QH162 .B48 * TH NE Ah AT N 28. BERICHT DES WESTPREUSSISCHEN BOTANISCH-ZOOLOGISCHEN VEREINS. SIEBZEHN ABBILDUNGEN IM TEXT. MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZIAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. DANZIG 1906. KOMMISSIONS-VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. 72.3178. Vuc..)8: mirakt Allgemeiner Bericht 3 Bericht über die geschäftliche Sitzung Bericht über die wissenschaftliche Sitzung 1. Bericht über die achtundzwanzigste Jahresversammlung des Westpreubi- schen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Danzig, am 7. Oktober 1905 ) 2. Bericht über die Sitzungen und sonstigen Be nreen des, Nest. preußischen Botanisch-Zoologischen Vereins von Michaelis 1905 bis issien DEE oe Aa oe ee re 1. Vortragsabend am 21. November 1905 in Marienburg 5 rs am 29. November 1905 in Danzig . Sitzung am 6. Dezember 1905 Vortr: , am 14. Januar 1906 in Elbing Vortragsabend am 21. Januar 1906 in Graudenz . Sitzung am 14. Februar 1906 5 h . Vortragsabend am 18. Februar 1906 in Marten ende . Vortragsabend am 5. März 1906 in Konitz . Vortragsabend am 8. März 1906 in Danzig 10, Sitzung am 11. April 1906 en: 11. Besichtigung des Danziger ScHTaeht Ya Trehhofes (a am 95, April 1906 12. Exkursion in den Olivaer Wald, am 12. Mai 1906 a lee AS er) 3. Vorträge. Baur: Biologische Skizzen BAIL: Über keulenförmige Pilze . ; Braun-Königsberg: Walfang und W kesana Braun-Marienbure: Bemerkungen zum Vogelzuge Braun-Marienburg: Die Säugetiereund Vögel K uhtrepnck en seiner Umgebung Danuus: Die Sumpfschildkröte, Einys europaea SCHWEIGG., in Westpreußen HERRMANN: Über die Zapfen der Koniferen. Mit neun Abbildungen Karmuss: Umartung der Pflanzen LANGE: Über die von Herrn Lehrer Preuss auf der Nehrung gefundenen BllanzeniMersl. 7. . : LANGE: Über die en nlendinsöl Mess: L; nee Beedelnne deceh Pilanzen und interessante Pflanzenformen auf derselben Lucks: Zur Vererbungsfrage . . . 'THIENEMANN: Vogelzug auf der ERFRChen Nefrhoe MÜLLER: Unsere Kenntnis von den Mallophagen (Federlingen). Me einer Alkpildang Seite 1) Die eingelieferten Berichte über die gehaltenen Vorträge finden sich im allgemeinen Teile! an for) I Ne) et Anlagen zu den Berichten. . Bericht über eine entomologische Reise durch das Westpreußische Küstengebiet, vornehmlich im Kreise Putzig. Von Dr. G. ENDERLEIN In@Berlinsrser ee . Zur Kenntnis der Copeognathen-Fauna Westpreußens. Von Dr. GÜNTHER ENDERLEIN in Berlin. Mit sechs Textfiguren . Zur Verbreitung der schmalblättrigen Mistel (Briefliche Mitteilung). Von Oberl. Dr. Trausorr MÜLLER in Elbing. Mit einer Abbildung. . Vorarbeit zu einer Flora der Frischen Nehrung. Von Hans PrEuss INS Danzıo We . Vorläufiger Bericht über die im Auftrage des Westpreußischen Botanisch- Zoologischen Vereins in der Zeit vom 3. Juli bis 16. August 1905 ausgeführte botanische Reise. Von F. TESSENDORFF-Charlottenburg . Verzeichnis der von Michaelis 1905 bis zum 15. Mai 1906 neu hinzu- sekommenen Mitglieder 117 1* Bericht über die achtundzwanzigste Jahresversammlung des Westpreußischen Botanisch- Zoologischen Vereins zu Danzig in Zoppot, am 7. Oktober 1905. Dem Beschluß der Versammlung in Thorn vom Jahre vorher entsprechend, war Zoppot, die jüngste Stadt der Provinz, für 1905 der Ort der diesjährigen Jahresversammlung. Leider wurde die Verlegung der Vereinsversammlung von unserem ira- ditionellen Pfingsttermin auf ein späteres Datum erforderlich infolge der Tagung des XV. Deutschen Geographenkongresses zu Pfingsten 1905 gerade in Danzig. Dieselben wissenschaftlichen Kräfte Danzigs und der Provinz konnten eben nicht gleichzeitig sich beiden Versammlungen widmen, und eine Ver- legung des Geographentages auf einen anderen Termin war untunlich. Trotz dieser notwendig gewordenen Verlegung auf den in solchem Falle am besten zu wählenden Herbst und zwar auf einen durch die späten Schul- ferien unvorteilhaft hinausgeschobenen Termin erfreute sich die Versammlung doch eines sehr regen Besuches aus allen Teilen der Provinz, besonders aus dem nahen Danzig. Dazu kam eine erfreuliche starke Beteiligung seitens der Bewohner von Zoppot. Der Magistrat und die Badedirektion von Zoppot bekundeten von vornherein ein lebhaftes Interesse für die Tagung. Bereit- willigst wurde der große Saal des Kurhauses mit Nebenräumen für den Tag der Versammlung zur Verfügung gestellt; offizielle Vertreter aus beiden Körper- schaften waren zu der wissenschaftlichen Sitzung wie abends zum Festessen delegiert und die Kurkapelle war entsandt worden, abends für eine gute Tafelmusik zu sorgen — ein sehr seltener, erfreulicher Fall behördlicher Fürsorge dieser Art bei Gelegenheit unserer Jahresversammlungen. Der Ortsausschuß, bestehend aus den Herren Ober-Regierungsrat a. D. BAYER, Direktor Dr. KuLCcKkE, Korvettenkapitän z. D. Sımon, Beigeordneter Rechnungsrat THIELE, Stadtverordnetenvorsteher Dr. WAGNER, Badekommissar Rittmeister a. D. v. WEDEL-Öremzow, Rentier Weıss, Königlicher Schulrat Wırr, hatte durch solche Vorbereitungen und durch lebhafte Propaganda im Orte vorteilhaft vorgearbeitet, und die anregenden Vorträge trugen des weiteren zum guten Gelingen der ganzen Versammlung bei. * % * Morgens um 8!/, Uhr begann im Lesezimmer des Kurhauses die geschäft- liche Sitzung. Der erste Vorsitzende, Herr Oberlehrer Dr. Lakowınz, begrüßte * 23. Ber. d. Wpr. Bot.-Zool. Vereins, N l die aus fern und nah herbeigeeilten Mitglieder und sprach die Hoffnung aus, daß die lebhafte Beteiligung der Mitglieder an dieser Jahresversammlung vorbildlich werden möchte für spätere Zeiten. Sodann meldete er 37 neue Mitglieder an, durch welche die Gesamt-Mitgliederzahl 500 erreicht ist. Ist diese Tatsache auch ein erfreuliches Zeichen für das Gedeihen des Vereins, so erwächst daraus die Sorge, den durch Versetzung und Tod stets gefährdeten Mitglieder- bestand mindestens auf dieser Höhe zu erhalten. Die Mithilfe der Ver- einsmitglieder, neue Freunde dem Verein zuzuführen, wird nach wie vor hierzu erbeten. Nur durch eine recht große Mitgliederzahl können die Mittel gewonnen werden zur Lösung der wissenschaftlichen Aufgaben, die sich der Verein, seiner Satzung gemäß, gestellt hat: und solcher gibt es gar viele. Der Erste Schriftführer des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins, Herr Professor Dr. ConwENnTz-Danzig. überreicht folgenden Geschäftsbericht für 1904/05, den der Vorsitzende hierauf verliest. Die 27. Hauptversammlung fand am 24. Mai 1904 in Thorn statt, wo der Verein bisher noch nicht getagt hatte; am folgenden Tage schloß sich ein Ausflug mit Dampfer nach Ostrometzko an. Der bisherige Vorstand wurde wiedergewählt und setzt sich zurzeit aus nachbenannten Herren zusammen: Vorsitzender: Oberlehrer Professor Dr. LaAkowırz-Danzig, Stellvertretender Vorsitzender: Professor Dr. BoCkwoLpT-Neustadt, Schriftführer: Professor Dr. COnWwENTZ-Danzig, Stellvertretender Schriftführer: Rektor KaLnmuss-Elbing, Schatzmeister: Konsul MEYER -Danzig. Betreffend die Sendboten des Vereins weist Herr ConwEntZz auf die Schwierigkeit hin, geeignete Kräfte zu gewinnen, und auf die Notwendigkeit, dieselben günstiger zu stellen. Es wird beschlossen, die Tagegelder zunächst auf 6M zu belassen; jedoch bleibt es dem Vorstand vorbehalten, in besonderen Fällen eine Erhöhung auf 7,50 M eintreten zu lassen. Die Eisenbahnfahrten sollen in der II. Klasse vergütet, Wagen, Bootfahrten usw. nach den ent- standenen Kosten ersetzt werden. Bis zur Einlieferung des vom Sendboten gesammelten Materials und eines zum Druck bestimmten kurzen Reiseberichts soll '/; der Gesamtsumme einbehalten werden. Bei dem später folgenden ausfübrlichen Bericht, sowie bei der speziellen Bearbeitung des wissenschaft- lichen Materials wird ein Honorar von 40 M für jeden Druckbogen festgesetzt. Ferner beantragt der Schriftführer, Herrn Professor Dr. P. ASCHERSON, bisher Korrespondierendes Mitglied des Vereins, angesichts seiner grundlegenden Arbeiten zur Kenntnis der mitteleuropäischen Pflanzenwelt, besonders auch wegen seiner anhaltenden Förderung der Erforschung der Flora des nordost- deutschen Tieflandes, zum Ehrenmitglied zu ernennen, was einstimmig angenommen wurde. Das von Künstlerhand hergestellte Diplom wurde Herrn 2* 3% ASCHERSON an seinem 7Ojährigen Geburtstag in Berlin am 4. Juni 1904 von den Herrn Professor BAIL und ConwEntz persönlich überreicht. Weiter regte der Schriftführer an, die nächste Hauptversammlung wegen des in Danzig zu Pfingsten 1905 bevorstehenden XV. Deutschen Geographen- tages erst im Herbst des Jahres abzuhalten, was allgemeine Zustimmung fand. Inzwischen hat der Deutsche Geographentag unter zahlreicher Beteiligung zu allseitiger Befriedigung stattgefunden. Der Vorsitzende des Vereins leitete die damit verbundenen wissenschaftlichen Ausflüge, während der Schriftführer den Vorsitz im Ortsausschuß des Geographentages führte. Außer der Hauptversammlung wurden in Danzig vier Sitzungen im Winter 1904/05 abgehalten, worüber auch ein Bericht veröffentlicht werden wird. Sodann fanden in vorigem wie in diesem Sommer mehrere halb- und eintägige Exkursionen in die Umgegend statt. Außerdem wurden von zahlreichen Mit- gliedern des Vereins, Herren und Damen, unter Führung des Vorsitzenden, Herrn Oberlehrer Dr. LAkowırz, im Juli 1904 eine Reise in die Hohe Tatra und im Juli 1905 eine Reise an die Westküste Norwegens ausgeführt. Daneben fanden noch zwei größere Veranstaltungen, gemeinsam mit der Naturforschenden Gesellschaft bezw. mit dem Westpreußischen Fischerei-Verein, im Festsaal des Danziger Hofes statt. Am 24. Oktober 1904 hielt Herr CoNnwENnTZ einen von Lichtbildern begleiteten Vortrag über den Schutz der natürlichen Landschaft, ihrer Pflanzen- und Tierwelt, besonders in Westpreußen, und am 23. März 1905 sprach Herr BrÜüHntL vom Institut-für Meereskunde in Berlin über Delikatessen des Meeres. Was die wissenschaftliche Tätigkeit des Vereins betrifft, so führte Herr Dr. EnDERLEIN aus Berlin in der Zeit vom 3. Juli bis 10. August 1904 eine Reise durch das Küstengebiet der Kreise Neustadt und Putzig aus, um vor- nehmlich die Hymenopteren und Dipteren, wie überhaupt die Insekten der dortigen Dünen und Moore, zu studieren. Die Ausbeute ist überaus reich und interessant, was zum guten Teil auch dem Umstande zuzuschreiben ist, daß Frau Dr. ENDERLEIN ihren Gatten begleitete und auf das eifrigste unter- stützte. Auch neue Arten, selbst eine neue Gattung aus der Ordnung der Netzflügler, haben sich ergeben. Die Bearbeitung des Materials durch Herrn Dr. EnDERLEIN und andere Spezialforscher wird geraume Zeit in Anspruch nehmen, weshalb bis jetzt nur ein kurzer Reisebericht und eine kleine Spezial- studie zum Druck vorliegen. In der Zeit vom 4. Juli bis 11. August 1905 wurde Herr cand. prob. TESSENDORFF aus Charlottenburg mit einer botanischen Untersuchung der zu beiden Seiten der Weichsel gelegenen Kolke und Altwässer betraut. Er hat sich in eingehender Weise dieser Aufgabe gewidmet und dann auch mit dem Studium der Vegetationsverhältnisse des Drausen, eines in raschem Verlanden begriffenen Binnensees (vergl. H. Conwenzz. Die Moorbrücken im Tal der Sorge. Danzig 1897. S. 44 ff.), begonnen. Es ist wünschenswert, daß Herrn TESSENDORFF Gelegenheit gegeben werde, seine umfangreichen, wichtigen 3* 1* ei Untersuchungen in folgendem Sommer fortzusetzen und zu einem gewissen Abschluß zu bringen. Ferner wäre es notwendig, daß auch die Tierwelt dieser immer mehr dahinschwindenden Gewässer untersucht werden möchte, ehe es zu spät ist. Weiter sind von Herrn Lehrer PREuss in diesem Sommer für den Verein botanische Exkursionen im Kreise Danziger Niederung, besonders auf der Frischen Nehrung, ausgeführt worden. Die Mitgliederzahl des Vereins ist in einem erfreulichen Wachsen begriffen und beträgt gegenwärtig 480. Der Kassenbestand belief sich am 1. April er. auf 3782,23 M. Hierbei ist dankbar der Subvention zu gedenken, welche der Verein auch in diesem Jahre von der Provinzial-Verwaltung der Provinz Westpreußen empfangen hat. In Vertretung des Schatzmeisters, Herrn Konsul MEYER, trägt der zweite Vorsitzende, Herr Professor Dr. BockwoLpr, den Kassenbericht über das Geschäftsjahr 1904/05 vor, nach welchem die Kasse am 31. März 1905 mit einem Saldo von 3782 M abschließt. Zu Kassenrevisoren werden die Herren Professor HERWEG und Assessor Dr. HEnrıcı gewählt. Die während der Sitzung noch vorgenommene Prüfung der Kassenrechnung und der Belege ergab die Richtigkeit der Kasse. Am Schluß der Sitzung beantragen die Herren Revisoren Decharge, die seitens der Versammlung erteilt wird, zugleich mit Worten des Dankes an den Herrn Schatzmeister. Auf Anregung der Herren Revisoren wird beschlossen, zur Entlastung der Kasse die Einziehung der Mitgliedsbeiträge in Danzig und Vororte nicht mehr durch besonderen Boten, sondern durch Postanweisungen zu bewirken. Bezüglich des Arbeitsplanes für 1905/06 wird beschlossen: Herrn Lehrer Preuss die Mittel zur Fortsetzung seiner Studien über die Flora der Frischen Nehrung zu gewähren, desgleichen Herrn Dr. AHLFVENGREEN zur Fort- setzung und Vervollständigung seiner Untersuchungen über die Vegetations- verhältnisse westpreußischer Moore und Herrn Kandidat des höheren Lehramtes TESSENDORFF zur Fortsetzung seiner Bereisung der Kolke und Altwässer der Weichsel. Die Arbeiten der beiden letztgenannten Herren können aber natür- lich nur nach Maßgabe der vorhandenen Geldmittel der Vereinskasse gefördert werden, die leider durch die schnell aufeinander folgende Drucklegung des 25. und 26/27. Berichtes unseres Vereins sowie durch die Herstellung der Tafeln zur „Algenflora der Danziger Bucht“ gerade im laufenden Etatsjahre arg in Anspruch genommen wird. Als Ort für die Jahresversammlung zu Pfingsten 1906 wird Marienwerder vorgeschlagen und angenommen. Von Herrn Dr. EFFLER wurde ein Antrag eingebracht, der sich auf die Vorstandswahl bezieht und verlangt, daß in dem $ 8 der Satz: „Zum Vor- sitzenden darf ein und dasselbe Mitglied nur zwei Jahre hintereinander gewählt 4* 5* werden“ wegfalle.e. In Abwesenheit des Vorsitzenden wird unter dem Vorsitz des stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn Professor Dr. BockWOLDT, die Diskussion eröffnet. Nachdem auf die Nachteile hingewiesen, die ein häufiger Wechsel des Vorsitzenden im Hinblick auf die ruhige Vereinsleitung leicht herbeiführt, wird dem gestellten Antrage entsprochen und beschlossen (ein- stimmig), den oben erwähnten zweiten Satz in $ 8 der Vereinssatzung fortzulassen. Bei der nunmehr erfolgenden Vorstandswahl schlägt Herr Professor BAıL zum Vorsitzenden Herrn Oberlehrer Dr. LAKOWITZz vor, der von der Versammlung einstimmig gewählt wird und die Wahl annimmt. Auch die übrigen Vorstands- mitglieder werden einstimmig wiedergewählt. Herr Professor CONwENTZ lehnt seine Wahl als Schriftführer in einem Schreiben ab, da „immer mehr zunehmende Dienstgeschäfte“* ihn hindern, die sich infolge des Wachstums des Vereins stetig vermehrenden Geschäfte des Schriftführers zu versehen. Der Vor- sitzende hebt hervor, daß Herr ConwEntz durch die Übernahme der Leitung der Naturdenkmalspflege in Preußen neuerdings mehr belastet sei denn je und andererseits schon bei seiner Wahl zum Schriftführer des Vereins in der Hauptversammlung 1889 erklärte, er sei nur bereit. die Wahl unter der Voraussetzung vorläufig anzunehmen, daß bald eine andere Kraft gefunden werde, die mehr Zeit diesem Amte widmen könne. Zugleich spricht der Vor- sitzende, den Verlust bedauernd, dem Scheidenden den Dank des Vereins aus. Bei der erfolgenden Ersatzwahl wird Herr Oberlehrer Dr. Daums zum Schrift- führer einstimmig gewählt. Es setzt sich demnach der Vorstand für den Rest des Vereinsjahres 1905/06 aus folgenden Herren zusammen: Oberlehrer Dr. Lakowırz in Danzig als Vorsitzender, Professor Dr. BockwoLpr in Neustadt als stellvertretender Vorsitzender, Öberlehrer Dr. Danums in Danzig als Schriftführer, Rektor Karmuss in Elbing als stellvertretender Schriftführer, Konsul MEYER in Danzig als Schatzmeister. Hiermit war die Tagesordnung der geschäftlichen Sitzung erschöpft. * * * Die wissenschaftliche Sitzung fand im großen Festsaale des Kurhauses statt und war von über einhundert Mitgliedern und Gästen — Herren und Damen — besucht. Um 9'/, Uhr eröffnete Herr Dr. Lakowırz die Sitzuug und begrüßte die stattliche Versammlung, vor allem das Ehrenmitglied, Herrn Professor Baır, und die Vertreter der Stadt Zoppot. Die Begrüßung seitens der Stadt erfolgte nicht jetzt, sondern bei Gelegenheit des offiziellen Festmahles am Abend. Der Vorsitzende legt an neuer Literatur zunächst Schriften von Vereinsmitgliedern vor: Conwentzz, Die Fichte in Norddeutschland, HERRMANN, Tabellen zum Bestimmen der Holzgewächse, Lakowırz, Die Danziger Bucht, eine geographisch-biologische Skizze, und Wırr, Bienenwirtschaft in Westpreußen, 5* - sodann noch zwei kleine Schriften, die an der „Wasserkante* besonderes Interesse beanspruchen, nämlich: APSTEIN, Tierleben der Hochsee und Kuckuck, Der Strandwanderer. Es wurden folgende Vorträge gehalten: Professor Dr. BaıL-Danzig: Biologische Mitteilungen, Öberlehrer P. LAnGE-Danzig: Die Besiedelung der Schwemmlandinsel Messina bei Neufähr mit interessanten Pflanzenformen, Oberlehrer Braun-Marienburg: Bemerkungen zum Vogelzuge, Öberlehrer Dr. MÜLLER-Elbing: Unsere Kenntnis von den Mallophagen (Federlingen), Oberlehrer LAnGE: Über die von Herrn Lehrer PrEuss auf der Nehrung ge- fundenen Pflanzen, Rektor Karmuss: Heterogenesis und Vorführung der in unserer Provinz auf- gefundenen fleischverdauenden Pflanzen. Die eingelieferten Berichte über diese Vorträge befinden sich im allge- meinen Teile. Nach der Mittagspause wurde um 2'/;, Uhr vom Kurhause aus die programmäßig vorgesehene Exkursion nach den Uferpartieen bei Hoch Redlau von zirka 75 Personen unternommen. Bei schönstem Wetter ging's durch den Zoppoter Park und über die sonnige Strandpromenade, wo fremde Nadelhölzer und die Gebüschvegetation besondere Beachtung fanden. Vom erhöhten Diluvialrande am Ufer zwischen Zoppot und Koliebken konnte ein ungehinderter Blick auf die prächtig beleuchtete See, auf das Land von Zoppot bis Neufahrwasser und ‚hinüber bis Hela genommen werden. Zugleich er- schreckten aber mächtige aus NW. heranziehende Regenwolken, die die fröh- liche Wanderschaar im Koliebker Wäldchen tüchtig mit unerwünschtem Naß überschütteten und bis nach Adlershorst hin begleiteten. Nach kurzer Kaffee- pause wurde die Wanderung wegen des durchweichten Bodens richt, wie geplant, über die Höhe, vielmehr am Strande fortgesetzt. Die Teilnehmer an der Exkursion fanden Gelegenheit, an den Diluvialgehängen hinter Adlershorst das massen- hafte Vorkommen des von Professor BaıL in seinem Vortrage besprochenen Stielstäublinges Tulostoma mammosum, wie auch am Strande selbst die noch reiche Verbreitung der Seemannstreu, Eryngium maritimum, ebenda festzustellen. Auch wurde der gerade dort häufige große Dammläufer, Nebria livida, gefangen, der durch seine Färbung — glänzend schwarzer Kopf und schwarze Hinter- leibsmitte, sonst bleichgelb — auffällt. Nach tüchtiger Wanderung wurde am Redlauer Strande ein hübscher geologischer Aufschluß —- tertiäre Sande werden schroff durch Geschiebelehm unterbrochen — erreicht und photo- graphiert, alsdann der Aufstieg durch eine romantische, breite, schön be- wachsene Schlucht nach dem Gute Hoch Redlau unternommen: zu dem dort an einem Verbindungswege stehenden stattlichen Exemplar der schwedischen 6* . Mehlbeere, Pirus suecica. Zum Andenken nahm man ein paar kleine be- blätterte Zweige mit den hübsch roten Früchten mit. Nur wenige hatten dies ferne Ziel erreicht. Die meisten waren auf kürzerem, zum Teil sehr unbequemen Pfaden nach Klein-Katz geeilt, wo auch die letzten noch recht- zeitig eintrafen, um den Eisenbahnzug zurück nach Zoppot benutzen zu können. Abends um 8'/, Uhr vereinigte dann ein Gemeinsames Essen die Ge- treuen von der Exkursion nochmals zusammen mit Vertretern des Magistrats und der Badedirektion. Herr Ratsherr ALsBrECHT begrüßte namens der Stadt den Verein, ihm ferneres Gedeihen wünschend; Herr Dr. Lakowırz dankte namens des Vereins und wünschte der aufstrebenden Stadt zum Wollen wie jetzt so auch stets die Männer und die Mittel zum Vollbringen des Guten. Weitere Toaste der Herren Oberlehrer Dr. MÜüLLer, Direktor Dr. Kurcke, Schulrat Wrrr folgten, und Herr Professor BOCKWOLDT verkündete die Begrüßungstelegramme, die von Fräulein LEMKE, von den Herren Prof. MOMBER (Naturforschende Gesell- schaft), Herrn PrEuss (Westpreußischer Lehrerverein für Naturkunde), Dr. BRICK, Professor ConwEntz, W. KAUFFMANN, Konsul MEYER zugesandt waren. Nach Aufhebung der Tafel, bei welcher die von der Badedirektion gütigst zur Verfügung gestellte Kurkapelle konzertierte, wurde noch ein Stündchen dem Tanze gewidmet, wobei die fröhliche Stimmung ihren Höhepunkt erreichte. Um 11'/, Uhr, vor Abgang des letzten Zuges, mußte von dem gastlichen Zoppot Abschied genommen werden. Bericht über die Sitzungen und sonstigen Veranstaltungen des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins von Michaelis 1905 bis Pfingsten 1906. 1. Vortragsabend am 21. November 1905. Abends 8 Uhr, in der Aula des Königlichen Gymnasiums zu Marienburg, Herr Oberlehrer F. Braun-Marienburg sprach über: Die Säugetiere und Vögel Konstantinopels und seiner Umgebung. Der Vortragende demonstrierte Bilder verschiedenster Typen Konstanti- nopeler Straßenhunde, Abbildungen und Stopfpräparate von Milvus Korschun, Fringilla serinus, Oypselus melba, Emberiza melanocephala, Phalocrocoraz carbo, P. graculus und P. pygmaeus, sowie der Konstantinopeler Taubenformen Turtur auritus, T. decaocto und T. cambajensis!). 2. Vortragsabend am 29. November 1905. Abends 8 Uhr, im Sitzungssaale der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Herr Oberlehrer F. Braun-Marienburg wiederholt seinen Vortrag über: Die Säugetiere und Vögel Konstantinopels und seiner Umgebung. 3. Sitzung am 6. Dezember 1905. Abends 7 Uhr, im Sitzungssaale der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Der Vorsitzende, Herr Oberlehrer Dr. LAKOwITz, begrüßt die Versammlung und teilt mit, daß Herr Rentier von RıEsEN-Langfuhr, der zu den eifrigsten Mitgliedern des Vereins zählte, verschieden sei. Das Andenken des Ver- storbenen wird durch Erheben von den Sitzen geehrt. — Seit der letzten Sitzung sind 28 Mitglieder hinzugekommen. Von Arbeiten aus dem Kreise der Mit- glieder gelangen zur Vorlage: Kunusatz, Beitrag zur Kenntnis der Metamorphose geflügelter Heteropteren, LonHaAuss, der anatomische Bau der Laubblätter der Festucaceen und dessen Bedeutung für die Systematik, Preuss, Botanische Untersuchungen im Kreise Löbau östlich der Drewenz (Fortsetzung und Schluß). 1) Die eingelieferten Berichte über gehaltene Vorträge befinden sich im allgemeinen Teile, i* Nachdem sodann noch weitere Eingänge, Abhandlungen und Werke vor- gelegt und zum Teil besprochen sind, beginnt Herr Prof. Dr. Bart die Reihe der Vorträge mit einer Schilderung der keulenförmigen Pilze, wobei er darauf hinwies, daß sich das Interesse für unsere Pilzarten in er- freulicher Weise hebt, sich aber fast nur auf die eßbaren Arten erstreckt. Der Vortragende erläuterte dabei eine Anzahl von interessanten Funden durch Vorführung von Abbildungen und Präparaten'). Herr Oberlehrer Dr. Danunms legte die zwei bisher erschienenen Ökologisch-ethologischen Wandtafeln, herausgegeben von Dr. ©. MATZDORFF, vor und besprach sie. Sie behandeln das Thema „Schutzfärbung und Schutzform‘“ und geben in vorteilhafter Form die Art und Weise wieder, wie Schmetterlinge, Käfer und Raupen sich vor Verfolgung schützen oder andererseits auf Beute lauern. Dabei heften sie sich meist an Bäume und Blätter an, von denen sie sich in Form und Farbe nur schwer abheben. — Eine sehr umfassende Übersicht über Versuchsergebnisse in dem forstwirt- schaftlichen Pflanzengarten in Wirthy in Wpr. gab Herr Oberförster HERRMANN von dort, der eine größere Serie der Früchte und Fruchtstände von Nadel- hölzern ausstellte und Über die Zapfen der Koniferen ausführlich berichtete. Der ihm unterstellte Garten enthält besonders wert- volle Anpflanzungen, aus denen der Vortragende eine große Zahl von Natur- objekten erläuterte und herumreichte. Unter ihnen stammten viele von aus- ländischen Gewächsen, deren Anpflanzung in Preußen bisher nur in Wirthy gelungen ist. In erfreulicher Weise machte Herr HERRMANN diese Sammlung dem Vereine zum Geschenk !). Zum Schluß führte endlich Herr Oberlehrer Dr. Lakowırz zahlreiche Exemplare von Braunalgen ' vor, die er zum Teil kunstvoll konserviert hatte. In unserer Ostsee sind einige Vertreter von diesen Gewächsen, deren Formenreichtum ein großer ist, ebenfalls heimisch. — Auf einen Antrag der Herrn Professor BaıL und Dr. Lakowırz wurde beschlossen, Herrn Professor Dr. ConweEntz, Direktor des Westpreußischen Provinzialmuseum, zum Ehrenmitgliede des Vereins zu ernennen. Dann wies der Vorsitzende noch darauf hin, daß im Vorflur Herr Fischhändler ZrEMENS- hier einen lebenden Fischotter, den er selbst großgezogen habe, ausstelle, und schloß die Sitzung mit der Verteilung des eben fertig gestellten 26. und 27. Vereins-Berichtes. 1) Die eingelieferten Berichte über gehaltene Vorträge befinden sich im allgemeinen Teile. 2* 10* 4. Vortragsabend am 14. Januar 1906. Abends 8 Uhr, in der Aula der höheren Töchterschule zu Elbing. Herr Oberlehrer F. Braun-Marienburg sprach über: Bilder aus der Landschaft und der Tierwelt Bithyniens. 5. Vortragsabend am 21. Januar 1906. Abends 8 Uhr, in der Aula der Städtischen Ober-Realschule zu Graudenz, Herr Oberlehrer F. Braun-Marienburg wiederholte seinen Vortrag: Bilder aus der Landschaft und der Tierwelt Bithyniens, unter Vorführung von Lichtbildern. 6. Sitzung am 14. Februar 1906. Abends 8 Uhr, im Sitzungssaale der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Der Vorsitzendedes Vereins, Herr Professor Dr. LAKOWITZ, begrüßtein dieser ersten Sitzung nach Neujahr die Ehrenmitglieder, Mitglieder und den Herrn Vor- tragenden des Abends und wünscht ihren Bestrebungen und denen des Vereins das beste Gelingen. Dann zählt er die 27 persönlichen und korporativen Mitglieder auf, die seit der letzten Sitzung neu eingetreten sind. Darauf wird die neu eingegangene Literatur vorgelegt, unter der u. a. felgende beiden Arbeiten Mit- glieder als Verfasser haben: Coxwentz, H.: Bemerkenswerte Fichtenbestände vornehmlich im nord- westlichen Deutschland, Preuss, Hans: Vorarbeit zu einer Flora der Frischen Nehrung. Ferner werden weiter zu erwartende Veranstaltungen des Vereins und ein- gelaufene Einladungen bekanntgegeben. Der Vorsitzende begrüßt sodann den Direktor desWestpreußischen Provinzial-Museums, Herrn Professor Dr. CONWENTZ, der 16 Jahre lang Schriftführer des Vereins gewesen ist, nun aber sein Amt wegen vermehrter Arbeit bei der Leitung des Museums und der Pflege der heimischen Naturdenkmäler niedergelegt hat. Er teilt ihm mit, daß der Verein ihn zum Ehrenmitgliede ernannt habe und bittet ihn, die getroffene Wahl an- zunehmen. Der so Geehrte dankte mit beredten Worten für diese Auszeichnung. Darauf behandelte Herr THIENEMANN, der Leiter der Vogelwarte in Rossitten, das Thema: Der Vogelzug auf der Kurischen Nehrung unter Vorlegung eines reichen Demonstrationsmaterials aus der Privatsamm- lung des Herrn Apothekers ZIMMERMANN in Danzig und dem West- preußischen Provinzial-Museum. Herr ZIMMERMANN hatte neben viele: Balg- und Stopfpräparaten auch eine größere Kollektion zusammengestellt, welche die sogenannte „Vogelwiese* zur Anschauung brachte. Wir werden durch sie an den Strand versetzt, auf dem sich viele, der Hauptsache nach braun und gelb gefärbte Vögel, wie Strand- und Wasserläufer, Steinwälzer, Kampf- und 3* en. Uferläufer, Wassertreter und andere in charakteristischen Stellungen tummeln. Ein gemalter Hintergrund, der Dünen und blaue, salzige Flut vortäuschte, und ein seitlicher Abschluß des Gesamtbildes durch Buschwerk ließen das Ganze als ein Kabinettstückchen von eigenem Reize hervortreten und lockte Augen und Interesse immer wieder zur Besichtigung an. Der Vortragende gibt zuerst eine kurze Beschreibung der Örtlichkeit und geht dann auf die Ornis selbst ein. Sie kann für die Kurische Nehrung in Zug- und Nistvögel geteilt werden, doch herrschen die ersteren ihrer Zahl nach bei weitem vor und drücken während der Zugperiode dem Beobachtungs- gebiete das eigenartige Gepräge auf. Als Raststation gelten vorzugsweise Bruch und Vogelwiese, deren letztere in den zahlreichen Riesenohrwürmern den gefiederten Gästen reichliche Kost bietet. Dann werden die einzelnen Zug- perioden nach den einzelnen Monaten, sowie die Ruheplätze der Reihe nach besprochen und die verschiedenen Vertreter in Lebensweise und Präparat vor- geführt. Besonders die Schilderung des Krähenfanges erregte hohes Interesse, ebenso die Besprechung der Versuche, die mit Nebelkrähe und Lachmöwe ge- macht wurden, um über die Ausdehnung und die Richtung des Vogelzuges Aufschluß zu gewinnen. Auf die Darlegung des Fortzuges folgte eine Be- schreibung des Rückzuges. Während der erstere mit einer gewissen Behag- lichkeit sich abspielt, verläuft der andere viel lebhafter, da der Geschlechtstrieb die Bewegung recht erheblich beschleunigt. Zum Schluß erfolgten einige An- gaben über die Zughöhe, über die Beziehung des Fluges zum Wetter und über Flug- und Windrichtung, sowie die Anregung, an der deutschen Ostseeküste, z. B. auf Hela, weitere Beobachtungsposten einzurichten '). Der Vorsitzende dankte dem Vortragenden und Herrn Apotheker ZIMMERMANN für die aufgewendete Mühe. Dann wurden noch einige Fragen aus dem Kreise der Vereinsmitgliede aufgeworfen: Herr Sanitätsrat LiEvin in Danzig bat um näheren Aufschluß über den Verlauf des Vogelzuges zur Nachtzeit. Im wesentlichen ist man bei derartigen Beobachtungen auf das Gehör angewiesen, so vernimmt man deutlich den typischen Flügelschlag des Bläßhuhnes bei etwa 50 m Entfernung, Strandvögel ziehen meist höher. Auf die Frage des Herrn Königlichen Forstmeister SchuLtz in Oliva bei Danzig, wie es um die Sache des Kormoran in der Kurischen Nehrung bestellt sei, wird ihm der Bescheid, daß der letzte Vogel dieser Art im Jahre 1898 erlegt sei. Nach Schuß der öffentlichen Sitzung wird seitens des Vorstandes vor- geschlagen, Herrn Regierungs- und Forstrat v. SPIEGEL, zurzeit in Danzig, der nunmehr dauernd nach Potsdam versetzt ist, wegen seines hohen Interesses um den Verein und wegen seiner Vorträge und wissenschaftlichen Bestrebungen zum korrespondierenden Mitglied zu ernennen. Der dahingehende Antrag wird angenommen. 1) Die eingelieferten Berichte über gehaltene Vorträge befinden sich im allgemeinen "Teile. 4r 12* ‘. Vortragsabend am 18. Februar 1906. Abends 8 Uhr, in der Aula des Königlichen Gymnasiums zu Marienwerder. Herr Oberlehrer F. Braux-Marienburg wiederholte seinen Vortrag über: Bilder aus der Landschaft und der Tierwelt Bithyniens, und Vorführung von Lichtbildern. 8. Vortragsabend am 5. März 1906. Abends 8 Uhr, im Festsaale des Hotels DE GEceELLI in Konitz, Herr Oberlehrer F. Braux-Marienburg wiederholte seinen Vortrag: Bilder aus der Landschaft und der Tierwelt Bithyniens, unter Vorführung von Lichtbildern. 9. Vortragsabend am 8. März 1906. Abends 8 Uhr, im Festsaale des „Danziger Hofes“. Herr Professor Dr. BRaun von der Universität Königsberg i. Pr. sprach unter Vorführung einer großen Reihe von Lichtbildern über: Walfang und Walverwertung, nach eigener Beobachtung im hohen Norden. Der Vortragende begann mit einem kurzen Überblick über den inneren Bau der gewaltigen Tiere, gab dann ein Bild von der geschichtlichen Ent- wickelung und der Bedeutung des Walfanges und schilderte schließlich eingehend an der Hand einschlägiger Lichtbilder die Ausrüstung der jetzigen Fangschiffe, sowie den Fang selbst und die Verarbeitung und Verwertung der Teile des gewaltigen Tierkörpers!). 10. Sitzung am 11. April 1906. Abends 8 Uhr, im Sitzungssaale der Naturforschenden Gesellschaft in Danzig. Herr Professor Dr. Lakowırz eröffnete die Sitzung und begrüßte die Erschienenen, die trotz des verlockenden Frühlingswetters in stattlicher An- zahl erschienen waren. Seit der letzten Sitzung hat sich der Mitgliederbestand um 18 vermehrt; die Namen der neu Hinzugekommenen wurden verlesen. — Herr Regierungs- und Forstrat von SPIEGEL, der nach Potsdam versetzt ist, hatte dem Vorstand des Vereins einen Brief zugehen lassen, um für seine Er- nennung zum korrespondierenden Mitglied seinen Dank auszusprechen. — Von der „Vogelwiese“, jener interessanten biologischen Zusammenstellung, die bei dem Vortrage des Herrn Dr. THIENEMAnN-Rossitten allgemein Interesse erregte, wurde eine photographische Wiedergabe herumgereicht. Von neuen Veröffentlichungen derVereinsmitglieder werden folgende vorgelegt: SPEISER, P.: Ergänzung zu Cwarına’s „Neuem Verzeichnis der Fliegen Öst- und Westpreußens* und SPEISER, P.: Beiträge zur Kenntnis der Hippoboseiden. \) Die eingelieferten Berichte über gehaltene Vorträge befinden sich im allgemeinen Teile. 5* 13* Eingelaufen waren Sonderabzüge von Arbeiten zoologischen Inhaltes seitens des Herrn Universitätsprofessor BRAun- Königsberg, von Herrn Dr. G. ENDERLEIN - Berlin eine „Monographie der Coniopterygiden*“, sowie einige Zeitschriften botanisch-zoologischen Inhaltes. Besonders hervorgehoben wurde ein Unter- nehmen der „Deutschen Landwirtschaftlichen Gesellschaft“, welche eine mono- graphische Behandlung der verschiedenen Ackerunkräuter angeregt hat. Die Bedingungen und einzuschlagenden Methoden werden kurz besprochen, der Arbeitsplan zur allgemeinen Kenntnisnahme ausgelegt. Das Ziel dieses großen Unternehmens ist die Beseitigung dieser Gewächse. Nähere Auskunft erteilt der Vorstand. — Ferner wurde mitgeteilt, daß für den 25. April dieses Jahres eine Besichtigung des Danziger Schlacht- und Viehhofes geplant sei, bei welcher der Direktor dieses Instituts, Herr ArEns, die Leitung bereitwilligst über- nommen habe. — Hingewiesen wird schließlich auf die diesjährige Jahresver- sammlung des Vereins am 5. Juni in Marienwerder, auf die bei dieser Gelegen- heit geplanten Ausflüge und Besichtigungen, wobei gleichzeitig aufgefordert wird, die Themata der Vorträge möglichst bald an den Vorsitzenden gelangen zu lassen. Herr Lehrer ScuuLz-Danzig legt dann Proben eines Käfers vor, den er in den ersten Tagen des April in großen Mengen angetroffen hat. Es handelt sich um den Dungkäfer Aphodius fimetarius L.; die an diesem zuerst als „Eier“ einer Käfermilbe angesehenen Gebilde sind keine solchen, sondern als eigene Gattung resp. Art unter dem Namen Uropoda vegetans DE GEER bekannt. Im Anschluß daran gibt der Vortragende einige Daten über Körperform und Lebensgewohnheiten der Käfergatiung Lema F. (Blatthähnchen). Darauf erteilt Herr Professor Dr. LAkowırz Herrn Oberlehrer Dr. Daums- Danzig das Wort zu einem Vortrage über Die Sumpfschildkröte in Westpreussen. Der Vortragende demonstrierte unter Vorlage einiger Präparate den all- gemeinen Bau der Schildkröten, sprach von dem Rückwärtsgehen und Aus- sterben in allen ihren Gruppen, um schließlich die Fundorte der Kmys europaea für die Provinz eingehend zu besprechen und so den Beweis zu erbringen, daß das Tier hier freilich noch existiere aber bereits auch dem Aussterben nahe sei). Dann sprach Herr Lucks, Assistent an der landwirtschaftlichen Versuchs- station in Danzig: Zur Vererbungsfrage. An der Hand verschiedener kolorierter Tafeln ging er von den Teilungsvor- gängen bei einzelligen Tieren und Pflanzen aus, legte dann die Erscheinungen bei dem Verschmelzen zweier Eizellen klar und gab die älteren und neueren Gesetze, soweit sie einen Überblick über den Stand der Wissenschaft gewährten, 1) Die eingelieferten Berichte über gehaltene Vorträge befinden sich im allgemeinen Teile. 6 14* an. Dann verweilte er bei den Kreuzungsversuchen und den dabei gewonnenen Ergebnissen und suchte die Resultate mit den Vorgängen in den Eizellen der Eltern in Einklang zu bringen'). Da die Zeit nunmehr hereits sehr vorgeschritten war, machte Herr Medizinal-Assessor HILDEBRAND-Danzig den Vorschlag, den von ihm vor- bereiteten Vortrag „Eigene Beobachtungen über den Hausschwamm in West- preußen“ auf eine günstigere Zeit zurückzustellen. Obschon das reiche aus- gelegte Demonstrationsmaterial dazu verlockte, von diesem liebenswürdigen Anerbieten keinen Gebrauch zu machen, gab man schließlich nach und ver- tröstete sich, die Vorführungen im nächsten Winter recht bald zu erhalten. Darauf schloß der Vorsitzende die Reihe der Sitzungen für dieses Vereins- jahr mit den besten Wünschen für ein glückliches Wiedersehen. 11. Besichtigung des Danziger Schlacht- und Viehhofes. Am 25. April 1906, nachmittags 4 Uhr. Der Verein machte unter Beteiligung von etwa 50 Mitgliedern und ihren Angehörigen einen Besuch des städtischen Schlachthofes, in dem Herr Direktor ARENS die Führung übernahm und die Einrichtungen eingehend erläuterte. Von besonderem Interesse war den meisten Besuchern, ganz besonders den Hausfrauen, die Abteilung, in der minderwertiges und zur Vernichtung be- stimmtes Fleisch zu sehen war und der Führer die verschiedenen Erkrankungen (Tuberkulose usw.) erläuterte. Im Trichinenschauamt lagen eine Anzahl frischer Präparate von Finnen und Blasenwürmern aus, auch waren unter Mikroskopen vortrefflich sichtbare Trichinenspezimina zur Schau gestellt. Mit der Be- sichtigung der Kühlhalle, des Maschinenhauses und des Raumes zur Eis- fabrikation endete zirka 6°/, Uhr der interessante Besuch. 12. Exkursion in den Olivaer Wald. Am 12. Mai 1906, nachmittags 3 Uhr. Eine stattliche Schar von Mitgliedern des Vereins wanderte bei prächtigem Wetter vom 7. Pelonker Hofe aus an der bekannten Eiche vorbei, über den Prinz- Heinrich-Ritt, Schwedendamm, Pionierweg, bis gegen Kehrwieder und dann ins Freudental hinab. Reich mit Schätzen der Frühlingsflora beladen, wurde nach dreistündigem Marsche im Restaurant Freudental Abendrast ge- macht und das Pflanzenmaterial verglichen. Besonderes Interesse bot die hübsche Frühlingspflanze Pulsatilla vernalis, „Küchenschelle* genannt, die auf sandigem Boden in einer so großen Anzahl kräftiger Stauden angetroffen wurde, daß eine Gefährdung ihres immerhin spärlichen Vorkommens bei Danzig zunächst nicht zu befürchten ist. Freilich, dem Ausgraben der Pflanze mit Wurzelstock und Feilbieten auf dem Markte in Oliva seitens der Landleute, wie solches in den letzten Wochen geschehen, muß in Zukunft gesteuert 1) Die eingelieferten Berichte über gehaltene Vorträge befinden sich im allgemeinen Teile. ‘ werden, will man diese Pflanze unserer Flora in ihrem natürlichen Vorkommen vor dem Untergang bewahren. Auch die Tierwelt des Waldes und benach- barter Felder wurde belauscht, besonders die Stimmen von Buchfink, Rot- kehlehen, Meisen, Singdrossel, Zaunkönig und Kuckuck, Grau- und Goldammer, hier und da Rehe und Hasen aufgescheucht, schließlich ein aus dem Neste herausgefallenes Junges einer Singdrossel von einem bösen Parasiten (Zecke) befreit und zu weiterer Pflege mitgenommen. Am Kohlenwege wurde in dem dort stark ansteigenden Walde ein gewiß nur wenig bekannter, zirka 3 m langer und 2 m aus dem Boden aufragender, bemooster erratischer Granit- block konstatiert. De 8*+ 473 - r . e ’ FRE RE PERETGREN UP a7 BEUTE ET Alp ib, “ ’ Ei ne NER 7, 6 Ba I Be ON EIER RE a VIHTRN Id.ı Be A Y: [ T 2 BRAIN ae E Kur. EEE wir er .2 “ ra u 2 2 en ? SER IY Du % v 4 rg - ar a rt t * Fr 3 ei HT Tour ara er NWELTOL. ’ u u A) er tin ‚(rt Wann Aa nm A { a TE Tr ar ir m r . P . En ” Ida A Hin TRETEN) 7 er E f fi { ss ’ & 4, 4 mb BUISGE Ey i u @ “ — T vs m oh,‘ { Er It BZ - Re ER a ; En ‚ ee E Er > a Ara ; » En ee N a ee Unsere Kenntnis von den Mallophagen (Federlingen) . Von Oberlehrer Dr. TR. MÜLLER in Elbing. Mit einer Abbildune. Unter den Tieren erregen die sogenannten Epizoen unser besonderes Interesse durch ihre systematische Stellung, ihren Körperbau und ihre Lebens- verhältnisse.. Man versteht darunter, im Gegensatz zu den Endozoen, den Bewohnern des Innern des Körpers anderer Tiere, diejenigen tierischen liebe- wesen, die auf oder an dem Körper anderer Tiere vorübergehend oder dauernd ihren Aufenthalt nehmen. Systematisch betrachtet, finden wir unter ihnen besonders Insekten, spinnen- artige Tiere (Milben) und Krebse. Außer den eben genannten Gliedertieren spielen im Wasser Mollusken, Würmer und andere niedere Tiere noch eine Rolle. Unter den Insekten tritt uns eine besonders scharf abgesonderte Abteilung in einer Reihe von Tierformen entgegen, die man als Mallophagen oder Anopluren, Federlinge und Pelzfresser, bezeichnet hat. Unsere Kenntnis dieser Tierformen hat sich ganz allmählich entwickelt und ist im Laufe der Zeiten mehr und mehr gefördert worden. Der erste Beobachter, der Mallophagen beschrieben und benannt hat, ist REDI gewesen, der im Jahre 1668 und 1686 den heute als Trinotum luridum bezeichneten Federling als Entenlaus und das Lipeurus baculus genannte Tier als Pulex columbae majoris beschrieb. Im achtzehnten Jahrhundert haben Orrto FaABrRıcıus, J. C. FABRICIUS, DE GEER, LINNE, SCOPOLI, SCHRANK, PANZER und andere mehr oder minder deutliche Beschreibungen anderer Mallophagen geliefert. Der erste Monograph dieser interessanten Ab- teilung ist der Hallenser Universitätsprofessor CHRISTIAN LupwiG NITZSCH gewesen, dessen „Die Familien und Gattungen der Tierinsekten (Insecta Epizoica) als ein Prodromus einer Naturgeschichte derselben“ betitelte Ab- handlung in GERMAR's Magazin der Entomologie, Vol. III. 1818, erschien und die Grundlage aller weiteren Untersuchungen bildet. Sein ganzes Leben hindurch hat er Beobachtungen über die Mallophagen zusammengetragen und gegen 450 Arten beschrieben. Die umfangreichen, mehrere Bände darstellenden Zeichnungen und handschriftlichen Notizen sind, wie die Exemplare, in dem zoologischen Museum der Universität Halle aufbewahrt. . Er selbst hat die Veröffentlichung seines Lebenswerkes nicht mehr erlebt. Erst seinem Nach- 1) Bericht des Verfassers über seinen Vortrag, gehalten auf der 28. Hauptversammlung des Vereins in Zoppot, am 7. Oktober 1905. 28. Ber. d. Wpr. Bot. Zool.-Vereins. 1 1 folger CHRISTOPH GIEBEL war es vergönnt, nachdem er in mehreren kleineren, in der Zeitschrift für die gesamten Naturwissenschaften veröffentlichten Abhand- lungen auf diesen Schatz” aufmerksam gemacht hatte, das gesamte Material unter dem Titel: „Insecta Epizoa, die auf Säugetieren und Vögeln schma- rotzenden Insekten, nach Cnr. L. Nırzscn's Nachlaß bearbeitet, mit XX Tafeln nach NırzscH's Handzeichnungen“ herauszugeben. Weniger wertvoll sind die Arbeiten von F. Runpow, der zahlreiche neue Arten nach den im Hamburger Naturhistorischen Museum vorliegenden Exemplaren recht wenig deutlich be- schrieb. Henry DenxY's Monographia Anoplurorum Britanniae, or an Essay on the British Species of Parasitie Inseets 1842, gibt eine Beschreibung der von ihm in Großbritannien beobachteten Mallophagen. Als größtes und gleichzeitig umfassendstes Werk erscheint E. PıaGErT: Les Pedieulines, Essai Monographique. Vol. I Texte, Vol. I Planches 1880 und Supplement 1885, in dem neben den eigentlichen Läusen, die den weitaus kleineren Teil der Arbeit einnehmen, die Mallophagen mit peinlichster Gewissenhaftigkeit be- schrieben und mit großer Sorgfalt abgebildet werden. Leider hat der Ver- fasser den in der Einleitung ausgesprochenen Gedanken auch die Biologie, geographische Verbreitung usw. dieser Insekten in einem weiteren Bande im Zusammenhange zu behandeln, nicht ausgeführt. Ein Bruchstück, allerdings ein besonders wertvolles, bildet Orro TASCHENBERG’S: „Die Mallophagen, mit besonderer Berücksichtigung der von Dr. MEYER gesammelten Arten“, (Nova Acta der Kaiserl. Leop. Carol.-Deutschen Akademie der Naturforscher, Band XLIV. 1882), da hier nur ein Teil der Gattungen Berücksichtigung ge- funden hat. Dem obengenannten Forscher hat mit Ausnahme der DexxY'schen Typen alles vorher beschriebene Material zur Verfügung gestanden, so daß er in der glücklichen Lage war, durch eigene Anschauung die Beschreibungen zu vergleichen und richtig zu stellen. Es wäre zu wünschen, daß die Arbeit weiter geführt würde. Neuerdings haben auch andere Nationen an der Erforschung der Mallo- phagen teilgenommen, wie die Italiener PıcaGLıA, SIMONETTA und in Nord- Amerika OSBORN, PACKARD und vor allen KELLoGe |New Mallophaga I, II, Il. Palo Alto, California (Contributions to Biology from the Hopkins Seaside Laboratory 18396, 1899) ], dessen Abbildungen alle übrigen bei weitem über- treffen. Der genannte Forscher hat dabei die nordamerikanischen Arten mit den europäischen verglichen und hierbei festgestellt, daß etwa '/, der nord- amerikanischen Arten mit paläarktischen identisch ist. Die Zahl der bekannten Arten läßt sich zur Zeit nicht genau angeben. KarscH in seiner „Insektenwelt“ zählt 150 deutsche Arten auf; Gurtr hat ein nach den Wirtstieren geordnetes Verzeichnis in TROSCHEL’s Archiv der Naturgeschichte 1857 und 1878 veröffentlicht, das aber durch die neueren Beobachtungen ergänzt werden müßte. Auch anatomische und physiologische Verhältnisse der Mallophagen sind wiederholt Gegenstand besonderer Studien gewesen, so von P. KRAMER in 2 seinen Beiträgen zur Anatomie und Physiologie der Gattung Philopterus, von Wenpr. in seiner Abhandlung über das Herz von Menopon pallidum und endlich von R. E. SnopGRAsS in der 1899 veröffentlichten Abhandlung: The Anatomy of Mallophaga. Die Mundteile hat Franz GROSSE in seinen „Bei- trägen zur Kenntnis der Mallophagen“ und nach ihm KELLOG«G zum Gegenstande seiner Untersuchungen gemacht. Aus ihrer Beschaffenheit hat man die syste- matische Stellung hergeleitet und die Mallophagen mit beißenden Mundteilen von den mit saugenden Mundteilen ausgestatteten Pediculinen (Läuse) getrennt. Erstere zählt man zu den Orthopteren, letztere zu den Rhynchoten. Merkwürdig erscheint, daß die Pelzfresser nach der Gestaltung ihrer Gliedmaßen und anderen Kennzeichen in zwei scharf getrennte Familien zer- fallen. Die Liotheiden besitzen die Fähigkeit sich äußerst gewandt in dem Gefieder zu bewegen, während die Philopteriden sich auf glatten Flächen nur schwerfällig fortbewegen können. Beiden Familien wird je eine Gattung zugerechnet, deren Vertreter ausschließlich auf Säugetieren vorkommen: Den Philopteriden die Gattung Trichodectes, deren Arten auf Raub-, Nage- und Huftieren leben; den Liotheiden die Gattung Gyropus, von der nur zwei Arten auf dem Meer- schweinchen bekannt sind. Wovon nähren sich diese Tiere? Sicher steht fest, daß sie keine Blutsauger wie die echten Läuse sind. VAN BENEDEN, der in seinem Werke: „Die Schmarotzer des Tierreichs“ sie den Mutualisten zurechnet, weist darauf hin, daß die Mallophagen „von den Erzeugnissen der Haut- absonderungen leben, und wenn sie die Toilette ihrer Wirte in Ordnung halten, so sind sie ihnen auch in hygienischer Hinsicht nicht minder nützlich; denn sie verhindern die Anhäufung der Hautprodukte“. Die Beobachtung lehrt, daß ihr Mageninhalt aus Federresten besteht, und sie sind deshalb, falls sie in großer Menge auftreten, nicht ganz harmlos. Einzelne Vögel beherbergen mehrere Arten, trotzdem bekommt man die- selben nur selten zu Gesichte. Nur wenige Formen wie Menopon pallidum auf dem Haushulin sind so verbreitet, daß sie auf jedem Exemplare dieses Vogels zu beobachten sind. In der nebenstehenden Abbildung ist eine ver- wandte Art vom Bläßhuhn, Fulica atra, wiedergegeben. Über die Mallophagen unserer Provinz finden sich meines Wissens keine Angaben in der Literatur. Daher bietet sich für die Tätigkeit unseres Vereins Gelegenheit, diese bisher vernachlässigte Insektenordnung zum Gegenstande der Beobachtung zu machen, um so mehr als noch eine Reihe von allgemeinen Fragen über die Lebenserscheinungen dieser Tiere, besonders ihre Entwickelungs- geschichte, der Beantwortung harren. Menopon tridens Nitzsch 3. Vergr. er. 25:1. 3 1* Bemerkungen zum Vogelzuge'. Von Oberlehrer F. BRAUN in Marienbure. Der Redner weist zuerst auf Orro HERMAN’s Recensio critica automatica of birds migration hin, eine Gabe, die der rühmlichst bekannte Vorsitzende der ungarischen ornithologischen Zentrale dem dritten internationalen Ornithologen- kongreß zu London widmete. Leider wurde das treffliche Werk, obgleich es vorwiegend die Arbeit kontinentaler Forscher berücksichtigt, in englischer Sprache geschrieben. Dieser Umstand wird wohl in Deutschland seine Ver- breitung und Benutzung beschränken, die sehr wünschenswert wäre, damit von den Arbeitern auf diesem Gebiete nicht immer wieder Altbacken- Brot als frischer Festtagskuchen aufgetischt wird. Es ist sehr zu bedauern, daß die wissenschaftliche Arbeit, die von den einzelnen Nationen auf diesem Gebiete geleistet wird, noch immer vielfach nebenher geht, ohne sich gegen- seitig zu befruchten. Beispielsweise sind die in slavischen Sprachen geschriebenen Abhandlungen den germanischen und romanischen Völkern so gut wie un- zugänglich. Frühere Jahrhunderte, in denen die Gelehrtenrepublik sich der lateinischen Sprache als eines internationalen Mittels zur Verständigung be- diente, waren vielfach besser daran. Nach der HErMAN’schen Critica automatica, in welcher der Verfasser in sehr dankenswerter Weise auf ‚jede persönliche Kritik verzichtete, könnte es scheinen, als ob noch in allen Einzelfragen des Vogelzuges eine Menge diametral entgegengesetzter Thesen um die Geltung ringen. In diesem Grade ist das doch nicht der Fall. Nachdem kurz darauf hingewiesen, daß induktive Erkenntnis den Redner in mancher Hinsicht zu der Meinung des eben (26. September 1905) in Alsfeld verstorbenen Pfarrers KARL MÜLLER bekehrte, geht der Vortragende zur Umgrenzung des Gebietes über, auf dem klarere Erkenntnis herrscht. Seiner Meinung nach werden folgende Thesen kaum noch auf Widerspruch stoßen: I. Daß der Zug der Vögel durch die Rücksicht auf ihre Nahrung bedingt sei [Vergleich zwischen den Familien Muscicapa und Bombyeilla]. Il. Daß in erster Linie die Dauer des Brutgeschäfts (ob 1, 2, 3 Bruten) die Länge des Sommeraufenthaltes der Zugvögel bedingt, und daß gerade !) Bericht des Verfassers über seinen Vortrag, gehalten auf der 28. Hauptversammlung des Vereins in Zoppot, am 7. Oktober 1905. 1 ET. u zur Brutzeit eine Erweiterung des von der Art besetzten Gebietes am notwendigsten sei. [Vergleich zwischen Hirundo rustica und H, urbica; H. rustica anno 1905 in Westpreußen bis 30, Oktober be- obachtet]. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Längen des Sommeraufent- haltes nicht ein für allemal bestimmte Werte zu besitzen scheinen, sondern in bezeichnender Richtung abändern. Eine allgemeine Betrachtung scheint zu dem Ergebnis zu führen, daß die Länge des Sommeraufenthaltes der meisten Zugvögel und die Zahl ihrer Bruten sich vergrößert. Vielfach tritt eine (x + 1)te Brut ein, die oft noch nicht zu Ende geführt werden kann [efr. Hörundo rustica]. Mit dieser Tatsache muß der Umstand, daß die Brutreviere vieler Spezies sich nordwärts ausdehnen, in logischen Zusammenhang ge- bracht werden. Bei Arten, die diese weitere Ausdehnung des Brutreviers nicht mitmachen, läßt sich das Zurückbleiben oft erklären. Daß zum Beispiel Motacilla boarula, deren Benehmen im Winteraufenthalt Unempfindlichkeit gegen Witterungseinflüsse zeigt, nur vereinzelt jenseits der Mitteleuropäischen Gebirge gefunden wurde, verschuldet wohl die baltisch-sarmatische Tieflandsbucht. Die menschliche Kulturgeschichte und die durch sie bedingte Verbreitung von Nutzpflanzen hat die Verbreitung der Vogelarten vielfach beein- flußt, was bezüglich der Genesis des Zugphänomens nicht ohne Interesse ist. Weniger sicheren Boden betreten wir bei der Verteidigung der Thesen: RE 11. IN. IV. Die Heimat unserer Zugvogelarten muß in südlicheren Breiten gesucht werden, da die Eiszeiten, deren Zahl und Dauer mit bezug auf das gesamte Gebiet der paläarktischen Region nur hypotetisch ge- nannt werden können, ein Verweilen der krassesten Zugvögelarten in ihrem heutigen Siedelungsgebiete dereinst unmöglich machten. Im allgemeinen durchziehen die Zugvögel auf ihrem Zuge Gebiete früherer Siedelung. Im allgemeinen sind die Gebiete, in denen sie auf dem Zuge längeren oder kürzeren Aufenthalt nehmen, frühere Brutreviere. Im allgemeinen können wir daher aus der winterlichen Besiedelung eines Gebietes mit Zugvögeln vorsichtige Schlüsse auf Sommerklima und Flora einer früheren Periode ziehen. Winde beeinflußen den Zug der Vögel in hohem Grade, und zwar weniger lokale Winde von zeitlich individueller Bedingtheit als die großzügigen, periodischen Luftbewegungen im Kreislaufe desJahres,dienamentlich im Mittelmeergebiet so auffallend hervortreten. Wie HERMAN hervorhebt, besteht ein enger Zusammenhang zwischen den meteorologischen Verhältnissen und den phänologischen Zuständen des Vogellebens». Die Erscheinungen des Pflanzen- und Tierlebens sind Folgen örtlich gegebener, klimatischer Bedingungen. Diesem Zusammenhang nach- zuspüren, wird die vornehmste Aufgabe der Wissenschaft sein, wenn sie in die Fragen des Vogelzuges Klarheit bringen will. Wir möchten hervorheben, daß man folgende Thesen aufstellen kann: a) Die ausgeprägtesten Zugvögel (Pirol, Segler usw.) bewegen sich zu ihren Brutrevieren, sobald bestimmte Luftströmungen eintreten, und verlassen sie nach Beendigung des Brutgeschäfts. b) Eine zweite Gruppe von Zugvögeln bilden jene Spezies, bei denen der Rückweg langsam, staffelweise zurückgelegt wird und der Rückzug durch meteorologische Verhältnisse um Tage, Wochen, Monate verzögert wird (zum Beispiel Acrocephalidae, Sylvidae, Pratincolidae). c) Eine dritte Gruppe der Zugvögel bilden die Arten, die zwar noch ausgeprägte Zugvögel sind, aber beinahe mehr nach Norden als nach Süden zu gravitieren scheinen. Auf dem Zuge nach Süden (je weiter südwärts, desto mehr gilt dieser Satz) werden sie durch tatsächliche Witterungsungunst (schneeführende Nordwinde) etappen- weise südwärts getrieben (fast könnte man sagen: geweht), durch warme Südwinde dagegen auch im Winter nordwärts vorgeschoben. (Nach Erfahrungen in dem kleinasiatisch-rumelischen Litorale.) Diese Arten (Motacillidae, Anthidae, Alaudidae [Tundra!]) waren merkwürdigerweise zur Eiszeit Bewohner der paläarktischen Region. Der Redner fährt damit fort, daß er unter aller Reserve die These zu formen wagt, daß alle Vögel, Zug- wie Standvögel, Bewohner von Regionen mit besonderen, klimatischen Bedingungen sind, die auf Pflanzen- und Tierwelt und dadurch auch auf die Nahrungsver- hältnisse bestimmte Einflüsse ausüben. Bei den einen, den Stand- vögeln, verschieben sich diese Regionen im Jahreskreislauf gar nicht oder nur wenigaufder Erdoberfläche, bei den anderen, den krassesten Zugvögeln, wird der Wert der jährlichen Wanderungen dieser Regionen sehr groß. Bezüglich seiner Erfahrungen am Mittelmeer, die gerade ein Lustrum umfassen, bemerkt der Redner, daß aus ihnen der Zusammenhang zwischen den meteorologischen Verhältnissen und dem Vogelzuge zur Klarheit hervor- ging. Die Sommermonate mit gleichmäßigen Winden und gleichartigerem Luft- druck zeigen keine Bewegung von Zugvögeln. Die gegen Ende des August regelmäßig eintretenden Niederschläge und ebenso regelmäßigen Barometerschwankungen führen im propontischen Litorale die ersten Zugvögel mit sich (Oriolus, Merops und andere mehr). Nach dieser Periode bewegt sich die Temperatur in Wellenlinien, deren Wellenberge dem Winter zu allmählich niedriger werden. Im Wellental herrscht Nordwind, die Wellenberge kommen durch Südwinde zustande. Während jener kommen die Zugvögel, diese halten sie in jenem Litorale zurück. 3 1 Im Winter setzen sich diese Wellen fort. Die kalten Nordwinde entführen die in der Region überwinternden Arten nach Süden, die Südwinde bringen sie zurück. Das kann sich im Laufe des Winters viele Male wiederholen. Im Frühling vollziehen sich diese Erscheinungen, entsprechend dem Wandel der meteorologischen Bedingungen, sehr viel rascher. Dann ist in dem genannten Gebiet, dem propontischen Litorale, von einem etappen- mäßigen Vorrücken der Zugvögel nur sehr wenig zu spüren. LDanius minor, der sich auf dem Frühlingszuge wiederholt im Garten des Klosters der tanzende Derwische einstellte, rastete nur Stunden. Zum Schlusse bemerkte der Redner, daß die Zugstraßen im Mittelmeer- gebiet nicht unbedingt mit früheren Landbrücken in Zusammenhang gebracht werden müssen, da der Bau der Halbinseln die Zugvögel schon so wie so auf die litoralen Gebiete hinweist, und auch die meteorologischen Verhältnisse (die jährlichen Wanderungen der Minima von dem Inneren der Halbinseln auf die Meeresbuchten und vice versa) ihren Einfluß geltend machen mögen. Alle diese Dinge sind noch zu wenig erforscht, als daß wir über sie aburteilen könnten. Die Säugetiere und Vögel Konstantinopels und seiner Umgebung’. Von Oberlehrer F. BRAUN in Marienburg. innnnnnnnnn Der Redner geht zuerst auf das Klima der Stadt ein. Er hebt hervor, daß dieses sowohl See- als Landklima genannt werden kann. Dem unmittelbaren Ein- fluß der Propontis und des Pontus steht die mittelbare Einwirkung der russischen Landmasse gegenüber. Das Ergebnis dieser Einwirkungen ist derart, daß der verhältnismäßig trockene Sommer nicht übermäßig heiß ist (etwa 23°), und daß der Winter zwar spät beginnt (etwa um Weihnachten neuen Stils), aber oft den März über noch fortdauert. So kommt es, daß in Konstantinopel eine Wärme von 10° erst einige Tage später erreicht wird wie in Stuttgart. Der kälteste Monat (etwa 5° über Null) ist der Februar. Das absolute Minimum in 30 Jahren betrug — 8,2°, das Maximum in derselben Zeit + 37,8°. Seiner Bodenbeschaftenheit nach wird das Land als ein aus Schiefern, Quarziten und Kalken bestehendes Plateau geschildert, das durch Erosion so mannigfach zersägt ist, daß es vielfach den Eindruck eines Hügellandes macht. Wenn die höchsten Erhebungen auch Werte von etwa 500 m erreichen, haben wir doch vorwiegend mit Höhen von 150—250 m zu rechnen, Werten, wie wir sie im höchsten Teile der Kassubei finden. Immerhin hat das Gebiet am Bosporus infolge der zahlreichen Täler ein unruhigeres, wechselvolleres Profil. Für das Alter des Bosporus scheint der Umstand zu sprechen, daß er für manche Arten (Canis aureus und Üerthia familiaris) eine Grenzscheide sub- spezieller Formen zu sein scheint. Die Pflanzenwelt dieser Gegend zeigt uns, daß wir an der Grenze der Mittel- meerregion undder südeuropäischen Übergangszone weilen. Hier istdie Nordgrenze von Olea europaea, die Südgrenze von Fagus silvatica, die hier noch einige zu- sammenhängende Bestände bildet. Das Gebiet ist an Wald nicht arm (Wald von Belgrad, Sultanswald am Alem Dagh), und zwar sind diese Bestände wirklicher Wald und nicht Forsten. Als Waldbäume kommen Quercus-Arten, Fagus silvatica, Carpinus betulus und Castanea vesca, sämtlich sowohl gemischt, wie in reinen Beständen, vor. Als Unterholz fallen uns Laurus cerasus und Mespilus germanicus auf. Umfangreicher als die Wälder sind die Maecchien. Sie bestehen zumeist vorwiegend aus /ler-Arten, Arbutus, Sarothamnus und Prica-Arten. Auf trockenen Flächen schrumpft die Macchia zur Phrygana- I) Referat über einen Vortrag, gehalten Dienstag, den 21. November 1905, abends 5 Uhr, in der Aula des Königlichen Gymnasiums zu Marienburg. 1 9 Vegetation zusammen, in feuchten Tälern verwandelt sie sich in lianendurch- flochtene Dickichte, die Schlupfwinkel von Sus scrofa. Von freilebenden Sängern ist Ursus arctos in der Zeit von 1900 — 1905 im Weichbilde von Konstantinopel nicht zur Strecke gebracht. Erzählungen von seinem Vorkommen hört man oft bei den Dörflern diesseits und jenseits des Bosporus. Da sie alle in Einzelheiten übereinstimmen, verdienen sie keinen Glauben. Häufig ist dagegen noch immer Canis lupus, ein großer Waldwolf, der am Schwarzen Meer teilweise vom Strandsegen zu leben scheint, wenigstens findet man am Seestrand Wolfsspuren ganz besonders häufig. Sonst besteht seine Nahrung wohl zum großen Teile aus halbwüchsigen Wildschweinen und gefallenen Nutztieren. Canis aureus ist häufig, jedoch sehr scheu, so daß man ihn nachts beständig hört, aber fast nie zu Gesicht bekommt. Die Formen diesseits und jenseits der Meerenge sollen durch geringe Unterschiede in der Schädelform voneinander abweichen. Häufig ist Canis vulpes, dessen Junge in Konstantinopel oft von Zigeunern zum Kaufe angeboten werden. Bisweilen bringen diese Beeren- und Pilzsammler auch junge Wölfe zum Verkauf. Nicht selten ist Zelis catus. In den Zweigen der Waldbäume haust eine graue Sciurus-Art, auf trockenen, dürren Höhen finden sich Erdziesel. In der Stadt selber ist Mustela foina so häufig, daß man die Tauben- schläge schwer vor ihm sichern kann und manche Leute sich durch eifrigen Fang dieses Pelzträgers einen Nebenverdienst verschaffen. Von ganz oder teilweise domesticierten Raubtieren finden wir Hunde und Katzenarten. Besonders weitbekannt sind die Straßenhunde Konstantinopels. Für die Beständigkeit ihres Stadtlebens spricht der Umstand, daß sie sich zu allen Jahreszeiten fortpflanzen und den Geruch fast ganz verloren haben. Man kann unter ihnen einen Wolfshund und einen Schakalshund feststellen. Letzteren finden wir besonders an den Ufern des oberen Bosporus, namentlich an dem an Schakalen sehr reichen Gelände bei Kawak, Beykos und Pascha Bagtsche. Neuerdings scheint in Pera noch ein dritter Typ hinzugekommen zu sein, der auf Vermischung mit domesticierten Bulldoggen und Vorstehhunden (scheckige Tiere) zurückzuführen sein dürfte. Diese Hunde sind in Horden geteilt, die bestimmte Reviere scharf verteidigen. Inzucht scheint dadurch verhindert zu werden, daß läufige Hündinnen frei passieren. Bei Nahrungs- mangel gehen, da der stärkste Hund die anderen erst nach seiner eigenen Sättigung und der seiner Lieblingshündin zum Fraße zu lassen pflegt, die Schwächlinge der Horde zu Grunde. Trotzdem macht die Spezies in allen verkehrsreichen Gegenden einen durchaus dekadenten Eindruck. Ihre Unfähig- keit, sich einem Herrn anzuschließen, scheint auf ihren schlechten Geruchssinn zurückgeführt werden zu müssen. An manchen Orten (in Courry beispiels- weise) findet man noch Hunde, die Paß gehen. Die Tollwut tritt unter diesen Hunden häufig, doch zumeist in der stillen, paralytischen Form auf. Daß die Hunde zur Reinigung der Straßen beitragen, ist Sage. Ihr Kot ist ein nicht unwichtiger Handelsartikel. Er dient zum Gerben feiner Damen- 2 10° Glac&handschuhe. Durch das Einsammeln dieser Ware verschaffen sich die Zigeuner einen Nebenverdienst. Einmal hieß es, — es ist fast lügenhaft zu verzählen — daß der unappetitliche Stoff — Regal werden sollte. Die gefürchteten Schäferhunde des Orients gehören einer gelben Doggenart von 80— 95 cm Rückenhöhe an; vielleicht sind sie Verwandte des Canis molossus. Oft haben sie eine schwarze Marke. Sie schützen die Herde nur gegen Raubtiere, für ihr Zusammenbleiben sorgen sie nicht. Die Tiere sind sehr bösartig; besonders sind Leute in der ihnen auffälligen europäischen Tracht in Gefahr, von ihnen gebissen zu werden. Hauskatzen sind in Konstantinopel sehr zahlreich. Viele von ihnen sind herrenlos.. Neben der in Westeuropa verbreiteten Form finden sich viele Mischlinge von Angorakatzen. Mit denStraßenhunden leben die Katzen in Frieden. Von jagdbarem Wild ist Sus scrofa am häufigsten, Cervus capreolus ist selten; es wird nicht auf der Pürsche oder dem Anstand erlegt, sondern mit Hunden dem Jäger zugetrieben. Lepus timidus ist gleichfalls nicht häufig, fehlt aber denuoch dem Wildmarkte der Stadt nur selten. Daß Rupicapra tragus in den Gebirgen der bithynischen Halbinsel (Maximaihöhe 670 m) vorkommt, wollen sich die Einwohner durchaus nicht ausreden lassen. Daß der Wildmarkt Konstantinopels beständig gut versorgt ist, liegt an dem Reichtum der Gegend an Geflügel, das allerdings mehr aus fremden Zug- vögeln als aus einheimischen Siedelern besteht. Zu diesen zählt der Fasan und das Steinhuhn, zu jenen Wachteln, Trappen und Entenarten. Bezüglich der alten Streitfrage, ob Phasianus colchicus hier einheimisch oder durch den Menschen eingebürgert sei, möchte ich mich für das erstere entscheiden. Auch in abgelegenen Gebieten, wie manchen Gegenden des Istrandja Dagh, ist er ein häufiger Standvogel, Einen eigenen Handelsartikel bildet im Winter Gallinago maior. Manchmal ist dieser Vogel so reichlich vertreten, daß er in Menge als „Muster ohne Wert“ nach Deutschland verschickt wird. Bezüglich der Nutztiere des Landwirtes weist der Redner darauf hin, daß in einem Gebiete, wo der Gartenbau vorherrscht, die Lasttiere wichtiger sind als die Zugtiere, das Kleinvieh wichtiger ist als das Großvieh. Das Kamel (Camelus dromedarius) trägt noch Holzkohlen im Lande umher und geht nord- westlich bis Adrianopel. In Konstantinopel treffen wir Kamele fast ständig auf dem Kohlenmarkt an der Mechmedie. Von Rindern finden wir das kleine bulgarische Braunrind, das in letzter Zeit von der grauen podolischen Rasse verdrängt zu werden beginnt. Das wichtigste Zugtier ist Dubalus bufalus. Er kommt nur gezähmt vor. In trockenen Gegenden muß das wasserliebende Tier täglich mehrmals begossen werden, sonderlich in der heißen Jahreszeit. Trotz schreckhaften Aussehens ist es völlig harmlos. Das Büffelfleisch ist dunkelpurpurrot, die Büffelbutter schneeweiß. Von Pferderassen finden wir das cappadocische Pferd mit unschönem Ramskopf. Mitunter hat es auch einen Kamelhals. Daneben treffen wir Tiere arabischen Geblüts, mit feinem Kopf, gebogenem Hals und kleinem Huf. 3 11 Die Bergrassen Kleinasiens sind besonders kurzbeinig und großhufig, wodurch sie sich von den Arabern scharf unterscheiden. Der Redner erwähnt, daß die echten Araber alten Adels verschwunden sind und auch in Arabien selbst nur noch die Landrasse besteht. Unter den Händen der Türken ist jegliche Tierzucht, auch die der Angoraziegen, in Rückgang gekommen. (Siehe HERMANN: Anatolische Landwirtschaft). Die Pferde dienen, wie Maultiere (schöne Rasse auf dem Athos) und die Esel nur als Last- und Reittiere. Die Carossiers der Hauptstadt, die Truppen- pferde sind vorwiegend Russen und Ungarn. Die kleinsten Esel, die ihm im Mittelmeergebiet begegneten (etwa 70 bis 75 cm Höhe am Widerrist), sah der Redner in Palermo, die größten sind die weißen, ägyptischen Esel. Diese kosten drei- bis viermal so viel als ein tüchtiges Pferd der Landrasse. Die schlappohrigen Ziegen und die stark riechenden Fettschwanzschafe sind die wichtigsten Herdentiere. Die Zucht großer Widder scheint in alter Zeit wie noch heute dadurch gefördert zu sein, daß zu den Opfern (Kurban bairam) große Tiere besonders verlangt wurden. Daher sind die Widder zum Teil gewaltig groß (Rettung des Odysseus). Von Federvieh hält man namentlich den Truthahn, dem das trockene Klima besonders zusagt. Gänse und Enten sind seltener. Von Hühnern sieht man neben hochbeinigen Kämpfern eine Rasse, die unserem Landhuhn gleicht. Von Tauben findet man neben Feldtauben besonders Warzentauben und Mövchen (mit und ohne Perücke). Hierauf geht der Redner auf die Vogelwelt der Stadt über. Sie zeigt uns, daß wir uns dem Verbreitungszentrum der Taubenarten nähern. In der Stadt siedelt Columba livia zu Tausenden, da sie im Türkenviertel (Tauben- moschee am Seraskierplatz) geschützt wird. Daneben finden wir Turtur auritus, T. decaocto (Markt an der Validie) und am seltensten 7. cambajensis (Garten des deutschen Hospitals). Als Charaktervogel der Stadt wird Milvus Korschun (April bis September) erwähnt. Er lebt von Fischen und Schwemmstoffen des Hafens, nistet auf Zypressen und nach Storchart auf Schornsteinen, verzehrt oft die Beute im Fliegen, und wird von Dohlen und Krähen viel behelligt. Die Feindschaft ist vielleicht auf Räubereien zur Brütezeit dieser Tiere, der Nachbarn des Milans, zurückzuführen. Neophron perenopterus wird immer seltener und wird wohl bald bei Kon- stantinopel nicht mehr zu finden sein. Bei Passer hebt der Redner hervor, daß P. Hispaniolensis viel seltener ist als P. domestieus, P. montanus dagegen mitten in der Stadt vorkommt. Turdus merula kommt nur im Winter in die Stadt. Dann ist auch Motacilla boarula auf allen Dächern zu finden. Bezüglich Oypselus melba (Galata-Turm) und €. apus, namentlich bezüglich C. apus, betont er, daß die Tiere — bei der langen Dauer des Sommers — ohne rechten Grund, sehr früh ankommen, so daß viele der Kälte erliegen. Er erblickt 4 12 darin einen Beweis, daß der Brütetrieb, dessen frühes Erwachen auf die klimatischen Verhältnisse eines früheren, südlicheren Wohnortes zurückgeführt werden muß, die Tiere hertreibt. Auch Hirundo rustica und H. wrbica sind Stadtvögel. Darin, daß Fringilla serinus (Kirchhöfe) zu Millionen in Bithynien über- wintert (starke Kälte und Schnee führt ihn weiter südwärts), glaubt der Redner eine Stütze für die Meinung zu finden, daß dieses Gebiet früher baumreicher war. Als Charaktervögel Konstantinopels nennt der Redner noch Corvus monedula, Pica caudata und Troglodytes parvulus (Valens-Aquädukt), sowie Striz noctua, Im weiteren Umkreise der Stadt ist Bubo bubo sehr häufig. Der Reichtum der Umgegend an Kmberizidae und der wenig ammerartigen Melanocephala erinnert uns daran, daß in Asia ehemals wohl viel Getreidebau getrieben wurde und auch die gartenreichen Siedelungen [Emberiza cia, E. eirlus (Anadoli- Kavak) und E. melanocephala (Gebise)], ausgedehnter waren. Nachdem der Verfasser von Phalacrocorax (P. carbo, P. graculus und P. pygmaeus wurden auf dem Bosporus gefangen, die Krähenscharbe lebt dort im Winter zu Tausenden) gesprochen, nennt er nach Puffinus yelkouen, „les ämes damndes“ des Levantiner, als Bewohner des Bosporus und schließt mit einer Schilderung des Raubvogelzuges (Falco aesalon, Circaötus gallicus, Nisaetus FJasciatus). Auch Agwla chrysaetos fällt zur Zugzeit häufig den Jägern zur Beute. Einen recht großen Teil der Raubvögelnahrung bilden hier die ver- schiedenen Arten der Heuschrecken und Eidechsen. Auf die Zugvögel, die im Winter diese Gebiete bevölkern, geht der Redner nicht näher ein, sondern hebt nur hervor, daß darunter viele nordische Arten vertreten sind, wie Mergus serrator, M. albellus, Fringilla linaria, Bombyecilla garrula, Pyrrhula europaea, Turdus pilaris und T. iliacus, und Alpenlerchen, allerdings wohl nur Otocorys penicillata. Vorarbeit zu einer Flora der Frischen Nehrung. Von HANS PREUSS in Danzig. Seit dem Jahre 1901 habe ich mich mit der floristischen Erforschung der „Frischen Nehrung“* beschäftigt. Kurze Berichte über meine diesbezüg- lichen botanischen Resultate befinden sich in den Schriften der Phys.-Ökon. Gesellschaft zu Königsbnrg i. Pr.'). Im März 1905 beauftragte mich Herr Dr. LAKOWITz, mein Studium der Nehrungsflora im Interesse des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zum Abschlusse zu bringen. Trotzdem ich mich im vergangenen Jahre mit Eifer der Ausführung der mich ehrenden Auf- gabe unterzog, konnte ich mein umfangreiches Explorationsgebiet nicht be- wältigen. Deshalb sehe ich auch diesmal von einer pflanzengeographischen Schilderung der Frischen Nehrung ab und gebe nur eine systematische Auf- zählung der bemerkenswertesten Funde. Die eingehende Bearbeitung der Nehrungsflora behalte ich mir für den nächsten Jahresbericht unseres Vereins vor. Bei dieser Gelegenheit beabsichtige ich, auch die Ergebnisse früherer Jahre zu berücksichtigen. [Danz. N. = Danziger Niederung (wo nötig), sonst ist dieser Kreis gemeint und dann fehlt die Angabe; E. — Elbing; j bedeutet verwildert, eingeschleppt oder adventiv.] r Clematis Vitalba L.: Vollständig verwildert in Nähe eines Gartenzauns bei Steegen. (In Blüte und Frucht gesammelt.) Berberis vulgaris L.: Sehr verbreitet in den Beläufen Pasewark und Bohnsack. Corydalis solida (L.) Sm.: Vielfach in Nähe des Galgenberges zwischen Steegen und Stutthof?). Barbaraea vulgaris R. Br. b) arcuata Reusc.: Waldrand bei Nickelswalde. Turritis glabra L.: Stellenweise häufig, z. B. bei Pasewark und Steegen. Erysimum hieracifolium B.: Nickelswalde an verschiedenen Stellen. T Reseda luteola L.: Wegrand bei Pasewark. Viola epipsila LepeR.: Belauf Pasewark. V. arenaria L.: Belauf Pasewark, scheint selten zu sein. Polygala vulgaris L. b) o@yptera Reuse.: Belauf Pasewark. P. vulgaris L. d) caespitosa PErs.: Belauf Pasewark. Cuccubalus baccifer L.: Weidengebüsch am Waldrande bei Faulelake. !) Diese Veröffentlichungen sind hier nur ganz vereinzelt berücksichtigt worden. 2) Hier schon 1901 von mir beobachtet. Vergl. Jahresbericht des Pr. Bot. Vereins 1901/02, S. 38, 1 Br Silene tartarica PErS.: Stellenweise Charakterpflanze des Hochwaldes, z. B. bei Bodenwinkel, aber auch bei Bohnsack und a.a. O., besiedelt bei Steegen sogar die Düne. — Die Exemplare der Düne sind auf- fallend stark behaart! j S: diehotoma Eurn.: Bohnsack, Nickelswalde, Freienhuben, Pasewark, Steegen, Bodenwinkel, Pröbbernau u. a. a. O. S. nutans L.: Charakterpflanze sonniger Waldränder, wird aber hinter Vogel- sang seltener. S. noctiflora L.: Pasewark, Steegen, Pröbbernau!) und Bodenwinkel; durch- weg in Kartoffelfeldern. Holosteum umbellatum L.; Vielfach auf der Strecke Bohnsack — Vogelsang, scheint weiterhin zu fehlen, b) Heuffelii WıErszB.: Stutthof. Stellaria uliginosa Murr.: Zerstreut durch das ganze Gebiet. f Matva erispa L.: Diese aus dem östlichen Mittelmeergebiet stammende Pflanze ist in Steegen und Stutthof der Ruderalflora beigemengt. T Evonymus latifolia Scor : In Nähe der O.-F. Steegen verwildert. Z'. Genista tinctoria L.: Scheint urwüchsig im Hochwalde zwischen Bohnsack und Wordel zu sein. Sarothamnus scoparius Wımm.: Nickelswalde und Pasewark auf der Düne und im Hochwalde. (Ähnliche Standorte besitzt die Pflanze bei Glettkau am Strande, wo sie zahlreich zwischen Juniperus communis L. f. brevifolia C. Sanıo, Salixw repens L., Empetrum nigrum L.., Lathyrus montanus BERNH. b) tenuifolius Rorn. usw. vorkommt.) Nach gütiger Auskunft des Herrn Oberförster Banpow in Steegen ist Sarothamnus in seinem Revier als Wildfutter nicht angepflanzt, ebenso wenig Genista tinctoria L., wohl aber Zupinus polyphyllus LinDL. Ononis repens L.: Hin und wieder an Waldrändern. OÖ. arvensis L. Syst. nat.: Nur in den angrenzenden Niederungsgebieten. Medicago minima BErToL.: Am Kanal bei Schiewenhorst. V*? 2?! M. falcata +- sativa: Pröbbernau. (Ohne Stammeltern!) Trifolium fragiferum L.: Salzwiese bei Pröbbernau, bei Nickelswalde, Steegen; in der angrenzenden Niederung sehr verbreitet. Anthyllis Vulneraria L. b) maritima Scnwee.’): Für das Dünengebiet vielfach Charakterpflanze. Lotus corniculatus L. b) tenurfolius Rcugg. (als Art): Salzwiesen bei Boden- winkel. Lathyrus maritimus (L.) BiIGELOWw: Auf der ganzen Nehrung auffallender- weise nur bei Kahlberg und Neukrug; hier vielleicht auch nur einmal durch Dünengräser eingeschleppt. L. paluster L.: Am frischen Haff von Bodenwinkel bis Pröbbernau zerstreut. i) Hier schon im Jahre 1366 von V. KLINGGRAEFF I, konstatiert. 2) Im allgemeinen sind die bekannten Strandformen hier nicht aufgeführt. 2 Prunus spinosa L.. a) praecow Wın. et Grap.: Am Waldrande zwischen Steegen und Stutthof unter der Hauptform. Rosa canina L.: Allgemein verbreitet, besiedelt sogar zwischen Steegen und Stutthof die Düne. R. rubiginosa L.: Dünen zwischen Wordel und Schiewenhorst. Z'. Rubus fissus Lınpı.: Waldsümpfe bei Bodenwinkel. R. Sprengelii Weine et N.: Nur bei Pröbbernau gesehen. R. Bellardii Weine et N.: Verbreitet, sehr häufig bei Steegen. R. Wahlbergü Arrtu. b) borussicus FockE: Waldrand zwischen Steegen und Stutthof'). R. sawatilis L.: Sehr charakteristisch für den Belauf Pasewark. Potentilla procumbens Sırın.: Vielfach an feuchten Stellen des Hoch- waldes, z. B. Pasewark, Steegen. P. opaca Kocn: Belauf Pasewark im Hochwalde. (Mai.) Epilobium obscurum ScHrEB.: Erlenwald bei Pasewark. T Oenothera biennis L. b) parviflora TORR. et GRAY: Stellenweise charak- teristische Dünenpflanze, z. B. Stutthof. Circaea alpina L.: Pasewark, Bodenwinkel, Pröbbernau. Myriophyllum verticillatum Li.: Steegen. Hippuris vulgaris L.: Haffseite von Bodenwinkel bis Kahlberg truppweise. Sedum acre L. b) sexangulare L.: Vielfach. S. boloniense Lorssı.: Bohnsack (leg. Paur. Lange), Nickelswalde, Pasewark, Steegen. T Ribes Grossularia L. ce) Uva erispa L.: In kleinen Sträuchern im Belauf Pasewark. 1? Sawifraga granulata L.: Auf der ganzen Nehrung nur eine Fundstelle bei Junkeracker im Chausseegraben, vielleicht auch nur verschleppt. Hydrocotyle vulgaris L.: Diese nordatlantische Art ist für das gesamte Küsten- gebiet überaus charakteristisch; sie fehlt wohl kaum auf einem der vielen Waldmoore. Eryngium planum L.: Vielfach bei Nickelswalde, Bohnsack, Wordel, Junker- acker, Steegen, Stutthof usw. E. maritimum L.: Häufig im Dünengebiete, dagegen außerhalb der Dünenketten nach der Strandseite hin selten. Cieuta virosa L. b) tenuifolia FroEL : Sümpfe zwischen Bodenwinkel und Stutthof. Berula angustifolia Koch: Stutthof. Peucedanum Oreoselinum MoencH: Meidet hier anderen Angaben gegenüber nicht die Küste, sondern kommt im Forstrevier Steegen vielfach vor. P. palustre MorncH: Hier allgemein verbreitet. Heracleum sibiricum L. b) angustifolium Rupr.: Stutthof. Chaereophyllum bulbosum L.: Waldpflanze hei Pröbbernau. 1) Hier zuerst im Jahre 1901 von mir gesehen. Vel. J.-B. des Pr. Bot. V. 1901/02, S. 39, 3 16 Gonium maculatum L.: Ruderalpflanze in Bodenwinkel. Hedera Helix L.: Forstrevier Steegen, Belauf Pröbbernau, Jg. 31. Der Efeu rankt sich hier 4—-6 Meter hoch an alten Kiefern empor. Nach der Ausformung der Blätter an den Endtrieben zu schließen, blüht hier Hedera. (Der Standort ist zuerst von BRISCHKE im Jahre 1872 entdeckt, in der Literatur aber bisher nicht berücksichtigt worden. Vgl. „Schr. d. Naturf. Ges.“ N. F. Bd. VII, Heft 3, S. 10.) Lonicera Periclymenum L.: Neu für Westpreußen! Im Walde zwischen Wordel und Bohnsack. Als östlichster Standort dieser west- atlantischen Pflanze galt bisber der Dünenwald bei Rügenwalde (Scnamipr). Ihr westpreußischer Standort liegt mitten im Hochwalde, der sich durch einen seltenen Pflanzenreichtum auszeichnet. Die Be- gleitflora setzt sich aus Goodyera repens R. Br., Silene tartarica PERS., Veronica spicata L. b) lancifolia Koch, Listera cordata R. BR. usw. zusammen. Dieser Umstand und das bedeutende Alter einzelner Individuen sprechen für das spontane Vorkommen des wilden Gais- blatts auf der Nehrung. Ein Exemplar dieser Art konnte späterhin noch bei Pasewark festgestellt werden (leg. Lursuarpr). Nach Herrn Oberförster Banpow kommt diese Lonicera sogar noch bei Pröbbernau vor. Linnaea borealis L.: Auf der ganzen frischen Nehrung zerstreut zu finden, besonders häufig im Belauf Steegen. Auf den Dünenhängen nach der Hochwaldseite fruktifiziert sie nicht selten. Valerianella olitoria MÖNcH.: Im Dünengebiet bei Junkeracker und Steegen. Dipsacus silvester Hups : Im angrenzenden Niederungsgebiet häufig. T Xanthium italicum MORETTI: Steegen, Nickelswalde, Bohnsack usw. Petasites tomentosus Dc.: An geeigneten Stellen der Haffseite von’Stutthof bis Kahlberg; Strand bei Nickelswalde. Aster Tripolium L.: Auf der Laguneninsel Messina (leg. PauL LANGE), am Kanal bei Nickelswalde! T Galinsoga parviflora Cavan.: Ruderalpflanze an der alten Schule in Steegen. Helichrysum arenarium Dc. 1. divaricato-ramosum: Dünen bei Bohnsack, Junkeracker; die Abänderung b) aurantiacum Dec. ist auf Strecken vorherrschend! T Artemisia annua L.: Kartoffelfeld bei Pasewark. Achillea cartilaginea LEDEB.: Waldpflanze zwischen Junkeracker und Pasewark, Haffrand bei Bodenwinkel. T Matricaria discoidea Dc.: Schutthaufen an der alten Schule in Steegen. Senecio viscosus L.: Zerstreut bis gemein, z. B. Pasewark, Bodenwinkel, Steegen, Junkeracker. S. vernalis + vulgaris: Chausseeränder auf der Strecke Stutthof— Bohn- sack, zerstreut! E 17 Senecio barbaraeifolius KRockER: Bodenwinkel. S. saracenicus L.: Faulelake, Waldrand. S. paluster Dc : Steegen (Forst). Onopordon Acanthium L.: Steegen, Stutthof, Bodenwinkel. Centaurea Scabiosa L. b) albiflora HzLwıns: Hasenwall bei Stutthof. Scorzonera humilis L.: Belauf Pasewark. Hypochoeris glabra L.: Belauf Pasewark. Chondrilla juncea L.: Im ganzen Dünengelände zerstreut vorkommend. Arctostaphylos Uva ursi Sprene.: Belauf Steegen. (Prica Tetraliw L.: Fehlt an dem von ASCHERSON und GRAEBNER angegebenen Standort bei Pasewark). Pirola chlorantha Swarrz: Häufig. P. rotundifolia L.: Zerstreut. P. media Swartz: Zwischen Wordel und Bohnsack. P. minor L.: Häufig. P. uniflora L.: Häufig. Ramischia secunda GARCKE: Gemein. Chimophila umbellata Nur.: Häufig. Monotropa Hypopitys L.: Bohnsack, Pasewark, Junkeracker, Steegen. Limnanthemum nymphaeoides LK.: Im Hafl' gemein. Erythraea pulchella PeErs.: Sehr zerstreut, z. B. Nickelswalde. E. linarifolia Pers.: Östlich Neufähr (leg. PaurL LANGE); scheint bei Kahl- berg durch Badegäste ausgerottet zu sein. Asperugo procumbens L. Ruderalpflanze in Steegen und Stutthof, hier häufig. Lappula Myosotis Mönch: Haffufer bei Vogelsang. Cynoglossum offieinale L.: Auf Dünen bei Steegen. Myosotis versicolor Gm.: Schiewenhorst. M,. sparsiflora Mıx.: Hasenwall zwischen Stutthof und Bodenwinkel. Verbascum phlomoides L.: Nicht selten, sogar noch in einem Exemplar bei Pröbbernau gesammelt. Linaria minor L.: Sandiger Acker bei Pasewark. L. odora Cuav.: Auf allen Dünen sehr verbreitet; bevorzugt die Weißdünen. L. vulgaris MıLB. b) glaucescens KLinsGr.: Waldecke bei Hegewald. Gratiola officinalis L.: Auf Alluvialschlick bei Bohnsackerweide. Veronica Chamaedrys L. b) incisa G. FröL.: Verbreitet. V. spicata L.: Nickelswalde, Bohnsack, Wordel, Pasewark, Östlich Neufähr. V. spicata L. e) lancifolia Kocn: Dünensand bei Bohnsack, Östlich Neufähr. V. spicata L. e) orchidea Crantz: Bohnsack. V. spicata L., Spielart polystachya Les.: Nickelswalde. V. longifolia a) vulgaris 4 spicata? Unter den mutmaßlichen Stamm- eltern bei Wordel. 7 V. Tournefortii GmeL.: Äcker bei Steegen und Pasewark. T Elssholzia PatriniGARcKE: Wegränder der sogenannten Hinterheide bei Steegen. 28. Ber. d. Wpr. Bot.-Zool. Vereins. 5 2 18 Scutellaria hastifolia L.: Bohnsackerweide, Bodenwinkel, Liep, Pröbber- nau a. d. Haffseite. Ajuga pyramidalis L.: Belauf Pasewark!). Teucerium Scordium L.: Pröbbernan, Haffseite. Pingwieula vulgaris L.: In Westpreußen zum erstenmal östlich der Weichsel! Palwe bei Wordel, hier aber selten! Lysimachia vulgaris L. b) Klinggraeffi ABROMEIT. Vielfach auf sonnigen und trockenen Mooren. Glaux maritima L.: Vielfach fehlend, z. B. auf der Strecke Junkeracker- Bodenwinke!. Armeria vulgaris Wınun.: Belauf Pasewark. Plantago arenaria W. et K.: Verbreitet. Salsola Kali L.: Außerhalb des Dünengebiets vielfach f. tenuwifola T. et M. Corispermum intermedium Sonw.: Nur sehr zerstreut: Bohnsack, Wordel, Nickelswalde, Pasewark, Stutthof, Liep. 7 ©. Marschallii Steven: Kanal bei Nickelswalde. Chenopodium hybridum L.: Steegen. Ch. album L. b) microphyllum Coss. et GERM.: Dünenwald (im Sande) bei Pasewark. Atriplex oblongifolium W. et K.: Kanal bei Schiewenhorst. Rumex wueranicus FISCHER: Haffrand bei Vogelsang. Z'. Hippophaö rhamnoides L.: Nickelswalde. Viscum album L. b) lasewm Borssıer et REUTER: Forstrevier Steegen, Schutzbezirk Liep, Jagen 14 auf einer Kiefer am Saatkamp; Jg. 2 auf einer Kiefer im Moor, desgl. in einem Exemplar im Jg. 3, Jg. 198 auf einer Kiefer im Dünengebiet; Schutzbezirk Pröbbernau in den Jg. 34 (im Bruch) und Jg. 37 an der Poststraße (Der erste Entdecker, Herr Oberförster BANnDOw, berichtete darüber zuerst an Herrn Professor ConwENTz, der den Fund in einer Sitzung des botanischen Vereins der Mark publizierte.) Empetrum nigrum L.: Charakterpflanze. Enphorbia lucida W. et K.: Weidengebüsch bei Bohnsackerweide. E. Cyparissias L.: Waldrand zwischen Bohnsack und Wordel. E. exigua L.: Lehmige Äcker bei Bohnsackerweide. Fagus silvatica L.: Forstrevier Steegen, Jg. 24. [Es handelt sich hier um Reste des alten urwüchsigen Rotbuchenbestandes (Banpow).| Salix pentandra L.: Globben bei Junkeracker und Pasewark. S. nigricans SMITH: Sumpf bei Hegewald. S. aurita + repens: Sumpf bei Stutthof. !) Hier 1903 zum erstenmal östlich der Weichsel gefunden. Vergl. Jahresbericht des Pr. Bot. Vereins, 1903/04 S. 35, 6 19 Salizalba + fragilis: Als Baum auf den Dünen verschiedentlich angepflanzt. Myrica Gale L.: An verschiedenen Stellen in den Globben zwischen Nickels- walde und Junkeracker. Hier ist die Pflanze zuerst von dem noch jetzt in Pasewark lebenden, ehemaligen Gutsbesitzer Herrn FROESE, einem Freunde des verstorbenen Schulrats OnLERT, entdeckt worden. Letzterer hat diesen und noch andere Funde des Herrn FROESE in den Schriften der Phys. Ökon. Gesellschaft veröffentlicht. (Vel. J.-B. des Pr. Bot. Vereins von 1873, S. 38). Im Laufe der Jahre sind einzelne Stand- orte so ausgetrocknet, daß die Pflanze einzugehen droht'!). Junger Nachwuchs ist nicht vorhanden! Bei Bodenwinkel, wo ich diese Art im Jahre 1902 sammelte, scheint sie bereits verschwunden zu sein, dagegen wächst sie noch bei Steegen (1902!) und Junker- acker (19051). Potamogeton gramineus L. a) graminüifolius: Lake bei Steegen. b) hetereophyllus: Lake bei Pasewark. P. pusillus ].: Gräben bei Steegen (Niederung) sehr zahlreich. P. densus L.: Quelliges Brackwasser bei Faulelake. Sparganium neglectum Bresy: Pröbbernau (Haft). Sp. minimum L.: Vielfach, z. B. Hegewald. Örchis maculata L.: Pasewark, Bodenwinkel. O. maculata L. b) Meyer: Rcuge.: Bodenwinkel. O. incarnata L.: Nur bei Steegen. O. Trausteineri Sauter: Pasewark (leg. BRUNO FRORESE). Platanthera chlorantha Custer: Weichselwiesen bei Bohnsackerweide. Epipaetis latifolia ALLıont: In beiden Formen im Nehrungsgebiet häufig. E. rubiginosa Gauvin: Pasewark, Steegen, Bohnsack. Listera cordata R. Br.: Globbe bei Pasewark (lex. FROESE SEN.) Goodyera repens R. Br.: Im gesamten Nehrungsgebiet nicht selten. Coralliorrhiza innata R. Br.: Belauf Pasewark an verschiedenen Stellen. Liparis Loeselii Rıcn.: Ein Exemplar in Nähe des Standorts der Myrica Gale bei Pasewark. Gagea pratensis ScnurLtes: Im Nehrungsgebiet vielfach. G. minima ScHuLres: Verbreitet. @. lutea Scnuures: Galgenberg bei Steegen. Allium acutangulum Scnran.: E. Wiese bei Grenzdorf, wohl ehemals durch den Strom angeschwemmt. A. vineale L.: Verbreitet. T Muscari botryoides MıLLER: Chausseegraben zwischen Stutthof und Steegen unter einer natürlichen Genossenschaft. ') Vielleicht sprieht hier auch die übermäßig starke Beschattung mit! (P. GRAEBNER sammelte den Strauch sogar noch auf sterilem Dünensande im Kreise Lauenburg, Vel. Schr. d. Nat. Ges. Bd. IX, 1. S. 356.) 20 Asparagus officinalis L.: Dünengebiet bei Junkeracker. Polygonatum offieinale Auı.: Nickelswalde und Pasewark sehr viel! P. muitiflorum Aıı.: Nur bei Hegewald (Laubholz). Paris quadrifolius L.: Nicht selten. ‚Juncus baltieus Wıuun.: Auf weite Strecken der Binnennehrung fehlend, hier nur häufiger bei Bohnsack und Nickelswalde. J. alpinus VırL.: Nickelswalde. Luzula pallescens BEssEr: Kiefernschonung bei Bodenwinkel. Seirpus uniglumis Link: Östlich Neufähr. Scirpus Kalmussii ABR., ASCHERS. et GRAEB.: Danz. N. An drei Stellen zwischen Bodenwinkel und Vogelsang; E.: in einem Horste bei Grenzdorf. Carew distans L.: Schiewenhorst. Amophila baltica Link: Sehr verbreitet. Holeus mollis L.: Junkeracker. Avena praecox P. B.: In Nähe des Dünengebiets, stellenweise zahlreich (Steegen. Junkeracker). T Trisetum flavescens P. B.: Steegen, Freienhuben. Atropis distans GRIESEBACH: Nickelswalde, Freienhuben. Festuca rubra I. b) arenaria OsBEck: Sehr häufig. Koeleria cristata PERS. b) pyramidata LmK.: Pasewark (leg. BRuno FROESE). Lycopodium complanatum L. a) anceps WALLR.: Östlich Neufähr. Juniperus communis L.: Zerstreut, z. B. bei Pasewark, Stutthof u. a. a. O. Pinus silwestris L.: Ein Exemplar in der Feldmark des Amtsvorstehers Herrn FROESE zeigt in seiner Krone durchweg Hexenbesenbildung; b) turfosa HrER: Trockene Waldmoore bei Junkeracker. T P. montana MıLL. b) uneinata Ramoxn: Seit zehn Jahren mit gutem Erfolge auf den Vordünen und exponierten Kuppen kultiviert. T P. montana b) Pumilio HaEnke: Mit voriger, aber seltener. T P. Laricio PoıR. b) austriaca ExpL.: Mit den vorigen, aber selten. T P. rigida MiLLER: Wurde in den neunziger Jahren des verflossenen Säkulums kultiviert, ist jetzt aber aufgegeben worden. T P. Banksiana Lams.: Östlich Neufähr, Pasewark, Steegen; fruktifiziert sehr reichlich. i P. Strobus L.: Vielfach, an der Oberförsterei in stattlichen Bäumen. T Abies Nordmanniana STEvEN: Sehr selten kultiviert, meist Zierpflanze. j A. brachyphylla Maxın: Im einem Exemplar bei Pasewark, scheint besser fortzukommen als die vorige. j Picea ewelsa Lk.: Seit 50 Jahren an geeigneten Stellen auf der Nehrung kultiviert. i P. alba Lx.: Vereinzelt. T P. sitchensis Traurv. et Mey.: Häufig kultiviert. T Pseudotsuga Douglasii CARRIERE: Vielfach mit Erfolg angebaut. 8 21 T Lariz leptolepis GORDON: Jagen 117, 137. 7 L. decidua MıLLer: Pasewark an der Reviergrenze. Salvinia natans AuL.: E. Haffecke bei Grenzdorf. Phegopteris Dryopteris Frr: Pasewark, Junkeracker, Steegen. Die gesammelten Moose und Flechten werden im nächsten Jahre ver- öffentlicht werden. Am Schlusse meiner Aufzählung gestatte ich mir, Herrn Privatdozenten Dr. ABproMmeEıt-Königsberg i. Pr. für die Durchsicht kritischer Pflanzen meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Besonders verpflichtet hat mich Herr Oberförster BAnDow in Steegen. Ihm sei hier nochmals bestens gedankt. 22 Biologische Skizzen’). Von Professor Dr. BAIL in Danzig. Unter Glas und Rahmen reiche ich Ihnen heute fünf für diese Ver- sammlung aus Pflanzenpräparaten zusammengestellte Bilder herum, welche uns zu wissenschaftlichen Betrachtungen Gelegenheit geben werden. Das erste Bild ermöglicht Ihnen einen Überblick über jene eigentümlichen Fraßstellen am Rande von Blättern, besonders des türkischen Flieders, des Ligusters und der Schneebeere, auf die ich mehrfach die Aufmerksamkeit der Mitglieder unseres Vereins hingelenkt hatte, da sie in unglaublicher Menge und Ausbreitung vorkommen, ohne daß ich selbst, trotz fortgesetzter Nach- forschungen, an denen viele meiner Bekannten teilnahmen, im Laufe von Jahr- zehnten ihre Urheber entdecken konnte. Daß letztere jetzt in ihrem Leben und Treiben aufs vollständigste erkannt sind, liefert einen schönen Beweis für die Fruchtbarkeit der Anregung zu Beobachtungen in unseren Vereins- sitzungen. Das Verdienst, Klarheit in die Sache gebracht zu haben, gebührt, wie ich schon in einer Nachschrift zur Thorner Versammlung im 26. und 27. Bericht unseres Vereins Seite 82 mitgeteilt habe, meinem Kollegen Herrn Professor SCHUMANN. Alle mir von ihm zugesandten Käfer gehörten nach der freundlichen Bestimmung der Herren Oberlehrer PauL LAnGE und Pro- fessor KoLßE-Berlin ein und derselben Art, nämlich dem gerundeten Lappen- rüßler, Otiorrhynchus rotundatus SIEB., an. Die genannte Gattung umschließt mehr als 120 deutsche Arten, und es ist interessant, daß gerade die in Rede stehende von KARL THEODOR ERNST v. SIEBOLD in unserer Stadt aufgefunden worden ist, in welcher der große Zoologe bekanntlich auch mehrere seiner bedeutendsten entwickelungsgeschichtlichen Entdeckungen gemacht hat. Ob dieselbe Art auch in anderen Teilen unseres Vaterlandes und vielleicht darüber hinaus wirksam ist, darüber werden wir hoffentlich nach Veröffentlichung meiner heutigen Mitteilungen weitere Kunde erhalten. Auch Frau Pastor prim. HEvELKE wie ihre jüngern Söhne haben in ihrem Garten in Danzig und der Obersekundaner CLAass hat in Praust die Übeltäter bei ihrer nächtlichen Arbeit eingefangen. Dadurch ist festgestellt, daß an beiden Orten derselbe Käfer frißt. Außerdem fand sich aber in Praust ein zweiter, etwas größerer und bleicherer Rüsselkäfer, und zwar am Abend des 27. September auf der Schneebeere in großer Zahl, der nach freundlicher !) Vortrag, gehalten auf der 28. Hauptversammlung des Westpreußischen Botanisch- Zoologischen Vereins in Zoppot am 7. Oktober 1905. 1 „) Mitteilung der Herren Professoren Dant und KorLsBE der weichstachlige Sehattenfreund, Sciaphilus muricatus F. ist, und endlich noch ein Exemplar des Otiorrhynchus ovatus L. Ich habe nun alle drei Arten lebend beobachtet. Sie verkriechen sich am Tage in den Sand oder die Erde oder sitzen auf der vom Licht abge- wandten Seite der Blätter. Sie fressen am Tage, selbst wenn man ihren Be- hälter an einem ganz finstern Orte aufbewahrt, und ebenso, wenn ihnen die Blätter, etwa wegen zu großer Härte, nicht zusagen, auch wohl eine Nacht lang gar nicht. Dagegen kerben sie sonst in der Nacht die Blätter aller drei genannten Pflanzen ein und kehren sogar unter Umständen, trotz Aus- wahl von Blättern, genau an dieselbe Stelle zurück, um sie weiter auszufressen. Die unglaubliche Verbreitung und Zahl der in meilenweiter Entfernung rings um unsere Stadt zu beobachtenden Fraßstellen lassen auf die großartige Menge ihrer Urheber schließen, wenn freilich dabei auch ihre vom Mai bis in den Oktober fortgesetzte allnächtliche Tätigkeit nicht außer acht zu lassen ist. Am Tage fand sich auf der Rückseite der Blätter des Flieders und be- nachbarter Sträucher ein reizender, äußerst lebendiger, mit dem Rüssel kaum 3 mm langer Rüsselkäfer, das gelbbeinige Spitzmäuschen, Apion jlavipes. Beide Namen, der deutsche wie der fremdländische, sind vorzüglich gewählt. Apion heißt die Birne, und in der Tat gleicht der Käfer in gewissen Lagen aufs merkwürdigste der äußerst verkleinerten Nachbildung dieser Frucht, wobei der Rüssel den Stiel vorstellt. Ich habe im vergangenen Winter zu Ihnen von den großen Verheerungen gesprochen, welche die Raupe der Fliedermotte, @racilaria syringella, in unseren Fliederblättern anrichtet, in denen sie erst minierend lebt, und die sie dann ganz oder teilweise zu vertrocknenden Röhren zusammenrollt. Ich habe Ihnen zahlreiche von Herrn Dr. KunLsArz gezogene Exemplare dieser Motte und einzelne eines echten Wicklers (Tortrix), dessen Raupe ich auf Flieder ge- fangen hatte, vorgeführt. Ich berichtete Ihnen in Thorn über mir zugesandte interessante Beobachtungen des Blattschneidens der Tapezierbiene an Flieder- blättern, ich habe an dergleichen stark fressende Eulenraupen beobachtet. Wir kennen durch Gallmilben erzeugte Hexenbesen (Klunkergallen) am türkischen Flieder und Liguster, wissen, daß an beiden die Raupen des Ligusterschwärmers und die spanische Fliege vorkommen, kurz man könnte eine Insektenfauna der Liguster- und Fliedersträucher schreiben. Dabei spricht die große Zahl der den beiden Pflanzen gemeinsamen Besucher für die Richtigkeit der schon in meiner Botanik I, Seite 28 im Hinblick auf die Kruziferen ausgesprochenen Behauptung, „daß die Ähnlichkeit in der äußeren Organisation oft mit der Gleichartigkeit der stofflichen Beschaffenheit im Zusammenhange steht“. Das zweite Bild führt Ihnen Zweige der Rainweide, Ligustrum vulgare, vor. Sie sind am 27. Mai 1905 gesammelt und sollen zur Erläuterung des Umstandes dienen, daß der Liguster ein immergrünes Gewächs sein kann, da seine vorjährigen. Blätter meistens noch lebensfähig sind, während die diesjährigen 2 24 sich in vollster Entwicklung befinden. Ich sage meistens, besonders weil die fruchtenden Zweige ihre Blätter eher zu verlieren pflegen. Noch am 8. April fand ich in Oliva einen nicht fruchtenden Ligusterstrauch mit frisch hellgrünen Blättern. Sonst färben sich häufig die Ligusterblätter auf der Oberseite dunkelviolett, und sind merkwürdigerweise gerade auf der von den Vögeln nicht zu sehenden Unterseite rötlicher. Die während zweier Jahre an geradezu unzählbaren Ligustersträuchern von mir festgestellte Tatsache steht in ent- schiedenstem Widerspruch zu der von SCHMEIL in seinen Pflanzen der Heimat Seite 137 aufgestellten Behauptung, daß sich das glänzende Schwarz der reifen Früchte „deutlich von den lebhaft rotgefärbten herbstlichen Blättern abhebt“. Im dritten Bilde erblicken Sie zwei Reihen von Pflanzenteilen, welche ich, während sie schliefen, getötet habe. Die obere enthält eine Anzahl Blätter des Weißklees (Trifolium repens), die untere des Rotklees (Trifolium pratense). Während im wachen Zustande die drei Kleeblättchen nahezu in wagerechter Ebene ausgebreitet sind, richtet sich beim Dunkelwerden das Mittelblättchen nach oben und die Seitenblättchen legen sieh mit ihren Ober- flächen aneinander und stellen sich in eine senkrechte Ebene. Dabei klappen, wie Sie sehen, beim Rotklee auch die durch die Mittelrippe getrennten Längs- hälften des Mittelblättchens häufig so mit ihren Oberseiten zusammen, daß sie den oberen Teil der beiden anderen Blättchen einschließen. Wir wissen, daß durch die Schlafstellung der Blätter die Wärmeaus- strahlung und der Taubeschlag verringert, dagegen, wie SraHuL durch seine Beobachtungen in Buitenzorg auf Java (Siehe Botanische Zeitung 1897 1, Seite 71 und folgende) nachgewiesen hat, die Verdunstung und damit die Aufnahme mineralischer Nährstoffe durch die Wurzeln vergrößert wird. Es mag hier beiläufig darauf hingewiesen werden, daß Trifolkium repens zu den Ausnahmen gehört, deren Blätter auf der Oberseite mehr Spaltöffnungen, d.h. mehr Atemorgane haben, als auf der Unterseite, welche sonst oft der aus- schließliche Sitz der Blattspaltöffnungen bei den Landpflanzen ist. Im vierten Bilde bietet sich Ihnen eine merkwürdige Umbildung des Bastardklees, Trifolium hybridum, dar, welche ich auf Schuttland bei Landeck in Schlesien gefunden habe, und welche ihre Entstehung wohl den eigentüm- lichen Ernährungsverhältnissen verdankt. Ich habe im ersten Hefte 1902 der Wiener Illustrierten Garten-Zeitung darauf hingewiesen, daß sich keines der Reiche der Organismen in scharf gesonderte Fächer einschachteln läßt. Mein kurzer Nachweis dieser Tatsache bezog sich damals auf die Familien unserer natürlichen Pflanzensysteme, deren Wert im übrigen niemand höher, als ich selbst, veranschlagen kann. Das Ihnen vorliegende Gewächs, das wir immer noch als ein Trifolium hybridum erkennen, verleugnet zwei der wesentlichsten Merkmale der Gattung Klee (Trifolium). Denn erstens werden: seine Blüten- von Stielen getragen, welche zum Teil das Dreifache ihrer’ Länge übersteigen, so daß sich der Kleekopf in eine. langstrahlige Dolde verwandelt hat; zweitens a 6} 25 aber ragen die sonst von der verwelkenden Krone eingeschlossenen Kleehülsen weit aus derselben hervor. Unser fünftes Bild soll Sie mit einem Pilze bekannt machen, zu dessen bisher, soweit mir bekannt, noch nicht geglückter Auffindung in Westpreußen ich Sie anregen möchte. Gestatten Sie mir vor der Erläuterung desselben einige einleitende Worte. Mit großer Freude habe ich in den letzten zwei Jahren die Erweiterung der Bekanntschaft vieler unserer Vereinsmitglieder mit den eßbaren und giftigen Pilzen beobachtet. Es ist dieselbe der Verbreitung billiger und guter, bunter Abbildungen und Beschreibungen zu verdanken, welche, als ich meine Studien begann, überhaupt nicht vorhanden waren, und sodann den anerkennenswerten Bemühungen unseres Herrn Vorsitzenden und des Herrn Medizinalassessor HILDEBRAND. Ich möchte im Anschluß daran die Hoffnung aussprechen, daß die im allgemeinen vermehrte Pilzkenntnis von den Wissenden auch zur Belehrung der ärmeren Klassen verwendet werden möge, um deren Lage durch den Ver- kauf oder eigenen Genuß solcher nahrhaften Gewächse zu verbessern. Dabei dürfte es sich aber nur um diejenigen eßbaren Pilze handeln, welche in allen Teilen auch ohne Kostproben als unschädlich erwiesen sind, zu denen auch die Morcheln gehören, nachdem man das kochende Wasser, in dem sie abgebrüht worden sind, weggegossen hat. Für unseren Verein aber möchte ich dem Wunsche Ausdruck geben, daß ihm die so gestalten- und farbenreichen Pilze auch zur Quelle geistigen Ge- nusses werden. Wir würden dann zunächst auch in unserer Provinz zur Auf- stellung einer vollständigen Pilzflora gelangen, für welche unsere Schriften bereits sehr umfangreiche Beiträge enthalten, und somit wertvolle Bausteine zum Ausbau der Pflanzengeographie liefern. Gerade im Hinblick hierauf lege ich Ihnen das Bild fünf vor. Sie wissen, daß auf den messerklingenartigen sogenannten Blättern des Champignons, auf den Stacheln des Habichtschwammes, wie in den Poren des Steinpilzes und aller ihrer Verwandten die Sporen durch Abschnürung auf besonderen Zellen, den sogenannten Basidien entstehen, welche ich Ihnen hier im stark vergrößerten Bilde vorführe. Alle jene Pilze gehören deshalb zu den Basidienträgern. Dagegen sind die Morcheln und Trüffeln Schlauchpilze, da sie die Sporen in Schläuchen erzeugen. (Demonstration des Mikroskopbildes eines Hautober- flächen-Durchschnitts der Speisemorchel.) Aber nicht alle unterirdisch entstehenden, in der Knollenform den Trüffeln ähnlichen Pilze sind Schlauchpilze, sondern viele derselben sind Basidienträger. Zu ihnen gehören dieStäublinge oder Bofiste, auch der von den Teilnehmern an der letzten Pilzexkursion in Heubude gesehene, oft 20cm breite Riesenbofist, der giftige Hart- oder Kartoffelbofist und die Stielstäublinge, von denen ich Ihnen eine Art, das Tulostoma mammosum als Bewohner der Umgegend Zoppots herumsende. 4 Nicht so einfach gebaut wie ihre soeben genannten Verwandten sind die Erbsenstreulinge, welche ihren lateinischen Namen Pisolithus vor jetzt gerade hundert Jahren von ALBERTINI und SCHWEINIZ in Schlesien erhielten. Die bekannteste Art, den Sanderbsenstreuling, bringt Ihnen in Längs- durebschnitten unser Bild fünf zur Anschauung. Der runde, sitzende oder gestielte Körper der Erbsenstreulinge wird von einer Haut umhüllt, während sein Fleisch zahlreiche Kammern enthält, welche eckige oder runde, bei der größten Art an Erbsen erinnende Säckchen ein- schließen; daher die Gattungsnamen Polysaccum DC. und Pisocarpium Lk. Der Inhalt dieser Säckclien, in denen die Abschnürung der Sporen stattfindet, ist in der Jugend, wie Ihnen die vorliegende, vergrößerte Abbildung zeigt, ver- schieden gefärbt, so daß der Durchschnitt des jungen Pilzes eine prächtige, aus Blau, Rosa, Weiß und Gelb bestehende Marmorierung in mehr oder weniger zonenartiger Verteilung der Farben darbietet. Die reifen Sporen werden durch Auflösung der Säckchen und des oberen Teiles der allgemeinen Hülle frei, und stellen dann ein massenhaftes, braunes Pulver dar. Ich habe die vorliegenden Exemplare in Chrzanow in Gazilien aus dem Sande des Kieferwaldes, bis zu dessen Oberfläche sich der Pilz emporgearbeitet hatte, ausgegraben, nachdem ich vom Wagen aus ihre Anwesenheit an den, dem braunen Eisenroste gleichenden Flecken des Bodens erkannt hatte. Den 1 bis 10 cm und darüber hohen, dickfüßigen Erbsenstreuling habe ich früher häufig bei Waldenburg in Schlesien auf alten Steinkohlen-Halden gesammelt. Zum Schluß meiner Mitteilungen will ich noch einem lange gehegten Wunsche Ausdruck geben, dem nämlich, daß sich auch in Westpreußen wieder Botaniker mit ganzer Hingabe dem mikroskopischen Studium der Entwicklung der Pilze widmen möchten, welches auch heute noch zu den, in praktischer wie rein wissenschaftlicher Beziehung, wichtigsten Forschungsgebieten der biologischen Wissenschaften gezählt werden muß. RS 1 Umartung der Pflanzen’. Von Rektor F. KALMUSS in Elbing. Zu den Verdiensten Lınn&s gehört in erster Reihe die Einführung der binären Nomenklatur, wodurch dem Artbegriffe eine bestimmte Fassung gegeben wurde. Wenn die Linneschen Arten auch eigentlich Kollektivspezies dar- stellen, von denen einige, wie die der Gattungen Saliw, Hieracium, Rubus und anderer, nur sehr kleine Unterschiede und darum ziemlich verschwommene Trennungslinien aufweisen, so werden doch die weitaus meisten durch feste, charakteristische Merkmale strenge von anderen Sammelarten geschieden, und mit voller Berechtigung konnten sie von dem Vater der Botanik als Einheiten seines Systems hingestellt werden. LinNE und seine Zeitgenossen hatten die Auffassung, daß alle im Pflanzen- und Tierreiche vorhandenen Spezies ursprünglich auch in derselben Artenzahl aus der Hand der Schöpfers hervorgegangen sind. Diese Anschauung wurde durch die von LAMARCK und anderen Forschern vertretene Entwickelungslehre, auch Abstammungs- und Descendenztheorie genannt, stark erschüttert. Nach der Lehre von der Descendenz sind die Arten veränderlich, und die Organismen der Gegenwart haben sich aus anderen, früher vorhandenen Formen entwickelt. Diese Lehre hat im laufe der Zeit sowohl in botanischen, als auch in zoologischen Kreisen eine weitgehende Anerkennung gefunden. Auch Darwın erkannte sie als richtig an und gesellte ihr zur Erläuterung noch die Selektionstheorie, die Lehre von der natürlichen Auslese, bei, in der er an Beispielen darzulegen sucht, auf welche Weise, durch welche Ursachen und Kräfte die Abänderung der Arten erfolgt ist. Die Descendenztheorie war also schon vor DAarwın vorhanden; er hat ihr jedoch durch seine Selektionslehre eine sachlichere Grundlage geschaffen und sie dadurch zu größerer Geltung gebracht. Wenn man darum heute von Darwinismus spricht, so versteht man in der Regel — und wohl auch mit einer gewissen Berechtigung — beide Theorien darunter. Darwin erkennt in seinen Ausführungen allen Organismen die Rigentümlich- keit zu, daß sie. wenn auch in sehr kleinen Schritten und außerordentlich großen Zeiträumen, allmählich in ihren Organen abändern, und daß diese Abänderungen, die planlos nach allen Richtungen hin erfolgen, sich erblich auf die Nachkommen übertragen. Da die Natur stets mehr Einzelwesen her- t) Bericht des Verfassers über seinen Vortrag, unter Vorführung von Belegen gehalten auf der 28. Hauptversammlung des Vereins in Zoppot, am 7. Oktober 1905. 1 28 vorbringt, als sie wegen Mangels an Nahrung und Raum erhalten kann, so tritt insofern eine Auslese ein, als alle Lebewesen, die eine für sie unvorteil- hafte Abänderung erfahren, im Kampfe ums Dasein unterliegen müssen; während diejenigen, deren Organe mit den Lebensverhältnissen im Einklange stehen, nicht allein siegreich aus dem Daseinskampfe hervorgehen, sondern auch ihre als vorteilhaft erprobten Einrichtungen auf die Nachkommen vererben. Indem sich nun durch eine lange Reihe von Generationen diese vorteilhaften Ab- änderungen anhäufen, stellen sich schließlich Merkmale heraus, die von denen der Stammeltern völlig verschieden sind. Auf diese Weise werden nach der Lehre Darwın’s neue Arten gebildet. Obgleich durch diese Lehre manche rätselhaften Erscheinungen in der Pflauzen- und Tierwelt, wie z. B. die Gestalt des bekannten Urvogels aus dem Solnhofener Schiefer (Archaeoptery® lithographica), namentlich aber die viel bewunderte Zweckmäßigkeit in der Einrichtung der Organismen, ihre natür- liche Erklärung fanden, so erhoben sich doch von verschiedenen Seiten — und zwar mehr aus botanischen als aus zoologischen Kreisen — Zweifel an der absoluten Richtigkeit des Darwinismus. Professor R. CAsPparRY, der mit Darwın im Briefwechsel stand und im Jahre 1866, bei Gelegenheit einer internationalen Pflanzenausstellung in London, den großen Forscher auch in seinem Hause in Down besuchte, schrieb in der Botanischen Zeitung von 1882, Nr. 45: „Wie sehr sich die Lehre Darwın’s durch ihre Allgemeinheit und Einfachheit empfiehlt, habe ich ihr doch nicht zustimmen können, da den Tatsachen, die für sie zu sprechen scheinen, andere entgegenstehen, auf deren Seite mir das größere Gewicht zu sein scheint und die mir eine andere Hypothese über die Entstehung der Arten wahrscheinlicher machen.“ Darwıx erklärte auf eine direkte Frage Caspary’s ausdrücklich, daß er bisher keine Art gefunden habe, für die es tatsächlich festgestellt sei, daß sie aus einer anderen durch Abänderung hervorgegangen sei, und daß er seine Lehre als Hypothese auffasse. Einen Hauptgegner fand die Selektionstheorie in Professor NÄGELI, der lange Zeit als Direktor des botanischen Gartens in München wirkte. Dieser hervorragende Botaniker und geistvolle Kritiker hatte besonders durch umfang- reiche Zucht der Gattungen Flieracium und Cirsium, deren Arten oft sehr ineinanderfließende Grenzen aufweisen und darum zu experimentalen Studien der Artentstehungsfrage vorzugsweise geeignet erscheinen, reiche Erfahrungen gesammelt. NÄGELI stellt es als erwiesen hin, daß die Pflanzen in ihren Organen Abänderungen erleiden. So werden in dürren Gegenden Blätter und Stengel sich mit einem Haarkleide überziehen, um die Pflanzen vor Verdunstung zu schützen; kommen solche Gewächse wieder auf einen feuchten Standort oder in die Kultur des Menschen, wo sie eines derartigen Schutzes nicht bedürfen, so verliert sich das Haarkleid, wie wir es am Euelweiß beobachten können, wenn es von seinen kalkigen, dünnluftigen Höhen nach unserer Tiefebene ver- P) 29 pflanzt wird. Auch Früchte, Stengel und Blätter der Pflauzen werden durch Kultur oft zu außerordentlicher Größe gesteigert. „Die Pflanze hat also eine gewisse Fähigkeit, äußeren Einflüssen Folge zu geben und sich den Verhält- nissen anzupassen.“ Die dadurch entstehenden Abänderungen nennt NÄGELI Anpassungsmerkmale. Die Abänderungsfähigkeit geht aber über eine be- stimmte Grenze nicht hinaus. „Diejenigen Besonderheiten einer Pflanze, welche ihre eigentlichen Artcharaktere ausmachen, werden durch die Lage des Stand- ortes, durch meteorologische und physikalische Einflüsse nicht geändert, sie bleiben sogut wie constant“; — sie werden von NÄGELI als Organisations- merkmale bezeichnet. Bereits in der letzten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die Zuckerrübe angebaut. Ihr Zuckergehalt betrug im Durchschnitt etwa 3 Prozent. Man hat durch sorgfältige Samenauslese und angemessene Kultur ihn auf mehr als das doppelte gesteigert. Zu diesem Resultate gelangte man jedoch bereits wenige Jahre nach dem ersten Anbau der Rübe, und seitdem hat eine weitere Steigerung nicht erzielt werden können. Überläßt man die Rübe sich selbst, so kehrt sie in kurzer Zeit wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurück. Auch die Stachelbeere hat nach E. v. HARTMANN trotz aller Mühe und Kunst der Gärtner seit 1852 keine Vergrößerung erfahren, obgleich nach seiner Ansicht nicht einzusehen wäre, warum sie nicht kürbisgroß hätte werden können. — Die Organisationsmerkmale können weder durch Naturkräfte, noch durch künstliche Zucht der Menschen umgestaltet werden, sie bleiben trotz aller Anpassungsfähigkeit der Art im wesentlichen unverändert, und wenn sich eine neue Art bildet, so geschieht dies nach NÄGELI aus uns unbekannten Ursachen plötzlich, sprungweise und nicht, wie Darwın annimmt, durch allmähliche Abänderung. NÄGELI suchte sich den Vorgang in der Weise zu erklären, daß er annalım, „die äußeren Verhältnisse wirkten nur scheinbar nicht auf die Organisations- merkmale ein, tatsächlich werde jedoch das Protoplasma, die eigentliche Lebens- substanz der Zelle, durch jeden äußeren Einfluß in seiner Zusammensetzung verändert. Das Protoplasma speichere gewissermaßen Kräfte in sich auf, welche durch die äußeren Reize erzeugt würden, und gerate so in einen Zustand der Spannung. Dieser wird nach längerer Zeit ausgelöst, indem sich bei einer Pflanzenart an einer ganzen Reihe von Organisationsmerkmalen eine plötzliche Änderung kundgibt“. Da NÄGELI seine Ansicht nur als eine Hypothese hinstellen und nicht durch tatsächlich beobachtete Vorgänge in dnr Natur begründen konnte, so fand sie der gewaltigen Autorität Darwın’s gegenüber nur wenig Anerkennung. Erst durch einige überraschende Beobachtungen der neueren Zeit wurde die Artentstehungsfrage wieder in den Vordergrund des Interesses gerückt. Im Jahre 1886 fand der holländische Botaniker Huco DE VRIES auf einem Kartoffelfelde bei Hilversum, zwischen Amsterdam und Utrecht gelegen, die aus Chile stammende Nachtkerzenart Oenothera Lamarckiana in großer Menge 3 30 verwildert vor. Sie war bereits im Jahre 1875 als Gartenflüchtling an diese Stelle gekommen und dehnte sich jetzt in zahlreichen Exemplaren über weite Strecken aus. DE VRıES beobachtete unter vielen typischen Pflanzen auch zwei Formen, die in verschiedenen wesentlichen Merkmalen von der Stammform abwichen. Die eine nannte er wegen ihrer kurzen Griffel Oenothera brevistylis, die andere ihrer glatten Blätter wegen Oenothera laevifolia. Beide Pflanzen zeigten sich, durch Samen fortgepflanzt, durchaus artbeständig. DE VrıEs verpflanzte auch einjährige Rosetten von der Stammform in seinen Versuchs- garten, und es gelang ihm, indem er Bestäubung durch Insekten sorgfältig verhinderte und künstliche Befruchtung vornahm, in sieben Generationen eine ganze Menge neuer Formen abzuzweigen. Die meisten derselben erwiesen sich zwar als fluktuierende Varianten, mehrere aber zeigten sich beständig und behaupteten ihr Artrecht. Freilich sind die DE Vrıesschen Arten nicht als Kollektivspezies im Sinne LınnE’s aufzufassen; es sind sogenannte „elementare Arten“, bei denen der Artbegriff viel enger begrenzt, immerhin jedoch auf eine feste, wissenschaftlich definierbare Grundlage gestellt worden ist. Der Vorgang, bei welchem mehrere wesentliche Merkmale einer Pflanze eine plötzliche Abänderung erfahren, die sich erblich auf die Nachkommen überträgt, wird von DE VRIES Mutation genaunt. Bei jeder Art kann in längeren oder kürzeren Zeiträumen eine Mutation eintreten. Oenothera La- marckiana ist eine gegenwärtig mutierende Pflanze. Der wissenschaftliche Wert dieser wichtigen Entdeckung wird von DE VRIES in seinem Werke: „Die Mutationstheorie“ (Leipzig 1901 und 1902) in folgender Weise dargelegt: „Die Lehre von der Entstehung der Arten ist bis jetzt eine vergleichende Wissenschaft gewesen. Man glaubt allgemein, daß dieser wichtige Vorgang (d. h. die Entstehung einer neuen Art) sich der direkten Beobach- tung und mindestens der experimentellen Behandlung entziehe. Diese Über- zeugung hat ihren Grund in den herrschenden Vorstellungen über den Art- begriff und in der Meinung, daß die Arten von Pflanzen und Tieren allmählich auseinander hervorgegangen sind.. Man denkt sich die Umwandlungen so langsam, daß ein Menschenleben nicht genügen würde, um die Bildung einer neuen Art zu sehen. Aufgabe des vorliegenden Werkes ist es, demgegenüber zu zeigen, daß die Arten stoßweise entstehen und daß die einzelnen Stöße Vorgänge sind, welche sich ebenso gut beobachten lassen, wie jeder andere physiologische Prozeß“. Einen weiteren Beleg für das Zutrefien der Mutationstheorie lieferte der Professor der Botanik Graf zu SOLMS-LAUBACH in Straßburg; doch handelte es sich in diesem Falle nur um constante Abänderung eines einzigen wichtigen Organs -— der Frucht, ein Vorgang, der als Heterogenesis bezeichnet wird. Auf dem Meßplatze zu Landau in der Rheinpfalz fand Dr. HEEGER, Professor am dortigen Königlichen Gymnasium, eine ihm unbekannte Crucifere wit weißen Blüten und elliptischen Früchten, die er zur Bestimmung an den Grafen Zu SOLMS-LAUBACH sandte. Dieser, als hervorragender Pflanzenkenner bekannte A Gelehrte fand jedoch, daß die Pflanze in Frucht und Samenanlage von allen einheimischen und exotischen Kreuzblütlern so stark abwich, daß sie bei keiner Art untergebracht werden konnte, Erst durch eine Samenaussaat wurde die Herkunft dieser rätselhaften Erscheinung klar gelegt. Eine große Anzahl von Pflänzchen ging auf und entwickelte sich zu üppigen Exemplaren, die der Mutterpflanze vollständig glichen. Nur eine einzige Staude wies einige Schötchen von dreieckiger Form auf, die denen des gemeinen Hirtentäschels unverkennbar nahe kamen, und hierdurch wurde das Rätsel gelöst. Aus Capsella bursa pastoris hatte sich eine neue Art mit elliptischen Früchten gebildet. Graf zu SOLMS-LAUBACH nannte sie dem Entdecker zu Ehren Capsella Heegeri. — Vom Vortragenden wurden zwei Exemplare dieser merkwürdigen Pflanze, die ihm Herr Professor Dr. HEEGER zur Verfügung gestellt hatte, vorgezeigt und demonstriert. Der Vortragende legte sodann eiu Exemplar von Petroselinum sativum vor, bei dem die Blätter eine vollständige Umbildung erlitten hatten. Die Pflanze war neben einer sich normal entwickelnden Petersilie im Zimmer gezogen worden und hatte wie die typische Form dreifach gefiederte Blätter; doch waren die Blättehen nicht keilförmig, sondern durchweg lang-lineallanzettlich, wodurch die Pflanze ein ganz fremdartiges Aussehen erhielt und auch von Sach- verständigen als Petroselinum sativum kaum erkannt werden konnte. — Wenn nun wohl auch anzunehmen ist, daß die neuentstandene Pflanze unter normalen Lebensverhältnissen den Kampf ums Dasein nicht bestehen dürfte, so liefert der Fall doch immerhin einen Beleg dafür, daß eine plötzliche, stoßweise Ab- änderung einzelner Organe erfolgen kann. Zum Schlusse wies der Vortragende auf die Bedeutung der Bastardierung für die Bildung neuer Arten hin. So ist die Pfefferminze, Menta piperita, ein aus Menta viridis und M. aquatica hervorgegangener Bastard, der erwiesener- maßen schon seit Jahrtausenden als Art besteht und nicht nur die Merkmale seiner Eltern in sich vereinigt, sondern vor den letzteren sogar das Pfeffer- minzöl, den bekannten Riechstoff, voraus hat. Gut erhaltene Exemplare von Menta piperita wurden von SCHWEINFURTH in den Mumiengräbern der i6. bis 18. Pharaonen-Dynastie entdeckt, sie rühren also aus dem 16. bis 13. Jahr- hundert v. Chr. her. — Der im Jahre 1838 von FABRE in Agde erzogene goneoklinische Bastard Aegilops speltiformis, der durch Belegung der Narben von Aegilops ovata X Triticum vulgare (Aegilops triticoides) mit Pollen von Triticum vulgare erzeugt wurde, hat sich bereits nahezu sieben Jahrzehnte constant gezeigt. — In der kaiserlichen Forst „Rehberge“ bei Cadinen kommt an verschiedenen Stellen das mittlere Hexenkraut (Üircaea intermedia) vor. Es ist durch Kreuzung aus Circaea Lutetiana und ©. alpina hervorgegangen und hält in seinen Merkmalen zwischen den Eltern genau die Mitte. Die Pflanze, die von dem Vortragenden bereits seit dem Jahre 1883 in den Rehbergen be- obachtet worden ist, wächst hier in umfangreichen Herden und hat durch starke vegetative Vermehrung an den Standorten die Eltern vollständig verdrängt. 32 Obgleich die Pollen zuweilen unvollkommen ausgebildet sind und von den beiden Fächern der Frucht das eine meistens fehlschlägt, sind die Samen keimfähig, und die Pflanze macht durchaus den Eindruck einer selbständigen Art. Der Vortragende legte sodann der Versammlung Repräsentanten von sämt- lichen Arten der bisher in Westpreußen aufgefundenen „fleischverdauenden Pflanzen‘ in instruktiv präparierten Exemplaren vor. Es sind bei uns neun Arten einheimisch, und zwar: Pinguicula vulgaris, Utrieularia vulgaris, U. neglecta, U. intermedia, U. minor, Drosera rotundifolia, D. anglica, D. intermedia und Aldrovandia vesiculosa; außerdem ist der Bastard Drosera anglica X rotundifolia, der ebenfalls vorgezeigt wurde, an vielen Stellen in der Provinz beobachtet worden. Der Vortragende erläuterte die biologischen Verhältnisse dieser eigen- tümlichen Pflanzengruppe und demonstrierte die zum Tierfange bestimmten Vorrichtungen der einzelnen Arten. Da einige Utricularia-Arten in trockenem Zustande oft schwer von ein- ander zu unterscheiden sind. wies der Vortragende darauf hin, daß es zweck- mäßig ist, beim Sammeln dieser Pflanzen die Blüten gleich an Ort und Stelle besonders einzulegen, und über ihre Farbe und Gestalt, namentlich über die Längenverhältnisse von Gaumen und Oberlippe, Notizen zu machen. — Die der Gattung Utricularia eigentümlichen Winterknospen, durch welche die Erhaltung und Vermehrung der Pflanze auf vegetativem Wege erfolgt, wurden an U. inter- media gezeigt. Ein Exemplar von Utricularia minor wies an mehreren Trieben bandförmig verbreitete Blattlappen auf; diese Triebe sind aus Winterknospen ent- standen, deren Internodien sich bei der weiteren Entwickelung verlängert haben. Die seltene Aldrovandia vesiculosa hatte der Vortragende von dem ver- storbenen Professor Casrary erhalten, der sie bekanntlich am 2. August 1882 im Ozystochleb-See, 1!/, km südöstlich von Briesen gelegen, entdeckte. CASPARY fand sie an der Westseite des Sees in Gemeinschaft von Utriceularia-Arten; doch hatte der Wind auch in den Buchten der Ostseite einzelne Stengel zusammen- getrieben. Bei den vorgelegten Pflanzen hatten die Stengel eine Länge von 10 bis 12 cm. Nach dem Berichte des Herrn AHLFVENGREN ist der See jetzt entwässert und dadurch in ein fast völlig zugewachsenes Grünmoor umgewandelt worden. Hierdurch hat die Pflanze ihre natürlichen Lebensbedingungen verloren, und es ist wohl mit Sicherheit anzunehmen, daß sie dort nicht mehr vorkommt. ’ 33 Vorläufiger Bericht über die im Auftrage des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins in der Zeit vom 3. Juli bis 16. August 1905 ausgeführte botanische Reise. Von F. TESSENDORFF-Charlottenburg. Es war mir aufgegeben worden, die Kolke und Altwässer zu beiden Seiten der Weichsel in ihrem Verlaufe durch Westpreußen und im Anschluß daran die verlandenden Seen der Provinz zu untersuchen. Durchgeführt wurde die Untersuchung längs der Weichsel von Kulm bis Dirschau und auf dem Westufer des Drausen-Sees. Zunächst sei darauf hingewiesen, das zwischen Altwässern und Kolken, d.h. den durch Dammbrüche entstandenen Wasserlöchern (daher auch „Bruch- kolke* genannt) ein Unterschied kaum gemacht werden kann. Denn die in den letzten Jahrzehnten vorgenommenen Stromregulierungen und Damm- verlegungen haben so gewaltige Veränderungen im Stromgebiet hervorgerufen, daß es oft kaum festzustellen ist, ob ein solches Gewässer seine Entstehung der Wassergewalt oder menschlichen Eingriffen zu verdanken hat. Auch ist eine solche Unterscheidung für uns ziemlich nebensächlich. Für uns fällt lediglich die Lage im Außen- oder Innendeiche in das Gewicht; denn, alles was außerhalb des Deiches liegt, tritt von Zeit zu Zeit mit dem Stromlaufe in Verbindung, was innerhalb liegt, bleibt dauernd isoliert. Es ist klar, daß dieser Umstand eine große Verschiedenheit zwischen beiden Gruppen hervor- rufen muß. Es kann bei den Kolken des Innendeiches im Gegensatz zu denen des Außendeiches der Prozeß der Verlandung, der ja bei jedem stehenden Wasser mehr oder weniger zu beobachten ist, ungestört vor sich gehen. In der Tat zeigt sich bei ersteren die Tendenz des Verlandens um so mehr ausgeprägt, je längere Zeit sie von dem Flusse dauernd getrennt sind. Da das Wasser der Kolke naturgemäß ein nahrstoffreiches ist, so äußert sich diese Tendenz in dem Übergange der Wasserflächen in Grünlandmoore, und zwar zunächst in Rohrsumpfmoore und dann in Wiesenmoore oder Laubmoore. Auf der untersuchten Strecke finden sich Beispiele für alle Stadien dieses Entwicklungsvorganges. Eingeleitet wird er dadurch, daß sich zunächst deut- liche Vegetationszonen abgrenzen. Im tieferen Wasser finden wir Limnaen- Vereine (siehe WARMING-GRAEBNER „Ökologische Pflanzengeographie, Berlin 1902), um diese herum einen Gürtel von Hydrochariten-Vereinen, dann Rohr- sumpfvegetation und schließlich Wiesenmoorformationen. Doch finden sich 28. Ber. d. Wpr. Bot.-Zool. Vereins. 3 3 34 letztere nur in wenigen Fällen, ein Umstand, auf den später näher eingegangen werden wird. Die Zusammensetzung der einzelnen Pflanzengenossenschaften ist fast allerorts die gleiche. In der ersten Zone sind die verschiedenen Arten sozusagen in mehreren Etagen angeordnet. Es sind meist langflutende, oft _ außerordentlich reich verästelte Pflanzen, die teils bis zur Oberfläche empor- wachsen, teils unter dem Wasserspiegel bleiben. Zu den letzteren gehören Myriophyllum spicatum und Üeratophyllum demersum, die dichte unterseeische Wiesen bilden. Dahin gehört auch Helodea canadensis, von der zu be- merken ist, daß sie in den Innendeichkolken nie in großer Masse auftritt, im Außendeiche dagegen manche Tümpel von Grund auf ausfüllt. Weiter reihen sich hier zahlreiche Potamogeton-Arten an, so P. perfoliatus, P. lucens (öfter in der Form acuminatus mit lang zugespitzten Blättern und oft reduzierter Blattfläche, sodaß die Mittelrippe dornartig hervorragt), P. erispus, P. compressus, P. pusillus und P. pectinatus. P. natans leitet uns zu den mit Schwimmblättern versehenen Limnäen über. Unter diesen finden sich Polygonum amphibium, Callitriche verna, weiter an Wasserhahnenfuß (Ranunculus, Gruppe Batrachium) eine ganze Reihe verschiedener Formen, die noch näherer Untersuchung bedürfen; den Löwenanteil beansprucht jeden- falls Ranunculus circinatus, weit weniger häufig tritt der so veränderliche R. aquatilis auf. Den größten Teil der Wasserfläche bedecken die Blätter der Mummeln; vorherrschend ist Nuphar luteum, und nur dazwischen zerstreut sehen wir Nymphaea alba, oder auch an deren Stelle in den südlicheren Kreisen Nymphaea candida; die kriechenden Stämme der Seerosen werden oft so dick wie ein kräftiger Mannesarm, und es läßt sich denken, daß sie bei ihrem massenhaften Auftreten recht erheblich zur Erhöhung des Bodens bei- tragen können. Bei dieser Zone kann ich wohl auch Zannichellia palustris und Hippuris vulgaris erwähnen. Die Zannichellia fand ich in der Nähe von Czattkau unterhalb Dirschau in einem Innendeichkolk, und zwar in der seltenen Form pedicellata; es scheint derselbe Fundort zu sein, den Casrary bei Czattkau angibt. Hippuris vulgaris traf ich verhältnismäßig häufig an, so bei Damerau gegenüber Dirschau, bei Groß-Montau, in der Falkenauer Niederung mehrfach und bei Johannisdorf gegenüber Mewe. An die Limnäen schließen sich nach den Ufern hin die Hydrochariten an, die im Gegensatz zu jenen meist nicht im Boden wurzeln, sondern frei schwimmen. Sie werden durch den Wellenschlag nach den Ufern hingetrieben und suchen sich zwischen den Rohrsumpfpflanzen einen gesicherten Platz. In dieser Genossenschaft sah ich Aydrocharis morsus ranae, von Wasserlinsen Lemna trisulca, L. minor und seltener L. polyrrhiza, weiter Utricularia vul- garis, die nicht so häufig vorkommt, als man erwarten könnte, Hottonia palustris und vor allem Stratiotes aloides. Die zuletzt genannte Pflanze tritt in seichteren Wasserbeeken — es sind dies dann meist schon sehr alte, stark 2 ne Bi 35 verschlämmte Kolke — öfter in wiesenartigen Beständen als Alleinherrscherin auf. Höchstens ein paar andere Hydrochariten kommen dann dazwischen noch vor. Ein typisches Beispiel bietet ein alter, aus dem Jahre 1532 stammender Kolk bei der Wachtbude „Vogel Greif“ unterhalb Dirschau. Ein dicht dabei liegender Kolk jüngeren Datums, er stammt aus dem Jahre 1829, zeigt zwar auch schon erhebliche Spuren der Verlandung, befindet sich jedoch in einem weit früheren Stadium dieses Prozesses. Hier sind nur die Buchten stark mit Stratiotes bewachsen; doch ist deutlich zu sehen, wie von diesen aus die Pflanze allmählich in das offene Wasser vorrückt. Die nun folgende Zone des Rohrsumpfes bietet in dem untersuchten Ge- biete geradezu ein Schulbeispiel für die bei WARMING-GRAEBNER a. a. O. gegebene Beschreibung dieser Vegetation. Vorzüglich wachsen hier Monokotylen, und zwar meist sehr gesellig auftretende, hohe und kräftige Arten. So wechseln große, reine Bestände von Arundo phragmites, Glyceria aquatica und Scirpus Jacustris miteinander ab. Die zuletzt genannte Pflanze dringt wohl am weitesten in das Wasser vor, es folet das Rohr und mehr am Ufer steht @lyceria, welche die größte Individuenzahl aufweist und in etwas seichteren Kolken oft die beiden anderen verdrängt. Außer diesen treten auch zwei Dikotylen, Cieuta virosa und Oenanthe aquatica, sowie ein Schachtelhalm, Zguwisetum ‚heleocharis, als Bildner großer, reiner Gruppen auf. Die beiden Umbelliferen zeichnen sich durch auffallend kräftige Grundachsen aus. Zquisetum heleocharis fand sich in mehreren Formen, meist in der Form limosum, also nur sparsam ‘oder garnicht beästelt, weniger in der vielästigen Forın fluviatile. Im seichteren Wasser traf ich besonders in der Falkenauer Niederung Scirpus maritimus in großen Mengen an. Diese schöne, schlanke Cyveracee trägt durch ihr dichtes Wachstum — sie sendet mit dicken Knollen versehene Ausläufer aus — in hervorragendem Maße zu dem Prozesse der Verlandung bei. Sie fand sich auffallend häufig in einer Form mit sehr verlängerten Ährchenstielen, die an- scheinend mit der in der Synopsis der mitteleuropäischen Flora von ASCHERSON- GRAEBNER als lawiflorus bezeichneten übereinstimmt; jedenfalls ist diese Form weiterer Beachtung wert. Zwischen die von den genannten Arten gebildeten größeren Bestände schiebt sich eine ganze Reihe weiterer Sumpfpflanzen ein. Die Mehrzahl besteht aus gesellig wachsenden Monokotylen, wie Typha latifolia, Sparganium ramosum, .S. simplex, Alisma plantago aquatica (meist in der Unterart arcuatum), Sagittaria sagittifolia, Butomus umbellatus, Phalaris arundinacea, Scirpus paluster, Carex pseudocyperus und anderen Carices, Acorus Calamus, Iris pseudacorus. Gesellig tritt von Dikotylen Nasturtium amphibium auf, mehr vereinzelt und unter den ge- nannten zerstreut Rumew hydrolapathum, Ranmunculus sceleratus, Lythrum salicarta, Sium latifolium, Lysimachia vulgaris, Lyjcopus europaeus, Stachys paluster u.a. m. An die Rohrsumpfvegetation schließt sich im allgemeinen das Wiesenmoor an. Eine notwendige Voraussetzung ist, daß die Ufer nicht steil in das Wasser abfallen, sondern sanft geneigt sind. Bei dem größten Teile der 3 3% 36 Kolke ist dies erfüllt. Dennoch fand ich die Wiesenmoorzone verhältnismäßig selten typisch ausgeprägt. Wenn es der Fall war, lag die Örtlichkeit immer in erheblicher Entfernung, oft mehrere Kilometer weit von dem Stromlaufe; Beispiele finden sich bei Marienwerder, Groß-Montau und anderen Orten. Daß bei den näher an den Deichen liegenden Gewässern jene typische Aus- bildung nicht auftritt, hat seinen Grund in folgendem. Die Höhe des Strom- wassers hat trotz der Dämme einen großen Einfiuß auf den Stand des Grund- wasserspiegels im Innendeiche. Die in der Nähe des Dammes befindlichen Kolke zeigen daher im Frühjahr, also zur Zeit des Weichselhochwassers einen viel höheren Pegelstand als im Sommer. Der Unterschied beträgt mitunter über 2 m. Es ist nicht zu verwundern, daß dieser Umstand, der bei den weiter im Innendeiche gelegenen Brüchen mehr oder weniger wegfällt, auf den Verlandungsvorgang störend einwirkt. An Stelle des Wiesenmoores bildet sich eine Zone von ganz anderem Charakter aus. Ausgezeichnet ist sie da- durch, daß sie im Gegensatz zu der hohen Rohrsumpfvegetation nur Pflanzen von niedrigem Wuchse aufweist. Dies findet seine Erklärung darin, daß einer- seits die Pflanzen, deren Samen erst nach dem Rücktritt des Wassers zum Keimen kommen, nur wenig Zeit zur Entwickelung haben und andererseits die, welche unter Wasser zu wachsen vermögen, durch die Trockenlegung in ihrer Aus- bildung gehemmt werden. Da diese Verhältnisse regelmäßig Jahr für Jahr ein- treten, haben sich bei einer ganzen Reihe von Pflanzen Anpassungsformen heraus- gebildet, die auf ihre Beständigkeit hin noch näher zu untersuchen sind. Von den Bewohnern der behandelten Zone möchte ich zunächst nennen: Scirpus acicularis, der saftig grüne, bis in das Wasser reichende Rasen bildet, die ebenfalls den feuchteren Teil bevorzugende Limosella aquatica, dann die mehr trocknere Stellen besiedelnden Cyperus fuscus, Carex Oederi und Juncus bufonius, von denen der erste besonders in der Falkenauer Niederung in Menge vorkommt, während ich ihn in der nördlicher gelegenen Partie nicht fand, weiter u. a. Älopecurus geniculatus (im Wasser häufig in der Form natans WAHLENB.), Veronica scutellata, Myosotis palustris, und nicht überall M. caespitosa. Fast alle übrigen Pflanzen der Zone weisen Abweichungen vom Typus auf. Unter anderen besonders folgende: Alisma arcuatum, die ich in Exemplaren von 4 bis 20 cm Höhe sammelte. Dabei zeigten selbst die winzigsten völlig ausgebildete Samen. Ob hier die von PraurL als A. arcuatum B. pumilum beschriebene Form vorliegt, von der in der Synopis von ASCHERSON-GRAEBNER angegeben wird, daß sie an von Wasser verlassenen Stellen vorkommt, was hier ja der Fall ist, möchte ich nicht mit Bestimmtheit behaupten. In mancher Hinsicht trifft die ebenda gegebene Beschreibung von A. arcuatum Ü. aestuosum besser zu. Aygrostis alba mit niederliegendem, wurzelndem und weit kriechendem Stengel. Es ist die von ASCHERSON als A. alba c. prorepens beschriebene Form. Sie fand sich an allen Kolken. 4 Scirpus paluster mit etwa 1 dm hohen Stengel und lanzettlichen Ährchen. Anscheinend ist die Anzahl der Perigonborsten konstant gleich vier und nicht wie beim Typus sechs. Anscheinend ist es die in der Synopsis als Sceirpus paluster A. II. b. minor bezeichnete Forw. An einem Kolke bei Dirschau fand ich auch die Unterart S, uniglumis. Sagina nodosa oft in der Form glandulosa mit Drüsenhaaren. Sagina procumbens in einer sehr an $S. apetala erinnernden Form in der Falkenauer Niederung. Hippuris vulgaris in Landformen; kleine schmächtige Exemplare, vielleicht die in der Flora von Nordostdeutschland von ASCHERSON-GRAEBNER als maritima bezeichnete Form. Fand sich in der sogenannten Borau bei Gr. Falkenan. Erythraea pulchella außer in typischer Gestalt auch in mehrfach abweichenden Formen. Veronica anagallis aquatica. Diese Pflanze zeigt ebenfalls bemerkenswerte Veränderungen. Meist ist nur in der Achsel eines Blattes, be- sonders der unteren Blattpaare ein Blütenstand vorhanden, oft auch nur ein einziger endständiger. Vielfach fanden sich ganz winzige Exemplare. Auch drüsige Behaarung der Fruchtstiele trat häufig auf. In der CAasparY-ABRoMEIT'schen Flora von Ost- und West- . preußen sind zwar mehrere Formen angegeben, unter die sich jedoch die von mir gesammelten kaum verteilen lassen. Plantago major in der Form nana TRraTT. Erigeron acer an trockneren Stellen in sehr kleinen Exemplaren, die wohl zu E. acer b. pygmaeus (ABROMEIT a. a. O.) gehören. Gnaphalium uliginosum in der Form pseudopilulare recht häufig. Man sieht, daß diese Uferzone recht charakteristische Bewohner aufweist. Ich möchte noch kurz einige seltenere Pflanzen anführen, die sich an den Ufern der untersuchten Kolke vorfanden: Qucubalus baccifer in Weidengebüsch bei Mewischfelde. Silene dichotoma unter Klee bei Alt-Mösland in der Falkenauer Niederung. Nasturtium amphibium x silwestre (N. anceps) gegenüber Dirschau. Teuerium scordium an Kolken bei Kurzebrack (J. B. Scnorz). Gratiola offieinalis bei der Damerauer Wachtbude gegenüber von Dirschau, bei Kurzebrack (J. B. ScHoLz) und bei Gr. Nebrau. Erigeron annwus im Außendeiche bei Klein-Schlanz. Senecio paludosus bei Mewischfelde. Außerhalb des Stromgebietes fand ich zwischen Pelplin und Rauden (Diluvialhöhen) die Anagallis arvensis in der Abart coerulea unter türkischem Klee in einem Exemplar. Verhältnismäßig häufig traf ich Veronica Tourne- Jortüi auf Äckern an. Von Medicago lupulina sah ich ausschließlich die Form Willdenowii mit drüsenhaarigen Hülsen. In der Flora von ABROMEIT steht von dieser Form, daß sie meist ebenso häufig wie der Typus und in manchen 5 Gegenden vorherrschend, doch nicht immer unterschieden sei. Man kann wohl sagen, daß sie im ganzen Stromgebiet bei weitem vorherrscht. Nachdem ich den Vorgang der Verlandung an den Kolken in immerhin kleinem Maßstabe hatte studieren können, bot mir der Besuch des Drausen- sees Gelegenheit, diesen Prozeß in großartigstem Umfange sich abspielen zw sehen. Von Elbing aus begab ich mich mit dem Dampfer, der den Verkehr zwischen den Dörfern des Sorgetales und der genannten Stadt vermittelt, nach dem Dreirosenkrug, einem auf dem westlichen Seeufer gelegenen Gasthause. Von hier aus unternahm ich während zehn Tagen täglich größere und kleinere Bootsfahrten und besuchte so das ganze Westufer und den mittleren Teil des. Ostufers. Allerdings waren diese Touren mit mancherlei Schwierigkeiten ver- knüpft, denn selbst mit dem kleinen Jagdkahn kann man, wenn nicht gerade hoher Wasserstand zu verzeichnen ist, außerhalb der Fahrstraße kaum vorwärts kommen. Während noch in den Jahren 1878 und 1879 in der Längsrichtung des Drausen 7 km und in der größten Breite 2 km gemessen werden konnten, ist heute das offene Wasser auf eine schmale, mit Mühe freigehaltene Fahrstraße beschränkt, die den Elbingfluß mit dem Oberländischen Kanal und dem Sorge- fluß verbindet. (Näheres über den interessanten See findet sich bei CONWENTZ: „Die Moorbrücken im Tale der Sorge“, X. Heft der Abhandlungen zur Landes- kunde der Provinz Westpreußen, Danzig 1897). So energisch arbeitet die Pflauzen- welt an ihrem Werke, den See allmählich in üppiger Vegetation zu ersticken. Der Seegrund ist durch diese jahrtausendelange Arbeit schon so weit erhöht, daß die Hauptvertreter und Pioniere der Rohrsumpfvegetation überall Fuß fassen können. Große Wälder von Scirpus lacustris und von Arundo phragmites und dazwischen kleinere Dickiehte von Typha, hauptsächlich T. angustifolia, und Sparganium erfüllen die Wasserfläche. Ungezählte Wasser- vögel finden in ihnen Schutz und Deekung, so die Wildente, die Krikente, das Bläßhuhn, das grünfüßige Teichhuhn, die Zwergdommel und viele andere mehr. Für die Limnäen und Hydrochariten bleibt in den Lücken zwischen den Sumpfpflanzen hinreichend Platz zu üppiger Entwickelung. Die in diesen Vereinsklassen vorkommenden Individuen sind im großen und ganzen dieselben, wie ich sie in den Kolken fand; die prozentuale Zusammensetzung ist dagegen eine andere. So sind die Potamogeta auffallend spärlich vertreten. Helodea canadensis herrscht zwar an manchen Stellen vor, besonders dort wo größere Lücken zwischen den Sumpfpflanzen sind, so daß man von Myriophyllum und Ceratophyllum kaum etwas dazwischen sieht, ist aber andererseits auf weite Strecken hin gar nicht zu finden. Nuphar luteum und Nymphaea alba treten in demselben Verhältnis wie in den Kolken auf, das heißt: die weiße Seerose ist unter den gelben nur spärlich verstreut. Lemna minor und L. polyrrhiza haben ihre Rollen völlig vertauscht. Erstere ist im See nur wenig, letztere dagegen in 6 39 ungeheuerer Anzahl vorhanden; ebenso häufig ist L. trisulea. Hydrocharis morsus ranae bildet wieder an seichteren Stellen dichte Wiesen von großer Ausdehnung. Von den Rohrsumpfgewächsen habe ich die Bestandbildner schon erwähnt. Seirpus lacustris weist infolge seiner Fähigkeit, am weitesten in das Wasser vordringen zu können, die größte Verbreitung auf. Arundo phragmites wächst mehr nach dem Ufer zu und dort, wo man den Seegrund zu Regulierungs- zwecken künstlich erhöht hat. @lyceria aquatica tritt an Individuenzahl vor den beiden genannten völlig zurück und ist ganz auf das Ufer beschränkt. An diesem finden sich dann noch die alten Bekannten: 7ypha, Sparganium, Alisma plantago aquatica, Sagittaria sagittifolia, Butomus umbellatus, Acorus calamus, Iris pseudacorus, Cicuta virosa, Oenanthe aquatica usw. Nicht selten zeigt sich auch der stattliche Sonchus paluster in Exemplaren bis zu 3 m Höhe, oft in Gesellschaft von weiteren schönen, hochwachsenden Kom- positen, wie Senecio fluwiatilis, S. paludosus, Eupatorium cannabinum und Bidens cernuus. Man trifft fast längs des ganzen Ufers schwebende Kämpen an, vom Volke „Treibkämpen“ genannt. Über die Entstehungsweise dieser interessanten Ufer- bildungen findet man Näheres bei COnweEntz (a. a. 0. p. 46). Danach ist von größter Wichtigkeit der Umstand, daß der Wasserstand des Sees ein außer- ordentlich wechselnder ist. Es staut sich nämlich bei nördlichen Winden das Wasser aus dem Elbingflusse und dem Haff in den Drausen zurück, so daß der Pegelstand von der Windrichtung sehr abhängig ist. In der kurzen Zeit meiner Anwesenheit fiel das Wasser um etwa '/), m durch Umspringen des Windes nach Süden. Da nun die Neulandbildungen, die meist durch Rohrsumpf- pflanzen, die mit wagerechter Grundachse oder auch mit Ausläufern versehen sind, hervorgerufen werden, hauptsächlich in horizontaler Richtung einen festen Verband aufweisen und mit dem Untergrunde nicht sehr innig verwachsen sind, kann das steigende Wasser dazwischen dringen und die gauze Kämpe mit in die Höhe nehmen. Diese Treibkämpen hängen also nur nach dem Ufer zu mit dem festen Lande zusammen. Wenn man vom Deiche aus nach dem See hin wandert, muß man zunächst die sogenannte „feste Kämpe“ durchqueren, deren Breite an manchen Stellen bis 1OO m beträgt. Diese Uferzone steht meist unter Wasser und ist von dichten Arundo-Beständen bewachsen; häufig ist ein mehr oder weniger umfang- reicher Erlenbestand eingesprengt. Dann gelangt man auf relativ trockenen Boden; man ist eben auf der Treibkämpe. Auf dieser hat man dann noch mehrere hundert Meter zu gehen, bis man an den Drausen gelangt. Die Mächtig- keit der schwimmenden Erdschicht nimmt dabei nicht etwa nach dem See hin allmählich ab, wie man wohl denken könnte, sondern es wechseln Streifen von größerer Dicke mit dünneren ab. Dies ist beim Gehen natürlich sehr deutlich zu spüren. Ohne ortskundige Führung auf den Kämpen herumzuwandern, wäre jedenfalls ein sehr gewagtes Beginnen. Ich machte eine Reihe von Aus- 7 stichen und fand, daß die tragende Schicht durchschnittlich wohl ?/, bis ?], m dick war; doch fanden sich auch Stellen von nur etwa 0,20 m, die man aber immer noch betreten konnte. Die Vegetation der Treibkämpen zeigt den Charakter der Heide- oder Sphagnum-Moore. Große Polster von Sphagnum erfüllen den Boden; dazwischen finden sich auch andere Laubmoose, häufig auch Lebermoose. Von Gefäßpflanzen wurden notiert: Athyrium filix femina. Aspidium thelypteris. al cristatum. Botrychium matricariae(mehrere Exem- plare unter Erlen). Equisetum heleocharis. Typha angustifolia. T. latifolia. Triglochin palustris. Alisma plantago aquatica, Phalaris arundinacea. Phleum pratense. Agrostis alba. A. vulgaris. Calamagrostis lanceolata Holcus lanatus. era caespitosa. Arundo phragmites. Poa palustris. Glyceria aquatica. @. fluitans. Eriophorum polystachyum. Carex rostrata. ©. panniculata. Juncus lamprocarpus. Luzula campestris. Iris pseudacorus. Örchis incarnatus. Liparis Loeselii (nur spärlich). Salix nigricans. S. aurita. S. repens B. rosmarinifolia. Populus nigra. Betula pubescens. Alnus glutinosa. Urtica dioeca, Rumex crispus. Polygonum persicaria. Melandryum album, Coronaria flos cuculi. Sagina nodosa. Stellaria pelustris. Malachium aquaticum. Caltha palustris. Ranunculus lingua. R. acer. Nasturtium amphibium. Cardamine amara. Drosera rotundifolia. Parnassia palustris. Filipendula ulmaria. Comarum palustre. Trifolium pratense. 7. repens. Lathyrus paluster. Linum catharticum. Frangula frangula, Hypericum perforatum. Lythrum salicaria. Epilobium hirsutum. E. parviflorum. E. palustre. Cicuta virosa. Sium latifolium. Oenanthe aquatica. Angelica silvestris. Peucedanum palustre. Heracleum Sibirieum. Vaccinium oxycoccus. I ysimachia vulgaris. Menyanthes trifoliata. Convolvulus sepium. Au ale Symphytum offheinale (oft mit weißen Alectorolophus major. Blüten). Pedicularis palustris. Myosotis palustwis. Galium palustre. M. caespitosa. Valeriana offeinalıis. Menta arvensis. \ Bupatorium cannabinum. Lycopus Europaeus. Bidens tripartitus. Lamium album. Achillea millefolium. Stachys paluster. ı Cirsium oleraceum. Scutellaria galericulata. | ©. palustre. Brunella vulgaris. \ Leontodon auctumnalıs. Solanum dulcamara. Sonchus arvensis. Veronica scutellata. , Hieracium pilosella. Odontitis odontitis. Die Weiden, Birken und Erlen entwickeln sich auf den Treibkämpen zu stattlichen Exemplaren, die eine Höhe von 12 m und darüber erreichen. In den Erlenbrüchen der festen Kämpen, in fußtiefem Wasser, fand ich stets eine recht ausgeprägte Genossenschaft, deren Vertreter sich durch ein auffallend hohes Wachstum auszeichneten. Dabei standen die Pflanzen nie in dichten Beständen. Ich notierte: | Athyrium filix femina. ı Filipendula ulmaria. Aspidium thelypteris. Lythrum salicaria. Equisetum heleocharis. Oenanthe aquatica, Arundo phragmites. Peucedanum palustre. Carex (mehrere Arten). Lysimachia vulgaris. Iris pseudacorus. Convolwulus sepium. Humulus lupulus. Symphytum offieinale. Urtica dioeca. Lycopus Europaeus. Cardamine amara. Solanum dulcamara. Ribes nigrum. Galium palustre. Man sieht, daß es fast nur Arten sind, die auch auf den Treibkämpen vor- kommen. Interessant ist jedoch die angegebene Art des Wachstums und die stets genau gleiche Zusammensetzung dieser Formation. Wenn man sich im Boote vom Drausen aus der Treibkämpe nähert, kommt man an zahlreichen schwimmenden Inselchen mit reicher Vegetation vorbei. Die größten weisen einen Durchmesser von etwa 10 m auf. Sie bilden sich meist wohl in Buchten der Rohr- und Binsenbestände. Hier werden durch Wind und Wellenschlag die Hydrochariten, vor allem DLemna und Stratiotes, zusammengetrieben und aufgestaut. Ich fand an solchen Stellen oft einen armtiefen, dicken Brei von Wasserlinsen, oben Lemna polyrrhiza und unten L. trisulca. Dazu gesellen sich Wasserrosenblätter, Holzstücke und in Menge auch ausgerissene Exemplare von Sagittaria sagittifolia, Die Wildenten fressen die Knollen dieser Art mit großer Vorliebe und reißen dabei die Pflanzen aus. So entsteht allmählich ein Substrat, auf dem eine üppige Flora sich entwickeln 9 42 kann. Es siedeln sich an: Alisma, Sagittaria, Butomus, Arundo phragmites, Glyceria aquatica, Seirpus lacustris, Carices, Rumez hydrolapathum, Nasturtium amphibium sehr zahlreich, Cieuta virosa, Convolvulus sepium, auffallend häufig Stachys paluster und Solanum dulcamara, weiter Lycopus europaeus, Eupatorium cannabinum, Bidens cernwus und andere mehr. Das Entstehen von solehen kleinen Inseln trägt sicherlich viel zur Verlandung, insbesondere wohl zur Bildung von Treibkämpen bei, in deren Nähe sie naturgemäß am häufigsten auftreten. Zu dem oben erwähnten Dreirosenkruge gehört eine ausgedehnte Holz- schneiderei. Infolgedessen finden sich dort am Ufer große Lager von Floßholz. Auf den Flößen hat sich eine interessante Gemeinschaft von zum Teil sehr beachtenswerten Pflanzen angesiedelt. Zunächst ist der sehr gesellig auftretende Bidens connatus zu erwähnen. Aus der ABroMEitschen Flora von Ost- und Westpreußen ersehe ich, daß diese nordamerikanische Art von GRAEBNER schon 1895 bei Elbing gesammelt wurde, Für den Drausen scheint sie neu zu sein. Sie fühlt sich hier jedenfalls recht wohl, denn sie dominiert auf allen Flößen. Den Bidens tripartitus hat sie völlig verdrängt und auf das Ufer verwiesen. Eben- falls sehr gesellig erscheint Zpilobium obscurum. Weiter wachsen hier: Poa annua, Glyceria aquatica, Carez pseudocyperus, Juncus bufonius in einer sehr an .J. ranarius erinnernden Form, Polygonum in mehreren Arten, darunter häufig P. mite, Sagina procumbens und 8. nodosa, Cicuta virosa, Lycopus europaeus, Veronica anagallis aquatica und andere mehr. In der Nähe des sogenannten „Ström“ am Nordwestende des Sees fand ich auf ausgeworfener Grabenerde Potentilla Norvegica und in den Gräben zahlreich Utrieularia neglecta. Die in dem Vorgehenden angenommene Nomenklatur bezieht sich auf die „Flora des Nordostdeutschen Flachlandes* von ASCHERSON-GRAEBNER, soweit nicht anders angegeben ist. Zum Schlusse möchte ich hervorheben, daß dieser vorläufige Bericht auf Vollständigkeit keinen Anspruch machen kann und soll. Ich behalte mir vor, nach weiterer Sichtung des Materials und sorgfältigerer Nachprüfung, insbesondere der erwähnten fraglichen Formen, einen ausführ- licheren Bericht zu veröffentlichen. Nicht verfehlen möchte ich, an dieser Stelle allen denen, die mir während und nach meiner Reise mit Rat und Tat behilflich waren, meinen besten Dank auszusprechen, besonders den Herren PASCHKE in Dirschau, BALDT und KRUEGER in Dreirosen, Geheimrat Prof. Dr. ASCHERSON, Dr. P. GRAEBNER und (and. JOHN J. SCHNEIDER in Berlin, Prof. Dr. Kuma, Dr. P. Danms und vor allem. Prof. Dr. ConwEntz in Danzig, welch letzterer mir die Gesichtspunkte an- gegeben hat, die für meine Untersuchungen leitend sein sollten. 10 43 Über die Zapfen der Koniferen‘'). Von Öberförster HERRMANN in Wirthy. Mit neun Abbildungen. Sehr werte Damen und Herren! Vor zwei Jahren war es mir vergönnt, Ihnen Zweige von den in den Baumschulen und Versuchsgärten der Ober- försterei Wirthy kultivierten Koniferen vorzuführen; gestatten Sie mir heute, Ihnen die zugehörigen Zapfen zu überreichen. Wie Ihnen bekannt ist, sind die Rianlagen der weiblichen Koniferenblüten nicht in einen Fruchtknoten eingeschlossen, sie liegen vielmehr auf den an einer verlängerten Spindel angeordneten Fruchtblättern nackt da. Ja, bei unserer Eibe, Taxus baccata, welche ich Ihnen zunächst reiche, fehlen auch die Fruchtblätter ganz, es steht hier die einzige Samenanlage an der Spitze des terminalen Sekundärsprößchens des beschuppten Sprosses, welcher die weibliche Blüte darstellt. Das Ovulum wächst zu dem hartschaligen, oliv- braunen, eiförmigen Samen aus, welcher von einem roten, fleischigen und saftigen Mantel mehr oder weniger umhüllt ist. Dieser Samenmantel oder Arillus ent- steht durch Wachstum der obersten Schuppen der Blütenaxe; hüllt er den Samen ganz ein, so ist er wenigstens am Scheitel kraterförmig vertieft und so weit geöffnet, daß man den Samen im Grunde sehen kann. Während die grünen Pflanzenteile der Eibe giftige Eigenschaften haben, sind die roten Scheinfrüchte eßbar. Es gibt kaum etwas Schöneres im Herbst, nachdem alle Blüten abgestorben sind, als diese roten, beerenartigen Scheinfrüchte an der Unterseite der dunkellaubigen Eibenzweige! Wenn nicht ganz fehlend, so doch stark verkümmert, sind die Fruchtblätter auch bei Gingko biloba, jenem aus Japan zu uns gekommenen eigenartigen Nadelholzbaum mit den Frauenhaar-ähnlichen Laubholzblättern. Bei diesem Baum, dessen Früchte ich Ihnen leider nicht habe mitbringen können, da das einzige größere Exemplar meiner Baumschule vor zwei Jahren im Winter von Mäusen vollständig entrindet und daher eingegangen ist, sind die Fruchtblätter zu einer Scheibe oder einem flachen Becher reduziert, und am Grunde der gelben, kirschengroßen, saftigen, steinfruchtartigen Samen angewachsen. Die Schale des weißen, steinharten Kerns (die innere Samenschale) ist glatt, oval, zweikantig und beiderseits zugespitzt. !) Vortrag, gehalten am 6. Dezember '1905 in Danzie. 1 Bei dem gemeinen Wacholder, Juniperus communis, dessen Ihnen allen ja bekannte Scheinbeeren ich jetzt herumgebe, befinden sich am Scheitel der be- schuppten Axe drei Karpide mit je einem Ovulum im Quirl. Diese drei Frucht- blätter wachsen zu einer fleischigen, die drei Samen umgebenden Scheinbeere zusammen. Diese brauchen zwei Jahre zu ihrer Entwickelung, sie sind im ersten Jahre grün, im zweiten Jahre blauschwarz und blauweiß bereift, erbsen- groß, haben am Scheitel, den Karpiden entsprechend, einen dreiteiligen Ein- schnitt und am Grunde einen gelben, sechseckigen Schuppenstern. — Sehr ähnlich, nur etwas größer, sind die Scheinbeeren von Juniperus nana, dem Zwergwacholder des Hochgebirges. Bei den Sadebäumen ist nicht nur ein dreigliedriger Quirl von Frucht- blättern vorhanden, die Blütenaxe trägt vielmehr zwei bis drei zweigliedrige Quirle von Karpiden mit je ein bis zwei Ovula. Alle diese vier bis sechs Fruchtblätter wachsen nun zu einer Scheinbeere zusammen, welche die ein bis vier harten und eckigen Samen umschließt. Wir finden am Scheitel der Schein- beere des Sadebaumes, Juniperus Sabina, daher auch nicht den dreiteiligen Einschnitt, vielmehr kleine Höckerchen und Leisten, welche den Karpiden ent- sprechen. Der Stern am Grunde der Scheinbeeren ist vierstrahlig. Die Sade- baumbeeren sind schmutzigviolett oder bräunlich, wenig blaubereift und etwa 6--7 mm im Durchmesser, also etwas größer als die des gemeinen Wacholders. — Wesentlich kleiner, nur etwa 3—4 mm dick, sind die sonst ebenso gebildeten ‚Scheinbeeren des Virginischen Wacholders, Juniperus virginiana, der uns das Bleifedernholz liefert. Bei den übrigen Cupressineen verwachsen die Fruchtblätter nicht, die Samen werden daher auch nicht von ihnen eingeschlossen, liegen vielmehr auf ‚den verholzten Schuppen frei da. Wir haben hier also schon eine echte Zapfen- bildung. Die Karpiden stehen aber im Gegensatz zu den später zu besprechenden Zapfen gegenständig zueinander. Eine Spaltung der Schuppen, wie wir sie später kennen lernen werden, ist nur erst bei einigen Gattungen angedeutet, die Zapfen bestehen daher noch aus einfachen Schuppen. Die Samen sind in der Regel beiderseits geflügelt. Bei den Cypressen, den echten (der Gattung Cupressus), wie den Lebens- baumcypressen (der Gattung Chamaecyparis) sind die Zapfen kugelig, die Schuppen haben die Form eines gestielten Schildes. Die schildförmige Apophyse trägt in der Mitte einen mehr oder weniger lang ausgezogenen, zum Teil stacheligen Nabel. Die Zapfen der Gattung Chamaecyparis sind klein, bis höchstens 1 cm im Durchmesser, sie stehen zumeist gehäuft an den Spitzen der Triebe und reifen im ersten Jahre. Bei Chamaecyparis Lawsoniana bestehen dieZapfen aus sechs bisacht gekreuzt- gegenständigen Schuppen. Das Schild ist unregelmäßig viereckig, mit breitem, wulstig-faltigem, nach der Mitte zu eingedrücktem Rande und mit kurz stacheligem oder als faltige Leiste vorspringendem Nabel; zuerst blauweiß bereift, später 2 dunkelbraun. Die Zapfen sind 6—7 mm groß. Die Samen sind glänzend braun, eiförmig, mit kurz ausgezogener, eingekerbter Spitze, zirka 4 mm lang und 2 mm breit, einseitig stark gewölbt, jederseits mit ein bis zwei länglichen Harzdrüsen; Flügel zirka 1 mm breit, wellig, zu beiden Seiten des Samens. Sehr ähnlich, nur noch kleiner, 5—6 mm groß, sind die aus acht bis zehn Schuppen bestehenden Zapfen von Chamaecyparis pisifera. Sie sind zuerst leder- braun, später schwärzlich. Schuppenschild unregelmäßig rhombisch oder breit oval, mit breitem, welligem Rande, nach dem Nabel zu vertieft. Dieser springt als eine von oben nach unten zusammengedrückte, oft dreieckige, spitze Zunge aus der Vertiefung der Apophyse hervor. An älteren, trockenen Zapfen sind die Schilder meist zweiseitig zusammengedrückt. — Samen hellgelb, eilänglich, mit vielen kurzen, strichförmigen Harzdrüsen; zirka 2—2!/, mm lang und zirka 1 mm breit; jederseits mit bis 2 mm breitem, häutigem, hellbraunem, oben und unten abgestutztem, wagerecht abstehendem Flügel. Die Zapfen von Ohamaecyparis obtusa sind größer, zirka 1 cm im Durch- messer, kugelig, braun, aus acht bis zehn, in der Regel acht Schuppen zusammen- gesetzt. Die Schuppenschilder sind unregelmäßig vier- bis sechskantig, flach, runzelig und mit kurzem, etwas aufwärts gekrümmten dornartigem Nabel. Die Samen sind glänzend dunkelbraun, eilänglich gewunden, oft fast dreikantig, jederseits mit zwei länglichen Harzdrüsen, zirka 2 mm lang und 1—1,5 mm breit. Flügel an der Spitze verbreitert, nach der Basis schmal zulaufend, zirka 1—1,5 iınm breit. Es sind die kleinsten Chamaecyparis-Samen. Etwa ebenso groß, aber meist nur aus vier (bis sechs) Schuppen zusammen- gesetzt, sind die zuerst grünen, später braunen und etwas blau bereiften Zapfen von Chamaecyparis Nutkaensis. Die in der Regel fünfseitigen Schilder sind flach oder etwas höckerig und nach dem als kurzer, gerader Nagel hervor- tretenden Nabel zu etwas vertieft. Der Same ist von allen Samen dieser Gattung am größesten, bis 5 mm lang und 2 mm breit, verkehrt eiförmig, stark gewölbt bis dreikantig, mit über den Scheitel des Samens hinaus breit ausgezogenen, nach der Basis sich stark verjüngenden Flügeln von 1,5 —2 mm Breite. Die Samen sind heller oder dunkler gelbbraun. Diesen letzten Zapfen sehr ähnlich, nur viel größer, 2—3 cm diek und stark verholzt sind die graublauen Zapfen der echten Cypressen — Üupressus sempervirens —, die bei uns im Freien nicht mehr ausdauern. Die Schilder sind ungleichseitig vieleckig, runzelig, mit breitem, vorgezogenem, mitunter hakenförmig nach unten umgebogenem Nabel. Samen dunkelrotbraun, fast dreikantig, länglich, mit sehr schmalem, an der Spitze verbreitertem, derbem Flügel. Der geflügelte Samen ist zirka 5 mm lang und mit dem Flügel 3 mm breit. Die Zapfen von Thuyopsis dolabrata sind ebenfalls rundlich, 1,5-—2 cm dick und bestehen aus acht bis zehn fleischig-dieken, später verholzenden Schuppen mit zwei- bis vierseitigem Schild. Die Apophyse ist, abgesehen von dem schmalen Rande, zu einer breiten, zweiseitigen Pyramide ausgezogen, 3 46 mit scharfem Querkiel). Sie ist hellbraun und mehlig-bläulichweiß bereift. Die Zapfen sitzen einzeln an kurzen, aufrecht gekrümmten Seitenzweigen. Der Samen ist hellgelbbraun, eilänglich flach, mit schmalen Flügeln, zirka 4—5 mm lang und 2—3 mm breit. Auch bei Biota orientalis, dem morgenländischen Lebensbaum, sind die sechs Schuppen stark verdickt, länglich-verkehrt eiförmig und mit hakenförmig gekrümmter Spitze. Die Zapfen sind rotbraun und weißblau bereift, zirka 2 cm lang, geschlossen schmal, zirka 1 cm breit, geöffnet aber klaffen die Schuppen sehr weit auseinander, so daß die Zapfen dann fast so breit wie lang sind. Die Samen sind ungeflügelt, länglich-oval, spitz, stark gewölbt, ‘braun, zirka 6 em lang und halb so breit, mit knochenharter Schale. Waren die zuletzt besprochenen Zapfen mehr oder weniger kugelig und stark verholzt, so sind die Zapfen der Lebensbäume — der Gattung Thuya — schmal, länglich-eiförmig, und haben lederartige Schuppen. Eine Furche am Rande und die gespaltene Spitze der Schuppen deuten bereits die oben erwähnte Teilung der Karpide in zwei Schuppen an. Die Zapfen sind klein, lederbraun und meist zu großen Mengen an den Triebspitzen gehäuft. Sie bleiben lange am Baume sitzen, verfärbten sich allmählich schwärzlich-grau und dienen nieht gerade zur Verschönerung der Bäume. Thuya occidentalis, der abendländische Lebensbaum, hat die kleinsten Zapfen, sie sind zirka 1 em lang und '/, cm breit und klaffen, geöffnet, bis l em auseinander. Der Spalt an der Spitze „Ä ) A A FEN der dünnen Schuppe ist nur flach und wenig kh Aa | \ ei en $ N auffallend, die äußere Spitze ist kaum merk- \ A \ w = = R 4 | “ lieh nach rückwärts übergebogen (Abb. 1.]). SE Fr Er Von den sechs bis acht Schuppen sind nur Abb. 1. Zapfenschuppen von I. Thuya oceiden. Vier fruchtbar. Der Samen ist hellgelbbraun, Lt ee alien glänzend, schmal spindelförmig mit schmalen, (a. Seiten-, b. Vorderansicht.) an beiden Spitzen getrennten, ungleich langen Flügeln von der Breite des Samens, zirka 6 mm lang und 3 mm breit. Bei Thuya gigantea, dem Riesenlebensbaum, tritt die Spaltung der Frucht- schuppe deutlicher hervor, der äußere Teil ist kürzer als der innere und läuft in eine abstehende nach rückwärts gekrümmte Spitze aus. (Fig. 1. IM). Die unteren Schuppen sind breit-oval, die oberen länglich, alle längsstreifig. Von den acht bis zehn Schuppen sind vier bis sechs fruchtbar. Die Zapfen sind etwas größer als bei der vorigen Art, bis 1,5 em lang. Die schmalen spindel- förmigen, hellgelben Samen sind 5—6 mm lang und mit den schmalen dünnen Flügeln zirka 3 mm breit. Die Flügel sind an der Spitze am breitesten, auf- wärts ausgezogen und überragen den Samen, dessen Spitze frei bleibt. Nach der Basis des Samens sind sie verschmälert und verwachsen miteinander, so daß sie den Samen am Grunde vollständig umgeben. — Auch der etwas kleinere Zapfen des japanischen Lebensbaumes, Thuya Japonica (syn. Thuya Standishi, CARR.), hat acht bis zehn Schuppen, der äußere 3. Teil der Schuppe ist aber länger als der innere, zuerst nach außen rück- wärts gekrümmt, legt er sich als scharfe Spitze nach innen über den inneren Teil der Schuppe (Fig. 1. II). Der Same ist hellbraun, lanzettlich, mit schmalem, nur wenig oder gar nicht überragendem Flügel, 6—--7 mm lang und 2—2,5 mm breit. Bei den Tawoideen, meine Damen und Herren, von denen ich Ihnen aller- dings nur die Zapfen von Uryptomeria japonica als einzigen Vertreter vorführen kann, sind die Schuppen spiralig an der Axe angeordnet. Auch bei der Cryptomerie ist die Spaltung der Fruchtschuppe noch nicht weiter erfolgt, sie ist auch hier nur durch einen, aber nicht am Scheitel wie bei den Lebens- bäumen, sondern in der Mitte der Fruchtschuppe hervortretenden, nach rück- wärts umgeklappten spitzen Zipfel markiert. Im übrigen sind die Zapfen fast kugelig, zirka 15—20 mm dick, die Schuppen in fünf stachelige Zipfel aus- gezogen, so daß die braunen Zapfen wie kleine, borstige Kugeln erscheinen. Sie bleiben nach Entlassen der Samen noch lange am Baume und verfärben sich dann aschgrau. Der dunkelbraune, glänzende Same ist schmallineal, kantig und von einem sehr schmalen Flügel umsäumt. Taxodium distichum, die Sumpfeypresse, trägt in Wirthy noch keine Zapfen, sie sind kugelig oder oval, 2—3 cm lang und breit, die Apophyse der Schuppen ist, wie bei der Cryptomerie, mit einer stacheligen, abwärts ge- krümmten Spitze versehen. Auch der Mammutbaum, sSequoia gigantea, von dem in meinen Baumschulen ein sehr schönes Exemplar von 7 m Höhe steht, hat noch nicht geblüht. Die Zapfen haben stark verholzte Schuppen mit breit-rhombischen, braunen Apophysen mit deutlichem Querkiel und ein- gedrücktem Nabel, aus welchem ein dünner, aufwärts gekrümmter Stachel herausragt. Der in meiner Sammlung befindliche Zapfen ist oval, 5 em breit und 3 cm lang. Die Samen sind schmal-lineal, graubraun, zirka 4 mm lang und 1 mm breit, und von zwei doppelt so breiten, hellgelbbraunen Flügeln ein- gefaßt. — Die Zapfen von Sequoia sempervirens sind ähnlich, nur kleiner, etwa 2:1,5 cm groß. Auch von der herrlichen japanischen Schirmtanne, Sciadopytis verticillata, die ja auch forstlichen Anbauversuchen unterlegen war, kann ich Ihnen, meine werten Damen und Herren, keine Zapfen übereichen. Die Schirmtanne hat große, 7—10 em lange und halb so breite Zapfen mit stark verholzten Schuppen. Der kreisrunde Rand der Schuppen ist zurückgerollt, ihr unterer wulstiger Teil deutet die Braktee an, von einer wirklichen Teilung der Karpide ist aber auch bei diesen Zapfen noch nicht die Rede. Die Samen sind flach, oval, glänzend bronzefarbig bis rotbraun, von den an der Basis miteinander verwachsenen Flügeln fast ganz umgeben, zirka 10 mm lang und 7 mm breit, Bei den Pinoideen ist die Spaltung der Karpide in zwei Schuppen deutlich durchgeführt, man bezeichnet die äußere, in der Blüte in der Regel größere Schuppe als Deckschuppe oder Braktee, die innere, die Ovula tragende, als 5 eigentliche Fruchtschuppe. Letztere wächst zu der mehr oder weniger stark verholzenden Zapfenschuppe aus, während die Deckschuppe kleiner und als dünnes Blättcher von mannigfacher Form oft im reifen Zapfen verborgen bleibt. Bei den Cedern — der Gattung Cedrus —, von denen ich Ihnen keine Zapfen vorführen kann, da das Wirthyer Klima für diese schönen Bäume denn doch zu rauh ist, ist die Braktee schon in der Blüte kleiner als die Frucht- schuppe, mit der sie später so vollständig verwächst, daß sie am reifen Zapfen kaum noch oder überhaupt nicht zu erkennen ist. Auch bei den Gattungen Pinus und Picea, den Kiefern und Fichten, bleibt die Braktee sehr klein und sitzt als kleines, in der Regel zungenförmiges Blättchen am Grunde des Rückens der Fruchtschuppe enge an, so daß sie selbst am geöffneten Zapfen kaum hervortritt und meist nur dem geübten Auge oder an den losgelösten Zapfenschuppen sichtbar wird. Von den Kiefern habe ich Ihnen, meine Damen und Herren, eine größere Anzahl Zapfen mitgebracht. Bei allen Kiefernzapfen unterscheidet sich der im geschlossenen Zapfen unsichtbare Teil von dem äußerlich sichtbaren, der Apophyse, durch schwächere Verholzung und geringere Stärke. Bei den Sektionen Pinaster und Taeda, also bei den zwei- und dreinadeligen Kiefern ist die Apophyse mehr oder weniger rhombisch, hat einen scharfen Quer- kiel und i. a. zentralen, meist bewehrten Nabel (cf. Fig. 4). Bei den Sektionen Cembra und Strobus, also den fünfnadeligen Kiefern, dagegen ist die Apophyse weniger verdickt und trägt den Nabel fast am Scheitel (ef. Fig. 5). Von der ersten Gruppe reiche ich zuerst die Zapfen der Hakenkiefer, Pinus montana uncinata, herum, der Ihnen allen ja wohlbekannten, auch beim Dünenbau verwandten Form der Bergkiefer. Die Zapfen sind klein, nur etwa 3—D5 cm lang, am Grunde ungleichseitig, da die Lichtseite stärker gefördert ist, und die Apophysen auf derselben kräftiger entwickelt sind. Außerdem sind dieselben — seltener auch bei den Schuppen der Schattenseite -— pyra- miden- oder kegelförmig verlängert, oft kapuzenartig oder hakenförmig nach der Zapfenbasis herabgekrümmt. Die Zapfen sind grau, scherbengelb, heller oder dunkler braun, der Nabel graa oder braun und mehr oder weniger scharf schwarz umrandet. Im einzelnen wechselt die Form ganz außerordentlich. So finden sich in Wirthy Bäume mit zirka 4 cm langen, stumpf-eiförmigen Zapfen, deren auf der Lichtseite stark pyramidenförmig ausgezogene und hakenförmig herabgekrümmte, kurzstachelige Apophysen weißblau bereift sind, während die Apophysen der Schattenseite wie die inneren Schuppenteile dunkel- braun sind. — Die symmetrischen Zapfen. der Varietäten Pumilio und Mughus habe ich leider nicht mitbringen können, da diese Varietäten der Bergkiefer in Wirthy nicht vorkommen bezw. angebaut sind. Von großem Interesse und hoher wirtschaftlicher Bedeutung ist die Banks- kiefer, Pinus Banksiana, deren Zapfen ich Ihnen jetzt überreiche. Ihre An- spruchslosigkeit ist so groß, daß sie selbst auf so verarmten Böden noch wächst, auf denen selbst unsere sehr genügsame, gemeine Kiefer nicht mehr gedeihen 6 49 will. Die Bankskiefer spielt daher bei der Aufforstung der Ödländereien eine große Rolle, ja in vielen Fällen macht sie dieselbe überhaupt erst möglich (Abb. 2). Für die Dünenaufforstung dürfte sie weniger zu empfehlen sein, da sie zu spillerig aufwächst und den Boden nicht genug deckt. Unsere gemeine Kiefer und die vorhin besprochene Hakenkiefer leisten hier mehr. Auch als Lücken- büßer in Schüttekulturen wird sie oft verwandt, und leistet hier viel, obgleich sie keineswegs, wie in der Literatur vielfach angegeben wird, von Lophodermium pinastri, dem Schüttepilz, verschont bleibt. — Leider ist der Samen dieser nützlichen, amerikanischen Kiefer sehr teuer, ROBERT NEUMANN-Erfurt z. B. notiert ihn mit 100 M pro kg. Da ist es denn gut, daß die Bankskiefer schon vom fünften Lebensjahre ab Zapfen trägt, zehn bis dreizehnjährige Kulturen in Neumühl bei Lubichow lieferten der Wirthyer Samendarre seit vier Jahren bis 79% keimfähigen Samen. Die Zapfen sitzen oder stehen an kurzen Stielen zu eins‘ bis drei, meist zu zwei an der Spitze der Triebe schräge aufwärts ge- richtet, seltener wagerecht ab, und da diese Kiefer regelmäßig Johannistriebe macht, kann in warmen und nassen Jahren wie 1904 noch eine zweite Blüte und Zapfenbildung in demselben Jahre zustande kommen, wie ich zu beobachten Gelegenheit hatte. Die Zapfen sind3,5— Dem, durch- schnittlich 4,5 cm lang, kegel- förnig, an der Basis im ge- Re en: =. = (Natürliche Größe.) schlossenen Zustande zirka 2 cm a. Geschlossener Zapfen, b. Geflügelter Same, ce, Flügel, d. Same. breit, nach der Spitze stark ver- jJüngt. Sie sind in der Regel an der Spitze abwärts, vom Zweige abgebogen, oft auch an der Basis asymmetrisch wie die Hakenkiefer. Die Apophysen sind unregelmäßig rhombisch, mit scharfem Querkiel, die obere Hälfte ist gewölbt, die untere konvex, der Nabel eingedrückt oder wenig vorspringend und durch einen zarten, anliegenden, abwärts gerichteten Dorn, der beim Ausdarren der Zapfen leicht abbricht, bewehrt. Die Apophysen — und daher auch die geschlossenen Zapfen — sind glänzend hellgelb und stechen scharf gegen die inneren, glänzend dunkelrotbraunen Schuppenteile ab. Diese sind nur wenig verholzt, die geöffneten, besonders die ausgedarrten Zapfen sind daher biegsam wie Fichtenzapfen. Die Braktee ist kurz, zungenförmig oder kurz abgestutzt, und liegt der Oberseite der Fruchtschuppen enge an, tritt auch bei dem oft eiförmigen, aufgebrochenen Zapfen wenig hervor. Die Zapfen der Bankskiefern bleiben am Baume sehr lange geschlossen und 28. Ber. d. Wpr. Bot,-Zool. Vereins. T 4 EEB sitzen außerordentlich fest; sie dürfen daher nicht gebrochen, sondern müssen abgeschnitten werden, da sonst die Rinde der Tragzweige verletzt wird. Die Werbung geschieht in den Staatswaldungen stets unter Aufsicht der Be- amten. Auch in der Darrhitze öffnen sich die Zapfen sehr schwer, sie ertragen daher auch eine lange, anhaltende Hitze. 1 hl Zapfen hat durchschnittlich 0,55 kg Samen gegeben, die Werbungskosten pro hl Zapfen betrugen durch- schnittlich 6 M, der Darrlohn hat pro kg 0,25 M gekostet, so daß der Selbst- kostenpreis von 1 kg Bankskiefernsamen auf der Wirthyer Darre sich ungefähr auf 9 M gestellt hat, das ist noch nicht ein Zehntel des Preises in den Handlungen. Der Samen ist 3—4 mm lang und 2 mm breit, schief dreikantig, flach, schwärzlich, längsfurchig und grubig; da helle Samenkörner selten sind, so ist das Saatgut der Bankskiefern das dunkelste von allen Kiefern. Der Flügel ist schmal, etwas schräge abgestutzt, zirka 11 mm lang, am breitesten — zirka 4 mm — über der Zange, dann verjüngt er sich schnell; er ist dünnhäutig, hellbräunlich und fein braun gestrichelt, atlasglänzend. Sehr interessant ist die Befesti- gung des Samens am Flügel. Während im allgemeinen der Kiefernsamen von dem Flügel zangenförmig umfaßt wird, und der Fichtensamen in einer löffelartigen Vertiefung des Flügels liegt, werden bei der Bankskiefer beide Arten der Befestigung verbunden, der Samen ruht hier in einer am Grunde etwas zerschlitzten, löffelartigen Vertiefung, deren verdickter Rand außerdem den Samen zangenförmig umfaßt. Nur wenig größer als die Bankskiefern-Zapfen sind die unserer gemeinen Kiefern, Pinus silvestris, nämlich 3— 17, durchschnittlich 5 cm lang, auch sie sind kegelförmig, App, SE Pohl yverjüngen sich aber nicht so plötzlich nach der Spitze Pinus siwestris reflexa. zu wie jene, und sind in der Regel gerade; geschlossen sind sie 21/),—3!/, em breit, aufgebrochen dagegen bis 5 cm und darüber. Die Apophysen. sind unregelmäßig rhombisch flach, mit scharfem Querkiel und bei der Hauptform nur wenig hervortretendem Nabel, grau oder gelblichgrau. Die inneren Schuppenteile sind dunkel- braun bis schwärzlich. Wie bei der Bergkiefer variert aber auch bei der gemeinen Kiefer die Form der Zapfen. Ich habe Ihnen hier, meine Damen und Herren, Zapfen von masurisch-polnischen Kiefernkusseln mit- gebracht, wie sie den Preußischen Darren von den Händlern angeboten werden. Sie sind scherbengelb oder grau, 5—6’/, cm lang und geschlossen 2'/,—3!/, em, geöffnet bis 52 mm breit und meist etwas asymmetrisch. Die Apophysen sind rhombisch, scharf gekielt, und haben auf der Sonnenseite und an der Spitze des Zapfens einen I—5 mm langen, gerade-pyramidenförmigen oder hakenförmig übergebogenen Nabel. Die Zapfen erinnern daher an die Form rejleva HEER., von der sie sich nur durch die graugelben Apophysen unter- scheiden. — Auch in Westpreußen und in der Mark varieren die Zapfen außer- 8 51 ordentlich, auch hier findet man, besonders an Kusseln, ähnliche Zapfen mit stark hervorgezogenen Schuppenschildern (Vergl. Abb. 3). — Eine auf dem Felde des meiner Wohnung benachbarten Ansiedelungsgutes Bordzichow einsam stehende Kiefernkussel trägt eiförmige, braungraue Zapfen von durchschnittlich 4'/, em Länge und 3 cm Breite, mit auffallend flachen Schildern und eingedrücktem Nabel. Eigentümlich ist aber noch, daß diese Zapfen nur hellgelbe Samen tragen, während die Kiefernsamen sonst doch in der Farbe außerordentlich wechseln, von helbgelb bis schwarz. Viel stärker verholzt als die bisher aufgeführten Zapfen sind die ei- förmigen oder ei-kegelförmigen Zapfen der Schwarzkiefer, Pinus Laricio, die Apophysen sind dick, an jungen Zapfen olivgrün, später hellgelbbraun, länglich-rhombisch, mit scharfem Querkiel und pyramidenförmig scharf hervor- tretendem, stumpfem, grauem oder braunem Nabel, der oft mit kurzer Stachel- spitze versehen ist. Die inneren Schuppenteile sind unterseits schwarzbraun, oberseits hellbraun. Die Zapfen der Österreichischen Schwarzkieter, Pinus Laricio austriaca, sind durchschnittlich ”—8 cm lang und aufgebrochen bis 6 em breit, also wesentlich größer als die Zapfen der gemeinen Kiefer. — Bei der italienischen oder kalabrischen Schwarzkiefer, Pinus Laricio calabrica, deren Zapfen oft etwas gekrümmt und mehr kegelförınig und etwas kleiner als bei der vorigen Form sind, sind die Apophysen glänzend hellgelb und der braune Nabel eingedrückt. Den Schwarzkiefernzapfen ähnlich sind die Zapfen der auch forstlich viel ngebauten nordamerikanischen Pechkiefer, Pinus rigida, die zu den drei- nadeligen Kiefern gehört. Auch diese Kiefer ist wie die Bankskiefer außer- ‘ordentlich früh mannbar; schon in sechsjährigen Kulturen findet man Zapfen. Ausgereifte Zapfen mit keimfähigen Samen liefern aber doch erst ältere Pflanzen, jedenfalls tragen die 12— 15 jährigen Neumühl-Broskaer Pechkieferkulturen zwar alljährlich reichlich gut ausgewachsene Zapfen, in der Wirthyer Darre ausgedarrt, ergaben sie jedoch nur ein geringes Keimprozent. Die Blütenzapfen der Pechkiefer sitzen oder stehen an sehr kurzen dicken Stielen selten einzeln, meistens zu mehreren, zu zwei bis sechs im Quirl, an der Spitze diesjähriger Triebe. Die reifen Zapfen sitzen also an der Spitze des vorjährigen Triebes. In meiner Sammlung befindet sich auch ein Zapfenkolben von 20 cm Länge und 13 em Breite mit 75 Zapfen von einer jugendlichen Pechkiefer meines Reviers. Die kleinen Zapfen sind, abgesehen von den im Scheitel des Kolbens stehenden, alle abwärts nach der Basis des Tragzweiges gerichtet. Die Zapfen der Pechkiefer sind etwa 4'/,—8 cm lang, eiförmig, seltener ei-kegelförmig, geschlossen etwa 3—4, aufgebrochen bis 6 cm breit. Die stark verdickten, meist breit-rhombischen, scharf gekielten Apophysen sind — wie die geschlossenen Zapfen — glänzend hellgelb bis gelbbraun. Der wenig her- vortretende kleine braune Nabel läuft in einen bis 5 mm langen spitzen, meist abwärts gebogenen, stechenden Dorn aus. Die inneren Schuppenteile sind hell- rotbraun, oft blauweiß bereift, wodurch sich die Zapfen leicht von den Schwarz- 0) 4* 52 kiefernzapfen unterscheiden. Die Pechkiefernzapfen gehören zu den schönsten Kiefernzapfen. — Mitunter finden sich unter den zahlreichen Zapfen einer Pechkieferndiekung auch abweichende Formen, sowohl solche mit pyramiden- förmig ausgezogenen Apophysen, mit konkaver Ober- und konvexer Unterseite und großem, hervortretendem, braunem Nabel, wie solche mit ganz flachen _ Schildern und eingedrücktem, grauem, nur kurz bewehrtem Nabel. — Die Samen sind schief dreikantig, 4—5 mm lang und etwa 3 mm breit, dunkel oder hellrot- braun und schwarz marmoriert bis schwarz, glatt oder längsstreifig,an Bankskiefern- Samen erinnernd. Flügel hell gelbbraun mit dunkelbraunen Längsstrichen, zirka 13 mm lang und 5—7 mm breit, am Scheitel abgerundet oder schief abgestutzt. Als Vertreter der großzapfigen Kiefern habe ich Ihnen solche von Pinus Jefreyi, einer auffallend schönen, langnadeligen Kiefer der Gruppe Taeda mit- gebracht. Sie entstammen einem 26 Jahre alten, zirka 10 m hohem Baume aus den Wirtbyern Baumschulen. Im Jahre 1904 hat der Baum zum ersten Male geblüht und in diesem Jahre reife Zapfen mitkeimfähigem Samen gebracht. Die Zapfen sitzen meist zu ) vier im Quirl und sind oftungleichseitig schief, kegelförmig, durch- 77 2 c d schnittlich 16 em lang, Abb. 4. Pinus Jefreyi. geschlossen zirka8, auf- a. Fruchtschuppe mit Braktee von vorn, b. von der Seite, c. Geflügelter Same, gebrochen 12 em breit. Bereits zu Anfang Ok- tober begannen sie zu springen und mußten abgenommen werden. Der Baum hatte, nebenbei bemerkt, 59 Zapfen, von denen jeder durchschnittlich 190 keimfähige Samen lieferte. — Die Zapfen sind matt hell-kaffeebraun, die Apophyse ist stark verdiekt (Abb. 4), rhombisch, etwas runzelig, flach-pyramidenförmig erhaben, mit scharfem Querkiel und glänzend braunem, in einen scharfen bis 3 mm langen, abwärts gekrümmten, stechenden Dorn auslaufendem Nabel. Braktee sehr klein, dunkelbraun, dem Grunde der Schuppe enge anliegend. — Der Samen ist etwas dreieckig-eirund, spitz, zirka 10 mm lang, 5 mm breit und 4 mm dick;;oberseits glänzend, unterseits matt hellbräunlich und schwarz marmoriert (wie großer Strobus-Samen). Der Flügel ist groß, zungenförmig, zirka 3 cm lang und 12 mm breit, am Scheitel schief abgestutzt, dünn, atlasglänzend, fein quergewellt, braunstreifig, mit sehr kräftiger Zange. Die Zapfen der sehr ähnlichen Pinus ponderosa, von welcher in Wirthy nur ein kleines Exemplar steht, sind wesentlich kleiner, durchschnittlich nur 10 cm lang und unbewehrt. wı y Ur d. Same. 10 53 Die anderen großzapfigen Kiefern gedeihen in Deutschland nicht mehr ‚oder nur an besonders geschützten Orten, indes sind die Pinienzapfen ja allgemein bekannt, ebenso wie die sehr schönen braunen Zapfen der Strand- kiefer (Pinus Pinaster) und der Aleppo-Kiefer (Pinus halepensis), mit denen die modernen Totenkränze geziert werden. Von den fünfnadeligen Kiefern bilden die nach der Reife zerfallenden Zapfen der Zürbelkiefer, Pinus Cembra, einen Übergang zu den Tannenzapfen “ — den Zapfen der Gattung Abies —, sie sitzen daher auch an kurzen Stielchen aufrecht an den Zweigen, sind eirund, stumpf, 5—8 cm lang und 5 cm breit, unreif bläulich bereift, reif hellbraun. Die Apophyse ist breit rhombisch, gewölbt, runzelig, ohne Querkiel, oft mit umgebogenem Rande und endständigem Nabel. Die ungeflügelten, hartschaligen, braunen, stumpf-dreikantigen, 12 mm langen und 6—7 mm breiten Samen sind eßbar und kommen als „Zürbelnüsse“ in den Handel. Die Zapfen der Weymouthskiefern erinnern wegen ihrer wenig verholzten, lederartigen Schuppen, den nur schwach verdickten Apophysen und der länglichen Form wiederum an Fichtenzapfen. Wie diese hängen sie als reife ‚Zapfen von den Zweigen herab. Die Zapfen von Pinus Strobus, welche ich jetzt herum reiche, sind schmal zylinderisch, spitz, 10—15 em lang und bis 4 cm breit, zuerst grün, dann violett, schließlich 'braungrau. Die Apophysen treten wenig hervor, s.nd gefurcht, gelbbraun und haben einen stumpfen RW v Nabel (Abb. 5). ae ee Die Zapfen sind in der Regel mit Harz über- einer Zapfenschuppe von Pinus Strobus. gossen und bleiben nach Ausfall des Samen noch lange am Baume sitzen. Die Samen sind eirund, 5—6 mm lang, 4 mn breit, oberseits glänzend, unten matt violettgrau bis braun und schwarz marmoriert. Flügel 18—20 mm lang, stumpf zugespitzt, braun gestreift. Auch die der amerikanischen sehr nahe verwandte rumelische Wey- mouthskiefer, Pinus ewcelsa var. Peuce, trägt in Wirthy jedes Jahr mehr ‘oder weniger reichlich Zapfen, die sich von den vorher beschriebenen durch geringere Länge aber größere Breite unterscheiden, aufgebrochen sind sie etwa 10: 4 cm groß. Die kahnförmig gewölbten, stark mit Harz übergossenen Apophysen sind grünlichgelb, am Scheitel abgerundet ‚oder schwach herzförmig, mit scharf hervortretendem, flachem Nabel. Die inneren Schuppenteile sind hellbraun, längsstreifi.. Der Same ist oval, zweikantig, zirka 7 mm lang und 4—5 mm breit, gewölbt, hellbraun und schwarz marmoriert. Der Flügel ist breit zungenförmig, zivka 2—2!], em lang und halb so breit, glänzend braun und fein gestrichelt. Die Zange hält den Samen so fest, daß sie dem entflügelten Samen oft noch als schmaler ‘Saum anhaftet. 11 54 Von der Hauptart, Pinus excelsa, der Tränenkiefer, habe ich in Wirthy kein Exemplar; ihre Zapfen gleichen denen der amerikanischen Weymouthskiefer sehr, sind nur wesentlich größer, bis 27 cm lang. Die Fichtenzapfen haben gleichmäßig verdickte, lederartige Schuppen, ohne besonders hervortretendes Schuppenschild. Die Braktee sitzt als kleines, meist zugespitztes, zungenförmigesSchüppchen dem Rücken der Zapfenschuppe an. Picea nigra und Picea rubra, zwei kurznadelige nordamerikanische Fichten zeichnen sich vor allen anderen Arten durch kleine, nur 20—40 mm lange ° eiförmige oder länglich-runde Zäpfchen aus, die an Lärchenzapfen erinnern (Abb. 6). Die Zapfen von Picea nigra sitzen an kurzen Stielen einzeln oder zu zwei und mehreren sowohl an der Spitze diesjähriger Triebe wie seitlich an vorjährigen Zweigen aufrecht und sind schön violett. Sie verfärben sich sehr spät und sind reif rötlich-braun, oft mit bläulich-rotem Hauch. Die reifen Zapfen hängen herab und sind rundlich oder eiförmig, nach a PR dem Grunde verschmälert, 2'/,—3 cm lang r k en und bis 2 cm breit. Die Schuppen sind ab- ; gerundet, am Rande fein und unregelmäßig ER gezähnt, schwach gewellt und auf dem Rücken Abb, 6. Zapfenschuppen von 8. Picea nigra, A n one gestreift und stets mit einem schmalen, oft ge- wölbten, deutlichen Saum am Scheitel versehen. EN £ a Ei Die Zapfen von Picea rubra sind etwas 73 u ur “4 größer, 30—40 mm lang, eiförmig, nach dem a NT 7 Grunde nicht oder nur wenig verschmälert und Y % ‚ ohne Saum am Schuppenrande. Im übrigen 3 6 5 sind die Zapfen den vorigen außerordentlich Abb. 7. Zapfenschuppen von 5. Picea alba, ähnlich. Die reifen Zapfen von beiden Arten bleiben nach dem Samenausfall noch lange am Baum und hängen oft in großer Zahl noch im zweiten Jahre an den kleinen Zweigen der Spitze, besonders schön bei Picea nigra var. Mariana, der Wilhelmshöher Schwarzfichte. Wesentlich größer, 35 — 70 mm lang, sind die unter sich sehr ähnlichen. Zapfen einer zweiten Gruppe von Fichten, nämlich von Picea alba, P. orientalis und P. Omorica. Die Zapfen sind unreif langspindel- oder schmalkegel-förmig oder eikegelförmig, reif und geöffnet aber fast walzenförmig. Die Schuppen sind derblederartig, konkav mit schmalem, glänzendem Rande. Bei Picea alba, der Schimmelfichte (Abb. 7), sind die Zapfenschuppen gerade und breit abgestutzt, nicht selten in der Mitte flach eingebuchtet und stark konkav, oft fast kahnförmig sewölbt und ganzrandig. Die Zapfen sind matt, hell- oder dunkelbraun mit glänzendem Rande, geöffnet stumpf-walzenförmig und bis 25 mm breit, 35 — 65 mm lang. Die weiblichen Blütenzäpfchen sind keineswegs immer grün, wie in der Litteratur vielfach angegeben wird, sondern nicht selten purpurrot oder violett, und stehen aufrecht. Nach der Befruchtung verfärben sie sich langsam; auch 12 6. P. orientalis, 7. P. Omorica. die roten und violetten werden zumeist erst grün und dann erst braun. Die reifen Zapfen — zumeist an der Spitze der Triebe — sind abwärts geneigt oder herabhängend. Bei mir in Wirthy fallen die Samen in der Regel schon anfangs September und zu einer Zeit aus, in der die Zapfen noch nicht einmal zu Ende verfärbt sind, die gepflückten Zapfen dunkeln daher noch nach. — Bei der Sapindusfichte, Picea orientalis, hängen auch schon die purpurroten weib- lichen Blütenzäpfchen herab, auch sie verfärben sich sehr spät. Die der Schimmelfichte sehr ähnlichen Zapfen sind durchschnittlich etwas größer, 50—70 mm lang und 25—30 mm breit, die Schuppen sind flach gerundet, mitunter mit stumpfer Spitze, ganzrandig oder schwach gezähnelt und nicht so stark gewölbt wie bei den Zapfen der Schimmelfichte, nicht selten sogar mit gerader oder schwach eingedrückter, also konvexer Apophyse. Die Zapfen sind reif dunkelbraun, etwas glänzend, oft mit Harz übergossen. Nicht stumpf-walzenförmig, sondern auch im reifen und geöffnetem Zustande länglich-eiförmig und spitz sind die zuerst schön dunkelblauen Zapfen der Omorikafichte, Picea Omorica. Die 40—60 mm langen, 20— 25 mm breiten Zapfen stehen zuerst aufrecht, einzeln oder zu mehreren an kurzen Stielen, verfärben sich erst außerordentlich spät, in Wirthy erst im Januar oder Februar, und sind reif glänzend dunkelbraun, wie lackiert, und meist mit Harz über- gossen. Die flach gewölbten und abgerundeten Schuppen sind gestreift und unregelmäßig fein gezähnelt. Die Samen der bisher genannten Fichtenarten ist außerordentlich klein, braun oder schwärzlich und mit meist lebhaft braungefärbtem, verkehrt-ei- förmigem, zwei- bis drei-mal so langem Flügel. Die Zapfen der Alcocks-Fichte, welche ich Ihnen jetzt herumreiche, meine Damen und Herren, vertreten eine dritte Gruppe, welche sich durch breit- eiförmige, 6—12 cm lange Zapfen auszeichnen. Leider stammen diese Zapfen von noch jungen Bäumchen und sind daher nicht annähernd ausgewachsen; die reifen rotbraunen Zapfen von Picea Alecockiana werden bis 8 cm lang und 4 em breit, und sind sofort zu erkennen an dem zurückgebogenen Rande der Zapfenschuppen. Bei den aufrechten Blütenzapfen sind die Schuppen noch anliegend, erst nach der Befruchtung krümmen sich die Schuppen der herab- hängenden Zapfen rückwärts zurück. -—— Neben der Alcocksfichte gehört noch die Tigerschwanzfichte — die Fichte mit den breiten, stechenden Nadeln —, Picea polita, hierher. Ihre Zapfen sind mattbraun, 8—12 cm lang und zirka 5 cm breit, die Schuppen aber sind gerade oder nur mit schmalem Saume über- gebogen. Von den in Wirthy vorhandenen, noch jungen Bäumchen hat nur erst ein Exemplar einmal einen Zapfen getragen; ich bin daher nicht in der Lage, Ihnen Zapfen dieser interessanten Fichte zu überreichen. Zu den Fichtenzapfen mit derb-lederartigen Schuppen gehören auch die unserer einzigen einheimischen Fichte, Picea ewcelsa, sie sind zugleich die größesten und von außerordentlich wechselnder Form. Bekanntlich kommen bei unserer Fichte rot- und grünzapfige Bäume vor, PuRKYNE unterscheidet 13 56 daher zwei Hauptformen Picea excelsa erythrocarpa und chlorocarpa. Abgesehen von der Farbe der jungen und noch unreifen Zapfen unterscheiden sich diese rot- oder grünzapfigen Bäume keineswegs voneinander, rote und grüne Zapfen finden sich an Fichten der verschiedensten Wuchsformen. Ich kann daher die weiteren von PURKYNE angegebenen Unterscheidungsmerkmale in den Blättern, Knospen, Windungen der Spirale nach meinen eigenen, sehr sorgsamen Untersuchungen an dem Materiale in Wirthy nicht bestätigen. Ich habe ferner beobachtet, daß auch die zuerst grünen Blütenzäpfchen, die stets etwas dicker zu sein scheinen als die roten, sich später etwas rötlich verfärben; schon anfangs Juli dagegen waren die schon ausgewachsenen Zapfen in der Farbe deutlich verschieden, die einen grün, die anderen rotbraun oder violett. Es finden sich aber auch Übergangsformen vor, mit grünumrandeten, violetten Schuppen. Die letzte Gruppe von Fichtenzapfen, welche ich Ihnen überreichen werde, meine Damen und Herren, unterscheidet sich von allen vorhin genannten durch mehr minder weiche, sehr schwach verholzte Schuppen. Die Zapfen lassen sich daher, wenigstens im frischen Zustande, seitlich leicht zusammen- drücken. Die Schuppen sind ferner mehr oder weniger wellig, ausgefressen-gezähnelt und gestreift und sehr locker gestellt (Abb. 8). Von diesen einander außerordentlich ähn- lichen Zapfen sind die von Picea ujanensis, der Ajans-Fichte, sofort daran zu erkennen, daß Abb. 8. Zapfenschuppen von 1. Picea ajanensis, sie stets leicht gekrümmt sind, sie sind außer- 2. P. pungens, 3. P. Engelmanni, 4. P. sitchensis. : £ ei dem schmal zylinderischh 45—65 mm lang, und selbst aufgebrochen kaum über 25 mm breit. Die Schuppen verjüngen sich nach dem Scheitel zu allmählich und sind breit abgestutzt, in der Mitte oft eingekerbt und nach innen eingedrückt. Die Braktee liegt der Schuppe enge an, ist elliptisch zugespitzt und etwa nur !/, so lang als diese, sie ist daher auch beim geöffneten Zapfen kaum sichtbar. Auch die Zapfen von Picea pungens, der schönen Blaufichte mit den stechenden Blättern, sind zylinderisch, aber wesentlich breiter als die der vorigen Art, aufgebrochen wohl selten unter 30 mm. BEISSNER gibt als Länge der Zapfen 8—10 cm an, ich habe bisher noch keine über 6 cm Länge gefunden. Von den anderen weichschuppigen Zapfen unterscheiden sich die Zapfen der stechenden Blaufichte durch die eigentümliche Form der Zapfen- schuppen; aus breit-herzförmigem bis kreisrundem Grunde verjüngen sich die Schuppen plötzlich nach dem Scheitel hin zu einer länglich- rechteckigen, welligen Zunge. Außerdem stehen die Schuppen bei dem aufgebrochenen Zapfen nicht ab, wie bei Picea Engelmanni, sondern aufrecht, ja nicht selten mit dem Scheitel gar .einwärts gebogen. Die Brakteen sind auch beim ge- öffneten Zapfen unsichtbar. Mehr länglich eiförmig sind die Zapfen der beiden letzten, in diese Gruppe gehörigen Fichten, nämlich der Picea Engelmanni und P. sitchensis. 14 Die Zapfen von Picea Engelmanni, der Engelmannsfichte, — der Blaufichte mit den übergekämmten Nadeln — sind im allgemeinen aber größer als die der Sitkafichte, 41/,—6 cm lang und 3—3'/, cm breit, und die Zapfenschuppen am Grunde breit, wie die von Picea pungens; sie verjüngen sich aber nach der Spitze zu ganz allmählich. Die Braktee tritt auch beim geöffneten Zapfen nicht in die Erscheinung. Bei der Sitkafichte, Picea sitchensis, dagegen ist die lang zugespitzte Braktee meist halb so lang als die Zapfenschuppe und beim geöffneten Zapfen deutlich sichtbar. Die Schuppen sind breit-eiförmig und außerordentlich dünn und biegsam. Die Sitkafichte hat daher die weichsten Zapfen von allen Koniferen, die ich Ihnen heute vorführe. Sie hat nach meinen Erfahrungen auch die kleinsten Zapfen dieser Gruppe, in der Regel 3:4 cm; Zapfen von 5—8 cm Länge, wie BEISSNER angibt, habe ich noch nie gefunden. Halten wir an der Ausbildung der Braktee als Einteilungsprinzip fest, so folgen jetzt die Lärchen-Zapfen. Die Braktee ist schmal, dreizipfelig, mit länger ausgezogenem, spitzem Mittelzipfel und tritt wenigstens bei den auf- gebrochenen Zapfen deutlich hervor, bei einzelnen Arten, bezw. Varietäten der- selben erreicht, der Mittelzipfel ganz oder fast die Länge der Fruchtschuppe und tritt denn auch beim geschlossenen Zapfen hervor. Von unserer europäischen Lärche, Larix europaea, wachsen in Wirthy drei verschiedene Formen, deren voneinander deutlich abweichende Zapfen ich Ihnen nunmehr vorlegen will. Zunächst die Zapfen der normalen Form. Sie sind länglich-eiförmig, 3—5 em lang und geöffnet bis 2,5 cm breit. Sie stehen an kleinen gekrümmten Stielchen meist in großer Anzahl an den Trieben, öffnen sich außerordentlich schwer und bleiben auch nach Entfallen der Samen noch Jahre lang am Baum. Die Schuppen sind derb-lederartig, matt oder schwach glänzend, lederbraun, breit abgerundet, ganzrandig, am Scheitel oft leicht eingebuchtet und auf dem Rücken längsstreifig. Die schmale Braktee tritt nur beim geöffneten oder an den unteren Schuppen an der Basis des geschlossenen Zapfens mit dem Mittelzipfel hervor. Der Same ist hellgelbbraun, ‚oberseits matt, unterseits von dem anhaftenden Flügel glänzend, schief dreikantig, gewölbt, etwa 3:5 mm groß. Der Flügel ist zungenförmig und verschmälert sich vom Grunde nach dem Scheitel allmählich, ist etwa 7—8 mm lang und ‚oberhalb des Samens zirka 5 mm breit, braun, glänzend. Er trennt sich schlecht vom Samen, so daß stets Flügelreste an der Oberseite haften. Bei der Varietät pendulina (Reı.) BEISSNER sitzen die Zapfen an kurzen mit einfachen Nadeln beblätterten, gekrümmten Trieben, in langen Reihen an den herabhängenden Ästen, aufrecht, oft den Ästen vollständig anliegend und den Scheitel infolgedessen nach der Basis der Äste gerichtet. Sie sind wesent- lich kleiner und schmäler als bei der Hauptform, etwa 2—3 cm lang und geschlossen 1,5 cm breit. Die Braktee ist lang und schaut mit dem nicht selten fast °/, der Fruchtschuppenlänge erreichenden Mittelzipfel auch aus den geschlossenen Zapfen hervor. 15 58 Von den beiden vorigen ganz abweichende Form haben die Zapfen der sibirischen Lärche, Larix europaea 8 sibirica Loun. Sie sind breit-eiförmig, stumpf oder gar mit eingedrücktem Gipfel, 2,5—3,5 cm lang und bis 2,4 cm breit; am Grunde nicht selten schief-ungleichseitig. Sie sitzen an sehr kurzen Stielchen einzeln oder zu zwei aufrecht an den Trieben. Die Schuppen der reifen Zapfen sind stark verholzt, dick, lederartig braun, besonders nach dem Grunde zu filzig, nach dem Scheitel zu längsstreifig, breit abgerundet und ganzrandig. Die Braktee erreicht nur '/, der Fruchtschuppenlänge, ist dunkel- braun, breit zungenförmig und tritt auch beim geöffneten Zapfen wenig hervor. Die unreifen Zapfen sind grün, am Rande oft mit dünner Harzschicht über- zogen und am Grunde braunfilzig. Der Same ist dunkler als bei der Haupt- form, etwa 4,5 mm groß. Der Flügel ist zirka 7 mm lang, 5—6 mm breit, am Scheitel schief abgestutzt und dunkelbraun. Wie die europäische, trägt auch die in Wirthy angebaute und sehr schön gedeihende japanische Lärche, Larix leptolepis, in jedem Jahre reichlich Zapfen. Auch diese sitzen wie bei der Hängelärche oft in langer Reihe an 5—8 mm langen und einfach beblätterten Trieben an den Zweigen, und sind durch Krümmung der Tragtriebe aufrecht gerichtet. Die Samen, fliegen daher auch bei dieser Lärche schwer aus. Die Zapfen sind bei der normalen Form breit-eiförmig, lockerbeschuppt, 25>—35 mm lang und 20—30 mm breit, hellbraun, nicht selten mit rötlichem Hauch. Die Schuppen sind breit, lederartig verdickt, breit ab- gewölbt, nicht selten eingebuchtet, oft mit rückwärts übergebogenem Rande: auf dem Rücken längsstreifig und am Grunde kurzhaarig. Die dunkelrotbraune, breit-lanzettliche, undeutlich dreizipfelige, lang ausgezogene und spitze Braktee erreicht meist nur '/, der Länge der Fruchtschuppe, tritt jedoch, wenigstens beim geöffneten Zapfen, deutlich hervor. Der Samen ist etwa 3—4 mm lang und 2—2?/, mm breit. Der Samenflügel ist zirka 10 mm lang und erreicht fast die Länge der Fruchtschuppe und wird daher beim geöffneten Zapfen mit dem Schuppenrande rückwärts zurückgeschlagen. Er ist am Scheitel schief abgestutzt, heller oder dunkeler braun und längsstreifig und hat seine größeste Breite (4—5 mm) bald an der Basis, bald im oberen Drittel. Es kommen in Wirthy aber auch Bäume mit kleinen und flachen Zapfen vor, die aufgebrochen wie kleine Röschen aussehen, sie sind aufgebrochen bei 20 mm Höhe bis 25 mın breit, die ganzen Schuppen legen sich weit rückwärts über. Die Braktee ist lanzettlich und fast halb so lang als die Fruchtschuppe, und tritt beim geöffneten Zapfen sehr deutlich hervor. Die Samenflügel sind dunkeler braun als bei der Normalform. Die Zapfen haben also eine Ähnlich- keit mit der Form Murrayana Maxım. Ganz außerordentlich oft wachsen bei dieser Form der japanischen Lärche die Zapfen zu Langtrieben aus, an manchen Ästen wächst aus Zapfen für Zapfen ein schlanker, langer, benadelter Trieb. Auch bei den Hemlockstannen ist die Braktee zwar noch klein, aber doch deutlich ausgebildet; da sie nicht langzipfelig ausgezogen, vielmehr stumpf oder stumpfspitzig ist, so ragt sie auch beim geöffneten Zapfen nicht hervor, 16 ist aber doch leicht sichtbar, wenn man die nur schwach verholzten Schuppen nach der Spindel zu andrückt. Tsuga canadensis und T. Mertensiana, die beiden am meisten angebauten nordamerikanischen Hemlockstannen, haben schmale, eilängliche, hellgelbbraune Zapfen von nur 2—2!/, em Länge und, aufgebrochen, wenig klaffender Breite von höchstens 1,5 em. Die Schuppen sind breit abgerundet, am Rande kaum sichtbar fein gezähnt, in der Regel etwas zurückgeschlagen, auf dem Rücken fein längsstreifig und nach dem Grunde zu kurz braunfilzig. Die Braktee ist sehr klein, dunkelbraun, oft zweispaltig. Die Samen sind klein, bis 3 mn lang, schmal, spitz, hellbräunlich und von einem sehr hellgelben, dünnen, zirka 6 mm langen Flügel umfaßt. Sind die Zapfen dieser beiden Arten nicht mit Sicherheit voneinander zu unterscheiden, so weichen die der japanischen Art T'suga Sieboldi wesentlich von den vorigen ab, sie sind oval, zirka 2—-2'/, cm lang und aufgebrochen ebenso breit. Die Schuppen sind schwach glänzend braun, ganzrandig oder schwach gewellt und klaffen bei entleerten Zapfen fast wagerecht auseinander. Die Samen sind dunkeler und etwas größer als bei den beiden amerikanischen Arten, die Flügel gelb. Die Wirthyer Kulturen, die jetzt zirka l15jährig sind, tragen nur erst ganz vereinzelt Zapfen. Am schärfsten ist die Spaltung der Karpide in Braktee und Zapfenschuppe bei den Gattungen Abies und Pseudotsuga durchgeführt, die Brakteen erreichen «nd übertreffen hier oft die Zapfenschuppen an Länge, so daß sie bei vielen Arten zwischen den Schuppen aus den geschlossenen Zapfen hervorragen. Während die Zapfen der Douglastannen nach der Samenreife ganz bleiben und wie die Fichtenzapfen herabhängen, zerfallen die reifen Zapfen der Tannen, die Schuppen fallen mit den Samen von der Spindel, die noch lange am Baume stehen bleibt, ab. Die Tannenzapfen stehen deshalb aufrecht. Da von den in den Wirthyer Gärten vorhandenen Tannenarten nur wenige mannbar sind und Zapfen tragen, kann ich Ihnen auch nur eine kleine Zahl Tannenzapfen vorführen, meine Damen und Herren. Nach der Ausbildung der Braktee können wir zwei Gruppen von Tannen- zapfen unterscheiden, solche mit kleinen Brakteen, die im geschlossenen Zapfen vollständig eingeschlossen sind (cf. Abb. 9, 1 u. 2), und solche mit großen, aus denSchuppen der geschlossenen Zapfen herausragenden Brakteen (ef. Fig. 9, 3—7). Von der ersten Gruppe, zu der die Zapfen der Arten Abies: concolor, Pinsapo, brachyphylla, numidica, cilicica, Mariesi, sibirica, amabilis, grandis und magnifica gehören, habe ich Ihnen nur die Zapfen der schönen Abves concolor mitgebracht. Abies sibirica trug in den beiden letzten Jahren zwar auch Zapfen, sie zerfielen aber bereits im August und konnten nicht rechtzeitig geerntet werden. Von Abies concolor habe ich in Wirthy sowohl die blaue Hauptform als auch die grüne Varietät lasyocarpa ENGELM. et SaRG. in Fruchtexemplaren. Wie in der Benadelung, unterscheiden sich die beiden Abarten auch in den Zapfen 17 60 sehr deutlich voneinander. Schon die weiblichen Blütenzäpfehen sind ver- schieden, die der Hauptform purpurrot und später violett, die von lasyocarpa grün. Die Zapfen der Hauptform, welche ich den werten Damen und Herren jetzt herumreichen werde, sind etwa 7—10 cm lang und 4—5 cm breit — größere Zapfen hat der jedes Jahr tragende Baum nicht gehabt —, breit- zylindrisch und violett und kurz weichflaumig. Die Schuppe ist breit fächer- förmig mit plötzlich keilförmig zugespitztem Grunde, unterhalb des konkaven violetten Randes nach innen konvex eingebuchtet. Der innere Teil der Schuppe, also unterhalb der violetten Apophyse, ist dunkelrotbraun, derb lederartig ver- diekt, die flügelartig ausgezogenen, dünnen und heller gefärbten Seiten am Abb. 9. Zapfenschuppen von Abies-Arten: 1. von A. sibirica, 2. von A. concolor, 3. von A. balsamea, 4. von A. cephalonica, 5. A. von pectinata, 6. von A. Nordmanniana, 7. von A. nobilis. Rande gezähnelt. Die Braktee sitzt der Schuppe oberhalb der keilförmigen Basis an und ist kreisrund und kaum halb so lang wie die Schuppe. Der Samen ist länglich dreieckig, zirka 6 mm lang und 3—4 mm breit, und wird vom Flügel beiderseits bis auf einen schmalen Spalt fast ganz umfaßt. Der zirka 9 mm lange Flügel ist gerade oder schief abgestutzt, fast dreieckig, sehr dünn und hellgelb bis violett, besonders am 6—9 mm breiten Scheitel. — Abies concolor var. lasyocarpa hat hier erst einmal Zapfen getragen, sie waren aber wesentlich länger und breiter als die der Normalform, nämlich nicht unter 12 cm lang und 41/,—5 mm breit, und graubraun, übrigens aber nicht von jener verschieden. 18 a Von der zweiten Gruppe hat Abies balsamea, die Balsamfichte, die kleinsten Zapfen und auch die kleinsten Brakteen, diese ragen aus dem Zapfen nur mit dem steifen Mittelzipfel hervor. Die Zapfen sitzen meist in großer Anzahl in der Spitze der Krone zusammen, sind während der Blüte zuerst grün, dann violett mit grüner Braktee, allmählich verfärben sie sich dunkelviolett, seltener braun. Die reifen Zapfen sind länglich-oval, zirka 6—8 cm lang und 2—3 cm breit und meist mit weißem Harz übergossen, das den Zapfen, besonders am Scheitel, wie ein spitzes, weißes Mützchen aufsitzt. Die Zapfen sehen dadurch außerordentlich hübsch aus. Die Schuppe ist breit abgerundet, genagelt, auf dem Rücken violett, mit braunen Härchen besetzt, nach der Basis dunkelbraun. Die Braktee ist fast kreisrund und gezähnelt, mit langer, die Schuppe über- ragender Spitze in Verlängerung der Mittelrippe. Der Samen ist gelblich, der Flügel blau, violett oder grau. | Ebenfalls nur mit der langen, stacheligen Spitze ragen die Brakteen bei Abies cephalonica Lx., der griechischen Weißtanne, hervor. Die Zapfen sind aber wesentlich größer als bei der Balsamtanne, und erinnern auch in der Form mehr an die Zapfen unserer einheimischen Edeltanne. Sie sind walzen- förmig, spitz, durchschnittlich — wenigstens die in Wirthy geernteten — 12 cm lang und 3—4 cm breit, hellbraun und von gelbem Harz meist über- flossen. Sie sitzen an den obersten Ästen der Krone, meist zu mehreren in einer Reihe beisammen und zerfallen nicht so schnell, als die Zapfen der Sibirischen Weißtanne. Die Schuppen sind genagelt, sehr breit, fast dreieckig, am Scheitel kreisrund, kurz-dichthaarig, braun. Die Braktee ist schmal lineal, nach dem Scheitel zu scharf abgesetzt verbreitert und gezähnelt, so lang wie der innere Schuppenteil, über den nur die dünne, stachelige Spitze in Ver- längerung der Mittelrippe hinausragt. Die Spitze lehnt sich meist der Schuppen- apophyse an und ist etwas länger, als diese breit ist. Bei unserer einheimischen Weißtanne und bei der Nordmannstanne sind die Brakteen noch länger, ihr oberer breiter Teil reicht bis über die Hälfte der Schuppen-Apophysen hinauf und überragt mit dem spitzen Mittelzipfel den Rand der Schuppen, die Brakteen sind also länger als diese. In der Regel sind ihre, aus den Schuppen des geschlossenen Zapfens herausragende Teile rückwärts übergeschlagen. Die Brakteen sind schmal lineal, nach dem Scheitel zu allmählich, seltener plötzlich verbreitert, fast herzförmig und mit schmal dreieckigem oder linealem, stacheligem Mittelzipfel. In der Form der Zapfen- schuppen aber unterscheiden sich die sonst einander sehr ähnlichen Zapfen deutlich, bei Abies pectinata sind sie am Grunde breit keilförmig, verbreitern sich allmählich nach dem Scheitel zu, sind breit abgerundet und an den Seiten unregelmäßig gezähnelt. Bei Abies Nordmanniana dagegen verbreitern sich die Schuppen aus sehr schmal keilförmigem Grunde plötzlich, fast flügelartig nach dem breit abgerundeten Scheitel zu. Die Zapfen unserer einheimischen Weißtanne sind schmal zylindrisch, nach dem stumpf abgerundeten oder spitzen Scheitel deutlich verschmälert, 11—16 em lang und 3—4 cm breit, heller 19 es oder dunkeler braun. Während die Flügel der großen dreikantigen, keilförmig abgestutzten Samen in der Regel gelbbraun sind, tragen in Wirthy einzelne Bäume in jedem Jahre meist auch dunkelbraun bis schwärzlich gefärbte Zapfen mit tief violetten Flügeln. Ich habe von diesen Zapfen Ihnen auch einige mitgebracht. Im übrigen unterscheiden sich diese Bäume gar nicht von den normalen Formen. Die Zapfen der Abies Nordmanniana verjüngen sich weniger nach dem abgerundeten oder selbst eingedrückten Scheitel und sind mehr eirund-länglich oder walzenförmig, von sehr verschiedener Größe. In Wirthy habe ich nur auffallend kleine, etwa 8—10 cm lange Zapfen geerntet, in Eberswalde wurden sie dagegen bis 15 cm lang. Bei Abies nobilis, A. Fraseri, A. sachalinensis überragen die Brakteen auch mit ihrem breiten oberen Teile die Fruchtschuppen ganz erheblich, legen sich rückwärts über und bedecken dadurch den größesten Teil derZapfenschuppen und geben den geschlossenen Zapfen ein charakteristisches, eigentümliches Aussehen. Von Abdies Fraseri und A. sachalinensis besitze ich keine Zapfen, sie sind etwa nur so klein und von der Form der Balsamtannenzapfen. Dagegen habe ich Ihnen die großen, schönen Zapfen der nordamerikanischen Edeltanne, Abies nobilis, mitgebracht. Die Bäume tragen in jedem Jahre reichlich, die weiblichen Blütenzäpfchen sitzen an der Spitze der vorjährigen Triebe an den Ästen der Kronenspitze, sie sind grün, und die langen Mittelzipfel rot Die Zapfen sind zylinderisch, oben und unten abgerundet, in Wirthy bis 22 cm lang und 7 cm breit, im Sommer sind sie violett mit grünen Brakteen, ver- färben sich dann aber, so daß sie reif grünlich-braun sind, mit grünlich-gelben oder -braunen Brakteen. Die kurz genagelten Schuppen sind stumpf-dreieckig, breit abgewölbt, am Scheitel mit meist nach innen eingerolltem Rande und gezähnelten Seiten. Die Braktee ist spatelförmig, breit, gezähnelt und, mit langem, spitzem Mittelzipfel und überragt die Fruchtschuppe erheblich. Die letzten Zapfen, meine Damen und Herren, welche ich Ihnen noch vorführen will, gehören der so beliebten Douglastanne, Pseudotsuga Douglasi CARR., an. Auch hier finden wir die groß ausgebildete Braktee, deren drei Zipfel meist weit über die Fruchtschuppen herausragen und an der Spitze der nach dem Scheitel zu stark verjüngten, geschlossenen Zapfen sich zu einem pinselartigen Büschel vereinen. Die Zapfen schließen sich also eng an die letzte Tannengruppe an, unterscheiden sich aber von ihnen dadurch, daß sie nach der Reife nicht zerfallen; die reifen Zapfen stehen daher auch nicht auf- recht, sondern hängen wie die Fichtenzapfen von den Zweigen herab. Sie sind 6—10 cm lang und 3 (aufgebrochen bis 4!/,) em breit, länglich-oval und nach der Spitze zu stark verjüngt oder länglich-eiförmig, reif matt lederbraun. Die Fruchtschuppe ist abgerundet breit, rautenförmig, ganzrandig, auf dem Rücken längsstreifig, konkav. Die Braktee ist lineal, seltener spatelförmig, tief ein- geschnitten, dreispaltig, mit spitzen Lappen und lang ausgezogenem, dünnem, nadelförmigem Miittelzipfel. 20 9} . In Wirthy finden sich in den großen, jetzt etwa 20jährigen Kulturen auch Bäume mit auffallend großen Zapfen von 10 cm Länge und darüber und 41,—5 cm Breite, so daß ich sie zu der var. macrocarpa ENnGELM. zählen möchte, wenn nicht die Brakteen einen sehr langen Mittelzipfel hätten, was nach MAYR bei dieser Abart nicht der Fall sein soll. Die Douglastannen gedeihen übrigens bei mir in Wirthy sehr gut, aber die Bewurzelung in dem lehmigen Boden mit Tonuntergrund ist leider sehr flach, so daß die Winde sie bei der geringsten Freistellung nach Westen leicht umdrücken und entwurzeln. — Die vorgeführten Zapfen erlaube ich mir der Sammlung des Provinzial- Museums als Geschenk zu überweisen. 21 Über keulenförmige Pilze”. Von Professor Dr. BAIL in Danzig. In seinem Vortrage auf der 28. Hauptversammlung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins (Zoppot, 7. Oktober 1905) hatte Professor BAıL darauf hingewiesen, daß sich knollenförmige Pilze ebensowohl unter den Basidienträgern, wie unter den Schlauchpilzen finden, zu denen bekanntlich die Trüffeln gehören. Heut zeigt er an umfangreichem Anschauungsmaterial, daß man aus der Keulenform der Pilze auch durchaus keinen Schluß auf die Art der Bildung der Sporen und deren Weiterentwickelung machen könne. Schon unter denjenigen Formen, welche man lange Zeit in der Wissenschaft wie noch gegenwärtig im öffentlichen Leben als Schimmelpilze bezeichnete, während die Zugehörigkeit vieler als Conidienformen zu höher organisierten Pilzen in der Neuzeit erwiesen worden ist, trifft man vielfach die Neigung zur Keulenbildung an. Dies gilt auch von den /sarien, ganz besonders von der, zahlreiche Insekten tötenden /saria farinosa, von der in Baır’s Arbeit über Pilz- epizootien der forstverheerenden Raupen (Schriften der Naturforschenden Ge- sellschaft zu Danzig 1869) durch Beschreibung und Zeichnungen nachgewiesen worden ist, daß sie nichts anderes als ein winziges Penvcillium ist. Zu den zierlichsten Pilzgebilden gehören unstreitig die meisten Schleim- pilze, Myxogasteres FrR., Myxomycetes WALLR. Von ihnen sagte der Vortragende im Vorwort zu seinem System der Pilze 1857: „Bei dieser aus zahlreichen, nahe verwandten Pilzen bestehenden Abteilung ist es leider noch nicht ge- lungen, die Bildung der Sporen zu belauschen“. Die im nächsten Jahre von ihm (Verhandlungen der k. k. zool.-bot. Gesellschaft in Wien 1859, Abhand- lungen p. 31—34) und gleichzeitig von DE BARY unternommenen entwickelungs- geschichtlichen Studien, haben zur Klarlegung nicht nur der Entstehung der Sporen, sondern der gesamten Entwickelung dieser Pilze geführt. Letztere weicht von der aller anderen derartig ab, und weist solche Eigentümlichkeiten auf, daß beide Autoren bei den damaligen Anschauungen über den Unterschied der Tier- und Pflanzenzelle anfangs zu der Ansicht gelangen mußten, jene Organismen seien überhaupt nicht als Pflanzen, sondern als Bürger des Tier- reichs zu betrachten, eine Ansicht von der sie später selbst zurückgekommen sind. — Gerade unter diesen, auch bei uns auf faulendem Holze häufigen Myzomy- ceten finden sich die reizendsten Gruppen keulenförmiger, oft durch prächtige 1) Bericht über den in der Sitzung des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins zu Danzig am 6. Dezember 1905 gehaltenen Vortrag. 1 65 Farben und ihre äußerst zarten Haargeflechte ausgezeichneter Pilzchen, die durch bunte Abbildungen von Trichia-, Arcyria-, Leocarpus- und Stemonitis- Arten zur Anschauung gebracht werden. Aber auch unter den Schlauch- und Basidienträgern lenken gar häufig die Keulenpilze unsere Aufmerksamkeit auf sich. Wie ähnlich sich äußerlich Pilze aus beiden Ordnungen sehen können, wird durch den Vergleich einzelner Arten der zu den Schlauchpilzen gehörenden Gattung @Geoglossum und der Basidien tragenden Ulavaria (deutsch geradezu Keulenträger) gezeigt. Zu den Schlauchpilzen gehören bekanntlich auch die Kernpilze, von denen die schon längere Zeit in unseren Sammlungen aufbewahrten vollständigen Exemplare der Cordyceps Robertsii Hook auf Neuseeländischen Raupen und die prächtigen orangefarbenen Keulen der Cordyceps militaris gezeigt wurden, welche Redner unter lückenloser mikroskopischer Verfolgung der Entwickelung 1869 in mehr als dreimonatlicher Kultur aus den durch den Pilz getöteten Kieferspinner-Raupen erzogen hat. (S. „Über Pilzepizootien“ 1. e.)!). Sodann werden in frischen Exemplaren die mächtigen schwarzen Keulen eines andern Kernpilzes des Hypowylon (Xylaria) polymorphum erläutert, welche der Vortragende mit Hülfe des Herrn Werftbesitzers JOHANNSEN in Strohdeich auf dessen Werft ausgegraben hat. Sie entsprangen als dichte Gruppe im Innern der Erde auf dem alten Stumpfe eines umgehauenen Roußkastanien- baun.es, ragten weit über den Boden empor und waren bis 25 cm lang. Dr. BaıL hat denselben Pilz, den er in einem Wiener Orchideenhause und in den Gewächshäusern zu Schönbrunn gesammelt hatte, unter Nr. 151 in seinem im Auftrage des österreichischen Kultus-Ministeriums 1859 in 20 Exemplaren herausgegebenen Herbarium mycologicum typicum aufgelegt. Aus der Ordnung der Basidienträger werden ganz besonders die folgenden drei in Westpreußen beobachteten Clavarien gezeigt und besprochen, welche als einfache Keulen, wenn auch oft in großer Zahl der Einzelwesen, dem Boden entsprießen: 1. Der in den Wäldern in der Umgegend von Danzig und Preußisch Stargard, wahrscheinlich auch sonst in der Provinz, häufige zungenförmige Keulenträger, Clavaria Ligula, Höhe bis 8 cm. 2. Die bis 25 cm hohe Herkuleskeule, Olavarıa pistillaris, welche der Vortragende jahrzehntelang an einem Abhange der Dreischweinsköpfe bei Danzig beobachtete, woselbst sie aber infolge des Humusverkauls an eine große Gärtnerei ausgerottet sein dürfte. 3. Der seltene, lange Keulenträger, Clavaria Ardenia SOWERBY, den Herr Referendar KummEr am 18. Oktober 1905 in zahlreichen, bis 12,5 cm langen, bräunlich-gelben, nach oben helleren Exemplaren in Ottomin bei Danzig ge- ı) Eine Zusammenstellung der bis 1861 bekannten in- und ausländischen Cordyceps- (Claviceps-) Arten findet man in BaırLs Mykologisehen Studien im Bande XXIX der Verhand- lungen der K. Leop.-Carol, deutschen Akademie der Naturforscher (Jena 1861). B) .- 28. Ber. d. Wpr. Büt.-Zool. Vereins. E 6) sammelt hatte. Der Pilz ist schon von RABENHORST 1844 scharf gekennzeichnet. durch die Worte: „Einzeln (d. h. nicht in Büscheln), steif aufrecht, an der Spitze stumpf und ausgehöhlt (beeherförmig)*. Diese Beschreibung und auch die von SCHROETER in der Kryptogamen-Flora von Schlesien gegebene der Sporen passen auf das genaueste auf die vorgelegten Exemplare. Damit ist gleichzeitig erwiesen, daß der im Band II (Fig. 22) des eben herumgezeigten Führers für Pilzfreunde von Epmunn MıcHAEL abgebildete Pilz nicht richtig benannt ist. Dieser ist vielmehr der räucherige Keulenträger, Clavaria fumosa Pers. Das genannte Buch empfiehlt sich übrigens sonst durch seine sehr guten Abbildungen und seinen mäßigen Preis. Endlich erläutert der Vortragende noch die auch in unserer Sammlung gut vertretenen, meist geweiheartigen Schattenformen mit oft keulenförmigen Ästen, welche der zähfleischige bis lederartig-holzige Agaricus (Lentinus) lepideus Fr. am Holze in Bergwerken oder anderen dunkeln Räumen darstellt, während seine ans Licht gelangenden Teile normale Hüte erzeugen. Photo- graphische Abbildungen beider Formen werden in Professor J. REıkeE's Ab- handlung „Über Deformation von Pflanzen durch äußere Einflüsse“ in der Botanischen Zeitung 1904 herumgereicht. am 61 Bericht über eine entomologische Reise durch das Westpreussische Küstengebiet, vornehmlich im Kreise Putzig. Von Dr. 6. ENDERLEIN in Berlin. Die im Auftrage des Westpreußischen Botanisch-Zoologischen Vereins unternommene Bereisung des Kreises Putzig zur Feststellung der entomolo- gischen Fauna dieses Gebietes führte ich vom 3. Juli bis 10. August 1904 aus. Das Standquartier wählte ich von Danzig aus vom 4. bis 11. Juli in Zarnowitz, vom 11. bis 21. Juli in Karwen, vom 21. bis 26. Juli in Werblin, vom 26. Juli bis 3. August in Putzig. Von hier aus unternahm ich dann eine Fußwanderung durch die Putziger Nehrung (Halbinsel Hela) über Schwarzau, Großendorf, Ceynowa, Kußfeld, Heisternest, Heisternester Leuchtturm bis Hela, die 4 Tage in Anspruch nahm. Vom 6. bis 8. August hielt ich mich in Hela auf, um dann nach Danzig zurückzukehren. Hier unternahm ich noch bei Heubude einige vergleichende Fänge. Die Sammelausbeute, von der ich einen guten Teil meiner mich begleitenden Frau verdanke, welche diesen dem Botanisch-Zoologischen Verein (resp. dem Westpreussischen Provinzial-Museum) schenkungsweise überläßt, ist eine recht umfangreiche; es wurden Insekten aller Ordnungen gesammelt, besonders aber Hymenopteren und Dipteren. Außerdem sind Spinnen, Milben, Tausendfüßer, Asseln und Mollusken berück- sichtigt und auch einige Reptilien und Amphibien erbeutet worden. Zwei Gesichtspunkte leiteten mich besonders beim Sammeln, und zwar die Fest- stellung der Dünen- und Strandfauna, sowie der Moorfauna. Als günstige Punkte zur Untersuchung der Dünenfauna erwiesen sich die ausgedehnten Wanderdünen an der pommerschen Grenze bei Dembeck und be- sonders die Halbinsel Hela, die vor allem dadurch sich gut eignete, weil sie als von beiden Seiten von der See begrenzte, isolierte Dünenkette (besonders zwischen Großendorf und Heisternest) eine Einwanderung von Landformen, die sich auf Dünen nicht halten können, so gut wie ausschließt. Charakte- ristische Hymenopteren sind hier besonders Pompiliden (Wegwespen) und Chrysididen (Goldwespen), die im Sonnenschein ein reges Leben entfalten. Häufig ist hier auch die Ammophila sabulosa (L.) und A. hirsuta (Scor.), die ich an den tropisch heißen Tagen häufig an das Seewasser zur T’ränke fliegen sah. Von Fliegen ist charakteristisch die Tachista sabulosa (Meıc.) (neu für West- 1 5% 68 preussen), die, eigenartig durch ihre etwas verkürzten Flügel, über den Sand oft in Anzahl hinweghuscht; die Fucellia fucorum (FaLL.) (von BRISCHKE 1891 nach- gewiesen), die in der Zone der anspülenden Wellen sich auf Tang und anderen organischen Resten in großen Massen tummelt, und einige Raubfliegen. Ebenso fand sich auf den Dünen P’sylla melanoneura FÖRST. (neu für Westpreussen.. An Strandweide (besondersPsociden) und Artemisia compestris var. sericea, (besonders die Trypetide Tephritis absynthii F. in großen Mengen, und neu für West- preussen die Psyllide Aphalara artemisiae FÖrRsT.) war ein reiches Leben, während sich die Fauna der Strandgräser als verhältnismäßig sehr arm erwies, besonders im Gegensatz zu einem von mir au den Strandgräsern der normanni- schen und belgischen Küste im August beobachteten Insektenreichtum, vor allem an Ichneumonriden und Coceinelliden. Unter den Spinnen herrscht be- sonders Arctosa perita (F. 1798) und Philodromus fallax Sunv. vor. Von der Strandformation hebe ich die Formation des Hippophaö rhamnoides hervor, die nicht nur vom botanischen und geographischen Standpunkte außerordent- lich eigenartig ist, so daß sie Conwentz direkt als Hippophaötum bezeichnete, sondern auch vom zoologischen Standpunkte aus. In ungeheuren Massen fanden sich auf dieser Pflanze Psylla hippophaös Försı. und Psylla phaeoptera F. Löw, beide für Deutschland neu: mit ihnen bewohnten sie noch einige Psociden-Arten (Amphrgerontia bifasciata Larr., Peripsocus phaeopterus STEPH., Philotarsus Havi- cepsSTEPH. und Mesopsocus unipunctatusMÜLL.). Außerordentlich ausgedehnte Be- stände dieser Pflanzefinden sich an der Steilküste am Abhang des Habichtsberges, etwa mitten zwischen Karwen und Rixhöft, die zugleich die größten in West- preußen sind; einen zweiten, wesentlich kleineren Bestand fand ich an der weniger hohen Steilküste der Putziger Wiek südlich von Schwarzau, der meines Wissens bisher noch nicht in der Literatur erwähnt ist. Die Strand- distel findet sich noch in kleineren Beständen nördlich von Rutzau und in großer Menge auf der Halbinsel Hela; außer einigen Kleinen schwarzen Blatt- läusen habe ich nur an ihr mäßigen Blütenbesuch, besonders von Hummeln, beobachten können. Die Moorfauna ist sehr davon abhängig, ob Veränderungen durch den Menschen vorgenommen sind. Die ursprünglichen und noch unveränderten Moore, besonders wenn Baum- und Buschbestände fehlen, wie auf dem Groß Wierschutziner Moor, sind außerordentlich arm an Insekten. Es sind wenige kleine und sehr kleine Formen, die meist von Calluna vulgaris abhängig, an Individuenzahl oft recht zahlreich vorhanden und so für das Moor recht charakteristisch sind; es sind vor allem folgende Formen: der kleine Rüssel- käfer, Ceutorrhynchus ericae GYLL., an Fliegen mehrere Dolichopodiden, an Schmetterlingen (Raupen) Hmaturga atomaria L. und Eupithecia nanata HB., an Psoeiden Caecilius piceus KOLBE var. brevipennis EnpErL. 1903'), an !) Da die @ meistens stark verkürzte Flügel aufwiesen, dürfte diese Form eine gute Subspezies darstellen; als Spezies ist sie jedoch nicht aufzufassen, wie ein genauer Vergleich der Sexualorgane unzweifelhaft erwies. 2 69 Psylliden die winzige Rhinicola ericae Curr., an Hymenopteren winzige Chaleidier in großer Anzahl, selten eine Honigbiene, und an Cicaden häufig Ulopa reticulata F. Von den zahlreichen Dolichopodiden sind besonders für Moore charakteristisch: Dolichopus plumipes Scor. und D. rupestris Har., Medeterus macaceus LOEW und Diaphorus nigricans MEıG., die 3 letzten neu für Westpreussen; letztere fällt durch ihre schwarzen Flügel auf und zeichnet sich im Leben da- durch aus, daß die Augen einen lebhaften blauen Schiller besitzen, der im Tode verschwindet. — Hiervon kommt auf Erica noch hinzu: ein Blasenfuß (Thrips ericae Har.), der in den Blüten massenhaft lebt (nach KALTEnBACH in Calluna-Blüten, hier habe ich sie nur ganz vereinzelt finden können), und eine Psocide (Peripsocus alboguttatus Darm.). Von Spinnen sind besonders zu er- wähnen: Atea adianta WALcK. und A. cornuta Cı.. Dietyna arundinacea 1. und Philodromus aureolus Ouıv. An Stellen mit Moorstichen ist ein ungleich lebhafteres Insektenleben, bedingt durch die hier entstandene reiche Sumpf- Nora; vor allem fallen hier zahlreiche Empiden auf, besonders Zmpis livida L. und E. ignota Wırn., letztere häufig an Senecio paluster saugend. Sehr charakteristisch für Moortümpel sind folgende Wasserwanzen: Corixwa Sahlbergi FıeB., ©. Linnei Fırs. und ©. moesta FıEB. (letztere neu für Westpreussen). Im Gegensatz hierzu finden sich in Teichen (Putzig): Coriwa Falleni Fıze., ©. distineta FIEB., und Ü. nigrolineata FıEB. sowie Callicorisa praeusta (FıEB.), sämtliche neu für Westpreussen. Eine reichere Insektenfauna findet sich natur- gemäß an Orten, an denen das Moor von Kiefern, Birken, Myrica gale, Ledum palustre‘) usw. bewachsen ist, und auf Moorwiesen; auf letzteren kommt be- sonders noch die schwarzgebänderte Ortalide: Herina frontescentiae (L.) hinzu, die zuweilen in ungeheuren Mengen sich findet. Charakteristisch für Moor- wiesen sind von Dolichopodiden: Chrysotus femorotus ZETT., ©. microcerus Kow. und (. varians Kow. (alle neu für Westpreussen). Unter den zahlreichen Blattwespen fand sich eine neue Form: Pteronus nov. spec. Außerordentlich günstig für Insektenentwicklung sind die Moorwiesen bei Putzig und bei Karwenbruch, weil hier sich dieselben bis an die See erstrecken und zu der Fauna der üppigen Moorwiesen diejenige der Küste hinzukommt. Um von sonstigen interessanten Funden noch einiges herauszugreifen, er- wähne ich, daß ich am 30. 7. in Putzig eine im Zimmer abends an der Lampe fliegende Anopheles maculipennis (MEıc.) erbeutete, jene die Malaria über- tragende Mücke. Als ein sehr lästiger Blutsauger in Buchenwäldern erwies sich der winzige, kaum 1'/, mm lange Ceratopogon sylvaticus WInNErtz 1852 (neu für Westpreussen), von dem nur das g' bekannt war. Der Stich des 2 ist sehr schmerzhaft und durch die Häufigkeit äußerst lästig. Trotzdem sich mir das winzige Tierchen auch bei Berlin und Leipzig in Wäldern öfters in unangenehmer Weise bemerkbar gemacht hat und es so eine weite Verbreitung haben dürfte, ist doch über seine Eigenschaft als Blutsauger noch nichts be- !) Hieran fand sich als neu für Westpreussen die Psylla ledi For 1861. a > 70 kannt geworden, ja das 2 ist sogar bisher noch völlig unbekannt gewesen. Ferner glückte es mir, im Buchenwald bei Werblin an faulenden Buchenblättern am Boden den Megalothoraw minimus Wırı. (einen Springschwanz) als neu für Westpreussen nachzuweisen, der mit seiner Körpergröße von nur 0,1 bis 0,2 mm wohl eins der kleinsten Insekten überhaupt ist und erst vor wenigen Jahren in Holland entdeckt wurde. — Die kürzlich von Hela beschriebene neue Netzflüglergattung Conwentzia pineticola ENDERL. fand ich nachträglich auch noch unter Alkohol-Material, das ich bei Rutzau von Kiefern geklopft hatte, — Von sonstigen Funden hebe ich noch die seltene, in Spinnen schmarotzende Fliege: Acrocera tumida ErıcHs. (18540) hervor, die ich in 1 Stück (2) auf dem Bilawa-Bruch erbeutete und die aus Westpreußen bisher nicht bekannt war. — Vom Kiefernprozessionsspinner (Unethocampa pinivora Tr.), der 1902 in un- geheuren Mengen die Kiefernwälder Helas verwüstete, fand ich nur bei Rutzau und auf der Halbinsel Hela einige wenige kleine Raupenkolonien. —1 bu Zur Kenntnis der Copeognathen-Fauna Westpreußens. Von Dr. GÜNTHER ENDERLEIN in Berlin. Mit sechs Textfiguren. Von den Resultaten meiner auf Veranlassung des Westpreußischen Bo- tanisch-Zoologischen Vereins vom 4. Juli bis 10. August 1904 ausgeführten Bereisung des Kreises Putzig und Neustadt in Westpreußen zum Zwecke entomologisch-faunistischer Studien fasse ich hier die Copeognathen!) zusammen. Da bisher von Vertretern dieser Unterordnung nur aus Ostpreußen durch HAGEN berichtet wurde, so sind wohl alle angeführten Formen für Westpreussen neu. „eu für Deutschland ist: Zlipsocus hyalinus var. abdominalis Reur., der bisher nur aus Finnland bekannt war. Ebenso wurde Amphigerontia contraria REur. bisher nur in Finnland aufgefunden, unlängst jedoch auch bei Berlin von mir an einer Lokalität (Rahnsdorf am Müggelsee) nachgewiesen. Neu aufgestellt wurden die Varietäten: var. fasciatus, var. bifasciatus und var. subfuscus von Mesopsocus unipunctatus (MÜLL.). Zur Orientierung über die europäischen Gattungen stelle ich folgende Tabelle zusammen: Bestimmungstabelle der europäischen Copeognathen-Gattungen. 1. Tarsen 2-gliedrig (bei Larven und Nymphen auch 2-gliedrig) (Dimera) 2. Tarsen 3-gliedrig (bei Larven und Nymphen 2-gliedrig) . (Trimera) 16. 2. Areola postica mit der Media durch Querader verbunden oder mit ihr verwachsen; Fühler 13-gliedrig. . . . . . . (Psocidae) 5. !) Die Insekten-Unterordnung Copeognatha (Psocidae s. |, ef. ENDERLEIN, Ann. Mus. Nat. Hung. Bd. I, 1903, p. 179—344, Zool. Anz. 1903, p. 423—437) gehören mit den Mallo- phagen (Federlingen und Haarlingen) zu der Insektenordnung der Corrodentien. Sie sind zuweilen ungeflügelt oder nur mit Flügelstummeln versehen; Vertreter von diesen sind als Staub- und Bücherläuse bekannt. Meistens sind sie aber geflügelt und so unter dem Namen Holzläuse bekannt. Viel Ähnlichkeit haben sie mit den Termiten, mit denen sie aber nicht näher verwandt sind. Sie leben größtenteils von Flechten, Algen, Rost- und Schimmelpilzen, die sie mit ihrer langen, meißelförmigen, inneren Lade der Maxille abbrechen oder abmeißeln, und nur selten vom Chitin toter Insekten (Schädlinge der Insektensammlungen) oder von anderen organischen Substanzen. | -1 10. bil, 13. 12 Areola postica frei oder fehlt. Zuweilen sind bei 2 die Flügel rudimentär oder fehlen; Fühler 13-gliedrig . . . . (Cueeciliidae) 1. . Zwischen Pterostigma und Radialramus ist nie ein vollständiger Querast un ai eine a ae a Zwischen Pterostigma und Radialramus eine vollständige Querader . . . 2020. (Stenopsocinae) 6. . Radialramus und Media im n Norderätealk eine Strecke weit oder in einem Punkte verschmolzen . . . re Radialramus und Media im Vorderflügel dasahn eine Onerası verbunden . 2 22 2020202020. Amphigerontia KoLsE 1880. . Körper ohne Drüsenhaare . . era an u PBOCUS LATB- EI Körper, besonders der Kopf mit Densenhasren besetzt. (2 mit stark verkürzten Flügeln) . . . . 2... Neopsocus KouseE 1882. . Vorderflügelrand und -adern behaart. Im Hinterflügel ist der Rand der Radialgabel pubesciert. . . . . Stenopsocus Has. 1866. Flügelrand unbehaart, Adern unbehaart oder nur sehr spärlich behaart ser i 20.20.20... @raphopsocus KoLBE 1888. Prothorax klein, unter den großen Mesothorax gedrückt und von oben nicht sichtbar. Endglied (13. Glied) der Fühler normal. Ocellen vorhanden . . . u | ic Prothorax relativ groß, vor dem Meohekar Tora Sr von oben stets sichtbar. Endglied (13. Glied) der Fühler mit einer kurzen, gliedartigen Abschnürung. Ocellen fehlen. . . . .... 12. . Areola postica vorhanden . .. ul. sin. 2020... (Gaseilanae)e Areola postiea Tehti Eu. 8: : 2. (Peripsocinae) 12. 9. Flügel unbehaart, höchstens auf) dem Yordesiinpei spärliche, sehr undeutliche Härchen . . . .... Pterodela KouLpE 1880. Adern und Rand des Vorder- und Hinterflügels pubeseiert .... „4228 Areola postica steil und hoch. Behaarung sehr lang, struppig. (2 fast ungeflügel) . . . 2 0. Kolbea BERTKAU 1883: Areola postica flach und ee Behaarung mäßig lang . . . . 1. Behaarung des Randes dicht, mäßig lang. Pterostigma normal. (Selten fehlen beim 2 die Flügel) . . . . . Caecilius Curr. 1837. Behaarung des Randes wenig dicht, einreihig. Pterostigma schmal und in seiner ganzen Länge von fast gleicher Breite. Trichopsocus KoLsBE 1882, . Radialramus und Media des Hinterflügels eine Strecke ver- schmolzen. Pterostigma normal geschwungen und länglich. Flügelrand und Adern unbehaart . . . . FPeripsocus Has. 1866. Radialramus und Media des Hinterflügels durch eine Querader verbunden .". .W 20... 02 u Ectopsocus Mc. Tächr. 1er geflügelt (7). Areola postica vorhanden . . . . . ou. 2... u ungeflügelt- (2). ..r.. ua © 2. se ee 2 — 15. 16. IKT: 18. 4. Im Vorderflügel Pterostigma und Radialramus durch eine Quer- ader verbunden, Im Hinterflügel Radialramus und Media eine Strecke verschmolzen. . . . (Bertkauiinae) Bertkawia KoLBE d' Im Vorderflügel Pterostigma und Radialramus nicht durch Quer- ader verbunden. Im Hinterflügel Radialramus und Media durch eine Querader verbunden (Reuterellinae) Reuterella Ever. 1903 Gonopoden lang, in eine lange Spitze ausgezogen. Styli stilet- förmig. Innere Lade der Maxille am Ende stark verbreitert und mit vielen Zähnen . . . (Bertkauiinae) Bertkauia KoLsE 2 Gonopoden kurz, abgeplattet, am Ende verbreitert. Styli stilet- förmig. Innere Lade der Maxille am Ende nicht verbreitert und mit vier sehr flachen, undeutlichen Zähnen (Reuterellinae) Reuterella EnDErı. 2 Vorder- und Hinterflügel vorhanden. Fühler 13-gliedrig . Nur Vorderflügel vorhanden, oder Flügel rudimentär oder fehlend Areola postica mit der Media durch Querader verbunden oder mit ihr verschmolzen. Ohne Querader zwischen Pterostigma und Radialramus . . . . .....(Myopsocidae) Myopsocus Has. Areola postica frei . . - urn ig. Endglied des Maxillarpalpus eher deßeapizt: Fühler iiels gliecrig. Beine lang und schlank . (Psyllipsocinae p. p.) Psyllipsocus SEL. LONGCH. Endglied des Maxillarpalpus normal. Fühler 13-gliedrig. Beine le > I). l 2: Rormal ine. % „20202020. (Mesopsocidae) 19. . Flügelrand und Kae völlig uakreadkt . Mesopsocus KouLsE 1880. Flügelrand und Adern behaart oder teilweise behaart . . . . . 20. . Hinterflügel völlig unbehaart. Rand und Adern des Vorder- flügels behaart . . . . 2... Hemineura Terens 1891 Hinterflügel behaart. and und Adern des Vorderflügels behaart . 21. . Hinterflügel nur am Rande der Gabelzelle behaart . . . ..... 22. Hinterflügelrand gänzlich behaart . . . . Philotarsus KouLsr 1838. . Ramus radialis und Media im Hinterflügel eine Strecke weit verseimolzems a nee Rate slElipsocus Hac. 1866: Ramus radialis im Hinterflügel mit der Media durch eine Querader verbunden (cf. 29) . . . . . Leptodella Reur. 1893 d' vellonsvorbansenersue. heul A en a an. 28. Der en Stc er N N anal 28, . Fühler 13-gliedrig. Flügel fehlen fast völlig. | Mesopsocus KoLsE 2 Maxillarpalpus normal . . „20202. | Hemineura TeEreEns 2 Fühler vielgliedrig (26- iedne) Flügel sehr stark reduziert, mit nur wenigen, wenig deutlichen Adern. Endglied des Maxillar- palpus schräg abgestutzt (Psyllipsocinae p. p.) Nymphopsocus ENDERL. 1903. 14 . Nur verkürzte Vorderflügel mit wenigen Adern. Fühler viel- gliedrioW are ! n 202... (Psoquillidae) 26. Nur mit schuppenar en Vorderflügeln ohne AdernoderohneFlügel . . 28. 26. Flügel kurz und eiförmig oder fehlen . . . er EZ N 0°) 30. 31: Flügel lang und sehr schmal, mit zwei Br Aderstätuinen. Dorypterys# AARON. . Radialgabel durch eine Querader mit r, verbunden. Psocatropos Rızaca 1899. Ohne Querader zwischen Radialgabel und r, . . Psoquilla Has. 1866. . Vorderflügel sehr kurz, eirund, ohne Adern. Klauen ungezähnt. 2. Maxillartasterglied innen mit Sinneskolben. Seitenklappen des Telson mit je einem kräftigen Dorm. Meso- und Meta- thorax getrennt. Antennen 22- bis 27-gliedrig. Augen groß. Abdomen 9Y-gliedrig (außer dem dreiklappigen Telson). Gono- poden vorhanden. Die beiden Chitinfäden des Hypopharynx in der ganzen Länge unverschmolzen. Glossa mit langen haar- artigen Papillen .2. 0. Wem ET ODE Flügel fehlen völlig . . . :h an 9. Antennen 13-gliedrig (die Spilze er Teezten Aliedes ee abgeschnürt). Klauen mit Zahn vor der Spitze (Leptodellinae) Leptodella Reur. 2 Antennen 15-gliedrig. Klauen stets mit einem Zahn vor der Spitze. 2. Maxillartasterglied ohne Sinneskolben. Seitenklappen des Telson ohne Enddorn. Meso- und Metathorax verwachsen. Augen sehr klein. Ohne Gonopoden. Abdomen 9- bis 10-gliedrig (außer dem Telson). Die beiden Chitinfäden des Hypopharynx eine lange Strecke verschmolzen. Glossa ohne lange haarartige Papillen : en mat a We EEE Letztes Maxillartasterglied kurz und dick, Mittelsegment als deutliches Segment ausgebildet. Innere Maxillarlade 3- oder 4-zäh- nig. Sinneskolben des 2. Maxillartastergliedes schlank (Atropinae) 31. Letztes Maxillartasterglied lang, Mittelsegment kurz und schmal, nur als sehr zartes Skelettstück erkennbar. Innere Maxillarlade 2-zähnig. Sinneskolben des 2. Maxillartastergliedes gedrungn . . e 2.» (hepinotinae) 33. Hinterschiene aber den bokdon Hndpar nen innen ohne Sporne. Innere Maxillarlade 3-zähnig. Fühler zirka 27- bis 29-gliedrig. Metathorax hinten in der Mitte mit einer tiefen Ausbuchtung. Augen mit einigen borstigen Haaren. Maxillartasterendglied weniger als zweimal so lang wie dick. Flügel schuppenförmig mit annähernd gleichmäßig langen Haaren . . 4tropos Leraca 1812. Hinterschiene außer den beiden Endspornen innen mit L'bis\2/8pornen: wer demuiliäde .... . ... 27» en a 32. Flügel in Form eines winzigen Knöpfchens. Antennen 23-gliedrie. Innere Maxillarlade 4&zähnig . . . . .„ . ZHyperetes Koss 1880. Flügel schuppenförmig. Antennen 23-gliedrig. Innere Maxillarlade 3-zähnig. Flügelschuppen mäßig kurz behaart, in der Mitte mit einigen (zirka 7) langen Borsten Myopsocnema ENnDeErı. 1905. 33. Flügel schuppenförmig. Hinterschienen außer den beiden End- spornen innen ohne Sporne. Antenne zirka 22- bis 25-gliedrig (selten mehr Glieder). Metathorax hinten glattrandig. Augen unbehaart oder fast so. Maxillartasterglied viel mehr als zwei- mal so lang wie diek. . . 2.2... Lepinotus HEypEn 1850. 34. Hinterschenkel außen mit zahnartigem Höcker. Hinterschiene außen mit feinen Haaren, die viel kürzer als das 1. Hintertarsen- glied sind; innen am distalen Ende ohne kurzen dieken Dorn, höchstens mit langen, feinen Borsten. 9. und 10. Abdominal- segment völlig verwachsen . . . . . .„ Troctes BurnmEIstER 1859. Hinterschenkel außen ohne zahnartigen Höcker. Hinter- schiene außen mit langen, dünnen Borsten, die viel länger sind, als das 1. Hintertarsenglied, meist länger als die drei Tarsen- glieder zusammen; innen am distalen Ende mit einem kurzen, dicken Dorn. 9. und 10. Apdominalsegment durch eine feine Naht getrennt. Körper langgestreckt . . Stenotroctes ÜInDErt. 1902. Dimera. Familie Psocidae. Subfamilie Psoeinae. Amphigerontia KoLsBE 1880. A. fascinta (F.) Birkenwäldchen an der Chaussee zwischen Zarnowitz und Gr. Wierschutzin. 6. 7. 1904. 19. Eichenwald hinter den Dünen nördlich von Karwen- bruch. 14.7. 1904. An Eiche, 22. 20.7. 1904, An Eiche, 2 2. sa Karwen. Dünenwald. 12. bis 20. 7. 1904. 12. 2 Bere Bilawa-Bruch. 15 7. 1904. 192. A. variegata (LATR.) Dünen östlich von Hela. 8. 3. 1904. An junger Kiefer, 1 2. Danzig. In der Nähe des Bahnhofs auf der Straße fliegend. 9.8.1904. 19. A. contraria (REuT.) Dünenwald bei Karwen. 12. 7. 1504. An Birke, 1 d. Dünenwald bei Karwen. 14. 7. 1904. An Fichte, 1 2. Diese Spezies wurde bisher nur in Finnland (Reurer) und bei Berlin (von mir) nachgewiesen. Ein Exemplar im Budapester Museum stammt aus Ungarn. 5 76 Amphigerontia intermedia (TETENS.). Diese seltene Art wurde von mir nicht erbeutet. Sie wurde aber von Kuntsatrz (Naturw. Wochenschr. 1902) 1901 an Betula nana in größerer Anzahl auf dem Betula nana-Moor im Kulmer Kreis nach- gewiesen. A. bifaseciata (Larr.) Wald zwischen Zarnowitz und Lübkau. 4. 7. 1904. An Sarotlıamnus scoparia K. 21 Larven und Nymphen. Chaussee zwischen Zarnowitz und Gross Wierschutzin. 6. 7. 1904. An Birkenstamm, 1 d". Dünenwald bei Dembeck. 7. 7. 1904. 12. Birkenwäldchen an der Chaussee zwischen Zarnowitz und Gross Wierschutzin. 9.7.1904. 109. Moor am Nordende des Zarnowitzer Sees (Springhaide). 9. 7. 1904. Auf Sumpfpflanzen, 1 Nymphe und 1 dg. Karwen. Dünenwald. 12. bis 20. 7. 1904. 1% und 72. Karwen. Dünenwald. 11. 7. 1904. An Birke, 5 Nymphen. Karwen. Auf den Dünen. 12. 7. 1904. Häufig an Salix repens L. var. argentata SM. 28 d' und 40 9. An Artemisia campestris var. sericea, Da DL Westlich von Rixhöft in den Dünen. 12,7. 1904. An Wacholder 5 Larven; an Weide 1 2. An der Steilküste am Habichtsberg westlich von Rixhöft an Hippophäe rhamnoides. 12. 7. 1904. Einige Larven. Bilawa-Bruch. 13. 7. 1904. An Calluna vulgaris 2 g', 2 2. Karwen. Auf den Dünen. 14. 7. 1904. An Saliz repens L. var. argen- tata Sm., 1 d\, 22. Bilawa-Bruch. 15. 7. 1905. An Kiefer, 2 Larven, 1 d, 52. Bilawa-Bruch. 15. 7. 1905. An Ledum palustre, 2 2. Dünenwald westlich von Karwen. 18. 7. 1905. An jungen Fichten, 12. Dünenwald östlich von Karwen. 19. 7. 1905. An Birken, 13 2. Sumpfland nördlich von Ostrau. 19. 7. 1905. An Weide, 3 Larven, 7 2. Moor östlich von Werblin. 23. 7. 1904. An Myrica gale, 9 2. Steilküste dicht bei und südlich von Schwarzau, an Hippophaö rhamnoides, 3. 8. 1904. Mehrere Exemplare. Psocus Larr. 1796. P. longicornis FE. Dünenwald bei Karwen. 12. 7. 1904. An Birke. 56 sehr junge Larven mit einer Körperlänge von etwa °/, mm. Eichenwald hinter den Dünen nördlich von Karwenbruch. 14. 7. 1904. An Eichenzweigen, die dicht mit Flechten bewachsen sind. 44 junge Larven mit einer Körperlänge von etwa 1'/, mm. 6 -) -1 Dünenwald bei Karwen. 14. 7. 1904. An Birke. 6 junge Larven mit einer Körperlänge von etwa °/, mm. Eichenwald hinter den Dünen nördlich von Karwenbruch. 20. 7. 1904. 18 junge Larven mit einer Körperlänge von etwa 1'/,—1!/, mm. Buchenwald südlich von Werblin. 23. 7. 1904. An Buchen, 5 junge Larven mit einer Körperlänge von 1'/,—1'/; mm. Buchenwald südlich von Werblin. 25. 7. 1904. An Fichte, 1 junge Larve, 1!/, mm lang. Auf dem Eichberg südlich von Kasimir. 29. 7. 1904. An Eichenbüschen im Kiefernwald. 22 junge Larven, 1?/, mm durchschnittlich lang. Westlich von Ceynowa. 4. 8. 1904. An Kiefer, 6 Larven, 2—2'/,mm lang. Ceynowa. 4. 8. 1904. An Birke, 5 Larven, 3 mm lang. Westlich von Ceynowa. 4. 8. 1904. An Weiden mit gelben und grauen Flechten dicht bewachsen. 2 Larven, 3—4 mm lang. 4 Nymphen, 4'/, mm lang. 3 2. Westlich von Ceynowa. 4. 3. 1904. An Fichte, 3 Larven, 3 mm lang. Heubude bei Danzig. 9. 8. 1904. 1 Nymphe an Fichte. Die jungen Larven sind schon durch lange Fühl;r charakterisiert; sie haben schon ähnliche Zeichnung, wie die Imagines, nur noch sehr ver- schwommen und unscharf; Kopf oben glänzend schwarzbraun. Wie die verschiedenen Größen- __ angaben bei den einzelnen Funden erkennen a lassen, dürfte die Entwickelung etwas über einen Monat dauern. Die überwinternden Rier schlüpfen "* ” Gelder der Gattuns demnach etwa Anfang Juli aus und sind Anfang bis Mitte August erwachsen. Eine ganz eigenartige Erscheinung zeigt sich bei den Larven. Bringt man eine größere Anzahl derselben in ein Kästchen, so laufen sie bald — besonders wenn man das Kästchen schließt — dicht gedrängt zu- sammen, auch wenn sie von den verschiedensten Fundorten stammen, und bilden so im Ruhezustande eine einzige, sehr dicht gedrängte Herde, wobei die einzelnen Individuen sehr verschiedene Richtungen einnehmen. Die langen Fühler werden dabei bogig über den Körper hinweg empor- Psocus. gerichtet. Stört man sie, so läuft alles nach allen Richtungen lebhaft auseinander. Auch im Freien findet man sie meist in solchen dicht sedrängten Kolonien. Die meisten Copeognathen leben in Kolonien, wie besonders Amphi- gerontia bifasciata LarR., Psocus bipunctatus L. usw. und halten sich an Stämmen usw. gesellig auf. Eine derartige herdenmäßige Geselligkeit habe ich jedoch nur bei Psocus longicornis F. beobachtet. Zweifellos täuschen sie so aneinander gedrängt in höherem Grade flechtenartige Bildungen vor. Psocus nebulosus STEPH. Wald zwischen Zarnowitz und Lübkau. 4. 7. 1904. An Eiche, 1 junge Larve, etwa ?/, mm lang. desgl. 4. 7. 1904. An Espe, mit Flechten dicht bewachsen, 5 Larven, etwa 1 ınm lang. Dünenwald bei Karwen. 12. 7. 1904. An Fichte, 2 Larven, etwa 1 mm lang. Eichenwald nördlich von Karwenbruch, hinter den Dünen. 14. 7. 1904. An Eichen, 5 Larven, 1—1'/, mm lang. Dünenwald beiKarwen. 14. 7. 1904. AnBirken, 8Larven, ?/, mm bis 1'/,mm. Dünenwald östlich von Karwen. 19. 7. 1904. An Birken, 11 Larven, 1—2 mm lang. Eichenwald hinter den Dünen nördlich von Karwenbruch. 20. 7. 1904. 2 Larven an Eiche, 1—2 mm lang. Buchenwald südlich von Werblin. 22. 7. 1904. Am Rande der Chaussee, 1 Larve, 1'/), mm lang. 23. 7. 1904, an Buchen, 6 Larven, 1'/, mm lang. 25. 7. 1904, an Fichte, 1 Larve, 2 mm lang. Kiefernwald oberhalb der Steilküste bei Rutzau. 28. 7. 1904. An Kiefer, 1 Larve (2!/), mm lang), 1 Nymphe. Westlich von Ceynowa. 4. 8. 1904. An Weide mit gelben und grauen Flechten, 6 Larven und 11 2. An Kiefer 2 Larven und 10 9. An Birke 5 2. Westlich von Kussfeld. 5. 8. 1904. Sumpfige Niederung, 1 2. An Kiefer 22. Zwischen Kussfeld und Heisternest. 5. 8. 1904. 12 (*) und 12. Westlich von Hela. 6. 8. 1904. An Sumpfporst (Ledum palustre), 4 Nymphen, 2 2. Östlich von Hela. 8. 8. 1904. An Kiefer, 112. Südöstlich von Hela. 8. 8. 1904. 1 2. P. quadrimaculatus LATR. Heisternester Leuchtturm. 6. 8. 1904. An Kiefer, 4 2. P. major (KoLsE) LoEns. Eichberg südlich von Kasimir. 29. 7. 1904. An Eichenbüschen im Kiefernwald, 6 Larven. P. bipunctatus L. Werblin. 24. 7. 1904. 1 2 an Lindenstamm. Subfamilie Stenopsocinae. Graphopsocus KOLBE 1880. G. eruciatus (L) Wald zwischen Zarnowitz und Lübkau. 4. 7. 1904. An Eiche, 1 cd, 22. An wildem Birnbaum 1 d. An Sarothamnus scoparia K. 12. An Aspe mit Flechten dicht bewachsen, 1 2. Nördlich von Nadolle. 4. 7. 1904. An Liguster, 1 2. Wald zwischen Zarnowitz und Lübkau. 5. 7. 1904. An einem dürren Ast am Boden, 1 9. 79 Auf den Dünen bei Dembeck. An Eichenbüschen, 7. 7. 1904, 4 2. Eichenwald hinter den Dünen bei Karwenbruch. 14. 7. 1904. An Kiche, 1 cd, 42. 20. 7. 1904, an Eiche, 22 Auf dem Eichberg, südlich von Kasimir. 29. 7. 1904. An Bichenbusch im Kiefernwald, 7 2. Hela. 15. 6. 1905. 1 g‘. Von Prof. Dr. F. Danr. gesammelt. Stenopsocus Has. 1866. St. immaculatus (STEPH.). Karwen. 12.—20. 7. 1904. An Eiche, 1 g. Werblin. Moor östlich von Werblin. 23. 7. 1905. An Myrica gale, 1 2. Westlich von Kussfeld. Auf einer sumpfigen Niederung. 5. 8. 1904. 12%). St. Lachlani KouLße. Wie alle auf Nadelholz lebenden Exemplare von Copeognathen starke Neigung von Melanismus aufweisen, wie z. B. bei Mesopsocus unipune- tatus (MüLn), Hyperetes questfalicus KOLBE, Blipsocus hyalinus (SmePH.) (auf Nadelholz var. abdominalis REUTER 1905) usw., die alle den Obarakter einer anderen, Spezies zu tragen scheinen, so dürfte auch diese Form nur als Varietät von St. immaculatus (STEPH.) aufzufassen sein. KOLBE wendet sich zwar gegen ähnliche Zweifel Mac LacHLan’s, aber die morphologischen Merkmale, die er Fig. 3. Geäder des Vorderflügels der Gattung Stenopsocus. dabei heranzieht, erweisen sich bei Betrachtung einer größeren Anzahl als äußerst schwankend. Einen morphologischen Unterschied habe ich nicht auffinden können. Karwen. An Fichten in den Dünen. 12. 7. 1904. 12, 1 Nymphe und 3 Larven. Bilawa-Bruch, 15. 7. 1904. An Kiefer, 1 2. Dünenwald westlich von Karwen. 18. 7. 1904. An jungen Fichten, 2 2. Kiefernwald an der Steilküste bei Rutzau 28. 7. 1904. An Kiefern, Lig, 1959 Südspitze von Hela, östlich von Hela. 8. 8. 1904. An jungen Kiefern in den Dünen, 2 2. Familie Caeciliidae. Subfamilie Caeeiliinae. Caecilius Cunv. 1837. ©. Hlavidus Curt. 1837. Wald zwischen Zarnowitz und Lübkau. 4. 7. 1904. An Sarothamnus scoparia K., 22. An wildem Birnbaum, 5 2. An mit Flechten be- deckter Aspe, 2 2. An Eiche, 5%. 5. 7. 1904. An einem dürren Ast am Boden, 3 2. 80 Dünenwald bei Dembeck. 7. 7. 1904. An Eiche, 12. Dünenwald bei Karwen. 11. 7. 1904. An Eiche, 1 2. Eichenwald hinter den Dünen nördlich von Karwenbruch. 14. 7. 1904. 12 (%. An Eiche, 1 2. Caecilius gynapterus TETENS. Wald zwischen Zarnowitz undLübkau. 5.7.1904. An Sarothamnus scoparia K.., 1 d, 12. An einem dürren Ast am Boden, 1 d', 12. Nadolle. 5. 7. 1904. 192. Eichwald hinter den Dünen nördlich von Karwenbruch. 14. 7. 1904. 12. ©. obsoletus STEPH. Dünenwald bei Dembeck. 7. 7. 1904. An Kiefer, 1 Larve. Dünenwald bei Karwen. 12. 7. 1904. An Fichte, 2 9. Dünenwald westlich vea Karwen. 18. 7. 1914. An jungen Fichten, 20 2. Werblin. 25. 7. 1904. An Fichte, 6 2. Rutzau. 23. 7. 1904. An Wachholder, 5 Larven. ©. Burmeisteri BrAUER. Kleiner und blasser als ©. obsoletus Sr., vielleicht nur eine Varietät von ihr; doch kommen beide Formen auch getrennt in Kolonien vor. Westlich von Rixhöft. 12. 7. 1904. An Wachhoider, 22. Dünenwald westlich von Karwen. 18. 7. 1904. An jungen Fichten, 20 2. —— Westlich von Ceynowa. 4. 5. 1904. An Fichten, 10 Larven, IS, 92. Fig, 4. Geäder des a 7 " Vorderflügels der Gattung Kussteld.e 5. 8. 1904. An Fichten, 22 Larven und Caecitius, Nymphen, 19 Imagines. Westlich von Kussfeld. 5. 3. 1904. An Fichten, 2 2. Heisternester Leuchtturm. 6. 8. 1904. An Kiefer, 3 Larven, + 2. Östlich von Hela. 8. 8. 1904. An Kiefer, 1 d\, 12. ©. piceus KoLsbE. Gross Wierschutziner Moor (ursprüngliches Moor ohne Stich). 6. 7. 1904. 2 d' ®). 8.7. 1904. An Calluna vulgaris, 52 d, 222. 9.7. 1904. An Calluna vulgaris, 31 0, 5 2. Dünenwald bei Karwen. 12.7.1904. An Birke, 12. Gekätschert, 1.12. Bilawa-Bruch. 13. 7. 1904; an Calluna vulgaris, 10.9‘, 3 2. 15. 7. 1904; an Calluna vulgaris, 3 S'; an Vaceinium uliginosum L., 1 d'. Dünenwald westlich von Karwen. 18. 7. 1904. An jungen Fichten, 12. Westlich von Hela. 6. 8. 1904. An Calluna vulgaris, 2 2. ©. piceus var. brevipennis EnpErr. 1903. Diese Varietät des 2 mit rudimentären Flügeln schien mir bei der außerordentlichen Häufigkeit auf Mooren, und zwar auf Calluna vulgaris, eine besondere Art zu sein. Eine genaue mikroskopische Vergleichung beider Formen, besonders auch der Sexualorgane, ließ jedoch deutlich erkennen, daß sie nur eine besondere Form ist. In Wäldern auf Bäumen 10 si finden sich nur langgeflügelte 2; dagegen fand ich die kurzgeflügelten 2 mehrmals (Rügen !), Freienwalde a. d. O. usw.) in großer Anzahl an Sanz, Jungen Fichten. Auf den Mooren fanden sich nur sehr selten langge- flügelte 2. Diese Form ist außerordentlich charakteristisch für die Moor-Fauna. Gross Wierschutziner Moor. An Calluna vulgaris. 6. 7. 1904 2 Q, 8. 7. 1904 162 2, 9. 7. 1904 49 9. Westlich von Rixhöft. An Wachholder. 12. 7. 1904. 192. Karwen. An Calluna vulgaris. 12. 7. 1904. 5 9. Bilawa-Bruch. 13. 7. 1904. An Calluna vulgaris. 1 26.2 (*). Abhang bei Rutzau. An Calluna vulgaris. 28. 7. 1904. 192. Westlich von Hela. An Calluna vulgaris. 6..8. 1904. 192. 1904. 1 0) ne Su =] Kolbea BertkAau 1883. K. quisgquwiliarum BErTKkAU 1883. Die 2 sind nicht völlig flügellos, wie BErTKAU und KoLgr angeben, sondern tragen kurze Flügelstummel, in denen noch Aderreste erkennbar sind. Dünenwald östlich von Karwen. 18. 7. 1904. 3 2 mit dem Käfersieb gefangen. 19. 7. 1904. Unter großen Polstern einer grauen Flechte (Oladonia Jwreata)?) am Boden im Kiefernwald, 11 S, 21 2. Westlich von Ceynowa. 4. 8. 1904. Im Kiefernwald, Itg ge- kätschert. Diese Art scheint eine charakteristische Dünenform zu sein. Auch bei Berlin lebt sie nur auf Sandhügeln oberhalb der Wurzeln von Sand- gräsern; Prof. F. Dan fand sie auch in Holstein auf Dünen. Pterodela KoLsE 1880. P. pedicularia (L.) Wald zwischen Zarnowitz und Lübkau. 9.7. 1904. An Aspe mit Flechten bedeckt, 1 2. Karwen, Dünen; an Artemisia campestris var. sericea; 11. 7. 1904, 1 d. Dünenwald bei Karwen. 18. 7. 1904. Gesiebt, 1 d. An Fichte, 1 d. Auf Moorwiese bei Klein-Starsin. 24. 7. 1904. 19 gekätschert. Buchenwald südlich von Werblin. 25. 7. 1904. An Fichte, 1 D. Schlucht südlich von Werblin bis zum Buchenwald. 26. 7. 1904. 1 2. Westlich von Kussfeld. 5. 8. 1904. Sumpfige Niederung. 19. !) EnDERLEIN, G. Zur Kenntnis europäischer Psoeiden, Zoolog. Jahrb. Syst. 18. Bd. 1903. p. 365— 382. Taf. 19 und 9 Textfig. ?) Sie wurde durch Herrn Prof. Dr. Lixvau freundlichst determiniert. 28. Ber. d. Wpr. Bot.-Zool. Vereins, “ 6 82 Subfamilie Peripsocinae. Peripsocus Has. 1866. P. phaeopterus (STEPrHR.). Wald zwischen Zarnowitz und Lübkau. 4. 7. 1904. An Aspe mit Flechten bedeckt, 12 Larven. Am Zarnowitzer See nördlich von Lübkau. 5.7. 1904. An Eiche, 1 Larve. Birkenwäldchen an der Chaussee zwischen Zarnowitz und Gross Wierschutzin an der pommerschen Grenze. 10. 7. 1904. 1 d. Dünenwald bei Karwen. 11. 7. 1904. An Kiefer, 1 Larve, 12. An Eiche, 11 2. Karwen. 12. bis 20. 7. 1904. 392. An der Steilküste am Habichtsberg, westlich von Rixhöft, an Hippophae rhamnoides. 12. 7. 1904. Zahlreiche junge Larven. Eichenwald hinter den Dünen nördlich von Karwen- bruch. 14.7.1904. An Eiche, 7 Larven, 6 d', 242. Dünenwald bei Karwen. 14. 7. 1904. An Birke, RE 2 Nymphen, 2 2. Dünenwald westlich von Karwen. 18. 7. 1904. An III Jungen Fichten, 1 d'. { Fig. 5. Geäder der Gattung Dünenwald östlich von Karwen. 19.7.1904. An Birke, 19. Peripsocus. Buchenwald südlich von Werblin. 22. 7. 1904. 1 d. Moor östlich von Werblin. 23. 7. 1904. An Myrica gale, 3 Larven, 6 Nymphen, 3 d' und 37 2. Sn - Buchenwald südlich von Werblin. 23. 7. 1904. 2 2. 25. 7. 1904. An Fichte, 2 2. QNII Rutzau. 28. 7. 1904. An Wachholder, 1 2. Fig. 6. Geäder der Gattung Auf dem Eichberg südlich von Kasimir. 29.7.1904. An ge : Eichen im Kiefernwald, 8 Larven u. Nymphen u. 32. Steilküste, dicht bei und südlich von Schwarzau. An Hippophaö rhamnmordes. 7. 8. 1904. Mehrere Exemplare. Westlich von Ceynowa. 4. 8. 1904. An Kiefer, 1 2. An Weide mit gelben und grauen Flechten, 3 2. Westlich von Hela. 6. 8. 1904. An Sumpfporst (Ledum pualustre), 1 2. P. subpupillatus Mac LACHL Dünenwald westlich von Karwen. 18.7.1904. An jungen Fichten, 1 d', 42. Westlich von Ceynowa. 4. 8. 1904. An Fichte, 1 2. P. alboguttatus (DALn ). Karwen. Dünen. 11. 7. 1904; an Artemisia campestris var. sericea, | J. 12. 7. 1904. An Salix repens L. var. argentata Sm. 1 d\, 22.20, 1 2, gekätschert. Bilawa-Bruch. 13. 7. 1904. An Erica, 19,6%. Westlich von Hela. An Sumpfporst (Ledum palustre). 6. 8. 1904. 12. 12 Trimera. Familie Mesopsocidae. Mesopsocus KoLsBE 1880. .M. umipunetatus (MÜLL.) Wald zwischen Zarnowitz und Lübkau. 4. 7. 1904. An wildem Birnbaum, 2,52%. AnEiche, 7 d'\, 149. An Aspe mit Flechten dicht bedeckt, 20‘. 5.7. 1904. An dürrem Ast am Boden, 22. AnEiche, 1d, 22. Nadolle am Zarnowitzer See. 5. 7. 1904. An Kiefer, 2 d\, 9 8. Chaussee zwischen Zarnowitz und Gross Wierschutzin. An Birkenstämmen, & 6. 7. 1904, 5 weibliche Nymphen, 10 g, 92 (*). An Lindenstämmen, 6 Nymphen, 8 d', 16 2. Gross Wierschutziner Moor. 6. 7. 1904. An Salin, 2 4, 22. Dünenwald bei Dembeck. 7. 7. 1904. An Kiefer, 1 männliche Nymphe, 1 d,4%2. An Eiche, 1 männliche Nymphe, 2 2. Im Birkenwäldchen an der Chaussee zwischen Zarnowitz und Gross Wierschutzin. 9. 7. 1904. 2 dJ. Nördlich von Nadolte. 9. 7. 1904. An Liguster, 2 2. Dünenwald beiKarwen. 11. 7. 1904. An Eiche, 10 2. An Kiefer, 19‘, 12. Dünen bei Karwen, 12. 7. 1904. An Salix repens L. var. argentata Sm., 2 d Dünenwald bei Karwen, 12. 7. 1904. An Fichte, 2 2. Steilküste zwischen Karwen und Rixhöft. 12. 7. 1904. An Hippophaö rhamnoides; häufig. 8 d\, 15 2. Eichenwald hinter den Dünen, nördlich von Karwenbruch, 14. 7. 1904. An Eiche, 6 d\, 22 2. Karwen, Dünenwald. 14. 7. 1904. An Fichte, 1 cd, 42. Bilawa-Bruch. 15. 7. 1904. An Kiefer, 1 d. An Ledum palustre, 15. Dünenwald westlich von Karwen. 18. 7. 1904. An jungen Fichten. Dünenwald östlich von Karwen. 19. 7. 1904. An Birke, 1 2. Dünenwald bei Karwen. 20. 7. 1904. An Kiefer, 1,5%. Eichenwald hinter den Dünen nördlich von Karwenbruch. 20. 7. 1904. An Eiche, 2 9. Buchenwald südlich von Werblin. 22. 7. 1904. 1 g. 23. 7. 1904. 12. 25. 7. 1904. An Fichte, 3 2. Strand zwischen Seefeld und Rutzau. 27. 7. 1904. An wilder Pflaume, 1 Nymphe. Kiefernwald über der Steilküste bei Rutzau. 28. 7. 1904. An Kiefer, 1d, 1498. Auf dem Eichberg südöstlich von Kasimir. In Kiefernwald an Eiche. 29. 7. 1904. 2 Larven, 42 (9). Westlich von Ceynowa. 4. 8. 1904. An Kiefer, 12. Westlich von Kussfeld. 5. 8. 1904. An Kiefer, 2 2. 13 6* 84 Mesopsocus unipunctatus var. pedunculatus ExperrL. 1901. '(Areola postica durch eine Querader mit der Mediana verbunden.) Eichenwald hinter den Dünen, nördlich von Karwenbruch, 14. 7. 1904. 10). Die Färbung des fast ganz flügellosen 2 von Mesopsocus unipunctatus. (MÜLL.) ist sehr variabel. Weit verbreitet sind die Stücke, deren Ab- domen braun gesprenkelt ist und bei denen nur auf dem 3. Tergit seit- lich der Mittellinie je ein größerer brauner bis tief schwarzer Flecken sich findet. In einzelnen Kolonien zeigen sich starke Neigungen nach melanotischer Färbung; diese Tendenz scheint nach dem Norden hin zuzu- nehmen, doch scheint sie aber auch auf gewissen Pflanzen mehr begünstigt zu sein. So gibt es einzelne Kolonien, bei denen die Flecken des 3. Abdominaltereites in der Medianlinie verschmelzen und seitlich über das ganze Tergit ausbreiten; einzeln finden diese sich aber auch in manchen normalen Kolonien. Häufig findet sich dann auch schon eine dunkele Stelle in der Mitte des 2. Tergits. Eine weitere Stufe ist es dann, wenn dieser Fleck des 2. Tergites sich über dasselbe ganz aus- breitet; hier tritt dann häufig noch eine dunkle Färbung des 1. Tergites hinzu. Bei einzelnen Stücken breitet sich die braune Färbung so über die ganze Oberseite des Abdomens aus, daß am Vorderrand jedes Seg- mentes nur eine Querreihe kleiner gelber Punkte übrig bleibt. Die beiden erwähnten Haupttypen und letztgenanntes Extrem führe ich unter den unten angegebenen Namen auf. Vermutlich wird es auch noch extrem melanotische Stücke geben, die vielleicht im hohen Norden häufiger sind. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß Hemineura fusca REUTER 1904 aus Finnland ein melanotisches Stück (2) von Hemineura dispar TETENnS 2 ist, da auch hier eine derartige Variabilität aufzutreten scheint. var. fasciatus nov. ® Die zwei braunen Flecken des 3. Abdominaltergites verbreiten sich zu einer braunen bis tiefschwarzen Querbinde. 2. Tergit zuweilen in der Mitte braun. In Kolonien häufig. Einzelner unter der Stammform. var. bifasciatus nov. 2 Über 2. und 3. Tergit des Abdomen je eine braune bis tief schwarze Querbinde. 1. Tergit zuweilen in der Mitte braun. Einzeln unter var. fasciatus nov. und der Stammform. Dünen bei Karwen. An Salix repens L. var. argentatus Sm. 12, 7. 1904. Dünenwald östlich von Karwen. 19. 7. 1904. An Birke, 1 2. Eichenwald hinter den Dünen nördlich von Karwenbruch. 20. 7. 1904. An Eiche, 12. Kiefernwald oberhalb der Steilküste bei Rutzau. An Kiefer, 28. 7. 1904. 22. 14 | Du Mesopsoceus unipunctatus var. subfuscus nov. 2 Abdomen braun, gelb ist nur eine Querreihe kleiner Punkte am Vorderrande jedes Segmentes. Eichberg südöstlich von Kasimir, An Eiche im Kiefernwald. 29. 7. 1904." 12. Ein zweites Stück diesem sehr ähnlich erbeutete ich am 2. 8. 1903 an Eiche bei Tegel bei Berlin. Elipsocus Has. 1866. E. Westwoodi Mac LAcHL. Zwischen Lübkau und Kortoschin. 5. 7. 1904. 1 d". Dünen bei Karwen. 11. 7. 1904. Gekätschert, 1 2. Dünen bei Karwen. 12. 7. 1904. An Birke, 3 Nymphen, 1 2. Werblin. An Weißdorn an der Chaussee. 21. 7. 1904. 12. Zwischen Seefeld und Rutzau. Nahe dem Strande. An wilder Pflaume, 21.7. 1904, 2 d'. Zwischen Putzig und Seefeld, am Strandabhang. 28. 7. 1904, 1 d. E. hyalinus (STEPH.). Karwen. 20. 7. 1904. 12. Buchenwald südlich von Werblin. 23. 7. 1904. An Fichte, 3 Larven, 2 d‘, Werblin. Am Stamm eines Nußbaumes im Garten. 25. 7, 1904. 1 d. Auf dem Eiehberg südlich von Kasimir. Im Kiefernwald an Eiche. PITRLIOL EL 2: Auf den Moorwiesen zwischen Putzig und Schwarzau (ohne Gebüsch). 3. 8. 1904. 12. Westlich von Ceynowa.. An Weide mit gelben und weißen Flechten. 4. 8. 1904. 4 9, 2492. An Birke, 3 2. E. hyalinus var. abdominalis REuTER 1905. Die Formen auf Nadelholz weisen meist einen dunklen (nicht weißen) Hinterleib auf, indem außer den braunen Lateralstreifen die Dorsalseite sänzlich braun gefärbt ist, oder jedes Segment mit braunen Querstreifen versehen ist, oder wenigstens einige Segmente in der Mitte solche Quer- streifen oder kleine zu einer Querreihe angeordnete Flecke aufweisen. Es finden sich alle Übergänge zur Stammform. Vergleiche Stenopsocus Lachlani KoLgE! Die var. abdominalis Reur. habe ich aus Deutschland bisher noch uicht nachgewiesen; REUTER fand sie in Finnland ebenfalls auf Nadelholz. Buchenwald südlich von Werblin. An Fichte. 23. 7. 1904. 12. Kiefernwald auf der Anhöhe der Steilküste bei Rutzauu An Kiefer. 28.7. 10H FE 2. Seefeld. An einer Kiefer am Strand. 31. 7. 1904. 192. Westlich von Ceynowa. An Kiefer. 4. 8 1904. 3 Larven, 10 2. Kussfeld-Heisternest. An Kiefer. 5. 8. 1904. 12. 15 86 Westlich von Kussfeld. An Kiefer. 5. 8. 1904. 12. Zwischen Heisternester Leuchtturm und Hela. An Kiefer. 1 d, 14 2. Südöstlich von Hela. An Kiefer in den Dünen. 8. 8. 1904. 1 9, 12. Elipsocus cyanops RosSTock. Nadolle am Zarnowitzer See. 5. 7. 1904. An Kiefer, 1 2. Dünenwald bei Dembeck. 7. 7. 1904. An Kiefer, 12 Dünenwald bei Karwen, 11. 7. 1904. An Artemisia campestris var. sericea, 2 2. An Birke im Kiefernwald, 1 2. Dünen bei Karwen. An Salix repens L. var. argentata Sm. 12. 7. 1904. 12. Dünenwald bei Karwen. Gekätschert. 12. 7. 1904. 32,12 (). Westlich von Rixhöft. Gekätschert. 1 d. 12. 7. 1904. (*). Dünenwald bei Karwen. An Kiefer. 12. 7. 1904. 22. Eichenwaid hinter den Dünen, nördlich von Karwenbruch. An Eiche. JAMSENI0A 79: Dünenwald westlich von Karwen. An junger Fichte. 18. 7. 1904. 22. Gekätschert 1 2. 20. 7. 1994. An Kiefer, 1 2. Kiefernwald auf der Anhöhe über dem Strandabhang bei Rutzau. An Kiefer. 28. 7. 1904. 22 2. Westlich von Ceynowa. 4. 8. 1904. 42. Westlich von Kussfeld. An Kiefer. 5. 8. 1904. 12. Zwischen Kussfeld und Heisternest. Im Kiefernwald. 5. 8. 1904. 12. Beim Heisternester Leuchtturm. An Kiefer. 6. 8. 1904. 22, 2 Larven. Westlich von Hela. Auf Calluna vulgaris; wahrscheinlich von Kiefer darauf gefallen. 6. 8. 1904. 12. Zwischen Heisternester Leuchtturm und Hela. An Kiefer, 2 9. In den Dünen östlich von Hela. An Kiefer. 8. 8. 1904. 4 Larven, 172. Philotarsus KoLsE 1380. P. flaviceps (STEPH.) Dünenwald östlich von Karwen. An Birke. 19. 7. 1904. 8 junge Larven. Buchenwald südlich von Werblin. 23. 7. 1904. 11 junge Larven. Kiefernwald oberhalb der Steilküste bei Rutzau. 28. 7. 1904. An Kiefer, 7 größere Larven. Auf dem Eichberg südöstlich von Kasimir. An Eiche im Kiefernwald. 29. 7. 1904. 6 Larven. Westlich von Ceynowa. An Weide mit gelben und grauen Flechten. 4. 8. 1904. 3 Larven, 2 Nymphen. An Hippophaö rhamnoides L. südlich von und dicht bei Sehwarzau am Ahhange des Putziger Wieks. 3. 8. 1904. 5 d. Westlich von Ceynowa. 4. 8. 1904. An Kiefer, 11 Larven und Nymphen, 5 d, 21 2. An Birke, 1 Nymphe, 1 2. An Fichte, 5 Larven und Nymphen, 2 2. 16 87 Westlich vonKussfeld. 5. 8. 1904. AnFichte, 34‘, 142. AnKiefer, 4Larven. Heisternester Leuchtturm bis Hela. An Kiefer. 6. 8. 1904. 4 Nymphen, 2 2. Westlich von Hela. An Sumpfporst (Ledum palustre). 6. 8. 1904. 14 Larven und Nymphen, 1 2. An Calluna vulgaris, 6. 8. 1904, 1 Nymphe. Dünen östlich von Hela. An Kiefer. 8. 8. 1904. 4 Larven, 3 2. Oliva bei Danzig. 9. 8. 1904. 12. Heubude bei Danzig. 9. 8. 1904. An Fichte, 1 Nymphe, 1 2. Familie Atropidae. Hwuperetes KoLsz 1880. H. questfalicus KoLsE 1880. Wald zwischen Zarnowitz und Lübkau. 4. 7. 1904. An Eiche, 1 Exemplar. Lübkau. An Fichten am Zarnowitzer See. 5. 7. 1904. 1 Exemplar. An Birkenstämmen auf der Chaussee zwischen Zarnowitz und Gross Wier- schutzin. 6. 7. 1904. 1 Exemplar. Gross Wierschutziner Moor. 6. 7. 1904. An Kiefer, 1 2. Dünenwald bei Karwen. 12.7. 1904. An Kiefer, 2 Exemplare. An Birke, 15 Nymphen. Westlich von Rixhöft. 12. 7. 1904. An Wachholder, 17 Exemplare. Eichenwald hinter den Dünen nördlich von Karwenbruch. 14. 7. 1904. An Eichen, 31 Exemplare. Dünenwald bei Karwen. 14. 7. 1904. An Fichte, 7 Exemplare. Dünenwald westlich vonKarwen. 18.7.1904. Anjungen Fichten, 10 Exemplare, Dünenwald östlich von Karwen. 19. 7. 1904. An Birke, 7 Exemplare. 20. 7. 1904. 3 Exemplare. Karwen. 20. 7. 1904. An Kiefer, 9 Larven und Imagines. Eichenwald hinter den Dünen nördlich von Karwenbruch. 20. 7. 1904. An Eiche, 26 Exemplare. Buchenwald nördlich von Werblin. 23. 7. 1904. An Fichte an der Chaussee, 1 Exemplar. Kiefernwald oberhalb der Steilküste bei Rutzau. 23. 7. 1904. 10 Exemplare. Rutzau. 28. 7. 1904. An Wachholder, 48 Exemplare. Eichberg südlich von Kasimir. 29. 7. 1904. An Eiche im Kiefernwald, 2 Exemplare. Westlich von Ceynowa. 4.8. 1904. An Kiefer, 9 Exemplare. An Fichte, 16 Exemplare. An Birke, 4 Exemplare. An Weide mit gelben und grauen Flechten, 2 Exemplare. Westlich von Kussfeld. 5. 8. 1904. An Fichte, 14 Exemplare. An Kiefer, 10 Exemplare. Heisternester Leuchtturm. 6. 8. 1904. An Kiefer, 5 Exemplare. Östlich von Hela. 8. 8. 1904. An Kiefer in den Dünen, 2 Exemplare. Heubude bei Danzig. 9. 8. 1904. An Fichte, 5 Exemplare. An Weide, 3 Fxemplare. 17 88 Myopsoenema Exverı. 1905. M. annulata (Hac.) Putziger Nehrung. Cefhonet 4. 8. 1904. Im Zimmer, 1 Nymphe über den Tisch laufend. Familie Troctidae. Troctes Burm. 1839. T. divinatorius (MÜLL) Karwen. 19. 7. 1904. Im Zimmer, 1 2. Putzig. 1. 3. 1904. In einem Geschäft, 1 2. T. silvarum KOLBE. Dünenwald bei Karwen. 11. 7. 1904. An Birke, 12. 18 sg Die Sumpischildkröte, Emys europaea SCHWEIGG., in Westpreussen '). Von Dr. P. DAHMS in Danzig. Aıs ich die Druckbogen zur Arbeit des Herrn Dr. Wırvy WOLTERSTORFF, Kustos am Naturwissenschaftlichen Museum zu Magdeburg, „Beiträge zur Fauna der Tucheler Heide)“ durchsah, stieß mir eine Stelle auf. Es war dort gesagt, daß die nicht in ganz Ostdeutschland verbreitete Sumpfschildkröte, sehr selten und scheu geworden sei. Bei seiner Bereisung der Kreise Tuchel und Schwetz vermochte der Verfasser, abgesehen von einer unkontrollierbaren Angabe, deshalb auch nichts über sie erfahren. Bei den gelegentlichen Funden — fährt Herr Dr. WOLTERSTORFF fort — sei es deshalb auch sehr schwer zu erkennen, ob es sich um einheimische oder verschleppte Exemplare handele. Die Sumpfschildkröte werde in großen Mengen aus Italien importiert, ent- weiche recht häufig aus der Gefangenschaft oder werde in Freiheit gesetzt und halte sich dann oft lange Zeit im Freien. Da ich früher in Graudenz und Marienwerder eine kleine Zahl von Notizen gesammelt habe, die diesen Todesbericht über unsere Schildkröte nicht zu bestätigen schienen, so teilte ich sie dem Herrn Verfasser mit. Der sah aber bei der großen Verzögerung, welche die Drucklegung seiner Arbeit bereits erfahren hatte, in jeder weiteren Auseinandersetzung oder Abänderung der Druckbogen ein neues Hinausschieben für den endlichen Abschluß und bat ınich, über meine Erfahrungen allein, vielleicht in Anlehnung an seine Arbeit, zu berichten. Da meine Zeit damals sehr in Anspruch genommen war, kam diese Angelegenheit in Vergessenheit und erfuhr erst wieder einen Anstoß durch den Bericht unseres Mitgliedes, des Herrn Lehrer Hans Prkuss in Danzig, über „Botanische Untersuchungen im Kreise Löbau, östlich der Drewenz (Fortsetzung und Schluß)®)“. Weil auch von ihm das Vorkommen des Tieres in Westpreußen zweifellos festgestellt worden war, griff ich die an- geregte Frage wieder auf und wandte mich mit der Bitte um genaue Auskunft an eine Reihe von Herren, die mir bereits früher Mitteilungen in dieser Hin- sicht gemacht hatten oder mir zur Anfrage empfohlen waren. Ihnen allen !) Vortrag, gehalten am 11. April 1906 in Danzig (gekürzt). 2) Schrift. der Naturf. Ges. in Danzig, N. F. Bd. 11, Heft 1 und 2, 1904, 8. 140-240. Mit einer Tafel und fünf Dextfiguren. Verel. S. 205. 3) Jahresbericht des Preußischen Botanischen Vereins. 1904/1905, 8. 23. 1 90 möchte ich an dieser Stelle für ihre Bereitwilligkeit und Freundlichkeit noch- mals meinen besten Dank aussprechen! — Dann sah ich auch die einschlägige Literatur durch, um ein möglichst vollständiges Bild zu gewinnen, und faßte die Ergebnisse zu diesem kurzen Überblick zusammen. Während unsere Sumpfschildkröte’noch nach der Eiszeit die Sümpfe und Moore von ganz Deutschland bis an den Rhein und nach England hin belebie, ist sie jetzt nur noch im Nordosten bei uns heimisch'). Fossile Reste von ihr liegen aus verschiedenen Teilen unserer Provinz vor; zum ersten Male wurden Schildstücke des Tieres 2 m tief im Torf bei Georgenburg (!) im Kreise Stuhm?) aufgedeckt, dann übergab Herr Lehrer A. Wunsch in Rehden, Kreis Graudenz, dem Provinzialmuseum in Danzig ebenfalls zahlreiche derartige Bruchstücke aus einem Torfbruche der dortigen Gegend°). Im Kreise Dirschau wurden zwei vollständige fossile Panzer «gefunden, der erste stammt aus Wiesenmergel von Mittel Golmkau‘), der andere wurde in Roschau°) beim Moderausstechen 2,5 m unter Tage gefunden. Panzerteile liegen ferner vor aus Paulsdorf®), Kreis Preußisch Stargard, wo sie 3 m tief zwischen Torf und Wiesenkalk gefunden wurden, sowie aus Waldhaus’), ebenfalls im Kreise Preußisch Stargard, wo im Jahre 1878 bei Gelegenheit forstfiskalischer Arbeiten im Bruche an der Försterei die Schale einer Zmys in 1 m Tiefe angetroffen und durchstochen wurde; das Exemplar ging leider verloren. Über das Vorkommen der lebenden Schildkröte erhalten wir von ver- schiedener Seite her Auskunft. Rzaczynskı°), der uns auf viele Fragen, die die Provinz Westpreußen betreffen, ausführlich Auskunft erteilt, schweigt in dieser Hinsicht vollständig und zählt nur eine Reihe von Funden in Polen auf. HeisrıcH RATHKE’) sagt dann im Jahre 1846, daß das Tier in der südlichen Hälfte von Ostpreußen häufig, in der nördlichen Hälfte dieser Pro- vinz und in Westpreußen sehr selten sei. H. Coxnwextz') spricht sich I) BREHM: Tierleben. Dritte eänzlich neubearbeitete Auflage. Herausgegeben von Prof. Dr. PECHUEL-LOESCHE. Leipzig und Wien. 1892, S. 566. 2) Verwaltungsbericht des Westpreußisehen Provinzial-Museum in Danzig für 1887, S.6. Im Gemeindelexikon der Provinz Westpreußen 1898 ist Georgenburg nicht verzeichnet. Vielleicht liest eine Verwechselung mit Georgendorf oder Georgenhof vor!? 3) Verwaltunesbericht usw. für 1895, S. 23. 4) Verwaltungsbericht usw. für 1892, S. 12. 5) Verwaltungsbericht usw. für 1896. 1897. S. 23. 6) Verwaltungsbericht usw. für 1898. 1899. S. 22. 7) TREICHEL, A.: Zoologische Notizen. VII; 3. Emys europaea SCHWEIGG., fossil Schrift. d. Naturf. Ges. in Dauzie. N. F. Bd. 7, Heft 2, 1889, S. 257 — 260. 8) RzaczynsKkı, P. GABRIEL: Historia naturalis euriosa regni Poloniae, magni ducatus Lituaniae, annexarumque provineiarum usw. Sandomiriae 1721 und Auetarium historiae naturalis euriosae reeni Poloniae ete. Gedani 1745. 9) Verzeichnis der in Ost- und Westpreußen vorkommenden Wirbeltiere. Neue Preuß. Prov.-Bl. Jahrg. 1846, Bd. 2, S. 1—24; vergl. S. 16. 10) GonwENnTz: Die einheimische Wirbeltier-Fauna I. Schrift. der-Naturf. Ges. in Danzig. N. F. Bd. 6, Heft 1, 1884, S. 9—13; vergl. S. 13. 2 91 im Jahre 1884 unumwunden dahin aus, daß es gewiß in der Provinz häufig sei; seine Verbreitung aber festgestellt werden müsse. In seinem „Lierleben* berichtet schließlich Brkmm!), die Schildkröte bewohne „fließende und stehende Gewässer in Brandenburg, Posen, West- und Ostpreußen, Pommern und Mecklenburg, vielleicht auch einen Teil von Schlesien, also ausschließlich das Gebiet der Oder und Weichsel. In der Havel und Spree ist sie, obgleich sie meist nur stellenweise regelmäßig beobachtet wird, nicht selten, in der südlichen Oder und Weichsel fehlt sie ebensowenig; der Ostsee dagegen nähert sie sich nicht“. Während sie bei uns in Deutschland auf die nordöstlichen Bezirke zurückgedrängt ist, nimmt H. Sınrorn an, daß sie sich neuerdings das Gebiet von Leipzig wiederzuerobern suche. Für die Provinz Westpreußen liegen nun auch Fundortangaben in größerer Menge vor. Im folgenden sollen sie, möglichst übersichtlich zusamınengestellt, ein allgemeines Bild von dem Vorkommen des Tieres zu geben versuchen. lüs scheint mir zweifellos, daß bei weiteren Nachfragen die Zahl der Fundorte sich beliebig vergrößern lassen wird. — Dabei liegt mir fern, in jedem be- sonderen Falle den Wert der betreffenden Angabe zu erörtern, besonders da ich möglichst jedesmal bei der Aufzählung bereits ausdrücken will, wieweit die Angaben als weniger zufriedenstellend aufzufassen sind. Eine besondere Schwierigkeit bietet sich noch dadurch, daß die Beobachtungen nicht immer aus annähernd derselben Zeit stanımen. Tatsächlich wird die Melioration auch in Westpreußen dem Tiere mit der Zeit die Existenz immer mehr und mehr erschweren; jetzt aber freut es sich noch an verschiedenen Lokalitäten unserer Provinz seines Daseins. — Von den Kreisen auf der rechten Seite der Weichsel kommen, von der Quelle ber zur Mündung hin angeordnet, die folgenden in Betracht: Kulm. Diese Angabe stammt von FRIEDRICH SAMUEL Bock’), der von der Schildkröte schreibt, daß sie „im Culmischen an stille stehenden kleinen Seen“ vorkomme. Hervorgehoben muß werden, daß Bock nur das alte Culmerland gemeint haben kann. Besser unterrichtet sind wir über das Vorkommen im Kreise Graudenz. Nach Angaben des verstorbenen Botanikers SCHARLOCK und unseres Vereins- mitgliedes, des Herrn Oberlandesgerichts-Sekretär ScHorz, — beide in Marienwerder — kommt das Tier sicher „in einem See südlich von Graudenz bei Mischke“ vor. (Angabe des Herrn Oberlehrer Reugers; 29. Nov. 1905). — Auch in der Nähe der Rondsener Seen sind öfters Schildkröten gefunden worden. Wiederholt wurden mir solche während meines Aufenthaltes in Graudenz zum Verkaufe angeboten, und ein Fischer erbot sich sogar, sie mir auch in größeren Mengen zu liefern, wenn ich nur für jedes Stück 0,50 M zahlen wollte. — Am 4. Mai 1895 wurde in der Nähe von Mischke, bei 1) BREHM: Tierleben. S. 566. 2) Versuch einer wirtschaftlichen Naturgeschiehte von dem Königreich Ost- und West- preußen. Bd. 4. Dessau 1784. 8, 468—470. 3 92 Schwenten, ein solches Reptil gefangen. Arbeitsleute waren auf einem Felde mit dem Ausnehmen von Kartoffeln beschäftigt, als aus dem nahen Bache eine Emys herausstieg und erbeutet wurde. Da man das Tier für eine große Seltenheit hielt, wurde es in die Stadt gebracht und nach längeren Verhand- Jungen von der damaligen Realschule angekauft, um den Schülern gezeigt zu werden. Ich selbst habe es in den einzelnen Klassen demonstriert. Reichlicher noch sind die Ergebnisse im Kreise Marienwerder. Nach freundlicher Mitteilung des Herrn Oberlehrer A. REHBERG in Marienwerder sind Schildkröten früher im Mariensee bei Schloß Mareese beobachtet worden. Der Königl. Förster, Herr Berrz in Honigfelde, teilte mir auf eine Anfrage hin mit (24. Nov. 1905), daß vor ungefähr fünf Jahren ein Tier auch in Mareese in ver- sumpften Gräben gefangen sei. Ferner habe er seit ungefähr 40 Jahren auf dem Ge- meindebruch von Honigfelde, der sogenannten Bulava, eine Sumpfschildkröte in der Herbstzeit abends pfeifen gehört. — In der Liebe, nahe der Graudenzer Chaussee, wurde sie in den sechziger Jahren von Herrn Oberlehrer WACKER in Marien- ‚ werder beobachtet'!). Mit der Entwässerung der sumpfigen Uferpartien soll sie von hier verschwunden sein. Auch im Schwanlundersee, der nahe der Ortschaft Neuhöfen liegt und durch Gräben mit dem „großen Wassergang“, der in die Liebe einmündet, in Verbindung steht, wurden Schildkröten beobachtet. Heute sollen dart, wie mir Herr Oberlehrer REHBERG mitteilt (2. April 1906), keine mehr vorkommen. — Früher wurden Emys auch bei Sedlinen beobachtet. Herr Oberlehrer A. REHBERG teilt mir mit (20. Nov. 1905), daß vor ca. acht Jahren ein Schüler des Gymnasiums in Marienwerder, der Sohn des Bahnhofsvorstehers in Sedlinen, ein Exemplar nach der Schule mitbrachte, das er an seinem Heimatorte gefangen haben wollte. Nach einer anderen Notiz des Herrn REHBERG sollen auch in der Jammi’er Forst, die an Sedlinen grenzt, und in Ellerwalde Schildkröten beobachtet worden sein. Diese beiden Angaben stammen vom Obersekundaner BRÜCKNER in Marienwerder, dem Sohne des dortigen Landrats (29. Nov. 1905). Reichlich sind auch die Angaben aus dem Kreise Stuhm. Wie Herr Dr. SELIGO, Sachverständiger des Westpreußischen Fischerei-Vereins, mir auf meine Anfrage mitteilt (1. Dez. 1905), kommen diese Reptile im nordöstlichen Teil des Kreises vor. In Fischteichen machen sie sich dadurch bemerkbar, daß sie die Schwimmblase und die daranhängenden Eingeweidereste der unter Wasser verzehrten Fische schwebend oder auf der Oberfläche schwimmend zurücklassen müssen. Auch in Damerausee ist die Sumpfschildkröte von Herrn FLOEGEL in Marienburg beobachtet worden!) ?), desgleichen von Herrn Guts- besitzer SPEISER sen. in Budisch (vergl. Schrift. d. Naturf. Ges.?)). Von dem Fundorte Willenberg, den Bock angibt, ist nicht zu ermitteln, ob er diesem >) Kreise angehört oder den Kreisen Braunsberg oder Ortelsburg in Ostpreußen. 1) CONWENTZ: Die einheimische Wirbeltier-Fauna. II, Schrift. d. Naturf. Ges. in Danzig. N. FE. Bd. 6, Heft 2, 1885, S. 6-11; vergl. 'S. 10. 2) Verwaltungsber. d. Westpr. Prov.-Museums für 1587, S. 6, 4 Jedenfalls ist das Vorkommen in unserer Nachbarprovinz gemeint, da gleich- zeitig Neidenburg angeführt wird. Wird der Landkreis Elbing noch den vorigen zugezählt, so ist auf die Angabe Bock’s hinzuweisen, nach der die Sumpfschildkröte in der Umgegend von Elbing vorkommt. -— Von den aufgezählten Kreisen führen Kulm und Graudenz ihr Wasser an die Weichsel, die anderen an die Nogat ab; aus Thorn und Marienburg fehlen Beobachtungen und Angaben. Von den Kreisen, die der linken Seite des Weichselstromes dicht angrenzen, liegen folgende Angaben vor: Herrn Oberlehrer Dr. A. TÜMMLER in Zoppot, früher in Graudenz, wurden von seinen Schülern zweimal lebende Schildkröten gebracht. Sie stammten aus den Weichselteichen, jenseits des Stromes, also aus dem Kreise Schwetz. Wie Herr Dr. TümuLer mir mitteilt (10. Dez. 1905), sind jeden- falls Sanskau und Dragass als die Fundorte anzusehen. Lebende Tiere sind in den Kreisen Mewe und Dirschau nicht beobachtet, doch liegt dann wieder eine interessante Angabe!) aus dem Kreise Danziger Niederung vor, der freilich durch den Unterlauf der Weichsel fast in der Mitte durchgeschnitten wird. Zmys europaea SCHWEIGG. ist nämlich lebend auch in dem Festungsgraben von Weichselmünde nachgewiesen worden. —- Von derselben Bedeutung ist das Vorkommen des Tieres im Stadtkreise Danzig. Wie mir der Quintaner SEIDLITZ vom hiesigen Städtischen Gymnasium mitteilt, fing im Sommer des vorigen Jahres (1905) ein Knabe, der im seichten Wasser des Danziger Ravelins watete, eine Schildkröte. An den folgenden Tagen suchte er dieselbe Stelle wiederholt auf, um Fische für seinen Pflegling zu fangen. — Früher war die Schildkröte auch in der Schuitenlake anzutreffen. Herr Landesgerichtsrat OÖEHLSCHLÄGER-Danzig erzählte mir, daß vor ungefähr 60 Jahren sein Großvater, der Prediger in Danzig war, eine Emys aus jenem Gewässer besessen habe. Ein Holzflößer hatte das junge Tier gesehen und ihm bei seinen Bemühungen, es zu erhaschen, mit seinem Bootshaken den Panzer durchstoßen; die Wunde heilte später vollkommen aus. Da das Tier im Hause ungehindert Freiheit hatte, so tummelte es sich gern im Garten, wo es mit Anbruch des Winters verschwand. Mit den ersten warmen Tagen tauchte es plötzlich wieder auf, freilich etwas matt, aber sonst vollkommen gesund. In warmes Wasser gesetzt, gewann es bald seine alte Munterkeit wieder und hielt sich jahrelang in der Gefangenschaft. In die Drewenz entlassen ihre Wassermassen auch die Kreise Briesen und Löbau. In den Gewässern des ersteren wurde eine Emys gefangen, deren Schaie Herr Rektor Hrym in Briesen dem Provinzial-Museum in Danzig schenkte?). Ein anderer Fundort ist Hohenkirch. Herr Oberrealschul-Direktor GroTT in Graudenz teilte mir gelegentlich mit, daß die £mys in den Brüchern 1) Verwaltungsber. d. Westpr. Prov.-Mus. für 1887, S. 6. 2) Verwaltungsber. d. Westpr. Prov.-Mus. für 1904. 1905, S. 18. 5 94 von Hohenkirch durch ihr schrilles Pfeifen sich oft bemerkbar mache. — Im Kreise Löbau traf Herr Lehrer Hays PrEuss unsere Schildkröte im Lorkener Bruch selbst lebend an. Wie er mir freundlichst mitteilt, haben Schulkinder solche Tiere hier und auch noch an anderen Orten des Kreises Löbau gefangen. Ein kürzlich erbeutetes Exemplar (Mitteilung vom 21. Dez. 1905), das Herr Lehrer MASURKE von einem der Anwohner erhielt, leste in Gegenwart des Herrn Preuss eine Menge Eier ab. Dieser hörte auch eines Abends am Kielpiner See das eigentümliche Pfeifen der Tiere, das man sonst wohl häufiger zur Paarungszeit wahrnimmt. Schon im Kreise Rosenberg hörte Herr Lehrer PrEuSss im Jahre 1902 die Leute von „wilden* Schildkröten erzählen. In dem Kreise $trasburg kommt die Schildkröte in den Seen, die nördlich der Stadt Strasburg liegen, vor. Herr Dr. SELIGO, der mir hiervon Mitteilung macht, erhielt seinerzeit ein 26 cm langes Exemplar von dort. Auch in den Ellernsümpfen des Zoppoter Gutslandes, Kreis Neustadt, soll einmal — wie mir Herr Dr. TÜMMLER mitteilt — eine Schildkröte gefangen worden sein. Leider waren alle weiteren Erkundigungen, die nach dieser Richtung hin angestellt wurden, ohne Erfolg. Jedenfalls wäre es von großer Bedeutung, wenn dieses Gerücht sich bewahrheitete. ö Herr Regierungsrat KREKELER in Marienwerder teilte ferner Herrn Ober- lehrer REHBERG mit, daß diese Tiere auch auf dem Gute seines Bruders, auf Kappe bei Lanken im Kreise Flatow, vorkommen. Dieser Fundort ver- dient deshalb Beachtung, weil sein Abfluß durch das Gebiet der Netze zur Oder führt. Fundstellen für das lebende Tier sind also von 13 der 27 Kreise mehr oder minder sichergestellt. Dabei muß noch einmal darauf hingewiesen werden, daß Angaben, die für einzelne von ihnen in besonders reicher Anzahl vor- liegen, nicht beweisen, daß Emys hier besonders oft vorkommen. Die Zahl der Beobachtungen weist vielmehr nur darauf hin, daß mir von hier aus Mit- teilungen in besonders reichem Maße zugingen. Wie das Tier bei seinem lichtscheuen Wesen leicht zu falschen Schlüssen über sein Vorkommen Ver- anlassung geben kann, zeigt der folgende Fall. Bei Abfassung einer Heimat- kunde von Mähren im Jahre 1898 sagt der Verfasser, daß ihm von der Sumpfschildkröte nichts bekannt sei. Unter anderen gibt er schließlich ar, daß sie noch zu Anfang des vorigen Jahrhunderts eine Seltenheit war. Dabei ist das Reptil den Bewohnern von Ostrau in Mähren und der Umgebung keine seltene Erscheinung; häufig wird es in Sümpfen angetroffen, auf dem Markte verkauft und in die Schulsammlungen eingereiht. Eine Reihe von Nachweisen stellt ferner fest, daß die enropäische Sumpfschildkröte in Mähren und Öster- reichisch-Schlesien ') wirklich lebt und sich auch fortpflanzt. 1) SuycKA, Franz: Erster Berieht über das Vorkommen der europäischen Sumpfschild- kröte (/ömys lutaria Mars.) im Flußeebiete der Oder in Mähren und Österreichisch-Schlesien. Sitzungsber, der königlich böhm. Ges. der Wissensch., Math.-Naturw. Klasse, Jahrg. 1899, Prag 1900. Abt. XV. 8 05 Jedenfalls ergeben die für Westpreußen aufgeführten Fundorte, daß Zmys europaea SCHWEIGG. in Westpreußen vorkam und auch heute noch vor- kommt. Die Funde von Elbing, in der früheren Schuitenlake, in den Festunes- gräben von Danzig und Weichselmünde ergeben — falls es sich in letzteren beiden Fällen nicht um ausgesetzte oder entronnene Exemplare handelt — im tegensatz zu BREHM das interessante Ergebnis, daß die Schildkröte sich in der Weichsel der Ostsee, wie früher, auch heute noch nähert. In seiner wirtschaftlichen Naturgeschichte unterscheidet Bock freilich zwischen einer Fiuß- und einer Landschildkröte in den Provinzen Ost- und West- preußen. Die allgemeinen unterscheidenden Merkmale gibt er in beiden Fällen richtig an, was Lebensweise und Vorkommen angeht, laufen seine Angaben aber einzig und allein auf solche für die Sumpfschildkröte hinaus. Unter den niedergelegten Mitteilungen ist eine für mich besonders bemerkenswert, auf die ich hier kurz eingehen will. Er erzählt, daß man die Schildkröte Tranktonnen und Küchenspülwasser Wochen und Monate lang unterhalten, aber nicht gespeiset* habe. Dieselbe Methode, das Tier für. lange Zeit gesund und frisch zu erhalten, habe ich auch noch während meines Auf- enthaltes in Marienwerder als einzig empfehlenswert wiederholt von ver- schiedenen Personen angeben gehört. Dabei wurde gleichzeitig ausgedrückt, daß es nicht lohnend sei, dieses Tier gefangen zu halten, da man es doch so gut wie nie zu Gesichte bekäme. Daß die Schildkröte von den Abfällen in der trüben Flüssigkeit und den Jugendzuständen verschiedener Insekten, die „ın in dem Spül- und Abwasser einen äußerst günstigen Ort für die Eiablage sahen, sich ernähren konnte, ist ersichtlich. Bemerkenswert ist nun aber die Fortsetzung dieser Notiz, die Bock an einer anderen Stelle gibt. „Binige hiesige Landleute werfen sie in den Trank der Schweine, weil sie die Er- fahrung haben wollen. daß diese davon besser zunehmen und für mancherley Zufällen bewahret bleiben.“ Hier hat man in richtiger Ahnung unbekannter Natürgesetze auf Grund praktischer Erfahrung das Richtige getroffen, indem man das Reptil als lebendigen „Durchlüfter* verwendete. Dieser Fall, daß lebende, durch Lungen atmende Tiere mittels ihrer Bewegungen dem Wasser neue und frische Atemluft zuführen, damit die Tätigkeit von Fäulnis- und Gährung erzeugenden Pilzen und dadurch wieder die Entstehung gesundheits- schädlicher Stoffe unterdrücken, steht in der Literatur nicht vereinzelt dar. In den Brunnenanlagen der Oasen leben verschiedene Wirbeltiere, die wohl ausnahmslos den Lurchen augehören. Wie berichtet wird, sollen die Wüsten- bewohner derartige mitgeschöpfte Tierchen in die Wasseransammlung zurück- werfen, auch wenn sie nicht nur vorüberziehen, sondern sich noch längere Zeit hier aufhalten müssen. Wissen sie doch, daß das Wasser ungenießbar wird, wenn man die beweglichen Insassen entfernen würde. Ein weiterer interessanter Gebrauch von lebenden Tieren als Durchlüfter wird auf dem Fischmarkte in München gemacht?). 1) Vergl.: Ein lebendiger Durchlüfter. Die Natur. N. F. Bd. 27, Jahrg. 1901, Nr. 32 8.382.383, T 96 Dort setzen die Bauernweiber, die für die Angler kleine Köderfische zum Ver- kaufe bringen, in das Wassergefäß noch einen lebendigen Frosch hinein. Fische und Wasser bleiben, wie die Frauen behaupten, viel frischer, wenn man in dieser Weise verfährt. Tatsächlich wird durch die beständige Be- wegung des Frosches, besonders durch seine fortgesetzten Bemühungen, an. den Wänden des Behälters emporzuklimmen, das Wasser mit der Luft in innige Berührung gebracht. Der in ihr enthaltene Sauerstoff löst sich in reichlicher Menge in ihm und bietet dadurch günstigere Atmungsverhältnisse für die Fische. Über die Schwemmlandinsel Messina, ihre Besiedelung durch Pflanzen und interessante Pflanzenformen auf derselben , Von Oberlehrer P. LANGE in Danzig. An der Hand mehrerer seit 1840 von der Königlichen Strombauverwaltung aufgenommener Karten?) des Weichseldurchbruchsgebietes von Neufähr erläuterte Vortragender zunächst die Entstehung der Insel. Den Namen erhielt sie durch den Volksmund nach einem Schoner MEssına, der im November 1867 auf einer Sandbank vor Östlich-Neufähr gestrandet war. Die heute etwa 10 ha große Insel von Dreiecksform zeigt als Kern eine an ihrer höchsten Stelle 5,60 m hohe Düne mit Vordüne. Gut gelungene Photographien, von Herrn stud. mach. KonkAp HOFFMANN aufgenommen, veranschaulichen die Düne und den auf derselben gelegenen Cholerakirchhof. Die Luvseite der Düne steigt wie immer sehr allmählich an, etwa unter einem Winkel von 15°, die Leeseite fällt unter einem Winkel von 45° ab. Eine zirka '/, Meile lange Mole verbindet die Insel mit Östlich-Neufähr und begrenzt zusammen mit der Messinainsel und anderen Schwemmlandinseln einen See mit brackischem Wasser, der ein reiches Vogelleben zeigt. Bei Seewinden dringt Seewasser in den Messinasee im Osten der Insel ein und überschwemmt die niedrigen Stellen der Insel. Bei hohem Wasserstande der Weichsel dringt Wasser durch die nicht fest gefügte Mole, bringt den Messinasee zum Steigen und überschwemmt dieselben Stellen. Unter dem Einflusse dieses wechselnden Wasserstandes haben sich an dem Messinasee auf der Insel eine Reihe interessanter Pflanzenformen herausgebildet, die darin einander mehr oder weniger gleichen, daß sie sich mit ihren Achsen dem Boden anschmiegen und Rosetten von beträchtlichen Ausmaßen bilden. So finden wir dort: 1. Phragmites communis 'TRINTUS b. repens G. F. W. MEYER; die Grundachsen, welche über dem Boden hin- ziehen, bilden geradezu Lianen, von denen einige die stattliche Länge von 12 m erreichen. Das Beschreiten der mit Phragmites bewachsenen Stellen erfordert einige Aufmerksamkeit, da die festen, wirr durcheinander gelagerten Triebe sich wie Fallstricke erweisen. Fine im Saale des Kurhauses ausgestellte Grundachse, die sich über die Hälfte der Längsseite hinzog, ferner eine Photographie dienen als Belegstücke. In der etwa 100 Blätter 1) Bericht des Verfassers über seinen Vortrag, gehalten auf der 28. Hauptversammlung in Zoppot, am 7. Oktober 1905. 2) Herr Königlicher Landmesser SIEMENS hatte dieselben bereitwilligst für den Tag zur Verfügung gestellt. 28. Ber, d. Wpr. Bot.-Zool, Vereins. ı 7 98 umfassenden Ausstellung der Messinapflanzen befand sich 2. Agrostis alba L. d. maritima G. F. W. MEYER mit aufsteigenden Halmen, steiflichen, bläulich- grünen Blättern und sehr gedrängten Rispen von demselben Teile der Insel, wie die folgenden Pflanzenformen: 3. Agrostis vulgaris Wırr b. stolonifera G. F. W. MEYER in Rosetten von 3,34 m Durchmesser, 4. Juncus bufonius b.. ranarius PERRIER und SONGEON, mehrere Individien gemeinsam wurzelnd und dem Boden aufgelagert, 5. Polygonum lapathifolium L. b. prostratum WIMMER, 6. Polygonum Persicaria L. c. incanum ASCHERS., 7. Atriplex hastatum L. II triangulare WILLD. b. salinum 2. prostratum BOUCHER, 8. Ranunculus sceleratus L. b. pygmaeus PAPE, 9. Anthyllis vulneraria L. b. maritima Scuwsc. in Rosetten von 1 m Durchmesser, 10. Artemisia salina L. b. maritima WırLıLd. — Pflanzen- geographisch bemerkenswert ist das Vorkommen von Spergularia salina PRESL. und Aster Tripolium L. östlich der Weichsel. — Zu den Riesen Messinas ist ein 70 cm hohes Exemplar von Plantago major L. zu zählen. Mit der Frage, wie die Besiedelung der Messinainsel mit Pflanzen etwa erfolgt ist, bat sich Referent, der die Insel seit 1886 hin und wieder, be- sonders aber im Jahre 1905 von Bohnsack aus häufig besucht hat, eingehend beschäftigt. Die den ausgestellten Pflanzen beigegebenen Bemerkungen, wie Wind = Wi, Wasser = Wa, Vögel = Vö, M = Mensch, bringen die Ver- mutungen hierüber zum Ausdruck. Bemerkenswert ist das Vorkommen einer Spargelpflanze, die mehrere Jahre beobachtet wurde. Sie wurde walhrschein- lich durch Vögel eingeführt und fand auf Messina in der aus Tonschlick und Sand gemischten Erde einen günstigen Boden. Es dürfte von Interesse sein, einen Einblick in die Liste der vom Referenten auf Messina gesammelten Pflanzen zu haben. Diese sind im wesentlichen nach ASCHERSON-GRÄBNER’S Flora geordnet. 1. Equisetum hiemale L. © | 14. Elymus arenarius L. 2 82: arvense L. 15. Tritieum junceum L. 3. Pinus silvestris L. 2 Exemplare. 16. Scirpus lacustris L. & 4. P. montana Mırı. 5 Exemplare, | 17. 8. maritimus L. zum Teil niederliegend. 18. Carex arenaria L. © 5. Typha angustifolia L. 19. Acorus calamus L. 1 Exemplar. 6. Potamogeton pectinatus L. 20. Juncus balticus WILLD. 7. Triglochin palustris L. 21. J. Dbufonius L. b. ranarius 8. Agrostisvulgaris WırH. b.stolonifera PERRIER und SONGEON. G. F. W. MEYER. 22. Asparagus offcinalis L. 1 Exem- 9. 4. alba L. d. maritima plar seit mehreren Jahren G. F. W. MEYER. beobachtet. 10. Calamagrostis epigeros ROTH. 23. Salix alba L. 11. Weingaertneria canescens BERNH. 24. S. daphnoides VırL. b. pome- 12. Phragmites communis Trın. ranica WILLD. b. repens G. F. W. MEYER. | 25. SS. viminalis L. © 13. Ammophila arenaria Link. 26. S. cinerea L. 40. 42. Ammadenia peploides RuPRECHT. | 80 3. Spergularia salina PRESL. 81 44. Ranunculus sceleratus b. pygmaeus | 82 PAPE. 83 45. Papaver Rhoeas 1. 34 46. Cakile maritima Scor. 85 47. Potentilla Anserina 1. 86. 48. Pirus communis L. 87 49. Anthyllis Vulneraria L. e. maritima. 50. Medicago falcata L. 88 Sl: M. lupulina L. 89 52. Melilotus albus DESR. 90 53. Trifolium arvense L. 3 a Jragiferum L. 92 DORT, hybridum U. 93 56. Vicia Cracca L. 94 57. Viola tricolor L. var. maritima 95 SCHWEIGG. 96. 58. Lythrum salicaria L. zuge. — —I = 3 . Salix purpurea L. . Populus nigra L. 3 Exemplare. . Alnus glutinosa GAERTN. . Rumex maritimus L. b. paluster R. limosus THuUILLIER R. obtusifolius L. R. crispus L. R. acetosella L. . Polygonum lapathifolium L. b. prostratum WIMMER. 122 Persicaria L. e.incanum ASCHERS. JE nodosum PERSOON. IE Convolvulus L. . Chenopodium album L. . Atriplex hastatum L. Il triangulare WiLLD. b. salinum 2. pro- stratum BOUCHER. Corispermum intermedium SCH WEIG- GER. Sommer 86 beobachtet, neuerdings nicht zu finden. . Sagina nodosa FENZL. 99 59. . Eryngium planum L. . Artemisia maritima L. b. Oenothera biennis L. E. maritimum L. . Ängelica silwestris L. 3. Daucus Carota L. . Erythraea Centaurium PERS. E. E. linartifolia PERS. pulchella Friks. 25 cm hoch. 77. Convolwulus sepium L. . Glechoma hederacea 1. . Stachys palustris L. . Solanum Dulcamara L. . Linaria vulgaris MILL. L. odora CHAV. . Plantago major L. 70 em hoch. JE, arenaria W. & K. . Galium Aparine L. @. Mollugo L. . Jasione montanaL. b.litoralis FRIES. . Aster Tripolium L. . Erigeron canadensis L. . Helichrysum arenarium D. ©. . Inula Britannica UL. . Xanthium strumarium L. . Bidens tripartitus L. . Achillea Millefolium L. . Chrysanthemum inodorum NL. Tanacetum vulgare L. salina WILLDENOW. . Tussilago Farfara L. . Cirsium arvense Scor. . Carduus acanthoides L. . Cichorium Intybus L. 2. Leontodon autumnalıs L. . Tarawacum officinale WEBER. . Chondrilla juncea L. . Sonchus arvensis L. Hieracium umbellatum L. -1 100 Zur Verbreitung der schmalblättrigen Mistel. (Briefliche Mitteilung.) Von Öberlehrer Dr. TRAU&OTT MÜLLER in Elbing. Mit einer Abbildung. | Vor einigen Wochen fand sich in der , ‚Elbinger Zeitung* eine Notiz über das Vorkommen der schmalblättrigen Mistel auf der Frischen Nehrung, gel D# Pa.) Dr. T. Müller-Elbing phot. Schmalblätterige Mistel, an einem Kiefernstamm sitzend, die vermutlich dem Danziger Pro- vinzial-Museum bezw. dem Bo- tanisch-Zoologischen Verein der Provinz Westpreußen ent- stammte. In derselben wurde an- gegeben, daß die nordöstliche Grenze dieser Pflanze 7 km west- lich von Kahlberg zu suchen sei. Schon vor zwei Jahre konnte ich das Vorkommen dieser inter- essanten Pflanze in Kahlberg selbst in nächster Nähe des „Waldhäuschens“ in mehreren Exemplaren feststellen. Das eine prangt in der Krone einer Kiefer und ist für mich leider uner- reichbar. Die anderen Exem- plare befinden sich an der Seite einer stattlichen Kiefer und sind ohne Schwierigkeit mit der Hand vom Erdboden zu erreichen. Leider sind zwei Exemplare dieser letzteren Gruppe seit dem vergangenen Sommer angebro- chen und vertrocknet. Von diesen ist ein Exemplar bei- gefügt. Falls es gewünscht ist, darf ich vielleicht eine Photographie, die ich im verflossenen Sommer angefertigt habe, übersenden '). Kahlberg (Nehrung), den 12. Juni 1905. 1) Vereleiche die obenstehende Abbildung. — 101 Zur Vererbungsfrage. Von R. LUCKS, botanischer Assistent bei der Landwirtschaftlichen Versuchsstation zu Danzig. Hochgeehrte Damen und Herren! Das Vererbungsproblem ist eins der interessantesten aber auch schwierigsten Probleme der gesamten Biologie, und eine große Anzahl der bedeutendsten Forscher hat sich in der Lösung desselben mit mehr oder weniger Erfolg versucht. Wenn ich mich veranlaßt fühlte, dasselbe heute in den Kreis unserer Betrachtungen zu ziehen, so liest der Grund darin, daß auf zwei verschiedenen Wegen ein bedeutender Schritt vorwärts getan worden ist, nämlich durch die Auffindung wichtiger Verhältnisse aus dem Leben der Zelle und durch eigen- artige Erfolge auf dem Gebiete der Pflanzenzüchtung. Unter Vererbung versteht man die Eigenschaft der Organismen, Nach- kommen zu erzeugen, welche den Eltern in hohem Grade ähnlich sind. Die Vererbung ist von außerordentlicher Bedeutung, nicht zuletzt für die Ent- wickelungsgeschichte der gesamten Tier- und Pflanzenwelt. Sie bildet eine der Säulen, auf welchen die Lehre von der Entwickelung aufgebaut ist. Die Variation schafft den Formenreichtum der Organismenwelt, die Selektion wählt die am zweckmäßigsten eingerichteten Organismen aus, und die Vererbung sorgt für die Erhaltung der passendsten Organbildungen. Bei der Betrachtung des Vererbungsproblems drängt sich uns zunächst die Frage auf, was überhaupt vererbt wird. Bei den niedersten Organismen, den Protisten, vollzieht sich der Vererbungsvorgang in einer ursprünglichen und einfachen Art, indem die betreffenden Wesen durch einen Durchschnürungs- prozeß in zwei Hälften zerlegt werden, deren Ähnlichkeit mit dem Mutter- orgarismus erklärlich ist. Anders liegen die Verhältnisse bei den höher organisierten Wesen, den Metazoen und Metaphyten, bei denen der Körper aus einer kleineren oder größeren Anzahl Zellen aufgebaut ist, die sich zu Geweben und Organen anordnen. Nun entstehen die Nachkommen dieser höheren Organismen nicht durch Teilung der elterlichen Individuen, sondern aus Keimzellen, d. h. aus einzelligen Gebilden, die von den Eltern erzeugt werden und die Fähigkeit besitzen, sich mit Hilfe eines eigenartigen Zell- t) Vortrag, gehalten am 11. April 1906 in Danzig. — Von einer Wiedergabe der bei dem Vortrage benutzten Tafeln mußte aus mancherlei Gründen Abstand genommen werden, Interessenten verweise ich auf die Vorträge von HEIDER und ÜORRENS, gehalten auf der Naturforscherversammlung 1905 zu Meran. Beide Vorträge sind im Buchhandel erschienen, 1 102 teilungsprozesses zu entsprechenden Organismen zu entwickeln. Die Keimzelle enthielt also nicht die Organe selbst, wohl aber die Fähigkeit, dieselben zu reproduzieren. Wir nehmen an, daß für die einzelnen Organe entwickelungs- bestimmende Momente — Anlagen — in der Keimzelle vorhanden sind, denen zufolge aus der Keimzelle ein schon im voraus bestimmter Organismus resultiert. Was also vererbt wird, sind nicht die Organe selbst, sondern die Anlagen dazu. Nachdem wir zu dieser Erkenntnis gelangt sind, hätten wir die Frage zu entscheiden, wo wir in der Keimzelle diese Anlagen zu suchen haben. Zur Beantwortung dieser Frage ist es erforderlich, einige intime Verhältnisse aus dem Leben der Zelle uns vor Augen zu führen, und wir betrachten zunächst den Vorgang der Zellteilung. Bekanntlich setzt sich jeder höhere Organismus — Tier oder Pflanze — aus einer bisweilen äußerst großen Zahl im endgiltigen Zustande oft sehr verschiedenartiger Zellen zusammen, die ursprünglich aber einander sehr ähnlich waren. In ihrer vollendetsten Gestalt wird eine solche Zelle von einem kleinen Protoplasma-(Eiweiß-)Klümpchen gebildet, welches äußerlich durch eine dünne Membran begrenzt wird und im Innern ein kompli- ziertes Gebilde — den Zellkern (Nucleus) — trägt. Letzterer, in der Regel ebenfalls durch eine dünne Membran begrenzt, besteht aus einer Grundmasse, der achromatischen Substanz, und dem im Ruhestadium netzartig in derselben verteilten Chromatin, so benannt nach der Fähigkeit, im abgetöteten Zustande begierig gewisse Farbstoffe aufzuspeichern und festzuhalten. Zu erwähnen ist ferner das Vorhandensein des Keimkörperchens (Nucleolus), sowie das beim ZellteilungsprozeßB eine höchst wichtige Rolle spielende Zentralkörperchen oder Centrosoma. Der Vorgang der Zellteilung gestaltet sich nun in großen Zügen folgender- maßen: Nachdem sich das Centrosoma durch Teilung verdoppelt hat, rücken die nunmehr vorhandenen beiden Centrosomen allmählich auseinander, bis sie, den Zellkern zwischen sich führend, einander gegenüberstehen. Gleichzeitig hat sich um jedes Centrosoma eine sonnenartige Strahlung ausgebildet, die in ihrer Vereinigung eine tonnenartige Figur (die karyokinetische Figur) erzeugt. Während dieser Zeit hat sich das Chromatin des Zellkernes unter Auflösung der Kernmembran allmählich zusammengezogen und zu einer Anzahl von Schleifen — den Chromosomen — verdichtet, die sich im Äquator der Zelle, die Strahlentonne in der Mitte senkrecht schneidend, zur sogenannten Kern- platte anordnen. Das Kernkörperchen ist indessen verschwunden und hat, wie man annimmt, das Material zu den Strahlen — die man für Zug- und Stützfasern hält — geliefert. Die in der Kernplatte vorhandenen Chromosomen beginnen sich im weiteren Verlaufe des Teilungsprozesses zu spalten, wodurch die Zahl derselben verdoppelt wird; je eine Hälfte der Chromosomen wird sodann von den Zugfasern der Strahlung erfaßt, dem entsprechenden Centrosoma unter Verkürzung der Fasern zugeführt und umgibt sich, während die ursprüng- liche Zelle durch eine Scheidewand oder Durchschnürung in zwei Zellen zer- legt wird, mit einer Membran, innerhalb welcher die Chromosomen sich netz- 2 103 artig auflösen, womit der ursprüngliche Zustand erreicht ist mit dem Unter- schiede, daß aus einer Zelle zwei geworden sind. Indem sich der geschilderte Vorgang wiederholt, findet eine beständige Vermehrung der Anzahl der Zellen statt. Es ist hierbei noch zu erwähnen, daß die Zahl der sich bildenden Chromosomen bei jeder neuen Zeilteilung stets dieselbe und für jede Organismenart eine konstante ist und daß nur in einem ganz bestimmten Falle, auf den ich sofort zu sprechen komme, eine Ausnahme stattfindet. Wie bereits erwähnt, nehmen die höheren Organismen ihren Ursprung aus den Keimzellen, den mütterlichen (Eizellen) und den väterlichen (Samen- zellen), und es ist bekannt, daß eine Entwickelung einer Keimzelle in der Regel erst eintritt, wenn sich eine Eizelle mit einer Samenzelle vereinigt hat oder wenn, wie man sagt, die Eizelle durch eine Samenzelle befruchtet worden ist. Ei- und Samenzelle sind zwei biologisch gleichwertige Elemente, deren Verschiedenheit nur auf einer Arbeitsteilung beruht. Die Eizelle ist als Lieferantin des Nährmaterials durch Aufspeicherung von Dottermaterial sehr umfangreich geworden und hat ihre Beweglichkeit und Teilungsfähigkeit auf- gegeben. Dagegen ist Beweglichkeit für die Samenzelle in der Regel er- forderlich, um die Vereinigung mit der Eizelle zu ermöglichen, ihre Kleinheit ist notwendig, um — wenigstens bei tierischen Zellen — ein Eindringen in die Eizelle zu erleichtern, und der Besitz des Zellteilungsapparates, um den Zellteilungsprozeß einzuleiten und zu unterhalten. Die physiologische Bedeutung der Befruchtung liegt in der Vermischung („Amphimixis“-WEIsmAanNn) der elterlichen Eigenschaften im Interesse der Naturzüchtung. Es ist nun leicht ersichtlich, daß infolge des Befruchtungsvorganges eine beständige Vermehrung des Kernmaterials resp. des Chromosomenbestandes stattfinden muß, wenn jedesmal, sowohl von Seiten der Ei- wie der Samenzelle, die ursprüngliche Menge desselben zugeführt wird. Um dieses zu vermeiden, ist ein eigentümlicher Vorgang in den Entwickelungsprozeß eingeschoben worden, welcher die Aufgabe hat, vor jeder Befruchtung das Kernmaterial zu halbieren. Diese Halbierung findet im Verlaufe der Eireifung statt und führt den Namen „Reduktionsteilung“. Um uns einen Einblick in die diesbezüglichen Verhältnisse zu schaffen, betrachten wir die Keimzellenbildung beispielsweise beim Pferdespulwurm (Ascaris megalocephala) und zwar bei der Form bivalens, die sich durch den Besitz von vier Chromosomen in den Körperzellen aus- zeichnet. Der Vorgang verläuft bei der Ei- und Samenzellenbildung im Prinzip gleichartig, führt aber äußerlich aus Zweekmäßigkeitsgründen zu verschiedenem Resultat. Betrachten wir zunächst die Eibildung! Nachdem sich im Ovarium durch fortgesetzte Teilung eine größere Anzahl von Ureiern gebildet hat, welche dieselbe Chromosomenzahl besitzen wie die Körperzellen, tritt ein Stillstand in der Vermehrung der Ureier ein, die vorhandenen Ureier nehmen eine größere Menge Dottermaterial in sich auf und bilden sich je zu einer sogenannten „Eimutterzelle* aus. In dieser steigt zu einer gewissen Zeit der 3 Kern an die Eioberfläche, das Chromatin verdichtet sich zu den Chromosomen, hier vier an der Zahl, die sich der Länge nach spalten, wodurch die Zahl auf acht erhöht wird. Während sich die Kernstrahlung ausbildet und die Kernmembran auflößt, wölbt sich die Eioberfläche hügelartig empor, es tritt eine Zellteilung ein, die sich von der gewöhnlichen Zellteilung durch die ver- schiedene Größe der Teilprodukte unterscheidet, indem eine kleine Zelle der großen aufgelagert erscheint. Durch diese erste Teilung (Bildung des ersten Pol- oder Richtungskörperchens) wird die Zahl der Chromosomen wieder auf den ursprünglichen Bestand gebracht (Äquationsteilung). Gleich darauf schickt sich die Eimutterzelle, ohne daß der Kern in den Ruhezustand zurückgekehrt ist, und ohne daß eine Spaltung der Chromosomen stattgefunden hat, zu einer neuen Teilung, der Bildung des zweiten Richtungskörperchens, an, wobei von den vorhandenen vier Chromosomen zwei aus der Eizelle entführt werden, so daß nur noch zwei, also die halbe ursprüngliche Zahl, in der Eizelle verbleiben (Reduktionsteilung). Gleichzeitig mit der Bildung des zweiten Richtungs- körpers pflegt oft eine Teilung des ersten Hand in Hand zu gehen, so daß schließlich drei kleine Polzellen der großen Eizelle anliegen. Hierauf kehrt der Kern der Eizelle in den Mittelpunkt zurück und die Eizelle ist nun für die Befruchtung reif. Bei der Samenbildung tritt insofern ein Unterschied auf, als das Endresultat nicht in einer großen und drei kleinen Zellen besteht, von denen nur die große der Vermehrung dient, sondern es werden vier gleich große Samenzellen mit je zwei Chromosomen gebildet, die alle vier befruchtend wirken können. Bevor wir jedoch auf den Befruchtungsvorgang näher eingehen, wollen wir noch ein eigentümliches Verhalten der Chromosomen bei der Keimzellenbildung betrachten, dessen Kenntnis für das Verständnis des Späteren von Bedeutung ist. Wir wählen dazu die Vorgänge bei der Keimzellenbildung von Ophryotrocha und Ascaris, die gleichzeitig zwei verschiedene Typen dar- stellen, die aber zu gleichem Resultat führen. Wenn die Keimzelle sich anschickt, die Reifeteilungen auszuführen, beginnen sich die Chromosomen der Länge nach zu spalten. Die gespaltenen Chromosomen nähern sich dann dergestalt, daß immer zwei und zwei dicht nebeneinander zu liegen kommen (Tetradenbildung) und man nimmt an, daß je ein väterliches und ein mütter- liches Chromosom sich aneinander lagern, so daß etwa folgende Figur erhalten wird: — Bei der ersten Richtungsteilung können nun endweder beide Hälften des väterlichen resp. mütterlichen Chromosoms in die Teilzellen ge- langen oder je ein halbes väterliches und ein halbes mütterliches. Das Resultat der zweiten Teilung wird dann ein derartiges sein, daß von jeder Tetrade in jede der vier entstandenen Keimzellen resp. in jedes der ihnen entsprechenden Teilstücke ein halbes väterliches oder mütterliches Chromosom gelangt. Bei der etwa erfolgenden Befruchtung einer Eizelle durch eine Samenzelle gelangt jederseits die Hälfte der ursprünglichen Anzahl von Chromosomen in 4 105 die Rizelle, so daß die Normalzahl wieder erreicht wird‘). Der Vorgang der Be- fruchtung gestaltet sich dabei, z. B. bei Ascaris megalocephala forma bivalens, etwa folgendermaßen: Nachdem es dem der Eizelle zunächst befindlichen Samenfaden gelungen ist, die Membran derselben zu durchbohren, dringt er unter Verlust des undulierenden Schwanzfadens immer tiefer in die Eizelle ein und strebt dem Eizellkern zu. Auf dem Wege dahin dehnt er sich mächtig aus, besitzt, wenn er den Kern der Eizelle erreicht hat, dieselbe Größe wie dieser und läßt erkennen, daß die Samenzelle im Grunde nur aus einem stark kom- primierten Zellkern besteht. Bei dem allmählichen Vordringen ist auch bereits das durch den Samenfaden miteingeführte, in der reifen Eizelle nicht vor- handene Oentrosoma in Aktion getreten und hat, wenn beide Kerne sich be- rühren, die Strahlung ausgebildet. Im Ei- und Samenkern haben sich die Chromosomen (je zwei) differenziert, die Kernmembranen schwinden und im Plasma der Eizelle liegen nun vier Chromosomen, die sich zur Kernplatte anordnen, worauf die Längsspaltung und im Anschluß daran die erste Teilung und somit der Furchungsprozeß der Eizelle einsetzt. Während der ganzen Reihe der nachfolgenden Teilungen wird durch den mit wunderbarer Genauigkeit arbeiten- den Kernteilungsprozeß (Mitose) jeder der neu entstehenden Zellen stets die Hälfte der väterlichen und der mütterlichen Kernsubstanz zugeführt: so läßt dieser Vorgang eine außerordentliche Bedeutung der ganzen Einrichtung ahnen. Bereits im Jahre 1866 hatte HÄcKEL behauptet, daß „der Kern die Ver- erbung der elterlichen Charaktere“ zu besorgen hat. 1876 stellte sodann OSKAR HERTWwIG fest, daß das Wesen der Befruchtung in einer Kernverschmelzung der beiden Keimzellen zu suchen sei und im Jahre 1884 sprachen STRASBURGER und OÖ. HErTwıG mit Bestimmtheit es aus, daß der Kern der Träger der Erb- substanz sei. Im Hinblick auf die eigenartigen Vorgänge bei der Keimzellen- bildung, mit Berücksichtigung des Umstandes, daß durch den in der Hauptsache nur aus Kern bestehenden Samenfaden die gleiche Vererbungskraft repräsentiert wird wie durch die Eizelle und im Hinblick auf den wunderbaren Kern- teilungsvorgang kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die auf die Vererbung bezüglichen Momente (d.h. die Anlagen für dieOrgane usw.) in den Zellkernen oder vielmehr in den in ihnen enthaltenen Chro- mosomen vorhanden sein müssen: daß die Chromosomen die Träger der Vererbung sind. Im Anschluß an die gewonnene Erkenntnis der hohen Bedeutung der Chromosomen möchte ich noch einige besonderen Verhältnisse derselben kurz berühren. Ich habe bereits mehrfach hervorgehoben, daß die Zahl der Chromosomen in den Körperzellen eine konstante ist. Bei den ver- schiedenen Tier- und Pflanzenarten ist die Anzahl der Chromosomen eine !) Es mag hierbei noch erwähnt werden, daß bei parthenogenetisch, d. h. ohne vorherige Befruchtung sich entwickelnden Eiern die Normalzahl der Ohromosomen dadurch erzielt wird, daß bei der Eireifung nur ein Richtungskörper gebildet wird, die zweite Richtungsteilung also unterbleibt, 5 106 wechselnde. Dafür einige Beispiele! Ascaris megalocephala univalens 2, A. meg. bivalens 4, A. lumbricoides 48, Sagitta bipunctata 18, Lumbricus 32, Oyelops brevicornis 22, Artemia salina 168, Gryllotalpa vulgaris 12, Hydrophilus piceus 16, Dytiscus etwa 40, Helix pomatia 24, Rana fusca 24, Columba livia 16, Mus musculus 24, Homo sapiens 24?, 32 oder 36? Die einzelnen Chromosomen können unter sich gleich groß, aber auch von verschiedener Größe sein; im letzteren Falle sind dann stets parweise gleich große vorhanden. Diese, sowie einige andere Verhältnisse kommen besonders in Frage, wenn es sich darum handelt, zu entscheiden, ob die Anlage für irgend ein Organ nur in einem Chromosom zu suchen sei, resp. ob mehrere Chromosomen gleichzeitig in Wirksamkeit treten müssen, mit anderen Worten, ob die einzelnen Chromosomen eine ausgeprägte Individualität besitzen. Es würde zu weit führen, diese und noch viele sich daran anschließende Fragen eingehend erörtern zu wollen, zumal die ganze Angelegenheit noch wenig geklärt ist. Erst weitere, eingehende diesbezügliche Untersuchungen werden das Material für viele noch schwebende Fragen zu liefern haben, ich möchte diesen Teil meiner Ausführungen aber nicht verlassen, ohne kurz auf die interessanten Verhältnisse der Konjugation der Einzelligen eingegangen zu sein, da diese Verhältnisse imstande sind, ein eigenartiges Licht auf die Lehre von den Chromosomen als Träger der Vererbungsmomente zu werfen. Als Beispiel wähle ich die Konjugation bei Paramäeium, wie sich dieselbe nach Mauras etwa vollzieht. Die Infusorien besitzen einen doppelten Kern, den Großkern (Makronucleus) oder vegetativen Kern, der die Lebensvorgänge im Infusorium reguliert und den Kleinkern (Mikronucleus) oder propagatorischen Kern, der der Fortpflanzung dient. Bei der Konjugation, einem Vorgange bei den Einzelligen, der dem Fortpflanzungsakte der Mehrzelligen entspricht, legen sich die betreffenden Infusorien für einige Zeit aneinander oft unter Ver- änderung der Körperform. Der Makronucleus beginnt zu degenerieren und nur der Mikronucleus tritt in Funktion. Dieser macht eine zweimalige Teilung durch, wobei er, sich jedesmal in die Länge streckend und ein gestreiftes Aussehen zeigend, eine etwa hantelförmige Gestalt annimmt, welche in der Mitte durchgeschnürt wird. Drei von den vier in jedem Individuum ent- standenen neuen Kernen, und zwar die entfernt liegenden, fallen der Ver- nichtung anheim (man vergegenwärtige sich hierbei den Vorgang der Richtungs- körperbildung!) und nur einer, in der Regel der, welcher der Verbindungsbrücke der beiden Infusorien zunächst liegt, bleibt in jedem Individuum erhalten und macht eine neue Teilung durch. Von den beiden Teilkernen wandert je einer, und zwar wiederum der zunächst gelegene, durch die Verbindungsbrücke in das nebenbefindliche Infusorium und vereinigt sich hier mit dem zurückgebliebenen Teilkern (man denke an den Befruchtungsvorgang bei den Mehrzelligen!). Hierauf trennen sich die beiden Infusorien von einander; der aus der Ver- einigung entstandene Kern teilt sich in zwei Tochterkerne, von denen der eine zum neuen Makronucleus wird, während der zweite sich zum neuen 6 Mikronucleus umbildet und bei dem nun eintretenden Vermehrungsprozeß des Infusoriums die führende Rolle übernimmt. Ich muß es mir versagen, näher auf diese interessanten Vorgänge einzugehen und auf die Beziehungen zum Befruchtungs- und Vererbungsvorgang bei den Mehrzelligen und wende mich jenen praktischen Versuchen zu, durch die von anderer Seite die Vererbungs- frage in ein neues Licht gestellt wurde, nämlich zu den Pflauzenzüchtungen MENDEL's und seiner Nachfolger! Der Augustinerpater GREGOR MENDEL — geb. 1822 in Heinzendorf in Österreichisch-Schlesien — stellte seine Versuche im Garten des Königinnen- klosters zu Brünn an. Die Gesetze, die er dabei entdeckte, hatte er bereits im Jahre 1866 veröffentlicht. Diese blieben aber unverstanden und unbeachtet, bis sie neuerdings durch CORRENS, HUGO DE VRIES und TSCHERMAK wiederentdeckt wurden. MENDEL operierte zuerst mit Erbsensorten, von denen 34 verschiedene Sorten aus Samenhandlungen bezogen und zunächst in einer zweijährigen Kultur auf ihre Konstanz geprüft wurden. Die konstanten Sorten wurden zu den weiteren Versuchen benutzt. Dabei wurden als Ergebnis mannigfacher Kreuzungsversuche die nachfolgenden drei Gesetze gefunden: 1. Werden zwei Sorten miteinander gekreuzt, die sich in einem besonderen Merkmal unterscheiden, so wird fast regelmäßig in den Nachkommen das Merkmal des einen Elters durch dasjenige des anderen verdeckt, die Anlage des einen Elters dominiert über diejenige des anderen Elters, welche rezessiv ist. Man nennt dies die Prävalenzregel. Weitere Versuche haben gezeigt, daß nicht immer die eine Anlage über die andere dominiert; es finden sich vielmehr alle möglichen Abstufungen vor, die bis zu einer völligen Mittel- stellung des Bastards führen; 2. fand MEnDEL, daß die korrespondierenden Anlagen des Elternpaares, die sich bei der Entstehung des Bastards vereinigt hatten, schließlich doch wieder auseinander geführt werden und in den Keimzellen des Bastards gesondert erscheinen. Man nennt! dies die Spaltungsregel. Diese Spaltungs- regel besitzt sehr weite, aber ebenfalls keine allgemeine Giltigkeit; 3. fand MENDEL die völlige Unabhängigkeit der Merkmale. Jedes läßt sich durch Bastardierung mit jedem anderen beliebig kombinieren. Dies ist das Gesetz der Selbständigkeit der Merkmale. — Ich ‘will nun versuchen, an einigen einfachen Beispielen diese Gesetze und ihr Zusammenwirken klarzulegen. Urtica pilulifera L. hat stark gezähnte, U. Dodartii L. hat fast ganzrandige Blätter; im übrigen sind beide Arten völlig gleich. Der Bastard dieser beiden Arten hat ausnahmslos den gesägten Blatt- rand, die Anlage für den gesägten Blattrand ist also die dominierende und verdeckt diejenige für den glatten Blattrand vollständig; letztere Anlage ist also rezessiv. Isoliert man die Bastarde und überläßt sie der Selbstbefruchtung, so ist die zweite Generation nicht mehr gleichartig, sondern es kommt jetzt durchschnittlich auf drei Individuen mit gesägtem Blattrand eins mit glattem. Züchtet man letztere rein weiter, so erhält man nur Formen mit glattem 7 108 Blattrand, also solche mit dem rezessiven Merkmal. Eine reine Weiterzucht der gesägtrandigen Individuen liefert wiederum beide Formen im Verhältnis von drei (gesägtrandig) zu eins (glattrandig) usw. — Ein Zahlenbeispiel mag das Gesagte noch weiter erläutern. Bastard zwischen der „grünen, späten Erfurter Folgererbse“* mit grünem Keim (gr) und der „purpurviolettschotigen Kneifelerbse“ mit gelbem Keim (ge). Lu) 51 ge Gen. | 19 zn — er E ATEE | 619 ze 206 gr II. 25 25%) Gen. 7 (28 2,) 18 11 LAREES, NINE > Be LED EUR 2 ER 251 ge 5350 ge 195 or 338 gr EN Ü | (26,2% \ Gen 18 14 1 | 8 (44%) 10 e | | | | IV. 224 ge 216 ge 223 ge 70 370 307 gr Gen. (23,8%) Die fette Zahl ist die der überhaupt erzielten Individuen, die darunter stehende, magere die der zur Weiterzucht benutzten. Viel deutlicher lassen sich die Verhältnisse übersehen, wenn man zwei Sorten kreuzt, bei denen die Anlagen für ein Merkmal von gleicher Wirkung sind, so daß der Bastard eine intermediäre Stellung einnimmt; es läßt sich dann schon in der zweiten Generation äußerlich das Verhältnis erkennen, welches durch die Spaltung der Anlagenpaare erzielt wird. Kreuzt man Mirabilis Jalapa forma alba + rosea, von denen die erste weiße, die letzte rosa Blüten hat, so erhält man einen Bastard, dessen Blüten hellrosa gefärbt sind. Züchtet man diesen Bastard rein weiter, so besteht die folgende Generation aus dreierlei Individuen, indem auf je vier Nachkommen ein Individuum mit weißen, eins mit rosa und zwei mit hellrosa Blüten kommt. Die weißen und rosa gefärbten Individuen züchten konstant rein weiter, weil in ihnen das entsprechende Merkmal des entsprechenden Elters enthalten ist. Die beiden hellrosa Formen, die beide Anlagen enthalten, spalten in der Nachkommenschaft in bekannter Weise weiter. Unterscheiden sich die zur Kreuzung benutzten Eltern in mehr als einem Punkte, so werden die Verhältnisse wohl komplizierter, aber 8 109 jedes Merkmalpaar kommt derart zur Geltung, als wenn es nur allein vorhanden wäre. 2 Ich will indessen nicht unerwähnt lassen, daß in Wirklichkeit nicht stets das Verhältnis von 1:3 bei der Spaltung der Merkmale eingehalten wird, sondern daß kleine Abweichungen davon vorkommen und auch eine natürliche Erklärung finden. Auch hatte bereits MENDEL gefunden, daß die Spältungs- regel nicht in allen Fällen zum Ausdruck kommt. Nun ist zwar gerade bei dem wichtigsten MEnpeErschen Beispiel, den Hieracien, durch neuere Unter- suchungen festgestellt worden, daß der Grund dazu in der parthenogenetischen Entstehung der Nachkommen liegt, dafür sind aber wiederum andere Fälle bekannt geworden, für welche sich eine befriedigende Erklärung bisher nicht hat geben lassen. Es muß hier der Zukunft überlassen bleiben, den Schleier zu lüften. Um indessen ein Bild von der Schwierigkeit zu geben, mit welchen die Forscher in dieser Beziehung zu kämpfen haben, möchte ich noch ein interessantes Beispiel vorführen. Kreuzt man von der Mirabilis Jalapa die Formen alba, mit weißen Blüten, und gilva mit gelben Blüten, so erhält man einen Bastard, dessen hellrosa Blüten rot gestreift sind. Eine aktive, aber unsichtbare Anlage der weißen Sippe hat das gelb in rosa verwandelt, während eine in der weißen Form vorhandene latente Anlage zur Streifung durch das Keimplama der gelben Sippe aktiv geworden ist. Läßt man den erzeugten Bastard sich selbst befruchten, so erhält man in der folgenden Generation nicht weniger ais elferlei leicht unterscheidbare Pflanzen: weiß, weiß und rot gestreift, hellrosa, dunkelrosa, hellrosa und rot gestreift, rot, weiß und gelb gestreift, hellgelblich, gelblich, hellgelblich und gelb gestreift, sowie ganz gelb. Der inneren Veranlagung nach besteht die zweite Generation aus mehr als dreißigerlei Pflanzen. So sind zwar alle weißblühenden Exemplare wohl äußerlich völlig gleich und ebenso ihre Nachkommen, innerlich aber sind sie von dreierlei Art: außer solchen, die mit der gelblichen Sorte wieder lauter rosablühende Bastarde geben, sind auch solche vorhanden, die bei der Bastardierung den Farbstoff dieser Sorte unverändert lassen, also lauter gelblich- blühende Bastarde liefern und schließlich auch solche, die sowohl rosablühende als gelblichblühende — von jeder Art etwa gleich viel — erzeugen. TSCHERMAK hat dieses Verhalten als „Kryptomerie“ bezeichnet; es ist ein gutes Beispiel für das Auftreten neuer, d. h. den Eltern fehlender Eigenschaften, oft von deutlich atavistischem Charakter. Die von MENDEL und seinen Nachfolgern durch die praktischen Züchtungs- versuche aufgefundenen Gesetze haben nun durch die neueren eingehenden Untersuchungen der cytologischen Verhältnisse eine überraschende Begründung erfahren, und es soll nunmehr meine Aufgabe sein, die hier aufgefundenen Beziehungen in aller Kürze klar zu legen. Der Umstand, daß die beim Befruchtungsakte in der Eizelle vorhandenen Chromosomen mütterlicher- und väterlicherseits erhalten bleiben, führt mit 0) unabweisbarer Konsequenz zu dem Schluße, daß bei der Keimzellenbildung durch die Äquations- und Reduktionsteilung wieder eine Trennung der Chro- mosomen stattfinden muß. Bezeichnen wir das väterliche Chromosom für irgend eine beliebige Anlage mit A und das ihm entsprechende mütterlich mit a, so sind in der Urkeimzelle unter anderen also auch die beiden Chro- mosomen A und a enthalten. Da vor den Reifeteilungen eine Längsspaltung der Chromosomen und eine Aneinanderlagerung der entsprechenden in den : Br \ A|IA ß Tetraden stattfindet, so wird die eine Teetrade die Form Fr haben müssen. a Durch die Reifeteilungen wird je eine Chromosomenhälfte in eine der ent- stehenden vier Tochterzellen geführt, so daß vier Zellen resultieren mit den Chromosomen A, A, a, a. Bei dem nachfolgenden Befruchtungsprozesse sind folgende Kombinationen möglich: A+ AAa+3,A-+ aunda 4A. Es ist nun leicht ersichtlich, wie die aus diesem Befruchtungsakte resultierenden Nachkommen beschaffen sein müssen. Es sei A das Chromosom mit dem dominierenden, a dasjenige mit dem rezessiven Merkmal. Bei der Kombination A -+ A kommt das dominierende Merkmal zweimal zusammen, der Nachkomme wird also das dominierende Merkmal zeigen, bei den Kombinationen A + a und a + A, wird der Bastard ebenfalls das dominierende Merkmal aufweisen, weil die ebenfalls vorhandene rezessive Anlage nicht zur Wirkung kommt. In der Kombination a + a ist endlich nur das rezessive Merkmal vorhanden, so daß der Bastard dasselbe ebenfalls aufweißt, es enthalten demnach drei Nachkommen das dominierende, einer das rezessive Merkmal, genau wie es das MEnpErsche Spaltungsgesetz fordert. Die Kombinationen A + A und a + a müssen naturgemäß rein weiterzüchten, während die Kombinationen A + a und a + A in den Nachkommen wieder in gewohnter Weise spalten werden, da bei der Keimbildung wiederum die vier Nachkommen die Chro- mosomen A, A, a und a enthalten müssen. x Meine Damen und Herren! In kurzen Zügen habe ich versucht, Ihnen einen Überblick über den heutigen Stand der Vererbungslehre zu geben, soweit dieselbe durch die MEenverschen Versuche und die neueren Zellstudien eine Neugestaltung und Festigung erfahren hat. Aber es ist erst ein kleiner Schritt vorwärts getan, noch harıt eine unendliche Fülle schwieriger und bedeutsamer Fragen auf diesem Gebiete ihrer Lösung. Hoffen und wünschen wir, daß es der Zukunft gelingen möge, immer mehr den Schleier zu lüfter von den intimsten Verhältnissen der Biologie zu Nutz und Frommen der Wissenschaft im allge- meinen und der Tier- und Pflanzenzüchtung im besonderen. 7] Vogelzug auf der Kurischen Nehrung'. Von Dr. J. THIENEMANN, Leiter der Vogelwarte in Rossitten, Kurische Nehrung. Nicht nur ihrer Lage, sondern auch ihrer äußeren Beschaffenheit nach ist die Kurische Nehrung eine für den Vogelzug sehr günstige Straße und wird daher während der jährlichen Zugperioden von gewaltigen Vogelscharen nicht nur als schnell zurückzulegende Wegroute, sondern auch als willkommene Raststation benutzt. Die Gegend von Rossitten mit ihrem abwechselungsreichen, Feld, Wald, Sumpf, Buschwerk, Wiese und öde Sandstrecken aufweisenden Gelände bietet für letzteren Zweck besonders günstige Gelegenheit. So war die Gründung einer ornithologischen Beobachtungsstation auf der Kurischen Nehrung von Wichtigkeit. Der Verlauf der jährlich sich oft mit größter Regelmäßigkeit und Pünkt- lichkeit wiederholenden Zugerscheinungen soll an der Hand des vorliegenden Demonstrationsmateriales besprochen werden. Dasselbe stammt zum größten Teile aus der Sammlung des Herrn Apotheker ZIMMERMANN und wurde ergänzt durch Objekte aus dem hiesigen Provinzialmuseum. Den beteiligten Herren gebührt der verbindlichste Dank! Von den Örtlichkeiten auf der Nehrung, an denen sich die Beobachtungen am vorteilhaftesten vornehmen lassen, weil sich da das Vogelleben mehr oder weniger konzentriert, seien genannt: erstens die sogenannte Vogelwiese, eine am Haflstrande gelegene, mit dürftigem Grase und teilweise mit seichten Lachen bedeckte große Sandfläche, wo sich namentlich die zahlreichen Strandvögel sammeln, ferner das dicht bei Rossitten befindliche, etwa 120 Morgen große Bruch, mit Rohrdickichten und bewachsenen Schlamminseln, ein Tummelplatz für Wasser- und Sumpfvögel. Sind diese zwei Punkte mehr als Rastplätze zu betrachten, wo die Vogel- scharen zwecks Nahrungsaufnahme während der Zugzeit einfallen, so ist auf der weiter unten zu nennenden freien Pallwe, sowie auf den sogenannten Bruchbergen, Gelegenheit geboten, die Vögel direkt in der Luft ziehend zu beobachten, in welchen riesigen Mengen zuweilen, das ist weiter unten zu zeigen. Als-Pallwe werden die freien, öden, teilweise niedrigen Graswuchs oder dürftiges Weidengestrüpp aufweisenden, großen Sandflächen bezeichnet, die der Nehrung ein so charakteristisches Gepräge geben, die Bruchberge dagegen stellen eine durch Bergkiefern festgelegte Dünenkette dar. 1) Bericht des Verfassers über seinen Vortrag, gehalten am 14. Februar 1906 in Danzig. 0) 0 1 Wir beginnen mit dem Herbstzuge. Schon lange vor Anfang des eigentlichen Herbstes machen sich die ersten Zugerscheinungen bemerkbar und zwar zunächst auf der Vogelwiese. Da treffen zuweilen bereits von Ende Juni ab die Brachvögel ein, eigenartige Vogel- gestalten, die in Jägerkreisen als Kronschnepfen bekannt sind, ausgezeichnet durch einen gewaltig langen Schnabel, mit dem sie ihre oft im Sande ver- borgene, aus Kerbtieren bestehende Nahrung geschickt hervorzuholen verstehen. Alle drei deutschen Brachvogelarten sind auf der Nehrung konstatiert: der große Brachvogel (Numenius arquatus), der etwas schwächere und eine andere Kopfzeichnung tragende Regenbrachvogel (N, phaeopus) und der dem Süden angehörige dünnschnäblie Brachvogel (N. tenwirostris), letzterer als größte Seltenheit am 2. September 1891 von Herrn ZIMMERMANN bei Rossitten erlegt. Von den für Juli und August charakteristischen Zugvogelarten sind eine Anzahl Kleinvögel zu nennen. Vor allem Buchfinken (Fringilla coelebs), Steinschmätzer (Sawicola oenanthe) und Stare (Sturnus vulgaris), und zwar fast ausschließlich Junge. Namentlich die ersten beiden Spezies bestätigen die merkwürdige Beobachtung, daß bei manchen Vögeln die Jungen von den Alten getrennt ziehen, so daß an eine Führung von Seiten der Eltern nicht gedacht werden kann. Ende Juli fangen schon die Schwalben an, sich zur Reise zu sammeln. Die Turmschwalbe oder der Mauersegler (Apus apus) verläßt sein hiesiges Brutgebiet bereits in der zweiten Hälfte des August. Die Artgenossen, die nach dieser Zeit noch hier beobachtet werden, sind meist nordische Zuzügler. Der September ist für Rossitten der hauptsächlichste Herbstzugmonat, denn nun treffen die für die Nehrung so charakteristischen Strandvögel ein. Auf der Vogelwiese wimmelt es teilweise von ihnen. Da treiben sich oft in bunt zusammen gewürfelten Scharen Strandläufer (Tringen), Wasserläufer (Totaniden) und Regenpfeifer (Oharadrien) umher. Ihnen sind als besondere Seltenheiten zuweilen Steinwälzer (Arenaria interpres), hochnordische kleine Sumpfläufer (Limicola platyrincha) und Wassertreter (Phalaropus lobatus) beigestellt. Zu nennen sind weiter noch der Sanderling (Calidris arenaria), die Limosen, die Kampfläufer und Flußuferläufer. Wem es vergönnt gewesen ist, eine solche Strandvogelschar aus einem günstigen Verstecke ganz in der Nähe in ihrem Tun und Treiben zu beobachten, der wird den Anblick dieses anziehenden, anmutigen Bildes nicht so leicht vergessen, denn ohne Zweifel gehören die Strandvögel mit zu den ansprechendsten Vogelgestalten. Die einzelnen Arten werden von dem Vortragenden auch biologisch ge- schildert. Der September bringt ferner ziehende Raubvögel. Erwähnenswert sind besonders die Steppenweihen, die, von Osten oder Südosten kommend, oft ganz Deutschland förmlich überschwemmen, und noch ein östlicher Vogel, der Abend- oder Rotfußfalke (Cerchneis vespertinus), beide Spezies fast aus- 2 113 schließlich in Jugendkleidern. In großen Mengen sind in manchen Jahren auch Sumpfohreulen, ferner Turmfalken und Sperber zu beobachten. Im Jahre 1904 fand ein ausgedehnter Zug von Seeadlern statt. Sonst er- scheinen diese großen Vögel mehr vereinzelt. Mitte September setzt der Drosselzug ein. Zahlreiche dieser Vögel werden alljährlich im Dohnenstiege gefangen, wobei zuweilen auch ein seltener asiatischer Gast in die Hände des Beobachters gelangt, so am 7. November 1904 ein bei Rossitten erbeutetes ausgefärbtes Männchen der in Sibirien heimischen schwarzkehligen Drossel (Turdus atrigularis). Der Dohnenstiegbeute ist immer besondere Aufmerksam- keit zu schenken. In Gemeinschaft der Drosseln ziehen stets Rotkehlchen. In den ersten Tagen des Oktober nimmt auf der Nehrung eine Vogel- zugerscheinung ihren Anfang, die nicht nur für den wissenschaftlichen Be- obachter von großem Interesse ist, sondern die auch von der gesamten ansässigen Bevölkerung mit Spannung erwartet wird, das sind die Krähenzüge. In langen losen Ketten wandern Nebelkrähen (Corvus corniw), mit Saatkrähen und Dohlen untermischt, nach Süden zu, die Nehrung entlang, und die Fänger ziehen hinaus, um große Mengen dieser Vögel zu Speisezwecken in Netzen, an denen lebende Lockkrähen angepflöckt sind, zu fangen. Ein einziger Fang- platz liefert zuweilen an einem Tage mehrere Schock Vögel, die zum großen Teile für den Winter eingesalzen werden. Die ganze Art und Weise des Fanges wird vom Vortragenden eingehend geschildert. Es sei noch erwähnt, daß die lebende Beute von den Fängern durch Einbeißen in den Kopf vom Leben zum Tode befördert wird, übrigens eine sehr humane Tötungsart. Die Vogelwarte hat sich diesen Fang zur Anstellung eines Vogelzug- versuches zu Nutze gemacht. Sie kauft den Fängern ihre lebende Beute ab, versieht die einzelnen Vögel mit Nummer und Firma tragenden Aluminium- fußringen und setzt sie dann sofort wieder in Freiheit, um über den Fortgang und die Schnelligkeit des Zuges, Besiedelung der Winterquartiere, Dauer des Winteraufenthaltes, Alter der Vögel und andere der Aufklärung harrende biologische Fragen Aufschluß zu erhalten. Von den weitesten Kreisen der Bevölkerung ist diesem Versuche das regste Interesse entgegengebracht, und zahlreiche erbeutete gezeichnete Vögel, bezw. deren Ringe, sind zurückgeliefert worden. Jedes Stück ließ dann irgend einen bemerkenswerten Schluß zu. Die bisher erzielten Resultate können geradezu überraschend gut genannt werden. Bei Nebelkrähen betrug der Prozentsatz zurückgelieferter Stücke über 7. Die meisten lieferte die Provinz Pommern, ferner Brandenburg und Mecklenburg. Lange Zeit blieb das Nord- ende des Schweriner Sees der westlichste Einlieferungsort, so daß man annehmen konnte, daß die jährliche Verschiebung der höchstwahrscheinlich zum größten Teile aus den russischen Ostseeprovinzen stammenden, über die Nehrung nach Südwesten wandernden Nebelkrähen über eine verhältnismäßig kleine Länder- strecke, etwa bis zum Elbgebiete sich hinzöge. In jüngster Zeit wurde aber ein Stück auch aus der Rheingegend, speziell aus dem Gebiete der Lippe, 28. Ber, d. Wpr, Bot.-Zooi, Vereins. 3 fo) 114 15 km nördlich von Bochum, eingeliefert. Die östlichste Krähe stammt aus der Gegend von St. Petersburg. Der Umstand, daß in den russischen Ostsee- provinzen einigemale zur Brutzeit zwei Exemplare in verschiedenen Jahren an ein und demselben Orte, ja sogar von ein und demselben Jäger erlegt wurden, macht es, wie schon oben angedeutet war, wahrscheinlich, daß die bei uns durchziehenden Krähen bereits in diesem Teile Rußlands ihre Brut- gebiete haben. Die längste Dauer des Tragens von Ringen beträgt bis jetzt an einem Exemplare zwei Jahre und imehrere Monate. Iın letzten Jahre wurden auch Möven in den Versuch mit hineingezogen, die recht gute Resultate geliefert haben. Ps wurden neben Stücken aus Westpreußen (auch aus Danzig), solche zurückgeliefert aus der Gegend von Paris, und zwar zwei Sturmmöven (Larus canus), von denen die eine, schon 18 Tage nach dem Auflassen, bei Chaton einem Schützen zur Beute fiel, und zwar am 2. Ja- nuar 1896. Ferner lief ein Stück vom kleinen Belt ein, und in letzter Zeit auch von den Fär-Öer und als besonders interessant eine auf dem Rossittener Bruche erbrütete Lachmöve von der Pomündung in Oberitalien. Die er- zielten Resultate spornen zur eifrigen Fortsetzung des Versuches, durch den ganz neue Gesichtspunkte über die Verbreitung einer Vogelspezies eröffnet werden können, an. Im nächsten Frühjahre sollen auch weiße Störche markiert werden, deren große deutliche Ringe gute Resultate erhoffen lassen, womöglich Einlieferung aus den afrikanischen Winterquartieren. Die Resultate des Versuches werden übrigens ausführlich in REICHENOW’s Ornithologischen Monatsberichten und zusammenhängend in dem im Journal für Ornithologie erscheinenden Jahresberichten der Vogelwarte Rossitten ver- öffentlicht, worauf hingewiesen sei. Unter Ausspruch des Dankes an die beteiligten Kreise für Förderung des Versuches, sei auch hier die Bitte wiederholt, dem Unternehmen auch ferner das erfreuliche Interesse entgegen zu bringen, denn nur dann ist auf weiteren Erfolg zu rechnen. Die Krähenzüge dauern übrigens zuweilen bis Mitte Dezember an. In Gemeinschaft der Krähen ziehen sehr oft den Oktober hindurch auch Klein- vögel, namentlich Buchfinken, Lerchen, Pieper. Am 5. Oktober 1904 schätzte ich auf der Pallwe bei Pillkoppen in fünf Minuten ca. 1200 vorüber- ziehende Kleinvögel. Das ergibt für die Stunde 14400 Stück. An diesem Morgen hielt der Zug zwei Stunden mit solcher Mächtigkeit an, und so sind während dieser Zeit etwa 28800 Vögel die Nehrung entlang nach Süden zu gewandert. Der November und die nun folgenden Wintermonate bringen nordische Wintergäste, zum Teil recht seltener Art, in unsere Gegenden. Erwähnt seien: Bergfinken, Schneeammern, Alpenlerchen, Leinzeisige, Seidenschwänze, Hakengimpel (Pimiola enucleator); ferner an großen Arten Schneeeulen, Rauhfußbussarde und für die See mächtige Enten- schwärme, darunter als häufigste Art die Eisente (Nyroca hyemalis). Nun folgt auf der Nehrung im Vogelzuge eine kurze Ruhepause. In der ersten Hälfte des Februar beginnt aber zuweilen bereits wieder der Krähen- 4 115 rückzug nach Norden. Im übrigen verläuft der Frühjahrszug schneller als der Herbstzug, tritt auch, was manche Vogelarten anlangt, nicht so stark in die Erscheinung. Vor allen fehlen fast ganz die Strandvögel. Großartig ge- staltet sich dagegen zuweilen der Raubvogelzug. Mehrere solcher günstigen Zugtage, an denen Ketten von Sperbern, gemischt mit kleinen Falken, Bussarden, Reihern und Milanen, die Nehrung entlang, meist über die Bruchberge hin, führten, werden eingehend geschildert. Von den nun nach und nach eintreffenden Brutvögeln, deren Arten- reichtum im Gegensatz zu den Durchzüglern nicht sehr groß ist, wird besonders der interessante Karmingimpel (Carpodacus erythrinus) als Zierde unserer Ost- und Westpreußischen Ornis näher besprochen. Zum Schluß wurden noch die einzelnen Momente des Vogelzuges, Höhe und Schnelligkeit, behandelt. Der Haupt-Krähenzug geht auf der Nehrung in einer Höhe von 1—100 m vor sich. Die größte beobachtete Höhe betrug etwa 1500—2000 m. An schönen klaren Frühlingstagen steigen namentlich die Saatkrähen so weit empor, Nachdem auch noch dem Einfluß der meteorologischen Verhältnisse auf den Vogelzug vom Vortragenden ein Wort gewidmet war, wurde die Aus- führung mit dem Hinweise geschlossen, daß es höchst wünschenswert sei, daß nach und nach, zunächst an der Ostseeküste entlang, noch mehrere Zweig- Beobachtungsstationen entständen. 116 Walfang und Walverwertung). Von Professor Dr. BRAUN in Königsberg. munnnrrnn Der Vortragende gab zuerst einen Überblick über die etwa 1000 Jahre alte Geschichte des Walfanges, in der sich mehrere Perioden unterscheiden lassen: 1. der sogenannte Baienfang, der besonderen Aufschwung mit der Entdeckung Spitzbergens nahm; 2. der Eismeerfang, zu dem nach Verödung der Fangfelder an arktischen Inseln und Inselgruppen übergegangen wurde; er dehnte sich allmählich über alle Meere, in denen Wale vorkommen, aus, sank aber ganz bedeutend und aus verschiedenen Gründen um die Mitte des vorigen Jahrhunderts; 3. der Stationsbetrieb, der Ende der siebziger Jahre zuerst in Norwegen aufkam, zum Fang der Wale Dampfer und Harpunen mit Sprenggeschossen verwendete und zur Verarbeitung der Beute feste Stationen an Land errichtete, zu denen die Wale von den Fang- oder besonderen Schleppdampfern angebracht werden. Von Norwegen hat sich dieser Betrieb verbreitet nach Island, den Faeroer, Shetland- und Orkney-Inseln, nach New- Foundland, Ostasien. Hierauf besprach der Redner die zum Fang kommenden Arten, die eben- falls wechselten; während man früher in erster Linie den sogenannten Glatt- walen (Grönlandswal, Nordkaper) und dem Pottwal nachging, wozu kleinere Arten, wie Grindwal usw. kamen, stellt man jetzt mit dem fast völligen Ver- schwinden der Glattwale besonders den weniger Tran liefernden Furchenwalen (Fin-, Blau-, Seih- und Knölwal) nach, deren Barten klein und daher auch von geringerem Wert sind. Was aber in dieser Beziehung dem einzelnen Individuum fehlt, ersetzt die Menge der gefangenen Exemplare und auch die bessere, durch maschinelle Einrichtungen erzielte größere und vollständigere Ausnützung der Beute. Auf den besteingerichteten Stationen wird nicht nur Tran aus dem Speck gewonnen und die Barten verwertet, sondern auch das frisch ganz gut schmeckende Fleisch sowie das Skelet nach Extrahierung des Tranes zu Fleisch- resp. Knochenmehl verarbeitet und schließlich auch die Eingeweide mit Inhalt nicht unbenützt gelassen. Glatt- und Pottwale kommen viel seltener zum Fang. An der Hand zahlreicher Diapositive schilderte der Vortragende den ganzen Stationsbetrieb, wie er ihn am Faskrudsfjord an der Ostküste Islands kennen gelernt hatte, besprach die Verwertung der Produkte und gab schließlich noch eine Anzahl Bilder der ziemlich öden Landschaft von Island. 1) Referat des Verfassers über seinen Vortrag, gehalten am 8. März 1906 in Danzig. == 1 Verzeichnis der von Michaelis 1905 bis zum 15. Mai 1906 neu hinzugekommenen Mitglieder. um S- ——— Albrecht, Mühlenbesitzer in Nawitzmühle bei Langfuhr. Aprek, Frl., Lehrerin in Danzig. Arendt, Domänenrentmeister in Üzersk. Arens, Schlachthofdirektor in Danzig. Barinowski, Dr., Sanitätsratin HammersteinWpr. Belgard, Stadtrat in Graudenz. Bertling, Frau Redakteur in Danzig. Birnbacher, Dr., Kreisarzt in Danzig. Brodnitz, Handelsriehter in Berlin. Claassen, Kommerzienrat in Danzig. Graf zu Dolhna, Majoratsbesitzer auf Finken- | stein bei Rosenberg. Dreyling, Frau Rentiere in Danzig. Flatow, Dr. med. in Berlin. Gendreitzig, Dr. med. in Elbing. Gerlach, von, Landesökonomierat in Wloschewo bei Strepsch, Kreis Neustadt. Giraud, Kg]. Meliorationsbauinspektor in Konitz. Goldfarb, Kommerzienrat in Pr. Stargard, (Lebenslängliches Mitglied). Hagemann, Frl., Lehrerin in Danzig. Hardimann, F., Kaufmann in Danzie. Herweg, Kandidat des höheren Lehramtes z. Z. in Konitz, Henriei, Regierungs- u. Forstrat in Marienwerder. Höne, Landrat in Kulm. (Lebenslängliches Mitglied). Jalkowski, Dr. med. in Graudenz. Jacob, H., Rentier in Oliva. Jaskulski, Frau Rentiere in Langfuhr. Kasten, Dr., Kreisarzt in Marienwerder, Kellner, Frl., Lehrerin in Elbing. Köhler, F., Rentier in Flatow Wpr. Kugelmann, Kaufmann in Danzig. Landwirtschaftlicher Verein in Pasewark. Landwirtschaftlicher Verein in Putzig. Landwirtschaftlicher Verein in Riesenburg. Landwirtschaftlicher Verein in Gr. Zünder. Lautz, Dr., Regierungsrat in Langfuhr. Lehrerverein für Naturkunde in Danzig Lehrerverein in Elbing. Lindenberg, Oberstleutnant z. D. in Stralsund. Martens, Dr. med., Kreiswundarzt in Graudenz, Merkel, A., Frl., Langfuhr. Muscate, Buchdruckereibesitzer in Elbing. Naturwissenschaftliche Vereinigung des Graudenzer Lehrervereins in Graudenz. Neumann, Landrichter in Konitz, Palubicki, von, Frl., Dresden. Post, Dr. med., Kreisarzt in Strasburg Wpr. Rabbas, Dr. med., Direktor der Provinzial- Irrenanstalt in Neustadt. | Reddies, Frau Pfarrer in Danzig. von Riesen, H,, Frl., Langfuhr. Ritter, Kreisschulinspektor in Schöneck. Sachs, Dr. med. in Christburg Wpr. Schauen, Dr. med., Direktor der Provinzial Irrenanstalt in Schwetz Wpr. Schrock, Justizrat in Marienwerder, | Schroth, Buchdruckereibesitzer in Danzig. ' Schultz, Ökonomierat in Klein Montau Wpr. Schutze, jun., Apothekenbesitzer in Konitz. Schulze, H., Lehrerin in Danzig, Stremlow, Fabrikbesitzer in Danzig. , Siriebel, Diplomingenieur, Kreisbaumeister in Schwetz. Springborn, Frl., Kontken bei Mleewo Wpr. Thienemann, Dr. phil., Leiter der Vogelwarte in Rossitten, Kurische Nehrung. Warnecke, Gutsverwalter in Zoppot. Weissermel, Regierungsrat in Konitz. Weyl, Frl., Schulvorsteherin in Zoppot. Wieler, Kommerzienrat in Danzig. ‚ Zierold, Rittergutsbesitzer in Klein Konraszin, Kreis Schlochau, —— — BERGEN TE FT EN IE Druck von A. W. Kafemann 6. ı. v. H. in Danzig. me. u ACADENY A a (VE 28. BERICHT Re DES WESTPREUSSISCHEN BOTANISCH- ZOOLOGISCHEN VEREINS, SIEBZEHN ABBILDUNGEN IM TEXT. MIT UNTERSTÜTZUNG DES WESTPR. PROVINZIAL-LANDTAGES HERAUSGEGEBEN. DANZIG 1906. KOMMISSIONS-VERLAG VON WILHELM ENGELMANN IN LEIPZIG. Bitte die 4. Seite dieses Umschlages zu beachten. Um mehrfach geäußerten Anfragen nachzukommen, sei mitgeteilt, daß frühere Jahrgänge der Berichte unseres Vereins noch vorhanden sind. Diese werden für einen Preis von 1,50 M pro Heft abgegeben. Bei Abnahme größerer Serien (von mindestens zehn Heften an) erfolgt eine Ermäßigung von je 0,50 M für jedes Heft. Wünsche sind zu richten an Herrn Prof. Dr. Lakowınz, Danzig, Brabank 4. TTS —Ö —— . Druck von A. W. Kafemann G. m. b. HB, in Danzig. Be Y. N u REN In aaÄl LE hal l Aut ebd An 1" Paakpihere J Ka! BE ee Mh Ja Ah