OR: Lu öde 8. | | Kibrary of tbe Museum OF _COMPARATIVE ZOÖLOGY. AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS, a Pk 04065. Mes L. N, N. 982 Iobmuany 9 / 9852 063 Nov.J0//s8T- , BERICHTE über die VERHANDLUNGEN naturforschenden Gesellschaft zu FREIBURG 8. Redigirt vom Secretär der Gesellschaft: F. Himstedt. TB N LEE ELe£t SE Mit 5 Tafeln. Freiburg i. B. Universitäts-Buchdruckerei von Chr. Lehmann. Sm 1882, hd Inhalts -Verzeiehniss. 1) E. Warburg. Magnetische Untersuchungen 2) F. Klocke. Nachahmung der Erscheinungen optisch anomaler Krystalle durch gespannte Colloide . 3) F. Klocke. Ueber die Wirkung eines einseitigen Druckes auf optisch anomale Krystalle von Alaun, Idokras und Apophyllit RL ren a ee 4) F. Klocke. Axenbilder im convergenten Licht bei Alaun, Bleinitrat, gepresstem Gelatine und raschgekühlten Glase 5) K. R. Koch und F. Klocke. Ueber die Bewegung der Gletscher . ER ea EN RE TEE IR RER 6) Hans v. Mangoldt. Ueber die Classification der Flä- chen nach der Verschiebbarkeit ihrer geodätischen Drei- ecke EM RER EUREN SEE HT ARD RR Er %) E. Warburg und L. v. Babo. Ueber den Zusammen- hang zwischen Viscosität und Dichtigkeit bei flüssigen, insbesondere gasförmig flüssigen Körpem . . . 2... 8) K.R. Koch. Ueber eine Methode die Mikrometerschrauben RE RIP WETTE N A 9) Auszug aus den Sitzungsprotokollen vom 4. Februar 1880 bis 14. December 1881 . 123 128 E DR A Bike Bat gr A Nm ig % DAR AR AR? Jh 23 Ra + L % % % % % % + + % & & En Er 17 m De Veen — Flag Eger Tr CaeE) vr = A N ZU AN NN 14 | “ FÜR ZUR AIR FUN ZUR AUR m 1 > > % BAR AN AN ARR R AuR FR AR AR Fan FR Fur FR FaR ar JRR FAR Far a Far Ja FaR aN a Far a FR Pan FR Bar A BR AN BR ER BR AR BR Au RgojesfeBjchhes = Irlox X AlC 5 DAT 20, Fa BERICHTE über die VERHANDLUNGEN der naturforschenden Gesellschaft SA zu ic z > le KRelBUREe.NrB: >> ERS > $ Re RR Redigirt vom Secretär der Gesellschaft: el Gl 3 yr A F. Himstedt. —| Re REN Banıel SZEEEIN SPrett! TT. 28) Be 0 | Ne SA Mit 4 Tafeln. + | FREE BEST „ Ns 5 »al: 2er "elle RS; al | Er ( 1 = ll), 5 = 1 Freiburg i. B. el a Universitäts-Buchdruckerei von Chr. Lehmann. ll u "äl ers FE DIT I SITE FIT Ze = Fr = = Er FIT tete hatee | az IR SR AIR SIR SIE SR SIR Sa RKARARKARAHRKAT = Vz (zZ = y= £ N y= N 2 \ 2 = u > N —h RR AR > ERRAE Zu AKT < ARRATKKTRTTTT Rn KR AARIT NER R RR IT RAR AARIRRTIT AN 1) ll _ dedck RR a ar AR AR elelekelalele, sa 2 Ich - en er er Inhalts-Verzeiehniss. EI RR AR RITTER I D) 1. F. Himstedt. Ueber das Zusammenwirken von Zug .. nad Rossion? bei. Metalldräntene re 1) .. © =, z, > 73 RR AR Krystalle des regulären Systems. (Mit1 Taf) . . . 14 von Kries. Ueber die Erregung des motorischen Ner- ven durch \Vechselströome. (Mik2Tar) 2 2 2 Er ie 4. A. Vietor. Die harmonische Configuration 244 . . 206 5. F. Himstedt. Zur Bestimmung der Windungstläche 2. K. R. Koch. Untersuchungen über die Elastieität der . [e% I en ET ae Se a oe nr TE ee? OSEERE ee Deren IR Al N BR FAU IN | . I} RAill il | fi il ß I a vr il \\ r ul rl N N If h" j) cal, Ki " N Y N ul al IM! 1% 2 2A SA 394 381% U N) VAR 2 AU, 1A Au Au BA MIA Zlz Al IE TE ———— einer Drähtspule® Par. Nr Re Re Zt 6. E. Warburg. Ueber die Elektrolyse des festen Glases (Mit 1 Pate REN N} 22025 ‘. F. Himstedt. Zwei verschiedene Kor men eines thatigen#=Disjunetors: :.0.1 01. 2. Se 8. F. Himstedt. Ueber eine Methode zur Bestimmung OS One Na a a SEE Are une See 9. von Kries. Ueber die Abhängigkeit der Erregungs- vorgänge von dem zeitlichen Verlauf der zur Reizung dienenden Electricitäts-Bewegung ER TIE 10. Auszug aus den Sitzungs-Protokollen der Jahre 1882 und 1883 ur KATI FRTTT RK RR zus KAKRKKT RK % 7 y ji, et TUST ZUR SR SR YO 1 34 Sr Sad Sal Sr el Sl TEN! “w Le er E \- Ki Bi" be N Vin er . Ö KRAKA r EAN AT = > ke \ Re fd o) ” ei- ne | Kr 7 z Fr RT Fr ar RSERERTET = Fr F FT Er 1 “z Mir u! ge en 5 Agdese nn Ziiett I Sı OST L. 47 ee BERICHTE über die VERHANDLUNGEN der naturforschenden Gesellschaft zu ERBIBURG'EL:B: Redigirt vom Secretär der Gesellschaft: F. Himstedt. ee EN Eee Mit 1 Tafel. (Schlussheft.) Freiburg i. B. Universitäts-Buchdruckerei von Chr. Lehmann. (ri E % EERTE = add sh Js Se SA Ih I SA I Js RAR, Js en) Fer a = Sam a er v ann BER SS IIIIFIsSS JJAJIIFIS NN SErRerrA nen — - Ser ar Zn 17 AR mn . All IN | an) im N } m Lt ll, ME IA All) N U NUDE A stil) IN Iertefeekenfeienfenfeinleienjenfntenfenehentecieieng KITE FI 2‘ Inhalts-Verzeiehniss. g! TE a Se ae a = a. ET Tee ee or Im So GE RG 7 ART Zi N f } ! il f ı! | ul ff a U I Me I N N 2% 282 28a Allıla SU All BE FERFRFTTT FAR RTT . C. Willgerodt I. Mittheilungen über «-Dinitrothio- phenol und dessen Salze, über a-Dinitrophenylsulfid, KIT a-Dinitrophenyldisulfid und «-Dinitrophenylpikrylsulfid . C. Willgerodt II. Mittheilungen über die Thiopikrin- f AN säure und ihre Salze, sowie über das Pikrylsulfid . .K. R. Koch. Beiträge zur Kenntniss der Elastieität SFFFFFTTTE i IR Su Re a AV N fi) I des Eises . 0. Bolza. Zur Reduction hyperelliptischer Integrale auf elliptische SL Sn Sn A N U ar) KRRARTTTN Al b I 114 UDz. A A ) |} ION ' ik j dl fl Be Sl ma All (ih N (fin lin Ann, " Mn Rule Aula All Silbe AIDA KEFAFTTT KERIT I eiReniekpiekseieninten Nor 1a ” = v PR Sl aan pe ee # ver 3 Ian Mi 5 ni Magnetische Untersuchungen. Von Ei. Wearbuüureg. I. Ueber einige Wirkungen der Coörcitivkraft. Unter der Ooereitivkraft versteht man die Ursache der Erscheinung, dass von dem Magnetismus, welcher durch eine magnetisirende Kraft im Eisen erregt ist, ein Theil nach Aufhören der magnetisirenden Kraft zurückbleibt. Die folgende Erscheinung ist offenbar auch eine Wirkung der Co&reitivkraft. Man habe einem Eisen- draht durch eine longitudinale magnetisirende Kraft K, ein gewisses permanentes Moment m, ertheilt. Lässt man nun auf den Draht magnetisirende Kräfte wirken, die von o bis K, stetig wachsen und dann von K, bis o wieder stetig abnehmen, so findet man für dieselbe magnetisirende Kraft K das magnetische Moment grösser, wenn K im Abnehmen, als wenn es im Wachsen be- griffen ist. Nach einigen Wiederholungen dieser Operation findet man den Draht in einem stationären Zustand, in Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 1. 1 [801 welchem sich immer für K—o ein und dasselbe per- manente Moment m, und für K—K, ein und dasselbe Mo- ment m—my tm; ergibt. Stellt man daher für diesen Zustand des Drahtes das magnetische Moment desselben als Function der magnetisirenden Kraft graphisch dar, so erhält man eine geschlossene Curve C derart, wie Figur 1 sie darstellt, in welcher der auf- und absteigende Ast durch Pfeile unterschieden sind; mit Ausnahme des Minimal- (0) und Maximalwerthes (K,) von K gehören zu jedem Werth von K zwei Werthe von m. Obgleich ich diese T'hatsache in der einschlägigen Literatur nicht ausgesprochen finden konnte, so darf ich doch nicht annehmen, dass sie denjenigen unbekannt sei, welche den Zusammenhang zwischen magnetischem Mo- ment und magnetisirender Kraft studirt haben. Man scheint aber übersehen zu haben, dass von dieser Thatsache eine Reihe von Erscheinungen abhängen und durch sie ihre ausreichende Erklärung finden, welche man bisher theils anders und wie ich glaube nicht richtig erklärt hat, theils nicht im Zusammenhang mit dieser Thatsache studirt hat. Dies zu zeigen und einige Messungen über die be- sprochene Wirkung der Üoereitivkraft mitzutheilen ist der Zweck dieses Aufsatzes. In $ 1 und 2 wird ein Satz entwickelt, aus welchem die Bedeutung der geschilderten Erscheinung hervorgeht. $S 3, 4 und 5 enthalten Messungen über dieselbe. InS$ 6 wird ihr Zusammenhang mit der Wärmeerzeugung durch Magnetisiren und Entmagnetisiren dargelegt und in $ 7 wird aus ihr die dämpfende Wirkung erklärt, welche eine Eisenplatte auf einen über ihr schwingenden Mag- neten ausübt. .. we. SIE. Die Bedeutung der Thatsache, von welcher die Rede ist, erhellt sogleich aus folgendem Satz: Während die Kraft K von o bis K, wächst und von K, bis o wieder abnimmt ist an dem Draht eine Arbeit geleistet worden, welche in absolutem Maass durch die von der Curve © (Fig. 1) umschlossene Fläche dar- gestellt wird. Es ist dabei angenommen, dass die Kraft K longi- tudinal und über den Draht hin constant sei; dass ferner der Draht sich in dem vorhin geschilderten stationären Zustand befinde; endlich wollen wir zuerst Einfachheit halber den Draht unendlich dünn annehmen, so dass er als gleichförmig magnetisirt angesehen und durch zwei Magnetpole an seinen Enden ersetzt werden kann. Anschaulichkeit halber denken wir uns ferner das Magnetfeld, in das der Draht gebracht wird, herrührend von zwei gleichen permanenten Magneten, deren Mittel- punkte zusammenfallen und deren magnetische Axen einen Winkel 2« mit einander bilden (Fig. 2). Der Draht werde mit seiner Axe in die Halbirungslinie des Winkels 2« gebracht; es sei sowohl die Länge der permanenten Magnete als auch die Länge des Drahtes unendlich klein gegen die Entfernung r des Drahtmittel- punkts D von dem Mittelpunkt der Magnete O. Die magnetisirende Kraft, welche dann auf den Draht wirkt, ist nach seiner Axe gerichtet und hat den constanten Werth 4 m’.cos« K—-— ne wo m’ das magnetische Moment eines der permanenten Magnete bedeutet, K positiv gerechnet wird, wenn es Es 4 die Richtung OD hat und « der Winkel zwischen OD und der magnetischen Axe eines der permanenten Mag- nete ist. Es ändert sich also K mit « und indem man « von > bis « abnehmen und wieder bis, wachsen lässt, wird K die Werthe von o bis K, und von K; bis o zurück durchlaufen, wobei das in dem Draht inducirte Moment von m, bis m wachsen und von m bis m, wieder ab- nehmen wird. Um aber die permanenten Magnete um den Winkel da zu drehen, müssen wir wegen des im Draht indu- cirten Magnetismus Arbeit aufwenden, welche durch By da gemessen wird, indem das Potential der permanenten Magnete in Bezug auf den Draht den Werth —m.K hat. Es ist folglich die ganze Arbeit A, welche auf- sewendet werden muss, während K von 0 bis K, wächst und von K;, bis o wieder abnimmt, A=—fmdk (i) wo das Integral über die geschlossene Öurve © zu neh- men ist und folglich die von dieser Curve: umschlossene Fläche darstellt, w. z. b. w. Zusatz. Ein allgemeinerer Satz ist der folgende: ein beliebiger Eisenstab werde in ein homogenes Magnet- feld gebracht; während dann die Öomponenten X, Y, Z der magnetisirenden Kraft von irgend welchen Anfangs- werthen aus eine Reihe von Werthen durchlaufen und schliesslich zu den Anfangswerthen zurückkehren, ist an dem Stab die Arbeit AZ IN EX Tm, 47 (md 5 geleistet worden, wo m,, m,, m, die Componenten des magnetischen Moments nach den Üoordinatenaxen sind. Das Magnetfeld rühre nämlich her von permanenten Magneten, deren Potential V sei. Ist dr ein Volum- element des Stabes, «, %, y die Componenten der Mag- netisirung desselben, dW das Potential der permanenten Magnete in Bezug auf dr, so ist en dV Fa) — —dr(oaX+PY-+Yy2). dW dee. dx Daraus folgt, dass wenn die permanenten Magnete von einer Anfangslage aus durch eine Reihe von Lagen hindurch in die Anfangslage zurückgeführt werden, an dem Volumelement dr die Arbeit Dar J) («dX-+PdY-+-ydZ)dr und an dem ganzen Stab die Arbeit A= fe AR Em dNV m; 2) (2) geleitet worden ist. Aus Gleichung (2) folgt, dass die Gleichung (1) für einen Stab von endlicher Dicke gilt, wenn man unter m die Componente des magnetischen Moments nach der Richtung der magnetisirenden Kraft, d. i. in jenem Fall nach der Richtung der Stabaxe versteht. 82. Nehmen wir nun an, dass die permanenten Magnete, von denen das Feld herrührt, einen Kreisprocess von Lagenänderungen durchmachen; um bestimmte, Vorstel- lungen zu haben, wollen wir den vorhin speciell behan- delten Fall der Fig. 2 ins Auge fassen, {er} Am Ende des Kreisprocesses ist der indueirte Mag- netismus des Drahtes derselbe wie im Anfang, ebenso die Lage der permanenten Magnete. Da nun bei dem Process die als permanent vorausgesetzten Magnete keine Aenderung ihres magnetischen Zustandes erlitten haben, so kann das Aequivalent für die aufgewendete Arbeit A nur in dem Draht gesucht werden und da nach unsern bisherigen Erfahrungen andere Wirkungen ausgeschlossen sind, so muss das Arbeitsäquivalent im Draht in Form von Wärme auftreten. Stellt man sich anderseits vor, dass die permanenten Magnete passend aufgehängt und in Schwingung ver- setzt seien, so dass der Winkel « beim Schwingen wächst und abnimmt — denken wir dabei Einfachheit halber an nur einen schwingenden Magneten — so wird in Folge der Wirkung des Drahtes auf den schwingenden Magneten von diesem Arbeit aufgewendet werden, nach Maassgabe deren die Energie der Schwingungen abnehmen muss; es wird eine dämpfende Wirkung von dem Draht auf den schwingenden Magneten ausgeübt werden. Man wird dieses Resultat dahin verallgemeinern können, dass jedesmal, wenn permanente Magnete in der Wirkungssphäre von Eisenmassen Schwingungen aus- führen, in Folge der Coöreitivkraft ein Verlust der Energie dieser Schwingungen eintreten muss auf Kosten von Wärme, welche in den Eisenmassen entwickelt wird. Seh Nachdem im Vorhergehenden die Bedeutung der besprochenen Wirkung der Üoöreitivkraft dargelegt ist, wird es gut sein, ehe wir den Zusammenhang dieser Wirkung mit andern Thatsachen näher betrachten, einige Messungen über diese Wirkung mitzutheilen, da solche Messungen, so viel ich weiss, bisher nicht vorhanden sind. ” [ Die Methode der Versuche bestand darin, dass der zu untersuchende Draht in eine Magnetisirungsspirale gebracht wurde, deren Axe senkrecht zum magneti- schen Meridian stand; indem man nun die magnetisirende Kraft von o bis K, wachsen und von K, bis o wieder abnehmen liess, wurde für eine Anzahl von Werthen K zwischen o und K,, K/, K”.... das magnetische Moment des Drahtes jedesmal für auf- und absteigende Kräfte bestimmt. Die Aenderung des K von o bis zu dem ersten Werth K’ und von K’ bis o beweırkstelligte ich durch einfaches Schliessen und Oeffnen des Stromes; ich erhielt nämlich in vorläufigen Versuchen dieselben Re- sultate, mochte ich den Strom direkt mittels des Commu- tators schliessen und Öffnen oder den Strom allmählich von einem sehr kleinen Werthe bis zu K’ anwachsen bez. von K‘ aus allmählich abnehmen lassen. Allmäh- liches Anwachsen und Abnehmen des Stromes bewerk- stelligte ich dabei, indem ich in die Leitung eine in einem vertikalen Glasrohr befindliche Säule angesäuerten Wassers einschaltete, die unten in eine am Boden der Röhre befindliche Quecksilbermasse endigte, oben mit einem Kupferdraht in Verbindung stand; durch Hinein- schieben des Kupferdrahtes in das Wasser bis zum Ein- tauchen in das Quecksilber wurde allmählich die flüssige Säule ausgeschaltet und die magnetisirende Kraft von einem sehr kleinen Werth bis auf K’ erhöht. Die grössern Werthe K”, K’",.... brachte ich durch stetige Verkleinerung des Leitungswiderstandes hervor. Zu dem Ende waren in den Stromkreis zwei sehr dünne Platindrähte eingeschaltet, deren Länge zusammen 943" und deren Widerstand 80,2 8. E. betrug. Diese Platin- drähte gingen wie beim Dubois’schen Rheostaten durch je ein mit Quecksilber gefülltes Röhrchen hin- 3 durch, durch dessen Verschieben in leicht ersichtlicher Weise die eingeschaltete Länge des Drahtes geändert werden konnte. Diese Vorrichtung erlaubte, die ange- wandte Stromstärke bis auf das Vierfache ihres Anfangs- werthes stetig zu steigern. Die magnetischen Momente wurden durch die Ablenkung einer kleinen mit Töpler- scher Luftdämpfung versehenen, an einem äusserst dünnen. Coconfaden von zu vernachlässigender Torsionskraft auf- gehängten Magnetnadel (Stück Stahldraht) bestimmt; die Drähte befanden sich gegen diese Nadel in der ersten Hauptlage. Die Ablenkung, welche die Magnetisirungs- spirale für sich hervorbrachte, wurde durch eine an- dere Spirale zum grossen Theil compensirt, der übrig bleibende Rest experimentell bestimmt, wenn nöthig für verschiedene Gleichgewichtslagen der Nadel, welche Lagen durch Annähern eines starken Stabmagneten in der ersten Hauptlage hervorgebracht wurden. Die Drähte hatten Längen von 180 bis 430m; der Abstand r der Drahtenden vom Nadelmittelpunkt betrug für die kürzern Drähte 319—513"%; für die längern (428mm) 190—260"m, Die Berechnung der magnetischen Momente geschah nach der Formel Ins wo o der Winkel ist, um den die Nadel aus dem Meri- dian abgelenkt wird, L die Länge der Drähte, 21 die Länge der Nadel, Y der Abstand des Drahtendes vom Mittelpunkt der Nadel. Es ist in dieser Formel der Pol an dem Ende der Drähte angenommen worden, was nicht genau richtig ist; die berechneten Momente sind daher für jeden Draht mit einem Factor zu multipliciren, welcher «die Einheit um etwas übertreffen wird, zu dessen scharfer Bestim- mung indess der Apparat nicht eingerichtet war. Die angewandte Magnetisirungsspirale hatte bei einem äussern Durchmesser von 24,2" eine Länge von 530", und bestand aus 3 Lagen dünnen umsponnenen Kupferdrahts von je 726 Windungen; ihr Leitungswider- stand betrug 8,81 S. E. Die Eisendrähte wurden so in dieselbe hineingebracht, dass die Enden derselben von der Spirale um 57" oder mehr überragt wurden, die magneti- sirende Kraft K folglich bis auf 1 Proc. ihres Werthes 4rani h hatte,') wo n die Windungszahl, h die Diagonale der Spirale, i die Intensität des magnetisirenden Stromes in absolutem electromagnetischen Maass bedeutet; i wurde über den Draht hin constant den Betrag K — durch ein Galvanometer bestimmt, das mit einer Tan- gentenbussole von bekannten Dimensionen verglichen worden war. 8.4. Folgende Tabelle enthält einige Angaben über die Beschaffenheit der benutzten 6 Drähte: No. Länge Durchmesser Masse Spec. Gewicht 1 180mm urn99 6037202 7.805 2 150 3.484 16. 427 7.681 3° 428,6 1. 616 6. 832 7.771 3b 429 14 Bel 6. 454 7,762 3° 429 1. 540 6. 211 7.178 4 429 0. 674 1. 187 7.155 ') W. Weber, Electrodynam. Maassbestimmungen, insbes, über Diamagnetismus. Pg, 547, Die Drähte 1 und 2 fanden sich im hiesigen Ka- binet vor. Die Drähte 3 und 4 erhielt ich von Jens Müller Söhne in Hamburg unter der Bezeichnung: No. 3: engl. blanker Holzkohlendraht No. 17, No.:4&: . .„, «geglühter in No. 29. Ich fand die letztere Drahtsorte No. 4 nach vor- herigem Glühen ausgezeichnet durch verhältnissmässig geringen permanenten Magnetismus. Die Resultate der Versuche sind in den folgenden Tabellen niedergelegt. Die erste Zeile enthält jedesmal die Werthe von K m’ Horizontaleomponente der erdmagnetischen Kraft in Freiburg. d. i. des Verhältnisses der magnetisirenden Kraft zur Die zweite und dritte Zeile enthalten das - (lade H 103 fache des auf das Gramm Eisen bezogenen mag- netischen Moments für den darüber stehenden Werth der magnetisirenden Kraft je nachdem dieselbe im Aufsteigen (asc.) oder Absteigen (desc.) begriffen war. Die vierte Zeile gibt die Differenz y der beiden vorhergehenden Zeilen. Die magnetischen Momente sind in absolutem mag- netischen Maass in Bezug auf mgr, mm und Sekunde angegeben. Unter jede Versuchsreihe ist noch gesetzt die dem Kreisprocess derselben entsprechende Arbeit für das Gramm Eisen A—(ydK.H.10 sowie der dieser Arbeit entsprechende Wärmewerth 141 A Uentigr. w gibt also die Temperaturerhöhung in Oentigraden an, welche durch die in einem Oyelus entwickelte Wärme in der Substanz erzeugt werden würde, wenn diese Was- ser wäre. In Bezug auf die Ausführung der Versuche bemeıke ich noch, dass, während die Drähte den magnetisirenden Kräften ausgesetzt waren, dieselben nicht erschüttert wurden. Erschüttert man sie, während die Zwischen- werthe der magnetisirenden Kräfte wirken, lässt aber bei dem Minimal- und Maximal- werth der magnetisirenden Kraft keine Er- schütterungen wirken, so erhält man kleinere Werthe von y. So erhielt ich für einen Stab von 4,28" Durchmesser und 744" Länge, indem die Gränzwerthe der magnetisirenden Kraft o und 24 H waren und die Erschütterungen durch Hammerschläge hervorgebracht wurden, in willkürlichen Einheiten y Ohne Erschütterung 43,7; 43,7. Mit a 13,4; 20,0. Endlich erwähne ich, dass jeder der in den folgen- den Tabellen verzeichneten Werthe von m das Mittel aus drei Werthen ist, welche erhalten wurden bei drei- maligem Durchlaufen des jedesmaligen Cyclus nach Ein- tritt des stationären Zustandes. 12 Draht No. !. = 180 a Fa 72039 u 6022025) IE Kubi ir n | 0) 10,5: , 21,8%,31,7: 46,4 5 op asc. | 10,9 23,8 40,3 56,4 79,0 ü az dese. 10,9 27,7 45,5 61,2 79,0 y 0 3905204800 | A 5 10> IE | "0,146 | ee | (nr Ben H —+46,4 431,7 421,8 105 0 10,5 —21,8 —81,7 —46,4 os asc- | 476,2 2,1 434,7 16,1 1 —18,4 —36,4 --52,2 —71,2 2 7 r < 0 < os desc. +76,2 457,3 443,0 424,9 Hk —9,9 —28,9—16,1 — 712 wm Nenorlıns 88 84 on (ne | N 5702 SL 0: | „9553 108 IL. K a b 0 38,9 74,5 106,0 161,0) 0 20,2 40,8 58,9 84,5 m 5 00 / | Ion, h » gs ase. |6,8 67,8 124,0 174,0 254 | 7,1 36,3 68,1 98,8 142 m r r p D D ng dese. 6,8 76,5 137 186 254 | 7,1 42,5 77,6 107 142 y | MO ae 137 2 0 62 95 son A = 1956...H2 „103 | A — 487.H2.10° 1,22 | 04 wi = | = —— 106 106 t) L Länge d Durchmesser u Masse, Draht No. 2. L— 180mm d=3mng9 0 10,0 21,2 31,9 45,8 52, (dt 47215499 -, 435 3267 © 118 18 0 I6 25 9 0 | A=648.H?.10° 0,628 Fr 10 Draht No. 3%, L—428m6 d— 1mm616 0 20,6 42,6 62,3 92,4 551 561 588 617 649 551 601 624 635 649 0.40. 307 18° 0 22.050,10? H? 1,99 | 10° | A — 0 5,31 11,30 16,90 24,2 177 182 190 200 216 .|177 187 199 208 216 05 9 8 0 A =, 10°H? „_ 9107 10: *. wur u =162427. 0 19,7 40,5 59,7 85,8 50 95 155 215 298 50 140 212 259 298 05 57 4 0 A — 3017.H?.10° a9 08 u = 68'832. 0 10,3 22,1 33,2 48,0 473 478 489 504 530 473 495 509 519 530 MR. 20 15420 Ar==401.,10°..H? 14 L — 499mm Draht No. 3». d — jmnm571 l; ad. 0 11,1 22,0 32,6 47,9 265 276 289 309 339 265 a A=611.10°. H° he — 708 1. a. 0 38,3 74,1 105,0 160,0 445 485 547 594 646 ‚445 567 605 627 646 ds (Oil 33 0 A— 6253 .10°. H? 6,05 a0 [67 0 10,6 21,0 31,1 45,8 446 454 464 476 495 . 446 462 „476 486 495 DTE3 7270 0 A—320..10°H2 a 0 290 314 324 339 | 1 — 68'454. b. 0 2903 492 61,7 912 403 417 450 484 540 465 495 518 540 0 46 48 34 0 A -—- 21168 „10290, 9,68 To: b. 0 19,9 41,2 60,4 89,3 447 A065 495 526 572 447 504 538 553 32 VEE3IEA3 N 0 A = 9500: 10° HE _ 2,23 a; Draht No. 3°. L — 499mm d — jmm540 0 20,0 41,6 61,3 90,5 352 376 426 475 531 352 437 482 506 531 DER STle.G A —'3153’/10% H? 173,00 == 10° Ww = 907-603, A160 3 —526 —506 —579 —455 — 341 —526 —409 —276 u — 68911. 0 +20,2 441,6. -160,3 190 4488 0 TI 2037 516 A —46200.,10° „H® 45,2 — 706 W Draht No. 4. Ib — 49gmm d — Qmn674 H81 -+362 -1426 703 483 197: 2 ken D 0 33,3 61,1 92,7 128,5 155,3 2831 394 535 647 702 281 535, : 647 687 :715 A — 10537 102 108 57 -1290,7 4437 4516 16 85. Bemerkungen zu den vorstehenden Tabellen. 1. y als Function von 1x betrachtet. y ist eine Function von — —x, welche für den H Maximalwerth x—xı und für den Minimalwerth x—x3 verschwindet, also im einfachsten Fall von der Form wäre y=a(xı —X)(X— X») d. a: fürsxs 08: y=a.x(u —x) BE X ey) De) 3: Aber keine der Beobachtungsreihen lässt sich mit genü- gender Genauigkeit durch diese Annahme darstellen, wie man sich überzeugt, wenn man die Werthe « BAR. 5 5 x (ı — X) und RN.) = x2 bildet, welche nach jener Annahme constant sein sollten. Anstatt dessen findet man « für den dick- sten Draht No. 1 ein wenig zunehmend mit wachsen- dem x und dasselbe Verhalten zeigen einige der be- nutzten Drähte für schwache magnetisirende Kräfte. Bei grössern Kräften findet man indess eine Abnahme von a mit zunehmendem x und zwar eine um so stärkere, je grösser der Maximalwerth x; der magnetisirenden Kraft; ausserordentlich stark ist diese Abnahme für den dünnsten der benutzten Drähte No. 4. Um den Verlauf der m und y als Functionen von x deutlicher zu zeigen, sind in den Figuren 3—5 m und y als Functionen von x graphisch dargestellt und zwar in 17 den mit a bezeichneten Gurven m, in den mit b be- zeichneten y. Es bezieht sich Fig e.,38 auf d. Draht, :No.. 1:,x1—46,4 x, = X 2 Ne = erleiigg == 464 x 0: In diesen Fällen weicht der Verlauf der y am wenig- sten von den Formen (3) ab. Fig. 5 bezieht sich auf den dünnsten Stab No. 4 und die magnetisirende Kraft x, —=155,3 und zeigt die grösste Abweichung von der Form (3). 2. Die Curven der yfür verschiedene Werthe.x:. Will man die Curven der y für verschiedene Werthe von x; vergleichen, so ist zuerst zu bemerken, dass man für einen und denselben Werth x, verschiedene Resultate erhält, je nachdem der Draht vorher grösseren magneti- sirenden Kräften x, ausgesetzt war oder nicht. Dies geht aus der Vergleichung der mit dem Draht No. 3» angestellten Versuche Reihe I und Reihe II hervor. Bei I" ist die Kraft x, —=47,9 entsprechend dem permanenten Moment 265, bei I’ die Kraft xı = 91,2 entsprechend dem permanenten Moment 403 die grösste, welche über- haupt gewirkt hat. Bei II hingegen wurden, nachdem der Draht zuerst der magnetisirenden Kraft 160 aus- gesetzt worden war, die Reihen a, b, ce alle bei dem- selben permanenten Moment 445—447, also für den- selben Zustand des Stabes erhalten. Der letztere Fall ist offenbar der wichtigere, auf ihn beziehen sich die Reihen No. 1, III, No. 3°, II; dieselben lehren die Curve AbA (Fig. 6) kennen, auf welcher der Draht, nachdem er den Process ABA durch- gemacht hat, von einem Punkte b aus in den constanten x 0 entsprechenden Zustand zurückkehrt. Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 1. 2 3.:Dıie Arbeit A. Die jedem Kreisprocess entsprechende Arbeit wurde näherungsweise bestimmt, indem man auf Millimeter- h K 3 papier y als Function von H auftrug und die von der so näherungsweise gezeichneten Ourve der y und der Abseissenlinie begränzte Fläche in Quadratmilli- metern abzählte.e Wir wollen die in einem Cyclus auf- gewendete Arbeit vergleichen mit dem in dem Cyelus temporär erregten magnetischen Moment. Sei also mı das temporäre Moment, welches durch Anwendung der magnetisirenden Kraft K, dem permanenten Moment my hinzugefügt wird, so dass während des Cyclus das ganze Moment zwischen m, und my 4m; variirt. Die folgende Tabelle enthält für denselben Zustand der betreffenden : A e Drähte die Werthe — = für verschiedene Werthe von m, m; Draht No. I. mı A A 3 Ho mes 60,3 135 0,0371 134,9 487 0,0268 247,2 1256 0,0205 Draht No. 3”. 1 | A Ze le ER 49 320 0,133 125 2300 0,147 201 6253 0,155 Man sieht, dass für den dieksten der benutzten Drähte "E 2 No. 1 und die angewandten magnetisirenden Kräfte m: P} 2 ı 19 mit wachsendem m, ab-, für die dünnern Drähte No. 3" mit wachsendem m, zunimmt; dass also die Arbeit A nicht dem Quadrat des erregten Moments proportional ist. Wir wollen noch untersuchen, wie bei gleichem Werth von m, die Arbeit A von dem Zustand der Sub- stanz des Drahtes abhängt. Darüber gibt die folgende Zusammenstellung Aufschluss, welche sich auf die Drähte 3%, 3», 3° bezieht, die alle von derselben Drahtrolle her- rührten und sämmtlich der magnetisirenden Kraft 90 unter denselben Umständen unterworfen wurden. un u = A108 EE2310? E1.110° H=7102 m? 352 179 3153 0,098 405 137 2765 0,147 551 98 2050 0,214 Die Drähte wurden sämmtlich vor dem Versuch mehrere Stunden geglüht und zwar die Drähte 3° und >’ in Spiralen aufgerollt in einem Porcellanrohr über Holzkohlenfeuer, der Draht 3° in einem schwer schmelz- baren Glasrohr unter Belastung mit 4 Pfd. grade ge- streckt in einem Verbrennungsofen. In die Tabelle ist noch das der magnetisirenden Kraft 90 entsprechende permanente Moment m, aufgenommen. Da für die 2 mı benutzten Drähte und die angewandten Kräfte mit wach- sendem m, zunimmt, so kann man aus der Tabelle ent- nehmen, dass für denselben Werth von m, A c. p. um so grösser ist, je grösser das permanente Moment my, also je grösser die Coöreitivkraft des benutzten Drahtes. Schliesslich heben wir noch den grossen Unterschied in dem Werth von A hervor, welcher bei No. 3° (Pag. I+ 30 15) sich zeigte, je nachdem die magnetisirende Kraft zwischen O0 und 90 oder zwischen — 90 und -}-90 » in dem Gyclus variirte. A ergibt sich im zweiten Fall 14,5 mal so gross als im ersten; dem entsprechend variirt auch das magnetische Moment in dem ersten Uyclus zwischen 352 und 531 also um 179 im zweiten wischen — 526 und 4516, also um 1042 Einheiten. 6. U Ueber die Wärmeentwicklung in einer Eisenmasse durch Aenderung ihres magnetischen Zustandes. Es ist eine Folge des Prineips von der Erhaltung der Energie in Verbindung mit dem in $ 1 entwickelten Satz, dass die durch Magnetisiren und Entmagnetisiren in einem Draht direct entwickelte Wärme das Aequi- valent der Arbeit A ist, soweit die ganze Arbeit in Wärme umgesetzt wird. Dabei ist indessen die Frage, ob der Werth der Arbeit A von der Schnelligkeit abhängt, mit welcher in einem Cyclus der Werth der magnetisirenden Kraft variirt; wenn auch eine solche Abhängigkeit nicht wahrscheinlich sein mag für sehr dünne Drähte, welche in einer Induetionsspirale nach Helmholtz!) eine merkliche Dauer des Oeffnungsextra- stromes nicht hervorbringen. Ferner wird durch Magnetisiren und Entmagneti- siren indirect Wärme erzeugt durch die Inductions- ströme, welche durch Aenderung der magnetischen In- tensität in der Masse des Eisens sich bilden. Es entsteht somit die experimentelle Aufgabe, an einem und demselben Draht für einen bestimmten Uyclus !) Pogg. Ann. 84, 536. 21 den Werth der Arbeit A durch statische Versuche zu bestimmen, sodann die durch denselben erregte Wärme zu messen und diese mit dem Wärmewerth von A zu vergleichen. Es wird beabsichtigt, diese Untersuchung in dem hiesigen Laboratorium vorzunehmen. Untersuchen wir inzwischen, was.sich aus den bis- herigen Beobachtungen über das Verhältniss der frag- lichen Wärmeentwicklung zur Arbeit A entnehmen lässt. Die folgende Tabelle enthält eine Uebersicht der Werthe des w — d. i. der Temperaturerhöhung in Milliontel Centigraden, welche der Arbeit A entsprechend das Eisen erfahren würde, wenn es die specifische Wärme des Wassers hätte — für den Draht 1, 3P, 4. » Kı mi S u H.10 46,4 68,1 0,146 84,5 134,9 0,472 161 241,2 1,22 ab. 45,8 49 0,510 39,3 125 2,23 160,0 201 6,05 4, 155,9 437 10,2 Erinnern wir noch, dass der grösste Werth von w — nämlich 45,2 — erhalten wurde mit dem Draht 3° durch einen Cyclus, in welchem die magnetisirende Kraft zwischen — 90,0 H und + 90,0 H variirte. Von den mir bekannten Versuchen über die Wärme- erzeugung durch Magnetisiren und Entmagnetisiren sind mit diesen Resultaten noch am meisten vergleichbar die Versuche von Herwig,') welcher mit Eisendrähten von 1,""2 Durchmesser und 180"" Länge experimentirte. Aus Herwig’s Angaben Pg. 179 u. 183 ]. c. finde ich die Werthe von w [ür seine 3 Drahtbündel zu 9,4; 11,3; 7,2 Milliontel Centigrade. Eine weitere Vergleichung lässt sich nicht durchführen, da Herwig weder die Werthe von K, noch die von m, bestimmt hat. Die Versuche von Cazin?) beziehen sich zwar nicht auf Drähte, sondern auf Hohleylinder oder Röhren von Eisen, bieten aber den Vortheil, dass ausser der Erwärmung auch das Moment m, für den Cyclus be- stimmt wurde. Pg. 548 absoluten Wärmemenge erregt durch das Masnetisiren 52 1. c. findet sich eine Bestimmung der und Entmagnetisiren eines Eisenrohrs von 420" Länge, | 50" Durchmesser ! nach Pg. 506 unten. 1,5"m Dicke | 8338" Masse A | Das Magnetisiren und Entmagnetisiren geschah durch Schliessen und Oeffnen des magnetisirenden Stromes. Die Temperaturerhöhung des Eisens durch einen Oyclus findet Cazin zu 0° 000168 oder 0,000189 je nachdem der Oeffnungsfunke am Interruptor in Luft oder in Aether sich bildete (Pag. 552); setzt man nach Uazin die specifische Wärme des Eisens — 0,1138, so ergeben 1) Wied. Ann. IV, 177—187. ?) Ann. ch, et phys. (5). T. VI, 493—554, sich die Werthe von w in beiden Fällen zu 19,1 und 21,5. Das Quadrat des erzeugten magnetischen Moments de 1855 betrug bei diesen Versuchen das — ,-fache der von ya Uazin benutzten Einheit. Die Einheit der magnetischen Masse ist bei CGazin nach Pg. 515 diejenige, welche auf eine ihr gleiche im Abstand von 1% eine Kraft gleich dem Gewicht von 1°st in Paris ausübt; Einheit der Länge ist das Deei- meter. Daraus folgt, dass das magnetische Moment 1 bei Cazin 10° /g unserer absoluten Einheiten enthält. Daher hat bei den in Rede stehenden Versuchen unsere Grösse m; den Werth Dem gegenüber ergibt sich nach meinen Versuchen für den Eisendraht 3” von 1571 Durchmesser und mi2=425 0ER OT Ee223; für mı — 201. 10° H— 404,0..10%; w— 6,05. Man kann danach sagen, dass bei gleichen Gränzen, zwischen denen die Intensität der Magnetisirung varlirte, in den Cazin’schen und meinen Versuchen Werthe des w von derselben Ordnung erhalten wurden, wenn auch in den Uazin’schen Versuchen erheblich grössere Werthe als in den meinigen. Uebrigens bin ich der Ansicht, dass ein grosser Theil der von Cazin beobachteten Wärme von der Wirkung der Oeffnungsinductionsströme herrührt, da die Wärmeentwicklung durch Anwendung eines Condensators 24 am Interuptor auf mehr als das 4fache vergrössert,') dagegen auf die Hälfte verkleinert ward”) durch An- wendung einer Spirale, welche während des Oeffnens der Magnetisirungsspirale geschlossen wurde und so die Dauer des Oeffnungsstromes erhöhte. Da indessen über den Einfluss der Schnelligkeit, mit welcher in einem Oyclus die magnetisirende Kraft wechselt, auf die Arbeit A noch keine entscheidenden Versuche vorliegen, so wage ich nicht, eine bestimmte Behauptung aufzustellen. Noch viel bedeutender als bei Uazin muss die in- directe Erwärmung durch Induetionsströme in den Ver- suchen von Trowbridge°) gewesen sein, welcher mit Volleylindern von 15,15“ Länge und 1,25% Durchmesser experimentirte; ebenso in den Versuchen von Joule, ‘) welcher Eisenstäbe von 8 Zoll Länge und °/, Zoll Durch- messer anwandte; im Uebrigen sind diese Untersuchungen zu unserm Zweck nicht verwerthbar, da hierzu nöthige Angaben fehlen. SEE Ueber die Ursache der dämpfenden Wirkung, welche eine Eisenplatte auf einen über ihr schwingenden Magneten ausübt. Eine Metallscheibe übt auf eine über ihr schwingende Magnetnadel eine dämpfende Wirkung aus, im Allge- meinen eine um so stärkere, je grösser das specifische 1\'Pg. 543 1..c. 2) Pg. 034 1. c. ®) Proc. of the Americ. Academy of arts and sciences New ser. Vol. VI, Boston 1879. Pg. 114—121. *) Phil. Mag. Vol. XXI. Dec. 1843. Pag. 555—55. Uebrigens ist zu bemerken, dass es Joule gar nicht daran lag, die directe und indirecte magnetische Erwärmung zu trennen; es kam ihm im Allgemeinen nur darauf an, möglichst grosse Wärmewirkungen 25 Leitungsvermögen der Scheibe ist; eine Eisenscheibe aber bringt unter geeigneten Umständen eine viel grössere Dämpfung hervor, als man nach dem geringen Leitungs- vermögen des Eisens erwarten sollte. So fand Seebeck') dass dieselbe Abnahme des Schwingungsbogens durch eine Kupferplatte von 03 Dicke in 62, durch eine Eisenplatte von 0"’4 Dicke in 6 Schwingungen eintrat. Ebenso folgt eine Magnetnadel einer unter ihr ro- tirenden Metallscheibe im Allgemeinen um so lebhafter, je grösser das Leitungsvermögen der Scheibe, einer Eisen- platte indessen viel schneller, als man nach dem ge- ringen Leitungsvermögen des Eisens erwarten sollte. Von der Richtigkeit dieser Thatsachen kann man „sich durch rohe Versuche überzeugen. Bei Metallen, wie Kupter, Zink u. s. w. finden be- kanntlich diese Wirkungen in den Inductionsströmen, welche durch die relative Bewegung der Magnetnadel gegen die Scheibe in dieser erregt werden, ihre aus- reichende Erklärung. Beim Eisen beruht indessen nach dem Gesagten die Wirkung nur zum kleinen Theil auf jenen Induetions- strömen, der grössere Theil der Wirkung muss einer andern Ursache zugeschrieben werden. In Wiede- mann’'s Galvanismus?) heisst es: „Zu der Wirkung der indueirten Ströme tritt hier eine Magnetisirung der Scheibe, welche unter den Polen der Nadel ungleich- namige Pole erhält. Diese Polarität dauert noch eine durch den Wechsel des Magnetismus zu erhalten. Zu dem Ende war in den Versuchen, von welchen Wied. Galvan. II. Pag. 627 die Rede ist, der oben beschriebene Eisencylinder von einer !/s“ dicken Schicht galvanoplastischen Kupfers umgeben (Phil. Mag. 1. ce. Pg. 439). !) Pogg. Ann. 7, 203 und 12, 352. ?) Wied. Galvan. Ill. Band, Pag. 210, 5 - 26 gewisse Zeit an, so dass die durch die Scheibe ge- bildeten Pole mit derselben bei ihrer Bewegung fort- geführt werden und so die Magnetnadel mit sich nehmen. Die Wirkung dieser Magnetisirung ist sehr viel stärker als die der indueirten Ströme.“ Diese Ansicht scheint zuerst von Poisson ausge- sprochen zu sein in Veranlassung der Versuche von Christie!)'und Barlow?) über die Verschiebung der durch den Erdmagnetismus bewirkten Polarität von Eisen- scheiben und Eisenkugeln durch Rotation dieser Körper, und zwar hat Poisson diese Ansicht bestimmter dabin formulirt,?) dass die (omponente der Magnetisirung nach einer Richtung gleich sei der Componente der magneti- sirenden Kraft nach derselben Richtung multiplieirt mit einer Function der Zeit F (t), welche für t=o Null ist und einen constanten Werth nach einem gewissen Zeitintervall annimmt. Unzweifelhaft lassen sich die besprochenen Wirkun- gen der Eisenscheiben, sowie die Versuche von Christie und Barlow bis zu einem gewissen Grade aus dieser Ansicht herleiten. Es lassen sich aber all diese Erscheinungen aus der $ 1—4 behandelten Wirkung der Co£reitivkraft erklären und zwar wollen wir beispielsweise das Dämpfungs- phänomen von diesem Gesichtspunkt aus betrachten. Stelle (Fig. 7) der Durchmesser sn die Projeetion der linear gedachten schwingenden Nadel auf die Scheibe vor. Diese Projection theilt die Scheibe in zwei Theile 1 und 2 und in je zwei gleichgelegenen Punkten Pı 1) Phil. Trans. 1825 Part. 1. Pg. 347—417. 2) Ibid. Pg. 347—417, ®) Mem, de l’acad, 1823, Pg. 461. 27 und P, dieser Theile ist die von der Nadel herrührende Kraft gleich gross; wenn nun die Intensität der Magneti- sirung nur von der magnetisirenden Kraft abhinge, so wäre die Scheibe — abgesehen von permanentem Magne- tismus, welchen wir bezüglich der Dämpfung ausser Acht lassen können — zu beiden Seiten von sn gleich magneti- sirtt und die Wirkung des indueirten Magnetismus auf die Nadel würde Null sein. Nun ist aber, wenn die Nadel in der Richtung des Pfeils sich bewegt, in einem Punkte P» die magnetisirende Kraft im Zunehmen, in P, im Abnehmen begriffen; daher wird P, stärker magnetisirt sein als P, und die Wirkungen von P, und P, werden sich zu einem Drehungsmoment zusammen- setzen, welches der Bewegung der Nadel entgegengerichtet ist. Bewegt sich die Nadel in der entgegengesetzten Richtung, so ist Ps stärker magnetisirt als P,, woraus wieder ein der Bewegung der Nadel entgegengesetztes Drehungsmoment entspringt; es wird daher von der Wirkung der beiden Punkte P, und P, in jedem Mo- ment eine Arbeit herrühren, welche von der schwingen- den Nadel aufgewendet wird auf Kosten der Energie ihrer ‚Schwingung. Diese Betrachtungen sind nur hinreichend, wenn die Punkte P, und P, ausserhalb des von der Projeetion sn bestrichenen Raumes und hinreichend fern von dem- selben liegen. Aber ohne auf eine genauere Analyse des Vorgangs einzugehen, können wir einen Versuch anstellen, welcher zwischen der Poisson’schen und der hier gegebenen Theorie der Dämpfung entscheidet. Man hänge die Nadel bifilar auf, so dass die Gleich- gewichtslage in Folge der bifilaren Aufhängung zusam- menfällt mit der Gleichgewichtslage in Folge des Erd- magnetismus, führe die Nadel durch Drehen der oberen 28 Aufhängepunkte zwischen den äussersten Lagen OA und OB, welche sie bei dem Schwingungsversuch einnehmen wird, hin und her und messe für jede Zwischenlage, z. B. für OF, das Drehungsmoment, welches nöthig ist, um sie in OF festzuhalten. Man muss dann nach unserer Theorie für dieselbe Lage OF ein grösseres nach OB gerichtetes Drehungs- moment finden, wenn die Nadel im Hingang nach OB, als wenn sie im Rückgang begriffen ist. Aus den Differenzen der Drehungsmomente für alle Lagen OF kann man die Arbeit berechnen, welche man gegen die Wirkung der Platte aufwenden muss, um die Nadel von OA nach OB und von OB nach OA wieder zurückzuführen, und aus dieser Arbeit die zu beobachtende Dämpfung im Voraus angeben. Wir haben so die Dämpfung aus rein statischen Versuchen, unabhängig von irgend welcher Function der Zeit be- stimmt. Derartige demnächst zu veröffentlichende Ver- suche sind im hiesigen Laboratorium von Hrn. Dr. F. Himstedt angestellt worden und haben in der That ergeben, dass die grosse Dämpfung der Eisenplatten aus der von uns angegebenen Ursache entspringt. Es folgt daraus ferner, dass für die kleinen bei diesen Ver- suchen vorkommenden Geschwindigkeiten (10 Halb- schwingungsdauer) die Schnelligkeit, mit welcher in einem Cyelus die magnetisirende Kraft variirt, ohne merklichen Einfluss auf die Arbeit A ist. Sollte sich bei Dämpfungsversuchen mit kleinerer Schwingungsdauer oder bei Versuchen über die Erwärmung durch Magneti- siren ein Einfluss jener Schnelligkeit bemerkbar machen, so würde zur Erklärung dieses Einflusses auf die Poisson’sehe Theorie zurückzugehen sein, Ss} De) Sg: je . Schlussbemerkungen. Ohne Weiteres kann behauptet werden, dass in demselben Maasse, wie die Dämpfung der Nadel dureh die ruhende Scheibe, auch das Mitnehmen der Nadel durch die rotirende Scheibe auf dem dargelegten Prineip beruht, aus welchem sich auch Wirkungen wie die von Christie und Barlow beobachteten ergeben. Allein wir gehen darauf nicht näher ein, da für eine vollständige Theorie dieser Erscheinungen das Ele- mentargesetz bekannt sein müsste, von welchem die hier behandelte Wirkung der Co&recitivkraft abhängt und wel- ches zu finden mir noch nicht gelang. Folgende Bemerkung über diese Wirkung möge in- dessen hier gestattet sein. Die gewöhnlich betrachtete Wirkung der Co£reitivkraft ist der permanente Magnetis- mus, welcher im Eisen nach Aufhören der magnetisiren- den Kraft zurückbleibt und man hat als Analogie dieser Kraft mit Rücksicht auf die genannte Wirkung derselben die Reibung fester Körper angeführt. Es lässt sich nun diese Analogie bis zu einem gewissen Grade auch aüf die von uns betrachtete Wirkung der Co&reitivkraft ausdehnen. Man stelle sich auf rauher, horizontaler Unterlage einen Klotz vor, welcher durch eine Feder in einer bestimm- ten Lage festgehalten wird und lasse nun auf den Klotz, etwa mittels einer Schnur, Gewichte wirken, welche ihn entgegen der Federkraft über die Unterlage fortzuziehen suchen. Lässt man dabei die Gewichte p einen Üyelus von Werthen etwa von O bis pı und von pı wieder auf O0 zurück durchlaufen, so wird 1) am Ende des Üyclus der Klotz nicht in seine Anfangslage zurückgekehrt, sondern in der Rich- tung, in welcher die Gewichte p wirken, aus derselben verschoben sein ; 2) aber wird die Lage des Klotzes bei demselben Gewicht p eine verschiedene sein, je nachdem p im Wachsen oder Abnehmen begriffen ist. Sei x der gradlinige Weg des Klotzes auf der Un- terlage gerechnet von der Anfangslage des letztern aus, in welcher die Spannung der Feder Null ist, R die Reibung, —F?.x die Kraft der Feder, so ist (Fig. 8) = ,‚ die gebrochene Linie ABUD(AB=CD=2R) stellt x als Function von p für einen Cyelus dar und die von ABUD umschlossene Fläche misst die Arbeit, welche in dem Uyclus gegen die Reibung geleistet wurde. die permanente Ablenkung des Klotzes OA=- Freiburg i. B., im November 1880. Nachahmung der Erscheinungen optisch anomaler Krystalle durch gespannte Colloide. Von FE. Klocke. (Im Druck vorgelegt am 3. März 1SS1). Die gesetzmässigen Beziehungen zwischen der Form und den optischen Eigenschaften der Krystalle bilden eine der wichtigsten Grundlagen der Krystallographie. Nicht ungerechtfertigt ist daher das ausserordentliche Aufsehen, welches die von vielen Mineralogen in den letzten Jahren gemachten Beobachtungen erregen, nach welchen das optische Verhalten der den Krystallsystemen von höherer Symmetrie angehörenden Krystallen in voll- kommenem Widerspruch zu ihrer Form steht. E. Mallard!) stellte, um diesen Widerspruch zu beseitigen, die Hypothese auf, dass jene Krystalle nur scheinbar die hohe, durch die Winkelmessung nach- gewiesene Symmetrie besässen, indem sie nicht einfach, son- dern vielmehr Complexe einer grösseren Anzahl zwillings- artig verwachsener, rhombischer, monokliner oder trikliner Individuen seien. Dieser Hypothese haben sich mehrere andere Forscher angeschlossen, obgleich nur ein Theil der fraglichen optischen Erscheinungen durch dieselbe !, Annales des Mines. t. X. 1876. >23 32 erklärlich wird, während ein anderer Theil derselben dabei unverständlich bleibt, wie ich früher!) gezeigt habe. Ich bin aus diesen Gründen auf die ältere Anschauung von Reusch zurückgegangen: Dass die betreffenden Krystalle Individuen seien und den durch ihre Form dar- gestellten Krystallsystemen angehörten, während ihr op- tisch anomales Verhalten auf Spannungen im Inneren der Krystalle zurückzuführen sei, womit sämmtliche beobachtete Erscheinungen im Einklange stehen. In den oben eitirten Publicationen habe ich diesen Stand- punkt weiter ausgeführt und begründet, ebenso unmittel- bar nach dem Erscheinen meiner ersten bezüglichen Ar- beit ©. Klein.?) Soeben hat sich auch von Lasaulx®) dieser Anschauung angeschlossen.‘) Unsere Gegner, obgleich sie selbst die Richtigkeit ihrer Hypothese nicht direct beweisen konnten, forderten doch diesen directen Beweis für die unsrige.?) Bisher !) „Ueber Doppelbrechung regulärer Krystalle.“ N. Jahrbuch . Mineralogie. 1880. I. p. 53 ff. Ferner: ibid. p. 158. ibid. 1880. II. p. 97. ibid. p. 13 der Referate. ibid. 1881. I..p. 24. ibid. p. 204. ?) „Ueber den Boraeit.“ N. Jahrbuch f. Mineralogie. 1880. II: »2..209 8. °) „Analeim von den Cyklopen.“ Zeitschr. f. Krystallographie. 5. p. 331. *) Etwas abweichend von unserer Auffassung denkt sich die Spannung im Krystall durch fremde Interpositionen hervorgerufen E. Jannettaz: Bulletin de la Societe Mineralogique de France. len: 122; m.1915,3. IE, ;p. 20, 5) E. Mallard erklärte einfach, ohne auf die Discus- sion der von mirbeobachtetenundseinerlHiypothese widersprechenden Erscheinungen einzugehen: „Les 35 konnten wir nur geltend machen, dass die Gesammtheit der Erscheinungen für die Spannungs- und gegen die Zwillingstheorie spreche. Nunmehr ist aber der Beweis für ‚die Richtigkeit unserer Spannungstheorie erbracht, — und zwar gleich in doppelter Weise! Kürzlich hat Ö. Klein!) die überaus interessante Entdeckung gemacht, dass die (Grenzen von optisch verschieden orientirten Theilen eines optisch anomalen Krystalls, die von Mal- lard und seinen Anhängern als Individuumsgrenzen an- gesprochen werden, sich ‚durch Erwärmen vollständig verschieben, so dass die Art der Feldertheilung und deren optische Orientirung als eine Function der Tem- peratur erscheint. Dies beweist, dass solche Krystalle nicht als Zwillingsbauten normaler, zweiaxiger Individuen betrachtet werden können. Während hiermit der negative Beweis geliefert wurde, ist es mir jetzt gelungen, auch den affırmativen Beweis für unsere Spannungstheorie zu führen, indem es mir glückte, aus Gelatine-Gallerte, die ich in ge- spanntem Zustande eintrocknen lasse, Platten herzustellen, welche alle optischen Eigen- schaften der aus optisch anomalen Krystallen hergestellten Platten besitzen. Die Erscheinungen von Alaunplatten in paralle- eristaux birefringents“ (des regulären Systems) „sont consideres par eux“ (F. Klocke und E. Jannettaz) „comme des especes de monstres cristallins. Mais iln’yapasdanslanature d’ano- malie sisinguliere, de monstresidtrange...“ (Bulle- tin de la Societe Mineralogique de France. t. III. p. 17.) Später nannte er unsere Spannungstheorie „une succession d’hypothe&ses gratuites.“ (ibid. t. IV. p. 16.) ı) „Ueber den Einfluss der Wärme auf die optischen Eigen- schaften des Boracit.“ Göttinger Nachrichten. 1881. No. 3. Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 1. 3 54 lem polarisirten Licht habe ich schon früher!) ‘durch solche Gelatineplatten nachgeahmt. Meine neuen (dickeren) Gelatinepräparate zeigen nun aber auch die Interferenzerscheinungen optisch anomaler Krystalle in convergentem polarisirten Licht. Das Auftreten der Axenbilder in letzterem Falle bei den doppeltbrechenden regulären Krystallen (Boraeit, Gra- nat, Analeim, Senarmontit) scheint der allgemeinen An- nahme der Spannungstheorie im Wege gestanden zu haben, indem man in gespannten isotropen Körpern In- terferenzbilder nur in parallelem, nicht aber in eonver- gentem Licht zu sehen gewohnt war, wie z. B. das be- kannte einaxige Bild eines rasch gekühlten Glascylinders. Durch die Darstellung der in Rede stehen- den Gelatineplatten, welche Axenaustritt zei- gen, ist diese Sch wierigkeit nunmehr gehoben und erwiesen, dass ein gleichförmig compri- mirter oder dilatirter isotroper Körper die Eigenschaften eines zweiaxigen Krystalles annimmt. Die Spannung bedingt selbstredend, dass die Mole- cularstructur der optisch anomalen Krystalle von den normalen Verhältnissen abweicht. Von den hierdurch bedingten, einzeln oder vereinigt auftretenden Erschei- nungen, welche für die Spannungsdoppelbrechung charak- teristisch sind, und die sich in meinen Gelatine- präparaten sämmtlich wiederfinden, will ‘ich folgende hervorheben: . A. In parallelem polarisirten Licht. 1) Theilung in Felder von optisch verschiedener Orientirung. 2) Aenderung der Intensität der Doppelbrechung ı) N. Jahrb, f. Minlg. 1880, I. p. 62, 35 innerhalb eines Feldes, — zuweilen regelmäs- sig zu- oder abnehmend in bestimmter Rich- tung.) 3) Gekrümmte schwarze Banden, welche beim Drehen der Platte wandern.?) 4) (Häufig) unvollkommene Auslöschung zwischen &ekreuzten Nicols in Lagen, in welchen eine normale Krystallplatte keinerlei Aufhellung bewirken würde. B. In convergentem polarisirten Licht. 5) Axenbilder mit oft von Punkt zu Punkt wech- selnder Grösse des Winkels der optischen Axen?) und zuweilen kleinen Schwankungen der Lage der Bissectrix. Endlich ist die Einstellung der Ebene der optischen Axen in die Zug- und Druckrichtungen hier zu erwähnen, welche bei den Krystallen von der Form und den Wachs- thumsmodalitäten, bei den Colloidplatten von der Gestalt des spannenden Rähmchens abhängen. Die Herstellung der Präparate geschieht in der Weise, dass ich eine weiche (relatineplatte, die durch Autlösen von (relatine in der Wärme und Erkaltenlassen in einem Gefäss mit ebenem Boden erhalten wird, auf ein aus Draht oder einem Blechstreifen geformtes und von einem Stativ nur seitlich gestütztes horizontales Po- ') Letzteres sehr schön von mir am Bleinitrat beobachtet: N. Jahrb. f. Minlg. 1880. I. p. 76 ff. ?) Von mir früher mehrfach an regulären Krystallen und am Eise beobachtet, jetzt ausgezeichnet an Idokras, Apophyllit und Nickelsulphat. Neuerdings auch von v, Lasaulx (l. c.) am Analcim beschrieben. ») Ich theilte kürzlich für Idokras, Apophyllit und Nickel- sulphat mit, dass der Axenwinkel von 0° in der Mitte der Platte constant nach den Rändern zu wächst, (N, Jahrb. f. Minlg. 1881. I. p. 204). h; 36 lygon lege und an dasselbe fest drücke. Trocknet das (Gelatine in diesem Rähmchen langsam ein, ohne von demselben abzureissen (was allerdings häufig geschieht), so verhindert die Adhäsion an das Rähmchen die Con- traction der austrocknenden Platte und erzeugt so Span- nungen in ihr. Sie zeigt alsdann die Theilung, gewöhn- lich in so viele zweiaxige Felder, als das Polygon Seiten hat, sowie die sämmtlichen oben erwähnten andern Eigen- schaften, Sehr schön sichtbar ist in meinen. bisher darge- stellten Gelatinepräparaten das constante Anwachsen des Winkels der optischen Axen nach den Plattenrändern hin zu beobachten, sowie, das Umspringen der Axen- ebene, wenn man die Platte so verschiebt, dass das In- terferenzbild von einem andern Sector hervorgebracht wird. ‚In einigen Platten fand. ich auch so homogene Stellen, dass ich dieselben um ein ziemlich grosses Stück im :Nörrenberg’schen Polarisationsapparat hin- und her- schieben konnte, während das Axenbild unver- ändert und unverrückt stehen blieb! Bei An- wendung kreisförmiger, statt eckiger Rähmehen wird. es mir daher voraussichtlich ‚sogar gelingen, Platten zu er- halten, die in convergentem Licht an jeder: Stelle das Interferenzbild eines senkrecht zur optischen; Axe ge- schnittenen normalen Krystalls zeigen.') Ausführlichere Mittheilungen, sowie die Behandlung der Consequenzen dieser Versuche für dieErklärung.der optischen Anomalien der Krystalle behalte ich mir für später vor. 1) Während des Druckes dieser Mittheilung finde ich eine Notiz won Bertin (Ann. de chim, et phys. t. XV. p. 129), nach welcher gewisse im Handel vorkommende Gelatineplatten sich wie ein wirklicher einaxiger Krystall verhalten. Ich verschaffte, mir derartige Platten und kann Bertin’s Angabe vollkommen bestätigen, Deher die Wirkung eines einseitigen Druckes auf optisch anomale Krystalle von Alaun,; Idokras und Apophylit. Von F. Klocke. (Mit Tafel II.) (Im Druck vorgelegt am 23. März 1831.) Alaun. In einer früheren Arbeit habe ich mitgetheilt '), dass ein nach einer Oktaederfläche tafelfürmig ausgedehnter optisch aktiver Alaunkrystall in parallelem polarisirtem Licht bei gekreuzten Nicols auf hellblaugrauem Grunde schwarze Streifen zeigt, von denen sechs die Mitte der Fläche mit den sechs Eckpunkten der Tafel verbinden (l. ce. T. III. Fig. 2.). Die Platte wird dadurch in sechs optisch unter sich gleiche, aber verschieden orientirte zweiaxige Felder getheilt, welche parallel und senkrecht zu, den Randkanten auslöschen. Die Untersuchung mit einem empfindlichen Gypsblättchen ergiebt ferner, dass bei der Mehrzahl der aktiven Alaunkrystalle die Richtung der kleineren Elastieität parallel den Randkanten, in selteneren Fällen dagegen senkrecht zu derselben liegt. Die erwähnten sechs schwarzen Streifen verlaufen nicht scharf geradlinig, sondern sind etwas geknickt ') Neues Jahrbuch für Mineralogie etc. 1380. I. p. 53 ff, 38 und geweilt und werden beiderseits von einem allmälich in die Helligkeit der Platte übergehenden Saume ein- gefasst. Bei einer Drehung der Platte um die Richtung der einfallenden Lichtstrahlen als Axe erleiden, wie ich es bereits früher!) beschrieb, die Streifen eine kleine seitliche Verschiebung und wandern in dem der Platten- drehung entgegengesetzten Sinne. Je vier derselben verschwinden in der in solchen sechsseitigen Platten nach jeder Drehung von 30° eintretenden Auslöschung zweier Sectoren. Nicht alle ‘sechs Banden sind gleichzeitig gleich dunkel, sondern jede derselben hellt sich auf und verschwindet, wenn sie mit den Nicolhauptschnitten einen Winkel von 45° bildet. Stellt die okta&drische‘ Platte gerade ein regelmässiges Sechseck dar, so tritt dieser Fall für je zwei Streifen gleichzeitig ein und es bleiben nur vier Streifen übrig. (Taf. II. Fig. 1.) Nach der Mallard’schen Erklärung der optischen Anomalien durch Zwillingsverwachsungen würden die besprochenen Streifen als die Zwillingsgrenzen von sechs optisch zweiaxigen Individuen aufzufassen sein. Die Breite der Streifen mit ihren verwaschenen Rändern — das vollkommene Gegentheil einer präcisen Grenze — könnte man sich in diesem Sinne etwa als durch keil- förmige Ueberlagerung und Compensation benachbarter Individuen entstanden denken. Wenn schon, wie ich früher?) hervorgehoben habe, die Schwankungen der Streifen bei der Plattendrehung diese Vorstellung als unannehmbar erscheinen lassen, da, als Individuumsgrenzen, die Streifen ja fest an ein und denselben Ort in der Platte gebannt sein müssten, so habe ich neuerdings ein Verhalten derselben aufgefunden, 2). 1,26..P.258:0p, 0159: Salic. p. B6. 39 was mit ‚aller‘ Sicherheit zeigt, dass es sich hier nicht um Individuumsgrenzen im Sinne Mallard’s handeln kann. Uebt man nämlich mit- telst einer kleinen Presse mit ebenem Rahmen auf zwei gegenüberliegende senkrecht zur Plattenebene angeschliffene Seitenflächen des Krystalls einen mässigen Druck aus, so tritt eine bedeutende Verschiebung der Streifen ein. Sie treten in der Richtung senkrecht auf den Druck auseinander und die. bisher schwarze Mitte der Platte wird hell. Es entsteht die Figur 2. !) Da bei dem angewandten schwachen Druck die Deformirung der Platte unmerklich, dagegen die Ver- schiebung der schwarzen Streifen eine relativ sehr beteutende ist, so ergiebt sich hieraus, dass letztere nicht etwa die Deformirung der Platte zur Anschauung bringt. Die starke Bewegung der Banden bei dem Anziehen der l’resse beweist, dass sie keine an den Ort gebundene Zwillingsgrenzen sein können, sondern anders gedeutet werden müssen und zwar entspricht deren Verhalten: in. ‚der‘ comprimirten,. sowohl wie in der unveränderten Platte der von mir für die optischen Anomalien vertretenen Ansicht des Vorhandenseins von Spannungen im Inneren der Krystalle. Die fraglichen schwarzen Streifen entsprechen dann den dunkeln Banden, welche wir in einer an zwei gegen- überliegenden Punkten comprimirten Glasplatte in parallelem polarisirten Licht auftreten sehen. Diese dunkeln Banden setzen sich ‚aus allen denjenigen Theilen der durch den Druck doppeltbrechend gewordenen Glas- platte, zusammen, deren Schwingungsrichtungen in der !) Die Pfeile deuten die Druckrichtung an, die Schwingungs- richtungen der Nicols für alle Figuren liegen parallel den Diago- nalen der Fig. 4. 40 gewählten Stellung der Platte mit den Nicolhauptschnitten zusammenfallen. Dreht man die Glastafel in ihrer Ebene, so ändert sich fortwährend Ort und Gestalt der dunkeln Curven; es kommen nach und nach andere Theile der Platte in die Auslöschungslage, während die früher verdunkelten sich ihrer Intensitätsstellung nähern und aufgehellt werden. So gehen bei fortgesetzter Drehung die dunkeln Curven allmälich über alle Theile der Platte, — ein Zeichen, dass die Lage des optischen Elasticitäts- ellipsoides von einem Theilchen zum andern sich ändert, wie es der in diesem Falle ungleichförmigen Compression der Platte entspricht. Wir können daher das Auftreten schwarzer Banden in parallelem Licht, die ihren Ort bei der Plattendrehung ändern, als das sichere und charakteristische Zeichen für das Vorhanden- sein ungleichförmiger Spannungen betrachten !). Die oben beschriebenen Alaunplatten zeigen nun durch ihr Verhalten an, dass sie homogene und nicht homogene Partien gleichzeitig enthalten. Die ziemlich vollkommen senkrecht und parallel zur Randkante auslöschenden mittleren Theile der Felder stellen die ersteren dar. Die nicht homogenen Theile sind die Grenzbezirke der Felder, in denen die Banden bei der Plattendrehung hin und her wandern und dadurch an- zeigen, dass innerhalb derselben beim Fortschreiten in tangentialer Richtung von einem kleinsten Theilchen zum andern das Ellipsoid um die zur Plattenebene senkrechte Elasticitätsaxe eine kleine Drehung erfahren hat, wo- durch ein allmälicher Uebergang der Lage des Ellipsoids in dem einen zu der im benach- barten Felde stattfindet. Hierdurch erklärt sich ') Wie es von v. Lasaulx jüngst (Zeitschr. f. Kryst. Bd. 5, p- 331) auch für den Analeim geschehen ist. 41 auch die Bewegung der Streifen in dem der Platten- drehung entgegengesetzten Sinne, sowie die seitlichen, schattigen Ränder der Banden, die aus Theilchen der Platte gebildet werden, welche erst nahezu in der Aus- löschungslage sich befinden. Durch die Güte meines verehrten Freundes Professor F. Ulrich in Hannover, welcher eine grössere Anzahl stark aktiver gemischter Alaune darstellte und mir mit dankenswerther Liberalität ein umfangreiches Material davon überliess, bin ich in den Besitz von Krystallen gelangt, die den Charakter der Spannungs-Doppelbrechung in noch weit höherem Grade an sich tragen, als meine früher beschriebenen Alaune. Ich habe aus denselben eine Reihe zusammenstellen können, in denen die dunkeln Streifen immer bedeutendere Excurse bei der Platten- drehung machen, während der einheitlich auslöschende mittlere Theil der Felder immer schmaler wird. Am Ende der Reihe stehen Platten, die gar keine Aus- löschung mehr besitzen und in dem die schwarzen Streifen über die ganze, in allen Stellungen ziemlich gleich helle Platte hinwegwandern !). Einen schla- u '!) Mit dem Gypsblättehen combinirt können solche Platten immerhin noch Theilung in Felder aufweisen, natürlich aber ohne scharfe Grenzen. Denn das Gypsblättehen ist zwar ein sehr em- pfinaliches Reagens auf Intensität der Doppelbrechung, nicht empfindlich ist es dagegen für kleine Veränderungen in der Lage der Elastieitätsaxen der zu untersuchenden Krystallplatte. Lassen wir z. B. ein normales doppeltbrechendes Krystallblättehen unter dem Gyps rotiren, so dass also seine Hauptschwingungsrichtungen nach und nach alle möglichen Winkel mit den Elastititätsaxen des Gypsblättchens durchlaufen, so bleibt die Farbe des Krystalls- einen ganzen Quadranten hindurch dieselbe und ändert nur ihre Intensität. Erst im benachbarten Quadranten schlägt die Farbe um, 42 genderen Beweis für den Spannungszustand dieser Krystalle wird man wohl nicht fordern! Während also die oben mitgetheilte Verschiebung der schwarzen Streifen durch Druck (bei feststehender Platte) nach der Zwillingstheorie Mallard’s unerklärlich bleibt, wird sie bei der Spannungstheorie leicht verständ- lich: unter dem Einfluss des einseitigen Druckes ändert sich die Vertheilung der im Krystall an sich schon vor- handenen Spannungen und damit ‚die Orientirung der Elasticitätsaxen der einzelnen Theilchen. Die durch den Druck neu entstandene schwarze Figur zeigt diejenigen Flächenelemente an, welche sich bei der gewählten Stellung der Platte durch die veränderte Vertheilung der Spannung nunmehr in der Auslöschungslage befinden. Ebenso wie in den anomalen Krystallen kann man die durch einseitigen Druck hervorgerufene Ortsverände- rung der schwarzen Banden in der gepressten, Glastafel beobachten. Jedes Anziehen oder. Nachlassen der Schraube schiebt die Streifen, bei fixirter Lage der Platte, hin und her. Viel leichter noch als im. Glase lassen sich diese Erscheinungen aber mit weichen Gelatine-Platten nachahmen. Der geringste seitliche Druck bewirkt ihre Aufhellung im Stauroskop und das‘ Auftreten schwarzer Streifen, und bei ganz geringen Druckver- änderungen wandern die Streifen über ganze Felder der Platte hinweg. | Der Einfluss, welchen die ursprünglich vorhandenen Spannungen ausüben, spricht sich auch deutlich durch die Richtung der Bewegung der schwarzen Streifen bei Einwirkung des Druckes aus. Liegt die Richtung der kleineren Elastiticität parallel der Randkante der Dectoren, so ist die Druckfigur die in Figur 2 dargestellte 43 Bei denjenigen Alaunkrystallen dagegen, bei denen die kleinere Elastieität senkrecht zu den Randkanten steht, bewirkt ein auf letztere ausgeübter Druck eine Bewegung der Streifen im entgegengesetzten Sinne und erzeugt die Figur 3. Macht man an diesen letzteren Krystallen den Versuch bei eingeschaltetem Gypsplättchen, so sieht man aus der Farbenveränderung der beiden Sectoren, auf deren Rand- kanten der Druck ausgeübt wird, dass sich hierbei das Verhältniss der beiden parallel und senkrecht den Rand- kanten liegenden Elastieitätsaxen umkehrt. Der natürliche Krystall erscheint in jedem optischen Felde senkrecht zu der betreffenden Randkante gespannt, besitzt also in dieser Richtung die kleinere Elasticität. Uebt man in derselben einen Druck aus, so wird die optische Elasticität in diesem Sinne zunehmen und sich derjenigen parallel der Randkanten nähern. Man kann auf diese Weise beide Elasticitätsaxen einander gleich machen und die Doppel- brechung der zwei gegenüberliegenden Sectoren aufheben. Verstärkt man den Druck noch weiter, so liegt nun, umgekehrt wie zu Anfang, die kleinere Elasticität parallel den Randkanten '). Wendet man ein Gypsplättchen vom Roth der ersten Ordnung an, dessen kleinere Elasticitätsaxe parallel der Druckrichtung gestellt wird, so fällt das bei diesen Krystallen in den beiden in Frage kommenden Sectoren auftretende Blau durch das Roth des Gypses in Gelb. Analog wie die sechsgetheilten okta@drischen. ver- ') Der Versuch wurde zuerst von E.Reusch gemacht (Pogg. Ann. 132, p. 618) an hexaölrischen Platten eines aus Kali- und Ammoniak-Tonerde Alaun gemischten Krystalle mit regelmässiger Viertheilung und von mir (l. c.. p..73) mit dem gleichen Resultate an. hexa@drischen Platten ‚von Amoniak-Eisen-Alaun mit unregel- mässiger Zeichnung wiederholt, 44 halten sich die viergetheilten hexa@drischen Platten bei seitlichem Druck. Idokras. Eine parallel der geraden Endfläche geschliffene Platte von Idokras zeigt zuweilen in parallelem polari- sirtem Licht zwischen gekreuztem Nicols ein diagonales, schwarzes, beiderseitig von allmälich sich aufhellenden Säumen eingefasstes Kreuz auf hellem Grunde, wenn die Platte mit ihren Nebenaxen parallel den Nicolhaupt- schnitten gestellt wird. (Fig. 4.)!') Die Arme dieses Kreuzes machen bei der Drehung der Platte kleine Schwankungen und verschwinden, wenn Sie gegen die Nicols in die 45°-Stellung kommen, wo sie alsdann aus der nunmehr fast ganz ausgelöschten Platte heraus- leuchten. Sie haben also denselben Character, wie die am Alaun beschriebenen schwarzen Streifen und theilen mit denselben auch die Eigenschaft, durch seitlichen Druck verschoben werden zu können. Die Ortsveränderuug derselben ist in Taf. II. Fig. 5 ge- zeichnet. (ranz dieselbe Erscheinung kann man in einer halb- weichen Gelatine-Platte hervorrufen. Schneidet man dieselbe in Form eines Quadrates aus (am handlichsten für das Stauroskop von 4 mm. Dicke und 1,5 ctm. Kantenlänge) und übt von allen 4 Ecken gleichzeitig nach der Mitte einen schwachen Druck aus, so erhält man auf hellgelblichem (runde das schwarze Kreuz Fig. 4. Bei starkem Druck treten bekanntlich farbige Figuren auf wie in den gehärteten Gläsern. Hat man mehrmals ') Näheres über die Zweiaxigkeit der vier Felder und das constante Anwachsen des Axenwinkels von der Mitte nach den Rändern. Vergl. meine Mittheilung: Neues Jahrb. für Mineralogie ete, 1831. I. p. 204. 45 hintereinander die Platte in der Rieltung der Diagonalen stark gedrückt, so verschwindet die Doppelbrechung der Platte nach Aufhören des Druckes nicht mehr ganz, sondern die Figur 4 erhält sich in der Platte nunmehr längere Zeit von selbst. Drückt man in diesem Zustande der Platte leise mit den Fingern auf die Mitten zweier gegenüberliegenden Seitenflächen, so erleidet das diagonale Kreuz dieselbe Umänderung, wie in der Idokrasplatte (Fig. 5), nur dass beim Gelatine die Curven eine viel grössere Strecke durchwandern, als an jenem Mineral. Nach dem Aufhören des seitlichen Druckes stellt sich das diagonale Kreuz wieder her. Apophyllit. Dasselbe dunkle Kreuz wie am Idokras findet sich in Spaltungsblättchen vieler Apophyllite Die Druck- Versuche zeigten, dass es auch bei diesem Mineral nicht an den Ort gebunden, sondern merklich beweglich ist. Der Sinn der durch die Pressung hervorgerufenen Bewegung der Streifen war aber hier der entgegengesetzte wie am Idokras; das Kreuz der Figur 4 öffnet sich beim An- ziehen der Schraube senkrecht zu der Richtung, in welcher dies beim Idokras geschieht. (Fig. 6.) Der Einfluss der Lage der kleineren Elasticität parallel oder senkrecht zu den Randkanten der Sectoren äussert sich hier also in derselben Weise, wie oben beim Alaun angegeben wurde. Bei den untersuchten (negativen) Idokras- Platten lag die kleinere Elastieität in jedem Sector senkrecht zu der Randkante, bei den (positiven) Apophyllit - Platten (Andreasberg) parallel mit der- selben '). Koiss) Den Einfluss eines Druckes auf den Axenwinkel in den verschiedenen Sectoren der Idokras- und Apophyllit-Platten werde ich bei späterer Gelegenheit besprechen. 46 Die Verschiebbarkeit‘ der schwarzen Streifen dureh seitlichen Druck bei diesen 'beiden Mineralien zeigt, dass jene Streifen hier so wenig'wie beim Alaun als Zwillings- grenzen verschiedener Individuen angesprochen werden dürfen, wie dies von Mallard für beide Mineralien, von J. Rumpf für den Apophyllit geschieht, welche Autoren die Viertheilung. der basischen Platten als durch Zwillingsverwachsung 'von vier monoklinen Individuen bedingt ansehen. Ich habe mich bereits wiederholt für Auf- rechterhaltung des tetragonalen Systems für die genannten Mineralien ausgesprochen. '). Das hier geschilderte, mit dem gespannter Colloide identische Verhalten derselben bei einseitigem Druck :ist, ‚ein. ‚weiterer Beleg für die Richtigkeit meiner Ansicht, dass die optisch anomalen Erscheinungen derselben nicht durch Zwillingsbildung, sondern durch, Spannung zu erklären sind ?). Ich werde demnächst auf diejenigen optischen Ano- malien der beiden genannten Mineralien, welche ihren Spannungszustand erweisen, näher eingehen; um die in Rede stehenden Druckversuche im Zusammenhange mitzu- theilen, muss ich aber schon hier bemerken, dass ich Platten parallel der geraden Endfläche von Apophyllit und, Ido- kras besitze, welche gar. keine Auslöschung mehr zeigen, sondern zwischen gekreuzten Nicols in allen Lagen hell sind und, von einer grossen Zahl un- regehnässig verlaufender, gekrümmter, bald breiter, bald schmäler werdender, schwarzer Banden durchzogen werden, die Gestalt und Lage bei Drehung der Platte fortwährend ') Neues Jahrbuch f. Mineralog. 1880, II., p.: 12 ff. der Referate. Ibid. 1881. I. p. 204. Diese Berichte. Bd. 8. H.TJ. p. 7. des Sep. Abz. ?) Aus geometrischen Gründen entscheidet sich, wie schon früber von Zepharovich jetzt €, Doelter für das tetra- gonale System des Idokras: Zeitschr. f. Kryst. 5. p. 289. 47 ändern. Als Beispiel sei hier in Fig. 7 der Anblick dargestellt, den eine Spaltungsplatte des Apophyllit von Orawieza: darbietet, wenn ihre ‚Seitenkanten in die Nicol- hauptschnitte fallen. Dieselbe Erscheinung zeigen manche Platten des piemontesischen Idokras, und das Bild vieler stark aktiver parallel einer Hexaäöderfläche geschnittener Alaunplatten ist (abgesehen von der Farbe) vollständig damit zu ver- wechseln. Ebenso bieten ineinem quadratischen Rähmchen halb eingetrocknete Gelatine-Platten die Erscheinungen in typischer Form dar. Unterwirft man nun Platten aller dieser Substanzen mit den unregelmässigen Banden einem einseitigen Druck, so tritt eine lebhafte Bewegung der letzteren ein, — nach meinen obigen Ausführungen das sichere Zeichen für den, in diesen letzteren Fällen unregelmässigen, Spannungszustand dieser Krystalle. Die hier beschriebenen optischen Veränderungen, welche einem einseitigen Druck unterworfene Platten optisch anomaler Krystalle erleiden, stehen im Einklang mit den von ©. Klein!) am Boraeit beobachteten Ver- änderungen durch Erhitzen der Platten. Die Er- scheinungen in beiden Fällen beweisen dasselbe, nämlich: 1) Dass in optisch anomalen Krystallen die Grenzen optisch verschieden orientirter Stücke nicht als Zwillingsgrenzen ver- schiedener Individuen aufzufassen sind und 2) dass Krystalle, welehe optische Ano- malien zeigen, sich in einem Spannungs- zustande befinden. 1) Neues Jahrb. f. Mineralogie 1881. I. p. 248 ff. Axenbilder im convergenten Licht bei Alaun, Bleinitrat, Sepresstem Gelatine und rasch gekühlten Glase, Von FH. Klocke. Hierzu Taf. II. Fig. S und 9. (Im Druck vorgelegt am 28. März 18S1). Alaun. Bisher hatte ich in den doppeltbrechenden, regulären, von mir untersuchten Salzen!) Axenbilder in convergen- tem Licht noch nicht gefunden. An neuerdings in meinen Besitz gelangten stark aktiven Krystallen von Alaun und Blemitrat ist, mir, dies aber gelungen. Der Alaun zeigt Axenaustritt auf der vorherrschen- den Oktaöderfläche tafelförmiger Krystalle, doch wird das schwache Bild nur in. der Nähe ‚der am stärksten doppeltbrechenden Ränder der: Platte sichtbar. Die Er- scheinung ist sehr zart; isochromatische Curven fehlen. Man sieht nur das ‚schwarze. Kreuz, welches sich beim Drehen der Platte in die Hyperbeln öffnet. Das dünnste Muscovit-Häutchen gibt noch ein min- destens ebenso gutes Bild als eine Alaunplatte von meh- reren Millimetern Dicke. Relativ am besten sieht man die Erscheinung im Mikroskop mit Lasaulx’scher Linse und ausgeschaltetem Ocular. Die Lage der Axenebene ist in den sechs Feldern, ' Neues Jahrbuch für Mineralogie etc. 1880. I. p. 53 ff. 49 in welche solche okta@drische Alaunplatten zerfallen, entweder senkrecht oder parallel den Randkanten. Ich habe bereits früher mitgetheilt, dass von den beiden Elastieitätsaxen jedes optischen Feldes in der Platten- ebene die kleinere entweder parallel der Randkante des Feldes liegt (der gewöhnliche Fall), oder senkrecht zu derselben. Ich finde nun, dass die Trace der optischen Axenebene für beide Arten von Krystallen mit der Rich- tung der grösseren Elastieität zusammenfällt, im ersteren Fall also senkrecht zur Randkante, im letzteren parallel derselben, wie es in Fig. 8 und 9, Taf. II. angedeutet ist. Aus der Lage der Axenebene und dem Verhalten der Platte gegen ein Gypsblättchen lässt sich der Charak- ter der Doppelbrechung der sechs Felder des Krystalls vollkommen bestimmen: Die Platten-Normale ist in beiden Fällen die Richtung der kleinsten Elastieität, also positive Bissectrix. Bleinitrat. Am Bleinitrat ist das Axenbild etwas besser zu sehen und kann auch im Nörrenberg’schen Polari- sations-Apparat wahrgenommen werden. Es erscheint gleichfalls auf der breiten, in sechs buntgestreifte Felder getheilten Oktaäderfläche tafelförmiger Krystalle, doch nicht ohne Weiteres, wie beim Alaun, sondern erst wenn sie so dünn geschliffen sind, dass die Mitte der Platte und drei abwechselnd gelegene Felder die farbigen Strei- fen!) verloren haben und im Stauroskop schwarz gewor- den sind. Man findet dann das Axenbild in den dunkeln Theilen der Platte. !) Vergl. hierüber das Nähere: l. c. p. 77 ff., sowie meine dortige Fig. 18 und 19, Taf. III. Berichte der naturf. Ges. In Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 1.» 4 50 In der Mitte derselben ist das Bild entschieden eıin- axig; verschiebt man die Platte in der Richtung der drei dunukeln Felder, so wird es zweiaxig mit nach dem Rande etwas zunehmendem Axenwinkel, ähnlich wie ich es am Idokras und Apophyllit beschrieben habe.') In der Nähe der Ränder verschwindet aber das Bild. Der Axenwinkel ist klein, wesentlich kleiner als am Alaun; die Trace der Ebene der optischen Axen steht senkrecht zu den Randkanten. Diese neue Beobachtung alterirt in keiner Weise meine früher aufgestellte Ansicht, dass die Doppel- brechung der in Rede stehenden Salze Span- nungsdoppelbrechung sei, da ich inzwischen nach- gewiesen habe, dass in gespannten isotropen Körpern Axenbilder in convergentem Licht auftreten können, wie auch die weiter unten mitgetheilten neuen Beispiele dies beweisen. Im (Gregentheil ist diese meine älteren Mit- theilungen wesentlich ergänzende Beobachtung um so willkommener, als durch dieselbe ein etwa zwischen den von mir beschriebenen Salzen und den Axenaustritt zei- genden regulären, optisch anomalen Mineralien Boraeit, Analeim, Granat und Senarmontit aufzustellender Unter- schied beseitigt wird. Wie ich mich inzwischen aus Ge- sprächen mit befreundeten Fachgenossen überzeugt habe, war man hier und da geneigt, für den Alaun und die ihm optisch nahestehenden Salze Spannungsdoppelbrechung zuzugeben, den Boracit z. B. aber wegen des Axenaus- trittes als „pseudoregulär“ zu erklären. Mit dem Auffinden des Axenbildes im convergenten Licht bei den oben genannten Salzen wird dieser ver- meintliche Unterschied hinfällig und die optisch ano- ') ibid. 1881. I. p. 204. 51 malen Erscheinungen am Alaun und Bleinitrat sind mithin nur dem Grade, nicht der Art nach verschieden von denen des Boracit. Gepresstes Gelatine. Nachdem es mir gelungen war, gespannte (Grelatine- Platten herzustellen, welche Axenbilder zeigten, lag es nahe, dieselbe Erscheinung auch durch Druck hervor- zurufen. Der Versuch rührt von Brewster !) her, welcher ihn für eine geschmolzene Mischung von Harz und Wachs ausführte und ist überaus einfach, indem man ein Scheib- chen der plastischen Substanz von passender Consistenz zwischeu zwei Glasplatten nur gleichförmig zusammen- zudrücken braucht. Das durch den Druck verbreiterte Scheibchen erhält dann die optischen Eigenschaften eines einaxigen Krystalls, dessen Axe senkrecht auf den Glas- platten steht. Das Scheibchen gibt also im convergenten Licht das Kreuz- und Ringsystem eines einaxigen Kry- stalls an jedem Punkte; die Interferenzfigur ändert sich nicht beim Verschieben der Platte. Der Versuch gelingt leicht und schön mit Gelatine, wenn das Scheibchen in passender Dicke angewendet wird und die richtige Weichheit hat. Ich giesse eine nicht sehr starke warme Gelatine-Lösung auf eine Glas- tafel mit Holzrahmen bis zu einer Höhe von 8 m/m. auf und steche, einige Stunden nach dem Erstarren aus der dadurch erhaltenen Tafel mit einer runden Blechform ein Scheibehen von 10 m/m. Durchmesser aus, das beider- seitig ganz glatt und durchgehends fehlerfrei sein muss. Dasselbe wird auf einer kleinen Glastafel auf das !) Treatise on opties. New. Edit. Lond. 1853. p. 336, 4* 52 Tischchen des Nörrenberg'schen Polarisations-Apparates gelegt, centrirt und mit einem zweiten Glase bedeckt. Durch vorsichtiges Herunterschrauben des Ocularrohres comprimire ich nun das Scheibchen soweit als es den Druck ohne an den Rändern einzureissen ertragen kann. Hierbei erreiche ich sehr schön das schwarze Inter- ferenzkreuz mit dem ersten oder zweiten farbigen Ringe. Das Scheibchen erweist sich als optisch negativ. Die Circular-Polarisation des Leimes beeinflusst in meinen Präparaten nicht merklich den centralen Theil des Kreuzes. Beim Heraufschrauben des drückenden Ocularrohres wei- chen zuerst die Ringe aus dem Gesichtsfelde zurück, dann verschwindet, wenn der Druck aufhört, das Bild ganz. Steigert man den Druck bis zum Einreissen des Versuchscheibehens, so ist es nicht mehr gleichförmig comprimirt; an vielen Stellen sieht man gar kein Axen- bild mehr, an andern tritt es auf, zeigt sich dann aber zweiaxig. Mit etwas zäherem Gelatine kann man auf diese Weise Axenbilder von prachtvoller Farbigkeit und präcisen kleinen Ringen um die Axenpunkte erreichen. Bei Verschiebung der Platte ändert sich aber rasch die Grösse des Axenwinkels, entsprechend der von Ort zu Ort wechselnden Intensität der Doppelbrechung bei nicht homogener Gompression. Rasch gekühlte Gläser. Das Verhalten verschiedener Gelatine-Präparate, die in parallelem Licht farbige Interferenzbilder, nichtsdesto- weniger aber an mehreren Stellen in convergentem Licht ein Axenbild zeigten, veranlasste mich, eine Anzahl rasch gekühlter Gläser, die in parallelem Licht die bekannten prächtigen Interferenzerscheinungen geben, in convergen- tem Licht auf Axenaustritt zu untersuchen. Ich fand 53 in der That in dem centralen Theile meiner von Dr. Steeg und Reuter bezogenen Gläser ein deutliches Axen- bild. Obgleich ein derartiges Verhalten der gehärteten Gläser durch meine Beobachtungen über das Auftreten von Axenbildern in Gelatine-Platten wahrscheinlich ge- macht war, so ist doch die Thatsache in diesem Augen- blick, wo die Frage nach der Ursache der optischen Anomalien allseitige Aufmerksamkeit erregt, interessant als ein weiterer Beweis für die Möglichkeit, dass durch Uompression und Dilatation isotroper Körper die Erschei- nungen doppeltbrechender Krystalle nachgeahmt werden können. Nach einer brieflichen Mittheilung hat mein verehrter Freund Professor ©. Klein in Göttingen gleichzeitig und unabhängig vonmir, dieselbe Beobachtung gemacht. Um seinen weiteren Angaben über diesen Gegenstand nicht vorzugreifen, will ich hier nur kurz bemerken, wie sich die Erscheinung in meinen Gläsern darstellt. Das Interferenzbild entspricht stets optischer Zwei- axigkeit; isochromatische Curven fehlen. Auf bläulichem, nach dem Rande des Gresichtsfeldes zu mehr in’s Weisse übergehenden Grunde zeigt sich ein schwarzes Kreuz, dessen Arme in die Nicolhauptschnitte fallen, ohne Dis- persion. Beim Drehen der Platte löst es sich in zwei Hyperbeln auf, die bei kleinem Axenwinkel eine geringe, bei grossem eine sehr kräftige Dispersion, und zwar 05% anzeigen. In einer quadratischen Platte ist deutlich das allmähliche Anwachsen des Axenwinkels von der Mitte nach dem Rande der Platte zu beobachten, wie ich dies bereits mehrfach als für die Spannungsdoppelbrechung charakteristisch nachgewiesen habe, 54 Man sieht die Axenbilder in den dicken rasch ge- kühlten Gläsern am besten, wenn man die unterste Linse des Ocularrohres des (Fuess’schen) Polarisations-Appara- tes abschraubt. Nachdem somit Axenbilder in comprimirten und di- atirten isotropen Substanzen mehrfach nachgewiesen sind, darf das Auftreten und die Beschaffenheiteines Axenbildes für sich allein in Zukunft für den Fall nicht mehr dazu berechtigen, einen Kry- stalleinem doppeltbrechenden oder schiefwink- ligen Krystallsystem zuzurechnen, wenn die Gesammtheit der Eigenschaften des Krystalls dafür spricht, dass er thatsächlich in ein System von höherer Symmetrie gehört und dass das Axenbild nur durch innere Spannungen hervorgerufen oder, wenn dem normalen Krystall zukommend, durch dieselben nur scheinbar zu niederer Symmetrie umgewandelt ist. Ueber die Bewegung der Gletscher. Von K. R. Koch und Fr. Klocke. Mit Tafel II. II. Mittheilung.') Die im August 1879 von uns begonnene Untersuchung der Bewegung des Morteratsch-Gletschers haben wir im September 1880 fortgesetzt. Auch im letzteren Jahre war die Bewegung eines Punktes desselben eine durchaus unregelmässige, jedoch ihrer Grösse nach bedeutend schwä- chere als im vorhergehenden. Ob dies darin seinen Grund hatte, dass die Jahreszeit schon weiter vorgerückt war und desshalb die meteorologischen Verhältnisse andere waren, müssen weitere Beobachtungen lehren. Das so auffällige Rückwärtsgehen des Gletschers (in horizontaler Richtung) haben wir im Jahre 1880 nur einige Male bemerkt; doch waren diese Bewegungen so klein, dass sie innerhalb unserer Fehlergrenzen lagen, sich also nicht mit Sicherheit constatiren liessen. Die von uns beobach- teten Hebungen und Senkungen im verticalen Sinne waren im letzten Sommer ebenfalls bedeutend kleiner; denn wäh- rend im Jahre 1879 die Bewegungen während einer hal- ben Stunde constant über 1" betrugen, ergaben im Jahre 1880 circa 70°/, aller halbstündigen Ablesungen Bewe- gungen, die kleiner als 1"® waren, also, wie sich weiter unten ergeben wird, ebenfalls innerhalb der Grenzen un- serer Beobachtungsfehler lagen. Erfolgten die Bewegun- gen während einer längeren Zeit in demselben Sinne, so !) Die erste Mittheilung cf. Wiedem. Ann, VIII. p. 661 ff. 1879, 56 erhielten wir allerdings Grössen, welche unsere Einstel- lungsfehler überstiegen; die schwachen Unterscliede in den halbstündigen Bewegungen lassen sich jedoch mit Hülfe unserer Methode, wenigstens wenn dieselben so klein wie im letzten Sommer sind, wohl bemerken, aber nicht mit der nöthigen Genauigkeit messen. Wir können also unsere vorläufige Mittheilung (über die Beobachtungen im Sommer 1879) nur durch eine genauere Beschreibung unserer zum Theil verbesserten Instrumente und Beobach- tungsmethoden nicht durch neue Resultate ergänzen.) Es wird sich hierbei und bei der Discussion der Fehlerquellen zeigen, dass wir einerseits alle nöthigen Vorsichtsmassregeln angewandt haben, dass aber anderer- seits der exacten und einwurfsfreien Anwendung der Me- thode wegen der Kleinheit der zu messenden (srösse eigen- thümliche Schwierigkeiten entgegenstehen, die sich nicht vollständig bewältigen lassen. Das Prineip unserer Methode war dasselbe, welches wir im Jahre vorher angewandt haben, und das von Herrn Pfaff?) bei seinen Beobachtungen über die Bewegung des Firnes zuerst für derartige Untersuchungen benutzt ist. Auf dem Eise sind zwei Scalen fest aufgestellt, die eine hori- zontal, die andere vertical, deren Bewegung am Fadenkreuz eines fest am Ufer aufgestellten Fernrohres beobachtet wird; die Differenzen zwischen je zwei in bestimmten Zeitinter- vallen angestellten Ablesungen geben dann direkt die Componenten der wirklich stattfindenden Bewegung. So einfach das Princip dieser Methode ist, so schwie- ig ist die Ausführung derselben, weil hierbei die Auf- !) Wegen nothwendiger Reductionen unserer Beobachtungen, die sich aus verschiedenen Gründen nicht eher ausführen liessen, können wir diese Mittheilung erst jetzt veröffentlichen. ?2) Abh. d. math. phys. Classe d. k. bayer. Akademie der Wissenschaften. XII. Abth. 2, p. 105 ff, 1876. gabe gestellt ist, eine sehr kleine Bewegung (von circa jum und weniger) aus einer grossen Entfernung (für unsere Versuche über 300 Meter) zu messen, wenn kein fester Punkt, zugleich mit dem zu beobachtenden und in Bewe- gung befindlichen im Gesichtsfelde gegeben ist. Es müssen mithin folgende Bedingungen erfüllt sein: Es muss erstens der Signalpfosten und das an ihm befestigte Scalenpaar fest mit einem Punkte des Gletschers verbunden sein; es muss zweitens die Collimationslinie des Beobachtungsfern- rohres in Azimuth und Neigung auf Bruchtheile einer Bogensecunde genau feststehen und zugleich ein Mittel gegeben sein, dieses Feststehen jederzeit mit der erforderlichen (renauigkeit controliren zu können, und es ist drittens eine Methode erforderlich, um die Ungenauig- keiten, die durch das Vibriren des Bildes erzeugt werden, nach Möglichkeit zu eliminiren. Wir wollen nun im Folgenden mittheilen, auf welche Weise wir diese Bedingungen zu erfüllen gesucht haben. Für diese Messungen genügt es durchaus nicht, wie wir uns überzeugt haben, zur Befestigung der Scala, einen Holzpfahl in’s Eis zu versenken und über Nacht festfrieren zu lassen, wie es bei allen früheren Beobach- tungen geschehen ist, weil sich derselbe im Laufe des Tages so lockert, dass man ihn leicht um einige Milli- meter verschieben resp. neigen kann. Wir verfuhren desshalb folgendermassen: Ein CUylinder von hinreichend starkem Eisenblech, in der Mitte und unten durch einen starken Ring gegen etwaigen Druck gefestigt, 1 Meter lang, 20 Cm. im Durchmesser, trug geeignete, weiter unten zu beschreibende Vorrichtungen, um an ihm die Scalen befestigen und senkrecht stellen zu können. Die- 58 ser wurde in em in's Eis gehacktes !) Loch bis zu drei- viertel seiner Länge versenkt, und in ihm eine Kälte- mischung (aus Eis und Kochsalz) während der Zeit der Beobachtung unterhalten. Um ihn möglichst vor der Einwirkung der Luftwärme und der Sonnenstrahlung zu schützen, wurde der aus dem Eise hervorragende Rand ganz mit kleinen Eisstücken umpackt, so dass er mitten in einem Eishügel stand, der selbst wieder zum Schutze gegen die Sonnenstrahlung mit Gletscherschlamm bedeckt war; oben trug der Cylinder einen Deckel mit erhabenem Rande, auf den gleichfalls Eisstücke gelegt wurden. Auf diese Weise gelang es uns, selbst ohne die Kältemischung zu erneuern, 12—14 Stunden lang eine Temperatur, die unter 0° lag, im Oylinder zu erhalten. Es sind hierdurch scheinbar einige Fehlerquellen geschaffen, deren Einfluss etwas genauer betrachtet werden soll. Erstlich könnte der Einwand erhoben werden, dass durch die im Oylinder herrschende tiefe Temperatur die Structur des Gletschereises in der Umgebung des Signals verändert würde. Es liegt jedoch auf der Hand, dass bei der geringen Wärmeleitungsfähigkeit des Eises die Wirkungssphäre der durch die Kältemischung hervorge- rufenen tiefen Temperatur nicht sehr gross sein kann. Es ist also in diesem Falle die Wirkung die gleiche, als ob man ein Signal in’s Eis versenkt hätte, dessen Durchmesser um den der Zone, in welcher das Eis eine Temperatur unter Null Grad hat, vergrössert wäre. Man könnte zweitens vermuthen, dass der Öylinder in Folge seines immerhin beträchtlichen Eigengewichtes (circa 15 Kgr.) in’s Eis einsänke; wie aus den Beobach- ') Wir machten den Versuch durch eine geeignete Vorrich- tung ein passendes Loch in's Eis einzuschmelzen, doch nahmen wir davon wieder Abstand, weil der Apparat zu langsam functionirte 59 tungen von Herrn Pfaff über die Plastieität des Eises!) geschlossen werden könnte. Desshalb brachten wir an der Seite des Cylinders folgende Vorrichtung an. In zwei Stützen (a) und (b) Tafel III (Fig. 1) war freibeweglich (mit Selbstschmiervorrichtung bei (a) und (b)) der unten recht- winklig gebogene Stab (c) befestigt, der an seinem un- teren Ende einen schlechten Wärmeleiter (d) (ein dickes Holzbrettchen) trug. Das Loch im Eise wurde nun so angelegt, dass der Fuss dieser Vorrichtung (das Brett- chen (d)) auf festes Eis zu stehen kam. Der geringe Zwischenraum zwischen Cylinder und Eis wurde mit Eisstückchen und Wasser angefüllt, die Kältemischung hineingethan, und 3—4 Minuten darauf war der Öylinder so fest eingefroren, dass man ihn selbst unter Anwen- dung von Gewalt weder herausreissen noch bewegen konnte. Wenn nun der ÜÖylinder durch sein eigenes Gewicht ein- sänke, so würde sich der leichte Index der, wie wir uns überzeugten, bereits ausserhalb der Wirkungssphäre der Kältemischung liegt, gegen den Cylinder und gegen den mit dem Cylinder verbundenen Maasstab (e) verschieben; es war jedoch nichts dergleichen zu bemerken. In der That ist auch ein merkliches Einsinken des Cylinders nicht zu erwarten, da derselbe nicht nur mit seinem Bo- den auf das Eis drückt, sondern mit seiner ganzen Man- telfläche angefroren am Eise haftet und von ihm ge- halten wird. Wir brauchen wohl kaum besonders hervorzuheben, dass wir die Kältemischung mit grosser Vorsicht ein- und ausfüllten, um das umgebende Eis nicht mit Salz- lösung zu infiltriren. Nachdem so ein Signalpfosten gewonnen war, der keine Eigenbewegungen ausführen konnte, kam es darauf an, an diesem die Scala genau vertical und horizontal !) Pogg. Annalen Bd. 155, S. 169 fi. 1875, 60 zu befestigen. Dies konnte auf folgende Weise ausge- führt werden. Der Cylinder trug an seinem oberen Ende zwei untereinander befindliche, starke, lange Schrauben g), (h) (Figur 1), auf welche das Brett, das die verti- cale Scala AB (Figur 2) trug, gesteckt und vermittelst zweier Muttern festgeschraubt werden konnte. Um die Scala vertical stellen zu können, war das obere Loch e (für die Schraube (g)) (Figur 1) länglich geschnitten, so dass das Brett, um die Schraube (h) als Axe, um einen gewissen Bogen gedreht werden konnte, das horizontale Scalenbrett CD (Figur 2) war vermittelst einer starken Schraube und Mutter am verticalen befestigst. Damit die Scalen in ein und derselben verticalen Ebene lagen, und um zugleich einen gegen den Wind geschützten Raum für ein Loth zu gewinnen, trug das verticale Scalenbrett einen an drei Seiten geschlossenen rechteckigen Blech- kasten (AB Fig. 2), welcher in der in der Figur ange- gebenen Weise an dem verticalen Brett befestigt war. Auf seiner Vorderseite war die Scala aufgeklebt; dem Kasten waren solche Dimensionen gegeben, dass er mit seinen schmalen Seiten das Brett gerade umschloss und mit seiner vorderen Fläche in derselben verticalen Ebene lag wie die horizontale Scala CD. Der längliche Aus- schnitt bei der Schraube (a) erlaubte den Kasten beliebig vor- oder rückwärts zu neigen. Im Innern dieses Ka- stens war das Loth angebracht, vermittelst dessen die auf der Vorderseite aufgeklebte Scala senkrecht gestellt werden konnte. Dies wurde in folgender Weise bewerk- stelligt. Die Scala hatte die in der Figur angegebene Form, d. h. abwechselnd schwarze und weisse, 0,5 Cm. breite Felder, die zu beiden Seiten einer Geraden, die wir kurz die Längslinie der Scala nennen wollen, lagen. In der Vorderwand des Blechkastens befanden sich zwei kreisförmige Oeffnungen (70), deren Centren mit den 61 Enden der Längslinie der Scala zusammenfielen; ihnen gegenüber befanden sich im Scalenbrett zwei kleinere Oefinungen, die so angebracht waren, dass die Verbin- dungslinie der CUentren je zwei gegenüber liegender Oeft- nungen senkrecht zur Vorderfläche des Kastens, d.h. senkrecht zur Scala, standen. Die beiden Seitenwände des Kastens trugen ebenfalls je zwei Visiröffnungen (««) (33), die eine solche Lage hatten, dass die durch ihre Cen- tren gelegte Ebene parallel der vorderen Fläche des Ka- stens war. Man sieht nun leicht, dass man auf diese Weise sehr genau (auf 5 Bogenminuten) die Scala in zwei zu einander senkrechten Ebenen vertical stellen kann. Die Längslinie der unteren horizontalen Scala wurde vermit- telst eines vorher controlirten Winkelmasses senkrecht zur verticalen gestellt. Ist das Fernrohr gegen die Hori- zontale geneigt, so erwächst daraus ein Fehler; derselbe war jedoch so klein, dass er vernachlässigt werden konnte. Ebenso konnte der Theilungsfehler der angewandten Scalen wegen seiner geringen Grösse unberücksichtigt bleiben. Die Fehler, die von einer falschen oder nicht sicheren Aufstellung des Signals herrühren, sind im allgemeinen nicht so gross und nicht so schwer zu beseitigen und zu controliren, wie die, welche das Nicht-Feststehen des Beobachtungsfernrohres verursacht. Wenn sich die Volli- mationslinie desselben z. B. nur um eine halbe Bogen- secunde verlegt, so wird die Scala gegen das Fadenkreuz schon eine scheinbare Verschiebung erleiden, welche die zu beobachtende Grösse übersteigt. Man wird desshalb schon von vornherein das Beobachtungsfernrohr möglichst fest und geschützt vor störenden Einflüssen aufstellen; man muss aber ausserdem vermittelst einer sehr empfindlichen Me- thode das Feststehen desselben mit der erforderlichen Ge- nauigkeit controliren können. Die Erfüllung der ersteren Bedingung erfordert einen 62 soliden Steinpfeiler für das Beobachtungsfernrohr, welcher zum Schutze gegen Sonne und Wind im Innern eines kleinen festen Observatoriums aufgestellt ist; ein einfaches Zelt hält weder Sonne noch Wind hinreichend ab. Wir hatten desshalb aus Stein eine geräumige Hütte aufführen lassen; nach dem Gletscher zu besass die Mauer derselben einen Einschnitt, der gewöhnlich mit Strohsäcken ver- stopft war und nur behufs der Beobachtung auf kurze Zeit so weit wie nöthig geöffnet wurde. Hierdurch sind unsere Beobachtungen allerdings auf eine einzige Linie quer über den Gletscher beschränkt, und da wir ferner nur ein Fernrohr von den nöthigen Dimensionen zur Ver- fügung hatten, so konnten wir zur Zeit immer nur einen Punkt auf dieser Linie beobachten. Um nun das Feststehen des Beobachtungsfernrohres zu jeder Zeit controliren zu können, hat man bekanntlich verschiedene Methoden. Gewöhnlich bringt man an der Axe des Beobachtungsfernrohres ein zweites an, das auf eine feste Marke gerichtet wird, und aus dem Einstehen des letzte- ren schliesst man auf die unveränderte Lage des ersteren. Dies genügt jedoch in unserem Falle nicht, da wir uns durch Vorversuche an einem Theodoliten überzeugt haben, dass sich beide Fernrohre unabhängig von einander be- wegen können; die Ursache hiervon liegt einestheils wohl in der ungleichen Ausdehnung der einzelnen Theile des Instrumentes durch die Wärme oder in Spannungen, die beim Festklemmen entstehen und sich nach und nach ausgleichen. Ausserdem wird die Schwere bei nicht voll- kommener Aequilibrirung und Klemmung eine Hebung oder Senkung des Fernrohres bewirken, die bei Fern- rohren von grossen Dimensionen, wie wir sie gebrauchten, ziemlich bedeutend, und beim Hauptrohr und Versiche- rungsrohr verschieden sein kann. Ausserdem genügt es offenbar nicht, als Versicherungsrohr ein Fernrohr von 63 kleineren Dimensionen zu benutzen, das nach Art eines Suchers auf dem Beobachtungsfernrohr befestigt ist, da für beide dieselbe Vergrösserung und Schärfe gefordert werden muss. Wir wählten desshalb folgende Methode. Wenn man zwei auf unendlich eingestellte Fernrohre mit den Objec- tiven gegen einander so aufstellt, dass ihre Collimations- linien nahezu in eine Gerade zusammenfallen, so kann man bekanntlich durch das Ocular des einen Fernrohres das Fadenkreuz des anderen sehen. Hat man nun ein Mittel, das Feststehen des einen Fernrohres zu contro- liren, so kann man am Einstehen oder an der Verschie- bung der Fadenkreuze gegeneinander den Stand des anderen Fernrohres prüfen. Ein solches Mittel besitzt man in folgendem. Ein Fernrohr mit beleuchtetem Fadenkreuz, das senkrecht zu einer spiegelnden Fläche und auf unend- lich eingestellt ist, liefert bekanntlich ein mit seinem Fa- denkreuze coineidirendes Bild desselben. Die Coincidenz beider lässt sich mit grosser Genauigkeit feststellen; die- selbe ist nur abhängig von der Breite der Fäden des Fa- denkreuzes und der (rüte des F'ernrohres und Spiegels. Be- nutzt man nun als Spiegel die Oberfläche ruhenden Queck- silbers, so kann man hierdurch der Collimationslinie eine feste, jederzeit controlirbare verticale lkage geben. Befindet sich unter dem Fernrohre fest verbunden mit ihm ein klei- ner Spiegel, der unter 45° gegen die Verticale geneigt ist, so wird man vermittelst eines horizontal stehen- den, auf unendlich eingestellten Fernrohres das Faden- kreuz des verticalen erblicken, und die beiden Fadenkreuze zur Coincidenz bringen können. Diese Methode hat ausser der Schärfe, mit der sich die Öontrole ausführen lässt, haupt- sächlich den Vorzug, dass hier die Collimationslinie des Beobachtungsfernrohres selbst auf ihre un- veränderte Lage geprüft wird, was bei Anwendung von 64 Libellen oder von einem Versicherungsfernrohre nicht der Fall ist. Wir gaben dem Apparat folgende Kinrichtung. Das sehr fest, schwer und solide montirte Beobachtungs- fernrohr A (Fig. 3) (Focallänge 115,7 Cm.)!) wurde auf einem Steinpfeiler?) aufgestellt und auf die zu beobachtende Scala gerichtet. Das ebenfalls sehr solide montirte Fern- rohr B, mit beleuchtbarem Fadenkreuze war senkrecht auf den Quecksilberhorizont gerichtet; unter dem Objectiv befand sich, fest mit ihm verbunden, ein Reflexionsprisma c, das durch die Schrauben «, 3, 7, © in jeder Richtung ver- stellbar war und festgeklemmt werden konnte. Weil man bei der Beobachtung der Scala und bei der Einstellung des verticalen Fernrohres an dem Spiegel vorbeisehen musste, so war es nöthig, denselben bei möglichst grosser Lichtstärke möglichst klein zu machen; ein Reflexions- prisma erfüllt bekanntlich diesen Zweck am besten. Hat das Fernrohr A eine gegen den Horizont geneigte Stel- lung, so kann man leicht das Prisma mit Hülfe der Schrau- ben 7,0 so stellen, dass das Fadenkreuz von B durch A gesehen werden kann, vorausgesetzt, dass der Winkel, den die Collimationslinien der beiden Fernrohre mit einander bilden, nicht kleiner wird, als das Doppelte des Grenzwin- kels der totalen Reflexion (für das von uns gebrauchte Urownglas-Prisma circa 82°). Für noch stärkere etwaige Neigungen hatten wir ein Flintglas-Prisma mit einem bre- chenden Winkel von 80° in Reserve. Die Störungen des Aplanatismus durch die schiefe Incidenz sind hierbei, wie schon Herr Listing gezeigt hat,?) nicht erheblich. ') Die Fernrohre waren uns gütigst vom Director des hiesigen physikalischen Institutes Herrn Prof. Dr. Warburg und vom Director des hiesigen mathematischen Cabinets Herrn Prof. Dr. Lindemann überlassen worden, 2) Das Feststehen desselben war durch zwei auf ihm befind- liche Libellen controlirt. ®») Repertor. f, Exper. Phys. VII. p. 275 ff. 1871, 65 Da das Beobachtungsfernrohr A nicht auf unendlich, son- dern auf die einige hundert Meter entfernte Scala einge- stellt ist, so wird man das Fadenkreuz von B, weil B auf unendlich eingestellt ist, nicht scharf sehen können; desshalb ist an A noch ein seitliches Ocular (A,) angebracht, in das durch ein kleines, von Aussen verstellbares Refle- xionsprisma (a) ein Theil des vom Objectiv kommenden Strahlenbüschels reflectirt wird. Man beobachtet nun durch das seitliche auf unendlich gestellte Ocular das Faden- kreuz von B und durch das gerade Ocular die Bewegung der Scala. Stehen die Fadenkreuze ein und eoincidirt das beleuchtete Fadenkreuz in B mit seinem Spiegelbilde, so kann man sicher sein, dass sich die Absehlinie des Beobachtungsfernrohres nicht um eine Grösse geändert hat, die der Genauigkeit gleich ist, mit der sich die Ein- stellung der Fadenkrenze aufeinander und des beleuchteten Fadenkreuzes auf sein Spiegelbild ausführen lässt. Unter der Bedingung, dass die beiden Reflexionsprismen sich nicht unabhängig von ihren Fernrohren bewegen, wäre es leicht, bei einem etwaigen Abweichen der Fadenkreuze von einander die an der Scala gemachten Ablesungen zu corrigiren, ohne nöthig zu haben die Beobachtungsreihe zu unterbrechen. Es zeigte sich jedoch gleich beim Be- ginne unserer Arbeit, dass diese Bedingung nicht erfüllt war; hierdurch waren wir gezwungen eine angefangene Beobachtungsreihe abzubrechen und den Apparat neu ein- zustellen, sobald wir eine Verlegung der Fadenkreuze gegen einander bemerkten. In Folge dessen war die Con- trole für das Versicherungsfernrohr überflüssig. Wir schal- teten desshalb bei unseren späteren Beobachtungen den Quecksilberhorizont und das seitliche Ocular aus, indem wir das verticale Fernrohr einfach als Collimator unter der Annahme benutzten, dass eine Verlegung der Colli- mationslinien ohne Störung der Coineidenz der Fadenkreuze 3erichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 1. ) 66 sehr unwahrscheinlich ist. Die specielleren Angaben über die hierdurch erreichte Genauigkeit der Controle werden wir weiter unten mittheilen, nachdem wir vorher gezeigt haben, auf welche Weise wir die dritte der oben gefor- derten Bedingungen, nämlich die Elimination der durch das Zittern des Bildes bei der Ablesung an der Scala hervor- gerufenen Fehler, annähernd zu erfüllen versucht haben. Bekanntlich findet beim Visiren auf grössere Entfer- nungen ein die Grenauigkeit der Ablesung sehr störendes Zittern des Bildes statt. Visirt man bei Temperaturen über 0° C. über Eis oder Schnee hinweg, so ist das Zit- tern allerdings geringer, weil sich das Eis nicht selbst erwärmt und folglich keine dunklen Wärmestrahlen aus- sendet. Da jedoch unsere Visirlinie noch über einen Theil der Moräne hinweg ging und der Gletscher selbst theil- weise mit Schutt bedeckt war, so war das Zittern im- merhin bedeutend genug, um die Unsicherheit einer ein- zelnen Ablesung grösser als die Grössen, die wir beobach- ten wollten, zu machen. Wir suchten diesen Fehler nun dadurch zu beseitigen, dass wir unsere Ablesungen an je zwei parallelen Fäden und zwar an jeder Seite des Fadens bei den grössten resp. kleinsten Vibrationsampli- tuden machten, indem wir von der wohl zulässigen Annahme ausgingen, dass die Grösse der Amplituden nach beiden Seiten hin die gleiche ist. Das Mittel aus den so erhaltenen Zahlen gibt dann den von uns für den Stand der Scala benutzten Werth, d. h. die Lage der Halbirungslinie des Fadenabstandes auf der Scala. Der mittlere Fehler, mit dem diese Grösse behaftet ist (Ziel- fehler) lässt sich auf folgende Weise finden. Aus den vielen hundert Ablesungen, die wir an jedem Signal machten, lässt sich mit grosser Genauigkeit der Abstand der Fäden, sowie der mittlere Fehler desselben (ausge- drückt in Theilen der Scala für diese bestimmte Entfer- 67 Ist M, dieser mittlere zu fürchtende Fehler einer einzelnen Beobachtung des Abstandes der beiden Fäden für eine bestimmte Entfernung der Scala vom Fernrohr, so ist der mittlere Fehler für den Ort der nung) ermitteln. ie: M Mitte je eines Fadens m— ——, und der mittlere Fehler für 0} \# den Ort der Halbirungslinie des Abstandes der beiden e M: Fäden M, — SIE I) Die folgende Tabelle gibt für die verschiedenen Ent- fernungen den gesuchten Zielfehler (d. h. den mittleren zu fürchtenden Fehler für die einzelne Beobachtung). Mittlerer Zielfehler für die Sign. Entfernung?) ———-— = 3 verticale Scala horizontale Scala 1 318 Met. 0,031:== 0, 1,9,460,042-—= 0,"26 IT: 3121275 0.03, — 0,"20 0.03.55 0,20 ITT. a0 0,04, — 0,”40 0,04, = 0,40 IV: 143 nn Er — 0,43 0,03 RUN “43 Fehler der Grössen xı und x» (Werthe für die Mittellinie eines jeden Fadens), so ist der mittlere Fehler des Abstandes (x2 — xı) der beiden Fäden Mı = ymı? + m»? oder, da mı —=ms=—m angenommen ist, und M, aus den Beobach- tungen direct berechnet wird Mı Mri==TMrzeor, 1 2 v2 Da nun das Mittel aus den beiden Grössen xı und x» den Ort der Halbirungslinie des Abstandes der beiden Fäden angibt, so ist der mittlere Fehler desselben m R M} n—y2(5)= 5 ?) Aus dem beobachteten Abstande der Fäden wurde die Ent- Dr 68 Dass der Zielfehler mit abnehmender Entfernung nicht kleiner wird, sondern (in Bogensecunden ausgedrückt) sogar wächst, liegt daran, dass für die kürzeren Distanzen zwischen Fernrohr und Scala die Eintheilung der Scala in halbe Gentimeter zu grob war. Um den Zielfehler noch kleiner zu machen, könnte man die Zahl der Fäden noch weiter vermehren. Es erschien uns jedoch dies einestheils nicht rathsam, weil dadurch die Zeit, welche man zu einer Beobachtung gebraucht, mehr verlängert wird, als dies bei den kurzen Intervallen zwischen zwei Ablesun- gen (!/s Stunde) thunlich ist, und anderntheils hielten wir es für unnöthig, weil die Genauigkeit, mit der sich das Feststehen der Collimationslinie controliren liess, ge- ringer war. Die Methode, die wir hierbei anwandten, ist bereits oben beschrieben worden; wir verfnhren nun folgender- massen. Um den Werth sogleich in Scalentheilen für die betreffende Entfernung zu haben, wurde diese Bestimmung jedesmal neu ausgeführt, wenn das Signal an einen anderen Punkt gesetzt war. ‚In der Regel wurden die Fadenkreuze fünfmal hintereinander zur Coincidenz gebracht und jedes- mal zugleich der Stand der Fäden an den beiden Scalen notirt. Eine grössere Zahl von Beobachtungen war nicht wohl zulässig, weil diese fünf Einstellungen und Ablesun- gen circa eine halbe Stunde in Anspruch nahmen und das Auge des Beobachters nach dieser Zeit ermüdet war. Die Grösse der Fortbewegung der Scala während der Beobachtung selbst wurde hierbei an den beobachteten Werthen in Rechnung gebracht. Die Zahlen der nach- fernung der Scala vom Fernrohre, da es sich nur um eine ange- näherte Messung handelte, in bekannter Weise berechnet (Ge- nauigkeit 1°/,). 69 folgenden Tabelle geben die Fehlergrössen direct in Sca- lentheilen für die betreffende Entfernung. 3 Für die Scala Signal ? F vertical horizontal iR OA 0,14 ER 0,13 0,13, Am 2010, 13, Diese Grösse setzt sich aus zwei anderen zusammen, nämlich erstens aus dem Zielfehler (der sich aus den fünf Beobachtungen berechnen lässt), und zweitens aus dem Fehler, der aus einer nicht genauen Coincidenz der Mitten der beiden Fadenkreuze resultirt. Offenbar sind nun auch unsere Messungen der Bewegung des Gletschers selbst um die gleiche Grösse ungenau, nämlich um den Zielfeh- ler und um eine (rrösse, die von der Schärfe abhängt, mit der sich die Coincidenz der Fadenkreuze beurtheilen lässt. Die Unsicherheit, die unseren Ablesungen (für die Messung der Bewegung) mithin anhaftet, ist im Mit- tel 1%, d. h. das Vierfache des Zielfehlers. Es kommt diese Vergrösserung daher, dass das Fadenkreuz des Versicherungsfernrohres durch das Hauptrohr betrachtet verhältnissmässig breit erschien. Eine directe Messung ergab in der That die Breite dieses Fadenkreuzes zu circa 8“. Da sich die Axen der Fadenkreuze ungefähr auf ein Zehntel ihrer Breite genau auf einander einstel- len lassen, so beträgt allerdings der bei der Beurthei- lung des Einstehens der Fadenkreuze mögliche Fehler 0,”8 und mithin der ganze Fehler 1,“1, wie ihn auch die directen Beobachtungen ergaben. Wir theilen nun noch zur Probe einige Tabellen mit, aus denen hervorgeht, dass die von uns beobachteten Bewegungen des Gletschers von 70 einer Grösse sind, die innerhalb dieser soeben discutirten Fehlergrenzen liegen. Scala 1.') Entfernung vom Fernrohre 318 Meter. Entfernung vom Rande des Gletschers 260 Meter. Sept. 4: von 19"—® bis 1930" „ 1930 2) 20 — „ 20 30 2: — 9130 n 22 — 230 oe ae Sept. 5: ” 0. ANA ” ng 2012 130 ” 2. R n20 " 3 al 0) ” 4, 30 20 20 21 21 Dub oO (1 Bu u EU ZU Ze ©) 30 Horiz, Beweg. Um. +0,00 —0,03 10,08 a yeıke —0,08 —0,05 10,00 10,00 —0,02 0,00 0,08 10,00 0,10 +0,13 -+0,10 —+0,10 —0,23 0,13 Vertic. Beweg. Um. 10,13 0,52 -1-0,15 +0,10 0,15 0,17 +0,35 -+0,10 +0,20 -|-0,15 -10,18 10,35 --0,23 -+0,27 —-0,20 --0,10 +0,25 -+0,13 Bemerkungen. m m —— Die Fadenkreuze schienen nicht mehr zu evineidiren ; desshalb neue Einstellung. Die Fadenkreuze schienen nicht mehr zu coineidiren ; desshalb neue Einstellung. ı) Die Zeiten sind gerechnet von Mittag bis Mittag. —+- be- zeichnet eine Abwärtsbewegung, — eine Aufwärtsbewegung. 71 Scala Ill. Entfernung vom Fernrohre 205 Meter. Entfernung vom Rande des Gletschers 147 Meter. Horiz. | Vertie. Beweg. | Beweg. Bemerkungen. Sept. 11: BR Cm. | _ e von 0% — 2» bis O4 30% | 40,05] 40,12 EN 30 7 Le 0,05 0,28 Re 1250. -0:05|-,.0.12 ERBAR | 00 8 2 1005, 2013 Die Fadenkreuze schienen I „2 30 nicht mehr zu coincidiren ; 2300. .3 —101.0.09 10,05 desshalb neue Einstellung. ae, 3150.1°002, 007 „ 330 „ 4 |-0,02| 40,05 are 30 220,20-.0,23 „ 430 „ 5,—.|-10,13|-1-0,05 „85 — „530 |-+-0,10| 40,12 Be ee | Zen ee Diese aus unseren 14 Tage lang ununterbrochen fort- gesetzten Beobachtungen ausgehobenen Reihen zeigen zur Genüge, dass die vorliegende Methode — welche wir wenig- stens mit den uns zu Gebote stehenden optischen Mitteln an die äusserste Grenze der bei derselben erreichbaren Genauigkeit geführt zu haben glauben — nicht ausreichte die letztjährigen so geringen Bewegungen des Morteratsch- Gletschers mit absoluter Genauigkeit zu messen. Das Resultat unserer’ Beobachtungen erscheint hier- nach allerdings wesentlich negativ; wir möchten je- doch auf folgendes aufmerksam machen. Wenn auch die oben gegebenen Zahlen um eine Grösse unsicher sind, die ihre eigene übersteigt, so ist damit doch nicht gesagt, dass die aus denselben berechneten Bewegungen des Eises u | DD auf Eigenbewegungen unseres Beobachtungsfernrohres zu- rück zu führen sind. Um uns nämlich ein ungefähres Urtheil über die Güte unserer Beobachtungen zu bilden, brachten wir an der gegenüber liegenden Felswand eine Scala und Laterne an und beobachteten dieselben während eines Zeitraums von 24 Stunden (am Tage die Scala und in der Nacht die Laterne). Am Tage war überhaupt keine Verlegung des Signals gegen das Fadenkreuz be- merkbar, während der Nacht liess sich allerdings eine äusserst schwache Verschiebung des Lichtpunktes im Sinne einer Senkung der Laterne (im Ganzen noch keine Bo- gensecunde) wahrnehmen. Periodische Hebungen und Sen- kungen bemerkten wir weder bei Tage noch bei Nacht. Man wird also mit einiger Wahrscheinlichkeit annehmen dürfen, dass die von uns beobachteten Bewegungen den wirklichen im Ganzen und Grossen entsprechen werden, wenn auch ihre wahre Grösse eine andere ist. Eine Discussion über die wahrscheinlich sehr compli- ceirten Ursachen dieser sonderbaren Bewegungen anzustel- len, halten wir bei dem dürftigen bis jetzt vorliegenden Beobachtungsmaterial für verfrüht. Freiburg i. B., 16. Juni 1881. Deher die Classification der Flächen naclı der Ver- schlehbarkeit ihrer 0.odätisehen Dreiecke, Von Dr. Hans v. Mangoldt. In seiner Abhandlung „Allgemeine Theorie der geo- dätischen Dreiecke“ (Abh. der Kgl. Akad. der Wiss. zu Berlin a. d. Jahre 1868, p. 119 — 176) hat Herr Chri- stoffel die krummen Flächen nach der Verschiebbarkeit ihrer geodätischen Dreiecke in vier Gattungen eingetheilt. Zur ersten Gattung werden alle die Flächen ge- zählt, bei denen eine stetige Ortsänderung eines von drei geodätischen Linien gebildeten Dreiecks ohne Aenderung der Seitenlängen und Winkel im Allgemeinen unmög- lich ist. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne specielle geodätische Dreiecke existiren, die auf ein- oder mehrfache Weise stetig verschoben werden können, ohne dass ihre sechs Elemente sich ändern, wenn auch ein Beispiel für diesen Fall meines Wissens bis jetzt noch nicht bekannt ist. Auf den Flächen der zweiten Gattung kann jedes geodätische Dreieck ohne Aenderung seiner Elemente stetig verschoben werden, jedoch im Allgemeinen nur so, dass jede Ecke auf einer ganz bestimmten Curve entlang gleitet. Die Rotationsflächen und die auf ihnen abwickelbaren gehören hierher. Die Frage, ob einzelne specielle Dreiecke vorkommen können, die auf mehr als eine Weise ver- schiebbar sind, bleibt wiederum unentschieden. Die Flächen der dritten Gattung sind nach pag. 173 —174 der eit. Abhandlung durch folgende Eigenschaft charakterisirt: Jedes geodätische Dreieck von unverän- derlichen Elementen ist auf einfach unendlich viel ver- schiedene Weisen verschiebbar, d. h. man darf als Bahn der einen Ecke eine beliebige Gurve willkürlich annehmen; ist diese aber einmal fixirt, so sind dadurch auch die Bahnen der beiden anderen Ecken im Allgemeinen völlig bestimmt, und nur für einzelne specielle Dreiecke bleibt die Möglichkeit offen, dass dies nicht der Fall ist. Bei den Flächen der vierten Gattung fällt endlich auch die letzte Beschränkung weg. Jedes geödätische Dreieck kann hier ohne Aenderung seiner Klemente in jeder beliebigen Weise verschoben werden. Die soeben besprochenen geometrischen Unterschei- dungsmerkmale finden ihren analytischen Ausdruck in folgendem: Für die Flächen der ersten Gattung ist eine gewisse Determinante dritten (Grades deren einzelne Elemente auf p. 170 der Christoffel’- schen Abhandlung erklärt sind, von Null verschieden. Für die Flächen zweiter Gattung ist J, aber nicht jede Unterdeterminante von J identisch gleich Null. Für die Flächen dritter Gattung verschwinden alle Unterdeterminanten, aber nicht alle Elemente von J, 75 und für die Flächen der vierten Gattung sind end- lich auch alle Elemente von J identisch gleich Null. Die weitere Untersuchung hat Herr Christoffel nur für diese letzte Flächengattung durchgeführt und gezeigt, dass sie alle Flächen constanten Krümmungs- maasses und auch nur diese umfasst. Durch eine genauere Untersuchung der De- terminante J gelingt es nun, auch’ die zu der dritten Gattung gehörigen Flächen vollständig anzugeben. Denkt man sich nämlich das Quadrat des Linien- elementes einer Fläche dritter Gattung gegeben in der Form ds®—A(dp?-4dgq?), und bezeichnet man mit k das Krümmungsmaass der Fläche im Punkte p, q, so findet man durch längere Rechnungen, auf die ich hier nicht näher eingehe, dass das identische Verschwinden der Unterdeterminanten von 4 das Bestehen der folgenden beiden partiellen Differen- tialgleichungen zur Folge hat. eorkok Mor ok Ok oe OA } DOES Kae a ae ir Aue —0, ) “op: oq "pda a (5) \ (63) 1: 0’%k ok 10 Ol a Eiok\ N /ok | OR Be ee oe a AR. 2 220, ana aaa Ne) Ele öp Indem man diese beiden Gleichungen resp. mit = r multiplicirt und addirt, erhält man 21. jO?’k Ok ok d?k is: je dk ökl \Op2öp' oq Dane: dq — Op. i ERE "Sp’ögl Na oealilolendrn, ok ta es) H en a Diese Gleichung besagt, dass die Curven constanten Krümmungsmaasses geodätisch parallel sind *) und hat daher zur Folge, dass der Differentialparameter erster Ordnung Jık der Uurvenschaar k — "unetion von k allein ist. Das heisst analytisch ausgedrückt: die partielle Differentialgleichung 3) wird integrirt durch die Gleichung (dk? —,, I( SE (6) ] —t(), wo f(k) eine willkürliche Function von k bedeutet. In- dem man die vorstehende Gleichung mit A multiplicirt und dann nach p differenzirt, erhält man zunächst on k ok 9 0? "k ok 5 ar a Op ! "opög’ög oh 2 ale Op ok\? okye 1 we an in Gleichung 2) die Summe N ( ) und wenn man in Gleichung 2) die Summe dp -- Sn durch Af(k) ersetzt und dann durch 4 dividirt, so be- kommt man 5 ö?k ok Er AST ae ZZ “Opdq og daFa Op ” op Die Subtraction dieser Gleichung von der voran- gehenden liefert o’kı ok Ok ok Ok 2 +2 .— —Af' (k).— “op:'Op ögq? op ) Op’ oder Oi | 0% op? | dq? 1 £‘(k) a "Y Vgl. Beltrami „Ricerche di analisi applicata alla geometria,* Giornale di mat. ed. Battaglini etc. Vol. III. 1865, pag. 230 — 231. 77 Diese Gleichung drückt aus, dass die Uurvenschaar k —const. zusammen mit ihrer Orthogonalschaar die Fläche in unendlich kleine Quadrate theilt. (Vgl. Beltrami, l. ce. p. 369—370.) Wir dürfen daher annehmen, dass die eine der bei- den Curvenschaaren p—=const., q==const., von denen wir ursprünglich ausgingen, etwa die letztere, mit der Curven- schaar k—const. zusammenfällt, d. h. dass k eine Func- Ok tion von q allein, also —-—0 ist. Unter dieser Voraus- op setzung verwandeln sich ‘unsere Gleichungen 1) und 2) resp. in (Ok\? O4 a) OA == ul): =— we zu) en) og ® (ou Op und liefern daher entweder a — 0, also. k- const,, oq oder ORLON 2 Rn 0:52 == const-;, k=0: Das Krümmungsmaass der zu der dritten Uhristoffel’schen Gattung gehörigen Flächen ist also in allen Fällen constant. Diese Gat- tung fällt daher ganz mit der vierten zusam- men, so dass man nur drei Flächengattungen zu unterscheiden hat. Sobald eine Fläche die Eigenschaft hat, dass jedes ihrer geodätischen Dreiecke in dem oben erklärten Sinne auf einfach unendlich viel verschiedene Weisen ohne Aenderung seiner Elemente verschiebbar ist, kann jedes solche Dreieck überhaupt in jeder beliebigen Weise ver- schoben werden. Der Fall, dass die Bahn einer Ecke 78 zwar willkürlich gewählt werden kann, aber die der beiden andern Ecken bestimmt, ist gar nicht möglich. Den ausführlichen Beweis der hier aufgestellten 3ehauptungen gedenke ich demnächst an einem anderen Orte zu veröffentlichen. Ich behalte mir vor zu zeigen, wie die Methode, die zu den hier angegebenen Resul- taten führt, auch zur Bestimmung derjenigen Flächen einen Weg eröffnet, die zu der zweiten Gattung gehören. Freiburg i. B., den 13. März 1882. Ueber den Zusammenhang zwischen Viscosität und Diehtigkeit bei flüssigen, insbesondere gasförmig flüssigen Körpern. Von E. Warburg und L. v. Babo.') Die (resetze, nach welchen die Elastieität und Vis- cosität eines Körpers mit der Dichtigkeit desselben zu- sammenhängen, sind von grosser Einfachheit bei den gasförmigen Körpern. Die Elastieität derselben, d. i. das Receiproke der Zusammendrückbarkeit wird nach dem Boyle-Mariotte’schen Gesetz durch den Druck ange- geben und ist der Dichtigkeit proportional; die Viscosität, durch den Reibungscoefficienten gemessen, ist nach dem Maxwell’schen Gesetz von der Dichtigkeit unabhängig. Von dem. ersten dieser Gesetze, welches die Elastici- tät betrifft, weiss man, dass es nur angenähert gültig ist und auch das nur bei mässigen Dichtigkeitsgraden ; bei höheren wird der Zusammenhang zwischen Elasticität und Dichtigkeit nach den Untersuchungen von Natterer, Andrews, Öailletet u. A. auch nicht annähernd durch das Boyle’sche Gesetz angegeben und ist ein anschei- nend complicirter. Er lässt sich aber nach van der Waals?) aus der kinetischen Gastheorie erklären, wenn man das Volumen der Moleküle und die Anziehung zwi- schen denselben berücksichtigt. ') Im Auszuge der Kgl. preuss. Akad. d. Wiss. zu Berlin am 27. April 1882 vorgelegt. °) Dissertation, Leiden 1873. s0 Entsprechende Untersuchungen sind in Bezug auf die Viscosität der Gase bis jetzt nur insofern ausgeführt worden, als Kundt und einer von uns!) die Abweichun- gen vom Max well’schen Gesetz bei sehr geringen Dich- tigkeitsgraden studirt haben; aber Versuche über den Zu- sammenhang zwischen Viscosität und Dichtigkeit bei höhe- ren Dichtigkeitsgraden sind noch nicht gemacht worden. Diesen Zusammenhang haben wir in der vorliegenden Arbeit für eine Substanz, nämlich für Kohlensäure, unter- sucht und zwar für gasförmige (oberhalb der kritischen Temperatur) und tropfbare Kohlensäure. Die Versuche oberhalb der kritischen Temperatur sind die wichtigeren, weil man nur bei solchen Temperaturen eine Flüssigkeit aus sehr kleinen in sehr grosse Dichtigkeitsgrade in einer continuirlichen Weise überführen kann. (rerade aus die- sem Grunde schien Kohlensäure eine geeignete Substanz zu sein, da für sie die kritische Temperatur bequem er- reichbar ist und die höheren Dichtigkeitsgrade auch nicht die Anwendung allzu hoher Drucke erfordern. Zur Lösung unserer Aufgabe mussten wir für con- stante Temperaturen zusammengehörige Werthe des Rei- bungscoefficienten, der Dichte und — aus mancherlei (Gründen — des Druckes bestimmen. Als Maass des Druckes benutzen wir den umgekehrten Werth des Volumens einer Stickstoffinasse bei constanter Zimmertemperatur, indem das Volumen dieser Masse bei dem Druck einer Atmosphäre — 1 gesetzt wird. Die Dichtigkeit der über die kritische Temperatur hinaus erwärmten Substanz ermittelten wir nicht, wie Andrews,?) aus dem Volumen, welches eine bestimmte Masse bei den verschiedenen Zuständen der Substanz ein- !) Monatsberichte der Berl. Akad., 1875, S. 160; Pogg. Ann. Bd. 155, S. 33765; 525--550; Bd. 156, 8. 177211. ?) Phil. Trans. 1869, II 575—00. Pogg. Ann. Ergbd. VS. 64—S7, si nahm, sondern aus der Masse, welche ein gemessenes Vo- lumen, nämlich das Volumen des ganzen Apparates er- füllte. Wir ermittelten nämlich volumetrisch die Masse von Kohlensäure, welche jedesmal beim Uebergang von einer grösseren zu einer kleineren Dichtigkeit aus dem Apparat, dessen Volumen wir kannten, herausgelassen wurde; die Dichtigkeit der Masse im Apparat nach Beendigung einer Versuchsreihe berechneten wir aus dem Druck, der dann etwa 30 Atmosphären betrug, nach der Formel von Glausius,') welche bei so kleinen Werthen des Druckes mit den Beobachtungen hinlänglich übereinstimmt. So konnten wir die ganze Masse finden, welche bei jedem Reibungsversuch den Apparat erfüllte. Zur Bestimmung des Reibungscoefficienten benutzten wir die Methode der Strömung durch Capillarröhren. Die vertikal gestellte Capillare mündete unten in ein in Queck- silber tauchendes Messrohr, oben in einen Raum A, wel- cher von dem übrigen Raum B des Apparates durch ei- ven Hahn zeitweise abgeschlossen und in welchem dann durch Herauslassen von Kohlensäure eine Druckvermin- derung erzeugt werden konnte. Nachdem dadurch das Quecksilber in der Messröhre gehoben war, wurden die Räume A und B wieder verbunden; aus der Fallzeit des Quecksilbers in der Messröhre zwischen Marken wurde mittels der Uonstanten des Apparates der Reibungscoef- ficient berechnet. Wir geben in $ 1—6 eine detaillirte Beschreibung der benutzten Apparate und des Verfahrens bei den Ver- suchen. In $ 7 entwickeln wir die Formel, nach welcher die Reibungsversuche berechnet wurden. $ S enthält die Bestimmung der Constanten des Apparates, $ 9 die Prü- fung der in $ 7 entwickelten Formel. In $ 10 haben 1) Wied. Ann. Bd. 9, $. 348. Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 1. 6 82 wir die einzelnen Versuchsreihen verzeichnet, die Reduc- tion derselben dargelegt und die Endresultate in einer Tabelle zusammengefasst. $ 11 werden unsere Versuche über die Beziehung zwischen Druck und Dichte mit den Beobachtungen von Andrews und der Formel von Clausius verglichen. $ 12 enthält eine Discussion der rücksichtlich der Viscosität erhaltenen Resultate und in $ 13 werden die Theorien von Poisson, Maxwell und van der Waals angewandt. $1. Der Reibungsapparat. (Tat. I, Fig. 10.12). In das untere Ende eines vertikalen stählernen Klotzes A ist ein in der Asche gekühltes,!) auf 250 Atmosphären mit der hydraulischen Presse geprüftes Glasrohr B von etwa 5vm Wanddicke vollkommen dicht eingesetzt. Dazu ist das Glasrohr oben trichterförmig erweitert und lehnt sich mit seinem abgeschliffenen mit einer Lederscheibe bedeckten Rand gegen den Fortsatz a des Klotzes A. Ueber das Glasrohr ist bei b ein Stück dicken Kautschuk- rohrs geschoben, welches mit dem Glasrohr bequem in die Bohrung des Klotzes eingeführt wird. Auf das Kaut- schukrohr wird ein Messingring c gelegt und auf diesen wirkt die starke Schraube ©. Wird diese kräftig ange- zogen, wobei sie das Glasrohr gegen den Fortsatz a presst, so bringt sie mittels des Kautschukrohrs b einen völlig dichten Verschluss hervor. In das Glasrohr ist ein wenig destillirtes Quecksilber eingefüllt und in dieses taucht ungefähr bis d’ mit seinem unteren offenen Ende der ganz aus Glas gefertigte Haupt- ' Wurde diese Vorsicht ausser Acht gelassen, so sprangen die Röhren zuweilen schon beim Eingiessen von Quecksilber. 83 theil des Apparats defg. Derselbe besteht aus drei Theilen, der Messröhre de, der Capillare ef und dem oberen Theil fg. Die Messröhre ist an ihrem untern Ende bei dd’ verengt und ganz unten bei d mit drei (laströpfehen versehen, welche ihr in dem äussern Glas- rohr Halt geben. Bei 0, 1, 2 sind als Marken Ringe aus feinem Platindraht um das Rohr gelegt und an das- selbe angeschmolzen. Die Capillare ist bei e und f an- geschmolzen so, dass ihr lichter Raum sich bei e und f möglichst plötzlich erweitert. Der obere Theil fg ist ein in eine Kugel endigendes Glasrohr, jene ist oben ganz geschlossen und nur seitlich mit Löchern versehen. Diese Einrichtung, welche sich im Verlauf der Untersuchung als nothwendig herausstellte, soll verhüten, dass kleine fremde "Theilchen von oben in die Capillare gelangen. Der ganze Theil defg ist bei fg fest mit dem Kopf- theil des Apparates verbunden. Dazu ist, ehe die Capil- lare bei f angeschmolzen wurde, das Röhrchen fg mittels eines Stückchens Kautschukschlauch i in der Bohrung des stählernen Theils k befestigt. Derselbe ist mit zwei (sewinden versehen, auf das eine obere wird die Kappe 1 aufgeschraubt, welche seitlich den Löchern der Kugel g entsprechend durchbohrt ist und, indem sie auf diese drückt, den Theil defg hindert, sich auf und nieder zu bewegen. Mit dem untern Gewinde wird k an den Kopf- theil des Apparates angeschraubt; luftdiehter Abschluss ist durch einen Bleiring erzielt. Denkt man sich den ganzen Reibungsapparat mit Kohlensäure gefüllt, das Quecksilber in der Messröhre bis über die Marke 0 gehoben und dann den Apparat sich selbst überlassen, so wird das Quecksilber in der Messröhre sinken und Kohlensäure durch die Capillare einströmen. Aus der Zeit, in welcher die Quecksilberkuppe von einer zur andern Marke sinkt, kann mittels der 6* s4 Constanten des Apparates der Reibungscoeffieient der Koh- lensäure berechnet werden. Vermöge der Einrichtung, welche dem Kopftheil des Apparates gegeben wurde, ist es nun möglich, das Queck- silber in der Messröhre zu heben. Dieser Kopftheil besteht: 1) aus der auf den Bleiring m wirkenden Schluss- schraube D mit dem Cylinder E, welcher, bei n mit einer hori- zontalen Bohrung versehen, als äusserer Hahnkörper wirkt; 2) aus dem innern Hahnkörper F, welcher mittels des Armes (4 gedreht werden kann. Der innere Hahn- körper verjüngt sich konisch nach oben und ist mit sei- nem konischen Theil in den äussern eingeschliffen; eine horizontale Bohrung im innern Hahnkörper bei n‘ entspricht der horizontalen Bohrung n im äussern; die vertikale Bohrung von F kann oben bei p durch die Spitze der Schraube H abgeschlossen werden. Denken wir uns mittels des Armes & den Hahn aus der Stellung, bei welcher die horizontalen Bohrungen n und n‘ gleichgerichtet sind, um 90° herausgedreht, so ist dadurch der ganze Hohlraum des Apparates in zwei Theile geschieden, von denen der eine innere an der Schraubenspitze bei p beginnt, durch die vertikale Bohrung des Hahns und den gläsernen Apparat hindurch sich er- streekt und an der Quecksilberkuppe in der Messröhre seinen Abschluss findet. Lüftet man nun die Schraube H, so entweicht Kohlensäure aus dem beschriebenen Theil; es entsteht dadurch in demselben eine Druckverminderung und das Quecksilber steigt in der Messröhre. Hat es die gewünschte Höhe erreicht, so schliesst man die Schraube H. Stellt man darauf durch Drehen des Hahns die Com- munikation zwischen den beiden Theilen des Hohlraums wieder her, so sinkt das Quecksilber in der Messröhre und die Beobachtung kann angestellt werden. 85 Damit die Dichtigkeitsbestimmung ausgeführt werden könne, muss alle entweichende Kohlensäure, welche an der Spitze p vorbei ihren Weg durch das Gewinde der Schraube H nimmt, durch den Ablauf J abfliessen. Da- her ist der glatte obere Theil der Schraube H luftdicht durch die Stopfbüchse K hindurchgeführt und kann in dieser gedreht weren. Der stählerne Klotz A ist bei q und r durchbohrt. Durch die Bohrung bei q wird der Apparat mit Kohlen- säure gefüllt. Es ist dort das Stück L angeschraubt, welches einen durch die Schraube M verschliessbaren Kanal, die Fortsetzung von q, enthält. Lüftet man die Schraube M, so communieirt der Apparat mit dem seit- lichen Rohr N, welches zum Kohlensäurerecipienten führt. Die gut gearbeitete stählerne Schraubenspindel von M wurde, vorher erhitzt, mit gelbem Wachs bestrichen und erwies sich dann gegenüber einem Druck von 120 Atmo- sphären völlig dicht, so dass die Schraube M durchaus als Hahn oder Hahnschraube functionirte. Die Bohrung bei r erlaubt die Communikation zwi- schen dem Hauptapparat und dem Manometer 0 herzu- stellen. Bei r ist zunächst das Stück P angeschraubt, welches in einen Hohlconus endigt. In diesen passt der Vollconus des Stückes @, welches in den Manometer- apparat eingeschraubt ist. Will man beide Apparate zu- sammensetzen, so setzt man Q in P ein und presst beide durch die Ueberfangschraube R zusammen. 82. Das Manometer. (Taf. I, Fig. 1 u. 2.) Das Manometer besteht im Wesentlichen aus einem vom oberen Ende ab in Millimeter getheilten, calıbrirten Capillarrohr S von ungefähr 4wm Lichtweite, 3% Wand- stärke und 640" Länge, das oben geschlossen, unten an ein weites, an seinem untern Ende verengtes (refäss 86 T angeschmolzen ist. Das Manometerrohr und T zu- sammen fassen 3°,03501. Dieser mit trocknem, kohlen- säurefreiem Stickstoff gefüllte Apparat taucht mit seinem untern Ende in destillirtes Quecksilber, welches in den Hohlraum des Stahlklotzes O eingefüllt wurde. Zur Her- stellung eines luftdichten Verschlusses trägt das Capillar- rohr bei s einen Wulst und dort zwischen Metallringen einen Kautschukring t. Der untere Metallring lehnt sich gegen den Fortsatz u, auf den oberen wirkt die starke Schraube U, durch deren Anziehen ein völlig dichter Ver- schluss durch den Kautschukring hergestellt wird. Bei einem Druck — 29,64 auf das Quecksilber im Manometer- rohr steht jenes am Theilstrich 500 d. i. 500"" vom oberen geschlossenen Ende entfernt, wenn die Temperatur des Mano- metergases 15° beträgt. Bei der Berechnung des Druckes im Apparat wird die Höhe der Quecksilberkuppe im Mano- meterrohr über dem Quecksilberniveau in O0, sowie die Uapillardepression im Manometerrohr berücksichtigt. Durch die Hahnschraube V kann die Vommunikation zwischen Manometer und Reibungsapparat hergestellt und aufge- hoben werden. Noch bei 40° und gegenüber einem Druck von 120 Atmosphären bewirkt das Wachs an der Schrau- benspindel einen absolut dichten Verschluss. Das Mano- meterrohr ist von einem weiteren, in der Figur nicht gezeichneten Rohr umgeben, die Temperatur der Luft in diesem Rohr wird durch ein in Fünftelgrade getheiltes Thermometer angegeben. Ein in der Fig. 2 sichtbarer, horizontaler, senkrecht gegen die Schraubenspindel V ge- stellter Kanal v läuft in die Atmosphäre aus; er ist für gewöhnlich geschlossen und dient nach Bedarf zur Ent- leerung von Gas aus dem Apparat. Als Material für die Einlagen, durch welche die Stücke L, P, @ in die Stahlklötze des Reibungs- und Manometerapparates dicht eingefügt wurden, hat sich Kupfer am besten bewährt. 87 $ 3. Messung des aus dem Apparat heraus- gelassenen (rases. Zur volumetrischen Messung der zwischen je zwei Reibungsversuchen herausgelassenen Kohlensäure bedienten wir uns eines Fig. 3 dargestellten Gefässes M, dessen Volum zwischen zwei Marken m und m’ durch Auswägen mit Wasser zu 1154,%3 bestimmt war. Dieses Gefäss wurde bei a mittels eines dickwandigen Kautschukschlauchs mit dem Auslauf J am Hauptapparat verbunden. Durch den Hahn b kann die Communikation mit der Atmo- sphäre hergestellt werden. Bei c communicirt das Gefäss durch einen mit Leimwand umnähten Kautschukschlauch mit dem (in der Figur nicht gezeichneten) offenen Gefäss Q einer alten Quecksilberpumpe, das mit Quecksilber gefüllt ist. Durch Heben von Q bei geöffnetem Hahn b wird M bis zur obern Marke m mit Quecksilber ge- füllt. Man schliesst b, windet Q@ herab und lässt nun Kohlensäure einströmen, wobei man den Druck in M durch passende Stellung von Q regulirt. Ist M ungefähr mit Kohlensäure gefüllt, so richtet man durch passende Ein- stellung von Q die Quecksilberkuppe in M auf die untere Marke m’ ein; den Druck liest man an dem mit verti- kaler Skala versehenen Rohr e ab, indem der mit m‘ auf gleichem Niveau liegende Skalenstrich vorher bestimmt ist. M wird absichtlich feucht gehalten und angenommen, dass das langsam eingeleitete Gas mit Wasserdampf ge- sättigt sei. Bei einigen Versuchen kam es darauf an, kleinere Dichtigkeitsänderungen hervorzubringen und zu messen. Dazu bedienten wir uns eines kleineren Mess- gefässes, das von Marke zu Marke 124,6 fasste; das- selbe war die eine Kugel eines Babo’schen Kugelappara- tes, an welchem zugleich der Druck, unter welchem das (as stand, abgelesen wurde. 88 S 4. Taf. Il Fig. 4 zeigt, wie der mit dem Manometer ver- bundene Reibungsapparat in dem Ring R durch die Schraube S gehalten wird. Der Ring selbst ist in einer aus der Figur verständlichen Weise an einem starken, eisernen, mit der Wand des Zimmers fest verbundenen vertikalen Arım befestigt. Zum Schutz gegen eine etwaige Explosion ist an den Öylinder des Reibungsapparates mittels der Schraube T ein Rahmen befestigt, in welchen hinten und vorn dicke Spiegelglasplatten eingesetzt sind. Bei den eigentlichen Versuchen ist der ganze Apparat bis zum Griff der Schraube H in den 22!/ Liter haltenden Kasten E aus Eisenblech mit Durchsicht zur Beobachtung der Messröhre eingesenkt. Dieser Kasten ist mit Wasser gefüllt, das durch eine Wasserheizung auf constanter Temperatur gehalten wird. Der 12"" weite Kautschukschlauch F führt nämlich zu einem 0,9 Liter Wasser haltenden, auf dem Fussboden stehenden mit zwei Oeffnungen versehenen Blechgefäss, das durch einen untergesetzten Brenner passend erhitzt wird. In diesem Schlauch steigt das warme Wasser auf, während das kältere aus dem Tubus & durch einen zwei- ten Kautschukschlauch in das genannte Blechgefäss ab- fliesst. Der erste Kautschukschlauch endigt oben in ein gläsernes Stück J, in welches ein Thermometer eingesetzt ist. Man findet leicht die Temperatur heraus, welche bei einer bestimmten Temperatur der Umgebung dieses Thermo- meter zeigen muss, damit das Wasser im Kasten E, in welchem ein Gehülfe fortwährend einen kührer auf und ab bewegt, auf einer bestimmten Temperatur gehalten werde. Die Temperatur dieses Bades wird durch ein in Zehntelgrade getheiltes, untersuchtes!) Thermometer ange- ') Das Thermometer wurde mit einem Normalthermometer von Alvergpiat verglichen; Herr Dr. Pernet in Sevres hatte die Güte, dieses Normalthermometer zu untersuchen und die Reduction auf das Luftthermometer anzugeben. 39 geben und es gelingt leicht, diese Temperatur bis auf Bruchtheile eines Zehntelgrades constant zu halten. Die zu den Versuchen benutzte Kohlensäure wurde aus Marmor- und verdünnter Salzsäure entwickelt, passirte eine 20 cm dicke Schicht döppeltkohlensauren Natrons, sodann mit concentrirter Schwefelsäure getränkte Bim- steinstücke und endlich eine 30 cm dicke Schicht durch Glühen entwässerten kohlensauren Kalis, welches etwa mitgerissene Säure zurückhielt. Die so dargestellte Koh- lensäure wurde durch eine Natterer'sche Pumpe in einem Natterer’schen Reeipienten verdichtet; in diesem befand sich ein leinener mit getrocknetem Gyps gefüllter Beutel zur Reinigung der Kohlensäure von den letzten Spuren Wassers. Dabei wurde solange Kohlensäure durch den Recipienten getrieben, bis das Gas, mit Aetzkali unter- sucht, sich hinreichend rein erwies; erst dann wurde der Reeipient oben geschlossen und etwa 300g Kohlensäure in demselben angesammelt. Wenn bei diesem Verfahren die Theile des Entwicklungsapparates luftdicht verbunden waren und auch die Stopfbüchse der Pumpe gut schloss — wovon wir uns jedesmal durch einen manometrischen Versuch überzeugten —, so enthielt die Substanz im Recipienten nur YY—1 pro Mille nicht durch Aetzkali absorbirbares Gas.!) Um von dieser Kohlensäure in den Versuchsapparat hinüberdestilliren zu können, ersetzten ') Durch Herauslassen von Gas ans dem Recipienten kann man den Luftgehalt der zurückbleibenden Substanz noch weiter verringern. Hat man mehr Luft im Reeipienten, so kann man doch eine sehr reine Kohlensäure aus demselben erhalten, wenn man den Recipienten auf den Kopf stellt, die flüssige Kohlensäure herauslässt und diese verwendet. 90 wir den gewöhnlichen Auslauf des Natterer’schen Reei- pienten durch einen in einen Volleonus endigenden. Das Kupferrohr N (Fig. 1) des Reibungsapparates endigt in einen entsprechenden Hohleonus und beide werden durch eine Ueberfangschraube aneinandergepresst. Darauf bringt man den Apparat, durch welchen vorher während einiger Stunden Kohlensäure geleitet ist, in den mit Eiswasser gefüllten Kasten E, während der Recipient Zimmertem- peratur hat. Nachdem man in leicht ersichtlicher Weise die Luft im Verbindungsrohr N zum grössten Theil durch Kohlensäure ersetzt hat, lüftet man bei geöffneter mit Wachs gedichteter Schlussschraube des Recipienten vor- sichtig die Hahnschraube M des Apparates, während alle Theile desselben mit einander communiceiren. Da der Druck in der Messröhre, in welche Kohlensäure nur durch das Capillarrohr gelangen kann, verhältnissmässig lang- sam steigt, so wird das Quecksilber in der Messröhre gehoben und man muss Acht geben, dass dasselbe nicht in die Capillare gelangt. Wächst der Druck im Apparat nicht mehr, so lässt man überdestilliren, bis der ganze Apparat mit flüssiger Kohlensäure gefüllt ist; man er- kennt dies daran, dass der Druck im Apparat plötzlich steigt — nämlich auf die Zimmertemperatur entsprechende Tension der Kohlensäure im Recipienten. Man schliesst die Schlussschraube des Apparats, sodann die des Reci- pienten und nimmt den letztern ab. S 6. Nachdem der Apparat in der beschriebenen Weise "mit Kohlensäure gefüllt ist, setzt man die Wasserheizung in Thätigkeit, lässt von dem eiskalten Wasser des Kastens E durch einen Heber ab und ersetzt dasselbe unter fort- währendem Rühren durch heisses Wasser; durch Heraus- lassen von Kohlensäure aus dem Apparat mittels der 91 Schraube H (Fig. 1) oder Z (Fig. 2) verhindert man, dass der Druck zu hoch steigt. Ist man dem gewünsch- ten Druck und der gewünschten Temperatur nahe ge- kommen, so legt man den Hahn des Reibungsapparates um und hebt das Quecksilber in der Messröhre über die Marke 0. Nachdem man den Apparat einige Zeit auf der Beobachtungstemperatur erhalten hat, legt man den Hahn in die frühere Stellung um und macht den ersten Reibungsversuch, d. h. man notirt die Zeitpunkte, zu welchen die Quecksilberkuppe in der Messröhre die Mar- ken 0, 1, 2 passirt. Man erhält so zwei unabhängige Bestimmungen des Reibungscoefficienten und kann die Gültigkeit des Poiseuille’schen Gesetzes controlliren. Die genannten Zeitpunkte wurden durch eine ans Ohr gehaltene Taschenuhr bestimmt, als Zeiteinheit °/,; der Sekunde benutzt. Nach dem Versuch notirt man die Temperatur des Bades, den Stand des Manometers und die Temperatur in dem das Manometerrohr umgebenden Mantel. Hierauf lässt man Kohlensäure in das Maassgefäss M (Fig. 5) ab, bis dasselbe zum grössten Theil gefüllt ist, che der letzte zur Füllung nöthige Rest von Kohlensäure entweicht, legt man den Hahn um und hebt dadurch das Quecksilber in der Messröhre. Während jetzt der eine Beobachter das Quecksilber in M genau auf die untere Marke einstellt und Druck und Temperatur des Gases abliest, macht der andere Beobachter, wie vorhin, den Reibungsversuch. Man stellt in dieser Weise bei der- selben Temperatur 10—11 Versuche an, wobei der Druck etwa von 115 Atmosphären auf 30 sinkt. Nach Beendi- gung der Versuchsreihe wird von der Kohlensäure im Apparat in ein Messrohr herausgelassen und mit Aetz- kali analysirt; dieses getheilte Messrohr fasst ungefähr 35“ und endigt in ein enges etwa 7em langes Röhrchen, in welchem 1”m 0%,00247 entspricht. 7. Un Um den Reibungscoefficienten zu berechnen, muss man gewisse Constanten des Apparates kennen, welche sich aus der Theorie des Versuchs ergeben. Wenn das Quecksilber in der Messröhre sinkt, so nimmt der Druck, unter welchem die Kohlensäure dort steht, zu, in Folge dessen wird die letztere zusammen- gedrückt und das Quecksilber sinkt in der Messröhre langsamer, als wenn die Kohlensäure incompressibel wäre. Die in der Messröhre in jedem Moment befindliche Koh- lensäure betrachten wir als unter demselben Druck stehend. Der Differentialquotient 1 —,8,,W0 „8j, die Dichfe, p den Druck bedeutet, ändert sich mit s, für jeden Ver- such sehen wir ihn als constant an und entnehmen seinen Werth aus den Beobachtungen über zusammengehörige Werthe von p und s. Wir führen nun folgende Bezeichnungen ein, indem überall Gramın, Centimeter und Sekunde als Einheiten gelten: h und h’ die von einer beliebigen Horizontalebene verti- kal aufwärts gemessenen Höhen der Quecksilberkuppen in der Messröhre und in dem ringförmigen Raum zwi- schen dd’ (Fig. 1) und dem äussern Glasrohr, bo und h‘, die der Marke 0 (Fig. 1) entsprechenden Werthe dieser Grössen, 7 und 7‘ die entsprechenden Capillardepressionen, q und q‘ die Querschnitte der Messröhre und des genann- ten ringförmigen Raumes : 0 pı und p Druck am obern und untern Ende der Gapillare, ra Dichtigkeit des Quecksilbers bei der Beobachtungs- temperatur, s® Diehtigkeit der Kohlensäure bei der Temperatur und dem Druck der Beobachtung, & Constante der Schwere, V Volumen der Messröhre von der Mündung der Gapillare bis zur Quecksilberkuppe, V, der Marke 0 entsprechender Werth von V, r Radius der Capillare, l Länge der Capillare, t Zeit, ı. Reibungscoefficient der Kohlensäure. Man hat pı —p—=(h—h)(e —s°).g +97 — n' — glso—f--glso (1) Rechnet man im Uebrigen, wie O. E.Meyer'), indem man berücksichtigt, dass das Capillarrohr vertikal steht, und setzt den Gleitungscoefficienten — 0, so findet man für das bei dem Druck p gemessene Volumen 2dt von Kohlensäure, das in der Zeit dt durch die Capillare strömt: 2dt= ar“ - (s° a ee @) Drückt man aus, dass die Masse, welche zur Zeit t ‚das Volumen V-}-2dt unter dem Druck p mit der Dichte s erfüllt, nach Ablauf der Zeit dt das Volumen V --qdh unter dem Druck p -+dp mit der Dichte s-|- ds einnimmt, so erhält man die Gleichung (V +4 2dt).s—(V — qdh)(.s+-ds) oder 2sdt— Vds— qsdh (3) !) Pogg. Ann. Ba. 127, 253 ffd. 212,02 L u S € 1?s °) Genauer ist in der Klammer f dessen kann dies Glied, wie überhaupt die Dichtigkeitsänderungen der Kohlensäure durch ihr eigenes Gewicht, bei den Versuchen vernachlässigt werden. hinzuzufügen, in- 94 Diese Gleichung redueirt man auf eine Differential- gleichung zwischen h und t durch die Gleichung (2) und die folgenden Beziehungen: ds—edp dp—=(o — s®).g (dh’— db) gh--g’h’qgho I q’h% (4) dh’==—0ö.dh ern. Aus dem durch einfache, aber etwas umständliche Rechnungen gefundenen Integral der Gleichung erhält man schliesslich für » den Ausdruck : „TU 9)@—).k = q.A Hier ist T rt k—_ anal loge.g (5a) ao f Na a a a zh (56) a, ist der der Marke h, entsprechende Werth von a, T' die Fallzeit des Quecksilbers zwischen den be- nutzten Marken. 3 ‚Die @ und enthaltenden Glieder in A rühren von der Compressibilität der Kohlensäure her. Es ist Pioo-ı) € Y=- (a m ) 5, go (5d) DISS N _ er (de) wenn 0 i Polo) 40 (20 he es (Sf) Für e—0 wird A—=Jlog 95 Bei den Dimensionen des angewandten Apparates a sind die Grössen und — sehr klein und bedingen eine Correction, welche bei den Versuchen höchstens auf 5 Pro- cent des uncorrigirten Werthes von jr anstieg. Diese 4 Öorrection bringt man leicht an, indem man sich für die vorkommenden Werthe von e eine Tabelle berechnet, aus welcher die Werthe von 9 und % durch Interpolation zu entnehmen sind. S8. Aus dem Vorstehenden ergiebt sich, dass zur Be- rechnung von # bekannt sein müssen die Werthe der Grössen r, |, q, 0, 9—y‘; sodann die Werthe von h und h‘, welehe den 3 Marken entsprechen und endlich V, welches aber nur in den Correctionsgliedern vorkommt. r wurde bestimmt, indem etwa 20 Quecksilberfäden von gemessener Länge in das Capillarrohr durch eine Luftpumpe eingezogen, gesammelt und zusammen auf einer Bunge’schen Wage gewogen wurden, welche noch die Decimilligramm init Sicherheit angab. l wurde an einem Normalmassstab gemessen, ebenso der Abstand der Marken auf der Messröhre. Ist v das Volumen der Messröhre zwischen den Marken, auf die sich eine Beobachtung bezieht, d deren Abstand, so ist v—g.d. Um v zu finden, wurde die Messröhre unten zuge- schmolzen , vertical gestellt und die Quecksilbermassen bestimmt, welche dieselbe bis zu den drei Marken fasste. V, ergab sich auch durch Auswägen mit Quecksilber. Um 7—7' zu emitteln, setzten wir an den Auslauf J des Reibungsapparates ein mit dem Hahn H und dem 10mm weiten Manometer M verschenes Rohr (Taf. II, Fig. 5) 96 an; nachdem bei geschlossenem Hahn des Reibungsapparates die Luft in der Messröhre passend verdünnt war, wurde die Höhendifferenz h-—h‘ im Hauptapparat und die Höhen- differenz der Quecksilberkuppen im Manometer M abge- lesen. Bei diesen Versuchen war die Capillare noch nicht eingefügt, sondern durch ein weiteres Rohr ersetzt, damit die Einstellung des Quecksilbers in der Messröhre rasch erfolgte. Die Bestimmung von 7 — 7‘ ist bekannten Erfahrun- gen entsprechend eine sehr unsichere. Man erhält ver- schiedene Werthe, je nachdem die Einstellung in der Messröhre bei sinkendem oder steigendem Meniskus er- folgt, die Einstellungen ändern sich mit der Zeit und durch Erschütterungen. Den Versuchen entsprechend liessen wir die Kuppe in der Messröhre bei sinkendem Meniskus sich einstellen. Absichtlich wurde die Weite von dd‘ (Fig. 1) so gewählt, dass „— 7‘ klein war. Die Aenderung von 7— 7‘, welche eintreten muss, wenn die Luft im Apparat durch Kohlensäure ersetzt wird, haben wir vernachlässigt. Eine grössere Lichtweite des äussern kohres B (Fig. 1) würde erlaubt haben, den Fehler in n--n' zu verkleinern und auch sonst in mancher Be- ziehung vortheilhaft gewesen sein. Nach den Ergebnissen einiger Versuche mit der hydraulischen Presse über die Festigkeit von Glasröhren glauben wir, dass man ohne allzugrosse Gefahr weitere Röhren von mässiger Wand- stärke verwenden kann. Bei Gelegenheit der Versuche zur Bestimmung von 7—7' wurde noch constatirt, dass, wenn die Capillare durch ein Rohr von der Lichtweite der Messröhre ersetzt wurde, die Fallzeit des Quecksilbers zwischen den Marken im Vergleich zu der Fallzeit bei eingefügter Capillare eine verschwindende war. ö wird gefunden, indem man correspondirende Werthe von h und h‘ bestimmt; aus diesen Beobachtungen er- I geben sich auch die den Marken entsprechenden corre- spondirenden Werthe von h und h’. Wir verzeichnen hierunter die für den grössten Theil der definitiven Versuche (Tab. 3—6) gefundenen Werthe . der besprochenen (srössen. r Ka | ee | | 1. Bestimmg. 0°m,003604 | 69.91 zwisch. d. Mark. Ou. 1:) 0.03963 | 0cm.493 22 „0.003599 » m »-1u.2:0 03972 |0 429 Mittel: 0.003600. n—9'—= — 0,14 als Mittel aus 13 Versuchen. ') Marke h h‘ h—h‘-+7—y'=a 0) 1 2.46 14.553 1 14 .62 3.92 10.96 2 12: 78 4.32 8.29 q 1 Ö Marke log — 1-0 u .Kk a q.log ) 0—1 0.1227 1.423 0.1191/10° 0-——-2 0.2437 1.429 0.6016/10° = ABTE®, Mit dem uncorrigirten Werthe von A (1og“°) wur- a / den die Reibungsversuche jedesmal vorläufig berechnet und die Correction wegen der Compressibilität der Koh- lensäure nachträglich angebracht. Um die Dichtigkeit der Substanz für jeden Versuch zu berechnen muss man das Volumen des ganzen Appa- rates kennen. Dazu wurde nach Beendigung der Ver- suche zuerst aus dem Hauptapparat der gläserne Theil defg (Fig. 1) sammt Kautschukröhrchen und Bleischeibe herausgenommen und derselbe mit Quecksilber ausgewo- gen. Der Rauminhalt des gläsernen Apparates und der '‘) Ergebnisse der einzelnen Versuche: Omm,S, 2.6, 1.1, 1,7, 1:6,218105.3057222..10.8,.101,70:1.079°70..058.,. Berichte der naturf. Ges. In Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 1. -] 98 Bleischeibe wurde aus dem absoluten und specifischen Gewicht dieser Theile bestimmt, das Volumen des Kau- tschukröhrchens durch den Gewichtsverlust desselben in Wasser ermittelt. Der für die Kohlensäure frei bleibende Raum des Manometers wurde in leicht ersichtlicher Weise durch Auswägen mit Quecksilber bestimmt, die Aenderung, welche dieser Raum dadurch erfuhr, dass der Stand des Quecksilbers im Manometerrohr sich änderte, obgleich klein, berücksichtigt, die Wärme-Ausdehnung des -gauzen Apparates und des Quecksilbers vernachlässigt. Alle Bestimmungen waren die Mittel aus mehreren gut über- einstimmenden Messungen. Es ergab sich für den für die Kohlensäure frei blei- benden Raum des Apparates, wenn das Quecksilber im Manometer am Theilstrich 200 stand 28%16. Sinkt das Quecksilber bis an den untersten Theilstrich 550, so wird das Volumen 2809. Eine Fehlerquelle bringt bei der Volumbestimmung die Anwendung des Kautschukröhrchens mit sich. Kau- tschuk absorbirt Kohlensäure und dehnt sich dabei be- trächtlich aus. Als nach Beendigung der Versuche der Apparat auseinandergenommen wurde, fand man bei ı (Fig. 1) den Kautschuk zwischen Stahl und Glas wulst- förmig hervorgequollen. Als dann das zwischen Glas und Stahl zusammengepresste Kautschukröhrchen herausge- zogen wurde, vergrösserte es sein Volum beträchtlich und nahm etwa 0%66 ein. Indem es sodann in mehreren Stunden 7"st Kohlensäure verlor, schrumpfte es auf sein ursprüngliches Volumen, nämlich 0%.22 zusammen. Die hieraus sich ergebende Unsicherheit in der Volumbestim- mung dürfte 1 Procent gewiss nicht erreichen. Jeden- falls war die Anwendung des Kautschuks ein Fehler. Ueberhaupt ist selbstverständlich dem ganzen Apparat eine andere Form zu geben, wenn man die Dichtigkeits- 99 bestimmung nach der von uns benutzten Methode als Hauptziel im Auge hat. SI PBrürunceder Ponrmelf(d): Die Formel (5) für den Reibungscoefficienten «u ist entwickelt unter der Voraussetzung, des Poiseuille’schen Gesetzes erfüllt sind. Diese Be- dass die Bedingungen dingungen bestehen bekanntlich 1) darin, dass zwischen den Dimensionen des Capillarrohrs und der Druckdifferenz, unter welcher die Strömung stattfindet, eine gewisse Be- ziehung besteht, 2) darin, dass der Gleitungscoefficient Null sei. Die Forderung 1 ist erfüllt, wenn sich für « aus Formel (5) derselbe Werth ergiebt, mag die Strömung unter grösserer oder kleinerer Druckdifferenz erfolgen. Sind die angewandten Triebkräfte für das benutzte Rohr zu gross, so ergiebt die Strömung bei kleinerer Druck- differenz den kleineren Werth des Reibungscoefficienten. In unserem Fall ist daher zu untersuchen, ob die Beobach- tung zwischen den Marken 0 und 1 nach Formel (5) den- selben Werth von u ergiebt, wie .die Beobachtung zwi- schen den Marken 0 und 2. Wir haben nun mit 3 verschiedenen Capillarröhren experimentirt, deren Radien bei wenig verschiedener Länge (6—7 cm) betrugen: Cap. 1. Cap. Vapo Il: Radius r 0%.005162 0.003601 0.002847 Für die Capillaren II und III fand sich die Forde- rung 1 für Druckdifferenzen entsprechend S—14c Queck- silber für alle Werthe der Dichtigkeit erfüllt. Dies zeigt die folgende Tabelle, in welcher y1’ und 1’ die aus Beob- achtungen bezüglich zwischen den Marken 0 und 1 und O und 2 sich ergebenden Werthe des uncorrigirten Reibungs- 7x 100 coeffieienten bedeuten. Die Üorrection wegen der Com- pressibilität der Kohlensäure nämlich konnte, da sie mn‘ und 1’ in merklich gleicher Weise beeinflusst, hier un- berücksichtigt bleiben. Tabelle 1. Gapillare 11 Capillare Ill r— 0003601 t= 32% r— 0002847 t—32% DS 1108 1125,10, Br eo 1125 70/832 108.8 | 0.802 89.4 | 0.750 | 597 |. ‚600 87.8 | 0.7241. 614 619 80.5 | 0.670 | 505 509 79.9 | 0.650 33 537 73.0 | 0.590 |. 425 429 77.8.\.0:570.445 449 77.3 | 0.511]. 360 353 77.6 | 0.498| 363 369 76.9 | 0.431| 299 301 77.0. 1. 0.4947 .2318 309 75.9 | 0.348| 258 262 76.2 | 0.344| 265 268 Tal 096 231 230 73.0: \'0.267:\.1:238 334 64.1 | 0191|. 204 205 65.4 170.19207203 206 48.8 | 0.119 | 180 184 49.17) 0.112.784 182 26.3 9.053 | 180 178 25.6 | 0.043 | 182 181 Cap. I erfüllte hingegen unter diesen Umständen die genannte Forderung nur bei höheren Dichtigkeitsgraden der Kohlensäure. Die Forderung 2 ist bekanntlich erfüllt, wenn wei- tere und engere Röhren denselben Werth des Reibungs- coefficienten nach Formel (5) ergeben. Hier stellte. sich nun folgende Schwierigkeit heraus. Wie schon oben erwähnt machte sich sehr bald bei den Versuchen der Uebelstand bemerkbar, dass kleine fremde Theilchen in die Capillare gelangten. Dies er- kannte man daraus, dass plötzlich in einer Versuchsreihe ein sehr langsames Sinken des Quecksilbers in der Mess- röhre beobachtet wurde, ja zuweilen die Kuppe fest stehen blieb. Wurde dann durch Oeffnen der Schraube M (Fig. 1) bei geschlossenem Hahn F des Reibungsapparates ein 101 kräftiger Strom von Kohlensäure durch die Capillare ge- trieben, so erhielt man wieder normale Fallzeiten, indem offenbar das Hinderniss weggespült war. Durch An- bringung der Kugel g (Fig. 1) erzielten wir nun zwar eine bedeutende Verbesserung, plötzliche Störungen kamen fast gar nicht mehr vor; dass aber kleine fremde Theil- chen nie ganz ausgeschlossen werden können, liegt auf der Hand. Solche Theilchen scheinen nun die Ursache der Erscheinung zu sein, dass zuweilen nach Zusammen- setzung des Apparates aufeinander folgende Versuchsreihen, welche man anstellte, ohne den Apparat auseinander zu nehmen, bis zu einer gewissen Grenze hin abnehmende Werthe des Reibungscoefficienten ergaben. Da diese Er- scheinung nicht immer beobachtet wurde, indem zuweilen von Anfang an constante Werthe von yr erhalten wurden, so ist nicht anzunehmen, dass eine Aenderung der Glas- oberfläche durch längere Berührung mit der Kohlensäure im Spiele sei. Leider war es nun im Allgemeinen nicht möglich, ohne den Apparat auseinander zu nehmen, so viele Ver- suchsreihen anzustellen, dass ganz constante Werthe der Reibung erhalten wurden. Bei längerem Gebrauch wurde es nämlich schwerer und schwerer, den Hahn des Rei- bungsapparates zu drehen und schliesslich liess er sich nicht mehr handhaben, ohne frisch gefettet zu werden, wozu der Apparat auseinander genommen werden musste. Nur zu den letzten Versuchen erhielten wir den Hahn so vortrefflich eingeschliffen, dass er in 15 Ver- suchsreihen mit derselben Leichtigkeit gedreht werden konnte, obgleich der Apparat bis zu 40° erwärmt wurde. Bei diesen Versuchen wurden denn auch constante Werthe für die Reibung erhalten. Allein bei den mit den andern Capillaren angestell- ten Versuchen war dies nicht der Fall und daher sind diese Versuche nicht genau vergleichbar. 102 Wir geben nichtsdestoweniger in der folgenden Ta- belle eine Zusammenstellung der uncorrigirten Werthe jr‘ des Reibungscoefficienten für 32°6, welche die Capillaren I, Il und III uns geliefert haben, diese Werthe sind durch Interpolation auf dieselben Werthe der Dichtigkeit reducirt worden. Die Correction wegen der Gompressi- bilität der Kohlensäure konnte hier unberücksichtigt blei- ben. Jedesmal sind in den Fällen, in welchen constante Werthe der Reibung nicht erreicht wurden, die Resultate der letzten Reihe gewählt und zwar entsprechen die Zah- len für Cap. I der 2ten von 2, die Zahlen für Cap. III der 3ten von 3 Versuchsreihen. Da für Cap. I die höheren Druckdifferenzen zwischen den Marken O0 und 1 ausserhalb der Gültigkeitsgrenze des Poiseuille’schen Gesetzes lagen, so sind die Reibungscoefficienten aus den Fallzeiten zwischen Marke 1 und 2 berechnet worden. Würden selbst diese kleinen Druckdifferenzen noch zu gross sein, so würden dadurch die für den Reibungscoefficienten er- haltenen Werthe jedenfalls zu gross ausgefallen sein. Tabelle 2. t — 32% r = 06m,00285 | r— 0m,00360 | r = 0«m,00516 4 == 0.0009 4 — 0.0007 | 20.0002 S 2 108 u‘ . 10% | TEN: 0.730 624 575 597 0.660 . 529 496 514 0.590 443 426 452 0.520 re 367 395 0.450 321 | 315 339 0.380 ° | 385 | 273 283 0.310 249 | 241 350 Wäre der Gleitungscoefficient von 0 verschieden, so müssten die Zahlen in jeder Horizontalreihe der Tabelle 103 von links nach rechts hin wachsen, was durchaus nicht der Fall ist. Obgleich daher aus den angeführten Grün- den die Frage der Gleitung durch die vorstehenden Ver- suche nicht strenge entschieden ist, so sprechen dieselben doch nicht für die Existenz einer solchen. Da nun ausser- dem für Gase von Atmosphärendruck der Gleitungs- coefficient unwerklich ist und mit abnehmender Dichte abnimmt, da ferner in der gastheoretischen Erklärung der (leitung !) nichts darauf hindeutet, dass diese bei höheren Dichtigkeitsgraden mit wachsender Dichte zu- nähme, so haben wir den Gleitungscoefficienten — 0 an- genommen und nach Formel (5) gerechnet. s 10. Wir stellen nun in den folgenden Tabellen die Er- gebnisse unserer definitiven Versuche zusammen. 4 be- deutet überall den Luftgehalt der benutzten Kohlensäure in Volumprocenten, wie ihn die Analyse mit Aetzkali ergab; t die Temperatur in Uentigraden nach dem Luft- thermometer, p den Druck in dem 8. 2 angegebenen Maass (ungefähr in Atmosphären), s die Dichte, + den Reibungscoefficienten im U. G. S. System. Der noch nicht wegen der Compressibilität der Kohlensäure corrigirte Werth des Reibungscoefficienten ist durch z‘ bezeichnet. Die Tabellen 3—6 enthalten die directen Ergebnisse der oberhalb der kritischen Temperatur mit Capillare II angestellten definitiven Messungen; alle in diesen Tabellen angegebenen Werthe von ’ sind genau vergleichbar, weil der Apparat schon constante Werthe für die Reibung ergab. Wo dies noch nicht der Fall war (Tab. 3a und 4) sind. nur die Werthe von p und s verzeichnet. ') Kundt und Warburg. Pogg. Ann. 155, 34051. 104 Tabelle 3. t — 32%6 7—0.00066 19. Jan. 82 3. März 82 40.000883 p s |w.10%| p 3° 1.100. pn 112.5 | 0.832 ‚111.3 0.811] 692 |114.7 89.4 | 0.750] 599 | 89.7 |0.738| 584 91.4 80.5 | 0.670| 507 | 80.5 | 0.662] 492 | 80.9 78.0 | 0.590| 427 | 78.1 |0.593| 429 | 78.2 77.3 0.511| 357 | 77.6 |0.516| 364 | 77.6 76.9 |0.431| 300 | 77.3 | 0.442| 308 || 77.2 75.9 | 0.348| 260 | 76.4 | 0.367| 265 | 76.5 72.4 |0.266| 231 || 73.9 |0.295| 229 | 73.9 64.1 | 0.191| 205 | 67.6 | 0.220| 203 | 67.5 48.8 | 0.119! 182 | | 54,7 26.3.| 0.053] 179 | Tabelle 3a. 6. März 82 4—0.00064 0.588 0.515 0.434 0.362 0.287 0.213 0.140 367 305 361 2329 199 182 10. Dee. 81 Anicht gem. 11. Dec. 81 A—0.0010 20. Jan. 82 4—0.00066 pP 103.9 87.2 81.0 78.2 uk) 1732 76.7 74.1 68.2 55.8 29.9 Ss 0.798 0.755 0.668 0.597 0.524 0.449 0,378 0.297 0.223 0.148 0.072 bt —132%6 pP s 108.8 0.802 87.8 0.724 es 0.650 71.8 0.570 77.6 0.498 70.0 0.421 76.2 0.344 73.0 0.267 65.4 0.192 49,1 0.112 25.6 0.043 S 0.815 0.728 0.655 0.564 0.474 0.397 0.316 0.244 0.168 0.092 0.067 105 Tabelle 4. t = 35° ie Webr: 18. Febr. 21 Kebr: De 8 p s p s 116.9 0.802 116.9 0.3505 116.5 0.3802 9ar2 ra) 94,4 | 0.726 94.8 0.726 86.2 0.641 86:2 "1.0452 56.0 0.646 82.7 0.560 88:121-0,549 83.1 0.574 815 0.483 81.8 | 0.504 81.7 0.493 S0.7 0.414 Ssır2220433 30.9 0.427 78.7 0.358 MIED 0.361 79.3 0.352 nA, 0,9265 76.5 0.291 75.4 02T, 63.3 | 0.181 68.5 0.211 Sr 0.201 46.4 0.108 94.1 Vals 52.9 04331 387 0.084 393.0 0.069 3 0.064 DRS 0.068 Tabelle 5. 12 ergD: 23. Febr. pP Ss 88.5 | 0.417 85.4 | 0.346 80.2 | 0.277 70.1 | 0.200 54.5 | 0.130 31.2 | 0.062 | 40.000857 1‘.108 ERBEN 25. Febr. 4==0.00085 | 115.9 1101.2| |. 95.0 | 91.6 "89.1 36.4 82,1 s pr‘ .108 p |0.738| 585 0.664) 496 0.593) 428 0.519| 373 0.446| 317 | 0.372| 272 0.300| 240 | 115.7 101.4 | 94.4 91.4 88.8 86.3 81.6 9. März 4==0.000853 il 08 579 502 424 956 310 270 239 106 Tabelle 6. ii = 32°6. 7. März A== 0.0032 Br, . März A == 0.00572 pi 4.10? 1 p S EL 10R p s 16.2 003 705 116.0 | 0.805 31.9) 0285 594 92.4 | 0.730 82.5 | 0.662 504 82.7 | 0.653 19.2 | 0:586 438 79.9 |- 0.575 78.3 | 0.512 588 78.8 | 0.499 70.41 | 0.451 325 78.3 | 0.427 76.7 0.357 269 77.1 0.351 74.0 | 0.282 226 74.0 | 0.279 67.2 | 0.208 202 66.3 ! 0.205 54.1 | 0.137 181 53.5 | 0.135 Wir 693 586 501 432 380 327 262 227 201 181 reduciren nunmehr durch Interpolation alle er- haltenen Messungen auf gewisse Werthe der Dichte s und nehmen die Mittel aus den Werthen, welche die verschie- denen Reihen für p (Tab. 0.800 0.730 0.660 0.590 0.520 | 0,450 | 0.330 0.310 0.240 0.170 | 7) und uw‘ (Tab. 8) ergeben. Tabelle 7. RR Grösserer t = 32°6. ' Luftgehalt. 10.Dec.11.Dec. 19. Jan.20. Jan. 3. Märzib. Märzl 7. März/9. März [a = ea a Re a A 10.0010 0.000660. 000660. 9083.0.0006410.00076 0.0032 |0.00572 p pP p 104.4 | 108.3 | 102,5 | 109. 9 | 107.9 | 110.8 | 107.3 | 112,6 | 114.4 86.7| 89,4 | 86.8. 89.6 | 88.6 | 89.7 | 885 | 91.3 | 994 80.7.1: 81.1| 80.2 |: 81.1: 80.4 | 80.8;|: 80.7.|| 82.4 1..83.6 78:1 |. 78.3.| ,78.0.)- .78,6-) 78.1 |,,78.8.|,,78.2,| 79402504 775 | AUT) WTA NTTaN aus 7b To See TEEN 77.2 TTOMSTLON TS" 77,391 a 76.7| 766| 76.3 | 76.4 | 76.6 | 76,7 | 76.6 | 77.0.) 776 14.5 | 748| 745 | 7ar7 | TAA| 780 1760) (Todes 69.7 | 70.5 | "69.9 | 70.0 | 694 | 70.1 .| 69.9. 70.5 | 70.6 59.7| 61.1) 599 | 60.5 60.5 | 60.3 | 60.8 | 60.9 42.7| 45.1| 425 | 42,0 43.1 | 0.100 Tabelle 7a. 107 t — 35% | t — 4003 18. Feb. |21. Feb. >. Feb.|25. Feb.|2. März| _ = Me ı — ö P P 10.0087 0.00085 | 0.00083 0.0083 ) 0.800 |116.4 |115.5 [114.8 115.6 | — — | Po 0.730 | 97.1 | 95.5 | 95.9 | 96.2 | 114.3 |114.9 | 114.6 0.660 | 88.1 | 87.1 | 87.5 | 87.6 100.9 | 102.3 | 101.6 0.590 | 84.0 | 83.6 | 83.7 | 83.8 | 94.9 | 94.8 | 94.9 0.520.1..82.1..| 82.1: 82.1.1, 82.1 1.6, 1,59, 7, 91,7 DO BL 813, 81.2 | 81.2 83:2 17.89.9 1, 89.3 0.380 | 79.8 | 79.8 | 79.9 | 79.8 | 86.9 | 86.7 | 86.8 | 86.8 DES OR LO TAN RUE 077.2 82.9.1787 FED ERST DOA0E 79217107 72.07. 2:60] 415.9 75.9 0170. 613 | 61.4.| 61.6 | 61.4.| 64.3 64.3 0.100 | 43.8 | 43.5 | 44.0.| 43.9: | 45.3 45.3 j Tabelle 8. t — 32% Luftgehalt| t = 4003 119. Jan. ö. März 6b. März 2 | B 23.Feb 25. Feb.2 . März 2 A= m Pr 4 A= 4 A = 7 A 0.00066.0.00083 0. VO06H0. u 10. 0032 2 v. 0057.0.00087. 0.000850. is 0. N S 2102 „108, u‘ „10° wu‘ .10* ‚10° 0.800, — | 676 | 679 | 678 | 687 686 | 0.730| 576 |.574.| 576 | 575 | 588.586 ı 575 |15860, 581 0.660) 497 | 490 | 500 | 496 | 502| 509 492 | 508 | 500 0.590| 427 | 426 | 425 | 426 | A441 445 426 | 429 | 428 0.520, 363 | 367 | 367 | 393| 394 374 | 363 | 369 0.450| 314 | 314 | 317 | 315 | 338| 344) 320 |:317.| 319 0.380 275 | 272 | 272 | 273 | 292| 287| 286 | 277 | 277 | 277 0.310) 247 | 237° 239 | 241 | 242 242 | 249 | 244 | 244 | 244 0.240| 222 | 210 | 210 | 214 | 212) 213] 219 | 219 0.170 198 | 1.189 | 189 | 1921| 191 | 197 | 197 0.100, 181. | | | | I 181 | 181 108 Tab. 9 und 10 enthalten die Resultate der mit tropf- bar flüssiger Kohlensäure angestellten Versuche. Zunächst haben wir für Kohlensäure von 25°,1 bei Drucken zwi- schen 70 und 105 Atmosphären die Reibung untersucht. Die dem Druck der Sättigung (65,3 Atm. n. Andrews) entsprechende Dichte entnehmen wir aus den Versuchen von Andreef!) und konnten so nach dem früher be- schriebenen Verfahren für jeden Zustand der Substanz die Dichte ermitteln.?) Wir haben über diesen Gegen- stand drei Versuchsreihen angestellt und verzeichnen die Resultate in der Art, dass wir gleich die erhaltenen Werthe von s und s auf gewisse Werthe des Druckes p redueiren. Auch diese Versuche, zu denen ebenfalls Capil- lare II diente, sind mit den übrigen völlig vergleichbar. Tabelle 9. Dr PH E00 p S | nm: 106 s 17% 106 831 |. 108 105 0.398 | 822 0.394 — TEEN 95 WISE AD 0.877 IM 740 85 0.859 | 7O5. | 0.856 704 les 699 75 | 0.826| 686 | 0.,828| 654 — 660 70 0:810. 5.629 0.808 air 627 Tab. 10 enthält Versuche über die Viscosität der tropfbar flüssigen Kohlensäure bei Temperaturen zwischen 5° und 30° unter dem Druck des gesättigten Dampfes (nahe.) Diese Messungen wurden mit Gap. I und II an- gestellt; bei den hier stattfindenden hohen Dichtigkeits- graden folgte auch Cap. I merklich dem Poiseuille- ') Annal. d. Chem. u. Pharm. 1859, Bd. 110, S. 1. °) Zur Messung der jedesmal aus dem ‚Apparat herausge- lassenen Kohlensäure diente bei diesen Versuchen das S. 9 be- schriebene kleinere Messgefäss. 109 schen Gesetz. Bei den Versuchen muss man sorgfältig darauf achten, dass am Eingang der Capillare in der Messröhre keine Gasblase auftritt, was zuweilen geschieht und eine erhebliche Abnahme der Fallzeit des Queck- silbers zur Folge hat. In der mit p’ überschriebenen Columne verzeichnen wir die Drucke der Sättigung für die betreffenden Temperaturen nach Andrews. Diese Drucke sind stets etwas kleiner, als die von uns gefun- denen, was sich daraus erklärt, dass Andrews den Druck jedesmal bestimmte, wenn die Kohlensäure in seinem Apparat begann, sich zu condensiren, während unser Apparat jedesmal zum grössten Theil mit tropfbar flüssi- ger Kohlensäure angefüllt war. Auch Regnault!) erhielt unter diesen Umständen, unter welchen die Verunreinigung mit Luft von viel grösserem Einfluss ist, etwas höhere Werthe des Druckes, als Andrews. In Tab. 10a sind die Versuche durch Interpolation auf dieselben Temperaturen redueirt und die Mittel genommen. s ist aus den Beobachtungen von Andreef”) entnommen. Tabelle 10. Viscosität der flüssigen Kohlensäure unter dem Druck ihres gesättigten Dampfes. E— | b== | PR | 0.003318 | 0°.003318 | 0«,005 162 1==0.0023 | 40.000834 | 0,0024 t p Pp1.108, t p | Paz let pe epAarıd 4% 140.3 39.5 | 944 | 4°%6 40,5 | 40.3 1896| 5°1 | 41.1 | 40.0 1943 11%0 | 47.0 | 46.5.| 832 | 10%2 | 46.4 | 45.6 1839| 97 | 46.0 | 45.0 |869 | 15% | 52.1 | 51.5 780, 1407 52.0 51.0 \792 19°7 | 57.8 | 57.7 | 718 | 20% | 58.7 | 58.1 116 1907 zu 2502 | 65.8 | 65.5, 620 | 25°0 | 66.0 | 65.2 | 628 24°6 | 65.2 | 64.7 1630 73.5 526 2905 | 72.3 525 | 30°0 | 74.1 | ala 2909 ') Relation des experiences etc., 2, p. 618, Paris 1862. ?) Annal. d. Chem. u. Pharm. 1859, Bd. 110, S. 1. 110 Tabelle 10a, t s | 1:02 m. 108 50 0.9223 937 892 945 925 10° | 0.895 | 850 | saı | 86a | 852 19% OLBG AU DIE 780 787 784 20° 0.827 1,713 716 706 712 25) 0.783 | 624 628 622 625 29° 536 538 544 539 Es erübrigt noch, die Uorrection anzubringen, welche von der Zusammendrückbarkeit der Kohlensäure herrührt und bei unserem Apparat nur für einen Theil der ober- halb der kritischen Temperatur angestellten Versuche nennenswerth ist. Netzen wir so ist nach den Formeln (5) ty Die numerische Rechnung zeigt, dass unter den Be- dingungen unserer Versuche z nicht merklich verschieden sich ergiebt, mag man a auf die Marke 1 oder die Marke 2 beziehen. Tabelle 11 giebt die Werthe von x für die Tab. 8 verzeichneten Mittelwerthe von sr‘ bei den "Temperaturen 32°6 und 40° an. Wir haben in die Tabelle noch eine auf die Temperatur 35° bezügliche Reihe aufgenommen, welche die Mittelwerthe zweier Reihen darstellt, ebenfalls mit der Capillare II erhalten ist, aber nicht die Bedeu- tung der übrigen Reihen hat, weil die Reibung noch nicht ganz constante Werthe zeigte. 111 Tabelle Il. 4—0.00074 4—0.00085 | 40.0032 | A— 0.0057 LOS I"u‘.108 ‘10° | u’,108 | w'.10% 3 [6320| x it=-3500| "x 11-4008 8206| BE 3206| x ee = | er ag == = === m — use —- — 0.800 678 1,001 687 11.001, 686 [1.001 0.730 575 11.002 577 |1.002| 581 1.001 588 11.002) 586 1.002 0.660) 496 11.006 502 1.004 500 1.002) 502 11.005 509 |1.005 0.590) 426 |1.027 435 1.010 428 1.005 441 11.017) 445 [1.012 0.520 367 1.045 375 1.021) 369 1.008) 393 1.030 394 |1.037 0.450 315 1.086 327 11.015) 319 11.009 338 1.027) 344 11.021 0.380) 273 1.012) 292 1.010) 277 1.006| 292 1.013 287 |1.011 0.310 241 1.007 248 11.006) 244 1.004 242 1.016 242 1.006 0.240 214 1.004 218 |1.004) 219 1.003) 212 1.004 213 |1.004 0.170, 189 11.003 194 1.003) 197 1.003) 191 191 0.100 178 181 | Den grössten Werth, nämlich 1.045, nimmt nach der Tabelle < an für t—32°6 und s=0.520. Dabei ist zu bemerken, dass wegen der äusserst starken Compressibili- tät der Kohlensäure in diesem Zustande der Temperatur i e ds N : und Dichte die Berechnung von e—=-— und damit die dp von z (Gleichung 5d und 5e) eine ch unsichere ist. Es kommt dazu, dass die Formel (5) für incompressible Flüssigkeit strenge, für compressible nur näherungsweise gültig ist und ihre Anwendbarkeit um so zweifelhafter wird, je stärker compressibel die Substanz ist. Daher ist aus doppeltem Grunde die Berechnung von yı aus Strömungsversuchen mit Capillaren eine unsichere für den in Rede stehenden Zustand hoher Compressibilität. Wir stellen endlich in der Tabelle 12 die Endresul- tate der ganzen Untersuchung zusammen, nämlich die den verschiedenen Werthen von s entsprechenden Werthe von p und #, wobei wir noch einmal hervorheben, dass der mit einem ® bezeichneten, t—35° entsprechenden Reihe aus den angeführten Gründen ein verhältnissmässig ge- ringes Gewicht beizulegen ist. 112 Tabelle 12. t=32% +4 — 35! | t—=4103 t—=326 t=32°6 4—=0.00074 4=0.00085| 40.0032 | 4=0,0057 Ss » |u.10°| u.10°| p \u.108 “10% » |u.10%) s p «10% p |u.10% p |m10% p |u100 p |; 0.800 1107.3| 677 115.6 | — | — 112.6) 686 114.4 685 [0.300 0730 | 88.5 B74 96.2] 576 114.6) 580 || 91.31 587 || 92.4) 585 10.730 0.660 | 80,7| 493 | 87,6) 500 101.6) 499 | 82.4| 499 || 83.6) 506 0.660 0.590 782) 414 83.8 431 | 94.9 426 79.4 433 | 80.4 440 0.590 0.520 | 77.6| 351 | 82.1! 367 | 91.7) 366 || 78.4 381 | 79,1) 379 0.520 0.450 | 77.2| 304 | 81.2) 322 | 89.2) 316 | 77.8| 329 | 78.6| 337 10.450 0.3580 | 76.6, 270 | 79.8 289 || 86.31 275 || 77.0] 288 || 77.6 284 |0.380 0.310 | 74.6] 239 | 77.21 247 | 82,71 243 | 75.1) 241 |) 75.5] 241 10,310 0.240 | 69.9] 213 || 71.6) 217 | 75.9] 218 | 70.51 211 || 70.6) 212 10.240 0.170 | 60.3) 185 || 61.4 193 || 64.3| 196 | 60.8] 190 || 60.9) 190 0.170 0.100 | 43.1 | 43.9| 177 | 45.3| 180°. | t = 2359 Viscosität der flüssigen Kohlen- 1 — 0.00044 säure unter dem Druck ihres BE, g gesättigten Dampfes. p s fr. 10 2 O0] z er 4t S 1108 „896 | eg R a 22 50 0.922 925 „u € Ä 0 yr r9 85 0.858 703 no a 75 0.827 665 a De IE; 70 0.809 628 Ber i 250 0.783 625 399 539 8 11. Discussion der Resultate. Der Zusammenhang zwischen Druck und Dichte. Die Zuverlässigkeit des aus unsern Versuchen sich ergebenden Zusammenhanges zwischen Druck und Dichte wird vorzugsweise von der Zuverlässigkeit des benutzten Manometers abhängen. Wir haben nun mit drei verschie- denen Füllungen des Manometers, I, II und III gearbei- tet. Die Angaben der Füllungen I und III stimmen 113 hinreichend überein, was daraus hervorgeht, dass beide einen hinreichend übereinstimmenden Werth desjenigen Druckes ergeben, unter welchem bei 32°6 die Substanz das Maximum der Compressibilität zeigt, bei welchem also durch Herauslassen einer bestimmten Quantität von Substanz die kleinste Druckänderung erhalten wird. Die Bestimmung dieses Druckes ist für die genannte Tem- peratur mit grosser Schärfe ausführbar und ist mit grosser Schärfe für die Füllungen I und II ausgeführt worden, indem bei ihnen jedesmal nur ungefähr 1g.3 Kohlensäure herausgelassen wurde. Dieser Druck ergab sich nun für Füllung I zu 77.5, für Füllung LI zu 75,4. Für die Fül- lung III, auf welche alle Angaben der Tabelle 12 sich beziehen. ist jener Druck nicht mit derselben Schärfe bestimmt worden, indem hier jedesmal ungefähr 2g.1 Kohlensäure herausgelassen wurde; er liegt nach Tab. 12 jedenfalls zwischen 76.6 und 78.2, wahrscheinlich zwischen 77.2 und 77.6. Wir schliessen daraus, dass die Angaben des Manometers bei den Füllungen I und III überein- stimmen und dies spricht dafür, dass beide richtig sind, während die mit der Füllung II erhaltenen Angaben uugenau zu sein scheinen. Der Fehler wurde wahrschein- lich beim Einsetzen des gefüllten Manometerrohrs in das Quecksilber begangen, einer Operation, für welche ein verbessertes Verfahren wünschenswerth ist. Die auf 32°6 und 35° bezüglichen Versuchsreihen können wir mit den Resultaten von Andrews!) ver- gleichen. Ist J die Dichtigkeit der Kohlensäure bei 0° nnd 76%, « ihr Ausdehnungscoefficient, so ist A eh ei ar e(1-+-e«t) wo e die Bedeutung hat, welche demselben von Andrews !) Phil. Trans. 1869. II, 575—90. Pogg. Ann. Ergzbd. V, 61—80. 3erichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 1. fe) 114 l. c. beigelegt ist. Andrews’ = ist unser p. In der folgenden Tabelle 13 sind neben die von Andrews für gewisse Dichten erhaltenen Werthe von p die aus unsern Versuchen durch Interpolation berechneten gestellt (p ber.). In der mit J überschriebenen Columne sind die Ueber- schüsse der Andrews’schen Werthe über die unsrigen verzeichnet. Tabelle 13. Vergleichung mit Andrews. fi = 3208. 0,0 A- | dr 0.002) 0.00074 0.0032 t S p prber) A pber 194 32034 | 0.247 | 71.5 10.35..,1-121.2,270, 90 eraaEG 32046 | 0.282 | 74.0 73.0... 1.012,73. 32038 | 0.338 | 76.3 75.4,, | 1.0.9 70.8) lau 32048 | 0.550 | 785 75 1110| ea won 32054 | 0.620 | 79.8 786 Wo) IP lea 32075 | 0.684 | 84.9 82.6 | +23] 845 | 40.4 t — 359% 35052 | 0.168 | 62.2 613 | +09! 35%48 | 0.236 | 72.5 71.048. |r:08 35055 | 0.398 | 81.3 Born 1 35°50 | 0.653 | 89.5 88.4 1.1 35061 | 0.677 | 92.6 90,4 7.2189 35055 | 0.718 | 99.6 95.8 | 13.8 Fassen wir den auf 32°5 bezüglichen Theil der Ta- belle ins Auge, so sehen wir, dass die J für A=0.00074 sämmtlich positiv und etwa gleich 1 Atmosphäre, für 2 0.0032 auch im Allgemeinen positiv, aber bedeutend kleiner, nämlich etwa gleich '/; Atm. sind. Andrews giebt für seine Versuche 2 zu 0.001 bis 0.002 an. Die 115 Uebereinstimmung zwischen seinen und unsern Versuchen scheint danach eine befriedigende zu sein. In der Tabelle 14 haben Formel von GClausius berechneten Werthe von p die wir neben die nach der von uns beobachteten gestellt und mit J den Ueberschuss jener über diese bezeichnet. Tabelle 14. Vergleichung mit der Formel von Glausius. i t — 3236 | t= 350 | t— 40% S p Claus. P | 4 p » Claus P | A |\p Claus. pP | d 0.800 | 115.9 [107.3] -8.6 | 126.1 |115.6)-4-10.5 a 0.730, 99.5 | 88.514-11.0 | 108.5 | 96.2|4-12.3 | 127.2 |114.6)-+12.6 0.660 | 89.4 | 80.7] 48.7 | 97.1 | 87.6| 49.5 | 113.2 |101.6|+11.6 0.590 | 83.6 | 78.2] 15.4 | 90.2 | 83.8| 16.4 103.9 | 94.9| 19.0 0.520 | 80.8 | 77.6] +3.2 | 86.2 | 82.11 44.1 97.7 | 91.7| 46.0 0.450 | 79.9 | 77.2] +2.7 | 84,3 | 81.2] +3. 93.5 | 89.2] +4.6 0.380 | 79.0 | 76.61 12.4 | 82.6 | 79.8] 12.8 90.0 | 86.8| -L3.2 0.310 | 77.0 | 74.6) +2.4 | 79.6 | 77.2) 42.4 | 85.2 | 82.7! 42.5 0.240 | 71.7 1.69.9| 1.8] 73.7 | 71.6 T21| 77.6 | 75.9 Ir 0.170 | 61.4 | 60.3] —1.1| 62.6 | 61.4| +1.2| 65.1 | 64.3) -+0.8 0.100 | 43.6 | 43.11 #0.,5 | 44.2 | 43.9| 40.3) 45.5 | 45.3] 10.2 4J ist überall positiv und wird für grössere Dichten erheblich. tate mit den von Andrews nach Methode gefundenen ist es nicht wahrscheinlich, dass jene _ Differenzen in Beobachtungsfehlern begründet seien. Wegen der Uebereinstimmung unserer Resul- einer ganz andern S 12. Zusammenhang zwischen Viscosität und Dichte. Fig. 6 Tafel II sind die Resultate der Untersuchung graphisch dargestellt, nämlich Viscositäts- und Spannungs- isothermen 3) die letzteren punctirt, nach der Tabelle 12 =) Son nennen wir Linien, deren Abscissen den Dichten, deren Ordinaten bezüglich den Reibungscoefficienten und den Drucken proportional sind. Fortsetzung. 8* 116 verzeichnet. Die 35° entsprechenden Isothermen sind aus dem $ 10 angeführten Grunde in der Figur fortgelassen. Ueber die Viscosität, insbesondere ihren Zusammen- hang mit der Dichte, ergiebt sich Folgendes: 1... Oberhalb der kritischen Temperatur (30.9), gasförmige Kohlensäure. 1 1. Dem Maximum der Compressibilität dp „das s ds ee Rn dp ' dem Minimum der Elasticität (so2), welches die Beob- achtung ergiebt, entspricht kein Minimum der Viscosität (.), welche vielmehr mit wachsender Dichte in stets wachsendem Verhältniss zunimmt. Er d’r —— und —— immer positiv.) > ds ds? 2. Bei der Dichte 0.1, ungefähr der 500fachen der normalen, übertrifft der Reibungscoefficient den normalen (0.000165 für 40°%.3) nur um etwa 9 Procent des letztern. 3. Bei den Temperaturen 32°.6 und 40°.3 zeigt die Substanz bei gleicher Dichte wenig verschiedene Werthe von :, sehr verschiedene von p. Danach scheint die Viscosität mit der Dichte viel einfacher, als mit dem Druck zusammenzuhängen. 4. Der Einfluss der Temperatur auf die Viscosität bei constanter Dichte ist so klein, dass er aus den ein Tem- peraturintervall von nur 8° umfassenden Beobachtungen nicht mit voller Sicherheit zu entnehmen ist. Lassen wir bei dieser Untersuchung die 35° entsprechende Reihe aus den $ 10 angeführten Gründen ausser Acht, so ergeben die Versuche, dass die Viscosität mit der Temperatur langsam wächst, ungefähr in demselben Verhältniss, wie bei der gasförmigen Kohlensäure von normaler Dichte; 7 die Isotherme für 40° liegt ganz oberhalb der 32°6 ent- sprechenden. Allen die Abweichungen der einzelnen Bestimmungen unter einander sind nach Tab. 3 so gross, dass dieser Punkt aus unsern Versuchen nicht mit voller Sicherheit zu entscheiden ist. Zu einer sicheren Entschei- dung müsste man entweder die Methode zur Bestimmung der Reibung verfeinern oder die Versuche auf ein grösseres Temperaturintervall ausdehnen; besonders die Anwendung des letzteren Mittels dürfte mit grossen Schwierigkeiten verbunden sein. 4a. Eine kleine Vermehrung des Luftgehalts (von ?/, auf 5 pro Mille) scheint bei gleicher Dichte den Rei- bungscoefficienten der Kohlensäure von 32°6 zwischen den Werthen 0.380 und 0.730 der Dichte zu vergrössern (Tab. 12). Obgleich bei den hier discutirten Versuchen der Apparat vergleichbare Werthe für die Reibung er- gab, so hätten wir doch, um das eben genannte Resultat mit voller Sicherheit festzustellen, zeigen müssen, dass Kohlensäure kleineren Luftgehalts nach den mit grösserem Luftgehalt angestellten Versuchen angewandt, wieder kleinere Werthe der Reibung zeigte. Leider konnten wir diesen Controlversuch nicht anstellen, da wegen bau- licher Veränderungen im Institut der Apparat abgebrochen werden musste. I. Tropfbar flüssige Kohlensäure. 5. Die tropf bar flüssige Kohlensäure zeigte eine weit- aus kleinere Viscosität, als alle bisher untersuchten Flüs- sigkeiten. Der Reibungscoefficient bei 15° ist beispiels- weise für Wasser 0.01146,!) für tropfbar flüssige Kohlen- säure unter dem Druck ihres gesättigten Dampfes, also bei einer Dichte von 0.864: 0.000784; für jenes also 14.6mal so gross, als für diese. Schon der Anblick tropf- ') 0. E. Meyer, Wied. Ann, 2, Pg. 394, 118 barer, in einem Glasrohr eingeschlossener Kohlensäure, welche man bewegt, erweckt die Vermuthung, dass diese Substanz eine sehr geringe Viscosität besitze. 6. Die Viscosität der tropfbar flüssigen Kohlensäure von 25°1 wächst mit der Dichtigkeit. Weitere Ermittlungen über den unseres Wissens bis- her noch nicht untersuchten Zusammenhang zwischen Vis- cosität und Dichte für tropfbare Flüssigkeiten bei con- stanter Temperatur scheinen uns von Wichtigkeit zu sein. Man hat nämlich sehr viele Versuche angestellt über den Einfluss der Temperatur auf die Reibung tropfbarer Flüs- sigkeiten unter constantem Druck. Nach der unter 3 gemachten Bemerkung würde man aber den speeifischen Einfluss der Temperatur durch Ermittlung ihres Einflusses bei constanter Dichte erhalten und dazu würden Unter- suchungen in der angegebenen Richtung führen. 7. Bei Dichtigkeiten, welche 0.8 nahe liegen, verläuft die 25°.1 entsprechende Isotherme unterhalb sowohl der 32°.6 als der 15° und 20° entsprechenden. Hieraus folgt, dass Kohlensäure von solcher Dichte, von 15° an er- wärmt, ein zwischen 20° und 32°.6 liegendes Minimum der Viscosität zeigen muss. $ 13. Anwendung der Theorieen von Poisson, Maxwell und van der Waals. Poisson!) hat eine Theorie der Flüssigkeitsreibung gegeben, welche von der Vorstellung ausgeht, dass eine Flüssigkeit einem System gleichzeitiger Stösse gegenüber im ersten Moment nach Ablauf derselben sich wie ein isotroper fester Körper verhält. Man kann daher von den Constanten der instantanen Hlasticität einer Flüssig- keit reden. ») Journ. de l’Ecole Polytechn. 1831, XX cahier, T. XIII, p. 139. 119 Es ist nun nach dieser Theorie die Druckcomponente X,') zur Zeit t, wenn die Zeit von dem Beginn der Be- wegung gerechnet wird, at 5 du ; 2 Du rk | ) v(t— o)do (6) wenn K der Coefficient der instantanen Starrheit, u die arten: ‘du (Geschwindigkeitscomponente nach der z-Axe, (=) den Z2'o® l Werth von Ar zur Zeit » bedeutet und go (x) für x— 0:1, für x—=50:0 und schon unmerklich ist, wenn x sich von der Null nur wenig unterscheidet. Für den Fall stationärer?) Bewegung hat man t t aan oh du : x Zur K ö iz ß I Q (t = ©) do = K e dei J G (A) d / oder da sehr bald das Integral reehterhand nach den über g gemachten Voraussetzungen von der oberen Grenze unabhängig geworden ist, EA : dz wo T eine Constante bedeutet. Ist . der Reibungscoefficient, so ist cu Nu. g,, woraus dz a IS ER (7) T nennen wir mit Maxwell den Modul der Relaxa- tionszeit. In der Gastheorie ist, wenn das Volum der (sasmoleküle und die Kräfte, welche dieselben aufeinander ausüben, vernachlässigt werden, nach Maxwell’) Kp (8) ') In der Bezeichnung von Kirchhoff Vorlesungen u s. w. 8. 400. 2) oder nicht zu rasch variabler. 3) Phil. Mag. (4) 1868, Bd. 35, Pag. 210. daher m n (9) wenn p den Druck des Gases bedeutet. Daraus ergiebt sich, dass der Modul der Relaxationszeit T bei constanter Temperatur der mittleren Weglänge proportional ist. Nehmen wir nun in erster Annäherung den letztern Satz auch dann noch als richtig an, wenn das Volumen der Moleküle und die Kräfte, welche sie aufeinander aus- üben, berücksichtigt werden, so können wir für (diesen Fall einen theoretischen Werth des Reibungscoefficienten . aufstellen, in welchem nur K unbekannt bleibt. Bezeichnen wir nämlich für die Temperatur t durch l die mittlere Weglänge, T den Modul der Relaxationszeit, N die Anzahl der Moleküle in der Raumeinheit, S die Dichtigkeit, j. den Reibungscoefficienten für den Druck p, durch dieselben mit dem Index Null versehenen Buchstaben dieselben Grössen für den Druck P einer Atmosphäre; durch v das Volum einer Gasmasse beim Druck p, durch b das 4fache des von den Mole- külen dieser Masse wirklich eingenommenen Raumes (van der Waals), indem in beiden Fällen als Einheit des Volumens das Volumen dieser Gasmasse bei 0° und dem Druck P gilt; sei endlich J die normale Dichte des (Gases, so hat man l 0 nach der gemachten Voraussetzung, N, v—b el... —— 11 1 0 N v ( ) nach van der Waals, vo>9h. Daraus, indem 4 N S v=— und — ——, S No So > so ) Zi A I = — 2 T—1T,.- ( ’ (12) Da nun 10 Ds P (13) so ıst Ks bs ee r) (14) der theoretische Ausdruck für x, welchen wir herleiten wollten; wir wiederholen, dass er auf der durch (10) aus- gesprochenen Hypothese beruht und gilt, solange v> 2b oder das Volumen des Gases grösser ist, als das S fache des von den Molekülen wirklich erfüllten Raumes. Setzen wir z.. B.. b = 0.00251, so ‚gilt die Formel, solange v> 0.00502 oder s< 0.394. Nach der Gleichung (14) bringt die Raumerfüllung der Moleküle eine Abnahme der Reibung mit wachsender Dichte hervor, also die entgegengesetzte Abweichung vom Maxwell’schen Gesetz, wie die Anziehung zwischen den Molekülen (da 1 — = Je nachdem die Wirkung des einen oder des andern Fac- tors überwiegt, wird die Reibung mit wachsender Dichte ab- oder zunehmen. Wir erinnern, dass die beiden ge- nannten Factoren nach van der Waals auch vom Mariotte’schen Gesetz Abweichungen in entgegenge- setztem Sinne hervorbringen. Wir benutzen ferner die Gleichung (14) dazu, um aus einigen der beobachteten Werthe von # K zu berechnen. Wir wählen dazu die auf 32%.6 bezügliche Versuchsreihe, setzen für diese b — 0.00251,') 1 — 0.0001605 und berechnen folgende Tabelle, indem wir beachten, dass die Formel nur solange gilt, als s<0.394 ist. mit wachsender Dichte abnimmt). !) Van der Waals- Diss. S. 77. Tabelle 15. 1 09206 BEER |chn ln fo n| IR RER) 1.169 0.206 144 0.240 1.324 0.305 259 0.310 1.486 0.394 451 0.380 1.679 0.485 700 K wird gewöhnlich in Kgr. aufs Quadratmillimeter angegeben und ergiebt sich in dieser Einheit für s — 0.380 zu 7.21. Zur Vergleichung erinnern wir, dass für Glas der Klasticitätscoefficient ungefähr 7000, das Verhältniss Sn "ungefähr 1, daher K ungefähr 2800 be- Längsdilatation ° 3; 5 trägt. K ist also für Kohlensäure von der Dichte 0.380 etwa der 358. Theil von dem Werth dieser (Grösse für Glas. Für Unschlitt ist nach Versuchen von einem von uns!) der Elasticitätscoefficient m von dem des Glases. Da- ber ist K für Kohlensäure von der Dichte 0.330 etwas grösser als für Unschlitt. Der Modul der instantanen Gompressionselasticität (des Reciproken der instantanen Compressibilität) bleibt unbekannt. Man könnte auf den ersten Blick meinen, dass derselbe mit dem Modul der definitiven oder wirk- lichen Compressionselasticität identisch sein müsse; indess ist z. B. für ein ideelles Gas dieser nur 3 mal so gross, als jener, wie Maxwell?) aus der kinetischen Theorie bewiesen hat. Freiburei. D., den „7 2pril 1982. !) Pogg. Ann. 1869, Bd. 136, S. 295. ?) Phil. Mag. (4) 1868, Bd. 35, Pg. 2t0. Deber eine Methode die Mikrometerschranben zu prüfen. Yon emp stesch- Es fehlt bis jetzt an einer Methode, den Fehler einer Mikrometerschraube für ein gewisses bei einer Messung benutztes Intervall direct zu bestimmen. Meine „Untersuchungen über die Elasticität der Krystalle des regulären Systems“ (d. Berichte VIII.) erforderten sehr genaue Dimensionsbestimmungen der dabei angewandten Krystallstäbehen; hierbei war es nöthig, auch den Fehler der Sphärometerschraube, mit der alle Messungen ge- macht waren, mit möglichster Präcision zu ermitteln. Ich verfuhr hierbei folgendermaassen: An die Spitze der Schraube war ein Glasplättchen senkrecht zur Axe der Schraube gekittet und der oberen Fläche eines Reflexionsprismas gegenübergestellt; letzteres befand sich auf einem Tischcehen, das durch drei Schrauben beliebig gehoben, gesenkt und geneigt werden konnte. Bei hin- reichend kleiner Neigung der oberen Fläche des Re- flexionsprismas gegen das an die Schraube angekittete Glasplättchen entstehen im Natriumlichte zwischen diesen Interferenzfranzen, Zählt man nun an einem Punkte, der genau in der Verlängerung der Axe der Schraube liegen muss, die Anzahl der Interferenzstreifen, welche an diesem Punkte bei einer gewissen Drehung der Schraube vorübergewandert sind, so giebt die Anzahl derselben multiplieirt mit der bekannten Grösse der halben Wellenlänge des Natriumlichtes direct die gesuchte Grösse, um welche man die Schraube gehoben oder gesenkt hat. Als Probe mag hier eine solche Ausmessung von circa 1 m/m. der Sphärometerschraube (2 ganze Um- 124 drehungen) ihre Stelle finden. Die Steighöhe der Schraube betrug 0,5 m/m. Der Umfang der Trommel war in 500 Theile getheilt. Jede Zahl der folgenden Tabelle ist das Mittel aus mindestens drei Messungen desselben Intervalles. Gefunden wurden folgende Werthe: durch Ablesung an in Halbwellen des Correction (in der Trommel (in Natriumlichtes (in Milkromillimeternd Mikromillimetern.) Mikromillimetern.) i% ir 18.20 17.68 — 0.52 18.00 17.68 — 0.32 17.80 | 17.68 | A 10.10 10.02 — 0.08 9.90 | 10.02 | 12,042 10.00 | 10.02 - + 0.02 9.90 10.02 —+- 0.12 10.10 10.02 | — 0.08 10.30 | 10.32 -+ 0.02 10.13 | 10.02 — 0.11 9.83 | 9.82 —..0.01 10.10 | 10.02 — 0.08 10.30 | 10.02 | 0 9.83 | 9.92 -- 0.09 10.00 | 9.87 une 10.20 | 10.02 — 0.18 10.00 10.02 —- 0.02 10.00 O9 — 0.03 16.10 10.02 — 70083 10.00 10.02 -4- 0.02 10.10 10.02 — 0.08 10.00 10.07 + 0.07 10.00 | 10.02 —+- 0.02 10.00 10.02 | 120,02 10.00 9.97 = 2003 10.20 10.07 — 0.13 10.10 10.07 — 0.03 10.00 9.97 — 0.03 9.90 10.02 10 der Trommel (in Mikromillimetern.) | 10.00 10.10 10.00 10.10 10.00 10.00 10.10 10.00 10.00 10.10 10.10 10.10 10.00 10.20 110) 10.30 10.10 10.15 10.20 10.05 10.05 10.10 10.10 10.00 10.20 10.00 10.05 10.10 10.10 10.15 10.15 10.05 10.20 9.90 10.10 10.20 in Halbwellen des Natriumlichtes (in _ Mikromillimetern.) | Fortschreitende Bewegung der Schraube gemessen | durch Ablesung an | Correctton (in Mikromillimetern.) 9197 10.02 10.07 10.07 349,7. 9:97 10.07 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 9:97 10.07 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 10.02 0.03 0.08 0.07 0.03 0.03 0.05 0.03 0.02 0.02 0.08 0.08 0.08 0.03 0.15 0.13 0.28 0.08 0.13 0.18 0.05 0.03 0.08 0.08 0.02 0.18 0.02 0.03 0.08 0.08 0.13 0.15 0.03 0.18 0.12 0.08 0.18 126 a EEE EEE HEREEEEREREHEEREEEEEEESEEEREEERREEEEEEEEEEEETEETEETE Fortschreitende Bewegung der Schraube gemessen durch Ablesung an in Halbwellen des E . der Tone. ip Natriumlichtes (in a Mikromillimetern.) Mikromillimetern.) | mm er 10.05 10.02 — 0.03 10.05 10.02 E05 10.10 10.02 — 0.08 10.00 9:97 — 0.03 10.05 10.02 — 0.03 9.35 10.02 -)- 0.07 10.05 10.02 — 0.03 10.05 10.02 — 0.03 9.95 10.02 + 0.07 10.10 10.02 — 0.08 10.10 10.02 — 0.08 10.10 10.02 — 0.08 10.05 10.02 2,003 10.00 10.02 -+ 0.02 10.00 10.02 -H 0.02 10.15 10.02 — 015 10.10 10.02 — 0.08 10.15 10.02 — 0.15 10.10 10.02 — 0.08 10.00 10.02 + 0.02 10.00 10.02 + 0.02 10.05 10.02 — 0.03 10.10 10.02 — 0.08 10.00 10.02 + 0.02 10.05 10.07 + 0.02 10.05 10.02 — 0.05 10.10 10.02 — 0.08 10.10 10.02 2003 10.00 10.02 —- 0.02 10.20 10.02 — 0.48 10.00 10.02 - 0.02 10.30 10.02 — 0.28 10.10 10 02 — 0.08 0895 10.02 -- 0.07 10:15 10.02 E00 10.00 10.02 2 0.02 127 Fortschreitende Bewegung der Schraube gemessen durch Ablesung an in Halbwellen des der Trommel (in | Natriumlichtes (in _ _Mikromillimetern.) | Mikromillimetern.) | Correction (in Mikromillimetern.) 10.10 10.02 -— 0.08 10.10 10.02 — 0.08 10.10 10.02 — 0.08 10.10 10.02 — 0.08 10.10 10.02 — 0.08 10.10 10.02 — 0.08 Hierbei fällt zunächst auf, dass ein sogenannter periodischer Fehler nieht existirt. Dagegen ist der fort- schreitende Fehler nicht unbeträchtlich nämlich 3.5 pro Mille, d. h. für den verglichenen Millimeter giebt die Ablesung an der Schraubentrommel die gemessene Länge um 0.0035 m/m. zu gross. Ebenso lässt sich für jedes beliebige dazwischenliegende andere Intervall, da die Vergleichung vor 10 zu 10 Mikromillimeter (— 0.001 m/m.) ausgeführt ist, die Correction auf 0.0002 m/m. genau angeben. Die Interferenzstreifen selbst würden allerdings eine Genauigkeit von circa 0.00003 m/m. erlauben; die Ablesungsfehler und die Theilungsfehler der Trommel sind indessen erheblich grösser. Diese Methode ist jedoch auch der Anwendung auf grössere Längen fähig. Es hindert nichts bei genügen- der Sorgfalt die Schraube einer Längentheilmaschine auf diese Weise auf eine beliebige Länge nach Lichtwellen auszuwerthen. Hierdurch erscheint es möglich als Maass- einheit direet die Lichtwelle, das einzige wirkliche und für die gleiche Vibrationsintensität unveränderliche Natur- maass zu benutzen. Freiburg i. B. Phys. Institut. 1882. Mai 25. Auszug aus den Sitzungs-Protokollen. I880. Präsident: Hr. Prof. WEISMANN. 1. Sitzung vom 4. Februar: Vortrag des Hrn. Prof. Wiedersheim über die Lehre von der Befruchtung. 2. (öffentliche) Sitzung vom 4. März in der Aula der Universität. Feier des Namenstages des hohen Pro- teetors der Gesellschaft $r. Kgl. Hoheit des Grossherzogs und des Stiftungsfestes der (sesellschaft. Ansprache des Präsidenten. Rechenschaftsbericht des Secretärs pro 1879. (Mitgliederzahl am 1. Jan. 1880: 160.) Vortrag des Präsidenten Hrn. Prof. Weismann über den Einfluss der Lebensverhältuisse auf die Insekten. Sr. Kgl. Hoheit der Erbgrossherzog beehrten die Sitzung durch Ihr Erscheinen und geruhten an dem der Sitzung folgenden Festessen Theil zu nehmen. 3. Sitzung vom 12. Mai: Vortrag des Hrn. Geh. Rath Ecker über die sogenannten Haarmenschen. 4. Sitzung vom 23. Juni: Vortrag des Hrn. Hofrath von Babo über den Einfluss des electrischen Lichtes auf das Wachsthum der Pflanzen. 5. Sitzung vom 7. Juli: Botanische Mittheilungen und Demonstrationen von Hrn. Prof. Hildebrandt. 6. Sitzung vom 22. November: Vortrag des Hrn. Prof. von Kries über die Erhaltung des Gleichgewichts und die Regulirung der Bewegung. 7. Sitzung vom 22. December: Vortrag des Hrn. Prof. Warburg über die neueren Fortschritte auf dem Gebiete der Telephonie. 18831. Präsident: Hr. Hofrath WınDbELBAND. 1. Sitzung vom 12. Januar: Vortrag des Hrn. Prof. Weismann über die Oekonomie der Spermatozoen. 2. Sitzung vom 26. Januar: Vortrag des Hrn. Prof. Wiedersheim über die Brutpflege der Amphibien. Demonstration ethnologischer Gegenstände aus Oceanien, von demselben. 3. Sitzung vom 9. Februar: Vortrag des Hrn. Prof. Hildebrandt über Darwin’s neue Untersuchungen über die Bewegung der Pflanzen. 4. (öffentliche) Sitzung vom 4. März in der Aula der Universität. Zur Feier des Namenstages des hohen Proteetors der (Gesellschaft Sr. Kgl. Hoheit des Gross- herzogs und des Stiftungsfestes der Gesellschaft. An- sprache des Präsidenten. lRechenschaftsbericht des Secre- tärs pro 1880. (Mitgliederzahl am 1. Jan. 1881: 159.) Vortrag des Präsidenten über den Ausdruck der Gemüths- bewegung. 5. Sitzung vom 11. Mai: Vortrag des Hrn. Prof. von Kries über künstliche Ernährung überlebender Organe. 6. Sitzung vom 15. Juni: Vortrag des Hrn. Hofrath Fischer über archäologische Beziehungen zwischen Asien und Amerika. 7. Sitzung vom 6. Juli: Vortrag des Hrn. Prof. Maas über einige allgemein interessante chirurgische Apparate. 8. Sitzung vom 20. Juli: Vortrag des Hrn. Hofratlı von Babo über den Kinfluss des Druckes auf verschie- dene Körper. Neuwahl eines Seeretärs. An Stelle des nach Marburg berufenen Prof. Klocke wird Dr. Him- stedt gewählt. 9. Sitzung vom 2. November: Vortrag des Hrn. Jr. Himstedt über die Temperatur der Sonne. Dr. Himstedt über die Temperatur der Sonne 10. Sitzung vom 23. November: Vortrag des Hrn. r. von Mangoldt über die mitteleuropäische Grad- Dr. von Mangoldt über d tteleuropäische Grad messung. 11. Sitzung vom 7. December: Vortrag des Hrn. rof. Latschenberger über die Einnahmen und Aus- Prof. Latschenberger über die E 1 und Aus scheidungen des thierischen Organismus. 12. Sitzung vom 14. December: Vortrag des Hrn. Dr. Gruber über den Generationswechsel bei den Insekten. +K +K Fig.S. Fig. 2. +X f der Br 7 hg hehe Br .. a Y ER Pr > di » h “ d er een FR ee Di PT EEE EL TE 2 7 Some Zr En Een \ vn 4 E72 a ’ “ i 2 ee} Bu BE IE 72,7 5° 04 2 ’ a 1 h * % - ? ” ” . ke Be \ 2 e' en 2 ei. ware q > x e / B, — . rn e—S IN IDEE “NN en } / „H ae m ar ange Ben Fr A . = zZ Ar —— u — UF j er = na pe u m se ugien en ee ETTes a er 1 rg > Pe ee Taf. E Fis.II. 0 700 0 do 0 so E77 0 10 Freiburger Figur 3. > 6 Cmı. = N BE GE TREE De E Ueber das Zusammenwirken von Zug und Torsion bei Metalldrähten. Von E. EIiimstedt. m » Wenn man einen Draht, welchem eine permanente Torsion ertheilt worden ist, abwechselnd be- und entlastet, so entzieht man ihm dadurch einen Theil seiner perma- nenten Torsion und erst nach wiederholten Be- und Entlastungen gelangt der Draht in einen Zustand, in welchem eine dauernde Aenderung seiner permanenten Torsion durch Be- und Entlasten nicht mehr eintritt!). Ueber die Wirkung, welche in diesem Zustande (im Folgenden kurzweg „stationärer Zustand“ genannt) eine Belastung des Drahtes (Zug) hervorbringt, liegen 3 Be- obachtungen vor. Sir W.Thomson?) giebt an, dass nach Versuchen von M’ Farlane ein Stahldraht sich beim Belasten detordirt und nach Fortnahme der Belastung wieder in seine alte Lage zurückkehrt. Hr. G. Wiedemann?) hat bei Messing-Drähten beobachtet, dass keine Aen- derung bei der Belastung eintritt und Hr. E. War- burg?) findet bei Kupfer- und Eisendrähten, der Draht !) G@. Wiedemann. Ueber die Torsion. Wied. Ann. Bd, VI, pg- 485. 1879. 2) W. Thomson: Elasticity. Encyclopaedia Britannica. 1878, 3) a. a, O. pg. 504. *) E. Warburg: Ueber die Torsion. Ber, d. naturf. Ges. Freiburg i. B. Bd. VII, Heft IV. pg. 453. 1880. Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 2. 1 130 tordirt sich wenner belastet wird und kehrt beim Entlasten wieder in seine alte Lage zurück. Sir W. Thomson folgert aus der angeführten Be- obachtung, dass der Draht äolotrop geworden sein muss und zwar der Art, dass wenn man aus dem Drahte ausserhalb der Achse desselben einen Würfel ausschneidet, von dem ein Seitenpaar der Längsachse des Drahtes parallel ist, die beiden anderen Seitenpaare aber mit derselben Winkel von je 45° bilden, dann dieser Würfel nach zwei Achsen, welche auf den letztgenannten Seiten- paaren senkrecht stehen, verschiedene Compressibilität zeigen muss. Hr. E. Warburg gelangt unter Hinzunahme der weiteren von ihm gemachten Beobachtung, dass die in dem stationären Zustande durch einen Zug bewirkte Torsion demselben nahezu proportional ist, durch eine ausführliche Rechnung zu genau demselben Schlusse. Hr. Warburg macht dann noch des Weiteren darauf aufmerksam, dass die Erscheinung geeignet ist, zwischen den beiden möglichen Vorstellungen über den Vorgang bei der permanenten Torsion zu entscheiden. Man kann sich nach ihm den Vorgang der permanenten Torsion entweder so vorstellen, dass dabei die Moleküle des Drahtes dauernd in solchen neuen Lagen zur Ruhe kommen, dass der isotrope Körper dabei isotrop bleibt, oder aber annehmen, dass die Materie des Drahtes in der Richtung der Hauptdruckachsen nachgiebt, der ur- sprünglich isotrope Körper dann also äolotrop wird. Für diese letztere Vorstellung sprechen die Beobachtungen von Thomson und Warburg, während aus Wiede- mann's Beobachtungen sich hierüber kein . derartiger Schluss ziehen lässt. Hr. Warburg hatte die Freundlichkeit, mich hier- auf aufmerksam zu machen und mir die nöthigen Theile 131 des von ihm benutzten Apparates zur Wiederholung der Versuche zur Verfügung zu stellen. Ich habe die Versuche mit Drähten aus 11 verschie- denen Metallen angestellt und gefunden, dass sie alle durch Ertheilung einer permanenten Torsion bei gleichzeitiger Belastung äolotrop werden. Den Verlauf der Erscheinung habe ich bei den ver- schiedenen Drahtsorten verschieden gefunden und mehr oder weniger abweichend von allen bisher darüber ge- machten Angaben. Die untersuchten Drähte lassen sich hiernach in zwei Gruppen theilen. In die erste gehören: Kupfer, Silber, Blei, Magne- sium, Zink, Neusilber, Eisen, Stahl. In die zweite: Messing, Aluminium, Nickel. Bei den Drähten der ersten Gruppe habe ich die Erscheinung beobachtet wie folgt: Besitzt der Draht im stationären Zustande eine per- manente Torsion P, welche eine bestimmte Grösse nicht überschreitet, so bewirkt eine Belastung eine Zunahme der Torsion von P auf P-1-T, die Entlastung eine Ab- nahme derselben von P-}-T auf die ursprüngliche Grösse P. Lässt man P wachsen, so nimmt T zu, erreicht ein Max- imum, nimmt wieder ab und geht durch Null hindurch über in ein negatives T, so dass also jetzt im stationären Zustande bei der Belastung die Torsion abnimmt von P bis P—T, bei der Entlastung wieder zunimmt von P—T auf P. Bei den Drähten der zweiten Gruppe habe ich bei der Belastung stets Detorsion, also stets — T beobachtet. Bei kleinen Werthen von P ist der absolute Werth von T sehr klein, mit wachsendem P nimmt er zu bis zu einem Maximum und dann wieder ab. 1* 132 Bo Bevor ich die Versuche selbst und ihre Resultate des Näheren mittheile, will ich eine andere Erscheinung beschreiben, die gleichzeitig beobachtet wurde und die mit der soeben erwähnten in engem Zusammenhange steht. Ertheilt man einem Drahte, welcher durch ein angehängtes Gewicht gespannt gehalten wird, eine permanente Torsion, so tritt stets eine permanente Verlängerung desselben ein. Bei den Versuchen war der Draht an seinem oberen Ende in die Klemme eines Torsionskreises eingeschraubt, der von einem in die Wand eingegypsten eisernen Arme getragen wurde. An sein unteres Ende war mittelst einer Klemme eine cardanische Aufhängevorrichtung be- festigt,") die an einer in einer Schnur hängenden leicht beweglichen Rolle die Belastung trug. Das untere Ende des Drahtes ragte nach unten c. 2 mm. aus der Klemme hervor und war zu einer scharfen Spitze angefeilt. Auf diese war ein Mikroskop mit Okularmikrometer gerichtet, welches an einem in die Wand eingesypsten Träger fest- geschraubt war. Die genaue ÜOentrirung des Drahtes im Torsionskreise wnrde daran erkannt, dass bei einer Drehung die Spitze des Drahtes immer in gleicher Schärfe am Fadenkreuz des Mikroskops gesehen wurde. Ein Theil- strich des Okularmikrometers hatte den Werth 0.06 mm. An der Klemme der cardanischen Aufhängung waren zwei cylindrische Stahlstäbchen rechts und links so be- festigt, dass ihre Achsen eine gerade Linie bildeten, welche senkrecht durch die Achse des Drahtes hindurch ging. Um den Draht zu tordiren, wurde der Torsions- kreis zunächt so weit gedreht, bis diese Stahlstäbchen ') Diese beiden Theile sind dem a. a. O. beschriebenen Warburg’schen Apparate entnommen. 135 gegen zwei vertical aufgestellte Glasstäbchen stiessen, an diesen dann mittelst Mikrometerschrauben solange gestellt, bis die Berührung auf beiden Seiten eine ganz gleichmässige war und erst dann am Torsionskreise die nöthige Drehung ausgeführt. Bei allen noch zu erwähnenden Versuchen habe ich nur solche Drähte benutzt, die sich selbst überlassen, ohne Spannung und Belastung vollkommen gerade waren und bei denen sich die permanente Torsion gleichmässig über die ganze Länge erstreckte'). Beiden Bedingungen genügten die oben erwähnten Drahtsorten mit Ausnahme der Neusilber-, Eisen und Stahldrähte sowohl wenn sie unter geringer Belastung schwach geglüht?) wurden, als auch wenn sie durch starkes Belasten über die Elastiei- tätsgränze hinaus gestreckt wurden. Von den zahlreichen Beobachtungen mit solchen Drähten führe ich nur einige Beispiele an. Es bezeichnet: P die ganze bis dahin ertheilte permanente Torsion ausgedrückt in ganzen Umdrehungen, S die totale Verlängerung in mm., G die Belastung bei welcher tordirt wurde, d den Durchmesser der Drähte. Die Länge betrug bei allen zu Anfang der Versuche 0.55 Meter. Ker. Kupfer bei 0.8 —, geglüht. — 0,9 G— 5.4 Er: mm“ I. 5.0.48: 152.1, 2.25 310.101 88.572. 342%;46 550.867 1.6022.9735 7%.58,.,14.69 66.40 Hr. Warburg an sein Beobachtungsmaterial stellte und deren Wich- tigkeit sich im Späteren noch zeigen wird. Bei Thomson und Wiedemann findet sich keine Angabe hierüber, ®) Ich will nicht unerwähnt lassen, dass ich keinen Unter- schied in dem Verhalten der in Luft geglühten Drähte und der im Wasserstoff- oder Kohlensäurestrome geglühten gefunden hab». 154 Um dieselbe Verlängerung bei einem gleichen Drahte ohne Torsion zu erzielen mussten bei stündlicher Mehr- belastung von 0.3 Kgr. im Ganzen 8.1 Kgr. das ist 2 16.2 u angehängt werden. Wurde die Belastung darauf : i : ROT, wieder fortgenommen und der Draht tordirt bei 2 ee) ITaap so trat bei einer Torsion P-==3.83 eine weitere Ver- längerung S — 0.4"" ein. 5 Ker. Kupfer 14 Tage lang mit 25 5 belastet mm“ gewesen. d—0.90m G—3,0 NE mm“ P% 50:81, 10.49.59. 169 269.1 >2.0:07 0.51 2.40 10.72 ” : None Während also eine Mehrbelastung von 22 er nicht hinreichte eine permanente Verlängerung zu bewirken, trat eine solche schon bei verhältnissmässig kleiner per- manenter Torsion ein. er SEE KOT, Kupfer geglüht bei 0.8 mm“ Ker. mm? Ba 37.11 377.00 S 0.08 0.58 2,96 Also auch bei minimaler Belastung ist die Ver- längerung mit vollster Sicherheit zu constatiren. d-=0.8mn G— 0.108 Kor. Kupfer geglüht bei 0.3 — - darauf 3 Tage belastet mm“ T mit 24 _ dann mit eben dieser Belastung tordirt. PLN EBH° 10127 li S 0.04 0.08 0.46 Bei grosser Belastung tritt also schon bei sehr kleinen permanenten Torsionen eine messbare Verlänge- 135 rung ein, während ich eine solche bei der temporären Torsion nicht beobachtet habe,') doch muss ich bemerken, dass für die letzte Art der Beobachtungen der Apparat nicht besonders eingerichtet war. Die Anzahl der überhaupt untersuchten Drähte be- trägt: Kupfer 22, Messing 22, Stahl 18, Eisen 15, Neu- silber 12, Zink 12, Blei 12, Magnesium 10, Aluminium 8, Silber 4, Nickel 4. Bei Neusilber-, Eisen- und Stahldrähten hat sich, wenn sie geglüht waren, die Torsion nie auch nur an- nähernd gleichmässig über die Länge des Drahtes ver- theilt,?) bei ihnen traten vielmehr stets scharfe Toorsions knicke ein, d. h. Puncte, von denen aus gerechnet die ganze obere Länge des Drahtes sowohl wie die ganze untere für sich betrachtet ohne Torsion sind, beide Theile aber gegen einander um den Torsionswinkel tordirt, ver- schoben sind. Nicht geglühte Drähte tordirten sich fast immer gleichmässig, waren aber ohne Belastung nie ganz gerade und ich habe deshalb mit solchen Drähten nur bei ver- hältnissmässig grosser Belastung beobachten können. Unter diesen Verhältnissen habe ich aber auch bei ihnen stets eine permanente Verlängerung bei permanenter Torsion beobachtet. Kgr. mm? Stahl 14 Tage mit 45 belastet, dann bei dieser Belastung tordirt. ei) 1a! 101.66 148.97 S 0.20 0.78 4.42 5.81 ') Vergl. hierüber Fr. Braun: Ueber die Natur der elastischen Nachwirkung. Pogg, Ann., Bd. 159, pg. 337, ?) Die gleiche Bemerkung hat für Stahl und Eisen schon Hr. Warburg gemacht. 136 Sir W. Thomson führt a.a. OÖ. an, dass ein 5 Mtr. langer Stahldraht, mit 5 Kgr. belastet, bei 95 Um- 5 ie 1 . = drehungen eine Verlängerung um 1509 seiner Länge er- fahren habe, bei 120 Umdrehungen hingegen wieder eine E00 der Länge. Ob der Draht sich gleichmässig tordirte, ist nicht angegeben. Hr. V.Kramm!) hat beobachtet, dass weiche Kupfer- und Eisendrähte bei grösseren Torsionen eine Verlänge- Verkürzung um vung, nicht geglühte Eisen- und Stahldrähte dagegen eine Verkürzung zeigen. Die Drähte zeigten nicht immer gleichmässige Torsion. Nun habe auch ich bei Drähten mit Torsionsknicken des öfteren bald Verkürzung, bald Verlängerung beobach- tet, dagegen bei Drähten mit gleichmässiger Torsion nie derartige Unregelmässigkeiten gefunden und ich vermuthe deshalb, dass sowohl Thomson’s als Kramm'’s Beo- bachtungen einer Verkürzerung bei permanenter Torsion auf Torsionsknicke zurückzuführen sind. Ü Bis, Hr. G. Wiedemann?) hat beobachtet, dass die durch dieselbe temporäre Torsion hervorgebrachte per- manente Torsion eines belasteten Drahtes abhängig ist von der Grösse der Belastung und zwar ist die permanente Torsion grösser bei grösserer Belastung. Ich habe bei meinen Versuchen Gelegenheit gehabt, diese Beobachtung innerhalb sehr weiter Gränzen bestätigt zu sehen. Nimmt man zu dieser Beobachtung hinzu die im vorhergehenden Paragraphen mitgetheilten Beobachtungen, ') Ueber den Einfluss der Torsion auf die absolute Festigkeit der Metalldrähte. Dissertation. Marburg. 2A, a. 0.90, 40T. 137 wonach die Verlängerung eines belasteten Drahtes um so grösser ist, je grösser die ihm ertheilte permanente Torsion ist, so gelangt man zu dem folgenden Satze: Wirken auf einen Draht gleichzeitig ein tordirendes Moment und ein dazu senkrechter Zug, so verstärken sich dieselben gegenseitig inihrer Wirkung. Es ist vielleicht nicht uninteressant, noch ein be- sonderes Beispiel hierfür anzuführen. Ein weicher Kupfer- Kgr. m? draht war 3 Tage lang mit 10 belastet gewesen. Kgr. Die Belastung wurde entfernt bis auf 1.5 es: und dem Dralite eine temporäre Torsion von 90° ertheilt. Nach Aufhebung derselben konnte weder eine messbare perma- nente Torsion noch eine permanente Verlängerung beob- Kgr. m? wieder temporär um 90° tordirt. Nach Aufhebung des tordirenden Momentes zeigte derselbe eine permanente achtet werden. Der Draht wurde hierauf bei 10 Torsion von mehr als 8° und eine permanente Ver- 2 längerung von 0.22"2, Also der Zug 10 — allein ist nicht im Stande, eine permanente Verlängerung hervor- zubringen und die temporäre Torsion von 90° allein ist nicht im Stande, eine permanente Torsion zu bewirken, wirken aber der Zug und das tordirende Moment gleich- zeitig auf den Draht, so tritt sowohl permanente Ver- längerung als auch permanente Torsion auf. S 4. Zu den in $ 1 erwähnten Versuchen wurde der $ 2 schon beschriebene Apparat benutzt. Die dem Drabte ertheilte permanente Torsion konnte am Torsionskreise bis auf 10 Minuten genau abgelesen werden. Die gleich- zeitig eintretende Verlängerung wurde, wie schon er- 138 wähnt, mit Mikroskop und Ocularmikrometer gemessen. Die durch das Be- und Entlasten bewirkte Torsion resp. Detorsion des Drahtes im stationären Zustande wurde mit Fernrohr, Spiegel und Scala beobachtet. Die Scala war in Millimeter getheilt, der Scalenabstand betrug stets 2.4 Mtr. Das Be- und Entlasten des Drahtes geschah durch Zu- resp. Abfliessenlassen von Wasser, entweder in ähnlicher Weise wie bei Hrn. G. Wiedemann in ein vom Drahte getragenes Gefäss, oder aber in ein fest aufgestelltes Gefäss, in welches dann ein am Drahte auf- gehängtes Gewicht eintauchte. Die Hebervorrichtung, durch welche das Zu- und Abfliessen des Wassers be- werkstelligt wurde, war so eingerichtet, dass selbst bei ziemlich schnellem Be- und Entlasten der Draht voll- ständig in seiner Ruhelage blieb. Sollten mit einem Drahte Versuche angestellt wer- den, so blieb derselbe mindestens 12 Stunden hängen mit dev Maximalbelastung, welche im Laufe der Versuche angewendet werden sollte und wurde während dieser Zeit ec. 30—40 Mal be- und entlastet. In dem Folgenden bezeichnet wieder: P die permanente Torsion, S die bei derselben eingetretene Verlängerung, -T die im stationären Zustande durch Belasten hervor- gebrachte Torsion resp. Detorsion in Graden, Minuten und Secunden, G das Gewicht, mit welchem der Draht während der Torsion belastet war, K der im stationären Zustande ausgeübte Zug. Bei positivem K trägt der Draht wenn belastet: G-+-K, entlastet: G. Bei negativem K wenn belastet: G, wenn entlastet: G—. RK. | d den Durchmesser des Drahtes. Die Länge war bei allen Drähten 0.55 Mtr. 139 I, Grüppe, erhee no Ker. Kupfer geglüht bei 0.8 mu ger d — 0)8un ., G== 2.4 2 = K —--3. Sr mm“ ne P S 7 B S ah 0 0 +09 17" 18.05 3.73 -+0°46’16” 0.65 0.13 .—+0°10° 1 193.88 ‚25.64 -0°15’ 8” 1.89 - 0.52 -40°920'55° „| 283.14 34.15 —0° 6’44' 8.71 2.09 --0042°33° 674.77 59.95 —241’30 “ - Kor. Kupfer geglüht bei 0.8 =, } gr. Kor. d—=0.3m ’G=5.4 Er EEE mm“ mm“ B > it | PB S % 0 0 0° 0'34° 10.10 7.53 -[-1041’42' 0.78.0086 - 11019726. war 77.41 27.23 +-0%40° 7 1921.60, 21103792. ,)| 214.28: 791.18. 21.00.0270” en na 7) 31240 166,40 09T AI8” ; Kg Kupfer 14 Tage mit 21 =° belastet gewesen. 5 Kgr. d-— 0.9um gr Ba mm“ mm“ P S ab | IE S al ) 0 0 10.13 0.51. —-0°10'29" 0.49 .0.02(?), —40°0'10”(?) 58.81 3.02 -H0°19’30' DE ER AT 0300001810 Silber geglüht bei Da de dann G gyaee Kg s_ mm“ r S 1% 1% S Ab 0 0 0 53.07 13:02 1.001 4/48 94.22 118.56 —0° 112" 263.56 31.98 —0014'26° VD: HL LOLO 0° 7'129" | | 21.90 15,841) 2005710” | 140 Blei 12 St. mit 1.8 Ber belastet gewesen. mm“ Koron (gr. dee mm“ mm“ p S T P S a 0 0 0 19.66 6.19 32009797 0.72 0.24 +-0°1'28° 101.55 28.61 —010’44” Zink bei 0.4 Er auf 180° erwärmt. . Kgr. {gr. d=0."m G=—3.0 zer K:778 I mm“ mm“ pP S at | PB S RB 0 0 0 11.82.27 17.89° oder | 0.52 0.18 --0°1'30° 261.63 48.38 —0° 1'58” Magnesium bei 0.6 nn im Oelbade erhitzt 2 RN mm mm B S T 4 S T 0.33 7.0.09 02000 24 12370. | (0) 0) -0°0'18 | 0:.68,,50.19 4.092237 | 0:5: "0.14 20051994 | Neusilber 24 St. mit 24 ee belastet gewesen. an te een mm“ mm“ Bee AN I S P 0° 0 _g00420 |n "134095 Tr Are Bu 1.35 0.35 --00034° | 126.08 20.95 — 09212 13.47, 2a Do 2 ; > Kgr. Eisen 24 St. mit 16 an: belastet gewesen. om gen ge mm mm pP S T | P S At 0 0 1.002344 17.,93,12"ı 4.240: 00027 0.47 0.08 -H0%’12" | 116.88 17.46 -1-0°16’36' Stahl 24 St. mit 50 & 141 er. > belastet gewesen. mm d=-0.42 8=13.0 Ker. Kung) 0 nn: t mm“ 1% S T DB S 7 0 0) 02300 62.33 1.76 —-0°17'24° 1.50 0.07 —+-0°1' 8° | 104207 71,2.775:--0° 0/22. I. Gruppe. F & z Kgr. Messing geglüht bei 0.38 =; de 05m gas Kııyo ee mm m 1% Ne) Jr P S F 0 0) 0 64.72°78.,69 0815 0.55 0.02(?) —0°0‘ 4''(P) 273.01 76.28 - 1034.27 1.06 0.06 20'344 498.31) 26.08. -— 106” 5% 5.55 0.34 —0°0'53' Messing geglüht bei 0.8 IE": SR — nm: ee dm ur se — Nee Ker: mm? P >) T P S 7 0 0 —0%0° 6 59.95 11.47 —123’27° 0.60 .0.15 -—-0°0'42° 133.06 28.59 —3°11’18 1:16: 0.30: 1-—002'27" 165.12 31.23 —3°11°14° Ale 0718" 376.96 52.74 —1° 3°— Aluminium geglüht bei 0.6 _, ne d=0.75m Ga. pre mm“ P S T r S T 0 0 —000'28° 153:2512.380°=20 11.5574 ‚1.48 0.14 —0°0'58° 216.05 17.50 —123‘18° 142 Nickel stark geglüht bei 1.6 Fr dZ4.gmm gmg4 ln, ge ngo0 mm“ mm“ e IE S 7 P >) T 0 0 —+0°0'4 416.25. 37.34 —0°29’56“ 0:55 "00:07 1 n209055# | 471.64'89.01 20028522 Die Zahlen der überhaupt von jedem Metall unter- suchten Drähte sind schon im Vorhergehenden gegeben. Ich will hier nur noch darauf aufmerksam machen, dass der Werth von T abhängt sowohl von der Grösse der permanenten Torsion als auch von der gleichzeitig eingetretenen Verlängerung. Man vergleiche die Beispiele für Kupfer oder die für Messing unter einander. Die permanente Torsion allein genügt nicht, um die Erscheinung hervorzubringen, vielmehr zeigt sich dieselbe nur dann, wenn gleichzeitig eine permanente Verlängerung eingetreten ist. Bei kleiner Torsion und kleinem Zug, wo S unmerklich ist, ist auch 'T unmerk- lich, dagegen ergaben sich bei kleiner Torsion aber grossem Zug, sobald S messbar ist, auch für T nicht zu übersehende Werthe. Dies erklärt wohl, weshalb Hr. G. Wiedemann die Erscheinung nicht beobachtet hat. Bei seinen Versuchen wurde ein Messingdraht bei einer Belastung von c. 1 Ken um c. 70° tordirt. Für einen mm“ weichen Messingdraht habe ich aber bei 2.4 durch eine Torsion von 383° erst eine Verlegung von 0.8 Sca- lentheilen, also ein T — 0%0'34° gefunden. Bei Drähten desselben Metalls tritt die Erscheinung dem Obigen entsprechend weit stärker auf bei weichen als bei harten. Von den verschiedenen Metallen zeigten sie in der 1. Gruppe am stärksten Kupfer und Silber, 145 am schwächsten Stahl. In der 2. Gruppe folgen sich die Metalle in der Reihenfolge: Messing, Aluminium, Nickel. Alle Drähte, mit denen Versuche angestellt waren, zeigten sich hinterher hart, federnd und brüchig. Weiche Kupferdrähte von 0.5 Mtr. Länge, die vor den Versuchen durch ihr eigenes Gewicht sich dauernd bogen, zeigten nach den Versuchen keine dauernde Biegung, selbst wenn sie temporär zu einem Kreise gebogen wurden. Beson- ders stark tordirte Drähte zerbrachen bei jeder versuch- ten Biegung. Selbst Blei verlor durch die Versuche in etwas seine Plasticität. Die durch die Torsion bei Belastung hervorgerufene Aeolotropie der Drähte konnte sehr bequem durch An- ätzen sichtbar gemacht werden. Die Drähte bekamen dabei ohne Ausnahme ein schraubenförmiges Aeussere und zwar ganz gleich, mochte nur die Oberfläche leicht angeätzt sein oder der Draht so lange in der Säure ge- lassen werden, bis er zu zerfallen drohte. Ich habe hierbei Gelegenheit gehabt, die Beobach- tungen des Herrn Kalischer') über das Krystallinisch- werden von Metalldrähten durch Glühen bestätigen zu können und will nicht unerwähnt lassen, dass ich ent- gegen jenen Beobachtungen auch bei Messingdraht in deutlichster Weise die Krystalle schon für das blosse Auge habe sichtbar machen können. Bei Aluminium- drähten habe ich Krystallflächen nicht direct sehen können, doch zeigten dieselben nach dem Glühen stark musche- lige Bruchflächen. Freiburg i. B., Physik. Inst., Mai 1882. ') Ber. d. deutsch. chem. Ges. Bd. 14, pg. 2797. Untersuchungen über die Rlastieität der Krystalle des regulären Systems. Von 23, EL Tegek: I. Steinsalz, Sylvin, chlorsaures Natron. Durch die von mir (Wied. Ann. N. F. Bd. 5. p. 521 ff.) beschriebene und an Steinsalzstäbchen geprüfte Methode, die elastische Biegung kurzer Stäbe vermittelst der Ver- schiebung von Interferenzstreifen zu messen, ist es mög- lich geworden, die Elasticitätscoefficienten einer grösseren Zahl von Krystallen als bisher exact zu bestimmen. Ich wählte nach Untersuchung des Steinsalzes zunächst Chlor- kalium (Sylvin) und chlorsaures Natron. Leider ist es mir bis jetzt nicht gelungen, die Bestimmung bei letz- terer Substanz zu Ende zu führen, da das angewandte Material vielfach im polarisirten Lichte doppelbrechende Einschlüsse zeigte, also unbrauchbar war, oder beim Schleifen Sprünge und Risse erhielt, die nicht gestatteten Stäbchen von der nöthigen Länge herzustellen. Bekanntlich ist der Elastieitätscoeffieient bei amor- phen Körpern keine Constante, sondern bei verschiedenen Stäben derselben Substanz, bedingt durch die Verschieden- heit in der Herstellung und Bearbeitung derselben, inner- halb ziemlich weiter Grenzen schwankend. Es entsteht nun die Frage, ob dieser Coefficient bei krystallinischen Körpern bei gleicher Richtung im Krystall für verschie- dene Krystallindividuen eine Constante ist. Für Stein- salz ist die Constanz desselben durch die Uebereinstim- 145 mung der von Hrn. Voigt gefundenen Werthe') mit den meinigen bewiesen. Für Sylvinkrystalle ergeben die mitzutheilenden Versuche dasselbe; für das chlorsaure Natron sind die Versuche noch nicht abgeschlossen. Vor der detaillirteren Angabe der Resultate selbst mag jedoch hier die Beschreibung des von Hrn. Breithaupt und Sohn in Uassel gelieferten Präcisionsapparates nnd eine Auseinandersetzung der Methoden, nach welchen die Dimensionsbestimmungen der Stäbchen vorgenommen wur- den, seine Stelle finden. Der Messapparat hatte im Wesentlichen seine frühere Gestalt behalten. In der Mauer waren die zwei Lager A und B (Fi- gur 1) für den Eisenstab Ö fest eingegypst. An den Stab C, der durch Qı festgeschraubt war, wurde ver- miltelst der eisernen Muffe Q» die stählerne Schiene D, auf der sich ler ganze Messapparat befand, festgeklemmit. D trug das feste Lager M und das bewegliche dachförmige Lager LK. K konnte durch die Schraube O an jeder beliebigen Stelle festgestellt werden und L war durch die Mikrometerschraube G verschiebbar. Das Prisma J war durch die sehr genau gearbeitete Stopfbüchse H in vertikaler Richtung verstellbar und konnte zusammen mit derselben in jeder Richtung durch die Schrauben NıN:N; verschoben und geneigt werden. Die Schrauben N,N;N, dienten nach definitiver Einstellung zum Fest- klemmen desselben. Die Schiene D trug dann noch das auf ihr verschiebbare um P, und P, drehbare Beobach- tungs-Mikroskop E. Da dasselbe jedoch beim Auflegen der Stäbchen wie bei der Einstellung derselben hinderlich war, so wurde meistens mit einem anderen Mikroskope ') Pogg. Ann. Ergbd. VII. p. 1. Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 2. a 146 beobachtet, das auf einem fest mit der Mauer verbunde- nen Tischehen aufgestellt war. Die Belastung griff nicht mit einer Schneide an, son- dern mit der Spitze des Belastungsbügels B (Figur 2), die auf einem Kautschukplättchen A ruhte; das kleine (sewicht b diente zur Aequilibrirung des Bügels BB An B hing vermittelst des Bügels Ü das constante Gewicht D und an diesem vermittelst des durch dı verstellbaren Fadens c der Bügel E, welcher das eigentliche Belas- tungsgewicht F trug und mit seiner horizontalen End- platte e in ein Oelgefäss G tauchte, um etwaige Er- schütterungen beim Lösen der Arretirung HH zu ver- hindern. Der Arretirung (Figur 3) war folgende Einrichtung gegeben. Der Bügel E (Figur 2) ruhte bei der Entlastung mit seiner Spitze auf den horizontalen Tischehen HH (Figur 2) oder A (Figur 3). A war durch die Feder- charniere aa. mit der in der Mauer festgemachten eiser- nen Platte A, verbunden. An A war rechtwinklig der Stab B angeschraubt, dessen unteres Ende b mit dem gegenüberliegenden Punkte ce der Feder GC durch emen festgespannten Faden verbunden war. Die Feder © konnte durch eine auf der fest in der Wand befindlichen Stütze D sitzende Mikrometerschraube E oder behufs schnellerer Belastung durch die Hebelvorrichtung F der Wand ge- nähert werden. War die Belastung arretirt, so wurde vermittelst der Feder Ü das Tischchen A (oder in Figur 2 HH) erhoben gehalten; durch Anziehen der Schraube E oder des Hebels F senkte sich A durch die auf ihm lie- genden (sewichte und die Belastung griff an. Die Senkung wurde in derselben Weise wie früher (l. e. p. 258) an dem Wandern der Interferenzstreifen beobachtet, die zwischen der oberen Kathetenfläche des Prismas und dem zu untersuchenden Stäbchen bei An- 147 wendung von Natriumlicht entstehen. Jedesmal wenn an dem beobachteten Punkte ein Wechsel von hell durch dunkel zu hell eingetreten ist, also das Fadenkreuz wie- der die gleiche Stellung zwischen den dunklen Streifen einnimmt, ist der Abstand zwischen Prisma und Stäbchen (bei senkrechter Incidenz) um eine (rrösse gleich der halben Wellenlänge .des Natriumlichtes vermehrt oder vermindert. Die Beobachtung fand nun so statt, dass die Arretirung vermittelst der Schraube langsam gelöst und dabei die Zahl der das Fadenkreuz passirenden In- terferenzfranzen gezählt wurde; dasselbe geschah bei der Entlastung. Nachdem dies einige Male wiederholt und constant dieselbe Zahl gefunden war, konnte man bei der Fortsetzung der Beobachtungsreihe von der jedesmaligen Zählung aller das Fadenkreuz passirenden Interferenz- franzen absehen; es genügte, nur den Anfangs- und End- punkt genau zu beobachten, um die Bruchtheile gehörig zu schätzen. Hierbei bediente ich mich der Hebelvor- richtung, wodurch die Belastung schneller, aber mit der- selben Sicherheit ausgeführt werden konnte, wie bei der Lösung der Arretirung durch die Schraube. Die Messung des Abstandes der Lagerkanten L und M (Figur 1) geschah mit Hülfe der Mikrometerschraube G. Dem beweglichen Lager L, das sich unmittelbar an die Schraubenspitze lehnte, sollten solehe Dimensionen gegeben sein, dass bei einer Stellung der Mikrometer- schraube auf 10,000 der Abstand der Lager genau 10,000 Mm. betrüge. Es war demnach nothwendig zu prüfen, wie genau es gelungen war, diese Bedingung zu erfüllen. Es geschah dies mit einem sogenannten „gravity piece“), ') Vergl. Ber. üb. die wissensch. Apparate auf d. Londoner internationalen Ausstellung im Jahre 1876. Hsg. v. A. W. Hofmann. Braunschweig 1578, pag. 208. DE: a 148 d. h. vermittelst eines (Glasstückes, das durch Anziehen der Mikrometerschraube G@ zwischen den Lagern mit schwacher Klemmung gehalten wurde. @ wurde darauf langsam gelöst und an der Trommel der Punkt abgelesen, bei dem das Glasstück zwischen den Lagern durchfiel. Misst man dann vermittelst des Sphärometers die Dicke des Glasstückes an der Stelle, die sich zwischen den Lagerkanten befand, so müsste, wenn die beiden Mikro- meterschrauben und die Länge des beweglichen Lagers richtig wären, das Resultat dasselbe sein. Gefunden wurde: Gravity piece Dicke m. Sul ne: Differenz yı " meter gemessen. R ; ne ns a No. 1 10.491 m/m. | 10.467 m/m. | 0.024 ım/m. ED 8.990... 8.962.011. 0.028 Der Abstand der Lagerkanten ist also, mit der Mi- krometerschraube G gemessen, unter Voraussetzung der Richtigkeit der Sphärometerschraube um 0.03 m/m. zu klein. Offenbar ist die Messung mit der Mikrometer- schraube des Apparates etwas fehlerhaft; es liegt jedoch auf der Hand, dass die Abweichungen in anderem Sinne erfolgen müssten, als sie erfolgt sind. Die Messung der Dicke des Stäbchens wurde mit dem Sphärometer in der von mir (Wied. Ann. N. F. Ill. p. 611 ff.) angegebenen Weise ausgeführt. Das Stäbchen C (Figur 4) wurde zwischen die Spitze der Sphärometer- schraube A und eine ihr gegenüberstehende Spitze B gebracht, die auf einem federnden Glasplättchen D sass; der Moment der Berührung von A mit C beim Herab- drehen der Schraube, wurde durch das beginnende Wan- dern der Interferenzfranzen zwischen den Glasplatten D 149 und E bestimmt. Die Genauigkeit der Bestimmung des Contactes der Schraube lässt sich, wie ich gezeigt habe, auf 0.1 «!) bestimmen. Offenbar wird jedoch durch eine schiefe Lage des Stäbchens C zwischen den zwei Spitzen A B die Richtigkeit der Messung bedeutend beeinflusst. Ist nämlich d der beobachtete Werth der Dicke, r der Radius der Kugel A, in welche die Spindel der Sphäro- meterschraube ausläuft, 1 der Radius der kleinen kreis- förmigen Ebene, in der die untere Spitze B endigt, so ist die wahre Dicke h, wenn & der Winkel ist, den d und h mit einander bilden: —dcosp — r(1— cosp) —1sin o. Dies ergiebt; für. o — 1°. und/d = 1 m/im:.üdst=ih ——..0.013 ,m/m.?) Es kommt nun darauf an, den Winkel & möglichst klein zu machen. Man kann dies dadurch bewirken, dass man die Orientirung des Stäbchens, das auf einem mit drei Stellschrauben versehenen Tischchen festgeklemmt ist, so lange ändert, bis man für einen Punkt das Mini- mum der Dicke gefunden hat. Es ist also bei mehrfachen Einstellungen auf denselben Punkt nicht das Mittel, son- dern der kleinste erhaltene Werth der richtigste. Da diese Methode der Messung jedoch zu umständlich ist, so wurde folgendermassen verfahren. Unter der Annahme, 1) « — 1 Mikromillimeter — 0.001 m/m. 2?) Liesse man die untere Spitze ebenfalls in einer Kugel (deren Radius rı sei) endigen, so würde h=dcosp— (r-+rı) (1 — cos p). Diese Formel ist scheinbar günstiger, da man durch Ver- kleinern von rı (Auslaufenlassen in eine Spitze) den Fehler, der durch die Verlegung des contacten Punktes entsteht, möglichst gering machen kann. Hierbei treten jedoch andere Fehler auf, hervorgerufen durch ungenaue Centrirung der das Ende der Schraube bildenden Kugel A und durch ein Sich-Eindrücken der Spitze B in das zu messende Stäbchen. 150 dass die untere Fläche des Stäbchens eine Ebene ist oder nur wenig von einer solchen abweicht, wurde die Rich- tung des Stäbchens durch die drei Stellschrauben des Tischehens so lange verändert, bis alle Punkte der un- teren Fläche die untere Spitze bei horizontaler Verschie- bung gerade berührten, was sich dadurch kenntlieh machte, dass bei jedem Punkte der unteren Fläche bei der gering- sten Drehung an den Stellschrauben eine Bewegung der Interferenzstreifen eintrat. Auf diese Weise gelang es allerdings, die Messungen mit einer ausserordentlichen Präcision auszuführen. Die Resultate einer mehrfach wie- derholten Messung mögen deshalb hier ‘als Beispiel eine Stelle finden. Die mittlere Dicke eines Stäbehens wurde durch Messung an 12 verschiedenen Punkten gefunden. Messung I 1.0510 m/m. a ES AR Oy Eros 11 221205147, Der dritte Werth war vermittelst der oben erwähn- ten umständlicheren Methode erhalten. Maass man die Dicke, indem man das Stäbchen nur nach dem Augen- maasse zwischen den Spitzen möglichst senkrecht zur Schraubenaxe stellte, so ergab sich 1.0560 m/m., also eine um ca. 0 5°/o grössere Dicke. Es wurde grund- sätzlich immer dieselbe Stelle der Schraube benutzt, um später bei der Ermittlung des Fehlers die Arbeit mög- licehst abzukürzen. Eine Bestimmung der Fehler der Schraube nach einer neuen Methode, die erlaubt direct den Fehler jedes Schraubenganges zu messen, ergab als Correetion — 3.5 u. Es liessen sich jedoch nicht alle Messungen mit derselben Präcision ausführen, weil die Stäbchen theilweise während der Beobachtung zer- 151 brachen und deshalb die Messung nicht an hinreichend vielen Punkten ausgeführt werden konnte. Die Messung der Breite erfordert nicht eine so grosse absolute Genauigkeit, wie die der Dicke; es genügt, wenn dieselbe auf ungefähr 0.01 m/m. genau ist. Es wurde zuerst versucht, dieselbe vermittelst der am Hauptapparate befindlichen Mikrometerschraube zu bestimmen. Hierzu wurde das Stäbchen auf das bewegliche Lager gelegt und die eine Kante desselben in das Fadenkreuz eines senkrecht darüberstehenden Mikroskopes gebracht (eine einfache Vorrichtung erlaubte das Stäbchen parallel der Drehungsaxe der Mikrometerschraube zu stellen.) Darauf wurde das bewegliche Lager durch die Mikrometerschraube so lange verschoben, bis die andere Kante des Stäbchens ins Fadenkreuz fiel. Die Differenz der Ablesungen an der Schraube giebt dann die gesuchte Breite. Mit dieser Methode ist jedoch die erforderliche Genauigkeit nicht zu erreichen, da sich die Einstellungen auf die Kanten nicht genau machen lassen. Mehrfach wiederholte Mes- sungen an demselben Querschnitte des Stäbchens (je- doch bei verschiedener Beleuchtung) ergaben Abweichun- gen von über 8°/o. Es wurde deshalb die Breite in derselben Weise wie die Dieke gemessen. Die hierdurch erhaltenen Werthe stimmten ausserordentlich gut überein. Zwei unabhängige Messungen an je acht verschiedenen Querschnitten erga- ben z. B. als mittlere Breite: I. Reihe 3.2074 m/m. :5hyuibssianosiodi Die Werthe weichen also nur um circa 0.2°/o von einander ab. Es hat die Ausführung auch dieser Messung mit dem Sphärometer ausserdem den Vortheil, dass alle Dimensionsbestimmungen auf diese Weise mit derselben Mikrometerschraube gemacht sind. et (eb) | DD Das Gewicht der angewandten Gewichtsstücke war hinreichend genau bestimmt. Die Messung der Senkung war nicht in demselben Grade genau; die Unsicherheit derselben betrug vielmehr je nach der Anzahl der beobachteten Interferenzstreifen 1—2°/o. Wie schon oben erwähnt, griff die Belastung nicht mit einer Schneide, sondern mit einer Spitze an, es war diese Anordnung aus mehreren Gründen getroffen. Es lässt sich bei der Belastung vermittelst einer Schneide nie genau angeben, ob dieselbe wirklich mit ihrer ganzen Breite auf dem Stäbchen ruht, vielfach konnte man direct beobachten, dass sie nur mit einem Punkte angriff, da sie sich leicht um eine verticale Axe drehen liess. Da nun die Oberfläche der Stäbchen, wie die Dickenmessun- gen ergaben, nicht vollkommene Ebenen sind, so.wird meistentheils nur ein nicht einmal genau zu ermittelnder Punkt der Schneide angreifen. Um diesem Uebelstande zu begegnen, wandte ich früher (l. e. p. 260) entweder zwei Spitzen oder eine durchbrochene Schneide an; immer muss hierbei der Angriffspunkt der Belastung in die Richtung der Axe des prismatischen Lagers fallen, denn nur in diesem Falle kann die Drehungsaxe, um die sich das Stäbchen bei der Belastung dreht (an welcher auch die Beobachtung der Senkung stattfinden muss) ermittelt werden, andernfalls fällt sie in der Regel ausserhalb -des Gesichtsfeldes. Eine Spitze als angreifender Theil des Belastungsapparates lässt sich aber mit grosser Präcision in die Mitte des Stäbchens und in die Richtung der obe- ren Kante des prismatischen Lagers bringen, um welche die Drehung der Construction der Lager zufolge haupt- sächlich stattfindet. Die Versuche ergaben die Drehung bei Belastung mit einer Spitze bedeutend geringer als bei Anwendung der Schneide. Es fragt sich jedoch, ob 153 beide Methoden unter sonst gleichen Umständen dieselbe elastische Senkung geben. Zur Untersuchung wurde ein Glasstab benutzt. Länge: 20.000 m/m. 3reite: 4.82 m/m. Dicke: meamansı| Belastung: 0.3754 Kgr. (sefunden wurde: Beobach- | Belastung griff an Beobach- tungsreihe. mit Schneide. mit Spitze. | tungsreibe. No;,,,L.; |} ‚36.9 37.5 No; 4 SL 37.3 36.9 sl aa 36.8 36.9 nl: MER REN 36.9 36.4 AN? | Mittel 36.98 | Mittel 36.92 Die Einheit der Zahlen ist die halbe Wellenlänge des Natriamlichtes. Nach jeder der acht Beobachtungs- reihen wurde der Apparat auseinander genommen, gerei- nigt und die Einstellung neu gemacht. Die Ueberein- stimmung ist also eine vollständige. Da die Belastung durch eine Spitze ungleich bequemer war, so wurde fortan nur die Spitze zur Belastung benutzt, die zum Schutze für das Stäbchen auf einem Kautschukplättchen ruhte. Schon in der ersten Abhandlung (l. ce. p. 257) habe ich darauf hingewiesen, dass es nothwendig ist, eine Hülfs- vorrichtung für solche Substanzen anzubringen, welche die Lichtstrahlen von ihrer polirten Oberfläche in einem solchen Intensitätsverhältnisse zu denen schon vom Prisma reflectirten zurückwerfen, dass zwischen beiden Strahlen- gattungen keine sichtbaren Interferenzfranzen entstehen. Ich hatte damals, weil es sich um einen metallischen Körper (Messing) handelte, eine Klammer angewandt, an deren unteren Fläche ein dünnes auf einer Seite geätztes 154 Glasplättchen angekittet war. Bei den jetzt von mir untersuchten Krystallen war eine solche anschraubbare Klammer nicht anwendbar, weil in den Stäbchen hierbei durch den angewandten Druck sofort Gleitflächen ent- standen. Ich verfuhr deshalb folgendermassen. Auf das Glasplättchen B (Figur 5) wurde ein Klebwachströpf- chen e von der Form wie die Figur es zeigt gebracht, so dass es oben eine scharfe Kante («) bildete. Mit dieser wurde es an das Stäbchen gekittet. Beim Auflegen des Stäbehens auf die Lager wurde dann diese Kante in die Mitte zwischen die Lager und die Beobachtungsspitze gerade darüber gebracht. Es könnte nun scheinen, als wäre hierdurch eine Fehlerquelle geschaffen; mehrfache Versuche an einem Glasstäbchen haben jedoch gezeigt, dass die Senkungen, erhalten mit angekittetem Plättchen, dieselben Werthe haben wie ohne dasselbe. )as Stäbe) rar G Das Stäbchen war Beobachtungs- Baohachimies: | ohne mit angekittetem an R nme Plättchen.:.. ‚Blättehen...., | he gr | | N a Ra 2 re NT ae gi 18199 Pelel OMEIE De 1055 13.47 | ll Hayr 13.50 18:6 Mittel 13.64 13.71 ‚ Mittel Jede Zahl (in denselben Einheiten wie pag. 12) ist auch hier das Mittel aus den bei mehrfachen Belastungen und Entlastungen gefundenen Senkungen. Nach einer jeden Reihe wurde das Stäbchen abgenommen, geputzt und der ganze Apparat neu eingestellt. Die mittleren Werthe, die aus den beiden Versuchsreihen erhalten wer- den, stimmen auf ca. 1°/, miteinander überein; dies ist, mit Rücksicht auf die weiter unten zu ermittelnden Feh- lergrössen, ein befriedigendes Resultat. Besonders vor- 155 theilhaft ist die Anwendung eines so angebrachten Plätt- chens noch deshalb, weil sich dasselbe bei der Berührung mit der oberen Fläche des Reflexionsprismas von selbst derselben parallel stellt, wodurch sehr viel Zeit an der sonst schr mühsamen Einstellungsarbeit erspart wird. Nur ein Umstand ist hiermit verknüpft, der störend wirkt, der sich aber bei einiger Aufmerksamkeit vermeiden lässt. Bei höheren Temperaturen nämlich senkt sich namentlich beim Anfange der Versuche das Plättchen continuirlich; hierdurch werden die elastischen Biegungen beim Belasten scheinbar zu gross, beim Iintlasten scheinbar zu klein. Da diese Senkung nahezu gleichmässig vor sich geht, so hebt sich dieselbe im Resultat auf, vorausgesetzt, dass man zur Belastung und Entlastung die gleiche Zeit ge- braucht. Wendet man einen spröderen Kitt an, so wird die Senkung natürlich geringer, dafür muss das Plättchen aber auch wegen mangelnden Klebens mit einer grösseren Fläche am Stäbchen haften und wird sich schwerer der oberen Prismenfläche, wenn man beide bis zur Berührung nähert, parallel stellen, bezüglich seine Parallelität be- wahren. Die durch dieses Nachgeben des Klebwachses hervorgerufenen Unterschiede bei der Belastung und Ent- lastung betragen allerdings nur Bruchtheile des Abstan- des zweier benachbarter Interferenzfranzen, jedenfalls ist es aber practisch, die Belastung möglichst schnell, natür- lich ohne Erschütterungen, wirken zu lassen. Hierzu wurde die Hebelvorrichtung (F) (Figur 3) benutzt. Bei warmer feuchter Luft wird ausserdem noch das Stäbchen sowohl an seiner ganzen Oberfläche angegriffen (Bildung von Aetzfiguren), als auch an den Stellen, die auf den Lagern liegen, mit Eindrücken versehen, welche die Dicke an diesen Stellen vermindern; man erhält daher mit jeder neuen Versuchsreihe wachsende Werthe für die Senkung. Man wird also gut thun, bei zu warmem feuchtem Wetter 156 die Beobachtungen vollständig zu unterlassen. Ausserdem ist es rathsam, die Stäbchen in einem luftdicht schliessen- den Gefässe oder unter einer dieselbe nicht angreifenden Flüssigkeit aufzubewahren resp. dieselben sogleich, nach- dem sie ihre definitive Politur empfangen haben, zu be- nutzen, weil durch die oben erwähnten Aetzfiguren Un- ebenheiten entstehen, welche die Richtigkeit des Resul- tates beeinflussen. So wurden z. B. für ein senkrecht zur Dodekaederfläche geschnittenes Sylvinstäbchen, bei welchem die Beobachtungsreihen um drei bis vier Monate auseinanderlagen, weil die Untersuchung durch andere Arbeiten unterbrochen wurde, folgende Werthe für die Biegung auf dieselbe Länge und Belastung redueirt ge- funden: 113 NE Ill. 17.7 18.8 19.3. (Die Einheit der Zahlen ist die halbe Wellenlänge des Natriumlichtes.) Bei diesem Stäbchen war nicht nur die Oberfläche angegriffen, sondern dasselbe zeigte auch deutlich an den Stellen des Querschnittes, mit welchen dasselbe bei Beo- bachtung I und II (die im Sommer stattfanden), auf den Lagern aufgelegen hatte, Verminderungen der Dicke; hierdurch sind die grossen Abweichungen erklärlich. Ich habe (l. c. p. 259) erwähnt, dass die Belastung in der Mitte zwischen den Lagern angreifen muss. Es wurde dies durch Einstellung vermittelst der Schrauben T, T, der dioptrischen Vorrichtung Rz erreicht (Fig. 1). Ausser- dem diente der vordere Faden derselben nebst einem an- dern horizontal gespannten R, dazu, das Mikroskop senk- recht zur vorderen Prismenfläche zu stellen, also bei senk- rechter Incidenz der interferirenden Strahlen zu beobach- ten. Der Ort nämlich, auf den man das Mikroskop ein- zustellen hat, um die Interferenzfranzen möglichst scharf 157 zu sehen, liegt bei den Dimensionen des benutzten Re- flexionsprismas einige Millimeter hinter der vorderen Fläche des Prismas. Es ist nun leicht, den vorderen horizontalen und verticalen Faden in eine solche Entfer- nung von der vorderen Prismenfläche zu bringen, dass ihre Bilder (entstanden durch Reflexion an der vorderen Pris- menfläche) mit den Interferenzstreifen in dieselbe Ebene fallen. Man sieht dann durch das Mikroskop die Inter- ferenzfranzen und das Bild der Fäden scharf, die Fäden selbst aber verbreitert und verwaschen; stellt man dann das Mikroskop so ein, dass das scharfe Bild des Fadens das verbreiterte halbirt, so wird man sicher sein, die Absehlinie mit hinreichender Genauigkeit senkrecht zur vorderen Fläche des Reflexionsprismas gestellt zu haben, d.h. also bei nahezu senkrechter Incidenz zu beobachten; der Fehler übersteigt hierbei 0.5° nicht; er würde jedoch erst bei 3° das Resultat um 0.2°/, beeinflussen. Die Beobachtung der Senkung selbst hat an dem Punkte der Querlinie des Stäbchens zu geschehen, welcher durch die Drehung desselben um eine Längsaxe bei an- greifender Belastung keine Senkung erfährt (wie l. c. p- 260 gezeigt wurde). Das dort angegebene Verfahren, die Axe durch leichtes Drehen des Lagers L (Figur 1) zu suchen, wurde auch jetzt angewandt. Da sich diese Axe während der Belastung verlegte, so konnte man entweder die mittlere Drehungsaxe ermitteln und an die- ser beobachten oder man machte je einen Satz Beobach- tungen an der Drehungsaxe, wie sie ohne Belastung und wie sie mit Belastung gefunden wurde und nahm das Mittel aus den beiden erhaltenen Zahlen. Gewöhnlich wurde die letztere Methode gewählt, weil dieselbe ge- nauer war. Als letzte Correcetion ist noch die Grösse der Ein- resp. Durchdrückung der Lager zu erwähnen (l. ce. p. 261 ff.) Sowohl die Lager, welche in eine ziemlich scharfe Kante auslaufen, wie diejenigen Stellen, mit denen das Stäbeben auf denselben ruht, erleiden bei der Belastung eine Uompression, die nach Aufhebung der Belastung wieder verschwindet. Hierdurch wird die Senkung um 1—2°/, vergrössert. Es wird dieselbe offenbar für ver- schiedene Substanzen verschieden sein; es ist also noth- wendig, diesen Werth für eine jede besonders bei ver- schiedenen Belastungen zu bestimmen. Es ergab sich 0.5585 | 0.3754 | 0.1566 | 0.0793 Kgr. Kgr. Ker. Kgr. Sylvin (senkrecht zu der Würfelfläche) . -... ....1.41:|:0.70 | 0.35 |. 0.22 Sylvin (senkrecht zu der | | Dodekaederfläche) . .. 1.49 | 0.86,,| 0.34 | 70:21 (las a eh a 5 Eee 2.D ar 0.71 0.46 Diese Zahlen (Einheit: halbe Wellenlänge des Na- triumlichtes) sind die Mittel aus je ca. sieben von einan- der unabhängigen Beobachtungsreihen. Dieselben wur- den erhalten mit besonders zu diesem Zwecke angefer- tigten Klötzen der betreffenden Substanz von ca. 9 m/m. Breite und Dicke. Die Werthe sind für die Sylvinstäb- chen nach den verschiedenen Richtungen nahezu dieselben, ihre Abweichungen liegen wenigstens innerhalb der Feh- lergrenzen. Für Glas ist die Durchdrückung nahezu doppelt so gross. Diese Senkung wird offenbar in irgend einem Verhältniss zur Abnahme der Breite wachsen; es wurde angenommen, dass dieselbe der Breite umgekehrt proportional sei. Zur Prüfung dieser Annahme wurde ein Stäbchen von 3.1 m/m. Breite auf ein 5.1 m/m. dickes Glasstück gekittet und bei einer Länge von 10 m/m. mit 0.3754 Kgr. belastet; gefunden wurde als Senkung 2.35; 159 die elastische Biegung unter der Annahme E — 7000 für Glas ist — 0.11; mithin ist die durch die Compression der Lager und des Stäbchens hervorgerufene Senkung — 2.24. Berechnet man aus diesem Werthe den ent- sprechenden für 9 m/m Breite, so erhält man 0.77. Ge- funden wurde 0.70. Der für die Berechnung des Elasti- citätscoefficienten benutzte Werth der Senkung für eine bestimmte Belastung ist also gleich dem Gesammtwerthe der Senkung s, weniger dem Werthe s,, welcher von der Belastung herrührt, die der Bügel E (Figur 2) selbst ausübt, und dem Werthe s,, der aus der Durchdrückung der Lager resultirt. Die wahre Biegung wird also sein: Ver (Sp Ei Sa). Da die mittleren Fehler einer Beobachtungsreihe durchschnittlich folgende Grössen haben: Mittlerer Fehler von s mı — 0.05, ” ” „ . %» Ma = 0.05, „ o)) „ Sı M; = 0.02, so wäre in bekannter Weise der Fehler des Resultates M-= V mı? + ma? + m3?— 0.07. |Die Einheit der Zahlen ist die halbe Wellenlänge des Natriumlichtes.] In Wirklichkeit ist die Unsicher- heit, mit welcher die Werthe S behaftet sind, bedeutend grösser. Es kommt dies daher, dass durch die Belastung der ganze Apparat nicht nur eine Senkung erfährt, son- dern auch deformirt wird. Bringt man nämlich das Ge- wicht ganz am Ende der Schiene D (Figur 1) an, so tritt nicht nur eine Senkung des ganzen Apparates ein, sondern es erfolgt auch eine Verschiebung der Interferenz- franzen gegen eine feste Marke des Prismas; dasselbe geschieht in geringerem Maasse, wenn man das Gewicht zwischen M und P; anbringt. Die Senkung des ganzen 160 Apparates lässt sich eliminiren durch Anbringung des Mikroskopes am Apparat selbst, oder da es bequemer war, das Mikroskop von einem besonderen in der Wand befestigten Halter tragen zu lassen, dadurch dass man die Interferenzstreifen vertical stellt. Das aus der De- formation der Schiene resultirende Wandern der Streifen bestand entweder in einer blosen Drehung derselben, oder es erfolgte im Sinne einer Senkung oder Hebung. Die Unsicherheit, welche hierdurch in der Bestimmung von S entsteht, wächst damit auf 0.2 (Halbwellen des Natriumlichtes). Resultate. 1) Steinsalz. In Bezug auf die Untersuchungen am Steinsalz ver- weise ich auf die von mir (Wied. Ann. N. F. V. pag. 521) publieirte Arbeit, in der ich die Brauchbarkeit der Methode speciell durch die Untersuchungen am Steinsalz nachwiess. Gefunden wurde als Mittel: Eı senkrecht zur Es, senkrecht zur Würfelfläche: Dodekaederfläche : 4030 3395 Eı —_ 8. E. iL,2l 2) Sylvin. Untersucht wurden vom Sylvin drei Krystalle, aus denen eine grosse Anzahl (36) von Stäbchen geschnitten wurden, doch nur mit wenigen gelang es,: die Beobach- tungen ganz zu Ende zu führen, weil die meisten die nöthigen Belastungen nicht ertrugen. Die Stäbchen wa- ren von Hrn. Strübin, Optiker in Basel, in sehr voll- kommener Weise hergestellt. Ich theile der Probe wegen zuerst ein vollständiges Beobachtungsbeispiel mit. 161 Nachdem der Apparat und namentlich die Lager- kanten sorgfältig gereinigt waren, wurde das zu unter- suchende Stäbchen, an dessen unterer Seite das Glas- plättchen in der angegebenen Weise befestigt war auf die Lager aufgelegt und der Belastungsbügel B (Fi- gur 2) mit seinem constanten Gewichte D aufgesetzt; durch die Diopter Rınz (Figur 1) R,R, wurden das Stäb- chen und die Spitze des Belastungsapparates in die rich- tige Lage gebracht. Darauf wurde das Reflexionsprisma dem angekitteten Glasplättchen bis zur Berührung ge- nähert und der Apparat dann nach Entfernung aller Gas- flammen während einer Viertelstunde sich selbst über- lassen. Das während der Einstellungsarbeiten durch die strahlende Wärme der Beleuchtungsflamme etwas weich gewordene Klebwachs war in dieser Zeit wieder hart ge- worden und bewahrte in Folge dessen auch nach Herunter- schieben des Reflexionsprismas seine mit der oberen Fläche des letzteren parallele Lage. Nachdem die Entfernung zwischen Prisma und Stäbchen genügend war und das Mi- kroskop senkrecht zur vorderen Prismenfläche gestellt war, konnte die Messung der elastischen Biegung erfolgen. Ich wähle aus dem zweiten der untersuchten Sylvin- krystalle den Stab No. 9, dessen Längsrichtung senkrecht zur Dodekaederfläche lag. Nachdem vermittelst der Lö- sung der Arretirung durch die Schraube die Anzahl der durch das Fadenkreuz gewanderten Interferenzstreifen gleich ca. 40 gefunden war, wurde jetzt die genauere Bestimmung durch Beobachtung der Anfangs- und Schluss- stellung des Fadenkreuzes vermittelst Lösung der Arre- tirung durch die Hebelvorrichtung gemacht. Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 1. 162 I. Reihe. A. Die Beobachtung geschah an der Drehungsaxe wie sie ohne Belastung gefunden war.') s Sp Sue 5; + Sa 40.4 12.9 0,49 —— 40.3 12.9 _ _- 40.5 12,9 — — 40.5 12.9 = .- 40.5 — — — 40.4 = . — Mittel: A087. .1.1290...70.20., 01958 B. Die Beobachtung geschah an der Drehungsaxe, wie sie mit Belastung gefunden war. S Sn Sa sp + Sa 40.5 15:0 0.49 — 40.6 1520 — — 40.5 12.9 — — 40.6 13.0 — — 40.7 _ — E= 40.6 —- — — Mittel: 40.58 12.98 049 1347 Sp a7: Hierauf wurde das Stäbchen herunter genommen, das Plättchen frisch angekittet, der Apparat gereinigt; dann das Stäbchen neu aufgelegt (jedoch um 180° ge- dreht) und von neuem in der angegebenen Weise beobachtet. ') Vergl. oben pag. 16. Der Kürze wegen soll durch A und B bezeichnet werden die Beobachtung an der Drehungsaxe, wie sie ohne und wie sie mit Belastung gefunden wurde. 163 ItzRerhe: Ne Ss Sh Sa Sa 39.5 12.6 0.49 a 39.7 17 —— es 39.7 12:6 — —— 39.8 127 —- — SORT — =2 am 39.7 = = ei Mittel: 39.68 12.65 0.49 13.14 Dr 26.55. B. Die Axe hatte sich nicht verlegt: Sp == 26.55. Es wurde jetzt das Stäbchen wiederum abgenommen und in derselben Weise verfahren; das Stäbchen wie- derum um 180° gedreht. III. Reihe. A. S Sh Sa Sp + Sa 3IU 127 0.49 — 39.9 12.8 — — 39.8 2X — — 39.8 12.8 — — 39.8 — — _— 39:9 — — — Mittel: 39.82 5) 0.49 13:24 Sı = 26.58. B; S Ss» Sı sp —- Sa 33:6 12.8 0.49 — 39.8 12.8 — — 39.8 12.8 — = 39.9 12.8 — en 39. — — — 39.9 — — — 39.9 — — — 39.9 — — — Mittel: 39.84 12.80 0.49 13.29 SE == 26.55. 3*+ 164 General-Mittel S — 26.72. 4 0.10 für eine Belastung von 0.0625 Kgr. Die Einheit für die Grössen S ist immer die halbe Wellenlänge des Natriumlichtes. Es folgen nun die Dimensionsbestimmungen. Der Abstand der Lager (l) war an der Mikrometer- schraube gemessen — 15.000 mjm. Corrigirt — 15.030 m/m. Messung der Breite: Die Sphärometerschraube bis auf die Spitze herab- geschroben ergab die Nullstellung : 12:05: Mittel: 13.8027. Wurde jetzt das Stäbchen dazwischen gebracht, so ergaben sich an ı0 verschiedenen Punkten des Quer- schnittes folgende Ablesungen an der Schraube. (Jede Zahl ist das Mittel aus zwei Einstellungen). 10.917 16.916 16.902 16.900 16.900 Also die Breite (b) 16.898 — 16.907 —.e13.803 16.909 —+ 8.104 m/m: 16.914 16.910 16.907 Mittel: 16.907 Die Messung der Dicke geschah bei jedem Stäbchen an je drei Punkten auf acht Querlinien, also im Ganzen an 24 Punkten. Nullstellung der Schraube: 13.8018 13.8020 Mittel: 13.8019. 165 Einstellungen auf das Stäbchen: Vom Ende ohne Signatur!) — bis zur Mitte: 14.8200 14.3200 14.8245 14.8225 14.8175 14.8200 14.8260 14.8235 14.3200 14.8192 14.3230 14.8238 Vom Ende mit Signatur — bis zur Mitte: 14.8255 14.3260 14.8280 14.8252 14.8293 14.8290 14.8296 14.8278 14.8295 14.8298 14.8295 14.8270 Mittel: 14.3248. Also die Dieke d — 14.8248 — 13.8019 — 1.0229, davon 0.0035 (vrgl. Seite 150); bleibt d — 1.019. Hiermit sind alle Daten zur Berechnung des Elastı- eitäts-Coefficienten gegeben. Die Berechnung geschah nach der Formel: Bl sh2lys- ' Sa ll H3 2 Kgr. m/m. (wo P die Belastung, 1 der Abstand der Lager, b die Breite, h die Dicke, s die Anzahl der durch das Faden- B-ı 2° kreuz gewanderten Interferenzstreifen, ip die Wellenlänge des Natriumlichtes bedeutet.) In derselben Weise wurden die Beobachtungen an den anderen Stäben ausgeführt. Die Beobachtungen er- gaben folgende Werthe E für die Elastieitätscoefficienten: Stab senkrecht zur Würtfelfläche. Krystall No. I. E Mittel No. 4. 3890 BG: 3991 SAL. 4155 4012 !) Die Stäbchen waren zur Unterscheidung signirt. 166 Krystall No. 11. LE 3890 (esammtmittel Erlalihr 4096 3993 4009 Krystall No. Ill. Br 4037 EB 4009 4023 Stab senkrecht zur Dodekaederfläche. Krystall No. 1. E Mittel No. 3. RE) FR. [1983] dh 2063 0: 2126 2094 Krystall No. 1. ee 2092 (Gresammtmittel bare. 2080 2086 2088 Krystall No. Ill. SEE 2063 ar 2106 2084 Hierzu ist zu bemerken, dass den Beobachtungen an Stab No. 3 und 7 senkrecht zur Dodekaederfläche wegen der grossen Breite derselben kein Gewicht beizu- legen ist; dieselben sind nur der Vollständigkeit wegen aufgeführt; bei der Berechnung des Mittels und des mitt- leren Fehlers sind dieselben nicht berücksichtigt. 3) Chlorsaures Natron. Für die Krystalle dieses Körpers liegen nur Beobach- tungen an drei Stäbchen aus demselben Krystalle ge- 167 schnitten vor, an denen die Messung gelang. Dieselben ergaben als provisorische Werthe: E, senkrecht zur Würfelfläche 4047 E, ä „ Dodekaederfläche 3190. = Berechnet man sich aus der oben p. 24 f. gegebenen Tabelle die mittleren Fehler, so erhält man: |MittlererFeh- Mittlerer . E ler d. einzeln.| Fehler des | Beobachtung.| Resultates. Sylvin senkrecht zur Würfeläche . . 4009 a +34 Sylvin senkrecht zur Dodekaederfläche ..| 2088 156 ji Die Uebereinstimmung der erhaltenen Werthe ist befriedigend, da der mittlere Fehler des Gesammt-Resul- tates (Mittel aus den Elasticitätscoefficienten aller Stäb- chen, die die gleiche Richtung im Krystall haben) ent- sprechend der Ungenauigkeit in der Messung der Senkung (1—2°/,) nur ca. 1°/,, der des Elasticitätscoefficienten des einzelnen Stäbchens nur ca. 2°/, beträgt. Das Re- sultat wird noch günstiger, wenn man die Mittelwerthe von E für jeden Krystall miteinander vergleicht. | Eı senkrecht) E» senkrecht Krystall. | zur Würfel- zur Dodekae- fläche | derfläche. No 4012 2094 „ll 3993 2086 = IE 4023 2084 Mittel 4009 2088 168 Die Abweichungen erreichen mithin nicht 1/sP/o. Hiernach kann man wohl mit grosser Wahrscheinlich- keit behaupten, dass der Elasticitätscoefficient in den Kry- stallen des Sylvins für die gleicheRichtung im Krystalle eine Constante ist. Dieses Resultat wird durch etwaige constante Fehler in den Dimensionsbestimmungen nicht alterirt, da hier- durch alle Werthe in derselben Weise beeinflusst werden. Ausser den Fehlern, die bei der Bestimmung der Dimen- sionen der Stäbchen und bei der Messung der elastischen Senkung gemacht werden, können noch folgende Umstände die Richtigkeit des Resultates beeinflussen. Fällt die Richtung der Längsaxe des Stäbchens nicht genau mit der Würfel- oder Dodekaederflächennor- male zusammen, so wird die Senkung für die Stäbchen, deren Längsrichtung parallel der Würfelnormale liegt, grösser, die der Stäbchen, welche parallel der Dodekae- derflächennormale geschnitten sind, kleiner als ihr wahrer Werth gefunden werden. Da man jedoch bekanntlich bei einiger Vorsicht die vorgeschriebene Richtung auf 1° innehalten kann, so wird diese Fehlerquelle keinen grossen Einfluss ausüben. Sehr oft sind aber die Krystalle nicht homogen, indem sie im polarisirten Lichte Kinschlüsse von doppeltbrechenden Substanzen oder reihen- und flä- chenförmig angeordnete Interpositionen von Flüssigkeits- zellen zeigen. Bevor also aus einem Krystalle die Stäb- chen angefertigt werden, muss man denselben sorgfältig darauf hin untersuchen,. da man nur solche Krystalle ge- brauchen kann, welche diese Erscheinungen nicht zeigen. Noch nothwendiger ist die genaue Untersuchung der fer- tigen Stäbchen, da dieselben häufig durch die Bearbeitung Sprünge erhalten, 169 Vergleichen wir jetzt die für den Sylvin erhaltenen Werthe mit denen der beiden anderen untersuchten Kry- stalle des regulären Systems, so ergibt sich: E, senkrecht! E, senkrecht 2 Yu zur Würfel- zur Dodekae- — fläche. derfläche. EB, R Sykvin„]E0L3:2477% 4010 2088 1.92 Steinsalz NaCl . . 4030 3395 1.19 Chlors. Natron NaUlO; 4047 3190 1437 Freiburg i. B. Phys. Inst. d. Universität. 1881. Nov. 20. Ueber die Erregung des motorischen Nerven durch Wechselströme. Von Professor von TZries. Die Art und Weise, wie der elektrische Strom auf Nerven und Muskeln erregend wirkt, ist uns im We- sentlichen immer noch unbekannt. Als Basis unserer Vorstellungen dient heute, wie vor mehr als 30 Jahren schon, Du Bois Reymond’s allgemeines Gesetz der Nervenerregung durch den elektrischen Strom: „Nicht der absolute Werth der Stromdichtigkeit in jedem Augen- blicke ist es, auf den der Bewegungsnerv mit Zuckung des zugehörigen Muskels antwortet, sondern die Verän- derung dieses Werthes von einem Augenblick zum an- dern, und zwar ist die Anregung zur Bewegung, die diesen Veränderungen folgt, um so bedeutender, je schneller sie bei gleicher Grösse vor sich gingen oder je grösser sie in der Zeiteinheit waren.“ Dieses Gesetz ist, wie bekannt, insoweit vollkommen zutreffend, als es sich auf die Erregungswirkung von Stromänderungen bezieht, welche einige Zeit hindurch gleichmässig andauern; ein Strom welcher während 1 Se- kunde oder auch nur ! Sekunde gleichmässig mit einer gewissen (reschwindigkeit ansteigt oder absinkt, wirkt stärker erregend, als wenn das Ansteigen (Absinken) langsamer geschähe. Dagegen stösst die Anwendung des gleichen Gesetzes schon auf Schwierigkeiten, wenn in sehr kurzer Zeit nach- 171 einander Stromänderungen entgegengesetzten Sinnes vor- kommen. Wird ein Strom geschlossen und gleich darauf wieder geöffnet, so haben wir es mit einem ansteigenden und gleich darauf wieder absinkenden Strome zu thun. In diesem Falle wissen wir nun aus den Versuchen von Fick!) und denjenigen von König”), dass die Dauer der Schliessung von wesentlichem Einflusse auf das Ke- sultat ist. Durch die zuletzt angeführten Versuche kann es als definitiv festgestellt erachtet werden, dass eine Schliessungsdauer von 0,017-—0,018 Sek. erforderlich ist, um die grösste Erregungswirkung zu geben. — Ob man diese Thatsache als im Widerspruch mit dem obigen Du Bois’schen Gesetz betrachten muss, hängt davon ab, wie man sich dasselbe genauer mathematisch formu- lirt denkt. Wir wollen auf diese Frage später zurück- kommen. Der 2. Punkt, der durch dieses Gesetz noch nicht hinreichend sicher gestellt war und demzufolge Gegenstand weiterer Untersuchungen wurde, betrifft die andauernde Erregung durch einen elektrischen Strom, dessen Intensität eine periodische Funktion der Zeit ist. Die ganze Theorie der Dauererregungen wurde zunächst von Helmholtz?) begründet, als dieser die Summation und das Verschmelzen der Zuckungen gefunden hatte. Sobald man im Stande war, hiernach den Tetanus zu er- klären, in welchen ein Muskel geräth, wenn seinem Ner- ven eine genügende Anzahl von Reizen in der Zeitein- heit applicirt wird, begann man auch zu fragen, ob man nicht die Zahl der Reize auch so hoch machen könne, dass der Nerv (resp. Muskel) vermöge einer ihm inne !) Fick. Untersuchungen über elektr. Nervenreizung. Braun- schweig 1864. ?) König. Beiträge zur Theorie d. elektrischen Nervenreizung, Sitzungsber. d. Wiener Acad. 62. Bd. 2. Abt. 1870. ») Helmholtz. Monatsberichte d. Berl. Academie. 1854. wohnenden Trägheit nicht mehr mit Tetanus antworte. . Die Beziehung auch dieser Frage zum Du Bois’schen (Grundgesetz mag uns hier zunächst gleichgiltig bleiben; wir wollen uns mit ihr selbst beschäftigen. Helmholtz hatte gelegentlich seiner Untersuchungen über elektrische Öscillationen ') bereits nachgewiesen, dass der Muskel durch 7300 Stromschwingungen per Sekunde in Zuckung versetzt werden kann, fand aber in diesem Fall „die physiologische Wirkung schwach.“ Die weitere Literatur (bis auf die Neueste) kann hier übergangen werden, da sie in der Arbeit von Kronecker und Stirling?) (8. 26 f.) vollständig zusammengestellt ist. Diese Autoren erreichten die höchsten bis jetzt zu erhaltenden Osecilla- tions-Frequenzen (bis 22000 pr. Sek.) und es gelang ihnen den Frosch-triceps durch solche Oscillationen in Tetanus zu bringen. Die Verfasser kommen zu dem Resultat, „dass die obere Grenze der Frequenz electrischer Reize, welche den Muskel zu tetanisiren vermögen, nahe der Grenze liegt, wo auch mit andern (physikalischen) Rheoskopen Stromschwankungen nicht mehr wahrgenommen werden.“ Ich weiss nicht ob das so verstanden werden soll, dass Öscillationen sehr hoher Frequenzen (über 22000, die vielleicht den Muskel nicht mehr erregen) auch durch physikalische Hilfsmittel nicht mehr nachgewiesen werden können, oder dass sie bei der Beschaffenheit unserer gegenwärtigen Apparate nicht mehr hervorgebracht werden können. Wie dem auch sein mag, wir können es durch die oben erwähnte Angabe von Helmholtz als sicher gestellt betrachten, dass 7300 Öse. p. Sek. !) Helmholtz. Ueber elektrische Oscillationen. Verhandlungen d. naturhist. med. Vereins zu Heidelberg. V. 1868—71. 8. 30. ?, Kronecker und Stirling. Die Genesis d. Tetanus. Du Bois- Reymond’s Archiy f, Physiologie. 1878, noch erregend wirken können, durch Kronecker und Stirling sogar, dass 22000 Ose. Tetanus bewirken können. Diese Thatsachen stehen, wie mir scheint, mit den Versuchs-Resultaten von Bernstein!) nicht im Widerspruch. Nach diesem soll eine Frequenz von Rei- zen, welche eine gewisse Grenze überschreitet, nur bei höheren Intensitäten Tetanus, bei geringeren aber eine „Anfangszuckung“ mit gar keinem oder schwachem darauf- folgenden Tetanus bewirken. Kronecker und Stirling beschreiben die Anfangszuckung überhaupt nicht; sie fin- den es auch nicht glaublich, dass derselbe Reiz vielmal ein- wirkend einen geringeren Effect geben solle, als bei seltener Einwirkung, und scheinen somit die Anfangs-Zuckung für einen Irıthum Bernstein's zu halten. Die unbefangene Würdigung des Thatbestandes ergibt nun, dass die Beant- wortung der vorliegenden Frage bisher noch nicht geleistet ist. Denn um was handelt es sich? Oftenbar um die Erregungswirkung irgend welcher periodischer Elektrici- tätsbewegungen. Aus den Bernstein’schen Resultaten könnte man geneigt sein zu entnehmen, dass von einer gewissen Frequenz an mit weiterer Verkürzung der Periode der tetanisirende Effect abnimmt (oder die Inten- sität wachsen muss, um noch Tetanus zu ergeben). Aus den Versuchen von Kronecker und Stirling kann die Unrichtigkeit dieser Anschauung nicht gefolgert wer- den; vielmehr ist nur nachgewiesen, dass bei genügender Intensität auch Oseillationen von enorm hohen Frequenzen noch tetanisirend wirken. Ebensowenig ist von Kron- ecker und Stirling der Beweis geliefert, dass die An- fangs-Zuckung nicht existirt. Hierzu wäre erforderlich gewesen, die Stromoscillationen hoher Frequenz in ihrer !) Bernstein. Untersuchungen über den Erregungsvorgang im Nerven- und Muskelsysteme. 1871. 174 Intensität sorgfältig abzustufen und zu ermitteln, ob mit dem Aufhören des Tetanus die Erregungswirkung über- haupt erloschen wäre. Doch dürfte ein derartiger Versuch mit dem Ton-Inductorium unausführbar sein, weil die Lon-. gitudinal-Schwingungen des Eisenstabes sich nicht gleich- mässig herstellen lassen. Uebrigens zeigt die Öurve Fig. 18 (A. a. 0. 8. 34) der Verfasser selbst eine entschieden auffallende Gestalt, welche an eine Anfangs-Zuckung zu denken veranlasst, und die Deutung derselben als Wurf- höhe erscheint zwar möglich, aber jedenfalls nicht bewiesen. Dass die Verkürzung der Periode der Electrieitäts- bewegung die Reizwirkung schwächt, kann mit Sicherheit aus den Bernstein’schen Versuchen aber auch nicht ent- nommen werden, schon deswegen nicht, weil mit zuneh- mender Frequenz der Unterbrechung der primäre Strom immer geringere Höhen erreicht. Bernstein!) sagt selbst: „Ich füge noch hinzu, dass mit zunehmender Ton- höhe des akustischen Stromunterbrechers die Ströme bei gleichbleibender primärer Kette und Anordnung immer schwächer werden müssen, weil der primäre Strom einen immer geringer werdenden Theil seiner Höhe erreicht. Diese selbstverständliche Erscheinung lässt sich aus mei- nen Reizversuchen ganz deutlich erkennen.“ Indessen lässt sich aus Reizversuchen selbstverständlich bezüglich der Stromstärken nichts erkennen, wenn man nicht schon vorher das Gesetz der Erregungswirkung bei variabler Frequenz kennt. Später habe ich zusammen mit Sewall?) nur 2 Reize auf den curarisirten Muskel wirken lassen; wir fanden dabei, !) Bernstein. Ueber Erzeugung von Tetanus u. d. Anwendung des akust. Stromunterbrechers. Pflüger’s Archiv etc. XVII, S. 122. 2) v. Kries u. Sewall. Ueber die Summirung untermaximaler Reize in Muskel und Nerven. Du Bois Reymond’s Archiv für Physiologie. 1881. 175 dass untermaximale Reize, in kleinen Intervallen (etwa bis z,, Sek.) auf den curarisirten Muskel wirkend sich nur dann addiren, in ihrer Wirkung verstärken, wenn sie gleich gerichtet sind, dass dagegen eine Subtraction ihrer Reizwirkungen stattfindet, wenn sie entgegengesetzt gerichtet sind. Da man 2 entgegengesetzt gerichtete Stromstösse als Element eines periodischen elektrischen Strömungsvorganges ansehen kann, so lässt sich hiernach vermutben, dass auch ein solcher bei einer gewissen Ver- kürzung der Periode verminderte Wirkung zeigen werde. Indessen gelang es damals nicht, das gleiche Resultat, wie für den eurarisirten Muskel, auch für den vom Ner- ven aus gereizten Muskel zu erweisen, weil die Intervalle der Inductionsschläge nicht hinreichend weit verkleinert werden konnten, ohne eine (rein physikalische) Inter- ferenz derselben befürchten zu müssen. Endlich hat noch Loven!) Versuche über die aku- stischen Erscheinungen, welche am Muskel bei hohen Reizfrequenzen auftreten, mitgetheilt; auf diese werde ich später noch zurückzukommen haben. Die Frage, welche bei dieser Sachlage sich zunächst darbot, schien mir folgende zu sein: Wie ändert sich die erregende Wirkung eines elektrischen Stromes, dessen Intensität eine periodische Funktion der Zeit ist, wenn diese Periode variirt wird ? Wenn wir im Stande sind Strom-Oseillationen her- vorzurufen, deren Periode wir variiren können und die gleichzeitig in ihrer Intensität (Amplitude) beliebig ab- gestuft werden können, so muss es zunächst gelingen jene Frage in der Weise zu beantworten, dass wir für jeden Werth der Periode diejenige Amplitude bestimmen, !) Loven. Ueber den Muskelton bei elektrischer Reizung etc. Du Bois Reymond’s Archiv f. Phys. 1881. 176 welche eben hinreicht, um einen minimalen Tetanus des Muskels hervorzubringen. Diese mag im Folgenden immer die Minimal- Amplitude heissen. Die technisch zu lösende Aufgabe würde also darin bestehen, zunächst Stromoseilla- tionen herzustellen. Es mögen diese von der Form sein: i—A.cos(2 \ Dann soll hierin 7 variirt werden können. Als Amplitude der Strom -Osecillation ist der Werth A zu bezeichnen. Es ist dann weiter nothwendig den Werth A in messbarer Weise verändern und vor allen Dingen die Werthe von A auch bei verschiedenen Perioden unter einander vergleichen zu können. Unzweifelhaft würde es am interessantesten sein, wenn man Untersuchungen dieser Art für genaue Sinus- a anstellen könnte. Dies - schwingungen (i — A208 277 eg] habe ich bisher nicht ausführen können. Annähernd reine Sinusschwingungen sind erstens technisch sehr viel leichter zu erreichen als genaue; sie gestatten uns ferner wie sich zeigen wird, das gesuchte Abhängigkeits-Gesetz we- nigstens mit einer gewissen Annäherung aufzustellen und sie gestatten uns endlich auch die Veränderungen, welchen dieses Abhängigkeits-Gesetz unterliegt, unzweideutig fest- zustellen. Von vorne herein liess sich erwarten, dass bei noch ziemlich geringen Frequenzen der elektrischen Schwingung (20— 30 p. Sek.) die Verkürzung der Periode von einer Zunahme des Erregungs-Effects begleitet sein würde. Da es mir wesentlich darauf ankam mit Sicherheit zu consta- tiren ob es eine Frequenz gäbe, deren Ueberschreitung den Reiz-Effeet vermindert, so schien es nothwendig, die zu erreichenden Frequenzen ziemlich hoch zu treiben. Die Methode, welche ich benutzte, beruhte auf der Induction. Wenn in einer Spirale ein Eisenkern steckt, so wird bekanntlich jedesmal ein Strom indueirt, wenn der Eisenkern seinen Magnetismus verändert. Stellt man die Spitze des Eisenkernes E dem Pol eines constanten Magneten gegenüber, so wird jedesmal ein Strom inducirt, wenn zwischen jenes E und dieses P ein Stück Eisen gebracht wird. Auch dieses nämlich wird sofort magne- tisch gemacht und es ändert somit auch den Magnetis- mus des Eisenkerns. Lässt man demgemäss zwischen der freien Fläche des Eisenkerns und dem Magnetpol eine Scheibe rotiren deren Peripherie abwechselnd Eisen und nicht magnetische Substanz (etwa Messing enthält) so erhält man in der Spirale Strom-Oseillationen. Die Frequenz derselben kann leicht angegeben werden; sie ist gleich der Zahl von Eisenstücken, welche in der Zeit- einheit zwischen Eisenkern und Magnetpol durchlaufen. Um einen Apparat dieser Art herzustellen, wurde auf die vertikale Axe des Helmholtz’schen Myographions (in der von Bezold modifieirten Gestalt; vgl. Cyon Methodik p. 434), welche die Glastrommel zu tragen be- stimmt ist, eine Messingscheibe aufgesetzt, welche 5mm Dicke, 100%" Durchmesser’ hatte. Die Peripherie der- selben wurde ausgefraist, so dass 30 1% tiefe Lücken von etwas mehr als 5"" Breite durch ebenso breite Inter- valle getrennt entstanden. Die Lücken wurden mit Ei- senzähnen ausgefüllt, so dass nun 30 Eisenzähne, durch gleich breite Messing-Intervalle getrennt, vorhanden wa- ren. Unter die Scheibe wurde der Pol eines kräftigen Elektromagneten gebracht, ihm gerade gegenüber über der Scheibe wurde eine kleine Rolle von feinstem Kupfer- draht angebracht. Diese mag im Folgenden immer mit I bezeichnet werden. Der Eisenkern derselben bestand aus einem etwa 5m dicken Bündel sehr sorgfältig lackirten dünnsten Blumendrahtes. Wenn die Pole des Röllchens I Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 2. 4 175 mit einem Telephon verbunden werden und die Scheibe ın Rotation versetzt wird, so hört man einen sehr schönen reinen Ton, dessen Höhe mit der zu erwartenden über- einstimmt. Die Scheibe kann bis auf etwa 35 Umdre- hungen in der Sekunde gebracht werden, womit also eine Oscillationsfrequenz von 1050 in der Sekunde gewonnen wird. Das von mir benutzte Röllchen hatte etwa 5000 Windungen (genau ist die Zahl nicht bekannt). Verbindet man die Pole mit 2 Elektroden und legt diese an die Zunge, so fühlt man die Ströme sehr deutlich, sobald die Scheibe schnell rotirt und der Strom des Elektromagneten geschlossen ist. Legt man einen Frosch-ischiadicus über die Elektroden, so geräth der Schenkel schon bei sehr langsamer Rotation der Scheibe (1—2 Umdrehungen in der Sekunde) in maximalen Tetanus. Die Wirkung ist aus verschiedenen Gründen sehr viel stärker als wenn man statt des Röllchens I ein gewöhnliches Telephon an- wenden wollte. Um die Intensität der Oscillationen, welche den Ner- ven durchsetzen, abzustufen, wurde ein Flüssigkeits-Rheo- stat benutzt. In ein Hartgummi-Brettchen von 70 Um. Länge war eine 60 Um. lange Rinne von 1 Cm. Breite und Tiefe eingegraben. (A B, Fig. 1). Dieselbe wird mit Zink-Vitriol-Lösung gefüllt, ihre Enden A und B stehen durch Zinkbleche mit dem Inductions-Elektroden (I) in Verbindung. Der Nerv liegt auf unpolarisirbaren Elek- troden (in der Figur nicht gezeichnet) und von diesen ist die eine mit A verbunden, die andere aber mit einem Zinkblech U, welches an einem Hartgummiklötzchen be- festigt längs der Rinne AB verschoben oder auch ganz aus ihr entfernt werden kann. Eine neben der Rinne angebrachte Skala gestattet die Verschiebungen abzulesen. Da der Widerstand im Nerven und den unpolarisirbaren Elektroden im Vergleich zu demjenigen der Rinne mit Zink- 173 lösung sehr gross ist (bei der gewöhnlich von mir benutzten Länge der Nervenstrecke etwa 45000 8.-E.), so können die den Nerven durchsetzenden Stromzweige einfach dem an der Skala abzulesenden Abstande zwischen den beiden Elek- troden, welche zu ihm leiten, proportional gesetzt werden. Die wesentliche Schwierigkeit der Methode besteht darin, die Intensität der Strom-Oseillationen, welche bei verschiedenen Rotations-(Greschwindigkeiten der Scheibe stattfinden, mit hinreichender Genauigkeit zu bestimmen. Es lässt sich zunächst erwarten, dass die Amplituden der Strom-Oscillationen etwa proportional den Rotations-Ge- schwindigkeiten wachsen werden. Genau würde das zu- treffen, wenn die magnetischen Vertheilungen sämmtlich sich momentan herstellten und wenn die Induction der Spirale auf sich selbst zu vernachlässigen wäre. Da nämlich die inducirte elektromotorische Kraft ia ist, wenn M das magnetische Moment des Eisenkerns, t die Zeit und « eine Constante ist, so würden die sämmt- lichen rein periodischen Funktionen aus denen sich i zu- sammensetzt, gleichmässig wachsen, wenn die Periode von M einfach verkürzt würde. Um nun zu beurtheilen, ob diese einfache Vorstel- Jungsweise in der That ausreicht, müssen mehrere Be- stimmungen ausgeführt werden. Erstlich ist es nothwendig sich zu überzeugen, ob selbst bei schnellster Rotation die kurze Zeit, welche jeder Eisenzahn über dem Elektromagnet verweilt, noch hinreichend ist, um ihm ebensoviel Magnetismus zu er- theilen als wenn er sich langsamer über ilın hinbewegt. Zweitens ist erforderlich zu wissen, ob bei schnel- len Schwankungen in der äussern Vertheilung wmagneti- scher Massen der Magnetismus des Drahtbündels noch ebensogrosse Oscillationen durchläuft, als bei langsameren. 4* Drittens endlich muss festgestellt werden, welche Bedeutung etwa der Selbstinduction in der Spirale I zu- kommen mag. Bezüglich des ersten Punktes, der magnetischen Sättigung der Eisenzähne bei den schnellen Rotationen, kann man sieh in folgender Weise Aufschluss verschaffen. Wenn der Strom im Elektiomagneten geöffnet oder ge- schlossen wird, so entsteht in der Spirale ein Inductions- strom, dessen Gesammt-Intensität mit Hilfe einer Bussole leicht gemessen werden kann. Diese Intensität ist davon abhängig, ob sich zwischen dem Elektromagneten und der Spirale ein Eisenzahn befindet oder nicht. Im letzteren Falle wirkt der Elektromagnet allein, im ersteren verän- dert auch der Eisenzahn seinen Magnetismus bei jeder Strom-Oeffnung oder Schliessung und die Wirkung ist somit eine stärkere. Entfernt man nun die Messingscheibe mit den Eisenzähnen zunächst vollständig, so kann man leicht eine Einrichtung treffen, welche den jetzt bei jeder Oeff- nung und Schliessung entstehenden Inductionsschlag genau compensirt. Es ist dazu nur nothwendig in den Kreis des Elektromagneten die primäre Rolle eines Schlittens, die sekundäre aber in den Kreis der Bnssole und der Spirale einzuschalten; den beiden entstehenden Inductions- strömen kann man dann leicht entgegengesetzte Richtun- gen, und durch Regulirung des Rollen-Abstandes im Schlitten gleiche Stärke geben. Fügt man nun die Mes- singscheibe zwischen Elcktromagnet und Spirale ein, so erhält man wieder bei jeder Oeffnung und Schliessung starke Ausschläge (im vorliegenden Falle etwa 80 Ska- lentheile). Diese sind stärker wenn sich ein Eisenzahn genau zwischen Spirale und Magnetpol befindet, schwächer wenn an dieser Stelle gerade Messing und das Eisen zur Seite liegt. Versetzt man die Scheibe in ganz langsame Umdrehung, so erhält man bei Oeffnung und Schliessung 181 einen Mittelwerth, der dem Mittelwerthe des magnetischen Potentials der Scheibe auf das Drathbündel entspricht. Wenn nun bei steigender Rotationsgeschwindigkeit die Eisenzähne nieht mehr den vollen Werth des Magnetis- mus erreichen, so muss sich das darin kundgeben, dass bei schnellerer Rotation die Ausschläge kleiner werden; man wird ferner aus dem Verhältniss, in dem sie ver- mindert werden, direct abnehmen können, wie viel Pro- cent des vollen (bei langsamster Bewegung zu erreichen- den) Magnetismus bei der schnellsten noch erreicht wird. Die Versuche ergaben, dass eine Verminderung der Aus- schläge allerdings eintritt, dass aber selbst bei der gröss- ten Rotations-teschwindigkeit die Eisenzähne noch mehr als °/ıo ihres vollen Magnetismus annehmen. In Folge eigenthümlicher Schwierigkeiten, deren Auseinandersetzung der ausführlichen Publikation an einem andern Orte vor- behalten bleiben mag, gelang es mir nicht diese Abnahme genauer zu bestimmen, so dass sie in den Versuchen als Üorrection hätte eingeführt werden können. Aus dem Späteren wird man entnehmen, dass die Anbringung einer solchen Correction auf die Resultate ohne wesentlichen Einfluss sein würde. Die 2. Frage ist, mit welcher Präcision die Ver- theilung des Magnetismus in dem Drahtbündel, welches als Eisenkern der Spirale I dient, den Veränderungen des äussern Magnetismus folgt. Denkt man sich 2 be- stimmte magnetische Zustände der Umgebung A, und As, welchen, sofern sie constant andauern, die magnetischen Zustände m, und m, des Drahtbündels entsprächen, so wird im Allgemeinen bei einem plötzlichen Wechsel zwi- schen A, und As nicht auch mı momentan in m» über- gehen, sondern es wird dieser Uebergang eine gewisse Zeit erfordern. Wie bekannt rührt das von den Induc- tionsströmen her, welche die Veränderung des magneti- 152 schen Zustandes in den Eisenmassen selbst inducirt. Den wirklichen zeitlichen Verlauf des Magnetismus bei einer plötz- lichen Veränderung der äussern magnetischen Vertheilung (oder der plötzlichen Unterbrechung eines magnetisirenden Stromes) kann man durch die Gleichung wiedergeben. — at m— ms + (mı — ms) e ı d. h. der Magnetismus geht aus dem Werthe m; in den Werth m; nicht momentan sondern entsprechend einer Ex- ponential-Curve über. Im einzelnen Falle würde es sich darum handeln, den Werth der Constante « zu finden. Es ist auch bekannt, dass diese bei soliden Eisenkernen klein, bei Bündeln dünnster isolirter Drähte dagegen sehr gross wird. Um eine Vorstellung von dem Werthe derselben bei dem angewandten Bündel zu bekommen, verfuhr ich folgen- dermassen. Ein und derselbe Strom wurde durch die pri- mären Spiralen zweier Inductionsapparate (Schlitten) ge- schickt; die sekundären Rollen wurden unter Einschaltung einer (auf die grösste Empfindlichkeit eingerichteten) Bussole so zu einem Kreise verbunden, dass die Induc- tionsschläge bei Veränderungen des gemeinsamen primären Stromes sich entgegengesetzt liefen. Es wurden nun in die eine Rolle eine Anzahl Bündel von demselben Blumen- draht gelegt, in die andere dagegen keine, und sodann durch Verschiebung der einen Schlittenrolle es dahin ge- bracht, dass bei Stromöffnung und Schliessung die Bussole keine Ausschläge gab. In diesem Falle ist der Integral- werth der sämmtlichen im sekundären Kreise inducirten elektromotorischen Kräfte — 0; er setzt sich aber zusam- men aus 3 Stücken, nämlich aus denjenigen beiden, welche durch das Verschwinden des Stromes in den beiden primären Rollen repräsentirt werden, und aus demjenigen, welches dem verschwindenden Magnetismus in der Einlage der einen 183 primären Rolle angehört. Das Verschwinden des Stromes geschieht bekanntlich in einer für die gegenwärtige Un- tersuchung jedenfalls zu vernachlässigenden Zeit. Wenn der Magnetismus dagegen langsamer verschwindet, so muss sich dies darin kund geben, dass bei einer Anord- nung, welche gar keine Ablenkung der Bussole ergibt, doch thatsächlich die inducirten elektromotorischen Kräfte sich nicht jederzeit aufheben. Die Rolle ohne Eisenkern indueirt viel mehr, sozusagen, ihre ganze Wirkung schnel- ler, als die Rolle mit Eisenkern; im sekundären Kreise muss demnach ein Strom zuerst im einen, dann im ent- gegengesetzten Sinne auftreten; nur ist der Magnet zu träge, um die Stromoscillation anzuzeigen. Um dies Ver- halten nachzuweisen, hat man nur nöthig, den sekundären Kreis sehr kurze Zeit nach der Unterbrechung des pri- mären seinerseits zu unterbrechen. Auch ist leicht er- sichtlich, dass man den grössten möglichen Ausschlag dann erhält, wenn der sekundäre Kreis genau in dem Momente unterbrochen wird, wo die erste Abtheilung der Strom-Oscillation vorbei ist, der Strom aus der ersten in die entgegengesetzte Richtung übergeht. Macht man nun derartige Versuche mit soliden Eisenkernen, so ist die Nachwirkung des Magnetismus aufs Deutlichste zu de- monstriren. Bei Drahtbündeln von der Beschaffenheit, wie sie den Schlittenapparaten beigefügt zu werden pfle- gen, ist sie schon sehr viel geringer und bei dem von mir benutzten Blumendraht war sie äusserst geringfügig, wie- wohl immer noch nachweisbar. Leider genügten die mir zu Gebot stehenden Hilfsmittel nicht zu einer sehr genauen doch aber wenigstens zu einer annähernden Bestimmung des betr. Werthes. Ein Pflüger’scher Fallhammer wurde mit einem zweiten Contacte ausgerüstet und besorgte in einem be- liebig zu variirenden Zeitintervall die Unterbrechung des 154 primären und des sekundären Kreises. Der grösste Aus- schlag der bei einem solchen Versuche erhalten werden konnte, betrug 6—7 Skalentheile; dieser wurde bei einem solchen Abstande der CGontactstellen erzielt, dass die Oeff- nung des sekundären Kreises etwa ;,,, Nekunden nach der des primären standfand. Hiernach lässt sich sagen, dass das Verschwinden desjenigen Magnetismus, welcher >00, Sekunde nach der. Strom-Unterbrechung noch vor- handen war, eine elektromotorische Kraft im sekundären Kreise indueirt, welcher 6—7 Skalentheile Ausschlag ent- sprachen. Weiter war nun nur zu constatiren nothwendig, eine wie grosse elektromotorische Kraft dem Verschwinden des gesammten Magnetismus entspreche. Dies konnte sehr einfach festgestellt werden, indem ich die Draht- bündel aus der primären Rolle entfernte. Hiernach er- gab die Unterbrechung des primären Stromes eine Ablen- kung von 221 Sk., demnach lässt sich sagen, dass der Magnetismus des Drahtbündels ;,,, Sek. nach Unter- brechung des Stromes auf etwa ,, seines Werthes herun- tergegangen ist. Der Werth der Constante « ergibt sich hiernach annäherungsweise durch die Gleichung a 2000 il 7055 One pe 1 Sek. Die hierdurch bedingten Correctionen sind für die höchsten Frequenzen nicht mehr zu vernachlässigen. Wenn wir uns den äussern Magnetismus durch eine periodische Funktion der Zeit von der Periode 7 eegeben denken fo} , t ee : etwa —Acos2r-, so wird jetzt der Magnetismus des [3 er 5 : t Drahtbündels nicht einfach M—:sAcos?2rx-—- zu setzen [2 185 sein, wo & irgend eine Uonstante bedeutet, sondern es wird vielmehr Die uns hier allein interessirende Amplitude der 1 1000 magnetischen Oscillation wird daher, wenn z. B. 7— Sek. ist, pr. pr. WERNER 1,4 Es ist aber leicht, die erforderlichen Correetionen in die Berechnung der Versuche einzuführen, da man für jede Frequenz der Jseillationen nach der obigen Formel ihre Amplitude finden kann. Endlich handelt es sich drittens um die Gegen- induction der in der Spirale I selbst oscillirenden Ströme. In der That ist, wenn e die augenblicklich in der Spirale stattfindende elektromotorische Kraft ist, e nicht blos OM wo y eine Öonstante und M wie vorhin der dt? Magnetismus des Drahtbündels ist, sondern Hs OMi2nroh Srallinern dt’ wenn i die mit der Zeit veränderliche Stromintensität und P das Potential der Spirale auf sich selbst ist. Setzen wir für e seinen Werth R.i, wo R der Widerstand in der Rolle I und dem ihre Enden verbindenden Schliessungs- bogen ist, so sieht man, dass bei constantem M Oi Ri Po, 0 wird. Es ergibt sich hieraus | p! iS Jı)e 4Jı. R. { Der Werth p ist, wie der obige «@, der reciproke einer Zeit. Die ganze Gleichung zeigt die allmähliche Einstellung eines Stromes auf einen constauten Werth, bei constanter elektromotorischer Kraft an. Um das Potential der Spirale auf sich selbst!) zu be- stimmen, bediente ich mich eines Verfahrens, welches dem von Christiani?) für die Bestimmung des Potentials einer primären auf eine sekundäre Spirale ähnlich ist, insofern es auch den eben aperiodischen Magneten benutzt. Es mag hier genügen die Grundzüge des Verfahrens kurz anzudeuten. Wenn man in ein Wheatstone’sches Drahtnetz die Spirale, deren Potential auf sich selbst untersucht werden soll, gerade so einschaltet, als ob man ihren Widerstand bestimmen wollte, und auch die andern Widerstände so abgleicht, dass gerade das (ralvanometer stromlos wird, so beobachtet man einen Ausschlag des (alvanometers, wenn die Leitung an der Batterie unter- !) Als Potential der Spirale auf sich selbst kommt hier, wo Ei- senmassen in ihr enthalten sind, streng genommen ein Werth ins Spiel, den man kurz als Potential einer Spirale auf sich selbst ein- schliesslich ihres Eisenkerns bezeichnen kann. Wenn näm- lich die Stromintensität i in dem Eisenkern den Magnetismus u—d.i hervorbringt, so wird jetzt unter Berücksichtigung dieser gleich- zeitigen magnetischen Veränderungen einem Differentialquotienten di dt eine indueirte elektromotorische Kraft e entsprechen, welche bugherrggbiil aulimmın hat e rshenah, ap mare ag Hierin wäre P, das Potential der Spirale auf sich selbst, @ das elektrodynamische Potential des Eisenkerns auf die Spirale. Der Werth (Po-+Q0) ist derjenige den wir brauchen und der auch bestimmt wurde. 2) Christian. Ueber absolute Graduirung elektr. Inductions- Apparate etc, Poggendorff’s Ann. Ergbd. VIII, 1578. 187 brochen wird. Diesen Ausschlag bewirkt der Extrastrom, der in der untersuchten Spirale beim Aufhören des vorher bestandenen Stromes entsteht. Es sei in Fig. 2 B die Batterie, I die Spirale I; II, III und IV die übrigen Widerstände des Wheatstoni’schen Netzes. Der Extra- strom kann sich durch die Bussole, ausserdem aber auch durch die Drähte Il und IV abgleichen. Wenn die Widerstände in der Bussole, sowie in I, II, III und IV bekannt sind, so lehrt eine einfache Berechnung, welchen Ausschlag die elektromotorische Kraft des Extrastroms ergeben haben würde, wenn sie in einem einfachen Kreise, der dieselbe Bussole enthält und einen bestimmten Ge- sammtwiderstand besitzt, wirksam wäre. Im vorliegenden Falle ermittelte ich so die inducirte elektromotorische Kraft —= 26 Sk. 1429 8. E. gleich 26 Skalentheilen multiplieirt mit 1429 Siemens’schen Einheiten. Demnächst wird mittels einer einfachen Umschaltung durch die Bussole (ohne Veränderung ihrer Einrichtung) ein sehr kleiner und genau bestimmbarer Bruchtheil des Stromes geschickt, der bei geschlossener Kette die Spirale durchsetzt und dessen Verschwinden den eben gemessenen Extrastrom ergeben hatte. Es fand sich hierbei, dass 3065 jenes constanten Stromes eine constante Ablenkung der Bussole von 27 Skalentheilen ergab. Bei dem eben aperiodischen Magneten bewirkt ein Strom der die constante Ablenkung F gibt, wenn er während der sehr kurzen Zeit Ö einwirkt, einen Ausschlag se a wo e die Basis der natürlichen Logarithmen, T, die Schwin- gungsdauer des Bussolenmagneten (bei gleicher Astasie selbstverständlich) ohne Dämpfung ist. Im gegebenen Falle war Tu, — 7,5 Sek. Hieraus ergibt sich, dass die durch 158 die Spirale gehende Stromintensität um einen Ausschlag von ebenfalls 26 Sek. zu ergeben, während einer Zeit ES Le 2a 212962 DET wirken müsste. Indem ein Strom von der Intensität ı 36 er7d h = 0,00103 in der Spirale verschwindet, inducirt er in derselben die elektromotorische Kraft 1.P. Da, wie wir sahen, diese in einem Kreise von 1429 8. E. Widerstand den gleichen Ausschlag ergeben würde, wie der Stromwerth i bei einer Einwirkungszeit 9 — 0,00105 Sek., so erhalten wir 1% Get TER ON TEN P — 0,00105 Sek. x 1429 8. E. — 1,500 Sek. x'8.'E. Hiermit ist der Werth P bestimmt. Die Correction, welche durch die Selbstinduction der Spirale I erforderlich wird, berechnet sich in ganz gleicher Weise wie die obige für den Magnetismus nach der Formel \ —— ra le) Man ersieht aus dem obigen Werthe, dass man, um nicht sehr grosse Öorrectionen zu erhalten, dem Schliessungs- bogen grosse Wiederstände geben muss. Bei den Ver- suchen betrug derselbe zwischen 6000 und 6800 8. E., incl. des Widerstandes in der Spirale selbst also 6560 — 7360 8. E. Arbeitete ich zum Vergleich einmal mit kleineren Widerständen (concentrirterer Zinklösung), so war am Versuchsresultat die Schwächung der Oscillationen hoher Frequenz aufs Deutlichste erkennbar. Da die Amplitude der Stromoseillationen, von den so ermittelten Correctionsfactoren abgesehen, der Frequenz proportional wächst, so erhalten wir nunmehr die Anıpli- tude der elektrischen Oscillation proportional mit f c, jet [0.2] > wenn f die Frequenz und e den für die betr. Frequenz berechneten Correctionsfactor bezeichnet. Von diesen Os- eillationen durchsetzt nun den Nerven ein bestimmter und bestiinmbarer Theil; derselbe wächst, wie schon oben ge- zeigt, proportional dem Abstande des durch den Nerven verbundenen Elektrodenpaares im Hartgummi-Troge. Hier- nach ist jedesmal, wenn D diesen Abstand bezeichnet, die Amplitude der den Nerven durchsetzenden Oscillationen proportional D f c. Die Variirung der Frequenzen liess sich bei dem zu (ebot stehenden Apparat am besten so bewirken, dass dieselben von den geringsten zu den höchsten allmählich anwachsen, dann das Gewicht des Uhrwerks fortgenommen wurde und die Umdrehungsgeschwindigkeiten ebenso all- mählich abnahmen. Da der Elektromagnet auf die über ihm rotirende Messingscheibe eine sehr bedeutende Dämpfung ausübt, so hat man in der Oefinung oder Schliessung des Stromes ein sehr bequemes Mittel, um die Abnahme der Fre- quenzen mehr oder weniger allınählich stattfinden zu lassen. Der Muskel (Frosch-gastroenemius) war in einem Myo- graphion befestigt und übertrug seine Bewegungen mittels des Schreibhebels in etwa 3fach vergrössertem Massstabe auf die langsam vorbei rotirende Trommel des Baltzer- schen Kymographion. Es war nothwendig über der Zeich- nung des Muskels jederzeit die Geschwindigkeit der Strom- Öscillation zu registriren. Dies gelang in sehr befriedi- gender Weise durch die Anlegung eines Stiftes gegen den Umfang eines Zahnrades, welches im Uhrwerk des Helm- holtz’schen Myographion vorhanden ist und mit dessen Drehungsgeschwindigkeit also die Schnelligkeit der Strom- Öscillation genau proportional ist. Jeder Zahn bewirkte bei seinem Vorbeigehen an dem Stifte eine Strom- schliessung. Diese mit Hilfe eines Signal Depretz leicht aufzuzeichnenden Stromschliessungen registrirten die Fre- 190 quenz der Strom-Oscillationen; und zwar entsprach bei der Einrichtung des Uhrwerkes ein Zahn gerade 12 Um- drehungen der Messingscheibe, somit 360 Stromosecillationen. Bei der sich allmählich verändernden Frequenz sollten nun immer von Zeit zu Zeit die Minimal-Amplituden ge- sucht werden. Ich verfuhr zu diesem Zwecke einfach so, dass ich die oben (S. 178) mit Ü bezeichnete Elektrode in den Trog einsetzte, und sofort von der mit A bezeich- neten fortbewegte, unter stetiger Beobachtung des Muskels; in dem Moment wo der Muskel sich zu bewegen anfıng, hielt ich die Elektrode an und las ihre Stellung ab. Bei einiger Uebung weiss man ziemlich genau vorher, an welcher Stelle die Bewegung des Muskels auftritt; man hat daher nur eine Strecke von wenigen Öentimetern zu durchlaufen. Es ist auch nothwendig dies nicht gar zu langsam zu thun, da man sonst befürchten müsste, durch Ermüdung des Präparates vielleicht zu hohe Werthe zu finden. Ich habe Anfangs selbst gegen diese Methode meine Bedenken gehabt, weil doch vielleicht eine Ermü- dung eintreten könnte, und würde es vorgezogen haben, bei einer constanten Geschwindigkeit in gewöhnlicher Weise durch Tatonnement die Minimal-Amplitude zu fin- den. Ich halte aber jetzt das obige Verfahren für viel besser, hauptsächlich weil es ein viel schnelleres Arbeiten gestattet und daher Versuchsreihen ermöglicht, die sonst wegen der allmählichen Veränderung des Präparates ganz unausführbar werden würden. Auch fand ich fast aus- nahmslos zwischen der Minimalamplitude die bei steigen- der und dann gleich darauf bei abnehmender Frequenz bestimmt wurde eine so gute Uebereinstimmung, dass an eine erhebliche Fehlerquelle dieser Art, welche das he- sultat jedenfalls stark unregelmässig hätte machen müssen, nicht wohl gedacht werden kann. 191 Die Abhängigkeit der Minimal-Amplituden von der Frequenz. Die erste Thatsache, welche auf diese Weise consta- tirt werden kann, ist die, dass die Minimal-Amplituden sich mit der Frequenz sehr erheblich ändern, und von einem gewissen Frequenzwerthe an in der "That grösser werden. Als zweite Thatsache will ich gleich hinzufügen, dass, wie sich wohl von vorn herein erwarten liess, eine sehr ausgesprochene Abhängigkeit dieser Verhältnisse von der Temperatur des Nerven stattfindet. Ein Beispiel für das Verhalten bei Zimmertemperatur (20° C.) geben die Fig. 5 und 4. Die Figuren gehören einem Versuche an, welcher mir dazu diente, die Richtigkeit der Correc- tions-Berechnungen zu controliren. Derselbe setzte sich aus 3 Einzelreihen zusammen, von welchen Il und III mit einem grossen, II mit einem geringeren Schliessungs- widerstande gemacht wurde. Die ursprünglich gewonne- nen: Werthe sind in Fig. 5 dargestellt; für I durch die ausgezogene, 1I die gestrichelte (----), III die punk- tirte ( ) Curve. Bei jeder dieser uncorrigirten Dar- stellungen sind die bei wachsender Frequenz gewonnenen Punkte zur Construktion der Curve benutzt und finden sich also als Eekpunkte derselben markirt; dagegen sind die bei abnehmender Frequenz gewonnenen Punkte nur angedeutet und zwar durch x für I (Fig. 3), © für Il und O für III. Vergleicht man die Gurven dieser drei Versuche, so sieht man dass I und III nahezu überein- stimmen, wenn auch nicht genau, wie begreiflich, da die beiden Reihen durch Zwischenversuche getrennt sind, während bei II die Curve viel steiler ansteigt. Dies heisst, dass bei dem kleineren Schliessungswiderstande scheinbar viel stärkere Ströme bei den hohen Frequenzen erforderlich sind. Dies haben wir in der That nach der Me) ID Theorie zu erwarten, da bei den kleinen Schliessungs- widerständen die Schwächung der schnellen Wechselströme durch die Selbstinduction der Spirale viel erheblicher ausfallen muss. Anus diesen Uurven sind nun die corri- girten Curven der Fig. 4 gewonnen und zwar so, dass eine mittlere Curve zwischen den beiden I und III mit den Üorreetionen bei grossem Widerstande, und ebenso die Curve Il mit den Correetionen bei dem kleineren Widerstande umgerechnet wurde. So entstanden die 2 Curven der Fig. 4; diese stellen also die wirkliche Abhängigkeit der -Minimal-Amplituden von der Oscillations-Frequenz dar, und zwar ist die eine, die ausgezogene, bei grossen, die andere, gestrichelte, bei kleinem Widerstande der Schliessung ermittelt. Beide stimmen, wie man sieht, hinreichend genau überein, um für die Richtigkeit der Correetions-Berechnung eine Ga- rantie zu gewähren.!) Man entnimmt den Figuren zunächst die Thatsache, dass die Minimal-Amplitude bei einer gewissen, gar nicht einmal sehr hohen Frequenz, ihren geringsten Werth besitzen, nämlich bei etwa 100 p. Sek., d. h. also die Erregungswirkung von Strom-Oseillationen ist am gröss- ten, schon die geringsten Amplituden geben Erregungen, wenn die Frequenz etwa 100 p. Sek. beträgt. Der Er- regungseffect nimmt ab sowohl wenn die Frequenz wächst, als wenn sie abnimmt. Wenn man nun den Nerven abkühlt oder erwärmt, so verändern sich die Erscheinungen. Die unpolarisirbaren Elektroden welche ich benutzte, gestatteten in bequemer Weise die Temperatur des Nerven zu verändern. Letzterer lag nämlich auf ihnen so auf, !) Hierin liegt auch ein (übrigens kaum mehr erforderlicher) Nachweis dafür, dass wirklich die berechneten Öseillationen erre- gend wirken und nicht etwa irgend welche, als Obertöne vorhan- dene, Multipla derselben. 193 dass er naclı oben ganz frei war und mit einem dünnen Kautschukblättchen zugedeckt werden konnte. Auf dieses liess sich nun einfach ein kleines Gefässchen von dünnem Weissblech aufsetzen, durch welches ein Strom von Was- ser beliebiger Temperatur unterhalten werden konnte. Das Verhalten der Minimal-Amplituder bei einem und demselben Nerven, einmal in abgekühltem, das andere Mal in erwärmtem Zustande zeigt die Fig. 5; die aus- gezogene Curve gehört dem abgekühlten, die punktirte dem erwärmten Nerven an. Dies Verhalten trifft ausnahmslos ein. Die Varia- tionen der Temperatur, welche ich benutzte, waren sehr erheblich; das eine Mal floss Wasser aus einem Reservoir, in dem es auf 0°, das andere Mal aus einem andern, wo es auf 40—41° gehalten wurde. Die Temperatur des Nerven mag in dem einen Falle 3--4, im andern 37—38° betragen haben. Man erkennt an der Figur, dass die Wirkung der Temperatur wesentlich in einer Verschiebung des Minimums der Curve besteht. Für den warmen Ner- ven kann dieselbe bei mehr als 200, für den kalten bei weniger als 50 p. Sek. sich finden. Ein warmer und ein kalter Nerv können in dem Verhältniss zu einander stehen, dass für die Öscillationen von hoher Frequenz der warme, für Oscillationen von geringer Frequenz dagegen der kalte Nerv die bei weitem grössere Empfindlichkeit zeigt. Eine eingehende Discussion des Verlaufs der Curve möchte ich einer späteren Gelegenheit und dem Zeitpunkte auch nach anderer Richtung weiter gediehener Unter- suchungen vorbehalten. Bezüglich des Fundamental-Ge- setzes der Nervenerregung durch den elektrischen Strom lässt sich aber schon jetzt die Einschränkung in der es giltig ist entnehmen und die Eingangs gestellte Frage beantworten. Die Erregung kann nicht von der Steil- heit der Stromschwankungen allein abhängig gedacht 5 Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 2. 194 werden; es muss vielmehr unter gewissen Umständen die Richtung und besonders der Richtungswechsel der Strom- schwankungen mit in Betracht gezogen werden. Bezeich- nen wir also die Stromdichte mit J, so kann man als Erregungsfunktion irgend eine Funktion von er: aufzu- stellen versuchen und die Erregung während einer kleinen Zeit Ö. setzen oder die mittlere Erregung während einer längern Zeit © t+09 ein F (2) dt. t Nun würde das Fundamentalgesetz dann ganz ohne Einschränkung zutreffen, wenn die Funktion F die Bi- genschaft hätte, mit den absoluten Werthen ihres Argu- n beständig zu wach- sen. Dass nun dies nicht der Fall ist, geht schon aus den oben angeführten Versuchen von Fick und von König hervor. Das Gleiche bestätigen unsere Versuche für Stromoscillationen und den tetanisirenden Kffect. In der That, wenn wir bei einer bestimmten Stromoseilla- tion die Periode verkürzen, ohne die Amplitude zu ver- ändern, so wird damit die Steilheit der Stromschwankun- gen vermehrt. Unter der vorausgesetzten Eigenschaft der Funktion F müsste also der Erregungs-Effect noth- wendig steigen. Statt dessen sehen wir ihn unter Um- ständen sinken. Diesen Thatsachen tragen wir Rechnung, wenn wir sagen, dass der Erregungswert einer Strom- schwankung in einem gewissen Zeitmomente nicht blos mentes, den Differentialquotienten von dem augenblicklichen Differentialquotienten x ab- 195 hängt, sondern wesentlich auch von dem momentanen Zustande des Nerven, welcher durch Richtung und Grösse den unmittelbar voraufgegangenen Stromschwankun- gen mitbestimmt wird. Die Trägheit der Nervenmoleküle, wenn es gestattet ist, diesen etwas unbestimmten Aus- druck zu gebrauchen, ist also thatsächlich vorhanden und für unsere Hilfsmittel sehr wohl nachweisbar. Das Fundamentalgesetz dürfte dagegen seine Richtigkeit be- halten, so lange es sich um Stromschwankungen handelt, welche nur wenig Male in der Sek. oder noch seltener ihre Richtung wechseln. Die Frage nach der obern Grenze der Reizfrequenzen, welche noch Tetanus hervorbringen können, scheint mir hiernach dahin beantwortet zu sein, dass diese Grenze als absolute nicht, wohl aber als relative existirt; für jede Stromintensität, die als Schwankungs- breite eines oscillatorischen Vorgangs gegeben ist, würde sich eine Frequenz angeben lassen, welche nur überschritten zu werden braucht, um den Reiz-Effeect verschwinden zu lassen. Ich möchte noch ausdrücklich darauf hinweisen, dass die ganze Art der Fragestellung, welcher wir hier gefolgt sind, nicht mit der andern verwechselt werden darf, wie der Reizeffect von der Zahl der (als unveränderlich gedachten) Einzel- reize abhängt. Fragt man hiernach, so hat man z. P. das eine Mal 30, das andere Mal 300 Reize auf den Nerven wirken zu lassen, dabei soll aber jeder der 300 den gleichen zeitlichen Verlauf haben wie jeder der 30. Diese Frage ist bis jetzt nur für sehr mässige Zahlen (weniger als 100 p. Sek.) von Bohr!) dahin beantwortet worden, dass der Effect von der Zahl der Reize unab- hängig sei. Bei den gewöhnlichen geübten Methoden !) Bohr. Ueber den Einfluss der tetanisirenden Irritamente auf Form und Grösse der Tetanuscurve. Arch. f. Physiol. 1882. rk {9} 196 lassen sich auch viel grössere Zahlen deshalb nicht er- reichen, weil die frequenteren Inductionsschläge allmählich zu einem oscillatorischen Vorgang zusammenfliessen, ‘bei dem die Abgrenzung des Einzelreizes Schwierigkeiten machen würde. Die obige Versuchsweise kann man sich so zergliedern, dass man bei der Frequenz x p. Sek. x (oder vielleicht 2x?) Einzelreize annimmt, imdem jede ganze Periode der elektrischen Schwingung als Einzelreiz (oder Doppelreiz ?) betrachtet werden kann. Man erkennt dann, dass bei jeder Variirung der Fre- quenz 2 Momente ins Spiel kommen, nämlich (bei stei- gender Frequenz) erstens die allmähliche Verkürzung und somit geringere Wirksamkeit des Einzelreizes, und zweitens die grössere Zahl derselben. In unsern Ver- suchen zeigt sich, wie diese beiden zusammen wirken. Sobald es gelingt, die Wirksamkeit des ersten Momentes isolirt quantitativ festzustellen, wird man daraus dann auch die des zweiten, der Zahl der Reize, in unzwei- deutiger Weise zu ermitteln im Stande sein. Die Wirkungsweise der Strom-Oscillationen. Die ganze Wirkungsweise der frequenten Strom- Öseillation bietet manches Merkwürdige. 2 Dinge möchte ich hier erwähnen, wie wohl ich sie eigentlich nur ge- legentlich beachtet und noch nicht genauer untersucht habe. Das erste sind die Anfangszuckungen; es lässt sich mit voller Sicherheit constatiren, dass sie wirk- lich vorhanden sind. Am leichtesten erhält man sie von abgekühlten Nerven, wo sie oft schon bei Oscillations- frequenzen von 100 p. Sek. auftreten. Beim erwärmten Nerven (ca. 38°) ist in der Regel die Frequenz 1000 noch nicht genügend, um sie zu ergeben. Ueber ihre Theorie will ich hier gar nichts vorbringen, da hierzu weitere Ermittlungen durchaus erforderlich sind. Rein 197 symptomatisch aber constatire ich weiter, dass der zeit- liche Verlauf mit dem von einfachen Zuckungen, wie sie durch einen Inductionsschlag erhalten werden, vollkommen gleich ist. Als Beleg gebe ich eine Reihe von Anfangs- zuckungen (A. Z. der Fig. 8) und Inductions-Zuckungen, welche unmittelbar nach jenen bei stehender Scheibe durch Veffnung des Stroms im Elektromagneten E erhalten wurden. (1.-Z.). Der zeitliche Verlauf ist, wie man sieht, genau der gleiche, die Zuckungen verlaufen ziemlich schnell (Temperatur des Muskels ca. 20° C.). 56"® Schreibfläche entsprechen 1 Sekunde. Die Erscheinungen stehen, wie man sieht, mit den Bernstein’schen Resultaten im vollsten Einklange. Seine Theorie freilich wird, abgesehen davon dass jedesmal eine mässige Verstärkung der Ströme ausreicht um vollen Tetanus zu erhalten, noch durch die hier zum ersten Mal mitgetheilte Beobachtung sehr un- wahrscheinlich, dass die Temperatur des Nerven allein, während die Temperatur des Muskels nicht verändert wird, von entscheidender Bedeutung für die ganze Er- scheinung ist. Die Anfangszuckung konnte bei meiner Versuchsan- ordnung einfach durch Schliessen der zum Nerven führenden Leitung herbeigeführt werden. Da nämlich die Spirale I beständig durch einen im Vergleich zum Nerven kleinen Widerstand geschlossen ist, so sind hierdurch eine Anzahl von Einwänden, welche Bernstein!) durch besondere Modificationen des Versuchs beseitigte, von vorn herein ausgeschlossen. Eine zweite Erscheinung will ich hier nur ganz kurz erwähnen; sie besteht darin, dass Oscillationen einer be- stimmten Frequenz bei allmählichem Wachsthum ihrer Amplituden nicht immer ein stetiges Wachsen des tetani- sirenden Effectes zeigen. Ich habe zuweilen beobachtet, ') Untersuchungen etc. S. 101 ff. 198 dass bei allmählicher Verstärkung der Ströme der Teta- nus ein Maximum erreicht, absank (nicht bis auf Null) und endlich bei noch weiterer Verstärkung wieder anstieg. Ging ich dann mit den Stronstärken wieder abwärts, so trat, ganz entsprechend, bei einem gewissen Punkte ein Steigen der Tetanushöhe mit abnehmender Stromstärke auf; eine Täuschung durch Ermüdungserscheinungen ist somit ausgeschlossen. Die ganze Erscheinung ist ein Analogon des Intervalls bei Stromstössen und Induc- tionsschlägen. Sie kann uns jedenfalls als Warnung die- nen, die Vorgänge bei der tetanischen Erregung durch Strom-Oseillationen uns nicht zu einfach vorzustellen. Einfluss der Temperatur des Muskels auf die Minimal- Amplituden. Von ganz besonderem Interesse schien es mir, den Einfluss zu ermitteln, welchen die variable Temperatur des Muskels auf unsere Erscheinung ausüben möchte. (serade hieran nämlich knüpfen sich sehr wichtige Con- sequenzen bezüglich unserer Vorstellungen darüber, wie der Nerv die Erregung auf den Muskel überträgt. Um diese Frage zu beantworten war nur erforderlich den Muskel un- abhängig vom Nerven abzukühlen oder zu erwärmen. Seine prägnanteste Form erhält der Versuch, wenn wir den Nerven möglichst hoch erwärmen, um die relativ grösste Empfindlichkeit gegen schnelle Strom-Oscillationen zu er- halten und nun sehen, ob die Abkühlung des Muskels die Wirksamkeit dieser schnellen Ösecillationen im Vergleich zu langsamen herabzusetzen vermag. Um den Muskel unabhängig vom Nerven zu erwärmen oder abzukühlen wurde er in eimen kleinen Glastrichter mit doppelter Wand eingesenkt, dessen Innenraum nur eben so gross war um dem Muskel bequemen Spielraum für seine Be- wegungen zu gestatten. Ueber dem Trichter wurde der 199 Oberschenkel festgeklemmt, von der Achilles-Sehne dage- gen ging ein Faden nach unten zu aus dem Trichterrohr hinaus und zum Myographionhebel. Ein sehr dünnwan- diger Kautschukschlauch ist auf das Trichterrohr gescho- ben, umgibt nach unten zu jenen Faden und wird auf ihn fest aufgebunden. Der Muskel befindet sich somit in einem Raum, der nach unten zu zwar flüssigkeitsdicht abgeschlossen ist, aber doch die Uebertragung der Bewe- gungen des Muskels ohne Widerstand gestattet. Der zwi- schen den doppelten Wänden des Trichters befindliche Raum besitzt 2 Ansatzröhren und kann daher wieder mit Wasser von beliebiger Temperatur durchspült werden ; der innere Raum, in dem der Muskel steckt, wird mit \/sprocentiger Kochsalzlösung gefüllt, in welche eventuell auch direct Eisstückchen hineingebracht werden können. Die Tem- peratur des Muskels kann auf diese Weise in weiten Grenzen regulirt werden. An den blitzschnellen Zuckun- gen des warmen und den langsamen des kalten Muskels ist der Erfolg ohne Weiteres sichtbar. Die zuletzt gestellte Frage kommt nun in einfacher Weise zur Beantwortung, wenn man 3 Bestimmungsreihen hintereinander ausführt, bei welchen allen der Nerv gleichmässig warm gehalten wird, während der Muskel bei I und III etwa warm und bei II kalt ist (oder um- gekehrt). Hierbei zeigt sich nun unverkennbar, dass das ganze Abhängigkeitsverhältniss durch die Temperatur des Muskels in keiner Weise tangirt wird. Wir können also sagen: Die relative Erregbarkeit gegen schnelle und langsame Strom-Oscillationen ist nur von der Temperatur der gereizten Nervenstrecke, nicht aber von der Temperatur des Muskels abhängige. Als Illustration für dies, sehr häufig constatirte, Ver- halten, theile ich die 4 Curven von Fig. 7 und 8 mit, 200 welche von 4 Versuchen, in der Reihenfolge der Nummern, die Originalbeobachtungen (uncorrigirt) wiedergeben. Die Curven I und IV sind bei kaltem, II und III bei war- mem Muskel erhalten; jede Curve erscheint hier doppelt, indem die bei aufsteigender und die bei abnehmen- der Frequenz gefundenen Punkte gesondert dargestellt sind. Jeder Punkt einer Curve entspricht somit einer einzelnen Beobachtung. Man erkennt also hier wieder, wie an den Controlpunkten der Fig. 3 die befriedigende Uebereinstimmung der Versuche und ausserdem die Gil- tigkeit des eben ausgesprochenen Satzes. An diese Thatsache knüpfen sich interessante Er- wägungen, welche hier eine Stelle finden mögen, wenn schon sie nicht zu dem eigentlichen Gegenstande dieser Mittheilung gehören. Nimmt man an, dass der Nerv den Muskel ebenso errege, wie er selbst durch die Reizungs- ströme erregt wird, d. h. durch periodische Elektrizitäts- Bewegungen, deren Frequenz mit derjenigen der erregen- den Oscillationen übereinstimmt, so wird man nothwendig erwarten müssen, dass die Wirkung des so beschaffenen Nervenreizes auf den Muskel sich ebenfalls mit der Tem- peratur des letzteren verändere. Es erscheint daher hier- nach nicht wahrscheinlich, dass der Nerv in einer solchen Weise auf den Muskel erregend wirke. Wie man sieht, fällt die von uns als unwahrscheinlich charakterisirte Wir- kungsweise zusammen mit der von der Entladungs- hypothese angenommenen, und zwar der ursprünglichen sowohl als der modifieirten. Wie wir auch immer die Sache uns denken mögen, wir entgehen der hier entstehen- den Schwierigkeit nur dadurch, dass wir uns den Vor- gang der Erregung des Muskels durch den Nerven nicht als einen periodisch elektrischen denken. Es sei ge- stattet, den Namen der Uebertragungs-Hypothese für die andere Vorstellungsweise einzuführen, deren We- 201 sen darin bestehen würde, dass der Erregungszustand der Nervenfaser sich stetig auf die Muskelfaser überträgt. Wir können uns dann von dem ganzen Sachverhalt etwa folgendes Bild machen. Der Nerv kann durch elektrische Reize in Erregung versetzt werden; von der Beschaffen- heit der Reize hängt es ab, wie der zeitliche Verlauf dieser Erregung sich gestaltet. Mag nun dieser ein con- stanter oder ein periodischer sein, für den äusserlich sicht- baren Zusammenziehungszustand des Muskels können je- denfalls Perioden, die kürzer als 5, Sek. sind keine Rolle mehr spielen; sobald also das der Fall ist, kann es für den Muskel nur auf den mittleren Erregungszustand des Nerven ankommen, während der zeitliche Verlauf desselben sich im Verhalten des Muskels nicht mehr ausprägen kann. Die Temperatur des Muskels ist daher selbstver- ständlich für die Wirkungsweise gleichgiltig. Die Diseontinuität würde hiernach zunächst für den Erregungszustand des Muskels kein nothwendiges Merkmal sein, sondern, sofern sie vorhanden ist uns nur die Unstetigkeit in der Thätigkeit des Nerven erkennen lassen. Stellt man sich einmal auf diesen Standpunkt, so wird man nothwendig weiter zu der Frage geführt, ob es möglich ist den Nerven in einen ganz gleichmässi- gen Thätigkeitszustand, somit den Muskel in einen Teta- nus ohne jedwede Unstetigkeit zu versetzen, oder ob es etwa als eine Eigenthümlichkeit des Nerven anzusehen ist (was ja auch sehr denkbar ist) nur intermittirender Thätigkeitszustände fähig zu sein. Nun sind bis jetzt die elektrischen Reize die einzigen, welche eine Garantie dafür bieten, dass der zeitliche Verlauf aller Vorgänge in allen Muskelfasern der gleiche ist (was eine noth- wendige Bedingung für jede Untersuchung über die Zu- stände der Muskeln ist), und für die elektrischen Reize gibt es gegenwärtig 2 Thatsachen, welche für die Dis- 202 continuität des tetanischen Zustandes im Muskel zu sprechen scheinen, auch wo eine solche in Längenveränderungen des Muskels nicht mehr sichtbar wird. Es ist dies der Muskelton und der secundäre Tetanus. Wenn aber auf den ersten Blick diese beiden Erscheinungen die Dis- continuität des Muskeltetanus zu beweisen scheinen, so fin- det man bei genauerer Erwägung, dass vielmehr manche Eigenthümlichkeiten dieser Erscheinungen gerade durch die Uebertragungshypothese sehr gut erklärt werden. Könnte nicht die Unstetigkeit die wir beobachten, nur eine Folge der besondern Art sein, wie wir den Nerven zu reizen, d. h. wie wir die Elektrizität auf ihn einwirken zu lassen pflegen? Es geschieht ja dies für gewöhnlich mit Inductionsschlägen, voraussichtlich also so, dass der Erregungs-Effect, auf äusserst kurze Zeiträume concentrirt, sich so oft wiederholt, als Inductionsschläge stattfinden, also so unstetig wie möglich ablänft. Nun kann man erwarten, dass der Muskelton allemal dann verschwinden wird, wenn der Erregungszustand der Nerven ein vollstän- dig gleichmässiger geworden ist, vermuthlich also bei sehr hoher Frequenz der Inductionsschläge und bei sehr grosser Intensität. Beides haben in der That die Versuche von Loven ergeben. Namentlich das Verschwinden des Muskeltons bei starken Inductionsströmen (Loven 1. c. S. 376) scheint mir sehr bemerkenswerth. Freilich könnte man anderseits erwarten, dass bei der Reizung durch angeblasene Telephone der Muskelton völlig ausbleiben würde, während Loven ihn auch bei dieser Art der Reizung beobachtete. Indessen ist uns die Form der elektrischen Oscillationen welche durch Telephone, ins- besondere Loven’s Quecksilber-Telephone, hervorgebracht werden, keineswegs genau bekannt. Ein vorläufiger Ver- such, den ich mit den oben beschriebenen Strom-Osecilla- tionen am ischiadicus des Kaninchens angestellt habe, er- 203 gab mir auch in vielen Fällen einen hörbaren Muskelton, der aber bei schwachen Reizen schon mit relativ geringer Frequenz unhörbar wurde trotz vollständig ausgebildeten Tetanus. Vermuthlich besitzen wir im Muskelton ein sehr feines Reagens auf die Ungleichmässigkeit der Erregung im Nerven. Nun wäre es ja ein ganz besonders glücklicher Zufall, wenn ich gerade bei der ersten Benutzung der Strom-Oseillation eine Form derselben getroffen hätte, welche die Erregung constant hält. Es scheint also denk- bar, dass es gelingt auch durch Strom-Oseillationen den Nerven in constante Erregung zu versetzen, welche dann an einem Tetanus ohne einen mit der Oseillations- frequenz stimmenden Muskelton kenntlich sein würde. Was den secundären Tetanus anlangt, so könnte man auch mit Bezug auf ihn ganz dieselbe Annahme machen, dass er nur das Zeichen des unstetigen Er- regungsvorganges sei und demnach nicht nothwendig der elektrischen Reizung zukomme. Diese Vermuthung hat sich nun insofern bestätigt, als es mir niemals gelungen ist, von einem Muskel (ich habe solche Versuche bisher nur mit Frosch-Muskeln ausgeführt), der vom Nerven aus durch Strom-Öscillationen in Tetanus versetzt war, einen andern in seeundären Tetanus zu bringen. Weder bei geringer noch bei hoher Frequenz, weder bei schwa- chen noch bei starken Strömen (ich konnte unter Um- ständen bis auf das 10fache derjenigen Intensität kommen, welche im ersten Muskel maximalen Tetanus gab) habe ich etwas anderes erzielen können als secundäre Zuckung im Momente des Eintritts des primären Tetanus.') -1) Kühne hat „wiederholt bemerkt (Ueber das Verhalten des Muskels zum Nerven, Sep.-Abdr. a. d. Untersuchgn. d. physiol. Inst. d. Univ. Heidelbg. III. Heft I, S. 67), dass Bernstein’s aku- stischer Stromunterbrecher bei grosser Reizfrequenz nach der Anfangs-Zuckung zuweilen wühlenden Tetanus von grosser Kraft, aber geringer oder gar keiner secundären Wirkung gibt.“ 204 Es gibt aber noch eine andere Erscheinung, welche sehr darauf hindeutet, dass eine Erregung des Muskels in ganz stetiger Weise, ohne irgend welche Rhythmik, stattfinden kann. Diese besteht in den langsam verlau- fenden Zusammenziehungen, wie sie nach Fleischl durch die langsam verlaufenden linearen Stromschwankungen seines Orthorheonoms erhalten werden. Auch bezüglich dieser sagt uns nun Fleischl!), dass secundäre Wir- kungen nicht auftreten (ausser bei sehr stark übermaxı- maler Stromschwankungssteilheit). Bei dieser Art von Reizen scheint daher, solange der Strom linear ansteigt, weder im Nerven noch im Muskel irgend eine Rhythmik zu bestehen. Wie mir scheint folgt hieraus dasselbe, was das Wesen der Uebertragungshypothese ausmachte. Nicht minder wäre hier der durch chemische Reizung des Ner- ven hervorgerufenen Tetani zu gedenken, welche nach Kühne?) auch keinen secundären Tetanus geben, wenn man nicht hier das Brücke’sche „Pelotonfeuer“ als nahe- liegende Erklärung des Ausbleibens heranziehen könnte. Sollten aber die hier ventilirten Fragen, welche ich noch durchaus als offen betrachte, im Sinne der oben formu- lirten Vermuthungen, also zu Gunsten der Uebertragungs- Hypothese entschieden werden, so würde doch vielleicht auch bezüglich der Willkür-Innervation manches in an- derem Lichte erscheinen. 1) Sitzungs-Ber. d. Wien. Acad. 82. Bd., 3. Abth., 1880. S. 154. 2), Ana. 0; 5.61 205 Erklärung der Figuren. Fig. 1. Anordnung zur Abstufung der den Nerven durchsetzenden Strom-Oscillationen. Fig. 2. Anordnung zur Bestimmung des Potentials einer Spirale auf sich selbst. Fig. 3. Die Abhängigkeit der Minimal-Amplituden von der Oscillations-Frequenz. Uncorrigirte Curven I und III bei 6800 8.-E. Wi- derstand im Schliessungsbogen. Uncorrigirte Curve II bei 1800 S-E. Widerstand im Schliessungsbogen. Die Curven sind bei wachsender Frequenz, die Control- punkte x für I, o für II, O für III bei abnehmender Frequenz gefunden. Fig. 4. Corrigirte Mittel-Curve aus I und III der vorigen Fig. (ausgezogen) und die corrigirte Curve Il Fig. 5. Dieselbe Abhängigkeit der Minimal-Ampli- tuden bei warmem (----- ) und bei kaltem ( ) Nerven. Fig. 6 u. 7. Die Verhältnisse der Minimal-Ampli- tuden bei warmem Muskel (----- und +++++) und bei kaltem Muskel ( und --...-- ). Fig. 8. Anfangs-Zuekungen (A.-Z.) und Inductions- Zuckungen (1.-Z.) bei gleicher Geschwindigkeit der Schreib- fläche (56m p. Sek.). Die harmonische Configuration 24. Von Alwin Vietor. Vorgelegt von Prof. F. Lindemann. Das Studium der Configuration der Aehnlichkeits- punkte von 4 Kugeln oder der Würfel-Configuration !) führte mich auf die vorliegende grössere räumliche Con- figuration, von deren Eigenschaften ich hier eine vor- läufige Zusammenstellung gebe. Sie ist durch zwei ebene Schnitte A,AsAs;, BıBzB; eines Dreikants bestimmt. Die Ecke des Dreikants sei Cs; die Schnittpunkte Rp en, (Wear er nen ıCı, As0a, A;C, treffen sich in ei- nem Punkt B,;, B, oh Dur, Be In A UNE — (A), BıB»B;B, —= (B), C,C305C, — (C) sind dann 3 Te- traeder mit den Seitenflächen AgAz3A, = = (4, MAN 0 u.s. w. Je 2 der 3 Tetraeder Da bezüglich jedes Punktes und der gegenüberliegenden Ebene des dritten perspectivische Lage. Die Eckpunkte liegen also zu je 3 in 16 Geraden h und ihre Seitenflächen schneiden ei- nander zu je 3 in 16 Geraden h’. Projicirt man aus den Kanten eines der 3 Tetraeder irgend einen Punkt eines anderen auf die resp. gegenüberliegenden Kanten, so erhält man 6 Punkte P. Die von diesen durch die !) Reye, Die Geom. d. Kugeln. Lpz. 1879. S. 49. — Cypa- rissos Stephanos, Bulletin des sciences math. et astronom. Serie II, t. 3. — Veronese, Atti d. r. Acc, dei Lincei 1880, vol. IV®. Ser. 3°. 207 Eckpunkte des ersten Tetraeders harmonisch getrennten 6 Punkte P’ liegen in der dem projieirten Punkte gegen- überliegenden Tetraederfläche. Die 12 Punkte P und P‘ liegen zugleich paarweise auf den Kanten der beiden anderen Tetraeder und sind durch deren Eckpunkte eben- falls harmonisch getrennt. Analog ergeben sich 12 Ebe- nen z und z’. Auf jeder der 18 Kanten der 3 Tetraeder (A) (B) (©) liegen somit 4 Punkte, welche eine harmonische Gruppe bilden, und jede ist Schnittlinie von 4 harmoni- schen Ebenen. Die 24 Punkte A, B, C, P und P’ bil- den mit den 24 Ebenen «, £, 7, z und x’ und den 18 Kanten k eine Cf. 24,, welche die harmonische Uf. 24, genannt werden möge. Jeder der 24 Punkte ist Schnitt- punkt von 3 der 18 Geraden und 9 der 24 Ebenen, in jeder der letzteren liegen 3 der 18 Geraden und 9 der 24 Punkte und jede Kante k ist Verbindungslinie von 4 Punkten und Schnittlinie von 4 Ebenen. Ausserdem liegen die 24 Punkte zu je 3 auf 32 Geraden h und h/, in denen sich zugleich die 24 Ebenen zu je 3 schneiden. Die 12 Punkte A, B, C bilden mit den 12 Ebenen x, rx' und den 16 Geraden h eine Cf. 12; und die 12 Punkte P, P’ mit den 12 Ebenen «, %, y und den 16 (reraden h’ eine zweite Of. 123; beide Off. 12; sind einander ein- geschrieben und bilden so die Cf. 244. Die Ebenen der einen 12, sind die Diagonalebenen der anderen. Die 18 Kanten k lassen sich auf 2 Arten zu 3 Tetraedern an- ordnen, sie bilden 9 Paare gegenüberliegender Geraden der Of. 24,. Jedes der 6 Tetraeder kann als Kugelcen- trentetraeder aufgefasst werden und analog auch als Te- traeder, dessen 4 Seitenflächen die Mitten von 4 Paaren paralleler Ebenen sind. Durch 4 Kugeln oder 4 Paare paralleler Ebenen ist eine Cf. 24, bestimmt. 2 gegen- überliegende Geraden k werden von sämmtlichen 32 Ge- 208 raden h und h’ geschnitten, jede von 8 Geraden h und von 8 Geraden h'‘. Nennt man 2 nicht durch eine Öf.-Gerade verbundene Punkte einer räumlichen Of. (analog 2 Ebenen, die sich nicht in einer Öf.-Geraden schneiden) separirt, so folgt: Die 12 Punkte (Ebenen) einer Cf. 12; zerfallen in 3 Qua- drupel separirter Punkte (Ebenen). Die 12 der 16 Ge- raden einer Of. 12;, welche durch 3 Punkte eines Qdr. s. P. gehen, sind die Kanten eines Hexaeders, dessen Diagonalen die 4 übrigen sich in dem 4. Punkte des Qdr. s. P. schneidenden Geraden der Cf. 123 sind. Eine Cf. 12; enthält 12 solcher Hexaeder; die 3 Qdr. s. E. bilden 3 den 12 Hexaedern gemeinschaftliche Diagonal- tetraeder. Analog enthält eine Uf. 12; 12 Octaeder. Zu jedem Punkt und seiner gegenüberliegenden Ebene einer Öf. 24, (z. B. A, und «,) gehören ein Hexaeder und ein Öctaeder. Die Cf. 24, enthält also 24 Hexaeder und 24 Öctaeder; die 12 Octaeder der einen Cf. 123 sind je einem Hexaeder der anderen 123 eingeschrieben. Die Öf. 24, und die beiden Öff. 12; sind in jedem der 24 perspectivisch-involutorischen räumlichen Systeme, deren Involutionscentrum und -ebene ein Punkt und seine gegenüberliegende Ebene der Öf. sind, sich selbst zuge- ordnet. Ebenso in jedem der 9 geschaart-involutorischen Systeme, deren Axen mit 2 einander gegenüberliegenden (reraden k zusammenfallen. Es gibt 12 Nullsysteme, in denen die Cf. 24, und die beiden Cff. 12, sich selbst zugeordnet sind. Man gelangt zu einem solchen, indem man jedem von 3 Punk- ten eines Qdr. s. P. einer Üf. 12, eine der beiden durch ihn gehenden Ebenen eines der 3 Qdr. s. E. zuordnet. Eine Cf. 24, ist bestimmt durch ein Tetraeder und einen fünften Punkt (Ebene). So oft man also ein Qdr. s. P. einer Cf. 12; und einen beliebigen fünften Punkt 209 derselben collinear oder reciprok auf ein Qdr. s. Elemente und ein fünftes Element gleicher Art einer zweiten Cf. 12; beziehen kann, entsprechen einander alle Elemente der beiden Üff. Es ergibt sich so, dass eine Cf. 12; auf 576 Arten in eine zweite 12;, und dass eine Üf. 24, auf 1152 Arten in eine zweite 24, oder in sich selbst col- linear und ebenso oft reciprok transformirt werden kann. Bei richtiger Annahme der entsprechenden Elemente geht sie in die Of. des Würfels über, indem eines der 24 Hexa- eder die Würfelgestalt annimmt, während das zugehörige Octaeder zu einem regulären Octaeder wird. Sie lässt sich auch in die Of. eines Trapezoeders überführen, in welchem Falle beide Cff. 12, congruent sind. Wie dem Würfel eine Kugel, so ist jedem der 24 Hexaeder einer allgemeinen Of. 24, eine (nicht geradlinige) Fläche II. ©. eingeschrieben. Diese 24 Fl. 11. O. sind die Ordnungs- flächen von 24 räumlichen Polarsystemen, in denen die Cf. zu sich selbst und die beiden Off. 12; zu einander polar sind. Je 48 collineare und je 48 reciproke Trans- formationen führen zu einem und demselben Polarsystem. Jede der 24 Fl. II. OÖ. wird von den 6 Ebenen eines Hexaeders in den 6 Punkten des zugehörigen Octaeders berührt. Je 2 Fl. II. O, welche zu 2 Punkten eines Qdr. s. P. gehören, werden in den beiden Uf.-Punkten, welche mit jenen auf einer Geraden k liegen, von deren entsprechenden Ebenen gemeinschaftlich berührt. Zwei Flächen, welche verschiedenen Qdr. s. Elemente derselben Cf. 12; zugehören, schneiden einander in einer Curve II. ©. und werden von einem Kegel I. O. gemeinschaft- lich berührt. Die Ebene des Kegelschnitts und die Spitze des Kegels sind bestimmte gegenüberliegende Elemente der Cf. 24.,. Je 4 durch einen unendlich fernen Punkt gehende Würfelflächen enthalten S die eingeschriebene Kugel be- erichte der naturf. Ges, in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 2. 6 210 rührende (Geraden k, welche auf einem Rotationshyperboloid liegen. Es folgt daraus: Die 18 (Geraden einer Uf. 24, liegen zu je 8 in 9 Flächen II. ©., den Ordnungsflächen von 9 Polarsystemen, in denen die Cf. 24, zu sich selbst und die beiden CGff. 12, zu einander polar sind. Jede die- ser 9 Flächen enthält 16 C£.-Punkte (je 2 Qdr. s. P. jeder der beiden Cff. 12,), in denen sie von je einer Ebene der Cf. (je 2 Qdr. s. E. jeder der beiden Cft. 123) berührt wird. Von jeder der 8 übrigen Ebenen wird sie in einer Curve II. O. geschnitten, in welcher sie eine der 24 nicht geradlinigen Flächen 11. ©. berührt und die Spitzen der 8 durch diese Uurven gehenden Berührungskegel fallen mit den 8 nicht auf der Fläche liegenden Uf.-Punkten zusammen. Wiesbaden, im August 1882. Zur Bestimmung der Windungsfläche einer Drahtspule. Von F. Himstedt. Herr F. Kohlrausch hat kürzlich!) eine sehr ein- fache Methode angegeben, die Windungsfläche einer Draht- spule auf galvanischem Wege zu bestimmen und zugleich die Brauchbarkeit derselben durch angestellte Messungen erwiesen. Die Wichtigkeit einer solchen Methode liegt auf der Hand. Abgesehen von manchen anderen Aufgaben er- fordern alle Methoden, welche für die Bestimmung der absoluten Widerstandseinheit vorgeschlagen sind, die Aus- werthung einer Windungstläche. Dass diese auf dem Wege der direeten Messung etwa der Drahtlänge oder der Radien der einzelnen Windungslagen nicht mit jener Genauigkeit erfolgen kann, deren die übrigen Theile einer absoluten Widerstandsmessung fähig sind, ist allgemein anerkannt, ?) dagegen darf man wohl hoffen, auf dem von Hrn. Kohl- rausch eingeschlagenen Wege eine solche Genauigkeit zu erreichen. Es wird desshalb nicht überflüssig erscheinen, wenn ich hier eine ähnliche Methode kurz beschreibe, die ich gelegentlich einer früheren Arbeit?) schon anzuwenden ') Ueber die Messung der Windungsfläche einer Drahtspule auf galvanischem Wege und über den absoluten Widerstand der Quecksilbereinheit. Nachrichten d. Kgl. Ges. d. Wissenschaften zu Göttingen, b. Sept. 1882 pag. 654. ?) Vergl. die Angaben hierüber bei Kohlrausch 1. c. pag. 654. *) Einige Versuche über Induetion in körperlichen Leitern. Wiedemann, Ann, Bd. XI pag. 812. 6* 212 versucht habe, damals aber nicht veröffentlicht habe, weil für die definitiven Messungen eines homogen magnetischen Feldes, um die es sich handelte, eine einfachere Methode gefunden wurde. Die zu beschreibende Methode stimmt mit der von Hrn. F. Kohlrausch gegebenen darin überein, dass die Auswerthung der Windungsfläche durch die Ver- gleichung mit der Fläche emes einfachen Kreisringes ge- schieht, verdient aber vor dieser vielleicht in sofern den Vorzug, als bei ihr nur Winkelmessungen mit Fern- rohr und Spiegelablesung nöthig sind. Hängt man die Drahtspule bifilar so auf, dass in der Ruhelage ihre Axe horizontal und senkrecht zum mag- netischen Meridian ist, so bewirkt ein hindurch geleiteter Strom eine Ablenkung und bezeichnet: J die Intensität des Stromes, F die gesuchte Windungsfläche, T die Horizontalintensität des Endmagnetismus, D die Directionskraft der bifilaren Suspension, ® den Ablenkungswinkel, so besteht die Gleichung: 1), J HT eos @, =D) sın ©, Wird ein einfacher Drahtkreis ebenfalls bifilar auf- gehängt, so gilt bei analoger Bezeichnung: A) cos 0’ "desin cz woraus folgt: al = 7 . a ee Den f J d tang o vorausgesetzt dass T in beiden Fällen dasselbe. Misst man die Stromintensitäten mit demselben Galvanometer und ist anch hier Me de: beide Male T dasselbe, so wird 1 tang « I tanz 215 « und ./ die Ausschläge des Galvanometers. Es bleibt ‘dann also nur die Grösse D/d zu bestimmen. Selbstverständlich kann dies in der Weise geschehen, dass D und d jedes für sich entweder durch directe Messung und Wägung gefunden werden oder durch Be- stimmung der Trägheitsmomente und der Schwingungs- dauern ohne Strom, allein auf diese Weise entstehen so viele neue Fehlerquellen, dass sich dies Verfahren kaum empfehlen dürfte. Man kann aber leicht zwei Anordnungen der Ver- suche angeben, durch welche die Directionskräfte eliminirt werden. Erstens. Man macht das Gewicht der Drahtspule gleich dem des Drahtkreises und richtet die Bifilarsus- pensionen so ein, dass man leicht die Spule und den Drahtkreis abhängen und sie mit einander vertauschen kann, so dass dann die Spule an den Suspensionsdrähten hängt, an welchen vorher der Drahtkreis war und um- gekehrt. Bezeichnen ® und © wieder die Ablenkungs- winkel bei der ersten Aufhängung # und w dieselben nach dem Umhängen, so erhält man die folgenden Gleichungen: 2) RT E03 07 — Di sn. ® 2), IE To: #0 sn? 3) Lihitiicos! 9 disim @ 2er 10.008 0 — - D’sin?ı, aus denen in leicht ersichtlicher Weise gefunden wird: F? i?tang D tang 7 f? J?’tang ao tang yw Als specieller Fall steckt hierin der, dass man nur eine Drahtsuspension benutzt und abwechselnd die Spule und den Ring anhängt. Zweitens. Man hängt die Spule und den Drahtkreis beide zusammen zu gleicher Zeit an dieselben Suspensions- 214 drähte und leitet denselben Strom durch beide hinter- einander und zwar das eine Mal in Spule und Ring gleich- gerichtet, das andere Mal entgegengesetzt gerichtet. Die Gleichungen werden dann: 1) IJ(F+f) Tees P—=D sin ® 2). JE) T 00s/®—D, sin @ und hieraus a Fre. IS tang ® tang Atang ® u ae tang MD tang 4 tang M‘ wenn wieder angenommen wird, dass die Stromintensität beide Male mit demselben Galvanometer gemessen wird und die beiden Ablesungen so schnell hinter einander gemacht werden, dass T inzwischen sich nicht ändert. Diese zweite Methode scheint mir besonders einfach und empfehlenswerth. Man ist vollständig unabhängig von der Suspension und hat im (ranzen nur vier Winkel zu messen, eine Aufgabe, die bekanntlich mit sehr grosser Genauigkeit gelöst werden kann. Beobachtungen. Um die zweite Methode durch den Versuch erproben zu können, habe ich nach ihr die Windungsfläche einer Drahtspule bestimmt, die nur eine Windungslage besass, also auch durch directe Messung mit grösserer (enauig- keit ermittelt werden konnte. Ich liess aus Hartholz zwei Öylinder drehen, beide von gleicher Höhe, den einen aber von nahezu doppeltem Radius als den anderen. Der erstere wurde ferner so zu einem Hohleylinder ausgebohrt, dass der zweite bequem in jenen hineingeschoben werden konnte. Wurden dann auf die Grundflächen gut ebene Bretter geschraubt, so waren damit beide Cylinder zu einem unveränderlichen System vereinigt und man war 215 zugleich sicher, dass die Drahtwindungen beider stets in parallelen Ebenen sich befanden.) In die Mitte des Mantels des Uylinders von kleinerem Radius wurde eine Nute von 10”® Breite und ca. 2" Tiefe gedreht, so dass genau 20 Windungen eines übersponnenen Drahtes von 0,5% Durchmesser hineinpassten. Ehe der Draht aufge- wickelt wurde, wurden auf der Fläche der Nute in gleichen Abständen 9 feine Touchestriche gezogen, indem die Rolle dabei mittelst der Drehbank gedreht wurde. Dann der Umfang dieser 9 Kreisringe einzeln bestimmt in ähnlicher Weise wie bei H. Weber, °) nur wurde statt der Papier- streifen Messingdraht von '/ı"® Durchmesser benutzt, der über leicht bewegliche Rollen laufend stets durch dasselbe (rewicht gespannt gehalten wurde. War der Draht um einen Touchering ein Mal herum gelegt, so wurde ein feiner Messerstrich über zwei neben einander liegende Stellen gemacht, die Spule wieder rückwärts gedreht und der Abstand der beiden Marken auf dem Drahte mit dem Kathetometer gemessen. Jede Messung wurde zwei Mal gemacht und ergaben sich für die Um- fänge die Werthe in Millimetern: 369.9 370.0 370.1 370.1 370.0 370.0 370.0 370.2 370.2 Mittel: 370.06. Da der übersponnene Draht einen Durchmesser von !) Eine kleine Neigung der Windungsebene der Spule gegen die des Ringes zieht übrigens nur einen sehr kleinen Fehler nach sich, denn das wahre Verhältniss P geht dann über in 608 v, wenn v der Neigungswinkel und beträgt der Fehler für » —2'/,° erst 0.0001 des gauzen Werthes. Dieselbe Fehlerquelle kann übri- gens auch bei der Kohlrausch’schen Methode auftreten. 2) H. Weber, Der Rotationsinductor, seine Theorie und An- wendung zur Bestimmung des Ohm in absolutem Maasse, Teubner. Leipzig 1382. 216 0,5 hatte und in 20 Windungen umgelegt war, so er- giebt sich die Windungsfläche: F — 219810mn?, In derselben Weise wurde die Fläche eines ein Mal um den grösseren Cylinder gelegten Drahtringes gefunden: f — 46322nmm?, Um das Hinter- resp. Gegeneinanderschalten der Spule und des Drahtringes leicht bewerkstelligen zu können und um beide ausschalten zu können, um den Einfluss des Stromes in den Zuleitungsdrähten (Bifilarsuspension und Verbindungsstücke) zu messen, waren in dem Holze der Rollen im Ganzen 6 Quecksilbernäpfchen angebracht und das Umschalten geschah in sehr leichter Weise durch das Umlegen kleiner Drahtverbindungsstücke, was bei einiger Vorsicht ausgeführt werden konnte, ohne dass der Apparat dadurch merklich erschüttert wurde. Bezeichne ich die von den Zuleitungsdrähten umschlossene wirksame Strom- fläche mit d, so gelten je nachdem die Spule und der Drahtring hinter oder gegen einander oder aber ausge- schaltet sind die Gleichungen: J(F+f-+d)T cos 9=D sin ® ‘’(F—f-+-d) Tcos W—=D sin ®' 17 20 10C08.@ —ND sin ®”. Wird J == R tang _/ gesetzt, so erhalten wir: tang® tang ®“ tang PD’ tang @“ F+f:F- {= _———. a Dir tang 4 tang A" tang 4 tang A Als Stromquelle wurde bei den Versuchen ein Bunsen’sches Element benutzt. Ein in den Stromkreis eingeschalteter Widerstandssatz und ein Neumann ’scher Rheostat ermöglichten es, mit genügender Genauigkeit für die zusammengehörenden Beobachtungen 4—= 4 — 4" 217 zu machen und wegen der geringen Grösse von ®“ konnte dann für die Berechnung gesetzt werden: F-+f:F— f=tang (® — D“) :tang (W — ©). Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, dass Spule und Galvanometer einen solchen Abstand von einander besassen (ca. 7 Mtr.), dass sie sich nicht gegenseitig be- einflussten. Die Ablenkungen der Spule wurden durch Beobach- tung der Umkehrpuncte des schwingenden Apparates ge- wonnen. Die Schwingungsdauer betrug ca. 20 Sec. und konnte zwischen zwei Umkehrpuncten jedes Mal bequem die Einstellung am Galvanometer abgelesen werden. Ich theile im Folgenden die Einzelbeobachtungen eines Ver- suches mit. Der Scalenabstand bei der Spule betrug 3138"%, bei dem Galvanometer 1630"", Die Mitte der Scale des bei der Spule benutzten Fernrohrs war mit O bezeichnet, die des vor dem Galvanometer stehenden mit 500, beide hatten Millimetertheilung. 218 9" 5min der Strom in Spule und Ring gleich gerichtet: Spule King Umkehrpuncte eiastellaneı Mittel [Einstellung Mittel are) + 326.9 + 352. 22 161.7 a I-+ 352.23] 161.7 +3 -+ 352. 22) -H- 352.21] 161.7 |161.72 + 375.9 F- 352.20) Narr" a 329. 552 161.7 | 4.1374.8) | 161.8 | Commutirt. | | | — 377.7 | | I— 333.7 — 355.42] 798.4 — 376.6 I--- 355.40 798.3 I— 334.7 |— 355.401 — 355.40| 798.3 | 798.33 — 375.6 I— 355.40 798.4 — 335.7 |— 355.40 798.3 — 374.6 798.3 Commutirt | | | | + 319.— | | 4 352.15 161.8 —+- 320.2 | 1852.15 161.05) - 383.5 + 352.12\-1- 352.13]: nicht veor. | 161.75 1.321,30 + 352.12] 161.8 | -} 382.4 + 352.12 161.72 + 322.4 | 161.8 | 9» min der Strom in Spule und Ring entgegengesetzt gerichtet: D-pru.l;e Ring Umkehrpuncte ‚Einstellung, Mittel Einstellung Mittel | | | l | SE + 185.6 + 271.6 -+ 228.90 161.8 + 186.8 | 1- 228.87 161.8 + 270.3 + 228.88.4- 228.88| 161.7 | 161.74 las '+- 228.90) 161.7 + 269.— -}- 228.85 161.7 }- 189.3 | ? nicht beob. Commutirt — 260.8 | Dr 20411, 25217 798.2 — 259.6 | — 232.15, 798.1 | ı— 2058 |—- 232.17 — 232.16| 798.2 | 798.13 958.5 — 232.18 798.1 | — 206.4 — 232.17 798.1 a | 798.1 Commutirt [259.4 | 4 198.4 -- 228.60) 161.9 + 258.2 4- 228.60 161.9 + 199.6 |+- 228.604 228.59] 161.9 161.9 U ONE -1 298.57 161.9 + 200.7 4 228.57) 161.9 + 255.9 | 161.9 220 9» 3g9min der Srom in Spule und Ring gleich gerichtet: Spule Ring Umkehrpunete "Einstellung Mittel Ereene Mittel | | | | | | | 1} + 385.1 + 319.5 -+ 352.— Form 385.9 351.97 761.9 | 2 '-F 320.6 ei 351.954 351.97|| 161.9 | 161.92 FH 882.7 | - 351.95) 162. -- -+3 - 351.97 ? nicht. beub. -+ 581.6 161.9 GCommutirt — 320.9 | _ 3708, = In 798.3 a — 355.38 798.4 | — 378.2 |— 355.42) — 355.4 |? nicht beob. | 798.38 2493.93 — 355.40) 798.4 377.1 |— 355.42) 798.4 — 324.3 ı | 798.4 CGommmwtirt | | | | + 351.2 | | | +372.3 + 352.— 161.9 f- 332.2 | -+ 352.02) 161.9 +371.4 4-352.03+352.02| 161.9 161.87 + 333.1 | + 352.02) 161.8 | -H 370.5 4 352. 05 161.8 + 334.1 | | 161.9 221 9" 4smin Spule und Ring ausgeschaltet: Spule Ring Umkehrpunkte Eiastellung Mittel Jeinstettung Mittel I- 25.3 | — 24.7 | + 0.05 161.— | -1- 0.02 RT DINGE N, -- 0.03 | | 0.03 Kal 161.07 E= DD = [23.4 ı 2Bi0102 | -— 22.9 | 40.03 161.1 + [0 D&D a Commutiırt he el 7397 799.2 | 20.1 307 96.2) —- 3.27 — 3.27 | 799.1°|799.13 | 19 > | ) 1-19.2 4997 | DIOR RR, 799.1 | 18,8 | | | Commutirt 442.2 | A134 2.0300 161.1 E44. -1- 0.22 | | ss ..0,25 vel022 Verismierlieı.ı 439.8 | 1.9.39 | I 338 sel 21h 0.00 6 + 38.6 | | | 1 | Aus den vorstehenden Zahlen berechnet sich: F-f nz; isaon. Im Ganzen sind 4 Versuche angestellt und ist bei diesen die Stromintensität in möglichst weiten Grenzen a AR DE LER variirt. Nie haben für = + die Werthe ergeben: R. II. II. IV. 1.5362, | 1.5366 = 115364) 115363 Mittel: 1.5364. Hieraus findet sich: Beobachtet: Berechnet: IR II. II. IV. V; F f HT 2 IITAT 272747236742 94 4.743 Mittel: 4.7288. Unter V ist der aus den pag. 6 mitgetheilten direeten Ausmessungen berechnete Werth verzeichnet. Die Uebereinstimmung unter den Werthen I bis IV muss als eine ausserordentlich gute bezeichnet werden. Die Abweichung des unter V gegebenen Werthes hat ihren Grund zweifelsohne in den Fehlern bei der directen Ausmessung, denn sie übersteigt den aus den möglichen Fehlern sich ergebenden Betrag nicht, und man wird wohl keinen Augenblick darüber im Zweifel sein können, dass die Werthe I bis 1V dem wahren Werthe näher liegen als Nr. V dies thut. Physik. Inst. Freiburg i. B., November 1882. Ueber die Elektrolyse des festen Glases. Von 128 WARME Der Durchgang des elektrischen Stromes durch das feste Glas ist vielfach Gegenstand der Untersuchung ge- wesen. Der elektrische Leitungswiderstand des festen (rlases in seiner Abhängigkeit von der Temperatur wurde zuerst von Buff!) bestimmt; neuere Bestimmungen der- selben Grösse wurden ausgeführt von Beetz,°) Perry ,®) Foussereau,®) Th. Gray.°) Buff‘) und Beetz°) haben ferner die galvanische Polarisation am festen Glase nachgewiesen; Buff?) und später W. Thomson’) haben galvanische Elemente zu- sammengestellt, in welchen das Glas die Rolle des Leiters zweiter Klasse übernimmt. Auf einem Wege, dessen Bezeichnung hier nicht von Interesse ist, bin ich darauf geführt worden, den Durch- !) Ann. d. Chem. u. Pharm. 90, 257 1854. :) Pogg, Ann. Jubelband, 23 1874. ®) Proc. Roy. Soc. 23, p. 468 1875. *) Journ. de phys. (2), B. XI, p. 254 1883, >) Proc. Roy. Soc. 34, 199—208 1883. *) Ann. Chem. und Pharm. 90, 257 1854. ”) Pogg, Ann. 92, 452 1854. ®) Ann. Chem, und Pharm. 90, 257 1854. ®) Proc. Roy. Soc. 23, p. 463 1875. 224 gang des elektrischen Stromes durch das feste Glas nach andern Richtungen hin zu untersuchen. Ich habe dabei eine Reihe von Beobachtungen gemacht, deren Mittheilung der Zweck dieses Aufsatzes ist. $ 1. Zu den Versuchen, welche zum grössten Theil bei einer Temperatur von etwa 300° angestellt wurden, diente mir ein Luftbad, dessen Einrichtung aus Tafel III, Fig. 1 ersichtlich ist. Die drei starken Eisenfüsse F tragen den äussern Hohleylinder H, welcher oben einen mit vier 1% weiten, kreisrunden Löchern . versehenen, ringförmigen, nach Innen gekehrten Fortsatz trägt. Auf diesem ruht mittels eines gleichen, ebenso durchlöcherten Fortsatzes der innere, unten geschlossene Cylinder 1. Auf I wird ein mit drei Tubulaturen versehener Deckel D aufgesetzt. Die drei Tubulaturen nehmen durch Korke auf: das Glasrohr, welches den Versuchsapparat enthält, einen Reichert’schen!) Thermoregulator und ein bis 360° getheiltes mit Luft gefülltes Thermometer. Die Erwär- mung geschieht durch 2—4 Bunsen’sche Brenner, welche in dem ringförmigen Raum zwischen I und A in die Höhe brennen, der Luftzug kann erforderlichen Falls durch Drehen von I — wobei die Zuglöcher sich mehr oder weniger öffnen —- regulirt werden. Schon durch zwei Brenner können Temperaturen bis zu 310° bei einem Gasdruck von 2“ Wasser erzielt werden. Ein Thermometer, dessen Gefäss sich in dem abge- schlossenen Heizraum des Bades befindet, nimmt, je nach- dem das Gefäss mehr nach unten oder oben geschoben wird, höhere oder tiefere Temperaturen an; der Unter- schied kann bis zu 40° ansteigen. Bringt man indessen das Thermometer in ein mit Quecksilber gefülltes Glas- rohr, wie es zu den Versuchen gebraucht wird, so zeigen !) Pogg. Ann. 144 8. 467. sich, je nachdem das Gefäss des Thermometers höher oder tiefer im Quecksilber sich befindet, keine merklichen Temperaturdifferenzen; die kleinen Differenzen, welche man zuweilen erhält, liegen innerhalb der Fehlergränzen, die durch die Unsicherheit in der ÜCorrection wegen des herausragenden Fadens hier ziemlich weite sind. $S 2. Das Glas wandte ich nach dem Vorgang von Buffin Form eines Reagensrohres an; und zwar benutzte ich zu den Versuchen Thüringerglas, welches verhältniss- mässig gut leitet. Von einer der benutzten Röhren hatte Hr. Prof. Rose in Strassburg die Güte, eine Analyse durch Hrn. Dr. Woringer zu veranlassen, welche fol- gende Zusammensetzung ergab: SiOs 70,23 AO; 1, F&0; 0,09 Mn0; 0,85 GaO 8,53 Mg0 Spuren K;0 4,27 Na>s0) 15,08 100,80. Es scheint zweifelhaft zu sein, wie diese Bestand- theile chemisch mit einander verbunden sind.') Der Bestandtheil, welcher die elektrolytische Leitung vorzugs- weise bedingt, ist nach meinen Versuchen ($ 19—22) Na;SiO,, das vielleicht in der Masse in ähnlicher Weise enthalten ist, wie ein Salz in seinem Lösungsmittel. $ 3. Ich begann mit dem Versuch von Buff, bei welchem ein Reagensglas, zum Theil mit Quecksilber ge- !) Vgl. Faraday Phil Trans. 1830, 1; Graham-Otto 3. Aufl. 1855, S. 508. Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 2. 7 226 füllt, in ein weiteres, auch zum Theil mit Quecksilber gefülltes Glasrohr eingesetzt ist. Das äussere und innere Quecksilber bildeten die Elektroden, der Strom wurde durch eintauchende Platindrähte zugeleitet und seine Inten- sität durch ein eingeschaltetes Galvanometer beobachtet. Schon Buff fand unter diesen Umständen, dass „während des Durchgangs des Stromes durch das Glas die (alvanometernadel immer nur vorübergehend eine feste Ablenkung annahm, bald aber langsam gegen Null hin zurücksank ;“') er erklärt diese Erscheinung durch die mit der Zeit mehr und mehr zunehmende Polarisation. Als ich indessen die Elektroden des auf etwa 300° erhitzten Apparates mit den Polen einer Kette von 30 hintereinander geschalteten Bunsen’schen Elementen verband, zeigte sich, dass der Strom, anfänglich stärker, Bu \ Amp. als 24000 M. A. (Mikroamperes — Se) nach Verlauf einer Stunde auf 20 M. A., also auf etwa den 1000sten Theil seines Werthes gesunken war. tührte diese Erscheinung von der galvanischen Po- larisation her, so müsste die letztere den unwahrschein- lichen Werth von beinahe 30 Bunsen’schen Elementen erreicht haben, einen Werth, der um so unwahrschein- licher ist, als Buff die Polarisation mit wachsender lölementenzahl nur wenig wachsend fand. Es liegt daher nahe, den Grund der Stromschwächung in der Bildung einer schlecht leitenden Schicht von SiOz zu suchen, welche sich an der Anode bei der elektro- Iytischen Zersetzung kieselsauren Salzes abscheidet. Das Glas würde sich in Bezug auf dieses Verhalten den so- genannten unipolaren Leitern *) anschliessen. But Age: ?) A. S, Ohm Schweigg. I. 59, S. 385 u. 60 5. 32. 227 s 4. Dass die Ursache der Stromschwächung bei dem beschriebenen Versuch lediglich an der Anode liegt, geht daraus hervor, dass jene Stromschwächung sich nicht zeigt, wenn man anstatt des Quecksilbers Natriumamalgam (etwa lprocentiges) als Anode anwendet. Es dürfte in dem vorliegenden Fall aus verschiedenen Gründen (s. u. a. $ 16) schwer sein, den Widerstand der schlecht leitenden Schicht durch eine einwurfsfreie Me- thode zu messen und dadurch die gegebene Anschauung zu beweisen. Die zu beschreibenden Beobachtungen wider- sprechen aber so sehr der Annahme einer Polarisation als Ursache der starken Stromschwächung und schliessen sich der Annahme einer schlecht leitenden Schicht so gut an, dass ich von der letzteren wie von einem be- wiesenen Dinge reden will. $ 5. Durch ein Glasrohr von 0,035“ Wandstärke und 1,29% Lichtweite, das bis zu einer Höhe von 6,3“ mit Quecksilber gefüllt war und in ein weiteres Rohr so eintauchte, dass das Quecksilber aussen höher als innen stand, leitete ich bei etwa 300° den Strom von 30 wenig gefüllten Bunsen’schen Elementen etwa 2 Stunden lang von aussen nach innen hindurch. Der Strom, anfänglich stärker, als 10000 M. A. war auf 36 M. A. gesunken und wurde nun durch ein Wiedemann’sches Galvano- meter beobachtet, bei welchem 1 Skalentheil 0,14 M. A. entsprach. Als ich jetzt die Temperatur auf 192°8 sinken liess, wurde der Strom so schwach, dass er von diesem Gal- vanometer nicht mehr angegeben wurde. Der Widerstand des Glases selbst — abgesehen von der abgelagerten Kieselsäureschicht — bestimmt, indem auf beiden Seiten '/sprocentiges Natriumamalgam die Elektroden bildete, betrug 94600 Ohms, der Galvanometerwiderstand 2247 Ohms; ohne den Widerstand der Kieselsäureschicht wäre Tr 228 daher die Stromintensität etwa 580 M. A. gewesen und wäre mithin der (alvanometerspiegel aus dem Gesichtsfeld weit herausgeworfen worden. Der Apparat muss also in diesem Zustand einen Condensator repräsentiren, in wel- chem die abgelagerte Kieselsäureschicht das Dielektrikum bildet, das Quecksilber an der Anode einerseits und die leitende (rlasmasse andererseits die Belegungen. Dies habe ich durch das Experiment bestätigt gefunden. $ 6. Die Versuchsanordnung ist aus dem Schema Taf. III, Fig. 2 ersichtlich. K ist eine Kette von der elektromotorischen Kraft e, welche fortwährend mit der Glaszelle & verbunden ist; g das (ralvanometer, T ein Telegraphenschlüssel. _K’ ist eine Kette von 20 Bunsen’- schen Elementen; von den Kohlen des 5., 10. und 20. Ele- ments führen Drähte zu den 3 Quecksilbernäpfen 5, 10, 20; jedes derselben kann mit dem Napf 0 verbunden werden, R ist ein Widerstand von beiläufig 9000 8. E., dazu bestimmt, die Kette RK‘ bei den Versuchen zu schonen. Ist nun z. B. das Napf 0 mit dem Napf 10 verbun- den und der Taster in derfRuhestellung, so ist die Poten- tialdifferenz auf den Belegungen des Condensators — e+10B.E.—e-te‘, indem e‘ allgemein die elektro- motorische Kraft des wirksamen Theils der Kette K’ be- zeichnet. Wird jetzt der Taster niedergedrückt und da- durch « und 8 überbrückt, so wird die genannte Poten- tialdifferenz um e’ vermindert,“ beim Loslassen des Tasters wieder um e‘ vermehrt. Die Ladungs- und Entladungs- ströme passiren das Galvanometer und bringen gleiche und entgegengesetzte Ausschläge desselben hervor. Nach den Ausschlägen kehrt sofort die stark gedämpfte Nadel in die Ruhelage zurück. Wenn nun wirklich die Glaszelle in diesem Zustand wie ein gewöhnlicher Condensator von constanter Uapa- 229 cität wirkt, indem die abgelagerte Kieselsäureschicht das Dielektrikum bildet, so müssen 1. die Galvanometerausschläge unabhängig sein von der elektromotorischen Kraft der Kette K, 2. proportional der elektromotorischen Kraft e‘, welche bei der beschriebenen Anordnung auf 5, 10 und 20 Bunsen’sche Elemente gebracht werden konnte. Dass dies wirklich der Fall ist, geht aus folgender Tabelle hervor, in welcher unter a die nach dem Tangenten- gesetz reducirten Galvanometerausschläge verzeichnet sind. Nachdem die Kieselsäureschicht durch eine Kette von 30 Bunsen’schen Elementen abgelagert worden war, wurden bei diesen Versuchen, wie man sieht, 20 Elemente von K fortgenommen und nach K‘ gebracht. e = 10B. el==ı4uB: e’ a a ber. e‘ a aber. 20 194,0 20 194,2 10 954 97,0 TO 95,914 9a 5 479 485 Bulmasnı 48,5 Die Uapacität zeigt sich unabhängig von e und bis auf 1—2°/, constant, wenn die Potentialdifferenz auf den Belegungen (e‘) von 5 bis zu 20 Bunsen’schen Elementen varurt wird (Columne a ber.). Durch andere Versuche (s. $ 10) habe ich die Constanz der Capacität bis zur Potentialdifferenz von 1 B. bestätigt gefunden. $ 7. Aus den Galvanometerausschlägen kann die entladene Elektricitätsmenge Q, mithin auch die Capacität des Condensators in dem Fall, dass die Entladungszeit unendlich klein ist gegen die Schwingungsdauer des Gal- vanometermangnets, nach folgender Formel berechnet werden: =. arc.tg. 7) ‘r £ 2 wo c die einem Skalentheil Galvanometerablenkuug ent- sprechende Stromintensität ist, # die ganze Schwingungs- dauer des ungedämpften Galvanometermagneten, k das Dämpfungsverhältniss 4 — log k das logarithmische Dec- rement. 9 ist für das benutzte Galvanometer 0,765. Stellt man nun die Versuche des vorigen Paragraphen bei höheren Temperaturen an, so ist gewöhnlich ein schwacher Leitungsstrom vorhanden, dessen Intensität von der elektromotorischen Kraft des Kreises abhängt. Die Ladungs- und Entladungsströme superponiren sich hier den Leitungsströmen; die Gleichgewichtslage des Magneten ändert sich beim Niederdrücken oder Loslassen des Tasters um « Skalentheile. Es kann indessen auch hier die ent- ladene Elektrieitätsmenge Q nach der Formel (1) berechnet werden, wenn man für a setzt a” (1—2ge) und dabei die Vorraussetzung erfüllt ist, dass 2qe sehr klein ist. Hier bedeutet a® den Ausschlag in Skalen- theilen, welchen man beim Niederdrücken des Tasters erhält, gerechnet von der Gleichgewichtslage, welche sich nach Niederdrücken des Tasters herstellt. R eur, ME SZ TE : Se \ zloge Für das benutzte Galvanometer ist N a In der folgenden Tabelle ist für verschiedene Tem- peraturen der e —5B. entsprechende Werth von a®.(1—2qe) unter der Rubrik a verzeichnet; es wurde jedesmal das Mittel aus den vom Ladungs- und Entladungs- strom gelieferten Werthen genommen, welche innerhalb der Beobachtungsfehler übereinstimmten. 5 64% 45rB t a 299°4 48,6 260° 49,1 22307 47 1928 44,5 S 8. Die Abnahme, welche a mit abnehmender Tem- peratur zeigt, kann daher rühren, dass bei den tiefern Temperaturen wegen des vergrösserten Widerstandes der Glasmasse die Dauer der Ladungs- und Entladungsströme nicht unendlich klein gegen die Schwingungsdauer des (salvanometers gesetzt werden darf. In der That war bei 150° jene Dauer viel grösser, als die Schwingungs- dauer, die Nadel blieb längere Zeit hindurch merklich abgelenkt, a zeigte sich selbstverständlich bedeutend ver- kleinert. Berechnet man indessen den Verlauf der Ladungs- und Entladungsströme nach der Theorie, indem man als Widerstand des Glases den Widerstand der Glasmasse in Rechnung bringt, das ist den Widerstand, welcher sich ergiebt, wenn Elektroden aus Natriumamalgam beim frischen Glase benutzt werden, so findet man, dass die beobachtete Abnahme von a sich keineswegs völlig er- klären lässt. Der Verlauf der Ladungs- und Entladungs- ströme hängt bekanntlich ab von dem Widerstand w des Kreises, dem Potential desselben auf sich selbst P und der Capacität U des Condensators. P konnte bei diesen Versuchen auf 3760.10% Cent. geschätzt werden, Ü auf '/, Mikrofarad, w, zusammengesetzt aus dem Widerstand der (Glasmasse und dem des Galvanometers war bei den 4 Temperaturen bezüglich 3330, 6920, 30180, 96900 Ohms dabei der Widerstand des Galvanometers 2390 8. E. Es - ergiebt sich daraus, dass bei 299°4 die Entladung eine oscillirende ist, bei den 3 folgenden Teinperaturen eine aperiodische. Bei 192°8 ist der Widerstand der (Glasmasse so gross, dass das Potential der Leitung auf sich selbst den Verlauf der Ströme nicht mehr merklich beeinflusst; hier ist die Intensität i des Entladungsstromes ; in 1 pe: N Ja ‚ W0 @= —— —18,9 in diesem Fall. Uw Integrirt man nun die Galvanometergleichung dl? dı n? — at -—428..—_ In—=—-.Q.0.e dt? | dt 5 c wo n die Schwingungszahl in der Zeit 27 der ungedämpf- ten Galvanometernadel, X die Galvanometerablenkung in reducirten Skalentheilen bedeutet, entwickelt das Integral E B n unter der Voraussetzung, dass — und — sehr klein gegen a Q 1 sind und bleibt bei Grössen 2ter Ordnung stehen, so findet man, dass Q nach Gleichung (1) berechnet werden kann, wenn man für a setzt N, all H Un a) a? Hier bedeutet also au den Ausschlag, welchen man bei verschwindender Dauer des Entladungsstromes erhal- ten würde. Für das benutzte Galvanometer ist n —2"05; > “ no r i Y/s-, in unserem Fall 0,0056; durch die endliche Dauer = des Stromes würde a um 0,3 Einheiten verkleinert, wäh- rend der Versuch eine Verkleinerung um 4,5 Einheiten ergab. Es folgt hieraus, dass entweder mit sinkender Tem- peratur die Capacität sich ändert, oder dass der Wider- stand des Glases nicht so in Rechnung gezogen werden darf, wie angenommen wurde. Das Letztere halte ich für das Wahrscheiuliche. Jedenfalls kann man aus den Versuchen über die Aenderung der Capacität mit der Temperatur nichts ent- nehmen. Ich benutze daher zur Berechnung der Capa- eität nur die für die beiden höheren Temperaturen er- haltenen Zahlen, welche eine Aenderung mit der Tempe- ratur nicht mehr zeigen, und setze demnach a — 48,9, d. i. gleich dem Mittelwerth für die beiden höheren Tem- peraturen. Es ist nun Q=ÜC. e'—=a.c.d. Bringt die elektromotorische Kraft e, wirkend in einem metallischen Kreise vom Widerstand wı, die redueirte (salvanometer- s er ablenkung a, hervor, so ist c6—= — —, woraus aıWı ya Seid V==—ı es ar wi Ich finde so ; — 0,56 Mikrofarald. Die von der Kieselsäureschicht bedeckte Glasober- fläche betrug 25,3 00., mithin ergiebt sich die Capacität für's Quadratcentimeter C, U, — 0,0221 Mikrofarad. $ 9. Ich verzeichne hierunter noch zwei ähnliche Versuchsreihen, die mit einem anderen Glase angestellt wurden, für das die Oberfläche der Schicht O = 26,10 Ü., der Radius des Lumens r —= 0,661“, die Glasdicke » — 0,0314* Die Kieselsäureschicht war wieder durch eine Kette von 30 B. E. bei etwa 300° abgelagert wor- den. Bei der ersten Versuchsreihe war e‘ — 5 B., bei der zweiten e‘ — 10 B., bei der ersten wurden beide Windungsreihen der (Galvanometerrolle benutzt, es war er 10.182 M. A,.P =,3760 :1108C-; „bei. der zweiten war nur eine Windungsreihe eingeschaltet, ce war hier 254 0,610 M. A. und P auf 1410.10°C zu schätzen.) Der Widerstand der (lasmasse war bei diesen und den folgen- den Versuchen nur um wenige Procente von dem Wider- stande des Glases 1 des $ 5 verschieden. Glas, 2210,96. 1mc- 1% 2. v a t a 307,8 36,7 307.7. 19,9 283,5 36,9 283,4 19,9 237,7 33,3 241,1 19,0 192,5 30,3 191,3 ° 17,4 Setzt man bei 1 a—= 36,8, bei 2 a—= 19,4 zwischen 283 und 308°, so ergiebt sich aus 1 C=0,55 M. F., aus 2 C==0,48 M. ER ım) Mittel Ü= 0,52 M. E23 ferner O— 26,1O00., so ist die Capacität per Quadrat- centimeter C, =: 0,0199. $ 10. Bei allen beschriebenen Versuchen war die Kieselsäureschicht durch eine Kette von 30 B. FE. erzeugt. Durch eine Kette von kleinerer elektromotorischer Kraft muss in derselben Zeit eine dünnere Schicht abgelagert, folglich ein Condensator von grösserer Gapacität erzeugt werden. Auch diese Folgerung habe ich durch den Ver- such bestätigt gefunden. Aus demselben Glasrohr, von welchem das Rohr 2° des vorigen Paragraphen herrührte, wurden zwei Reagensgläser 2’ und 2° gemacht und die Schicht unter denselben Umständen durch eine Kette von 15 B. E. erzeugt. Der Leitungsstrom wurde hier erst bei Temperaturen von 250° an hinreichend klein. \) Bei allen folgenden Versuchen hatte P diesen Werth. |) [6 oO GTasr3# er Abelsmic” 0:0632 MM. Ar 0= 25,90c. 0 0,0314 .—0,698 — 343 e‘ a a ber. 11. 46,6 51.0020,81.0.21.2 Eu dan AI (‚las 2% e—4B.E. ce = 0,630. M. N 028,126, ‚pZ 0.0314 r — 0,687° ee N fe 290% e‘ au ras.ben: a a ber. 10 44,6 a4 5 21,9 22,3 23,0 22,20 TE HAEFTTT. 4,55 4,44 Für das Rohr 2” ergiebt sich mit a= 4,23 per Bunsen, C = 1,09M. F., C, = 0,0421. Für das Rohr 2° mit a— 4,44 GC —= 1,14, U, = 0,0406. Es ergiebt sich also im Mittel die Capacität per Quadratcentimeter C,, als die Schicht durch 15 B. E., abgelagert wurde G, —0,0414 n „ 5 0nbe Be, 5 2er 9,0270: Die numerische Beziehung zwischen C, und der elek- tromotorischen Kraft der erzeugenden Kette zu liefern, be- anspruchen diese Zahlen aus verschiedenen Gründen nicht. Diese Beziehung experimentell aufzusuchen scheint kaum vonInteresse. Setzt man die Temperatur und den spe- zifischen Widerstand der Schicht constant (vgl. indessen 236 $ 16), so würde die Dicke der Schicht, nachdem der Strom eine sehr lange Zeit hindurch gewirkt hat, sich propor- tional ergeben der Quadratwurzel aus der elektromoto- rischen Kraft multiplicirt mit der Zeit, während deren sie gewirkt hat; dagegen unabhängig von der Glasdicke. $S 11. Bekanntlich ist er wenn d die Dicke der Schicht, D ihre Dielektricitäts- constante, « die Anzahl elektrostatischer Einheiten der Elektrieitätsmenge in einer elektromagnetischen Einheit bedeutet. Da D>1, so ist 4ra®.C, Setzt man nach Maxwell!) 28,8 DB. A. :Ohms — 28,4?) Ohms, so findet man au un 23, d> er oder > en je nachdem die Schicht durch 30 oder 15 B. E. abge- lagert wurde. $ 12. Es ist von Interesse, die gefundenen Gapaci- täten der Kieselsäurecondensatoren zu vergleichen mit der Uapacität von Elektroden, welche galvanisch polarisirt werden.’) Varley*) findet die Gapacität von Platinelek- 3) Treatise, Band II. $. 373. :) In dem nach W. Siemens (Elektrotechn. Ztschr, 1852, Ill. Jahrgang S. 415) 1 B. A. Ohm = 0,9885 Ohm. 3) Sei @ die Elektricitätsmenge, welche einem Voltameter mit zwei gleichen Elektroden von der Gesammtoberfläche s zugeführt werden muss, damit in demselben die elektromotorische Kraft e er- zeugt wird, so ist 2 die Capaeität der Polarisation für die Flächen- einheit. *) Phil. Trans, 1871, Bd, 161, p. 136. 237 troden in angesäuertem Wasser für die Potentialdifferenz von 0,2 Volt. zu 13,5 M. F. per Quadratcentimeter; !) die Capacität von 13,5 auf 51,4 M. F. wachsend, wenn die Potentialdifferenz von 0,2 auf 1,0 Volt. gesteigert wird. Blondlot?) findet in demselben Fall die Initial- eapacität — d. i. die Capacität für unendlich kleine Potentialdifferenzen zu 3,83—15,54 M. F. per DCent. Es ergiebt sich also die Capacität der galvanischen Polarisation von Platinplatten in angesäuertem Wasser 1. viel grösser, als die Capacität der Kieselsäureconden- satoren; 2. bedeutend veränderlich mit der Potential- differenz, nämlich auf mehr als das doppelte wachsend, wenn die Potentialdifferenz verfünffacht wird, während sie für die Kieselsäurecondensatoren sich constant erweist, wenn die Potentialdifferenz von 1 auf 20 gesteigert wird. Der letztere Unterschied ist besonders charakteristisch und zeigt nach meiner Ansicht deutlich, dass die galva- nische Polarisation an den hier beschriebenen Eirschei- nungen keinen wesentlichen Antheil hat. $ 13. Die abgelagerte Kieselsäureschicht giebt sich noch in anderer Weise zu erkennen. Thüringer Glas entladet bekanntlich bei dem gewöhnlichen Feuchtigkeits- gehalt der Luft ein Goldblattelektroskop fast momentan durch oberflächliche Leitung, welche nach Faraday von .der auf der alkalischen?) Glasoberfläche condensirten Luftfeuchtigkeit herrührt. Dieses oberflächliche Leitungs- vermögen wird nun solchem Glase durch die abgelagerte Kieselsäureschicht zum grössten Theil entzogen und auch bei längerer Berührung das stark geladene Elektroskop 1) Nämlich 175 M. F. für den engl. Quadratzoll doppelter Platinoberfläche 1. c. 2) Journ. d. phys. (1) T. X,, p. 443, 1881. >) Phil. Trans. für 1830, Iter Theil, p. 49. nicht mehr entladen, wenn auch das Isolationsvermögen hinter dem des Paraffins zurücksteht. Da diese Methode, Glas isolirend zu machen, welche ich auf dünne und dicke (Gläser anwendbar gefunden habe, möglicherweise in der Technik oder wenigstens bei der Construktion elektrometrischer Apparate Verwendung findet, so habe ich mich bemüht, die besten Bedingungen zu finden. Vorläufig kann ich folgendes Verfahren em- pfehlen. Das mit einem passenden Kork versehene, gut ge- reinigte (Glas wird dort, wo die Schicht abgelagert wer- den soll, vor der nicht leuchtenden Glasbläserlampe er- hitzt, bis eben die Flamme sich gelb zu färben beginnt, und noch warm in destillirtes Quecksilber eingesetzt, das in einem weiteren (Grlasrohr enthalten ist. Dieses Ver- fahren ist auch für die Versuche $ 5— 10 zu empfehlen, indem bei so präparirten Gläsern nach meinen Erfahrungen der Leitungsstrom möglichst klein wird. Nachdem eine passende Quecksilbermenge in das innere Glas eingefüllt ist, wird der Strom von 15 wenig gefüllten Bunsen’- schen Elementen bei einer Temperatur von 300 — 320° von aussen nach innen je nach der Dicke der Gläser verschiedene Zeit lang durchgeleitet. Für dünne Gläser von '/;"® Wandstärke, wie sie zu den meisten der be- schriebenen Versuche dienten, habe ich 15° hinreichend gefunden. Gläser von 1°/"" Wandstärke fand ich, nach- dem 1!/; Stunden hindurch der Strom gewirkt hatte, sehr gur isolirend. In allen Fällen ist es gut, vorher etwa !/s‘ lang den Strom in entgegengesetzter Richtung hin- durchzuschicken. Damit die Schicht das Glas möglichst gleichförmig überzieht, ist es gut, nach Stromschluss das innere Rohr mehrmals aus dem Quecksilber herauszuheben und wieder einzusetzen, um anhaftende Gasblasen zu ent- fernen. Man findet, dass zuerst dabei die Ablenkung 239 eines eingeschalteten Galvanometers sich vergrössert, her- nach nicht mehr. Kbenso ist es gut, mit dem (fefäss des in das innere (las eingesetzten Thermometers an der innern Glaswand mehrmals hin- und herzufahren. Das Quecksilber des äussern Rohres wird wegen Oxydbildung vor jedem neuen Experiment durch einen Grlastrichter filtrirt. Es ist endlich zu empfehlen, den Kork von dem am untern Theil isolirend gemachten Rohr über den obern Theil hin abzustreifen. Verfertigt man sich zwei äussere mit Quecksilber gefüllte Röhren, so kann man ein Glas gleich nach dem andern behandeln und in verhältniss- mässig kleiner Zeit eine grössere Zahl von Röhren in dem $ 1 beschriebenen Thermostaten isolirend machen. S 14. Endlich giebt die abgelagerte Schicht sich auch dem Auge zu erkennen, indem sie die Farben dünner Blättchen hervorbringt und je nach der Dicke der Schicht im reflectirten Licht bräunlich oder grünlich erscheint. $ 15. Die Schicht haftet am Glase ausserordentlich fest. Weder durch Reiben mit Natriumamalgam, das ihre Bildung verhindert, noch durch Eintauchen in heisse Kalilauge lässt sie sich entfernen. Erst durch längere Behandlung mit der letztern wird sie beseitigt. $ 16. Kehren wir noch einmal zurück zu dem Ver- halten der Schicht bei höheren Temperaturen. Es ist schon im $ 7 bemerkt worden, dsss bei Temperaturen über 200° gewöhnlich ein schwacher constanter Leitungs- strom übrig bleibt. Derselbe kann mittels eines hin- reichend empfindlichen Galvanometers leicht beobachtet und seine Abhängigkeit von der elektromotorischen Kraft der angewandten Kette bestimmt werden. Es ergiebt sich dabei, dass die Intensität sehr viel schneller wächst, als die elektromotorische Kraft der Kette. Von vielen Versuchen führe ich folgende an, in welchen e die elek- 240 tromotorische Kraft in DB. E., i die Stromintensität in Skalentheilen bedeutet. 1. Glas 2%. Schicht hergestellt durch 30 B. R. Temp. 3048 = SEEN aa (6) e l = 1 30 194,9 0,015 20 59,3 0,340 15 29 0,520 2. Glas 2”. Schicht hergestellt durch 15 B. Temp. 318°. @ = 0,632 M. A. h C e i — 1 m 7,6 0,66 N 20,5 0,44 105) 70 0,21 Die elektromotorische Kraft der Glaszelle bei abge- lagerter Schicht ist der Kraft der Kette entgegengerichtet und nach dem HElektrometer auf etwa 0,17 Volt zu ver- anschlagen, kann also die Resultate nicht erklären; dass diese elektromotorische Kraft bei geschlossenem Strom erheblich grösser sei, ist nach $ 12 unwahrscheinlich. e Setzt man daher den Widerstand — —, so nimmt der- i selbe mit wachsender Stromintensität ab. Wahrschemlich ist die vom Strom in der Schicht erzeugte Wärme die Ursache davon. Der Widerstand der Schicht ist näm- lich von der Ordnung eines Megohm, in einem solchen aber bringt der schwache Strom von 70 X 0,632 M. A. in einer Sekunde eine Wärmemenge hervor, welche der 241 Schicht mitgetheilt, in ihr eine Temperaturerhöhung von RR ER el 1004. 3° erzeugt, wenn man die Dicke der Schicht zu fe Milli- meter und ihre Dichte und specifische Wärme gleich der des Quarzes veranschlagt. Für diese Erklärung spricht auch die Thatsache, dass bei Vergrösserung oder Ver- kleinerung der elektromotorischen Kraft die definitiven Werthe der Stromintensität sich erst nach einiger Zeit herstellten. $ 17. Bei dem Versuch des $ 3, bei welchem der Strom durch Quecksilberelektroden dem Glase zugeführt wird, geht die Stromschwächung durch die abgelagerte Kieselsäureschicht so schnell vor sich, dass eine quanti- tative Bestimmung des Resultats der Elektrolyse nicht durchführbar ist. So war bei einer Kette von 30 B. E., bei einer Temperatur von 300°, einer durchströmten Glas- oberfläche von 26 QU. und einer Glasdicke von 0,031“ die Stromintensität nach 3° auf 356 Mikroamperes, nach 23’ auf 204 gesunken. Daraus geht die Richtigkeit der obigen Behauptung hervor, wenn man erwägt, dass 1000 M. A. nur 4wsr Silber in der Stunde abscheiden. Verhütet man indess nach $ 4 die Bildung der Kiesel- säureschicht, indem man Natriumamalgam (1/),—1P/oiges) als Anode anwendet, so erhält man unter den genannten Bedingungen andauernde Ströme von 0,06—0,08 Amperes, welche eine quantitative Bestimmung des Resultats der Elektrolyse erlauben. Eine solche Bestimmung durchzu- führen schien mir schon deshalb von Interesse, weil meines Wissens noch für keinen festen Elektrolyten eine vorliegt. Vor der Beschreibung der Versuche will ich noch er- wähnen, dass Kaliumamalgam nicht die gleichen Dienste, wie Natriumamalgam leistet, wahrscheinlich deshalb, weil sich mit jenem als Anode verhältnissmässig schlecht leiten- des Kaliglas bildet. Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 2. fo) $ 18. Bei den Versuchen wurde die Glaszelle, indem 1/,—4P/siges Natriumamalgam aussen die Anode bildete, mit einem passenden Galvanometer und einem Poggen- dorff’schen Silbervoltameter') in den Kreis von 30 B. E. eingeschaltet. Das benutzte Silbervoltameter habe ich zum Ueberfluss mit einem Hofmann’schen Wasserstoft- voltameter verglichen und die Angaben beider Instru- mente bis auf weniger als "/s%/, übereinstimmend ge- funden. Das Natriumamalgam war, um es vor Oxyda- tion zu schützen, mit einer Paraffinschicht bedeckt. $ 19. Es fragt sich zuerst, ob durch die Elektro- Iyse das Gewicht des Glases sich ändert. Um dies zu ermitteln, musste zuerst geprüft werden, ob Glasröhren, wenn sie wie bei den anzustellenden Versuchen in das mit Paraffın bedeckte Natriumamalgam eintauchen und, ohne vom Strom durchflossen zu werden, längere Zeit auf der Versuchstemperatur erhalten werden, eine Ge- wichtsänderung zeigen. Ein Rohr wurde so 2'/; Stunden im Natriumamalgaın auf 300° erhalten. Es wog vorher 118" 9611, nachher 118" 9603, zeigte also einen (sewichts- verlust von 1"s- Ein anderes Rohr 2 Stunden lang ebenso behandelt, zeigte eine Gewichtsabnahme von 18" Es wurde nun durch 5 verschiedene Röhren mit ') Anfänglich benutzte ich ein Kupfervoltameter (Kupfer in Kupfervitriol als Kathode, Platin als Anode), das sich hernach bekannten Erfahrungen entsprechend (Wied. Galv. II S. 510) als ein unzuverlässiges Instrument erwies, nämlich in der Regel zu kleine Zahlen lieferte. Die besten Resultate habe ich unter An- wendung concentrirter Kupfervitriollösung und kleiner Oberfläche, der Kathode erhalten. Unter Anwendung eines Kupferdrahts von 2mm Dieke und 26mm Länge als Kathode fand ich das Kupfer- voltameter um weniger als 1°/, vom Silbervoltameter differirend bei einem Strom, der ungefähr 2'g": Kupfer in der Minute nieder- schlug. Ein Kupfervoltameter dieser Art kann ich demnach da empfehlen, wo ein Silbervoltameter nicht zur Hand ist. 245 demselben 1°/sigen Natriumamalgam als Anode der Strom von 30 B. E. bei 300° hindurchgeleitet und die Röhren vor und nach dem Versuch gewogen. Bei diesen Ver- suchen war in den Stromkreis anstatt des Silbervoltameters ein Kupfervoltameter eingeschaltet, da es sich hier, wie gleich ersichtlich sein wird, nicht um die Feststellung eines Aequivalenzverhältnisses handelte. Die folgende Tabelle enthält die Resultate der Versuche. Glas Dauer des Versuchs Ausgeschiedene Gewichtsabnahme in Stunden Kupfermenge des Glases 1 1 bizmer: 3,1”8T- 2 8 676 „ 1.00, 5) 6 425 „ 4,7, 4 61/a 481 „ 6,6 „ 5 4 281 _ 4,8 „ Aus diesen Versuchen kann man schliessen, dass eine wesentliche Gewichtsänderung des Glases durch die Elektrolyse nicht eintritt. Die dem elektrolytischen Pro- cess unterworfenen Gläser waren vollkommen klar ge- blieben und zeigten selbst an der Oberfläche keine Spur von Üorrosion, wenn das kathodische innere Quecksilber auch von einer Paraffinschicht bedeckt war. Das kathodische Quecksilber zeigte nach dem Ver- such starken Natriumgehalt. Hiernach schien der Vor- gang der zu sein, dass an der Kathode Metall abgeschie- den wurde, während das an der Anode frei gewordene Radikal SiO,; Natrium aus dem Amalgam der Anode heranzog. Ist dies der Fall, so muss das Glas sammt seinem Inhalte eine Gewichtszunahme erleiden gleich der dem ausgeschiedenen Silber äquivalenten Natriummenge. Es ist dabei ganz gleichgültig, welches Metall an die Kathode abgegeben wird; vorausgesetzt ist nur, dass das an der Änode frei werdende SiO; nur Natrium und kein 8*+ 244 anderes Metall aus der Anode heranzieht. Die Beschaften- heit des Natriumamalgams, das zu den folgenden Ver- suchen benutzt wurde, ist daher von Interesse. Es war ursprünglich '/sprocentiges Amalgam, bereitet aus destil- lirtem, als chemisch rein zu bezeichnendem Quecksilber und Natrium, das nach einer von meinem Collegen Prof. Baumann freundlichst ausgeführten Analyse 0,340), Kalium und 0,112°/, Caleium enthielt. Im Verlauf der Versuche wurde das Amalgam mehr und mehr erschöpft. $ 20. Zu den Versuchen benutzte ich Apparate von folgender Einrichtung (Taf. III, Fig. 3). An das der Elektrolyse zu unterwerfende, dünnwandige Glasrohr AB ist ein diekwandigeres BC angeschmolzen und in dieses das Glas E FG eingeschmolzen, das aus einem engern Theil E F und einem weitern F (+ besteht. Der Raum zwischen FG und AB ist zum Theil mit dem kathodischen Quecksilber gefüllt, das durch den Ansatz T eingeführt wird, der Strom wird durch den einge- schmolzenen Platindraht P zugeleitet. T wird an die Quecksilberluftpumpe angesetzt, der Apparat im Vacuum ausgekocht und nachdem trockne Luft bis zu !/s Atmos- phärendruck eingelassen ist, bei t abgeschmolzen. Mit- tels der Ansätze a und Fadenschlinge wird der Apparat an der Wage aufgehängt. Durch diese Einrichtungen war erreicht, dass bei möglichst geringer Zerbrechlichkeit des Ganzen ein dünnwandiges Glasrohr dem Versuch unterworfen werden konnte, dass das Gewicht des zu wägenden Apparates nicht zu gross war und dass in das Innere nur durch den Strom Materie gelangen konnte. Mit drei verschiedenen derartigen Apparaten wurden folgende Versuche angestellt, zu denen eine Kette von 30 B. E. angewandt wurde. App. 1: App: 2. App. 3. Dauer d. Versuchs 4 Std. 6481.17 5 St. 44° Temperatur ... 28804 287°3 292° Gewichtszunahme des Silbervolta- meterst RR), 2,2907 & 2,42748" 2,17418" (rewichtszunahme des’ Glasapp!! 204"0,4846°5157'0,5157, 0,4623, (ewichtszunahme d. Glasapp. ber. 0,4892, 0,5184, 0,4643, Die Dicke des durchströmten Glases betrug etwa 0,2 80m- Wie man sieht, belaufen sich die Abweichungen der beobachteten von den berechneten Werthen bei den drei Versuchen bezüglich auf 1, 0,5, 0,4 Procent des beob- achteten Werthes und zwar ergiebt sich die beobachtete (rewichtszunahme immer kleiner, als die berechnete. Dies rührt von der kleinen Gewichtsabnahme her, welche das Glas im Natriumamalgam ohne Stromdurchgang er- leidet ($ 19). Es empfiehlt sich daher, zu diesen Ver- suchen dünnwandige Gläser zu benutzen, bei welchen eine verhältuissmässig grosse Stromintensität erzielt und so die nöthige Dauer des Versuchs verhältnissmässig klein wird. $ 21. Ein Apparat 4 enthielt 58,28" Quecksilber als Kathode. Durch Aufnahme von 55 —56°"tisr- Metall war das Quecksilber in Amalgam verwandelt worden, das bei Zimmertemperatur fest war. Auch das Quecksilber eines andern Apparates habe ich durch den Strom, nach- dem der letztere eine Gewichtszunahme von 655"8" her- vorgebracht hatte, in solches Amalgam verwandelt. $ 22. Wäre das anodische Amalgam reines Natrium- amalgam, bliebe bei der Elektrolyse das Gewicht des 246 Glases genau ungeändert und entspräche die Gewichts- zunahme des Apparats genau dem Na-äquivalent des gleichzeitig ausgeschiedenen Silbers, so wäre daraus zu schliessen, dass an die Kathode nur Natrium abgegeben wird. Da die Voraussetzungen dieses Schlusses indessen nicht ganz zutreffen, so hat Hr. Prof. Baumann auf meine Bitte eine Analyse des durch die Elektrolyse aus dem kathodischen Quecksilber entstandenen Amalgams für App. 2 ausgeführt. Er fand in dem Amalgam keine Spur von Caleium, 0,5173®" Na und 0,003588" K, also 7 pro Mille Kalium. In einem andern Apparat fand er in 0,5728". Metall 0,0035®" K, also 6 pro Mille Kalium. Bekanntlich kann man im Allgemeinen aus den an den Elektroden auftretenden Zersetzungsprodukten kei- nen sichern Schluss darauf ziehen, wie der Strom einen gemischten Elektrolyten durchfliesst. In unserm Fall ist es aber wahrscheinlich, dass die in dem kathodischen Quecksilber vorgefundenen Metalle die primären Produkte der Elektrolyse seien. Denn wahrscheinlich theilt sich der Strom bei seinem Durchgang durch das Glas unter die verschiedenen im Glase enthaltenen kieselsauren Salze nach Massgabe von deren Leitungsfähigkeit, durchfliesst also vorzugsweise das gut leitende Natriumsalz. Es scheint demnach der die Leitung bedingende Klektrolyt im Wesentlichen Na,SiO,; zu sein. Denken wir uns nun diesen Elektrolyten im Glase ähnlich ent- halten, wie ein Salz in seinem Lösungsmittel ($ 2), so ist die Elektrolyse des (Glases ganz analog der einer wässrigen Lösung von AgNO;; auch hier wird aus der Anode so viel Silber von dem Elektrolyten herangezogen, als sich an der Kathode niederschlägt, auch hier bleibt folglich das Gewicht des Elektrolyten ungeändert. $ 23. Ich habe noch untersucht, ob die Eigen- schaften des Glases durch die Elektrolyse in irgend einer 247 Weise verändert werden. Dass eine optische Verände- rung bei makroskopischer Betrachtung nicht wahrzunehmen ist, wurde schon erwähnt (S 19). Zu bemerken ist da- bei, dass durch das Verweilen in dem Natriumamalgam die Oberfläche des Glases ein etwas welliges Aussehen annimmt; «lies findet aber statt, mag dabei ein Strom durch das Glas hindurchgegangen sein oder nicht. Es hatte ferner Herr Dr. Rüst dahier die Güte, Dünnschliffe von Ringen anzufertigen, welche zum Theil von der elektrolysirten zum Theil von der nicht elektro- lysirten Partie eines (lases herrührten. Sowohl im polari- sirten wie im natürlichen Licht betrachtet erwies sich der Dünnschliff' von innen nach aussen vollkommen homogen und durch die Elektrolyse nicht verändert; dabei waren $ des im Glase ursprünglich vorhandenen Natriums durch Natrium aus der Anode ersetzt. $ 24. Das der Elektrolyse unterworfene (las wird ferner an der Anodenseite nicht stärker durch siedendes Wasser angegriffen, als nicht elektrolysirtes. So wurden vier in einen Kork eingesetzte Gläser bis zu derselben Höhe 4 Stunden lang mit siedendem Wasser behandelt, zwei derselben waren nicht elektrolysirt, zwei 6—7 Stun- den lang der Elektrolyse unterworfen worden (es waren dies die Gläser Nr. 3 und 4 des $ 19). Die beiden letz- teren zeigten eine (Gewichtsabnahme von 0,9"8"- und 1,7m8", die ersteren eine von 3,6"8" und 0,5me" Dieselben Gläser wurden °/, Stunden lang mit Kalilauge in der Siedhitze behandelt und über Nacht in der kalten Kalilauge ge- lassen. Der dadurch hervorgebrachte Gewichtsverlust be- trug für die elektrolysirten Gläser 2,3 und 2,6, für die nicht elektrolysirten 3,5 und 2,4 Milligramm. $ 25. Endlich habe ich untersucht, ob das Glas durch die Elektrolyse eine Volumänderung erfährt. In das zu elektrolysirende Glasrohr A, Taf. III Fig. 4, war 248 ein zweites I eingeschmolzen, so dass ein Zwischenraum von etwa 1"® zwischen den Gläsern blieb. Das erste (las setzte sich in einen Ansatz F fort, der an seinem obern Ende innen und aussen abgeschliffen war. Aussen konnte das innen abgeschliffene Gefäss (+ aufgesetzt, innen der capillar durchbohrte, aussen abgeschliffene Stopfen > eingesetzt werden. Mittels des Gefässes G wurde der Apparat mit destillirtem Quecksilber gefüllt, das, wäh- rend G mit der Quecksilberluftpumpe verbunden war, ausgekocht wurde. Der Apparat wurde sodann in schmel- zendes Eis gebracht, der Stöpsel S eingedrückt, so dass das Quecksilber mit dem Ende der capillaren Bohrung desselben abschnitt und die Capacität @ in Quecksilber- gewicht bei 0° durch Wägung bestimmt. Es ergab sich so Q anfänglich zu». 2» an win 0 SL SyEEn nach 32/4 Stunden 2 een Flo nachdem der Apparat 1 Stunde lang auf 310° erhitzt war. . 114,6760, nachdem durch das Glas A 8 Stun- den 40° lang der Strom von aussen nach innen durchgeleitet worden, wobei 470"s" Kupfer im eingeschalteten Voltameter niedergeschlagen waren . . 114,6345, Alle angegebenen Zahlen sind die Mittel aus mehre- ” ren gut übereinstimmenden Versuchen. Eine erhebliche Volumänderung resp. Fortschiebung der Glasmasse tritt nach diesen Versuchen durch die Elektrolyse jedenfalls nicht ein; um eine sehr kleine Volumänderung mit Sicherheit festzustellen müsste man wegen der hier eingehenden bekannten Fehlerquellen sehr viele Versuche anstellen, was mir die Mühe nicht 249 zu lohnen schien. Ob eine Fortschiebung des im Grlase enthaltenen Na»SiO, in der Glasmasse stattfindet, habe ich nicht zu ermitteln gewusst. S 26. Aus der Gesammtheit der über die Elektro- lyse des Glases angestellten Versuche scheint mir hervor- zugehen, dass mit dem festen Glase bei der Elektrolyse keine andere wesentliche Veränderung vor sich geht, als dass die in ihm enthaltenen Natriummoleküle durch an- dere ersetzt werden, ähnlich wie bei der metasomatischen Pseudomorphose. Ich hatte etwas anderes erwartet: nämlich, dass, sowie Na an die Kathode, SıiO, an die Anode abgegeben würde und mit dem Natrium dieser SiO;,Na, bildete. Wäre aber der Vorgang dieser, so wäre zu erwarten gewesen, dass das Na,SiO, entweder in der Anode sich vorfände, oder, falls es am Glase haftete, eine Hülle von Na3SıO; um dasselbe gebildet hätte. Eine solche Hülle würde im Wasser leicht löslich sein und sich möglicherweise im Querschnitt unter dem Mikroskop durch ein veränder- tes Gefüge gegen die übrige (slasmasse abheben. Die mitgetheilten Versuche ($ 23 u. 24) deuten demnach auf die Bildung einer solchen Hülle nicht hin. Eine solche Hülle würde sich nur in dem Falle nicht bilden, wenn bei der Wanderung der Jonen das Anion (SiO;) fest stehen bliebe und allein das Kation, nämlich das Natrium, durch das Glas hindurchwanderte; wenn also beim Glase das Anion im Verbältniss zum Kation ausserordentlich schwer beweglich wäre. Diese Auffassung, von der ich nicht behaupten will, dass sie aus den Thatsachen mit Nothwendigkeit hervor- geht, scheint mir mit den allgemeinen Vorstellungen über die Wanderung der Jonen wohl vereinbar und anderseits alle über die Elektrolyse des Glases beschriebenen That- sachen zu erklären, 250 Die Bildung des Na,SiO; an der Anode ist jeden- falls kein sekundärer, sondern ein mit dem Strom direkt zusammenhängender Vorgang. Denn der Durchgang des Stromes durch die Zelle Na-Amalgam | Glas | Na-Amalgam ist ein umkehrbarer Vorgang; in einem solchen Fall tritt aber nach Hrn. v. Helmholtz!) ein bestimmter Theil der chemischen Arbeit an den Elektroden als elek- tromotorische Kraft auf.?”) Den Unterschied eines solchen Falles von dem Fall sekundärer chemischer Action an den Elektroden sehe ich darin, dass bei jenem die Be- wegung der Theilchen beim chemischen Process eine be- stimmte mit der Stromrichtung zusammenhängende Rich- tung hat, bei diesem nicht. Eine ähnliche Ansicht ist schon von Faraday*) ausgesprochen worden. Es würden nach dieser Auffassung die Natriummoleküle der Anode bei ihrem Eintritt in das Glas sich ebenso regelmässig, d. h. in einer bestimmten mit der Stromrichtung zu- sammenhängenden Richtung bewegen, wie die im Glase wandernden Natriummoleküle; die elektrolytische Leitung würde in diesem Fall nicht nur durch Bewegung der wäg- baren Theilmoleküle des Elektrolyten, sondern auch durch Bewegung wägbarer Theilchen der Anode vermittelt. Diese Auffassung rückt für mich die Thatsache, dass das Glas bei der Elektrolyse völlig klar bleibt — eine Thatsache, die mich zuerst befremdete -— dem Verständniss näher. $S 27. Die in diesem Aufsatz beschriebenen That- sachen lassen sich wie folgt zusammenfassen: Bei der Elektrolyse des auf etwa 300° erhitzten t) Wissensch. Abhandl. Bd. II S. 961. ?) Dieser Theil hängt nach Hrn. v. Helmholtz von der Be- ziehung der elektromvtorischen Kraft zur Temperatur ab. Die letztere Beziehung für die genannte Zelle innerhalb weiter Tem- peraturgrenzen festzustellen, ist im hiesigen Laboratorium Herr Seidel beschäftigt. 3) Exp. research. Bd. I, $ 947 und $ 9092 —64, Kalk-Natronglases zwischen Quecksilberelektroden lagert sich auf der Anodenseite des (Grlases eine schlecht leitende Kieselsäureschicht ab, welehe die Intensität des Stromes in kurzer Zeit auf einen kleinen Theil ihres ursprüng- lichen Werthes reducirt. Diese Schicht hat eine grössere oder kleinere Dicke, je nachdem eine grössere oder kleıi- ‚nere elektromotorische Kraft bestimmte Zeit hindurch ım Kreise gewirkt hat. Sie giebt sich dem Auge durch die Farben dünner Blättchen zu erkennen, redueirt in der Kälte die Oberflächenleitung des Glases auf einen äusserst kleinen Bruchtheil ihres Werthes und wirkt in der Hitze, wenn die (Glasmasse leitend ist, wie das Dielektrikum eines Condensators, dessen Belegungen die leitende Glas- masse und das Quecksilber der Anode repräsentiren. Die Capacität dieses Condensators ergab sich unabhängig von der Potentialdifferenz der Belegungen, wenn dieselbe zwischen I und 20 B. E. variirte, ferner für das Quadrat- centimeter bei den benutzten (Gläsern, je nachdem die Schicht durch eine Kette von 30 oder 15 mehrere Stun- den lang wirkenden Bunsen'schen Elementen bei 300° abgelagert war, zu 0,021 oder 0,041 Mikrofarad. Die Bildung dieser Schicht und damit die Strom- schwächung wird vermieden, wenn man Natriumamalgam als Anode verwendet; das Resultat der Elektrolyse kann dann quantitativ festgestellt werden. Bei dieser wird dieselbe Natriummenge an die Kathode abgegeben und von der Anode aufgenommen, so dass das Gewicht des (Glases sich nicht ändert; jene Natriummenge ist chemisch äquivalent der Silbermenge, welche im eingeschalteten Silbervoltameter gleichzeitig niedergeschlagen wird. Das Glas bleibt bei der Elektrolyse vollkommen klar und es ergaben sich überhaupt alle untersuchten Eigenschaften des Glases durch die Elektrolyse nicht merklich geändert. Freiburg i. B., den 17. Jan. 1883. /wei verschiedene Formen eines selbst- thätigen Disjunetors. Von BZ rTarsesiteelt: Bei (elegenheit einer Arbeit, mit welcher ich noch beschäftigt bin, bedurfte ich eines Disjunctors, der den folgenden Anforderungen genügte. Derselbe sollte 1) län- gere Zeit unverändert fortarbeiten, 2) eine genaue Zäh- lung der Unterbrechungen per Secunde gestatten und vor Allem 3) einen stets sicheren Contact bei gleichem Lei- tungswiderstande herstellen. Der nächstliegende Gedanke war, einen Disjunctor von Dove’scher Uonstruction oder auch mit Quecksilber- contacten mittelst eines Uhrwerkes in Rotation zu ver- setzen. Von den mir zu Gebote stehenden Uhrwerken besass jedoch keines die verlangte Genauigkeit, nämlich eine bis auf mindestens '/ıo°/, gleichmässige (reschwindig- keit. Ich habe später einen KRotationsapparat mit der gewünschten Gleichmässigkeit gefunden, will aber, bevor ich von demselben rede, eine andere Anordnung eines Disjunctors beschreiben. 1: Wenn man in bekannter Weise zwei elektromagne- tische Stimmgabeln durch denselben galvanischen Strom zu treiben sucht, wobei also dieser durch die Unter- brechungsvorrichtung an der ersten Stimmgabel Nro. I 253 intermittirend gemacht, die Elektromagnete beider Stimm- gabeln Nro. I und Nro. II in derselben Weise umfliesst, so findet man bekanntlich, dass Nro. II nur dann mit- schwingt, wenn ihr Eigenton von der von Nro. I um nicht mehr als höchstens 4 4 Schwingungen per Sec. abweicht. Des Weiteren ist bekannt, dass trotz jener möglichen Verschiedenheit in den Bigentönen bei der er- wähnten Anordnung Nro. II doch stets die gleiche An- zahl von Schwingungen macht wie Nro. I, in ihrer Be- wegung aber gegen diese einen Phasenunterschied zeigt. Besitzt Nro. II den höheren Eigenton, so eilt sie voran, ist sie tiefer, so bleibt sie hinter Nro. I in der Phase zurück. Der Phasenunterschied kann bis zu einer halben Schwingung betragen. Es ist nun wohl ohne Weiteres klar, wie man diese bekannte Erscheinung verwerthen kann, um zwei Stimm- gabeln als Disjunctor zu benutzen. Nro. I trägt ausser der Contactvorrichtung, durch welche der beide Stimm- gabeln treibende Strom intermittirend gemacht wird, eine zweite, von jener isolirte Uontaetvorrichtung, durch die der inducirende Strom unterbrochen und geschlossen wird. Nro. II erhält eine Contactvorrichtung, welche in den indueirten Stromkreis eingeschaltet ist, und je nachdem man mit Schliessungs- oder Oeffnungs-Inductionsströmen arbeiten will, verschiebt man ein Laufgewicht so, dass der Eigenton von Nro. II höher oder tiefer ist als der von Nro. 1. | Will man quantitative Messungen machen und sich überzeugen, dass der inducirte Strom während des Uon- tactes von Nro. II zu voller Ausbildung gelangt, so ver- schiebt man zunächst das Laufgewicht auf Nro. I so weit, dass bei weiterer Verschiebung Nro. II nicht mehr mit- schwingen würde. Sind die Öontacte bei beiden Stimm- gabeln so gestellt, dass sie in der Ruhelage nur ganz 254 leicht berühren, so wird, wenn bei der Bewegung Nro. II in der Phase voraneilt, Nro. I seinen Contact beginnen, wenn bei Nro. II schon die Hälfte der Contactdauer verflossen ist. Man erhält die Schliessungs-Induetions- ströme, die durch ein passendes (ralvanometer geschickt eine constante Ablenkung ergeben werden. Verschiebt man jetzt das Laufgewicht so, dass dadurch der Bigenton von Nro. Il tiefer wird, so vergrössert man dadurch die Dauer des gleichzeitigen Contactes von Nro. I und Nro. II, der Inductionsstrom hat mithin jetzt mehr Zeit zu seiner vollen Ausbildung und man beurtheilt an dem unver- ändert gebliebenen oder grösser gewordenen Galvanometer- ausschlage, ob der indueirte Strom schon zur vollen Aus- bildung gekommen war oder nicht. Um zu beurtheilen, ob der inducirende Strom Zeit gefunden hat, zu voller Stärke anzuwachsen, vergrössert man bei dem Contacte an Nro. I die Uontactdauer mehr und mehr und beob- achtet wieder jedes Mal die Ablenkung des Galvanometers durch die Inductionsströme. Alle diese Manipulationen lassen sich sehr schnell ausführen und arbeitet der Disjunctor dann mit grosser Zuverlässigkeit unbeschränkte Zeit hindurch, solange man für rein gehaltene Quecksilbercontacte sorgt. Dass Platin- contacte nieht immer gleiche Berührung mit gleichem Widerstande geben, ist, glaube ich, allgemein anerkannt; die besten Resultate habe ich mit Bürsten aus feinem Platindraht gegen Platinblech erhalten, doch waren Stromschwankungen von etwa '/a°/, der Gesammtinten- sität nie zu beseitigen. Für den die Stimmgabeln treiben- den Strom sind solche Schwankungen ohne Belang, selbst wenn dieselben 5°/o, ja noch mehr betrugen, habe ich nicht die leiseste Störung in dem Gange der Stimmgabel constatiren können. Als beste Contacte, die einzigen, mit denen ich mehrere Stunden hinter einander voll- 255 kommen constante Ablenkungen erhalten habe, möchte ich Nähnadeln mit verkupferter und amalgamirter Spitze in Quecksilber empfehlen. Bei längerem (rebrauche em- pfiehlt sich die Anwendung der bekannten Spülcontacte (darübertliessender Alcohol event. Wasser) oder ein dar- über streichender Strom von Wasserstoff oder Stickstoff. Kohlensäure schmutzt bei stärkeren Strömen, vielleicht in Folge von Zersetzung. Um jede Aenderung des Queeck- silberniveaus zu vermeiden, habe ich das Quecksilber- gefäss mit einem sehr weiten Gefäss voll Oel communi- ciren lassen. Die vorstehend beschriebene Anordnung eines Dis- junetors hat nur eine .Unbequemlichkeit, der Apparat ist ausserordentlich empfindlich gegen Erschütterungen. Trotzdem ich die Stimmgabeln an eine Steinplatte ange- schraubt hatte, die in eine eirca ein Meter dicke Wand eingegypst war, machte sich doch jede Erschütterung durch kleine Stromschwankungen bemerkbar und wenn es sich um äusserste Genauigkeit handelte, konnte ich nur zur Nachtzeit damit beobachten. Mi Einen allen Anforderungen für quantitative Messungen genügenden Disjunetor, der mit vollkommener Sicherheit arbeitet und ausserdem sehr bequem zu handhaben ist, habe ich unter Benutzung des phonischen Rades von Paul laCour!') erhalten. Ich kann das phonische Rad für alle die Fälle, in denen es sich bei geringer Arbeits- leistung um eine sehr gleichmässige Bewegung handelt, wegen seiner einfachen und sicheren Handhabung sehr empfehlen. Für die Construction möchte ich als beson- !) Beibl. 1878 pg. 584 u. Paul la Cour, das phonische Rad, dtsch. v. J. Kareis, Leipzig 1880. ders wichtig hervorheben, dass die Axe gar nicht wackeln darf, das Rad sehr gut centrirt sein muss und die Zähne desselben sehr nahe an den Polen des Elektromagneten vorbeigehen müssen. Man vermeidet hierdurch die starken Ströme beim Treiben und erleichtert dies sowohl das Ingangsetzen als auch die dauernde Bewegung sehr. Ich treibe ein phonisches Rad, dessen Eisenscheibe einen Durchmesser von 10°", eine Dicke von 0,3 hat und im Ganzen mit der Quecksilberkapsel ein Gewicht von 0,95 Kgr. mit einem einzigen Bunsen von 12% Höhe. Ferner ist es gut wenn das Quecksilber in der Kapsel in mehrere Rinnen vertheilt ist und an Masse mindestens der ganzen übrigen Masse des Rades gleichkömmt. Man hat dann nur nöthig, dem Rade eine Rotationsgeschwindig- keit zu ertheilen, die grösser ist als die durch die Schwingungszahl der Stimmgabel bedingte und das Rad geht ganz von selbst in die gleichförmige Bewegung über. Ich bin Herrn Paul la Cour für freundliche Uebersendung eines hades zu Dank verpflichtet um so mehr, als ich bei den selbst verfertigten Rädern die er- wähnten Punkte nicht genügend beachtet hatte und es mir deshalb jedes Mal nur mit Mühe und nach längerem Probiren gelang, das Rad in gleichmässige Rotation zu versetzen. Der eigentliche Disjunctor besteht aus einer an der verticalen Rotationsaxe centrisch befestigten horizontalen Scheibe, an welcher vier vertical nach unten stehende Schneiden befestigt sind, die gegen einander innerhalb enger Grenzen mittelst Schrauben verstellt werden können. Dieselben sind amalganıirt und tauchen zwei derselben bei der Rotation dauernd je in eine Quecksilberrinne, zwei schlagen durch Quecksilberkuppen. Zu dem Zwecke sind in einem mittelst Stellschrauben horizontal gestellten Brette vier Rinnen eingedreht von 3" Breite, 5" Tiefe 180} ou | und den Halbmessern von 3%, 4m, 10° und 11, die beiden ersteren sind ganz mit Quecksilber gefüllt, die beiden letzteren sind je nach Bedarf in mehr oder weniger gleiche Segmente getheilt, die ungeraden Nummern der- selben mit Paraffın ausgegossen, die geraden mit Queck- silber so angefüllt, dass die Kuppen über die Ränder emporragen. Die Verbindung der einzelnen Theile in den Stromkreisen bedarf keiner weiteren Beschreibung. Da- durch dass die Rinnen so schmal genommen werden er- reicht man, dass die durchschlagenden Schneiden nur äusserst wenig Quecksilber verspritzen. Ich hatte an- fangs alle Quecksilberabtheilungen eines Ringes mit einem grossen Reservoir communiciren lassen, um gleiches Niveau zu sichern, doch hat sich diese Vorsichtsmassregel als unnöthig erwiesen. Ich habe den Disjunctor volle 4 Stunden arbeiten lassen bei einer Stromstärke von circa 0,2 Ampere, ohne die geringste Störung zu beob- achten. Dass man nicht mehr als 2—3 Umdrehungen per Sec. nehmen wird, leuchtet von selbst ein, will man die Zahl der Unterbrechungen vergrössern, so vergrössert man praktischer die Anzahl der Quecksilberkuppen. Physik. Inst. Freiburg i. B. Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 2. 9 Über eine Methode zur Bestimmung des Ohm von F. Himstedt. Te Die Methode ist die von Kirchhoff. Es seien gegeben zwei galvanische Spiralen A und B. A sei mit einer Stromquelle X, einem Stromunterbrecher D, und zwei parallel geschalteten Widerständen A und W,, von denen J£ der in absolutem Maasse zu messende ist, zu dem pri- mären Stromkreise verbunden. DB mit einem Galvano- meter @ und einem zweiten Stromunterbrecher Ds, bilde den indueirten Kreis. Die beiden Stromunterbrecher bilden zusammen einen Disjunctor, welcher gestattet, entweder die Schliessungs- oder die Oeflnungs-Inductionsströme allein auf das Galvanometer wirken zu lassen. Wird der primäre Strom nMal in der Sekunde unterbrochen und wieder geschlossen, so gehen bei Ein- schaltung des Disjunctors n Inductionsströme durch das Galvanometer und üben auf die Nadel dieses, wenn ihre 259 Schwingungsdauer gross genug ist, in ihrer Gesammtheit dieselbe Wirkung aus wie ein constanter Strom von der Intensität REN u = == 0 Hierin bezeichnet V das Potential der Spiralen auf ein- ander, /ı die Intensität des primären Stromes, 0, den Widerstand des inducirten Stromkreises. Sei in Folge dieser Ströme die Galvanometernadel um den Winkel a, abgelenkt und der Reductionsfactor des Galvanometers @, so haben wir die Gleichung: 1. ee RT Es werde jetzt der Disjunetor angehalten, der pri- märe Stromkreis dauernd geschlossen und der Widerstand W, ersetzt durch den der Leitung des zweiten Strom- kreises, indem die Enden « und db an c und d angelegt werden, dann fliesst durch das Galvanometer ein Strom er I - Ws wo ], die Intensität des Hauptstromes, v3 gleich w, + R ist. Ist die Galvanometerablenkung jetzt «s so ist: 1. la = — — —G.i@ Haben wir ein eonstantes Element und ist W = ıtı so wird 2—Jı. Aus I und ll ergiebt sich dann: L1l: R=n.V. wı 2 ga w, tg Ist die Spirale A ein unendlich langes Solenoid vom Querschnitt #' mit nur einer Windungslage, in welcher g* 260 kWindungen auf der Längeneinheit neben einander liegen und besteht D aus im Ganzen bWindungen, so ist V== Ark. FE wa tg 0 ww tg cu Illa. R- Ark ıdenPB: Ueber die Bestimmung der Zahlen %k und b bedarf es keiner weiteren Bemerkung. Die Bestimmung von n kömmt bei Anwendung des von mir beschriebenen, durch das phonische Rad getrie- benen Disjunctors ') auf die Ermnittelung der Schwingungs- zahl einer electro-magnetisch getriebenen Stimmgabel hin- aus, also auf eine Grösse, die sich ohne Mühe mit der geforderten Genauigkeit ermitteln lässt. Wenn, wie vorausgesetzt, das Solenoid nur eine Windungslage hat, so lässt sich F mit derselben Schärfe direct ausmessen, wie die Fläche einer Tangentenbussole. Dass die Vergleichung zweier Widerstände der er- forderlichen Genauigkeit fähig ist, ist, glaube ich, all- gemein anerkannt, besonders wenn dieselben wie w, und 0, nahezu gleich sind. Das Verhältniss ty a, :tg a» setzt im Allgemeinen die Kenntniss des Scalenabstandes voraus. Wählt man aber von vorn herein alle Grössen so, dass «&, sehr nahe gleich «, so wird mit genügender Annäherung tg aı : ig a; — 81383 Wo $ı und 5 direet die Ablesungen in Scalen- theilen der Fernrohrscala sind. Als weitere Vortheile der beschriebenen Anordnung sei es mir gestattet, noch die folgenden Puncte hervor- zuheben. Die Summation der inducirten Ströme in ihrer Wirkung auf das Galvanometer ermöglicht es, mit so ı) Ber. d, Naturf. Ges. Freiburg i. B. Bd. VIII, Heft 2. 261 schwachen Strömen zu arbeiten, dass eine Erwärmung der Widerstände durch den Strom von vorn herein aus- geschlossen ist. In Folge eben derselben Einrichtung beobachtet man am Galvanometer nur die constant ge- wordenen Ablenkungen und es fällt die Bestimmung der (zalvanometerfunction vollständig weg. Endlich darf als Vorzug der Methode angeführt werden, dass dieselbe unabhängig ist vom Erdmagnetismus. Derselbe fällt seinem absoluten Werthe nach aus dem KEndresultate heraus, und die Variationen desselben bedürfen keiner besonderen Berücksichtigung, da die einzelnen Beobach- tungen in wechselnder Reihenfolge und so schnell hinter einander angestellt werden können, dass der ganze mit dem Erdwmagnetismus arbeitende Theil der Beobachtungen in höchstens 5—10 Minuten beendigt ist. Nachdem ich den vorstehenden Plan zu einer ab- soluten Widerstandsmessung schon vollständig ausge- arbeitet hatte und auch schon die ersten Versuche über die Construction eines die Durchführung der Methode ermöglichenden Disjunctors begonnen hatte, an deren Ausführung ich leider lange Zeit vollständig verhindert war, sind die Protocolle über die Sitzungen der inter- nationalen Conferenz zur Bestimmung der electrischen Einheiten in Paris erschienen und sind in diesen die Einzelheiten auch der vorliegenden Methode fast sämmt- lich aufgeführt und besprochen. Insbesondere findet sich in den’ Annexen zu jenen Protocollen ein Auszug einer Arbeit des Herrn Roiti'), in welcher eine Methode empfohlen wird, die der oben angegebenen in allen wesentlichen Puncten gleich ist. Herr Roiti schlägt ') Die Arbeit selbst ist schon 30. April 1882 Atti di Torino erschienen. Vergl. Beibl. 1882 pag. 815. Herr G. Wiedemann hatte die Freundlichkeit, mir später zu einer Einsicht in einen Sep.-Abdruck zu verhelfen. die Benützung eines neutralen, in sich zurücklaufenden Solenoids vor. Ich glaube, dass die Herstellung eines solchen von genügender (rleichförmigkeit auf grosse Schwierigkeiten stossen wird, wie solches auch schon in jenen Sitzungsprotocollen sich ausgesprochen findet. In einem Puncte habe ich gegenüber Herrn Roiti wohl die Methode wesentlich gefördert, indem ich nämlich einen Disjunetor ") angegeben habe, der mit der bei den Messungen erforderlichen Sicherheit und Genauigkeit ar- beitet und ohne den die ganze Methode unausführbar sein würde. 12: Die beschriebene Methode lässt sich bis zu einem gewissen Grade auch ohne den immerhin nicht unbedeuten- den Aufwand an Mitteln, den eine absolute Widerstands- messung erfordert, auf ihre Brauchbarkeit prüfen, ım Speciellen sich darthun, dass der Disjunctor, auf dessen Anwendung die ganze Methode beruht, den gestellten Anforderungen in jeder Beziehung genügt. 72 Löst man die Gl. Ill. für R auf, so wird U EL R n ws tigeas Variirt man die Grössen rechter Hand, unter welchen die Stromintensität mit inbegriffen ist, zwischen möglichst weiten Gränzen und erhält gut übereinstimmende Werthe für V/R, so spricht dies für die Brauchbarkeit, da ja hierbei ganz dieselben Operationen und Beobachtungen auszuführen sind, wie bei der absoluten Widerstands- messung selbst, mit alleiniger Ausnahme der Bestimmung des Querschnitts des unendlich langen Solenoids, eine SR hc 2653 Messung, die ich der geforderten (renauigkeit entschieden für fähig erachte. Ich habe diese Probe wirklich durchgeführt und zwar in folgender Weise. Zuerst wurde ,/ws bestimmt, dann abwechselnd nach Gl. II {y«, und nach Gl. I tg beobachtet, im Ganzen 5 resp. 4 Mal, dann wieder w, /ws bestimmt. Während der ganzen Dauer des Versuches schrieb die das phonische Rad und damit den Disjunctor treibende Stimmgabel ihre Schwingungen auf eine roti- rende berusste Trommel, auf welche zu Anfang und zu Ende der Beobachtungen von einem Funkeninductorium je 3 Funken übersprangen , die betreffenden Secunden markirend. Die Intensität des Hauptstromes resp. inducirenden Stromes wurde von etwa 0,001 Ampere bis etwa 0,1 Ampere geändert. Diese Angabe beruht auf roher Schätzung aus eleetromotorischer Kraft und Widerstand. sı ist der Ausschlag in Scalentheilen, tg aı/tq «; ist das auf Bogen corrigirte Verhältniss') sı/s». Die Aenderungen von 0, und damit die von ws sind aus der Tabelle zu ersehen, w,/wz wurde so bestimmt, dass ı, und ws mit demselben ı; verglichen wurden. Bei n sind verhältnissmässig enge Gränzen für ein Varüren gesteckt, denn n darf nicht zu gross sein, damit die Inductionsströme zu voller Ausbildung gelangen und andererseits nicht zu klein, da sonst die Schwingungs- dauer des (Galvanometers unbequem gross genommen werden muss. Dieselbe betrug ca. 18 Sec. Der Magnet war durch Toepler’sche Luftdämpfung stark gedämpft. Um auch # ändern zu können, ohne die Vergleich- barkeit der Werthe von V/R zu gefährden, stellte ich !) Zu dieser Correction genügt ein angenährter Werth des Scalenabstandes. 264 mir einen Widerstand A, — 1,0027 R dar und sub- stituirte dann A, + R = 2,0027 R für R in der Leitung. Br 0:98 wi wı/Wa sı tga/tgorı V/R.10° 3 [1300| 108 108.13 | 0.9910 | 232.10 1.0050| 12235 | 2 | 5.1300 108.13) 0.9910 | 404.35 | 1.0053 | 12239 3 | 5.1599 | 451.03 0.9980 | 181.55, 0.9981 | 12237 Rı + R— 2.0027.R wı | wı/wa Ms fBaitge ir 2 116.6365| 2240.35) 0.9991 | 379.25 | 1.0171 | 12233 3 we 6365 914.85 0.9979 247.63 1.0186 12236 3 [v6 .6365| 4532.70) 0.9996 | 392.05 | 1.0169 | 12237 Ich hoffe in der nächsten Zeit die Mittel zu erhalten, nach der angegebenen Methode eine Bestimmung des Ohm auszuführen. Physik. Inst. Freiburg i. B., Febrnar 1884. Ueber die Abhängigkeit der Erregungsvorgänge von dem zeit- lichen Verlauf der zur Reizung dienenden Blektrieitäts - Bewegung. Von Prof. v. Kries. Im Folgenden sollen die wichtigsten Ergebnisse einer Versuchsreihe mitgeteilt werden, welche darauf gerichtet war, die Abhängigkeit der Reizwirkungen von dem zeit- lichen Verlauf der elektrischen Bewegung in einem der einfachsten und theoretisch interessantesten Falle zu studiren. Wie ja bekannt, wirken überhaupt erregend die allgemeinen Schwankungen des elektrischen Stroms, und zwar um so stärker, je plötzlicher dieselben statt- finden. Die an die Methodik der elektrischen Reize ge- stellte Forderung bestand also darin, Stromschwankungen von beliebigem Betrage und beliebiger Steilheit hervor- zubringen; die Schwankungen sollten überdies, um einen möglichst einfachen Fall des zeitlichen Verlaufs darzu- stellen, lineare, die Geschwindigkeit der Veränderung eine gleichmässige sein. Der geforderte zeitliche Verlauf stellt sich also graphisch so dar. 7 . Da ich in dieser Mitteilung nur eine kurze Zusammenstellung der wich- tigsten Ergebnisse beabsichtige, so mag die genauere Beschreibung des hierzu verwendeten Apparates der aus- führlicheren Darstellung, welche an einen: andern Orte alsbald erfolgen soll, vorbehalten bleiben. Hier wird es genügen, zu erwähnen, dass das benutzte Princip grosse Ähnlichkeit mit dem des Fleischl’schen Ortko-Rheo- 266 noms besitzt. Eine mit Zinklösung gefüllte kreisförmige, aber nicht in sich geschlossene, sondern an einer Stelle unterbrochene Rinne wird zu einem beliebig langen Teile vom Strom durchflossen. Die eine Elektrode des iteiz-Kreises ist in constanter Verbindung mit einem Punkte der Rinne; die andere dagegen ist mit einer Zinkspitze verbunden, welche in die Zinklösung taucht und der Rinne entlang geschlossen werden kann; dieselbe durchläuft die vom Strom durchflossene Strecke und pas- sirt die beiden Elektroden, welche diese Strecke begrenzen und welche zu diesem Behufe mit einem Ausschnitt ver- sehen sind. Der Apparat unterscheidet sich von dem Rheo- nom in der Einrichtung «dadurch, dass nur eine Spitze bewegt wird, dass keine dauernden Rotationen, sondern jedesmal nur eine einfache Bewegung bei jedem Abschiessen des Apparats stattfindet, und endlich dadurch, dass nicht die ganze Rinne, sondern ein beliebig langes oder kurzes Stück derselben vom Strom durchsetzt wird. Hierdurch gelingt es, einmalige lineare Schwankungen herbeizu- führen und überdies grössere Steilheiter zu erreichen, was für die vorliegende Aufgabe sich bald als erforder- lich erwies. Obwohl der Apparat für Schwankungen zwischen 2 beliebigen Intensitäten benutzt werden kann, wurde er doch zunächst immer verwendet, um den Strom in messbaren Zeiten von Null auf eine bestimmte In- tensität steigen zu lassen. Man kann das als eine lang- saın stattfindende Schliessung des Stromes betrachten und ich will diese Art der Schliessung Zeitschliessung nennen, im Gegensatz zu der gewöhnlichen durch plötz- liche Herstellung eines Uontactes bewirkten, welche eine Momentan-Schliessung genannt werden darf. Ebenso will ich diese Art der Reize als Zeit-Reize im (regensatz zu Momentan-Reizen bezeichnen. Die Dauer des Strom- anstieges konnte ich bequem von ! bis „t, Sec. varliren; 6 0 267 auch weitere (Grenzen würden leicht zu erreichen sem (durch Veränderung der Schuss-Geschwindigkeit); doch habe ich dazu bisher keine Veranlassung gehabt. Was das benutzte reizbare Präparat anlangt, so habe ich systematische Versuche bis jetzt nur am Frosch und zwar die meisten an dem Hüftnerven ausgeführt, dessen motorische Effecte am gastrocnemius beobachtet wurden. Die Reizung geschah vermittels unpolarisirbarer Elektroden und zwar in der Mitte des Oberschenkels am undurchschnittenen Nerven; das Gentralnervensystem war immer zerstört, keinerlei Vergiftung und auch keine Koch- salz- Ausspülung vorgenommen. Ich wählte dies Ver- fahren, weil es mir vor allem darum zu thun war, an einem Präparate zu arbeiten, welches seinem normalen Zustande so nahe als möglich stände. Obwohl von vorne herein zu erwarten stand, dass hierbei keine so genaue Constanz der Resultate sich werde erhalten lassen, wie bei einem mit Kochsalzlösung ausgespülten Präparate oder einem chloralisirten mit erhaltenem Uentralnerven- system, war doch die (Grleichmässigkeit der Reizerfolge eine sehr befriedigende. Der Reizungsstrom wurde von 4 kleinen Grove’- schen Elementen geliefert, und konnte vermittels eines Rheochords derart abgestuft werden, dass die den Nerven durchsetzenden Stromintensitäten den abzulesenden Draht- längen direkt proportional waren. Es konnte somit die Dauer des Stromanstieges und die Stromintensität ver- ändert werden, wobei unter der letztern immer die am Ende der Schwankung erreichte (grösste) Intensität ver- standen wird. Es gelingt auf diese Weise sehr leicht, das Fundamentalgesetz der Elektrieitäts-Wirkung deut- lich zum Ausdruck zu bringen und sich von der strengen Giltigkeit desselben (mit einer Ausnahme indessen, vergl. S. 9), für einsinnige Schwankungen zu überzeugen. 268 Die erste Aufgabe, mit welcher ich mich beschäftigte, war die, die Schwellenwerte der Zeit-Reize unter einander zu vergleichen. Es liegt auf der Hand, dass die Intensitäten um so grösser werden, je mehr die An- stiegszeiten gestreckt werden. Ist die Intensität gefun- den, welche bei momentaner Schliessung an der Grenze der Wirksamkeit steht und sucht man dann für eine Reihe von Anstiegszeiten wiederum die Schwellenwerthe, so hat man in den Verhältnissen der hierbei ermittelten Intensitäten zu jenen einen zahlenmässigen Ausdruck für die Reiz-Bedeutung der Steilheit. Als Beispiel lasse ich die Resultate zweier derartiger Versuche in tabellarischer Zusammenstellung folgen. Ich bemerke dabei, dass die Momentan-Schliessung immer unmittelbar vor und un- mittelbar nach jeder Zeitschliessung beobachtet wurde. Es setzt sich also ein einzelnes Resultat aus 3 Schwellen- werts-Ermittlungen zusammen; bezeichnet man diese mit den Buchstaben m, z und ms, so ist der Wert, auf den es ankommt, gegeben durch den Quotienten Z 3 (mı ma) Dieser Quotient, welcher also stets grösser als 1 ist, findet sich in den Tabellen für jede Anstiegszeit einge- tragen und es folgen diese aufeinander in der Folge, wie die Versuche wirklich angestellt wurden. Die Zahl 2,5 in der Rubrik: Anstiegszeit 0,03 Sec. bedeutet hiernach, dass ein Strom, um eben eine minimale Wirkung zu geben, bei der Anstiegsdauer 0,03 Sec. die 2,5fache Inten- sität erreichen muss von derjenigen, welche bei momen- tanem Anstieg denselben Effect hat. 269 17.:1: 1884. Absteigende Stromrichtung. Dauer d. Stromanstiegs | | in "/ıooo Sekunden 12,5) 25,0 49,9) 99,8 49,9] 25,0) 12 Eben wirksame Strom- Intensität (die bei mo- mentaner Schliessung | 1,5) 2,0) 2,5] 3,2) 2,5] 1,9) 1,5 eben wirksame = 1ge- { 4 - setzt) Dasselbe Präparat bei aufsteigender Stromrichtung. Dauer d. Stromanstiegs in "/ıooo Sekunden 12,5| 25,0) 49,9 99,8) 49,9| 25,0] 12,5 Eben wirksame Strom- Intensität (die bei mo- mentaner Schliessung | 1,5 2,0 eben wirksame —1ge- setzt) DD oo IE AR 21.,1.,1884, Absteigende Stromrichtung. 1 Ten 12,5| 25,0 49,9| 99,8, 49,9) 25,0| 12,5 Eben wirksame Strom- | | Intensität (die bei mo- | mentaner Schliessung 1261 9,3123.86. 7.5 13.01 2,5, 157 eben wirksame —1ge- setzt) Es mag zunächst hervorgehoben werden, dass bei ziemlich kleiner Anstiegsdauer (weniger als 0,01) der Effect von dem der Momentanschliessung sich nicht sehr erheblich entfernt. Weiter lässt sich vermuten, dass, wenn die Anstiegsdauer einen gewissen Wert übersteigt, die erforderliche Strom-Intensität der Dauer des Anstiegs proportional wachsen wird, somit die Steilheit sich nicht weiter vermindern lässt; das zeigt sich z. B. im zweiten der angeführten Versuche. Indem von der Anstiegs- dauer ‚', zu ‚!, Sek. übergegangen wird, verdoppelt sich die erforderliche Stromintensität, die Steilheit des An- stiegs bleibt also dieselbe. Das heisst mit andern Worten, dass bei dem länger andauernden Stromanstiege nur der Anfang überhaupt wirkt, das weitere Ansteigen dagegen keine Wirkung ausübt. Es gelingt auf diese Weise, festzustellen, ein wie grosser Teil einer länger dauernden linearen Stromschwankung überhaupt wirksam ist. In dem angeführten Versuch zeigt sich diese Zeit auf etwa >'; Sek. beschränkt. Hinsichtlich dieses Zeitwertes finden sich aber, so wie hinsichtlich der Quotienten überhaupt, recht erhebliche individuelle Verschiedenheiten, und häufig wurde die wirksame Dauer bis 0,1 Sek. gefunden. Den Versuchen ist dann in der Regel eine Grenze gesetzt durch die Strom-Intensität, welche tetanische Erregungen giebt. In ganz ähnlicher Weise lässt sich die wirksame Dauer auch für stärkere Strom-Intensitäten und über- minimale Reize bestimmen. Fast immer findet man ein Ansteigen des Stroms während „!, Sek., stärker wirksam als ein Ansteigen mit gleicher Steilheit während nur ‚5 Nek.; zwischen ,', und ,', Sek. findet sich nur selten noch ein Unterschied. Vergleicht man bei einem bestimmten Präparate die bei Momentan-Schliessung und die bei einer gewissen Anstiegsdauer eben wirksame Strom-Intensität, so kann der erhaltene Quotient als ein für den Zustand des be- treffenden Präparates charakteristischer Wert angesehen - werden. In höchst ausgeprägter Weise wird derselbe durch Variirung der Temperatur verändert. Als Beispiel dieses Verhaltens führe ich folgende Zahlen an: Der Quotient betrug für die Anstiegsdauern 0,1 und 0,05 Sek., bei Zimmertemperatur 8,7 und 3,4; dagegen, 271 nachdem der Nerv auf nahe 0° abgekühlt war, bezw. 2,6 und 1,4. Veränderung der Temperatur des Muskels allein scheint dagegen ohne Einfluss zu sein, so dass man hier ein ganz Ähnliches Verhalten hat, wie dasjenige, welches ich für die relative Wirksamkeit von Strom-Oscillationen gleicher Form und verschiedener Frequenz fand. Voraussichtlich wird sich in diesen Untersuchungen ein Mittel bieten, um die specifisch verschiedene Reizbar- keit der irritablen Substanzen gegen verschiedenartige Reize genauer als bisher festzustellen. Die interessanten Untersuchungen Fick’s über den Muschelmuskel haben ja bereits vor langer Zeit derartige Thatsachen kennen gelehrt und die aus den letzten Jahren datirenden Er- fahrungen Grützners haben diesen eine Anzahl anderer angereiht; auch die Erfahrungen der Pathologen über die nach Nerven-Verletzungen mannigfachster Art eintretenden Veränderungen in der Reactionsweise der Muskeln gehören hierher. Die Untersuchung der ver- schiedenen motorischen Nerven desselben Tiers, die Ver- gleichung verschiedener Tiere, insbesondere des Warm- und Kalt-Blüters, der Vergleich des Nerven und des Muskels, des ceurarisirten und nicht eurarisirten erscheint als eine Anzahl lohnender Aufgaben. Ich habe indessen in dieser Richtung bisher nur ganz spärliche Versuche, mehr zur vorläufigen Orientirung, angestellt; der Grund hierfür liegt darin, dass meine Aufmerksamkeit zunächst nach einer andern Seite in Anspruch genommen wurde. Für die ganze Theorie der Nerven-Erregung erschien es nämlich in hohem Masse wichtig, festzustellen, in welcher Weise man sich die Vorgänge zu denken hat, wenn der Reiz nicht ein momentaner, sondern wie in diesen Fällen ein über nennenswerte Zeitstrecken ununterbrochen pro- trahirter ist. Der Beantwortung dieser Frage habe ich 972 mich zuerst zugewendet. Man könnte zunächst glauben, dass die Annahme einer protrahirten Reizung der Nerven durch die einsinnige Stromschwankung gar nicht richtig sei, sondern vielmehr eine Art Explosion stattfinde. Es beginne, könnte man meinen, die Erregung erst dann, wenn der Strom ganz oder annähernd seine maximale Höhe erreicht habe; es sei aber nicht berechtigt, ihre Dauer derjenigen der Stromschwankung gleich zu setzen. Dass man es indessen wirklich mit andauernden Er- regungen (ob mit stetigen oder intermittirenden, bleibe noch dahingestellt) zu thun hat, geht mit grosser Wahr- scheinlichkeit schon aus den Beobachtungen der Reiz- Effecte am Muskel hervor. Vergleicht man nämlich die Reiz-Wirkungen, welche Stromschwankungen gleicher Steilheit aber verschiedener Dauer ausüben, so findet man, dass bei passenden Werten der Steilheit die Wirkung bis zu erheblichen Werten mit der Dauer anwächst. So ergaben, um ein Beispiel anzuführen, bei einem Versuche Schwankungen gleicher Steilheit schon bei einer Dauer von 0,015 schwache Zuckungen; bei Verlängerung der Anstiegs-Dauern (immer gleicher Steilheit) wachsen die Zuckungen bis zu einer Anstiegsdauer von 0,075 (,!; Sek.), wie aus der folgenden Zusammenstellung ersichtlich: Dauer des Anstiegs in 1/1000 Sek. bei stets 75 50 219 18,7 15,0 12,5 25 50 79 gleicher Steilheit Zuckungshöhe in Millim. aloe (en. inch Verrongeit) 38,8| 37,3| 24,2) 21,2) 9,6| 0 | 26,01 37,3| 38,2 Hieraus geht ganz zweifellos hervor, dass in der That die Stromschwankung nicht eine momentane, son- dern eine durch eine gewisse Zeit (hier ca. 0,06 Sek.) an- dauernde Wirkung hat. Dabei muss zunächst noch fest- gehalten werden, dass durch die blosse Vergleichung der 273 Zuckungshöhen hier selbstverständlich nur Minimalwerte ermittelt werden können. Es erschiene ja denkbar, dass die Erregung sich noch erheblich länger ausdehnen liesse, ihre weitere Erstreckung sich aber nicht durch eine grössere Höhe, sondern durch eine längere Dauer der Zuckung bemerklich machte. Ich habe deswegen eine Anzahl Versuche über den zeitlichen Verlauf der Zuckung bei Momentan-Schliessung und bei Zeit-Schliessung an- gestellt. Es zeigte sich hier, dass in den meisten Fällen, wie auch Fleisch] angiebt, die Zuckung in letzterem Falle für die blosse Beobachtung mit freiem Auge keinen Unterschied gegen die durch Momentan-Reizung hervor- gerufene darbietet. Die graphische Darstellung bei schnell rotirender Trommel zeigt dagegen in der Regel einen deutlichen, wenn auch geringen Unterschied in der Lage des Zuckungs-Givfels gegen den Anfang. Betrachtet man diese Verspätung als Mass für die Dauer der Erregung, so gelangt man zu ähnlichen Werten, wie durch die Vergleichung der Zuckungshöhen, nämlich im äussersten Falle etwa ;!, Sek. Es versteht sich von selbst, dass hierbei nur Zuckungen gleicher Höhe untereinander ver- glichen werden dürfen. Der Vergleich der Momentan-Reize mit den Zeitreizen ist übrigens in vieler Beziehung von grossem Interesse; so findet man, wie beiläufig erwähnt werden mag, stets, dass durch Zeitschliessungen Zuckungen erhalten werden können, welche die durch Momentan- Reizung zu erhaltenden Maximalzuckungen erheblich nicht bloss an Dauer, sondern auch an Grösse übertreffen. In diesem Falle giebt die Zeitschliessung eine höhere Zuckung als die gleiche Strom-Intensität bei Momentan-Schliessung (die oben erwähnte natürlich nur als scheinbar zu be- trachtende Ausnahme vom Fundamental-Gesetz). Um indessen über die Art und Weise, wie der Er- regungsvorgang im Nerven abläuft und auf den Muskel Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIII. Heft 2. 10 274 übertragen wird, genaueres zu ermitteln, konnte natür- lich weder die Beobachtung der Zuekungshöhen noch die der Zuckungsdauer genügen. Es war vielmehr notwendig, die elektromotorischen Erscheinungen zu beobachten, welche ja schon bei der gewöhnlichen Tetanisirung des Muskels den zeitlichen Verlauf der Vorgänge in einer soviel ge- naueren Weise zu verfolgen gestatten, als die mechanische Erscheinungsweise. Meine bisherigen Untersuchungen er- strecken sich auf den zeitlichen Verlauf der negativen Schwankungen des Muskelstroms. Die Beobachtung der elektromotorischen Verhältnisse am Nerven muss nämlich, wie leicht ersichtlich, gerade bei dieser Reizungsweise durch die Einmischung von elektrotonischen Erscheinungen auf Schwierigkeiten stossen; wiewohl dieselben sich viel- leicht würden überwinden lassen, schien es mir doch richtig, mit der einfacheren und leichteren Aufgabe zu beginnen. Zur Untersuchung der Stromschwankung habe ich zwei Rheoskope benutzt, nämlich den stromprüfenden Schenkel und das Üapillar- Elektrometer, überdies eine, an dem Reizapparat anzubringende, nach Art des Diffe- renzialrheotoms wirkende Einrichtung, welche gleich näher beschrieben werden soll. Ein Vorversuch ergab zunächst, dass ein wesentlicher Unterschied in dem Actionsstrom bestehen muss; es zeigte sich nämlich, wie das auch schon Fleischlangegeben hat, bei den durch Zeitschlies- sung hervorgerufenen Zuckungen in der Regel keine Einwirkung auf das sekundäre Präparat, während die Momentanschliessung kräftige sekundäre Wirkung her- vorruft. Nur insofern muss ich über Fleischl hinaus- gehen, als bei starken Reizen, welche noch nicht über- maximal zu sein brauchen, auch die Zeitschliessungen sekundär wirksam werden. Ein exacter Vergleich wird möglich, wenn man gleichzeitig die Zuckungshöhen des primären Präparates vergleicht. Unter diesen Umständen 275 constatirt man jederzeit Folgendes: Wenn eine Zuckung des primären Muskels von gewisser Höhe eben eine ganz schwache sekundäre Zuckung ergiebt, so kann man durch Zeitschliessung von Strömen passender Intensität ebenso grosse und selbst erheblich grössere Zuckungen des pri- ınären Präparates auslösen, ohne sie von einer sekundären Wirkung begleitet zu sehen. Der Versuch ist in dieser Form sehr elegant, weil man die ungleiche sekundäre Wirksamkeit an denselben Präparaten bei genau unver- änderter Lage des sekundären Nerven durch abwechselnde Benutzung der beiden Reizarten viele Male wiederholt zur Anschauung bringen kann. Ich benutzte bei diesen Versuchen Anstiegs-Dauern von ,!; bis „', Sek. Zum Zwecke genauerer Ermittlungen wurde zuvörderst die einfache Anlegung des sekundären Nerven an den Muskel verlassen, und statt derselben ein Ableitungsbogen vom natürlichen Längsschnitt zum künstlichen (und zwar in allen Fällen thermischen) Querschnitt hergestellt. Die Erscheinungen hinsichtlich der secundären Zuckungen blieben hierbei dieselben. Die Beobachtung des Actionsstroms am Capillar-Elektrometer zeigte sodann, dass bei den Zeitschliessungen ebenso wie bei Momentan- schliessungen ein einfacher, schnell verlaufender Ausschlag eintritt; derselbe dauert jedenfalls nur einen kleinen Bruchteil einer Sekunde. Eine Intermittenz oder Dis- contonuität ist weder mit freiem Auge noch mit Hilfe des stroboskopischen Verfahrens zu entdecken. Wesent- lich weiter kommt man nun zunächst, indem man die- selben Stromschwankungen abwechselnd auf beide Rheos- kope, sekundäres Präparat und Capillar-Elektrometer ein- wirken lässt. Es ist leicht ersichtlich, dass man in der gleichzeitigen oder abwechselnden Anwendung zweier Rheoskope von verschiedener Beschaffenheit sich das denk- bar feinste Reagens auf Differenzen im zeitlichen Verlauf 10* 276 kurz dauernder Ströme verschaffen kann. Von diesem Princip ausgehend, wurde eine Binrichtung getroffen, um den Actionsstrom durch Umlegen einer Wippe nach Be- lieben auf ein Capillar-Elektrometer oder auf das sekun- däre Präparat wirken zu lassen. Hierbei zeigte sich nun aufs deutlichste, dass in den Ausschlägen des Capillar- Elektrometers gerade die entgegengesetzte Differenz, wie in den Reactionen des secundären Präparates zwischen den durch Momentan-Reiz einerseits und durch Zeit- Reiz anderseits hervorgebrachten Actionsströmen auftritt. Man beobachtet also bei Zeit-Reizen stärkeren Ausschlag am Elektrometer, aber geringere Wirkung auf das sekun- däre Präparat, als bei Momentan-Reizen. In beweisen- der Form zugespitzt gestaltet sich der Versuch so, dass man sich eine Stromstärke sucht, welche bei Momentan- Schliessung eine deutliche sekundäre Zuckung hervorruft und dann eine andere (natürlich grössere), welche bei Zeitschliessung noch keine sekundäre Zuckung ergiebt. Sofort wird die Wippe umgelegt und die dem einen und dem andern Reize entsprechenden Ausschläge am Capillar- Elektrometer beobachtet. Bei Anwendung von Anstiegs- Dauern von ,!, bis „', Sek. wurden ausnahmslos im Capillar- Elektrometer deutlich stärkere Ausschläge bei den (sekundär unwirksamen) Zeitschliessungen, als bei den (sekundär wirksamen) Momentan-Schliessungen beobachtet, im Allgemeinen etwa doppelt so grosse. Ich muss be- merken, dass die Beobachtung und Messung solcher sehr schnell verlaufenden Ausschläge an Sicherheit sehr ge- winnt, wenn man bei sehr schwachem durchfallenden Licht arbeitet (so dass die Teilung des Ocularmikrometers noch deutlich zu erkennen ist) und die Quecksilbersäule von vorn her durch eine neben dem Mikroskop aufge- stellte Lampe beleuchtet. Dieselbe erscheint dann als ein scharf begrenzter, sehr heller Lichtfaden und die 277 Zuckungen derselben lassen sich gut bestimmen, besonders wenn man mehrere gleiche hintereinander ausführen lässt. Es geht hieraus mit voller Sicherheit hervor, dass die negative Schwankung in dem einen und dem andern Fall (bei Momentan- und bei Zeit-Reizung) einen ver- schiedenen zeitlichen Verlauf nimmt. Ueber die Art dieses Unterschiedes lässt sich von vorne herein schon aussagen, dass die der Zeit-Reizung entsprechende durch geringere Steilheit und gestreckteren Verlauf bei vielleicht geringerem Betrage des überhaupt erreichten grössten Wertes charakterisirt ist als die der Momentan-Schlies- sung zukommende. Die Annahme eines intermittirenden Verlaufes der negativen Schwankung bei Zeit-Reizen kann dagegen natürlich nicht zur Erklärung dienen. Die beiden Verlaufsweisen hätten hiernach eine gewisse Aehnlichkeit in ihrem gegenseitigen Verhalten mit dem Oeffnungs- und Schliessungs-Inductionsschlag, wobei aber durchaus dahin- gestellt bleiben muss, ob auch hier der Integralwert der gleiche ist. Obwohl es also leicht gelingt, durch die Anwendung zweier Rheoskope das Vorhandensein von Differenzen im zeitlichen Verlauf nachzuweisen, sind doch anderseits genauere Vorstellungen über dieselben nur durch mehr oder weniger verwickelte Betrachtungen zu erreichen. Es erschien deshalb wünschenswert, den zeitlichen Ver- lauf des Actionsstromes bei Zeit-Reizung in directer Weise und unter Anwendung bloss physikalischer Hilfs- mittel zu verfolgen. Auch das gelang ohne die Anwen- dung der dem Bernstein’schen Rheotom eigenthümlichen Repetitionsmethode; es war nur notwendig, bei einzelnen Reizungen den Muskelstrom zu einer beliebigen kurzen Zeit auf das Capillar-Elektrometer wirken zu lassen. Zu diesem Behufe wurde der zur Reizung dienende Schiess- Apparat mit einem Schieber versehen, welcher der Peri- 2718 pherie der kreisförmigen Rinne entlang gleiten konnte; dieser trug eine metallische Schliessung, welche die Ein- wirkung des Muskelstroms auf das Capillar-Elektrometer abblendet; dieselbe war hergestellt durch einen dünnen Kupferdraht, der schwach nach unten convex gebogen sich von oben her auf eine Messingkuppe auflehnt; beide Teile sind zur Sicherung des Contacts amalgamirt. Dieser Contact wird bei jeder Abschiessung des Apparats also bei jeder Reizung einmal auf ganz kurze Zeit unter- brochen, indem ein sehr dünnes Glimmerblättchen zwischen dem Kupferdraht und der Messingkuppe durchfährt, wel- ches von einem horizontalen Arm der Axe getragen und somit ebenso wie die Zinkspitze abgeschossen wird. Auf diese Weise konnte der Muskelstrom jedesmal während einer kurzen Zeit (etwa „4, Sek.) zur Einwirkung auf das Elektrometer zugelassen und sofort danach wieder abgeblendet werden. Die kleine Einrichtung funktionirt sehr befriedigend. Nur erwies es sich nicht als zweck- mässig, die Einwirkungszeiten noch mehr zu verkleinern, weil die Elektrometer-Ausschläge dann zu klein werden. Indem man den Ruhestrom des Muskels genau compen- sirt, gelingt es leicht, durch Variation der Schieberstel- lung Anfang und Ende des Actionsstroms und einiger- massen seinen zeitlichen Verlauf zu ermitteln. Dass auch der Anfang sich völlig scharf ermitteln lässt, beweist, dass die Schliessungen des Contacts mit voller Promptheit unmittelbar nach dem Durchgang des Glimmerblättchens erfolgt. Auf diese Weise ist es mir nun gelungen, fest- zustellen, dass der Actionsstrom bei Zeit-Reizen viel länger dauern kann, als die von Bernstein für Momentan- Reize ermittelte Zeit von „!, Sek. Man findet im All- ,';, bis „, Sek. In einigen Fällen verglich ich den Verlauf bei Anstiegsdauern von „, und 35 Dek. und konnte deutlich constatiren, dass der Actions- gemeinen Werte von a > m x) 279 strom in ersterem und letzterem Falle die zu erwartenden Differenzen seiner Dauer erkennen lässt. Aus dem Mitgeteilten geht hervor, dass man durch die Anwendung linearer Stromschwankungen von end- licher Steilheit Nerv und Muskel zwar immer nur in kurz dauernde Erregungszustände versetzen kann, doch aber und nach Allem was man weiss, in stetiger Weise in erheblich längere, als durch Momentan-Reize. Jeden- falls also sind wir berechtigt zu sagen: Der Erregungs- anstoss, welchen der Nerv dem Muskel erteilt, ist nicht ein stets gleichmässiger, fest präfor- mirter Vorgang, der nur durch verschiedene Intensität und durch mehr oder weniger fre- quente Wiederholung verschiedene Wirkung hervorbringt, er ist vielmehr selbst ein Vor- gang von einer bedeutenden Variabilität des zeitlichen Verlaufs. Demgemäss kann die Dauer der negativen Schwankung das 6fache des von Bernstein für momentane Reize ge- fundenen Werts erreichen. Die mitgeteilten Thatsachen werfen, wie ich glaube, auch auf die physiologische Iunervation ein bemerkens- wertes Licht, indem sie die Berechtigung gewisser An- nahmen nachweisen, die sich auch auf Grund der Beo- bachtungen über jene (die physiologische Innervation) schon wahrscheinlich machen liessen. Es sei gestattet, einige Bemerkungen hierüber anzuschliessen und über einige Beobachtungen auch nach dieser Richtung hin zu berichten. Durch eine ganze Anzahl von Thatsachen kann seit geraumer Zeit die oseillatorische Natur des physiologischen Tetanus als nachgewiesen betrachtet werden; die Beo- bachtungen von Helmholtz und Brücke lassen keinen Zweifel hierüber bestehen und noch zweifelloser zeigen es die Versuche Lov&ns, dem es gelang, beim Strychnin- 280 Tetanus und bei normaler Willkür-Innervation die Oscil- lationen des Capillar-Elektrometers direct zu beobachten. !) Ich habe, wie ich gleich bemerken will, diese Versuche mit genau gleichem Erfolg wiederholt. War man nun bisher geneigt, anzunehmen, dass die physiologische Inner- vation in einer Anzahl einzelner Anstösse bestünde, für deren jeden der Bernstein’sche Wert von „!, Sek. als massgebend zu betrachten sei und die in bestimmtem Rhythmus aufeinander folgten, so ergaben sich eine Anzahl von Schwierigkeiten. Erstens, warum ergab die physiologische Gontraction im Allgemeinen keinen secun- dären Tetanus? Zweitens, wie war zu erklären, dass ein Froschmuskel schon durch 8 Anstösse in der Sekunde in vollkommen stetigen Tetanus versetzt werden konnte, während Inductionsschläge zu dem gleichen Effect in er- heblich grösserer Frequenz einwirken müssen? Hierzu kann noch die Beobachtung W edenskiis gefügt werden, dass die beim physiologischen Tetanus mittels des Tele- phons wahrzunehmende akustische Erscheinung ganz an- !) Ich bin nie der Meinung gewesen, wie man aus einer Be- merkung von Wedenski (Ueber die telephonischen Erscheinungen am Muskel; Archiv für Physiologie 1833, 8. 322) schliessen könnte, dass der physiologische Tetanus stetig sei. Ich habe vielmehr nur die Vermutung ausgesprochen (Ueber die Erregung des moto- rischen Nerven durch Wechselströme, diese Berichte VIII. 2.), dass der Grund für die Discontinuität des gewöhnlichen Muskel- tetanus nicht darin zu suchen sei, dass die Uebertragung der Er- regung vom Nerven auf den Muskel notwendig in einzelnen An- stössen erfolgen müsse; die Discontinuität sei kein notwendiges Merkmal des Muskel-Tetanus, sie beruhe vielmehr in der Dis- continuität der Nerven-Erregung. Ob es eive stetige Nerven-Er- regung von unbegrenzter Dauer geben k«nn, schien mir eine offene Frage. Bezüglich der physiologischen Innervation vermutete ich schon damals Einzelanstösse von längerer Dauer als !/so Sek. und dies war die Meinung des sehr allgemein formulirten Schluss- satzes jener Abhandlung. 281 ders ist, als die durch Reizung mit 18 Inductionsschlägen per Sekunde zu erzielende. Die Vermutung Lovens, dass der physiologische Einzelreiz zeitlich viel gedehnter sei, als der durch den Inductionsschlag zu erzielende Momentan-Reiz erklärt alle diese Erscheinungen aufs Einfachste; und sie findet, glaube ich, in den oben ange- führten Ermittlungen über die Wirkung linearer Strom- schwankung eine wertvolle positive Stütze. In der That ist es nicht unberechtigt zu sagen, dass die elektrischen Zeit-Reize eine Vermittlung zwischen dem Momentan- Reiz und dem physiologischen Reiz darstellen. Diese Vermittlung wird eine noch vollständigere werden, wenn Beobachtungen über stetige Tetanisirung durch Strom- Öscillationen von geringerer Frequenz und endlicher Steilheit vorliegen. Es wird bei dieser Auffassung der physiologischen Innervation die andere Vorstellung ent- behrlich, welche von Brücke erörtert wurde, und welche, wie bekannt, das Ausbleiben des secundären Tetanus durch die Ungleichzeitigkeit der Erregungs-Vorgänge in den einzelnen Muskelfasern erklären wollte. Diese Vor- stellung scheint bei dem gegenwärtigen Stande der Kennt- nisse keineswegs wahrscheinlich, aber doch unwiderleglich und sie macht es, wie ich glaube, unmöglich, so lange die Beobachtung einzelner Muskel-Elemente nicht ge- lingt, über die physiologische Innervation etwas bestimm- tes zu beweisen. Unwahrscheinlich ist sie deswegen, weil es nicht einzusehen ist, weswegen bei der ungleich- zeitigen Thätigkeit der einzelnen Elemente eine Beokach- tung der Actionsströme an sehr vielen Elementen zugleich doch noch immer einen regelmässigen Rhythmus erkennen lässt, während man doch erwarten sollte, die Rhythmik hier durch die grosse Zahl der verschiedenen Phasen ganz verschwinden und durch eine scheinbare Stetigkeit ersetzt zu sehen. Wie dem auch sein mag, jedenfalls 282 lässt sich, so viel ich sehe, aus Beobachtungen über die physiologische Innervation die Existenz der protrahirten Erregungs-Anstösse niemals mit Sicherheit nachweisen. Aus demselben Grunde bleibt die nun zunächst sich dar- bietende Aufgabe mit einer, gar nicht zu beseitigenden Unsicherheit behaftet, die nämlich, die Dauer des physio- logischen ‚Reiz-Anstosses zu bestimmen. Selbst bei der erwähnten Unsicherheit der Deutung schien es mir aber doch von grossem Interesse, über die Dauer der einzelnen Schwankung bei physiologer Innervation etwas zu er- mitteln. Es gelang dies ganz von selbst bei Wieder- holung der Loven’schen Versuche über den Srychnin- tetanus. An einem enthirnten Frosch wurde der Semi- membranosus und Gracilis mit thermischem Querschnitt und mit Ableitungs-Elektroden versehen, und sodann eine kleine Dosis Strychnin in die Lymphsäcke eingespritzt. Im Beginn der Strychninwirkung erhält man nun bei mechanischer Reizung sehr mannichfaltige Bilder der Be- wegung im Üapillar-Elektrometer, indem die einzelnen Innervations- Anstösse sich in kleinerer oder grösserer Zahl combiniren. Eine sehr häufige Erscheinung aber bilden einzelne Ausschläge, welche keinerlei Disconti- nuität oder Intermittenz erkennen lassen, und welche relativ langsam verlaufen, so dass man sie auf den ersten Blick von den durch elektrische Momentan-Reize hervor- gerufenen Einzelschwankungen unterscheiden kann. Ich schätze ihre Dauer auf ! Sekunde. Was den Tetanus anlangt, so bemerkt man bei den mässig lange andauern- den Anfällen im Anfang die grösste Frequenz der Oscil- lation, welche 8—9 per Sek. nicht überschreitet. Gegen Ende des Anfalls werden die Oscillationen langsamer und hören in der Regel mit einem Rhythmus von 3—4 in der Sekunde auf. Da auch hierbei keine Auflösung der Con- traction in einzelnen Zuckungen, sondern ein langsames 283 Nachlassen zu beobachten ist, so erscheint es nicht un- wahrscheinlich, dass die Dauer des physiologischen Reiz- Anstosses ! Sek. erreichen kann. Ganz gleichartige Aus- schläge von einfachem, aber gestrecktem Verlauf (circa ! Sek.) erhielt ich auch bei Reizung des Rückenmarks am unvergifteten Frosch mittels einzelner Induetions- schläge. Da man hierbei bekanntlich durch Stromschleifen sehr leicht die vorderen Wurzeln direct reizen kann, so sieht man häufig im Elektrometer den kurzen Ausschlag, welcher dem elektrischen Reiz entspricht, gefolgt von dem langsameren, welcher den durch das Rückenmark übertragenen Reiz darstellt. Macht man den Strom stärker, so wird der letztere oscillirend. Dass die Dauer des physiologischen Innervations-Anstosses bis ! Sek. be- tragen könne, erscheint mir nicht unwahrscheinlich; doch bleibt dabei zu beachten, dass wir vorläufig keine Ver- anlassung haben, dem physiologischen Einzelreiz eine be- stimmte, allemal gleiche Dauer zuzuschreiben. Da in- dessen, wie gesagt, diese Ermittlungen wegen der Mög- lichkeit der Phasenverschiebungen notwendig unsichere bleiben, so scheint mir die nächste Aufgabe die zu sein, auf andere Weise festzustellen, ob der Nerv einer so lang andauernden stetigen Erregung fähig ist. Wie der Nach- weis der protrahirten Erregungen überhaupt die Annahme derselben für die physiologische Innervation nahe legt, so könnten auch durch weitere Untersuchungen dieser Art bestimmte Annahmen über die mögliche Dauer derselben Stütze oder Wiederlegung erfahren. Es erscheint nicht aussichtslos zu versuchen, ob durch andere Modificationen des zeitlichen Verlaufs der Elektricitätsbewegung die Einzel-Erregung noch mehr protrahirt werden kann, als es durch lineare Stromschwankung möglich ist, und so einfache Actionsströme von noch mehr als ,'; Sek. Dauer erhalten werden können. Fa re NONE 1193 “sr Er, 285 Auszug aus den Sitzungs-Protokollen. 1882. Präsident: Hr. Prof. WIEDERSHEIM. 1. Sitzung vom 11. Januar: Vortrag des Hrn. Hofrath Fischer: Culturhistorische Beziehungen zwischen Asien und Amerika. 2. Sitzung vom 25. Januar: Vortrag des Hrn. Dr. (Graeff: Ueber Theerfarben-Industrie. 3. Sitzung vom 8. Febr.: Vortrag des Hrn. Prof. Hildebrandt: Ueber die Athmungsorgane der Pflanzen. 4. (öffentliche) Sitzung vom 4. März in der Aula der Universität. Zur Feier des Namenstages des hohen Pro- teetors der Gesellschaft Sr. Kgl. Hoheit des Grossherzogs und des Stiftungsfestes der Gesellschaft. Ansprache des Präsidenten. Rechenschaftsbericht des Sekretärs pro 1881. Vortrag des Präsidenten: Ueber den Bau und die Func- tionen des Gehirns. 5. Sitzung vom 10. Mai: Vortrag des Hrn. Prof. Wiedersheim: Ueber die Milchdrüsen. 6. Sitzung vom 24. Mai: Vortrag des Hrn. Prof. Willgerodt: Ueber Ptomaine. 7. Sitzung vom 14. Juni: Vortrag des Hrn. Dr. Gruber: Ueber ein merkwürdiges Zusammenleben von Pflanzen und Thieren. 8. Sitzung vom 5. Juli: Vortrag des Hrn. Prof. von Kries: Ueber neuere Untersuchungen im Gebiete des thierischen Chemismus. 9. Sitzung vom 20. Juli: Vortrag des Hrn. Prof. Warburg: Ueber electrisches Licht. 286 10. Sitzung vom 8. Novemb.: Vortrag des Hrn. Prof. Mantz: Ueber Eingeweidewürmer im menschlichen Auge. 11. Sitzung vom 22. Novemb.: Vortrag des Hrn. Geh. Hofrath Weissmann: Ueber die heutigen Conser- virungsmethoden niederer Thiere. 12. Sitzung vom 6. Dezemb.: Vortrag des Hrn. Dr. Rüst: Ueber die Lebensgewohnheiten der Schmetterlinge. 1883. Präsident: Hr. Prof. von KrıkEs. 1. Sitzung vom 17. Januar: Vortrag des Hrn. Prof. Wiedersheim: Ueber die electrischen Organe. 2. Sitzung vom 31. Januar: Vortrag des Hrn. Prof. Hildebrandt: Ueber den Einfluss des Wetters auf das Leben der Pflanzen. 3. Sitzung vom 14. Februar: Vortrag des Hrn. Dr Boström: Ueber Strahlenpilzerkrankung. 4. (öffentliche) Sitzung vom 4. März in der Aula der Universität. Zur Feier des Namenstages des hohen Pro- tectors der Gesellschaft Sr. Kgl. Hoheit des Grossherzogs und des Stiftungsfestes der Gesellschaft. Ansprache des Präsidenten. Rechenschaftsbericht des Sekretärs pro 1882. Vortrag des Präsidenten: Ueber das Sehen der Menschen und der Thiere. 5. Sitzung vom 9. Mai: Vortrag des Hrn. Prof. Warburg: Ueber Phosphorescenz. 6. Sitzung vom 30. Mai: Vortrag des Hrn. Hofrath von Babo: Ueber Elementaranalyse. 7. Sitzung vom 13. Juni: Vortrag des Hrn. Prof. von Kries: Ueber Secretion. 8. Sitzung vom 4. Juli: Vortrag des Hrn. Kreis- schulrath Rapp: Optisch-mineralogische Demonstrationen. 287 9. Sitzung vom 11. Juli: Vortrag des Hrn. Dr. Strasser: Ueber die Lungen und Luftsäcke der Vögel. 10. Sitzung vom 25. Juli: Vortrag des Hrn. Prof. Kraske: Ueber Schufsverletzungen. 11. Sitzung vom 15. November: Vortrag des Hrn. Dr. Rüst: Ueber die Bildung der Mondoberfläche. 12. Sitzung vom 5. Dezember: Vortrag des Hrn. Prof. Himstedt: Ueber electrische Accumulatoren. 13. Sitzung vom 19. Dezember: Vortrag des Hrn. Dr. Kast: Ueber Sprachstörungen. „var var EL: in ik Fa alles Kur R) RIETIRERD ‚nes de PN UI TB RU SET Je uarthi Fr FRrrHube.N et RR a 3 REN DER 4 en E05 Hure ut ab Baltı HEYSE Fr 1€ ee ir: U MON he D um CR IREN" 9 ob iur - Ma oh Tas | rk et rn ee ve sernihchsihbsaf, Adaar ba la ll ht ach ae a Ader BRULIT Sn Heli a ag Ko ER NIT y Li r n . iz: ’ Ei 4 5} AR I l € \ arr ' ‚<' N u { [ EEE 7 . 4» r B nr Dar j \ # y » WIE, B2 AN . pr tja; © 47 L1aJeL IINDE aoTIag Jasınga. FE En . f Ey m" m — — En 5 We were \/ N Par! x: hun RT’ Alte e . Ra N Be CR en Te da arm. r j ! ' I | 1 1 A \ BD. Ach, & Dice 3 + re ar 4 ee En I d Bi y; i fü R I . - El N i U: las 3 Ei; N j en j. re “2 5 ®# men ne 4 RER ITEN BETTEN RUE ESTATE ERENTO BEDEUTENDER an a ne J.von Kries Tafl. m — — eu I 36T gott nor .L a “m, "IN UREII-28 ll. » ° J. von Kries Tat Fis.IV. I; EN N Ye “ S 5 ; N ” IR pe SI —_ EI on RR Ben N 2 ONE RR NE 3% 7 ” N Nr N year, N N \ 5 EN In N & 2] Luia 7 m \ GT En r BE FG I a wa Y y Fi Ya u er, ART oo BY? Aus 700 z x hi - „rt rer To ” BR \ Zn! ‘oo v2; ve | | I | | ZN Osc.pa.Jee. = u EN 2; we. er # N IR ann. ze en en Fvon Kies Tat IE . u. nn Ye k ö . - ie \ i ’ ur Fan ee iA hie ern f u Er f ö 7 „ x x er > % 5 x % G N =; u er j e ' aan „# | Fe han Dr ur or i Er ae a ‚A x : ie SE IE Sa % W | BR « er 3 . dem 1 Liter nae=t Tafel II. Vs malGr 289 C. Willgerodt: I. Mittheilungen über «-Dinitro- thiophenol und dessen Salze, über «-Dinitrophenyl- sulfid, «-Dinitrophenyldisulfid und «-Dinitrophenyl- pikrylsuliid. (Vorgelegt zum Druck am 5. Mai 1884.) 1. «-Dinitrothiophenol C;H3(SH)(NO;)(NO;). 1 2 4 Das «-Dinitrothiophenol wurde von mir zuerst im Jahre 1876 gewonnen; über die Darstellung desselben befinden sich an zwei Stellen der Berichte d. d. chem. Ges. Angaben, !) die theils einer Erweiterung und Vervoll- kommnung, theils einer Berichtigung bedürfen. Da ich mir das eingehendere Studium des «a-Dinitro- phenylmercaptans vorbehalten hatte, so nahm ich das- selbe wieder auf und fand nun zunächst bei der Prüfung der Eigenschaften des zu den veröffentlichten Analysen angewandten Materials, dass in beiden Fällen nicht mehr das «-Dinitrothiophenol, sondern das nahverwandte und leicht daraus entstehende «-Dinitrophenyldisulfid vorlag. Beide Körper unterscheiden sich nur hinsichtlich des Wasserstoffgehaltes einigermassen, im Procentgehalt aller übrigen Elemente stimmen sie fast vollkommen überein; aus diesem Grunde sind denn auch die Analysen unzu- länglich zur Feststellung der Formel und der Irrthum in jenen vorläufigen Mittheilungen ist verzeihlich. Nach 1, Berichte d. d. chem. Ges. IX, 978 u. X, 1656 Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VIlL. Heft3. 11 290 jener Erkenntniss, dass ich nicht mehr das Hydrosulfid unter Händen hatte, musste ich es als meine erste Auf- gabe betrachten, genau l[estzustellen, in welcher Weise reines a-Dinitrothiophenol erzeugt und als solches fest- gehalten werden kann. Die Lösung dieses Problems ist mir gelungen, und ich gebe desshalb im Folgenden die Wege an, die von mir zur Darstellung des fraglichen Körpers eingeschlagen worden sind: 1) 20 Grm. Anilin wurden mit 20 bis 200 Ce. 9Opro- centigem Alkohol versetzt und in solche Lösungen so lange Schwefelwasserstoff eingeleitet, bis derselbe nicht mehr aufgenommen wurde. Versetzt man eine solche Schwefelwasserstoff-Anilinlösung bei gewöhnlicher Tem- peratur mit einer kalten alkoholischen «-Dinitrochlor- benzollösung, so erfolgt sofort eine dunkelgelbe Färbung, die bei fortgesetztem Zusatz dermassen zunimmt, dass die Flüssigkeit undurchsichtig wird. Diese Färbung wird durch die Bildung des «-Dinitrophenylmercaptans ver- ursacht. Ich habe durch Versuche constatirt, dass, wenn- gleich hier die Erzeugung von vier Körpern stattfinden kann, unter allen Umständen zuerst immer das «-Dinitro- thiophenol auftritt, das dann zur Muttersubstanz zweier anderer geschwefelter Nitroverbindungen, nämlich des a-Dinitrophenyldi- und «-Dinitrophenylmonosulfides wird. Beide Körper bilden sich erst in zweiter Linie und ihr Auftreten ist an bestimmte Bedingungen, die wir später genauer kennen lernen werden, geknüpft. Der vierte Körper, der bei dieser Operation in Sicht kommen kann, ist das «-Dinitrophenylanilin; man wird dasselbe dann beobachten, wenn man einen Ueberschuss des einwirken- den Chlorides giebt. Aus den Lösungen scheiden sich gewöhnlich erst die Sulfide und zuletzt das Anilin- derivat aus. Zur grösstmöglichsten Vermeidung dieser drei Pro- 291 dukte, die aus und neben dem Sulfhydrat entstehen, ist bei der Darstellung des letzteren die Einwirkung von Wärme und Luft zu verhüten und der Zusatz von @-Dinitro- chlorbenzol zu beschränken. Man übersäure desshalb die dunkle Mercaptanlösung sofort mit Salzsäure und füge ausserdem noch Wasser hinzu, damit sich das salzsaure Anilin löse und das a-Dinitrothiophenol aus der saueren, alkoholisch wässerigen Lösung ausscheide; hierauf filtrire man von der weiss- gelben Fällung ab und schreite zu der Reinigung des Körpers. — Nach welcher Methode man das a-Dinitro- thiophenol auch darstellen mag, eine Reinigung desselben ist fast immer geboten. Dieselbe lässt sich aber auch rasch und einfach dadurch ausführen, dass man das mit Säure gefällte Mercaptan in einem Alkali löst und durch Filtriren von den ungelösten Verunreinigen befreit. Durch Säure wird es wiederum in Freiheit gesetzt. Wiederholt man diesen Process einige Male, so scheidet sich schliess- lich aus den alkalischen Lösungen auf Zusatz von Nalz-, Salpeter- oder Schwefelsäure ein nur sehr schwach gelb gefärbtes Produkt aus, das unter dem Mikroskope in Form farbloser Nadeln erscheint. Bei langsamer Aus- scheidung des Dinitrothiophenols aus einer saueren, alko- holisch wässerigen Lösung werden die Nadeln oft so lang, dass man sie mit blossem Auge wahrnehmen kann. Will man dieses Mercaptan als solches aufbewahren, so wasche man den mit Säuren gefällten Niederschlag so lange mit Wasser aus, bis sich dieses anfängt stark gelb zu färben; es ist dies ein Zeichen dafür, dass die Säure vollständig ausgewaschen ist, das Abwasser färbt von diesem Momente an Lackmuspapier nicht mehr roth. Hierauf lasse man das noch in der Masse befindliche Wasser so viel als möglich absaugen, presse sie zwischen Fliesspapier und trockne sie bei gewöhnlicher Temperatur über Chlor- 5 L13 calcium. So hergestellt, repräsentirt das «-Dinitrothio- phenol alsdann einen weissgelben, brüchigen Filz. 2) Eine weit billigere und weit mehr zu empfehlende Darstellungsweise als die erstere ist die mittelst «-Dinitro- chlor- oder «-Dinitrobrombenzol und alkoholisch wässeriger Schwefelammonium-Lösungen. — Füllt man in einem graduirten Oylinder 10 Ce. conc. Ammoniaklösung vom sp. G. 0,900 mit 90procentigem Alkohol zu 100 Ce. auf, und übersättigt die Hälfte davon mit Schwefelwasserstoff, giesst darauf die zweite unveränderte Hälfte hinzu, so kann man 10 Ce. dieser verdünnten Schwefelammonium- lösung mit 1 Gr. «-Dinitrochlorbenzol in alkoholischer Lösung versetzen, ohne dass ein Niederschlag entsteht. Beim -Zusammenguss tritt auch hier tief dunkelgelbe Färbung durch Bildung des Ammoniumsalzes des Mercap- tans auf; und übersättigt man nun eine solche undurch- sichtige Lösung mit Salzsäure, so scheidet sich, vorzüg- lich dann, wenn noch Wasser hinzugefügt wird, fast vollständig reines «-Dinitrothiophenol in solcher Menge aus, dass die ganze Masse zu einem Nadelbrei erstarrt, welcher der saueren Milch nicht unähnlich ist. Weitere Versuche, die zu der Darstellung dieses Körpers mit Hülfe von Schwefelammonium unternommen wurden, be- lehrten mich, dass man eine beliebige Lösung des letz- teren mit einer beliebigen alkoholischen «-Dinitrochlor- benzollösung bei gewöhnlicher Temperatur vermischen darf, um zum Ziele zu gelangen. Einen Ueberschuss des Chlorides vermeide man indessen, weil dasselbe beim Verdünnen der übersäuerten, alkoholischen Lösungen mit Wasser gefällt wird und das sich ausscheidende Mercaptan verunreinigt. — Versetzt man zum Beispiel eine alko- holische «@-Dinitrochlorbenzollösung bei gewöhnlicher Tem- peratur mit einigen Tropfen conc. wässeriger Ammoniak- lösung und leitet darauf Schwefelwasserstoff in dieselbe 293 ein, so bildet sich sofort «-Dinitrophenylmercaptan, das der Lösung zunächst einen hellgelben Teint verleiht, der bei fortgesetzter, abwechselnder Ammoniak- und Schwefel- wasserstoffzufuhr immer dunkler und dunkler wird; die Ausscheidung des Monosulfides findet, wenn das «-Dinitro- chlorbenzol zur vollständigen Umsetzung gelangt ist, selbst beim Erhitzen nicht mehr statt; mit Hülfe von Säure fällt dann aber auch hier das organische Sulfhydrat schon von grosser Reinheit aus: es löst sich fast voll- kommen in Alkalien init gelber Farbe wieder auf. 3) Grössere Mengen des «-Dinitrothiophenols sind von mir in der Weise erhalten worden, dass entweder 5 Grm. KOH in wenig Wasser gelöst und mit 90 proc. Alkohol zu 200 Ce. verdünnt, oder 10 Grm. KOH, in derselben Weise behandelt, zu 100 Ge. aufgefüllt wurden. Beide Lösungen wurden mit Schwefelwasserstofl über- sättigt und alsdaun von der ersteren 40 Ce., von der zweiten 10 Ge. für 1,5 Grm. «-Dinitrochlorbenzol ver- wendet. Die resultirenden tiefdunklen Flüssigkeiten wur- den dann weiter mit viel Wasser versetzt, und so eine mehr oder weniger starke Trübung veranlasst, die durch das Vorhandensein von Schwefel und der Sulfide bedingt war. Nach längerem Stehen wurde von der Ausscheidung abfiltrirt und aus dem Filtrat das Mercaptan vermittelst einer Säure abgeschieden. — Wie die alkalischen Sulf- hydrate, so eignen sich zu der Darstellung dieses Körpers auch die Sulfide nicht nur der Alkalien, sondern auch der alkalischen Erden. In allen Fällen lasse man 1 Aequi- valent des «-Dinitrophenylhaloides mit 2 Aequivalenten des Sulfhydrates oder Sulfides zusammentreffen, damit sich das Mercaptid bilden kann, z. B.: CsH3(NO3)sC1 -+ 2KSH — C5Hs(NO,)SK + H,S + KCl und CsH;(NO3),C1 -— KSK — C;Hz(NO3),SK + KCI. Ein Ueberschuss des Sulfhydrates schützt das Mer- captan vor rascher Oxydation. Das «-Dinitrothiophenol hat einen weit tieferen Schmelzpunkt, als von mir in der vorläufigen Mittheilung angegeben wurde; es schmilzt nicht bei 280° C., sondern schon gegen 131° ©. Hebt man im Momente des Schmelzens das Schmelzpunktsröhrchen aus dem Bade und zerschlägt es an der Stelle, wo es die Substanz führt, so löst sich diese beim Uebergiessen mit einem Alkali fast noch gänzlich mit gelber Farbe auf, ein Be- weis dafür, dass das Mercaptan fast noch unverändert vorhanden ist. Belässt man dagegen das Röhrchen, nach- dem der Körper geschmolzen ist, in dem wärmeführenden Bade, so wird die Flüssigkeit bei weiterer Wärmezufuhr zusehends fest und gelb, oft unter sichtbarer Gasentwick- lung (Wassergas). Zerschlägt man ein Röhrchen, in dem die Substanz bereits wieder erstarrt, aber nur kurze Zeit auf 140° OÖ. erhitzt worden ist, so gewahrt man, dass beim Zusatz von Laugen nur noch ein kleiner Theil davon in Lösung geht. Wird der Körper längere Zeit auf 140° Ö. oder höher erhitzt, so wird er in Alkalien vollständig unlöslich und verhält sich dann wie das «-Dini- trophenyldisulfid. Gegen 240° C. tritt Bräunung, bald dar- auf Schwärzung der Substanz ein, und die Explosion er- folgt oft früher, oft später; dieselbe wurde bei einer Temperatur von 255° C., sowie auch 280° C. beobachtet. Die erwähnten Erscheinungen erklären sich mit Leichtig- keit durch die ausserordentliche Oxydationsfähigkeit dieses Thiophenols; es wird dasselbe in der Hitze vom Sauerstoff der Luft angegriffen und zunächst in das entsprechende Di- sulfid übergeführt. — Das a-Dinitrothiophenol lässt sich auf seine Beständigkeit gegen die Wärme nur bei Abwesen- heit von Luft prüfen. Zu diesem Zwecke wurde dasselbe erstens in einer U-Röhre mit Wasser übergossen und 295 nachdem bei gewöhnlicher Temperatur mit Hülfe eines Kohlensäurestromes die Luft vollständig ausgetrieben war, wurde die Röhre unter fortwährendem Einleiten von Kohlensäure in einem Dampfbade eine Viertelstunde auf 101° C. erhitzt. Die wässerige Lösung blieb während dieser Zeit gelb und die zur Aufnahme der Gase vor- gelegte Bleisalzlösung ungefärbt. Zweitens wurde eine trockene U-Röhre mit dem festen Mercaptan beschickt und die Luft aus derselben in gleicher Weise eliminirt. Die U-Röhre war bei diesem Versuche in ein ÖOelbad gestellt, und eine damit verbundene Gasleitungsröhre mündete in eine Bleisalzlösung. Beim Erhitzen des Bades trat unerwartet schon bei einer Temperatur von 140 bis 150° C. (Thermometer im Oel) eine heftige Explosion ein, so dass nicht nur die grosse U-Röhre, sondern auch die Gasleitungsröhre geschwärzt wurde. Die noch ın den Röhren enthaltenden Gase wurden in eine neue Vorlage, mit obiger Lösung gefüllt, eingeleitet, aber auch in diesem Falle fiel kein Schwefelblei aus und damit ist experimentell bewiesen, dass sich das «a-Dinitro- phenylmercaptan nicht durch Abspaltung von Schwefelwasserstoff in das Monosulfid über- führen lässt. Hinsichtlich seiner Löslichkeit unterscheidet sich das «-Dinitrothiophenol wesentlich von den von ihm deriviren- den Sulfiden, indem es fast von allen gewöhnlichen Lö- sungsmitteln mit Leichtigkeit aufgenommen wird; so wird es schon in geringer Menge von kaltem Wasser gelöst, beim Erwärmen des Wassers färbt sich dasselbe orange- gelb und nimmt einen grossen Theil des Sulfhydrates auf; beim Kochen wird dasselbe allmählich oxydirt und scheidet sich in Form des Disulfides aus. In Alkohol löst sich dies Thiophenol äusserst leicht mit gelber Farbe auf und oxydirt sich in der Lösung beim Kochen binnen 296 kurzer Zeit; auch beim Verdunsten des Alkohols wird der gegebene Körper nicht mehr vollständig als solcher erhalten. Am besten eignen sich zum Umkrystallisiren dieser Substanz solche Flüssigkeiten, die rasch verdunsten, also Aether und Chloroform; aus letzterem wurde dieselbe in moosförmig an einander gereihten mikroskopisch kleinen Nadelblättchen erhalten. Auch Aceton, Benzol, Petroleum- äther, Schwefelkohlenstoff und Anilin lösen das «-Dinitro- phenylmercapton auf; aus der Anilinlösung wird es durch Zusatz von Salzsäure wieder gewonnen. Das «@-Dinitrothiophenol besitzt fast gar keinen Ge- ruch und erinnert in dieser Hinsicht durchaus an kein Mercaptan, sein Charakter ist der eines Phenols, es ist vollständig neutral, blaues Lackmuspapier wird davon nicht geröthet. Aus diesem Grunde sollte es aus seinen alkalischen Lösungen bei gewöhnlicher Temperatur mittelst Kohlensäure und Schwefelwasserstoff in Freiheit gesetzt werden. , Dieses scheint denn in der That auch der Fall zu sein; denn leitet man in eine solche Lösung so lange Kohlensäure ein, bis sie nicht mehr aufgenommen wird, so bleibt das Mercaptan in Lösung und lässt sich derselben auch nur sehr schwierig mit Aether entziehen. Dass derselbe aber frei gewordenes Mercaptan aufgenommen haben muss, und fortwährend aufnimmt, so lange das- selbe vorhanden ist, geht daraus hervor, dass sich die untere dunkle Flüssigkeitsschicht sehr bald, unter Abschei- dung des Disulfides, lichtet, wenn der Aether mit Luft in Berührung steht. Eine alkalische Lösung des Mercaptans kann an der Luft gekocht werden, ohne dass ein Nieder- schlag erhalten wird, ein solcher erfolgt auch nicht, wenn man die Flüssigkeit mit Aether übergiesst und lange Zeit an der Luft stehen lässt; Säuren müssen selbstverständlich ferngehalten werden. — Leitet man in eine, mit Aether ver- setzte, alkalische Lösung des «-Dinitrothiophenols Sch wefel- Ay Pa ee u wasserstoff Lis zum Ueberschuss ein, so wird der Aether gelb gefärbt und beim Verdunsten desselben hinterbleibt eine feste, harzig’durchsichtige Masse, die sich nur noch wenig in Kalilauge löst. Wenngleich diese Kigenschaften des Körpers und sein unangenehmer Mercaptangeruch darauf hinweisen, dass das Thiophenol nicht als solches vorhanden ist, so dürfte doch daraus zu schliessen sein, dass das- selbe bei gewöhnlicher Temperatur durch Schwefelwasser- stoff aus seinem Kalisalz frei gemacht werden kann. Das «@-Dinitrothiophenol färbt Haut, Wolle, Seide etc. ohne Beize gelb; es ist indessen ein unechter, unbrauch- barer Farbstoff; schon dadurch, dass man die gefärbten Stoffe mit Wasser kocht, verschwindet die Farbe schliess- lich gänzlich, weil dieselbe von der Luft rasch zu dem nicht haftbaren Disulfide oxydirt wird. (Gegen Neifen- lösungen wurde ein ähnliches Verhalten der gefärbten (segenstände beobachtet. Von Salzen des «-Dinitrothiophenols sind eine ganze Reihe dargestellt worden. Die der Alkalien und alka- lischen Erden sind leicht in Wasser mit gelber Farbe löslich, und man gewinnt sie einmal dadurch, dass man 1 Mol. des Chlorides auf 1 Mol. des Sulfides einwirken lässt, weiter aber auch in der Weise, dass man berechnete Mengen der Basen mit bestimmten Gewichten des Phe- nols vereinigt. — Das Kaliumsalz scheidet sich zum Theil in fester Form aus, wenn man 1,5 bis 1,5 Grm. a-Dinitrochlorbenzol in alkoholischer Lösung in 10 Ce. einer Kaliumsulfidlösung einträgt, die dadurch hergestellt wird, dass man 10 Grm. KÖH in wenig Wasser und Alkohol zu 100 Ce. löst, in zwei Theile theilt und die eine unveränderte Hälfte mit der zweiten, durch Schwefel- wasserstoff gesättigten, wieder vereinigt. 10 Ce. dieser Lösung enthalten fast 1 Grm. Kaliumsulfid. — Die Salze der Schwermetalle werden aus den Alkalisalzen durch 298 doppelte Umsetzung erhalten. Von Bedeutung ist unter diesen das Silbersalz, dasselbe fällt quantitativ aus, sobald man das Kalisalz mit salpetersaurem Silber versetzt; der sehr schön gelb gefürbte Niederschlag ist auch in kochen- dem Wasser unlöslich. Das Bleisalz, in derselben Weise mittelst essigsauren Bleies dargestellt, ist orangefarbig und in kochendem Wasser mit derselben Farbe löslich. Das braunrothe Kupfersalz wurde mit Hülfe von Kupfer- vitriollösung gewonnen; beim Kochen wird es missfarbig, bleibt aber ungelöst. Auch Aether und Ester des «-Dinitrophenylmercap- tans sind von mir bereits dargestellt und zum Theil untersucht worden, über dieselben werde ich später be- richten. Zur Bestätigung dessen, dass bei meinen Unter- suchungen reines @-Dinitrothiophenol vorlag, gebe ich die damit ausgeführten Analysen: Gefunden: Berechnet: G 36,09% GC 36,0% i2,29 H+62:0% N 143 » N 14,0» S 15,82» S 16,0» Schliesslich sei noch erwähnt, dass sich diese Ver- bindung in Gegenwart verdünnter Schwefelsäure mit Chamaeleonlösung titriren lässt. Bezeichnet man bei der Titrirung der Thiophenole und ihrer Salze mit s die abgewogene Menge der zu titrirenden Substanz und mit g das Eisengewicht, das der bei dieser Oxydation verbrauchten Sauerstoffmenge entspricht, so berechnet sich, da 8 Gewichtstheile Sauer- stoff 56 Gewichtstheilen Eisen äquivalent sind, der Ver- 299 brauch an Sauerstoff für 100 Gewichtstheile des vorliegen- den Körpers nach der folgenden Formel: ag 100 Bye Die Titration des «-Dinitrothiophenols geht bei ge- wöhnlicher Temperatur in ausgezeichneter Weise von statten und die Endreaktion, die Rothfärbung der Flüs- sigkeit, ist deutlich zu schen. Indessen sollte sich meine Vermuthung, dass nur ein halbes Sauerstoffatomgewicht für die Moleculargrösse dieses Phenols verbraucht werden würde, nicht bestätigen, wenngleich ich durch Versuche festgestellt hatte, dass das Mono- und Disulfid bei ge- wöhnlicher Temperatur keinen Tropfen Chamaeleon zu entfärben vermögen. Die vorliegenden Analysen weisen vielmehr darauf hin, dass zwei Sauerstoffatome auf das Moleeül zur Verwendung gelangen. Bei Ausführung der- selben löse man das Mercaptan in einer Lauge auf, über- säure stark mit verdünnter Schwefelsäure und lasse dar- auf die Lösung des übermangansauren Kaliums wie ge- wöhnlich unter Umrülren bis zur bleibenden Röthung einfallen. 1) Für 0,0893 Grm. Substanz war g — 0,10614 Grin. also: 0 — Be gig s7 0,6251 2) 0,1065 Grm. Substanz entsprachen 0,10614 Grm. Eisen; der Sauerstoffprocentverbrauch war somit 14,2. 3) 0,0762 Grm. Substanz entsprachen 0,08252 Grm. Eisen ; der verbrauchte Sauerstoff belief sich also auf 15,5°/o. Berechnet: Gefunden: v/ 0 /0 /o Oi16 Q. ZeAls,n. Die Ungenauigkeit der ersten beiden Analysen musste einer zu conc. Öhamaeleonlösung zugeschrieben werden, 300 2. «-Dinitrophenylsulfid (C;H3(NO,),)sS. Das «-Dinitrophenylsulfid bildet sich, wenn auch schwierig, bei der Einwirkung von «-Dinitrochlorbenzol auf «@-Dinitrothiophenol in der Hitze. Bei der Operation ist atmosphärische Luft gänzlich auszuschliessen, weil sonst das Chlorid gar nicht oder doch nur wenig zur Einwirkung gelangt und statt des Monosulfides das Disulfid, oder doch ein Gemisch beider, erhalten wird; man ver- treibe desshalb die Luft vor dem Erhitzen aus der Flüs- sigkeit und den Gefässen mit Schwefelwasserstofl. — Leichter dagegen entsteht das Monosulfid beim Zusammen- treffen des Chlorides mit den Alkalisalzen des Mercaptans. Ich habe indessen hier hervorzuheben, dass das Tetranitrophenylsulfid zuerst von F. Beilstein!) und Kurbatow dadurch dargestellt wurde, dass diese For- scher «a-Dinitrochlorbenzol auf alkoholische Schwefel- ammonium-, Kaliumsulfhydrat- und Kaliumsulfidlösungen einwirken liessen. Später gewann ich dieselbe Substanz,?) indem ich Kaliumhydroxyd- oder Ammoniaklösung im eine Schwefelkohlenstofflösung des «-Dinitrochlorbenzols eintrug. Diese Methode der Darstellung fällt im Wesent- lichen mit der meiner Vorarbeiter zusammen; denn bei der Einwirkung der Basen auf Schwefelkohlenstoff ent- wickelt sich Schwefelwasserstoff, der sich mit dem Ueber- schuss der Basen vereinigt. Der weitere Verlauf der sich vollziehenden Processe ist dann aber immer derselbe: zunächst bildet sich «-Dinitrophenylmercaptan oder ein Mercaptid desselben, und diese Körper sind es, die den alkoholischen Lösungen den dunkeln Teint verleihen, der, sobald durch einen Ueberschuss von «-Dinitrochlorbenzol die zweite Phase der Umsetzung, die Bildung des «-Dinitro- »), Ber. .d. .d. chem. ‚Ges, X, 1992: ?) Ibidem XI, 768. 301 phenylsulfides vollzogen wird, verschwindet. Dass dem so ist, kann man ausgezeichnet wahrnehmen, wenn man den folgenden, von Beilstein und Kurbatow zur Darstellung des Monosulfides eingeschlagenen, Weg wählt. Leitet man Schwefelwasserstoff in eine warme alkoholische Lösung von «-Dinitrochlorbenzol, die mit wenig cone. Ammoniak versetzt ist, so scheidet sich nicht sofort ein gelber Körper ab, sondern die Flüssigkeit wird zu- nächst von dem sich bildenden Mercaptid dunkel gefärbt, erst beim weiteren Erwärmen wird sie lichter, weil nun das überschüssige Chlorid das Salz umsetzt. Eine gelbe Ausscheidung erfolgt erst bei gehöriger Concentration, also meist erst dann, wenn man einige Tropfen cone. Ammoniak nach einander zu der Flüssigkeit hinzugefügt hat. — Ein in dieser Weise erhaltener Niederschlag zeigte einen Schmelzpunkt von 193—-250° C., war also ein Ge- misch von Mono- und Disulfid. Die Vermuthung Beilstein’s, dass sich das Mer- captan auch durch Abspaltung von Schwefelwasserstoff in das Sulfid verwandeln lasse, hat sich, wie ich bei der Beschreibung des «-Dinitrothiophenols bewiesen habe, nicht bestätigt. Zu der Ansicht meines verehrten Collegen, dass sich das Sulfid mit Hülfe von Kaliumsulfhydrat „besonders leicht“ bilden lasse, muss ich bemerken, dass es mir fast nie gelungen ist, nach dieser Methode von vorn herein vollständig reines Monosulfid zu gewinnen; dasselbe war immer mehr oder weniger durch Disulfid verunreinigt. Wird eine kochende alkoholische Lösung von 3,6 Grm. @-Dinitrochlorbenzol nach und nach mit 10 Ce., einer, durch Uebersättigen mit Schwefelwasserstoff dargestellten, Kaliumsulfhydratlösung, die vor dem Einleiten des Gases 1 Grm. KOH enthält, versetzt, so fällt fast reines Disulfid aus; denn die so gewonnene Substanz schmolz und ex- 302 plodirte gleichzeitig bei 270°C. Es sind somit folgende Processe zu verzeichnen: GsH3(NO3),C1 + KSH — CsHs(NO,),SH + KCI und 2 GsH;(NO;).SH -H 0) — (C;H3(N O3) )293 + Hs0. Auch wenn in eine kochende Lösung von 10 Ce. der gedachten Kaliumsulfhydratlösung nach und nach das Chlorid eingetragen wurde, schmolz der sich absetzende Körper bei 247° C. Beilstein’s Bemerkung kann also nur für bestimmte Bedingungen Gültigkeit haben; jeden- falls ist die Luft soviel als möglich — vorzüglich beim Erhitzen — fern zu halten. Das Monosulfid im Verein mit dem Disulfid wurde von mir auch noch dadurch erzeugt, dass ich «-Dinitro- chlorbenzol auf ein Calciumsulfid einwirken liess, das nach Vorschrift des Caleiumpentasulfides angefertigt worden war. Ein ausgezeichnetes Lösungsmittel für das «-Dinitro- phenylsulfid ist Anilin; nur aus den in der Hitze über- sättigten Lösungen scheidet es sich aus; leicht aber wird es aus dem Anilin unverändert und krystallinisch wieder gewonnen, wenn man die Lösung mit Salzsäure und Wasser versetzt. — Auch die alkalischen Sulfide und Sulfhydrate lösen dieses Sulfid mit Leichtigkeit auf, wenn erwärmt wird; dasselbe erleidet dabei eine Veränderung. Werden die Lösungen mit Säuren versetzt, so wird weder das Monosulfid noch das entsprechende Hydrosulfid erhalten. Mit Zinn und Salzsäure habe ich das a-Dinitrophenyl- sulfid reducirt. 3. a-Dinitrophenyldisulfid (ÜsH3(NO3)2S)». Das «a-Dinitrophenyldisulfid entsteht bei der Behand- lung von «-Dinitrothiophenol mit Luft, Sauerstoff und sonstigen Oxydationsmitteln sowie auch mit den Halogenen. Ausserdem wird es erzeugt, wenn man Chlor- und 303 Bromwasser oder Jodtinktur auf dies Mercaptid ein- wirken lässt: 1) 20,H;(NO;),SH + 6) —— der H;(NO,)sS)> + H>0. 2) 20,H3(NO3,).SK -)- Cl =— (C;H3(NO3),S)s + 2 KO. Aus diesem Grunde lassen sich bei der Gewinnung dieses Körpers im grösseren Massstabe alle diejenigen Darstellungsmethoden des «-Dinitrothiophenols mit Vor- theil verwenden, die eine gute Ausbeute gewähren. Sobald man die angesäuerten, alkoholischen Lösungen nur kurze Zeit bei Luftzutritt kocht, fällt das Disulfid aus. Durch Auskochen mit Alkohol und Eisessig wird es rein erhalten. Dass das Disulfid auch mit Hülfe eines Caleiumpoly- sulfides gewonnen wurde, habe ich bereits angedeutet. Bei der Einwirkung von Ammoniak, Anilin- und o-Toluidin auf Lösungen des «-Dinitrochlorbenzols in Schwefelkohlenstoff !) fällt aus den dunkeln Flüssigkeiten, die mit Luft in Berührung stehen, ein mehr oder weniger mit dem Monosulfide verunreinigtes Disulfid. Die orga- nischen Basen eignen sich hier besser als Ammoniak zur Bildung des Disulfides; denn, wenngleich der sich ent- wickelnde Schwefelwasserstoff zunächst immer die Ent- stehung des Mercaptans veranlasst, so hat dieses doch eine grössere Verwandtschaft zum Ammoniak als zu Anilin und Toluidin und wird in Gegenwart der letzteren leich- ter oxydirt. Zum Verständniss der Bildung dieses Körpers aus dem Sulfoharnstoff und dem «a-Dinitrochlorbenzol?) ist nur noch der Sauerstoff der Luft in Betracht zu ziehen, der die Einschmelzröhre erfüllt. Von den Eigenschaften des Disulfides sei erwähnt, dass es dem blossen Auge als ein oft helleres oder dunk- !) Berichte d. d. chem. Ges. XII, 768. ?) Ibid. X, 1686. 304 leres, gelbes Pulver erscheint, das sich, bei langsamer Bildung der Substanz, unter dem Mikroskope in gut aus- gebildete Nadeln auflöst. — Das reine Disulfid explodirt gegen 280° C.; oft tritt die Explosion früher, oft auch später ein; selten schmilzt es dabei. Es wurde jedoch auch beobachtet, dass Schmelzpunkt und Explosionspunkt zusammenfielen. Gegen 240° 0. tritt immer schon Bräunung der Substanz ein, es ist somit fraglich, ob bei 280° C. noch Disulfid vorhanden ist. — Die weissgelbe Substanz, die beim Titriren des Mercaptans restirte, explodirte nach dem Trocknen ebenfalls bei 284° C. a-Dinitrothiophenyldisulfid ist fast in allen gewöhn- lichen Lösungsmitteln unlöslich oder doch schwer löslich, so in Wasser, Alkohol, Aether, Petroleumäther, Schwefel- kohlenstoff und Chloroform; von Benzol, Aceton und Eis- essig wird es etwas besser, wenn auch wenig aufgelöst. Die besten Lösungsmittel für diese Substanz sind gewisse organische Basen; Anilin nimmt sie in der Hitze mit Leichtigkeit auf und durch Zusatz von Salzsäure wird sie unverändert ausgefällt. Die Laugen sowie Ammoniak sind für sie keine Lösungsmittel, mit Hülfe derselben kann man sie von dem sich leicht löslichen «-Dinitro- thiophenol trennen und unterscheiden. Die alkalischen Sulfhydrate und Sulfide in wässeriger und alkoholischer Lösung nehmen das organische Disulfid beim Erwärmen ziemlich leicht auf; aber beim Zusatz von Säuren wird es nicht unverändert ausgeschieden. Das a-Dinitrophenyldisulfid lässt sich redueiren und mit Schwefelsäure sulfoniren. Die Salze der entstehenden Sulfosäure sind gefärbt, vermögen aber nicht zu färben. Die Existenz des Disulfides wurde durch die ge- gebenen Eigenschaften, sowie durch die folgenden Ana- lysen bewiesen: 305 Gefunden: Berechnet: Ü 36,36% GC 36,18% m1;93), Eiita.51l N 14,0 „ N 14,07 „ S 15,62, S 16,08 „ Zur Verwendung derselben war meist eine Substanz gelangt, die mit Hülfe von Kaliumsulfhydrat dargestellt worden war. «a-Dinitrophenyldisulfid, das mittelst Schwefel- kohlenstoff und Ammoniak ete. erhalten wurde, explodirte bei 280° C. und lieferte 16,4°/, und 15,85°/, S; dasjenige, das auf demselben Wege in Gegenwart von Anilin ent- standen war, explodirte bei 270° Ö. und ergab 15,88°/, S, während ein mit Schwefelwasserstoffanilin und «-Dinitro- chlorbenzol gewonnenes Produkt 15,72°/o S lieferte. 4. «-Dinitrophenylpikrylsulfid (OsHs(NO3)>..S.C;Hs(NO2);. Trägt man in eine warme, alkoholische Pikrylehlorid- lösung eine berechnete Menge «-Dinitrothiophenol ein, so erhält man eine Ausscheidung der gewünschten Penta- nitroverbindung, verunreinigt mit «-Dinitrophenyldisulfid ; mit Eisessig kann sie gelöst und vom Disulfid getrennt werden. Bequemer, leichter und reiner, gewinnt man dieses gemischte Sulfid bei der Einwirkung von Pikryl- chlorid auf «-Dinitrothiophenolkalium. Versezt man 10 Ce. einer alkoholisch wässerigen Kaliumsulfidlösung, die 1 Grm. K;S enthält, in der Kälte zunächst mit 1,8 Grm. Dinitro- chlorbenzol und darauf mit 2,2 Grm. Pikrylsulfid, so fällt, da sich die Umsetzungen sofort vollziehen, das e-Dinitrophenylpikrylsulfid rasch in Form eines hellgelben Pulvers aus. — Aus Eisessig umkrystallisirt, wurden grosse, dicke, gelbe Krystalle gewonnen, deren Schmelz- punkt bei 217° C. lag. Ausser dem Eisessig sind noch Benzol und Aceton als Lösungsmittel zu empfehlen. 12 306 Wird die Acetonlösung mit Wasser getrübt, so scheiden sich kleine, fast farblose Blättchen des Pentanitrodiphenyl- sulfides aus. In Anilin wird dasselbe mit orangegelber Farbe gelöst. Alkohol, Aether, Chloroform, Schwefel- kohlenstoff eignen sich weniger als Lösungsmittel für vorliegende Substanz und in Petroleumäther ist sie fast unlöslich. 0,722 (Grm. Substanz ergaben 0,4278 Grm. BaSO, — 0,058702 Grm. S, entsprechend 8,1°/, S. Berechnet wurden für dieses Sulfid 7,7°/, 8. C. Wiligerodt: Il. Mittheilungen über die Thiopikrinsäure und ihre Salze, sowie über das Pikrylsulfid. 1. Thiopikrinsäure, C;Hs(SH)NO;NO;NO;. 1 2 4 6 Die Thiopikrinsäure fällt in Form sehr kleiner, schwach gelbgefärbter Nadeln aus, wenn man eine eben bereitete, kalte, wässerige Lösung des Kaliumsalzes mit verdünnter Salz-, Schwefel- oder auch Salpetersäure ver- setzt. Nach dem Auswaschen mit Wasser presse man die Säure mit Fliesspapier ab und trockne sie bei ge- wöhnlicher Temperatur über Chlorcaleium. Die Thiopikrinsäure ist ein hochinteressanter Körper , sie schmilzt gegen 114° C., und sobald sie im Röhr- chen zu fliessen beginnt, explodirt sie regelmässig schon bei 115° ©. mit sehr grosser Heftigkeit. Blaues Lackmuspapier vermag sie nur schwach zu röthen; Kohlen- säure wird indessen von ihr aus den Alkalicarbonaten 307 unter Aufbrausen ausgetrieben. Die Thiopikrinsäure schmeckt bitter, sie wird aber in dieser Beziehung von der gewöhnlichen Pikrinsäure übertroffen. — Ganz be- sonders ist diese Säure durch ihre leichte Löslichkeit in fast allen Lösungsmitteln ausgezeichnet. Wasser, Alkohol, Aether, Aceton, Benzol und Chloroform nehmen sie schon in der Kälte, leichter beim Erwärmen auf und färben sich dabei gelb bis orangegelb; in Petroleumäther und Schwefelkohlenstoff ist sie jedoch fast unlöslich. Beim Verdunsten der Lösungsmittel scheint in den meisten Fällen keine reine Thiopikrinsäure zurückzubleiben; es ist überhaupt eine leicht wandelbare Substanz, kocht man ihre wässerige Lösung, so wird sie in kurzer Zeit gänz- lich umgeändert und fällt in Form hellbrauner Flocken aus. Auch in den alkoholischen Lösungen verbleibt sie beim Kochen nicht als solche, denn versetzt man dieselben mit Wasser, so tritt starke Trübung ein. Mit aroma- tischen Kohlenwasserstoffen scheint die Thiopikrinsäure nicht mit der Leichtigkeit additionelle Verbindungen eingehen zu können als die Pikrinsäure: Naphtalin und Phenanthren schieden sich aus den alkoholischen Lösungen, die mit der Säure versetzt waren, fast unverändert aus. Ob das Trinitrothiophenol mit Cyankalium Thiopikro- cyaminsäure und mit den Sulfhydraten der Alkalien Thiopikraminsäure liefert, habe ich bis jetzt noch nicht vollständig bewiesen. Beim Titriren der Thiopikrinsäure mit Chamaeleon- lösung in Gegenwart von Schwefelsäure ist es ersichtlich, ob !/s, 1 oder 3 Sauerstoffatome aufgenommen worden sind. Ist 1) OÖ zur Oxydation der Säure verbraucht, so röthet der einfallende Tropfen, allerdings nur momentan, die ganze obere Flüssigkeitsschicht; ist dagegen dem Molecül der Verbindung von dem Chamaeleon 1 Sauer- stoffatom zugeführt worden, so wird die sich zusammen- 19% 308 ballende, flockige, bis dahin gelblich gefärbte Substanz fast weiss und die ganze Flüssigkeit röthet sich beim Ueberschuss des Oxydationsmittels für längere Zeit sehr deutlich. Erhitzt man von dieser Zeit an, so verschwindet die Röthung, und wenn sie beim Weitertitriren endlich für längere Zeit wiederkehrt, so sind 3 Sauerstoffatome auf ein Moleeül Tkiopikrinsäure zur Anwendung gelangt; diese letzte, sowie die erste Erscheinung ist nicht mit der Sicherheit wahrzunehmen als die Röthung, die nach dem Verbrauch von 1 Sauerstoffatom auftritt. Liegt die freie Thiopikrinsäure bei dieser quan- titativen Bestimmung vor, so löse man sie vor dem Zusatz der verdünnten Schwefelsäure in Kalilauge. Die Resultate des Titrirens, die I. bei Verwendung freier Säure und II. bei Verwendung des Kaliumsalzes derselben erhalten wurden, sind: I. 1) 0,0225 g Subst. entspr. 0,01044 g Eisen. 8100 1,044 9 O°lo — ZB, s 7 0,1575 2) 0,1022 g Subst. entspr. 0,046284 & Eisen. 8100 4,6284 0% — 7° 6,44. s 7 0,7154 Gefunden Berechnet für 1 Sauerstoffatom 6,6% u. 6,4% O. 6,5% OÖ. 3) 0,1022 g Subst., erhitzt, entspr. 0,13920 g. Eisen. © 100 13,9200 O2 en 7 er 1A, s 7 0,7154 1 Gefunden Berechnet für 3 Sauerstoffatome 19,4% O. 19,5% O. 309 IT. 1) 0,0405 g Subst. entspr. 0,014268 g Eisen. a e 100 1.4268 O0’ — 2 — —_— —5,0 ner, 09835 © 2) 0,0470 g Subst. entspr. 0,017052 g Eisen. g 100 1,7052 O%h=> Enar I 807 0,3290 i Gefunden Berechnet für 1 Sauerstotfatom 5,0% u. 5,2% 5,6%. Thiopikrinsaures Kalium, C;H>(NO;);SK. Von den Salzen der Thiopikrinsäure habe ich beson- ders das Kaliumsalz genauer untersucht. Damit man es mit Sicherheit erhalte, ist es räthlich, nach der folgenden bewährten Vorschrift zu arbeiten: Man versetze 10 Ge. einer alkoholischen Kaliumsulfidlösung, die ungefähr 1 g K,S enthält, zunächst zum Zwecke der Verdünnung mit 20—25 Ce. 90 pr. Alkohol, und darauf unter Umschüt- teln nicht auf einmal, sondern in 6—8 Zügen mit 1,5 g Pikrylchlorid, das ebenfalls in 90 pr. Alkohol gelöst worden ist. Die Pikrylchloridlösung darf beim Eingiessen nicht mehr kochend heiss sein, und das (Grefäss, worin die Umsetzung vollzogen wird, muss während der Ope- ration mit Wasser gekühlt werden. — Lässt man alsdann das Reaktionsgemisch ruhig stehen, so scheidet sich schon binnen kurzer Zeit das thiopikrinsaure Kalium in Form gedrungener Nadeln aus, die je nach ihrer Grösse eine oft hellere oder dunklere rothbraune Farbe haben. Giesst man von den schönen Krystallen, die sich rasch zu Boden setzen, und in der Flüssigkeit fast das Aussehen krystal- lisirter Chromsäure haben, die Mutterlauge ab, so lassen sie sich, auf Filtrirpapier geworfen, und bei gewöhn- licher Temperatur getrocknet, sehr gut aufbewahren. Bei der Analyse dieses Salzes ergaben 0,2560 g. 310 Subst. 1) 0,2060 g BaSO, — 0,028291 g S— 11,050, S, 2) 0,0815 g K2S0, — 0,036534 gK — 14,27°/, K. Gefunden: Berechnet für C,Hz(NO,);SK: S-411,05%/5 N K 14,27°70 Kr13,9 197%: Das thiopikrinsaure Kalium ist ein gefährlicher Kör- per; bringt man es auf einem Spatel nur eben mit einer Flamme in Berührung, so explodirt die ganze Masse augenblicklich mit starker Verpuffung. Im Schmelzpunkt- röhrchen explodirt dieses Salz schon gegen 140° C. mit starker Detonation. Wird es in Papier gewickelt und auf einem Ambose mit einem Hammer geschlagen, so explodirt es mit sehr starkem Knall, und die sich dabei entwickelnden Gase riechen gerade so wie diejenigen, welche beim Schiessen mit gewöhnlichem Schwarzpulver auftreten. Schwarzpulver, das 75°), Kalisalpeter, 12°/, Schwefel und 13°/o Kohle enthält, entspricht bekanntlich der atomist- ischen Zusammensetzung U;N,O,K3,S, das thiopikrinsaure Kalium (Rothpulver) dagegen der Formel C;N;0,KSH, Es hat somit im Vergleich zum Schwarzpulver ein Plus von C,NH, em Minus von K und kann durch Zusatz von Kalisalpeter dem gewöhnlichen Schiesspulver sehr ähnlich gemacht werden. Ein Hinterlader wurde erstens mit , g thiopikrin- saurem Kalium und zweitens mit '/s g dieses Salzes, mit einer bestimmten Menge Kalisalpeter gemischt, geladen ; der Erfolg beim Schiessen war zufriedenstellend. Wenn- gleich dieses Pulver seines Preises wegen keine Ver- wendung finden kann, so werde ich es doch nicht unterlassen festzustellen, wie es sich hinsichtlich seiner treibenden Kraft dem Schwarzpulver gegenüber verhält. Das thiopikrinsaure Kalium ist sehr leicht lös- lich in Wasser und Alkohol, schwerer in wässerigem Aether und kann somit leicht von pikrinsaurem Kalium 0. zu 311 unterschieden werden. Beim Erhitzen der wässerigen und alkoholischen Lösung setzt sich das Salz fast eben so rasch um als die freie Säure. Von anderen Salzen der Thiopikrinsäure seien zunächst noch das Ammonium- und Natriumsalz, sowie die Salze der alkalischen Erden erwähnt. Alle lösen sich leicht in Wasser mit gelber bis orangegelver Farbe auf. Keines der Salze lässt sich als Farbstoff verwenden. Es scheint mir hieraus, sowie aus der Un- echtheit der Farben des «@-Dinitrophenylmersaptans, her- vorzugehen, dass die Nitrothiophenole alle hinsichtlich des Farbvermögens und der Echtheit der Farbe überhaupt hinter ihren Sauerstoffverwandten zurückstehen. Das Silbersalz ist gelb, mit grünlichem Teint; es fällt quantitativ aus, wenn man das Kaliumsalz mit salpertersaurem Silber versetzt. Das Kupfersalz, mittelst schwefelsauren Kupfers darstellt, ist dunkelrothbraun, beim Erhitzen mit Wasser geht es in Lösung. Versetzt man eine Lösung von thiopikrinsaurem Kalium mit essigsaurem Blei, so erhält man keinen Niederschlag. Das Bleisalz lässt sich aber mit Hülfe cone. Bleinitratlösung gewinnen; es ist gelb gefärbt und löst sich in Wasser auf. 2. Pikrylsulfid, (ÖsHz(NO3)3)2>- Die Existenz des Pikrylsulfides wird durch folgende Analysen bewiesen: Gefunden: Berechnet: Ü 32,32 °/o GC 31,58% H 1,07% H 0,88%, N 17,96%, N 18,4% S 6,87 %/o D 7,02 >/o 312 Will man das Pikrylsulfid darstellen, so versetze man 10 Ge. einer alkoholischen Kaliumsulfidlösung, die 1g Ka;S enthält, mit 4,4 g einer alkoholischen Pikryl- chloridlösung. Sobald man 1,5 g des Chlorides einge- tragen hat, unterbreche man die Operation, und man gewahrt sehr bald die rothen Nadeln des thiopikrinsauren Kaliums; fährt man darauf mit der Zufuhr des Pikryl- chlorides fort, so verschwinden jene Krystalle, die dunkle Flüssigkeit nimmt einen lichteren, rötheren Teint an, und es erfolgt nun, sobald abermals 1,5 g des Chlorides hinzugefügt worden sind, eine starke Ausscheidung rother Flocken. Wird schliesslich noch mit dem Reste des Chlori- des, 1,4 g, erwärmt, so weicht die rothe Farbe des Nieder- schlages einer gelben. Dabei wird die Flüssigkeit voll- ständig durchsichtig, bleibt aber röthlichgelb gefärbt. Zur Reinigung des so: in Form eines gelben Pulvers gewonnenen Pikrylsulfides koche man es mit Alkohol aus und krystallisire es aus kochendem Eisessig um. Die sehr schönen goldgelben, länglichen Blättchen werden in der Hitze auch von Benzol gelöst. Aus der Lösung scheidet sich die Substanz in derselben Form, ausserdem aber auch in Form dicker, weisslichgelb gefärbter Prismen aus; der Schmelzpunkt beider Krystallsorten ist gleich. Das beste Lösungsmittel für Pikrylsulfid ist Aceton; es lösst sich in demselben mit ausserordentlicher Leichtig- keit schon in der Kälte auf. Trübt man die Acetonlösung stark mit Wasser,. so erhält man bald glänzende, gelbe Blättchen, die denen des Jodbleies zum verwechseln ähnlich sind. In Alkohol, Aether, Chloroform, besonders aber in Petroleumäther und Schwefelkohlenstoff ist das Pikrylsulfid sehr schwer löslich; aus Anilin wird es beim Fällen mit Salzsäure nicht unverändert wiedergewonnen. Das Pikrylsulfid schmilzt gegen 226° ©. und spricht somit, wie die meisten mir bekannt gewordenen Sul- 313 fide der Benzolreihe, für die Regel, dass die Sulfide dieser Reihe einen höheren Schmelzpunkt als die ihnen zu Grunde liegenden Thiophe- nole besitzen. Meinen Irrthum über das «-Dinotro- thiophenol habe ich hervorgehoben und berichtigt. Ob sich auch Beilstein ') und Kurbatow geirrt haben, die den Schmeizpunkt des Chlornitrophenylmercaptans zu 212— 213° C. und den des Dichlordinitrophenylsulfides [C;H5CKNO,)]S, zu 149=-150° Ö. angeben, muss ich dahin gestellt sein lassen. Nach jener Regel sollte das Mercaptan unter 150° © schmelzen. Es wäre nicht un- möglich, dass sich das Beilstein’sche Mercaptan gerade so wie das meinige beim Erhitzen im Schmelzpunkts- röhrchen oxydirt, und dass daun schliesslich nicht der Schmelzpunkt des Thiophenols, sondern der des Disulfides vorliegt. Die Untersuchungen über d’e Thiopikrinsäure und ihre Derivate werden von mir fortgesetzt. Schliesslich ist es mir noch eine angenehme Pflicht, dem Herrn E. Hüetlin, der die gewichtsanalytischen Bestimmungen dieser Arbeit fast sämmtlich ausgeführt hat, an dieser Stelle meinen wärmsten Dauk auszusprechen. Dr Ber. .d: d..ch. Ges. X, 1993: ’ Freiburg ı. B., den 24. April 1884. Prof. Dr. C. Willgerodt. beiträge zur Kenntniss der Elasticität des Eises von K. R. Koch. Während meines Aufenthaltes in Labrador in den Jahren 1882/83 habe ich versucht, soweit mir die Ar- beiten, welche ich im Auftrage der Deutschen Polar- Kemmission dort ausführte, Zeit dazu liessen, den Elasti- eitätscoefficienten des Eises durch Biegung von pris- matischen Stäben zu bestimmen. Es schien mir na- mentlich von Interesse zu sein, zu untersuchen, ob sich die elastischen Kräfte mit der Richtung zur Gefrier- fläche ändern, da verschiedene andere physikalische Eigenschaften des Eises eine solche Abhängigkeit von der Orientirung zeigen, wie aus den Untersuchungen von Brewster'), Tyndall?), Bertin®), Reusch *), Klocke®) und anderen hervorgeht. Aus den angestellten Beobachtungen ist ein Unterschied der Elastieitätscoefficienten für Stäbe, deren Längsaxen parallel und für solche, deren Längs- axen senkrecht zur Gefrierfläche lagen, nicht erkennbar; der erhaltene wahrscheinlichste Werth weicht jedoch von den herkömmlich angenommenen und besonders von dem neuesten von Hrn. Reusch ermittelten so sehr ab, dass ich beschloss, die Veröffentlichung jener Versuche so lange aufzuschieben, bis ich durch Beobachtungen unter weniger ungünstigen Versuchsbedingungen im hie- ') Phil. Trans. 1814. 1818. ?) Auszug in Pogg Ann. 109. 1858. °) Ann. de Chim. et Phys. (3) 69. 1863. (4) 1. 1868. (9) 13. 1878. *) Pogg Ann. 121. 1864. °) Freib. Berichte VII. 1879. u u a 315 sigen physikalischen Institute jene Werthe verificiren konnte. Während des Januars dieses Jahres habe ich diese Versuche ausgeführt. Zur Messung der Biegung des auf zwei Lagern ruhenden, in der Mitte zwischen ihnen belasteten Stabes wandte ich einen Fühlhebel mit Spiegelablesung an, dessen Stellung in bekannter Weise mit Fernrohr und Skala beobachtet wurde. Ein solcher Fühlhebel eignet sich speciell für diese Untersuchungen aus zwei Gründen: erstens gestattet er, die Beobachtungen aus der Ferne zu machen, so dass der Eisstab während der Messung der Einwirkung der Körperwärme des Beobachters mög- lichst entzogen ist; ausserdem ist es wegen der grossen Deformationsfähigkeit des Eises nothwendig, möglichst geringe Belastungen anzuwenden; der Fühlhebel gestattet nun, auch diese nur kleinen Beträge der elastischen Biegung noch mit der erforderlichen Genauigkeit zu messen, da man ihn durch Aendernng seiner eigenen Dimensionen und des Abstandes von Spiegel und Skala beliebig empfindlich machen kann. Der Anwendung eines Fühlhebels für absolute Messungen steht bekannt- lich die Schwierigkeit der Bestimmung der Dimensionen desselben im Wege. Giebt man dem Fühlhebel die im folgenden beschriebene Einrichtung, so lässt sich jedoch die Länge desselben mit grosser Genauigkeit ausmessen. An ein dreieckig geschnittenes Stück Eisen- blech von hinreichender Stärke A. (Figur 1) waren drei möglichst kurze Nadelspitzen @ @ 8 angelöthet. Dieser Fühlhebel stand mit den beiden Spitzen « @ in einer Linie, die mit einer Feilenspitze auf einer Glasplatte gezogen war, während die Spitze 3 auf dem zu messen- den Gegenstand ruhte. Bei einer Aenderung der Lage der Spitze ß findet alsdann eine Drehung um « « statt, die in bekannter Weise durch einen Spiegel B, der über 316 @ a angebracht ist, vermittelst Fernrohr und Skala be- stimmt werden kann. Die Ausmessung dieses Fühl- hebels konnte nun sehr genau und einfach zugleich da- durch bewirkt werden, dass man denselben mehrere Male nebeneinander auf einem auf ein Brett gespannten Papiere sanft abdrückte.-. Durch die Spitzen entstehen Dreiecke, markirt durch sehr feine Löcher im Papiere, die ich mit einem feinen Maasstabe (von Dennert und Pape) aus- mass. Es lässt sich hieraus die Höhe des Dreiecks @ « mithin also die Länge des Fühlhebels finden; der mitt- lere Fehler der Höhe (also der Länge des Fühlhebels) wird hierbei ausserordentlich klein. Bedingung ist nur, dass die Platte A und die Spitzen @ « 8 möglichst starr sind, um bei dem Abdrücken auf dem Papier keine elastische Deformation zu erleiden; der absolute Werth wird dann nur von der Genauigkeit der Ablesung und der Richtigkeit des angewandten Maasstabes abhängig sein; z. B. betrug bei einem Fühlhebel von 74.862 u Länge der mittlere Fehler -+- 0.023 "", Die Messungen der Dicke und der Breite der Stäbe geschahen in Labrador ebenfalls mit einem solchen Spiegel- fühlhebel. Ich konnte diese Messungen nicht ohne fremde Hülfe ausführen. Herr Missionar 5. Weiz hatte die Güte, mich hierbei zu unterstützen und den zu messenden Stab unter dem Fühlhebel zu verschieben. Die Dieke der Stäbe wurde an 30 verschiedenen Punkten bestimmt, von denen je drei in derselben Queerlinie des Stabes lagen. Die Breite wurde an 10 verschiedenen Punkten gemessen. Bei den Untersuchungen, die ich in Freiburg anstellte, wurden diese Messungen entweder mit dem Sphärometer oder mit einem feinen Kalibermaasstabe ausgeführt. Hauptsächlich drei dem Eise eigenthümliche Eigen- schaften geben Anlass zu Fehlerquellen. Diese Eigen- 317 schaften sind die folgenden: Die Verdunstung, die Pla- stieität, die elastische Nachwirkung. Der Einfluss der- selben auf die Resultate soll im Folgenden besprochen werden. A.) Die Verdunstung. Selbst bei tiefen Tempe: a- turen findet bei hinreichender Trockenheit der Luft eine merkliche Verdunstung des Eises statt; dieselbe wird bei Temperaturen, die sich dem Nullpunkte nähern, ausser- ordentlich stark. Es muss deshalb die Dimensionsbe- stimmung in unmittelbarem Anschluss an die Beobach- tung der elastischen Biegung erfolgen. Dies war bei den Versuchen in Labrador wegen der Kürze der Tages- dauer und der Nothwendigkeit für die Dimensionsbe- stimmungen einen Gehülfen zu haben, in der Regel nicht möglich. Anfänglich entging mir diese Fehlerquelle, bis ich gegen den Schluss der dort (in Labrador) angestellten Versuche bei einer Messung, die sich über mehrere Tage erstreckte, eine stetige Zunahme der Biegung unter sonst gleichen Bedingungen bemerkte. Die Belastung und die Länge des Stabes blieben dieselben, die Temperatur des Beobachtungsraumes änderte sich während dieser Zeit um höchstens 1° ©.; ich erhielt die folgenden Werthe für die Biegung nach folgenden Zeiten: Zeit Biegung. Nach 0" 0.124 mm dh 0.161 „ „44 0.202 „ Koh 0.249 „ B.) Die Plastieität. Eine zweite Fehlerquelle bildet die grosse Deformationsfähigkeit des Eises. Ein Eisstab von 314 mm. Länge, 7.8 mm. Dicke, 16.0 mm. Breite wurde z. B. bei einer Temperatur von — 15°C. durch eine permanente Belastung von circa 200 gr. in eirca 318 3 Stunden so gebogen, dass der Pfeil der Biegung ungefähr 35 mm. betrug. Legte man jetzt den Stab um, so konnte er mit Leichtigkeit durch dasselbe Gewicht wiederum gerade gebogen werden. Das Eis verhält sich also wie ein plastischer Körper; hierdurch werden die Messungen der Biegungen ausserordentlich erschwert; auch bei tiefen Temperaturen z.B. —25 ° C. ist diese Deformation noch bedeutend. Es wurde deshalb immer nur die Hebung der Mitte des durchgebogenen Stabes bei der Entlastung als Werth der Biegung genommen; doch sind auch hier die einzelnen Beobachtungen mit Fehlern bis zu 3 %% behaftet. Da nämlich während des Angreifens der Be- lastung ein continuirliches Wandern der Skalentheile durch das Fadenkreuz stattfindet, so ist es schwer, bei dem Angreifen der Arretirung, das zur Verhinderung von Stössen allmählich zu geschehen hat, den Punkt, wo die Hebung wirklich eintritt, aufzufassen. Als practisch er- wies sich, die Belastung möglichst gering zu machen, dafür aber die Dimensionen des Fühlhebels und die Entfernung von Spiegel und Skala so zu wählen, dass die Biegungen noch mit der nöthigen Präcision gemessen werden konnten. C.) Die elastische Nachwirkung. Wenn dadurch, dass nur bei der Entlastung beobachtet wird, der Einfluss der Plastieität möglichst unschädlich ge- macht ist, so ist hierdurch der Fehler, welcher durch die elastische Nachwirkung hervorgerufen wird, nicht elimi- nirt. Nach vollständiger Entlastung findet eine weitere Hebung um mehrere Skalentheile statt. Da bei der gebotenen allmählichen Entlastung auch das scheinbare Wandern der Skalentheile durch das Fadenkreuz all- mählich langsamer und langsamer wird, so ist es schwierig und erfordert grosse Aufmerksamkeit und En 319 Uebung, um die eine Erscheinung von der andern zu trennen. Im Anhange zu beschreibende Versuche geben eine Vorstellung von der ausserordentlichen Grösse der der elastischen Nachwirkung. Resultate. Als Material dienten in Labrador verschiedene Blöcke von circa 1 cbm. Volumen, die ich durch Eskimos aus dem 2 —3 m. starken Eise eines benachbarten Sees herausmeisseln lies. Das von der Oberfläche bis zu einer Dicke von 36 em. lufthaltige Eis war von da ab bis zu einer Tiefe von 79 em. voll- kommen luftfrei und klar. Aus dieser klaren Schicht wurden die Stäbe in folgender Weise hergestellt. Nach- dem aus dem Blocke mit einer grobgezähnten Säge (die Zähne waren 1—2 cm. lang) die Stäbe roh zugeschnitten waren, wurden sie in einem möglichst kalten Raume auf einer erwärmten Platte durch Abschmelzen in die gewünschte Form gebracht. War hierbei die Platte zu heiss, so zersprang das Eis ähnlich wie Glas'). Die meisten der in Labrador erhaltenen Werthe liegen sowohl für Stäbe, deren Längsaxen senkrecht, wie für solche, bei denen dieselben parallel zur Gefrierfläche lagen, zwischen 800—900 **"; dieselben sind jedoch ver- muthlich zu gross, da zwischen der Messung der elastischen Biegung und der Dimensionsbestimmung eine Verdunstung also eine Abnahme der Breite und Dicke stattgefunden hat. Nur bei einem der untersuchten Stäbe fällt die Dimensionsbestimmung in die Zeit der Messung der elastischen Biegung. Nimmt man den so erhaltenen Werth 1) Ueber die Sprödigkeit des Eises vergl. die Versuche von Hrn. Reuseh. Pogg Ann. 121. 1864 p.573 ff. Ueber das analoge Ver- Ä halten von Eis u. Glas vergl. J. Drummond, Phil. Mag. (4) XVIL. 1859. 320 als den wahrscheinlichsten, so erhält man E — 696 an An weiteren Untersuchungen wurde ich durch nothwen- dige Reisen verhindert die ich im Auftrage der Polar- kommission auszuführen hatte. Weil der so erhaltene wahrscheinlichste Werth so ausserordentlich von dem neuesten von Hrn. Reusch gefundenen (E — 236.3 —, Werthe abweicht, so wiederholte ich die Untersuchungen im lreiburger physikalischen Institute. Das Material für diese Versuche bestand aus Blöcken, die ich aus den benachbarten Eisweihern erhielt; das Eis war nicht luftfrei, wie dasjenige, mit dem die Versuche in Labrador angestellt waren, sondern von Luftkanälen durchzogen. Die Längsaxe der Stäbe lag bei allen parallel zur Gefrierfläche. Eintretendes Thauwetter ver- hinderte leider die Untersuchung von Stäben, deren Längsaxen senkrecht zur Gefrierfläche lagen. Ich er- hielt für vier Stäbe aus vier verschiedenen Blöcken verschiedener Herkunft folgende Werthe: Stab I Elast. — 646 !#,; Temperatur — —4.0° 0. ” II „ — 628 ” ” — —3,8 „ Ru 1 El re e —. 8 nV D) — 655 D) — eh, Mittel 641.5 für eine eRomhoratıre von —5.4°C. Der Mittelwerth ist also ebenfalls beträchtlich grösser als der von Hrn. Reusch gefundene Werth —= 236.3. Hr. Reusch hat vermittelst eines Sonometers die Schwingungszahl des Tones bestimmt, den eine in der Nähe der äusseren Fünftel ihrer Länge unterstützte transversalschwingende Eislamelle gab, und daraus nach der bekannten Seebeck’schen Formel den Elastieitäts- !) Dieser Werth wurde aus fünf von einander unabhängigen Beobachtungsreihen gewonnen; die Mittelwerthe der einzelnen Reihen gaben für den Pfeil der Biegung 0.203 mm., 0.201 mm. 0.205 mm., 0.206 mm., Mittel 0.204 mm. IX m eoeffieienten berechnet. Es lag nun nahe, zu vermuthen, dass die grossen Unterschiede in der Verschiedenheit der Methode begründet sind. Nach Analogie der meisten an- deren Substanzen ist jedoch zu erwarten, dass die Werthe der Elastieitätscoefficienten, welche nach einer dynamischen (akustischen) Methode bestimmt sind, grössere sind, als die durch statische Versuche (Biegung) erhaltenen; nach den Versuchen Werthheims zeigt nur ein Körper (das Eisen) das entgegengesetzte Verhalten.!) Ich wandte die von Hrn. Warburg angegebene Methode?) an, indem ich die Schallgeschwindigkeit S. in einem Eisstabe verglich mit der bekannten Schallgeschwindigkeit SS, in einem Messingstabe, wenn beide durch einen festen Steg mit einander verbunden gemeinsame Schwingungen ausführen. Sind dann 1, und 1. die entsprechenden Längen der schwingenden Abtheilungen im Eisstabe und Messing- stabe und h, und h„ die zugehörigen Dicken derselben, so Ist: b> h S, —— Sn - Ban .S. = Inn h; Daraus bestimmt sich in bekannter Weise der Elasti- m) a eitätscoefficient des Eisstabes E — ,‚ wenn d die Dichte und g die Intensität der Schwere bezeichnen. Die Be- obachtung gelang an drei Stäben, deren Längsaxen parallel der Gefrierfläche lagen, jedoch nur an einem Stabe, dessen Längsaxe senkrecht zu jener Fläche lag. Sieht man von dem Werthe ab, der bei der Unter- suchung des letzteren Stabes (der senkrecht zur Ge- frierläche orientirt war) gefunden wurde, weil nur eine Beobachtungsreihe an einem Stabe gelang, so erhält man als Mittelwerth des Rlastieitätscoeffieienten für einen 1) Vergl. Pogg. Ann. Erg. Bd. 2. pag. 60 ff. ?) Pogg. Ann. 136. p. 285. ff. 1869. [2] Berichte der naturf. Ges. in Freiburg i. B. Bd. VII, Heft >». 15 322 Stab, dessen Längsaxe parallel zur Gefrierfläche liegt, E — 884 !e. Die Werthe des Rlastieitätscoeffieienten der drei Stäbe weichen jedoch untereinander mehr ab, als die Werthe, welche durch Biegung gefunden wurden; leider machte das eintretende Thauwetter die Fortsetzung der Versuche und die Ermittelung der Ursache jener Ab- weichungen unmöglich. Dieser nach der dynamischen (akustischen) Methode gefundene Coeffieient verhält sieh zu dem durch statische Versuche (Biegung) erhaltenen wie 1.37 :1. Versuche mit einem Spiegelglasstabe ergaben 1.26 (dynamisch): 1 (statisch). Aehnlich grosse Abweichungen der nach diesen zwei verschiedenen Methoden erhaltenen Werthe zeigen nach den Versuchen Wertheim’s: nn — Blastieitätscoeffieient| Verhältniss Es: statisch dynamisch a. Blei gezogen 1803 2278 1.26 „ angelassen 1727 2146 1.24 Gold angelassen 5585 6372... Sa Palladium angelassen 9789 | 11281 1.15 Stahldraht angelassen 17278 | 19200 | 1.11 Nimmt man mit Hrn. Kohlrausch ') an, dass die Unterschiede in den Elastieitätscoeffieienten, je nachdem man sie durch statische oder dynamische Versuche be- stimmt, herrühren von der elastischen Nachwirkung, so befremdet das grosse Verhältniss 1.37 : 1 nicht bei der starken elastischen Nachwirkung, die das Eis zeigt. Jedenfalls sind die nach der akustischen Methode gewonnenen Werthe noch grösser als die durch die Beobachtung der elastischen Biegung erhaltenen; wie es analog dem Verhalten der meisten anderen Körper zu erwarten war. Die Differenz zwischen den Resultaten !) Pract. Physik $ 34. des Hrn. Reusch und den meinigen ist also nicht durch die Verschiedenheit der angewandten Beobachtungs- methoden zu erklären. Zum Schlusse gebe ich in folgender Tabelle eine Zusammenstellung der bis jetzt gefundenen Werthe des Elastieitätscoefficienten des Eises, so weit ich darüber in der mir zugänglichen Literatur directe Angaben ge- funden habe. Beobachter Klastieitätscoeffieient | und des Eises (Stabaxe pa- |Temperatur) Methode Beobachtungsjahr/rallel zur Gefrierfläche) | 1826 Bevan!) | 590 ? 3iegung Nena 2 Doc Einige Grade | Schwingungs- 1871 Reusch ) 236.3 unter Null. zahl 188°/; Koch 696 I —9° C. | Biegung ISIS 641.5 -—5.4° 0. | Biegung We DET Y N, Abstand der 2 n Knotenlinien ) ” ) 384 —7! C. bei Transver- salschwin- gungen. Anhang. Ich will im folgenden noch einige Beobachtungen mittheilen, die ich während meines Aufenthaltes in Lab- rador gelegentlich über einige andere physikalische Eigen- schaften des Eises gemacht habe. 1) Die elastische Nachwirkung. Ein Stab, dessen Längsaxe parallel zur Gefrierfläche lag, von circa 314 mm. Länge, 10 mm. Dicke und 20 mm. Breite wurde auf zwei Lagern ruhend während einer Zeit von sechs Stunden mit einem Gewichte von 250 gr. belastet. Er war stark gekrümmt. Alsdann wurde der Stand an ') Phil. Trans. 1826. p. 304. Mousson Physik I $ 217 giebt als Werth für Bevan’s Versuche 541 an. Dieser Werth ist falsch. Bevan selbst giebt die mittlere Dicke seiner Lamelle unrichtig an. Aus diesem (unrichtigen) Werthe würde folgen 514. ?) Wied. Ann. IX. p. 331. 1880. 324 der Skala notirt, die Belastung aufgehoben und das Zurückgehen des Stabes beobachtet. Die folgende Tabelle nebst der graphischen Darstellung (Figur 2) zeigt (in Skalentheilen) die Grösse und den Verlauf der elastischen Nachwirkung. Die Temperatur schwankte zwischen -—12.05 und —15.0 C. Zeit Ablesung Differenz. Bemerkungen. an der Skala : mit u 518.5 a Tuart Stand sofort nach 12.5 veena 2 ar € » ee 531.0 15.0 am 118-.10= 15° HR ae era 546.0 p. Minute 372205 551.0 De I nl 554.0 1 15 © 50 555.0 17 a) 556.0 1.4 130 937.0 1.0 190229 558.0 1.0 197730 HIT 1.0 en Re 1 561.0 11 2%, 30.172568 1.0 AR) 562.0 0.2 26 30 562.3 0.2 270.200: 563.0 0.8 a) 563.5 0.3 297530 564.0 1.0 302210 564.5 0.7 3140 565.0 | 0.3 34 40 566.0 rs 35 40 566.9... 05 l 1 a Ne 576.0 Temperatur d. Luft —15.0°C. Der Versuch wurde in Freiburg wiederholt. Das angewandte Gewicht (150 gr.) wirkte jedoch nur 1" 30% 325 deformirend ein. Die Deformation selbst (Pfeil der Biegung) betrug nur 2.5"% Die Temperatur war dem Null- punkte nahe; sie betrug im Mittel —1.05 ©. Die Grösse der Nachwirkung ist hier eine geringere, weil auch die Deformation des Stabes eine kleinere war, als die des in Labrador untersuchten. Die erhaltenen Resultate sind in der folgenden Tabelle und in Figur 3 dargestellt. Differenz Zeit | Ablesung an der Skala. ne 2 I belastet 10.0 | 11% 199 45° | entlastet 40.0 120.0 11" 208 0: 47.0 ) 31m 08 50.0 KR 39m 05 50.8 HEOLB 33m 08 51.3 U u 24m 08 | 51-6 | 0.3 25m 0 51.8 50.8 26m 08 51.8 RK) Der Verlauf beider Curven ist ähnlich; beide zeigen, dass mit Entfernung der Belastung in Folge der elastischen Nachwirkung anfänglich mit grosser Geschwindigkeit ein weiteres Zurückgehen erfolgt, das langsamer werdend den Stab in einen stationären Zustand überführt. Bei dem in Labrador angestellten Versuche ist dieser Zu- stand jedoch nach 12 Stunden Dauer scheinbar noch nicht erreicht. 2) Die Plasticität. Die bei den Messungen der elastischen Biegung beobachtete starke Deformation be- wog mich, direct die Zähflüssigkeit des Eises zu unter- suchen, indem ich nach der von Hrn. A. v. Obermayer angewandten Methode !) für einen Eiscylinder den Coefhi- *) Sitzb. d.k. Akad. zu Wien Bd. LXXV. Abth. II April 1577. 326 cienten der inneren Reibung durch Pressung in der Richtung der Axe zu bestimmen suchte. Die ersten Versuche lieferten ein negatives Resultat. Ich verkleinerte alsdann den Radius des Gylinders auf 1 Cm. und beob- achtete dann wirklich bei einem in der Richtung der Cylinderaxe wirkenden Drucke von 5 Kgr. pro Quadrat- centimeter bei Temperaturen zwischen — 14° bis — 20°C. eine von Stunde zu Stunde zu verfolgende Abnahme der Höhe des Oylinders. Die Messung wurde folgendermaasen ausgeführt. Da die Anwendung eines Spiegelfühlhebels, wie derselbe zur Messung der elastischen Biegung be- nutzt wurde, aus verschiedenen Gründen nicht anwendbar war, so verfuhr ich so, dass ich ein leichtes Fernrohr (ich benutzte dazu das kleine Beobachtungsfernrohr eines Pistor und Martin’schen Reflexions-Kreises) auf einen Fühlhebel löthete; dieser hatte dieselbe Construction wie der oben beschriebene, so dass die ganze Vorrichtung aus einem auf drei Nadelspitzen ruhendem Fernrohre bestand; zwei von ihnen «&; «ds, standen auf einer festen Unterlage in einer in Glas geritzten Linie, die dritte Spitze 3 ruhte auf der oberen Platte, an welcher die Ge- wichte angriffen, mit denen der Eiscylinder gepresst wurde. Das Fernrohr des Fühlhebels (parallel dem von ß auf & @, gefüllten Lothe) war auf eine 20 m. ent- fernte senkrechte Skala gerichtet. Ein auf dieselbe Skala gerichtetes Versicherungsfernrohr gestattete die Unbeweg- lichkeit der Unterlage zu controlliren. Nimmt jetzt die Höhe des Cylinders ab, so sinkt die Spitze % des Fühlhebels; es erscheint ein anderer Theilstrich der Skala im Faden- kreuz. Aus der Differenz der Ablesungen an der Skala der Entfernung derselben von der Drehungsaxe des Fühl- hebels der auf das Glas geritzten Linie) und der Länge des Fühlhebels lässt sich dann in einfacher Weise der Werth finden, um welchen die Höhe des Eis-Cylinders abge- 327 nommen hat. Die Dimensionen des Fühlhebels wurden in der Weise gemessen, wie es oben beschrieben ist.*) Die hiermit angestellten Beobachtungen sind leider über das Stadium der Vorversuche nicht herausgekommen. Erst nachdem der Vorrichtung zum Pressen eine genaue Führung gegeben war, erhielt ich Resultate, welche die Kirscheinung rein darstellten. Die Versuche erstrecken sich nur über 3 Tage (von 16.—18. April 1883.) (Von da ab war ich meiner obligatorischen Beobachtungen wegen an der Fortsetzung gehindert). Der Eiscylinder hatte ursprünglich eine Höhe von 1 Um., der Radius betrug ebenfalls 1 Cm. Die Belastung war 15 Kgr.; gefunden wurde folgendes: *) Dieser einfache Apparat eignet sich auch mit einigen kleinen Hülfsvorriehtungen vorzüglich zu Messungen von Dieken und ersetzt wie ich mich durch viele Versuche überzeugt habe vollkommen die Mikrometerschraube. Für «den (Gebrauch be- quemer ist es, wenn man dem Apparate die folgende Einrichtung giebt. An der horizontalen Drehungsaxe A. (vergl. Figur 4) eines Theodoliten (oder überhaupt eines um eine horizontale Axe drehbaren Fernrohres) ist ein Arm B (der Fernrohraxe parallel) angeschraubt der unten eine Spitze C trägt; dieser gegenüber steht auf einer festen Unterlage D (mit den La- gern der Umdrehungsaxe fest verbunden) eine Vorrichtung E, wie ich dieselbe in Wied. Ann. Bd. III p. 611 beschrieben habe; es führen also der Arın B und das Fernrohr bei einer Drehung um A die gleichen Bewegungen aus. Die Vorrichtung E ermöglicht bei einer Bewegung der Spitze C gegen E den Augenblick des Contactes beider (ohne merklichen Druck auf- einander) mit grosser Praeeision zu bestimmen. Das Fernrohr ist aufeinein mn. getheilte, entfernte, senkrechte Skala gerichtet. Da man den Abstand der Spitze C von der Axe A nicht messen kann, so graduirt man den Apparat durch einen Körper (eine Glasplatte), dessen Dicke zwischen zwei bestimmten Marken mit dem Sphärometer gemessen ist. Bringt man zuerst C mit E in Contact und notirt den durch das Fernrohr anvisirten 328 Dauer | Mittlere 3 Abnahme des | N Ks der Höhe des Cylinders. Versuches. | CPPEFAWME | im Ganzen. |in der Stunde. 44.05 — 5.07 0.| 0.041 0.0009. 6.2 — 2.5.0.| 0.109m 9.01 7mm 3.14 — 0.29 0.| 0.429mm 0.1260m Man sieht dass die Plastieität mit Annäherung der Temperatur an den Nullpunkt bedeutend zunimmt. Es ist dies bereits von Hrn. Pfaff aus seinen „Versuchen über die Plastieität des Eises!)“ gefolgert worden. Dass das Bis auch bei tiefen Temperaturen noch plastisch ist, folgt aus den oben erwähnten directen Versuchen und aus der starken Deformation, welche die Stäbe bei der Bestim- mung ihrer Klasticitätscoefficienten zeigen. 3) Fasriges KEis. Bekanntlich bildet sich auf feuchtem Boden auf etwas geneigtem Terrain eine be- stimmte Art Eis das sogenannte fasrige Eis?). Dasselbe Theilstrich I, bringt dann den gemessenen Körper zwischen C und E und notirt wiederum den im Fadenkreuz erschei- nenden Theilstrich II, so entspricht der bekannten Dicke des Körpers eine bestimmte Anzahl n von Theilstriehen; durch einfache Interpolation kann man alsdann die Dimensionen jedes anderen zwischen C und E gelegten Körpers bestimmen. ') Sitzb. d. phys.-med. Societät zu Erlangen. Heft 7. 1875 p- 72 fi. ?) Ueber die Structur desselben vergleiche: G. A. Koch, im Jahrbuch f. Mineralogie 1877 p. 459 und Fr. Klocke in den 3erichte über die Verh. der nat. Ges. in Freiburg. VII Heft. 4 1879, 329 wuchs während des Winters in der Nähe der Missions- station „Nain“ an der Küste Labradors um 2—3 Meter. Es zeigte durchweg die fasrige Structur ; wieweit dasselbe sich in den Boden erstreckte, konnte ich nicht in Er- fahrung bringen; jedenfalls verschwindet es während des Sommers nicht. Freiburg i. B., Phys. Institut d. Univ. 1885 Feb. 22. Zur Reduction hyperelliptischer Integrale auf elliptische, In einem der neusten Hefte der Comptes rendus!) hat Herr Goursat die beiden allgemeinsten hyperelliptischen Integrale erster Ordnung und erster Gattung angegeben, welche durch rationale Transformationen dritten Grades auf je ein elliptisches reducierbar sind. Es ist mir gelungen, dieselbe Aufgabe für die Trans- formation vierten Grades zu lösen; ich theile im folgenden die Resultate mit, eine ausführliche Ableitung derselben einer andern Gelegenheit vorbehaltend: 1. Es seien «, %, y drei willkürliche Parameter «, #, y die folgenden Functionen derselben: — 18a°7 — 4a? + 12Pr 277° 270ßr + 8° (a) ee 2772 + 2708y — 8ß3 er 2a Au An I 77° + 2Taßpy + 88° ZZ Detzt man dann: (2) R (x; @,ß,r) = yx° — 3ayx? + (Pr — af) xt — — (ad + Sr) "+ Apr —aP) x? — 3ayx + 7 so lässt sich jedes hyperelliptische Integral erster ') Band C, Heft 9. 331 Ordnung und erster Gattung, welches durch eine rationale Transformation vierten (und nicht niedrigeren) Grades auf ein elliptisches redueierbar ist, durch eine lineare Transformation auf die Form bringen: (3) a VA und zwar ist: (4) [ TER SER \ dz PH TE EA Val Ge) Wo: (5) R, (WAR SLR I rn —— («az -}- 27 j (7% 43 ale @2 = ad’ a + 697 — af)? + (— 27ayr + 12 fr —4aß) + + r (4BP — 3ae‘) und: Zax* — dayx — 2Pr 2ax? + 2a’x + (a3 -F 7) Die Anzahl der willkürlichen Parameter lässt sich (6) en auf zwei reducieren, wenn man setzt: 3 Re Tg a? @ und. x rot, Die Gleichung (4) lässt sich mit Hilfe der folgenden Relation verificieren : R; (z; q, ß; 7) = _4eR (x; a, 8, r) (es? + r)(2x°+ 3ax* + 28x — r)]’ [2ax? -+ 20x + (a3 4-r)]* S die man nach den von Jacobi in den ersten $$ der Fun- damenta nova für die Transformation der elliptischen Integrale aufgestellten Prineipien ableitet. 2. Nach einem von Ierrn Picard in dem Bulletin 392 de la Soeiete Math&matique de France, Bd. XI bewiesenen allgemeinen Satz muss es nun noch ein zweites zu derselben Irrationalität Y R (x; «, 3, y) gehöriges Inte- gral erster Gattung geben, welches ebenfalls durch eine Transformation vierten Grades reducierbar ist; und gerade in der Auffindung dieses zweiten Integrals liegt die Hauptschwierigkeit. Es ergibt sich nämlich jetzt die folgende Aufgabe: Es sei ” (41x -+bı) dx m fm YER@uAn das gesuchte zweite Integral; dann muss es nach dem unter 1) angeführten Satze möglich sein, durch eine lineare Transformation auch dieses zweite Integral auf die Form (3) zu bringen. Man hat also die Aufgabe: Drei Grössen «&;, A, yı und die Grösse C so als Func- tionen von «a, ß, y zu bestimmen, dass die Differential- sleichung (8) (ax -} bı) dx 5 dx; DR: BA RG dureh eine lineare Function 9 Le (9) AZ ES ki vx + v befriedigt wird. Diese Aufgabe enthält aber scheinbar einen Wider- spruch, da man zu ihrer Lösung eine Gleichung mehr als Unbekannte erhält. Der Widerspruch muss sich dadurch lösen, dass die Bedingungsgleichung zwischen a, ß, 7, auf welche man geführt wird, sich als eine iden- tische Gleichung von der Form 0—0 erweist, da ja die Aufgabe nach dem Picard’schen Satze für beliebige , 8, y lösbar sein muss, 335 Da jedoch eine direete Lösung der Aufgabe wegen der grossen Complieiertheit der Rechnungen kaum durch- führbar ist, so muss man, um zum Ziel zu gelangen, die Aufgabe umkehren: Man muss, bevor man an die Auf- suchung des ersten reducierbaren Integrals geht, über die drei Constanten der linearen Transformation so verfügen, dass die Relation (9) eine vorgeschriebene einfache Form annimmt. Im vorliegenden Fall ist diese Verfügung so ge- troffen worden, dass die Relation (9) die Form: annimmt. Dabei ergibt sich das erste reducierbare Inte- gral in der oben angegebenen Form (4). Hieraus erhält man dann das zweite Integral auf folgende Weise: Die Gleichungen (1) haben die Eigenthümlichkeit, eindeutig umkehrbar zu zein, d. h. löst man sie nach a, 3, y auf, so ergeben sich «, ß, y als dieselben Func- tionen von «’, f', y, welche «, f, y' von a, f, y sind. Man überzeugt sich hiervon mit Hilfe der Relationen: 3 ad — AB — 2Tyyf H42—0 a + 208 — 3ßr — (0 (4 a + 20 — 3Pr' —. 0) welche sich unmittelbar aus den Gleichungen (1) ergeben. Es ist daher erlaubt, in (4) gleichzeitig « mit ad, 3 mit 3, y mit 7 zu vertauschen; ersetzt man über- 1 Re i dies x durch z geht (4) über in: VRxsa,ßr) 2 (10) f x dx Ya’ [ dz’ 334 wobei a 20 — Ady x? — 2, m SR 1 ß- 3. Der oben erwähnte Satz von ne Picard hat zur Ergänzung den Zusatz, dass es „im allgemeinen“ auch nur zwei zu derselben Irrationalität gehörige Integrale erster Gattung gibt, welche überhaupt algebraisch auf je ein elliptisches reducierbar sind. Das „im allgemeinen“ bedeutet dabei: wenn R (x) nach Verfügung über die drei Constanten der linearen Transformation zwei von- einander unabhängige Parameter enthält (vergl. Biermann, N Zur Theorie der zu einer binomischen Irrationalität gehöri- gen Abelschen Integrale, Sitzungsberichte der Wiener Aca- demie 1883 pg. 981). Erteilt man jedoch den beiden Parametern specielle Werte, so kann es möglicherweise auch mehr als zwei zu derselben Irrationalität gehörige reducierbare Integrale erster Gattung geben. Man kann sich nun die Aufgabe stellen: Es seien ! (ax-} b) dx und ‘Ro [ (aı x+b) dx VRK&) zwei linear unabhängige Integrale erster Ordnung und erster Gattung, welche durch irgendwelche algebraische Transformationen auf je ein elliptisches Integral 1 * da Jan 1 » dzı Mi | Aa, kı) reducierbar sind; unter welchen Bedingungen gibt es 335 noch ein drittes, von jedem der beiden vorigen linear unabhängiges zu R(x) gehöriges Integral erster Gat- tung, welches ebenfalls auf ein elliptisches reducier- bar ist? Es findet sich das folgende Resultat: Wenn K, K’ resp. Kı, K’, die zu den Moduln k resp..kı und ihren eomplementären k’ und k’; gehörigen vollständigen Integrale erster Gattung bezeichnen, dann Zara . . - - Sul sS ist nothwendig und hinreichend, dass —— sich Ki Kı linear und ganzzahlig durch K ausdrücken lässt. "Und zwar gibt es, so bald diese Bedingung erfüllt ist, nieht nur drei, sondern anendlich viele zu V R(x) gehörige Integrale erster Gattung, welche alge- braisch auf je ein elliptisches redueierbar sind. Beispiel: Das Integral ( (ax u)edz a [3 ist für beliebige ganzzahlige Werte von A und y alge- braisch auf ein elliptisches reducierbar. Es ist nämlich: V3dx dz az av), V x°F 10x 137 Es et wenn z — } (xt 4 4x) und xls dz hl eng Verona wenn DR 4x°® + 27 xt Freiburg i/B., den 1. April 1885. Oskar Bolza. N Sa ja F el bel Bach Dar | elle 1 | | | | | r } 4 ININEATINNUN 3 2044 106 306