die das Relief der anderen Seite desselben Sarkophags neuerdings er- fahren hat: vier Gespanne, von Frauen gelenkt, haben einen Löwen (?) gestellt, der sich scheu unter den Pferden des vorderen Wagens zu Boden duckt. Ich sehe nicht den mindesten Grund, ‘(95 'wuy 's) ueStom yeN ‘uopuo’ NZ wmaSum usyostmag wı yresom 'pelgrag OT SA Rama der uns zwingen könnte, hier an bloße Phantastereien eines ungeschickten Künstlers zu glauben — eine Annahme, die zu dem Wirklichkeitssinn, der in den Sarkophagen von Sidon sonst zutage tritt, von vornherein nicht recht passen will ?°). Nicht alle diese Jagden haben die Tiere in der Wildnis aufgesucht, die ihre Heimat ist; vielleicht spielt sich sogar die Mehrzahl von ihnen in den großen Tierparks ab, die die asia- tischen Herrscher von alters her unterhalten und die Alexander der Große und seine Nachfolger ihnen nachgemacht haben. Ein solcher Tierpark ist z. B. ohne Zweifel der Schauplatz der Jagdszene, die wir auf der einen Langseite des berühmten Alexandersarkophags von Sidon dargestellt finden. Die Kom- position dieses Farbenreliefs ist vor kurzem von einem gelehrten Untersucher der ganzen Denkmälerklasse bemängelt worden: es sei bloßes Flickwerk, das mit dem Bilde der Löwenjagd die Szene des Hirschfanges in Verbindung bringe; inhaltlich lägen zwei getrennte Szenen vor. Ich glaube, dieses Bedenken kommt in Wegfall, wenn man an der oben vorgeschlagenen Annahme festhält; ich kann übrigens auch in sonstiger Beziehung die Komposition des Reliefs nicht so wenig einheitlich finden, wie es dieser Kritiker tut?°). Unter den Jagdbildern, die wir bisher besprochen haben, tritt schon bei flüchtiger Betrachtung in bezug auf die Art der Jäger und hinsichtlich des Zweckes der Jagd ein bezeichnender Unterschied ziemlich deutlich zutage: auf den sidonischen Reliefs ist es der Grandseigneur, der zu seinem Vergnügen im Tierpark oder im Freien dem Waidwerk obliegt; die Jagdszenen des Nasonengrabes und der Mosaiken von Utica schildern eine ge- werbsmäßige Jägerei, wie sie von etwa 100 v. Chr. an in allen Teilen des römischen Reiches in immer zunehmendem Umfange - betrieben wurde im Dienste von Veranstaltungen, die wir nun- mehr noch mit einigen Beispielen ins Auge fassen wollen. Das römische Altertum bezeichnete mit dem Namen „Jagd“ (venatio) auch eine Form der Tierbekämpfung, die, als Kultur- erscheinung überaus traurig, unter dem Gesichtspunkt, der uns hier beschäftigt, von größtem Interesse ist. Bekanntlich haben in den Amphitheatern des römischen Reiches die ver- schiedensten Arten von Tierhetzen stattgefunden, bei denen sowohl die Tiere gegeneinander ihre Kraft und Geschicklichkeit — 293 — zu messen hatten, wie auch bezahlte oder „ehrenamtliche“ Tier- kämpfer einen mehr oder minder todbringenden Jagdsport vor den Augen des schaulustigen Publikums ausübten. Wir finden die letztere Art der Kämpfe sowohl in einfacher Wiedergabe des wirklichen Vorgangs dargestellt wie auch in genrehafter Umdeutung, indem kleine Eroten oder .Putten an die Stelle der Tierkämpfer treten; die unabsehbare Zahl der einschlägigen Denk- mäler aber, die uns erhalten sind, zeigt deutlich genug, welche Rolle diese Venationen im antiken Kulturleben gespielt haben. Zoologische Raritäten bei dieser Gelegenheit dem Publikum vorzuführen, war natürlich ein besonderer Wunsch der Fest- veranstalter. Aus solchen Bestreben heraus wurden u.a. in den Amphitheatern gelegentlich der Elch und der Hirscheber (Sus babirusa) gezeigt; das Nashorn und das Nilpferd ge- hörten zeitweise kaum noch zu den Seltenheiten ersten Ranges, während das ‚Tigerpferd“, das Zebra, wie es scheint, erst spät und auch dann nur selten nach Rom gekommen ist und auch die Giraffe offenbar zu den Ausnahmeerscheinungen gehörte. Der Ehrgeiz der Spielgeber suchte sich in der Selten- heit wie auch in der Zahl der Tiere immer aufs neue zu über- bieten, und wir lesen in letzterer Hinsicht von Ziflern, die an das Unglaubliche grenzen, die zu bezweifeln wir aber nicht den geringsten Anlaß haben. Dabei ergab sich natürlich die Not- wendigkeit eines Handels mit wilden Tieren, dem gegenüber alles, was unsere Tage in den Leistungen Hagenbecks und seiner Genossen aufweisen, der Quantität nach nur ein ziemlich bescheidenes Gegenstück darstellt. Hätte uns nur einer dieser antiken Hagenbecke ein Memoirenbuch hinterlassen, wie wir es von dem Führer der modernen Tiereinfuhr kürzlich erhalten haben! Leider müssen wir uns die Niederschläge aller der Jagderfahrungen und Tierbeobachtungen jener Leute mühsam zusammensuchen aus den kunterbunten Sammelnotizen eines Buches wie der oft über Gebühr gescholtenen Naturgeschichte des Plinius, in der neben den wissenschaftlichen zoologischen Forschungen eines Aristoteles und Theophrast auch das Jägerlatein der Amateur- und der berufsmäßigen Jäger eine ziemliche Rolle spielt. Wir dürfen annehmen, daß die Käfige, deren Reste noch an zahlreichen Amphitheatern festzustellen sind, bereits vor den Rn Ye ’ | Spieltagen dem Besuch des Publikums zugänglich waren; auch wissen wir wenigstens von einem Gemälde, das ein von einem Kaiser des dritten nachchristlichen Jahrhunderts dem Volk ge- gebenes Festspiel nicht nur darstellte, sondern auch durch die Namensbeischriften der Tiere und durch Angaben über die Zahl der vorgeführten Exemplare erläuterte. Eine Erweiterung des tierkundlichen Horizonts, wie sie das römische Weltreich infolge aller dieser Bestrebungen dem Publikum gebracht hat, hat die Geschichte nur noch einmal aus späterer Zeit zu verzeichnen, wenn sie von der Entdeckung Australiens berichtet. Leider hat die gelehrte Forschung gefehlt, die in der Kaiserzeit alle diese neuen Eindrücke hätte klar fassen und wissenschaftlich ver- werten können. Der ordnende Geist eines Aristoteles hätte reichlich zu tun gefunden; statt seiner aber finden wir nur einen Populärschriftsteller wie den Sophisten Älianus tätig, der — auch dies immerhin ein Verdienst — das Wissen von den Tieren und ihrer Eigenart in mehr oder minder anekdoten- hafter Weise zu verallgemeinern suchte, und begegnen hin und wieder im Zusammenhang anderweitiger Schriftstellerei den Spuren des gewaltigen Eindrucks, den das Auftauchen immer neuer wunderbarer Tierarten — darunter manchmal künstlich zurechtgemachter — bei den staunenden Besuchern der Amphi- theater erregte. Es ist uns ein klassisches Zeugnis für diese Stimmung in einem Exkurs erhalten, den der brave Pausa- nias seiner Beschreibung des griechischen Landes eingelegt hat (IX 21); er glaubt, vor allzu großer Leichtgläubigkeit ebenso sehr wie vor zu weit gehender Skepsis warnen zu sollen, und hält der letzteren die unwahrscheinlichen Tierformen entgegen, die er selbst gesehen oder durch die Berichte von — seiner An- sicht nach glaubwürdigen — Augenzeugen kennen gelernt hat. Es ist ganz natürlich, daß solche Tierzufuhr auch die Künstler zu neuen Aufgaben führte; wir wissen von Pasiteles, daß er zu Rom an den Schifishäusern, wo die Tiersendungen aus Afrika untergebracht waren, Studien an einem Löwen machte und dabei durch Ausbrechen eines Panthers aus einem Käfig in ernste Gefahr geriet. Doch sehr viel wichtiger als die Studien vor dem Käfig, die auch die heutigen zoologischen Gärten den Künstlern ermöglichen, war natürlich die immer erneute Gelegen- heit zur Beobachtung der in freie Bewegung gesetzten und zur _ 295 — vollen Betätigung ihres Wesens gebrachten Tiere. Daß die Künstler diese Gunst der Verhältnisse genutzt haben, ist an sich zu er- warten und wird uns durch eine Menge antiker Bildwerke von mehr oder weniger künstlerischer Ausführung deutlich bewiesen. Fassen wir einige dieser antiken Darstellungen von Tierhetzen näher ins Auge, um sowohl die Art der Veranstaltung wie auch den Grad der Naturbeobachtung kennen zu lernen, der den Künstlern infolge der häufigen Wiederkehr solcher Schaugelegen- heit mehr oder weniger in Fleisch und Blut übergegangen ist. Die Stuckreliefs eines Grabmals von Pompeji zeigen neben ande- ren Kämpfen der Arena auch verschiedene Szenen der Venationen, aus deren Programm uns bekanntlich in einer pompejanischen " Inschrift auch ein Bruchstück erhalten ist. Es sind nur flüch- tige Erzeugnisse des Kunsthandwerks, die wir da vor Augen haben; aber sie reichen vollkommen aus, um uns inhaltlich sehr wertvolle Aufschlüsse zu geben. Etwas besser in der Komposi- tion und Ausführung, aber weniger reich an Inhalt ist das Bild einer Bärenhetze im Zirkus, das wir auf einer Terrakotta- platte des Museo Kircheriano finden; diese Platte gehörte ofien- bar einer Serie von fabrikmäßig hergestellten Reliefs an, die zur Ausschmückung der Amphitheaterbauten oder der Gladia- torenkasernen verwendet worden sind ®'). Weit mehr als diese bescheidenen Bruchstücke von Amphi- theaterszenen bieten uns die Bilder eines großen Mosaiks, das, 1834 in einer antiken Villa bei Tusculum gefunden, jetzt in der Villa Borghese zu Rom aufbewahrt wird. Wir finden zwei Epi- soden der Tierhetze dargestellt: in der einen treten neben Stieren verschiedene afrikanische Tiere, ein Löwe und ein Strauß, und außerdem — nach einer allerdings nicht sicheren Annahme — ein Tier germanischer Herkunft, das Elentier, auf; die andere Episode zeigt uns eine Pantherhetze großen Stils, von der acht Tiere erhalten sind®?). Und vielleicht noch wertvoller als dieses Mosaikbild ist für unsere Kenntnis des antiken Venations- wesens ein Relief, das Humann und seine Genossen seinerzeit in dem phrygischen Hierapolis gefunden haben°?). Mit äußerst lebendiger Formgebung führt uns der Verfertiger dieses Reliefs, zu dem sich hoffentlich noch weitere Stücke finden werden, ver- schiedene Tierkämpfe vor: ein Panther (oder eine Löwin) ist einem Strauß an den Hals gesprungen, ein Bär ist im Be- > — 296 — sriff, einen Stier zu überwältigen; daneben sehen wir einen vom Speer durchbohrten Bären an der tödlichen Waffe zerren, einen anderen über einen rücklings hingestürzten Gladiator her- fallen. Die zweite Platte bietet uns das Kuriosum eines auf einem Stiere reitenden Bestiarius, der mit einer ganzen Anzahl von Bären kämpft. Wir versetzen uns in das Rheinland und finden in den dortigen antiken Denkmälern die Spuren ganz der gleichen Vor- liebe für Szenen aus dem Amphitheater mit seinen Tierhetzen: Mosaikbilder wie die von Nennig könnten wir als Beleg dafür anführen, wählen aber lieber ein neuerdings veröffentlichtes kleines Bildwerk, das mit der unglaublichen Ungeschicklichkeit seiner Figuren allerdings wie eine Karikatur wirkt, aber so ernst wie nur möglich gemeint ist und inhaltlich unser Interesse wohl beanspruchen darf: ein Glasbecher des Trierer Museums ist von seinem Verfertiger mit Szenen aus der Arena geschmückt worden; wir sehen, wie ein mit köstlicher Mischung von zeichnerischem Tatendrang und manuellem Ungeschick dargestellter Panther einem Gladiator nachsetzt, der ihn von seinem Wagen herab angegriffen hat. Das Bild ist dem Leben abgelauscht und als Kulturdokument ebenso interessant, wie es als Kunstwerk wertlos ist?®). Ein gemaltes Venationsprogramm wie das oben erwähnte des Kaisers Gordianus wird von der Hand wirklicher Künstler gewiß ein wirkliches Kunstwerk geboten haben. Und nun das Kämpfen der Tiere gegeneinander! Am eindrucksvollsten ist wohl das pompejanische Bild des Museums zu Neapel, auf dem der wilde Kampf eines Löwen mit einem Panther dargestellt ist, und das ich hier einreihe, obwohl es einer verhältnismäßig frühen Zeitepoche der kampanischen Wand- malerei anzugehören scheint (Fig. 11). Vor allem überrascht uns hier die Kühnheit, mit der der Maler die Tiere in verkürzter Ansicht wiedergegeben hat; es ist dasselbe Verfahren, das wir an dem Pferde im Mittelpunkt des berühmten Alexandermosaiks zu bewundern haben. Der Meister des Tierkampfbildes zeigt auch in anderer Hinsicht eine merkwürdige Sicherheit der Form- sebung und der Charakteristik: es ist bewundernswert, mit welcher Feinheit bis in die Einzelheiten hinein die Bewegungen der beiden Tiere, vor allem die des unterliegenden Panthers, zum Ausdruck gebracht sind). Gar viele, freilich künstlerisch ne — 227 — weniger eindrucksvolle Tierkampfbilder ließen sich diesem Meister- werk der Beobachtung wildbewegten Lebens anreihen. Ein Relief der Sala degli animali führt uns vor Augen, wie ein Fig. 11. Löwe und Panther im Kampf. Wandgemälde im Museum zu Neapel. Nach Hermann (s. Anm. 36). Elefant sich mehrerer auf ihn gehetzter Panther erwehrt; auf einem Mosaikbild von Westerhofen — ich wähle absichtlich öfters Beispiele aus der Provinzialkunst, um die enorme Ver- breitung dieser Tierbilder zu erweisen — ist ein Bär einem “ = WE Stier zum Kampfe gegenübergestellt und zögert mit gut wieder- gegebenem Gemisch von Scheu und Kampfeswut eben noch, an seinen Gegner heranzugehen. Dann finden wir wieder im Museum des Konservatorenpalasts zu Rom eine freilich mangelhaft aus- geführte Gruppe, die uns darstellt, wie ein Eber einen Panther überrannt hat, der sich nun von unten her in den Hals des Gegners eingebissen hat. Vielleicht entstammt dem Amphitheater und seinen Eindrücken auch die großzügig erdachte Gruppe eines von einem Löwen niedergerissenen Pferdes, die in derselben Sammlung aufgestellt ist und mit ihrem packenden Realismus trotz geringer Feinheit der Arbeit geradezu über- raschend wirkt. Nicht immer aber wurden Gegner von gleicher Art und Kraft einander gegenübergestellt. Ein pompejanisches Wandbild, von OÖ. Keller mit Unrecht als bloßes Phantasiestück beurteilt, zeigt uns einen Tiger gegen einen Affen kämpfend; vielleicht haben wir auch in einem Bilde gleicher Herkunft, das einen Panther im Kampf mit einer Schlange darstellt?”), eine Szene aus dem Amphitheater zu erkennen, obwohl sich das natürlich nicht beweisen läßt — auch dies ein Bild von großer Feinheit der Beobachtung und voll dramatischen Lebens. Von der Zusammenstellung eines Bären und eines Seehundes als Kämpferpaar wissen wir nur durch die literarische Überlieferung; doch liegt kein Grund vor, an der Richtigkeit der Notiz zu zweifeln. Gerade bei so eigenartiger Zusammenstellung der Kämpferpaare bot sich den Zuschauern Gelegenheit, von der Verschiedenheit, der Tierformen und auch der Tiercharaktere ein deutliches Bild zu gewinnen, — und dieser letztere Gewinn stellt vielleicht eine kleine Lichtseite dar in dem sonst so ab- stoßenden Gesamtbilde dieses massenhaften, in erster Linie der niedrigsten Sensationslust dienenden Tierverbrauchs. Damit könnten wir dem Kreis der antiken Bilder aus dem Tierleben Valet sagen und unsere Betrachtungen schließen, wenn nicht noch eine Gruppe von Bildwerken zu erwähnen wäre, an die sich ein eigenartiges Interesse anknüpft: ich meine die Kunstdarstellungen gezähmter Tiere aller Art, die in unserem Antikenbestande einen überraschend großen Raum einnehmen. Allerdings wird die große Anzahl der einschlägigen Bildwerke sofort verständlich, wenn wir uns vor Augen halten, daß das — 299 — Altertum iu der Züchtung und in der Dressur der Tiere er- staunlich viel, wahrscheinlich noch mehr als die heutige Zeit, geleistet hat, wenn auch die literarischen Zeugnisse über diese angewandte Tierpsychologie ziemlich dürftig sind und vor allem von theoretischer ee des praktisch Geleisteten so gut wie nichts bieten °®), Auch die Kunstdenkmäler wissen von dieser Tierdressur nach den verschiedensten Seiten hin zu erzählen: die große Anzahl der Reliefs, die den Festzug des Dionysos und seines Gefolges darstellen, geht gewiß nicht bloß auf rein phan- tastische Gebilde ihrer Verfertiger oder des Erfinders der gemeinsamen Vorlage der Hauptzüge dieser Darstellungen zu- rück. Es sind offenbar in der hellenistischen und römischen Zeit solche Aufzüge mit gezähmten Tieren veranstaltet worden, und aus der Annahme, daß solche Triumphzüge des Dionysos gelegentlich in Pantomimen dargestellt wurden, erklärt sich vielleicht auch am ehesten das tiergeographische Kuriosum, daß auf einem Relief des lateranischen Museums unter den asiatischen Tieren dieses Festzuges auch die Giraffe er- scheint ?°). Dieser einen Denkmälerklasse reiht sich hier sofort eine zweite an: auf einem Sarkophag des lateranischen Museums ist ein Wettreiten von Eroten auf allerhand wilden Tieren in humoristischer Weise dargestellt; es ist nicht bloße Künstler- laune, die dieser Darstellung zugrunde liegt, vielmehr sind auch hier die Eroten — ähnlich wie bei den Venationsszenen — lediglich an die Stelle der Erwachsenen getreten, und das Relief gibt im übrigen einen wirklichen Vorgang wieder, der in der Rennbahn gar nicht selten gewesen sein mag. Ganz das gleiche gilt von den Wettfahrten von Eroten auf Wagen, vor denen aller- hand wilde Tiere vorgespannt sind; „parodierend“ sind diese Darstellungen nur in so weit, als sie die Putten an die Stelle der wirklichen Wagenlenker setzen. Ein Relief des Louvre zeigt uns zum Glück sogar in einer knappen Andeutung den Schauplatz der Handlung, den der Verfertiger des Bildwerkes gemeint hat: ein von Delphinfiguren gekrönter Bogen stellt die Mittelwand des Zirkus, die Spina, dar und gibt von der Art der Ausschmückung dieses Teiles der Rennbahn eine wenn auch nur andeutende Vorstellung *°). E BE gg Als dritte Denkmälerreihe tritt zu den beiden oben be- sprochenen die nicht geringe Anzahl solcher Bildwerke hinzu, die uns Szenen aus dem Affentheater und ähnlichen Schau- stellungen dressierter Tiere zeigen. Das bedeutendste Beispiel dieser Reihe führt uns in das Gebiet der Mythologie hinein: auf einem Wandgemälde aus Herculanum erscheint die im Alter- tum weitverbreitete Gruppe des seinen Vater Anchises aus dem Brande von Troja heraustragenden Äneas auf hundsköpfige Affen übertragen‘). Das Bild ist köstlich erdacht und gibt die stillergebene Würde des Alten ebenso gut wieder wie das un- bewußte Nebenhertrotten des vom Vater an der Hand geführten Askanius. Daß das Bild auf parodische Aufführungen im Tiertheater zurückgeht, kann kaum bezweifelt werden; wohl nur der Tendenz nach gehört das herkulanische Bild in die Richtung des ägyptischen Malers Antiphilos, der ein Neben- buhler des Apelles gewesen sein und die sogenannte Bildart der Grylli erfunden haben soll. Es ist vielleicht unvorsichtig, hochverehrte Anwesende, daß ich unsere heutigen Betrachtungen gerade mit dieser an Spielerei erinnernden Gruppe von Tierdenkmälern geschlossen habe, und Sie werden sich vielleicht, wenn nicht schon früher, so doch beim Anblick dieser Äneasgruppe gefragt haben, ob denn wirklich in diesen der ernsten naturwissenschaftlichen Forschung gewidmeten Räumen alle diese Kuriositäten aus dem Bereiche der Archäologie überhaupt zu erscheinen berechtigt sind. Solchen Zweifeln gegenüber möchte ich noch einmal be- tonen, was allein der Zweck unserer heutigen Betrachtungen sein konnte: wir wollten an der Hand der Kunstdenkmäler einen kurzen Einblick gewinnen in die verschiedensten Seiten des antiken Tierlebens, wollten mit der Kulturgeschichte als Hilfswissenschaft einige bescheidene Materialien vorführen zu einem der schwierigsten, aber auch interessantesten Kapitel der Tiergeschichte, das in erschöpfender Weise nur geschrieben werden kann, wenn Zoologen und Altertumsforscher sich die Hand reichen, — der Tiergeschichte des Altertums“. \ 4 — 301 — Anmerkungen. !) Vergl. vor allem Otto Keller, Tiere des Altertums in naturge- schichtlicher Beziehung (Innsbruck 1887),.und denselben, Antike Tierwelt Bd. I. Säugetiere (Leipzig 1909); in beiden Werken sind unter Verwendung eines reichhaltigen Abbildungsmaterials auch die antiken Kunstdarstellungen der Tiere in weitem Umfang mit herangezogen. Keller hat auch zusammen mit Imhof-Blumer eine wertvolle Publikation der Tier- und Pflanzenbilder auf antiken Münzen und Gemmen veranstaltet. 2) Eine urkundliche genaue Publikation des Mosaiks im Palazzo Bar- berini zu Palestrina liegt noch nicht vor; wir sind zurzeit noch vor allem auf Pieralisi, Osservazioni sul Musaico di Palestrina (Rom 1858) angewiesen; vergl. auch W. Engelmann, Archäol. Zeitung 1875 S. 127#. und über die ganze Denkmälergattung Giac. Lumbroso, L’Egitto al tempo dei Greci e dei Romani (Rom 1882). ®) Vergl. über sie vor allem W. Amelung, Skulpturen des Vatika- nischen Museums Bd. II (Berlin 1908) S. 324—404 mit Atlas Taf. 30—44. *) Unter den Künstlern des Altertums scheinen vor allem Myron, Lysipp und Pasiteles als Tierbildner berühmt gewesen zu sein; ein besonderes Wort wie das französische „animalier* hat die griechische Sprache für diese Kunstgattung nicht geschaffen. Über Antiphilos s. S. 300. 5) Der Kamelkopf bei Amelung Nr. 202 und Taf. 41; der Eselskopf ebenda Nr. 182c Taf. 30. Die vatikanische Windhundgruppe bei Amelung Nr. 116 und Taf. 31; andere Windhunddarstellungen ebenda u. a. Nr. 114 und 117 (Taf. 31) und (laufend) Nr. 169 (Taf. 37). Eine andere, sehr schöne Windhundfigur enthält die Sammlung Baracco in Rom; vergl. Kollektion Baracco (München 1892). — Das Mutterschwein mit den 12 Ferkeln bei Amelung Nr. 194 (Taf. 40). Ein Affenrelief des Kopenhagener Thorwaldsen- museums, Arndt-Amelung, Einzelverkauf Nr. 148, stellt sehr launig eine Fütterungsszene dar; s. auch Keller, Antike Tierwelt .I. S. 4 Fig. 1 (Fig. 6). Bequeme Zusammenstellungen über antike Tierskulpturen bietet S. Reinach im Röpertoire de la Statuaire Grecque et Romaine, 3 Bde., Paris 1897 ff. ; s. vor allem Band III S. 285#f. und die Angaben des sehr ausführlichen Inhalts- verzeichnisses. Vergl. auch R.Piper, Das Tier in der Kunst (München 1910) S. 40#. 6) Über den Bronzewidder von Palermo vergl. E. Heydemann, Archäolog. Zeitung 1870 zu Taf. 25. Von der Gruppe einer Ziege, die ihr Zicklein säugt, im Vatikan (Nr. 238 Taf. 39 bei Amelung), ist nur der Leib des größeren Tieres mit Stammansatz antik. Das vatikanische Exemplar des Ebers bei Amelung Nr. 206 (Taf. 41), das florentiner bei Amelung, Führer durch die Antiken von Florenz Nr. 9. Ein schönes Eberrelief der Madrider Antikensammlung (Nr. 337 bei Hübner, Antike Bildwerke in Spanien) ist bei Keller, Antike Tierwelt I S. 405 Fig. 141 abgebildet; s. auch Arndt-Amelung Einzelverkauf Nr. 1699. or, — 3502 — ?) Jahrg. XXII (1908) S. 681ff. Dürers Pflanzen- und Tierzeich- nungen und ihre Bedeutung für die Naturgeschichte hat, wie hier erwähnt sein mag, Seb. Killermann in den Studien zur deutschen Kunstgeschichte Heft 119 (Straßburg 1910) sorgsam und mit wertvollen Ergebnissen behandelt. Als Äußerung eines Künstlers zur Zoologie ist interessant die Vorrede G. Gardets zu E. Bayards Animaux d’apres nature. ®) Über die Seetiere vergleiche Keller, Antike Tierwelt I 8. 407#. und die dort angeführte Fachliteratur. Die Nashorndarstellung des pompe- janischen Reliefs Museo Borbon. XIII 22 beurteilt Keller S. 387 (mit Fig. 135 auf S. 388) zu günstig; freilich ist sie als Versuch der Wiedergabe der wirklichen Hautfalten dem mit bloßen Schuppen bedeckten Nashornkopf bei Amelung, Vatikan. Museum Nr. 227 (Taf. 43) bei weitem vorzuziehen; ob der Verfertiger des vatikanischen Kopfes nie ein Nashorn gesehen haben kann, bleibt vielleicht besser offen. °) Vergl. M. Collignon, Lysippe (Paris v. I.) S. 93f. mit Fig. 22 auf S. 113; Helbig, Führer durch die Antikensammlung in Rom II Nr. 609, der mit Recht das Pferd der Reiterstatue Alexanders des Großen aus Herculanum im Neapler Museum zum Vergleich heranzieht. — Über das von Löschcke zuerst in seiner Bedeutung erkannte Relief des Louvre s. Collignon 8.598. mit Fig. 12 auf S. 57. 10) Vergl. Collignon, Histoire de la Sculpture Grecque Bd. I (Paris 1892) 8. 475f. mit Fig. 245. ıı) Vergl. H.B. Walters Catalogue of the Bronzes Greek, Roman and Etruscan, in the British Museum (London 1899), vor allem Nr. 1751—1928. Über die Tierbilder der römischen Feldzeichen, von denen der Wüstenroder Leopard mit das 'beachtenswerteste ist, vergl. die Zusammenstellungen bei A.v. Domaszewski, Religion des Römischen Heeres. 12) Eine Kröte in Rosso antico bei Amelung Nr. 105 (Taf. 30), ein Taschenkrebs ebenda Nr. 229 (Taf. 43). Aus dem Kreise der neueren Funde von Kreta soll wenigstens auf die Fische der Fayenceplatte aus Knossos und auf ein ähnliches Wandbild aus Phylakopi hingewiesen werden; beide sind gut abgebildet bei E. Pernice in @. Lehnerts Illustrierter Geschichte des Kunstgewerbes Bd. I zu S. 70. 13) Es mag hier der Wunsch ausgesprochen werden, daßdie Kataloge der Antikensammlungen einmal von seiten eines Zoologen systematischeinergründlichen Revisionunterzogen werden möchten, die die vielen Fragezeichen und zweifelhaften Benennungen tun- lichst beseitigt. Die Sala degli animali enthält u. a. die plastische Wiedergabe eines Fettschwanzschafes (Nr. 118, Taf. 31 bei Amelung); der weiße Kopf des Tieres ist zoologisch unrichtig; einen genau entsprechenden Kopf von der geforderten schwarzen Farbe hat Amelung in Florenz (Nr. 129 seines Katalogs der Florentiner Antiken) nachgewiesen. 14), Vergl. Keller, Antike Tierwelt I 8.113. Collignon, Lysippe S. 84f. mit Fig. 23 auf S. 117. Über das Gesamtgebiet s. B. Beckmann, Geschichte und Beschreibung der Rassen des Hundes, II. Bd. mit Illustration, Braunschweig 1894. Wir bedürfen einer eingehenden, mit dem vollen antiken Material arbeitenden Monographie für die Hunde des Altertums in ganz — 30 — besonderem Maße. Bemerkenswert wegen des Materials, aus dem er her- gestellt ist, ist u.a. der Hund aus Serpentin im Konservatorenpalast (Helbig I Nr. 575). 15) Über den Luchs und den Sumpfluchs s. Keller, Tiere des Alter- tums I. S. 71f. und 81f. mit Fig. 21 und 27. Zum Panther und Gepard vergl. Keller, Antike Tierwelt I S. 62ff. und Tiere des klassischen Alter- tums 8. 147ff. Schon für das Tier des Dionysos auf dem Relief des Lysikrates- Denkmals ist die Frage aufgeworfen worden, ob der unbekannte Künstler einen Panther oder einen Löwen hat darstellen wollen. Gelegentlich benützte man die Naturfarbe des Steines, um auch die Färbung der Tiere wiederzu- geben oder wenigstens anzudeuten; eine Ibisfigur der Villa Albani in Rom besteht aus Rosso antico (Helbig, Führer II Nr. 842 [682]. Am bedeut- samsten ist der aus Alabaster mit eingelegtem nero antico und giallo antico bestehende „Leopard“ der Sala degli animali, Nr. 154 (Taf. 36) bei Ame- lung (Fig. 9). 16) Abbild. u.a. bei Collignon (Lysippe S. 84), der schwerlich mit Recht an Lysipp als Schöpfer des Originals denkt (S. 76) und dem Kopisten die Wahl eines Hirsches statt der Hindin zuzuschreiben geneigt ist. 17) Die Becher von Vaphio sind außer bei Keller, Antike Tierwelt I S. 344 Fig. 121 abgebildet u. a. bei Collignon, Sculpture Greeque I S. 475., ebendort 8.53 Fig. 28 das Wandgemälde des fälschlich so genannten Stier- bändigers aus Tiryns und S. 28 Fig. 10 der silberne Stierkopf, den Schlie- mann in Mykenä gefunden hat. 18) Über die Viverre s. Keller, Antike Tierwelt I. 8. 157 Fig 55, über den Serval ebenda I S. 66 Fig. 17, über die Frage des mykenischen Schafes ebenda I S. 310. 12) Pausan., X 13,f.; ein Exkurs über die „Bison“-Jagd ist aus un- bekannter Quelle, vielleicht nach der Erzählung des Fremdenführers von Delphi, beigefügt. 20) Den Zebu behandelt eingehend Keller, Tiere des klassischen Altertums S. 66— 72. 1) Vergl. Keller, Tiere des klassischen Altertums S. 106 #. Über das Relief von Vienne Stark, Städteleben und Altertum in Südfrankreich S. 578. Die Bärengruppe der Sala degli animali bei Amelung Nr. 108 (Taf. 39); die Berner Bronze ist abgebildet bei J. Bachofen, Der Bär in den Religionen des Altertums (Basel 1863) Taf. I Fig. 1. Zur Aachener Bärin s. Friederichs- Wolters Gipsabgüsse des Berliner Museums Nr. 1702. 2) Vergl. im allgemeinen Keller, Tiere des Altertums I 8. 24 ff. Die Monographie von J. B. Nordhoff, Über den Gebrauch und die Bedeutung des Löwen in der Kunst, vorzüglich in der christlichen (Münster 1864, Freiburger Dissertation) bedarf sehr der Erneuerung. Keller ist geneigt, auch in den Löwendarstellungen der späteren antiken Kunst im wesentlichen die Nachahmung des altorientalisch-asiatischen Löwentypus zu erkennen; ich glaube nicht, daß sich diese Anschauung bei genauerer Prüfung der ein- schlägigen Bildwerke aufrecht erhalten läßt. Über die Löwen des Regens- burger St. Ulrichsmuseums, schlechte Provinzialarbeit, s. Ortner, Das römische Regensburg. — 304 — 2) Th. Schreiber, Die hellenistischen Reliefbilder (Leipzig 1894), dort vor allem Taf. 1 Säugende Löwin; Taf.2 Säugendes Mutterschaf; Taf. 74 Bauer und Kuh am Brunnen; Taf. 75 Rinderherde; Taf. 77 Hirt, eine Ziege melkend; Taf. 78 Löwe, einen Stier zerfleischend ; Taf. 108a Elefant und Panther (s. S. 305 Anm. 36). 4) Das Nilmosaik bei Keller, Antikes Tierleben I S. 158 Fig. 57, das Wandbild mit den Wüstentieren ebenda I S. 293 Fig. 96. 25) Das Mosaik der vatikan. Bibliothek bei Helbig, Führer II 955. Über farbige Terrakottaplatten mit Nillandschaften Helbig, Führer II S. 368 und die dort angeführte Literatur. Die vatikanische Nilstatue (Helbig I Nr. 47) zeigt auf ihrem Basisrelief Kämpfe zwischen Krokodilen und Nilpferden, zwischen Krokodil und Ichneumon, außerdem Wasservögel, darunter vielleicht den viel umfabelten Trochilos. 26, Das Treibjagdmosaik von Utica ist farbig abgebildet bei Th. Morgan, Romano-British Mosaic Pavements (London 1886) auf Taf. zu S. 247; ebenda, gleichfalls farbig, zu S. 275 das Fischfangmosaik. Mit dieser Darstellung des Fischfanges läßt sich am ehesten vergleichen das kleine Silberrelief bei Th. Schreiber, Alexandrinische Toreutik (S. 325 Fig. 63), wo neben den Fischen ein Seepolyp erscheint, der von einem Fischer mit der dreizackigen Gabel durchbohrt wird, ferner Seekrebse und ein Seevogel (schwerlich eine Ente, wie Schreiber annimmt). ®) 8. Keller, Tiere des klassischen Altertums $. 82 Fig. 24. Über die Mosaiken des Bardo-Museums berichtet an der Hand des Supplement- bandes zum Musee Alaoui A. Schulten im Archäol. Anzeiger 1909 8. 190 #. mit Abbildungen 1 und 2. 22) Abbildungen bei Keller, Tiere des klassischen Altertums S. 133 Fig. 30 und 8. 145 Fig. 32, doch steht meines Wissens leider nicht fest, wie weit das Spiegelbild des Panthers, das in dem Käfig des letzteren Bildes erscheint, auf richtiger Wiedergabe des Originals beruht. Den Bericht Älians (Nat. anim. XIII 10) kann man jedenfalls nur den Hauptzügen nach zum Ver- gleich heranziehen. 2) Vergl. J. Wachtler, Die Blütezeit der griechischen Kunst im Spiegel der Reliefsarkophage (Leipzig 1910), der S.59f. die Eberjagdszene gut erörtert, dagegen in bezug auf die Längsseite mit der Löwenjagd m. E. nicht im Recht ist. 30%) Auch hier wende ich mich gegen Wachtlers Ausführungen a.a.0. S.91f. Als Lockspeise für den Löwen ist der Hirsch allerdings nicht zu denken. Die Äußerung gegen die unwaidmännische Rohheit, mit der der Perser mit der Axt auf das geängstigte Tier losschlägt, trägt wohl ein kaum dazu gehöriges Moment in die Interpretation des Bildwerkes hinein. 31) Über die pompejanischen Reliefs s. Overbeck-Mau, Pompeji (Leipzig 1884) S. 191ff. mit Fig. 110—114 und H. Lamer, Die Römische Kultur im Bilde (Leipzig 1910), 8.18. Die Terrakottaplatte des Museo Kircheriano bei Helbig II S. 368. Als Beispiel für den Jagdsport als integrierenden Bestandteil im Leben des vornehmen Römers mag der Sar- kophag im vatikanischen Cortile del Belvedere Nr. 93 Taf. 7 bei Amelung angeführt sein. — 3505 — #2) Vergl. Helbig II S. 134ff. und besonders W. Henzen, Expli- catio musivi in Villa Borghesiana asservati (Rom 1845); der letztere hat auch ein Relief der Sammlung Torlonia mit Tierkämpfen gelehrt erläutert in Annal. dell’ Instituto Archeologico XIV (1842) zu Monum. dell’ Inst. Taf. XXXVII. 3) Vergl. K. Humann, Altertümer von Hierapolis (Berlin 1898), S. 63#f. mit Fig. 12 und 13. Ein Stier im Kampfe mit einer Bärin (?) er- scheint auf einem Gemälde der Brüstungsmauer des Amphitheaters von Pom- peji, ss Overbeck-Mau.a.a. 0. S. 181f. mit Fig. 105. 35) Der römische Mosaikfußboden in Westerhofen (vergl. I. von Hef- ner in dem Oberbayer. Archiv Bd. XIII Heft 1) zeigt uns, wie ein Bär an einen Stier heranschleicht. Das Mosaik von Nennig (s. Springer-Michaelis, Handbuch der Kunstgeschichte 7 I 8.437 Abb. 768) zeigt u. a. einen vom Bestiarius erlegten Panther, der mit der linken Vordertatze den einen Speer, der ibn durchbohrt hat, herauszureißen sucht. Den Trierer Glasbecher hat herausgegeben und interessant erläutert E. Krüger in den Bonner Jahr- büchern Heft 118 (Bonn 1910) S. 353#. mit Taf. XXV—XXVIU. Das Eich- hörnchen auf dem Bilde ist gewiß nicht bloße Füllfigur; vergl. den Hasen des Reliefs bei Overbeck-Mau a.a. 0.8. 192f wit Fig. 114. Die Gruppe des Ebers mit dem Panther bei Helbig I Nr. 558. 36) Eine gute Wiedergabe bei P.Hermann, Denkmäler der Malerei des Altertums (München 1906 fi.) Taf. 9. 37) Den Panther mit der Schlange hat Keller, Tiere des Altertums S. 152 Fig. 34 abgebildet. 8) Zur Zähmung der Tiere vergl. u. a. P. Hachet-Souplet, Dres- sur der Tiere mit besonderer Berücksichtigung der Hunde, Affen, Pferde, Elefanten und wilden Tiere, deutsch von Marschall von Bieberstein (1898). Eine erschöpfende Bearbeitung des antiken Materials fehlt meines Wissens noch. 39) Über die Kunstdarstellungen des Dionysossiegeszuges vergl. Hel- bigs Führer I Nr. 676 und Benndorf-Schoene, Katalog des laterani- schen Museums (Leipzig 1867) Nr. 408. Über Eros auf dem Panther s. u.a. Helbig I Nr. 137, auf der Bärin I Nr. 678. 40) Der lateranische Sarkophag in Benndorf-Schoenes Katalog Nr. 421; eine Abbildung u. a. bei R.Garrucci, Monumenti del Museo La- teranense (Rom 1861) 1 2—4; Wettfahrten von Eroten auf Wagen, die mit wilden Tieren bespannt sind, z. B. bei Reinach, Re£pertoire I 8. 57. #1) Vergl. Springer-Michaelis, Handbuch der Kunstgeschichte 7 I Ss. 292f. mit Fig. 517. Exemplare der nicht travestierten Gruppe finden sich z. B. im Rheinland (Kölner Museum), sind aber auch sonst offenbar zahlreich zu finden gewesen. 20 — 306 — Robert Koch geb. 11. XII. 1843 zu Clausthal, gest. 27. V. 1910 zu Baden-Baden. Mit Porträt von A. Libbertz. Robert Koch ist auf Grund seiner epochemachenden Arbeit „Die Ätiologie der Tuberkulose“ am 10. März 1883 Träger des Tiedemann-Preises und korrespondierendes Mitglied unserer Gesellschaft geworden. Als erste von einer wissenschaftlichen Korporation ihm zuteil gewordene öffentliche Anerkennung wurde diese Auszeichnung von ihm stets besonders hoch gehalten. Zwei Jahre zuvor hatte Koch seine Methode zur Unter- suchung von pathogenen Mikroorganismen bekannt gegeben. Die von ihm beschriebene Kultur auf festem durchsichtigem Nähr- boden war allen anderen Methoden der Reinkultur an Sicher- heit und leichter Handhabung überlegen. Für die Reinzüchtung der Tuberkelbazillen hatten indessen die bisher bewährten Nähr- böden versagt. Da fand Koch, daß Blutserum bei längerer Erwärmung auf 65° fest wird und durchsichtig bleibt. Auf diesem Nährboden gelang es, die Stäbchen in Reinkultur zu züchten, und durch die Wiedererzeugung der Krankheit mit der gewonnenen Reinkultur war die ätiologische Bedeutung der ge- fundenen Bazillen erwiesen. Es war zum ersten Male gelungen, den Beweis für die parasitische Natur einer menschlichen In- fektionskrankheit, und zwar der wichtigsten von allen, voll- ständig zu liefern. „Meine Untersuchungen,“ sagte Koch, „habe ich im Inter- esse der Gesundheitspflege unternommen, und dieser wird auch, wie ich hoffe, der größte Nutzen daraus erwachsen“. Und in — 309 — der Tat, von der Entdeckung Kochs datiert die neue Ära der Gesundheitspflege, die ihre Maßnahmen auf die Erkenntnis der Biologie der Krankheitserreger und deren Verbreitungsweise mit glänzendem Erfolge zu basieren vermochte. Das Vorbild für die Bekämpfung aller anderen Krankheiten ist die von Koch in die Wege geleitete zielbewußte Bekämpfung der Tuber- kulose geblieben. Mitten aus dieser so viel versprechenden Tuberkulosearbeit wurde Koch im Jahre 1883 zur Erforschung der Cholera ab- gerufen, die in Ägypten ausgebrochen war und Europa bedrohte. Die Seuche war, bald nachdem die von Koch geführte Kom- mission ihre Arbeit begonnen hatte, in Ägypten erloschen; aber Koch, der bereits in einigen Fällen wichtige Beobach- tungen in den Darmausleerungen Kranker gemacht, folgte ihr nach Indien, ihrem Heimatlande, und fand dort ihren Erreger, ein schraubenförmiges Stäbchen, den sogenannten Kommabazillus. Die Studien über die Biologie des in Reinkultur gewonnenen Mikroorganismus führten zum Klaren Verständnis der Verbrei- tungsweise dieser wegen ihres akuten Verlaufs so gefürchteten Krankheit und damit zur Erkenntnis der zu ihrer erfolgreicken Bekämpfung notwendigen praktischen Maßnahmen. Der kranke Mensch ist der Träger, Vermehrer und Verbreiter der Cholera- keime: die ersten Krankheitsfälle müssen daher rechtzeitig er- kannt, isoliert und unschädlich gemacht werden, um eine Ver- breitung der Krankheit wirksam zu verhüten. Die hierauf gerichteten Vorschläge Kochs wurden von der internationalen Sanitätskonferenz zu Dresden 1883 angenommen und bewährten sich 1893 beim Ausbruch der Cholera in Hamburg in glänzender Weise. Ihnen verdankt es Deutschland, daß es damals von einer allgemeinen Epidemie verschont geblieben ist. Nachdem die Cholerauntersuchungen zum Abschluß gelangt waren, wandte sich Koch‘ wieder seinen Tuberkulosestudien zu. In jahrelangen Versuchen war er bemüht, ein Mittel zu finden, um die außerhalb des Körpers leicht zu tötenden Para- siten auch innerhalb des lebenden Organismus zu vernichten. Auf dem X. internationalen Kongreß zu Berlin 1890 machte er die Mitteilung, daß dieses Mittel von ihm gefunden sei, und bald darauf folgte seine grundlegende Publikation über das Tuber- kulin, mit Hilfe dessen die Tuberkulose in ihren ersten Stadien es — 30 — nicht nur erkannt, sondern auch, wie er hoffte, geheilt werden könne. Diese Veröffentlichung wurde von Ärzten und Laien mit beispiellosem Enthusiasmus aufgenommen, und überall wurden die übertriebensten Hoffnungen an das neue Wundermittel ge- knüpft. Die notwendig folgenden Enttäuschungen wären der Welt erspart geblieben, hätte man sich nur an das gehalten. was Koch versprochen hat, und wäre das Mittel nicht in zahl- losen gänzlich ungeeigneten Fällen zur Anwendung gebracht worden. Als nun die übertriebenen Hofinungen sich nicht ver- wirklichten, als sogar manche der mit Tuberkulin behandelten Kranken infolge zu heftiger Reaktion zugrunde gingen, war Robert Koch, der gefeierte Forscher, der Wohltäter der Menschheit, bald einer der bestgehaßten Männer des In- und Auslandes. Und doch hatte er recht und hat recht behalten! Das Tuberkulin hat sich bewährt als das beste Diagnostikum der Tuberkulose in ihren ersten Stadien; es hat auch als Heil- mittel gehalten, was Koch von ihm gesagt, und sich bewährt in der Hand sorgsamer Ärzte. Die Ungerechtigkeit der Welt hat Koch mit Gleichmut getragen, und unentwegt hat er an der Vervollkommnung seiner Tuberkulinpräparate weiter gearbeitet. Er erkannte, daß die Leiber der Tuberkelbazillen das heilende Agens darstellen, und um sie aufzuschließen, unternahm er das gefährliche Experiment, die scharf getrockneten lebenden Kulturen im Achatmörser zu zerreiben. In Emulsion gebracht stellt dieses Präparat das „neue Tuberkulin* dar. Abermals wurden diese Studien unterbrochen. „Gerade jetzt,“ schrieb mir Koch im November 1896, „wo ich mich ausschließlich mit der Ausarbeitung des neuen Verfahrens für die Praxis beschäftigen möchte, wird mir ein Strich durch die Rechnung gemacht. Die Regierung der Kapkolonie hat sich an unser Auswärtiges Amt mit dem Ersuchen gewendet, mich zur Untersuchung der Rinderpest nach Südafrika zu senden. Anfangs verhielt ich mich ablehnend; aber die Sache gestaltete sich immer mehr zu einer Art Ehrensache, der ich mich nicht mehr entziehen konnte, namentlich da auch politische Gründe ins Feld geführt wurden.“ Am 1. Dezember 1896 traf Koch in Kapstadt ein, und Ende März 1897 konnte er seine Unter- suchungen in Kimberley abschließen, die zwar nicht zur Ent- — 3il — deckung des Erregers der Rinderpest, wohl aber zur Auffindung eines Verfahrens geführt hatten, um die Tiere gegen die Seuche zu immunisieren. Die Gallenimpfung wurde zum größten Segen für Südafrika. Inzwischen war in Bombay die Bubonenpest ausgebrochen, und die deutsche Regierung hatte beschlossen, eine wissen- schaftliche Mission dorthin zu entsenden; es war selbstverständ- lich, daß Koch zu ihrem Führer ernannt wurde. Da aber die direkten Dampferlinien wegen der Pestquarantäne die Fahrten eingestellt hatten, konnte Koch nur auf Umwegen über Ost- afrika und Aden nach Bombay gelangen. So kam es, daß er erst in Mai Bombay erreichte, wo, wie er in seinem Bericht bescheiden sagte, die deutsche Pestkommission unter Führung seines Stellvertreters Gaffky den größten Teil ihrer Arbeiten bereits erledigt hatte. Indessen waren sehr wichtige Fragen offen geblieben, insbesondere die Fragen der künstlichen Immuni- tät gegen Pest und der Verwendbarkeit des von hochimmuni- sierten Tieren gewonnenen Serums zu Schutz- und Heilzwecken. Koch ging von Indien wieder nach Afrika zurück und zwar nach Ostafrika zur Untersuchung einer westlich vom Viktoria- Njansa im Sultanat Kisiba ausgebrochenen pestartigen Krankheit. Dort bot sich ihm ein reiches Feld der Tätigkeit. Während sein Assistent Zupitza den Herd der Seuche aufsuchte, um das erforderliche Untersuchungsmaterial zu beschaffen, konnte Koch sich ungestört den Studien über tropische Malaria, über Texasfieber, über Tsetse- oder Surrakrankheit der Rinder und über die sanitären Verhältnisse des für Besiedelungszwecke und zur Anlage eines Sanatoriums in Aussicht genommenen Usam- baragebirges widmen. Die Untersuchung des von Zupitza ge- sandten Pestmaterials führte zu dem einwandfreien Ergebnis, daß die fragliche pestartige Krankheit echte Bubonenpest war. Auch hier wie in Indien erkannte Koch die Ratten als Haupt- überträger der Seuche. Vor allem war es die Malaria, die wichtigste Menschen- krankheit der Tropen, deren Studium Koch mit gewohnter Energie in Angriff nahm, und deren Entstehung und Verbreitung trotz Laverans Entdeckung in Dunkel gehüllt war. Koch neigte sich schon damals der Ansicht zu, daß die Übertragung der Infektionskeime durch Moskitos wahrscheinlich die einzige au %- a — 312 — sei. „Wohin man sich auch wendet, überall findet man ein örtliches und zeitliches Zusammentreffen in bezug auf das Vor- handensein der tropischen Malaria und der Moskitos.* Den Beweis für die Moskitotheorie als erster zu führen, war ihm indessen nicht vergönnt. Der indische Militärarzt Ross war ihm zuvorgekommen, eben als er auf Grund eigener Unter- suchungen zu beweisenden Ergebnissen gelangt war. Die Be- stätigung durch Koch verschafite der Entdeckung von Ross sogleich die weiteste Verbreitung und Anerkennung. Ganz hervorragende Verdienste erwarb sich Koch nicht nur um die Erkenntnis der Malaria sondern vor allem auch um ihre Bekämpfung. Er stellte fest, daß es drei Malariaarten gibt: die Tertiana, die Quartana und die von ihm so benannte Tropica, deren jede durch einen wohl charakterisierten Parasiten hervorgerufen wird. Zum Nachweis der Malariaverhältnisse einer Gegend bewährte sich Koch die Untersuchung der Kinder, die später in Batavia in großem Maßstabe angestellt wurde. „Wir brauchen nur ein Blutpräparat anzufertigen“, sagt Koch, „dann finden wir die Malariaparasiten darin und haben damit den un- umstößlichen Beweis dafür, daß der betreffende Mensch den Infektionsstoff in sich trägt. Auch das Unschädlichmachen der Malariakranken ist nicht schwierig. Wir haben im Chinin ein ausgezeichnetes Blutdesinfektionsmittel, und wir sind imstande, mit demselben die Parasiten zu beseitigen. Werden nun alle Parasitenträger an einem Orte von ihren Malariaparasiten be- freit, dann ist derselbe malariafrei gemacht.* Dies war das Prinzip, nach dem Koch in Batavia, Neu-Guinea, auf den brio- nischen Inseln und an anderen Orten erfolgreich die Malaria bekämpfte. In Ostafrika waren es außer der Malaria die seuchen- artigen Rinderkrankheiten, die durch Trypanosomen verursachte Surrakrankheit und das Texasfieber, dessen Erreger ebenfalls ein Blutparasit, das Pyrosoma bigeminum, ist, denen Koch seine Studien widmete. Vom Texasfieber stellte er fest, daß es mit der in Amerika von Smith und Kilborne sorgfältig studierten Viehseuche übereinstimmt. Sie wird durch die Rinderzecke übertragen, aber nicht direkt, sondern durch die Nachkommen der infizierten Zecke. Dies war bereits von Smith behauptet worden, aber den Beweis dafür hat erst Koch durch sein be- 1 — 333 — rühmt gewordenes Experiment erbracht. In Daressalam wurden Rinderzecken von einem texasfieberkranken Kalbe abgenommen und in Gläsern unter Watteverschluß aufbewahrt. Die Zecken legten ihre Eier ab, und bald entwickelten sich daraus die jungen Zecken. Diese brachte Koch auf einem zwei Wochen dauernden Steppenmarsch nach Westusambara an einen Ort, wo niemals Texasfieber vorgekommen war, und setzte dort die jungen Zecken auf gesunde Tiere aus. Zweiundzwanzig Tage später fanden sich bei der Blutuntersuchung zum ersten Male Pyrosomen in den roten Blutkörperchen der Versuchstiere. Durch weitere Versuche stellte Koch fest, daß das Überstehen des Texasfiebers in der leichtesten Form vollkommene Immunität gegen eine Infektion mit erheblichen Mengen von Texasfieber- blut verleiht. Im Jahre 1903 folgte Koch noch einmal einer Einladung der englischen Regierung nach Rhodesia in Südafrika zur Er- forschung und Bekämpfung einer dort die Rinderherden dezi- mierenden Seuche. Er erkannte sie als das durch einen Blut- parasiten — Pyrosoma — erzeugte Küstenfieber. „Es war“, schrieb er mir aus Bulawayo (Rhodesia) im Oktober 1903, „eine recht schwierige Aufgabe, die ich hier zu bewältigen hatte, und ich bin auch jetzt eigentlich noch nicht damit fertig. Das Schutzimpfungsverfahren, welches ich herausgefunden habe, hat auf unserer Versuchsstation recht gute Erfolge gegeben; aber es fragt sich nun, wie es sich in der Praxis bewähren wird. Auf jeden Fall hat es zwei ausgezeichnete Eigenschaften: es ist ganz ungefährlich und kostet so gut wie nichts. Anfangs hatte ich meine ganze Hofinung auf Serum und Kombination von Serum und Infektion gesetzt; aber die Verluste sind dabei zu groß. Jetzt lasse ich das Blut der immun gewordenen oder auch der künstlich immunisierten Tiere, welches regelmäßig eine geringe Anzahl von Parasiten enthält, wiederholt einspritzen. Es folgen dann kaum merkliche Reaktionen und eine mit der Zahl der Einspritzungen immer höher und fester werdende Immunität. Es ist eine gewisse Ähnlichkeit mit der Malaria- immunität. Überhaupt sind mir bei diesen und anderen zu gleicher Zeit in Angriff genommenen Untersuchungen, welche sich alle auf Protozoeninfektionen beziehen, meine Kenntnisse der Malaria außerordentlich zugute gekommen.“ de nr Zum weiteren Studium der Protozoenkrankheiten ging Koch 1905 abermals nach Ostafrika. Diesmal galten seine Studien besonders dem afrikanischen Rekurrens, einer dem europäischen Rückfallfieber nahestehenden Krankheit. Beide werden, wie bekannt, durch Spirochäten verursacht. In Ost- afrika erkrankten fast alle Europäer, welche die Karawanen- straße benutzten, an Rekurrens, und besonders infektiös schien die Strecke von Daressalam bis nach Morogoro zu sein. Als Überträger der Krankheit erkannte Koch eine besondere Zecken- art, Ornithodorus moubata. Die Übung im Päparieren der Zecken, die er sich bei seinen Untersuchungen über Texasfieber erwor- ben hatte, kamen ihm hier ausgezeichnet zustatten. Er ließ sich aus verschiedenen Ortschaften der Karawanenstraße Zecken kommen und zerlegte sie, ihre Organe einzeln mit verdünntem Serum auf Deckgläser ausgestrichen, jedes für sich, also den Magen, auch den Inhalt des Magens, dann die Malpighischen Körper, die Speicheldrüse, die Ovarien, die Ovidukte usw. Als Koch die nach Giemsa gefärbten Präparate mikroskopisch durchsah, fand er in einigen von diesen Zecken Spirochäten, und was besonders merkwürdig war: sie befanden sich nur an den Ovarien. Die Zecke lebt ausschließlich in menschlichen Wohnungen; sie findet sich auch regelmäßig in den Rasthäusern der Karawanenstraße und lebt ausschließlich von Menschenblut. Den Tag über tief in der Erde versteckt kommt sie nachts hervor, saugt sich am schlafenden Menschen voll und geht dann schleunigst wieder in die Erde hinein. Kochs Forschungen wurden für die Prophylaxe auch dieser Krankheit maßgebend. Es genügt, daß man, namentlich zur Nachtzeit, von den Stellen entfernt bleibt, von denen man weiß, daß sich dort Zecken aufhalten. So schützten sich Koch und seine ihn begleitenden Europäer auf ihren Märschen nach Morogoro und Iringa durch diese einfache Vorsichtsmaßregel, während die eingeborenen Diener, die mit den Trägern zu- sammen unter Schutzdächern schliefen, an Rekurrens erkrankten. Im August 1905 schrieb mir Koch: „Nun bin ich doch eher zu einem Abschluß meiner Arbeiten gekommen, als ich erwartet hatte, und ich kann an die Rückreise denken. Vorher will ich aber noch einen Abstecher an den Viktoria - Njansa machen, in das von der Schlafkrankheit verseuchte Gebiet. Ich muß en — 35 — diese Reise machen, weil ich in bezug auf die Entwickelung der Trypanosomen in der Tsetsefliege so interessante Dinge gefunden habe, daß .ich daraufhin noch die Glossina palpalis, die Überträgerin der Schlafkrankheit, untersuchen muß.“ Diese Studien waren die Vorbereitung zu der großen Ex- pedition Kochs zur Bekämpfung der Schlafkrankheit, die der 62jährige im nächsten Jahre (1906) ausgeführt hat. Nach mehrmonatlichem Aufenthalt in Amani, der biologischen Ver- suchsstation in Ostusambara, begab sich die Expedition auf die im Viktoria-Njansa gelegenen Sese-Inseln, den schlimmsten Herd der Schlafkrankheit. Hier beständig bedroht von der Gefahr, infiziert zu werden, verbrachte Koch über ein Jahr. Von den Schwierigkeiten, mit denen dieses Leben verbunden war, mögen Stellen aus seinen Briefen ein Bild geben. Er schrieb: Sese bei Entebbe, November 1906 „Ich wohne in einer Grashütte, die mein Zelt einschließt, in fortwährendem Kampf mit Moskitos und Ameisen. Die Verpflegung ist jämmerlich. Ziegenfleisch, Hühner und gedämpfte Bananen bilden den Grundstock. Aber in welcher Zubereitung! Ich kann schon viel vertragen, aber das geht auch über meine Nerven.“ Und aus einem späteren Briefe: _Sese bei Entebbe, August 1907 „Unterbrochen wurde dieses Einsiedlerleben durch eine fast fünfwöchentliche Krank- heit, die in einer Lymphangitis bestand, von vernachlässigten Sandflohwunden an den Füßen ausgehend, und die mich zwang, den ganzen Tag sitzend oder liegend zuzubringen. Es war eine sräßliche Zeit.“ Die mit Trypanosomen behafteten Menschen wurden in Lagern, die ein großes Krankendorf bildeten und natürlich frei von Glossinen waren, konzentriert; dann, für ihre Umgebung ungefährlich gemacht, wurden sie zum großen Teil durch Atoxyl von ihrer absolut tödlichen Krankheit befreit. Für den oft sehr schwierigen Nachweis der Trypanosomen im Blut und im Drüsen- saft mußten besondere Methoden ausgearbeitet werden. Die Untersuchungen über die Lebensweise und die Lebensbedingungen der @Glossina palpalis forderten eingehende Beschäftigung. Es wurde festgestellt, daß außer den Menschen die Krokodile die wichtigsten Blutlieferanten für die Glossina sind, und daß viel- leicht auch das Flußpferd in Frage kommt. Bei keiner anderen der verschiedensten darauf untersuchten Tierarten — bis auf S, — 316 — einen Affen — wurden Trypanosomen gefunden; bei Hunden blieb das Ergebnis der Untersuchung zweifelhaft. Die Glossina palpalis ist die alleinige Verbreiterin der Schlafkrankheit, und zu ihrer Bekämpfung wurden die energischsten Maßregeln ergrifien. Da ihr Vorkommen an das Wasser gebunden ist — so zwar, daß oft schon in einer Entfernung von hundert Metern vom Ufer der Seen und Flüsse keine einzige Glossina mehr gefunden wird — und auch hier nur an Stellen, wo Buschwerk die Ufer umsäumt, so wurde dieses in großer Ausdehnung durch Abholzen entfernt, besonders an den Plätzen, die den Menschen als Zugang zum Wasser dienten. Eine weitere Maßregel, den Glossinen Ab- bruch zu tun, besteht darin, daß die Tiere, deren Blut sie saugen, die ihnen also die unentbehrliche Nahrung liefern, beseitigt werden. Durch die Untersuchung des im Magen der Glossinen befindlichen Bluts ist leicht zu ermitteln, welche Tiere dies sind. Für den Viktoria-Njansa kommt, wie erwähnt, vorwiegend das Krokodil in Betracht, und dessen Vernichtung wird nach Kochs Ansicht durch die von ihm vorgeschlagenen Maßregeln (Aufsuchen der Nester, Zerstörung der Eier usw.) zu erreichen sein. Im Oktober 1907 kehrte Koch, nachdem er seine Auf- gaben mit glänzendem Erfolg zu Ende geführt, nach Deutsech- land zurück. „Ich habe mich gleich nach meiner Rückkehr“, schrieb er mir, „daran begeben, die Tuberkulosestudien, welche ich nun schon jahrelang wegen der Auslandsreisen liegen lassen mußte, wieder aufzunehmen. Es war dies dringend notwendig, weil inzwischen manche Dinge entdeckt und namentlich neue Untersuchungsmethoden entstanden sind, mit deren Hilfe man voraussichtlich ein ganzes Stück weiter kommen wird.“ Diese Tuberkulosestudien beschäftigten Koch in unermüdlichster Ar- beit, die es dem Jüngsten zuvortat, bis seine letzte Krankheit ihn niederwarf. Und auch da, als er schwer krank, verließen ihn die Gedanken daran nicht. Noch an seinem Todestage setzte er mir ausführlich auseinander, was er mit seinen letzten Tuberkulosearbeiten erreicht und welche Fragen er noch zu lösen hoffte. Das Bild, welches ich von Robert Koch zu entwerfen versuchte, konnte nur sehr unvollkommen wiedergeben, was er für die Wissenschaft und für die Menschheit gewesen ist. Die unendliche Arbeit, die in seinen wissenschaftlichen Leistungen — 317 — steckt, wurde nur angedeutet, und Großes, was er zur Be- kämpfung der Seuchen getan, wie die bewundernswerte Organi- sation und Leitung des Kampfes gegen den Typhus an Deutsch- lands westlicher Grenze, die den Erfolg hatten, daß die Zahl der Erkrankungen auf !/s gesunken ist, fand keine Erwähnung. Es wurde nicht davon gesprochen, daß er uns die Unterscheidung der menschlichen Tuberkulose von der Rindertuberkulose gelehrt hat, die nach hartnäckigem Kampf, insbesondere gegen die Tierärzte, jetzt fast allgemein anerkannt ist. Auch seine Stu- dien über Lepra, bei der Koch die für ihre Verbreitung wich- tige Tatsache festgestellt hat, daß die Leprabazillen vorzugs- weise durch die Absonderung der Nase und des Rachens nach außen entleert werden, seine Studien über die sogenannte ägyp- tische Augenkrankheit, deren Erreger er entdeckte, über die tropische Dysenterie, als deren Erreger er Amöben erkannte, — alle diese Ergebnisse seiner Arbeiten sollen nur genannt werden. Die Zahl der Auszeichnungen, die Robert Koch zuteil wurden, war eine große. Er war Ritter des Ordens pour le merite, der höchsten Auszeichnung, die einem Gelehrten für wissenschaftliche Leistungen verliehen werden kann. Für seine Forschungen über die Ätiologie und Bekämpfung der Cholera erhielt er als ersten Orden überhaupt den Kronenorden II. Klasse am schwarz-weißen Band mit dem Stern, eine nur ihm zuteil sewordene Auszeichnung, und eine Dotation vom Deutschen Reich. Für seine Tuberkuloseforschungeu wurde ihm das Groß- kreuz des roten Adlerordens verliehen, zu welcher Auszeichnung ihn Minister von Goßler mit den Worten beglückwünscht hat, daß diese bisher nur einem Gelehrten, Alexander von Humboldt, zuteil geworden sei. Koch besaß den Wilhelms- orden und verschiedene ausländische Ordenssterne. 1905 er- hielt er den Nobelpreis, 1907 wurde er Wirklicher G@eheimer Rat mit dem Titel Exzellenz. Koch war Mitglied des Staats- rates und der Akademie der Wissenschaften; er war Ehren- bürger von Berlin und gehörte der Armee als Generalarzt & la suite an. Ich kann die Erinnerungen an Robert Koch nicht schließen, ohne der Persönlichkeit gerecht zu werden. Was soll man an diesem einzigen Manne mehr bewundern? War es Be, — 318 — sein durchdringender Verstand, mit dem er oft die scheinbar schwierigste Frage mit einem Schlage zu der denkbar einfachsten gestaltete? War es seine große Beobachtungsgabe, der auf dem Wege seiner Forschungen nichts entging, die ihn scheinbar wenig Wichtiges verfolgen ließ und zu unerwarteten Entdek- kungen führte? Waren dies seine größten Eigenschaften, oder war es seine Herzensgüte, mit der er die Verdienste anderer stets neidlos anerkannte und für die ihm erwiesene Freund- schaft dankbar blieb sein Leben lang? War es seine große Einfachheit, die er sich bei allen Erfolgen bewahrte? Seine Unerschrockenheit vor Gefahren? Koch war ein außerordent- lich fleißiger Arbeiter, der an seine Körper- und Geisteskräfte Anforderungen stellte, die seine Begleiter und Mitarbeiter oft erlahmen ließen. Wenn er unter den drückendsten Einflüssen der Tropensonne von früh bis spät tätig war, dienten ihm die Werke Kants und der höheren Mathematik, ständige Begleiter auf seinen Reisen, zur Erholung. Koch hatte in seinem ersten Universitätsjahr Mathematik und Naturwissenschaften studiert, und er ist ein sehr fleißiger Student gewesen. Dies hat ihm die sichere Grundlage für sein späteres, so außerordentliches Wissen auf allen naturwissen- schaftlichen Gebieten gegeben. Was Robert Koch geworden ist, verdankte er seinem Genie; andere haben ihn wenig gefördert. Sohn eines höheren Bergbeamten in Clausthal wurde er praktischer Arzt, ein un- gemein beliebter Arzt, und ist es geblieben sein ganzes Leben. Die Schwierigkeiten, die sich seinen Arbeiten im Anfang ent- gegenstellten, waren groß; er hat sie mit eiserner Energie über- wunden. Nun ist er dahingegangen; seine Werke aber sind un- sterblich. — 319 — Besprechungen. Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft. Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Ge- sellschaft in Frankfurt a. M. Band 31, Heft 1, Seite 21—72. „Die Farnpflanzen in der Umgegend von Frank- furt aM.“ von I. Müller-Knatz. 4° Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1910. Preis broschiert M. 3,50. Der hiesige Kaufmann I. Müller-Knatz, ein ausgezeichneter Kenner der heimischen Gefäßkryptogamen, hat in zwanzigjähriger eigener Sammel- tätigkeit und durch regen Austausch mit anderen Sammlern ein ungewöhnlich reichhaltiges Herbarium dieser formenreichen Gruppe blütenloser Pflanzen zusammengebracht, das nach seinem am 5. Mai 1909 erfolgten Tode gemäß letztwilliger Verfügung von seiner Witwe dem Senckenbergischen Museum überwiesen worden ist. Das Herbar enthält in 25 Faszikeln nahezu sämtliche in der näheren und weiteren Umgebung Frankfurts vorkommende Farn- pflanzen nebst zahlreichen Monstrositäten und zwar die meisten Arten nicht nur in einzelnen Exemplaren sondern in großen Reihen, aus denen ihre Variabilität und ihr außerordentlicher Formenreichtum aufs deutlichste zu erkennen sind. Manche von ihnen, z. B. der gemeine Rippenfarn, blechnum Spiecant, und der Tüpfelfarn, Polypodium vulgare, sind in ganz verschiedenen Formen vertreten, von denen man kaum glauben sollte, daß sie zu der gleichen Art gehören, wenn nicht eine große Anzahl von Zwischenformen den fließenden Übergang der extremen Formen ineinander illustrieren würde. In seiner hinterlassenen, erst wenige Monate vor seinem Tode abge- schlossenen Arbeit zählt Müller-Knatz die von ihm beobachteten und in seinem Herbar enthaltenen Arten, Formen und Mißbildungen der Farnpflanzen auf; er beschreibt sie kurz unter Hinweis auf die in der Literatur enthaltenen Abbildungen und gibt ihren Standort an, ohne sich mit Mutmaßungen über die Ursachen der Variation der Arten aufzuhalten. Man wird dem Verfasser hieraus keinen Vorwurf machen, zumal unsere Kenntnisse über diese Dinge noch nicht über die ersten Anfänge hinausgekommen sind. Nachdem aber neuerdings, besonders nach den Untersuchungen von Klebs, die Forschung Er re auch in dieser Richtung fortschreitet, läßt sich hoffen, daß durch eine Arbeit wie die vorliegende das wissenschaftliche Studium über den entwickelungs- mechanischen Zusammenhang der Variation der Arten mit den Faktoren der Außenwelt angeregt und gefördert werde. Denn gerade eine erschöpfende Zusammenstellung der verschiedenen Formen einer Art, wie sie Müller- Knatz in seinem Herbarium und in seiner Arbeit für die Farnpflanzen eines umschriebenen, aber in klimatischer und geologischer Hinsicht in seinen einzelnen Bezirken sehr verschiedenen Gebietes gegeben hat, liefert wichtiges Material zur Bearbeitung der Frage. So ist die vorliegende Schrift weit mehr als von rein deskriptivem Wert und lokalflori- stischer Bedeutung. Ihre Veröffentlichung, durch die der Verstorbene jüngere Sammler zur Fortsetzung der von ihm begonnenen Studien anregen wollte, ist auf seinen Wunsch in den Abhandlungen der Gesellschaft erfolgt; die Kosten ihrer Drucklegung sind aus den Zinsen der Askenasy-Stiftung für Botanik und von Herrn Ingenieur Alexander Askenasy bestritten worden. Das Müller-Knatzsche Pteridophyten-Herbarium, durch das die botanische Sammlung eine wichtige Bereicherung erfahren hat, kann im Museum zur Besichtigung vorgelegt werden. 4A. Knoblauch. Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich. Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Main. Druck von Gebrüder Knauer in Frankfurt am Main. nenn AP MER BRD. rn en Te re ee er gen, Schmetterlinge von den Mentawej-Inseln (mit 2 Tafeln). er ed RE N B ö senberg und Strand, Fayapische na (mit 14 Tafeln). 2 ET RE yee Ferner sind ‚erschienen und von dem Bureau zu beziehen; Kobelt, Reiseerinnerungen aus Algerien und Tunis (mit 13 Voll-- bildern u. 11 Abbildungen im Text). 185 .. ....... M3— v. Heyden, Katalog der Käfer von Nassau und Frankfurt a, M. BAT aa BOOST a ae an Mittwoch SER 4-6 Uhr, 2 Beginn: ER: den | 2: Norenider 1910 (rotes La} Prof. Dr. W. Schauf: ‚ Physikalische Eigenachaften. ‚der Kristalle AR nd Besprechung, ‘Mineralien (Fortsetzung der Sommervorlesung) "Mittwoch abend 6!/,—7 Uhr, rt Beginn: Mittwoch, den 2. November 1910 ‚(kleiner ii Prof. Dr. W. Schauf und Dr. F.Drevermann: FREE Mineralogisch-geologisches Seminar (Besprechung wichtiger N nungen), : | Freitag abend. 5—7 Uhr, Beginn: Freitag, den 4. November 1910 Stzungssinnen Dr. F.Drevermann: Paläontologie und Abstammungslehre turen abend ra Uhr, Instituts): Kryptogamen I. Teil (Algen und Pilze) Dienstag und Freitag abend 6—6°/, Uhr, Beginn: Dienstag, den 4; November 1910 (kleiner Hörsaal) Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich, Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A.Knoblauehin Frankfurt am Main. Druck von Gebrüder Knauer in Frankfurt am Main. 42. BERICHT der SENGKENBERGISCHEN NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT in FRANKFURT AM MAIN DL) m Zee ii LIBRARY NEW YORK BOTANICAL GARDEN. Frankfurt am Main Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft 1971 e gest: Nachdruck nur mit Quellenangab —. UN Inhaltsverzeichnis. Aus der Schausammlung: Seite Ein neuer Schuhschnabel (mit 4 Abbildungen) von E. Cnyrim 1 Pilzgallen an Buchenstämmen (mit 6 Abbildungen) von M. Möbius 7 Das Mastodon (mit 2 Abbildungen) von F. Drevermann. . 13 Mineralogische Schaustücke (mit 4 Abbildungen) von W. Schauf: 1. Kugelgranit von Slätmossa (Schweden) . . . 17 2. Kalkspat, Bleiglanz, Dolomit und Kupferkies von J Oak (Missouri) .... a ee de 3. Bergkristall aus dern Banane? „RER I Das Iguanodon (mit 2 Abbildungen) von F. Be a, Chelone gwinneri n. sp., eine Meeresschildkröte aus dem Rupelton von Flörsheim (mit 1 Abbildung) von Th. Wegner . . 19 Der tibetanische Bär (mit 1 Abbildung) von F. Haas . . . 259 Die Tuatera (mit 1 Abbildung) von Ph. Lehrs . . . 261 Der Säbeltiger (mit 1 Tafel u. 1 Abbildung) von A. een 268 Der Diplodocus (mit 6 Abbildungen) von F. Drevermann . 272 Merten der Ämter im Jahre 1911 . 2 2... 2.2.2 220 26 Verzeichnis der Mitglieder. . . em 28 Rückblick auf das Jahr 1910 mikeitangen der Ver alkune) 850 Bericht über das Jahr. 1910 . u. 2.202 20.000.088 Beehlericht über das Jahr 1910 . ; 2"... 0 nr... Di ee elune 2 a. rer ers 0 Botanische Sammlung . . ee UT Eee nt Paläontologisch-geologische ne EN a Mineralogisch-petrographische Sammlung . . . . 2. 2.2.2.2.7% Lehrtätigkeit von April 1910 bis März 1911: Vorlesungen, praktische Übungen und Exkursionen: a Eee LE A ee Botanik 2:2”, ;: TER ER ch re N Paläontologie, Sana a near a Re Wissenschaftliche a H. Ross: Naturwissenschaftliche Streifzüge in Mexiko . 111 G. Tornier: Bau und Lebensweise des Diplodocus . . 112 OÖ. zur Strassen: Die Tierwelt der Meeresoberfläche . 114 F. Drevermann: Elefant, Mastodon und ihre Ahnen . 115 E. Wolf: Sitten und Gebräuche der Südsee-Insulaner . 117 P: ee neser: Fremde ua das Vererben erworbener M. Hartmann: Die moderne Pro; 0 Bedeutung für die Medizin un A. Steuer: Geologische a, übe Br wasser . . . BL R. Gonder: Die en eg wichtiger in Afrika . - E. Korschelt: Ba En Reduktion bei Tieren . . .. , H. Vogt: PER ae als Krankheitsuns neh Ce . er E. Teichmann: Sexunkiäisprahlen "una Protoz forschung . . . Se M. Flesch: Die Hrforschuie jonsaıR der . .. r Sichtbarkeit liegender Strukturen durch Anwendung des polarisierten Lichtes . H. Przibram: Das innere Gleichgewicht er Lehe Festsitzung zur Erteilung des Tiedemann-Preises: A. von Weinberg: Die Färbung der Blätter und das Leben der Pflanzen A}! Nekrolog: Oskar Boettger (mit Porträt und 3 Abbildungen) von W.Kobelt Vermischte Aufsätze: L. von Heyden: Prachtrüsselkäfer von den Philippinen ee einer Farbentafel) 3 R. von Goldschmidt- nos schiie "Eine Eletantenkl im Sudan (mit 3 Abbildungen) A. von Weinberg: Das Vollbiutpkerdt ae Produkt ie tischer Zuchtwahl (mit 24 Abbildungen) $ ; O0. Cyr&n: Beiträge zur Kenntnis des kaukasischen Ba salamanders, Salamandra caucasia (Waga), seiner Lebens- weise und Fortpflanzung SE einer Farbentafel und 3 Abbildungen) F. Kinkelin: Der ndatrichatenä im Wrankfurb Osthafenseh (mit 11 Abbildungen und einem Längenprofil) A. Siebert: Paphiopedilum Neufvilleanum (Harrisianum X Charlesworthiü) nebst allgemeinen Angaben über die Orchideengattung Paphiopedilum Pfitzer (mit einer Farben- tafel und 2 Abbildungen) . | A. Jassoy: Eine Frühlingsfahrt an die Osterreie Küste und in deren Hinterländer (mit 34 Abbildungen) 211 | 217 | Mh Tr G. Escherich: Von Djibouti zum Rudolfsee (mit einer Karte und 10 Abbildungen) > P. Sack: Aus dem Leben unserer N echmniken (mit 10 Ah. bildungen) N ee ar DE F. Richters: Zahnspuren sinn Wolies au Siem diluvialen Rengeweih (mit 3 Abbildungen) Besprechungen: I. Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft: Abhandlungen, Band 29, Heft 4: Über tertiäre Pflanzen- reste von Flörsheim a. M., von Prof. Hermann Engel- hardt. — Über tertiäre Pflanzenreste von Wieseck bei Gießen, von Prof. Hermann Engelhardt. — Die Tertiärablagerungen der Gegend von Gießen und Wieseck, von Dr. ©. Mordziol. — Bären aus dem altdiluvialen Sand von ee von Prof. Dr. F. Kinkelin (R. Richter) . Band 31, Heft 2, Seite 73 82: Die one. einiger eh des Genus Hemieycla Swainson, von P. Hesse (F‘. Haas) Band 33, Heft 1 u. 2: Ergebnisse einer Zoologischen Forschungsreise in den südöstlichen Molukken (Aru- und Kei-Inseln) im Auftrag der Senckenbergischen Natur- forschenden Gesellschaft ausgeführt von Dr. Hugo Merton. Reisebericht (0. 8.) I. Neue Wandtafeln und Bücher: W.HeinundF.W. Winter: Süßwasserfische Mitteleuropas (K. Priemel) H. Merton: Ausstellung von re 22 Be ein Pflanzen. Sonderabdruck (A. Jassoy) Brehms Tierleben, 4. Auflage, herausgegeben von Br, Be 0. zur 6. Band, Vögel (K.-W.) Weitere Veröffentlichungen: Abhandlungen, Band 33, Heft 3 u. 4 und Band 34, Heft 1 u. 2: Ergebnisse einer Zoologischen Forschungsreise in den südöstlichen Molukken (Aru- und Kei-Inseln) im Auftrag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft aus- geführt von Dr. Hugo Merton. Wissenschaftliche Ergebnisse Seite 283 309 323 326 328 94 190 257 328 Mitteilungen der E Veran Il) r i ber N Jahr 1910 . “ ‚L. von He an Prachtrüsselkäfer von ls Philippinen ; R. von ee se BONuaguiid: Bine Bhrevep inch hi ehr kn BR. I, Reue Veröfenichungen 4 a Gesllschatt 0. bucnd Wandtafeln x Nachäruek nur mit Gustnangai gestattet, Übersetzungsrecht vorbehalten Frankfurt am Main Selbstverlag d der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft 1 . Preis des einzelnen Heftes M.2—. — - = , > . . & er | e ar ET ee RR TEEN RE A A) +7 da u une en t j | UT N‘ y verschied. Typen ifrtn vr. | für das neue Museum der Senckenbergischen Naturforsch. Gesellschaft | in Frankfurt a. M. In Bezug auf Staubdichtheit, praktische PR einfache Eleganz und musterhafte Ausführung sind. unsere Schränke seit Jahrzehnten tonangebend und. — obwohl vielfach kopiert — unerreicht. AUG. KÜHNSCHERF & SÖHNE, DRESDEN | Erste und älteste Museumsschrank-Fabrik. Ze em 41 | # m # IE ur ‚ wwımıı Aus der Schausammlung. i Y Ein neuer Schuhschnabel. ee, Mit 4 Abbildungen. ae Wieder verdankt das Museum Rudolf von Gold- aarı-«. schmidt-Rothschild ein bemerkenswertes Geschenk. Auf seiner letzten Reise im äquatorialen Afrika hat er ein schönes Exemplar jener ebenso merkwürdigen wie seltenen Vogelart erlegt, die wir Schuhschnabel nennen, und es unserer Sammlung gestiftet (Fig. 1). In der Wissenschaft führt der Schuhschnabel den Namen Balaeniceps rex Gould, bei den Arabern wird er Abu Markub, „Vater des Pantoffels“, genannt. Balaeniceps bildet eine eigene Unterfamilie innerhalb der Familie der Reiher. Hohe stelzenähnliche Beine tragen den schweren plumpen Leib des Vogels. Von seinen imposanten Flügeln (Fig. 2) macht er verhältnismäßig wenig Gebrauch. Der Schwanz hat eine mittlere Länge. Der muskulöse Hals wird beim Fluge nach Reiherart S-förmig gebogen. Der große Kopf ruht oft auf dem eingezogenen Halse und läßt dann das phlegmatische Tier wie nachdenklich in sich versunken erscheinen; in Wirklichkeit späht es aber in solcher Situation nach Nahrung oder verdaut. Auffallend an dem Kopfe ist hinten ein kurzer Federschopf, vorn der absonderliche, mächtige Schnabel. Die Färbung des letzteren ist im Leben fettglänzend-olivengrau mit dunkelen Querstreifen, nach dem Tode graugelb und bräunlich (einiger- maßen schildpattähnlich). Die scharfen Schnabelränder sind geschweift. Bei manchen, namentlich älteren Exemplaren können Ober- und Unterschnabel seitlich gegeneinander verschoben sein; dies rührt von dem häufigen Knacken und Klappern des Vogels mit seinem Schnabel her. Der Schnabelrücken sieht in der Mittelpartie aus, als ob er noch eine besondere leistenartige 1 S BEN} are Hornauflage trüge; diese verdickte Leiste setzt sich nach vom in einen kräftigen Haken fort. Eine Stimme scheint eigentüm- / licherweise noch niemand bei Balaeniceps beobachtet zu haben. Wenn auch seine hauptsächliche Nahrung nachgewiesenermaßen Fig. 1. Schuhschnabel, Dalaeniceps rex Gould. Geschenk von R. von Goldschmidt-Rothschild. aus lebenden Fischen besteht, so wäre es doch nicht unmöglich, daß er — wie schon behauptet worden ist — gelegentlich auch Aas frißt, seinen Schnabel dabei zum Aufreißen der Kadaver benützend. In der Gefangenschaft konnte man den Schuh- schnabel an Fleischnahrung gewöhnen. ar Als verhältnismäßig enges Verbreitungsgebiet des Balaeni- ceps gilt die Gegend des oberen Weißen Nils und einiger Neben- flüsse, Dort fischt er, mehr oder weniger tief im Wasser stehend, in fast unzugänglichen, sumpfigen Tümpeln, umgeben von Schilf und Papyrusstauden, inmitten ausgedehnter Rohrwälder. In der Nähe von freiem Wasser findet er sich dagegen nur, wenn es ihm genug Nahrung bietet und einigermaßen seicht ist. Unser Exemplar wurde auf dem Bahr el Ghazal, dem Hauptzufluß des Weißen Nils, — kurz vor der Mündung in denselben — vom Schiff aus geschossen (Fig. 3). Mühsam nur konnten die Ein- geborenen, bis zu den Hüften im Sumpfe watend, den Vogel bergen. Während ältere Berichte den Balaeniceps als äußerst scheu bezeichnen, fand ihn v. Goldschmidt-Rothschild ver- hältnismäßig wenig scheu. Er führt dies auf die strenge Schonung zurück, die man im allgemeinen dem Vogel angedeihen läßt, und auf das heutzutage häufige Befahren der Wasser mit Dampfern und Kähnen. Fühlt sich der Schuhschnabel beun- ruhigt, so erhebt er sich schwerfällig, um im hohen Schilf rasch wieder niederzugehen; nur wenn ein Schuß ertönt, steigt er höher, kreist längere Zeit und kommt danach gewöhnlich auf einen Baumwipfel herab. v. Goldschmidt-Rothschild hat im Verlauf seiner Reise 10 bis 14 Schuhschnäbel einzeln ge- sehen; andere Afrikareisende erzählen, dass sie gelegentlichı auch zwei und mehr Exemplare gleichzeitig beobachtet haben. Über die Nistplätze lauten die Angaben verschieden. Nach den einen legen unsere Vögel am Wasserrande oder im Sumpf ein aus Stengeln und Ästen von Sumpfpflanzen lose zusammengefügtes, durch Erd- und Rasenstücke befestigtes, hohes und breites Nest an; nach anderen scharren sie im Schilf oder Gras an einer etwas erhöhten Stelle eine seichte Mulde und legen dort auf die bloße oder dürftig bedeckte Erde bis zu zwölf Eier von SO mm Länge und 55 mm Dicke. Die Brut findet während der Regenzeit (Juni bis August) statt. Das Senckenbergische Museum besitzt schon seit 1853 ein Exemplar des Balaeniceps; es wurde von M. Th. von Heuglin, der die Kenntnis des Schuhschnabels hervorragend gefördert hat, gegen Rüppellsche Schriften eingetauscht. Unsere beiden Stücke sind gleich stattlich, und da die Männchen eine Größe von 1,40 m erreichen, die Weibchen aber wesentlich 1* pItygdsy3oy-Iprmy9spJon UOA ‘'y U0A suyeumy "upDdnL AT USISNEIgSFSnE yıu Joqeuyosgnydg 99490]19 ad 'Z "STA eh ae “ PItegdsyyoy-Iprwuy9asp[oH uUoA 'y uoA amyeuny "Ist UHPAOM 959]19 [ogwugasyuyds Aasun oM ‘Tezeyn) [9 Ayeq we Jreyospuepjgdung € "äry ev Eh 1 kleiner bleiben sollen, so ist es wahrscheinlich, daß unsere beiden Vögel Männchen sind. Der neue Balaeniceps, den Konservator Adam Koch lebenswahr auszustopfen wußte, ist entschieden der kräftigere von beiden. Das Schiefergrau seiner Rückenseite ist dunkeler und gleichmäßiger als beim alten; die braunen, hellumrandeten Flügelfedern, die braungrauen, lanzett- Fig. 4. Ein zahmer Schuhschnabel im Garten des Gouverneurs zu Chartoum. Aufnahme von R. von Goldschmidt-Rothschild. förmigen Brustfedern und das lichte Grau des Leibes sind bei beiden ziemlich gleich. Im Jahre 1851 erfolgte die erste wissenschaftliche Be- schreibung des Balaeniceps, die ersten lebenden Exemplare kamen 1860 nach Europa (London). Der Schubschnabel des Gouverneurs zu Chartoum geht im Garten, allerdings mit ge- stutzten Flügeln, frei einher (Fig. 4). Er kennt die Schwarzen, die ihn füttern, scheut aber ängstlich vor Fremden. Im Zoo- logischen Garten zu Gizeh bei Kairo leben mehrere 'Schuh- BERN schnäbel in der Gefangenschaft, mindestens einer von ihnen bereits neun Jahre lang. Ein glücklicher Fund aus dem Jahre 1905 belehrt uns über die Verbreitung des Schuhschnabels vor 6000 Jahren. Bei der Freilegung zahlreicher menschlicher Gräber, 100 km südlich von Kairo, die nach Bestimmung der Ägyptologen aus der zweiten Hälfte des vierten Jahrtausends v. Chr. stammen, ist man auf Schmuck, Salbgefäße, Schminkplatten und Schmink- sriffel gestoßen, wie sie in vorgeschichtlicher Zeit den Ver- storbenen mit ins Grab gegeben worden sind. Die Schmink- platten, auf denen die Schminke ehemals mit Kieseln verrieben wurde, sind z. T. mit flachen Reliefs verziert, und H. Schallow (Berlin) erkannte nun in einem dieser Reliefs eine Darstellung des Balaeniceps rex. Falls man annehmen darf, daß es sich hierbei nicht etwa um einen für die damalige Zeit in der Gegend des Nildeltas ausnahmsweise aufgetretenen, sondern dort heimischen Vogel handelt, so würde daraus hervor- gehen, daß das Verbreitungsgebiet des Balaeniceps früher um rund 30 Breitengrade nördlicher reichte als jetzt. Damals wie heute würde dann das Vorkommen des Dalaeniceps mit dem der Papyrusstaude übereinstimmen; denn diese ägyptische Pflanze des Altertums tritt wildwachsend jetzt auch erst im Nilquellgebiet und nicht mehr im Nilmündungsgebiet auf. E. Onyrim. Pilzgallen an Buchenstämmen. Mit 6 Abbildungen. Die in Figur 1 und 2 abgebildeten maserartigen Holz- stücke sind nicht nur wegen ihres Aussehens sondern auch wegen ihrer Entstehungsursache merkwürdig. Als solche ist nämlich ein Pilz anzusehen, und es ist interessant, daß Darwin der erste war, der die europäischen Forscher auf diesen Pilz aufmerksam gemacht hat. Im 11. Kapitel seines Werkes „Reise eines Naturforschers um die Welt“ erzählt er in seinem Bericht über die Länder der Magelhaensstraße von einem vegetabilischen Naturprodukt, das wegen seiner Bedeutung als Nahrungsmittel für die Feuerländer Erwähnung verdient. „Es ist ein kugeliger, nellgelber Pilz, der in ungeheueren Mengen an den Buchen- re 3 8 kr stämmen wächst.“ Weitere Mitteilungen darüber sandte er mit Material der gesammelten Pilze an den Botaniker Berkeley, der diese Notizen mit seinen eigenen Beschreibungen und Ab- bildungen in den Transactions of the Linnean Society (1845, vol. XIX, p. 37—43, Pl. IV) veröffentlicht hat. Er nannte den von Darwin in Feuerland auf der dortigen Buche (Fagus betuloides) gefundenen Pilz Cyttaria Darwin und eine ver- wandte, von Darwin auf Fagus obligqua in Chile gefundene Art ©. Berteroi. Die Pilzgattung Cyttaria vertritt nach der neuesten Be- arbeitung von Lindau in Engler-Prantl „Natürliche Pflanzenfamilien“ (Bd. I, S. 241) eine eigene kleine Familie, die der COyttariaceae, die letzte in der Ordnung der Pezizineae oder Becherpilze. Zur Kenntnis der Pilzgattung Cyttaria trägt be- sonders eine Arbeit des schweizerischen Pilzforschers Ed. Fischer bei (Botanische Zeitung, 1888). Indem auf diese Arbeit verwiesen wird, sei hier nur erwähnt, daß die sechs bekannten Arten auf die antarktische Region, d. h. die ge- mäßigten Gegenden der südlichen Hemisphäre, beschränkt sind, auf Chile, Patagonien, Feuerland, Tasmanien und Neuseeland, und daß sie dort auf Buchen wachsen. Das Pilzmycelium durchwuchert das Holz und die Rinde und bildet außen ein mehr oder weniger kugeliges Lager, in dem die “eigentlichen Fruchtkörper eingesenkt sind. Diese sind krugförmige Behälter, und in ihnen entstehen teils Schläuche mit acht einzelligen Sporen — sog. „Apothecien* —, teils sehr kleine, außen abge- schnürte Sporen — sog. „Spermogonien“. Ich selbst habe den Pilz nicht genauer untersuchen können, da wir nur ein Exemplar in der Sammlung besitzen. Es ist ein weißlicher fast kugeliger Ballen von etwa 3 cm Durchmesser, an dem die Ansatzstelle deutlich zu erkennen ist (Fig. 3). Mit der Lupe sieht man auf der Oberfläche zahlreiche Punkte, die den Mündungen der ein- gesenkten, wie es scheint, noch nicht ganz reifen Fruchtkörper entsprechen. Macht man einen dünnen Schnitt an der Stelle des Holzes, wo ein Pilz angesessen hat, so sieht man die Holz- zellen von den Fäden des Pilzes durchwachsen in ähnlicher Weise, wie es bei unseren holzzerstörenden Pilzen der Fall ist. Diese letzteren aber sind lauter Hymenomyceten aus der Ver- wandtschaft des Hausschwammes; sie nehmen ihre Nahrung et aus den Inhaltsstoffen der Zellen und aus der Substanz der Zellwände, bringen jedoch keine Veränderungen im Wachstum Pilzgallen an Buchenstämmen. Fig. 1. Ein starker Ast mit zwei vollständig von der Rinde befreiten Auswüchsen (!/; n. Gr.) Fig. 2. Ein schwächerer Ast mit Auswüchsen, die nur teilweise von der Rinde befreit sind (!/ı n. Gr.). des Holzes, keine Auswüchse, hervor. Gerade hierin liegt nun für den Botaniker die interessante Eigentümlichkeit der Oyttaria- a HOURE: Arten: sie gehören zu den gallenerzeugenden Pilzen wie manche Brand- und Rostpilze, und die Maserknollen, wie sie unsere Abbildungen zeigen, können als Pilzgallen (Myeoceeidien) bezeichnet werden. Ferner sieht man überall und besonders deutlich an jüngeren Gallen, daß die krebsartige Wucherung zunächst auf einer Seite, wahrscheinlich der dem Lichte zuge- wendeten, also vorderen, entsteht und dann von beiden Seiten nach hinten herumgreift, bis die Wülste hier zusammenstoßen, so daß in diesem Zustand der Ast durch die dicke Knolle hin- durchgewachsen zu sein scheint (Fig. 4). Die knorrige Rinde ist ganz bedeckt mit den Ansatzstellen der abgefallenen Pilz- körper, die also in sehr großer Menge gebildet werden müssen, vermutlich aber nicht alle gleichzeitig entstehen. Die Ansatz- stelle erscheint als eine kleine Warze mit einer Vertiefung an ihrer Spitze. Eine schöne photographische Abbildung von einer großen, knorrigen Galle mit den ansitzenden hellen Pilzkörpern findet sich in der Revista del Museo de la Plata (1895, Bd. VII) als (dritte Tafel zu den „Contributions & la Flore de la Terre de Feu“ von N. Alboff. Der Verfasser bemerkt dazu aber nur, daß die Kolonien der Uyttaria Darwinii in großer Zahl die sehr häufigen kugeligen Auswüchse der Buchen bewohnen, und gibt an, daß er selbst den Pilz vollkommen geschmacklos gefunden hat, während seine indianischen Führer ihn als Leckerbissen eifrig sammelten. Ein ganz ähnlicher Auswuchs wie der dort abgebildete, natürlich ohne Pilze, findet sich auch in unserer Sammlung: seine Höhe beträgt 36 cm, sein Durchmesser 40 cm. Der Wulst geht rings um den etwa 18 cm dicken Stamm herum, ist aber auf der vorderen Seite fast doppelt so dick wie auf der hinteren und zeigt auf der letzteren noch deutlich die Ver- wachsungsnaht. Das Zentrum des Stammes liegt der Nahtstelle genähert, so daß hier die Jahresringe bedeutend schmäler als auf der vorderen Seite sind. Dasselbe sehen wir auch, wenn wir eine Knolle quer durchschneiden ; wir bemerken dabei ferner, daß die Veränderungen in der Struktur des Holzkörpers schon von einer ziemlichen Tiefe aus ihren Ursprung nehmen: wir sehen die Markstrahlen von ihrem kreisförmigen Verlauf abge- lenkt und durch strahlige Züge nach außen hin unterbrochen (Fig. 5). Es handelt sich also um unregelmäßige Verzweigungen Fig. 3. COyttaria Darwini. Ein Fruchtlager mit der Ansatzstelle an die Rinde. Fig.4. Jüngere Pilzgallen an einem Buchenast. Fig. 5. Durchschnitt durch eine größere, knorrige Galle. Fig. 6. Zweig mit Blättern von Fagus betuloides. (Vom Verf. nach d. Nat. gez; 3u.6n.Gr, 4 u. 5 fast n. Gr.) steckt liegen. a od entfernt, tritt die schöne Gliederung des Holzes zutag auf einer sehr dichten Verzweigung wie bei einem Hex weniger miteinander verschmelzen, etwa wie beim 3lume Solche schön präparierte Stücke sollen auch in ihrer san gesuchte und gutbezahlte Kaufobjekte sein. Die unsrigen wurden von Baron Dr. von Schrenck-Notzing (Leipzig) aus dem Feuerland mitgebracht und konnten, dank seinem gütigen Ent- gegenkommen, von der Administration der Dr. Senckenbergischen Stiftung erworben werden. Es bleibt nur noch übrig, einige Worte über den Baum, der die Pilzgallen trägt. hinzuzufügen. Wir haben schon er- wähnt, daß es eine Buche ist. Von der echten Buche (Fagus) | kennt man vier Arten. nämlich außer unserer Wald- oder Rot- | buche /(F. silratica), die in Mittel- und Südeuropa vorkommt | und östlich bis nach Persien geht, noch.zwei Arten in Japan und eine in Nordamerika. In den subtropischen und tropischen Zonen kommen keine Buchen vor: sie treten erst wieder in den gemäßigten Gegenden der südlichen Halbkugel auf, und zwar kennen wir von den antarktischen Buchen (Nothofagus) zwölf Arten, die teils in Südamerika, teils in Neuseeland und Süd- australien vorkommen und dort ganz ähnliche Wälder bilden, wie es bei uns die Rotbuche tut. Das Bild eines Buchenwaldes aus dem Feuerland, wie es z. B. die vierte Tafel in der er- wähnten Arbeit von Alboff darstellt, könnte scheinbar auch in Mitteldeutschland aufgenommen sein. Die Blätter der antark- tischen Buchen sind teils sommer- teils immergrün und kleiner als die unserer Buchen. Die kleinen Blätter von Fagus befuloides, an der sich Cytfaria Darwinii findet, sind in Fig. 6 dargestellt. M. Möbius. a ei seele Er Das Mastodon. Mit 2 Abbildungen. Als eine der wertvollsten Erwerbungen des verflossenen Jahres muß ein gewaltiges Mastodonskelett bezeichnet werden, das neben dem indischen und afrikanischen Elefanten als erster Vertreter der Elefanten der Vorzeit im Lichthof auf- gestellt worden ist. 1879 aus dem Moorboden bei Little Britain unweit Newburgh im Staate New York ausgegraben, war es 30 Jahre lang eine Zierde des American Museum of Natural History in New York, bis dieses vor kurzer Zeit das noch besser erhaltene berühmte „Warren-Mastodon* erworben hat. Unter Benützung dieser einzigartigen Gelegenheit wurden Ver- handlungen zur Erwerbung des ersten Stückes angeknüpft, die dank dem außerordentlichen Entgegenkommen von Professor H. F. Ösborn, dem Präsidenten des New Yorker Museums, erfolgreich gewesen sind. Der wärmste Dank aber gebührt zwei Frankfurtern in New York, J. Langeloth und Jakob H. Schiff, die in treuer Anhänglichkeit an ihre Vaterstadt das Prachtstück erworben und der Senckenbergischen Natur- forschenden Gesellschaft zum Geschenk gemacht haben. Ein in allen Stücken vollständiges Skelett eines Tieres der Vorzeit gehört zu den größten Seltenheiten, und nur ganz wenige Museen können sich rühmen, ein solches zu besitzen. Es ist sogar schon eine Ausnahme, wenn überhaupt noch einzelne Skeletteile im Zusammenhang gefunden werden. Die Verwesung im Verein mit aasfressenden Tieren macht den Anfang, und nachher arbeiten die verschiedenen Kräfte der Verwitterung Jahrtausendelang ungestört weiter. Kommt dazu noch der Um- stand, daß ein Nichtfachmann den Fund entdeckt, so wird durch ungeschicktes Ausgraben oft noch mehr zerstört, als vorher schon vernichtet wurde, und so kommt es, daß so gut wie alle Skelette der Vorzeit mehr oder weniger ergänzt werden müssen, zum Teil mit den entsprechenden Knochen anderer Tiere, zum Teil mit Gipsabgüssen von vollständigeren Exemplaren. Auch unser Mastodon ist ergänzt, aber nur in wenigen Teilen. In Gips wurden die meisten der kleinen Fußknochen nachgebildet, ebenso vier Halswirbel, drei Rückenwirbel und der größte Teil der Schwanzwirbel — also besonders kleine i | Geschenk Skelett des amerikanischen Mastodons. von J. Langeloth und J.H. Schiff in New York. en Knochen, die ofienbar bei der Ausgrabung verloren gegangen sind. Durch die Verwitterung waren die Stoßzähne und das Becken so stark zerstört, daß sie bei der Montierung nicht Skelett des indischen Elefanten. verwandt werden konnten; sie wurden von zwei anderen Tieren von-Hoopston (Illinois), bezw. von Hangmans Creek (Oregon) genommen, die in der Größe genau mit unserem Skelett über- einstimmen. Alle übrigen Teile stammen von einem einzigen lo Tier, und das Frankfurter Mastodonskelett darf daher als eins der besten überhaupt vorhandenen bezeichnet werden. Das Mastodon lebte zur Diluvialzeit in Nordamerika offen- bar in großen Herden. Seine Knochen und Zähne werden häufig gefunden, und es steht fest, daß es noch gleichzeitig mit dem Menschen gelebt hat. Dies beweisen nicht nur die alten Sagen der Indianer, sondern auch ein Fund von Tonscherben und Aschenteilen mehrere Meter unter einem Mastodonskelett. Gerade dieses Exemplar hat auch die erste Kunde von der Nahrung des Tieres gegeben: da, wo der Magen gelegen haben mußte, fanden sich noch Nahrungsreste und zwar Zweige und Zapfen von Nadelhölzern vor. Die Zähne des Mastodons mit seinen starken, in Querhügeln angeordneten Höckern und tiefen Quer- tälern dazwischen sind hervorragend geeignet, eine derartige grobe Nahrung zu zermalmen. Die Mastodonten sind als die Ahnen der Elefanten aufzu- fassen, und ihre Stammesgeschichte ist durch die Forschungen der letzten Jahre in einer Vollkommenheit bekannt geworden, wie es nur bei wenigen Tiergruppen der Fall ist. Von kleinen Tieren mit sehr primitivem Gebiß im Eozän Ägyptens über die Tetrabel- odonten des Miozäns — Elefanten mit je zwei Stoßzälınen im Ober- und Unterkiefer — läßt sich die Geschichte des Stanımes bis zu den Elefanten der Vorzeit und Gegenwart klar verfolgen. Auch Mastodon americanus hat in seiner Jugend noch zwei kleine Stoßzähne im Unterkiefer, die beim ausgewachsenen Tier weg- fallen, ein deutlicher Hinweis auf seine Ahnenreihe. Das bei- gegebene Bild unseres Skeletts des indischen Elefanten läßt die Gegensätze zwischen beiden Tieren scharf hervortreten: die hohe und kurze Gestalt des Elefanten gegenüber der wuch- tigen, aber niedrigeren und längeren des Mastodons ist gut zu erkennen, und auch die Unterschiede in der Bezahnung sind deut- lich sichtbar. Bei der Verschlechterung des Klimas gegen Ende der Tertiärzeit mußten sich die Elefanten nämlich an andere Nahrung gewöhnen, da ihre Futterpflanzen ausstarben; im Magen des sibirischen Mammuts wurden rauhe harte Gräser gefunden, und zum Zerreiben dieser Nahrung waren die mächtigen Backenzähne mit den eng aneinander gereihten Schmelzlamellen vorzüglich geeignet. So steht das Mastodon als einer der Riesen der Vorzeit neben dem größten Landtier der Gegenwart, Vertreter aus jener Zeit, a oe in der die Elefanten die Herrscher auf der Erde waren, und aus der Gegenwart, in der sie auf ein verhältnismäßig kleines Gebiet beschränkt sind, so lange ihnen der Mensch noch ein Dasein auf der Erde gönnt. F. Drevermann. Mineralogische Schaustücke. Mit 4 Abbildungen. 1. Kugelgranit von Slätmossa (Distrikt Kalmar), Schweden. Kugelbildung ist im Mineralreich eine weit verbreitete Erscheinung. Wir denken dabei nicht an Gerölle, die durch ein sandiges Schleifmittel in bewegten Wassermassen nur äußer- lich und passiv Kugelform erhalten haben, auch nicht an Ge- bilde wie die Achatkugeln oder -mandeln, die ihr Aussehen lediglich der Form der mit Quarz und Chalcedon ausgefüllten Hohlräume verdanken, sondern nur an solche kugelähnliche oder eiförmige Körper, bei denen die äußere Form der Ausdruck des inneren Baues ist. Die Ausbildung allseitig geschlossener, mehr oder weniger sphärischer Gestalten ist nur dann möglich, wenn Kristalle in einem nachgiebigen Medium wachsen. Die Kristalli- sation kann alsdann zentrifugal verlaufen, und bei allseitig gleichmäßiger Nahrungszufuhr können fast vollkommene Kugeln entstehen. Die in tonigen Schichten auftretenden Konkretionen von Gips, Baryt, Eisenkies, Kupferlasur etc. liefern Beispiele. Weniger bekannt ist es, daß solche rundlichen Aggregate auch in Gesteinen ‘auftreten, die aus schmelzflüssiger Mutter- lauge erstarrt sind. Aus feinsten Fasern, die chemisch dem Feldspat nahe stehen (Mikrofelsit), zusammengesetzte Kügelchen bemerkt man oft schon mit bloßem Auge in natürlichen vulka- nischen Gläsern (Obsidian), noch viel häufiger mit dem Mikroskop in diesen und in steiniger Lava; ja es gibt sogar Eruptivge- steine, die zum größten Teil aus solchen sich gegenseitig ab- plattenden Kügelchen bestehen (Sphärolithiels). Diese felsitischen Sphärolithe sind auf die „Ergußgesteine* beschränkt, d. h. auf solche Massen, die als Lavaströme über die Erdoberfläche flossen oder in den oberen Zonen der Zufuhrkanäle erstarrten. Rasche Erstarrung und rasche Abgabe der Dämpfe infolge des ver- minderten Druckes bewirkten überhastete Kristallisation: die 2 Kugelgranit von Slätmossa (Schweden), Teil einer größeren Platte. (!/s n. Gr.) Geschenk von A.von Gwinner. Kugeldiorit von S. Lucia di Tallano (Korsika), Teil einer größeren Platte. (Js n. Gr.) R I ce Hauptmasse des Gesteines wurde „dicht“, d.h. sie besteht nur aus kleinsten Kriställchen (nebst Glas), und wenn es zur Bildung von Kugeln kommt, so sind sie meist unscheinbar und bauen sich nur aus verkümmerten Kristallindividuen auf. Ganz anders verhalten sich die „Tiefengesteine“, d. h. die Erstarrungsprodukte der tiefsten Zonen der Zufuhrkanäle, und solche Eruptivmassen, die bei vergeblichen Durchbruchsver- suchen die Erdoberfläche nicht erreicht haben und erst später durch Abtragung bloßgelegt worden sind (Lakkolithe, Stöcke etc.). Langsamere Wärmeabgabe und längeres Zurückhalten der überhitzten Dämpfe bewirkten langsamere und darum voll- kommenere Kristallisation: die Hauptmasse des Gesteines be- steht nunmehr aus größeren Kristallen und Kristallkörnern, und wo es zur Kugelbildung kommt, nehmen die Kugeln mit- unter außerordentliche Dimensionen an und können über Kopf- größe anschwellen; auch sind ihre Komponenten leicht mit bloßem Auge unterscheidbar. Solche „Kugelgranite“ (Finnland, Schweden Sardinien, Riesengebirge u. a.) und „Kugeldiorite* (Korsika) stellen die auffallendsten und merkwürdigsten kristal- linen Produkte aus Schmelzflüssen dar, und angeschliffene Platten mit guter Politur dürften durch ihre Schönheit und Eigenart das Wohlgefallen eines jeden Naturfreundes erregen. Übrigens kommt es nie vor, daß ein ganzes Massiv aus Kugelgranit be- steht, sondern es sind immer nur untergeordnete, meist zentrale Partien, die sphärische Konkretionen aufweisen. Bei überaus mannigfaltiger Struktur ist es doch für die meisten Vorkommnisse charakteristisch, daß mehrere oder viele helle und dunkele Zonen miteinander alternieren. Die ersteren verdanken ihre Farbe dem Überwiegen der Feldspäte (und des Quarzes) — sie sind reicher an Kieselsäure und Alkalien —, die letzteren dem Vor- herrschen des Magnesiaglimmers und der Hornblende; die Analyse gibt daher weniger Kieselsäure, aber mehr Eisen und Magnesia. Entstand z. B. zunächst ein heller Kern, so mußte den benachbarten Partien der Mutterlauge Kieselsäure entzogen werden, so daß sich jetzt eine dunkele Schale anlegen konnte u8,. 1%) !) Diese flichtige Andeutung läßt manche Frage offen. Ein näheres Eingehen auf die Entmischungsvorgänge bei Silikatschmelzen, deren Gesetze nur zum Teil erkannt sind, würde hier zu weit führen. nn Dh Das vorliegende Gestein (Fig. 1) ist ein Hornblende- granit, d. h. ein Teil des schwarzen Glimmers ist wie bei dem Granit (früher Syenit) des Felsbergs im Odenwald (Felsen- meer) durch Hornblende ersetzt. Auf den helleren Kern der birn- oder eiförmig, auch unregelmäßiger geformten Knollen, die in der granitischen Grundmasse eingebettet sind, folgt in allmählichem Übergang eine dunkle Schicht, die nach außen auffallend scharf gegen eine helle abgegrenzt wird; diese geht wieder stufenweise in einen schwarzen Mantel über. Ein Teil der Abweichungen von der geschilderten Struktur wird wohl durch die Lage des Schnittes zu den einzelnen Konkretionen zu erklären sein. Die Knollen sind mit ihren langen Achsen parallel gestellt und werden von Hornblendestengeln wie von kleinen Strömen umzingelt; nach der Verfestigung der Kon- kretionen war also die restierende Mutterlauge noch in Be- wegung (Fluidalstruktur). Auch sieht man, daß die Gestalt dieser Körper durch früher erstarrte beeinflußt wurde. Ferner wurden einige durch die Bewegung der ganzen Masse so fest gegeneinander gepreßt, daß sie zerrissen und ihre Teile etwas gegeneinander verschoben wurden; solche Verschiebungen ge- wahrt man z. B. rechts etwa in der Mitte an zwei Stellen (a, a). Unten verlaufen quer durch die ganze Platte verzweigte Risse, ') längs deren man Bruchstücke von Knollen gewahrt (b); aber zueinander passende Fragmente sind auf der Tafel nicht mehr aufzufinden. Diese Zerreißung und Verschiebung vollzog sich nach Verfestigung des ganzen Gesteines; das entstandene Reibungsprodukt der granitischen Mineralien wurde durch Neu- bildungen, deren Natur nur mikroskopisch zu erkennen sein würde, wieder verkittet. Auch durch die Mitte der Platte geht ein Riß, der aber kaum bemerkbare Verwerfungen erzeugt hat (e). Als Vergleichsobjekt mag der Kugeldiorit von Korsika (S. Lucia di Tallano bei Sartene) dienen, ein altbekanntes Vor- kommen, das in unserem Museum durch ein ausgezeichnetes Exemplar vertreten ist (Fig. 2). Die weißen Lagen der Kugeln bestehen vorwiegend aus Feldspat, die dunklen aus Hornblende, Augit, Glimmer und Erzen. Die Kugeln lassen radialstrahligen Aufbau erkennen. !) Von diesen ist auf der Abbildung nur ein Ast sichtbar. a ae 2. Kalkspat, Bleiglanz, Dolomit und Kupferkies von Joplin (Missouri). In mehreren nordamerikanischen Staaten am oberen Mis- sissippi und in Missouri wurden Spalten und unregelmäßige Fig. 3. Kalkspat, Bleiglanz, Dolomit und Kupferkies von Joplin (Missouri). (!/g n. Gr... Geschenk von A.von Gwinner. Hohlräume in paläozoischen, z. T. dolomitischen Kalksteinen mit Bleiglanz, Zinkblende, Eisenkies, Kalkspat, Baryt usw. aus- -I9OUUIMH UOA 'Y uUoA NUoWSH (an "u 8,) Yurgdneq wop sne egsumsuag pP" WE. 008 gefüllt. Diese Erzlagerstätten rufen schwunghaften Bergbau hervor, so daß Missouri in dem letzten Jahrzehnt wohl als der Hauptzinklieferant in den Vereinigten Staaten gelten kann. Von Joplin stammen auch die ausgezeichneten großen gelben Kalkspatkristalle, die in allen besseren Sammlungen ver- treten sind. Von dort kommt auch die prächtige Stufe, die in Fig. 3 abgebildet ist. Auf dolomitischem Kalkstein als Unter- lage bemerkt man rechts unten, links und in der Mitte Blei- glanzwürfel (bis 6 cm Kantenlänge), an denen die Ecken meist durch Oktaederflächen abgestumpft sind. Die großen, kompli- zierter aussehenden Kristalle sind Kombinationen von zwei Kalkspatskalenoedern (R 3. !/Jk R 3), deren Hauptachsenlänge 15 cm erreicht. Das kleine Gesindel rechts oben besteht aus Dolomitrhomboedern und vortrefflich ausgebildeten Kupferkies- kristallen (4%, auch — 5), die im Bild leider kaum zu er- kennen sind. Zuerst entstand der Bleiglanz, der zum Teil von den Kalk- späten umwachsen wurde, dann folgten Dolomit- und Kupfer- kieskristalle. Über die Entstehung der oben genannten und verwandter Lagerstätten gehen die Ansichten noch auseinander. Die meisten Forscher neigen zu der Vorstellung, daß die Füllung der Hohl- räume durch erzführende Thermalwässer geschah. Das häufige Gebundensein solcher Lager an Kalkstein dürfte von einer Wechselwirkung zwischen Metallösung und Calciumcarbonat herrühren. 3. Bergkristall aus dem Dauphine. Figur 4 ist die verkleinerte Wiedergabe einer Partie aus einer 85 cm langen und bis 35 cm breiten, entzückenden Berg- kristalldruse aus dem Dauphine. Die Quarze dieser be- rühmten Fundstelle treten namentlich im Gebiet von Bourg d’Oisans, Dep. Isere, in Klüften kristalliner Schiefer und Granite auf. Sie sind wie die vorliegenden meist wasserklar und oft durch Flächenreichtum ausgezeichnet. An unserer Stufe bemerkt man nur einfache Formen, schlanke sechsseitige Prismen mit sechsseitiger Pyramide, die als Kombination von zwei Rhom- boedern aufzufassen ist. Hierauf weist schon der Umstand hin, daß an vielen Individuen nur drei Flächen der Pyramide vor- waltend ausgebildet sind, die damit abwechselnden Flächen | 4 | a aber ganz zurücktreten oder fehlen. Bei günstiger Lage können die Prismen auch an beiden Enden zugespitzt sein. Hunderte von kreuz und quer gestellten Kristallen schießen aus der eben- falls aus Quarz bestehenden Unterlage hervor, und ganze Gruppen jüngerer Kristalle benützen ältere als Sockel. Die Länge der Individuen schwankt zwischen wenigen Millimetern und 14 cm. Die beschriebenen drei Stücke sind Geschenke unseres hochherzigen Gönners A. von Gwinner, aber keineswegs die wertvollsten seiner reichen Zuwendungen. Kristalle und Kristall- gruppen sind photographisch nur selten so wiederzugeben, daß das Bild eine richtige Vorstellung von dem Gegenstand hervor- ruft. Es waren also lediglich technische Rücksichten, die Herrn F. W. Winter und den Referenten veranlaßt haben, gerade diese Stücke auszuwählen. W. Schauf. A Protektorin: Ihre Majestät die Kaiserin. Verteilung der Ämter im Jahre 1911. Direktion: Prof. Dr. A. Knoblauch, I. Direktor | W. Melber, Kassier Dr. A. v. Weinberg, II. Direktor ' Gen.-Konsul Stadtrat A. v. Metzler, F. W. Winter, I. Schriftführer | Kassier A. Siebert, II. Schriftführer ' Justizrat Dr. F. Berg, Konsulent Verwaltung: Die Verwaltung besteht satzungsgemäß aus den arbeitenden Mit- gliedern, deren Namen im Mitgliederverzeichnis mit * versehen sind. Sektionäre: Prof. Dr. H. Reichenbach Frau M. Sondheim Vergleichende Anatomie und Skelette. ; | | Prof. Dr. W. Kobelt Zu er Dr. A. Lotichius Vögel . A rn A ET Komm.-Rat R. de Neufville Reptilien .- „2.2 ae antrat. 2 DTYR Amphibien ° 2%... 2m HE ne et “Prof VroSe Bische. 0 we RR En VRR EN R Wirbellose Tiere mit Ausschluß der Arthro- poden und Mollusken . . . . 2... Prof. Dr. H. Reichenbach Prof. Dr. L. v. Heyden Insekten: Koleopteren (und Allgemeines) wer u un, Hymenopteren. 72.28 Soma. ES Lepidopteren‘... ... „Im. ‚ve, 05. uliulten Dipteren =... See can ul, DE Eee Neuropteren, Orthopteren und Hemipteren . Dr. J. @ulde Krustazeen —"; 0. 5. u. 2% Prob DroR a Mollusken " „=... 2 EN APEOI ER Botanik | Prof. Dr. M. Möbins M. Dürer Pläsnulassn | Prof. Dr. F. Kinkelin 3 Dr. R. Richter Re j Prof. Dr. F. Kinkelin De WR I ae "= 7.70 Dr EB. Naumae Mineralogie . . RAN EOS DES era Ne Lehrkörper: Prof. Dr. H. Reichenbach Zoologie . Prof. Dr. 0. zur Strassen Dr. E. Wolf I er 2 ro Ir MSMODIDR Paläontologie und Geologie De TBerenn BEBEDBie .. . . „4 non ann ‚Pro, Dr. W. Schauf. | Prof. Dr. F. Kinkelin Redaktion der Abhandlungen: W. Melber, Vorsitzender | Prof. Dr. H. Reichenbach Prof. Dr. L. v. Heyden | Dr. P. Sack Prof. Dr. M. Möbius | Prof. Dr. 0. zur Strassen Redaktion des Berichts: Prof. Dr. A. Knoblauch, Vorsitzender Dr. A. v. Weinberg | Dr. P. Sack | F. W. Winter Museum: TREIRIDED Go, 1 MR BEL RE Prof. Dr. ©. zur Strassen Dr. E. Wolf een. | Dr. F. Drevermann ee ee Dr. F. Haas Adam Koch USHHSCHVENONETEE u. ae August Koch Christian Strunz said Rudolf Moll Markus Burkhard ee ER l See | Emil Weber | Christian Kopp Gehilfe und Lehrlinge Josepli Lengle | Ludwig Hallbach Bureau: Nousteherines= 1 ee Frl. Maria Pixis ERLUNTDI SE Ve Pe 22212 BBEEE De „ Martha Göbel aa ERNEST rs Fa ni) Find fe Era Berthold Diegel Bibliothek: Bipbktothekan 7... u. 20.00 0 ee nr Dr. 6. Walıl EICHE EN NL... © le EEE PR RER I SEE AAN Th. Hassler FERN 1 Verzeichnis der Mitglieder. I. Ewige Mitglieder. An Stelle der Entrichtung eines Jahresbeitrages haben manche Mitglieder vorgezogen, der Gesellschaft ein Kapital zu schenken, dessen Zinsen dem Jahresbeitrag min- destens gleichkommen, mit der Bestimmung, daß dieses Kapital verzinslich angelegt werden müsse und nur die Zinsen für die Zwecke der Gesellschaft zur Verwendung kommen dürfen. Solche Mitglieder entrichten demnach auch über den Tod hinaus einen Jahresbeitrag und werden nach einem alten Sprach- gebrauch als „Ewige Mitglieder“ der Gesellschaft bezeichnet. Vielfach wird diese altebrwürdige Einrichtung, die der Gesellschaft einen dauernden Mitgliederstamm sichert und daher für sie von hohem Werte ist, von den Angehörigen verstorbener Mitglieder benützt, um das Andenken an ihre Toten bleibend in dem Senckenbergischen Museum wach zu halten, zumal die Namen sämtlicher „ewiger Mitglieder“ nicht nur den jedesmaligen Jahresbericht zieren, sondern auch auf Marmortafeln in dem Treppenhause des Museums mit goldenen Buchstaben eingegraben sind. Simon Moritz v. Bethmann 1827 Georg Heinr. Schwendel 1828 Jolı. Friedr. Ant. Helm 1829 Georg Ludwig Gontard 1830 6. H. Hauck-Steeg 1848 Dr. J. J. K. Buch 1851 G. v. St. George 1853 J. A. Grunelius 1853 Frau Susanna Elisabeth Bethmann- Holweg 1831 Heinrich Mylius sen. 1844 Georg Melchior Mylius 1844 Baron Amschel Mayer v. Roth- schild 1845 Joh. Georg Schmidborn 1845 Johann Daniel Souchay 1845 Alexander v. Bethmann 1846 Heinrich v. Bethmann 1846 Dr. jur. Rat Fr. Schlosser 1847 Stephan v. @uaita 1847 H. L. Döbel in Batavia 1847 P. F. Chr. Kröger 1854 Alexander Gontard 1854 M. Frhr. v. Bethmann 1854 Dr. Eduard Rüppell 1857 Dr. Th. A. Jak. Em. Müller 1858 Julius Nestle 1860 Eduard Finger 1860 Dr. jur. Eduard Souchay 1862 J. N. Gräffendeich 1864 ' E.F.K. Büttner 1865 K. F. Krepp 1866 Jonas Mylius 1866 Konstanstin Fellner 1867 Anmerkung: Nach dem Mitgliederbestand vom 1. Januar 1911. Dr. Hermann v. Meyer 1869 W.D. Soemmerring 1871 J. 6. H. Petsch 1871 Bernhard Dondorf 1872 Friedrich Karl Rücker 1874 Dr. Friedrich Hessenberg 1875 Ferdinand Laurin 1876 Jakob Bernhard Rikoff 1875 Joh. Heinr. Roth 1878 J. Ph. Nikol. Manskopf 1878 Jean No& du Fay 1878 6g. Friedr. Metzler 1878 Frau Louise Wilhelmine Emilie Gräfin. Bose, geb. Gräfin von Reichenbach-Lessonitz 1880 Karl August Graf Bose 1880 Gust. Ad. de Neufville 1881 Adolf Metzler 1883 Joh. Friedr. Koch 1883 Joh. Wilh. Roose 1884 Adolf Soemmerring 1886 Jacques Reiss 1887 Dr. Albert von Reinach Wilhelm Metzler 1890 *Albert von Metzler 1891 L. S. Moritz Frhr. v. Bethmann 1891 Viktor Moessinger 1891 Dr. Ph. Jak. Cretzschmar 1891 Theodor Erckel 1891 Georg Albert Keyl 1891 Michael Hey 1892 Dr. Otto Ponfick 1892 Prof. Dr. &g. H. v. Meyer 1892 Fritz Neumüller 1893 Th. K. Soemmerring 1894 Dr. med. P. H. Pfefferkorn 1896 Baron L. A. v. Löwenstein 1896 Louis Bernus 1896 Frau Ad. von Brüning 1896 Friedr. Jaennicke 1896 Dr. phil. Wilh. Jaennieke 1896 P. A. Kesselmeyer 1897 Chr. 6. Ludw. Vogt 1897 Anton L. A. Hahn 1897 Moritz L. A. Hahn 1897 Julius Lejeune 1897 Frl. Elisabeth Schultz 1898 1889 29 ' Karl Ebenau 1898 Max von Guaita 1899 Walther vom Ratlı 1899 Prof. D. Dr. Moritz Schmidt 1899 Karl von Grunelius 1900 Dr. jur. Friedrich Hoerle 1900 Alfred von Neufville 1900 Wilh. K. Frhr. v. Rothschild 1901 Marcus M. Goldschmidt 1902 Paul Siegm. Hertzog 1902 Prof. Dr. Julius Ziegler 1902 Moritz von Metzler 1903 Georg Speyer 1903 Arthur von winner 1903 Isaak Blum 1903 Eugen Grumbach-Mallebrein *Robert de Neufville 1903 Dr. phil. Eugen Lucius 1904 Carlo Frhr. v. Erlanger 1904 Oskar Dyckerhoff 1904 Rudolph Sulzbach 1904 Johann Karl Majer 1904 Prof. Dr. Eugen Askenasy 1904 D. F. Heynemann 1904 Frau Amalie Kobelt 1904 *Prof. Dr. Wilhelm Kobelt 1904 P. Hermann v. Mumm 1904 Philipp Holzmann 1904 Prof. Dr. Achill Andreae 1905 Frau Luise Volkert 1905 Karl Hoff 1905 Sir Julius Wernher Bart. Sir Edgar Speyer Bart. J. A. Weiller 1905 Karl Schaub 1905 W. de Neufville 1905 Arthur Sondheimer 1905 Dr. med. E. Kirberger 1906 Dr. jur. W. Schöller 1906 Bened. M. Goldschmidt 1906 A. Wittekind 1906 Alexander Hauck 1906 Dr. med. J. @uttenplan 1906 Gustav Stellwag 1907 Christian Knauer 1907 Jean Joh. Val. Andreae 1907 Hans Bode 1907 1903 1905 1905 Karl von Metzler 1907 Moritz Ad. Ellissen 1907 Adolf von Grunelius 1907 Conrad Binding 1908 Linc. M. Oppenheimer 1908 W. Seefried 1908 Ch. L. Hallgarten 1908 Gustav Schiller 1908 Frau Rosette Merton 1908 Karl E. Klotz 1908 Julius von Arand 1908 Georg Frhr. von Holzhausen 1908 30 ' August Bender | Dr. med. J. H. Bockenheimer 1908 ' Moritz Ferd. Hauck 1909 J. Creizenach 1908 *A,. H. Wendt 1908 Paul Reiss 1909 Hermann Kahn 1909 Henry Seligman 1909 Wilhelm Jacob Rohmer 1909 Deutsche Gold- und Silber-Scheide- Anstalt 1909 Heinrich Lotichius 1909 Frau Marie Meister 1909 Dr. med. Heinrich Hoffmann 1909 Dr. med. Karl Kaufmann 1909 ı Fritz Hauck 1909 Eduard Oehler 1909 Frau Sara Bender 1909 1909 Eugene Hoerle 1909 Theodor Alexander 1909 Leopold Sonnemann 1909 Frau Elise Andreae-Lemme 1910 Frau Franziska Speyer 1910 Adolf Keller 1910 Paul Bamberg 1910 Wilhelm B. Bonn 1910 II. Beitragende Mitglieder. (Die arbeitenden Mitglieder sind mit * bezeichnet.) Andreae, Frau Alharda 1905 Abraham, Siegmund, Dr. med. 1904 Abt, Jean 1908 Adam, W., Zollinspektor Adelsberger, Paul S. 1908 Adler, Arthur, Dr. jur. 1905 Adler, Franz, Dr. phil. 1904 Albert, August 1905 Albert, K., Dr. phil., Amöneburg 1909 Albrecht, Julius, Dr. 1904 Alexander, Franz, Dr. med. 1904 Almeroth, Hans, stud. rer. nat. Alt, Friedrich 1894 *Alten, Heinrich 1891 Altheimer, Max 1910 *Alzheimer, A., Professor Dr. med., München 1896 Amschel, Frl. Emy 1905 Andre, ©. A. 1904 Andreae, Albert 1891 1909 Andreae, Arthur 1882 Andreae, Carlo, Dr. jur. 1910 Andreae, Heinrich Ludwig 1904 ' *Andreae, Hermann, Bankdir. 1905 1873 Andreae, J.M. 1891 Andreae, K., Rapallo 1906 Andreae, Frau Marianne 1910 Andreae, Richard 1891 Andreae jr., Richard 1908 Andreae, Rudolf, Kom.-Rat Andreae, Rudolf 1910 Andreae, Viktor 1899 *Andreae-v. Grunelius, Alhard 1899 Andreas, Gottfried 1908 Andresen, J. K., Konsul, Berlin 1906 Antz, Georg, Zahnarzt 1908 Antz, Stephan 1910 Apfel, Eduard 1908 1878 Anmerkung. Es wird höflichst gebeten, Veränderungen der Woh- nung oder des Titels u. dergl. dem Bureau der Senckenbergischen Natur- forschenden Gesellschaft, Viktoria-Allee 7, mitzuteilen. Apolant, Hugo, Prof. Dr. med. 1903 Armbrüster, Gebr. 1905 | *Askenasy, Alexander 1891 Askenasy, Robert, Dr. jur. 1910 Auerbach, L., San.-Rat Dr. 1886 Auerbach, M., Amtsger.-Rat Dr. 1905 *Auerbach, S., Dr. med. 1895 Auffarthsche Buchhandlung 1874 Aurnhammer, Julius 1903 Avellis, Georg, San.-Rat Dr. Bacher, Karl 1904 Baer, Jos. Moritz, Stadtrat 1873 Baer, Karl 1910 Baer, Max, Generalkonsul Baer, M. H., Justizrat Dr. Baer, Simon Leop., 1860 Baer, Theodor, Dr. med. 1902 Baerwald, A., Dr. med. 1901 Baerwald, E., Dr. jur. 1910 Baerwindt, Franz, San.-Rat Dr. Bangel, Rudolf 1904 v. Bardeleben, Fr., Generalmajor z. D. 1900 1904 1897 1891 1901 *Bardorff, Karl, San.-Rat Dr. 1864 Barndt, Wilhelm 1902 de Bary, August, Dr. med. 1903 de Bary, J., Geh. San.-Rat Dr. 1866 de Bary, Karl Friedrich 1891 de Bary-Jeanrenaud, S. H. 1891 de Bary-Osterrieth, Joh. Heinr. 1909 de Bary-Sabarly, Karl 1910 *Bastier, Friedrich 1892 Bauer, Max 1906 Bauer, Moritz, Dr. phil. et med. 1910 Bauer-Weber, Friedrich 1907 v. Baumgarten, A., Kaiserl. Russ. Kammerherr u. Generalkonsul, Wirkl. Staatsrat, Exzell. 1904 Baumstark, R., Dr.med., Homburg se. H, : 1907 Baunach, Robert 1900 Baur, Karl, Dr. med. 1904 Bechhold, J. H., Dr. phil. 1885 Beck, H., Dr., Offenbach 1910 Beck, Karl, Dr. med. 1905 Becker, F. Ph., Dr. med. 1905 Becker, H., Prof. Dr. phil. 1903 Sl Beer, Frau Berta 1908 Behm, Franz, Oberst 1910 Behrends, Robert, Ingenieur 1896 Behrends-Schmidt, Karl, Konsul 1896 Behringer, Gustav 1905 *Beit- v.Speyer,Eduard,Kom.-Rat 1897 Benario, Jacques, Dr. med. 1897 Bender, Georg 1909 Berend, Frau Paula, Dr. Berg, Alexander, Dr. jur. *Berg, Fritz, Justizrat Dr. Berg, Heinrich 1910 Berghaus, W., Stabsarzt Dr. 1907 Berl&, Frau Mathilde 1910 Berlizheimer, Sigmund, Dr. med. 1904 Berndt, Louis, Dr., Griesheim 1910 Bernus, Louis 1909 Berthold, Frl. Berta 1903 Bertola, Camillo, Generalkonsul 1910 Bertuch, August, Prof. 1910 Bessunger, Karl 1909 Besthorn, Otto 1908 Bethmann, Fritz, Dr., Höchst 1910 v. Bethmann, Frhr. S. Moritz 1905 Beyfuß, Leo 1907 Bibliothek, Kgl., Berlin 1882 Binding, Karl 1897 Binding, Theodor 1908 Bing, Albert 1905 Bischheim, Bernhard 1907 Bittel-Böhm, Theodor 1905 Bittelmann, Karl 1887 Blank, Oskar 1909 Bleibtreu, Ludwig 1907 Bleicher, H., Stadtrat Prof. Dr. 1903 1905 1900 1897 *Blum, Ferd., Prof. Dr. med. 1893 Blum, Frau Lea 1903 Blumenthal, Adolf 1883 *Blumenthal, E., San.-Rat Dr. 1870 Blumenthal, E.H., Generaldirekt. 1910 Blumenthal, R. H. 1910 Blümlein, Viktor B. 1909 Bode, H., Gerichtsassessor Dr. 1908 Bode, Paul, Dr. phil, Direktor der Klinger-Oberrealschule 1895 Boettiger, E., Dr., Offenbach 1910 Böhm, Henry, Dr. med. 1904 Böhme, John 1904 Boller, Wilhelm, Prof. Dr. phil. 1903 Bolognese-Molnar, Frau M. 1910 v. Boltog, Hans 1908 Bonn, Sally 1891 Borchardt, Heinrich 1904 Borgnis, Alfred Franz 1891 Borgnis, Karl 1900 Brach, Frau Natalie 1907 Brandt, F., Hofrat Dr. 1910 Braun, Franz, Dr. phil. 1904 Braun, Leonhard, Dr. phil. 1904 Braun, Wunibald, Kom.-Rat 1903 Braunfels, O., Geh. Kom.-Rat 1877 Brechenmacher, Franz 1906 Breitenstein, Walter, Ingenieur 1908 Brendel, Martin, Prof. Dr. phil. 1908 Brendel, Wilhelm 1906 Brentano-Brentano, Josef 1906 Briel, Heinrich 1906 Brodnitz, Siegfried, Dr. med. Brodt, Otto, Apotheker 1910 Brönner, Frau Pauline 1909 Bruck, Richard, Justizrat 1906 Brückmann, Karl 1903 Brugger, R., Generaloberarzt Dr., Kassel 1904 v. Brüning, G., Dr. phil., General- direktor, Höchst 1903 Bucher, Franz 1906 1897 Bücheler, Anton, Dr. med. 1897 Budge, Siegfried 1905 Buecking, Wilhelm 1908 Buhlert, Fritz, Ingenieur 1910 Bullnheimer, Fritz, Dr. phil. 1904 Burchard, Karl, Bergassessor 1908 Burchard, Kurt, Prof. Dr. jur. 1904 Burgheim, Gustav, Justizrat Dr. 1905 v. Büsing-Orville, Frhr. Adolf 1903 Bütschly, Wilhelm 1891 Büttel, Wilhelm 1878 Cahen-Brach, Eugen, Dr. ned. 1897 Cahn, Albert 1905 Cahn, Heinrich 1878 Cahn, Paul 1903 Cahn, S., Konsul 1908 Canne, Frau Anna 1905 32 Canne, Ernst, Dr. med. 1897 Cante, Cornelius 1906 *Oarl, August, San.-Rat Dr. 1880 Cassel, B.B. 1905 Cassian, Heinrich 1908 Cayard, Carl 1907 Cayard, Frau Louise 1909 Challand, Frl. M. 1910 Christ, Fritz 1905 Cnyrim, Adolf, Dr. jur. Cnyrim, Ernst 1904 Cohen, Eduard 1900 Creizenach, Ernst 1906 Cullmann, Rudolf 1905 Cuno, Fritz, Dr. med. 1910 Cunze, D., Dr. phil. 1891 Curti, Theodor 1905 Curtis, F., Prof. Dr. phil. Dambitsch, Arthur 1907 Dannehl, P., Oberstabsarzt Dr. 1909 Daube, Adolf 1910 Daube, G.L. 1891 Daube, Kurt, Geh. San.-Rat Dr. 1906 Deckert, Emil, Prof. Dr. phil. 1907 Degener-Böning, Emil 1906 Deguisne K., Prof. Dr. phil. Delkeskamp, Rudolf, Dr. phil. Delliehausen, Theodor 1904 Delosea, S. R., Dr. med. 1878 Demmer, Theodor, San.-Rat Dr. 1897 Deutsch, Adolf, Dr. med. 1904 Diener, Richard 1905 Diesterweg, Moritz 1883 Dietze, Karl 1870 Dingler, H., Prof. Dr., Aschaffenburg 1910 Ditmar, Karl Theodor Ditter, Karl 1903 Doctor, Ferdinand 1892 Dondorf, Karl 1878 Dondorf, Otto 1905 Donner, Karl Philipp 1873 Dreher, Albert 1910 Drescher, Otto, Reg.-Rat 1910 Dreves, Erich, Justizrat Dr. 1903 Dreyfus, Fritz 1910 Dreyfus, Willi 1910 1909 1903 1908 1904 1891 Drory, William, Direktor 1897 Drory, William, Dr. phil. 1904 Du Bois, Georg, Dr. phil. 1906 Duden, P., Prof. Dr. phil., Höchst 1906 Dumceke, Paul 1909 Duncan, Frl. Elisabeth 1909 *Dürer, Martin 1904 Ebeling, Hugo, Dr. med. 1897 Ebenau, Fr., Dr. med. 1899 Eberstadt, Albert 1906 | Eberstadt, Fritz 1910 v. Eckartsberg, Emanuel, Major 1908 Eckert, Frau Marie 1906 Eckhardt, Karl, Bankdirektor 1904 *Edinger, L., Prof. Dr. med. 1884 Egan, William 1891 Egly-Manskopf, Georg 1910 *Ehrlich, P., Geh. Ober -Med.-Rat Prof. Dr. 1887 Eichengrün, Ernst 1908 v. Eichhorn, Hermann, Kommandieren- der General d. XVIII. Armee- korps. Exzellenz 1905 Eichmeyer, Hermann, Generaldirektor, Bensberg 1907 Eiermann, Arnold, Dr. med. 1897 *Ellinger, Leo, Kommerzienrat 1891 Ellinger, Philipp, stud. rer. nat. 1907 Ellinger, Rudolf, Dr. jur. 1907 Embden, Gustav, Prof. Dr. med. 1907 Emmerich, Friedrich H. 1907 Emmerich, Otto 1905 Enders, M. Otto 1891 | Engelhard, Karl Phil. 1873 | Engelhardt, Otto, Hofheim i. T. 1908 | | Engert, Jakob 1910 Epstein, Jak. Herm. 1906 Epstein, Jos., Prof. Dr. phil. 1890 Epstein, Wilhelm, Dr. phil. 1907 Eschelbach, Jean 1904 Ettlinger, Albert, Dr. med. 1904 Euler, Rudolf, Direktor 1904 Eurich, Heinrich, Dr. phil. 1909 Eyssen, Frau A. 1910 v.Fabricius, Ph., Geh. San.-Rat Dr. 1907 | Fad6, Louis, Direktor 1906 | Feis, Oswald, Dr. med. 1903 | 33 ‚ Fellner, Otto, Dr. jur. ‚ Fester, August, Bankdirektor Feist, Fr., Prof. Dr. phil., Kiel 1887 Feist, Louis 1906 Fellner, Frl. Emilie 1910 Fellner, Johann Christian 1905 1903 1897 Fester, Hans, Dr. jur. 1910 Finck, Karl 1910 ' *Fischer, Bernh., Prof. Dr. med. 1908 Fischer, Karl 1902 Fischer, Ludwig 1902 Flaecher, F., Dr. phil., Höchst 1908 Fleck, Georg, Dr. med. 1910 Fleck, Otto, Oberförster 1903 Fleisch, Karl 1891 Flersheim, Albert 1891 Flersheim, Martin 1898 Flersheim, Robert 1872 Flesch, Karl, Stadtrat Dr. jur. 1907 *Flesch, Max, Prof. Dr. med. 1889 Flinsch, Heinrich, Stadtrat 1866 Flinsch, W., Kommerzienrat 1869 Flörsheim, Gustav 1904 v. Flotow, Frhr. Theodor 1907 Flügel, Josef, Limburg 1907 de la Fontaine, Ernst, Reg.-Rat 1907 Forchheimer, Arthur 1908 Forchheimer, Frau Jenny 1903 Forst, Karl, Dr. phil. 1905 *Franck, Ernst, Direktor 1899 Frank, Franz, Dr. phil. 1906 Frank, Heinrich, Apotheker Frank, Karl, Dr. med. 1910 Franz, Viktor, Dr. phil. 1910 Fresenius, A., San.-Rat Dr., Jugen- heim 1893 Fresenius, Eduard, Dr. phil. 1906 Fresenius, Philipp, Dr. phil. 1873 Freudenthal, B., Prof. Dr. jur. 1910 *Freund, Mart., Prof. Dr. phil. 1896 Freyeisen, Willy 1900 Freyhan, P., Oberlandesgerichtsrat 1910 1891 *Fridberg, R., San.-Rat Dr. 1873 Friedmann, Heinrich 1910 Fries, Heinrich 1905 Fries, Heinrich, Oberursel 1910 3 bes — 34 Fries Sohn, J.S. 1889 Fries, Wilhelm, Dr. phil. 1907 Fries-Dondorf, Jakob 1906 Fritsch, Karl, Zahnarzt 1910 Fritz, Jakob, Hanau 1910 Fritzmann, Ernst, Dr. phil. 1905 Frohmann, Herbert 1905 Fromberg, Leopold 1904 Fromm, F., Kreisarzt Dr. Fuld, Adolf, Dr. jur. 1907 Fulda, Heinrich, Dr. med. 1907 Fulda, Karl Herm. 1877 Fulda, Paul 1897 Fünfgeld, Ernst 1909 *Gäbler, Bruno, Landger.-Direkt. 1900 Gans, Adolf 1897 Gans, Fritz 1891 Gans, L., Geh. Kom.-Rat Dr. phil. 1891 Gans, Ludwig W. 1907 Gaum, Fritz 1905 Geelvink, P., Dr. med. Gelhaar, Erich, Dr. med. Geiershöffer, Louis 1910 Geiger, B., Justizrat Dr. 1878 Geisow, Hans, Dr. phil. 1904 Geist, George, Dr. med. dent. 1905 *Gerlach, Karl, Dr. med. 1869 Gerth, H., Dr. phil., Bonn 1905 Getz, Moritz 1904 Giesel, Paul, Eschersheim 1910 Gillhausen, Karl 1905 Gins, Karl 1906 Glöckler, Alexander, Ingenieur 1909 Glogau, Emil August 1904 Gloger, F., Dipl.-Ing. 1908 Gneist, Karl, Major 1910 Goebel, Karl 1910 Goering, Viktor, Direktor des Zoolog. Gartens 1898 Goeschen, Frau Klara 1910 Goldschmidt, Anton 1910 v. Goldammer, F. 1903 Goldschmid, J. E. 1901 Goldschmidt, Edgar, Dr. med. Goldschmidt, Julius 1905 Goldschmidt, Frau Luise Goldschmidt, M. S. 1905 1910 1908 1910 1908 1910 Goldschmidt, v. Goldschmidt - Rothschild, ' Greb, Louis R., Prof. Dr pi, München 1901 Frhr. Max, Generalkonsul 1891 *y, Goldschmidt-Rothschild, R. 1907 | Goll, Karl, Offenbach 1910 Goll, Richard 1905 Gombel, Wilhelm 1904 v. Gordon, R., Hauptmann a. D. 1908 Gottschalk, Joseph, San.-Rat Dr. 1903 Graebe, K., Geh.Reg.-Rat Prof.Dr. 1907 Grandhomme, Fr., Dr. med. 1903 Graubner, Karl, Höchst 1905 1903 Greef, Ernst 1905 Greifi, Jakob, Rektor 1880 Grieser, Ernst 1904 Grimm, Otto, Geh. Reg.-Rat Bürger- meister 1907 Grosch, K., Dr. med., Offenbach 1904 Grosse, Gottfried 1907 ' Groß, Otto, Dr. med. 1909 Großmann, Emil, Dr. med. 1906 Grüder, Paul, Referendar 1906 v. Grunelius, Eduard 1869 v. Grunelius, Max 1903 Grünewald, August, Dr. med. 1897 Grüters, August, Prof. 1907 *Gulde, Johann, Dr. phil. 1898 Gumbel, Karl, Dr. jur. 1910 v. Günderrode, Frhr. Waldemar 1905 Günther, Oskar 1907 Günzburg, Alfred, San.-Rat Dr. 1897 Guttenplan, Frau Lily 1907 Haack, Karl Philipp 1905 Haag, Ferdinand 1891 Haas, Ludwig, Dr. 1906 Häberlin, E. J., Justizrat Dr. 1871 Haeffner, Adolf, Direktor 1904 *Hagen, B., Hofrat Dr. med. 1895 Hagenbach, R., Dr., Höchst 1910 Hahn, Julius 1906 Hahn, Otto, Baurat 1908 Hahn-Opificius, FrauM., Dr. med. 1907 Hallgarten, Fritz, Dr. phil. 1893 Hamburg, Karl 1910 Hamburger, K., Geh. Justizr. Dr. 1891 Hamburger, Frl. Klara, Dr. phil., | Hertzog, Georg 1905 Heidelberg 1906 Hanau, Ludwig, Dr. med. 1910 Happel, Fritz 1906 Harbers, Adolf, Direktor 1903 v. Harling, Oberförster, Rod a. d. Weil ’ 1906 . v.Harnier, E., Geh. Justizr. Dr. 1866 Hartmann, Eugen, Professor 1891 Hartmann, Johann Georg 1905 Hartmann, Karl 1905 Hartmann, M., Geh. San.-Rat Dr, Hanau 1908 Hartmann-Bender, Georg 1906 Hartmann-Kempf, Rob., Dr. phil. 1906 Hassel, Georg, Justizrat Dr. 1910 Haßlacher, Franz 1905 Hauck, Georg 1898 Hauck, Max 1905 *Hauck, Otto 1896 Haurand, A., Geh. Kom.-Rat 1891 Haus, Rudolf, Dr. med. 1907 Häuser, Adolf, Justizrat 1909 Hausmann, Franz, Dr. med. 1904 Hausmann, Friedrich, Prof. 1907 Hausmann, Julius, Dr. phil. 1906 Heberlein, Ferdinand, Direktor 1910 Heerdt, Rudolf, Direktor 1906 Heertz, M., Dr. jur. 1910 Heichelheim, Sigmund, Dr. med. 1904 Heicke, Karl, Stadtgartendirektor 1903 Heilbrunn, Ludwig, Dr. jur. 1906 Heilmann, Heinrich 1906 Heinemann, Frau Adele 1909 Heintzenberg, Erwin, Offenbach 1908 Heinz-Jung, Frau Emmy 1907 Heister, Ch. L. 1898 Helgers, E., Dr. 1910 Hemmerich, Wilh., Hauptmann 1907 Henrich, K. F., Geh. Kom.-Rat 1873 Henrich, Ludwig 1900 Henrich, Rudolf 1905 Heräus, ©. W., Hanau 1910 *Hergenhahn, Eugen, Dr. med. 1897 Hertlein, Hans, Dr. phil., Höchst 1910 Hertzog, Adolf, Gerichtsassessor 1907 Hertzog, Frau Anna 1908 Herxheimer, Frau Fanny 1900 Herxheimer, G., Prof. Dr. med., Wies- baden 1901 *Herxheimer, Karl, Prof. Dr.med. 1898 Herz, Alphonse J. 1906 Herz-Mills, Ph. Jak., Direktor 1903 Herzberg, Karl, Konsul 1897 Herzog, Ulrich, Dr. med. 1908 Hesdörffer, Julius, San.-Rat Dr. Hesse, Hermann 1900 Hesse jr., Hubert, Heddernheim 1910 1903 v. Hessen, Prinz Friedrich Karl, Hoheit 1907 Hessenberg, Walter 1905 Heß, Arnold, Dr. phil., Höchst 1908 Heuer, Frl. Anna, Cronberg 1909 Heuer, Ferdinand 1909 Heuer & Schoen 1891 Heußenstamm, Karl, Bürgermeister a.D. Dr. jur. 1891 *y. Heyden, Lukas, Prof. Dr. phil., Major a. D. 1860 v. Heyder, Georg 1891 Hinkel, August 1906 Hirsch, Ferdinand 1897 Hirsch, Frau Lina 1907 Hirsch, Raphael, Dr. med. 1907 Hirsch, Robert 1910 Hirsch-Tabor, O., Dr. med. Hirschfeld, Albert 1909 Hirschfeld, Otto H. 1897 Hirschhorn, Fritz 1905 Hirschler, Leopold 1903 Hobrecht, Frl. Annemarie Höchberg, Otto 1877 Hochschild, Leo 1908 Hochschild, Philipp, Dr. Hochschild, Salomon 1906 Hochschild, Zachary, Kom.-Rat 1897 Hock, Fritz, Architekt 1907 1910 1907 1907 Hoerle, Fräulein Öecile 1907 Hoerle, Julius 1907 Hoff, Adolf 1910 Hoff, Alfred, Konsul 1903 Hoffmann, Paul 1908 Hofimann, M., Dr., Mainkur 1910 3*+ Hofmann, Otto 1905 Hoimann, Richard 1910 Hohenemser, Frau Mathilde 1908 Hohenemser, Moritz W. 1905 Hohenemser, Otto, Dr. med. 1904 Hohenemser, Robert, Dr. jur. 1905 Holl, Joseph & Co. 1905 Holland, Frau Dora 1908 Holz, August 1909 Holz, Otto 1910 Holz, Wilhelm 1907 Holzmann, Eduard 1905 Homberger, Ernst, Dr.med. .1904 Homburger, A., Dr. med., Heidelberg 1899 Homburger, Michael 1897 Homm, Nikolaus 1906 Horkheimer, Anton, Stadtrata.D. 1906 Horkheimer, Fritz 1892 Horstmann, Frau Elise Horstmann, Georg 1897 v. Hoven, Franz, Baurat 1897 *Hübner, Emil, San.-Rat Dr. Huck, August 1900 v. Huene, Frhr., Hauptmann, Offen- bach 1910 Hupertz, Eduard, Oberstaatsanwalt, Geh. Oberjustizrat Dr. 1905 Hurter, Frl. Dora 1910 Hüttenbach, Frau Lina 1909 Hüttenbach, Otto 1910 Jacobi-Borle, Frau Sophie Jacquet, Hermann 1891 Jafie, Gustav 1905 Jafie, Theophil, San.-Rat Dr. Jaeger-Manskopf, Fritz 1897 Jäger, Alfred, Dr. phil. 1903 *Jassoy, August, Dr. phil. 1891 Jassoy, Frau Ida 1908 Jassoy, Ludwig Wilhelm Jay, Frau Sophie 1903 Jelkmann, Fr., Dr. phil. 1893 Jenisch, C., Dr. phil, Mainkur 1908 Jensen, Heinrich, Apotheker 1910 Illig, Hans, Direktor 1906 Job, Wolfgang, Konsul 1907 Jordan - de Rouville, Frau L.M. 1903 1895 1909 1905 1905 1903 36 Joseph, Ludwig, Dr. jur. 1910 Josephthal, Karl 1908 Jourdan, Karl 1910 Istel, Alfred, Referendar 1910 ‚ Istel, Frau Charlotte, Paris 1908 ‚ Jucho, Fritz, Dr. jur. 1910 Jucho, Hch., Dr. jur. 1910 Jung, Frau Emilie 1907 Jung, R., Prof. Dr. phil. 1910 Junge, Bernhard 1907 ' Jungmann, Eduard 1897 Junior, Karl 1903 Jureit, J. ©., Kom.-Rat 1892 Jureit, Willi 1910 Kahn, Bernhard 1897 Kahn, Ernst, Dr. med. 1897 Kahn, Julius 1906 Kahn, Robert, Dr. phil. 1910 Kahn, Rudolf 1910 Kahn-Freund, Richard 1910 Kalb, Moritz 1891 Kalberlah, Fritz, Dr. med. 1907 *Kallmorgen, Wilh., Dr. med. 1897 Käßbacher, Max 1909 Katzenellenbogen, Albert, Dr.jur. 1905 Katzenstein, Edgar 1906 Kaufmann, G. 1910 Kaulen, Ernst, Amtsrichter 1908 ' Kayser, Heinrich, Dr. med. 1903 ı Kayser, Karl 1906 Kaysser, Frau Georgine 1909 Keller, Ernst, Direktor des Lehrerin- nenseminars 1907 Keller, Otto 1885 Kellner, Frl. Marie 1910 Kessler, J. Ph. 1906 Kilb, Jean, Skobeleif 1909 Kindervatter, Gottfried 1906 *Kinkelin, F., Prof. Dr. phil. 1873 Kirchheim, S., Stadtrat Dr. med. 1873 Kissner, Heinrich 1904 Klein, W.A. 1910 Kleinschnitz, Franz 1909 Kleyer, Heinr., Kommerzienrat 1903 Kliewer, Joh., Gewerberat 1907 Klimsch, Eugen 1906 Klinghardt, Franz, cand. geol. 1908 Klitscher, F. Aug. 1878 Knauer, Jean Paul 1906 Knickenberg, Ernst, Dr. med. 1897 Knoblauch, Alex, Leutnant 1910 *Knoblauch, A., Prof. Dr. med. 1891 Knoblauch, Frau Johanna 1908 Knoblauch, Paul, Dr. med. 1905 Knodt, Georg 1909 Koch, Karl 1902 Koch, Louis 1903 Koch -v. St. George, Frau A. L. 1891 Köhler, Fri. Emilie, Hofheim i. T. 1907 Köhler, Hermann, Kom.-Rat 1891 Kohn, Julius, Dr. med. 1904 Kohn, Karl, Direktor 1909 Kohnstamm, O., Dr. med., Königstein 1907 Kölle, Karl, Stadtrat 1905 Kollecker, Erich, Dr. med. Kolm, Rudolf 1910 Kömpel, Eduard, Dr. med. 1897 König, Albert, San.-Rat Dr. 1905 König, Ernst, Dr. phil., Sindlingen 1908 König, Karl, Dr. med. 1904 v. Königswarter, Baron H., 1891 Königswerther, Heinrich 1906 Könitzers Buchhandlung 1893 Könitzer, Oskar 1906 Könitzer-Jucho, Frau Lisa 1907 Körner, Erich, Prof. 1907 Korten, Albrecht, Major a. D. Köster, E. W., Direktor 1908 1910 1910 37 Koßmann, Alfred, Bankdirektor 1897 Koßmann, Heinrich 1908 | Kotzenberg, Karl, Konsul 1903 Kowarzik, Joseph 1898 | Kraemer-Wüst, Julius 1908 Kramer, Frau Emma 1908 Kramer, Robert, Dr. med. 1897 Krekel, E., Forstmeister, Hofheim i.T. 1904 v. Kremski, M., Major, Mainz 1908 | Kreuscher, Jakob 1880 | Kreuzberg, August 1905 Küchler, Eduard 1886 Küchler, Fr. Karl 1900 Kugler, Adolf 1882 v. Lindequist, Kuhlmann, Ludwig 1905 Kühne, Konrad, Oberst a. D. Künkele, H. 1903 Kutz, Arthur, Dr. med. 1904 Labes, Philipp, Dr. jur., Direktor 1905 *Lachmann, Bernh., San.-Rat Dr. 1885 Ladenburg, August 1897 Ladenburg, Ernst, Kommerzienrat 1897 1910 Lampe, Ed., San.-Rat Dr. 1897 Lampe, J. D. W. 1900 Landauer, Fredy 1905 Landauer, Max 1907 Lapp, Wilhelm, Dr. med. 1904 *Laquer, Leopold, San.-Rat Dr. 1897. Lauch, Jean 1909 Laurenze, Ad., Großkarben 1903 Lausberg, Georg 1910 Lauter, W., Dr. ing. h.c. 1908 Lauterbach, Ludwig 1903 Lehmann, Leo 1903 Lehranstalt für Zollbeamte d. Provinz Hessen-Nassau, Kgl. 1907 Leisewitz, Gilbert 1903 Leitz, Ernst 1908 Lejeune, Adolf, Dr. med. Lejeune, Alfred 1903 Lejeune, Ernst 1905 *Lepsius, B., Prof. Dr. phil., Berlin 1883 Leser, W., Oberlandesger.-Rat Dr. 1907 Leser, E., Geh. San.-Rat. Prof. Dr. 1908 Leuchs-Mack, Ferdinand 1905 Levi, Max 1910 Levi-Reis, Adolf 1907 *Levy, Max, Prof. Dr. phil. Leykauff, Jean 1910 *Libbertz, A., Geh. San.-Rat Dr. 1897 Liebmann, Jakob, Justizrat Dr. 1897 Liebmann, Louis, Dr. phil. 1888 Liebrecht, Arthur, Dr. phil. 1910 Liermann, Otto, Dr. phil., Direktor des Wöhler-Realgymnasiums 1907 Liesegang, Raphael Ed. 1910 Lilienfeld, Sidney, Dr. med. 1907 Oskar, Generalfeld- marschall und Generaladjutant Sr. Majestätd. Kaisersu. Königs, Exzellenz, Berlin 1900 1900 1893 _—— Lindheimer, L., Justizrat Dr. 1905 Lindley, Sir William, Baurat 1904 Lindner, Bernhard 1910 Linke, Franz, Dr. phil. 1909 Lipstein, Alfred, Dr. med. 1908 Lismann, Karl, Dr. phil. 1902 Livingston, Frau Emma 1897 Livingston, Frl. Rose 1903 Loew, Siegfried 1908 Lorch, Max 1910 38 | — May, Robert 1891 ' Mayer, Frl. J., Langenschwalbach 1897 ‚ Mayer, Ludo, Geb. Kom.-Rat 1903 Mayer, Martin, Justizrat Dr. 1908 ' Mayer, Max 1910 Lorentz, Guido, Dr. phil., Höchst 1907 Lorenz, Richard, Prof. Dr. phil. 1910 *Loretz, Herm., Geh. Bergrat 1910 *Loretz, Wilh., San.-Rat Dr. 1877 Lossen, Kurt, Dr. med. 1910 *Lotichius, Alfred, Dr. jur. 1908 Löw-Beer, Oskar, Dr. 1910 Löwe, Hermann 1908 Löwenstein, Simon 1907 zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Prinz Johannes, Kleinheubach 1907 Lucae, Frl. Emma 1908 Lucius, Frau Maximiliane 1909 Lüscher, Karl 1905 Lust, Heinrich Friedrich 1905 Lußmann, Konrad 1907 Maier, Frau Cecilie 1910 Maier, Herm. Heinr., Direktor 1900 Maier-Livingston, E., Dr. med. 1909 Majer, Alexander 1889 Majer, Hermann 1910 Manskopf, Nicolas 1903 Mappes, Heinrich, Generalkonsul 1905 Marum, Arthur, Dr. med. 1910 Marx, Eduard 1907 *Marx, E., Oberstabsarzt Prof. Dr. 1900 Marx, Karl, Dr. med. 1897 v. Marx, Heinrich, Falkenhof 1908 v. Marx, Frau Mathilde 1897 Matthes, Alexander 1904 Matti, Alex., Stadtrat Dr. jur. 1878 May, Adam 1908 May, Franz L., Dr. phil. May, Hans Robert 1999 May, Martin 1866 May jun., Martin 1891 1908 v. Mayer, Freiherr Adolf 1903 v. Mayer, Eduard 1891 v. Mayer, Freiherr Hugo 1897 Mayer-Dinkel, Leonhard 1906 Mayerfeld, Anton 1910 v. Meister, Herbert, Dr. phil., Sind- lingen 1900 v. Meister, Wilhelm, Reg.- Präsident Dr. jur., Wiesbaden 1905 Melber, Friedrich, Konsul 1903 *Melber, Walter 1901 Merton, Alfred, Direktor 1905 Merton, Eduard, Rittnerthaus 1909 *Merton, Hugo, Dr. phil., Heidelberg 1901 Merton, Walter, Direktor 1906 Merton, Wilhelm Dr. phil. h.c. 1878 Mettenheimer, Bernh., Dr. jur. 1902 *v. Mettenheimer, H., Dr. med. 1898 ‘ Metzger, L., Dr. med. 1901 Metzler, Hugo 1892 Meyer, Oskar, Dr. ıned. Meyer, Otto 1907 Meyer, P., Öber-Reg.-Rat Dr. jur. 1903 Meyer, Richard, Dr. jur. 1909 *v. Meyer, Edward, Dr. med. Meyer-Petsch, Eduard 1906 Michels, Eduard 1909 Minjon, Hermann 1907 Minjon, Frau Sophie 1898 Minoprio, Heinrich 1907 Minoprio, Karl Gg. 1869 *}löbius, M., Prof. Dr. phil. Moessinger, W. 1891 Mosessohn, Sally, Dr. phil. Mouson, August 1909 Mouson, Jacques 1891 Müller, Adolf, Isenburg 1907 *Müller, Eduard 1909 Müller, H., Bankdirektor *Müller, Karl, Berginspektor 1910 1833 1894 1904 1910 1903 Müller, Max, Fabrikdirektor 1909 Müller, O. Viktor, Dr. med. 1907 Müller, Paul 1878 Müller-Knatz, Frau Hedwig 1909 Müller Sohn, A. 1891 Mumm v. Schwarzenstein, A. 1869 Mumm v. Schwarzenstein, Fr. 1905 Nahm, Max 1910 Nassauer, Max, Dr. phil. 1905 Nassauer, Frau Paula 1909 Nassauer, Siegfried 1910 Nathan. S. 1891 *Naumann, Edmund, Dr. phil. 1900 Nebel, August, San.-Rat Dr. 1896 Nebel, Karl, Prof. 1910 Neher, Ludwig, Baurat 1900 Neisser, Frau Emma 1901 *Neisser, Max, Prof. Dr. med. Nestle, Hermann 1900 Nestle, Richard 1891 Nestle, Wilhelm 1903 Netzel, H.L. 1910 Neubauer, Josef, Dr. med. vet. 1908 Neuberger, Julius, Dr. med. 1903 1900 39 Neubronner, J., Dr. phil.,Cronberg 1907 Neubürger, Otto, Dr. med. 1891 Neubürger, Th., Geh. San.-Rat Dr. 1860 de Neufville, Eduard 1900 *de Neufville, Robert, Kom-.Rat 1891 de Neufville, Rud., Dr. phil. 1900 v. Neufville, Adolf 1896 v. Neufville, G. Adolf v. Neufville, Karl 1900 v. Neufville, Kurt 1905 Neumann, Paul, Dr. jur. 1905 Neumann, Theod, Dr. phil. 1906 Neustadt, Adolf 1903 Niederhofhein, Heinr. A., Direktor 1891 Nies, L. W. 1904 Noll, Johannes 1910 v. Obernberg, Ad., Stadtrat a. D. Dr. jur. 1870 Obernzenner, Julius Ochs, Hermann 1873 Ochs, Richard, Direktor 1905 Oehler, Frau Viktoria 1910 Oehler, Rudolf, San.-Rat Dr. 1896 1905 1900 ı Popp, Georg, Dr. phil. Oehmichen, Hans, Dipl. Berging. 1906 Oelsner, Hermann, Justizrat Dr. 1906 Ohl, Philipp 1906 Oppenheim, Eduard, Bankdirekt. 1905 Oppenheim, Gustav, Dr. med. 1910 Oppenheim, Moritz 1887 Oppenheim, Paul, Dr. phil. Oppenheimer, Benny 1903 Oppenheimer, Joe, Dr. jur. 1905 Oppenheimer, Frau Leontin 1909 Oppenheimer, O., Dr. med. 1892 Oppenheimer, Oskar F. 1905 Oppenheimer, $., Dr. med. 1910 Oppermann, E., Dr. phil., Höchst 1907 d’Orville, Eduard 1905 Osann, Ernst, Dr. med. 1908 Ösann, Fritz, Oberstabsarzt Dr. 1909 Osmers, Karl 1910 Österrieth-du Fay, Robert 1897 Östreich, Frau Anna, Utrecht 1901 Oswalt, Frau A. 1910 ÖOswalt, H., Justizrat Dr. Pabst, Gotthard 1904 Pachten, Ferd., Justizrat Dr. Paehler, Franz, Dr. phil. 1906 v. Panhuys, Henry, Generalkonsul 1907 1907 1873 1900 Parrisius, Alfred, Dr. phil. 1904 ' Passavant, Philipp 1905 Passavant, Rudy 1905 v. Passavant, G. Herm. 1903 ı v. Passavant-Gontard, R., Geh. Kom- merzienrat 1891 Peipers, August 1905 Peters, Hans 1904 Petersen, Ernst, Dr. med. 1903 *Petersen, Th., Prof. Dr. phil. 1873 Pfaff, Frau Maria 1906 Pfeffel, August 1869 Pfeiffer-Belli, ©. W. 1903 Pfungst, Arthur, Dr. phil. 1900 Philippsohn, Frl. Paula, Dr. med. 1907 Picard, Lucien 1905 Pinner, Oskar, San.-Rat Dr. 1903 Plieninger, Th., Gen.-Direktor 1897 Pohle, L., Prof. Dr. phil. 1903 Ponfick, Wilhelm, Dr. med. 1905 1891 Poppelbaum, Hartwig 1905 Posen, Eduard, Dr. phil. 1905 Posen, Sidney 1898 *Priemel, Kurt, Dr., Direktor des Zoo- logischen Gartens 1907 *Prior, Paul, Dipl.-Ing. 1902 Propach, Robert 1880 Propping, Frau Landgerichtsrat, Wies- baden 1910 Prösler, J. Wilhelm 1906 Przyrembel, Julius, Direktor 1908 Pust, H., Oberstabsarzt Dr., Offen- bach 1908 Quincke,H.,Geh.Med.-Rat Prof.Dr.1908 Quincke, H., Oberlandesger.-Rat 1903 Raab, A., Dr. phil. 1891 Ransohoff, Moritz, San.-Rat Dr. 1907 Rasor, August 1910 Ratazzi, Karl 1905 Rau, Henri, Konsul 1910 Rauch, Fritz, Dr. med. 1910 Ravenstein, Simon 1873 Rawitscher, Ludwig, Landgerichtsrat Dr. 1904 Reh, Robert 1902 *Rehn, H., Geh. San.-Rat Dr. 1880 Rehn, L., Geh. San.-Rat Prof. Dr. 1893 Reichard, A., Dr. phil., Hamburg. 1901 Reichard, Frl. E. 1907 Reichard-d’Orville, Georg 1905 *Reichenbach, H., Prof. Dr. phil. 1872 v. Reichenbach-Lessonitz, Frau Gräfin Amelie, geb. Freiin Göler v. Ravensburg 1903 Reidenbach, Friedr. Wilh. 1908 Rein, Frl. Ella 1908 v. Reinach, Frau Antonie 1905 Reinartz, Karl, Dipl.-Ing. 1908 Reinemann, Paul 1910 Reinert, Frau Martha 1909 Reis, Ernst 1910 Reishaus, Frl. H., Oberlehrerin 1910 Reiss, A., Gerichtsassessor Dr. 1906 Reiss, Ed., Dr. med., Tübingen 1903 Reiss, Emil, Dr. med. 1907 Reiss, Frl. Sophie 1907 Rennau, Otto 1901 ‚ Rexrodt, Oberlehrer, Hanau 1910 Reutlinger, Jakob 1891 Richter, Ernst, Oberapotheker Dr. 1910 ‚ Richter, Johannes 1898 ' *Richter, Rudolf, Dr. phil. 1908 *Richters, F., Prof. Dr. phil. 1877 Riese, Frau Karl 1897 Riese, Otto, Baurat 1900 Riesser, Eduard 1891 Rintelen, F.,Dr.phil.,Swakopmund 1904 Ritsert, Eduard, Dr. phil. 1897 Ritter, Hermann, Baurat 1903 Ritter, Wilhelm 1910 Roediger, Frl. Anna 1908 *Roediger, Ernst, San.-Rat Dr. 1888 Roediger, Konrad, Referendar 1910 Roediger, Paul, Justizrat Dr. 1891 Roger, Karl, Bankdirektor 1897 Rohmer, Wilhelm 1901 Rolfes, Werner 1908 Rollmann, Ludwig 1906 Ronnefeld, Adolf 1905 Ronnefeld, Friedrich 1905 Roos, Heinrich 1899 ' Roos, Israel, Dr. phil. 1905 ' Roques, Adolf., Dr. phil. 1900 Roques-Mettenheimer, E., Konsul 1897 *Rörig, Ad., Dr. med. h.c., Forstmeister a.D. 1897 Rose, Christian 1905 Rose, Ludwig, Dr. phil. 1910 Rösel, Richard, Fabrikdirektor 1910 Rosenbaum, E., San.-Rat Dr. 1891 Rosenbaum, Emil, Dr. med. 1910 Rosenbusch, Eduard 1907 Rosengart, Jos., San.-Rat Dr. 1899 Rosenhaupt, Heinrich, Dr. med. 1907 Rosenthal, Max 1910 Rosenthal, Paul 1910 Rosenthal, Rudolf, Dr. jur. 1897 Rößler, Frl. Charlotte 1907 Rößler, Friedrich, Dr. phil. 1900 Rößler, Heinrich, Prof. Dr. phil. 1884 Rößler, Hektor 1878 Rößler, Hektor, Dr. 1910 Roth, Karl, Medizinalrat Dr. 1903 Rother, August 1903 Röthig, Paul, Dr. med., Charlotten- burg 1908 Rothschild, D., Dr. med., Soden 1904 Rothschild, Otto, Dr. med. 1904 Röver, August 1909 Rühle, Karl 1908 Ruland, Karl, Offenbach 1908 Rumpf, Gustav Andreas, Dr. phil. 1905 Ruppel, Sigwart, Prof. 1908 Ruppel, W., Prof. Dr., Höchst 1903 | Sabarly, Albert 1897 | Sachs, Hans, Prof. Dr. med. 1903 Sachs-Hellmann, Moritz 1909 *Sack, Pius, Dr. phil. 1901 Salomon, Bernhard, Prof. 1900 Saloschin, P., Oberingenieur 1909 von Sande, Karl 1910 Sarg, Franeis C. A., Konsul 1906 Sasse, Franz, Dr. med. 1910 *Sattler, Wilh., Stadtbauinsp. Sauerländer, Robert 1904 Schaefer, P., Dr. med. 1910 Schaeffer-Auffarth, Robert 1910 *Schäffer - Stuckert, Fritz, Dr. dent. surg. 1892 Schaffnit, K., Dr. phil., Rödelheim 1903 Schalk, Frl. Thea 1910 Schapiro, J., Privatdozent, Dr., Mainz 1910 Scharff, Charles A. 1897 Scharff, Julius, Bankdirektor 1900 *Schauf, Wilh., Prof. Dr. phil. 1881 Schaumann, Gustav, Stadtrat 1904 1892 Scheffen, Hermann, Dr. med. 1910 Scheib, Adam 1905 Scheller, Karl 1897 Schenck, Rudolf, Dr. phil. 1910 Schepeler, Hermann 1891 Schepeler, Remi 1909 Scherenberg, F., Pol.-Präsident 1905 Scherlenzky, Karl August 1905 Scheuermann, W., Geh. Justizrat 1909 Scheven, Otto, Dr. med. 1907 Schey von Koromla, Frhr. Philipp 1910 Schiechel, Max, Dipl.-Ing. 1909 Schiele, Frau Auguste 1910 Schiele, Ludwig, Direktor 1910 41 Schiermann -Steinbrenk, Fritz 1903 Schiff, Philipp 1910 Schild, Eduard 1904 Schiff, Ludwig 1905 Schildwächter, W., Bad Nauheim 1910 Schleich, Wilhelm 1908 Schlesinger, Hugo 1910 Schlesinger, Theodor Heinrich 1907 Schlett, Wilhelm, Dr. phil. 1910 Schleußner, Friedr., Direktor 1900 Schleußner, Karl, Dr. phil. 1898 Schlieper, Gustav, Direktor 1910 Schloßmacher, Karl, jun. 1906 Schlund, Georg 1891 ' Schmick , Rudolf, Geh. Oberbaurat, München 1900 ' Schmidt, Frau Anna 1904 Schmidt, H., Kloppenheim 1908 ‚ Schmidt, J. J., San.-Rat Dr. 1907 Schmidt -Benecke, Eduard 1908 Schmidt-Diehler, W. 1908 Schmidt-Günther, G. H., Konsul 1910 Schmidt-de Neufville, Willy, Dr. med. 1907 ‚ Schmidt-Polex, Anton 1897 *Schmidt-Polex, Fritz, Dr. jur. 1884 Schmidt-Polex, K., Justizrat Dr. 1897 Schmiedicke, Otto, Generalarzt Dr. 1906 Schmitt, H., Dr. med., Arheiligen 1904 Schmitt, Wilhelm 1910 Schmitz, Ernst, Dr. med. Schmölder, P. A. 1873 *Schnaudigel, Otto, Dr. med. Schneider, Gustav M. 1906 Scholderer, Frau A., Schönberg 1910 Scholl, Franz, Dr. phil., Höchst 1908 Scholz, Bernhard, Dr. med. 1904 Schott, Alfred, Direktor 1897 Schott, Theod., Prof. Dr. med. Schrauth, Heinrich 1908 Schrey, Max 1905 1908 1900 1903 Schuenemann, Theodor 1908 Schüler, Max 1908 Schulz, Karl 1905 Schulz-Euler, Karl Fr. 1906 Schulze-Hein, Hans 1891 Schulzweida, Richard 1910 Schumacher, Peter, Dr. phil. Schürenberg, Gustav, Dr. med. Schuster, Bernhard 1891 Schuster, Paul, Dr. med. 1908 Schuster, Walter, Dr., München 1910 Schuster-Rabl, F. W. 1905 Schwarte, Karl 1909 1905 1910 Schwartze, Erich, Dr. phil. 1907 Schwarz, Arthur 1909 Schwarz, Ernst, stud. phil. 1908 Schwarz, Frau Ernestine 1907 Schwarz, Georg Ph. A. 1878 Schwarz, Georg 1910 Schwarzschild, A. 1910 Schwarzschild, Martin 1866 Schwarzschild-Ochs, David 1891 Schwenkenbecher, A.,Prof.Dr.med.1910 Schwinn, G., Hofheim 1910 Scriba, Eugen, Dr. med. 1897 Scriba, L., Höchst 1890 Seckel, Heinrich 1910 Seckel, Hugo, Dr. jur. 1909 Seeger, G., Architekt 1893 Seeger, Willy 1904 Seibert, A., Amtsgerichtsrat, Offen- bach 1909 Seidler, August, Hanau 1906 | *Seitz, A., Prof. Dr. phil, Darmstadt 1893 Seitz, Heinrich 1905 Seligmann, M., Amtsrichter Dr. 1905 Seligmann, Rudolf 1908 Sendler, Alexander, Dr. phil. 1909 Seuffert, Theod., San.-Rat Dr. 1900 Sexauer, Otto 1910 Sichel, Ignaz 1905 *Siebert, A., Landesökonomierat 1897 Siebert, Arthur, Konsul 1900 Siebrecht, Hch., Bankdirektor 1910 Siegel, Ernst, Dr. med. 1900 Siesmayer, Philipp 1897 Simon, Friedrich, Dr. phil. 1908 Simon, Emil 1910 Simon-Wolfskehl, Frau A. 1910 Simonis, Eduard 1907 Simons, Walter, Major 1907 42 ‚ Sternberg, Paul ' v. Stiebel, Frau Hermine Simrock, Karl, Dr. med. 1907 Singer, Fritz, Dr. phil., Offenbach 1908 Sioli, Emil, Prof. Dr. med. 1893 Sippel, Albert, Prof. Dr. med. 1896 Sittig, Edmund, Prof. 1900 Solm, Richard, Dr. med. 1903 Sommer, Julius, Direktor 1906 Sommerhoff, Louis 1891 | Sommerlad, Friedrich 1904 *Sondheim, Frau Maria 1907 ' Sondheim, Moritz 1897 Sondheimer, Frau Emma 1910 Sondheimer, Joseph 1910 ' Sonnemann, Wilhelm 1910 | Spieß, Gustav, Prof. Dr. med. ı Spieß, Frau Klothilde Stavenhagen, Julius 1909 1897 1910 v. Steiger, Baron Louis 1905 ' v. Stein, Frau Baronin Karoline, Pröbstin 1909 Stern, Adolf 1906 Stern, Frau Johanna 1901 Stern, Maier 1905 *Stern, Paul, Dr. jur. Stern, Richard, Dr. med. Stern, Willy 1901 1905 Stettheimer, Eugen 1906 Stiebel, Karl Friedrich 1903 1903 1905 1893 Stock, Wilhelm 1882 zur Strassen, Frau Cecilie 1910 ®zur Strassen, O. L., Prof. Dr. 1910 Straus, F., Dr. med. 1904 Strauß, Eduard, Dr. phil. Strauß, Ernst 1898 Strauß, J., Tierarzt, Offenbach 1908 Strauß, Jul. Jakob 1910 1906 ' Strauß-Ellinger, Frau Emma 1908 ı Strauß-Hochschild, M. 1910 | Stroof, Ignatz, Dr. phil. 1903 Strupp, Louis, Geh. Kom.-Rat 1908 ' Sturm, Otto 1907 | Sulzbach, Emil 1878 ı Sulzbach, Karl, Dr. jur. 1891 | Szamatölski, Dagobert, Hofrat 1905 ı Tausent, Karl 1910 — 43 Tecklenburg, Wilhelm, Assessor 1907 | Wassermann, Ernst, Dr. phil. 1910 *Teichmann, Ernst, Dr. phil. 1903 „Tellus“, Aktiengesellschait für Berg- bau und Hüttenindustrie 1907 Textor, Karl W. 1908 Thalmessinger, H., Dr. 1910 Thebesius,L.,Gen.-KonsulDr.jur. 1900 Theis, ©. Fr., Dr., Höchst 1910 Theiß, Wilhelm, Reg.-Baumstr. 1907 Theobald, Jakob 1910 Thilenius, Otto, Geh. San.-Rat Dr,, Soden i. T. 1907 Thoma, Phil. 1893 Thoms, Heinrich, Dr. phil., Kreis- | tierarzt 1904 von Trenkwald, Frau 1910 Treupel, Gustav, Prof. Dr. med. 1903 Trier, Bernhard 1909 Trier, Frau Berta 1908 Trier, Julius 1908 Türk, Frl. Berta 1909 Ullmann, Albert 1905 Ullmann, Karl, Dr. phil. 1906 Ulrich, Otto, Direktor 1902 Uth, Franz, Justizrat Dr., Hanau 1907 Varrentrapp,A., Geh.Reg.-Rat, Bürger- meister a. D. Dr. jur. 1900 Velde, August, Prof. Dr. 1908 Velde, Frl. Julie, Oberlehrerin 1902 v.d. Velden, Wilh., Bankdirektor 1901 Versluys, J., Prof. Dr., Gießen 1910 Vögler, Karl, Dr. phil. 1903 Vogt, H., Prof. Dr. med. 1908 *Vohsen, Karl, San.-Rat Dr. 1886 Voigt, W., Prof. Dr. phil., Bonn 1908 Vorster, Karl 1907 Vossen, Fritz 1909 Voß, Otto, Prof. Dr. med. Vowinckel, Martin 1891 Wachsmuth, R., Prof. Dr. phil. 1907 Wagener, Alex 1904 Wagener, Gottiried 1905 Wagner-Nurick, Karl, Ingenieur 1910 *Wahl, Gustav, Dr. phil. 1907 Walthard, Max, Prof. Dr. med. 1908 v. Wartensleben, Frau Gräfin Gabriele, Dr. phil. 1902 1907 *v, Weinberg, Arthur. Dr. phil. Wasserzug, Detmar, Dr. 1910 Weber, Eduard, Direktor 1907 Weber, Heinrich, Dr. med. 1897 Weber, Ludwig, Landgerichtsrat Dr. 1910 Weber, Oskar Hermann, Dr., Gries- heim 1910 Weidmann, Hans Weill, David 1910 Weill, J C. 1910 Weiller, Emil 1906 Weiller, Jakob H. 1891 Weiller, Lionel 1905 1905 1897 v. Weinberg, Karl, Gen.-Konsul 1897 Weinrich, Philipp 1908 Weinschenk, Alfred 1903 Weinsperger, Friedrich 1906 Weintraud, W., Prof. Dr. med., Wies- baden 1909 *Weis, Albrecht 1882 Weis, Julius, Montigny 1897 Weisbrod, Aug., Druckerei 1891 Weismann, Daniel 1902 Weismantel, O., Prof. Dr. phil. 1892 Weller, Albert, Dr. phil. 1891 | Wendt, Bruno, Dr. jur. 1909 | Wernecke. Paul, Baurat 1908 Werner, Felix 1902 Wertheim, Julius 1909 Wertheim, Karl, Justizrat 1904 Wertheim, Max 1907 Wertheimber, Eugen, Dr. jur. Wertheimber, Julius 1891 1910 | Wertheimber -de Bary, Ernst 1897 Wertheimer, Otto, Dr. phil. Wetzlar-Fries, Emil 1903 1905 ' Wiederhold, Kurt, Dr. phil, Mainkur 1904 ' Wiegert, W., Dr. vet. 1910 Wiesbader, Julius 1906 *y. Wild, Rudolf, Dr. med. Wilhelmi, Adolf 1905 Wilhelmi-Winkel, Gustav 1907 Willemer, Karl, Dr. med. 1905 Winkler, Hermann, Direktor 1909 1896 = Winter, Frau Gertrud 1908 | *Winter, Friedrich W. 1900 | Winterhalter, Frl. E., Dr. med. 1903 Winterwerb, Rud., Justizrat Dr. 1900 Witebsky, Michael, Dr. med. 1907 ' Wormser, $. H., Bankdirektor 1905 ' Wüst, Hermann 1908 Wronker, Hermann 1905 Wurmbach, Julius 1905 Wüst, Georg 1908 Wirth, Richard, Dr. phil. 1905 Zeiß-Bender, Louis, Konsul 1907 Wolff, Ludwig, Dr. med. 1904 | Zeltmann, Theodor 1899 Wolff, Karl, San.-Rat Dr., Griesheim Wolfskehl, Ed., Reg. - Baumeister, | Wollstätter jun., Karl 1907 Zerban, Eugen 1908 1910 ı Ziegler, Karl 1905 Zimmer, J. Wilh., Stadtrat 1907 Zinn, Charles, Dr. med. 1910 Zipperling, Assessor Dr. 1910 Darmstadt 1907. Wolpe, 8., Zahnarzt, Offenbach 1910 | 1900 1907 1907 1907 1907 1907 1908 1908 1910 1866 1860 1860 1862 1862 1868 1872 1873 1873 1873 1873 1873 Ill. Außerordentliche Ehrenmitglieder. Wallot, Paul, Prof., Dr. phil. h. c., Geh. Hof- und Baurat in Dresden Adickes, Franz, Dr. med. et jur. h. c., Oberbürgermeister in Frankfurt a.M. v. Erlanger, Freifrau Karoline in Nieder-Ingelheim v. Grunelius, Adolf in Frankfurt a. M. v. Metzler, Albert, Stadtrat in Frankfurt a. M. Schiff, Jakob H. in New York Reiss, L. H. in Frankfurt a. M. Ziehen, Julius, Dr. phil., Stadtrat in Frankfurt a. M. v. Heyden, Lukas, Prof. Dr. phil. h. c., Major a. D. in Frankfurt a.M. IV. Korrespondierendes Ehrenmitglied. Rein, J. J., Prof. Dr. phil,, Geh. Regierungsrat in Bonn V. Korrespondierende Mitglieder. Weinland, Christ. Dav. Friedr., Dr. phil. in Hohen-Wittlingen bei Urach Weismann, August, Dr. phil., Wirkl. Geh. Rat, Exzellenz, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Freiburg i. B. Steffan, Phil., Dr. med. in Marburg Deichler, J. Christ., Dr. med. in Jugenheim Hornstein, F., Dr. phil., Prof. in Kassel Hooker, Sir Jos. Dalton, Dr., früher Direktor des bot. Gartens in Kew Günther, Albert, Dr., früher Keeper of the Department of Zoology am British Museum (N. H.) in London Selater, Phil. Lutley, früher Secretary of the Zoological Society in London Schwendener, Simon, Prof. Dr., Geh. Reg.-Rat in Berlin Fries, Th., Dr. Prof. in Upsala Schweinfurth, Georg, Prof., Dr. in Berlin Anmerkung. Es wird höflichst gebeten, Veränderungen des Wohn- ortes oder des Titels u. dergl. dem Bureau der Senckenbergischen Naturfor- schenden Gesellschaft, Viktoria-Allee 7, mitzuteilen. | 1874 1875 1876 1876 1876 1878 1880 1881 1882 1882 1882 1883 1883 1883 1884 1884 1884 1886 1886 1887 1887 1887 1887 1888 1888 1888 1889 1890 1890 1890 1891 1891 1891 1891 1892 1892 A Gasser, Emil, Dr. med., Geh. Med.-Rat, Prof. der Anatomie und Direk- tor des anat. Instituts der Universität Marburg Bütschli, Johann Adam Otto, Dr. phil., Geh. Hofrat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Heidelberg Liversidge, A., Dr., Prof. der Chemie am Hornton College in London Meyer, Adolf Bernhard, Dr. med., Geh. Hofrat in Berlin Wetterhan, J. D. in Freiburg i. Br.. Chun, Carl, Dr., Geh. Rat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Leipzig Jickeli, Karl, Dr. phil. in Hermannstadt Snellen, P.C.F. in Rotterdam Retowski, O., Staatsrat, Konservator a. d. K. Eremitage in St.-Petersburg Retzius, Magnus Gustav, Dr. med., Prof. emer. in Stockholm Russ, Ludwig, Dr. in Jassy Ranke, J., Dr., Prof. der Anthropologie an der Universität München Jung, Karl, Kaufmann in Frankfurt a. M. Boulenger, George Albert, F.R.S., I. Class Assistant am British Museum (N. H.), Department of Zoology, in London Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern, Kg]. Hoheit, Dr. med.in Nymphenburg v. Koenen, Adolf, Prof. Dr., Geh. Bergrat in Göttingen Knoblauch, Ferdinand in Noumea, Neukaledonien v. Bedriaga, Jacques, Dr. in Florenz Koerner, Otto, Dr. med., Prof. der Ohrenheilkunde an der Universität Rostock Schinz, Hans, Dr. phil, Prof. der Botanik an der Universität Zürich Stratz, ©. H., Dr. med. im Haag, Holland Breuer, H., Dr. Prof, Geh. Reg.-Rat, Direktor des Realgymnasiums in Wiesbaden Hesse, Paul, Kaufmann in Venedig v. Kimakowiez, Mauritius, früher Kustos der zool. Abteilung des Museums des Siebenbürgischen Vereins für Naturw. in Hermannstadt Rzehak, Anton, Prof. der Paläontologie und Geologie an der tech- nischen Hochschule in Brünn Reuss, Johann Leonhard, Kaufmann in Kalkutta Roux, Wilhelm, Dr. med., Geh. Medizinalrat, Prof. der Anatomie und Direktor des anat. Instituts der Universität Halle a. S. v. Berlepsch, Graf Hans auf Schloß Berlepsch, Hessen-Nassau Fritsch, Anton Johann, Dr., Prof. der Zoologie und Kustos der zool. und paläont. Abteilung des Museums der Universität Prag Haacke, Joh. Wilh., Dr. phil., Oberlehrer in Lingen am Emskanal Engelhardt, Hermann, Hofrat, emer. Prof. in Dresden Fischer, Emil, Dr. phil., Geh. Regierungsrat, Prof. der Chemie und Direktor des chemischen Instituts der Universität Berlin Hartert, Ernst, Dr. phil., Curator in charge of the Zoological Museum in Tring, Herts. Strubell, Adolf, Prof., Dr. phil., Privatdozent der Zoologie in Bonn Beccari, Eduard, Prof. emer. in Florenz Engler, Heinrich Gustav Adolf, Dr., Geh. Reg.-Rat, Professor der Botanik und Direktor des bot. Gartens und des bot. Museums der Universität Berlin 1892 1892 1892 1892 1892 1892 1892 1892 1892 1893 1893 1893 1894 1894 1894 1894 1894 1895 1895 1895 1895 1895 1896 1896 1896 1896 1896 1896 = SER Haeckel, Ernst, Prof., Dr., Wirkl. Geh. Rat, Exzellenz, in Jena Nansen, Fridtjof, Dr., Prof. der Ozeanographie in Christiania Schulze, Franz Eilhard, Dr., Geh. Reg.-Rat, Professor der Zoologie und Direktor des zoologischen Instituts der Universität Berlin Straßburger, Eduard, Dr. phil, Geh. Reg.-Rat, Prof. der Botanik und Direktor des bot. Gartens der Universität Bonn Sueß, Eduard, Dr., Prof. der Geologie und Direktor des geologischen Museums der Universität Wien Waldeyer, Heinrich Wilhelm Gottfried, Dr, Geh. Med.-Rat, Prof. der Anatomie und Direktor des anat. nein der Universität Berlin Fleischmann, Karl, Konsul, Kaufmann in Guatemala Bail, Karl Adolf Emmo Theodor, Prof., Dr. phil. in Danzig Conwentz, Hugo Wilhelm, Prof., Dr., Geh. Regierungsrat, staatlicher Kommissar für Naturdenkmalpflege Berlin Verworn, Max, Dr. med., Prof. der Physiologie und Direktor des physiol. Instituts der Universität Göttingen Koenig, Alexander Ferd., Prof., Dr. phil., Privatdozent der Zoologie in Bonn Liermann, Wilh., Prof., Dr. med., Leibarzt Seiner Hoheit des Herzogs von Anhalt, Direktor des Kreiskrankenhauses in Dessau Urich, F. W., Secretary of the Trinidad Field Naturalists’ Club in Port of Spain, Trinidad Douglas, James, President of the Copper Queen Company „Arizona” in New York Pagenstecher, Arnold, Dr. med., Geh. San.-Rat, Inspektor des natur- historischen Museums in Wiesbaden Dreyer, Ludwig, Dr. phil. in Wiesbaden Dyckerhoff, Rudolf, Dr. ing., Prof., Fabrikbesitzer in Biebrich a. Rh. Kraepelin, Karl Mathias Friedrich, Prof., Dr., Direktor des natur- historischen Museums in Hamburg Bolau, Heinrich, Dr., früher Direktor des zool. Gartens in Hamburg Kükenthal, Willy, Dr. phil., Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts und Museums der Universität Breslau v. Behring, Emil, Dr. med., Wirkl. Geh. Rat, Exzellenz, Prof. der Hygiene an der Universität Marburg Murray, Sir John, Dr. phil, Director of the Challenger Expedition Publications Office in Edinburgh Scharff, Robert, Dr. phil., Keeper of the Seience and Art Museum in Dublin Bücking, Hugo, Dr. phil., Prof. der Mineralogie an der Universität Straßburg i. E. Greim, Georg, Dr. phil., Prof. der Geographie an der technischen Hoch- schule in Darmstadt Möller, Alfred, Dr. phil, Prof., Oberforstmeister und Direktor der Forst- akademie Eberswalde Lepsius, Richard, Dr. phil., Geh. Öberbergrat, Prof. der Geologie und Mineralogie an der technischen Hochschule und Direktor der geolo- gischen Landesanstalt für das Großherzogtum Hessen in Darmstadt v. Mehely, Lajos, Prof., Kustos des Nationalmuseums in Budapest 1897 1897 1897 1897 1898 1898 1898 1898 1898 1899 1899 1899 1899 1899 1899 1899 1899 1900 1900 1900 1900 1900 1900 1900 1901 1901 1901 1901 1901 1901 1901 1901 1901 1901 1902 na} \; gie Verbeek, Rogier Diederik Marius, Dr. phil., Ing. im Haag, Holland Voeltzkow, Alfred, Prof., Dr. phil. in Berlin Rüst, David, Dr. med. in Hannover Kaiser, Heinr., Dr., Geh. Reg.-Rat, Prof. an der tierärztlichen Hoch- schule in Hannover v. Jhering, H, Prof., Dr., Direktor des Museums in Säo Paulo Forel, A., Dr. med., Prof. in Chigny -bei Morges, Kanton Waadt Sarasin, Fritz, Dr. in Basel Sarasin, Paul, Dr. in Basel Schmiedeknecht, Otto, Prof., Dr. in Blankenburg, Thüringen Kossel, Albrecht, Dr. med., Geh. Hofrat, Prof. der Physiologie und Direktor des physiologischen Instituts der Universität Heidelberg Stirling, James, Government Geologist of Victoria in Melbourne Le Sou&f, Dudley, Director of the Acelimatisation Society, Royal Park in Melbourne Martin, Charles James, Dr., Director of the Lister Institute of Preventive Medicine in London Strahl, H., Dr. med., Geh. Med.-Rat, Prof. der Anatomie und Direktor des anat. Instituts der Universität Gießen Fischer, Emil, Dr. med. in Zürich Lenz, H., Prof., Dr. phil,, Direktor des naturhistor. Museums in Lübeck Schenck, H., Dr. phil., Geh. Hofrat, Prof. der Botanik und Direktor des bot. Gartens in Darmstadt Dönitz, Wilhelm, Prof., Dr. med., Geh. Med.-Rat in Charlottenburg Ludwig, H., Dr. phil., Geh. Reg.-Rat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts und Museums der Universität Bonn Munk, Herm., Dr. med., Prof. der Physiologie an der Uni- versität Berlin Fresenius, Heinrich, Dr. phil., Geh. Regierungsrat, Prof. in Wiesbaden Zinndorf, Jakob in Offenbach Montelius, Oskar, Dr., Prof. in Stockholm Becker, Jorge, Direktor in Valencia Thilo, Otto, Dr. med. in Riga Nissl, Franz, Dr. med., Prof. der Psychiatrie in Heidelberg v. Wettstein, Rich., Dr., Prof. der Botanik in Wien Steindachner, Franz, Dr. phil., Geh. Hofrat, Intendant des K. K. naturhist. Hofmuseums in Wien v. Graff, Ludw., Dr., Hofrat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Graz Döderlein, Ludw., Dr., Prof. d. Zoologie an der Universität Straßburg Simroth, Heinr., Dr., Prof. in Leipzig Schillings, ©. G., Prof. in Weiherhof Lampert, Kurt, Prof., Dr., Oberstudienrat und Vorstand des Kgl. Natu- ralien-Kabinetts in Stuttgart Friese, Heinrich, Dr. phil. in Schwerin Treboul, E., President de la Societ& nationale des sciences naturelles et math&matiques in Cherbourg 1902 1902 1902. 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1902 1903 1903 1903 1903 1903 1903 1904 1904 1904 1904 1904 1905 1905 1905 1905 1905 1905 1905 1906 1906 1906 1907 1907 1907 -, Er Schneider, Jakob Sparre, Direktor des Museums in Tromsö Kaiser, E., Dr., Geh. Reg.-Rat, Prof. der Geologie und Paläontologie und Direktor des geol. Instituts der Universität Marburg Spengel, J. W., Dr., Geh. Rat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Gießen Credner, Herm., Prof., Dr., Geh. Bergrat in Leipzig Reis, Otto M., Landesgeolog in München Notzny, Albert, Bergwerksdirektor auf Heinitzgrube in Beuthen Beyschlag, Franz, Prof., Dr., Geh. Bergrat, Direktor der geol. Landes- anstalt in Berlin Schmeisser, K., Berghauptmann und Oberbergamts-Direktor in Breslau de Man, J. G., Dr. in Jerseke, Holland Boveri, Theod., Dr., Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Wire Oestreich, Karl, Dr., Professor an der Universität Utrecht Preiss, Paul, Geometer in Ludwigshafen Weber, Max, Dr., Prof. der Zoologie in Amsterdam Fürbringer, Max, Dr., Geh. Hofrat, Prof. der Anatomie und Direktor des anatomischen Instituts der Universität Heidelberg de Vries, Hugo, Dr., Prof. der Botanik in Amsterdam Schlosser, Max, Prof. Dr.,II. Konservator derpaläont. Sammlungin München Klunzinger, B., Dr., Prof. emer. in Stuttgart v. Schröter, Guido, früher Konsul des Deutschen Reiches in San Jose, in Wiesbaden Vigener, Anton, Apotheker in Wiesbaden Wolterstorff, W., Dr., Kustos des naturhistor. Museums in Magdeburg du Buysson, Vicomte Robert in Paris Albert Fürst von Monaco, Durchlaucht in Monte Carlo Brauer, August, Prof., Dr., Direktor des Kgl. zool. Museums in Berlin Hauthal, Rudolf, Prof., Dr., Direktor des Römermuseums in Hildesheim Hagenbeck, Karl in Stellingen bei Hamburg v. Linstow, Otto, Dr. med., Prof., Generaloberarzt a. D. in Göttingen Langley, J. N., Prof., Dr. in Cambridge Löb, Jacques, Prof., Dr. in Berkeley, Californien Haberlandt, Gottlieb, Dr., Prof. der Botanik und Direktor des bot. Instituts der Universität Berlin Ehlers, E., Dr., Geh. Rat, Prof. der Zoologie und Direktor des zool. Instituts der Universität Göttingen Witzel, Louis, Rittergutspächter in Comuna Prundu Judetul Jefov, Rumänien di Monterosato, Marchese Tom. All. in Palermo Dewitz, J., Dr. in Metz Buchner, Eduard, Dr. phil, Geh. Regierungsrat, Prof., Direktor des chemischen Instituts der Universität Breslau Barrois, Charles, Dr., Prof. in Lille Bumpus, Hermon C., Dr., Prof., Direktor des Amercian Museum of Natural History in New York 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1907 1908 1908 1908 1908 1908 1908 1909 1909 1909 1909 1909 1909 1909 1910 1910 1910 1910 1910 1910 Fr ee v. Groth, Paul, Dr. phil, Geh. Hofrat, Prof. der Mineralogie und Direktor des mineralogischen Instituts der Universität München Hertwig, Oskar, Dr. med., Geh. Med.-Rat, Prof. der vergl. Anatomie und Direktor des anatomisch-biologischen Instituts der Universität Berlin Hertwig, Richard, Dr. phil, Geh. Hofrat, Prof. der Zoologie und Direktor des zoologischen Instituts in München Lankester, Sir Edwin Ray, K.C.B., F.R.S. in London Pfeffer, Wilhelm, Dr. phil., Geh. Rat, Prof. der Botanik und Direktor des botanischen Instituts und Gartens der Universität Leipzig Steinmann, Gustav, Dr. phil, Geh. Bergrat, Prof. der Geologie und Direktor des geologisch-paläontologischen Instituts der Universität Bonn Wiesner, Julius, Dr. phil., Geh. Hofrat, Prof. der Botanik und Direktor des pflanzenphysiologischen Instituts der Universität Wien Zirkel, Ferdinand, Dr. phil., Geh. Rat, Prof. der Mineralogie und Direktor des mineralogischen Instituts der Universität Leipzig Sterzel, J. T. Dr., Prof., Direktor des Nat. Museums in Chemnitz Stromer-v. Reichenbach, E., Dr., Prof., Privatdozent der Geologie und Paläontologie an der Universität München Lucanus, L., Sanitätsrat Dr. in Hanau Nies, August, Prof. Dr. phil. in Mainz Schultze, L. S., Dr. phil., Prof. d. Geographie an der Universität Jena Klemm, Gustav, Dr. phil., Prof. der Geologie, Großh. Hess. Landesgeolog in Darmstadt Kammerer, Paul, Dr. phil., Privatdozent der zoolog. Abteilung der biolog. Versuchsanstalt in Wien Rayleigh, The right Hon. Lord, P.C., ©. M., Kanzler der Universität Cambridge, Professor der Naturphilosophie in Witham, Essex Darwin, Franeis, F. R.S., M. A. in Cambridge Darwin, Sir Georg Howard, K. C. B., Professor der Astronomie und experimentellen Philosophie in Cambridge v. Gwinner, Arthur, Direktor der Deutschen Bank in Berlin Ahlborn, Fr., Prof. Dr. in Hamburg Ösborn, Henry Fairfield, L. L. D., Hon. Sc. D. Cantab., Präsident des American Museum of Natural History in New York v. Semenow-Tian-Chansky, P., Senator, Exzellenz, Prösident de la Societe Entomologique de Russie in St. Petersburg Torley, Karl, Dr. med. in Iserlohn Brigham, William T., Direktor des Bernica Panahi Bishop Museum in Honolulu Geyer, D., Mittelschullehrer in Stuttgart Heller, K. M., Prof. Dr., Kustos am Kg]. Nat. Museum in Dresden Eulefeld, A., Forstrat in Lauterbach, Hessen. Rückblick auf das Jahr 1910. Mitteilungen der Verwaltung. Das abgelaufene Jahr ist ein besonders arbeits- und er- folgreiches gewesen, auf das wir mit großer Befriedigung zurück- blicken können. Nachdem Prof. O. zur Strassen am 1. Januar sein Amt als Direktor des Museums angetreten hatte und Dr. E. Wolf nach °?/s-jähriger Abwesenheit von seiner Forschungs- reise in die Südsee zurückgekehrt war, begann neben den ver- mehrten Vorlesungen und Kursen eine erhöhte und angestrengte Tätigkeit in dem Ausbau unserer Sammlungen, mit der auch die Arbeit der Verwaltung eine wesentliche Steigerung erfahren hat. Die Zahl der beitragenden Mitglieder ist im Berichtsjahr von 1081 auf 1213 angestiegen. Verstorben sind 21, ausgetreten und verzogen 49, eingetreten 202 beitragende Mitglieder. Tief beklagt die Gesellschaft den Tod ihres arbeitenden Mitglieds und Sektionärs für Reptilien und Amphibien, für Geologie und Paläontologie Prof. Dr. Oskar Boettger, der nach längerem Leiden am 25. September 1910 verstorben ist. Seine hervorragenden Verdienste um die Gesellschaft werden in diesem Heft von berufener Seite gewürdigt. Doch sei an dieser Stelle besonders hervorgehoben, daß die an Typen ungewöhnlich reiche Konchyliensammlung des Entschlafenen auf seinen ausdrück- lichen, bereits bei Lebzeiten der Direktion ausgesprochenen Wunsch in den Besitz des Museums übergegangen ist. So ist Oskar Boettger dem Vorbild Senckenbergs und mancher Gründer unserer Gesellschaft gefolgt, deren reiche Sammlungen den Grundstock zu unserem Museum abgegeben haben, und deren Beispiel in der nahezu hundertjährigen Geschichte unserer (sesellschaft vielfach, und gerade von seiten unserer wissen- schaftlich bedeutendsten Mitglieder, Nacheiferung gefunden hat. ER 3 Maga Aus der Zahl der korrespondierenden Mitglieder verloren wir durch den Tod den Wirkl. Geh. Rat Prof. Dr. Robert Koch-Berlin, dem im vorigen Bericht unser Geh. Rat Dr. A. Libbertz, einer der nächsten Freunde des Verstorbenen, einen warmen Nachruf gewidmet hat, und ferner Prof. Dr. E. van Beneden-Lüttich, Verlagsbuchhändler Dr. G. Fischer-Jena, Prof. Dr. L. Lortet-Lyon, Torfverwalter K. Weidmann- Carolinenhorst, S. A. Scheidel-Weilbach, unser ältestes Mit- glied, der von 1850 bis zu seinem Wegzug von Frankfurt im Jahre 1888 der Verwaltung angehört hatte und vorübergehend auch Sektionär für Entomologie gewesen war, und Prof. Dr. M. Treub in Buitenzorg. In die Reihe der ewigen Mitglieder wurden aufgenommen: Paul Bamberg-Berlin und die Verstorbenen: Frau Elise Andreae-Lemmö, Frau Franziska Speyer, Adolf Keller und Wilhelm B.Bonn. Die Zahl der ewigen Mitglieder ist somit von 156 auf 161 gestiegen. Ernannt wurden: Zum außerordentlichen Ehrenmitglied: Prof. Dr. Lukas von Heyden. Zu arbeitenden (Verwaltungs-) Mitgliedern: Ingenieur Alexander Askenasy, Dr. Alfred Lotichius, Eduard Müller, Oberlehrer Dr. Rudolf Richter, Prof. Dr. Otto zur Strassen, sowie Geh. Bergrat Dr. Hermann Loretz, der, ‘ bereits von 1878 bis 1883 arbeitendes Mitglied, bei seiner Über- siedelung nach Berlin korrespondierendes Mitglied geworden war und nach seiner Rückkehr nach Frankfurt satzungsgemäß wieder in die Verwaltung eintrat. Zu Sektionären: Prof. A. Knoblauch (Amphibien), Dr. A. Lotichius (Säugetiere), E. Müller (Schmetterlinge), Dr. E. Naumann (Geologie), Dr. K. Priemel (Reptilien) und Dr. R. Richter (Paläontologie). Zu korrespondierenden Mitgliedern: William T. Brigham- Honolulu, Forstrat A. Eulefeld-Lauterbach, Mittelschullehrer D. Geyer-Stuttgart, Prof. Dr. K. M. Heller-Dresden, Senator P. von Semenow-Tian-Chansky-St. Petersburg und Dr. K. Torley-Iserlohn. Dr. F. Drevermann wurde am 1. Januar zum Kustos der geologisch-paläontologischen Abteilung des Museums ernannt und Dr. Fritz Haas am1. April als Assistent für Zoologie angestellt. 4* ER u . Die ordentliche Generalversammlung fand am 23. Februar statt. Sie genehmigte nach dem Antrag der Revisionskommission die Rechnungsablage für 1909 und erteilte dem I. Kassierer A. Andreae- von Grunelius Entlastung. Der vorgelegte Voranschlag für 1910, der in Einnahmen und Ausgaben mit Mk. 107 831. — balanzierte, wurde genehmigt. Auf Vorschlag der Kommission wurde an Stelle des ausscheidenden I. Kassiers, der nach zwölfjähriger Tätigkeit sein Amt niederzulegen wünschte, Bankier Walter Melber gewählt. Nach dem Dienstalter schieden aus der Revisionskommission aus: Arthur Andreae und Wilhelm Stock; an ihre Stelle wurden gewählt: Justizrat Dr. Paul Roediger und Wilhelm Rohmer. Für 1910 ge- hörten der Kommission ferner an: Hermann Nestle als Vor- sitzender, Charles A. Scharff, Adolf von Neufville und Moritz von Metzler. Am 29. Mai fand die Jahresfeier statt, bei der die von Prof. F. Hausmann ausgeführte Marmorbüste Fritz Römers der Gesellschaft von den Freunden des Verstorbenen als Ge- schenk übergeben wurde. Den Festvortrag hielt Stadtrat Dr. J. Ziehen über: „Die Darstellung der Tiere in der antiken Kunst“. In Gemeinschaft mit dem Physikalischen Verein wurde nach dem Vorbild einer seit Jahren in der Royal Society zu London bestehenden Einrichtung — zum ersten Male in Deutsch- land — am 11. Juni ein wissenschaftlicher Empfangsabend veranstaltet, an dem eine 3000 wohl übersteigende Schar von Eingeladenen alle zur Verfügung gestellten Räume unserer beiden Institute durchflutete. Dieser über Erwarten starke Besuch des Abends bekundete das vielseitige und weitgehende Interesse, das aus allen Kreisen der Frankfurter Bürgerschaft der neuen Einrichtung entgegengebracht wurde. Durch Verleihung des Stiebel-Preises wurde Prof. Dr. med. et phil. Heinrich Finkelstein-Berlin für seine Arbeit „Über alimentäre Intoxikation“, Jahrbuch für Kinderkrankheiten, Bd. 45, 1907 und 1908, ausgezeichnet. Für den im Berichts- jahr fälligen von Reinach-Preis für Mineralogie waren keine Arbeiten eingegangen; bestimmungsgemäß wurde deshalb der Preis in doppelter Höhe (Mk. 1000) zum 1. Oktober 1911 erneut ausgeschrieben. Die Zinsen der Askenasy- Stiftung für Botanik wurden z. T. zur Drucklegung einer Arbeit „Die Farnpflanzen een — in der Umgegend von Frankfurt a. M.* von J. Müller-Knatz im 31. Band unserer Abhandlungen verwandt. Die interessante Arbeit umfaßt eine Beschreibung des von dem verstorbenen Autor angelegten und gemäß letztwilliger Verfügung dem Museum überwiesenen, reichhaltigen Pteridophyten-Herbariums. Zwei besondere Gedenktage konnte die Gesellschaft im Berichtsjahr festlich begehen. Am 20. Februar fand in Schwan- heim die Feier des 70. Geburtstags unseres verehrten Prof. Dr. W. Kobelt statt. Der I. Direktor überbrachte ihm mit den Glückwünschen der Gesellschaft als Festschrift den 32. Band unserer Abhandlungen, der eine Reihe wertvoller, dem Jubilar von seinen Schülern, Freunden und Verehrern gewidmeter Arbeiten enthält. Am 16. Juni war die 50. Wiederkehr des Tages, an dem unser verehrter Prof. Dr. L. von Heyden in unsere Verwaltung eingetreten ist. Aus Anlaß dieses seltenen Gedenktages ver- sammelten sich die Mitglieder der Direktion und Verwaltung, die Familie und Freunde des Jubilars zu einer internen Feier im Museum. Der I. Direktor erinnerte in seiner Ansprache an die großen Verdienste, die sich der Jubilar wie sein Vater Karl von Heyden um die Gesellschaft erworben hat, und über- reichte ihm das Diplom als außerordentliches Ehrenmitglied. Er teilte ferner mit, daß die Verwaltung beschlossen habe, von dem disponiblen Vermögen der Gesellschaft dem Jubilar ein Kapital von 50000 Mark zur Errichtung einer Karl u. Lukas von Heyden-Stiftung zur Verfügung zu stellen und ihm die Bestimmung über die Verwendung der Zinsen des Stiftungs- kapitals überlasse. Nach dem Wunsche des Jubilars „sollen die Erträgnisse der Karl u. Lukas von Heyden-Stiftung, errichtet am 16. Juni 1910, zur Drucklegung von wissenschaft- lichen Veröfientlichungen der Senckenbergischen Naturforschen- den Gesellschaft verwendet werden. Die jeweilig aus den Zinsen der Stiftung hergestellten Hefte der Abhandlungen oder des Berichts oder andere Veröfientlichungen der Gesellschaft sollen den Aufdruck erhalten: Gedruckt aus den Erträgnissen der Karl u. Lukas von Heyden-Stiftung der Senckenbergischen Naturforschen- den Gesellschaft.“ Mit weiteren Ehrungen wurde der Jubilar ausgezeichnet: von Sr. Majestät dem Kaiser und König durch Verleihung des 24 Ser Kgl. roten Adlerordens III. Kl. mit der Schleife, sowie von der Naturforschenden Gesellschaft in Graubünden zu Chur und dem I. Internationalen Entomologen-Kongreß zu Brüssel durch die Ernennung zum Ehrenmitglied. Ein fröhliches Zusammensein am Nachmittag und Abend des 16. Juni in Falkenstein, dem Sommerwohnsitz des Jubilars, beschloß die denkwürdige Feier. Am 8. Januar 1910 wurde in den Räumen unseres Museums die „Geologische Vereinigung“ gegründet, der inzwischen zahlreiche Fachgelehrte aus ganz Deutschland und dem Aus- lande beigetreten sind, und die ihren ständigen Sitz in Frank- furt a. M. haben wird. Mit Ende des Jahres sind nach zweijähriger Amtszeit satzungsgemäß aus der Direktion ausgeschieden: der I. Direktor Sanitätsrat Dr. E. Roediger und der I. Schriftführer Dipl.- Ing. P. Prior. An ihre Stelle wurden für die Jahre 1911 und 1912 Prof. Dr. A. Knoblauch und F. W. Winter gewählt. 55 oyuoy-Nuwg er rnoy-usmaesgonıd 04UON-SUoTsuUad 04uOM-UseıngeN - oyuoy-uadunjwureg oyuoy-uaınyeredoy O4UON-9AIISIY-SFUNIILITSIA A ua: UT pun -9yuay9soH || ık ä IRRE ° °- 9quoy-Jendey IE eh ma oyuoy-Terdey] ‘SIOTTJ-uUeUNPALL oyuoy-[pendeyy ‘STOLT-SurLTIWwmgg "A oyuoy-ferdey 'SIILT-QDeury 'A oyuoy-pendeyy ‘Sungzrg-yeury "A | 01903 reyrdey ‘Sunggryg-uopAag 'Aseyn] 'n[Iey ° © + oyuoy-pepdeyp “Dunggryg-Aseuoysy 0°. 0uoyf-[egrdey ‘Fungpgg-aeugoszpAa ee: oyuoyy-[epdey ‘Sungggg-pddny oyuoy-Teyrdeyy "Sunggg SUP n " - oUOY-NOUJorgtg ä 2% 976 #96 Te Kor 198 | 085 | '8E | 287.08 = 968 PER c8 | 9988 Re — 0008 08 |, 889 € ge 804 I9F 89 COE EFT — | 886 8 — | 864€ GL | @6LTL 10 Gerer — 000.08 18 | 222,01 — | 4908 LE | BIIEE 09 | EIL CHI er | tue | — / 00008 | * oyuoyf-ayeyong u « “ - oyuoyf-uadunsapto‘ ‘Sungprrg-snÄN H Pr | 0r668 Lr | 900 192 09 , ETL SIT 000 PL | | 12 ga re (uoderyıoqn nz oyuoy-peyrdey me) OT6T 1 ur IMIIOA ‘oyuoyf-IsnL aA pun -uummeN * 04UOYJ-UIUOTFEITTIO Sunggg oyosddey "N oyuoy-uooygodÄH * uoryeagsturupesdunggtgsg Sydstäraqua79usg a IT0S "DI6] A9qumzag ‘Tg od zweit Übersicht der Einnahmen und Ausgaben vom 1. Januar bis 31. Dezember 1910. Einnahmen Ausgaben pr. Vortrag aus dem Jahre 1900 . . . 2... 1026 37 ||| Unkosten . . . Re N 98.012 |'6D | £ Saldo des Zinsen-Kontos . . . M. 29 954.63 Saldo des Gehalte- Kodtos ee, al. 0900 | 91 r abzüglich Dotationen an ver- | 4 | „ des Vorlegungen-Kontos . . . . . . 641 80 % schiedene Stiftungs-Konti . . „ 760858 | 22346 05 | „ des Bibliothek-Kontos . . . 2... 9003 | 41 | Mitgliederbeiträge . - = = 2222.20. 94725 — | » des Reparaturen-Kontos. . . ..| 2291 | 75 Erträgnis der Bose-Stiftung in 1909. . . .| 37878 92 || Abbandlungen, Berichte und Dr okekehen .| 15978 | 54 Eintrittsgelder. . . . Ber nv 1266 | 50 aaa hen. 2704 | 36 Abhandlungen und Berichte: | BESGHRmEChrUNKe 2 0 a 33270 | 30 | Geschenke einschließlich M. 1077.78 Zinsen | Deere Auspaben ... .. 0.0.0. 105 | 70 FR aus der v. Heyden-Stiftung | 11057 | 27 | Rückstellungen : | Ne) Geldgeschenke für Naturalien ...l65838 | 20 ||| Versicherungs-Reserve-Konto a 800 | — Diverse Einnahmen . . . rn: | 398 | 67 ||| Sammlungen-Konto. . . . 2 .........| 2000 | — | Gewinn- und Verlust-Konto: det. Ho a Pensions-Konto. 2. „7... 0. 3210 | — An Geschenken und Legaten gingen ein: | Demmetuzen Konto... ee 2000 | — Leopold Sonnemann, ewig. Mitgl.M. 1000.— Ferdinand Hauck, S » » 1000. | Frau Franziska Speyer, „ R „ 1000.— | „ Elise Andreae-Lemmeö, ew.M., 2000.— | Paul Bamberg, Berlin, ewig. Mitgl. „ 1000.— N Wilhelm B. Bonn, . 20 Fritz Hauck, abzüglich Ereuör. „ 96 350.— | Julius von Arand, R & „18 999.— | M. 123 849.— | | 165172 | 42 165172 42 Museumsbericht. Der Besuch des Museums hat sich im verflossenen Jahre wieder erheblich gesteigert. Unter den 74664 Besuchern be- fanden sich 2402 zahlende Personen. Zahlreiche Fachgelehrte, Vereine und wissenschaftliche Korporationen nahmen eingehende Besichtigungen unserer Sammlungen vor; auch durch hiesige und auswärtige Schulen wurde das Museum regelmäßig und in großer Zahl aufgesucht. Der Ernennung Dr. Drevermanns zum Kustos der geologisch-paläontologischen Abteilung und der Anstellung von Dr. F. Haas als Assistent für Zoologie haben bereits die Mitteilungen der Verwaltung gedacht. Durch die Präparation und Aufstellung der mannigfachen Neuerwerbungen wurden die Arbeitskräfte der Schreinerei und Schlosserei in solch hohem Maße in Anspruch genommen, daß deren Personal ver- mehrt werden mußte. Auch für den inneren Museumsbetrieb war eine neue Hilfskraft erforderlich. Der weitere Ausbau unserer Schausammlungen hat die Anschaflung einer großen Anzahl von Schränken notwendig ge- macht. Unser Insektensaal konnte hierdurch mustergiltig aus- gestattet werden, so daß er im Laufe des kommenden Sommers den Besuchern zugängig sein wird. Auch für die wertvollen Objekte der Naumannschen Erzstufensammlung und der Paläontologie sind jetzt würdige und sichere Stätten geschaffen worden. Von den Freunden unseres verstorbenen Direktors Prof. Römer ist dessen Marmorbüste, von Prof. F. Hausmann aus- geführt, unserem Museum als Geschenk überwiesen und vor dem Festsaal aufgestellt worden. Die Reparaturen und baulichen Veränderungen waren sehr erheblich. Es seien.nur die neue Kabellegung für die Wieder- benützung des Aufzugs, die Versetzung des Projektionsapparates u im großen Hörsaal, die Schaffung eines Kistenkellers unter der Treppe, die Installation einer Beleuchtung für den Lichthof, sowie eine alle Innenräume umfassende Ausbesserung des Wand- verputzes erwähnt. In der Druckerei wurde neben Erledigung der laufenden Geschäfte eine große Anzahl Etiketten für Paläontologie und für die Vogelsammlung angefertigt. I. Zoologische Sammlung. Die Neuaufstellungen in der Schausammlung umfassen im verflossenen Jahr hauptsächlich große Objekte, die meist schon in den einzelnen Abteilungen des letzten Berichtes Erwähnung gefunden haben. Die Lehrsammlung hat einen reichen Zuwachs an Wandtafeln erhalten, die wir vor allem der eifrigen Mit- arbeit der Damen Frl. Ch. Baerwindt, Frl. B. Groß und Frl. M. Koßmann verdanken. Auch unsere früheren Mitarbeiter Frau L. Cayard (Histologie), Frl. E. Fellner (Insekten), Frl. E. Pfaff (Histologie), E. Cnyrim (vergl. Anatomie), E. Creizenach (Skelette), Lehrer H. Stridde (Fische) haben wieder höchst Anerkennenswertes geleistet. Durch Frl. @. und M. Andreae, Frl. D. Hurter, Frl. M. Kaysser und Dr. A. Sendler (wissenschaftliche Sammlungen) bekamen wir weitere erwünschte Hilfe. Frl. A. Roediger hat sich im Verein mit Frl. F. Sehott bei Aufstellung der Objekte für die Schau- und Lehrsammlung wiederum hervorragend verdient gemacht. Über die Fortschritte der wissenschaftlichen Sammlungen werden die einzelnen Abteilungen berichten. Durch die gesteigerte Inanspruchnahme unserer Arbeits- plätze ist die Anschaffung von zwei neuen Paraflinöfen sowie zahlreicher Instrumente notwendig geworden. Dr. F. Haas und Prof. Dr. W. Kobelt haben unter Zu- grundelegung von Material aus unseren Sammlungen (Konchylien) wieder mehrere Arbeiten veröffentlicht. Es sei uns gestattet, an dieser Stelle auch allen Schenkern, die unser Museum mit Zuwendungen bedacht haben, unseren besten Dank auszusprechen. Wir haben zu nennen: Frau M. Arndt, W. Balzar, J. de Bary, K. Becker, H. Brock- meier-München-Gladbach, Förster L. Budde- Schwanheim, teverend A. Bullen-Tonbridge, Frau L. Gayard, Geheimrat Pe -C. Chun-Leipzig, S. Clessin-Regensburg, R. Collville, I. Dannacher, Ph. Dautzenberg-Paris, Dr. A. Dietz, G. Dotti-Lorch a. Rhein, Justizrat E. Dreves, W. Drory, Prof. L. Edinger, Dr. R. Ewald-Heidelberg, Frl. M. Fellner, A. Fischer-Paraguay, Prof. M. Flesch, Dr. C. Franz- Breslau, G. Funck, Dr. K. Gerlach, R. von Goldschmidt- Rothschild, Prof. V. Gredler-Bozen, Gerichtsassessor Gunze, F. Haag, B. Haas-Croydon, Dr. F. Haas, Lehrer Haas-Duala (Kamerun), K. Hagenbeck-Stellingen, Handels- museum, Gg. Hartmann-Niederhöchstadt, Sanitätsrat R. Hilbert-Sensburg, Prof. L. von Heyden, H. Jacquet, Dr. A. Jassoy, Dr. ©. F. Jickeli-Hermannstadt, W. Israel- Gera unterm Haus, J. Kilb - Skobeleff (Turkestan), Ingenieur F. Kinkelin-Daressalam, Prof. W. Kobelt-Schwanheim, A. Koch, Chr. Kopp, Prof. OÖ. Körner-Rostock, H. Krah- Schwan- heim, Chr. Krämer-Fechenheim, Tierarzt L. Lang, J. Lengle, Freiherr M. von Leonhardi-Großkarben, Prof. E. Marx, J. Menges-Buchschlag, Frau Dr. H. Merton-Heidel- berg, Dr. H. Merton-Heidelberg, Frau G. Müller, E. Müller, A. von Mumm-Tokio, E. von Mumm, Dr. M. Nassauer, Kommerzienrat R. de Neufville, Frl. E. Pfaff, K. Prior, Dipl. Ing. P. Prior, Landgerichtsdirektor H. Quincke, L.H. Reiss, Prof. F. Richters, Dr. F. Rintelen-Swakopmund, Ch. Roediger, Sanitätsrat E. Roediger, Frau J. Rolfes, Frau Prof. F. Römer, A. Schifferli-Sempach, städtische Schlachthausverwaltung, J. Seeth, Fr. Sommerlad, Sowerby & Fulton-Kew, Freiherr von Stein, Prof. OÖ. zur Strassen, E. Sulzbach, R. Ussher-Waterford, Prof. W. Voigt-Bonn, E. Weber, A. Weis, A. H. Wendt-St. Goar, F. W. Winter, Prof. E. Wüst-Kiel, Th. Zeltmann, Zoo- logischer Garten. Unsere Hausbibliothek, speziell die Separatensammlung, konnte durch die Einverleibung der umfangreichen Bibliotheken von Prof. Römer und Prof. Boettger in höchst erfreulicher Weise vergrößert werden. Weiteren Zuwachs verdanken wir den Schenkungen von E. Bastier, Justizrat F. Berg, Graf H. von Berlepsch, Prof. H. Bücking-Straßburg, Dr. C. Camerer-Urach, E. Caziot-Nizza, H. Dall-Washington, Ph. Dautzenberg-Paris, Dr. J. Dewitz-Metz, Prof. F. a a Doflein- Honfhen Hofrat H. Engelhardt-Dresden, Prof. M. er N E Flesch, Geheimrat H. Fresenius- Wiesbaden, Prof.M. Freund, R. Fritzsche, Dr. L. Germain-Paris, Prof. I. Z. Gilbert- Los Angeles, Dr. M. Gildemeister-Straßburg, Prof. V. Goldschmidt-Heidelberg, Prof. G. Greim-Darmstadt, Dr. F. Haas, Dr. H. Heerwagen-Nürnberg, Prof. L. von Heyden. K. Hofeneder-Innsbruck, ©. Hoffmann-Mexiko, Dr. Ch. Janet- Paris, Dr. P. Kammerer-Wien, Prof. C. B. Klunzinger- Stuttgart, Prof. A. Knoblauch, Prof. W. Kobelt-Schwanheim, F. Koenicke-Bremen, Dr. Ph. Lehrs-Stuttgart, K. Lind- holm, Baurat W. Lindley, Prof. OÖ. Maas-München, Dr. J. @G. de Man-lIerseke, Prof. L. von M&hely-Budapest, Dr. H. Merton-Heidelberg, Prof. Meunier-Antwerpen, Naturalien- kabinett-Stuttgart, Kommerzienrat R. de Neufville, Prof. A. Nieß-Mainz, Prof. H. Przibram-Wien, Dr. R. Richter, Sanitätsrat E. Roediger, Forstmeister Dr. A. Roerig, Dr. E. Rübenstrunk-Halle, Dr. P. Sack, Dr. R. Scharff- Dublin, Landesökonomierat A. Siebert, E. A. Smith-London, Geheimrat I. W. Spengel-Gießen, E. Strand-Berlin, Prof. O. zur Strassen, Prof. E. Stromer-München, H. Suter- Auckland, Dr. E. Teichmann, G. B. Teubner-Leipzig, Prof. G. Tornier-Berlin, Prof. W. Voigt-Bonn, städtisches Völker- museum, A. Weis, F.W. Winter und Dr. W. Wolters- torff-Magdeburg. 1. Säugetiere. Die prachtvollen Geschenke und Schauobjekte großer Säuger, die nunmehr unseren Lichthof zieren, konnte schon unser letzter Bericht erwähnen. Unsere Balgsammlung hat durch zahlreiche Geschenke von E. Sulzbach einen erheblichen Zuwachs er- halten. Außerdem verdanken wir ihm den mächtigen, prachtvoll montierten Kopf eines amerikanischen Elchhirsches. Wundervolle Gegenstücke hierzu bilden die Köpfe eines gewaltigen Kaflern- büffels und eines afrikanischen Nashorns mit riesigen Hörnern, Geschenke von R. von Goldschmidt-Rothschild. Eine sroße Anzahl von Objekten haben wir vom hiesigen Zoologischen (arten erworben. 2. Vögel. Unser Riesenalk (Plautus impennis) konnte durch voll- ständige Neubearbeitung zu einem hervorragenden Schaustück Eu a umgestaltet werden und bildet jetzt mit dem neu erworbenen Skelett dieses ausgestorbenen Vogels einen der Glanzpunkte unserer Schausammlung. Zahlreiche und wertvolle Zuwendungen stammen von R. von Goldschmidt-Rothschild, der von seiner Expedition nach dem Sudan als seltenstes Stück ein ausgefärbtes Exemplar von Balaeniceps rex mitgebracht hat (s. 8.1). H. Jacquet schenkte ebenfalls seine Jagdausbeute an Vögeln aus Nordafrika. Dem Sektionär R. de Neufville verdanken wir eine große Anzahl von Arten aus allen Erdteilen, die unserem Museum seither gefehlt haben. Ferner überwies uns das Handelsmuseum eine umfassende Kollektion von Vogelbälgen. A, von Mumm schenkte interessante Vertreter aus Formosa, J. Kilb solche aus Turkestan, Geheimrat Prof. ©. Chun aus den Südpolargebieten. Dr. H. Merton hat seine gesamte Vogel- ausbeute von den Aru- und Kei-Inseln dem Museum überwiesen, wodurch mehrere neue Arten und Unterarten in unseren Besitz gelangt sind. Auch durch Tausch und Kauf konnten zahlreiche, uns fehlende Arten erworben werden. 3. Reptilien und Amphibien. Durch den Tod des Sektionärs Prof. OÖ. Boettger hat diese Abteilung einen schweren Verlust erlitten. Bis in seine letzten Tage ist der Verstorbene unermüdlich mit der Bearbei- tung des zahlreich eingehenden Materials beschäftigt gewesen. Das von Dr. H. Merton auf den Südwestmolukken gesammelte Reptilien- und Amphibienmaterial ist von Dr. J. Roux in Basel bestimmt und bereits unseren Sammlungen überwiesen worden. Vom Zoologischen Garten erhielten wir aus dessen hervorragen- den Beständen als Geschenke und durch Kauf weiteren wert- vollen Zuwachs. Ingenieur F. Kinkelin verdanken wir zahl- reiche Vertreter aus Ostafrika. Durch die Vermittelung von Konsul W.Rolfes erlangte unser Museum eine wertvolle Kollektion von Reptilien aus Südafrika. 4. Fische. Lehrer H. Stridde begann unter Beihilfe von R. Bippert mit der Katalogisierung der wissenschaftlichen Fischsammlung. Die Sammlung der Süßwasserfische wurde von A. H. Wendt und F. W. Winter einer Revision unterzogen. Eine Kollektion ” ee interessanter Tiefseefische verdanken wir Geheimrat Prof. C. Chun-Leipzig. 5. Tunikaten. Von Dr. A. Reichard wurde uns eine große Sammlung gut konservierter Salpen aus der Nordsee geschenkt, 6. Mollusken. Dr. F. Haas setzte die Neuordnung der wissenschaftlichen Sammlungen fort, soweit dies bei dem Mangel an Schränken möglich war. Durch Kauf und Tausch gelangte eine große Zahl fehlender Arten in unseren Besitz. unter denen sich auch zahlreiche Typen und Kotypen befinden. Durch testamentarische Überweisung der großen Sammlungen Prof. OÖ. Boettgers hat sich der Umfang unserer Konchylienabteilung wiederum so ver- größert, daß dieser Zweig unserer wissenschaftlichen Sammlung bald eine führende Stellung unter den Museen einnehmen dürfte. Zugleich sind wir imstande, den ausgedehnten Tauschhandel aufrecht zu erhalten und ihn auch für die anderen Abteilungen immer mehr nutzbringend zu gestalten. Die neugegründete Zentralsammlung der Najaden hat ebenfalls durch zahlreiche Zuwendungen große Fortschritte zu verzeichnen. 7. Insekten. Die Sektionäre Prof. L. von Heyden. A. Weis, Dr. J. Gulde, Dr. P. Sack und E. Müller haben sich im ver- gangenen Jahre vor allem der Aufgabe unterzogen, aus unseren umfassenden Sammlungen eine Auswahl der schönsten und inter- essantesten Vertreter der Insektenwelt für die Schausammlung auszuwählen. Sodann wurde das von Dr. J. Elbert auf den Molukken und von Dr. E. Wolf in der Südsee gesammelte Material präpariert und, soweit es nicht hier bearbeitet werden kann, einzelnen auswärtigen Spezialisten zur Bestimmung über- geben. Im übrigen haben alle Abteilungen durch Geschenke, Kauf und Tausch weiteren Zuwachs erhalten. 8. Krustazeen. Durch Dr. A. Sendler wurde eine vollständige Neu- ordnung und Etikettierung der Dekapodensammlung nach dem System Boas-Ortmann vorgenommen und zugleich ein Zettel- katalog angelegt. Die Bearbeitung der von Dr. Elbert und ur Dr. Wolf gesammelten Dekapoden konnte nahezu abgeschlossen werden, so daß im Lauf des kommenden Jahres das gesamte unbestimmte Material eingeordnet werden kann. Interessante Tiefseeformen verschiedener Krustazeen verdanken wir dem Leiter der Deutschen Tiefsee-Expedition, Geheimrat Prof. C. Chun-Leipzig. l 9. Arachnoiden und Myriopoden. Nachdem E. Strand die Bestimmung des reichhaltigen Materials aus den Expeditionen von Dr. Elbert, Dr. Merton und Dr. Wolf abgeschlossen hat, konnte an die wissenschaft- liche Aufstellung unserer gesamten Spinnensammlung gegangen werden. Dank der Unterstützung durch einige unserer frei- willigen Mitarbeiterinnen ist es in wenigen Wochen gelungen, die ganze Sammlung zu etikettieren und einzuordnen, sowie einen Zettelkatalog anzufertigen. Zahlreiche uns fehlende Arten deutscher Spinnen wurden dem Museum von Prof. zur Strassen geschenkt. Dr. I. Carl-Genf übernahm die Bearbeitung unseres unbestimmten, reichhaltigen Diplopodenmaterials, so daß im nächsten Jahr die Aufstellung dieser Abteilung in Angriff ge- nommen werden kann. 10. Würmer. Von einigen Bandwürmern abgesehen, ist der Zuwachs dieser Abteilung, die einer gründlichen Neuordnung bedarf, nur unbedeutend gewesen. 11. Echinodermen. Im Tausch gegen Schnecken erlangten wir vom Museum Cambridge U. S. A. ungefähr 150 Arten aus den verschiedenen Gruppen der Echinodermen. 12. Coelenteraten. Ein großer Teil des von Dr. Merton gesammelten Materials, bearbeitet von Prof. W. Kükenthal-Breslau, konnte nunmehr in unsere Sammlungen eingereiht werden. Frl. E. Pfaff sammelte in Rovigno einige hervorragende Schaustücke von Schwämmen für das Museum. 13. Protozoen. Die von Frau M. Sondheim fortgesetzten Protozoen- studien an Schlammkulturen hatten sehr günstige Ergebnisse auf- zuweisen. Neben einer großen Anzahl seltener Formen konnten auch einige neue Arten festgestellt werden. Daß auch unsere SENT ie — heimatlichen Gewässer ein überaus dankenswertes Arbeitsfeld darbieten, geht aus der Untersuchung eines Teiches im Palmen- garten hervor, in dem im Verlauf von drei Wochen über 80 Arten verschiedener Protozoen beobachtet werden konnten. 14. Vergleichende Auatomie. Die Anfertigung von anatomischen Präparaten durch Frau M. Sondheim beschränkte sich in der Hauptsache auf die für die Vorlesungen notwendigen Objekte. Der Tätigkeit von E. Cnyrim verdanken wir eine Anzahl feinerer Skelettpräparate. Durch unsere Konservatoren gelangten in der Schausammlung die Skelette eines Pferdes, des indischen Nashorns, sowie des noch von Rüppell stammenden, nunmehr vollständig neu be- arbeiteten Flußpferdes, wie auch die mehrerer Vögel und Reptilien zur Aufstellung. Auch unsere Geweihsammlung hat durch her- vorragende Geschenke einen wünschenswerten Zuwachs erhalten. Die Katalogisierung der Schädelsammlung (1400 Nummern) durch E. Creizenach ist abgeschlossen worden. Die gesamte Kartothek wurde in dankenswerter Weise von der Firma H. Zeiß als Geschenk überwiesen. 15. Mikroskopische Präparate. Die Abhaltung eines zootomischen und eines histologischen Kurses hat die Anfertigung einer großen Anzahl neuer Präparate notwendig gemacht, die wir unseren bewährten Mitarbeiterinnen auf diesem Gebiete Frau L. Cayard und Frl. E. Pfaff ver- danken. 1I. Botanische Sammlung. In der Schausammlung ist die neue Aufstellung der Haupt- sache nach zu Ende geführt. Das Herbarium hat wie früher durch eigene Sammlungen, Tausch und Kauf zugenommen. An den Arbeiten im Museum beteiligte sich wiederum (. Koch als freiwilliger Mitarbeiter in dankenswerter Weise. Außerdem hat vor kurzem Dr. Schenck angefangen, die Kryp- togamen des Herbariums neu zu ordnen. Seit dem 1. Oktober ist von der Administration der Dr. Senckenbergischen Stiftung der Hilfsarbeiter Fritz Schell zur Erledigung der mehr mechanischen Arbeiten angestellt worden. ar :, - Gutachten und Bestimmungen wurden in größerer Zahl ausgefertigt. Prof. Gilg-Berlin erhielt auf seinen Wunsch den Faszikel der Vitaceen aus dem Herbarium zur Durchsicht. Geschenke an Pflanzenmaterial, Präparaten, getrockneten Pflanzen, Abbildungen und Literatur gingen ein von Prof. H. Bruchmann-Gotha, Assessor H. Cunze, M. Dürer, Ge- heimrat Prof. P. Ehrlich, L. Hallbach, Handelsmuseum, G. Hartmann-Niederhöchstadt, Prof. L. von Heyden, Prof. A. Knoblauch, Prof. W. Kobelt-Schwanheim, Chr. Kopp, Freiherr M. von Leonhardi-Großkarben, Prof. E. Marx, Dr. H. Merton-Heidelberg, Palmengarten, Kgl. Pomo- logisches Institut-Proskau, Dipl.-Ing. P. Prior, Sanitätsrat E. Roediger, Dr. H. Roß-München, Geheimrat Prof. H. Schenck-Darmstadt, G. Schepeler, Obergärtner Schmidt, Gebrüder Siesmayer, Smithsonian Institution- Washington, Fr. Sommerlad, Frau M. Sondheim, G. Vömel, Prof. H. de Vries-Amsterdam, OÖ. Weigel-Leipzig, G. Wendlich, Dr. H. Winkler- Tübingen, Dr. E. Wolf. Allen Spendern sei auch an dieser Stelle der beste Dank für ihre Geschenke aus- gesprochen. Darunter ist vor allem erwähnenswert die Samm- lung von Drogen, die bei der Auflösung des Handelsmuseums an das Botanische Institut fielen: es waren etwa 450 Gläser mit Drogen und außerdem Hölzer, Fasern und andere Drogen, wovon das meiste vorläufig magaziniert werden mußte. Aus dem Material wurde von jeder Probe ein Teil an Prof. H. Becker (Akademie für Sozial- und Handelswissenschaften) ab- gegeben, während wir aus den Gläsern, die der Akademie zu- gefallen waren, einen Teil des Materials erhielten. Von be- sonderem wissenschaftlichem Wert ist die Schenkung von Prof. Bruchmann-Gotha: Prothallien von Lycopodium amnotinun, elavatum, complanatum und Selago in kunstvoller, eigener Montie- rung und ebenso Prothallien von Ophioglossum vulgatum und botrychium lunaria, die nur noch zwei Universitätsinstitute be- sitzen. ©. Koch schenkte sein Privatherbarium von 27 Faszikeln für den Handgebrauch im Institut. Auch 55 photographische Aufnahmen, die G. Vömel vom alten botanischen Garten und dem Transport des Eibenbaumes gemacht und geschenkt hat, seien hier hervorgehoben; sie sind in einem eigenen Album vereinigt worden. Aus dem Nachlaß Prof. Boettgers wurden 5 er der Sektionsbibliothek die Schriften botanischen Inhalts über- wiesen. | Angekauft wurden aus den Mitteln der Administration: seltene Herbarpflanzen (ca. 150 Stück) von H. Kaulfuß- Nürnberg, Pilzgallen von antarktischen Buchen aus dem Feuer- land von Baron Dr. von Schrenck-Leipzig (s. 8.7) und 10 Kursmikroskope. Durch Kauf und Tausch erwarb das Her- barium 26 Exemplare von OÖ. Leonhardt-Nossen und 119 Exemplare von Prof. Schinz-Zürich. Auch von uns wurde einiges Material an Institute und Fachgenossen abgegeben. Das Laboratorium wurde, abgesehen von den regelmäßigen Kursen, zu mikroskopischen Arbeiten von stud. rer. nat. Hirsch, stud. rer. nat. Rawitscher und Dr. Schenck benützt. III. Paläontologisch-geologische Sanımlung. Die Haupttätigkeit war wiederum der Schausammlung gewidmet; größere Teile derselben sind in vollständiger Um- arbeitung begriffen, die noch mehrere Monate dauern wird. Die Durcharbeitung der wissenschaftlichen Sammlung tritt zunächst gegen diese Arbeiten zurück, bis die Neuordnung der Schausamm- lung ihrer Vollendung näher gerückt ist; immerhin können in einer Reihe von Abteilungen gute Fortschritte verzeichnet werden. Sammlungsmaterial wurde zur wissenschaftlichen Bearbei- tung resp. Bestimmung ausgeliehen an: Prof. W. Benecke- Straßburg (Ceratites ci. complanatus Ph. aus dem Muschelkalk von Bayreuth), Prof. J. Böhm-Berlin (Gryphaeen und Exogyren aus Andishan, Russ. Asien), Dr. I. Dacqu&-München (Schild- kröten aus dem Eozän Ägyptens), Prof. H. Engelhardt- Dresden (Pflanzen aus der Kieselguhr von Altschlirf, von Flörs- heim und Spitzbergen), cand. geol. Glässner-Marburg (das ganze Material aus dem Jura und Keuper von Eisenach, K. v. Fritsch S. G. 1879), Prof. A. Handlirsch-Wien (die Insekten des Solnhofener Plattenkalks), C. Joos- Stuttgart (die Pupa- Arten aus dem Oligozän und Untermiozän des Mainzerbeckens), Dr. K. Mordziol-Aachen (das ganze Oligozän und Miozän von Bordeaux), Prof. P. Oppenheim-Berlin (einige Petrefakten aus dem Eozän der Schweiz), Prof. M. Schlosser-München (Raubtierreste von Samos, Lophiomeryx aus dem Osthafen), Dr. Ba are A. Schmidt-Stuttgart (Zweischaler aus dem Perm von St. Wendel, gesammelt auf der Pfingstexkursion 1910), Dr. J. Schuster-Berlin-Dahlem (Securidaca aus dem HKozän des Fajüm), Prof. H. Seupin-Halle (die Fische aus der Trias der Lombardei), cand. geol. W. Soergel-Freiburg (Molaren von Elephas antiguus und meridionalis aus Mosbach), Dr. H. Stehlin- Basel (Lophiomeryx und Rhinoceros aus dem Cyrenenmergel des Osthafens), Prof. A. Steuer-Darmstadt (Melania escheri und andere Formen aus dem Mainzer Tertiär), Prof. E. Stromer- München (Janassa aus dem Kupferschiefer), G. Ulmer-Ham- burg (die Trichopteren aus dem baltischen Bernstein), Prof. D. Verbeek-Haag (Gesteine und Protozoen von der Expedition Dr. Mertons) und Privatdozent Dr. A. Wanner-Bonn (Rät- fossilien von Sumatra). Folgende Publikationen behandeln ganz oder teilweise Material aus dem Museum: G. de Alessandri, Studi sui pesci triasici della Lom- bardia. Soc. ital. di Scienc. natural. e Museo civico di storia naturale di Milano. Mem. Vol. VII, Fasec. I, 1910. K. Andre&e, Zur Kenntnis der Ürustaceengattung Arthro- pleura Jordan etc. Palaeontographica Bd. 57, S. 67 — 103, BarlV; V. E. Dacqu&, Dogger und Malm aus Ostafrika. Beitr. zur Pal. und Geol. von Oesterreich-Ungarn und dem Orient, Bd. XXIL. F. Haas, Die Najadenfauna des Oberrheins vom Diluvium bis zur Jetztzeit. Abhandl. Senckenb. Naturforsch. Gesellsch. 1910 Bd. 32, S. 141 — 177, Taf. XIII— XV. F. Schöndorf, Paläozoische Seesterne Deutschlands. Il. Die Aspidosomatiden des deutschen Unterdevon. Palaeonto- graphica 57, S. 1— 66, Taf. I— II. A. Steuer, Die Gliederung der oberen Schichten des Mainzerbeckens und ihre Fauna. Notizblatt des Vereins für Erdkunde in Darmstadt, 4. Folge Heft 30, 1910. A. Till, Die Ammonitenfauna des Kelloway von Villany (Ungarn). Beitr. zur Pal. u. Geol. von Oesterreich-Ungarn etc. Bd. XXXIHI, S. 175 — 199 (Geolog. Teil). Nachstehend aufgezählte Persönlichkeiten haben durch ihre Geschenke dazu beigetragen, daß die paläontologische Sammlung im verflossenen Jahre ganz außerordentlich stark gewachsen 5* s —68 — ist: Ingenieur A. Askenasy, Dr. R. Askenasy, Direktor J. Becker-Valencia, L. Bergstedt-Winborg, O.R. C. (Kap- kolonie), Prof. OÖ. Boettger, Rektor I. Boll, Geh. Kom.-Rat O. Braunfels, Bergingenieur W. Breitenstein-Üonstantine (Algier), Ingenieur H. Bückling, W.Chelius, E. Creizenach, Lehrer P. Dohm-Gerolstein, OÖ. Emmerich, Forstrat A. Eule- feld-Lauterbach, Dr. E. Foucar-Elm, Geh. Kom.-Rat Dr. L. Gans, P. Gärtner, Bauunternehmer A. Glock-Rödelheim, Bankdirektor A. von Gwinner-Berlin, Dr. F. Haas, Stadt- gartendirektor E. Heicke, Rektor A. Henze, A. Herget, H. Herxheimer, Pfarrer Heß-Feuertal (Unterfranken), Direktor I. Heußler-Stuttgart, Mittelschüler K. Jung, Pfarrer H. Kahl, Präparandenlehrer Kauth -Fritzlar, Dr. P. Keßler- Saarbrücken, J. Kilb-Skoboleff (Turkestan), W. Kirch, Prof. W. Kobelt-Schwanheim, Dr. F. König-München, Prof. I. Koto-Tokio, Friedensrichter Lamort-Wiltz, I. Langeloth- New York, R. Leußler, Dr. G. Lorentz-Höchst, Dr. A. Lotichius, Dr. H. Merton-Heidelberg, Baurat H. Lindley, Bildhauer A. Pallenberg-Hamburg, Oberaufseher Prochaski, Lehrer W. Reitemeyer-Goslar, Staatsrat OÖ. Retowski-St. Petersburg, Prof. P. Richter-Quedlinburg, Prof. F. Richters, Frau J. Rolfes-Sachs, Konsul W. Rolfes-Port Elizabeth, H. Roos, J. H. Schiff-New York, H. Schmidt- Elberfeld, G. Schönwald, Eisenbahnsekretär F. Sperling, M. Stern, Zimmermeister ©. Strunz-Bayreuth, städt. Tiefbauamt, Frau von Trenkwald, Frl. B. Türk, E. Türk-London, Frau Baron G. de Vinck-Chateau La Hooghe bei \Ypres, Frau Bau- meister OÖ. Vollmar, Direktor I. Wankel, A. H. Wendt- St. Goar, Baron Wolff-Bonn, Dr. H. Yabe-Tokio und Bau- meister R. Zieger-Rödelheim. 1. Säugetiere und Vögel. Der Zuwachs stammt aus dem Tertiär der Umgegend, von Süddeutschland, Frankreich, Ungarn, Samos und Nordamerika, dem Diluvium der Umgegend, von Süddeutschland, Irland, Nord- amerika und Neuseeland. Als besonders wertvoll sind hervor- zuheben: ein Skelett von Mastodon americanus Kerr, das von I. Langeloth und J. H. Schiff in New York geschenkt wurde (s. S.13), ein Skelett von Smilodon californicus Merriam, a eine überaus wertvolle Gabe von Dr. A. Lotichius, ein Schädel von Cervus (Megaceros) hibernicus Owen $, geschenkt von Frau J. Rolfes-Sachs, sowie die Stirn mit den Horn- zapfen von Bos primigenius Boj., geschenkt von Direktor I. F. Heußler in Stuttgart. Gekauft wurde ein prachtvolles, fast ganz komplettes Skelett von Halitherium aus dem Rupelton von Flörsheim, sowie zwei hervorragend schöne Serien von Säuge- tierresten aus dem Unterpliozän von Samos und den Phosphoriten des Quercy. Als dauernde Leihgabe stellte O0. Emmerich seine .mit großer Mühe erworbene, sehr wertvolle Sammlung von Säugetierresten aus dem Mainzerbecken dem Museum zur Verfügung. Frl. cand. med. M. Türk präparierte in den aka- demischen Ferien eine Anzahl Wirbeltierreste von Samos. 2. Reptilien und Amphibien. Die Neuerwerbungen stammen aus der Trias von Süd- deutschland und Ungarn, dem Jura von Süddeutschland und England, der Kreide von Belgien und Nordamerika, sowie dem Tertiär der Umgegend, von Öberitalien und Nordamerika. Die wertvollsten Geschenke sind ein wundervoll erhaltener Mystrio- saurus aus dem Lias von Holzmaden und zwei schöne Schild- kröten aus dem Tertiär des Monte Viale und aus Dakota, Geschenke von Bankdirektor A. von Gwinner-Berlin. zwei sich er- gänzende T'riceratops-Schädel aus der oberen Kreide von Montana, die ersten, die auf den europäischen Kontinent gelangt sind, Geschenke von Geh. Rat OÖ. Braunfels, sowie der Gipsabguß eines der Brüsseler Prachtskelette von I/guanodon, dessen Er- werbung durch einen ungenannten Gönner ermöglicht worden ist. Tierbildhauer Pallenberg-Hamburg und Dr. König-München schenkten je eine große Rekonstruktion von Diplodocus. Angekauft wurde eine Anzahl Reptilreste aus dem Muschelkalk. 3. Fische. Das neue Material stammt aus dem Devon der Rhein- lande, dem Perm des Saargebietes, der Trias von Südafrika, dem Jura von Süddeutschland, der Kreide von Norddeutschland und England und dem Tertiär der Umgegend. Besonders die prachtvollen Geschenke aus dem oberen Jura von Solnhofen und Nusplingen sind hervorzuheben: so schenkte Bankdirektor BR re A. von Gwinner eine herrliche Sguatina und einen riesigen Lepidotus maximus (Länge 1,70 m) von außergewöhnlich guter Erhaltung, A. H. Wendt eine große Platte mit etwa 40 Leptolepis und E. Creizenach einen Aspidorhynchus von 1,25 m Länge. Eine prachtvolle Platte mit zahlreichen Semionotus capensis Woodward aus der Trias Südafrikas erhielt das Museum durch Vermittelung von Konsul W. Rolfes-Port Elizabeth als Ge- schenk von L. Bergstedt-Winborg O0. R. C., eine schöne Platte mit tertiären Süßwasserfischen von Teruel in Spanien durch Direktor J. Becker- Valencia. | 4. Mollusken. Der Zuwachs stammt aus dem Devon der Rheinlande und von Nordamerika, dem Perm der Saargegend, der Trias von zahlreichen Orten Mitteldeutschlands und aus den Alpen, dem Jura von Süd- und Westdeutschland und England, der Kreide von Nord- und Ostdeutschland, den Alpen, England und Russisch Asien, dem Tertiär von Deutschland, Belgien, Frankreich, Ungarn, der Krim und von Südafrika, sowie dem Diluvium von Nord- deutschland. Hier muß an erster Stelle die Sammlung des ver- storbenen Prof. OÖ. Boettger genannt werden, die mit ihren Hunderten von Typen wohl die großartigste Erwerbung dar- stellt, die die wissenschaftliche Sammlung seit ihrem Bestehen gemacht hat. Mit ihrer Durcharbeitung werden Dr. E. Helgers und Frl. B. Türk für Monate beschäftigt sein. Sodann verdienen besonders folgende Geschenke Hervorhebung: eine ausgesuchte Kollektion aus den pontischen Schichten der Krim von Staatsrat O0. Retowski-St. Petersburg, sowie eine Anzahl prächtiger großer Schaustücke von Bankdirektor A. von Gwinner-Berlin und Dr. P. Keßler-Saarbrücken. Frl. E. Fellner war bei der Neukonservierung der Konchylien aus dem Offenbacher Hafen behilflich, Rektor A. Henze widmete seine freie Zeit den Mollusken der Kreide, Schüler H. Herxheimer beschäftigte sich besonders mit dem zeitraubenden Aussuchen einer großen Menge Sandes von Waldböckelheim. 5. Arthropoden. Neues Material wurde aus dem Cambrium und Silur Böhmens, dem Devon der Rheinlande, dem Carbon von England, der Trias a age von Westdeutschland, dem Jura von Süddeutschland und dem Tertiär von Norddeutschland eingereiht. Unter der eifrigen Tätigkeit von Dr. R. Richter entwickelt sich diese Abteilung in erfreulicher Weise. 6. Brachiopoden einschließlich Bryozoen und Würmer. Der Zuwachs stammt aus dem Cambrium von England, dem Devon der Rheinlande und von Nordamerika, der Trias von Süd- und Westdeutschland und dem Tertiär der Alpen. Von der wertvollen, mit Genehmigung der Kgl. Eisenbahn- direktion bei Miellen an der Lahn gesammelten Suite konnten die ersten Tauschsendungen abgetrennt werden. 7. Eehinodermen. Die Neuerwerbungen stammen aus dem Silur von Nord- amerika, der Trias von Deutschland, dem Jura von Süddeutsch- land und der Schweiz und dem Tertiär Norddeutschlands. Mehrere prachtvolle Pentacrinus-Stücke aus dem Lias von Holz- maden, Geschenke von Bankdirektor A. von Gwinner-Berlin und ausgezeichnete Ophiurenplatten aus dem Muschelkalk Ober- schlesiens verdienen besonders hervorgehoben zu werden. 8. Coelenteraten. Es wurden Ergänzungen aus dem Devon der Rheinlande und von Nordamerika, sowie der Kreide von Norddeutschland und Frankreich eingereiht. Bankdirektor A. von Gwinner schenkte eine hervorragend schöne Platte mit Hydnoceras bathense Hall et Clarke aus dem Oberdevon Nordamerikas. 9. Protozoen. Die neuen Stücke stammen aus der Ausbeute Dr. H. Mertons und wurden von Dr. Verbeek bestimmt; außerdem schenkte Dr. H. Yabe-Tokio zwei große Platten von Fusulinen- und Schwagerinenkalk aus dem japanischen Carbon. 10. Pflanzen. Der Zuwachs stammt aus dem Carbon von Westfalen und" Böhmen, der Kreide von Quedlinburg, sowie dem Tertiär von Nordamerika und Spitzbergen. ae 11. Lokalsammlung. Durch regelmäßige Ankäufe und zahlreiche Geschenk& hat sich die Zahl der Fossilien aus dem Mainzerbecken stark vermehrt. Viele Mammutreste von Heddernheim, Rödelheim und Sossenheim, sowie andere diluviale Tiere von den gleichen Fund- orten und von Mosbach, Weilbach, dem Osthafen und anderen Orten konnten eingereiht werden. Im Tertiär verdienen be- sondere Hervorhebung Wirbeltierreste von mehreren Orten des Mainzerbeckens (Flörsheim, Mainz, Osthafen, Messel, Vogels- berg etc.), sowie Konchylien von verschiedenen Lokalitäten. Sehr reich war der Zuwachs der Flora; Frl. B. Türk und Frl. B. Henschel sammelten die Braunkohlenflora von Geiß- nidda, M. Stern brachte fortlaufend Neuaufsammlungen, Forst- rat A. Eulefeld-Lauterbach schenkte eine sehr gute Serie von Kieselguhrpflanzen von Altschlirf, und Prof. H. Engelhardt bestimmte wie alljährlich mit größter Freundlichkeit diese, sowie die übrigen Neueingänge. Weiter verdient die mühevolle Mit- arbeit von Frau J. Zinndorf-Offenbach hervorgehoben zu werden, die die stark zertrümmerten Schildkrötenpanzer aus dem ÖOsthafen zusammensetzte, und endlich muß auch in diesem Jahre wie stets, die freundliche Unterstützung des städtischen Tiefbauamtes mit bestem Danke genannt werden. 12. Allgemeine Geologie. Eine größere Anzahl von Photographien zur Demonstration geologischer Vorgänge wurde angekauft. 13. Praktische Geologie. Dr. E. Naumann ist mit Unterstützung von Bergingenieur Blumental damit beschäftigt, einen Teil seiner wertvollen Erzstufensammlung in unserer Schausammlung aufzustellen. Durch das freundliche Entgegenkommen von über 40 deutschen Ton-, Chamotte- und Zement-Werken war es möglich, eine recht vollständige Sammlung der praktisch verwendbaren Tone Deutschlands ohne Kosten zu erwerben, die später aufgestellt werden wird. Die Sektionsbibliothek wurde ganz besonders durch die Bibliothek des verstorbenen Prof. OÖ. Boettger auf eine gute Höhe gebracht. Die Literatur über tertiäre Konchylien ist Samen wohl komplett durch Separatabdrücke und Sammelwerke ver- treten. Hervorzuheben ist die Hilfe von Frau Konsul J. Rolfes- Sachs, die eine große Zahl von Wandtafeln für die paläonto- logische Vorlesung gemalt hat. In gleicher Richtung arbeitete an einigen lagen Frl. B. Türk, so daß eine wesentliche Ver- mehrung des Anschauungsmaterials erreicht wurde. IV, Mineralogisch - petrographische Sammlung. Berginspektor K. Müller hat jetzt eine große Anzahl von Stufen aus der Keßlerschen Sammlung etikettiert und der wissenschaftlichen Sammlung eingereiht; auch der ansehnliche Rest ist z. T. geordnet. Der Sektionär erledigte die laufenden Geschäfte. Geschenke sind zu verdanken den Herren Direktor Blumen- tal, Oberlehrer Brasching, Ing. W. Breitenstein, M. Cohn, E. Creizenach, K. Fischer, Bankdirektor A. von Gwinner-Berlin, Handelsmuseum, Rektor A. Henze, Prof. Hornstein-Kassel, L. Koch, Friedensrichter Lamort-Wiltz, Geh. Bergrat H. Loretz, Dr. K. Mordziol-Aachen, L. Pfeiffer, Dipl.-Ing. P. Prior, Staatsrat O. Retowski-St. Petersburg, Prof. W. Schauf, Dr. Stephani, Chr. Strunz und A. H. Wendt-St. Goar. Unter den von den genannten Schenkern gütigst über- wiesenen, z. I. sehr wertvollen Stücken zeichnen sich wiederum die zahlreichen und kostbaren Zuwendungen A. von G winners aus. William T. Brigham-Honolulu schenkte sein Werk „Ihe Volcanoes of Kilauea and Mauna Loa“, Honolulu 1909. Gekauft wurden einige Mineralien und eine Bückingsche Presse zur Demonstration des optischen Verhaltens der Kristalle unter dem Einfluß des Druckes. Oskar Boettger. Mit Porträt und 3 Abbildungen von Wilhelm Kobelt. Kaum waren die Jungens nach dem Schellen zur Pause in den Schulhof geeilt, so war Oskar Boettger von der jubelnden Schar seiner Schüler umringt. Der eine brachte ihm eine seltene Raupe, einen Schmetterling oder Käfer zum Be- stimmen, der andere ein Vogelnest mit Eiern, eine unbekannte Pflanze oder merkwürdige Versteinerung; für jeden hatte der Allbeliebte freundliche Worte der Belehrung, und mancher Knabe erhielt von ihm als Anerkennung für seinen Sammeleifer und als Ansporn zu weiterem Sammeln kostbare Naturalien oder eine seltene Briefmarke zum Geschenk. Und war der Unter- richt beendet, so war es für die Schüler eine Freude, den Lehrer noch ein Stück auf dem Heimweg zu begleiten und Aufklärung über mancherlei Dinge erbitten zu dürfen, die sie auf ihren Streifzügen durch Wald und Flur gesehen und beobachtet hatten. An schulfreien Nachmittagen aber führte Boettger gewöhnlich einmal in der Woche seine Buben selbst hinaus zum Buchrain- weiher, an die Grastränke, in den Schwanheimer Wald, wo den Vogelstimmen gelauscht, allerlei Getier gejagt, Pflanzen ge- sammelt und bestimmt wurden, und wo die Jugend durch Oskar Boettger vor allem trefiliche Anleitung zu biologischer Beob- achtung empfing. Seine Lehrmethode paßte in kein schulgerechtes Schema, war auf Massendrill und Revisionstechnik nicht zugeschnitten, und doch war Boettger ein Lehrer von Gottes Gnaden, der Pf. Bochge 31. III. 1844 — 25. IX. 1910. EN, seinen Schülern insgesamt die Liebe zur Natur eingepflanzt und viele von ihnen zum ernsten Studium der Naturwissenschaften angeregt hat. Die feinsinnige Naturbeobachtung, die sein Leben erfüllt und seine Arbeiten ausgezeichnet hat, mag ein Erbteil seines Vaters gewesen sein, des großen Chemikers Rudolf Boettger, der die Schießbaumwolle entdeckt und die phosphorfreien Sicher- Cu I; AILE» TIri Tan „ak 0) AN v > £ Oskar Boettger im Jahre 1862. heitszündhölzchen erfunden hat. Im trauten Elternhaus hat der Knabe jederzeit eine verständnisvolle Förderung seiner Neigungen gefunden, die sich schon in früher Jugend der heimatlichen Natur, dem eifrigen Sammeln von Tieren, Pflanzen und Steinen zuwandten. Als Primaner des hiesigen Gymnasiums besuchte er die naturgeschichtlichen Vorlesungen unserer Gesellschaft und der Dr. Senckenbergischen Stiftung, und hier war es in erster Linie Otto Volger, der spätere Begründer des Freien Deut- schen Hochstiftes, dessen begeisternde Vorträge über Geologie und ” Paläontologie Boettger bestimmten, sich auf den praktischen Hüttendienst vorzubereiten. Im Jahre 1863 bezog er die Bergakademie zu Freiberg und studierte dort bis 1866; doch wollte es ihm bei den da- maligen politischen Verhältnissen nicht gleich gelingen, an einer inländischen Hütte eine passende Stellung zu finden. So nahm er 1867 zunächst an einer Privatschule zu Offenbach und 1868 an der dortigen Realschule eine Stelle als Naturgeschichtslehrer an. Dies war der entscheidende Schritt in seinem Leben, der seiner weiteren Laufbahn die Richtung gab. Fünf Jahre hat Boettger diese Stellung bekleidet, und noch spürt man im naturwissenschaftlichen Leben Öffenbachs die Nachwirkung seiner anregenden Tätigkeit. Während dieser Zeit hat er am 12. Oktober 1869 an der Universität Würzburg den Doktorgrad der philosophischen Fakultät erworben und am 7. Dezember 1872 zu Gießen das vorgeschriebene Examen für die Aspiranten des Gymnasial- und Realschul-Lehramts bestanden. Damit war die Balın für seinen Übertritt in den Frankfurter Schul- dienst frei, und schon am 1. Oktober 1873 wurde er als Lehrer der beschreibenden Naturwissenschaften an der hiesigen Muster- schule angestellt. Noch während seines Offenbacher Aufenthaltes war Boettger am 22. Januar 1870 durch seine Ernennung zum korrespondierenden Mitglied in enge Beziehungen zur Sencken- bergischen Naturforschenden Gesellschaft getreten, und kurze Zeit nach seiner Übersiedelung nach Frankfurt wurde er am 6. Dezember 1873 zum arbeitenden Mitglied gewählt. 1874 übernahm er die paläontologische Sektion des Museums, im Juli 1875 auch die Sektion für Reptilien und Amphibien. In den Jahren 1874 und 1875 wurde ihm die Abhaltung der wissen- schaftlichen Vorlesungen über Geologie und Paläontologie über- tragen. Aber nur wenige Jahre war es Boettger beschieden, an der Musterschule und in unserer Gesellschaft in voller Gesund- heit zu wirken. Am 10. Juni 1876, am Tage unserer Jahres- feier, der er noch beigewohnt hatte, fühlte er sich auf dem Wege vom Museum zum Zoologischen Garten plötzlich unwohl und war genötigt, nach Hause zu gehen. Es war sein letzter Ausgang für viele Jahre. Im Anschluß an einen akuten Gelenk- ra rheumatismus traten Herzbeschwerden auf, und als diese ge- schwunden waren, blieb ein nervöses Leiden (Agoraphobie) zurück, das es ihm unmöglich machte, sein Haus und dessen nächste Umgebung zu verlassen. Da keine Aussicht auf Wieder- genesung vorhanden schien, erfolgte am 15. Februar 1878 seine Pensionierung. Aber nur für Schule und Lehramt hatte sie Geltung. Seine wissenschaftliche Tätigkeit hat gerade in dieser Zeit freiwilligen Hausarrestes, in der er durch keinerlei Berufsarbeit abgelenkt war, ihren höchsten Aufschwung genommen. In dichte Rauch- wolken gehüllt, die lange Pfeife im Munde, saß der emsige Forscher am „naturhistorischen Eckfenster* seiner Gartenstube am Schreibtisch, auf dem ein prächtiger Kater ruhte. Allerlei lebendes Getier, Kanarienvogel, Laubfrosch und Gecko, waren seine Stubengenossen. Vor ihm aufgetürmt standen Kisten und Kästchen mit Schnecken, Spiritusgläser mit Schlangen, Eidechsen, Salamandern und Fröschen aus aller Herren Länder. Und da- neben lag ein Haufen von Briefen und Postkarten seiner zahl- reichen wissenschaftlichen Korrespondenten mit den seltensten ausländischen Briefmarken, deren Anblick das Herz seiner be- suchenden früheren Schüler mit Freude und Sehnsucht erfüllte. Kein Wunder, daß Boettger selbst zu einem eifrigen Brief- markensammler wurde. Und diese Liebhaberei ist ihm schließ- lich zum größten Segen geworden. Die einzige, ihm aus der Serie der Jubiläumsmarken der Vereinigten Staaten vom Jahre 1893 noch fehlende 5 $-Marke hatte sein Neffe von Amerika mitgebracht und ihm zu schenken versprochen, falls er sich selbst die Marke aus des Neffen Wohnung holen würde. Das leidenschaftliche Verlangen nach dem Besitz dieser Seltenheit hat Boettger die Kraft gegeben, seine Zwangsvorstellungen erfolgreich zu bekämpfen: er hat sich die Briefmarke geholt, !) und mit einem Schlag war der Bann gebrochen, der ihn 18 Jahre lang ans Haus gefesselt hatte. Schon in den nächsten Tagen besuchte er seine erstaunten alten Freunde, machte Ausflüge nach dem Taunus, und wenige Wochen später trat er eine große Reise nach Ungarn und Siebenbürgen an, um brieflich angeknüpfte Beziehungen zu dortigen Gelehrten enger zu pflegen. !)am 15. August 189. 2 — 80 — Während seines langen Einsiedlerlebens hat es Boettger an Besuchen nicht gefehlt, und in ‚wenigen Häusern mag ein ähnlich lebhafter Verkehr von Naturforschern aller Zweige ge- herrscht haben wie in der stillen Nebengasse der Seilerstraße und im Hause Nr. 6. Kollegen und Freunde und seine zahl- reichen alten Musterschüler waren regelmäßige Besucher, und manche Partie Schach, die er mit ihnen gespielt hat, war ihm eine liebe Erholung in ernster Forscherarbeit. Mit unermüd- Rast im Walde. lichem Fleiß ordnete er von seinem Schreibtisch aus die Reptilien- und Amphibiensammlung des Senckenbergischen Museums, und es ist ein beredtes Zeugnis für seinen Ordnungssinn wie für sein ungeheueres Gedächtnis, daß er jedes einzelne der vielen tausend Gläser mit Präparaten, die er sich in jahrelanger Arbeit vom Museum in seine Wohnung holen und wieder dorthin zurück- bringen ließ, auf den ersten Griff am rechten Platz zu finden wußte, als er selbst endlich wieder ins Museum kam. Wohl hatte Boettger in seiner stillen Zurückgezogenheit aus den Tagesblättern und aus Erzählungen die aufblühende Entwicklung Frankfurts in den achtziger und neunziger Jahren Aa verfolgt; doch kam es manchmal vor, daß er als Standort einer seltenen Pflanze, als Vorkommen einer Raupe oder Käferart eine Stelle bezeichnete, auf der längst eine Kirche und stolze Häuser- reihen errichtet waren. Auch das Veloziped und seine Ein- führung als Verkehrsmittel war ihm aus Beschreibung und Ab- bildung bekannt geworden; er hatte aber keine Gelegenheit gehabt, von seinem zwischen großen Gärten eingeschlossenen Hause aus Radfahrer zu sehen, und als er sich endlich wieder Exkursion nach der Rheininsel „Kühkopf“ am 2. Juni 1901. in das Treiben der Großstadt hinausgetraute, hat es ihm anfangs Schwierigkeit gemacht, den Rädern auszuweichen, deren Ge- schwindigkeit er nicht abzuschätzen vermochte. Im Jahre 1895 übernahm Boettger den Vorsitz im Verein für Naturwissenschaftliche Unterhaltung („Käwwernschachtel‘), in dem er im Jahre seiner Erkrankung zweiter Vorsitzender gewesen war, und wieder führte er wie ehedem die Exkursionen an, die der Verein alljährlich nach dem Hengster, nach dem Kühkopf und dem Mombacher Sand unternahm. Und als nicht mehr daran zu zweifeln war, daß seine Genesung von Dauer sein würde, nahm Boettger am 7. Januar 1897 seine Lehr- 6 k —_—8.2 — tätigkeit — jetzt am Wöhler-Realgymnasium — wieder auf, Es war ihm vergönnt, sie in voller Frische noch 12 Jahre lang zum Segen der Frankfurter Jugend auszuüben. Erst als sich bedenkliche Beschwerden eines ernsten Leidens einstellten, sah er sich im Herbst 1909 schweren Herzens gezwungen, aus dem Amte zu scheiden. Ein Jahr später hat ihn der Tod nach kurzem Krankenlager abgerufen. Boettgers wissenschaftliche Tätigkeit galt neben geo- logischen und paläontologischen Forschungen vorwiegend dem systematischen Studium der Mollusken, der Reptilien und Am- phibien, und auf diesen drei verschiedenen Arbeitsgebieten hat er eine gleich hochangesehene Stellung unter den ersten Autori- täten der Welt eingenommen. Hauptsächlich war es die arten- und formenreiche Landschneckengattung Clausilia, deren fossile und lebende Vertreter er zum Gegenstand eingehendster Be- arbeitung gemacht hat. In einer besonders feinen Beobachtungs- gabe wurzelte seine Neigung, die Sammelausbeute überseeischer Reisender zu sichten und aufzuarbeiten, und bei dieser kritischen Tätigkeit hat er mehrere hundert neue Gattungen und Arten entdeckt und beschrieben. Nach seinen eigenen, bis zum Früh- jahr 1910 fortgeführten Aufzeichnungen hat er vom Jahre 1863 an 324 wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht, die letzte davon in der Festschrift der Senckenbergischen Gesellschaft zu meinem 70. Geburtstag. Ausgezeichnete Abbildungen, die Boettger selbst mit ungewöhnlichem Zeichentalent bis ins feinste auszu- führen pflegte, schmücken viele seiner Arbeiten, die z. T. als selbständige Werke, z.T. in unseren Abhandlungen und Berichten, in den Jahrbüchern wie im Nachrichtsblatt der Deutschen Malako- zoologischen Gesellschaft, zu deren Gründern er zählte, und in meiner Fortsetzung von Roßmäßlers Iconographie der Land- und Süßwassermollusken erschienen sind. Die Herausgabe der Zeitschrift „Der Zoologische Garten“, jetzt „Zoologischer Be- obachter“, und die Bearbeitung des 7. Bandes der 3. Auflage von Brehms Tierleben (Kriechtiere und Lurche) haben Boettgers Namen in die weitesten Kreise getragen. Sein Lebenswerk ist eine an Originalen und Typen un- gewöhnlich reiche Schneckensammlung. Nach dem Wunsche des Entschlafenen ist sie mit seiner wertvollen Bibliothek in den Besitz unseres Museums übergegangen gegen eine für seine I a Schwester, die ihm hausgehalten und ihn treulich gepflegt hat, bestimmte, kleine Rente. In unserem Museum, dem Boettger -— wie er es selbst stets dankbar empfunden hat — die Grund- lage zu seiner wissenschaftlichen Ausbildung und seine späteren Erfolge zu verdanken hatte, ist er ein unermüdlich tätiger Sektionär gewesen. Seinem rastlosen Fleiß und seinen ausge- dehnten Beziehungen ist es gelungen, die ihm unterstellte Rep- tilien- und Amphibiensammlung zu einer der vollständigsten Abteilungen des Museums zu gestalten. So haben wir in ihm einen jener immer seltener werdenden freiwilligen Mit- arbeiter verloren, der seine bedeutende Kraft selbstlos und treu in den Dienst unserer Gesellschaft gestellt hat. Nun hat sich die Erde über dem Grab des heimgegangenen Freundes geschlossen; aber sein Name ist für alle Zeiten einge- schrieben in die Geschichte der Senckenbergischen Natur- forschenden Gesellschaft, und sein Andenken wird in Ehren bleiben bei seinen Freunden und Mitarbeitern und in den Herzen seiner dankbaren alten Schüler. 6* Gedruckt aus den Erträgnissen der Karl u. Lukas von Heyden-Stiftung der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. Prachtrüsselkäfer von den Philippinen. Mit einer Farbentafel von L. von Heyden. Beim ersten Empfangsabend der Senckenbergischen Gesell- schaft am 11. Juni 1910 hat das unter dem Mikroskop gezeigte funkelnde Farbenspiel einiger Pachyrrhynchus-Arten allgemeine Bewunderung erregt. Über diese Käfer genaueres zu erfahren, ist vielen unserer Mitglieder gewiß erwünscht. Und da die farbige Darstellung der Tiere und ihres Schuppenkleides auch in wissenschaftlichen Werken bisher kaum versucht, jedenfalls aber nicht gelungen ist, wird die beigegebene Farbentafel auch der Wissenschaft willkommen sein. Unter den in Europa heimischen kurzrüsseligen Rüssel- käfern nimmt die Gruppe der Ötiorrhynchiden, bei denen "die Vorderhüften aneinander stoßen, und unter diesen die Gattung Otiorrhynchus Germ., der unser großer schwarzer Rüsselkäfer O. niger Fabr. angehört, in mancher Hinsicht die erste Stelle ein. Oft von ansehnlicher Größe, bis zu 17 mm, weist ihre Körperform bei aller Übereinstimmung des morphologischen Baues große Verschiedenheiten auf; es kommen Arten von kurzer kugeliger, gestreckt-ovaler und lang gestreckter schmaler Gestalt vor. Nur wenige Arten sind kahl: die meisten zeigen eine Behaarung oder Beschuppung, viele Arten beides zugleich. Einige sind außerdem auf den Flügeldecken mit reihenweise arTgmes gestellten Börstchen geziert. Vielfach sind die Schüppchen so fein, daß die Tiere wie mit Staub überzogen erscheinen; bei anderen sind sie größer, zerstreut stehend und von hellbrauner Färbung. Eine dichtere, lebhaft metallische Beschuppung tritt nur bei verhältnismäßig wenigen Arten auf. Alle Otiorrhynchus sind ungeflügelt. Ihrem Habitus nach gehören sie zu den schönsten der europäischen Rüsselkäfer; doch können sie, was den Schmelz, die Pracht und Zusammenstellung ihrer Farben anlangt, keinen Ver- gleich mit ihren nahen Verwandten aus der Gruppe der Pachyr- rhynchidae bestehen, bei denen die Vorderhüften getrennt sind. Als Hauptvertreter dieser Gruppe sind die Arten der Gattung Pachyrrhynchus anzusehen, deren Heimat die Wallace- sche orientalische Region ist. Sie bewohnen die Philippinen mit Ausnahme einer einzigen Art (P.croesus Oberthür), deren Vorkommen auf die südlich der Philippineninsel Mindanao ge- legene, kleine Inselgruppe Sanghir beschränkt ist. Die Pachyrrhynchus sind den Otiorrhynchus im Habitus sehr ähnlich, unterscheiden sich aber von ihnen vor allem durch ihre auffallende prächtige Beschuppung. Der letzte Bearbeiter der Pachyrrhynchiden Wilhelm Behrens in Göttingen sagt darüber!): „Auf dem spiegelblanken oder mehr oder weniger chagrinartigen Grunde bilden farbige, stellenweise dicht ge- drängte Schuppen von gelber, grüner, blauer, goldiger und anderer Farbe die zierlichsten und im Gegensatz zu den meisten übrigen Rüßlern scharf umschriebene Zeichnungen, welche die Pachyrrhynchiden zu den schönsten Vertretern. ihrer Familie machen. Diese farbigen Schuppen sind gewöhnlich rund, bis- weilen napfartig vertieft; sie sind dem Integument durch einen kurzen, nabelartigen Zapfen auf ihrer Unterseite eingefügt und zwar in einer grübchenartigen Vertiefung, die im Grunde oft wieder leicht heraufgewölbt ist.“ Die Pachyrrhynchus trennen sich in zwei Reihen, von denen die eine sich um die schon seit 1824 bekannte Art monilifer Eschscholtz gruppiert und durch Querbinden gekennzeichnet ist, die aus zusammengeflossenen Schuppenflecken entstanden sind. Die zweite Reihe ist um gemmatus Waterh. gruppiert und um- faßt die größten und prächtigsten Arten. Behrens hat dieser ') Materialien zu einer Monographie der Curculionidengruppe „Pachyr- rhynchidae*. Stettiner Entomologische Zeitung 1887. 8.211 und 212. a — Br Reihe besondere Aufmerksamkeit gewidmet und zu den bis 1887 bekannten acht Arten sieben neue Arten beschrieben. Er charakterisiert die Merkmale dieser Gruppe mit folgenden Worten!): „Ihr Integument ist fast ausnahmslos glatt; Punkt- streifen auf den Flügeldecken sind höchstens angedeutet; die Schuppenbekleidung ist stets zu scharf umschriebenen, meist großen Flecken oder Streifen angeordnet; über das ganze Inte- gument zerstreute einzelne Schuppen finden sich nicht. Die An- ordnung der Schuppenfiguren findet besonders in der Längsrichtung des Körpers statt; weder auf dem Halsschild noch auf den Flügel- decken finden sich zusammenhängende (Juerbinden von Schuppen.“ Die Gattung Pachyrrhynchus wurde 1824 von Germar auf die Art monilifer Eschsch. begründet. Der Gemminger und v. Haroldsche Katalog 1871 führt 33 Arten auf. Bis 1887 wurden noch neun Pachyrrynchus beschrieben, und Kraatz fügte 1888 in einer Besprechung der Behrensschen Arbeit weitere vier Arten hinzu, so daß im ganzen gegen 50 Arten bekannt sein dürften. Die abgebildeten Stücke aus der Sammlung von Heyden (früher Haag) sind von Semper gesammelt. Weder über die Entwicklung noch über die Lebensweise der Pachyrrhynchus ist näheres bekannt. Viele scheinen die Ebene zu bevorzugen; andere steigen in den Gebirgen bis zu beträchtlicher Höhe empor. Auch die Systematik der Pachyrrhynchiden ist noch sehr lückenhaft. Die ganze Gruppe bedarf einer erneuten, eingehenden Bearbeitung, wozu reichhaltiges Material in den großen Samm- lungen zerstreut vorhanden ist. Figurenerklärung. 1. Pachyrrhynchus congestus Pascoe (1!/s n. Gr.) 2. Pachyrrhynchus argus Pascoe (1'/s n. Gr.) 3. Pachyrrhynchus ardens Chevr. (*/ı n. Gr.) Fig. 4. Pachyrrhynchus retieulatus Waterh. (1!/s n. Gr.) 5. Pachyrrhynchus modestior Behr. (1!,. n. Gr.) 6. Pachyrrhynchus gemmatus Waterh. (*/ı n. Gr.) 7. Pachyrrhynchus chlorolineatus Waterh. (11/s n. Gr.) Fig. 8. Pachyrrhynchus dohrni Behr. (1!/s n. Gr.) 1) a.a. 0., 8. 285. 42. Ber d.Senckenb. Naturf' Ges. 191. Taf. I. Eine Elefantenjagd im Sudan. Mit 3 Abbildungen von Rudolf von Goldschmidt-Rothschild. Mit meinem kleinen Flußdampfer, den ich auf zwei Monate gemietet, hatte ich bereits an mehreren Stellen des oberen Nils, dem Lande der Dinka- und Barineger, angelegt; doch waren nach Aussage der Eingeborenen in diesem Jahre (Februar 1910) noch keine Elefanten in der Nähe des Flußufers gesehen worden. Das vergangene Jahr hatte nämlich eine ungeheuere Regenzeit gebracht, so daß selbst jetzt noch viele Teile des Landes zu beiden Seiten des Ufers unter Wasser standen. Durch diesen für uns höchst ungünstigen Umstand waren dem Wilde zahl- lose, noch nicht ausgetrocknete Wassertümpel im Innern des Landes verblieben, und es brauchte daher die bewohnten Ufer des Nils nicht aufzusuchen, wohin es sonst in der trockenen Jahreszeit zum Tränken wechseln muß. Dem Wilde aber in das Innere zu folgen und in diesen Gegenden eine größere Strecke vom Nil landeinwärts zu marschieren, wäre mit großen Schwierigkeiten verbunden gewesen, teils wegen häufiger Un- ruhen der dortigen Volksstämme, teils wegen Mangels an einer genügenden Anzahl von zuverlässigen Trägern. Endlich sollte uns das Glück hold sein. Wir hatten an einer Niederlassung angelegt und von den Schwarzen die Nach- richt erhalten, daß in der Nähe eines ungefähr zwanzig Meilen landeinwärts gelegenen Dorfes eine Elefantenherde gespürt worden sei. Obwohl die Elefanten riesige Strecken in kurzer Zeit zurückzulegen imstande sind, durften wir doch hoffen, daß Dumpalmenwald am oberen Nil. "IN U919g0 we pemnyosng e; — 9% — sie bei genügender Äsung, und wenn nicht in ihrer Einsamkeit gestört, ihren Stand einige Tage lang einhalten würden. Voll Zuversicht brachen wir daher am Mittag auf, geführt von einigen Dinkas, die uns von befreundeter Seite zur Verfügung gestellt worden waren, und mit Zelten und Proviant für mehrere Tage versehen. Spät in der Nacht erreichten wir nach einem durch dichte Waldungen und öde Steppen führenden Ritt das aus zerstreut liegenden Hütten bestehende Negerdorf, in dem wir unser Lager aufschlugen. Am nächsten Morgen noch vor Sonnenaufgang machten wir uns auf den Weg, von einer großen Menge der eingeborenen Dorfbewohner begleitet, die sich den zu erwartenden Braten nicht entgehen lassen wollten und sich in Gedanken wohl schon im voraus in die reiche Beute teilten. Lärmend, schreiend und lebhaft gestikulierend folgten sie unserem Zuge und wurden trotz wiederholter Ermahnungen auch dann nicht ruhig, als wir uns nach etwa zweistündigem, angestrengtem Ritt dem Walde näherten, in den die Elefanten eingewechselt haben sollten. Unter diesen Umständen geschah, was geschehen mußte; das Wild hatte uns bemerkt und war, nach den frischen Spuren und der noch feuchten Losung zu urteilen, noch nicht lange flüchtig geworden. Vor uns dehnte sich eine kahle, von der glühenden Sonne beschienene Steppe aus, an deren fernem Horizont sich der Saum eines Busch- waldes als zarte blaue Dunstlinie abzeichnete. Dorthin mußten die Elefanten gewechselt haben. So blieb uns nichts weiter übrig, als ihren Spuren über die fast endlose flimmernde Ebene zu folgen. Die unvernünftigen Schwarzen erhielten den strengsten Befehl, zurückzubleiben; nur zwei zuverlässige Dinkas und die beiden arabischen Jäger, die mich auf meiner ganzen Expedition am Weißen Nil und am Bahr-el-Gebel begleiteten, nahmen wir mit, während wir die Esel unter der Obhut der Treiber zurück- ließen. Als wir endlich ziemlich erschöpft den Wald erreichten, war es Mittag geworden. Nach dem langen Marsch in der brennenden Sonne, die unsere Kehlen ausdörrte, empfanden wir den leichten Schatten des niedrigen Buschwaldes als eine Wohl- tat. Dornengestrüpp bedeckte den Boden und erschwerte das Gehen. Eine unheimliche Ruhe lagerte über diesem afrikanischen Urwald, dessen dürre Mimosenbäume mit ihren spärlichen Blättern und unzähligem Ästegewirr ihre Kronen ineinander flochten. ae Vorsichtig bewegten wir uns vorwärts, jeden Augenblick gewärtig, auf die Elefanten zu stoßen, deren frische Spuren wir über die Ebene hin bis in den Buschwald hatten verfolgen können. Plötzlich hörten wir kaum hundert Schritte vor uns ein lautes Brechen von Ästen, konnten aber trotz angestrengten Sehens nichts bemerken. „Die Elefanten“, raunte mir der Araber leise zu. Lautlos schlichen wir in gebückter Haltung, das Gewehr schußbereit, am Boden weiter, ängstlich die Dornen und Wurzeln vermeidend, um durch kein Geräusch unsere Nähe zu verraten. Plötzlich schien es mir, als ob sich etwas Weißes in dem immer dichter werdenden Geäste bewegte; dann sah ich deutlich die blinkenden Stoßzähne von Elefanten, ungeheuere Rüssel, die zwischen dem dürren Blätterwerk zu suchen schienen, und hin und her klappende riesige Ohren. Es war nicht ein Elefant, sondern eine ganze Herde, die uns, die Nähe des Jägers nicht ahnend, mit einem Male gegenüberstand. Die Büchse im Anschlag hoffte ich jeden Augenblick, den Schädel eines der Kolosse frei zu bekommen. Der Wind stand günstig, und kaum fünfundzwanzig Schritte trennten uns jetzt von dem Wild. „Das ist der Starke“, flüsterte erregt der Schwarze, auf einen der Elefanten deutend, dessen breiter Schädel zwischen dem Geäste frei geworden war. Schon hatte ich losgedrückt und sah, wie die riesige Masse lautlos zusammenbrach, um sich im nächsten Augenblick wieder aufzurichten und schwankend direkt auf uns zu zu traben. Schnell repetierte ich und setzte zwei weitere Kugeln schräg auf die Schläfe am Ansatz der Ohren des Tieres mit dem Erfolg, daß der Koloß von neuem zu Boden stürzte. Die erste Kugel hatte sein Gehirn ge- streift; doch mußte ich dem Schwergeschossenen noch mehrere Kugeln geben, ehe er verendete.e Von den anderen Elefanten war nichts mehr zu sehen; nach dem ersten Schuß mußten sie wohl in entgegengesetzter Richtung flüchtig geworden sein, und eine weitere Verfolgung wäre in Anbetracht des dichten Urwaldes, unserer Erschöpfung und der Hitze aussichtslos ge- wesen. Außerdem hatte ich nun einen alten starken Bullen, ein Prachtexemplar mit guten Stoßzähnen, erlegt, und dies war der Zweck unserer Expedition. Es dauerte mehrere Stunden, bis die durch die Schüsse herbeigelockten Schwarzen die Zähne des gefallenen Elefanten Der gestreckte Elefant. en ngZr Fe mit Äxten und Speeren ausgelöst und seine Füße, den Schwanz und die Ohren abgeschnitten hatten. Während dieser mühevollen Arbeit entstand unter den Dinkas, wie gewöhnlich, um das Fleisch des erlegten Tieres ein heftiger Streit, den wir nur unter Anwendung von energischen Drohungen schlichten konnten. Jeder der Leute schnitt sich soviel Fleisch heraus, als er auf dem Rücken zu tragen vermochte, und schleppte es in sein Heimatdorf; andere brieten sich an Ort und Stelle die besten Stücke und schlangen sie halb roh hinunter. Für unsere Trophäen hatten die Neger weit geringeres Interesse als für das Fleisch, und so gelang es uns nur mit großer Mühe, für sie Träger zu finden. Spät am Nachmittag traten wir endlich, nachdem inzwischen die Eseltreiber herbeigekommen waren, langsam den Rückmarsch zum Lager an. Die Aufregung der Jagd hatte unsere Nerven angespannt, jetzt aber kam der Rückschlag. Furchtbarer Durst quälte uns, und dabei war keine Möglichkeit vorhanden, ihn zu stillen, denn unser Tee- und Wasservorrat war längst erschöpft, und als wir nach mehr- stündigem Ritt an einem kleinen Tümpel vorüberkamen, konnte ich mich nicht enthalten, einen Schluck des übelriechenden, schmutzigen Wassers in den Mund zu nehmen. Zum Glück fand ich nicht den Mut, es hinunterzuschlucken; unsere Schwarzen aber stürzten, ihre Lasten wegwerfend, gierig über das Wasser her und tranken sich satt, bis an die Brust in dem Tümpel stehend. Als die Sonne schon tief stand, kamen wir schließlich in die Nähe von Ansiedelungen. Frauen mit runden Tonge- fäßen auf dem Kopfe trugen Wasser ins Dorf; Herden von Kühen und Ziegen wurden von der dürren Heide heimwärts getrieben, und bald kamen das Dorf selbst und unsere grünen Zelte in Sicht, die wir mit großer Freude und Genugtuung begrüßten. Unsere Mühen hatten ein Ende. Am folgenden Morgen traten wir den weiten Rückweg zum Nil an und trafen im Laufe des Nachmittags wieder bei unserem Dampfer ein, von den Bewohnern des Dorfes freudig begrüßt und zu unserem Erfolg beglückwünscht. Besprechungen. I. Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft. Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Ge- sellschaft in Frankfurt a. M. Band 33, Heft 1 und 2. „Er- gebnisse einer Zoologischen Forschungsreise in den südöstlichen Molukken (Aru- und Kei-Inseln) im Auftrag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft ausgeführt von Dr. Hugo Merton“ Reisebericht. XIII u. 208 S. mit 10 Tafeln, 2 Karten u. 60 Abbildungen im Text. 4°. Frankfurt a. M. (Selbstverlag der Gesellschaft) 1910. Preis broschiert M. 45.—. Hugo Mertons vornehm ausgestatteter Reisebericht eröffnet eine Reihe von Publikationen, in denen er selbst und zahlreiche Mitarbeiter die wissenschaftlichen Ergebnisse seiner elfimonatigen Expedition nach den Aru- und Kei-Inseln niederlegen werden. Wie reichhaltig und — besonders in tiergeographischer Hinsicht — wertvoll diese Ergebnisse sind, davon gibt schon der einführende Bericht eine Vorstellung. Es war eine glückliche Idee, die beiden im südöstlichsten Winkel des indoaustralischen Archipels gelegenen Inselgruppen zum Gegenstand faunistischer Erforschung zu wählen. In nächster Nähe von Neuguinea und Australien gelegen, boten sie das Problem, inwieweit ihre Tierwelt mit der ihrer großen Nachbarländer übereinstimmt, woraus eventuell wichtige Schlüsse über frühere Landver- bindungen und spätere Einwanderung gezogen werden konnten. Und da die Aru- und Kei-Inseln durch einen fast 3000 m tiefen Graben von einander geschieden, also jedenfalls in jüngster Vergangenheit nicht verbunden ge- wesen sind, so versprach der Vergleich der beiden Inselgruppen unter sich nicht minder lehrreiche Resultate. Es hat sich herausgestellt, daß die Fauna von Aru derjenigen von Australien weit ähnlicher ist als die der Keis. Auf den Keis kommen z. B. keine Paradiesvögel mehr vor, ebensowenig die weißen und schwarzen Kakadus, die auf den Arus vertreten sind. Und während die Zahl der Beuteltierarten auf den Arus noch zehn beträgt, finden sich nur vier auf den Keis. Rein zoologische Angaben und Schilderungen sind vielfach in den Text eingestreut, unter anderem ein hübscher Bericht über Mertons erste und einzige Beobachtung lebender Paradiesvögel tief im Urwald. Ausführlich wird die Perlfischerei geschildert. Auch einer Art von Palolo sind die Reisenden begegnet. Eine geographische Merkwürdigkeit der Aru-Inseln, die einzig in der Welt dasteht, findet naturgemäß vielfache Erwähnung: die Sungis. Dies sind lange, verhältnismäßig schmale, das Land von Ost nach West durch- querende Kanäle, die zum Teil schiffbar sind und den Verkehr zwischen den Küsten vermitteln. Merton hat sie und ihre Seitenzweige nicht nur zoo- logisch sondern auch geographisch erforscht und u. a die merkwürdige Beob- achtung gemacht, daß die Sungis stellenweise tiefer sind als das Meer, in das sie münden. Über die immer noch dunkele Entstehung der Sungis — Wallace hielt sie für Reste von Strömen, die sich früher vom Innern Neuguineas bis an die Westküste der damals noch nicht abgetrennten Arus ergossen, — äußert Merton einleuchtende Gedanken. Auch ethnographischen Fragen hat der Forscher seine Aufmerksamkeit zugewendet und besonders über die Arunesen, von denen er drei Typen deutlich unterscheiden konnte, eine Fülle von Beobachtungen heimgebracht. Zahlreiche ethnographische Gegenstände kommen auf den Tafeln zur Darstellung 08: II. Neue Wandtafeln. Süßwasserfische Mittel-Europas Iu. II, herausgegeben im Auftrag des Deutschen Fischerei-Vereins E. V., Berlin, von W. Hein und F. W. Winter. 115<156 cm. Berlin 1910. (Neunfarbenlithographie von Werner u. Winter, Frank- furt a.M.) Preis aufgezogen auf Leinwand mit Holzstäben und Aufhängevorrichtung im Buchhandel M. 24.—, für Be- hörden und die dem Deutschen Fischerei- Verein ange- gliederten Vereine und deren Mitglieder M. 16.—. Der naturgeschichtliche Unterricht in den Schulen konnte, soweit er sich mit unserer einheimischen Fischwelt befaßt, dem Lernenden bisher nur höchst unzureichendes Anschauungsmaterial bieten. Auch die besten Konservierungsflüssigkeiten entziehen den Fischen in kurzer Zeit die charakteristischen Farben, so dal) derartige einfarbig graue, oft verschrumpite Alkohol- oder Formolpräparate für Lehrzwecke wenig brauchbar sind. An guten, zur Demonstration wirklich geeigneten farbigen Abbildungen aber hat es bisher gänzlich gefehlt. Einen völligen Umschwung bedeutet deshalb das Erscheinen der prächtigen Hein-Winterschen Fischtafeln, die an Auswahl und übersichtlicher Zusammenstellung des Stoffes, an natur- wahrer, wissenschaftlich einwandfreier und dabei künstlerisch vollendeter Ausführung so Hervorragendes bieten, daß sie nicht übertroffen werden können. Die dargestellten 24 Arten zeigen alle wichtigen Typen unserer heimischen und eingeführten Fluß- und Binnenseefische, zumeist in Lebens- % ae lings und des Bitterlings im Hochzeitskleid. Die Br DE E bildungen (!/r der Originalgröße) mögen die korrekte Zeichnung und natur- wahre Haltung der auf den Tafeln dargestellten Fischarten veranschaulichen. Bitterling Stichling FE An Zander Ein Naturgeschichtsunterricht, der neben den Schulaquarien, deren Pflege dem Schüler einen Einblick in die Lebensweise unserer Süßwasser- fische gewähren soll, auch die Hein-Winterschen Tafeln benützt, muß fruchtbringend auf die Jugend wirken. Deshalb ist es doppelt erfreulich, daß der mäßige Preis dieser ausgezeichneten Kunstblätter ihre Anschaffung auch den mit knapp bemessenem Etat arbeitenden Schulen ermöglicht. Auch kein zoologisches Institut und Museum, kein Aquarien-, Fischerei- und landwirtschaftlicher Verein wird künftighin das lange. vermißte, wichtige Anschauungsmaterial entbehren wollen. K. Priemel. RE De SEN g r Schränke, Ditrinen ufw. Weltausftellung Brüffel 1910. BEuT.h Prima Referenzen im In= und Nuslande. ns | LLLLIILLITT ‚un > Neue Spiege-ondesaen, und ul ‚ Kondensoren '. Berlin, en 85.8 Frankfurt a. M., Neue Mainzerstrabe Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich. j Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Main Druck von Gebrüder Knauer in Frankfurt am Main. Be 2 eJ + a Ei h ra “ S * “ ” * Dt Baeungen, E sn N RE - ’ | Neue Bücher Re BR ER PIERRE BEER ARRE NIE De 1.20 DVS, x Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet, Übersetzungsrecht vorbehalten Ps - Frankfart am Main Selbstverlag der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft 1911 Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M.6.—. Preis des einzelnen ‚Heftes M.2.—. für das. neue = der | Senckenbergischen Naturforsch. Gesellschaft in Frankfurt a. M. EN « in Bezug auf Staubdichtheit, praktische Ausstattung, einfache Eleganz und musterhafte Ausführung sind unsere Schränke seit Jahrzehnten tonangebend uns: — obwohl vielfach kopiert — unerreicht. AUG. KÜHNSCHERF & SÖHNE, DRESDEN | Erste und älteste Museumsschrank-Fabrik. Jir Aus der Schausammlung. Das Iguanodon. Mit 2 Abbildungen. Die größte Zierde des berühmten Naturhistorischen Museums zu Brüssel bildet die gewaltige Gruppe von zehn Iguanodon- Skeletten. Hochaufgerichtet, auf die starken Hinterbeine und den mächtigen Schwanz gestützt, stehen die 5m hohen Tiere nebeneinander, ein Bild von überwältigender Größe. So mögen die Riesen der Kreidezeit zur Tränke geschritten sein, in dichter Herde und in steter Vorsicht vor ihren Feinden, den Raub- dinosauriern. Und neben dieser Gruppe liegen im Brüsseler Museum auf einem kleinen, künstlichen Hügel weitere 17 Ske- lette oder Einzelteile von Iguanodonten in den Stellungen, in denen der Mensch sie dem Boden entrissen hat, wo sie Millionen von Jahren begraben lagen. Dieser ganze Schatz, dem kein Museum der Erde etwas Ähnliches zur Seite stellen kann, ist nur durch einen Zufall gefunden worden. Tief unter der Erde hat man bei der Anlage eines Stollens für ein Steinkohlenberg- werk zu Bernissart bei Mons an der belgisch-französischen (srenze die riesigen Knochenreste entdeckt. Hätte der Berg- werksbetrieb die Anlage des Stollens nur um wenige Meter tiefer oder höher verlangt, so wüßte man bis heute nichts von jenen Zeugen der Vorzeit, die dort zu einer wahren Nekropole vereinigt ruhten. Unendliche Mühe hat es gekostet, die mächtigen Knochen zu retten; große Kessel voll Gipsbrei mußten in die Grube geschaft werden, und tief unter der Erde wurde der wertvolle Fund beim Scheine der Lampen gehoben. Jeder einzelne Knochen wurde in Gipsbrei eingehüllt, sorgfältig numeriert, nach Brüssel geschafft und dort wieder herauspräpa- riert. So gelang es, die ganze Herde der ungeheuren Tiere, 7 LIBRAR , NEW york BOTANICAL GARDEN, oe => x Jedes Skelett wurde getrennt gehoben und keinerlei Rekon- struktion fehlender Teile versucht, so daß das Brüsseler Mu- seum nur Skelette enthält, deren jedes tatsächlich von einem einzigen Tiere stammt. Ein hochherziger Gönner, dessen‘'Name unbekannt geblieben ist, hat es uns ermöglicht, den Gipsabguß eines solchen Iguanodon-Skeletts zu erwerben, der alle Einzelheiten ebenso deutlich erkennen läßt wie das Original selbst. Ein solcher Abguß ist ein Wertobjekt, von dessen mühevoller Herstellung nur wenige etwas ahnen. Es ist sehr schwierig, so ungefüge Knochen abzugießen, und wochenlange Arbeit gehört dazu, bis alle Gipsformen hergestellt sind. Wenn nachher die einzelnen Formen mit Gipsbrei gefüllt sind, wenn der Abguß getreulich die Gestalt des Originals angenommen hat, dann beginnt das Färben nach dem Originalskelett, der Transport der viele Zentner schweren Massen und endlich die Hauptarbeit: das Aufstellen im Museum. Zwei Monate angestrengter Tätigkeit haben hierzu gehört; aber der Erfolg hat die Mühe gelohnt. Mit hocherhobenem Vorderkörper steht der Koloß da, als wolle er langsam weiter- schreiten, alle anderen Tiere im Lichthof an Höhe weit über- ragend und nur annähernd erreicht von einer Giraffe, deren zierlicher Knochenbau neben diesen wuchtigen Massen gut zur Geltung kommt. Iguanodon war ein Pflanzenfresser wie alle zur gleichen (Gruppe der Ornithopoden gehörigen Dinosaurier. Sehr zahl- reiche, spatelförmige, am Rande gekerbte Zähne sitzen in den Kiefern, deren vorderster Teil wahrscheinlich von Hornscheiden bekleidet war. Das Gehirn war wie bei allen Dinosauriern winzig klein. Der auffallendste Charakter des ganzen Skeletts ist die Schwäche des Brustgürtels und der Vorderbeine im Ver- gleich mit dem Beckengürtel und den Hinterextremitäten. Offenbar dienten die Vorderbeine nicht mehr zum Gehen, sondern kamen nur dann mit dem Boden in Berührung, wenn das gewaltige Tier sich zum Trinken niederließ oder Nahrung vom Boden aufheben wollte. Im übrigen werden sie wohl zum Abbrechen von Zweigen und zum Ergreifen der Nahrung gedient haben. Der Daumen der Hand hat seine normale Gestalt verloren und ist zu einem starken, dolchförmigen Gebilde geworden; er diente KR i u ie ‚ wr die dort verschüttet gelegen hat, für die Wissenschaft zu retten. -[OSSNIT NZ WNOSnM UaYOSLIOISTgInyeN WOP SU® SION USSIPurgsToA sau gndgesdin "TSUITNOT SısUal.imssiu.4ag UopounnBT 72 ld ke ET ER URN URN EEE ER FE nen asberna x he Es SR ” 5 Ve ee TEE Gesteinsausguß einer Iguanodon-Fährte aus dem Deister-Sandstein der unteren Kreide von Bad Rehburg, Provinz Hannover. (? n. Gr.) Geschenk von Geh. Medizinalrat Dr. Michaelis in Bad Rehburg, 1905. —' 101 = vielleicht als Waffe, wenn das Tier einen anspringenden Feind umarmte, wie der Bär seinen Gegner in die Arme schließt. Die dreizehigen Hinterbeine sind dagegen sehr kräftig entwickelt, und wenn nicht schon der Skelettbau des Tieres für seinen auf- rechten Gang spräche, so würden die Fährten, die man an vielen Stellen in England und auch in Deutschland gefunden hat, klar beweisen, daß die riesigen Tiere aufrecht gegangen sind. Hat doch Dollo in Brüssel, der Forscher, dem wir fast unsere ganze Kenntnis über das Iguanodon verdanken, sogar verschiedene Gangarten und selbst die Ruhestellung in den Fährten nachzuweisen vermocht, nirgends aber auch nur eine Spur von dem Abdruck eines Vorderfußes gefunden. Sehr eigenartig ist die Gestalt des Beckens. Das schmale, lange Darmbein, das sehr schlanke und stark verlängerte Sitz- bein und vor allem das Schambein mit seinem langen, dünnen, nach hinten gerichteten Fortsatz sind lange der Grund gewesen, die Dinosaurier als besonders nahe verwandt mit den Vögeln zu betrachten. Wenn nun auch über die nahe Verwandtschaft der Reptilien und Vögel kein Zweifel bestehen kann, so hat doch die Embryologie festgestellt, daß das Schambein der Vögel nicht diesem dünnen hinteren Fortsatz (der sog. Postpubis von Marsh), sondern dem kräftig entwickelten, nach vorn gerichteten Teil der Pubis im Ornithopoden-Becken entspricht. Wenn damit auch der Hauptvergleichspunkt fällt, so bleibt doch eine recht eroße allgemeine Ähnlichkeit bestehen, die durch die starke Entwicklung des dritten Trochanters am Oberschenkel noch verstärkt wird, einer kräftigen Leiste, die zur Anheftung starker Muskelbänder gedient hat. In der Jura- und Kreidezeit waren die Ornithopoden weit verbreitet. In Deutschland haben sich in den Schichten der untersten Kreide, den gleichen sog. Wealdenschichten, aus denen die belgischen Skelette stammen, neben sehr seltenen Knochen- resten besonders die dreizehigen Fährten der gewaltigen Tiere gefunden, die auch in England nicht selten sind. Mit dem Schluß der Kreidezeit sind die Dinosaurier und damit auch die Ornithopoden, eine ihrer interessantesten Gruppen, ausgestorben. F. Drevermann. Lehrtätigkeit von Kon 1910 bis März 1 I. Zoologie. Sommerhalbjahr: Montags und DounersniR las Pro % zur Strassen über „vergleichende Anatomie des Skelettsystems“. Nach einer allgemeinen Schilderung der tierischen Hartgebilde — ihrer Bedeutung, Entstehung, der Gelenkverhältnisse usw. — wurde speziell das Skelettsystem der Wirbeltiere genauer be- handelt. Der stammesgeschichtlichen Reihe entsprechend kam zuerst die Chorda, dann das knorpelige, endlich das knöcherne Skelett zur Darstellung. Farbig bemalte Skelettpräparate, Modelle und viele neue Wandtafeln, an deren Herstellung sich besonders Frl. Ch. Baerwindt und Frl. M. Koßmann beteiligt haben, erläuterten den Vortrag. Dienstags fand im Festsaal die Vorlesung über _Tier- psychologie“ statt. Es wurde dargelegt, daß die Reaktionen der niedersten einzelligen Wesen physiko-chemischen Vorgängen so ähnlich sind, daß kein Grund vorliegt, an der prinzipiellen Übereinstimmung beider zu zweifeln. Von den Reaktionen der Einzelligen führt eine nirgends unterbrochene, aufsteigende Reihe zu den komplizierteren Leistungen höherer Nerventiere. Alle Stufen dieser Reihe wurden analysiert und ihre mechanistische Begreifbarkeit bewiesen. Die Darstellung gelangte bis zu den- jenigen instinktiven Handlungen, die durch komplizierte Reize ausgelöst werden. Das zoologische Praktikum (Dr. Wolf), in dem bisher Vertreter sämtlicher Tierklassen zur Behandlung kamen, wurde diesmal auf das Studium der Wirbeltiere beschränkt. Vielfach geäußerte Wünsche sowie die Erkenntnis, daß in der kurzen Zeit, die während der Sommermonate zur Verfügung steht, ein sründliches Studium solch zahlreicher Vertreter nicht möglich | 1 : | — 13 — ‚ist, haben diese Änderung veranlaßt. An dem Praktikum, das Mittwochs und Samstags von 4—6 Uhr abgehalten wurde, be- teiligten sich 21 Personen, von denen die Mehrzahl dem Lehrer- stande angehörte. In den 26 abgehaltenen Kursen konnten Bachneunauge, Schleimaal, Weißfisch, Frosch, Feuersalamander, Smaragdeidechse, Ringelnatter, Taube und Hamster gründlich behandelt werden. Die Haupttätigkeit erstreckte sich auf sorg- fältiges Präparieren und Zeichnen der Objekte; die Benutzung des Mikroskopes zum Studium von frischen Geweben und von Dauerpräparaten trat ergänzend hinzu. Entomologische Exkursionen, an denen sich 4 Damen und 13 Herren beteiligten, fanden unter Leitung von Dr. Sack an vier Sonntagvormittagen statt. Es wurden die wichtigsten Fundstellen für Insekten in der Umgebung Frankfurts aufgesucht, um die Tiere in der freien Natur kennen zu lernen und zu beobachten. Die erbeuteten Insekten wurden getötet und mit der Lupe untersucht, ihre Lebensweise und Entwicklung kurz besprochen und eine Anleitung zum Nadeln und Konservieren gegeben. Der erste Ausflug führte nach dem Enkheimer Wald, der infolge seiner besonders günstigen Existenzbedingungen eine außerordentlich reiche Insektenwelt beherbergt. Nicht ganz so reich, aber auch recht ergiebig waren der Schwanheimer und Kelsterbacher Wald, das Ziel der zweiten Exkursion. Groß war die Freude, als hier Campodea und Scolopendrella, zwei un- geflügelte Arthropoden, gefunden wurden, die Zwischenformen zwischen den sonst scheinbar getrennten Stämmen der Insekten und Myriopoden bilden, und die bisher noch nicht in der Um- gebung von Frankfurt aufgefunden worden waren. Auf der dritten Exkursion wurde der Goldgrube bei der Hohen Mark ein Besuch abgestattet. Die Hoffnung, indem alten, verlassenen Stollen Fledermäuse und ihre interessanten Parasiten anzutreffen, erfüllte sich nicht; dagegen wurden in den Spalten und Rissen der feuchten Wände des dunklen Stollens zahlreiche Trichopteren-, Dipteren- und Spinnenarten gefunden, die sonst hier ziemlich selten vorkommen. Die letzte Exkursion nach dem Schwan- heimer Sand sollte ein Bild des bunten Insektenlebens einer Dünenlandschaft geben, das namentlich im Spätsommer durch das Auftreten der buntflügeligen Oedipoda-Arten sehr anziehend wirkt. Ba | En Das Gelingen der Exkursionen in dem für den Insektenfang 4 besonders ungünstigen Sommer des Jahres 1910 ist hauptsächlich einigen Teilnehmern zu verdanken, die selbst viel demonstrierten und es in ausgezeichneter Weise verstanden haben, immer- während zu interessanten Beobachtungen anzuregen. ” Winterhalbjahr: Prof. zur Strassen behandelte Montags und Donnerstags die „Naturgeschichte der Insekten“. Die vergleichende Anatomie, Physiologie und Entwicklungsge- schichte der Klasse wurde erledigt, die Systematik begonnen; sie wird im laufenden Sommersemester beendigt werden. Eine sehr große Zahl farbiger Bilder, die in dankenswerter Weise von Frl. Ch. Baerwindt, Frl. B. Groß und Frl. M. Koß- mann hergestellt worden sind, erläuterten die Vorträge. An den Dienstagabenden wurde die im Sommer begonnene Vorlesung über „Tierpsychologie“ zu Ende geführt. Nach einer genauen Analyse der instinktiven Reizbarkeit durch Formen zeigte der Vortragende, wie die instinktive Einprägung von Reizen, das Lernen aus Erfahrung, die Verallgemeinerung der Erfahrungen und die tierische Intelligenz physiologisch zu er- klären sind. Ein Ausblick auf die Menschenpsychologie und die Erörterung der Bewußtseinsfrage bildeten den Abschluß der Vorlesungen. Dr. Wolf las Dienstags und Freitags über „allgemeine Zoologie“. Die grundlegenden Anschauungen und Forschungs- ergebnisse dieses Wissenszweiges wurden eingehend erörtert. Nach der Behandlung der Zelle, der Gewebe und Organe wurde ein kurzer Überblick über die Phylogenie und ÖOntogenie des Tierreiches gegeben, dem sich eine Übersicht über die geogra- phische Verbreitung unserer heutigen Fauna anreihte. Die noch zur Verfügung stehende Zeit wurde zur Betrachtung der Tier- stämme der Protozoen, Zölenteraten und Würmer verwendet. Außerdem wurde von Dr. Wolf zum ersten Male ein mikroskopisches Praktikum über „Histologie“ (Mittwochs von 4—6 Uhr) abgehalten, an dem sich 30 Personen beteiligten. Weitere Anmeldungen konnten wegen Platzmangels nicht berück- sichtigt werden. An zahlreichen mikroskopischen Dauerpräpa- raten studierten die Teilnehmer die Zelle, die Teilungsvorgänge an derselben, sodann den Verband der Zellen zu Geweben und — 15 — das Zusammentreten dieser zu Organen. Das Material wurde dem Reich der Wirbellosen wie dem der Wirbeltiere entnommen. Die Herstellung der zahlreichen Präparate und die Unterweisung jedes einzelnen Teilnehmers waren nur durch die tatkräftige Hilfe unserer bewährten Mitarbeiterinnen Frau M. Sondheim, Frau L. Cayard und Frl. E. Pfaff ermöglicht. Das histologische Praktikum wird im laufenden Sommersemester fortgesetzt. 1I. Botanik. Sommerhalbjahr: Prof. Möbius las zweimal wöchent- lich (Dienstags und Freitags) über „ausgewählte Pflanzenfamilien“. 47 Hörer und Hörerinnen hatten sich eingeschrieben. Nachdem in den beiden ersten Stunden an der Tulpe und Primel die Unter- schiede zwischen Mono- und Dikotyledonen und die für die systematische Einteilung hauptsächlich in Betracht kommenden Verhältnisse der Blüte sowie andere Eigenschaften demonstriert waren, wurden in den folgenden Stunden einzelne Pflanzen- familien und -ordnungen besprochen, deren Auswahl sich vor allem nach den gerade in Blüte stehenden Pflanzen richtete, wie sie aus der Umgebung oder dem botanischen Garten besorgt werden konnten; in einzelnen Fällen half auch der Palmengarten in freundlicher Weise aus. Soweit es anging, wurde dafür ge- sorgt, daß jeder Hörer mit einem Exemplar der besprochenen Pflanzen versehen war. In den letzten Stunden wurde das Pflanzensystem im allgemeinen behandelt und eine Übersicht der Blütenpflanzen (mit Beschränkung auf die Angiospermen) nach ihrer systematischen Anordnung gegeben, wobei im wesent- lichen Warmings Handbuch der systematischen Botanik in der deutschen Bearbeitung des Vortragenden zugrunde gelegt war. Zur Erläuterung dienten außer dem lebenden Material auch Herbarpflanzen und Präparate aus der Sammlung, Wandtafeln und Abbildungen, sowie mikroskopische Präparate, deren durch- schnittlich sechs in jeder Stunde, im ganzen etwa 200, aufige- stellt wurden. Das botanisch-mikroskopische Praktikum für Anfänger (Prof. Möbius) fand Donnerstags von 3—6 Uhr statt; im ganzen wurden 17 Kurse abgehalten, an denen sich 19 Damen und Herren beteiligten. Die Untersuchungen gingen von dem Bau der pflanzlichen Zelle und ihrer Inhaltskörper aus; sodann wurde zu den verschiedenen Geweben und Organen der Pflanze fort- geschritten und von den letzteren besonders Blatt, Stengel, Wurzel und Blüte untersucht. Vom Bau der Staubgefäße und des Frucht- knotens wurde zu den Fortpflanzungsorganen der Kryptogamen übergegangen, von denen in fünf Kursen typische Vertreter der Farne, Moose, Algen, Pilze und Flechten zur Untersuchung kamen. Die Reihenfolge und die Auswahl der Objekte waren im wesentlichen dieselben, wie sie in der gedruckten Anleitung des Dozenten (Botanisch-Mikroskopisches Praktikum für Anfänger, 2. Auflage, Berlin 1909) angegeben sind. Das Material wurde den Teilnehmern geliefert; die mikroskopischen Präparate aber mußte jeder sich selbst: herstellen, um dabei zugleich die einfachste Technik, besonders die Anfertigung der Schnitte mit dem Rasier- messer, zu lernen. Die Exkursionen, die in der Freitagsvorlesung angemeldet wurden, fanden an acht Samstagnachmittagen unter gemein- schaftlicher Leitung von Prof. Möbius und M. Dürer statt. Die erste (7. Mai) führte von Seckbach über Bergen nach den hinter Bergen liegenden Wiesen, wo unter anderen Frühlings- blumen auch Anemone silvestris gefunden wurde. Der Enkheimer Weiher gab eine gute Ausbeute an Wasserpflanzen und Ried- gräsern. Die Frühlingsflora des Buchenwaldes wurde auf der zweiten Exkursion (21. Mai) bei einem Gang von Sachsenhausen über den Buchrainweiher nach der Oberschweinstiege studiert. Auffallend war, daß die Waldbäume, besonders die Buchen und Eichen, im Jahre 1910 kaum Blüten trugen. Recht ergebnis- reich war die dritte Exkursion (4. Juni) nach Cronberg, Falken- stein und dem Reichenbachtal; erwähnt seien nur verschiedene Orchideen, Arnica und Botrychium. Am 18. Juni wurde die Sandflora von Eberstadt besucht: vier blühende Pyrola-Arten, Monotropa, Orobanche und Orchideen, sowie zahlreiche andere interessante Arten lohnten die weitere Fahrt. Die erste Ex- kursion nach den Sommerferien (13. August) galt dem unter dem Namen „Mississippi“ bekannten Sumpfgebiet hinter Hanau. Utricularia war in reicher Blüte, Liparis Loeselii und Drosera rotundifolia reichlich fruchtend vorhanden; ferner wurden neben vielen anderen Arten interessante Moose und Algen gesammelt. Eine Kalkflora bot der Luhrberg bei Offenbach, der das nächste | | r DE Ser Ziel der am 27. August unternommenen Exkursion war; hieran schloß sich ein Gang über die Felder und Wiesen nach Rumpen- heim, und in der Nähe dieses Ortes gab ein kleiner Tümpel eine sehr reiche Ausbeute an Wasserpflanzen. Nicht minder reich waren die Funde der siebenten Exkursion (3. September) von Wixhausen nach Arheilgen ; Feld, Sumpf und Sand wechselten miteinander ab, und jedes Terrain bot viele interessante Arten, von denen hier nur Corispermum hyssopifolium, Kochia arenaria und Salsola Kali genannt seien. Auf der letzten Exkursion (17. September) gab es nur noch sehr wenig Blütenpflanzen ; dafür war der Wald, der von der Oberschweinstiege aus nach Isenburg zu und von da nach Sachsenhausen zurück begangen wurde, reich an Pilzen. Nicht nur zahlreiche Blätter- und Röhrenpilze, unter letzteren auch Polyporus strobilaceus, sondern auch Vertreter anderer Abteilungen, wie Cordyceps ophioglos- soides, wurden gefunden. An diesen vom Wetter jedesmal auf- fallend begünstigten Exkursionen nahmen durchschnittlich 15 Personen teil. Winterhalbjahr: Dienstags und Freitags las Prof. Möbius über „Kryptogamen“. Eingeschrieben waren 47 Teil- nehmer. Von den niedersten Algen, den Flagellaten, ausgehend, besprach der Vortragende zunächst die Abteilungen einzelliger Aleen, die direkt von jenen abgeleitet werden können: die Peridineen, Diatomeen, Konjugaten und Volvocineen. Von den letztgenanten wurde die Reihe der grünen Algen (Uhlorophyzeen), die den Ausgangspunkt zu den höheren Pflanzen bildet, abge- leitet, und von diesen wiederum die braunen und roten Algen (Phäophyzeen und Rhodophyzeen), die, wesentlich Meerespflanzen, eine ganz besondere Entwicklung bis zur Erreichung einer hohen Entwicklungsstufe eingeschlagen haben. Da die niederen Rhodophyzeen auch gewisse Beziehungen zu den blaugrünen Algen (CÖyanophyzeen) zu haben scheinen, so wurden diese jetzt erst besprochen, was den Vorteil bot, von ihnen zu den Bakterien und von diesen zu den echten Pilzen leichter übergehen zu können. Letztere. wurden als eine Abzweigung von höheren Grünalgen (Siphoneen) dargestellt. Von ihren einfachsten Formen, den Algenpilzen (Phycomyzeten), gehen nun die beiden Haupt- stämme der Pilze aus, die Schlauchpilze (Ascomyzeten) und die — 18 — Basidienpilze (Basidiomyzeten), die parallele Entwicklungsreihen von einfachen zu hohen Formen darbieten. Von ihnen wiederum würden die Flechten abzuleiten sein, die leider in diesem Semester nicht mehr besprochen werden konnten. Es wurden nur noch ganz kurz die sog. unvollkommenen Pilze (Fungi imperfecti), d. h. solche, von denen man keine Schlauch- oder Basidienfruktifikation sondern nur Konidien kennt, betrachtet. Die Entwicklung des Stammbaumes in den oben ange- deuteten Zügen bildete den Grundgedanken der Vorlesung, die im nächsten Winter in diesem Sinne mit Besprechung der Moose, Gefäßkryptogamen und Gymnospermen fortgesetzt werden soll. Natürlich wurde auch versucht, eine Vorstellung von der Viel- gestaltigkeit der Vertreter der einzelnen Familien zu geben, wobei die Beschreibung durch mikroskopische Präparate, von denen über 350 aufgestellt wurden, lebendes und Herbarmaterial, Abbildungen, Wandtafeln, Tabellen und Projektionen mit dem Epidiaskop unterstützt wurde. Auch die wichtigste Literatur wurde durch Auflegen zahlreicher Schriften vorgeführt. III. Paläontologie, Geologie und Mineralogie. Sommerhalbjahr: Die Vorlesungen Dr. Drevermanns über „die Entwicklung der Säugetiere im Laufe der Erdge- schichte“ mußten schon mit der zweiten Stunde abgebrochen werden, da eine schwere Krankheit den Dozenten monatelang zur Ruhe zwang. Von den geologischen Exkursionen gilt das Gleiche; doch gelang es wenigstens, einen fünftägigen Pfingst- ausflug in das jüngere Paläozoikum und in die Trias des Saar- Nahe-Gebietes durchzuführen. 20 Teilnehmer, darunter vier Damen, begannen in Idar den Marsch. Man sah die mächtigen Melaphyr- und Porphyrmassen, die zwischen den Schichten des Rotliegenden lagern, und die Anlagerung an die Quarzitmassen des Hunsrücks, in denen einige der spärlichen Versteinerungen gesammelt wurden. Auf dem Hinweg wurde das Achat-Museum in Idar besichtigt. Der zweite Tag brachte einen langen Marsch quer durch das Ober-Rotliegende, bei welcher Gelegenheit alle wichtigen Horizonte gesehen werden konnten. Am Nachmittag führte Dr. P. Keßler-Saarbrücken die Teilnehmer an zwei Fundorte für Petrefakten bei St. Wendel, deren erster Süßwasser- — 19 — muscheln und deren zweiter prächtige Ganoidfische in Hülle und Fülle lieferten. Der dritte Tag galt dem Unter-Rotliegenden mit seinen kleinen Muschelkrebsen bei Neunkirchen und dem Besuch mehrerer Halden der großen Steinkohlengruben, von wo jeder Teilnehmer ohne viel Mühe eine reiche Flora mitnahm. Am vierten Tag ging es auf der Strecke Saarbrücken-Saargemünd durch Triasprofile mit großen Steinbrüchen, in denen wiederum reiche Petrefaktenfunde zu machen waren, nach St. Wendel zurück. Am letzten Tag, schon auf der Heimreise, wurde die günstige Gelegenheit eines Bahnbaues benützt, um die neuen Aufschlüsse bei Nonnweiler zu untersuchen und in den Lebacher Schichten mit gutem Erfolg zu sammeln. Am Nachmittag wurde in Münster am Stein der Abschied gefeiert, nachdem der liebens- würdige und ortskundige Führer der Exkursion Dr. Keßler die übrigen Teilnehmer schon in Türkismühle verlassen hatte. Prof. Schauf sprach einmal in der Woche (Mittwochs) über „die geometrischen und physikalischen Eigenschaften der Kristalle“ als Einführung in die Mineralogie. Die Unterschiede zwischen dem amorphen und kristallisierten Zustand der Materie wurden eingehend behandelt und die Rolle, welche die Kristalle für die unorganische Welt spielen, erörtert. Versuche über die Bildung von Kristallen, kristallinen Aggregaten, Globuliten und über den Einfluß von Lösungsgenossen auf die Entstehung der Form reihten sich an. An der Spaltbarkeit isotroper Kristalle, an dieser und den übrigen Eigenschaften der physikalisch ein- und zweiachsigen Formen wurde gezeigt, daß das Wesen des Kristalls auf seinem inneren Bau beruht. An den Vertretern der verschiedenen Systeme wurden die Symmetrieverhältnisse demonstriert und ihre Übereinstimmung mit den physikalischen Erscheinungen nachgewiesen. Ebenso führten die Ätzfiguren, von denen zahlreiche Präparate vorlagen, auf drei Hauptgruppen der Kristallwelt. Gesetz der Winkelkonstanz, Grundform, Achsen- verhältnis, Gesetz der Rationalität der Ableitungszahlen, ein- fache Kristallform und Kombination, Theorie der Raumgitter: die Kristallographie führt unabhängig von der Chemie zur An- nahme der Existenz der Moleküle. Aus ihrer gesetzmäßigen Gruppierung läßt sich die Spaltbarkeit, die Winkelkonstanz, das Rationalitätsgesetz usw. ableiten. Die Besprechung der einzelnen Systeme begann mit dem rhombischen, an dem die — 10 — A, N Flächenbezeichnung und die Naumannschen Symbole erläutert wurden. Als Anschauungsmaterial wurden große Achsenkreuze, Papp- modelle mit durchgesteckten Drähten, Glaskörper über Papp- formen usw. zur Ableitung der hemiedrischen und tetartoedrischen Gestalten sowie der Kombinationen benutzt. Besonders gute Dienste leistete eine größere Anzahl von Winkelspiegeln, die unser Techniker Moll nach den Angaben des Dozenten sehr ge- schickt hergestellt hat. Sie sind ein gutes Hilfsmittel, um den Anfänger den ganzen Flächenkomplex der „einfachen“ Kristall- form als Folge der Symmetrieverhältnisse des jedesmaligen Systems übersehen zu lassen. Eine hinreichende Anzahl natürlicher Kristalle vorzulegen, wurde nie versäumt; auch wurde an ihnen auf den verschiedenen Flächencharakter bei Kombinationen, auf Formenwechsel älterer und jüngerer Generationen mancher Stufen bei gleichartigem Charakter der Individuen derselben Generation usw. hingewiesen. Einige Kapitel, die nicht mehr besprochen werden konnten, sollen in den Vorträgen über spezielle Mineralogie nachgeholt werden. Winterhalbjahr: Die Vorlesung Dr. Drevermanns über „Paläontologie und Abstammungslehre“* (Donnerstags) brachte den Abschluß der mehrsemestrigen Vorträge über die Tierwelt der Vorzeit. Aus allen Tiergruppen wurden die Belege gesucht, welche die Paläontologie für den Ausbau der Abstammungslehre geliefert hat. Dabei fanden die Wirbeltiere besondere Berück- sichtigung. Die Vorträge wurden durch Wandtafeln (darunter zahlreiche neue, von freiwilligen Hilfskräften hergestellt) und Lichtbilder besonders da unterstützt, wo das Sammlungsmaterial nicht ausreichte. Im geologisch-mineralogischen Seminar, das Prof. Schauf gemeinsam mit Dr. Drevermann alle 14 Tage Freitags ab- hielt, wurden wichtige Neuerscheinungen aus der Literatur besprochen; meistens schloß sich an den Vortrag eine rege Diskussion an. Die für den Winter von Prof. Schauf angekündigte „Be- sprechung der wichtigsten Mineralien“ mußte wegen Erkrankung des Dozenten ausfallen. Sie findet im laufenden Sommerhalb- jahr statt. a HE IV. Wissenschaftliche Sitzungen. 1. Sitzung am 15. Oktober 1910. Dr. H. Ross, München: „Naturwissenschaftliche Streifzüge in Mexiko“. Nach einer kurzen Schilderung der geologischen Verhält- nisse sowie ihres Einflusses auf die Vegetation bespricht der Vortragende die Temperatur- und Niederschlagsverhältnisse des Landes, die beiden grundlegenden Faktoren für die Verteilung der Pflanzenformationen. Die Gebiete der größten Wärme und Feuchtigkeit tragen tropischen Regenwald, der durch Üppigkeit, durch die Vielgestaltigkeit in seiner Zusammensetzung und den Reichtum an Lianen und Epiphyten gekennzeichnet ist. In anderen tropischen Gebieten, in denen eine mehrere Monate währende Trockenzeit herrscht, tritt an die Stelle des üppigen Regenwaldes die Grasflur, eine durch einzelne Bäume oder durch Baumgruppen unterbrochene Savanne, in der die Lianen seltener, die Epiphyten aber, vornehmlich prachtvolle Orchideen und Bromeliazeen, sehr reich vertreten sind. Je nach den örtlichen Verhältnissen bietet die Savanne ein verschiedenes Aussehen und verschiedene Zusammensetzung. Fieder- und Fächerpalmen, zum Teil sehr charakteristische endemische Arten, verleihen der Landschaft einen besonderen Reiz, und eigenartig wirken die weitverbreiteten Schirmbäume. An besonders trockenen Stellen herrschen Sträucher und selbst dorniges Gebüsch vor. Bemerkenswerte Charakterpflanzen der im Regenschatten der Randgebirge liegenden, trockneren Teile des Hochlandes sind Agaven und Kakteen, von denen die letz- teren vielfach in den Vordergrund treten und oft ausgedehnten Gebieten ein eigenartiges Gepräge aufdrücken. Gegenden mit noch geringeren Niederschlägen tragen den spärlichen Pflanzen- wuchs der Halbwüste, und schließlich gibt es auch fast ganz pflanzenlose Strecken, echte Wüsten. Diejenigen Gegenden der Savanne, in denen etwas günstigere Feuchtigkeitsverhältnisse vorliegen, tragen außer der charakte- ristischen Gras- und Krautvegetation auch einen lichten, nied- rigen, hartlaubigen Savannenwald, wie z. B. die pazifischen Abhänge des Isthmus von Tehuantepec, während sich auf dem Hochland der hier kaum mehr als 200 m hohen Kordillere strüpp bestehende Vegetation nicht recht zu ihrer geographischen RR Lage unter dem 16. Breitengrade passen will. Die Ursache einer so plötzlichen und vollständigen Veränderung der Pflanzen- welt vom üppigsten tropischen Regenwald, wie er sich auf den nur wenige Kilometer entfernten Abhängen des Hochlandes nach dem Atlantischen Ozean hin findet, zur Grasflur von fast alpinem Charakter ist in den sehr starken und anhaltend wehenden Winden zu suchen, die, an dem östlichen Randgebirge entlang streichend, durch die Pässe des Isthmus zum Stillen Ozean einfallen. In den Hochgebirgen Mexikos treten zahlreiche Koniferen- arten untermischt mit Laubwald auf. Unter den Nadelhölzern walten die Kiefern vor, die bei etwa 4000 m an dem Nevado von Colima, dem Popocatepetl und dem Pik von Orizaba die Baumgrenze bilden. Die alpine Region zeigt ebenfalls unter dem Einfluß des Windes und der eigenartigen Bodenverhältnisse (Gerölle und Sande vulkanischen Ursprungs) einen steppenartigen Charakter und erreicht je nach den örtlichen Lagen und be- sonderen Verhältnissen eine Höhe von etwa 4300 —4600 m. Höher bergan dehnt sich eine öde Felsen- oder Sandwüste bis zur Grenze des ewigen Schnees aus, die bei etwa 4400 m auf der Nordseite und 4800 m auf der Südseite gelegen ist. Eine ausführliche Schilderung wird dem Leben und Treiben der Blattschneiderameisen in der Savanne und im tropischen Walde, sowie den interessanten Beziehungen der Ameisen zu den Pflanzen gewidmet und die Tatsache konstatiert, daß bei Cecropia, den Akazien mit hohlen Dornen und den Schomburgkia- Arten von einer eigentlichen Symbiose zwischen Ameisen und Pflanzen nicht die Rede sein kann, indem alle Vorteile stets auf seiten der Ameisen gefunden werden. 2. Sitzung am 22. Oktober 1910. Prof. Dr..&: Tornser,. Berlin: „Bau und Lebensweise des Diplodokus“. In einer Reihe von Arbeiten hat der Vortragende darauf hingewiesen, daß die Aufstellung der Diplodokus-Originale, wie sie im Carnegie-Museum in Pittsburgh und im Senckenbergischen Museum erfolgt ist, und wie sie auch die Abgüsse zeigen, die in den letzten Jahren in den Museen von London, Paris, Berlin, | » rd — 13 — Wien und Bologna aufgestellt worden sind, — elefantenartig mit steil aufgerichteten, unter dem Körper stehenden Beinen und horizontal nach vorn ausgestrecktem Hals — der natürlichen Körperhaltung und Stellung des Tieres nicht entsprochen haben könne. Tornier hat vielmehr in seinen Arbeiten die Auf- fassung begründet, daß der Diplodokus mit eidechsenartig vom Körper abstehenden, stark gewinkelten Beinen und S-förmig aufgerichtetem Halse aufgestellt werden müsse. Der Kopf des _Diplodokus kann nicht wie der einer Schlange dauernd in direkter Verlängerung der Achse der Halswirbelsäule gestanden haben; denn aus der Gelenkverbindung zwischen dem ersten Halswirbel und dem Hinterhaupt geht hervor, daß der Kopf für gewöhnlich mit der Halswirbelsäule etwa einen rechten Winkel gebildet hat und von dieser Mittelstellung aus sowohl weiter gebeugt als auch gestreckt werden konnte. Die eidechsenartige Stellung der Gliedmaßen wird ebenfalls aus der Form der Gelenke ge- schlossen, da der Knorpelüberzug nicht dick genug war, um ihre Form wesentlich umzugestalten. Nach Torniers Untersuchungen war der Diplodokus auch kein Zehengänger, wie es die Aufstellung in den Museen zeigt; sondern er trat mit ganzer Sohle auf und war auch kein Pflanzenfresser, sondern ein Fleischfresser, der von Kleintieren lebte, die er ganz verschluckte und durch Fischen und Grundeln mit dem langen Hals von den Uferrändern aus im Gewässer fing oder aus dem Uferboden ausscharrte. Diese Anschauungen haben in neuester Zeit, neben Zu- stimmung, besonders von Prof. Abel in Wien und Prof. Holland in Pittsburgh Widerspruch erfahren, den der Vortragende an der Hand zahlreicher Zeichnungen zu widerlegen sucht. Be- sonders faßt Tornier den hochovalen Rumpfquerschnitt nicht, wie es seine Gegner tun, als einen Beweis dafür auf, daß der Diplodokus wie ein höheres Säugetier mit steil aufgerichteten Gliedmaßen gegangen sei, sondern vergleicht ihn mit dem Cha- mäleon, das bei äußerst schmalem, hochovalem Rumpfquerschnitt seinen Körper nie auf dem Boden entlangt schleppt, sondern mit eidechsenartiger, Beinstellung dauernd hochträgt. Nach Tornier beweist allein das Fehlen eines Oberschenkelhalses, der unter einem starken Winkel den Oberschenkel mit dem Ge- lenkkopf verbindet, die typische Reptilstellung des Tieres. Der 8 — 14 — m Diplodokus muß sich also durchaus wie ein echtes Reptil und nicht wie ein Säugetier bewegt haben. 3. Sitzung am 29. Oktober 1910. Prof. Dr. O. zur Strassen: „Die Tierwelt der Meeresoberfläche“. Die hohe Anpassungsfähigkeit der Tiere an die Gefahren und Vorteile ihrer Umgebung tritt bei der Betrachtung einfacher und übersichtlicher Lebensbedingungen, wie sie besonders die Oberfläche des Meeres darbietet, in helles Licht. Das Leben in der oberen Schicht des Meeres ist aus verschiedenen Gründen gefährlicher als das Leben in der Tiefe. Das eindringende Tageslicht macht die Geschöpfe für räuberische Feinde sichtbar; ganz oben sind sie den Angrifien der Möven und Sturmvögel preisgegeben; zartere Wesen werden vom Wellenschlag mit Zer- störung bedroht; der Regen verdirbt das Seewasser; im tropischen Ozean wird die Hitze gefährlich. Andererseits aber bietet die obere Wasserschicht ihren Bewohnern einen außerordentlichen Vorteil dar. Da die niedere Pflanzenwelt des Ozeans zum Leben des Lichtes bedarf, also auf die Schicht von kaum hundert Meter Höhe angewiesen ist, in die das Sonnenlicht eindringt, so muß auch für die Tiere, die sich direkt oder indirekt von Pflanzen nähren, der Aufenthalt in der Oberflächenschicht nützlich sein. In der Tat staut sich die Tierwelt des Meeres in der licht- erfüllten Wasserschicht. Den dort drohenden Gefahren hat sie sich nach Möglichkeit angepaßt. Vor allem sind die Tiere gegen ihre Feinde in und über dem Wasser dadurch gedeckt, daß sie die Farbe ihrer Umgebung erhalten: die meisten sind farblos und durchsichtig wie das Wasser selbst; solche, die dichter an der Oberfläche leben, sind tiefblau wie das Meer von obenher gesehen; viele sind an der Unterseite silber- glänzend, wie die spiegelnde Oberfläche dem Auge eines Raub- fisches erscheint. Gegen die sonstigen Gefahren (Seegang, Hitze usw.), die nur in der allerobersten Zone drohen, sichern sich die meisten Tiere dadurch, daß sie diese gefährlichste Gegend eanz oder zeitweilig vermeiden. Hierzu bedürfen sie besonderer Einrichtungen: die Schwebeorgane (Gallertmassen, Öltropfen, (sasblasen), die ihnen den Aufenthalt in der hellen Wasser- schicht erleichtern, sind so bemessen und auf kunstvolle Weise > ch u u — 15 — reguliert, daß das Geschöpf sich auf den Reiz zu starker Er- schütterung, Hitze usw. in die sichere Tiefe versenken kann. Eine kleine Gruppe von Tieren aber hat es erreicht, auch diesen Aufwand an regulatorischen Einrichtungen und körperlichen Anstrengungen zu ersparen; sie sind durch starken Gasgehalt so leicht gemacht, daß sie ohne jede eigene Bemühung an die Oberfläche selbst getragen werden und hier verbleiben. Die Gefährlichkeit ihres Aufenthaltes aber gleichen sie durch besonders raffinierte Zweckmäßigkeit ihres gesamten Baues aus. So treibt die Nacktschnecke Glaucus wie ein mit Gas gefüllter Ballon zeitlebens dicht an der Oberfläche. Die Veilchenschnecke, Jan- thina, hängt an einem schaumigen Floß, das sie sich selbst aus Luft und Schleim erbaut. Die große Blasenqualle, deren Gas- behälter hoch auf dem Wasser liegt, erreicht hierdurch noch den besonderen Vorteil, daß sie durch die Luftströmung von Ort zu Ort, d. h. zu immer neuen Nahrungsquellen getrieben wird. Am zweckmäßigsten aber ist die blaue Segelqualle, Velella, eingerichtet. Mit dem dreieckigen Segel, das sich über ihrem floßartigen Leibe erhebt, segelt sie nicht nur leicht im Winde dahin, sondern benutzt die Luft auch an Stelle von selbst- erzeugtem Gase zur Füllung der in ihrem Körper enthaltenen Hohlräume, ja selbst zur Atmung nach Art der Insekten. Kein Wunder, daß dieses vollendet zweckmäßige Geschöpf in unge- heuren Scharen an der Oberfläche warmer Meere zu finden ist. 4. Sitzung am 5. November 1910. Dr. F.Drevermann: „Elefant, Mastodon und ihre Ahnen“. Wie Riesen aus der Vorzeit ragen die mächtigen Elefanten in die Gegenwart hinein. Keine Tiergruppe zeigt eine nähere Verwandtschaft mit ihnen; ihre Größe, die Stoßzähne und ihr eigenartiger Rüssel lassen sie ganz isoliert dastehen. Auch die Paläontologie konnte bis vor kurzer Zeit nur wenig über die Ahnenreihe der Elefanten berichten. Man wußte wohl, daß zuerst im Miozän elefantenartige Tiere, die Mastodonten, auf- treten, und daß sich von da an zahlreiche Verwandte, an Größe und Menge der Arten immer mehr zunehmend, anschließen, bis mit dem Schluß der Pliozänzeit eine merkliche Abnahme einsetzt, die bis zur Gegenwart andauert. Aber während fast alle anderen 8*+ — 116 — — * Säugetiergruppen auch schon im Alttertiär durch primitive Ahnen vertreten sind, konnten bei den Elefanten gerade diese niedrigsten und darum besonders interessanten und wichtigen Typen nicht festgestellt werden. Da gelang es vor wenigen Jahren dem englischen Palä- ontologen Andrews, in der großen Wüste westlich vom Nil, in der Gegend, die man als Fayüm bezeichnet, Reste von noch älteren Vorläufern zu finden, die deutlich zeigen, wie sich ganz allmählich die Eigentümlichkeiten des Elefanten herausgebildet haben. Das Moeritherium aus dem Mitteleozän des Fayüms ist ein Tier von der Größe eines starken Neufundländers mit einem Gebiß, das sehr an das der gleichzeitig lebenden Vorfahren der Seekühe erinnert und noch sehr primitive Charaktere aufweist, jedoch im Ober- und Unterkiefer ein Paar kräftig entwickelter Schneidezähne besitzt. Niemand würde indessen das Moeritherium für einen Vorläufer des Elefanten halten, wenn sich nicht in darüber liegenden Schichten die nächste Entwicklungsstufe ge- funden hätte. Immerhin weisen einige Eigentümlichkeiten des Schädels auf die Verwandtschaft mit dem Elefanten hin, so das weite Zurückliegen der Nasenöffinung, das einen kurzen Rüssel wahrscheinlich macht (etwa wie beim Tapir), und die * starke Verdickung der Knochen am Hinterhaupt, die von Luftzellen erfüllt sind. Noch weiter geht die Annäherung an die Elefanten bei Palaeomastodon, das im Obereozän an dem gleichen Fundort ausgegraben wurde. Die Nasenöffnung tritt noch weiter zurück, und die Schädelknochen des Hinterhauptes sind sehr stark mit Luftzellen erfüllt. Alle Schneidezähne und die Eckzähne gehen verloren bis auf das zweite Paar Schneidezähne im Ober- und Unterkiefer, die sich sehr stark entwickeln und direkt zu kurzen, kräftigen Stoßzähnen werden. Durch eine einfache Verlängerung des Unterkiefers und damit also der Schnauze wird die Ent- stehung des Rüssels leicht verständlich, und nun geht die Ent- wicklung geradlinig weiter: Mastodon mit vier Stoßzähnen (Tetrabelodon), Mastodon mit zwei Stoßzähnen und endlich Elefant bilden eine gute Entwicklungsreihe, die dadurch noch wahr- scheinlicher wird, daß z. B. Mastodon americanus in der Jugend auch im Unterkiefer zwei schwache Stoßzähne besitzt, die im Alter verloren gehen. Es gehört nur eine geringe Phantasie dazu, von solchen Formen die Elefanten der Gegenwart abzuleiten. — 17 — 5. Sitzung am 12. November 1910. Dr. E. Wolf: „Sitten und Gebräuche der Südsee-Insulaner“. Der Vortragende, der im verflossenen Jahre über den geo- logischen Aufbau der Südsee-Inseln berichtet hat, macht diesmal die Bewohner dieser Inselwelten zum Ausgangspunkt seiner Ausführungen. Stammesgeschichtlich lassen sich hier vier Men- _ schenrassen unterscheiden: Papuas, Melanesier, Polynesier und Mikronesier, deren Verbreitungsgebiete scharf abzugrenzen sind, und die unter Berücksichtigung des Körperbaues, der Beschaffen- heit der Haare, sowie nach ihrer Sprache, ihren Sitten und Gebräuchen wohl zwei verschiedenen Völkerfamilien zugezählt werden müssen. Die beiden ersteren zeigen eine große Ver- wandtschaft mit manchen Negervölkern; die letzteren sind wohl von den Molukken ausgegangen, weisen aber auch entschieden mongolischen Einschlag auf. Gegenüber der von allen Seiten auf sie eindringenden Kultur ist eine höchst verschiedene An- passungsfähigkeit zu konstatieren, was unter anderem an der Hand eines geschichtlichen Rückblicks auf die Südseeforschungen erläutert wird. So stehen nunmehr der Osten und Norden, also vor allem die polynesische Welt, in scharfem Gegensatz zu dem Südwesten, dem (Gebiet der negroiden Stämme. Diese Tatsache wird durch zahlreiche, eigene Beobachtungen des Redners be- kräftigt, aus denen vor allem hervorgeht, daß bei den polyne- sischen Stämmen die ursprüngliche Natürlichkeit schon längst verschwunden ist, und daß wir auch bei den Papuas und Me- lanesiern erst fernab von Hafenplätzen und Kulturland hoffen dürfen, Völker in unberührter und unverfälschter Naturwüchsig- keit studieren zu können. Als Kulturfaktor ist keiner der Stämme der Südsee hoch anzuschlagen. Denn die Polynesier sind teils zu stolz, teils zu bequem, um im Dienste von Weißen arbeiten zu wollen; die Lebenskraft der Melanesier dagegen scheint vollständig gebrochen zu sein. Ihr Bestand nimmt in erschreckendem Maße ab, so dab man mit der Möglichkeit rechnen muß, schon in wenigen Jahr- zehnten weite Strecken entvölkert zu sehen. Da die körperliche Arbeit der Europäer wegen der klimatischen Verhältnisse in den meisten Gebieten ausgeschlossen ist, sieht sich der Kolonist > ei genötigt, zur Mithilfe vor allem Chinesen heranzuziehen, die aber auch hier bald zu der gefürchteten „gelben Gefahr“ werden dürften. Die koloniale Arbeit in den deutschen Besitzungen ist jedoch keineswegs aussichtslos; denn Samoa ist bei gesundem Klima entschieden die schönste und fruchtbarste Kolonie der östlichen Inselwelt, und Neuguinea mit dem Bismarckarchipel hat vorderhand noch Arbeitskräfte genug, um dem jungfräulichen Boden reiche Zinsen abgewinnen zu können. 6. Sitzung am 19. November 1910. Dr. W. Hein, München: „Die Forelle und ihre Verwandten“, Nach einer kurzen Beschreibung der Form und Farben- variabilität unserer Bachforelle bespricht der Vortragende ein- gehend den Einfluß der Umgebung auf das Farbenkleid dieses prächtigen Fisches. Die Unterschiede in der Färbung sind bei den einzelnen Individuen unter Umständen so extrem, daß ober- flächliche Beobachter verschiedene Forellenarten anzunehmen ge- neigt sein könnten. Experimentell ist indessen der Übergang von heller zu dunkler Färbung an demselben Individuum nach- zuweisen. Bedingt ist diese Fähigkeit des Farbwechsels durch die Tätigkeit der Chromatophoren, eigentümlicher, im Tierreich weit verbreiteter Pigmentzellen, die durch Nervenreiz zur Kon- traktion oder Expansion gebracht werden können. Bei Erkran- kungen des Zentralnervensystems oder von Teilen desselben, z. B. bei Erblindung, tritt deshalb eine Störung des normalen Farb- wechsels ein; die Fische zeigen alsdann schwarze Flecken in verschieden großer Ausdehnung. Die Lebensweise der Bachforelle, ihre Gewohnheiten und Bedürfnisse, die Eiablage und die Entwicklung der Brut wer- den ausführlich geschildert. In freien Gewässern wächst die 3rut im ersten Jahre zu 10—12cm großen Jungfischen heran; im dritten oder vierten Lebensjahre tritt die Geschlechtsreife ein. Der Fisch hat zu dieser Zeit eine Größe von 24cm erreicht; Forellen über 40 cm sind mindestens sechs Jahre alt. Anschließend an die Bachforelle kommen die Seeforelle, die Meerforelle und der Lachs mit ihrer veränderten, sich aber doch an die der Forelle eng anschließenden Lebensweise zur Be- sprechung. Der Lachs ist einer unserer wirtschaftlich wertvoll- — 19 — sten Edelfische. Die starke Nachfrage nach ihm hat zur Massen- einfuhr seiner ausländischen Verwandten geführt, deren Fleisch nach oft mehrmonatlichem Transport in gefrorenem Zustand als „Rheinlachs“ bei uns auf den Markt gebracht wird. So wird etwa sechsmal so viel „Rheinlachs“ verkauft, als der Rhein Lachse liefert. Auch an Stelle unserer einheimischen Bachforelle treten als fast vollwertiger Ersatz die schnellwüchsige, von Amerika importierte und stellenweise bei uns heimisch gewordene _ Regenbogenforelle, sowie der ebenfalls ausländische und bei uns gezüchtete Bachsaibling. Bei dem großen Bedarf an Edelfischen hat sich in den letzten Jahrzehnten ein besonderer Wirtschaftszweig der künst- lichen Erbrütung herausgebildet. Die Produktion der jährlich auf diese Weise erbrüteten Bachforelleneier wird auf 80 Millionen veranschlagt; von der Seeforelle werden jährlich etwa 3 Millio- nen, von der Meerforelle 7 bis 8 und vom Lachs 15 bis 18 Millionen Eier jährlich erbrütet. Zum Schluß erläutert der Vortragende die wesentlichen Erkennungsmerkmale der besprochenen Forellenarten. 7. Sitzung am 26. November 1910. Prof. Dr. M. Möbius: „Die Entstehung neuer Arten durch Mutation‘. Linn hat den Begriff der „Art“ zuerst festgelest; Darwin hat nachgewiesen, daß die Arten auseinander ent- stehen. Aber die Anschauungen über den Begriff der Art und über die Variation haben sich seitdem wesentlich geändert. In seiner Selektionstheorie legt Darwin den Hauptwert auf die geringen regelmäßigen Variationen, die unter den Nachkommen in jeder Generation auftreten. Es hat sich herausgestellt, daß sich diese sogenannte „fluktuierende Variation“ immer nur um einen bestimmten Punkt bewegt und gewisse Grenzen nicht über- schreitet, daß also aus ihr keine neuen Merkmale zu gewinnen sind, wenn sie nicht durch Kreuzungen hinzukommen. Es gibt aber außerdem plötzliche Veränderungen, sogenannte „Sprung- variationen“, bei denen mit einem Male ein neues Merkmal er- scheint, und auf diesem Wege können wir uns eher die Ent- stehung: der Arten erklären. In zielbewußter Weise hat zuerst Hugo de Vries diese — 120° — — Sprungvariationen, die er Mutationen nennt, zum Studium einer experimentellen Untersuchung gemacht. Nach vielem vergeb- lichem Suchen fand er in einigen Nachtkerzen-Arten (Oenothera) amerikanischer Herkunft, die bei Amsterdam verwildert vor- kommen, günstige Objekte. Er sah nun bei seinen in groß- artigem Maßstab angelegten Kulturen neue Formen auftreten, die der unbefangene Systematiker sicher als neue Arten be- schrieben hätte. Da auch zahlreiche andere Fälle, und zwar seit alten Zeiten, vorliegen, in denen plötzlich neue Formen aufgetreten sind, glaubt de Vries, daß die neuen Arten vor- zugsweise durch Mutation, und nicht durch ganz allmähliche Variation, wie Darwin und noch schärfer Wallace behaup- ten, entstehen. De Vries hat aber nicht nur das Verdienst, die unzulängliche Selektionstheorie durch die bessere Mutations- theorie ersetzt zu haben, sondern er hat auch vor allem durch seine gründlichen Untersuchungen über die Kreuzungserschei- nungen (Bastardierung) seiner kultivierten Arten das Wesen der vererblichen Eigenschaften näher kennen gelehrt. Er hat nach- gewiesen, daß diese Eigenschaften physiologische, voneinander unabhängige Einheiten sind, und daß man es nicht mit einem sich als Ganzes verändernden Vererbungsplasma (Idioplasma Nägelis) zu tun hat. Wenn sich die Mutanten — so nennt man die durch Mutation entstehenden neuen Formen — bei der Kreuzung nicht wie echte Arten verhalten, sondern die Mitte einnehmen zwischen solchen und Varietäten, so liegt hier aller- dings noch ein durch die Mutationstheorie nicht aufgeklärtes Problem vor, dessen Lösung der Zukunit vorbehalten bleiben muß. 8. Sitzung am 3. Dezember 1910. Prof. Dr. H. Winkler, Tübingen: „Pfropfbastarde und pflanzliche Chimären‘“. Bastarde nennen wir Organismen, deren beide Eltern verschiedenen Arten, Rassen oder Varietäten angehören. Sie können also nur entstehen, wenn eine Kreuzbefruchtung zwischen zwei artverschiedenen Individuen stattfindet. Für Pflanzen ist indessen seit langem noch eine andere Möglichkeit der Bastard- entstehung behauptet worden, die durch Pfropfung. Zwar ist es eine alltägliche Erfahrung, daß das Pfropfreis sich nicht verändert; unter gewissen Ausnahmebedingungen soll es aber ee ee % — 1211 — doch durch die Pfropfung zur Entstehung von Mischformen zwischen Reis und Unterlage kommen. Diese Behauptung gründet sich vor allem auf die Existenz des berühmten Cytisus Adami. Darüber, ob diese merkwürdige Pflanze ein Pfropfbastard oder ein sexueller Mischling ist, ist sehr viel gestritten worden; da es aber nie gelang, die Pflanze wieder zu erzeugen, blieb das Rätsel ungelöst und damit auch die Frage überhaupt, ob Pfropf- bastarde möglich seien. Im allgemeinen wurde die Frage ver- _ neint. Versuche des Vortragenden, dessen Methodik näher geschildert wird, haben nun aber die Frage im positiven Sinne “entschieden; denn es ist gelungen, zwischen der Tomate und dem Nachtschatten experimentell durch Pfropfung Bastarde herzustellen. Und zwar sind bisher sieben verschiedene Zwischen- formen entstanden, die verschiedenartigen Kategorien angehören: die einen sind Chimären, die anderen echte Bastarde. Erstere sind hälitig artrein, d. h. sie bestehen zur Hälfte aus der einen, zur Hälfte aus der anderen elterlichen Art, so wie etwa ein Zentaur halb Mensch, halb Pferd ist. Und zwar können die artreinen Komponenten dieser Mischwesen nebeneinander liegen (Sektorialchimären) oder sich schichtenweise überlagern (Peri- klinalchimären). Die andere Kategorie von Pfropfbastarden dagegen stellt reine Analoga zu sexuell entstandenen Bastarden dar, insofern sie aus einer Zellverschmelzung hervorgegangen sind; nur sind es nicht, wie bei sexuellen Bastarden, Keimzellen, die miteinander kopulieren, sondern gewöhnliche Körperzellen. Mit einer näheren Schilderung der Eigenschaften solcher Pfropf- bastarde und mit einem Ausblick auf die Konsequenzen der Lösung des Pfropibastardproblems für die Theorie der Vererbung und der Sexualität schließt der Vortrag. 9. Sitzung am 10. Dezember 1910. Dr, V. Franz: „Hoch und Niedrig im Reiche der Lebewesen‘. Es ist üblich, von „höheren“ und „niederen“ Wesen zu sprechen und im Tierreich eine Stufenfolge „von der Amöbe bis herauf zum Menschen“ anzunehmen. Diese Vorstellungen kommen, wie der Vortragende meint, nur auf Grund einer Vergleichung der verschiedenen Organismen mit der Organisation des Menschen zustande. Wenn wir ein Tier oder eine Pflanze zu den „höheren“ 5 — 12 — oder zu den „niederen“ rechnen, so ist damit nicht eine dem Lebewesen an sich innewohnende Eigenschaft bezeichnet, son- dern nur das Verhältnis seiner Organisation zu der des Menschen. Besonders trifft die Annahme, daß das sogenannte „Höhere“ in Wirklichkeit auch das Kompliziertere sei, nicht zu oder höchstens nur für das Pflanzenreich und für den Teil des Tierreichs, der im Durchschnitt der minder komplizierte ist. Auf einer Ver- kennung der Tatsachen beruht ferner die weitverbreitete Vor- stellung, daß der „höhere* Organismus vollkommener sei als der „niedere“. Das Tier ist nicht vollkommener als die Pflanze; vielmehr stehen der Pflanze vermöge ihrer eigenartigen Organi- sation viele Lebensmöglichkeiten offen, die dem Tiere für immer verschlossen bleiben. Die Blutwärme der Säugetiere und Vögel ist keine Vollkommenheit, sondern eine notwendige Anpassung derjenigen Tiere, die den größten Temperaturschwankungen ausgesetzt sind. Wie in diesen Fällen kann man in allen anderen eine stärkere Kompliziertheit statt als Vervollkommnung auch als notwendige Anpassung, als Notbehelf zur Erhaltung des Lebens, betrachten. Das Vollkommenere, das „Höhere“, besteht nur für das menschliche Innenleben; in der Naturwissenschaft haben diese Begriffe keine Berechtigung. Vielmehr sind alle Lebewesen, die einfacheren wie die komplizierteren, durchaus vollkommen organisiert, d. h. es herrscht überall vollständige Harmonie zwischen Organisation und Lebensfunktionen. 10. Sitzung am 17. Dezember 1910. Dr. P. Kammerer, Wien: Fremde und eigene Experimente über das Vererben erworbener Eigenschaften‘. N Vor wenigen Jahren konnte man alle bis dahin veröffent- lichten Zuchtexperimente über Vererbung angenommener Merkmale bequem in einem einzigen Vortrag referieren und überdies die theoretische Grundlage erörtern. Heute ist beides in so engem Rahmen unmöglich geworden. Von vornherein schaltet daher der Vortragende die Vererbung von Verstümmelungen und Krank- heiten aus und berücksichtigt nur kurz die Vererbung von Verletzungsfolgen, von Schutzstoffen gegen Krankheiten, sowie die Übertragung erworbener Eigenschaften durch ungeschlecht- — 13 — liche Fortpflanzung (Teilung und Sprossung). Was dann übrig bleibt, ist immer noch ein gewaltiges Tatsachenmaterial, ein für die Vererbungsmöglichkeit individuell veränderter oder neu hinzu erworbener Eigenschaften entscheidender Beweisvorrat. Die Gesetzmäßigkeit dieses Erblichkeitsverhaltens geht schon daraus hervor, daß die verschiedensten, höchst und niedrigst organi- sierten Gruppen des Tier- und Pflanzenreichs übereinstimmende bejahende Resultate ergeben. Solche sind bisher an Bakterien, _ Hefe- und Rostpilzen, Algen, Getreidearten und höheren Blüten- pflanzen, sowie an Geißeltierchen, Infusorien, Würmern, Krebsen, Klein- und Großschmetterlingen, Fliegen, Käfern, Wasser- und Erdmolchen, Fröschen und Kröten, Eidechsen, Hühnern, Hunden, Meerschweinchen, Kaninchen, Ratten und Mäusen erzielt worden. Die Eigenschaften aber, die an jenen aus so verschiedenen (Gruppen entnommenen Lebewesen geändert oder neu hervor- gerufen und dann trotzdem vererbt werden konnten, betreffen Größen, Gestalten, Farben, Entwicklungsabläufe, Wachstums- geschwindigkeiten, sowie Gewohnheiten der Bewegung, Nahrung, Fortpflanzung und des Nestbaues. Da planmäßige analytische Zuchtversuche am Menschen nicht ausgeführt werden können, so gestattet es nur der Analogieschluß, die menschlichen Rassen in ein Vererbungsgesetz einzubeziehen, das sich unter den übrigen Lebewesen einer so weiten Verbreitung erfreut. Vom endgültigen Durchdringen dieser Erkenntnis sind dann wohl mächtige Fort- schritte und Umwälzungen auf sozialem und rassenhygienischem Gebiete zu erwarten. 11. Sitzung am 7. Januar 1911. Prof. Dr. M. Hartmann, Berlin: „Die moderne Protozoenforschung in ihrer Bedeutung für die Medizin und allgemeine Biologie“, Die einzelligen Urtiere oder Protozoen haben in den letzten 10 bis 15 Jahren eine große Bedeutung gewonnen in rein wissenschaftlicher Beziehung für verschiedene Probleme der allgemeinen Biologie, sowie in praktischer Hinsicht als Erreger einer Anzahl gefährlicher, meist tropischer Seuchen des Men- schen und seiner Haustiere. Die Forschungsmethoden der Protozoologie sind wesentlich andere wie die der Bakteriologie, was vor allem durch die höhere Organisation im Bau der — 124 — Einzelligen, sowie durch ihre meist recht komplizierte Ent- wicklung bedingt ist. Das erste Postulat bei der Forschung ist die Feststellung des Entwicklungszyklus, und dieses Ziel wird am besten, wie die Geschichte der Malariaforschung zeigt, durch ausgedehnte vergleichende Studien an den verschiedensten Protozoen erreicht. Durch die Entdeckung Schaudinns an den Coccidien und Roß’ an der Vogelmalaria fand das Malaria- Problem seine Lösung. Der so lange vergeblich gesuchte Erreger der Syphilis wurde von Schaudinn in der Spörochaeta pallida erst gefunden, nachdem er durch Untersuchung von Blutparasiten von Vögeln auf spirochätenartige Organismen aufmerksam ge- worden war und sein Auge in deren Erkennung geschult hatte. Ja, in Brasilien wurde kürzlich eine neue weitverbreitete Trypanosomenkrankheit der Kinder von Chagas erst entdeckt, nachdem er gefunden hatte, daß durch den Stich von Wanzen, die Flagellaten in ihrem Darm beherbergten, bei Affen eine tödliche Trypanosomenkrankheit erzeugt werden kann. Dem Umstand, daß bei der Schlafkrankheit des Menschen in Afrika und bei den Trypanosomenkrankheiten der Tiere die biologische Bedeutung der morphologischen Formen noch nicht erkannt und die Beziehungen zwischen der Entwicklung des Parasiten und dem Krankheitsverlauf noch nicht geklärt sind, ist es wohl auch zuzuschreiben, daß trotz der bedeutenden Heil- resultate Ehrlichs an mit Trypanosomen geimpfiten Labora- toriumstieren die praktischen Heilerfolge in Afrika noch manches zu wünschen übrig lassen. Vielleicht wird auch hier eine Kombination der Ehrlichschen physiologisch-biologischen Ver- suche mit auf breiter, vergleichender Basis angestellten ent- wicklungsphysiologischen Experimenten, speziell über das Zu- standekommen sexueller Formen sowie über ihre experimentelle Umwandlung zu ungeschlechtlichen Formen, zum Ziele führen. Die Erfahrung an wunveröffentlichten Experimenten des Vor- tragenden und seiner Mitarbeiter, die auf Grund theoretischer Vorstellungen über das Zustandekommen von Rezidiven ange- stellt wurden, weisen nach dieser Richtung. Auch in allgemein-biologischer Hinsicht hat die neue ent- wicklungsgeschichtliche Richtung der Protozoenforschung Tat- sachen und Theorien von großer Tragweite gezeitigt. So ergibt sich aus diesen Untersuchungen, daß die herrschende Ansicht, — 15 — nach der das Wesen der Befruchtung in einer Verschmelzung zweier Zellen bestehe und ihre Bedeutung hauptsächlich in der Qualitätenmischung liege, nicht zutrifft. Dem widerspricht, daß Schaudinn, v. Prowazek und der Vortragende Befruchtungs- vorgänge nachgewiesen haben, bei denen sich der ganze Prozeß in einer einzigen Zelle abspielt. Dagegen ist Schaudinn durch seine Untersuchungen in der Trypanosömenzelle zu der Auffassung gelangt, daß in der sexuellen Differenzierung das wesentliche Moment liege, und daß jede Zelle gewissermaßen zwitterig sei, jedoch durch ihr eigenes Lebensgetriebe entweder mehr nach der männlichen oder mehr nach der weiblichen Richtung sich differenziere, was endlich zum Ausgleich bei der Befruchtung führe. Im Anschluß an Schaudinn hat der Vortragende die Konstitution der Protozoenkerne erforscht und ist dabei zu dem merkwürdigen Resultat gelangt, daß es bei den Protozoen ein- wertige und vielwertige Kerne und Zellen gibt. Die einzelnen Protozoen können daher nicht mehr als gleichwertige Elemente im Sinne der bisherigen Zellenlehre betrachtet werden, da nur die einwertigen Teile, die der Vortragende „Energiden“ genannt hat, untereinander homolog sind. Dies trifit eventuell auch für die Metazoenzellen zu, die dann einem Mehrfachen der einfachen Protozoenzelle entsprechen würden. Auf Grund der Unter- suchungen von Schaudinn, v. Prowazek sowie des Vor- tragenden und seiner Schüler kann man aber auch jede sonstige höhere Komplikation einer Protozoenzelle auf eine Vermehrung sich ungleich differenzierender Energiden zurückführen, so dab ganz allgemein an Stelle der Zellenlehre eine Energidenlehre im Sinne des Vortragenden zu setzen sein würde. Auch in dem Vererbungsproblem, dem Problem des Lebens rar EEoyıv, sind die Protozoen sicher berufen, wichtige Ergeb- nisse an den Tag zu fördern. So hat Ehrlich bei seinen interessanten und bedeutungsvollen chemotherapeutischen Ver- suchen Trypanosomenrassen gezüchtet, die dauernd andere bio- logische und morphologische Eigenschaften gewonnen haben. Auch hier sind von einer Kombination derartiger Versuche mit Variabilitäts- und Selektionsstudien und der Johannsenschen Metliode, der Züchtung reiner Linien, noch reiche Resultate von der Zukunft zu erhoffen. — 126 — 12. Sitzung am 14. Januar 1911. Bergrat Prof. Dr. A. Steuer, Darmstadt: „Geologische Forschungen über das Grundwasser“. Über die Entstehung des sog. Grundwassers liegen viele Arbeiten vor, die die Frage mit mehr oder weniger Glück be- handeln. Meist gehen sie von einem speziellen Fall und einer richtigen Beobachtung aus, die dann aber in unzulässiger Weise verallgemeinert wird. In den bisherigen theoretischen Arbeiten machen sich zwei Mängel sehr fühlbar: 1. das Bodenwasser tritt in sehr verschiedener Form auf; die verschiedenen Arten werden aber nicht voneinander getrennt behandelt, 2. die Ent- stehung der Bodenwässer wird nur nach den örtlichen Verhält- nissen und denen der nächsten Umgebung beurteilt; die von weither ziehenden und oft unter artesischem Druck auftretenden (rewässer werden dagegen vernachlässigt. Der Vortragende unterscheidet, abgesehen von speziellen Fällen, folgende Arten des Bodenwassers nach dem Auftreten entsprechender Quellen, die von ihnen gespeist werden: 1. Schicht- wasser in geschichteten Gesteinen; 2. Kluftwasser in massigen oder geschichteten kompakten Gesteinen wie Granit, Porphyr, Basalt, Kalksteinen; 3. Spaltenwasser, das auf Verwerfungsspalten empordringt: 4. Grundwasser im engeren Sinn, das in Kiesen und Sanden sich bewegende Wasser von gleichmäßiger Temperatur, ohne mechanische Beimengungen (auch ganz oder teilweise bakterienfrei) und von einer gewissen gleichmäßigen chemischen Beschaffenheit; endlich 5..Sickerwasser, das von obenher durch die Niederschläge oder aus Flüssen oder Seen entstehende Boden- wasser, das allmählich die Eigenschaften des Grund- und Schicht- wassers annehmen kann. Diese Wasserarten können in Form von Seen oder Strömen auftreten; sie können ineinander über- gehen; es können auch mehrere, sogar verschiedenartige Ströme übereinander liegen. Die neueste Theorie über die Entstehung von Bodenwasser stammt von Mezger. Er geht von der Kondensation des Wasser- dampfes und von dem Dampfgefälle aus, das sich im Raume stets von der wärmeren nach der kälteren Stelle vollzieht. Dies ist theoretisch richtig, kommt aber in der Natur für die Ent- stehung von Grundwasser nur in beschränktem Maße in Betracht. — 127 — In den weiten Niederungen, in denen sich Grundwasser- ströme bewegen, z. B. in der Rheinebene, kann tatsächlich Wasser von obenher durch Versickerung und Kondensation nur an sehr wenigen Stellen in den Boden gelangen. Die Flächen sind oberflächlich größtenteils überschlickt; dann kann kein Wasser versinken. Vielfach sind die Alluvionen ungleichmäßig zusammengesetzt, feine Sande oder Schlicke sind zwischenge- lagert, oft in beträchtlicher Mächtigkeit; diese sind ebenfalls -undurchlässig. In der Rheinebene zeigt sich nun, daß die unteren Wasserstockwerke eine ganz andere chemische Zusammensetzung haben wie die oberen; ferner, daß die linksrheinischen Grund- wasserströme ganz anders beschaffen sind wie die rechtsrhei- nischen. Diese Verhältnisse lassen sich nur durch die aufsteigenden Grundwassermassen erklären, die auf den Bruchspalten am Ab- hange des Odenwaldes und des rheinhessischen Tertiärlandes entstehen und sich von da in die Ebene vorschieben. An der Hand von Karten erläutert der Redner den Verlauf der Rhein- talspalten und die Entstehung der gewaltigen Grundwasser- massen, die sich besonders vom Ausgang des Modau- und Weschnitztals nach dem Rhein zu vorwärts bewegen. Die gleichen Verhältnisse findet man am Ausgang des Pfrimmtals bei Worms, wo das Wasser durch erhöhten Kochsalzgehalt einen eigenartigen Charakter besitzt. Aber auch kleinere Ströme sehr harten Wassers entstehen am nördlichen Bergrande bis in die (Gegend von Oppenheim hin. Praktisch ist der Nachweis der artesischen Gewässer von erößter Wichtigkeit, weil diese Ströme viel stärker ausgenutzt werden können als solche, die nur von obenher gespeist werden. Der Vortragende ist der Ansicht, daß die artesischen Grund- wasser in Deutschland viel verbreiteter sind, als man bisher angenommen hat. 13. Sitzung am 21. Januar. 1911. Dr. R. Gonder: „Die Erreger einiger wichtiger Tierseuchen in Afrika‘. Für eine gesunde Entwicklung der afrikanischen Kolonien ist eine rationelle Bekämpfung der mörderischen Seuchen uner- läßlich, von denen Menschen und Tiere im tropischen Afrika — 128 — in auffallend schwerer Weise heimgesucht werden. Voraus- setzung ihrer erfolgreichen Bekämpfung ist aber die genaueste Kenntnis der in Betracht kommenden Krankheitserreger und der Art ihrer Übertragung. Neben den Erkrankungen des Menschen, wie Malaria, Rückfallfieber, Schlafkrankheit u. a., spielen die tropischen Tierseuchen, die unter dem Wilde ebenso wie unter den Nutz- und Haustieren herrschen, keine geringere Rolle, da die Tiere in noch größerem Umfang als der Mensch in Afrika von den verschiedensten Krankheiten befallen werden. Einzelne dieser Seuchen sind durch Würmer bedingt; als Erreger anderer sind in den letzten Jahrzehnten einzellige tierische Parasiten (Protozoen) entdeckt worden; eine Reihe von ihnen ist indessen in ihrem Wesen noch unaufgeklärt, indem ihre Erreger noch gar nicht bekannt oder invisibel sind, d. h. mit den uns zurzeit zur Verfügung stehenden technischen Hilfsmitteln wie Mikroskop und Ultramikroskop nicht nachgewiesen werden können. Von geringerer Bedeutung sind die durch Schlangenbiß und durch den Genuß giftiger Pflanzen hervorgerufenen Krankheiten. In einer ausführlichen Schilderung der Lebensgeschichte des Küstenfieber-Parasiten, T'hesleria parva, des Erregers einer der wichtigsten Rinderseuchen, bespricht der Vortragende die Entwicklung der krankheitserregenden Protozoen, die in zwei verschiedenen Wirtstieren besondere Entwicklungsstadien durch- laufen. Beim Küstenfieber gelangen durch den Biß einer Zecke aus der Gattung Rhipicephalus die Keime der Parasiten in den Körper des Rindes und wachsen hier nach einer ungeschlecht- lichen Vermehrung zu Geschlechtsformen aus. Ihre weitere Entwicklung, d.h. die Befruchtung der weiblichen Formen durch die männlichen, erfolgt aber erst wieder in der Zecke, die an dem infi- zierten Rinde Blut gesaugt hat, und durch deren Biß alsdann die aus geschlechtlicher Vermehrung hervorgegangenen, neuen Parasiten- keime wieder in das Blut eines gesunden Rindes gelangen können. Interessant ist es, daß die in einem festgefügten Wirtswechsel stehenden Protozoen ganz auffallend den biologischen Verhält- nissen der Überträger angepaßt sind. So hält die Entwicklung der Parasiten im Zeckenkörper gleichen Schritt mit der Ent- wicklung der Zecke selbst und ihrer Metamorphose. Die mit Blut vollgesogene Zecke fällt vom Rinde ab, um im Gras ihre weitere Entwicklung durchzumachen. Erst nach erfolgter Häutung, | | | | ar — 19 — nach Verwandlung der Zeckenlarve zur Nymphe oder der Nymphe zur ausgebildeten Zecke ist die Entwicklung der Parasiten bis zur Bildung neuer Keime vorgeschritten, und erst in diesem Stadium sucht die Zecke wieder einen neuen Wirt auf. Durch Trypanosomen, ziemlich hochorganisierte Protozoen aus der Familie der Geißeltierchen (Flagellaten), wird die ge- fürchtete Tsetsekrankheit hervorgerufen, von der fast alle Säuge- tierarten Afrikas befallen werden. Auch die Trypanosomen ‘haben bestimmte Überträger, in denen ihre Geschlechtsformen kopulieren. Bei Tsetse sind die auch für den Menschen als Überträger der Schlafkrankheit gefährlichen Tsetsefliegen der Gattung Glossina die verderblichen Zwischenwirte. Von den durch invisibele Erreger hervorgerufenen Tier- seuchen werden die sog. „blaue Zunge“ der Schafe und die Pferdesterbe näher besprochen, eine für Pferde, Esel, Maultiere und Zebras ungeheuer verderbliche Krankheit, der in vielen Gegenden Afrikas bis zu 90 Prozent des Gesamtpferdebestandes erliegen. Bei diesen Seuchen ist es noch nicht gelungen, irgend- einen Erreger oder Überträger aufzufinden; über ihre Ätiologie gehen die Meinungen der wissenschaftlichen Kreise noch weit auseinander, und es steht noch nicht einmal fest, ob bei ihnen das Krankheitsvirus durch blutsaugende Insekten übertragen wird oder auf andere Weise, etwa vom Magendarmkanal aus, in den Körper des infizierten Tieres gelangt. Die Bekämpfung all dieser verheerenden Seuchen ist, soweit ihre Erreger und die Art ihrer Übertragung bekannt sind, eine zwiefache: einmal eine mechanische, die auf die Vertilgung der Krankheitsüberträger (Zecken, Glossinen) ge- richtet ist, und sodann eine chemisch-therapeutische, die durch Abtötung der Krankheitserreger eine Heilung der befallenen Tiere anstrebt. Zu diesem Zweck findet das Trypanblau Paul Ehrlichs bei einzelnen Tierseuchen in Afrika allgemeine An- wendung, z. B. bei den gleichfalls durch Zecken übertragbaren Hömoglobinurien (Redwater) der Rinder, Pferde und Hunde, die durch drei verschiedene Protozoenarten (Babesia bigeminum, equi und canis) hervorgerufen werden. Auf rein empirischem Weg ist es gelungen, gegen die „blaue Zunge* zu immunisieren, während analoge Versuche bei der Pferdesterbe bisher ohne wesentlichen Erfolg geblieben sind. — 10 — 14. Sitzung am 28. Januar 1911. Prof. Dr. E. Korschelt, Marburg: „Regenerations- und Reduktionsvorgänge bei Tieren“. Beide Vorgänge beruhen auf Entwicklungsprozessen, und zwar handelt es sich bei der Regeneration um ein Fortschreiten vom Einfachen zum Komplizierten, bei der Reduktion hingegen um eine Zurückführung der komplizierten auf eine einfachere Organisation. Das entwicklungsgeschichtliche Moment soll denn auch hier besonders betont werden, obwohl absichtlich nur von dem Verhalten ausgebildeter Tiere die Rede sein wird. Außer- dem soll die Auswahl aus der reichen Fülle biologischer Tat- sachen hauptsächlich danach getroffen werden, wie sie dem Vortragenden durch eigene Anschauung bekannt geworden sind. Es ist zunächst vom biologischen Experiment im allgemeinen die Rede, auf dem unsere in den letzten Jahrzehnten so stark angewachsene Kenntnis dieser Erscheinungen beruht. Die Her- vorrufung eines Substanzverlustes, häufig ein ungewolltes Expe- riment, ist das Hervorbringen einer Wunde am Körper und der Ersatz der verloren gegangenen Teile, ein Vorgang, der zwar als Regeneration aufzufassen ist, aber zumeist nicht so angesehen, sondern einfach als Wundheilung bezeichnet wird. Regenerations- vorgänge nach Verlust umfangreicher Körperpartien sind am Körper höherer Tiere selten; die höhere Organisation und größere Komplikation des Körpers scheinen sie zu verbieten. Bei niederen Wirbeltieren tritt sie als Ersatz verlorener Körperteile, z. B. der Extremitäten, noch auf. Die Art, wie diese sich dabei entwickeln, wird verfolgt und vor allen Dingen darauf Gewicht gelegt, daß gewisse Teile sich aus anderen, ihnen ganz ungleichartigen, herauszubilden vermögen. Darauf wird bei verschiedenen niederen Tieren mit weitgehendstem Regenerationsvermögen (Anneliden, Planarien, Hydra) verwiesen, bei denen diese Fähigkeit beson- ders stark ausgebildet ist. Der Vortragende zieht hinsichtlich der Potenzen und Leistungsfähigkeit einzelner Teile Vergleiche mit der Embryonalentwicklung und hebt die bestehenden Über- einstimmungen sowie Verschiedenheiten hervor. Besonders ein- gehend wird die neuerdings aufgefundene Regeneration durch Dissoziation und Reduktion beim Süßwasserschwamm behandelt, die in einer völligen Isolierung der einzelnen Zellenelemente, un — 1231 — deren nachträglichen Vereinigung und dem schließlichen Wieder- aufbau des ganzen Tieres besteht. Besprochen werden ferner die mit Regenerationsvorgängen verbundene Umgestaltung und Umarbeitung der bestehenblei- benden Körperteile, die völlige Einschmelzung bereits difieren- zierter Organe und Gewebe, die Entdifferenzierung ihrer Zellen, deren Verwendung zu völlig indifferentem Gewebe und die Herstellung neuer Organisation. Derartige Reduktions- und Reorganisationsprozesse werden an bestimmten Beispielen ver- folgt, und es wird gezeigt, wie sich dabei der gesamte Orga- nismus eines Tieres in einer Weise zurückbildet, die man als „Umkehr der Entwicklung“ bezeichnet hat, insofern der Orga- nismus sich immer mehr vereinfacht und schließlich in eine Art von Embryonalzustand gerät, aus dem er sich später wieder aufwärts zu entwickeln vermag. Derartige Ergebnisse werden auf experimentellem Wege unter dem Einfluß bestimmter Fak- toren erzielt; doch dürfte es von Interesse sein, daß sich solche Reduktionsprozesse auch in den Ablauf der natürlichen Lebens- vorgänge einschieben können. Bei gewissen Tieren lassen sich Teile des Körpers sozusagen in einen Zustand der Inaktivität versetzen, um auf diese Weise eine Art von Danuer- oder Ruhe- periode durchzumachen. Die Komplexe gleichartiger Zellen, um die es sich hierbei handelt, werden unter dem Einfluß günstiger Lebensbedingungen zu neuer Entwicklung veranlaßt und schließ- lich zur Erlangung der früheren Organisation gebracht. Re- generations- und Reduktionsvorgänge greifen ineinander und ergänzen sich, was durch ihre entgegengesetzte Richtung begünstigt wird. Insofern sie nicht dem gewöhnlichen Ablauf der Lebens- vorgänge angehören, sondern nur unter bestimmten Bedingungen eintreten, dann aber höchst überraschende Modifikationen der ersteren erkennen lassen, zeigen sie recht deutlich die Fähigkeit des Organismus, sich den veränderten Bedingungen anzupassen und an sich selbst Regulationen weitgehendster Art vorzunehmen. 15. Sitzung am 4. Februar 1911. Pro. DeH. Vogt: „Einbildung als Krankheitsursache‘. Entspricht eine Vorstellung den objektiven Tatsachen, so ist sie eine adäquate Vorstellung; führen dagegen bei der 9* — 132 — IS x Urteilsbildung Vermutung und Irrtum, Illusion und mangelhafte Wahrnehmung das Szepter, so entsteht eine unrichtige Meinung; die Welt nennt diesen Irrtum eine Einbildung. In diesem Aus- druck und noch mehr in der Bezeichnung einer Krankheit als eingebildeter Krankheit liegt, ganz mit Unrecht, eine Art von Vorwurf. Organische Veränderungen am Körper verursachen natürlich bei verschiedenen Menschen die gleichen Krankheitserscheinungen; sie verursachen aber nicht denselben Zustand von Leiden. Denn die Fähigkeit, eine Krankheit zu ertragen, ist ganz verschieden je nach der Fähigkeit, sich mit unangenehmen Erlebnissen abzufinden. Und wie es starke Naturen gibt, die krank sein können, ohne zu leiden, so gibt es andere Naturen, schwächliche oder sensibele, in ihrer Meinung irre geleitete Menschen, die leiden, ohne dabei krank zu sein. Umsonst bemüht sich der Arzt, ein den geklagten Be- schwerden entsprechendes, schweres, körperliches Leiden in der gewissenhaften Untersuchung zu entdecken. Unendlich schwer in der Betonung und unendlich groß in der Zahl sind oft die Klagen dieser Patienten, dieser „hommes des petits papiers“, wie sie Charcot genannt hat, weil sie oft zum Arzte kommen mit einer Handvoll enggeschriebener Zettelchen ausgerüstet, um ja bei ihrem eingehenden Bericht an den Arzt nichts von ihren Beschwerden zu vergessen. Und wir können die überraschende Tatsache erleben, daß ein ermunterndes Wort des Arztes oder ein Ereignis des Lebens, das tief den Patienten berührt, oder die letzte Energie, mit der sich der fromme Glaube an die Wunderwirkung einer Quelle klammert, mit einem Hauch alle Leiden hinwegbläst. Die Macht der Idee hat den Kranken geheilt, und die Macht der Idee ist es auch gewesen, die ihn so schwer hat leiden lassen. Dies ist nur möglich, weil Geist und Körper im innigsten Konnex existieren, weil jede Veränderung unseres Körpers ebenso intensiv, bewußt oder unbewußt, unser seelisches Erleben beeinflußt, wie andererseits alles psychische Geschehen, alles Erleben, Denken, Fühlen und Wollen, auch die körperlichen Zustände unseres Daseins in ihren Bereich zieht. Die primitive Grundlage dieses Gesetzes geht aus vielen physiologischen Be- obachtungen hervor, wie solche z. B. in der Tatsache der E \ ANA? - ne ee Veränderung der Tätigkeit des Herzens, der Atmung unter dem Einfluß psychischer Erlebnisse gegeben sind. Kann denn nun unter dem Einfluß einer irrigen Vorstellung, eines psychischen Konfliktes, wie ihn das Leben täglich uns entgegenbringt, der Einfluß des Geistes auf den Körper bis zur Höhe einer krankhaften Störung der körperlichen Funktion gesteigert werden, bis zu einer Höhe, die uns als der Ausfluß organischen Leidens erscheint? Dies ist in der Tat der Fall. Unter dem Druck seelischer Konflikte entstehen nicht selten die ersten Veränderungen körperlicher Funktion, Schlaflosigkeit, Schmerzen, Appetitmangel, die eine gesteigerte ängstliche Selbst- betrachtung alsdann zur Quelle unzähliger Beschwerden zu steigern vermag, so daß körperlich gesunde Menschen nicht selten in einen Zustand schweren Leidens geraten können, der den Ausdruck der „eingebildeten Krankheit“ als eine schlimme Ungerechtigkeit erscheinen läßt. Es sind gerade oft die feineren und zarteren Naturen, die sich überall stoßen an der Brutalität des Tatsächlichen, die in die Gefahr geraten, sich zu ärgern über alle Dinge, die um sie sind, während doch der wahre Grund ihres Leidens in ihnen selbst gelegen ist. In jener Führung des seelischen Erlebens liegt das Heil von diesen Dingen, die dem Menschen die souveräne Geringschätzung der alten Stoa verleiht, die ihn aber zugleich befreit von dem drückenden Gefühl der Abhängigkeit von körperlichen Dingen und ihm Mut und Selbstvertrauen und die klare, kecke und rebellische Gesinnung wiedergibt, die ihn sich auflehnen läßt gegen sein vermeintliches Schicksal. „In Deiner Brust sind Deines Schicksals Sterne“; dort liegt das Machtmittel der vor- schauenden und frohen Lebensbetrachtung, die in der körper- lichen Welt das Gesunde und Naive herrschen läßt und im Psychischen eingedenk bleibt der Worte: „Leben ist nichts, Erleben ist alles.“ 16. Sitzung am 11. Februar 1911. Prof. Dr. W. Salomon, Heidelberg: „Die Spitzbergenfahrt des Internationalen Geologenkongresses“. Der Einladung der schwedischen Geologen zu einer Spitz- bergenfahrt vor der Stockholmer Tagung des Internationalen — 14 — — Geologenkongresses im Juli und August 1910 leisteten etwa 70 Geologen Folge, die nicht weniger als 15 Nationalitäten angehörten. Der wissenschaftliche Leiter und eigentliche Organi- sator der Reise war der Stockholmer Professor der Geologie Baron Gerard de Geer, der schon eine Reihe großartiger Forschungsreisen nach Spitzbergen mit Erfolg durchgeführt hat. Er wurde von einigen jüngeren schwedischen Geologen unter- stützt und hatte als Expeditionsarzt und technischen Leiter der Fahrt Dr. Nordensson aus Stockholm an seiner Seite. Aus der großen Mannigfaltigkeit der wissenschaftlichen und persönlichen Eindrücke, die jeder Teilnehmer auf dieser großartigen Reise gewonnen hat, sei nur das Wichtigste hervor- gehoben. Persönlich fesselten natürlich die den meisten Teil- nehmern neue und fremdartige arktische Natur, die reiche Fauna mit ihren Rudeln von Robben auf dem Treibeis, mit den Walen und Delphinen, den Sturmvögeln, Lummen und Möven, die wundervoll farbenreiche, wenn auch spärliche Flora und die sonderbaren Beleuchtungsphänomene der Mitternachtssonne. Dazu kam das enge Zusammenleben und der nur durch wenige Tage hohen Seegangs etwas beeinträchtigte, intime Gedankenaustausch mit vielen hervorragenden Gelehrten beinahe aller Kulturstaaten. Dank den glänzenden Vorarbeiten der schwedischen Kollegen gelang es, in der kurzen zur Verfügung stehenden, aber auch bis zum äußersten ausgenützten Zeit einen Einblick in eine grobe Anzahl der interessantesten geologischen Probleme Spitz- bergens zu gewinnen. Dort sind fast alle geologischen For- mationen vertreten, und ihr Studium an dieser eine Art Brücke zwischen Nordamerika und Nordeuropa bildenden Stelle hat eine große Bedeutung. Neben der ungefähr unserem Silur entsprechen- den, uralten Heklahoek-Formation sind das Devon sichtbar, das unglaublich versteinerungsreiche Karbon, Perm, Trias, Jura, das an großen versteinerten Laubblättern reiche, abbauwürdige Steinkohlen führende Tertiär und das Quartär. Ja, es ist zwei Teilnehmern an der Fahrt gelungen, bei einer Begehung der Adventbai die von dort noch nicht bekannte Kreideformation nachzuweisen. 3esonderes Interesse verdient auch die Tektonik der Insel. Ein relativ schmaler Streifen an der Westküste zeigt den charakteristischen Bau der Faltengebirge und erscheint daher, — 15 — besonders von Westen gesehen, wie eine bis zur Stirn ihrer Gletscher ins Meer eingesunkene Alpenkette. An diesen schmalen Faltengebirgsstreifen aber schließt sich im Osten ein flächenhaft ausgebreitetes, wenn auch durch tiefe Einschnitte des Meeres und der Gletschertäler gegliedertes Tafelgebirge an. Im Westen sind die Schichten steil aufgerichtet und kompliziert gefaltet; im Osten liegen sie flach und gleichmäßig ausgebreitet wie die Blätter eines Buches. Daß man sie alle auf relativ kleinem Raum zu sehen bekommt, verdankt man einer leichten, nach Süden gerichteten Neigung und einem System von Verwerfungen, die hauptsächlich der Richtung der Westküste parallel laufen. Der Öberflächencharakter des ganzen Landes ist auf das stärkste beeinflußt und abhängig von der kolossalen Vergletsche- rung. Sowohl von den steilen Kämmen des gefalteten West- streifens wie von den breiten Plateauflächen des östlichen Tafel- gebirges strömen enorme Gletscher bis ins Meer hinein. Mit gewaltigen, vielfach 30—50 m hohen Stirnwänden brechen sie in den Fjorden ab. Mit donnerndem Geräusch stürzen ihre Eismassen in das aufschäumende Meer. Auf ihrer Oberfläche und an ihrer Sohle tragen und schieben die Gletscher riesige Moränenmassen vorwärts und schürfen, wie an der Corainsel deutlich zu sehen ist, sogar den Meeresgrund noch auf. Auf den „Wasserscheiden* vereinigen sich die nach verschiedenen Seiten abströmenden Eismassen, so daß man von der Tempelbai über den Postgletscher aufsteigend immer über Eis bis zur Ostküste von Spitzbergen wandern kann. Aber auch auf den eis- und schneefreien Rücken und Flächen zwischen den Gletschern machen sich deren Nähe und überhaupt das arktische Klima in der Erzeugung fremdartiger Bodenformen geltend. Während bei uns die Frostsprengung der Gesteine in der Weise stattfindet, daß die oberflächliche „Gesteinshaut“ über einem wärmeren Untergrunde gefriert und wieder auftaut, ist dort der Untergrund schon in ganz geringer Tiefe dauernd gefroren. Die äußere Gesteinshaut hebt sich wohl infolgedessen leichter von den tieferen Gesteinsmassen ab. Sie kommt rascher und vollständiger ins Gleiten. Und so spielt eine ganze Reihe von „Solifluktionen“, wie die Schweden dieses Phänomen nen- nen (wörtlich „Fließen des Bodens“), dort eine bei uns gänzlich unbekannte Rolle. b) — 136 — 17. Sitzung am 18. Februar 1911. Dr. E. Teichmann: „Sexualitätsproblem und Protozoenforschung“. Der Vortragende gibt zunächst eine kurze Darstellung der Befruchtung bei Vielzelligen und zieht zur Beantwortung der Frage nach der Bedeutung dieses Vorgangs die entsprechenden Verhältnisse bei den Einzelligen heran. Der Vergleich zwischen der Befruchtung dieser und jener läßt das Wesentliche des Vor- gangs in der Verschmelzung zweier Kerne mit parallel gehender Chromatinreduktion erkennen. Über die Bedeutung der Kern- verschmelzung sind mehrere Theorien aufgestellt worden, von denen der Vortragende vier, nämlich die von A. Weismann, von O. Bütschli, von R. Hertwig und von F. Schaudinn, kurz wiedergibt und kritisch würdigt. Er selbst sieht in der Befruchtung den Ausgleich qualitativer, durch mechanisch be- dingte Vorgänge hervorgerufener Gegensätzlichkeit zweier Kern- individuen. Dieser Ausgleich ist eine physiologische Notwendig- keit für alle Lebewesen, weshalb auch die Kernverschmelzung eine universelle Erscheinung ist. An sie haben sich sekundär andere Vorgänge angegliedert und sind in so enge Verbindung mit ihr gelangt, daß sie als Einheit erscheinen. So ist die Aus- bildung morphologisch differenzierter Geschlechtszellen als An- passung an besondere Verhältnisse zu verstehen, die aber in ihrer höchsten Spezialisierung, nämlich als Ei- und Samenzelle, die Entwicklungserregung mit der Kernverschmelzung in unlös- liche Verbindung gebracht hat, so daß Fortpflanzung und Be- fruchtung bei den Metazoen zusammenfallen. Auch die Quali- tätenmischung im Sinne Weismanns ist ein sekundär mit der Befruchtung zusammengetretener Vorgang. So erweist sich diese in der Form, in der sie uns bei den Metazoen entgegentritt, als ein Komplex tief in das Leben der Organismen eingreifender (seschehnisse. 18. Sitzung am 25. Februar 1911. Dr. A.von Weinberg: „Das Vollblutpferd als Produkt systematischer Zuchtwahl“. (Siehe S. 145.) Da‘, — 17 — 19. Sitzung am 4. März 1911. Prof: Dr. M. Flesch: „Die Erforschung jenseits der mikroskopischen Sichtbarkeit liegender Strukturen durch Anwendung des polarisierten Lichtes“. Das Eindringen unserer Erkenntnis in den feinen Auf- bau der Lebewesen hat eine Grenze, die sich aus dem Wesen ‘des mikroskopischen Bildes erklärt. Wie auch das Mikroskop in bezug auf die Stärke der Vergrößerung noch weiter vervoll- kommnet werden möge, die Hoffnung auf ein unmittelbares Sehen wesentlich kleinerer Strukturen, als sie jetzt schon bei den zur Prüfung von Mikroskopen benutzten Probeplatten oder den Zeich- nungen des Kieselpanzers gewisser Diatomeen zur Anschauung kommen, oder gar der Gedanke, Moleküle zu sehen, sind aus- sichtslos. Wohl aber kann man mit Hilfe des Ultramikroskops in der kolloidalen Lösung von Metallen Partikelchen wahr- nehmen, die möglicherweise nicht viel größer sind als die größten Moleküle. Dabei sieht man indessen nur eine durch eine besondere Beleuchtungsweise ermöglichte Lichterscheinung : ein Zerstreuungsspektrum, keine Abbildung des Objekts. Auch das polarisierte Licht vermag nicht, Abbildungen jenseits der Sichtbarkeitsgrenze liegender Strukturen zu er- zeugen. Es ermöglicht aber unter Umständen, Bilder zur Anschauung zu bringen, aus denen sich ein Rückschluß auf den molekularen Aufbau der Objekte ziehen läßt. Dies ist der Fall, wo eine Doppelbrechung des Lichtes stattfindet. Solche Gebilde werden, weil in ihnen ein Teil der Strahlen aus der Polari- sationsrichtung abgelenkt wird, hell auf dunklem Grunde er- scheinen. Man kann auf diese Weise nachweisen, daß die feinsten Körnchen in den über den Nervenendigungen des Ge- hörorganes schwebenden Schleimmassen kristallinisches Gefüge haben, daß es unter den Farbstoffkörnchen in der Haut mancher Tiere zwei Formen, doppelbrechende und einfachbrechende, gibt, von denen die einen möglicherweise für den Farbenwechsel bei der Anpassung an äußere Vorgänge von Bedeutung sind, u. a. Weiter aber läßt uns die Untersuchung organischer Gebilde im polarisierten Licht eine feste Anordnung doppelbrechender, einzeln nicht sichtbarer Elemente unmittelbar nachweisen. Diese — 183 — —® Anordnung kann in einer festen Beziehung zu der mikroskopisch sichtbaren Struktur stehen. Am Knochen zeigt z. B. ein quer zu der Richtung der Blutgefäße geführter Schnitt im Dunkel- feld des polarisierten Lichtes Kreuzfiguren, sog. „Polarisations- kreuze“, bei denen jeweils die Lichtung der querdurchschnittenen (Gefäße den Punkt darstellt, in dem helle Balken, dunkle Zwischen- felder scheidend, sich schneiden. Entzieht man aber dem Knochen die Kalksalze, so verschwindet das Kreuz. Folglich ist die Einlagerung der Kalkmoleküle in die knorpelartige Grundsub- stanz die Ursache der Kreuzfigur. Auf anderem Weg ist nach- gewiesen, daß die Kalksalze mit der organischen Substanz nicht in fester Bindung stehen, daß sie vielmehr nur in sie eingelagert sind. Unter anderem geht dies aus der von dem Redner gefundenen Tatsache hervor, daß man Knochen durch Einlegen. in mit Kohlendioxyd gesättigtes Wasser entkalken kann. Aus dem Polarisationsbild erkennen wir so, dab die Kalkelemente eine Anordnung gleich einer ähnlichen in den Stärkekörnern oder in Kristallen haben, durch die eine Kreuzfigur auch dort entsteht. Die Polarisationsuntersuchung an biologischen Objekten wird bis jetzt noch mehr in der Botanik als in der Zoologie angewandt, aber nur in geringem Umfang, weil vorläufig die Zahl geeigneter Objekte eine beschränkte ist. Immerhin haben sich in pflanzlichen interzellularen Bildungen, speziell in den Holzsubstanzen, Bilder ergeben, die weitgehende Parallelen zu den Zwischensubstanzen in tierischen Geweben eröffnen. Es ist aber durchaus nicht ausgeschlossen, den Bereich der Polari- sationsuntersuchung noch zu erweitern. Es erscheint vielmehr möglich, daß sich auch hierfür vorbereitende Behandlungen finden lassen, durch die an und für sich nicht doppelbrechende Gewebe der Untersuchung zugänglich werden. Die Physik hat uns solche Methoden für anorganische Substanzen kennen gelehrt; so kann z.B. das an sich nicht doppelbrechende Glas durch Druck doppelbrechend gemacht werden. Eine weitere Ausnutzung der Polarisationsbilder ist auch dadurch denkbar, daß man zwischen die Nicolschen Prismen Gipsplatten einschaltet. Je nach deren Dicke nimmt das Ge- sichtsfeld alsdann Farben an, die durch das Hinzukommen des Intersuchungsobjektes wieder modifiziert werden. Die jeweilige Farbe steht aber in Beziehung zu der Dicke der eingeschalteten . + zur ee 2 De — 1399 — Gipsschicht. Es ist durchaus wahrscheinlich, daß es gelingen wird, hieraus Berechnungen über die Form- und Größenver- hältnisse der beteiligten Elementarteile, also etwa der in die Grundlage des Knöchens eingelagerten Kalkteilchen, zu ge- winnen. Man mag in den hier ausgeführten Möglichkeiten der Er- weiterung unserer Erkenntnis Spekulationen auf eine ferne Zu- kunft sehen; sie sind aber berechtigt, wenn sie zeigen, daß schon heute ein Hinausgehen über die Grenzen der sinnlichen Wahrnehmung denkbar ist. Der Versuch, durch Rückschluß aus der Beobachtung im Polarisationsmikroskop eine logisch be- gründete Kenntnis über manche Tatsachen zu erlangen, ist ver- gleichbar mit dem Vorgehen des Astronomen, der aus den Ver- änderungen des Spektrums eines Sternes dessen Eigenbewegung berechnet. 20. Sitzung am 11. März 1911. Dr Przibram, Wien: „Das innere Gleichgewicht der Lebewesen‘. Der landläufige Begriff des Gleichgewichts, wie es uns die Wage oder eine mit Flüssigkeit gefüllte U-Röhre darstellen, dient als Ausgangspunkt für die Erörterung der Bedingungen, die für die automatische Wiederherstellung eines gestörten Vor- ganges maßgebend sind. Hierbei wird namentlich auf die quantitative Beziehung zwischen der Stärke der Störung und der Geschwindigkeit des Ausgleiches hingewiesen, aus der auch die allmähliche Abnahme der Geschwindigkeit folgt, bis diese bei Wiedererreichung des Gleichgewichtszustandes erlischt. Von dem engeren Begriff des statischen Gleichgewichts wird dann auf die Bedingungen von Ausgleichsvorgängen im allgemeinen übergegangen, wobei als Beispiel die Wärmeabgabe eines höher temperierten Körpers an seine Umgebung dient. Wir finden dieselben quantitativen Beziehungen wie beim statischen Gleich- gewicht wieder; nur erreicht der dynamische Vorgang bloß dann das Ausgangsgleichgewicht, wenn für eine genügende Energiezufuhr gesorgt wird. Sonst unterscheidet sich der erreichte Endzustand durch einen niedrigeren Grad — im an- geführten Beispiel durch seine niedrigere Temperatur — vom Anfangszustand. Ma Übertragen wir nun diese ganz allgemeinen Anschauungen auf die Formbildung der Lebewesen, wobei wir über die Natur der formbildenden Kräfte uns gar keine nähere Vorstellung zu machen brauchen, so zeigt es sich, daß Störungen des jeweils erreichten Formgleichgewichts zu Ausgleichsbestrebungen führen können, die nicht bloß in der Wiederherstellung der Ausgangs- erscheinung, sondern auch in dem quantitativen Verlaufe sich den anorganischen Vorgängen parallel entwickeln. Insbesondere wächst mit der Stärke des Verlustes die Geschwindigkeit der Regeneration, die auch in ihrem Verlaufe abnimmt, bis sie bei Erreichung der richtigen Proportion auf das Maß des sonstigen Wachstums herabsinkt. Steht kein genügender Nahrungsstrom für die Erhaltung des alten Wachstumsmaßes zur Verfügung, so kommt es während der Regeneration zu einer Verkleinerung im ganzen (Morpholaxis). Die Betrachtung eines dynamischen Gleichgewichtes mit beschränkter Zufuhr bringt uns also auf die Erscheinung der Korrelation verbundener Teile eines Systems. Die Menge, die die einzelnen Röhren eines Leitungsnetzes zu gleicher Zeit aus einem Zufluß von begrenzter Stärke zu empfangen vermögen, vermehrt sich, wenn sich die Anzahl der Röhren vermindert. Ein Gleiches gilt für die Leitung von Wärme oder anderer Energie: erforderlich ist eine gleiche, an räumliche und stofl- liche Ähnlichkeit gebundene Leitfähigkeit. Bei den Lebewesen tritt kompensatorische Hypertrophie an solchen Teilen auf, die eine analoge Zusammensetzung oder Anordnung aufweisen, also namentlich an bilateral-paarigen Organen. In einem Netze verschieden weiter Röhren oder sonstiger Leitungen nimmt die gleichzeitig durchfließende Strommenge bei gleichem Druck- eefälle mit dem Leitungsquerschnitt zu; der Abfluß erfolgt ent- sprechend dem geringsten Widerstande. Besteht die Wirkung der Strommenge in der Verbreiterung ‘des Querschnittes oder sonstiger Erhöhung der Leitfähigkeit, so vermag die Sperrung einer weiteren Röhre eine automatische Verbreiterung der engeren mit sich zu ziehen. Ein solches Verhalten können die verschiedenscherigen Krebse aufweisen (Scherenumkehr). Sodann wird die Bewegungsreaktion der Organismen in ähnlicher Weise wie die Formregulation als automatische Selbst- steuerung durch Heranziehung anorganischer Beispiele erläutert. — 4 — Sie veranschaulichen uns Systeme, die infolge notwendiger Korrelation verschiedener Eigenschaften stets die ihren Bestand am meisten fördernde Lage einzunehmen streben. Zugleich zeigt sich die Ersprießlichkeit, zwischen gut und schlecht isolierten Systemen zu unterscheiden, da bloß letztere auf die Dauer dem Anprall der Umgebung widerstehen, erstere sich mit ihr nach Tunlichkeit ausgleichen. Bei dieser Gelegenheit wird der Unter- schied zwischen wechselwarmen Tieren und Warmblütern gestreift, - die steigende Entwicklungshöhe als zunehmende Isolation von der Umgebung, die Erreichung eines stabilen inneren Gleich- gewichtes nachgewiesen. Den Abschluß des Vortrages bildet die Nutzanwendung der vorgebrachten Analogien auf die Wertung vitalen Geschehens: wenn wir physikalische Prozesse bestimmten Zuständen zustreben sehen und dieselben als automatische Wieder- erreichung gestörten Gleichgewichtes auffassen, dann dürfen wir das gleiche Prinzip auch auf die zielstrebigen Lebensvorgänge anwenden, seien sie nın Restitutionen, Kompensationen, Instinkte oder Anpassungen. Festsitzung zur Erteilung des Tiedemann-Preises. am 18. März 1911. In dem mit der Büste Tiedemanns und mit frischem (Grün geschmückten Festsaal des Museums eröffnet der I. Direktor Prof. Knoblauch die Sitzung mit einem kurzen geschichtlichen Rückblick. Friedrich Tiedemann, geboren am 23. August 1781 zu Kassel, studierte seit 1798 in Marburg, Würzburg und Paris und wurde 1806 Professor der Anatomie und Zoologie an der damaligen Universität Landshut, 1816 Professor der Physiologie und Anatomie in Heidelberg. Schon in den ersten Jahren nach Gründung der Senckenbergischen Gesellschaft wurde er am 14. Juni 1520 zum korrespondierenden Mitglied ernannt und ist seitdem bis zu seinem am 22. Januar 1861 zu München erfolgten Tode in engen Beziehungen zu der Gesellschaft geblieben. Einde 1849 zog sich Tiedemann von dem akademischen Lehramte zurück, nachdem im badischen Aufstand sein ältester Sohn als Kommandant von Rastatt am 11. August 1849 standrechtlich erschossen worden und seine beiden jüngeren Söhne mit Weib und Kind nach Amerika geflüchtet waren. Er siedelte nach N — 142 °— Frankfurt über und hat hier Ruhe und Trost in seinem Leid in dem wissenschaftlichen und freundschaftlichen Verkehr mit den ausgezeichneten Männern der Senckenbergischen Gesellschaft, einem Spieß, Mappes, Varrentrapp und anderen gefunden. Als auf Anregung der Gesellschaft am 10. März 1854 das fünfzigjährige Doktorjubiläum Tiedemanns von den Gelehrten ganz Europas hier im „Holländischen Hof“ gefeiert wurde, ist dem Jubilar eine Medaille in Gold, Silber und Bronze überreicht und gleichzeitig zu seinem Gedächtnis der Tiedemann-Preis gestiftet worden. Die Medaille, von Eduard v. d. Launitz modelliert, trägt auf der Vorderseite das Bildnis Tiedemanns und auf der Kehrseite einen Seestern, als Hinweis auf eine seiner ersten epochemachenden Arbeiten, auf die im Jahre 1812 von dem Institut de France gekrönte Preisschrift über die „Anatomie der Röhrenholothurie, des pomeranzfarbenen Seesterns und des Seeigels.“ Seit 1875 ist der Preis, der aus der Medaille in Silber und 500 Mark besteht, regelmäßig alle vier Jahre am Tag der Promotion Tiedemanns für eine hervorragende Arbeit aus dem Gebiet der vergleichenden Anatomie und Physiologie einem deutschen Forscher zuerkannt worden. Neun Gelehrte haben also bis jetzt den Preis erhalten: Hermann v. Meyer, Otto Bütschli, Robert Koch, Paul Ehrlich, Emil Fischer, Emil v. Behring, Albrecht Kossel, Fritz Schaudinn und Eduard Buchner. Die Preiskommission hat diesmal aus Prof. Edinger (Vorsitzender), Geh. Rat Prof. Ehrlich, Profi. Fischer, Prof. Marx, Prof. Möbius, Prof. Reichenbach, Prof. zur Strassen und Dr. v. Weinberg bestanden und hatte Prof. Emden kooptiert. Im Namen der Kommission berichtet Dr. A. von Weinberg: „Die Färbung der Blätter und das Leben der Pflanzen“. Der grüne Farbstoff der Pflanzen, das Chlorophyll, ist als wichtiger Faktor im Leben der Pflanzen längst erkannt, und zahlreiche Forscher sind bemüht gewesen, die Natur dieser Substanz aufzuklären; jedoch sind alle Versuche seither an unüberwindlichen Schwierigkeiten gescheitert. Man kannte nicht — 43 — einmal die empirische Zusammensetzung des Chlorophylis und hatte noch viel weniger eine Vorstellung über seine Struktur. Wohl mußte man ihm nach den Beobachtungen der Botaniker aufbauende Wirkungen zuschreiben; man vermochte jedoch mit dieser Anschauung einen chemischen Begriff nicht zu verbinden. In dieses Dunkel brachte mit einem Male Licht eine Reihe planmäßig und zielbewußt durchgeführter Arbeiten, die Prof. Richard Willstätter in Zürich in den Jahren 1906—1910 in Liebigs Annalen in zahlreichen Abhandlungen niedergelegt hat. Willstätter hat vor allem den Nachweis erbracht, daß das Chlorophyll nicht phosphorhaltig ist, wie man seither angenommen hat, und daß es neben einem hochwertigen Alkohol (Phytol) und anderen, aus Kohlenstoff, Wasserstof und Stickstoff zusammengesetzten organischen Körpern als inte- grierenden Bestandteil ein Metall, nämlich Magnesium, enthält. In langjähriger, äußerst subtiler Arbeit ist es Willstätter gelungen, reines Chlorophyll darzustellen und nicht nur die empirische, sondern auch die Strukturformel dieses für das Leben der Pflanze wichtigsten Körpers aufzufinden. Aus seinen Arbeiten ergeben sich höchst bedeutsame chemische und biologische Be- ziehungen des Chlorophylis zu anderen Farbstofien, die als seine konstanten Begleiter im Pflanzenreich auftreten und z. T. die herbstliche Färbung des Laubes bedingen. Vor allem aber ist nach. den exakten Untersuchungen Willstätters der Kern des Chlorophylimoleküls ein vollständiges Analogon zu dem Kern des Moleküls des roten Blutfarbstoffes der höheren Tiere, des Hämins, in dem das Metall Magnesium durch das Metall Eisen ersetzt ist. So hat sich bewahrheitet, was Willstätter bereits im Mai 1906 mit vorausschauendem Blick geschrieben hat: „Pflanzen und Tiere leben durch die katalytische Wirkung von Metallen, die sie in Form komplexer organischer Ver- bindungen enthalten. Sie unterscheiden sich chemisch durch die Natur und die Funktion des Metalls. Das Leben der chlorophyllhaltigen Pflanzen ist vorwiegend synthetisierend. Während die Biologie bisher auf eine Er- klärung der chemischen Funktion des Chlorophylis verzichtet, erlaubt nun der Nachweis des Magnesiums im Chlorophyll aller Pflanzenklassen wohl die Folgerung, daß die Assimilation der — 14 — Kohlensäure eine Reaktion des basischen Metalls Magnesium ist, das seine große Verbindungsfähigkeit bekanntlich auch in komplexen organischen Molekülen aufweist. | Das abbauende Leben der blutführenden Tiere erfordert für die Oxydation der organischen Stoffe einen Überträger, vornehmlich Eisen, das vielleicht infolge seiner Oxydierbarkeit zu mehreren, teils unbeständigen Verbindungsstufen den Sauer- stoff lose bindet und transportiert. Außer auf diesen beiden Hauptbahnen mag die natürliche Entwicklung noch auf weniger wichtige Wege und in Sackgassen gelangt sein zur Bildung von Organismen, die unter der Wirkung anderer Metalle, z. B. von Kupfer, leben, und die sich als minder evolutionsfähig er- wiesen haben. Es läßt sich danach erkennen, daß es im wesentlichen zwei sich nebeneinander fortentwickelnde Arten von Leben gibt: das synthetisierende: Leben mit Magnesium und das abbauende Leben mit Eisen, also reduzierendes und oxydierendes Leben.“ Im Anschluß an diese Ausführungen des Referenten, nach denen die interessanten Ergebnisse der besprochenen Arbeiten ganz neue biologische Vorstellungen, ganz neue Forschungs- gebiete eröffnen, verkündet der I. Direktor, daß auf einstimmigen Vorschlag der Kommission der Tiedemann-Preis Prof. Will- stätter zuerkannt worden ist. | | | | j 1 | — 15 — Das Vollblutpferd als Produkt systematischer Zuchtwahl. Mit 24 Abbildungen von Arthur von Weinberg. Das englische Vollblutpferd ist eine Kunstrasse. Während aber künstliche Züchtung meist darauf beruht, daß wir durch anormale Lebensbedingungen oder künstliche Auswahl von Ab- normitäten Arten erzeugen, die in unnatürlicher Weise vom Typus abweichen, ist hier ein vollkommen natürliches Prinzip verfolgt worden. Die Zuchtwahl geschah nämlich auf Grund von Leistungsprüfungen und zwar in bezug auf Ge- schwindigkeit und Ausdauer, und hiermit ist der Mensch in gleicher Weise vorgegangen wie die Natur. Denn wenn wir uns das Pferd im wilden Zustand denken, umgeben von raschen Raubtieren, so ist es klar, daß nur diejenigen Individuen in größerer Zahl am Leben bleiben und sich fortpflanzen werden, die den Verfolgern dank ihrer Schnelligkeit und Ausdauer zu entfliehen vermögen, d. h. also: daß die Art auch bei rein natürlicher Auslese immer mehr den Typus des Rennpferdes annehmen wird. Und weil nun der Mensch bei der Vollblutzucht einen natürlichen Weg beschritten hat, ist auch die erzielte Kunstrasse eine konstante Rasse geworden, die sich mit außerordentlicher Gleichmäßigkeit erhält, selbst durch klimatische Verschiedenheiten kaum beeinflußt, die in England wie auf dem europäischen Kontinent, in Amerika und Australien überall die gleiche ist und im wesentlichen die gleiche bleibt, während andere, 10 — 146 — künstlich nach „Exterieur“ gezüchtete Pferdeschläge sich, sobald sie in ein anderes Klima gebracht werden, meist schon nach kurzer Zeit völlig. verändern. Wir nennen dies dann oft Dege- neration, während es richtiger wäre, von einem Rückschlag auf die natürliche Form zu sprechen. | In Kreisen, die der Pferdezucht fern stehen, findet man häufig die Ansicht, daß das Vollblutpferd ein Luxustier oder Sportobjekt sei und keinen praktischen Wert besitze. Aber dank seiner Eigenschaft als konstante Rasse hat das Vollblutpferd eine ganz enorme Bedeutung für die Erhaltung der meisten anderen Pferdezuchten gewonnen. Alle unsere Militärpferde, Reit- und Wagenpferde, Jucker, Trakehner usw. sind Kreuzungen | mit englischem Vollblut, meist direkte Halbblüter, d. h. Pferde, | deren Vater oder Mutter Vollblüter sind. Diese Zuchten müssen | | immerwährend durch Hinzuführung neuen Vollbluts aufgefrischt werden; denn sie sind alle nicht auf der natürlichen Basis der Leistungsprüfung entstanden, sondern mit dem Auge ausgesucht, und die schönsten Exemplare können nur zu leicht innerliche Fehler besitzen. Die innere Festigkeit und Härte muß dann das Vollblut bringen. Alle Länder der Welt sind daher auf die Vollblutzucht angewiesen. Hierauf beruht ihre große volks- wirtschaftliche Bedeutung. Aber dieser große Wert des Vollblutpferdes, der hier nur | flüchtig angedeutet werden kann, war nicht das gewollte End- | ziel der Zucht. Gewollt war das rasche Pferd, um Rennen damit zu gewinnen; gewollt war der Sport. Die Erfahrung zeigt also auch hier die im Sport liegende, fördernde Kraft. Sport- liche Gründe waren es, aus denen die ersten, genauen Auf- zeichnungen der Zucht und der Rennen gemacht wurden. Im Jahre 1727 erschienen der erste Rennkalender in England und bald darauf die ersten Gestütsaufzeichnungen. Von da ab können wir jedes Vollblutpferd in seinen sämtlichen Ahnen verfolgen. Von jedem einzelnen Tier der Ahnenreihe sind Abstammung und Rennleistungen aufgezeichnet. Nur ein Pferd, dessen Abstammung wir bis in diese Zeit lückenlos ver- folgen können, ist ein Vollblutpferd im eigentlichen Sinn. Nun ist dies natürlich nicht so zu verstehen, als ob in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Vollblutzucht erst entstanden wäre. Sie ist weit älteren Datums und führt uns — 117 — zurück ins alte Griechenland. Bei den olympischen, pythischen, nemeischen und isthmischen Spielen spielten Pferderennen eine große Rolle. Die weitverbreitete Ansicht, daß in diesen Rennen Fig. 2. Reiter vom Parthenon-Fries. nur mit Wagen gekämpft wurde, ist irrig. Viel wichtiger waren die Rennen unter dem Reiter. Man hatte Jockeis und Herren- reiter, hatte Geld- und Ehrenpreise wie heute. Ein Rennen unter dem Reiter zu gewinnen, galt als höchste Ehre, und man 10* — 18 — kann sich daher vorstellen, mit welchem Eifer die Zucht rascher. Pferde betrieben wurde. Das Rennpferd war in charakteristischer Weise in seinem Bau verschieden vom Pferd der Landeszucht. Fig. 1 ist die Wiedergabe der Zeichnung auf einer Vase aus der Zeit der Erbauung des Parthenons, Fig. 2 ein Pferd vom Parthenon-Fries. Beim Bild des Rennens sehen wir die Pfosten der Rennbahn, den Zielrichter mit der Schärpe, den leicht ge- winnenden Sieger, der den noch heute typischen Fehler macht, sich im Ziel umzusehen, während der zweite und dritte ein Finish mit der Peitsche reiten. Uns interessiert hier aber haupt- sächlich das Bild der Pferde selbst. Vergleichen wir den Sieger im Rennen und das Pferd vom Parthenon-Fries, so sehen wir zunächst die gleiche Stellung, den damals künstlerischen Aus- druck der Galoppaktion — übrigens fast genau der photogra- phischen Momentaufnahme entsprechend, während die Maler bis in die neueste Zeit stets die falsche und unmögliche Pferdefigur mit den gleichzeitig nach vorn und hinten weggestreckten Beinen malen. Nur sehen wir dabei das Rennpferd länger im Hals, mit anderer Schulter und Kruppe als das Reitpferd. Das Rennpferd war aus Afrika, das im Altertum Libyen hieß, übers Meer ins Land gekommen. Daher die Sage, daß das Pferd ein Geschöpf des Poseidon sei; daher auch der Altar des Poseidon hippias oder später bei den Römern des Neptunus equester, der auf keiner Rennbahn fehlte. Eine Hauptzuchtstätte für libysche Pferde war später Sizilien. Plutarch berichtet von den enormen Erfolgen, die Hiero von Syrakus 472 v. Chr. mit seinen Libyern in Olympia hatte; Pindar besingt die Siege dieser wunder- baren Renner, und auch noch fünfhundert Jahre später war ihre Überlegenheit die gleiche geblieben. Wir besitzen z. B. aus dem Jahre 70 n. Chr. eine Tafel, die am Stall des Trainers Avilius Teres in Rom angebracht war, und auf der sich die siegenden Pferde des Stalls mit Namen und Abstammung ver- zeichnet finden; 38 von diesen 42 Pferden waren Libyer. Von Nero wissen wir, daß es sein höchster Ehrgeiz war, in Olympia ein Rennen zu gewinnen, und daß er, als dies gelungen war, im Triumph nach Rom zurückgekehrt ist. Es soll der groß- artigste Triumphzug gewesen sein, den Rom je gesehen. Dies darf uns nicht wundern, wenn wir uns der Erzählung des Plutarch erinnern, wonach Philipp von Makedonien nach — 149 — der Eroberung von Potidäa zugleich mit der Nachricht von der Geburt eines Sohnes die Kunde erhielt, daß sein Pferd ein Rennen in Olympia gewonnen habe. Unter solchem Omen sei „Alexander der Große* geboren worden. Bei dieser Bedeu- tung der Rennen kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Zucht von Rennpferden systematisch betrieben wurde; doch fehlen uns leider genaue Überlieferungen. Von diesen hochgezogenen Pferden kam schon frühzeitig eine größere Zahl nach England. Kaiser Severus, der 206—210 n. Chr. in England weilte, hielt mit importierten Pferden Rennen in York ab. Aber auch an zahlreichen anderen Orten gab es zur Zeit der römischen Okkupation ohne Zweifel ebenfalls Rennen mit orientalischen Pferden, so z. B. in Chester, wo noch ein Teil der antiken Rennbahn erhalten ist. Seitdem bleiben die Rennen in England ein nationaler Sport; aber von einer Zucht zu Rennzwecken im eigentlichen Sinn kann lange Jahrhunderte hindurch keine Rede sein. Wenn auch öfters Importationen stattgefunden haben mögen, namentlich zur Zeit der Kreuzzüge, so gelangte man im Laufe der Jahrhunderte doch nur zu einem Kreuzungsprodukt von mäßigen Eigenschaften, den sog. Galloways. Die Bestrebungen, dieses kleine und nicht sehr edle Pferd zu verbessern, waren der Anlaß, daß man im 17. Jahrhundert anfing, in erheblichem Maße Orientalen einzuführen. Eine gewisse, mehr ästhetische Schwärmerei für den Araber mag mitgespielt haben; vor allem aber hatte man es auf ein Pferd für Rennzwecke abgesehen. In Arabien traten übrigens erst etwa 400 n. Chr. Pferde auf, die ohne Zweifel ebenfalls afrikanischen Ursprungs waren. Von besonderer Wich- tigkeit war ein Import von 30 bis 40 orientalischen Stuten, den „Royal mares“, die Karl II. etwa 1670 einführte, und die in den Stammbäumen aller lebenden Vollblutpferde vorkommen. Nicht weniger als 26 orientalische Hengste waren es ferner, die man im 17. und zu Anfang des 18. Jahrhunderts ins Land brachte, um die Zucht aufzufrischen. Fig. 3 zeigt die Repro- duktion eines alten Stiches, auf dem ein edler orientalischer Hengst abgebildet ist, wie er der gemeineren einheimischen Stute zugeführt wird. Von den vielen orientalischen Hengsten, die als Väter des heutigen Vollblutpferdes aufzufassen sind, haben aber schließ- — 1230 — lich infolge der systematischen Zuchtwahl nach Rennleistungen nur ganz wenige sich in männlicher Deszendenz bis heute vererbt. Es sind dies überhaupt nur drei Hengste: vor allem der 1709 eingeführte arabische Hengst Darley Arabian, sodann Byerly Ture und Godolphin Arabian, der aber ver- mutlich kein Araber sondern ein Berber war. Unter diesem Triumvirat, von dem alle heutigen Vollblutpferde direkt ab- Fig.3. Cullen Arabian. stammen, hat allmählich Darley Arabian einen enormen Vorsprung erlangt, und tatsächlich gehen heute etwa 90°/o aller Vollblüter direkt auf diesen einen Hengst zurück. Es hat sich ein- gutes Bild dieses Ahnherrn erhalten, das deutlich das Edle und Proportionale im Bau dieses Braunen erkennen läßt (Fig. 4). Ganz anders gebaut war der 1728 importierte Godolphin Arabian, ein kleines, kurzes Pferd von ausgesprochenem orientalischem Typus (Fig. 5). Er hat namentlich im ersten Fig. 4. Darley Arabian. Fig.5. Godolphin Arabian. Jahrhundert der Vollblutzucht einen sehr großen Einfluß aus- geübt, und wenn man erfährt, daß er von einem Engländer in Paris vor einem Wasserwagen entdeckt worden war, erkennt man, welche merkwürdigen Zufälle bei der Entstehung der Vollblutrasse mitgewirkt haben. Mit dem Auftreten dieser Hengste fällt die erste reguläre Aufzeichnung der Zucht ziemlich genau zusammen; von einem System der Zucht war aber zunächst noch keine Rede. Die einzige Theorie, wenn man von einer solchen sprechen kann, war die, daß für die Stuten der Vater, für die Hengste die Mutter in erster Linie maßgebend sei. Noch heute hat sich vielfach und auch im Sprachgebrauch diese Theorie erhalten; man nennt in England stets die Stute nach ihrem Vater, den Hengst nach der Mutter (z. B. Fabula v. Hannibal a. d. Festa wird als „Hannibal filly“, ihr rechter Bruder Fels als „Festa colt“ bezeichnet. Es wäre unerhört, es anders zu machen). Aber diese Theorie ist in der Praxis wie alle anderen Theorien bald verschwunden. Man wollte Rennen gewinnen und züchtete unbekümmert um Theorien stets von den besten, d.h. raschesten Pferden. Im Gegensatz zu den Ratschlägen der Theoretiker konzentrierte sich so die Zucht ganz von selbst auf eine immer geringer werdende Zahl von männlichen Linien, bis schließlich fast nur eine Linie übrig blieb. Hier haben wir ein naturwissenschaftlich sehr interessantes Ergebnis der Statistik einer auf natürlichem Prinzip aufgebauten Zuchtwahl. Das einzelne überlegene männliche Individuum bleibt schließlich in direkter Deszendenz allein übrig und wird Stammvater der Rasse. Seine dominierende Stellung verdankt der Darley Arabian dem Umstand, daß in seiner männlichen Nachkommenschaft mehrfach phänomenale Individuen aufgetreten sind, die wieder für sich die analoge überlegene Stellung in der Zucht einnehmen. Nach wenigen Generationen, nachdem der Prozeß der Akklima- tisierung vollzogen ist, erscheint 1764 unter den Nachkommen des Darley Arabian der berühmte Hengst Eclipse, ein Phänomen auf der Rennbahn wie im Gestüt. „Eclipse in front, the rest nowhere“, war die ständige Beschreibung seiner tennen. Von Eclipse, einem hervorragend gebauten Fuchs, haben sich mehrere gute Bilder erhalten (Fig. 6). Er ist so- zusagen der Grundstein unserer Vollblutzucht. Um einiger- ER Pe 7 an Eclipse. g. 6. — 14 — maßen ein Bild zu gewinnen, welche Bedeutung er im Stamm- baum unserer Vollblüter hat, betrachte man das Pedigree von Lily Agnes, der Mutter des berühmten Ormonde; doch würde es hier zu weit führen, auf die Geschichte der Eclipse- Familie mit allen ihren Berühmtheiten näher einzugehen. In merkwürdig analoger Weise haben die beiden anderen Hengste, deren direkte Nachkommen, wenn auch in geringerer Zahl, noch vorhanden sind, Byerly Ture und Godolphin Arabian, ihren Einfluß ausgeübt. Nachdem sich ihre Nach- kommen durch einige Generationen akklimatisiert hatten, trat für Byerly Turc der Hengst Herod, für Godolphin der hervorragende Matchem in die Schranken. Die Bilder dieser beiden Hengste (Fig. 7 und 8) zeigen, wie weit sich ihr Äußeres schon vom orientalischen Typus entfernt hatte.!) Die Erscheinung, daß phänomenale Hengste die Zucht sprungweise vorwärts bringen, hat sich in Perioden regelmäßig wiederholt. Solche Individuen waren z. B. Touchstone (Fig. 9), der imposant gebaute Stock- well (Fig. 10) und in unserer Zeit Galopin und sein kürzlich eingegangener Sohn St. Simon. Fig. 11 und 12 zeigen diesen Hengst als zweijährigen im Training und als Deckhengst von 25 Jahren. Er war niemals geschlagen, und seine Nachkommen beherrschen heute Rennbahnen und Gestüte. Es ist interessant zu verfolgen, wie sich die züchterische Durchschlagskraft solcher Individuen auf alle Länder überträgt, wie z. B. kein Land mehr auf der Höhe der Zucht ohne das Blut des St. Simon bleiben kann. Eine ähnliche, wenn auch der Natur der Sache nach nicht gleiche Konzentration der Rasse auf wenige Stammtiere be- obachten wir bei den Stuten. Ursprünglich sind es etwa 52 Stuten meist rein orientalischer Abstammung, auf die sich die Vollblutzucht aufbaute. Die größere Zahl ist in direkter weiblicher Deszendenz ausgestorben, und heute stammt mehr als die Hälfte aller Vollblüter von fünf Stuten ab, während sich der Rest im wesentlichen auf etwa zwölf andere verteilt. Auch hier zeigt sich die Erscheinung phänomenaler Individuen, wenn !) Wenn wir den gestaltenden Einfluß des Klimas in die ersten Generationen der englischen Vollblutrasse verlegen, so geschieht dies auf Grund der Erfahrung, daß sich verpflanzte Pferdeschläge ungemein rasch verändern, — 15 — , Walton v. Sir Peter—Arethusa v. Dun- —Partisan gannon (Eclipse) Parasol v. Pot8os (Eelipse) Moses v. Seymour a. d. T. v. Gohanna v. Mercury v. Eclipse —Pauline ! Quadrille v. Selim— Canary Bird v. Sorcerer—Canary v. Coriander v. Pot8os (Eelipse) Blacklock v. Whitelock (Eelipse)—T. v. | _Coriander v. Pot8os (Eclipse) T. v. Phantom (2mal Eclipse)—T. v. Overton v. King Fergus (Eclipse) Blacklock v. Whitelock (Eclipse)—T. | v. Coriander v. Pot8os (Eelipse) — Belinda ! Wagtail v. Prime Minister v. Sancho v. Don Quixote v. Eelipse—T. v. Or- ville (2mal Eclipse) [ Buzzard v. Woodpecker — Misfortune v. Dux | T, v. Alexander v. Eclipse ) Gladiator | | Sweetmeat | — Voltaire | Lollypop | Macaroni | Be | Peruvian v. Sir Peter—T. v. Boudrow ı (Eclipse) ’ | Musidora v. Meteor (Eclipse) Orville v. Beningbrough v. King Fer- _Master | gus (Eclipse) Henry Ki Sophia v. Stamford (v. Sir Peter —Horatio v. Eclipse) | Pantaloon Pr Alexander v. Eclipse Brunette v. Amaranthus Blacklock v. Whitelock (Eelipse)—T. v. Brutan- ) Coriander (Eclipse) dorf | T, v. Comus v. Sorcerer — Marciana (2 mal Eclipse) — Boadicea | | Physician | 2 Prime Minister (Eelipse) zu ogeut | Miss Paul v. Sir Paul—T. v. Shuttle 2» | Cotton (2 mal Eclipse) Mulatto \ Desdemona v. Orville (Eclipse) ; [| Waterloo (Eclipse) Zune | Cressida v. Whisky (Eclipse) _Sir Her- | Whalebone (Eclipse) ceules Peri (2mal Eclipse) | The Cure | LILY AGNES (Mutter von ORMONDE) | Morsel | Polly Agnes | ob Booty v. Chanticleer (Eclipse) light v. Irish Escape | Birdeatcher —Guiceioli | 2 —_Clari [ Sultan (2mal Eclipse) Ölen \ Clara v. Filho-da-Puta (2 mal Eclipse) RE Miss Agnes | Agnes ME: | Priam (4 mal Eclipse) Aue: \ T. v. Don Juan—Moll (Eclipse) FARKRREHI DARAN, IRRURHR “ Fig.7. Matchem. Fig.9. Touchstone. sh h N! fl Fig g.10. Stockwell — 18 — auch nur seltener einzelne Stuten einen so großen Einfluß aus- üben konnten wie Hengste. Denn eine Stute bringt im besten Fall etwa zehn Fohlen, während ein Hengst bequem 20 Jahre hindurch jährlich 40 und mehr Stuten decken kann. Bilder berühmter Stuten aus alter Zeit existieren nur wenige. Die Tiere wurden eben erst berühmt, wenn ihre Kinder Rennen Fig. 11. St. Simon im Training zweijährig. gewannen; dann waren sie selbst aber schon alt und häßlich und nicht mehr verlockend für den Maler. Durch Zufall besitzen wir das Bild einer der berühmtesten Stuten aller Zeiten, der Pocahontas (Fig. 13), der Mutter der berühmten Hengste Stockwell, Rataplan und King Tom. Auf diese Stute bauen sich heute die Pedigrees der meisten Pferde auf. Um ein Bild zu geben, wie der Züchter einen solchen Aufbau vor- nimmt, sei hier das Pedigree von Desir (Sieger im Deutschen — 19 — Derby) gegeben, das eine Mischung aus Pocahontas- und Touchstone-Linien darstellt (S. 161). Neuerdings ist bekanntlich die Mutterstute Festa in den Vordergrund getreten. Ihr Bild (Fig. 14) darf gewiß ein mehr als lokales Interesse beanspruchen. Während bei den Hengsten die Erforschung der Stamm- Fig. 12. St. Simon im Alter von 25 Jahren. linien verhältnismäßig leicht ist, bedurfte die Ermittelung der weiblichen Linien ganz enormer Arbeit. Deutschland gebührt der Ruhm, diese Forschungen zuerst durchgeführt zu haben. Das Werk von Frentzel über die Stammütter des Vollbluts war grundlegend; ihm folgten die Stammtafeln nach weiblicher Deszendenz von Goos und Chapeaurouge. Es sei hier erwähnt, daß überhaupt die wichtigsten wissenschaftlichen Ar- beiten über das englische Vollblut von Deutschen herrühren und Pocahontas. Fig. 13. IHzahveistar o' 5' i F — 161 — Pedigree von Desir. = Mortemer 5] @/) _[Ambrose v. 4 Touchstone „ | 5 |Araucaria|@ Pocahontas ee s2 Be | Blinkhoolie v. 9 Rataplan — @ Pocahontas an | Wisdom — Aline iM Stockwell — @ Pocahontas en = Jeu d’Esprit v. Flatcatcher v. & Touchstone \ Mari /B The arla — Palmer v. Beadsman — (?/ı)Mendictv. 4 Touchstone —_ u 'Kisasszony v. Lord Clifden v. Newminster v. 4 Touchstone fr D u Stockw. — @ Pocahontas & oncast.— 'Marigold v. Teddington v. (*/«) Orlando v. & Touchstone = = R. Rose v. Thormanby Windhound — Phryne v. & Touchstone - A o |M Rosic. v. Beadsman — (3/s)Mendicantv. & Touchstone = = m (!/) (I Stockwell — @ Pocahontas &5 |53-]Apple |Camerino \Sylphide v. A& Touchstone 6) Sauce Pine apple JKn._of Kars — @ Pocahontas Be: ini pP \E. Pine — (°Jı) Orlandov. A Touchstone zwar außer den genannten hauptsächlich von Graf @. Lehn- dorff und A. v. Öttingen. Auf Grund dieser Vorarbeiten hat vor nicht langer Zeit Bruce Lowe, ein Australier, ein Zuchtsystem ausgearbeitet, das großes Aufsehen erregte und heute noch begeisterte Anhänger wie überzeugte Gegner hat. Das System beruht auf folgendem: Bruce Lowe gab jeder der 52 Urstuten eine Nummer und zwar derjenigen Stute, deren Nachkommen in direkter weiblicher Linie die meisten klassischen Rennen!) in England gewonnen hatten, die Nummer 1. Die nächsterfolgreiche Stutenlinie erhielt No. 2, die folgende No. 3 u.s.f. Dabei ergab sich, daß die Familien 1 bis 5 die große Mehrzahl aller Siegesehren auf sich vereinigten. Bruce Lowe nannte sie „Running-families“, Rennfamilien. Es ergab sich aber weiter, daß die in der Zucht erfolgreichsten Hengste nicht immer diesen fünf Familien angehörten, sondern hauptsächlich in den Familien 3, 8, 11, 12 und 14 vorkamen. Bruce Lowe nannte diese „Sir-families“, Vaterfamilien. Familie 3 ist zugleich !) Unter klassischen Rennen versteht man eine Reihe besonders ent- scheidender Rennen für Dreijährige unter gleichem Gewicht über größere Distanzen, wie das Derby und die Oaks zu Epsom, das St. Leger zu Don- caster u. a. 11 — 12 — Renn- und Vaterfamilie; alle anderen Familien nannte er „Outsiders“. Die hieraus abgeleiteten Theorien führten zu einer förmlichen Spielerei mit mathematischen Regeln. Wie ein richtiges Pedigree nach Bruce Lowe aussieht, mag der Stammbaum der berühmten Stute Sceptre zeigen, der dem Gebrauch entsprechend in drei Farben erscheint: Galopin Vedette 19 3 : j St, Simon Flying Duchess 3 Ss 11 2 | s St. Angela King Tom 3 s 2 Adeline 11 2 = Hampton Lord Clifden 2 S 1 = Lady L den 10 => Perdita II ady Langden = Hermione Y- Melbourne 25 = ? La Belle Helöne 7 = 5‘ Stockwell 3 = Doncaster PB z Bend Or ° | Marigold 5 Hr = : House Bere is. 4 5 I | Ellen Horne 1 (=! — — —— = a Marasant Sue 21 14 = Lily Agnes Jocose 14 16 Polly Agnes The Cure 6 18 ı Miss Agnes 16 Sieht man von Übertreibungen ab, so ergibt sich doch, daß aus dem enormen statistischen Material, das hier verwertet ist, sehr interessante Schlüsse gezogen sind. Die Konzentration der Rasse auf wenige weibliche Urmütter in direkter weiblicher Linie ist dadurch entstanden, daß man nach Rennleistungen aus- wählte. Bis in die neueste Zeit hatte aber niemand nachge- schlagen, auf welche Urmutter seine Zuchtstute zurückgeht, und als man dann schließlich numerierte, da sah man zur Über- i . g \ i — 18 — raschung, daß nur wenige Linien vorhanden und No.1 bis 5 weitaus in der Zahl dominierten, woher sich auch die bleibende Überlegenheit in der Zahl von Siegern aus diesen Familien erklärt. Selbst bei der Statistik einzelner Jahre zeigt sich die Bedeutung der Bruce Lo weschen Familien fast in der gleichen Reihenfolge, die sich aus der Statistik von 150 Jahren ergeben hatte, z. B. bei der Aufstellung der Resultate in England im Jahre 1910: Zahl der Im — — — — Bruce Lowesche f gewonnenen Wert Familie Sieger Rennen Pfund 1 la een eerdt 3 CE 2 er at U 1 er Bee. Ra 17. U MO Bee ar: 1 ol >, TB er >, un ae 4 h 3 Eck 2 Ve 1 5 re N: | 5 a ee ee) 9 ne a es rec: a BL 9 AAO an Glan. Lo ANGI NER DEREN A en 0a et 10 en ne en ED es ELAOG BEN en a A A N FRTBAII en 3 RBB A ana cm... rn OB rd Tr Aline rare MONTE ern er 8905 Sr Ser Br a er BO AN rs re ES RR et: 535, ee nn 2: BD NE ET Daß Stuten aus gewissen weiblichen Linien besonders gute Vaterpferde erzeugt haben, war eine weitere, wichtige Beobach- tung. Allerdings waren die Zahlen inBruce Lowes Zusammen- stellung falsch; die wirklichen Hengstfamilien sind andere. Für unsere Betrachtung spielt dieser Irrtum indessen keine Rolle, da es sich nur um die Tatsache selbst handelt. Erinnern wir uns der bei Besprechung der Hengste-Deszendenz in männ- licher Linie dargelegten Erscheinungen, so ergibt sich folgender Schluß: Die direkte männliche und die direkte weib- liche Linie sind im Stammbaum durchschnittlich von größerer Bedeutung als alle anderen Ahnen- linien, d.h. also der Großvater väterlicherseits und die Groß- mutter mütterlicherseits sind die wichtigeren Großeltern u. s. f. 11% — 14 — Denken wir uns den mehr als eine Million Ahnen enthaltenden Stammbaum von 20 Generationen der heutigen Vollblutpferde, so behaupten die 20 direkten männlichen und die 20 direkten weib- lichen Ahnen ein starkes Übergewicht gegenüber der Million aller anderen Ahnen. Die indirekten Ahnen wirken natürlich auch, aber nicht so nachhaltig wie die direkten. Will man sie zur Geltung bringen, so muß man zur Inzucht greifen, und sie oft im Pedigree wiederholen (s. S. 161, Pedigree von Desir). Hier wirft sich nun eine weitere, interessante Frage auf. Daß entfernte Inzucht von größtem Nutzen ist, haben wir gesehen, denn die ganze Vollblutzucht beruht darauf; wie weit aber darf man mit naher Inzucht gehen? Hierüber liegen außerordentlich wichtige Arbeiten von Graf Lehndorff und v. Öttingen vor. Eine Kreuzung von Ganz- oder Halbgeschwistern führt zur Degeneration. Auch eine Inzucht in zweiter Generation, also Paarung von Onkel und Nichte, führt selten zu Erfolgen. Geht man aber eine oder zwei Generationen weiter zurück, z. B. auf gemein- same Großväter oder Urgroßväter, dann ist der Erfolg ein über- raschender sowohl auf der Rennbahn wie in der Zucht. Diesen Grad von Inzucht strebt man daher an. Zur Illustration sei das Pedigree des bekannten Flying Fox gegeben, des so erfolgreichen Deckhengstes, den Frankreich für eine Million = m RB 10 Doncaster v. Stockwell Tr Rouge Rose Ormonde — a Lily Aones acaronl = —— kr: RS | Polly Agnes i zu. oO m Galopin | ® Vedette eg Angelica — | Flying Duchess = St. Angela King Tom — —_ Adeline v. Jon SD - — —_— = © Vedetie [| Voltigeur en } ne | Mrs. Ridgway = mGalopin 5 Flying Duchess The Flying Dutchmann = _— FR Merope > R Specul . @& Vedett > Rosebery v. @ Vedette Ir Paar u Sarcasm Breadalbane v. Stockwell — eu Jeu d’Esprit Fig. 16. Fels. — 166 — Franken gekauft hat. Er ist in der Mitte des Pedigrees auf Galopin gezüchtet oder, wie der technische Ausdruck lautet, „inbred“. Analog ist das Pedigree von Festino (Fig. 15) gebaut, während Fels (Fig. 16) Inzucht auf Hermit zeigt. Festino (1902) Festa 16 Ayrshire 8 L’Abesse 3 A Tore St. Simon 11 Atalanta 8 Hampton 10 Festive | Trappist | St. An- | Galopin Feronia | G@alopin Lady Lord | 16 1 gela 11| 3 8 3 Langden 10 Clifden 2 | ar) an 7) on | [7] on | © + Ö | far) o + a ee) iz) Aa|lm -„ „ 3 [or} > | © © =] » e|,|-|e17|5/|A/7|2)5 | A| 7 | Ser an eg |2| Ba ı8ı. a ae ee 2)E Is || 25 | So Ella | E88 alias 5 da = SER tale 9 Fe sag Dr = 10) ei a ee = u a 1838| klöÖlalal< 8 ıE|lr ElIE IE Ber Fels (1903) Festa 16 Hannibal 1 L’Abesse 2 Trachen- de Jouarre 16° St. Simon 11 | Zama 1 berg 14 Festive Trappist St. An- | Galopin | Sousie | Hermit Dirt | Flibus- 16 1 gela 11 3 Queen 1| 5 Cheap14| tierd5 | 37 = | un | | | un #7 | un = I.ja/8131a|5| | ei eı_,_ |, lei l)sla | |e|)n|e | % (ea | 8 Be - {eb} et s > >| Se = SB a ee Sslel® DIEBE WEEZE BEIEI ES EB Be, oo: | 3 = | lale 95|2|18 | 25/2370: Eier oo la Ai SE lR I PH BlIaAlm A | nm SO Es ist auf Grund des oben bewiesenen Satzes von der Präponderanz der direkten Ahnen und der folgenden Konsequenz der abnehmenden Wirkung der Ahnen, je mehr sie in der Mitte des Pedigrees stehen, klar, daß man umgekehrt mit der Inzucht um so weiter gehen kann, je näher sie sich auf die Mitte des Pedigrees beschränkt. Dieser sozusagen mathematisch abgeleitete Satz entspricht durchaus der Erfahrung. Nun ist aber von manchen Hippologen älterer Schule die Behauptung aufgestellt — 117 — worden, das Vollblutpferd sei durch die Inzucht zwar geschwind geworden; es sei aber nervös und nicht leistungsfähig. Dies ist durchaus nicht der Fall. Das Vollblutpferd zeigt von allen Pferderassen die verhältnismäßig größte Leistungsfähigkeit; es vermag im Verhältnis zu seinem Körpergewicht ungleich viel schwerere Lasten zu tragen und zu ziehen als das Halbblutpferd oder das kaltblütige Pferd. Bei Distanzritten und -fahrten, bei anstrengenden Jagden und Manövertagen hält stets das Vollblutpferd am längsten aus. Die Inzucht hat also nichts weniger als degenerierend gewirkt. Schon vor 60 Jahren hat der englische Züchter Admiral Rous bewiesen, daß seit dem Jahre 1700 die Durchschnittsgröße des Vollblutpferdes in je 25 Jahren um 2,5 cm, im ganzen von 140 cm auf 155 cm zu- genommen hatte. Sie ist jetzt noch höher, wenn auch das Wachstum nicht mehr so rasch fortgeschritten ist. Diese Ver- größerung des Knochengerüsts ist aber nicht in allen Teilen proportional erfolgt; sondern besonders haben sich diejenigen Teile ausgebildet, die für die Vorwärtsbewegung im Galopp von Wichtigkeit sind. Wenn man in Momentphotographien des Renngalopps sorgfältig Skelette einzeichnet, so erkennt man, daß die größte Pendelbewegung im Oberarm und im Oberschenkel ausgeführt wird; auf die Lage und Länge dieser Knochen und damit auf die Form des Schulterblatts und des Beckens kommt es also in erster Linie an (Fig. 17—19). Dies sehen wir be- stätigt, wenn wir die Skelette eines sehr raschen Tieres, z. B. des Jagdleoparden (Fig. 20), und eines verhältnismäßig lang- samen Tieres gleicher Größe, z. B. eines Ebers (Fig. 21), ver- gleichen. Beim Leoparden das hochgelegene, kleine Schulterblatt, der lange, steilgestellte Oberarm und lange, freie Oberschenkel; beim Eber die lange, schräge Schulter, der kurze, wagrecht ge- stellte Oberarm und der verhältnismäßig kurze und unfreie Oberschenkel. Zum Vergleich und als Typus eines guten Skeletts sei dasjenige des Eclipse vorgeführt (Fig. 22). Leider sind ein- gehendere vergleichende Studien auf diesem Gebiet nicht vor- handen. Eine Eigentümlichkeit im Knochenbau der Vollblut- pferde besteht in der Zahl der Lendenwirbel: sie haben meist nur fünf, während andere sechs besitzen. Es kommen aber auch interessante Übergangsformen vor, Pferde mit sechs Lenden- Fig. 17—19. Skelette in die Silhouetten galoppierender Pferde (Moment- aufnahmen) eingezeichnet. Fig. 20. Skelett des Jagdleoparden, Oynailurus jubatus Schreb. Nubien, 1824 E. Rlüppell (Senckenbergisches Museum). Fig. 21. Skelett eines Wildebers, Phacochoerus africanus (Gmel.) Abessinien, 1831 E.Rüppell (Senckenbergisches Museum). — 170 — wirbeln, bei denen der fünfte und sechste zusammengewachsen sind und einen Wirbelkörper mit vier Querfortsätzen bilden. Der für die Zucht so wichtige Touchstone hat, wie sein in Eaton aufbewahrtes Skelett zeigt, 19 statt 18 Rippen. Ob und inwieweit er dies vererbt hat, ist leider nicht festzustellen. Zu den Eigentümlichkeiten im organischen Bau der Vollblutpferde ist die meist anormale Größe des Herzmuskels zu rechnen. Fig. 22. Skelett des Eclipse (Royal College of Veterinary Surgeons, London). Übrigens ist auch die Struktur der Muskelfasern der Extremi- täten abweichend von der anderer Pferde. Bei diesen Rasseneigentümlichkeiten handelt es sich zweiiel- los öfters um Betonung von Eigenschaften des Urtypus, des afrikanischen Pferdes. Manche aber lassen sich nur durch die Anpassung an die gestellte Aufgabe — große Geschwindigkeit bei Belastung durch den Reiter — erklären. Daraus ergibt sich, wie wichtig es ist, an welche Stelle der Reiter bei der Prüfung der Pferde seinen Schwerpunkt zu legen pflegt. Bis — 11 — vor etwa zehn Jahren haben die Jockeis den Schwerpunkt in die Mitte oder im Endkampfe sogar nach rückwärts verlegt. Daher kam die Stärke der Vorderbeine weniger zur Geltung, und dies drohte ein schwacher Punkt des Vollbluts zu werden. Da kam der amerikanische Sitz auf der Vorhand mit kurzen Bügeln. Man sieht den großen Unterschied des Sitzes auf den Abbildungen von Gladiateur (Fig. 23) und Ard Patrick (Fig. 24). Es gibt noch heute viele Fachleute, die den ameri- kanischen Sitz verdammen, weil er die Vorderbeine ruiniere, eine Ansicht, die beim Rennstallbesitzer erklärlich, beim wissen- schaftlichen Züchter aber unberechtigt ist. Denn heute können die Rennen nur durch Pferde gewonnen werden, die stark auf den Vorderbeinen sind, was auf die Dauer auch der Zucht zu- gute kommen muß. Eine außerordentliche Steigerung hat die Geschwindigkeit der Vollblutpferde im Lauf der Zeit erfahren. Besonders ist dies durch die amerikanische Statistik erwiesen, da man dort früher anfing, die Zeit aller Rennen genau zu messen. ‘ Daß beim Pferde sich Charaktereigenschaften vererben, ist eine bekannte Tatsache. Besonders deutlich zeigt sich aber die Vererbung von Instinkten beim Vollblutpfierd. In erster Linie ist es natürlich der Instinkt des Rennens, der an- geboren ist. Läßt man junge Fohlen von Vollblutpferden und von Trabern zusammen auf die Weide, so sieht man stets, wie die einen galoppieren und die anderen dazwischen traben. Stellt man, wie dies im Gestüt Waldfried regelmäßig geschieht, Voll- blutfohlen nebeneinander auf und läßt sie dann los, so laufen sie ganz von selbst ein reguläres Rennen, während Fohlen anderer Pferdeschläge nach wenigen Sprüngen stehen bleiben. Eigen- tümlich ist auch die Vererbung des Springtalents, das sich z.B. bei den Nachkommen bestimmter Hengste in hervorragender Weise zeigt. Zu den durch Anpassung erworbenen Eigenschaften gehört auch als eine der wichtigsten die Frühreife. Während bei Vollblutpferden schon die Jährlinge, im Herbst etwa 18 Monate alt, geritten werden und zweijährig Rennen laufen, können wir das Halbblutpferd, z. B. die Remonten der Kavallerie, meist erst vierjährig überhaupt anreiten. Die Frühreife des Vollblut- pferdes aber ist eine Folge der zweijährigen Rennen. Es gibt — 172 — noch viele Gegner dieser frühen Rennen, und doch haben sie das Gute, daß man die frühreifen Pferde erkennt und mit Vorliebe aus solchen Pferden weiter züchtet. Denn man will zweijährige Rennen gewinnen, und Frühreife ist erblich. Sie überträgt sich aber dann auch auf Halbblut, d. h. auf das Gebrauchspferd, und man erkennt ohne weiteres den großen volkswirtschaftlichen Vorteil, der darin liegt, daß man die Pferde früher in Benützung nehmen, z. B. dreijährige Remonten einstellen kann. Sehr interessante ‚Resultate ergibt das Studium der Ver- | erbung der Haarfarbe. In den Anfängen der Vollblutzucht sind viele arabische Schimmel verwendet worden; doch ist die Schimmelfarbe fast ganz ausgestorben. Dies erklärt sich so: Schimmel werden nur dann geboren, wenn Vater oder Mutter Schimmel sind. Ist der Nachkomme eines solchen Paares jedoch andersfarbig, so ist er nie mehr imstande, einen Schimmel zu erzeugen, d.h. die Schimmelfarbe ist für alle Zeiten verloren. Paart man Füchse mit Füchsen, so erhält man immer Füchse. Anders aber, wenn man Braune mit Braunen oder Braune mit Füchsen paart. Hierbei entstehen teils Braune, teils Füchse: Braune, deren Eltern braun waren, geben Braune; sonst ent- stehen Füchse. Die Fuchsfarbe ist also eine rezessive Eigen- schaft im Sinn der Mendelschen Vererbungslehre. Um sich dies zu vergegenwärtigen, betrachte man das Pedigree eines reinen Fuchses, bei dem also Vater und Mutter Füchse waren, z.B. von Hannibal, dem berühmten Deckhengst in Graditz. Fuchs Hannibal (1891) Fuchs Zama Fuchs Trachenberg Sousie Queen Hermit Dirt Cheap | Flibustier dunkelbraun Fuchs braun | Fuchs le an. Musket Seclusion IN Stute | Orlando Se: ® | Buccaneer Lassie ] Be minster vr x Katie ni se praun | yraun ER braun | raun Fuchs | Praun Man braucht nur zwei Generationen zurückzugehen, und alle Ahnen waren noch braun mit einer Ausnahme. Viele Hippologen und Züchter sind der Ansicht, daß die Haarfarbe ein Anzeichen dafür sei, welche Ahnen in dem betreffenden Produkt vorwiegend zur Geltung gekommen. Es kann keinem Zweifel unterliegen, — 14 — daß etwas Richtiges an dieser Ansicht ist; aber als eine be- wiesene Regel kann sie nicht gelten. So vererbte St. Simon seine dunkelbraune Farbe immer, seine anderen Eigenschaften aber nicht mehr als andere Hengste. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, die Vererbungserschei- nungen beim Vollblut mit Hilfe der modernen Zellenlehre zu erklären. Als Träger der Vererbung sieht man bekanntlich die Chromosome an, eigentümliche Gebilde, die in den Zellen in wechselnder, aber für jede Tierart konstanter Zahl enthalten sind. Solche Chromosome enthält das befruchtete Ei des Pferdes vermutlich in der Regel 26. Das heißt: bei der Vereinigung der Samen- und Eizelle von Hengst und Stute steuern beide Eltern je 13 Chromosome zur Bildung des Embryos bei. Gestützt auf diese Annahme wurde nun z. B. behauptet, daß der Maulesel deshalb unfruchtbar sei, weil die Keimzelle des Esels nur 12 Chromosome enthielte, das befruchtete Ei, aus dem der Maul- esel hervorging, und demgemäß auch seine Körperzellen also 13+12=25 Chromosome enthalten würden. Wenn nun eine solche Mauleselzelle behufs Bildung von Keimzellen die Zahl ihrer Chromosome wiederum halbieren sollte, so käme sie in Ver- legenheit, da 25 eben nicht durch 2 teilbar ist, und darum bliebe der Maulesel unfruchtbar. Mag dies nun stimmen oder nicht, soviel ist jedenfalls sicher, daß wir noch weit davon entfernt sind, die empirischen Tatsachen der Vererbung bei Vollblutpferden und insbesondere die Wirkung der Inzucht mit dem Mikroskop zu erklären. So sehen wir denn, wie die Entstehung der Rasse des Vollblutpferdes durch systematische Zuchtwahl dem Physiologen und dem Zoologen zahlreiche interessante Tatsachen liefert, aber auch neue Probleme stellt, die noch der Lösung harren. Beiträge zur Kenntnis des Kaukasischen _ Feuersalamanders, Salamandra caucasia (Waga), seiner Lebensweise und Fortpflanzung. Mit einer Farbentafel und 3 Abbildungen von Otto Cyren (Warschau). ') Vor fünf Jahren hat A. Knoblauch?) in diesem Bericht eine ausführliche Beschreibung des kaukasischen Feuer- salamanders gegeben, hauptsächlich nach eigenen Beobachtun- gen einiger in der Gefangenschaft gehaltener Exemplare, der ersten, die lebend nach Europa gelangt waren. Seitdem ist fast nichts mehr über das interessante Tier veröffentlicht worden, und deshalb dürften vielleicht die Beobachtungen, die ich im Frühjahr 1910 zusammen mit L. Lantz aus Moskau während einer Reise in Transkaukasien gesammelt habe, von Wert sein, zumal es uns gelungen ist, zum ersten Male die seither gänzlich unbekannten Larven des Kaukasussalamanders aufzufinden. Ungefähr 100 km südöstlich von Batum liegt im Tischoröch- tal der Ort Artwin, bekannt durch sein mildes Klima und als der einzige Ort Transkaukasiens, an dem man alte Ölbäume antrifit. Es ist eine hochinteressante Natur, die dem Wanderer hier begegnet. Der üppige pontische Urwald fehlt allerdings, und ausgedehnte Nadelwälder kommen erst auf größerer Höhe, über 1000 m, vor. Die außerordentlich steilen Talwände sind !) Manuskript eingegangen am 9. Dezember 1910. 2) A.Knoblauch „Der Kaukasische Feuersalamander, Salamandra caucasia (Waga)“. Mit einer farbigen Tafel und 4 Textfiguren. Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft. Frankfurt a. M. 1905, 8. 89. — 16 — mit niedrigem Gebüsch bewachsen, das den Bergen aus der Ferne ein eigentümliches, punktiertes Aussehen verleiht. Die macchia- artige Vegetation, ein Gemisch der verschiedensten Pflanzen- gattungen (der Eiche, Buche und Hainbuche, der Pinie und orien- talischen Fichte, der Zistrose, des Tragants, des zypressenähnlichen Juniperus isophyllus und vieler anderer), wird nur hier und da von jenen schmalen, schlängelnden, oft lebensgefährlichen Reitwegen durchquert, wie sie nur der Kaukasus aufzuweisen hat. Es war am 27. April; die Frühlingsflora stand in voller Blüte, und erst in einer Höhe von 1000 m lag ab und zu in den Nadelwäldern noch etwas Schnee. An einer Quelle, dicht am Wege, einige Kilometer südöstlich von Artwin, auf dem linken Ufer des Tschoröch, fanden wir die ersten Salamander. Der Fundort lag etwa 550 m über dem Spiegel des Schwarzen Meeres und 300—350 m über der Talsohle. Die Quelle war ganz ein- gebaut; durch kleine Löcher in der mächtigen Steinplatte, die sie abschloß, strömte das Wasser in einen seichten Trog und über dessen Rand hinaus über den Weg und als Bach den steilen Abhang hinunter. Auf dem Wege lagen einige größere Steine, damit der Wanderer nicht gerade in das Wasser zu treten brauchte. Bei unserer Ankunft war zunächst kein Salamander zu sehen; als aber das Pferd meines Reisegefährten einen Stein mit dem Hufe berührte, huschte eines jener behenden Tierchen hervor, deren Fang unsere Exkursion bezweckte. Wir waren schnell von den Pferden abgestiegen und fanden unter dem Stein im Wasser drei halbwüchsige und gleich unterhalb des Weges noch ein weiteres, erwachsenes Exemplar. Außerdem aber fanden wir Salamanderlarven in verschiedenen Größen sowohl im Troge wie im Bächlein am Abhang. Da jedoch das eigentliche Ziel unseres Ausflugs eine entfernter gelegene, größere Quelle war, begnügten wir uns vorerst mit unserem Fang, saßen auf und ritten weiter. Der zweite Fundort lag etwa in gleicher Höhe und auf der- selben Flußseite, dort, wo der Tschoröch, von Südwest kommend, eine scharfe Biegung in fast rechtem Winkel nach Nordost macht, übrigens wenige Kilometer von der türkischen Grenze entfernt. Die Verhältnisse waren hier ziemlich die gleichen wie an der ersten Stelle; nur war die Fassung der Quelle in der Mitte offen gelassen, so daß man bequem hinein gelangen konnte. Trotz — MT eifrigen Bemühens während eines längeren Aufenthaltes, trotzdem wir das Innere der Quelle mit einer Laterne beleuchteten und den Abhang ziemlich weit hinunter sorgfältig absuchten, war kein einziges entwickeltes Tier zu finden, dagegen wiederum Larven in allen Größen. Ältere Tiere mußten ja vorhanden gewesen sein; sie hatten sich aber offenbar sehr gut versteckt. So waren wir genötigt, uns hier mit der Larvenausbeute zufrieden zu geben; auf dem Rückweg aber sollten wir an der ersten Quelle mehr Glück haben. Bei unserer Ankunft an der früheren Fundstelle war zu- nächst ganz wie am Vormittag nichts zu sehen; dann zeigte sich zu unserem Erstaunen plötzlich, wie hervorgezaubert, ein Paar im Amplexus begriffener Kaukasussalamander im W asser- troge. Parallel übereinander standen sie da in dem für sie an- scheinend etwas zu tiefen und unruhigen Wasser, das Männchen unten, das Weibchen oben, ganz so, wie man sich den Vorgang der Paarung nach der dorsalen Lage des männlichen Reizorgans von vornherein hat vorstellen müssen. Als wir uns näherten, gingen die Tiere schnell auseinander; sie mußten gerade vorher durch die Öffnungen der Steinplatte, die die Quelle abschloß, herausgespült worden sein. Wir wußten jetzt, daß die Haupt- menge der Salamander in dem finsteren Brunnen hauste, und dab die von uns gefundenen wohl hauptsächlich herausgeschwemmte Exemplare waren. Vor der Quelle war der Weg durch Faschinen gestützt, durch die das Wasser strömte; hier mußten sich die Salamander finden lassen. Und als wir anfingen, am Rande etwas zu graben und einige Ruten und Steine zu lockern, erschien ein Tier nach dem anderen, so daß wir in kurzer Zeit noch über ein Dutzend erwachsener Exemplare erbeutet haben. Frohen Mutes konnten wir jetzt an den Rückweg denken, der bei der rasch eintretenden Dämmerung sonst gefährlich genug werden konnte. Unsere beiden Fundorte erscheinen im Vergleich zu den meisten früheren sehr niedrig,!) und doch waren sie an- scheinend — der erstere ganz sicher — der Aufenthalt einer größeren Anzahl von Salamandern. Aber auf der steilen Böschung !) Eine Zusammenstellung der bisher bekannt gewordenen Fundorte des Kaukasussalamanders s. bei Knoblauch a.a. O0. S. 108. 12 sTOSse [19 \ SP UNBUMEILUTSLIL) "URSSOIOU) pun werng-Irer sop omoy op uw AOPUFWULILSSHSTHNEN AOp JIOpumg woIssun UOA NOT "UTMYFIY UOA Yor4sopns yeydspurgsäurgen "SIOSSEHTIA SAP AJuyeunejeurstıg "UIMAAIY UOA YOIgSoPNS uaATer] Aoayı pun Iopuewepessnsegneyy Top JIopung Tosuf) £ Be a unterhalb der Quellen, an der es keine leichte Sache war, auf losem Schutt, zwischen morschen Wurzeln und abrollenden Steinen hinunter und wieder herauf zu klettern, gab es Larven in beträchtlicher Menge und in verschiedenen Größen. Und wenn sich diese — zum Teil gewiß hinuntergeschwemmten — Tierchen wohl auch wieder heraufarbeiten können, so liegt doch die Möglichkeit vor, daß manche Exemplare sich bedeutend weiter unten in geeigneten Wasseransammlungen festsetzen, vielleicht ganz im Tal, in 230—250 m Meereshöhe. Ähnliche Verhältnisse habe ich bei dem Alpensalamander in den Glarner Alpen gesehen; ich habe dort mehrere Exemplare in etwa 400 m Höhe gefangen. In der Lichtscheu stimmt der kaukasische Salamander mit unseren beiden europäischen Arten überein oder übertrifit sie womöglich noch. Auf unserem Jagdausflug war es meistens trübe, nur zeitweise etwas verschleierter Sonnenschein, und sämtliche erwachsene Tiere, mit Ausnahme des gerade heraus- geschwemmten, im Amplexus befindlichen Paares, haben wir unter Steinen oder im Erdreich, gegen Licht und Sonne gut geschützt, gefangen. Die Quellen selbst waren fast stockfinster. Ob das Verhalten der Tiere bei regnerischem Wetter ein anderes ist, darüber fehlt mir die Erfahrung; unmöglich ist es indessen nicht, daß sie alsdann nach Art unseres Feuersalamanders ihre dunklen Verstecke verlassen. Dagegen ist es sicher, daß der Kaukasussalamander, wie es schon Knoblauch beobachtet hat, in weit höherem Maße das Wasser liebt als die beiden euro- päischen Salamander. Unsere sämtlichen Tiere haben wir unter Steinen direkt im Wasser oder in der vom Wasser durch- strömten Faschinenunterlage des Weges gefunden. Vielleicht ist der Kaukasussalamander überhaupt ais ein halbes Wassertier zu betrachten; sein Lieblingsaufenthalt ist offenbar seichtes Wasser, nicht tiefer, als daß er den Kopf zum Atmen bequem über die Oberfläche erheben kann, zwischen Kies und glatten Steinen, die — wie in unseren beiden Quellen — mit einer mehr oder weniger reichen Algenvegetation überwachsen sein mögen. Der lange, außerordentlich zarte Schwanz des Tieres ist ja dem Kriechen und Graben im Moos und in lockerer Erde nicht angepaßt; vielmehr ist er noch bei erwachsenen Exemplaren deutlich seitlich zusammengedrückt und zeigt also eine größere — 131 — Anpassung an das Leben im Wasser als der drehrunde Schwanz unseres Feuer- und Alpensalamanders. Der kaukasische Salamander schwimmt auch vorzüglich, wie er überhaupt durch seine große Gewandtheit und Behendig- keit auffällt. Man fängt ihn ja ohne Schwierigkeit mit der bloßen Hand; aber andererseits darf man das zarte Tier nicht zu derb anfassen. Auch versteht er es großartig, sich zwischen den Fingern hindurch zu winden, und ist im nächsten Augen- blick wieder unter den Steinen verschwunden. Es ist ungefähr so, als wenn man kleine Aale mit der Hand aus dem Wasser holte. Selbstverständlich ist dieses schnelle Entschlüpfen von einer feuchten oder richtiger nassen Umgebung abhängig. Von Futtertieren fanden wir im Wasser selbst nur Floh- krebsarten und im Faschinenbett Regenwürmer; aber in dem nahen Gebüsch herrschte ein reges Insektenleben, und Tausende von Insekten, kriechende wie fliegende, mögen bis zur Wasser- oberfläche oder in deren allernächste Umgebung gelangen, so daß die Salamander ihre reichliche Nahrung finden werden, vielleicht sogar, ohne das Wasser ganz zu verlassen. Mein Reisegefährte, der noch den größten Teil unserer Ausbeute am Leben hält, wird gleichzeitig an einem anderen Orte!) seine Beobachtungen veröffentlichen. Er hat unter anderem bei den Männchen Brunstschwielen auf der Innenseite des Oberarms gefunden. Ich verweise bezüglich dieser interessanten Tatsache und der Zeichnung des Kaukasussalamanders, die etwas regelmäßiger zu sein scheint als bei unserem Feuersalamander, auf seinen Aufsatz und die beigegebenen Illustrationen. Die einzige farbige Abbildung des lebenden Tieres, von F. W. Winter nach der Natur gemalt, findet sich in Knoblauchs Arbeit. Die Farben verblassen ja leider in Spiritus und Formol- spiritus sehr schnell; interessant ist es aber, daß auch schon bei unseren lebenden Tieren die schönen, gelben Flecken während des Transportes zum Teil abgeblaßt sind. Dies deutet auf eine besondere Empfindlichkeit hin, die ich bei Salamandra maculosa niemals beobachtet und von der ich auch noch nie etwas ge- hört habe. !) Louis Lantz „Salumandra caucasia Waga“. Mit zwei Original- aufnahmen des Verf. Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde. 22. Jahrg. 8.3, 19 und 34. Stuttgart 1911. Ba Br Über die seither völlig unbekannte Fortpflanzung des z kaukasischen Salamanders geben unsere Beobachtungen wenigstens einige Aufschlüsse.. Der Amplexus wird wohl immer im Wasser vollzogen. Für diese Annahme, die bei dem ausge- sprochenen Wasserleben des Tieres a priori berechtigt erscheint, spricht neben unserer eigenen Beobachtung, die freilich ver- einzelt geblieben ist, vor allem das Vorkommen von Brunst- schwielen beim Männchen. Denn diese Bildung ist seither nur bei Lurcharten beobachtet worden, bei denen sich der Am- plexus — und zwar eine Umklammerung des Weibchens durch das Männchen mit dessen Vordergliedmaßen — von vorn- herein im Wasser abspielt wie z. B. bei dem spanischen Rippen- molch und den meisten Froschlurchen. Sie ermöglicht eben eine festere Umschlingung des umworbenen Weibchens in dem feuchten Element der Umgebung und fehlt, wo dieses Moment keine Rolle spielt: bei Arten, bei denen sich die Paarung ganz oder wenigstens im Beginn auf dem Lande vollzieht wie bei der Geburtshelfer- kröte, dem Feuer- und Alpensalamander, sowie bei Arten, bei denen ein Amplexus überhaupt nicht erfolgt wie bei allen während der Paarungszeit im männlichen Geschlecht durch ein ausgesprochenes Hochzeitskleid geschmückten Molchen, oder bei denen die Umschlingung des Weibchens mit dem Schwanz des Männchens geschieht wie bei Molge (Euproctus) montana Savi und aspera Duges. Aus der Lage eines sexuellen Reizorganes auf der Dorsalseite der Schwanzwurzel beim männlichen Kaukasussalamander hat Knoblauch!) schließen zu dürfen geglaubt, daß auch bei dieser Art wie bei dem Feuer- und Alpensalamander das Männchen bei der Paarung unter das Weibchen kriecht. Auch diese Annahme ist durch den von uns beobachteten Fall bestätigt worden. Sehr auffällig ist es, daß sich unter etwa 20 erwachsenen Salamandern, die wir erbeutet haben, nur zwei Weibchen befanden, darunter das im Amplexus betroffene Exemplar. Da bei früheren Funden das Verhältnis der Geschlechter keine solchen Zahlen- unterschiede gezeigt hat, deutet dies wohl nur darauf hin, daß !) A. Knoblauch a.a. 0. S.97 und „Die Liebesspiele der Molche und Salamander“. Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde. 16. Jahrg. S. 396. Magdeburg 1905. » — 13 — die Tiere um die Zeit, zu der wir sie fanden, Ende April, gerade in der Paarung begriffen und deshalb ganz besonders lichtscheu gewesen sind. Unser Pärchen war offenbar ein zufällig aus der dunklen Quelle herausgeschwemmtes, und die vielen Männchen, die wir sahen, waren eben überzählige oder „ledige“ Junggesellen. Daß die Weibchen durch irgendein Gebär- oder Legegeschäft „verhindert“ gewesen seien, ist wohl weniger wahrscheinlich. Allem Anschein nach bringt das Weibchen lebende Larven zur Welt und setzt sie jedesmal in ganz geringer Zahl ab, vielleicht nur zu zweien, und zwar in ziemlich großen Zwischenräumen. Sonst wäre es wohl nicht zu erklären, daß wir Larven von 40 mm an in allen Größen bis zu erwachsenen Exemplaren gleichzeitig vorgefunden haben. Und darunter waren kaum zwei oder drei Individuen von ganz gleicher Größe und von gleicher Entwicklungsstufe. Daß sich die Larven im Freien aus Eiern entwickeln, wie es bei unseren Froschlurchen und Molchen geschieht, scheint — nebenbei gesagt — wegen Mangels an ganz kleinen Futtertieren, die nur stehendes Wasser in größerer Menge beherbergt, ausgeschlossen. Die kleinsten Larven, die wir erbeutet haben, waren vielleicht wenige Wochen alt; die größeren dagegen — fast erwachsene Exemplare — müssen zur Winterzeit oder schon im Spätherbst abgesetzt worden sein. Dieses unregelmäßige Gebären erinnert stark an die strittigen, sehr weit auseinander gehenden Angaben über die noch immer nicht völlig aufgeklärte Fortpflanzung eines so häufigen Tieres wie unseres Feuersalamanders. Fassen wir unsere Beobachtungen zusammen, so darf wohl angenommen werden, daß sich beim Kaukasussalamander die Paarung im Frühjahr vollzieht und die dabei erfolgende, ein- malige Befruchtung für längere Zeit wirksam bleibt, so daß sich das Absetzen der geburtsreifen Larven über einen Zeitraum von mehreren Monaten, vielleicht von !/a bis °/ı Jahren er- strecken kann. Bei einer derartig wechselnden Geburtszeit, zwischen Herbst und Frühjahr, wird die Dauer der Entwicklung der jungen Larven sehr großen Schwankungen unterliegen. Die im Spät- herbst oder Winter abgesetzten Larven werden vielleicht die doppelte oder eine noch viel längere Zeit zum Reifen brauchen als die im Frühjahr geborenen Individuen. Dies wird auch — 14 — durch unsere Larvenfunde bestätigt. Es sei nur auf die drei abgebildeten Exemplare hingewiesen: sie zeigen keineswegs all- mählich ineinander übergehende Entwicklungsstufen; dazu hat die größte Larve (S. 187) beispielsweise einen viel zu hohen und kräftigen Schwanz. Bei einer anderen, gleichgroßen Larve ist der Schwanz wohl ebenso kräftig entwickelt, aber nur noch mit einem kaum merkbaren Flossensaum versehen. So wird es auch leicht verständlich, daß gelegentlich Larven gefunden werden, die bedeutend größer als junge, bereits vollentwickelte Salamander sind. Dies wird übrigens bei vielen Tieren be- obachtet, die ein Entwicklungsstadium im Wasser durchlaufen. Nun darf freilich nicht übersehen werden, daß es sich bei unseren Fundorten um Quellen gehandelt hat, die in relativ geringer Höhe lagen, also um Plätze, an denen wahrscheinlich während des ganzen Winters eine sehr gleichmäßige Temperatur herrscht (bei unserem Besuch 12,5°—13°C.), und wo es auch im Winter an Futtertieren für die Larven nicht ganz mangeln dürfte. Sollten die Tiere auch in größeren Höhen, bei 2000 m und mehr, mit Vorliebe unterirdische, mit Wasser angefüllte Höhlen oder wirkliche Quellen bewohnen, so würden ja dort ähnliche Verhältnisse vorliegen, wenn natürlich auch die Extreme noch stärker sein würden. Da ich aber jene hochgelegenen Fundorte nicht aus eigener Anschauung kennen gelernt habe, muß ich mich mit diesem kurzen Hinweis begnügen. Die Larven. So bleibt mir zum Schluß noch übrig, die Entwicklung der Larven des Kaukasussalamanders zu besprechen. Da aber die Dauer des Larvenstadiums nicht bekannt und über- haupt wohl ein sehr veränderlicher Faktor ist, muß ich mich auf eine Beschreibung der Larven in verschiedenen Größen und Entwicklungsstufen, so wie wir sie vorgefunden haben, be- schränken. Auf der beigefügten Tafel und auf S. 187 habe ich drei Larven, z. T. in ihren natürlichen Farben, vergrößert abgebildet und zwar Exemplare von 41, 59 und 89 mm Länge. Neben die kleinste der drei Larven des kaukasischen Salamanders habe ich eine genau gleich große Larve von Salamandra maculosa aus Grund im Harz in derselben Vergrößerung (?lı n. Gr.) gestellt, da ein Vergleich zwischen den Larven beider Arten von Interesse sein dürfte. Der Unterschied zwischen beiden ist ein sehr auf- * a TR fälliger: die Caucasia-Larve schlank und langgestreckt; die Maculosa-Larve plump und gedrungen, man könnte fast sagen „wohlbeleibt“. Salamandra caucasia (Waga),t) konserviert in Formol 1, Alkohol (95°/.) 50, Wasser 49. Sämtliche Maße in mm. © 5 R 8 SEI; | ze: N - 5 =, = o|ı 9 = = S > 558 “82:83 2539855 5223/3255: a |:1l3: 2 8l8 Se 88 2|8|E|8)5:E 8 ss 29355 .5| 235/125 :3|2383P-3%8 oO HIEBInıM MM ce|s ol> Alal< a 5366| 3 155 [65 | 90lı3 10 | 451 — | 7 lıs |2ı |-|6 | 1,38 554 5 163 70 | 93l1a 10 |5 | — 26 [7,5118 |21,51— 16,5] 1,33 555 3 165 [67 | 98l1a | 951 451 — da 7518 |20 I—-|6 | 146 5566| & 11941169 |Tesjlıa | 951 4,5 — 2 8 9522 |- 6 | — 564| Sg 172 69 103 15 10515 | — |2a 7519 [21 |—-|7 | 1,49 Bez 71 1101 15 |t0 |5 | — [a4.|7 117 jeostre | 148 565 2 1152 165 | 8713e|5 | — 7 551 | — 6 | 184 558|| juv. 1116 56 |oolıa ls la | — 2ı 5515 |ıs — 5 | 1,07 566 | juv. | 96,547,51 49 11 |8 4 | — lbo5la5l12 113 |— 45] 1,08 Br aaa |z7 Ad | — 18 Abus |— 4 | 116 568| juv. | 87 43535111 |7 1451 — ıs 45111 112 |—|4 | 1,00 569|| juv. 79 laı | s8lıo | 6,5 3,51 — |ı6 3510 11 |—|3,5| 0,92 559 ||Larve 89 2 | a7 11 7 4 |a 2 |—10 12 16 |—| 112 568 | Larve | [58] |36 [22] 10 | 65 451 3520 I-—9 1 7 |—| — 561lLarve 59 31|8|19 6 |3 3 5 |-— 7 | 8 155 — | 0,90 560||Larve 58 30 28/85 5513 |3 15 |-17 | 8 5 |\—| 0,93 567 |Larve| 56 81 |5 8 |6 | 351 25117 — 7 |8 |55 —| 081 563||Larve| 52 28 |9als 5 |3 |35115 || 65 755 |—| 0,86 562|Larve| 51 28 sales 5 3 |3 a I-6| 755 |—| 0,82 566||Larve| 46,526 20,5| 7,5| 5,5] 3,51 25115 |— 65 7 |5 |-| 0,9 565 |Larve 46 |25,5205| 751 553 13 Is |—16 |, 65/5 |—| 0,80 564 |Larve| 45 25 2017 |45|3 |2 135) 6 | 6,5145 —| 0,80 Kopfrumpflänge: Schnauzenspitze bis Afterspalt inkl.; Schwanz- länge exkl. Afterspalt; Kopflänge: Schnauzenspitze bis Oceipitale; Kopfbreite hinter den Augen gemessen; Rumpfumfang hinter den Vorderbeinen gemessen. In [] gesetzte Zahlen für Total- bezw. Schwanz- länge betreffen Exemplare mit unvollständigem Schwanz. Sämtliche Messungen sind von L. Lantz vorgenommen. !) Von unserer gemeinsamen Ausbeute. — 16 — Der Kopf ist sehr flach, ungefähr anderthalbmal so lang wie breit; die Kopfbreite nimmt von den Kiemenspalten bis zu den Augen nur ganz unbedeutend ab, so daß die seitlichen Kon- turen des Kopfes an dieser Stelle fast parallel verlaufen, um sich dann von den Augen nach der Schnauze zu abzurunden. Von der Seite gesehen flacht sich der Kopf von der größten Schädelhöhe an ganz allmählich nach vorn ab; das Stirnprofil bildet eine fast gerade Linie und ist nicht so kurz und abge- rundet wie bei der Maculosa-Larve. Die Kiemen sind relativ kurz. Die die Kiemenspalten rings um den Hals fortsetzende Kehlfalte bildet hier einen schwach nach vorn gerichteten Bogen, bei der Maculosa-Larve einen ziemlich spitzen Winkel. Bei den älteren Larven wird der Bogen noch gerader, um bei den er- wachsenen die fast gerade, ziemlich tiefe Kehlfalte zu bilden. Die Augen sind etwas kleiner als bei der Maculosa-Larve und scheinen sich verhältnismäßig langsam aus dem Schädel heraus- zuarbeiten (vergl. die verschiedenen Abbildungen). Dies ist nicht ohne Interesse, wenn man bedenkt, wie auffallend stark die Augen beim entwickelten Salamander hervortreten. Die Nasenlöcher stehen vorn am Schnauzenrande, von oben ge- rade noch sichtbar. Die Mundspalte zieht sich noch etwas hinter das Auge, was schon bei den kleinsten Larven deutlich zu sehen ist. Die Oberlippenlappen sind stark entwickelt und zuweilen etwas überhängend. Die Mundöffnung ist bei der kleinsten Larve noch sehr klein, ungefähr die Hälfte der Kopf- breite, bei der zweiten Larve schon drei Viertel derselben und bei der größten schon über die ganze Breite des Kopfes und seiteinwärts sich erstreckend. Eine V-förmige Vertiefung auf der Stirn, gleich hinter den Augen und mit der Spitze nach hinten gerichtet, ist bei den meisten Larven mehr oder weniger Tafelerklärung. Fig. 1. Salamandra caucasia (Waga), Larve von Artwin, Totallänge 41 mm, Formolspiritus-Präparat. (?/ı n. Gr.) Fig. 2. Salamandra maculosa Laur., Larve von Grund im Harz, Totallänge 41 mm, Formolspiritus-Präparat. (?/ı n. Gr.) Fig. 3. Salamandra caucasia (Waga), Larve von Artwin (Nr. 561 der Tabelle), Totallänge 59 mm, Formolspiritus-Präparat. (?/ı n. Gr.) Fig. 1—3, sowie die Textabbildung auf S. 187 sind nach Aquarellen des Verfassers reproduziert. 42. Ber. d. Senckenb. Naturf.Ges. ıg11. Zaf«2: 1 3/ın.Gr. 2 3/ı n.Gr. 3 ?/ın.Gr. — 1907 — deutlich erkennbar; bei den kleineren ist sie am tiefsten und geht direkt in die Rückenfalte über. Ein Hals ist nur bei den größeren Larven deutlich abgesetzt; bei den kleineren verlaufen die Konturen der Halsgegend von den Kiemenspalten bis über die Vordergliedmaßen hinaus ziemlich parallel. Der Rumpf, ungefähr zweieinhalbmal so lang wie der Kopf, ist sehr gestreckt und zeigt in seiner Mitte nicht — be- sonders bei den jüngeren Larven — die tonnenähnliche Ver- ‚diekung wie die „wohlbeleibte* Maculosa-Larve. Zwischen den Ansatzstellen der Gliedmaßen finden sich 12—13 Seitenfurchen; sie sind immer deutlich und zeigen nach oben nicht die starke, Salamandra caucasia (Waga), Larve von Artwin (No. 559 der Tabelle), Totallänge 89 mm, Formolspiritus-Präparat. (1!/3 n. Gr.) fast unvermittelte Abschwächung wie bei der Larve des euro- päischen Feuersalamanders. Die Rückenfalte ist ebenfalls bei allen Larven deutlich; sie beginnt etwa zwischen den Kiemen, wo sie auch am tiefsten ist, und wird nach hinten zu gewöhnlich seichter. Daß sie bei jungen Larven mit der V-förmigen Ver- tiefung auf der Stirn verbunden ist, wurde schon erwähnt. Die Gliedmaßen sind zierlich und von mittlerer Länge, die Finger und Zehen schon bei den kleinsten Larven gut entwickelt; sie sind zugespitzt und schon sehr früh mit krallen- artigen Endungen versehen. Von den vier Fingern ist der dritte am längsten; dann folgen der Länge nach der zweite, vierte und erste Finger. Von den fünf Zehen sind die dritte und vierte fast gleich lang; dann folgen die zweite, fünfte und erste Zehe. — 18 — Der Schwanz ist bei den jüngsten Larven ungefähr um ein Fünftel kürzer als die Kopfrumpflänge; er wird bei den älteren allmählich gleich lang wie diese oder länger, um bei den | erwachsenen Salamandern beinahe anderthalbmal so lang wie | der übrige Körper zu werden. Die Form des Schwanzes scheint in hohem Maße von der Geburtszeit der Larven abhängig zu sein. Bei den kleinen, im Frühjahr abgesetzten Individuen endigt er ziemlich spitz; bei den Herbst- oder Winterlarven, die schon längere Zeit im Wasser zugebracht haben, verläuft er viel gleichmäßiger und endigt sehr stumpf. In der Ent- wicklung des Flossensaumes am Schwanze zeigt sich nun der auffälligste Unterschied zwischen der Caucasia- und der Maculosa-Larve. Während bei letzterer der Flossensaum schon in der Mitte des Rückens ziemlich genau zwischen den vorderen und hinteren Gliedmaßen beginnt, nimmt er bei der Caucasia- Larve erst über der Ansatzstelle der hinteren Gliedmaßen seinen Anfang. Er ist auch nicht ganz so kräftig entwickelt wie bei der Maculosa-Larve; am Schwanzende ist er stark abgestumpft oder endet in einer kaum wahrnehmbaren Spitze. Allerdings ist die Art und Weise des Anfangens dieses Flossensaumes einem ziemlich großen Wechsel unterworfen. Bei einigen Larven ist die Rückenfalte nämlich kurz vor dem Anfang des Flossensaumes am tieisten (oder gleich tief wie an der Anfangsstelle); bei anderen hört sie etwa in der Mitte des Rückens fast ganz auf, und wieder bei anderen — z.B. bei der größten der abgebildeten Larven (S. 157) — bildet sich schon in der Mitte des Rückens in der Rückenfalte eine sehr niedrige Leiste, die erst zwischen den hinteren Gliedmaßen in einen deutlichen Flossensaum über- geht. Die Größe der Larven spielt hierbei keine Rolle; ob vielleicht das Geschlecht der Larve maßgebend ist, wird sich erst durch spätere Untersuchungen feststellen lassen. Phylogenetisch ist es von Interesse, daß der Rumpfteil des Flossensaumes der Maculosa-Larve auch bei einzelnen Caucasia-Larven rudimentär vorhanden ist. Die Färbung ist bei den jüngeren Exemplaren ein dunkles bis gelbes Braun; das Pigment ist sehr ungleichmäßig verteilt, der Flossensaum dunkel gefleckt, und auf dem Rücken verlaufen zwei Reihen mehr oder weniger deutlicher, hellerer Flecken. Bei den älteren Larven geht die Farbe mehr und mehr in das — 189 — Braunschwarz oder Schwarz der entwickelten Tiere über; die Flecken auf dem Rücken werden deutlicher und nehmen eine schmutzig-weißgelbe Farbe an. Die Bauchseite ist bei jüngeren Larven sehr hell, vorn fast weiß, bei den älteren etwas heller als der Rücken. Die Gliedmaßen tragen keine besondere Zeich- nung; oben haben sie dieselbe Farbe wie der Rücken, unten sind sie gleich hell oder etwas heller als die Bauchseite. Die Spitzen der Finger und Zehen sind fast durchweg gelbbraun gefärbt. In der Lebensweise unterscheiden sich die Larven in- sofern von den entwickelten Salamandern, als sie lange nicht so lichtscheu sind wie diese. Die von uns gefundenen Exemplare standen sowohl in dem tieferen Wasser des Troges wie zwischen den Steinen in dem rieselnden und seichten Wasser des Baches, das den steilen Abhang hinunter strömte. Wahrscheinlich sind sie mehr als die Alten von dem Insektenleben der freien Luft abhängig. Wie groß die Larven bei der Geburt sind, bleibt noch eine offene Frage. Es zeigte sich nämlich bei der Sektion der beiden einzigen erwachsenen Weibchen, die wir erbeutet haben (beide gingen in der Gefangenschaft bald ein), daß sie unbe- fruchtet waren. So ist auch eine Vermehrung unserer mitge- brachten, noch lebenden Salamander vorläufig ausgeschlossen, wenn es uns nicht gelingen sollte, weitere Weibchen aus dem Kaukasus zu erhalten, was uns, da wir die dortigen Verhält- nisse kennen, freilich sehr fraglich erscheinen muß. — 10 — Besprechungen. Neue Bücher. Ausstellung von Flugorganen der Tiere und Pflanzen. Veranstaltet durch die Senckenbergische Naturforschende (Gesellschaft, Frankfurt a. M. Von Dr. H. Merton-Heidel- berg. 228. mit 4 Abbildungen im Text. Sonderabdruck aus „Denkschrift der Ersten Internationalen Luftschiffahrt-Aus- stellung (Ila) zu Frankfurt a. M. 1909. Band II.“ Gr.-8°. Berlin (Julius Springer) 1911. Preis des Bandes broschiert M. 8.—. Gerade hatte Dr. Merton nach dem Tode Römers im Frühjahr 1909 vorübergehend die Leitung des Senckenbergischen Museums übernommen, so erwuchs ihm die Nebenaufgabe, für die Internationale Luftschiffahrt-Aus- stellung eine Schausammlung zu schaffen, die erkennen ließe, wie weit das Flugproblem bei Pflanzen und Tieren gelöst ist. Da die Zeit bis zur Eröffnung der „Ila“ äußerst kurz bemessen war und nahezu alle erforder- lichen Präparate, Abbildungen und Modelle neu angefertigt werden mußten, auch der zoologische Kustos damals in der Südsee weilte, ist das Ge- leistete, das in hohem Maße die Anerkennung der Fachleute gefunden und einen Hauptanziehungspunkt für das große Publikum auf der Ausstellung ge- bildet hat, um so anerkennenswerter gewesen. Nunmehr liegt ein ausführ- licher Bericht über diese interessante Sonderausstellung von Merton selbst verfaßt vor. Der Bericht beginnt mit der Beschreibung von Schwebevorrichtungen bei Früchten und Samen. Er zeigt, wie durch sehr geringe Größe bereits eine genügend wirksame Verzögerung des Sinkens von Blütenstaub und kleinsten Samen erreicht wird, und geht sodann zu den Fallschirmen mancher Früchte (Löwenzahn, Baumwollstaude, Pappel usw.) über. Ferner bespricht er die Rotationsfallschirme (Götterbaum, Esche, Ahorn usw.) und endlich die Gleitflieger ohne Motor (Bignonia echinata und Zamonnia javanica). Diese Körper sind bereits so vollkommen konstruiert, daß sie sich auch bei Windstille von der Abflugstelle in nahezu horizontaler Richtung fortbewegen, um in weiten Spiralen ganz allmählich zu Boden zu — 11 — sinken Alle Schwebevorrichtungen im Pflanzenreich führen nur zu passiver Fortbewegung und sind wie die Freiballons auf Luftströmungen angewiesen. Dabei sind sie sämtlich schwerer als Luft, so daß ihr absolutes Gewicht sehr gering bleiben muß. Auch im Tierreich gibt es noch Gleitflieger ohne Motor. Auf Bäumen lebende Tiere, wie manche Eidechsen, Frösche, Beutel- und Nagetiere, sind mit Hilfe von Flughäuten imstande, Gleitflige von Baum zu Baum auszuführen. Bei den fliegenden Fischen dagegen könnte bereits ein aktives Fliegen vorliegen. Wenigstens wurden bei den außerordentlich langen Sprüngen dieser Fische deutliche, rudernde Bewegungen der zum Flugorgan umge- bildeten Brustflossen beobachtet, die kaum durch die Einwirkung des Flug- windes allein zu erklären sind. Die Fledermäuse haben das Flugproblem vollkommener gelöst; immerhin können sie nur von einem erhöhten Standort aus mühelos abfliegen. Schon im Tertiär gab es Flattertiere, und noch weit früher, in Kreide und Jura, lebten die Flugsaurier, Kriechtiere, die zum Teil an Spannweite der Flugorgane die größten, heute lebenden Flieger um mehr als das Doppelte übertrafen. In dieser Periode der Erdgeschichte taucht auch die berühmte Archaeopteryx auf, die im Körperbau noch die Mitte zwischen Reptil und Vogel hält, aber bereits Federn besessen hat. Merton schließt hieran eine eingehende Besprechung des Baues der Federn unserer heutigen Vögel, sowie der unsymmetrischen, gewölbten Gestalt des Flügels, der beim Schlag einen kräftigen Zug nach vorn ausübt, wie an sinnreichen Modellen auf der Ausstellung gezeigt war, und hebt hervor, daß die Vögel beim Fliegen eine steife Körperhaltung annehmen („starres System“). Während Vögel mit geringer Segelgröße der Flügel und stark gewölbten Flugorganen (Rebhuhn) nur durch heftige Ruderschläge und für kurze Zeit sich vom Boden zu er- heben vermögen, sind die Vögel mit flachen, schmalen, aber sehr langen Flügeln zu einem ausdauernden Segelflug befähigt (Möve, Albatros). Die Flugleistungen solcher Vögel sind ganz gewaltig (Wanderflüge mancher Zug- vögel). Sind die Segler hauptsächlich den Windströmungen auf dem Meere angepaßt, so ist der Gleitflug der mit Vorliebe in großen Kreisen dahin- schwebenden Raubvögel besser für die Windverhältnisse auf dem Lande eingerichtet. Weiter wird der Abflug der Vögel vom Boden besprochen, die Verschiedenheit der Segelgrößen, der völlige Verlust des Flugvermögens bei einzelnen Arten (Pinguin, Kasuar) und Ähnliches. Die große Bedeutung der Schnellphotographie für die Klarlegung des Vogel- und Insektenfluges wird gewürdigt. Bei den Insekten, denen über die Hälfte aller bekannten Tierarten angehört, und die fast ausnahmslos zu fliegen vermögen, ist der Flugmecha- nismus in ganz anderer Weise konstruiert. Hier sind nicht Gehwerkzeuge zu Flügeln umgebaut, es gehen daher keine wichtigen Organe verloren; ja die Flügel sind vielfach in zwei Paaren vorhanden. Und während alle Vögel, gute und schlechte Flieger, den gleichen Flugapparat, allerdings in sehr variierender Ausführung, besitzen, verwenden die Insekten die allerverschie- densten Flugsysteme. Merton zeigt, wie die übergroßen Flügel vieler Schmetterlinge die Flugfähigkeit dieser Tiere keineswegs erhöhen; nur die Zahl der Flügelschläge wird mit zunehmender Größe der Flügel vermindert. Letztere haben an Stelle der hinteren Flügel oe B, Höhensteuerung in elegantester Weise bewirken. Auch sind v imstande, unter außerordentlich schnellen en - einem Punkte stillzuhalten (Schwebefliegen). gelungen ist, sich in die Luft zu erheben, sind schon bei den handen: en mit Motor stellen die en verwenden, wie die Federmotten und Blasenfüßer Daß es bereits in der 0 zeit fliegende Insekten gegeben hat, lehrt unter anderem die reiche Maar ne der im Bernstein eingeschlossenen Arten, und daß sich unter den fossile Insekten auch Tiere befanden, die die lebenden an Größe weit eg , troffen haben, zeigt beispielsweise der Fund einer Libelle (Meganeura) aus dem Jura, die eine Flügelspannung von etwa 70 cm besaß \ Merton bezieht sich bei der Besprechung all dieser interessanten Probleme auf die Schausammlung der Ausstellung, die vornehmlich duch seine rastlose Tätigkeit und nicht unbeträchtliche eigene Geldopfer zusammen- = gestellt worden war. Jedem, der in der „Ila‘“ diese schöne und am Er- 1 öffnungstage einzig fertige Sonderausstellung gesehen hat, wird der vorliegende, vornehm ausgestattete Bericht eine willkommene Erläuterungsschrift sein. Aber auch der Techniker, den das Flugproblem als solches interessiert, dürfte in Mertons Aufsatz beherzigenswerte Winke und Anregungen finden. Stellt doch z. B. ein ganz gewöhnlicher Schwimmkäfer (Dytiscus latissimus) ein vorzügliches Unterwasserboot dar, mit Rudern wie die modernen Ruder- boote; aber dieser Käfer kann sich auch auf dem Lande unschwer fortbewegen und nachts fliegt er weit umher, um neue Jagdgebiete aufzusuchen und die Art zu verbreiten. Und Ähnliches leisten mit durchaus anders gebauten Apparaten Wildenten und Kormorane. 4. Jassoy. „6rand Prix“ = E Söhränke, Ditrinen uf. - Weltausftellung Brüffel 1910. Prima Referenzen im In= und Auslande. a N ; : Berlin, Lulkensfrehe 45 N Frankfurt a. M., Neue Mäinzerstraße 2 London, St. Petersburg, New York, Chicago _ Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich. j ‚Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Main. Druck von Gebrüder Knauer in Frankfurt am Main. a, cdilum- Neufvilleanum (Harrisimumx w Igemeinen Angaben über die Orchideen- la gattung Paphiopedilum Pützer . . o Jassoy: Eine Frühlingsfahrt an die Österreichische Küste, BE und, in deren Hinterländer . RER 3 7 HAN sen. BERN BANN ER Neue Bücher I Re Elke an tee Nachdruck RER aperggik gestattet, Übersetzungsrecht vorbehalten Frankfurt am Main h Belletrering der Senokenbergischen Naturforschenden Gesellschaft 1911 Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M. 6.—. Preis des einzelnen Heftes M. 2.—. x 63 Fr; A ‘ Ey Anuß 4 #/ A A verschied. Typen lieferten wir x für das neue Museum der Senekenbergischen Naturforsch. Gesellschaft : in: Frankfurt a. M. 5% In Bezug auf Staubdichtheit, praktische Ausstattung, einfache Eleganz und musterhafte Ausführung sind unsere Schränke seit Jahrzehnten tonangebend und — obwohl vielfach kopiert — unerreicht. AUG. KÜHNSCHERF & SÖHNE, DRESDEN Erste und älteste Museumsschrank-Fabrik. — 19 — Aus der Schausammlung.. Chelone gwinneri n. Sp., eine Meeresschildkröte aus dem Rupelton von Flörsheim. Mit einer Abbildung. Die Schildkröten sind eine der eigenartigsten Ordnungen der Reptilien. Plattenförmige Hautverknöcherungen umschließen Bauch und Rücken mit einem Panzer, der bei den Meeres- bewohnern infolge vielfacher und großer Durchbrechungen einen leichten Bau zeigt, bei den Landschildkröten dagegen ein fest- gefügtes Gehäuse bildet, das nur für Kopf, Schwanz und Ex- tremitäten enge Öffnungen aufweist. Ganz wider Erwarten, aber mit großer Sicherheit haben nun die Funde des letzten Jahrzehnts gezeigt, daß die marinen Formen dieser so eigenartig spezialisierten Reptilien von Land- bewohnern abstammen, deren älteste Vertreter bereits in den Keuperschichten Süddeutschlands vorkommen. Während der Jura- und Kreidezeit waren indessen derartige - Schildkröten mit ge- schlossenem Panzer nicht mehr die einzigen; daneben lebten andere Formen (Thalassemydidae), die durch ihren leichten Panzerbau den heutigen Meeresschildkröten bereits sehr nahe stehen, durch die Ausbildung der Extremitäten und vor allem durch den Bau des Schädels aber doch die meisten Beziehungen zu den Landschildkröten zeigen’ In der oberen Kreide wird die Annäherung dieser Übergangsformen an die Meeresschild- kröten inniger, und im Tertiär finden sich endlich typische marine, mit den heutigen Gattungen Chelone und Thalassochelys identische Formen. Daneben sind im Tertiär auch die Landschildkröten (Cher- sidae) mit einer großen Mannigfaltigkeit der Arten vertreten; in den Hydrobien- und Corbiculaschichten, in den Cerithien- 13 LIBR A Ry NE Ww vY ) » K BOTAnIcaL GARDEN. | — 14 — schichten und im Meeressand des Mainzer Beckens finden sich nicht selten ihre Reste, die in A. von Reinach einen trefi- Chelone gwinneri Wegner, von oben gesehen. (!/s n. Gr.) Geschenk von A. von Gwinner. lichen Bearbeiter gefunden haben.!) Auch hornschildlose, nur !), A. von Reinach „Schildkrötenreste im Mainzer Tertiärbecken und in benachbarten, ungefähr gleichaltrigen Ablagerungen“. Mit 44 Tafeln. Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft, 28. Bd., Frankfurt a. M. 1900. — 15 — mit einer weichen Haut bedeckte Flußschildkröten (Trionychidae) belebten die ausgesüßten Gewässer und das küstennahe Gebiet von Weinheim. Der heute noch in Deutschland vertretenen Familie der Sumpfschildkröten (Emydidae) gehörten andere, in denselben Schichten aufgefundene Gattungen an. Ganz im Gegensatz zu diesem häufigen Vorkommen von Land- und Süßwasserschildkröten im Tertiär unserer Landschaft, deren Panzer bereits seit längerer Zeit eine Zierde der Frank- - furter Schausammlung bilden, sind die Funde tertiärer Meeres- schildkröten überhaupt selten, und zudem ist ihr Erhaltungs- zustand infolge leichteren Zerfalls des weniger fest gebauten Panzers gewöhnlich sehr dürftig und schlecht. Spärliche Schädel- oder Extremitätenbruchstücke und Panzerreste müssen in den meisten Fällen als Material genügen, um derartige Funde zu erkennen und in das System einzuordnen. Sind doch bisher in deutschen Tertiärablagerungen nur Bruchstücke eines großen Schädels bei Bünde in Westfalen und einige Oberschenkelfrag- mente bei Itzehoe in Schleswig gefunden worden. Um so bedeutsamer ist der Fund eines prachtvoll erhaltenen marinen Vertreters in den mitteloligozänen Rupeltonen von Flörsheim, einer Schildkröte, die mit der heutigen Gattung Chelone zu identifizieren ist. Der Wert dieses seltenen Fundes liegt nicht nur in der wissenschaftlich höchst interessanten Tatsache, daß hier der älteste Vertreter einer typischen Chelone vorliegt; er besteht vor allem auch in dem prächtigen Er- haltungszustand des Objektes und in einer Vollständigkeit der Reste, wie sie bei fossilen Schildkröten nur in den allerselten- sten Fällen gefunden wird, ja man darf wohl sagen, ihres- gleichen sucht. Die Erwerbung dieses einzigartigen Fossils bildet für das Senckenbergische Museum eine besonders wertvolle Ergänzung des vorhandenen reichen Materials an Schildkröten aus den Tertiärablagerungen des Mainzer Beckens; es verdankt sie wiederum seinem langjährigen Gönner A. von Gwinner in Berlin, zu dessen Ehren die neue Art „Uhelone gwinneri“ genannt worden ist. Th. Wegner - Münster i. W. 13? — 1% — Der Industriehafen im Frankfurter Osthafengebiet. Mit 11 Abbildungen und einem geologischen Längenprofil von Friedrich Kinkelin. Manchem Wandel unterlag das Bild der Landschaft, in deren Mitte ungefähr die heutige Stadt Frankfurt a. M. liegt, nachdem im Ost und West Gebirge sich erhoben hatten. Ein weiter Süßwassersee, auf dessen Sohle die Gebirgswässer mitgerissene Trümmer als größere Geschiebe, dann als Sand und Schlamm abgelagert hatten, erfüllte die zwischen Vorspessart und Taunus gelegene Gegend. Fremdartige Tiere — halb Krokodil, halb Salamander —, sogenannte Panzerlurche (Stegocephala), und -schmelzschuppige Fische bevölkerten den See. Vielerorts (bei Vilbel und Erbstadt) findet man in seinen Absätzen, die man wegen ihrer roten Farbe das „Rotliegende“ nennt, Stücke von Stämmen, die von dem zum größten Teil den Wald jener Zeit zusammensetzenden araukarienartigen Zapfenbäumen (Walchien) herrühren. Meist sind sie durch und durch verkieselt und daher außerordentlich erhaltungsfähig. Rotliegende Felsen sind oberflächlich z. B. in nächster Nähe des Osthafens (Kaiserlei) und am Rande der beiden Gebirge sichtbar. Viele Millionen Jahre sind seit dem Abfluß des Wassers, seit der Trockenlegung unserer Landschaft, hingegangen. Keine Spur der Vegetation, die sich auf ihr in dieser Zeit, die das ganze Mittelalter der Erde umfaßt, ausgebreitet hatte, keine Spur der Tierwelt, die unter dem Schatten dieser Wälder in mannigfaltigen Formen gelebt, hat sich erhalten. Von ihnen — 11° — können wir nur dadurch eine Vorstellung gewinnen, daß in anderen deutschen Landschaften Reste der damaligen Pflanzen- welt und Reste oder Spuren der tierischen Lebewelt sich er- halten haben. Die Wirkung der Atmosphärilien, die Einwirkung von Luft und Wasser, von Frost und Hitze, mögen wohl unsere Landschaft zu einer hügeligen gestaltet haben. Das Hochge- birge, zu dem auch Taunus und Vorspessart gehörten, war zum großen Teil abgetragen und so zu einer Hochfläche geworden. Während des ganzen Mittelalters der Erde, während der Trias-, Jura- und Kreideperiode, innerhalb welchen anderwärts in Deutschland 2000—3000 m mächtige Absätze von Sand, Kalk und Ton sich übereinander gehäuft hatten, hatte also das süd- westliche Deutschland trocken gelegen. Bald nach Beginn der Tertiärperiode — „bald“ in geo- logischem Sinn gedacht — sammelten sich in Vertiefungen der welligen Oberfläche dieses Hochlandes von neuem Süßwasser- seen, zuerst bei Buchsweiler, Umstadt u. a. O., später bei Brunstatt nahe Mülhausen. Nicht zu sehr wichen die Weich- tiere, die in jenen Seen gelebt und ihre Schalen in den Ab- sätzen hinterlassen haben, von denjenigen ab, die auch heute noch in Deutschland und im südöstlichen Europa leben. Zu- meist sind es Teller-, Sumpf- und Teichschnecken; manche sie begleitende Formen sind allerdings fremdartig. Ganz anderes eilt von den Säugern jener Periode, von denen übrigens nur Zähne erhalten geblieben sind. Von ihren Geschlechtern exi- stierten schon Hunderttausende von Jahren vor unserer Zeit keine Vertreter mehr. Eins derselben, das Propalaeotherium, ist wohl ein Verwandter der Ururahnen des Pferdes. Ein anderes Geschlecht, auch ein unpaarzehiges Huftier, das seinen Durst im Buchsweiler See gelöscht hat, ist ein Ahne der Tapire; Lophiodon hat es Cuvier genannt. Wie bei den Tapiren sind der Zahnkrone zwei unter sich parallellaufende, scharfkantige Querjoche aufgesetzt. In viel späterer Zeit hat sogar eine echte Tapirart, ein ziemlich kleines Tier, in unserer Landschaft gelebt. Seltsam: heute sind die beiden noch lebenden Gruppen von Tapiren weit getrennt; die eine lebt im indischen Gebiet, die andere an den Ufern der südamerikanischen Ströme. Also nur zwei Säugergeschlechter scheinen zur Eozänzeit an den Ufern des Buchsweiler Sees gelebt zu haben. Es ist — 18 — aber zu bedenken, daß es immer ein Zufall ist, wenn Teile von Landtieren in See- oder Meeresabsätze gelangen und sich so, in sie eingebettet, erhalten. Für den Geologen ist dies ein besonderer Glücksfall; es gehört aber außerdem noch dazu, daß ihm die Aufschlüsse dieser Absätze auch zugängig werden. Ein Blick auf die Karte von Deutschland läßt uns etwas Eigenartiges im südwestlichen Teil unseres Vaterlandes erkennen. Ein bis 40 km breites Tal zieht sich von Süd nach Nord zwischen den Gebirgen hin, die man die oberrheinischen nennt, in einer Erstreckung von ungefähr 280 km, von Basel bis Mainz. Wohl ist es uns bekannt, daß das fließende Wasser mittels der von ihm transportierten Trümmer — Gerölle und Sand — allmählich, aber unaufhaltsam sich Rinnen, tiefe Rinnen gräbt, in denen es sich bewegt, daß es auch seitlich sich Raum schafft und so sein Bett erweitert. Welch ungeheure Wassermasse müßte sich aber vom Nordfuß der Alpen — angenommen, daß die Alpen schon existiert hätten, was nicht der Fall war — nordwärts bewegt haben, um diese Rinne zwischen Schwarzwald und Vogesen, zwischen Odenwald und Hardt, Vorspessart und Taunus zu füllen! Ein anderer Vorgang gibt uns über die Bildung dieser in Breite und Länge außerordentlichen Rinne eine befriedigende Erklärung. Die Abkühlung der Erde im kalten Weltenraum führte zu Rissen und Spalten in der Erdrinde. Solche Risse entstanden in der Südnordrichtung in dem zu einer welligen Hochfläche gewordenen Gebirge, das die oberrheinischen Gebirge umfaßte. Dem Zug der Schwere folgend rutschte langsam — nicht in gleichem Tempo — die zwischen den Rissen, den Rheinspalten, liegende, langgestreckte Scholle tiefer und tiefer, so daß nun das Tal, trotzdem es mehrere hundert Meter tief mit tertiären und diluvialen Absätzen angefüllt ist, doch noch von den begleitenden Gebirgen bedeutend überragt wird. Seit Propalaeotherium und Lophiodon im späteren Rheintal gelebt hatten, waren wieder Tausende von Jahren verstrichen, als jene Senkungsbewegung begann, von der wir eben sprachen. Da trat — eine Folge derselben — von Süden, vom helvetischen Meer, gesalzenes Wasser zwischen die in der Folge mehr und mehr hervortretenden Gebirgshöhen in Ost und West ein, erreichte den Fuß des Taunus und drang nordöstlich durch die » —: 19 — Wetterau noch weiter, bis es sich mit dem norddeutschen Meer vereinte. Aus der langgestreckten Meeresbucht ist damit eine Meeresstraße geworden. Die Säugetiere, die sich damals in ziemlicher Zahl an den Flußmündungen herumtummelten und sich von Meertangen er- ‚ nährten, sind uns nicht mehr fremd; es sind die nächsten Vor- fahren der Seekühe (Dugong und Lamantin), die Halitherien. Zwei solcher Tiere bzw. ihre Skelette sind im Museum aufgestellt. Das eine fand seinen Tod nahe dem Ufer der rheinhessischen Porphyrberge aus der Zeit des Rotliegenden und wurde aus dem Sand von Flonheim gegraben,;, das andere lag im Innern der Meeresstraße, im Meereston von Flörsheim am Main. Mannig- faltig und zahlreich, besonders in der Nähe der Küste, sind Haie. Kleine, heringartige Fische (Meletten) und eigenartig gepanzerte, röhrenmäulige Fischechen (Amphisyle) mögen wohl ihre haupt- sächliche Nahrung gewesen sein. Von tropischem Gepräge ist die reiche Welt der Schnecken und Muscheln. So ist auch der Wald, der am südlichen Taunushang sich ausgebreitet hat, fast von tropischem Charakter, außerordentlich reich an mannig- faltigen, zumeist tropischen und subtropischen Bäumen. Mehr als 100 m unter dem Frankfurter Pegel mag ur- sprünglich die Sohle des Meeres gelegen haben. Der von den Gebirgen eingeschwemmte Schlamm machte allmählich das Meer seichter; eine Bohrung in Sachsenhausen hat die Mächtigkeit dieses Meerestones in Höhe von 140 m erwiesen. Wahrscheinlich sind es Hebungen in Nord und Süd gewesen, die die Meeres- straße zu einem abgeschlossenen Becken gemacht haben, das nicht allein infolge der Jahrtausende währenden Ein- schwemmungen seicht, sondern auch durch Zufluß vom Lande brackisch geworden ist. Da und dort wurden auch zeitweise aus dem brackischen Becken Süßwasserseen. Dies ist die Zeit, aus der die Massen gelblicher Sandsteine, grauer, lettiger Mergel und Braunkohlen stammen, die beim Bau des Industriehafens ausgeräumt worden sind. Es galt, eine west- östlich gestreckte Baugrube von 1260 m Länge, von 80 m mitt- lerer Breite!) und 9,6 m mittlerer Tiefe herzustellen. Der von !) Die Breite des ausgemauerten Hafens wird 60 m betragen. Die Oberkante der Kaimauer des Hafens liegt in 98,10 m über NN, der Stau- pegel in 92,10 m über NN, die Fundamentkante in 86,05 m über NN. — 200 — Philipp Holzmann & Cie. mittels Trockenbagger hierbei erzielte Erdaushub betrug ungefähr 800 000 cbm. Es ist nun eine all- bekannte Tatsache, daß während die Meere — und darum auch die Meeresabsätze — eine große Mannigfaltigkeit an Salzwasser bewohnenden Tieren der verschiedenen Klassen enthalten, die brackischen und auch die süßen Wasser, bzw. die in ihnen ab- gesetzten Massen, verhältnismäßig arm an Formen, dagegen außerordentlich reich an Individuen sind. Dies trifft auch für die Schichten zu, die hier in geringer Entfernung vom ehemaligen oberen Eingang in die Stadt schon in einer Tiefe von 5-6 m angeschnitten wurden, nachdem der hangende Aulehm und der jJungdiluviale Kies und Sand abgegraben waren. Verfolgen wir diese Schichten, wie sie das Alter gibt, wie sie die Aufeinander- folge von unten nach oben in der Osthafengrube gezeigt hat, so bekommen wir zuerst einen glimmerigen, stark mit Kalk verkitteten, lichtgrauen bis gelblichen, knauerigen Sandstein zu sehen, an dem besonders die zahlreichen Abdrücke von Blättern auffallen, die zum größten Teil von verschiedenen Zimtbaum- arten herrühren. Ein an Oinnamomum reicher Wald muß also damals das nahe Festland im Süden (Sprendlingen, Dreieichen- hain, Dietzenbach) geschmückt haben. Heute ist wohl der nörd- lichste dieser Bäume der auf Isola bella im Lago maggiore. Vom Wind herbeigetragen gelangten ehemals die Blätter in den Binnensee und nach dem Untersinken in dessen sandigen Absatz. Sogar bis Seckbach sind sie in beträchtlicher Menge verschwemmt worden. Der Geologe nennt ihr Lager „Schleichsandstein“; hierzulande führt er auch den Namen „Weinstein*. Die über dem Sandstein abgesetzten grauen Mergel (kalk- reiche Tone) bergen in manchen Lagen außerordentliche Mengen von Schnecken und Muscheln. Nach einer Muschel von drei- eckiger Gestalt, die besonders in Rheinhessen in großer Menge in Mergeln aus dieser Zeit eingebettet liegt, nach der Oyrena convexa, nennt man sie „Cyrenenmergel“. Hier war sie schwach vertreten, dagegen reichlich eine bauchigere, schöne Muschel von ziemlich kreisförmiger Gestalt, die O’ytherea incrassata (Fig. 1). Daß die Oytherea wirklich hier gelebt hat, also nicht etwa von auswärts verschwemmt ist, dafür liegt der Beweis in dem Fund zahlreicher geschlossener Schalen. An Menge wird die Cytherea noch von einer gar hübschen, turmförmigen x 2 ee Pe a En. — 201 — Schnecke übertroffen, deren Windungen mit perlartigen Knöpfchen in mehreren, zur Naht parallelen Reihen besetzt sind, von der perlengeschmückten Hornschnecke, Cerithium margaritaceum (Fig. 2), aber in noch höherem Maße von einer spitzkegel- la 1b 3 2b 2a Fig. 1. Cytherea incrassata; a von außen, b von innen. Fig. 2. Cerithium (Tympanotomus) margaritaceum; a mit zugekehrtem Mund, b von der anderen Seite gesehen. Fig. 3. Cerithium (Potamides) ‚plicatum pustulatum. (n. Gr.) förmigen, schlanken, verwandten Schnecke, dem Cerithium pli- catum pustulatum (Fig. 3). Seltsamerweise [zeigen sehr viele dieser letzteren Schalen in einer ihrer oberen Windungen eine kleine, kreisförmige Durchbohrung, die vielleicht von einem räuberischen Tiere herrührt. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß sie von einem Parasiten, der im Schneckenhause Schutz suchte, stammt. — 202 — Daß mit dem Vordringen des tertiären Meeres bis zum Südabhang des Taunus ungezählte Scharen von Fischen und darunter in großer Mannigfaltigkeit die räuberischen Haie ein- gewandert sind, dessen ist schon beiläufig gedacht worden. Besonders in den Strandabsätzen haben sie als Zeugen ihres Vorkommens ihre glänzenden, schmelzbedeckten, dreiseitigen Zähne hinterlassen, die in mehreren hintereinander liegenden Reihen den weiten Rachen bewehrten. Am häufigsten sind daselbst die Zähne von Lamniden-Gattungen, die dem heutigen Heringshai verwandt sind, vertreten; außer den selteneren, dam- brettsteinförmigen Wirbelkörpern sind sie die einzigen erhaltenen Reste dieser Knorpelfische. Ein paar Zähnchen von Lamniden- Gattungen aus dem Mergel des Osthafens zeigen, daß sich Haie auch im brackischen Wasser aufgehalten haben, allerdings in stark geminderter Zahl und Mannigfaltigkeit. Leider sind es sehr indifferente Zähnchen; sie mögen wohl zu Oxyrhina und Oxydaspis gehören. Reste anderer Fische, wie sie im Meereston sehr häufig sind, fehlen gänzlich im Öyrenenmergel. Während die oben genannten und andere schalenbildende Weichtiere hier angesiedelt gediehen, wurden in den brackischen Binnensee reichlich Pflanzenreste eingeschwemmt, die inzwischen zu mehr oder weniger guter Braunkohle geworden sind. Schade, die Mächtigkeit dieser Braunkohlenflöze erreicht kaum 1 m; auch keilen sie sich in verhältnismäßig kurzen Distanzen aus. Von erkennbaren Pflanzenresten sind fast nur die kleinen Früchte einer Wasserschere (Stratiotites websteri) zu finden, einer Pflanze, deren heutige Verwandten mit ihrem krie- chenden Wurzelstock, der schwertförmige Blätter trägt, im schlammigen Ufer von Teichen Norddeutschlands wachsen. So bot das Untermaintal zu damaliger Zeit das Bild einer mit reicher Vegetation bestandenen subtropischen Landschaft, in der größere Seen eingesenkt waren. Die Wandelung des brackischen Wassers in süßes tötete die brackische Tierwelt, und eine neue, ganz anders geartete siedelte sich nun an. In der hangenden, den Cyrenenmergel überlagernden Schicht, die als bräunliches, ziemlich schmales Band etwa 0,5 m stark das Hafenprofil durchzieht, liegen die Schalen der Süßwasserkonchylien in außerordentlicher Menge, aber zu meinem großen Schmerz in durchaus zertrüm- “ m — 28 — mertem Zustand. Ganz anderes hatte ich erwartet. Nur etwa 1 km östlich liegt der Offenbacher Hafen, dessen Baugrube vor ein paar Jahren ungefähr dieselbe Schichtenfolge gezeigt hat; aber wunderbar waren dort die Flußmuscheln (Unio flabellatus), die Teichschnecke (Limnaeus subpalustris) und Tellerschnecke (Planorbis cornu u. a.), die uns Zinndorf beschrieben hat, erhalten. Die kalkigen Schalen waren „verkiest“, d. h. in speis- gelbes, metallisch glänzendes Schwefeleisen gewandelt, ein Erhaltungszustand, wie er in unserem Gebiete einzig dasteht. Doch war auch dieses Geschenk der Natur nicht so, daß man nicht Weiteres hätte wünschen können: Wenn doch die Ver- kiesung nie durch Wasserkies, sondern stets durch Pyrit geschähe ! Das Schwefeleisen ist nämlich ein zweigestaltiges Mineral. Während der Pyrit von würfeliger Gestalt sich an der Luft gut erhält, wird der Wasserkies oder Markasit ziemlich schnell zu lichtgrünlichem Eisenvitriol oxydiert. Da liegt dann bald an Stelle des verkiesten, metallisch glänzenden Fossils ein Häufchen Eisenvitriol. Die Offenbacher Schalen mußten also vor der Luft geschützt werden, was durch Einlegen in eine sauerstof- freie Flüssigkeit (Petroleum) geschehen kann. Zumeist über- zogen wir sie mit einem schützenden Häutchen, etwa mit Schellack, was ihrer Schönheit freilich nicht eben zum Vorteil gereicht. Im mitteltertiären Süßwassersee oberhalb Frankfurts lebten also Geschlechter, wie sie heute im Main und in den Teichen unserer Gegend zahlreich sind, auch in großer Zahl. Es sind auch dieselben Geschlechter wie in den eozänen Seen des Rheintales, deren wir oben gedachten, aber lauter ver- schiedene Arten. Auch von der tierischen Bevölkerung höherer Organisation, die teils im See, teils in der den See umfassenden Landschaft lebte, sind uns in der Süßwasserschicht, aber hauptsächlich in der Braunkohle, Reste erhalten: Reste von Reptilien und Säugern. Unter den Kriechtieren herrschten die Schildkröten bedeutend vor, wahrscheinlich in drei bis vier Arten, unter denen das Geschlecht der Pleurodira, einer Lurchschildkröte, erkannt ist, ein Geschlecht, das bisher aus unserer Landschaft nicht bekannt war. Wie die Schalen der Schnecken und Muscheln in unzählige Trümmer zerdrückt sind, so erging es Fig. 4. Pleurodira sp.; Rückenschild. (!/s n. Gr.) Ein anderes Kriech- tier ist ein kleines Kro- kodil (Diplocynodon), von dem einzelne Zähn- chen und das Bruch- stück eines mit einem Zähnchen besetzten Un- terkiefers, ferner eine größere Zahl von Pan- zerplatten (Fig. 6) ge- funden wurden, die sich durch ihre grubige Oberfläche von denen der Schildkröten gut unterscheiden. Die Säugerwelt die- ser Zeit ist von ganz auch den Panzern der Schildkröten. Die vielen Trümmer zu natürlich unvoll- kommenen Rücken- und Bauchpanzern wieder zusammen - gefügt zu haben, danken wir der fin- digen Mühewaltung unseres Zinndorf und seiner Frau. Am besten gelang dies bei der kleinen Schildkröte, einer Pleurodira sp. nach Bestimmung von Dr. Wegner-Münster, die in Fig. 4 und 5 abgebildet ist. Fig. 5. Pleurodira sp.; Bauchschild. (!/s n. Gr.) — 205° — anderer Physiognomie als diejenige, die um den alttertiären See von Buchsweiler gelebt hat. Da sei vor allem unter den Huftieren eines mächtigen Paarzehers gedacht, dessen Geschlecht wie die der Buchsweiler auch längst völlig ausgestorben ist, des Kohlentieres (Anthracotherium seckbachense) des Untermaintales, das die Größe eines großen Ochsen erreichte. Schon nach den früheren Funden war uns seine Existenz in hiesiger Landschaft aus der Zeit des Absatzes der zu Braunkohle gewordenen Pflanzenreste im Osthafen-Süßwassersee bekannt. In den achtziger Jahren wurde nämlich in Seckbach, also etwa 2 km vom ÖOsthafen entfernt, nur für kurze Zeit ein Braun- kohlenwerk betrieben. Herr- liche Funde, die jetzt im Museum ausgestellt sind, wurden dort gemacht. Ne- ben Skeletteilen des Kohlen- tieres, u. a. einem Sprung- bein, fallen vor allem seine grotesken Zähne, besonders die des Oberkiefers, ins Auge. Fünfpyramidenförmige, hohe Höcker, von dickem Schmelz überdeckt, besetzten die ungefähr quadratisch gestaltete, große Krone (Fig. 7). Bewehrt waren beide Kiefer mit starken Eck- zähnen, wie sie Bär und Löwe besitzen, und mit schaufelförmig gestalteten Vorderzähnen, die an die der Schweine erinnern; alle ebenfalls von dickem Schmelz überzogen. So war das Anthraco- therium, mittels seines Gebisses befähigt, auch die dicksten Schalen und Panzer zu zerdrücken, um zum schmackhaften Innern zu gelangen, und gegen starkes Raubzeug sich zu ver- teidigen. Es war ihm gewachsen; war es doch selbst wie ein Räuber ausgestattet. Im Industriehafen ist freilich nur ein unbedeutender Rest von Anthracotherium gefunden worden: ein einziger pyramidenförmiger Höcker eines wenig abgekauten oberen Backenzahnes. Er würde aber vollständig genügen, das Vorkommen dieses Tieres zu erweisen, auch wenn uns die Seckbacher Reste nicht bekannt geworden wären. Während sich die mächtigen Anthrakotherien in den Morästen unserer Landschaft herumtrieben, lebten in ihr auch Fig. 6. Panzerplatten von Diplocynodon. (n. Gr.) — 206 — zierliche Paarzeher, geweihlose, allerdings nur entfernte Ver- wandte der heutigen Geweihträger, Mitglieder einer Familie, die noch der heutigen Lebewelt angehört: der Familie der Zwerg- hirsche (Tragulidae). Die ausgestorbene Art führt den wissen- schaftlichen Namen Lophiomeryx chalaniati (nach Schlosser). Von ihr wurde der schönste und wertvollste Rest aus der Braun- Fig. 7. Oberkieferbackenzahn von Anthracotherium seckbachense; a Ansicht der Kaufläche, b Seitenansicht. (?/s n. Gr.) kohlenschicht zutage gefördert, wertvoll, da wir durch ihn zum ersten Male von der Existenz von Zwerghirschen in der mitteltertiären Frankfurter Landschaft Kunde erhielten. Dieser Rest besteht in der nahezu vollkommenen Reihe oberer Backen- zähne,!) die durch die halbmondförmige Gestalt des Schmelzes den Wiederkäuer verraten (Fig. 8). Wie beim Moschustier be- sitzen auch beim Zwerghirsch die Männchen säbelartige obere Fig. 8. Die oberen Backenzähne von Lophiomeryx chalaniati ; a von oben, b von der Seite gesehen. (?/s n. Gr.) Ecekzähne. Weit entfernt vom Untermaintal — auf den Sunda- inseln und im westlichen Afrika — leben heute die Zwerg- hirsche. Mit diesen feingestellten Tierchen trieben sich zur Zeit, da sich zwischen Offenbach und Frankfurt ein Binnensee aus- !) Die Reihe besteht aus den drei Molaren und zwei Prämolaren; der vorderste Prämolar fehlt. — 27 — breitete, kleine, höchstwahrscheinlich ungehörnte Nashörner (Rhinoceros) herum; von ihnen fanden sich zwei lose untere Backenzähne und das Bruchstück eines rechten Unterkiefers, in dem ein Backenzahn steckt. Gut gekennzeichnet sind diese Fig. 9. Unterer Backenzahn von Rhinoceros minutum ; a Ansicht von innen, b von oben. (n. Gr.) Fig. 10. Unterer Backenzahn von Rhinoceros minutum ; a Ansicht von innen, b von oben. (n. Gr.) Fig. 11. Unterkieferstück mit einem Backenzahn von Rhinoceros minutum ; a Ansicht von oben, b von außen. (?/s n. Gr.) Zähne durch die der Krone aufgesetzten, sichelförmigen Quer- joche. Die Fundstücke (Fig. 9—11) werden wahrscheinlich dem kleinen Nashorn angehört haben, das unter dem Namen Rhinoceros minutum (Stehlin) auch anderwärts bekannt ist. Von " Geologisches Dangenprofl] durch den Frankfurter Osthafen an der Südseite des unteren Industriehafens. Längen = 1:3500, Höhen = 1:350. A I: IH N, Ah PNIITIIZ. HH RADIO DE arz - - - ME ee a A G Oberfläche über NN in m Mächtigkeit in m Alam 222.297 une an. 01,55 B: Kies und Sand (Diluvium) Burn. 2:06: Au. Be ee u, ,. 8,25--5,50 C-H: Abgetragenes Tertiär . . . 90 ‚9590, 70 C: Graue Mergel (kalkreiche Tone) und zwar: C oberhalb der Süßwasserschicht: oberer Be a . . , max..4,50 in der Mulde D,E: Süßwasserschicht, fossilreich . . Bee: etwa-0,50 : C zwischen Süßwasserschicht und Braunkohle: Cyrenenmergel tossillos . er 2:00 j F: Braunkohle, fossilreich . . ; ee a Bari 0,50 max. 7,00 C unterhalb der Braunkohle: Cyrenenmergel fossilreich . SE Rn 4) G: Schleichsandstein, fossilreich . . . ee. 2. 085 H: Meereston (Rupelton) ee er u: See. .=, unbekannt J: Kaimauer-Fundament . . 2 220 v2 22 "86,05 m über NN. — 209 — räuberischen Tieren ist uns nur ein minuziöses Tierchen durch Funde in den beiden benachbarten Hafenbaugruben (Offenbach und Frankfurt) bekannt geworden: ein Insektenfresser, eine Spitz- maus (Sorex kinkelini). Sie bestehen in schmalen, schaufelför- migen und spitz zulaufenden Schneidezähnchen, die von diesem Geschlechte stammen, das heutzutage noch in Deutschland lebt. Nur große Achtsamkeit konnte solche kleine, unscheinbare Reste im dunklen Lager entdecken. So nähert sich die Zusammensetzung der Säugetierwelt immer mehr der von heute, wenn auch noch einige Hundert- tausende von Jahren zwischen damals und jetzt liegen. Die Fauna der Tertiärschichten im Frankfurter Osthafen stellt eine Station auf diesem Wege der Wandelung dar. Ein intensives Suchen hätte wohl noch manchen wissenschaftlich wertvollen Zeugen der mitteltertiären Tierwelt zutage gefördert. Bevor wir noch kurz der jugendlichen Schichten gedenken, die über die geschilderten Tertiärablagerungen des Osthafens ausgebreitet sind, sei ein Blick auf deren Verlauf gerichtet. Da machen es besonders das Kohlenband und das bräunliche Süßwasserband, die sich durch das ganze Profil ziehen, deutlich, daß ein schwaches Einfallen auf ein schwaches Aufsteigen folgt und so fort, Mulde auf Sattel.) Ein Druck von Osten hat, da die plastischen tonigen Schichten im Westen an feste, wider- standsfähige Felsen (den Kalk des Röderberges) anstoßen, jene in diese Lage gebracht. Dieser Bewegung mag wohl auch die erwähnte Zertrümmerung der Konchylienschalen und Schild- krötenpanzer zuzuschreiben sein. Viele, viele Jahrtausende gingen darüber hin, bis die Ero- sion, nachdem sie die höheren Tertiärschichten im Nord und Süd des Untermaintales unterhalb Hanau durchsägt hatte, auf die oben beschriebenen Schichten von mitteltertiärem Alter stieß, und bis vom Main, der diese Sägearbeit getan und das weite Untermaintal geschaffen hat, auf dessen abgewaschener Fläche die jungdiluvialen Sande und Kiese aufgeschüttet wurden. !) Wie auf dem Profil bemerkt, sind die Höhenmaße um das Zehn- fache größer gezeichnet als die Längenmaße. Es geschah dies, um ein größeres Stück des Hafenprofils zur Darstellung bringen zu können. Dadurch tritt aber der wellige Verlauf der Schichten wesentlich stärker hervor, als er in Wirklichkeit ist. 14 REN.) ss Da lebten hier noch der Urochs, der Ahne einer lebenden Rinderrasse, und auch der Biber; besonders zahlreich wurden in den Kiesen Geweihreste vom Edelhirsch gefunden. Die Land- schaft war stark bewaldet, was wir eben aus den zuletzt ge- nannten Funden erkennen. Merkwürdigerweise waren Reste der Geweihträger in der gewaltigen Baugrube des Osthafens ziemlich selten, während sie z. B. beim Bau des so nahe ge- legenen Offenbacher Hafens und vor 25 Jahren bei dem des Westhafens in den Kiesen und Sanden zahlreich eingebettet lagen. Nicht selten sind hier auch Stücke verkieselter Holz- stämme, die aus den alten rotliegenden Sandsteinen stammen. Wie aus dem Funde von zahlreichen Einbäumen, die in den Sanden des Offenbacher Hafen lagen, zu schließen ist, haben die ältesten bekannten menschlichen Bewohner des Untermain- tales wohl Fischerei betrieben.') Das Oberste sind die zarten Absätze früherer Überschwem- mungen; aus dem Löß und dem oberflächlichen Verwitterungs- material im oberen Laufe des Mains stammend, hat sich der sog. „Aulehm“ in dem ruhigeren, fast zu einem See ausge- arbeiteten Fluß abgesetzt. In diese jungen Absätze haben sich die neolithischen Menschen ihre Wohnstätten eingegraben. Die im Östhafen gemachten Funde danken wir den Herren Ingenieur A. Askenasy, Dr. F.Drevermann, O. Emmerich, Dipl.-Ing. R.Hahn, Sammler Pausch, Oberaufseher Prochazki, Konservator Strunz. dahier und Baron E. Wolff in Bonn. Das Längenprofil aufzunehmen, hatte Herr Dipl.-Ing. R. Hahn die Gefälligkeit. !) Im historischen Museum sind zwei dieser von Zinndorf ge- schenkten Einbäume ausgestellt. — 2ll — Paphiopedilum Neufvilleanum (Harrisianum X Charlesworthii) nebst allgemeinen Angaben über die Orchideengattung Paphiopedilum Pfitzer. Mit einer Farbentafel und 2 Abbildungen von August Siebert. Neben einer reichhaltigen Sammlung eingeführter tropischer Orchideen beherbergt der Frankfurter Palmengarten eine große Anzahl künstlich gezüchteter Hybriden dieser Pflanzen- familie, teils erworben durch Kauf und Tausch, teils im Lauf der Jahre am Platz gezogen. Unter den im Garten entstandenen Orchideen-Hybriden nimmt Paphiopedilum Neufvilleanum seiner herrlich gefärbten Blumen und deren langer Haltbarkeit wegen eine der ersten Stellen ein. Aus der Kreuzung einer guten Varietät, des schon 1869 gezüchteten Paphiopedilum Harrisianum, als Samenträger mit dem 1893 aus Burma eingeführten P. Charlesworthiü Rolfe ist dieser hervorragende Bastard entstanden, der beim erstmaligen Blühen im Sommer 1898 seinen Namen zu Ehren des Herrn Kommerzienrates Robert de Neufville in Frankfurt a. M. erhalten hat. Die hervorragenden Eigenschaften der zu dieser Kreuzung dienenden Eltern vererbten sich, wie anzunehmen war, in der Hybride äußerst vorteilhaft. Das kräftige Wachstum und die sich stets gleichbleibende Blühwilligkeit waren Erbteile vom Samenträger, während die wundervolle Färbung der Charles- worthü-Blüte im Sämling gut zur Geltung gelangte. 14* — 212 — Paphiopedilum Neufvilleanum besitzt den kräftigen Habitus von P. Harrisianum, auch eine dieser Orchidee ähnliche Blatt- zeichnung. Die großen Blüten tragen sich frei auf straffen, langen Stielen; die obere Sepale, auch Fahne genannt, ist am Grunde bräunlich-grün mit einem metallischen Schimmer. Aus dieser Zone heraus verbreitet sich über den dunkelrosafarbenen Grund- ton, der nach dem Rande hin in Hellrosa verläuft, ein Netzwerk kräftiger Adern. Die übrigen Blütenteile erinnern in ihren Farbennuancen mehr oder weniger an eine Harrisianum-Blüte ; nur das helle Staminodium verrät wieder den Einfluß des Charlesworthü. Aus der umgekehrten Kreuzung — P. Charlesworthä 2 X Harrisianum 8 — ist in England eine Hybride gezüchtet worden, die sich unter dem Namen Bängleyense (auch rubens) in den Sammlungen befindet. Bei 30 weiteren Paphiopedilum- Kreu- zungen hat Charlesworthi ebenfalls als Samenträger gedient, und die große Mehrzahl der von ihm abstammenden Züchtungen be- sitzt schön gefärbte Blüten. Die Gattung Paphiopedilum Pfitzer, aus der unser P. Neuf- villeanum entstammt, ist mit ihren 50 Spezies die artenreichste des Tribus Oypripedilinae. Ihr Verbreitungsgebiet liegt im tro-., pischen Asien, von Vorderindien und dem Himalaja-Gebiet durch Siam bis nach dem südlichen China, woselbst noch das kleine P. purpuratum vorkommt, ferner auf den malaiischen Inseln von Sumatra bis zu den Philippinen. Einige Spezies kommen noch im nördlichen Teil von Neuguinea vor. Der heimatliche Standort der Paphiopedilen ist je nach den betreffenden Arten ein recht verschiedener, wenn auch die Mehrzahl terrestrisch wächst. P. concolor siedelt sich in schattigen Felslöchern an, in denen verrottende Pflanzenteile abgelagert sind; glanduliferum bevor- zugt gestürzte, faulende Baumstämme; insögne wächst auf moos- bedeckten Felsen; Zowii wird in den Astwinkeln hoher Bäume gefunden. Einige Arten (Godefroyae, philippinense) werden nur wenige Meter über dem Meeresspiegel angetroffen, während z. B. Druryi bei 2000 m gut gedeiht. Paphiopedilum ist durch einfächerigen Fruchtknoten und dachziegelartig angeordnete Knospenlage der Kelchblätter cha- rakterisiertt. Die Lage der bei manchen Arten schön mar- morierten Laubblätter ist eine zusammengefaltete. Der Blüten- 42. Ber. d. Senckenb. Naturf. Ges. TQIT. Taf. I11. Paphiopedilum Neufvilleanum (Harrisianum> Charlesworthit) aus dem Frankfurter Palmengarten. stengel ist entweder einblumig, oder er bringt mehrere, bei nur wenigen Arten viele Blumen hervor. Die Blüten sind duftlos, die fleischigen Wurzeln meistens von beträchtlicher Länge. Die Paphiopedilum-Arten sind immergrüne, bulbenlose Orchideen, die entsprechend ihrer sympodialen Wachstumsweise die älteren an ET Te nu 2 W, N Paphiopedilum Neufvilleanum (einzelne Blüte). a obere Sepale. b untere Sepalen. c Petalen. d Labellum. Triebe durch seitlich erscheinende ergänzen und öfters zu starken Exemplaren heranwachsen. In ihrem Aufbau weicht die Paphiopedilum-Blüte sehr er- heblich von den Blüten der meisten anderen Orchideen ab. Die beiden unteren Sepalen sind verwachsen; die obere Sepale ist meistens größer und schöner gefärbt als die unteren. Die Pe- talen, verhältnismäßig schmal, erreichen bei mehreren Arten — 24 — eine beträchtliche Länge. Das Labellum hat durch den auf- wärts umgebogenen Rand eine ausgeprägte Schuhform erhalten, was zu dem deutschen Namen der Pflanze „Frauenschuh“ ge- führt hat. Die beiden fertilen Antheren befinden sich seitlich an der kurzen Columne hinter dem Stigma; das schildförmige Stigma sitzt an der Unterseite der Columne, von den einge- buchteten Rändern des Labellums bedeckt. Selbstbestäubung ist bei einem solchen Blütenbau auch für diese Orchidee aus- geschlossen. Die wenigen Samenkapseln, die an importierten Paphiopedilen gefunden werden, sowie die ge- ringe Anzahl der existierenden Naturhybriden legen die Vermutung nahe, daß sich diese Pflanzen infolge spärlichen Vorhandenseins bestäubender Insekten hauptsächlich auf un- P. Neufvilleanum (Seitenansicht geschlechtlichem Wege erhalten. des Befruchtungs- Mit der Einführung einiger Paphio- apparates). pedilum-Arten sind interessante Umstände a eine der beiden yerknüpft; es sei in erster Linie an das fertilen Antheren. : Bommedum: geradezu berühmt gewordene P. Fairrieanum cStigma. dColumne. innert. Diese Spezies wurde erstmalig im Jahre 1857 in England blühend aus- gestellt, wo sich damals eine Anzahl Pflanzen in Kultur befand. Durch verkehrte Behandlung degenerierte dieser Be- stand; es gingen sämtliche Exemplare bis auf drei oder vier kümmerlich dahinvegetierende ein. Die Sammler waren eifrig auf der Suche, die schöne Sorte wieder aufzufinden; doch alle Mühe blieb vergebens, selbst die Aussetzung eines Finderlohns von 1000 £ brachte das verschollene P. Fairrieanum nicht wieder. Erst im Jahre 1905 kam die Nachricht von seiner Wiederentdeckung. Ein Engländer und der Handelsgärtner Chatterjee aus Kalkutta hatten die seltene Pflanze im west- lichen Teil von Bhotan im Tal des Torsa oder Amuchoflusses aufgefunden, und bald darauf trafen wieder größere Importe dieser Spezies in England ein. War P. Fairrieanum vor wenigen Jahren noch nicht für Gold erhältlich, so beträgt jetzt nach seiner Neueinführung der Preis für blühstarke Pflanzen bezeich- nenderweise nur noch 6—8 Mark. Eine andere, nicht minder berühmte Orchidee ist P. Stonei platytaenium. Diese Abart, die sich durch sehr breite und schön % — 215 — gefärbte Petalen von der Stammform unterscheidet, wurde 1863 in einem einzigen Exemplare unerkannt mit P. Stonei von Borneo eingeführt. Erst beim Blühen zeigte sich die hervorragende Schönheit der Pflanze; sie erzielte beim Verkauf 310 Guineen (6510 Mark), und bis heute ist noch für kein anderes Paphio- pedilum ein höherer Preis bezahlt worden. Das jetzt weitverbreitete P. superbiens stammt angeblich von nur zwei Pflanzen ab, die ein einziges Mal aufgefunden worden sind, und deren Heimat unbekannt geblieben ist. Die zuerst (1819) eingeführte Art war Paphiopedilum venustum, dem einige Monate später insigne folgte. Merkwürdiger- weise verstrichen von diesem Zeitpunkte an rund 20 Jahre, bis wieder eine andere Art, P. javanicum, ihren Weg in die Kulturen fand. Die letzte Neueinführung war P. Gratrixianum hort. Sander aus Annam im Jahre 1905. Überhaupt sind in den letzten Jahrzehnten nur verhältnismäßig wenig neue Paphio- pedilen zur Einführung gelangt, und es hat fast den Anschein, als ob die Zahl unentdeckter Arten keine allzu große mehr sein würde. In der Kultur erweisen sich die Paphiopedilen als die dankbarsten aller Orchideen; einige Spezies sind lohnende Liebhaberpflanzen für Zimmerzucht geworden. Je nach ihrem heimatlichen Vorkommen werden die verschiedenen Arten in Kulturhäusern bei 10—16° R. untergebracht, und es erfordert verhältnismäßig geringe Pflege, um sie zur Blüte zu bringen. Überaus leicht gelingt bei den meisten Paphiopedilen die ge- schlechtliche und ungeschlechtliche Vermehrung. Keine andere Orchidee ist so leicht aus Samen heranzuziehen; kaum eine andere blüht so schnell nach der Aussaat wie ein Paphiopedilum. Infolgedessen existiert denn auch gegenwärtig bereits eine Un- menge von Paphiopedilum-Hybriden. R. A. Rolfe und Ch. Hurst haben sich der Mühe unterzogen, sämtliche bis Ende 1907 künstlich gezogene Orchideen-Hybriden, soweit sie bekannt ge- worden sind, zusammenzustellen und in ihrem Orchid Stud Book zu veröffentlichen. Die Gattung Paphiopedilum steht hier mit 750 Hybriden an erster Stelle; dies sind fünfzehnmal so viel Bastarde wie echte Spezies. In jeder größeren Sammlung ist dem Züchter ein aus- gedehntes Operationsteld für Kreuzungen geboten; je mehr Spezies — 216 — und Hybriden vorhanden, desto vielseitiger kann die Kombination der Charaktere sich gestalten. Erfahrene Züchter werden aber auch hier nur zielbewußt solche Paphiopedilen miteinander kreuzen, die Aussicht auf eine gute oder bessere Nachkommen- schaft bieten. Leider wird hier nicht immer planmäßig ver- fahren, wie uns eine Menge unschöner Bastarde beweist. Es existieren bereits Paphiopedilum-Hybriden, die von fünf Spezies abstammen,!) und bei denen die Eigenschaften der Eltern mehr oder weniger ausgeprägt sind. Solche mit noch größerer Stammtafel sind sehr wohl denkbar, meines Wissens aber noch nicht registriert. Je mehr verschiedene Spezies und Hybriden aber durch Kreuzung vereinigt werden, desto mehr neigen die erhaltenen Kreuzungsprodukte zur Variation. Die erste künstlich gezogene Paphiopedilum-Hybride war Harrisianum; sie entstand aus villosum 2 und barbatum d und blühte zuerst im Jahre 1869. P. Harrisianum ist gegenwärtig weit in den Kulturen verbreitet und als reichblühende und starkwachsende Schnittorchidee beliebt. Ihre augenscheinlich hervorragenden Eigenschaften waren denn auch die Veranlassung, sie mit dem schönen P. Charlesworthi zu kreuzen, und das so gewonnene Produkt sehen wir auf der beigegebenen Farbentafel vorzüglich dargestellt. !) Stammtafel von Paphiopedium Kubele, einer Orchidee, die in sich fünf Spezies vereinigt. villosum 2 X barbatum & Harrisianum 2 X insigne Maulei & philippinense Roebelenii 2 X superbiens & Te mm ann m nn mn ne mn ne nn oenanthum superbum 2 x Youngianum & men nn nn nn — Kubele. Bi — 217 — Eine Frühlingsfahrt an die österreichische Küste und in deren Hinterländer. Mit 34 Abbildungen !) von August Jassoy. Der Isonzo, dessen Flußtal die Salzburg-Triester Bahn- linie nach Durchbrechung des südlichsten Alpenriegels längere Zeit folgt, umspült in seinem Unterlauf, etwa von Gradisca' bis Monfalcone, die nördlichsten Ausläufer eines reichlich 100 km breiten Faltengebirges aus vorwiegend mesozoischen Schichten, das längs des Adriatischen Meeres von Nordwest nach Südost streicht, und das auf seinem langen Lauf eine große Zahl von Benennungen erhalten hat. Der größte Teil dieses Gebirges besteht aus blendend weißer Rudistenkreide, der nahe der Küste hie und da eozäne, gelbliche Flyschstreifen und grauweißer Nummulitenkalk nebst rotem Schwemmland (Terra rossa), dem eisenhaltigen Auslaugungsprodukt der Kreidefelsen, vorgelagert sind. Ein Teil ist auch in das Meer abgesunken, und nur die Erhebungen ragen noch als Inseln und Riffe empor, während die Senkungen zu Fjorden, Buchten und Binnenseen geworden sind. Das ganze Kreidegebirge zeichnet sich durch eine äußerst starke Zerknitterung seiner Schichten aus. Sein klüftiges, leicht lösliches Gestein erlaubt ein rasches Eindringen des Regen- wassers in die tiefer gelegenen Schichten, in denen es unterirdisch durch Höhlen und Spalten dem Meere oder besonders tief ge- legenen Mulden zufließt, um erst dort aus Grotten und Spei- !) Die mit * bezeichneten Abbildungen sind Originalaufnahmen des Wiener botanischen Institutes aus dem „Führer zu den wissenschaftlichen Exkursionen beim 2. internationalen botanischen Kongreß“. * Lagunen bei Grado. Vorn Strandnelken (Statice-Art). Patzelt phot * Dünen bei Grado. Vorn Strandmannstreu (Eryngium maritimum). Patzelt phot. Te Ve * Felsige Küste bei Lovrana. Vorn Keuschbaum und Mannaesche. Ginzberger phot. Karstheide bei Divaca (etwa 400 m). Rechts Nieswurz (Helleborus multifidus). — 20 — löchern in Gestalt starker Bäche wieder zutage zu treten. Durch die ungleichmäßige Auslaugung der welligen Oberfläche, sowie durch den Einsturz unterirdischer Höhlen entstanden auf dem Plateau zahlreiche trichterförmige Gruben mit flachem oder steilem Rande von manchmal recht ansehnlichem Umfang und entsprechend tiefer Absenkung (sog. Dolinen), die in ihrem wind- geschützten, feuchten und humusreichen Grunde zum Anbau von Kulturpflanzen benutzt werden. Große und tieigelegene Mulden füllen sich, zumal wenn ihr Boden etwas weniger durchlässig ist, zur Regenzeit mit Wasser an; aber diese Winterseen oder „Felder“ (= Poljen) trocknen wieder aus, sobald der Zulauf nach- läßt, und nur an vereinzelten Stellen kommt es zur Al von Flußtälern wie bei anderen Gebirgen. Poljen und .Dolinen, Grotten, Höhlen und unterirdische Flußläufe, sowie mächtige Schlundquellen oder erst untermeerig aufsprudelndes Süßwasser sind ein Hauptcharakteristikum dieses Gebirgslandes, das je nach der Gegend, die es durchzieht, als Cicenboden, Velebit, Dinarische Alpen, Orjen- und Lovcengruppe usw. bezeichnet wird, dem aber nach seinem nördlichsten Aus- läufer bei Triest auch der gemeinsame Name „Karst“ gegeben worden ist. Trotz des geschilderten Mangels an oberflächlich fließenden Gewässern könnte das Gebirge sehr vegetationsreich sein, wie vereinzelte, prächtige Wälder, Parkanlagen und Gärten zur Genüge dartun. Der Rudistenkalk ist ja der Auslaugung, der eozäne Flysch der Verwitterung gut zugänglich; Sonnen- schein herrscht das ganze Jahr hindurch, und wenigstens in den kälteren Monaten fällt reichlicher, fast überreichlicher Regen oder Schnee. Wenn nichtsdestoweniger das Bergland auf weite Strecken völlig „verkarstet“ ist, so trägt die Hauptschuld hieran eine rücksichtslose Zerstörung der Wälder bereits im Altertum wie namentlich durch die Venetianer, die sich hier jahraus, jahrein Schiffsbanholz, eichene Pfahlroste für die Fundamente ihrer Häuser, Holzkohle zum Heizen und Kienspäne zum Be- leuchten holten, ohne jemals Jungwald anzupflanzen. Die natür- liche Wiederaufforstung aus den im Boden gebliebenen Stümpfen wurde aber verhindert durch den unheilvollen Weidebetrieb, der noch heute andauert, wenn ihm auch die Regierung mit allen Mitteln entgegenzuarbeiten sucht. Kühe, Ziegen und Schafe äsen fast ausschließlich im Walde, da andere Futterpflanzen fehlen, — 21 — und zertreten und zernagen die Wurzeltriebe, deren Geflecht die lockere Verwitterungskruste zusammengehalten hatte. Durch Regen und Sturmwind wird sie hinweggetragen, wenigstensan allen steileren Hängen, so daß schließlich nur noch die nackte, völlig vegetationslose Felswand übrig bleibt: Berge, wie aus Zigarren- asche aufgebaut, von unnennbar trostlosem Aussehen. Sehr große Gebiete sind bereits dieser Verkarstung, die nur die Dolinen und Poljen verschont, anheimgefallen, und es wird jahrhundertelanger - Arbeit und großer Geldaufwendungen bedürfen, um solche Strecken wieder aufzuforsten, falls dies überhaupt noch gelingen sollte. Eine schwere Plage der ganzen Küste ist ein plötzlich und in heftigen Stößen wehender, eisiger Nordost, die berüch- tigte „Bora“, die durch den Temperaturkontrast zwischen dem flachen und warmen Meeresbecken der Adria und den kalten, kahlen Hochländern hervorgebracht wird. Wütet auch die Bora besonders an den istrischen und kroatischen, also den nördlicheren und sanfter sich absenkenden Küstenstrichen, sie ist Dalmatien, der Herzegowina und Montenegro nicht fremd. Im vergangenen Frühjahre (1910) brachte sie es fertig, bei Triest einen beladenen Eisenbahnzug umzublasen und im Hafen große Dampfer von den Ankertauen zu reißen. Anschaulich sieht man an zerzausten Krüppeleichen in den ungeschützteren Buschwäldern des Sturmes verheerende Kraft. Schon bei ganz gelinden Stößen wirbelt er zu Triest den nicht geringen Hafenschmutz in haushohen Wolken durch die Straßen, und bei starkem Einsetzen müssen an gefährdeten Ecken Seile gespannt werden, damit die Passan- ten von der Bora nicht ins Meer geschleudert werden. Andere Gebiete — es sind dies gerade die hochfruchtbaren Flußmündungen und Poljen —- leiden unter der Malaria, die an der Narenta zum Beispiel bis nach Mostar, der sonndurchglühten Hauptstadt der Herzegowina, endemisch ist und das dauernde Bewohnen so mancher schön gelegenen Gegenden vereitelt oder wenigstens sehr gesundheitsschädlich macht. Ganz wie in der römischen Campagna flüchtet an solchen Orten der Landmann vor Sonnenuntergang in sein Haus und versieht Fenster, Türen und Betten mit dichten Moskitonetzen. So ist das Land beschaffen, dem wir, meine Frau und ich, im April 1910 mit der Tauernbahn, einem der neuen Wunder- werke des alten Österreich, zudampften. Der Globetrotter kann * Kulturdoline. In ihrem Grunde Gemüsezucht und Obstbäume Ginzberger phot. * Bewaldete Steilwanddoline der Höhlen von St. Canzian. Ginzberger phot. * Macchia bei Rovigno. Erdbeerbaum, Pistazien, Steinlinden. Ginzberger phot. * Macchia bei Rovigno. Besenstrauch (Spartium junceum). Kraskovits phot. — 24 — die Bahnstrecke von Frankfurt bis Triest schon in 21 Stunden zurücklegen und sodann mit einem Eilschiff des Österreichischen Lloyd eine Küstenfahrt bis Cattaro und zurück in zweimal 24 Stunden „abmachen“, wobei er freilich einen großen Teil der Landschaft nur bei Nacht zu sehen bekommt. Wir zogen dagegen vor, weit mehr Zeit auf die Reise zu verwenden, trotz der schlechten Verbindung vieler Orte durch kleine, unsaubere Küsten-Warendampfer, trotz des spärlichen und langsamen Bahnverkehrs auf überfüllten Zügen und des Mangels an besseren Gasthäusern im Binnenlande, sowie des bedauerlichen Fehlens guter Badegelegenheiten an den blendend weißen Steilküsten Dalmatiens. Dem Zauber der Mittelmeerflora — freilich einer durch gärt- nerische Kunst veredelten, wenn man will, verfälschten Flora — gaben wir uns zunächst im Parke von Schloß Miramar hin, das einstmals der unglückliche Kaiser Max von Mexiko bewohnt hat. Außerdem bot uns dieser Park und die Straße zu ihm einen un- vergleichlich großartigen Rundblick auf das tiefblaue, von zahl- reichen Fischerbarken belebte Meer, auf die Lagunenküste gegen Grado und Aquileia, die schneebedeckten Julischen Alpen, die wir vor kurzem durchquert hatten, auf die steilen Flyschberge hinter Triest, an die sich die Stadt überaus malerisch anlehnt, und auf die istrische Küste bis Isola und Pirano, die der Karst überragt. Am meisten interessierte es uns aber, den Spuren der Römer- herrschaft zu folgen, die hier oft in reicherer Fülle als selbst in Italien, Südfrankreich und Nordafrika zutage treten. Hat doch für manche dieser Landschaften die römische Kaiserzeit den an sich zwar bescheidenen, vorher wie nachher aber nie wieder erreichten Höhepunkt guter Verwaltung und Kultur bezeichnet. So fuhren wir zu dem 50 km westlich von Triest hart an der italienischen Grenze gelegenen Aquileia, einer von den Hunnen entvölkerten römischen Großstadt, deren Mauerreste später die Venetianer bis auf den Grund abgebrochen haben, um die Werk- stücke zum Bau von Palästen, Festungswerken und Hafendämmen zu verwenden, während sie aus edlen, unersetzlichen Marmor- statuen ihren Mörtel brannten. Einst sperrte Aquileia in ge- waltiger Ausdehnung die Mündungslagune des Isonzo, während das heutige Dörfchen etwa zwei Stunden vom Meere und dem schutterfüllten, breiten Flußbett entfernt in einer einförmigen, —_— 25 — künstlich bepflanzten Ebene des Friaulgaues liegt, die sich in nichts von der bekannten Kultursteppe Oberitaliens unterscheidet: allerorts Getreide-, namentlich Reisfelder, umrahmt von recht- winkelig sich schneidenden Dämmen und Berieselungsgräben und umpflanzt mit stark geschnittenen Weiden, Ulmen oder Maulbeerbäumen, an denen von Stamm zu Stamm Reben gezogen werden. Nur am nahen Badestrand von Grado-Rotta ist noch ursprüngliche Flora vorhanden. Hier kann man sowohl die 'Salzsumpfgewächse der Lagunen, wie die zwar dünn gesäte, aber artenreiche Pflanzenwelt der Sanddünen studieren, seltenes See- gras fischen und bei „Belvedere“ den schönen Pinienhain photo- graphieren (einen der letzten Überreste früher ausgedehnter Pinienwälder), der nur bei Ravenna seinesgleichen hat. Aquileia, die stolze Vorgängerin des meerbeherrschenden Venedig, ein Lieblingsaufenthalt des kunstsinnigen Augustus, der von hier aus’ die Donauländer unterwarf, hatte seit phöni- zischer Zeit eine der heutigen venetianischen schon sehr ähn- liche, hochentwickelte Kunstglasindustrie, deren gut geordnete Überbleibsel in dem schönen Museum des Dörfchens zu längerem Betrachten einladen. Gleichzeitig war Aquileia ein wichtiges Emporium des Bernsteinhandels; lange bevor man wußte, wo der so heiß begehrte Stoff gefunden wurde, ist er durch den Verkehr von Volk zu Volk, vermutlich gegen Glasperlen aus Aquileia gehandelt, hierher gekommen, ähnlich wie heutzutage Elfenbein und Kautschuk eingetauscht werden. Ein Ausflug nach Divaca und zu den berühmten Grotten von S. Canzian brachte uns mitten in den Karst mit seinen Trichtern und seiner eigenartigen Vegetation. Sehr interessant war auch die Umkehrung der „Pflanzenregionen“ beim Hinab- steigen in die tiefe, schattige und feuchte Steilwanddoline, um zu den Eingängen der gigantischen Höhlen des unterirdischen Flusses zu gelangen. Sie dienen heute zahlreichen Felsentauben und Fledermäusen als Schlupfwinkel; früher sind sie aber auch von Menschen aufgesucht worden, wie aus den im Höhlenlehm in scharf getrennten Schichten aufgefundenen Topfscherben aus der Steinzeit und Römerperiode geschlossen werden muß. Bei der Rückkehr verließen wir in Opeina die Bahn, um zu Fuß über die letzten, floristisch sehr interessanten Karstwellen bis zum „Obelisken“ und dann durch Heide, Buschwald und Auf- 15 * Hain von Ölbäumen bei Dignano. Patzelt phot. * Steinlinde (= wilder Ölbaum) auf dem Hutovo blato. Arndt phot. — 27 — forstungen mit Schwarzkiefern hinab zu dem tief zu unseren Füßen überwältigend schön ausgestreckten Triest zu pilgern. * Hochwald von Aleppokiefern auf der Insel Meleda. v. Savorgnani phot. Der „Borino“, ein milder, sommerlicher Ableger der Bora, pfilf dazu die immerhin ganz kräftige Melodie. 15* — 283 — Noch tiefer in den Karst führte uns die Überlandfahrt nach Pola, bei der wir das Gebirgsland des Cicenbodens querten. Die einst hoch aufragenden Waldungen dieses ehemaligen Räuber- gebietes sind von den halbwilden slavischen Hirtenstämmen trotz drakonischer Gesetzeshandhabung immer wieder aufs neue niedergebrannt worden, um armselige Viehweiden zu gewinnen. So bestehen sie heute nur noch aus niedrigen Eichen (Quercus lanuginosa u. Cerris), durchmischt mit Mannaeschen (Fraxinus Ornus), Hopfenbuchen (Ostrya carpinifolia) und Weichselkirschen. Sie sind durchwuchert von Efeu und Waldrebe, von winter- grünen Kletterrosen, Geißblatt, Schneeball, Wacholder und Judendorn (Paliurus aculeatus). Näher der Küste setzt sich der immergrüne Buschwald aus Myrte, Erdbeerbaum, Lorbeer, Steineiche und Meerstrandkiefer zusammen. Selten ist die Pinie; in den höchsten Lagen kommt auch die Buche vor. Belebt wird der Wald von zahlreichen Singvögeln, die hier besseren Schutz genießen als in Italien. Meist ist freilich an die Stelle der einstigen Wälder felsiges, dürftiges Heideland, wenn nicht gar völlige Vegetationslosigkeit, getreten. Die vierschrötigen Bauern, Cicen und Morlaken (= Wa- lachen ?) mit Slovenen untermischt, stehen auch heute noch auf sehr tiefem Kulturzustand. Ihre Sprache soll teilweise ein romanisiertes Illyrisch sein, jedoch stark mit slavischen Wörtern durchsetzt. Nur die Küstenstädte — und das Gleiche gilt für Dalmatien — beher- bergen Nachkommen römischer Bevölkerungselemente und haben an der Kunstblüte des Mittelalters und der Renaissance Anteil ge- nommen. Die vielhundertjährige deutsche Herrschaft hat bloß malerische Trümmer längst zerfallener Schlösser hinterlassen. In Pola, dem schön gelegenen österreichischen Kriegshafen, kann man an dem herrlichen „Kaiserwald“ erkennen, daß bei sorgfältiger Pflege in diesem fruchtbaren, regenreichen Lande überall ausgedehnte, sehenswerte Forste sein könnten. Groß- artige Bauwerke aus der Römerzeit zieren das österreichische Nimes. Aber nicht nur über der Erde finden sich die Riesen- werke einer der christlichen Askese und dem Einbruch roher Barbaren zum Opfer gefallenen Kultur. Überall im Boden stecken die Fundamente der Landgüter, Bäder und Fabriken der Römer, die hier wie im nahen Visazze, der einstigen Haupt- stadt Nesactium, die sich erst nach einem wahren Heldenkampfe Er nr EB = — 29 — 177 v. Chr. den Römern ergeben hat, gewohnt und gewirkt haben. Das Gleiche gilt für zahlreiche andere Küstenplätze und für die malerischen Brionischen Inseln, die jahrhunderte- lang nur als Steinbrüche und kümmerliche Weiden Verwendung gefunden haben, während sie zur Zeit der Castellierikultur und der Römer reichen Anbau trugen. Erst neuerdings ist Brioni grande von Robert Koch malariafrei gemacht und der Kultur durch den tatkräftigen Besitzer Kupelwieser zurückerobert worden. Die Seefahrt von Pola nach der dalmatinischen Küste gehört, sobald erst der unruhige Quarnero passiert ist, gewiß zu den angenehmsten Seereisen, die sich machen lassen. Man fährt fast immer zwischen langgestreckten Inseln oder zwischen ihnen und der Küste hindurch, so daß nicht nur die reichste Abwechslung geboten ist, sondern auch Meeresstille und glück- liche Fahrt die Regel bilden. Kreischend ziehen Sturm- und Lachmöven — selbst die südliche Silbermöve ist im Sommer nicht selten — neben dem Dampfer her, und lustig springen Delphine, die in Schwärmen die Schiffe begleiten, aus der azur- blauen Flut. Fischerboote folgen den Sardellen, nachts eine große Kienspanlaterne am Bug tragend, um ganze Fischschwärme ins Netz zu locken. Andere Barken (Leuto) jagen die gewaltigen Thunfische unter Führung eines „Kapitäns“, der vom Schnabel (Rostro) aus die Fische beobachtet, oder gehen auf den Fang der besser schmeckenden Boniten (Palamis sarda) aus. Leute aus der Gegend von Sebenico betreiben ausschließlich die be- rühmte dalmatinische Schwammfischerei und brechen die seltene Edelkoralle vom Grunde los; dagegen hat die im Altertum so hoch geschätzte Purpurschnecke (Murex brandaris) jetzt Ruhe; ihr kostspieliger, trübviolettblauer Farbstoff ist durch weit billigere Indigoderivate ersetzt und überholt. Auf Inseln, Riffen und vorspringenden Küstenpunkten liegen oft allzuhoch auf- gemauerte Forts oder ragen Maste für die drahtlose Telegraphie empor. Große, jedoch anscheinend etwas altmodische Panzer- schiffie und flinke Torpedoboote ziehen, dunkle Rauchwolken ausstoßend, in schnurgeraden Reihen dahin, und plötzlich taucht dicht neben unserem Schiff ein Unterseeboot auf, das irgend- eine der zahlreichen Buchten zu verteidigen hat. Kurz, alles erinnert daran, daß Österreich scharfe Grenzwacht an dieser seiner einzigen Wasserkante hält. Vegetation fast nur am Flußufer. Kerkafälle bei Scardona. "Joyd 19310gZurm) 'OUATS-ITAONTOT T9Q "uojeg Toq sSossnpaopef sop Syfonbpunyag (nsowbnum snaı4onl)) PIeMYTY WI UIOPUOPNf % —_ 232 — Die Vegetation nahe dem Strande besteht hauptsächlich aus der Macchia, d.h. aus immergrünem Buschwald, in dem neben der stachelblättrigen, sog. Steineiche (Quercus Dex) die baumförmige Heide (Erica arborea), die Myrte, die Pistazie, der Erdbeerbaum (Arbutus Unedo), die Steinlinde oder der wilde Ölbaum (Phillyrea media) und verschiedene Wacholderarten (Ju- niperus phoenicea, Oxycedrus, macrocarpa) vorherrschen, unter- mischt mit Mäusedorn (Ruscus aculeatus), Stechwinde (Smilax aspera), Zaunrübe (Tamus communis) und einer Art Besen- strauch (Spartium junceum). Seltener ist der Zürgelbaum (Celtis australis), vielleicht der Lotos der Lotophagen. Andernorts trifft man Gestrüppe von Judendorn und an steileren Hängen der Trockenheit angepaßte, graufilzige Halbsträucher und Kräuter, so namentlich stark duftende Labiaten, Nelken, Rauten, Zistrosen, Schmetterlingsblüter und Kompositen. Üppige Fluren mit Lilien und Schwertlilien, Narzissen und Orchideen, Krokus- und Aspho- dillarten schützen sich durch tief versenkte Zwiebeln und Wurzel- stöcke gegen die Austrocknung, Robinien und Tamarisken, die sandige Stellen bevorzugen, durch kleine Blätter oder das fast völlige Fehlen der Blattspreite. Angepflanzt werden Götter- bäume, Pinien und Steineichen, namentlich aber Schwarz- und Aleppokiefern, in hohen Lagen auch Pinus brutia, die Pyrenäen- kiefer. Hie und da sind noch alte Kiefernbäume vorhanden, die äußerst malerisch durch ihren unregelmäßigen Wuchs und die rote, borkige Rinde wirken. Vereinzelte, sichtlich sorg- sam gepflegte Dattelpalmen in Kloster- und Hotelgärten können uns weniger imponieren, zumal ihre Früchte nicht reifen. Eine ganz falsche Note in das Bild bringen die amerikanischen Agaven und Opuntien, die freilich heutzutage so unzertrennbar zu dem Bild einer Mittelmeerlandschaft gehören, daß Historienmaler sie ungeniert als Staffage altrömischer Bilder verwenden. Am Strande gedeiht wegen des Meeresgischtes, den namentlich der Scirocco oft turmhoch an den Felswänden hinaufpeitscht, nur kümmerliches, graugrünes Salinengestrüpp aus Binsen, Quecken, strauchartigem Glasschmalz (Salicornia fruticosa), Strandnelken (Statice Gmelini), Mannstreu (Eryngium maritimum), Keuschbaum (Vitex Agnus Castus), Meerdolden (Orithmum maritimum) und ähnlichen salzliebenden Gewächsen. Aber auch Steine und ganze Felsblöcke schleudert der Südsturm hoch aufs Ufer hinauf, wie — 23 — z. B. aus einer Inschrift!) an einem solchen Riesengeschoß am Hafendamm von Cassone-Ragusa zu ersehen ist. Von alten Mauern grüßt zwischen staubigen, zerfetzten Agaven von aller- dings gigantischer Größe das aus unseren Gärten wohlbekannte großblütige Löwenmaul, die sattblaue Pyramiden-Glockenblume, das Glaskraut (Parietaria diffusa) und der Rosmarin; aus Mauer- ritzen und Felsspalten nicken würzige Kapernsträuchlein zwischen zierlichen Farnen der Gattungen Asplenium und Ceterach herab. In den Gärten blühen in südlicher Üppigkeit die Rosen und Glyzinen; betäubend ist stellenweise der Duft der Orangen; aus Lorbeerhainen winken die feinfiedrigen Gleditschien und die großblättrigen Paulownien. An feuchten Stellen sind hohe, oft vom Sturm an den Kronen beschädigte Eukalypten ange- pflanzt; der in Frankfurt so leicht erfrierende Judasbaum (Cereis Siliquastrum) ist mit lebhaft rosenroten Blütenbüscheln, die vor den Blättern erscheinen, geradezu überschüttet und ähnelt aus der Ferne einem reichblühenden Pfirsich. Auf Friedhöfen, neben Kirchen und Klöstern ragen düstere Zypressen empor. In vernachlässigten Vignen, in Grasgärten und in lichtem Jung- wald trifft man seltene Orobanchen und Orchideen, so die präch- tigen Serapias trüloba und Lingua. Täuschend ahmt die Blüte der Ophrys Bertolonii Hummeln nach, so täuschend, daß zu unserer großen Freude die Damen einer Cookgesellschaft, die unseren Weg kreuzte, obgleich sie alle eifrig Blumen abrissen, die schöne Pflanze niemals beachteten. An sonnigem Hang fand ich allerorts das Meerträubchen (Ephedra distachya), die einzige Vertreterin der Gnetazeen in unseren Breiten, sowie den Horn- strauch (Osyris alba) aus der Familie der Santalgewächse. An- gebaut werden neben den in den Mittelmeerländern unvermeid- lichen Reben, die aber teilweise hier sehr wohlschmeckende Weine geben, Oliven, Mandeln, Granatäpfel, Feigen, Johannis- brot, Kastanien, Tabak, Pfirsiche, Kirschen, Melonen, Kicher- erbsen, Artischocken und Blumenkohl. Der Ackerbau ist unbe- deutend, da außer den Poljen kein ebenes, steinfreies Land vorhanden ist. Häufig sieht man an sanfteren Abhängen Kulturen von Ohrysanthemum cinerarifolium, weil dessen getrocknete Blütenköpfe, die sehr unserer Marguerite ähneln, fein ge- !) „Massa del peso di Kilo 3152 sollevato dal fortunale del 25 Febrajo 1879. Unter „Fortunale“ versteht man den stärksten Scirocco. Steilküste von Gravosa. Am Strand Kulturen; oben Karst. Halbinsel Lapad. Vorn Zypressen; am Berg links Aleppokiefern. 2 Zu ee * Pinienhain (Pinus Pinea) bei Belvedere nahe Aquileia. Cori phot. * Aleppokiefern (Pinus halepensis) auf dem Monte Petka. Ginzberger phot. “ ni mahlen, das dalmatiner Insektenpulver liefern. Der Maulbeerbaum, der prächtig gedeiht, wird nur selten gepflanzt, da die Seiden- raupenzucht gering ist. Aus Weichseln, wobei die in der Umgegend von Spalato gezogene Rasse (Prunus Cerasus var. marasca) den Vorzug genießt, wird — besonders in Zara — der bekannte Likör Maraskino gewonnen, aus Zwetschen der kräftigere Slibovitz, und die Inseln produzieren in noch recht primitiven Destilierapparaten aus Rosmarinzweigen ein dem südfranzösischen nicht ebenbürtiges Öl. Endlich werden aus den Fasern des Stechginsters und der Aloe, aus Schilf und spitziger Binse (Juncus acutus) grobe Gewebe, Säcke und Flechtwerk angefertigt. Wie in allen Ländern mit wenig entwickeltem Handel und geringer Industrie, deren Anbaufläche beschränkt und nicht wesentlich ertragreicher zu gestalten ist, findet eine starke Menschenabwanderung statt, vor allem nach Südamerika. In Spalato und Salona, dem antiken Salonae, dem Pompeji Dalmatiens, nahmen die großartigen römischen Ruinen, zu denen sich reiche, frühchristliche Funde gesellen, meine Hauptaufmerk- samkeit in Anspruch. Die Trümmer des Kaiserpalastes, der vermutlich von kleinasiatischen Architekten errichtet wurde, und in den während der Kämpfe des Mittelalters eine ganze Stadt hineingezwängt worden ist, sind in einem jüngst er- schienenen Prachtwerk!) eingehend beschrieben worden. Das Mausoleum Diokletians dient heute als Dom und dankt dieser Verwendung seine gute Erhaltung. Dagegen wurde das aus- gedehnte Trümmerfeld von Salona noch nicht zusammenfassend bearbeitet; ganze Stadtteile liegen tief im Boden vergraben, den die (Greschiebe des Jaderflusses im Laufe der vielen, seit der Zerstörung Salonas verflossenen Jahrhunderte nicht un- erheblich erhöht haben. Berühmt ist Salona durch massenhaft hier gefundene Inschriftenreste, durch seine schönen christlichen Basiliken und frühzeitlichen Friedhöfe. Leider fand man alle bisher aufgedeckten Sarkophage seitlich eingeschlagen und aus- geraubt vor, welche Barbarei plündernden Avarenhorden gern zur Last gelegt wird. In Salona ist der Hauptheilige Dalmatiens, Domenikus, bis zu seinem Märtyrertode Bischof gewesen; er soll nach kirchlicher Legende ein Begleiter des Petrus auf !) „Der Palast Diokletians in Spalato“ von Georg Niemann, Prof. an der K. K. Akademie der bildenden Künste. Wien 1910. — 237 — dessen sagenhafter Romreise gewesen sein, während die ge- -fundenen Inschriften unzweideutig sein Wirken, den versuchten Deuteleien zum Trotz, in die Regierungszeit des Kaisers Diokletian verweisen. Überhaupt scheint — darin stimmen wenigstens alle gesicherten Funde diesseits und jenseits der Alpen überein — die römische Hierarchie erst verhältnismäßig spät, um 250 n. Chr., mit einer starken Propaganda, die später aus begreiflichen Gründen zurückdatiert wurde, vorgegangen - zu sein, zu dem Zwecke, sich selbst an die Stelle der schwach gewordenen Kaisermacht zu setzen. Was kümmern derartige „Doktorfragen“ das morlakische Landvolk, das zur Zeit unserer Studien in hellen Haufen und in malerischer Tracht zur Jahresfeier des großen Heiligen aus allen Gauen in Spalato zusammenströmte! Ja, wenn man diese grell aufgeputzten Bauern unter der Wirkung reichlich genossenen Alkohols am Abend auf dem Signorienplatz den „Kolo* tanzen sah, bedurfte es keiner großen Phantasie, um sich unter die Indianer versetzt zu glauben. Aber auch der, dem die archäologischen und ethnologischen Fragen gleichgültig sind, wird nicht bereuen, längere Zeit in Spalato zu weilen. Ihm bleibt die herrliche Fjordlandschaft, der Spaziergang auf den aussichtsreichen, botanisch und zoologisch hochinteressanten Monte Marjan (Nummulitenkalk), die lachende Riviera dei sette castelli (Flyschzone), der Ausflug zu alten, zwischen Zypressen versteckten Klöstern und mittelalterlichen Städtchen mit Prachtbauten der Venetianer. Er besucht die üppigen Sumpfwiesen am Jaderfluß und dessen mächtige, echt dalmatinische Schlundquelle, von der eine altrömische, im Jahre 1868 wiederhergestellte Wasserleitung reichliches, einwandfreies Trinkwasser nach Spalato spendet. Dann steigt er hinauf zu der altertümlichen Paßsperre von Clissa,. vor der schon Tiberius lag, und über die die Schneefelder der Dinarischen Alpen hinaus- ragen, oder er segelt zu den wald- und blütenreichen Inseln Bua, Solta und Brazza, dem weingesegneten Lesina, wo die Kirschen und Pfirsiche 52 Tage früher blühen als in Wien, zu dem schlachtenberühmten Lissa und dem Felsenriff Busi mit dem Gegenstück zu der blauen Grotte von Capri. Der Bahnzug bringt ihn in das Tabakgebiet von Sinj oder nordwärts zu der einstigen Großstadt Knin an der Krka, deren Lauf man zwischen — 23 — Sümpfen und Weihern und durch wilde Schluchten bis zu den herrlichen Wasserfällen von Scardona und von da zu Schiff bis nach Sebenico ans Meer verfolgen kann. Ä Den Glanzpunkt Dalmatiens in bezug auf Vegetation und Lage bildet unstreitig die Gegend von Ragusa (— Dubrovnik). Der üppige Pflanzen- wuchs in den dortigen (Gärten erinnerte mich an Nervi, Neapel und Algier; unter den ho- hen Bäumen fallen die großen Bestände alter Aleppokiefern auf (Ra- gusa hielt sich ja mit Erfolg unabhängig von den venetianischen Waldräubern), die schö- nen Zypressen, präch- tige Maulbeerbaum - Alleen, flaumhaarige Eichen und ganz gi- gantische orientalische Platanen mit wagrecht abstehenden Seiten - ästen.!) Zwei dieser Bäume in Cannosa, in deren Schatten bequem eine Kompagnie lagern kann, gehören geradezu zu den Sehenswürdig- keiten des Landes. Gin- kos, Kampferbäume, Süßholz, Zedern, glänzendblättrige Magnolien (Magnolia ferrugi- n05a), Johannisbrotbäume, Pistazien, Cycas, Adansonien stehen wie an der Riviera allerorts in Gärten und Parkanlagen. Schlanke Palmen und Zypressen, düstere Pinien, goldfrüchtige Agrumen, graue Ölbäume, baumförmiger Kirschlorbeer charakterisieren die Aufforstung am Monte Marjan bei Spalato. ‘, In Frankfurt pflanzt man mit Vorliebe die amerikanische Art mit aufgerichteten Seitenästen. — 239 — Landschaft. Am Flußufer der Ombla und im Brenotale blühten gerade die Granaten zwischen Oleander und wilden Feigenbüschen. Bucht von Cattaro. In Strandnähe Kulturen; sonst kahler Fels. Steigt man aufwärts in den Treppengäßchen der Vorstadt Pille an o den von den Montenegrinern zerstörten Häusern und verwilderten — 240° — Gärten vorbei, auf deren Mauern goldbraune Levkojen, starre Schwertlilien und blauer Rosmarin wachsen, und aus deren Toren berauschender Rosen- und Orangenduft strömt, so kommt man in den Bereich der Küstenkarstflora mit ihren üppig blühenden Halbsträuchern und Kräutern zwischen grauweißem Geklipp (Kreidekalk).!) Buntgefärbte Vögel, darunter die Blau- und die Trauermeise, der Ölbaumspötter, der Alpensegler, die Blau- drossel, der Ohrensteinschmätzer und die Felsenspechtmeise flattern von Busch zu Busch; kleine, flinke Mauereidechsen und ihre großen, grünen Vettern, die Smaragdeidechsen, sonnen sich im Geröll; krötenartige Geckos kleben an den Mauern, und ein meterlanger Scheltopusik schlängelt sich über den Weg. Für Schneckenkundige ist hier ein wahres Eldorado. Namentlich die Klausilien und die Schnirkelschnecken (Heliziden) kommen in einer großen Zahl eigentümlicher und seltsam gestalteter Arten vor. An dem kleinen Schlundbach bei den Molini di Breno, den fette Aale bevölkern, wuchert das zartgrüne Frauen- haar und die italienische Aronswurz. Höher hinauf überkleiden mächtige Wolfsmilchbüsche die Hänge neben Besenstrauch und Wacholder, Alant (Inula candida), Lotwurz (Onosma echioides), Reseda, Schirmblütern wie Opoponax, Saturejen und Pechnelken; Seifenblumen und andere Karyophylleen bilden dichte Blüten- teppiche. Hier haust das Steinhuhn und die Dahlsche Zorn- natter. Auf dem Hochplateau angekommen, betritt man die grauenhafte Karstwüste mit ihrem zerrissenen, scharfkantigen Gestein, ein wildes Felsenmeer, auf dem nur der Eingeborene sich, von Klippe zu Klippe hüpfend, auf seinen „Opanken“ sicher bewegt, ein Land wie geschaffen für den Kleinkrieg und das Räuberhandwerk. Man steht an der natürlichen Gebietsgrenze der unbändigen Hirtenvölker, die unsere Gedanken nach den Steppen Asiens und auf die Vernichtungskämpfe der Völker- wanderungen lenken. Doch zugleich erblickt der Wanderer zu seinen Füßen das spiegelnde Meer und die lange Küstenlinie mit ihren Inseln und Fjorden bis zum Monte Vipera im Norden 1) Leitfossilien sind die sog. Rudisten, die in ihrer Form sehr stark von dem gewöhnlichen Muscheltyp abweichen. Die größere Schale gleicht einem kurzen Kuhhorn, die kleinere ist fast flach und besitzt kräftige Schloßzähne. In der jetzigen Lebewelt sind die Rudisten nur noch durch die Gattung Chama vertreten. '999SIeyI9A yes purs odueysrg arq 'oluron uoA offog —_— 22 — und den montenegrinischen Grenzbergen im Süden, eine sonnige, homerische Landschaft mit uralten Kulturstätten, deren dicke Festungsmauern und Türme der Barbarisierung Europas ebenso getrotzt haben wie den verheerenden Erdbeben, die von Zeit zu Zeit an diesen Ufern rütteln. | Nach dem vielgenannten Zaunkönigreich Montenegro führt aus Süddalmatien eine berühmte, aussichtsreiche Kunststraße; sie beginnt in dem stark befestigten Cattaro, vor dessen Uhr- turm an der kleinen Piazza ein römischer Altar und der Grab- stein eines Mädchens und seines Lehrers aufgestellt sind. Cattaro ist im allerhintersten Zipfel der gleichnamigen Meeresbucht gelegen, die in der Form dem Vierwaldstätter See ähnelt, aber weit großartiger ist. Anfangs steigt die Straße zwischen Vignen und lichtem Eichwald, untermischt mit Blasenstrauch (Colutea arborescens) und Lorbeer, oder Aufforstungen mit Götterbäumen hinauf; dann zieht sie dicht an österreichischen Sperrforts vor- bei, die den unruhigen Nachbar wohl für immer hindern werden, in kriegerischen Absichten zur Bocche hinabzuklettern, zu rauben und zu brennen, und, wie noch vor hundert Jahren, mit abgeschlagenen Menschenköpfen Kegel zu spielen. In an- sehnlicher Höhe biegt der Fahrweg wieder gegen Cattaro zurück, auf das man bereits aus Ballonperspektive hinabblickt, und windet sich nun in zahlreichen, engen Zickzacklinien an dem kahlen, überaus steilen Lovcen empor, um jenseits der kaum markierten Grenze, deren erfolgte Überschreitung sich aber dem Autofahrer alsbald durch schlechtere Wegebeschafienheit und durch das Fehlen eines gemauerten Randschutzes an der Ab- grundseite bemerklich macht, in einer einzigen, fast schnur- geraden Linie, zuletzt an einer großen Höhlenöfinung vorbei, wo die schöne Moltkia petraea in Felsspalten wächst, den ersten Bergsattel zu erreichen. Schweifte der entzückte Blick bis dahin immer über die Bocche und auf das ‘offene Meer, das, je höher man ansteigt, um so größer und weiter sich ausbreitet, so kommt man nun plötzlich in öden Karst (vielfach Euphorbia Myrsinites und Salvia offieinalis). Einige einzeln stehende Eichen sind noch winterkahl; die Schneefelder des Lovcen reichen fast bis zur Straße herab, und dabei kommen wir doch gerades- wegs aus der Backofenhitze von Cattaro. Bald sausen wir in ein ausgetrocknetes Seebecken hinab. _ An seinem felsigen Rande — 243 — liegt der erste montenegrinische Weiler, das bescheidene Njegus, aber der Geburtsort des heutigen Königs und der montene- grinischen Freiheit. Rohe Steinkasten, gedeckt mit treppenartig übereinander gelegtem Schilf, ohne jeden Schornstein und mit Fenstern, die verzweifelt an Schießscharten erinnern, sind nicht allzu selten. Hier haust noch der Hirt mit Schweinen und Hühnern zusammen auf ungedieltem Boden. Den rückwärtigen Abschluß der Land- schaft bildet der Schnee- gipfel des nie von den Türken eroberten hei- ligen Lovcen; aber in dem Schnee prangt in frischem Grün schöner Buchenwald, dessen Knospen in diesem Sonnenlande gesprengt wurden, ehe der Schnee am Boden völlig ge- schmolzen war. Wieder geht es in scharfen Windungen an steiler Wand hinauf; der Wa- gen vibriert bei den knatternden Stößen der starken Maschine, und oben angelangt auf der Paßhöhe von Krivacko- Marktplatz in Njegus (etwa 900 m). Zdrijelo (1274 m) er- Mitte Mai erst grüne Bäume. öffnet sich ein Gebirgs- bild ohnegleichen. Wohl fahren wir durch schauerlichen Karst mit unheimlich tief eingesunkenen Trichtern und stark korrodierten Karrenplatten, fast ohne jegliches Pflanzengrün, einer Krater- landschaft des Mondes vergleichbar; aber vor uns im fernen Südosten blinkt aus grüner, fruchtbarer Tiefebene der gewaltige Scutarisee, den die türkische Grenze quert. Deutlich erkennt man in der reinen Luft den noch reichlich 70 km entfernten Festungshügel von Scutari, und jenseits des Sees steigen die „verfluchten Berge“, Proklati Gora, die tiefverschneiten, wenig 16* Brücke über die Trebinjeica. Nur am Fluß üppiges Grün. Ginzberger phot. * Moltkia petraea an Kreidefelsen (etwa 900 m). — 245 — erforschten nordalbanischen Alpen, in denen gerade wieder einmal ein Aufstand wütet, in langer Kette in die Höhe und schließen das unvergeßliche Bild mit ihrer Eismauer. In drei- stündiger sausender Fahrt, statt wie früher zu Wagen in sieben Stunden, erreichten wir den weiten, mit Weizen, Roggen und Mais bestandenen Talkessel von Cetinje, gleichfalls ein einstiger See. Die Stadt Cetinje liegt fast völlig in dieser Hochebene; Starke Eiche auf dem Friedhof von Zitomisljic. nur das Kloster, in dem einst die Vladikas von Montenegro wohnten, und das jetzt als Familiengruft des Königlichen Hauses dient, sowie ein höher stehender, Tabla genannter Glockenturm, an dem Türkenköpfe aufgespießt wurden, endlich ein Monument Danilos mit goldener Kuppel steigen am Hang des Orlov Krs (Adlerstein) hinauf. Vor dem Parlamentsgebäude, das oleichzeitig als Theater dient — sonst sind die Häuser und auch die Paläste mit Ausnahme der Villen des russischen und des französischen Geschäftsträgers meist einstöckig und denkbar — 2465 — bescheiden —, steht der Sarkophag eines altrömischen Patriziers, eines Korneliers, nach der Aufschrift von dessen beiden Töchtern gestiftet. Der Sarg dürfte aus der Gegend des Scutarisees stammen, vielleicht aus Dioclea, jetzt Duklja, an der Mündung der Zeta in die Moraca, der angeblichen Geburtsstadt des Kaisers Diokletian. Von der Landeshauptstadt steigt die Fortsetzung der Straße wieder zum Rande des alten Seebeckens hinauf; erst auf der waldigen Höhe gewinnt man bei einer Wegbiegung aufs neue den Ausblick auf den Scutarisee, und nun geht es durch immer grünere Gebirgslandschaften in mehreren Absätzen und an einem malerisch gelegenen Dorfe (Dobrskoselo) vorbei in scharfen Win- dungen zu dem fast auf Meeresniveau liegenden Rijeka hinunter. Das ganz türkisch aussehende Örtchen liegt an einem von alten Maulbeerbäumen beschatteten, breiten Kanal des Scutarisees, in den nach kurzem Laufe durch ein anmutiges, grünes Tal der Schlundbach Rijeka mündet. Es klebt am Fuße des etwa 500 m hohen Karstberges Kostadin, während auf der anderen Seite des Kanals ein prächtig bewaldeter Hügel die Ruine des Schlosses Obod trägt. Wagen auf Wagen, besetzt mit albanischen Offizieren und Haremsschönen, Flüchtlingen aus der Türkei, fuhren vor unserer mehr als bescheidenen Cafana vor; auch der König, durch Aufstehen und leichtes Verneigen begrüßt, ließ unbesorgt sein Auto durch die mit Revolver und Dolchen bewafinete, bunt und kriegerisch aussehende Menge lenken. Schilf, Seerosen und die bei uns selten gewordene Wasser- nuß (Trapa natans) bedeckten fast völlig die Oberfläche des Ge- wässers, das von zahlreichen Wasservögeln belebt war, wie denn überhaupt das ganze Sumpfdelta des fischreichen Scutarisees zwischen Njive und Plavnica, der Dampferhaltestelle, zoologisch und botanisch besonders interessant sein dürfte. Leider ist es eine berüchtigte Fiebergegend. Wir erhielten aus dem flachen, nur stellenweise bis zu 50 m tiefen See, dessen Länge 45 km beträgt, prachtvolle Lachsforellen. Die Moracaebene und das an- schließende Zetatal sind die Getreide- und Obstkammer des Landes. Auch Gemüse, Tabak und Wein werden in guten (Qualitäten ge- zogen. Gegen den Sandzak Novi-Bazar steigt das Gelände zu dem stolzen, zweigipfligen Durmitor an, dessen Schneespitzen auch in Bosnien und der Herzegowina, ja selbst in Nordalbanien von vielen Bergen und Hochebenen aus gesehen werden können. | — 2417 ° — Anders sieht das Hinterland Süddalmatiens aus, wenn man die herzegowinischen und bosnischen Grenzpässe überschreitet. Vom Omblatal her über den aussichtsreichen Sattel von Brgat * Asphodill in der Felsenheide bei dem Römerkastell Mogorelo. und am Südhange der Vlastica entlang kommt man an türkischen Wachthäusern (Kula) vorbei über den Kamm von Uskoplje nach Hum und in das Trebinjeica-Tal mit der sehenswerten Arslan- Agicbrücke bei Trebinje. Das breite Flußtal ist von fast völlig — 248 — vegetationslosen Bergen eingeschlossen, mit Felstrümmern be- streut und mit dürftigem Karstwald bestanden, in dem wir auf kahlem Aste ein einsames Käuzchen entdeckten, das stimmungs- * Weißrindige Kiefern (Pinus leucodermis) am Prenj (1600 m). Jencic phot. voll zu der öden Landschaft paßte. Der oft wasserlose Fluß mündet in einen ganz eigenartigen, mehrfach gewundenen Win- tersee (Popovopolje = Pfaffenfeld), an dem Straße und Eisenbahn Curecic phot grad. 1Se "ICa) = SO Ss S nn nn 3 » o© iv kanfichten (P * Wald der seltenen Bal DA * etwa 30 km, eine Ewigkeit in solch trostloser Gegend, entlang führen. Bei unserer Hinfahrt enthielt der See noch größtenteils Wasser, und Möven waren eifrig auf ihm mit Fischfang be- schäftigt. Bei unserer Rückreise dagegen war der riesige See als echtes Polje inzwischen fast völlig in die Schluckschlünde (Ponore) des Untergrundes versickert, und auf seinem frucht- baren Schlammgrunde lenkten Bauern die ochsenbespannten, plumpen Pflüge. Im Herbste dagegen sollen die Wasser wieder aus Speilöchern hervorquellen, das Seebecken anfüllen und sar- dellengroße, blinde Höhlenfische (Gaovica — Leucus adspersus) zu- tage fördern. Noch fruchtbarer ist die freilich wegen der dort herrschenden Malaria gefürchtete, wenn auch infolge von Flußregulierungen jetzt wesentlich assanierte Narenta- und Krupa-Niederung bei Metkovic, die mit dem Nildelta verglichen worden ist, das Land riesiger Trauben, des Maises und der Moorhirse. Auch diese Niederung war noch größtenteils über- schwemmt, von Wildenten und anderem Wassergeflügel belebt. Adler, Pelikane, Reiher, Rohrhühner und Wildgänse werden häufig getroffen; gemein ist die griechische Landschildkröte und der Scheltopusik; kürzlich wurden in der Narentamündung auch zwei Seehunde erlegt, die, wer weiß wie, dorthin gekommen waren. Vereinzelt glitten flache, ganz leichte Fischerboote, Trupina genannt, die über seichte Stellen getragen werden können, auf dem stillen Wasser dahin, mit dem Fange von Lachsforellen und Aalen beschäftigt. An einem Abhang scheuchten wir im Vorbeifahren neun weißköpfige Geier (Neophron percenop- terus) auf, die sich wohl gerade an einer verendeten Ziege de- lektiert hatten, und sahen die majestätischen Vögel noch lange über der sumpfigen Ebene kreisen. Bei Vid, eine Stunde von Metkovic, liegen die Ruinen der Römerstadt Narona, deren ein- gehende Erforschung leider durch das bei Grabungen aufquellende Grundwasser stark gehindert wird. Sehr hübsch ist die Tracht der herzegowinischen Bäuerinnen, die in ihrem weißen Gewand und Schleier aus der Ferne wie Bräute aussehen. Wo wieder höhere Berge dicht an den Fluß herantreten, liegt in einer Art Mulde das steil ansteigende, von zinnengekrönten Mauern und Türmen umgebene, burggeschmückte alttürkische Räubernest Pocitelj, dessen schön gelegene Kuppelmoschee mit dem hohen, schlanken Minaret von einer riesigen Zypresse beschattet wird. "wornepgef T9q Jegewey ur (uoyprorsunadtz "L 'z) PIeMypoH ‘olyoysty op qfeyzogo lusıg we ory1eda1aggoIM — 292 — Kurz vorher, bei Capljina, gelangt man zu der vieltürmigen Außenmauer eines guterhaltenen römischen Kastells, Mogorelo genannt, das eben von Dr. Patsch aus Sarajevo im Innern freigelegt und untersucht wird. Es ist ein Glied der großen Festungskette längs des Westabhanges der Dinarischen Alpen. An fremdartigen Bogumilensteinen, den riesigen Grabmälern einer frühmittelalterlichen christlichen Sekte, an dem üppigen Klosterparke von Zitomislic mit einer prächtigen Eiche auf dem Friedhofe, an der von Granaten und Myrtengesträuch umsäumten Schlundquelle der blauen Buna und der Burgruine Stjepanovgrad vorbei kommt man in die wein- und tabakgesegnete, sub- tropisch heiße Poljenebene von Mostar, die wegen der Unzahl ganz winziger Moskitos (Papadaci) im Sommer gefürchtet ist. Oberhalb der malerisch gelegenen Hauptstadt mit der berühmten türkischen Brücke („most“ heißt „Brücke“ im Serbischen und Russischen), die in einem einzigen Steinbogen den in wild zer- klüftetem Bette dahin rauschenden Fluß überspannt, beginnt der großartige Narenta-Canon durch Trias- und Jurakalke, dem Bahn und Straße nun in schauriger Wildnis folgen. Eigenartig sind die heute‘ noch von Hirten mit ihren Herden, manchmal auch von Zigeunern bewohnten Grotten, Auswaschungserschei- nungen, die sich in langen Reihen hart über dem Fluß in der überhangenden Breccie zeigen. Wer vor noch nicht langer Zeit auf halsbrecherischem Saumpfade durch diesen öden Engpaß dahin ziehen mußte, hatte dicht unter seinen Füßen und doch völlig un- sichtbar die schönsten Räuberhöhlen. Schlundflüsse brechen aus Felsspalten hervor und stürzen in mächtigen Kaskaden zur Narenta hinab. Bei Jablanica weitet sich plötzlich das Tal. Ringsum ragen über prächtigen Eichenhochwald (Quercus conferta, die Zigeunereiche, ist darunter), der die unteren Hänge überzieht, hohe, schneebedeckte Bergketten (Plasa- und Prenj-planina), deren Besteigung durch Errichtung von allerdings unbewirtschafteten Schutzhütten in der letzten Zeit sehr erleichtert worden ist; sie sind die Ausgangspunkte lohnender Jagdpartien auf Gemswild. Das kleine, aber saubere ärarische Gasthaus liegt wenige Minuten von der Doljankaschlucht in einem schattigen Parke, in dem zur Nachtzeit zahlreiche Nachtigallen schlafraubend lärmten, wie ich es ähnlich nur einmal in Rom am Pincio erlebt habe. Auf einem Geröllwall erhebt sich die neue, schmucke Sr, Teer Jarac- (Lamm-) braten am Spieß mit Wassermotor. m a geogr Mohammedanisches Türbe (Grabmal) bei Dobrun). Christliche Grabmäler bei Kljuc an der Sana. a a nun a de rs Wo 2 e 1 . e Aare — 2355 — Kaserne, zurzeit von einer Kompagnie des Regimentes Deutsch- _ meister besetzt. Die lustigen Wiener widmen sich in den Frei- stunden dem Fang der schmackhaften Narenta-Forelle, die sie geschickt aus dem: milchweißen, strudelnden Wasser heraus- fischen. Scharf kontrastiert gegen die modernen Gebäude das in Nußbäumen versteckte mohammedanische Dorf, dessen arm- selige Hütten an Urzeiten gemahnen. Oberhalb von Jablanica folgt nach einer neuen Talenge, durch die die.Narenta wild dahinbraust, während ihr von rechts die Rama aus prächtig bewaldetem Seitental zuströmt, der malerische Felskessel von Konjica mit seinem minaretreichen Städtchen und einer hoch- gewölbten türkischen Brücke. Viele subalpine Pflanzen bewohnen hier den Talgrund. Alsdann beginnt der Steilanstieg zur Ivan- planina durch das herrliche, wildromantische Trescanica- und Bradinatal.e An den Hängen stehen prächtige Edelkastanien und alte Nußbäume, auf Felszinnen wächst die seltene Pinus leucodermis. In 1012 m Höhe wird die Wasserscheide des Adria- tischen und Schwarzen Meeres, zugleich die Grenze zwischen der Herzegowina und Bosnien, überschritten, und nun geht es in schneller Fahrt durch waldreiche Täler, aus deren Abschluß manchmal die Schneespitze der Bjelasnica herabblinkt, in die Ebene der Bosnaquelle hinunter und zur Hauptstadt des Landes, nach Sarajevo an der Miljacka. Vorbei ist jetzt die wilde Karstlandschaft mit ihren Höhlen, Dolinen und Poljen, mit ihren unterirdischen Flußläufen und Durststrecken, vorbei aber auch der Ausblick auf das tiefblaue, sonnenbeglänzte Meer und die zahlreichen Inseln und Riffe, vorbei die subtropische. Flora in den Gärten der Küstenstädte. Das rauhe bosnische Bergland stellt sich ebenbürtig den schön- sten mitteleuropäischen Ländern an die Seite, und seine breiten, wasserreichen Täler werden von stattlichen, aber sanft anstei- genden Höhen umsäumt, die im Schmuck großartiger Laub- und Nadelholzwaldungen prangen. Namentlich in der Crnagora bei Jaice sowie gegen Osten, in der Nähe der serbischen und montenegrinischen Grenze, zu der von der Hauptstadt eine überaus kühne, tunnelreiche und sehr sehenswerte Gebirgsbahn führt, bei Visegrad, Dobrunj, bei Foca und Suha finden sich noch Urwälder mit gigantischen Stämmen und ist der Bär kein sagenhaftes Tier. Hier gedeiht auch die überschlanke Omorica- re - — Merkmalen, in feuchten, schattigen Schluchten. Aber trotzdem! Würden nicht allerorts schlanke Minarets hochragen, zeigten nicht viele der schmucken Häuschen die vergitterten Fenster der türkischen Frauengemächer, bildeten nicht kleine Friedhöfe mit zierlichen Türbes und regellos durcheinanderstehenden Grab- steinen typische Wahrzeichen, wichen nicht überall dichtver- schleierte Frauen scheu unseren Schritten aus oder versteckten, wenn unverhüllt, ihr Gesicht, wären nicht in dunklen Bazaren (Carsije) neben billigsten Fabrikerzeugnissen und Großstadtladen- hütern, die hier als modern ausgegeben werden, wundersame, vorsintflutliche, einheimische Geräte ausgestellt, verfertigten nicht Handwerker, nach Zünften gassenweise getrennt, in halb- offenen Buden, zugleich Werkstatt und Magazin, altertümliche Waren, und würden nicht schauerliche Hans und Cafanas auf Schritt und Tritt den Osten verkünden, — wir könnten denken, in einer schönen Voralpengegend zu sein, so völlig vertraut erscheint uns Landschaftsbild und Vegetation. Nur fühlt man sich überall um Jahrhunderte zurückversetzt, so, wenn man die Begs (den Landadel) mit dem Falken auf der Faust zur Jagd gehen oder wenn man Hirten und Holzfäller die frischgeschlachteten Lämmer am derben Bratspieß zum Genuß herrichten sieht. Manche Sitten erinnern sogar an Urzeiten, und einzelne „christliche“ Grab- denkmäler könnten kaum bizarrer auf entlegenen Inseln des Stillen Ozeans gefunden werden. Die Rückreise machten wir wieder zu Schiff von Gravosa aus, dem Hafenplatz des jetzt sengend heißen Ragusa. Die See war genädig; nur im Quarnero, über den Gewitter dahinzogen, mußten einige Reisende dem Neptun ihr Opfer bringen. An der istrischen Küste grüßten wir das vielen Senckenbergern wohlbekannte Rovigno mit seiner stattlichen Zoologischen Station. Noch ein kurzer Aufenthalt in Zell am See, dessen duftige Tannen- waldungen und saftig grüne Matten trotz der Zypressen und Orangen nichts von ihrem wundersamen Reize eingebüßt hatten; dann brachte uns der Schnellzug ins untere Maintal zurück, in dem der Frühsommer seinen Einzug gehalten hatte. Rn Br de, Fichte, ein Relikt aus der Tertiärzeit mit sehr altertümlichen“ Besprechungen. Neue Bücher. Brehms Tierleben. Vierte, vollständig umgearbeitete Auf- lage, herausgegeben von Prof. Dr. Otto zur Strassen. 6.Band. Vögel. Neubearbeitung von William Marshall (7), _ vollendet von F. Hempelmann und OÖ. zur Strassen. 1. Band. XVI und 498 S. mit 50 Tafeln und 100 Abbildungen im Text. Gr.-8°. Leipzig und Wien (Bibliographisches Institut) 1911. Preis in Halbleder gebunden M. 12.—. Mit dem ersten der in Aussicht genommenen vier Bände „Vögel“ — dem sechsten Band des Gesamtwerkes — hat nach nahezu 20 Jahren die neue Auflage von Brehms Tierleben zu erscheinen begonnen. In glück- licher Weise vereinigt sie, wie uns der vorliegende Band zeigt, mit dem pietätvollen Bestreben, die ansprechende Form des Inhalts und den reichen Bilderschmuck des uns allen liebgewordenen „alten Brehm“ zu bewahren, eine vortreffliche Darstellung der wissenschaftlichen Fortschritte unserer Zeit bis auf die jüngst erschienene Literatur. Nach den vom Herausgeber vor- gezeichneten großen Gesichtspunkten für die Neubearbeitung des Brehmschen Werkes ist in erster Linie der Entwicklungsgedanke stärker betont als in den früheren Auflagen. Neben dem Hinweis auf die Bildung der verschiedenen Organsysteme in der Embryonalentwicklung kommt dieser durchgehende Zug auch in der Aufführung fossiler Funde (Archaeopteryx, Hesperornis) und in historischer Zeit ausgestorbener Arten (Moa, Riesenalk) zum Ausdruck. Eine ganz wesentliche, inhaltliche und dementsprechend räumliche Erweiterung — die Zahl der Bände „Vögel“ ist gegen die letzte Auflage um einen Band vermehrt worden — hat der einleitende Abschnitt „ein Blick auf den Bau und das Leben der Gesamtheit“ erfahren, der sich früher nur auf das letztere beschränkt hat. In knapper und klarer Form sind anatomisch und systematisch Skelett, Haut mit Federentwicklung, Sinnesorgane und Verdauungsapparat, Drüsen und — in gleicher Würdigung der besonderen Anforderungen an die Leistungen des Vogelkörpers — der respiratorische Apparat mit seinen Luftsäcken beschrieben und weitgehend illustriert. Hier schließen sich zum Teil die modernen Auffassungen über 17 — 258 — die Physiologie des tierischen Verhaltens an; zum Teil sind. sie in geschickter Weise überall in den Text eingestreut, ebenso wie die Hervorhebung der wunderbaren Zweckmäßigkeit der angeborenen und er worbenen Instinkte. Ihre mechanistische Begreifbarkeit, die uns die vor- jährigen Vorlesungen zur Strassens über „Tierpsychologie* in anschau- licher Weise gezeigt haben, läßt uns die geschilderte Vogelwelt keineswegs weniger ansprechend und sympathisch erscheinen, als es ehedem Alfred Brehms Plaudereien über das „Lieben und Hassen“, den Verstand und das Handeln der Tiere getan haben. An die Stelle unverbürgter Erzählungen älterer Reisender sind vielfach exakte Beobachtungen getreten, die, gelegent- lich durch Bezugnahme auf kritisch ausgeführte Experimente hinsichtlich des biologischen und physischen Verhaltens des Vogels unterstützt, uns in weit tieferem Maße das Leben der gefiederten Welt verständlich machen. In allen Abschnitten hat eine intensive Umarbeitung stattgefunden; erwähnt sei beispielsweise nur die Schilderung der „Pinguinvögel“, deren Kenntnis durch die Ergebnisse der zahlreichen antarktischen Expeditionen der letzten zwei Dezennien ganz besonders erweitert worden ist. Mit großer Befriedigung haben wir in der neuen Auflage zahlreiche vortreffliche Abbildungen der früheren Bearbeitung wiedergefunden; andere, weniger gute Bilder sind durch bessere ersetzt; die farbigen Tafeln sind durchweg neu und um eine Eiertafel vermehrt. Die Abbildungen sind meist nach Aquarellen von W. Kuhnert nach dem Leben in vollendeter Technik des Drei- und Vierfarbendrucks ausgeführt. Als wahre Natururkunden von besonders hohem Wert sind die zahlreichen photographischen Aufnahmen von Vögeln und Nestern anzusehen, die uns die Tiere in ihrer natürlichen Stellung und Umgebung vor Augen führen (balzender Strauß, Rohrdommel in Kampfstellung, Brutstätte von Albatrossen, Marabus und Geier in der ostafrikanischen Steppe, Nest des Massaistraußes, des Schattenvogels, der Eiderente und viele andere). Der Neubearbeitung der die Vögel behandelnden Bände ist zweck- mäbigerweise an Stelle des Fürbringerschen das Gadow sche System zu- grunde gelegt. Der erste Vogelband beschreibt demzufolge die Flachbrust- vögel und die Gadowsche erste Brigade der Kielbrustvögel (Tauchvögel, Pinguinvögel, Sturmvögel, Storchvögel, Gänsevögel und Raubvögel); er ent- spricht also im allgemeinen dem dritten Band der Auflage von 1892. Auch die Form des alten Brehm ist beibehalten und das Werk von dem Verlag in der bekannten, vornehmen Art ausgestattet worden. K.-W. x „Srand Prix“ ” ür Schränke, Ditrinen ufw. Weltausftellung Brüffel 1910. Prima Referenzen im In= und Auslande. any SER EA h Berlin, RA. SE, 45 Frankturt a.M., Neue Haaren Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich. Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt sm Druck von Gebrüder Knauer in Frankfurt an Main. aa ie Dezember 101 | FAN Seite BEER IHREN, VAR EUR RD 1 5) REN Re ER 0D- 26; Mecherieh: Von Djibouti zum Rudolise. . . . . ....283 P. Sack: Aus dem Leben-unserer Stechmücken . . . ..... 309 or Richters: Zahnspuren eines Wolfes auf einem len RO WR an a Sn I Re ee sh REN SER . Beprecunge: \ Neue Veröfentlichungen der Gesellschaft... ..22...2.826 ” Era EIER - Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet, ÜUbersetzungsrecht vorbehalten Frankfurt am Main ehe der Senckenbergischen Naturforschenden. Gesellschaft 1911 Preis des Jahrgangs (4 Hefte) M.6.—. Preis des einzelnen Heftes M. 2,—. senckenbergischen Naturforsch. A in Frankfurt a. M. a | In Bezug auf Staukeiohthoft. praktische Ausstattung, einfache Eleganz und musterhafte Ausführung sind unsere Schränke seit Jahrzehnten tonangebend und — obwohl vielfach kopiert — unerreicht. | AUG. KÜHNSCHERF & SÖHNE, DRESDEN Erste und älteste Museumsschrank- Fabrik. ER, z Aus der Schausammlung. Der tibetanische Bär. Mit einer Abbildung. _ Unter den vielen neuen Tierformen, die der französische Missionar Abbe David im Jahre 1868 aus der osttibetanischen r vinz Mupin nach Paris gebracht hat, war die merkwürdigste er ein Geschöpf von etwa 1!/; m Länge, das in seiner Heimat % „Pei-ssjun“ (weißer Bär) genannt wird. Obwohl die äußere Gestalt dieses Tieres auf einen echten Bären hinwies, zeigte die genauere Untersuchung seines Skelettes, und zwar nament- lich des Schädels, daß man es mit einer im Vergleich zu den heutigen Bären recht primitiven Tierform zu tun hatte. Die Verteilung und die Gestalt der Zähne wiesen nämlich eine auf- fallende Ähnlichkeit mit dem Gebiß von Hyaenarctos auf, einem Vorläufer der echten Bären, der in der Miozänzeit in Europa und Asien lebte. Bevor diese nahe Beziehung zu ausgestorbenen Ahnen des Bärengeschlechtes entdeckt war, glaubte man, eine Verwandtschaft mit einem lebenden, ebenfalls tibetanischen Säuger, dem Panda (Aölurus fulgens), nachweisen zu können, und gab dem neuentdeckten Tiere in dieser irrigen Ansicht den Gattungsnamen Asluropus;, dem in eigenartigem Muster schwarz und weiß gefärbten Pelze verdankt es den Artnamen melanoleucus. Über die Lebensgewohnheiten des tibetanischen Bären sind wir noch recht wenig unterrichtet. Wir wissen nur, daß er in einer Höhe von 2000 bis 3000 m in schwer zugängigen Bambusdickichten lebt, und daß er wie der javanische Sonnen- bär nur pflanzliche Nahrung zu sich nimmt, und zwar höchst wahrscheinlich junge Bambussprossen. Er wird als völlig harm- loses Tier geschildert, das vor dem Jäger und seinen Hunden auf Bäume flüchtet, den Winter gleich unserem braunen Bären li Tibetanischer Bär, Ailuropus melanoleucus Milne-Edwards. verschläft und wie dieser seines Pelzes wegen eifrig gejagt wird. Infolgedessen ist er in seiner Heimat schon recht selten geworden und hat sie, zum Nachteil unserer zoologischen Gärten, lebend noch nie verlassen. Aber auch die zoologischen Müseen haben allen Grund, die Seltenheit des tibetanischen Bären zu beklagen; war er doch in ganz Deutschland nur durch zwei Exemplare vertreten, die sich in Berlin und Stuttgart befinden. Das Senckenbergische Museum hatte ihn lange Jahre auf seiner Wunschliste stehen, ehe es jetzt gelungen ist, einen brauchbaren und noch dazu den größten bisher bekannten Adluropus-Balg zu erwerben und zu dem prächtigen Schaustück herrichten zu lassen, das nun eine Zierde unserer Säugetiersammlung bildet. F. Haas. Die Tuatera. .Mit einer Abbildung. Die heute lebende Reptilienwelt weist ein leider im Ver- schwinden begriffenes Überbleibsel aus uralter Zeit auf: die Tua- tera, Sphenodon punctatus Gray, früher auch Hatteria genannt. Ihre Heimat ist Neuseeland. Noch in historisch jüngster Zeit, gegen die Mitte und zu Beginn der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, scheint sie auf zahlreichen Inseln, die der Südwest- und der Nordostküste der Nordinsel vorgelagert sind, nicht selten gewesen zu sein; heute ist sie in ihrem Vorkommen offenbar eng beschränkt auf einige größere Rifie und Felsen- eilande der Plenty Bay im Nordosten und des nördlichen Teiles der Cookstraße im Südwesten. Ihr Verbreitungsgebiet liegt also ziemlich dicht um den Schnittpunkt des 175. Grades öst- licher Länge von Greenwich und des 40. Breitengrades. Die Gestalt der Tuatera ist im allgemeinen eidechsenartig. Eine gewisse Ähnlichkeit zeigt ihr Körperbau mit dem einiger Bodenleguane, zZ. B. des haitianischen Nashornleguans, d. h. sie hat wie jener einen sehr gedrungenen, schwach seitlich zusammen- gedrückten Rumpf und einen kräftigen Schwanz von nur wenig mehr als Körperlänge. Auch die monotone, düster grünlich- graue, oft schwärzliche Gesamtfärbung der Tuatera erinnert an die Bodenleguane, Übereinstimmungen, die offenbar auf ähn- liche Lebensweise zurückzuführen sind. — 262 — Zeigen sich so in der äußeren Gesamterscheinung des Tieres unverkennbare Anklänge an andere noch lebende Saurier- typen, so belehrt uns sein innerer Bau, daß es doch von diesen stark abweichend organisiert ist. Schon das Skelett ist sehr merkwürdig. Wenn wir den Bau des Schädels vorwegnehmen, ergibt sich gleich ein Merk- mal, das auch zu der bisher gebräuchlichen, nicht sehr glück- lich gewählten — weil durchaus nicht treffend charakterisieren- den — deutschen Bezeichnung „Brückenechse“ Anlaß gegeben hat. Die Schläfengegend ist nämlich in horizontaler Richtung, vom Ober- wie vom Unterrand der Augenhöhle ausgehend, durch feste Knochen zweimal „überbrückt“. Diese knöcherne Über- brückung fehlt nun allerdings den meisten anderen Reptilien; sie tritt aber immerhin noch bei einigen Eidechsen und bei den Krokodilen auf. Das Gebiß bezeichnet man als akrodont, d.h. seine Zähne stehen am Oberrand des Kieferknochens, während sie bei vielen echten Lacertiliern an seiner Innenwand stehen (pleurodont) und bei den Krokodiliern in besonderen Gruben eingekeilt sind (thekodont). Bei Sphenodon sind die Zähne dreieckig geformt und finden sich auf Oberkiefer, Unterkiefer und Gaumen ver- teilt, in der Jugend auch an den Pflugscharbeinen (wie bei den meisten Eidechsen und Schlangen während des ganzen Lebens). Sehr merkwürdig aber ist es, daß die mit fortschreitendem Alter sich abnutzenden Zähne nicht wie bei allen anderen überhaupt bezahnten Reptilien ständig durch neue ersetzt werden; viel- mehr — es gilt dies namentlich für den Zwischenkiefer — beiben alte Tuateren schließlich mit der Kieferschneide selbst, ganz ähnlich also wie die Schildkröten. Die Wirbelkörper sind im Gegensatz zu denen der meisten übrigen Reptilien beiderseits ausgehöhlt (amphicöl) wie bei den Geckonen, einer der ältesten Eidechsenfamilien, und wie auch bei manchen Schildkröten, außerdem bei einigen Am- phibien und den Knochenfischen, also wesentlich primi- tiveren Wirbeltieren. Außer den mit hakenförmigen, nach rück- wärts gerichteten Fortsätzen versehenen gewöhnlichen Rippen, die im allgemeinen denen der Eidechsen gleichen, besitzt Sphen- odon nun aber noch etwas Besonderes — allerdings bei den Krokodilen Wiederkehrendes —, die sog. Bauchrippen. Sie — 263 — stehen mit den eigentlichen Rippen in gar keinem Zusammen- hang, stellen sich vielmehr als Gebilde dar, die in der Unterhautschicht der Bauchdecken liegen und zu den Bauch- schilderreihen so innige Beziehungen aufweisen, daß sie ihnen sogar der Zahl nach genau entsprechen. | Dies leitet uns über zur äußeren Bedeckung des Tieres. Wohl finden wir, auch von den eben. erwähnten (und für Ei- dechsen wie Schlangen an sich charakteristischen) Bauchschildern -abgesehen, im allgemeinen eine feine Beschuppung der Körper- oberfläche vor. Aber Art, Form und Stellung der Schuppen sind noch nicht so ausgeprägt, in irgend ein System speziali- siert, wie bei fast allen echten Eidechsen. Vielmehr werden wir auch hierin immer wieder an gewisse trockenhäutige Am- phibienformen erinnert, bei denen ja auch bereits eine Gliederung der Epidermis in winzige Runzeln und kleinste Felder ange- bahnt ist. Den Eindruck einer echten, rechten Reptilienhaut — wenn wir etwa von der mancher wasserbewohnenden Schild- kröten absehen — macht die der Tuatera jedenfalls nicht. , Da- gegen zeigen sich allerlei, meist der Länge nach verlaufende Hautfalten, und auf Nacken- und Rückenfirst erhebt sich außer- dem ein aus weißlichen Schuppen gebildeter Kamm. Auf der Mittellinie des Schwanzes aber, wenn er nämlich unversehrt und nicht — wie bei dem abgebildeten Exemplar — teilweise regeneriert ist, sowie an jeder seiner Seiten verläuft eine Reihe kegelförmiger Höcker, eine Erscheinung, die auffallend an eine der primitivsten lebenden Schildkrötenformen, die nordamerikanische Alligator- oder Schnappschildkröte (Chelydra serpentina), erinnert. Ein Trommelfell ist nicht vorhanden, das innere Ohr voll- ständig von der Körperhaut überwachsen, womit wiederum ein Charakteristikum der Schlangen und der Schwanzlurche (Salamander) gegeben ist. Das Auge der Tuatera ist groß, die Iris warm bronzebraun getönt, die Pupille ein senkrecht ge- stellter Spalt, also wie die der Krokodile und der meisten Gift- schlangen, demnach die eines nächtlichen Tieres. Über die Lebensweise in ihrer Heimat weiß uns Schau- insland etwa Folgendes zu berichten: Er fand die Tuatera stets im Zusammenleben mit einigen in unterirdischen Höhlen wohnenden, etwa taubengroßen Sturm- Tuatera, Sphenodon punctatus — 2655 — vogelarten aus der Familie der Puffinidae. Die röhren- förmigen, auch zur Aufzucht der jungen Vögel dienenden Höhlen sind bei 10 bis 15 cm Weite oft mehrere Meter lang und werden wohl allein von den Vögeln angelegt, von Sphenodon aber als genehme Verstecke okkupiert. Der Boden mancher Inseln soll von diesen schon seit Jahrtausenden vorhandenen, immer wieder reparierten und aufs neue benützten Höhlen ganz durch- setzt sein. Als ausgesprochene Nachttiere, die tagsüber nur selten zu sehen sind, erscheinen die Tuateren erst gegen Einfall der Dämmerung und gehen dann ihrer Nahrung nach, die gewöhn- lich aus Kerbtieren, Regenwürmern und Schnecken besteht; doch hat der Beobachter auch einmal ein Dunenjunges der Wirte in den Kiefern eines Sphenodon gesehen. Sonst aber scheinen die Tiere mit ihren Wohngenossen in tiefstem Frieden zu leben. Eine regelrechte Periode der Winterruhe, während der auch keinerlei Nahrung aufgenommen wird, konnte Schau- insland von Mitte April bis Mitte August feststellen. | Das männliche Geschlecht scheint, wie auch bei den meisten Echsen, in der Überzahl zu sein — Schauinsland nimmt ein Verhältnis von etwa 5:1 an. Die Unterschiede der Ge- schlechter zeigen sich beim Weibchen in dem unansehnlicheren Kopf, dem schwächeren Rückenkamm, der oft ganz fehlt, in allgemein weicheren Formen und in geringerer Größe. Männ- liche Begattungsorgane, wie sie ausnahmslos bei allen anderen Reptilien vorhanden sind — bei Schlangen und Eidechsen sogar in Form von stark entwickelten Doppelruten —, konnten bei Sphenodon bisher nicht gefunden werden. Im November und Dezember werden die Eier abgelegt, und zwar außerhalb der Wohnhöhlen in besondere Löcher von 5 bis 8cm Durchmesser und 15 bis 13 cm Tiefe, die das Weib- chen gräbt und mit Blättern, Gras, Moos u. dgl. bedeckt. Wohl nicht alle Weibchen werden in jedem Jahre trächtig, selbst die ausgewachsenen nicht. Die Anzahl der Eier beträgt 9 bis 12, ihre Länge 24 bis 23 mm bei 16 bis 20 mm Breite. Ihre Zeitigung nimmt 12 bis 14 Monate in Anspruch; sie überwintern also in der Erde. Die auskriechenden Jungen mögen etwa 75 bis 80 mm lang sein. Sie tragen an der Schnauzenkante des Oberkiefers ein eigentümliches Gebilde, das uns vom Oberschnabelende aus- — 216 — Be . schlüpfender Vögel wohlbekannt ist, den sog. Eizahn. Er dient zum Durchtrennen der sehr derben Eischale, die vergleichsweise mehr Kalkgehalt aufweist als z. B. die unserer Ringelnatter. Das Wachstum ist äußerst langsam, die Lebensdauer sehr be- trächtlich; die größten Tuatera-Exemplare — alte Männchen können °?/a m Länge erreichen — werden nach Schauinsland auf ein Alter von mehr als hundert Jahren geschätzt. | Das Gefangenleben hat schon einige Jahre vor Schau- inslands Beobachtungen Johannes Berg, einer unserer vorzüglichsten Reptilienpfleger, geschildert. Er hielt anfangs der neunziger Jahre ein etwa dreiviertelerwachsenes Stück, dessen genaue Maße — 47 cm Gesamtlänge, davon der Schwanz 23 cm — hier mitgeteilt seien, weil es eins der wenigen Exem- plare mit unverstümmelten Schwanze gewesen ist. Es erwies sich als sehr räuberisch und gefräßig, ähnlich den Krokodilen, an die es Berg überhaupt in vieler Hinsicht erinnerte, ver- zehrte rohes Fleisch, Mehlwürmer, Frösche und andere kleine Wirbeltiere und fraß allein im Monat Juni außer zahlreichen Mehlwürmern 3 Mäuse, 52 kleinere Eidechsen und 2 Sperlinge. Pflanzenkost jeder Art hingegen verschmähte es hartnäckig. Sehr gründlich besorgte es das Geschäft des Kauens, entwickelte überhaupt eine enorme Kieferkraft. Ebenso intensiv arbeitete der Verdauungsapparat; schon nach 24 Stunden fanden sich die Reste der Beutetiere im Kot vor. Wasser war Bergs Tuatera ein dringendes Bedürfnis, zum Trinken wie zum Baden. Ihre Bewegungen waren in diesem Elemente ungleich rascher und gewandter als auf dem Lande; in einen Teich gebracht schwamm sie wie ein Krokodil mit festangelegten Beinen, nur mit dem Schwanze rudernd. Eine Häutung erfolgte fetzenweise am 27. Mai, wobei sich die Kammschuppen nicht einzeln ent- hülsten wie beim Leguan, sondern sich gleichzeitig mit der ent- sprechenden Rückenpartie häuteten. Das neuerdings in den Besitz unseres Museums gelangte Exemplar, ein etwa zweidrittelerwachsenes Tier, konnten wir seit Herbst 1908 im Zoologischen Garten lebend beobachten. Es verhielt sich im wesentlichen der vortrefflichen Schilderung Bergs entsprechend. Im letzten Winter erkrankte es an bös- artigen Geschwürbildungen, wohl infolge der geringeren Ab- wechslung in der Ernährung, die bei längerer Gefangenhaltung — 267 — nicht zu vermeiden ist. Die Geschwüre vernarbten; an ihrer Stelle blieben aber unpigmentierte Epidermisneubildungen von schwärzlicher Farbe dauernd sichtbar.) Das Tier erholte sich vollständig, fraß auch wieder gut, und erst die selbst für exotische Reptilien auf die Dauer unerträgliche, abnorme Hitze dieses Hochsommers hat seinem Leben ein jähes Ende gemacht. Bei der Präparation wurde der Rumpf, um eine möglichst lebenswahre Haltung des Objektes zu erzielen, zunächst mit -höchstprozentigem Alkohol injiziert, dann der ganze Körper genau in die gewünschte Stellung gebracht und durch ein eigens konstruiertes Stützgerüst von Drähten gehalten. Nachdem es so einige Tage lang an der Luft gehärtet war, konnten die Stützen entfernt und der Tierkörper, der jetzt nahezu die Kon- sistenz von Hartgummi hat, in Alkohol dauernd konserviert werden. Durch Einsetzen von Glasaugen ist es gelungen, dem Präparat ein besonders naturwahres Aussehen zu geben. Ein anderes, etwas größeres Exemplar von Sphenodon punctatus von der Plenty Bay besitzt das Senckenbergische Museum seit 1886; es wurde lange Zeit in der wissenschaft- lichen Sammlung in Alkohol aufbewahrt, und erst neuerdings sind Haut und Skelett des seltenen Tieres zu zwei schönen Präpa- raten für die Schausammlung hergerichtet worden. Außerdem ist noch ein älteres Alkoholexemplar vorhanden. Viel dunkler als das heutige Sein der Tuatera war lange Zeit ihr stammesgeschichtliches Werden. Da war es Üredner, dem es glückte, im Laufe längerer Jahre wohlerhaltene Reste von insgesamt 16 Individuen eines höchst merkwürdigen Ur- reptils zu erlangen, die sich im Mittelrotliegenden des Plauenschen Grundes südlich von Dresden vorfanden. Anfänglich hielt er sie für Stegocephalenreste, d. h. für Reste einer ausgestorbenen, den Amphibien näherstehenden niederen Wirbeltiergruppe. Bald aber belehrte ihn die genauere Untersuchung, daß es sich um ein echtes Reptil handeln müsse, nämlich um einen nahen Ver- wandten der neuseeländischen Hatteria. Unter dem Namen Palaeohatteria longicaudata wurde es in die Wissenschaft eingeführt. Seine Ähnlichkeit im Knochenbau mit Sphenodon ist eine überraschend große; teilweise besteht !) Sie sind auch auf unserer Abbildung, namentlich am Unterleib und am Schwanz, deutlich zu erkennen. SEEBRRE IT sogar eine völlige Übereinstimmung. Daneben aber zeigen sich Merkmale, die, wie Öredner sich ausdrückt, nicht den heutigen Eidechsen, sondern vielmehr den Krokodiliern und in noch viel höherem Maße den Dinosauriern eigentümlich sind: „Palaeo- hatteria ist demnach ein Rhynchocephale“ — so nennt man die beide Hatteria-Formen umfassende Reptilienordnung, die man den Squamaten (= Echsen und Schlangen), den Emydosauriern (= Krokodilen) und den Cheloniern (= Schildkröten) gleich- wertig an die Seite stellt — „mit einzelnen, noch etwas aus- gesprocheneren Anklängen an Krokodilier und Dinosaurier, sowie an gewisse Embryonalzustände unserer Echsen. Ist schon Hatteria eines der wenigst spezialisierten Reptilien, eine seltsame Kom- bination hoher und niederer Organisation, so repräsentiert Palaeohatteria eine noch mehr verallgemeinerte Form“. Die noch lebende Tuatera aber erscheint, um mit Boettger zu reden, als ein Überbleibsel des ältesten Kriechtierstammes, der einzige lebende Rest einer längst verschwundenen Welt. Ph. Lehrs. Der Säbeltiger. Mit einer Tafel und einer Abbildung. Wer den herrlichen Lichthof unseres Museums mit seinen Riesenvertretern aller Zeitperioden der Erde betritt, wird in seiner Betrachtung die Trennungslinie zwischen den urweltlichen und den jetzt noch lebenden Tierformen ziehen; aber die wenigsten Besucher werden sich wohl bewußt sein, daß zwischen der Blütezeit der riesigen Saurier, deren schönster Vertreter unser Diplodocus ist, und dem Auftreten der großen Säugetiere, z.B. des Mastodons, eine Entwicklungsperiode liegt, die viel länger währte als die verhältnismäßig kurze Spanne Zeit zwischen dem Aussterben dieses Urelefanten und dem Entstehen unserer heutigen Fauna. Als die Riesensaurier noch die Herren der Erde und des Wassers waren, existierten freilich schon Säugetiere; aber die primitiven Vertreter dieser zur höchsten Entwicklung bestimmten Tierklasse übertrafen an Größe nicht die eines mittleren Hundes. Allmählich, als die gigantischen Reptilien vielleicht infolge ihrer übermäßigen Größe bereits dem Untergang geweiht waren, begann 'SNTY9TYO’T 'Yy 'Iq UOA Yuoyoson "WIELLION] SMoRu.io/ım9 uopomug ‘1oFtzageg Toyasturofresz — 270 — der große Aufschwung in der Entwicklung der Säugetiere, und erst viele Hunderttausende von Jahren später stampfte das Mammut über die Gefilde der alten Welt, während in den Ebenen Amerikas das Mastodon heranwuchs. Gleichzeitig mit ihnen bevölkerte eine Reihe anderer riesiger Dickhäuter die Erde, die damals für sie vortreffliche Lebensbedingungen geboten haben muß. Wir finden unter den fossilen Überresten jener Zeit, des Pleistozäns, außerdem noch eine überraschende Anzahl von ver- schiedenen Rhinozerossen, Riesenfaultiere und andere mächtige, durch ihren Hautpanzer geschützte Geschöpfe, denen selbst die stärksten unserer heutigen Katzenarten nicht hätten gefährlich werden können. Doch auch ihnen erstand ein furchtbarer Feind. | Nach dem Gesetz der Zweckmäßigkeit entwickelte die Natur bei Tigerarten — und zwar getrennt, aber etwa gleich- zeitig in der alten und in der neuen Welt — die beiden Eck- zähne des Oberkiefers zu schrecklichen Waffen, denen auch die dickste Haut nicht zu widerstehen vermochte. Den Höhepunkt erreichte diese Entwicklung in dem jetzt neu in unserem Licht- hof aufgestellten kalifornischen Säbeltiger (Smilodon). Ihren Namen verdankt diese ausgestorbene Gattung, die im Knochenbau nicht viel größer, aber viel massiger als unsere heutigen Tiger ist, den beiden erwähnten säbelähnlichen, langen Eckzähnen, die bei der Betrachtung sofort den Blick auf sich ziehen. Es schien früher schwer erklärlich, wie dieses Raub- tier seine Waffen nutzbringend verwerten konnte; doch haben die neuesten Forschungen, besonders von W.D. Matthew in New York und James Z. Gilbert in Los Angeles, ergeben, daß nach dem Bau der Hals- und Rückenwirbel, sowie des Hinterhauptes und der Schulterblätter zu schließen, diese Tiere eine ungeheure Muskelkraft in Hals und Nacken besaßen, die sie befähigte, mit großer Kraft den Oberkiefer nach abwärts zu schleudern. Sie legten hierbei, ähnlich wie heute die Schlangen, den Unterkiefer ganz zurück, so daß die beiden säbelartigen Dolche, durch nichts behindert, in ihrer ganzen Länge in das Opfer eingehauen werden konnten. Gegen solche Waffen vermochte selbst die dickste Haut keinen Schutz zu gewähren, und fürchter- lich müssen die Fleischwunden gewesen sein, die dieses Raub- tier auf dem Rücken der Urweltriesen reißen konnte, an deren Blut es sich berauschte. | -(Kıojsıpp [eınyen jo wnasny uwonowy wi LHOINN U SITAVHO YoA eul1O) NAOASO YOEN -(pun) snanboou mopopaug ‘SIESHIqRS SPUTD UOHNANSUONIA "IL6L 599 Jon "qapuog — 271 — In einem Asphaltsee Südkaliforniens, „The Hancock Brea Deposits“, wie diese Speicherkammer der Natur jetzt nach dem ersten wissenschaftlichen Entdecker, Major Hancock, benannt wird, ist das Skelett unseres Säbeltigers gefunden worden. Schon den spanischen Einwanderern war diese Fundstätte bekannt, und sie erhielt im Volksmund die verschiedensten, darauf be- züglichen Namen: „The Death Trap, the Bone Field, the Fossil Gardens, La Brea Beds“* u. dgl. Doch hatten die damaligen An- 'siedler bis in das Jahr 1875 hinein wenig Sinn für paläontologische Forschungen. Sie entnahmen den Pits ihren Asphalt für Trottoire und Dachbedeckungen und kamen vielleicht gar nicht auf den Gedanken, daß es sich bei den zahlreichen Knochenfunden, die hierbei gemacht wurden, um fossile Überreste handelte. Sahen sie doch oft genug auch noch zu ihrer Zeit Weidetiere und Vögel in der zähen Masse versinken. Bis zum heutigen Tage sind dort tätige Asphaltquellen, und wenn es geregnet hat, steht das Wasser auf der trügerischen Fläche, und manches Rind und Pferd, das durstend dorthin zieht, angelockt durch den Labung versprechenden See, wird von der teerartigen Masse verschlungen und kommt so in die große fossile Sammlung jener Gegend. Wenn zur Zeit des Pleistozäns das Mastodon sich zum nächtlichen Trunk hier einfand und langsam versinkend den sicheren Tod vor Augen sah, mag es durch sein lautes Angst- trompeten die Schar der Säbeltiger herbeigezogen haben, die in mächtigem Sprung sich auf dem Rücken des Elefanten vermöge ihrer stark entwickelten Klauen festkrallen konnten und nun mit den langen Hauern die willkommene Beute bearbeiteten. Blutige Kämpfe müssen sich auch zwischen den einzelnen Raubtieren abgespielt haben, die zusammen mit ihrer Beute dem Unter- gang in dem Asphaltbett geweiht waren; wurden doch zwei Schädel von Säbeltigern gefunden, die sich im letzten Kampfe angesichts des Todes so ineinander verbissen hatten, daß sie kaum getrennt werden konnten. Bei den seitherigen Ausschachtungen aus diesem See wurden außer dem Säbeltiger gefunden: Überreste des Riesenfaultieres, des Mastodons, einer quartären Löwenart, des amerikanischen Ochsen und einer frühen Pferderasse, des Kamels, eines riesigen W olfes, sowie vieler sehr großer Vogelarten, wie des amerikanischen Adlers, des schwarzen Geiers und des kalifornischen Kondors. —_— 22 — { IR u Br od . Bulänglich versorgten sich die verschiedenen Museen u Amerikas aus dieser merkwürdigen Fundstätte, bis sich die Besitzerin des Asphaltsees neuerdings „entschlossen hat, alle Funde, die noch gemacht werden sollten, in einem eigenen Museum zu sammeln, das sie zum Andenken an ihren ver- storbenen Gatten zu errichten beabsichtigt. Diese herrliche Fundquelle ist also jetzt für andere Museen geschlossen, und nur einem glücklichen Zufall ist es zu danken, daß dieses einzige Stück von Smölodon californicus, das seinen Weg über den Ozean gefunden hat, in unser Frankfurter Museum gelangt ist. A. Lotichius. Der Diplodocus. Mit 6 Abbildungen. Zur Einweihung ihres neuen Museums wurde der Sencken- bergischen Naturforschenden Gesellschaft das prachtvolle Skelett des Diplodocus geschenkt, das im Lichthof aufgestellt ist als der erste amerikanische Dinosaurier, der in ein europäisches Museum gelangt war. Morris K. Jesup, der inzwischen ver- storbene Präsident des American Museum of Natural History in New York, war der großherzige Geber. Etwa gleichzeitig hatte Andrew Carnegie einer Anzahl europäischer Museen einen Abguß des in Pittsburgh aufgestellten Diplodocus-Skeletts als Geschenk überreicht. Durch diese Schenkungen war den europäischen Paläontologen und Zoologen zum ersten Male Ge- legenheit geboten, selbst die Reste dieser eigenartigen Riesen- saurier zu untersuchen, und so kommt es, daß das Interesse weiter Kreise durch eine Anzahl wissenschaftlicher Arbeiten über den Diplodocus rege wurde. Es wird daher willkommen sein, Näheres über das Prachtstück unseres Museums und seine Ausgrabung zu hören, wobei auch die vielumstrittene Frage über seine Aufstellung gestreift werden mag. Diplodocus gehört zu den Dinosauriern, ausgestorbenen Reptilien von meist gewaltiger Größe, die im Mittelalter der Erdgeschichte auf allen Festländern lebten. Das Skelett der ältesten Formen aus der Triaszeit läßt noch eine nahe Verwandt- schaft mit demjenigen der gleichzeitig lebenden Vorläufer der Krokodile, der Parasuchia, erkennen. In der Blütezeit des ‘or MON ur dnsof ‘y STAToM UOA yuayasan "y'g’ ‘ZuruoA [e1Jus) UOA BInf UsIKO OP SE SIOLINESOUTLT UOAUR] UL GT SOUTO 499JO7STeUTSTIO SOFIOLIMEISOy "ysen snbuo] smaopolduT — 274 — Dinosaurierstammes, der Jura- und Kreidezeit, tritt aber eine Fülle der mannigfaltigsten und verschiedenartigsten Formen auf, deren verwirrende Vielgestaltigkeit sich am besten in zwei große Gruppen zerlegen läßt, nämlich in solche mit einem durchaus reptilienartigen Becken, die Saurischia (Beispiel: Diplodoeus), und in solche, bei denen sich in eigenartiger Weise Vogel- charaktere geltend machen, die Ornithischia (Beispiel: Iguanodon). Die Saurischia zerfallen wieder in Pflanzenfresser, die sog. Sauropoda, und in Fleischfresser oder Theropoda. Diplodocus gehört zu der ersten Gruppe und zeichnet sich gleich den übrigen Vertretern derselben durch einen winzig kleinen Kopf, einen enorm verlängerten Hals und Schwanz und einen kurzen, auf vier etwa gleich langen Extremitäten ruhenden Rumpf aus. Die schlanken, rechenartig gestellten Stiftzähne sind auf den vor- dersten Teil der Kiefer beschränkt; die äußere Nasen- öffnung ist unpaar und liegt auf dem Scheitel zwischen den Augenhöhlen. DieWirbeldes mäch- tigen Tieres enthal- ten zahlreiche Hohl- Schädel von Diplodocus Iongus Marsh. räume, die bei Leb- (etwa !/s n.Gr.) Nach Marsh. zeiten mit Luft ge- füllt waren, so daß die massiven Extremitätenknochen den gewaltigen Körper wohl zu tragen vermochten. Die Füße sind fünfzehig, und die inneren Zehen tragen starke Krallen. Brust- und Beckengürtel ähneln denjenigen der übrigen Reptilien. Unser Diplodocus-Skelett ist wie fast alle bisher aufge- stellten Dinosaurier-Skelette eine Resta uration, d.h. es sind Teile verschiedener Individuen derselben Art und Größe zu seiner Zusammenstellung verwendet worden. Es ist nämlich außer- ordentlich selten, daß man die Skelette ausgestorbener Tiere noch in ihrer natürlichen Lage findet; meist handelt es sich um Einzelknochen. Denn die Verwesung eines Kadavers löst den Zusammenhang der Hartteile; aasfressende Tiere verschleppen > Zr 'OT6T wuof ‘EYOH A Pa worm ur geyospppsog "wegog-30]007 '7 'y a9p uodunpueyggqy ,’snoopodaT sap worgsmagsuopay aIq“ joqYy yoeu usyun ‘6067 UNIOg ‘opunary AopusyostoringeNn IFeyos[[fasoH dap ayyorıoq -SIUNZAS „cNegaI yaraım 192D9u.09 sM9oPoJdıT em 97 M“ 191Tu10 ] peu uogo 'SYOTIAS-SNIOPOJdICT SOp UorPnLSUoyay — 276 — x sie, und die Wogen des Meeres oder die Kraft des fließenden Wassers, sowie die Verwitterung zerstören oft noch mehr. Ganze Skelette wie z. B. die Ichthyosaurier aus dem schwarzen Jura von Holzmaden in Württemberg sind seltene Ausnahmen, und es ist meist eine sehr schwierige Aufgabe, die unzusammen- hängenden Bruchstücke zu vereinigen und sie nach anderen Funden zu ergänzen. | Weit schwieriger ist es aber noch, das Skelett eines aus- gestorbenen Tieres wieder in einer Stellung zu vereinigen, die der Haltung und den Bewegungen des lebenden Tieres ent- sprochen ‚haben mag. Zu diesem Zweck sucht man aus der Fauna der Gegenwart diejenigen Formen heraus, deren Körper- bau am ersten zum Vergleich herausfordert, studiert den Mechanis- mus der einzelnen Skeletteile des Fossils, die Funktion des Gebisses, die Lebensweise, unter fortwährender Vergleichung mit lebenden Tieren und gelangt so zu einem Analogieschluß auf den Körperbau der ausgestorbenen Art, dessen Resultat eine möglichst naturwahre Rekonstruktion sein wird. Eine solche Rekonstruktion ist um so schwieriger, je fremdartiger das Tier der Vorzeit ist, und je weniger verwandte Gestalten in der Gegenwart leben. Viele Modelle und Bilder von ausgestorbenen Lebewesen sind darum weit mehr Dokumente einer überaus regen Phantasie als ernsthafte wissenschaftliche Arbeit. Daß aber auch unter namhaften Forschern große Meinungsverschieden- heiten entstehen können, geht deutlich aus den beiden Rekon- struktionen des Diplodocus hervor, die von Tornier und Abel versucht worden sind. Man kennt Dinosaurier aus den mesozoischen Schichten aller Erdteile, und die neuen Funde in Deutschostafrika zeigen, welche Überraschungen die Erforschung fremder Länder noch bringen kann. Bei weitem die meisten Dinosaurier aber stammen aus dem Westen von Nordamerika, besonders aus den Staaten Montana und Wyoming, und auch unser Diplodocus ist 1897 in Central Wyoming in dem sog. Bone Cabin-Steinbruch gefunden worden. Dort waren die Reste der riesigen Tiere in solchen Massen vorhanden, daß die Hirten sich aus Dinosaurierknochen eine Hütte gebaut hatten. Eine Expedition des New Yorker Museums gerub 1899 das Skelett aus. Mit größter Vorsicht wurde jeder Knochen einzeln, und zwar zuerst auf der Oberseite freigelegt, ae ‘Zuruoiy feiyusg ‘yon aqurogg-urgen 9uog we SnoopojdiqT 89 daasum 9][99spung — 278° — so daß die zahllosen Risse und Sprünge mit Zement ausgefüllt werden konnten. Dann kam ein dicker Gipsverband darüber. Nun legte man die Unterseite des Knochens frei und behandelte sie ebenso, so daß schließlich ein harter Gipsblock jeden ein- zelnen Teil des wertvollen Skeletts in sich barg und ohne Gefahr nach New York transportiert werden konnte. Dort arbeitete man die Knochen sorgfältig wieder heraus und hatte nun den größten Teil eines zusammenhängenden Skeletts in vielen Einzel- knochen vor sich. Es waren erhalten geblieben: zehn Rücken- wirbel, fünf Halswirbel, acht Schwanzwirbel, die Rippen und der größte Teil der Extremitäten. Die nötigen Ergänzungen waren leicht vorzunehmen; sie unterscheiden sich durch ihre Farbe sofort von den echten Knochen. Die hinteren 24 Wirbel des Schwanzes wurden am gleichen Fundort entdeckt, und es ist möglich, daß sie alle oder zum Teil dem gleichen Individuum ange- hören ; sicher ist dies indessen nicht. Die fehlenden Knochen sind nach den Diplodocus-Resten der Museen von New York und Pitts- burgh ergänzt, wie andererseits auch unser Skelett benutzt worden ist, um manche Einzelheiten an den anderen Stücken aufzuklären. Zunächst wurde das Skelett unter der Leitung von Prof. OÖsborn im New Yorker Museum aufgestellt, und zwar wurden sämtliche Knochen in eine Mischung von Dextrin und Gips ein- gebettet, weil das Becken durch den gewaltigen Gesteinsdruck zu sehr zusammengepreßt war, als daß es eine freie Aufstellung wie die des Pittsburgher Exemplars (Diplodocus carnegiei Hatcher) gestattet hätte. So erscheint unser Skelett im imitierten Gestein als Hochrelief, wobei die fehlenden Teile, soweit sie nicht ergänzt sind, einfach auf den Untergrund aufgemalt wurden. Diese Methode gibt jedem Beschauer die Möglichkeit, ohne weiteres die tatsächlich vorhandenen von den fehlenden Teilen zu unterscheiden. Das fertig montierte Skelett wurde alsdann wiederum in 23 große Blöcke zerlegt und, in ebensoviel Kisten mit einem Gesamtgewicht von 146!/s Zentnern sorgfältig ver- packt, von New York nach Frankfurt geschafft, wo es im Juli 1907 unter der persönlichen Leitung des Direktors des American Museum Prof. Bumpus in unserem Lichthof auf drei stark fundamentierten Trachytsockeln aufgestellt worden ist. Der Art seiner Aufstellung liegt die Annahme zugrunde, daß der Diplodocus — und mit ihm die übrigen Sauropoden — — 279 — mit steil gestellten Gliedmaßen gegangen sind. Während namhafte Forscher an dieser ursprünglichen Anschauung fest- halten, sind in neuerer Zeit Zweifel an ihrer Richtigkeit laut geworden, die zu einem lebhaften Widerstreit der Meinungen geführt haben. Hierauf näher einzugehen, dürfte aber an dieser Stelle um so weniger angebracht sein, als unseren Mitgliedern im vergangenen Winter Gelegenheit geboten war, die beiden Haupt- vertreter der verschiedenen Richtungen Prof. G. Tornier- Berlin !) und Prof. OÖ. Abel-Wien?) selbst zu hören. Von dem Ergebnis weiterer Forschungen und von neuen Funden wird wohl eine endgültige Schlichtung des interessanten Streites zu erwarten sein, und es wird sich alsdann zeigen, ob und inwie- weit die jetzige Aufstellung der beiden Diplodocus-Originale im Carnegie-Museum zu Pittsburgh und in unserem Museum, sowie der Abgüsse, die sich in den anderen europäischen Museen befinden, richtig ist oder einer Korrektur bedürfen wird. Auch über die Lebensweise des Diplodocus sind die Forscher nicht einig. Fast alle nehmen an, daß er den größten Teil seines Lebens im Wasser zubrachte, in flachen Landseen und Sümpfen. Hier fand er am ersten Schutz vor seinen Feinden, den Raubdinosauriern, und suchte vielleicht das Land nur zur Eiablage auf wie andere Reptilien — wir wissen nichts über die Fortpflanzung der Dinosaurier — oder, um einem anderen See zuzuwandern. Seine Nahrung bestand nach der einen Ansicht aus flottierenden Wasserpflanzen (Charazeen usw.), die man in Menge fossil zusammen mit den Diplodocus - Resten gefunden hat. Dies wäre indessen allein noch kein Beweis; vielmehr sind das Fehlen von Abnützungsspuren an den rechen- förmig gestellten Stiftzähnen, zwischen denen das überschüssige Wasser ablaufen konnte, und der Mangel an Backzähnen die Hauptgründe für die Annahme einer Nahrung, die nicht zer- malmt, sondern einfach verschluckt wurde. Tornier meint, daß der Diplodocus am Boden grundelte und fischte und dabei kleine Tiere — Fische, Muscheln, Schnecken u. dgl. — in Menge verschluckte, während Versluys glaubt, daß er durch geschickte, schnelle Bewegungen des langen Halses Fische fing und ver- schlang. Vielleicht klärt ein glücklicher Fund diese Frage 1) Wissenschaftliche Sitzung am 22. Oktober 1910. Siehe S. 112. 2) Sitzung der Geologischen Vereinigung am 24. November 1910. ‘SOJSNIIH SOp uaT[oIs—ny 'K10Isıpp [eanyen jo umosam UROLIOULY UT SIITOINS-SNOOPOIdIT Sorosun Sundoryuop -U1989H Ayarsungy Sep UT uoNDoUY] uUf9ZUTD Top UAONFUTT -K109S1pf feınyen Jo wnasnp weoromy WE s90[07g-snoopodiet Sorasun Sunzotyuom _— 232 — einmal auf, ähnlich wie der prachtvolle Hai aus dem schwarzen Jura von Holzmaden (im Stuttgarter Museum), dessen Magen von den Belemniten gierig verschlungener Tintenfische noch ganz erfüllt ist. Als Waffe mag dem Diplodocus vielleicht der lange, kräftige, peitschenartig dünn auslaufende Schwanz gedient haben, mit dem er wohl gefährliche Schläge austeilen konnte, der ihn aber auch bei der Flucht durch das Wasser kräftig unterstützt haben mag. Man kennt Diplodocus-Knochen, in denen die mächtigen Zähne von Raubdinosauriern tiefe Furchen eingegraben haben; man weiß aber nicht, ob die Räuber, unter denen Allosaurus hervorragt, in gewaltigen Sätzen den schwerfälligen Riesen überfielen, oder ob sie, wie Osborn meint, nach Art der Hyänen sich von den Kadavern ernährten. Wir wissen nicht, warum solche Riesentiere aussterben mußten. Wir sehen nur, wie sie mit dem Schluß des Mittel- alters der Erdgeschichte, mit der Morgenröte der Neuzeit und damit dem Aufblühen des Säugetierstammes, verschwinden. Vielleicht trifft eine Annahme, die gegenwärtig von den meisten Forschern bevorzugt wird, das Richtige. In manchen Tier- gruppen steigern sich die Größe und die Spezialisierung immer mehr, bis eine weitere Zunahme und eine Anpassungsfähigkeit an veränderte Lebensbedingungen unmöglich sind. Dann würde schon eine leichte Temperaturabnahme am Schluß der Kreidezeit und damit ein Rückgang des Pflanzenwuchses genügt haben, um den Dinosauriern die Existenzmöglichkeit zu rauben. Sogar schon ein Austrocknen der Sümpfe könnte ihnen verderblich geworden sein. Jedenfalls nimmt der Stamm der Dinosaurier an Größe und Mannigfaltigkeit eher zu als ab, je näher sein Ende kommt: gerade in den Schichten der Kreidezeit sind in allen Erdteilen die Reste der mächtigen Tiere gefunden worden, während wir im Tertiär keine Spur mehr von ihnen treffen. Die rätselhafte Lücke, welche die Neuzeit der Erdgeschichte vom Mittelalter trennt, ist bei den Dinosauriern schärfer als bei anderen Gruppen ausgeprägt, ohne daß bisher ein Licht in dieses Dunkel gefallen wäre. F. Drevermann. — 283 — Von Djibouti zum Rudolfsee. Vortrag bei der Jahresfeier am 28. Mai 1911. Mit einer Karte und 10 Abbildungen von G. Escherich (Isen). Im Herbst 1908 erhielt ich von Negus Negesti Menelik II. den Ruf, nach Abessinien zu kommen und die Aufforstung der völlig kahlen Umgebung seiner Haupt- und Residenzstadt Addis- Abbeba!) einzuleiten. Der weitaussichtige Monarch hatte sehr richtig erkannt, daß einer der größten Übelstände seines Landes die Holzarmut sei, und daß hierdurch namentlich auch die weitere Entwicklung, wenn nicht gar die Existenz Addis-Ab- bebas, bedroht werde. Gab es doch im weiten Umkreis der Hauptstadt keinen nennenswerten Wald, und mußte jedes einzelne Stück Holz mehrere Tagemärsche weit auf dem Rücken der Tragtiere zum Markte gebracht werden, wo es wie andere Ware stück- oder bündelweise feilgeboten und mit ganz unglaublichen Preisen bezahlt wurde. Daß hierdurch die Bautätigkeit nicht gerade gefördert, sondern zum Teil überhaupt unmöglich gemacht wurde, liegt auf der Hand. Selbst an dem nötigsten Brennholz fehlte es in der Umgebung der Hauptstadt. Auch dieses mußte weither transportiert werden, so daß sich den Luxus eines Holz- feuers — Kohlen gibt es überhaupt nicht — nur die Vermög- licheren leisten konnten, während die ärmeren Leute durchweg darauf angewiesen waren, den in Kuchenform geschlagenen und getrockneten Mist der Haustiere zu brennen. ı) „Neue Blume“, eine Gründung Meneliks. — 24 — _ M ehelik hatte in einer mir gelegentlich meiner z Reise im Jahre 1907 gewährten Audienz bereits dieser One ER stände Erwähnung getan und damals schon die Anzucht nutz- holztüchtiger Koniferen ins Auge gefaßt, nachdem er sich hatte überzeugen lassen, dass die vor Jahren gegründeten Eukalyptus- Pflanzungen das zu Bauzwecken benötigte Material nur sehr | L Karte von Abessinien mit eingezeichnetem Reiseweg. unvollkommen zu liefern imstande sein würden. So erfolgte denn das Jahr darauf in einem an Kaiser Wilhelm gerichteten Schreiben meine temporäre Berufung nach Abessinien. Ich nahm mit Freuden an, da ich mir nicht nur einen tatsächlichen Erfolg, sondern insbesondere auch ein interessantes Arbeiten versprach. In dankenswerter Weise hatte die bayerische Re- sierung dem Wunsche des Auswärtigen Amtes in Berlin ent- sprochen und mir den nötigen Urlaub gewährt. So konnte denn die Ausreise schon anfangs Januar 1909 erfolgen. — 285 — Wie bei meiner ersten Reise im Jahre 1907 wählte ich auch diesmal wieder die Route über Djibouti, da sie zurzeit noch unzweifelhaft die schnellste und einfachste Verbindung Europas mit der 'äthiopischen Hauptstadt ist. Die beiden anderen Zugänge zu dem vom Meere abgeschlossenen Äthiopien sind umständlicher und zeitraubender. Der eine dieser Wege führt durch die italienische Kolonie Erythraea zur abessinischen Grenze, dann auf etwa sechswöchentlichem, beschwerlichem Landmarsch zur Hauptstadt, der andere den Blauen Nil aufwärts bis in die Gegend von Gambela, von wo aus wiederum ein langwieriger Marsch nach Addis-Abbeba zurückzulegen ist. So interessant gerade die letztere Route für mich gewesen wäre, so kam sie doch schon aus dem Grunde nicht in Betracht, weil meine Reise in die Monate des tiefen Wasserstandes fiel und der Blaue Nil um diese Zeit nicht schiffbar ist. Am 29. Januar vormittags gegen 10 Uhr läuft der kleine, nur 152 Tonnen haltende französische Küstendampfer „Binger“, mit dem ich die Überfahrt von Aden gemacht habe, an der Mole von Djibouti an. Die flache, sonnendurchglühte Somaliküste mit ihrer Haupt- und Hafenstadt Djibouti liegt vor mir, das bekannte Bild einer afrikanischen Küstenstadt, das lediglich durch den weißen, palmenumsäumten Palast des französischen Gouverneurs einigen Reiz bekommt. Djibouti ist eine Neugründung der Franzosen und verdankt seine Entstehung dem Wunsche Frankreichs, sich ausgangs des Roten Meeres — ähnlich wie die Engländer in Aden — einen Stützpunkt zu verschaffen, dessen sie für ihre hinterindischen Kolonien bedurften. Zu wirklicher Bedeutung jedoch gelangte Djibouti erst, als Chefneux und Ile (letzterer der später bekanntgewordene „Premierminister“ Meneliks) anfangs der neunziger Jahre den Plan faßten, von: der Meeresküste aus eine Eisenbahn in das Innere, zunächst bis zu der damals wohl bedeutendsten innerafrikanischen Handelsstadt Harrar, zu bauen. Das Projekt kam jedoch nur zum Teil zur Durchführung. Die Bahn wurde lediglich bis Dirre-Daua gebaut; zu der letzten, etwa 60 km langen Strecke reichten die Mittel nicht mehr aus. Mein Besuch bei Herrn Pascal, dem französischen Gou- verneur, überzeugte mich, daß der Behördenorganismus vorzüglich funktioniert hatte. Das Auswärtige Amt hatte meine Expedition — 286 — in Paris empfohlen, und Herr Pascal erhielt von dort gerade noch rechtzeitig die telegraphische Weisung, mich zu unter- stützen, als ich auch schon den französischen Boden betrat. Wie wertvoll diese diplomatischen Empfehlungen waren, sollte ich alsogleich erfahren. Mit einer Weisung an die Zollbehörde, mein ganzes Expeditionsgepäck ungeöffnet und zollfrei passieren zu lassen, verließ ich hocherfreut das Gouvernement. Nur zweimal in der Woche gehen Züge von Djibouti nach Dirre-Daua ab, Dienstags und Samstags. Es ist dies jedesmal ein kleines Ereignis für das an Sensationen so arme Städtchen und zieht trotz der frühen Morgenstunde immer eine größere Schar Europäer nach dem ziemlich weit außerhalb des Ortes gelegenen Bahnhof. Früh 6 Uhr setzt sich der aus zwei Per- sonen- und einigen Güterwagen bestehende Zug in Bewegung und kommt etwa 6 Uhr abends in Dirre-Daua an. In dieser zwölfstündigen Fahrzeit legt der Zug ganze 308 km zurück, so daß man also nicht gerade von einer beängstigenden Fahr- geschwindigkeit sprechen kann. Dafür aber wird den Passagieren wenigstens die Zeit, die sie in den überhitzten Abteilen zubringen dürfen, ordentlich angekreidet: man zahlt 186 Franken für ein Billet erster Klasse; dazu kommt noch die Kleinigkeit von 20 bis 30 Franken für das bißchen Handgepäck, das man auf jeder europäischen Bahn unbeanstandet mit in das Abteil würde nehmen dürfen. Verhältnismäßig ebenso hoch, wenn nicht noch höher, sind die Sätze für den Frachtverkehr. Ich glaube, dies nicht besser illustrieren zu können als damit, daß ich für die Ver- frachtung meines Expeditionsgepäckes auf dieser kurzen Eisen- bahnstrecke annähernd das gleiche bezahlen mußte, was mich sein Transport von München über Hamburg nach Djibouti gekostet hat. Man sollte nun meinen, daß diese ungeheuer- lichen Sätze, die geradezu einer Brandschatzung des Publikums gleichkommen und eben nur bei der Monopolstellung der Bahn möglich sind, der Eisenbahngesellschaft zu einer großen Rente verhelfen würden. Dies ist aber nicht der Fall. Das Unter- nehmen steht vielmehr fortwährend vor dem Bankerott und wird nur durch Subventionen der französischen Regierung immer wieder über Wasser gehalten. Es gibt dies zu denken und gestattet jedenfalls die Schlußfolgerung, daß der Export und Import Abessiniens unmöglich ein bedeutender sein kann; sonst — 287 — müßte sich doch wohl dieser einzige Schienenstrang, dem der hauptsächlichste Verkehr mit Europa zufällt, besser rentieren. Dienstag, den 2. Februar, geht's bei grauendem Morgen zum Bahnhof; um 6 Uhr ist die Abfahrt des Zuges, und bei dem notorisch großen Zudrang der Passagiere — es fuhr außer mir auch noch ein Europäer mit — heißt es, beizeiten zur Stelle zu sein. Mit der langweiligen, zwölfstündigen Fahrt, während der die pustende Maschine uns mit dem Aufwand ihrer letzten Kräfte zu dem etwa 1100 m hoch gelegenen Dirre-Daua hinaufzog, will ich mich nicht aufhalten und nur erwähnen, daß bei Kilometer 90 die abessinische Grenze erreicht wird. Wir sind also in Abessinien, und es ist jetzt vielleicht Zeit, einige ganz kurze allgemeine Bemerkungen über das Land, dem meine Reise gelten sollte, und über seine Bewohner vorauszusenden. Abessinien, auch Äthiopien oder Habesch genannt, umfaßt etwa 600000 qkm, ist also wesentlich größer als das Deutsche Reich. Es ist sehr dünn bevölkert; denn seine Einwohnerzahl wird, hoch gerechnet, mit etwa neun Millionen eingeschätzt. Der zentralgelegene Teil des abessinischen Reiches ist ein Hochland von durchschnittlich 2000 bis 2500 m Meereshöhe, das jedoch dank seiner geographischen Breite fast überall noch Getreidebau zuläßt. Im Osten, Süden und Westen des Reiches finden sich ausgedehnte Niederungen, „Kollas“ genannt, meist buschdurchsetzte Steppen und Wüsten. Das Klima ist in den Hochlagen ein verhältnismäßig gutes; doch stellen sich bei den an große Höhen nicht gewöhnten Europäern sehr bald Anzeichen der Bergkrankheit ein. So bringen z. B. die meisten Europäer, die gezwungen sind, in der 2500 m hoch gelegenen Hauptstadt zu arbeiten, einen Herzfehler mit nach Hause. In den Niederungen ist das Klima durchweg ungesund; Malaria, Schwarzwasserfieber und nicht zuletzt Dysenterie fordern alljährlich ungezählte Opfer. Die Bevölkerung besteht aus den herrschenden Amharen, die sich semitischer Abkunft rühmen, und aus den unterworfenen Stämmen, von denen wohl die nomadisierenden Somalis und die ackerbautreibenden Fallas die bedeutendsten sind. Nicht unerwähnt möchte ich die zahlreichen fronenden Negerstämme im Westen und Süden lassen, die der hochfahrende Abessinier mit dem verächtlichen Kollektivnamen „Schankella“ d. h. schwarz — 28 — bezeichnet. Der stets zur Überhebung neigende Amhare hält sich natürlich nicht für schwarz und spricht verächtlich von den anderen als „Schwarzen“. Ackerbau und Viehzucht sind die Haupterwerbszweige des Landes. Ihnen gegenüber treten alle anderen zurück, auch der vielgepriesene Kaffee- und Baumwollenbau. Abessinien besitzt keine nennenswerte Industrie, keine reichen Montanschätze; es ist überhaupt nach unseren Begriffen kein reiches Land. Ich Holzmarkt in Addis-Abbeba. möchte dies ausdrücklich betonen gegenüber vielen anders- lautenden Preßäußerungen, die geeignet sind, falsche Vorstel- lungen von den natürlichen Schätzen des Landes zu erwecken, und damit direkt oder indirekt Veranlassung geben, deutsches Kapital in abessinischen Unternehmungen zu verlieren. Angenommen aber selbst, daß das Land reich wäre und auch die politischen Verhältnisse eine ruhige Abwickelung der Geschäfte garantieren würden, so müßten doch zurzeit wenigstens noch alle Unter- nehmungen an den geradezu unglaublich rückständigen Verkehrs- verhältnissen scheitern. Gibt es doch heutzutage im ganzen — 289 — Inneren Abessiniens noch kaum eine mit Wagen befahrbare Straße, und ist man hinsichtlich des Transportes der Waren fast ausschließlich auf den Rücken der Esel und Maultiere, bestenfalls der Kamele angewiesen. Das mögen sich alle die- jenigen gesagt sein lassen, die mit Abessinien in Handelsbe- ziehungen treten wollen. (Geld verdienen wird man in diesem Lande wohl erst dann können, wenn die „stolze“ äthiopische Eisenbahn, deren Bekanntschaft wir bereits gemacht haben, zum mindesten bis Addis-Abbeba durchgeführt sein, oder noch besser, wenn sie durch Anschluß an die Bahnen am Nil oder in Erythraea ihren Charakter als Sackbahn verloren haben wird. Abessinien ist ein Soldatenstaat xarT’ &Eoyrv. Soldat zu sein, d. h. mit dem Gewehr herumzulaufen und dabei möglichst jeglicher Arbeit aus dem Wege zu gehen, ist das Lebenselement des Abessiniers. Dabei ist er ein unvergleichlich guter Mar- schierer, außerordentlich genügsam, hart gegen sich und im Kampfe von einer Todesverachtung, wie sie eben nur noch bei tiefer stehenden Rassen zu finden ist. Ist also der einzelne Mann schon kriegerisch veranlagt, so auch, wie die Geschichte der steten Kämpfe und Kriege zeigt, das ganze Volk, was wiederum erklärt, daß Abessinien noch zu allen Zeiten über gute Heerführer verfügt hat. Erwägt man weiter, daß der abessinische Soldat mit einem Einheitsgewehr, dem recht brauch- baren französischen Einzellader Modell Gras 74, bewaffnet ist, daß außerdem noch Hunderttausende dieser Gewehre in den Kriegsbeständen des Negus sich befinden, und daß viele Millio- nen dazugehöriger Patronen als „Scheidemünze“ kursieren oder in den Depots lagern, so mag man vielleicht für das Schlagwort „äthiopische Gefahr“ einiges Verständnis gewinnen. Die Nieder- lage von Adua war meiner Ansicht nach nicht bloß eine Ver- kettung unglückseliger Zufälle, wie die italienische Geschicht- schreibung sie darzustellen beliebt, sondern vielmehr eine Probe auf die kriegerische Befähigung des einzelnen Äthiopiers sowohl wie des ganzen Volkes. Doch nun zurück zu meiner Reise. In Dirre-Daua, der Endstation der äthiopischen Eisenbahn, begrüßte mich Atu Negado, der von Menelik bestellte Gouverneur des Platzes. Er hatte von seiner Regierung den Auftrag erhalten, mir die Karawane nach Addis-Abbeba zu stellen, und fragte nach meinem 19 — 290 — Begehr. Da es nicht mein Geld, sondern das des Negus kostete, war ich in meinen Ansprüchen nicht allzu bescheiden und for- derte 22 Maultiere für mich und meine Leute. Innerhalb weniger Tage waren sie da: ein ungewohnter Eifer eines abessinischen Beamten, der aber wohl darin seine Erklärung finden dürfte, daß man bestrebt war, mich möglichst bald wieder los zu werden. Drei Wege führen von Dirre-Daua zur Hauptstadt: der Tschertscherweg, der Assabotweg und der Bilen- oder Wüstenweg. Alle drei sind etwa 450 km lang. Der Tschertscherweg führt über das Tschertschergebirge, ist absolut gesund und sicher. Der Assabotweg zieht am Fuße des Gebirges entlang und läßt hinsichtlich der Wasserversorgung mitunter zu wünschen übrig. Der Bilen- oder Wüstenweg endlich, die nördlichste dieser drei Routen, führt durch die Danakilsteppe und gilt auf dieser Strecke für sehr unsicher. Die Danakil haben nämlich bis jetzt allen Kulturbestrebungen hartnäckigen Widerstand entgegengesetzt, halten Mord und Totschlag noch immer für verdienstvolle Tätig- keit, für die sie nicht zur Rechenschaft gezogen werden können, und sind infolgedessen entschieden die schwierigsten Untertanen der schwarzen Majestät. Nicht gerne hörte es demnach Atu Negado, daß ich gerade diesen Weg ziehen wollte. War er doch für meine Sicherheit haftbar und kannte die wilden Danakil aus eigener Erfahrung. Mit den und jenen Einwendungen kam er daher, um mich von meinem Vorhaben abzubringen. Umsonst; ich blieb fest, und zwar aus guten Gründen. War doch der Bilenweg die einzige der drei Routen, auf der noch Jagd zu finden war. Vor zwei Jahren.schon war ich mit meinem Freunde E. Ladenburg des Jagens halber dort gezogen, und wenn die Ausbeute, die wir damals machten, auch hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben ist, so lag dies wohl in erster Linie daran, daß wir ohne Führer und auf eigene Faust jagten und damit natürlich Fehler machten, die wir als Tropenneulinge machen mußten. Inzwischen aber hatte ich so manches hinzu- gelernt und hoffte nun nachholen zu können, was ich damals versäumt hatte. Als Negado sah, daß ich fest blieb und vom Bilenweg nicht lassen wollte, willigte er schließlich schweren Herzens ein, freilich nur unter der Bedingung, daß ich zwei ange- — 291 — sehene Danakil, die er mir stellen wollte, als Führer und ge- wissermaßen als Geiseln mitnehmen würde. So konnte also am 15. Februar endlich meine Karawane aufbrechen. In Hurso steht wieder wie auch vor zwei Jahren mein erstes Lager. Unter denselben alten Akazien wie damals schlage ich mein Zelt auf; auf dem gleichen Termitenhügel halte ich Umschau in die Steppe. Alles, wie wenn es gestern erst ge- wesen wäre. Ja, selbst die Feuerstelle finde ich noch, wo wir “gekocht, und die Steine, die wir zusammengetragen haben. Kamelherde zur Tränke ziehend. Mit dem ersten Morgengrauen geht es weiter auf bekannten Pfaden: Erer, Tolo, Ota, Mulu und wie die Wasserstellen alle heißen; ich kenne sie alle noch. Dann die lange Durststrecke über die Hochsteppe hinab zum grünenden Becken von Bilen. Hier sowie in den nahen Uferwaldungen des Hawasch- und Kassamflusses hatten wir vor zwei Jahren noch recht gute Jagd gefunden; hier wollte ich auch diesmal mein Glück ver- suchen und einige Tage dem edlen Weidwerk widmen. Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe, Leopard und große Anti- lopen hatten wir damals in der Umgegend konstatieren können, 19* u N = rt h te Ze Ber ” EEETENN 2 und wenn der Erfolg auf dieses Großwild nur ein ı minimale war, so lag dies, wie bereits erwähnt, an unseren eigene Fehlern. Das Wild war dagewesen, ohne Zweifel. Und wie sah es diesmal aus? So gut wie nichts von alledem war mehr zu finden. Die ersten Pürschen zeigten, wie gründlich die Gras- gewehre der Abessinier, unterstützt von den Kleinkalibrigen der vorüberziehenden Karawanenleute, unter den Wildbeständen aufgeräumt hatten. Nichts war mehr im Busche zu fährten, IR. “&L q j Termitenhügel am Kassamfluß. nichts mehr auf der weiten Steppe zu sichten, außer einigen wenigen Gazellen, die durch stete Verfolgung unglaublich scheu und vorsichtig geworden waren. Die Gegend von Bilen, ehe- mals ein Dorado für den Jäger, ist binnen weniger Jahre wildleer geworden. Ein warnendes Beispiel dafür, wie rasch es auch mit dem besten Wildstande in Afrika abwärts geht, wenn er schutz- und schonungslos der Mordgier der Menschen, vor allem der tiefstehenden, zügellosen Schwarzen, ausgeliefert ist. Bei Godaburka beginnt der Aufstieg zum Hochlande von Schoa. Auf steilem, steinigem Pfade klimmt die kleine Kara- — 293 — wane mühsam aufwärts zu dem am Rande des Steilhanges ge- legenen Baltschi; dann geht es in zügigem, stets ansteigendem Marsche weiter zur Hauptstadt. Der innerhalb weniger Stunden sich ergebende Höhenunterschied macht sich hinsichtlich der Temperatur fast unliebsam bemerkbar. Der durch die Hitze des Tieflandes verweichlichte Körper empfindet die plötzliche Wärmeabnahme direkt unangenehm. Man friert bei Weggang der Sonne und sitzt abends fröstelnd, mit dem Wettermantel „angetan, am Lagerfeuer. Am 10. März vormittags endlich werden in weiter Ferne die blitzenden Blechdächer der äthiopischen Hauptstadt sichtbar ; aber noch weiterer sechs Stunden bedarf es, bis ich die ersten vorgeschobenen Hütten des weitläufigen Städtebildes erreiche. Ein Trupp Reiter kommt mir entgegen; an ihrer Spitze ein „Ferenki“!) im Tropenhelm. Es ist Hauptmann Schubert vom sächsischen Generalstabe, der mir des deutschen Gesandten Will- kommgruß überbringt. Seit einigen Wochen schon war Schubert im Lande, um im Auftrage Meneliks die Grenze gegen Eng- lisch Ost zu vermessen. Wie es in Addis-Abbeba ginge, war meine erste Frage. Das, was ich erfuhr, übertraf’selbst noch meine trübsten Ahnungen. Menelik, der vor einigen Wochen einen abermaligen, schweren paralytischen Anfall erlitten hatte, konnte sich von diesem letzten Schlage nicht mehr erholen. Die eiserne Natur eines mit schier übermenschlicher Willensstärke ausgerüsteten Mannes war end- gültig gebrochen. Der „Löwe aus dem Stamme Juda‘‘ hatte seine Schrecken verloren; er war schwach und willenlos geworden wie ein Kind, lebendig-tot, so wie er heute noch dahinsiecht. Das war alles, was Taitu, seine lieblose, herrschsüchtige Ge- mahlin, sich nur wünschen konnte. Nun konnte sie regieren, wie sie wollte, der Name des siechen Kaisers, der in seiner Schwäche ihr ganz zu Willen war, mußte sie immer decken. Willkürliche Regierungsakte, zügellose Günstlingswirtschaft, fremdenfeindliche Politik drückten der Herrschaft dieser leiden- schaftlichen Frau schon in den ersten Tagen ihr Siegel auf. . Nach böser Weiber Art nützte sie die Macht in erster Linie dazu, die zu treffen, die sie haßte. So vor allem die Deutschen, D) „Weißer“. — 24 — auf die sie dank englischer Bemühungen besonders schlecht zu sprechen war. Auch Schubert mußte dies erfahren. Noch immer saß er in Addis-Abbeba und konnte nicht zur Grenze abreisen, weil man ihm die notwendigste Unterstützung ver- sagte. Und dabei sollte doch Schuberts Reise einzig und allein dem Lande zugute kommen. Eine nette Aussicht für meine Mission! Ein Glück nur, daß ich von Anfang an wußte, was ich von der äthiopischen Regierung für meine Arbeiten zu Abessinische Telephonstation auf dem Wege zur Hauptstadt. erhoffen hatte, und daß ich mich gleich auf eigene Füße stellte. So war es mir denn dank dem außerordentlichen Entgegen- kommen des deutschen Gesandten Dr. Scheller-Steinwartz unter diesen schwierigen Umständen wenigstens möglich, einen Teil meines forstlichen Programms durchzuführen. Ich legte auf dem Grundstück der deutschen Gesandtschaft ein kleines Saatkamp an, auf dem die für Abessinien bestimmten Nutzholz- arten zur Aussaat gelangten, und während ich tagsüber in schwerer Arbeit den Spaten führte, freute ich mich schon immer auf die gemütlichen Abende im Hause des Gesandten. Tausend Dank ihm nochmals an dieser Stelle für die gewährte Gast- ” — 295 — freundschaft! Sie ist die einzige schöne Erinnerung an meinen damaligen Aufenthalt in der äthiopischen Hauptstadt geblieben. Der zweite Teil der Aufgabe, und zwar der, den ich mir selbst gestellt hatte, hieß offiziell „Bereisung des Landes im Süden und Erforschung der dortigen Waldgebiete“, für mich aber einfach „Reise zum Rudolfsee*“. Warum ich gerade dieses Reiseziel gewählt, möchte ich kurz erklären. Einmal war ich schon durch die Lektüre des Höhnelschen Werkes, das die im Jahre 1888 von Graf Samuel Teleki erfolgte Entdeckung des Rudolfsees beschreibt, ganz besonders für diese Gegend eingenommen; dann auch legte das Zoologische Museum in Berlin, das meine Reise unterstützte, großen Wert darauf, daß ich gerade in diesem Gebiete sammelte. Glaubte doch Prof. Matschie, wohl der beste Kenner der afri- kanischen Säugetiere, aus zoogeographischen Gründen annehmen zu dürfen, daß die scharfe Biegung des Omoflusses eine fau- nistische Grenze darstelle, und die Arten nördlich davon andere seien als die des südlich gelegenen Rudolfseegebietes, welche Anschauung auch durch die mitgebrachten Belegstücke voll- kommen bestätigt worden ist. Mit Rücksicht auf die durch Taitus gegenwärtige Macht- stellung gegebenen Verhältnisse versuchte ich gar nicht weiter, die abessinische Regierung für meine Pläne, die doch auch zum Teil die ihren gewesen wären, zu ‘interessieren, sondern ging gleich selbst daran, aus eigenen Mitteln die Karawane zu- sammenzustellen. Da es diesmal aus meinem und nicht aus des Kaisers (Geldbeutel ging, war äußerste Sparsamkeit geboten und hieß es, sich auf das unumgänglich Notwendigste beschränken. Nach peinlicher Auswahl dingte ich sieben ausgesucht kräftige Burschen zu meiner Bedienung und Begleitung. Zwei davon waren Somalis, fünf Amhara. Die tiefe Feindschaft zwischen diesen beiden Stämmen war beim Engagement berücksichtigt worden. Ich brauchte diese Gegensätze, um die sonst unver- meidliche Konspiration der gesamten Mannschaft gegen mich zu verhindern, und tat gut damit. Es waren denn auch, wie die Folge zeigte, schlimmstenfalls immer noch zwei Leute, die zu mir hielten. Mein eigener Marstall war für die lange, insgesamt auf 1800 km veranschlagte Tour mehr als ärmlich. Im Anfang ie U, Be, = . De — 296 — bestand er nur aus zwei Reitmaultieren, das eine für mich, das = andere für Aly bestimmt, der Boy, Koch und Dolmetsch in einer Person war. Später kamen noch zwei Esel hinzu, die eigentlich nur als „Löwenköder“ gedacht waren, in Wirklichkeit aber sich als brave Lasttiere zu Tode rackerten. Die übrigen Maultiere, die ich zum Transport der Lasten benötigte, mietete ich. Zwölf kräftige Tiere und vier Leute dazu waren es, die unter Führung des Vermieters mir drei Monate angehören sollten. Billiger, als wenn ich kaufte, kam ich ja auf diese Weise weg, angenehmer aber wahrscheinlich nicht; denn an Streitigkeiten zwischen mir und dem Eigentümer der Tiere würde es aus naheliegenden Gründen nicht fehlen. Darüber war ich mir völlig klar. Doch sollte ich großes Glück haben. Im Momente des Ausmarsches wurde mein edler Maultiervermieter von Schergen geholt, um auf einige Monate wegen irgendeiner Gaunerei, die er noch auf dem Kerbholz hatte, ins Loch gesteckt zu werden. So war ich denn in Wirklichkeit Herr des gesamten „lebenden Inventars“ meiner Karawane geworden und konnte den Marsch ganz anders forcieren, als wenn der Eigentümer der Tiere als steter Hemmschuh dabei gewesen wäre. Von der abessinischen Regierung verlangte ich nichts als den großen, mit dem Insiegel des Kaisers versehenen Paß. Diesen mußte ich haben, einmal um meiner Reise einen gewissen offi- ziellen Anstrich zu geben, dann auch, weil nur die unbedingte Autorität Meneliks — die Kunde von seinem Siechtum war damals noch nicht in die Provinzen gedrungen — mir in den entlegenen Gegenden seines Reiches den nötigen Schutz gewähren konnte. Nun sollte man doch meinen, daß zu einer Reise, die „offiziell“ den Interessen des Landes dienen sollte, die Regie- rung jedwede Unterstützung gewähren würde, und daß die Aus- stellung des Kaiserpasses in diesem Falle etwas ganz Selbst- verständliches gewesen sei. Dem war nun aber nicht so. Taitu und ihre Trabanten steckten dahinter und wußten immer und immer wieder die Ausstellung des Passes zu hintertreiben oder doch hinauszuschieben. Obwohl sich der deutsche Gesandte in nachdrücklichster Weise meiner annahm und fast tagtäglich die Regierung persönlich oder schriftlich monierte, kam der Kaiser- paß nicht. So entschloß ich mich denn, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren, am 25. März ohne ihn abzumarschieren. Mit ar er 2 ei — 297 — den Pässen der einzelnen Landesherren, die ich mir, soweit möglich, bereits verschafft hatte, hofite ich wenigstens die ersten Wochen durchzukommen. Bis dahin würde ja doch der Kaiser- paß wohl endlich nachkommen. Und er kam, schneller, als ich gedacht. Im ersten Lager schon vor der Stadt erhielt ich ihn. Ein Reiter der deutschen Gesandtschaft überbrachte mir mit den letzten Abschiedsgrüßen Dr. Schellers das für mich so wertvolle Papier, den vielgerühmten Kaiserbrief. Auf schlechtem, billigem Kanzleipapier das große kaiserliche In- siegel, darunter in amharischen Lettern fein säuberlich geschrieben der Text: wg: ATI: HAIITL:. LUX: RIaIP: wLäh: auraa: KINKhNAC: T Fw:r7A0F: NHATF% ?= BUT: RORT: PER: HFC: KL RZU- gaa9&a: TiCauT: Ta t: AM: YA DDEMWE: AH WTLAT: yIH2:, SE:HRTLMZFUC: AL hAdA= Purtme:dı EL: HIRLFIEM: DEM TFUe: mE: HAMMER HIRZE: BUT INH: br E TRA4r in u | „Der siegreiche Löwe aus dem Stamme Juda, Menelik II., von Gottes Gnaden König der Könige von Äthiopien. Dem Träger dieses Briefes, einem deutschen Untertan, der Dr. Esche- rich heißt, habe ich befohlen, die Waldungen zu untersuchen. Wenn er hingeht, dies zu tun, soll er nicht gehindert werden. Damit er nicht in Verlegenheit gerate, soll ihm jeder der Gouver- neure einen Führer geben, daß er durch ihre Statthalterschaften ziehen kann. Gegeben zu Addis-Abbeba, den 16. Makabit 1901* (d. 1. 23. März 1909 nach unserer Zeitrechnung). — 298 — Von einer Tributpflicht der Dorfschaften, die im Kaiser- brief. sonst regelmäßig erwähnt ist, stand nichts darin. Also dies hatte man wenigstens zu hintertreiben gewußt. In der Praxis jedoch machte diese Unterlassung nicht allzuviel aus. Wenn der Schum!) nur Meneliks großes Siegel sah, dann knickte er schon vor Respekt zusammen, und da er meist des Lesens unkundig war, mußte Aly eben „hineinlesen“, was wir gerade brauchten. Die Folge davon war dann immer, daß nach einiger Zeit der Schum mit der ganzen Dorfschaft wieder ins Lager kam und vor meinem Zelt Brote, Eier, Hühner, dann Futter für die Tiere, Holz zum Feuermachen und noch andere schöne Sachen unter tiefen Bücklingen niederlegte. Meist gab es auch noch einen oder zwei Hämmel, wenn nicht gar ein feister Zebuochse geopfert wurde. Man muß sich eben zu helfen wissen. Mit großer Regelmäßigkeit vollzieht sich der Marsch nach dem Süden. Beim ersten Morgengrauen ertönt der Weckruf, die Zelte werden abgebrochen, die Lasten gepackt und verschnürt. Möglichst gleiche Form und gleiches Gewicht sind hierbei Haupt- bedingung. Ist endlich alles zum Aufladen bereit, so werden die Tiere, denen man inzwischen noch einen kleinen Weidegang gestattet hat, eingefangen, und es geht ans Aufipacken. Immer zwei Mann sind mit einem Tragtiere beschäftigt. Richtig packen muß gelernt sein, und hiervon hängt mehr oder weniger die Marschleistung der Karawane ab. Sind die Lasten nicht ganz gieichgewichtig auf dem Rücken des Tieres verteilt oder nicht sehr fest verschnürt, so tritt bald ein Verschieben ein. Das Tier muß dann angehalten, aus der Marschkolonne gezogen und neu gepackt werden. Also lieber den Leuten beim Aufpacken etwas länger Zeit lassen, damit sorgfältig jede Packung nach- geprüft und etwaige Mängel noch vor dem Abmarsch beseitigt werden können! So wird es denn regelmäßig 7 bis 8 Uhr morgens, bis sich die Karawane in Bewegung setzt. Der Marsch dauert dann sechs bis acht Stunden ohne Unterbrechung, wobei je nach Weg- und Terrainverhältnissen etwa 20 bis 30 km zurückgelegt werden. Sehr unangenehm wurde von uns der Umstand empfunden, daß hier oben im Hochland die sog. kleine Regenzeit bereits begonnen hatte. Allnächtlich gab es ein oder zwei Gewitter 3%) „Dorfälteste“. — .29.— von tropischer Heftigkeit, die mitunter bis zum späten Morgen dauerten und den Aufbruch der Karawane um mehrere Stunden verzögerten. An solchen Tagen war die Marschleistung immer nur eine sehr kleine. Nicht nur, daß wir erst sehr spät fort- kamen, sondern der Marsch war auch nach derartigen ausgiebigen Regengüssen unverhältnismäßig mühsamer als sonst. Der zähe Lehmboden war durchweicht; die Maultiere sanken bis zu den Übergang über einen durch Gewitterregen angeschwollenen Wasserlauf. Fesseln ein, oder aber sie rutschten an abschüssigen, glitschrigen Stellen aus und verletzten sich und die Lasten. Zu allem Über- fluß verursachten die starken Regen auch noch ein rapides Anschwellen der Wasserläufe, und so manches sonst harmlose Wässerlein kostete uns jetzt viele Stunden zu seiner Durch- querung. Reizlos ist der Marsch durch das Gurage- und Wolamo- land. Von hoher Jagd keine Spur mehr zu finden; alles Wild ist ausgerottet. Und doch hat es hier noch vor wenigen Jahren — 300: — Herden von Elefanten und Büffeln, sowie ungezählte Nashörner gegeben. Die mächtigen gebleichten Schädel, die man da und dort im Busche findet, zeugen von vergangener. Herrlichkeit. Heute gibt es nur noch Perlhühner und ab und zu einmal eine kleine Antilope. Dies ist aber auch alles. Drei Wochen eintöniger Märsche liegen schon hinter uns. Wir haben das Land des Dadjasmatsch!) Pyrrho erreicht. Von diesem Herrn hatte ich schon in Addis-Abbeba genug ge- hört, freilich nichts Gutes. Er war der grausamsten Despoten einer, ein Schänder von Frauen und Mädchen. „Hier bin ich Kaiser, Menelik ist weit; ruft ihn doch, wenn Ihr könnt!* Nach diesem Rezept handelte der Tyrann und freute sich der ohnmächtigen Wut seiner Opfer. Lange trieb er es, bis endlich auch sein Maß voll war. Vor wenigen Tagen war Befehl aus Addis-Abbeba eingetroffen, der ihn nach dort rief, um Rechen- schaft abzulegen über das Land, dessen Verwaltung man ihm anvertraut hatte. Ein Blitzstrahl aus heiterem Himmel! Für mich aber war damit eine unerwartet günstige Lage geschaffen. Pyrrho brauchte nun Leumundszeugen und würde sich schwer hüten, den Kaiserbrief zu mißachten. Nie hätte ich geglaubt, daß der grimme Mann so liebenswürdig sein könnte. Mit zwei weiteren Geleitbriefen und einer Order an Balambras?) Osman, den Schum des Bergdorfes Uba, mich zum See zu begleiten, verließ ich Pyrrhos Gibi.?) Unter Osmans Führung geht es weiter. Zunächst zu dem fast 3000 m hoch gelegenen Bakodorfe, dem letzten vorge- schobenen Punkt auf dem Hochlande. Von hier aus soll es hinabgehen in das Tiefland des Rudolfseegebietes. Die letzten zwei Tage Marsch von Uba nach Bako gestalteten sich noch außerordentlich schwierig, so daß vier Tragtiere eingingen und die übrigen zu Tode erschöpft in Bako anlangten. Hätte Osman nicht auf der letzten Strecke den ermüdeten Tieren einen Teil der Lasten abnehmen lassen und dafür Schankellaneger, die er kurzerhand aus den nächsten Hütten holte, als Träger einge- stellt, so wäre der Verlust an Tieren jedenfalls noch ein wesent- lich höherer geworden. sw X { | !, Wörtlich „Zentrummarschall“. ?) „Unterführer.“ ®) „Residenz.“ — 301 — Da es der Tsetsefliege halber unmöglich ist, mit Maultieren zum Rudolfsee hinabzuziehen, mußte in Bako die Karawane neu organisiert werden. An Stelle der Tragtiere traten Schankella- neger, die von Osman mit Hilfe des Schum von Bako sehr bald zusammengetrieben waren, Männer und Weiber, wie es sich eben traf, etwa 30 an der Zahl, ein munteres, freundliches Trägervölklein, das mir niemals Kümmer machte. In Bako gab es zwei Tage tüchtig Arbeit. Die Lasten mußten reduziert und umgepackt werden; auch wollte ich noch für mich ein billiges Reittier kaufen, das mein zurückbleibendes, wertvolles Maultier ersetzen sollte. Mochte es später der Tsetse zum Opfer fallen, so war nicht viel verloren, und ich hatte doch einige Zeit die große Annehmlichkeit des Reitens gehabt. Im Dorfe war eben Wochenmarkt; dort hoffte ich bestimmt, das . Gewünschte kaufen zu können. Freilich hatte ich nicht damit gerechnet, daß Pyrrho, seit er den Befehl erhalten, nach Addis- Abbeba zu kommen, sein Land in unerhörtester Weise brand- schatzte. Der Markt war wie ausgestorben, nichts war mehr zu finden, alles hatte Pyrrho geholt. Den letzten Esel, das letzte Huhn hatte der Blutsauger den Eingeborenen durch seine Schergen weggenommen. Und als an’Hab und Gut nichts mehr da war, kamen die armen Schankella selbst daran; die Männer wurden als Träger ausgemustert, ebenso junge, kräftige Frauen und Mädchen, insofern diesen nicht noch eine andere Verwendung zugedacht war. Noch nicht genug damit; der Wüstling vergriff sich auch noch an Kindern im zartesten Alter, um sie mit nach Addis-Abbeba zu nehmen und sich und gleich- gesinnte Freunde damit zu ergötzen. So sah ich selbst mit eigenen Augen, wie ein baumlanger Abessinier zwei kleine, nackte Schankellamädchen vor sich her trieb, und wenn die armen Kinder nicht mehr weiter wollten, wurden sie mit Stößen und Hieben dazu gezwungen. „Hit, hit!“') hieß es immer wieder, und dabei trafen die langen Bambusstäbe klatschend die nackten Körperchen. Schwerer Jammer war über das Bako- dorf gekommen, und die ganze Nacht gellten die Klagelaute der armen Mütter, denen man ihr Teuerstes geraubt, zu meinem Zelte herüber. Nie habe ich mehr bedauert, schwach und macht- los zu sein, als damals diesem Bluthunde gegenüber. !) „Geht, geht!“ — 302 — Der Übergang vom Hochlande zum Tieflande von Neri ist ein ziemlich unvermittelter, unvermittelt auch hinsichtlich Klima, Vegetation und Tierwelt. In Bako oben empfindlich kühl und die Regenzeit in vollem Gange; in Neri unten heiß und seit Wochen schon Trocknis. Oben erst der Beginn neuer Vegetation bemerkbar; unten schon das Gras in voller Blüte, wenn es nicht gar, wie die schwarzen Rauchwolken vom Rudolfsee herauf uns zeigen, zum Teil schon wieder auf dem Halme vertrocknet ist und von Hirten niedergebrannt wird, um Platz zu schaffen für neue Schosse. Auch die Tierwelt ist eine andere, unendlich reichere geworden. Das erste Bild richtigen afrikanischen Tier- lebens, das ich zu sehen bekomme. Große Rudel des herrlich gestreiften abessinischen Zebras (Equus grevyi Oustalet), da- zwischen Hunderte von Kuhantilopen in verschiedenen Arten mit ihren windschiefen Hörnern; dann wieder kleinere Trupps . der lichtgefärbten Grandgazellen, deren Böcke unter der Wucht der unverhältnismäßig mächtigen Gehörne fast gedrückt er- scheinen. Ab und zu einmal ein stolzer Straußenhahn oder eine vorsichtige Henne mit der munteren Schar ihrer langbeinigen Kücken. Dies war so ziemlich alltäglich der Anblick auf meinen Jagdgängen. Weiter gegen den See zu finden wir noch die im Freien so unglaublich imposanten Giraffen (Giraffa reticulata Winton), einzeln oder in Herden, dann gewaltige Züge der Leier- antilopen (Damaliscus korrigum siana Heugl.) und große Herden der Oryxgazellen (Oryx beisa gallarum Neumann) mit ihren langen, dolchartigen Spießen. Von all diesen Wildarten wurde wenigstens ein Stück erlegt, um als Belegexemplar zu dienen. Freilich mußte ich mich bei dem einzigen Girafienbullen, den ich erlegte, darauf beschränken, nur ein kleines, für die wissen- schaftliche Bestimmung nötiges Stück Haut, dessen Größe ich mit Rücksicht auf den Transport auf das Äußerste beschränkte, mitzunehmen. Und doch kostete mich dieser noch lange nicht ein Meter im Geviert große Hautlappen schon die ganze Trag- kraft eines Mannes. So schwer ist die zentimeterstarke Haut im grünen Zustande. Ich kann daher all den Männern, die wie C. G. Schillings, Paul Niedick, Rudoli von Gold- schmidt u. a. es fertig gebracht haben, von den großen Säugern die ganze Haut und vielleicht noch das Skelett mit nach Hause zu bringen, uneingeschränktes Lob nicht versagen. Nur der, — 308 — der selbst im Innern Afrikas gejagt und gesammelt hat, kann _ einigermaßen beurteilen, welche unendliche Summe von Arbeit, Schwierigkeiten, Geld und Sorgen jeder einzelne dieser Kolosse, die in unseren Museen prangen, gekostet hat! Wo aber waren die Elefantenherden, von denen Teleki uns zu erzählen weiß, wo die ungezählten Nashörner, die damals noch eine Plage der Karawanen waren, wo die Tausende von Büffeln, die die Schilfgürtel des Omo und seiner Nebenflüsse unsicher machten? Sie sind dahin, ausgerottet und vernichtet bis auf kleine Reste oder durch die stete Verfolgung aus der Gegend versprengt, und kehren aus den sicheren, wasserlosen Bergen nur dann noch zu ihren ehemaligen Standorten zurück, wenn der Durst sie treibt. Pyrrho hatte seit Jahren schon gegen das Großwild mobil gemacht. Er liebte Elfenbein, Rhino- hörner und Büffelhaut. Also rüstete er Dutzende seiner Leute mit modernen Gewehren aus, auf daß sie ihm damit seine Kam- mern füllten. Jahraus, jahrein knallten die scharfen Schüsse der kleinkalibrigen Repetiergewehre oder dröhnten die Schläge der schweren Elefantenbüchsen, und Pyrrho wurde ein reicher Mann. Der Wildstand aber im Norden des Rudolfsees ist end- gültig dahin, — immer und immer das alte Lied! Am 20. Mai endlich ist das Land des Gelefstammes, das sich bis zum Strande des Sees erstreckt, erreicht. Hier hatte s.Z. Telekis Zug vom Süden kommend geendet; hier sollte auch meiner, von Norden unternommene, sein Ende finden. Die Verfassung meiner Karawane hätte ein weiteres Vordringen nach dem Süden bedenklich erscheinen lassen, und dann war ja auch mit dem See das mir gesteckte Endziel erreicht. Es war kein bloßer Zufall, daß mein Zelt auf demselben . Hügel stand, auf dem vor zwei Jahrzehnten die Expedition des großen Reisenden Teleki gelagert hatte. War dies doch der einzige Hügel in der Umgebung, und gewährte er neben guter Aussicht doch wenigstens einigermaßen Schutz gegen die Mos- kitos. Wenn ich noch nicht gewußt hatte, was die Moskitoplage wirklich bedeute, so war ich mir darüber sehr bald im klaren. Lange vor Sonnenuntergang schon erhoben sich Myriaden dieser Quälgeister, und die Schwärme wurden mit zunehmender Däm- merung immer dichter und dichter, so daß es ganz unmöglich war, sich im Freien zu halten, ohne auch schon in wenigen — 504 — ” Augenblicken an allen zugänglichen Stellen verstochen zu sein. So blieb denn nichts anderes übrig, als möglichst bald unter das Netz zu kriechen und darunter auszuhalten, bis anderntags die Sonne wieder hoch am Himmel stand und die Quälgeister in ihre Schlupfwinkel trieb. „Moskitomonat“ hatte Aly lakonisch gesagt. So war es auch; die Plage hatte gegenwärtig ihren Höhepunkt erreicht und erst vor wenigen Tagen in diesem Um- fang eingesetzt. Meine armen Schwarzen, die ohne Netze schutzlos den Moskitos preisgegeben waren, litten furchtbar und hatten alle mit Ausnahme eines einzigen bald das Fieber. Nur Bulali, der dümmste von allen, war gesund geblieben; ihn machte scheinbar seine übergroße Dummheit immun. Glücklicherweise blieb ich selbst, obwohl ebenfalls hinreichend zerstochen, vom Fieber frei, vermutlich dank der Chininprophylaxe, die ich gewissenhaft anwendete, indem ich tagtäglich morgens ein Viertel Gramm schluckte. Sie auch auf die Schwarzen auszudehnen, dazu reichte leider mein Chininvorrat nicht aus; ich mußte im Gegenteil sehr darauf bedacht sein, selbst damit gerade noch auszukommen. Für meine armen Begleiter konnte ich nichts tun, als daß ich, um sie wenigstens einigermaßen vor den Quäl- geistern zu schützen, aus Zeltstoffen und entbehrlichen Garde- robestücken Tücher schneidern ließ, die recht und schlecht die fehlenden Netze ersetzen mußten. Sehr auffallend war mir, daß gerade jetzt mit dem Beginn der eigentlichen Moskitoplage die (Grelefleute sich hier zusammen- gefunden hatten, um ihr Hauptfest mit Tänzen zu feiern. Wilde zügellose Tänze mit stark erotischem Einschlag. Und doch ist die Zeit der Tänze, wenn man deren unausbleiblichen Folgen erwägt, durchaus nicht so ungeschickt gewählt. Die hierbei gezeugten Kinder kommen eben dann drei Monate vor dem Mos- kitoanfang auf die Welt, und das zarteste Säuglingsalter fällt in die moskitoärmste Zeit; fürwahr eine weise sanitätspolizei- liche Maßnahme. Noch immer war der Rudolfsee selbst nicht erreicht. Wohl konnte man von dem Hügel aus, auf dem mein Zelt stand, deutlich die schilf- und binsenbewachsenen Ufer und dahinter den Wasserstreifen des Sees erkennen; doch war immer noch so manche Stunde Marsches dort hinunter. Meinen fieberkranken Gelefweiber beim Wassertragen. Ein junger Gelef mit Gras-Gewehr und Patronengurt ausgerüstet. Eine Illustration zur Wildvernichtung in Afrika. Die Zeichnungen auf dem nackten Körper sind mittels eines Lehmbreiüberzuges hervorgebracht (Festschmuck anläßlich der Tänze). — 306 — Leuten konnte ich einen anderen Marsch als den Heimmarsch nicht mehr zumuten; sie sollten einige Tage vollkommen ruhen, um Kräfte zu sammeln für die ihrer noch harrenden Anstrengungen. So hatte ich eben nur Bulali und war daher sehr froh, daß Pyrinaso, der Häuptling der Gelefs, sich freiwillig noch anschloß. Seine Liebe zu mir hatte darin ihren Grund, daß ich dem jungen, eitlen Manne eigenhändig einige Messingmarken, die ich von Marktplatz im Wolamolande. Die erhöhte Hütte ist das „Amtslokal“ des den Markt überwachenden abessinischen Zöllners. dem Arrangement einer Geweihausstellung noch übrig hatte, in seinen vielfach durchlochten Ohrmuscheln befestigte. Am 22. Mai endlich vormittags etwa gegen 10 Uhr — meine letzte Taschenuhr war schon vor einigen Wochen stehen geblieben — stand ich an dem flachen Ufer des Sees. Vor mir ein mächtiges, endloses Wasser, ein wogendes, brandendes Meer im innersten Afrika! Ist’s möglich, daß ich doch noch erreicht, was ich gewollt; ist es wahr, daß es die Wasser des Rudolisees sind, die um meine Füße branden? Es waren unsagbar schöne — 307 — Minuten, als ich am Strande lag und die brandenden Wogen über mich schlagen ließ, — Minuten, in denen ich völlig wunsch- los war! Nicht allzulange freilich darf ich mich den glücklichen Träumereien hingeben ; die Gegenwart ist viel zu ernst dazu. Neben dem Glücksgefühl über das Erreichte taucht das Gespenst der Zukunft auf. Groß ist die Verantwortung, die auf mir lastet, und unendlich schwer der weite Marsch mit den kranken, schwachen Leuten. Schlimme Tage, schlimme Wochen folgten, bis wir glücklich alle wieder in Bako waren. Meine Hofinung, daß das Hochland den Gesundheitszustand meiner Leute rasch bessern würde, erwies sich trügerisch. Im Gegenteil; Bulali wurde auch noch krank, und so war ich schließlich der einzige Gesundgebliebene der ganzen Karawane. Wir hatten aber nun wenigstens wieder bewohntes Land erreicht, und damit war doch schon viel ge- wonnen. | Bei Uba verlassen wir den alten Weg. Östlich ausbiegend . geht es über Gebirge von fast heimatlichem Charakter am Mar- garitsee vorüber zum Handelsplatze Alaba. Es war ein sehr interessanter, freilich auch für meine fiebergeschwächten Leute sehr anstrengender Marsch, den wir nur in ganz kleinen Etappen zurücklegen konnten. Noch ein weiterer Marschtag, und wir mündeten wieder bei Gurbarac auf die alte, uns wohlbekannte, zur Hauptstadt führende Karawanenstraße ein, die wir vor Monaten gekommen waren. Nun erst glaubte ich, die Sorge um unser Zurückkommen endgültig los zu sein. Meine Anwesenheit bei der Karawane war, wenn nicht etwas ganz Unvorhergesehenes eintreten sollte, von jetzt an nicht mehr nötig, und so konnte Aly sehr wohl deren Führung übernehmen. Ich selbst wollte vorauseilen, um so schnell wie möglich wieder nach Addis-Abbeba zu kommen. Wie freute ich mich auf die Freunde, wie auf die lang ent- behrten Nachrichten von zu Hause und nicht zuletzt auf all die Wohltaten der Zivilisation, die nur der richtig zu würdigen weiß, der sie lange genug hat missen müssen. Ohne Zelt, ohne Gepäck geht es am nächsten Morgen in Begleitung zweier fremder Askars, die sich seit einigen Wochen uns angeschlossen hatten, allein weiter zur Hauptstadt. Von früh 20* — 308 — bis Abend wird marschiert und nachts meist in Eingeborenen- hütten geschlafen, in denen wir vor den immer ausgiebiger wer- denden Regengüssen Zuflucht nehmen müssen. Sind das Nächte gewesen! Den einzigen dumpfen Raum mußten wir mit der ganzen, oft recht zahlreichen Familie, sowie mit unseren Reittieren, mit Ziegen und Hühnern, teilen. Dazu das entsetzliche Ungeziefer, das offensichtlich die weiße Haut ganz besonders bevorzugt. Abessinische Hütte (Steinbau) in Addis-Abbeba. Dienstag, den 6. Juli, endlich gegen Abend treffe ich wieder in der deutschen Gesandtschaft ein, so zerlumpt und herunter- gekommen, daß mich Dr. Scheller im ersten Augenblick gar nicht wieder erkennt. Dann aber gibt’s einen Empfang, wie ich ihn mir schöner und herzlicher nicht denken kann. Und wenn ich nun rückblickend auf all das Erlebte das Fazit ziehen müßte, so möchte ich statt dessen Ihnen, hoch- verehrte Anwesende, meinen heute wieder besonders rege gewordenen Herzenswunsch offenbaren: nur einmal in meinem Leben noch eine ähnlich interessante Reise machen zu dürfen. — 309 — Aus dem Leben unserer Stechmücken. Mit 10 Abbildungen von P. Sack. Der regnerische Sommer 1910 hat Frankfurt als recht un- erwünschte Gabe eine richtige Schnakenplage gebracht. Wenn - wir darunter auch nicht so zu leiden hatten wie die Bewohner der benachbarten Rheinniederung, so traten die Stechmücken doch im Spätsommer und Herbst in solchen Massen auf, daß der Aufenthalt in den herrlichen Waldungen Frankfurts fast unmöglich wurde und viele beliebte Ausflugsorte nicht besucht werden konnten. Auch in den Gärten und Wohnungen einiger Stadtteile fanden sich die Schnaken in Unmenge und belästigten die Bewohner. besonders abends und nachts durch ihr Summen und durch ihre empfindlichen Stiche. Und die Befürchtung, die Schnakenplage könne im Sommer 1911 von neuem, und zwar in verstärktem Maße auftreten, war wegen der starken Ver- mehrungsfähigkeit der Mücken wohl berechtigt. Behörden und Privatpersonen rüsteten sich infolgedessen wie in vielen anderen Orten Deutschlands, in denen die Schnakenplage gleichfalls in den letzten Jahren auffallend zugenommen hat, zu einer ener- gischen Abwehr der drohenden Gefahr. So ist jetzt ein all- gemeiner Kampf gegen die Stechmücke entbrannt, der um so erfolgreicher sein wird, je besser er organisiert und je mehr Erfahrungen auf dem Gebiet der Schnakenvertilgung gesammelt werden. Ein gutes Vorbild hierbei sind die Methoden, die in den Tropen seit Jahrzehnten mit Erfolg bei der Bekämpfung der Moskitos angewendet werden, und von denen die kinemato- — 310 — graphischen Vorführungen im Brasilianischen Staatspavillon der Dresdener hygienischen Ausstellung ein überaus anschauliches Bild entwerfen. In den Tropen handelt es sich bei der Vertilgung der Mücken nicht nur um die Unterdrückung einer lästigen Plage, sondern in noch weit höherem Maße um die Beseitigung einer eroßen Gefahr für die menschliche Gesundheit. Dort spielen nämlich die Moskitos bei der Übertragung verheerender Krank- heiten eine sehr wichtige Rolle, so die Anophelesarten, die durch ihren Stich die Malaria verbreiten, die Stegomyia fasciata, die Überträgerin des Gelbfiebers, und verschiedene Culexarten, die die Elephantiasis arabum übertragen. Auch das in vielen Gegenden Deutschlands immer noch endemisch auftretende Sumpf- fieber, eine mildere Form der Malaria, wird durch den Stich der Anophelesmücke (A. maculipennis Mg.) übertragen, die in sumpfigen Gebieten, z. B. in der Rheinniederung und in den Küstengebieten der Nord- und Ostsee, vorzugsweise in Vieh- ställen, aber auch in den Häusern in großer Menge angetroffen wird. Da sich diese Mücke in Frankfurt nur verhältnismäßig selten findet, wird hier die Schnakenplage vorwiegend durch Culexarten hervorgebracht. In der Regel tritt die Schnakenplage erst im Spätherbst auf, wenn sich bei Eintritt der kühleren Witterung die Stech- mücken in die Häuser flüchten, um dort zu überwintern. Es handelt sich hierbei vorwiegend um zwei Arten, um die häufigste aller Culieiden, die gemeine Singschnake (Oulex pipiens L.) und um die geringelte Schnake (Oulex annulatus Mg.). (Gleichzeitig mit ihnen erscheint in den Wohnungen eine ganze Reihe harm- loser Mücken, wie Chironomiden, Rhyphiden, Ptychopteriden, von denen man die echten Culiciden leicht durch den langen Stechrüssel und die feinen Schüppchen auf den Flügeln unter- scheiden kann. Wenn nun diese Tiere in unseren Breitengraden auch nicht als Krankheitsüberträger in Betracht kommen, so können sie doch durch ihre Zudringlichkeit außerordentlich lästig werden. Bekanntlich stechen die Schnaken nicht zur Verteidigung wie die Bienen und Wespen, sondern um Blut zu trinken. Sie besitzen deshalb auch keinen Stachel wie die Hautflügler, sondern einen Stechrüssel, mit dem sie die Haut durchbohren, um an die Blutgefäße zu gelangen. Beim Stechen — 3ll — lassen sie eine Flüssigkeit in die Wunde einfließen, die wahr- _ scheinlich das Gerinnen des Blutes verhindert. Die Quaddeln oder Beulen aber, die bei vielen Menschen an der Stichstelle auftreten und oft tagelang lästig jucken, werden durch Hefe- pilze verursacht, die sich, wie Schaudinn zuerst nachgewiesen hat, in den Speicheldrüsen und zwischen den Mundteilen der Schnake finden und mit dem Stich in die Wunde gelangen. Die wirksamsten Gegenmittel gegen Schnakenstiche sind Alkalien, - vor allem der Salmiakgeist, der rasch in die Haut eindringt und, wenn auf frische Stiche gebracht, die Folgen verhindert oder wenigstens bedeutend mildert. Das beste Mittel, die Tiere aus den Wohn- und Schlaf- räumen zu vertreiben, ist ein kräftiger Luftzug, den man tags- über durch Öffnen der Fenster und Türen unterhält. Gleich- zeitig muß man durch Abkehren der Wände die Schnaken von ihren Ruheplätzen, den dunklen oder schattigen Stellen, den (Gresimsen usw. vertreiben. Schließt man dann vor Eintritt der Dämmerung die Fenster, so wird man vor den lästigen Tieren Ruhe haben, vorausgesetzt, daß sie keinen anderweitigen Zu- gang mehr finden. Läßt man diese einfachen Schutzmaßregeln außer acht, so hört die Plage nicht vor Eintritt des Frostes auf. Das Augenmerk ist ganz besonders auf Untergeschosse und Kellerräume zu richten, in denen die Stechmücken zuweilen in so ungeheueren Mengen überwintern, dab Wände und Decken oft vollständig von ihnen bedeckt sind. Namentlich an der Peripherie der Städte finden sich die Schnaken besonders häufig in den Kellerräumen, nach dem Stadtinnern dagegen nimmt ihre Zahl meist bedeutend ab. Bei Eintritt der Kälte verfallen die Tiere in eine Art Winterschlaf oder Erstarrung, und dieser Zustand muß benutzt werden, um sie zu vernichten. Hat man es nur mit einer geringen Zahl zu tun, so kann man sie am einfachsten mit einem Tuch zerdrücken; wenn es sich aber um große Flächen handelt, die mit Schnaken bedeckt sind, dann wird nur das Abbrennen zum Ziele führen. Mittels eines mit Spiritus getränkten brennenden Lappens, oder noch besser mit einer Lötlampe, deren Flamme man rasch längs der Mauer von oben nach unten führt, kann man in kurzer Zeit den größten Teil der Mücken vernichten. Ein kleiner Teil fliegt freilich auf, und man muß deshalb das Abflammen nach einiger Zeit — 312 — — Be wiederholen, wenn man alle Tiere töten will. Ein Na dieser Methode ist freilich ihre Feuergefährlichkeit; im Groß- herzogtum Baden z. B. betrug der im Winter 1909/10 durch Abflammen hervorgerufene Feuerschaden 40000 Mark. Das abe, brennen wird deshalb an Orten, an denen leicht brennbare at Materialien lagern, vielleicht ne durch Abspritzen mit n- sekticid ersetzt, das sich von allen angewandten Mitteln an- scheinend noch am meisten bewährt hat. Es wird stark ver- dünnt und mit einer Baumspritze auf die mit Schnaken be- deckten Wände fein zerstäubt. Ob das Abspritzen aber ge- eignet ist, das billigere und sicher wirkende Abflammen voll- ständig zu ersetzen, wird sich erst aus weiteren Versuchen er- geben. Am besten läßt man beide Methoden durch geschulte Leute ausführen, wie sie durch das hiesige Hygienische Institut ausgebildet und vom Tiefbauamt den Hausbesitzern gegen ge- ringes Entgelt zur Verfügung gestellt werden. Nicht zu emp- fehlen ist dagegen das Ausräuchern mit einem Räucherpulver, | weil die Nachteile und Gefahren dieser Methode selbst dann i noch sehr groß sind, wenn sie von geschultem Personal aus- geführt wird. Die Dämpfe derjenigen Räuchermittel, die die Mücken töten, sind auch für Menschen und Tiere nachteilig und erteilen den Nahrungsmitteln einen widrigen Geschmack; das für die Menschen aber unschädliche Insektenpulver (Pyrethrum) betäubt die Schnaken nur und ist deshalb nur dort mit Erfolg anzuwenden, wo die am Boden herumliegenden Tiere vor dem Erwachen weggekehrt und verbrannt werden können. Für die Allgemeinheit wird die Vernichtung der Schnaken in den Kellern nur dann von Nutzen sein, wenn sie in größeren Bezirken allgemein und planmäßig durchgeführt wird. Es ist deshalb. mit Freuden zu begrüßen, daß die Behörden die An- gelegenheit in die Hand genommen und es allen Hausbesitzern zur Pflicht gemacht haben, in den Monaten November bis Fe- bruar die überwinternden Schnaken zu töten. Da nur die be- fruchteten Weibchen überwintern — man sieht die drei Samen- kapseln bei ihnen deutlich durch die Bauchwände hindurch- schimmern — und jede weibliche Schnake innerhalb des kommenden Sommers eine bis zwei Millionen Nachkommen haben kann, so wird durch eine rationelle Winterbekämpfung der Vermehrung der Schnaken in wirksamster Weise vorgebeugt. — 313 — Die in geschlossenen Veranden, Gartenhäusern, Ställen, unter Brücken, in Erdlöchern und an anderen frostfreien Orten überwinternden Schnaken müssen gleichfalls durch Abflammen oder Abspritzen vernichtet werden. Schwieriger ist der Kampf gegen diejenigen Mücken, die im Freien hinter Efeuwänden, unter Laub und in Reisighaufen überwintern. Das Umwenden oder Entfernen der Laub- und Reisighaufen während des Frostes dürfte am meisten Erfolg haben. Ob das Insektiecid oder ein anderes derartiges Mittel hier Abhilfe schaffen kann, bleibt ab- zuwarten. Jedenfalls ist die Vernichtung der im Freien über- winternden Schnaken ein Problem, dessen glückliche Lösung für viele Gegenden eine Lösung der Schnakenfrage überhaupt bedeuten würde. Die Sommerbekämpfung der Schnaken gestaltet sich un- gleich schwieriger als die Bekämpfung während des Winters und ist viel weniger aussichtsreich als diese. Das Augenmerk ist dabei vor allem auf die Vernichtung der Larven und Puppen zu richten, weil die entwickelten Mücken von dem Menschen kaum in größerer Anzahl getötet werden können. Da die Culiciden Dämmerungstiere sind, so sind sie am Tage nur im Schatten des Waldes und unter Blättern, in dunklen Ecken, in Höhlen usw. zu finden. Erst gegen Abend kommen sie zum Vorschein. Zuweilen schwärmen die Männchen, die man an den büschelförmigen Fühlern und den langen gefiederten Tastern leicht erkennt, bei Sonnenuntergang nach Art der Zuckmücken in der Luft. Die Weibchen aber — nur bei diesen sind die Mundwerkzeuge in einen Stechrüssel umgewandelt — haben, sobald sie befruchtet sind, Blut von Warmblütern nötig, damit ihre Eier ausreifen können. Für ihren Lebensunterhalt ist da- gegen die Blutnahrung nicht erforderlich; mit dem Saft von Früchten, die die Tiere anstechen, sowie mit Zuckerlösungen hat man Oulexweibchen etwa acht Wochen am Leben erhalten können. Alle zum Fang der schwärmenden Schnaken vorge- schlagenen Mittel, wie das Bestreichen großer Flächen mit Leim, das Aufstellen von Ventilatoren und offenen Flammen haben sich nicht bewährt. Die besten Vertilger der Schnaken sind ihre natürlichen Feinde; am Tage vertilgen die Vögel ungeheure Mengen von ihnen, die sie in den Gebüschen finden, während abends die Fledermäuse, Frösche und Kröten Tausende ver- zehren. Ein wirksamer internationaler Vogelschutz und ‚ein allgemeine Schonzeit der Lurche sind daher wohl geeignet, ein wesentliche Verminderung der Schnakenplage herbeizuführen. Bei Eintritt der wärmeren Witterung verlassen die Schnaken- weibchen ihre Schlupfwinkel, um ihre Eier abzusetzen. Den Anfang machen die Waldeuliciden (Oulex nemorosus Mg. und C. cantans Mg.), die bereits im März laichen; es folgen Culex annulatus und Anopheles maculipennis, während die gemeine Sing- schnake (Culex pipiens) kaum vor Mitte Mai zur Eiablage schreitet. Sie suchen dazu stehende oder langsam fließende Gewässer auf. Man trifft daher die Mückenbrut in Tümpeln, Gräben, Regen- tonnen, in umherliegenden Konservenbüchsen usw. Größere Gewässer, wie Seen und Teiche, werden von den Stechmücken keineswegs gemieden, wie oft irrtümlich angenommen wird; wohl aber wird ihre Brut durch die Tierwelt des Gewässers sehr rasch vernichtet und kommt höchstens in der mit Schilf bewachsenen Uferzone zur Entwicklung. Bei der Eiablage sitzen die Culexweibchen entweder auf einem im Wasser be- findlichen Gegenstand, etwa einem Blatt (z. B. Culex pipiens), oder frei auf der Wasserfläche (C. cantans). Die kegelförmigen, am unteren stumpfen Ende mit einem kleinen Anhang, dem sog. Schwimmbecher, versehenen Eier von 0,5 bis 0,7 mm Länge schwimmen bei den Oulexarten senkrecht auf der Oberfläche. Bei den meisten Arten werden sie einzeln abgesetzt und schwimmen auch einzeln oder in unregelmäßigen Klumpen auf dem Wasser; nur bei C©. pipiens und ©. annulatus wird eine größere Anzahl Eier von den Weibchen bei der Ablage mit den gekreuzten Hinterbeinen zusammengehalten, so dab sie mit ihrer Längsachse verkleben und nach unten gewölbte Kähnchen bilden. Infolge der erhöhten Schwimmfähigkeit halten sich diese Schifichen längere Zeit auf dem Wasser, während die einzeln abgelegten Eier schon nach kurzer Zeit untersinken. Unter ungünstigen Bedingungen, z. B. wenn die Temperatur unter 13°C. sinkt, oder wenn Tümpel austrocknen, überdauern die Eier diese Zeit im Schlamm. Unter normalen Verhältnissen schlüpfen nach etwa drei bis vier Tagen die jungen Larven durch eine kreis- runde Öffnung am unteren Pol des Eies in das Wasser. Die langgestreckten Larven, an denen man deutlich Kopf, Thorax und Hinterleib unterscheiden kann, hängen in der Regel mit Die gemeine Singschnake, Uulex pipiens L. Nach unveröffentlichten Wandtafelzeichnungen (Originalen) von F. W. Winter. Fig. 1. Ei-Schiffchen auf dem Wasser schwimmend (?/ı); Fig. 2. Einzelnes Ei (?ı); Fig. 3. Frisch ausgeschlüpfte Larve (?%/,); Fig. 4. Ausgewachsene Larve (?/ı); Fig. 5. 2 Puppe (’h); Fig. 6. 2 Imago (1); Fig. ”. 8 Kopf mit heraus- genommener Oberlippe und Hypopharynx (!?/ı); Fig. 8. Ruhestellung von Culex (?/ı); Fig. 9. Ruhestellung von Anopheles (?ı). — 316 — dem hinteren Leibesende an der Wasseroberfläche, um zu atın Durch ein mit Klappen verschließbares Atemrohr, das wie ein Schornstein von der Rückenseite des achten Hinterleibsegmentes zur Wasseroberfläche emporragt, wird den Tracheen die nötige Luft zugeführt. Man könnte annehmen, daß die Larven in dieser Ruhestellung nur ihr Atembedürfnis befriedigen; aber mit einer Lupe sieht man deutlich, daß das Wasser am Munde des Tieres durch zwei am Kopfende befindliche büschelförmige Strudelorgane in ununterbrochener, wirbelnder Bewegung ge- halten wird, wodurch dem Munde fortwährend Nahrungsteilchen zugeführt werden. So ernähren sich die Larven gewöhnlich; nur wenn das Wasser arm an Plankton ist, holen die Tiere ihre Nahrung vom Grunde. Zwar tauchen die Larven bei jeder Erschütterung des Wassers in die Tiefe, wobei ein Borsten- büschel auf der Unterseite des Hinterleibendes wie die Schraube eines Dampfers wirkt; aber dies dürfte wohl eine Fluchtbe- wegung sein, durch die sie sich ihren Feinden rasch entziehen. Nach Verlauf von 10 bis 12 Tagen, je nach der Wassertempe- ratur, ist die Larve, die sich inzwischen dreimal gehäutet hat, ausgewachsen (?/s bis lem) und verwandelt sich in eine Puppe, die im Gegensatz zur Larve durch zwei ohrenförmige Röhren am vorderen Körperabschnitt atmet und deshalb auch mit dem Thoraxrücken an der Wasseroberfläche hängt. Der Kopf ist bei ihr mit dem Thorax zu einem ovalen Körper verschmolzen, durch dessen Haut man aber schon am zweiten Tage die einzelnen Körperteile so klar durchschimmern sieht, daß man z. B. die Männchen an den großen büschelförmigen Fühlern und Tastern deutlich erkennen kann. Nach drei bis vier Tagen färbt sich infolge einer zwischen der Puppenhaut und dem Körper aus- geschiedenen Luftschicht die dunkle Puppe silberweiß. Durch die entstandene Spannung wird die Puppenhaut gestreckt, legt sich wagrecht an die Wasseroberfläche und reißt dann am Nacken auf, so daß der Mücke der Weg nach außen freisteht. Durch eingeschluckte Luft wird nun der Hinterleib stark auf- getrieben und gleitet von selbst aus der kegelförmigen Hülle heraus, ohne daß die Mücke irgend eine Bewegung auszuführen hat, die das kleine Floß, auf dem das Tier steht, zum Kentern bringen könnte. Schon nach wenigen Augenblicken ist die Mücke trocken und erhebt sich in die Luft. > ig ein kräftiger Luftzug here . Dagegen werden geschützte Täler mit ; von ide Anrecht und ganz besonders auch nden, in denen sich durch Überschwemmungen größere ere en aralüngen bilden, die nur einen Teil ‚ser e. sind fast schnakenfrei, weil dort die natürlichen einde der Schnaken ihrer Vermehrung eine Grenze setzen. Ganz besonders die Fische räumen unter den Schnakenlarven und Puppen auf. Für fast alle Arten, namentlich aber für die jungen Tiere, sind die Schnakenlarven ein willkommener Lecker- bissen. Außer den Weißfischen, den karpfenartigen Fischen ei und den Elritzen machen sich die Stichlinge um die Vertilgung der Schnakenbrut ganz besonders verdient. Da die Stichlinge sehr anspruchslos sind, lassen sie sich auch in kleineren, klaren Tümpeln leicht halten und zur Fortpflanzung bringen. Zu den Feinden der Schnakenbrut gehören auch die Froschlurche, be- sonders die Feuerkröte, die Larven des Feuersalamanders und unserer Molche, sowie die letzteren während ihres Wasserlebens, namentlich der gefräßige Kammolch, ferner zahlreiche im Wasser lebende Insektenlarven, vor allem die Larven der Libellen und Wasserkäfer, die‘namentlich zwischen dem Gewirr der Ufer- pflanzen, also da, wohin die Fische nicht folgen können, ihrem Raub nachgehen. Sind die Gewässer reichlich mit Fischen be- setzt, so werden sie nie Schnakenlarven in solchen Mengen beherbergen, daß sie zu einer Gefahr für die Umgebung werden. Aber auch Tümpel, die in den Überschwemmungsgebieten alljährlich nach Hochwasser zurückbleiben und später wieder austrocknen, können annähernd schnakenfrei gehalten werden, wenn man sie, wie dies an der Adria bereits geschieht, durch tiefe Gräben oder Kanäle mit einem tiefer liegenden, aus- dauernden Zentralbecken verbindet. Bei steigendem Wasserstand wird dann auch die Tierwelt des Zentraltümpels in die Seiten- tümpel eindringen und dafür sorgen, daß die Mückenbrut nicht aufkommt. Beim Sinken des Wasserspiegels dagegen können — 318 — die Tiere sich in das Zentralbecken zurückflüchten. Die guten Erfolge, die man mit diesem sog. Poljensystem an der Adria erzielt hat, machen es wahrscheinlich, daß durch Anlage solcher Tümpelsysteme selbst in einer so stark von Schnaken ver- seuchten Gegend wie der Rheinniederung eine beträchtliche Milderung der Schnakenplage herbeigeführt werden könnte. Auch für Frankfurt wäre eine solche Sanierung der Rheinebene nicht ohne Bedeutung, weil dadurch die Gefahr einer Verseuchung des unteren Maintales durch Schnakenschwärme aus der Rhein- niederung oder durch Anopheliden, die in den Eisenbahnzügen aus dem Rheingau verschleppt werden, beseitigt würde. Besonders gefährliche Brutplätze sind jene kleinen Wasser- ansammlungen, die sich in den im Freien umherliegenden Ge- fäßen bilden. Aus vielen Häusern und Gärten würden die Schnaken schon verschwinden, wenn man die achtlos wegge- worfenen Konservenbüchsen, Flaschen und Töpfe beseitigte, die Senklöcher und Abgußkanäle wöchentlich einmal durchspülte und das Wasser aus den Vertiefungen entfernte. Auch die Wassertonnen und Kübel in Gärten, die oft von Schnakenlarven wimmeln, müßten einmal wöchentlich vollständig geleert werden. Viel schwieriger dagegen sind die Schnakenlarven. in den kleinen Wassertümpeln zu bekämpfen, die sich besonders auf tonigem Boden im Frühjahr oder Sommer bei starken Regen- fällen bilden und nach einiger Zeit wieder austrocknen. Kleinere flache Mulden lassen sich ja durch Einebnen des Bodens leicht beseitigen; bei den tieferen, namentlich im Walde, ist daran nicht zu denken. Ihre Entfernung ist auch nicht ratsam, da sie das allzu rasche Abfließen des Regenwassers verhindern und den Boden länger feucht erhalten. Wer achtlos an solchen Tümpeln vorübergeht, merkt gar nicht, welche Unmasse von Larven sie beherbergen, denn die kleinen Tierchen sind über dem dunklen Grund des Wassers kaum zu sehen. Der aui- merksame Beobachter dagegen erkennt an dem scheinbar auf die Wasseroberfläche niederrieselnden Sprühregen die Anwesen- heit der Schnakenlarven, deren fortwährendes Auf- und Unter- tauchen diese Erscheinung verursacht. Wenn man ein kleines Stück weißes Papier in das Wasser versenkt, kann man die Tiere leicht sehen und sich einen Begriff machen von der un- geheuren Menge, die in einem Tümpel vorkommt. — 319 — Daß es sehr schwer ist, solche Stellen von Schnakenlarven frei zu machen, beweist die große Zahl der zur Vertilgung der Schnaken angepriesenen Mittel. Am durchgreifendsten wirken Flüssigkeiten, die sich auf der Wasseroberfläche zu einer dünnen Schicht ausbreiten, ohne sich mit dem Wasser zu vermischen, wie das Petroleum, oder gleichzeitig in Lösung übergehen und sterilisierend wirken, wie das Saprol. Das Petroleum wirkt rein mechanisch; es verstopft das Atemrohr der Larven, so daß die Tiere ersticken. Durch die in Lösung übergehenden Mittel werden die Schnakenlarven gleichzeitig vergiftet; mit ihnen wird aber auch meist die gesamte Tierwelt des Tümpels in kurzer Zeit vernichtet. Sehr lehrreich sind in dieser Beziehung Versuche, in denen benachbarte, reich mit Schnakenlarven be- setzte Tümpel teils petrolisiert, teils saprolisiert wurden. Schon nach einer Viertelstunde waren in den mit Saprol behandelten Pfützen alle Schnakenlarven tot; im Verlauf einer weiteren Viertelstunde gingen aber auch alle Mitbewohner des Tümpels zugrunde: zuerst die Fische, dann die Wasserinsekten und deren Larven, zuletzt die Frösche, deren Haut sich mit einer Saprol- schicht überzog, sobald sie zum Atmen an die Wasseroberfläche kamen oder sich ans Land zu flüchten suchten. Wasser- proben, die nach drei Tagen jenen Tümpeln entnommen wurden, zeigten eine bräunliche Färbung und enthielten infolge des in Lösung gegangenen Phenols keine Spur von Leben, während die Tümpel vor der Saprolisierung reich an Kleintieren aller Art waren. Günstiger war der Befund bei den mit Petroleum behandelten Tümpeln, dort behielt das Wasser seine normale Färbung; es fanden sich außer lebenden Daphnien, Oyelops und anderen kleinen Lebewesen aber noch lebende Culexlarven, wenn auch in geringer Zahl. Dagegen war von Lurchen nichts mehr zu sehen; ob sie zugrunde gegangen waren, oder ob sie das Wasser verlassen hatten, ließ sich nicht mehr feststellen. Petro- leum wirkt demnach weniger verheerend als Saprol, dessen Anwendung zu einer großen Gefahr für unsere einheimische Wasserfauna werden kann. Es kommt noch hinzu, daß das Wasser durch das Saprol für das Wild und die Vögel ungenießbar wird, und daß kleine Vögel, die, vom Durst getrieben, saproli- siertes Wasser trinken, zugrunde gehen. Saprol sollte daher nur bei solchen Wasseransammlungen zur Verwendung kommen, in eiheneh. Me ae natürlichen Feinde vermehren, anstatt. sie zu töten. Hier hat sich der Wo dagegen Culex pipiens laicht, hat es Bi Per: F setzen der Fische bis Ende Mai Zeit. In schlammigen, von % der Sonne beschienenen Tümpeln empfiehlt sich auch das An 2 pflanzen von Wasserlinsen (z. B. von Lemna minor), die die ae: Wasseroberfläche mit einem grünen Teppich überziehen und es den Larven und Puppen unmöglich machen, zu atmen. Je schlammiger das Wasser, um so besser gedeihen die zierlicken Pflänzchen. Da sie aber beim Austrocknen der (Gewässer ab- S sterben, so sollte man sie in kleinen Teichen züchten und im Frühjahr möglichst viele von ihnen in die Pfützen und Tümpel bringen, wo sie gerade dann recht üppig entwickelt sind, wenn CO. pipiens mit dem Laichgeschäft beginnt. Weniger bewähtt hat sich die Anpflanzung von Wasserfarn (Azolla), da diese = Pflanze in unseren Breitengraden nicht genug wuchert, um einen n vollkommenen Überzug auf der Wasseroberfläche zu bilden. Alle diese Methoden zur Schnakenbekämpfung werden natürlich in ihrem Erfolg stark beeinträchtigt, wenn sie zu spät angewendet werden. Wenn einmal eine Gegend durch Schnaken stark verseucht ist, dann ist die Bekämpfung sehr _ schwer, und absolut unmöglich ist es, die Schnaken mit tech- nischen oder biologischen Mitteln in einem Jahre vollständig auszurotten. In diesem Sommer hat die anhaltende Trockenheit eine allzustarke Vermehrung der Mücken verhindert. Deshalb ist der Zeitpunkt für die Bekämpfung jetzt besonders günstig, und wenn die Winterbekämpfung in Zukunft sorgfältig durch- geführt wird, dann wird man in den allermeisten Fällen wohl ohne jedes chemische Mittel auskommen können, und dies um so eher, je besser man es versteht, die natürliche Bekämpfungs- weise der Biologie der verschiedenen Schnakenarten anzu- dann wird man mit Hilfe einer guten Tabelle zum Vielleicht ist deshalb manchem Leser, der n werke für Gatelden meist nur schwer eo sind. Zur Diagnose wurden absichtlich nur solche Merkmale SR verwendet, die mit einer guten Lupe deutlich zu erkennen sind. jr Br Übersicht der Gattungen und Arten. E 2 1 2 1 2 / Anopheles Aödes Oulex 1 erste, 2 zweite Flügellängsader. Nach Eysell, a) Taster in beiden Geschlechtern so lang wie der Rüssel; zweite Längsader an der Basis mit einem langen Anhang — Anopheles b) Taster beim Z und 2 stummelförmig; zweite Längsader an der Basis mit kurzem Anhang . . . = Addes c) Taster beim Z so lang oder länger als der Rüssel, Dan 2 kurz stummelförmig; zweite Längsader an der Basis 20T SEITENENDE EB 9192772200 Anopheles Meig. 1. Flügel dunkel gefleckt . . . . . „= A. maculipennis Mg. Zeerimeelleckit . „u... a ar. 2 21 9. 10. hl. . Flügel mit Schuppenflecken . Beine weiß geringelt . . Tarsen weiß geringelt — 322 — ß Größere, braunbeschuppte Art (8—9 mm); .—= 4A.bifurcatus L. Thoraxrücken einfarbig braun . Kleinere, schwarze Art (4—5 mm), mit hellgrauer breiter Längsstrieme auf dem Thoraxrücken . Culex L. Flügel ungefleckt Beine nicht weiß geringelt . Tarsen einfarbig, nicht weiß Bemeo. . Hinterleib einfarbig gelb ohne Zeichnung Hinterleib mit deutlichen Zeichnungen . Hinterleib grau mit schwarzen Seiten- .—= (.dorsalis Mg. flecken . EN Hinterleib schwarzbraun mit weißen Vorderrandbinden auf den Ringen senringe breit By: Kleinere Art (6—7 mm); die weißen Tarsenringe sehr schmal . weiben Querbinden . . } Hinterleib auf der Oberseite nicht ge- zeichnet, an den Seiten und am Rande mit Flecken, oder ohne jede Zeichnung . Die hellen Querbinden auf dem Hinter- leib liegen am Hinterrand der Ringe Die hellen Hinterleibbinden liegen am Vorderrand der Ringe. Schenkel schwarzbraun mit Slhermeiß- schimmerndem Kniefleck . Schenkel braun, ohne hellen nieheck. Hinterleib Eh, blaßgelb; Thorax kaum gestriemt . Hinterleib mit deutlichen Fe W'harax auffallend gezeichnet . Thorax schwarzbraun mit breiten w &ißen Seitenstriemen; Hinterleib mit basalen weiben Seitenflecken Thorax grau mit vier dunklen Felde striemen; Hinterleib grau mit schwar- zen Seitenflecken . —= A. nigripes Staeg. C. glaphyropterus Schin. . —= (. annulatus Sehr. — (. annulipes Mg. un eh . Größere Art (3—9 mm); die weißen Tar- . = (.cantans Mg. . = (.vexans Mg. . Hinterleibringe auf der Oberseite mit — 0 — (. ornatus Mg. — 9 — (.nemorosus Mg. — (. pipiens L. — (. bicolor Mg. He Nil . = (.lateralis Mg. . — (. rustieus Rossi. ne iur — 323 — Zahnspuren eines Wolfes auf einem diluvialen Rengeweih. Mit 3 Abbildungen von F. Richters. Am östlichen Ufer der Kieler Föhrde, zwischen Labö und Dähnkathe wird zurzeit ein dem Herrn Michaelis in Labö gehöriger Kiesberg abgetragen. Über dem Kies liegen diluviale Sande, über diesen Ge- schiebelehm. Unter 4 m der letzteren Bodenart wurde im Sande, Sommer 1911, ein Stück Geweih von 13,5 em Länge gefunden (Fig. 1). Die glatte Oberfläche desselben ließ es als dem Ren zugehörig erkennen. Dafür spricht des weiteren die Form: der Querschnitt ist oval, am unteren Ende 22:18 mm, am oberen 21:16 mm; die Innenseite ist flach, die Außenseite stärker gerundet. Das untere Ende zeigt wohlerhalten die stumpfen Zapfen, mit denen die Stange dem Rosenstock inseriert war. Das obere Ende ist abgebrochen oder wahrscheinlicher abgebissen. Die Dimensionen des Geweihstücks, sowie der Mangel einer Augen- sprosse drängen zu der Annahme, daß es das Geweih eines Spießers gewesen ist. In Hagenbecks Tierpark sah ich bei der dort aus- gestellten Samojedengruppe ein derartiges Tierchen mit noch nicht gefegtem Geweih; es hatte die Größe eines starken Schafes. Sein Geweih stimmte in Form und Größe mit meinem Fundstück überein, und zwei der Samojeden, denen ich dasselbe zeigte, bestätigten sogleich mit „tük, tük*, daß es vom Ren stamme. 21* — 3214 — Das Geweihstück ist oberflächlich z. T. mit einer Kruste bedeckt, in der ich Überreste der das Geweih ernährenden Hut vermute. In derselben befinden sich wurzelförmig verzweigte Hohlräume, die wohl als Blutadern gedeutet werden müssen. Ganz unzweifelhaft wurde das kleine Ren, als sein Geweih noch nicht gefegt war, von einem Wolfe angegriffen und an dieser Stange mit den Schneidezähnen gepackt. Etwa 2 cm oberhalb der Basis befindet sich an der Innenseite eine im ganzen 2,5 cm breite, von oben nach unten und vorn verlaufende Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig.1. Linke Stange eines Spießgeweihes des Ren, von der Innenseite. Fig.2. Reißspur von den mittleren, oberen Schneidezähnen eines alten, Fig. 3 eines jungen Wolfes auf Plastulin. (*% n. Gr.) Spur von vier Eindrücken, von denen jeder eine flache Delle von 4 bis 5 mm Breite darstellt. Das Geweih war entschieden noch recht weich, als es diese Eindrücke annahm. Anfänglich hielt ich dieselben — ich wurde durch die Vierzahl auf einen falschen Weg geleitet — für die Spuren von Wolfskrallen, dann, weil dieselben hierfür reichlich klein waren, für solche von Eisfuchs- krallen. Als ich mir aber von einer Eisfuchstatze einen Abdruck auf Plastulin machte, erkannte ich sofort meinen Irrtum. Dann kam ich darauf, daß es wohl die Spuren von den vier mittleren, oberen Schneidezähnen eines Wolfes sein dürften. Eine mittels eines Wolisoberkiefers mit stark abgenutzten Schneidezähnen auf — 325 — Plastulin erzeugte Reißspur (Fig. 2) bestätigte aufs Deutlichste _ die Richtigkeit dieser Annahme. Ein junger Wolf hat konische Schneidezähne; die Reißspur von solchen hat demgemäß ein etwas anderes Aussehen (Fig. 3). Die Größe der Spur läßt auf Wolf, nicht auf eine andere Hundeart, schließen. Die anderen Wildhunde des Diluviums, Canis ferus Bourg. mit seinen Rassen Ü. miki und ©. hodophylax, waren nach Th. Studer’) kleinere Tiere. Außer der großen Spur sind an dem Geweihstück noch mehrere schwächere vorhanden. Oberhalb der dritten Delle von links (vergl. auch auf dem Plastulinabdruck Fig. 2 die vierte Delle) findet sich noch eine kleine, mehr rundliche; diese stammt nach meinem Dafürhalten von dem Biß, während ja die Hauptspur von den über die Oberfläche dahingleitenden Zähnen erzeugt ist. Ähnliche rundliche Eindrücke nahe dem Vorderrande dürften von den Zähnen des Unterkiefers herrühren. Das obere Ende des Geweihstückes scheint abgebissen zu sein; auf der Außenseite ist die Spur eines auf einer Strecke von 1,5 cm in der Längsrichtung über dieselbe hinwegstreifenden, stumpfen Zahnes sichtbar. !) Th. Studer „Die prähistorischen Hunde in ihren Beziehungen zu den gegenwärtig lebenden Rassen“. Abhandlungen der Schweizer paläonto- logischen Gesellschaft, 1901 S. 131. — 326 — Besprechungen. Neue Veröffentlichungen der Gesellschaft. Abhandlungen der Senckenbergischen Naturforschenden Gesell- schaft in Frankfurt a. M. Band 29, Heft4. „Über tertiäre Pflanzenreste von Flörsheim am Main“ von Prof. Hermann Engelhardt, Dresden. — „Über tertiäre Pflanzenreste von Wieseck bei Gießen“ von Prof. Hermann Engelhardt, Dresden. — „Die Tertiär- ablagerungen der Gegend von Gießen und Wieseck“ von Dr. ©. Mordziol, Aachen. — „Bären aus dem alt- diluvialen Sand von Mosbach-Biebrich“ von Prof. Dr. F. Kinkelin, Frankfurt a. M. — Titel u. Inhalt zu Bd. 29. IV u. 146 S. mit 10 Tafeln. 4°. Frankfurt a. M. (Selbst- verlag der. Gesellschaft) 1911. Preis broschiert M. 19.—. Die früher erschienenen beiden ersten Hefte des 29. Bandes der Abhand- lungen!) enthalten die Bearbeitung der Ergebnisse der von Dr. Albert von Reinach 1903 inaugurierten geologischen Forschungsreise Prof. E.Stromers in die Libysche Wüste, das 3. Heft die 1908 mit dem v. Reinach-Preis gekrönten Arbeiten H. Engelhardts und F. Kinkelins ‚Oberpliozäne Flora und Fauna des Untermaintales, insbesondere des Frankfurter Klärbeckens‘‘ und „Unterdiluviale Flora von Hainstadt a. M.‘ Wie die beiden letzteren, so stellen auch die vier Arbeiten des jetzt erschienenen 4. Heftes, denen im wesentlichen Material des Senckenbergischen Museums zugrunde liegt, eine wichtige Bereicherung unserer Kenntnis vom Neozoikum der weiteren Umgebung Frankfurts dar. Engelhardt liefert mit dem Hauptteil des Heftes die Bearbeitung der Pflanzen des Flörsheimer Rupeltons, die Kinkelin in langjähriger Arbeit mit überaus geduldfordernden Methoden dem zähen Tone abgerungen hat. Die Flora umfaßt 267 Arten, die der Hauptsache nach den Dikotyledonen angehören. Wenn die krautigen Gewächse dabei gegen Bäume und Sträucher völlig zurücktreten, so entspricht dies der größeren Erhaltungsmöglichkeit chtw igter Typen als Eng: bezeichnet len muß, den subtropischen Floren vereinigen sich bei Flörsheim einem für die Oligozänzeit es Mischungererbäläniei En Buleren auf die mittlere, tongsische A hinweist, was. mit der gers ln Dieser jüngeren Stufe des Oligozäns wird dagegen die ärmere (61 Arten) Flora von Wieseck zugerechnet, die Engelhardt in der zweiten Arbeit untersucht, zu der dank den Zuwendungen des Herrn M. Stern das Sencken- bergische Museum gleichfalls den größten Teil des Materials liefern konnte. Diese Flora ist der Flörsheimer verwandt; sie entbehrt jedoch der Palmen, Koniferen, Celastrineen und IDiceinen und läßt die australischen und alter- ' _ tümlichen, aus dem Eozän heraufsteigenden Formen gegenüber Typen des Miozäns und des warmen Amerikas zurücktreten. Durch neun Tafeln mit einer Fülle klarer Figuren werden die eingehenden systematischen Unter- suchungen beider Arbeiten, die auch zur Aufstellung neuer Arten geführt haben, unterstützt. Mordziol gibt unter Hinweis auf die Aufnahmearbeiten Schottlers eine geologische Skizze der Tertiärablagerungen von Wieseck, die sich in der Hauptsache als älter als der älteste Basalt des Vogelsberges darstellen. Die pflanzenführenden Schichten lagern auf Sanden vom Alter des Cyrenen- mergels, und zwar nach der Meinung des Verfassers ohne Hiatus, so daß sie dem Cerithienkalk des Mainzer Beckens, also dem Aquitan, gleichzustellen wären. Mordziol setzt sich damit in Gegensatz zu den hessischen Geologen, befindet sich aber in Übereinstimmung mit den eben erwähnten paläophyto- logischen Ergebnissen Engelhardts. Kinkelin liefert durch eine Studie über Bärenreste des Museums eine Bestätigung für das Fehlen des Höhlenbären (Ursus spelaeus) in der altdiluvialen Zeit des Mosbacher Sandes. Da vergleichende Untersuchungen über die Extremitäten des häufigsten Mosbacher Bären (U. deningeriv. Reichenau) und des Höhlenbären bisher fehlten, beobachtete Kinkelin die Abmessungen verschiedener Schienbeine beider Arten und konnte aus den im einzelnen erheblich schwankenden Maßverhältnissen folgern, dab Ursus deningeri wohl von feinerem Bau, aber kaum erheblich kleiner war als der nach ihm auf- tretende, plumpe Höhlenbär. R. Richter. 1) Die Hefte 1, 2 und 3 des 29. Bandes sind in den Jahren 1903, 1907 und 1908 erschienen. — 328 — Abhand ungen der Senckenbergischen Naturforschenden Ge sellschaft in Frankfurt a. M. Band 31, Heft 2, Seite 7382. „Die Anatomie einiger Arten des Genus Hemicycela Swainson“ von P. Hesse, Venedig. Mit 1 Tafel (zunächst nur als Sonderabdruck erschienen). 4°. Frankfurt a.M. (Selbst- verlag der Gesellschaft) 1911. Preis broschiert M. 2.50. Die Untersuchungen, über die der verdienstvolle Herausgeber des anatomischen Teiles von „Roßmäßlers Iconographie‘“ berichtet, stammen zum Teil aus dem Nachlasse Wiegmanns, zum Teil von ihm selbst. Nach denselben gehört die auf die atlantischen Inseln beschränkte Gattung Hemi- cyela zur Pentatäniengruppe der Heliciden. Nach den anatomischen Ver- hältnissen der drei untersuchten Arten (Hem. bidentalis Lam., adansoni W. B., plicaria Lam.) zu schließen, scheinen für Hemicycla das wurstförmige, oben hakenförmig gekrümmte Flagellum, die außergewöhnliche Länge der Eiweiß- drüse und die schon bei den ersten Seitenzähnen der Radula entwickelte Nebenspitze charakteristisch zu sein. F. Huas. Außerdem sind erschienen: Abhandlungen Band 33, Heft 3 u. 4 und Band 34, Heft 1 u 2. „Ergebnisse einer Zoologischen Korz schungsreise in den südöstlichen Molukken (Aru- und Kei-Inseln) im Auftrag der Senckenbergischen Natur- forschenden Gesellschaft ausgeführt von Dr. Hugo Merton. Wissenschaftliche Ergebnisse.“ Eine zusammenfassende Besprechung der wissenschaftlichen Ergeb- nisse des Werkes, das noch zwei weitere Hefte füllen wird, wird nach seinem Abschluß erfolgen. Die Redaktion. Die Verfasser sind für er Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich. Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Main. Druck von Gebrüder Knauer in Frankfurt am Main. Mufeums-einrichtungen. „orand Prix" | für Schränke, Ditrinen uf. _ Weltausftellung Brüffel 1910. Prima Referenzen im In= und Auslande. Hämokaolt nach Prof, fu Prof. Königsbe MIKROSK jeder Art, Größe u. f . Kataloge (0; Mikroskope ‘. Mikrotome N Neue Spiegel-Kondensoren und Ulra- A Kondensoren °. Mikrophoiographische und Projektions-Apparate | E. Leitz Optische Werke Wetzlar Berlin, Luisenstraße 45 Frankfurt a.M., Neue Mainzerstraße 24 London, St. Petersburg, New York Chicago Die Verfasser sind für den Inhalt ihrer Arbeiten allein verantwortlich. Für die Redaktion verantwortlich: Prof. Dr. A. Knoblauch in Frankfurt am Main, Druck von Gebrüder Knauer in Frankfurt am Main. e\ r ’ 4 h? ? ? , a . \ \ . \ = nase ; = © ee = we RE I: « RL LT e Kr RER FERN An NER hehe TEC NN