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GEBRÜDER BORNTREGER ED. EGGERS. Reprinted with the permisson of Gebrüder Borntraeger JOHNSON REPRINT CORPORATION JOHNSON REPRINT COMPANY LTD. 111 Fifth Avenue, New York, N.Y. 10003 Berkeley Square House, London, W. 1 N, ler nn Printed in West Germany ah 4 eu i Druck: Anton Hain KG, M eis er N i an YV W IT AIRLAT WE EM ia VL KASA9A8LAD 4 - m va a g uyaı zn Don ern oe io er Bericht über die Bildung der Deutschen Botanischen Gesellschaft. In F olge des Aufrufes und der Einladung, welche von dem „Oo- mite zur Bildung einer Deutschen Botanischen Gesellschaft“ ausgegangen waren, ist unter lebhafter Betheiligung zahlreicher Bota- niker aus allen Theilen Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz in den Tagen vom 16.—19. September 1882 in Eisenach die Deutsche Botanische Gesellschaft in’s Leben getreten, über deren Bildung und Einrichtung im Folgenden berichtet werden soll. | I. Einladung zur constituirenden Versammlung. Die Verhandlungen, welche zur Constituirung der Gesellschaft ge- führt haben, begannen ım Jahre 1881 innerhalb .des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg mit einem Antrage auf Er- weiterung desselben in eine allgemeine Deutsche Botanische Gesellschaft, welcher von dem Mitgliede des Vereins, Herrn Pringsheim, beim Vorstande eingebracht worden war. Der Antrag fand hier lebhafte Zustimmung, stiess aber auch theilweise auf Widerspruch, und der Vor- stand setzte deshalb eine vorberathende Commission nieder, welche denselben, vor seiner weiteren Behandlung im Verein, einer allseitigen genaueren Prüfung unterziehen und event. die Schritte zu seiner Aus- führung berathen sollte. Diese Commission bestand aus den Vereins- mitgliedern, den Herren: Ascherson, Eichler, Frank, Garcke, Kny, Köhne, Kurtz, Liebe, Löw, Pringsheim, Schwendener, Tschirch, Urban, Westermaier, Wittmack, Zopf. Nachdem die Commission sich fast einstimmig für den Antrag Pringsheim erklärt hatte, entwarf dieselbe als Grundlage für die 2 Bildung der Gesellschaft. weiteren Berathungen ein provisorisches Statut für die künftige Gesell- schaft, berieth dasselbe in mehreren Sitzungen durch und beschloss, das Ziel des Antrages, die Gründung einer Deutschen Botanischen Gesellschaft jedenfalls unverrückt im Auge zu behalten, auch für den Fall, dass der Botanische Verein der Provinz Brandenburg seine Auf- lösung resp. Umwandelung in die Deutsche Botanische Gesellschaft nicht sollte beschliessen wollen. Demzufolge wurde zwar einerseits der An- trag auf Auflösung des Botanischen Vereins weiterverfolgt und bei dem Vorstande desselben in statutenmässiger Form eingebracht, andererseits bildete sich aber aus Mitgliedern dieser Commission im Verein mit einer Anzahl hervorragender Botaniker, welche bereitwillig auf den Ge- danken der Gründung einer Deutschen Botanischen Gesellschaft ein- gegangen waren, ein erweitertes, selbständiges Comite, welches direct einen Aufruf an alle deutschen Botaniker zur Betheiligung und zum Beitritt erliess und dieselben zu einer constituirenden Versammlung nach Eisenach einlud. Wir bringen den Aufruf dieses Comite’s hier, weiter unten, zum Abdruck; jedoch ohne seine in demselben erwähnten Beilagen A., B. und ©. Diese bezogen sich vorzugsweise nur auf die ersten vorbereitenden Schritte zur Gründung der Gesellschaft, die bereits im Vorhergehenden in genügender Ausführlichkeit zur Sprache gekommen sind. Dagegen soll die Aufgabe der Gesellschaft, wie dieselbe bei ihrer Gründung in’s Auge gefasst war, nach ihrem Wortlaute in den Beilagen jenes Aufrufes wiederholt und hervorgehoben werden. Die wesentliche Bedeutung der Deutschen Botanischen Gesellschaft soll hiernach liegen: 1. in den alljährlichen allgemeinen Versammlungen Deutscher Bo- tanıker. Diese sollen nicht nur die persönliche Annäherung und ein gemeinsames Wirken derselben anregen und sichern, sondern auch die vorhandenen und neu entstehenden Bedürfnisse der Wissenschaft zum Ausdruck bringen. 2. ın den regelmässigen Berichten der Gesellschaft, welche die wissenschaftlichen Einsendungen und Mittheilungen der Mit- glieder dem ganzen Kreise der Berufsgenossen in kürzester Frist zugänglich machen sollen. 3. in der thatkräftigen Unterstützung und Ausführung grösserer wissenschaftlicher Unternehmungen. Der Aufruf des Comite’s „An die deutschen Botaniker“ hatte folgenden Wortlaut: Hochgeehrter Herr College! Aus der Beilage A. an die Mitglieder des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg, welche wir zu Ihrer gefälligen Kenntnissnahme Bildung der Gesellschaft. 3 und zu Ihrer Orientirung beilegen, werden Sie ersehen, dass im ver- flossenen Winter im Schosse dieses Vereins Verhandlungen stattgefunden haben, welche den Zweck verfolgen, eine allgemeine Deutsche Botanische Gesellschaft in’s Leben zu rufen. Es schien sich zu empfehlen und lag hierbei nahe, den Botanischen Verein der Prov. Brandenburg in seinem gegenwärtigen Bestande auf- zulösen und in die projectirte Deutsche Botanische Gesellschaft aufgehen zu lassen und zwar aus folgenden Gründen: 1. weil die grosse Anzahl seiner Mitglieder, die schon auf 250 und mehr angewachsen ist, der künftigen Gesellschaft zu Gute kommt und gewissermassen eine Bürgschaft für die Ausführung des Planes bietet; 2. weil der Verein bereits eine grosse Anzahl deutscher Botaniker ausserhalb der Provinz Brandenburg zu seinen Mitgliedern zählt; 3. endlich, weil der natürlıchste Sitz der Deutschen Botanischen Gesellschaft aus vielen Gründen die Hauptstadt des Reiches ist. Allein Sie werden ferner aus dem vorläufigen Entwurf eines Sta- tutes für die Deutsche Botanische Gesellschaft, welchen wir ın der Bei- lage B. Ihrer Begutachtung unterbreiten, zugleich ersehen, dass wir weit entfernt sind, den Schwerpunkt der Gesellschaft an ihren Sitz verlegen zu wollen. Derselbe soll vielmehr nach unserem Plane in den allgemeinen Versammlungen Deutscher Botaniker liegen, welche nach dem Statuten- Entwurf alljährlich abwechselnd im Süden und im Norden von Deutsch- land stattfinden werden. | Ueber die Aufgabe der Gesellschaft geben die Beilagen A. und B. genügende Auskunft. Die Entwicklung der Botanik zu fördern und ein einiges und fruchtbares Zusammenwirken der Forschung auf unserem Gebiete durch die persönliche Annäherung und die collegialen Beziehungen der Fach- genossen zu erleichtern: Dies ist das Ziel, welches wir durch die Ver- einigung der Deutschen Botaniker in einen grossen collegialen Verband erstreben und zu erreichen hoffen. Die Umwandlung des Botanischen Vereines der Provinz Branden- burg kann nach den Statuten desselben erst durch Abstimmung in der diesjährigen October-Versammlung erfolgen. Auf eine vorläufige An- frage indessen haben wir bereits von mehr als 150 Mitgliedern die Zu- stimmung zur Umwandlung des Vereins und die Zusage zum Beitritt zu einer Deutschen Botanischen Gesellschaft erhalten. Wir dürfen uns daher mit einiger Zuversicht der Hoffnung hin- geben, dass das Resultat der Abstimmung in der October-Versammlung für unser Ziel günstig ausfallen wird. 4 Bildung der Gesellschaft. Wir wenden uns nun mit diesem Aufruf an alle unsere ii Collegen und laden dieselben zu einer Zusammenkunft in Eisenach im Hötel zum Rautenkranz am 16. September 1882, Vormittags 10 Uhr, unmittelbar vor Beginn der diesjährigen Naturforscher-Versammlung ein, um dort unter Zugrundelegung des beiliegenden Sta- tuten-Entwurfes die Oonstituirung einer Deutschen Botanischen Gesellschaft mit uns gemeinsam zu berathen und zu beschliessen. Sie, hochgeehrter Herr College, ersuchen wir noch besonders, Sich unseren Bestrebungen anzuschliessen und dieselben durch Ihren Beitritt fördern zu helfen. Falls Sie hierzu geneigt sind, bitten wir, die beiliegende Karte ‚(Beilage C.), mit Ihrer Unterschrift versehen, womöglich bis zum 1. Juli d. J., an uns zurückgehen zu lassen. Das Comite zur Bildung einer Deutschen Botanischen Gesellschaft. Ascherson (Berlin); Böhm (Wien); Buchenau (Bremen); Caspary (Königsberg); Cohn (Breslau); Cramer (Zürich); Drude (Dresden); Eichler (Berlin); Engler (Kiel); Frank (Berlin); @arcke (Berlin); Geyler (Frankfurt a. M.); Göppert (Breslau); Just (Karlsruhe); Kny (Berlin); Kühn (Halle); Leitgeb (Graz); Magnus (Berlin); Müller Arg. (Genf); Nobbe (Tharand ; Peyritsch (Innsbruck); Pfeffer (Tübingen); Pfitzer (Heidelberg); Pringsheim (Berlin); Radikofer (München); Reess (Erlangen); Reichardt (Wien); Reinke (Göttingen); Russow (Dorpat); Sadebeck (Hamburg); Schenk (Leipzig); Schwendener (Berlin); Graf zu Solms-Laubach (Göttingen); Stahl (Jena); Strasburger (Bonn); v. Uechtritz (Breslau); Vöchting (Basel); Wiesner (Wien); Wigand (Marburg); Willkomm (Prag); Wittmack (Berlin). Diesem Anfangs Juni 1882 ergangenen Aufrufe, dessen Beantwortung bis zum 1. Juli erbeten war, hatten bis dahin 288 Deutsche Botaniker entsprochen und ihre Bereitwilligkeit zum Eintritt in die Gesellschaft erklärt. Später traten noch eine grössere Anzahl nachträglicher Bei- trittserklärungen hinzu. Durch dieses erfreuliche Resultat ermuthigt, beschloss die vor- berathende Commission in Berlin, die Vorlagen für die constituirende Versammlung in Eisenach durch Ausarbeitung einer provisorischen Geschäftsordnung für die Gesellschaft zu ergänzen und dieselbe gleich- zeitig mit dem früher ausgearbeiteten provisorischen Statuten - Entwurf der constituirenden Versammlung zur Beschlussnahme zu unterbreiten. Am. 16. September 1882, Vormittags 10 Uhr, traten nun die in Eisenach eingetroffenen Botaniker, welche der Einladung des Comite’s Bildung der Gesellschaft. 5 gefolgt waren, im Saale des Hötel zum Mohren!) zu der constituirenden Versammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft zusammen. Ueber ihre Verhandlungen und Beschlüsse giebt das nachfolgende Protocoll Auskunft. SS NS DNS DH ” n » P>) N ” ” P>] n N ” p>] N » P>] ” und Protocoll der constituirenden Versammlung der „Deutschen Botanischen Gesellschaft‘ vom 16. bis 19. September 1882 zu Eisenach, im Saale des Hötel zum Mohren. Es fanden 4 Sitzungen der Versammlung statt, und zwar: die erste am 16. September Vormittags 10 Uhr, die zweite „ 16. & Abends 71j, Uhr, die dritte „ 17. n Abends 1.75 Uhr, die vierte „ 19. = Vormittags 111/, Uhr. Anwesend waren die hier unten namentlich aufgeführten Botaniker; von diesen hatten sich in die aufgelegte Präsenzliste eingetragen: Als Ordentliche Mitglieder der Gesellschaft: Herr Ambronn-Leipzig, Andree-Münder, Ascherson-Berlin, Behrens-Göttingen, Berthold-Göttingen, J. G. Bornemann - Eise- nach, Büsgen- Weilburg, Cramer-Zürich, Detmer-Jena, Drude-Dresden, Dufft-Rudolstadt, Eichler-Berlin, Haberlandt-Graz, Haussknecht- Weimar, Hellriegel-Bernburg, Hesse-Marburg, Holzner- Weihenstephan, Just-Karlsruhe, Kienitz-Gerloff-Weilburg, Kny-Berlin, Koch -Heidelberg, Kraus-Triesdorf, als Ausserordentliches Mitglied: Herr OÖ. Kuntze-Leipzig, gu No ar Be a ee n Marsson-Greifswald, A. Meyer-Strassburg, -Nöldeke-Celle, Pentz-Hamburg, Pfitzer- Heidelberg, Pringsheim -Berlin, Reinhardt-Berlin, Reinke-Göttingen, Roth-Berlin, Sadebeck-Hamburg, Schmitz-Bonn, M. Schulze-Jena, Schwendener-Berlin, Senft-Eisenach, Stahl-Jena, Steinvorth-Lüneburg, Tschirch-Berlin, Uhlworm-Üassel, Vatke-Berlin, Willkomm-Prag, Wittmack-Berlin, Zabel-Münden, Herr Jäger-Eisenach. 1) Der Saal des „Hötel zum Rautenkranz“, wohin eingeladen worden war, war anderweitig besetzt. 6 Bildung der Gesellschaft. Von einer grossen Anzahl Botaniker waren schon gelegentlich des Aufrufes Schreiben eingegangen, in denen dieselben freudig ihre Zu- stimmung zu erkennen gaben und lebhaft bedauerten, nicht selbst in Eisenach erscheinen zu können. In den Tagen der Generalversammlung liefen dann noch fernere gleichsinnige Schreiben ein: von den Herren Greheimrath Professor Göppert (Breslau), Professor Jul. Kühn (Halle), Baron Ferdinand von Müller (Melbourne), Prof. H. W. Reichardt (Wien), Professor Wiesner (Wien), Schuldirector Schröder (Eiben- schütz in Mähren), Professor Entleutner (Meran). Diese Schreiben kamen in den Sitzungen selbst zur Verlesung. In sämmtlichen Sitzungen fungirten nach Beschluss der Versammlung: Herr Pringsheim-Berlin als Vorsitzender, „ Cramer-Zürich »„ Willkomm-Prag „ Pfitzer- Heidelberg „ Reinke-Göttingen „ Haberlandt-Graz »„ Tschirch-Berlin Bei Beginn der ersten Sitzung theilte der Vorsitzende mit, dass sich bereits für den Fall der Gründung einer Deutschen Botanischen Gesell- schaft 204 ordentliche und 77 ausserordentliche Mitglieder gemeldet hätten. Die Versammlung trat nun in die Berathung der Statuten und der Geschäftsordnung für die Gesellschaft ein. Den Verhandlungen hierüber lagen die betreffenden Entwürfe zu Grunde, welche das vorbereitende Comite in Berlin ausgearbeitet hatte. Von diesen war der Statuten-Entwurf schon früher an alle Diejenigen versandt worden, welche sich eventuell zum Beitritt gemeldet hatten; der Entwurf des Reglements für die Geschäftsordnung wurde den An- wesenden im Sitzungssaale eingehändigt. Im Laufe der Debatte hierüber wurden zuvörderst einige Gesichts- punkte für die Auffassung der Statuten und den Gang der Verhand- lungen in der Versammlung aufgestellt, welche, wie hiermit geschieht, zur Aufnahme ins Protocoll gelangen sollten. 1. Bezüglich der geographischen Ausdehnung der Gesellschaft wird auf den Antrag von Kny (Berlin) beschlossen, in das Protocoll aufzunehmen: „dass unter der Bezeichnung Deutschland im $ 2 der Statuten alle diejenigen Länder zu verstehen sind, in denen die deutsche Sprache Umgangssprache ist.“ 2. Bezüglich des Verhältnisses zum Botanischen Verein der Provinz Brandenburg beschliesst die Versammlung auf den Antrag Pfitzer (Heidelberg), den Anschluss an den Verein — von welchem ım Statuten-Entwurfe ausgegangen war — da ein officieller Be- schluss seitens des genannten Vereins noch aussteht, hier nicht zu discutiren, sondern die Beschlussfassung über den eventuellen abwechselnd je zwei als Beisitzer; als Schriftführer. Bildung der Gesellschaft. 7 Anschluss desselben bis nach der Herbstversammlung des ge- nannten Vereins zu vertagen. Zugleich wird der zu erwählende Vorstand autorisirt die hierdurch später etwa nöthig werdenden Arrangements provisorisch zu treffen. 3. Bezüglich der Geschäftsordnung wurde von Herrn Nöldeke (Celle) folgender Antrag formulirt und eingebracht: „Die Vertheilung der Geschäfte an die Vorstandsmitglieder, „die Art und Weise der Geschäftsführung des Vorstandes, „wie solche den Zwecken der Gesellschaft entsprechend zu „geschehen hat, namentlich auch die Rechnungsführung wird „durch ein besonderes Reglement geregelt, welches von dem „Präsidenten mit dem demnächst in Berlin zu erwählenden „Vorstande festzustellen und der Generalversammlung 1883 „zur Genehmigung vorzulegen ist.“ Diesem Antrage entsprechend beschloss die Versammlung, sich bei ihren diesjährigen Verhandlungen auf die Feststellung der Statuten für die Gesellschaft zu beschränken, die Abfassung eines provisorischen Reglements für die Geschäftsordnung aber, wie es der Antrag Nöldeke verlangt, dem Vorstande aufzutragen. Nachdem nun in den folgenden eingehenden Debatten sämmtliche in die Statuten aufzunehmenden Paragraphen der Reihe nach durch- berathen waren und die Versammlung über jeden einzelnen derselben abgestimmt hatte, wurde der seinem Inhalte nach jetzt fertiggestellte Statuten-Entwurf behufs formeller Redigirung seiner einzelnen Paragraphen und der folgerichtigen Zusammenstellung derselben einer ad hoc ge- wählten Redactionscommission überwiesen, welche aus den Herren: Behrens (Göttingen), Haberlandt (Graz), Holzner (Weihen- stephan), Kny (Berlin) und Tschirch (Berlin) bestand. Die von derselben endgültig redigirten Statuten kamen alsdann schon ın der nächsten Sitzung der Versammlung, am 17. September Abends, nochmals paragraphenweise zur Verlesung und wurden hierauf, nachdem kein weiterer Einspruch gegen ihre Fassung erfolgt war, von derselben en bloc einstimmig angenommen.!) Hierauf erklärte sich die Versammlung als Deutsche Botanische Gesellschaft constituirt. In derselben, schon vorher zur Durchführung der Wahlen an- beraumten Abendsitzung am 17. September schritt nun die Gesellschaft sofort nach constatirter Wahlfähigkeit — es waren 36 ordentliche Mit- glieder anwesend — zur Vornahme derjenigen Wahlen, welche nach $ 20 der Statuten von der Generalversammlung vorzunehmen sind. 1) Am Schlusse dieses Berichtes finden sich die von der Gesellschaft definitiv festgestellten Statuten in ihrer endgültig angenommenen Form unter VI abgedruckt. 8 Bildung der Gesellschaft. Es wurden gewählt: Zum Präsidenten: Herr Pringsheim-Berlin. Zum Vicepräsidenten; Herr Leitgeb-Graz. Zu Ausschussmitgliedern:!) Herr Buchenau-Bremen, „ Cohn-Breslau, „ Cramer-Zürich, „ Drude-Dresden, „ Engler-Kiel, „ Göppert-Breslau, „ Nöldeke-Celle, „ Pfeffer-Tübingen, Pfitzer- Heidelberg, Reinke-Göttingen, Graf zu Solms-Laubach-Göttingen, Stahl-Jena, Strasburger-Bonn, Wiesner- Wien, Willkomm-Prag. Zu Mitgliedern der Commission für die Flora von Deutschland: Herr Ascherson-Berlin, Buchenau-Bremen, Haussknecht- Weimar. Dieser Commission wurde zugleich das Recht der Üooptation ertheilt. Die Gewählten haben sämmtlich bis zum 1. Januar 1884 zu fungiren. Sie haben, soweit sie anwesend waren, sogleich, soweit sie nicht an- wesend waren, später die Wahl angenommen. Zur Vornahme der Wahlen der Vorstandsmitglieder und der Com- missionen, welche nach $ 20 der Statuten in Berlin stattfinden sollen, wurde der Präsident beauftragt und ermächtigt, baldmöglichst eine Wahl- versammlung der Berliner Mitglieder anzuberaumen. Die Versammlung setzte sodann fest, dass die Wirksamkeit der Gesellschaft mit dem Anfang des Jahres 1883 beginnen solle, und autorisirte den Präsidenten in Gemeinschaft mit dem in Berlin zu er- wählenden Vorstande bis dahin alle noch nöthigen geschäftlichen Ein- richtungen, namentlich auch die Bestimmungen über die Publicationen der Berichte und den Verlag derselben zu treffen. Schliesslich wurde (Statuten $& 25) als Ort der nächsten General- versammlung Freiburg ı.-Breisgau, die Stadt, in welcher auch die ” 1) Um die Berliner Vorstandswahlen nicht zu erschweren, wurde auf ausdrück- lichen Wunsch einiger Mitglieder für diesmal von der Wahl von Berliner Botanikern in den Ausschuss Abstand genommen. Bildung der Gesellschaft. 9 56. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte im Jahre 1883 tagen wird, gewählt, und als Tag der Generalversammlung der 17. Septem- ber 1883 bestimmt. Hierauf wurde die constituirende Versammlung der Deutschen Botani- schen Gesellschaft geschlossen. Eisenach, den 19. September 1882. N. Pringsheim, Vorsitzender. G. Haberlandt, A. Tschirch, Schriftführer. II. Einladung zur Wahlversammlung in Berlin. ‘ Die weiteren Verhandlungen in Berlin mussten bis nach Abstimmung im Botanischen Verein der Provinz Brandenburg über den dort ein- gebrachten, im Eingang bereits erwähnten Antrag seiner Auflösung resp. seines Aufgehens in die Deutsche Botanische Gesellschaft ausgesetzt bleiben. | In seiner Herbstversammlung am 28. October 1882 lehnte der Verein diesen Antrag zwar ab, beschloss aber gleichzeitig, zur Vermeidung jeder Collision der Aufgaben mit der Deutschen Botanischen Gesellschaft, von nun an auf die Fortführung seiner wissenschaftlichen Sitzungen zu ver- zichten. Unmittelbar hierauf lud der Präsident in Ausführung der ihm von der Eisenacher Versammlung gewordenen Aufträge die Berliner Mit- glieder der Deutschen Botanischen Gesellschaft zu einer Wahlversamm- lung auf den 6. November, Abends 7 Uhr, im Königlichen Botanischen Museum in Berlin ein. Ueber den Verlauf derselben berichtet das nachstehende Protocoll. IV. Protocoll der Wahlversammlung der Berliner Mitglieder der Deutschen Botanischen Gesellschaft am 6. November 1882, Abends 7 Uhr im Königl. Botanischen Museum zu Berlin. Laut Präsenzliste waren 34 Mitglieder aus Berlin und Umgegend (in 30 km Entfernung, nach $ 11 der Statuten) anwesend. Von diesen hatten sich 30 als ordentliche, 4 als ausserordentliche Mitglieder ein- getragen. Als Vorsitzender fungirt der Präsident der Gesellschaft, Herr Prings- heim, als Schriftführer Herr Tschirch. 10 Bildung der Gesellschaft. Der Vorsitzende theilt zunächst mit, dass er die heutige Versamm- lung der Mitglieder im Auftrage der constituirenden Versammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft in Eisenach und auf Grund eines Beschlusses derselben einberufen habe, um die Wahl des Berliner Vorstandes und der Redactionscommission vorzunehmen, die nach $ 20 der Statuten von den in Berlin ansässigen Mitgliedern zu wählen sind. Derselbe gab alsdann einen kurzen Bericht über die Eisenacher Ver- sammlung und die dort angenommenen Statuten und liess die auf die Wahlen bezüglichen Paragraphen verlesen. | Ferner theilte derselbe mit, dass er an alle diejenigen in Berlin und Umgegend ansässigen Botaniker Einladungen erlassen habe, welche in früheren Erklärungen ihre Geneigtheit ausgesprochen hatten, der Gesellschaft als Mitglieder beizutreten. Hierauf wurde zu den Wahlen geschritten, welche, nachdem die Wahlfähigkeit der Versammlung festgestellt worden war, durch Zettel- abstimmung stattfanden. Von den abgegebenen 29 resp. 30 Stimmen — absolute Majorität 15 resp. 16 — wurden gewählt: Zum Vorsitzenden der wissenschaftlichen Sitzungen in Berlin Herr Schwendener mit 22 Stimmen, zum ersten Stellvertreter des Vorsitzenden Herr Eichler mit 27 Stimmen, zum zweiten Stellvertreter des Vorsitzenden Herr Kny mit 24 Stimmen, zum ersten Schriftführer Herr Frank mit 26 Stimmen, zum zweiten Schriftführer Herr Magnus mit 16 Stimmen, zum dritten Schriftführer Herr Urban mit 18 Stimmen, zum Schatzmeister Herr Otto Müller mit 26 Stimmen. Als Mitglieder der Redactionscommission: Herr Ascherson mit 27 Stimmen, Herr Köhne mit 27 Stimmen, Herr Westermaier mit 24 Stimmen. Sämmtliche Herren nahmen die Wahl an. Berlin, den 6. November 1882. Pringsheim, Wechirch, Vorsitzender. Schriftführer. V. Vorstandsbeschlüsse in Berlin. In den nun folgenden, am 13. und 20. November und 4. und 11. Decem- ber 1882 abgehaltenen Vorstandssitzungen wurde das Reglementfür die Geschäftsführung der Gesellschaft durchberathen und in der, unter VI. mitgetheilten, Form angenommen. Dasselbe unterliegt noch der Genehmigung der nächsten Generalversammlung im Jahre 1883. Statuten. 11 Sodann wurde beschlossen, die Berichte der Verlagsbuchhandlung Gebrüder Bornträger (Ed. Eggers) ın Berlin, Wilhelmstr. 122, in Verlag zu geben und der Präsident und Schatzmeister wurden ermächtigt, den Oontract mit dem Verleger abzuschliessen. Ferner wurde Herr Dr. Tschirch einstimmig zum Secretär der Gesellschaft gewählt. Alsdann wurde noch die Fassung und Form der Diplome festgestellt und schliesslich bestimmt, den hier abgedruckten Bericht über die Constituirung der Gesellschaft, über die Versammlung in Eisenach und die Wählerversammlung in Berlin, sowie über die nachfolgenden Acte des Vorstandes als erste Abtheilung des Heftes 1 der Berichte schon jetzt in der vorliegenden Form zu veröffentlichen und an alle Botaniker, die ihre Bereitwilligkeit zum Eintritte in die Gesellschaft erklärt hatten, zu versenden. Diesem Berichte sollten endlich, wie hier gleichfalls unter VI und VII geschieht, auch die Statuten und das Reglement der Gesellschaft angehängt werden. Berlin, den 11. December 1882. Der Vorstand der Deutschen Botanischen Gesellschaft. v1. Statuten der Deutschen Botanischen Gesellschaft. (In der constituirenden Versammlung in Eisenach am 16. und 17. September berathen und angenommen.) I. Zweck und Wirksamkeit. 8 1. Um die Entwicklung der Botanik zu fördern, ist eine Vereinigung der Deutschen Botaniker zu einem grossen collegialen Verbande unter dem Namen: „Deutsche Botanische Gesellschaft“ gebildet worden. S 2. Die Gesellschaft soll einen anregenden und wirksamen Mittelpunkt für die wissenschaftlichen Bestrebungen auf dem Gesammtgebiete der Botanık in Deutschland. bilden. 8 3. Sie veranstaltet, um diesen Zweck zu erreichen: 1. alljährlich eine Generalversammlung aller Mitglieder, thun- lichst abwechselnd in einer Stadt im Süden und Norden Deutschlands, 12 Statuten. 2. regelmässige wissenschaftliche Zusammenkünfte in ihrem Wohnsitze Berlin. SA. Die Gesellschaft soll ihre Wirksamkeit ausüben: 1. durch Herausgabe von regelmässig erscheinenden Berichten und von Abhandlungen, 2. durch Anregung und Unterstützung von Untersuchungen im Gebiete der Botanik, 3. durch Ernennung von Commissionen zur Berathung und Ausarbeitung wissenschaftlicher Aufgaben, die ein Zusammen- wirken Mehrerer zu ihrer Lösung verlangen, 4. durch Erforschung der Flora von Deutschland und ihrer Specialgebiete. 1I. Mitglieder. 8 5. Die Gesellschaft besteht aus: 1. Ehrenmitgliedern, 2. Correspondirenden Mitgliedern, 3. Ordentlichen Mitgliedern, 4. Ausserordentlichen Mitgliedern. 8 6. Zu Ehrenmitgliedern sollen der Regel nach nur ausländische Botaniker von anerkanntem wissenschaftlichen Verdienste ernannt wer- den, ausserdenn Gelehrte aus anderen Fächern und Männer in an- gesehener Stellung, die der Botanik wesentliche Dienste geleistet haben. — Die Zahl der Ehrenmitglieder darf 25 nicht überschreiten. 7. Zu Correspondgrenden Mitgliedern sollen der Regel nach gleichfalls nur ausländische Botaniker ernannt werden, von denen es wünschenswerth ist, dass sie mit der Gesellschaft in Verbindung stehen. — Ihre Zahl ist unbeschränkt. 8 8. Ordentliche Mitglieder können nur Personen sein, welche sich wissenschaftlich mit Botanik oder einer verwandten Disciplin beschäftigen. 89. Als Ausserordentliche Mitglieder treten diejenigen Personen ein, welche an den Arbeiten der Gesellschaft Interesse nehmen und dieselben durch ihre Mitwirkung fördern wollen. Statuten. 13 $ 10. Wer der Gesellschaft als Ordentliches oder Ausserordentliches Mitglied beizutreten wünscht, muss von zwei Mitgliedern dem Vor- stande vorgeschlagen werden. Die Namen des Gemeldeten und der Vorschlagenden werden vom Vorstande durch die ofhiciellen Berichte zur Kenntniss der Mitglieder gebracht. Wenn binnen drei Wochen kein Widerspruch erfolgt, so wird der Gremeldete durch die officiellen Berichte als Mitglied proclamirt. Etwaige Einwendungen sind inner- halb obiger Frist an den Vorstand zu richten, welcher über die Zu- lässigkeit derselben entscheidet. 8 11. Der jährliche Beitrag zu den Kosten der Gesellschaft beträgt: 1. für diejenigen Ordentlichen Mitglieder, welche in Berlin und den in einer Entfernung von weniger als 30 km von Berlin gelegenen Orten ansässig sind: # 20, . für die auswärtigen Ordentlichen Mitglieder: # 15, 3. für die Ausserordentlichen Mitglieder innerhalb und ausser- halb Berlins: #% 10. 4. Mitglieder, welche einen einmaligen Beitrag von # 300 zahlen, sind von den jährlichen Beiträgen befreit. 8 12. Das Stimmrecht bei den Wahlen und bei der Beschlussfassung über alle inneren geschäftlichen Angelegenheiten der Gesellschaft wird von den ÖOrdentlichen Mitgliedern ausgeübt, An allen wissenschaft- lichen und geschäftlichen Verhandlungen in den Sitzungen nehmen sämmtliche Mitglieder in gleicher Weise Theil. $ 13. Die Ehrenmitglieder, Ordentlichen und Ausserordentlichen Mit- glieder erhalten unentgeltlich die von der Gesellschaft publicirten Be- richte und Abhandlungen. 1) $ 1A. Die Gesellschaft ertheilt an ihre Mitglieder Diplome, welche die Unterschriften des Präsidenten und des Vorsitzenden ($ 16) tragen. III. Geschäftsführung. $ 15. Die Geschäftsführung der Gesellschaft liegt dem Vorstande ob, welchem ständige wissenschaftliche Commissionen und ein Ausschuss zur Seite stehen. — Bei Erledigung der Geschäfte wird der Vorstand durch einen besoldeten Beamten unterstützt. 14 Statuten. S 16. Der Vorstand besteht aus: 1. einem Präsidenten, welcher den Vorsitz ıı allen Sitzungen der Generalversammlung führt, 2. einem Stellvertreter des Präsidenten, 3. einem Vorsitzenden der regelmässigen wissenschaftlichen Sitzungen in Berlin, 4. zwei Stellvertretern desselben, 5. drei Schriftführern, 6. einem Schatzmeister. | $ 17. Als ständige wissenschaftliche Commissionen sollen gebil- det werden: 1. eine Redactionscommission, welche aus dem Vorsitzen- den der regelmässigen wissenschaftlichen Sitzungen in Berlin, den drei Schriftführern und drei gewählten Mitgliedern besteht, 2. eine Commission für die Flora von Deutschland. $ 18. Der Ausschuss besteht aus 15 Mitgliedern, von denen höchstens 5 ın Berlin wohnhaft sein dürfen. Demselben sollen alle wichtigen, an die Gesellschaft herantretenden Vorlagen zur Begutachtung vorgelegt werden. Eine Abstimmung über dieselben in der Gesellschaft ist erst nach Berichterstattung seitens des Präsidenten über die eingegangenen Gutachten der Ausschussmitglieder zulässig. IV. Wahlen. Ss.19. Wählbar zu Vorstandsmitgliedern sind nur die Ordentlichen Mit- glieder der Gesellschaft. — Wiederwahl ist zulässig. S 20. Der Präsident und sein Stellvertreter, sowie der Ausschuss und die Commission für die Flora von Deutschland werden in der alljähr- lich stattfindenden Generalversammlung gewählt. Die Wahl der übrigen Vorstandsmitglieder und der Mitglieder der Redactionscommission er- folgt in einer in Berlin abzuhaltenden Versammlung, welche der Vor- sitzende bald nach der Generalversammlung anberaumt. g 21. Die Wahlen des Präsidenten und seines Stellvertreters, des Aus- schusses und der Commission für die Flora von Deutschland erfolgen zu Anfang der Generalversammlung. Ihre Amtsdauer, sowie die Amts- Statuten. 15 dauer der in Berlin zu erwählenden Mitglieder des Vorstandes und der Redactionscommission erstreckt sich auf ein Jahr, vom 1. Januar nach der Generalversammlung an gerechnet. 8 22. Die Wahlen erfolgen durch Zettelabstimmung. Absolute Majo- rität der anwesenden Ordentlichen Mitglieder entscheidet. 8 23. Für die Giltigkeit der Wahlen ist die Anwesenheit von wenigstens 20 Ordentlichen Mitgliedern, unter denen mindestens 3 Vorstands- mitglieder sein müssen, nothwendig. Kommt eine dieser Bestimmung entsprechende Wahl nicht zu Stande, so behält der bestehende Vor- stand seine Function noch ein Jahr lang. Sollte ein Mitglied desselben sich weigern, diese Function nochmals zu übernehmen, so tritt Neu- wahl durch schriftliche Abstimmung ein, wobei absolute Majorität der eingesandten Stimmen entscheidet. $ 24. Die Wahl der Ehrenmitglieder und der Öorrespondirenden Mit- glieder findet nur auf der Generalversammlung statt, auf Grund von Vorschlägen, die bei Beginn der Versammlung dem Vorstande mit- getheilt sein müssen. Der Vorschlag bedarf der Unterstützung von 15 Mitgliedern und der schriftlichen Motivirung. Eine Discussion darüber ist ausgeschlossen. Die Wahl erfolgt nach den ın $ 22 fest- gesetzten Normen der Vorstandswahl. V. Generalversammlung. 8 25. Jede Generalversammlung bestimmt Ort und Zeit der nächsten Generalversammlung. VI. Statutenveränderungen. $ 26. Statutenveränderungen können nur durch Beschluss der General- versammlung mit Zweidrittel-Majorität erfolgen, wenn sie vom Vor- stande oder mindestens 15 Ordentlichen Mitgliedern beantragt sind. Diese Anträge müssen motivirt, spätestens drei Monate vor der Gene- ralversammlung eingereicht und spätestens zwei Monate vor der Gene- ralversammlung in den officiellen Berichten der Gesellschaft publi- cirt sein. 16 Statuten. VII. Austritt aus der Gesellschaft. 8 27. Der Austritt aus der Gesellschaft erfolgt auf ausdrückliche Erklä- rung oder infolge verweigerter Zahlung der Beiträge. $ 28. Sollte der Vorstand gegen das fernere Verbleiben eines Mitgliedes in der Gesellschaft erhebliche Bedenken tragen, so hat er nach Ver- ständigung mit dem Ausschusse das Recht, mit Zweidrittel-Majorität der schriftlich abzugebenden Stimmen des Vorstandes und des Ausschusses die Ausschliessung des betreffenden Mitgliedes auszusprechen. VIII. Auflösung der Gesellschaft. S 29 Die Auflösung kann nur erfolgen, wenn sie von mindestens 50 Or- dentlichen Mitgliedern beantragt ist, und der Antrag nach den für Statutenveränderungen giltigen Normen ($ 26) dem Vorstande und den Mitgliedern zur Kenntniss gebracht, und auf der Generalversammlung, wenn dieselbe mindestens 50 Ordentliche Mitglieder repräsentirt, durch Zweidrittel-Majorität angenommen ist. Dieser Beschluss bedarf der Ratification durch schriftliche Abstimmung sämmtlicher Mitglieder und wird erst perfect, wenn von den eingehenden Stimmen zwei Dritte] dafür sind. 8 30. Die Bestimmungen über die Verwendung des nach Ablösung aller Verpflichtungen verbleibenden Vermögens werden alsdann von derselben Generalversammlung mit absoluter. Stimmenmehrheit getroffen. Der Beschluss erlangt nach erfolgter Ratification der Auflösung Giltigkeit. Reglement. 17 VL. Reglement für die Geschäftsführung, die Versammlungen, die Publicationen und die Commissionen der Deutschen Botanischen Gesellschaft. (Der Entwurf unterliegt nach einem Beschlusse der constituirenden Versammlung in Eisenach vom 17. September 1882 der Genehmigung durch die nächste General- versammlung im September 1883 in Freiburg im Breisgau). A. Geschäftsführung. (Statuten $ 15—18.) I. Vorstand. 81. Der Vorstand hat alle auf die Gesellschaft bezüglichen Angelegen- heiten wahrzunehmen und deren statutenmässige Behandlung zu ver- anlassen. | Er repräsentirt die Gesellschaft nach Aussen. 82. Die Sitzungen des Vorstandes finden nach Bedürfniss statt und werden durch den Vorsitzenden anberaumt. Zu denselben sind sämmt- liche zur Zeit in Berlin anwesende Mitglieder des Vorstandes einzuladen. $ 3. Der schriftlich geäusserte Wunsch dreier Mitglieder, welche dem Vorstande, dem Ausschusse oder den wissenschaftlichen Commissionen angehören, verpflichtet den Vorsitzenden, innerhalb 8 Tagen nach Empfang des Antrages eine Sitzung des Vorstandes anzuberaumen. S 4. Der Vorstand ist bei Anwesenheit von 4 Mitgliedern beschlussfähig und fasst seine Beschlüsse mit absoluter Majorität. Bei Stimmengleich- heit entscheidet der Vorsitzende. 89. Vorsitz. Wenn weder der Präsident noch der Vicepräsident in der Generalversammlung, oder weder der Vorsitzende noch einer seiner Stellvertreter in den regelmässigen wissenschaftlichen Sitzungen in Berlin anwesend sind, so übernimmt ein anderes Vorstandsmitglied den Vorsitz. II. Schriftführer. 8 6. Die Functionen der Schriftführer sind: a) Erledigung der Correspondenz, b) Führung der Protocolle und 2 D.Botan.Ges.1 18 Reglement. c) Besorgung der Drucklegung derselben nach Genehmigung durch den Vorsitzenden, d) Führung der Mitgliederliste, e) Besorgung der Drucklegung der Berichte und Abhandlungen, f) Verlesung der eingelaufenen Mittheilungen. III. Schatzmeister. 7. Der Schatzmeister verwaltet das Vermögen der Gesellschaft und versieht alle auf die Einnahmen und Ausgaben bezüglichen Geschäfte. Für seine Geschäftsführung ıst er dem Vorstande verantwortlich. 88. Etat. Alljährlich bis Ende Juni hat der Schatzmeister den Etat des laufenden und den Rechnungsabschluss des vorhergehenden Jahres aufzustellen. Die Revision erfolgt durch zwei vom Vorstande zu er- nennende Revisoren, die ihrerseits das Ergebniss ihrer Prüfung bis Ende Juli dem Vorsitzenden mitzutheilen haben. 89. Der revidirte Rechnungsabschluss für das vorhergehende und der Etatsentwurf für das laufende Jahr werden vom Schatzmeister selbst oder in seiner Verhinderung von einem anderen Mitgliede des Vor- standes in der nächstfolgenden Generalversammlung vorgelegt. Nach erfolgter Decharge resp. Genehmigung durch die Versammlung werden beide in dem Berichte über dıe Generalversammlung veröffentlicht. 8 10. Jahresbeiträge. Dieselben sind im Januar jeden Jahres, von den im Laufe des Jahres neu aufgenommenen Mitgliedern innerhalb vier Wochen nach erfolgter Aufnahme zu leisten. Die Berichte und die sonstigen Publicationen der Gesellschaft dürfen den Mitgliedern erst nach erfolgter Zahlung der Jahresbeiträge zugehen. 811. Rückständige Beiträge ist der Schatzmeister befugt, vom 1. April an einzumahnen event. vom 1. Mai an auf Kosten der Säumigen durch Postnachnahme zu erheben. Verweigerung der Zahlung wird als Austrittserklärung betrachtet. IV. Redactionscommission. $ 12. Die Redactionscommission prüft die für die Berichte und, Abhand- lungen einlaufenden Beiträge und entscheidet über die Annahme resp. Ablehnung derselben. V. $ecretär. 813. Der besoldete Beamte, Secretär der Gesellschaft, (Statuten $ 15) wird vom Vorstande auf | Jahr erwählt und verpflichtet. Ihm liegt die Reglement. 19 Ausführung derjenigen Geschäfte der Gesellschaft ob, welche ihm vom Vorstande übertragen werden, B. Versammlungen. (Statuten $ 3.) $ 14. Die Generalversammlung findet alljährlich an dem von der vorhergehenden Versammlung bestimmten Ort und zu der von ihr fest- gesetzten Zeit statt. (Statuten & 25.) 8 15. In der Generalversammlung kommen in nachbenannter Reihenfolge zur Erledigung: a) Der Jahresbericht durch den Präsidenten. b) Rechnungsabschluss und Etat (vgl. $8 und 9). c) Die nach $ 20 der Statuten vorzunehmenden Neuwahlen. d) Etwaige Wahlen von Ehrenmitgliedern und correspondirenden Mitgliedern (Statuten $ 24). e) Die während des vorhergehenden Jahres an die Gesellschaft :herangetretenen geschäftlichen Mittheilungen und Anträge, welche einen Beschluss der Gesellschaft durch Abstimmung bedürfen. Dieselben sind in einem der Generalversammlung vorher- gehenden Sitzungsberichte durch den Vorstand zur Kenntniss der Mitglieder zu bringen, — wenn nicht ein früherer Publications- termin in den Statuten festgesetzt ist (Statuten $ 26 und 29), spätestens einen Monat vor der Generalversammlung. f) Die geschäftlichen Angelegenheiten, welche aus der Mitte der Versammlung in Anregung gebracht werden. Diese sind dem Präsidenten vor der Sitzung anzukündigen. g) Die wissenschaftlichen Mittheilungen von Mitgliedern oder an- deren Gelehrten. Diese können mündlich gemacht oder schriftlich eingereicht werden; im letzteren Falle gelangen sie durch die Schriftführer, eventuell durch ein vom Autor bezeichnetes Mit- glied der Versammlung zum Vortrag. h) Wahl des Ortes und der Zeit für die nächste Generalversamm- lung (Statuten $ 25). $ 16. Die regelmässigen wissenschaftlichen Sitzungen in Berlin finden am letzten Freitag in jedem Monat statt, fallen jedoch in den Monaten August und September aus. Sie sind für wissenschaftliche Mittheilungen jeder Art, auch solche, die nicht zur Publication in den Berichten gelangen sollen, bestimmt; desgleichen für solche geschäftliche Mittheilungen, die keinen Beschluss der Gesellschaft durch Abstimmung verlangen. 20 Reglement. C. Publieationen. (Statuten $ 4, 1). Diese sind: I. Berichte über die regelmässigen wissenschaftlichen Sitzungen in Berlin (vgl. $ 16). 8 17. Die Berichte sollen regelmässig 3 Wochen nach der Sitzung zur Versendung an die Mitglieder gelangen. $ 18. Geschäftliche Mittheilungen. Von denselben sind diejenigen, die einen Beschluss der Gesellschaft durch Abstimmung verlangen, in den Berichten nach den Bestimmungen des $ 15e zur Veröffentlichung zu bringen. Ueber die Aufnahme anderweitiger geschäftlicher Mitthei- lungen in die Berichte hat der Vorsitzende zu befinden. gg. Wissenschaftliche Mittheilungen. Die zur Publication in den Berichten bestimmten wissenschaftlichen Mittheilungen dürfen der Regel nach den Umfang von 8 Druckseiten nicht überschreiten und sind mit dem Datum des Einganges zu versehen. Sie müssen spätestens 8 Tage vor der Sitzung, in deren Bericht sie erscheinen sollen, vollständig druckreif im Manuscript dem Vor- sitzenden eingereicht werden. Dies gilt auch für die Manuscripte zu den Mittheilungen und Vorträgen der persönlich in der Sitzung anwesenden Mitglieder. 8 20. Die eingegangenen Manuscripte vertheilt der Vorsitzende nach seinem Ermessen an die Mitglieder der Redactionscommission, welche verpflichtet sind, noch vor der Sitzung, für welche das Manuscript be- stimmt ist, dem Vorsitzenden Bericht zu erstatten, ob dasselbe unbean- standet publicirt werden kann. 8 21. Die unbeanstandeten Manuscripte gelangen sodann ohne Verzug entweder durch den Autor selbst, oder durch ein von diesem designirtes Mitglied der Gesellschaft zum Vortrag, oder werden, falls der Autor hierüber keine Bestimmung getroffen hat, von einem der Schriftführer verlesen. Ihre Publication erfolgt in dem Berichte der betreffenden Sitzung, sofern nicht etwa in dieser selbst ihre Veröffentlichung durch Majoritäts- beschluss der anwesenden Mitglieder noch beanstandet wird. Eine Verzögerung der Publication einer Abhandlung darf nur ein- treten, wenn die künstlerische Herstellung beigegebener Abbildungen in Reglement. 2 der vorgeschriebenen Zeit von 3 Wochen nicht ausführbar ist. Die Ab- bildungen werden sodann entweder nachgeliefert, oder die ganze Ab- handlung erscheint in einem nächstfolgenden Hefte der Berichte. 8 22. Die beanstandeten Manuscripte gehen an die Redactionscommission, welche bis zur nächstfolgenden wissenschaftlichen Sitzung über ihre Annahme oder Ablehnung entscheidet und sich thunlichst mit dem Autor über die beanstandeten Punkte vorher zu verständigen sucht. Ist die Beanstandung im Sinne der Annahme erledigt, so gelangt das Manuscript in der nächstfolgenden Sitzung zur Verlesung und zur Publication in den Berichten. Ist die Ablehnung beschlossen, so wird das Manuscript mit der betreffenden Notiz unverzüglich an den Autor zurückgesandt. Il. Berichte über die Generalversammlungen. 8 23. Der Bericht über die Generalversammlung soll ein vollständiges Bild der Verhandlungen nach den Protocollen gewähren. Ausgeschlossen sind nur diejenigen geschäftlichen und wissenschaftlichen Mittheilungen, denen die Versammlung die Aufnahme ausdrücklich durch Majoritäts- beschluss versagt. 8 24. Der Bericht über die Generalversammlung wird ein besonders pagi- nirtes Heft bilden, welches in Form und Druck in Uebereinstimmung mit den Sitzungsberichten spätestens 3 Monate nach der Generalversamm- lung zur Ausgabe gelangt. Die Drucklegung desselben erfolgt nach Genehmigung des Prä- sidenten durch die Schriftführer in Berlin. 8 25. Die für die Veröffentlichung in diesem Berichte bestimmten wissen- schaftlichen Mittheilungen dürfen gleichfalls in der Regel den Umfang von 8 Druckseiten nicht überschreiten und müssen, soll ihre Aufnahme in dem Berichte erfolgen, spätestens einen Monat nach der General- versammlung dem Präsidenten vollständig druckreif im Manuscript überreicht werden. 8 26. Die Protocolle über die Verhandlungen in der Generalversammlung führen die Schriftführer, eventuell der Secretär oder gewählte Protocoll- führer. Sie haben die Protocolle in druckreife Form zu bringen und das Manuscript derselben spätestens einen Monat nach der General- versammlung dem Präsidenten einzusenden. 8 27, Die eingesandten Manuscripte dieser Protocolle, sowie die der wissenschaftlichen Mittheilungen werden von dem Präsidenten baldthun- 22 Reglement. lichst, spätestens aber 8 Tage nach ihrem Eingange, mit seinem Visum versehen zum Druck an den ersten Schriftführer in Berlin eingeschickt. III. Abhandlungen. 8 28. Je nach Bedürfniss und, wenn die Mittel nicht durclı anderweitige wissenschaftliche Aufgaben und Unternehmungen in Anspruch genommen werden, sollen von der Gesellschaft auch grössere, werthvolle Abhand- lungen ihrer Mitglieder oder anderer ihr nicht angehörigen Botaniker auf ihre Kosten gedruckt werden. Diese Abhandlungen erscheinen selbständig in gesonderter Ausgabe, in zwanglosen Heften in Gross-Quart. Ueber den Druck jeder Abhandlung beschliesst der Berliner Vor- stand gemeinsam mit der Redactions-Uommission. IV. Separata. 8 29 Von allen Publicationen erhält der Autor auf Wunsch 25 Separata gratis. Nach Abkommen mit dem Verleger werden dieselben im All- gemeinen ohne besondere Pagination und ohne Umbrechen des Lettern- satzes geliefert. Jedoch können die Autoren auf ihren Wunsch, wenn dies ausdrücklich auf dem Manuscript verinerkt ist, gegen Erstattung der Herstellungskosten eine grössere Anzahl von Sonderabdrücken und je nach ihrem Belieben dieselben auch umgebrochen und besonders paginirt erhalten. D. Förderung wissenschaftlicher Unternehmungen, (Statuten $ 4, 2, 3). $ 30. Die Ernennung von Commissionen zur Berathung und Ausarbeitung wissenschaftlicher Aufgaben ist dem Ermessen des Vorstandes und Aus- schusses anheimgegeben. 831. Die Commission für die Flora von Deutschland und die sonst ge- bildeten wissenschaftlichen Commissionen ordnen ihre Geschäftsführung selbständig. Ihre Beschlüsse unterliegen, soweit sie Mittel der Gesellschaft in Anspruch nehmen, der Grenehmigung durch den Vorstand und Ausschuss. 8 82. Die in $ 4, 2. der Statuten erwähnte Anregung und Unterstützung von Untersuchungen kann von jedem einzelnen Mitgliede beim Vorstande beantragt werden. Ueber die Anträge entscheidet der Vorstand ge- meinsam mit dem Ausschusse mit einfacher Majorität. nn nn Mitgliederliste. 23 Sitzung vom 26. Januar 1883. Vorsitzender: Herr S. Schwendener. Der Vorsitzende eröffnet die erste wissenschaftliche Sitzung der deutschen botanischen Gesellschaft durch herzliche Begrüssungsworte an die Anwesenden. Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren: Osmar Thüme, Oberlehrer in Dresden (durch Drude u. Ascherson). Georg Schneider, Pharmaceut in Nauen (durch Eichler u. Ascherson). Dr. Robert Müncke in Berlin (durch Frank u. Tschirch). Hänsch, Optiker und Mechaniker in Berlin (durch Frank u. Tschirch). Winter, Apotheker in Gerolstein (Rheinprss.) (durch Orth u. Wittmack). 0.v.Seemen, Rittmeister a.D. in Berlin (durch Magnus u. Schwendener). Dr. Conwentz, Direktor des Westpreussischen Provinzialvereins in Danzig (durch Schwendener u. Kny). Dr. Albrecht Zimmermann in Berlin (durch Schwendener u. Pringsheim). Dr. Alfred Fischer, Privatdocent in Leipzig (durch Pringsheim und Schwendener). _ Dr. Winter in Zürich-Hottingen (durch Frank u. Magnus). Dr. Moritz Staub, in Budapest (durch F. Kurtz u. Ascherson). Professor Dr. Hegelmaier in Tübingen (durch Schwendener und Pringsheim). ; Als ausserordentliches Mitglied ist vorgeschlagen: Herr R. Erfurth, Seminarlehrer und Hofcantor in Weimar (durch Witt- mack u. Tschirch). Liste der Mitglieder der Deutschen Botanischen Gesellschaft. (Geschlossen am 31. Januar 1881.) 0° Berichtigungen fehlerhafter Adressen nimmt mit Dank entgegen, Otto Müller, Schatzmeister. Die ausserordentlichen Mitglieder sind mit * bezeichnet. Ambronn, H., Dr. in Leipzig. Botanischer Garten. Andr&e, Ad., Apotheker in Münder a. Deister. Arndt, C., Oberlehrer in Bützow ı. M. 24 Mitgliederliste. Artzt, A., Königl. Sächsischer Vermessungs-Ingenieur in Plauen i. Voigtl. Ascherson, P., Professor Dr. in Berlin SW., Körnerstr. 8. Bachmann, E., Dr., Realschul-Oberlehrer in Plauen i. Voigtl., Jägerstr. 10. *Bachmann, Fr., Dr. in Berlin SW., Hallesches Ufer 25. Bäumler, J. A., in Pressburg, Dürrmanthorgasse 26. Beckmann, Apotheker in Bassum (Bremen). Behrens, W. J., Dr. in Göttingen. Beinling, E., Dr. in Karlsruhe i. Baden, Rüppurerstr. 20. Benecke, Dr. in Basel, Freiestr. 69. | Berthold, G., Dr. in Göttingen. Bey, de, Dr. in Aachen. *Beyer, R., Bealgymnasiallehrer i in Berlin S., Trolfeen Ufer 1a. Boeckeler, in Varel i. Oldenburg. Boehm, Jos., Professor, Dr. in Wien, Josephstadt, Anitergasse 17. Braungart, R., Prof., Dr. in Weihenstephan. Freising i. Bayern. Buchenau, F., Professor, Dr., Director der Realschule in Bremen. Burgerstein, A., Dr. in Wien, Höstgasse Nr. 15. *Busch, A., Lehrer in Lieberose. Buser, R., ın Aarau. Graben 217. Caspary, Rob., Prof., Dr. in Königsberg i. Pr. Cohn, Ferd., Prof., Dr. in Breslau. Conwentz, Dr., Director des Westpreuss. Provinzial-Museums in Danzig. Cramer, C., Professor in Zürich, Stadelhofen, Adlerburg. Dammer, Udo, Dr. in St. Petersburg. Botanischer Garten. *Demmiler, Ad., Handelsgärtnereibesitzer in Friedrichsfelde bei Berlin. Detmer, W., Professor in Jena. *Diercke, Seminardirector in Stade. Dreisch, Dr. in Poppelsdorf bei Bonn. Droysen, K. Dr. in Geisenheim a. Rh. Dufft, C. in Rudolstadt. *Ebermayer, E., Prof., Dr. in München. | *Eggers, Ed., Verlagsbuchhändler in Berlin SW., Wilhelmstr. 122. Eichler, A., W., Prof., Dr. in Berlin W., Wilmersdorfer Weg, Botanisches Engler, Prof., Dr. in Kiel, Reventlow Allee 4. [Museum. Entleutner, A., F., Prof., Dr. in Weyarn bei Miesbach in Bayern, jetzt Meran, Villa Schnitzer. *Felsmann, C., Dr., Arzt in Dittmannsdorf, Post Reussendorf, Schlesien. Focke, W. 0. Dr. in Bremen. Steinern. Kreuz 2a. Frank, B. Prof., Dr. in Berlin N., Philippstr. 8. *Frenzel, W. in Bonn. “u Ir Wer De ee Ze > 2 5 ud u ae ee nn Anrede re Mitgliederliste. | 35 *Freschke, W, Schlossgärtner in Lübbenau. Freyn, J., in Prag, III, Karmelitergasse 21. Garcke, Aug., Prof., Dr. in Berlin SW., Friedrichstr. 227. *Geheeb, A., Apotheker in Geisa. Goeppert, H., R. Prof, Dr. Geh. Medicinalrath und Director des botan. Gartens in Breslau. *Goll W., Pfarrer in Bätzingen bei Eichstetten. Griewank, Dr., Medicinalrath ın Bützow ı. M. Gürke, M., cand., phil. in Görlitz, Moltkestr. 23. II. Hanausek T., F., Prof., Dr. an der Landes Ober-Realschule in Krems an der Donau. Nieder-Oesterreich. Hartwich, Apotheker in Tangermünde. *Haskarl, J. K., Dr. ın Oleve. Hauck, F., in Triest, Via Rossetti 229. *Hechel, Wilh., in Friedrichroda in Thüringen. Heinricher, Em., Dr., Privatdocent in Graz. Herpell, Gust. in St. Goar. *Heyfelder, Herm., Verlagsbuchhändler in Berlin SW., Dessauerstr. 35. *Hinrichsen, N., Gymnasiallehrer in Schleswig. *Hoffmann, Ferd., stud. phil. in Charlottenburg, Kanalstr. 14. Hoehnel, von, Dr. in Wien, Technikerstr. 13. Hohenbühel-Hanfler, Baron Ludwig, zu Rasen-Altenzell bei Hall (Tirol). Holzner, G., Prof., Dr. in Weihenstephan bei Freising in Bayern. *Horn, Paul, in Waren. Huth, E., Dr. in Frankfurt a. Oder. Jack, J. B., Apotheker in Constanz. Jacobsthal, E., Professor in Charlottenburg bei Berlin, Marchstr. 5. "Jaeger, Hofgarteninspector in Eisenach. Jentsch, Dr. in Grabow a. Oder. Johow, Fr., Dr. in Bonn, Schloss Poppelsdorf. Just, L., Prof., Dr. am Polytechnicum in Karlsruhe in Baden. Karsch, Prof., Dr., Medicinalrath in Münster in Westfalen. Kienitz-Gerloff, Dr. in Weilburg a.d.L. *Kinzel, W., Pharmaceut in Frankfurt a. Oder. Klebs, Georg, Dr. in Tübingen. Botanisches Institut. Kny, L., Prof., Dr. in Berlin, W., Keithstr. 8. Koch, L., Prof., Dr. in Heidelberg, Sophienstr. 9. Koehne, E., Dr., Oberlehrer in Berlin W., Goebenstr. 31. Kraus, Dr. in Triesdorf, Mittelfranken. Krause, Ernst, H.,L., Dr., Marine - Assistenz- Arzt II. Cl. in Kiel. Krumbholtz, F., Apotheker in Potsdam. 26 Mitgliederliste. *Lajos, Richter in Budapest, Maria Valeria-Gasse 4. Lakowitz, Dr. in Breslau, Botanischer Garten. *Liebeherr, von, General-Major a. D. in Havelberg. * Lucas, Carl, Mittelschullehrer in Charlottenburg, Spreestrasse 24. Ludwig, F., Dr. Gymnasial-Oberlehrer in Greiz, Leonhardsberg 1386. Luerssen, Chr., Dr., Docent und Custos des Herbariums der Universität in Leipzig, Braustr. 6b. Magnus, Paul, Prof., Dr. in Berlin W., Bellevuestr. 8. Matz, Dr., Assistenz-Arzt im Garde Husaren Regiment in Potsdam. Burgstr. 29. Melsheimer, Mariellus, Oberförster in Linz a. Rhein, *Meyn, Lithograph ın Berlin S., Wasserthorstr. 46. Mikosch, C., Prof., Dr. an der Staatsrealschule in Währing bei Wien. *Milde, Paul, Maler in Wohlau in Schlesien. Minks, A., Dr. in Stettin, gr. Domstr. 21. Molisch, Hans, Dr. in Wien IX., Türkenstr. 3. *Möller, J., D., Praeparator für Mikroskopie in Wedel ın Holstein. Müller, Carl, cand. prob. in Berlin S., Jacobikirchstr. 9. II. Müller, Herm., Dr., Oberlehrer in Lippstadt. Müller, Otto, Verlagsbuchhändler in Berlin W., Wilhelmstr. 91. *Naumann, Dr. in Gera, Reuss j. L. *Neumann, E., Dr., Gymnasiallehrer in Neu-Ruppin. Nobbe, F., Professor, Dr. in Tharand. Noeldecke, C., Ober- Appellations-Gerichts-Rath in Celle. Orth, A., Professor, Dr. in Berlin W., Wilhelmstr. 43. *Peck, F., Landgerichts- Präsident in Schweidnitz. Pfeffer, W., Professor, Dr. in Tübingen. Pfitzer, E., Professor, Dr. in Heidelberg. *Polak, Karl, in Prag, Wladislawgasse 21. Potonie, H., Assistent am botanischen Garten in Berlin NW., Dorotheen- strasse 42. Prantl, K., Professor, Dr. ın Aschaffenburg. Pringsheim, N., Professor, Dr. in Berlin W., Bendlerstr. 31. Progel, Dr., Königlicher Bezirksarzt ın Waldmünchen, Oberpfalz. Radikofer, L., Professor, Dr. in München, Sonnenstr. 7. Reichardt, H. W., Professor, Dr. in Wien, Traungasse 4. Reinke, Professor, Dr. in Göttingen. Reinhardt, M. Otto, stud. in Berlin N., Schönhauser Allee 186. *Rettig in Krakau. Botanischer Garten. Richter, Paul, Lehrer in Leipzig, Aeussere Hospitalstr. 6. Mitgliederliste. 937 *Ritschl, Rechtsanwalt ın Stargardt ı. Pommern. Robel, E., Dr., Realgymnasial-Lehrer in Berlin S., Brandenburgstr. 28. Roth, E., Hilfsarbeiter am Königlichen Botanischen Museum in Berlin W., Potsdamerstr. 113, Villa II. *Russow, E., Professor, Dr. in Dorpat. Ruthe, R., Kreisthierarzt in Swinemünde. *Scharlok, Apotheker in Graudenz. *Schemmann, W., Fachlehrer in Annen i. Westfalen. *Schmidt, J. A., Professor in Ham bei Hamburg. Schmitz, F., Professor, Dr. in Bonn, Weberstr. 86. Schneider, Pharmaceut in Nauen. Schnetzler, J. B., Professor in Lausanne. Schrader, Jul., Dr. in Berlin W., Matthäikirchstr. 21. "Schütz, Herm., Lehrer in Lenzen a. d. Elbe. Schulze, Max, Apotheker in Jena. Schwarz, Frank, Dr., Assısteni am Botanischen Institut in Tübingen. Schwendener, $., Professor, Dr. in Berlin W., Matthäikirchstr. 28. Seehaus, C. A., in Stettin, Grünhof I A. Sennholz, G., in Bockenheim bei Frankfurt a. M., Schlossstr. 42. Singer, Professor, Dr., Director des Botanischen Gartens und Redacteur der Flora in Regensburg. Solms-Laubach, Graf zu, Professor in Göttingen. Spieker, Th., Professor, Dr. in Potsdam. Spiessen, Freiherr von, Königl. Oberförster in Usingen i. Nassau. Stahl, Ernst, Professor, Dr. in Jena. *Staritz, R., in Pulsnitz. Steinbrinck, Dr., Gymnasiallehrer in Hamm i. Westfalen. Steinvorth, H., Dr., Oberlehrer in Lüneburg. Strasburger, Professor, Dr. in Bonn. *Strauss, H. C., Gärtner am Botanischen Garten in Berlin W., Potsdamer- strasse. Botanischer Garten. Sulzer, L., Dr., Arzt in Berlin W., Lützowstr. 88. Tangl, Ed., Professor, Dr. in Czernowitz, Oesterreich. Thomas, Fr., Professor und Oberlehrer an der Herzoglichen Realschule in Ohrdruf. * Timm, C. T., in Altona, Adolfstr. 42. Toepffer, Ad., in Brandenburg a. d. Havel. Treichel, A., Rittergutsbesitzer in Hoch-Paleschken bei Alt-Kischau in Westpreussen. Tschirch, A., Dr., Assistent am pflanzenphysiolog. Institut in Berlin N., Invalidenstr. 36. 28 Mitgliederliste. *Uechtritz, R. von, Professor, Dr. in Breslau, Klosterstr. 84. Urban, J., Dr., Assistent am Botanischen Garten in Berlin W., Grune- waldstr. 19. Vigener, A., Hof- Apotheker in Biebrich a. Rhein. Vöchting, H., Professor, Dr. in Basel. Volkens, Grg., Dr. in Berlin N., Friedrichstr. 133. Wahnschaff, Th., Dr. in Hamburg, Rabenstr. 15. Westermaier, M., Dr., Privatdocent, Assistent am Botanischen Institut in Berlin ©. Botanisches Institut. Wiesenthal, Paul, Fabrikant in Mühlhausen i. Thüringen. Wiesner, Jul., Professor, Dr. in Wien IX, Türkenstr. 3. Wilhelm, K., Dr., Privatdocent an der K. K. Hochschule für Bodencultur in Wien VIII, Reitergasse 17. Willkomm, M., Dr., K. K. Universitäts-Professor in Smichow, Prag. Winckler, Geheimer Kriegsrath a. D. in Berlin W., Schillstr. 17. Wirthgen, Ferd., Apotheker in St. Johann a. d. Saar. Wittmack, L., Professor, Dr. in Berlin N., Invalidenstr. 42. Wuensche, Otto, Dr. in Zwickau i. Sachsen. | Wunschmann, Dr., Gymnasiallehrer in Berlin N., Templinerstr. 10. Zabel, H., Gartenmeister in Hann. Münden. Zacharias, E., Professor, Dr. in Strassburg i. Elsass. Zeiss, Professor in Landshut i. Bayern. Zimmermann, 0. E. R., Dr., Oberlehrer an der Realschule in Chemnitz. Mittheilungen. B. Frank: Ueber einige neue und weniger bekannte Pflanzenkrankheiten. Vorläufige Mittheilung. Eingegangen am 11. Januar 1883. 1. Fusicladium tremulae n. sp. Eine bis jetzt noch nicht bekannte Krankheit der Zitterpappel (Populus tremula) beobachtete ich in der Nähe Berlins in einem alten Kiefernbestande, in welchem Zitterpappel als Unterholz steht. Im Früh- linge, nach vollständiger Belaubung, erschienen beinahe an allen Pflan- zen die Blätter in mehr oder weniger grosser Anzahl, besonders die jüngeren gegen die Spitzen der Triebe zu stehenden, verdorben, ungefähr so wie nach einem Spätfroste: schwarz oder dunkelbraun oder grau, faltig zusammengeschrumpft, vertrocknet, und zwar theils total, theils nur stückweise, besonders von der Spitze oder auch wohl vom Rande aus. Die Triebe verlieren dadurch viele Blätter, manche sterben auch von den Spitzen herein, andere total ab. Die Pflanzen machten dann im Sommer vielfach einen zweiten Trieb, an welchem Anfang August dieselbe Erkrankung sich wiederum einstellte. Die Ursache ist ein, soviel mir bekannt, noch nicht beschriebener Pilz. Sein Mycelium durchwuchert reichlich das ganze Mesophyll der erkrankten Blattstelle und tödtet rasch die ergriffenen Gewebepartien. Von den Mycelhyphen aus dringen Zweige vorwiegend rechtwinklig zur Blattfläche gerichtet in die Epidermis, meist einer dicht am anderen, und bilden in der letzteren durch festes Aneinanderlegen und Verflech- ten eine fast pseudoparenchymatische Schicht, durch welche die Epider- misstructur völlig verschwindet. Von derselben aus richten sich zahl- reiche kurze, einfache Basidien nach aussen und schnüren an ihrer Spitze eine braune spindelförmige dreizellige Conidie ab. Diese Sporenbildung ist nicht auf bestimmt begrenzte Punkte lokalisirt, son- dern erstreckt sich mehr oder weniger zusammenhängend über die ganze Oberfläche der befallenen Blattstelle.e Der Pilz gehört hiernach in die Formgattung Fusicladium. Durch das Conidienlager, welches so- wohl aus der Oberseite, wie aus der Unterseite des Blattes hervorbricht, erhält die kranke Stelle einen bräunlich-olivengrünen Ueberzug, von 30 B. Frank: welchem man mittelst eines feuchten Pinsels Massen von Conidien ab- wischen kann. Die Conidien keimen auf Wassertropfen leicht in 1--2 Tagen, in- dem gewöhnlich eine oder beide Endzellen, seltener die mittlere Zelle einen farblosen langen, fadenförmigen Keimschlauch treiben, an welchem nichts besonderes zu bemerken ist. Eine andere Beschaffenheit zeigt der Keimschlauch, wenn die Keimung auf der Oberfläche gesunder Zitterpappelblätter stattfindet. Hier erreicht er durchschnittlich geringere Länge und bildet an seinem Ende, vorwiegend gerade über der Grenz- wand zweier Epidermiszellen, eine Anschwellung, welche mit flacher Basıs der Cuticula dicht aufliegt. Am äussersten Ende der An- schwellung kann der Keimschlauch weiter wachsen, um nach aber- maligem kurzen Verlauf dieselbe Bildung anzunehmen, was mehrmals sich wiederholen kann. Keimschlauch und Anschwellungen bleiben farblos, bei einzelnen Sporen bräunen sich beide nach einigen Tagen, ähnlich wie die Spore. Ausnahmslos befindet sich an der der Cuticula anliegenden Basalfläche jeder Anschwellung ein deutlicher Porus, bei den über einer Scheidewand angelegten Anschwellungen zwei Poren, je einer über jeder Zelle. Es sind die Punkte des Eindringens des Pilzes, indem von dort aus ein in die Epidermiszelle sich bohrender und dort sich vergrössernder Schlauch getrieben wird. Die An- schwellungen der Keimschläuche sind hiernach Organe, von bestimmter Function, welche offenbar das Eindringen des Parasiten vorbereiten und auch nur auf der Nährpflanze gebildet zu werden scheinen. Sie mögen daher als Appressorien oder Haftorgane bezeichnet werden. Die Krankheit wird hiernach durch die sehr leicht keimenden und in grossen Massen sich bildenden Conidien von Blatt zu Blatt über- tragen, und das junge noch nicht erhärtete Blatt ist am meisten der Infection ausgesetzt. Da man am Frühjahrslaube neben völlig ver- dorbenen Blättern alle Stadien beginnender Erkrankung beobachtet, und der Pılz auch am zweiten Triebe wieder erscheint, so wird er sicher mehrere Generationen in einem Sommer zu bilden vermögen. Ob er ausser dem Conidienzustand noch andere Fructifikationen erzeugen kann, bleibt dahin gestellt. Die auf den Blättern entstandenen Conidıen können nur zur Vermehrung des Pilzes in demselben Sommer dienen; denn trocken aufbewahrte sind schon Anfang Januar nicht mehr keim- fähig und augenscheinlich todt. Das Wiedererscheinen des Pilzes im Frühlinge dürfte aber durch meine Beobachtung erklärlich werden, dass derselbe ausser auf den Blättern auch auf den diesjährigen Zweigen sich ansiedeln und Conidienlager bilden kann, besonders in der Nähe der Blattbasis, von wo aus also Conidien leicht nach der Knospe und dem daraus erwachsenden neuen Triebe gelangen könnten. Ueber einige neue und weniger bekannte Pflanzenkrankheiten. 31 2. Gloeosporium Lindemuthianum Sacc. & Magnus. Gegenwärtig ist auf den Gartenbohnen (Phaseolus vulgaris), und zwar auf Stockbohnen wie Stangenbohnen, eine Epidemie ausgebrochen, welche als eine Fleckenkrankheit auf den unreifen grünen Bohnen auftritt und diesem wichtigen Gartenproduct, besonders im letzten Jahre viel geschadet hat. Der Parasit, welcher diese Krankheit verursacht, wurde zuerst von Lindemuth in Poppelsdorf 1875 beob- achtet und von Saccardo (Michelia I, 1878, pag. 129) mit obigem Namen belegt. Es mag hier nicht näher eingegangen werden auf sta- tistische Notizen über die allmälige Ausbreitung der Krankheit, welche erst im Jahre 1882 gleichzeitig in verschiedenen Gegenden in sehr em- pfindlicher Weise zum Ausbruch gekommen ist. In demselben Sommer sind auch die Untersuchungen angestellt worden, deren wesentliche Re- sultate folgende sind. Die Krankheit zeigt sich an den unreifen grünen Bohnenfrüchten von etwa halbwüchsiger bis zu erwachsener Grösse, und zwar in Form brauner eingesunkener, von einem etwas wulstigen Rande begrenzter Flecken, die oft als kleine braune Pünktchen beginnen und bis zul cm Durchmesser und darüber sich vergrössern, wobei sie meist ungefähr kreisförmigen Umriss behalten oder auch ausgezackte Ränder bekommen. Das Absterben und die Bräunung des Gewebes geht sehr häufig durch die ganze Fruchtwand hindurch, und wenn sie gerade auf einen Samen trifft, wird auch dieser auf der Schale gebräunt, und wenn er noch jung und unausgebildet ist, gänzlich zerstört. In feuchter Umgebung, also bei Regen, an versteckt oder unmittelbar auf dem Boden hängen- den Bohnen etc. wird die Fäulniss der getödteten Flecken befördert. Die Bohnen werden dadurch unansehnlich, unbrauchbar oder gänzlich ver- dorben. In der Epidermis der kranken Stellen wuchern, indem sie die Höhlen sämmtlicher Zellen erfüllen und quer durch die Seitenwände von einer Zelle zur andern dringen, regellos geschlängelte, dicke, durch zahlreiche Querwände in kurze Zellen gegliederte, farblose oder braune Mycelium- fäden. Von ihnen aus dringen vielfach Zweige in vorwiegend radialer Richtung in das darunter liegende Gewebe, hier ebenfalls Lumen und Membranen der Zellen quer durchsetzend. Soweit das Mycelium reicht, erfolgt Bräunung des Gewebes; dabei sieht man die vom Myce- lium soeben erst befallenen Partien noch farblos und lebendig; die Erkrankung ist das Secundäre. Schon frühzeitig, noch bevor der Pilz eine völlige Zerstörung des Gewebes hervorgerufen, werden in der Epidermis an vielen isolirten Punkten die Gloeosporiumfrüchte angelegt. Sie erscheinen dem blossen Auge als zahlreiche, sehr dicht stehende schwärzliche Pünktchen, oder, wenn Sporentröpfchen aus ihnen enileert werden, als ebensolche lichtgraue Pustelchen. Letztere sind Häufchen 32 B. Frank: in Schleim gehüllter zahlloser Sporen, welche sehr leicht durch hinzu- tretendes Wasser fortgeführt und verbreitet werden. Jede Frucht ist ein kleines conidientragendes Stroma, welches in der Epidermis sitzt und von der Outicula bis zur Reife bedeckt bleibt; dann reisst die letz- tere über dem Stroma unregelmässig auf und die Sporenmassen quellen hervor. Das Stroma entsteht, indem an der betreffenden Stelle die My- celiumfäden in den Epidermiszellen sich vermehren und inniger sich verflechien zu einem pseudoparenchymatischen Lager, welches die Grenzen der Epidermiszellen meist nicht mehr deutlich hervortreten lässt. Die nach oben liegenden Zellen dieses Lagers wachsen dann in der Richtung nach aussen in kurz cylindrische dicht beisammen ste- hende Basidien aus, auf deren Spitzen dann unmittelbar die Bildung und Abschnürung je einer Spore beginnt. Dadurch und durch die Schleimabsonderung des Stroma wird die Cuticula, welche dabei sehr resistent bleibt, wie eine Decke gehoben, um später zerrissen zu werden. Die Sporen sind länglich cylindrisch, mit stumpfen Enden, einzellig, farblos. Sie sind sofort nach der Entleerung keimfähig und keimen schon nach 24 Stunden bei gewöhnlicher Sommertemperatur auf jeder feuchten Unterlage. Doch ist auch hier die Keimung auf der Nähr- pflanze wesentlich anders als auf feuchter Glasplatte. Sporen, welche auf der Oberfläche einer lebenden Bohnenfrucht keimen, treiben aus der Mitte oder nahe dem Ende eine seitliche Aussackung, welche meist unmittelbar, seltener, nachdem sie ein kleines, fadenförmiges Stück ge- wachsen ist, sich zu einer rundlichen Anschwellung vergrössert, welche die Dicke der Spore erreicht oder übertrifft, und zwar im ersten Mo- ment farblos ist, aber sehr rasch, sobald der gesammte Sporeninhalt in sie eingewandert ist, eine diıckere, dunkelviolette Membran bekommt. Ihre meist unregelmässig runde oder etwas eckige Gestalt rührt daher, dass sie sich immer der Unterlage (der Oberfläche der Bohnenepider- mis) innig anpresst. In Wassertropfen auf Glasplatten dagegen treiben die Sporen in der Regel sehr lange dünne Keimschläuche, welche meist nichts beson- deres zeigen, oder sie entwickeln sogleich eine secundäre Spore oder Sporidie, eine regelmässige längliche und farblose, allen Sporeninhalt aufnehmende Zelle, die dann wieder unter Keimschlauchbildung keim- fähig ist. Selten bildet sich hier am Ende eines Keimschlauches und dann stets der Glassplatte angepresst, eine kleine rundliche, dunkel- violette Anschwellung wie auf der Nährpflanze. Es erhellt, dass wir in diesen dunkelhäutigen Anschwellungen wieder dasselbe Organ von besonderer Function, von welchem oben die Rede war, ein Appresso- rium, vor uns haben. Von ihm aus erfolgt auch das Eindringen des Pilzes in die Bohne: an seiner der Cuticula anliegenden Seite treibt es einen farblosen Fortsatz, welcher sogleich durch die Aussenwand der Epidermiszelle in das Innere der letzteren sich einbohrt, wo er alsbald ME ME — ARE an. Dünen ED ee Ueber einige neue und weniger bekannte Pflanzenkrankheiten. 33 in darmartigen Windungen entweder das Lumen ausfüllt oder auch schnell weiter in benachbarte Epidermiszellen oder darunter liegende Zellen vordringt. Auf diese Weise bildet sich sofort wieder das My- celium, und sehr bald werden an diesem wieder Gloeosporiumfrüchte entwickelt. Bei Infectionen, die am 30. August gemacht waren, erhielt ich an dem neu entstandenen Pilze bereits am 4. September die ersten Früchte mit Sporenabschnürung. Dass die in Rede stehende Krankheit durch den Parasiten ver- ursacht ist, zeigt sich bei den Infectionsversuchen in überzeugender Weise. Jede beliebige Stelle einer lebenden Bohne, welche mit etwas Wasser, in welchem Sporen des Gloeosporium vertheilt worden sind, bestrichen wird, erkrankt fast unfehlbar; schon nach 24 Stunden kann man den ersten Beginn der Bräunung der Epidermis an vereinzelten Punkten der inficirten Stellen bemerken, und oft sich überzeugen, dass das Stellen sind, wo sich Appressorien angesetzt und Schläuche in die Epidermiszellen getrieben haben. In den nächsten Tagen nimmt die Bräunung grössere Ausdehnung an und bald sind die Stellen gleichmässig braun, weich faulig, bis mehr oder weniger tief ins Innere der Frucht, die Oberfläche der kranken Stelle ist mit Früchten übersäet, welche bereits wieder ihre Sporen massenhaft ausstossen. Die leichte Verbreit- barkeit und Gefährlichkeit der Krankheit ist damit hinreichend gekenn- zeichnet. Bei der grossen Anzahl auf verschiedenen Nährpflanzen vorkommen- der Gloeosporium-Formen bedürfte die Frage einer Prüfung, ob die- selben auf andere Nährpflanzen übergehen können und unser Pilz viel- leicht noch andere Nährpflanzen hat. Gleichzeitig mit den oben er- wähnten Infectionsversuchen wurden auch solche auf Gurken angestellt; es trat hier zwar Keimung und reichlich Bildung von Appressorien aber kein Eindringen und keine Spur von Erkrankung ein. Von an- deren Gloeosporium-Formen stand mir lebendes Material von G. Ca- stagnei Mont. auf Blättern der Populus alba zur Verfügung. Sporen dieses Pilzes, die sich auf den Blättern der Silberpappel sehr infections- kräftig erwiesen, brachten auf grüne Bohnenfrüchte ausgesäet keine Er- krankung hervor. Hiernach scheinen auch die Gloeosporiumformen selbst- ständige Arten zu sein, die ihre eigenen Nährpflanzen haben und durch ihre Sporen sich fortpflanzen und vermehren und dadurch die von ihnen veranlassten Krankheiten verbreiten. Vermuthlich haben diese Pilze noch eine oder mehrere andere Fruchtformen, nach denen noch gesucht werden muss. Für den Bohnenpilz kann ich dies bereits jetzt be- stätigen und werde die darüber noch weiter anzustellenden Versuche bei anderer Gelegenheit mittheilen. Die Bohnenpflanze scheint nur in ihren Früchten für den Parasiten empfänglich zu sein. Infection mit frischen Sporen an jungen so wie etwas älteren Blättern und Internodien brachte nicht die mindeste Erkrankung 3 D.Botan.Ges.1 34 DB. Frank: Ueber einige neue und weniger bekannte Pflanzenkrankheiten. an diesen Theilen hervor. Junge, etwa halbwüchsige Bohnenfrüchte werden ungleich stärker von dem Pilze ergriffen als ältere. Auch die Bohnensorten zeigten sich bis jetzt noch ungleich empfänglich, worüber Details später gegeben werden sollen. Bezüglich der Versuche, durch welche Mittel der Pilz bekämpft werden kann, fand ich, dass das Schwefeln die Zahl der Ansteckungsfälle sehr vermindert, aber doch keine Sicherheit gegen die Krankheit gewährt; auch hierbei sind junge Bohnen am wenigsten geschützt. (Fortsetzung im nächsten Heft.) Otto Müller: Das Gesetz der Zelltheilungsfolge von. Melosira (Orthosira) etc. 35 2. Otto Müller: Das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira (Orthosira) arenaria Moore. Eingegangen am 17. Januar 1883. Das Gesetz der Zweitheilung wird für die vegetative Vermehrung der Bacillariaceen als Thatsache hingenommen, ohne dass sich diese Annahme, soviel mir bekannt ist, auf dahin abzielende Untersuchungen stützt. Man stellt sich demgemäss den Aufbau eines Fadens im All- gemeinen nach dem Schema erfolgend vor, welches E. Pfitzer in seiner grundlegenden Arbeit!) aufgestellt hat. Dieses Schema setzt nicht sowohl eine regelmässige Zweitheilung voraus, sondern, was hier wesentlich in Betracht kommt, es fordert für den Theilungsakt der einzelnen Zellen einer jeden Generation auch die Ooincidenz des Beginns und gleiche Zeitdauer. Für verschiedene fadenbildende Arten, namentlich der Gattung Melosira, besteht dieses Gesetz sehr wahrscheinlich zu Recht, unzwei- felhaft aber ist es nicht von allgemeiner Geltung. Damit sollen nicht die zufälligen Unregelmässigkeiten verstanden sein, welche ein Faden durch verfrühte, verzögerte oder gänzlich unterbleibende Theilung einzelner Zellen nothwendig aufweisen muss, sondern diejenigen tief eingreifenden Modificationen, welche durch regelmässige Verzöge- rung der Theilung morphologisch bestimmter Individuen her- vorgebracht werden. | Die Untersuchung eines Zellfadens auf die zeitige Aufeinander- folge seiner Componenten wird nur dann Aussicht auf Erfolg bieten, wenn besondere anatomische Merkmale und die Gruppirung der Zellen mit der Entwicklungsgeschichte unmittelbar in Zusammenhang gebracht werden können. Diese Voraussetzung scheint nur in sehr seltenen Fällen erfüllt und es wird daher der Nachweis, welchem Gesetze eine gegebene Art thatsächlich folgt, meistens überhaupt nicht zu führen sein. Das Vorhandensein wesentlicher Abweichungen von dem Gesetze der Zweitheilung drängte sich mir zuerst bei Gelegenheit meiner Unter- suchungen über die Gattung Terpsinoe?) auf. Es gelang hier Drillings- 1) Bau und Entwickelung der Bacillariaceen, Bonn 1871. p. 100 ff. und Tafel 6, Fig, 4. Derselbe: Die Bacillariaceen, in Schenk’s Handbuch der Botanik, Breslau 1882, Bd. II. p. 431 ff. 2) Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforschender Freunde. Berlin 1881, p-3£. 36 Otto Müller: bildungen nachzuweisen, deren freie Anfangs- und Endschalen mit absoluter Sicherheit ihre Abstammung von einem Zwillinge erkennen liessen, dessen eine Zelle sich nicht wieder getheilt hat; die grosse Häufigkeit derselben schloss die Zufälligkeit der Erscheinung von vorn herein aus. Dieser Befund veranlasste mich zu weiteren Nachforschun- gen an fadenbildenden Arten; aber erst die genauere Untersuchung der eigenthümlichen anatomischen Verhältnisse von Melosira arenaria ergab genügende Anhaltspunkte um die Entwickelungsgeschichte des Fadens klar zu legen. | Die Schale von Melosira arenaria ıst ein kurzer, nach aussen durch eine wenig gewölbte Fläche geschlossener Hohlcylinder mit verhältniss- mässig sehr starker Wandung, dessen Querschnitt (Schalenseite der Zelle) kreisrund, dessen Mantel (Gürtelbandseite der Zelle) sich aber an den Zellen desselben Fadens verschieden gestaltet. Bei der Hälfte aller Schalen besteht er aus zwei übereinander liegenden Rechtecken, deren oberes im Breitendurchmesser etwas kleiner, im Höhendurchmesser etwas grösser ist als das untere; die seitliche Schalencontour ist daher zweimal gebrochen. Bei der anderen Hälfte dagegen ist er ein ein- faches Rechteck. Dieser Unterschied wird dadurch verursacht, dass bei dem einen Theile der Schalen die Partie des Randes dem das Gürtelband anhaftet, verdickt ist. Die Verdickungszone schneidet in etwa !/, der Höhe des Oylindermantels mit einer scharfen Grenzlinie ab, sie bildet das breitere und niedrigere Rechteck; bei dem anderen Theile der Schalen ist eine solche Randverdickung nicht zu bemerken. Von den weiteren anatomischen Eigenthümlichkeiten erwähne ich in dieser Mittheilung nur noch die Differenz, welche zwischen der Skulptur der Schale und des Gürtelbandes besteht und welche es mittels der am bezeichneten Orte näher beschriebenen Methode ermög- licht, zu entscheiden, ob eine Schale frei oder ob sie von Gürtelband- membran bedeckt ist. Der Oylindermantel der Schalen lässt deutliche polygonale Zeichnungen erkennen, das Gürtelband dagegen besitzt zarte Falten in Form parallel gestellter Längsstreifen, welche vom An- heftungsrande bis etwa zur Mitte der Gürtelbandfläche sich hinziehen, den freien Gürtelbandrand also nicht erreichen. Auf die feineren Structurverhältnisse gehe ich hier nicht weiter ein. Der Nachweis dieser längs verlaufenden Falten über der relativ Das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira (Orthosira) arenaria Moore. 37 groben polygonalen Zeichnung der Schalen führt zur sicheren Erkennung der Ueberlagerung des Gürtelbandes. Die Richtung der Längsstreifen, von der Naht zum freien Rande des Gürtelbandes, ist für die Lage dieses meist unsichtbaren Randes entscheidend. Die mühsame und schwierige Absuchung der Oberfläche jeder einzelnen Zelle des Fadens, führt zur Bestimmung der freien, d. h. nicht von Gürtelbandmembran bedeckten, sowie der umschlossenen Schalen und ihrer Aufeinander- folge, damit aber zur Gruppirung der Zellen im Faden. Im Folgenden sei die freie Schale mit /, die umschlossene mit u bezeichnet. Diejenigen Schalen mit verdickter Randpartie, auf deren cylindrischer Seitenwand in der Gürtelbandansicht der Zelle daher eine dem Rande parallele Linie markirt ist, sollen das Zeichen —, die anderen, bei denen jene Verdickung der Membran fehlt, das Zeichen oO erhalten. f bedeutet daher eine freie Schale mit marginaler Ver- dickung, / eine solche ohne dieselbe, (entsprechend « und u). Die Formel Fuuf bezeichnet einen Zwilling = Z, die F ormel Fufuuf einen Drilling = D, dessen Drillingszelle nach links, fuufuf einen solchen, dessen Drillingszelle nach rechts een ist, links und rechts natürlich nur in Bezug auf die Stellung des Beobachters. Unter Dril- lingszelle = d, soll diejenige Zelle verstanden sein, welche aus dem Mutterzwilling ungetheilt in den Drilling überging. Die Beobachtung ergab zunächst, dass jeder Faden von Melosira arenaria aus einer Anzahl zu Drillings- und Zwillingsgruppen geord- neten Zellen besteht. Die Begrenzung der Drillinge durch je ein / am Anfang und Ende kennzeichnet die Drillingszelle als eine unverändert gebliebene Zelle des Mutterzwillings und beweist, dass von den beiden Töchtern der anderen Zelle des Mutterzwillings die Mittelzelle des späteren Drillings, mag nun die grössere oder kleinere Zelle des Mutter- zwillings wieder zur Mutter geworden sein, unter allen Umständen die kleinere Tochterzelle ıst. Da nun das / der kleineren Tochterzelle nothwendig und in allen Fällen vor der Theilung als w der Mutterzelle, das f der grösseren Tochterzelle dagegen als / der Mutterzelle be- standen hat, so ıst die Oonstruction der Stammzelle des als Theil eines Drillings sich darstellenden Zwillings, Drillings-Zwillings = (Z), sicher und einfach abzuleiten. Ein Drilling z. B. von der Form /ufuuf muss einem Mutterzwillinge von der Form /wuf seine Entstehung verdanken, eine andere Lösung ist nicht möglich. Die Schwierigkeiten, den vorangegangenen Zustand des Fadens, zunächst die n—lte Theilungsperiode richtig zu erkennen, liegen in den Zwillingsgruppen. Es ist offenbar ein sehr wesentlicher Unter- schied, ob die Mutterzelle in dem Faden die Stellung u oder uf hatte, da hiervon allein die weitere Gruppirung der Zellen abhängt. Gelingt es nicht Merkmale zu finden, welche mit Sicherheit die grössere von der kleineren Tochterzelle im Zwillinge unterscheiden lehren, dann 38 Otto Müller: ist die Lösung der Aufgabe undenkbar, leider trifft dies für die meisten Arten zu. Unsere Species bietet aber eine so seltene Gunst der Ver- hältnisse, dass der Beweis geführt werden kann: diejenige Zelle im Zwilling, deren u das Zeichen o trägt, weist sich dadurch als kleinere Tochterzelle der Spezialmutterzelle aus. Diesen Beweis muss ich einer grösseren Publikation, welche in den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik von N. Pringsheim dem- nächst erfolgen soll, vorbehalten, er setzt weitgehende Betrachtungen über die Gruppirung der Zeichen — und oO und deren Beziehungen zu den Elementen f und « voraus. Ich will hier lediglich die Thatsache constatiren, dass die beiden zusammenliegenden v jedes Zwillings un- gleiche Zeichen besitzen, eins —, das andere 0, und dass letzteres der kleineren Tochter angehört. Hieraus aber ergiebt sich die weitere Folgerung, dass Mutterzellen von der Form Ju ; fu Se: PER BURSAO- Zwillinge von der Form fuuf; Juuf; fuuf, Juuf; bilden müssen, welche Formeln auch. rückwärts gelesen gelten. Grös- sere Tochterzellen können daher nur in den Formen fu oder fu er- scheinen und kleinere Tochterzellen allein von der Form fu erzeugen; kleinere Tochterzellen besitzen nur die Formen fu oder fu und er- zeugen kleinere Tochterzellen allein von der Form fu, bezw. um- gekehrt. Damit sind alle Bedingungen erfüllt, die Entwicklungsgeschichte eines beliebigen Fadens oder Fadenstücks abzuleiten. Man findet die Stammzelle des Zwillings, wenn man die beiden jüngst gebildeten ausschaltet und das / der kleineren Tochterzelle mit seinem Zeichen, dem f der grösseren Tochterzelle als zugehöriges v anfügt. Beim Dril- ling tritt hierzu die unveränderte Drillingszelle und der so gewonnene Mutterzwilling wird dann, wie oben gezeigt, auf die Stammzelle zurück- geführt. Der Drilling Fuufuf entstand aus | dem Mutterzwillinge fu uf und dieser aus der Stammzelle fu. Die Anwendung des Vorstehenden zur Ermittelung des Stammbaumes vielgliedriger Fäden führt nunmehr auf das folgende Entwickelungs- gesetz: Das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira (Orthosira) arenaria Moore. 39 Die grössere Tochterzelle der nten theilt sich in der folgenden Theilungsperiode, (n-+ 1ten), die kleinere Toch- terzelle dagegen regelmässig erst in der zweitfolgenden, (n-+ 2ten) Theilungsperiode. Dieses Gesetz lässt die kleinere Tochterzelle unverändert in die n-+-1te Theilungsperiode übergehen und in derselben zu einer Dril- lingszelle werden, indem sie dem neuen Theilungsproduct der grös- seren Tochterzelle, einem Zwilling (Z) vor oder nachgeschoben wird. In der n+ 2ten Theilung wird sie dann wieder Mutter und bildet einen einfachen Zwilling. Alle Zwillinge der nten Theilung, die einfachen sowohl wie die Drillingszwillinge, Z + (Z), müssen mithin in der n+ lten Periode je einen Drilling, jede Drillingszelle aber, als unveränderte kleinere Tochterzelle aus der n — l1ten Periode, ausserdem einen ein- ‚fachen Zwilling bilden. Die n + 1te Periode enthält demnach soviel einfache Zwillinge als die nte Drillinge, und soviel Drillinge als die nte einfache Zwil- linge + Drillinge. Zellenzahl in toto, Gruppirung der Glieder, Zuwachs, regeln sich sämmtlich nach Massgabe der bekannten recurrenten Reihe: 152492,.85 398,118, 21,084,155, 89, us u Der Faden besteht: nach Theilung aus Zellen aus Zwillingen und aus Drillingen 1 2 1 — 3 — 1 3 5 : 1 4 8 d 2 5 13 2 3 6 21 3 5 7 34 5 8 8 55 8 13 D.80& Dieses Gesetz greift auf’s tiefste in die Entwickelung der Bacil- larien ein; es wirkt als ein überaus mächtiges Hemmniss der Ver- zwergung der Zelle entgegen und verhindert wahrscheinlich die zu häufige Wiederkehr der Auxosporenbildung. Es schien mir daher wün- schenswerth, die aus demselben zu ziehenden Folgerungen einer mehr mathematischen Behandlung zu unterwerfen; auch aus diesem Theile der Arbeit kann ich hier nur einige der wesentlichen Ergebnisse mit- theilen. Bezeichne im Folgenden a die Zahl der einfachen Zwillinge, b die der Drillinge der nten Theilungsperiode. Vorausgesetzt, dass die Urmutterzelle die Form fu besessen habe, kommt der Hälfte aller Schalen + 1, also (24 + 3b) + 1, das Zeichen —, (22 + 3b) — 1 dagegen das Zeichen oO zu, diese Zeichen vertheilen sich auf / und « in ungleicher Weise. Der Faden enthält an Elementen: 40 Otto Müller: # 12 u u nte Periode. . (a+2b)+1; (a+b)-1; a+b; a+2b; = A4a+6b. Zuwachs . . . a+b b b a+b; = 2a+4b. n-+1ite Periode (24+3b) +1; (a+2b)—1; a+2b; 24+3b; = 6a+10b. Diese Elemente treten zu Zellen zusammen und bilden in der nten Periode fu fu fu fu bezw. umgekehrt. -—_ o0 -o 0= in den einfach. Zwillingen. b-a; a RO 2a br, 722 in den Drillings-Zwillingen. atl; 0; b ; &b-3a)-1l;= 2b. in den Drillingszellen. . . ON 2) =1#SAb2 b+1;; b; a+b; a-1l ;= 2a+3hb. in der n+ ten Periode fu fu fu fa bezw. umgekehrt. in den einf. Zwillingen . . AR; bs A b-a; 2b in den Drillings-Zwillingen. b+1 ; 0; aH+b; a-1l ;=2a+2b. in den Drillingszellen. . . Op, Wr he 07; ST a (a+b)+1; a+b; a+2b; b-1 ;= 3a+5hb. Vorstehende Werthe sind durch organische Ableitung gewonnen und stimmen mit den durch Oonstruction gefundenen überein. Ohne näheres Eingehen auf die Ableitungen könnten sie indess leicht zu irr- thümlichen Auffassungen führen. Die Verschiebungen und Formver- änderungen, welche beim Uebergange aus der n — lten in die nte und die n + 1te etc. Periode thatsächlich stattfinden, habe ich durch die graphische Darstellung auf der beigegebenen TafelI. zu erläutern versucht. Den verwickelten Aufbau des Fadens aus seinen Elementen /, f, %, u, gelingt es durch Bildung von Gruppen niederer und höherer Ord- nungen anschaulich zu machen. Aus den hierauf bezüglichen Unter- suchungen theile ich nur die folgende Formel mit, worin gleiche Buch- staben und Ziffern homologe Gruppen bezeichnen und das Vorzeichen —, lediglich auf die umgekehrte Folge der Elemente der mit dem Vor- zeichen + versehenen Gruppen, bei Ablesung der Fadenformel von links nach rechts, deutet. +1 Ha-ılan-1lta-a- 140 B41-anı 4te Tte Ste Ite 10te MnlPINARMeN. na onihe RER ee HAtA-iHB-AHl 4-44 BH1-A-I 12te Theilung In dieser Formel lassen sich leicht kleinere charakteristische Unter- gruppen bilden und durch Zusammenfassen grösserer homologer Gruppen zu Elementen höherer Ordnung, wird schliesslich die engste Begrenzung Das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira (Orthosira) arenaria Moore. 4] der drei grossen Gruppen ausgedrückt, welche in jedem Faden, gleich- viel der wievielten Theilung, nachgewiesen werden können: (+I-1) 44+I) 44-D In diesen Gruppen sind die Elemente in einer symmetrischen Anordnung der Art, dass von den freien Enden des Fadens aus auf-, bezw. abwärts, gleiche Stellen durch gleiche Elemente (/, «) mit gleichen Zeichen (—, O,) besetzt sind, mit alleiniger Ausnahme der Schlussschale der ersten, und der Anfangsschale der dritten Gruppe, welche ungleiche Zeichen besitzen. Ausgenommen ferner die Anfangs- und die Schlussschale, denen ungleiche Zeichen zukommen, besitzt auch die Mittel-Gruppe einen ähnlichen symmetrischen Bau; nur ihr Mittel- theil ist im bestimmten Umfange unsymmetrisch. Für die Symmetrie der Elemente in dem angedeuteten Sinne, findet man in der nten Theilung von je einem freien Ende des Fadens bis zur Mitte, den folgenden Ausdruck: [? Babe t a Kerr Bee + [+2 A241), [142@a-55h)- +1]; ...... Die mit X bezeichneten Einheiten (Schalen) sind unsymmetrisch. Wird der symmetrische Theil eines Gliedes = 0, dann folgen bis zur Faden-Mitte 2a + 3b, nur noch unsymmetrische Elemente, deren aber nie mehr als noch 3, nie weniger als noch 1 sein können. In der Mitte des Fadens liegt daher stets eine Gruppe von 4, 6 oder 8 un- symmetrischen Schalen. Bezüglich der Symmetrie ist z. B. ein Faden 9ter Theilung wie folgt zusammengesetzt: 67+2+14+2+2+4+2+2+14+2467. x x x x x Von hervorragender Bedeutung ist unser Gesetz für die Grössen- verhältnisse der unter seiner Herrschaft erzeugten Zellen und für die Vermehrung im Ganzen. Bei fortgesetzier Zweitheilung regeln sich die Grössenverhältnisse bekanntlich nach den Coeffieienten der Binomialreihe und die Ver- mehrung erfolgt nach deren Summe S = 2". Mit wachsendem n schreiten hier die einzelnen Glieder nach Reihen der figurirten Zahlen!) fort. Die Gliederzahl der Binomialreihe ist=n-+1 und die höchste Ordnung figurirter Zahlen mit derem ersten Gliede =1 die Reihe schliesst, ist die nte. Fortgesetzte Zweitheilung erzeugt daher Zellen von n + 1 verschiedenen Grössen, deren kleinste um 2 n y 1) Die Glieder einer arimethischen Reihe rter Ordnung, in welcher das erste Glied =1 und für welche jedes Glied der rten Differenzreihen = 1 ist, bilden die figurirten Zahlen der rten Ordnung. 42 Otto Müller: kleiner als die Urmutterzelle ist, wenn y den Dickendurchmesser der Gürtelbandmembran bedeutet. Unser Gesetz bedingt eine wesentlich andere Reihe. Als Ergebniss meiner Untersuchungen stelle ich hier die Formel auf, welche die Zahl der Zellen der Ordnungen «a, $, y, ....!) in der nten Theilung feststellt: n-i:n-—-2 n—2-:n—-3-.n-4 n-3:n-4.n-5-n-6 1e+ 7-64 [ma 70,05 O0 y 7000 n—-(r-2).n-(r-1)-.----- n-(2r-4) 9,0. 6, a2 978 1 GRaTUONPeR: (grmeree er Be In dieser allgemeinen Form ist die Reihe wahrscheinlich nicht, oder wenn überhaupt, nur nach schwierigen Transformationen durch Integration zu summiren. Von einer Summenformel kann aber um so leichter abgesehen werden, als die Zellenzahl nter Theilung sofort aus unserer Hauptreihe 1, 1, 2,3, 5, 8.. . abgeleitet werden kann. Die einzelnen Glieder, und darauf allein kommt es hier an, sind sehr ein- fach zu berechnen. Diese Reihe hat nur 5+ 1 bei geradem und a \ + 1 Glieder bei ungeradem n; die höchste Ordnung figurirter Zain, mit derem zweiten Gliede bei geradem n die Reihe schliesst, ist 2 —, und mit derem 2 ersten =1 bei ungeradem n die Reihe schliesst, ist —: y. Die Theilung nach unserem Gesetze erzeugt daher .Zellen von nur zu bzw. n+t1 5 + 1 verschiedenen Grössen, deren kleinste nur um n yY, bezw. n—+1 y kleiner als die Urmutterzelle ist. Um aber die mächtige Wirkung des Gesetzes, welche der Zwei- theilung gegenüber als eine gewaltige Verlangsamung der Verkleinerung der Zelle erscheint, anschaulicher zu machen, seien hier die Ziffern der 6ten bezw. 12ten Theilung einander gegenübergestellt; selbstverständ- lich imponiren die Differenzen mit wachsendem n ins Kolossale, ich stehe aber davon ab lediglich Rechenexempel zu Papier zu bringen. @ ß FBRRRR € Ü n D2 D * A u v 6te Thlg. PamWe SHE BE = 64 0,16 94 23,4 31,3 34 9,4 0,16 pCt. do. 1 +6 30 sıla 2 ai 4,8 28,6 47,6 19 pCt. | 12te Thlg. 1 12 66 20 495 729 94 729 495 20 6 12 1 =40% 0,024 0,29 1,6 54 12,1 193 2,5 193 121 54 16 0,29 0,024 pCt. do. er ee 7 = 377 0,27 32 146 32 33,4 14,9 1,9 pCt. 1) Die Zellen der Ordnung $% sind um 2 y, der Ordnung y um 4 y, der Ord- nung dum6Y..... kleiner, als die Zelle der Ordnung « (die Urmutterzelle). Das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira (Orthosira) etc. 43 Die Zahl der kleinen Zellen, welche gebildet werden, ist nicht nur absolut sehr viel niedriger, sondern es überwiegt auch die Procent- zahl der grösseren unter den überhaupt erzeugten Zellen, ganz ausser- ordentlich. Die Grenze der Verkleinerung, von der man annimmt, sie müsse erreicht werden bevor die Auxosporenbildung die Differenz der Grösse der Art-Zellen ausgleicht, liegt unter diesem Gesetze sehr weit zurück. Ist man berechtigt die Auxosporen als das Correctiv für die aus der Zweischaligkeit und dem mangelnden Längen- wachsthum resultirende Verkümmerung zu betrachten, so erweist sich unser Gesetz als ein Vorbeugungsmittel gegen das Uebermass dieser Verkümmerung. Darin suche ich des- sen wesentliche Bedeutung. Somit handelt es sich bei dem aufgestellten Gesetz um eine Diffe- renz der Theilungsdauer, welche aber regelmässig und stets die kleinere der beiden neu gebildeten Tochterzellen trifft; diese bedarf der doppelten Zeit. Bei der Theilung der Mutterzelle dürfte das Plasma daher in zwei ungleichwerthige Hälften zerfallen, derjenige Theil, wel- cher der grössseren Tochterzelle einverleibt wird scheint quantitativ reichlicher und mit einer grösseren vitalen Energie versehen zu sein, als. der andere Theil; es ist sogar noch ein Plus zur Anlegung des Ver- dickungsringes vorhanden, welcher der kleineren Tochterzelle mangelt, und welche dadurch eben morphologisch als solche erkennbar wird. Sehr begreiflich sind unter diesen Umständen die häufigen Un- regelmässigkeiten, welche durch verfrühete oder gänzlich unterbleibende Theilung der kleineren Tochterzelle entstehen, und ihren Ausdruck in zwischengeschobenen oder mangelnden Gliedern finden. Nach dem Schema des regelmässig gebildeten Fadens sind salche Ausnahmen in der Regel leicht zu ermitteln und durch Rückwärtsconstruction findet man in der Mehrzahl der Fälle obne Schwierigkeit, während welcher der früheren Theilungsperioden die Unregelmässigkeit stattgefunden und die Stelle an der dies geschehen. Diese Ausnahmen lassen das Gesetz nur um so klarer hervortreten. Eine ähnliche Gruppirung, Drillings- und Zwillingsbildungen ab- wechselnd, findet sich bei Melosira Borrerii und Melosira nummulordes; ein Merkmal für die Unterscheidung der kleineren Tochterzellen ist aber nicht vorhanden. Dennoch würde die hier leicht erkennbare Reihenfolge der Drillings- und Zwillings-Gruppen kund thun, ob auch diese Arten dem Gesetze folgen. Jedenfalls sind hier die Ausnahmen häufig, dass sie leicht die Regel verwischen. Indess genügte das mir zu Gebote stehende Material, wegen der geringen Gliederzahl der Fäden, nicht, um die Frage zu entscheiden. Bei anderen Arten hat es mir noch nicht gelingen wollen, mit Sicherheit Drillingsbildungen nachzuweisen. Dieser Umstand spricht 44 E. Pfitzer: aber keineswegs gegen die Geltung des Gesetzes auch in diesen Fällen; die anatomischen Eigenschaften der betreffenden Arten gestatteten die Bestimmung der Fadenformel nicht, die Ueberlagerung und damit die charakteristische Gruppirung der Zellen im Faden, war nicht mit ge- nügender Sicherheit zu erkennen; indess sind auch meine Bemühungen nach dieser Richtung bisher keineswegs erschöpfend gewesen. 3. E. Pfitzer: Ueber ein Härtung und Färbung ver- einigendes Verfahren für die Untersuchung des plasma- tischen Zellleibs. Eingegangen am 18. Januar 1883. Bei der Untersuchung der Kerntheilungsvorgänge der Bacillaria- ceen und Desmidieen, mit welcher ich seit einiger Zeit beschäftigt bin, erwiesen sich die zur Zeit üblichen besten Färbungsmethoden als in mancher Hinsicht nicht recht genügend. Nach dem an sich sehr guten Bötteber- Hermann - Flemming’schen Saffranın - Verfahren‘) ıst es nöthig, die zur Härtung der Objecte benutzte verdünnte Chromsäure rein wieder auszuwaschen, ehe die alkoholische Saffraninlösung zuge- setzt wird — ausserdem muss man, wenn man recht reine Kernfärbun- gen erhalten will, überfärben und den Ueberschuss des Farbstoffs wie- der mit Alkohol auswaschen, womit aber gerade im richtigen Moment inne zu halten ist. Das Letztere hat immer seine Schwierigkeiten — bei dickeren Schnitten wird, wie schon Flemming?) hervorhebt, bei der Alkoholauswaschung der Farbstoff bereits aus den oberflächlichen Schichten entfernt, während er in der Tiefe noch diffus vertheilt ist, so dass man keine gleichmässig gefärbten Präparate erhält. Ganz be- sonders unbequem aber ist dieses Verfahren natürlich bei freilebenden mikroskopischen Organismen, die mit Schlamm gemengt sind, also z. B. gerade bei Bacillarien-Aufsammlungen. Wählt man mit Strasburger‘?) zur Härtung absoluten Alkohol, so vereinfacht sich die Methode, je- 1) Vgl. Flemming in Archiv f. mikrosk. Anatomie XIX, S. 317. Strasbur- ger, Theilungsvorgang der Zellkerne 1882, S. 2. Flemming, Zellsubstanz, Kern und Zelltheilung 1882, S 383. 2) Archiv u.s. w. XIX, S. 327. De A Ueber ein Härtung und Färbung vereinigendes Verfahren etc. 45 doch bei minder guter Fixirung, etwas — immerhin sind aber noch drei Operationen, Härten in starkem, Färben in stark wasserhaltigem und Wiederauswaschen mit starkem Alkohol nothwendig. Der absolute Alkohol hat dabei als Härtungsmittel bei Algen noch zwei weitere Nach- theile. Erstens ist es oft nıcht möglich, von den Objecten, etwa im Schlamm lebenden einzelligen Algen das Wasser vor dem Zusatz des Härtungsmittels so vollständig zu entfernen, dass der Alkohol nicht schon im Einwirkungsmoment verdünnt ist, zweitens giebt derselbe mit Meerwasser lästige Niederschläge. Gerade die beste wässrige Härtungs- flüssigkeit aber, die mir für Algen bekannt ist, concentrirte Pikrinsäure- lösung, giebt, wie ebenfalls schon Flemming!) betont, bei nachheriger Saffraninfärbung sehr unsichere Erfolge. Was die Tinction mit Hämatoxylin, oder richtiger mit Hämatein- Ammoniak?) anbetrifft, so ist, wofern Chromsäure oder Pikrinsäure zum Fixiren benutzt wurde, ebenfalls sorgfältigstes Auswaschen vor dem Zusatz des Farbstoffs nöthig, da derselbe für freie Säure äusserst em- pfindlich ist. Ausserdem ist die genannte Substanz an sich sehr leicht zersetzbar, was manche Missstände herbeiführt und wohl auch verur- sacht, dass, wie Flemming?) fand, auch die besten Hämatoxylin-Prä- parate selbst in Harzeinschluss allmälig verblassen. Unter diesen Umständen habe ıch mich bemüht, einen Farbstoff aufzufinden, der auch in sauren Lösungen gut und rein tingirt, so dass er gleichzeitig mit der fixirenden Säure zugesetzt werden kann. Von Chromsäure und Osmiumsäure sah ich dabei ab, da sie durch orga- nische Substanzen, also wohl auch durch organische Farbstoffe zu leicht reducirt werden, und beschränkte mich auf Versuche mit Pikrinsäure. Nachdem diese, wie ich glaube, einigermassen erfolgreich gewesen sind, erlaube ich mir bei der grossen Arbeitsmenge, welche augenblicklich auf das Studium des plasmatischen Zellleibs verwandt wird, mein Ver- fahren schon vor der Veröffentlichung der betreffenden Einzelunter- suchung hier mitzutheilen und möchte bitten es bei verschiedenen Ob- jecten zu erproben. Der angewandte Farbstoff ist das Nigrosin (Qual. I.), welches ich von Trommsdorff in Erfurt bezogen habe. Dasselbe löst sich leicht ın Wasser mit tief violettblauer Farbe, langsamer wird es von gewöhn- lichem Spiritus aufgenommen — sehr starker Alkohol löst nur bei län- gerem Stehen kleine Mengen, so dass das Nigrosin in ganz wasser- freiem Alkohol wohl unlöslich sein dürfte. Die durch Vermischen einer concentrirten wässrigen Pikrinsäurelösung mit einer kleinen Menge wäss- riger Nigrosinlösung hergestellte tief olivengrüne Flüssigkeit tödtet 1) Archiv u. s. w. 8. 328. 2) Vgl. Schmitz in Sitzungsber. d. Niederrhein. Gesellsch. f. Natur- u. Heil- kunde, 1880, S.160. Flemming, Zellsubstanz, S. 382. 3) Archiv u. s. w. S. 328. 46 E Pfizer: ausserordentlich schnell ohne erhebliche Contraction: wo sie zu stark wasserhaltigen Objecten hinzugefügt wird, kann man gleich noch einige Pikrinsäurekrystalle hinzufügen, um eine Verdünnung des Härtungs- mittels möglichst zu vermeiden. Nachdem die Nigrosin-Pikrinsäure einige Stunden eingewirkt hat, giesst man sie von dem Algenschlamm u. Ss. w., soweit es bequem geht, ab oder nimmt die eingelegten Schnitte heraus, die dann in Wasser oder gewöhnlichen Spiritus gelegt werden, wodurch die Pikrinsäure und das gelöste Nigrosin entfernt werden, ohne dass die Tinction der plasmatischen Theile sich verändert. Spi- ritus ist namentlich dann anzuwenden, wenn aus den Öbjecten gleich- zeitig noch Chlorophyll oder ähnliche in Alkohol lösliche Farbstoffe entfernt werden sollen, oder wenn man die gefärbten Objecte längere Zeit aufheben will. Es ist dabei durchaus nicht nöthig, den Ueberschuss von Nigrosin-Pikrinsäure sorgfältig auszuwaschen — gefärbte Bacillarien, die ich schon Wochen lang in noch ganz dunkel gefärbtem Spiritus stehen habe, zeigen sich noch eben so gut tingirt, wie am ersten Tage. In dieser Weise angewandt, färbt das Nigrosin dünne Plasma- schichten überhaupt nicht wahrnehmbar, dichtere Massen schwach hell- violett. Weit intensiver ist schon die Färbung der Ohromatophoren, die sich scharf von dem allgemeinen Zellplasma abheben. Immerhin erscheinen auch diese noch blass gegenüber der tiefen Färbung der Pyrenoide, Nucleolen und der übrigen „chromatischen“* Bestandtheile des Zellkerns. Gewöhnliche Cellulosemembranen werden gar nicht oder fast gar nicht tingirt, ebenso bleiben die Stärkekörner farblos. Die in Wasser betrachteten fertigen Präparate haben keinen ganz rein blauen, sondern einen etwas blaugrauen Farbenton. Ueberträgt man sie aber in concentrirtes Glycerin, welches solche mit Pikrinsäure gehärtete Objecte kaum contrahirt, oder lässt man verdünntes Glycerin sich langsam auf den Präparaten concentriren, so wird die Färbung schon viel reiner, bei weitem am schönsten rein blau aber, wenn man die aus dem Spiritus gewonnenen Öbjecte zuerst mit Nelkenöl behan- delt und dann in Harzen, etwa in Terpentinöl gelöstem Dammarharz oder Canadabalsam einschliesst. Zur Vermeidung nachträglicher Con- tractionen habe ich es dabei oft zweckmässig gefunden, mit Alkohol stark verdünntes Nelkenöl sich auf den Objekten allmälig durch Ver- dunstung des Alkohols concentriren zu lassen. Die so erhaltenen Prä- parate dürften allen Anforderungen genügen und ist zu hoffen, dass sie sich sowohl in Glycerin als in Harzeinschluss nnverändert halten wer- den, da das Nigrosin eine sehr beständige, schwer zersetzbare Verbin- dung ist, die nur freie Alkalien nicht gut verträgt — mit Ammoniak kann man die Färbung rasch abblassen machen. Zur Prüfung des Verfahrens empfehle ich z. B. Spirogyra-Fäden, welche in der beschriebenen Weise behandelt mit ihren lichtblauen, in ihrer zackigen Begrenzung vortrefflich erhaltenen Chromatophoren, die Ueber ein Härtung und Färbung vereinigendes Verfahren etc. 47 sich scharf vom farblosen wandständigen Plasmaschlauch abheben, den von weissen Stärkekörnern umgebenen tiefer blauen Pyrenoiden, dem durch Färbung der eingelagerten Chromativfäden lichtblauen Kern mit fast schwarzblauem Nucleolus sehr elegante und instructive Präparate geben. Auch die in Theilung begriffenen Endospermzellen von Lilia- ceen sind sehr geeignete Objecte um die tiefe Färbung der Kernfäden und der aus ihnen hervorgehenden Kernplattenelemente gegenüber dem farblosen Kernsaft und den hellen Spindelfasern zu zeigen, die bei rich- tiger Intensität der Färbung ganz farblos bleiben. Die wässrige Nigrosin-Pikrinsäure eignet sich auch sehr gut, um Zellen, z. B. einzellige Organismen, die man gerade in einem inter- essanten Entwicklungszustand unter dem Mikroskop hat, in situ zu tödten und zu färben, indem man einen Tropfen an den Rand des Deckglases giebt. Man erhält so bessere, weniger veränderte und dauer- haftere Präparate, als mit der bisher zu dem genannten Zwecke haupt- sächlich angewandten Methylgrün-Essigsäure, welche oft die Kerne auf- bläht und nur wenige Stunden haltbare Präparate liefert. Man kann übrigens die Nigrosin-Pikrinsäure auch in alkoholischer Lösung anwenden und stellt man diese letztere, da das Nigrosin nicht in jedem Verhältniss in Alkohol von bestimmter Concentration löslich ist, am zweckmässigsten so dar, dass man Krystalle von Pikrinsäure und ein Stückchen Nigrosin zusammen mit dem betreffenden Alkohol übergiesst. Bei längerem Stehen erhält man so noch mit käuflichem &bsolutem Alkohol einen zur Färbung ausreichenden Nigrosin-Gehalt. Algen, die mit starker alkoholischer Nigrosin-Pikrinsäure behandelt wurden, wobei die nachträgliche Entfernung des Chlorophylis fortfällt, geben ebenfalls schöne Präparate. Die Färbung der Chromatophoren und Pyrenoide wird minder intensiv, während die chromatischen Ein- schlüsse des Zellkerns besonders tief tingirt: werden, so dass unter Um- ständen dieses Verfahren vorzuziehen sein wird. Die Ergebnisse, welche ich mit der angegebenen Methode über die Kerntheilung u. s. w. bei Bacillariaceen und Desmidiaceen erhalten habe, sollen bald in ausführlicher Darstellung veröffentlicht werden. Hier möchte ich nur noch die eine Bemerkung hinzufügen, dass die von Schmitz!) neuerdings als Pyrenoide bezeichneten dichten kernähnlichen Körper schon 1872 von mir?) bei einigem CUymbellen und Gomphone- meen als bestimmt geformte Massen dichteren Plasmas beschrieben und abgebildet worden sind. Die intensive Tinctionsfähigkeit dieser Ge- bilde habe ich freilich erst jetzt constatirt. Das Vorkommen der Py- renoide ist somit auch nicht, wie es nach Schmitz’s Erfahrung schien, bei den Bacillariaceen auf die Meeresformen beschränkt. 1) Die Chromatophoren der Algen, 1882, 8.37 £. 2) Untersuchungen über Bau und Entwicklung der Bacillariaceen, 1872, S. 59, 6, 78, 80 n.s. w., Taf. III, Fig. 10, 11. Taf. IV, Fig. 11. 48 S. Schwendener: 4. S. Schwendener: Die Schutzscheiden und ihre Verstärkungen. Eingegangen am 18. Januar 1883. Die Schutzscheiden im Sinne Oaspary’s zeichnen sich im All- gemeinen durch zwei Eigenschaften aus, welche mit der physiologischen Bedeutung derselben auf's innigste zusammenhängen, nämlich 1. durch ihre relative Undurchlässigkeit für wässerige Lösungen und 2. durch ihre mechanische Widerstandsfähigkeit. Die erstere Eigenschaft haftet an den Tangentialwänden der Scheidenzellen, von denen meistens die innere oder äussere, häufiger beide zugleich eine verkorkte Lamelle be- sitzen; sie ist aber keineswegs eine absolut durchgreifende, denn es giebt zahlreiche Fälle, wo entweder blos die Radial- und Transversal- wände einen schmalen Korkstreifen aufweisen oder wo einzelne Zellen zwar ringsum verkorkt, andere aber gänzlich unverkorkt sind. Die zweite Eigenschaft dagegen, welche als mechanische Widerstands- fähigkeit bezeichnet wurde, kommt allen Schutzscheiden ohne Ausnahme, jedoch in den verschiedensten graduellen Abstufungen zu. Sie findet ihren Ausdruck zunächst in der lückenlosen Verbindung der Scheiden- zellen zu einer hohlcylindrischen Hülle, sodann in der mehr oder in- der weit gehenden Verkorkung der Membranen, endlich und haupt- sächlich in den verschieden geformten Membranverdickungen, welche bald in der Scheide selbst, bald in den benachbarten Rindenschichten auftreten, welche letztere ın diesem Falle als Aussenscheiden fun- giren. Statt der Aussenscheiden kommen in seltenen Fällen (Restio sulcatus) auch Innenscheiden vor, welche von dickwandigen peripherischen Zellen des Centralstranges gebildet werden. Sowohl die Permeabilitätsverhältnisse, als die mechanischen Ver- stärkungen der Scheide bieten manches Beachtenswerthe. Wir begeg- nen einerseits Eigenthümlichkeiten des Baues, welche für grössere sy- stematische Pflanzengruppen characteristisch sind, andrerseits aber auch auffallenden Verschiedenheiten, welche mit der systematischen Verwandt- schaft in keiner Beziehung stehen und offenbar nur als Anpassungen an Klima und Standort aufzufassen sind. Es gehört z. B. zu den durch- greifenden Kennzeichen der Scheiden bei Gramineen, Uyperaceen und Juncaceen, dass sie aus gleichartigen Zellen bestehen, welche lange Zeit permeabel bleiben und demgemäss in allen Fällen, wo die Mem- branen verdickt sind, zahlreiche Poren zeigen, durch welche der Saft- verkehr zwischen Öentralstrang und Rinde vorzugsweise stattfindet. Erst wenn die primäre Rinde abgestorben und durch Abblätterung ver- Die Schutzscheiden und ihre Verstärkungen. 49 schwunden ist, erweist sich die Scheide als impermeabel; sie bildet von jetzt an einen vollständigen Ersatz für die verloren gegangene Epider- mis und die verkorkten peripherischen Lagen der Rinde. In dieser Gleichartigkeit der Zellen und in ihrer lange andauernden Wegsamkeit für wässerige Lösungen stimmen die sämmtlichen bei den genannten Familien vorkommenden Scheiden überein, gleichviel ob sie einzelne Mestombündel oder Systeme von solchen nach aussen abgrenzen. Ebenso stimmen die Schutzscheiden der Wurzeln bei den Lilü- floren und Orchideen darın überein, dass sie im Gegensatz zu den vor- hin genannten zweierlei Zellen besitzen, von denen die einen schon frühzeitig impermeabel und dem entsprechend die etwa vorkommenden Membranverdickungen porenlos sind, während die andern bis zum Ab- sterben der Wurzelrinde permeabel bleiben. Die letzteren bilden die Durchgänge für den Saftverkehr. Sie finden sich stets nur über den primordialen Gefässen, stehen übrigens bald vereinzelt, bald zu longi- tudinalen Streifen gruppirt. Ein ähnlicher gemeinsamer Zug zeichnet auch die Schutzscheiden der Farnkräuter aus. Dieselben sind stets dünnwandig, mit Durch- gängen über den primordialen Gefässen. Wo eine mechanische Ver- stärkung nothwendig wird, verdicken sich die Wände der benachbarten Rindenzellen und bilden eine oft sehr mächtige Aussenscheide, die je- doch über den Durchgängen, so lange diese functioniren, spaltenförmige Unterbrechungen zeigt. Die Thatsache, dass die permeabeln Durchgänge stets nur im Ra- dius der ersten Gefässe stehen, erklärt sich durch die Annahme, dass die Gefässe ein wasserleitendes Röhrensystem bilden, aus welchem das benachbarte Gewebe seinen Bedarf deckt, so lange Vorrath vorhanden Um diese Wasserzufuhr auch für die Rinde, und zwar auf dem nächsten Wege, zu sichern, ist die impermeable Scheide vor den Ge- fässen mit den erwähnten Durchgängen ausgestattet. Mit der Rolle, die wir hiermit den Gefässen zuschreiben, stimmt übrigens die Wahr- nehmung überein, dass dieselben zu allen Zeiten, Perioden anhaltender Trockenheit abgerechnet, thatsächlich ganz oder theilweise mit Wasser gefüllt sind. Zu den Merkmalen, welche von der systematischen Verwandtschaft unabhängig sind, gehört dagegen die Art und das Maass der Membran- verdickungen, welche die mechanische Verstärkung der Scheiden be- zwecken. Gattungen derselben Familie, Arten derselben Gattung ver- halten sich in dieser Hinsicht verschieden. So ist z.B. die Aussen- scheide der Polypodien durch gleichmässige, diejenige der Asplenien durch ungleichmässige Verdickung der Zellen ausgezeichnet, und ein ähnlicher Gegensatz besteht auch zwischen den verschiedenen Arten der Gattung Dasylirion, ebenso bezüglick der Scheidenzellen selbst bei Carex, Potumogeton u. a. 4 D.Botan.Ges.1l 50 S. Schwendener: Diese Gestaltungsverschiedenheiten unter sonst gleichen Verhält- nissen bieten zugleich einen Beleg dafür, dass sie mit bestimmten me- chanischen Zwecken in keiner Beziehung stehen. Wo die Verdiekungen bis zum Verschwinden des Lumens verstärkt sind, leuchiet dies auch ohne nähere Erwägung sofort ein; die Zellen bilden alsdann kleine so- lide Balken und man begreift, dass die centrale oder excentrische Lage des punktförmigen Lumens ohne alle Bedeutung ist. Neben der gleichmässigen oder ungleichmässigen Verdickung der Wandungen giebt es aber auch Form- und Grössenverhältnisse, welche allerdings bestimmte constructive Ziele verrathen. So ist es z. B. eine häufige Erscheinung, dass die Schutzscheide über dem Leptom dicker, jede einzelne Scheidenzelle also in radialer Richtung etwas gestreckter ist, als an den Stellen über den primordialen Gefässgruppen. Sehr deutlich ist dies namentlich in den Luftwurzeln der Orchideen, etwas weniger augenfällig aber auch bei den Irideen ausgesprochen. In andern Fällen, z. B. bei Juncus Jacguini und Iris sibirica, sind die Scheidenzellen in radialer Richtung so auffallend verlängert und gleich- zeitig so stark verdickt, dass man hieraus sofort die Tendenz erkennt, die Scheide gegen radiale Kräfte druckfest zu gestalten. Dieselbe Tendenz verrathen aber auch die oben erwähnten Scheiden der Orchi- deen; nur dass hier jede einzelne, das Lieptom überbrückende Längs- zone eine biegungsfeste Schiene darstellt, deren Verjüngung nach den beiden Rändern hin ungefähr einem Träger von gleichem Widerstande entspricht. Diese Üonstructionsform erscheint hier um so zweck- mässiger, als die permeabeln Durchgänge lange Spalten bilden, welche die Continuität der Scheide unterbrechen; jede Leptomschiene erscheint demzufolge als selbständige Brücke zwischen zwei benachbarten Gefäss- strängen. Die nämliche biegungsfeste Tendenz kommt auch bei manchen Aussenscheiden der Farnwurzeln zum Ausdruck, indem dieselben im Querschnitt aus zwei mondsichelförmigen Theilen bestehen, welche je von einem Durchgang zum andern hinüberreichen und erst in der älteren Wurzel, wenn die Durchgänge nicht mehr wegsam sind, zu einer continuirlichen Röhre verschmelzen. | Andererseits sind viele Schutzscheiden mit und ohne Verstärkungen blos zugfest construirt; es sind hautartige Hüllen, deren Widerstands- kraft vorzugsweise durch ein Maschenwerk verkorkter Streifen oder stark verdickter Oelluloseleisten gesteigert wird, die sich aber sofort in Falten legen, sobald sie gedrückt, statt gezogen werden. Solche Scheiden wirken ähnlich, wie das schützende Netzwerk eines Luft- ballons. Als Beispiele seien erwähnt 1. jene bekannten Streifen der Scheidenzellen selbst, welche im mikroskopischen Bildedie Caspary’schen dunkeln Punkte bedingen, sowie die weitergehenden Verkorkungen der Scheidenzellwände; 2. die Verdickungsleisten der benachbarten Rinden- Die Schutzscheiden und ihre Verstärkungen 51 zellen, wie sie bei Taxus und den Cupressineen etc. auftreten, die so- genannten ®-Scheiden Russow’s. Um die Bedeutung der hierher gehörigen Verkorkungen zu erklären, ist es nothwendig, einige Bemerkungen über die physikalischen Eigen- schaften verkorkter Häute einzuschalten. Man schrieb denselben bis dahin eine grössere Dehnbarkeit zu als den gewöhnlichen Cellulose- Membranen, verwechselte jedoch vielfach elastische Dehnung mit Ver- längerung durch Wachsthum. Die genauere experimentelle Prüfung ergiebt jedenfalls ganz unzweifelhaft, dass die cutisirten Membranen im Allgemeinen nur eine geringe Dehnung, etwa bis zu 2 pÜt. der ur- sprünglichen Länge vertragen und bei weiter gehender Steigerung zer- reissen. Doch giebt es hin und wieder Ausnahmen, wie z. B. die Peridermhäute von Prunus, die eine viel stärkere Dehnbarkeit besitzen; die chemische Zusammensetzung solcher Häute ist indessen nicht näher bekannt. Mit der Verkorkung scheint überdies die absolute Festigkeit eine erhebliche Zunahme zu erfahren. Aus der geringen Dehnbarkeit der cutisirten Membranen erklärt sich nun die so häufig vorkommende Wellung derselben. Denn unter dem Einflusse des Turgors oder eines etwa vorhandenen Zuges erreichen solche Membramen durch Wachsthum eine gewisse Länge. Lässt dann der Turgor nach, so verkürzen sich die Oellulosewände, häufig um mehrere Procent; die Korklamellen dagegen, weil weniger dehnbar und somit auch weniger contractionsfähig, legen sich ın Falten. Doch ist zu bemerken, dass solche Faltungen oder Wellungen im turgescenten Gewebe nur selten vorkommen und gewöhnlich erst beim Präpariren entstehen. Die Oaspary’schen dunkeln Punkte dürfen also nicht als anatomisches Merkmal der Scheide, sondern nur als charakteristische Eigenthümlichkeit des mikroskopischen Bildes betrachtet werden. Fragen wir jetzt nach den inneren Veränderungen, welche diese Schutzeinrichtungen nothwendig machen, so lehrt die experimen- telle Prüfung, dass die mechanische Widerstandsfähigkeit der Scheide einen um so höheren Grad erreicht, je grösser die Spannungen zwischen Rinde und Centralstrang oder, was dasselbe ist, je stärker die Un- gleichheit in den Dimensionsänderungen bei wechselnder Turgescenz. Junge Iriswurzeln zeigen z. B. nur eine sehr schwache Gewebespannung und besitzen demgemäss eine unverdickte Scheide; in älteren Wurzeln dagegen erreicht die Spannung ein viel höheres Maass, dann sind aber auch die Scheiden stark verdickt. Die oben erwähnten anatomischen Thatsachen weisen zugleich darauf hin, dass es vorzugsweise die Lep- tomstränge sind, welche dieser schützenden, oft sehr starken Belege bedürfen. Hieraus erklären sich zugleich die Beziehungen zu Klima und Standort. Es ist eine ausnahmslose Regel, dass die Wurzeln der Felsen- und Steppenpflanzen, soweit sie hier in Betracht kommen, ver- 52 S. Schwendener: Die Schutzscheiden und ihre Verstärkungen. stärkte Scheiden besitzen. Namentlich kommen bei Gewächsen der wärmeren Zonen (Dasylirion, Restio ete.), ebenso bei einigen auf Kalk- felsen, an Mauern u. dgl. vegetirenden Farnkräutern unserer Gegend ganz aussergewöhnliche Membranverdickungen vor. Offenbar ist es hier der periodische Wechsel zwischen reichlichem Wasserzufluss und anhaltender Trockenheit, welcher solche Anpassungen hervorgerufen hat. Aehnliche Verstärkungen finden sich aber auch bei manchen hydro- philen Gewächsen, deren Standorte zeitweise austrocknen, so z. B. bei Iris sibirica und Pseudacorus, Narthecium ossifragum, Tofieldia calycu- lata, Juncus glaucus und Jacquini etc. Man begreift, dass hier unge- fähr gleich starke Aenderungen in der Turgescenz der Gewebe ein- treten, wie bei Felsen- und Steppengewächsen. m Wo dagegen der Standort constant weich und feucht bleibt, wie z. B. in tiefen Mooren, in Altwassern, Seen u. Jgl., da sind die Scheiden der Wurzeln ohne mechanische Verstärkungen aus Cellulose. So z. B. bei Najas, Potamogeton, Sparganium natans, Sagittaria sagittaefolia, Alısma natans, Calla palustris etc. Bei fluthenden Wassergewächsen ist damit natürlich nicht ausgeschlossen, dass der Stamm unter Um- ständen, im Gegensatz zur Wurzel, Verstärkungen aufweist. Die vorstehenden Mittheilungen beziehen sich hauptsächlich auf die unterirdischen Organe der Monocotylen, Coniferen und Gefässkrypto- gamen, deren Scheiden die mannigfaltigsten Cellulose- Verstärkungen aufweisen. Bei den Dicotylen sind zwar ebenfalls Schutzscheiden vor- handen, welche im Jugendzustande einen übereinstimmenden Bau. und bezüglich der Verkorkung ähnliche Abstufungen zeigen; allein die Mittel, welche die Natur in späteren Stadien zum Schutze des Leptoms in Anwendung bringt, sind gewöhnlich anderer Art und gehören nicht mehr in die Kategorie der Scheiden. Zum Schlusse mögen die wichtigsten Formen, welche die mecha- nische Verstärkung der Scheiden durch Membranverdickungen annimmt, übersichtlich zusammengestellt werden. Es sind folgende: 1. Verdickung der Scheidenzellmembran. Bei Monokotylen häufig, bei Dicotylen selten, bei Gymnospermen und Archegoniaten nirgends beobachtet. 2. Verdickung der benachbarten Rindenzellwände, die Scheiden- zellen selbst dünnwandig. Für die Farne typisch. 3. Verdickung der Scheidenzellen und der benachbarten Zellen der Rinde. Bei Stipa pennata und capillata, Dasylirion, Poa compressa, Juncus glaucus etc. 4.. Verdickung der Scheidenzellen und der innenseitig angrenzenden Zellschichten. Bis dahin nur bei Restio sulcatus beobachtet. 5. Verstärkung der Scheide durch Bastbelege über den Leptom- strängen. In der Wurzel der Laurineen. I. Urban: Ueber die Bestäubungseinrichtungen der Büttnerieen-Gattung ete. 53 6. Verstärkung der Scheide durch Verdickungsleisten in den an- grenzenden Rindenzellen. Dies die ®-scheiden Russow’s. 7. Verstärkung durch einen Ring von Hornparenchym, welcher durch 2—4 dünnwandige Rindenzellschichten von: der Schutzscheide getrennt ist. Wurzeln verschiedener Aroideen und Bromeliaceen. Eine ausführlichere Bearbeitung dieses Themas mit fünf Tafeln Abbildungen wird in den Abhandlungen der Berliner Akademie der Wissenschaften, Jahrgang 1882, erscheinen. | 5. I. Urban: Ueber die Bestäubungseinrichtungen bei der Büttnerieen-Gattung Rulingia. Eingegangen am 18. Januar 1883. Rulingia pannosa R. Br. Halbstrauch aus Australien mit alternirenden geläppten Blättern. In den Blattachseln nur Laubzweige, deren un- terstes (transversales) Blatt basal steht; da dasselbe nicht selten auf die 2 Stipulae reducirt ist und in seiner Achsel immer eine sich frühzeitig entwickelnde Laubknospe trägt, so macht diese den Eindruck eines collateralen Beisprosses, von welchem sie sich nur durch das Vor- handensein des Mutterblattrudimentes unterscheidet. Die Analogie wird noch grösser, wenn es die Zweige zur Blüthenbildung bringen. Die Inflorescenzen sind kurzgestielte terminale Dichasien, welche vom vor- aufgehenden Laubzweige übergipfelt und zur Seite geworfen werden, Der basale Seitenzweig des letzteren kommt hier immer nur aus der Achsel zweier Stipulae hervor, die nicht selten mit einander ver- wachsen oder durch Verkümmerung der anderen auf nur eine reducirt, ja zuweilen überhaupt nicht aufzufinden sind. — Blüthen 5-zählig!), weiss, klein (kaunn 7” mm im Durchmesser), durch ihre vollendete Proterandrie ausgezeichnet. Kelch petaloid ausgebildet, wagerecht aus- gebreitet. Blumenblätter kürzer als die alternirenden Kelchblätter, ober- wärts schmal, linealisch, unterwärts verbreitert in eine concave, schöpf- löffelartige Spreite, über welcher die allein fruchtbaren Kronstaubfäden stehen. Diese besitzen kurze Filamente und zwei durch das Connectiv deutlich gesonderte Fächer, welche seitlich oder, genauer, etwas nach auswärts aufspringen. Die sterilen Kelchstamina sind von der Form 1) Das Diagramm siehe bei Eichler, Blüthendiagr. II. 272 f. 108 A. 54 I. Urban: und Behaarung der Kelchblätter, aber schmäler und kürzer’). Beim Aufblühen ist von Fruchtknoten und Griffel nichts wahrzunehmen; die Staminodien schliessen lückenlos zu einem Kegel zusammen, welcher die weiblichen Geschlechtsorgane vollständig bedeckt; die nierenför- migen, purpurfarbenen Antheren, deren Basis in der Knospenlage nach oben und deren eigentliche Innenfläche nach aussen gestanden hat, machen, sobald die auf ihren Connectiven liegenden Spitzen der Petala zurückgetreten sind, eine schwache Bewegung nach aufwärts, erreichen aber die horizontale Stellung nicht ganz; sie springen nach einander, aber in schneller Folge auf und stehen genau über der Verbreiterung der Petala, so dass Insekten, welche in dieser Honig suchen wollen, mit Nothwendigkeit den Pollen auf der einen oder anderen Seite ab- streifen müssen. Schon ım männlichen Zustande der Blüthe sondert der höckerige Fruchtknoten reichlich Saft ab; derselbe lagert auf ihm oder an der Innenwand der Staminodien; ein kleiner Theil fliesst, Rulingia pannosa R. Br. Blüthen von oben (Vergr. ?/ı): a. männlicher, b. weiblicher Zustand. wenn die Staminodien an der Basıs etwas klaffen, in den Löffel der Petala und ist hier den Insekten schon jetzt zugänglich. — Beim Uebergange aus dem männlichen in den weiblichen Zustand krümmen sich die Staminodien nach auswärts, machen Ovar, Honig und Narben frei und liegen über den Kelchblättern, den Zugang zu dem Löffel der Petala zum Theil verdeckend. Insekten, welche nunmehr die Blüthen besuchen und den Honig in reicherem Maasse an der Quelle selbst schöpfen wollen, werden den mitgebrachten Poller leicht an den zäh- klebrigen Narben (dem Vereinigungspunkte der 5 sonst freien Griffel) absetzen. Ein Sichselbstbestäuben ist absolut unmöglich. — Von 6 Blüthen, welche ich mit dem Pollen anderer Blüthen desselben Stockes bestäubt hatte, wurde die Hälfte befruchtet und entwickelte ihre 1) Trotz der grossen Analogie mit den Kelchblättern bemerkt man an ihrer Spitze bisweilen doch noch purpurne Antheren-Rudimente. Ueber die Bestäubungseinrichtungen der Büttnerieen-Gattung Rulingia.. 55 Kapseln vortrefflich; ausserdem hatte die Pflanze, wohl in Folge von Insektenbestäubung, noch 3 Früchte gebracht, während alle anderen Blüthen abgefallen waren. Schon bald nach der Bestäubung konnte man die befruchteten und unbefruchteten Blüthen deutlich unterscheiden; diese behielten ihre Sepala wagerecht ausgebreitet oder zurückgekrümmt bis zum abfallen, jene hatten die Kelchblätter wieder senkrecht aufge- richtet und breiteten sie erst später bei der Vergrösserung der Frucht wieder aus. Eine zweite im Berliner botan. Garten kultivirte Art, R. corylifolia Grah., ist zwar der vorhin beschriebenen Species im Blüthenbau ähnlich, unterscheidet sich aber auffällig durch ihre ausgeprägte Homo- gamie. Es ist dies ein Strauch mit doppelt gekerbten oder klein- lappigen Blättern, in deren Achseln zur Blüthezeit nur Laubknospen stehen; nur die obersten Blätter haben gewöhnlich schon jetzt ent- wickelte Achselprodukte: mit 1—2 Laubblättern besetzie Zweige, welche ausserdem noch einseitig an der Basis, zwischen den Stipeln des Mutter- blattes versteckt, meistens eine transversal gestellte, nebenblattartige, sterile Schuppe tragen und mit einem Blüthenstande schliessen. Der oberste SeitenZweig, welcher die terminale Inflorescenz zur Seite drängt, entbehrt diese basale Schuppe und besitzt nur ein Laubblatt; da er ebenfalls mit einem Dichasium schliesst, so gewinnt es bei gestauchtem Internodium oft den Anschein, als ob die primäre Axe zwei Üymen trüge. — Blüthen weiss, 1 cm ım Durchmesser. Kelchblätter oberwärts fast auf- gerichtet, mit den Rändern zurückgekrümmt. Petala horizontal ausge- breitet, in der untern Hälfte plötzlich erweitert und mit den einge- krümmten Rändern helmartig zusammenschliessend. Aufblühfolge der Sepala und Verstäuben der Antheren successiv; zunächst biegen sich aus der 5. kantigen Knospe 2 benachbarte Kelchblätter nach auswärts und richten sich auf; die zwischen ihnen stehende Anthere, welche anfänglich (von oben gesehen) den Eingang zum Helm vollständig ver- deckte, springt auf und schrumpft dabei bedeutend zusammen, so dass der Insektenrüssel jetzt leicht zur Helmbasis gelangen kann, dabei aber den Pollen von der Anthere abwischt; darauf verstäuben die beiden benachbarten Antheren; dann richten sich die beiden folgenden Sepala und kurz darauf das letzte auf; alsdann erst verstäuben die beiden letzten Antheren. Zugleich haben sich in derselben Reihenfolge die 5 Blumenblatt- zipfel horizontal gestellt und die 5 Staminodien, welche in der Knospen- lage klappig zu einem Kegel aneinander lagen, über die Üommissuren der Petala zurückgeschlagen: die 5 Griffel, deren Narben etwas zu- sammenkleben, werden dadurch entblösst und bieten die letzteren im völlig entwickelten Zustande den Insekten sofort zur Bestäubung dar. Um ein Sichselbstbestäuben, etwa durch Wind, zu verhüten, besitzen die Staminodien am Rande ziemlich lange Fransen, welche den durch die Bevregung der Pflanze etwa abgeschüttelten Staub auffangen; auch 56 I. Urban: Ueber die Bestäubungseinrichtungen der Büttnerieen-Gattung etc. eine Selbstbestäubung durch Insekten ist nicht wahrscheinlich, weil diese mit ziemlicher Sicherheit ihren Rüssel zunächst in die grössere Oeffnung rings um die Griffel hinabsenken und dann erst die 5 Helme absuchen werden. Honig fand ich übrigens in den Helmen nicht vor, auch am Fruchtknoten nur wenige Tröpfchen. Später schliessen die 5 Kelchblätter wieder zu derselben Stellung zusammen, welche sie vor- her inne gehabt hatten. Früchte werden von der Pflanze reichlich an- gesetzt. Eine intermediäre Stellung zwischen den beiden beschriebenen Arten nimmt rücksichtlich der Reife und Zugänglichkeit der Ge- schlechtsorgane R. parviflora Endl. ein, ein kleiner Strauch mit sparrigen horizontal ausgebreiteten Aesten und kleinen glänzenden zweizeilig an- geordneten Blättern. Inflorescenzen wenigblüthig, die secundären (die oberste Seitenaxe beschliessenden) gewöhnlich nur einblüthg. Auch hier findet sich, an der Basis der die Blüthenstände zur Seite wer- fenden Seitenzweige, auf der oberen Zweigseite von der Stipula des Mutterblattes eingeschlossen, die basale Schuppe. Dass dieselbe auch hier das Stipular-Rudiment des ersten Blattes dieser Seitenzweige ist, ergiebt sich leicht sowohl aus der Stellung des zweiten Blattes, welches auf der entgegengesetzten Seite, also immer nach abwärts, steht, als auch besonders aus einer Reihe von Uebergängen: es tritt neben der ersten eine zweite Schuppe auf, zwischen ihnen erscheint eine minutiöse Laubknospe, und einmal auch das wohl entwickelte Laubblatt selbst. An den Laubknospen in der vegetativen Region der Zweige bemerkte ich diese Reduction nicht; hier scheint das wohl entwickelte, erste Blatt immer auf der oberen Seite aufzutreten. — Blüthen 6—-7 mm im Durch: messer. Kelchblätter weiss, horizontal ausgebreitet oder schwach nach abwärts gebogen. Petala in der untern verbreiterten Hälfte anfangs gelblichweiss, später nach gänzlichem Verstäuben der Antheren der Reihe nach rosafarbig werdend. Aufblühfolge der Sepala und Petala und Verstäubungsfolge der Antheren, wie bei R. corylifolia; allein die in der Knospe zu einem Kegel klappig zusammenschliessenden Stami- nodien fangen an, der Reihe nach auseinander zu treten und die Narbe zugänglich zu machen, bevor noch die letzten Antheren verstäubt sind, und rollen sich alsdann in der oberen Hälfte nach auswärts um. In Folge dessen wird die Proterandrie bedeutend reducirt. In ihrem sonstigen Verhalten schliesst sich die Pflanze enger an R. pannosa, als an R. corylifolia an. Mitgliederliste. 57 Sitzung vom 23. Februar 1883, Vorsitzender: Herr S. Schwendener. Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren: A. Strähler, Fürstl. Hohenzollern’scher Oberförster in Theerkeute bei Wronke, Reg.-Bez. Posen (durch v. Uechtritz und Ascherson). Hermann Ross, stud. rer. nat., Berlin, Schlegelstr. 3, Quergebäude II Tr. (durch L. Kny und Tschirch). Dr. 6. Krabbe, in Berlin, (durch Westermaier und Tschirch). Als ausserordentliches Mitglied: Herr Dr. med. Arthur Mülberger, in Herrenalb (Württemberg), (durch Otto Müller und S. Schwendener). Mitglieder-Liste. (Fortsetzung). *) *Bouche, J., Kgl. Garten-Inspector in Poppelsdorf bei Bonn. Ernst, A,, Dr. in Caräcas (Venezuela). Geisenheyner, L., Gymnasiallehrer in Kreuznach. Geyler, H. Th., Dr. in Frankfurt a. M., Friedberger Landstr. 107. Haenlein, F. H., Dr. in Cassel, Frankfurterstr. 5. Hesse, Rudolf, Direcior, Dr. in Marburg, Reg.-Bez. Oassel. Hinneberg, P., Dr. in Altona, Adler-Apotheke. *Klatt, F. W., Dr. in Hamburg, Eimsbüttel, Augustastr. 8. Klein, Julius, Dr. Prof. am Polytechnikum in Budapest. Kley, Herm., Verwalter in Barmen, Altmarkt 24. *KraSan, Franz, Prof. am II. k. k. Gymnasium in Graz. *Kugler, Emil, Dr. Arzt in Pfronten (Bayern). *Leidolt, Apotheker in Belzig. Marsson, Th., Dr. in Greifswald. *Mildbraed, Hugo, Pharmaceut in Belzig. Müller, N. J. C., Prof. Dr. in Hann. Münden. Parreidt, H., Apothekenbesitzer in Berlin SW., Bernburgerstr. 3. Sadebeck, Prof. Dr. in Hamburg, Besenbinderhof 48. Schmalhausen, J., Prof. Dr. Director des Botan. Gartens in Kiew. Schnuse, W., Lehrer am Gymnasium in Dessau. Schubert, A., Lehrer an der Victoriaschule in Berlin S., Prinzenstr. 71. Vatke, W. in Berlin W., Leipzigerstr. 2. *Vogel, Heinr., Lehrer in Markneukirchen i./Sachsen. *) Enthält diejenigen Mitglieder, welche im Monat Februar 1883 ihren Beitrag entrichtet haben. Bezüglich der Aufnahme in die Mitgliederliste ver- weisen wir nochmals auf die Rückseite des Umschlages. — Berichtigun- gen fehlerhafter Adressen bittet man zu senden an Dr. A. Tschirch, Berlin N., Invalidenstr. 36. 58 B. Frank: Mittheilungen. 6. B. Frank: Ueber einige neue und weniger bekannte Pflanzenkrankheiten. (IL) Eingegangen am 11. Januar 1883. 3. Polystigma rubrum Tul. Was über diesen die Rothflecken der Pflaumenblätter ver- ursachenden Pyrenomyceten bis vor kurzem bekannt war, ist in meinen „Pflanzenkrankheiten* pag. 633—634 mitgetheilt. Es beschränkte sich darauf, dass zur Sommerszeit das rothe Stroma dieses Pilzes in der Blattmasse erscheint und in demselben gleichzeitig zahlreiche Spermo- gonien auftreten, die noch während des Lebens des Blattes massenhaft ihre fadenförmigen, hakig gekrümmten Spermatien entleeren, während erst, nachdem das Blatt abgefallen ist und auf dem Boden verwest, gegen das Frühjahr hin, wie Tulasne gezeigt hat, Perithecien in dem Stroma erscheinen, welche im Frühlinge reif werden und deren Asco- sporen dann sogleich keimfähig sind. Seit dem Herbst 1881 habe ich über diese Krankheit, welche auch in der Umgebung Berlins, besonders in den grossen Obsteulturen von Werder, sehr stark verbreitet ist, Untersuchungen angestellt, durch welche die Krankheitsgeschichte ziem- lich vollständig und der Entwickelungsgang des Parasiten lückenlos auf- geklärt werden. Kurz vor Niederschrift meiner Resultate erhielt ich eine Abhandlung von ©. Fisch (Beiträge zur Entwickelungsgeschichte einiger Ascomyceten, Botanische Zeitung 1882, No. 49—51), in welcher die Entwickelungsgeschichte dieses nämlichen Pilzes beschrieben wird. Zu meiner Freude finde ich darin in der Hauptsache, besonders aber hinsichtlich der Rolle der Spermatien und des Sexualactes, welcher der Anlage der Perithecien vorausgeht, Bestätigung meiner Beobachtungen. Für mich liegt hier ein Fall vor, der nun auch bei den Pyrenomyceten die Bedeutung der Spermatien als befruchtender Samenkörper und das Vorhandensein eines weiblichen Organs, welches vermittelst einer Tri- chogyne seine Befruchtung empfängt, über jeden Zweifel stellt, und wenn zwei Beobachter völlig unabhängig von einander gerade in dieser Frage zu gleichem Resultate gelangen, so wird dies der Sache weiteren Nachdruck zu geben geeignet sein. Schon darum möchten vielleicht auch jetzt noch meine Mittheilungen nicht ganz überflüssig sein, selbst wenn ich nicht noch andere Punkte zu berühren hätte, auf welche in Fisch’s Abhandlung weniger eingegangen ist oder in denen ich mit dem Genannten nicht ganz gleicher Meinung bin. Ueber einige neue und weniger bekannte Pflanzenkrankheiten. 59 Bezüglich der Entwickelung des Pilzes ist durch Fisch’s und meine Beobachtung zunächst die Tulasne noch nicht bekannte That- sache festgestellt worden, dass die Anlegung der künftigen Perithecien bereits in dem Stroma des lebenden Pflaumenblattes erfolgt. Man trifft die Anlagen bereits Ende Juli, nachdem eben erst die Spermogonien ihre Ausbildung erreicht haben. Sie finden sich auf derselben Seite des Stroma, wo die Spermogonien ihre Mündungen haben, nämlich an der Unterseite des Blattes, wo das Stroma eine etwas convexe Ober- fläche besitzt. Dieselben sind mehrmals kleiner als die reifen Spermo- gonien, rothgefärbte rundliche, aus engeren pseudoparenchymatisch ver- flochtenen Hyphen bestehende Ballen, welche an ihrer Farbe leicht auf Schnitten parallel der Oberfläche des Stroma sich erkennen und in ihrer Vertheilung studiren lassen. Sie liegen unterhalb der Spaltöffnungen, sind in weit grösserer Zahl als die Spermogonien vorhanden und zeigen eine ziemlich gleichmässige Vertheilung, welche von derjenigen der Spermogonien unabhängig ist, wie schon die Beziehung zu den Spalt- öffnungen es mit sich bringt. Wie Fisch bereits eingehend beschrieben, differenzirt sich in der Perithecienanlage um diese Zeit eine dickere, spiralig gewundene Hyphe, ein Ascogon, welches sich in einen über die Oberfläche des Stroma weit hervorwachsenden dicken Trichogyne- faden verlängert, der an der Basis von dünneren Fäden umgeben ist. Die Homologie der Organe, mit denjenigen, die bei Lichenen bekannt sind, ist der eine Grund, die von uns als Ascogon und Trichogyne be- zeichneten Gebilde als das weibliche Organ, die Spermatien als Be- fruchtungselemente aufzufassen. Ein weiterer Grund ist die entschiedene Keimungsunfähigkeit der Spermatien. Ein dritter die ungefähre Gleich- zeitigkeit der Entwickelung der Spermatien und der Peritheciumanlagen. Völlig gleichen Schritt halten freilich beide nicht; denn bis in die zweite Hälfte des Oktober findet wenigstens in manchen Spermogonien noch Spermatienbildung statt, während um diese Zeit keine Trichogynen mehr zu sehen sind, und der zwischen den Spaltöffnungen befindliche Ueberrest derselben geschwärzt ist. Aber in die Zeit, in welcher die Triehogynen in Menge aus dem Stroma hervorragen, Ende Juli und An- fang August, fällt auch die massenhafteste Spermatienentwickelung. Endlich scheint mir auch das Verhalten der Spermatien zu den Tri- chogynen die obige Ansicht zu bestätigen. Fisch hat sich von den Befruchtungsvorgängen nicht sicher überzeugen können. Allein gerade die hier zu erwähnenden Erscheinungen sind die erste Veranlassung gewesen, welche mich auf die Existenz der Trichogyne und auf die Function der Spermatien aufmerksam machten. Auf Oberflächenschnitten gewahrt man häufig die entleerten Spermatien an gewissen Punkten stärker angesammelt und überzeugt sich bald, dass sie um die hervor- gestreckten Trichogynen oft in einem ganzen Flocken angehäuft sind. Ich habe auch Fälle gesehen, wo mit der Spitze der Trichogyne ein 60 . B. Frank: Spermatium vereinigt war, welches dann auch eine Veränderung er- fährt, nämlich augenscheinlich substanzärmer wird, indem sein Inhalt lückig, seine Umrisse unregelmässiger erscheinen und es so allmälig undeutlich wird, während nicht copulirte Spermatien voll und regel- mässig erscheinen. Der Umstand, dass die Bildung der Sexualorgane und der Befruchtungsact, welcher nothwendig ausserhalb des Blattes statt- finden muss, an die Blattunterseite verlegt sind, wo grösserer Schutz gegen Regen und sonstige mechanische Gefahren geboten ist, desgleichen die fadenförmige widerhakenartige Gestalt der Spermatien, durch welche ihr Anhängen an die Trichogyne befördert wird, besonders auch die kolossale Menge, in welcher die Spermatien erzeugt werden und welche die Wahrscheinlichkeit eines Zusammentreffens mit den weiblichen Or- ganen bis zur Sicherheit erhöht, sind bemerkenswerthe Anpassungen, die an ähnliche Raffıinements in der Einrichtung der Blüthen erinnern. Die Entwickelung der befruchteten Perithecienanlagen zu fertigen Perithecien ist von Fisch genau beschrieben worden. Die Vergrösse- rung und Ausbildung derselben beginnt schon zur Zeit des Laubfalles, wird aber durch den Winter mehr oder weniger verlangsamt und unter- brochen. Im April sind die Perithecien reif, d. h. sie enthalten aus- gebildete achtsporige Schläuche mit keimfähigen, ovalen, farblosen, ein- zelligen Ascosporen. Auf Wasser oder sonstige feuchte Unterlage ge- bracht, sind diese sofort keimfähig. Sie treiben einen kurzen Keim- schlauch, der an der Spitze stets eine längliche Anschwellung bekommt, die ungefähr die Grösse der Spore erreicht, den ganzen Sporeninhalt oder den grössten Theil desselben aufnimmt, durch eine Querwand sich abgrenzt und rasch seine Membran bräunt. Die Gestalt dieses Organes ist eine ungemein wechselnde: wo eine einzeln liegende Spore auf flacher Unterlage (Glasplatte, Cuticula) gekeimt ist, da ist die An- schwellung von ungefähr ovaler Gestalt, aber stets mit abgeplatteter Fläche der Unterlage anliegend; sehr deutlich ist dies bei Keimung auf Glasplatten, wo das Organ in diesem Falle sich stets der Glasoberfläche anpresst, auch wenn die Spore höherschwebend in der Flüssigkeit liegt. Die als Reiz auf das Wachsthum wirkende Berührung mit einem festen Körper hat diesen Erfolg anscheinend unabhängig von der Qualität des berührenden Körpers; sogar die Sporen und die in Rede stehenden Or- gane selbst können sich gegenseitig reizen, wie man dies bei Keim- versuchen auf Wassertropfen sieht, wenn kleine fremde Partikelchen neben den Sporen sich befinden oder wenn keimende Sporen zu mehre- ren in einem Häufchen liegen. Die sich bräunenden Anschwellungen nehmen dann gewöhnlich andere Gestalt an; sie werden länger, mehr schlauchförmig und umwachsen einander dicht angeschmiegt in darmartigen Windungen, oft eine förmliche Schlinge umeinander bildend; selbst spi- ralige Windungen entstehen. Daraus geht hervor, dass wir in diesen Gebilden wieder die oben erwähnten Haftorgane vor uns haben, Ueber einige neue und weniger bekannte Pflanzenkrankheiten. 61 nicht wie Fisch sie nennt secundäre Sporen, wogegen schon ihre un- gemein variabele Gestalt sprechen würde. Es kommt hinzu, dass ihnen auch das sonstige Merkmal der Sporen abgeht, nämlich auf feuchter Unterlage keimen zu können. Sie lassen sich zu keiner weiteren Ent- wickelung bringen. Die einzige Function, die sie ausüben, tritt ein, wenn sie sich an die Cuticula des Pflaumenblattes angesetzt haben: von ihnen aus wird ein schlauchartiger Fortsatz durch die Aussenwand der Epi- dermiszelle in deren Inneres getrieben, wie Fisch es bereits beschrieben hat. Die Entwickelung des Parasiten in der Nährpflanze nimmt damit ihren Anfang. Infectionsversuche gelangen mir leicht mit in Töpfen gezoge- nen und dann unter Glasglocken gehaltenen Pflanzen, wenn die Blätter mit Wasser bestrichen wurden, in welchem reife Sporen vertheilt waren. Am 24. April inficirte Pflanzen, die ihre belaubten Triebe eben gebil- det hatten, zeigten den Anfang der Erkrankung am 20. Mai durch gelbe oder gelbröthliche Flecken der Blätter, in denen das bereits im ganzen Mesophyll verbreitete Mycelium constatirt wurde. Letzteres er- starkt immer mehr und verflechtet sich mit dem Blattgewebe zu dem immer deutlicher werdenden Stroma, in welchem bei jenem Versuche die ersten Spermogonienanlagen am 30. Mai zu bemerken waren. Noch mögen folgende auf die Verbreitung und Wiederentstehung des Pilzes und der Krankheit bezügliche Daten kurz erwähnt werden. Das abgefallene Pflaumenblatt verwest, soweit es nicht vom Poly- stigma-Stroma eingenommen ist, auf dem Boden sehr rasch und ist meist schon gegen das Frühjahr völlig zersetzt. Aber die Stromata, die dann eine mehr schwarzrothe Farbe augenommen haben, persistiren und zwar zum Theil bis in den Juli und sind während dieser Zeit vom April an eine stetige Quelle keimfähiger Sporen. Ihre jetzt mehr oder weniger convexe bis fast gerollte, etwa einer Krebsschale ähnelnde Ge- stalt lässt sie leicht durch den Wind’auf dem Boden fortgerollt werden; die convexe Aussenseite ist die mit den Perithecienmündungen ver- sehene. Noch Ende Juli enthalten solche vom Boden aufgenommene Stromata in einigen Perithecien noch unentleerte Sporen. Tatsächlich kann man auch bis in diese Zeit mit ihnen erfolgreiche Infectionsver- suche anstellen. Das Vorkommen noch jugendlicher Stromata neben älteren auch zur späteren Sommerszeit auf den Blättern im Freien er- klärt sich hieraus. Bemerkenswerth ist, dass während dieser ganzen Zeit die Keimung der Sporen zurückgehalten wird, so lange sie im Pe- rithecium eingeschlossen sind, auch wenn das Stroma feucht erhalten wird, dass dagegen die Keimung überraschend schnell (bei + 18° C. ın zwei Stunden) eintritt, sobald die Sporen auf irgend eine Weise, z.B. künstlich durch Zerschneiden des Stroma, daraus befreit sind; nach 24 Stunden sind dann bereits die gebräunten Haftorgane gebildet. Auf welche Weise im Freien die Ascosporen auf das Laub der Sträucher und Bäume kommen, ist mir nicht vollständig klar geworden. Dass 62 B. Frank: die Sporen, um Infection hervorzubringen, den Weg vom Boden bis nach den Blättern machen können, bewiesen mir erfolgreiche Versuche mit Pflanzen im freien Lande unter grossen Glasglocken, wo nur der Boden rings um die Pflanzen mit Stromata belegt wurde. Eine Eja- culation der Sporen aus den Perithecien, woran ich nach dem Erfolg die- ses Versuches, bei welchem die Luft unter der Glocke durch den Wind nicht bewegt wird, dachte, konnte ich bei darauf gerichteten Versuchen nicht constatiren. Verschleppung durch Insecten wäre denkbar. Die spontane Entleerung des Perithecieninhaltes in Form eines Gallertklümp- chens, welche Fisch als das Normale beschreibt, habe ich nur sehr selten beobachten können, auch bei fortwährendem Feuchthalten der reifen Stromata; das mag wohl damit zusammenhängen, dass die Peri- thecien sehr langsam eins nach dem andern sich entleeren. Im Freien dürfte auch durch allmäliges Zerbröckeln des Stroma die Befreiung der Sporen erfolgen. Dass die letzteren auch nach mechanischer Zertrümme- rung des Peritheciums keim- und infectionsfähig sind, haben die oben erwähnten Versuche gelehrt. Ist auf diese Weise unzweifelhaft nachgewiesen, dass die Krankheit durch Vermittelung des pilzbefallenen vorjährigen Pflaumenlaubes ent- steht, so würde doch die Beseitigung dieses Laubes kein Vorbeugungs- mittel gegen den Wiederausbruch einer schon vorhanden gewesenen Krankheit sein, wenn das Mycelium des Pilzes in den Zweigen des Pflaumenbaumes perenniren und von dort aus in die neuen Triebe ein- dringen sollte. Aber in keinem Gewebe, selbst mit stark befallenen Blättern versehener Zweige, liess sich eine Spur von Pilzmycelium constatiren. Auch in den Stielen der kranken Blätter ist keines zu finden. Vielmehr kann” man nachweisen, dass das Mycelium bereits nahe ausserhalb des Randes des Stroma aufhört und das Blattgewebe schon dort pilzfrei ist. Jedes Stroma ist also ein Pilzindividuum für sich und nur die Folge directer Infection durch Ascosporen entstanden, der Pilz eine einjährige Pflanze. 4. Hypochnus Cucumeris n. sp. Im Sommer 1882 trat auf den Gurkenpflanzen in den Gärten um die landwirthschaftliche Hochschule in Berlin eine Krankheit auf, welche durch einen Hymenomyceten veranlasst wurde. Von der ge- wöhnlichen Erkrankuug, welche an Gurkenpflanzen, namentlich durch Thrips und durch die rothe Spinne hervorgerufen wird, bestehend im Auftreten zahlreicher kleiner gelber oder bleicher Fleckchen bis auf die jüngsten Blätter, wodurch das Laub allmählig abstirbt, unterscheidet sich die in Rede stehende Krankheit dadurch, dass die bis dahin ganz gesunden und reinen Blätter plötzlich absterben, indem sie von den Spitzen aus sich total gelb färben. Dies schreitet von den unteren Blättern nach den oberen hin fort und endigt mit dem Tode der gan- Ueber einige neue und weniger bekannte Pflanzenkrankheiten. 63 zen Pflanze. Das sind Symptome, welche an Pflanzen eintreten, wenn ihre Wurzeln oder untersten Stengeltheile erkrankt und functionslos geworden oder abgestorben sind. Die dort obwaltende Störung stellte sich hier als ein schon dem unbewaffneten Auge sehr auffallender Pilz heraus, welcher die untersten Theile der Pflanze überzieht. Von der Oberfläche des Bodens, also auf dem dort liegenden oberen Wurzelende beginnend, bedeckt meist mehrere Centimeter weit am Stengel und wohl auch an den untersten Blattstielen emporsteigend eine faserige graue oder bräunlichgraue Pilzhaut die genannten Organe, mit ihrem flockig oder strahlig aufgelösten oberen Rande allmählig auf den Theilen weiter aufwärts kriechend. Diese Haut ist das Mycelium des Pil- zes, welches sich in seinen älteren Theilen auf der ganzen Aussen- fläche mit einem Hymenium bedeckt, indem überall von den Hyphen aus mehr oder weniger dicht beisammenstehende längliche Basidien sich abzweigen, welche nach Hymenomycetenart auf ihrer Spitze an vier Sterigmen je eine einzellige, ovale, farblose Spore abschnüren. Durch die Sporen erscheint die Oberfläche des Hymeniums pulverig. Die Sporen keimen auf Wassertropfen schon nach 24 Stunden, indem sie aus einem oder beiden Enden einen Keimschlauch von gewöhnlicher Beschaffenheit treiben. Das Mycelium liegt den genannten Theilen der Gurkenpflanze ohne jede Verbindung lose auf, lässt sich leicht davon abziehen, und die Theile erscheinen darunter im allgemeinen frisch und gesund. Aber an einer Stelle der untersten Theile findet man den Pilz in das Innere eingedrungen. Diese Stelle ist durch Absterben und Breiigwerden des Gewebes bezeichnet, und man sieht hier Pilz- fäden von der Epidermis aus in das innere Parenchym vordringen, in- dem sie Membran und Lumen der Zellen quer durchwachsen. Bis- weilen findet sich eingedrungener Pilz und Fäulniss des Gewebes an den genannten Punkten auch ohne dass es zur Entwicklung eines äusserlich aufsteigenden Myceliums und eines Hymeniums kommt. Da die eingedrungenen Pilzfüden am leichtesten in nicht verholztem Paren- chym sich ausbreiten und dieses verderben, so erliegt am häufigsten das oberste Wurzelende den Angriffen, weil hier die Xylemstränge nur zwei opponirte Phalangen bilden und in der zwischen beiden sich con- tinuirlich durchziehenden Parenchymplatte der Pilz den Wuırzelkörper bald quer durchwuchert, so dass der letztere in Folge der Fäulniss dieses Gewebes quer durchspalten wird. Nachdem die Gurkenpflanze hierdurch getödtet worden ist, entwickelt sich der äusserliche Theil des Pilzes auf der Pflanzenleiche nicht weiter. Auch auf anderem leb- losen Substrat (z. B. faulem Holz) konnte ich ihn zu keiner merklichen Weiterentwicklung bringen. Der Pilz dürfte also ein echter Parasit sein. Es ist bemerkenswerth, dass er auf den Gurkenbeeten, wo er stark auftrat, auf keiner der anderen dort wachsenden Pflanzen (ver-. schiedenen Unkräutern) anzutreffen war. 64 G. Krabbe: 7. G. Krabbe: Morphologie und Entwicklungs- geschichte der Cladoniaceen. (Vorläufige Mittheilung.) Eingegangen am 16. Februar 1883. Die Cladoniaceen, die schwierigste aller Flechtenfamilien, haben stets das Interesse der Botaniker, besonders der Lichenologen in her- vorragender Weise in Anspruch genommen. Trotzdem aber ist es bis jetzt noch nicht gelungen, die Entwicklungsgeschichte und Morphologie dieser wegen ihres Formenreichthums fast isolirt dastehenden Pflanzen- familie aufzuklären. Wir haben daher zur Klarlegung dieser Verhält- nisse seit einigen Jahren die Cladoniaceen zum Gegenstand unserer Un- tersuchung gemacht und wollen im Folgenden das Ergebniss dieser Untersuchungen in Kürze zu’ 'skizziren suchen. Hierbei werden, wie auch von einer Skizze nicht anders zu erwarten ist, manche Punkte nicht bis zu einem vollkommen klaren Verständniss erläutert werden können; verschiedene Fragen müssen sogar vollständig unerörtert bleiben. Diese Versäumnisse sollen aber in einer späteren, ausführ- licheren Arbeit unter Zugrundelegung von Abbildungen nachgeholt werden. Zur vorherigen Örientirung ist Folgendes nothwendig voraus zu schicken. Die Cladoniaceen unterscheiden sich von allen andern Flech- ten durch den in doppelter Form zur Entwicklung kommenden Thallus. Dieser besteht einmal aus einem horizontal ausgebreiteten, und dann aus einem verticalen, je nach den einzelnen Arten verschieden gestalte- tem Theile, dem sogenannten Podetium. An diesem, so nimmt man an, entstehen die eigentlichen Apothecien und Spermogonien. Es fragt sich nun, gehören diese vielgestaltigen Podetien in Wirk- lichkeit zum Thallus, und wenn nicht, wie sind dieselben morphologisch zu deuten? Abgesehen von Cl. Papillaria und von der Gattung Stereocaulon können wir diese Frage kurz folgendermassen beantworten: Die Pode- tien der Cladonien gehören nicht zum Thallus, repräsentiren vielmehr einen Theil des reproductiven Sprosses, indem sie mit den bisher als Apothecien und Spermogonien bezeich- neten Gebilden den eigentlichen Fruchtkörper darstellen. Es ist demnach, um ein allbekanntes Beispiel anzuführen, das reich ver- zweigte, strauchförmige Podetium von C/. rangiferina mitsammt den in manchen Fällen die Zweigenden abschliessenden braunen Köpfchen (bis- Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Cladoniaceen. 65 her als Apothecien bezeichnet) der Fruchtkörper dieser Flechte. Ci. rangiferina besitzt mit andern Worten ein reichverzweigtes Apothecium und Spermogonium. Wir wollen diese Behauptung an einer einfacher gebauten Uladonie, an Cl. decorticata zu beweisen suchen. Diese Flechte ist durch einen ziemlich stark entwickelten laub- artigen Thallus mit ausgeprägter Rinden-, Gonidien- und Markschicht charakterisirt. Das als Podetium bezeichnete Gebilde nimmt an der Grenze der Rinden- und Gonidienschicht seinen Ursprung, entsteht also endogen. Durch localisirte Sprossung der Thallushyphen gelangt an der bezeichneten Stelle ein kleines Faserbündel zur Ausbildung, welches mi; seinem Scheitel bald nach seiner Anlage die Rindenschicht des Thallus durchbricht. In derartigen, bis dahin aus gleichwerthigen Ele- menten bestehenden Sprossanlagen kommen einige dickere, plasma- reichere Hyphen zum Vorschein, die sich bei Behandlung mit Jod- lösung blau färben. Die sich blau färbenden Hyphen sind die bekann- ten Schlauchfasern. Ihre Entstehungsweise soll einstweilen nicht in Betracht gezogen werden, da es vorerst darauf ankommt, den morpho- logischen Werth des sogenannten Podetiums festzustellen. — Während an dem Scheitel der einige Millimeter über den Thallus hervorragenden Sprossanlage die Paraphysenbildung stattfindet, verzweigen sich im Innern die ascogenen Hyphen zu einem dichten Geflecht und gehen dann zur Schlauchbildung über. In Bezug auf Differenzirung ist nun- mehr der junge Spross zu einem vollkommen ausgebildeten Frucht- körper geworden. Von einem Podetium thallöser Natur, an dem erst später die Apothecien entstehen sollen, kann hier gar keine Rede sein. Das Wachsthum des jungen Fruchtkörpers ist jedoch mit dem be- zeichneten Stadium nicht abgeschlossen; durch ein nachträgliches star- kes intercalares Wachsthum des Gewebes unterhalb des Hymeniums wird dieses auf einem Stiel emporgehoben. In Folge unregelmässigen Wachsthums der verschiedenen Seiten dieses Stieles und zum Theil auch des Hymeniums wird der ganze Fruchtkörper nach und nach in mehrere Theile zerrissen, die darauf selbständig weiter wachsen. Der Fruchtkörper bekommt so ein verzweigtes Aussehen. Da diese durch Zerreissung entstandenen Zweige durch heranfliegende Algen zu leb- haften Sprossungen angeregt werden, wodurch an ihrer Peripherie thal- löse Gewebepartien zur Ausbildung gelangen, so erhält der ganze Frucht- körper schliesslich, mit Ausnahme der die Zweigenden abschliessenden Hymenialpartien, einen thallusartigen Charakter. Man betrachtete nun, durch den äusseren Schein verleitet, diese Zweige (Podetium) als Thallus, und die braun gefärbten mit einem Hy- menium bedeckten Enden derselben als Apothecien, welche durch be- sondere Sprossung aus jenen Zweigen hervorgehen sollten. Genau so, wie der Sporen erzeugende Spross, entsteht bei Cl. de- corticata das Spermogonium. Durch localisirte Sprossung der Thallus- 5 D. Botan.Ges.1 66 G. Krabbe: hyphen an der obersten Grenze der Gonidienschicht entwickelt sich ein homogenes Faserbündel, welches allmälig den Thallus durchbricht und dann in seinem Scheitel die ersten Sterigmen bildet. Bis zu diesem Stadium ist weder in der anatomischen Beschaffenheit noch in der Wachsthumsweise etwas zu finden, wodurch sich ein Spermatien erzeugender Spross von einem Sporen produzirenden unterscheiden liesse. Erst mit dem Auftreten bestimmter Hyphen, der Sterigmen oder Schlauchfasern, ist man zu entscheiden im Stande, ob eine Sprossanlage zum Apothecium oder Spermogonium wird. Sobald die Sterigmenbil- dung bis zum Beginn der Spermatienabschnürung vorgeschritten ist, bildet sich im Scheitel des Spermogoniums eine runde Oeffnung für den Aus- tritt der Spermatien. Was den Ort der Spermatienabschnürung betrifft, so verdient es vielleicht hervorgehoben zu werden, dass diese nur in dem über den Thallus hervorragenden Scheiteltheile des Sprosses stattfindet, wodurch sich die Cladonien, soviel ich weiss, von allen anderen Flechten unter- scheiden. Mit Rücksicht hierauf könnten die Spermogonien der Cla- donien gymnokarp genannt werden. Ein nachträgliches intercalares Wachsthum kommt bei den Spermogonien nicht zur Geltung, und so bleiben diese bedeutend kleiner als die Apothecien. Bereits aus dieser flüchtigen Darlegung des Entwicklungsganges der Apothecien und Spermogonien von Cl. decorticata geht nach meiner Meinung mit hinreichender Klarheit hervor, dass ein Podetium in der bisher definirten Weise überhaupt nicht vorhanden ist. Cl. decorticata besitzt frühzeitig, oft schon im Thallus sich differenzirende Spermo- gonien und Apothecien, von denen die letzteren in Folge secundärer Vorgänge verschiedener Art äusserlich einen thallusartigen Charakter bekommen. An Cl. decorticata schliessen sich in allen wesentlichen Punkten Cl. fungiformis, Cl. cariosa, Cl. bacillaris, Cl. macilenta, Cl. incrassata, und zum Theil auch Cl. Botrytes und endiviaefolia an. Die meisten Oladonien zeigen jedoch, was den Entwicklungsgang und Polymorphismus des Fruchtkörpers betrifft, viel complicirtere Ver- hältnisse. Wir wollen diese an Cl. alcicornis klar zu legen suchen. Aus dem laubartigen Thallus dieser Flechte entstehen Apothecien und Spermogonien, welche sich entweder schon im Thallus oder un- mittelbar nach Durchwachsung desselben differenziren, und von Einzel- heiten abgesehen mit den Fruchtformen der vorhin aufgezählten Cla- donien in den Hauptpunkten übereinstimmen. Nur bleibt das Apothe- cıum kleiner und ist zuweilen kaum gestielt, weil ein intensives inter- calares Wachsthum nach Anlage des Hymeniums nicht stattfindet. Ausser diesen einfachen Formen besitzt aber Cl. aleicornis noch andere, die der richtigen Deutung grössere Schwierigkeiten darbieten. Zwischen den Apothecien- und Spermogonienanlagen, mit diesen in derselben Re- gion des Thallus, entstehen Sprosse, welche zwar in ihrer Anlage und Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Cladoniaceen. 67 in ihrem anfänglichen Entwicklungsgange mit den bisher erörterten Fruchtformen übereinstimmen, sich aber von diesen dadurch wesentlich unterscheiden, dass sie sich nicht unmittelbar oder bald nach ihrer Ent- stehung differenziren, sondern eine Zeit lang ununterbrochen weiter wachsen, indem ihr Gewebe homogen bleibt. Hat ein derartiger Spross eine gewisse Grösse erreicht, dann stellen die Fasern in der Mitte des halbkugeligen Scheitels ihr Wachsthum ein, während die peripherisch gelegenen um so intensiver fortwachsen. Da sich in Folge dieses Vor- ganges der Scheitel abflacht und sich kraterförmig vertieft, so nimmt der Spross nach und nach eine trichter- oder trompetenförmige Gestali an. Abgesehen von den oft complicirten Wachsthumsvorgängen, die durch heranfliegende Algen sowohl an der Peripherie als auch in der Trichtereinsenkung des Sprosses eingeleitet werden, zeigt dieser vor- läufig weiter keine Veränderung, als Grössenzunahme. Verfolgt man das Wachsthum derartiger Sprosse Schritt für Schritt weiter, so lässt sich an manchen derselben die Beobachtung machen, wie zwischen den Scheitelfasern des Trichterrandes mit der Zeit dickere plasmareichere Hyphen sichtbar werden, diesich durch Jod blau färben. Es sind also ohne Zweifel Schlauchfasern. Sobald sie erscheinen, hört das Scheitelwachs- thum des Sprosses auf, und auf dem ganzen Rande desselben beginnt die Paraphysenbildung. Der Trichterrand bildet sich so allmälig, gerade so wie der Scheitel der Fruchtformen, welche sich frühzeitig differen- ziren, zum Hymenium um. Darnach können wir über die morpholo- gische Deutung dieses trichterförmigen Sprosses bei Cl. aleicornis nicht mehr im Unklaren sein; er ist nichts anderes als ein Fruchtkörper eigenthümlicher Gestalt, ein trichterförmiges Apothecium, welches nur an seinem äusseren Rande ein Hymenium entwickelt. So klar, wie in diesem Falle, liegen zwar die Verhältnisse selten, um aber die Sache nicht zu compliciren, müssen wir uns an möglichst einfache For- men halten. Von den verschiedenartigen Erscheinungen, die späterhin an diesem trichterförmigen Apothecium eintreten, verdient hier hervorgehoben zu werden, dass in den meisten Fällen die anfänglich zusammenhän- gende Lamina durch secundäre Vorgänge verschiedener Art zerrissen wird. Es isoliren sich so einzelne Hymenialpartien, die äusserlich den Eindruck besonderer Apothecien machen und, wie bekannt, bisher auch als solche beschrieben wurden. Die Schlauchfaserbildung geht jedoch nicht bei allen Sprossen in räumlicher Beziehung ununterbrochen auf dem ganzen Trichterrande vor sich. Nicht selten entstehen die Schlauchfasern im Trichterrande nur an einzelnen Stellen von grösserer oder geringerer Ausdehnung. Da an derartigen Sprossen die Paraphysenbildung auch nur an solchen Stellen mit Schlauchfasern stattfindet, so differenziren sich hier von Hause aus besondere Partien des Trichterrandes zum Hymenium, die 68 G. Krabbe: durch sterile Gewebepartien getrennt sind. Es ist dieser Fall offenbar nur eine Modifikation jenes ersten, in welchem der ganze Rand zum Hymenium wurde; und wie dort, so muss auch hier auf Grund der Entwicklungsgeschichte der ganze Spross mit seinen isolirten Hyme- nialpartien als morphologische Einheit, d. h. als Fruchtkörper betrachtet werden. Es findet jedoch keineswegs immer eine Umwandlung des trich- terförmigen Sprosses zum Apothecium statt. Gerade so häufig sind die Fälle, wo auf dem Trichterrande unmittelbar durch seitliche Aus- sprossung der Hyphen, also ohne vorhergehende besondere Sprossbil- dung, Sterigmen zur Ausbildung gelangen. Ist die Sterigmenbildung bis zur Abschnürung der Spermatien vorgeschritten, dann entstehen auf dem Trichterrande eine Anzahl rundlicher Oeffnungen, aus denen die Spermatien austreten. Eine solche Oeffnung führt entweder in eine krugförmige Vertiefung — dies ist der einfachste Fall — oder in ver- schiedenartig gewundene Kammern, deren Wände von den Spermatien abschnürenden Sterigmen bekleidet sind. Da die Randpartien, an denen . Sterigmenbildung stattfindet, meistens durch etwas lebhafteres Wachs- thum über das Niveau des Trichterrandes hervortreten und so gleich- sam papillenförmige Erhebungen desselben bilden, so hat es bei ober- flächlicher Betrachtung ganz den Anschein, als ob diese Partien, die einem Spermogonium früher Differenzirung oft ziemlich ähnlich sehen, aus besonderen Anlagen hervorgegangen seien. Es darf uns dieser Schein jedoch in der morphologischen Deutung des ganzen Sprosses nicht irre führen. Wir sahen bereits, dass auch bei den Sporen er- zeugenden Sprossen Fälle vorkommen, wo nicht der ganze Trichterrand von der Schlauchfaserbildung in Anspruch genommen wird und wo daher scheinbar besondere Apothecien zur Entwicklung kommen. In Uebereinstimmung hiermit muss auch im vorliegenden Falle der trichterförmige Spross als morphologische Einheit aufgefasst werden. Wir haben einen Spermatien erzeugenden Spross von trichterförmiger Ge- stalt, oder was dasselbe ist, ein trichterförmiges Spermogonium vor uns. Uebrigens kommt es auch vor, dass sich die Sterigmenbildung fast auf den ganzen Trichterrand, ohne durch sterile Gewebepartien unterbrochen zu werden, ausdehnt. Für den Austritt der Spermatien bilden sich dann, statt rundliche, schlitz- oder spaltenförmige Oeffnun- gen, je nach dem Umfang der Spermatien abschnürenden Partien von grösserer oder geringerer Ausdehnung. Bisher sind nur solche Fälle in Betracht gezogen worden, in denen der sich erst spät differenzirende trichterförmige Spross von Ül. aleicor- nis entweder zum Apothecium oder Spermogonium wurde. Es kommt aber auch vor, dass ein derartiger Spross zwitterig wird in so- fern, als an der einen Stelle des Trichterrandes Schlauchfasern, an einer andern Sterigmen zur Ausbildung gelangen. Diese verschiedenartige Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Cladoniaceen. 69 Differenzirung der kreisförmigen Scheitelkante mancher Sprosse ist keiner Regel unterworfen; bald wird der grössere Theil des Randes zum Hymenium, während die Sterigmenbildung nur wenig Raum in Anspruch nimmt, bald findet das Umgekehrte statt. Gewöhnlich wech- seln Sporen erzeugende mit Spermatien abschnürenden Gewebepartien in bunter Reihenfolge ab. Ausser den bisher aufgeführten Sprossformen finden sich bei Cl. aleicornis endlich solche, welche sich überhaupt nicht differenziren, viel- mehr zeitlebens in einem sterilen Zustande verharren. Dies sind die typischen Formen des Fruchtkörpers, die Ul. aleicornis besitzt. Unsere Untersuchung hat sechs verschiedene Sprossformen er- geben. Diese stimmen zwar in ihrer Anlage und in ihrem anfänglichen Entwicklungsgange genau überein, trennen sich aber bald ın zwei Ka- tegorien, indem die einen sich bald, die andern erst später, nachdem sie zu ziemlicher Grösse herangewachsen sind, differenziren. Es wird nun, um eine kurze, präzise Bezeichnungsweise für die verschiede- nen Sprossformen zu haben, nothwendig, für dieselben besondere Be- nennungen einzuführen. Die sich unmittelbar nach ihrer Anlage diffe-. renzirenden Sprosse mögen formae priores, diejenigen Sprosse aber, die erst später hierzu übergehen und gewöhnlich eine von den vorigen abweichende Gestalt annehmen, formae posteriores genannt sein. Die formae priores enthalten einfache Spermogonien und Apothecien, von denen nur die letzteren oft nachträglich eine complicirtere Gestalt annehmen. Von den formae posteriores nennen wir den Sporen er- zeugenden Spross „Diapothecium“, dem entsprechend den Sperma- tien abschnürenden Spross „Diaspermogonium“. Der Sporen und Spermatien zugleich produzirende Spross soll als „Disomatium“, und der sterile, d.h steril in Bezug auf Schlauch- und Sporenbildung, als „Asporum“ bezeichnet werden. Mit der Fixirung dieser sechs verschiedenen Fruchtformen von Cl. aleicornis haben wir uns den Schlüssel zum morphologischen Ver- ständniss fast der ganzen Gattung verschafft, denn die Fruchtformen der übrigen Cladonien lassen sich zum grössten Theil auf diese typischen Formen zurückführen. In der folgenden Tabelle sind die wichtigsten Cladonien zusammen- gestellt mit Rücksicht auf die Fruchtformen, welche jede Art besitzt. — Zuvor aber heben wir noch ausdrücklich hervor, dass die morpho- logischen Verschiedenheiten des Cladonienfruchtkörpers keiner physiolo- gischen Erklärung fähig sind, in sofern nämlich als aus den ungleich- artigen äusseren Einwirkungen, wie sie die Standortsverhältnisse mit sich bringen, die verschiedenartigen, oft unmittelbar nebeneinander vor- "kommenden Fruchtformen nicht erklärt werden können. Auf eine phylogenetische Erörterung des Gegenstandes können wir uns hier nicht einlassen. 70 G. Krabbe: Wie sich eigentlich von selbst versteht, soll in der folgenden Ta- belle mit dem + Zeichen hinter einer Art das Vorhandensein der am Kopfe der betreffenden Columne verzeichneten Fruchtform angegeben werden, während dort, wo eine Fruchtform nicht vorhanden, die Co- lumne hinter der betreffenden Art leer gelassen ist. Formae i priores Formae posteriores Ta = Artnamen 3 5 5 he s |&s|ls |32| 8153 3 /e98lE, 2 eranrn = u a4 u &0 S s |28j22|3378 16 < |m&|la°|A =) < 1 . decorticata Flik... . e = 2 „ fungiformis Wulf... .. . L L 5) un Caro PUR 2 u nn, Pr = 4 „ bacillaris Leight. ... . . Er e* 5 „„macilenta/Ehrh, .... .,. .... + air 6 „ Incrassata (?) Flik... ... R” 8 7 „ squamosa Hoffm. ..... es .E 8 , botrytas Has... .. 0.n la. L 8 9 „ endiviaefolia Dicks. . . . - en 4 4 10 6 kürgida Bhrh; ; " setsuewün 1 d + en 11 „ alcicomis Light... ... . + Rs a® as + +. 12 5 uyidata MD... cola Ferne ro in + ns de 13 .,eervisornis Ach, „0. 8 Re ei + + ae 14 „sostaterBsuiark. Baia Aa RAY 4 en e" rs 15 Srfimibristab lan Yaia Mtair ei ie + rs 16 „" erennlata: Fik. \uowwaj- zu. 4 a + En i7 „ degenerans Flik... ... . u: eh + $ 18 „ ‚ochrochlora Flik... . ...... eh ad + de 19 det Fin, ee en # 4 A 20 » Cornucopioides L.. ... . ". af + Ina 21 „ bellidiflora Ach... .... -> + + + 22 an zaruaola, Bis re + + + + 23 „ furcata Schreb. O).... . + + 4 + 24 „ amaurocraea Flk. ..... + a “ "= 25 „ stellata Schaer. ...... 4: + A ie 26 s muugilermea lb aka an nr + RN es Da auf eine spezielle Besprechung der vorstehenden Tabelle in Be- zug auf die einzelnen Arten hier verzichtet werden muss, so gehen wir direkt zur kurzen Erledigung einiger entwicklungsgeschichtlicher Punkte über. Die wichtigste Frage, nämlich die nach der Art und Weise der Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Cladoniaceen. 71 Entstehung und Weiterentwicklung des Fruchtkörpers können wir fol- gendermassen beantworten. Anlage und Differenzirung sowohl der formae priores als auch der formae posteriores geht ohne Betheiligung eines Sexualaktes vor sich; der Entwicklungs- gang des Fruchtkörpers ist von Anfang bis zu Ende ein rein vegetativer. An der obersten Grenze der Gonidienschicht entstehen durch seit- liche Sprossung weniger Thallushyphen einige zartwandige Fasern, welche mehr oder weniger parallel unter einander nach oben wachsen und, während sie sich zu einem kleinen Bündel verzweigen, allmälıg die Rindenschicht des Thallus durchbrechen. Bereits in derartigen Faserbündeln lassen sich bei den jormae priores die ersten ascogenen Hyphen nachweisen. Sie entstehen so, dass eine gewöhnliche Spross- faser zu einer bestimmten Zeit lebhafter zu wachsen beginnt und wäh- rend ihres Scheitelwachsthums nach und nach dickere, plasmareichere Zellen abschnürt. :-Der Uebergang einer sterilen Hyphe in eine ascogene findet, wie ich es bereits früher für die Gattung Sphyridium (Botan. Zeit. 1882, S. 73) klargelegt habe, ganz allmälıg statt; es lassen sich keine bestimmten Zellen angeben, von denen an gerechnet eine Faser als ascogen bezeichnet werden könnte. Mit dieser anatomischen Veränderung einer vegetativen Hyplıe beim Uebergang in den fertilen Zustand geht bei manchen Cladonien eine chemische Umwandlung der Zellmembran Hand in Hand, da sich dieselbe unter Zusatz von Jodlösung blau färbt. Diese Blaufärbung tritt um so intensiver hervor, je mehr eine Faser in ihren anatomischen Merkmalen den Charakter einer Schlauch erzeugenden Hyphe annimmt. Und in dem Maasse, als eine fertile Faser nach unten sich der vegeta- tiven Form nähert, verschwindet diese Blaufärbung. Es lässt sich also auch diese nicht auf bestimmte Zellen begrenzen. Was den Ort der Schlauchfaserbildung betrifft, so kommen für ge- wöhnlich an verschiedenen Stellen innerhalb einer Sprossanlage asco- gene Hyphen zur Entwicklung. Sind sie jedoch in einer gewissen An- zahl vorhanden, dann entstehen keine neuen mehr, und ihre weitere Vermehrung beruht auf einer Verzweigung der vorhandenen. Die soeben dargelegte Entstehungsweise der ascogenen Hyphen ist Grossen und Ganzen bei allen Cladonien dieselbe. Ein eigenthümliches Verhalten der Schlauchfasern, wodurch fast sämmtliche Cladonien mehr oder weniger charakterisirt sind, verdient mit einigen Worten näher erläutert zu werden. Es gehen die ascogenen Hyphen, nachdem sie oft in grosser Anzahl in typischer Form zur Aus- bildung gelangt sind, wiederum in den vegetativen Zustand über. Diese Umwandlung vollzieht sich in der Weise, dass die Scheitelzelle einer fertilen Hyphe, anstatt zum Schlauche zu werden, sich streckt und in ihrem weiteren Wachsthum nur noch vegetativ geformte Zellen ab- 12 G. Krabbe: schnürt. Aber nicht nur die Scheitelzelle,. sondern auch die weiter rückwärts liegenden nehmen durch Streckung allmälig wieder die Form vegetativer Zellen an. Die ganze Umwandlung schreitet demnach in basipetaler Richtung fort. Mit dem Auftreten und Fortschreiten dieser anatomischen Ver- änderung einer Schlauchfaser tritt auch eine Aenderung in der Be- schaffenheit der Zellmembran ein, da dieselbe die Eigenschaft, sich mit Jod blau zu färben, allmälig verliert. So kann man nicht selten die Beobachtung machen, dass eine Faser in ihrem oberen bereits vegetativ gewordenen Theile einer Jodlösung gegenüber unverändert bleibt, wäh- rend sie in ihrem unteren noch nicht metamorphosirten Theile das nor- male Verhalten zeigt. Da von diesem Umwandlungsprozess der ascogenen Hyphen die sonstigen Wachsthumsvorgänge (Paraphysenbildung u. s. w.) des Frucht- körpers sehr oft unbeeinflusst bleiben, so gelangen nicht selten, bei manchen Cladonien fast stets, Hymenien zur Entwicklung, die äusserlich normal aussehen, bei näherer Untersuchung aber keine Spur von Schläuchen und Schlauchfasern, d.h. fertilen enthalten. In Bezug auf diese vegetative Rückbildung der ascogenen Hyphen lässt sich nun die interessante Regel aufstellen, dass sie um so eher und intensiver auf- tritt, je grösser der Fruchtkörper wird, bevor er sich differenzirt. Während die formue priores das in Rede stehende Verhalten der ascogenen Hyphen verhältnissmässig selten und in wenig ausgeprägter Weise zeigen, sind dıe formae posteriores durchweg durch eine intensive Metamorphose der Schlauchfasern ausgezeichnet. Bei manchen Cl/ado- nien, zZ. B. cervicornis, geht dies oft so weit, dass es nur noch äusserst selten, vielleicht gar nicht mehr zur Sporenbildung kommt. Da doch nun in der Production von Schläuchen und Sporen der Hauptzweck eines Apotheciums liegt, so lässt sich jedenfallsdie Behauptung recht- fertigen, dass die Cladonien eine in der Degeneration be- griffene Pflanzengattung repräsentiren. Oft tritt in der vegetativen Rückbildung der Schlauchfasern, nach- dem dieselben eine Zeit lang angedauert hat, ein Stillstand ein, und während des ferneren Wachsthums derselben kommt der fertile Charakter wiederum zum Vorschein. Nun findet entweder Schlauchbildung statt oder die Schlauchfasern werden nochmals vegetativ. Aber nicht nur die ascogenen Hyphen, sondern auch die Schläuche können, so lange in ihnen noch keine Sporenbildung stattgefunden hat, vegetativ auswachsen. Dieses Verhalten der Schläuche habe ich bis jetzt nur bei (Cl. stel- lata zu beobachten Gelegenheit gehabt, es ist mir aber nicht zweifel- haft, dass sich auch an anderen Cladonien dieselben Erscheinungen finden werden. Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Cladoniaceen. 73 Es wäre hier vielleicht der geeignete Ort, um im Anschluss an das soeben dargelegte Verhalten der Schläuche und Schlauchfasern auf die Sprossungen des Öladonienfruchtkörpers etwas näher einzugehen. Wir müssen jedoch auf eine Erörterung dieser oft sehr complicirten Verhält- nisse an dieser Stelle vollständig verzichten, da eine verständliche Dar- stellung derselben nur an der Hand von Abbildungen möglich ist. Aus demselben Grunde können die spezielleren Wachsthumsverhältnisse der Fruchtkörper, die Gesetze, nach denen die verschiedenen Formen ent- stehen und in einander übergehen, hier nicht in Betracht gezogen wer- den. Ebenso müssen die durch heranfliegende Algen an dem Frucht- körper hervorgerufenen Wachsthumserscheinungen, durch welche die entwicklungsgeschichtliche Untersuchung und die morphologische Deu- tung der verschiedenen Sprosse nicht unbedeutend erschwert wird, hier unberücksichtigt bleiben. Was den Thallus (Protothallus Körber’s) betrifft, so ist hervor- zuheben, dass derselbe bei manchen Cladonien, z. B. Cl. furcata, amaurocraea, Cl. stellata, Cl. rangiferina noch nicht gefunden und da- her noch unbekannt ist. Wie derselbe trotzdem in einigen systema- tischen Werken als krustenförmig bezeichnet werden kann, ist mir, wie noch vieles andere in dieser Hinsicht unerklärlich. Nach langem vergeblichen Bemühen ist es mir endlich gelungen, wenigstens den Thallus der Ul. rangiferina aufzufinden. Dies war für mich von grosser Wichtigkeit, weil es mir darauf ankam, gerade für diese kosmopolitische Flechte den direkten Beweis liefern zu können, dass das als Thallus betrachtete strauchförmige Podetium nur einen Theil des Fruchtkörpers darstellt. Der Thallus von Cl. rangiferina be- steht aus kleinen oft nur Hirsekorn grossen Schüppchen, die durch go- nidienfreie Grewebepartien unter einander in Verbindung stehen. Aus der Gonidienschicht dieses Thallus entspringt durch vegetative Sprossung der strauchförmige Fruchtkörper, dessen Zweigenden im fertilen Zu- stande das Hymenium repräsentiren. An dieser Stelle wollen wir auch kurz auf einige interessante biolo- gische Verhältnisse des Thallus und des Fruchtkörpers hinweisen. Wäh- rend der Fruchtkörper bekanntlich fast nur auf dem Erdboden vor- kommt, entwickelt sich nach meinen bisherigen Beobachtungen der Thallus an Baumrinden, abgestorbenen Aesten, an entblössten Wurzeln oder auf nacktem Gestein. Nachdem hier die jungen Fruchtkörper entstanden sind, bleiben sie so lange im Wachsthum stehen, bis sie durch irgend welche Ursachen (Regen, Wind u. s. w.) an Orte gelan- gen, die sich wenigstens zeitweise durch eine länger anhaltende Feuch- tigkeit auszeichnen. Hier geht der Thallus, sofern dies nicht schon vorher geschehen, zu Grunde, während die Fruchtkörper kräftig weiter wachsen. Das Wachsthum des Thallus und des Fruchtkörpers ist also an verschiedene physikalische Bedingungen geknüpft, die in der Natur 74 G. Krabbe: in den verschiedenen Standortsverhältnissen gegeben sind. So ist es auch erklärlich, warum der Thallus von Cl. rangiferina bisher nicht ge- funden wurde; man hat ihn jedenfalls nur an den Standorten des Frucht- körpers und wie auch nicht anders zu erwarten, vergeblich gesucht. — Für die Fortentwicklung der Fruchtkörper ist zwar nicht immer ein Ortswechsel unumgänglich nothwendig; auf Steinblöcken und nacktem, felsigem Boden können sich auch die Fruchtkörper an dem Standorte des Thallus weiter entwickeln, aber erst dann, wenn durch eine Vege- tation von Moospflanzen und anderen Flechten eine Decke gebildet ist, die die Bedingungen einer längere Zeit anhaltenden Feuchtigkeit ge- währen. Wie der Thallus der übrigen strauchförmigen Cladonien beschaffen und ob überhaupt ein solcher vorhanden ist, darüber bin ich bis jetzt noch zu keinem bestimmten Resultat gekommen. Jedoch glaube ich es nach meinen bisherigen Beobachtungen als ziemlich gewiss hinstellen zu können, dass Cl. stellata keinen Thallus mehr besitzt. Ist dies der Fall, dann gewinnt die Frage nach der Fortpflanzung des Fruchtkörpers ein nicht unbedeutendes Interesse. — Der Fruchtkörper von Ol, stellata pflanzt sich, so viel ich gesehen, nur noch auf dem Wege der Spros- sung und zwar in folgender Weise fort. Bei anhaltender Trockenheit sind die Fruchtkörper ziemlich spröde, so dass sie sehr leicht in Stücke zerbrechen. Es können daher von einem Standort derselben Bruch- stücke durch den Wind oder sonstige Ursachen mit Leichtigkeit nach anderen Gegenden befördert werden. Sind an solchen Orten die Existenzbedingungen günstig, dann bilden sich an verschiedenen Stellen der Bruchstücke neue Strosse, die sich zu Fruchtkörpern entwickeln. Wir haben hier also einen Fall, wo die physiologische Unabhängigkeit des Fruchtkörpers vom Thallus bereits die morphologische herbeigeführt hat. Sprossungen des Fruchtkörpers sind ja keine so seltene Er- scheinungen; sie finden sich nicht nur bei den Cladonien, sondern, wie ich bereits früher gezeigt habe, auch in anderen Flechtenfamilien in den mannigfaltigsten Formen; allein dass ein Fruchtkörper mit Uebersprin- gung des Thallus sich nur noch auf diesem Wege aus sich selbst fort- pflanzt, dafür ist mir weiter kein Beispiel bekannt. Was nun die oben nachgewiesene ungeschlechtliche Entstehung und Differenzirung des Üladonienfruchtkörpers betrifft, so hat mich dieses Ergebniss, welches zu den von Stahl bei den Collemaceen beobachteten Thatsachen im geraden Gegensatz steht, veranlasst, die Resultate Stahls nachzuuntersuchen. Meine Untersuchungen be- ziehen sich auf Collema pulposum!) und nach dem, was ich an dieser Flechte gesehen habe, muss ich die Resultate Stabls in den Haupt- 1) Herm Dr. H. Ambronn sage ich für die freundliche Uebersendung frischen Materials meinen verbindlichsten Dank. Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Cladoniaceen. 75 punkten vollständig bestätigen. Es ist mir fast unbegreiflich, wie man die hier so überaus charakteristisch ausgebildeten Carpogone so lange hat übersehen können. An reichlich fructifieirenden Thalluslappen sind sie beinahe auf jedem Schnitt in grösserer Anzahl zu finden. Eine Copulation der Spermatien mit den Trichogynenden bestimmt zu beob- achten, ist auch mir, ebenso wie Stahl, nicht gelungen, und darum steht auch der Sexualakt der Collemaceen noch nicht über allen Zweifel fest. Ich sehe aber nicht ein, wie man diese charakteristischen Gebilde vorläufig anders als weibliche Oonceptionsorgane deuten soll. Zwischen Collemaceen und Cladonien besteht sonach eine tiefe Kluft, an deren Ueberbrückung durch Uebergangsglieder bei unsern mangelhaften Kennt- nissen der Entwicklungsgeschichte der übrigen Flechten vorläufig nicht gedacht werden kann. Doch nun zurück zu unsern Öladonien! Angesichts der Thatsache, dass die Entwicklung des Sporen erzeugenden Sprosses ohne Betheili- gung eines Sexualaktes vor sich geht, drängt sich uns in erster Linie die Frage nach der Bedeutung der Spermatien bei den Cladonien auf. Ich bin aber ausser Stande, diese Frage zur Zeit in befriedigender Weise beantworten zu können. Wer auf nicht streng zu beweisende Ansichten etwa Gewicht legt, für den sei bemerkt, dass ich sie für Conidien, d. h. für vegetative Fortpflanzungsorgane halte. Sie als rudi- mentäre Organe zu deuten, woran man zuerst denkt, hat in Anbetracht der ungeheuern Massen, in welchen diese Gebilde bei den Cladonien producirt werden, zum Mindesten etwas Gezwungenes. Die Sporenproduktion, verglichen mit der Spermatienentwicklung, ist bei allen Uladonien nahezu gleich Null zu setzen. Während der Sporen erzeugende Spross unter andern Erscheinungen besonders in der vegetativen Rückbildung der Schlauchfasern und der oft ziemlich ausgeprägten Sterilität seine rudimentäre Natur zu erkennen giebt, ist Derartiges bei einem Spermatien abschnürenden Spross niemals zu beobachten. Wo auch immer Sterigmenbildung stattfindet, geht die Entwicklung ununterbrochen in normaler Weise bis zur ausgiebigen Spermatienabschnürung vor sich. Es werden aber nicht nur Spermatien in grosser Menge producirt, auch die Zahl der Spermogonien übersteigt diejenige der Apothecien bedeutend. Wie ein Blick auf vorstehende Tabelle lehrt, besitzen einige Cladonien unter den formae priores keine Apothecien mehr, während die Spermogonien noch vorhanden sind. Bei Cl. endiviaefolia kommen Apothecien nur noch selten zur Entwicklung, während sowohl Spermo- gonien als auch Diaspermogonien in nicht geringer Anzahl vorkommen. In Bezug auf Entwicklungsgeschichte und Morphologie der Frucht- körper weicht Cl. Papillaria von allen übrigen Cladonien ab. Schon der Thallus ist durch eigenthümliche Wachsthumserscheinungen charak- 76 G. Krabbe: terisirt, wie sie so ausgeprägt bei keiner andern Cladonie vorkommen. In jugendlichen Stadien besteht derselbe aus einzelnen isolirten Schüpp- chen, die durch Flächenwachsthum bald in seitliche Verbindung treten und dann eine ziemlich dicke, mantelartige Decke auf dem Substrat bilden. Einerseits durch Sprossungen aus der Gonidienschicht, anderer- seits durch ein intensives, örtlich auftretendes intercalares Wachsthum erfährt der krustenförmige Thallus vielfache Veränderungen. Sowohl die aus dem Thallus hervorbrechenden Sprosse, als auch die in Folge intensiven localen Wachsthums hervorgerufenen wulstförmigen Erhe- bungen breiten sich flächenförmig aus und bilden so auf der Ober- fläche des Mutterthallus einen secundären, der nach unten mit dem ersten verwächst. Dieser Prozess kann sich wiederholen, und so führt ein Schnitt durch ein älteres Lager von Cl. Papillaria oft durch mehrere Thallusschichten, deren Alter, wie bei geologischen Formationen von oben nach unten zunimmt. Was das bei dieser Flechte auftretende eigenthümlicheGebilde(Pseudopodetium)nnddieApothecien und Sper- mogonien betrifft, so verweise ich auf das, was bereits früher hierüber mitgetheilt wurde (Bot. Zeit. 1882, S. 108 ff). Die entwicklungsge- schichtlichen und morphologischen Verhältnisse von Cl. Papillaria sind jedenfalls so eigenthümlicher Natur, dass diese Flechte ohne Zweifel als besondere Gattung von den übrigen Oladonien getrennt werden muss. - Doch ist hier nicht der Ort, derartige Fragen zu discutiren. Die Untersuchungen an der Gattung Stereocaulon sind noch nicht zu einem definitiven Abschluss gebracht worden. Darum beschränke ich mich hier auf die Hervorhebung folgender, jedenfalls wichtigsten, Thatsache. Die Gattung Stereocaulon weicht in ihrem Ent- wicklungsgange und in ihren morphologischen Verhältnissen von der Gattung ÜCladonia ganz und gar ab. Während es sıch hier herausstellte, dass die als Tballus gedeuteten Podetien nichts anders als einen Theil des Fruchtkörpers repräsentiren, gehören die Podetien der Gattung Stereocaulon in Wirklichkeit zum Thallus. Sie gehen nicht aus besonderen Anlagen im Thallus hervor, sondern sind nur ein weiter vorgeschrittenes Entwicklungsstadium derselben. Eine Erörterung der Details soll später gegeben werden. Auf Grund unserer Ergebnisse lassen sich in systematischer Hin- sicht folgende, später ausführlicher zu begründende Sätze aufstellen: 1. Die Cladoniaceen gehören nicht, wie man bisher angenommen hat, zu den Strauchflechten, sondern vertheilen sich nach der Beschaffen - heit ihres Thallus auf Strauch- Laub- und Krustenflechten. 2. Die Eintheilung der heteromeren Flechten in Strauch-, Laub- und Krustenflechten ist überhaupt widernatürlich und darum zu ver- werfen, weil sonst die überaus natürliche Gattung Cladonia auseinander- gerissen werden müsste. Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Cladoniaceen. ir 8. Die Familie der Cladoniaceen besteht aus ganz heterogenen Gattungen, und kann daher in ihrer bisherigen Abgrenzung nicht be- stehen bleiben. 4. Mit Rücksicht auf die neuesten Resultate der Untersuchung ist nicht nur eine präcisere Diagnose und Abgrenzung der Arten, sondern auch eine andere Zusammenstellung derselben zu einzelnen Gruppen nothwendig. Schliesslich sage ich schon hier Herrn Ober-Landesgerichtsrath Dr. Arnold in München für die vielfachen Unterstützungen, die der- selbe mir in der liebenswürdigsten Weise hat zu Theil werden lassen, meinen verbindlichsten Dank. Auch bin ich Herrn Prof. Eichler für die Erlaubniss, das kgl. Herbar in Berlin benutzen zu dürfen, zu Dank verpflichtet. Botanisches Institut der Universität Berlin. 8. N. 1.C. Müller (Münden): Polarisations-Erscheinun- gen pflanzlicher und künstlicher Colloid-Zellen. Eingegangen am 17. Februar 1883. Vor einer Reihe von Jahren habe ich versucht, die Erscheinung der Polarisation pflanzlicher Gewebe aus Anziehungskräften zu erklären, wie sie bei der Adhäsion als Zug und Druck zum Ausdruck kommen. Diese Versuche und die früher in der Literatur vorhandenen An- gaben über die Doppelbrechung in erhärteten Colloiden veranlassten mich, künstliche Membranen aus flüssigen Pflanzen- und Thier-Oolloiden herzustellen. Es sollte hierbei von jeder complicirteren Hypothese über den Bau der pflanzlichen Zellen abgesehen und lediglich die Frage behandelt werden: Welche Verhältnisse müssen herrschen bei dem Uebergang aus dem flüssigen in den festen Aggregatzustand für pflanzliche Oolloide, damit dieselben zu doppelbrechenden Membranen erstarren? Angeregt wurde ich zu dieser Untersuchung zum Theil auch durch die inter- essanten Beobachtungen des englischen Physikers Maxwell über die Doppelbrechung, welche in viscosen Flüssigkeiten durch Umrühren her- vorgebracht wird. Die Erklärung für diese Erscheinung, wie sie von Maxwell seiner Zeit gegeben wurde, ist ganz frei von complicirteren Hypothesen | über die Molecular-Structur der Flüssigkeiten und kann etwa so aus- gesprochen werden: 718 N.I. €. Müller: Eine viscose oder klebrige Flüssigkeit unterscheidet sich von einer gewöhnlichen, z. B. Wasser oder Alkohol, dadurch, dass das Zurück- schnellen der kleinsten Theilchen in die ursprüngliche Ruhelage nach einer vorübergehenden Zerrung durch Umrühren langsamer erfolgt, so dass in Polariscop die durch das Umrühren mit einem festen Körper bewirkten Unterschiede in der Dichte noch vor der Reflaxation der Theilchen wahrgenommen werden können. Da man es in der Pflanze mit solchen viscosen Flüssigkeiten zu thun hat, so lag es nach der vorstehenden Untersuchung nahe, zu fragen, ob nicht Membranen gebildet werden können, indem man Zug- oder Druckkräfte wirken lässt, welche ähnlich wirken, wie das Um- rühren mit einem festen Körper in einem flüssigen Öolloid. Solche Kräfte kommen zur Geltung beim Eintrocknen flüssiger Colloid- Massen, oder besser gesagt, wenn eine flüssige Masse durch Wasser- entziehung soeben fest wird. Gehen die thierischen und pflanzlichen Colloide aus dem flüssigen in einen festen Zustand über, so werden sie optisch laxig oder optisch Ilaxig, positiv oder negativ gespannt, je nach ihrer chemischen Natur und der Form, in welcher sie erstarren. Ganz bemerkenswerth hierbei ist ein Hauptzug: Nicht alle Oolloide ziehen sich bei diesem Uebergang zusammen, wie aus dem Wasserverlust zu schliessen wäre. Der Stärke- kleister dehnt sich aus, so dass die trockene Form grösser ist, wie die nasse. Alle Oolloide erstarren in der Ebene zu optisch laxigen Membranen, ebenso in einer kuglichen Fläche. In beiden Fällen aber nur, wenn die Anziehungskräfte in der Ebene und in der Kugelfläche nach allen Richtungen die gleichen sind. An allen solchen Membranen, welche in der Ebene entstanden sind, kann man mit Hülfe der besseren Polarisations-Microscope das Axenbild Iaxiger Orystalle ganz deutlich und scharf beobachten, !) namentlich dann, wenn die Membran an einer Glasplatte festhaftet. Besonders lehrreich sind jene durchsichtigen, dünnen und dickeren Gelatineplatten, wie sie in den Handel kommen. Diese werden bekannt- lich aus der feuchten Gelatine-Masse geschnitten und auf Netzen von Bindfaden getrocknet. Hierbei werden Zugkräfte in der Richtung der Ebene des Netzes und in der Richtung senkrecht zu dieser Ebene frei. So kommt es, dass die Platte da, wo sie sich gleichmässig zusammen- ziehen kann, das Axenbildchen Iaxiger COrystalle zeigt. Häufig aber werden diese Zugkräfte verschieden gross durch das Anhaften an dem Netz. Die Platte wirft und wölbt sich zwischen den Maschen des 1) Das Axenbildchen wird mit Hülfe der besseren Polarisationsmicroscope beob- achtet, indem man das Object mit Hülfe eines starken Condensors bei durchfallen- dem Lichte beleuchtet, und das Ocular entfernt, und nur mit dem stärkeren Objec- tiv benutzt. Das Axenbildchen einaxiger und zweiaxiger Crystalle wurde beobachtet bei: Senegal und arabischen Gummi, Kirschgummi, Collodium, Traganthgummi und Gelatine. Polarisations-Erscheinungen pflanzlicher und künstlicher Colloid-Zellen. 79 Netzes. An solchen Stellen zeigt die Platte das Axenbildchen der llaxigen Orystalle. Die Gelatine ist das ausgezeichnetste Studien- Object, da sie von den dünnsten nach den dickeren Platten bereits die Uebergänge der Interferenzfarben von der I. nach der II. Ordnung zeigt und jeden Eindruck lange Zeit bewahrt. Die optische Analyse wird am besten für alle pflanzlichen Gewebe und Zellendurchschnitte, wie bekannt, bei gekreuzter Stellung der Nicols und diagonaler Lage eines über dem ersten Nicol eingeschalteten Gypsplättchens ausgeführt. Der erste Schritt ist die Bestimmung der Elasticitätsaxen in dem Gypsplättchen. Für diese wollen wir die Zug- und Druck -Richtungen einführen. Man bestimmt alsdann die senkrecht zu einander stehenden Richtungen, bezogen auf ein Fadenkreuz, welches in dem Ocular an- gebracht ist. In den Diagonalen dieses Fadenkreuzes liegen nämlich die Elasticitätsaxen, beziehentlich die Schwingungsebenen des Gyps- plättchens.. Die eingehende Theorie der Interferenz- Erscheinungen möge hier vorausgesetzt sein. Für das einleitende Studium der Polarisation pflanzlicher Gewebe aber empfiehlt sich diese Methode: Aus einer in der Ebene erstarrten dünnen, homogenen, plastischen, trocknen Gelatineplatte schneidet man einen kleinen Streifen: Man überzeugt sich, dass diese Platte die Inferenzfarbe des Gypsplättchens nicht verändert, befeuchtet sie ganz wenig und übt einen geringen Zug in der Längsrichtung des Streifens aus, welcher leicht so zu bemessen ist, dass von der Platte die nächstbelegenen Additions- und Subtractions- farben, bezogen auf Roth I, zum Vorschein kommen. Da die Richtung von Zug und Druck in einem solchen Plättchen an der Figur desselben leicht festgehalten werden kann, so lässt sich offenbar ebenso leicht mit Hülfe desselben die Zug- und Druckrichtung in dem festliegenden Gypsplättchen und von diesem aus in allen zu untersuchenden Objecten bestimmen. Im Nachfolgenden sind alle Haupt-Resultate der Bestimmung von natürlichen und künstlichen Zellen zusammengestellt. (Siehe Tabelle S. 80). : Offenbar entsprechen die optischen Durchschnitte der Luftkugeln an dem Uebergange zu der festen demselben Uebergange von der Zell- membram nach dem hohlen Zellraum und es müssen die Zug- und Druckkräfte nothwendigerweise in beiderlei Gebilden in der ganzen Kugelfläche dieselben sein, ebenso muss Zug und Druck nach allen radialen Richtungen für die gegebene Masse gleich sein, auch muss ein Flächenelement, aus der Kugel herausgeschnitten gedacht, als ebenes Plättchen einem optisch einaxigen Crystallplättchen entsprechen, dessen optische Axe senkrecht, beziehentlich parallel, zur Kugelfläche steht. Ganz bemerkenswerth aber ist, dass sich die Colloide an der Randschicht einer solchen Luftblase beim Festwerden entgegengesetzt verhalter, einige ziehen sich zusammen, so dass der Kugelraum grösser 80 N. I. C. Müller: Zug | Druck Richtung I. Hohlkugeln optisch Iaxig. Ls-Luftblase in :Gollodun u», ul. an ee u tangent. radial. 2. 4 Stärkekleisteräuc ih dena d un. 4 ” a 4 Senegal 4. a wien Gummi vum äR N ” 5. 4 Kirsch | II. Vollkugeln optisch Iaxig. G Anyluur Ver Ne. ne N radial. tangent. es BEE Te ale re r I. Ringabschnitte aus Cylindern. j e Schaal 'adial. 8. Glasringe aus Röhren abgesprengt | on Fiat kangent; saß aussefe „ radial. tangent. 9: xCollodium Zn tl a a a tangent. radial. 0. Gelati ! en ae r | verhalten sich wie die Querschnitte 2 ? 11. Gummi arabie 7 cylindrischer Zellen aus dem Holz- d 5 19. „. senegal. | körper der höheren Pflanzen x 13. „ eerasor. s; p 14. „ tragacanth (verhält sichwie ein Ringabschnitt der Caulerpastammzele) .. . -.» . oo mes radial tangent. IV. Cylinderfläche optisch Ilaxig. ISRa@slodiumtisioe ante. rs ber u Be ae er an Cylinderaxe. 16 „Gelatnen 3 5. 0. 1 ade. a a h “ 17.. Gummi arabıe, . ae m u elaeı u 2) 0 b e 18. RESENIEDN u ne Se wi a ee f e 19 NET EEE Un & “ 20. imtrsßgeäntht!e. ne. An ana ua senkkwe chat zn, a Cylinderaxe. | V. Vorspringende Leisten an der Cylinderfläche. arallel der | senkrecht zu 21. Spiral- und Ringleisten vor den Gefässzellen . . ängsaxe der dieser Leisten. Längsaxe. 22. Künstlich mit einem Zahnrädchen erzeugte Leisten in Gelatina TA MR BE PEBNERSRINENGERN N CH R n VI. Linsen- oder halbkugelförmige Vertiefungen. 23. Nadelholztüpfel in. der Fäcke .. 2... ... tangent. radial. 24. Halbkuglige Vertiefungen in Gelatine ..... . ” 5 VI. Geschichtete Epidermen im Durchschnitt, verhalten sich wie der Jntine. . . tangent. radial. Glasring | Exine .. . radial. tangent. Polarisations-Erscheinungen pflanzlicher und künstlicher Colloid-Zellen. 81 wird, bezogen auf den Zustand vor dem Erstarren, andere dehnen sich aus, so dass ebenso der Kugelraum kleiner wird. Gehen wir nun zur zweiten Reihe von Beobachtungen über, in welcher dies Verhalten der Colloide beim Erstarren in einer ebenen Glasfläche studirt wurde, so beachten wir, wie schon oben angegeben, dass alle so entstehenden Membranen optisch Iaxig sein müssen, unter der Voraussetzung, dass in allen Flächen, allen Elementen gleiche Adhäsion und gleiche Dichte herrschen. Von besonderem Interesse ist nun aber das Verhalten von künstlich hergestellten Zug- und Druckkräften in einer solchen Membran- platte und hier kann gerade das Maxwell’sche Experiment in einfacher und lehrreicher Weise erweitert werden. Wenn man auf einer mässig erwärmten Glasplatte eine dünne Öolloid-Schicht in dem Augenblick, wo sie erhärtet, mit einer Nadel ritzt, so dass ein gradliniger Strich entsteht, so wirken die beiden Ränder des Strichs am Polariscop gerade so, wie die Ränder einer eben im Gesichtsfelde liegenden Crystallplatte (Siehe Theorie der Inferenz und Polarisation dünner Orystallplättchen). Dies gilt aber nur in den seltenen Fällen, wo die beiden Ränder des Einrisses der Nadeln zufällig gleichen Druck erfahren haben. Bei dem geradlinigen Nadelzug liegt die optisch nachweisbare Zugrichtung in der Richtung der Zuglinie oder des angefertigten Striches. Dennoch kann Zug und Druck in den beiden Rändern ein verschiedener sein, der eine wirkt wie ein gepresstes und der andere wie ein gezerrtes Gelatine- plättchen. Lässt man einen solchen Strich im Gesichtsfelde des Polariscops in der gewohnten Weise rotiren über ein Gypsplättchen Roth I. Ordnung, so erscheinen die beiden Ränder in der diagonalen Stellung unter sich gleich, sie erscheinen aber ungleich in der Inter- ferenzfarbe, wenn sich der Strich der orthogonalen Stellung nähert. Die Colloid-Platten sind optisch positiv oder negativ: Sie erstarren so, dass sie sich ausdehnen bei dem Uebergang vom halbflüssigen in den festen Zustand (in der Richtung der Adhäsions-Ebene ist hierbei eine Anziehung zu überwinden, in der Richtung senkrecht zur Ebene nicht) oder sie ziehen sich zusammen, so wird aus demselben Grunde die Elasticität nach den beiden Richtungen verschieden sein müssen. Wenden wir uns nun von den ebenen Platten und den hohlen Kugeln zu den natürlichen Vollkugelu: solcher giebt es nur zwei — das Stärkemehl und das in Alcohol niedergeschlagene Inulin-Sphaeroid, in beiden steht die Zugrichtung radial, die Druckrichtung tangential und beide Kugeln müssen als optisch Iaxig angesehen werden und die optische Axe muss in der Richtung des Radius der Kugel oder senkrecht zu dieser Richtung orientirt sein. Von diesen Vollkugeln gehen wir zu den natürlichen und künstlichen Hohlprismen über und setzen dabei vor- aus, dass dies Prisma aus dem Cylinder durch auf die Cylinderwand wirkenden Druck entstanden sei, ebenso wie die polyedrische Zelle durch Abplattung aus der Kugel hervorgegangen ist. Im Grunde 6 D.Botan.Ges.l 82 N. 1. C. Müller: Polarisations-Erscheinungen etc. genommen kommt es auf die Gestalt nur insofern an, als Kugel und isodiametrischer Polyeder von dem Cylinder und dem Prisma zu unter- scheiden sind. Freilich werden nur dünnwandige Polyeder beim Auf- hören des Flächendrucks sich der Kugel und dünnwandigen Prismen, beim Aufhören des seitlichen Drucks dem Öylinder nähern. Der iso- diametrische Polyeder wie die Kugel müssen optisch Iaxig sein, die Cylinder und Prismen optisch Ilaxig. Die grösste Complication in der Vertheilung der Spannkräfte findet sich im optischen Durchschnitt und der Flächenansicht der Cylinderwand des Spiral- und Treppengefässes, so dass z. B. bei einer gegebenen Einstellung des Gefässes über ein Gypsplättchen Roth I, das Verdickungsband subtractionell gelb, der optische Durchschnitt der Cylinderwand additionell blau erscheint. Daraus geht bekanntlich her- vor, dass die Axen gleicher Elasticität im optischen Längsdurchschnitt und ım Ringband senkrecht zu einander oder so stehen, wie ihre geometrische Lage angiebt, oder mit anderen Worten, dass die Elasticität in der Richtung parallel dem Schraubenband dieselbe ist wie in Richtung parallel dem optischen Längsdurchschnitt der Cylinder- wand, während doch das Spiral- oder Treppenband einer örtlichen Verdickung oder Faltung der Oylinderwand entspricht. Die scheinbar ausserordentlich complicirte Anordnung der Theilchen lässt sich an jeder halbfesten plastischen Colloidplatte, besonders überraschend und leicht an einer wenig befeuchteten Gelatineplatte nachahmen, indem man mit einem kleinen Rädchen, welches an seinem Rande Rillen (vorspringende Unebenheiten) besitzt, unter mässigem Druck über die Colloidplatte hinfährt; die Rillen hinterlassen Querbänder, dies sind die Compressionsstellen, sie entsprechen den Verdickungsstellen eines Spiral- oder treppenähnlichen Gefässes; die Richtung, in welche man das Rädchen rollte, ist die Zugrichtung, sie entspricht dem optischen Durchschnitt der Gefässwand. Der so erhaltene Addruck entspricht in jeder Hinsicht vollständig den natürlichen Membranen, welche man sich einem Treppengefäss der Länge nach herausgeschnitten denkt. Fasst man mit Bezug auf den im gezerrten Gelatine- Additions- plättchen herrschenden Spannungszustand die Resultate zusammen, so erhält man diese Sätze: 1. Die Hohlkugeln in pflanzlichen Colloiden und in Gelatine sind in der Randschicht negativ gespannt, d. h. sie verhalten sich so, wie wenn ihre Kandschicht unter Expansion des Hohlraumes er- starrt wäre. 2. Die Vollkugeln (natürliche Stärke und Inulinsphäroide) sind positiv gespannt, d. h. sie entsprechen einer Erstarrung unter Com- pression. 3. Alle im Innern der Pflanze belegenen Zellhäute verhalten sich Georg Firtsch: Ueber einige mechanische Einrichtungen ete. 83 so, wie wenn sie in negativ gespanntem Zustande erstarrt wären. Polyedrische und kuglige Zellen sind optisch einaxig, Cylinder und Prismen optisch zweiaxig. Die Querdurchschnitte aller entsprechen dem optischen Durchschnitt der Hohlkugelrandschicht. 4. Die Cuticularschicht und die Korkmembran verhalten sich um- gekehrt, sie entsprechen einer unter Gompression erhärteten Colloid- masse, so dass eine Callotte, welche aus einer Exine-Intinemasse der Epidermis herausgeschnitten ist, sich -_— gerade so verhält, wie der Ringabschnitt aus einem Glasrohr. 5. Alle pflanzlichen Colloide lassen sich zu cylindrischen Zellen modeln, welche in ihrem optischen Verhalten den natürlichen im Innern des Pflanzenkörpers belegenen Cylinder- oder Prismenzellen entsprechen. Nur der künstliche Tragantheylinder verhält sich ab- weichend, er entspricht der Stammzelle der Öaulerpen. 6. Alle feineren Structurverhältnisse, so die Vertiefung in der Membran, Tüpfel, Poren einerseits, vorspringende Masse, Leisten, Schraubenbänder andrerseits, lassen sich künstlich ın erstarrenden Colloiden nachahmen. Die ersteren können auf die Phänomene, welche an Hohlkugeln herrschen, die letzteren auf örtliche Compression oder Dilatation der soeben erstarrenden Masse zurückgeführt werden. 9. Georg Firtsch: Ueber einige mechanische Ein- richtungen im anatomischen Bau von Polytrichum Juniperinum Willd. (Mit Tafel IL). Eingegangen am 18. Februar 1883. Seit dem Erscheinen von Schwendener’s Werk über „das me- chanische Princip im anatomischen Bau der Monocotylen“ ist bereits eine grössere Zahl von Abhandlungen erschienen, welche unsere Kennt- nisse über das mechanische System der Pflanzen in verschiedener Hin- sicht bereicherten; doch befindet sich meines Wissens keine darunter, welche die mechanischen Einrichtungen der gefässlosen Pflanzen einer näheren Betrachtung unterziehen würde. Es liegt in dieser Hinsicht vor allem nahe, die höchst entwickelten Vertreter der Laubmoose genauer zu untersuchen. Speciell durfte man 84 Georg Firtsch: von der Gattung Polytrichum von vornherein einige interessante Festig- keitseinrichtungen erwarten; dass diese Vermuthung eine gerechtfertigte war, wird hoffentlich aus meinen nachstehenden Mittheilungen, die sich auf das bei Graz besonders häufig vorkommende Polytrichum juniperi- num beziehen, deutlich hervorgehen. Bemerken muss ich, dass ich meine Untersuchungen nicht blos auf das mechanische System beschränkte, sondern die mechanischen Einrichtungen im weiteren Sinne des Wortes ins Auge fasste. Ausgeführt wurde diese Arbeit im botanischen Laboratorium der technischen Hochschule in Graz, und muss ich mir erlauben, Herrn Professor Dr. G. Haberlandt, der mir mit seinen Erfahrungen auf ‚diesem Gebiete unterstützend zur Seite stand, meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. I. Das mechanische System des Stämmchens und der Seta. Wie bereits von Schwendener!) hervorgehoben wurde, ist das peripherische Rindengewebe der Stämmchen und der Fruchtstiele der Laubmoose nichts anderes, als das biegungsfeste mechanische System. Dasselbe erscheint demnach auch bei Polytrichum als ein continuirlicher Hohlcylinder, der aussen durch die stark verdickten Zellen der Epidermis verstärkt wird und innen allmählig in ein mehr parenchymatisches Ge- webe übergeht. Im Stämmchen wird dieser Hohlcylinder durchzogen von den schief abwärts verlaufenden Blattspuren; im Fusse der Seta löst er sich allmählig in isolirte Stränge auf, welche in ziemlich un- regelmässigen Abständen und verschiedener Sıärke eine periphere Ring- lage bilden. (Fig. 9.) Diese letztere Anordnung des mechanischen Systems leuchtet sofort ein, wenn man bedenkt, dass der Fuss der Seta als Organ der Nahrungsaufnahme dient, in welchem natürlich ein un- unterbrochener peripherischer Ring von mechanischen Zellen der er- wähnten Funktion sehr hinderlich wäre. Die mechanischen Zellen des Stämmchens und der Seta sind im Allgemeinen übereinstimmend gebaut. Sie erreichen die Länge mancher Phanerogamen-Bastzellen; dieselbe beträgt im Stämmchen durchschnitt- lich 0,25 mm, in der Seta 0,28 mm, bei einer durchschnittlichen Breite von 0,012 mm, beziehungsweise 0,010 mm; hinzuzufügen ist, dass der Durch- messer der Zellen von innen gegen die Peripherie zu immer kleiner wird. Die Form der Zellen ist eine ausgesprochen prosenchymatische; aus den oft plötzlichen Verengerungen der Zellenden (Fig. 5b), ähnlich wie sie bei Vinca major so schön zu beobachten sind, darf man folgern, dass auch hier ein actives Spitzenwachsthum der Stereiden stattgefunden 1) Schwendener, Das mechanische Princip etc. p. 166. Ueber einige mechanische Einrichtungen im anatomischen Bau etc. 85 hat!). Manches Zellende besitzt zwei, ja selbst drei, zwar kurze, aber scharfe Spitzen, ein Vorkommen, wie es Haberlandt auch bei Vinca major (l. c. p. 49) beobachtet hat. (Fig. 5 und 6.) Die Wandungen der Stereiden sind stark verdickt; man beobachtet auf Querschnitten ausser der sehr deutlichen, in den Zellecken besonders starken Mittellamelle noch zwei scharf gesonderte Verdickungsschichten. Die Entstehungsweise derselben ist folgende: In ihren frühesten Jugendstadien zeigen die ganz zartwandigen Zellen eine gleichmässige Verdiekung ihrer Wände, und alsbald differenzirt sich in der homogenen Membran eine äusserst zarte Mittellamelle, welche ın den Zellecken kleine Zwickel bildet. (Fig. 2.) Jede Zelle besitzt nunmehr ihre eigene primäre Verdickungsschicht, welche nun selbständig in die Dicke wächst; ob durch Apposition oder Intussusception muss dahin gestellt bleiben. (Fig. 3.) Gleichzeitig wächst auch die Mittellamelle beträchtlich in die Dicke. Den Schluss der Entwicklung bildet die Anlagerung einer inneren secundären, beziehungsweise tertiären Verdickungsschichte, welche sich leicht von der zuerst gebildeten Schichte abhebt, deren innere Begrenzung gekerbt erscheint, und welche auf dem Querschnitte bisweilen nur einen schmalen Saum bildet (Fig. 4). Im ausgebildeten Zustande zeigt die Mittellamelle eine bräunlich- gelbe Farbe, bei Zusatz von Chlorzinkjod wird sie schon in einem frühen, noch farblosen Jugendzustande gelb gefärbt. In concentrirter Schwefelsäure wird sie nicht gelöst und quillt auch nicht auf. Die äussere Verdickungsschicht der Zellwand ist von bräunlich gelber Farbe aber nicht so intensiv gefärbt wie die Mittellamelle; mit Chlorzinkjod behandelt, färbt sie sich braun-violett, in concentrirter Schwefelsäure löst sie sich unter starkem Aufquellen, wobei ihre lamellöse Struktur sehr deutlich sichtbar wird. Die innere Verdickungsschichte ist auch im ausgebildeten Zustande farblos und färbt sich mit Ohlorzinkjod schmutzig blau; concentrirte Schwefelsäure löst sie rasch auf, was gleichfalls auf relativ reine Oellulose schliessen lässt. “ Als den mechanısch wirksamsten Theil der Membran haben wir offenbar die äussere Verdickungsschicht aufzufassen, dann dürfte die Mittellamelle und zuletzt die innere Verdickungsschicht folgen. Von einigen zweifelhaften Fällen abgesehen, in welchen ich ver- einzelte, longitudinal spaltenförmige Poren beobachtet zu haben glaube, sind die Wandungen der Stereiden vollständig porenlos. Die Stereiden enthalten zeitlebens einen plasmatischen Wandbeleg, der Zellkern ist hin und wieder deutlich zu beobachten. Im jugendlichen Zustande führen die mechanischen Zellen ziemlich zahlreiche Chloro- 1) G. Haberlandt, Entwicklungsgeschichte des mechanischen Gewebesystems, Leipzig 1879, p. 49. 86 Georg Firtsch: phyllkörner; dieselben besitzen bemerkenswerther Weise dasselbe Be- wegungsvermögen, wie die Chlorophylikörner in den Blättern der Laub- moose. An radialen Längsschnitten durch Stämmchen, die sich im diffusen Lichte befanden, sieht man sehr deutlich, wie die Chlorophyli- körner Flächenstellung angenommen, d. h. an den äussern, der Epidermis zugekehrten Wandungsstreifen sich angesammelt haben. Dass sie nicht funktionslos sind, beweisen die in ihnen auftretenden Stärkeeinschlüsse. In ausgewachsenen, gebräunten Stämmchen treten statt der Chlorophyll- körner runde, farblose, ziemlich stark lichtbrechende Körnchen auf, deren Natur fraglich ıst, ausserdem beobachtete ich in älteren Zellen Fetttröpfchen. Was die Anordnung der mechanischen Zellen auf dem Querschnitte des Ringes betrifft, so ist dieselbe im Stämmchen eine irreguläre, in der Seta dagegen eine ausgesprochen radiale, mit häufiger Spaltung der Reihen gegen die Peripherie zu. Wie bereits oben erwähnt, wird der mechanische Ring im Stämm- chen und in der Seta durch die Epidermis verstärkt. Im Stämmchen wird die Epidermis häufig zweischichtig, indem sich die ganz jungen, noch meristematischen Epidermiszellen durch tangentiale Wände teilen (Fig. 1). Die Verdickung der Zellwände ist ringsum eine sehr starke, ihre Färbung eine intensiv karmoisinrothe. Die Aussenwandungen der Epidermiszellen sind in ihren äusseren Schichten cuticularisirt und an die Cuticula setzen sich die radialen Zwischenlamellen unmittelbar an. Die Epidermis der Seta ist stets einschichtig. Im jugendlichen Zustande der Sporogons sind ihre radialen Seitenwandungen auffallend dünn, obgleich die Aussenwandungen und die Wände der mechanischen Zellen bereits stark verdickt sind. In diesem Entwicklungszustande allein zeigt die Epidermis den Bau der typischen Phanerogamen-Epi- dermis, die mit ihren zarten Seitenwandungen, wie Westermaier gezeigt hat, einen peripheren Wassergewebemantel darstellt (Fig. 7). Bald treten aber ringsum noch nachträgliche starke Verdickungen auf, wie bei den mechanischen Zellen, in welchem Stadium sich die Epidermis nur noch durch die Farblosigkeit ihrer Zellwände vom mechanischen Ring abhebt (Fig. 8). Später geht auch dieser Unter- schied verloren und von dem Charakter der Epidermiszellen bleibt am Querschnitte nur mehr die Cuticularisirung der Aussenwände übrig. Am Schlusse dieses Kapitels ist nochmals auf die mechanischen Stränge im Fusse der Seta zurückzukommen. Dieselben sind vom benachbarten Gewebe lange nicht so strenge gesondert, wie etwa in einem CUyperushalme, wohl aber fallen sie gleich durch ihre hellbraune Farbe gegenüber dem farblosen Nachbargewebe auf und ferner durch den Umstand, dass die peripheren Zellen nicht als dünnwandige, Ueber einige mechanische Einrichtungen im anatomischen Bau etc. 87 papillös vorgewölbte Absorptionszellen, sondern als ringsum stark ver- dickte Stereiden ausgebildet sind (Fig. 10). Die mechanischen Stränge des Fusses reichen nicht bis ganz hinab, sondern verlieren sich in einem Ringe von englumigen, zartwandigen Zellen, welche gewissermassen den über die erste Anlage nicht hinaus- gekommenen mechanischen Ring darstellen. Für das Sporogon ist der vollständige Verlust des mechanischen Systems im unteren Theile der Seta von keiner Bedeutung, da in dieser Höhe die nothwendige Bie- gungsfestigkeit durch Vaginula und Perichätium hergestellt wird. Il. Die Festigkeit der mechanischen Zellen. Bei der Untersuchung der Festigkeit der mechanischen Zellen musste ich mich auf die Bestimmung des Festigkeitsmoduls beschränken, da bei der verhältnissmässig rohen Versuchsmethode die untersuchten Organe (Stämmchen und Seten) zu kurz waren, um das Tragvermögen innerhalb der Elasticitätsgrenze mit einiger Sicherheit bestimmen zu können. Die Versuche werden in folgender Weise durchgeführt: Die beiden Enden des zu untersuchenden Stämmchens oder der Seta wurden zwischen Kork fest eingeklemmt, die obere Klemme wurde in einen Schraubstock gespannt, an die untere eine Wagschale gehängt. Dann liess ich langsam so viel Sand zufliessen, bis das Versuchsobject riss. Durch Abwägen der Wagschale mit Sand und Klemme wurde dann das Zerreissgewicht bestimmt. Nur jene Fälle fanden Berücksichtigung, in welchen die Rissstelle sich nicht zu nahe einer Klemme befand. Von den untersuchten Objecten wurden nahe der Rissstelle Quer- schnitte angefertigt und die Querschnittsfläche des mechanischen Ringes auf folgende Weise ermittelt: Ich zeichnete mir mittelst des Zeichenprismas genau den Umriss des mechanischen Gewebes auf und der Inhalt der vergrösserten Quer- schnittsfläche wurde dann nach einer bekannten Methode (durch Wägung des ausgeschnittenen Papiers) bestimmt. Indem ich nun den Flächeninhalt des vergrösserten Querschnittes durch das Quadrat der linearen Vergrösserung dividirte, erhielt ich die wirkliche Querschnitts- fläche. Das Verhältniss des Gesammtquerschnittes (Zellwände + Lumina) zu der Querschnittsgrösse der Zellwände bestimmte ich nach der von Ambronn!) angegebenen Methode. — Wird die Fläche des Gesammt- querschnittes des mechanischen Ringes gleich 1 gesetzt, so betrug die 1) H. Ambronn, Ueber die Entwicklungsgeschichte und die mechanischen Eigenschaften des Collenchyms. Jahrb. für wissensch. Bot. XII, p.51 des Separat- abdruckes. 88 Georg Firtsch: Querschnittsgrösse der Zellwandungen im Stämmchen 0,609, in der Seta 0,635. Schliesslich wurde dann das Zerreissgewicht in Kilogramm pro Quadratmillimeter Zellmembran, d.h. das Festigkeitsmodul, bestimmt. Die nachstehende Tabelle enthält die Ergebnisse einiger derartiger Versuche; zu bemerken habe ich, dass ich nicht bloss die oberen mit grünen Blättern versehenen Theile des Stämmchens untersuchte, son- dern auch die älteren, blattlosen, gebräunten Partien desselben. Tabelle I | | Querschnitt des | Querschnitt der No. Auen ewicht | mechanischen Zellwandungen len in Kilogramm Ringes in Omm in Omm modul { I 1,15 0,264 0,161 11 nn 11 1,15 0,251 0,153 1,5 S II 1,00 0,206 0,126 7,9 h 1 1,30 0,293 0,178 1,3 eh I 1,30 0,239 0,145 8,9 III 1,12 0,971 O5 6,8 Mittel | Ä 117 | 0,254 | 0,155 | 7,5 0,102 0,065 11,6 0,103 0,066 10,9 0,104 0,066 12,1 Mittel | | 0,75 | 0,108 | 0,066 | 11,5 | Zum besseren Verständniss dieser Zahlen füge ich einige Angaben von Schwendener!) und Weinzierl?) über die Festigkeitsverhält- nisse des Bastes der Phanerogamen hinzu. (Siehe Tabelle S. 89. Man ersieht aus diesen Zahlen, wie bereits von Schwendener betont worden ist, die geringe Differenz zwischen Tragmodul und 1) Schwendener |. c. p. 14. 2) Th. v. Weinzierl, Beiträge zur Lehre von der Festigkeit und Elastieität vegetabilischer Gewebe. Sitzungsberichte d. k. Academie d. Wissensch. Wien 1877. Band 76. Ueber einige mechanische Einrichtungen iin anatomischen Bau etc. 89 Tabelle I. ı | Festigkeits- modul Tragmodu in Kilogramm Lilium auratum. . . . . 19 | — Phormium tenax. . . . . 20 25 Dracaena indivisa. . . . 17 22 Dasylirion longifolium . . 17 21,9 Hyaecinthus orientalis . . 12 16 Allium Porrum . ... . 15 18 Dianthus capitatus. . . . 14,3 _ Festigkeitsmodul und wird keinen grossen Fehler begehen, wenn man das gleiche Verhältniss auch für die mechanischen Zellen von Poly- trichum annimmt. Aus der Tabelle I lassen sich nachstehende Folgerungen ableiten: 1. Die Zerreissfestigkeit der mechanischen Zellen von Polytrichum ist im Vergleich zu jener der Phanerogamen eine verhältniss- mässig geringe, was übrigens mit der geringeren Grewebe- differenzirung der Moose im Einklange steht; blos in der Seta erreichen die mechanischen Zellen eine Festigkeit, welche der- jenigen der minderen Phanerogamen-Bastsorten ungefähr gleich- kommen dürfte. 2. Die Zerreissfestigkeit der mechanischen Zellen der Seta (11,5) ist bedeutend grösser als die Festigkeit der homologen. Ele- mente des Stämmchens (7,5). Es entspricht letzteres vollkommen den biologischen Bedürfnissen der Pflanze; ein Zerbrechen des Stämmchens kann in den dichten Polstern nicht so leicht erfolgen als ein Zerknicken der frei herausragenden Seta; ausserdem wird die Biegungsfestigkeit des Stämmchens durch die Blattscheiden erhöht. Ferner kommt auch der Umstand in Betracht, dass ein Abknicken des Stämmchens biologisch lange nicht von jener Bedeutung ist, wie ein Zerbrechen der Seta, wodurch das Reifen und die Aussaat der Sporen gehemmt oder ganz unmöglich gemacht wird. Ill. Der Einrollungs- und Aufrichtungsmechanismus der Blätter. Die Blätter von Polytrichum haben eine wohlausgebildete Spreite und eine an den Stengel angeschmiegte Scheide. Den anatomischen Bau eines Blattes darf ich als bekannt voraus- setzen; uns interessirt vor Allem der sogenannte Blattnerv, welcher im Allgemeinen aus zwei Bändern mechanischer Zellen besteht, zwischen 90 Georg Firtsch: welchen sich weitlumige und dünnwandige Elemente befinden, welche der Stoffleitung dienen. Am frischen Moosstämmchen stehen die Blattspreiten ungefähr unter einem rechten Winkel vom Stämmchen ab (Fig. 12a); lassen wir nun die Pflanze austrocknen, so bemerken wir zwei Bewegungs- erscheinungen an der Spreite; die auffallendere ist die Aufrichtung der Spreite und das Anschmiegen derselben an das Stämmchen; die zweite weniger auffallende Erscheinung besteht in dem Einrollen des Blattes von den Seiten her (Fig. 13). Beide Bewegungen haben offenbar die- selbe biologische Bedeutung; es handelt sich um einen Schutz der blossliegenden Lamellen des Assimilationsgewebes gegen zu rasche Austrocknung und zu grossen Wasserverlust. Es könnte auffallend erscheinen, dass wir hier gewisse Schutz- einrichtungen, wıe das Einrollen, bei einer feuchte Standorte liebenden Pflanze sehen, welche wir andererseits auch bei verschiedenen Steppen- gräsern, also Bewohnern sehr trockener Standorte, beobachten können. Dieser scheinbare Widerspruch erklärt sich wohl ungezwungen da- durch, dass den Gräsern schon in der stark verdickten Epidermis, in hypodermalen Bastlagen und sonstigen anatomischen Einrichtungen sehr vollkommene Schutzmittel gegen Austrocknung zu Gebote stehen, so- dass nur in extremsten Fällen auch noch die Einrollung der Spreiten als letztes Hülfsmittel hinzutreten muss. Bei Polytrichum dagegen ist die Aufrichtung und Einrollung des Blattes das einzige Mittel, um den erwähnten Schutz zu erreichen. Ich gehe nunmehr zum Mechanismus jener beiden Bewegungs- erscheinungen über. Zunächst soll die Aufrichtung des Blattes besprochen werden. Wie bereits erwähnt, schmiegen sich die aufgerichteten Spreiten dem Stämmchen dicht an, indem sie die Gestalt eines langgezogenen S an- nehmen; mit dieser Aufrichtung ist aber noch nicht das Ende der Bewegungsfähigkeit erreicht. Die Spreite stellt ihre weitere Krümmungsbewegung blos ein, weil das Stämmchen ein Hinderniss bildet; eben dadurch werden aber dem letzteren die Spreiten fest angedrückt. An isolirten Blättern kann man ein Fortschreiten der Krümmungsbewegung beobachten, die so weit geht, dass sich die Spreite ganz nach der andern Seite bogig hinabkrümmt, wie dies Fig. 12c darstellt. Worin liegt nun die Ursache dieser Bewegung? Man könnte meinen, dass sich beim Austrocknen die wasserreichen Lamellen des Assimilationsgewebes stärker contrahiren, als die Gewebe des Blatt- nervs und so die Bewegung zu Stande käme. Dass dem nicht so ist, kann durch ein einfaches Experiment leicht gezeigt werden. Ein iso- lirtes Blatt wird durch vorsichtiges Schaben mit einem Scalpelle von seinem Assimilationsgewebe befreit und dann eintrocknen gelassen; die Ueber einige mechanische Einrichtungen im anatomischen Bau etc. 9] Krümmungsbewegung verläuft genau in derselben Weise wie bei dem Vorhandensein des grünen Gewebes. — Daraus muss aber gefolgert werden, dass die aufrichtenden Kräfte im Blattnerv ihren Sitz haben. Betrachten wir nun nochmals den Querschnitt des Blattes (Fig. 11 und 14). Das obere oder innere Band mechanischer Zellen ist stets schwächer und schmäler als das äussere, beziehungsweise untere Band. Beide bestehen aus dickwandigen, langgestreckten und prosenchymatischen Stereiden. Zwischen diesen beiden Bändern verläuft eine weitlumige Zellreihe, die sogenannten „Deuter“, nach der Terminologie von Lorentz!); im Längsschnitte erscheinen diese Deuter als ziemlich langgestreckte, parenchymatische Zellen; da in ihnen sehr häufig reich- liche feinkörnige Wanderstärke nachgewiesen werden kann, so stellen sie sammt der ähnlich gebauten, dem Assimilationsgewebe unmittelbar angrenzenden Zellschicht das Leitparenchym des Blattes vor. Damit nun das obere Band mechanischer Zellen die Zufuhr der Assimilations- produkte zu den „Deutern“ nicht hindere, wird es stellenweise durch weitlumige und verhältnissmässig dünnwandige Durchlasszellen unterbrochen; es sind die in Fig. 14 mit einem X bezeichneten Zellen.?) Diese ihre Funktion geht aus ihrem reichlichen Stärkegehalte deut- lich hervor. Auch das untere Band wird in seinen inneren Zellen- schichten häufig durchzogen von weitlumigen dünnwandigen Zellen- zügen, welche wohl gleichfalls als eine Verstärkung des Leitparenchyms aufzufassen sind. Ihre mechanische Funktion soll später erörtert werden. Nachdem, wie oben gezeigt wurde, das Assimilationsgewebe bei der Aufrichtung des Blattes unbetheiligt ist, so liegt es nahe, in einem verschiedenen Quellungsvermögen der beiden Stereidenbänder die Ur- sache der Bewegung zu suchen. Zu einer analogen Folgerung sah sich ja auch Tschirch®) bei seinen Untersuchungen über den Einrollungs- mechanismus der Grasblätter veranlasst. Wenn das innere Band quellungsfähiger ıst, als das äussere, so wird es sich bei der Austrock- nung stärker contrahiren und so die Aufrichtungsbewegung veranlassen. Diese sehr wahrscheinliche Anschauung wird durch die mikrochemische Untersuchung der beiden Bänder bestätigt. Bei Behandlung mit Chlor- zinkjod färbt sich das äussere Band zuerst bräunlich gelb und wird langsam graubraun, die Zwischenlamellen bleiben etwas lichter; das innere Band dagegen wird zuerst rosenroth (sammt den Mittel- 1; Lorentz, Grundlinien zu einer vergleichenden Anatomie der Laubmoose. Pringsheim’s Jahrb. f. wiss. Bot. VI, p. 374. 2) Vergl auch Göbel, „Die Muscineen“ in Schenk’s Handbuch der Botanik, IH. B. p. 366. 3) A. Tschirch, Beiträge zu der Anatomie und dem Einrollungsmechanismus einiger Grasblätter. Pringsheim’s Jahrb. f. wiss. Bot. XIII, Heft 3, 1882. 99% | Georg Firtsch: lamellen); dann nehmen die Verdickungsschichten der Zellwände eine violette Farbe an, während die Mittellamellen lichter bleiben und einen grauen Farbenton zeigen. Ich bemerke übrigens ausdrücklich, dass diese Reaction nur dann gelingt, wenn man ganz frisches, unzersetztes Chlorzinkjod verwendet. Aus diesem verschiedenen Verhalten der beiden Stereidenbänder gegen- über dem erwähnten Reagens geht schon deutlich hervor, dass das innere Band aus einer viel reineren Üellulosemodification besteht, als das äussere und demnach auch stärker quellbar ist. Dieser Unterschied in der chemischen Beschaffenheit der Zellwände zeigt sich auch bei Behandlung mit Kalilauge, durch welche das äussere Band dunkler gelb gefärbt wird als das innere, ferner bei Behandlung mit concentrirter Schwefelsäure, welche das innere Band rascher quellen macht und löst, als das äussere. Aus der S-förmigen Gestalt und der Lage der vollständig aus- getrockneten Blattspreite geht hervor, dass der Unterschied in der Contraction der beiden Stereidenbänder nicht in der ganzen Längen- ausdehnung ein gleichmässiger ist, sondern dass derselbe im untern Drittel der Spreite sein Maximum erreicht, gegen die Blattspitze zu allmälıg kleiner wird und im obersten Drittel gleich Null ist. Dass sich auch das äussere der beiden Stereidenbänder nicht unbeträchtlich verkürzt, geht aus der Üontraction der ganzen Blattspreite hervor, welche ungefähr 12 pÜt. ıhrer Gesammtlänge beträgt. Ich gewann diese Zahl in der Weise, dass ich ein isolirtes Blatt in der Profil- ansicht, sowohl im frischen ausgestreckten, sowie auch im trockenen eingekrümmten Zustande mittelst des Zeichenprismas bei ungefähr 20 maliger Vergrösserung zeichnete und dann die entsprechende Messung vornahm. Die Blattspitze zeigt beim Austrocknen, wie auch aus der Ab- bildung hervorgeht, eine hakenförmige Krümmung nach rückwärts, doch habe ich diese mehr nebensächliche Erscheinung nicht näher studirt. Ich gehe nun zur seitlichen Einrollung der Blattspreite über. Der Hauptsache nach wird die Einrollung des Polytrichum-Blattes, zweifellos durch die ungleiche Contraction der beiden Stereidenbänder in ihrer Breitendimension ‚verursacht. Das innere quellungsfähigere Band contrahirt sich offenbar bei der Austrocknung nicht blos in seiner Längendimension, sondern auch in seiner Breitenausdehnung bedeutend stärker als das der cuticularisirten Epidermis anliegende und in seinen äussern Zellschichten wahrscheinlich selbst cutisirte äussere Band. Wie bereits oben erwähnt wurde, verhält sich die Sache nach den Unter- suchungen von Tschirch!) bei der Einrollung der Grasblätter ganz ähn- lich. Der genannte Autor erklärt diesen Vorgang gleichfalls durch 1) A. Tschirch, 1. c. p. 20 des Separatabdruckes. Ueber einige mechanische Einrichtungen im anatomischen Bau ete. 93 das grössere Quellungsvermögen der inneren Bastschichten gegenüber den äusseren, welchen Unterschied er auch mikrochemisch nachwies. Die Einrollung der Stereidenbänder wird wesentlich erleichtert durch die das äussere Band unterbrechenden Durchlasszellen und die in den innern Schichten des äussern Bandes auftretenden, parenchymatischen Zellenzüge.. Neben der oben erwähnten ernährungs- physiologischen Funktion kommt diesen Elementen demnach auch eine mechanische Auf- gabe als Gelenkzellen zu. Man kann sie physiologisch mit den epidermoidalen Gelenkzellen, beziehungsweise Gelenkstreifen der Gras- blätter als gleichwertig erachten. Am Schlusse dieses Kapitels möchte ich noch die Festigkeitsein- richtungen der Blattscheiden kurz besprechen. Die beiden Stereiden- bänder der Spreite finden in der Scheide ihre Fortsetzung, doch werden dieselben etwas schmäler und das äussere spaltet sich in zwei dicht nebeneinander liegende Hälften. Bemerkenswerth sind die ausserordent- lich stark verdickten Aussenwände der einschichtigen Flügel der Scheide (Fig. 15); ein Verhalten, das an die Anordnung des mechanischen Systems in den Scheiden der Grasblätter erinnert und offenbar auch von den gleichen mechanischen Anforderungen bedingt wird. IV. Die Befestigung des Sporogons im Stämmchen. Da das Sporogon mit dem Stämmchen nicht verwachsen, sondern mit seinem konisch zulaufenden Fusse in die Vaginula eingescheidet ist, müssen Einrichtungen getroffen sein, welche ein allzuleichtes Heraus- gleiten des Sporogons, beziehungsweise der Seta, verhindern. Diese mechanischen Einrichtungen sind, je nachdem das Sporogon noch im Wachsthum begriffen ist und der Ernährung bedarf, oder schon ausge- wachsen und reif ist, sehr verschieden. Da der Fuss des jungen Sporogons vor allem das Organ der Nahrungsaufnahme ist, so muss derselbe mit einem dünnwandigen Aufnahmsgewebe versehen sein. Wir beobachten hier in der That statt der Epidermis eine Schichte von papillös sich vorwölbenden Aufnahms- zellen, welche am besten mit den jugendlichen Epidermiszellen von Keimlingen phanerogamer Pflanzen verglichen werden können, die ihre Nahrung zunächst aus dem Endosperm beziehen. (Vergleiche Fig. 10.) Der Inhalt der Zellen besteht hauptsächlich aus Plasma. Die Vor- wölbung der Aussenwandungen bedingt nicht nur eine Vergrösserung der absorbirenden Oberflächen, sondern erhöht auch die Reibung des Fusses an der Innenfläche der Vaginula. Diese letztere ist gleichfalls mit eigenthümlichen Höckerchen versehen, welche allerdings mehr ver- einzelt sind, die aber doch zur Erhöhung des Reibungswiderstandes beitragen dürften. Diese Höckerchen bestehen aus einzelnen grösseren Zellen von birnförmiger Gestalt, welche aus der zweiten oder dritten 94 Georg Firtsch: Zellschichte von innen gezählt, gegen den Fuss der Seta zu wachsen, die darüber befindlichen Zellen zur Seite drängen und wahrscheinlich auch resorbiren. (Fig. 16.) Bisweilen erscheinen diese dünnwandigen, aber stark turgescirenden Höckerzellen gefächert. Ob ihre angedeutete mechanische Function die einzige Aufgabe ist, welche ihnen zukommt, oder ob sie nicht auch in ernährungs-physiologischer Hinsicht eine Rolle spielen, kann hier nicht entschieden werden. Im Jugendzustand des Sporogons beschränkt sich also die Be- festigungsweise desselben auf eine Erhöhung des Reibungswiderstandes, wobei aber besondere mechanische Einrichtungen fehlen, oder mit Rück- sicht auf die zweifelhafte Funktion jener Höcker auf der Innenseite der Vaginula fraglich sind. Zur Zeit der Reife des ausgewachsenen Sporogons werden offenbar an die Befestigungsweise desselben höhere Anforderungen gestellt. Die Pflanze kann denselben um so leichter nachkommen, als jetzt die er- nährungs-physiologischen Bedürfnisse ganz in den Hintergrund getreten sınd. Das frühere Absorptionsgewebe wird nunmehr dem mechanischen Principe dienstbar gemacht. Dies geschieht in der Weise, dass die eingesunkenen Aussenwandungen der Absorptionszellen sich verdicken, wobei die äussersten Verdickungsschichten sich chemisch verändern und eine schleimige Beschaffenheit annehmen. Bringt man nämlich einen Querschnitt des Fusses in Wasser, so quellen die äussersten Verdickungs- schichten ausserordentlich auf, ohne aber vollständig zu zerfliessen. Der äussere Contour jener gequollenen Schichten bleibt als wellig ver- laufende zarte Linie (Fig. 17) stets deutlich erhalten und tritt beson- ders deutlich bei Zusatz von Chlorzinkjod hervor, wobei sich die ver- schleimten Schichten schmutzig gelb färben, während die ungequollenen Schichten der Aussenwände eine graublaue Färbung annehmen. Die schleimige Beschaffenheit der in Rede stehenden Verdickungs- schichten geht besonders deutlich bei Behandlung mit wässerigem Alkohol hervor. Man sieht nämlich auf dem Querschnitt zwischen Vaginula und Seta, sobald die letzere etwas verschoben wird, zahlreiche gummose oder schleimige Balken und Stränge, welche mit ihren verbreiterten Enden an der Seta entspringen und an der Innenseite der Vaginula festhaften (Fig. 20.). Im trockenen Zustande erscheinen die verschleimten Zellwandschichten als ein schmaler stark lichtbrechender Saum, welcher sich der innersten Zellschichte der Vaginula dicht anschmiegt. Seine Funktion als Kittsubstanz ist demnach nicht zu verkennen. Die Seta ist in das Stämmchen geradezu eingekittet. Auch die Aussenwandungen der eben genannten Zellschicht der Vaginula zeigen Verdickungen, allerdings ganz anderer Art. Sie be- stehen aus ganz kleinen zahlreichen Höckerchen, welche in die ver- schleimten Aussenwandungen der Seta eingepresst sind. Diese Höcker- Ueber einige mechanische Einrichtungen im anatomischen Bau ete. 95 chen sind kaum so hoch als die Zellwand dick ist, doch treten sie wie gesagt in grosser Zahl auf. Fast jede Zelle besitzt ein Höckerchen (Fig. 18), doch kommen auch Stellen vor, an welchen dieselben so dicht gedrängt sind, dass drei und noch mehr auf eine Zelle entfallen (Fig. 19.) Begreiflicher Weise wird durch diese Höckerchen die Rauhigkeit der Innenfläche der Vaginula bedeutend erhöht, der Reibungswiderstand vergrössert. Man könnte diese gewiss sehr vollkommene Befestigungs- weise mit dem Verfahren eines Tischlers oder Drechslers vergleichen, wel- cher einen Zapfen in ein Loch leimt, nachdem er um eine möglichst feste Verbindung zu erzielen, die Wandung des Loches mit einer Feile rauh gemacht hat. V. Der Haarfilz der Calyptra. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass der Haarfilz der Calyptra eine sehr vollkommene Schutzhülle des im Wachsthum begriffenen Sporogons vorstellt, und zwar gegen mechanische Verletzungen sowohl, wie gegen zu rasche Temperaturschwankungen, zu starke Insolation, Austrocknung, Benetzung etc. Insofern diese Haargebilde der Calyptra ein ungemein festes, unentwirrbares Filzwerk bilden, stellen sie eine mechanische Einrichtung vor und gehören daher in den Rahmen dieser Abhandlung. Die in Rede stehenden Trichome nehmen ihren Ursprung aus einer verhältnissmässig schmalen Zone unterhalb der trichterförmigen Ver- engerung der Ualyptra. Gewöhnlich wächst die betreffende Epidermis- zelle direkt zum Haare aus, doch kommt es häufig vor, dass der in der Epidermis steckende Fuss durch eine Querwand abgegliedert wird. Die Haare selbst sind vielzellig, verzweigt und erreichen die Länge von 8—10 mm. Die Verzweigung ist im Allgemeinen eine monopodiale, doch kommt auch falsche Dichotomie zu Stande (Fig. 24); typisch ist, dass der (sich niemals weiter verästelnde) Seitenzweig aus der Mitte der betreffenden Mutterzelle entspringt. (Fig. 23.) Entsprechend ihrer mechanischen Aufgabe sind die Wandungen der Zellen stark verdickt, mit einer derben, längsgestreiften Outicula versehen, und im ausgebildeten Zustande von gelbbrauner Färbung. — Die häufig schief gestellten Querwände bleiben unverdickt und auch die Seitenwände sind knapp ober- und unterhalb der ersteren schwächer. Es kommt dadurch eine grössere Flächenausdehnung der Querwände zu Stande, offenbar eine Uoncession des mechanischen Princips an das ernährungsphysiologische; denn auf diese Weise wird der Stoffverkehr zwischen den einzelnen Zellen erleichtert. Es handelt sich hier augen- scheinlich um dasselbe Princip, welches den Bau der Hoftüpfel be- herscht.!) 1) Schwendener, Die Schutzscheiden und ihre Verstärkungen. Abhandlungen d. k. Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1882, Separatabdr. p. 19. 96 Georg Firtsch: Gegen das Ende der Hauptäste zu werden die Zellwandverdickungen immer schwächer und die Endzellen sind sehr zartwandig, oft collabirt. Die dickwandigen Zellen sind an ältern Trichomen oft bandförmig plattgedrückt, und zwar abwechselnd in gekreuzten Ebenen, so dass das ganze Trichom ein kettenartiges Aussehen bekommt. Die am oberen Rande der betreffenden Zone entspringenden Haare wachsen zum grössten Theile nach aufwärts, und bilden ein die Spitze der Calyptra schützendes Zeltdach (Fig. 21). Die übrigen hängen nach abwärts und bilden nun durch Verschlingung ihrer Seitenzweige das oben erwähnte Filzwerk. Zu diesem Behufe sind die Enden dieser Seitenzweige häufig hakenförmig gekrümmt und in einander eingehäkelt, Ebenso häufig umschlingt ein Seitenzweig in ein bis drei Windungen rankenförmig einen benachbarten geraden Hauptast. (Fig. 29.) Von besonderem Interesse ist es, dass das gekrümmte Haar an seiner convexen Seite häufig zapfenförmig auswächst, wodurch das Zu- rückbiegen des Hakens natürlich sehr erschwert wird. (Fig. 25.) Die Rankennatur dieser Seitenzweige äussert sich auch darin, dass durch entsprechende Krümmungen, welche am besten mit denen der Ranken von Ampelopsis hederacea verglichen werden können, ein das Aushaken verhindernder Zug ausgeübt wird. (Fig. 26.) Wie complicirt und zweckentsprechend diese die Festigkeit des Filzes herstellenden Einrichtungen sind, geht am besten aus den Ab- bildungen hervor, auf die ich hiermit nochmals verweise. (Fig. 27, 28, 29.) Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Partie eines Querschnittes durch das ganz junge Stämmcehen; mechanische Zellen im meristematischen Stadium; das Protoderm theilt sich durch tan- gentiale Wände. (Vergr. = 920). „ 2. Ganz junge mechanische Zellen des Stämmchens im Querschnitt; die Mit- tellamelle hat sich soeben differenzirt. (V. = 920). „ 8. Etwas älteres Stadium. (V.= 810). „ 4. Theil des mechanischen Ringes des Stämmchens im ausgebildeten Zustande. Die Mittellamelle ist dunkelgelb, die äussere Verdickungsschicht lichtgelb, die innere farblos. (V. 810). »„ 5. a. b. mechanische Zellen aus dem Stämmchen, durch Kochen in Schultze’s Macerationsgemisch isolirt. (V. = 110). » 6. a. b. e. mechanische Zelleu der Seta, in gleicher Weise isolirt wie vorhin. (V.= 110). Me © Ga nerinehen Theil des Querschnittes durch eine ganz junge Seta. (V.= „ 8. Desgleichen, älteres Stadium. (V. = 920). Ueber einige mechanische Einrichtungen im anatomischen Bau etc. 97 Fig. 9. 10: el, BYMT2. dB: „ 14. a aLelh: at. „ 18 zul 20; Ey: msn „ 28. „ 24. 2. »1.,26. ” 27, 10. Schematischer Querschnitt durch den Fuss der Seta; die mechanischen Stränge sind gelb. (V.= 100). Einzelner mechanischer Strang aus dem Fusse der Seta. (V.= 430). Schematischer Querschnitt durch die Blattspreite; mechanische Bänder gelb. (V.= 50). a. b. c. Schematische Darstellung der Aufrichtung (b) und vollständigen Zurückkrümmung (c) der austrocknenden Spreite (V.=3). Schematische Darstellung der Einrollung des Blattes beim Austrocknen. Ol: 55): Mittlerer Theil des „Blattnervs“ im Querschnitt; d.d. „Deuter“; die mit einem x bezeichneten Zellen sind die Durchlasszellen. (V. = 250). Querschnitt durch einen seitlichen Theil der Blattscheide, mit den stark verdickten Aussenwandungen. (V.= 680). „Höckerzelle* sammt Umgebung von der Innenseite der Vaginula. (V.= 300). Peripherische Zellschichten des Fusses der ausgewachsenen Seta, bei die im Wasser gequollenen Membranschichten der Aussenwandungen. (V. 530). und 19. Die innerste Zellschicht der Vaginula mit den höckerartigen Mem- branverdiekungen. (V. 530). Theil des Querschnittes, durch die Vaginula (v) und den eingefügten Fuss der Seta (s), bei a die zu Strängen und Balken ausgezogenen verschleim- ten Zellwandschichten der Seta. (V. = 320). Längsschnitt durch die Calyptra mit dem Haarfilz. (V. = 120). Einzelnes Haar der Calyptra (V.= 15). Typische Art der Verzweigung eines Haares. (V. = 2%). Falsche Dichotomie eines Haares. (V. = 290). Hakenbildung eines Haares. (V.= 290). Verhäkelung zweier Haare. (V. = 290). 28, 29. Rankenartige Verschlingungen der Haare. (V. = 290). D—, !l H. Kurth: Ueber Bacterium Zopfi, eine neue Bacterienart. Vorläufige Mittheilung. (Mit Tafel III.) Eingegangen am 22. Februar 1883. Gelegentlich einer Arbeit über die Formen der Gattung Sarcina fand ich im Inhalt der Wurmfortsätze von 2 an epidemischen Krank- heiten gestorbenen Hühnern eine Bacterienart, die in morphologischer und physiologischer Beziehung gleich grosses Interesse gewährt, da sie 7 D.Botan.Ges.1 98 | E. Kurth: neue Beweise für den von Cienkowski und besonders Zopf sicher nachgewiesenen genetischen Zusammenhang der Spaltpilzformen, und zwar von Stäbchen und Coccen, bietet und gleichzeitig die Bedingungen fest- gestellt werden können, unter denen die eine oder andere Form entsteht. Die Untersuchungen wurden im botanischen Institut der königl. landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin unter der Leitung des Herrn Prof. Kny und des Herrn Dr. Zopf, ausgeführt. Die Methode der Untersuchung war im Princip diejenige, wie sie von Koch für die Züchtung von Spaltpilzen angegeben ist, vor allen Dingen wurden die Beobachtungen nur an absolut reinem Material angestellt. Ich habe der Spaltpilzart den Namen Bacteriwwm 1 Zopfiü beigelegt. Meine Arbeiten haben zu dem Ergebniss geführt, dass die Stäbchenform als die vegetative, die Coccenform als der Ruhezustand des B. Zopfü zu betrachten sind. ' Auf der Nährgelatine von 1 pOt. Fleischextract bei 20° gezüchtet bilden die Stäbchen von der Impfstelle aus radiär verlaufende Fäden, die durch eine aussergewöhnliche Zusammenhangsfähigkeit ausgezeichnet sind. Diese ermöglicht es, dass bei grösserer Länge des Fadens und damit verbundener grösserer Geschwindigkeit des Vorrückens derselbe sich an vielen Stellen krümmt, meist ın der Weise, dass regelmässige Spiralen entstehen, unddannimmer weitersichaufwindet, so dass er schliess- lich zu einer Reihe dichter aus Fadenwindungen bestehender Knäuel werden kann. Die Gelatine wird nur da verflüssigt, wo sie von ln Faden- windungen eingeschlossen ist. In flüssiıgem Nährmaterial bei 20° gehen die Stäbchen in Schwärm- bewegung über. Sie lösen sich aus dem Zusammenhang in derselben Weise, wie es von Zopf bei Uladothrix dichotoma beschrieben ist. Bei Temperaturen über 35° hört die Schwärmbewegung allmählig auf; es werden dann kurze, in der Flüssigkeit schwebende Fäden ge- bildet. Ist das Nährmaterial der Erschöpfung nahe, so wird der Zusammen- hang der Stäbchen in den Fäden gelöst. Es tritt sichtbare Gliederung auf. Mit der vollständiger Ausnutzung des Nährbodens tritt der Zerfall in Coccen ein. Jedes Stäbchen theilt sich ın 2 Coccen, die meist oo förmig verbunden bleiben. Dieser Zerfall findet gleichmässig in den Gelatineculturen und in flüssigem Substrat statt. Auf frischen Nährboden gebracht, wachsen, wie ich direct beob- achten konnte, die Ooccen wieder zu Stäbchen aus. Sie können dabei Schednhessaging annehmen. Eine Theilung der Ooccen konnte niemäls constatirt werden unter den verschiedenen Bedingungen, in welche sie gebracht wurden. Als bester Nährboden erwies sich 1—3 procentige Fleischextract- Ueber Bacterium Zopfii, eine neue Bacterienart. 99 lösung, mit und ohne Gelatinezusatz. In Rinderblutserum und einer der von Nägeli angegebenen Normalnährsalzlösungen fand kein Wachsthum statt. In der Fleischextractlösung erregt B. Zopfit eine Zersetzungsform, welche weder der Gährung, noch der typischen Fäulniss entspricht. Zutritt der Luft ist zu seinem Wachsthum erforderlich. Aeusseren Schädlichkeiten leistet der Coccenzustand viel grösseren Widerstand als der Stäbchenzustand. Diese bleiben im eingetrockneten Zustande nur 2—4 Tage lebensfähig, die Coccen dagegen 17—26 Tage. In er- schöpfter Nährlösung aufbewahrt, hatten sie noch nach 82 Tagen ihre Keimfähigkeit nicht verloren. Versuche über etwaige infectiöse Wirkungen, an 2 Kaninchen an- gestellt, führten zu negativen Resultaten. Die Unterscheidung des 3. Zopfii von anderen Stäbchen und Coccen- formen ist durch die Impfung auf Objectträger mit 1—3pÜt. Fleisch- extrakt-Gelatine möglich. Spätestens 24 Stunden nach der Impfung tritt die vom Impfstrich ausgehende Fadenbildung auf, nach weiteren 24 Stun- den sind die Windungen in den Fäden ausgebildet. 6 Tage nach der Impfung ist überall der Zerfall in Coccen eingetreten. Dieselben lassen durch ihre Lagerung ihren Ursprung aus Fäden deutlich erkennen. Die Eingangs erwähnten Fadenknäuel werden dann zu einer dichten Coccenzooglöa. Erklärung der Abbildungen. Die Abbildungen sind bei einer Vergrösserung von 740/1 gezeichnet. Fig. 1-3. Continuirliche Beobachtung von 3 Scheinfäden von Bacterium Zopfü in einprozentiger Fleischextractgelatine auf dem Deckgläschen der feuchten Kammer. „ 1. Die Scheinfäden, 19 Stunden nach Impfung der Nährgelatine; der Faden a, welcher die beiden anderen schneidet, zeigt bereits die — auf mecha- nischen Wege entstandenen — charakteristischen Windungen. In den- selben zeigten sich 20 Stunden nach der Impfung während der Dauer von 25 Minuten Schwärmstäbchen s—s »„ 2. 28 Stunden nach der Impfung; der Faden a ist bereits zu einer fortlaufen- den Reihe von Fadenknäueln geworden. Die Gliederung in Stäbchen ist in den Knäueln deutlich. Die beiden anderen Fäden zeigen an mehreren Stellen den Beginn der Gliederung. „ 3. 65 Stunden nach der Impfung; die Fäden sind, nachdem sie die Gliede- rung in Stäbchen durchgemacht haben, in Coccen zerfallen. In diesem Zu- stande blieben sie 8 Tage — so lange wurde beobachtet — unverändert. „ 4 und 5. Scheinfäden, 16 Stunden nach der Impfung, mit einer Auflösung von wenig Fuchsin in absolutem Alkohol behandelt. Ihre Zusammensetzung aus Stäbchen ist deutlich zu erkennen. 100 I. Urban: Fig. 6. Ablösung der Schwärmstäbchen von den Scheinfäden in einprozentiger Fleischextraktlösung, 12 Stunden nach Beginn der Fadenentwicklung. „ 7. Schwärmstäbchen, 16 Stunden nach der Impfung, mit Auflösung von we- nig Fuchsin in absolutem Alkohol behandelt. Die längeren Schwärmstäb- chen sind deutlich gegliedert. „ 8. Der Coccenzustand von B. Zopfü, 37 Tage nach der Aussaat in einprozen- tige Fleischextraktlösung, nach Ablauf der Cultur als Bodensatz in der Nährlösung; gefärbt mit Lösung von Anilinbraun in verdünntem Glycerin. 11. I. Urban: Ueber die Familie der Turneraceen. Eingegangen am 23. Februar 1883. Aus einer in den nächsten Wochen erscheinenden „Monographie der Familie der Turneraceen“!), welche ich mit Unterstützung der Königl. Akademie der Wissenschaften und unter Benutzung fast des ganzen in den europäischen Museen aufbewahrten Materials angefertigt habe, sollen hier einige wichtigere oder allgemeiner interessante Ergebnisse ihren Platz finden. Vorausbemerkt sei, dass von den biologischen Ver- hältnissen der zu der genannten Familie gehörigen Pflanzen gar nichts, von den morphologischen nur das Wenige bekannt war, was EICHLER in seinen Blüthendiagrammen mitgetheilt hat. Morphologisches. Von der Keimung ist nur hervorzuheben, dass die hypokotyle Axe bis zum Erdboden hin behaart ist, und dass die ersten auf die Kotyledonen folgenden Blätter opponirt sind, während alle übrigen alterniren. Als Typus der sehr mannichfaltig ausgebildeten Inflorescenzen muss eine mit zwei opponirten Vorblättern versehene Einzelblüthe in der Achsel der Laubblätter angesehen werden: hieraus lassen sich ohne Weiteres die traubigen, köpfchenförmigen und cymösen Blüthenstände herleiten. Bedeutende Schwierigkeiten macht nur die Inflorescenz von Wormskioldia und Streptopetalum. Wenn man bei diesen Gattungen aber die Arten in der durch ihre natürliche Verwandtschaft gegebenen Reihenfolge studirt, so kommt man auch hier zu einer ganz befriedi- genden Deutung. Aus der Inflorescenz von Wormskioldia glandulifera, welche regelmässige Wickel mit Förderung aus ß# besitzt, geht, wie die 1) Im Jahrbuche des Königl. botanischen Gartens und botanischen Museums zu Berlin. II. (1883) p. 1—152 nebst Tafel Iund I Ueber die Familie der Turneraceen. 101 Uebergänge lehren, durch Emporwachsen der fertilen Vorblätter der Blüthenstand von W. lobata hervor, bei welcher die unterste Blüthe nur ein sie stützendes Prophyllum, die folgenden ausserdem je ein seitlich neben der Insertion des Pedicellus stehendes und die oberste 3 in einen Quirl vereinigte Vorblätter besitzen, ferner der von W. longipedunculata, bei welcher Art das fertile Vorblatt im oberen Theile der reichblüthigen Inflorescenz nicht zur Ausbildung gelangt, endlich der von W. pilosa, bei welcher sich dieses Vorblatt überhaupt niemals findet. Würde die letztgenannte Art allein vorliegen, oder wollte man die vergleichende Betrachtung der übrigen Arten ganz ausser Acht lassen, so müsste man diesen Blüthenstand als eine ächte, einseitswendige Traube ansprechen, also einen ganz neuen Verzweigungstypus in einer nur 7 Arten um- fassenden Gattung auftreten lassen, was zum Mindesten ganz überflüssig wäre. — DBeachtenswerth ist das häufige Auftreten serial-ober- ständiger Zweige, sowohl an der Basis der Laubzweige, als der der Inflorescenzen; sie kommen stets nur als Laubzweige, bisweilen mit wenig entwickelten Laubblättern und verkürzten Internodien, nie- mals als reine Inflorescenzen vor. Auf die 5 quincuncial sich deckenden Kelchblätter, welche mit wenigen Ausnahmen unterwärtsineine cylindrische oder kreiselförmige Röhre verwachsen sind, folgen die alternirenden, stets links gedrehten Blumen- blätter; sie sind meist dem Kelchschlunde, selten der Kelchröhre inserirt und zeigen an der Basis bisweilen eigenthümliche Auswüchse, welche mor- phologisch von keiner Bedeutung sind, aber eine um so grössere syste- matische Wichtigkeit besitzen. Bei einer Gruppe von Arten, die ich unter dem Gattungsnamen Piriqueta zusammenfasse, findet sich eine am Kelchschlunde kontinuirlich über Petala und Sepala fortgehende „Oorona* d. i. en 1-2mm langes freies, in der oberen Hälfte fransig zerschlitztes Häutchen, welches besonders deutlich an der Basis der Blumenblätter auftritt; bei einer kleinen Anzahl afrıkanischer Arten (Wormskioldie) findet man am Nagel der Petala, und zwar nur hier, eine „Ligula“, d. i. eine ebenso lange Excrescenz, welche den Blumen- blättern mit dem Rücken angewachsen ist. Die 5 Staubblätter sind der Basis der Kelchröhre inserirt oder gewöhnlich ihr etwas angewachsen. Bei gewissen T'urnera-Arten reicht die Anwachsung fast bis zum Kelchschlunde hinauf, beschränkt sich dafür aber nur auf die Ränder der Filamente, so dass zwischen diesen und der Kelchröhre 5 flachgedrückte (honigführende) Röhren entstehen. — Eine höchst sonderbare und einzig dastehende Abnormität zeigte ein Exemplar von Turnera lamiifolia: aus der Mitte des dem Kelchtubus gleichsam angewachsenen Nagels der Petala, also mit den Staubblättern abwechselnd, gingen aus demselben Punkte bald 1, bald 2, bald 3 faden- förmige Gebilde hervor, welche genau so aussahen, wie die Griffel, und an der Spitze ebenso zerschlitzt waren, wie die Narben. 102 I. Urban: In der Fruchtblatt-Region geht die Fünfzahl plötzlich zur Drei- zahl über. Die mit den Rändern zusammentretenden und verwachsen- den Karpelle sind, und das ist ein besonders wichtiges Ergebniss, gegen die gewöhnliche Stellungsweise 3-zähliger Fruchtknoten um 30° ver- schoben, so dass das eine Karpell genau transversal, die beiden anderen auf der gegenüber liegenden Seite halb nach vorn resp. halb nach hinten stehen. Die specielle Orientirung nach links und rechts steht mit der Deckung des Kelches ım Zusammenhange, indem das genau seitlich fallende Karpell ungefähr über dem fünften Kelchblatt, oder genauer um einen Winkel von 18° weiter nach vorn steht, während das vordere der beiden anderen Karpelle von S, um einen Winkel von nur 6°, das hintere von S, um 30°, von S, um 42° divergirt. — Die Griffel, welche über der Mitte der Karpelle abgehen, also dieselbe Stellung wie diese haben, sind nach der Spitze hin gewöhnlich sehr charakteristisch zerschlitzt, entweder durch wiederholte Dicho- oder Trichotomie, oder von vornherein in ein Büschel pfriemlicher Narbenstrahlen aufgelöst. — Ueber die Stellung der anatropen Ovula herrschten bisher sehr ab- weichende und unrichtige Ansichten. Das wahre Verhalten ist folgen- des: an der fädlichen Placenta, mit Ausnahme ihrer obersten und untersten Partie, sitzen gewöhnlich mehrere, senkrecht zu ihr gestellte Eichen, welche, wenn sie zweireihig stehen, die Raphe einander mehr oder weniger zukehren; sind sie aber sehr zahlreich und in mehreren Reihen angeordnet, so haben die centralen oberen eine Raphe inferior, die unteren eine Raphe superior, während die peripherischen sich nach aussen hin dermassen überbiegen, dass die Raphe vom Karpell abge- wendet, also dorsal liegt.!) Die Frucht ist eine einfächerige Kapsel, welche von der Spitze zur Basis hin ın 3 Klappen aufspringt; bei Wormskioldia ist sie schoten- artig in die Länge gezogen und dehiscirt von der Mitte aus. Die zierlich netzförmig sculptirten Samen sind mit einem Arillus bekleidet, welcher dem Samen einseitig als Häutchen anliegt oder ihn 1) In seinen Studien über die Verwandtschaftsverhältnisse der ARutaceae, Sima- rubaceae und Burseraceae (Abh. der Naturf. Gesellsch. zu Halle XIII. 2. p. 12—14) zeigt Eneter, dass die Ovula pendula raphe ventrali in Ovula adscendentia vel erecta raphe dorsali und andrerseits die Ovula pendula raphe dorsali in ovula erecta raphe ventrali durch einfaches Aufwärtsbiegen der ersteren übergeführt werden können, und unterscheidet danach bei den discifloren Polypetalen im Gegensatz zu Bent- nam und Hooker, die 4 besondere Fälle statuiren, nur zwei Fälle der Anheftung. Bei den vieleiigen Turnera-Arten sind diese beiden Fälle sogar auf derselben Pla- centa zu finden; die oberen Ovula sind aufsteigend mit dorsaler Raphe, die unteren hängend ebenfalls mit dorsaler Raphe, die mittleren horizontal abstehend mit einer nach dem Centrum der ganzen (späteren) Klappe hin orientirten Raphe; der Ueber- gang der hängenden zu den aufsteigenden Ovula findet hier nicht durch Krümmung der Funiculi, sondern dadurch statt, dass die mittleren Ovula sich gleichsam um 180° auf oder mit ihrem Funiculus drehen. Ueber die Familie der Turneraceen. 103 (bei Mathurina) in der Form zahlreicher, allseitig von dem Nabel aus- gehender, verhältnissmässig langer Haare umgiebt. Die Felderchen des Adernetzes haben entweder 2, 1 oder gar keine Poren. Der Embryo ist fast von der Länge des Samens und in reichliches Endosperm ein- gebettet; seine Radicula endigt hinter dem Nabel. Biologisches. Lebend konnte nur die homostyle Turnera ulmi- folia in 2 Varietäten (var. angustifolia und var. cuneiformis) untersucht werden. Sie gehört zu denjenigen Arten, deren Filamente unterwärts mit den Rändern dem Kelchtubus angewachsen sind und auf diese Weise honigführende Röhren bilden. Da bei der erstgenannten Form die introrsen Antheren von den spreizenden Narbenstrahlen gewöhnlich etwas entfernt stehen, so wird spontane Selbstbestäubung von vornherein meist nicht erfolgen; bei dem Besuche von Insekten ist sowohl Selbst- als Fremdbestäubung in gleicher Weise leicht möglich; bleiben aber die Insekten aus, so führt das am Abend sich schliessende und fest zusammendrehende Perianth, indem es die Antheren an die Narbe presst, mit Sicherheit Selbstbestäubung herbei. Die Blüthen öffnen sich nicht zum zweiten Male; nach einigen Tagen reissen Kelch, Krone, Staubfäden (sammt Griffel) vom Receptaculum los und werden auf eine sinnreiche Weise von dem anschwellenden Ovar entfernt. In einem wunderbaren Zusammenhange mit dem Aufblühen steht die Secretion gewisser Drüsen. Sie finden sich paarweise an der Basis sowohl der die Blüthen stützenden Laubblätter als auch der zu- gehörigen Vorblätter und haben die Gestalt eines Tellerchens, dessen schwach konvexe Fläche einen etwas excentrisch nach aufwärts liegen- den Porus besitzt; aus dieser Oeffnung dringt, aber nur an den Blättern, welche eine Blüthe führen, und erst dann, wenn die zugehörige Blüthe aufblühen will, eine wasserhelle Flüssigkeit hervor, welche am Blattstiel und oft selbst am Stengel hinabläuft und von Ameisen mit Begierde aufgenommen wird. Ein bis zwei Tage nach dem Abblühen der zu- gehörigen Blüthen hört die Absonderung wieder auf. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass kleine kriechende Insekten durch dies Sekret vom Besuche der Blüthen ferngehalten und an der für die Fremd- bestäubung zwecklosen, ja schädlichen Wegnahme des Blüthenhonigs verhindert werden sollen. Bei der anderen Varietät (cuneiformis) drehen sich die Antheren beim Aufblühen so herum, dass ihre geöffneten Fächer mehr oder weniger genau nach aussen gerichtet sind; nur diejenige, welche über dem ersten Kelchblatte steht, behält gewöhnlich ihre introrse Stellung bei, weil sie von dem fast genau vor ihr stehenden Griffel, dessen Narbenstrahlen sich ihr anlegen, an der Bewegung gehindert wird. Diese Stellung von Narben und Antheren ist für Sicherung der Be- stäubung nicht ungünstig, da die Insekten die extrors gestellten Staub- beutel ihrer ganzen Länge nach berühren und von Pollen befreien 104 N: I. Urban: können, um denselben in einer anderen Blüthe an die zwei hervor- tretenden Narbenbüschel abzusetzen; die dritte Narbe würde die spontane Selbstbestäubung bei ausbleibendem Besuche sichern, wenn diese nicht ebenfalls durch Schliessen der Korolle am Abende herbeigeführt würde. Aus der Untersuchung des gesammten trocknen Materials ergaben sich folgende Resultate: 1) Von den 83 Turneraceen sind 14 mit Sicher- heit, 5 mit grösster Wahrscheinlichkeit monomorph, 48 mit Bestimmt- heit, 8 mit hoher Wahrscheinlichkeit dimorph, 6 unvollkommen dimorph, 1 rücksichtlich der Längenverhältnisse der Geschlechtstheile unbekannt, 1 ın 6 Varietäten homostyl und in 6 Varietäten heterostyl (7. ulmifolia). — 2) Die am weitesten von den übrigen Turneraceen abstehenden und durch ihre geographische Verbreitung merkwürdigen Mathurina penduli- fora, Piriqueta Capensis, Berneriana, Madagascariensis und odorata sind wahrscheinlich sämmtlich monomorph. — 3) Sieht man von diesen Arten ab, so sind die monomorphen Species in allen Gattungen vertreten und fast in allen kleineren Gruppen von Arten, die durch natürliche Verwandtschaft zusammengehören, anzutreffen; sie treten ausserdem im ganzen Verbreitungsbezirke der Turneraceen auf. — 4) Wenn bei Arten, die nach Untersuchung zahlreicher Exemplare verschiedener Standorte sich als durchaus monomorph erwiesen haben, in einem Indivi- duum eine Neigung zum Dimorphismus auftrat, so äusserte sich diese allein in der Verlängerung der Griffel, während die Staubfäden ihre specifische Länge beibehielten; die am weitesten nach Norden gehende Varietät von T. ulmifolia kommt nur langgriffelig vor. — 5) Es giebt Arten, welche man als unvollkommen dimorph bezeichnen kann: die dolichostyle Form ist gut ausgebildet, in der brachystylen dagegen erreichen die Narbenäste die Basis der Antheren oder stehen von ihnen nur wenig ab; bei ausbleibendem Insektenbesuche kann also hier spon- tane Selbstbestäubung eintreten; man begegnet diesen Arten nur in Gruppen, welche sich noch wenig specifisch differenzirt haben. — 6) Bei vollkommen heterostylen Arten erstreckt sich die Differenzirung entweder nur auf die reciproken Längenverhältnisse von Griffeln und Staubfäden oder auch auf die Richtung der kürzeren Griffel, welche so stark bogenförmig divergiren, dass ihre Narbenäste der Kehlröhre dicht anliegen, oder auch auf die Länge der Narbenstrahlen, oder endlich auch auf Behaarung und Form der Griffel. — 7) Weder die Farbe der Blüthe noch die intensivere, gewöhnlich schwarz-violette Färbung der Basis der sonst gelben, blauen oder weisslichen Petalen stehen in irgend welchem Zusammenhange mit dem Mono- und Dimorphismus. — 8) Die auf Fremdbestäubung angewiesenen dimorphen Arten zeichnen sich vor den ihnen am nächsten verwandten monomorphen durch grössere Augenfälligkeit der Blüthen aus. Diese wird entweder durch die Grösse der Blüthe selbst oder durch die Anordnung der Blüthen Ueber die Familie der Turneraceen. 105 in Köpfchen oder in eine tragblattlose, sehr reichblüthige Traube her- beigeführt. — 9) In einem auffälligen Zusammenhange steht der Mono- und Dimorphismus mit der Lebensdauer: sämmtliche grossblüthigen hete- rostylen Arten sind ausdauernd und fast :immtliche kleinblüthigen homostylen. einjährig. i Systematisches. Nachdem KuntHa zuerst die Turneraceen als Abtheilung aufgestellt und der Familie der Loaseen zugewiesen hatte, behandelte sie A. P. DE CAnDoLLE bald darauf als besondere Familie. Die späteren Botaniker, welche die natürliche Anordnung der Pflanzen- familien studirten, haben die Turneraceen im Allgemeinen immer in die Nähe der Passifloraceen, Loasaceen, Papayaceen und Malesherbiaceen gestellt. In neuerer Zeit aber wollten BEnTHAm und HookER (in ihrer späteren Ansicht), sowie besonders BAILLON und BALFOUR Fil. innigere Beziehungen derselben zu den Bixaceen erkennen, welche von allen neueren Systematikern (ob mit Recht, ist sehr fraglich) weit von den calycifloren Passiflorales entfernt und zu den Parietales gestellt werden. Es lässt sich nun aus dem Vorkommen der serial-oberständigen Beisprosse, der Ausbildung und Funktion der basalen Blattdrüsen, dem Vorkommen der Corona, der Stellung der Ovula, dem Fruchtbau, der Structur der Samen, dem Arillus etc. der Nachweis führen, dass die Turneraceen mit keiner anderen Familie näher verwandt sind als mit den Passi- floraceen, und dass die intimsten Beziehungen nicht zu der Tribus der Passifloreen selbst, sondern zu der der Modecceen einerseits und der Malesherbieen anderseits vorliegen und zwar zu den ersteren altwelt- lichen mehr durch die afrikanische Gattung Streptopetalum, zu den letzteren neuweltlichen durch die fast ganz amerikanische Gattung Piriqueta. Für die Turneraceen aber bleiben allen Passifloraceen gegen- über als unterscheidende Merkmale bestehen: die gedrehte Kronprae- floration und der beim Anschwellen des Ovars sich abgliedernde und mit den Petalen und Filamenten abfallende Kelch. Die von den älteren Botanikern aufgestellten Gattungen wurden von BENTHAM und HookER auf drei (Turnera, Erblichia, Wormskvoldia), von BAiLLON, welcher die von jenen aufgeführten Unterschiede für zu unbedeutend hielt, trotzdem recht auffällige habituelle Verschiedenheiten im Anschluss an die geographische Verbreitung vorlagen, auf eine einzige (Turnera) reducirt. Es gelang mir nun, eine Reihe bisher übersehener, an allen Arten geprüfter Merkmale aufzufinden, durch welche eine neue, wie ich denke, naturgemässe, mit der geographischen Verbreitung übereinstimmende Anordnung der Arten in 5 Gattungen (Wormskioldia, Streptopetalum, Piriqueta, Mathurina und Turnera) her- beigeführt wird. Als Eintheilungsprincip fungirt in erster Linie die anatomische Structur des Kelches und der Samenschale in Verbindung mit gewissen schwielenartigen Verdickungen im Innern der Kelchröhre, wodurch die beiden ersten Gattungen (des afrikanischen Festlandes) 1 I. Urban: von den drei anderen (Amerikas und der afrikanischen Inseln) ab- gegrenzt werden. Jene werden wieder unter einander getrennt durch die Höhe der Insertion der Petala, durch das Vorkommen einer Li- gula an der Basis derselben, durch den Abgang der Filamente, durch die Form und Dehiscenz der Früchte etc.; diese durch das Vorkommen einer Corona am Kelchschlunde, die Richtung der Blüthen, die Form und Grösse des Arıillus, die Höhe der Gamosepalie etc. Rücksichtlich der specifischen Eigenschaften verhalten sich die einzelnen Gattungen ganz verschieden. Die Arten der afrikanischen Wormskioldia und Streptopetalum sind durch weite Intervalle von einander getrennt und dazu so gut wie gar nicht variabel. Die amerikanischen Piriqueta- Arten zeigen sich, wenn sie von mehreren Standorten vor- liegen, mit wenigen Ausnahmen im höchsten Grade variabel und bieten nur wenige specifisch brauchbare Merkmale dar. Die Gattung Turnera nimmt eine intermediäre Stellung ein; sie enthält theils;Arten, die so weit von einander abstehen, dass man trotz sorgfältigster Untersuchung nicht einmal ihre nähere Verwandtschaft ermitteln kann, und daneben viel zahlreichere Species, welche, gleichsam noch in der Bildung begriffen, sich von einander nur durch untergeordnete Charaktere unter- scheiden; wo diese konstant waren, habe ich specifisch getrennt, wo lückenlose Reihen von Uebergängen vorlagen, unbarmherzig zusammen- gezogen. Varietäten sind nur da aufgestellt, wo zahlreiche Exemplare verschiedener Standörter sie als solche documentirten, besonders dann, wenn dazu Verschiedenheit in dem Areale trat; sonst ist der Poly- morphismus nur in der Diagnose und der Beschreibung zum Ausdrucke gebracht. — Die Gruppirung der Arten innerhalb der Gattung Tur- nera ist, um eine möglichst naturgemässe Anordnung zu gewinnen, auf ganz neuen Grundlagen durchgeführt. Leider existiren keine Merkmale, um wirkliche Sectionen zu bilden; es können die verwandten Arten nur in Reihen vereinigt werden, deren Charakteristik genau genommen fast immer auf ein Pius minus hinausläuft. Die Anzahl der Arten hat sich seit DE CANDOLLE, welcher 1828 im Prodromus 14 Species beschrieb (eigentlich 32, die übrigen ergaben sich als Synonyme resp. nach dem von mir aufgestellten Massstabe der Speciesbegrenzung als Varietäten), hauptsächlich durch CaMBEssEDES (in Sr. HıLaıre’s Flora Bras. mer.) auf 47 vermehrt. Zu diesen treten jetzt 36 zum ersten Male beschriebene Arten, nämlich Wormskioldia brevicauls Urb., W. lobata Urb.; Streptopetalum Hildebrandtüi Urb.; Piriqueta Assuruensis Urb., P. sulfurea Urb. et Rolfe, P. Selloi Urb., P. plicata Urb., P. Tamberlikii Urb., P. nitida Urb.; Turnera Claus- seniana Urb., T. Weddelliana Urb. et Rolfe, T. Panamensis Urb., T. Glaziovi Urb., T. macrophylla Urb., T. longipes Triana, T. Cearen- sis Urb., T. Pohliana Urb., T. callosa Urb., T. dolichostigma Urb., T. elliptica Urb., T. nervosa Urb., T. Riedeliana Urb., T. trigona Urb., Ueber die Familie der 'Turneraceen. 107 T. Ourassavica Urb., T. stachydifolia Urb. et Rolfe, T. annularis Urb., T. hebepetala Urb., T. calyptrocarpa Urb., T. Blanchetiana Urb., T. sti- pularis Urb., T. Schomburgkiana Urb., T. Pernambucensis Urb., T. albi- cans Urb., T. lucida Urb, T. coriacea Urb., T. arcuata Urb. — ausser- dem sehr zahlreiche neue Varietäten und Formen. Dass trotz der weiten Umgrenzung des Artbegrifis sich eine solch grosse Anzahl von Novi- täten ergab, hat darin seinen Grund, dass man bei der Menge zweifel- hafter und ungenügend beschriebener Arten seit ÜAMBESSEDES nicht mehr wagte, aus dem Verbreitungscentrum der Familie neue Arten aufzustellen. Pflanzengeographisches. Die Turneraceen sind auf Amerika und Afrika beschränkt und gehen über die heisse Zone dieser beiden Erdtheile nur mit wenigen Arten hinaus. Ausschliesslich in Amerika kommen vor die Gattungen Turnera mit 54 Arten und Piriqueta sect. Eupiriqueta mit 15 Arten und von der Sect. Erblichia allein die auf Panama beschränkte Piriqueta odorata. In Afrika finden wir von der letztgenannten Section 1 Art ım Caplande und 2 unter sich nahe ver- wandte Arten auf Madagascar. Die 3 übrigen Gattungen sind in Afrika endemisch und zwar Wormskioldia mit 7 Arten, Streptopetalum mit 2 Arten (beide nur auf dem afrıkanischen Festlande incl. der Insel Zan- zibar) und die monotypische Gattung Mathurina auf der Insel Rodriguez. Rücksichtlich der Anzahl der Arten liegt das Verbreitungscentrum der Familie in Brasilien, ‚in welchem fast $3 aller Turneraceen (65 pCt.) vorkommen und mehr als die Hälfte (56 pÜt.) endemisch ist. Von den Floristen werden zwei Turnera-Arten (T. ulmifolia und trioniflora, die ich als Varietäten einer Art auffasse) als auf den afri- kaniıschen Inseln und im südlichen Asien vorkommend aufgeführt. Ueber die Einwanderung ın historischen Zeiten ist nichts bekannt. Es lässt sich aber durch folgenden Schlusssatz nachweisen, dass sie erst in neuerer Zeit durch Vermittelung des Menschen dorthin gelangt sind. - Beide Arten werden, die eine seit mehr als 100 Jahren, die andere mindestens seit 1820, in botanischen Gärten nicht blos Europas, sondern auch Asiens und der afrikanischen Inseln kultivirt. Alle in den verschiedensten Gärten seit den ältesten Zeiten bis heute kultivirten Exemplare stimmen in wunderbarer Weise nicht blos mit einander, sondern auch mit den an den angeführten Lokalitäten gesammelten Specimina überein; andrerseits findet man bei den amerikanischen Exemplaren der T. ulmifolia und T. trioniflora gerade eine solche Variation, dass es trotz des grossen zur Verfügung stehenden Materials nicht gelang, zwei vollkommen übereinstimmende Zweige verschiedener Lokalitäten ausfindig zu machen. Es ist deshalb im höchsten Grade wahrscheinlich, dass die Samen je eines bestimmten in Amerika gesam- melten Exemplars in Kultur genommen sind, dass die daraus erzogenen Pflanzen durch Samen oder Stecklinge in den botanischen Gärten all- 108 | Fr. Buchenau: gemein verbreitet wurden, und endlich dass sie im südlichen Asien und auf den afrikanischen Inseln, wo sie ihnen zusagende Lebensbedin- gungen antrafen, den Gärten entschlüpften. In Bezug auf die Frage nach der Entwickelung der Turneraceen ist zu bemerken, dass sich trotz eifrigsten Studiums bei der jetzigen Kennt- niss der Formenkreise so gut wie nichts ausmachen lässt, nicht einmal. ob die Turneraceen alt- oder neuweltlichen Ursprungs sind. 12. Fr. Buchenau: Die düngende Wirkung des aus den Baumkronen niederträufelnden Wassers, Eingegangen am 23. Februar 1883. — Seit einer Reihe von Jahren habe ich mit grösster Regelmässigkeit eine Erscheinung beobachtet, welche die durch Salzgehalt bedingte dün- gende Kraft des aus den Baumkronen herabträufelnden Wassers be- weist, und auf welche ich daher die Aufmerksamkeit der Botaniker hin- lenken möchte. Wo auf den ausgedehnten Wiesen oder Weideflächen unserer Um- gegend, oder auf Rasenflächen von Parks ein einzelner hochkroniger Baum steht, da eilt stets im Frühjahre der Graswuchs unter der Laub- krone dem übrigen Graswuchse bedeutend voraus. Während ringsum die Rasenfläche noch im fahlen winterlichen Braungrün daliegt, ist der Rasen, soweit der Umfang der Baumkrone reicht, bereits freudiggrün; neue Blätter sind entwickelt, während sie ringsum noch nicht hervor- getreten sind. Dieses Vorauseilen der Vegetation bedingt regelmässig einen Unterschied von etwa acht, ja in einzelnen Fällen anscheinend selbst bis zu vierzehn Tagen. Späterhin wird dieser Unterschied natür- lich ausgeglichen, doch beobachtet man nicht selten unter solchen ein- zelstehenden Bäumen auch im Sommer dichteren Graswuchs, als auf der übrigen Fläche (dass dichtzusammenschliessende Bäume oder solche mit tief herabhängenden Kronen den Graswuchs unter sich ersticken, ist ja dagegen bekannt genug und unschwer zu erklären). — Die früh- zeitige Entwickelung im Frühjahr zeigt sich ganz ebenso, wenn auch in kleinerem Massstabe auf älteren, bereits mit Gras üLberwachsenen Maulwurfshaufen wie ich dies bereits in meinem Aufsatze: Die Flora der Maulwurfshaufen (Landw. Versuchs-Stationen, 1876, XIX., p. 175 bis 185) erwähnt habe. Während aber bei den Maulwurfshaufen der Hauptgrund in der Auflockerung und Drainirung des Bodens gesucht werden muss, welche der Sonnenwärme ein rascheres Eindringen ge- stattet, dürfte bei der geförderten Entwickelung des Graswuchses unter Die düngende Wirkung des aus Baumkronen niederträufelnden Wassers. 109 Bäumen (wo ja die physikalische Beschaffenheit des Bodens keine Aenderung erlitten hat) nur an chemische Einflüsse zu denken sein. — Ich war zuerst sehr geneigt, an einen Auslaugurgs-Prozess der alten Borke der Baumäste zu glauben, indessen zeigt sich die Erscheinung auch unter Bäumen mit wenig entwickelter glatter Borke. Wahrschein- licher ist wohl, dass das von den Blättern herabträufelnde Regenwasser nicht mehr salzfrei ist. Bereits im Anfange unseres Jahrhunderts zeigte ja Th. de Saussure (Recherches chimiques; übersetzt von Voigt, 1805, p. 263), dass Was- ser, welches von aussen mit Laubblättern in Berührung kommt, diesen einen Theil ihrer alkalischen Salze raubt. Saussure fand in der Asche von frischen Blättern der Haselnuss 26 pCt. lösliche Salze, während die- selben Blätter, nachdem er sie im frischen Zustande acht Mal, je eine Viertelstunde mit kaltenı Wasser gewaschen hatte, nur noch 8 pÜt. da- von enthielten. In Folge einer solchen Auslaugung muss das von den Laubblättern herniederträufelnde Wasser nothwendig eine düngende Kraft ausüben. — Es ist möglich, dass auch das von den Laubblättern aus Wasserspalten !) ausgeschiedene Wasser, welches ja stets geringe Mengen von Salzen enthält,?) wirksam ist, doch scheint es bis jetzt noch nicht beobachtet worden zu sein, dass Bäume solches in grösserer Menge ausscheiden, vielmehr ist anzunehmen, dass dieses bei kraut- artigen Pflanzen, namentlich während der Nacht, so häufige Phänomen bei Bäumen nur selten auftritt?) Um so mehr verdient eine Beobach- tung von Hartig (Botan. Ztg. 1853, p. 478) wieder in Erinnerung ge- bracht zu werden, nach welcher ın einem Hainbuchenunterholze bei hellem klarem Wetter im Frühjahre vor der Belaubung die geschlosse- nen Knospen mit grosser Energie Wassertropfen ausschieden. Diese Zeit (vor dem Aufbrechen der Laubknospen der Bäume) ist nun ge- rade diejenige, in welcher sich die geförderte Entwickelung des Rasens unter den Bäumen zeigt; dabei ist aber doch nicht zu übersehen, dass auch das im Sommer von den Blättern herabträufelnde Regenwasser vermöge seines Salzgehaltes eine dauernde düngende Wirkung auszuüben vermag, welche sich recht wohl noch im nächsten Frühjahre bemerklich machen kann. 1) Vergl. über dieselben: A.de Bary, Vergleichende Anatomie der Vegetations- organe der Phanerogamen und Farne, p. 54. 2) Einige Zahlen über diesen Salzgehalt finden sich zusammengestellt in Jul. Sachs’ Handbuch der Experimental-Physiologie der Pflanzen, p. 239. 3) Die Tropfen-Ausscheidung beruht bekanntlich darauf, dass in der Nacht die Transpiration der Blätter sehr vermindert wird, während die Wurzeln noch fortfah- ren, grössere Mengen von Wasser aus dem Boden aufzunehmen. Bei krautigen Pflanzen muss der so entstehende Ueberschuss leichter durch die Wasserspalten aus- geschieden werden, während bei den Holzpflanzen der Holzkörper zunächst noch grössere Mengen von Wasser aufzunehmen vermag. (Vgl. hierüber Sachs, Hand- buch der Experimental-Physiologie, p. 235 ff.) ie ra re ea se wmunsmngaik balahadsndenek ‚resulehmnb.non.nabsshe Tao he ern al oder BeueNohen Dirankai ies. 1m N men Re J Pe mussen ob er “il sigların srabnidıdel ayısanı syus Fr; 19 a each KBOR..q WSOBE igio-l.-aor Imamadir } ER sw ‚eo. yardinsel: mi meitälddom! 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Winter, Apotheker in Gerolstein (Rheinpreussen). von Seemen, 0O., Rittmeister a. D. in Berlin SW., Halleschestr. 28. Conwentz, Dr., Direktor des Westpreussischen Provinzialmuseums in Danzig. Zimmermann, Albrecht, Dr., Assistent am botanischen Institut der königl. landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin N., Invalidenstr. 99. II. Fischer, Alfred, Dr. Privatdocent in Leipzig. Winter, Dr. in Zürich-Hottingen, Klossbachstr. 69. Staub, Moritz, Prof. Dr. in Budapest. Hegelmaier, Prof. Dr. in Tübingen. Zum ausserordentlichen Mitgliede wird proklamirt: Herr Erfurth, R., Seminarlehrer und Hofkantor in Weimar. Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren: stud. phil. H. Klebahn in Jena (durch Schwendener und Westermaier). Dr. Hermann Möller in Berlin N., Invalidenstr. 108, III. (durch Frank und Tschirch). Als ausserordentliches Mitglied ist vorgeschlagen: Herr Dr. Paul Schulz in Berlin (durch Schwendener und Wester- maier). Der Vorsitzende theilt mit, dass Herr von Uechtritz in Breslau von der „Kommission für die Flora von Deutschland“ als Mitglied cooptirt sei. Herr Prahl aus Posen macht der Gesellschaft Mittheilung über die Neuherausgabe einer „Flora der Provinz Posen“, an welche der dortige Naturwissenschaftliche Verein herangetreten ist und bittet diejenigen Herren, welche Kenntniss des Gebietes besitzen das Unternehmen zu unterstützen. 112 | Mitgliederliste. Mitglieder-Liste. (Fortsetzung). *) Areschoug, F. W. C., Prof. Dr. in Lund. Barnewitz, Realgymnasiallehrer in Brandenburg a. H. Bartke, R., Cand. in Spandau, Markt 4. Blisgen, M., Dr. phil. in Weilburg a. d. Lahn. *Dresler, E. F., Kantor in Löwenberg i. Schl. *Elstorpff, C. in Thalmühle bei Zoppot. *Erfurth, R, Seminarlehrer und Hofkantor in Weimar. Fischer, Alfr., Dr., Privatdocent in Leipzig. (z. Z. in Freiberg in Sachs., Nonnengasse 203 I.) Haberlandt, @., Dr., Professor an der k. k. technischen Hochschule und Privatdocent an der Universität in Graz, Klosterwiesgasse 41. Hausser, Emil, Ordentlicher Lehrer an der Realschule in Barr ı. Els. Haussknecht, Prof. Dr. in Weimar. Hegelmaier, Prof. Dr. in Tübingen. Hellriegel, H., Prof. Dr. in Bernburg. Kellermann, Dr. in Wunsiedel, Baiern. Kirchner, 0., Prof. Dr. in Hohenheim bei Stuttgart. Kuntze, Otto, Dr. in Leipzig-Eutritzsch. Leitgeb, H., Prof. Dr. in Graz, Neuthorgasse. Linhart, Georg, Prof. a. d. kgl. ungar. Jandw. Academie in Ungar.- Altenburg. Moeller, Josef, Dr. in Mariabrunn, Post Weidlingau, Oesterr. u. d. Enns. Mülberger, Arthur, Dr. med. in Herrenalb, Württemberg. Müller, Fritz, Dr. in Blumenau, Prov. Catharina, Brasilien. Müller, J., Prof. Dr. in Genf. Paeske, Fr., Referendar ın Berlin W., Besselstr. 16 II. Pentz, C., Oberapotheker in Hamburg, Lindenstr. 20 b. I. Penzig, Otto, Prof. Direttore della stazione agrarıa in Modena. Peyritsch, J., Prof. Dr. in Innsbruck. Reess, Max, Prof. Dr. in Erlangen. Schröter, C., Dr., Privatdocent in Fluntern bei Zürich, Mattenstr. 36. von Seemen, O., Rittmeister a. D. in Berlin SW., Halleschestr. 28. Stitzenberger, E., Dr., Arzt in Konstanz. Stoll, Eugen, Apothekenbesitzer in Herborn, Reg.-Bez. Wiesbaden. Vogl, August, E., Dr. k. k. Univ.-Prof. u. Obersanitätsrath in Wien, IX. Petrarkagasse 1. Wagner, W., Dr., dirig. Arzt d. Knappschaftslazar. in Stadt-Königshütte. *Waldner, H. in Wasselnheim. Winter, G., Dr. in Hottingen bei Zürich, Klossbachstr. 69. Zimmermann, Albrecht, Dr. in Berlin N., Invalidenstr. 99 II. *) Enthält diejenigen Mitglieder, welche im Monat März 1883 ihren Beitrag entrichtet haben. Berichtigungen fehlerhafter Adressen bittet man zu senden an Dr. A. Tschirch, Berlin N., Invalidenstr. 36. H. Klebahn: Ueber die Structur etc. der Lenticellen. 113 Mittheilungen. 13. Henrich Klebahn: Ueber die Structur und die Function der Lenticellen, sowie über den Ersatz derselben bei einigen lenticellenfreien Holzgewächsen. (Mit Tafel IV.) Vorläufige Mittheilung. Eingegangen am 6. März 1883. Unsere Kenntniss vom Bau und von der Funktion der Lenticellen ist trotz einer Reihe zum Theil hervorragender Arbeiten!) nicht als abgeschlossen zu betrachten. Durch Herrn Prof. Stahl in Jena auf diesen Umstand aufmerksam gemacht, habe ich genannte Organe wäh- rend des verflossenen Herbstes und Winters einer genaueren Unter- suchung unterzogen. Eine Anzahl der bis jetzt gewonnenen und als feststehend zu betrachtenden Resultate theile ich im Folgenden kurz mit; in Betreff eingehenderer Darstellung verweise ich auf eine spätere Veröffentlichung, die folgen wird, nachdem ich das Verhalten der Lenticellen im Sommer mit den bisherigen Ergebnissen verglichen ha- ben werde. Es ist mir eine angenehme Pflicht, den Herren Prof. Stahl und Prof. Schwendener für das meinen Arbeiten bisher entgegengebrachte Interesse hier meinen innigsten Dank auszusprechen. Das Material wurde mir zum grossen Theil durch freundliche Vermittlung des Herrn Prof. Eichler in dankenswerther Weise vom Berliner botanischen Gar- ten zur Verfügung gestellt. I. Zur Anatomie der Lenticellen. Unter den Lenticellen der dikotylen Holzpflanzen und der Coni- feren unterscheidet Stahl 2 Typen): 1) Vergl. E. Stahl, Entwieklungsgeschichte u. Anatomie d. Lenticellen. Bot. Ztg. 1873. G. Haberlandt, Beiträge zur Kenntniss der Lenticellen. Sitzber. d. Wien. Academie 1875. (Ich eitire nach den Separatabdrücken). J. C. Costerus, het wezen der lenticellen en hare verspreiding in het plantenrijk. Utrecht 1875. Ausserdem Arbeiten von O. L. Müller, d’Arbaumont, Kreuz, Potonie Stapf etc. 2) Stahl, 1. c. p. 23 und 24. 8 D.Botan.Ges.1 a H. Klebahn: 1. Lenticellen, die lockere Füllzellen abwechselnd mit dichteren Zwischenstreifen bilden. 2. Lenticellen mit enger verbundenen Füllzellen, ohne Zwischen- streifen. Beide Arten von Lenticellen sollen im Winter eine lückenlose, pe- ridermartige Verschlussschicht bilden.!) Erster Typus. Lockere Füllzellen und dichtere Zwischenstreifen. Der erstgenannte Typus ist bei weitem der verbreitetste und in jeder Beziehung wohl charakterisirt. Es gehören unter anderen hierher die Lenticellen von: Sophora, Robinia, Alnus, Betula, Crataegus, Sorbus, Prunus, Aesculus. Die genaue anatomische Untersuchung dieser Lenticellen in Stadien vom Juli bis Ende Februar hat nun ergeben, dass zwischen der Ver- schlussschicht und den Zwischenstreifen durchaus kein Unterschied zu machen ist. Sie bestehen beide aus Korkzellen, die eng an einander schliessen und daher auf Tangentialschnitten polygonal erscheinen, je- doch trotzdem kleine Intercellularräume zwischen sich lassen, die bei starker Vergrösserung (Seibert VII, Imm.) sowohl auf Tangential- schnitten, als auch in einigen Fällen auf Querschnitten deutlich gesehen wurden. Zum absolut sicheren Nachweis dieser in radialer Richtung die Verschlussschicht und die Zwischenstreifen durchsetzenden Inter- cellularkanäle gelangte ich in der Weise, dass die Schnitte mittelst eines mit Glycerin benetzten Messers geführt und dann sofort in eine zähe, erhärtende Mischung von Gummi arabicum und Glycerin einge- legt wurden. Auf diese Weise hergestellte, gut gelungene Querschnitte zeigten die Intercellularkanäle mit Luft erfüllt, als schwarze Streifen, die von den Intercellularräumen des Rindenparenchyms aus durch Phelloderm, Verjüngungsschicht, Verschlussschicht, Füllzellen und Zwi- schenstreifen hindurch zu verfolgen waren. Dass die schwarzen Streifen von Luft und nicht von optischen Verhältnissen des Periderms herrüh- ren, ist sicher festgestellt. Ferner wurde durch Untersuchung ein- und zweijähriger Lenticellen constatirt, dass dieselben wahrscheinlich allgemein mehr als einen Zwi- schenstreifen (= Verschlussschicht) im Jahre bilden. Mindestens 2 sind vorhanden bei Ulmus, Acer campestre, Robinva, Sophora; 3 wurden gezählt bei Urataegus, Cerasus; 4 bei Aesculus Hippocastanum, Alnus glutinosa. Im den meisten Fällen waren ausser dem letztgebildeten un- ter den Füllzellen liegenden noch ein oder zwei über denselben liegende erhalten, d. h. nicht aufgerissen. 1) Stahl, l. c. p.26. Haberlandt, 1. c. p. 16. Ueber die Structur und die Function der Lenticellen etc. 115 Das Verhalten der Lenticellen dieses Typus während der Vege- tationsperiode scheint also Folgendes zu sein: Im Frühjahr erzeugt die Verjüngungsschicht Füllzellen; dadurch wird der letzte Zwischenstreifen (die sog. winterliche Verschlussschicht) emporgewölbt und nach länge- rer oder kürzerer Zeit gesprengt. Inzwischen kann schon ein neuer Zwischenstreifen gebildet sein; dann werden wieder Füllzellen erzeugt und so fort, bis im Herbst ein letzter Zwischenstreifen das Ende der Thätigkeit der Verjüngungsschicht anzeigt. Ferner folgt aus den anatomischen Befunden, dass diese Lenticellen zu jeder Jahreszeit, Sommer und Winter, für Luft durchlässig sein müssen. | Zweiter Typus. Dichtere Füllzellen, keine Zwischenstreifen. Hierher gehören namentlich die Lenticellen von Gingko, Sambueus, Lonicera, Evonymus, Cornus, Salix, Myrica, Ampelopsis; jedoch ist zu bemerken, dass dieser Typus nicht so gut charakterisirt ist, wie der vorige, und vielleicht in mehrere Untertypen zu zerfällen sein dürfte. Ich werde auf diese Verhältnisse in meiner späteren Veröffentlichung genauer eingehen. An den genannten Lenticellen konnte eine Verschlussschicht nicht aufgefunden werden, vielmehr ergab sich ein annähernd gleiches Ver- halten aller Schichten (abgesehen z. B. von den bei Gingko vorkom- menden nur wenig dichteren braunen Streifen.). Jedoch sind die im Herbst gebildeten Schichten etwas resistenz- fähiger; ich folgere das daraus, dass sie bei Sambucus und Cornus im Februar noch erhalten und farblos waren, während die darüber lie- genden Zellen sich bereits gebräunt und verwittert zeigten. Bei Salz fand sich jedoch kaum ein Unterschied zwischen den jüngeren und älteren Schichten. Auch bei diesen Lenticellen konnte nach der oben besprochenen Methode constatirt werden, dass eine Luftecommunication selbst im Winter durch alle Schichten hindurch vorhanden ist; es sind folglich auch die Lenticellen des zweiten Typus im Winter für Luft durch- lässıg. Das Verhalten im Laufe des Sommers ist hier etwa folgendes: Die Verjüngungsschicht producirt Füllzellen, die allmählig die darüber liegenden älteren emporheben; dabei entsteht im älteren Gewebe ein in longitudinaler Richtung verlaufender Riss (diese Richtung ist wohl auf Rechnung der Rindenspannung zu setzen) und so bildet sich auf den beiden Seiten der Lenticelle der bekannte Wulst. Im Herbst hört die Neubildung mit Entstehung einer etwas resistenteren Füllzellen- lage auf. 116 | H. Klebahn: Von den vorkommenden anatomischen Verschiedenheiten will ich hier nur noch das höchst eigenthümliche Verhalten zweier Gattungen erwähnen. Ampelopsis quinquefolia. Ein Schnitt (Quer- und Tangential-) durch das fertige Lenticellen- gewebe zeigt bei starker Vergrösserung ein ziemlich unverständliches Bild. Die Zellen erscheinen umgeben von dicken, auf dem Tangential- schnitt eigenthümlich verkrämmten Membranen, dazwischen liegen rund- liche oder vierseitige Membranpartieen, die man nicht unterzubringen weiss. Aufklärung hierüber giebt uns die Entwickelungsgeschichte: Die Verjüngungsschicht, welche auffallend grosse, meist dreiseitige Inter- cellularräume besitzt, bildet nach aussen hin Füllzellen, welche die Intercellularräume theilweise ın der Weise ausfüllen, dass sie Fort- sätze in dieselben hinein bilden; durch Vercickung der Membranen werden diese Fortsätze dann zu jenen compacten Membrantheilen, die man auf den Schnitten durch das ältere Gewebe zwischen den Zellen eingelagert sieht. Auch Verkrümmungen der Wände scheinen zur Complication beizutragen. Die von den ursprünglichen Intercellular- räumen übrig bleibenden abgeplatteten und verbogenen, jedoch zu- sammenhängenden Reste führen Luft Ein Wechsel in den Schichten ist nicht vorhanden. Populus-Arten. P. nigra, pyramidalis, Tremula. Die Verjüngungsschicht ist weniger deutlich und sehr tief eingesenkt, geschichtetes Phelloderm fehlt. Die Füllzellen lassen sich mit denen der vorherbesprochenen Pflanzen in keiner Weise vergleichen. Sie sind von länglicher Gestalt, in tangen- tialer Richtung gestreckt und mit ihren Enden, oft sich gabelig theilend, verwachsen. So bilden sie ein kleinzelliges, lockeres, aber doch in sich fest zusammenhängendes Gewebe. Die zwischen den Füllzellen bleibenden grossen Intercellularräume sind theilweise mit einer den Wänden aufgelagerten körnigen Substanz (Wachs?) erfüllt, im übrigen führen sie Luft. Im Winter sah ich eine lückenlose Peridermlage einen peripherischen Theil der Lenticelle abschliessen, in der Mitte an der eingesenkten Stelle fehlte dieselbe jedoch und hier fand offene Luftecommunication aus dem Parenchym nach aussen hin statt. Die übrigen Lenticellen, die der Blattstiele, Wurzeln ete. werde ich später, soweit möglich, berücksichtigen. Il. Zur Physiologie der Lenticellen. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass die fertigen Lenticellen Durchlüftungsorgane sind, die sowohl den Gasaustausch!) als auch die 1) Stahl, 1. c p. 29—31. Ueber die Structur und die Function der Lenticellen ete. 117 Transspiration!) befördern. Das geht nicht nur aus dem anatomischen Bau hervor, sondern auch aus den angestellten Experimenten, deren ich eine grosse Anzahl wiederholt habe. Jedoch in Betreff der Frage nach dem winterlichen Verschluss und der Lösung desselben im Frühjahr gehen die Versuchsresultate und die Meinungen der früheren Beobachter auseinander. Stahl?) nimmt einen winterlichen Verschluss an, findet aber, dass geringe Luftmengen auch im Winter durch die Lenticellen sich hin- durchpressen lassen. Haberlandt°) will im April, Mai und in der ersten Hälfte des Juni noch keinerlei Luftaustritt haben hervorrufen können (ausser bei Sambucus). Die von ihm angestellten Transspirationsversuche ergaben jedoch, dass Anfang Juni die Lenticellen die Transspiration schon be- deutend befördern). Er scheint daraus zu schliessen, dass die Be- förderung der Transspiration die wichtigere Function der Lenticellen sei. Costerus®) hat bei Sambucus im Winter Luft austreten sehen, auch bei Ampelopsis und Sambucus keine Verschlussschicht finden können; er beruhigt sich aber dabei, nicht so viele Fälle untersucht zu haben wie Stahl. Auch Wiesner®) und Eder’) haben Luftaustritt im Winter beobachtet. Dass sich im Winter aus den Lenticellen Luft auspressen lässt, erklärt sich nach meinen obigen anatomischen Befunden höchst ein- fach. Dass Haberlandt im April, Mai und Anfang Juni keinen Luftaustritt beobachten konnte, kann nur an einem Versuchsfehler liegen, denn wenn die vorjährigen Zwischenstreifen (Verschlussschichten) auch noch nicht gesprengt waren, so waren sie doch nicht undurch- lässig; auch wäre es höchst auffällig, wenn im April und Mai, wo doch schon rege Stoffwechselprocesse vor sich gehen, sich die Durchlüftungs- organe noch nicht in Function befänden. Um ein eigenes Urtheil zu gewinnen, habe ich im Laufe des Win- ters zahlreiche Druckversuche angestellt und werde dieselben bis in den Sommer fortsetzen. Aus denselben geht hervor, dass im Winter in vielen Fällen gar nicht ein so beträchtlicher Druck nöthig ist, um Luft durch die Lenticellen auszupressen. Der Druck, unter welchem 1) Haberlandt, 1. c. p. 22. 2). c. 9.82. 3) 1. c. p. 16 und 21. 4) 1. c. p. 21 und 22. 5)1. c. p. 53. 6) Versuche über den Ausgleich des Gasdrucks in den Geweben der Pflanzen. Sitzber. d. Wiener Acad. 1879. 7) Untersuchungen über die Ausscheidung von Wasserdampf etc. Sitzber. d. Wien. Acad. 1875. 118 H. Klebahn: ein deutliches Austreten von Luftblasen wahrgenommen werden kann, ist jedoch bei verschiedenen Pflanzen verschieden; 3—6 cm Quecksilber genügten bei 36 Pflanzen; 6—10 bei 19; mehr als 10 waren nöthig bei 17 Pflanzen. Die Zweige wurden bei diesen Versuchen erst unter Wasser getaucht, nachdem der Quecksilberdruck bereits einen Augen- blick eingewirkt hatte, um einer capillaren Verstopfung der Lenticellen vorzubeugen. Ferner habe ich die von Haberlandt!) zuerst angestellten Trans- spirationsversuche mit Winterzweigen wiederholt. Um die Resultate vergleichbar zu machen, bezog ich die Verdunstungsgrösse, welche sich ergab nach der Verklebung der Lenticellen ir Wache) an dem einen Zweig . . . . (A) resp. der Verklebung einer en grossen Ritedkrh partie, jedoch nicht der Lenticellen, an dem andern Zweig . . BR L=h procentisch auf die Keiiinnsturkearnedes deldhe sich ‚ol ‚diese Mani- pulationen am ersten Versuchstage ergeben hatte. Folgende Tabellen besagen das Nähere: Zwei Sumbucuszweige verdunsteten: | bei Haberlandt’s | bei meinem Ver- Br a im a. such im Januar B. A. | B. pCt. | pCt. |. pCt. Ir p6bn überhaupt, d.h. ohne die angegebene Verklebung (Procente vom Zweig- 1.Tag | 2,67 3,26 1,37 1,28 gewicht) nach Vornahme der oben ange- Tag 60 | 104 60 | 80 gebenen Verklebung (A u. B.); in | Procenten der Verdunstung am | | Zwei Zweige von Morus alba verdunsteten: bei Haberlandt’s i bei meinem Ver- ' Versuch im Juni | such im Ts || K B. i s | pCt. | pCt. | pt. | pCt. überhaupt, d.h ohne die angegebene | | Verklebung (Procente vom Zweig- |1.Tag| 4,75 | 5,18 0,80 0,89 gewicht) | | nach Vornahme der oben auge- 210g re | 108 | 56 85 gebenen Verklebung (A. u. B.); in | Procenten der Verdunstung am ! | 1. TUE 3Tag| 7% | 96 46 80 | 1) l. c. p. 17—21. Ueber die Structur und die Function der Lenticellen etc. 119 Die Gesammtverdunstung war also eine verschiedene; das kann aber liegen am Alter und Wassergehalt des Zweiges, sowie an der Temperatur und Luftfeuchtigkeit des Versuchsraumes. Dagegen geht mit Evidenz aus obigen Zahlen hervor, dass der relative Einfluss der Lenticellen auf die Transspiration bei Haberlandt’s im Juni und bei meinen im Januar angestellten Versuchen fast derselbe war. Weitere Versuche mit ganz ähnlichen Ergebnissen liegen vor, die ich später mittheilen werde. Ich habe auch Kohlensäure durch ähnlich verklebte Zweige diffun- diren lassen und gefunden, dass die auf Rechnung der Lenticellen im Winterzustand zu setzende diffundirte Gasmenge keine unbeträcht- liche ist. Dass nach obigen Versuchsresultaten, sowie nach den anatomischen Befunden unsere Ansicht über den winterlichen Verschluss etwas zu modificiren sein wird, leuchtet ein. Ein endgültiges Urtheil hierüber wage ich jedoch jetzt noch nicht auszusprechen. Ich hoffe diese Frage im Laufe des Sommers zu erledigen und dann zugleich mit den Einzel- heiten und anderen hier nicht berührten Fragen genauer zu erörtern. Ein Ersatz der Lenticellen bei einigen lenticellenfreien Holzgewächsen. Der Mangel der Lenticellen bei einer Anzahl zum Theil klettern- der und schlingender Sträucher!) regte mich an zu untersuchen, in welchen Structurverhältnissen wohl diese Pflanzen einen Ersatz für die Lenticellen haben möchten. Ich durchmusterte das Periderm von Lonicera Periclymenum und fand darin Zellgruppen, die mit durchschnittenen Markstrahlen eine gewisse Aehnlichkeit hatten. Auch schienen an diesen Stellen Inter- cellularräume verhanden zu sein. Auf successiven Tangentialschnitten liess sich dann der Zusammenhang mit den Markstrahlen feststellen.”) Ich schritt nun zu einer Untersuchung der Markstrahlen auf Inter- cellularräume mittelst der oben angegebenen Methode und beobachtete in allen Fällen (Acer, Sorbus, Berberis, Morus, Ribes, Populus, T'suga, Spir."ea ete.), dass in den Markstrahlen zahlreiche Intercellularräume paralle in radialer Richtung verlaufen, durch Holz, Cambium und Rinde hindurch, eine Thatsache, die übrigens, wie ich jüngst erfuhr, vor Kurzem auch von Russow gefunden worden ist.?) Sie stehen, 1) Stahl, 1. c. 31—33. 2) Diese Pflanze besitzt niedrige, zerstreute Markstrahlen. 3) Russow, Zur Kenntniss des Holzes, insbesondere des Coniferenholzes. Bot. Centralblatt 1883, No. 1—5. Russow spricht die Vermuthung aus, dass sie auch während der Vegetations- ruhe das Cambium durchsetzen. Ich kann dies als sicher behaupten. 120 H. Klebahn: wie auch Russow angiebt, mit den Intercellularen im Holz einerseits, mit denen der primären Rinde und den Lenticellen andererseits in Ver- bindung, und haben offenbar für die Durchlüftung, insbesondere des Holzes, eine grosse Bedeutung. Ich glaube das durch folgenden Versuch bekräftigen zu können. Ein etwa 10 cm langer Zweig von Berberis!) wurde am oberen Ende luftdicht verkittet, dann 2 cm weit vom unteren Ende entfernt ein 2 cm hoher Rindenring vollständig (bis auf das Holz) entfernt und die ganze blossgelegte Partie sorgfältig verkittet. Dann wurde in den unteren Theil (Rinde und Holz) Luft eingepresst. Bei Anwendung eines Drucks von 14 cm Quecksilber trat aus den Lenticellen des oberen Rinden- theils ziemlich reichlich Luft aus. Da die Luft an der von der Rinde entblössten Strecke nur das Holz passiren konnte, da ferner wegen des niedrigen Drucks und des verhältnissmässig reichlichen Luftaustritts an einen Gasdurchtritt durch Membranen mittelst Absorption nicht ge- dacht werden kann, so betrachte ich diesen Versuch als einen Beweis für die Möglichkeit eines directen Gasverkehrs von aussen bis in die Intercellularräume des Holzes. Dieselben Markstrahlintercellularen sind es nun, die bei einer An- zahl (nicht bei allen) lenticellenlosen Holzpflanzen mit Ringelborke die Function der Lenticellen übernehmen. Da, wo der Peridermring den Markstrahl durchschneidet (und das findet schon am einjährigen Zweige statt), besitzt ersterer Intercellularräume, die aus denen des Markstrahls entstanden sind und radıal das Periderm durchsetzen. Dies Verhalten zeigen die Arten der Gattung Vitis (riparia, vulpina), Lonicera Peri- clymenum, Clematis Vitalba, Philadelphus coronarius. Detailbeschreibun- gen werde ich später geben und nur noch erwähnen, dass in einigen Fällen die Markstrahlintercellularen die einzigen überhaupt vorhandenen sind (am mehrjährigen Zweig). Bei Druckversuchen zum Nachweis des Vorhandenseins dieser Luftcommunication muss man alle Borkeschichten bis auf das jüngste Periderm entfernen, da sonst die an der Schnittfläche eingepresste Luft zwischen den Borkeschichten eindringt und hier der zahlreichen Risse wegen einen leichten Ausweg findet. Leicht gelingt diese Entfernung bei einjährigen Clematis-Internodien (Winterzustand), und es liess sich hier constatiren, dass bei einem Druck von 12 cm Quecksilber Reihen von Blasen in den über den Markstrahlen liegenden Furchen austraten, während an den dazwischen liegenden Riefen kein Luftaustritt stattfand. 1) Mit sehr hohen Markstrahlen. Die Intercellularen derselben münden an der Grenze zwischen primärer und secundärer Rinde in eine grössere Luftlacune, die mit den Intercellularen der primären Rinde und mit den Lenticellen in Verbindung steht. Ueber die Structur und die Function der Lenticellen etc. 121 Erklärung der Abbildungen. Die Zeichnungen sind mittelst der Camera lucida nach einem Seibert’schen Instrument entworfen. Fig. 1. Betula alba. Theil eines Querschnitts durch eine zweijährige Lenticelle im Winterzustand. pd Periderm, Rp Rindenparenchym, vj Verjüngungsschicht, phd Phelloderm, f Reste der Füllzellen. Die Intercellularräume der Zwi- schenstreifen (Verschlussschichten) (z) und der darunter liegenden Gewebe führen Luft und erscheinen daher schwarz (l). (Gummiglycerinpräparat). »„ 2. Aesculus Hippocastanum. Tangentialschnitt durch den letzten Zwischen- streifen (Verschlussschicht); i Intercellularräume. »„ 3. Sophora japonica. Querschnitt durch dieselbe Schicht (z), 1 die lufterfüll- ten Intercellularkanäle, vj Vergüngungsschicht (nicht ausgeführt). (Gummi- glycerinpräparat). „ 4. Gingko biloba. (Zweiter Typus). Tangentialschnitt durch die Füllzellen. „ 9—8. Ampelopsis quinguefolia. „ 5. Querschnitt durch die Füllzellen (f), ce durchschnittene Fortsätze derselben, vj Verjüngungsschicht. „. 6. Verjüngungsschicht, Tangentialschnitt. „ T. Tangentialschnitt an der Grenze zwischen Füllzellen und Verjüngungs- schicht. Die Füllzellen bilden Fortsätze (a) in die Intercellularräume hin- ein, welche dieselben bis auf feine Reste (i) ausfüllen. „ 8. Ausgebildete Füllzellen, Tangentialschnitt „ 9-10. Populus niyra. 9. Tangentialschnitt durch die Füllzellen, in den Intercellularräumen eine körnige Substanz. „ 10. Querschnitt, um den Verband der Füllzellen zu zeigen. Canadabalsam- präparat, daher die körnige Substanz nicht sichtbar. k Zellkerne. „ 11-12. Vitis riparia. „ 11. Querschnitt durch Rinde und Holz. MM' ein Markstrahl, mit den luft- führenden Intercellularkanälen, die auch das Periderm (pd) durchsetzen. g Gefässe, b Borke. (Gummiglycerinpräparat). „ 12. Längsschnitt durch den Markstrahl, ebenfalls im Periderm die Intercellu- laren zeigend. (Gummiglycerinpräparat). 122 | E. Heinricher: 14. E. Heinricher: Der abnorme Stengelbau der Centaureen, anatomisch-physiologisch betrachtet. (Mit Tafel V.) Eingegangen am 18. März 1883. Unter den Dicotylen findet sich eine relativ geringe Zahl von Fa- milien, Gattungen und Arten mit rindenständigen Bündeln. De Bary’s vergleichende Anatomie (p. 266) enthält eine vollständige Zusammen- stellung und Erörterung solcher Fälle. Zu den dort angeführten gesellt sich die Gattung Armeria, welche nach einer Abbildung Wester- maier’s!) viele Rindenbündel im Blüthenschaft besitzt. Gegenwärtig mit einer anatomischen Bearbeitung der artenreichen Gattung Centaurea beschäftigt, um zu erfahren, wie weit die einzelnen Arten klimatischen und Standorts-Verhältnissen im anatomischen Baue angepasst seien, finde ich auch bei der Mehrzahl der Arten dieser Gattung ein rindenläufiges Bündelsystem ausgebildet. Schon der Mangel an lebendem Material nöthigt mich, den Ab- schluss der Untersuchung auf den Herbst zu verschieben, doch bringe ich den der Hauptsache nach abgeschlossenen Theil über die rinden- ständigen Gefässbündei schon an dieser Stelle zur vorläufigen Mit- theilung.?) Der Stengelbau der meisten Centaureen ist wesentlich folgender. Ein centrales Mark wird von dem bei Dicotylen typischen Bündelring umschlossen. Die einzelnen Gefässbündel haben wenigstens an der Phloämseite starke Bastbelege, in vielen Fällen auch an ihrer Innen- seite. Letzteres tritt besonders dann ein, wenn das Markstrahlengewebe zwischen den einzelnen Bündeln keine verstärkte Ausbildung erfährt und relativ dünnwandig bleibt. Die Biegungsfestigkeit beruht alsdann auf der Combination der inneren und äusseren Bastbelege zu Trägern. Bei mächtig verstärkten Wandungen des Markstrahlengewebes wird durch diese Markstrahlenpartien der tangentiale Verband mit den Bast- 1) Beiträge zur Kenntniss des mechanischen Gewebesystems, Fig. 4, Tafel I. (Monatsb. d. kgl. Acad. d. Wiss. zu Berlin, Jan. 1881). 2) Diese Untersuchung wurde im botan. Institute der kgl. Universität zu Berlin gemacht. Dem Leiter desselben, Herrn Prof. Dr. Schwendener, schulde ich für das freundliche Entgegenkommen während meines Berliner Aufenthaltes in jeder Beziehung vielen Dank. Ebenso danke ich Herrn Prof. Dr. Eichler für die Liberalität, mit der mir die Benutzung des kgl. Herbars gestattet wurde. Der abnorme Stengelbau der Centaureen etc. 123 belegen an der Phloömseite erzielt und der Biegungsfestigkeit durch Anordnung der mechanisch wirksamen Elemente ın der Form eines in sich geschlossenen Cylinders Genüge geleistet. Das Rindengewebe differenzirt sich in drei Theile: in subepider- male Collenchymrippen, in assimilirendes subepidermales Parenchym zwischen den Collenchymrippen und in ein dünnwandiges, chlorophylil- freies Parenchym unterhalb des Assimilationsgewebes und der Üollen- chymrippen, welches sich dem normalen Bündelring anlagert. In die- sem Parenchym liegen die Rindenbündel und zwar entweder rings von den Zellen desselben umgeben oder, wie meist, angelehnt an die Bast- belege der Gefässbündel des typischen Bündelkreises oder an die aus starkwandigen Zellen bestehenden Markstrahlenpartien. Fig. 1 (Taf. V) zeigt den halben Stengelquerschnitt einer so gebauten Üentaurea. Fragen wir nun, ob für das Auftreten dieses rindenläufigen Bün- delsystems eine physiologische Ursache geltend gemacht werden kann, so lassen die Ergebnisse der Untersuchung eine bejahende Antwort zu und wir können sagen: Das rindenständige Bündelsystem ist eine Folge der reichlichen Entwicklung von Assimilations- gewebe im Stengel. Es ist einleuchtend, dass ein peripherisches System von leitenden Strängen einerseits zur Wasserversorgung für das peripherische Assi- milationsgewebe, andererseits zur Ableitung der in demselben geschaffe- nen plastischen Stoffe dienen und somit der Pflanze von wesentlichem Vortheil sein muss. Folgende Thatsachen begründen diese Auffassung. Lassen wir von 38 Öentaurca-Arten, deren Stengeltheile untersucht wurden, 4 Arten ob ihrer complicirteren Bauverhältnisse vorläufig bei Seite, so zeigen von den übrigen 34 Arten 28 rindenläufige Bündel. Es sind dies: . macrocephala Muss. . virgata Oav. . Musarum. C. Achava. C. napifolia L. C. aggregata F. etM. ©. pallescens Delil. C. amervica Nutt. C. ramosissima Tausch. C. argentea L. C. salicifolia Bbrst. C. argyrophylla Steud. C. scoparia Sieber. C. Behen L. C. senegalensis Dec. C. capillata L. C. solstitialis L. C. cheiracantha Fenzl. C. sphaerocephala L. C. Cyanus L. C. spinosa L. C. gymnocarpa. C. squarrosa Willd. ©. intricata. ©. uliginosa Brot. C. Jacea L. C. Verutum L. C C C 124 E. Heinricher: Alle diese Arten besitzen ein mehr oder minder entwickeltes Assi- nıllationsgewebe zwischen den Üollenchymrippen des Stengels, ja bei 16 von den angeführten 28 kommt es zur Ausbildung von Pallisaden. Diese werden bei den sparrigen Formen wie Ü. aggregata, C. scoparia, C. squarrosn, ©. virgata in drei wohl entwickelten Lagen ausgebildet, so dass im Stengel ein Assimilationssystem geschaffen wird, welches in seiner Leistungsfähigkeit bereits jenes der Blätter übertrifft. Denn Hand in Hand mit der mächtigeren Ausbildung des Assimilationssystems im Stengel dieser Formen geht die Verminderung der Grösse ihrer Blätter. C. Scoparia (caule suffruticoso ramosissimo, Jolis radical-K- neari oblongis dentatıs, cuulinis linearibus integerrimis, summis minimis) bietet in der That schon den Eindruck einer Spartiumform, und ebenso herrschen bei den anderen genannten Arten linealische kleine Blät- ter vor. Betrachten wir dem gegenüber die 6 Arten ohne rindenläufige Bündel (C. arguta Nees., C. Fischeri Willd., C. hyssopifolia Vahl., ©. glo- merata Vahl., C. phyllocephala Boiss. und C. pulchella Ledeb.), so be- sitzen von diesen nur die drei ersten Assimilationsgewebe im Stengel; bei keiner aber kommt es zu einer starken Ausbildung desselben, Pallisaden fehlen allen dreien. Bei C. arguta ist das Assimilationsgewebe relativ noch am stärk- sten ausgebildet und fällt das Fehlen der Rindenbündel etwas auf. C. Fischeri hat an den unteren Stengeltheilen kein eigentliches Assimi- lationsgewebe, es treten nur in collenchymatischen Parenchymzellen spärlich Clorophylikörner auf; in den oberen Stengeltheilen verlieren die Chlorophyli führenden Zeilen den collenchymatischen Üharakter, der Chlorophyligehalt derselben nimmt zu. Immerhin kann das Assi- milationsgewebe des Stengels quantitativ bedeutend genannt werden; wird doch dafür in den grossen und ziemlich dicht stehenden Blättern ein ausgiebiger Assimilationsapparat geschaffen. C. hyssopifolia hat zwar linealische Blättchen, sie stehen jedoch gedrängt, und die Stengel- internodien werden nur etwa 3 nım lang. Dazu kommt die geringe Stengeldicke (der Durchmesser dürfte kaum über 14 mm erreichen), bei welcher rindenständige Bündel überflüssig sein mögen. Von den drei Centaureen ohne Assimilationsgewebe und ohne rin- denständige Bündel ist C. glomerata eine acaule bis subacaule Form, bei welcher der Mangel von Assimilationsgewebe in dem kurzen Sten- gelchen, das ganz allmählig in die Wurzel übergeht, erklärlich ist. Die Blätter entwickelt die Pflanze rosettenartig dicht unter dem Blüthen- kopf. Am klarsten tritt die Abhängigkeit der Ausbildung rindenläufiger Bündel vom Vorhandensein eines Assimilationsgewebes im Stengel bei C. pulchella u. C. phyllocephala zu Tage. Es sind dies bis fusshohe Formen mit dünnen Stengeln, an denen jedes Assimilationsgewebe fehlt. Der abnorme Stengelbau der Centaureen etc. 125 Dies prägt sich schon äusserlich durch das bleiche Weissgelb der Stammtheile aus, denn die Internodien sind bei beiden Arten von ganz beträchtlicher Ausdehnung. Diese beiden Arten bilden die Hauptstütze unserer, für das Auftreten der rindenläufigen Bündel gegebenen Deu- tung. — Die Existenz einiger Arten, welche trotz des Besitzes von Assimilationsgewebe im Stengel der rindenläufigen Bündel entbehren, ist nichts Auffälliges, umsoweniger, da in diesen Fällen das Assimi- lationsgewebe keine hervortretende Ausbildung zeigt. Finden sich doch andere Compositen (geschweige Dicotylen) genug, die Assimilations- gewebe im Stengel führen und doch auch keine rindenläufigen Bündel besitzen. Es ist dies eben eine erworbene, nützliche Eigenthümlichkeit der Oentaureen; einzelne Arten haben sie entweder noch nicht erlangt, oder ihre Lebensverhältnisse wirken auf eine derartige Anpassung über- haupt nicht hin. Die gegebene Deutung wird aber auch durch die Verhältnisse, welche bei drei Oentaureen auftreten, die wir unter den Arten mit rindenständigen Bündeln anführten, gestützt. C. argeniea, C. argyro- phylla u. ©. gymnocarpa, denen sich sicherlich noch andere anschliessen, bilden nämlich zweierlei Sprosse, die sich anatomisch verschieden ver- halten. Ich hatte diese drei Arten in Exemplaren, die im Kalthaus überwinterten, lebend zur Verfügung. Diese überwinternden Sprossen (an den vorgelegenen Pflanzen waren sie bis 1 Fuss hoch und mehr- fach verzweigt) haben sehr gedrängte Internodien und die grossen, fil- zigen Blätter sitzen mit scheidenartig verbreitertem Blattstiel auf. Ein ausgesprochenes Assimilationsgewebe fehlt an ihnen, nur hie und da finden sich Nester von Zellen, die etwas Chlorophyll führen, Dem ent- sprechend sind in ihnen auch keine Rindenbündel mehr vorhanden. Die Inflorescenzsprosse, (sie mögen entweder Seitentriebe der gestauch- ten Hauptsprosse sein oder vielleicht auch durch geändertes Wachs- thum dieser selbst hervorgehen) von diesen Centaureen standen mir in Herbarienexemplaren zu Gebote. Sie zeigen wenige und durch lange Internodien getrennte Blätter und bilden, nach oben zunehmend, Assimilationsgewebe aus. In ihnen fehlen aber auch die rindenläufigen Bündel nicht. Die Beziehung zwischen Assimilationsgewebe und rin- denläufigen Bündeln spricht sich hier deutlich aus. Die rindenläufigen Bündel der Centaureen zeigen indess sehr häufig noch eine besondere Eigenthümlichkeit in der Lagerung ihrer Theile, des Phloöms und Xylems; letzteres sieht gegen den Stengelumfang, ersteres nach dem Centrum. (Fig. 1 u. 3.) Diese „verkehrte“ Lagerung von Phloöm und Xylem lässt sich ebenfalls physiologisch begründen: sie ist der Ausdruck für das Schutzbedürfniss des zartwandigen Phlo&ms. Die extremen Formen lehren dies; denn die verkehrte Lagerung wird dort zur Regel, wo durch sie dem Phlo&m in der That ein be- 126 | E. Heinricher: deutender Schutz erwächst. So ist es bei Formen, wo das Assimila- tionssystem des Stengels ziemlich tief ins Rindengewebe hineinreicht und wo desshalb die Rindenbündel nicht zu weit an die Peripherie vor- zutreten brauchen, um ihren Zweck zu erfüllen; wo ferner die Stengel einen festen Bau zeigen, so dass nicht nur mächtige Bastbelege an der Phlo&mseite der normalen Bündel liegen, sondern auch das Markstrahlen- gewebe zwischen den Bündeln dickwandig wird, ja oft aus Zellen be- steht, die auf den Querschnitt kaum von jenen der Bastbelege zu unter- scheiden sind. Bei so gebauten Arten lehnt sich das Phlo&m an die festen Gewebetheile an oder wird auch förmlich in sie versenkt. Das Extrem nach der anderen Richtung repräsentirt ©. senegalensis, eine Pflanze, von der wir, ihrem Bau nach, annehmen dürfen, dass sie Standorte inne hat, an denen kein bedeutender Feuchtigkeitsmangel ein- tritt. Hier ist das Assimilationssystem vom normalen Bündelring noch durch eine mächtige Lage farblosen Rindenparenchyms geschieden und es fehlt ein aus hervortretend dickwandigeren Zellen bestehendes Mark- strahlengewebe zwischen den einzelnen Bündeln. Wir finden desshalb auch bei (©. senegalensis die Rindenbündel unmittelbar unter dem Assi- milationssystem und, da sie sich an keine derbwandigen Elemente an- lehnen können, sind ihre Phloöm- und Xylemtheile fast durchgehend normal gelagert; die grösseren Bündel aber bilden eine schützende Lage von Bastzellen an der Aussenseite des Phlo&ms (Fig. 2.). Bei zwischenliegenden Formen ist die Orientirung von Phlo&m und Xylem der Rindenbündel eine mehr schwankende; bald ist Umkehrung vorhanden und das Phloöm festeren Gewebetbeilen angelehnt, bald liegt das ganze Bündel in solchen versenkt, wobei aber die beiden Theile tangential nebeneinander oder auch wohl in normaler Lage sich be- finden. Auch frei im Rindenparenchym liegende Bündel zeigen die Einwärtskehrung des Phloöms, denn es mag ja auch dadurch schon eine günstigere Lage für dasselbe erreicht werden, in der es durch Spannungsverschiedenheiten in den angrenzenden Zellen weniger beein- flusst wird, als wenn es nach aussen läge. Zu erwähnen wäre auch, dass die rindenläufigen Bündel öfter bloss aus Xylemelementen bestehen. In Fig. 3 bilden sechs, in Fig. 4 sogar nur zwei nebeneinander laufende Grefässe ein sol- ches Bündelchen. Bei der geringen Grösse der meisten Bündel sind Phlo&m und Xylem nicht immer leicht zu unterscheiden, doch scheint es, als ob reine Xylembündel ziemlich häufig wären. Dies mag ein Hinweis auf einen grösseren Wasserbedarf sein, denn, abgesehen von den Bedürfnissen des peripheren Assimilations- systems an sich, wird ein solches auch dadurch erklärlich, dass die Centaureen zum grössten Theil Bewohner von Florengebieten und Stand- orten sind, die wenigstens zeitweiliger Trockenheit und meist starker Besonnung ausgesetzt sind. Sie gehören ganz vorwiegend der Medi- Der abnorme Stengelbau der Üentaureen etc. 127 terran- und Steppenflora an und wie ich s, Z. des Weiteren zu erörtern haben werde, spricht sich das bezüglich des Standortes gesagte auch darin aus, dass die meisten centrisch gebaute Blätter besitzen — wo- mit wohl Vertikalstellung derselben verbunden sein wird. Diese Eigen- art kommt schon bei einer Anzahl unserer einheimischen Üentaureen zum Ausdruck. Ueber die Herkunft der rindenläufigen Bündel vermag ich noch nicht mit völliger Bestimmtheit zu entscheiden, denn zu meinen dies- bezüglichen Untersuchungen hatte ich nur halb erfrorene Sprosse von C. salicifolia zur Verfügung. Die mit diesem ungünstigen Material er- zielten Ergebnisse machen es wahrscheinlich, dass die Rindenbündel stammeigene Stränge sind. Darin würden sie sich von allen Pflanzen mit rindenständigen Bündeln, welche De Bary aufzählt, unterscheiden.) Für einen stammeigenen Ursprung sprechen indess einigermassen zwei Momente: 1. Die Umkehrung des Phloöms und Xylems in diesen Bün- deln, während die Blattbündel immer normale Örientirung zeigen, 2. Jene Üentaureen, wie (. argentea etc., bei denen die mit grossen Blättern, aber gestauchten Internodien versehenen Stengel keine rinden- läufigen Bündel haben, während sie in den Inflorescenzsprossen, die wenig Blätter haben, vorhanden sind. Die Anlage der Rindenbündel findet bei C. salicifoia nahe dem Vegetationspunkte statt, jedoch etwas später als die des typischen Bündelringes. Zur Zeit, da hier in den stärkeren Oambiumbündeln die ersten Gefässe sich differenziren, beginnt die Anlage der Rindenbündel, indem einige oder auch eine Protenparenchymzelle Theilungen eingeht, die zunächst zur Bildung eines cambialen Stranges führen. Ausser den bisher besprochenen, eigenartigen Bauverhältnissen der Stengel, die der Mehrzahl der Uentaureen zukommen, finden sich bei anderen noch complicirtere Abweichungen von der typischen Bündel- anordnung der Dicotylen. Theilweise lassen sich diese mit den bisher besprochenen in Be- ziehung bringen, theilweise aber sind die Abweichungen weitergehende. Sie mögen hier im Anschluss kurz erwähnt werden, obwohl sich für dieselben eine physiologische Deutung nur in der allgemeinsten Weise geben lässt. Schon einzelne Formen, die in ihrem Stengelbau dem besprochenen Typus (Fig. 1 also etwa) folgen, zeigen eine wesentlich abweichende Bündelanordnung in dem etwas verbreiterten Stengeltheil unter dem Blüthenkorb. Hier finden sich zwei Kreise grosser Bündel, die ihre Sieb- und Holztheile normal orientirt haben. Im äusseren Kreise kommen 1) Hingegen sind die Rindenbündel im Schafte von Armeria offenbar stammeigene und für ihr Auftreten wird auch das gleiche physiologische Moment gelten, wie bei den Centaureen. Die starke Entwicklung von Assimilationsgewebe im Schafte be- dingt es. 18 E. Heinricher: noch vereinzelte kleine Bündel dazu; diese zeigen in der Lagerung von Phlo&m und Xylem keine Regelmässigkeit, sie entsprechen wohl den rindenläufigen Bündeln der übrigen Stengeltheile. Aehnliche Verhältnisse herrschen bei den Riesen unter den Öen- taureen, wie bei C. regia Boiss., C. gigantea, C. alata. Bei letzterer finden wir sie in extremer Weise; Fig. 6 vermag dies zu veranschau- lichen. Wieder sind es zwei Kreise grosser Bündel, von denen die des inneren dicht gedrängt stehen. Phlo&m und Xylem sind bei diesen normal gelagert, hingegen kommt zwischen den ausseren grossen Bün- deln noch ein System kleiner vor, welche ihre Sieb- und Holztheile ganz wechselnd gestellt haben. Ich vermuthe, dass auch hier diese kleinen Bündel den rindenläufigen Bündeln, welche sich bei den zuerst besprochenen Uentaureen finden, entsprechen. Die grösseren Bündel des äusseren Kreises aber sind vielleicht Blattspurstränge, die entweder stets oder doch eine bestimmte Strecke hindurch rindenläufig waren. Da ich über lebendes Material von diesen Centaureen wohl kaum werde verfügen können, muss die exakte Beantwortung dieser Frage offen bleiben. Aber nicht nur Riesen der Gattung Centaurea, sondern auch ein Zwerg derselben besitzt ein so reiches Leitungssystem. Bei C. acaulis L., einer subacaulen Form, die nach Bildung der mehr oder minder in eine Rosette zusammengedrängten Blätter auf einem, etwa 24—26 mm langen Schafte ihren Blüthenkorb emporhebt, finden wir zwar erklärlicher Weise kein Assimilationsgewebe am Stengel, doch ein reiches in seiner Vertheilung an Monocotylen erinnerndes Bündelsystem (Fig. 7.). Die Bündel lassen sich nicht in ausgesprochene Kreise gruppiren; stellen- weise scheinen sie in zwei, stellenweise in drei Kreisen angeordnet zu sein. Die reiche Entwicklung des Gefässbündelsystems, wie sie bei eini- gen Arten lokal unter dem Blüthenkopf auftritt, bei anderen die ge- sammten Stengeltheile beherrscht, deutet jedenfalls auf ein in hohem Grade gesteigertes Leitungsbedürfniss hin. Es leuchtet wohl ein, dass an der localen Strecke unter dem Blüthenkorbe ein solches sich ein- stellt, indem eine grosse, auf engem Raum concentrirte Bildungsstätte geschaffen ist, für welche vergrösserte Leitungsbahnen, wo nicht absolut nöthig, doch jedenfalls förderlich sind. Wohl wesentlich unter den- selben Gesichtspunkt fällt der Bau, den das kurze Stengelchen von C. acaulis zeigt. Andererseits ist der Vortheil, den ein alle Stengeltheile beherrschen- des, reiches Bündelsystem bei den riesigen vorher angeführten Formen der Pflanze gewährt, nicht minder leicht einzusehen, besonders wenn man die Vegetationsverhältnisse der betreffenden Arten berücksichtigt. Eine vollkommenere Darlegung würde uns jedoch hier zu weit führen. Der abnorme Stengelbau der Centaureen etc. 129 Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Figuren sind mit der Camera lucida entworfen. Die in Klammern beigefügten Zahlen geben die Vergrösserung an. Die gelben Partien bezeichnen mechanisch wirksame Elemente, als: Collenchym (die peripherischen Rippen), Bastbelege und starkwandiges Markstrahlenparenchym (Fig. 3 und 4). Die schütter schraffirten Theile bezeichnen Assimilationsgewebe, die dicht schraffirten Xylem. Fig. 1. Ein als Schema für den Bau der meisten Centaureen giltiger, halber Sten- gelquerschnitt von C. aggregata. Die Punktlinien zwischen den Bündeln des typischen Kreises geben die Umgrenzung des starkwandigen Mark- strahlenparenchyms. (90). „ 2. Theil des Stengelquerschnittes von CO. senegalensis. Die innere Grenzlinie bezeichnet die Begrenzung der Markhöhlung, eine solche findet sich bei den Oentaureen nur selten (90). „ 8. Ein rindenläufiges Bündel von C. spinosa am Querschnitte; es zeigt die Umkehrung der typischen Lagerung von Xylem und Phloöm. p (Palli- saden), au (aussen), i (innen) (400). 4 und 5. Blos aus Gefässen bestehende Rindenbündel von C. squarrosa und C. spinosa (400, 310). „ 6. Theil des Stengelquerschnittes von ©. alata. Vgl. Text p. 128 (30). 7. Der Stengelquerschnitt von C. acaulis. Vgl. Text p. 128 (30). » 15. P. Magnus: Das Auftreten von Aphanizomenon flos aquae (L.) Ralfs im Eise bei Berlin. Eingegangen am 20. März 1883. Herr Mudrack hat “vom Berliner Magistrat den Eisertrag des Reinickendorfer Sees bei Berlin gepachtet. Im Januar 1883 ging eine Beschwerde von ihm ein, dass das dort gewonnene Eis in beträchtlicher Dicke grün sei und von den Brauereien wegen seines Geruches nicht gebraucht werden könne. Ich wurde vom Magistrat aufgefordert, das Eis zu untersuchen. Es zeigte sich aussen in der Dicke von 5 cm vollständig durchsetzt von den Bündeln einer blaugrünen Alge, die zu der Gattung Aphanizomenon Morr. (Limnochlode Kg.) gehört. Das ganze Eis war 13 cm dick; es zeigte sich unter den fünf von Aphanizomenon dicht durchsetzten Centimetern meist klar und führte nur hier und da grössere oder kleinere solche grünen von der Alge gebildeten Flecke. Die Alge bestand aus Bündeln parallel gerichteter, dicht bei ein- ander liegender Fäden, deren Gliederzellen isodiametrisch, seltener 9 D. Botan.Ges.1 130 | P. Magnus: etwas länger als breit sind. Der Inhalt zeigt sich selten homogen blau- grün, tritt vielmehr meist in Form blaugrüner Körner auf. Dieses Zer- fallen des blaugrünen Inhalts in blaugrün gefärbte Körnchen bis band- oder schlauchförmige Parthieen ist bei den Phycochromaceen sehr häufig, und beschreiben den körnigen Inhalt der Zellen speciell alle Beobachter von Aphanizomenon, wie z.B. Morren, Allmann und Ralfs. Ich bin geneigt, diese körnige Beschaffenheit des blaugrün gefärbten In- halts schon für einen pathologischen Zustand zu halten. Wenigstens habe ich diese körnige Beschaffenheit des Inhalts bei meinen Öulturen von Polycystis aöruginosa an den abgestorbenen Colonien immer sehr schön beobachtet. Doch traf ich häufig auch an in Wasser cultivirtem Nostoc den Inhalt in Form blaugrüner Körner, ohne hier behaupten zu können, dass die Nostoc-Colonien abgestorben oder auch nur lei- dend wären. Die Fäden des Aphanizomenon zeigten weder Heterocysten noch Sporen. Wenn ich sie trotzdem als Aphamzomenon bestimme, so ist dafür die vollkommene Uebereinstimmung der Fäden und ihrer Gliederzellen mit den Fäden des Aphanizomenon flos aquae, wie ich es mit Sporen und Heterocystenbildung 1871 im Kurischen Haff beobachtet hatte und wie es von allen Autoren beschrieben und abgebildet wird, massgebend. Ch. Morren beschreibt in seiner Arbeit: Recherches physiologiques sur les hydrophytes de la Belgique. Ier Me- moire. Histoire d’un nouveau genre des Üonfervees, nomme Aphani- zomene. Brüssel 1838 pg. 8, dass die jungen Fäden einförmig aus gleichen Zellen gebildet sind. Er sagt 1. c. „Les filets cenfervoides ont plusieurs äges. Jeunes, ils sont formes d’articles qui sont une fois plus longs que larges. A. cette epoque ils renferment des corpuscules globulinaires ou spheroides tres-petits et nombreux, d’un vert glauque. Alors les filets sont uniformes sur toute leur etendue; la cellule ter- minale est quelquefois entierement incolore.* Diese farblose Endzelle ist keineswegs ein Heterocyst, wie die dazu citirte Fig. 6 zeigt und auch die als ältere Fäden gezeichneten Fig. 7 und Fig. 8 zeigen keine Spur von Heterocysten. Diese treten nach Morren, der sie auch beob- achtet hat und wohl unterscheidet, wie es scheint, erst später auf. Nachdem er die mit dem Alter der Fäden eintretende Verlängerung der Glieder; deren dann leicht erfolgende Trennung von einander und deren Inhaltsveränderungen beschrieben hat, sagte er: Il arrive enfin, qu’on apergoit sur les filets de l’aphanizomene des articles tout-a-fait differents des autres; ce sont les cellules ovoides, ayant un tiers de plus en longueur, que les cellules ordinaires, et un diametre transversal plus grand. A chaque pöle il y a un corpuscule colore, globulinaire. Dans cet tat, les cellules ordinaires ont encore chacune un grand nombre de globulines interieures. Une seule lamelle semi-lunaire ou fusiforme (Bündel von Fäden) Das Auftreten von Aphanizomenon flos aquae (L.) Ralfs etc. 131 peut presenter (et ce cas est le plus commun) toutes ces differentes conditions d’organisation dans les filets.“ An den von mir untersuchten zahlreichen Fadenbündeln aus dem Eise fehlten die Heterocysten gänzlich. Nie konnte ich solche trotz des eifrigsten Suchens danach auffinden, und ebenso fehlte auch jede Sporenbildung. Ich vermuthe, dass das Fehlen der Heterocysten in der Jugend der Fadenbündel begründet sei, wofür auch die relative Kurzgliedrigkeit der Fäden (Glied 1—2mal so lang als breit) spricht. Dass in der That bei Aphanizomenon die Heterocysten oft fehlen oder sehr selten sind, beweist die Beschreibung von Aphanizomenon, die der so genaue Beobachter J. Ralfs giebt in seinem schönen Aufsatze „On the Nostochineae“ in The Annals and Magazine of natural History. Second Series Vol. V. 1850 pg. 321—343. Er sagt dort pg. 339 in der Gattungsbeschreibung von Aphanizomenon: „vesicular cells none“ und fügt pg. 340 express binzu: „It differs from all the other genera in the Nostochineae by the absence of vesicular cells and by its ob- soletely articulated filament.* Und doch hat er von den drei von ihm unterschiedenen Arten wenigstens die eine, sein Aphanizomenon cyaneum (= Limnochlode flos aquae P hercynica Kg.) lebend in Sporenbildung beobachtet. Von den anderen Gattungen beschreibt er dagegen die Heterocysten und bildet sie gut ab. Das Auftreten dieser Wasserblüthe bei Berlin überraschte mich sehr. So oft ich bisher bei Berlin Wasserblüthen beobachtete, waren sie stets nur von Polyeystis (Pol. aöruginosa, Clathrocystis aeruginosa und Polyc. prasina) und Anabaena flos aquae gebildet und ebenso hatte der eifrige Algensammler Herr P. Hennigs, auch nur diese Wasser- blüthen in den Gewässern der Umgegend Berlins beobachtet. So wurde in den Seen des Grunewalds eine aus Clathrocystis und Anabaena ge- mengte Wasserblüthe vom Juni bis November beobachtet. Ebenso in der Spree von Stralau bis zum Eierhäuschen!), ebenso in Weissensee und in der Panke. Im Müggelsee trat im August 1879 eine ausschliess- lich aus Polycystis aeruginosa gebildete Wasserblüthe auf, ebenso im Wilmersdorfer See u.s. w. Nie wurde Aphanizomenon flos aquae als Wasserblüthe angetroffen. Um so auffallender war ihr Auftreten im Reinickendorter See. Vergleicht man die Orte, wo diese Wasserblüthe beobachtet wurde, so sind es oft kalte Gewässer. So beobochtete sie z. B. Allman (Quarterly Journal of microscopical Science Vol. IH. London 1855. 1) Nachträgl. Anm. Erst in einer von der Südwestecke des Rummelsburger Sees am 20. August 1882 von Herrn Hennings aufgenommenen Wasserblüthe, die zum bei weitem grössten Theile aus Polycystis bestand, fand ich wenige Bündel von Aphanizomenon flos aguae ebenfalls ohne Heterocysten. Auch Ehrenberg erwähnt (in Poggend, Annal. XVIII, 1830), dass er die von ihm Trichodesmium flos aquae ge- nannte Alge das ganze Wasser erfüllend und grünlich färbend öfter bei Leipzig und ‚Berlin beobachtet habe. 132 P. Magnus: Das Auftreten von Aphanizomenon flos aquae (L.) Ralfs ete. pg. 22) in dem zweiten Teiche des zoologischen Gartens von Dublin, Fr. Ad. Römer (Die Algen Deutschlands mit 11 Tafeln, Hannover 1845 pg. 47) beobachtete sie häufig auf Teichen bei Olausthal und be- merkt dazu, dass sie bis zum Eintritt der Nachtfröste bleibt. Ich selbst traf sie im Juli 1871 reichlich an ın der Ostsee vor Sandhammern, im Kurischen Haff und ım Frischen Haff, in welchen beiden letzteren sie zugleich mit Anabaena weithin das Wasser trübte, während hingegen im Schlossteiche in Königsberg ı. Pr. die alljährlich dort auftretende Wasserblüthe aus reiner Polycystis aeruginosa gebildet sich zeigte (S. Die Expedition zur physikalisch-chemischen und biologischen Untersuchung der Ostsee im Sommer 1871 auf S.M. Avisodampfer Pommerania. Be- richt an das kgl. preuss. Ministerium für die landwirthschaftlichen An- gelegenheiten p. 81). Im letzteren Falle zeigte es sich recht deutlich, dass Aphanizomenon oder Limnochlode (wie ich sie dort nannte) nur in dem kälteren Wasser der Ostsee und der Haffe auftrat. Ich glaube daher, dass das massenhafte Auftreten des Aphanızo- menon im Reinickendorfer See von der kalten Jahreszeit dieses relativ so milden Winters sehr begünstigt war. Merkwürdig ist, dass ein ein paar Fuss höher gelegener See des Herrn Mudrack, der einen Abfluss nach dem Reinickendorfer See hat, gänzlich frei von Aphanizomenon geblieben ist und das klarste Eis lieferte. Herr Mudrack, behauptet, dass seit der Reihe von Jahren, dass er und sein Vater die Eisnutzung des Reinickendorfer Sees ge- miethet haben, noch nie sich grünes Eis gebildet hätte, d. h. diese Alge im Eise aufgetreten wäre. Er schiebt ihr Auftreten darauf, dass der Fischpächter den Abfluss des Reinickendorfer Sees nach dem Tegeler See durch eine Holzwand versperrt hatte, um das Auswandern der Fische in den Tegeler See zu hindern. Er meint, dass, wenn das Wasser des Reinickendorfer Sees ungehinderten Abfluss gehabt hatte, die Alge auch mit abgeflossen wäre. Auch behauptet er, dass nachdem die Holz- wand niedergerissen worden sei, das Wasser des Reinickendorfer Sees um 8 Fuss gesunken, und die Alge in erheblich geringerer Menge nun nur zurückgeblieben sei. Ob das Auftreten dieser Wasserblüthe wirk- lich mit dem gehinderten Wasserabflusse zusammenhängt, vermag ich noch nicht zu beurtheilen. Die Bündel des Aphanizomenon waren in den oberen fünf Centi- metern des Eises senkrecht zu dessen Oberfläche gestellt. Es möchte das von den im gefrierenden Wasser senkrecht aufsteigenden Luftblasen von denen sich das Eis dicht durchsetzt zeigte, herrühren. In den Culturen lösten sich die Bündel bald in ihre einzelnen Elemente auf und bildeten eine verworrene Fadenmenge, deren einzelne Fäden mit ihrer Längsachse der Oberfläche des Wassers parallel lagen und auf der- selben schwammen. 16. E. Pfitzer: Zur Morphologie und Anatomie der Monokotylen-ähnlichen Eryngien. (Vorläufige Mittheilung.) Eingegangen am 22. März 1883. Im Heidelberger botanischen Institut hat Herr Martin Möbius im vergangenen Wintersemester einige im Habitus den Monokotylen gleichende, von Herrn Dr. Urban gütigst bestimmte, Arten von Eryn- gium (E. aquaticum L., [E. yuccifolium Mehx.], E. Decaisneanum Urb., E. vaniculatum Cav., E. Lassauxii Dec.) näher untersucht und folgende Ergebnisse erhalten. Die genannten Pflanzen stimmen auch im Gesammtaufbau des jungen Stamms mit den typischen Monokotylen insofern überein, als ihre Hauptwurzel früh abstirbt, während der aus schmaler Basis nach oben kegelförmig sich verbreiternde Stamm durch zuerst schwache, dann mit fortschreitender Entwicklung immer stärkere, schräg abwärts gerichtete Adventivwurzeln in seiner aufrechten Lage erhalten wird. Nennenswerthe Verdickung durch Cambialthätigkeit zeigen diese Wurzeln nicht. Die Blätter lassen sich nicht als blosse Blattscheiden auffassen, deren Lamina nicht entwickelt ist, vielmehr sind sie deutlich in Scheide und Spreite differenzirt, welche ausser im anatomischen Bau sich auch dadurch unterscheiden, dass der ersteren die randständigen Stachel- zähne der Blattspreite fehlen. Diese letzteren, welche einzeln oder zu zweien und dreien am Spreitenrande auftreten und stets Gefäss- bündel in sich aufnehmen, sind nach ihrem ganzen anatomischen Bau- als rudimentäre Fiederlappen der Spreite zu betrachten. Die Blätter sind nicht nur parallelrippig, sondern es entsprechen auch, wie bei so vielen Monokotyledonen, den Rippen längs verlaufende senkrechte Gewebeplatten, welche durch schizogene Gewebelücken von einander getrennt werden. Kurze Querplatten, durch welche die längs verlaufenden Gefässbündel mit einander anastomosiren, durchsetzen in kurzen Zwischenräumen diese Lücken, wie dies ja auch bei monokotylen Blättern gewöhnlich geschieht. Im einfachsten Falle (E. aquaticum) ist in jeder longitudinalen Gewebeplatte nur ein normal orientirtes Gefässbündel vorhanden; meistens finden wir aber ein stärkeres unteres und ein erheblich später entstehendes schwächeres oberes Bündel, welches letztere auffallender Weise den Basttheil nach oben, den Holz- theil nach unten kehrt, so dass die Xyleme beider Bündel einander 134 | E. Pfitzer: zugewandt sind. Bei besonders kräftigen Blättern von E. Decaisneanum und E. Lassauxü tritt zwischen den beiden Bündeln noch ein viel kleineres drittes in schiefer Lage auf, an dessen Stelle bei schwächeren Blättern bisweilen ein kleiner Skerenchymstrang erscheint. Das Grundgewebe des Blattes besteht zum grössten Theil aus farblosem Parenchym — chlorophyllhaltiges Gewebe ist nur nahe der Oberfläche vorhanden. Dasselbe wird durch kräftige längs verlaufende Sklerenchymstränge in schmalere oder breitere Streifen gesondert. Diese Stränge kommen bald nur oberhalb und unterhalb der Gefäss- bündel vor, von welchen sie stets durch farbloses Parenchym getrennt bleiben, oder sie finden sich auch zahlreich in dem chlorophylihaltigen Gewebe vor, welches die lufterfüllten Lücken überspannt. Bei E. paniculatum zeigt die Blattoberseite das erstere, die Unterseite das letztere Verhalten. Die breiten Blattflächen zeigen entsprechend der schräg aufrechten Stellung der Blätter im Bau und in der Menge des grünen Assimilations- gewebes keine erheblichen Verschiedenheiten. Wohl aber sind solche vorhanden in der Vertheilung des einschichtigen, ziemlich stark ver- dickten Hypodermas, welches nur bei E. paniculatum auf beiden Blattseiten, sonst nur auf der unteren Fläche vorkommt. Im Grundgewebe der Blätter verlaufen zahlreiche Intercellulargänge, welche eine gummiartige Flüssigkeit mit vielen eingelagerten Oeltropfen enthalten. Solche Oelgänge sind namentlich stets in der Mitte des Zwischenraums zweier vertical über einander liegender Gefässbündel oder Sklerenchymstränge vorhanden, so dass in den längs gerichteten Gewebeplatten zwei bis vier Oelgänge vorkommen. Bei E. aquaticun und paniculatum sind dieselben auf diese Platten beschränkt — sonst finden wir sie auch in einfacher Reihe zwischen den übrigen Sklerenchym- strängen und den lufterfüllten Lücken. Die ÖOberhautzellen liegen in deutlichen Längsreihen: Spalt- öffnungen mit stets längs gerichteter Spalte fehlen nur über den Sklerenchymsträngen, nicht über dem Hypoderma, welches von den Athemhöhlen durchbrochen wird. Die Spaltöffnungen haben je zwei längs gerichtete Nebenzellen, welche durch nach innen concave Längs- wände von der Mutterzelle der Spaltöffnung abgeschnitten werden. Die Blattzähne wiederholen im Kleinen vollständig den anatomischen Bau der Blattspreite. Was die Blattscheide anbetrifft, so enthält dieselbe bei den einander dicht umschliessenden Blättern der grundständigen grossen Rosette kein Chlorophyll, bei den an der Blüthenstandsaxe befindlichen weit entfernten Hochblättern ist, soweit dies untersucht werden konnte, solcbes nur an der Scheidenunterseite vorhanden. Das Hypoderma der Blattscheide ist vielfach stärker entwickelt, als in der Spreite und von mehr collenchymatischer Beschaffenheit, dagegen fehlen die Sklerenchym- Zur Morphologie und Anatomie der Monokotylen ähnlichen Eryngien. 135 bündel bei den eigentlichen Laubblattscheiden ganz, bei denen der Hochblätter sind sie nur auf der Unterseite und schwächer ausgebildet. Es erklärt sich dieses Ausbleiben besonders fester Stränge an den Laubblattscheiden wohl dadurch, dass dieselben sich gegenseitig eng umschliessen und aufrecht erhalten, so dass die Scheiden einzeln keine besondere Biegungsfestigkeit zu besitzen brauchen. In der Vertheilung der Gefässbündel und Oelgänge stimmen Snreite und Scheide ziemlich überein, jedoch besitzt die letztere bei E. panriculatum in jeder senk- rechten Gewebeplatte nur ein normal orientirtes Gefässbündel, welchem sich erst weiter aufwärts in einer Queranastomose ein zweites anschliesst. Bei E. Decaisneanum und E. Lassauxii kommen in der Blattscheide zwischen normalen ganz durchgehenden Längsgewebeplatten auch halbe Platten vor, welche von der Unterseite her nur bis zur Blatt- mitte vordringen und ein Gefässbündel enthalten. Die Fortsetzung der Platte nach oben ist bei der Bildung der Gewebelücken mit zerstört worden. In der Spreite finden sich hier ähnliche Halbplatten, welche aber der Blattoberseite sich anfügen. Die Halbplatten beginnen und enden in einem der querverlaufenden Diaphragmen. Während somit der morphologische Aufbau und die Blattanatomie weit mehr mit dem monokotylen Typus übereinstimmt, als mit dem dikotylen, gelangt der letztere im Stamm fast rein zum Ausdruck. Alle Gefässbündel sind Blattspurstränge; sie verlaufen in einem ziemlich regelmässigen Cylindermantel, welcher das umfangreiche Mark von der breiten Rinde trennt, die beide von vielen unregelmässig anastomosirenden Oelgängen durchzogen werden. Eine bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit erinnert jedoch wieder an die Monokotylen, nämlich dass manche Bündel über.den Bündelring hinaus nach innen ins Mark einbiegen und dann, sich wieder auswärts wendend, weiter abwärts in den Ring eintreten. In Folge dessen erscheinen auch im Stammquerschnitt einzelne markständige Bündel in geringem Abstand von dem Ring. In diesem letzteren sind die Bündel theils zu mehreren durch ein nur kurze Zeit thätiges Cambium verbunden, theils werden sie durch Parenchymstreifen mit stark lufthaltigen Intercellularen von einander getrennt. Verdickte Holz- und Bastfaserzellen fehlen ganz. Während also die anatomische Beschaffenheit des kegelförmigen zuerst gebildeten Stammstücks und der sich ebenso verhaltenden später entstehenden dicken kriechenden Rhizome eine sehr wenig feste ist, ‚erhält die bis 2 m Höhe erreichende aufrechte Hauptaxe der Inflorescenz grosse Biegungsfestigkeit. Sie ist zwar in der Mitte der Internodien stets hohl, dafür entsprechen aber bei E. aquaticum ihren Kanten starke Sklerenchymstränge, ein sklerotisches Hypoderma’ liegt ausserdem ringsum unterhalb der Oberhaut; zwischen den Sklerenchymbündeln ist chloryphyliführendes Assimilationsgewebe eingeschaltet. Der Gefäss- bündelring ist stark und regelmässig eingebuchtet; vor jeder. Bucht nach is E. Pfitzer: aussen liegt ein Luftgang. Fast alle Bündel sind durch Interfascicular- cambium verbunden; nur die an den Spitzen des Sterns liegenden haben ein eigenes Cambium, welches mit dem der übrigen nicht zu- sammenhängt. Alle Bündel vereinigt nach innen eine dichte Masse sklerotischer Faserzellen, die theils aus dem Cambium, theils aus dem Grundgewebe hervorgehen. Die jedes Bündel nach aussen begrenzenden starken Faserzellgruppen sind theils isolirt, theils zusammenhängend. Der durchweg, auch in den Knoten hohle Blüthenschaft von E. Lassauxüi hat cinen ziemlich analogen Bau. Die mechanisch verstärkenden Gruppen unter der Oberhaut sind mehr collenchymatisch, ausserdem werden die in ziemlich grossen Abständen liegenden Gefäss- bündel nirgends durch interfasciculares Cambium verbunden, nur sklerenchymatisches Grundgewebe schliesst sie zu einem festen stark buchtigen Ring zusammen. Wenige einzelne Bündel liegen frei ım Mark. In den Ausbuchtungen des Ringes erscheinen dann im Querschnitt theils einzelne Bündel in normaler Stellung, theils Gruppen von 2 bis 7 Bündeln, welche eine kleine Menge Parenchym wie ein Mark um- schliessen und durch einen sklerotischen Ring verbunden sind. Sie wenden sämmtlich ihre Holztheile nach dem Mittelpunkt des Rings, beziehungsweise des umschlossenen falschen Markes. Noch stärker sind diese an die rindenständigen Holzkörper mancher kletternder Sapindaceen erinnernden Gebilde bei E. paniculatum ent- wickelt. Die sich der Epidermis anschliessenden Zelllagen sind hier nur mässig collenchymatisch verdickt, besondere sklerotische Stränge fehlen. Dafür ist die ganze luftganglose Rinde von zahlreichen einzelnen oder zu mehreren in der angegebenen Weise ringförmig vereinigten Bündeln durchzogen, deren jedes namentlich nach innen eine starke halbmondförmige Gruppe mechanisch wirksamer Zellen besitzt. Je nach dem Abstand der Bündel sind diese Fasergruppen sowohl in dem tiefbuchtigen Gefässbündelring, als bei den rindenständigen Bündeln theils in unmittelbarem Zusammenhang, theils werden sie durch schmale Streifen ziemlich dünnwandigen Parenchyms getrennt. Die rindenständigen Bündel sind übrigens auch hier Blattspur- stränge, welche nur zur Vergrösserung der Biegungsfestigkeit längere Zeit nahe der Aussenfläche des Schaftes sich hinziehen, schliesslich aber in den Bündelring eintreten. Die Adventivwurzeln zeigen unter einer breiten, in älteren Stadien von zahlreichen radial gestreckten Luftgängen durchzogenen Rinde und innerhalb einer deutlichen Schutzscheide ein je nach Stärke der Wurzel mit 2 bis 9 Gefäss- und Weichbastgruppen versehenes Gefässbündel mit umfangreichem perenchymatischem Oentralgewebe. An alten Wurzeln werden die Gefässgruppen durch schwache Cambialthätigkeit zu einem festen Ringe verbunden, welcher ausser sklerenchymatischen Zellen auch nachträglich gebildete weitere Gefässe enthält. Ausserhalb jeder A. Tschirch: Untersuchungen über das Chlorophyll. 137 ursprünglichen Gefässgruppe entsteht aus den Pericambium ein inter- cellularer Oelgang; dem entsprechend werden die Nebenwurzeln seitlich von den Gefässplatten der Wurzel gebildet — sie entstehen lediglich aus dem Pericambium, werden aber längere Zeit von der mitwachsenden Schutzscheide umschlossen. Im Vegetationspunkt der Wurzeln kann ein centraler Pleromkörper, ein gemeinsames Meristem für Epidermis und Rinde, sowie ein besonderes Öalyptrogen unterschieden werden. Die Untersuchung reifer Keimlinge von E. aguaticum ergab das Vor- handensein zweier Kotyledonen. 17. A. Tschirch: Untersuchungen über das Chlorophyll. (IIT.) Eingegangen am 23. März 1883. Es ist ein wesentliches Verdienst Pringsheim’s auf die feineren Strukturverhältnisse der Chlorophylikörner aufmerksam gemacht zu haben. Denn, wennschon Briosi!) einige Zeit früher bei den Chloro- phylikörnern verschiedener höherer Pflanzen, denen normal die Stärke im Chlorophylikorn fehlt, die Struktur des Gerüstes beschrieben und gezeigt hatte, dass wir in den Chlorophylikörnern dieser Pflanzen keine homogenen plasmatischen Gebilde, sondern sehr zart gebaute Schwamm- körper vor uns haben, so war es doch Pringsheim, der das all- gemeine Vorkommen der Schwammstruktur bei allen Chlorophyll- körpern hervorhob und seine Bedeutung für die Gaskondensationen in der Pflanze betonte?). Bei meinen Studien über die Hypochlorin- 1) Botan. Zeit. 1873. p. 545, Auch Rosanoff (Hofmeister, die Lehre von der Pflanzenzelle p. 369) sah ähnliches bei den Chlorophylikörnern von Bryopsis. 2) Ueber Lichtwirkung und Chlorophyllfunction in der Pflanze. Jahrb. f. wiss. Botan. XII p. 294 und 313. Taf. XIV u. XV. — Ich habe diese Struktur auch an den grünen scheibenförmigen, noch nicht zu Chlorophylikörnern gewordenen Plasmawolken in den äusseren Zellschichten ergrünen- der Kartoffeln und den grünen die Stärkekörner umgebenden Plasmahüllen bei den nämlichen Objekten beobachtet. Dass auch das Plasma selbst keine homogene Sub- stanz, sondern ein sehr fein organisirtes Gebilde ist, ist durch die neueren Unter- suchungen, besonders von Strasburger, (Zellbildung und Zelltheilung — Studien über das Protoplasma, Jena 1876). Cohn, (Beiträge zur Biologie der Pflanzen. 138 A. Tschirch: reaction!) konnte ich mich auf das bestimmteste von der Richtigkeit der Beobachtungen Pringsheim’s überzeugen, namentlich auch davon, dass eine ölartige Masse (das Lipochlor Pringsheim’s) das Plasma- gerüst durchtränkt. Es liegen, wie mir scheint, durchaus keine Gründe, weder optische noch chemische, vor, wie A. Meyer?) will, anzunehmen, dass in das Plasmagerüst Körnchen eingelagert seien, die sich erst nach Zusatz der Reagentien verflüssigten. Das Rohchlorophyll (im Sinne Wiesner’s?)) durchtränkt, in Oel gelöst, das völlig farblose Plasmagerüst, dessen Schwammstruktur sich nicht nur auf die ober- flächlichen Schichten zu beschränken scheint, sondern die sich durch das ganze Korn, mit Ausnahme der äussersten Schicht, die ich als Hyalo- plasmahaut des Kornes beschrieben habe*), erstreckt. Diese Hyalo- plasmahaut umgiebt als homogene Masse das ganze Korn, und dient demselben als Schutz gegen die Einwirkung schädlicher, in Plasma oder Zellsaft gelöster Agentien, die bei der hohen Empfindlichkeit des Chlorophylis sonst störende Zersetzungen mit Sicherheit hervorbringen würden. Dass wir es in der That mit einem Oele und zwar mit einem solchen, dessen Dispersionsvermögen ein sehr erhebliches sein muss, zu thun haben, geht aus der spektroskopischen Prüfung ganzer Blätter wie einzelner Chlorophylikörner mit Sicherheit hervor. Bekanntlich zeigt das Spektrum dieser eine nicht unerhebliche Verschiebung aller Streifen gegen Roth. Wie Kunth?) gezeigt hat, ist aber die Lage der Streifen auch vom Dispersionsvermögen des Lösungsmittels abhängig und zwar rücken alle Streifen um so weiter gegen Roth je grösser das Disper- sionsvermögen des Lösungsmittels ist. Die Lage der Streifen ist beim Chlorophyll lebender Blätter etwa die gleiche wie die, welche man bei Lösungen von Chlorophyll in ätherischen Oelen beobachtet.®) Bd. II, p. 101 u.flgd.) Schmitz, (Sitzungsberichte der niederrhein. Ges. Juli 1880.) Tangl, (Das Protoplasma der Erbse. I. u. II. Abhandlung in Sitzungsberichte der kais. Acad. der Wissensch. in Wien 1877 und 1878.) Frommann, (Beobachtungen über Struktur und Bewegungserscheinungen des Protoplasma der Pflanzenzelle, Jena 1880) und andere sicher festgestellt. Dass diese Struktur für die Gaskonden- sation auch hier von grösster Wichtigkeit ist, leuchtet von vornherein ein — sie er- hält durch die von Reinke neuerdings erörterte Activirung des Sauerstoffs (botan. Zeit. 1883, No.5 und 6) erneute Bedeutung. Man denkt dabei unwillkürlich an Pla- tinschwamm und die Art wie dieser auf Gase zu wirken pflegt. 1) Untersuchungen über das Chlorophyll (I); das Hypochlorin. Sitzungsber. d. botan. Ver. d. Prov. Brandenburg XXIV, April 1882. — (II.) Beiträge zur Hypo- chlorinfrage. Abhandlungen des botanischen Vereins d. Prov. Brandenburg XXIV, 1882, p. 124. 2) Botan. Centralblatt. 1882, No. 48, p.3 des Separatabdruckes. 3) Flora 1874, p. 280. 4) Sitzungsber. d botan. Ver. d. Prov. Brand. April 1882. 5) Poggendorff’s Annalen 1874. Jubelband p. 615. 6) Das wir es im Chlorophylikorn mit einem Oele aus der Classe der äthe- rischen zu thun haben, geht schon aus der Leichtlöslichkeit desselben in kaltem Al- kohol hervor. Briosi meint es sei fettes Oel. Untersuchungen über das Chlorophyll. 139 Die Hyaloplasmahaut nun schützt das Chlorophylikorn sowohl gegen die Einwirkung der Pflanzensäuren des Zellsaftes, als gegen die Alkalien des Plasmas. Ebenso wie wir im Zellsaft fast stets eine saure, so nehmen wir im Plasma bekanntlich mit derselben Regelmässigkeit eine alkalische Reaktion wahr. Dass die Einwirkung beider vom Chlorophyllikorn fern gehalten wird, geht mit Sicherheit aus dem vergleichend spektral- analytischen Studium von lebenden Blättern und Lösungen, die theils unzersetzt, theils durch Säuren und Alkalien verändert waren, hervor. Die Einwirkung jedes dieser Reagentien manifestirt sich im Spectrum so charakteristisch, dass man wohl nicht fehlschliessen dürfte, wenn man die Behauptung aufstellt, dass die Reaktion im Chlorophylikorn im Allgemeinen eine neutrale sein muss. Durch Pringsheim’s Chlorophylihypothese, sowie durch die neueren Arbeiten Engelmann’s, welche die Ooincidenz von Absorp- tion und Assimilation so glänzend darthun, gewann die chemische Beschaffenheit des Chlorophylifarbstoffes für den Physiologen eine nur sekundäre Bedeutung — besass gewissermassen rein chemisches, nicht physiologisches Interesse —, während die eigenartigen physikalischen Eigenschaften dieses Körpers, die seit Brewster’s glänzender grund- legender Arbeit!) von den Physikern längst eingehend studirt waren, wieder mehr in den Vordergrund traten. Die Erwägung jedoch, dass der Chlorophyllfarbstoff, wenn bei der Assimilation nur seine absor- birenden Eigenschaften zur Geltung kämen, füglich am geeignetesten in Form eines Mantels das Chlorophylikorn umgeben müsse — der- selbe aber vielmehr das Balkengerüst der Körner durchtränkt und so der zu assimilirenden Kohlensäure die grösstmöglichste Oberfläche dar- bietet — ein Umstand, der doch offenbar auch auf eine chemische Rolle des Chlorophylifarbstoffes deutet — bewogen mich die chemische Bearbeitung des Chlorophylis, diesmal mit dem Spektralokular in der Hand, wieder aufzunehmen. Nun giebt es freilich kein Gebiet der physiologischen Chemie auf dem eine grössere Anzahl von Forschern thätig gewesen wäre, allein trotz der grossen Menge von Arbeiten ist eine klare, einheitliche Vor- stellung von dem Chlorophyll selbst, sowie von seinen Zersetzungs- produkten nicht gewonnen worden. Ich habe nun an der Hand eigener Experimentaluntersuchungen eine kritische Sichtung der Chlorophyli- literatur?) versucht. Leider ist das Resultat nicht sehr erfreulich. Den 1) On the colours of natural bodies. Transactions of the Royal Society of Edinburgh. 1834. XII. p. 538. Diese Arbeit enthält den Keim zu allen späteren, von denen besonders die Un- tersuchungen von Hagenbach, Gregor Kraus und Pringsheim hervorzuheben sind. 2) Eine solche kritische Sichtung hat vor einiger Zeit schon R. Sachsse, die Chemie und Physiologie der Farbstoffe, Kohlehydrate und Proteinsubstanzen, Leipzig 140 A. Tschirch: reinen unzersetzten Chlorophyllfarbstoff hat bislang Niemand ın Händen gehabt. Ich hoffe jedoch einen Weg angeben zu können, auf dem man zum Ziele kommen dürfte. Zu den folgenden Untersuchungen bemerke ich noch, dass die- selben im verdunkelten Laboratorium meist bei einer Beleuchtung von 2 Argandbrennern!) angestellt wurden. Uebrigens ist das Chlorophyll wenn man es nur erst von den begleitenden Stoffen, die aus der Pflanze in die Lösung übergehen, befreit hat, relativ lichtbeständig, verträgt wenigstens diffuse Beleuchtung lange Zeit ohne Zersetzungen zu erleiden. In zwei kleinen Mittheilungen, die ich im Laufe des vorigen Jahres publizirte?) habe ich den Nachweis zu führen gesucht, dass das Hypo- chlorin Pringsheim’s®) identisch sei mit dem Chlorophyllan Hoppe-Seylers.*) Die Untersuchungen, deren Resultate mittlerweile von A. Meyer’), der sich unabhängig von mir zu gleicher Zeit mit der gleichen Frage beschäftigte, bestätigt worden sind, liessen freilich noch die Frage offen, ob nicht dem @-Hypochlorin, wie ich den ge- färbten Körper zum Unterschiede von seiner (hypothetischen) Grund- lage nannte, wie Pringsheim will, eine farblose Substanz zu Grunde liege. Ich sprach mich damals dahin aus, dass es sehr wahrscheinlich sei, dass man es beim Chlorophyllan mit einem chemischen Individuum und nicht mit einem Gemenge zu thun habe und führte eine ganze Reihe von Argumenten dafür an®), die diese Ansicht zu stützen geeignet waren. Neuere Untersuchungen über den gleichen Gegenstand lassen mir keinen Zweifel darüber, dass das Ohlorophyllan ein chemisches Individuum ist. Ich werde daher im folgenden die Worte Hypochlorin und Chlorophyllan als identisch mit einander gebrauchen, und dies, wie ich glaube, mit um so grösserem Rechte, als mir auch die von Pringsheim angeführten mikrochemischen Gründe nicht stich- haltıig zu sein scheinen. Das Chlorophyllan, von Hoppe-Seyler eingehend untersucht, ist als ein durch Säurewirkung auf den Chlorophylifarbstoff ent- 1877 vorgenommen — die folgende Auseinandersetzung wird ergeben, wo wir über- einstimmen und wo ich andere Ansichten vertrete. Auch in G. Kraus, (Zur Kenntn. d. Chlorophylifarbst. u. ihrer Verwandten, Stuttgart 1872) findet sich die Literatur, besonders die physikalische, eingehend berücksichtigt. 1) Ein Argandbrenner mit 32 Oeffnungen ist = 15 Normalkerzen (von 75 9 Ge- wicht und 78 g Materialverbrauch pro Stunde). Doch waren die Flammen meistens stark herabgedreht. 2) Untersuch. über das Chlorophyll (I. und II.). 3) Ueber das Hypochlorin und die Bedingungen seiner Entstehung in d. Pflanze. Monatsber. d. Acad. d. Wissensch. in Berlin. November 1879. 4) Zeitschr. f. physiol. Chemie 3, p 346. . 5) Botan. Zeit. 1882, p. 533. 6) a. a. O. p. 188. Untersuchungen über das Chlorophyll. 141 standenes Oxydationsprodukt aufzufassen, denn, wennschon es Hoppe- Seyler ohne jeden Zusatz einer Säure enthielt, so sind doch im Zell- saft der Pflanzen selbst zur Bildung des Chlorophyllans völlig aus- reichende Mengen von Pflanzensäuren gelöst enthalten, und steht, wie ich durch Titration der Säuren feststellte, die Ausbeute an Chloro- phyllan, sowie die Schnelligkeit mit der der Chlorophylifarbstoff umgewandelt wird, im direkten Verhältnisse zu dem Grehalte des Zellsaftes an Pflanzensäuren. Hieraus erklärt sich die verschieden hohe Ausbeute an Chlorophyllan, die Hoppe-Seyler aus ver- schiedenen Pflanzen erhielt. Der Moment, wo die ausgiebigste Chlo- ropbyllanbildung eintritt, ist übrigens der, wo der Rückstand der eingedampften alcoholischen Tinctur mit Wasser gewaschen wird, hier wirken die Pflan2ensäuren in conc. Lösung auf den Farbstoff ein. Dass alle Säuren, sowohl die Mineralsäuren (HCl, H2 SO*), als die or- ganischen (Pikrinsäure) und die Pflanzensäuren (Weinsäure) die Hypo- chlorinbildung hervorrufen, ist bereits von Pringsheim (a. a. OÖ.) und Frank!) angegeben worden. Ich kann hinzufügen, dass auch Kohlen- säure ausreicht, sowohl in den Pflanzen selbst (Elodea) die charakteristischen Hypochlorinbildungen, als auch in den Lösungen die Anzeichen der ÜOhlorophyllanbildung hervorzurufen — allerdings erst nach längerer Einwirkung. In schwach alkalischen Lösungen unter- bleibt die Hypochlorinbildung absolut. Zur Darstellung des Chlorophyllans (Hypochlorins) kann man entweder den von Hoppe-Seyler eingeschlagenen Weg — Ein- dunsten der aus (mit Aether gewaschenen) Grasblättern gewonnenen al- koholischen Ohlorophylitinktur, behandeln des Rückstandes mit Wasser, auflösen in Aether und kristallisirenlassen, benutzen, oder die von mir be- folgte Methode einschlagen, die mit Aether gewaschenen Blätter mit ver- dünnter Salzsäure behandeln, waschen, mitsiedendem Alkohol ausziehenund den erkalteten, filtrirten Auszug auf sein halbes Volumen einengen, wobei sich beim Erkalten reichlich Hypochlorin abscheidet oder schliesslich, die von A. Meyer aufgefundene sehr grosse Löslichkeit der Chloro- phyllans ın heissem Eisessig benutzend, die Blätter direkt mit diesem behandeln, filtriren, eindunsten, mit Alkohol aufnehmen, und kristallisiren lassen. Man kann die Blätter übrigens vor dem Ausziehen längere Zeit kochen, ohne dass sich die Menge des Hypochlorins verringert. Ich habe mich durch eine grosse Anzahl von Versuchen überzeugt, dass die dem Hypochlorin von Pringsheim zugeschriebene Flüchtigkeit mit Wasserdämpfen ?) demselben nicht zukommt. Dass in gekochten Pflan- zentheilen die Hypochlorin-Reaktion nicht in derselben Weise eintritt wie in ungekochten, liegt in der Zerstörung des Plasmagerüstes und einer 1) Sitzungsber. d. bot. Ver. d. Prov. Brandenb. Febr. 1882. 2) a. a. O. p. 309. Pr A. Tschireh: Desorganısation der Chlorophylikörner überhaupt. Wenn man unter geeigneten Bedingungen arbeitet (z. B. Alkohol zusetzt), so tritt die Reaktion übrigens trotzdem stets ein, nur in etwas anderer Form. Alle oben angegebenen Methoden geben reichlich Chlorophyllan. Dasselbe besitzt ın den ersten Cristallisationen, die noch durch andere Stoffe verunreinigt sind, die von Pringsheim beschriebenen eigen- artigen peitschenartigen Formen oder bildet Tropfen mit Cristall- aggregaten oder korkzieherartige Fäden. Lässt man die Lösungen langsam erkalten, so erhält man die mannichfachsten Formen. Birn- förmige Körper, sehr lange vielfach wie Pilzhyphen durcheinander und umeinander gewickelte Fäden, wellig gebogene Nadeln, flache Tafeln oder knochenförmige Bildungen wechseln mit einander, doch zeigt eine Kristallisation meist nur eine der genannten Formen. Erst beim Um- kristallisiren treten dann die Nadelbüschel oder sphärischen Aggregate um einen Punkt gestellter Nadeln auf. Aus sehr lange an einem ruhigen Orte ganz langsam der Verdunstung überlassener Graschlorophyll- lösung habe ich nach einigen Monaten grosse schöne Aggregate von rechtwinkligen Tafeln erhalten, die dem quadratischen Systeme anzu- gehören schienen. Diese sowohl wie die Rohhypochlorinkristallisationen besitzen im durchfallenden Lichte einen olivengrünen bis braungrünen Farbenton, im auffallenden Lichte sind sie sammetschwarz. In Folge ihrer tiefen Färbung zeigen sie bei gewöhnlichem Tages- licht keine Polarisationserscheinungen, wohl aber im direkten Sonnen- licht ein herrliches Farbenspiel. | Sıe lösen sich in kaltem 96 procentigen Alkohol langsam, leichter ın heissem, sehr leicht in Aether und Benzin. Die stark fluorescirende Lösung giebt ein sehr charakteristisches Spektrum.!) Bei mittlerer Schichtendicke liegen die Bänder: Band I zwischen A=67?) und 64, sehr dunkel. eng A=59 „61, gegen D auffallend matter. Aa DM < 1=56,5 „ 599,0, matt. Wa a an A=54 „ 53 dunkel. IVb =51,3 „ 443. ale EHRLICH ER von A=46 an bis zum Ende. Die Scala der Helligkeit der Bänder ist vom dunkelsten beginnend: 1) Ich benutze zu meinen Untersuchungen ein Browning’sches Spectral- ocular von Zeiss mit justirbarer, für die verschiedenen Sehweiten einstellbarer, Angström’scher Scala, die die Wellenlängen direkt abzulesen gestattet Die D- linie ward stets auf 4 = 58 ‚5 eingestellt. Als Lichtquelle diente ein nr von oben angegebener Lichtstärke. 2) Die Angaben sind in Hunderttausendstel Millimetern gemacht. Untersuchungen über das Chlorophyll. 143 I, V, IV, IVb, I, II. Der positive Streifen!) liegt zwischen A=58 und 57. Band IVb ist für die Körper der Chlorophyllangruppe charakte- ristisch. Es fehlt dem normalen Chlorophylispectrum. Die Eigenthüm- lichkeiten des Chlorophyllanspectrums, die dieses von dem normalen Chlorophylispectrum unterscheiden, sind folgende: Band I ist beim Chlorophyllan etwas schmäler als in normalen Chlorophylllösungen, Band II liegt beim Chlorophyll mehr gegen Roth (etwa von A= 62 bis 60), ebenso Band Ill, Band IVb ist beim Chlorophyllan neu hinzu- getreten, die Endabsorption ist continuirlich ohne Bänder, die mittleren Streifen II u. IV sind dunkler und breiter als in Chlorophylllösungen. Diese Umstände bedingen die gelbgrüne Farbe der Chlorophyllan- lösungen. Besonders in den Benzinlösungen treten die Streifen scharf hervor. Streifen III, in alkoholischer Lösung kaum sichtbar, wird hier sehr deutlich. Untersuchungen die ich, um mich über die Art des Fluoreszenz- lichtes zu orientiren, nach der von Hagenbach?) befolgten Methode anstellte, zeigten, dass auch Chlorophyllanlösungen fast reines Roth emittiren; das Spectrum des Fluorescenzlichtes beschränkt sich auf einen Streifen im Roth der beim Chlorophyll zwischen A=62 und A=68 „ Chlorophyllan " 1=64 „ /1=68 liegt also bei letzteren schmäler ist. Auch das Absorptionsband I ist ja beim Chlorophyllan schmäler geworden. Auch hier besteht der helle Streifen aus zwei durch eine Region geringerer Helligkeit getrennten Partien, von denen die nach dem brechbareren Ende des Spectrums zu liegende etwas weniger lichtstark ist als die andere. Das Lichtminimum liegt bei Ohlorophyllanlösungen um A=65. Dass das Fluoreszenz- spektrum auch hier beim Chlorophyllan mit dem Absorptionsspektrum coincidirt, hat Hoppe-Seyler bereits erwiesen. Die Lösungen des Chlorophyllans sind sehr beständig. Im diffusen Tageslicht können sie sehr lange unverändert aufbewahrt werden. Ein Cylinder, der eine verdünnte alkoholische Lösung enthielt und der wochenlang am Fenster hing, zeigte noch die charakteristi- schen Streifen. Dieselben verblassen schliesslich immer mehr. Am längsten bleibt Band I erhalten, dasselbe, das noch in ganz verdünnten 1) Reinke, Beitrag zur Kenntniss des Phylloxanthins. Pringsheim’s Jahrb. f. wissensch. Bot. X. p. 404. Da das lichte Band im Roth (zwischen a. und B.) erst bei dieken Schichten deutlich sichtbar wird und sich sogar noch verbreitert, wenn man die Schicht er- höht, so hat wohl Reinke Recht, wenn er dies Licht für Fluorescenzlicht erklärt. 2) Untersuchungen über die optischen Eigenschaften des Blattgrüns. Poggen- dorf’s Annalen Bd. 141. p. 256. 144 A. Tschirch: Lösungen sichtbar ist.!) Schliesslich wird die Lösung farblos und fluoreszirt nicht mehr.?) Dass das Chlorophyllan mit dem Hypochlorin identisch ist, habe ich bereits Eingangs erwähnt, es ist aber auch identisch mit dem von Gautier?) beschriebenen kristallisirten Chlorophyll. Ich habe mich davon überzeugt, dass man auf dem von dem genannten Forscher eingeschlagenen Wege niemals unzersetztes Chlorophyll erhält. Abgesehen davon, dass man von Spinat, den Gautier vornehmlich verwendete, überhaupt nie unzersetzte Öhlorophylllösungen darstellen kann, ist auch die Methode — Aufnehmen des Chlorophylis durch Thierkohle — besonders geeignet, das Chlorophyll schnell und voll- ständig in Chlorophyllan überzuführen. Ebenso hatte Rogalski*), der sein Chlorophyll wie Gautier darstellte, nur das Chlorophyllan in Händen. Seine Angaben beziehen sich auf dieses, nicht auf Chloro- phyll. Eine spektroskopische Prüfung der analysirten Produkte hätte den genannten Forschern sofort gezeigt, dass hier schon erhebliche Veränderungen mit dem Farbstoff vorgegangen waren. Nicht jedoch war es das Chlorophyllan, sondern wohl die dem- selben nahestehende Chlorophyllansäure (Hoppe-Seyler°)), welche diejenigen Forscher untersucht haben, die, von dem Grundsatze aus- gehend, dass Chlorophyll durch conc. Salzsäure nicht verändert werde, die eingedampften Chlorophyllauszüge mit dieser behandelten, die er- haltene tief blaugrüne Lösung eindampften und den Rückstand analy- sirten. So verfuhren bekanntlich Mulder®), Berzelius’), Pfaund- ler®), Harting’) u. A. Auf diesen Körper komme ich weiter unten zurück. Dass das Chlorophyllan identisch ist mit dem Niederschlage, den Filhol1°) mittelst Salzsäure in Ohlorophylllösungen erhielt und den er bei Dieotylen als kristallinisch, bei Monocotylen als amorph angiebt, der jedoch in beiden Fällen kristallinisch zu erhalten ist und ein vom Chlorophyll durchaus abweichendes spektroskopisches — nicht, wie 1) Chautard fand (Botan. Zeit 1874, p. 110), dass er beim Chlorophyll noch in einer Lösung sichtbar sei, die nur dieses Stoffes enthalte, doch giebt der genannte Forscher nicht an wie er den Gehalt bestimmte. 2) Ich bemerke hier alsbald, dass alle Fluorescenzbeobachtungen in der Weise angestellt wurden, dass mit einer Linse ein Lichtkegel durch die Flüssigkeit nahe der Oberfläche gesandt wurde. 3) Sur la chlorophylle, Compt. rend. 89, (1879) 2, p. 862. 4) Analyse de chlorophylle, Compt. rend. 90, 2. 1880. p. 881. (Auch in „Röle de la chlorophyll dans l’assimilation, Inauguraldissertation. Krakau 1879). 5) Zeitschr. f. phys. Chemie V. p. 75. 6) Jahresber. f. Chemie. 24. Bd. p. 502. 7) Gmelin’s Handb. d. Chemie. IV. Aufl. 4. Bd. 8) Annal. d. Chemie und Pharmacie 115, p. 37. 9) Poggend. Ann. 96 (1855) p. 547. 10) Botan. Zeit 1875. p. 45. Untersuchungen über das Chlorophyll. 145 Filhol, meint, ein mit diesem identisches — Verhalten zeigt, habe ich schon in meiner ersten Mittheilung (a. a. OÖ.) angegeben, besagter Niederschlag verhält sich völlig wie Chlorophyllan. Gleichermassen habe ich schon erwähnt, dass Stokes „modifizirtes Chlorophyll“t), ebenso wie das Säurechlorophyll und das s. g. verfärbte durch partielle Ohlorophyllanbildung in den Oblorophylllösungen entsteht. Dass das Chlorophyllan ein Oxydationsprodukt des Chloro- phyllfarbstoffes ist, ist dadurch zu erweisen, dass man es mit Hilfe von naszirendem Wasserstoff in Chlorophyll zurückführen kann, be- handelt man nämlich die dunkelbraungrünen Lösungen des Chloro- puyllans in Benzin mittelst Natrium, so erhält man nach einiger Zeit einen prachtvollen grünen Niederschlag, während die überstehende Flüssigkeit goldgelb wird. Dieser rein grüne Niederschlag ist nun freilich kein reines Chlorophyll, wohl aber die Natriumverbindung der dem Chlorophyll sehr nahestehenden Chlorophyllinsäure (Chlorin- natrium ©. Kraus?)), deren Salze man, wie ich später zeigen werde, direkt aus dem Chlorophyll darstellen kann. Leider ist dieser herrlich smaragdgrüne Niederschlag, selbst unter Benzin aufbewahrt, nicht be- ständig, nach einem halben Jahre war er olivengrün geworden. Dieser Farbenwechsel tritt sofort ein, wenn man den Niederschlag in Alkohol oder Wasser löst. Man erhält dann eine olivengrüne Flüssigkeit, die alle Kriterien des Natriumsalzes der Chlorophyllansäure besitzt. Verwendet man statt des Natrıiums Zinkstaub, so geht die Reduktion des Chlorophyllans noch glatter und prägnanter vor sich. Kocht man nämlich eine alkoholische Chlorophyllanlösung mit diesem Körper, so springt fast plötzlich die braune Farbe in das prächtigste Smaragdgrün um. Die spektroskopische Prüfung scheint keinen Zweifel darüber zu lassen, dass das Chlorophyll regenerirt ist. Auch chemisch verhält sich diese grüne Lösung wie eine Chlorophylllösung, doch ist die Fluoreszenz mehr karmin als blutroth. Streifen IVb fehlt, III ist wieder breiter, 1I und IV heller geworden, auch lassen sich in der Endabsorption wieder Bänder unterscheiden. Dass wir es bei der Chlorophyllanbildung mit einem Oxydationsprocesse zu thun haben, ist übrigens auch dadurch erwiesen, dass, wie Church?) fand, modifizirtes Chlorophyll durch Zinkstaub wieder rein grün wird. Auch die Versuche von Gerland*), Jodin°), N. I. C. Müller) und Anderer, die sich mit den Bedingungen, unter denen „Verfärbung“ 1) Poggendorf’s Annal. d. Physik, Ergänzungsband IV, (1854.) p. 218. 2) Flora 1875, p. 157. 3) Chem. News. 38, p. 168. 4) Ueber die Einwirkung des Lichtes auf das Chlorophyll. Foggendorf’s Annalen 143. (1871.) p. 585. 5) Comptes rendus 59. p. 857. 6) Pringsheim’s Jahrb. f. wissensch. Bot. VII, p. 200. 10 D. Botan.Ges.1 we. A. Tschirch: eintritt, beschäftigten, sprechen dafür. Denn, da ich gezeigt habe, dass modifizirtes und verfärbtes Chlorophyll durch Chlorophyllanbildung ent- steben, welche Substanz bei dem verfärbten Chlorophyll durch Licht allmählich sich entfärbt, so gilt alles was von diesen Lösungen an- gegeben wurde, mutatis mutandis auch von den Chlorophyllanlösungen. Schon oben habe ich erwähnt, dass diese Oxydation des Chloro- phylis nur in saurer Lösung vor sich geht. Man könnte dabei daran denken, dass wir es beim Chlorophyll mit einer salzartigen Ver- bindung zu thun haben!), die durch eine sehr schwache, schon durch Kohlensäure abspaltbare und sehr leicht alsdann weiter zu Chloro- phyllan oxydirbare, rein grüne Säure und eine hypothetische Base ge- bildet werde — eine Vorstellung, für die sich zwar schon jetzt eine Anzahl Gründe anführen liessen, die jedoch noch der weiteren Be- gründung bedarf. Jedenfalls besitzt das Chlorophyllan als solches die Eigenschaften einer Säure nicht, kann jedoch leicht sowohl in das grüne Natriumsalz der Chlorophyllinsäure’), wie der braungrüne der Chlorophyllansäure?), in das erstere nach vorherheriger Reduktion durch naszirenden Wasserstoff, übergeführt werden. In conc. Schwefelsäure löst sich das Chlorophyllan mit schön blau- grüner Farbe. Conc. Salzsäure löst selbst im Kochen nicht alles. Es findet dabei eine Spaltung statt. Es entsteht ein blaues in conc. Salz- säure lösliches Ohlorproduct*) und ein in dieser unlöslicher, aber in Al- cohol löslicher brauner Körper. Die schön blaue Lösung besitzt bei mitt- lerer Dicke der Schicht folgendes Spectrum: Band I von A=63 bis 67 sehr dunkel und scharf, „ HI „ A=595 „ 61,5 matt, durch einen Schatten mit I verbunden, „ lUlvon A=56 bis 58 dunkler, „. IV „ A=52 „ 54 das matteste, bisweilen sieht man wohl auch einen Schatten um 4=50.5) Die Helligkeitsskala der Bänder ist, vom dunkelsten beginnend, I, III, II, IV. Die zwei positiven Streifen liegen zwischen A=51 und 52 1) Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass eine solche Vermuthung ausge- sprochen wird. Timiriaseff (Petersburger Naturforschervers. 1874) hält das Chlo- rophyll für das Ammoniaksalz des Chlorophyllins, doch hat er seine Vermuthung nicht weiter begründet. Ebenso ist Liebermann’s Versuch (Sitzungsber. d. Wie- ner Acad. Bd. 72. p.599.) das Chlorophyll als eine salzartige Verbindung der Chlo- rophyllsäure und eines basischen, durch Oxydations- und Reduktionsmittel die verschiedenen Blumenfarbstoffe liefernden Phyllochromogens zu erweisen, nichts mehr als eine Hypothese, die durch die beigebrachten Argumente nicht sehr wahr- scheinlich gemacht ist. 2) Siehe oben p. 145. 3) Zeitschr. f. phys. Chemie V, p. 75. 4) Vergl. auch Wiesner, botan. Centralblatt. 1882. No. 20. 5) Siehe Sachsse, a.a. O. p. 51. Untersuchungen über das Chlorophyll. 147 und zwischen A= 54 und 56. Setzt man zu der Lösung Alkohol, so verschieben sich die Streifen etwas und ändern ihre relative Hellig- keit. Das Spectrum zeigt dann folgende Streifen: Band I von A=62 bis 66,5 sehr dunkel, ze hard 60,5 4,158, deake; „ II „ A=55 „ 57 jetzt das hellste, „ IV „ A=51l „54 in der Mitte am dunkelsten, gegen die Ränder abschattirt; bisweilen ein Schatten bei 4 = 50. Man kann die Veränderungen also dahin zusammenfassen, dass Band I—III gegen das stärker brechbare Ende des Spectrums ver- scnoben, Band IV nach der gleichen Seite verbreitert ist. Die Helligkeitsskala ist jetzt vom dunkelsten beginnend I, II, IV, Il. Mit diesem letzteren Spectrum stimmt dasjenige des Phyllocyanins von Fremy!) überein. Das erstere zeigt sowohl die durch Behandeln des Chlorophyllans mit conc. Salzsäure, wie die durch Behandeln der Chlorophyllextracte mit der gleichen Säure erhaltene Lösung, als ein durch Kochen von frischen Blättern mit conc. Salzsäure zu erhaltender Aus- zug. Es ist klar, dass wir es hier in allen Fällen mit dem von Fremy als einen Chlorophylibestandtheil beschriebenen, durch Salzsäureeinwir- kung darstellbaren Phyllocyanin der Autoren zu thun haben. Dieses blaue Phyllocyanin ist in seiner Lösung in conc. Salzsäure auch gegen Licht sehr beständig, zersetzt sich jedoch mit Alkalien leicht und bildet mit diesen gelbgrüne Salze, die wahrscheinlich der Chloro- phyllansäure Hoppe-Seyler’s (Phyllocyaninsäure Fremy'’s) an- gehören. Die Lösung wird dann sofort gelbgrün und zeigt wieder den Streifen zwischen b und F sehr dunkel und scharf. Dampft man die blaue etwas röthlich schimmernde, deutlich roth fluoreszirende Lösung ab, so erhält man einen braungrünen Rückstand, der sich in verdünnten Alkalien leicht zu einer olivengrünen Flüssigkeit löst und mit Alko- hol aufgenommen das Chlorophyllanspectrum zeigt. Es ist dies die Phyllocyaninsäure Fremy’s,?) die ihrem ganzen Verhalten nach mit der Chlorophyllansäure Hoppe-Seylers identisch zu sein scheint. Das Spectrum der alkoholischen Lösung dieses Körpers ist sowohl, was die Lage der Streifen als die relativen Intensitätsverhältnisse der- selben und ihr successives Verschwinden beim Verdünnen der Lösung betrifft genau übereinstimmend mit dem des Chlorophyllans und 1) Recherches sur la matiere colorante verte des feuilles Comptes rendus 50 (1860.) p. 405. Fremy erhielt diesen Körper durch Zusatz von Salzsäure-Aether zur alko- holischen Chlorophyll-Tinktur. 2) Comptes rend. 61,2. (1865.) p. 191. 148 | A. Tschirch: doch erweist das Verhalten zu Kalilauge, dass wir es mit einem durchaus damit verschiedenen Körper zu thun haben. Während Chlorophyllian erst durch längeres Kochen mit Kalilauge in dieser löslich wird, löst sich dieser Körper leicht und vollständig darin, lässt sich durch Säuren aus diesen Lösungen unverändert in Aether abscheiden, aus welcher ätherischen Lösung durch damit geschüttelte Kalilauge die ursprüngliche Kalisalzlösung regenerirt werden kann. Das gleiche spektroskopische Verhalten zweier notorisch verschiede- ner Körper zeigt wie vorsichtig man bei der Hinzuziehung der Spectral- analyse zu chemischen Untersuchungen sein muss. Hoppe-Seyler hat darauf aufmerksam gemacht,!) dass sich Aenderungen in der Mole- kularstruktur eines Körpers wohl vollziehen können, ohne dass sie sich spektralanalytisch bemerkbar machen. Denn, da „Lichtemissionen und Absorptionen nicht vom ganzen Moleküle, sondern von den Atomen und Atomgruppen bewirkt“ werden, so kann „die Bewegung derselben unter gleichen Verhältnissen dieselbe bleiben, wenn an andere Atome oder Atomgruppen Anfügung oder Abspaltung von Atomgruppen ge- schieht“ (a. a. O. p. 340). In der vorliegenden Arbeit über den Ohloro- phylifarbstoff habe ich zwar stets das Spectroscop in der Hand ge- habt und bin Schritt für Schritt den chemischen Aenderungen mit dem Spectroscope kontrollirend gefolgt, habe jedoch die Identität zweier Körper erst dann für wahrscheinlich erachtet, wenn ausser spektros- kopischen auch rein chemische Gründe dafür sprachen. Infolge des geringen Kristallisationsvermögens und der Schwierigkeit der Reindar- stellung aller dieser Körper ist, namentlich da ich grosse Mengen nicht verarbeiten konnte, die Elementaranalyse, das beste Mittel der Iden- tificirung, bisher anzuwenden mir unmöglich gewesen. Wie schon erwähnt, lässt sich das blaue Chlorproduct, das Phyllo- cyanin, unzersetzt aus der salzsauren Lösung nicht abscheiden. Alle Forscher, welche glaubten, es vor sich zu haben, wenn sie die blaue Lösung eindampften, hätten schon durch die spektroskopische Prüfung des in Alcohol aufgenommenen Rückstandes — derselbe ist unlöslich in Wasser — gesehen, dass der in salzsaurer Lösung blaue Körper nicht mehr vorlag. Allein nicht nur durch Findanpfäh kann die Phyllocyanin- säure aus der blauen Phyllocyaninlösung abgeschieden werden, auch durch Verdünnen mit grossen Mengen Wasser scheidet sie sich in braunen Flocken ab, die sich wie der durch Eindampfen erhaltene Rückstand verhalten. Das Kalisalz (Phyllocyansaures Kali Fremy) zeigt in alkalischer Lösung die mittleren Streifen des Spectrums nur sehr matt, III gar nicht, eine Erscheinung, die für die alkalischen Lö- 1) Zeitschr. f. phys. Chemie 3, p. 340. Vgl. auch den Aufsatz „Ueber die Licht- erzeugung durch Bewegung der Atome“ in Poggendorf’s Annalen 147, (1872.) p. 101. Untersuchungen über das Chlorophyll. 149 sungen der meisten Chlorophyliderivate charakteristisch zu sein scheint. Streifen IVb ist dagegen sehr stark entwickelt. Er ist, wie ich schon hervorhob, für alle Säureprodukte des Chlorophylis wie seiner in der nächsten Mittheilung zu beschreibenden Derivate mit einer einzigen, so- gleich zu beschreibenden Ausnahme charakteristisch. Dies alles zeigt, dass das Phyllocyaninsaure Kali ein vom Chlorophyll sehr abweichendes optisches Verhalten besitzt. Fremy, der bekanntlich glaubt, dass Chlorophyll ein Gemenge aus Xanthophyll und Phyllocyaninsaurem Kali sei,!) meint, sein Verhalten sei mit dem des Chlorophylis identisch. Das einzige mir bisher bekannte Säureprodukt des Chlorophylis, das den charakteristischen Streifen IVb nicht besitzt, ist das Phyllo- xanthin Fremy’s?) Die Fremy’sche Reaktion, die für die französischen Forscher noch jetzt den Ausgang bildet3), deren Inter- pretation durch dieselben jedoch ebensowenig haltbar erscheint, wie die, welche ihr einige deutsche Forscher (Sachsse*) und Micheli°)) gaben, wird verständlich, wenn man sich der oben erwähnten Spaltung des Chlorophyllans in einem in conc. Salzsäure löslichen und einen in dieser unlöslichen Körper erinnert.°) Der in Salzsäure unlösliche Körper löst sich mit gelbbrauner Farbe leicht in Alcohol und Aether’) und zeigt in seinem Spektrum den Streifen zwischen b und F nicht, sondern von A=50 an kontinuirliche Endabsorption. Nun entsteht bei Einwirkung verdünnter Salzsäure auf Chlorophyll sicher in erster Linie Chlorophyllan: die Lösung wird olivenbraun; setzt man zu dieser Lö- sung nun conc Nalzsäure und Aether, so bewirkt die erstere die er- wähnte Spaltung des Chlorophyllans in die in Salzsäure mit blauer Farbe lösliche Chlorophyllan resp. Phyllocyanınsäure und den zweiten in Salzsäure unlöslichen aber in Aether löslichen Körper (Phylloxanthin Fremy), dem der Streifen zwischen b und F fehlt.°) Dass dieser zweiten Reaktion immer Chlorophyllanbildung vorausgeht, kann man, wenn man die Reaktion successive verfolgt, leicht constatiren. Uebri- gens ist ja aus schwach angesäuerten Chlorophylllösungen das Chloro- phyllan direkt darstellbar. Dass die bei der Reaktion entstehenden Produkte nicht Chloro- phylibestandtheile sein können, ergiebt sich hieraus von selbst. (Fortsetzung im nächsten Heft.) 1) Comptes rend. 84, 2. (1877.) p 987. 2) Vgl. auch Sachsse a. a. O. p. 51. 3) Vergl. Gautier, Compt. rend. 89. (1879.) p. 864. 4) a. a. O. p. 43. 5) Botan. Zeit. 1867, p. 340. Auch Archives des sciences de la bibliotheque uni- verselle de Geneve 1867. 6) Vgl. oben pag. 146. 7) Ich bin mit dem Studium dieses Körpers beschäftigt. 8) Bei der Fremy’schen Reaktion ist das Phylloxanthin (in ätherischer Lösung), durch die das Chlorophyll begleitenden, in conc. HCl unlöslichen, gelben Farbstoffe verunreinigt. 150 H. Molisch: 18. Hans Molisch: Ueber den mikrochemischen Nach- weis von Nitraten und Nitriten in der Pflanze mittelst Diphenylamin oder Brucin. Eingegangen am 24. März 1883. Vor ungefähr zwei Jahren hat Borodin!), gelegentlich seiner Untersuchung über die Verbreitung des Asparagins, bei Behandlung von Pflanzenschnitten mit Alkohol charakteristische Niederschläge er- halten, darunter auch öfters einen solchen, der vorwiegend aus zwei- schenkeligen, einen stumpfen Winkel bildenden Krystallen bestand. Borodin hält diese wegen ihres Aussehens, ferner weil sie sich im Wasser leicht lösen, bei starker Erwärmung schmelzen und im polari- sirten Licht auf dunkelm Gesichtsfeld hell und farbig aufleuchten, für Salpeterkrystalle. — Angeregt dnrch diese Beobachtung unternahm es hierauf N. A. Monteverde?), das Vorkommen und die Verthejlung des Salpeters in der Pflanze genauer zu studiren, wobei er sich zum Nachweis des genannten Salzes derselben Methode bediente wie Borodin. Dies sind, wie ich glaube, die ersten und einzigen Ver- suche, welche unternommen wurden, um ein Nitrat direkt im Pflanzen- gewebe unter dem Mikroskope nachzuweisen. Die Methode Borodins, den im Zellsaft gelösten Salpeter durch Einwirkung von Alkohol und späteres Austrocknenlassen des Präparates zum Auskrystallisiren zu bringen, wird gewiss in vielen Fällen ganz besonders da, wo der Salpeter in erheblicher Menge angehäuft ist, gute Dienste leisten; allein wenn es sich darum handeln sollte, minimale Mengen des Nitrates nachzuweisen, so wird diese Methode, da ja die entstehenden Krystalle nur unvollkommen und sehr klein sein werden und überdies mit anderen z. B. mit Asparaginkrystallen leicht verwechselt werden können, nicht mehr ausreichen. 1) Sitzungsber. der bot. Sektion der St Petersburger Naturforscher-Ges 1881. Vgl. d. Referat darüber in der Bot. Ztg. 1882, p. 589. 2) Ueber Verbreitung und Vertheilung des Salpeters in der Pflanze und über einige chemische Verwandlungen unter dem Einfluss des Zellsaftes. Sep -Abdr. aus d. Arb. d. St. Petersburg. Naturf.-Ges. Bd. VII, Theil II, 1882. Da diese Arbeit in russischer Sprache erschienen ist, so konnte ich dieselbe nur insoweit verwerthen, als sie in einem im botan. Centralbl. (Bd. XII, p. 257) enthaltenen Referate wieder- gegeben ist. Ueber den mikrochemischen Nachweis von Nitraten etc. 151 Da von den Chemikern!) in letzter Zeit Diphenylamin oder Brucin zum Nachweis sehr kleiner Mengen von Nitraten und Nitriten im Brunnenwasser mit schönem Erfolge verwendet werden, so versuchte ich die beiden Reagentien in die Histochemie einzuführen; schon wenige Versuche liessen erkennen, dass diese, ganz besonders aber das Diphenylamin, die Gegenwart von Nitraten oder Nitriten inmikroskopischen Schnitten durch eine auffallende Farbenreaktion anzeigen. Die an- fängliche Befürchtung, dass die Reaktion durch andere organische Stoffe der Zelle gestört werden könnte, erwies sich als unbegründet. Reaction mit Diphenylamin. Als Reagenz leisteten mir die besten Dienste Lösungen von m bis -9rDiphenylamin in 10 ccm rei- ner Schwefelsäure. Solche Lösungen sind vollkommen klar und fast farblos. Bei der Prüfung frischer Schnitte ist es, wie ich mich vielfach über- zeugt habe, nicht gut mit konzentrirteren Lösungen zu arbeiten, da in diesem Falle das Diphenylamin beim Zusammentreffen mit Wasser (Zellsaft) herausfällt, wodurch die Reaktion unterbleibt oder nur sehr undeutlich hervortritt. Anders ist es jedoch, wenn man einen am Objektträger eingetrockneten Schnitt, in welchem also die etwa vorhandenen Nitrate in fester Form vorhanden sind, zu untersuchen hat; da empfiehlt es sich, sehr konzentrirte Lösungen anzuwenden. Bringt man einen Tropfen von dem Reagenz auf einen ein salpeter- saures oder salpetrigsaures Salz enthaltenden Querschnitt, so tritt eine tiefblaue Färbung auf, welche je nach dem grösseren oder ge- ringeren Nitrat- oder Nitritgehalt längere oder kürzere Zeit andauert, um schliesslich zu verschwinden oder ins Braungelbe überzugehen. Sind nur Spuren von den genannten Körpern vorhanden, so erhält man mitunter keine Reaktion, wohl aber dann, wenn man den Schnitt am Ob- jektträger austrocknen lässt und hierauf einen Tropfen recht kon- zentrirte Diphenylaminlösung hinzugiebt: es tritt alsbald deutliche Blau- färbung ein, die sowohl makro- als auch mikroskopisch sichtbar wird. Bei der Untersuchung von Schnitten ist es vortheilhaft, soviel von dem Reagenz auf dieselben zu bringen, dass sie vollständig untergetaucht sind. Dringt das Diphenylamin recht gleichmässig von allen Seiten 1) A. Wagner, Erkennung und Bestimmung der Nitrate im Brunnenwasser. Zeitschrift f. Chemie, herausgeg. v. Fresenius, Jg. 20, p. 329. Zum Beweise da- für, wie empfindlich die Reaktion mit Diphenylamin ist, führe ich aus Wagner’s Arbeit folgende Tabelle an: l ccm einer Lösung von 1 Salpeter in 10000 Wasser gab starke sofortige Reaktion. 100 000 ” >) b>) 2] ” 200 000 m „ deutliche Reaktion nach kurzer Zeit. 30000 „ „ schwache „ „ längerer Zeit. COM ,„ „ keine sichere Reaktion. 152 | H. Molisch; in das Gewebe ein, so kann man nun bei mikroskopischer Betrachtung an Stengelquerschnitten die Bemerkung machen, dass die Blaufärbung hauptsächlich im Marke und im Rindenparenchym auftritt, offenbar deshalb, weil die Nitrate hier in grösster Menge vorhanden sind. Die geschilderte Reaktion kann sowohl von einem Nitrat als auch Nitrit herrühren, denn beide Salze geben die gleiche Blaufärbung. Welches von beiden Salzen oder ob beide zugegen sind, darüber sagt die Reaktion nichts aus. Da man jedoch in den Fällen, in welchen man schöne Blaufärbung erhält, auch zumeist durch blosses Verdunsten- lassen von einem Tropfen ausgepressten Zellsaftes am Objektträger deutliche Salpeterkrystalle gewinnt und da ferner die Analyse von Pflanzensäften häufig die Gegenwart von Nitraten und nur selten das Vorhandensein von Nitriten!) ergeben hat, so dürfte wohl die Reaktion in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle auf Verbindungen der Salpetersäure hindeuten?). Reaktion mit Brucin. Nach A. Wagner?) erwies sich die Brucinreaktion zum Nachweis von Nitraten im Brunnenwasser ebenso empfindlich, wie die mit Diphenylamin. Wendet man jedoch die beiden Reagentien auf die Pflanze an, so lässt sich nicht das Gleiche davon sagen, denn hier verdient das Diphenylamin entschieden den Vorzug, da die durch Brucin hervorgerufene Färbung in dem Falle, wenn die Nitrate nurin geringer Menge vorhanden sind, nicht besonders deutlich wird. Ich verwendete mit Vortheil eine Lösung von — gr. Brucin in 10 cc. reiner Schwefelsäure. Ein Tropfen einer solchen Lösung mit einem Stengelquerschnitt von Amarantus, Capsella oder T’'radescantia zusammengebracht, ruft eine hochrothe oder rothgelbe vergäng- liche Färbung hervor. Auch diese Reaktion kann sowohl von Nitraten als auch von Nitriten herrühren, es gilt daher das, was über diesen Punkt bei der Diphenylaminreaktion gesagt wurde, auch von der Brucinreaktion. Mit Hilfe dieser beiden Reagentien habe ich unter öfterer Zu- ziehung der Methode Borodins an 50 krautartige verschiedenen Familien angehörige Pflanzen auf ihren Nitratgehalt untersucht und habe einen solchen mit wenigen Ausnahmen in den Wurzeln, Stengeln und oft auch in den Blättern gefunden. Dies darf auch gar nicht auf- 1) Schönbein wies im ausgepressten Safte von Lactuca sativa und Leontodon taraxacum mit angesäuertem Jodkaliumstärkekleister salpetrige Säure nach. Vgl. Ebermayer, physiolog. Chemie der Pflanzen. 1882, pag. 768. 2) Dafür würde auch die Beobachtung Goppelsröder’s sprechen, dass „eine Runkelrübe, welche in einer von Nitraten freien Erde wächst, die man von Zeit zu Zeit mit einer schwachen Lösung von salpetrigsaurem Kali begiesst, in ihrem Safte nur salpetersaure Salze, keine salpetrigsauren enthält.“ Vgl. Liebig, die Chemie in ihrer Anwendung auf Agrikultur und Physiologie. 1876. p. 65. 3 Ueber den mikrochemisshen Nachweis von Nitraten etc. 153 fallen, gehören doch die salpetersauren Salze des Bodens zu den wichtigsten Nahrungsmitteln der Pflanze. Die Salpetermenge ist, wie schon aus der Intensität der Farbenreaktion hervorgeht, bei verschiedenen Pflanzen eine höchst variable. An der Spitze jener Gewächse, welche einen ungemein grossen Salpetergehalt aufweisen, stehen vor allen zahlreiche Schuttpflanzen: die Gattungen Amarantus, Chenopodium, Urtica, Mercurialis, Solanum, Sinapis, Helianthus, Capsella und viele andere, die man als wahre „Salpeterpflanzen“ bezeichnen könnte. Dass manche Pflanzen in ganz besonderem Grade die Fähigkeit haben, den Salpeter in geradezu unglaublicher Menge aufzuspeichern, geht schon aus einer Beobachtung Boussingaults hervor!). Nach diesem Forscher nimmt der Tabak auf salpeterhaltigem Boden bei Mazulipatam soviel von dem Salpeter auf, dass die Blätter desselben eine weisse Farbe annehmen. Helianthus, der auf salpeterreichem Boden kultivirt wurde, speichert soviel Salpeter im Marke auf, dass kleine Stückchen davon auf glühende Kohle geworfen, unter Detonationen verpuffen. A. Boutin?) fand in Amarantus Blitum 11,68 pCt., in A. ruber 16 pCt. und in A. atropurpureus 22,77 pCt. salpetersaures Kali (bezogen auf die Trocken- substanz). Wurden Stengelstücke davon in freier Luft getrocknet, so blühte der Salpeter in Form eines weissen Ueberzuges aus. Von diesen salpeterreichen Pflanzen bis zu jenen, welche nur Spuren von Nitraten oder gar keine nachweisbaren Mengen enthalten, kommen alle Ueber- gänge vor. Gar keine Reaktion unter den untersuchten krautartigen Pflanzen erhielt ich beispielsweise bei einer im Topfe kultivirten Rochea falcata, in der Zwiebel von Allium Cepa und in vielen Kartoffelknollen. Wenn die Reaktion ausbleibt, so darf keineswegs geschlossen werden, dass die betreffende Pflanze Nitrate oder Nitrite überhaupt nie führt, denn offenbar wird man dieselben nur dann nachweisen können, wenn mehr davon aufgenommen als assimilirt wurde. Auch wird der Nitrat- gehalt der Pflanze im hohen Grade abhängig sein, von dem jeweiligen Gehalt im Boden. Er wird ein höchst wechselnder sein, je nach dem Substrat, auf welchem die Pflanze gedeiht. Um mich davon zu über- zeugen, theilte ich eine bestimmte Menge von mit Wasser gereinigten Kressesamen (Lepidium sativum) in drei Partien. Die eine liess ich in schwarzer salpeterhaltiger Gartenerde ankeimen, die zweite im Säge- mehl, das nur Spuren von Nitraten enthielt und die dritte Partie endlich in einer wohlgereinigten Platinschale auf wenig destillirtem Wasser. Als die Keimlinge eine Höhe von 4 Ütm. erreicht hatten, untersuchte ich die Stengel derselben: die erste Partie gab sehr schöne Reaktion, die zweite schwache und die dritte gar keine. 1) Vgl. Sachs, Handb d. Experimentalphysiologie 1865. p. 140. 2) Bot. Jahresber. 1873, p. 319, ferner 1874, p 861. 154 H. Molisch: Ueber den mikrochemischen Nachweis von Nitraten ete. Ausser den 50 phanerogamen krautartigen Gewächsen prüfte ich auch einige Uryptogamen, nämlich Agaricus campestris (Strunk), Mar- chantia polymorpha, Fegatella conica, Pteris serratula, Selaginella Mar- tensii (Stamm) und erhielt bei allen mit Diphenylamin schöne Blau- färbung. Während die krautartigen Pflanzen gewöhnlich sehr schöne Re- aktionen geben, blieben dieselben merkwürdiger Weise bei den unter- suchten Baum- und Strauchzweigen vollständig aus. (Syringa vulg., Ulmus campestris, Philadelphus coronarıus, Ampelopsis hederacea, Taxus baccata, Acer Pseudoplatanus, Robinia Pseudacacia, Celtis australis, Arlanthus glandulosa). Da ich die meisten derselben im Winter, also in entlaubtem Zustande untersuchte, so wäre man vielleicht geneigt, in dem Mangel jeder stärkeren Saftleitung die Ursache des Ausbleibens der Reaktion zu suchen, allein Monteverde!) prüfte 10 Bäume im belaubten Zustande und fand den Salpeter ebenfalls nur bei einer einzigen Gattung (Sambucus). Wenn man erwägt, dass die obersten Schichten des Bodens vorzüglich Nitrate enthalten und dass diese in den tieferen zu Nitriten und diese schliesslich in noch tiefer gelegenen Bodenschichten zu Ammoniak reduzirt werden, so erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass die Bäume deshalb keinen Nitratgehalt aufweisen, weil diese mit ihren tiefgehenden Wurzeln zumeist nur Ammoniak- verbindungen, aber keine Nitrate vorfinden. Mittelst unserer beiden Reagentien lässt sich auch in höchst ein- facher Weise konstatiren, dass in krautartigen Stengeln die Nitrat be- ziehungsweise Nitritmenge von unten nach oben abnimmt. Zur Unter- suchung dienten Phaseolus multifliorus, Pisum sativum, Solanum tu- berosum, Hartwegia comosa. Fertigt man aus dem Stamme der be- zeichneten Pflanzen von unten nach oben vorschreitend Querschnitte an, legt dieselben am Öbjektträger in eine Reihe und behandelt sie mit Diphenylaminlösung, so werden die dem älteren Stammtheil ent- sprechenden Schnitte tiefblau, die darauf folgenden hellblau, die knapp unterhalb der Vegetationsspitze entnommenen dagegen nur ganz schwach bläulich oder bleiben ganz ungefärbt. Sowie nun die Menge der genannten anorganischen Stickstoffverbindungen in verschiedenen Höhen des Stammes eine verschiedene ist, so ist auch dieselbe über ein und denselben Querschnitt nicht gleichmässig verbreitet. Die mikrochemische Reaktion zeigt vielmehr, dass das Mark und das Rindenparenchym den eigentlichen Sammelpunkt für die Nitrate oder Nitrite bilden. Es liesse sich noch Manches anführen, um zu zeigen, dass die empfohlenen Reagentien in mehr als einer Hinsicht von Nutzen sein De K. Prantl: Helminthostachys zeylanica und ihre Beziehungen etec. 155 werden; allein, da ich meine Beobachtungen im kommenden Sommer ohnedies fortzusetzen gedenke, so will ich die vorliegende kleine Arbeit, welche im pflanzenphysiologischen Institute der Wiener Universität ausgeführt wurde, einstweilen als eine vorläufige Mit- theilung veröffentlichen. 19. K. Prantl: Helminthostachys zeylanica und ihre Beziehungen zu Ophioglossum und Botrychium. Vorläufige Mittheilung. Eingegangen am 25. März 1883. Der Umstand, dass ich durch Herrn Grabowski aus Borneo einige Exemplare der Helminthostachys zeylanica erhielt (leider blieb mein Wunsch, dieselben in Alkohol conservirt zu bekommen, unerfüllt), war Veranlassung, diese Pflanze, von welcher bisher kaum mehr als der äussere Habitus bekannt war, einer möglichst eingehenden Unter- suchung zu unterziehen und mit den beiden anderen, bisher allein ge- nauer studirten Gattungen der Ophroglosseen ın Vergleich zu setzen. Die Resultate meiner Untersuchungen sollen, mit zahlreichen Abbil- dungen versehen, an anderer Stelle ausführlicher veröffentlicht werden; hier erlaube ich mir nur auf einige Punkte aufmerksam zu machen, welche für das Verständniss der Morphologie der Ophioglosseen und ihrer systematischen Stellung besondere Beachtung verdienen dürften. Es sind dies erstens der Bau des Stammes und der die Knospe um- schliessenden Hüllen, zweitens der Strangverlauf im sterilen und fertilen Blatte, drittens die Anordnung der Sporangien. Während Ophioglossum und Botrychium multilaterale Blattstellung besitzen, ist Helminthostachys durch ihr dorsiventrales horizontal krie- chendes Rhizom ausgezeichnet, welches auf dem Rücken zwei Zeilen einander sehr nahe gerückter Blätter, an den Flanken und der Bauch- seite mehrere Reihen Wurzeln trägt. Wie bei vielen anderen Ophio- glosseen wird hier jährlich nur ein einziges Blatt entfaltet; die für die beiden folgenden Jahre bestimmten Blätter sind schon äusserlich zwi- schen dem entfalteten Blatte und der Stammspitze deutlich sichtbar, indess ragen diese Blattanlagen auch hier nicht frei vor, sondern sind von der eigenthümlich gebauten Hülle umschlossen. Entsprechend dem 156 K. Prantl: dorsiventralen Bau des Rhizoms gehört auch die Hülle nur der Rücken- seite an und zeigt folgende Anordnung. Hinter jedem Blatte erhebt sich eine besondere Hülle, welche das noch unentfaltete Blatt über- deckt, seitlich der beiden Blattzeilen der Stammoberfläche angewachsen ist, sich bis gegen den Stammscheitel hin erstreckt und dort mit freiem, spärlich behaarten Saume endigt. An der Vorderseite der betreffenden Blattanlage senkt sich die Hülle gegen die Stammoberfläche zu, ohne diese indess zu erreichen, und erhebt sich über der nächstjüngeren Blattanlage von Neuem; diese letztere ist sonach von einer doppelten Hülle bedeckt, ihrer eigenen und jener des nächstälteren Blattes. Bei der Entfaltung des Blattes wird die zugehörige Hülle quer zur Längs- richtung des Rhizoms an der gewölbten Stelle durchbrochen, die Ein- biegung an der Vorderseite wird zwischen Blattstiel und der folgenden Blattanlage eingeklemmt und der vorderhalb gelegene Theil reisst eben- falls oben der Länge nach auf. Sonach schliesst sich bezüglich der Umhüllung der Blattanlagen Helminthostachys zunächst an Ophioglossum an und unterscheidet sich davon strenge genommen nur durch die dem dorsiventralen Bau und dem frei vorragenden Stammscheitel entsprechende Modifikation der Hülle, welche bei beiden Gattungen als eine Wucherung der Stamm- oberfläche zwischen den Blattanlagen aufgefasst werden muss, im Ge- gensatze zu Botrychium, wo die gleiche Funktion des Schutzes durch die scheidenartigen Blattbasen, und zu den Marattiaceen, wo diese durch besondere, mit Fibrovasalsträngen versehene Auswüchse der Blattstiel- basis ausgeübt wird. Da nun sowohl hier bei Helminthostachys, als auch bei Ophtoglossum der freie Rand der Hüllen stets in Haarbildungen ausgeht, da letztere ferner bei O. palmatum eine beträchtliche Anzahl und Grösse aufweisen und auch von den Flächen der Hülle entspringen, so dürfte die Ansicht berechtigt sein, dass ein Vergleichspunkt dieser so auffallenden Hüllen nur in der sonst bei Farnen stets vorhandenen Bekleidung mit Spreuhaaren gefunden werden kann, dass diese Hüllen gleichsam als verwachsene Spreuhaare aufzufassen seien, oder richtiger ausgedrückt: die Oberflächenzellen, welche bei anderen Farnen getrennt, jede für sich, zu einem Spreuhaar auswachsen, erheben sich hier ge- meinschaftlich zu einer mehrschichtigen Hülle, an deren Rand erst die Haarbildung durch einzelne Zellen erfolgt. Die Anordnung der Wurzeln lässt eine Gesetzmässigkeit nicht er- kennen und ich muss auch für die radiären Stämme von Ophioglossum die von Holle behauptete Beziehung des Wurzelursprunges zu den Blattspursträngen in Abrede stellen. Von den starken Wurzeln, deren Bau dem der übrigen Ophioglosseen entspricht, entspringen nicht selten schwächere Seitenwurzeln von zweifellos lateraler Bildungsweise. Der Verlauf der Fibrovasalstränge im Blatte und seinen Theilen ist mehrfach benutzt worden, um über die eigenartige Stellung des fer- Helminthostachys zeylanica und ihre Beziehungen etc. 157 tilen Blattheils Aufklärung zu erhalten, und auch die jüngste einschlä- gige Untersuchung Holle’s erblickt im Strangverlauf eine Stütze der Ansicht Röper’s, wonach der fertile Blattheil aus zwei seitlichen Seg- menten verwachsen sein soll. Obgleich ich es für unberechtigt halten muss, diese Schlussfolgerung aus dem Strangverlaufe zu ziehen, so er- kenne ich doch in der Art und Weise, wie die ın das Blatt eintreten- den Stränge sich verzweigen, einen morphologischen Oharakter. Die physiologische Aufgabe der Strangvertheilung, der Transport des Was- sers zur Peripherie und die Rückleitung gewisser Assimilationsprodukte, sowie die Gewähr genügender Festigkeit gestattet ja noch, wie wir aus vielfältigen Untersuchungen wissen, eine erhebliche Mannigfaltigkeit der Anordnung, insbesondere der Verkettung der einzelnen Zweige des Strangskelettes, und es sprechen sich gerade in letzterer Anordnung Verwandtschaftsbeziehungen der Arten und Gattungen aus. Da die Angaben Holle’s einiger Erweiterungen und Berichtigungen bedürfen, so sei zunächst der Strangverlauf der beiden anderen Gat tungen, Ophioglossum und Botrychium in Kürze skizzirt. Derselbe tritt für Ophioglossum am deutlichsten an den Arten ge- ringerer Dimension hervor, z. B. an O. lusitanicum. Der am Grund einer Masche des Stammskeletts entspringende Strang giebt an der Ba- sis des Blattstiels alsbald zwei schwächere Aeste nach links und rechts ab, welche als Lateralstränge bezeichnet seien, und welche bis an die Basis der sterilen Lamina den hier ungetheilten Medianstrang begleiten, auf dem Querschnitt die Ecken eines Dreiecks einnehmend. Ist nun das Blatt fertil, so giebt jeder Lateralstrang oberseits einen weiteren Ast ab; diese beiden Aeste vereinigen sich alsbald in der Mittellinie der Oberseite zu dem einzigen in den fertilen Abschnitt austretenden Strang. Derselbe Grundtypus erscheint wieder in den zahlreicheren Strängen des O. vulgatum. Abgesehen von der weiteren Verzweigung der Median- und der Lateralstränge, giebt der fertile Strang (die Kürze mag diesen Ausdruck entschuldigen) wieder sich verzweigende Seiten- stränge ab, von denen die äusseren Zweige in die sterile Lamina über- treten. Im grössten Theile des gemeinschaftlichen Blattstiels sind die sämmtlichen Stränge auf die Peripherie eines Kreises geordnet; erst mit dem Abgang des fertilen Segments breitet sich der sterile Theil in eine nach oben concave Fläche aus. Da bei Anwesenheit vieler Stränge nur Querschnittserien den Thatbestand erkennen lassen, so kann das durch zahlreiche fertile Segmente ausgezeichnete O. palmatum leider zur Zeit nicht hierauf untersucht werden. Es ist indess nach genauer Besichtigung mit der Loupe höchst wahrscheinlich, dass die vorderen Aehren von jenen Zweigen des fertilen Stranges versorgt werden, ‘welche bei O. vulgatum in die sterile Spreite übergehen. Noch sei erwähnt, dass ich einmal, -bei O0. Gomezianum, den fertilen Strang nur von einem Lateralstrang entspringen sah; ob man diese Thatsache für die 158 | K. Prantl: Hypothese verwerthen kann, der fertile Theil sei aus einem seitlichen Segment abzuleiten, sei hier nicht weiter erörtert. Bei Botrychium entspringen die fertilen Stränge ebenfalls von den oberseits liegenden Seiten des sterilen Strangsystems; allein der ur- sprüngliche Blattstrang giebt hier keine Seitenäste ab, sondern gabelt sich in zwei seitlich gelegene Stränge; von jedem derselben entspringt oberseits je einer der beiden in den £ertilen Theil eintretenden Stränge; auch die kleinsten Formen der kleinsten Art, B. simplez, zeigen stets diese paarige Anordnung sowohl im sterilen, als im fertilen Theil. Bei den grösseren Arten, Z. B. B. virginianum können sich die sterilen Stränge noch vor Abgabe der fertilen weiter gabeln; ein Uebertritt von Aesten der fertilen Stränge in den sterilen Blatttheil ist hier aber nie beobachtet worden. Bei Helminthostachys nun bildet das Strangsystem des Stammes eine nur oberseits durch Maschen unterbrochene Röhre. Von der hin- teren Ecke jeder Masche entspingt der für das Blatt bestimmte Strang, welcher sich sofort in zwei seitliche Aeste gabelt. Noch vor dem Aus- tritt in den eigentlichen Blattstiel, noch unterhalb der nach dem Ab- welken verbleibenden Blattnarbe, entsendet jeder Grabelast einen Zweig gegen die Blattoberseite zu, so dass häufig 4 diagonal gestellte Stränge in das Blatt eintreten; es können ındess an der Basıs schon weitere Gabelungen erfolgen. Eine kurze Strecke höher zeigt der Querschnitt 10 auf einer Kreisperipherie liegende Stränge und, der Oberseite ge- nähert, einen Innenstrang, welcher den oberseitigen Strängen sein Xylem zuwendet und sich von einem der oberseitigen Stränge abge- zweigt hat. Genau dasselbe Bild bietet der Querschnitt durch den Stiel des einzigen sterilen Blattes, welches ich zu sehen Gelegenheit hatte, aber der weiteren Untersuchung nicht opfern darf. Daraus folgt, dass die Abgabe der beiden oberseitigen Zweige noch innerhalb des Stammgewebes nicht mit dem Ursprung des fertilen Paares bei Botry- chium verglichen werden darf, sondern die Abgabe der fertilen Stränge erst bei den weiteren Verästelungen und Drehungen der Stränge er- folgt, welche nach Auftreten des Innenstranges stattfinden, welche aber so komplizirt sind, dass sie hier nicht geschildert werden können, ja sich auch nicht im Aufriss darstellen lassen. Das wesentlichste Er- gebniss ist folgendes: Der fertile Blatttheil entspringt an der Stelle, wo der sterile Theil sich in ein medianes und zwei seitliche Segmente theilt; jedes dieser vier Segmente erhält vier diagonal gestellte Stränge, von denen einzelne verschmolzen oder wieder gegabelt sein können. Die Stränge des fertilen Segmentes entstammen zum Theil den schon tief unten vorhandenen Strängen der Oberseite, zum Theil dem Innen- strang, welcher ausserdem für die lateralen und das mediane sterile Segment Stränge abgiebt. Zieht man nun den Vergleich zwischen Helminthostachys und den Helminthostachys zeylanica und ihre Beziehungen etc. 159 beiden anderen Gattungen, so ergiebt sich im Strangverlauf eine ent- schieden grössere Aehnlichkeit mit Botrychium; das Fehlen eines jeden Medianstranges ist beiden gemeinsam; die diagonale Stellung der vier Stränge am Grunde des Blattstiels sowie der Rippen schliesst sich ganz enge an die seitliche Gegenüberstellung der beiden Stränge bei Botry- chium an; auch fehlen in der Blattspreite (deren Nervatur dem „Taenzop- teris-“Typus angehört), wie bei Botrychium, die Anastomosen; eine Eigen- thümlichkeit der Helminthostachys ist dagegen der Innenstrag, sowie die centrische Anordnung der Stränge noch fast durch die ganzen Rippen. Bezüglich der Gewebebildung sei nur kurz erwähnt, dass in dem Mangel jeglichen Sklerenchyms, in dem collateralen Bau der Stränge in Blatt und Stamm, in der Beschränkung einer deutlichen Endodermis auf die unterirdischen Theile, in dem Fehlen des Pallisadenparenchyms, sowie der oberflächlichen Strangendigungen, endlich auch in der ohne vorhergehende Theilung erfolgenden Korkbildung an Stamm und Wurzel vollständige Uebereinstimmung zwischen Helminthostachys und den beiden auderen Gattungen obwaltet. Die auffallendste Eigenthümlichkeit von Helminthostachys ist der fertile Blattiheil, welcher äusserlich betrachtet, ringsum mit Sporangien dicht. bedeckt ist; zwischen den letzteren erscheinen noch grüne Läpp- chen von häufig rosettenartiger Gruppirung. Querschnitte durch eine solche Aehre von mässigen oder geringen Dimensionen zeigen nun zu- nächst eine Vertheilung der Stränge in zwei seitliche Gruppen, inner- halb einer jeden mit centrischer Anordnung; von diesen beiden Seiten, es sind auch dem Ursprung des fertilen Segmentes nach dessen Flanken, entspringen fertile Aestchen, deren weiterer Bau vorläufig unberück- sichtigt sei; diese Aestchen entspringen nur an ganz schmächtigen Aehren einzeln, meist zu zweien oder dreien nebeneinander, mehr oder minder weit miteinander verwachsen und divergiren gegen Ober- und Unterseite des fertilen Segmentes; das Gewebe dieser Flanken zwischen den Aestchen ist von dem der Ober- und Unterseite durch dickere Wände, grössere Festigkeit verschieden. Die erste Anlage dieser Aest- chen konnte an dem für das nächste Jahr bestimmten Blatt untersucht werden. Dasselbe ist an der Basis der Spreite nach vorne übergebogen; die einzelnen sterilen Segmente decken sich ähnlich wie bei Boirychium und bedecken den fertilen Theil. Die sterilen Segmente bestehen nur aus den späteren Rippen; die Flanken, an welchen späterhin die me- sophyllhaltigen Ausbreitungen ansetzen, zeigen meristematischen Cha- rakter. Ganz ähnlich verhält sich die Aehre; die seitlichen Meristem- partien, aus denen die Aestchen hervorgehen, lassen indess schon eine beginnende Theilung an ihrem Umriss erkennen. Somit entsprechen die Aestchen den von der Mittelrippe ausgehenden Nerven, liegen aber nicht wie diese in einer Ebene, sondern divergiren nach der Ober- und Unterseite und weichen dadurch von dem sonst gewohnten dorsiven- 160 -K. Prantl: Helminthostachys zeylanica und ihre Beziehungen etc. tralen Bau der Blatttheile ab. Auch an Querschnitten stärkerer Aehren, deren Stranganordnung etwas differirt, gewahrt man noch das eigen- thümliche Gewebe der Flanken und es sind somit diese letzteren der einzige Ursprungsort der Aestchen. Verräth schon die Anordnung der Aestchen wenigstens eine An- näherung zum centrischen Typus, so sind diese selbst vollständig multi- lateral gebaut. Die kürzeren Aestchen schmächtiger Aehren tragen häufig vier Sporangien, scheinbar einen Quirl bildend; über diesen breitet sich der von einem schwachen concentrischen Strang durch- zogene Stiel in oft vier grüne, beiderseits mit Spaltöffnungen ver- sehene Läppchen aus, in welche je ein Ast jenes Stranges eintritt. Es macht oft ganz den Eindruck, als gehörte immer ein Läppchen zu je einem Sporangium und könnte etwa ein Indusium vorstellen. An üppi- geren Aesten überzeugt man sich aber, dass die Sache anders liegt; die Sporangien stehen hier allseitig mehrfach übereinander und erst . über den letzten erfolgt die läppchenartige Ausbreitung des Stiels; solche Aestchen verzweigen sich auch bisweilen reichlich und zwar ebenfalls nach allen Seiten. Es ergiebt sich hieraus, dass jene Läpp- chen nichts anderes sind, als die steril bleibenden Spitzen der Aest- chen; wo dieselben rosettenartig auftreten, erfolgt eben über den letzten Sporangien noch eine Verzweigung des Aestchens. Diese Deutung wird wesentlich unterstützt durch das Vorkommen verkümmerter Sporangien an diesen Lappen, ebenso wie an der sterilen Spitze der Ophioglossum- ähre oder den meist ganz unscheinbar gewordenen Astspitzen der Botrychium-Rispe. Bei allen drei genannten Gattungen bemerkte ich in solchen verkümmerten Sporangienanlagen hier und da noch eine grosse hypodermale Zelle, welche zweifellos als Archesporium zu betrachten ist. Der Vergleich der drei Gattungen bezüglich der Fruchtbildung gestaltet sich nunmehr folgendermassen. Bei Ophioglossum ist das fertile Segment ungetheilt (von monströsen Vorkommnissen abgesehen) und dorsiventral; die Sporangien stehen dichtgedrängt an den Flanken, etwas gegen die Oberseite convergirend; die zu den einzelnen Sporan- gien gehenden Stränge endigen zwischen denselben und zwar an der akroskopen Seite des zugehörigen Sporangiums; bei Botrychium ist das fertile Segment ähnlich dem sterilen verzweigt, dorsiventral; doch nähern sich die Stränge der centrischen Anordnung, die Sporangien stehen entfernt, an den Flanken der Zweige, deutlich nach der Ober- seite convergirend; ihre Stränge endigen an deren Basis; bei Helmin- thostachys endlich ist das fertile Segment fast radiär; die Aestchen entspringen zwar an den etwas nach der Oberseite convergirenden Flanken, breiten sich aber durch Verzweigung: beiderseits aus, tragen weitere Zweige und die Sporangien allseitig; letztere können bis zu ihrer Basıs Stränge erhalten, entbehren jedoch meistens derselben. Anschliessend an diese Resultate über Helminthostachys mag noch E. Hackel: Ueber das Vorkommen von Calamagrostis phragmitoides ete. 161 erwähnt sein, dass die Untersuchung des Strangverlaufs bei Ophioglossum zu einem genaueren Studium der Nervatur der sterilen Spreite führte. Deren Ergebniss ist die leichtere und sichere Unterscheidung der aller- dings nahe verwandten Arten dieser Gattung. Diese systematische Bearbeitung der Gattung Ophioglossum ergab auch das Resultat, dass die natürliche Verwandtschaft ihrer Arten auf ein Verbreitungscentrum im tropischen Asien hinweist und es könnte, soweit nicht die allerdings zur Zeit höchst spärlichen paläontologischen Daten dagegen geltend gemacht werden könnten, die ganze Familie der Ophioglosseen der Um- gebung des indischen Oceans entstammen, wo Helminthostachys aus- schliesslich vorkommt, von wo die meisten Ophioglossen sich nach Afrika, Europa einerseits, Polynesien und Amerika andererseits, die Botrychien nur nordwärts und erst von dort aus weiter sich verbreitet hätten. 20. E. Hackel: Ueber das Vorkommen von Calama- grostis phragmitoides Hartm. in Deutschland. Eingegangen am 26. März 1883. Vor einiger Zeit erhielt ich von Dr. Christ in Basel ein schönes Exemplar einer undeterminirten Calamagrostis, gesammelt von Zabel am 21. August 1878 auf Wiesen am Frauholles Teich am Meissner in Niederhessen. Ich bestimmte dasselbe als C. phragmitoides Hartm., eine bisher nur aus Schweden, Norwegen und Nord-Russland bekannte Form. Allerdings ist mir das Artrecht derselben zweifelhaft, und glaube ich, dass sie zunächst mit C. Halleriana DC. und diese schliesslich mit C©. lanceolata Rth. zu einer Art werde vereinigt werden müssen, da die unzweifelhaften Mittelformen ziemlich zahlreich und die Differenzen überhaupt nur gering sind. Immerhin bildet sie in diesem sehr poly- morphen Formenkreise, in den auch C. gracilescens Blytt, C. elata Blytt etc. gehören, eine ziemlich gut charakterisirte Form, etwa eine Subspecies, deren geographische Verbreitung bisher nur ein geschlossenes Areal im Norden Europas aufwies. Die Auffindung derselben in Mitteldeutschland an einem Standorte, der durch das für frühere Zeiten wenigstens beglaubigte Vorkommen von Dryas, Rubus Chamaemorus L., und Linnaea für die glacıale Flora eine besondere Bedeutung besitzt, ist daher sehr bemerkenswerth. 11 D.Botan.Ges.1 162 E. Hackel: Ueber das Vorkommen von Calamagrostis phragmitoides etc. Schliesslich bemerke ich noch, dass nach einer Bemerkung des Finders auch Professor Drude die fragliche Pflanze für eine nordische Art erklärt hatte. Schon früher erhielt ich von Herrn Pastor Bertram ein Exemplar derselben Calamagrostis vom Meissner (ge- sammelt 1866), welche er auch richtig als C. phragmitoides bestimmt hatte, das aber so jung war, dass ich die Bestimmung nicht mit Sicher- heit kontrolliren konnte. Nach alledem muss diese Form den dortigen Floristen schon länger bekannt sein, obwohl eine Veröffentlichung über diesen Gegenstand meines Wissens bisher nicht erfolgt ist. Sitzung vom 27. April 1883. 163 Sitzung vom 27. April 1883. Vorsitzender: Herr S. Schwendener. Zu ordentlichen Mitgliedern werden proklamirt die Herren: A. Strähler, Fürstl. Pless’scher Oberförster in Theerkeute bei Wronke, Reg.-Bez. Posen. H. Ross, stud. rer. nat., Berlin, Schlegelstr. 3, Quergeb: II Tr. G. Krabbe, Dr. phil. in Berlin, botan. Institut. Zum ausserordentlichen Mitgliede wird proklamirt: Herr Arthur Mülberger, Dr. med. in Herrenalb (Württemberg). Als ordentliches Mitglied wird vorgeschlagen: Herr Apotheker G. Luckenbach in Berlin N., Philippstr. 13 pttr. (durch Frank und Tschirch). Als ausserordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen die Herren: Dr. Max Kuhn, Oberlehrer in Berlin NW., Luisenplatz 8 (durch Ascher- son und Garcke). stud. rer. nat. Köpert in Berlin N., Invalidenstr. 124 (durch Tschirch und Zimmermann). cand med. H. Kurth in Berlin N., Chausseestr. 117, III. (durch Tschirch und Zimmermann). cand. phil. Paul Richter in Berlin, Haidestr. 53a, Hof III. (durch Prings- heim und Schwendener). Mitglieder-Liste. (Fortsetzung). *) Drude, Oscar, Prof., Dr., Director des Botan. Gartens in Dresden. Ebeling, Ch., W., Dr. in Magdeburg. *Golenz, J., Lehrer in Schönfeld p. Mühlbock. Hallier, Ernst, Prof., Dr. in Jena. Heldreich, Theodor von, Prof., Dr., Director des Botanischen Gartens in Athen. *) Enthält alle diejenigen Mitglieder, welche im Monat April ihren Beitrag entrichtet haben. Berichtigungen fehlerhafter Adressen bittet man zu senden an Herrn Dr. A. Tschirch, Berlin N., Invalidenstr. 36. 164 Mitgliederliste. Holtz, Ludwig, in Greifswald, Langestr. 55. *Hübner, Prediger in Grünhof vor Stettin. Klebahn, H., stud. phil. in Jena, Eichplatz. Lauche, Wr Kgl. Garten-Inspector in Potsdam, Königl. Gärtner-Lehr- anstalt. Leimbach, G., Prof. Dr. in Sondershausen. Loew, E., Dr., Oberlehrer in Berlin SW., Grossbeerenstr. 1. Meyer, Arthur, Dr., Assistent am pharmac. Institut der Universität in Strassburg i. E. Muencke, Rob., Dr. in Berlin NW., Luisenstr. 58. Münter, Prof., Dr. in Greifswald. *Oder in Berlin SW., Charlottenstr. 18. Reinsch, P., F., in Erlangen. Ross, H., stud. rer. nat. in Berlin N., Schlegelstr. 3. Schenk, Prof., Dr., Hofrath in Leipzig. *Scholz, Lehrer a. d. Bürgerschule in Jauer. Sinogowitz, E. in Charlottenburg, Leibnitzstr. 73. Staub, Mor., Prof., Dr. in Budapest, VII. Tabakgasse. Sterzel, J., T., Dr. in Chemnitz, Waisenstr. lc. Strähler, Ad., Fürstl. Pless’scher Oberförster in Theerkeute, Post Wronke. Thüme, Osmar, Oberlehrer ın Dresden. *Yoss, W., Prof., Dr. in Laibach, Oesterreich. Wigand, Prof., Dr. in Marburg. Winter, F., Apothekenbesitzer in Gerolstein (Rheinpreussen). Winter, Dr., Stabsarzt in Soest. Wortmann, J., Dr. in Strassburg ı. E., Botan. Institut. Zopf, W., Dr., Privatdocent in Halle a /S., Jägerplatz 3. Biologische Beobachtungen an Blumen Südbrasiliens. 165 Mittheilungen. 21. Fritz Müller: Biologische Beobachtungen an Blumen Südbrasiliens. Mitgetheilt von Hermann Müller aus Briefen des Autors. Eingegangen am 3. April 1883. I. Cypella Herb. A. Blume, nat. Gr. — Das dem Beschauer zugewandte innere und das von ihm ab- gewandte äussere Blumenblatt ist abgeschnitten. B. Inneres Blumenblatt im Längs- schnitt. C. Spitze der Griffel (2:1). s unbestäubte, s‘ bestäubte Narben. Die prächtige hier zu besprechende Jridee ist auf der Insel St. Catharina und an vielen Orten des Itajahygebietes häufig. Be- merkenswerth ist sie nicht nur durch ihre im Vergleich mit unserer ihr nahverwandten Iris Pseud-Acorus vielfach abweichende Bestäubungs- einrichtung und durch das eigenthümliche Verhalten gewisser unberufener Besucher an ihren Blüthen, sondern auch durch ihr absatzweises Blühen und durch die Art ihrer geschlechtlichen und ungeschlechtlichen Fortpflanzung. Es scheint mir deshalb wohl am Platze, die Beob- achtungen, welche mein Bruder im Verlaufe eines Jahrzehntes nebenbei an ihr gemacht und mir mitgetheilt hat, hier geordnet zusammenzu- stellen. 166 F. Müller: 1. Die Bestäubungseinrichtung. Die flach ausgebreiteten Blumenblätter sind schneeweiss, am Grunde braun gefleckt auf gelblichem Grunde, die inneren in ihrem unteren Theile braun gefleckt, der ungerollte Theil blau, Staubfäden braun, Blüthenstaub blass bläulich, Narben farblos. — Jedes Griffelblatt ist am Ende in 3 spitze Zipfel gespalten, zwei innere und einen äusseren; zwischen dem inneren und dem äusseren Zipfel springt jederseits ein kleines Blättchen vor, dessen obere Seite die Narbe ıst. Die den Griffelblättern anliegenden Staubbeutel springen seitlich auf, so dass der offen gelegte Blüthenstaub zweier Staubbeutel dem zwischen ihnen liegenden inneren Blumenblatt zugekehrt ist. Die am Ende umgerollten inneren Blumenblätter haben unter diesem umgerollten Theile einen stumpfen Vorsprung (a) nach innen und darunter einen solchen (5b) nach aussen, letzterer bildet eine von ersterem überdeckte Tasche (?). Die Gegend dieser Vorsprünge ist mit Haaren bedeckt, die Honig in kleinen Tröpfchen absondern. Natürliche Kreuzungsvermittler dieser Blume wurden von meinem Bruder zum ersten Male am 13. September 1873 beobachtet; es waren Exemplare einer schwarzen Xylocopa-Art, die Frederick Smith vom britischen Museum mir als neu bezeichnete und X. artıfex nannte. Diese, oberflächlich betrachtet, hummelähnlich aussehende Holzbiene von 18— 28 mm Länge fliegt auf den umgebogenen Rand der inneren Blumenblätter auf und kriecht der Mitte der Blume zu, um den Honig aus der Tasche zu verzehren. Durch das Gewicht der schweren Biene wird dabei der obere Theil des Blumenblattes stark nach innen gebogen und der Rücken der Biene streift nun an den diesem Blumenblatt zu- gewandten Hälfıen der benachbarten Staubbeutel hin. Beim Besuch der nächsten Blüthe wird ein rundliches Häufchen von Blüthenstaub auf den dem betreffenden Blumenblatt zugekehrten Narben zweier Griffelblätter abgesetzt. Mehrere der am 13. September 1873 mit dem Besuche dieser Iridee eifrig beschäftigte Xylocopa hatten einen breiten weissen Pollenstreifen auf dem Rücken. So lange mein Bruder ihnen zusah, flog keine von einem Blumenblatt auf ein anderes derselben Blüthe, sondern immer auf eine andere Blüthe. Auch eine blaugeflügelte schwarze Hummel, Bombus violaceus L., ist nach späteren Beobachtungen meines Bruders ein häufiger Besucher derselben Blume; auch sie ver- tährt in der beschriebenen Weise. Ganz anders ist dagegen 2. Das Verhalten gewisser unberufener Besucher. Am 20. August 1882 schrieb mein Bruder von derselben Cypella- art: „Mit dem 30. Juli hat die Blüthezeit dieser Art begonnen;?) heute 1) Zwei ausser der Zeit blühende Blüthenstengel derselben Cypella-Art hatten erst am 16. Juni aufgehört zu blühen. Biologische Beobachtungen an Blumen Südbrasiliens. 167 entfaltet sie zum ersten Male ihre volle blendende Pracht; 233 Blumen erschlossen sich am Saume des Weges in meinem Garten; wo dieselben dicht beisammen standen, war das Weiss der grossen Blumen im buch- stäblichen Sinne blendend, den Augen wehe thuend. — Als ich gegen 8 Uhr ging, die Blumen zu zählen, fand ich bei denselben eine ziem- liche Zahl Arapuäa (Tr. rufierus.)!) Es war merkwürdig, wie ungeschickt sie sich in dieser, wie Delpino sagen würde, nicht für sie prädesti- nirten Blume benahmen. Zunächst fiel mir ihr langes schwankendes Schweben auf; ob welche weggeflogen, ohne sich überhaupt zu setzen, wie es mir schien, kann ich nicht bestimmt sagen. Alle landeten am seitlichen Rande des zurückgerollten Blumenblattes. Die erste, die ich ins Auge fasste, ging nun langsam suchend auf diesem Blumenblatt umher, öfter mit dem Munde auf einer oder der andern der auf blauem Grunde gezeichneten weissen Linien hinfahrend; sie lugte auch wieder- holt in die durch das Einrollen des Blattes gebildete Röhre und flog endlich ohne Ausbeute weiter; ich folgte ihr auf sechs Blumen, wo sie sich ebenso benahm und verlor sie dann aus den Augen. — Wie ihr ging es der grossen Mehrzahl. — Einige aber waren glücklich in der Mitte des Blumenblattes abwärts gehend über den hier vorspringenden Wulst zu den von diesen überdeckten honigabsondernden Haaren ge- langt und saugten nun sehr emsig und anhaltend. Da sie mit den Fühlern an die vor ihnen befindlichen Honighaare stiessen und sie so besudelten, standen sie öfter stille, um sich mit den Vorderbeinen zu putzen. — Andere hatten den blassblaulichen wenig in die Augen fallenden Blüthenstaub entdeckt und mit den 4 hinteren Beinen an dem vorspringenden Wulst des Blumenblattes sich haltend, kratzten sie mühsam mit den weit vorgestreckten Vorderbeinen einige Körnchen los — zwei oder drei erfassien von demselben Standpunkte aus die Spitze des Griffels und kletterten zu demselben hinüber, um nun eine reiche Last von Blüthenstaub mühelos zu sammeln. — Gegen 11 Uhr war die Zahl der Arapuäs etwa dieselbe wie am Morgen; das reiche Blumenfeld musste also wenig Beifall gefunden haben, sonst würde jetzt eine ganze Wolke von Arapuäs es umschwärmt haben (wie sich z. B. eine ganze Wolke von Cagafogos”) an einer eben in Blüthen stehenden Butia-Palme sammelt). Viele betrugen sich noch ebenso wie am Morgen; andere aber wussten jetzt, was sie wollten und flogen ohne Zögern auf die Mitte des Blumenblattes, um sofort entweder zum Honig vorzudringen oder auf den Griffel hinüber zu klettern und Blüthenstaub zu sammeln. — Nur zwei sah ich diesen mühsameren Weg zum Blüthenstaub sich dadurch ersparen, dass sie 1) Trigona rufierus Latr., eine der dort häufigsten stachellosen Honigbienen, we- nig grösser als unsere Stubenfliege. 2) Trigona cagafogo H Müll. Nature Vol. X. p. 31. May 14, 1874. 168 F. Müller: sofort an die dem Griffel anliegenden Staubbeutel anflogen und eine einzige vom Boden der Blume aus zum Honig vordringen. — Hummeln, die legitimen Bestäuber der Blumen, waren heute nicht da, sondern ausser den Arapuäs nur, in wenigen Stücken, ein blüthenstaubfressender Käfer. — Die Staubbeutel waren an sehr vielen Blumen von den Arapuäs geplündert, aber nur sehr wenige Narben und diese meist nur dürftig, mit Blüthenstaub belegt worden. — Beachtenswerth scheint mir hierbei erstens, wie ungeschickt eine der höher stehenden Bienen sich an einer Blume benahm, die ihr reichlich und leicht zugänglich Honig und Blüthenstaub bietet, zweitens, wie merkliche Fortschritte sie in deren Ausbeutung im Laufe weniger Stunden machte; drittens die unscheinbarere Farbe des Blüthenstaubes scheint auch hier!) als Schutz gegen unberufene Gäste zu dienen; hätte er seine gewöhnliche gelbe Farbe, so würde kaum eine Arapuä gezögert haben, ihm sofort zuzufliegen.“ Ausserdem scheint mir die vorstehende Beobachtung meines Bruders ein guter Beleg dafür zu sein, dass durch den Zudrang unberufener Gäste der Besuch der eigentlichen Kreuzungsvermittler beschränkt wird. 3. Das absatzweise Blühen. Dieselbe Cypella hat noch eine andere bemerkenswerthe Eigen- thümlichkeit, die sie nach meines Bruders Beobachtung noch mit mehreren dortigen Eintagsblumen?) theilt, für die aber aus der deut- schen Flora meines Wissens kein Beispiel bekannt ist. Die Blüthen erscheinen nämlich derart absatzweise, dass an einem Tage Hunderte sich entfalten und dann viele Tage, selbst mehrere Wochen, die Pflanze ganz blüthenlos dasteht oder höchstens eine oder die andere vereinzelte Blüthe sich entfaltet. So blühten z. B. 1877 in meines Bruders Garten am 24./11.: über 40 Blumen; 25./11.: 1 Blume; 28./11.: 5; 3./12: 4; 4./12.: 5; 5./12: 47; 12./12.:4; 13./12. über 40; 14 /12: 15; 15./12: 33; 18./12.: 3; 20,/12: 3; 21./12.: 1; 22./12.: 19, 24.12. 4 Roprız 30./12.:: 369! 31./12.: 4.3) Im vorigen Jahre (1882) hatte nun mein Bruder ausser der bis- her besprochenen noch eine andere grössere Cypella-Art in seinem Garten, die zu blühen begann, als die Blüthezeit der ersteren bereits 1) Wie bei Heeria (Bot. Jahresber. 1880. I. Abth. S. 141) und einigen anderen Blumen. 2) z. B. bei einer baumartigen Cordia, die auf mehrere stachellose Honigbienen eine besondere Anziehung ausübt. Ein Baum derselben hatte im Garten meines Bruders im Jahre 1874 seine Hauptblüthentage am 11, 17. und 21. Januar; weniger voll blühte er dann noch am 23., 26, 30. und 31. 3) Diese Angaben sind noch eingehender bereits in meiner Arbeit „Die Wech- selbeziehungen zwischen den Blumen etc.“ in Trewendt’s Encyclopädie Bot. Bd. I. S. 41 mitgetheilt und hier nur des Zusammenhangs wegen kurz wiederholt. Biologische Beobachtungen an Blumen Südbrasiliens. 169 fast ganz vorbei war. Doch trieb die kleinere Art nach ihrer eigent- lichen Blüthezeit noch 2 Blüthenstengel, während gleichzeitig die erstere deren 11 hatte. So bot sich meinem Bruder die willkommene Gelegen- heit, beide Arten zu kreuzen!), zugleich aber auch die Blüthentage beider zu vergleichen. Es blühten 1882 P 21. 30. am 8. 8. 16. 20. 29. 30.| 9. 19. 30.) 3. 7. 8. 16. 7 A Mi Juni März. Blumen der - Cy- | pallanı si", . . 18115] 51381 — 12916/1917 32/|21]| 2) — |55| 2 Blumen der a Oy- pela. . ». 2 ...183 5I—| 4) 4I—| 41—|—| 4—|—| 11—| 3 an den dazwischen liegenden Tagen keine einzige Blume! Die Blüthen- tage waren bald warm und sonnig, bald Regentage und 2 Mal waren sie so kalt, dass die Blumen sich gar nicht ordentlich öffneten, sondern ungeöffnet verwelkten. Man müsste gleichzeitig genaue Wetterbeob- achtungen machen, um diesem so überraschenden Zusammenfallen der Blüthetage der beiden sehr verschiedenen Cypellaarten auf den Grund zu kommen. 4. Geschlechtliche und ungeschlechtliche Fortpflanzung. Im unteren Flussgebiete des Itajahy bringt die kleinere Cypella so gut wie niemals Früchte. Mein Bruder hatte seit etwa 20 Jahren darauf geachtet; auf der Insel St. Catharina hatte er nie eine Frucht gesehen; ein einziges Mal sah er einige Früchte an einer Pflanze in seinem Garten, ein zweites Mal etwa 40 km von da flussabwärts. Die Pflanzen vermehren sich dadurch, dass am Ende der sich niederlegen- den Stengel junge Pflanzen sich entwickeln. Eine gute Tagereise weiter oben am Fluss bringt Cypella reichlich Frucht. Mein Bruder war dadurch schon längst zu der Vermuthung geführt worden, dass diese Cypella selbststeril sei und dass alle Pflanzen des unteren Itajahy- gebietes Theilstücke eines einzigen Stockes seien. Diese Vermuthung fand im Jahre 1877 ihre Bestätigung durch den Versuch. „Ich hatte im März,“ schreibt mein Bruder am 8. December 1877, „Pflanzen von oben mitgebracht und habe diese nun mit hiesigen gekreuzt; sowohl die fremden Pflanzen mit hiesigem Blüthenstaub als die hiesige mit fremdem haben Frucht angesetzt. Gleichzeitige Bestäubung hiesiger Pflanzen mit hiesigem Blüthenstaub blieb erfolglos. Es sind also wohl alle hiesigen Pflanzen geschlechtslos entstandene Nachkommen einer einzigen Mutterpflanze, die einmal aus ihrer eigentlichen Heimath am oberen Flusse hierher verschlagen worden ist.“ 1) Die kleine Art ist völlig selbststeril, die grosse fruchtbar mit eigenem Blü thenstaub. 170 T. F. Hanausek: 22. T. F. Hanausek: Ueber eine neue Form der Rosa collina Jacg. Eingegangen am 5. April 1883. Als nächst verwandte Form der Rosa collina Jaeg. wird Rosa corymbifera Borkh. ap. Desegl. angegeben. Als Abänderung der letzte- ren bezeichnet J. B. Keller in den Nachträgen zur Flora von Niederösterreich von Halacsy und Braun Rosa catarractarum Borbäs!) und bringt unter diese eine von J. Kerner und mir beob- achtete, ursprünglich als R. Deseglisü Boreau bezeichnete Form unter, die wohl mit R. catarractarum viele Merkmale gemein hat, sich aber durch einige wesentliche, sowohl von R. catarractarum, als auch von R. Deseglisii und corymbifera gut unterscheiden lässt. Zum mindesten kann diese neue Form als gleichwerthig mit R. catarractarum angesehen werden und wie diese eine Sonderstellung beanspruchen. Der einzige, bis jetzt bekannte Fundort ist Oberbergern bei Mautern in Nieder- Oesterreich, wo sie in wenigen, von den in der Nähe befindlichen Sträuchern anderer Caninen schon habituell auffällig sich unterscheiden- den Exemplaren vorkommt. In Ermangelung einer besseren Bezeich- nung möge sie einstweilen Rosa collina forma Oberbergensis genannt werden. | | Hier folgt eine kurze Beschreibung, die die Aufstellung dieser neuen Form rechtfertigt. Mässig grosser, lockerästiger Strauch, Zweige theils aufrecht, theils ausgebreitet; Stacheln gleichförmig, plattgedrückt mit grosser Basis, lang, fein zugespitzt, stark hackig bis sichelförmig, abwärtsgekrümmt, hellgelbbraun. Blattstiele sehr lang, mit wenigen, feinen, hackig gekrümmten, gelblichen oder röthlichen Stacheln besetzt (wie R. collina Jacgq.), dichtflaumig. Blättchen 5—7, an den Blüthenzweigen mitunter zu 3, sitzend, gross, breit ellip- tisch spitz oder fast rundlich, am Grunde immer abgerundet, das End- blättchen grösser; oberseits dunkelgrün, mit zerstreuten feinen Här- chen bedeckt (Blättchen von R. catarractarum B. sind oberseits kahl) unterseits blasser, graulich, auf den Rippen stärker, auf der Lamina schwächer weissbehaart, beide Blattflächen zur Fruchtzeit fast kahl wer- dend; Sägezähne einfach, aus breiter Basisgeschwungen zugespitzt, mit häufig divergirenden Haarspitzen versehen. Länge der Blättchen 30 bis 45 mm, Breite 20—30 mm. Blüthenstand theils zusammengesetzt corymbos, theilsnur dreiblüthig. Nebenblätter und die grossen Deck- blätter am Rande gewimpert und drüsig. Blüthenstiel verschieden lang, mit 1) Nachträge etc. p. 262. A. Tschirch: Untersuchungen über das Chlorophyll. 171 starken Stieldrüsen ziemlich dicht besetzt; Receptakel eiförmig, stets an der Basis mit gelblichen Stieldrüsen ziemlich dicht be- setzt, im übrigen kahl. Kelchzipfel lang, schmal gesägt, vorne lanzett- lich verbreitert, auf der Innenseite und an den Rändern flaumhaarıg und ziemlich stark drüsig, herabgeschlagen. Blüthenblätter rosa- bis fleischfarbig, breit herzförmig oder fast dreieckig, 20—25 mm lang 25—30 mm breit, Blüthen daher ziemlich gross und auffällig. An- theren und Griffel wie bei Rosa collina Jacg. Scheinfrucht eiförmig bis eikugelig, an der Basis mit wenigen langen Stieldrüsen be- setzt, lebhaft glänzend, orangeroth, spät reifend. Eine stattliche, präch- tige Form. — Von R. corymbifera Borkh. ap. Desegl. unterscheidet sich R. Oberbergensis durch die stieldrüsigen Blüthenstiele und die am Grunde abgerundeten Blättchen, von R. catarractarum Borbäs durch den Habitus, die beiderseits behaarten Blättchen, durch die breiten mit divergirenden Haarspitzen versehenen Sägezähne der Blättchen, von R. Deseglisii Boreau durch „schwächere Behaarung, breite Stipula, drü- sige Kelchzipfel, durch die etwas bestachelten Blattstiele und die grossen eiförmigen Scheinfrüchte.“ (Keller.) 23. A. Tschirch: Untersuchungen über das Chlorophyll. IM.) (Schluss.) Eingegangen am 14. April 1883. Der Umstand, dass alle Chlorophylllösungen, selbst die aus den Pflanzen, welche einen fast ganz neutralen Zellsaft besitzen, dargestell- ten sich nach und nach unter Chlorophyllanbildung zersetzen, veran- lasste mich die Versuche mit alkalischen Chlorophylllösungen wieder aufzunehmen. In der That zeigen alkalische Chlorophylllösungen niemals Hypo- chlorinabscheidungen. Andererseits aber kann kein Zweifel darüber bestehen, dass die Zersetzung in einer anderen Richtung vor sich ge- gangen ist, die Veränderungen des Spectrums von Chlorophylllösungen bei Zusatz von Alkalien sind bereits mehrfach Gegenstand von Unter- 172 | A. Tschirch: suchungen gewesen!). COhautard?) fand, dass bei demselben eine Spaltung des Streifens im Roth, den er passend bande specifique nennt), eintritt. Ich kann diese Spaltung für eine grosse Anzahl von Fällen bestätigen, bisweilen sah ich sie jedoch nicht auftreten ohne den Grund dafür auffinden zu können. Auch den von Chautard (a.a. O.) „bande accidentelle* genannten schmalen Streifen im Roth habe ich bei Kalieinwirkung auftreten sehen. Neben dieser Spaltung des Streifens ım Roth ist aber besonders die starke Verschiebung aller Streifen gegen blau, das Verblassen von Streifen II und IV und das fast völlige Verschwinden von Ill bemerkenswerth. Dies Verblassen der mittleren Streifen (bandes surnumeraires) ist sowohl für alle alka- lischen Lösungen des Ohlorophylis, als für die Lösungen der Chloro- phyllansäure- Alkalien*) charakteristisch. Trotzdem die alkalischen Chlorophylllösungen dieselbe prachtvoll smaragdgrüne Farbe und die- selbe blutrothe Fluoreszenz besitzen, wie die auf gewöhnlichem Wege dargestellten, so lässt sich doch schon aus diesen spektroskopischen Aenderungen eine chemische Veränderung des Chlorophylis erschliessen. Dieselbe scheint in der Weise vor sich gegangen zu sein, dass das Kalısalz einer neuen Säure, die ich Ohlorophyllinsäure nennen will, entstanden ist, (diesen Körper nennt O. Kraus Chlorinkalı°)). Denn wenn man diese alkalischen Lösungen mit Bariumchlorid füllt, so erhält man einen prachtvoll grünen Niederschlag, der in Alcohol gelöst dasselbe Spectrum zeigt als die ursprüngliche alkalische Kalisalz- lösung. Es ist also offenbar das Barytsalz der Chlorophyllin- säure entstanden. Eine alkoholische Lösung dieses Barytsalzes (dar- gestellt aus Graschlorophyll) zeigte bei mittlerer Dicke der Schicht fol- gendes Spectrum: Band I von A=617 bis A=62, dunkel, gegen Roth scharf be- grenzt, „ I „ A=60 „A=58, mit I durch einen Schatten verbunden, „lı „ 4=56°, 22253 sehr mat „IV „ A=54 „ A=52, mit der Endabsorption durch einen Schatten verbunden, »„ V „ Ae5l bis zum Ende. 1) Fremy, Recherches chimiques sur la matiere verte des feuilles. Compt. rend. 61 (1865) 2, p. 189. Chautard, Modifications du spectre de la chlorophylle sous linfluence des alkalis, Compt. rend. 76, p. 570 u. and. 2) a. a. O. p. 570. 8) Classification des bandes d’absorption de la chlorophylle etc. Compt. rend. 76 (1873) p. 1273. 4) Hoppe-Seyler, Ueber das Chlorophyll der Pflanzen. Zeitschr. für phys. Chem. V, p. 75. 5) Flora 1875, p. 157. Auf die Ansichten dieses Forschers komme ich später eingehender zurück. Untersuchungen über das Chlorophyll. 173 Band I erscheint in dünnen Schichten gespalten, die beiden Strei- fen liegen alsdann: Band Ia von A=56 bis A= 55, al Deren A AI Die Lösungen des chlorophyllinsauren Kalıs kann man auf verschiedene Weise darstellen. Entweder zieht man die Blätter mit kalı- haltigem Alkohol aus, dampft ein, nimmt abwechselnd mit Alkohol und Wasser auf und schüttelt die wässrige Lösung mit Aether in dem nun (ebenso wie in Benzin) das Chlorophyll völlig unlöslich geworden ist, — oder man zieht die Blätter direkt mit kalihaltigem Wasser, in dem das Chloro- phyll völlig löslich ist, aus!), dampft die Lösung auf ein Drittel des Volumens ein, schüttelt mit Aether und dampft bis nahe zur Trockne. Dabei scheiden sich dunkelgrüne Massen aus, die, in Wasser völlig löslich, an Alkohol nur den Farbstoff und etwas überschüssiges Kalı ab- geben. Im braunen flüssigen Rückstand sind die anderen Verunreini- gungen neben Kalicarbonat enthalten. Diese alkalische Lösung des chlorophyllinsauren Kalis, die ihrem ganzen Verhalten nach mit den ursprünglichen wässrigen alkalı- schen Auszügen völlig übereinstimmt, kann direkt mit Baryt gefällt werden. Die Lösung des chlorophyllinsauren Kalis in Alkohol und Wasser, in denen es sich in jedem Verhältniss löst, sieht äusserlich ganz wie eine normale Ohlorophylllösung aus. Sie ist dunkelsmaragd- grün und fluoreszirt stark. Bestimmt man die Art des Fluorenszenz- lichtes, so ergiebt sich, dass es gleichfalls aus fast homogenem Roth besteht. Dagegen erscheint das rothe Band ebenso wie das Absorp- tionsband, im Vergleich zur normalen Ohlorophylllösung, gegen blau verschoben. Es erstreckt sich von 4 = 62 bis A = 67, auch ist der gegen das Roth zu liegende Streifen der hellere. Das Lichtminimum liegt zwischen A = 65 und A = 66. Sowohl diese Lösung wie die des Barytsalzes lassen sich durch Aether-Salzsäure leicht zersetzen. Man erhält alsdann im Aether die Oxydationsprodukte der freien Säuren (die reinen Säuren sind auf diesem Wege nicht darzustellen), die, was die Lage der Streifen betrifft, im Allgemeinen mit den Chlorophyllanlösungen übereinstimmen?), 1) Beim Studium der Literatur, gelegentlich der Zusammenstellung der Resul- tate fand ich, dass die Löslichkeit des Chlorophylis in verdünnter Kalilauge schon Chautard (Compt. rend. 76, p. 570) bekannt war. Auch Fremy erwähnt (Compt. rend. 84, p. 984), dass er durch Guillemare und Lecourt mit der Löslichkeit des Chl. in kaustischem Natron bekannt geworden sei. 2) Von allen Bändern am veränderlichsten in seiner Lage ist Band IV. Ich fand es bei verschiedenen Körpern der Chlorophyligruppe liegend bei ı=53 bis A=545, ı=52 bis A=53,5, ı1=535 „ A=55, ze B3hr,nde 55,5; ı=525 „ 41=545, i=-515, 1=58,2. 174 A. Tschirch: jedoch die sehr bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit zeigen, dass, wie in den Kalı- bez. Barytsalzlösungen die mittleren Bänder II—IV nur matt resp. gar nicht erscheinen, so auch hier die Bänder viel schwächer, sowohl was ihre Breite als Absorptionsgrösse betrifft, entwickelt er- scheinen — ein neuer Beweis, dass wir es bei der Verseifung mittelst Kalilauge mit einer Zersetzung des Chlorophylis zu thun haben. Das Produkt, welches man, wenn man das aus Kalıgraschlorophyll dargestellte Barytsalz mit Salzsäure-Aether behandelt, im Aether gelöst erhält, zeigt bei mittlerer Dicke der Schicht folgendes Spectrum: Band I von A=67 bis A= 62, dunkel, gegen gelb abschattirt, „41 ,„ A=6l „ Y=59, mit I durch einen Schatten verbunden, „DI „ A=565 „ A=55, sehr matt, Na EBEN HE—IEZ, „IVb,„ A=51,3 „ A=49, dunkel, durch einen Schatten mit der Endabsorption ver- bunden, „ V „ A=475 bis zum Ende continuirliche Endab- sorption. Band I erscheint in dünneren Schichten doppelt. Die Skala der Helligkeit der Bänder ist hier: 1:VIVB 0 TVa, IT Dass wir es auch hier ebensowenig wie bei dem Chlorophyllan mit einer freien Säure zu thun haben, geht daraus hervor, dass es nicht gelingt, durch Zusatz von Alkalien die ursprüngliche grüne Lösung wieder zu erzeugen, man erhält vielmehr andere Salze, die in die Chlorophyllangruppe gehören.!) Auf diese Derivate komme ich später eingehender zurück. Hier bemerke ich nur, dass sie leicht zersetzlich sind und ihre Spectren sich oft schon nach kurzer Zeit ändern. Ihre Lösungen sind grün, olivenfarben oder braun und fluores- ziren stark; auch lösen sie sich in Salzsäure mit blauer Farbe, geben aber beim Verdünnen mit Wasser oder Eindampfen der salzsauren Lösung andere Derivate wie die Phyllocyaninlösungen. Auch bei diesen Derivaten sind die mittleren Streifen matter als bei dem Spectrum des Chlorophyllans. Zu ihnen müssen wir auch das von Kromeyer?) untersuchte Phyllocyanin rechnen. Dass aus dem Chlorophylimoleküle beim Behandeln mit Kalilauge ein Körper abgespalten wird, zeigt auch die Ausschüttelung der wässrigen chlorophyllinsauren Kalilösung mittelst Aether: derselbe wird intensiv gelb gefärbt. Dieser gelbe Körper, der bisweilen in rhombi- schen Täfelchen krystallisirt, ein sehr hohes Färbevermögen und einen 1) Sie besitzen Streifen IVb. 2) Zerlegung des Chlorophylis in einen blauen und einen gelben Farbstoff in Archiv der Pharmac. CLV. Bd., p. 164 u. flgd. Untersuchungen über das Chlorophyll. 75 intensiven an Ürocus erinnernden Geruch besitzt, zeigt seine Zu- gehörigkeit zur Chlorophyligruppe durch einen Doppelstreifen im Roth; es liegt: Band Ia von A=66,5 bis } = 65, ik A Bahn Ar, Dieser Doppelstreifen tritt ın dicken Schichten deutlich hervor. Versetzt man die G. Kraus’sche Benzinlösung des Chloro- phylils!) (Kyanophyll G. Kraus) mit Natrium, wie Sachsse?) that, so erhält man mit der Zeit einen schönen grünen Niederschlag, der sich ebenfalls nur in Wasser und Alkohol, nicht in Benzin, löst. Es ist dies das Natriumsalz der Chlorophyllinsäure, welches sich mittelst Kupferverbindungen leicht in das Kupfersalz überführen lässt. Diese Salze zeigen deutlich die oben angegebenen Kriterien der chloro- phyllinsauren Salze: Verschiebung der Streifen gegen blau, Verblassen der mittleren Streifen und Abwesenheit von IVb. Dass wir es that- sächlich hier mit Salzen zu thun haben, scheint mir mit Sicherheit aus der Unmöglichkeit, den Aschengehalt durch wiederholtes Auflösen weder zu entfernen, noch überhaupt herabzudrücken?), hervorzugehen. Ich bin der Ansicht, dass die so entstehenden Verbindungen mit denen identisch sind, die ich durch direktes Ausziehen chlorophyllhaltiger Organe mit verdünnter Kalilauge erhielt, d. h. dass es chlorophyllin- saure Salze sind. Das über dem Niederschlage stehende Benzin ist goldgelb gefärbt und besitzt ausser den drei Streifen im Blau deutlich den Chlorophylistreifen im Roth. Auch hier ist also bei der Behand- lung mit Natrium ein gelber Körper abgespalten worden. Verwendet man zur Zersetzung des Chlorophylis statt Kali oder Natron Barythydrat, wie Fremy) es that, so spaltet sich gleich- falls ein gelber in Alkohol löslicher Körper ab?) und ein in Alkohol, Wasser und Benzin unlösliches Barytsalz bleibt zurück, welches mit Salzsäure- Aether zersetzt eine blaugrüne Säure, die sich leicht mit Basen zu Salzen verbindet, abspaltet, und die ihrem spektroskopischen Verhalten nach ebenfalls in die Chlorophyllangruppe gehört, für die ich oben das Vorhandensein von Streifen IVb als charakteristisch angab. Ob die in den drei oben angeführten Fällen gebildeten gelben Körper identisch oder nahe verwandt sind, kann ich noch nicht ent- 1) Zur Kenntniss der Chlorophylifarbstoffe und ihrer Verwandten. p. 3. 2) Phytochemische Untersuchungen. I. Leipzig 1880, p. 4. 3) Vergl. auch Sachsse a.a. O. p. 16 u. flgd. 4) Compt. rend. 84, 2 (1877) p. 985 und 61, 2 (1865) p. 190. 5) Dieser Körper ist nicht mit dem durch Salzsäure entstehenden Phyllo- zxanthin Fremy’s (Compt. rend. 50 (1860) p. 405), wie letzterer Forscher meint, identisch. Auch durchaus von dem durch schwachen (62°) Alcohol aus ChlorophylI- extracten ausziehbaren gelbgrünen Körper, (Fremy, Compt. rend. 84 (1877) p. 985) verschieden, wie schon die spektroskopische Prüfung lehrt. 176 | A. Tschirch: scheiden, ersteres erscheint mir nicht wahrscheinlich. Ich werde sie, um nicht noch mehr Namen einzuführen, Xanthophylle nennen.!) Dass wir es hier thatsächlich mit Zersetzungsprodukten des Chloro- phylis selbst zu thun haben, ist ausser Zweifel, da in allen Fällen die das Chlorophyll normal begleitenden gelben Farbstoffe (Xanthophyll G. Kraus) theils durch Ausfällen des Chlorophylis nach der weiter unten zu beschreibenden Methode, theils durch die Kraus’sche Benzin- trennungsmethode entfernt wurden. Denn es ist zweifellos, dass gelbe Farbstoffe von geringerer Löslichkeit in Alkohol das Chlorophyll normal begleiten und mechanisch damit im Korn gemengt sind. Es geht dies schon sowohl aus dem Fundamentalversuch von N.L.C. Müller, der eine Chlorophylllösung verdampfte und am Rückstand über dem grünen einen gelben Rand beobachtete, wie der G. Kraus’schen Ben- zinscheidungsmethode mit Sicherheit hervor?) Man kann sie aber doch ebensowenig wie die anderen, das Chlorophyll begleitenden Sub- stanzen als Chlorophyllbestandtheile auffassen. Diese gelben Farb- stoffe besitzen meist noch alle Üriterien?), die sie als zur Chlorophyli- gruppe gehörig erkennen lassen. Im vorigen Sommer haben mir eine Anzahl von Spectralbeobach- tungen gezeigt, dass auch die gelben und rothen Farbstoffe vieler Blumenblätter und Fruchtschalen, ja selbst unterirdischer Organe in nahen Beziehungen zum ÜÖhlorophyll stehen müssen. Für die ersteren hat Pringsheim*) dies bereits als wahrscheinlich hingestellt und eine Anzahl von Pflanzen namhaft gemacht, deren Blüthenblätter mit Alkohol extrahirt in dicken Schichten deutlich den Chlorophylistreifen im Roth (bande specifique) zeigen. Dass genetische Beziehungen zwischen den Farbstoffen und dem Chlorophyll bestehen müssen, zeigt ja auch die Entwicklungsgeschichte vieler dieser Farbstoffkörper, die direkt aus den Chlorophylikörnern entstehen. Die spektralanalytischen Beobachtungen dieser gelben Farbstoffe, die Pringsheim angestellt hat, kann ich bestätigen. Von gelben Blüthenfarbstoffen, die in alkoholischer Lösung den specifischen Streifen im Roth und auch mehr oder weniger deutlich die anderen zeigten, erwähne ich hier noch (ausser den schon von Pringsheim 1) Es dürfte sich überhaupt empfehlen mit der Einführung neuer Namen so lange zu warten bis die zu benennenden Körper genau studirt und als Individuen erkannt sind. 2) Auch Pringsheim ist geneigt anzunehmen, dass gelbe Farbstoffe das Chlo- rophyll normal begleiten (Ueber die Absorptionsspektren der Chlorophylilfarbstoffe, Sitzungsber. d. Berliner Akad. Oktober 1874, p. 31.). 3) Unter solchen Criterien verstehe ich hier wie später das Vorhandensein des Chlorophylistreifens im Roth und deutliche Fluorescenz. 4) a. a. 0. p.11 u. figd. Untersuchungen über das Chlorophyll. 177 untersuchten) Mimulus luteus, Crepis spec., Tagetes patula und erecta Helianthus annuus, Calendula officinal., wie überhaupt viele Compositen, ferner Sinapis und Crocus (Narben). Von rothen Blüthenfarbstoffen fand ich den Chlorophyll- streifen bei Cereus speciosissim., Potentilla spec., Pelargonium zonale, Ca- melia japonica, Rubus spec., Ribes alpin., Papaver Rhoeas, Physalis All- kekengi (Arillus) und Begonia manicata, ferner bei Farbstofflösungen aus den Fruchtschalen von Capsicum annuum und den dunkelblauen Beeren von Atropa Belladonna. Aber nicht nur oberirdische Organe enthalten Farbstoffe der Chlorophyligruppe, sondern auch in unterirdischen findet man auf- fallenderweise dergleichen. So enthalten z. B. die Radieschen in ihrer Schale einen solchen Farbstoff, der neben zwei Streifen ım Gelb und Grün deutlich den Öhlorophylistreifen bei C zeigt. Noch näher dem Chlorophyll steht der schön krystallisirende Farbstoff der Mohrrüben, das Daucin. Am auffallendsten jedoch ist es, dass auch die Lösung des blau- grünen Farbstoffes des grünfaulen Holzes den ÜOhlorophylistreifen zeigt. Schon ganz dünne Schichten lassen keinen Zweifel über das Vorhandensein von Streifen I und II (des Chlorophylis). Dieser Farb- stoff, welcher bekanntlich den Namen Xylindein (Xylochlorsäure)!) trägt, löst sich leicht in Chloroform, nicht in Alcohol. Es versteht sich wohl von selbst, dass bei Herstellung der Lösun- gen aller dieser Farbstoffe auf das sorgfältigste verfahren wurde und dass keine Spur eines auch nur ganz mattgrün gefärbten Blättchens in die Lösung kam. Eine merkwürdige Uebereinstimmung besitzt der gelbe Farbstoff der Wurzeln von Daucus Carota mit dem gelben Farbstoffe, den ich durch Ausschütteln der alkalisch-wässrigen Chlorophylllösung mittelst Aether erhielt. Er zeigt nämlich in alkoholischer Lösung, wie dieser, eine Spaltung des Streifens im Roth. Zwischen allen diesen Farbstoffen und dem Chlorophyll bestehen daher sicher Beziehungen — die Atomgruppe, welche die Schwingungen ausführt, die die so charakteristische, stets an gleicher Stelle auf- tretende Absorption in Roth hervorruft, muss allen diesen Körpern ge- meinsam sein. Dieselbe scheint gleichzeitig auch die beständigste im Chlorophyllmolekül zu sein, da selbst tiefe chemische Eingriffe, wie ich oben gezeigt habe, sie nicht zu zerstören vermögen. Auch das Erythrophyll Bougarels?), welches, wie aus allen seinen Eigenschaften und der Darstellungsmethode hervorgeht, identisch 1) Liebermann, (Ber. der deutsch. chem. Ges. 7, p. 446), Bley, (Archiv der Pharmacie 94, p. 129), Prillieux, (Bull. soc. bot. de France 24 (1877) p. 167). 2) Sur une nouvelle matiere colorante rouge accompagnant la chlorophylle. Bull. d. 1. soc. chimique de Paris 27, p. 442 und 16, p. 292. 12 D. Botan.Ges.1 18 Aisähireke ist mit dem Chrysophyll Hartsens!), und das ich fast ausnahms- los als Nebenprodukt der Chlorophyllandarstellung erhielt,2) wenn die Lösungen nicht alkalisch gemacht waren, gehört in die Chlorophyll- gruppe. In dicken Schichten zeigt die Lösung deutlich Streifen I und II, welche Erscheinung keinesfalls auf etwa beigemengtes Chloro- phyll zurückzuführen ist, da die Schwerlöslichkeit des Erythrophylis in Alkohol mit leichter Mühe dieses von jenem zu trennen erlaubt. Lässt man die Lösung des Erythrophylis langsam verdunsten, so setzt sich der Körper ın prächtig rotben, rhombischen, von der Fläche blau schillernden Cristallen ab und am Rande entsteht, wie bei der Dichro- matinsäure Hoppe Seylers, ein blaugrünes Zersetzungsprodukt.?) Da auch in der Pflanze selbst bei geringem Säurezusatz sich unter gewissen Bedingungen an den Chlorophylikörnern rothe Cristalle dar- stellen lassen‘), die niemals unter den gleichen Bedingungen in etio- lirten Pflanzentheilen auftreten und in ihrer Menge continuirlich zu- nehmen, wenn man die betreffenden Blätter langsam ergrünen lässt und alle Stunden eines derselben in verdünnte Säure legt, diese Cristalle aber identisch mit jenen unter den gleichen Bedingungen ın den Lösun- gen auftretenden zu sein scheinen, so bin ich, namentlich auch im Hin- blick auf sein spektroskopisches Verhalten, geneigt, das Erythrophyll Bougarels nicht als einen Begleiter des Ohlorophylls, sondern als ein Spaltungsprodukt desselben zu betrachten. Die Zugehörigkeit des Etiolins (Chlorophor Böhm 5) Leucophyli Sachs®)) zur Chlorophyligruppe ist durch Pringsheim schon fest- gestellt worden’). Er fand, dass eine Lösung desselben in dicken Schichten den Streifen im Roth unverändet und die anderen Chloro- phylibänder in nur wenig verschobener Lage zeigt. Nach der Angström- schen Skala liegen die Bänder, bei sehr dicker (350 mm) Schicht: ®) Band I von A=67 bis A=64, dunkel und scharf, yauklai yore year Ib „ A=645 „ 4=66, mit IIa durch einen Schatten verbunden, „ 1 um A=57, sehr matt, 1) Ueber das Chrysophyli, Archiv der Pharmacie CCVH. Band, (1875), p. 136. Analysen liegen weder von Erythrophyli noch von Chrysophyli vor. 2) Vergl auch Hoppe-Seyler, Zeitschr. f. phys. Chemie III, p. 344. 3) a.a.0. IV, p. 200 4) Herr Prof. Frank, der diese Beobachtung machte, hat mir gestattet sie zu. veröffentlichen. 5) Sitzungsber. d. Wien. Akad. Bd. 37. (1859) p. 477. 6) Ueber das Vorkommen eines farblosen Chlorophylichromogens in Pflanzen- theilen etc. Lotos 1859. 7) Ueber die Absorptionsspektren der Chlorophyllfarbstoffe. Monatsber. d. Ber- liner Akad. 1874 (October) p. 7. 8) Vergl. auch Pringsheim a. a. O. Taf. Fig. 3. Untersuchungen über das Chlorophyll. 179 Band IV von A=54 bis A=53, mit der Endabsorption durch einen Schatten verbunden, von A=52 bis zum Ende Endabsorption. Die Helligkeitsskala der Bänder ist, vom dunkelsten beginnend, J, IIa, IV, IIb, II. Charakteristisch für das Etiolin ist die Lage von IlIa.!) Lässt man Etiolinlösungen längere Zeit stehen, oder dampft sie ein und nimmt sie wieder mit Alcohol auf, so wird das Spektrum dem des Chlorophylis ähnlicher. Streifen II erscheint nicht mehr gespalten, sondern einfach und liegt nun, wie bei dem Chlorophyllan von A=61 ‚bis A=59. Eine Umwandlung im gleichen Sinne erfährt das Etiolin durch Zusatz kleiner Mengen von Säuren. Setzt man zu einer Lösung einen Tropfen Salzsäure und etwas Aether, so geht das veränderte Etiolin in den letzteren über.?) Eine solche aetherische Lösung be- sitzt folgendes Spektrum: Band I von A=67 bis A = 64,5, sehr dunkel, lu Abi, read) lvom iR —60. bs er- heblich matter, Jobs, 1a =3Uu, Udebb, waunkel, „ IVı,„ A=a „A=5B. von A=56,5 bis zum Ende continuirliche Endabsorption. Die Helligkeitsskala der Bänder ist, vom dunkelsten beginnend, I, II, IV, IL. Die mittleren Bänder sind erheblich dunkler, das ganze Spektrum daher dem des Chlorophyllans ähnlich geworden. Wie ich in einer früheren Publikation hervorgehoben habe,3) zeigen auch die Etiolinkörner die Hypochlorinreaction, d.h. die Abscheidung gelbbrauner Tropfen unter dem Einflusse von Säuren. Mikrochemisch sınd diese Ausscheidungen von denen des Chlorophyllans nicht zu unterscheiden. Dennoch werden sie sicher von einem anderen Körper gebildet, der, wennschon dem Ühlorophyllan verwandt, doch nicht mit diesem identisch ist. Dass langes Stehen der Lösung oder Einwirkung von schwachen Säuren auch beim Etiolin, wie beim Chlorophyll, Oxydationen hervor- bringt, lässt sich dadurch erweisen, dass es leicht möglich ıst, die auf die angegebene Art „modifizirten* Etiolinlösungen mittelst Zinkstaub wieder ın Etiolin zurück zu verwandeln. Durch conc. Salzsäure wird Etiolin bekanntlich erst spangrün dann blaugrün.*) Das Spektrum dieser, in dicken Schichten übrigens 1) Durch diese Eigenthümlichkeit ist Etiolin sicher von dem Xanthophyll, mit dem es G. Kraus indentifizirt, unterscheidbar. 2) Auch aus unveränderter Etiolinlösung nimmt Aether alles Etiolin auf.’ 3) Untersuch. über das Chlorophyll. (II.) Beiträge zur Hypochlorinfrage. Ab- handlungen des botanischen Vereins d. Prov. Brandenburg XXIV, p. 131. 4) Vergl. Fremy, Compt. rend. 50, (1860) p. 411. Sachs, a. a. O.p. 14. G. Kraus a. a. O. p. 112 180 A. Tschirch: grün nicht roth durchscheinenden Lösung zeigt verwaschene Streifen. Wichtig erscheint mir die Lage von Band II, von A=61 bis A = 60.!) Sie stimmt mit der bei Chlorophylllösungen zu beobachtenden Lage dieses Bandes völlig überein. Dennoch ist der entstandene Körper sicher kein Chlorophyll. Dass genetische Beziehungen zwischen Etiolin und Chlorophyll bestehen, ist schon wiederholt ausgesprochen und mit Argumenten be- legt worden.?) Aus den oben kurz mitgetheilten Versuchen ergiebt. sich wenigstens so viel, dass das Etiolin durch Oxydation in einen Körper übergeht, der dem Chlorophyll in seinem Spektrum ähnlicher ist als das Etiolin, es in dasselbe überzuführen ist mir bisher noch nicht gelungen. Mit darauf abzielenden Versuchen bin ich beschäftigt. Ich kehre noch einmal zu der chlorophyllinsauren Kalılösung, er- halten auf die pag. 173 angegebene Weise, zurück. Selbst anhaltendes Kochen einer solchen Lösung mit überschüssiger Kalilauge, ja selbst Erwärmen derselben im Paraffinbade bis gegen 200° C. bewirkt keine weitere Zersetzung. Bei 210° jedoch tritt eine allmähliche Umwand- lung ein. Unter Entweichen ammoniakalischer Dämpfe wird die an- fangs smaragdgrüne Lösung prachtvoll purpurroth und giebt nun, beim Zersetzen mit Aether-Salzsäure an den ersteren, unter Abscheidung einer rothbraunen, in Aether unlöslichen Substanz, eine purpurrothe Säure ab, die ich Phyllopurpurinsäure nennen will. Dieselbe giebt stark roth fluoreszirende Lösungen, ist in Alkohol und Aether löslich und bildet Kalı und Barytsalze. Nach ihrem spektroskopischen Ver- halten zu urtheilen, ist sie sicher von der Dichromatinsäure Hoppe- Seylers?) verschieden und steht dem Chlorophyll näher als diese. Ihr Spektrum zeigt folgende Bänder:®) Band Ja von A=64,0 bis 4= 65,5 „Ib, 4=62,0 „ 4=63,0, mit Ia durch einen Schat- ten verbunden, „» IED „» 2970 „ı 2000," Qunker „TI „A=535 „ 4=55,, ın der Mitte sehr dunkel, „IV „ A=490 „ A=5l,3, mit der bei 4A=48 be- ginnenden Endabsorption durch einen Schatten ver- bunden. 1) Band I, II, III sind deutlich sichtbar, was ich ausdrücklich hervorhebe, da G. Kraus angiebt, dass im weniger brechbaren Theile des Spectrums gar keine Bänder liegen. 2) Wiesner, Die Entstehung des Chlorophylis in der Pflanze, Wien 1877, p. 25 u. flgd. Fremy, Sachs a. a. O. 3) Zeitschr. f. physiol Chemie IV, p. 198, 4) Die ursprüngliche Lösung vor Zusatz von Salzsäure-Aether hat ein etwas an- deres Spectrum. Untersuchungen über das Chlorophyll. 181 Die Helligkeitsskala der Bänder ist, vom dunkelsten beginnend, 201. TV. 11, 12, 1b, Erhitzen mit Kalilauge auf 210° scheint demnach die tiefgehendste der bisher bekannten Veränderungen im Chlorophyllmolekül hervorzu- rufen: Der so resistente Streifen im Roth ist stark abgeblasst, gespalten und gegen das brechbarere Ende des Spektrums gerückt, die relativen Breiten und Intensitätsverhältnisse sämmtlicher Streifen sind geändert. Da die ätzenden Alkalien eine so energische Einwirkung auf das Chlorophyll ausübten, hoffte ich mit mehr Erfolg die Carbonate, beson- ders das in starkem Alkohol fast unlösliche Kalicarbonat anwenden zu können, jedoch leider vergebens. Auch sie zersetzen das Chlorophyll in demselben Sinne wie die ätzenden Alkalien, wennschon weniger energisch. Auf den angeführten Wegen ist demnach nicht zum Ziele zu ge- langen. Ich ging daher wieder zur alkoholischen Chlorophylllösung zurück. Die Hauptaufgabe schien mir zu sein, das Chlorophyll der alko- holischen Lösungen so schnell wie möglich von den mit in die Aus- züge übergehenden Substanzen zu trennen. Es sind dies, neben den gelben Farbstoffen, wachsartige und Eiweisssubstanzen, ätherische Oele Pflanzen- säuren, organische und anorganische Salze. Ich benutze zu dem Zwecke die Eigenschaft des Chlorophyllis in Salzlösungen unlöslich zu sein. Setzt man nämlich zu einer conc. ganz frischen Chlorophyll- lösung eine conc. neutrale Lösung von Baryumchlorid oder Kupfer- sulfat, so fällt das gesammte Chlorophyll (Kyanophyll G. Kraus), wäh- rend die oben angeführten Substanzen in Lösung bleiben, als flockiger Niederschlag über Nacht aus, lässt sich sammeln, mit verdünntem Al- kohol waschen und durch wiederholtes Auflösen und Eindampfen von den noch anhängenden Beimengungen trennen. Das so gewonnene Chlorophyll besitzt alle chemischen und spektroskopischen Eigenschaften des Kyanophylis (G. Kraus). Ich hoffe auf dem angegebenen Wege, sobald mir das Frühjahr wieder reichlich Material verschafft, endlich zum Ziele zu gelangen, reines Chlorophyll darzustellen. Ein bis jetzt nicht zu beseitigender Aschengehalt, der möglicherweise jedoch in die Oonstitution des Chlo- rophylis gehört, lässt mich einstweilen von einer Darstellung der bisher erlangten Resultate absehen. Gleichzeitig mit diesen Untersuchungen werde ich alsdann den aus dem leicht in Cristallen rein darstellbaren Chlorophyllan mittelst Reduktion durch Zinkstaub zu erhaltenden grünen, höchst wahrscheinlich mit dem Chlorophyll identischen Kör- per einer näheren Untersuchung unterziehen. Pflanzenphysiolog. Institut der königl. landwirthschaftl. Hochschule in Berlin, 182 | I. Urban: 24. I. Urban: Trematosperma, novum genus Somalense. Eingegangen am 14. April 1883. Flores regulares hermaphroditi, 4 — (raro 3—) meri. Perian- thium inferum simplex sepaloideum crassiusculum breve persistens, in- ferne in tubum cupuliformem connatum; lobi aestivatione valvati, sub anthesi arcuato-erecti. Stamina lobis alterna iisque numero aequalia hypogyna plane libera, sub fructu persistentia; filamenta brevia; an- therae erectae dorso affıxae biloculares, rima longitudinali dehiscentes, loculis parallelis contiguis, bilocellatis, connectivo mediocri; pollen laeve. Discus nullus. ÖOvarıum verisimiliter e carpidiis 2 conflatum sessile liberum 1-loculare; stigma terminale sessile depressum persistens, bilo- bum v. in floribus trimeris integrum, lobis (an semper?) subinaequali- bus. Ovula 2, raro 1, collateralia ex apice loculi pendula, verisimi- liter anatropa, alterum accrescens, alterum mox abortivum. Fructus perianthio persistente emarcıdo, sed non ampliato suffultus indehiscens carnosus, intus papillis in semen intrantibus exornatus.. Semen funi- culo brevi pendulum, endocarpio accumbens, veris. exalbuminosum; testa membranacea saepius papillis endocarpii perforata. Embryo non rite visus. Fruticulus Somalensis basi subito et valde tuberiformi-incrassatus, indumento simplicee. Folia alterna petiolata cordata v. cordato-renifor- mia integra palminervia. Stipulae nullae.. Flores in awillis fohorum v. saepius 2 collaterales sessiles, bracteolis minutis. Nomen ductum est ex 70 zeyu«= foramen et 70 ondou« = semen. Trematosperma cordatum Urb. Species unica. Planta metralis, tubere supraterraneo usque ad 15 cm erasso. Caulis superne parce ramosus, ad cicatrices hinc illine resinam tenacem exsudans, glabrescens; rami hornotini teretes v. subteretes, pilis simplieibus brevissimis albidis patentibus den- sissime velutini. Foliorum petioli subteretes 2-3 cm longi eglandulosi velutini; lamina apice rotundata, nervo medio 1,5—3 mm producto crassiuscule mucronata, 6—8 cm longa, 6—7 cm lata, nervis e basi prodeuntibus 5 ramosis, supra subim- pressis, subtus crasse prominentibus et reticulatis, crassioribus subtus ad marginem leviter emarginatum in callos globulosos v. globuloso-obconicos circumeirca pilosos, apice poro saepius parce secernentes terminatis, supra parce, subtus dense et ad nervos eleganter et adpresse pilosa. Flores 1—3 mm alte supra axillas ipsas ori- entes, bracteolis er. 1 mm longis linearibus densissime pubescentibus, gemmis seria- libus 1-2 mm supra florum insertionem conspieuis. Alabastrum globulosum 2 ad Trematosperma, novum genus Somalense. 183 2,5 mm diametro. Perianthium viride extrinsecus patenti-pilosum, intus ad com- missuras parce strigosum, in ?/s—!/a alt. coalitum, inferne 4-nerve, nervis ad lobos versus palmatim v. subramose 4—5-partitis; lobi ovato-triangulares, apice incurvati. Filamenta linearia glabra 1—1,5 mm longa; antherae ovatae, cr. 1 mm longae, apice plus minus emarginatae, sub medio affixae et usque ad insertionem bicrures; pollinis granula aquae immersa globosa, 21—24 u diametro.. Ovarium obovatum, brevissime patenti-pilosum; stigmatis lobi flavi triangulares v. triangulari-semiorbi- culares. Ovula ovata, ante anthesin jam inaequalia. Fructus suboblique obo- vatus. sectione transversa suborbiculatus, obtusissimus, apice ipso stigmatibus coro- natus, viridis sublaevis brevissime et dense albido-patenti-pilosus, 0,9—1 cm longus, 5,5 6 mm diametro, carne 1—1,3 mm crassa, endocarpio viridi-albescente papillas semiglobosas, eonicas v. conico-lineares numerosissimas emittente. Semen subovale, 5mm longum, 2 mm crassum, subirregulariter foveolato-exsculptum brunnescens, chalaza subfungosa, raphe filiformi tenuiter adnata. Habitat in terris Somalensibus, unde cel. J. M. Hildebrandt a. 1875 plantas vivas horto botanico Berolinensi misit. Genus dubiae sedis, nulli ex monochlamydeis familiae affıne, ad interim juxta Olacacearum tribum Phytocreneas sub titulo „anomalum“ collocarı potest. De affınitatibus in „Jahrbuch des Königl. botanischen Gartens und botanischen Museums zu Berlin vol. III“ iconibus adjectis amplius disputabo. 25. A. Zimmermann: Zur Kritik der Böhm-Hartig- schen Theorie der Wasserbewegung in der Pflanze. Eingegangen am 14. April 1883. Nachdem durch die Untersuchungen von Elfving, Böhm, R. Hartig u. a. die Unhaltbarkeit der Sachs’schen Imbibitionstheorie immer mehr zu Tage getreten ist, scheint es, dass in neuster Zeit die sogen. Gasdrucktheorie mehr Anhänger für sich gewinnt. Dieselbe wurde bekanntlich schon vor längerer Zeit von J. Böhm aufgestellt und wird mit einigen Modifikationen auch in den neusten Publicationen R. Hartig’s vertheidigt. Wenn nun auch bereits von verschiedenen Seiten das Unzureichende dieser Theorie behauptet wurde, so ist ein einfacher und zwingender Beweis dafür, soviel mir bekannt, noch nicht geliefert worden. Es sei mir daher gestattet, im Folgenden, ohne auf Versuche und Details näher einzugehen, in aller Kürze zu beweisen, 184 | A. Zimmermann: dass die Gasdrucktheorie allein nicht im Stande ist, den Wasserstrom in der Pflanze in genügender Weise zu erklären. | Da scheint es mir nun zunächst von Wichtigkeit, zu entscheiden, durch welche Kraft das Wasser ım Holz festgehalten wird, so dass es der Schwerkraft enthoben zu sein scheint: welche Kraft es ist, die auf der einen Seite es möglich macht, dass wir in den Tracheen und Tracheiden am Grunde eines hohen Baumes trotz der darauf lastenden Wassersäule keine merklich comprimirte Luft antreffen, die es auf der andern Seite verhindert, dass aus einem vertical gehaltenen beliebig langen Zweige, auch wenn er der Spitze beraubt ist, das Wasser nicht durch die Schwere hinausgepresst wird. Böhm verweist in dieser Beziehung bei den Tracheen — und dies wohl ohne Zweifel mit Recht — auf die schwere Verschiebbarkeit der Jamin’schen Kette. Wenn er jedoch glaubt, dass die Länge, die die Wassersäulen besitzen dürfen, um von den Luftblasen gleichsam getragen zu werden, der capillaren Steighöhe in dem betreffenden Gefässe gleich sei, so dürfte er sich in einem kleinen Irrthum befinden; wenigstens ist mir in der Literatur hier- über nur eine Angabe bekannt geworden (in Ja- min’s Abhandlung), nach der die betreffende Länge etwa ein Viertel der capillaren Steighöhe betragen würde, und eine grosse Anzahl eigener Versuche mit capillaren Glasröhren, über die ich an einer anderen Stelle zu berichten gedenke, ergaben die- selbe zu ca. 4—# der capillaren Steighöhe. Bezüglich der safterfüllten Zellen bemerkt nun Böhm ferner, genügt es, „wenn der Filtrationswider- stand der Querwand von der in jeder einzelnen Zelle enthaltenen Flüssigkeit nicht überwunden werden kann. In Folge des theilweisen Luftgehaltes der saftleitenden Tracheiden ist eine durch die Schwere bedingte Filtration der in ihnen enthaltenen Flüssig- keit völlig ausgeschlossen.“ Hartig hingegen, der nur die Tracheiden in Betracht zieht, behauptet, die Capillarität sei im Stande, das Wasser in diesen zu halten. Im weiteren Verlaufe der Abhandlung sagt er je- doch, dass wir dieser Annahme gar nicht einmal bedürften: man könnte ebenso gut annehmen, dass der Filtrationswiderstand des zarteren Thei- les der Tüpfelschliesshaut gerade so gross wäre, als erforderlich sei, um die in der betreffenden Zelle auf ihr lastende Wassersäule zu tragen. Ich glaube nun, unter Benutzung der vorstehenden Figur, die ganz nach dem Hartig’schen Schema gezeichnet ist, einen einfachen Beweis liefern zu können, dass die Capillarität hier nicht herangezogen werden kann. Es ist nämlich aus der Figur unmittelbar ersichtlich, dass wir Zur Kritik der Böhm-Hartig’schen Theorie der Wasserbewegung etc. 185 es, wenn der Filtrationswiderstand der Membran =(0 gesetzt wird, in derselben mit einem zusammenhängenden Wasserfaden zu thun haben, der in der Richtung der punktirten Linien schlangenförmig verläuft. Diese ganze Wassersäule muss dann aber von dem obersten Meniscus gehalten werden, was natürlich nur so lange möglich ist, als die Länge derselben die der Weite der Tracheide entsprechende capillare Steig- höhe nicht übersteigt. Diese ist aber eine zu geringe Grösse, als dass sie hier in Betracht kommen könnte. Wir werden somit, wenn wir wenigstens die Vertheilung von Luft und Wasser in den Tracheiden, so wie sie Hartig darstellt, zugeben, zu der Annahme eines Filtrationswiderstandes in der Membran ge- zwungen, der mindestens gleich ist der in jeder Tracheide auf ihr la- stenden Wassersäule. Ich will deshalb bei den folgenden Betrachtungen zunächst die Annahme machen, dass der Filtrationswiderstand der Mem- bran eine Grösse besitzt, welche gleich ist der ın der Zelle enthaltenen Wassersäule, ohne jedoch damit behaupten zu wollen, dass nicht auch bei den Tracheiden ähnliche Verhältnisse wie bei der Jamin’schen Kette im Spiele sein könnten. Erörtern wir nun, wie sich unter obiger Annahme eine Längsreihe Tracheiden (s. Figur), die sämmtlich, wie im Hartig’schen Schema, am oberen Ende eine Luftblase enthalten, verhalten wird, wenn in der obersten die Luft durch Wasserentziehung verdünnt wird: Die Luft- blase in der unteren Tracheide (1) wird offenbar so lange Wasser in die obere Tracheide (0) hineinpressen, bis die Spannungsdifferenz der beiden Luftblasen nur noch gleich ist der Höhe der Wassersäule, die sich über dem Meniscus in der unteren Tracheide befindet (h!), ver- mehrt, um den Filtrationswiderstand der Membran. Denn wenn die untere Luftblase sich soweit ausgedehnt hat, dass ihre Spannung die der oberen nur noch um diese Grösse übertrifft, so verhindern ja der Filtrationswiderstand der Membran und die zu hebende Wassersäule eine weitere Ausdehnung. Um eine gleiche Einheit zu erhalten, wollen wir nun die Spannung der Luft, anstatt durch die Quecksilbersäule, welcher sie das Gleich- gewicht halten würde, durch die gleich schwere Wassersäule ausdrücken, so dass also ein Atmosphärendruck 10,3 m Wasser betragen würde. Die Spannung in der Luftblase 0, 1,2.... sei ferner mit 8°, 81, S?... bezeichnet. Drücken wir nun den Filtrationswiderstand der Membran ebenfalls in der Weise aus, dass wir ıhn der Wassersäule gleich setzen, deren Hebung eine gleiche Kraft erfordern würde wie die Ueberwindung jenes Widerstandes und bezeichnen denselben mit w!, w?..., so er- halten wir für den obigen Gleichgewichtszustand zwischen den beiden obersten Luftblasen die Gleichung: S!=8° -h! + wt, Nach unserer obigen Annahme ist aber der Filtrationswiderstand der Membran gleich der darauf lastenden Wassersäule, mithin 186 A. Zimmermann: h!= w!, und folglich S! = S° + 2h!. | Ebenso würde sich nun die darunter liegende Luftblase (2) ver- halten. In ihr würde sich die Luft so lange ausdehnen, bis der Druckunterschied zwischen den Luftblasen O und 2 folgender Gleichung entspricht: S?=8%-+-2(h!-+h?). Es ist aber h!-+ h?, wie aus der Figur unmittelbar ersichtlich, gleich dem Abstande der Meniscen ın O0 und 2, der mit H? bezeichnet werden mag (siehe die Figur). Es ist dann also: S?=8S°+2H?. Ebenso weiter schliessend würden wir für eine vierte Tracheide die Gleichung: Se erhalten und für eine n‘® Tracheide die Gleichung: S=S°-+-2H", wobei H* den verticalen Abstand des n!® Meniscus von dem oberen bedeutet. Man sieht also, dass die Spannung der Luft nach unten hin noth- wendiger Weise immer mehr zunehmen muss; es wird aber, wenn die Reihe der Tracheiden genügend lang ist, die Bewegung einmal eine Luftblase erreichen, die nur noch so wenig ausgedehnt wird, dass sie nicht mehr im Stande ist, auf die unter ihr befindlichen Luftblasen einzuwirken. Es ist dies offenbar der Fall, wenn die Spannungs- differenz zwischen ihr und der darunter befindlichen Luftblase geringer ıst als die Wassersäule in der oberen Tracheide, vermehrt um den Filtrationswiderstand der beide trennenden Membran. Es ist nach dem Obigen auch leicht zu berechnen, wie tief die Bewegung in einer Längsreihe von Tracheiden hinabreichen wird, wenn in irgend einer derselben die Luft um eine bestimmte Grösse verdünnt wird. Nehmen wir z. B. einmal an, dass die Tracheiden ursprünglich sämmtlich Luft von der Spannung x cm Wasser enthalten und dass dann die Spannung in der obersten Tracheide durch Wasserentziehung um acm Wasser vermindert wird, so dass dieselbe jetzt nur noch x—a cm beträgt, so wird offenbar nach der Gleichung S’=S° +2 H" schon 4a cm unter dem obersten Meniscus die Spannung der Luft x cm Wasser betragen, d. h. der ursprünglichen Spannung gleich sein, und unterhalb dieser Grenze wird mithin keine Bewegung mehr stattfinden. Die obigen Auseinandersetzungen lassen sich folglich in den Satz zusammenfassen, dass, wenn von einer Reihe von Tracheiden, die sämmtlich Luft von ursprünglich gleicher Spannung ent- halten, in der obersten die Luft um a cm Wasser verdünnt wird, die dadurch bewirkte Bewegung nur 4 a cm tief hin- abreicht. Zur Kritik der Böhm-Hartig’schen Theorie der Wasserbewegung etc. 187 Hieraus geht nun aber unmittelbar hervor, dass die durch Trans- piration bewirkte Luftverdünnung in der Krone hoher Bäume nicht ausreicht, um aus den Wurzeln das Wasser emporzusaugen. Denn da comprimirte Luft bis jetzt in der Pflanze noch nicht nachgewiesen ist, so können wir am unteren Ende nur Luft vom Atmosphärendruck an- nehmen. Die Spitze wird ferner wohl nie ganz luftleer sein; selbst wenn wir dies aber auch einmal annehmen, so ist die grösste mögliche Druckdifferenz nur 1 Atmosphäre oder ca. 10 m Wasser. Es kann hierdurch nach obigem Satze aber vur eine Bewegung bewirkt werden, die 5 m weit hinabreicht; eine Länge, die mit der Höhe unserer Bäume verglichen, ganz verschwindend ist. Zum Schluss nur noch einige Worte über den Filtrationswiderstand der Membran. Es ist dies allerdings eine Grösse, die sich mit einiger Gewissheit auch nicht einmal annähernd bestimmen lässt. Ich will nur hervorheben, dass diese Unsicherheit an der Beweiskraft der obigen Deductionen Nichts ändert. Denn, ist der Filtrationswiderstand grösser, als wir bisher angenommen, so wird offenbar die Spannung der Luft nach unten hin noch schneller zunehmen und die Bewegung noch weniger tief hinabreichen; ist derselbe jedoch kleiner, so wird die Bewegung allerdings sich tiefer hinab erstrecken, aber selbst wenn der- selbe auch ganz verschwindend klein wäre, so würde dennoch die Be- wegung bei einer Spannungsdifferenz von einer Atmosphäre höchstens 10 m tief hinabreichen können. Denn es verwandeln sich dann die Gleichungen: S!=S° + 2H! S®’=S°+2H" in die Gleichungen: | S!=8°’+H!1: 9 -$%+H, und für diese gelten vollständig dieselben Deductionen, wie für die ersteren. Ebenso wenig kann aber durch Heranziehung der Tracheen, viel- leicht unter Benutzung des Böhm’schen Schemas, die Schwierigkeit aus dem Wege geräumt werden. Der Wasserstrom hat dann einfach nur einige Membranen weniger zu passiren; aber die zu hebende Wassersäule ist doch immer dieselbe, so dass auch in diesem Falle die Bewegung nur im allergünstigsten Falle 10 m weit hinabreichen würde. Im Obigen glaube ich also den zwingenden Beweis geliefert zu haben, dass die Gasdrucktheorie allein nicht im Stande ist, die Wasser- bewegung in der Pflanze genügend zu erklären. Dass die Spannung der im Holz enthaltenen Luft aber dennoch eine grosse Rolle spielt bei der Emporschaffung des Wassers in der Pflanze, kann wohl zur Zeit nicht mehr zweifelhaft erscheinen, und es werden somit auch die Experimente und Untersuchungen von Böhm und Hartig für eine jede neue Theorie der Wasserleitung von der grössten Wichtigkeit sein. 188 | L. Koch: 26. Ludwig Koch: Untersuchungen über die Ent- wicklung der Orobanchen. (Vorläufige Mittheilung..) Eingegangen am 20. April 1883. Die Samen der Orobanchen keimen nur im Anschluss an die Wurzel einer geeigneten Nährpflanze: Auf Fliesspapier, Asbest etc. ausgesät, zeigen sie — die Keimfähigkeit wurde durch gleichzeitig und unter normalen Bedingungen eingeleitete Oulturen festgestellt — keine Keimung. Gleiches Resultat wird erzielt, wenn man mit Asbest um- hüllte, in durch Drahtnetze verschliessbare Glasröhren gebrachte Samen in humusreiche Erde eingräbt und monatelang feucht hält, oder an Stelle von Asbest direkt humose Erde verwendet. Die Samen werden somit weder durch lösliche organische Stoffe, noch durch die Berüh- rung mit todtem organischen Material zur Keimung gebracht. Bei allen diesen Versuchen bleiben die Körner frisch erhalten. In Bezug auf Embryo und Endosperm gleichen sie erst kürzlich gesätem Material. Selbst ein halbjähriger Aufenthalt in feuchter Erde vermag, wie die nachträgliche Beipflanzung von Nährgewächsen zeigte, die Keim- fähigkeit nicht zu zerstören. Lässt man im wasserdampfgesättigten Raum Nähe wir gegen die schon Monate lang erfolglos auf Fliesspapier etc. gesäten Samen wachsen, so erfolgt Keimung. Gleiches ist der Fall, wenn man auf die gesäuberte Hauptwurzel in Sägemehl erzogener Nährpflanzen (Vicia Faba für Orobanche speciosa) den Samen gibt, mit Asbest umhüllt und die Pflanze 8—14 Tage in Erde bringt. Bei beiden Versuchen erweist sich indessen die Zahl der gekeimten Körner, gegenüber den nicht ge- keimten, als keine sehr beträchtliche. Es scheint, dass auch unter sonst günstigen Bedingungen nur eine successive Keimung stattfindet. Für unsere Pflanze würde eine solche nicht ohne Bedeutung sein. Indem sie der gleichzeitigen Ansiedelung einer grösseren Zahl von Oroban- chen auf einer Nährwurzel vorbeugt, wirkt sie einer frühzeitigen Er- schöpfung der letzteren entgegen und sichert somit die ersten Entwick- lungsstadien des Parasiten, welcher während dieser noch nicht zur Er- greifung neuer Nährwurzeln befähigt ist. Culturen unter normalen Verhältnissen unterstützen die Annahme einer successiven Keimung. Selbst auf Wurzeln von Nährpflanzen (Hanf, Tabak mit Orobunche ra- Untersuchungen über die Entwicklung der Orobanchen. 189 mosa), welche bereits den blühenden Schmarotzer tragen, sind meist noch die jüngeren und jüngsten Entwicklungsstadien der Orobanche zu finden. Bei der Keimung verharrt das keine morphologische Differenzirung zeigende Plumulaende des kleinen Embryo im Endosperm des Samens, während aus diesem die radiculare Hälfte mit ihrer der Wurzelhaube entbehrenden Spitze herauswächst. Aus ihr entwickelt sich der sehr dünne, fadenförmige Keimling. Auf im dampfgesättigten Raum ge- zogenen Nährwurzeln wuchs derselbe wohl, drang aber, der abnormen Keimbedingungen wegen, nicht ein. Seine Gesammtlänge betrug etwa 2 mm. Da in diesem Falle das gesammte Nährmaterial des Endos- perms aufgebraucht wurde, so dürfte dieses Mass als Maximalgrösse zu bezeichnen sein. In Erde entwickelte Orobanchenkeimlinge erreichten im Durchschnitt eine Länge von 1 mm. Diese Grössenverhältnisse stehen ganz im Einklang mit der oben angeführten Eigenschaft des Samens, nur im Anschluss an eine Nährwurzel zu keimen!). Eine selbständige erste Entwicklung, etwa nach Art der Uuscuten, würde, wenn anders nicht der allergrösste Theil der Samen den Anschluss an einen Wirth verfehlen und somit zu Grunde gehen soll, ein weitaus wachsthumsfähigeres Keimgebilde voraussetzen. Solange das letztere noch ausserhalb der Nährwurzel wächst, bleibt an seiner Spitze der epidermale Abschluss erhalten. Unter der Epi- dermis liegen hier drei bis vier Initialzellen, welchen reifenförmig und unter gleicher Zellenzahl ein Füllgewebe unterstellt ist, dessen zunächst kurzgliedrige Elemente nach und nach in sehr gestreckte Formen über- gehen. Diese führen einen wasserhellen Inhalt, jene ein dichteres Pro- toplasma. Im Verlaufe des Wachsthums beschreibt der Keimling wellen- förmige Biegungen. Seine Spitze wird gegen die Nährwurzel gestellt; es erfolgt hier der Eintritt, nachdem papillöse Auswüchse der Epider- mis des Parasiten diesen angebahnt haben. Ohne dass auffälligere Störungen in dem Nährorgan bemerkbar wären, liegt in seiner Rinde ein Stück des fadenförmigen Keimgebildes, das entweder in das Centrum der Wurzel dringt oder deren Gefässstrang tangirt, um zwischen ihm und dem Weichbast hindurchzugehen und mit dem Ein- treten in den der Eingangsstelle des Schmarotzers entgegengesetzten Rindentheil zu enden. In beiden Fällen wird eine organische Ver- 1) Es ist nicht anzunehmen, dass die Samen bei ihrer Kleinheit ruhig im Bo- den liegen bleiben und erst durch gelegentliches Vorbeiwachsen von Wurzeln mit diesen in Berührung und so zur Keimung kommen. Stärkere Wasserbewegungen zwischen den Bodenpartikelchen werden sie verschieben können und so, zumal in den von Wurzeln durchzogenen Culturböden, ihren Anschluss an den Wirth er- leichtern. 1: WIR schmelzung der Zellen des Parasiten mit den Gefäss- und Weichbast- elementen der Nährwurzel erzielt. Die Wirkung dieser Verschmelzung macht sich bald bemerkbar. Die Epidermis des ausserhalb der Nährwurzel gelegenen Theils des Keimlings, welche zuvor vermittelst ihrer zottigen Auswüchse zu einer selbständigen Stoffaufnahme befähigt war, verkorkt. Aus ihr entsteht, unter mehr oder minder vollständigem Zusammenfallen, eine zarte Borke. Das Keimgebilde selbst leitet an einzelnen Stellen sein erstes Dicken- wachsthum ein. Insoweit letzteres innerhalb der Nährwurzel stattfindet, führt es zur Verstärkung und definitiven Ausbildung des ersten Saugorgans des Parasiten, des primären Haustoriums. Theilungen vorzugsweise parallel der Wachsthumsachse des eingedrungenen Keimlings fördern, unter Zurückdrängen der Nährrinde, das junge Organ auf das Drei- bis Vierfache seiner ursprünglichen Breite. Es erhält etwa die Form eines mit seiner Basis der Oberfläche der Nährwurzel zugekehrten, abge- stumpften Kegels. An dem Scheitel des Haustoriums bleibt die Continuität der Epi- dermis nicht erhalten. Hier wachsen die Zellen selbständig in das Gefässbündel oder selbst die Rinde des Wirthes. Sie ordnen sich im Anschluss an die inneren langgestreckten Zellen des Saugorgans zu Zellreihen an, deren freies Ende indessen nicht in dem Masse in dem Nährgewebe wuchert, als das bei den physiologisch gleichen Zwecken dienenden Organen der Uuscuten oder bei den noch zu betrachtenden secundären Haustorien der Orobanchen selbst der Fall ist. Seitlich vom Scheitel des Saugorgans, und von hier nach der Eintrittstelle des Para- siten, bleibt der Charakter der Epidermis im allgemeinen gewahrt. Sehr bemerkenswerth sind die eigenartigen Wachsthums- und Theilungsvorgänge, welche im Anschluss und veranlasst durch den ein- dringenden Schmarotzer in dem Nährorgan selbst wahrnehmbar werden (Vicia Faba). Von solchen bleiben gewöhnlich nur diejenigen Wurzeln verschont, welche, an und für sich schon schwach, von einem oder mehreren Parasiten im Uebermass in Anspruch genommen sind. Bei irgendwie stärkeren Wurzeln entsteht, ausgehend von dem Cambium und zunächst dessen Theilungsmodus beibehaltend, ein Zell- theilungsheerd, dessen Elemente sich im Umkreis des parasitischen Ein- dringlings am intensivsten theilen. Unter Emporheben der Rinde der Nährwurzel bildet sich somit um den ausserhalb des letzteren liegen- den, direkt dem Saugorgan anschliessenden Theil des Keimlings ein Ringwulst, der in seiner ferneren Entwicklung insofern eine ungleich- mässige Ausbildung nimmt, als er einseitig — es ist das oft die an obere, ältere Theile der Nährwurzel anstossende Partie — weiter ge- fördert wird. Hier geht die anfangs vorherrschende Theilungsrichtung in eine entgegengesetzte, vorzugsweise parallel der Wachsthumsachse Untersuchungen über die Entwicklung der Orobanchen. 191 des eingedrungenen Schmarotzers verlaufende über. An letztere orga- nisch anschliessend, entsteht eine Art reducirtes Seitenorgan der Nähr- wurzel von beschränktem, unbedeutendem Längenwachsthum. In die Dicke entwickelt sich dasselbe vermittelst einer ringförmigen Cambium- zone, an welcher ein mehr oder minder bedeutendes Bogenstück fehlt das durch einen Theil des parasitischen Saugorgans ausgefüllt wird. Die nach innen gestellten Derivate des Cambiums gehen, besonders wo sie an gleichartig sich ausbildende Zellen des Schmarotzers stossen, in Tracheiden über und übernehmen die Verbindung trachealer Elemente des Hau- storiums mit dem Grefässbündel der Nährwurzel. Nach aussen erzeugt das Cambium Weichbast und Parenchym. Je mehr sich das letztere der Organoberfläche nähert, um so mehr lockert es sich und verkorkt. Die Aussenzellen zeigen sehr loses Gefüge und scheinen successiv ab- gestossen zu werden. In dieses Anschlussorgan treibt das primäre Haustorium Wuche- rungen. Ausgehend von dem dickeren, der Eintrittstelle in die Nährwurzel zugekehrten Theil, also der Basis des Kegels, werden, zu- nächst unter Beibehaltung eines annähernd periblematischen Wachs- thums, keilförmige Auswüchse erzeugt. Sie verlaufen ziemlich paralle mit dem ungleich massiveren, zuerst ausgebildeten Stück des Saug- organs und stimmen mit diesem bezüglich ihres Baues und Wachs- thums annähernd überein. Der junge Parasit sitzt, etwa wie ein starker Zahn, mit seinen Wurzeln in der Achsenwucherung seiner Nährwurzel. Die innige organische Verbindung zwischen Schmarotzer und Wirth, die Anlage von Tracheiden ın dem letzteren im Zusammenhang mit ähnlichen Formen des Haustoriums, deuten darauf hin, dass vielleicht keine ausschliessslich einseitige Stoffentnahme, sondern vielmehr ein, wenn auch für die Nährpflanze quantitativ wohl bedeutungsloser Stoff- austausch stattfindet. Lange bevor Haustorrum und Nährwurzel ihre Ausbildung ge- wopnen haben, entwickelt sich bereits der ausserhalb des Wirths ge- legene Theil des parasitischen Keimfadens. Hier geht unsere Pflanze auf die Anlage einer knolligen Bildung aus, welche zum Erzeuger und Träger der Stamm- und Wurzelvegetationspunkte wird, die eines- theils die Ausbildung des vegetativen oberirdischen Theiles des Parasiten übernehmen, anderntheils zu, Zwecken der Stoffaufnahme dienenden, Or- ganen sich entwickeln. Die letztere kann bei dem beschränkten Wachs- thum und der frühzeitigen Kork-, eventuell Borkebildung der Wurzel nur in unbedeutendem Masse eine direkte sein. Eine physiologisch hervorragende Bedeutung kommt den Wurzeln vielmehr durch die Fähig- keit zu, sich in ihrem Wachsthumsbereiche befindlichen, weiteren Nähr- wurzeln anzuheften, und in sie dem primären Saugorgan physiologisch gleichwerthige Bildungen, die secundären Haustorien, zu entsenden. Das Einzelexemplar der Orodanche ist alsdann nicht auf eine oder 192 L. Koch: mehrere Wurzeln desselben Wirthes angewiesen, es vermag, und das kommt besonders bei den Bewurzelungsverhältnissen unserer den Boden in hohem Grade ausnutzenden Oulturpflanzen in Betracht, auch mehrere Wirthe zu seiner Ernährung heranzuziehen. An der Ausbildung der jungen Knolle betheiligen sich, abgesehen von der verkorkten Epidermis, sämmtliche Zellen eines bestimmten, direkt dem primären Haustorium anstossenden Keimfadenstückes. Durch Theilungen, vorzugsweise parallel der Wachsthumsachse des letzteren, erstarkt das junge Organ. Es besitzt nach aussen mehr kubische, kleine, peri- und antıklin auf die Kugeloberfläche theilende Zellen, nach dem Centrum mehr gestreckte Zellformen. Verglichen mit der Gesammtlänge des Fadens, ist das in die Knollenbildung übergehende Theilstück quantitativ keln sehr beträcht- liches. ’ Es beträgt im Durchschnitt etwa den fünften Theil. Da die Länge des Keimlings von den mehr oder minder günstigen Vor- bedingungen für sein Eindringen in die Nährwurzel abhängt, die Knolle dagegen in annähernd gleicher Stärke angelegt wird, so sind genaue Angaben nicht möglich. Inzwischen hat das nicht in die Verdickung eingetretene sterile Keimfadenstück seine physiologische Aufgabe — die Zuleitung der Nährstoffe des Endosperms des Samens nach der in die Nährwurzel eindringenden Keimspitze — erfüllt (Orobanche speciosa) und stirbt, von Ausnahmen wird später noch die Rede sein, ab. Als zusammen- geschrumpftes Anhängsel findet man es oft noch an dem knolligen Or- gan, dessen anschliessender, oberer Theil, im Gegensatz zu dem in der Nährwurzel haftenden, als freier Pol bezeichnet werden möge. An diesem entstehen die Stammvegetationspunkte. Sie sind endo- genen Ursprungs. Von ihnen wird gewöhnlich der erste schon vor dem Absterben des sterilen Keimstückes etwas seitlich vom freien Pol angelegt, während weitere, meist etwas später, aber ebenfalls in der ‚polaren Region entstehen. Ihre Zahl richtet sich nach der Leistungs- fähigkeit der zugehörigen Nährwurzel. Kommen zwei neue Achsen gleich- zeitig zur Anlage (Orobanche ramosa und speciosa), so werden sie häufig, unter seitlicher Verwachsung, zu Zwillingsbildungen. Der Stammvegetationspunkt, speciell dessen Scheitel, entwickelt sich gewöhnlich aus der vierten Zelllage der jungen Knolle. Schnitte durch diese in der Richtung der Meridianebene lassen hier acht bis zwölf in eine Reihe geordnete grössere, durch dichtes Protoplasma aus- gezeichnete Zellen hervortreten, welche durch annähernd senkrecht auf die Organoberfläche, sowie zu dieser periklin gestellte Wände in je vier Töchterzellen zerfallen. Insoweit die Derivate nach aussen liegen, nehmen sie, unter Abplattung ihrer später in die Scheitelfläche des Vegetationspunktes übergehenden Aussenwände, ein dem Dermatogen entsprechendes Gefüge an. Hier entsteht, durch Trennung der gemein- Untersuchungen über die Entwicklung der Orobanchen. 193 sam der Neubildung und den deckenden Zellen des Mutterorgans ange- hörenden Zellmembranen, ein intercellularer Spalt. Die Endglieder der sich zuerst theilenden Zellreihe erheben sich schon bei Beginn der Theilungsvorgänge über den Scheitel des neuen Vegetationspunktes. Aus ihnen entwickeln sich die an diesem spiralig angeordneten ersten, nur wenig Zelllagen starken Blätter. An ihrer Basıs mit den Zellen des Mutterorgans in Zusammenhang stehend, wachsen sie langsam in den intercellularen Spalt und decken damit nach und nach die meist ziemlich massiv angelegte Scheitelfläche. Die Ausbildung der tieferen Lagen der neuen Achse hat inzwischen Fortschritte gemacht. Aehnlich der zuerst sich theilenden Zellreihe der Knolle sind anschliessende innere Schichten in zunächst mit dem Der- matogen und Periblem gleichverlaufende, dann einen quantitativ bedeuten- den Initialkörper des Pleroms zusammensetzende kleine Zellformen über- geführt worden. Die Neuanlage entspricht, hinsichtlich ihrer Zellan- ordnung, jetzt einem starken dicotylen Stammvegetationspunkt. Erwähnenswerth sind die Unregelmässigkeiten bei dem Aufbau des Dermatogens. Obwohl dieses bereits im frühen Entwicklungs- stadıum für den Organabschluss herangebildet wird, kann es ganz oder theilweise wieder aus dem Zellenverbande der jungen Sprossanlage aus- geschaltet und durch die nächstfolgende, ursprünglich für das Periblem bestimmte Lage ersetzt werden. Mit einer derartigen Zellabstossung, an welche sich das Dermatogen der in die ersten Bläiter übergehenden Endglieder des ursprünglichen Theilungsheerdes nicht zu betheiligen pflegt, geht eine mehr oder minder vollständige Isolirung der betroffe- nen Zellen Hand in Hand. In Gemeinschaft mit den sie deckenden, grosszelligen, ebenfalls in ihrem Verband gelockerten Elementen des Mutterorgans werden sie durch den aus dem letzteren herauswachsen- den jungen Vegetationspunkt zusammengedrückt und aus dem intakten Gewebe der Knolle herausgestossen. Ueber dem zarten Scheitel der hervorgetretenen Achse liegt alsdann eine ziemlich starke Decke, welche diesem fürs erste einen ziemlich ausgiebigen Schutz gewährt. Später treten die bereits angelegten, sowie noch zur Anlage kommenden Schuppenblätter an deren Stelle. Auch diese bleiben nicht lange er- halten. In dem Masse, als neue entstehen, gehen die ersten äusseren ein und vertrocknen oder faulen. In der physiologischen Leistung der Schutzdecke wie der ersten Blätter liegt bereits die Erklärung der endogenen Entstehungsweise der Stammvegetationspunkte der Orobanchen. Eine organische Betheili- gung der Epidermis des Mutterorgans nach Art der oberirdisch ent- stehenden derartigen Vegetationspunkte der höheren Gewächse ist schon desshalb ausgeschlossen, weil die betreffende Zelllage bereits früh unter Verkorkung zum Schutze der jungen Knolle herangezogen wurde. Die ähnliche Verwerthung der nächstfolgenden, theilungsfähigen Zellschicht 13 D.Botan.Ges.1 194 L. Koch: würde die Anlage eines nahezu freien Vegetationsscheitels zur Folge haben, welcher bei seinem zunächst unterirdischen Wachsthum, trotz der Fähigkeit, seine Dermatogenlage aufzugeben, wesentlich gefährdet wäre. Eine endogene Entstehung dagegen bietet der Neuanlage die Vortheile eines rechtzeitigen und genügenden Schutzes gegen äussere Einflüsse. Achselsprosse werden über den den letztgenannten Zwecken dienenden ersten Blättern nicht vorgefunden. Die ferneren derartigen Bildungen sind bei Orobanche ramosa die Deckblätter von Seitensprossen. Bei anderen, sich nicht verzweigenden Arten (Orobanche speciosa) ge- hören sie der in der unterirdischen Knospe bereits angelegten Inflores- cenz, also der floralen Region an. Gleichzeitig mit dem ersten Stammvegetationspunkt entwickeln sich auch die Wurzeln der Orodanchen. In sehr b>deutender Zahl entstehen sie an der dem primären Haustorium anstossenden Halbkugel der jungen Knolle und bedecken die letztere vollständig. Nicht selten greift sogar die Wurzelbildung über die äquatoriale Zone hinaus, um bis zur polaren Gegend, also zur Basis des oder der jungen Sprosse vorzu- dringen. Ebenso wie bei den letzteren ist auch die Entstehungsweise der Wurzeln keine dem dicotylen Entwicklungstypus entsprechende. Sie werden nahezu oberflächlich und vollkommen unabhängig von dem trachealen System des Mutterorgans angelegt. Eine gegenüber den Stammvegetationspunkten geringe Zahl meist der zweiten oder dritten Reihe der Knolle angehörender Zellen geht, wie in der Richtung der meridianen oder aequatorialer. Ebene geführte Schnitte zeigen, unter Vergrösserung und Hervorwölben aus ihrem Verband Theilungen peri- und antıklin der Wölbung ein. Hier entsteht der steile Scheitel der jungen Wurzel. An ihm ordnen sich die plasmareichen Derivate des Theilungsheerdes zu einem scharf ausgeprägten, jeder auf eine Wurzel- haube hinweisenden Theilung entbehrenden Dermatogen, welches zwei bis drei Initialeurven des Periblems deckt. Seitlich münden diese, unter doppelter oder dreifacher Vermehrung ihrer Reihen, in die gross- zelligen Rindenlagen des Mutterorgans.. Hier bleibt der organische Anschluss auch fernerhin erhalten. Den quantitativ verhältnissmässig schwachen Initialkörper des Pleroms legt meist nur eine dem Periblem anstossende innere Zelle unter Theilungen vorzugsweise parallel der Wachsthumsachse der Wurzel an, und diesem Theilungsmodus folgen dann noch schärfer die unterstellten tieferen Zellen der Knolle. Bis gegen deren Centrum und die hier vorhandenen trachealen Zellformen sich fortsetzend, resultirt aus derartigen Theilungen ein in das parenchy- matische Grundgewebe des Mutterorgans eingebetteter Zellstrang, dessen gestreckte Elemente sich nach und nach zu Tracheiden ausbilden. Untersuchungen über die Entwicklung der Orobanchen. 195 Bricht die junge Wurzel aus der Knolle heraus, so haften an ihrer Spitze, in mehr oder weniger isolirtem, abgestorbenem Zustande, die durchstossenen Zellen der Epidermis und der ersten Rindenlage des Mutterorgans. Bei dem geringen Längenwachsthum der Wurzeln (die-. selben werden bei Orodanche ramosa und speciosa nicht über 5 cm lang) scheint der Schutz, welchen so wenige Zellen zu gewähren im Stande sind, in den meisten Fällen zu genügen. Andernfalls werden, ent- sprechend den Vorgängen am Stammvegetationspunkt, Dermatogen- 'abschnitte, wenn nicht das gesammte Dermatogen, unter Absterben und Verborken als Schutzlage verwandt, ja es ist die gleiche Verwerthung der ersten Periblemschicht nicht ausgeschlossen. Eine Wurzelhaube erscheint somit entbehrlich. Gelangen die zuletzt beschriebenen Organe an weitere Nährwurzeln, so legen sie sich diesen fest an, und es erfolgt an der Üontactstelle, soweit ich das beobachten konnte, ausgehend von der ersten lebenden Zelllage der Parasitenwurzel, der Eintritt in den Wirth. Durch direktes Einwachsen einer Zellgruppe in das Nährgewebe und unter Anschluss und Anschwellung der Rinde der Schmarotzerwurzel entstehen die secundären Haustorien. Gegenüber den primären derartigen Bildun- gen, mit denen sie im Bau sonst annähernd übereinstimmen, zeigen sie ın ihrer Nährwurzel ein freieres, etwa den Haustorien der (Cuscuten entsprechendes Wachsthum. Im Anschluss und ausgehend von dem Gefässbündel des Wirthes führt ein mehr oder minder starker, grossen- theils aus Tracheiden bestehender Zellstrang durch das secundäre Hau- storium und vereinigt sich in dessen Mutterorgan mit dem hier vor- handenen achsilen Bündel. Die trachealen Elemente des letzteren sind willkürlich gestellt und erinnern in keiner Weise an die regelmässige Anordnung derartiger Formen in der Wurzel der höheren Gewächse. Auch die Schutzscheide fehlt vollständig. Eine Ausbildung von Stammvegetationspunkten habe ich an den Wurzeln von Orobunche nie beobachtet. Der zur Anlage der jungen Knolle führende, oben bereits er- wähnte Theilungsmodus bleibt fürs erste, bis die Neubildung etwa zur Grösse einer kleinen Erbse gefördert ist, beibehalten. Alsdann — die Wur,el und Stammvegetationspunkte sind bereits angelegt — erlischt von aussen nach innen vorschreitend, die Theilungsfähigkeit. Unter der zarten Borke entsteht eine quantitativ recht beträchtliche, aus gross- zelligen parenchymatischen Elementen zusammengesetzte Rinde. Im Innern der Knolle hat sich inzwischen, in der Richtung einer durch die Pole gelegten Achse, ein ziemlich massiver, trachealer Strang aus- gebildet. Er beginnt, im Anschluss an die Gefässzellen der Nähr- wurzel, in dem zuerst entstandenen Theil des primären Haustoriums und tritt, nachdem er:durch dessen seitliche Auswüchse eine Verstär- kung erhalten hat, in die junge Knolle, um mit dem Ueberschreiten der 196 L. Koch: aequatorialen Gegend zunächst blind zu endigen. Seine histologischen Elemente sınd in der Richtung der genannten Achse gestreckte Zellen, sowie die aus ähnlichen Formen hervorgegangenen Tracheiden, welch letztere Neigung zeigen, sich zu einem’Hohleylinder zu ordnen. Den zwischen diesem und der Rinde befindlichen Zellen bleibt die Theilungs- fähigkeit erhalten. Das Gleiche kann der Fall sein bezüglich einzelner, im Strange selbst liegender, noch nicht in die Tracheidenbildung über- gegangener Zellformen. Das fernere Dickenwachsthum der jungen Knolle, an dem sich früher sämmtliche, noch nicht aus dem lebenden Gewebe ausgeschalteten Zellen betheiligten, wird somit, in Annäherung an die Entwicklungsweise von Stamm und Wurzel der höheren Gewächse, an eine, dem trachealen System anliegende, Zone übertragen. Wie wir bereits sahen, setzt sich der Scheitel der jeweiligen Wurzelanlage in tracheale Verbindung mit dem Hauptstrang der Knolle. Insoweit derartige Verbindungsstränge den nahe der Basis der Stammvegetationspunkte entstandenen Wurzeln zugehören, gehen sie unter Neigung zu welligem Verlauf nach dem blinden Ende des Centralstranges. Sie schliessen dieses ab, nachdem sich ihnen zuvor weitere Stränge etwa der aequatorialen Zone entspringender Wurzeln, angeschlossen haben. Die grössere Masse der Wurzelstränge ver- läuft dagegen ziemlich scharf gegen das Centrum der Kugel. Auch bei ihnen kommt es vor, dass sich mehrere Bündel vereinigen und nach dem Üentralstrang etwa ın ähnlicher Weise führen, wie die Poren- kanäle verzweigter Poren nach dem Lumen einer sklerenchymatischen Zelle. Der jetzt noch ziemlich regelmässige Bau der Knolle wird bei deren fernerem Dickenwachsthum ein sehr unregelmässiger. Zu den bereits genannten theilungsfähigen Zellformen des Centralstranges kommen noch die entsprechenden der stärkeren neuen Stränge hinzu. Die über den trachealen Bündeln abgetheilten Zellen verstärken theils das paren- chymatische Grundgewebe, theils werden sie in tracheale Verbindungs- stücke der bereits vorhandenen Stränge übergeführt. Die theilungs.- fähigen, in den Bündeln selbst gelegenen Zellen können die ihnen zugehörigen Stränge auseinanderschieben und unter willkührlicher Ab- änderung des Verlaufs, in verschieden starke Theilstücke spalten. In Knollen von einem Durchmesser von 6—10 mm sind die trachealen Bil- dungen in Bezug auf ihren Lauf nicht mehr zu verfolgen. Sie ana- stomosiren aufs ausgiebigste und bilden, indem sie kreuz und quer durch das Grundgewebe ziehen, in diesem ein aus verschieden starken Glie- dern zusammengefügtes, maschenförmiges Gerüst. Diesem dürften, bei dem Fehlen stärker verdickter Zellformen auch mechanische Aufgaben zufallen. Berücksichtigt man die Entwicklungsweise der Knolle, so lässt sich für die nahezu exogene, von dem trachealen System des Mutterorgans unabhängige Entstehung der Wurzeln der Orobanchen unschwer eine Untersuchungen über die Entwicklung der Orobanchen. 197 Erklärung finden. Für unsere Pflanze ist, im Hinblick auf die physio- logische Function derartiger Organe, deren thunlichst frühe und reich- liche Entwicklung von Bedeutung. Beiden Anforderungen wird ent- sprochen, da die oberflächliche Entstehung einestheils den vorschreiten- den inneren Ausbau der noch in frühen Theilungsstadien befindlichen Knolle kaum beinträchtigt und anderntheils die für eine grössere Wurzel- zahl günstigere räumliche Ausnutzung der Kugeloberfläche zulässt. Der unregelmässige Bau des knolligen Organs der Orobanchen macht nur an einer Stelle — die der Entstehung der Stammvegetations- punkte — einem regelmässigeren Platz. Entsprechend den mehr oder minder günstigen Ernährungsverhältnissen erhält der junge Parasit hier ein bis vier Sprossanlagen. Bei einer derartigen, gewöhnlich seitlich von dem freien Pol ge- stellten Bildung entstehen unter deren Scheitel acht bis zehn, entsprechend dem dicotylen Entwicklungstypus kreisförmig gestellte Procambium- bündel. In dem Plerom der Neuanlage zur Ausbildung gebracht, setzen sie sich, unter beträchtlicher Erweiterung des Kreises, in das Mutterorgan fort und münden in den flachen Trichter, welcher von den trachealen Strängen der nahe der Basis der Stammvegetationspunkte entstandenen Wurzeln im Anschluss an das blinde Ende des Uentralstrangs der Knolle gebildet wird. Der Kugelabschnitt der letzteren, in welchem diese Vereinigung erfolgt, geht unter normalem Bau, sammt dem an- schliessenden Stammstück des austreibenden Sprosses, in die Stamm- basis über. Der spätere, oberirdische Theil des Schmarotzers, also der aus der endogenen Stammanlage hervorgegangene Blüthenstand, mündet somit unterirdisch in der angeschwollenen, wurzellosen Basis, welche ihrer- seits ein Theilstück der wurzeltragenden, histologisch durchaus eigen- artig gebauten Knolle ausmacht, die mit dem primären Haustorium ihrem Wirthe aufsitzt. Letztere kann mit ihren Seitenorganen als Wurzelstock bezeichnet werden. Zwei gleichzeitig und nahe beieinander entstandene Vegetations- punkte verwachsen gewöhnlich seitlich miteinander. Unter Vereini- gung ihrer Procambiumbündel an der Contactstelle wird ein Gefäss- bündelkreis geschaffen, der in die gemeinsame Stammbasis, welche sich der oben geschilderten gleich verhält, verläuft. Complicirter gestalten sich die Verhältnisse bei der successiven Entstehung zweier oder mehrerer Sprosse. Die nachkommenden der- artigen Bildungen — einerlei ob Zwillinge oder nicht — können sich verschieden entwickeln und werden entweder, in Uebereinstimmung mit den bereits besprochenen Fällen, basal mit der Mutterknolle zu einem gemeinsamen Ganzen ausgebildet, oder es findet eine Art Abgliederung von dieser statt, indem der oder die neuen Sprosse an ihrer Basis zu secundären Knollen heranwachsen. Letztere erhalten, unter gleichem Bau wie das primäre derartige Organ, Wurzeln. Diese stimmen ihrer 198 | L. Koch: Anlage und Entwicklung nach mit den entsprechenden Gebilden erster Ordnung überein; sie sind im Stande, sich ferneren Nährwurzeln an- zusaugen. Damit ist für die Tochterknolle die Möglichkeit einer eigenen Existenz geboten. Eine solche dürfte — ganz abgesehen von den Fällen, bei welchen durch Gefährdung oder Absterben der Mutter- pflanze eine thatsächliche Isolirung erfolgt — im grossen und ganzen auch dann vorhanden sein, wenn, wie das meist vorkommt, die ver- schiedenen Glieder eines Wurzelstockes seitlich noch zusammenhängen. Letztere Verbindung, die übrigens leicht Anlass zu der Annahme einer Verwachsung mehrerer Individuen zu einer Pflanze gibt, dient wohl weniger einem regelmässigen, in biologischer Hinsicht bedeutsamen Stoffaustausch. Physiologisch dürfte sie erst dann in Betracht kom- men, wenn vorübergehende Ernährungsstörungen das eine oder andere der angeschlossenen Glieder in seiner Entwicklung beeinträchtigen. Der letztere Ausbildungsmodus der endogenen Sprossanlage ent- spricht somit mehr einer ungeschlechtlichen Vermehrung. Der erstere dagegen nähert sich einer normalen seitlichen Verzweigung an der, in unserem Falle mit der voranschreitenden Entwicklung des ersten Stamm- vegetationspunktes gegebenen Achse. Die Entwicklung der jungen Sprosse ist fast nie eine gleich- zeitige und gleichmässige. Selbst unter sehr günstigen Ernährungs- bedingungen wachsen sie nur nach und nach zu Blüthenständen aus. Da- bei werden fortwährend neue endogene Stammvegetationspunkte an dem Wurzelstock zur Anlage gebracht, es scheint die Zahl der letzteren nicht beschränkt zu sein. Eine ordnungsmässige Entstehungsfolge an dem Mutterorgan lässt sich für sie ebensowenig feststellen, wie für die Wurzeln. Gräbt man blühende Exemplare von Orobanche speciosa aus, SO findet man, falls diese starken Nährwurzeln aufgesessen haben, einen von einem dicken Wurzelballen umgebenen Wurzelstock von 3—5 cm im Durchmesser. Ihm entspringen drei bis vier oberirdische, theils ebgeblüthe, theils aufblühende Blüthenstände, ferner öfter eine eben über die Erde tretende Zwillingsbildung, die sowohl zu gesonderten Inflorescenzen auswachsen, als auch verbändern kann, endlich ein bis fünf noch unterirdische Sprosse der verschiedensten Entwicklungs- stadien. Schwächere Exemplare sind entsprechend reduzirt. Der äusserste, übrigens seltene Fall ist mit einer Inflorescenz gegeben. Gegenüber der reichlichen Sprossanlage an dem Wurzelstock von Orobanche speciosa ist die hier weniger ausgiebige Orobanche ramosa zu nennen. Das Endresultat — die über die Erde gesandten Blüthen- stände — kann indessen, bei der Fähigkeit dieser Species sich axıllär zu verzweigen, das gleiche sein. Wir gingen seither von der Annahme aus, dass der fadenförmige Keimling des Parasiten nur eine Knolle anlegt, dass er über dieser Untersuchungen über die Entwicklung der Orobanchen. 199 abstirbt. Beides ist nicht ausnahmslos richtig. Aus einem Faden können zwei, vielleicht auch mehr derartige Organe hervorgehen, es ist anderntheils nicht ausgeschlossen, dass auch das Plumulaende als Vegetationspunkt benutzt und dementsprechend ausgebildet wird. In dem ersten, von mir an Orobanche speciosa beobachteten Fall, trat bald nach Anlage des primären Haustoriums, und nahezu gleich- zeitig mit derjenigen der ersten Knolle, ein dieser anstossendes Keim- fadenstück in ein Dickenwachsthum ein. Dieses führte zu einer neuen, der ersteren an Grösse nachstehenden Knolle, welche nach dem Ab- sterben des über ıhr befindlichen, nach der Plumula und dem Endo- sperm führenden Keimfadenstücks hinsichtlich ihrer Ernährung längere Zeit auf das benachbarte, gleiche Organ angewiesen war. Mit letzterem durch ein entwicklungsgeschichtlich aus dem Keimfaden hervorgegan- genes, nicht besonders starkes Verbindungsglied in Zusammenhang, bleibt dieser auch dann noch gewahrt, wenn bereits die endogenen Stammvegetationspunkte angelegt sind und die eigene Existenz der Knolle durch reichliche Wurzeln und deren haustorialen Anschluss an einen oder mehrere Wirthe, gesichert ist. Mit den oben geschilderten secundären Knollen stimmen die eben beschriebenen hinsichtlich ihrer Ausbildung somit überein. Nur die morphologische Dignität beider ist eine verschiedene. Dort haben wir Glieder verschiedener Ordnung, hier gleichwerthige, einer gemeinsamen Achse entstammende Schwester- bildungen. Hinsichtlich des zweiten, häufiger bei Orodanche ramosa, seltener bei Orobanche speciosa eintretenden Falles, scheinen neben besonderen Eigenschaften der Species die für den Parasiten mehr oder minder günstigen Keimungsbedingungen in Betracht zu kommen. Findet der Keimling möglichst rasch Gelegenheit in die Nährwurzel einzudringen, so erlangt er nur eine mässige Länge. Damit kann das von der polaren Gegend der sich entwickelnden Knolle nicht zu entfernte, noch im Endosperm des Samens geborgene Plumulaende zu der Herstellung eines Stammvegetationspunktes herangezogen werden. Dasselbe ist für diesen Zweck, vielleicht in Anbetracht seiner zweifelhaften Verwerthbar- keit, nur den Grundzügen nach angelegt. Der Embryo erhielt an seiner oberen Hälfte, neben einem in den ersten Entwicklungsstadien stehen- den Dermatogen, die Anfänge eines der Differenzirung in Periblem und Plerom entbehrenden Füllgewebes. Die rückständigen Theilungen werden jetzt nachgeholt. Peri- und antikline Wände fördern den jungen Vegetationspunkt zu dem normalen Aufbau; er verdrängt nach und nach das ausgesogene Endosperm und bleibt von der Testa des Samens vor- erst bedeckt. Diese schützt den zarten Scheitel bis zu dem Zeitpunkt, wo die an ihm angelegten ersten Blätter, entsprechend den Vorgängen an dem endogen entstandenen Spross diese Rolle übernehmen. Das fadenförmige, entwicklungsgeschichtlich der radicularen Hälfte 2300 | L. Koch: des Embryo entstammende Verbindungsstück zwischen Vegetations- punkt und Knolle, das nach dem Gesagten in den Einzelfällen ver- schieden lang sein wird, zeigt bei seiner Verdickung Theilungen von geradezu schablonenhafter Regelmässigkeit. Besonders bei längeren Cylinderstücken ist durch die scharf transversal sowie senkrecht auf diese gestellten Wände die Aehnlichkeit mit manchen Algen, beispiels- weise mit Stypocaulon, eine überraschende. Diese kann geradezu als unterscheidendes Merkmal zwischen normal und endogen entstandenen Sprossen benutzt werden. Mit einer bestimmten Dicke des Verbindungs- stücks bilden sich in ihm, einestheils anschliessend an ähnliche Bil- dungen im Plerom der Plumula, anderntheils an die trachealen Wurzel- stränge der Knolle, kreisförmig gestellte, zu Unregelmässigkeiten neigende Procambium- und Gefässbündel. Gedeckt ist das Organ durch eine schon frühzeitig aus den oberen 2 — 5 Zelllagen entstandene Borke. Sie ist ungleich stark und verläuft nach oben in die Basis der eine ähnliche Beschaffenheit zeigenden ersten Blätter. Bei zweifelhafter Länge des über der primären Knolle sich ent- wickelnden Keimfadenendes kann dieses auf halbem Wege stehen bleiben, um vollständig aufgegeben oder vielleicht später weiter gefördert zu werden. | Durch die zuletzt geschilderten Vorgänge wird die Entstehung und Ausbildung der endogenen Sprosse nicht wahrnehmbar beeinflusst. Entsprechend seinem morphologischen Werthe, kann entweder das Plumulaende des Keimlings in den ersten Blüthenstand übergeführt werden, und dann bildet dieser mit der primären Knolle zusammen die Hauptachse, an welcher die endogenen Glieder als Seitenbildungen er- scheinen, oder der umgekehrte Fall tritt ein, und dann stellt ein endo- gener Spross — meist neben selbständiger Knollen- und Wurzelanlage der normalen — eine scheinbare Hauptachse her. Nach dem Mitgetheilten weicht die Keimung der Orobanchen sehr wesentlich von derjenigen der höheren Gewächse ab. Die im Samen angelegte primäre Achse wird nicht wie bei diesen in ihrer Gesammt- heit zu dem neuen Individuum herangebildet, von ihr entwickelt sich meist nur ein quantitativ sehr unbedeutendes, der radicularen Hälfte des Embryo entstammendes Stück. Umgekehrt wie bei den Cuscuten, welche das nach den ersten Keimungsstadien überflüssige Wurzel- ende eingehen lassen, um unter Verwendung seiner Nährstoffe ein aus- giebigeres Wachsthum und damit mehr Chancen zur Erreichung einer Nährpflanze zu erhalten, giebt die Orodanche, wahrscheinlich ähnlicher physiologischer Vortheile halber, ihr Stammende auf. Ungeachtet der Eigenschaft des Samens, nur im ÖOontact mit der Nährwurzel zu keimen, ist, da nicht alle Partieen der letzteren für ein leichtes Ein- dringen geeignet sein werden, eine gewisse Wachsthumsfähigkeit des Keimlings wünsehenswerth, welche bei Rücksichtnahme auf die thun- Untersuchungen über die Entwicklung der Orobanchen. 201 licbste Ausnutzung des einmal zu Gebote stehenden Nährstoffmaterials, in der angedeuteten Weise am einfachsten ermöglicht wird. Zu der höheren Entwicklungsform, derjenigen der Erhaltung der gesammten primären Achse, greift der Parasit nur unter sehr günstigen Keimungsverhältnissen zurück. Dessenungeachtet macht der Vorgang nicht den Eindruck des normalen, er trägt vielmehr lediglich den Charakter der gelegentlichen Verwerthung der vorhandenen Stamm- anlage. In Bezug auf die Schnelligkeit der Ausbildung hängt die Orobanche ganz von ihrem Wirthe ab. Sät man beide Pflanzen gleich- zeitig in Töpfe und setzt man — indem man die Culturen nach etwa vier Wochen ins freie Land bringt — die Nährgewächse unter die günstigsten Entwicklungsbedingungen, so tritt Orobanche ramosa meist nach 21, Orobanche speciosa nach 3 Monaten in die Blütheperiode ein. Die Beeinträchtigung der Nährpflanze in Folge eines Belassens in den Töpfen genügt bereits, um die Blütheperiode um 4—6 Wochen hinaus- zuschieben und sie qualitativ wie quantitativ zu einer wenig aus- giebigen zu gestalten. Topfculturen, die Mitte August begonnen waren und im Winter ım Kalthaus fortgeführt wurden, erwiesen sich für den Parasiten noch ungünstiger. Die Nährpflanzen (Vicia Faba), welche bis Mitte Januar nahezu ihren Entwicklungsgang in einer unter diesen Verhältnissen befriedigenden Weise beendigt hatten, schienen nicht energisch genug vegetirt zu haben, um ein nennenswerthes Vor- schreiten der Orobanche zu gestatten. Oberirdisch erschien sie über- haupt nicht, fand sich aber, wie die Untersuchung der Wurzel lehrte, hier vor und war nach 5 Monaten in einem Entwicklungsstadium, das unter günstigen Verhältnissen in der gleichen Wochenzahl hätte erreicht werden können. | Umgekehrt beeinflusst aber auch der Schmarotzer seinen Wirth. Ist letzterer (Vieiva Faba) nur mässig in Anspruch genommen, so drückt sich das in einer Verlängerung seiner Vegetationszeit aus. Parasitenfreie Pflanzen des freien Landes gingen 3—4 Wochen früher ein, als von dem Schmarotzer befallene, sonst unter gleichen Bedin- gungen vegetirende. Ein stärkeres Heranziehen des Nährgewächses dagegen macht sich an diesen schon früh durch eine mehr oder minder wesentliche Beeinträchtigung des Wuchses bemerkbar. Umfangreiche Culturen von Hanf mit Orobanche ramosa ım freien Land zeigten dessen Zurückbleiben in den verschiedensten Abstufungen. In den leichteren Fällen — bei Vorhandensein von einschliesslich der achsillären Zweige 10—15 Blüthenständen — gelangte der Hanf unter halber Höhe noch zu einer allerdings unter der normalen stehenden Blüthe- und Frucht- bildung. Letztere schwindet oder verkümmert mit Zunahme des Parasiten. Hanfpflanzen, welche etwa 40 Inflorescenzen trugen, erreichten 202 | A. Tschirch: nach 3 Monate langer Vegetationszeit, unter völliger Unterdrückung der Blüthe, nur eine Höhe von 14 Fuss. Die einzelnen Orobanchenspecies dürften auf einer weit grösseren als der bekannten Zahl von Nährpflanzen ihr Fortkommen finden. Orobanche ramosa wenigstens brachte ich mit leichter Mühe auch auf Vicia Faba zur vollständigen Entwicklung. Diese nahm nur etwas längere, etwa mit Orobanche speciosa übereinstimmende Zeit in Anspruch. Umfangreichere Versuche in dieser Richtung habe ich eingeleitet und werde über sie sowohl wie über die mehrjährigen Orobanchenarten, welche ich seither absichtlich ausser Acht gelassen habe, in einer späteren Mittheilung berichten. Die einschlägige Literatur endlich soll erst bei der ausführlichen Publication ihre Berücksichtigung finden. 27. A. Tschirch: Zur Morpliologie der Chlorophyli- körner. (Notiz.) Eingegangen am 22. April 1883. Nachdem meine erste Mittheilung über das Chlorophyll (No. 17 in dies. Ber.) bereits im Drucke, die zweite (No 23) im Manuskripte nahezu fertig war, erhielt ich eine Arbeit von Arthur Meyer „Ueber den Bau und die Bestandtheile der Chlorophylikörner der Angiospermen“!), in der zwar auch Bestätigungen einiger, von mir in vorstehenden Mittheilungen gemachter Angaben enthalten sind, in der sich jedoch auch eine Anzahl von Differenzpunkten vorfindet, auf die ich mit einigen Worten eingehen muss, trotzdem ich eigentlich beabsichtigte, auf die morphologischen Verhältnisse der Chlorophylikörner, die ich ebenfalls, namentlich soweitsiedie Krankheits- und Todeserscheinungen der- selben betreffen, eingehend studirt habe?), erst später zurückzukommen. Was Sun die von Meyer (pag. 4) für ein durch Quellung entstandenes Kunstprodukt erklärte Hyaloplasmahaut (Plasma- membran) betrifft, so muss ich auf das Bestimmteste behaupten, dass sie in den von mir als besonders charakteristisch bezeichneten Fällen sicher kein Kunstprodukt ist. Ich sah sie nämlich deutlich und zweifel- 1) Inauguraldissertation, Strassburg 1883. 2) Beiträge zur Hypochlorinfrage, p. 127. Zur Morphologie der Chlorophylikörner. 203 los bei den Chlorophylikörnern lebender Zellen von Wasser- pflanzen, besonders schön bei Elodea canadensis und verschiedenen Arten der Gattung Nitella.‘) Hier ist gar nicht daran zu denken, dass durch das Liegen in Beobachtungstropfen pathologische Veränderungen in den Körnern vor sich gehen können, da Wasser das natürliche Medium dieser Pflanzen ist. Zudem hat man in dem Vorhandensein der Plasmabewegung in den beiden genannten Fällen genügende Gewähr, dass die Zellen am Leben sind und normal funktioniren. Die Chlorophylikörner bei Nitella berühren sich nicht nur, sondern sind so dicht an einander gerückt, dass sie sich sogar deutlich polyedrisch gegen einander abplatten. Dennoch liegen die grün tingirten Theile der Körnchen nicht an einander, sondern sind vielmehr durch eine allseitig gleich breite hyaline Zone von einander getrennt. Bestände diese Zone aus homogenem Plasma, das nicht zum Korne gehört und in welches die Körner nur eingebettet wären, so wäre nicht einzu- sehen, warum sich dann die Körner, die sich in diesem Falle dann ja gar nicht berühren würden, gegen einander abplatten sollten, sie würden dann vielmehr die natürliche elliptisch runde Form besitzen wie alle in Plasma eingebetteten, sich nicht berührenden Chlorophyll- körner, z.B. die frei im Strome der Elodeazelle schwimmenden. Die Körner müssen daher hier eine farblose Plasmamembran besitzen, die sie allseitig umgiebt und einen integrirenden Bestandtheil des Kornes bildet. Wenn man sorgfältig zusieht, erkennt man auch deutlich nicht nur die hyaline Zone um jedes Korn und die Trennungslinien der Körner, sondern sieht auch hie und da, wo die Körner nicht dicht an einander liegen und daher mehr abgerundet sind, schmale, dunkler er- scheinende, mit Körnerplasma erfüllte Zwischenräume zwischen den- selben. Nur durch Annahme einer Plasmamembran wird die polyedrische Form der Körner, deren grüne centrale Theile sich wie gesagt nicht berühren und die in ihrer Form doch sich so zweifellos gegenseitig bedingen, dass es unmöglich ist, hier an etwas Anderes als gegenseitige enge Berührung zu denken, verständlich. Die Plasmamembran wird aber auch unzweifelhaft sichtbar, wenn man durch Exposition einer Stelle der MNitellenzelle im Sonnenbilde eines photochemischen Prings- heim’schen Instrumentes?) eine Anzahl der Körner von der Wandung in den Pharmastrom hinabwirf. An den Rändern einer solchen 1) Diese beiden Objekte eignen sich schon deshalb sehr gut zur Beobachtung lebender Chlorophylikörner, da man ihre Zellen selbst mit starken Linsen beobach- ten kann ohne es nöthig zu haben, Schnitte herzustellen. Meyer hat seine Beob- achtungen nur an Schnitten gemacht. 2) Untersuchungen über Lichtwirkung und Chlorophylifunktion. Tafel XXVI, Fig. 2. 204 A. Tschirch: „nackten Stelle“1) erscheint die Plasmahaut der dort liegenden Körner so klar und deutlich, dass ich niemals im Zweifel war, dass sie vor- handen sei. Das Gleiche gilt von den am Interferenzstreifen liegenden Körnerreihen. Ebenso deutlich wie hier sah ich die Plasmamembran, die ja auch Nägeli in mehreren Fällen beobachtete?) und die Pfeffer?) aus theoretischen Gründen für alle geformten Plasmakörper, gleichviel ob sie in Körnerplasma eingebettet oder von Zellsaft umgeben sind, postu- hirt, bei Elodea. Wenn das Plasma in den Zellen dieser Pflanze ın Bewegung ist, so schleppt es bekanntlich auch reichliche Mengen von Chlorophylikörnern mit sich fort. So lange diese einzeln im Strome schwimmen, besitzen sie die normale ründliche Form, treibt aber der Strom zwei Körner gegen einander, so platten sie sich ebenfalls gegen- seitig gegen einander ab: die Berührungsflächen werden gerade Linien. Alles dies geschieht, ohne dass sich die grünen Theile der Körner be- rühren, vielmehr liegt auch hier wieder deutlich eine hyaline Zone zwischen ihnen. Treibt dann der Strom, der in verschiedenen Höhen sehr verschiedene Geschwindigkeit besitzt, ein drittes Korn zwischen die beiden anderen, so sieht man deutlich, wie dieses letztere sich mit seinem Vorderende zwischen die beiden einkeilt und wie nun die drei Körner, vom Strom gegen einander getrieben, sich, ohne dass ihre grünen Theile sich berühren, gegenseitig abplatten. Die Plasma- membran ist hier übrigens auch an freischwimmenden Körnern deutlich sichtbar. | Die Leichtigkeit, mit der sich die Chlorophylikörner gegen einander abplatten, selbst wenn nur ganz schwache Kräfte sie gegen einander treiben, zeigt, dass die Körner aus einer sehr weichen Masse bestehen müssen, die, noch weicher als Gallerte, schon bei der ge- ringsten Berührung Formveränderungen erleidet und nur, wenn von allen Seiten eine noch weichere Substanz als sie selbst sie umgiebt, normal allseitig abgerundete Formen annimmt. Diese Vorstellung von der Oonsistenz der Chlorophylikörper ist es auch, zu der ich durch vielfache Beobachtungen au Körnern sicher lebender Zellen seit langem gekommen bin. Eine weitere Stütze erhält diese Vorstellung durch Beobachtungen, die ich an absterbenden Chlorophylikörnern gemacht habe. Auf das so häufige Homogenwerden der Körner durch Zu- 1) Vergl. Pringsheim, Ueber die primären Wirkungen des Lichtes auf die Vegetation in Sitzungsberichte der Berliner Acad. Juni 1881, Taf., Fig 10—13. 2) Nägeli und Schwendener, Das .Mieroscop. I. Aufl. p 553. 3) Osmotische Untersuchungen. Leipzig 1877. p. 147. Von Pfeffer rührt auch der Name Plasmamembran her für den als gleich- bedeutend auch die Bezeichnung Hyaloplasma von dem genannten Forscher an- gewendet wird. Zur Morphologie der Chlorophylikörner. 205 sammenfallen des Plasmaschwammes habe ich schon vor längerer Zeit ausdrücklich hingewiesen.!) Sehr häufig fliessen jedoch auch mehrere Körner zusammen und bilden grössere homogene Massen, die nun keine Struktur des Stromas mehr erkennen lassen. Besonders in jungen Organen (Cotyledonen, jungen Laubblättern), in denen das Chlorophyll bekanntlich bisweilen noch gar nicht geformt auftritt, scheinen die Chlorophylikörner eine sehr weiche Üonsistenz zu besitzen. Hier fliessen die Körner sehr leicht schon beim Verletzen der Zellen zu- sammen. Bei den Chlorophylikörnern älterer Blätter bleibt die Struktur des Gerüstes meist länger erhalten, ja bisweilen fällt der Plasmaschwamm hier gar nicht zusammen. Alcohol härtet ihn übrigens in allen Fällen, so dass mit diesem Reagenz behandelte Körner niemals zusammen- fliessen. Nitella und Elodea sind Beispiele, wo es zweifellos ist, dass durch die Präparation pathologische Veränderungen an den Körnern nicht hervorgerufen wurden, denn man kann beide ÖObjecte monatelang im Tropfen unter dem Deckglase lebend und das Plasma in Bewegung erhalten. Anders bei allen den Pflanzen, bei denen man um die Chlorophylikörner zu untersuchen, Schnitte herstellen muss. Wenn nun gar diese von Landpflanzen hergestellten Schnitte in Wasser liegend zur Beobachtung kommen, so ist freilich Grund genug vorhanden, patho- logische Veränderungen durch die Einlegeflüssigkeit anzunehmen und will es für die Sache daher nicht viel bedeuten, wenn ich auch an den Chlorophylikörnern aller bisher untersuchten Landpflanzen stets eine Plasmamembran beobachtete. Hier könren pathologische Verände- rungen vorgekommen sein. Dass sie der Grund des Auftretens der Plasmamembran sind, glaube ich nicht, diese wird wohl auch hier normal vorhanden sein, aber diese Frage lässt sich nicht eher ent- scheiden, als bis wir die Körner von Landpflanzen in ihrem natürlichen Medium beobachten können. Die einschichtigen Moosblätter, besonders Mnium, eignen sich hierzu sehr gut. Auch hier wollte es mir stets scheinen, als ob ausnahmslos eine Plasmamembran um jedes Korn vor- handen sei. Weitere Mittheilungen hierüber muss ich mir für eine im Laufe des Sommers in den landwirthschaftlichen Jahrbüchern erscheinende grössere Abhandlung versparen. Uebrigens finden sich bei Meyer mehrere Beobachtungen, die man sehr wohl auf die Plasmamembran beziehen kann. So meint Meyer, dass es wahrscheinlich sei, dass seine „Grana“ (auch die des äussersten Randes) „noch von einer feinen Schicht einer stärker licht- brechenden Masse überzogen“ seien (a. a. O. pag. 15). Auf die physiologische Bedeutung der Plasmamenbran bin ich 1) a a. O. p. 127. 206 | A. Tschirch: wiederholt zu sprechen gekommen.!) Ich fasse sie auf als eine Schutz- hülle gegen etwaige schädliche Einflüsse der umgebenden Medien in der Zelle. Auch an Aleuronkörnern habe ich regelmässig eine Plasma- membran beobachtet,?), die, da die Schnitte in Oel beobachtet wurden, ebenfalls nicht pathologischen Ursprunges sein kann. Auch bezüglich der Vertheilung des Ohlorophylifarbstoffes im Korn bin ich durchaus anderer Ansicht als Meyer. Derselbe glaubt, dass der Farbstoff in Form von Körnchen (grana) in den Plasmaschwamm eingelagert sei und führt eine Anzahl von Erscheinungen, die bei Ein- wirkung von Reagentien am Korne eintreten, dafür an. Dass das Stroma, wie Pringsheim das Gerüste des Plasmaschwammes nennt, unter dem Einflusse von Reagentien quillt, habe ich bereits anderwärts erörtert und den Vorgang ausführlich beschrieben.) Es war mir dies für das Verständniss des Verlaufes der Hypochlorinreaction wichtig. Die von Meyer publizirten Figuren sagen mir daher in diesem Punkte nichts Neues. Ich habe ähnliche Bilder oft bekommen, doch deute ich sie anders. Ich meine, dass der Chlorophylifarbstoff wahrscheinlich in einer Flüssigkeit der Art der ätherischen Oele gelöst, den Plasma- schwamm durchtränkt, aber durchaus nicht als homogene Masse das ganze Korn erfüllt, sondern etwa als dichter Wandbeleg die Wandungen der Maschen auskleidet. Es stimmt dies auch zu der Vorstellung, dass der Chlorophyllfarbstoff der zu assimilirenden Kohlensäure die grösst- möglichste Oberfläche darbieten müsse. Das Stroma ist daher nach meiner Auffassung nur schwammartig um diese feine Vertheilung des Farbstoffes zu ermöglichen. — Tritt nun Quellung im Gerüste ein, so wird der Farbstoff auf einen kleineren Raum innerhalb der Maschen zusammengedrängt — thatsächlich erscheinen auch die Maschenräume jetzt entschieden dunkler — und schliesslich sogar aus letzteren her- ausgepresst.*) So ist z.B. Fig. 11 (auf Taf. I) bei Meyer zu deuten. Dass bei diesem Vorgange in den Chlorophylimassen Vacuolen auftreten können, ist ebenfalls verständlich und überrascht nicht — man braucht dabei noch nicht an eine Degeneration des Farbstoffes zu denken. Den hellen Hof, der um die „grana“ bei Quellung entsteht (Fig. 12a) und 1) Allerdings in Arbeiten, die Meyer mit Stillschweigen übergeht. Vergl. Beiträge zur Hypochlorinfrage, Abh. d. bot. Ver. d. Prov. Brand. p. 125 (Mai 1882) und Bot. Centralbl. XII. p. 367. Untersuch. über d. Chlorophyll, Sitzungsber. d. bot. Ver. d. Prov. Brand. XXIV., (April 1882), und Bot. Centralblatt. XI., p. 107. Auch in vorstehender Abhandlung bin ich darauf zu sprechen gekommen. 2) Vergl. auch Tangl, das Protoplasma der Erbse. Sitzber. d. Wien. Academie. 1877, December. Taf. L, Fig. 1—6 3) a.2. 0. 4) Diese Vorgänge sind besonders deutlich an den Rändern der Chlorophyll- körner. Zur Morphologie der Chlorophylikörner. 207 der mir wohlbekannt ist, halte ich für gequollenes Gerüst. Dass die in der Stroma eingelagerten Massen Körnchen wären, habe ich niemals sehen konnen, trotzdem ich seit Meyer’s erster Mittheilung!) stets dar- auf achtete. Es ist mir, wie gesagt, höchst wahrscheinlich, dass ausser dem Chlorophylifarbstoffe noch andere Substanzen von, dem Chlorophyll sehr ähnlichen, Lösungsverhältnissen in den Körnern vorhanden sind. Warum ich diese Körper als in die Classe der ätherischen Oele gehörig be- zeichnete, habe ich oben schon erörtert. Die Beobachtungen und Versuche von Meyer enthalten nichts, was dagegen spräche. Dass der begleitende Stoff sicher kein fettes Oel ist, habe ich ebenfalls schon gleich zu Anfang hervorgehoben. 1) Botan. Centralblatt. XII. p. 315. w TER 2 EZ i moin Bio “ort ab LEN inf: Sy ri geheim dar (erf a tur dam Kankueis tn Rengiaptken quahlt, to ee wörter: und. dem: Vans. mul Aehl BE N AR, KR Kar IE eEN 2 ar ti: spochlorme Une von Meyer pablisırien F Rage ar AU w in 4 ichte runs. 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Zu ordentlichen Mitgliedern werden proklamirt die Herren: Klebahn, H., stud. phil. in Jena, Eichplatz. Möller, Hermann, Dr. in Berlin N., Invalidenstr. 108, II. Zum ausserordentlichen Mitgliede wird proklamirt: Herr Paul Schulz, Dr. in Berlin. Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren: Richard von Wettstein, Eleve des pflanzenphysiologischen Instituts der Universität Wien, Türkenstr. 3 (durch Wiesner und Burger- stein). Moritz Fünfstück, Berlin W., Potsdamerstr. 56, II. (durch Schwendener Westermaier). E. Salfeld, Apotheker in Hannover, Königstr. (durch Andree und Beckmann). Brandes, Apotheker in Hannover (durch Andr&ee und Beckmann). Als ausserordentliches Mitglied ist vorgeschlagen: Herr Dr. Julius Schaarschmidt, Assistent am botanischen Institut der Universität Klausenburg (durch Ascherson und Magnus). Mitglieder-Liste. (Fortsetzung). *) Brehmer, W., Dr. in Lübeck. Doms, A., Seminarlehrer in Coeslıin. Effner, Kgl. Hof-Gartendirector in München. Freyhold, Edm. von, Dr. in Pforzheim. Kühn, Jul., Prof., Dr., Director des landwirthschaftlichen Instituts in Halle a./S. *) Enthält alle diejenigen Mitglieder, welche im Monat Mai ihren Beitrag entrichtet haben. Berichtigungen fehlerhafter Adressen bittet man zu senden an Herrn Dr. A. Tschirch, Berlin N., Invalidenstr. 36. 14 D. Botan.Ges.1 210 Mitgliederliste. Kurtz, F., Dr. in Berlin W., Königin-Augustastr. 50. Liebenberg, Prof., Dr. in Wien, VIII. Reitergasse 17. Hochschule für Bodenkultur. Lindemuth, H., Kgl. Universitätsgärtner und Docent a. d. landw. Hoch- schule in Berlin NW., Universitätsgarten. Moeller, Herm., Dr. in Berlin N., Invalidenstr. 108, III. *Richter, P., cand. phil. in Berlin N., Haidestr. 53a. Hof IH. Schmidt, Aug., Dr., Gymnasiallehrer in Lauenburg in Pommern. Senft, Dr., Hofrath ın Eisenach. *Stein, Garten-Inspector in Breslau. Uhlworm, Dr., Bibliothekar ın Cassel. Weiss, Ad., Prof., Dr. in Prag. C. Kraus: Beiträge zur Kenntniss des Verhaltens ete. 311 Mittheilungen. 28. C. Kraus: Beiträge zur Kenntniss des Verhaltens der leicht oxydablen Substanzen des Pflanzensaftes. Eingegangen am 8. Mai 1883. — J. Reinke hat jüngst in wiederholten Publikationen!) die Auf- merksamkeit auf gewisse, an der Luft durch Oxydation ausserordentlich leicht veränderliche Bestandtheile der Pflanzensäfte gelenkt und das chemische Verhalten dieser Substanzen zum Ausgangspunkt interessanter physiologischer Erörterungen gemacht. Es ist natürlich zur Beurtheilung der Sachlage und als Prüfstein der von dem erwähnten Forscher auf- gestellten Deductionen zunächst von Wichtigkeit, die physiologischen Verhältnisse des Vorkommens dieser gegen atmosphärischen Sauerstoff so sehr empfindlichen Substanzen des Näheren zu verfolgen. Auch die Frage gehört hierher, was denn eigentlich im Inneren der lebenden Zellen aus diesen Substanzen wird. Reinke verweist darauf, dass die Schnittfläche weissfleischiger Zuckerrüben, auch von Kartoffeln, im feuchten Raum tage- und wochenlang farblos bleibt, während doch gerade die Rüben eine an der Luft sich sehr leicht oxydirende Substanz (das Rhodogen) enthalten. Der Autor nimmt als wahrscheinlichst an, dass das zugrundeliegende Chromogen — soweit überhaupt eine Oxy- dation desselben im Inneren der lebenden Zellen möglich sei — im lebenden Plasma eine viel energischere Oxydation erfahre, als ausser- halb an der Luft. Infolge dessen entsteht nicht wie in dem der Luft ausgesetzten Saft ein Farbstoff, sondern es gehen aus dem Rhodogen höhere Oxydationsstufen bis hinauf zum Kohlendioxyd hervor. Die von Reinke gegebene Erklärung setzt genügend hohe Energie der Oxydation voraus. Es ist daher die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass unter Umständen, bei geringerer Energie der Oxydationsvorgänge, schon innerhalb der Zellen weniger oxydirte Verbindungen, worunter auch Farbstoffe, entstehen. Zudem ist es nicht nothwendig, dass die Oxydation im Inneren der Zellen genau die nämlichen Farbstoffe liefert, wie sie sich im ausgepressten Saft bilden. 1) Zeitschrift für physiol. Chemie, Bd. II, Heft 3, p. 263. — Botan. Zeit 1883, No. 5/6. 212 C. Kraus: Bei Gelegenheit eingehender Untersuchungen über die Saftbewegungs- vorgänge in den Wurzelknollen von Dahlia variabilis!) war auch fest- zustellen, wie sich die Saftleistung der Knollen für sich, d. h. ohne die Gegenwart junger Wurzeln, bei reichlicher Wasserzufuhr gestaltet. Zu diesem Zwecke befanden sich Knollen und Knollenabschnitte mit dem einen Ende in nassem Sand oder in Wasser, die eine Schnittfläche nach aufwärts gekehrt. So wurden zahlreiche Knollen tage- und wochen- lang fortgesetzt beobachtet. An dieser Stelle handelt es sich um Ver- änderungen, welche im Inneren der lebenden Zellen des Knollengewebes unter diesen Bedingungen eintreten. Die Wundflächen färben sich allmählig gelb, mit der Zeit dringt diese Farbenänderung tiefer in das Knollengewebe vor. Es wurden selbst Fälle beobachtet (bei dünneren, kleineren Knollen und kleineren Knollenabschnitten), in welchen die bezeichnete Veränderung das Ge- webe des Versuchsstücks schliesslich vollständig ergriff. Gewebszer- setzung findet hierbei nicht statt, die Knollen bleiben turgescent, im Lichte sich grün färbend, indem blassgrüne Öhlorophylikörper auftreten, einfache, Zwillinge, auch unregelmässigere Formen ?). Eintretende Zer- setzungen äussern sich soforf im Zerweichen des Gewebes. Die gelblich gewordenen Gewebstheile enthalten einen gelblichen oder röthlichgelben Saft, während der Knollensaft ursprünglich farblos ist. Im Einzelnen zeigen sich mancherlei individuelle Abweichungen, wobei vor Allem das Alter der Versuchsknollen von bestimmendem Einfluss zu sein scheint. Aeltere Knollen haben öfter schon von Anfang an gelblich gefärbtes Fleisch und scheinen von Wundflächen aus am leichtesten ihr Fleisch gelb werden zu lassen. Junge Knollen färben ihr Gewebe viel weniger leicht, manche Knollen erweisen sich als sehr widerstands- fähıg gegenüber den das Auftreten eines Farbstoffs im Inneren der Zellen herbeiführenden Bedingungen. Wenigstens die oberflächlichsten Zell- schichten werden aber wohl überall gelblich, im Falle nicht eine Kork- schichte die Wundfläche verschliesst. Die Schnittflächen werden aber nicht allein gelblich, es erscheinen auch auf denselben rothe Punkte oder radıale rothe Streifen, öfter in sehr grosser Zahl, und manchmal, besonders bei jüngeren Knollen und warzenartig vorspringenden Wucherungen des Knollenparenchyms, wird die ganze Oberfläche gleichmässig roth. Es tritt im Inneren der Zellen rother, durch Alkalien grünwerdender Farbstoff auf, zunächst in gruppen- weise vertheilten Zellen, mit besonderer Bevorzugung der Markstrahlen, 1) Dieselben werden demnächst in „Forschungen auf dem Gebiete der Agri- kulturphysik“ erscheinen. Vergl d. vorl. Mittheil. in Flora 1883 Nr 9 pag. 133 2) Nach A. F. W. Schimper (Botan. Zeit 1883, No. 8) entstehen diese Körper aus „Leukoplastiden“, welche am Lichte ergrünen und sich durch Theilung ver- mehren. — Es ist möglich, dass sich in grün gewordenen Knollen die Fähigkeit des Fleisches, gelblich zu werden, vermindert. Beiträge zur Kenntniss des Verhaltens der leicht oxydablen Substanzen etc. 213 dann der Zellen in der Umgebung der Oelgänge des Xylems und der Rinde. Auch diese Veränderung dringt allmählig in die Tiefe des Knollens ein; ich habe Knollen unter den Händen gehabt, wo sich die rothgefärbten Zellnester durch die ganzen Knollen hindurch verfolgen liessen. Frisch ausgepresster, filtrirter Knollensaft färbt sich an der Luft ziemlich rasch. Ursprünglich wenigstens bei den meisten Knollen farb- los, wird er sehr bald heller oder dunkler gelb, auch in’s Röthliche spielend; auch hierbei zeigen sich Verschiedenheiten des Saftes ver- schiedener Knollen. Besonders verändert sich rasch dunkelnd der Saft älterer Knollen!). Dieselben Verschiedenheiten hinsichtlich der Rasch- heit und Intensität der Färbung zeigen sich am zerquetschten Fleisch der zu der Saftgewinnung verwendeten Knollen. Nach Reinke enthält der Dahlien-Saft die nämliche leicht oxydirbare Substanz wie Kartoffelsaft. Es frägt sich nun, wie die eben geschilderten Veränderungen im Inneren der lebenden Zellen der Dahlien-Knollen zu erklären sind. Die nächstliegende Wahrscheinlichkeit ist jedenfalls die, dass in diesem Falle das Ohromogen schon innerhalb der Zellen Oxydation zu einem Farb- stoff erfährt, wenn auch die Oxydation sehr viel langsamer eintritt, wie im ausgepressten Saft und wenn auch natürlich ohne spezielle Unter- suchung nicht behauptet werden kann, dass diese gelbe Substanz iden- tisch ist mit jener, welche sich im isolirten Saft bildet. Die verschieden grosse Neigung der Zellen der einzelnen Knollen, in ihrem Inneren eine Oxydation des Chromogens zu Farbstoff zuzulassen, könnte sehr wohl auf einer verschiedenen Energie der Oxydationsvorgänge beruhen; die grössere Neigung älterer Knollen würde ganz besonders hierfür sprechen, es liesse sich auch für die der Wundfläche nächsten Zellen wahrschein- lich machen, dass die Energie ihrer Lebensthätigkeit und Oxydation irgendwie beeinträchtigt ist. Und wenn die in derselben Ebene der Wundfläche nebeneinander liegenden Zellen insofern sich abweichend verhalten, als in den einen ein gelber, in den anderen ein rother Farb- stoff auftritt, so liegt die Vermuthung nahe, dass das nämliche Chro- mogen die Muttersubstanz des rothen Farbstoffs ist, und dass letzterer seine Lokalisirung auf bestimmte Zellen, sein vorzugsweises Auftreten auf den Schnittflächen jüngerer Knollenpartien oder an der Oberfläche frischer Gewebswucherungen den besonderen Vorgängen im Inneren dieser jüngeren, lebenskräftigeren Zellen oder der besonderen sonstigen Beschaffenheit ihrer Zellinhaltsstoffe verdankt. Es ist sehr wohl denk- bar, dass in diesen Zellen sich aus dem nämlichen Chromogen anstatt des gelben ein rother Farbstoff bildet. Es ist auch hervorzuheben, dass manchmal das Knollenfleisch von vorneherein gelblich ist und dass 1) Bemerkenswerth ist, dass solcher Saft, im frischen Zustand stark sauer, sehr bald alkalisch wird, um nach Kurzem wieder sauer zu reagiren. 214 | C. Kraus: auch Knollen vorkommen, deren Fleisch durchaus mit rothsaftigen Zellennestern durchsetzt ist. Es deutet dies darauf hin, dass unter Umständen schon in unversehrten Knollen ähnliche Vorgänge eintreten können, wie sonst von Wundflächen ausgehend. Die verschiedene Energie der Oxydationsvorgänge bietet hierfür eine Erklärung, weiter aber ist zu erwägen, ob nicht auch die anderweitigen, z. B. in ge- färbten Rüben, gelb-, blau- oder rothfleischigen Kartoffeln u. s. w. auf- tretenden Farbstoffe von einer entsprechenden Aenderung der Chromo- gene des Safts rühren. Existiren aber Beziehungen der leicht oxydablen Substanzen zur Athmung einerseits, zur Bildung gewisser Farbstoffe anderseits, so ist auch zu erwarten, dass bei Herabminderung der Energie der Oxydation in den Zellen als Symptom Farbenänderungen auftreten, wenn nämlich bei höherer Energie der Oxydation das Chro- mogen zerstört, bei geminderter aber bereits im Inneren der Zellen zu einem Farbstoff verarbeitet wird. Es ist hier zu erinnern an die Röthung des Saftes grüner Organe, wie sie z. B. bei Erniedrigung der Temperatur oder anderweitigen Störungen der Vegetation eintreten kann). Ich will nicht unterlassen, hervorzuheben, dass, wenn auch die gegebenen Erklärungen sehr plausibel erscheinen mögen, aus den Beob- achtungen mit Sicherheit blos das zu entnehmen ist, dass ohne spezielle Untersuchung die Behauptung, im Inneren der lebenden Zelle könne Oxydation der Chromogene zu Farbstoffen nicht eintreten, nicht ver- allgemeinert werden darf und dass auch auf diesen Punkt die Unter- suchung gerichtet werden muss. Im Uebrigen darf nicht übersehen werden, dass es sich beim Auftreten von Farbstoffen ın die Wundfläche begrenzenden lebenden Zellen oder beim Unterbleiben solcher Färbung nicht um den Zutritt des atmosphärischen Sauerstoffs allein handelt. Der Chemismus dieser Zellen kann noch in anderer Weise beeinflusst sein, da auch noch andere Verhältnisse gegenüber jenen, wie sie vorher 1) Möglicherweise gehört hierher auch die Erscheinung, dass die rein bläulich grünen Blätter eben versetzter Kohlrübenpflanzen roth werden, wie ich mehrfach beobachtet habe. Da die Setzpflanzen im Freien erzogen waren, konnte stärkere Lichtwirkung zur Erklärung nicht angezogen werden. Dass intensiveres Licht das Auftreten rother Zellsäfte befördern kann, ist ohnehin bekannt, und speziell bei Kohlrüben ist mir kürzlich ein sehr auffälliges Beispiel aufgestossen. Im Herbst vorigen Jahres waren Kohlrüben in Blumentöpfe gesät und zur weiteren Entwicke- lung im geheizten Zimmer gehalten worden. Hier hatten sich bis 18 cm lange, an der Basis liegende Stengel mit rein bläulich-grünen Blättern und blassgrüner Ober- fläche der Stiele und Stengel gebildet. Als sie Ende April aus der ziemlich schwachen Beleuchtung ins Freie gebracht wurden, färbte sich die Epidermis der Stengel, dann der Stiele und Nerven der jüngeren Blätter innerhalb einiger Tage blauroth. Die älteren, aber immer noch frischen Blätter änderten die frühere Färbung nicht. Im unteren Theil, wo der Stengel horizontal liegt, beschränkt sich die Röthung der Hauptsache nach auf die stärker beleuchtete Oberseite, Beiträge zur Kenntniss des Verhaltens der leicht oxydablen Substanzen etc. 215 im Gewebsverbande für die betreffenden Zellen herrschten, sich geändert haben, und auch diese Faktoren in ihrer Wirksamkeit klargelegt werden müssen. Die Prüfung der Dahlien-Knollen hat ergeben, dass der Saft, welcher zuerst auf frischen Schnittflächen erscheint, stark sauer reagirt und beim Eindunsten reichlichen Inulinabsatz giebt. Nach gründlichem Abspülen mit Wasser erscheint zunächst eben solcher Saft, später ver- mindert sich die Stärke der sauren Reaktion, noch später wird alkalischer Saft ausgeschieden. Die solchen Saft liefernden Knollen sind ersichtlich gesund, sie ergrünen bis zur Schnittfläche, und mag man die mit klarem, alkalischem Saft bedeckten Schnittflächen noch so kräftig mit Wasser abspritzen: der nach dem Abtrocknen sofort wieder erscheinende Saft ist so alkalisch wie vorher. Schneidet man mit dem Rasirmesser äusserst dünne Schnitte ab und legt sie zwischen zwei violette Lackmuspapiere, so giebt die Aussenseite einen blauen, die Innenseite einen rothen Fleck. Ob der Saft in den an die Wundfläche zunächst stossenden, gelblichen Saft führenden Zellen sauer reagirt, blieb zweifelhaft, hauptsächlich wegen der Färbung des Papiers durch diesen Saft. Auf keinen Fall reagirt dieser Saft alkalısch, und schon in den nächst tieferen Zellen Zellen erhält man wieder deutlich saure Reaktion. Ueberdies ist die Schnittfläche von rothsaftigen Zellnestern begrenzt. Da der rothe Farb- stoff durch Alkalien grün wird, ist nicht anzunehmen, dass dieser Farb- stoff in den oberflächlichsten Zellen bei alkalischer Reaktion des Safts bestehen könnte. Demnach ist der auf der Schnittfläche erscheinende alkalische Saft nicht als solcher in den ausscheidenden Zellen enthalten. Es liegt der Fall vor, dass ein Gewebe mit saurem Saft alkalische oder rasch alka- lisch-werdende Flüssigkeit ausscheidet. Es erinnert dies an gewisse thierische Gewebe, welche ein Sekret entgegengesetzter Reaktion liefern. Da die alkalischen Bestandtheile des ausgeschiedenen Safts auch in die Zellmembranen eindringen und auf Neutralisation des gegen die Wund- fläche bewegten sauren Safts hinwirken werden, so liegt die Möglich- keit vor, dass die Zellen nahe der Wundfläche blos in Folge steter Herbeiführung sauren Safts aus dem Knolleninneren vor dem Alkalisch- werden ihres Safts bewahrt werden. Es spielt sich in der Nähe der Wundfläche ein Kampf ab zwischen der inneren sauren und der äusse- ren alkalischen Flüssigkeit, was lebhaft an den Kampf erinnert, welcher in den Magenwänden zwischen dem sauren Magensaft und den alka- lıschen Gewebsflüssigkeiten stattfindet und bei mangelndem Nachschub des Blutes Selbstverdauung des Magens herbeiführt. Aus diesen, später im Detail zu schildernden Vorgängen ergiebt sich die Complizirtheit chemischer Veränderungen an Wundflächen, wie sie vorher im normalen Gewebszusammenhang für die jetzt die Wund- fläche begrenzenden Zellen nicht stattfanden. Diese andersartigen Vor- 216 K. Wilhelm: gänge dürften wohl mit dem Zutritt atmosphärischen Sauerstofis zur Wundfläche zunächst Nichts zu thun haben. Es ist klar, dass grosse Vorsicht geübt werden muss bei den Schlussfolgerungen über die Ver- änderungen, welche die „Autoxydatoren“ in den die Wundfläche von Rüben, Knollen und dergl. begrenzenden Zellen bei freiem Zutritt der Luft erleiden. 29. K. Wilhelm: Die Verdoppelung des Jahres- ringes. (Vorläufige Mittheilung.) Eingegangen am 10. Mai 1883. Die Frage nach dem Vorkommen und der Entstehung der sog. „Doppelringe“ ist in der botanischen wie forstlichen Literatur wieder- holt aufgeworfen und besprochen worden. Sie besitzt nicht nur wissen- schaftliches Interesse, sondern ist auch für die dem Forstmann wichtige Holzmesskunde von nicht geringer Bedeutung. Die hierher gehörigen Erscheinungen sind zur Zeit keineswegs hinreichend aufgeklärt, erfor- dern vielmehr noch mehrseitig weiteres Studium. Ein solches wird an die vor einigen Jahren von L. Kny veröffentlichte Arbeit: „Ueber die Verdoppelung des Jahresringes“!) anzuknüpfen haben. Hier wird der Nachweis geliefert, dass, wenn schädliche Einflüsse (Raupenfrass) die Belaubung eines Baumes ganz oder theilweise vernichten, und noch im nämlichen Jahre ein Wiederausschlag durch vorzeitige Knospenentwick- lung erfolgt, diese Störung der normalen Vegetation sich bei manchen Arten im Holzkörper mehr oder minder deutlich ausprägt. In diesem Falle grenzen sich der vor und der nach der Entlaubung entstandene Theil des gesammten einjährigen Zuwachses ähnlich von einander ab, wie „echte“, d. h. in zwei aufeinander folgenden Jahren gebildete Holz- ringe. Solches beobachtete Kny an jungen Stämmchen von Winter- linde, Stieleiche und Vogelbeere, welche gegen Ende Juni durch Raupen- frass (Liparis dispar L.) fast gänzlich entblättert worden waren, und sich hierauf aus vorzeitig aufbrechenden Knospen noch im nämlichen l) Verhandlungen des Botan. Vereins der Prov. Brandenburg. 1879. Hier ist auch die einschlägige Literatur angegeben. Die Verdoppelung des Jahresringes. 217 Sommer neu belaubt hatten. Diese Bäume zeigten, wenigstens in ihren jüngeren Zweigen, einen dem letzten Jahreszuwachs entsprechenden Doppelring, dessen Deutlichkeit je nach der Holzart verschieden war, und auch bei dem nämlichen Individuum, sogar an demselben Inter- nodıum, Schwankungen aufwies, ferner (bei Tika) an der Unterseite horizontal abstehender Zweige grösser war als an der Oberseite. Da- gegen verhielt sich der letzte Jahresring einer ebenfalls von Raupen kahl gefressenen und nachträglich wieder ergrünten Hängebuche (Fagus stwatica var. pendula) ganz normal. Unsere Holzgewächse scheinen also auf derartige Eingriffe in ungleicher Weise zu reagiren. Eine weitere Untersuchung des Sachverhaltes dürfte demnach keines- wegs überflüssig sein, um so weniger, als Kny — welchem wir die erste zielbewusste wissenschaftliche Bearbeitung des Gegenstandes ver- danken — die durch die Verhältnisse bedingte unvollkommene Form seiner Beobachtungen selbst hervorhebt und den naheliegenden Wunsch, „in der einen oder anderen Richtung weiter zu kommen“ erst dann für erfüllbar hält, wenn die Bestände einer reich ausgestatteten Baum- schule für Entblätterungsversuche zur Verfügung stehen. Ich habe nun im Verlaufe des vorigen Sommers (1882) im k. k. Forstrevier Hinter- brühl bei Wien einen Versuch angestellt, dessen Ergebnisse nicht ohne Interesse sind, wenn sie auch nicht ohne Weiteres verallgemeinert werden dürfen. Da meines Wissens die in Rede stehende Frage seit der eitirten Publikation Kny’s keine weitere Bearbeitung erfuhr, will ich meinen Versuch und seine Resultate hier kurz mittheilen. Als Versuchspflanzen dienten einige gutwüchsige, freistehende, sieben bis neunjährige Stämmchen (Stockausschläge) der Traubeneiche (Quer- cus sessiliflora Smith). Zwei derselben wurden am 7. Juni, zwei andere am 10. Juli v. J. mittelst einer Scheere vollständig entblättert. Un- mittelbar nach der Entlaubung wurden an jedem Bäumchen an drei Stellen des Schaftes Marken angebracht, um bei der nachherigen Un- tersuchung genau bestimmen zu können, wie weit die Entwicklung des jüngsten Jahresringes zur Zeit der Blätterwegnahme vorgeschritten war. Diese Markirung geschah derart, dass man an den betreffenden Stellen ein kleines Stückchen aus der Rinde herausschnitt, und den bloss ge- legten Holzkörper mit Theer bestrich. Auf diese Weise wurde am 7. Juni auch ein Controlstämmchen, dessen Belaubung unangetastet blieb, mit Marken versehen. Von den zu verschiedenen Zeiten entblätterten Versuchseichen wurde im Spätherbst 1882 je eine gefällt, und nebst dem Controlstamm einer genauen Untersuchung unterzogen. Die beiden anderen Bäum- chen blieben zunächst stehen, um in ihrem ferneren Verhalten beob- achtet zu werden. Der Versuch, soweit er im vergangenen Sommer zum Abschlusse kam, lehrte nun Folgendes: 218 K. Wilhelm: 1. Junge, gutwüchsige Traubeneichen, welche im Laufe des Som- mers vollständig entblättert werden, vermögen sich noch in der näm- lichen Vegetationsperiode neu zu belauben, auch wenn die Wegnahme der Blätter erst in der zweiten Juliwoche stattfand. Die am 7. Juni entblätterten Stämmchen hatten sich bis zum 10. Juli vollständig neu begrünt, das eine sogar so kräftig, dass es sich von anderen, nicht entlaubt gewesenen, kaum unterschied. Vornehm- lich waren die am oberen Theile der Frühjahrstriebe befindlichen Knos- pen zur Entwicklung gelangt. Im Wipfel hatten sich auf diese Weise ansehnliche Langtriebe gebildet, welche grosse, ungewöhnlich geformte Blätter trugen. Diese waren im Verhältniss zu ihrer Breite länger, als im normalen Falle, tiefer eingeschnitten, und die einzelnen Zipfel häufig nicht ganzraudig, sondern unregelmässig gelappt. An den tie- fer stehenden Aesten dagegen fanden sich kürzere Ausschläge mit weit kleineren, ziemlich normal geformten Blättern. Die beiden anderen, erst am 10. Juli ihrer Blätter beraubten Eichen!), waren zu dieser Zeit insofern verschieden, als die eine nur sehr wenige, noch unausgebildete Johannistriebe besass, während solche an der anderen weit zahlreicher und gut entwickelt waren. Am 21. August zeigten sich auch diese Stämmchen vollständig neu belaubt. Die Bildung der neuen Triebe war hauptsächlich aus den Gipfelknospen erfolgt, und hatte an dem Bäumchen mit geringer Johannistriebentwicklung reichlicher und kräf- tiger stattgefunden, als an dem anderen, zur Zeit der Entblätterung schon mit ansehnlichen Johannistrieben versehenen. 2. Bei frühzeitig (Anfangs Juni) entlaubten Traubeneichen kommt die derart hervorgerufene Störung der normalen Vegetation in der ab- normen Beschaffenheit des letzten Holzringes zum Ausdruck. Dieser Ring bleibt nicht nur bedeutend schmäler als sein Vorgänger, sondern das vor und das nach der Entblätterung gebildete Holz grenzen sich merklich gegen einander ab. Die Entstehung eines Doppelringes scheint jedoch an besondere Bedingungen (gleichzeitige Verletzung oder Bloss- legung des Holzkörpers) geknüpft. Eine (für das freie Auge wenig deutliche, unter der Lupe aber scharf hervortretende) Doppelringbildung liess sich nur an derjenigen Stammseite, an welcher die Marken angebracht worden waren, erkennen. Unweit der Wundränder beginnt hier eine gefässreiche Zone, welche jedoch (auf dem Querschnitt) in einiger Entfernung von jenen wieder aufhört, so dass sie höchstens ein Drittel des Ringumfanges einnimmt, dem grösseren Theile des letzten Jahreszuwachses also fehlt. Wegen ihrer Unvollständigkeit und geringen Deutlichkeit für das freie Auge konnte diese Doppelringbildung keinen irgendwie erheblichen Einfluss auf die gesammte Querschnittsansicht gewinnen. Mag der erste Anlass 1) Dieselben besassen je ca. 3600 wohlausgebildete, gesunde Blätter. Die Verdoppelung des Jahresringes. 219 zur Entstehung einer gefässreichen Zone inmitten des jüngsten Jahres- zuwachses auch durch die Entfernung der Rinde an den Markirungs- stellen gegeben worden sein!), so wurde doch die Entwicklung und Ausdehnung dieser Bildung durch die gleichzeitige Entlaubung er- heblich gefördert. Dies ging aus der Beschaffenheit des Oontrolstammes an gleicher Stelle deutlich hervor. Hier hatte zunächst den Wund- rändern auch eine reichlichere Bildung von Gefässen stattgefunden, ohne sich jedoch so weit in den letzten Jahresring zu erstrecken, als dies bei der Versuchseiche der Fall war. Der jüngste Jahresring der letz- teren war aber auch da, wo er nicht verdoppelt erschien, keineswegs normal gebaut, was sich übrigens erst mit der Lupe deutlich erkennen liess. Die Gefässe des Eichenholzes, im Frühjahrsholze weit und zahl- reich, werden bekanntlich im mittleren Theile der Jahresringe enger und spärlicher; sie ordnen sich hier (auf dem Querschnitte) in Längs- reihen, welche durch mehr oder minder breite Streifen dichten, gefäss- losen Holzgewebes getrennt sind. Im Herbstholz werden die Gefässe noch enger, dabei aber wiederum zahlreicher, so dass die von ıbnen gebildeten Längsstreifen sich verbreitern. In der Versuchseiche zeigte nun der vor der Entlaubung entstandene Theil des jüngsten Jahresrin- ges den Bau eines normalen; während aber in einem solchen die Weite der Gefässe von der mittleren Region zum Herbstholz allmälig abnimmt, hören in dem nach der Entlaubung zugewachsenen Theile des Jahres- ringes die weiteren Gefässe plötzlich auf, und die nun beginnenden sehr engen sind in breite Gruppen zusammengestellt, welche häufig die von den weiteren Gefässen gebildeten Längsreihen nicht fortsetzen, son- dern zwischen diese und somit unmittelbar vor die gefässlosen, dichte- sten Theile der mittleren Ringzone zu liegen kommen. Diese Beson- derheit des jüngsten Jahrringes ist aber nicht auffallend genug, um den Eindruck eines „Doppelringes“ hervorzurufen, und kann bei flüchtiger Betrachtung des Querschnittes leicht ganz übersehen werden. Das an unserer Traubeneiche erhaltene Resultat stimmt also nicht ganz mit den Beobachtungen Kny’s überein, welcher an von Raupen kahl gefressenen und noch im nämlichen Sommer frisch ergrünten Stiel- eichenzweigen eine „kenntliche Verdoppelung“ des Holzringes wahr- nahm.?) | 3. Die abnorme Beschaffenheit des jüngsten Holzringes ist in allen Theilen des Schaftes nachweisbar, wird jedoch in jüngeren Zweigen un- kenntlich. Dieser Umstand verdient Beachtung, denn bei den von Kny unter- suchten Bäumchen war der „Doppelring“ nur in den ein- bis zweijäh- 1) Vergl. H. de Vries, Ueber den Einfluss des Rindendruckes auf den ana- tomischen Bau des Holzes. Flora. 1875. (S. 100). 2) 6.8.8 220 | K. Wilhelm: Die Verdoppelung des Jahresringes. rigen Zweigen deutlich, um in älteren allmälig zu verschwinden. Eine eigenthümliche Erscheinung, für welche mir zunächst eine befriedigende Erklärung fehlt, ist das Vorkommen des oben beschriebenen, unvoll- ständigen, durch eine kontinuirliche Zone weiterer Gefässe gebildeten Doppelringes in der ganzen Länge derjenigen Stammseite, an welcher die Marken angebracht worden waren. Diese Zone war auch am Grunde des Stämmchens, reichlich 4 dm unterhalb der tiefsten Marke, noch wohlausgebildet vorhanden. Ihre Ausdehnung betrug hier allerdings kaum mehr den sechsten Theil des Stammumfanges. 4. Die mikroskopische Untersuchung ergab keine Verschiedenheit ım anatomischen Bau des vor und des nach der Entblätterung ent- standenen Holzes, jedoch zeigten sich die unmittelbar nach der Ent- laubung gebildeten Holzelemente in radialer Richtung häufig mehr oder minder abgeplattet. 5. Nach einer erst im Juli vorgenommenen Entblätterung scheint auch bei eingetretener Wiederbelaubung kein nennenswerther Holzzu- wachs mehr stattzufinden. Bei dem am 10. Juli entblätterten Eichenstämmchen war die Ueber- wallung der Markirungswunden sehr unvollständig vor sich gegangen, und die Breite des jüngsten Jahresringes, der keinerlei Besonderheiten zeigte, hinter derjenigen seines Vorgängers um das Drei- bis Vierfache zurückgeblieben. — Es wird die Aufgabe weiterer mit mehreren Holzarten unter wech- selnden Verhältnissen angestellter Versuche sein, die vorstehend mit- getheilten Resultate zu vervollständigen, und die Frage nach der Ver- doppelung des Jahresringes nach Möglichkeit zu einem allseitigen Ab- schluss zu bringen. Derartige Versuche werden in den nächsten Wochen von mir eingeleitet und mit ihren Ergebnissen seinerzeit be- kannt gemacht werden. Vorstehende Mittheilung wurde der Hauptsache nach von mir kürz- lich in der „Oesterreichischen Forst-Zeitung“ (1. Jahrg. 1883, No. 15) veröffentlicht. Da ich kaum annehmen kann, dass dieses Fachblatt in die Hände von Botanikern gelangt, hielt ich es für gestattet und zweckmässig, jenen Aufsatz in etwas veränderter Gestalt hier zu re- produziren. W. Miller: Ueber einen Zahn-Spaltpilz, Leptothrix gigantea 221 30. W. Miller: Ueber einen Zahn-Spaltpilz, Leptothrix gigantea. (Mit Tafel VI.) Eingegangen am 21. Mai 1883. Im Sommer vorigen Jahres wurde mir seitens des Herrn Prof. Möller von der Thierarzneischule in Berlin ein Hund, der an der Rigg’schen Krankheit (Pyorrhoea ulveolaris) litt, zum Zweck der Unter- suchung der Zähne zur Verfügung gestellt. Im Zahnbelag fand sich in üppiger Entwicklung ein Spaltpilz von riesigen Dimensionen vor, der im Laufe der Untersuchung als neu er- kannt und mit obigem Namen belegt wurde. Die naheliegende Frage, ob dieser Organismus nicht etwa auch an Zähnen anderer carnivorer oder auch phytophager Säugethiere vor- komme, regte mich zur Untersuchung des Gebisses in dieser Richtung an und es liess sich in der That auch beim Schaf, Rind, Schwein, Pferd etc. das Vorkommen des in Rede stehenden Pilzes constatiren. Da Bau und Entwickelungsverhältnisse der Leptothriv gigantea einen neuen Beleg für die Richtigkeit der neuerdings von W. Zopft) näher begründeten Theorie von dem genetischen Zusammenhang der Spaltpilzformen zu liefern scheinen, so dürfte eine kurze Darlegung dieser Verhältnisse vielleicht von Interesse sein. Was die habituelle Erscheinung des Pilzes betrifft, so tritt der- selbe in Form von Büscheln oder Räschen auf, deren Fäden, ähnlich etwa wie bei Orenothrix, von ihrem Anheftungspunkte aus nach ver- schiedenen Seiten divergiren. — Dieses Auftreten in Räschen scheint damit zusammenzuhängen, dass sich solche Fadengruppen aus je einem Coccen-Klümpchen entwickeln. Dieses habe ich am schönsten in dem Zahnbelag aus einem Katzen- munde zu sehen bekommen; man sieht ein Klümpchen runder und ovaler Coccen, von denen Fäden von den verschiedensten Längen nach allen Richtungen hin ausstrahlen. Die älteren Fäden sind wieder in Stäbchen resp. Coccen gegliedert, so dass man an dem genetischen Zusammenhange zwischen den drei Formen kaum mehr zweifeln kann. Die Fäden desselben Räschens können bezüglich ihrer Dicke be- trächtlich variiren (Fig. 1) (in einem ähnlichen Verhältniss wie z.B. 1) Zur Morphologie der Spaltpflanzen, Leipzig 1882. 22. WeriMillers bei Crenothriw oder Beggiatoa). Manche sind sehr dünn (Fig. 1H.J. K.), andere relativ sehr dick (Fig. 1A.B.C.) und dazwischen finden sich alle Uebergänge (Fig. 1 F.G.E.D.). An den dünneren Fäden tritt in der Regel bezüglich der Dicke kein Gegensatz von Basis und Spitze hervor, wohl aber bei den dickeren Fäden (Fig. 1 A.B.C.D.E.). Doch sieht man auch in Fig. 2 einen ziemlich dünnen Faden, der gegen die Spitze zu etwas grössere Dicke zeigt. Bald erscheinen die Fäden grade, bald unregelmässig gekrümmt, bald sehr regelmässig spiralig gewunden (Fig. 1 Ea) entweder im ganzen Verlaufe des Fadens, oder an der Spitze oder an der Basis. Zwei oder mehrere Spiralfäden umwinden sich bisweilen (Fig. 1 Ea). In allen diesen Punkten erinnert die Leptothriz gigantea an Beg- giatoa alba und an Ürenothriv Kühniana. Ferner lässt sich eine deutliche Scheidenbildung nachweisen, in manchen Rasen an allen Fäden, in anderen nur an einzelnen Fäden (Fig. 1 D). Was sodann die Struktur der Fäden anlangt, so weisen sie (wie die Fäden von Leptothrix buccalis, Beggiatoa alba, Crenothriz und Cladothrix) Gliederung in Langstäbchen, Kurzstäbchen und Coccen auf. Sehr deutlich, auch ohne Anwendung von Reagentien, sind diese Verhältnisse an dickeren Fäden zu beobachten (Fig. 1), namentlich am oberen und mittleren Theile; am unteren fehlen sie bisweilen scheinbar (Fig. 1 Aa). Selbst dünne junge Fäden zeigen diese Gliederung schon im lebenden Zustande sehr schön, bei den dünnsten aber werden zum Nachweisen derselben Färbungsmittel nothwendig. Man findet unter Umständen an demselben Faden gleichzeitig alle drei Formen vertreten (Fig. 1A.B und Fig. 2) und zwischen ihnen meistens alle Uebergänge, sowohl den von Langstäbchen zu Kurzstäbchen (Fig. 1A. C), als auch die Mittelformen zwischen Kurzstäbchen und Coccen (Fig. 2 und 10); schliesslich geht alles in Coccen über (Fig. 4). Bei mit Scheiden versehenen Fäden werden die Glieder, mögen sie nun Stäbchen oder Coccen sein, aus der ersteren entleert und sammeln sich in Häufchen an (Fig. 5). Da die Glieder eines und desselben Fadens meist nicht blos verschiedene Länge, sondern, wenn der Faden im Grunde sich verschmälert, auch verschiedene Dicke haben, so werden natürlich auch die aus ein und derselben Scheide entleerten Glieder meist verschiedene Dimensionen aufweisen. Sehr charakteristisch, namentlich für dickere Fäden, ist der häufig auftretende Umstand, dass die Glieder Abweichungen von der ge- wöhnlichen Form zeigen. So schwellen z.B. Stäbchen und Coccen häufig an, sich hierbei gegeneinander abrundend.(Fig. 1 C.a. f). Ausserdem kommt es vor, dass Stäbchen birnförmig anschwellen (Fig. 1 Ga, B, b.d) oder sich gar, an Ueber einen Zahn-Spaltpilz, Leptothrix gigantea. 223 der Grenze gegen die Nachbarzelle hin, seitwärts schwach ausstülpen (Fig. 1 Ce).!) An älteren Fäden lässt sich beobachten, wie die ursprünglich in einer Reihe liegenden Stäbchen sich gegeneinander etwas verschieben, so dass ihre Achse nunmehr die Achse des Fadens schneidet (Fig. 1 B.a.b.c, A.b). Wenn diese Stäbchen nun in der neuen Richtung sich verlängern, so wachsen sie an einander vorbei (Fig. 1 A.b). In Folge dieser Vorkommnisse erscheint der ursprünglich gleichmässige Faden mehr oder minder auffallend gebrochen (Fig. 1 A.B.C). Wir haben gesehen, dass die Coccenbildung zunächst stattfinden kann durch Quertheilung. Treten solche Quertheilungen in dünnen Fäden auf, so seigen die Coccen natürlich sehr geringen Durchmesser (Fig. 2 d.). Treten sie in dickeren Fäden auf, so ist der Durch- messer natürlich bedeutend grösser (Fig. 1 C.f.c, Fig. 1A.c). In Fäden von mittlerem Durchmesser erscheinen auch die Üoccen von entspre- chender Grösse. Aus den grösseren ÖOoccenformen können nun aber durch weiter- gehende Theilung gleichfalls kleinere Coccen erzeugt werden. Am besten liess sich dies bei der an Schweinezähnen mitunter vorkommen- den Form der Leptothrix gigantea beobachten (Fig. 8). Dort erfolgt in den grossen Coccen zunächst noch eine Quertheilung, so dass die- selben in zwei Scheiben getheilt werden (Fig. 8a). Sodann aber tritt in jeder Scheide eine Längstheilung auf. Die ursprüngliche grosse Cocce wird durch solche Theilungen nach zwei Richtungen des Raumes in vier kleinere zerlegt (Fig. 8). Diese Bildung kleinerer Coccen lässt sich oft auf ganze Strecken des Fadens hin verfolgen (Fig. 8). An- fangs eckig, runden sich diese Ooccen gegen einander ab und ver- schieben sich später, so dass die ursprüngliche Lagerungsweise ver- wischt wird. Gewöhnlich lassen sich die Theilungen nach zwei Rich- tungen des Raumes erst durch Färbungsmittel nachweisen. Was endlich die Schraubenformen anlangt, so treten sie sowohl an den feineren als an den dickeren Fäden auf, und zwar theils in Spirillenform (Fig. 9sp.), theils in Vibrioform (Fig. 9V), theils in Spirochaetenform. Uebergänge von Spirillum zu Vibrio, oder von Vibrio zu Spirochaete lassen sich bisweilen an demselben Faden nach- weisen (Fig. 10, 11). Gewöhnlich zeigen die Schraubenformen keine Spur von Gliede- rung, namentlich dann nicht, wenn sie dünn erscheinen. Man muss daher zu Färbungsmitteln seine Zuflucht nehmen, mit Hülfe deren sich die Gliederung in längere und kürzere Stücke (Stäbchen und Coccen) leicht nachweisen lässt. 1) Diese Zustände stellen keineswegs Involutionsformen dar, da ihr Inhalt sich stets ganz normal verhält, und auch die Membran sich nicht verdickt. 224 | W. Miller: In Fig. 10 und 11 sind vibrio- (V) und spirillumartige Formen (Sp) die sich hier übrigens schon mehr der Spirochaete nähern, mit ihrer Gliederung dargestellt. Anmerkung. Nach meinen Beobachtungen liegt die Vermuthung nahe, dass die feinen Schrauben im Zahnbelag des Menschen, die man bisher als Spirochaete dentium bezeichnete (Fig. 17) durch Frag- mentirung längerer Fäden entstehen können. Diese Fäden sind bald in ihrer ganzen Ausdehnung, bald nur auf kürzere oder längere Strecken spiralig, oft sehr regelmässig, oft unregelmässig. Sie knicken unter dem Auge des Beobachters ein (Fig. 13) und zerfallen dann in die durch die Knickstellen begrenzten Stücke (Fig. 17). Nur selten findet man die Mutterfäden in grösserer Menge beisammen. Bisher glaubte man, dass die Sperochaete dentium ein einzelli- ges Gebilde sei; mir ist es auch, obgleich ich mir die grösste Mühe gegeben habe, nicht gelungen, eine regelmässige Gliederung in Stäbchen, resp. Coccen, wie sie bei den Fäden vorkommt (Fig. 3. 4 etc.) bei der Spirochaete dentium nachzuweisen. Ich habe aber, durch Anwendung der von W. Zopf!) für die Sumpf-Spirochaete angegebenen Methode eine Theilung in Glieder von ungleicher Länge sicher nachweisen können (Fig. 20). Die Stücke, die hierdurch entstehen, stimmen in Grösse und Form mit dem im Mundschleime vorkommenden sogenannten „Dental bacterium“ genau überein. Zum Nachweis dieser Gliederung ist die stärkste Oelimmersion mit Abbe’scher Beleuchtung erforderlich Das Präparat darf dabei nicht sehr intensiv gefärbt sein. Es ist doch sehr wahrscheinlich, dass man, mit noch besseren In- strumenten, und besonders mit besser geeigneten Färbemethoden, den Zusammenhang zwischen der Spirochaete dentium und anderen im Munde vorkommenden Spaltpilzformen mit voller Sicherheit feststellen könnte. Diese Untersuchungen habe ich unter Leitung des Herrn Dr. Zopf ausgeführt und verfehle ich nicht Herrn Dr. Zopf sowie Herrn Prof. Möller meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1-5. Leptothrix gigantea vom Zahnbelag des Hundes. Fig. 1. 540/1. Lebendes Räschen des Pilzes aus Fäden von verschiedener Dicke und Ausbildung bestehend. A. Faden mit deutlichem Gegensatz von Basis und Spitze, am Grunde (a) ver- 1) Zur Morphologie der Spaltpflanzen, Leipzig 1882. Ueber einen Zahn-Spaltpilz, Leptothrix gigantea. 23235 schmälert und ungegliedert, nach dem Ende zu dicker und sehr deutliche Gliederung in längere und kürzere Stäbchen, bei ce auch in Coccen, zeigend. In der Region b. c. erscheint der Faden unregelmässig, die einzelnen Zellen dicht unterhalb der Querwand beginnen an einander vorbei zu wachsen. B. Aehnlicher Faden, überall die Gliederung in längere und kürzere Stäbchen zeigend; im oberen Theil, namentlich bei a, b, c. wird der Verlauf des Fadens un- regelmässig, eine Folge des Umstandes, dass sich einzelne Zellen verschoben haben und in der neuen Richtung weiter zu wachsen in Begriff sind. C. Aehnlicher Faden, überall deutlich gegliedert in längere (a, b) und kürzere (g), Stäbehen und Coccen (f). An verschiedenen Stellen haben sich zwei benachbarte Zellen gegeneinander abgerundet e, c, g; bei g' wachsen 2 Fadentheile aneinander vorbei. D. Deutlich bescheideter Faden, der sich von der Basis nach der Spitze zu er- weitert. Im unteren Theile zeigt sich die Scheide noch mit Langstäbchen angefüllt, im oberen ist sie bereits entleert E. Zwei Fäden, welche am Grunde (a) scheinbar ungegliedert und spiralig um einander gewunden sind, an der Spitze (b) deutlich gegliedert erscheinen und all- mälig an Dicke zunehmen. F., G. Dünne, aber trotzdem deutlich in Stäbchen gegliederte Fäden. H., IL, K. noch dünnere Fäden, scheinbar ungegliedert. Fig. 2. (Homog. Imm. Zeiss !/ıs ocul. 2). Mit Methylviolet kräftig gefärbter, ziem- lich dünner Faden des Pilzes, an der Basis (a) scheinbar ungegliedert, bei (b) deutlich in längere, bei (c) in kürzere Stäbchen gegliedert, bei (d) deutliche Coccenbildung zeigend. Fig. 3. (Hom. Imm. Ocul. 2). In ähnlicher Weise behandelter, ziemlich dünner Faden; bei (a) in längere, bei (b) in kürzere Stäbchen gegliedert. Fig. 4. (Hom. Imm. !/ıs.,Ocul. 2). Aehnlicher Faden, bereits in seiner ganzen Aus- dehnung in Coccen gegliedert. Fig. 5 540/1. Ein Häufchen von längeren Stäbchen, durch Entleerung eines grösse- ren bescheideten Fadens entstanden. Fig. 6—8. Leptothrix gigantea vom Schwein. Fig.6. Lebendes Räschen aus dünneren und dickeren, theils grade, theils vibrionen- artig gekrümmten Fäden bestehend. Fig. 7. Gefärbter, in längere und kürzere Stäbchen gegliederter Faden. Fig. 8. Breite Fadenstücke, deren Glieder durch weit gehende Quer- und Längs- theilungen in sehr kleine Coccen zerfallen sind. Fig. 9—12. Leptothrix gigantea vom Schaf. Fig. 9 Lebendes Räschen mit geraden und spiraligen (Sp.) und Vibrioartigen (V) Fäden. Fig. 10 Spiralfaden mit Uebergang von der Sprillum-Form (Sp.) zur Vibrioform (V.). Mit schwacher Fuchsinlösung behandelt, deutliche Gliederung zeigend. Fig. 11 Ein Faden der den Uebergang von Vibrio (V.) zu Spirillum (Sp.) gleich- falls deutlich erkennen lässt. In schwacher Fuchsinlösung. Gliederung deutlich. Die Pfeile bezeichnen Einknickungsstellen. Fig. 12. Spiralfaden, dessen Hälften sich flechtenartig um einander geschlungen haben. Fig. 13—16. 540/1. Theils spirochäten —, theils vibrioartig gekrümmte, sehr lange lebende Fäden, aus dem Zahnschleim des Menschen, aus denen durch Fragmentirung, die im Zahnschleim so häufigen kurzen spirochäten — und vibrioartigen Schrauben (Fig. 17) vermuthlich hervorgehen. In Fig. 13 bezeichnen a, b, ce die Abknickungsstellen, 15 D.Botan.Ges.1 296 G. Krabbe: Fig. 17. (Hom. Imm. '/ıs. Zeiss. Ocul. 2). Spirochaete dentium, vermuthlich Frag- mente längerer Schraubenfäden, aus dem Zahnbelag des Menschen, mit Fuchsin gefärbt. Fig. 18, 19. (Hom. Imm. !/ıs Zeiss. Ocul. 2). Schraubenstücke aus dem Zahnbelag des Menschen mit Fuchsin gefärbt, die Gliederung (bei Fig. 18 in Kurz- stäbchen, bei Fig. 19 in Coccen) zeigend. Fig 20. (/ıs Ocul. 4). Spirochaete dentium, eine Gliederung in Fragmente von verschiedener Länge zeigend. 3l. G. Krabbe: Zur Frage nach der Funktion der _Wurzelspitze. Eingegangen am 24 Mai 1883. In seinem letzten Werke hat Darwin, sich anlehnend an die von Ciesielski!) im Jahre 1871 constatirte Thatsache, dass ihrer Spitze beraubte Wurzeln nicht mehr auf die Schwerkraft reagiren, die Be- hauptung ausgesprochen, die Wurzelspitze empfange von der Schwer- kraft einen Reiz und leite denselben nach rückwärts auf entferntere Gewebepartien, wo die Wirkung des Reizes in einer geotropischen Krümmung der Wurzel zum Ausdruck gelange. Diese auf Grund von Ciesielski’s und eigenen umfangreichen Beobachtungen ausgesprochene Ansicht Darwin’s hat eine Anzahl von Arbeiten veranlasst, die sich mit demselben Gegenstande beschäftigen. Trotzdem aber wird kaum Jemand, der sich nicht auf eigene Untersuchungen stützen kann, im Stande sein, sich ein Urtheil über die von Darwin behauptete Funktion der Wurzelspitze zu bilden. Gruppirt man die Stimmen, so kann man jedem, der sich für Darwin ausgesprochen hat, einen Gegner gegen- über stellen. Und was das Eigenthümliche bei der Sache ist, es be- stehen nicht blos in Bezug auf Erklärung und Deutung der Beob- achtungen Differenzen, man ist auch in Betreff des rein Thatsächlichen keineswegs einig. Dies Letztere ist um so mehr zu verwundern, da die Versuche, die in dieser Angelegenheit erforderlich sind, gerade nicht zu den schwierigsten der experimentellen Pflanzenphysiologie ge- hören. Die nach Darwin erschienenen Arbeiten haben somit die Frage nach der Funktion der Wurzelspitze, anstatt sie zu lösen oder präciser zu fassen, nur noch verwickelter gemacht. 1) Untersuchungen über die Abwärtskrümmung der Wurzel in Cohn’s Beiträgen zur Biologie der Pflanzen, Bd. I, Heft II. S. 1 ff. Zur Frage nach der Funktion der Wurzelspitze. 2327 Im December 1882 nahm ich daher die immer noch nicht in befriedi- gender Weise gelöste Frage nach der Function der Wurzelspitze in Angriff. Geleitet wurde ich bei meinen Untersuchungen von dem Be- streben, unter präciserer Fragestellung das rein Thatsächliche in be- stimmterer Weise, als es bisher geschehen ist, festzustellen. Weiter aber als bis zur Öonstatirung von Thatsachen ist zur Zeit in Bezug auf geotropische Erscheinungen nicht zu kommen; eine befriedigende Erklärung der bei geotropischen Erscheinungen sich abspielenden Vor- gänge im Innern der Wurzel wird nicht eher gegeben werden können, als bis man tiefer, als jetzt, in die Verhältnisse des lebenden Plasmas eingedrungen ist. Aus diesem Grunde werde ich auch auf die Dar- win’sche Krümmung, obgleich ich umfangreiche Versuche nach dieser Richtung angestellt habe, nicht näher eingehen, da hier im Grossen und Ganzen über die Thatsachen selbst alle Beobachter einig sind; dass aber die bisher gegebenen Erklärungen der Darwin’schen Krümmung ungenügend sınd, darüber wird wohl niemand, der die betreffenden Ab- handlungen studirt, im Zweifel bleiben. Ich kann mich daher in der folgenden kurzen Mittheilung meiner Ergebnisse auf die Erörterung zweier Punkte beschränken; es soll einmal die Funktion der Wurzel- spitze, und dann die von Darwin erörterte Beziehung der Circumnu- tation zum Geotropismus in Discussion gezogen werden. Bemerken will ich noch, dass meine Culturen entweder im feuchten Raume oder in Sägemehl ausgeführt wurden. Weiteres über diesen Punkt zu sagen, wäre mehr als überflüssig, da die betreffenden Cultur- methoden fast in jeder Abhandlung beschrieken sind. Die Untersuchungen wurden im botanischen Institut der Universität Berlin ausgeführt und fühle ich mich gedrungen, Herrn Koh en Dr. S. Schwendener für das meiner Arbeit dargebrachte Interesse meinen verbindlichsten Dank abzustatten. I. Die Funktion der Wurzelspitze. Ciesielski giebt für die Thatsache, dass Wurzeln nach der Ent- fernung ihrer Spitze nicht mehr auf die Schwerkraft reagiren, eine Er- klärung, deren Unzulänglichkeit so sehr auf der Hand liegt, dass wir ıit der Erörterung derselben weiter keine Zeit zu verlieren brauchen. Bald nach dem Erscheinen des Darwin’schen Buches!) über das Be- wegungsvermögen der Pflanzen, in welchem der Geotropismus der Wurzeln in eingehender Weise untersucht wird, veröffentlichte Wiesner eine Arbeit?), in welcher das Verhalten amputirter Wurzeln der Schwer- kraft gegenüber von ganz anderen Gesichtspunkten aus betrachtet wird. 1) Das Bewegungsvermögen der Pflanzen von Charles und Francis Darwin, übersetzt von J. Vietor Carus. Stuttgart 1881. 2) J. Wiesner, Das Bewegungsvermögen der Pflanzen. Wien 1881. 228 | G. Krabbe: Wiesner stellt die Behauptung auf und sucht dieselbe durch das Ex- periment zu stützen, dass die Wurzeln durch das Abtragen der Spitze in ihrem Längenwachsthum beeinträchtigt werden. Aus dieser Herab- setzung der Wachsthumsintensität in Folge der Amputation soll nach Wiesner das Verhalten decapitirter Wurzeln der Schwerkraft gegen- über genügend erklärt werden können. Wurzeln, die nach Entfernung ihrer Spitze noch hinreichend wachsen, sollen auch noch die Fähigkeit zu geotropischen Krümmungen besitzen, und nur Wurzeln, deren Wachsthum stark vermindert ist, sollen sich nicht mehr geotropisch krümmen. Es möge mir gestattet sein, diese Ansicht Wiesner’s etwas näher zu prüfen. Meine Bedenken, wie ich gleich im Voraus bemerke, richten sich hauptsächlich gegen zwei Punkte; ich komme einmal in Bezug auf das rein Thatsächliche mit Wiesner in Conflict, und dann kann ich auch unter der Annahme, die Versuche Wiesner’s seien richtig, die Folge- rungen, die dieser aus seinen eigenen Experimenten gezogen hat, nicht anerkennen. Zur besseren ÖOrientirung möge hier der erste Versuch Wiesner’s!) Platz finden. Zu dem Versuche wurden Maiskeimlinge verwandt. A bedeutet anfängliche Länge der Wurzel, Z 24 Zuwachs nach 24, Z 48 nach 48 Stunden. Eu Wurzeln wurden in einer Länge von 1 mm geköpft, wobei der Vegetationspunkt stets abgetragen wurde, da derselbe weniger als 0,5 mm vom Wurzelende entfernt ist.“ a) Unverletzte Keimlinge. A. 2. 24. 2. 48. eo): 19 mmol 80 pCt. 246 pCt. DI) DAemein “le 1692, 5 RA WERE El ee au 5 DIN DZUN „URN „UM 11.55 199 5, Mittel 77,5 pCt. 221 pCt. b) Geköpfte Keimlinge: A. 2. 24. 2. 48. ae) 17 mm . . 58 pCt. 99 pCt. Aion da A 109% DT. OR, URN Big ee 34h; Mittel 41 pCt. 60,2 pCt. Wie aus dieser Versuchsreihe Wiesner’s zu ersehen ist, erreichte der Zuwachs der unverletzten Keimlinge in einem Zeitraum von 24 Stunden fast das Doppelte von dem der amputirten Wurzeln, und dieses Verhältniss hatte sich nach Verlauf von 48 Stunden noch mehr zu Gunsten der unverletzten Keimlinge gestaltet. Eine derartige Ver- 1) S. 102, Zur Frage nach der Funktion der Wurzelspitze. 3239 minderung der Wachsthumsintensität geköpfter Wurzeln, so lange die Amputation, wie in den Wiesner’schen Experimenten, nicht über einen Millimeter hinausging, ist mir niemals zu beobachten gelungen. Wiesner geräth mit diesem Resultate nicht nur mit mir, sondern mit allen, die mit amputirten Wurzeln experimentirt haben, in Widerspruch. Auf eine specielle Mittheilung meiner diesbezüglichen Experimente kann ich daher verzichten und zwar um so mehr, als noch in jüngster Zeit Kirchner!) durch viele Versuche zu einem anderen Ergebniss als Wiesner gelangt ist. Nur will ich betonen, dass die Frage, ob und in welcher Weise das Längenwachsthum der Wurzeln durch das Ab- tragen ihrer Spitze beeinträchtigt wird, für die Entscheidung des vor- liegenden Gegenstandes von gar keinem Belang ist. Für die Unter- suchung des Geotropismus decapitirter Wurzeln genügt es zu wissen, dass diese, so lange die Amputation die Länge von 2 mm nicht über- schreitet, noch wachsen und zwar so viel, dass sie sich recht gut geotropisch krümmen können, wenn überhaupt Neigung dazu vor- handen ist. Allein, wie bereits hervorgehoben, meine Bedenken richten sich nicht blos gegen die Wiesner’schen Thatsachen, ich kann auch die Richtigkeit der Folgerungen, die Wiesner aus seinen Experimenten zieht, nicht zugeben. Nach Mittheilung der obigen Versuchsreihe sagt nämlich Wiesner von den amputirten Wurzeln: „Von den geköpften krümmten sich die relativ stark wachsenden «@' und £#' deutlich geo- tropisch, ohne dass während der Versuchsdauer eine Regeneration der Spitze eingetreten wäre, die beiden anderen nicht.“ Zunächst ist nicht recht einzusehen, wie mit der unter y’ aufge- führten Wurzel irgend etwas bewiesen werden kann, denn ein Zuwachs von 3 pCt. ist gleich Null zu setzen. Nun kann man doch von einer Wurzel, die überhaupt nicht wächst, bezüglich ihres geotropischen Verhaltens auch nichts aussagen. Entweder y' oder die anderen Wur- zeln oder alle zusammen befanden sıch in einem krankhaften Zustande, denn die Differenz in der Zuwachsgrösse zwischen y' und den übrigen Wurzeln liegt ohne Zweifel ausserhalb der Grenzen individueller Schwankungen. Doch abgesehen hiervon, giebt überhaupt die Wiesner’sche An- gabe der Zuwachsgrösse kein zutreffendes Bild von dem wirklich statt- gefundenen Wachsthum der verschiedenen Wurzeln. Die von Wiesner in Prozenten angegebene Längenzunahme der verschiedenen Wurzeln ist offenbar auf die ganze Wurzellänge bezogen, und diese Berechnung ist doch nur dann einigermassen richtig, wenn zu einer Versuchsreihe Wurzeln von gleicher Länge genommen werden. Da das Längen- wachsthum der Wurzeln fast nur an der Spitze in einer Strecke von 1) O. Kirchner, Ueber die Empfindlichkeit der Wurzelspitze ete. Stuttgart 1882. 230 G. Krabbe: etwa 10 mm stattfindet, so wird die Berechnung der Zuwachsgrösse verschieden langer Wurzeln, auf die ganze Wurzellänge bezogen, für die längeren Wurzeln einen viel geringeren Werth ergeben als für die kürzeren. Zeigen z. B. zwei Wurzeln, von denen die eine 10, die andere 20 mm lang ist, innerhalb einer bestimmten Zeit dieselbe Längen- zunahme, so wird die auf die ganze Wurzellänge bezogene procentische Berechnung für die letztere nur einen halb so grossen Werth ergeben als für die erstere. Um daher bei der Vergleichung ungleich langer Wurzeln eine einigermassen zutreffende Vorstellung von ihrer Längen- zunahme zu bekommen, ist es nothwendig, den Zuwachs sämmtlicher Wurzeln auf eine bestimmte Länge zu beziehen. Nimmt man z.B. die Länge von 10 mm zum Ausgangspunkt der procentischen Berechnung des Zuwachses verschiedener Wurzeln in einer bestimmten Zeit, dann ergeben die Wiesner’schen Versuchsreihen wesentlich andere Werthe. Ich lasse die nach diesen Gesichtspunkten ausgeführte Berechnung der Zuwachsgrössen für die erste von Wiesner mitgetheilte Versuchsreihe mit geköpften Wurzeln hier folgen. Der Zuwachs nach 24 Stunden ist für uns genügend. b) Geköpfte Keimlinge. A. 2. 24. ee) LI MR. aan ID: BO 2. Eu 2 te EEE EN RENTE NG Se sn = 0084 van So Wie man sieht, stimmen a’ und Ö' ın der Grösse ihres Zuwachses, den sie nach 24 Stunden erreicht haben, fast genau überein. Während dieser Zeit hat sich a‘, wie Wiesner angiebt, geotropisch gekrümmt, ö' aber ist gerade geblieben. Wir haben hier also zwei Wurzeln mit dem gleichen Maasse von Zuwachs, unter gleichen Bedingungen culti- virt und in gleicher Weise amputirt, aber mit einem geotropisch ganz verschiedenen Verhalten; die eine hat auf die Schwerkraft reagirt, die andere aber nicht, wie ist dies nun zu erklären? Dieses ganz ver- schiedenene Verhalten von «' und d' gegenüber der Schwerkraft würde auch dann ganz unerklärt bleiben, wenn das von Wiesner angegebene Zuwachsmaass der verschiedenen Wurzeln der Wirklichkeit genau ent- spräche. Da d’ sich um 34 pCt., d.h. um ein Drittel ihrer ganzen Lange gestreckt hat, so hätte doch aus diesem Grunde recht gut eine geo- tropische Krümmung erfolgen können. Die Folgerungen, die Wiesner aus seinen Experimenten zieht, fallen daher in sich zusammen und so- mit auch die Einwände, die von ihm gegen die Darwin’schen Be- hauptungen erhoben werden. Fast gleichzeitig mit der Wiesner’schen Arbeit erschien von Zur Frage nach der Funktion der Wurzelspitze. 231 Detlefsen!) eine Abhandlung, in der unter anderem auch die uns hier beschäftigende Frage in Discussion gezogen wird. Detlefsen theilt zur Begründung seiner von Darwin abweichenden Ansicht eine Versuchsreihe mit 12 Eichenwurzeln mit, deren Spitze in einer Länge von 2 mm weggeschnitten war. Nach Verlauf von 24 Stunden war von diesen Wurzeln eine gerade geblieben, 6 hatten sich nach unten, eine nach oben und 4 seitwärts gekrümmt. Es will mir nicht recht einleuchten, wie man aus einer derartigen Versuchsreihe mit so unregel- mässigem Wachsthum der einzelnen Wurzeln irgend einen Schluss auf den Geotropismus decapitirter Wurzeln herleiten kann, und wenn dennoch, dann müsste doch auch die regelmässig gewachsene, gerade gebliebene Wurzel Berücksichtigung finden und deren Verhalten er- klärt werden. In Gegensatz zu Wiesner und Detlefsen stellt sich Kirchner!) in seiner Abhandlung „Ueber die Empfindlichkeit der Wurzelspitze.“ Alleın die Experimente, auf die Kirchner seine Ansicht stützt, sind fast dieselben, wie bei Wiesner und Detlefsen. Auf Seite 10 der betreffenden Abhandlung werden zwei mit decapitirten Wurzeln an- gestellte Versuchsreihen mitgetheilt, von denen die eine 364 pOt., die andere sogar 50 pCt. geotropisch gekrümmte Wurzeln aufzeigt. Es ist geradezu überraschend, wenn Kirchner sich schliesslich auf Grund dieser und ähnlicher Experimente, sich beugend vor dem Gewichte der Thatsachen, der Darwin’schen Ansicht anschliesst. Wie aus dem Mitgetheilten hervorgeht, ist von Allen, welche das Verhalten decapitirter Wurzeln der Schwerkraft gegenüber untersucht haben, eine und zwar die wichtigste Frage gar nicht gestellt worden. Mit der Constatirung des Faktums, dass viele ihrer Spitze be- raubte Wurzeln der Schwerkraft gegenüber indifferent geworden sind, obgleich sie noch wachsen, ist zugleich constatirt, dass bei diesen Wurzeln die Schwerkraft direkt nicht auf die ganze wachsthums- fähige Zone der Wurzel, sondern nur auf einen von der Spitze an ge- rechneten Theil derselben einzuwirken vermag. — Nachdem dies fest- gestellt war, musste sich doch unabweisbar die Frage aufdrängen: warum zeigen in diesem Punkte nicht alle Wurzeln dasselbe Verhalten? Warum krümmen sich von in gleicher Weise decapitirten Wurzeln die einen geotropisch, die andern nicht? Wie gross ist mit anderen Worten der empfindliche Theil der Wurzel, der den Reiz empfangende und weiterleitende Wurzelkopf. Diese Frage hat sich auch Darwin nicht gestellt und es ist zu verwundern, dass er es nicht gethan hat, da er ausdrücklich von Wur- — 1) E. Detlefsen, Ueber die von Ch. Darwin behauptete Gehirnfunction der Wurzelspitze. Arb. d. bot. Institut in Würzburg. Bd. II. Heft 4. 2) O. Kirchner, Ueber die Empfindlichkeit d. Wurzelspitze ete. Stuttgart 1882. Pr Pe EbKesbhe: zeln spricht, die nach Amputation ihrer Spitze geotropische Krüm- mungen zeigten. — Es liegt auf der Hand, dass beim gegenwärtigen Stand der Dinge an einen erfolgreichen Versuch zur Aufklärung der beim Geotropismus sich abspielenden inneren Vorgänge in der Wurzel nicht eher gedacht werden kann, als bis diese Frage definitiv gelöst ist. Die Beantwortung der gestellten Frage ist nun allerdings keines- wegs leicht und zwar hauptsächlich aus dem Grunde, weil die Reizbar- keit der Wurzel nicht an morphologisch scharf umgrenzte Gewebe- partien geknüpft ist, wie etwa bei den reizbaren Gewebepolstern von Mimosa pudica u. s. w. Darwin und andere, die nach ıhm über den vorliegenden Gegenstand geschrieben haben, gebrauchen zwar sehr oft, wenn sie von dem empfindlichen Theil der Wurzelspitze sprechen, den Ausdruck Vegetationspunkt. Allein sie gerathen hiermit gewisser- massen mit sich selber in Widerspruch; denn wenn von Wurzeln, von denen ausdrücklich angegeben wird, dass ihr Vegetationspunkt weg- geschnitten sei, sich einige geotropisch krümmen, so beweist diese That- sache, dass die Reizbarkeit der Wurzelspitze nicht auf den Vegetations- punkt — wenigstens nicht in allen Fällen — beschränkt ist. Ausser- dem lässt sich ja auch das punctum vegetationis selbst gerade bei denjenigen Wurzeln, die gewöhnlich zu geotropischen Untersuchungen Verwendung finden, nicht auf bestimmte Zellen begrenzen, und Wur- zeln mit erkennbaren Scheitelzellen sind aus verschiedenen Gründen für die hier erforderlichen Versuche nicht zu gebrauchen. Nach alledem ist klar, dass die Antwort auf die oben gestellte Frage nur approxi- mativ ausfallen kann. Es ist nun allerdings unter allen Umständen zur Elimination der geotropischen Krümmung die Entfernung wenigstens des grössten Theils des Wurzelmeristems nothwendig, und in sofern lässt sich der reizbare Theil der Wurzelspitze mit dem punctum vegetationis identificiren, wenn man sich nur bewusst bleibt, dass dies nicht immer zutrifft. Denn wie es einerseits Fälle giebt, wo der Wurzelkopf über den Vegetationspunkt hinausgeht, so scheint es andererseits viele Wurzeln zu geben, bei denen bereits der Geotropismus eliminirt wird, auch wenn noch ein Theil dez Wurzelmeristems stehen bleibt. Um sich über die hier obwaltenden Verhältnisse möglichste Klar- heit zu verschaffen, empfiehlt es sich, jedesmal das von einer Wurzel weggeschnittene Stück einer mikroskopischen Untersuchung zu unter- werfen, um so feststellen zu können, ob das Wurzelmeristem ganz oder nur theilweise durch den Schnitt entfernt wurde. Zu demselben Zweck kann man auch noch einen Querschnitt von der amputirten Wurzel untersuchen. Aus dem Verhalten der in dieser Weise untersuchten Wurzeln der Schwerkraft gegenüber wird sich dann entscheiden lassen, wie weit ungefähr das empfindliche oder reizbare Gewebe der Wurzel- spitze reicht. Mehr aber lässt sich auch trotz mikroskopischer Unter- Zur Frage nach der Funktion der Wurzelspitze. 233 suchung nicht erreichen; denn im Falle die Wurzel gerade bleibt, weiss man nur, dass in dem weggeschnittenen Stück der Kopf enthalten ist, es lässt sich aber die abgetragene Spitze nicht so ohne Weiteres mit dem reizbaren Gewebe identificiren. In einer ähnlichen Lage befindet man sich, wenn die Wurzel nach der Amputation noch geotropisch ist. Es muss aber eingestanden werden, dass man durch Versuche, die nach diesen Gesichtspunkten auf möglichst breiter Basis durchgeführt werden, schliesslich der Wahrheit ziemlich nahe kommt. Und so ge- statten mir denn meine in dieser Hinsicht angestellten umfangreichen Versuche, zu denen vorwiegend Vicra Faba, Phaseolus multiflorus und Pisum sativum benutzt wurden, auf die oben gestellte Frage folgende Antwort zu geben. Der empfindliche oder reizbare Theil der Wurzelspitze überschreitet niemals die Länge von 2 mm. Innerhalb dieser Länge ist die Grösse des reizbaren Ge- webes variabel. Da nun einerseits in einer 2 mm langen Wurzelspitze der eigentlich krümmungsfähige Theil der Wurzel nicht enthal- ten ist, andererseits derartig amputirte Wurzeln noch fort- fahren zu wachsen, so hat Darwin mit seiner Behauptung Recht, dass die Wurzelspitze von der Schwerkraft einen Reiz empfängt und diesen an die Zone maximalen Wachs- thums übermittelt. 1. Die Beziehung der Circumnutation zum Geotropismus. Nach Darwin sollen alle Pflanzenorgane während ihres Längen- wachsthums im Raume Bewegungen ausführen, deren verschiedene For- men unter dem Namen „Circumnutation“ zusammengefasst sind. Aus dieser Circumnutation sucht Darwin alle übrigen Nutationsformen wachsender Pflanzenorgane abzuleiten. Dies ist das eigentliche Ziel, welches Darwin bei allen seinen Experimenten im Auge hat und wo- mit er sich fast auf jeder Seite seiner Arbeit beschäftigt. Gegen diese Vorstellung, mit welcher der Hauptinhalt des letzten Darwin’schen Werkes steht und fällt, ıst zuerst Wiesner und zwar mit Recht aufgetreten. Allein es scheint mir das Hauptmoment, wel- ches hierbei in Frage kommt, nicht hinreichend hervorgehoben zu sein. Wiesner bemüht sich den Nachweis zu liefern, dass es eine Anzahl Pflanzenorgane giebt, welche keine Spur von Circumnutation zeigen. Existirt aber keine Circumnutation, dann kann es natürlich auch keine modifieirte geben. Nachdem dies Wiesner darzulegen versucht hat, drückt er sich in Bezug auf die Darwin’sche Ansicht über die Beziehung der Circumnutation zu den übrigen pflanzlichen Bewegungs- formen unter anderem folgendermassen aus: „Von vornherein giebt es kein Argument, welches zu der Annahme zwänge, irgend eine durch 234 | G. Krabbe: äussere Kräfte veranlasste Nutationsbewegung auf etwas anderes als auf Längenwachsthum zurückzuführen. Es kann mithin nur durch den Versuch entschieden werden, ob z. B. der Heliotropismus als eine blosse Modifikation der Oircumnutation aufzufassen ist oder nicht.“ Es ist mir nicht gelungen klar darüber zu werden, in welcher Be- ziehung diese beiden Sätze zu einander stehen, und wie der zweite aus dem ersten gefolgert werden kann. Wie dem aber auch sei, die im zweiten Satz ausgesprochene Ansicht ist unter allen Umständen als un- zutreffend zu bezeichnen; denn die Lösung der Frage, ob Geotropismus u.s. w. als Modification der Oircumnutation aufzufassen ist oder nicht, berührt an und für sich das Experiment gar nicht, hängt vielmehr da- von ab, ob die durch den Versuch festgestellten Thatsachen in die rich- tige Beziehung zu einander gebracht werden. Auch unter der Voraus- setzung, dass Cjrcumnutation überall an wachsenden Pflanzenorganen vorhanden ist, lässt sich die von Darwin ausgesprochene Ansicht, wonach alle Bewegungsformen des pflanzlichen Organismus aus der Circumnutation hervorgehen sollen, nicht aufrecht erhalten. Um dies zu beweisen, ist es vor allen Dingen wichtig zu wissen, wie Darwin sich die Ableitung der Nutationsformen aus der Circumnutation gedacht hat. Es geht dies mit ziemlicher Klarheit aus einer auf den Heliotro- pismus sich beziehende Stelle hervor, die ich deshalb auswähle, weil auch Wiesner dieselbe zum Ausgangspunkt seiner Erörterungen ge- macht hat!): „Die gewöhnliche Ansicht scheint die zu sein, dass He- liotropismus eine vollständig besondere Art von Bewegung ist, ver- schieden von Uircumnutation. Und es kann geltend gemacht werden, dass in den vorstehenden Zeichnungen Heliotropismus nur in Combi- nation oder als Zusatz zur Circumnutation zu sehen ist. Wenn dies der Fall wäre, müsste angenommen werden, dass ein helles seitliches Licht Circumnutation vollkommen aufhebt; denn eine in dieser Weise exponirte Pflanze bewegt sich ın einer geraden Linie nach ihm hin, ohne irgend welche Elipsen oder Kreise zu beschreiben. Wenn das Licht etwas getrübt wird, obschon es schon reichlich hinreicht, die Pflanze zu veranlassen, sich nach ihm hin zu biegen, erhalten wir mehr oder weniger deutliche Belege für eine noch immer fortdauernde Cir- cumnation. Es muss ferner angenommen werden, dass es nur ein seit- liches Licht ist, welches dies ausserordentliche Vermögen, die Circum- nutation aufzuheben, besitzt, denn wir wissen, dass die verschiedenen Pflanzen, an denen die obigen Versuche ausgeführt wurden und sämmt- liche übrigen, welche von uns während ihres Wachsthums beobachtet wurden, fortfahren zu circumnutiren, wie hell auch das Licht sein mag, wenn es von oben kommt. Auch ist nicht zu vergessen, dass im Le- ben einer Pflanze Circumnutation dem Heliotropismus vorausgeht, denn 1) 1. c. 8.372 und 373. Zur Frage nach der Funktion der Wurzelspitze. 235 Hypocotyle, Epicotyle und Blüthenstengel eircumnutiren, ehe sie den Boden durchbrechen und jedesmal den Eirfluss des Lichtes empfunden haben. Wir sind daher vollständig berechtigt, wie es uns scheint, an- zunehmen, dass, wenn nur immer Licht seitlich eintritt, es die Bewegung der Circumnutation ist, welche den Heliotropismus und Apheliotropis- mus veranlasst oder in denselben verwandelt wird.“ Aus dieser Stelle — und noch vielen anderen — geht, was das Thatsächliche anlangt, hervor, dass die Circumnutation heliotropischer Pflanzentheile, sobald sie dem Einfluss seitlichen Lichtes ausgesetzt werden, wie sich Darwin ausdrückt, modificirt und bei hinreichend starkem Lichte vollständig aufgehoben wird, so dass dann ein derartiger Pflanzentheil sich geradlinig zum einfallenden Licht hinbewegt. Ob diese Behauptungen Darwin’s richtig sind oder nicht, kann nur durch neue Experimente geprüft werden. Darwin glaubt experimentell fest- gestellt zu haben, dass die Oircumnutation wachsender Pflanzentheile durch die Schwerkraft und seitlich einfallendes Licht bis zur völligen Suspensation beeinflusst werden kann, und für mich liegt gar kein Grund vor, diese Angaben zu bezweifeln. Bei diesen Thatsachen aber müssen wir stehen bleiben. Darwin jedoch kann sich hierbei nicht beruhigen, er bildet sich vielmehr die sonderbare und meiner Meinung nach ganz unbegrüudete Vorstellung, dass die Circumnutation, wenn sie unsichtbar geworden ist, nicht einfach verschwunden, sondern in eine andere Bewegungsforn (Geotropismus u. s. w.) übergegangen sei. Suchen wir uns die hier in Frage kommenden Verhältnisse möglichst klar zu machen. — Wird eine in bestimmter Form circumnutirende Wurzel der Einwirkung der Schwerkraft ausgesetzt, dann kann in Bezug auf die Circumnutation zweierlei eintreten. Die Circumnutation braucht durch die Schwerkraft in keiner Weise beeinflusst zu werden; in diesem Falle fährt die Wurzel, während sie sich geotropisch krümmt, ruhig fort zu circumnutiren. Es ist aber auch denkbar und Darwin behauptet dies, dass durch die Schwerkratt, welche eine seitliche Wurzelbewegung her- vorruft, zu gleicher Zeit der der Circumnution zu Grunde liegende Me- chanismus in der Wurzel beeinflusst, ja sogar gänzlich zerstört wird. Der die Circumnutation vermittelnde Apparat ist dann auf eine Zeit lang einfach ausser Funktion gesetzt. Die Ansicht aber, dass in die- sem Falle die Circumnutation den Geotropismus veranlasst habe oder ın denselben verwandelt sei lässt sich doch offenbar aus den beobachte- ten Thatsachen nicht ableiten. Die hier entwickelte Anschauung bleibt selbstverständlich auch dann zu Recht bestehen, wenn es sich herausstellen sollte, dass die Circumnutation keine einfache Bewegung ist, sondern aus einer Anzahl anderer Bewegungsformen die Resultirende darstellt; sie tritt dann ein- fach als solche mit dem Geotropismus in Oombination. Die in den nachstehenden Worten ausgesprochene Ansicht Wiesner’s kann ich 236 | G. Krabbe: Zur Frage nach der Funktion der Wurzelspitze. daher nicht anerkennen: „So lange man nicht weiss, dass die Circum- nutation eine Oombinationsbewegung ist, lässt sich allerdings aus dem Versuche Darwin's Ansicht ableiten.“ Uebrigens giebt Wiesner fast unmittelbar nach dieser Aeusserung den Sachverhalt richtig an: „die heliotropische Bewegung tritt mit den übrigen in dem Organe thätigen Nutationsformen in Oombination, und giebt unter günstigen Lichtver- hältnissen für die Richtung des Organes den Ausschlag.“ Sitzung vom 29. Juni 1883. 237 Sitzung vom 29. Juni 1883. Vorsitzender: Herr S. Schwendener. Zum ordentlichen Mitgliede wird proklamirt: Herr G. Luckenbach, Apotheker in Berlin, Philippstr. 13 pttr. Zu ausserordentlichen Mitgliedern werden proklamirt die Herren: Max Kuhn, Dr. phil., Oberlehrer in Berlin NW., Luisenplatz 8. Köpert, stud. rer. nat. in Berlin N., Invalidenstr. 124. H. Kurth, cand. med. in Berlin N., Chausseestr. 117, III. Paul Richter, cand. phil. in Berlin, Haidestr. 53a, Hof III. Als ordentliches Mitglied ist vorgeschlagen: Herr Lucas Karaman, Lehramts-Candidat in Spalato (Dalmatien) (durch Leitgeb und Haberlandt). Als ausserordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren: Dr. G. Beyse, Realschullehrer in Wandsbeck (durch Graf Solms und Reinke). Dr. Athenstädt, Assistent am pflanzenphysiologischen Institut in Göttingen (durch Graf Solms und Reinke). cand. med. Emil Ballowitz in Greifswald, Anklamerstr. 64a (durch Zimmermann und Ross). 2 Kein Mittheilungen. 32. M. Kuhn: Ueber Farne und Charen von der Insel Socotra. Eingegangen am 24 Mai 1883. Filices. Vor einiger Zeit sandte mir Herr Professor Schweinfurth die während der Expedition Riebeck auf der Insel Socotra von ihm gesammel- ten Farne und Charen zur Bestimmung und theilte mir gleichzeitig eine Liste der von Professor Balfour und Genossen auf derselben Insel ge- sammelten Farne mit. Nach dieser Liste sind von den Herren Bayley Balfour, Carl Cockburn und Alexander Scott auf Socotra folgende Farne gesammelt worden. 1. Adiantum Balfourü Bak. 8. Pieris quadriaurita Betz. 2. Adiantum Capillus Veneris L. 9. Asplenum Schweinfurthii Bak. 3. Adiantum aethiopicum L. 10. Asplenum falcatum Lam. 4. Cheilanthes spec. 11. Nephrodium molle Dsv. 5. Onychium melanolepis Dene. 12. Nephrodium hirsutum Don. 6. Actiniopteris radiata, #9. austra- 13. Nephrolepis spec. lis Hk. 14. Marsilia coromandelina L. 7. Pteris longifolia L. Die von Schweinfurth gemachte Ausbeute ergab folgende Species: 1. Adiantum Balfourii Bak. Baker in Proceed. Roy. Soc. Edinburgh.!) Nagelfluhfelsen bei Tamarid 13. April 1881, No. 302. — An Gra- nitfelsen bei Keregnigiti 25. April 1881, No. 544. — Kischen 600 m. 1. Mai 1881, No. 774. Diese neue und für Socotra endemische Art ist im Bezug auf die systematische Stellung zwischen Ad. lunulatum Burm. und Ad. Capillus 1) Herr Professor Balfour in Glasgow war so freundlich mir einen Separat- abdruck der für Socotra neuen Farnspecies zu schieken, jedoch ohne Angabe des Volumens und der Seitenzahl und leider ist es mir trotz aller Mühe nicht möglich gewesen ein genaueres Citat zu eruiren. Ueber Farne und Charen von der Insel Socotra. 239 Junonis Rupr. einzureihen. Die Wedel besitzen auf der Unterseite einen beinahe bronzefarbigen Glanz. 2. Adiantum Capillus Veneris L. Südlich von Tamarid 16. April 1881, No. 772. — Oberhalb Kischen 700 n.. 1. Mai 1881, No. 773. 3. Pteridella involuta Mett. var. tripinnatisecta Mett. Kuhn in v. d. Decken Reisen Bd. III, 3, p. 15. An Granitfelsen im obersten Wadı Dilal. 600 m. 29. April 1881. No. 596. Die von Schweinfurth gesammelten Exemplare stimmen genau überein mit den von Hildebrandt und Steudener in Abyssinien ge- sammelten Pflanzen. Hildebrandt fand dieselbe Varietät auf kry- stallinischen Schieferfelsen bei Mombassa (n. 1517) und Buchanan sandte mir aus Natal (No. 160—168) eine reiche Formenreihe, die ver- schiedene Uebergänge zwischen der Grundform und der Varietät „iri- pinnatisecta* darbietet. Wahrscheinlich ist die in der Balfour’schen Liste erwähnte Cheilanthes spec. mit unserer Art identisch. 4. Actiniopteris dichotoma Mett. var. australis Hook. Kuhn in v. d. Decken Reisen Ill, 3, p. 18. Kischen 600 m. 1. Mai 1881. No. 776. 5. Doryopteris concolor Kuhn. Kuhn in v. d. Decken Reisen III, 3, p. 19. Spalten im Granitgestein am Schehelikegel, 1100 m. 8. Mai 1881. No. 654. 6. Pteris longifolia L. Oberstes Wadi Dilal. 600 m. 29. April 1881. No. 589. — Kischen 600 m. 1. Mai 1881, No. 775. 7. Pteris biaurita L. var. repandula Lk. Kuhn in v. d. Decken Reisen III, 3, p. 20. Am Wasser und an nassen Böschungen am Schehelikegel 1100 m. 8. Mai 1881. No. 669. Vorstehende Art ist identisch mit Pteris quadriaurita der englischen Pteridologen. 8. Asplenum Schweinfurthii Bak. Baker in Proceed. Roy. Soc. Edinburgh. Grauitspalten am Schehelikegel. 1100 m. 8. Mai 1881. No. 663. Eine für Socotra endemische Art, welche dem Asplenum aniso- phyllum Kze. am nächsten steht. 9. Ceterach cordatum Kif. Kuhn in v. d. Decken Reisen III, 3, p. 36. — Gymnogramme Schldl. Kuhn Fil. Afric. p. 60. 240 | M. Kuhn: Granitfelsen oberhalb Keschen, Nordabhang der Passhöhe am Ge- bel Fisi 800 m. 2. Mai 1881. No. 577. Das Centrum der geographischen Verbreitung liegt in Südafrika; auf der Westküste reicht diese Art bis Angola und St. Helena, auf der Ostküste sind von Natal ab bis Sokotra keine weiteren Fundorte bis jetzt bekannt. 10. Aspidium molle Sw. var. violasceens Lk. Kuhn in v. d. Decken Reisen III, 3, p. 41. Am Schehelikegel 1100 m. 8. Mai 1881, No. 655a. — An Granit- felsen im obersten Wadı Dilal. 600 m. 29. April 1881, No. 588. 11. Ceratopteris thalictroides Brongn. Am Bache bei Kutheng. 14. Mai 1881, No. 679. 12. Marsilia coromandelina Willd. Granitwasserbecken am Nordabfall des Bagal 500 m. 24. April 1881. No. 536. In der von Balfour an Schweinfurth mitgetheilten Liste findet sich Adiantum aethiopicum L. angegeben, da aber die englischen Pteri- dologen diesen Namen als Oollectivspecies für Ad. aethiopicum L. und Ad. crenatum Poir betrachten, so möchte ich in Folge der geographischen Verbreitung die auf Socotra vorkommende Art für Adiantum crenatum Poir. halten, die auf der gegenüberliegenden continentalen afrikanischen Küste eine weite Verbreitung besitzt. Das in derselben Liste aufgeführte Asplenum falcatum Lam. ist nach Vergleichung verschiedener Original- exemplare identisch mit der Art, welche wir unter Asplenum macro- phyllum Sw. begreifen. Aspidium hirsutum Don. in Abyssinien all- gemein verbreitet und von den Capverden bis nach Süd-China reichend, bildet eine Art der von mir wieder rehabilitirten Gattung Hypode- matium. Es ergeben sich demnach für die Insel Socotra folgende Gefäss- kryptogamen: 1. Adiantum Balfourii Bak. 9. Pteris biaurita L. 2. Adiantum Capillus Veneris L. 10. Asplenum Schweinfurthü Bak. 3. Adiantum cerenatum Poir. 11. Asplenum macrophyllum Sw. 4. Pteridella involuta Mett. var. tri- 12. Ceterach cordatum Klf. pinnatisecta Mett. 13. Hypodematium crenatum Kuhn. 5. Onychium melanolepis Dene. 14. Aspidium molle Sw. var. violas- 6. Actiniopteris dichotoma Mett. var. cens Lk. australis Hook. 15. Nephrolepis spec. t. Balfour msc. T. Doryopteris concolor Kuhn. 16. Ceratopteris thalictroidesBrongn. 8. Pteris longıfoha L. 17. Marsilia coromandelina Willd. Ueber Farne und Charen von der Insel Socotra. 341 Wenn wir nach diesem Farnverzeichniss einen Schluss auf die geo- graphische Zugehörigkeit Socotra’s zu ziehen versuchen, so gehört die Insel unstreitig pflanzengeographisch zu Afrika. Abgesehen von Mar- silia coromandelina Willd., deren Verbreitungsbezirk in Vorderindien liegt, gehören alle übrigen vertretenen Species der ostafrikanischen Küste an, wobei das auffällige Faktum zu Tage tritt, dass Ceterach cordatum Klf., welches bisher nur vom Caplande und Natal bekannt, hier wiederum auftritt, ohne dass ein Standort an der Ostküste Afrika’s bis jetzt bekannt geworden wäre. Letztgenannte Art unterscheidet sich von Ceterach officinarum einerseits durch einen schwarzen Blattstiel und Rhachis, andererseits dadurch, dass das unterste Paar der Segmente erster Ordnung stets gegenständig ist und kurz gestielt. Da die Farnflora im Mediterrangebiet Afrika’s eine sehr spärliche und jeder neue Standort eines Farn von Interesse ist, so möchte ich im Anschluss an die Farne von Socotra einen neuen Standort von Gymnogramme leptophylla erwähnen, welchen Herr Professor Dr. G. Schweinfurth an der Küste von Marmarica 300 Seemeilen westlich von Alexandrien in den Felskesseln am Ursprunge der Thäler bei Mirsa Tobruk in der Meereshöhe von 500 Fuss zu entdecken Gelegen- heit hatte (No. 209). Gymnogramme leptophylla ıst aus Algier und Tunis bekannt und tritt dann erst wieder in den Gebirgsgegenden Abyssiniens auf. Characeae. Autore OÖ. Nordstedt. Chara socotrensis Nordst. nov. sp. Ch. haplostephana (ad Ch. diplostephanas accedens), bistipulata, ecor- ticata, monovca. Folia verticilli 10—11, ad genicula constricta, articulis circ. 5, elon- gatis 4, ultimo brevi, mucroniformi, infimis tantum (interdum binis, saepe singulis) foliola et fructificationem gerentibus. Foliola unilatera- lia, quaterna, acıcularia, anteriora paullo longiora quam lateralia spo- rangium non superantia, saepe multo breviora. Stipulae parvae, ovatae acuminatae, foliis adpressae, interdum tantum in unam seriem ordinatae, sed saepe in binas aculeis in serie inferiore minoribus et quoque vulgo sursum directis. Sporangium 11—12-gyratum (c. 0,85 mm longum) co- ronula brevi obtusa (c. 0,2 mm lata et 0,1 mm alta) nucleo atro 10-gy- rato (ce. 0,52 mm longo et 0,32 mm lato). Insel Socotra. „Am Bache bei Tamarid, 18. April 1881, No. 436“ und „im Bache bei Katheng, 14. Mai 1881, No. 690“. leg. G. Schwein- furth. Die vorliegenden Exemplare (No. 436 und 690) sind einander ziem- lich ähnlich, ungefähr 1 cm hoch, ein wenig incrustirt; Stengel circa I mm dick; Blätter bis 0,4 mm dick und 28 mm lang. Die Neben- 16 D.Botan.Ges.1 242 M. Kuhn: blätter sind c. 0,06 mm dick und 0,4 mm lang; Foliola c. 0,05 mm dick. Antheridien 0,350—35 mm ım Diametr. Der systematische Platz dieser Art ist etwas zweifelhaft. Von den ganz unberindeten Arten kannte man vorher nur 5, aber alle haplo- stephanae unistipulatae, wovon Ch. australis R. Brown. und Ch. Wal- lichiüi A. Br. dioıc sind, Ch. corallina Klein und Ch. succincta A. Br- monoic mit Fructification im Grunde des Quirls, Ch. coronata (Zir.) A. Br. monoic mit Foliola auch an den sterilen Gelenken. Bei CA. socotrensis besteht der obere sterile Theil des Blattes gewöhnlich nur aus primären Grliederzellen, ohne Blättchen also. Der Stipularkranz varüırt. Oft sieht man für jedes Blatt 2 Neben- blättehen auftreten, unter welchen oft eine kleine nicht hervorragende Zelle sich befindet (wie auch bei anderen Arten, z. B. bei Ch. coronata). Doch entwickelt sich sehr oft diese letztere Zelle zu einem gewöhnlich nach oben gerichteten kleinen Stachel oder auch nur Kügelchen, wo- durch der Stipularkranz doppelt wird. Man konnte also diese Art ebensowohl an Sectio Haplostephanae als an Diplostephanae führen. Bei Diplostephanae treten die Nebenblätter in Doppelpaaren für jedes Blatt auf; nur selten kommt es vor, dass eine Zelle der unteren Reihe im jugendlichen Zustande verharrt und sich nicht in 2 zu Stacheln ent- wickelnde Zellen theilt. Der untere Kranz legt sich doch immer (so viel ich gesehen habe) bei Diplostephanae abwärts am Stengel an. Desshalb bin ich geneigt, diese Art eher an Haplostephanae als an Diplostephanae anzufügen. Es ist sehr interessant eine solche Form zu finden, die zwischen zwei vorher recht wohl gegründeten Abtheilungen des Genus steht. Da was Ueber Farne und Charen von der Insel Socotra. 243 Erklärung der Abbildungen. — 1.3. Stipularkränze mit Stücken von Stengeln und Blättern. 4.—5. Fertile Blattgelenke. 6. Oberer Theil eines Blattes. 7. Kern des Sporangiums. 33. N. Wille: Ueber die Zellkerne und die Poren der Wände bei den Phycochromaceen. Eingegangen am 2. Juni 1883. Ein Zellkern ıst bisher nur bei einer einzigen Phycochromacee, Phragmonema sordidum Zopf, von Schmitz!) nachgewiesen worden. Schmitz meint jedoch, dass diese Alge so sehr von den übrigen Phy- cochromaceen abweiche, dass er sie unter die Chlorophyllophyceen stellt. Derselbe Autor hat früher angegeben ?), dass er einen Zellkern bei Gloeocapsa polydermatica nachgewiesen habe, später *) jedoch diese An- gabe folgendermaassen berichtigt: „Die angeblichen Zellkerne von @loeo- capsa sind keine Zellkerne, sondern nur grössere Mikrosomen resp. Chromatinkörnchen.“ Ich bin in diesen Tagen so glücklich gewesen, die Zellkerne bei einer unzweifelhaften Phycochromacee, Tolypothrix lanata (Desv.) Kütz. nachweisen zu können. Die von mir untersuchte Tolypothrix hatte sich an einer Aegagro- püla holsatica Kütz., die im Jahre 1878 in dem See Walloxen bei Up- sala von Professor Wittrock gesammelt und seitdem nur in wenig Wasser cultivirt worden war, entwickelt. Vielleicht hat diese Cultur und die spärliche Nahrungszufuhr verursacht, dass man im Protoplasma meist nur sehr wenige Mikrosomen finden konnte; dadurch waren die Zellen so durchsichtig geworden, dass man, sogar ohne Reagentien anzuwenden, hier und da die Zellkerne sehen konnte. In einem Präparat, welches ich mit verdünnter Essigsäure behan- 1) Fr. Schmitz, Chromatophoren d. Algen. Bonn 1882. Separ. p. 174. 2) Schmitz, Untersuch. üb. Zellkern. d. Thallophyten. Bonn 1879. Separ. p. 12. 3) Schmitz, Unters. üb. Struktur d. Protoplasma u. d. Zellkerne. Bonn 1880. Separ. p. 40. 244 N. Wille: delt hatte, konnte ich den Umriss des Zellkerns ganz deutlich sehen. Im Zellkerne zeigten sich ein oder zwei grosse, stark lichtbrechende Körnchen, die oft ein eckiges und unregelmässiges Aussehen hatten. Es scheint, als habe Schmitz!) ähnliche bei Gloeocapsa beobachtet. Dass sie Nucleoli sind, scheint mir nicht wahrscheinlich; überall wo ich nämlich den Nucleolus mit Hämatoxylin färben konnte, zeigte er sich durchaus rund. Viele Färbemittel waren gar nicht verwendbar. Essigsäure und Methylgrün hatten gar keinen Einfluss; der Farbstoff vermochte die umgebende dicke Membran nicht zu durchdringen, selbst nicht nach längerer Einwirkung einer concentrirten Lösung. Eosin färbt den ganzen Zellinhalt, doch werden Nucleus und Nucleolus stärker gefärbt und dadurch ganz deutlich gemacht. Eine verdünnte Hämatoxylinlösung hatte nach 16stündiger Ein- wirkung einen Effect, welcher dem vom Eosin hervorgerufenen ähnlich war; doch hatte das Protoplasma sich an den Wänden gesammelt, und in der Mitte der Zellen konnte man einen an Protoplasmabändern auf- gehängten Zellkern sehen. Eine concentrirte Hämatoxylinlösung zeigte nach einer Einwirkung von 20 Stunden noch bessere Resultate. Der Nucleolus war dann intensiv blau, der Nucleus nur schwach blau, der Zellinhalt kaum ge- färbt; die Scheiden dagegen waren wieder etwas stärker gefärbt. Es ist mir auch hier gelungen, ein deutliches Theilungsstadium zu finden. In der sich theilenden Zelle konnte man zwei unmittelbar an einander liegende Zellkerne, beide mit Nucleolus, sehen. Ich glaube auch noch ein anderes Theilungsstadium gesehen zu haben. Der Zellkern war oval, mit zwei Nucleoli, und zwischen diesen wurde eine helle, stärker lichtbrechende Zone beobachtet, Das Protoplasma war jedoch in diesem Falle mit Mikrosomen, welche die Untersuchung sehr schwierig mach- ten, erfüllt. Ich kann also nicht behaupten, dass diese letzte Beobach- tung ganz unzweifelhaft sei, doch ist es mir wahrscheinlich, dass eine ähnliche Zellkerntheilung, wie ich sie bei Conferva?) nachgewiesen habe, auch bei Tolypothrix vorkommt. Es ist ja auch nicht zu erwarten, dass sich bei diesen Algen die Zelltheilung in gleichem Maasse com- plicire, wie bei den höheren Pflanzen. Was die Anwesenheit der Zellkerne bei den übrigen Phycochro- maceen betrifft, so glaube ich, dass man diese nicht unbedingt annehmen darf; ich kann mir denken, dass die Arbeitstheilung und eine damit zusammenhängende Differenzierung des Protoplasmas erst bei den höher entwickelten Formen durchgeführt ist. Vergleichende Beobachtungen 1) Schmitz, Unters, üb. Struktur d. Protoplasma u. d. Zellkerne. Bonn 1880, Separ. p. 41. Anm. 2) Wille, Algol. Bidrag. Kristiania 1880. Separ. p. 5. Ueber die Zellkerne etc. bei den Phycochromaceen. 245 hierüber habe ich indessen nicht angestellt; meine Studien bewegen sich zur Zeit in anderen Richtungen, und ich muss desshalb den Nachweis der Zellkerne und die Untersuchung der Theilung bei den Phycochro- maceen andern überlassen. Bei den Scytonemeen und Sirosiphoneen darf man wohl günstige Resultate erwarten. Mit der Untersuchung von getrocknetem Material einer brasiliani- schen Form von Stigonema compactum (Ag.) beschäftigt, habe ich be- merkt, dass die Zellen scheinbar mit einander in direkter Verbindung stehen. Nach der Behandlung mit Chlorzinkjod und verschiedenen Färbemitteln ist es mir gelungen, eine Struktur, die, wie ich glaube, noch nicht bekannt ist, nachzuweisen. Wenn wir den einfachsten Fall, eine ungetheilte Zellreihe, zuerst betrachten, können wir folgende Membranschichten unterscheiden. Den Zellinhalt unmittelbar umgebend findet man eine dünne Membran, die sich durch Eintrocknen mit dem Zellinhalt contrahirt und dadurch sich von der inneren, festeren, stärker lichtbrechenden Schicht der Scheide trennt (Fig. 2). Sehr leicht kann man diese Membran sichtbar machen, wenn es durch Druck gelingt, eine Zellreihe von ihrer Scheide zu befreien; man sieht dann eine perlschnurartige Zellreihe, deren einzelne Glieder durch eine einfache Membran getrennt sind (Fig. 4). Wie schon erwähnt, ist die Zellreihe von einer dicken Scheide (Zellmembran) umgeben; diese Scheide keilt sich auch in die Zwischen- räume der an einander gränzenden Zellen ein (Fig. 3). Wenn die Zellen ganz jung sind, wie z. B. bei Hormogonien, die gerade anfangen zu wachsen, werden dieselben nur wenig getrennt; nach und nach wird der Keil (eigentlich eine Ringleiste) dicker, und die Zellen werden all- mählich aus einander geschoben. Nur ein kleiner Fleck von der die Zellen ursprünglich trennenden Membran wird nicht dicker. Es ent- wickelt sich dadurch an beiden Seiten ein kurzer Porenkanal (Fig. 1 u. 2). Die trennende Membran ist oft sehr dünn, kaum sichtbar; man kann sich aber doch immer überzeugen, dass eine solche vorhanden 946 N. Wille: Ueber die Zellkerne ete, der Phycochromaceen. ist. Wenn nämlich ein Faden abgerissen wird, stülpt sich die äusserste Zelle aus, und man kann leicht eine dünne Membran nachweisen. Wenn die Stigonema-zellen sich auch in der Querrichtung theilen, findet man überall Poren (Fig. 1); doch sind sie in diesem Falle schwer nachzuweisen. Eine Durchlöcherung der trennenden Membranlamelle konnte ich nicht wahrnehmen; doch wird auch ohne dieselbe wohl soviel erreicht, dass alle Stygonema-Zellen unter einander in erleichterter Kom- munication stehen. Es liegt nicht zu entfernt, diese Porenkanäle mit denen der Flo- rideen zu vergleichen. Wie diese letztern entstehen, und ob die Zell- wand ganz durchlöchert ist, scheint mir weder nach der Darstellung von Wright!), noch nach derjenigen von Schmitz?) ganz klar. Jedenfalls sind sie bei den Florideen höher entwickelt und complicirter gebaut, doch haben sie wohl denselben Zweck; man könnte vielleicht vermuthen, dass sie die Diffusion erleichtern. Zopf?) hat nachgewiesen, dass Stygonema sich in Gloeocapsa um- wandelt. In diesem Falle verschwinden die Poren, wohl durch Ver- gallertung der dünnen Membranlamellen, und die einzelnen Zellen treten nun als Individuen auf. Man könnte dies vielleicht mit der ae ai bildung bei den Florideen vergleichen. Die Entdeckung der Zellkerne bei den Phycochromaceen beseitigt eine von den Schranken, welche die Phycochromaceen von den übrigen Algen (resp. Florideen) trennen, und diejenigen, welche mit Schmitz) auf solche Dinge Gewicht legen, können ın den Porenkanälen noch eine weitere Aehnlichkeit mit den Florideen sehen. Stockholm, Ende Mai 1883. 34. H. Leitgeb: Ueber Bau und Entwicklung einiger Sporen. Eingegangen am 9. Juni 1883. Das für Pollenkörner und Sporen bezüglich des Baues ihrer Zell- haut lange Zeit geläufige Schema — ihre Zusammensetzung aus 2 1) Wright, On the bell-struct. of Griffithsia setacea (Ellis). Pl. XII. f. 2—10. 2) Wright; On the Form. of the Siph. and Dev. of Tetrasp. in Polysiphonia. Pl. XIV., fig. 1—6 (Transact. of. Roy. Insh. Acad. Vol. 26, 18 19. Dublin 1879.) 3) Schmitz, Unters. üb. Befrucht. d Florideen. Berlin 1883. Separ. p. 6. 4) Zopf, Zur Morphol d. Spaltpflanzen. Lpz. 1882. Tab. VII, Fig. 1—9. H. Leitgeb: Ueber Bau und Entwicklung einiger Sporen. 947 chemisch und physikalisch sich verschieden verhaltenden Häuten, der euticularisirten Exine und der aus Zellstoff bestehenden Intine hat durch die Untersuchungen der letzten Jahre manche Einschränkung erfahren. Es wurden einerseits immer mehr Fälle bekannt, wo eine Differenzirung in 2 Häute überhaupt nicht zu beobachten ist und die ganze Haut an der späteren Schlauchbildung Antheil nimmt, während in anderen Fällen wieder die Unterscheidung von mehr als 2 Häuten, ebensowohl aus anatomischen wie entwicklungsgeschichtlichen Gründen geboten war. Es ist natürlich, dass mit diesen Abweichungen von der als typisch erkannten Hautstruktur auch die Benennungen der einzelnen Häute schwankend werden mussten, und es besteht eigentlich dermalen nur insoweit eine einheitliche Bezeichnungsweise, als die erste an den individualisirten Sporen resp. Pollenzellen auftretende Haut als Exine!) bezeichnet wird. Hält man dies fest, so können alle jene der in- dividualisirten Pollen oder Sporenzelle resp. deren Exine aufgelagerten Häute, mögen sie nun aus dem Epiplasma hervorgehen oder aus der Mutterzelle oder nur aus inneren Schichten derselben (Specialmutter- zellen) gebildet werden, wie es Strasburger vorgeschlagen, als Peri- nium (= Perispor, Epispor) bezeichnet werden. Völlig schwankend aber ist der Begriff der „Intine“. Strasburger möchte jede zweite inner- halb der Exine gebildete Haut Intine nennen, wobei aber ihre chemische Natur gar nicht in Betracht käme. In diesem Sinne nennt er bei den Sporen von Osmunda die der Stäbchenschicht innen anliegende homogene Haut Endospor (= Intine), obwohl sie keine Cellulosereaction zeigt, und ebenso spricht Rauwenhoff ?) bei den Sporen von @leichenia von einem Endospor, obwohl diese innere Haut alle Merkmale einer cuti- cularısirten Membran besitzt, und die zum Keimschlauche werdende erst kurz vor der Keimung gebildet wird. Nun glaubt allerdings Rauwenhoff annehmen zu dürfen, dass jeder Keimung einer Spore die Neubildung einer Haut vorausgehe, gleichviel ob früher überhaupt eine die Zellstoffreaction zeigende Innenhaut vorhanden war oder nicht. Ich halte aber diese Verallgemeinerung für nicht begründet. Bei vielen dünnwandigen Sporen, welche in der Regel unmittelbar nach ihrer Reife und ohne einen Ruhezustand durchzumachen keimen, den Sporen vieler Jungermanniaceen (Jungermannia, Lophocolea, Lepidozia, Blasia etc.) ist überhaupt nur eine Haut mit allerdings cuticularisirter Aussenschicht vorhanden, welche unter Dehnung der letzteren zum Keim- schlauche wird, ein Verhalten wie wir es auch an den Pollenkörnern mehrerer Phanerogamen (Najas, Orchis, und in gewissem Sinne ja auch bei Allium fistulosum) wiederfinden. Ich möchte also diesbezüglich eher mit 1) Ich schliesse mich damit Strasburger an, der die Ausdrücke Exine und Intine auch auf Sporen überträgt. 2) Bau und Wachsthum der Zellhäute ... p. 136. 3) Bot. Zeitung 1879 p. 445. | 248 H. Leitgeb: Strasburger übereinstimmen, dass nur dort eine neue Keimhaut gebildet werde, wo in der reifen Spore keine die Cellulosereaction zeigende Innen- haut vorhanden sei, wie es also bei @leichenia, nach Kny bei Ceratopteris, nach Strasburger bei Lycopodium!) und vielleicht auch bei Equisetum vorkommt, während in anderen Fällen derbhäutige — zur Ueberstehung einer Ruheperiode eingerichtete Sporen schon von der Zeit der Reife an eine aus Zellstoff bestehende Innenhaut besitzen und diese zur Bildung des Keimschlauches benützen. Es wird dies von verschiedenen Beobachtern mit aller Bestimmtheit angegeben. Jonkmann erwähnt ihrer bei Angiopteris und Marattia, Bauke bei den Cyatheaceen Tschistiakoff bei den Polypodiaceen und ich kann beifügen, dass bei allen dickhäutigen Lebermoossporen eine die Reaction der Üellulose zeigende Innenhaut vorhanden ist. Ich möchte es nun für zweckmässig halten, nur die durch besagte chemische Eigenschaft und Reaction ausgezeichnete innere Haut als Intine zu bezeichnen, und wo diese fehlt, auch ein Fehlen der Intine anzunehmen. In diesem Sinne würde an jenen Pollenkörnern, wo wie bei Najas die ganze Pollenhaut zur Schlauchbildung befähigt ist, eine Differenzirung von Exine und Intine überhaupt nicht vorhanden sein, ebenso wenig bei jenen, wo wie bei Allium fistulosum nur bestimmte Stellen der cuticularisirten einen Haut den chemischen Charakter der Intine zeigen ünd zu Schläuchen aus- wachsen können. Bezüglich der Sporen würde dann also wie bei Gleichenia, Osmunda etc. eine Intine erst bei der Keimung gebildet werden, während sie bei andern schon von der Reife an vorhanden wäre. Bei vielen dickhäutigen Lebermoossporen zeigt die Sporenwandung constant mehrere deutlich differenzirte Häute. Man hat bis nun immer nur zwischen Eindo- und Eixospor unterschieden, verstand unter ersterer Bezeichnung die innerste aus Uellulose bestehende Haut, und fasste alle ihr aufgelagerten Schichten als Exospor (‚Sporodermis) zusammen. Nun ist aber diese „Sporodermis“ ın gar vielen Fällen in 2 scharf unter- schiedene und von einander trennbare Häute differenzirt, in nicht minderem Maasse, als wir es etwa an den Sporen von Equisetum finden, und ich konnte für einige Fälle ganz unzweifelhaft feststellen, dass dieselben auch verschiedener Abstammung sind. Ich werde an einem anderen Orte Gelegenheit haben, die diesbezüglich gemachten Be- obachtungen ausführlicher mitzutheilen, und werde mich hier darauf beschränken, nur einige der wichtigeren Typen vorzuführen: Die Sporen von Preissia, Dwvallia, Reboulia, Fimbriaria, Plagio- chasma etc. gehören dem einen Typus an: Die ziemlich mächtige in Chlorzinkjod stark quellende und sich bläuende Intine ist von einer ihr dicht anliegenden cuticularisirten Haut umschlossen, die durchaus 1) Ich finde übrigens bei allen Arten Zycopodium eine mit Cl ZnJ sich bläuende Intine, die namentlich unterhalb der drei Leisten sehr mächtig ist. Ueber Bau und Entwicklung einiger Sporen. 2349 strukturlos erscheint und als Exine zu bezeichnen ist. Sie wird über- deckt von einer dritten Haut, welche ringsum faltige Auftreibungen zeigt. Diese Falten zeigen an der Rückenfläche (Aussenfläche) der Spore netzförmige Anordnung un«l erscheinen dort, wo dieselben sehr enge sind, wie ein der Spore aufgesetztes Leistenwerk. An der (den 3 Innenflächen der tetraedrischen Spore entsprechenden) Bauchseite erscheint diese äussere Haut zu einer grossen Blase abgehoben !), ausserdem aber zu 3 die 3 Leisten der Spore bildenden scharf vor- springendeu Falten zusammengelegst?). Andere kleinere unregelmässige und vom Aequatorialrande nach der Innenecke hin an Höhe abnehmende Falten geben den Sporen an dieser Seite ein unregelmässig runzeliges Aussehen. An den Stellen, wo die Aussenhaut der Exine nicht anliegt, ist dieser noch eine aus Körnchen und verbogenen Stäbchen zusammen- gesetzte Masse aufgelagert, die, ‘wo sie mächtiger ist, in Folge einer regelmässigen Anordnung ihrer Elemente öfters eine Art Schichtung erkennen lässt. Es wird diese Masse später erst der Exine aufgelagert, lässt sich auch häufig von dieser trennen und gehört somit nicht dieser sondern der Aussenhaut an. Nur wenig verschieden von diesem Typus ist der, wie wir ihn bei Grimmalda (und Boschia) finden. Die Falten der Rückenfläche er- scheinen als halhkugelige blasige Auftreibungen; an der Bauchseite bildet die Aussenhaut einen namentlich bei Gr. dichotoma weit ab- gehobenen Sack, der aber noch immerhin die 3 Leisten, die ebenfalls durch Falten gebildet werden, erkennen lässt. Auch hier erscheint der Exine an ihren freien Stellen eine ziemlich mächtige Körnerschicht aufgelagert, und auch die Innenseite der Blasenwandungen erscheint häufig fein gekörnt, seltener zeigen auch diese Wandungen, wie auch manchmal beim früheren Typus, körnige Struktur. 1) An trockenen Sporen erscheint die Blasenwand häufig eingesunken. 2) Besonders deutlich bei Plagiochasmaarten, bei anderen (z. B. Duvalia) aller- dings undeutlich. Ich habe in diesen blasigen Auftreibungen früher einen aero- statischen Apparat zu erkennen geglaubt. Es ist mir dies jetzt unwahrscheinlich geworden. Sie hätten diesbezüglich ja gar keinen Sinn bei jenen Pflanzen, wo die Sporen in dem Laube eingesenkten Kapseln erst durch deren Verwesung frei werden, ebenso bei den wasserbewohnenden Formen (Riccia).. Auch muss man bedenken, dass diese Moose vorzüglich an von Wind geschützten Stellen — dem Erdboden dicht angeschmiegt, und von anderen höheren Pflanzen umgeben — wachsen, und dass die Stiele der Fruchtstände auch bei Formen welche diese Bildungen in ganz ausgezeichneter Weise zeigen (Plagiochasma) ungemein kurz sind. Ich möchte mich viel lieber der Ansicht zuneigen, dass dieselben den Zweck haben, die der Keimung vorausgehende Volumzunahme der Spore zu erleichtern. Namentlich der ventrale Sack, wie er bei Grimmaldia so auffällig ist, wird an dieser Seite, wo ja später der Durchbruch des Keimschlauches erfolgt — vor dieser Zeit schon ein ausgiebiges Wachsthum gestatten. Jedenfalls wird die doppelte Arbeit, der Durchbrechung der Exine und der Aussenhaut dadurch wesentlich erleichtert, dass sie in zeitlich ge- trennte Leistungen zerlegt wird. 250 | H. Leitgeb: Von diesen beiden Typen scheinbar grundverschieden und doch eigentlich nur eine Modification des zweiten darstellend, ist der Sporen- bau bei Corsinia. Exine wie Intine zeigen sich wie in den früheren Fällen (die feinere Struktur der Exine übergehe ich dermalen), völlig abweichend aber ist der Bau der Aussenhaut. Sie ist ringsum von gleicher Dicke (bis 20 Mik!) und zeigt sich an der Rückenseite aus polygonalen (meist 6seitigen) Platten zusammengesetzt, während sie sich an der Bauchseite als eine continuirliche Kugelschale darstellt, an welcher jede Andeutung der Leistenbildung fehlt. In der Aequatorial- ebene der Spore, d. i. wo sich Rücken- und Bauchfläche berühren, ist diese Aussenhaut ringsum zu einem weit vorstehenden Saume vor- gezogen. An der unveränderten Spore liegen die Platten der Rücken- fläche mit ihren der Exine anliegenden Basen dicht aneinander, klaffen aber, sich etwas verschmälernd, nach aussen hin, und zeigen am Aussen- rande einen vorstehenden, unregelmässig berandeten und einwärts, d. h. nach der Plattenmitte geneigten Saum, der hier und da zu vorstehenden Fetzen ausgezogen ist, seltener, namentlich in der Nähe des Aequatorial- randes zu einer die Platte kuppelförmig überwölbenden Decke zusammen- schliesst. Diese vollkommenen Ueberwölbungen der Platten bekömmt man aber an Durchschnitten von in Gummi eingebetteten Sporen gar nie zur Ansicht, offenbar deshalb, weil die Deckenwand zart und ungemein spröde ist und bei der Herstellung des Präparates zerbrochen wird. Die Hauptmasse der Aussenhaut erscheint aus Körnchen und verbogenen Stäbchen zusammengesetzt granulirt, öfters aber auch namentlich an der Bauchfläche in Folge regelmässiger Lagerung diese Elemente, geschichtet!). Nach aussen ist sie an der Bauchseite durcli eine homogene Lamelle begrenzt, welche sich auf der Rückenseite fort- setzt, hier die einzelnen Platten umsäumt und deren aufgestülpten Rand resp. die ganze Ueberdachung derselben bildet. Am leichtesten verständlich wird dieser Bau durch Vergleichung der Sporen von Grimmaldia. Denken wir uns dort die der Exine innerhalb der Blasen aufgelagerte Masse viel mächtiger und die Decke der Blasen entfernt, so würden wir eine ähnlich gebaute Aussenschicht erhalten. Noch abweichender gebaut sind die Sporen von Sphärocarpus. Sie bleiben bekanntlich in Tetraden vereinigt. Es ist dies aber nicht etwa, wie namentlich häufig bei Lycopodium, Folge einer einfachen Verkle- bung derselben an den Berührungswänden, sondern es sind dieselben in der That von einer eigenen gemeinsamen Haut umschlossen, deren Verbindung mit den die einzelnen Sporen trennenden und die Sporen- fächer bildenden Scheidewänden schon a priori dafür spricht, sie als 1) Sie ist ungemein stark verkieselt, und man erhält durch Glühen am Platin- blech die prächtigsten Skelete. Ueber Bau und Entwicklung einiger Sporen. 251 erhalten gebliebene Schichten der Sporenmutterzelle (Wände der Special- mutterzellen) zu deuten. Es hat schon Petounickow!) darauf hinge- wiesen und erwähnt, dass diese Verbindung der gemeinsamen, die Sporen umschliessenden Haut mit den die letzteren trennenden Scheidewänden besonders schön dann hervortritt, wenn man auf Durchschnitte verdünnte Chromsäure längere Zeit einwirken lässt, in welchem Falle in Folge der Quellung der Tetradenhaut diese in weiten Blasen von den Sporen ab- gehoben wird.?) Wendet man aber, und auch dies wurde schon von Petounickow hervorgehoben, starke Ohromsäure an, so wird zuerst die peripherische Hülle in Folge der sehr raschen Quellung von den Scheidewänden losgerissen und als eine Blase abgehoben, dann aber sammt diesen gelöst. Die Sporen fallen nun auseinander, und lassen nun deutlich die beiden Häute — die cuticularisirte Exine und die Cellulosereaction zeigende Intine unterscheiden. Die gemeinsame Haut erscheint an den freien Aussenflächen durch vorstehende netzartig verbundene Leisten, welche an den Knotenpuncten stachelig vorgezogen erscheinen, zierlich gefeldert. Soweit sie die die Sporenfläche trennenden Scheidewände bildet, ist sie granulirt; hier ist eine sie durchziehende Mittellamelle nicht vorhanden. Dass jene Leisten aus Membranfalten entstanden sind, lässt sich unschwer erkennen, und ebenso sind die den Knotenpunkten aufgesetzten Stacheln aus Faltungen hervorgegangen. Dieser Skulptur der Aussenhaut entsprechend erscheint auch die Aussenfläche der Exine reticulirt, gewissermaassen einen Abdruck jener darstellend, indem jeder Falte eine schwache Erhebung, jeder Areole eine muldenförmige Vertiefung entspricht. An der ihr dicht an- liegenden Intine ist jedoch keine Struktur erkennbar. Die Entwicklungsgeschichte dieser Sporen ist nun von hohem In- teresse einmal desshalb, weil sie uns die mechanischen Bedingungen kennen lehrt, welche die Skulptur der Häute zur Folge haben, ander- seits aber auch aus dem Grunde, weil sie uns über deren Dickenwachs- thum Aufklärung zu geben im Stande ist. Indem ich eine eingehendere Darlegung der Entwicklung einer späteren Publication vorbehalte, will ich nur die wesentlichsten Momente, insoweit sie bei Erörterung der oben angedeuteten Fragen in Betracht kommen, hier besprechen: Ich habe schon seinerzeit?) mitgetheilt, dass in einem gewissen Jugendstadium die Kapselwand von der kugeligen Zellgruppe des Innen- raumes in einer weiten mit schleimiger Flüssigkeit erfüllten Blase ab- gehoben erscheint. Noch zur Zeit wo in jener Gruppe sterile und fertile 1) Bulletin de la Soc. bot. de France T. XIV. 2) Man vergleiche 1. e. Pl. III, Fig. 10. 3) Lebermoose Heft IV. 2352 H. Leitgeb: (Sporenmutter) Zellen schon durch Grösse und Inhalt unterscheidbar sind, lässt sich die ihrer Entstehung entsprechende Anordnung in Quer- lagen deutlich erkennen. Nun beginnt mit rascheren Wachsthume der fertilen Zellen und ihrer Abrundung die Lösung des Verbandes, doch höchst selten in einzelne Zellen, sondern so, dass eine Gruppe von 2—3 selten mehrerer fertiler und einiger steriler Zellen zusammenhängend bleiben. Solche Gruppen, untermischt mit zahlreichen sterilen Zellen erfüllen nun den Sporenraum. Das Protoplasma der Sporenmutterzellen zeigt kammerige Struktur; die Kammern werden nach der Peripherie hin kleiner, und gleichmässiger, zahlreiche nicht sehr grosse Stärke- körner liegen demselben eingebettet. Die Membran bildet eine mächtige hyaline Hülle. Nach aussen glatt berandet, aber von einer anhaftenden Mikrosomenhaltigen Schicht umsäumt, zeigt sie an (optischen) Durch- schnitten an ihrer Innenfläche eine gekerbte Contur, und man erkennt, dass die convex nach innen vorspringenden Parthien den Kammern, die Einkerbungen den Scheidewänden des Plasmakörpers entsprechen. Mit der Theilung des nun central gelegenen Kernes wird auch eine Differenzirung der Membran erkennbar in eine peripherische dichtere und eine innere minder dichte Schale. Sie verändern sich an unverletzten in Wasser gelegten Sporen kaum merklich, aber es wird zwischen beiden eine scharf conturirte Lamelle sichtbar; eine solche schliesst auch die äussere Schale nach aussen ab. Einwirkung von ClZnJ bringt nun die äussere Schale zu starker Quellung, doch so dass in Folge des Wider- standes der peripherischen Lamelle dieselbe nach innen erfolgt, wo- durch die innere Schale zusammengedrückt, ihre peripherische Lamelle vielfach verbogen und gefaltet, nicht selten auch der Plasmakörper ein- gedrückt wird. Manchmal beobachtet man eine schwache Bläuung der in der Regel aber ungefärbt bleibenden Membran. Nun tolgt Aus- einanderweichen der Kerne und Ausbildung der Scheidewände. Wasser bewirkt eine geringe, ClZnJ eine starke Quellung der Mutterzell- membran, und wieder werden beide nun aber gleichmässig quellenden Schalen unter schwacher Bläuung deutlicher. Wenn man nun nach vorausgegangenem Auswaschen allmälıg Alkohol zusetzt, so contrahirt sich die innere Schale nach aussen hin und man erkennt nun ganz deutlich die den oben erwähnten Vertiefungen des Protoplasmakörpers entsprechenden halbkugeligen Hervorragungen, welchen entsprechend in Flächenansicht ein polygonales Netz sichtbar wird. Wenig später erscheint um jede Spore eine eigene Membran. »ie ist genau den Wellungen der Oberfläche angepasst, und stellt somit auch einen Abdruck der inneren Oberfläche der Hülle (Mutterzell- membran) dar. ÜÖellulosereaction konnte ich an ihr zu keiner Zeit nach- weisen. Nun folgt eine Verdichtung der innersten Lamelle der inneren Hülle. Wenn man in diesem Stadium verdünnte Schwefelsäure ein- wirken lässt, so quillt die äussere Hülle sehr stark, noch stärker die Ueber Bau und Entwicklung einiger Sporen. 253 innere, welche endlich verschwindet, wobei aber im Falle als die Ein- wirkung nicht zu stark war, jene innerste Lamelle erhalten bleibt und nach dem Auswaschen des Reagens deutlicher wird. Sie erscheint viel- fach und unregelmässig gefaltet, da und dort, namentlich über den Rückenflächen der Sporen von der Exine abgehoben; an diesen Stellen erscheinen die Falten wohl auch ganz ausgeglichen. Diese Lamelle ist die Anlage der bleibenden später die Tetrade umschliessenden gemein- samen Membran, des Periniums, das also aus der innersten Lamelle der Membran der Mutterzelle resp. Specialmutterzelle hervorgeht. Diese Lamelle wird nun cuticularisirt, doch nicht gleichzeitig in ihrer ganzen Fläche sondern vorerst erscheinen da und dort Körnchen und verbogene Stäbchen. Lässt man in diesem Stadium ClZnJ einwirken, so quellen die Hüllen unter schwacher Bläuung, während jene körnigen Bildungen gelb werden und um die Tetrade einen Hof bilden. Anfangs noch in Kalı löslich, und auch bei längerer Einwirkung von Schwefelsäure ver- schwindend werden sie später gegen diese Reagentien resistent, und er- scheinen dann zu einer continuirlichen Membran verbunden. Quellungs- mittel lassen, wie schon erwähnt, zur Zeit des Sichtbarwerdens des Peri- niums beide Hüllen noch deutlich hervortreten. Häufig platzt die äussere, und die innere sammt den Sporen wird ausgestossen, und zeigt nun (unter Wasser) ihre papillösen (prismatischen) inneren Hervor- ragungen, denen entsprechend in Durchschnittsansichten radial ver- laufende Spalten erscheinen, während in Flächenansicht ein aus polygo- nalen Maschen gebildetes Netz sichtbar wird. Während der Ausbil- dung des Periniums nimmt die innere Hülle, deren peripherische Lamelle aber immer erhalten bleibt (ClZnJ färbt sie viel intensiver blau, als die inneren Parthieen) noch bedeutend an Dicke zu, und ihre Substanz wird dichter. während die äussere Hülle an Mächtigkeit abnimmt, dann auf ihre peripherische Lamelle reducirt erscheint, bis endlich auch diese verschwindet Werden Sporen in diesem Stadium ins Wasser gelegt, so quillt nun die innere, die Umgrenzung der Tetrade bildende Hülle sehr stark, stärker an den über den Rückenflächen der Sporen gelegenen Stellen (wo sie auch vor der Quellung dicker ist) als an den den Scheide- wänden entsprechenden, und jene oben erwähnte Struktur wird auch ohne weitere Präparation deutlich erkennbar. Beim Beginne der Quel- lung wird nun die Rückenfläche der Spore häufig eingedrückt, offen- bar aus dem Grunde, weil die peripherischen Parthieen der Hülle und vielleicht nur die äusserste dichtere Lamelle langsamer quellend, anfangs nicht eine entsprechende Umfangsvergrösserung gestatten. Später wird häufig die Sporenwand wieder ausgestülpt — und es geschieht öfters dass nun auch das früher mit eingestülpte Perinium (so lange es noch jung ist, gleichfalls quellend in ClZnJ) über der Sporenrückenfläche blasenförmig abgehoben wird. Die Tetrade bleibt bis zur vollen Ausbildung des Periniums von 254 H. Leitgeb: der (inneren) Hülle umschlossen. Wenn die Sporenkapseln, die ja schon zur Zeit des Beginnes der Tetradenbildung vom Stiele losgerissen sind, durch Verfaulen des Thallusgewebes isolirt herumliegen und das Perinium schon eine tiefschwarze Farbe angenommen hat, sind die Tetraden noch immer von einer mächtigen, nach aussen scharf con- tourirten Schleimhülle umschlossen, die, wie ich glaube, erst zugleich mit der Kapselwand zerstört wird.) Betrachten wir nun nochmals die Entstehung und Ausbildung der Häute im Zusammenhange. Das kämmerige Struktur zeigende Proto- plasma der Sporenmutterzelle ist von einer Membran umschlossen, deren innere Schichten stärker quellbar sind, als die äusseren. Es er- leidet daher das Protoplasma einen radialen Druck, in Folge dessen die den Kammern entsprechenden Theile, welche offenbar weniger Widerstand leisten können, als die Kammerwände, etwas eingedrückt werden. Dieselbe Ausgestaltung der Oberfläche finden wir, wie es zuerst Schmitz nachwies und später Strasburger bestätigte, auch an den noch nackten, innerhald der Tetradenwände gelegenen Pollen- zellen von Cobea scandens und ich zweifle nicht, dass auch hier die- selben mechanischen Momente bestimmend einwirken, nämlich die Struktur des Protoplasmas und der durch die quellbare Membran central gerichtete Druck. Diese dem Sporenkörper gewissermaassen aufgedrungene Ausgestaltung der Oberfläche entsprechend, bildet sich nun die sporeneigene Membran aus. Ihr folgt später die Anlage des bleibenden Periniums durch chemische Metamorphose der innersten Lage der Membran der Sporenmutterzelle. Der Exine innig ange- schmiegt, wiederholt sie genau die Ausgestaltung dieser. Ihren flachen Vertiefungen entsprechend, siid auch die später zu den Leisten (oder besser Falten) werdenden Hervorragungen anfangs kaum merkbar. Nun wird die äussere Hülle der Mutterzellenmembran gelöst und dadurch der 1) Nicht minder interessant, als die Entwicklung der Sporen, ist die der sterilen Zellen. Sie sind zur Zeit, als der Unterschied zwischen ihnen und den Sporen- mutterzellen erkennbar wird, dicht mit zusammengesetzten von einer grünen Plasma- schicht überzogenen Stärkekörnern erfüllt, und durch Fragmentation mehrkernig (2—8) geworden. Sie erscheinen häufig durch Hautschichtwände — seltener durch Cellulosewände getheilt. Sie liefern das Material zum Wachsthum der Sporen. Die zu beobachtenden Veränderungen vollziehen sich im Allgemeinen in der Weise, dass an einer Stelle ihrer Oberfläche (wohl einer Berührungsstelle mit einer Sporen- mutterzelle) ein oder ein Paar Stärkekörner in die Bruchkörner aufgelöst und an ihrer Oberfläche corrodirt erscheinen. Später sind sie verschwunden und nun werden auch die innen gelegenen Stärkekörner verbraucht. Zur Zeit etwa, wo das Perinium gebildet wird, zeigen daher auch die meisten sterilen Zellen nur mehr die periphe- risch gebildeten Körner in einer hohlkugeligen aber an einer Stelle unterbrochenen Schicht angeordnet. Nun findet man sie auch häufig durch Cellulosewände getheilt. Auch die Lebensgeschichte dieser Zellen soll an einem anderen Orte ausführlicher besprochen werden. (Man vergleiche auch Lebermoose Heft IV. p. 72.) Ueber Bau und Entwicklung einiger Sporen. 255 radıale (central gerichtete) Druck vermindert, aber nicht aufgehoben, weil die pheripherische dichtere Lamelle der bleibenden inneren Hülle denn noch immerhin Wiederstand leistet. Wie die in diesem Stadium zu beobachtenden Quellungserscheinungen zeigen, streben sich die den Vertiefungen der Exine angepassten warrenförmigen Erhebungen der inneren Hülle zu Prismen zu verlängern, und dadurch werden die den Leisten der Exine aufgesetzten Parthieen des ja dem Ueberzug jener Warzen bildenden Periniums gedehnt, dabei von der Exine abgehoben, und es entstehen dadurch Faltungen. Je höher diese nun in Folge weiterer Dehnung werden, desto mehr werden ihre peripherischen an der Exine keinen Widerhalt mehr findenden Parthieen dem ja selbst- verständlich auch in tangentialer Richtung sich geltend machenden Drucke der quellenden Hülle ausgesetzt sein, und zu Leisten und an den Knotenpunkten des Netzes zu noch weiter vorspringenden Stacheln zusammengedrückt werden. Es ist dies aber ein verhältnissmässig sehr spätes Stadium; in der That sind anfangs nur Falten vorhanden, und auch die Stacheln sind bis an ihre Spitze hohl. So bestimmt, wie ich glaube, die primäre Struktur des Protoplasmas und das Quellungsbestreben der so lange erhalten bleibenden Membran der Mutterzelle die endliche Ausgestaltung der Exine und des Periniums !). Wie verhält es sich nun mit dem Dickenwachsthum des Membran? Es ist vorerst kein Zweifel, dass die verschiedenen Häute nach ein- ander angelegt werden; zuerst die Exine, dann das Perinium, zuletzt die Intine. Wie die Verdickung der eigenen Sporenhäute vor sich geht, konnte ich nicht feststellen, dieselben bleiben überhaupt ziemlich dünn; da aber die Exine schon vor Anlage der Intine ihre definitive Dicke erreicht, so wäre ein Appositionswachsthum allerdings nicht ausgeschlossen. Das Perinium entsteht durch Metamorphose der innersten Lamelle der Mutterzellmembran, und bleibt bis zu seiner vollen Ausbildung von Theilen jener (der inneren Hülle) umschlossen. Sein Dickenwachsthum durch Auflagerung aus dem Protoplasma des Kapselraumes ist un- möglich, und kaum zweifelhaft, dass es auf Kosten der Substanz der Hülle erfolgt. Dass es aber einfach durch successive Metamorphose der angrenzenden Lamellen jener verstärkt wird; zu dieser Annahme liegt wenigstens kein zwingender Grund.vor, und es tritt auch bei Quellung derselben eine Schichtung nicht hervor. Es ist aber noch eins zu beachten: die innere Hülle nimmt von der Zeit an, wo sich schon die Exine ausgebildet hat, die äussere Hülle aber noch lange erhalten bleibt, ganz unzweifelhaft an Mächtigkeit zu. Es ist dies aber nicht Folge einer stärkeren Quellungsfähigkeit, denn die Substanz wird, wie gar kein Zweifel sein kann, dichter, und OlZnJ bewirkt eine viel intensivere Blaufärbung als früher. Es hat sich also 1) Vergl. Mohl, Verm. Schrift. p. 92. 356 | I. Urban: ihr Cellulosegehalt vermehrt, und es bleibt wohl kaum eine andere An- nahme möglich, als die, dass dies durch Intussusceptionswachsthum wobei eine Ernährung von aussen ja nicht ausgeschlossen ist, geschehe. Auch bei Corsinia entsteht die mächtige der Spore aufgelagerte Schichte — das Perinium — aus der Membran der Mutterzelle. und zwar aus deren inneren Schichten (Specialmutterzelle) und es beginnt seine Bildung nach Anlage der Exine und bevor noch die peripheri- schen Schichten verschwinden. Abgesehen davon, dass hier die Sporen isolirt? werden, besteht der wesentliche Unterschied gegenüber von Sphaerocarpus darin, dass bei Corsinia die ganze der inneren Hülle von Sphaerocarpws entsprechende Schale (nicht blos deren innerste Lamelle) in die Bildung des Periniums eintritt, und dass in Folge der viel grösseren Quellungsfähigkeit der äusseren Hülle und der peripherischen Lamelle der inneren, die stärker quellenden Parthieen der letzteren nicht nach innen, sondern nach aussen vorgewölbt werden. Es ist naheliegend, auch für die übrigen oben erwähnten dick- häutigen Sporen, dieselbe Abstammung ihrer äusseren Haut zu ver- muthen. Es steht mir aber dermalen nicht das geeignete Material zur Verfügung, um mir darüber Gewissheit zu verschaffen. Graz im Juni 1883. 85. 1. Urban: Die Medicago-Arten Linne's. Eingegangen am 9. Juni 1883. — Mehrere der vorlinneischen Botaniker, besonders PARKINSON (1640), J. BauHın (edit. Chabraei 1651), Morıson (1680), Rıvın (1691) und andere, hatten den zahlreichen Formen der Gattung Medicago (Medicae oder Cochleatae oder Trifolia cochleata von ihnen genannt) eine be- sondere Aufmerksamkeit geschenkt und dieselben durch gelungene Ab- bildungen hauptsächlich der Früchte, welche gerade die wichtigsten Charaktere darbieten, vortrefflich zur Darstellung gebracht. Mit LinnE machte die Kenntniss des Genus einen bedeutenden Rückschritt. Mit Ausnahme sehr weniger, auf den ersten Blick schon als weit von ein- ander abstehend sich documentirender Arten vereinigte dieser alle übrigen beschriebenen Formen in die einzige Species M. polymorpha, indem er sie in 14 Varietäten zerlegte, die, selbst wenn man den weite- sten Artbegriff gelten lassen will, mindestens 13 gute Arten darstellen. Lınn& scheint zu diesem Schritte, welchen man gerade von ihm nicht Die Medicago-Arten Linne’s. 257 erwarten sollte, durch eine gewisse Voreingenommenheit verleitet zu sein, die ihn von eigenen sorgfältigeren Studien abhielt. Das spricht sich wenigstens in den Citaten aus, welche RıCHTER im Codex botani- cus Linnaeanus aus seinen Schriften zusammengestellt hat: „Varietates hujus (M. polymorphae) numerosae vix limites admittunt. In cochleis hie provocavit polymorpha natura Floram in certamen cum Fauna“; „Polymorpha haec species, Canis instar, produxit numerosas varietates, quamvis non in eadem regione proveniant“; endlich „Quis omnes recen- sere queat, ubi natura varietate ludere et sese oblectare gestiat.“ Hätte Linn& diese Aussprüche über Hkieracium oder Rubus gethan, so könnte man sie gerechtfertigt finden. Bei Medicago dagegen verhält sich die Sache ganz anders. Die Arten varliren zwar mit wenigen Ausnahmen innerhalb sehr weiter Grenzen und enthalten je eine Fülle von in Wuchs, Bekleidung, Blattform und besonders in der Gestalt der Früchte ver- schiedenen, aber mit einander zusammenhängenden Formen; allein zwischen den einzelnen Species ergeben sich dem genauen Beobachter sehr weite Lücken, welche durch Zwischenformen in der Zukunft wohl sicher nicht mehr ausgefüllt werden, um so weniger, da die Gattung dem hinreichend genau explorirten Mittelmeergebiete angehört. Da den Lınne’schen Arten und Varietäten entweder nur sehr kurze oder gar keine Beschreibungen beigefügt sind, so muss man, um dieselben mit den jetzt gebräuchlichen Namen zu identificiren, auf die von LInNE citirten Abbildungen der Patres und auf sein Herbar zu- rückgehen, welches letztere ich im vergangenen Sommer in den Räumen der Linnean Society zu London durchzusehen Gelegenheit hatte. In der folgenden Uebersicht sind die vorangesetzten Zahlen die Nummern des RıcHter’schen Codex; dann folgen die Namen Linn&’s (die Spec. Plant. sind nach der II. Auflage citirt), endlich bei jetzt anders be- nannten Formen die von mir in meinem Prodromus!) angewendete Nomenclatur. 5712. M. arborea L. Spec. Plant. 1096 et Herb.! 5713. M. Virginica L. Spec. Plant. 1096 = Lespedeza reticulata Pers. 5714. M. radiata L. Spec. Plant. 1096 et Herb.! 5715. M. eircinnata L. Spec. Plant. 1096 et Herb.! = Hymenocarpus circinnatus Savı (die gewöhnliche kurzstachelige Form), 5716. M. sativa L. Spec. Plant. 1096 et Herb.! 5717. M. falcata L. Spec. Plant. 1096 et Herb.! 5718. M. lupulina L. Spec. Plant. 1097 et Herb.! (die gewöhnliche Form ohne Drüsenhaare auf den Hülsen). 5719. M. marina L. Spec. Plant. 1097 et Herb. (unter M. maritima)! 1) Urban: Prodromus einer Monographie der Gattung Medicago in den Ver- handlungen d. botanischen Vereins d. Provinz Brandenburg, Bd. XV (1873) p. 1—85. 17 D. Botan.Ges.1 58 I. Urban: 5720. M. polymorpha. Var. «. orbicularis L. Spec. Plant. 1097 et Herb.!)! = M. orbi- cularis All. Im Herbar liegen zwei Exemplare der ‘gewöhnlichen Form, deren Früchte 3—4 mit den Rändern an einander liegende Win- dungen und einen Durchmesser von 13—15 mm besitzen. Var. 8. scutellata L. Spec. Plant. 1097 et Herb.! = M. scutel- lata All. Var. y. tornata L. Spec. Plant. 1098 umfasst zwei zu ganz ver- schiedenen Arten gehörige Formen. LinnE citirt dazu zunächst aus Parkınson’s Theatrum botanicum p. 1116 die Medica tornata major et minor lenis; die Medica tornata major aber ist nach Abbildung und Beschreibung M. turbinata W. var. inermis Aschs., die Medica tor- nata minor ist M. odscura Retz. var. tornata (W.) form. inermis. Ausserdem findet sich bei Lınn& noch aus Morıson’s Plantarum Hi- storia universalis die Fig. 11 der tab. 15 citirt, welche jedoch eine ganz andere Art (M. Carstiensis Wulf. mit stacheligen Früchten) darstellt; da dies Citat unstreitig auf einem Druckfehler beruht, so ist es gänz- lich zu ignoriren. — Im Herbar liegt unter M. tornata die WILLDE- now'sche Form: M. obscura Retz. var. tornata (W.) form. inermis mit rhombischen Blättern, 5—7-blüthigen Inflorescenzen und links ge- drehten Früchten, welche 44—5 Umläufe und 6,5 mm Durchmesser be- sitzen. Var. d. turbinata L. Spec. Plant. 1098 ist nach den Oitaten aus Morıson und besonders aus Jon. BAUHIN = M. tuberculata W. und nicht M. turbinata W. Für letztere Ansicht trat MorIs?), einer der vortrefflichsten Kenner der Gattung, ein, indem er sagt: „Synonymon Medica dicarpos, fructus capsula turbinata, rugosa Moris. Hist. 2 p. 153 & Linnaco ad Medic. polymorpham turbinatam, pariter refertur a WILL- DENOWIO ad Med. turbinatam et tuberculatam ...... Ex iconibus autem d et 6 Moris. sect. 2 tab. 15 prior ad Med. turbinatam spectare potest, etsi spirarum margo omnino laevissimus, aequiori autem jure altera (seu icon 6 1. c.) ad Med. turbinatam cum LINNAEO, quam cum WILL- DENOWIO ad Med. tuberculatam referri posse videtur: etenim praeter- quam quod legumen a MORISONIO ejus magnitudinis pietum est qua- lem in Med. tuberculata (mihi saltem) observare nunguam obtigit, acce- dit quod idem MoRrIsonIus in plantae ad quod legumen spectat de- scriptione vol. 2, p. 153, flores tradat binatim pedunculo haerentes, qui quidem binum numerum in Med. turbinata non superant; terni, seni, octoni, raro in nonnullis pedunculis bini observantur in Med. tuber- culata.“ Dem gegenüber ist aber folgendes geltend zu machen: 1. Wenn Morıson’s Figur 6 die M. turbinata W. darstellen sollte, so 1) Die. Herbarexemplare haben noch den alten Gattungsnamen Medica. 2) Flora Sardoa I. 444. Die Medicago-Arten Linne’s. 259 würde von ihm die ungleich häufigere, auch von älteren Botanikern schon abgebildete M. tuberculata W. gänzlich übergangen sein, wäh- rend die ziemlich seltene stachellose Form von M. turbinata zweimal zur Darstellung gekommen wäre. 2. MORISoN citirt zu seiner Art die Medica magna turbinata des BAauHIn, welche 4—6 Blüthen in der Traube besitzt und zweifellos M. tuberculata W. ist; ausserdem varıırt die Anzahl der Blüthen auch bei M. tuberculata von 8 herab bis zu einer einzigen. 3. Die ebenfalls aus BaunHın entlehnte Beschreibung: unaquaeque spira gemino denticellorum ordine caelata est, medium se- cante zonula perpetua“ ist für M. tuberculata ungemein zutreffend; des- zleichen ist in der Abbildung der für diese Species charakteristische Rand — kurze, zweizeilig angeordnete Stacheln, die bei der Reife durch Wucherung des Zellgewebes sich beinahe zu Höckern umformen, aus denen die Stacheln nur noch als Spitzchen hervorsehen — deutlich wahrzunehmen.!) Es bleibt also für Morıs’ Ansicht nur die etwas ungewöhnliche Grösse der abgebildeten Frucht übrig (9 mm Durch- messer, während derselbe gewöhnlich nur 6—7,5 mm beträgt). BAu- HIN’s Medica magna turbinata, welche LinnE an zweiter Stelle citirt, bezieht sich aber, wie schon bemerkt, zweifellos auf M. tuberculata W. — Im Linn&’schen Herbar findet sich diese Species nicht. Var. e. intertexta L. Spec. Plant. 1098 ist nach Beschreibung und Citaten = M. intertexta Gärtn. var. echinus (DC.), mit Ausnahme des Citates von MoRrIson’s Figur 7, welche trotz der fehlenden Be- haarung als M. ciliaris W. zu deuten ist. — Auch im Herbar liegt unter derselben Bezeichnung dieselbe Form. Var. Ü. muricata L. Spec. Plant. 1098 ist nach den wiedergegebenen kurzen Diagnosen (Namen im damaligen Sinne) der Patres ohne Zwei- fel M. rigidula Desr. Wenn man aber die von LInN& angezogene Fi- gur 11 des MoRrISoN vergleicht, so würde man unmöglich an die ge- nannte Art, sondern an eine Form von M. hispida Gärtn. oder an M. Carstiensis Wulf., welche sie in der That darstellt, denken müssen. Es ist nun für die Identifizirung der MorIson’schen Figuren folgende Er- wägung von besonderer Wichtigkeit. Während diejenigen Botaniker, welche zu ihrer Nomenclatur auch die längeren Namen und Abbildungen der Patres citirten, die erste Figurenreihe aut Tafel 15 des MorIsoN (Fig 1—9) im Anschluss an seine kurzen Diagnosen und anderweitigen Erläuterungen im Allgemeinen richtig erklärt haben, schweigen sie über die folgenden 12 Figuren der Trifolia cochleata s. Medicae coch- 1) Mit grosser Sorgfalt hat Morıson’s Zeichner fast ausnahmslos auf die Dreh- ungsrichtung der Früchte geachtet. Die Figuren sind offenbar naturgetreu gezeich- net und desshalb beim Abdruck spiegelbildlich wiedergegeben. Es ist nun sehr be- merkenswerth, dass die an den Gestaden des westlichen Mittelmeerbeckens nur links- gedreht vorhandene M. tuberculata auch bei Morıson dieselbe Drehungsrichtung zeigt, während fast alle anderen Figuren rechtsgedrehte Früchte aufweisen. 260 I. Urban: leatae entweder ganz und gar oder geben fast ausnahmslos falsche Deutungen. Da nämlich bei dem genannten Autor die Nummern des Textes mit den zu den Figuren gestellten Zahlen sonst immer dieselben sind, der Text also gleichsam eine Figurenerklärung darstellt, so wird man in der That beim Studium von Fig. 10—21, wenn man den Text mit in Betracht zieht, sehr bald irre. Durch folgende einfache Con- jectur kommt aber sofort die grösste Klarheit in die Sache: Man denke sich, dem Zeichner sei bei der Anordnung der Figuren ein Fehler untergelaufen; man ziehe deshalb zu Fig. 10—16 den Text No. 15—21 und weiterhin zu Fig. 17—21 den Text No. 10—14 (wie auch schon vorher zu Fig. 3 den Text No. 4 und umgekehrt) und man erstaunt nicht nur über die vortreffliche Beschreibung im Anschluss an die gu- ten Abbildungen, sondern auch über die grosse Anzahl der dem Mo- RISON schon bekannt gewesenen Medicago-Species (es sind deren 19 gegenüber den 18 Arten Lınnxk’s, die dieser zum Theil nur aus der älteren Literatur zusammengetragen — die Anzahl in dem von mir adoptirten Umfange). Man muss selbstverständlich runmehr, nicht wie es LINnE gethan hat, die einfache Nummer oder Figur citiren, sondern beides auseinander halten. Die von LInNE citirte Medica cochleata dicarpos, capsula spinosa rotunda minore muss demnach den Zusatz: Morison Hist. II, p. 153 n. 11 t. 15. £. 18 erhalten. — In Linne’s Herbar liegt unter var. muricata die typische M. tuberculata W. Var. n. Arabica L. Spec. Plant. 1098 ist nach allen von LIinnE reproducirten Oitaten, sowie nach seiner eigenen Beschreibung M. Ara- bica All. — Die unter jenem Namen im Herbar befindliche Pflanze ist dagegen M. ciliaris W. Var. 3. coronata L. Spec. Plant. 1098 ist M. coronata Desr. — Im Herbar liegt unter diesem Namen M. hispida Gärtn. var. penta- cycla Urb. (M. nigra W.), mit 4—5 Windungen und 3—5 Frücltten in der Traube. Var. ı. rigidula L. Spec. Plant. 1098 ist M. rigidula Desr. — Da im Herbar unter diesem Namen M. coronata Desr. liegt, und da die beiden Arten sehr weit von einander abstehen und die letztere we- nigstens sehr charakteristisch ist, so hat wohl später eine Verwechse- lung der Etiquetten stattgefunden. Var. x. ciliaris L. Spec. Plant. 1099 ist nach der Mehrzahl der Citate M. ciliaris W.; einige (z. B. das aus GoUAN, GERARD) deuten auf M. hispida Gärtn. var. pentacycla Urb. hin. Man kann auch sagen: die Var. cıliaris in LINNE’s Spec. ist M. culiaris W., in LInNn&E's Mantissa eher M. hispida Gärtn. var. pentacycla Urb. — Im Herbar ist sie nicht vertreten. Var. A. hirsuta L. Spec. Plant. 1099 ist M. minıma Bartal. (nach dem Baunin’schen Citat eine mehr niederliegende Form). — Im Her- bar nicht vorhanden. Die Medicago-Arten Linne’s. 261 Var. u. minima L. Spec. Plant. 1099 ist ebenfalls M. minima Bartal. (nach dem BaunmIn’schen Oitat eine aufgerichtete Form). — Im Herbar nicht vorhanden. Var. v. Iaciniata L Spec. Plant. 1099 nach den Citaten und nach dem Herbarexemplar = M. laciniata All. Var. &. nigra L. Mant. II. p. 454 ist nach den Üitaten M. his- pida Gärtn. var. pentacycla Urb. (M. nigra W.). — Im Herbar nicht vorhanden. Einige wenige andere im Linne’schen Herbar befindliche Formen brauchen hier nicht besprochen zu werden, weil sie entweder von LINnE selbst unbestimmt gelassen und erst von einer späteren Hand Bezeich- nungen erhalten haben, oder weil sie überhaupt erst nach seinem Tode seınem Herbar einverleibt sind. — Die Medicago floribus foliolo proli- feris L. Hort. Cliff. 378 ist eine Form mit vergrüntem Karpell, wahr- scheinlich von M. lupulina L.; bei dieser Art wenigstens ist die Er- scheinung wiederholt beobachtet. Nachdem nunmehr die Bedeutung der Linxe’schen Medicago-Arten nach Literatur und Herbar, soweit es überhaupt möglich war, festgelegt worden ist, kann zunächst die Frage erörtert werden, ob sich Oonse- quenzen für die jetzige Benennung der Species daraus ergeben. Es handelt sich dabei nur um die Varietäten der M. polymorpha, da die ihr vorhergehenden Arten ja den Linn#’schen Namen (mit Ausnahme von M. Virginica und M. circinnata) zweifellos behalten. M. orbicu- laris All., scutellata All., intertexta Gärtn., Arabica All., coronata Desr., minima Bartal., laciniata All., auch ciliaris W. haben von den nach- linneischen Autoren, welche diese Formen zuerst als selbständige Arten beschrieben haben, sofort die Bezeichnung bekommen, die vorher die Linn&’schen Varietäten hatten. Die Var. y. tornata muss ausser Be- tracht bleiben, weil sie zwei specifisch verschiedene Formen umfasst, von denen gerade die M. tornata W. einem grösseren Formenkreise (M. obscura Jacg.) angehört; die var. £. muricata und 4. hirsuta fallen mit var. ı. rigidula (M. rigidula Desr.), resp. mit var. u. minima (M. minima Bartal.) zusammen; die Var. &. nigra ist zwar von WILLDENOW mit seiner M. nigra richtig identificirt; allein dieselbe ist nur ein Glied einer Reihe von specifisch zusammengehörigen Formen, von denen die zuerst als selbständig hingestellte den Namen M. hispida Gärtn. erhalten hat. Die Var. d. turbinata endlich, welche WILLDENOW zu seiner M. turbinata zieht, welche aber höchst wahrscheinlich M. tuberculata W. darstellt, kann um so weniger zu einer Namensänderung Anlass geben, als die Identifizirung der Linx#’schen Varietät wegen des MurIson’schen Citates nicht einmal über allen Zweifel erhaben ist, ganz davon ab- gesehen, dass, wenn die jetzige M. tuberculata den Namen turbinata erhalten sollte, auch die jetzige M. turbinata W. umgetauft werden müsste. 262 | I. Urban: Die Medicago-Arten Linne’s. Eine andere Frage ist es dagegen, ob wir Veranlassung haben, falls wir das Klammerprincip adoptiren wollen, vor den Autoren der oben genannten 9 Arten (denn nur um diese kann es sich hier han- deln) die Linn&’sche Autorität in Klammer einzuschieben. Wird eine früher beschriebene Art nämlich zu einer anderen Gattung gebracht, oder eine als Varietät beschriebene Form, wie hier geschehen, zum Range einer Art erhoben, so wird unter Beibehaltung des speci- fischen resp. Varietäts-Namens der Autor der Art oder Varietät in Klammer vor den Autor gesetzt, welcher die richtige Zusammen- stellung des generischen und specifischen Namens vorgenommen hat, „der historischen Gerechtigkeit wegen.“ Die Frage ist entschieden zu verneinen. Denn wollte man Gerechtigkeit walten lassen, so müsste man die Patres einklammern, welche die Medicago-Arten schon so vor- trefflich beschrieben und abgebildet und oft sogar die binäre Nomen- clatur zur Anwendung gebracht haben!), während LInn& die von jenen aufgestellten Species unter ganz ungerechtfertigter Herabdrückung zu Varietäten rein literarisch (ausserdem nicht einmal erschöpfend) kata- logisirt und dazu nicht nur nichts zur naturhistorischen Kenntniss der- selben beigetragen, sondern sie zum Theil auch nicht einmal nach Aus- weis seines Herbars zu identificiren vermocht hat. 1) Man vergleiche z. B. die Medica scutellata J. Bauh., welche Morison Hist. II. 152 unter dem Namen: Medica cochleata major dikarpos fructus capsula rotunda globosa seutellata, nobis, folgendermassen beschreibt: Haec cubitales, robustos, hirsu- tosque habet cauliculos, eosque partim erectos, partim procumbentes: folia tergemina, majuscula et latiuscula, acuminata, subtus hirsuta, circumquaque crenata: flores sunt pauci, lutei, binatim petiolo unico utplurimum haerentes, quos volutarum instar cochleatae siliquae seguuntur planae exterius, interius veluti e scutellis quatuor, aut quinque compositae, ut inferior major semper convexam suo cavo excipiat. Semina in gyris latent renalia, majora seminibus reliquarum sui generis Medicarum: radix est simplex fibrosa.“ Nach dieser Beschreibung wird Jeder, auch ohne Abbildung, die Art bestimmen können. G. Haberlandt: Ueber die physiologische Funktion des Centralstranges etc. 263 36. 6. Haberlandt: Ueber die physiologische Funk- tion des Centralstranges im Laubmoosstämmchen. Vorläufige Mittheilung. Eingegangen am 15. Juni 1883. So allgemein auch gegenwärtig vom deskriptiv-anatomischen Stand- punkte aus die Ansicht vertreten wird, dass der Üentralstrang des Laubmoosstämmchens als „rudimentäres Gefässbündel“, als „Urleit- bündel“ aufzufassen sei, so ist doch bisher über die im Uentralstrange geleiteten Stoffe so gut wie gar nichts Bestimmtes bekannt geworden. Die Mehrzahl der Autoren scheint eben die Bezeichnung „Urleitbündel“ auch im physiologischen Sinne gelten zu lassen und anzunehmen, dass alle die verschiedenen Stoffe, welche in einem vollkommenen Phanero- gamen-Gefässbündel geleitet werden, sich ohne räumliche Trennung auch im Öentralstrange des Moosstämmchens auf- und abbewegen. Auf Grund einer Reihe von Ueberlegungen, welche die ım Laufe der phylogenetischen Entwickelung vor sich gegangene Entstehung concentrischer Gefässbündel mit centralem Hadromtheil betrafen, ge- langte ich zu der Vermuthung, dass der auf dem Querschnitt gleich- artig gebaute Oentralstrang des Laubmoosstämmchens ein rudimentärer, wasserleitender Hadromstrang sein könne; diese Vermuthung wurde gleich durch die ersten Versuche, welche ich hier- über anstellte, vollkommen bestätigt. Das Stämmchen von Mnium undulatum erwies sich zur Durch- führung derartiger Wasserleitungs-Versuche als besonders geeignet; es besitzt nämlich einen schön ausgebildeten Centralstrang, der von einer ziemlich durchsichtigen Rinde umgeben wird und seine zahlreichen, verhältnissmässig grossen Blättchen repräsentiren eine ansehnliche Transpirationsfläche. Der Centralstrang grenzt sich gegen das paren- chymatische Gewebe der Rinde sehr scharf ab und besteht aus lauter gleichartigen Zellen; dieselben besitzen dünne Längswände, welche im Alter eine gelb-bräunliche Farbe annehmen und sehr zarte, schief ge- stellte Querwände. Bringt man einen Stammquerschnitt in concentrirte Schwefelsäure, so werden zuerst die Wände der Strangzellen mit Aus- nahme der Zellkanten gelöst, dann allmälig die Wandungen der an- grenzenden Parenchymzellen und der Stereiden und zuletzt erst die etwas verdickten Kanten der Strangzellen und die Wandungen der Epidermis. Io G. Haberlandt: Die Zellinhalte des ausgebildeten Öentralstranges bestehen im frischen Zustande des Stämmchens blos aus wässeriger Flüssigkeit. Von Stärkekörnchen, Fetttröpfchen oder plasmatischen Wandbelegen ist absolut nichts wahrnehmbar. Diese Thatsache bildet für die Er- kenntniss der physiologischen Funktion des Uentralstranges schon einen deutlichen Fingerzeig. Wenn man ein frisch abgeschnittenes, unbenetztes Stämmchen unseres Mooses mit seinem blattlosen unteren Ende 1—2 mm tief in wässerige Eosinlösung!) tauchen lässt, so steigt dieselbe blos ım Centralstrange und zwar mit ziemlich grosser Schnelligkeit empor. Wegen der Durchsichtigkeit der Rinde kann man den rothen Faden der Eosinlösung während des Versuches sehr deutlich mit un- bewaffnetem Auge verfolgen und nach gewissen Zeitintervallen die Steighöhe der Lösung abmessen. Im Nachstehenden bringe ich einen solchen Versuch zur Mittheilung, welcher mit einem reichbeblätterten, 55 mm hohen Stämmchen bei c. 20 Grad ©. angestellt wurde. Die Steighöhe der Farbstofflösung betrug nach 5 Minuten. . . 28 mm „ 10 “sehe: „BR 15 o ER 2 20 A Ad 28 " 45 80 N 46,5 „ Pin Er 41,5 „ Nach 1 Stunde war die Eosiniösung im Oentralstrange bis knapp unter die Spitze des Stämmchens gedrungen, während dieselbe nach gleicher Zeit in der Rinde blos etwas über 2 mm hoch gestiegen war. — Verschiedene andere Versuche lieferten ganz ähnliche Ergebnisse. Aus den angeführten Zahlen geht hervor, dass die Eosinlösung in den ersten 5 Minuten am raschesten emporstieg; später sank die Schnelligkeit der Bewegung um ein beträchtliches. Diese Verlang- samung des aufsteigenden Saftstromes erklärt sich daraus, dass während der Dauer des Versuchs die transpirirenden Blättchen all- mälig gegen die Spitze des Stämmchens zu austrockneten und ver- schrumpften, so dass die transpirirende Blattfläche immer kleiner wurde. In der verhältnissmässig trockenen Luft des Versuchsraumes wurden eben an das Wasserleitungsvermögen des Üentralstranges zu grosse Ansprüche gestellt. Schon mit freiem Auge beobachtet man, dass die Eosinlösung aus dem Uentralstrange um so rascher in die umgebende Rinde austritt, je 1) Dieser Farbstoff ist bekantlich zuerst von Elfving bei Wasserleitungs-Ver- suchen verwendet worden (Vgl. bot. Zeitung, No. 42, 1882). Ueber die physiologische Funktion des Centralstranges ete. 265 jünger der betreffende Abschnitt des Stämmchens ist. Man sieht dann alsbald auch die Blattnerven sich roth färben, so dass wohl kein Zweifel darüber bestehen kann, dass die transpirirenden Blätter vom Üentral- strange aus mit Flüssigkeit versorgt werden. Ich gehe nun zu den Ergebnissen der mikroskopischen Unter- suchung über, welcher die Versuchsobjekte unterworfen wurden. Ein knapp unter dem oberen fortschreitenden Ende des rothen Wasserfadens angefertigter Querschnitt lässt unter dem Mikroskope auf das deutlichste erkennen, dass sich die Farbstofflösung nur im Centralstrange aufwärts bewegt; sämmtliche Zelllumina desselben sind mit rother Flüssigkeit erfüllt und ebenso sind auch die Längswände der Strangzellen roth tingirt. Es scheint übrigens die Durchlässigkeit dieser Wandungen mit dem Alter ebenso abzunehmen, wie die Durchlässigkeit der Rindenzell- wände, so dass es bei der Wasserbewegung im älteren Üentralstrange hauptsächlich auf die Permeabilität der zarten, schiefgestellten Quer- wände ankommen dürfte. Dieselben wären demnach in physiologischer Hinsicht mit den Schliesshäuten der Hoftüpfel zu vergleichen. Wenn man ein frisch abgeschnittenes Stümmchen von Mrium un- di.latum ohne Wasserzufuhr 10—15 Minuten lang transpiriren lässt, bis die Blättchen mehr oder weniger stark verschrumpft sind und dann durch einen Längsschnitt den Centralstrang blosslegt, so erscheint der- selbe dem unbewaffneten Auge als heller, silberglänzender Faden; seine Zellen sind nun offenbar lufthaltig geworden. An dickeren Längs- schnitten, welche man rasch unter das Mikroskop bringt, sieht man ın der That, dass sämmtliche Zellen des ÖOentralstranges und nur diese, zum grössten Theil mit Luft erfüllt sind.!) In unverletzten, welken Stämmchen wird diese Luft zweifellos in hohem Grade verdünnt sein, genau so, wie in den Gefässen transpirirender Phanerogamen. Auch hierfür konnte der Beweis leicht erbracht werden. Wenn ich ein frisches Stämmchen sorgfältig aus dem Polster heraus- löste, dann welken liess und schliesslich unter der Eosinlöung entzwei- schnitt, so drang dieselbe im Üentralstrange mit verhältnissmässig grosser Schnelligkeit bis zur Spitze des Stämmchens empor. Der be- kannte Höhnel’sche Versuch gelingt also bei entsprechender Modi- fikation vollständig. Aus einer grösseren Anzahl derartiger Versuche seien hier die nachstehenden mitgetheilt: Ein 40 mm hohes Stämmchen, dessen untere Blätter vollständig, dessen obere theilweise verschrumpft waren, wurde 4 mm unterhalb der Stelle, an welcher die ersten Rhizoiden auftraten, in der Eosin- lösung entzwei geschnitten. 1) Bei stärkerer Austrocknung werden dann auch die angrenzenden Rindenzellen lufthaltig. 266 G. Haberlandt: Die Steighöhe betrug nach 30 Sekunden . . 21,0 mm u alte Alk, ern. Elm > 10 en Ein anderes Stämmchen von 40 mm Höhe mit vollständig ver- schrumpften Blättern wurde in der Höhe von 10 mm unter der Eosin- lösung durchschnitten. In weniger als einer Minute stieg die Lösung im Centralstrange bis zu einer Höhe von 37 mm empor. — Die mit noch einigen anderen Laubmoosarten (Hypnum splendens, Bartramia pomiformis u. A.) angestellten Versuche berechtigen mich das für Mnium undulatum gefundene Resultat zu verallgemeinern: Der homogen gebaute Centralstrang des Laubmoosstämmchen ist wohl in allen Fällen ausschliesslich ein das Wasser und die Nährsalze leitender Gewebestrang. | Bei den höchst entwickelten Laubmoosen, den Polytrichum-Arten zeigt bekanntlich der ÜOentralstrang einen complizirteren Bau. Ein Cylinder aus dickwandigen, gelb-braunen Zellen, welche auf dem Quer- schnitte durch sehr zarte Wände gleichsam gefächert erscheinen, wird von einer Gewebeschichte umgeben, deren Zellen sehr zartwandig und englumig sind. Dann folgt noch eine dünnwandige, dunkelbraune Scheide. Die diekwandigen Zellen des centralen Oylinders enthalten im frischen Stämmchen Wasser, im welken führen sie Luft. Die Zellen der ringförmigen Gewebeschicht dagegen sind plasmahaltig und weisen auch Stärkekörnchen und Fettröpfchen auf. Natürlich liegt unter solchen Verhältnissen die Vermuthung nahe, dass blos der cen- trale Cylinder als Wasserleitungsgewebe fungire, während die angren- zende Hülle ein rudimentäres, eiweissleitendes Leptom vorstelle. Die Richtigkeit dieser Annahme lässt sich bezüglich des centralen Gewebe- cylinders leicht nachweisen. Die im transpirirenden Stämmchen auf- steigende Eosinlösung bewegt sich blos in den diekwandigen Zellen aufwärts und zwar von Lumen zu Lumen. Dabei werden nur in den jüngeren Theilen des Stämmchens auch die verdickten Wände roth ge- färbt. Aus den wasserleitenden Zellen dringt die Eosinlösung sehr rasch in die angrenzende Gewebshülle ein, so dass, wenn die Quer- schnitte in zu geringer Höhe angefertigt wurden, der Anschein entsteht, als wenn der gesammte Centralstrang das Wasser leiten würde. Dies ist aber bestimmt nicht der Fall. Das Polytiichumstämmchen besitzt bekanntlich auch Blattspur- stränge. Die Eosinlösung steigt in denselben noch rascher aufwärts, als im Oentralstrange. Von einer bestimmten Höhe an sind nämlich auf dem Stamm-Querschnitt die Blattspuren bereits intensiv roth gefärbt, während das wasserleitende Gewebe des Centralstranges noch farblos ist. Da die Blätter von Polytrichum mit ihren zahlreichen assimiliren- den (iewebelamellen ausgiebig transpiriren, so ist die Schnelligkeit, mit Ueber die physiologische Funktion des Centralstranges etc. 267 der sich der Wasserstrom im Oentralstrange aufwärts bewegt, eine ver- hältnissmässig grosse. In einem 70 mm hohen Stämmchen von Poly- trichum juniperinum, dessen obere Hälfte mit grünen Blättern besetzt war, betrug die Steighöhe der Eosinlösung nach 15 Minuten 63 mm (Temperatur des Versuchsraumes 20° C.). Im Anschluss daran möchte ich noch einen Injectionsversuch beschreiben, der mit einem 10 cm langen Stämmchen angestellt wurde. Dasselbe wurde zunächst welken gelassen, bis sich die Blattspreiten aufgerichtet und an das Stämmchen angeschmiegt hatten. Dann wurde das Stämmchen gebogen und unter der Eosinlösung ungefähr ın der Mitte entzweigeschnitten. Nach 40 Sekunden war der Centralstrang in der beblätterten Stammhälfte ungefähr 30 mm weit mit der Farbstofflösung injicirt. Ungefähr eben so tief drang die Lösung ın die untere Stammhälfte ein. — Nur mit wenigen Worten will ich noch schliesslich die Wasser- leitung in den Blattnerven und in den Fruchtstielen besprechen. Was die ersteren betrifft, so bewegt sich bei complicirterem Bau derselben das Wasser in jenen dünnwandigen, englumigen Zellen, welche bald in isolirten Zügen, bald zu zarten Bündeln vereinigt auftreten und von Lorentz!) als „Begleiter, comites“ eingehend beschrieben wurden. — In der Seta steigt das Wasser (beziehungsweise die Eosinlösung) so wie im Stämmchen blos im Üentralstrange empor. Ob aber derselbe hier gleichfalls nur als Wasserleitungsgewebe fungirt, muss vorläufig noch dahingestellt bleiben. Nach dem Mitgetheilten ist der typisch gebaute ÜUentralstrang des Laubmoosstämmchens nicht als rudimentäres Gefässbündel, sondern als ein Hadromstrang einfachster Art aufzufassen; seine Zellen sind nicht mit ÜÖambiformzellen zu vergleichen, sondern mit wasserleitenden Tracheiden. Erst bei den höchst entwickelten Laubmoosen, den Poly- trichum-Arten, repräsentirt der Centralstang ein höchst einfach gebautes Gefässbündel; dasselbe gehört dem concentrischen Typus an. Es wird nun gewiss Niemand die Ansicht vertreten wollen, das concentrische Bündel des Polytrichum-Stämmchens sei durch fortschreitende Differen- zirung des homogen gebauten Oentralstranges, beziehungsweise Hadrom- stranges entstanden. Eine Metamorphose von wasserleitenden Elementen zu eiweissleitenden ist in der That kaum vorstellbar. Es wird daher richtiger sein, wenn wir annehmen, dass die Leptomhülle des Poly- trichum-Bündels ein Differenzirungsprodukt der Rinde ist, welch’ letztere im typisch gebauten Laubmoosstämmchen mit homogenem Centralstrange noch die gemeinsame Bahn für alle plastischen Baustoffe (Kohlehydrate und Eiweisssubstanzen) vorstellt. Bei fortschreitender Arbeitstheilung 1) Lorentz, Grundlinien zu einer vergleichenden Anatomie der Laubmoose, Pringsheim, Jahrb. f. w. Bot. VI. Bd., p. 378 ff. 268 | M. Willkomm: hat dann später eine räumliche Trennung der Leitungsbahnen statt- gefunden. Den Eiweisssubstanzen wurde das neu auftretende Leptom zugewiesen, welches sich ringsum an das bereits vorhandene Hadrom anlehnte, den Kohlehydraten blieb die parenchymatische Rinde reser- virt. So entstand das concentrisch gebaute Gefässbündel mit centralem Hadromtheil. — Die successive Differenzirung der stoffleitenden Gewebe des Laubmoosstämmchens darf demnach als ein schwerwiegendes Ar- gument zu Gunsten der Ansicht gelten, dass das Gefässbündel ursprüng- lich keine histologische Einheit war, sondern in ähnlicher Weise durch das Zusammentreten von Leptom- und Hadromsträngen entstanden ist, wie sich noch später die Mestomstränge mit Stereombündeln zu Fibrovasalsträngen vereinigt haben. Der Nachweis, dass der homogen gebaute Uentralstrang des Laub- moosstämmchens eine centrale Wasserader vorstellt, ist auch vom rein physiologischen Standpunkte aus von einiger Bedeutung; denn nirgends vollzieht sich bei höheren Pflanzen der Prozess der Wasserleitung auf so einfache, leicht controlirbare Weise: In einem Bündel langgestreckter meist dünnwandiger Zellen strömt das Wasser von Lumen zu Lumen aufwärts; in den jüngeren Stadien sind sämmtliche Wände der Leitungs- zellen permeabel und erst im Alter nimmt die Durchlässigkeit der Längswände für Wasser ab. Bei gehemmter Wasserzufuhr und fort- dauernder Transpiration werden die Zellen sehr bald entleert und füllen sich mit Luft von geringer Tension. — Die Wasserleitung im Laubmoosstämmchen ist demnach das einfachste Beispiel für eine Reihe wichtiger Erfahrungssätze, welche wir den Untersuchungen Boehm’s, Höhnel’s, Elfving’s, Russow’s u. A. verdanken und welche die Grundlagen einer neuen Theorie der Wasserleitung bilden. 37. M. Willkomm: Umbilicus Winkleri, ein neuer Bürger der europäischen Flora. Eingegangen am 16. Juni 1883. Im vergangenen Winter schickte mir Herr Moritz Winkler in Giessmannsdorf (Schlesien) eine Anzahl Pflanzen, welche er in den Jahren 1873 und 1876 in Spanien gesammelt, meist nur in einzelnen oder wenigen Exemplaren, mit der Bitte, dieselben, soweit möglich, zu Umbilicus Winkleri ete. 269 bestimmen, da ihm deren Bestimmung nicht gelungen war. Unter diesen Pflanzen fiel mir gleich bei der ersten flüchtigen Durchsicht eine Crassulacee auf, welche ich für ein Sempervivum gehalten haben würde, hätte ein der Etikette beiliegender Zettel nicht die Aufschrift gehabt: „Sedum aut Umbilicus?“ Eine sorgfältige Untersuchung der Blüte er- gab nun in der That, dass diese Pflanze ein Umbiliwus sei und zwar eine noch unbeschriebene Art aus der Section Rosularia DC. Die Arten dieser Section, welche sämmtlich perennirend sind und die grund- ständigen Blätter gleich den Semperviven in Rosetten gruppirt haben, wie sie auch durch Entwicklung steriler Blattrosetten und den ganzen Habitus an Semperviwvum erinnern, bewohnen, soweit dieselben bisher bekannt waren, ausschliesslich das westliche Asien, beziehentlich Klein- asien mit den benachbarten Inseln, die Kaukasusländer, Persien, Palä- stina und Mesopotamien. Die Entdeckung einer Art dieser Section in Europa, zumal im südwestlichsten Theile dieses Oontinents ist daher eine Thatsache von höchstem Interesse in pflanzengeographischer Be- ziehung. Das räthselhafte Vorkommen dieser Pflanze in so weiter Ent- fernung von ihren Schwestern würde nur dann seine Erklärung finden, wenn dieselbe, und was mir wahrscheinlich ist, im gegenüberliegenden Mauritanien und den östlichen Ländern Nordafrikas wieder gefunden würde. Herr Winkler hat dieselbe am 29. April 1873 auf Felsen bei San Roque (nördlich von Gibraltar) in wenigen damals in voller Blüte stehenden Exemplaren beobachtet und jenen Standort auch auf seiner zweiten Reise im J. 1876 wieder aufgesucht, ohne mehr oder bessere Exemplare finden zu können. Jedenfalls erreicht dieselbe dort ihre Polargrenze und wird sich im gegenüberliegenden Marocco in grösserer Menge wiederfinden. Da sie von allen asiatischen Arten verschieden ist, so halte ich sie unbedenklich für eine neue Art, welcher ich den Namen des verdienstvollen Entdeckers mit dessen Zustimmung zu geben mir erlaubt habe. Ich lasse nun die Beschreibung dieser interessanten Pflanze folgen, von welcher ich in der 8. Lieferung meiner Illustrationes florae Hispaniae insularumque Balearium eine Abbildung geben werde. Umbilicus Winkleri n. sp. Perennis, rhizomate cylindrico ramoso rosulas foliorum fertiles et steriles ad basin foliis emortuis stipatas edente. Folia oblonga obtusa carnosa, undique pilis articulatis viscosis abbreviatis vestita. Caulis florifer e centro rosulae emergens, humilis, parce foliatus, pariter atque rosularum folia pilis articulatis obsitus, roliis minoribus, sursum decrescentibus, sessilibus, facıle secedentibus. Inflorescentia terminalis, cymosa, dichotoma, ramis cymae recurvatis subscorpioideis ebracteatis. Flores breviter pedunculati, sub anthesi erecti, deinde pedunculo recurvato nutantes. Oalyx quinquefidus, lobis obo- vatis apiculatis, dorso marginegue pilis abbreviatis simplicibus sed capi- tulum glandulosum ferentibus viscidis vestitis. Corolla subrotata, calyce duplo longior, quinqueloba, lobis ovatis breviter acuminatis, margine 270 | M. Willkomm: .Umbilicus Winkleri etc, glanduloso-ciliatis, albis sed venis virentibus eleganter striolatis. Sta- mina 10 supra basin corollae inserta, inclusa, filamento lato tenero dia- phano, anthera cordato -rotundata atropurpurea. Üarpella 5 libera, glandulis 5 hypogynis carnosis truncatis croceis cincta, oblique ovoidea, stylo laterali brevi extus curvato, in stigma capitatum desinente termi- nata, intus ad suturam ventralem ovula multa lanceolata stipitata ferentia. — Folia glauco-virentia, rosularum 10—12 mm longa. Oaules 4—5 cm alti, flores expansi 8—10 mm latı. Boissier ordnet in seiner Flora orientalis (vol. II p. 770) die Arten der Section Rosularia, deren er 12 beschreibt, in zwei Gruppen, nämlich: 1. in solche caule florifero determinato e centro rosulae nas- cente und 2. in solche caulibus indeterminatis extrarosularıbus. Um- bilicus Winkleri, dessen Blütenstengel aus dem Centrum der Blattrosette hervorbricht und an der Theilungsstelle der Inflorescenz durch die älteste Blume geschlossen ist, gehört folglich zur ersten Gruppe, von welcher Boissier nur eine Art mit bleich- bis purpurrothen Blumen anführt, nämlich U. elymaiticus Boiss. et Hausskn. vom Prof. Hauss- knecht in den Hochgebirgen des südwestlichen Persien entdeckt. Abgesehen von der Blumenfärbung unterscheidet sich diese Art von U. Winkleri durch die spatelförmigen am Grunde lang verschmälerten Blätter, ihren von der Basis an reich verzweigten einen pyramidalen Blütenstand bildenden Stengel und die Glockenform der Blumenkrone. Habituell gleicht die spanische Pflanze dem zur zweiten Gruppe ge- hörigen, in den Gebirgen Nordpersiens und Südkaukasiens wachsenden, schon vom Marschall Bieberstein (unter Cotyledon) beschriebenen Umbilicus Sempervivum DC., welcher übrigens auch purpurne Blumen besitzt, die dreimal länger als der Kelch und bis über die Mitte in lanzettförmige lang zugespitzte Zipfel getheilt sind. 38. Carl Steinbrinck: Ueber den Oeffnungs- mechanismus der Hülsen. Eingegangen am 21. Juni 1883. Nachdem G. Kraus in seiner i. J. 1866 erschienenen Abhandlung: „Ueber den Bau trockener Pericarpien“ als eine der wesentlichsten Eigen- thümlichkeiten in dem anatomischen Bau der Hülsen die zur Frucht- C. Steinbrinck: Ueber den Oeffnungsmechanismus der Hülsen. 2371 axe schiefe Richtung und den gekreuzten Verlauf der Hartschicht- und Aussenepidermis-Zellen nachgewiesen hatte, suchte ich i. J. 1873?) zu zeigen, dass die auffallende Orientirung jener Gewebselemente mit dem Oeffnungs- und Schleuder-Mechanismus der Papilionaceenfrüchte im engsten Zusammenhang stehe. Auf Grund der an vielen Pericarpien gemachten Beobachtung, dass die gestreckten Zellen derselben beim Austrocknen ihrer Wandung vorwiegend in der Quere schrumpfen, stellte ich die Behauptung auf, dass bei den trockenen Hülsenklappen zwar die Einwärtsbewegung an sich auf Differenzen der Quellungsfähigkeit beruhe, welche zwischen den Wandsubstanzen der Aussenepidermis (resp. des Hypodermas) und der Hartschicht bestehen, dass aber die Art der Einwärtsbewegung, nämlich die schraubige Krümmung, durch hy- groskopische Spannungen bedingt sei, welche durch die‘ erwähnten Stellungsunterschiede hervorgerufen werden. Gegen diese Auffassung hat nun i. J. 1881 A. Zimmermann in seiner Abhandlung: „Ueber mechanische Einrichtungen zur Verbreitung der Samen und Früchte mit besonderer Berücksichtigung der Torsionserscheinungen“ Einwand erhoben. ?) Er sagt nämlich (pag. 26): „Vom mechanischen Standpunkt lässt sich gegen diese Erklärung nichts einwenden, und es stimmen. auch die von Steinbrinck angeführten Experimente mit derselben vollkommen überein. Nur eine Prüfung seiner Theorie vermisst man gänzlich an seinen Angaben, nämlich die, wie sich nach Abtrennung der äusseren Schichten die Hartschicht verhält. Finden an dieser dann noch die- selben Torsionen statt, wie dies Hildebrand für Lupinus behauptet, so fällt natürlich damit seine ganze Theorie“. Bei Orobus vernus und Caragana arborescens glaubt er nun an der isolirten Hartschicht „dieselben“ Torsionen wie an der vollständigen Klappe wahrgenom- men zu haben; er sieht daher das Hartgewebe allein als den Sitz der hygroskopischen Spannungen an und bemerkt bezüglich der Aussen- 1) Inauguraldissertation: Ueber die anatomischen Ursachen des Aufspringens der Früchte. 2) Da ich aus der Abhandlung, welche erst vor wenigen Tagen zu meiner Kenntniss gelangt ist, ersehe, dass Zimmermann bei der Anführung meiner be- treffs der Torsion der Erodium-Granne gewonnenen Resultate aus der Abhandlung: „Untersuchungen über das Aufspringen einiger trockner Pericarpien“ einen fatalen Druckfehler (Bot. Zeit. 1878, pg. 597, Zeile 3 v. o) nicht als solchen erkannt hat, so erlaube ich mir, denselben bei dieser Gelegenheit richtig zu stellen. Es heisst dort von den durch Maceration isolirten mittleren Fasern: „Sie zeigen oft schon ohne Anwendung weiterer Quellungsmittel eine Vertiefung in Form einer links- läufigen Spirale“ — Anstatt des Wortes: Vertiefung ist zu lesen: Streifung, dem entsprechend, dass auch fernerhin im Text (s. Zeile 11 und 16 v. oJ, sowie in der Anmerkung nur von der Nägeli’schen Spiral- oder Ring-Streifung die Rede ist, — Zugleich sei bemerkt, dass in der Figurenerklärnng am Schluss desselben Aufsatzes statt Veronica agrestis wie im Texte Veronica arvensis zu lesen ist. 272 | C. Steinbrinck: epidermis: „die äussere Epidermis (und deren anatomische Verstärkung bei Caragana) wirkt nur verstärkend .... auf den Mechanismus ein“ (pag. 38). „Uebrigens ist diese Verstärkung nur gering“ (pag. 28). Diese Ergebnisse lassen ıhm die Richtigkeit meiner Ansicht auch ın den von mir besprochenen Fällen zweifelhaft erscheinen. -— Die Spannungen innerhalb der Hartschicht führt er nun auf Schrumpfungs-Unterschiede zurück, welche durch anatomische Differen- zen angedeutet sind. Er präcisirt dieselben genauer dahin, „dass, während die äusseren Zellen sehr dickwandig und auf den Tangential- wänden mit feinen Porenxanälen, die sich oft baumartig verzweigen, wie übersät sind, also den sclerenchymatischen Steinzellen sehr nahe zu stehen scheinen, die inneren trotz ihrer geringen Wanddicke den Character echt mechanischer Zellen besitzen; diese haben nämlich normale schiefgestellte Poren und auch in viel geringerer Anzahl“ (8. pag. 29). Die letztbeschriebenen dünnwandigeren schiefporigen Fasern sieht Zimmermann demnach offenbar als das active Schrumpfungs- gewebe, die äusseren dickwandigeren, steinzellenähnlichen als das passive Widerstandsgewebe an. Mithin müsste, wenn man die ersteren entfernte, die Schraubenkrümmung ganz unterbleiben oder „nur gering“ sein. Ich habe das einfache Experiment an der Hülse von Lathyrus odoratus!) angestellt. Bei einiger Geduld gelingt es leicht, an grösseren Klappenstücken die von Zimmermann für activ angese- henen Fasern durch Schaben vermittelst eines Scalpells mit convexer Schneide gänzlich zu beseitigen. Derartig präparirte Streifen, an welchen ich mich durch in verschiedener Richtung geführte mikroskopische Schnitte überzeugte, dass die Hartschicht etwa auf die Hälfte redueirt war, und der Rest nur noch die dickwandigeren äusseren mit vielen Porenkanälen durchsetzten Zellen enthielt, nahmen nun beim Austrock- nen ebenfalls eine Schraubenkrümmung an, welche weder in der Grösse der Drehung noch in der Energie derselben auffallend hinter der Schraubenkrümmung gleicher unversehrter Streifen zurückblieb. In Erwägung der sehr grossen Uebereinstimmung, welche Aussenepidermis und Hartschicht bei Lathyrus odoratus und Orobus vernus zeigen, be- zweifle ich nicht im mindesten, dass der Versuch an Orobus vernus dasselbe Resultat ergeben wird. Ebensowenig ist mir in Anbetracht der mächtigen Entwicklung des Hypodermas bei Caragana das Ergeb- niss des Versuchs an dieser Hülse fraglich. Unterzieht man nunmehr die Schraubenkrümmungen der ganzen Klappe und der isolirten Hartschicht von Lathyrus odoratus einer vergleichenden quantitativen Prüfung, so zeigt sich, dass diese durchaus nicht „dieselben“, vielmehr in mehrfacher Beziehung wesentlich ver- 1) Sie ist in meiner Dissertation pag. 12 ff. nach der damaligen Angabe des Bonner botan. Gartens fälschlich als Vicia colerata beschrieben. Ueber den Oeffnungsmechanismus der Hülsen. 2373 schieden sind. Zunächst ist die Grösse der Drehung an der trockenen Hartschicht erheblich geringer, als an der ganzen Klappe. Während ein Streifen der letzteren oder auch ein nach obiger Angabe präparirtes der Innenfasern beraubtes Stück etwa 14 Windungen einging, zeigten Streifen der isolirten Hartschicht von gleicher Grösse nicht einmal eine ganze Windung. Aehnliches beobachtet man an anderen Hülsen. An ganzen Hartschichten einer kleinen Vieia z. B. war die Einwärtskrümmung nurschwach angedeutet, während die jedesmal derselben Hülse entnommene vollständige Schwesterklappe mehr als einmal gewunden war. In noch höherem Grade wird durch die Wegnahme der Aussen- epidermis die Drehungs- Energie vermindert. Während man die Einrollung der isolirten Hartschichten von Lathyrus, Lupinus albus u. a. mit der Hand sehr leicht nahezu völlig aufheben kann, leistet die vollständige Klappe der rückwärtsdrehenden Hand einen beträcht- lichen Widerstand. Um durch einen Versuch ein ungefähres Maass für das Verhältniss der Widerstandsgrössen in beiden Fällen zu erlangen, wurde folgendermaassen verfahren. Sowohl von der isolirten Hartschicht, als von der vollständigen Klappe einer trockenen Lathyrus-Hülse wurden rinnenförmige Streifchen von 1 cm Länge und etwa 3 mm Breite so geschnitten, dass die Längsränder den Fasern parallel liefen. Dieselben wurden vermittelst Siegellacks mit dem einen Längsrande zwischen zwei Objectträger oder an deren schmale Seitenfläche gekittet. Dann wurde über den freien Längsrand jedes Stückchens ein Faden gelegt, an dessen herabhängende Enden ein Gewicht angeknüpft war. Bei den der Aussen- epidermis beraubten Streifen genügte ein Gewicht von etwa 20 9, um den belasteten Rand völlig herabzubiegen und den Streifen annähernd flach zu strecken; bei den mit der Aussenepidermis versehenen dagegen reichte selbst ein Gewicht von 250 g nicht hin, um die rinnenförmige Biegung zu beseitigen; eine stärkere Belastung konnte nicht erprobt werden, da sie den Bruch herbeiführte. — Endlich ist auch die Schnell- kraft einer vollständigen Klappe, wie sich beim Loslassen derselben nach einer schwachen Rückwärtskrümmung ergiebt, trotz ihrer geringen Biegsamkeit weit erheblicher, als die der schlafferen Hartschicht. Von welcher Bedeutung die hiermit nachgewiesene, allein durch die Mitwir- kung der Aussenepidermis erzielte hohe Drehungsenergie und Elastieität der Klappen für den Oeffnungs- und Schleuder-Mechanismus ist, bedarf wohl keiner weiteren Erörterung. — Wenn nun im vorigen nur Gewicht gelegt worden ist auf den Ant- agonismus zwischen der Aussenepidermis und der Hartschicht als Ganzem, so soll damit nicht behauptet werden, dass die Schrumpfungs- Differenzen, welche ın der Hartschicht selbst auftreten, ganz ohne Be- lang seien. Vielmehr würden ja, wenn die sämmtlichen radial hintereinander gelegenen Zelllagen die gleiche Quellungsfähigkeit besässen, bei der be- 18 D.Botan.Ges.1 274 C. Steinbrinck: trächtlichen Dicke des Hartgewebes und der starken Windung der Klappen, die äusseren Hartlagen durch die inneren gedehnt werden müssen, und diese hinwiederum durch jene an der Schrumpfung ge- hindert werden. Am zweckmässigsten würde die Einrichtung erscheinen, dass die Quellungsfähigkeit der Zellwandmassen in der Hartschicht von aussen nach innen allmählich zunähme. Diese Einrichtung ist aber bei Lathyrus, wie folgende einfache Versuche erweisen, sowie zweifel- los bei vielen anderen Hülsen, in der That vorhanden. a) Klappenstücke, an welchen die innere Hälfte der Hartschicht entfernt war, wurden nunmehr auch von der Aussenepidermis und dem darunter gelegenen Parenchym befreit und dann der Austrocknung überlassen. Sie zeigten eine Einrollung wie die ganze Hartschicht, nur dem Grade nach geringer. Auch Querschnitte der reducirten Hart- schicht, welche senkrecht zu den Fasern geführt waren, erlitten deut- liche Trocken- und Quellungs-Krümmungen, selbst wenn sie nur die äussersten 14 Zelllagen enthielten. Sie waren bei warmer trockener Luft so hygroskopisch, dass sie, aus einem Wassertropfen entfernt, ihre Krümmung in demselben Momente umkehrten, in dem das Mikroskop das Verschwinden der letzten zarten Wasserhülle erkennen liess. Aus- getrocknet verminderten sie schon unter dem Atemstrom die Einwärts- krümmung; derart angehaucht, dass sich der Objectträger mit Dunst beschlug, streckten sie sich gerade. b) An anderen Klappenstücken wurde nach dem Abziehen der Aussenepidermis statt der inneren Region der Hartschicht die äussere durch Schaben entfernt. Die Streifen sowohl wie aus ihnen gewonnene mikroskopische Schnitte zeigten beim Wasserverlust in trockener Luft die Einwärtskrümmungen mit vollster Deutlichkeit, selbst dann, als auch obendrein die Innenepidermis sammt dem darunter liegenden dünnwandigen Gewebe entfernt war. — Mit der auf obige Versuche gegründeten Annahme des successiven Wachsens der Quellungsfähigkeit im Hartschichtgewebe von aussen nach innen stimmt übrigens in gewissem Sinne auch der anatomische Be- fund überein. Die von Zimmermann unterschiedenen Zellformen sind auch in der Hartschicht von Lathyrus odoratus vorhanden, jedoch nicht scharf von einander abgegrenzt, vielmehr gehen die steinzellenähnlichen, kürzeren, mit parenchymatisch abgerundeten Enden versehenen Hart- zellen der Aussenlage allmählich in die weit längeren, meist mit lang zugespitzten Enden versehenen porenarmen der innersten Lage über. In der mittleren Region findet man demgemäss Zellen von mittlerer Länge und kurzer gerundeter Zuspitzung der Enden, welche häufig zugleich mit unverzweigten Porenkanälen in den tangentialen Wänden und schiefen Porenmündungen auf der Fläche der Radialwände versehen sind. Von den äussersten Hartzellen sind sie auch dadurch unterschieden, dass die Contouren des Lumens mehr geradlinig und nicht unregelmässig Ueber den Oeffnungsmechanismus der Hülsen. 275 verbogen sind. Die äussere tangentiale Wand der mittleren Fasern weist nicht selten eine merklich grössere Zahl von Porenkanälen auf als die innere. Auch die Färbung mit Jodchlorzink lässt die Uebergänge in der Natur der Wandsubstanz erkennen. Bei Lathyrus odoratus zeigt sich auf senkrecht zu den Fasern geführten Schnitten das Lumen der innersten von einer breiten blauen gequollenen Zone begrenzt; die innere tangentiale Wand dieser Zellen färbt sich häufig intensiver und in grösserer Ausdehnung blau als die äussere. Nach aussen aber nehmen die die Zelllumina begrenzenden durch Jodchlorzink gebläuten Ver- dickungsschichten allmählich am Masse ab, und an der alleräussersten Zellreihe der Hartschicht trat eine blaugefärbte dünne Lamelle um das Lumen auf Radialschnitten erst nach mehrtägiger Einwirkung des Reagens hervor. Ich würde versucht sein, diese Färbungsdifferenzen in Zusammenhang mit der Zunahme der Quellungsfähigkeit zu bringen, wenn nicht eine Lupinus-Hülse, die ich verglich, genau die umgekehrten Erscheinungen zeigte; bei ihr nahm nämlich die Bläuung von aussen nach innen ab. | Das Resultat meiner früheren, sowie der hier mitgetheilten Unter- suchung möchte ich folgendermaassen zusammenfassen. Das Aufspringen der Hülsen wird hauptsächlich durch hygrosko- pische Spannungen zwischen der Hartschicht und der Aussenepidermis (resp. dieser sammt dem Hypoderma) verursacht. Diese Spannungen werden nicht allein durch die grössere ‚Quellungsfähigkeit der Hart- schicht hervorgerufen, sondern beruhen wesentlich auf der gekreuzten Stellung der in der Quere stärker als in der Länge schrumpfenden Elemente beider Gewebe. Da nämlich infolge dieser Anordnung die Schrumpfungsdifferenz in der Richtung des tangentialen Querdurch- messers der Hartfasern am grössten ist, so zwingen diese den beiden Klappen der Hülse eine einwärtsgekehrte Schraubenkrümmung mit der Faserrichtung paralleler Axe auf, die zunächst noch schwach, das Auf- springen bewirkt und sich nach demselben weiter fortsetzt. Diese Krümmung wird nun je nach Gattung und Species in grösserem oder geringerem Grade dadurch unterstützt, dass die Quellungsfähigkeit der Zellwandmassen in der Hartschicht von aussen nach innen in mehr oder minder ausgesprochenem Masse zunimmt. 276 A. Fischer: 39. Alfred Fischer: Das Siebröhrensystem von Cueurbita. (Vorläufige Mittheilung.) Eingegangen am 21. Juni 1883. Das Vorkommen von Siebröhren in der Rinde phanerogamischer Pflanzen beschränkt sich, soweit bisher sichere Angaben vorliegen, auf die Familie der Oucurbitaceen, in welcher alle robusteren Formen an der bezeichneten Stelle längsverlaufende Siebröhrenstränge führen. Da wohl kaum noch Zweifel darüber bestehen, dass alle Siebröhren einer Pflanze zu einem zusammenhängenden Systeme, welchem die Leitung der eiweissartigen Baustoffe obliegt, vereinigt sind, so dürfte wohl mit Recht die Frage aufgeworfen werden, ın welcher Weise die Rinden- siebröhren der Cucurbitaceen den Anschluss an das Siebröhrensystem der Gefässbündel erreichen. In den Internodien communiciren nach de Bary’s Angaben!) die Rindensiebröhren weder unter einander noch mit den Sıebtheilen der Gefässbündel, wohl aber in den Knoten, in welche man schon a priori die Vereinigungsstelle verlegen möchte. Ueber die angeregte Frage findet sich in der sehr umfangreichen Litteratur über die Siebröhren keine weitere Notiz vor. Jedenfalls genügt ja auch die in den Knoten erfolgende Vereinigung der rindenläufigen Siebröhren mit denjenigen der Gefässbündel vollständig, die ersteren in das geschlossene Sieb- röhrensystem der Pflanze aufzunehmen. Auch die Siebtheile der Gefässbündel sollten. ausschliesslich in den Knoten unter einander in Verbinduug stehen. Eine Beobachtung Petersen’s?) liess dagegen erwarten, dass in den Internodien gleichfalls eine Communication der Siebtheile benachbarter Gefässbündel bestünde. Aber nicht diese allein treten zwischen den Stengelknoten in wechselseitige Verbindung, sondern auch die Rindensiebröhren werden durch Anastomosen sowohl unter einander, als auch mit den Siebtheilen der Gefässbündel zu einem reich gegliederten und vielfach verzweigten, internodialen Siebröhrensysteme vereinigt. In der Ranke, dem Blatt- und dem Blüthenstiele und in den stärkeren Nerven des Blattes wiederholen sich, abgesehen von einigen unwesentlichen, durch den abweichenden anatomischen Bau bedingten 1) Vergleichende Anatomie, p. 242. 2) Engler, Bot. Jahrb. III. p. 374. Das Siebröhrensystem von Cucurbita. il Modificationen, dieselben Verhältnisse, wie im Stengel, so dass die oberirdischen Theile der Kürbispflanze von einem complicirten Systeme eiweissleitender Organe durchzogen werden, welches die grösste Aehn- lichkeit mit den Milchröhrensystemen der milchenden Phanerogamen besitzt. Für die Blattlamina und die Wurzeln fehlen noch eingehende Beobachtungen, welche für eine vergleichende Darstellung des gesammten Siebröhrensystemes von Cucurbita durchaus nothwendig erscheinen. Nach bereits vorliegenden Untersuchungen an anderen Oucurbitaceen- gattungen dürfte erst eine umfassendere Bearbeitung der ganzen Familie einen beiriedigenden Einblick in das Siebröhrensystem derselben gewähren. Da die gestellte Aufgabe für längere Zeit meine Thätigkeit in Anspruch nehmen wird, so glaube ich, vorliegende Mittheilung nicht länger zurück- halten zu sollen. Im Folgenden beschränke ich mich auf den Stengel von Uucurbita. Auf dem Querschnitte bietet ein mittelstarkes Internodium des fünfkantigen, hohlen Kürbisstengels bekanntlich folgenden anatomischen Bau dar. Unter der Epidermis liegt das Oollenchymgewebe, welches, besonders in den vorspringenden Kanten stark entwickelt, die ganze Peripherie des Stengels einnimmt und nur stellenweise durch schmale Streifen chlorophyllhaltigen Rindenparenchyms, welche bis dicht unter die Epidermis verlaufen, unterbrochen wird. Letzteres besteht aus 2—3 concentrischen Zellschichten, an welche sich der für die Cucur- bitaceen characteristische Sklerenchymring anschliesst. Innerhalb dieses Steifungsringes setzt sich das Grundgewebe aus chlorophyllarmen Paren- chymzellen zusammen, welche die centrale Höhlung und die bicol- lateralen Gefässbündel umgeben. Diese treten regelmässig in zwei fünfzählige Kreise angeordnet auf, und zwar so, dass die fünf Bündel des äusseren Kreises vor den Stengelkanten stehen, die fünf des inneren mit ihnen alterniren. An der Innenseite des Sklerenchymringes finden sich endlich in mehr oder weniger regelmässigen Abständen von ein- ander, einzeln oder zu wenigzähligen Gruppen vereinigt, Siebröhren vor, die als „Rindensiebröhren“ bezeichnet werden sollen. Zu diesem allbekannten Querschnittsbilde treten nun zwei neue, wesentliche Züge hinzu. Erstens führt die Rinde auch ausserhalb des Steifungsringes sehr englumige Siebröhren oder schmächtige Sieb- bündelchen, welche an der Grenze zwischen Collenchym und Rinden- parenchym liegen oder, selbst innerhalb des ersteren, bis dicht unter die Epidermis heranrücken. Als zweite Eigenthümlichkeit bietet der Quer- schnitt die feineren, quer verlaufenden „Verbindungsstränge“ dar, welche die Siebtheile der einzelnen Gefässbündel und die Rindensiebröhren zu einem Siebröhrensysteme vereinigen. Die subepidermalen Siebröhren und Siebbündelchen dagegen stehen im Internodium nur unter einander durch tangentiale Verbindungsstränge in Communication. Durch den allseitig geschlossenen Sklerenchymring habe ich niemals Verbindungs- 278 | A. Fischer: stränge hindurchtreten sehen, so dass für die peripherischen Siebröhren ein Anschluss an das System nur in den Knoten erfolgen kann. Alle innerhalb des genannten Ringes liegenden Siebröhren treten dagegen auch im Internodium durch Verbindungsstränge zu einem reich ver- zweigten Systeme zusammen. Unter diesen das Grundgewebe durchziehenden Verbindungssträngen heben sich in erster Linie solche hervor, welche die Siebtheile eines Bündels, z. B. des äusseren Kreises, mit den Siebtheilen der beiden benachbarten Bündel, also des inneren Kreises, verbinden und dem- zufolge in nahezu tangentialer Richtung verlaufen. Kurz vor jedem Gefässbündel gabelt sich ein solcher Verbindungsstrang in zwei Arme, von denen der eine an den äusseren, der andere an den inneren Sieb- theil des betreffenden Bündels herantritt!). Oft findet die Gabelung so dicht an diesem statt, dass ein Strang von quergestellten Siebröhren die Flanken des Gefässtheiles umsäumt, eine schon von de Bary?) notirte Erscheinung. Eine zweite Art tangentialer Verbindungsstränge sorgt für eine directe Communication benachbarter Rindensiebröhren. Alle übrigen dienen einer Vereinigung der letzteren mit den Siebtheilen der Gefässbündel und nehmen einen gekrümmten und verzogenen, radialen Verlauf. Sie setzen sich sowohl direct an die Gefässbündel als auch an die tangentialen Verbindungsstränge an und anastomosiren unter einander in der ausgiebigsten Weise. Die geschilderte Anordnung lässt sich natürlich nicht auf einem einzigen Querschnitte in ihrer ganzen Vollständigkeit verfolgen, wohl aber auf wenigen successiven, deren Einzelbilder sich leicht zusammen- stellen lassen. Jedenfalls bringt jeder beliebige Querschnitt einige Ver- bindungsstränge und ebenso subepidermale Siebröhrencommunicationen zur Anschauung, besonders günstige Präparate liefern junge Internodien. Längsschnitte, in tangentialer und radialer Richtung geführt, geben weite- ren Aufschluss über dıe reiche Gliederung des internodialen Siebröhren- systems. Die betreffenden Bilder wird man sich leicht construiren können. Die Verbindungsstränge setzen sich aus einzelnen, auf einander folgenden Gliedern zusammen, von denen ein jedes in seinem Umfange einer Parenchymzelle des umliegenden Gewebes ungefähr entspricht. Schon hieraus können wir schliessen, dass je ein Glied des Stranges auch entwicklungsgeschichtlich auf eine Parenchymzelle zurückzuführen ist, wie eine genauere Untersuchung bestätigt. Die Entwicklungs- geschichte der Verbindungsstränge übergehe ich hier, um den Bau des 1) Auf diese Verbindungsstränge hat zuerst Petersen (l.c. p.374 und Taf. VI, Fig. 20) aufmerksam gemacht. Für Vitis vergleiche man auch Wilhelm: Sieb- röhrenapparat dicotyler Pflanzen, p. 5, p. 30 etc. 2) Vergl. Anat., p. 351. Das Siebröhrensystem von Cucurbita. 279 fertigen Stranggliedes ausführlich zu beschreiben. Auf der Höhe seiner Ausbildung wird es aus drei verschiedenen Elementen zusammengesetzt, aus Siebröhren, Geleitzellen im Sinne Wilhelm’s und aus Parenchym- zellen, wenn diese Bezeichnung einstweilen gestattet ist. Besonders sei hervorgehoben, dass nur im höchst entwickelten Zustande eine solche Zusammensetzung der einzelnen Strangglieder sich beobachten lässt, dass besonders in den feineren Zweigen der Verbindungsstränge typisch ausgebildete Siebröhren fehlen, dass überhaupt derselbe Querschnitt oft einen recht verschiedenen Bau der einzelnen Verbindungsstränge erkennen lässt. In denjenigen, welche keine Sıebröhren führen, fällt die leitende Thätigkeit dieser, inhaltsreichen Zellen zu, welche nach Abgabe von Geleitzellen, als Vertreter der Siebröhren functioniren. Nach vielen Beobachtungen scheint mir die Annahme völlig berechtigt, dass eine vortheilhafte Communication getrennter Siebröhren schon durch solche Verbindungsstränge ermöglicht werden kann, welchen aus- gebildete Siebröhren fehlen. Auch die subepidermalen Siebbündelchen bleiben vielfach auf derselben niederen Stufe der Ausbildung stehen, wie die Verbindungsstränge, ohne dadurch ihre Zugehörigkeit zum Siebröhrensystem des Stengels zu verlieren. Auf dem 4--20zelligen Querschnitte durch ein Strangglied liegt die einzige Siebröhre, welche gewöhnlich zur Ausbildung gelangt, möglichst in der Mitte der übrigen Zellen, welche vorwiegend als Parenchymzellen aufzufassen sind und wie ein Kranz die Siebröhre, oder ihre Vertreterin, nebst ihren Geleit- zellen umgeben. In den successiven Gliedern eines Stranges communi- ciren selbstverständlich die Siebröhren mit einander, so dass eine continuirliche Leitungsbahn geschaffen wird. An den Anastomosen der einzelnen Verbindungsstränge findet der Ansatz in ähnlicher Weise statt. Der Anschluss der quer verlaufenden Verbindungsstränge an die longitudinal das Internodium durchziehenden Rindensiebröhren und an die ebenso orientirten Elemente ım Siebtheile der Gefässbündel erfolgt in mannigfacher Weise. Bald treten die Siebröhren der Verbindungs- stränge direct mit denen der längs verlaufenden Hauptstämme des Siebröhrensystemes in Verbindung, bald dienen Geleitzellen oder am Siebtheil der Gefässbündel auch Cambiformzellen als Bindeglieder. Eine eingehendere Darstellung der eimschlagenden Verhältnisse muss ich der ausführlichen Publication vorbehalten, welche auch die erforder- lichen Belege an Zeichnungen beibringen soll. 280 K. Prantl: 40. K. Prantl: Studien über Woachsthum, Ver- zweigung und Nervatur der Laubblätter, insbesondere der Dicotylen. Eingegangen am 23. Juni 1883. Ueber Wachsthum und Entwickelung des Blattes sind bekanntlich ın früherer Zeit weit auseinandergehende Ansichten aufgestellt worden; dieselben hier zu beleuchten oder auch nur namhaft zu machen, stelle ich mir nicht zur Aufgabe; ich möchte lediglich die Resultate einiger Beobachtungen mittheilen, zu welchen ich durch die vielfache Wahr- nehmung veranlasst war, dass der Nervenlauf ungetheilter oder wenig tief eingeschnittener Blätter sich jenem verwandter Pflanzen mit zu- sammengesetzten Blättern ähnlich verhalte. Es schienen mir dadurch zwei Fragen nahegelegt: 1. In welcher Beziehung steht die Richtung der Nerven zur Ver- theilung der Bildungsheerde und der Wachsthumsrichtung sich ent- wickelnder Blätter? 2. Lassen sich die Verzweigungsformen des Blattes mit jenen der Sprosse unter einheitliche Gesichtspunkte bringen? In Bezug auf die erste Frage musste vor Allem der Begriff des Wachsthums in der neuerdings durch Sachs präcisirten Weise zur An- wendung gebracht und scharf unterschieden werden zwischen der Lage der Bildungsheerde, des Meristems, und dem Orte, wo die Streckung stattfindet. Die mangelnde Unterscheidung dieser beiden Processe, der Zellbildung und der Zellstreckung, war eben die Quelle der bei den älteren Forschern herrschenden Meinungsverschiedenheit. In den späte- ren Stadien der Entwicklung kann man sehr leicht die Vertheilung der Streckung constatiren, wie dies schon Steinheil ausgeführt hat; man vergleiche z. B. ein noch nicht völlig ausgewachsenes Blatt von Castanea vulgaris mit jenem von Asclepias Cornuti, bei welchen beiden im fertigen Zustande die Seitennerven in annähernd gleichen Abständen von ein- ander verlaufen, so wird man sich überzeugen, dass bei ersterem die der Spitze näheren Nerven noch viel dichter aneinander liegen, als die der Basis näher befindlichen, dass hingegen bei letzterer gerade das um- gekehrte Verhältniss stattfindet, die basalen Nerven noch genähert sind wenn die apicalen bereits ihre normale Distanz angenommen haben. Es ist indess nicht nothwendig, dass diese Vertheilung der Streckung in der letzten Periode des Wachsthums auch von Anfang herrscht, Studien über Wachsthum, Verzweigung und Nervatur ete. 381 wir erfahren auch hieraus nichts über die ursprüngliche Lage des Meristems. — Da das Meristem sich, wie Sachs betont hat, durch Grösse und verhältnissmässig dichte Lage der Zellkerne auszeichnet, so lag es nahe, zur Präcision der Beobachtung eine Tinctionsmethode für die Zellkerne anzuwenden; allein die diesbezüglichen Vorversuche scheiterten daran, dass die jungen Blätter der Phanerogamen, welche von der Fläche beobachtet werden müssen, zu dick sind als dass sie nach der Tinetion durchsichtig genug wären, um einen Vergleich in der In- tensität anzustellen. Ich musste mich also begnügen, die Lage des Meristems an der Kleinheit und Gleichartigkeit der Zellen zu erkennen. Die zahlreichen, von mir untersuchten Blätter von der verschie- densten Gestalt und Nervatur, aus den verschiedensten Familien, lassen sich nun, was die Vertheilung von Meristem und Streckung, sowie das Auftreten der Auszweigungen betrifft, in folgende Typen ordnen, welche indess begreiflicherweise durch Uebergänge ın verschiedener Richtung verbunden werden. Ich beschränke mich dabei lediglich auf die Anlage der Spreite, Eichler’s Oberblatt. 1. Indem ich von dem einfachsten Falle ausgehe, greife ich über die im Titel genannten Dicotylen hinaus, und constatire zunächst, dass die Blätter der Moose als eine gleichartige Meristemmasse angelegt werden und an der Spitze sich zu strecken beginnen. Bei Sphagnum (acutifolium) ist es am leichtesten, sich davon zu überzeugen; an der Basis bleibt hier das Gewebe noch längere Zeit meristisch, während die Streckung und definitive Ausbildung von der Spitze her immer weiter nach rückwärts um sich greift, bis zuletzt das basale Meristem ver- schwunden ist. Bei Tetraphis pellucida, deren Blätter einen Mittel- nerven besitzen, ist das gleiche der Fall. Hervorzuheben ist, dass hier die ursprüngliche Scheitelzelle nebst den jüngsten Segmenten auch im ausgewachsenen Zustande noch lange ihrer Form nach kenntlich bleibt, während längst keine Theilung mehr erfolgt. Dass die Streckung hier vorzugsweise in der Längsrichtung stattfindet, sieht man deutlich an den dem Mittelnerv unmittelbar angrenzenden Zellen, welche reichliche Quertheilungen erfahren; es kann hier keinem Zweifel unterliegen, dass der Nerv in der Richtung der intensivsten Streckung sich ausbildet. Diesem Typus, den ich mit Rücksicht auf die basale Lage des Meristems als basiplast bezeichnen will, gehören eine grosse Anzahl von Phanerogamen-Blättern an, zunächst die Coniferen (mit Ausnahme von Ginkgo), dann die meisten Monocotyledonen, auch die Scitamineen (von Palmen und den wohl abweichenden Aroideen hatte ich leider kein entsprechendes Material), von Dicotylen: Parzetariu erecta, Möhringia muscosa, Saponarıa officinalis und $. ocymoides, Melandryum spec., und wohl alle Caryophylleen, Linum perenne, Bupleurum fruticosum, Sedum album, Sempervium tectorum, Erica Tetralix, Gentiana asclepiadea und 282 K. Prantl: @G. eruciata, Plantago lanceolata, Asclepias Cornuti, Periploca graeca, Vinca minor. Alle hier aufgeführten Blätter stimmen darin überein, dass sie typisch ungetheilt sind, d. h. nicht blos zu keiner Zeit Vor- ragungen des Randes besitzen (die unbedeutenden Zähne bei Coniferen, Plantayo etc. entstehen erst ganz zuletzt), sondern dass auch in ganzen Ver- wandtschaftskreisen keine getheilten Blätter vorkommen. Es stellt zweifellos das Blatt hier ein durchaus einfaches, einheitliches Gebilde vor. Der Nervatur nach sind diese Blätter nun zum Theil einnervig, wie die meisten Öoniferen, Erica, Möhringia, wobei es gleichgültig ist, dass z. B. bei ersteren in dem einzigen Nerven meist zwei Stränge nebeneinander liegen, zum Theil mehr- und zwar streifennervig, indem die Nerven der Spitze zustreben z. B. Araucaria, die Monocotyledonen, wenn sie auch bei Canna erst gegen den Rand und erst aussen gegen die Spitze verlaufen; zum Theil endlich deutlich netzaderig; hier sind nun entweder ebenfalls die stärkeren Nerven gegen die Spitze gerichtet (Parietaria, (Gentiana u. a.) oder wir finden eine deutlich fiederige Nervatur, bei den Asclepiadeen. Hier werden die fast rechtwinklig ab- gehenden Seitennerven in basipetaler Reihenfolge angelegt und aus- gebildet; in noch jüngeren Stadien gewahrt man schon, dass das Me- ristem nicht wie bei den anderen Blättern, gleichmässig den Grund ein- . nimmt, sondern zuerst ein starker Mittelnerv sich aussondert, der rechts und links von Meristem begleitet wird. Dieses geht nun wohl in basi- petaler Reihenfolge, in der Querrichtung aber ganz gleichmässig ın Streckung und Dauerzustand über, und es ist hieraus ersichtlich, dass in erster Linie der Mittelnerv die Wachsthumsrichtung des ganzen Blattes, in zweiter Linie die Seitennerven jene in der Querrichtung zum Ausdrucke bringt. Unterzuordnen sind diesem Typus sodann jene Blätter, welche späterhin aus dem Meristem seitliche Auszweigungen erhalten; und zwar erscheinen diese zunächst im Meristem selbst, indem offenbar dessen Bildungsthätigkeit eine locale Steigerung erfährt. Bei den Blättern, welche ich hierher rechne, erscheinen die ersten Auszweigungen erst dann, wenn die Blattspitze schon in Dauerzustand übergegangen ist, und ganz entsprechend der basipetalen Ausbildung des Blattes treten diese Auszweigungen in basipetaler Reihenfolge auf. Dieselben er- reichen nur geringe Dimensionen, erscheinen später nur als unbedeutende Zähne bei Saliw nigricans, Celtis oceidentalis, Paliurus australis, Rhamnus cathartica, den Amygdaleen (Prunus avium und P. japonica am eingehend- sten untersucht), Eryngium bromeliaefolium, Salvia Verbenaca, Verbena puniculata, Solidago gigantea. Tieferes Eingreifen in die Blattgestalt, bei ähnlicher Entstehungsweise findet sich bei Dipsacus Fullonum, Cephalaria leucantha, Crepis biennis, Oyelanthera ewplodens und Bryonia dioica. Während bei Cephalaria (wohl ebenso bei Valeriana) gefiederte Blätter entstehen, wird bei den Oucurbitaceen die Nervatur handförmig, Studien über Wachsthum, Verzweigung und Nervatur ete. 283 indem die Anfangs nur einpaarig vorhandenen Seitenlappen nachträg- lich bedeutende Streckung erfahren und nach rückwärts hin weitere sich ebenso verhaltende Lappen abgeben. 2. Jene oben besprochenen Blätter, deren Mittelnerv sich trüh- zeitig aussondert und dadurch das Meristem sozusagen an den Rand drängt, bilden den Uebergang zu einem zweiten Typus, welcher durch die randständige Lage des Meristems charakterisirt wird und welcher daher als pleuroplast bezeichnet sei. Es sei gerne zugegeben, dass es bei manchen Formen schwer hält, ıhre Zugehörigkeit zu diesem oder dem vorigen Typus zu entscheiden; immerhin glaube ich aber jene Blätter gesondert betrachten zu müssen, bei welchen die Spitze nicht so frühzeitig und rasch in den Dauerzustand übergeht, als es bei den oben besprochenen der Fall ist. Hier erfolgt auch weiterhin die Streckung in allen Theilen gleichmässig oder die Spitze bleibt sogar hinter der Basis zeitlich zurück. Von einfachen Blättern, ohne Aus- zweigungen, rechne ich hierher Arzstolochia tomentosa, Cerecis Siliquastrum, Rhamnus Frangula, Syringa chinensis, Genista germanica, mit unbedeu- tenden, gleichzeitig entstehenden Vorragungen Drosera rotundıfolia, Populus tremula und P. nigra, Sorbus arbutifoha und S. melanocarpa; der Uebergang des Meristems in die Streckung ist hier richt so rasch, nicht so localisirt, wie beim vorigen Typus; es geht vielmehr das ganze aus Meristem bestehende Blatt nahezu gleichzeitig überall in Streckung und den Dauerzustand über; nur mit Mühe erkennt man am Rande ein längeres Verweilen des meristischen Zustandes, so bei den annähernd rundlichen Blättern von Aristolochia, Cercis, Drosera. Die Richtung, in welcher bei diesen Anfangs die Zellenzüge hervortreten, ist dieselbe, in welcher später die Nerven verlaufen; diese verlaufen, entsprechend der ringsum nahezu gleichen Streckung, von der Blattbasıs her aus- strahlend. Wo indess ein starker Mittelnerv vorhanden ist, z. B. Rhamnus, Sorbus, da erfolgt zuerst vorherrschendes Längenwachsthum, das Meristem verdient hier besser die Bezeichnung randständig, eine Differenz von Basis und Spitze ist aber in seiner Vertheilung nicht vorhanden; die Streckung erfolgt entsprechend dem späteren Verlaufe der Seitennerven nachher in der Querrichtung. Treten an Blättern dieses Typus stärkere Vorragungen des Randes auf, so erscheinen sie etwas früher, nicht mehr gleichzeitig unter sich, sondern in deutlich acropetaler Reihenfolge, so bei Castanea vulgaris, Quercus pedunculata, Carpinus Betulus, Betula populifolia, Almus glutinosa, Corylus Avellana, Tilia grandifolia. Hier findet stets anfänglich eine Längsstreckung mit Aussonderung der Mittel- . nerven statt, und das dem Rande verbleibende Meristem erzeugt die Vorragungen, um dann in Richtung der späteren Seitennerven sich zu strecken. Wie bereits Eingangs erwähnt, vollzieht sich der Schluss der Streckung bei Castanea, auch Quercus, Prunus u. a. an der Blatt- 284 | K. Prantl: spitze, während bei anderen, wie Carpinus, Alnus, Tilia eine solche Differenz nicht bemerkbar ist; ja bei Alnus und Betula geht sogar die Spitze anfangs etwas rascher in Dauerzustand über, ein Umstand, der angesichts der acropetalen Entstehung der Randesauszweigungen kein Bedenken erregen kann, diese Blätter hier einzureihen. Bei Tika grandifolia wiederholt sich die Bildung der Vorsprünge in höheren Graden und zwar stets acropetal. — Hingegen bieten Ulmus montana und U. campestris das merkwürdige Beispiel einer von der Mitte sowohl nach vorne, als nach rückwärts fortschreitenden Entwickelung der Zähne. 3. Bei allen bisher besprochenen Blättern treten Auszweigungen nicht oder erst dann auf, wenn schon ein Theil des Meristems in Streckung übergegangen ist. In dem letzten Typus vereinige ich nun alle diejenigen Formen, bei welchen schon in dem Stadium, da das ganze Blatt noch aus einem gleichartigen Meristemcomplex besteht, eine Verzweigung der Blattanlage, eine Theilung des Meristems in einzelne Abschnitte erfolgt; diese Blätter seien eoclad genannt. Es leuchtet ein, und es wird dies sodann noch weitere Verwerthung er- fahren, dass diese Art der Blattverzweigung die meiste Aehnlichkeit mit jener hat, wie wir sie in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle an den Sprossspitzen antreffen, nur scheint es, dass durchgehend die Blattzweige in einer etwas grösseren Entfernung vom Scheitel in die Erscheinung treten, als dies an den Sprossspitzen wenigstens die Regel ist. Wie die folgenden Beispiele ergeben, ist es durchaus nicht nöthig dass auch im erwachsenen Zustande die Theilung des Blattes in Ab-’ schnitte sehr tief geht, wie z. B. Malva borealis und Hydrocotyle zeigen. Es braucht wohl kaum besonders hervorgehoben zu werden, dass es wesentlich auf die Entstehung der ersten Auszweigungen vor Be- ginn der Streckung ankommt; es steht also der Einreihung in diesen Typus nichts entgegen, wenn z. B. bei Vitexw Agnus castus die Bildung neuer Segmente noch fortdauert, während die ältesten schon zum Theil in Dauergewebe übergegangen sind. Im weiteren Verhalten lässt sich alsdann auf die einzelnen Seg- mente Alles anwenden, was in Vorstehendem für die ganzen Blätter erörtert wurde; denn jeder Abschnitt stellt dann einen Meristemcomplex vor, der ebenso gut auf verschiedene Weise in Dauerzustand über- gehen kann, wie der Meristemcomplex einer ganzen Blattanlage. So sind z. B. die Segmente von Jasminum fruticans und Vitex Agnus castus im höchsten Grade basiplast, jene von Menyanthes trifoliata basiplast mit Bevorzugung des Randes, d. h. frühzeitiger Anlage des Mittel- nerven; bei Medicago sativa basiplast mit basipetaler Anlage der Zähne, bei Trifolium pannonicum, Ptelea trifoliata, Robinia glutinosa pleuroplast, bei Cicuta virosa pleuroplast mit acropetaler Entstehung der Zähne. Sehen wir von dem Ausnahmefall einer dichotomischen Verzwei- F Studien über Wachsthum, Verzweigung und Nervatur etc. 285 gung bei Ginkgo biloba ab, so entstehen in sehr vielen Fällen die Aus- zweigungen hier in unzweifelhaft acropetaler Reihenfolge, genau wie die seitlichen Glieder an einer typischen Sprossspitze, so z. B. bei Juglans cinerea, Pterocarya frawinifolia, Tribulus terrestris, Ailanthus glandulosa, Rhus glabra, Rh. aromatica, Phellodendron amurense, Kanthoxylum frazv- neum, Spiraea Lindleyana, Sorbus Aucuparia, Robinia glutinosa; diese acropetale Entstehungsweise wiederholt sich in den höheren Graden, z. B. bei Ruta graveolens, Conium maculatum u. a. Wird überhaupt nur ein Paar von seitlichen Segmenten angelegt, so entsteht als Special- fall das dreizaehlige Blatt, z. B. Rhus Toxicodendron, Pielea trifoliata, Trifolium, Medicago, Aegopodium Podagraria bei letzterem ebenso im zweiten Grade wiederholt; ein Unterschied zwischen dem sog. gefiedert und handförmig dreizähligen Blatt ist, wie der Vergleich von Trvfolium mit Medicago zeigt, in der Anlage nicht vorhanden. An der Anlage genannter dreizähliger Blätter sprossen nun die drei Theile schon in fast gleicher Stärke aus dem gemeinsamen Blattgrunde hervor, der mittlere Lappen entsteht nur wenig früher. Ich glaube, man wird nicht Bedenken tragen, diese Bildung in dem Sinne mit den obigen zahlreichen Beispielen gefiederter Blätter von acropetaler Entstehungs- weise in Vergleich zu setzen, dass man die beiden seitlichen Segmente als Auszweigungen des medianen betrachtet, zumal da ja bei Rhus aromatica, wo die Auszweigung acropetal fortschreitet, anfänglich genau das nemliche Verhältniss obwaltet, und bezüglich der Blattgestalt diese Species die Vermittlung herstellt zwischen Rhus glabra etc. einer- seits und Rh. Toxicodendron andrerseits. (iebt man nun zu, dass bei dreizähligen Blättern die beiden seitlichen Segmente Zweige des media- nen, d. h. Bildungen zweiter Ordnung sind, so tritt die weitere Frage heran: Sind bei handförmigen Blättern, bei welchen mehrere Segmente in centrifugaler Ordnung sich vom Blattgrunde erheben, die äusseren ebenfalls Zweige des medianen, Bildungen zweiter Ordnung oder sind es nicht vielmehr Auszweigungen der nächstinneren Segmente, also Bildungen nächsthöherer Ordnung? Beantworten wir die Frage in ersterem Sinne, so hätten wir basipetale Entstehungsweise, wenn aber in letzterem, einen Specialfall der acropetalen Anordnung.!) Soweit nun die thatsächliche Beobachtung des Einzelfalls ausreichend ist, ent- stehen bei Platanus occidentalis die äusseren Lappen zweifellos aus den beiden nächstinnern; es lässt sich dies hier nachweisen, weil in dem entscheidenden Stadium bereits eine Einschnürung zwischen Spreite und Blattgrund vorhanden ist; wo eine solche fehlt, sprossen eben wie 1) Fine diesbezügliche Abhandlung Tr&cul’s (Comptes Rendus XCIII, p. 1109 ist mir nur in dem Referat Botan. Zeit. 1882, p. 330 zugänglich. Ich stimme dem Ref. vollständig bei, dass die Anordnung der Gefässbündel diese Frage nicht ent- scheidet. BB K. Prantl: beim dreizähligen Blatte die einzelnen Segmente aus dem Blattgrunde hervor. Mir scheint hier, wo die Entwicklungsgeschichte des einzelnen Objectes nicht mehr ausreicht, die Methode des Vergleiches eingreifen zu müssen, und ich möchte hier zunächst auf die Gattung Acer hin- weisen. Bei A. Negundo entstehen zwei Paare von Fiedern in acro- petaler Anordnung; nachdem auch das vordere dieser beiden Paare angelegt ist, tritt am hinteren Paare acropetale Auszweigung (Zahn- bildung) ein; bei A. Pseudoplatanus hingegen erfolgt die Auszweigung des hintersten Fiederpaares noch bevor die nächsten Fiedern an deren mittleren Lappen in die Erscheinung treten; diese früh auftretenden zwei grundständigen Segmente sind nur der Anfang der an den Segmenten weiterhin auftretenden acropetalen Fiederung. In diesem zeitlichen Momente, dass Glieder höherer Ordnung früher auftreten, als die nächst- folgenden der gleichen Ordnung, finde ich die Differenz zwischen den beiden Blattgestalten von A. Negundo und A. Pseudoplatanus, zugleich aber auch die Ursache, warum die Abstammung der äusseren Segmente von den nächstinneren nicht deutlich in die Erscheinung tritt. Dass solche zeitliche Differenzen bei verwandten Pflanzen öfter vorkommen, zeigt z. B. der Vergleich von Clematis Vitalba mit Atragene alpina; bei ersterer treten die Secundärsegmente (Zähne) erst nach Anlage der primären auf, bei letzterer das erste Secundärsegment gleichzeitig mit dem zweiteu Primärsegment. Ich erschliesse also aus dem Vergleich !), dass die handförmigen Blätter einen Specialfall der gefiederten bilden und die Entstehungsweise der Segmente hier nur scheinbar basipetal ist, und betone, dass die wirklich basipetale Entstehung, von der oben, z. B. bei Cephalaria, die Rede war, eine ganz andere Erscheinung ist, die in anderen Vorgängen ihren Grund hat. Die Entwicklungsgeschichte zeigt klar, dass dort, bei Cephalaria, die Zweige basıpetal aus einer einheitlichen Axe hervorgehen; hier, bei Acer etc. trifft dies nicht zu; der Ursprung lässt sich nur nicht deutlich genug erkennen. Wenn ich nun diese handförmig gebauten Blätter als cymös bezeichne und den gefiederten, racemösen gegenüberstelle, so weiss ich wohl, dass diese Auffassung nicht neu ist, sondern schon von Sachs vertreten wurde. Ich glaube aber, man wird in der Unterscheidung der racemösen und cymösen Verzweigungssysteme nicht so fast die stärkere Entwicklung der Zweige höherer Ordnung im cymösen System betonen müssen, sondern vielmehr das stete Uebergehen der Entwicklung von einer Ordnung in die nächsthöhere, während das racemöse System durch die öftere Wiederholung von Zweigen gleicher Ordnung ausgezeichnet 1) Einen ähnlichen Vergleich mit Zuhilfenahme der schwächeren Blätter jugend- licher Pflanzen habe ich kürzlich für ein Farnkraut Adiantopsis alata durchgeführt (Gartenflora 1883). Studien über Wachsthum, Verzweigung und Nervatur ete. 287 ist. Die Ursachen hierfür liegen jedenfalls in Vorgängen im Meristem und wir betrachten sonach diese Unterscheidung nicht nur als eine formale Schablone, sondern als den Ausdruck von verschiedenen Ge- staltungsvorgängen, in letzter Instanz chemischen und physikalischen Vorgängen im Meristem. Wo, wie am Blatte von Acer die Zugehörigkeit zum einen oder anderen Typus zweifelhaft erscheinen kann, dürfte das beste Kriterium in der oben erwähnten zeitlichen Differenz liegen. Nennt man nun solche eoclade Blätter, deren Segmente durch die centrifugale Entstehungsweise sich als Bildungen aufeinanderfolgender Ordnungen erweisen, cymös, jene, deren Segmente der gleichen Ordnung angehören, racemös, so wird man auch die Blätter von Rosa, Sanguv- sorba, Spiraea Ulmaria etc. treffender characterisiren können, als wenn man sie gefiedert nennt und dadurch mit Bildungen identificirt, mit denen sie nur die äussere Erscheinung gemein haben, etwa, wie ein Corymbus mit einer Dolde, von denen sie aber im Wesen grundver- schieden sind. Jene genannten Rosaceen haben cymös gebaute Blätter mit nachträglicher Streckung der Basıs. In wieweit ein solches Ver- halten öfter vorkommt, bleibt weiterer Untersuchung vorbehalten. Auch Myriophyllum möchte ich dahin rechnen, aus dem Grunde, weil das Blatt zweifellos eoclad ist und die Segmente den nächstvorderen so dicht genähert in die Erscheinung treten, dass sie sehr wohl als relative Seitenzweige derselben aufgefasst werden können. Das Blatt von Achillea Millefolium, dessen Primärsegmente ın divergirender Ordnung, d. h. von der Mitte gegen die Spitze und Basis fortschreitend entstehen, ist ebenfalls eoclad, und es dürften die basipetalen Segmente als aus- einander hervorsprossend um so eher gelten, als ın den höheren Ordnungen entschieden racemöse, acropetale Anordnung obwaltet. — Für das drei- zählige Blatt kann natürlich, abgesehen von dem äusserlichen Merkmal der Articulation, nur der Vergleich verwandter Formen oder das ge- legentliche Vorkommen reicherer Verzweigung Auskunft über die Zu- gehörigkeit zum racemösen oder cymösen Systeme geben. Wenn nun auch in den oben aufgestellten Typen, wie ersichtlich, Pflan- zen verschiedener Familien nebeneinander, ebenso Pflanzen der gleichen Familie unter verschiedenen Typen stehen, so scheint mir dennoch aus meinen Beobachtungen hervorzugehen, dass der Aufbau des Blattes, genau unter Zuhilfenahme der Entwicklungsgeschichte, untersucht, einer weit- gehenden systematischen Verwerthung fähig ist. Manche Verschiedenheit der Blattgestalt innerhalb einer Familie wird sich unter einen einheitlichen Gesichtspunct bringen lassen, wenn man nicht bloss die äussere fertige Form, sondern den wirklichen Aufbau des Blattes kennt; unsere heutige Terminologie der Blattformen steht noch auf demselben Standpuncte, wie seinerzeit jene der Blüthenstände, die ohne Rücksicht auf den Bau, nur nach dem Umriss bezeichnet wurden. Auf eine Ausführung 288 | N. Pringsheim: der aus meinen bisherigen Beobachtungen sich ergebenden Beziehungen der Blattgestalt zur sonstigen Verwandtschaft muss ich zunächst ver- zichten, da bisher keine einzige Familie in einer genügenden Anzahl von Repräsentanten untersucht werden konnte, um eine sichere Basis zu gewinnen. 41. N. Pringsheim: Ueber Cellulinkörner, eine Mo- dification der Cellulose in Körnerform. (Mit Tafel VII.) Eingegangen am 28. Juni 1883. Bei meinen Untersuchungen über Saprolegnieen waren mir schon vor Jahren im Inhalte der Schläuche und Oogonien eigenthümliche Körner von etwas fremdartigem Aussehen aufgefallen, die hier bald einzeln und sparsam, bald zu kleineren oder grösseren Gruppen ver- einigt, bald haufenweise nebeneinander auftreten. Bei Leptomitus lacteus Ag. (Saprolegnia lactea mihi) habe ich auf ihre Existenz schon vor 23 Jahren aufmerksam gemacht; sie auch ge- zeichnet!), ohne sie jedoch einer eingehenderen Besprechung zu unter- ziehen. Die fast unglaubliche Verwechselung dieser Körner mit grossen und kleinen Amöben, welche Herrn Zopf verführt hat, dieselben mit den von mir aufgefundenen Spermamöben der Saprolegnieen zu identi- fiziren *), veranlasst mich hier zu einigen näheren Angaben über die- selben. Das Interesse, welches sie vom allgemeinen, histologischen Stand- punkte heanspruchen dürfen, und die vielseitigen Beziehungen, die sie zum Wachsthume der Stärkekörner und Zellwände zeigen, wird übrigens die ausgedehnte Behandlung, die sie hier erfahren müssen, zu recht- fertigen vermögen. Die Körner, von denen hier die Rede ist, treten in den jüngsten und ältesten Schläuchen der Saprolegnieen auf. So lange sie klein sind, erscheinen sie, wie flache, scheibenförmige oder polyedrische Plättchen mit abgerundeten Ecken, die aus einer 1) Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. II. p. 228. Taf. XXIII und XXV. 2) Man vergleiche hierüber meine Notiz: „Ueber vermeintliche Amöben in $Sa- prolegnieen“. Bot. Centralblatt 1883, No. 25; Bd. XIV, No. 12. Ueber Cellulinkörner etc. 289 dichten, homogenen Substanz bestehen. Sie erscheinen zugleich bei durchfallendem Lichte im microscopischen Gesichtsfelde nicht absolut farblos, sondern besitzen einen sehr schwachen, matten, grau-blauen oder bläulich-weissen Farbenton; so etwa, wie ıhn die dichteren Schich- ten der Stärkekörner, oder manche verdichtete Zellmembranen hier und da zeigen. (Fig.2a; Fig. 10, 11,12....). Die grösseren haben sehr wechselnde, im Allgemeinen der Kugel- ‘form genäherte Gestalten mit stellenweise flächenartiger Begrenzung (Fig. 3—8, Fig. 14). Schon in mittleren Altersstufen treten unbestimmte Andeutungen von Schichtung an ihnen auf, und die ältesten Körner endlich sind fast immer nach Art der Stärkekörner deutlich und regelmässig ge- schichtet. Bei den Achlyen und Saprolegnien tritt die Schichtung erst bei den allerältesten Körnern deutlich hervor. (Fig. 14). Viel früher dagegen tritt sie schon bei Leptomitus lacteus, Ag. und Leptomitus brachynema, Hildebr. auf; bei diesen Saprolegnieen die ich hier Apodya lactea und Apodachlya brachynema!) nennen werde, kann sie schon an den Körnern, die in den mittleren Gliedern der Schläuche sich finden, leicht und regelmässig beobachtet werden. (Fig. 3, 8). Bei Achlya colorata und polyandra findet man nun an der Basis der alten Schläuche, dort, wo diese aus den holzigen, im Wasser liegenden Zweigstücken, auf denen sie wachsen, hervortreten, diese Kör- ner oft in grossen Haufen ın allen möglichen Entwicklungsstufen neben- einander (Fig. 10). 1) Zur Nomenclatur dieser beiden Pflanzen, die hier mehrfach erwähnt werden müssen, bemerke ich hier nur kurz das Folgende: Dass der Leptomitus lacteus Ag. eine wirkliche Saprolegniee ist, habe ich in meinem schon eitirten Aufsatze (Jahrbücher f. w. B. II, p. 228) nachgewiesen und gezeigt, dass er in der Zoosporenbildung mit der Gattung Saprolegnia überein- stimmt. Später hat Hildebrand (Jahrb. für wiss. Bot. V, p. 261) eine zweite Form aufgefunden, die sich dem Leptomitus lacteus nahe anschliesst, aber kürzere Fäden und Glieder, als dieser hat; Er nennt diese Form dort Leptomitus brachynema. Cornu hat dann (Annalen d. sc. nat. V., Ser. XV, p. 14) beide Pflanzen auf Grund ihres übereinstimmenden vegetativen Habitus unter dem Gattungsnamen „Apodya“ ver- einigt. Nun habe ich aber gefunden, worüber Näheres an anderem Orte mitgetheilt werden soll, dass der Leptomitus brachynema Hildebr. seine Zoosporen nicht wie Saprolegnia, sondern wie Achlya bildet. Nach den Grundsätzen, welche man bisher bei der Abgrenzung der Saprolegnieen-Gattungen festhielt, können daher beide Pflan- zen nicht in einer Gattung vereinigt werden. Unter Beibehaltung des Gattungs- namen „Apodya“ für den Leptomitus lacteus“ halte ich es daher für nothwendig, für den Leptomitus brachynema eine zweite Gattung unter den Namen „Apodachlya“* aufzustellen: Apodya luctea Cornu ist daher hiernach synonym mit Leptomitus lacteus Ag. Apodachlya hrarhımema mihi synonym mit Leptomitus brachynema Hildebr. 19 D.Botan.Ges.1 290 | N. Pringsheim: In den höher gelegenen, d. h. jüngeren Partien der Schläuche üin- det man so bedeutende Ansammlungen seltener. Die Haufen bestehen hier meist aus einer viel geringeren Anzahl von grossen und kleineren Körnern. In den jüngsten Zweigen und Aesten der Schläuche endlich sieht man dieselben entweder überhaupt nur einzeln und zerstreut auftreten, oder sie sind hier zu kleineren Gruppen vereinigt, die immer nur aus sehr wenigen, oft nur aus 2—3 Körnern bestehen. (Fig. 11, 15b, 13.) Einzelne zerstreute Körner findet man ausserdem überall in den Zweigen, Aesten und Stämmen, auch in den ältesten, wo sie die grossen Haufen bilden, neben und Yeti diesen. Dass die grossen Körner ältere Entwicklungsstufen der kleineren sind, zeigt der erste Blick auf einen Haufen. Die kleineren gehen durch eine Art Sprossung und darauf folgende Abgliederung aus den grösseren hervor, und die kleinsten werden ausser- dem auch unmittelbar durch freie Bildung aus dem Zellplasma nieder- geschlagen. Ueber diese Entstehungsweise sollen weiter unten nähere Angaben folgen. Kein umsichtiger Beobachter wird diese Körper für Fortpflanzungs- zellen, oder gar für selbständige biologische Entwicklungsstufen fremd- artiger Organismen ansehen. Alle Erscheinungen ihres Vorkommens und ihrer Form sprechen vielmehr von vornherein dafür, dass sie nichts anderes sind, als histo- logische oder chemische Bildungsproducte des Zellinhalts, so etwa wie Stärkekörner, Ohlorophylikörner, Proteinkörner und dergleichen. Höchstens könnte es fraglich erscheinen, ob sie normale oder patho- logische Producte des Zellinhaltes sind, und im Anschluss hieran könnte man vielleicht auf den Gedanken Ebrkraher, dass bei ihrer Entstehung Parasiten der Saprolegnieen irgendwie mitwirken könnten. Namentlich könnte man hierbei an jene sonderbaren Parasiten der Saprolegnieen denken, welche die Gattungen Woroninia und Rozella bilden und deren protoplasmatische Leibessubstanz in gewissen Entwicklungsstadien schwer von dem Protoplasma ihrer Nährpflanze zu unterscheiden ist. Es wäre daher, wie man vielleicht zugeben kann, von vornherein und vor jeder genaueren Untersuchung auch die Annahme nicht ganz undenkbar, dass die hier besprochenen Körper gar nicht den Saprolegnieen, als solchen, angehören, sondern histologische Bildungs- producte eines derartigen Schmarotzers sind, dessen Abwesenheit im Schlauche einer Saprolegniee sich ja nicht in jedem einelnen Falle mit absoluter Sicherheit erweisen lässt. Für ihre anatomische und histologische Bedeutung, die uns hier ganz allein beschäftigt, wäre dies nun zwar nicht von Belang, und schliesslich ganz gleichgültig, ob sie einer Saprolegniee oder einer Chy- tridiee angehören, doch will ich nicht unterlassen, gleich hier heryorzu- Ueber Cellulinkörner ete. 291 heben, dass ihre Zugehörigkeit zu den Saprolegnieen sich aus ihrem ganzen Verhalten unzweifelhaft ergiebt, und dass die Verhältnisse ihres Auftretens auch die Vermuthung ausschliessen, sie könnten einem der chytridieenartigen Schmarotzer der Saprolegnieen angehören. Mit aller Entschiedenheit und mit vollem Nachdruck muss ich aber der Ansicht entgegentreten, dass diese Körper selbständige, in die Saprolegnieen eingedrungene Parasiten darstellen könnten. Ihr Bau, ihre Entwicklung, ihr Wachsthum und ihre chemische Beschaffenheit lassen einen solchen Gedanken gar nicht aufkommen, und ich erwähne auch nur der Vollständigkeit wegen, und mehr als Curiosum, als der Widerlegung werth, dass es diese Körper sind, welche, wie ich oben bereits anführte, Herr Zopf in seinen gegen mich gewendeten Thesen für eingewanderte Amöben angesehen, und mit den von mir be- obachteten Spermamöben verwechselt hat. Ich habe bereits erwähnt, dass diese Körper bald einzeln, bald in Gruppen oder grösseren Haufen vereinigt in den Schläuchen auftreten und in ihren älteren Zuständen geschichtet sind. Ich füge hier noch hinzu, dass sie namentlich bei Achlya colorata sehr häufig auch ın den Oogonien, zwischen den Oosporen und der Oogoniummembran, auftreten (Fig. 15. c. c. c.) und dass sie hier, namentlich dann, wenn nur eine einzige grosse Oospore sich bildet, oft den gesammten Raum zwischen der Oogoniummembran und der Oospore ausfüllen. (Fig. 16.) Abgesehen von der Schichtung stimmen ältere und jüngere Zustände in ihren microscopischen und microchemischen Characteren überein und diese letzteren geben eine genügend sichere Auskunft über die Stelle, welche ihnen unter den bekannten Producten vegetabilischer Zellen an- zuweisen ist. Zu diesem Behufe wird es genügen, von ihren microchemischen Reactionen nur die wichtigeren aufzuführen. 1. Diese Körper werden mit Jod nicht blau und nehmen über- haupt mit Jodlösungen jeder Art keine der bekannten Farbentöne der Jodstärke an. 2. In allen gebräuchlichen Lösungsmitteln der Fette und Harze sind sie vollständig unlöslich. So bleiben sie zum Beispiel selbst nach wochenlanger Behandlung mit absolutem und diluirtem Alkohol und Aether unverändert; sie lösen sich in diesen Lösungsmitteln nicht. 3. Sie geben ferner absolut negative Reactionen mit allen Rea- gentien, welche microchemisch die Anwesenheit eines proteinhaltigen Körpers anzeigen; denn: a) sie färben sich mit Jod weder gelb noch braun, sondern bleiben bei Behandlung mit Jodlösungen absolut ungefärbt, nehmen höchstens die Farbe der Jodlösung an, von der sie durchtränkt sind. (Fig. 9 u. 18.) 292 | N. Pringsheim: b) Sie werden nicht gelb bei der Behandlung mit Salpetersäure allein, oder Salpetersäure und Ammoniak oder Kalı, sondern bleiben völlig ungefärbt. c) Sie werden nicht roth, sondern bleiben unverändert und unge- färbt im Millon’schen Reagens. (Fig. 19.) d) Sie speichern Farbstoffe nicht auf. So nehmen sie z. B. Karminlösungen und Anilinroth gar nicht auf (Fig. 20.) und bleiben mit diesen Farbstofflösungen behandelt, auch nach tage- und wochenlanger Einwirkung, und nach vorheriger Behandlung mit Alcohol, Säuren, Alcalien ete. völlig farblos, während das um- gebende Protoplasma der Schläuche sich tief gefärbt zeigt. Andere sehr stark tingirende Farbstoffe, wie Haematoxylin, Anilinblau u. s. w. werden zwar unter Umständen von ihnen aufgenommen, und sie färben sich mit ihnen, wenn auch lang- samer und spaeter, als die protoplasmatischen Substanzen, in denen sie eingebettet sind; immer aber, auch im Falle tieferer Tincetion erscheint ihre Färbung nur wie eine Durchtränkung mit der Farbstofflösung. Sie stehen daher in dieser Beziehung den protoplasmatischen Substanzen ungemein nach, und bleiben selbst den Fetttropfen gegenüber in ihrer Färbung weit zurück, stimmen dagegen im Verhalten gegen Farbstoffe mit den verschiedenen Cellulosemembranen, welche gleichfalls Farbstoffe vorübergehend aufnehmen, überein. 4. Kaustische Alcalien — so namentlich concentrirte Kali-Lauge — zeigen in der Kälte keine sichtbare Einwirkung auf dieselben. Sie quellen auch nach wochenlangem Liegen in Kalilösung nicht auf, ihre innere Organisation, Kern und Schichtung, bleiben erhalten, werden meist noch deutlicher, als vorher. Man kann sie auch in concentrirter Kali-Lösung einige Minuten aufkochen, ohne sie zu zerstören und ohne ihre Organisation zu beschädigen. Wird das Kochen länger fortgesetzt, so werden die Körper blasser und unscheinbarer. 5. Auch concentrirte und verdünnte Salpetersäure und Salzsäure scheinen bei gewöhnlicher Temperatur von geringer Einwirkung auf dieselben. Man kann sie in diesen Säuren wochenlang maceriren, ohne sie zu zerstören. Ebenso kann man sie in Salpetersäure, und in der Schulze’schen Mischung ohne Zerstörung kurze Zeit erwärmen. Sie behalten hierbei ıhre Gestalt und erleiden keine bemerkbare, wesent- liche Veränderung. Doch bei längerem Kochen werden sie namentlich in der Schulze’schen Mischung sehr blass und unscheinbar. 6. Dagegen lösen sie sich, gerade so, wie es manche Üellulose- membranen thun, und noch leichter, als z. B. die Membranen der Apodya- und Apodachlya-Schläuche, in deren Gliedern sie liegen, ohne Hinterlassung irgend eines Rückstandes schon in mässig Ueber Cellulinkörner ete. 2393 concentrirter Schwefelsäure (1 SO®: lag) bei gewöhnlicher Temperatur unter den Augen des Beobachters vollständig auf. 7. Ebenso lösen sie sich gleichfalls schon bei gewöhnlicher Tempe- ratur, unmittelbar unter dem Auge des Beobachters und ohne Hinter- lassung jedes Rückstandes sofort beim Hinzutreten von wässriger, nicht zu verdünnter CUhlorzinklösung auf — gerade so, wie ein löslicher Krystall in Wasser verschwindet. Diese sehr auffallende und characteristische Erscheinung habe ich in den Figuren 16 und 17 meiner Tafel zur Darstellung gebracht. 8. Endlich verdient noch Erwähnung, dass sie bei unmittelbarem Einbringen in Kupferoxydammoniak, auch bei längerer Einwirkung desselben, sich nicht lösen. Die angeführten Reactionen gelten ohne Ausnahme für alle hier besprochenen Körner, für die vereinzelt auftretenden und die in Gruppen und Haufen vereinigten; für die jungen sowohl, als für die alten Zu- stände, und endlich ebenso gut für die in den Oogonien, als die in den Schläuchen. Namentlich betone ich, dass die oft und zahlreich ın den Oogonien zwischen Oosporen und Oogonienmembran auftretenden Körner (Fig. 15 und 16) absolut dieselben Bildungen sind, wie die- jenigen, die vereinzelt, oder in Gruppen und Haufen in den Schläuchen auftreten (Fig. 15. b. b. Fig. 10—12). Die morphologischen Charaktere dieser Körner, ihre Bildungs- vorgänge und das Auftreten der charakteristischen Schichtung in den älteren Zuständen deuten sofort auf die Verwandtschaft mit Stärke- körnern und Zellmembranen hin. Die microchemischen Reactionen stimmen hiermit im Allgemeinen überein und erweisen mit genügender Sicherheit, dass die Substanz, aus welcher die Körner bestehen, den sogenannten Protein -haltigen Gruppen der Pflanzenstoffe nicht angehört, schliessen aber gleichzeitig ihre Zugehörigkeit zu Fetten oder Harzen aus. Aber auch die Möglichkeit, dass hier eigenthümliche Stärkekörner vorliegen, ist durch ihr Verhalten gegen Jodlösungen ausgeschlossen. Denn weder unmittelbar, noch bei Anwesenheit einer Säure nehmen sie mit Jodlösungen irgend eine der Farbennüancen der Jodstärke an. Selbst nach vorheriger Behandlung mit verschiedenen eingreifenden Reagentien gelingt es nur selten, Spuren einer Blaufärbung durch Jod- lösungen an ihnen wahrzunehmen. Die Blaufärbung durch Chlorzinkjod, oder Schwefelsäure und Jod ist bei ihnen durch ihre leichte Löslichkeit in Schwefelsäure und in Chlorzinklösung ausgeschlossen. Ihre ausserordentliche Resistenz bei sehr verschiedenartiger chemi- scher Behandlung; ihre völlige Unlöslichkeit bei wochenlanger Maceration in kalten caustischen Alcalien, in kalter verdünnter und concentrirter Salz- und Salpetersäure, und dem gegenüber ihre überaus leichte und 294 N. Pringsheim: vollständige Löslichkeit, ohne jeden Rückstand, schon in mässig con- centrirter Schwefelsäure und in wässriger Ohlorzinklösung unterstützen und bestätigen die Vorstellung, dass wir hier eine der vielen Modi- ficationen des Zellstoffes vor uns haben, wie sie sonst nur in den natürlichen Zellmembranen auftreten, die im vorliegenden Falle aber in Körnerform aus dem Plasma niedergeschlagen wird. Unter den Modificationen der Cellulose, die man, gestützt auf die unmittelbaren Eigenschaften der natürlichen Zellmembranen der Gewebe zu unter- scheiden versucht hat, nähert sich die hier vorliegende, die ich als „Cellulin“ bezeichnen will, wie es scheint, am meisten der Fibrose von Fremy, die gleichfalls eine Form der Öellulose darstellt, die in Schwefelsäure löslich, in caustischem Kali und in amoniakalischer Kupferoxydlösung aber unlöslich ist. Zu dieser Form der Üellulose gehört auch die sog. Pilzcellulose, mit welcher der Stoff der Cellulin- körner vielleicht am nächsten verwandt ist. Auf die Frage, ob überhaupt ursprünglich verschiedene Modi- ficationen der Cellulose anzunehmen sind, und ob die verschiedenen Eigenschaften der natürlichen Zellmembranen ausschliesslich nur durch die Einlagerungen verschiedener fremdartiger Substanzen bedingt sind, oder nicht vielmehr isomere, von einander zwar verschiedene, aber leicht in einander übergehende Modificationen eines Grundstoffes dar- stellen, soll hierbei gar nicht eingegangen werden; vielmehr soll hier nur ausgesagt sein, dass die stoffliche Grundlage der hier besprochenen Körner dieselbe ist, wie die der pflanzlichen Zellmembranen, und nur um die vorhandenen Verschiedenheiten anzudeuten, welche diese Körner in ihrem microchemischen Verhalten, einerseits von der chemisch ge- reinigten, und künstlich aus ihren Lösungen gefällten Cellulose, ander- seits von den natürlichen Zellstoffmembranen noch scheiden, bezeichne ich den Stoff, aus dem sie bestehen, als „Öellulin“ und sie selbst als „Gellulin-Körner“. Der wesentliche chemische Charakter dieser Modification des Zellstoffes ist vielleicht seine ausserordentlich leichte Löslichkeit in wässriger Chlorzinklösung und in verdünnter Schwefelsäure. Die grosse Schwierigkeit, welche die Cellulinkörner bieten, in eine mit Jod sich bläuende, und in ammoniakalischer Kupferoxydlösung lös- liche Form übergeführt zu werden, theilen sie mit vielen natürlichen Zellmembranen, namentlich wiederum mit denen der Pilze. Die dargelegten specifischen Differenzen des Cellulins berechtigen somit schon, wie ich glaube, dasselbe als eine besondere Modification des Zellstoffes aufzufassen und von den vielen in Membranform existi- renden Modificationen dieses Körpers zu unterscheiden, doch will ich dies durch den Vergleich der microchemischen Reactionen der Öellulin- körner mit denen der zunächst in Frage kommenden Modificationen der Zellmembranen, hier noch etwas näher zu begründen versuchen. Ueber Cellulinkörner etc. 295 | Vor Allem kommen hier die Membranen der Saprolegnieen- Schläuche selbst, in denen die Cellulin-Körner entstehen, in Betracht. Bei sehr grosser Aehnlichkeit finden sich auch hier entschiedene Differenzen, wobei noch zu bemerken ist, dass auch die Membranen der verschiedenen Saprolegnieen unter sich sehr erhebliche Verschieden- heiten zeigen. Namentlich unterscheiden sich die Membranen der Achlyen nicht unbedeutend von denen der sogenannten Zueptomitus- Arten, d.h. also von denen von Apodya und Apodachlya. Dass die Membran der Saprolegnieen aus Üellulose besteht, habe ich schon in meiner ältesten Arbeit über Achlya prolifera!) nachgewiesen, indem ich dort gezeigt habe, dass es leicht gelingt, die Membranen der Oogonien, der Sporangien und der Schläuche mit Jod zu bläuen. Es war dies meines Wissens der erste Nachweis einer Cellulose- Reaction bei pilzartigen Gewächsen. Dasselbe gilt von den Membranen von Apodya und Apodachlya, die sich gleichfalls mit Chlorzinkjod schor im frischen Zustande leicht bläuen lassen. Dagegen gelingt dies niemals mit den Oellulinkörnern. Diese lösen sich sofort beim Zutritt der Ohlorzinkjodlösung in Folge der Einwirkung des Chlorzinks auf, und zwar geschieht dies so rasch, dass es mir niemals gelungen ist, ganz sichere Zwischenstadien aufzufinden, in welchen die Körner vor ihrer vollständigen Auflösung gebläut gewesen wären. Derselbe Grund, ihre äusserst leichte Löslichkeit in Schwefelsäure, verhindert wohl auch ihre Bläuung durch Schwefelsäure und Jod. Die Membranen der Saprolegnieen selbst verhalten sich gegen Schwefelsäure verschieden. Die von Apodya und Apodachlya lösen sich in Schwefelsänre noch verhältnissmässig leicht, wenn auch schon schwerer, wie die Cellulin- Körner, die in ihren Gliedern liegen. Die Membranen der Achlyen dagegen widerstehen der Schwefel- säure bedeutend länger, als die Cellulinkörner, und. auch als die Mem- branen von Apodya. Die Cellulin-Körner lösen sich beim Zutritt der Säure sofort, während die Membran des Achlya-Fadens, in dem sie liegen, gar keine Veränderung erfährt. Gegen mässig concentrirte Chlorzinklösung, in welcher, wie bereits erwähnt, alle Cellulin-Körner sofort verschwinden, sind die Membranen von Apodya, Apodachlya und auch von Achlya, wie es scheint, völlig resistent, sofern sie nicht vorher einer eingreifenden Behandlung durch Alcalien und Säuren unterworfen worden sind. In ammoniakalischer Kupferoxydlösung sind ferner auch die Mem- branen der Saprolegnieen ebenso unlöslich, wie die Oellulin-Körner. Nach vorherigem Kochen in Salpetersäure, oder nach Erwärmung in Salpetersäure und Kalichlorat lösen sich dagegen die Membranen 1) Nova Acta. Acad. Caes. Leop. Nat. Cur. Vol. XXIII. P.I. p. 419. 296 | N. Pringsheim: von Achlya und von Apodya oft augenblicklich in frisch bereiteter ammoniakalischer Kupferoxydlösung auf, während ich nach gleicher Be- handlung an ihren Öellulinkörnern nur eine erhebliche Quellung ihrer inneren Schichten und keine vollständige Lösung beobachten konnte. Die peripherische Schicht, d.h. die Randschicht der Körner, scheint dem Lösungsmittel lange Zeit zu wiederstehen, und so bleibt zwar jedes Korn in seiner Selbständigkeit erhalten, allein die innere Organisation, der Kern und die Schichtung, verschwindet, und das Korn gleicht nun- mehr einer etwas aufgeblähten Kugel, die von einer homogenen, sehr blassen Substanz erfüllt ist. Diese Reactionen zeigen, dass das Oellulin auch mit dem Membranstoff der Achlyen und Apodyen nicht völlig übereinstimmt, dass aber die Membran von Apodya und Apodachlya ihm vielleicht noch näher steht, als die der Achlyen. Die Verschiedenheit des Oellulins gegenüber anderen Modificationen des Zellstoffes, sowie auch gegenüber der künstlich aus ıhren Lösungen niedergeschlagenen Cellulose geht gleichfalls aus den hier mitgetheilten Reactionen gegen Jodlösungen, und namentlich gegen Chlorzinkjod- lösung und ammoniakalische Kupferoxydlösung schon zur Genüge her- vor und bedarf keiner weiteren Ausführung. Allein die völlige Uebereinstimmung der Cellulinkörner in Form, Auftreten und Wachsthum mit den gewöhnlichen, concentrisch ge- schichteten Stärkekörnern regt noch den Vergleich ihrer stofflichen Grundlage mit jener eigenthümlichen Zellstoffmodification an, die ihr morphologisch scheinbar noch näher steht, als die Pilzcellulose, nämlich mit der Amylocellulose. Man könnte nämlich auf die Vermuthung kommen, dass hier Stärkekörner aus reiner Amylocellulose vorliegen, in welchen die Ein- lagerung von Granulose gänzlich unterblieben ist, und diese Vermuthung war auch diejenige, die ich bei der Prüfung dieser Körner zuerst ins Auge fasste. In der That würde diese Auffassung jedoch nur ein anderer Ausdruck für das sein, was ich schon behauptete, dass diese Körner aus einer Art Oellulose und nicht aus Stärke bestehen. Doch entspricht auch diese Vorstellung nicht dem chemischen Ver- halten der Cellulinkörner, denn diese unterscheiden sich sehr wesentlich von den durch Speichel, Säuren u. s. w. extrahirten Stärkekörnern, und chemisch von ihnen sogar noch mehr, als von der Pilzcellulose. Die von der Granulose befreiten Stärkekörner stellen nach den übereinstimmenden Angaben der Beobachter, unter denen ich hier namentlich Mohl!) folge, eine äusserst leicht lösliche Modification des Zellstoffes dar. Sie werden nach Mohl von concentrirter Chlorzink- jodlösung augenblicklich zu einer braunrothen Flüssigkeit aufgelöst. Sie stimmen hiernach in diesem auffallenden Charakter ihrer Löslichkeit 1) Bot. Zeit. 1859, p. 237. Ueber Cellulinkörner etc. 297 in Chlorzinklösung mit den Cellulinkörnern überein; ebenso in ihrem Verhalten gegen Jod, mit welchem sie sich bekanntlich ebenso wenig bläuen, wie die Oellulinkörner. Dagegen sind die extrahirten Amylum- Körner auch in Kupferoxydammoniak, in caustischer Kalı-Lauge, in Salpetersäure, in Salzsäure u. s. w. augenblicklich löslich, während, wie ich oben gezeigt habe, die Oellulinkörner gegen alle diese Reagentien ausserordentlich resistent, und unmittelbar mit ihnen behandelt, ın ihnen ganz unlöslich sind. Diese Angaben werden genügen, um die chemische Beschaffenheit der Cellulinkörner und ihre stoffliche Verschiedenheit von den Stärke- körnern und den gewöhnlichen Zellmembranen nachzuweisen. Ich wende mich daher nun zu ihrem morphologischen und anatomischen Verhalten, welches gleichfalls für die Bildungsgeschichte der Zellwände und das Wachsthum der Stärkekörner von Interesse ist. Was die Schichtung der älteren Cellulinkörner betrifft, so ist die- selbe, wie die Figuren zeigen, genau concentrisch. Es wechseln nach der gewöhnlichen Ausdrucksweise dichte und weiche Schichten regel- mässig mit einander ab; sie sind um einen mittleren Kern gelagert, der hier, wie es scheint ohne Ausnahme, von der dichteren Substanz gebildet wird, und der fast genau die geometrische Mitte des ganzen Kornes einnimmt. Auch die äusserste peripherische Schicht desselben, die sog. Randschicht wird gleichfalls, wenigstens im erwachsenen Korn, stets von der dichteren Substanz gebildet. Die Anzahl der unmittelbar sichtbaren Schichten ist auch bei den ältesten Körnern nicht gross, kaum mehr als 6—8. Die Körner liegen, von ihrem frühesten erkennbaren Auftreten an, frei an der inneren Seite des protoplasmatischen Wandbeleges (Fig. 12). Eine besondere, ihnen eigenthümlich zugehörige Grundlage nach Art der Stärkebildner, aus welcher die Schichten der älteren Körner sich nach einander hervor- bilden würden, ist nicht vorhanden. Ueber die Entstehung der Schichten und das Wachsthum der Körner, ob durch Apposition oder durch Intussusception und innere Differenzirung kann selbstverständlich, ohne weitere Anhaltspunkte, der äussere Anschein hier ebenso wenig etwas Sicheres lehren, als bei Stärkekörnern und Zellmembranen. Gewiss ist nur, dass die Körner noch im homogenen Zustande, in welchem noch keine Schichtung sichtbar ist, bedeutend wachsen und das Vielfache ihres ursprünglichen Durchmessers an Grösse er- reichen können, und dass die Schichtung erst später an den älteren, bereits erwachsenen Körnern auftritt. Dies spricht wenigstens zu Gunsten einer späteren Differenzirung der homogenen Substanz in die später sichtbaren concentrischen Kugel- schalen, wenn man nicht eben annehmen will, dass die Schichtung schon im homogenen Korne vorhanden, und nur nicht sichtbar war. Ueber die Aufnahme und den Ort der Anlagerung neuer Substanz 298 | N Pringsheim: an dem homogenen, wachsenden Korne lehren daher die Cellulin- körner nichts wesentlich Neues; nur das Eine ist hier zweifellos, dass diese Vermehrung an Substanz nicht mit Hülfe und auf Kosten eines vorhandenen Stärkebildners geschieht. Dagegen geben die Üellulinkörner einen ganz positiven Auf- schluss über die Entstehung geschichteter Zwillingskörner und jener Öomplexe geschichteter Körner, die man bei den Stärkekörnern zusammengesetzte Körner nennt. Man ist hier nicht, wie bei den Särkekörnern, auf die Deutungen weit auseinander liegender Entwicklungszustände angewiesen, die grade in diesem Falle bekanntlich zu diametral entgegengesetzten Anschauun- gen geführt haben. Man kann die Entwicklungsgeschichte der Zwillings- körner und der zusammengesetzten Körner hier schrittweise verfolgen; da die aufeinanderfolgenden Entwicklungsstufen in genügender Anzahl und übersichtlich neben einander vorkommen, und über ihre Entstehung keinen Zweifel lassen. — Zwillingskörner und zusammengesetzte Körner entstehen nun hier in höchst einfacher Weise durch eine Art Sprossung und darauf folgende Abgrenzung jüngerer Theilkörner an einem schon vorhandenen, einfachen Mutterkorne; also nicht durch innere Differenzirung und Spal- tung, wie es Naegeli und die ihm folgen; aber noch viel weniger durch Verwachsung freier Körner, wie es Schimper und die neueren Anatomen, die diesem beipflichten, es sich bei den Stärkekörnern vor- stellen. Unter den bekannten Vermehrungsarten organischer Bildungen findet der Vorgang sein nächstes Analogon in der sogenannten hefe- artigen Sprossung. An einem Punkte seiner Peripherie treibt das Mutterkorn einen Vorsprung, der ihm ursprünglich als äusserst kleine Papille aufgesetzt ist (Fig. 10 a. a. a.). Dieser Vorgang kann in allen, auch sehr jungen Alterszuständen der Körner eintreten. Ist das Mutterkorn, wenn er eintritt, bereits ge- schichtet (Fig. 6), so scheint die äussere peripherische Schicht, die sogen. Randschicht, an der Sprossung keinen Theil zu nehmen, und die Sprossung erscheint vielmehr als ein Product des Wachsthums der zunächst unterhalb der Grenzschicht befindlichen zweiten Schicht, welche hervor- quellend die Grenzschicht an dieser Stelle durchbricht, Die hervorgewachsene Papille erscheint kurz nach ihrer Bildung von dem Mutterkorn durch eine ebene Lage von Substanz an ihrer Basis abgegrenzt, und dies geschieht offenbar durch eine ähnliche Diffe- renzirung der Substanz, wie sie bei der Bildung der Schichten eines einfachen Kornes eintritt (Fig. 15b, Fig. 15). Nach ihrer Abgrenzung stellt die junge Papille ein selbständiges neues Korn dar, welches, wie das Mutterkorn, wachsen, sich differen- Ueber Cellulinkörner ete. 299 ziren, und seinerseits wieder junge Tochterkörner bilden kann. Das entstandene Tochterkorn kann sich an seiner Basis von dem Mutterkorn lösen, und dies ist der gewöhnliche Vermehrungsvorgang der Körner bei Apodya und Apodachlya. Man findet bei diesen beiden Pflanzen daher gemeinglich nur einfache, isolirte Körner und nur selten Zwillings- körner. Das Tochterkorn kann aber auch mit dem Mutterkorn für längere Zeit in ungetrennter Verbindung bleiben, und dann bilden Mutter- und Tochterkorn gemeinsam ein sogen. Zwillingskorn, und da der Vorgang sıch an demselben Mutterkorn, und auch an dem Tochterkorn an ver- schiedenen Punkten der Peripherie mehrmals wiederholen kann, bevor die entstandenen Körner sich trennen, so gehen aus diesem Vermehrungs- vorgange bald kleinere und grössere, oft vielzählige, zusammenhängende Gruppen von Körnern hervor, in deren Anordnung schon ihre Ent- stehungsgeschichte, und die genetische Folge der Körnergenerationen, aus denen sie bestehen, sich ausspricht (z. B. Fig. 13). Bei den Achlyen ıst dies der normale Fall; hier bleiben die aus- einander hervorgehenden Generationen sehr lange mit einander in un- getrenntem Zusammenhange, und hier findet man daher die schon im Eingange erwähnten, mehr- bis vielgliedrigen, organisch verbundenen Körnergruppen, welche den Bildungen gleichwerthig sind, die man bei Stärkekörnern zusammengesetzte Körner nennt. Ich stehe nicht an, den hier geschilderten, bei den Achlyen leicht nachweisbaren Vorgang der Entstehung der zusammengesetzten Körner auf die Bildungsgeschichte derZwillingskörner und der zusammengesetzten Körner bei den wahren Stärkekörnern auszudehnen. Auch an diesen lassen sich Entwicklungsstufen nachweisen, welche eine derartige Sprossung junger Körner aus älteren zur Gewissheit erheben. Man kann schon aus der Anordnung der Theilkörner fast immer auf die Entwick- lungsfolge der Sprossung bei der Entstehung des Complexes zurück- schliessen. Alle anatomischen Befunde, die man an zusammengesetzten Stärkekörnern beobachtet hat, erklären sich überdies auf diese Weise am einfachsten. Dass auch bei den halbzusammengesetzten Körnern der Zwilling im Innern, oder der mehrgliedrige Complex, um welchen die allgemeinen Schichten gelagert sind, ebenfalls aus Sprossung hervorgegangen ist, scheint mir ganz unfraglich; hierauf weist auch in diesen Fällen schon die Anordnung, Lage und Verbindung der Theilkörner hin. Ueber die Entstehung der Schichten, welche den inneren Zwilling, oder mehrgliedrigen Uomplex eines halbzusammengesetzten Kornes um- schliessen, will ich, so lange mir fortlaufende und ununterbrochene Entwicklungsreihen nicht zu Gebote stehen, noch keine entschiedene Ansicht aussprechen. Bei den Cellulinkörnern treten den halbzusammen- gesetzten Stärkekörnern entsprechende Bildungen selten auf. Allein die 300 | N. Pringsheim: Entstehung derartiger äusserer Schichten rings um einen inneren Zwilling oder Körnercomplex ist durch das bevorzugte oder ausschliessliche Wachsthum der peripherischen Schichten eines durch Sprossung be- reits entstandenen Zwillings oder mehrgliedrigen Complexes, auch ohne spätere Auflagerung desselben von Aussen sehr leicht verständlich. Die Quellungserscheinungen der Schichten und das Ineinanderfliessen derselben, worauf ich bald noch eingehender zurückkomme, lassen einen derartigen Vorgang einfach und natürlich erscheinen. Die Sprossung der Cellulinkörner an ihrer Peripherie, durch welche, wie vorher gezeigt wurde, neue Körner und Körnergruppen entstehen, ist aber nicht der einzige Bildungsvorgang, durch welchen die geschich- teten Körner sich vermehren. Daneben besteht noch die Bildung freier Cellulinkörner unmittelbar aus dem Protoplasma. Diese entstehen als sehr kleine Cellulinplättchen überall zerstreut in den Schläuchen ohne jede Beziehung zu einem Mutterkorn und, wie es scheint, immer an der inneren Seite des protoplasmatischen Wandbeleges (Fig. 12). Jedes so ent- standene Cellulin-Plättchen kann alsdann durch Sprossung zu dem Bil- dungsheerd einer ganzen Gruppe werden. Zur Aufklärung des näheren Vorganges bei der Entstehung der freien Oellulinkörner kann ich noch einige weitere Beobachtungen bei- bringen, die eine allgemeinere Verwerthung für die Entstehungsgeschichte der geformten Kohlenhydrate in der Pflanze zulassen. Bestimmte Elemente, von denen man mit Sicherheit aussagen könnte, dass sie un- mittelbar zur Bildung der Cellulin-Plättchen verwandt würden, habe ich im Protoplasma der Schläuche nicht unterscheiden können. Da ferner, wie ich schon angab, auch die entstandenen Cellulin-Plättchen keine besondere, ihnen eigenthümliche, protoplasmatische Grundlage für ihr Wachsthum besitzen, so muss wohl in der Weise unserer gewöhnlichen Vorstellung angenommen werden, dass das stoffliche Ernährungsmaterial für die Oellulinkörner eine optisch nicht weiter bemerkbare, flüssige Sub- stanz ist, die das Protoplasma durchdringt, und aus welcher sie selbst wohl schon bei ihrer ersten Bildung sich absetzen mögen. Diese Muttersubstanz der Cellulinkörner ist nun allerdings in den Schläuchen selbst nicht demonstrirbar; wohl aber in den Oogonien und hierdurch erhält jene Vorstellung eine unzweideutige factische Grundlage. Fasst man nämlich die Beschaffenheit der Oogonien vor Bildung der Öellulinkörner ins Auge, so muss es offenbar auffallen, woher denn die Cellulinkörner in den Oogonien eigentlich kommen, da der Raum zwischen den Oosporen und der Oogoniummembran, in dem sie ent- stehen, (Fig. 15) vor ihrer Bildung ganz leer zu sein scheint, In der That ist dies aber keineswegs der Fall; sondern dieser Raum ist wirklich von einer eigenthümlichen, glashellen, homogenen, halb, oder ganz flüssigen Substanz erfüllt, die sich nur wegen ihrer Ueber Cellulinkörner etc. 301 physikalischen Beschaffenheit unter dem Microscope nicht unmittelbar optisch bemerkbar macht. Die Sonderung oder Abscheidung derselben aus dem ursprünglichen Protoplasma des Oogoniums hängt mit der Bildung der Oosphären zu- sammen. Bei der Gestaltung der Oosphären aus dem protoplasmatischen Inhalte des Oogoniums bleibt jene Substanz als ein unverbrauchter Rest, welcher in das Bildungsmaterial der Oosphären nicht aufgenommen wird, im Oogoniumraum zurück, und stellt hier die Muttersubstanz dar, aus welcher die Cellulinkörner sich später niederschlagen. Wenn auch nicht anatomisch und ihrer Zusammensetzung nach, so hat diese Substanz somit doch morphologisch, als unverbrauchter Rest des Protoplasma, den gleichen Werth, wie das von De Bary bei den Peronosporeen unterschiedene Periplasma, welches sich bei Peronospora später an der Bildung des Exosporiums der Oospore betheiligt. Bei Achlya ist dies sog. Periplasma durch seine ungemein einfache, homogene Beschaffenheit ausgezeichnet, und eben deshalb und weil es nicht mehr mit körnigen, protoplasmatischen Bestandtheilen untermengt ist, ist es bisher unbeachtet geblieben. Während das Periplasma der Peronosporeen von dem ursprünglichen Protoplasma des Öogoniums kaum unterschieden ist, und wie dieses von complicirter Zusammensetzung allerlei körnige Bildungen von unbekanntem Werthe führt, ist das Peri- plasma von Achlya dagegen — und hierdurch wird es eben für die Auffassung des histologischen Vorganges bei der Bildung der festen Kohlenhydrate so werthvoll — ganz allein, oder doch wesentlich nur auf die eigentliche, glashelle Muttersubstanz der Cellulinkörner reducirt und man darf wohl annehmen, dass es wesentlich nichts anderes ist, als ein flüssiges Kohlenhydrat, denn es geht direct durch blosse Um- wandlung, gleichsam durch blosse Annahme eines anderen Aggregat- zustandes, in die Cellulinkörner über. Ob hier einfache Verdichtung durch Wasserabgabe stattfindet, ist freilich microscopisch nicht nach- weisbar. Diese Entstehung der geschichteten, den Stärkekörnern und Zell- membranen biologisch gleichwerthigen ÜCellulinkörner durch directe Umwandlung aus einer sichtbaren, oder doch demonstrirbaren, vorher gebildeten, formlosen, stofflich ihnen verwandten, homogenen Substanz, ohne jede Beziehung zu einem, hier gar nicht mehr vorhandenen, Protoplasma liegt in diesem Falle äusserst klar vor Augen. Es ist kaum zu zweifeln, dass derselbe Vorgang auch in den Schläuchen der Saprolegnieen eintritt, und dass auch hier der Bildung und dem Wachsthum der Cellulinkörner die Ausscheidung einer ihrer Substanz isomeren Flüssigkeit vorhergeht. Somit liefert die unmittelbare Beobachtung der Cellulinkörner in den Oogonien, wie ich bereits oben hervorhob, eine unbestreitbare, thatsächliche Grundlage für die gangbare 302 | N. Pringsheim: Auffassung der Entstehung der Stärkekörner und Membranen in der Pflanzenzelle. Ueber das fernere Verhalten der Cellulinkörner in den Schläuchen kann ich noch einige weitere Erfahrungen mittheilen, die gleichfalls ihre Verwandtschaft und ihre Beziehungen zu den Zellwänden deutlich hervortreten lassen. In den Schläuchen der Achlyen, namentlich in den älteren Theilen derselben, hat man an älteren Haufen oder Gruppen von Cellulinkörnern, die als zusammengesetzte Körner aus Sprossung hervorgegangen sind, häufig Gelegenheit zu beobachten, dass die nebeneinanderliegenden Körner der Gruppe mit einander förmlich verkleben. _ Ein kleines derartiges Oonglomerat von Körnern stellt die Fig. 20a meiner Tafel dar. Auf diese Weise können ganz beliebig geformte, grosse Massen von homogener Üellulose- Substanz in den Schläuchen der Achlyen entstehen, die ganz unregelmässig bald hier, bald da auf- treten, und die aus derselben, wenig veränderten Modification des Zell- stoffes, welche die Cellulinkörner bildet, bestehen. Sie lassen ihre Bildung aus einzelnen, vorher selbständigen Körnern oft gar nicht mehr erkennen, oder tragen nur noch Spuren dieser Entstehung an sich. Dieser Verschmelzungsprozess beruht offenbar auf der gleichen gallert- artigen Quellung der Cellulinsubstanz, auf welche auch die Schichtung der Cellulinkörner zurückzuführen ist; die Quellung schreitet hier, wie bei der gallertartigen Umwandlung von Üellulosemembranen, bis zum völligen Ineinanderfliessen der vorher geschiedenen Schichtungen der einzelnen Körner fort: Hierdurch können auch Verwachsungen der Cellulinkörner mit der Zellwand eintreten, und Wunden derselben geschlossen werden. Dies geschieht, wenn quellende Haufen alter Cellulinkörner in die Nähe der Wände der Schläuche zu liegen kommen. Die Wand des Schlauches wird alsdann in den Quellungsvorgang (Fig. 14a) hineingezogen, und die Oellulinkörner verkleben mit der- selben zu einer zusammenhängenden Masse. Bei Apodya und Apo- dachlya nımmt dieser Vorgang hin und wieder einen normalen Charakter an und erhält einen gewissen morphologischen Werth. Die Schläuche dieser Pflanzen besitzen bekanntlich regelmässige Strieturen (Fig. 1. 2. 3. 4. 8.), durch welche dieselben gleichsam in Glieder getheilt werden. Die Glieder stehen aber durch die Strietur in offener Communication mit einander, und die Pflanze behält daher in ihren vegetativen Theilen einen einzelligen Charakter bei. In den jungen Zweigen und Aesten findet sich gewöhnlich in jedem Gliede nur ein einziges Öellulinkorn, in den älteren sind oft mehrere vorhanden. Bei den passiven Lageveränderungen des Inhalts der Schläuche, welche durch Wachsthum und Plasmabewegung bedingt sind, treten hin und wieder die Uellulinkörner der Glieder in die Stricturen zwischen den- selben (Fig. 3a) ein. Es beginnt dann auch hier sehr bald ein Ver- Ueber Cellulinkörner etc. 303 quellungs- und Verschmelzungsprocess des in die Strietur eingezwängten Cellulinkorns mit der Membran des Schlauches, und hierdurch werden die Glieder, wie durch dicke Querwände oder Pfropfen, gegen einander abgeschlossen. Mit einer gewissen Regelmässigkeit, oder doch häufig, tritt dieser Vorgang an der Basis derjenigen Glieder auf, welche hei Apodya und Apodachlya zu den Zoosporangien werden, wie ich dies bereits in meinem Aufsatze über Leptomitus lacteus!) beiläußg erwähnt und abgebildet habe. Hierdurch werden die Zoosporangien dieser Pflanze zu abgeschlossenen Organen und das Öellulinkorn in der basalen Strietur vertritt daher hier offenbar die Bildung einer Scheidewand. Sehr bemerkenswerther Weise tritt nun ganz derselbe Vorgang auch bei einer einzelligen Alge ein, nämlich bei Dryopsis, wo ich denselben gleichfalls schon vor Jahren erwähnt und abgebildet habe). Hier werden nämlich die ursprünglich offenen Seiten-Fiederchen, in denen die sexuellen und asexuellen Zoosporen entstehen, ebenfalls noch nachträglich dadurch zu abgeschlossenen Organen, dass eigenthümliche Pfropfen in die basalen Einschnürungen der Fiederchen eintreten und hier mit den gleichfalls quellenden Seitenmembranen der Fiederchen verwachsend dieselben verschliessen. Ich vermuthe daher jetzt, dass auch dort der sich einzwängende Pfropfen, den ich damals nicht weiter untersucht habe, ein Oellulinkorn ist, oder doch aus einer dem Cellulin ähnlichen Modification von Cellulose besteht. Offenbar sprechen sich in diesen Erscheinungen nahe Beziehungen der Cellulinkörner zum Wachsthum der Zellwände aus, und man kann sich, wenn man diese pfropfenartigen Verschlüsse der Zellwände durch die Cellulinkörner, und ihre Verschmelzung zu homogenen, membran- artigen Massen berücksichtigt, kaum der Hypothese erwehren, dass das Auftreten von Oellulin-Plättchen, oder selbständiger Cellulose- Körner von weiterer Verbreitung in den Pflanzenzellen ist, und dass diese bei der Bildung der Zellwände vielleicht eine allgemeinere Rolle spielen. Vielleicht wird der letzte Verschluss der Oellulose-Platte, die bei der Theilung der Zellen ringartig von der Peripherie ins Oentrum hineinwächst, schliesslich, wie bei Apodya und DBryopsis, durch ein selbständiges Cellulin- oder Cellulose-Korn bewirkt, welches in die Oeffnung des Ringes eintritt, und mit demselben verquellend sie verschliesst. . Vielleicht gehören auch die Zellplattenelemente von Strasburger, die derselbe schon früher für Stärke hielt, jetzt aber für eiweissartige 1) Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. II, p. 228. Die Regelmässigkeit des Auftretens der Cellulinkörner in jedem Gliede hat mich damals auch zu der Vermuthung verführt, sie könnten hier die Zellkerne vertreten. 2) Monatsberichte d. Kgl. Acad. d. Wissensch. in Berlin, Mai 1871, p. 244 (5). Fig. 3, 8, 9 304 N. Pringsheim: Substanzen erklärt!), schon hierher, und sind ın der That direct als Cellulinkörner oder Oelluloseplättchen zu deuten, aus deren Verquellung die Mittellamelle hervorgeht. Doch sollen uud können diese Hypothesen nur als hingeworfene Andeutungen gelten, deren Bestätigung oder Widerlegung sich aus späteren, umfassenderen Beobachtungen über die Verbreitung der Cellulinkörner, oder ähnlicher, geformter und selbständiger Oellulose- körner im Inhalte der Zellen ergeben muss, und ich bemerke nur noch, dass bei der Aufsuchung derselben hier und ın anderen Fällen das characteristische Merkmal der Oellulinkörner, ihre äusserst leichte Löslichkeit in mässig concentrirter Chlorzinklösung die besten Dienste erweisen wird. Was ich selbst bisher an Beobachtungen über die Verbreitung der Cellulinkörner gesammelt habe, habe ich hier mitgetheilt. Es beschränkt sich auf das Vorkommen derselben bei den Saprolegnieen und auf meine gegenwärtige Deutung der Pfropfen bei Dryopsis, die ich für unbedenklich halte. Ausserdem aber zweifle ich auch nicht an ihrem Vorkommen bei den Peronosporeen. Obgleich ich in letzter Zeit nicht Gelegenheit hatte, mich hiervon durch die unmittelbare Beobachtung zu überzeugen, kann ich dies doch mit der grössten Wahrscheimlichkeit schon aus den vorhandenen Abbildungen der Peronosporeen erschliessen. So stehe ich zum Beispiel keinen Augenblick an, die Körper, welche De Bary in dem Periplasma der Oogonien von Peronospora Alsinearum zwischen Oospore und Oogoniummembran abgebildet hat?), unbedenklich für Cellulinkörner zu erklären. Eine Nachprüfung wird dies leicht be- stätigen. Endlich können hierher zum Theil vielleicht auch die Bildungen gezogen werden, die man als Florideen- und Phaeophyceen-Stärke und als Paramylon bezeichnet hat?). Sie zeigen, wie die Üellulinkörner mehr in ihrem Vorkommen und in ıhrer Form, als in ihrem chemischen Character Aehnlichkeit mit den wahren Stärkekörnern. Entsprechend wie bei diesen Bildungen möchte man daher auch die Üellulinkörner vielleicht als „Pilzstärke“ bezeichnen wollen. Dies wäre aber durchaus incorrect, denn es hat ja offenbar keinen Sinn, von Stärkekörnern ohne Stärke zu reden, d. h. von Stärke- körnern, denen der wesentlichste Character der Stärke fehlt. Dagegen ist gar kein Grund vorhanden, nicht anzuerkennen, dass die Cellulose auch in Körnerform im Inhalte der Zellen auftreten und abgelagert werden könne. Ist dies bisher auch noch nicht ausgesprochen 1) Bau und Wachsthum der Zellhäute. Jena 1882, p. 172. 2) Ann. des sc. nat. 4. serie, T. XX, Pl. 8, Fig. 14. 3) Man vergl. Schmitz, die Chromatophoren der Algen pag. 151 u. f,, ferner Klebs, Organisation einiger Flagellatengruppen p. 39. Ueber Cellulinkörner ete. 305 und hervorgehoben, so ist dies doch im vorliegenden Falle ganz ausser Zweifel. So lange man daher überhaupt noch Stärkekörner und Üellulose- formationen unterscheiden will, müssen die Oellulinkörner zu den letzteren gerechnet werden, und die genauere Untersuchung muss von dem hier bezeichneten Gesichtspunkte aus erst feststellen, ob die oben genannten Bildungen der sogenannten Florideen-Phaeophyceen- und Euglenen-Stärke zu den Stärke- oder zu den Üellulose-Formationen zu zählen sind. Hierbei dürfte ferner noch der Umstand in Frage kommen, in wie weit dieselben als wirkliche Reservestoffe abgelagert und von der Pflanze als solche auch benützt werden. Die Oellulinkörner sind, soweit meine gegenwärtigen Erfahrungen reichen, nicht als Reservestoffe, sondern vielmehr nur als Auswurfsstoffe des Stoffwechsels zu betrachten. Man darf vielleicht die Stärke-Metamorphose, welche der Zellstoff in den Stärkekörnern erleidet, nur als ein Mittel bezeichnen, durch welches der Zellstoff für die Pflanze assımilirbar wird. Nach den gegebenen Mittheilungen über die chemische Natur, die Entstehung und das Wachsthum der Cellulinkörner erscheint die im Eingange berührte Frage, ob dieselben wirklich den Saprolegnieen ange- hören, und ob sie physiologische oder pathologische Producte derselben sind, fast überflüssig, jedenfalls nebensächlich. Da jedoch die bereits berührte, störende Verwechselung derselben mit Amöben und Parasiten vorgekommen ist, so will ich, um bei dem Leser die letzten möglichen Zweifel zu zerstreuen, meinen Aufsatz nicht schliessen, ohne hierauf noch zurückzukommen. Es ist ersichtlich kein Grund vorhanden die Öellulinkörner für pathologische Producte anzu- sehen. .Dass sie bei Achlya in so grosser Anzahl gebildet werden, ist kein besonders verdächtiger Umstand und zeigt nur die reichliche Bil- dung von Kohlenhydraten in dieser Pflanze an. Sie treten, dies ist völlig sicher, in den ganz normalen und gesunden, jungen und alten Schläuchen auf, und sind hier ein constantes, nie fehlendes Stoffwechselproduct, dessen regelmässige Bil- dung, namentlich bei Apvdya und Apodachlya sich leicht constatiren lässt; weil hier in jedem jungen Gliede kurz nach seiner Anlage mit grosser Regelmässigkeit ein einziger derartiger Oellulinkörper auftritt (Fig. 2). Ihr verbreitetes und regelmässiges Vorkommen bei den Saprolegnieen und, wie ich überzeugt bin, auch bei den Peronosporeen und bei Bryopsis weist schon den Verdacht zurück, dass sie vielleicht einem unsichtbaren Parasiten angehören, dessen Leibessubstanz das Proto- plasma der Saprolegnieen symbiotisch, und ununterscheidbar durchdringt. Da jedoch bei den Saprolegnieen wirklich Parasiten vorkommen, von denen in gewissen Entwicklungsstadien eine derartige vollständige Durchdringung des ganzen Plasmas der Nährpflanzen nicht absolut 20 D. Botan.Ges.1 306 N. Pringsheim: ausgeschlossen ist, so muss dieser Punct hier noch erörtert werden. Die in Frage kommenden Parasiten gehören bekanntlich den Gattungen Rozella, Woroninia, Olpidiopsis an. Man findet nun häufig in solchen Rasen der Saprolegnieen, die voll von Cellulinkörnern sind, keine Spur der leicht erkennbaren Ver- mehrungs-Organe dieser Parasiten, und der Entwicklungszustände ihrer eingedrungenen Schwärmer. Wo ferner in den Schläuchen der Saprolegnieen wirklich Woro- ninia, Rozella, Olpidiopsis auftreten und zur Fructification gelangen, da bleiben ersichtlich bei der Bildung der Vermehrungsorgane des Schma- rotzers die Oellulinkörner ausgeschlossen. Der Schmarotzer assimi- lirt den gesammten Zellinhalt der Saprolegniee, mit Ausnahme der Cellulinkörner. In den Gliedern der Saprolegnia, die sich zur Bildung der Sori der Woroninia durch Scheidewände abschliessen, findet man daher zwar den gesammten protoplasmatischen Inhalt des Gliedes zur Bildung der bekannten Sori des Schmarotzers verbraucht, aber neben den Soris sieht man die unverbrauchten Cellulinkörner liegen, die der Parasit in seine Leibessubstanz gar nicht aufnimmt. Ebenso findet man die Cellulinkörner der Saprolegnia in den s. g. falschen Oogonien, in welchen die Olpidiopsis-Sporangien sich ausbilden, neben diesen Sporan- gien unverbraucht liegen. Es scheint der Schmarotzer nicht im Stande Öellulose zu assimiliren, und dies möchte vielleicht allgemein für die pflanz- lichen Schmarotzer Geltung haben. | Man weiss ferner, dass die Schwärmsporen dieser parasitischen Gattungen die Zoosporen der Saprolegnieen nicht befallen!); es lässt sich daher die Zugehörigkeit der Üellulinkörner zu den Saprolegnieen auch durch Schwärmsporen-Culturen demonstriren. Die Erzeugung reiner Schwärmsporen - Culturen ist ja bei den Saprolegnieen äusserst leicht auszuführen und am einfachsten und be- quemsten auf dem Wege, den ich schon in meiner ältesten Arbeit über die Achlya prolifera?) angab, wenn man nämlich die zu inficiren- den Objecte von dem alten Rasen der Pflanze, der zur Infection benutzt wird, und sich in reichlicher Zoosporenbildung befinden muss, in dem Versuchsgefässe durch einen Glascylinder trennt. Wird das inficirte Object, sobald die ersten Zoosporen sich ange- setzt haben, aus dem Gefässe, in welchem die Infection erfolgte, heraus- genommen und getrennt in reinem Wasser weiter cultivirt, so erhält man junge Rasen, die nur von Zoosporen-Keimlingen herrühren und selbst wenn der Schmarotzer im alten Rasen vorhanden war, nicht wohl vom Schmarotzer befallen sein können. 1) Vgl. Fischer in Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XIII, p. 301. 2) Nova Acta Acad. Caes Leop N C. (1851), Vol. XXIII, P.I, p. 431 (87). Ueber Cellulinkörner etc. 307 Sollte dies aber in der ersten Generation doch noch der Fall ge- wesen sein, so ıst dies in den folgenden Generationen ganz unmöglich, wenn man den ersten durch Infection erhaltenen Rasen wiederum in der- selben Weise zu einer neuen Infection und zur Erzeugung eines zweiten, aus Schwärmsporen hervorgehenden Rasens benützt, und dann weiter immer in gleicher Weise eine dritte, vierte Infection u. s. w. ausführt. Denn in den jungen Rasen, die so zur Infection benützt werden, sobald ihre ersten Zoosporangien sich entwickeln, konnte der Schmarotzer, selbst wenn er in der ersten Generation sich noch eingefunden haben sollte, in der kurzen Zeit, in welcher diese schon zur Zoosporenbildung gelangen, bei dem langsamen Gange seiner eigenen Entwicklung un: möglich die nöthige Zeit, die er braucht, zur eigenen vollen Ausbildung und zur Reifung seiner Sporangien finden. Ich erwähne nur noch, dass ich viele derartige Generationen von Schwärmsporen - Keimlingen der Saprolegnieen aus einander erzogen habe, und dass sie alle, die ersten, wie die letzten, voll von Üellulin- körnern, waren. Die Zugehörigkeit der Oellulinkörner zu ı den Saprolegnieen halte ich daher auch auf diesem Wege für erwiesen, und diejenigen, die einige Kenntniss von den Formen und Bildungen haben, auf die es hier an- kömmt, werden jetzt begreifen, woher in den sogenannten Experimenten von Herrn Zopf!), dessen vermeintliche grosse und kleine Amöben in den Oogonien und in den Schläuchen herstammen. Erklärung der Abbildungen. — Bei der Ausführung der Figuren der vorliegenden Tafel hat mir mein Assistent Herr Cand. philos. Paul Richter vorzügliche Dienste geleistet. Fig. 1-9 gehören zu Apodya lactea. Die Cellulinkörner sind hier und da mit a be- zeichnet. Fig. 1 ca. 150-fach; Fig. 3, 300-fach; Fig. 8—9, 530-fach und Fig. 2, 4, 6, 7 sind 740-fach vergrössert. Fig. 6 sprossendes Cellulinkorn von Apodya lactea. Fig. 9 zeigt ein Stück eines Gliedes von Apodya mit Jod in Jodkalium behan- delt; das Cellulinkorn ist ungefärbt. Fig. 10—20 gehören zu Achlya colorata und sind sämmtlich bei derselben Ver- grösserung, bei 530/1 gezeichnet. Fig. 10. Stück von der Basis eines alten Schlauches mit einem grossen Haufen von Cellulinkörnern; die sprossenden Cellulinkörner sind mit a be- zeichnet. 1) Siehe dessen bereits eitirte Thesen. 308 Fig. Fig. Fig. Fig. Fig. N. Pringsheim: Ueber Cellulinkörner etc. 11—13 zeigen kleinere, aus Sprossung hervorgegangene Zwillinge und Gruppen von Cellulinkörnern in den Schläuchen und ausserhalb derselben, auch isolirte Körner. 14. Stück aus einem sehr alten Achlya-Schlauche mit einigen geschichteten Cellulinkörnern, von denen das eine — bei a — gemeinsam mit einigen ungeschichteten mit der quellenden Membran des Schlauches verwächst. 15. Achlya colorata mit normalen Sexualorganen im Beginne der Befruch- tungsperiode. Man sieht im glashellen und homogenen Periplasma zwi- schen den Oosphären und der Oogonienmembran eine Anzahl nieder- geschlagene Cellulinkörner (c. c. ce); ebenso sieht man im Schlauche, der das Oogonium trägt, einige einzelne Cellulinkörner und zwei kleine Grup- pen derselben (b.b. b.); in beiden Antheridien, die eben Befruchtungs- schläuche an die Oosphären herangetrieben haben, sind im feinkörnigen Protoplasma ausser den dunkelrandigen fettartigen Tropfen, noch be- sondere, distinete, farblose, wohl umschriebene, kleine Proto- plasmabildungen zu unterscheiden; diese sind die hier noch unbeweglichen Spermamöben, die ihre amöboiden Bewegungen erst auszuführen beginnen, sobald durch weitere Einwanderung des Plasmas in die Befruchtungs- schläuche mehr Raum gewonnen ist. .16. Ein Oogonium von Achlya colorata, dessen Periplasma in seiner To- talität in Cellulinkörner sich umgebildet hat; dies geschieht namentlich häufig, wenn, wie hier, anstatt vieler eine einzige grosse Oospore angelegt wird. .17. Das Oogonium der Fig. 16 unmittelbar, nachdem Chlorzinkjodlösung hinzugefügt wurde; sämmtliche Cellulinkörner haben sich augenblicklich gelöst. .18. Spitze eines älteren Achlya-Zweiges, aus welchem die Cellulinkörner herausgedrückt sind, mit Jod in Jodkalium behandelt; die Cellulinkörner sind nicht gefärbt. | 19. Stück eines Achlya-Schlauches mit Gruppen von Cellulinkörnern, wel- ches 2 Monate im Millon’schen Reagens lag; die Cellulinkörner sind un- gefärbt. 20. Stück eines Achlya-Schlauches mit einer Gruppe von Cellulinkörnern, die in Verquellung begriffen sind. Der Schlauch, nachdem er 1 Monat in absolutem Alcohol lag mit Carmin-Ammoniak behandelt. Die Cellulin- körner sind absolut intact und farblos geblieben. Sitzung vom 27. Juli 1883. 309 Sitzung vom 27. Juli 1883. Vorsitzender: Herr S. Schwendener. Zu ordentlichen Mitgliedern werden proklamirt die Herren: Wettstein, Richard von, Eleve des pflanzenphys. Instituts der Universität Wien, Türkenstr. 3. Fünfstück, Moritz, in Berlin W., Potsdamerstr. 56, Il. Salfeld, E., Apotheker in Hannover, Königstrasse. Brandes, Apotheker in Hannover. Zum ausserordentlichen Mitgliede wird proklamirt: Herr Schaarschmidt, Dr. Jul.,, Assistent am botanischen Institut der Uni- versität Klausenburg. Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren: Dr. Eugen Askenasy, ausserordentl. Professor der Botanik in Heidelberg, Bergheimerstr. 18 (durch Pfitzer und Koch). Dr. F. Kohl, Leipzig, Erdmannstr. 15, I. (durch Wortmann und Arthur Meyer). Dr. Bengt Jönsson, Docent der Botanik in Lund (Schweden), z. Z. in Berlin, Pflanzenphys. Institut der königl. landwirthschaftl. Hochschule (durch Frank und Tschirch). Dr. Engelmann in St. Louis, Amerika (durch Eichler und Prings- heim). Als ausserordentliches Mitglied ist vorgeschlagen: Herr Karl Jordan, stud. phil., Berlin S., Tempelherrenstr. 3, II. (durch Westermaier und Potonie). Mitgliederliste (Fortsetzung). Krabbe, G., Dr., in Berlin, botan. Institut, z.Z. Osnabrück, Kamp Nr. 10. Schulz, Paul, Dr., in Berlin SO., Wrangelstr. 46. Fünfstück, Moritz, in Berlin W., Potsdamerstr. 56, II. Bornemann, J. G., Dr., in Eisenach. Peckoldt, Theod., Dr., Kaiserl. Hofapotheker in Rio de Janeiro. Peckoldt, Gust., in Rio de Janeiro. 310 General-Versammlung General-Versammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft am 17. September 1883 in Freiburg im Breisgau. Laut Beschluss der constituirenden Versammlung der Gesellschaft in Eisenach vom 19. September 1882 findet die diesjährige Erste General-Versammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft einen Tag vor Beginn der diesjährigen Naturforscherversammlung am 17. September, Vormittags 10 Uhr, in Freiburg im Breisgau statt. Indem wir diesen Beschluss der vorjährigen Versammlung bei un- seren Mitgliedern in Erinnerung bringen, beehren wir uns, dieselben gleichzeitig hierdurch zur Theilnahme an der Generalversammlung ein- zuladen. Das Local unserer Berathungen und Sitzungen in Freiburg konnte bisher noch nicht definitiv bestimmt werden. Die Mitglieder, welche an der Versammlung Theil nehmen wollen, werden daher ersucht, die betreffenden Mittheilungen hierüber nach ihrer Ankunft in Freiburg im Bureau der Naturforscherversammlung daselbst einzuholen. Bezüglich der Tagesordnung verweisen wir auf $ 15 unseres Regle- ments (Berichte der deutsch. botan. Gesellsch., S. 19), und verfehlen nicht, die Herren Mitglieder, welche geschäftliche Anträge stellen oder wissenschaftliche Mittheilungen machen wollen, auf die Bestimmungen unter d, e, f und g dieses Paragraphen noch besonders aufmerksam zu machen. Von Anträgen, welche einen Beschluss der Gesellschaft durch Ab- stimmung bedürfen und zur Verhandlung in der diesjährigen General- versammlung gelangen werden, liegen bereits die nachfolgend ange- führten vor, die wir conform der Bestimmung des $ 15 Absatz e unseres Reglements hierdurch zur Kenntniss der Mitglieder bringen: 1. Antrag des Vorstandes auf Genehmigung des von demselben ım Auftrage der constituirenden Versammlung entworfenen Reglements für die Geschäftsführung (S. 17 bis 22 der Berichte), nach welchem bisher verfahren worden ist. Wie im vorigen Jahre in Eisenach bestimmt wurde, unterliegt dasselbe noch der Genehmigung durch die Generalversammlung in Freiburg im Breisgau. der deutsch. bot. Gesellschaft in Freiburg. 311 2. Anträge von Mitgliedern der Commission für die Flora von Deutschland, deren Wortlaut wir hier unten (Anlage I) zum Abdruck bringen. 3. Antrag des Vorstandes, die Gesellschaft wolle beschliessen, weder eine Bibliothek, noch Sammlungen anzulegen. 4. Ein motivirter Antrag zur Ernennung von Eihrenmitgliedern und correspondirenden Mitgliedern, unterzeichnet von der statuten- mässig erforderlichen Anzahl von Mitgliedern. Für den Vorstand: Pringsheim. Schwendener. Anlage Il. Anträge von Mitgliedern der Commission für die Flora von Deutschland. A. Antrag des Herrn Ascherson, den nachfolgenden Statuten-Ent- wurf der Generalversammlung zur Genehmigung vorzulegen: Statut der Commission für die Flora von Deutschland. Unter „Flora von Deutschland“ soll verstanden werden die Flora a) des Deutschen Reiches, b) der österreichischen Kronländer in dem Umfange, in welchem sie in Koch’s Synopsis berücksichtigt sind, c) der Schweiz, d) des Grossherzogthums Luxemburg. Die Commission besteht aus fünf Mitgliedern, von welchen min- destens eins in Berlin seinen Wohnsitz haben muss und welche jährlich in der Generalversammlung gewählt werden. Die Leitung der Geschäfte übernimmt ein von den Mitgliedern gewählter Ob- mann. Der Commission treten eine grössere Anzahl (etwa 16—25) Mit- arbeiter zur Seite, bei deren Auswahl auf thunlichste Vertretung der Einzelgebiete zu achten ist. Die Gesammtheit der Mitarbeiter, welche zunächst auf fünf Jahre von den in Freiburg zu wählenden fünf Mitgliedern („engere Commission“) cooptirt werden, mit Ein- schluss der engeren Commission führt die Bezeichnung „Erweiterte Commission“. / Die Commission betrachtet es als ihre nächste Aufgabe, eine kri- tische Aufzählung der deutschen Flora mit Angabe der wichtigsten Fundorte, etwa nach Art von Nyman’s „Uonspectus Florae Eu- ropaeae“, herzustellen. 312 5. 'General-Versammlung der deutsch. bot. Gesellschaft in Freiburg. Als unerlässliche Vorarbeiten für diese Aufzählung sind in Angriff zu nehmen: a) Ein Repertorium aller auf die deutsche Flora bezüglichen Schriften, in dreifacher Anordnung «@) nach den alphabetisch geordneten Namen der Schriftsteller, ß) nach den geographisch geordneten Gebieten, y) nach den systematisch geordneten Pflanzenarten. b) Die Herausgabe eines Werkes, in welchem, nach Art von Neilreich’s Nachträgen zu Maly’s „Enumeratio Florae austriacae“, alle wichtigen Thatsachen, die nicht a) in der 14. Auflage von Garcke’s „Flora von Deutschland“ oder $) in der zweiten Auflage von Willkomm’s „Führer in’s Reich der Pflanzen Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz“ oder | y) ın der Ed. II von Koch’s „Synopsis Florae Germanicae et Helveticae“ oder ö) in Neilreich’s oben citirten Nachträgen aufgeführt sind, in systematischer Anordnung zu verzeichnen sind. Die Mitglieder der erweiterten Commission übernehmen es, für die bezeichneten Aufgaben das auf ihr Gebiet bezügliche Material zu sammeln. Für die Anordnung und Redaction desselben durch geeignete Kräfte hat die engere Commission Sorge zu tragen. Der Obmann der Commission ist der Gesellschaft für die Ver- wendung der aus Gesellschafts-Mitteln bewilligten Geldbeträge ver- antwortlich. Antrag der Herren Buchenau und v. Uechtritz: Die deutsche botanische Gesellschaft wolle ein Centralherbarıium der deutschen Flora und eine dazu gehörige Bibliothek als Gesellschafts- Eigen- thum anlegen. 31. Juli 1883. Die vorliegenden Anträge sind nach längeren Verhandlungen in der hier eingebrachten Form erst am 1. August beim Vorstande eingegangen. Es blieb daher nicht die Zeit, dieselben vor ihrer Veröffentlichung in den Sitzungsberichten, welche statutarisch im August-Heft der Berichte erfolgen musste, den Mitgliedern des Ausschusses zur Begutachtung vorzulegen. Wir ersuchen daher die Herren Ausschussmitglieder, ihre eventuellen Gutachten über die Anträge bis zum 17. September schrift- lich an den Präsidenten einzusenden, um dieselben bei der Berathung in der Generalversammlung vorlegen zu können. Der Vorstand. I. Urban: Bedeutung der Stacheln bei den Aurantieen. 313 Mittheilungen. 42. 1. Urban: Ueber die morphologische Bedeutung der Stacheln bei den Aurantieen. (Mit Tafel VIIL) Eingegangen am 27. Juni 1883. Bei den Arten mehrerer Aurantieen-Gattungen finden sich mehr oder weniger genau in den Achseln der Laubblätter bald 1 bald 2 Stacheln, neben oder zwischen denen die ruhende oder zum Laubzweig auswachsende Knospe sitzt. Das Vorhandensein der einzeln auftreten- den Stacheln ist bald für die ganze Gattung konstant, bald bei den Formen derselben Art variabel; die paarig vorkommenden sind selten und für die betreffenden Arten charakteristisch. Bisher wurden diese Gebilde ganz ausnahmslos als metamorphosirte Achselsprosse angesehen, trotzdem an ihnen irgend welche Blattbildung, welche sonst an Kaulom- Stacheln regelmässig oder ausnahmsweise beobachtet werden kann, nie- mals vorkommt. So sagt ENDLICHER!) in der Familiendiagnose der Aurantiaceen: „Arbores v. frutices.... ramis axillaribus haud raro in spinas rectas v. uncinatas mutatis armati“, BAILLoN?) von Limonia (Glycosmis) cochinchinensis „leurs rameaux sont souvent transformes en epines“; DELBROUCK?), welcher zuletzt und am ausführlichsten über Pflanzen-Stacheln gearbeitet hat, äussert sich folgendermaassen: „Viel ausgeprägter finden wir die (Kaulom-) Stachelbildung bei Oitrus vulgaris. An den Jahres-Trieben sah ich keine einzige Achselknospe, die nicht auf die eine oder andere Art degenerirt gewesen wäre. Die in Dauer- gewebe verwandelte Vegetations-Spitze bildete bei einigen einen Stachel, bei anderen eine flache Kuppe. Im einen wie im anderen Falle entsteht der neue Spross aus einer Achsel-Knospe zweiter Ordnung“. Es lässt sich nun auf das Bestimmteste nachweisen, dass die Stacheln bei allen Aurantieen durch Umwandlung eines der beiden (oder der zwei) untersten Blätter des primären Achselsprosses entstehen. Zu 1) Endl. Gen. Plant. p. 1043. 2) Baill. Hist. des Plant. IV. 399. 3) Delbrouck, die Pflanzen-Stacheln in Hanstein’s Botanischen Abhand- lungen, Bd. II. (1875) p. 96. 314 I. Urban: diesem Zwecke wollen wir die im Berliner botanischen Garten kultivirten Arten der Reihe nach einer genaueren Betrachtung unterwerfen und daran diejenigen Species anschliessen, welche nur im getrockneten Zu- stande vorlagen. Bei der stets stachellosen Murraya exotica L. trägt der Achselspross an der Basis seitlich ein einziges fast warzenförmig verdicktes, kaum mehr als Imm langes Schüppchen, auf welches weiter oben ohne Ueber- gangsstufen die gefiederten Laubblätter folgen. In der Gattung Citrus werden neben einstacheligen auch stachellose Formen angetroffen. Zu letzteren gehören die in den Gärten unter dem Namen C. longifolia, C. myrtifolia kultivirten Formen (Fig.1, 2). Als reguläre, genau median stehende Achselprodukte, falls sie überhaupt zur Entwickelung gekommen sind, findet man hier Laubzweige, welche an der untersten Basis im Allgemeinen 4 schuppenförinige Niederblätter tragen: 2 transversale und 2 merklich höher abgehende mediane; öfters ist das eine der beiden seitlichen auf eine Schwiele reducirt und führt in der Achsel eine gewöhnlich etwas nach hinten gerückte Knospe, die fast nie zur weiteren Ausbildung gelangt. Noch mehr zeigt sich die Ungleichheit der beiden transversalen Schuppen meist auf einer sehr frühzeitigen Entwickelungsstufe; während die eine nämlich kurz oval, auf dem Fücken oberwärts flaumig behaart, mit einem unbedeutenden Spitzchen versehen, stark eingekrümmt ist und die Knospe fast verhüllt, ist die andere gerade aufgerichtet und fast von der Basis an in eine konisch-pfriemliche kahle Spitze ausgezogen; die letztere zeigt also einen deutlichen Uebergang zum Stachel, aber eben nur in der Jugend, während sie sich später mehr abflacht, dem sich entwickelnden Zweige mehr anlegt und nur noch im Spitzchen eine Andeutung an den Stachel beibehält. — Es giebt aber auch zwischen stachellosen und einstacheligen geradezu intermediäre Formen. Eine aus dem Garten von VEITCH unter dem Namen (%trus Mandarina bezogene Species trug an demselben Zweige in den Achseln der Blätter Knospen, deren eine transversale Schuppe bald der gegenüberstehenden gleich, bald auch im ausge- wachsenen Zustande konisch zugespitzt war und spreizend abstand, bald in einen 1-3 mm langen normalen Stachel verwandelt war. — Was nun die bewehrten Formen, z.B. C. hystrix, betrifft (Fig. 3, 4), so verhalten sich die Achselprodukte der 1—2 untersten Blätter eines jeden Zweiges ebenso wie die der unbewehrten; gewöhnlich sind sogar die beiden transversalen Blättchen an der Knospe absolut gleich ausgebildet, ein- gebogen und verdecken die medianen. An den folgenden Blattachseln treten plötzlich die wohlausgebildeten, bis 2cm langen oder noch län- geren Stacheln auf, deren seitliche oder wenigstens aus der Mediane gerückte Stellung bei unbefangener Beobachtung sofort in die Augen springen muss. In frühester Jugend mit dem gegenüberliegenden Blätt- chen genau transversal gestellt, verschiebt der Stachel, dessen Haupt- Bedeutung der Stacheln bei den Aurantieen. 315 entwickelung nicht blos seitlich, sondern auch nach unten (nach dem Blattstiele zu) stattfindet, die ruhende Knospe seitlich nach oben; man bemerkt in diesem Zustande an der Achselknospe nur 2 Schüppchen: das seitliche und das obere, welche zusammen das untere und die jugendliche Axe der Knospe verhüllen. Sind die Stacheln weniger stark entwickelt, so bleibt auch die Knospe und besonders das dem Stachel gegenüberstehende Blättchen genau in der Transversale stehen. Es liegt nun die Frage nahe, ob die Verwandelung eines der pri- mären Blättchen ın einen Stachel in einem Zusammenhange mit der Blattspirale der relativen Hauptaxe steht. Das ist für die verschiedenen kultivirten Citrus-Arten nicht der Fall. Verfolgt man den kurzen Weg der Spirale, so trifft man beim Passiren der Blattachsel an dem einen Zweige zuerst auf den Stachel, dann auf die Knospe, an einem anderen zuerst auf die Knospe, dann auf den Stachel; bisweilen verhält sich der untere Theil des Zweiges wie in ersterem, der obere wie in letzterem Falle oder umgekehrt; ja es begegnen auch Zweige, an denen die grösste Unregelmässigkeit sich vorfindet; so trafich an einem diesjährigen Triebe bei Blatt I zuerst den Stachel, bei II die Knospe, bei III und IV den Stachel, (kei V war kein Stachel entwickelt), bei VI—-VIII den Stachel, bei IX die Knospe, bei X—XII den Stachel. Bei den Arten der Gattungen Paramignya und Feronia stellen sich die Stacheln noch mehr als bei Cifrus in die Mediane von Mutterblatt und Zweig und drängen die primäre Knospe noch weiter nach oben, so dass diese beinahe als serial-oberständige Beiknospe erscheint. Aehn- lich verhält sich Aegle sepiaria L.; trotzdem die Stacheln bei dieser Gattung eine beträchtliche Grösse (bis 5 cm Länge) und Dicke erreichen und ziemlich genau die Blattachsel occupiren, verbleibt die eigentliche Achselknospe, wenn auch sehr hoch, bis fast in die Achsel des Stachels gerückt, doch ganz deutlich in ihrer seitlichen Stellung links oder rechts vom Stachel. Bei den besprochenen Aurantieen wurde die morphologische Deutung der Stacheln dadurch erschwert, dass bei normaler Ausbildung derselben die Achselknospe mehr oder weniger nach aufwärts geschoben wird, und das dem Stachel korrespondirende Blättehen der Knospe wegen seines minutiösen Umfanges und seiner eingebogenen Stellung wenig in die Augen fällt. Viel klarer ist das Verhältniss der beiden primären seit- lichen Organe (Schuppe und Stachel) des Achselsprosses bei den be- wehrten Arten der Gattung Atalantia. Eine unstreitig hierher gehörende, aber wegen Mangels von Blüthen nicht näher bestimmbare, unter dem Namen Sclerostylis atalantioides kultivirte Art des Berliner botanischen Gartens zeigt folgendes Verhalten (Fig. 5, 6): An der Basis eines dies- jährigen, ziemlich genau in der Mediane von Mutterblatt und Abstam- mungsaxe stehenden Sprosses befindet sich an der einen Seite ein 0,5 bis 1cm langer, gerade gestreckter, seitlich gerichteter Stachel, an der 316 I. Urban: anderen ein c. 2mm langes, linealisches, oberwärts nach auswärts ge- krümmtes Blättchen; auf diese transversal gestellten untersten Gebilde folgt die spiralige Blattstellung, zuerst mit einem ebensolchen Schüppchen, dann mit einem minutiösen, endlich mit völlig entwickelten Laubblättern ; die Achseln jener sind steril, diese tragen deutliche Knöspchen, und zwar führen die untersten auf der einen Seite ein Schüppchen von der beschriebenen Form und Richtung, auf der andern ein viel kleineres, eingebogenes, der ruhenden Knospe dicht anliegendes Blättchen (Fig. 5); in den Achseln der folgenden Blätter hat sich dies letztere dann meist plötzlich in jenen Stachel verwandelt (Fig. 6). Auch hier erscheint der Stachel bei voller Entwickelung etwas tiefer inserirt als die Knospe und drängt dieselbe ebenfalls unmerklich zur Seite. Aus der Stellung des dritten seitlich nach hinten fallenden Schuppenblattes des Achsel- sprosses ergiebt sich mit Sicherheit, dass nicht das erste, sondern das zweite Blatt des Sprosses metamorphosirt ist. Verfolgt man bei dieser Art die Blattspirale nach dem kurzen Wege, so kommt man beim Passiren der Blattachseln immer zunächst zu dem bogig zurückge- krümmten Schüppchen und dann erst zu dem Stachel. — Die übrigen Arten dieser Gattung, welche nur im getrockneten Zustande vorlagen, bieten zum Theil die lehrreichsten Uebergänge von Blättern zu Stacheln. Bei Atalantia Zeylanica Oliv. ist die Achsel des untersten Blattes eines jeden Zweiges steril; über der Insertion der folgenden Blätter, mag nun das Achselprodukt ein Laubspross oder ein Blüthenstand sein, sitzt an der einen Seite ein kräftiger, bis 3cm langer Stachel, an der anderen ein die Laubblätter in Form und Nervatur genau kopirendes, aber nur 5 mm langes Blättchen (Fig. 7); in einem Falle (mitten am Zweige) war der Stachel nicht zur Ausbildung gelangt; statt seiner befand sich an der Basis der Inflorescenz ein getreues Spiegelbild des gegenüberstehen- den Blättchens. — Bei Atalantia (Sclerostylis) buwifolia Benth. ist die dem Stachel opponirte Schuppe wieder sehr minutiös, linealisch und kaum l1mm lang. — Besonders interessant ist Atalantia monophylla Corr., weil die Umwandlung der untersten Schuppen der Achselsprosse gewöhnlich auf einer intermediären Stufe stehen bleibt (Fig. 8). Hier finden sich über der Blattachsel zwei opponirte, gewöhnlich etwas un- gleich stark ausgebildete Blättchen von 2-5 mm Länge, die bei ihrer Starrheit schon deutlich einen stachelähnlichen Charakter zeigen, sich von den ächten Stacheln aber dadurch unterscheiden, dass sie platt- gedrückt oder wenigstens auf der Innenseite abgeflacht und an der Spitze gewöhnlich stumpflich sind; an anderen Zweigen desselben Exem- plars findet man öfters eins der Blättchen in einen kräftigen bis 5 mm langen Stachel verwandelt. Es muss hier ausdrücklich hervorgehoben werden, dass, wie in allen anderen vorher besprochenen Fällen, so auch bei Atalantia die Ausbildung (Grösse, Form und Richtung) der Blätt- chen resp. Stacheln davon ganz und gar unabhängig ist, ob die Achsel- Bedeutung der Stacheln bei den Aurantieen. 317 knospe sich zu einem Zweige entwickelt oder als schlafendes Auge kaum sichtbar bleibt. Denkt man sich bei Atalantia monophylla beide primären Blätt- chen des Achselsprosses stachelich verdickt, so erhält man ohne weiteres die mit zwei Stacheln in den Blattachseln ausgerüstete Triphasia tri- foliata DC. Ein diesjähriger Zweig trägt an der Basis in der Achsel des Mutterblattes zwei ziemlich gleich grosse, 4—8 mm lange, durch- schnittlich unter einem rechten Winkel divergirende Stacheln; auf diese folgen einige wenige schwer wahrzunehmende basale Schüppchen, darauf die gedreiten Laubblätter, welche an den Seitenzweigen sich in der Horizontalen ausbreiten. Die 1—2 untersten Laubblätter führen ru- hende Knospen mit dicht anliegenden, undeutlichen Schüppchen; hier und da haben sich aber die beiden transversalen Schüppchen aufge- richtet und warzenförmig verdickt oder gar in kleine Stacheln verlängert; in den Achseln der folgenden Blätter stehen endlich die normalen Stacheln, zwischen welchen die ruhende Knospe durch ein schräg nach hinten fallendes Schüppchen markirt wird. Würde Triphasia allein studirt oder überhaupt zum Vergleiche herangezogen worden sein, so ‚hätte man unmöglich dazu gelangen können, in ihren Stacheln verwandelte Achselsprosse zu erkennen; nur die ganz einseitige Betrachtung der stark bewehrten Citrus-Formen konnte zu jener irrthümlichen Auffassung führen: wieder ein Beweis, dass das Herausgreifen einer oder weniger Formen aus einer verwandt- schaftlich zusammengehörigen Gruppe, selbst wenn man, wie es DEL- BROUCK gethan hat, die Entwickelungsgeschichte zu Hülfe nimmt, ganz falsche Resultate ergeben kann, wenn nicht das vergleichende Studium möglichst zahlreicher Arten die morphologische Deutung kon- trollirt. Bei oberflächlicher Betrachtung von Triphasia. hätte man viel- mehr glauben können, die Stachein seien verwandelte Nebenblätter der Blätter der relativen Hauptaxe, wozu die Stellung einigermassen be- rechtigt. Allein die Rutaceen, zu welchen BENTHAM und Hooker, wie auch ENGLER die Aurantieen als Tribus rechnen, besitzen niemals Stipulae, auch Peganum nicht, welche Gattung nach den beiden erst- genannten Autoren!) ganz allein mit Nebenblättern ausgestattet sein soll und von ENGLER?) sowohl aus diesem Grunde als wegen des Fehlens der pelluciden Punktirung der Blätter und der Verwachsung der Karpelle von den Rutaceen entfernt und zu den Zygophyllaceen ge- bracht wird. Man erkennt den wahren Charakter der sogenannten Stipulae 2. B. von Peganum Harmala am leichtesten, wenn man einen diesjährigen Zweig dicht an der Basis vom Wurzelstock abreisst und die Ausbildung 1) Benth. et Hook. Gen. Plant. I. 279. 2) Engl. Stud. über die Verwandtschaftsverhältnisse der Rutaceae etc. in Abh. der Naturf.-Gesellsch. zu Halle. XTII. 2. p. 16. 318 I. Urban: Bedeutung der Stacheln bei den Aurantieen. der Blätter der Reihe nach von unten nach oben verfolgt (Fig. 10 bis 18). Sämmtliche Blätter sind ungestielt, mit breiter Basis sitzend, die untersten schuppig und ungetheilt, die nächsten an der abgestutzten Vorderseite gezähnt oder eingeschnitten, die folgenden bis über die Mitte handförmig gespalten und am äusseren Rande in ungleicher Höhe und in ungleich starker Ausbildung ein oder mehrere pfriemliche Zähn- chen führend, von denen aber keines bis zur Basis hinabrückt, die übrigen endlich bis zur Basis handförmig getheilt. Die Segmente sind wiederum bis fast zum Mittelnerven zerschlitzt und zwar die innersten am stärksten, die äusseren weniger, die äussersten sind meist ganz un- getheilt. Diese letzteren nun haben, je nachdem die Theilung gerade vor sich gegangen ist, bald einen pfriemlichen Umriss, bald gleichen sie den Zipfeln der übrigen Segmente, gewöhnlich sind sie zu einem, bisweilen aber auch zu zweien vorhanden, selten auf beiden Seiten der Blätter gleichmässig entwickelt; fast immer, besonders auffällig aber an den aufeimanderfolgenden Blättern, sind sie von sehr ungleicher Länge, Form und Consistenz; ja sie gehen nicht einmal immer an der Basis ab und können selbst in ihrer nebenblattähnlichen Ausbildung an der einen Seite ganz fehlen: alles Eigenschaften, welche man bei ächten Nebenblättern nicht beobachtet. Dazu kommt, dass Zipfel ganz gleicher Form und Grösse auch zwischen den primären Segmenten an ihrer Basis auftreten. Es ergiebt sich daraus mit Sicherheit, dass die so- genannten Nebenblätter bei Peganum nichts anderes als die äussersten Zipfel des handförmig getheilten Blattes sind. | Viel eher als jene Zipfel bei Peganum könnte man die Dornen bei gewissen Arten von Zanthoaylum, welche Gattung ebenfalls zu den Rutaceen gerechnet wird, für umgewandelte Nebenblätter ansehen, vor- ausgesetzt, dass man von ihrer Natur als Oberhautgebilde gänzlich abstrahirte. Die Anordnung dieser Dornen zu beiden Seiten der Blatt- insertion ist bei mehreren Arten wirklich frappant. Während dieselben bei Z. aromaticum W., brachyacanthum F. Müll., myriacanthum Wall., Rhetsa Roxb., tetraspermum W. et Arn. ohne jede Ordnung aus der Axe und meist auch in schwächerer Ausbildung aus dem Mittelnerven der gefiederten Blätter abgehen, treten sie bei Z. acanthopodium DC» mit Vorliebe zu beiden Seiten des Blattstieles an derjenigen Stelle auf, wo bei anderen Familien die Nebenblätter sitzen; bei Z. alatum Roxb., Z. Jraxineum W., Z. piperitum DC. finden sie sich aber nur und zwar konstant an diesem Orte. W. Zopf: Stützen zur Theorie von der Inconstanz der Spaltalgen. 319 Erklärung der Tafel. Fig. 1, 2. Zweigtheile von Citrus longifolia (3:1); die Kreise oder Halbkreise be- deuten, wie in den folgenden Figuren, die Narben der abgeschnittenen Blätter. Fig. 3, 4. Zweigtheile von Citrus hystrix (2:1), 3 mit der Narbe des untersten Blattes. Fig. 5, 6 von Atalantia spec. indef. (3:1), 5 mit der Narbe des untersten Blattes. Fig. 7 von Atalantia ceylanica (1:1) mit angedeutetem Laubblatt (L), Achselspross (A), Stachel, letzterem gegenüberstehenden ovalen Blättchen (N) und einem weiteren basalen Schüppchen. Fig. 8 von Atalantia monophylla (3:1) mit den beiden etwas ungleichen stachel- ähnlichen, basalen Blättchen an der ruhenden Knospe. Fig. 9 von Triphasia trifoliata (3:1). Eig. 10—18. Blätter von Peganum Harmala (in natürlicher Grösse), die ersteren von dem untersten Stengeltheile, die letzteren von dem mittleren; 18 mit ab- geschnittenen Zipfeln. 43. W.Zopf: Weitere Stützen für meine Theorie von der Inconstanz der Spaltalgen (Phycochromaceen). (Mit Tafel IX.) Eingegangen am 17. Juli 1883. 1. Tolipothrix amphibica Zopf. Die Pflanze trat mir in einer Oultur entgegen, in welcher ein Hypnum-artiges Moos erzogen wurde. Sie fand sich anfangs nur zwischen dem Protonema des Mooses in grossen Mengen durch einander wachsen- der, verzweigter Fäden. Später wanderten gewisse Zustände nach der Oberfläche des Wassers, wo sie theils eine kahmhautartige, die ganze Cultur überziehende, continuirliche Decke bildeten, theils sich an die Glaswand des Gefässes anlegten, um auch hier schliesslich eine Haut darzustellen. Wir haben also bei dieser Alge eine wasserbewohnende Form und eine an der Oberfläche des Wassers vegetirende Luftform zu unterscheiden. Die Wasserform der Alge wird repräsentirt durch einen fädigen Entwickelungszustand, der sich morphologisch dem Tolypothrix- artigen Typus anschliesst (Fig. 1). Anfangs sind die Fäden unver- zweigt. Sie bestehen aus längeren Stäbchen, welche sich in kürzere 320 | W. Zopf: theilen, bis diese endlich durch nochmalige Theilung in etwa isodia- metrische Zellen gegliedert werden. Der Inhalt der längeren, wie der kürzeren Zellen zeigt keinerlei bemerkenswerthe Eigenschaften. Unter Umständen erlangen die bald geraden, bald unregelmässig gekrümmten, bisweilen mit schwach spiraligen Windungen (Fig. 2) versehenen Fäden eine relativ bedeutende Länge, oft über l1cm, während ihre geringe Breite zwischen 4--6 Mikrom. schwankte. Umhüllt sind die Fäden von einer deutlichen Scheide (Fig. 1). Eine Differenzirung in gewöhn- liche, vegetativ bleibende Zellen und in Heterocysten kam an den zahlreichen Fäden, die der Beobachtung unterworfen wurden, nie- mals vor. | Innerhalb der Scheide erfolgt in der Regel eine Fragmentirung des Fadens in der Weise, dass an einer beliebigen Stelle des letzteren eine Querwand sich in zwei Lamellen differenzirt und diese sich nun gegeneinander abrunden. Die Fadenfragmente (Hormogonien) treten nach oben oder nach unten hin aus der Scheide aus (Fig. 1h). Unter- bleibt das Austreten und selbst das Auseinanderrücken der Fragmente, so wächst in Folge intercalarer Theilungen der Zellen das eine Frag- ment an dem andern vorbei, die Scheide durchbrechend und nun einen Pseudozweig bildend nach Tolypothriz-Art. Oft sieht man sehr lange Fäden mit nur einem einzigen Zweig versehen. Reichliche Ver- zweigung, wie sie bei verwandten Formen so häufig, scheint niemals vorzukommen. Luftform. Ungleich wichtiger als die vorstehende Characteristik der Wasser- form, die nur den Zweck der Wiedererkennung der Pflanze im Auge hat, sind die Vorgänge, welche zur Bildung der als Luftform auf- tretenden Chroococcaceenform führen. Sie entwickelt sich aus den Fadenfragmenten (Hormogonien). Diese Fadenstücke besitzen, wie gewöhnlich, eine sehr ungleiche Länge, manche bestehen nur aus 3 Zellen, manche aus mehreren oder vielen (oft 20—30 und wohl noch mehr) (Fig. 1h; 3). Ein jeder Faden ver- mag bei der relativ grossen Länge und der fortgesetzten Theilungs- fähigkeit der Zellen des in der Scheide zurückbleibenden Theils eine ganze Anzahl von Fragmenten zu produciren, und da meine Cultur die Fäden in grossen Massen enthielt, so mussten zahllose Hormogonien zur Ausbildung kommen. Diese Fragmente blieben nun zu einem kleineren Theile im Wasser und schmiegten sich den Protonemazweigen des erwähnten Mooses an, dieselben stellenweis fast dicht umkleidend; zum überwiegend grösseren Theile aber wanderten sie an die Oberfläche des Wassers. Hier lagerten sie sich dicht zusammen nnd zwar meist in paralleler Rich- tung und bildeten durch Verkleben ihrer äusserst dünnen Gallerthülle Stützen zur Theorie von der Inconstanz der Spaltalgen. 321 eine ganz continuirliche, fettartig glänzende Haut, die dem äusseren Anseben nach eher einer Spaltpilzkahmhaut, denn einer Algen- masse ähnlich sah. Anfangs war diese continuirliche Decke äusserst dünn, ım Laufe eines halben Jahres aber verdickte sie sich bis zu 2 mm. Man hätte vermuthen können, dass auch die oben beschriebenen fädıgen Stadien im Laufe der Zeit nach oben wandern und sich an der Hautbildung betheiligen würden, allein die Decke war und blieb die reinste Hormogonienmasse. Höchst interessant ist nun die einfache Art und Weise, wie sich die Hormogonien in steter unmittelbarster Berührung mit der Luft weiter entwickeln. Es sind dabei folgende Punkte hervorzuheben: 1. Unmittelbar nach der Befreiung des Hormogoniums aus der Scheide zeigen die in der Regel isodiametrischen Glieder noch vollkommen die ursprüngliche Oylindergestalt, wie sie in Fig. Ih dargestellt ist. 2. Einige Zeit nach ihrem Freiwerden aber (24—48 Stunden) lassen diese Glieder schon eine nicht unwesentliche Formveränderung erkennen. Sie erscheinen jetzt nämlich deutlich bauchig und bilden zusammen einen zierlichen Rosenkranz (Figg. 3, 4). Man kann diese Gestaltveränderung selbst bei Oultur im hängenden Tropfen oder unter dem Deckglas verfolgen. 3. Im Laufe der weiteren Oultur wird die Gestalt der Glieder noch weiter verändert, indem sie eine neue, auf der ursprünglichen senkrecht stehende Wachsthumsrichtung einschlagen, d.h. sich quer zur Längsachse des Fragments strecken und zwar bis zu dem Grade, dass die Glieder schliesslich das doppelte der ur- sprünglichen Breite erreichen und so das Hormogonium nicht mehr als drehrunder Faden, sondern als Band erscheint (Fig. 5). 4. Die Querstreckung hält nicht immer in allen Gliedern desselben Hormogons gleichen Schritt, namentlich an längeren, vielzelligen Fragmenten ist dieselbe häufig auf verschiedene Punkte lokalısirt, die Hormogonien zeigen natürlich in diesem Falle ungleiche Breite der verschiedenen Regionen (Figg. 5, 6). Namentlich häufig sind es die terminalen Glieder, welche bei der Querstreckung zurück- bleiben. Sie sterben dann bisweilen ganz ab, verlieren ihren In- halt und bleiben als farblose Heterocysten (Fig. 5H) mit zarter Membran der Hormogonie anhängend. Bald wandelte sich nur die eine bald beide Endzellen zu solchen sterilen Gliedern um. Während also in den ursprünglichen Fäden der Tolypothrix Hetero- eystenbildung nicht ertolgt, erscheint sie an den Hormogonien deutlich ausgeprägt. 21 D.Botan.Ges.1 322 10. 11. W. Zopf: Haben die Glieder der Hormogonien durch Querstreckung ganz oder nahezu das Doppelte der ursprünglichen Breite erreicht, so gehen sie Längstheilung durch eine mediane Wand ein (Fig. 5a, 6a), wodurch das Hormogonium in seiner ganzen Ausdehnung, oder an einem oder mehreren Punkten zweireihig erscheint, eine Zellfläche darstellend. Die Theilstücke erscheinen wieder etwa isodiametrisch. . Später strecken sich die Theilglieder wiederum quer zur Längs- achse des Hormogoniums, aber diesmal in einer auf der vorigen senkrechten Richtung, um sich dann wiederum durch eine me- diane Längswand zu theilen. Auf diesem Wege wird also die Zellfläche des Hormogons zu einem vierkantigen Zellkörper (Fig. 7 bei c). Man findet häufig Hormogonien, welche an der einen Stelle noch auf dem Stadium des Zellfadens verharren (Fig. 7a), an einer anderen Stelle wenigstens zur Flächenbildung vorgeschritten (Fig. 7b) und an einer dritten bereits zur Bildung der Körper- form gelangt sind (Fig. 7 ce). Die Streckung und Theilung nach dem bisherigen Modus ging aber in den körperlichen vierreihigen Colonieen noch viel weiter, theils gleichmässig an allen Stellen der Colonie, theils in lokali- sirter Form. So kamen relativ grosse, meistens unregelmässige Zellkomplexe zu Stande (Fig. 8, 9). Die Theilzellen, sowohl der Flächen- als der Körperform, zeigen stets die Tendenz sich gegeneinander etwas abzurunden (Fig.8d; Fig. 9). Hiermit hängt der Umstand zusammen, dass die bezüg- lich des Theilungsgrades gleich oder verschieden weit vorge- schrittenen Stellen des ursprünglichen Hormogons eine Lockerung ihres Verbandes erfahren und mechanische Eingriffe (starke Er- schütterungen, Präparation) leicht eine Lösung desselben hervor- rufen. Die Theilzellen der Colonieen vergallerten ihre Membran, jedoch nicht in auffallendem (Grade. Sie verändern normaler Weise allmählich ihre Färbung, indem die deutlich blaugrüne Farbe der noch einfachen Hormogonien einen etwas mehr ins Grüne hineingehenden Ton erhält!). (Abnorm gewordene Colonieen erhalten einen dunkel blaugrünen Ton.) Die soeben characterisirten, aus den Gliedern der schlank cylindri- schen Hormogonien durch Theilungen nach allen drei Richtungen des Raumes entstandenen Zellkomplexe machen auf den ersten Blick den Eindruck einer Chroococcaceen-artigen Bildung und zwar zeigen sie Anklänge an Chroococcus-Haufen, zumal wenn sie bereits massig und 1) In der Figur ist dieser Farbenton nicht besonders hervorgehoben. Stützen zur Theorie von der Inconstanz der Spaltalgen. 323 unregelmässig geworden sind. Meine Bemühungen, zu ermitteln, ob diese Entwickelungsform bereits beschrieben sei und unter welchem Namen, haben zu keinem sicherem Resultate geführt. Hält man den Ausgangs- und Endpunkt der Entwickelung — das Tolypothrix-Stadium und das Uhroococcaceen-Stadium, wie ich es nennen will — unter Hinwegdenkung aller Zwischenformen neben einander, so sollte man kaum glauben, dass Beide in der That Entwickelungsformen ein und derselben Pflanze darstellen. In dem Maasse, als die Chroococcus-ähnlichen Colonieen zahlreicher und massiger wurden, trat in der Oultur die Tolypothrix-Form zurück, um schliesslich gänzlich zu verschwinden. Auch die Form der noch einfachen Hormogonien verschwindet endlich vom Schauplatz der Entwickelung und es bleibt nunmehr nichts übrig, als die Chroococcaceen- Form. Hätte ıch zufällig die Cultur erst in diesem Stadium unter- sucht, ohne die vorausgehenden Entwickelungsphasen studirt zu haben, so würde sich offenbar zunächst gar kein Anhaltspunkt haben finden lassen, wohin die Colonieen wohl genetisch gehören möchten. Besonders hervorgehoben zu werden verdient der Umstand, dass die Entwickelung der Pflanze bis zur massigen Ausbildung der Ohroo- coccaceen-Form äusserst langsam vorschreitet. Sie brauchte ın. meiner Oultur 14 Jahr. Eine ähnliche Langsamkeit bezüglich der Form- veränderung der Entwickelungsstadien habe ich noch bei manchen ar- deren Phycochromaceen in den Culturen zu beobachten Gelegenheit ge- habt und glaube, dass die meisten Arten der Gruppe sich in dieser Beziehung unserer Pflanze anschliessen werden. Man darf sich durch die Langwierigkeit solcher Culturen nicht abschrecken lassen, das Endresultat fällt um so lohnender aus. In meiner Arbeit „Zur Morphologie der Spaltpflanzen* wurde der Nachweis geführt, dass eine Tolypothrix-artige Spaltalge (Tolypothrix Nostoc Zopf) einen Entwickelungszustand producirt, der dem Character typischer Nostoc-Oolonieen entspricht. Man könnte nun erwarten, dass auch die anderen Tolypothris-Arten ähnliche Zustände produciren wür- den. Allein wir sehen das Endstadium der Entwickelung von T. am- phibica hat offenbar einen ganz anderen, Ohroococcaceen-artigen Cha- racter und weicht ausserdem durch die Bildung der oben beschriebenen Kahmhaut auch schon habituell von jenen Nostoc-Colonieen wesentlich ab. Bisher hielt man an der Annahme fest, dass die Zellen Scytonemeen- artiger Algen, speciell also auch die Repräsentanten der Gattung Toly- pothris sich nur in einer Richtung, nämlich quer zur Längsachse des Fadens theilen könnten. Das vorliegende Beispiel aber giebt einen unzweifelhaften Beleg für die Unrichtigkeit dieser Annahme. Denn die aus der Scheide entleerten Hormogonien können sich nach zwei und selbst nach allen drei Richtungen des Raumes theilen, wie dies be- kanntlich in den Fäden der Sirosiphoneen geschieht. 324 W. Zopf: Stützen zur Theorie von der Inconstanz der Spaltalgen. Ein anderes Beispiel für diese Theilungsweise habe ich bereits früher geliefert durch die Beobachtungen an den Hormogonien von Tolypothriz Nostoc!), deren Zellen sich gleichfalls nach zwei Richtungen zu theilen vermögen. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. Figs9. Erklärung der Tafel. Tolypothrix amphibica Zopf. Fig. 1—9 540 Mal vergrössert. Stück einer verzweigten Pflanze. Ah ein im Austreten aus der Scheide be- griffenes Fadenstück, in nahezu isodiametrische Zellen gegliedert; s Scheide. Schön spiralig gewundenes Fadenstück. Hormogonium etwa 24 Stunden nach seinem Austritt. Die Zellen beginnen sich seitlich auszubauchen. Ein Hormogonium etwa 48 Stunden nach seiner Befreiung. Seine Glieder zeigen nicht bloss einen grösseren Querdurchmesser, sondern sind auch schon deutlicher bauchig geworden. Hormogonium, dessen Glieder sich z. Th. noch bedeutender in die Breite gestreckt haben. An einer Stelle (bei a) sind 2 Glieder bereits eine Längs- theilung eingegangen, sodass jedes aus 2 etwa isodiametrischen Zellen besteht. Kleineres Hormogon, eine Zelle gleichfalls schon mit Längstheilung ver- sehen (bei a). | Hormogon, dessen quer gestreckte Glieder bei a noch ungetheilt sind, bei 5 durch Längswände, welche senkrecht auf der Ebene des Papiers stehen, gegliedert erscheinen. Bei c haben sich 2 quergestreckte Zellen, zunächst senkrecht zur Papierebene, getheilt, dann haben sich die Theilstücke senk- recht zur Papierebene gestreckt und nunmehr je eine Theilung in der Papierebene erfahren. Hormogon, dessen Zellen beia noch ungetheilt, bei 5 nach zwei, bei c nach drei Richtungen des Raumes erfolgt sind. Bei d sind die Theilungen noch weiter gegangen und haben bereits zu kleinen traubigen Körpern geführt. Ein aus einem Hormogonium hervorgegangener Zellkomplex, dessen Zellen bereits stärkere Rundung annehmen (Chroococcaceen-Zustand). 1) Zur Morphologie der Spaltpflanzen pag. 55. K. Wilhelm: Ueber eine Eigenthümliehkeit der Spaltöffnungen bei Coniferen. 395 44. K. Wilhelm: Ueber eine Eigenthümlichkeit der Spaltöffnungen bei Coniferen. Vorläufige Mittheilung. Eingegangen am 19. Juli 1883. Bei der Herstellung von Präparaten aus Coniferennadeln war mir schon vor längerer Zeit die stets vorhandene, vollständige Ausfüllung der „äusseren Athemhöhle“!) mit einer feinkörnigen, ım durchfallenden Lichte dunkeln Masse aufgefallen. Im Sommer des vorigen Jahres begann ich den Sachverhalt, welchen ich in der mir zugänglichen Literatur nirgends erwähnt fand, einer genaueren Untersuchung zu unterziehen. Dieselbe musste jedoch bald wegen anderweitiger drin- gender Geschäfte unterbrochen werden, welche mich auch gegenwärtig noch an der unausgesetzten Bearbeitung des Themas in dem geplanten Umfange verhindern. Immerhin bin ich aber jetzt schon zu einigen nicht uninteressanten Resultaten gelangt, die nachstehend in Kürze mit- getheilt sein mögen. Ich nehme die Nadel der Weisstanne, Adies pectinata DC., zum Ausgangspunkte. Die Rückseite derselben zeigt die bekannten weissen Streifen, je einen zu beiden Seiten des nur wenig vortretenden grünen Nerven. Diese ungefähr 0,3 mm breiten Streifen erscheinen unter der Lupe auf gleichmässig weissgrauem Grunde rein weiss getüpfelt. Die Tüpfel entsprechen den einzelnen Spaltöffnungen, und sind gewöhnlich in 5—7 Längsreihen geordnet, in diesen jedoch nicht ganz gleichmässig vertheilt, indem die Entfernung zwischen je zwei benachbarten Spalt- öffnungen der nämlichen Reihe wechselt. Unter dem Mikroskope, an einem sorgfältig hergestellten, in Wasser liegenden Präparate, zeigt sich die Oberfläche der Nadel in der Aus- dehnung der weissen Streifen von einem Haufwerk unregelmässig ge- formter Körnchen bedeckt, deren Masse wenig durchsichtig, grau oder schwärzlich erscheint?). Die Spaltöffnungen sind durch gleichmässig 1) Bekanntlich sind bei den Coniferen die Schliesszellenpaare unter die Epi- dermisoberfläche versenkt, so dass über jeder Spaltöffnung ein von den benachbarten Oberhautzellen begrenzter Hohlraum entsteht, zu dessen kurzer Bezeichnung ich obigen, meines Wissens zuerst von Kraus (Pringsheim’s Jahrb. f. wiss Bot. IV. $. 320) gebrauchten Ausdruck wähle, dessen sich kürzlich auch Tschirch (Linnaea, Bd. XLIII, S. 140) bediente. 2) Vergl. de Bary, Bot. Zeit. 1871. Sp. 135. — Thomas, Zur vergleichenden Anatomie der Coniferen-Laubblätter. Jahrb. f. wiss. Bot. IV. 8. 28. eb K. Wilhelm: dunkle, vollkommen undurchsichtige, fast schwarze Flecke von recht- eckiger oder ovaler Gestalt bezeichnet (Fig. 1 des Holzschnittes am Ende dieser Mittheilung). Präparate von genügender Dünne, welche nur die Epidermis enthalten, lehren, dass diese Flecke durch besonders reichliche Anhäufungen kleiner Körnchen verursacht sind. Zusatz von absol. Alkohol hellt das Bild sofort auf. Das Körnchenhaufwerk zwischen den dunklen Flecken wird nun so durchsichtig, dass die Struktur der von ihm bedeckten Epidermis deutlich hervortritt. Gleichzeitig bewirkt der Alkoholzusatz den Austritt von Luftblasen aus den dunkeln, den Spaltöffnungen entsprechenden Flecken, und lässt nun jene selbst sicht- bar werden. Die zum Spalteneingang führende, rechteckig begrenzte Vertiefung, die äussere Athemhöhle, zeigt sich nun von einer farblosen oder schwach bräunlichen, feinkörnigen Masse vollständig ausgefüllt Letztere greift in Form lockeren Körnchenhaufwerks auch etwas über den Rand der Oeffnung hinüber (Fig. 2 u. 4). Die eben beschriebenen Erscheinungen waren bei allen unter das Mikroskop gebrachten Spaltöffnungen sämmtlicher untersuchten Weiss- tannennadeln zu jeder Jahreszeit zu beobachten, mochten die letzteren erst aus der Knospe getreten, oder mehrjährig sein, aus Stadtgärten oder aus dem Walde stammen. Die lückenlose Erfüllung ihrer äusseren Athemhöhlen mit einer feinkörnigen, in kaltem Alkohol momentan un- löslichen Substanz muss daher als ein allgemein verbreitetes und kon- stantes Vorkommen betrachtet werden. Die Zwischenräume zwischen den sehr kleinen Substanzkörnchen sınd mit Luft erfüllt, welche bei Alkoholzusatz oder vorsichtigem Erwärmen in Blasenform entweicht. Dass diese Luft wirklich aus der Ausfüllungsmasse hervortritt, und nicht etwa aus der Spalte selbst oder aus der inneren Athemhöhle, machten dünne Präparate, bei welchen die Schliesszellen durch den Schnitt entfernt waren, und nur die OÜberhaut vorlag, ganz zweiffellos. Was die stoffliche Natur der Ausfüllungsmasse anbetrifft, so muss die letztere als ein „wachsartiger“ Körper betrachtet werden. Kalter Alkohol lässt sie zunächst ungelöst — erst nach längerer Einwirkung scheint eine theilweise oder vielleicht auch vollständige Lösung einzu- treten, worüber ich jedoch zur Zeit noch keine erschöpfenden Angaben machen kann!). Heisser Alkohol dagegen löst rasch und vollständig, was Aether in der Regel, Chloroform immer schon bei gewöhnlicher Temperatur thut. Fig. 3 zeigt ein mit Aether behandeltes Präparat. Die Substanz lässt sich auch durch Ausschmelzen unter Wasser ent- fernen. Wird hierbei vorsichtig verfahren, so tritt aus jeder Spalt- öffnung zunächst eine Luftblase, an deren Oberfläche sich beim Er- kalten oft zierliche stabförmige Krystalle niederschlagen. Diese 1) In ganz jungen Nadeln scheint die Ausfüllungsmasse gegen kalten Alkohol weniger widerstandsfähig zu sein, als in ein- oder mehrjährigen. Ueber eine Eigenthümlichkeit der Spaltöffnungen bei Coniferen. 327 Erscheinungen und Reaktionen sprechen deutlich für die Wachsnatur des fraglichen Körpers!), welcher höchst wahrscheinlich mit dem kör- nigen Wachsüberzug der Oberhaut selbst, identisch ist, der durch de Bary als solcher erkannt und beschrieben wurde?), und nach Wiesner ein Gemenge wachsartiger Körper mit Glyceriden darstellt ?). Die vollständige Erfüllung der äusseren Athemhöhle mit einer wachsartigen Substanz wurde weiterhin gefunden bei allen hierauf unter- suchten Abietineen, und zwar bei Abies Nordmanniana, A. Pichta, A. cephalonica, ferner bei A. Pinsapo, A. Fraseri, A. nobilis, A. lasiocarpa, -— welch’ letztgenannte vier Tannenarten auch auf der Oberseite der Nadeln mehr oder minder zahlreiche Spaltöffnungen besitzen®) —, Tsuga Douglasü, Picea excelsa, Larix europaea, Cedrus atlantica, C. Deodara, Pinus silvestris, P. Cembra, P. Strobus; dann bei manchen Cupressineen, so bei Juniperus communis, nana, Sabina, virginiana, Chamaecyparis Lawsoniana;, nicht bei Taxus baccata. Bei einigen der genannten Cupressineen finden sich solche „verstopfte“* Spaltöffnungen auffallenderweise auch an sehr geschützten Stellen. So liegen z.B. bei den schuppenförmigen Nadeln von Juniperus Sabina und virginiana die Spaltöffnungen sowohl auf der Innenfläche der freien, d.h. mit dem Zweig nicht verwachsenen, ihm aber mehr minder dicht angedrückten Spitze, als auch an der Aussenseite (Rückenfläche) des am Zweig her- ablaufenden Theiles, längs des mit der gegenüberstehenden Nadel ver- wachsenen Randes, wo sie schon mit der Lupe als weisse Pünktchen kenntlich sind. Wo nun die Nadeln dichter stehen, ist ein grosser Theil dieser letzteren Spaltöffnungen, resp. der sie tragendenden Nadel- fläche, von den nächstunteren Nadeln bedeckt, -——- nichtsdestoweniger sınd aber auch in diesem Falle, ebenso wie auf der Innenseite der Nadelspitze, die äusseren Athemhöhlen in der beschriebenen Weise aus- gefüllt, und die Epidermis selbst mit einem Körnchenüberzug versehen. Bei Chamaecyparis Lawsoniana mit gleicher Vertheilung der Stomata fand ich das Nämliche. — So unvollständig die mitgetheilten Beobachtungen auch sein mögen, so lassen sie doch die beschriebene eigenthümliche Verstopfung der äusseren Athemhöhlen als eine bei den Coniferen verbreitete Erschei- nung erkennen. Die Vermuthung liegt nahe, dass man es hier mit 1) Vergl. de Bary, Vergl. Anat. S. 86. Botan. Zeit. 1871. Sp. 132. 2) Bot. Zeit. 1871. Sp. 135. — Früher glaubte man es hier mit einem harz- ähnlichen Körper zu thun zu haben, eine Auffassung, welche von Link ausging und noch 1865 von Thomas (Jahrb. f. wiss. Bot. IV. S. 28) gegen Zuccarini verthei- digt wurde. 3) Wiesner, Ueber die krystallinische Beschaffenheit der geformten Wachs- überzüge pflanzlicher Oberhäute. Bot. Zeit. 1876. Nr. 15, Sp. 228. — 4) Hildebrand (Bot. Zeit. 1860. Nr. 17, S. 151) führt als Beispiel hierfür nur Abies cephalonica an, wo die Spaltöffnungen auf der Oberseite der Nadeln aber auch fehlen können. 328 | K. Wilhelm: einer Einrichtnng zu thun habe, deren Bestimmung darin liege, die Transpiration auf ein gewisses Maass herabzusetzen. Dass die bis jetzt darauf untersuchten immergrünen Nadelhölzer thatsächlich weniger transpiriren, als unsere Laubhölzer, ist durch von Höhnel’s sorg- fältige Arbeit „Ueber die Transpirationsgrössen der forstlichen Holz- gewächse*!) festgestellt, und zwar wurde das Verhältniss der Trans- pirationsintensität von Tanne, Fichte, Weissföhre und Schwarzföhre zu derjenigen der Laubhölzer für die Zeit vom 1. April bis 31. Oktober im Mittel wie 1:6 gefunden?). Ist nun auch die Transpirationsgrösse sicherlich von mehreren verschiedenartigen Faktoren beeinflusst, so wird man dennoch annehmen dürfen, dass für dieselbe eine so auf- fallende Erschwerung des Verkehres der inneren Athemhöhlen mit der Aussenwelt nicht gleichgiltig sein könne. Die Verdunstung aus den Blättern wird schon durch gewöhnliche Wachsüberzüge, welche die Spaltöffnungen frei lassen, erheblich verlangsamt, was Tschirch bei Eucalyptus experimentell nachgewiesen hat?). Wenn nun zu solchen Wachsüberzügen noch die in Rede stehende Verstopfung der äusseren Athemhöhlen tritt, welche den Gasaustausch zwischen den inneren Athemhöhlen und der Aussenwelt nur durch die dünnen Luftäderchen gestattet, die zwischen den feinen Körnchen der Ausfüllungsmasse vor- handen sind, so muss die Hemmung der Transpiration nothwendiger- weise einen noch höheren Grad erreichen. Man ist daher wohl be- rechtigt, die besprochene Eigenthümlichkeit vieler Ooniferen-Spaltöff- nungen als eine Schutzeinrichtung gegen übermässigen Wasserverlust zu betrachten. Als eine solche ist, nach Tschirch*), schon das Vor- handensein äusserer Athemhöhlen an sich anzusehen, durch welch’ letztere die vornehmlich in den nördlichen Waldgebieten heimischen immergrünen Coniferen vor den für diese Zone charakteristischen sommergrünen Laubhölzern, denen Schutzmittel zu solchem Zwecke fehlen, auffallend ausgezeichnet sind. Ob dies mit dem bei den Coni- feren minder vollkommenen Bau der Spaltöffnungen selbst zusammen- hängt, will Tschirch einstweilen noch dahingestellt sein lassen?). Die relative Uuvollkommenheit der Coniferenspaltöffnung erblickt der ge- nannte Autor ın dem Mangel des für die Angiospermen typischen Vor- und Hinterhofes, und in der hierdurch bedingten direkten Mündung der Centralspalte in das umgebende Medium (resp. die äussere Athem- 1) Mittheilungen aus dem forstlichen Versuchswesen Oesterreichs, herausgegeben von A. von Seckendorff. II. Band, 1. und 3. Heft. 2) Ebenda, 3. Heft, S. 292. 3) Tschirch, Ueber einige Beziehungen des anatomischen Baues der Assimi- lationsorgane zu Klima und Standort mit specieller Berücksichtigung des Spalt- öffnungsapparates. Linnaea, Bd. XLIII (IX der neuen Folge), S. 149. 4) 1.c. 8. 224 u. ff. 5) 1.c- 8.220 und 221. Ueber eine Eigenthümlichkeit der Spaltöffnnngen bei Coniferen.- 329 höhle) — ein Strukturverhältniss, welches auch die Spaltöffnungen der Cycadeen und Gefässkryptogamen charakterisirt!). — Schliesslich möchte ich noch bemerken, dass ich lange nicht glau- ben wollte, dass die konstante Verstopfung der Spaltöffnungen vieler Coniferen in der allgemein verbreiteten botanischen Literatur nicht schon beschrieben sei. Indessen scheint die Sache wirklich seit Link keine weitere Beachtung gefunden zu haben?). wie auch aus einer Be- merkung von Tschirch, der sich übrigens von dar Richtigkeit dep Angabe Link’s nicht zu überzeugen vermochte 3), hervorgeht. Das Interesse, welches meiner Meinung nach der berührte Gegen- stand darbietet, dürfte wohl diese vorläufige Mittheilung rechtfertigen und eine weitere Verfolgung des Themas erwünscht machen. Die voll- ständige Ueberdeckung des Spalteneinganges durch so reichliche An- häufungen von Wachskörnchen ist meines Wissens seit der vergessenen oder bezweifelten Angabe von Link nicht wieder beobachtet worden. de Bary sagt ausdrücklich, dass die untersuchten Schichtenüberzüge, sofern sie dem entfalteten Theile zukommen, die Spaltöffnungen frei lassen, oder wenigstens auf den Schliesszellen bis zur Unkenntlichkeit dünn seien®). In manchen Fällen, so bei Pinus und Agave, fand er den Ueberzug in der Umgebung der Stomata stärker, als auf den anderen Epidermiszellen?°). Nach Tschirch®) würde ein Vorkommen von Wachs in dem Vorhof, resp. der äusseren Athemhöhle, von vorn- herein im Widerspruch stehen mit der Funktion der Stomata: als Aus- führungskanäle zu dienen. Vielleicht war es diese, zunächst ja sehr naheliegende Erwägung, welche der Erkennung und Beachtung des eigenthümlichen Sachverhaltes bisher im Wege stand. Ich brauche wohl kaum erst ausdrücklich zu versichern, dass die beobachteten Wachsanhäufungen in den äusseren Athemhöhlen nicht etwa beim Präpariren hergestellte Kunstprodukte sind, — und hoffe, über die Ergebnisse meiner weiteren Untersuchungen dieses eigenthüm- lichen Strukturverhältnisses und seiner Verbreitung bald ausführlicher: berichten zu können. — 1) Tschirch, Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Spaltöffnungsapparates. Verhandl. d. bot. Ver. d. Prov. Brandenburg. 1880. S. 116. 2) Link, Ueber die Familie Finus und die europäischen Arten derselben (Ab- handl. d. kgl. Akad. d. W. zu Berlin. 1828. S. 158): „Eine andere Merkwürdigkeit der Blätter ist das sonderbare Verhalten der Spaltöffnungen. Sie sind nämlich mit einem Häutchen von einer harzähnlichen Masse ganz bedeckt, und man muss, um sie als Spaltöffnungen zu erkennen, erst durch heisses Wasser die Masse schmelzen und auf diese Art entfernen.“ Vergl. auch Thomas, Zur vergl. Anat. d. Coniferen-Laubblätter. Jahrb. f. wiss. Bot. IV. S. 28, 3) Linnaea, XLIII. Bd. S. 151. 4) Vergleich. Anat. S. 90. 5) Bot. Zeit. 1871. Sp. 138. 6) Linnaea, Bd. XLIII, S. 151. 330 K. Wilhelm: Ueber eine Eigenthümlichkeit der Spaltöffnungen bei Coniferen. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Oberhautstück aus der Unterseite einer jungen Weisstannennadel, eine Spalt- öffnung mit verstopfter äusserer Athemhöhle zeigend. Vergr. 750:1. Fig. 2. Das nämliche Präparat nach momentaner Einwirkung von absolutem Alkohol. Fig. 3. Dasselbe Präparat nach momentaner Einwirkung von Aether. Fig. 4. Stück eines Querschnittpräparates ans einer einjährigen Weisstannennadel nach momentaner Einwirkung von absolutem Alkohol, eine Spaltöffnung mit verstopfter äusserer Athemhöhle zeigend. Vergr. 750:1. H. Ross: Beiträge zur Anatomie abnormer Monocotylenwurzeln. 331 45. Hermann Ross: Beiträge zur Anatomie abnormer Monocotylenwurzeln (Musaceen, Bambusaceen). (Mit Tafel X.) Eingegangen am 20. Juli 1883. Die Wurzeln der Monocotylen zeigen im Allgemeinen den bekannten typischen Bau, von welchem verhältnissmässig wenige Ausnahmen be- kannt sind. Eine mehr oder minder starke Rinde, welche entweder während der ganzen Lebensdauer erhalten bleibt oder abgeworfen wird, umgiebt den Centralcylinder mit dem nach dem radiären Typus ge- bauten Gefässbündel. In schwächeren Wurzeln reicht der gefässführende Theil des Holzkörpers oft bis in das Centrum, und dann sind die inter- stitiellen Gewebemassen, welche hier der Kürze wegen „Füllgewebe“ genannt werden sollen, nur von geringem Umfange. In stärkeren da- gegen füllt dieses sehr verschieden beschaffene, oft markartige Gewebe die Mitte des Centraleylinders aus. In Bezug auf Anordnung und Vertheilung a einzelnen Gewebe- formen sind mehrere wesentliche Abweichungen bekannt. Die hier in Betracht kommenden bestehen darin, dass innerhalb der normalen, äusseren Gruppen des Gefässbündels sich noch ım Füllgewebe zer- streut liegende innere Xylem- und Phloömgruppen befinden. Solche im Einzelnen sehr verschiedenen Abnormitäten sind beschrieben worden von H. v. Mohl!) bei der Palme Jriartea; von Nägeli?) bei Chamae- dorea und Pandanus odoratissimus L. fil.,;, von van Tieghem?°) bei zahlreichen Aroideen, Dracaenaceen und Pandaneen; von De Bary) ‚ bei Strelitzia-Arten. Wittmack’) führt bei Musa Ensete an, dass die Leiter- und Leiternetzgefässe bis in das Centrum der ganzen Wurzel reichen; innere Phloö&mgruppen erwähnt er dagegen nicht. Eine allge- meine Beschreibung des Wurzelquerschnittes von Musa rosacea Jacq. findet sich in der vor wenigen Monaten veröffentlichten Dissertation von Carl Müller (Berlin)6). Die nachstehenden Mittheilungen be- schränken sich auf die Familie der Musaceen und die Gruppe der 1) H.v. Mohl, Vermischte Schriften, S. 159. 2) Nägeli, Beiträge z. w. Bot. Bd.I, p. 30. 3) Van Tieghem, Recherches sur la symmetrie de structure des plantes vas- eulaires. Annales des. sc. nat., 5. serie, t. 13, p. 149 ff. 4) De Bary, Vergleichende Anatomie, p. 376. 5) Wittmack, Musa Ensete, Linnaea 1867 (Dissertation), p. 62. 6) Carl Müller, Neue Helminthoceeidien und deren Erzeuger, p. 17 ff. 332 | | H. Ross: Bambusaceen unter den Gräsern. Bei den letzteren sind Abweichungen obenerwähnter Art überhaupt nicht bekannt gewesen. Alle bisherigen Untersuchungen beziehen sich nur auf völlig entwickelte Zustände. Sobald die äusseren Verhältnisse, welche den Abschluss der Arbeit nothwendig machten, es gestatten, soll der abnorme Wurzelbau auch bei anderen Familien der Monocotylen dargestellt werden. Die Familie der Musaceen umfasst vier Gattungen: Musa L., Strelitzia Ait., Ravenala Adans., Hekconia L. Musa. — Für eingehendere Untersuchungen empfahl sich die im hiesigen Botanischen Garten cultivirte M. Dacca hort. Die den Uen- traleylinder umgebende Wurzelrinde lässt eine Aussen- und Innen- rinde unterscheiden; die erstere besteht aus zahlreichen Schichten, deren meist unregelmässig-polygonale, parenchymatische Zellen lückenlos an- einandergrenzen. Aus einer nahe der Epidermis gelegenen Zellschicht geht ein durch centripetale Zellfolge sich entwickelndes Periderm her- vor, welches offenbar die Aufgabe hat, die selbst bei den ältesten Wurzeln noch erhaltene Rinde nach aussen zu schützen. Die Zellen der äusseren Schichten der Innenrinde sind ebenfalls unregelmässig, parenchymatisch, unterscheiden sich jedoch von den vorigen durch die stets vorhandenen Intercellularräume. Diese gehen allmählich in die oft nur wenige Lagen starke, sehr regelmässig gebaute innere Innenrinde über. Die Zellen der letzteren erscheinen im Querschnitte rechteckig, zwischen sich regelmässig Intercellularräume lassend; sie sind stets sehr regelmässig in radiale und concentrische Reihen geordnet. Darauf folgt als erste Schicht des Centraleylinders die Endodermis, deren Zellen durch stark verdickte Innen- und Radialwände ausgezeichnet sind. Auf die Endodermis folgt das einschichtige, ununterbrochen verlaufende Peri- cambium, dessen meist weitlumige parenchymatische Zellen stets zart- wandig bleiben. An dieses schliessen sich unmittelbar die abwechselnden, peripherischen Xylem- (Gefässe, Holzparenchym) und Phloömgruppen (Siebröhren, Cambiform) des radialen Gefässbündels (Fig. 1, A. X. und A.Phl.).. Das Xylem wird von drei bis sechs in centripetaler Richtung grösser werdenden Gefässen gebildet, die jüngsten, meist Spiralgefässe sind sehr enge, während das letzte oft bedeutend grösser ist als das vorhergehende und von demselben durch einige Zelllagen des Füllge- webes getrennt wird. Bisweilen convergiren zwei Gefässreihen \ -förmig und dann liegt das grosse Gefäss im Vereinigungspunkte derselben. Die Längswände der Gefässe zeigen, mit Ausnahme der jüngsten, leiter- und netzleiterförmige Verdickungen; die sehr schräge stehenden Quer- wände derselben sind mehr oder minder regelmässig leiterförmig durch- brochen. Alle grösseren Gefässe sind stets von einer einfachen, selten stellenweise doppelten Lage abgeplatteter Holzparenchymzellen umgeben (Fig. 2, Hp.). Die querspaltenförmigen Tüpfel zwischen denselben sind auf der Seite der ersteren meist stark, auf der anderen schwach oder Beiträge zur Anatomie abnormer Monocotylenwurzeln etc. 333 gar nicht behöft. Die Tüpfel zwischen den Holzparenchymzellen selbst sind gewöhnlich gross und nur sehr schwach behöft. Thyllen sind bei diesen wie bei anderen Musa-Arten sehr häufig. Zwischen diesen Xylemgruppen, deren Zahl bei starken Wurzeln oft vierzig übersteigt, liegen ebensoviele peripherische Phloömgruppen. Dieselben bestehen hauptsächlich aus stets zartwandigen, sehr verschieden langen, bald eng- bald weitlumigen Parenchymzellen (CGambiforen). Siebröhren finden sich in den gewöhnlich kleinen, äusseren Gruppen nicht immer; wo sie vorkommen, sind sie stets ziemlich enge und nehmen, wie solches H. v. Mohl bereits bei Palmenwurzeln hervorhebt !), eine möglichst weit gegen das Centrum gerichtete Lage ein (Fig. 2. S. in A.Phl.1). Es ist dieses offenbar eine Schutzvorrichtung für die relativ weitlumigen und zartwandigen Elemente. Einzelne der peri- pherischen Phloömgruppen reichen zwischen den Gefässen hindurch oft weit in das Innere (Fig.2, A.Phl. 2); der innerste Theil derselben wird dann hauptsächlich aus sehr weitlumigen Siebröhren zusammengesetzt, zwischen und um welche sich Cambiformzellen gruppiren. Die Sieb- platten stehen etwas schräge, haben ein einfaches, regelmässiges Sieb- feld und zeigten zur Zeit der Untersuchung (April, Mai) starke Oallus- bildungen (Fig. 4). Diese äusseren Xylem- und Phloömgruppen umschliessen Gewebe- massen, welche oben als Füllgewebe bezeichnet wurden. Dasselbe be- steht in diesem Falle aus prosenchymatischen, im Querschnitte poly- gonalen, lückenlos aneinander schliessenden Zellen, deren Wände stark verdickt und mit zahlreichen, schiefen, kleinen, spaltenförmigen Poren versehen sind. | In diesem augenscheinlich mechanischen Gewebe liegen, mehr oder minder unregelmässig vertheilt, zahlreiche weite Leiter- oder Leiternetz- gefässe (Fig. 1, J.X.), welche ebenfalls stets von abgeplatteten Holz- parenchymzellen umgeben sind und auch sonst mit den grossen äusseren Gefässen übereinstimmen. Zwischen diese inneren Gefässen sind zahl- reiche innere Phlo&mstränge eingestreut (Fig. 1. J. Phl.), welche meistens aus vielen Siebröhren und Cambiformzellen gebildet werden (Fig. 3). Die ersteren sind schon auf dem Querschnitte durch ihr grösseres Lumen leicht von den zwischen ihnen liegenden oder sie umgebenden Cambi- formzellen zu unterscheiden. Die Siebplatten sind wie bei den äusseren .Siebröhren beschaffen; Siebfelder auf den Längswänden, sowie irgend- welche Poren in den Wänden der Siebröhren oder Cambiformzellen bemerkte ich nie. Der Inhalt der Siebröhren führte besonders in der Nähe der Platten zahlreiche kleine Stärkekörnchen. Die Cambiform- zellen dieser Bündel sind meistens sehr verschieden lang. Die zwischen den Sıebröhren befindlichen sind stets viel kürzer, als die den Rand 1) Le. p. 158. 334 H. Ross: der Gruppe bildenden; einen Unterschied in ihrer Function konnte ich nicht nachweisen. Es fragte sich nun ferner noch, wie sich die einzelnen Phlo&m- gruppen zu einander verhalten, ob sie mit einander anastomosiren und so ein vielfach verzweigtes Bündelsystem darstellen, oder ob sie als gesonderte Stränge neben einander verlaufen. Ich untersuchte darauf- hin mehrere bis 40cm lange Wurzeln von M. Dacca auf consecutiven Querschnitten und fand, dass nur Theilungen folgender Art vorkommen Wenn ein inneres Bündel sehr umfangreich ist oder ein äusseres sich sehr weit gegen das Uentrum erstreckt, so wird dasselbe bisweilen, indem einige Zellen des Füllgewebes an geeigneter Stelle dazwischen- treten, in zwei, selten mehrere Bündel getheilt. Diese verlaufen nun entweder dauernd getrennt neben einander, oder sie vereinigen sich später wieder auf kürzere oder längere Strecken. Ein Anlegen eines Bündels an ein anderes, welches nicht mit ihm aus der Spaltung grösserer Bündel hervorgegangen ist, beobachtete ich nicht und daher kann man wohl nicht von eigentlichen Anastomosen sprechen. Dieselbe Anordnung und Beschaffenheit der Gewebeelemente wie bei Musa Dacca finden sich im Wesentlichen bei allen übrigen unter- suchten Arten: M. Cavendishiü Paxt., M. Ensete Gmel., paradisiaca L., rosacea Jacg., sapientum L. Abweichungen geringerer Art finden sich bisweilen; so ist eine der Rindenpartien bei der einen Art mehr ent- wickelt als bei einer anderen, oder die inneren Phloömstränge erscheinen in dem einen Falle im Querschnitte rundlich, im anderen länglıch. Ein gänzliches Fehlen der inneren Bündel konnte ich bei starken Wurzeln nie constatiren. Eine vollständige Darstellung des Centralcylinders der Wurzel von Musa sapientum ım Querschnitte wird die demnächst erscheinende sechste Abtheilung von Knys botanischen Wandtafeln bringen. Strelitzia. — Die Wurzeln aller von mir untersuchter Strelitzia- Arten zeigen ebenfalls einen sehr übereinstimmenden Bau. Es sind dieses: Strelitzia augusta Thunbg., St. farinosa Dry., St. humilis hort., St. Nicolai Rgl. et Kör., St. Reginae Ait. Die allgemeinen Anordnungen der Gewebe sind dieselben wie bei Musa. Die Rinde zeigt dieselbe Anzahl und Beschaffenheit der Schichten, ist meistens jedoch bedeutend stärker entwickelt. So betrug beispielsweise bei einer 20 mm dicken Wurzel von St. augusta der Durchmesser des Centraleylinders nur 4 mm. Diese Art und St. Nicolai!) entwickeln nicht wie Musa ein Periderm, sondern ein oder zwei Zelllagen der Aussenrinde unter der Epidermis verholzen und verkorken sehr bedeutend und so entsteht ein meistens vollkommen geschlossener Ring sehr widerstandsfähiger Zellen. Endo- 1) Die übrigen Arten zeigten in den vorhandenen Zuständen noch keine äussere Schutzschicht. Beiträge zur Anatomie abnormer Monocotylenwurzeln ete. 335 dermis und Pericambium sind ebenso wie bei der vorigen Gattung. Die peripherischen Xylem- und Phlo&mgruppen zeigen ebenfalls in Bezug auf die Anordnung nichts besonders Abweichendes; die letzteren sind durchschnittlich wenig umfangreich und enthalten dann auch nur selten Siebröhren; häufiger sind diese in den etwas weiter in das Innere sich erstreckenden Gruppen. Die Zellen des Füllgewebes sind weniger zu- gespitzt und nicht so stark verdickt, zeigen aber sehr zahlreiche, kleine, schräge Tüpfel. Zwischen den ebenfalls in diesem Gewebe sehr zahl- reich zerstreut liegenden Leitergefässen, welche ebenfalls stets von Holz- parenchym umgeben sind, finden sich die von Musa erheblich ab- weichenden inneren Phlo&mstränge. Dieselben bestehen, wie schon De Bary angibt, aus einer, selten mehreren, von Cambiformzellen um- gebenen Siebröhre. Die Siebplatten dieser wie der in den äusseren Gruppen vorkommenden Siebröhren stehen ausserordentlich schräge und zeigen zahlreiche, unregelmässig angeordnete Siebfelder (Fig. 5). Den peripherischen Phioömgruppen zunächst finden sich hin und wieder umfangreichere Stränge, welche dann wie bei Musa durch Abtrennung aus denselben hervorgegangen sind. Ravenala. — R. madagascariensis Son. (Urania speciosa Willd.) ver- hält sich ebenso wie die Strelitzia-Arten. Zum Schutze der Rinde verkorken und verholzen auch hier einige der äussersten Zelllagen der Aussenrinde. Die innere Innenrinde ist im späteren Alter meistens auf ein oder zwei Lagen von Zellen reducirt, während die äussere Innen- rinde mächtig entwickelt ist. Die inneren Phloömgruppen bestehen, wie bei Strelitzia, aus einer, selten zwei, von Uambiformzellen begleiteten Siebröhren (Fig. 6), deren Platten ebenfalls sehr schräg stehen und mehr oder minder unregelmässige angeordnete Siebfelder zeigen. Die äusseren Phloömgruppen reichen oft weit in das Innere und enthalten dann zahlreiche weite Siebröhren; Abtrennungen finden auch hier viel- fach statt. Die Zellen des Füllgewebes sind ausserordentlich stark ver- dickt, prosenchymatisch und mit zahlreichen grossen Poren versehen. Im Uebrigen ist Alles wie bei den vorigen Gattungen. ‘ Heliconia. — Die untersuchten Arten dieser Gattung verhalten sich wesentlich anders als die vorhergehenden Gattungen. Zunächst unter- suchte ich H. pulverulenta Lindl. Die Wurzelrinde, welche im Alter wie bei Musa von einem Periderm umgeben wird, zeigt ebenfalls eine Aussen- und Innenrinde; die innere Innenrinde ist meistens nnr wenige Lagen stark. Endodermis und Pericambium entsprechen auch noch denen bei den vorigen Gattungen; wesentlich anders verhalten sich jedoch die übrigen Theile des Centraleylinders. Die Vasalgruppen bestehen aus 4—6, centripetal grösser werdenden Gefässen; das letztere derselben ist häufig durch einige Zelllagen von dem vorhergehenden getrennt. Die grösseren Gefässe zeigen wiederum leiterförmige Verdickungen der Längswände und sind stets von abgeplatteten Parenchymzellen umgeben. 336 H. Ross: Häufiger als bei anderen Musaceen-Wurzeln convergiren zwei Gefäss- reihen und umschliessen so die zwischenliegende Phlo@ämgruppe voll- ständig (Fig. 7). Die letzteren enthalten besonders Cambiform und nur wenige Siebröhren am Innenrande. Die Phloömgruppen zwischen sich nicht vereinigenden Gefässreihen erstrecken sich meistens weit in das Innere, oft über das letzte Gefäss noch hinaus; diese Gruppen, besonders deren innerster Theil, enthalten zahlreiche Sıebröhren und zwischen denselben unregelmässig vertheilte Cambiformzellen (Fig. 8). Die Siebplatten zeigen ähnlich wie bei Musa ein einfaches Siebfeld. Bisweilen reichen zwei dieser langgestreckten Phloömgruppen so weit in dass Innere, dass ihre Enden sich berühren und mit einander ver- schmelzen (Fig. 7); sie umfassen dann eine oder mehrere Xylemgruppen mit den dazwischen befindlichen Phloömgruppen. Die innerste Partie eines langen Phloömbündels wird bisweilen durch einige Zellen des Füllgewebes abgetrennt und verläuft dann als gesonderter Phloömstrang eine Strecke lang durch die Wurzel, sich früher oder später mit dem anderen Theile des Bündels wieder vereinigend. Eigentliche „innere“ Xylem- und Phloömgruppen sind nicht vorhanden und daher erstreckt sich das prosenchymatische, stark verholzte, lückenlos an einander schliessende Füllgewebe gleichmässig über die ganze Mitte des Öentral- eylinders. Wie H. pulverulenta verhalten sich ferner H. angusta Arrab,., H. Bihai Sw. und die unter den Namen AH. spec. Sellow und H. spec.? im Berliner Botanischen Garten cultivirten Pflanzen. Ich füge noch Einiges über das Vorkommen der von Oarl Müller (Berlin) an den Wurzeln von Musa rosacea Jacq. im Berliner Uni- versitätsgarten beschriebenen Heterodera radicicola bei. Diese Gallen erzeugende Nematode findet sich an Musaceen-Wurzeln häufig, nämlich an Musa Dacca und Strelitzia Nicolai ım Palmenhause des Berliner Gartens, ferner an Musa Oavendishii und Heliconia pulverulenta, welche ich durch freundliche Vermittelung des Herrn Dr. Ambronn aus dem Botanischen Garten in Leipzig erhielt. Die Thiere waren stets in grosser Menge vorhanden und wurden in allen diesen Fällen von dem Autor identificirt. Wie bereits oben erwähnt wurde, zeigen auch mehrere Gräser, sämmtlich dem Tribus der Bambusaceen angehörig, eine wesentliche Ab- weichung von dem typischen Wurzelbau. Bei Bambusa arundinacea Willd. sind die peripherischen Xylem- und Phloömgruppen normal. Die ersteren bestehen aus mehreren porös oder spiralig verdickten Gefässen, von denen die grösseren von Holz- parenchym umgeben sind; die peripherischen Phloömgruppen, welche im Alter oft verholzen, bestehen meistens aus einer engen Siebröhre und wenigen Cambiformzellen.!) Ausser diesen Phloömgruppen finden sich 1) Vgl. Klinge, Vergleichende histologische Untersuchungen der Gramineen- und Cyperaceenwurzeln, besonders der Wurzelleitbündel, p. 34. Beiträge zur Anatomie abnormer Monocotylenwurzeln ete. 337 zwischen den Gefässen oft recht zahlreiche weite Siebröhren, welche mehr oder minder regelmässig von einer einfachen Schicht von Öambiformzellen umgeben werden (Fig. 9). Die Siebplatten stehen fast horizontal, so dass man dieselben auf etwas dicken Querschnitten unverletzt erhält; sie besitzen ein einfaches, regelmässiges Siebfeld. Solche inneren Phlo&m- gruppen finden sich ausserdem bei Bambusa reticulata, B. verticillata Willd., B. vulgaris Schrad., Arundinaria lecta hort., A. spathiflora hort.; Phyllostachys bambusoides hort.; Triglossum bambusinum Fisch. Bei Bambusa verticillata sind diese inneren Siebröhren besonders zahlreich; in einem Centralcylinder von 2 mm im Durchmesser zählte ich deren bis sechzig. Ausserdem liegen bei starken Wurzeln dieser Art Stränge im Füllgewebe, welche entweder ein von Holzparenchym umgebenes poröses Gefäss, oder eine von Cambiform begleitete Sieb- röhre, oder beides gleichzeitig neben einander enthalten (Fig. 10). Die Zellen des Füllgewebes, welche diese Elemente umgeben, sind bedeu- tend englumiger und stärker verholzt als die übrigen. Solche inneren Bündel enden entweder blind oder legen sich an die peripherischen Gruppen, mit denen sie allmählich verschmelzen, an. Eingehendere Untersuchungen über die Verbreitung der Abweichun- gen bei den Gramineen-Wurzeln habe ich nicht vornehmen können und behalte mir dieselben für spätere Zeiten vor. In allen oben beschriebenen Fällen sieht man, wie die zartwandigen und daher leicht verletzbaren Siebröhren stets so gelagert sind, dass sie besonders gegen seitlichen Druck möglichst geschützt sind. End- weder finden sich dieselben nur spärlich auf der Innenseite der periphe- rischen Phloöämgruppen und liegen hauptsächlich zu kleineren oder grösseren Gruppen vereinigt weiter einwärts, wo mechanische Zellen sie vollständig umschliessen, oder, wenn nur äussere Phloämgruppen vorhanden sind, erstreckt sich der Siebröhren führende Theil derselben weit gegen das Centrum und wird dann ebenfalls von mechanischen Zellen umgeben. Das Material für die vorliegende Arbeit ist dem Berliner Botani- schen Garten entnommen; für die bereitwillige Ueberlassung desselben bin ich den Herren Professor Eichler und Inspector Perring zu Dank verpflichtet. Die Untersuchungen wurden im botanischen Institut der königlichen landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin ausgeführt. Für die mir durch Rath und That zu Theil gewordene Unter- stützung sage ich Herrn Professor Kny meinen wärmsten Dank. 22 D. Botan.Ges.1 338 H. Ross: Beiträge zur Anatomie abnormer Monocotylenwurzeln etc. Erklärung der Abbildungen. Abkürzungen: End., Endodermis; Pcb., Pericambium; X., Xylem; A.X., I.X., äusseres, inneres Xylem; Gef., Gefäss; Hp., Holzparenchym; Phl., Phlo&m; APhl., I.Phl., äussere, innere Phlo&mpruppen; S., Siebröhre; Spl., Siebplatte; Chbf., Cambi- formzellen; Fg., Füllgewebe. Vergrösserung der Figur 1 40 mal, Fig. 7 70 mal, aller übrigen 220 mal. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Fig. 6. Fig. 7. Fig. 8. Fig. 9. Fig. 1 bis 4 Musa Dacca hort. Schematischer Querschnitt des Centraleylinders. Ein Stück des äusseren Theiles desselben; eine grössere Phlo&mgruppe (A.Phl. 2) reicht weit in das Innere. Querschnitt einer zwischen drei Gefässen liegenden inneren Phlo&mgruppe. Längsschnitt eines Phlo&mstranges. Zwei Siebröhren; eine durchschnittene, mit Callus bedeckte Siebplatte; Cambiformzellen. Strelitzia augusta Thunbg. Längsschnitt eines inneren Phlo&mstranges. Eine von Cambiformzellen umgebene Siebröhre zeigt einen Theil (ungefähr %) einer sehr schräg stehenden, mit unregelmässigen Siebfeldern versehenen Siebplatte. Ravenala madagıuscariensis Son. Querschnitt aus der Mitte des Central- cylinders. Die inneren Phloömgruppen bestehen aus je einer, selten zwei Siebröhren und den diese umgebenden Cambiformzellen; drei Siebröhren mit durchschnittenen Siebplatten. Heliconia pulverulenta Lindl. Schematischer Querschnitt des Centraleylinders. Ein Theil der vorigen Figur, stärker vergrössert. Bambusa arundinacea Willd. Querschnitt eines Theiles des Centraleylinders. Die inneren Phlo&mgruppen werden aus je einer Siebröhre, welche meistens von Cambiform umgeben ist, gebildet. Fig. 10. Bambusa verticillata Willd. Querschnitt eines im Füllgewebe starker Wurzeln verlaufenden Stranges, enthaltend ein von Holzparenchym umgebenes Ge- fäss und eine von Cambiform begleitete Siebröhre, Steinbrinck: Ueber einige Fruchtgehäuse etc. 339 46. Steinbrinck: Ueber einige Fruchtgehäuse, die ihre Samen infolge von Benetzung freilegen. (Mit Tafel XL.) Eingegangen am 21. Juli 1883. An den verschiedenartigsten trocken aufspringenden Perikarpien lässt sich beobachten, dass sie sich, sobald ihren Zellgeweben Wasser zur Genüge dargeboten wird, wiederum ganz oder doch grösstentheils schliessen. Dieser Vorgang erscheint durch die hygroskopischen Eigen- schaften der meisten derberen Zellwände so unumgänglich bedingt, dass man nur in dem Falle eine Ausnahme erwarten sollte, wo das Schrumpfungsgewebe, welches das Aufspringen herbeiführt, ganz oder zum grossen Theil aus zarterem Parenchym besteht, dessen Wände sich durch Wasseraufnahme nicht in dem Grade ausdehnen können, bis zu welchem sie unter dem Einfluss des lebenden Protoplasmas durch den Turgor gestreckt waren. Denn, da die Zellwände — vorausgesetzt, dass sie ungespannt sind, — den Wasserverlust und mithin auch die Volumenabnahme, die sie beim Austrocknen erfahren haben, bei ge- nügender Wasserzufuhr meist nahezu wieder ausgleichen, so müssen im Allgemeinen, (falls nicht einzelne Fruchttheile sich gänzlich abgelöst haben), die Formänderungen, welche die Perikarpien infolge der Austrock- nung erleiden, durch die Quellung derselben Gewebselemente wieder rückgängig gemacht werden, durch deren Schrumpfung sie veranlasst sind. Dass dieser Verschluss der Samenbehälter bei feuchter Witterung in der Regel den Pflanzen von grossem Vortheil ist, steht kaum in Zweifel. Wenn nämlich die Fruchtgehäuse auch bei anhaltendem Regen- wetter geöffnet blieben, so würden die Samen, die ohnehin durch die Wasseraufnahme in die Zellwände und -räume an spezifischem Ge- wicht zunehmen, in grosser Zahl aus ihren Behältern durch den Regen herausgespült oder durch Windstösse herausgeschleudert und entweder durch das herabtropfende Regenwasser in unmittelbarer Nähe der Mutter- pflanze abgesetzt oder doch in ihrer nächsten Nachbarschaft durch die Regentropfen zu Boden geschlagen werden; die Chancen für ihre weitere Verbreitung bei dem nachfolgenden trocknen Wetter wären dann aber entschieden geringer, als wenn sie sich noch in einiger Ent- fernung über dem Erdboden befänden. Nach alledem muss es in hohem Grade überraschen, wenn die Perikarpien einiger einheimischen Pflanzen bei der Benetzung nicht allein offen bleiben, sondern sich sogar weiter ausbreiten. 340 Steinbrinck: Zu diesen gehören z. B. die Balgkapseln von Caltha palustris. An jeder einzelnen Kapsel des Fruchtstandes dieser Pflanze wird der durch die Schrumpfung der derbwandigen, quertangential gelegten Innen- epidermiszellen vertikal nach innen gebogene obere Theil durch die Wasseraufnahme derselben Zellen wiederum nach aussen gekehrt, während die durch die Schrumpfung der äusseren Parenchymzellen be- wirkte horizontale Auswärtskrümmung nicht rückgängig gemacht wird. Da zudem die sämmtlichen Kapseln desselben Fruchtstandes bei der Quellung auseinanderweichen, so ist der Ausweg für die Samen nunmehr ein freierer, als während der Zeit, wo sie von den trockenen zusammengeneigten einwärts gebogenen Fruchtblättern verdeckt sind. Doch möchte auf diesen Umstand kein besonderes Gewicht zu legen sein, da der Unterschied in den Formen der trockenen und feuchten Früchte kein so grosser und es wohl denkbar ist, dass die trockenen Samen aus den mit Luft erfüllten Behältern immerhin leichter den Aus- gang finden, als die gequollenen aus den Wasser enthaltenden. Anders steht es dagegen mit manchen Arten von Veronica. Schon im Jahre 1878 habe ich gelegentlich einer Untersuchung über die Abhängigkeit der Richtungslinien der in den austrocknenden Perikarpien auftretenden hygroskopischen Spannungen von der Stellung der gestreckten Zellen betreffs Veronica scutellata und arvensis mitgetheilt, dass ihre beim Aus- trocknen nur in schmalen Spalten aufspringenden Kapseln sich bei der Benetzung infolge der starken Quellung ihrer Scheidewand in kürzester Zeit ganz und gar auseinanderbreiten (s. Bot. Zeitg. 1878 p. 579 und Tafel XIII Fig. 1—3). Diese Auswärtsbewegung deutete ich bei der am Wasser wohnenden P. scutellata als ein Mittel, um den Samen, die sonst auf die Verbreitung durch den Wind angewiesen wären, bei steigendem Wasserstande die leichtere Fortführung durch das Wasser zu ermöglichen. Betreffs der auf trocknen Feldern stehenden V. arvensis dagegen äusserte ich die Vermuthung, dass der Bau ihrer Scheidewand ein von wasserbewohnenden Vorfahren überkommenes Erbtheil sei, welches wahrscheinlich für die Pflanze bedeutungslos bleibe, da ihre fast papierdünne aufrechtstehende Kapsel wohl nur selten von Regen- tropfen getroffen werden würde und das Wasser noch seltener durch die schmale Spalte am oberen Rande zur Scheidewand gelangen könne. Nachdem ich aber später nach regnerischem Wetter sehr häufig Pflänz- chen dieser Art getroffen habe, an welchen sich infolge der Benetzung durch den Regen eine grosse Zahl von Kapseln geöffnet hatten, deren Samen durch das herabrinnende Wasser auf die benachbarten Blätter und auf den Boden gespült waren, und nachdem ich auch eine Reihe anderer Veronica-Arten einer genaueren Untersuchung unterzogen habe, möchte ich die ausgesprochene Vermuthung von der Bedeutungslosig- keit der erwähnten Einrichtung selbst in Zweifel ziehen. Weil diese Frage wohl ein allgemeineres Interesse beansprucht, so soll dieselbe im Ueber einige Fruchtgehäuse etc. 341 folgenden im Anschluss an die vergleichende Betrachtung der ein- schläglichen Verhältnisse bei anderen Veronica-Arten einer Erörterung unterzogen werden. Da aber die Fruchtgehäuse von Mesembryanthemum ein einigermassen ähnliches Verhalten zeigen, indem sie sich bei der Benetzung ebenfalls weit öffnen, während sie sich beim Austrocknen schliessen, so mögen sie als passendes Vergleichsobjekt zunächst betrachtet werden. Die Gewebe, durch welche das Auseinanderbreiten der Frucht- gehäuse von Mesembryanthemum roseum und linguaeforme‘) bewirkt wird, finden sich an der Innenfläche der bleibenden Kelchzipfel und des mit dem Kelche verwachsenen Ovyarıums. An beiden Seiten eines jeden Zipfels, deren sich bei M. roseum wie gewöhnlich 5, bei M. linguaeforme eine grössere Anzahl vorfinden, ist nämlich rechtwinklig oder unter spitzem Winkel zur Kelchfläche eine Leiste aufgesetzt, welche auch ın den Grund des Ovars sich hinabzieht (s. ql. in Fig. 2, 3 und 4). Durch das Schrumpfen ihrer beiden Quellleisten werden sämmtliche Kelchzipfel beim Austrocknen über die obere Fläche der verwachsenen Carpelle herabgezogen (s. Fig. 1 u. 3), während sie durch die quellen- den Leisten weit nach aussen gebogen werden und die Oefinungen der nach oben und aussen aufspringenden Üarpelle (o. in Fig. 2) freilegen (s. Fig. 4). Die Quellleisten von Mesembryanthemum linguae- forme bestehen nun durchweg aus dickwandigen Zellen, deren kürzester Durchmesser in der Richtung der stärksten Quellung, tangential zur Fläche der Kelchblätter, gelegen ist. Ihre inneren Zellen sind meist länger gestreckt und haben parallele Längswände, die äusseren da- gegen, welche die Seitenflächen der Leisten auskleiden, sind besonders aussen verdickt und dort kugelig gerundet, während sie sich nach innen mit langen spitzen Enden zwischen die mittleren Zellen einschieben. Die Wand dieser Zellen besteht aus zwei Verdickungs- schichten; die äussere ist verholzt und gelb gefärbt, die innere massigere dagegen farblos und, wie Färbungsversuche zeigen, aus reiner Cellulose gebildet. Die innere Verdickungsschicht erfüllt entweder das Lumen bis auf einen engen Kanal oder sie bildet schmalere, die verholzte Schicht bekleidende Partien, welche durch einfache oder verzweigte Zellstoffbalken verbunden sind, die der oberen Kante der Quellleiste (mithin der Hauptquellungsrichtung) parallel von einer Längswand zur anderen verlaufen. Auf dem Flächenschnitt der Leiste sieht man sol- cher Balken in jeder Zelle einen (s. Fig. 5) oder auch mehrere. — Diese Zellstoffmassen sind es unzweifelhaft, welche das starke Quellen und Schrumpfen der Leisten bewirken. Ihre Quellungsfähigkeit ist eine sehr bedeutende. An Längsschnitten, die parallel der Wand des 1) Die untersuchten Exemplare verdanke ich der Güte des Hrn. Prof. Wigand, der mir dieselben durch Vermittlung des Hrn. stud. Wilshaus freundlichst überliess. 342 Steinbrinck: Kelchzipfels geführt waren, wurde durch Messung festgestellt, dass sie sich beim Austrocknen auf etwa 4 ihrer Länge zusammenzogen, wäh- rend eine auffällige Veränderung ihrer Breite (d. h. des Längsdurch- messers der Zellen) nicht konstatirt wurde. Diesem Befunde entsprechend sieht man an Fruchtgehäusen, welche während des Austrocknens an der Einwärtsbewegung gehindert waren, die Quellleisten von vielen Quer- rissen durchsetzt und die einzelnen Theile derselben stark verschrumpft. Bei der Benetzung schliessen die einzelnen Fetzen wieder aneinander und bewirken so trotzdem noch die Auswärtsbewegung. Eine so auffällige und anscheinend zahlreichen Arten von Mesem- bryanthemum gemeinsame Einrichtung ist für diese Gewächse schwerlich ohne biologische Bedeutung, vielmehr offenbar eine Anpassung an die klimatischen Verhältnisse ihres äusserst regenarmen Vaterlandes; sei es, dass die Samen gegen den ausdörrenden Einfluss der direkten Sonnenstrahlung geschützt werden sollen, sei es, dass vielleicht die ge- rundeten Gehäuse über den sterilen ziegelhart gebrannten Boden der Karroo durch den Wind auf weitere Entfernungen fortgerollt werden mögen, als 'es für die einzelnen Samen, welche dem Winde eine ge- ringere Angriffsfläche bieten, der Fall sein würde. Bei M. linguaeforme scheint noch ein besonderes Hülfsmittel vorhanden zu sein, um zu ver- hindern, dass die Samen, wenn sich die Kelchzipfel bei Regenwetter auseinanderbreiten, grossentheils an derselben Stelle ins Freie gelangen. Hier springt nämlich von der Wand des Kelchbechers gegen die Veff- nung eines jeden Fruchtfaches ein bohnenförmiger Körper (vk. in Fig. 3 und 4) vor, welcher die Samen unter sich birgt. — Vergleichen wir nun mit dem geschilderten Bau des Mesembryan- themum-Gehäuses etwa den Bau einer Kapsel von Veronica scutellata, so finden wir in gewisser Beziehung eine überraschende Aehnlichkeit. Auch hier ist ein starkes Quellgewebe vorhanden, das aus massigen Zellen besteht, welche ihren kürzesten Durchmesser meist nach der Hauptquellungsrichtung legen und deren Verdickungsmassen aus reinem Zellstoff gebildet sind. Diese füllen die Zelle fast völlig aus; einzelne Zellstoffbalken wurden nicht gefunden (vgl. die Quellzellen von V. ser- pyllifolia in Fig. 18). Dieses Quellgewebe bildet allerdings keine geson- derte Leiste, sondern besteht einfach aus den Innenepidermiszellen an beiden Flächen der Scheidewand. In Fig. 7 erkennt man die Quell- wirkung derselben. Die in Fig. 6 dargestellte trocken aufgesprungene Kapsel, deren Klappenwände aufwärts gerichtet sind und nur an den Rändern auseinanderweichen, ist durch die Ausdehnung der Scheide- wand (s in Fig. 7) schon binnen 2 Minuten nach der Benetzung derart ausgebreitet worden, dass die Klappen in der Mitte horizontal liegen, an den Rändern dagegen stark abwärts eingeschlagen sind. — Da die unteren sehr tief am Stengel entspringenden Fruchtzweige sich zur Reifezeit der Früchte herabbiegen und von dem Sammler erst aus dem Ueber einige Fruchtgehäuse etc. 343 Gewirr der umgebenden Pflanzen hervorgesucht werden müssen, so ge- nügt offenbar schon eine geringe Erhebung des Wasserstandes, um die Kapseln der unteren Zweige zu öffnen und ihre Samen fortzuspülen. Die obersten, schwerer vom Wasser zu erreichenden Zweige mögen die Verbreitung der Samen durch den Wind besorgen. — Einen ähnlichen Bau der Scheidewand und ein ähnliches Verhalten bei der Benetzung finden wir an den Kapseln der anderen am Wasser wohnenden Arten V. Beccabunga und Anagallıis, jedoch ist die Auswärtsbewegung bei ihnen schon geringer, da die Fläche, welche ihre Quellzellen bedecken, von kleinerem Umfang ist, indem die Innenepidermiszellen sowohl zu beiden Seiten des centralen Samenträgers, als auch an dem oberen Ende der Scheidewand, ebenso wie an den Klappenwänden weniger verdickt und verholzt sind. Ihre Kapseln öffnen sich bei der Be- rührung mit Wasser etwa in demselben Grade wie die Frucht, die in Fig. 9 dargestellt ist. — Von den an trockenen Standorten wachsenden Veronica-Arten weist V. arvensis die stärkste Auswärtsbewegung nach der Benetzung auf; ihre Klappen breiten sich nämlich horizontal aus und legen die Samen völlig frei. Dementsprechend sind ihre Quell- zellen in ähnlichem Umfange entwickelt wie bei V. scutellata und zahl- reicher als bei V. Anagallis und Beccabunga. Nach dem Maasse der Ausdehnung des Quellgewebes und dem Grade der Auswärtsbewegung würde folgen V. serpyllifolia (s. Fig. 8 u. 9). Eine bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit weist V. officinalis auf. Auch bei ihr ist das Quellgewebe in hohem Grade ausgebildet und die frei präparirte Scheidewand biegt sich daher in Wasser in nicht merk- lich geringerem Masse als die von V. arvensis um; da aber die Seiten- ränder der Kapsel im grössten Theil ihrer Länge nur schwer zerreissbar sind, indem der Riss eine vielzellige Gruppe derbwandiger Zellen von derselben Wandsubstanz, wie sie die nicht quellbaren Innenepidermis- zellen besitzen, zerspalten müsste, so vermag die quellende Scheidewand nur die oberen Ränder nach aussen zu bewegen. (s. Fig. 13 und vgl. Fig. 12, welche die Kapsel in trockenem Zustande zeigt.) Auch bei V. montana ist die Auswärtsbewegung gewöhnlich keine stärkere, da bei ihr die Scheidewand in der oberen Hälfte ausserordentlich schmal und ohne Quellzellen ist. — Gewährt nun schon das Verhalten von V. officinalis den Anschein, als ob das Ausbreiten der Kapsel vermittelst der quellenden Scheide- wand durch ein besonderes Gegenmittel, nämlich die feste Structur der Seitennäthe beschränkt werden sollte, so hat V. agrestis, obwohl noch im Besitze einer (verhältnissmässig geringen) Zahl von Quellzellen, die Auswärtsbewegung gänzlich aufgegeben; ihre Kapsel schliesst sich viel- mehr ım Wasser nahezu völlig (s. Fig. 11 und vgl. die trockene Frucht Fig. 10). Der gänzliche Verschluss wird offenbar durch die noch vor- handenen Quellzellen verhindert. Eine Mittelstellung zwischen dieser 344 Steinbrinck: Art und den vorher besprochenen nimmt V. tröphyllos ein. Sie hat nämlich mit den letztgenannten die aufrechte Stellung der Kapsel ge- mein, deren Fächer sich ebenso wie die von V. arvenses durch.schmale Spalten von der Mitte ihres oberen Randes her öffnen, indem das äussere Parenchym infolge seines Antagonismus gegenüber den schräg auf- wärts verlaufenden Innenepidermiszellen jene Randstellen schwach nach aussen umschlägt (s. Fig. 15). Sie stimmt auch darin mit jenen über- ein, dass sie die Kapsel in der ersten Minute nach der Benetzung weiter öffnet (s. Fig. 15). Sie schliesst sich aber an V. agrestis insofern an, als ihre Scheidewand nur wenige Quellzellen enthält, die nicht im Stande sind, die Einwärtsbewegung der oberen Ränder, welche sich etwa nach Verlauf der ersten Minute in Folge der Quellung des weniger empfind- lichen äusseren Parenchyms geltend macht, auszugleichen. Nach einigen Minuten ist daher die obere Spalte durch die einwärts gekrümmten Ränder wiederum bis auf die Breite eingeengt, die sie in der trockenen Frucht aufwies (s. Fig. 16). Die Form dieser Spalte unterscheidet sich, wie leicht verständlich, von derjenigen, welche die trockne Frucht zeigt, hauptsächlich dadurch, dass sie in der Mitte am weitesten klafft, während die Spalte der trockenen Kapsel in der Mitte nahezu geschlossen ist (vgl. die Figg. 14 und 16). — Gleichsam, um das Mass der für die Gattung möglichen Variations- grösse zu erschöpfen, scheinen sich nun die Kapseln von V. hederaefohia des Aufspringens entwöhnen zu wollen; wenigstens konnte ich sowohl im Freien wie an zahhlreichen jahrelang im Zimmer aufbewahrten Exem- plaren nur wenige aufgesprungene Früchte entdecken. Diejenigen, welche ich fand, stimmten in dem Modus des Aufspringens mit V. agrestis über- ein und schlossen sich auch wie diese beim Befeuchten. Auch im ana- tomischen Bau weicht die Frucht von V. hederaefolia sehr weit von den übrigen untersuchten Veronica-Arten ab. Fast das ganze Gewebe ist sehr dünnwandig; am meisten fällt auf, dass die bei den anderen Species so charakteristisch ausgebildeten, meist einseitig gestreckten, wellig ge- buchteten und derbwandigen Elemente der Innenepidermis auf den Klappenwänden ebenso geformt sind wie die der Aussenepidermis, d.h. isodiametrisch, geradwandig und kleinzellig. Auf der Scheidewand sind sie besonders zart; nur an der Stelle, wo sich bei V. agrestis und triphyllos die letzten Ueberbleibsel des Quellgewebes vorfinden, bemerkt man derbwandigere Zellen, die jedoch der quellbaren Verdickungs- schichten entbehren. — Da somit der Bau der Veronica-Kapseln je nach der Species in so hohem Grade variıırt — und zwar in noch ausgedehnterem Maasse, als es bisher, wo sich die Besprechung wesentlich auf die Elemente der Scheide- wand bezog, angedeutet werden konnte — so ist z. B. von der Frucht der V. arvensis wohl kaum anzunehmen, dass sie noch so zahlreiche und mächtig ausgebildete Quellzellen besässe, wenn ihr Vorhandensein Ueber einige Fruchtgehäuse etc. 345 der Pflanze nicht einen Vortheil brächte. Ueber denselben lässt sich auch leicht eine wahrscheinliche Vermuthung aufstellen. Ihre Kapsel ist an einem festen kurzen aufrechten Stiele ebenfalls aufrecht befestigt und die durch die Austrocknung entstehende Spalte sehr schmal, das ganze Pfiänzchen ist zudem niedrig und dünn- aber feststengelig, sodass die durch den Wind bewirkten Schüttelbewegungen meist in engen Grenzen bleiben und die Samen nicht leicht ins Freie gelangen mögen. Daher ist es wohl denkbar, dass die Samen, die in Folge von Benetzung freigelegt sind, durch einen starken Platzregen weiter weggeführt werden können, als es im allgemeinen durch Windstösse geschehen mag, nament- lich, da wohl auch die aufrecht an die Kapseln angedrückten Kelch- blätter, welche sich oft an die Spaltränder anlegen und dieselben weit überragen, dem Ausstreuen hinderlich sind!). Wenn man nun diesen Gedankengang gerechtfertigt findet, so wird man nicht umhin können, auch bei V. serpyllifolia und officinahs in der Auswärtsbewegung eine nützliche Einrichtung zu vermutben. Dieselben sind allerdings dadurch vor V. arvensis im Vortheil, dass sie ihre Kapseln schon bei der Aus- trocknung weiter öffnen, jedoch andererseits dadurch benachtheiligt, dass sie noch niedriger bleiben als jene und als ausdauernde Pflanzen mit nicht abfälligen Früchten auf die Fortführung der ganzen aus dem Boden gelösten Pflanze verzichten müssen. V. montana dagegen hat lange, seit- wärts gewandte Fruchtzweige, sie öffnet zudem ihre Kapsel schon beim Austrocknen bis zum Grunde und recht weit, sodass das reducirte Quell- gewebe für sie ohne grosse Bedeutung sein mag. In ähnlicher Lage be- findet sich V.agrestis, welche ihre Frucht schon durch den Wasserverlust sehr weit öffnet (s. Fig. 10). Auffallend ist, dass die Mündung ihrer an zurückgekrümmten Stielen befestigten Kapseln abwärts gekehrt ist, so- dass die Mehrzahl der Samen sofort unterhalb derselben zur Erde ge- langt. Gänzlich scheint aber auch diese Art auf eine weitere Verbreitung des Samen nicht verzichten zu wollen. Wenigstens findet man auch in Früchten, die seit langer Zeit geöffnet sind, am Grunde jedes Faches noch einen Samen, der sehr fest angeheftet ist und vermuthlich sammt der Kapsel bei der Fortbewegung der ganzen einjährigen Pflanze durch den Wind mitgeführt wird. Bei V. hederaefolia mag das Aufspringen der Früchte aus dem Grunde oft unterbleiben, weil sie in jedem Fache nur einen oder zwei Samen ausbildet und als einjährige Pflanze mit dünnen Zweigen und grossen bleibenden Kelchblättern ebenfalls leicht 1) Da man meist nur die unteren Kapseln durch den Regen befeuchtet und ausgebreitet findet, während die oberen keine Auswärtsbewegung zeigen, so scheinen dieselben seltener von den Regentropfen direkt, vielmehr gewöhnlich durch die vom Erdboden nach oben auseinander spritzenden Tröpfchen getroffen zu werden. Somit scheint auch hier die Einrichtung vorhanden zu sein, dass vorwiegend die oberen Kapseln der Ausstreuung durch den Wind dienen, für die sie vermöge ihrer Lage mehr begünstigt sind als die unteren. 346 Steinbrinck: als Ganzes durch den Wind fortgeführt werden kann. Räthselhaft bleibt allein das Verhalten von V. triphyllos, welche ebenso wie V. agrestis nur eine geringe Zahl von Quellzellen besitzt, während doch bei ihr die Ausstreuung des Samen dadurch noch mehr als bei V. arvensis er- schwert ist, dass dieselben ziemlich gross und napfförmig sind, sich mithin noch weniger leicht durch die enge Spalte der Fächer zwängen können, als die scheibenförmigen von V. arvensis. Immerhin kann nicht in Abrede gestellt werden, dess die vergleichende Betrachtung des Baues der Scheidewand bei den Veronica-Arten die Vermuthung nach der Ab- stammung der an trockenen Standorten wachsenden Arten von solchen die am Wasser wohnten, nahe legt. Von diesen würde sich dann, was den Fruchtbau betrifft, Veronica agrestis und triphyllos und namentlich hederaefolia am meisten entfernt haben. — Es liegt ausserhalb des Themas, auch auf die Ursachen der speci- fischen Formänderungen einzugehen, welche die einzelnen Arten der besprochenen Gattung schon beim Austrocknen erleiden. Daher sei nur ım Allgemeinen Folgendes hergehoben. Die Kapseln von V. scutellata (Fig. 6), arvensis, officinalis (Fig. 12), tröphyllos (Fig. 14), montana öffnen sich bei der Austrocknung am oberen Rande vorzugsweise seitlich, diejenigen von V. Anagallis (s. Fig. 17) und Beccabunga dagegen zu- erst nahe der Scheidewand in der Mitte, weil die Elemente des Widerstandsgewebes (der Innenepidermis, resp. bei einigen, der sie unter- stützenden benachbarten Lage) in der oberen Klappenhälfte bei jenen von der Scheidewand aus mehr oder weniger schräg nach oben und aussen, bei diesen mehr gerade aufwärts verlaufen. Bei V. ser- pyllifolia (Fig. 8) und agrestis (Fig. 10) dagegen ist die Auswärts- krümmung aller Randpartieen eine ziemlich gleichmässige, da ihre stark gebuchteten Innenepidermiszellen eine vorwiegende Längsstreckung nach einer Richtung weniger erkennen lassen. — Der scheinbare Widerspruch, dass die Kapseln von V. Anagallıs, Beccabunga und serpyllifolia trotz der Quellzellen der Scheide- wand beim Austrocknen an der Spitze in der Mitte auseinanderweichen, während man erwarten sollte, dass diese ebenso wie z.B. bei V. offi- cinalis beim Schrumpfen einen festen Verschluss der Mitte bewirken sollten (vgl. Figg. 8 und 17 mit 12), wird dadurch gelöst, dass die Quellzellen auf den unteren Theil der Scheidewand beschränkt sind. Der obere Theil derselben wird allein für sich durch die hyproskopischen Spannungen nach aussen gekrümmt, welche in Folge der Stellungsunter- schiede zwischen den innen und aussen gelegenen Zellen der Innenepi- dermisauf jenem Theil der Scheidewand entstehen (s. Fig. 18). Wie bei V.agrestis wirkt dabei wahrscheinlich auch die Innenepidermis der äusseren Klappenwände zum Theil mit. Fig. 1. Fig. 2. Fig. Fig. Ueber einige Fruchtgehäuse etc. 347 Erklärung der Abbildungen. Mesembryanthemum roseum. Durch Austrocknen geschlossenes Fruchtgehäuse, von oben gesehen. k die Kelchzipfel, welche die Carpelle verdecken. 2:1. Dasselbe Fruchtgehäuse, durch Wasseraufnahme geöffnet, von oben gesehen. k Kelchzipfel; g/ Quellleisten; f obere Wand der verwachsenen Carpelle; o Mündung der aufgesprungenen Fruchtfächer. 2:1. Mesembryanthemum linguaeforme. Ein einzelnes Kelchblatt k durch die Schrumpfung der Quelleisten gl einwärts gebogen mit dem zugehörigen Theil des Kelchbechers. vi der bohnenförmige „Verschlusskörper“; s ein Theil der Scheidewand eines Carpells; sa von dem Verschlusskörper ver- deckte Samen. 2,5:1, Dasselbe Object durch Quellung der Leisten g/l nach auswärts gekrümmt. a Mesembryanthemum linguaeforme. Theil eines Flächenschnittes (senkrecht zu den Kelchzipfeln geführten Längsschnittes) der Quellleisten. 3860:1. Nach einem Anilinpräparat gezeichnet. Veronica scutellata. Trockene Kapsel; 4:1. V. scutellata. Feuchte Kapsel. s Scheidewand; st Samenträger. 6:1. Veronica serpyllifolia. Trockene Kapsel. 10:1. Kapsel von V. serpyllifolia, durch Benetzung geöffnet. 8:1. Veronica agrestis. Trockene Kapsel. 6:1. Dieselbe Frucht, durch Benetzung geschlossen. 6:1. Veronica officinalis. Trockene Kapsel von oben. 10:1. V. offieinalis. Feuchte Kapsel von oben. 10:1. Veronica triphyllos. Trockene Kapsel von oben. 4:1. Dieselbe, etwa 1 Minute nach der Benetzung. 4:1. Dieselbe, mehrere Minuten nach der Benetzung. 4:1. Veronica Anagallis. Trockene Kapsel im Beginn des Aufspringens, von oben. 6:1. Veronica serpyllifolia. Innenepidermis der Scheidewand von der Stelle, wo die Quellzellen und die verholzten Zellen des oberen Theils der Scheide- wand zusammenstossen. 860:1. (Die Poren in der Wand der verholzten Zellen sind nicht gezeichnet). 348 | K. Prantl: 47. K. Prantl: Systematische Uebersicht der Ophioglosseen. Eingegangen am 23. Juli 1883. Wie ich in meiner Mittheilung über Helminthostachys angedeutet habe (diese Berichte I. S. 161), ergab ein genaues Studium des Strang- verlaufs bei Ophioglossum Anhaltspunkte zu einer genaueren Unter- scheidung der Arten dieser schwierigen Gattung. Die ausführliche Begründung der Resultate mir vorbehaltend, will ich hier eine Ueber- sich über die Anordnung und Unterscheidung der Arten der drei Gattun- gen Botrychium, Helminthostachys und Ophioglossum nebst den wichtig- sten Synonymen und der geographischen Verbreitung geben, wobei die zweifelhaft gebliebenen von anderen Autoren aufgestellten Arten un- berücksichtigt bleiben. I. Botrychium. Sectio I. Eubotrychium. Folia semper glaberrima, stomata in utra- que pagina obvia; lamina oblonga vel deltoidea ad summum bipinnata; petioli fasciculi bini praeter binos in pedunculum exeuntes; xylema rhizomatis indistincte seriatum. A. Folia polysticha; pedunculus prope basin laminae sterilis oriundus; radicis fasciculus fere semper diarchus. a) Segmenta primaria nervis dichotomis, vel nervo mediano in- distincto tertiarıis breviori instructa. 1. B. Lunaria Sw. Sporae verrucis lobato-confluentibus ornatae. Neuholland, Japan, (Himalaya), ganz Europa, Grönland ‚(Nord- amerika von Colorado bis Labrador), Unalaschka, (Pata- gonien). b) Segmenta primaria nervo mediano distincto pinnato, tertiarios superante instructa, pinnatifida ad pinnata. a) Segmenta acuta vel acutiuscula. 2. B. boreale Milde. (? B. erassinervium Ruppr.). Segm. primaria rhombea pinnatifida, sinibus angustissimis; folii vernatio recta, sporae verrucis rotundis ornatae. I Nordeuropa (Sibirien?), Unalaschka. 3. B.lanceolatum Angstr. Segm. primaria lanceolata pinnatifida, sini- bus acutis (folii vernatio inflexa); sporae verrucis rotundis ornatae. Nordamerika, (Sibirien), Schweden, (Schweiz). 8) Segmenta obtusa, oblonga. Systematische Uebersicht der Ophioglosseen. 349 4. B. matricariaefolium A. Br. Sporae verrucis angulosis ornatae. (Canada, Unalaschka, Schweden, Russland), Norddeutsch- land, (Ungarn), Elsass, Alpen. B. Folia disticha, pedunculus infra medium petiolum oriundus, ra- dieis faseiculus triarchus. 5. B. simplex Hitche. Sporae verrucis lobato-confluentibus. (Nordamerika, Schweden), Norddeutschland. Sectio 11. Phyliotrichium. Folia juvenilia, saepe et adulta pilosa, stomata infera; lamina deltoidea, bi-ad quinquepinnata; xylema rhizo- matis distincte seriatum, A. Ternata.. Folia disticha; pedunculus infra (rarissime supra) me- dium petiolum oriundus, vernatio recta subcircinata; fasciculus unus, radicis di-ad tetrarchus. a) Lamina herbacea, non .marginata. a) Segmenta paenultimi ordinis ab apice ad nervum sextum pinnatifida, deinde pinnatipartita vel pinnata. 6. B. ternatum Sw. Sporae reticulatae areolis rotundis clausis. Japan, Himalaya. ß) Segmenta paenultimi ordinis ab apice ad nervum decimum pinnatıfida, deinde pinnatipartita vel pinnata. 7. B. daucifolium Wall. (B. subcarnosum Wall. ex p.). Segmenta acuta; sporae granulatae. Ostindien, Ceylon, Japan. 8. B. subbifoliatum Brackenr. Segmenta obtusa; sporae reticulatae areolis rotundis clausis. Hawai’sche Inseln. b) Lamina carnosa, ob epidermidem pachyticham subcallose mar- ginata. @) Nervi porrecti; laciniae supra basin non vel margine antico paullum dilatatae. x Segmenta paenultimi ordinis ab apice ad nervum sextum pinnatifida, deinde pinnatipartita vel pinnata. 9. B. australe R. Br. (B. virginianum Hook. nee Sw., B. erosum Milde, B. Millefolium Hochst.). Segmenta ultimi ordinis margine antico non dilatata; sporae reticulatae, areolis clausis. Neuholland, Vandiemensland, Neuseeland. 10. B. silaifoliun Presl. (B. decompositum Mart. et Gal., B. rütifolium var. robustum Ruppr.). Segmenta ultimi ordinis margine antico paullum dilatata, incumbentia; sporae reticulatae areolis clausis. (Mexico), Californien, (Nutka Sund). xx Segmenta paenultimi ordinis ab apice ad nervum decimum pinnatifida, deinde pinnatipartita vel pinnata. 350 | K. Prantl: 11. B. obligquum Willd. (B. lunarioides Schkuhr; B. dissectum Sprengl.). Sporae reticulatae areolis plerumque confluentibus. Nordamerika, Mexico (Neu-Granada). £) Nervi divergentes, lacıniae supra basin utrinque dilatatae. 12. B. lunarioides Sw. (B. fumarioides Willd.). Laciniae utrinque fere aequaliter dilatatae subcordatae rotundatae vel oblongae, crenu- latae. Nordamerika. 13. B. rutifolium A. Br. Laciniae anteriores antice magis dilatatae, ovatae, plerumgue integerrimae. (Kamtschatka?, Sibirien), Scandinavien, Russland, Deutsch- land, Ungarn, Rumänien. B. Cicutaria. Folia polysticha; pedunculus e basi vel costa laminae, ra- rissime e petiolo oriundus, vernatio inflexa; fasciculi petioli plures, ra- dieis tri-ad pentarchi. 14. B.lanuginosum Wall. Pedunculus e costa oriundus segmenta se- cundaria fere semper catadroma, vagina clausa. Östindien, Ceylon. 15. B. virginianum Sw. (B. cicutarium Sw.). Pedunculus e basi la- minae vel rarius e petiolo oriundus, segmenta secundaria postrema anadroma, vagina aperta. Columbien, Mexico, Nordamerika, Japan, (Sibirien), Russ- land, Scandinavien, Alpen. II. Helminthostachys. Helminthostachys zeylanica Hook. (Osmunda L., Beteyahiirn Sw., Helminthostachys dulcis Kaulf., H. integrifolia et H. Mine, Presl., Bo- iryopteris mexicana Presl.) Neucaledonien, Sundainseln, Philippinen, Japan, Ceylon. III. Ophioglossum. Sectio 1. Euophioglossum. Rhizoma hypogaeum, praeter involucri margines glabrum, pedunculus solitarius e petiolo vel basi laminae ori- undus, petioli fasciculi basi tres, intra laminam plus minus ramosi, sto- mata utrinque obvia, rarius supra parca vel nulla, radicis fasciculus monarchus. Subsectio 1. Paraneura. Nervus medianus laminae sterilis intra laminam laterales non vel hinc inde solitarium emittens, laterales e fasciculis binis lateralibus petioli vel ex parte e mediano petioli oriundi, repetitofurcati, subparalleli, versus apicem convergentes. A. Petiolus subnullus, pedunculus lamina lmneari brevior. 1. O. Bergianum Schlecht. Cap. B. Graminea. Petiolus epigaeus, pedunculus e bası laminae oriun- dus, lamina linearis vel lineari-lanceolata. Systematische Uebersicht der Ophioglosseen. 351 2. O. gramineum Willd. (O0. gracilimum Welw. in litt). Sporae 40 micra latae, apice distincto. Östindien, Afrıka. 3. O. lusoafricanum Welw. in litt. Sporae 80 micra latae, apice in- conspicuo. Westafrika. C. Lusitanica. Petiolus hypogaeus, pedunculus e petiolo vel rarius e bası laminae lanceolatae oriundus, venulae non copiosae. a) Venulae parcae. 4. O. lusitanicum L. Lamina carnosa, basi longe attenuata, sporae apice distincto, areolis 12—15 ad diam. striis subelevatis. Nordafrika, Atlantis, Süd- und Westeuropa. 5. O. Braunü n. sp. Lamina tenuis, basi longe attenuata, sporae apice indistincto, areolis ad 30 ad diam. striis non elevatıs. Capverdische Inseln. b) Venulae crebriores. ! 6. O. coriaceum Ounn. (O. gramineum R. Br.). Lamina carnosa, bası plus minus attenuata, sporae areolis 12—15, striis subelevatıs. Australien, Neuseeland, Bolivia. 7. O.californicum n. sp. Lamina carnosa, bası breviter attenuata, sporae areolis 20—25, striis non elevatis. Californien. D. Vulgata. Petiolus hypogaeus vel breviter epigaeus, pedunculus e bası laminae oriundus, venulae copiosae. a) Nervi laterales remoti. 8. O. Gomezianum A. Br. (? O. nudicaule L.). Minus; sporae areolis 12, striis subelevatis. Africa. 9. O. capense Schlecht. (O. cuspidatum Milde ex p., O. vulgatum var. polyphyllum A. Br. ex p.). Maius; sporae areolis 20, striis non elevatis. Afrika: Cap, Abyssinien, Capverdische Inseln. b) Nervi laterales mediano approximati. 10. O. Engelmanni n. sp. Venulae copiosissimae; sporae areolıs 15—20, striis non elevatıs. Nordamerika. 1l. O. vulgatum (O. polyphyllum A. Br., O. azoricum Presl, O. cuspi- datum Mde. ex p.). Venulae minus er sporae areolis 6—12, strıis elevatis. Westasien, Europa, Atlantis, Nordamerika. Subsectio 2. Ptiloneura. Nervus medianus laminae sterilis intra laminam laterales porrectos vel divergentes emittens, laterales petioli parce ramosi. 352 K. Prantl: A. Lanceolata. Petiolus epigaeus, pedunculus e basi laminae oriundus, lamina linearis vel lanceolata rigida. 12. 13. O. Dietrichiae n. sp. (O. vulgatum var. gramineum Lürss.). Lamina linearis. Neuholland. O. lanceolatum n. sp. (O. vulgatum var. lanceolatum Lürss.). Lamina lanceolata. Neuholland. B. Macrorrhiza. Rhizoma saepissime pro ratione crassum, petiolus hypo- gaeus, pedunculus e basi laminae vel petiolo oriundus, gracilis, laminae forma varia. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. a) Lamina non vittata, nervi intrantes 3—5, rhizoma non globosum. «) Lamina suborbicularis. O. Luersseni n. sp. (O. vulgatum var. macrorrhizum Lürss.). Sporae areolis 20, striis non elevatis. Neuholland. O. rubellum A. Br. Sporae areolıs 12—15, striis elevatis. Westafrika. #) Lamina lanceolata vel elliptica. O. macrorrhizum Kze. (O. pusillum Lepr.). Lamina bası cuneata, sporae areolis 8, striis elevatis. Brasilien. O. tenerum Mett. mscr. lLamina basi cuneata, sporae areolis 12—15, striis non elevatıs. (feorgia. O. ypanemense Mart. (O. Spruceanum Fee... Lamina basi sub- truncata, sporae areolis 20, striis non elevatis. Brasilien. b) Lamina non vittata, rhizoma globosum. O. crotalophoroides Walt. (O. bulbosum Mich., O. stipatum Colla.). Pedunculus laminam triplo superans. Chile bis Carolina. O. opacum Carmich. Pedunculus lamina brevior. Tristan d’Acunha, St. Helena. c) Lamina vitta media pallida percursa, nervi intrantes 7—9. O. ellipticum Hook. et Grev. (O0. surinamense Rchb.). Rhizoma cylindricum, radıicibus parcis. Südamerika. O. fibrosum Schum. (0. Wightü Grev. et Hook., O. brevipes Bedd., O. aphrodisiacum Welw. in litt). Rhizoma tuberosum, radicibus numerosis. Ostindien, Africa. C. Reticulata.. Rhizoma cylindricum, petiolus epigaeus, rarius hypo- gaeus; pedunculus e petiolo vel basi laminae oriundus, rigidus. Systematische Uebersicht der Ophioglosseen. 353 a) Lamina lanceolata; petiolus non vel breviter epigaeus, pedunculus e bası laminae oriundus. 23. O.lancifolium Presl. Lamina tenuis, subtus pallidior; sporae striis subelevatıs. Isle de France. 24. O.japonicum n.sp. Lamina carnosula, fere concolor striis non elevatıs. Japan. b) Lamina elliptica vel ovata, bası cuneata truncata vel cordata; petiolus epigaeus; pedunculus e petiolo oriundus. 25. O. ovatum Bory. (O. sarcophyllum Desv.). Lamina elliptica bası cuneata. Mascarenen. 26. O. pedunculosum Desv. (O. moluccanum Schlecht., O. cordifolium Roxb., O. Cumingianum et O. cognatum Presl; O. petiolatum Hook.). Lamina ovata basi truncata. Neuholland, Neuseeland, Java, Philippinen, Ostindien. 27. O. reticulatum L. (O. peruvianum Presl). Lamina ovata basi cor- data. Masearenen, Africa, Capverdische Inseln, Brasilien bis Mexico, Westindien. Sectio I. Ophioderma (Endl.). Rhizoma epidendrum papillosum, pedunculus solitarius e lamina oriundus; lamina fasciaeformis integra vel dichotome lobata, basi sensim in petiolum teretem angustata, nervo mediano hinc inde laterales emittente, petioli fasciculi numerosi, stomata utrinque obvia, radicis fasciculus tri-ad tetrarchus. 28. O. pendulum L. (? O. intermedium Hook.). Australien, Hawai’sche Inseln, Ostindien, Oeylon, Mascarenen. Sectio Ill. Cheiroglossa (Presl). Rhizoma epidendrum longepilosum, pedunculi plures, anteriores e margine basalı laminae dichotome lobatae oriundi, nervis dichotomis; petioli fasciculi numerosi; stomata infera, radicis fasciculus diarchus. 29. O. palmatum L. Südamerica, Westindien, Bourbon, Sechellen. 23 D. Botan.Ges.1 gas, pacın 4) EA Ki Wi TR Berrt WERTEN er N SE alle ne ar IM RT Er a ‘, ap BR PRLIRERE URL N eig Sa den Bis url, lennrk ir laut kart: R j i " Ka el ER DIET. 5 5 ya sieht 109 tind Sf A Di "u pc er BR RT re £ u ER Rh RN 5 ‚miaofli u, a mnabeshie goal nk ber; arg 130) Bro gi umal. uhmrurıo: au au argeisk, eine. al 48 and ai ovıom MIR. zmalsıı cuXa ost si mia PIRETL Kr E rn u TEEN 23 © 3 eipi { A j * gi: 0 2). ‚auperup2)yg, Dierat, ea ri doof umkameins BERNER. in. Me «rland BER: inweH ‚ueile h Ar "U. Dub ‚Mich | u RR} AN 7 | ‚ainch gegan | ‚Kuh Yrabige do; WM. ER ai Be onade A aupiedyih eh Ge ehlyısos a PRRBCERGWERN a, a a“ dee Re Tristan! K Aounha. 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Emil Ballowitz, cand. med. in Greifswald, Anklamerstr. 64a. Karl Jordan, stud. phil. in Berlin S., Tempelherrenstr. 3, 1I. Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren: Dr. A. de Bary, Professor der Botanik in Strassburg ı. E. (durch Pringsheim und Ascherson). Dr. F. Hildebrand, Professor der Botanik in Freiburg in Baden (durch een und Pfitzer). C. Heiligenstadt, stud. phil. in Berlin N., Kesselstr. 24 1. A Frank und Tschirch). Als ausserordentliche Mitglieder sınd vorgeschlagen die Herren: W. Laux, Pharmaceut in Berlin C., Prenzlauerstr. 45a (durch Kny und Zimmmermann). Dr. Krah in Berlin SW., Pionierstr. 4, Ilr. (durch Pringsheim und Schwendener). 358 | Sitzung vom 26. October 1883. Der Vorsitzende theilt mit, dass in der am 17. September in Freiburg abgehaltenen Generalversammlung die vorgeschlagenen Ehren- und correspondirenden Mitglieder sämmtlich gewählt und dass denselben die Diplome zugestellt worden sind. Herr Pringsheim theilt darauf der Versammlung mit, dass ihm von nachbenannten Ehren- und correspondirenden Mitgliedern anläss- lich ihrer Ernennung Zuschriften zugegangen sind und zwar von den Ehrenmitgliedern: Agardh, Bentham, Boussingault, Alph. de Candolle, J. D. Hooker, Tulasne; von den correspondirenden Mitgliedern: I. Bayley Balfour, Caruel, Cienkowski, Cr&pin, Delpino, Famintzin, Maximowiez, Millardet, War- ming, Wittrock, Woronin. Dieselben sprechen sämmtlich ihren wärmsten Dank für die Ernennung aus. Der Vorsitzende macht davon Mittheilung, dass der wiedergewählte Vicepräsident Herr Leitgeb die Wahl angenommen habe. Der Vorsitzende theilt alsdann mit, dass folgende neugewählte Mit- glieder des Ausschusses, welche in Freiburg nicht anwesend waren, mittler- weile dem ersten Schriftführer Herrn Frank angezeigt haben, dass sie die Wahl annehmen. Es sind dies die Herren: Strasburger, Buchenau, Engler, Cohn, Cramer, Drude, Wiesner, Göppert, Pfeffer, Stahl. In Freiburg hatten bereits angenommen die Herren Nöldeke, Pfitzer, Reinke. Folgende Mitglieder der Commission für die Flora von Deutschland haben die Annahme der auf sie gefallenen Wahl an- gezeigt: die Herren Buchenau, v. Uechtritz und Freyn. Die Herren Ascherson und Haussknecht hatten bereits in Freiburg an- genommen. Der Vorsitzende theilt ferner mit, dass die Gesellschaft seit der letzten Sitzung zwei ihrer ordentlichen Mitglieder durch den Tod ver- loren habe, es sind dies die Herren: Prof. Dr. Herrmann Müller, Oberlehrer am Realgymnasium in Lipp- stadt, starb am 25. August in Prad (Tirol). W. Lauche, Königl. Hofgarteninspektor in Wildpark bei Potsdam, starb daselbst am 12. September. Die Versammlung erhebt sich zum ehrenden Andenken der Ver- storbenen von ihren Sitzen. Bei den alsdann vorgenommenen Neuwahlen des Vorstandes und der Redaetionscommission werden, nachdem der Vorsitzende die Beschluss- fähigkeit der Versammlung — Anwesenheit von mindestens 20 ordent- lichen Mitgliedern, darunter mindestens drei Vorstandsmitglieder — con- statirt hat, gewählt: Zum Vorsitzenden Herr Eichler, „ ersten Stellvertreter des Vorsitzenden Herr Schwendener, zweiten Stellvertreter des Vorsitzenden Herr Kny. Sitzung vom 26. October 1883. 359 Zum ersten Schriftführer Herr Frank, zweiten Schriftführer Herr Köhne, „ dritten Schriftführer Herr Urban, Der bisherige Schatzmeister der Gesellschaft, Herr Otto Müller, wurde durch Acclamation wiedergewählt. Zu Mitgliedern der Redactionscommission, der statutengemäss ausser- dem noch der erste Vorsitzende und die drei Schriftführer angehören» werden gewählt die Herren: Ascherson, Westermaier, Magnus. Sämmtliche Herren nahmen die Wahl an. ” Mitglieder-Liste. (Fortsetzung). *) Beyse, G., Dr., Realschullehrer in Wandsbeck. Brandes, Apotheker in Hannover. Hänsch, Optiker und Mechaniker in Berlin S., Stallschreiberstr. 4. Jönsson, Bengt, Dr., Doc. d. Bot. in Lund (Schweden). Jordan, Karl, Cand. phil. in Berlin S., Tempelherrenstr. 3, II. Koepert, O., stud. rer. nat. in Berlin N., Invalidenstr. 124. Kuhn, M., Dr., Oberlehrer in Berlin NW., Louisenstr. 67. Kurth, H., Dr. med., Unterarzt in Berlin NW., Karlstr. 3, II. Luckenbach, G., in Berlin NW., Philippstr. 13 part. Salfeld, E., Apotheker in Hannover. Schaarschmidt, J., Dr. in Klausenburg (Ungarn), Kgl. Bot. Garten. *) Enthält alle diejenigen Mitglieder, welche in den Monaten August, Sep- tember, October ihren Beitrag entrichtet haben. Berichtigungen fehlerhafter Adressen bittet man zu senden an Herrn Dr. A. Tschirch, Berlin N., Invalidenstr. 36. 360 | Steinbrinck: Berichtigung. Mittheilungen. 48. Steinbrinck: Berichtigung zu der Mittheilung „Ueber einige Fruchtgehäuse, die ihre. Samen infolge von Benetzung freilegen.“') Eingegangen am 7. September 1883. Bei der Besprechung der NMesembryanthemum-Frucht in der Mit- theilung, welche in der Ueberschrift genannt ist, sind die in den Fi- guren 1—4 der zugehörigen Tafel XI mit k bezeichneten Fruchtzipfel irrthümlicher Weise als Zipfel des Kelches gedeutet worden, während dieselben dem Epi- oder Exokarp angehören, welches sich bei der Reife von dem in der Mittheilung als Ovarium aufgefassten Endo- karp (f der Fig. 2) ablöst. Dem entsprechend bitte ich die Leser jener Mittheilung die Bezeichnung der erwähnten Theile sowohl im Text als in der Figurenerklärung zu corrigiren. Die Verwechselung rührt daher, dass mir zur Zeit weder die ein- schlägliche Literatur, noch frisches Pflanzenmaterial zum Vergleiche zugänglich war. 49. Dammer: Uebereinige Formen der Picea excelsaLk. in der Umgebung St. Petersburgs. Eingegangen am 22. September 1883. Mit einer Arbeit über die Verbreitung der Fichte im östlichen europäischen Russland beschäftigt, fand ich Veranlassung, die in der Umgebung Petersburgs vorkommenden Wälder einem genaueren Stu- dium zu unterziehen und war erstaunt einen Formenreichthum anzu- treffen, den ich nicht vermuthet hatte. Ausführliche Mittheilungen mir für spätere Zeit vorbehaltend will ich hier nur in Kürze auf einige wesentliche Variationen hinweisen. — Bekanntlich führt Ledebour in seiner Flora Rossica III. 2. p. 671 Nr. 7 neben der europäischen noch 1) Diese Berichte pag. 339. Dammer: Ueber einige Formen der Picea excelsa Lk. 361 die sogenannte sibirische Fichte (Picea orientalis Ledeb., P.obovata Ledeb. [Fl. altaica IV p. 201]), auf, die sich durch folia acuta vel acutiuscula (f. mucronata P. excelsa) strobili erecti (str. penduli P. e.) squamae cuneato-obovatae, apice rotundatae integerrimae extus convexiusculae (sq. rhombeae apice truncatae eroso-denticulatae P. e.) von der P. excelsa (deren Charactere in () beigefügt sind) unterscheidet. Das Merkmal „strobuli erecti“, ist, wie schon andere Schriftsteller (Teplouchoff, Fellmann u. A.) früher bemerkten, sehr variabel. Regel hat nun schon früher (cf. Gartenflora 1863 p. 95 ff.) eine Uebergangsform als P. excelsa fennica beschrieben und abgebildet, die er von Nylander in Helsingfors erhalten hatte (strobilorum pendulorum squamis rhombeo- ovatis, apice rotundatis, saepe obsolete emarginatis eroso-denticulatis). Ferner hat Teplouchoff (cf. Bull. de la Soc. de Moscou 1869 und Russisches Waldjournal 1876) Uebergänge zwischen diesen Arten aus dem Ural (Guv. Perm) und Altai nachgewiesen und glaubte sich zu dem Schlusse berechtigt, dass P. obovata Ledeb. nur eine geographische Form der P. excelsa sei. — In den Wäldern um Petersburg, die zum grössten Theile aus Fichten, mit eingesprengten Birken, seltener Sorbus, Alnus, Rhamnus, Pinus silvestris (letztere an mehr trockenen, sandigen, höher gelegenen Stellen) und einigen anderen Bäumen und Sträuchern bestehen, kommen nun, soweit meine Erfahrungen bis jetzt reichen, alle Uebergänge von der echten P. excelsa Lk. zur P. obovata Ledeb. vor und zwar sowohl hinsichtlich der Spitze der Nadeln als auch der Form der Zapfenschuppen. Letztere sind bald stark eroso-dentatae und haben in dem Falle eine deutlich vorgezogene, vorn eingedrückte Spitze, wenngleich es mir bis jetzt noch nicht gelungen ist, Schuppen von der Form, wie ich sie aus Bonn besitze, zu finden. Diese vorgezogene Spitze weicht nun allmählich mehr und mehr zurück, die scharfe, grobe, unregelmässig ausgefressene Zahnung schwindet und es zeigen sich Formen mit Schuppen, deren vorderer Rand zwar noch in einem ziem- lich scharfen Bogen verläuft aber nur noch schwach gezähnelt ist und so der Abbildung Regels ziemlich entspricht. Dieser Bogen flacht sich aber auch noch immer mehr ab, gleichzeitig schwinden die Zähn- chen immer mehr, und es resultirt schliesslich fast ganz die für P. obovata Ledeb. typische Form. Bis jetzt ist es mir zwar noch nicht gelungen, völlig ganzrandige Schuppen zu finden, da selbst die flachrandigsten unter der Lupe noch einzelne zerstreute Zähnchen aufweisen; doch hege ich keinen Zweifel, auch noch die echte P. obovata Leedeb. zu finden. — In Bezug auf die Nadeln zeigen die Fichten der hiesigen Wälder auch mannichfache Variationen. Ihre Grösse schwankt zwischen 8—10 und 24mm. Sie sind bald dicker (mehr quadratisch) bald flacher (mehr breit-rhomboid) im Querschnitt. Erstere sind oft säbelförmig gekrümmt und stehen meist dichter und gleichmässig um die ganze obere Hälfte des Zweiges ab (merkwürdiger Weise werden gerade diese 362 | H. Molisch: Triebe vom Eichhörnchen mit Vorliebe abgebissen), letztere sind mehr grade, stehen meist weiter und nur nach rechts und links ab, so zwar, dass die oberen und unteren seitwärts gerichtet sind. Bäume mit der ersteren Form haben ein dichteres, dunkleres Aussehen, das bisweilen durch hängende Zweige noch gesteigert wird. Dagegen lassen die Bäume mit den dünneren, weiterstehenden Nadeln viel mehr Licht durch die Zweige, und sehen von weitem deshalb bedeutend heller aus. — Die einjährigen Triebe sind bald mehr weissgelb, bald mehr rothbraun, und mehr oder weniger, heller oder dunkler, fein behaart. — Die Grösse der Zapfen ist sehr variabel; sie schwankt zwischen 60 und 128 mm. Im all- gemeinen haben die sich der typischen P. excelsa nähernden, mehr lang- gestreckte konische, längere Zapfen, während die zur P. obovata neigen- den meist kürzere, abgestumpfte, mehr walzenförmige Zapfen haben. 50. Hans Molisch: Ueber das Längenwachsthum geköpfter und unverletzter Wurzeln. Eingegangen am 3. October 1883. Ueber diesen Gegenstand veröffentlichte Wiesner in seinem Buche „Das Bewegungsvermögen der Pflanzen!)“ eine Reihe von Versuchen, deren Ergebniss lautete: „Wurzeln, welche ihres Vegetationspunktes beraubt wurden, wachsen weniger in die Länge, als intakt gebliebene unter den gleichen Vegetationsbedingungen.“ Auffallenderweise kam später Kirchner?) bezüglich des Längenwachsthums dekapitirter und intakter Wurzeln zu anderen Resultaten; nach dem genannten Forscher zeigen ihres Vegetationspunktes beraubte Wurzeln entweder eine ganz unbedeutende Verlangsamung des Wachsthums oder — und dies sei der häufigere Fall — sogar eine Beschleunigung desselben gegenüber den unversehrten. Auf welche Ursachen dieses so ganz verschiedene Resultat zurückzuführen sei, wusste Kirchner, da er gegen Wiesner’s Experimente keinen thatsächlichen Einwand erheben konnte, nicht. Er glaubte jedoch das Räthsel durch die Annahme lösen zu können, dass Wiesner bei seinen Versuchen mehr als 1 mm von der Wurzel- spitze abgetragen und mithin Zellgewebspartien entfernt habe, die sich in den folgenden 24 Stunden schon bedeutend gestreckt haben würden. Dass diese Zumuthung vollkommen unberechtigt ist, kann ich auf das 1) pag. 101—105. 2) Ueber die Empfindlichkeit der Wurzelspitze für die Einwirkung der Schwer- kraft. Stuttgart 1882, p. 16—23. Ueber das Längenwachsthum geköpft. u. unverletzt. Wurzeln. 363 Bestimmteste versichern, da ich den grössten Theil der diesbezüglichen Versuche über das Längenwachsthum geköpfter und normaler Wurzeln auf die freundliche Einladung des Herrn Prof. Wiesner hin selbst aus- geführt habe. Obwohl ich an der Richtigkeit des damals unter Anwendung aller Vorsichtsmassregeln gewonnenen Ergebnisses zu zweifeln keinen Grund hatte, so bewog mich doch Kirchner’s Schrift den Gegenstand einer neuen gründlichen Prüfung zu unterziehen. In den mit etwa 400 Keimlingen ausgeführten Versuchen, zeigten stets die geköpften Wurzeln, mochten sie in diesem oder jenem Medium, bei günstiger oder ungünstiger Temperatur kultivirt werden, ein ge- ringeres Längenwachsthum als die intakten. Auf die Grösse des Unter- schiedes übt jedoch die Temperatur einen sehr grossen Einfluss. Kul- tivirt man die Sämlinge bei etwa 15° CO. also bei verhältnissmässig niederer Temperatur, dann stehen die gekappten Wurzeln den unver- sehrten bezüglich ihres Zuwachses zwar nach, aber bei weitem nicht in so auffallendem Masse, wie wenn man die Pflanzen bei möglichst gün- stigen Wachsthumstemperaturen zieht. Da nun Kirchner seine Ver- suche bei viel niederen Temperaturen angestellt als Wiesner,!) so mussten wohl schon aus diesem Grunde seine Ergebnisse anders aus- fallen. Aber auch aus anderen. Kirchner entfernte von der Wurzel- spitze gewöhnlich weniger als 1 mm, mitunter sogar nur 4 mm; nun hat Wiesner gezeigt, dass zwischen der Grösse des abgeschnittenen Stückes und dem Längenwachsthum die leicht zu konstatirende Relation besteht: je weniger von dem Wurzelende weggeschnitten wird, desto grösser der Zuwachs und ebenso umgekehrt. Ich glaube jedoch, dass selbst unter diesen Bedingungen ein Unterschied im Wachsthum der beiden Wurzelarten sich herausgestellt hätte, wenn Kirchner eine grössere Anzahl von Wurzeln — er verwandte zu einer Versuchsreihe gewöhnlich nur sechs — untersucht hätte; allein bei der schwankenden Individualität der Vergleichspflanzen konnte, falls nicht durch eine grössere Zahl von Messungen die Fehler paralysirt wurden, der Unter- schied leicht verdeckt werden. Ja der Umstand, dass Kirchner auf Seite der gekappten Wurzeln gegen alle Erwartung oft eine Beschleuni- gung des Wachsthums beobachtete, scheint wohl mit Bestimmtheit da- rauf hinzudeuten, dass die Individualität der Versuchspflanzen hier zu einer Täuschung Veranlassung gab. Zur Begründung der gemachten Behauptungen mögen die nach- stehenden Versuchsreihen, ”) die ich aus meinen Aufzeichnungen heraus- hebe, dienen. 1) Die Temp. betrug gewöhnlich 22° C., bei Kirchner’s Versuchen jedoch in der Regel 14—19° C, 2) Für die freundliche Mithilfe bei der Ausführung derselben, bin ich dem Herrn stud. phil. A. Kranzl zu grossem Danke verpflichtet. 2): H. Molisch: I. Zea Mays. Aus einer grossen Zahl von in Sägemehl kultivirten Keimpflänz- chen wurden 20 Paare, jedes Paar aus möglichst gleichen Pflanzen bestehend, ausgewählt. Bei jeder Wurzel wurde -- von der Spitze gerechnet — eine Strecke von 1 cm in Abständen von 1 mm mit Tusche zart markirt. Dann wurde der einen Wurzel eines jeden Paares die Spitze in einer Ausdehnung von genau 1 mm mittelst Rasirmessers ab- geschnitten, die andere aber unversehrt gelassen. Hierauf kamen sämmtliche Keimpflanzen in lockeres, feuchtes Sägemehl. Um den Wurzeln das Eindringen in das Medium zu erleichtern und Krümmun- gen möglichst zu vermeiden, bohrte ich ins Sägemehl noch überdies schmale vertikale Kanäle, in welche die Wurzeln vorsichtig eingeführt wurden. Das Ganze verblieb sodann in einem finsteren Zimmer bei einer fast konstanten Temperatur von 25° C. | A. B. Temperatur 25° C. Alles wie nebenstehend, nur die Temp. ist bedeutend niedriger: 15° C. Geköpfte Unverletzte 1 Geköpfte Unverletzte R Wurzeln Wurzeln S Wurzeln Wurzeln {a — | £ Länge der mar- | Länge der mar- e Länge der mar- | Länge der mar- © kirten Zone!) | kirten Zone nach | = | kirten Zone nach | kirten Zone nach 5 | nach 24 Stunden 24 Stunden & 24 Stunden 24 Stunden 1 22,5 31,5 2 3 47 3 25,5 47 A 32,5 42 5 32 44 6 40 64 7 25 36 8 30 46 3 27,5 41 10 30 36 11 26 30 12 29,5 30,5 13 40,5 28,5 14 30 39 15 al 43,5 16 26,5 44 17 24 46,5 18 43,5 42,5 19 ol 36 20 29 38 Zuwachs jeder ein- | Zuwachs jeder ein- Zuwachs jeder ein-| Zuwachs jeder ein- zelnen Wurzel im | zelnen Wurzel im zelnen Wurzel im| zelnen Wurzel im Mittel 20,4 pCt. | Mittel 30,6 pCt. Mittel 17,9 pCt. | Mittel 23,0 pCt. 1) Ich halte es für das Beste als Ausgangspunkt der procentischen Berechnung die am Wurzelende liegende Strecke in einer Ausdehnung von 1 cm zu nehmen. Die wachsende Region befindet sich, wie ich mich bei dieser und allen folgenden Versuchsreihen überzeugte, stets innerhalb dieser Strecke. / Ueber das Längenwachsthum geköpft. u. unverletzt. Wurzeln. 365 II. Pisum sativum. ge B. Versuchsanstellung so wie bei I. Temp. 25—27° C. Alles wie nebenstehend. Temp. 15° C. Die Keimlinge wuchsen in feingesiebter Mistbeeterde. Geköpfte Unverletzte Geköpfte Unverletzte R Wurzeln Wurzeln 8 Wurzeln Wurzeln u 3 ||- — _ Länge der mar- | Länge der mar- ö Länge der mar- | Länge der mar- 5 || kirten Zone nach | kirten Zone nach | = | kirten Zone nach | kirten Zone nach = 24 Stunden 24 Stunden = 24 Stunden 24 Stunden 1 26,5 41 1 16 23 2 28 36,5 2 21 25 3 27 34 3 20,5 27 4 zart 40 4 18 20 5 18 20 5 17 Dil 6 23 38 6 18,5 26 7 35 46 7 23,5 24,5 8 24,5 34,5 8 19,5 24 9 30 38 9 20 19 10 36 54 10 15,5 23,5 11 32 49 11 115 21 12 33 49 12 17 25 13 23 26 13 15 23 14 30 25 14 26 23,5 15 18 33 15 25 26 16 Ai 37 16 18 19 17 23 28 17 13 17 18 28 a 18 20 24 19 22 43 19) 19 2 20 32 39 20) 19 23 Zuwachs jeder ein-] Zuwachs jeder ein- Zuwachs jeder ein-] Zuwachs jeder ein- zelnen Wurzel im| zelnen Wurzel im zelnen Wurzel im| zelnen Wurzel im Mittel 16,8 pCt. | Mittel 27,0 pCt. Mittel 8,5 pCt. Mittel 12,9 pCt.') Die aus den obigen Erörterungen und Messungen sich ergebenden Resultate lassen sich folgendermassen kurz zusammenfassen: I. Die Ansicht Wiesners: „Wurzeln, welche ihres Vegetations- punktes beraubt wurden, wachsen weniger in die Länge als intakt gebliebene unter gleichen Vegetationsbedingungen,“ ist richtig. 1lI. Der Unterschied im Längenwachstbum zwischen beiden Arten von Wurzeln hängt im hohen Grade von der Temperatur ab. Bei sehr günstiger Temperatur ist er bedeutend, bei niedriger jedoch geringer. III. Die Ursache, warum Kirchner bezüglich unserer Frage auf Grund seiner Versuche zu anderer Anschauung gelangte als Wiesner, liegt höchst wahrscheinlich darin, weil er 1. bei 1) Die dritte Tabelle steht auf der folgenden Seite. 366 H. Molisch: Ueber das Längenwachsthum geköpft. u. unverletzt. Wurzeln. III. Phaseolus multiflorus. A. Versuchsanstellung wie bei I. Temp. 25—31° C. Die Keimlinge wuchsen im Sägemehl. B. Versuchsanstellung wie nebenstehend. Temp. 15° C. Geköpfte Unverletzte Wurzeln Wurzeln Geköpfte Unverletzte Wurzeln Wurzeln Länge der mar- | Länge der mar- Länge der mar- | Länge der mar- kirten Zone nach | kirten Zone nach kirten Zone nach|| kirten Zone nach Nr. der Wurzel 24 Stunden 24 Stunden 24 Stunden 24 Stunden 1 26,5 2 33 3 88,5 4 34 5 86,5 6 17,5 L 28 8 32,5 9 89,5 10 35 11 37,5 12 19,5 13 34 14 40 15 83,0 16 28,5 17 39 18 al 19 46 20 36 21 28 Zuwachs jeder ein-| Zuwachs jeder ein- Zuwachs jeder ein-| Zuwachs jeder ein- zelnen Wurzel im! zelnen Wurzel im zelnen Wurzel im! zelnen Wurzel im Mittel 23,0 pCt. Mittel 33,4 pCt. Mittel 10,8 pCt. Mittel 15,8 pCt. ziemlich niederer Temperatur gearbeitet hat, 2. von der Wurzel- spitze in der Regel weniger als 1 mm, mitunter nur 4 mm ent- fernt hat und endlich 3. weil er bei mehreren seiner Versuche nur je drei Wurzeln verglich, wodurch die in Folge der ver- schiedenen Individualität auftretenden Fehler offenbar nur zum Theil ausgeschlossen wurden.!) 1) In jüngster Zeit sprach sich auch Krabbe (Berichte der deutschen botan. Gesellsch. I. Jahrg., Heft 5, p. 229) über das Längenwachsthum dekapitirter und in- takter Wurzeln aus. Seine Ansicht wiederspricht zwar nicht im Wesentlichen der- jenigen von Wiesner, allein er betont, dass er eine so bedeutende Verminderung der Wachsthumsintensität, solange die Amputation, wie in den Wiesner’schen Ex- perimenten nicht über einen Millimeter hinausging, nicht beobachten konnte. — Offenbar waren dann die äusseren Bedingungen, unter denen die Wurzeln wuchsen, nicht dieselben wie bei Wiesner. Es lässt sich jedoch darüber nichts Bestimmtes sagen, da Krabbe seine Versuche nicht mitgetheilt hat. A. Burgerstein: Ueber die Aufnahme von Wasser etc. 367 5l. Alfred Burgerstein: Ueber die Aufnahme von Wasser durch die Blüthenköpfe einiger Compositen. Eingegangen am 3. October 1883. Die Frage über die Aufnahmsfähigkeit von Wasser durch die un- verletzte Lamina der Laubblätter hat bereits viele Physiologen experi- mentell beschäftigt. Die älteren Forscher, welche diesbezügliche Beob- achtungen anstellten, wie Perraultius, Mariotte, Hales, Bonnet, Du Hamel, Van Marum, Senebier, Knight, Sprengel, haben bekanntlich das oft lange andauernde Frischbleiben untergetauchter oder mit einer Seite auf Wasser liegender Blätter als Folge von Wasser- aufnahme erklärt; in anderen Fällen die Wasserabsorption wieder aus dem Umstande erschlossen, dass die in freier Luft befindliche Hälfte eines belaubten Gabelzweiges (dessen andere Hälfte in Wasser ein- tauchte) sich längere Zeit turgescent erhielt, in einzelnen Fällen sogar neue Blätter entwickelte. Die neueren Physiologen haben meist auf direktem Wege (durch Wägung etc.) die Aufnahmsfähigkeit von Wasser und Salzlösungen durch die Lamina der Laubblätter nachgewiesen beziehungsweise bestätigt: Burnett (1831), Garreau (1849), Duchartre (1856), Oailletet (1871), Baillon (1874), Lanessan (1875), Böhm, Fr. Haberlandt, Detmer, Caruel e Mori (1877), Sachs, Boussingault (1878), Wiesner (1882). Dagegen habe ich ın der Literatur mit Ausnahme einer verein- zelten Stelle bei Garreau!) keine Angaben über directe Versuche betreffend die Aufnahme von Wasser durch Blumenblätter gefunden. Dies veranlasste mich, einige Versuche in dieser Richtung zu machen. Ich benutzte die Blüthenköpfe mehrerer Compositen mit flach ausge- breiteten, ligulifloren Randblüthen. Es wurden von jeder Art meist vier, möglichst gleich entwickelte und im frischen Zustand befindliche Köpfe abgeschnitten, gewogen und dann sogleich je zwei beziehungs- weise mit der Ober- oder Unterseite auf Wasser gelegt. Zu diesem Zwecke diente eine an einem ruhigen Orte stehende Krystallisirschale, die bis zu zwei Drittel Höhe mit Wasser gefüllt war. Nachdem die gewogenen Blüthenköpfe vorsichtig auf das Wasser gebracht waren, wurde die Schale mit einer gut schliessenden Glasplatte bedeckt, die 1) Ann. sc. nat. 3. ser. Tom. XIII. 1849. Nach Garreau sollen die Blumen- blätter ohne Ausnahme erst dann im Stande sein Wasser zu absorbiren, wenn sie nacheinander mit Seifenwasser, Aether und dest. Wasser gewaschen wurden. 368 A. Burgerstein: an der Innenseite mit feuchtem Filtrirpapier ausgekleidet war. Hier- durch wurde ein Wasserverlust der Blüthen durch Transpiration aus- geschlossen. Bei jenen Blüthenköpfen, welche mit der Unterseite auf das Wasser zu liegen kamen, wurde vorher die Schnittfläche des gemeinsamen Blüthenstieles, um die Wasseraufnahme an dieser Stelle zu verhindern, mit Siegellack verschlossen. Nach Verlauf von 12 bis 24 Stunden wurden die Blüthen vorsichtig vom Wasser abgenommen, mit gutem Filtrirpapier möglichst rasch und vollkommen abgetrocknet, und wieder gewogen. Bei einiger Uebung ist es nicht schwer, das äusserlich anhaftende Wasser auch aus dem centralen Theile des Köpf-. chens zu entfernen, ohne letzteres zu verletzen. Um vergleichbare Resultate über die Wasseraufnahme der Ober- und Unterseite der Blüthen zu erhalten, habe ich aus der schliesslich bestimmten Trocken- substanz den relativen Wassergehalt der Versuchsobjekte zur Zeit der jedesmaligen Wägung berechnet. In der folgenden Tabelle bedeuten: 0.-S. und U.-S. die Wasseraufnahme von der Oberseite, beziehungs- weise Unterseite der Blüthen; \, den procentischen Wassergehalt der Köpfe bezogen auf deren Lebendgewicht am Beginn des Versuches; W,, den Wassergehalt nach 24 Stunden, W,, nach 48 Stunden und dergl.; Z die procentische Wasserzunahme während der ganzen Ver- suchsdauer. 1. Anthemis tinctoria UL. Wo Wi Wa zZ 0.-8. 80,5 81,8 82,5 2,0 U.-8. 80,9 827 83,3 2,4 2. Anthemis Triumfetti De. Wo Wii Wis Z 0.8. 75,3 771 80,0 4,7 U.-8. 75,7 77,3 81,0 5,3 3. BDuphthalmum salicifolium L. Wo Wa Z 0.8 81,3 83,3 2,0 U.-8 82,5 84,7 22 4. Chamaemelum glabrum. Wo Wie Wi Z 0.-8 83,9 85,6 86,5 2,6 U.-8 83,8 85,1 86,0 2,2 5. Cineraria cruenta Herit. Wo Wa Z 0.-8 81,2 82,5 1,3 v.-8 81,5 84,0 2,5 6. Chrysanthemum Leucanthemum L. Wo Wi Was Z 0-8. 86,0 86,9 872 1,2 Ü.-8. 86,1 872 87,6 1,5 Ueber die Aufnahme von Wasser etc. 369 7. Erigeron speciosum De. Wo Wıa Wa4 Z 0.8. 81,0 81,7 82,7 1,7 V.-8 80,9 81,8 83.2 2,3 8. Pyrethrum Clusü Reichb. Wo Wıa Wa4 Z 0.-8. 822 83,7 84.0 1,8 V.-S. 82,5 84,0 84,7 2,2 9. Tanacetum carneum Sch. Bip. Wo Wa Wıs Z 0.-8. 80,4 82,2 82,4 2,0 V.-8. 80,4 82,1 82,7 2,3 10. Tanacetum roseum Sch. Bip. Wo Wıio Wi Z 0-8. 792 81,1 81,7 2,5 V.-8. 80,3 82,4 82,9 2,6 Aus den mitgetheilten Zahlen ergibt sich: 1. Die Blüthen der Compositen besitzen die Fähigkeit, Wasser von Aussen durch die Oberhaut aufzunehmen. — Da die verwendeten Blüthenköpfe trotz des turgescenten Aussehens ihren Wassergehalt noch vergrösserten, so ist wohl nicht zu zweifeln, dass dieselben in einem — bis zu einem gewissen Grade gehenden — welken Zustande umsomehr das Vermögen haben, Wasser von aussen direkt zu absorbiren. 2. Die Unterseite nimmt in der Regel mehr (resp. schneller) Wasser aufals die Oberseite. Dasselbe Resultat erhielt Wiesner!) bezüglich der Laubblätter. Man könnte nun einwenden, dass meine Versuche für die aus denselben deduzirten Sätze nicht beweisend sind, denn bei den mit der Oberseite auf dem Wasser liegenden Compositenköpfen konnte trotz der sorgfältigen Abtrocknung doch etwas Wasser zwischen den dicht stehenden Centralblüthen geblieben sein und dadurch zur Gewichts- vermehrung beigetragen haben; bei den auf der Unterseite schwimmen- den Köpfen war aber auch der Hüllkelch an der Saugung betheiligt. Diese beiden Factoren müssen allerdings in Betracht kommen; sie sind jedoch mit Rücksicht auf die Wahl der Versuchsobjekte nicht von so grossem Einflusses, um an der Richtigkeit wenigstens des sub 1 aus- gesprochenen Satzes zu zweifeln. Um denselben jedoch wie auch den zweiten Satz (Verschiedenheit der Wasseraufnahme der beiden Blatt- seiten) vorurtheilsfrei zu machen, stellte ich folgenden Versuch an: Von einer in voller Blüthe stehenden Sonnenblume (ZH. annuus) wurden 1) Studien über das Welken von Blüthen und Laubsprossen. Sitzb. d. k. Acad. d. Wissensch. Wien. 86. Bd. 1882. 24 D.Botan.Ges.1 370 A. Burgerstein: Ueber die Aufnahme von Wasser etc. vier, möglichst gleich aussehende Blumenblätter der äussersten Blüthen vorsichtig ausgerissen, nach Verschluss der Kisswunde mit einem Tröpf- chen Wachs abgewogen, und dann mit der Oberseite auf Wasser ge- legt. Hierauf wurden vier andere Blumenblätter ebenso behandelt, jedoch mit der Unterseite auf Wasser gelegt. Endlich wurde eine dritte Parthie, gleichfalls mit vier Blättern, ganz unter Wasser getaucht. Die an dem Kopf der Sonnenblume noch übrig gebliebenen Corollen wurden zur Bestimmung des Wassergehaltes verwendet, der in einem Falle 75,18, in einem anderen 75,16 pCt. ergab. Unter Zugrundelegung des Mittelwerthes ergab der Versuch: Helianthus annuus L. Wo Wi Wır Z Or 76,09 76,81 1,64 BE (a 77,02 77,52 2,45 (0 -U.)-8. 75,17 77,35 82,18 7,01 Wie man sieht, war auch hier die Wasseraufnahme durch die Unterseite grösser als durch die Oberseite. Auffallend ist es, dass die Wassergehaltszunahme der ganz untergetauchten Blätter (7,01) bedeu- tend grösser ist, als die Summe von O.-S. und U.-S. (4,09). Dasselbe ergab ein zweiter, ebenso ausgeführter Versuch mit Helianthus, und zu einem gleichen Resultat gelangte auch Wiesner!) bei verschiedenen Pflanzen bezüglich der Laubblätter. Dieser Zahlenunterschied erklärt sich, wie ich glaube, hauptsächlich daraus, dass die nur auf einer Seite schwimmenden Oorollen der Helianthus-Blüthen in Folge mehrerer Umstände nicht in einen so all- seitigen und vollkommenen Contact mit dem Wasser kamen, als wie es bei den ganz untergetaucht gehaltenen Blättern der Fall war. Einen gewissen, allerdings: unwesentlichen Einfluss dürfte auch die individuelle Verschiedenheit der Versuchsobjekte gehabt haben. 1) 1. c. p. 243. M. Westermaier: Zur Kenntniss der osmotischen Leistungen etc. 371 52. M. Westermaier: Zur Kenntniss der osmotischen Leistungen des lebenden Parenchym'’s. Eingegangen am 6. October 1883. TI. Endosmotische Saugung. Schon mehrfach und neuerdings durch Zimmermann’s Kritik der Böhm-Hartig’schen Gasdrucktheorie (Berichte der deutschen Bo- tanischen Gesellschaft Heft 4 p. 183) ist jene Vorstellung als unhaltbar zurückgewiesen worden, der zu Folge das Wasser im Gefässsystem der Pflanzen durch Luftverdünnung im oberen Stammtheil auf eine Höhe von 300 Fuss und höher emporgeschafft werden soll. Zimmermann’s Arbeit ergab insbesondere, dass es sich bei der Fortpflanzung der Saugung innerhalb der angenommen Jamin'schen Kette allerhöchstens um eine Strecke von 10m handeln könne, Dieser allergünstigste Fall setzt bei Tracheen eine Druckdifferenz von einer Atmosphäre zwischen Spitze und unterem Baumtheil voraus, bei geschlossenen Tracheiden eine ebenso grosse Differenz und hier noch ausserdem einen ver- schwindend kleinen Filtrationswiderstand der einzelnen Membran. Schreitet man auf dem Wege vorwärts, welcher zur Erklärung der Wasserbewegung in die Spitzen der hohen und höchsten Bäume führt, so richtet sich naturgemäss unser Augenmerk auf ein anderes Gewebesystem, welches gleich dem todten Gefässsystem ebenfalls ein integrirender Bestandtheil des Hadrom’s ist, nämlich auf das System der lebenden Zellen des Holzes, auf die Holzparenchymzellen sammt den Markstrahlen. Es handelt sich also zunächst um die Leistungs- fähigkeit der genannten Xylemelemente in Hinsicht auf die fragliche Wasserbewegung, und zwar lautet die Frage, ob die lebenden Zellen des Holzes für sich allein fähig sind, vermöge ihrer Wasser anziehenden Kraft (also auf dem Wege endosmotischer Saugung) Wasser auf die verlangte Höhe von 300—400 Fuss emporzuschaffen. Dies wäre in der Weise denkbar, dass eine lebende Zelle (Holz- parenchym- oder Markstrahlzelle) in dem obersten Theil eines Baumes, nachdem sie Wasser verloren hat, auf die nächst untere, anstossende, Wasser entziehend wirkt, letztere Zelle ebenso auf die nach unten fol- gende und so fort bis zum unteren Baumtheil. Daraus würde folgen, dass der Filtrationswiderstand der Membran nicht hinreicht, um die Aufwärtsbewegung des Wassers in den endosmotisch thätigen Zellen unterhalb der betreffenden Baumhöhe zu sistiren. 312 | M. Westermaier: Die Maximalleistung der endosmotischen Saugung im isolırt ge- dachten Parenchym anzugeben, bin ich nun allerdings nicht in der Lage. Es ist dies eine Lücke in meinen Schlussfolgerungen. Doch ist dies vielleicht im Hinblick auf zwei bekannte Thatsachen nicht von prin- cipieller Bedeutung. Denn für’s Erste ist das lebende Parenchym im Holz bekanntlich nicht durch isolirten Verlauf, sondern im Gegentheil durch seine vielfältige, durch Poren vermittelte Communication mit dem Gefässsystem characterisirt, und zweitens wissen wir, dass Parenchym im Zustand der Turgescenz Flüssigkeit in angrenzende todte Elemente hinein filtriren lässt. Es erscheint nun die Annahme gerechtfertigt, dass tiefer gelegene Parenchymzellen, wenn auch nicht immer, doch ım Allgemeinen zu dieser Wasserausscheidung früher gelangen als beträcht- lich höher liegende, und meiner Ansicht nach könnte man nun nicht mehr von einer Bewegung des Wassers einzig auf dem Wege der endosmotischen Saugung ım Parenchym reden; wir hätten nämlich schon eine combinirte Thätigkeit des Parenchym- und des Gefässsystems vor uns. Weil also im Holz isolirte Parenchymstränge von grosser Länge unseres Wissens überhaupt fehlen, verliert die Frage, wie lang ein schlaffer Parenchymstrang sein darf, der bei eingetauchtem unterem Ende bis oben sich unter günstigen Verhältnissen turgescent zu saugen vermag, etwas an Bedeutung. Die Kenntniss des Maximalleistung wäre trotzdem sehr erwünscht gewesen, doch muss ich mich damit begnügen, zu zeigen, dass eine der- artige Saugung in einem isolirten Parenchymstrange auf eine gar nıcht unbeträchtliche Entfernung hin erfolgen kann. Nachstehend theile ich die von mir hierüber angesteilten Versuche mit. Als Untersuchungsmaterial dienten Stränge aus Markgewebe von Helianthus annuus. An den unteren Stammtheilen ist im Sommer nur der peripherische Theil des Markes saftig, an den oberen das gesammte Markgewebe. Präparirt man einen solchen Markstrang vom Gefäss- bündelring frei, so ist der Parenchymstrang entweder schon durch Wasserverlust erschlafft oder wird an der Luft in einigen Stunden schlaff. Fin solcher erschlaffter Strang wird nun in einem Glascylinder von 9—10 cm Durchmesser im Lumen und 80— 100 cm Höhe aufgehängt, mit seinem unteren Ende im Wasser eingetaucht, und ein bis mehrere Tage hängen gelassen. Um eine weitere Verdunstung herabzudrücken oder ganz zu verhindern, war der Öylinder durch eine mit Fett be- schmierte Glasplatte bedeckt und die Innenseiten des Oylinders mit feuchtem Filtrirpapier ausgekleidet. Letzteres tauchte ebenfalls unten in’s Wasser, so dass es immer feucht blieb. Ein Strang, welcher vom Wasserspiegel, in den er tauchte, bis an sein oberes Ende 80cm mass, wurde auf diese Weise bis oben steif, d.h. also turgescent. Dauer des Versuchs 36—48 Stunden. Bei einem anderen Versuch war das über dem Wasser befindliche Stück 57 cm Zur Kenntniss der osmotischen Leistungen etc. 373 lang. Der Strang war noch nicht sehr schlaff beim Einhängen; in ca. 24 Stunden war das ganze 57 cm lange Stück turgescent ohne merkliche Abnahme der Steifheit nach oben Manchmal beobachtet man, dass in einem schlaffen Parenchym- strang, der ın solcher Weise mit seinem untersten Ende in Wasser taucht, eine Stelle oben steif wird, während tieferliegende Parthieen noch schlaff sind. Dieses Verhalten gehört wohl zu jener Kategorie von Erscheinungen, welche Nägeli (Nägeli&Schwendener, Mikros- kop p. 383) an Fettpflanzen und Kartoffeln constatirte, wenn dieselben der allmälıgen Verdunstung ausgesetzt wurden. An der betreffenden Stelle haben die Parenchymzellen aus gewissen Gründen, vielleicht wegen höherer Concentration des endosmotisch wirksamen Stoffes, eine grössere wasseranziehende Kraft, die sich auf ihre nächste Umgebung erstreckt, und so kann es kommen, dass höher gelegene Partieen eines Stranges sich aus tieferliegenden früher turgescent saugen, als diese letzteren dazu gelangen durch Schöpfen aus dem ihnen näher befindlichen Wasserreservoir. Ich gehe nun dazu über, Folgerungen aus dem Gesagten zu ziehen und zu zeigen, wie unter Zugrundelegung der beschriebenen einfachen Thatsache von der Saugung im Parenchym der Gang der Wasser- bewegung in die grössten Höhen hinauf construirbar ist, nämlich mit Hülfe der combinirten Thätigkeit der beiden Gewebesysteme, des todten trachealen und des lebenden parenchymatischen Systems. 11. Theoretisches über die Rolle des Parenchyms und der Gefässe (incl. Tracheiden) bei der Wasserbewegung im Holz. Eine befriedigende Lehre von der Wasserbewegung im Holz muss der Anatomie Rechnung tragen. Jeder Fortschritt in der Gewebe- physiologie ist eine neue Bestätigung des Satzes, dass die Ergründung einer unbekannten Gewebefunction gerade durch genaue Berücksich- tigung des anatomischen Baues wesentlich gefördert wird. Es drängt sich nun bei der anatomischen Betrachtung der Holz- struktur dem Beobachter so zu sagen als anatomischer Grundzug die Thatsache auf, dass zwischen dem Gefässsystem einerseits und dem parenchymatischen System (Holzparenchym nebst Markstrahlen) anderer- seits nicht bloss ein vielfältiger Oontact besteht, sondern, dass in diesen Berührungspunkten beider Systeme die Oommunikation durch Poren er- leichtert, bisweilen sogar in auffälliger Weise gefördert ist!), 1) Aus neuerer Zeit vergleiche man hierüber mehrere Arbeiten aus der Schwen- dener’schen Schule: J. Troschel, 1879, Untersuchungen über das Mestom etec., Paul Schulz, 1882, Das Markstrahlengewebe etc.; W. Krah, 1883, Ueber die Ver- theilung der parenchymatischen Elemente etc. 374 M. Westermaier: Die nun folgende Darstellung von der Wasserbewegung basirt ein- mal auf der Voraussetzung, dass es sich bei der Füllung des Gefäss- systems eines Baumes während reichlicher Wasserzufuhr zum Wurzel- system einzig und allein um das Problem handelt: Wiederher- stellung der Jamin’schen Kette. Die einzelnen Wassersäulen in der Kette müssen sich zweitens selbst tragen, d. h. dürfen eine gewisse Länge — nach Zimmermann (Ber.d. Deutsch. Bot. Gesellsch. Bd I, Heft4 p. 184) etwa 4 der capillaren Steig- — Ri 1 höhe — nicht überschreiten. Das je ums )) Abwechseln von Luft- und Wasser- E . Beer säulen, also das Vorbandensein einer \ Jamin’schen Kette überhaupt, ist eine mehrfach beobachtete Thatsache. Un- tersuchungen über die Länge der vor- kommenden Wassersäulen sind aller- dings bis jetzt nicht angestellt. Wohl aber wissen wir a priori, dass Wasser- säulen, welche die gedachte Länge überschreiten, mit dem Uebermass ihres Gewichtes dieunterliegendeLuft- blase zusammenpressen, und dass Reihen solcher übermässig langer Wassersäulen auf grössere Entfer- nung nach unten hin die Luft kom- primiren würden, und dass endlich, wenn sich, abwechselnd mit Luft- blasen, lauter übergrosse Wasser- säulen von der Basis bis ın die Spitze eines Baumes erstrecken, beim Ab- schneiden des Stammes in einiger Entfernung von seiner Spitze Wasser mit einer gewissen Gewalt hervor- treten müsste. Solche Erscheinungen aber, sowie überhaupt comprimirte Luft in den Gefässen gehören wohl nicht zu den gewöhnlichen Vorkomm- | | nissen. ! I | An nebenstehender Figur soll nun u ‘der Gang des Wassersteigens er- läutert werden. Die Punkte A, B, C, D gehören über einander liegenden Niveaus an. Wir sehen ein Gefäss (@), Holzparenchym (A. p.) und Mark- strahlen (m). _A sei der Nullpunkt, von dem wir ausgehen. Es steht also das Wasser im Gefäss @ im Niveau des Punktes A; auf dieser Zur Kenntniss der osmotischen Leistungen ete. 375 Höhe wird es gehalten durch die endosmotisch wirksamen, Wasser aus- scheidenden Parenchymzellen im Wurzelsystem und in dem unter A liegenden Stammtheil. Es ist aber gleichgültig für unsere Betrachtung, ob der Punkt A 10 m oder 1m oder noch weniger hoch über dem Boden liegt. Jedenfalls wird sich dasjenige Parenchym, welches dem Gefäss- system im Niveau A angrenzt, aus diesem System schöpfend, nach und nach in den Zustand eines gewissen WVasserreichthums versetzen können. In B und oberhalb B seien die Parenchymzellen etwas wasserarm geworden. Sie wirken saugend auf unterliegende wasserreichere Paren- chymzellen des Holzes. Auf eine gewisse Entfernung wirkt, wie wir oben sahen, diese saugende Kraft; der Abstand zwischen A und B re- präsentire diese Strecke. Durch diese Saugung innerhalb des Paren- chyms können also auch Zellen im Niveau B allmählich zu höherem Wassergehalt und schliesslich ın jenen Zustand gelangen, in welchem aus ihnen Wasser in das mit verdünnter Luft gefüllte Gefässystem hineinfiltrirt. Die ausgeschiedenen Wassertröpfchen lassen wir zu einer kleinen Wassersäule sich sammeln; diese Wassersäule wächst nun nach beiden Richtungen hin, nach unten und nach oben; wichtig ist, dass sie sich bis zu einer gewissen Länge selbst trägt, bis dahin also nicht den Wasserstand im Gefässystem bei A durch ihr Gewicht herabdrückt! Bevor aber die maximale Länge erreicht wird, ist es schon sicher ein höheres Niveau, nämlich C, bis zu welchem ein höherer Turgor der Parenchymzellen durch Schöpfen aus den Greefässen sich entwickelt. Jetzt kann sich wiederum die saugende Kraft des Parenchyms geltend machen. Wie vorhin abwärts von B nach A die endosmotische Sau- gung wirkte, so wird sie nun von D nach € sich erstrecken und zwar mit dem schliesslichen Erfolge eines höheren Wassergehaltes in D. Nachdem nun in D der hydrostatische Druck innerhalb der Parenchym- zellen so hoch gestiegen ist, dass der Filtrationswiderstand der Mem- branen, welche Parenchym und Gefässe scheiden, überwunden wird, dann erfolgt in D wie vorhin in B Filtration in die mit verdünnter Luft gefüllten Gefässe hinein. Wiederum betone ich, dass die entstehende und heranwachsende Wassersäule sich bis zu einer gewissen Länge selbst trägt. In dieser Weise gehe das Spiel fort. Frägt man nach den wirklichen Abständen der Punkte A, B, C, D, so kann man die Distanzen A—B und C—D nach unseren obigen Erfahrungen auf 80 cm und wohl auch auf mehr veranschlagen. Die Länge der Wassersäulen aber, die sich selbst tragen, d. h. also durch Capillarität gehalten werden, würde nach Obigem bei einem Gefäss- durchmesser von 100 Mik. 5cm, bei 25 Mik. Durchmesser 20 cm be- tragen. 376 M. Westermaier: Zwei Kräfte sind hiernach im Spiel: die endosmotische Kraft und die Oapillarıtät; bewegend wirkt aber nur eine einzige, die endosmotische Kraft und zwar theils durch Erzeugung eines hohen hy- drostatischen Druckes, welcher eine Filtration in die Gefässe (Tracheiden) veranlasst, theils durch Saugung im Parenchym; die Capillarität wirkt bloss haltend, nicht bewegend. So ist mit Zuhülfenahme der zwei genannten Kräfte, welche in den beiden Gewebesystemen thätig sind, das Steigen des Wassers auf beliebige Höhen construirbar. Hier findet ein Citat passenden Platz, welches ich dem „Mikroskop“ von Nägeli und Schwendener entnehme, und das sich nicht bloss im Allgemeinen auf vorliegende Frage bezieht, sondern ganz und gar auf das hier behandelte Problem der Wasserbewegung anwendbar ist. Nachdem die Verfasser (S. 382) die in Betracht kommenden Kräfte erörtert, wobei allerdings die endosmotische Leistung lebender Zellen zu gering veranschlagt wurde, ziehen die beiden Forscher die Schluss- folgerung: „Es bleibt also nichts Anderes übrig, als dieselben (die be- wegenden Kräfte nämlich) auf zahlreiche, nahe liegende Punkte zu vertheilen, und da kein Grund vorliegt, sie auf bestimmte Zellen im Gewebe zu conzentriren, so erscheint es am natürlichsten, jede einzelne saftführende Zelle damit auszustatten.“ Nach obiger Darstellung trifft dies buchstäblich zu: Denn jede beliebige lebende Zelle ım Holzkörper hat ohne Zweifel sowohl die Fähigkeit, zu saugen, nämlich Wasser aus einem anstossenden Gefäss oder aus einer benachbarten wasserreicheren lebenden Zelle an sich zu ziehen, als auch das Vermögen, Flüssigkeit in die Gefässe hinein filtriren zu lassen, und in diesen Fähigkeiten liegt die einzige bewe- gende Kraft. Eine mächtige Stütze der von mir vertretenen Auffassung von der Wasserbewegung liegt darin, dass sie mit den anatomischen Verhält- nissen ın Zusammenhang steht. Es ist, wie schon angedeutet, bei Erforschung der Funktionen eines Gewebesystems so zu sagen ein un- fehlbares Prinzip, den anatomischen Sachverhalt stets vor Augen zu haben, und so wird es keineswegs überraschen, wenn uns auch hier, wie sonst, die physiologische Bedeutung aus dem anatomischen Bau entgegenleuchtet. Meines Erachtens lässt sich die Richtigkeit einer Theorie von der Funktion eines Gewebesystems mit grosser Sicherheit dadurch prüfen, dass man verlangt, die betreffende Lehre müsse über einen anatomischen Grundzug Licht verbreiten. Dieser Grundzug ist in unserem Falle die bekannte anatomische Wechselbeziehung zwischen Gefässen und Tracheiden einerseits, Holzparenchym und Markstrahlen andererseits. Wenn ich noch versuche, meine Auffassung über den Vorgang des Wassersteigens gegenüber der „Imbibitionstheorie*, „Gasdrucktheorie* bündig zu bezeichnen, so möchte die von mir vorhin geschilderte Be- Zur Kenntniss der osmotischen Leistungen etc. 377 wegung als „Kletterbewegung“ zu charakterisiren sein. Um dies Bild zu rechtfertigen, diene Folgendes. Zum Klettern sind nothwendig be- wegende Muskeln und feststehende Sprossen. Die bewegenden Kräfte liefern die lebenden Zellen des Holzes mit ihrer endosmotischen und Filtrations-Thätigkeit; die feststehenden Leitersprossen bietet die Capillar- kraft, indem sie Wassersäulen bis zu einer gewissen Länge trägt, d. h. sie nicht auf ihre Unterlagen drücken lässt. Weiteren Untersuchungen bleibt es vorbehalten, uns nebst Anderem auch über die Schnelligkeit dieser Wasserbewegung Kenntniss zu ver- schaffen, sei es auf mikroskopischem Wege, sei es mit Zuhülfenahme ge- nauer Wägungen, wie sie von R. Hartig ausgeführt wurden. In wiefern bei dem besprochenen Aufbau der Jamin’schen Kette das Vorhandensein der ringförmigen und leiterförmigen Querwandreste in den Gefässen von Bedeutung sei, dieser Punkt mag hier nur angedeutet sein. Bei den Monocotylen, wo bekanntlich der Contact zwischen Holzparenchym und Gefässen zu einem continuirlichen sich gestaltet, dürften das eben erwähnte Verhältniss sowie die S. 373 besprochene Eigenthümlichkeit von besonderem Belang sein. Die folgenden Zeilen beziehen sich auf die neueste Veröffentlichung Dufour’s: „Ueber den Transpirationsstrom in Holzpflanzen* (Würz- burg 1883). So lange die hohe Beweglichkeit des Imbibitionswassers ın den verholzten Membranen weder als vorhanden sicher nachgewiesen, noch widerlegt ist, verstösst weder derjenige, der die Imbibitionstheorie an- nimmt, noch jener, welcher sie ignorirt, gegen erwiesene Thatsachen. Dufour bezeichnet in seiner vorläufigen Mittheilung das in den Hchlräumen (der Gefässe und Tracheiden) des Holzes vorhandene Wasser als „Vorrath*“ für die Fälle einer gesteigerten Verdunstung und Fortführung in den Zellwänden. Wie dieser Vorrath in die Gefäss- lumina der Krone gelangt, diese Frage lässt der Autor ausdrücklich offen. Hier in meinem Aufsatz ist gerade von diesen Wasservorräthen, resp. von ihrem Emporsteigen die Rede. Für den auf dem Standpunkt der Imbibitionstheorie Stehenden ist dies eine für sich bestehende Frage von geringerer Bedeutung — denn für ihn sind die Wasservorräthe im Lumen nicht absolut nothwendig —; von prinzipieller Bedeutung aber ist diese Frage für denjenigen, welcher den nicht erwiesenen Imbibitions- strom negirt und in dem Aufsteigen der „Vorräthe“ zugleich den haupt- ‚sächlichsten Vorgang bei der Wasserbewegung erblickt. Dies im All- gemeinen. Im Besonderen bemerke ich Folgendes. Dufour’s erstes Experiment bestand darin, dass er einen Ast (z. B. von Salız alba) mit aller Schärfe einknickte und in dieser Lage festband; der Gipfel blieb Monate lang vollkommen frisch. Es konnte andererseits durch das abgeschnittene Stück, welches die Knickungs- 378 M. Westermaier: stelle enthielt, bei einem Druck von 85 cm Quecksilber kein Wasser durchgepresst werden. Ferner brachte der genannte Verfasser an den entgegengesetzten Seiten eines Astes (bei verschiedenen Holzpflanzen) nahe über einander zwei tiefe Einkerbungen an, welche die mittlere Axe sogar etwas überschritten. Solche Zweige blieben lange Zeit lebend, und wiederum wurden die betreffenden Stücke mit den Ein- kerbungen in geeigneter Weise auf ihre Permeabilität geprüft und in mehreren Fällen sogar als absolut impermeabel befunden. Aus beiderlei Experimenten schliesst dann der Vertheidiger der Imbibitionstheorie, dass das Transpirationswasser im Innern des Membranengerüstes im im- bibirten Zustande emporsteige. Den beiden Versuchen Dufour’s mangelt die Beweiskraft in den Augen derer, welche auf anatomische Verhältnisse Gewicht zu legen gewohnt sind. Wer die Anatomie beachtet, — eine unerlässliche For- derung für den Gewebephysiologen —, zieht in Betracht, dass das pa- renchymatische Gewebe im Holzkörper ein in radialen Platten (Mark- strahlen) und in mehr oder weniger longitudinalen und besonders auch in tangential schiefen Strängen (Holzparenchym) verlaufendes System ist. Es ist also einleuchtend, dass über einander stehende opponirte Ein- kerbungen, welche sogar die Axe überschreiten, die Oontinuität dieses Systems nicht unterbrechen. Der Knickungsversuch Dufour’s aber lässt uns ebenfalls darüber zweifelhaft, ob an der Einknickungsstelle in der betreffenden Querschnittsfläche der Contact der lebenden Zellen des Xylems oberhalb der Knickung mit denen unterhalb eas Stelle vollkommen zerstört ist. II. Hydrostatischer Druck und endosmotische Kraft in Zellen mit schwach con- centrirtem Zellsaft. Wie bekannt, besitzen wir von Pfeffer, H. de Vries, N. 1. C. Müller, Ambronn Versuche, welche, ganz allgemein gesprochen, auf hohe endosmotische Leistungen in den von ihnen untersuchten pflanz- lichen Geweben schliessen lassen. Pfeffer!) operirte mit reizbaren Organen (Staubfäden von Cynara Scolymus, Blattstielgelenk von Mimosa pudica, Bohnenblattgelenke). In den Zellen der Bohnengelenke beträgt nach der Berechnung dieses Forschers der hydrostatische Druck mindestens 7 Atmosphären, in den Zellen des Hauptblattstielgelenkes einer Mimosa über 5 Atmosphären. Nach Ambronn’s?) Untersuchung saftiger Gewebe junger Blattstiele und Internodien erreicht dieser Druck eine Höhe von ca. 10 Atmo- sphären. 1) Pflanzenphysiologie I, 54; ebenda die Resultate von de Vries und N. IC. Müller. 2) Pringsheim’s Jahrbücher XII. Zur Kenntniss der osmotischen Leistungen etc. 379 Im Anschluss hieran versuchte ich nun auf experimentellem Wege zur Lösung nachstehender zwei Fragen beizutragen: 1. Wie hoch ist der hydrostatische Druck ausgewachsener leben- der Zellen, deren Zellsaft eine so geringe Ooncentration besitzt, dass die Plasmolyse schon durch zwei-procentige Kalisalpeterlösung hervor- gerufen werden kann? 2. Wie gross ist die endosmotische Kraft, welche Zellen mit so verdünnten Zellsaft zu entfalten vermögen? Das von mir gewählte Untersuchungsobjekt war das epidermale Wassergewebe ausgebildeter Peperomia-Blätter (Pep. latifolia, Pep. magnoliaefolia). Die Zellen dieses Gewebes entsprechen der oben ge- stellten Bedingung in der That, indem das Zurückziehen des Primor- dialschlauches schon durch eine 2procentige Kalısalpeterlösung hervor- gerufen wird. Dieser geringe Üoncentrationsgrad scheint gerade im epidermalen Gewebe weiter verbreitet zu sein; sehr schön ist die Plas- molyse durch 2procentige Kalisalpeterlösung in den rothen Zellen der Blattunterseite von Tradescantia discolor zu sehen. H. de Vries hielt seiner Zeit schon eine 4-5 procentige Kali- salpeterlösung im Allgemeinen für die geringste Concentration, bei welcher der plasmolytische Vorgang einzutreten pflegt. Die folgenden Bemerkungen beziehen sich nun im Allgemeinen auf den Versuch, welcher uns über die Höhe des hydrostatischen Druckes, in zweiter Linie aber auch über die Grösse der endosmotischen Kraft Aufschluss geben soll. Eine geschlossene Blase (Schweinsblase) sei mit einer beliebigen Salzlösung gefüllt und liege in destillittem Wasser. Die untergetauchte Blase werde nun allmählich mit immer grösserem Gewicht so lange belastet, bis schliesslich unmittelbar nach Wegnahme der Belastung deutliche Collabescenz-Erscheinungen an der Blase sich zeigen. Das Vorhandensein von Einfaltungen an der Blase beweist uns dann, dass der Druck der im Innern befindlichen Flüssigkeit auf die Innenfläche der Membran, d.h. also der hydrostatische Druck, jedenfalls kleiner ist als eine Atmosphäre. Vor dem Auflegen der Gewichte, und so lange während der anfänglichen Belastung die Erscheinung des Col- lapsus noch nicht eintrat, die Membran vielmehr ganz gespannt war, betrug derselbe mehr als eine Atmosphäre. Durch Steigerung der Be- lastung wird somit der hydrostatische Druck der Flüssigkeit, diese für sich allein betrachtet, allmählich vermindert, indem nämlich Flüssigkeit ausgepresst wird. Dasselbe Resultat, die Collabescenz, wäre natürlich auch zu erreichen durch Austrocknen an der Luft oder durch Ein- wirkung concentrirterer Lösungen von aussen. Uns kömmt es aber darauf an, jenes kleinste Gewicht kennen zu lernen, das eben im Stande ist, den hydrostatischen Druck unter eine Atmosphäre herabzumindern. Um dieses Gewicht in Atmosphären aus- 380 M. Westermaier: drücken zu können, hat man nur nöthig, den Druck zu bestimmen, welcher auf einen beliebigen Bruchtheil der Blasenoberfläche wirkt. Giebt man zu diesem Behufe jener Blase die Gestalt eines cylin- drischen Lampions, an welchem die Einfaltungslinien durch Ringe vor- gezeichnet sind, so ist dadurch nicht blos die Richtung des allmählichen Zusammenfallens regulirt, sondern es lässt sich eine auf die obere mess- bare Endfläche des Cylinders gleichmässig vertheilte Belastung in Atmo- sphären ausdrücken; man hat nur die Anzahl von Grammen, welche auf 1Omm Fläche drücken, mit 10,3 zu dividiren. Von der gedrück- ten Fläche aus pflanzt sich der Druck in der Flüssigkeit im Innern der Blase nach allen Richtungen gleichmässig fort. Die Wahl einer lampionartigen cylindrischen Blase ermöglicht das Gleichbleiben der ge- drückten Fläche. Denkt man sich nun eine Anzahl cylindrischer Blasen oder Zellen mit einander seitlich fest verwachsen, so bewirkt auch bei einer solchen Zellgruppe ein auf die oberen Endflächen aufgelegtes hinlänglich grosses Gewicht ein Collabiren in einer Richtung, und eine derartige Beschwe- rung stellt, falls kein Auseinanderweichen der Zellen stattfindet, eine immer gleiche Belastung pro Flächeneinheit dar. Im letzten Fall würde uns also bekannt, welcher Druck, in Atmo- sphären ausgedrückt, dem hydrostatischen Druck in den Zellen an- nähernd gleichkommt. Die Grösse des hydrostatischen Druckes liegt nämlich zwischen jenem kleinsten Gewicht, welches Collabescenz her- vorruft, und dem grössten Gewicht, bei welchem noch kein Oollapsus eintritt. | Gehen wir jedoch, fussend auf den Untersuchungen bekannter Autoren (Brücke, Pfeffer), um einen Schritt weiter. Der osmotisch wirksame Stoff im Innern einer Blase, welche an Wasser grenzt, bewirkt einen Einstrom. Der steigende Druck der Membran auf die Flüssigkeit in der Blase erzeugt andererseits einen Ausstrom. Der Gleichgewichtszustand zwischen Ein- und Ausstrom ist angezeigt durch die maximale Druckhöhe in der geschlossenen Blase. Ist diese Druckhöhe erreicht, dann gehen momentan in der Zeiteinheit gleiche Flüssigkeitsmengen nach innen und nach aussen. Es ist dann, wenn wir die endosmotische Kraft, welche den Einstrom erzeugt, mit E, den hydrostatischen Druck mit H und die Widerstände, welche den beiden Strömen im Wege stehen, mit W und W, bezeichnen, E H a: Sind W und W, ungleich gross, dann verschafft uns die experimen- telle Bestimmung von H keine Kenntniss über die Grösse von E. Dies ist der Fall, wenn der im Innern der Blase befindliche gelöste Körper zu diosmiren vermag. Dann ist W>W,; denn es wirkt der den Aus- strom erzeugende Druck auf den ganzen Querschnitt eines durch die Zur Kenntniss der osmotischen Leistungen ete. 381 Interstitien dargestellten Kanals; der Einstrom hingegen hat seine Bahn nur in der Peripherie eines solches Kanals, während die axile Mittel- partie der Hydrodiffusion dient. Ein Strom aber, welcher im gesamm- ten Querschnitt eines (z. B. cylindrischen) Kanals sich bewegt, hat einen geringeren Reibungswiderstand zu überwinden, als ein anderer, der sich nur an der Wand des cylindrischen Kanals bewegen kann. Die Grössen der Reibungswiderstände W und W, werden einander um so mehr gleich, je weniger Salz nach aussen passiren kann. W und W, sind endlich gleich gross, wenn kein Salz nach aussen zu dios- miren vermag. Denn in diesem Falle begegnen sich die beiden Ströme im gesammten Querschnitt der ausserordentlich engen Kanälchen. Eine Hydrodiffusion kommt dann überhaupt nicht zu Stande. Es ıst nun klar: Wenn es gelingt, bei gleicher Grösse von W und W, die Hölıe des hydrostatischen Druckes H in Atmospbären zu be- stimmen, dann ist aus H auf die Grösse von E direkt zu schliessen. Denn wenn — ir und W= W,, dann ist E=AH. Die Annahme der Gleichheit von W und W, halte ich für zulässig unter Hinweis auf Pifeffer’s Versuch (Ösmotische Untersuchungen, 8.159). Ein sorgfältig gewaschenes Stück einer zuckerreichen rothen Rübe lag hierbei während 6 Stunden in 100 cem Wasser. Letzteres ergab, mit Fehling’scher Lösung geprüft, keine Spur von Zucker- reaktion. Unter der Voraussetzung also, dass die Gleichheit von W und W, angenommen werden daıf, giebt ein auf obige Weise angestellter Pres- sungs-Versuch zugleich Aufschluss über die Grösse von H und von E. Die mit mächtigem Wassergewebe versehenen Blätter von Pepero- mia latifolia und magnoliaefolia waren, wie schon gesagt, mein Ver- suchsobjekt. Die Zellen dieses Gewebes besitzen bei reichlicher Wasserversorgung gespannte Membranen; dagegen sind sie nach er- littenem Wasserverlust auf den Radialwänden mit Falten versehen, also collabirt. Solche Blattstücke mit collabirten Zellen saugen sich beim Einlegen in Wasser wieder voll. Kreisförmige Scheibehen dieser Blätter (etwa von 6 mm Durch- messer) wurden im wassererfüllten (turgescenten) Zustand allmählich stärker belastet und dabei immer mit Wasser umgeben gehalten. Schliesslich war jenes Gewicht erreicht, nach dessen Wegnahme Üol- lapsus der Wassergewebezellen deutlich beobachtet werden konnte. Etwas geringere Belastung in einem anderen Versuch erzeugte noch keine Collabescenz. Das aufgelegte Gewicht sowohl als die Kreisfläche des Scheibchens waren bekannt, und somit war auch der wirksame Druck in Atmosphären auszudrücken. Eine Scheibe von 6 mm Durchmesser war ungefähr 12 Stunden mit ca. 870 g belastet, und es zeigten die Zellen nach Wegnahme der 382 | M. Westermaier: Gewichte und bei sofortiger mikroskopischer Untersuchung keine Col- labescenz; somit betrug der Druck etwas über 3 Atmosphären. 4 At- mosphären erzeugten in einem anderen Fall in etwa gleicher Zeit Col- lapsus. Ein anderes Scheibchen zeigte schon bei 3 Atmosphären schwach beginnende ÜÖollabescenzerscheinungen. Zwischen 3 und 4 Atmosphären liegt also nach meinen Versuchen die Höhe des hydrostatischen Druckes in den besagten Zellen. Die Methode der Belastung suchte ich allmählich zu vervollkomm- nen. Schliesslich operirte ich mit einer Waage, die nach dem Prinzip der Brückenwaagen konstruirt ist. Die Schalen bewegen sich senkrecht nach unten und ruhen auf metallenen Leisten; eine solche Leiste en- digt unter der Waagschale am äusseren Rande der Waage. Wird im Gleichgewichtszustand der Waage ein Gewebescheibchen, bedeckt mit einer kleinen Glasplatte und ruhend auf einem Objektträger, unter das Ende dieser Leiste geschoben, so dass die Waagschale nur ganz leicht auf dem Scheibchen aufruht, und werden nun Gewichte auf die Schale gelegt, so erzeugt man einen gleichmässigen vertikalen Druck auf das (von Wasser umgebene) Scheibehen. Die Zellen dürfen nicht zum Platzen, sondern sollen nur zum Collabiren gebracht werden. Das Auflegen der Gewichte muss daher vorsichtig erfolgen. Zerlegen wir noch die Vorgänge bei unserem einfachen Versuche mit den Peperomia-Blättern, so werden wir zu dem Schluss gelangen: Jenes grösste Gewicht, das ın mehreren Stunden noch keinen Oollapsus verursachte, giebt uns nicht allenfalls bloss die Grösse des Filtrations- widerstandes des lebenden Primordialschlauches, sondern den hydro- statischen Druck H und unter der Voraussetzung, dass von dem dios- motisch wirksamen Stoff durch den Primordialschlauch Nichts passirt, auch die Grösse der endosmotischen Kraft (E). Denkt man sich nämlich die Zellen des Wassergewebes ohne Be- lastung in Wasser liegend, so werden in jener Zeit, in welcher der höchste Turgor erreicht ist und also keine Volumenzunahme mehr statt- findet, Einstrom und Ausstrom einander das Gleichgewicht halten. Ist nun trotz mehrstündiger Pressung mit 1, 2, 3 Atmosphären nach Weg- nahme der Gewichte kein Collapsus zu beobachten, so ist daraus zu entnehmen, dass ungeachtet der momentanen Störung des Gleichgewichts- zustandes sofort nach Auflegen einer Last sich immer wieder das Gleich- gewicht zwischen Ein- und Ausstrom hergestellt hat. Obwohl also im obigen Versuch ein Druck von über 3 Atmosphären aus den Zellen Flüssigkeit herauszupressen suchte, verminderte sich doch das Volumen der Zellen nicht so, dass nach Wegnahme der Belastung Einfaltungen der Membranen da waren. Ein dem Ausstrom aequivalenter Einstrom machte sich eben trotz des Membrandruckes von etwas über 3 Atmo- sphären geltend; seine (des Einstroms) Triebkraft ist aber keine andere als die endosmotische; ihre Grösse ist in unserem Falle also auch etwas über 3 Atmosphären. Zur Kenntniss der osmotischen Leistungen etc. 383 Es sei somit wie oben E die endosmotische Kraft in den Wasser- gewebezellen und HZ der hydrostatische Druck in denselben. W und W, seien die Widerstände, welche dem Ein- und Ausstrom entgegen- stehen. W sei = W,, d.h. es gehe von dem diosmotisch wirksamen Körper während des Versuches Nichts durch den Primordialschlauch nach aussen. Dann ist der erste Gleichgewichtszustand gegeben durch 'E H RE Durch Auflegen eines Gewichtes g tritt im ersten Moment eine Störung dieses Gleichgewichtszustandes ein; denn g addırt sich anfangs zu H. Wir haben also E Bug were Das durch g repräsentirte Übergewicht presst nun eine gewisse Menge Wasser aus der Zelle, so dass H kleiner wird, und zwar soll es zu A werden. Der Gleichgewichtszustand wird dann wieder her- gestellt, und wir haben E h+g a Während allmählich mehr Gewichte aufgelegt werden, ohne dass bei Wegnahme derselben Collapsus zu beobachten ist, wird g immer grösser, h immer kleiner. Schliesslich ist g so gross, dass die Zellen collabiren; kurz vorher war der durch g repräsentirte Druck annähernd gleich dem hydrostatischen Druck H; denn % ist in diesem Stadium fast Oundg+h=H. — Vor der Thatsache stehend, dass der hydrostatische Druck in un- serm Falle etwas über 3 Atmosphären beträgt, und angesichts der daraus gezogenen Folgerung betreffs der Höhe der endosmotischen Kraft ist der Schluss naheliegend, dass die endosmotische Kraft in collabirten Zellen im vorliegenden Fall bei einem Druck von circa 3 Atmosphären die Membranen gerade zu strecken vermag. (Bei einer Blattflächengrösse von 6000 Dmm könnte hiernach ein Gewicht von etwa 180 kg von einem einzigen Blatt auf eine kleine Höhe gehoben werden.) Ich kann den vorstehenden Aufsatz nicht beschliessen, ohne dank- barst der Förderung zu gedenken, welche mir bei Abfassung desselben aus dem vieltachen Verkehr mit meinem hochverdienten Lehrer und Vorstand Herrn Professor Dr. Schwendener erwachsen ist. 384 A. Zimmermann: 53. A, Zimmermann: Ueber die Jamin’sche Kette. Eingegangen am 6. October 1883. — Unter einer Jamin’schen Kette versteht man bekanntlich ein System von Luftblasen und Wassertropfen, die in einer Capillarröhre ahwechselnd hinter einander gereiht sind. Der Erste, der auf die eigenthümlichen Eigenschaften einer solchen Kette aufmerksam wurde, war übrigens nicht Jamin, vielmehr sind bereits von Montgolfier Versuche damit angestellt worden. Leider ist es mir jedoch nicht ge- lungen, die ÖOriginalarbeit des genannten Autors aufzufinden. Das einzige, was ich darüber habe in Erfahrung bringen können, ist der bereits von Meyen!) citirte Satz in der Agriculturchemie Davy’s?): „Die Versuche von Montgolfier haben gezeigt, dass man das Wasser beinahe zu einer unbestimmten Höhe durch eine geringe Kraft erheben könne, wofern man den Druck desselben durch fortgesetzte Theilungen in der Säule der Flüssigkeit aufhebt.“ Wo Montgolfier diese Versuehe publicirt hat, wird weder von Meyen noch von Davy angegeben. Uebrigens scheint es mir schon nach dez Angaben Davy’s unwahrscheinlich, dass Montgolfier bereits die Eigenthümlichkeiten der Jamin’schen Kette richtig erkannt haben sollte, und wir werden ihm daher wohl kein Unrecht zuiügen, wenn wir auch fernerhin nicht von einer Montgolfier’schen, sondern von einer Jamin’schen Kette reden. Der Hauptinhalt der Jamin'schen Arbeit?) lässt sich nun in folgende Worte zusammenfassen: Befindet sich in einer Oapillarröhre eine Jamin’sche Kette, so setzt dieselbe einer jeden bewegenden Kraft — gleichgiltig, in welcher Richtung dieselbe wirkt — einen oft ganz beträchtlichen Widerstand entgegen. Das abgekehrte Ende der Kette bleibt vollständig unbeweg- lich, wenn jene Kraft nicht einen in jedem Falle ganz bestimmten Grenzwerth erreicht. Die Grösse dieses Grenzwerthes ist proportional der Anzahl der eingeschlossenen Luftblasen, ist ferner unabhängig von der Länge der Woassertröpfchen, sie nimmt zu, wenn die Luftblasen kleiner werden und wächst sehr schnell, wenn der Durchmesser der Röhre kleiner wird. Betreffs der absoluten Grösse des genannten Werthes führt Jamin nur ein Beispiel an, indem er angiebt, dass derselbe 1) Pflanzenphysiologie, Bd. 2, S. 81. 2) Uebersetzt von F. Wolff, Berlin 1814, p. 270 f. 3) Comptes rendus, 1860, p. 172 seq. Ueber die Jamin’sche Kette. 385 für eine Luftblase 54 mm Wasser betrug in einer Röhre, in der sich die capillare Steighöhe auf 200 mm belief. Es ist dies überhaupt die einzige genaue numerische Angabe über die Grösse jenes Grenzwerthes, die ich in der Literatur habe auffinden können. . Da nun die Jamin’sche Kette bei der Bewegung des Saftes im Lumen der pflanzlichen Gefässe ohne Zweifel eine grosse Rolle spielt, so erschien mir eine etwas eingehendere Untersuchung derselben nicht ohne einiges Interesse. Es wäre nun allerdings für den Pflanzen-Phy- siologen wünschenswerth gewesen, mit vegetabilischen Gefässen zu operiren, aber leider schienen mir zur Zeit die experimentellen Hinder- nisse zu gross, so dass ich mich auf Glasröhren beschränken musste, die, wenn sie auch nicht imbibitionsfähig sind, doch in Folge ihrer vollständigen Benetzung durch Wasser Analogieschlüsse gestatten dürften. Im weiteren Verlaufe meiner Arbeit habe ich dann noch mit ver- schiedenen anderen Flüssigkeiten Versuche angestellt Diese stehen mit den Problemen der Pflanzen-Physiologie zwar in keiner directen Beziehung; da sie jedoch die von Naegeli!) aufgestellte Theorie der einschlägigen Erscheinungen iu schönster Weise bestätigen, glaubte ich dieselben gleichfalls an dieser Stelle publiciren zu dürfen. Bevor ich zur Besprechung meiner Versuche übergehe, möchte ich noch einen Punkt kurz erörtern, der mehrfach mit meiner Frage zu- sammen geworfen wurde. Ich meine die Erscheinungen, die man beobachtet. wenn die benutzte Röhre eine conische Gestalt hat oder gar abwechselnd dieker und dünner wird. Es können dadurch Be- wegungserscheinungen hervorgerufen werden, die lediglich auf Oapilla- rität beruhen und auch in jedem einigermassen ausführlichen Lehrbuche der Physik mehr oder weniger eingehend hesprochen werden. Zur Orientirung für den mit physikalischen Fragen weniger Vertrauten mag Folgendes dienen. Die Wirkung der Capillarität können wir uns wohl am Einfachsten so vorstellen, dass wir in jedem concaven Meniscus eine ziehende Kraft annehmen, die dem Durchmesser desselben umgekehrt proportional ist. Haben wir aber in einem conischen Oapillarrohre einen Wasser- tropfen, der an einem Ende von einem kleineren Meniscus begrenzt ist als am anderen, so wird der von diesem ausgeübte Zug grösser sein als der des grösseren Meniscus, und der Wassertropfen wird sich in Folge dessen nach dem engeren Ende der Röhre hinbewegen. Wechseln aber in der Röhre dickere und dünnere Stellen und ist dieselbe nur zum Theil mit Wasser erfüllt, so werden sich offenbar die Wassertropfen nach den feineren Stellen der Röhre hinbewegen; und zwar wird, wenn wir uns die Unterschiede in der Spannung der eingeschlossenen Luft durch Diffusion ausgeglichen denken, erstdann ein Ruhestand eintreten 1) Sitzungsber. d. k k. Acad d. Wiss. 1866, p. 597 seq. 25 D.Botan.Ges.1 386 A. Zimmermann: können, wenn die beiden Meniscen an beiden Enden eines jeden Wasser- tropfens gleich gross sind. Denken wir uns nun auf eine solche Röhre einen Druck ausgeübt, so werden — wie aus Obigem leicht ersicht- lich — durch ein geringes Zurückweichen der vordersten Tropfen Kräfte wachgerufen, welche sämmtlich dem vorhandenen Drucke ent- gegen wirken, und es können diese Kräfte, wenn die Dickenunterschiede der Röhre genügend gross sind im Verhältniss zu dem von aussen wirkenden Drucke, offenbar ein weiteres Zurückweichen der Wasser- tropfen gänzlich verhindern. Wenn nun auch die Berechnung der re- sultirenden Bewegungen in einem concreten Falle auf beträchtliche Schwierigkeiten stossen dürfte, so ist doch soviel ohne Weiteres klar, dass ein solches System von Wassertropfen und Luftblasen einer be- wegenden Kraft unter Umständen einen sehr beträchtlichen Widerstand entgegen zu setzen vermag. In der That beschreibt Jamin einen Ver- such, bei dem in einem rosenkranzartigen Capillarrohre, das 8 sehr feine Stellen besass, die in diesen enthaltenen Wassertropfen einem Drucke von 2 Atmosphären das Gleichgewicht hielten. Da jedoch ähnliche Verhältnisse in der Pflanze schwerlich eine grosse Rolle spielen dürften, babe ich es unterlassen, diesen Punkt theoretisch oder experi- mentell weiter zu verfolgen. Meine Absicht war es vielmehr, zu entscheiden, einen wie grossen Widerstand die Jamin’sche Kette in einem Rohre mit gleichmässigen Querschnitt einem auf sie wirkenden Drucke entgegenzusetzen vermag. Die Beantwortung dieser Frage liefert natürlich zugleich die Antwort auf die für den Botaniker wichtige Frage: Wie lang können in einer vertical gehaltenen Jamin’schen Kette die Wassertropfen sein, ohne durch ihre Schwere hinabzusinken oder auf die eingeschlossenen Luft- blasen zu drücken? Wenn es mir nun leider nicht gelang, die Grösse jenes Wider- standes durch eine einfache Zahl oder eine genaue mathematische Formel auszudrücken, so glaube ich dieselbe doch wenigstens bis zu dem Grade der Genauigkeit bestimmt zu haben, als dies für die An- wendung auf pflanzenphysiologische Probleme erforderlich ist. Als eine Hauptfehlerquelle dürfte die ungleichmässige Gestalt des Röhrenlumens in Betracht kommen. Es musste jedoch der hierdurch hervorgerufene Fehler, weil ich nie das dickere oder dünnere Ende der Röhren bevorzugte, gleichmässig nach beiden Seiten hin ausschlagen und es liess sich somit durch Häufung der Versuche auf ein sichereres Resultat hoffen. Uebrigens werden wohl auch andere Umstände, wie mangelhafte Benetzung, Temperaturschwankungen etc., trotz der als- bald zu erörternden Vorsichtsmassregeln, mehrfach das Resultat beein- flusst haben. Ueber die Jamin’sche Kette. 387 Untersuchungsmethode. Anfangs verfuhr ich in der Weise. dass ich den kürzeren Schenkel eines ca. 1 cm dicken U-förmigen Glasrohres in eine Capillare auszog und nachdem ich durch Saugen eine Jamin’sche Kette in dieselbe hineingebracht hatte, in den anderen Schenkel Quecksilber eingoss, bis die Jamin’sche Kette hinausgetrieben wurde. Es stellte sich je- doch bald heraus, dass hier der Stoss des herabfallenden Quecksilbers grosse Fehlerquellen veranlasste; auch war der Apparat, da ich doch stets nur frisch ausgezogene Röhren verwenden konnte, etwas complicirt, so dass ich später eine andere Methode einschlug. Ich benutzte nämlich als treibende Kraft die Capillarität und unter- suchte, eine wie grosse Anzahl von Luftblasen erforderlich war, um ein Steigen der Jamin’schen Kette zu verhindern. Da ja die Grösse der Oapillarkraft bekannt ist, so lässt sich auf diese Weise die Grösse des Widerstandes einer einzelnen Luftblase leicht berechnen. Bezüglich der Einzelheiten der Versuche erwähne ich noch Fol- gendes: Es wurden stets nur frisch im Bunsen’schen Brenner ausge- zogene Öapillaren verwandt, und zwar wurden die hierzu benutzten ca. 2—3 mm dicken Röhren vor dem Ausziehen stets noch durch successive Behandlung mit Salzsäure, Wasser, Alkohol und Aether gereinigt. Die beiden meist stark conischen Enden wurden stets ab- gebrochen und das übrige in gewöhnlich ca. 2 — 3 dm lange Stücke zerlegt, die dann sofort verwandt wurden. Das Einbringen der Jamin’schen Kette geschah vermittelst eines befeuchteten Glasstabes dadurch, dass derselbe dem oberen Ende des vertical gehaltenen Röhrchens in schneller Folge abwechselnd genähert und wieder davon entfernt wurde. Es gelang so bei einiger Uebung Wassertropfen und Luftblasen von jeder beliebigen Anzahl und Länge zu erhalten. Das verwandte Wasser war stets destillirtes, das ausserdem vor jeder Verunreinigung durch Staub oder dergl. geschützt war. Sollten die Röhren dem Druck der Capillarkraft ausgesetzt werden, wurden sie in einem zum Theil mit Wasser gefüllten Wasserglase oder auch in einer flachen Krystallisirschale vertical oder in der Weise schief aufgestellt, dass der oberste Meniscus der Jamin’schen Kette mit der äusseren Wasserfläche ungefähr in gleichem Niveau stand; allerdings war hier keine allzugrosse Genauigkeit erforderlich, da ja ein daraus entspringender Fehler im Vergleich zu den übrigen nur sehr gering ausfallen konnte. Ob nach einiger Zeit ein Steigen der Jamin’schen Kette statt- gefunden hatte, liess sich deshalb um so leichter constatiren, als die- selbe, wenn sie einmal in Bewegung gesetzt ist, durch eine viel ge- ringere Kraft darin erhalten werden kann. In Folge dessen wurde 388 | A. Zimmermann: nämlich die Jamin’sche Kette, wenn sie sich überhaupt von der Stelle bewegte, fast stets bis nach dem obersten Ende der Röhren hinauf- getrieben. Wollte ich längere Zeit warten, bevor ich die Untersuchung vor- nahm, so verweilten die Röhren diese Zeit über in möglichst dunst- gesättigtem haume. Sollte endlich die Weite des Röhrenlumens gemessen werden, so geschah dies mit Hülfe des Mikroskopes, doch in der Weise, dass sich sowohl ausserbalb wie innerhalb der Röhren Glycerin befand, so dass die sonst durch Brechung zwischen Wasser und Glas entstehenden Fehler vermieden wurden. 1. Versuche mit Wasser. Als erstes Resultat stellte sich nun heraus, dass nicht nur, wie bereits von Naegeli (a. a. OÖ.) hervorgehoben wurde, ein grosser Unterschied zwischen dem ruhenden und dem in Bewegung begriffenen Meniscus besteht, sondern dass auch die Widerstandsfähigkeit der Jamin’schen Kette ganz bedeutend davon ablıängig ist, wie lange Zeit sich die Kette zuvor in Ruhe befand. Sogleich nach der Bildung der Jamin’schen Kette ıst die Wider- standsfähigkeit derselben ganz verschwindend klein. Dies geht unter anderem daraus hervor, dass es bei schneller Handhabung leicht ge- lingt, eine ganz enorme Anzahl von Luftblasen in der angeg-benen Weise in eine Capillarröhre hinein zu bringen. So erhielt ich z..B. eine Kette von 95 Luftblasen ın einer Röhre, bei der die Weite des Lumens 0,06 nm betrug; in einem anderen Falle waren 126 Luftblasen noch beweglich ın einer Röhre von 0.09 mm innerem I)urchmesser. Aehnliche Resultate ergaben zahlreiche Versuche. Zuweilen liess sich jedoch keine so grosse Anzahl von Luftblasen in die Röhre hinein- bringen; doch dürfte dies in Unregelmässigkeiten des Querschnitts der Röhre seinen Grund gehabt haben. Es erfolgte wenigstens stets ein früheres Aufhören der Beweglichkeit — aus leicht zu begreifenden Gründen — wenn die Röhre sich nach Unten hin sichtbar verdickte. Hierauf wurde nun untersucht, wie gross die Widerstandsfähigkeit der Jamin’schen Kette geworden, nachdem sich dieselbe eine Minute lang in Ruhe befunden hatte. Sie wurde diese Zeit über vertical ge- halten. Es zeigte sich, dass der Widerstand noch sehr gering war. War die Anzahl der Luftblasen kleiner als 20, so fand ın allen Fällen (13), sobald die Röhre in Wasser gestellt wurde, ein Steigen der Jamin’- schen Kette statt. Bei einer Anzahl von Röhren, wo die Zahl der Luft- blasen zwischen 20 und 30 lag, fand hingegen bald Bewegung statt, bald nicht. In einem Falle wurde sogar noch bei 40 Luftblasen eine Ueber die Jamin’sche Kette. 389 Bewegung beobachtet, es befand sich jedoch hier die Jamin’sche Kette im dickeren Ende eines conischen Röhrchens. Etwas mehr war der Widerstand bereits nach 5 Minuten ange- wachsen. Indem jetzt 20 Luftblasen in allen Fällen genügten um die capillare Steighöhe zu überwinden. Lag die Zahl der Luftblasen zwischen 13 und 20, so erfolgte bald Steigen bald nicht; lag dieselbe unter 13, so trat stets Bewegung ein. Nun wurde 30 Minuten gewartet, bevor die Röhren in Wasser ge- stellt wurden, und es bildeten nun 8 und 10 Luftblasen die Grenzen, zwischen denen ein Steigen der Jamin’schen Kette bald erfolgte, bald ausblieb. Bei weniger als 8 Luftblasen trat in den 28 beobachteten Fällen stets Bewegung ein, während, sobald die Zahl derselben 12 überstieg, die Jamin’sche Kette am unteren Ende der Röhre verblieb. Eine Anzahl von Versuchen, bei denen die Jamin’sche Kette erst nach einer Stunde dem Druck der Capillarkraft ausgesetzt wurde, lieferten im Allgemeinen noch dieselben Resultate wie die letzgenannten. Es wurde nun der Jamin’schen Kette eine etwas längere Zeit der Ruhe gewährt, und zwar machte ich Versuche, wo dieser Zeitraum zwischen 16 und 48 Stunden lag. Da diese Versuche im Wesentlichen dieselben Resultate ergaben, will ich sie gleich zusammen besprechen. Die Ergebnisse der 257 Bestimmungen sind in der beistehenden Tabelle 1 dargestellt. Tabelle 1. Anzahl d. F. wo ein Stei- gen stattfand in pCt. der Gesammtf. | Zahl der Zahl der Anzahl der | Fälle, wo ein/Fälle, wo die Luftbl, |Steigen beob.|Jamin’scheK. nicht stieg 5 Er gan 20 37 7 3 21 12 8 4 16 20 9 1 15 6 1 al 0 7 0 11 0 5 0 on 0 9 0 Es bedeuten in derselben die Zahlen der ersten Colonne die An- zahl der Luftblasen in der Jamin’schen Kette. In der zweiten ÜCo- 390 A. Zimmermann: lonne ist dann die Anzahl der Fälle angegeben, wo bei der ın der Colonne 1 bemerkten Anzahl von Luftblasen ein Steigen der Jamin’- schen Kette beobachtet war. In der dritten Oolonne findet sich da- gegen die Zahl der Fälle, wo das Gegentheil der Fall war, wo also die Oapillarkraft nicht im Stande war, die Widerstandsfähigkeit der Jamin’schen Kette zu überwinden. In der letzten Oolonne ist ferner angegeben, in wieviel Procent der gesammten bei der betreffenden An- zahl von Luftblasen beobachteten Fälle ein Steigen der Jamin’schen Kette stattgefunden hat. Sind wir nun auch nicht im Stande, aus obiger Tabelle eine ge- naue Bestimmung des Widerstandes der beiden eine einzige Luftblase umgebenden Meniscen in der Jamin’schen Kette abzuleiten, so geht doch soviel aus derselben mit aller Sicherheit hervor, dass die gesuchte Grösse zwischen 4 und 4 der Capillarkraft der betreffenden Röhren liegen muss. In einigen Fällen waren allerdings bereits 3 Luftblasen im Stande, die Öapillarkraft zu überwinden, in anderen reichten aber wieder 7—9 Luftblasen hierzu nicht aus. Es ist jedoch die Zahl der Abweichungen verhältnissmässig gering, wenn man die bereits erwähnten Fehlerquellen bedenkt. Dass die obige Grösse jedoch ungefähr 4 der Capillarkraft betragen sollte, scheint mir nach den erhaltenen Resul- taten nicht unwahrscheinlich, doch dürften zu einem Beweise dieser Annahme die angeführten Beobachtungen nicht ausreichend sein. Dass dieselben mindestens # der Oapillarkraft beträgt, glaube ich indessen mit aller Bestimmtheit bewiesen zu haben. | An der Hand meiner Beobachtungen möchte ich nun aber noch zwei andere Fragen entscheiden. Zuerst die Frage, in welchem Ver- hältniss die Widerstandsfähigkeit der Jamin’schen Kette sich ändert, wenn der Durchmesser der betreffenden Röhren kleiner und kleiner wird. Findet, wie ich dies bislang stillschweigend angenommen, eine umgekehrte Proportionalität zwischen Röhrenweite und der gesuchten Grösse statt, oder wächst die letztere mit abnehmenden Durchmesser des Röhrenlumens schneller als dieser, wie dies von Jamin und Naegeli behauptet wird? Ich habe zu diesem Zwecke das Lumen der sämmtlichen 257 Röh- ren in der angegebenen Weise gemessen, fand aber, dass innerhalb der Grenzen, die ich untersucht habe (0,2—0,02 mm) — die übrigens mit der Weite der meisten vegetabilischen Gefässe zusammenfallen — keine bedeutende Abweichung von der Proportionalität stattfinden kann. Selbst in denjenigen Fällen, wo die Anzahl der Luftblasen zwischen 3 und 9 lag, fanden sich dicke und dünne Röhren unter denjenigen, wo ein Steigen erfolgte und unter denen, wo dasselbe unterblieb, un- gefähr gleichmässig vertheilt. Ein zweiter Punkt, der mir der Untersuchung werth zu sein schien, war die Bemerkung Jamin’s, dass die Widerstandsfähigkeit der Ueber die Jamin’sche Kette. 391 Jamin’schen Kette um so grösser sein soll, je kleiner die Luftblasen sind. Ich erzeugte zu diesem Zwecke tbeils nur grosse, theils nur kleine Luftblasen in dem benutzten Rohre und verfuhr iu der bekannten Weise. Es stellte sich hier heraus, dass sıch ein Unterschied ın der Wirkung der grossen und kleinen Luftblasen nicht constatiren liess. Mithin glaube ich die Unrichtigkeit der Jamin’schen Angabe, deren theorethische Deutung übrigens auch sehr schwierig sein würde, nach- gewiesen zu haben. Leider giebt Jamin selbst nicht an, durch welche Beobachtungen er zu obiger Annahme gekommen ist. Die gewonnenen Resultate lassen sich mithin in folgende Sätze zusammenfassen: Der Widerstand, den eine Jamin’sche Kette einem ein- seitigen Drucke entgegensetzt, ist proportional der Anzahl der Luftblasen, aber unabhängig von ihrer Länge, ebenso auch unabhängig von der Länge der Wassersäulen. Er ist minimal, wenn die Jamin’sche Kette sich in Bewegung be- findet und um so grösser, je länger dieselbe zuvor in Ruhe war. Seinen grössten Werth erreicht derselbe erst nach einigen Stunden, wo derselbe für Glasröhren von 0,2 bis 0,02 innerem Durchmesser und destillirtes Wasser 4—4 der Capillarkraft erreicht. Innerhalb der genannten Grenzen findet mithin auch eine umgekehrte Proportionalität zwischen Röhrenweite und der gesuchten Grösse statt. Mit Hülfe dieser Resultate ist es nun leicht, auch die zweite der oben aufgeworfenen Fragen zu beantworten; nämlich die, wie gross die Wassersäulen in einer Jamin’schen Kette sein können, ohne auf die eingeschlossenen Luftblasen in Folge ihrer Schwere einen Druck auszuüben. Da z. B. die capillare Steighöhe ix einer Röhre von 0,1 mm ca. 300 mm beträgt, so würde eine Wassersäule von 4 dieser Grösse, von 50 mm jedenfalls noch getragen werden. Bei engeren Röhren — und die meisten Gefässröhren sind ın der That enger — können na- türlich noch längere Wasserfäden vorkommen. So wurde z.B. in einer Röhre von 0,05 mm, Durchmesser eine beliebig lange Wassersäule exi- stiren können, ohne hinabzusinken, wenn dieselbe nur alle 100 mm durch eine Luftblase unterbrochen ist. Ob sich freilich imbitionsfähige Cellulosemembranen in dieser Be- ziehung ebenso verhalten wie Glas, lässt sich natürlich a priori nicht entscheiden; doch scheint mir ein ähnliches Verhalten Beider um so wahrscheinlicher, als bei den genannten Erscheinungen, wie wir gleich sehen werden, nicht die zwischen Wand und Flüssigkeit bestehenden Molecular-Kräfte, sondern vielmehr die Constitution der Meniscen haupt- sächlich in Frage kommt; und diese wird doch wohl in beiden Fällen dieselbe sein. 392 | A. Zimmermann: 2. Versuche mit anderen Flüssigkeiten und Theoretisches. Eine ausführliche Theorie der schweren Beweglichkeit der Jamin- schen Kette wurde zuerst von Naegeli gegeben. Dieselbe fusst im Wesentlichen auf der Annahme, dass das Wasser an seiner Oberfläche eine Schicht von grösserer Festigkeit oder Zähigkeit (Viscosität) als ım Innern besitzt, das sogenannte Flüssigkeitshäutehen. Dasselbe ist sowohl beim Contact mit Luft, als auch bei der Berührung mit festen Körpern vorhanden. Bewirkt werden soll dasselbe durch eine Ver- minderung der Beweglichkeit der Molecüle, die er mechanisch begrün- det, wie pag. 606 und 607 des Originales nachgesehen werden kann. Der Umstand, dass zu dieser Umlagerung der Molecüle Zeit erforder- lich ist, macht es begreiflich, dass eine grössere Kraft nothwendig ist; um einen ruhenden Meniscus in Bewegung zu setzen, als um einen in Bewegung befindlichen darın zu erhalten. Beim Durchmustern der physicalischen Literatur fand ich nun eine Arbeit von Plateau!), in der dieser auf Grund ganz anderer Beob- achtungen dem Wasser und verschiedenen anderen Flüssigkeiten eben- falls ein zäheres Oberflächenhäutchen zuschreibt, während er aber auf der anderen Seite eine Anzahl von Flüssigkeiten anführt, bei denen das Entgegengesetzte der Fall sein soll. Bei den letzteren besitzen also nach Plateau die Oberflächenschichten gerade eine geringere Viscosität als die inneren?). Als ich nun mit Rücksicht hierauf aus den verschiedensten Flüs- sigkeiten Jamin’sche Ketten darstellte und dieselben auf ihre Wider- standsfähigkeit prüfte, stellte sich heraus, dass eine vollständige Ueber- einstimmung besteht zwischen der aus den Angaben Plateau’s her- vorgehenden Zähigkeit der Oberfläche und der Widerstandsfähigkeit der Jamin’schen Kette. Die hierbei auftretenden Unterschiede sind sogar so bedeutend, dass sie mit aller Sicherheit ganz ausserhalb der Be- obachtungsfehler liegen und dass ich mich ın den meisten Fällen auf wenige Beobachtungen beschränken konnte. 1) Memoires de Bruxelles, T, XXXVII. 2) Plateau wurde auf diese Annahme durch Beobachtung der Consistenzfähig- keit der feinen Lamellen der verschiedenen Flüssigkeiten und der an ihnen auf- tretenden Interferenzfarben geführt. Es gelang ihm jedoch auch durch ein sehr ein- faches Experiment, die grössere oder geringere Viscosität der Oberfläche bei ver- schiedenen Flüssigkeiten direct nachzuweisen. Es geschah dies in der Weise, dass er die Zeit bestimmte, welche eine Magnetnadel, die durch einen Magnet aus ihrer Gleichgewichtslage akgelenkt war, nöthig hatte, um, sobald der Magnet entfernt war, wieder in dieselbe zurückzukehren. Indem er nun die Magnetnadel sich bald auf der Oberfläche, bald ganz im Inneren der Flüssigkeit bewegen liess, erhielt er die angegebenen Resultate. Bezüglich der Einzelheiten verweise ich auf die Origi- nalarbeit, von der sich übrigens auch in Poggendorf’s Annalen d. Phys. u. Chem. (Nr. 141, p. 44) ein ausführlicher Auszug befindet. Ueber die Jamin’sche Kette. 393 Was zunächst die Flüssigkeiten anbetrifit, denen Plateau — eben- so wie dem Wasser — eine grössere Viscosität der Oberfläche zuschreibt, so habe ich von diesen folgende untersucht: concentrirte reine Schwefel- säure, conc. reine Salpetersäure, conc. reines Ammoniak, Weinsäure in 10 pCt. Lösung und Saponin in 1 p©t. Lösung. Die Resultate dieser Beobachtungen sind auf Tabelle 2 dargestellt. Sabelle.2 | Kleinste A. ı Grösste Anz. v.Luftb. b. d.| zu B d. | Ruhezeit Rab der Steigen beob,| Kein Steigen Besbacht. | beobachtet Mae on m oe —. Schwefelsäure . .. ...- | # 2 4 20 Salpetersäure . . . 2... | 5 6 12 8 Mana, .... 2... % l 14 7 2,7 19 Aimeniaknulinny, a 2% | 13 11 25 10 SRBOEERT. „dal. VIEH. 8; | 6 7 2 17 Und zwar bedeuten die Zahlen in der zweiten Columne die grösste Anzahl von Luftblasen bei der noch Steigen beobachtet wurde, während in der dritten die kleinste Anzahl von Luftblasen vermerkt ist, bei der kein Steigen eıfolgte.e In der vierten Oolumne findet sich dann die Zeit, welche verstrichen war, bevor die betreffenden Jamin’schen Ketten dem Drucke der Capillarkraft ausgesetzt wurden, in Stunden ausgedrückt. Die letzte Columne giebt die Zahl der Beobachtungen an. Sind nun die angestellten Versuche auch nicht zahlreich genug, um darüber sichern Aufschluss zu gestatten, in welchem Verhältniss die Widerstandsfähigkeiten der Jamin’schen Ketten dieser Flüssigkeiten unter einander stehen, so sind sie doch genügend, um zu zeigen, ein wie grosser Unterschied besteht zwischen ihnen und denjenigen Flüs- sigkeiten, deren ÖOberflächenzähigkeit nach Plateau eine geringere ist als die im Innern. Die an Letzteren gewonnenen Resultate sind in Tabelle 3 dargestellt. (Tabelle 3 siehe 8. 394). Da ich bei ihnen stets ein Steigen der Jamin’schen Kette beobachtet habe, habe ich bei ihnen nur in Columne 2 die grösste Anzahl von Luftblasen angegeben, deren Beweglichkeit ich beobachtete, nachdem sie die in der Columne 3 vermerkte Zeit über (ebenfalls ın Stunden ausgedrückt) sich ın Ruhe befunden hatten. Ohne Kenntniss der Plateau’schen Untersuchungen würden diese Ergebnisse sehr wun- derbar erscheinen, um so mehr, da sich unter den hierher gehörigen Flüssigkeiten auch solche befinden, die wie das Terpentinöl und die Milchsäure eine viel bedeutendere Viscosität als das Wasser besitzen. Bei der Milchsäure würde das gewonnene Ergebniss um so mehr auf- 394 | A. Zimmermann: Ueber die Jamin’sche Kette. Tabelle 3. | Grösste An- zahl v. l. B. Ruhezeit b. d. Steigen beobachtet Aikohol. “van. 131 15 ERBETEN De 17 Benzol, I age 82 19 ESSTEsaure. | aamanıE ame 168 16 Terpentinöl] indsattal- 148 4 - Alchsaure 0 63 25 fallen müssen, als sich diese ganz bedeutend langsamer in Capillar- röhren bewegt als Wasser. Ob nun bei den Flüssigkeiten dieser Gruppe der genannte Wider- stand überhaupt nicht vorhanden oder nur ganz minimal ist, vermag ich nicht mit aller Sicherheit zu entscheiden. Ist er jedoch vorhanden, so folgt aus obiger Tabelle, dass er mindestens 10—20 mal kleiner ist für die genannten Flüssigkeiten als beim Wasser. Auch glaube ich nicht, dass die in Tabelle 3 angegebenen Zahlen bereits die grösste Anzahl der noch durch die Wirkung der Oapillar- kraft beweglichen Luftblasen angeben; da es mir jedoch nur darauf ankam zu constatiren, dass zwischen den Flüssigkeiten dieser beiden Klassen ein ganz bedeutender Unterschied besteht, habe ich es unter- lassen, in dieser Richtung weitere Untersuchungen anzustellen. Betreffs der Untersuchungsmethode bei dieser Klasse von Flüssig- keiten bemerke ich noch, dass es hier bei den meisten nothwendig wurde, sie die Zeit über, bevor bei ihnen die Jamin’sche Kette auf ihre Widerstandsfähigkeit geprüft werden sollte, noch besonders vor Verdunstung zu schützen. Es geschah dies in der Weise, dass ich in beide Enden derselben einen Glycerintropfen hineinbrachte, der durch Abbrechen der betreffenden Stückchen der Röhre jederzeit leicht wieder entfernt werden konnte. Ausserdem wurden die Röhren um Temperatur- schwankungen möglichst zu vermeiden nicht direct mit der Hand son- dern mit einer Pincette angefasst. Die Ergebnisse dieses zweiten Theiles meiner Untersuchung lassen sich füglich in folgende Sätze zusammenfassen: Bezüglich ihrer Beweglichkeit in der Jamin’schen Kette lassen sich die Flüssigkeiten in 2 Klassen eintheilen, von denen die eine lauter Flüssigkeiten enthält, die, wie das Wasser, eine ziemlich beträchtliche Widerstandsfähigkeit gegen äusseren Druck besitzen, während bei den anderen die Grösse des Widerstandes der Jamin’schen Kette ganz J. Reinke: Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 395 minimal sein kann. Wie Plateau constatirt hat, besitzen die Flüssigkeiten der ersten eine grössere Viscosität an der Oberfläche wie ım Innern, während bei denen der zweiten Klasse umgekehrt die Viscosität der Oberfläche eine kleinere ist als die desInnern. Die von Nägeli aufgestellte Theorie, dass die Unbeweglichkeit der Jamin’schen Kette bei Wasser in einer grösseren Viscosität der Oberfläche ihren Grund hat, findet also durch die von mir angestellten Versuche ihre volle Bestätigung. Bot. Institut der königl. landwirthschaftl. Hochschule in Berlin. 54. J. Reinke: Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe und ihre Beziehungen zur Assimilation des Kohlenstoffs. Eingegangen am 19. October 1833. Die Reduction der Kohlensäure, das Fundament aller Lebensvor- gänge, ist eine Function des Lichts und des Chlorophylis lebender Zellen; eine wirkliche Einsicht in diesen Process hat desshalb zur Voraussetzung die Kenntniss der Beziehungen zwischen Licht und Chlorophyll, unter denen die optischen Eigenschaften des Chlorophylis lebender Zellen voranstehen. Wenn wir daran gehen, das optische Verhalten des Ohlorophylis in lebenden Geweben festzustellen, müssen wir die optische Wirkung der übrigen Bestandtheile der-Gewebe mit in den Kauf nehmen, weil sich das Chlorophyll von diesen nicht trennen lässt. Allein da z.B. in einem rein grünen Blatte die übrigen Theile aus farblos-durchsich- tigen Substanzen bestehen, können wir dieselben der optischen Wirkung des Chlorophylis gegenüber vernachlässigen. Zudem wissen wir aus vorhandenen Untersuchungen über die Transparenz farbloser Gewebe, !) dass ihre Lichtabsorption im Allgemeinen derjenigen des Chlorophylls ähnlich, aber weit schwächer ist, während scharf begrenzte Absorptions- maxima fehlen, so dass sie neben der Absorption des Chlorophylis 1) Vgl. Sachs, Ueber die Durchleuchtung der Pflanzentheile. Sitzber. d. W. Acad. Bd. 43, S. 265 ff, 1861. 396 J. Reinke: relativ nur zu geringer Geltung gelangt. Die Zellwände, das Proto- plasma, der Zellsaft und besonders die Luft der Interzellulargänge kom- men daher nur wegen ihrer Reflexion und Brechung des Lichts als Trübungen des Mediums in Betracht. Unter diesen trübenden Factoren lässt sich gerade der wegen seines geringen Brechungsvermögens am meisten störende, nämlich die Luft, ungemein leicht durch Wasser verdrängen und man erzielt dadurch er- hebliche Vortheile.. Ich bringe zu dem Fnde die in Wasser unter- getauchten Blätter unter den Recipienten einer in Thätigkeit gesetzten Wasserstrahlluftfpumpe nnd lasse sie daselbst 1 bis 2 Stunden stehen; ihre Interzellularräume sind dann vollständig mit Wasser injicirt, die Blätter erhalten die Transparenz dünner grüner Glasplatten, so dass man durch ein injicirtes Blatt z.B. von Impatiens parviflora die feinste Druckschrift bequem zu lesen vermag, und im Spectroscop durch eine ganze Anzahl von Blättern hindurch die Fraunhofer’schen Linien noch erkennbar sind. So zubereitete Blätter haben mir als Untersuchungs- material gedient für eine qualitive Bestimmung ihrer Absorptionscurve.t) I. Das Absorptionsspectrum grüner Blätter. In der Literatur sind eine Reihe von Angaben über das Absorptions- spectrum lebender Blätter vorhanden. Als erster, welcher dasselbe un- tersuchte, ist Stokes?) zu nennen. Derselbe hebt hervor, dass das Spectrum eines grünen Blattes im Wesentlichen mit demjenigen einer Lösung von Chlorophyll übereinstimme. Zu dem gleichen Ergebniss gelangte Sachs (l.c.), welcher ausser dem intensiven Absorptionsbande im Roth und der Schwächung beziehungsweise Auslöschung des Blau und Violett auch eine Verdunkelung im Gelb bemerkte. Ferner hat Simmler?) lebende Blätter vor den Spalt des Spectro- scops gehalten und gefunden, dass das äusserste Roth sichtbar war bis B, ein Absorptionsstreif den Raum zwischen B und Ö einnahm, Gelb und alle Töne in Grün und Blau durchgelassen, das Violett aber von G ab verschwunden war. Askenasy*) bemerkt, das Chlorophyll in den grünen Blättern zeige dieselben Absorptionsstreifen, wie eine Lösung, und erklärt dies für einen Beweis, dass das Auflösen in Alkohol oder Aether den Farb- stoff in keiner wesentlichen Beziehung verändere. 1) Die quantitativen Messungen der Absorption in den Blättern durch Vier- ordt werden im vierten Abschnitte Berücksichtigung finden. 2) In seiner Abhandlung: Ueber die Veränderung der Brechbarkeit des Lichts, Poggendorf’s Annalen, Ergänzungsband IV, S. 177 ff. (1854). Die diesbezügliche Notiz findet sich S. 220. 3) Vermischte Mittheilungen. Poggendorf’s Annalen, Band 115, S 593 ff. 1862. S. 605. 4) Beiträge zur Kenntniss des Chlorophylis und einiger dasselbe begleitender Farbstoffe. Bot. Zeit. 1867, S. 225 ff. Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 397 Schönn!) erklärt sich ebenfalls dafür, dass das Chlorophyll bei seiner Lösung in Alkohol keine Veränderung erleide. Derselbe sah wenn ein bis zwei Blätter zwischen Glasplatten vor den Spectralapparat gebracht wurden, den Streifen im Roth genau an der entsprechenden Stelle wie in der Alkohollösung, und fügt dann hinzu: „Die anderen (Streifen) treten erst dann deutlich hervor, wenn die Blätter in Folge der Hitze der beleuchtenden Flamme gelbgrün geworden waren.“ Diese letztere Bemerkung von Schönn ist mir nicht unwichtig, und werde ich später auf sie zurückkommen. Hagenbach?) hat ebenfalls das Spectrum lebender Blätter mit demjenigen von Ohlorophylllösungen verglichen und glaubt hierbei einen wesentlichen Unterschied zwischen beiden erkannt zu haben. Im Spec- trum der Blätter konnte er keine anderen Absorptionen finden, als Band I. im Roth und eine auf der Grenze von Grün und Blau beginnende Endabsorption. Hagenbach gebührt das Verdienst, erkannt zu haben, dass Band I. im Blatte um eine sehr merkliche Grösse nach der weniger brechbaren Seite des Spectrums gerückt erscheint im Vergleich zu seiner Lage in den Lösungen; ein gleiches Verhalten zeigte die Endabsorption der stärker brechbaren Strahlen. Weiter haben Gerland und Rauwenhoff?) das Spectrum leben- der Blätter untersucht und ihrerseits wiederum alle Absorptionsstreifen der Chlorophylllösung darin aufgefunden. Gerland*) hebt noch ausdrücklich hervor, dass auch Band II, Ill und IV der Lösungen in den lebenden Blättern erkennbar, alle aber ein wenig gegen das rothe Ende des Speetrums verschoben sind; auch das äusserste rothe Licht erscheint nach ihm in den Blättern geschwächt. Lommel°) hingegen erklärt die Absorptionsbänder U, JII und IV für nicht vorhanden im Spectrum der Blätter. Am ausführlichsten hat G. Kraus®) seine diesbezüglichen Beobach- tungen mitgetheilt. Er anerkennt nicht zur, im Gegensatz zu Hagen- bach und J,ommel, das Vorhandensein der Bänder Il, IIl und IV ım lebenden Blatte, sondern er constatirt auch in Uebereinstimmung mit Hagenbach und Gerland die Verschiebung der Absorptionsbänder nach der weniger brechbaren Seite des Spectrums. Weiter kommt 1) Ueber Blattgrün und Blumenblau. Zeitschrift für analytische Chemie. 1870. S. 327. 2) Untersuchung über die optischen Eigenschaften des Blattgrüns. Pogg. Ann. Bd. 141. S. 245 ff. 1870. 3) Beiträge zur Kenntniss des Chlorophylis und einiger seiner Derivate. Pogg. Ann. Bd. 143, 8. 231 ff. 4) Ueber die Einwirkung des Lichts auf Chlorophyll. Ebenda S. 585 ff. 5) Ueber das Verhalten des Chlorophylls zum Licht. Pogg. Ann. Bd. 143. 1871. S. 658 ff. 6) Zur Kenntniss d. Chlorophylifarbstoffe u. ihrer Verwandten. Stuttgart 1872. S. 46 ff. N. J. Reinke: aber Kraus nicht über die Anschauungen seiner Vorgänger hinaus, als dass er die Abhängiekeit einer solchen Verschiebung vom lösenden Medium nachweist, wenn auch freilich seine Meinung, dass die Dichtigkeit des Mediums hierbei massgebend sei, nicht stichhaltig ist!); auch Kraus betrachtet als Hauptergebniss seiner Untersuchung den Nachweis, dass das Spectrum des lebenden Blattes im Wesentlichen mit dem der Lö- sungen übereinstimmt. Einzelnes aus den Mittheilungen von Kraus bedarf noch der Er- örterung. Zunächst verdient rücksichtlich der angewandten Methode bemerkt zu werden, dass Kraus nur Blätter mit lufterfüllten Intercel- lularen zur Beobachtung verwendete. Obwohl schon Valentin die In- jection mit Wasser empfohlen hatte, und obwohl Kraus selbst bemerkt, dass die durch Injection mit Wasser durchscheinender gewordenen Blät- ter „vor dem Spectroscop brauchbarer werden und ein deutlicheres Spectrum geben“, verwendet er solche Blätter doch nicht, weil „keine Garantien mehr vorhanden, dass die Zellen wirklich noch lebendig und das Chlorophyl intact sei“. Dieser Einwand erscheint mir völlig un- begründet, da durchaus nicht erfindlich ist, was für einen nachtheiligen Einfluss Wasser auf das in lebende Zellen eingeschlossene Chlorophyll ausüben soll; leidet denn das Chlorophyll von Sperogyren und Clado- phoren durch das umspülende Wasser? Die Methode, mit Wasser zu injiciren, bietet sehr grosse Vortheille; Kraus konnte, wie es scheint, in seinem Spectralapparat nicht mehr als 4 Blätter über einander schichten, während ich eine Säule von 18 über einander liegenden, injicirten Blättern anwenden konnte, und noch Durchleuchtung wahr- nahm. Zum Ueberfluss habe ich das Absorptionsspectrum injicirter und nicht injieirter Blätter genau verglichen und — abgesehen von der Hel- ligkeit — nicht den geringsten Unterschied wahrgenommen. Auch sind injicirte Blätter im Stande, Kohlensäure zu zersetzen. Kraus hat die Lage der einzelnen Absorptionsbänder mit einer Millimeterscala. bestimmt, eine Reduction auf Wellenlängen ist nicht versucht; über das Unzulängliche dieses Verfahrens, dessen wir seit Einführung der Angström’schen Scala überhoben sind, habe ich mich bereits an anderer Stelle geäussert.?) Während seit der Schrift von Kraus zahlreiche Untersuchungen des Spectrums von Chlorophylllösungen veröffentlicht worden sind — die uns hier nicht direct angehen — ist meines Wissens noch kein Ver- such gemacht worden, die ganze Absorptionscurve des Spectrums leben- 1) Bekanntlich hat Kundt inzwischen nachgewiesen, dass die wechselnde Lage der Absorptionsbänder vom Dispersionsvermögen d. Lösungsmittels abhängt. (Pogg. Ann. Jubelband 1874. S. 615). 2) Beitrag zur Kenntniss des Phycoxanthins. Jahrb. f. wiss. Bot. X. S. 399 ff. In dieser Arbeit ist zum ersten Male die Dispersionsscala nach Wellenlängen für Bestimmung der Absorptionen im prismatischen Spectrum benutzt worden. Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 399 der Blätter in ähnlicher Weise darzustellen, wie dies in den Arbeiten Pringsheims’!) für Chlorophylllösungen geschehen ist. Durch meine eigenen Untersuchungen bin ich zu einem, der An- sicht von Kraus gerade entgegengesetzten Resultat geführt worden, dass nämlich das Absorptionspeetrum des in lebenden Blättern enthal- oo 30 360 50 HD 600 660 750 IR _ SjJoIn|a|ulr|w|n |S [Io D Eb |? aa DD 70 6 MM SO 50 40 #400 Absorption lebender Blätter auf das Normalspectrum bezogen. Darüber die Ab- sorptionsbänder einer alkoholischen Chlorophylllösung und die Assimilationscurve xy. tenen Chlorophylis von demjenigen einer Chlorophylllösung stets ver- schieden ist, wobei das Lösungsmittel selbst keinen anderen Einfluss 1) Ueber die Absorptionsspectra der Chlorophylifarbstoffe. Monatsber. d. Berl. Acad. vom October 1874. 400 J. Reinke: als den seines specifischen Dispersionsvermögens auf die Lage der Ab- sorptionsmaxima auszuüben braucht. Vorausschicken möchte ich, dass die von mir verglichenen Blätter zahlreicher Phanerogamen keine bemerkenswerthen Verschiedenheiten im Absorptionsspectrum erkennen liessen — wenn wir von denjenigen Arten oder Varietäten absehen, in deren Blättern noch besondere bunte Farbstoffe gebildet werden. Meine Untersuchungen wurden mit dem Mikrospectralocular von Zeiss angestellt und sind die Absorptionen direct in Wellenlängen nach der Dispersionsscala abgelesen worden. In umstehender Figur ist die Absorption des Chlorophylis in lebenden, mit Wasser injieirten Blättern von /mpatiens parviflora zur Darstellung gebracht. Die Abseissenaxe bedeutet die Ausdehnung des sichtbaren Theils des normalen Sonnenspectrums. Unterhalb der eigent- lichen Zeichnung sind die Wellenlängen in Milliontel-Millimetern an- gegeben, oberhalb die entsprechenden Sch wingungszahlen; auch die wichtigsten Fraunhofer’schen Linien sind angedeutet. Die durch be- zifferte Horizontallinien gegebene Eintheilung der Ordinaten bezeichnet die Schichtendicke, die Einheit der Schichten ist ein Blatt. Die Ver- schmälerung des Absorptionsmaximunms I oberhalb Blatt 1, mit 0 bezeich- net, ist nach einem sehr dünnen Farrnkraut-Prothallium eingetragen, zum Vergleich ist darüber das Absorptionsspectrum einer mässig con- centrirten alkoholischen Chlorophylllösung gezeichnet (Alc.), deren Band I die gleiche Breite besitzt wie in einem einzelnen Blatte; wir wollen diese Breite als die Breite d bezeichnen, und möge sie uns als Vergleichs- punkt der beiden Spectren dienen. Ein Blick auf diese Zeichnung lehrt, dass zwei Hauptabsorp- tionen im Chlorophylispectrum der Blätter existiren, eine in der stär- ker brechbaren, eine in der weniger brechbaren Hälfte, beide durch ein auf die Wellenlänge 550 fallendes Minimum getrennt. Wenn wir von den Absorptionen in der stärker brechbaren Seite des Spectrums einstweilen absehen, so glaube ich, dass sich für die weniger brechbare Seite sofort nicht unwesentliche Unterschiede er- geben zwischen dem gelösten Chlorophyll und demjenigen der Blätter. Wenn Band I die Breite d besitzt, so treten im Spectrum der Lösung Band II, III und IV bereits sehr scharf hervor, während im Spectrum eines Blattes noch keine Spur derselben zu erkennen ist; bei 3 Blättern (Breite 14 d) treten Band II und III als schwache An- deutungen hervor, während Band IV auch jetzt noch fehlt. Erst bei 5 Blättern, wo Band I die Breite von fast 2 Ö zeigt, haben Il und III ungefähr die gleiche Breite wie in dem Vergleichsspectrum der Lösung, und jetzt nimmt man auch bei sehr sorgfältiger Betrachtung und engem Spalt Band IV nur als einen ganz schwachen Schatten wahr. Dieser als Band IV gedeutete Schatten war auch bei einer Säule von 6 und Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe ete. 401 7 Blättern noch erkennbar, aber nicht, oder doch kaum merklich ver- stärkt, im Spectrum von 8 und 9 Blättern fehlte er wieder! Dieser Umstand bewog mich anfangs zu der Meinung, dass der als Band IV angesprochene Schaiten gar kein Absorptionsstreif sei, son- dern nur hervorgerufen durch eine Gruppe mit einander verschwimmen- der Fraunhofer’scher Linien, die ın der That einen ähnlichen Ein- druck zu erzeugen vermag; auch finde ich in der schönen Abbildung des Sonnenspectrums von Angström!) ungefähr an der Stelle, wo man den fraglichen Schatten erblickt, eine Gruppe sehr dicht liegender und ziemlich scharf hervortretender Eisenlinien gezeichnet. Allein da es mir gelang, den Schatten bei den Blättern der verschiedensten Pflanzen wiederzufinden, und da ich glaube, wenigstens eine ganz matte Andeutung davon auch bei Lampenlicht gesehen zu haben, so entschied ich mich doch dafür, denselben für eine schwache Andeutung von Band IV des Chlorophylispectrums zu halten, welches dann zweifellos als Annex zur Hauptabsorption in der brechbareren Spectralhälfte ge- hört. Handelte es sich um morphologische Dinge, so würde man sagen können, Band IV existire im Blätterspectrum nur rudimentär. Für diese Auffassung — und warum soll man im vorliegenden Falle das Wort rudimentär nicht gebrauchen, da es für den Botaniker wenigstens leicht verständlich ist — spricht insbesondere auch der Um- stand, dass bei zunehmender Zahl der Blattschichten dieser Streif sich nicht verbreitert, sondern sogar wieder verschwindet: Die Thatsache ist zweifellos und auch unschwer zu erklären. Denn die Absorptions- bänder werden ja im Spectroscop überhaupt nur sichtbar durch eine Contrastwirkung gegen die benachbarten, mehr Licht durchlassenden Spectralregionen. Weil aber dieser Öontrast mit Zunahme der abso- luten Absorption sich mehr und mehr ausgleicht, so kann ein an und für sich schwaches Absorptionsband dadurch bei steigender Schichten- dicke für das Auge zum Verschwinden gebracht werden. Mit diesen Beobachtungen stimmen die Zeichnungen überein, welche Kraus vom Blätterspectrum der Deutzia scabra geliefert hat?). Im Spectrum eines Blattes treten Band II, III und IV ım Vergleich zu I weit schwächer hervor, als in einer Lösung; im Spectrum einer zwei- fachen Blätterlage sind Band Il und III ein wenig verbreitert, Band IV fehlt aber vollständig! Die geringere Stärke von Band II und III sowie der gänzlich ru- dimentäre Character von Band IV veranlassen mich, das Spectrum lebender Blätter von demjenigen jeder Lösung, in welcher namentlich Band IV stets scharf hervortritt, für verschieden zu halten, und einer solehen Abweichung im Spectrum muss eine Verschiedenheit des che- 1) Recherches sur le spectre solaire. Atlas. — Upsala 1868. alnes.Tal. L Fig,5,, 6: 26 D.Botan.Ges.1 402 J. Reinke: mischen Zustandes entsprechen. Ich folgere daraus, dass das sogenannte Chlorophyll der Lösungen chemisch nicht identisch ist mit dem Chloro- phyll lebender Blätter, mit anderen Worten, dass letzteres beim Ueber- gang in irgend ein Lösungsmittel stets eine chemische Veränderung, eine Zersetzung erfährt. Diese Ansicht ist übrigens auch schon von Anderen, z. B. von Pringsheim, von Hoppe-Seyler, als Annahme geäussert worden. Ueber die Art der Zersetzung, welche das Chlorophyll erfährt, wenn es mit irgend cinem Lösungsmittel ausgezogen wird, habe ich mir eine bestimmte Vorstellung gebildet. Alles Chlorophyll der Lösungen entspricht chemisch in höherem oder geringerem Grade dem durch Säuren veränderten Chlorophyll. Die erste Wirkung des Zusatzes einer schwachen Säure zu einer Chlorophylllösung ist die, dass Band IV des Absorptionsspectrums schärfer hervortritt; man vergleiche nur die Abbildungen, welche Kraus auf Taf. III Fig. 5, 6 und 7 von der Säurewirkung giebt. Nun hat schon Kraus gefunden (l.c. 8. 71), dass die Blätter einiger Pflanzen — er macht nur Ampelopsis und Vitis namhaft, man kann die gleiche Erscheinung aber auch an Rheum, Rumex und Oxalis!) wahrnehmen — nicht, „wie die übrigen“, beim Kochen mit Wasser schön grün bleiben, sondern eine bräunliche Farbe annehmen, ähnlich der Farbe zersetzten Chlorophylis. „Die Extraction mit Weingeist zeigte auf den ersten Blick eine der Farbe und der spectralanalytischen Reaction nach zer- setzte Lösung.* Kraus schreibt das abweichende Verhalten der Blätter von Ampelopsis einer Einwirkung des stark sauren Zellsafts dieser Pflanze zu, welchen das lebende Protoplasma nicht eindringen lässt, der aber in das durch höhere Temperatur getödtete Chlorophylikorn hinein- zudiffundiren vermag und daselbst Zersetzung hervorruft. Diese Erklärung von Kraus ist ganz zweifellos richtig; derselbe hat nur übersehen, dass genau der gleiche Process, das Eindringen von sauer reagirendem Zellsaft in die Chlorophylikörner, in jedem Falle stattfinden muss, wo chlorophylihaltige Zellen, sei es durch höhere Temperatur, sei es durch Einwirkung des Lösungsmittels getödtet werden — weil der Zellsaft aller grünen Zellen sauer reagirt. Es wird daher bei jeder Extraction des Chlorophylis mit irgend einem Lösungs- mittel oder bei den dazu vorbereitenden Manipulationen, z. B. dem Trocknen der zerkleinerten Gewebe, eine sauer reagirende Substanz mit dem Öbhlorophyll in Berührung gebracht, welche dasselbe in der Richtung des sogenannten Säure-Chlorophylis verändert, also theilweise in Chlorophyllan verwandelt?). Nur der Grad dieser Veränderung ist 1) In Bezug auf letztere vgl. Wiesner, Die Entstehung des Chlorophylis in der Pflanze. Wien 1877. S. 11 Anm. 2) Vgl. Tschirch, Untersuchungen über das Chlorophyll (Ber. d. d. bot. Ges. I. Heft 3 u. 4, S.9 des Separatabdrucks). Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 403 ein verschiedener, er ist bei der grossen Mehrzahl der Pflanzen ein viel geringerer, als z. B. bei Ampelopsıs oder Rheum. Stets aber giebt. sich vornehmlich darın ein scharfer Unterschied zwischen unverändertem und durch Säure zersetztem Chlo- rophyll zu erkennen, dass, während im Absorptionsspectrum des ersteren Band IV (im Grün, der Wellenlänge A=540 entsprechend) nur ganz rudimentär angedeutet ist, dasselbe im letzteren mit aller Schärfe hervortritt. Aber auch die Bänder II und III erfahren durch die Einwirkung der Säure eine deutliche Verstärkung. Hierzu stimmt die oben citirte Angabe Schönn’s, wonach in seinen Blättern die übrigen Bänder zum Band I erst hinzutraten, nachdem die Blätter der Hitze ausgesetzt worden waren. Ferner ist wohl nach den bezüglichen Angaben von Hoppe-Seyler!) nicht zu bezweifeln, dass Band IV, sofern es deutlich hervortritt, als ein specificher Chloro- phyllanstreifen angesehen werden kann. Ein einfacher Versuch mag als Bestätigung dieser Vorstellung an- geführt sein. Wenn man Blätter von I/mpatiens, Sambucus, Deutzia und andere, welche das Absorptionsband IV nur in äusserst schwacher Andeutung zeigen, vorübergehend in siedendes Wasser taucht, so tritt Band IV alsbald breit und scharf hervor, auch Band II zeigt sofort eine erhebliche Zunahme des Dunkels, kurz, das Absorptionsspectrum gleicht jetzt, wenn wir von der Dispersionsverschiebung absehen, durch- aus demjenigen einer alkoholischen Lösung. Auch wenn man Blätter mit sehr verdünnter Essigsäure injicirt und eine Zeit lang in der Flüssig- keit liegen lässt, tritt die gleiche Modification des Absorptionsspectrums ein, wie beim Eintauchen in siedendes Wasser. In beiden Fällen än- dert sich die relative Lage der Absorptionsbänder aber nicht. Abgesehen von den soeben namhaft gemachten Differenzen in Be- zug auf die Absorptionsmaxima in dem weniger brechbaren Spectral- abschnitte zeigen sich analoge Unterschiede in Bezug auf die Minima der Absorption. Diese Absorptionsminima entfallen auf das äusserste Roth von den Wellenlängen 720--700 und auf das Grün zwischen 560 und 540. Das letztere wird nun von concentrirten Ohlorophyllilösungen stärker absorbirt, als von lebenden Blättern; denn bei einer Schichten- dicke der Lösung, wo man von dem positiven Streifen im Grün nichts mehr wahrnimmt, wo dasselbe bereits völlig verdunkelt erscheint, er- blickt man das äusserste Roth zwischen 720 und 700 noch relativ deut- lich. Anders im Blatte. Bei /mpatiens parviflora verschwand das Roth mit einer Schicht von 16 Blättern, bei 15 war es noch eben erkennbar; das Grün zwischen 560 und 540 schien dagegen noch durch eine Schicht von 18 Blättern hindurch. Ebenso verhielten sich Blätter von Deutzia und Sambucus. 1) Zeitschr. f. physiol. Chemie III, S. 348. 404 J. Reinke: Aus der beifolgenden Zeichnung lassen sich die Wellenlängen direct ablesen, welche im Absorptionsspectrum einer gewissen Anzahl von Blättern mehr oder weniger verdunkelt erscheinen. Aus diesem Grunde habe ich von einer tabellarischen Angabe der Absorptionen in Zahlen Abstand genommen!), Es scheint mir nicht überflüssig, die Vorgänge bei der soeben be- schriebenen Veränderung des Ohlorophylispectrums durch Säuren aus den Gesichtspunkten der Undulationstheorie noch etwas näher ins Auge zu fassen. Durch Euler, Kirchhof, Angström, Lommel u. A. ist die Vorstellung zu einem fest begründeten Satze der theoretischen Optik gestaltet worden, dass ein Körper Lichtstrahlen derjenigen Schwingungszahlen absorbirt, in denen seine eigenen kleinsten Theil- chen vibriren, während er andere Strahlen hindurchlässt, mit deren Schwingungszahl die Partikel seiner eigenen Substanz nicht zu schwin- gen vermögen. Wenn wir nun sehen, dass ein Körper gewisse Strahlen sehr lebhaft absorbirt, schon in dünner Schicht fast vollständig aus- löscht (a), während andere nur wenig geschwächt werden (b), so können wir daraus schliessen, dass die Theilchen des Körpers leicht mit den Schwingungszahlen von a erregbar sind, während sie viel schwieriger in den Schwingungszahlen von b sich zu bewegen im Stande sind. So vermögen die Chlorophylitheilchen leicht mit der Geschwindigkeit der zwischen B und Ö gelegenen Strahlen des Sonnenspectrums zu oscilliren, während dies schwieriger von Statten geht mit den den Bän- dern II und Ill entsprechenden Strahlen, und nur eben eine Tendenz sich zu erkennen giebt, auch mit den der dem Bande IV entsprechen- den Strahlen zu schwingen. Beschränken wir uns vornehmlich auf die Betrachtung dieses letztgenannten Streifens, so muss der Neigung der Atome, in den Schwingungszahlen desselben sich zu bewegen, im in- takten Chlorophylimolekül ein erheblicher, schwer überwindlicher Wider- stand begegnen. Dieser Widerstand wird augenblicklich beseitigt bei der Einwirkung von Säure, jetzt vermögen die Atome mit Lebhaftigkeit die angestrebte Bewegung auszuführen. Vielleicht wirft diese Betrachtung einiges Licht auf die Art der Veränderung des COhlorophylis durch Säuren. Man könnte die Hypo- these wagen, dass, wenn die Säuren erhebliche Umlagerungen in dem an sich gewiss äusserst labilen Moleküle des Ohlorophylis hervor- zubringen vermöchten, die spectroskopischen Eigenschaften des Säure- prodnctes erheblicher, qualitativ, von denen des ursprünglichen Chlorophylls abweichen würden. Da aber die Veränderungen nur quantitativer Natur sind, die Absorptionsbänder ihren Ort behalten, 1) Für einen Vorlesungsversuch empfiehlt es sich, auf ein Blatt von einiger Ausdehnung im verdunkelten Hörsaal ein Spectrum direct zu projieiren; im durch- fallenden Lichte treten dann die Absorptionsmaxima sehr deutlich hervor. Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 405 nur theilweise ihre Tiefe sich steigert, so scheint es am nächsten zu liegen, eine Spaltung der die Streifen II bis IV enthaltenden Atom- complexe anzunehmen, durch welche die Atome in den Stand gesetzt werden, mit gewissen Geschwindigkeiten zu schwingen, woran sie im intakten Chlorophylimolekül durch den Zusammenhang mit anderen Atomgruppen mehr oder weniger gehindert waren. 2. Der Aggregatzustand des Chlorophylis in der Pflanze. Die Mehrzahl der Beobachter spricht sich dafür aus, dass das Chlorophyll in der lebenden Pflanze nicht fluorescirt. Simmler (l.c. S. 619) meint zwar, dass den grünen Blättern eine schwache Fluorescenz zukomme; Hagenbach (l. c. S. 225) und Lomniel (l. c. S. 519) bestreiten dieselbe gänzlich. Dagegen glaubt N. I. C. Müller!) bei Anwendung der Methode des derivirten Spectrums in Blättern Fluorescenz beobachtet zu haben. Die Unbestimmtheit, namentlich dieser letzteren Angabe, veran- lasste mich, einige Versuche in der bezeichneten Richtung anzustellen. Lässt man weisses Licht auf ein frisches Blatt fallen, so bemerkt man bekanntlich nichts von einem rothen Schimmer, welchen jede Chlorophylllösung im auffallenden Lichte zeigt. Ich benutzte nun die sehr fleischigen Blätter einiger Mesendryanthemum-Arten, welche um das centrale farblose Parenchym einen relativ mächtigen Mantel chlo- rophyliführender Zellschichten besitzen, um aus einer achromatischen Sammellinse einen Lichtkegel darauf fallen zu lassen, und diesen auf einem Durchschnitt des Blattes im Profil zu betrachten; es war keine Spur von rothem Fluorescenzlicht zu sehen. Ich liess dann eine Portion Blätter von Sambucus nigra fein zer- kleinern und den Saft unter starkem Druck abpressen; Proben der er- haltenen Flüssigkeit wurden in verschiedenem Verhältniss mit Wasser gemischt. In diese grün gefärbten Emulsionen verschiedener Concen- tration, in denen zahlreiche verletzte und unverletzte Uhlorophylikörner herumschwammen, wurde ebenfalls mit der Sammellinse ein Lichtkegel geworfen und auch hier zeigte sich keine Fluorescenz. Ich schritt dann zur Anwendung der empfindlichsten Methode, die es giebt, um auf Fluorescenz zu prüfen. Es ward ein Spectrum mittelst einer Oylinderlinse zu einem schmalen Streifen von grosser Lichtstärke zusammengezogen und auf die Fläche eines Blattes projicirt; dies Linearspectrum ward durch ein horizontal stehendes Prisma, dessen brechende Kante mit der Längsrichtung des Spectrums parallel lag, betrachtet und auch hierbei liess sich kein rothes Fluorescenzlicht ent- decken. Es war bei diesem Versuche völlig gleich, ob die angewandten Blätter mit Wasser injicirt waren oder nicht, ob lebend oder durch Eintauchen ın heisses Wasser getödtet. 1) Bot. Unters. I. S. 11. 406 J. Reinke: Aus diesen Versuchen folgt, dass das Chlorophyll grüner Blätter nicht oder doch nicht in wahrnehmbarem Grade fluorescirt. Die intensive rothe Fluorescenz der Lösungen kann aber auch nicht von dem Uebergang in Chlorophyllan herrühren. Denn durch Eintauchen der Blätter ın heisses Wasser, welches bestimmt schon partielle Chlorophyllanbildung hervorruft, wie sich aus dem Absorptions- spectrum so behandelter Blätter ergiebt, lässt sich keine Fluorescenz erzeugen. Ziehen wir nun in Betracht, dass, wie Hagenbach gezeigt hat, auch das aus Lösungen in fester Form niedergeschlagene Chloro- phyll, das jedenfalls zum grossen Theil aus Chlorophyllan besteht, nicht fluorescirt, so kommen wir zu dem Ergebniss, dass auf jeden Fall in der Mitwirkung der Lösungsmittel eine der Bedingungen der Fluorescenz gesucht werden muss. Soviel bis jetzt bekannt, fluorescirt das Chloro- phyll aber in allen seinen Lösungsmitteln, nur in verschiedenem Grade, in Aether z. B. lebhafter als in Alkohol. Wenn wir also das Chloro- phyll in den Blättern nicht fluoresciren sehen, so scheint daraus zu folgen, dass dasselbe darın nicht im Zustande einer Lösung vorhanden ist. Damit die im Chlorophyll und auch in seinen nächsten Derivaten, wie dem Chlorophyllan, enthaltenen Atomgruppen Fluorescenzlicht aus- senden können, ist offenbar eine gewisse Leichtbeweglichkeit der Mole- küle, wie sie der Zustand der Lösung mit sich bringt, erforderlich !). Die völlige Sicherstellung der Thatsache, dass die Fähigkeit zu fluoresciren lediglich vom Asgregatzustande des Ohlorophylis abhängt, ist aber von grosser Wichtigkeit, weil wir daraus einen Rückschluss ziehen können auf den Aggregatzustand des Chlorophylis in den Blättern. Der folgende Versuch scheint mir für die Beantwortung dieser Frage entscheidend. Ich löste Chlorophyll, dass aus einer frischen alkoholischen Lösung durch Verjagen des Alkohols gewonnen war, in geschmolzenem Paraffin. Die Lösung fluorescirte auf das schönste, nicht weniger intensiv als die alkoholische. Ich liess jetzt das Paraffın erkalten, wobei es zu einem durchscheinenden, gleichförmig grün gefärbten Cylinder erstarrte, in welchem die Chlorophylimoleküle offenbar ebenso fein und regelmässig vertheilt waren, wie im flüssigen Paraffin; dies feste, chlorophyllhaltige Paraffin zeigte nicht die geringste Fluorescenz. Ich konnte dann durch erneutes Schmelzen und Er- kaltenlassen die Fluorescenz nach Belieben von Neuem hervorrufen und verschwinden machen. Diese Beobachtung führt zu dem Schlusse, dass das Chlorophyll in den Pflanzen im festen Aggregatzustande enthalten ist, weil die 1) In diesem Sinne äussert sich auch Lommel |. c. Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 407 optischen Eigenschaften durchaus nur mit denen des festen, nicht aber mit denen des gelösten Chlorophylis übereinstimmen. Dem entspricht auch die Lage der Absorptionsmaxima in festem, aus Lösungen niedergeschlagenem Chlorophyll; schon Hagenbach hat beobachtet, dass Band I darin an derselben Stelle liegt, wie in den Blättern, und Lommel hat das Gleiche für Gelatineplättchen constatirt, welche mit Chlorophylllösung getränkt und dann getrocknet waren. Auch das feste chlorophyllhaltige Paraffin zeigt das Band in der gleichen Lage. Pringsheim!) hat die Vorstellung entwickelt und vertheidigt, dass das Chlorophyll in einem ölartigen Menstruum gelöst in den Chloro- phylikörnern enthalten sei. Nach unsereren obigen Wahrnehmungen müsste man aber annehmen, dass dieses ölartige Lösungsmittel ein fester, fett- oder wachsartiger Körper sei, der bei etwas höherer Tem- peratur schmilzt und dann jene tiefgrünen ölartigen Tropfen darstellt, welche Pringsheim bei Behandlung mit heissen Wasserdämpfen aus dem schwammigen Stroma der Chlorophyllkörner austreten sah. Arthur Meyer?) findet auch bei Untersuchung des intacten Chlorophylikorns einer farblosen oder doch hellen Grundmasse grüne Kugeln eingebettet, welche er „grana“ nennt, und welche das Chloro- phyll enthalten. Weil diese Grana mit Wasser quellbar sind, ohne dass der grüne Farbstoff sich löst, so folgt, dass sie nicht aus Chloro- phyll allein bestehen können, sondern entweder ein Gemenge eines in Wasser quellbaren Körpers mit Chlorophyll sein müssen, oder dass innerhalb des Granums ein in Wasser quellbarer oder löslicher Kern liegt, während die chlorophyllführende Substanz diesen Kern als Kugel- schale umgiebt. Wie dem auch sein mag, so müssen wir daran festhalten, dass die Ohlorophylimoleküle auf keinen Fall in dem leichtbeweglichen Zu- stande einer Lösung oder einer Flüssigkeit in der Pflanze enthalten sind. Da man nun in den Chlorophylikörpern unter normalen Ver- hältnissen den Farbstoff auch nicht krystallisirt findet, so ist das wahrscheinlichste, dass die Chlorophylitheilchen entweder in analoger Weise zwischen der Substanz eines festen Körpers eingelagert sind wie im festen Paraffin, oder dass sie in ebenso feiner Vertheilung zwischen den Theilen einer — festen und quellbaren oder flüssigen — Materie sich finden, in welcher das Chlorophyll nicht löslich ist. Bevorzugt man die erstere Alternative, so würde man als Träger des Chlorophyllis sich einen festen wachsartigen Körper vorstellen können, und durch diese Annahme wäre die Erscheinung der von Prings- 1) Z. B. Chlorophylifunction und Lichtwirkung. S. 92 ff. des Separatabdrucks. 1882. 2) Das Chlorophylikorn. S. 24 ff. 1883. 408 J. Reinke: heim beobachteten grünen Tropfen, welche derselbe nach Erwärmung aus den Chlorophylikörpern austreten sah, leicht zu erklären. Die zweite Möglichkeit, dass die Chlorophylimoleküle eine proto- plasmatische Grundsubstanz in feinstor Vertheilung durchdringen, würde sich besser mit den physiologischen Thatsachen vereinbaren lassen, wenigstens dann, wenn wir annehmen, dass das Chlorophyll chemisch an der Reduction der Kohlensäure betheiligt sei. Denn die Kohlensäure muss in wässeriger Lösung ihren Weg zu den Chloro- phylimolekülen finden, und da wäre eine feinere Vertheilung der letzteren in einem für Wasser durchdringbaren Medium jedenfalls verständlicher, als wenn das Chlorophyll an ein Medium gebunden und von diesem umhüllt wäre, welches durch Wasser überhaupt nicht berührt wird. Dann würden die Pringsheim’schen Versuche in der That die Deu- tung erfahren können, dass durch Erwärmung die bis dahin durch ein protoplasmatisches Medium getrennten Öhlorophyllinoleküle zu Chloro- phylitropfen vereinigt werden und als solche an der Oberfläche der Chlorophylikörner austreten. 3. Die natürliche Farbe grüner Blätter. Obwohl die Blätter der Bäume und Kräuter unserem Auge undurch- sichtig und über dunklem Grunde sogar nicht einmal transparent er- scheinen, ist ihre von unserer Gesichtswahrnehmung als grün klassificirte Farbe doch keineswegs eine Oberflächenfarbe im engeren Sinne zu nen- nen, wie sie so viele opake Körper aussenden. Obwohl in der Literatur verschiedene Angaben über das von den Blättern ausgesandte Reflexlicht existiren, scheinen mir die bisherigen Untersuchungen über das Zustande- kommen desselben doch noch nicht vollständig befriedigend zu sein. Zuerst hat sich wohl Simmler!) eingehender mit Untersuchung der grünen Farbe der Vegetation beschäfügt. Er fand, dass grüne Blätter im intensiven durchfallenden Lichte das äusserste Roth, ferner Orange Gelb und Grün hindurchlassen, während bei Anwendung schwä- cheren Lichts das Roth verschwindet. Er meint aber, dass das rothe Licht zwischen A und B sowohl die Blätter durchsetzen als auch von „ihrer Oberfläche“ reflectirt werden könne. „Das weisse Licht dringt bis in eine gewisse Tiefe der Chlorophylischicht ein, kehrt in Folge einer Reflexion um und tritt, an gewissen Strahlen ärmer, als grünes Mischlicht heraus.“ Diesem Reflexlicht soll dann noch etwas rothes Fluorescenzlicht, also Eigenlicht des Chlorophylis, beigemengt sein. Präciser wurde die Ursache der grünen Farbe der Vegetation durch Askenasy’) definirt: „Indem weisses Licht auf die Blätter fällt, wird 1) Vermischte Mittheilungen. 2. Ein Erythrophytoskop. 4. Einiges über Fluo- rescenz und Absorptions-Erscheinungen beinı Blattgrün. Pogg. Ann. 115. S. 593 ff. 1862. 2) Beiträge zur Kenntniss des Chlorophylifarbstoffes und einiger dasselbe be- gleitender Farbstoffe. Bot. Zeit. 1867. S. 226. Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 409 ein Theil in der Oberfläche reflectirt, ein anderer Theil dringt in das Innere ein. Da das Blattgewebe aus das Licht verschieden brechenden Elementen besteht, und in den meisten Fällen auch sehr zahlreiche mit Luft erfüllte intercellulare Räume enthält, so wird ein grosser Theil des Lichtes in grösserer oder geringerer Tiefe reflectirt. Diesem unregel- mässig reflectirten Licht verdanken die Blätter ihre Farbe.“ Es sei ferner anzunehmen, dass diesem Licht diejenigen Bestandtheile des weissen Lichts fehlen, die vom Chlorophyll am stärksten absorbirt werden. „Das Grün der Blätter entspricht deshalb nahezu dem von einer Chlorophylllösung durchgelassenen, man kann es im Allgemeinen als ein stark mit Roth gemischtes Grün bezeichnen.“ Weiter hat sich auch Lommel!) mit diesem Thema beschäftigt und ist ebenfalls zu dem Resultat gekommen, dass die grüne Farbe, in welcher uns die Pflanzen erscheinen, dieselbe Zusammensetzung habe, wie das durch ein einzelnes Blatt gegangene Licht. Es sind darin ent- halten: Das äusserste Roth bis nahe vor B vollkommen ungeschwächt, die Strahlen zwischen C und E mit ziemlich grosser Lichtstärke, dun- kelgrün und blau nur schwach bis zur Mitte von F und G, gar nicht oder äusserst schwach das Roth zwischen B und C, sowie das Blau und Violett von der Mitte zwischen F und G an. Man erkennt diese Zusammensetzung des von grünen Pflanzentheilen reflectirten Lichts auf das Beste, wenn man ein Spectroscop direct auf eine gut beleuchtete Baum- oder Strauchgruppe richtet. Dagegen bestreitet Lommel, dass der Pflanzenfarbe auch nur eine Spur von Fluorescenzlicht beigemischt sei. Ich vermag diesen Angaben von Lommel nur zuzustimmen und kann insbesondere auch bestätigen, dass die spectroscopische Analyse des von beleuchteten Blättern zurückgeworfenen Sonnenlichts uns das Absorptionsspectrum des Chlorophylis erkennen lässt; auch die Ver- dunkelung im Orange und Gelb sah ich hierbei meistens sehr deutlich hervortreten. Mit dem Spectrum des von grünen Blättern reflectirten Lichtes hat sich auch V ierordt?) beschäftigt und die Lichtstärke desselben gemessen. Ein Ahornblatt reflectirie hierbei etwa 4 mehr von dem unter 45° auf- fallenden Sonnenlicht, als es senkrecht auffallendes Sonnenlicht durch- gehen liess. Es zeigte sich ferner, dass im Reflectionsspectrum die Strahlen von E bis F, im Absorptionsspectrum die von A bis D mehr vorwalteten, während der Antheil der Region D bis E nahezu der- selbe war. Ich möchte nur noch mit wenigen Worten die Frage erörtern, wo- her es kommt, dass bei dieser Beschaffenheit des von den Pflanzen reflectirten Lichts die Vegetation uns Grün erscheint und nicht etwa 1) Erythroskop und Melanoskop. Pogg. Ann. Bd. 143. S. 483. 1871. 2) Die Anwendung des Spectralapparates etc. Tübingen 1873. S. 77 ft. 1.57 vbneiänd; rothgelb; wir sind berechtigt so zu fragen, weil ein beträchtlicher Theil von rothen, orangen und gelben Farben-Strahlen im Pflanzengrün ent- halten ist. Die so gestellte Frage fällt ziemlich zusammen mit der anderen, warum ein Blatt im durchfallenden Lichte grün aussieht. Die Antwort auf diese Frage ist, wie ich glaube, eine sehr einfache. Relativ wenig geschwächt sind im Pflanzengrün nur die beiden Strahlen- gattungen: Roth von A 720 bis 700 und Grün von A 540 bis 520 ent- halten. Von diesen beiden Farben affıcırt das Roth unsere Netzhaut relativ viel weniger als das Grün, es kommt im Auge eine optische Contrastwirkung zu Stande, bei welcher die Helligkeitserregung im Sinne des Grün so sehr über diejenige des Roth überwiegt, dass letztere sich geradezu wie Dunkelheit verhält. Daher sehen wir nur Grün, nicht Roth; das Roth wird aber sogleich sichtbar, wenn wir mit Anwendung einer Gläsercombination wie im Erythroscop die grünen Strahlen absorbiren, so dass die rothen allein in unser Auge gelangen. Die vielen verschie- denen Töne des Grün bei den verschiedenen Pflanzen dürften vornehm- lich durch den Wechsel in der Beimengung von orangen, gelben und blauen Strahlen hervorgerufen sein, die in der Pflanzenfarbe bald mehr bald weniger geschwächt neben dem Roth und Grün unser Auge treffen. Etwas anders lautet die Antwort, welche Vierordt auf diese Frage ertheilt (l. c. S. 82); ich lasse die bezügliche Aeusserung dieses Beob- achters ihrem Wortlaut nach folgen: „Die grüne Farbe des vom Blatt reflectirten und durchgelassenen Lichtes wird zunächst dadurch bedingt, dass die verhältnissmässige Gesammtbelligkeit in den Regionen D bis G des Absorptions- und Reflexionsspectrums etwas grösser ist als im Sonnenspectrum. Indem auf diese Regionen 5 der ganzen Licht- menge des Sonnenspectrums fallen, so muss eine auch nur mässige re- lative Steigerung ihrer Lichtstärke den Eindruck des Grün hervorrufen. Dazu kommt noch, dass die verhältnissmässige Helligkeit des vom Pflanzenblatt reflectirten und absorbirten Lichtes von © bis D geringer ist, als im Sonnenspectrum.“ „Die verhältnissmässige Gesammtmenge des reflectirten und absor- birten rothen Lichtes ist — trotz der stärkeren Absorption im Bereich des Absorptionsbandes des festen Ohlorophylls — gleichwohl grösser, als die relative Helligkeit von A bis © im Sonnenspectrum. Die stär- kere Wirkung des Roth wird aber durch die gesteigerte Helligkeit des complementären Grün und Blaugrün mehr als compensirt.“ Endlich sei es mir vergönnt, auch der Reflectoren etwas ein- gehender zu gedenken, welche das grüne Pflanzenlicht zurückstrahlen. Ein Theil des weissen Sonnenlichts wird unverändert an den ÖOuticular- wänden der Blattoberseite und, wo diese vorhanden sind, insbesondere auch an den Wachsausscheidungen reflectirt, ohne überhaupt in das Ge- webe des Blattes einzudringen; in dem Masse als Papillen und Haare Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 411 die den einfallenden Strahlen zugekehrte Seite der Blätter bedecken, wächst die Grösse der reflectirenden Fläche im Verhältniss zur Grösse der das Blatt treffenden Lichtmenge, die wir uns bei Sonnenschein als eine für das Quadratmillimeter Blattfläche constante vorstellen können. Veranschlagen wir die von einer ebenen Zellwand reflectirte Lichtmenge auf etwa 8 bis 10 pCt. des einfallenden Lichts, so wird dieser Procent- satz sich steigern proportional der durch Unebenheiten verursachten Flächenvergrösserung, wobei auch noch Lichtverminderung durch Ab- sorption dieser Unebenheiten (Wachsüberzüge, Haare) hinzutritt. Weitere Reflexe von jedenfalls geringerem Belange finden an jeder Schicht der Cuticularwände statt, ferner an den Grenzflächen von Protoplasma und Zellsaft sowie den inneren Wänden der Epidermiszellen; auch absorbiren diese letzteren einen Theil der Strahlen. Ist ferner die Blattfläche zur Richtung der einfallenden Sonnenstrahlen geneigt, so mindert sich hier- durch nach einem bekannten optischen Gesetze die Beleuchtungsinten- sität der Flächeneinheit proportional dem Sinus des Neigungswinkels. So gelangt nur ein Bruchtheil des den Blättern zustrahlenden Lichts zu den Chlorophylikörnern des Assimilationsparenchyms, wo die stärk- sten Absorptionen stattfinden. Hat aber ein Strahlenbündel ein Chloro- phylikorn passirt, so stösst es unter häufiger Zerstreuung auf die man- nigfachsten und sehr verschieden gerichteten Reflectoren, die es wieder zurück und anderen Ohlorophylikörnern wieder zuwerfen; es sind dies die Grenzfächen der Zellwände, Protoplasmaschläuche und des Zellsatts, vor allen Dingen aber die lufterfüllten feinen Gänge zwischen den Pal- lisadenzellen. Diejenigen Strahlen aber, welche das Blatt mehr in gerader Richtung bis zur Tiefe durchdringen, treffen bei sehr vielen Blättern an der Unterseite geradezu auf einen Spiegel, der die Mehr- zahl derselben nochmals durch das Blatt von unten her hindurchwirft, so dass sie das Blatt von der Oberseite wieder verlassen. Als einen solchen Spiegel haben wir alle diejenigen Vorrichtungen anzusehen, welche dahin wirken, dass die Unterseite eines Blattes uns heller, glaucescirend, ja weisslich erscheint. Häufig wird der hellbläu- liche Schimmer der Blattunterseite durch Wachsüberzüge gebildet (Magnolia glauca, Abies pectinata u. a.) in zahlreichen Fällen durch feine, der Blattfläche anliegende Seidenhaare vder durch die stark ent- wickelte Luftschicht des Schwammparenchyms. Alle diese Reflectoren, insbesondere aber der Hauptreflector auf der Unterseite der Blätter, werfen das Licht so zurück, dass es nach noch- maliger Absorption durch die Chlorophylikörper die Oberseite der Blätter zuletzt wieder verlässt und unserem Auge in der grünen Mischfarbe des Chlorophylis, im Spectroscop mit den Absorptionsstreifen dieses Farbstoffs erscheint. Diese Eigenschaft der Blätter kann zweifellos für die Pflanze in ökonomischer Hinsicht von hoher Bedeutung sein; es wird dadurch 412 J. Reinke; eine Ausnutzung des der Pflanze zustrahlenden Lichtes erzielt, wie sie zweckmässiger nicht gedacht werden kann: Im vollen Sonnenschein werden selbst dickere Blätter sich auf diese Weise meistens im Zustande des Lichtmaximums der Assimilation befinden, d. h. sie würden nicht mehr Licht ausnutzen können, als sie erhalten, vielfach wird auch Licht die Blätter wieder verlassen, welches überflüssig gewesen war. Von der grössten Bedeutung wird aber das Princip der inneren Reflexion für die Pflanzen in Gegenden, wo an der grossen Mehrzahl der Sommer- tage die Sonne hinter Wolkenschleiern sich verhüllt und ihre Strahlen durch die Absorption der letzteren eine bedeutende Schwächung erfahren; in diesen Fällen bildet die durch die innere Reflexion bedingte Licht- ersparniss der Pflanzen einen wesentlichen Factor für ihre Ernährung; von den Pflanzen im Waldesschatten gilt Aehnliches. Es giebt sogar Pflanzen, die so gut wie nichts von dem Licht wieder frei geben, welches sie einmal eingefangen haben. Dahin gehören die mit dichtem anliegenden Filz bekleideten Blätter, z. B. diejenigen von Stachys germanica. Sind einmal Lichtstrahlen durch die obere Filzdecke hindurchgedrungen, so werden sie von der Unterseite reflectirt, sie treffen dann wieder von Innen heraus gegen den Haarfilz der Oberseite und dieser wirft sie zum grössten Theil wieder zurück in das Innere des Blattes, wo das gleiche Spiel sich wiederholt. Hiermit hängt es zu- sammen, dass derartige Pflanzen so wenig grünes Licht zurückstrahlen, dass sie weiss erscheinen. Sie reflectiren sicher weitaus den grössten Theil des auffallenden Lichts, und diese Eigenschaft kann für manche Pflanze ihres Standorts wegen Lebensbedingung sein; für den Bruch- theil des Lichtes aber, welches durch den Haarfılz der Oberseite wirk- lich hindurchdringt, versieht eben diese reflectirende Oberseite eine con- servirende Function und sorgt für dessen ergiebigste Ausnutzung durch das Blatt. 4. Farbe und Assimilation. Wenn wir als Farbe den Eindruck des durch die Absorption eines Pflanzenblattes in seiner Zusammensetzung veränderten Sonnenlichts auf unser Sehorgan definiren, so kann natürlich von einer Beziehung zwischen Farbe und Assimilation nicht die Rede sein; die Farbe ist dann nichts als eine subjektive auf einem specifischen Empfindungs- vermögen beruhende Anschauungsform. Wir können aber der Farbe auch eine objektive Geltung unter- legen, wenn wir darunter die Summe der von einem Pflanzenblatte durchgelassenen oder reflectirten Lichtwellen verstehen; in diesem Falle besteht eine unzweifelhafte Beziehung zwischen Farbe und Assimilation des Kohlenstofis darın, dass diejenigen Lichtwellen, welche die Farbe eines Blattes ausmachen, in diesem Blatte keine Arbeit geleistet haben können, weil nur absorbirtes Licht sich innerhalb eines Körpers ın eine andere Energieform umzuwandeln vermag. Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 413 Weil aber zweifellos alle Wellenlängen des Sonnenlichts im Blatt eine Absorption erfahren, so lässt sich a priori nichts darüber aus- sagen, ob nicht doch gerade Lichtwellen derjenigen Gattungen, welche, relativ durch das Blatt am wenigsten geschwächt, sich an der Erzeugung der Empfindung des Grün in unserem Auge betheiligen, die wirksam- sten im Assimilationsprocess sind; die Entscheidung dieser Frage ge- hört der Beobachtung. Anderntheils soll aber nicht verkannt werden, dass nach dem all- gemein in der Welt der Organismen herrschenden Princip der Nützlich- keit es schwer zu begreifen wäre, wenn zwischen den so sehr auf- fallenden Absorptionsverhältnissen des Chlorophylis') und der Licht- wirkung im Assimilationsprocess kein engerer Zusammenhang bestehen sollte. Bekanntlich hat Lommel?) in einer geistvolien Abhandlung von anderem Gesichtspunkte aus gefolgert, dass das Maximum der Kohlen- stoffreduction mit dem Absorptionsmaximum I des Chlorophylispeetrums zusammenfalien müsse. Es sei mir gestattet, auf einige Hauptgedanken dieser für den Pflanzenphysiologen wichtigen Abhandlung Lommels etwas näher einzugehen. „Wir stellen uns vor“, sagt Lommel — und diese Vorstellung ıst nach dem jetzigen Stande der Undulationstheorie gewiss. unanfecht- bar — „dass jedes Körpermolekül vermöge der Art und Weise seines Aufbaues aus Atomen und vermöge der besonderen durch die chemi- schen Molekularkräfte zwischen diesen bestehenden Verkettung auf eine gewisse Anzahl einfacher pendelartiger Schwingungen gleichsam ab- gestimmt ist. Wird nun das Molekül von einer Welle getroffen, deren Periode mit einer jener dem Molekül eigenthümlichen Schwingungen übereinstimmt, so setzt sie durch ihre in gleichem Tact wiederholten Stösse das Molekül in Bewegung oder verstärkt seine etwa schon vor- handene Bewegung. Die Welle giebt dabei entweder theilweise oder gänzlich ihre lebendige Kraft an die Moleküle des Körpers ab, sie geht deshalb nur geschwächt oder gar nicht durch den Körper hin- durch, d. h. sie wird absorbirt. Andere Schwingungen, welche mit den in den Körpermolekülen gleichsam präformirten nicht stimmen, werden ungehindert oder wenig geschwächt durchgelassen. ....In der Regel wird ein Körpermolekül nicht nur einer, sondern vieler unter sich unharmonischer Schwingungen fähig sein, von denen die einen leichter, die anderen schwieriger ansprechen; .... auf welche Weise das Molekül auch in schwingende Bewegung versetzt werden mag, stets 1) Ein Vergleich der Assimilationscurve mit der Absorption einer alkoholi- schen Chlorophylllösung ist allerdings völlig bedeutungslos; nur die Absorp- tion des lebenden Blattes darf zum Vergleiche herangezogen werden. 2) Ueber das Verhalten des Chlorophylis zum Licht. Pogg. Ann. 143. S. 568 ff. 1871. Vgl. auch N. I. C. Müller, Bot. Unters. I. S.3 ff. 1872. 414 J. Reinke: werden alle jene Vibrationen zusammen erklingen, welche dem Molekül vermöge der Art der Verkettung seiner Atome eigen sind. .... Die Absorption irgend eines Strahles ist um so energischer, je leichter das Molekül auf dessen Schwingungsperiode anspricht. An denjenigen Stellen des Spectrums, für deren Schwingungszahlen das Chlorophyli- molekül besonders leicht anklingt, werden demnach im durchgehenden Licht dunkle Absorptionsstreifen auftreten. ... Jeder absorbirte Strahl steigert nach Massgabe seiner Absorptionsfähigkeit die lebendige Kraft des gesammten dem Molekül eigenthümlichen Schwingungscomplexes. .... Die chemische Arbeit in der Pflanzenzelle wird verrichtet durch die lebendige Kraft, welche der Strahl bei der Absorption an die Zelle abgiebt.“ | Diese Sätze, die nicht besser wiederzugeben sind als in der klaren Ausdrucksweise Lommels, werden eine der Grundlagen bilden müssen für jede Theorie der chemischen Lichtwirkung in der Pflanze. Dagegen ist der weiteren Ansicht Lommel’s nicht zuzustimmen, dass man auf deductivem Wege folgern könne, die wirksamsten Strahlen seien diejenigen, welche am leichtesten absorbirt werden und zugleich hohe mechanische Intensität besitzen, die rothen Strahlen zwischen B und ©; — wenngleich diese Annahme zweifellos die nächst- liegende ist. Aber die allgemein Gültigkeit des folgenden Ausspruches Lommels: „Ein Strahl, der vollständig absorbirt wird, bringt nur eine schwache Wirkung hervor, wenn seine mechanische Intensität ge- ring ist“, — lässt sich bestreiten. Denn es besteht zweifellos neben der Absorption und der mechanischen Intensität des Lichtstrahls, die wir in seiner Wärmewirkung messen, sicher noch ein drittes Moment, von dem die chemische Wirkung abhängt, in der Schwingungszahl eines Lichtstrahls selbst. Denn wenn die violetten und ultravioletten Strahlen im Stande sind, Chlorsilber zu zersetzen und Chlorwasserstoff zu bilden, — was abgesehen davon, dass sie durch diese Substanzen absorbirt werden, trotz ıhrer geringen mechanischen Intensität eine Function ihrer Schwingungszahl ist — warum sollte es daher a priori ausgeschlossen sein, dass sie nicht in der Pflanze auch die Hauptarbeit der Assımilation verrichten? Als Muthmassung liess sich aus dem Gedankengange Lommels voraussagen, dass das Maximum der Wirksamkeit auf die rothen Strah- len zwischen B und (€ entfallen müsse, eine nothwendige Folgerung aus den gegebenen Prämissen ist es nicht. Wichtig sind auch einige Bemerkungen Hoppe-Seyler’s!) über Be- ziehungen zwischen den spektroskopischen Eigenschaften des Chlorophylis und der Assimilation. Derselbe hebt insbesondere hervor, dass Liclit- 1) Ueber das Chlorophyll der Pflanzen. I. Zeitschrift für physiol. Chemie III. 8. 339 ft. Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 415 emissionen und Absorptionen nicht vom ganzen Moleküle, sondern von den Atomen oder Atomgruppen bewirkt werden, und dass die Bewegung derselben unter gleichen Verhältnissen dieselbe bleiben kann, wenn an andere Atome oder Atomgruppen Anfügung oder Abspaltung von Atom- gruppen geschieht. Da nun der grösste Theil der auf Chlorophyll- lösungen fallenden Sonnenlichts sich in rothes Fluorescenzlicht von der Wellenlänge der Spectralregion zwischen B und C verwandle, so müsse die Atomgruppe, welche das fluorescirende Licht aussende, eine sehr grosse und freie Beweglichkeit besitzen, da ihre Schwingungen so regel- mässig sind und die verschiedensten Stösse, welche sie durch Licht- bewegung erhält, sie zu ihren regelmässigen Pendelschwingungen ver- anlassen. „In diesen Schwingungen sammeln sich die Lichtwirkungen und der Gedanke lässt sich nicht abweisen, dass diese Atomgruppe es ist, welche in der lebenden Pflanze die Arbeit der Abspaltung des in- differenten Sauerstoffs ausführt.“ Da nun das Chlorophyll in der leben- den Pflanze nicht fluorescire, so müssten in der Pflanze durch das ab- sorbirte Licht andere Effecte als Lichtschwingungen durch die beweg- liche Atomgruppe ausgeführt werden. An dieser Stelle möchte ich auch der Untersuchungen Vierordt’s!) über die Absorption grüner Pflanzenblätter gedenken, welche derselbe photometrisch bestimmt hat. Die Untersuchungen beziehen sich auf Blätter von Amorpha, Ampelopsis und Acer. Die gewonnenen Werthe weichen unter sich bedeutend ab, was nicht zu verwundern ist, da Dicke, anatomischer Bau u. s. w. der Blätter dieser 3 Arten erheblich diffe- riren; Vierordt macht selbst darauf aufmerksam, dass hier nicht blos die durch das Chlorophyll bedingte Absorption gemessen wurde, son- dern dass auch der Lichtverlust durch das übrige farblose Pflanzen- gewebe mit hinzutritt. Bemerkenswerth ist unter den Resultaten Vierordt’s, dass die Extreme in Helligkeit und Dunkel der einzelnen Regionen des Absorptionsspectrums geringere Differenzen zeigen, als es nach der blos qualitativen Spectralanalyse den Anschein hat; so zeich- net sich die Region B bis C nur durch eine mässig stärkere Absorption vor ihren Nachbarbezirken aus. Den Vierordt’schen Zahlen geht leider die Uebersichtlichkeit ab, weil sie nicht auf Wellenlängen bezogen sind; doch hat der Verfasser in einer späteren Schrift?) eine Tabelle gegeben, welche die Reduction seiner Spectralregionen auf Wellenlängen gestattet. Hiernach würden sich die Absorptionswerthe für das Ahornblatt®) folgendermassen ge- stalten: Dien u: 2) Die quantitative Spectralanalyse. Tübingen 1876. 3) Spectralapparat 8. 78. Tab. 31. 416 | J. Reinke: Mittlere Lichtstärke Spectralbezirk. in Gesammtlichtstärke . Wellenlängen Extinetions- |des Spectralbezirks in er ) = Milliontel-Milli- coefficient Tausenden von Licht- (Wellenlänge) be- meter einheiten rechnet 764 bis 722 0,0024 0,98 0,023 722 „ 690 0,0015 11,36 0,355 690 „ 663 0,00062 10,80 0,400 663 „ 630 0,0008 173,0 5,242 630 „ 610 0,00139 439,54 » 22,0% GO; BB 0,00044 710,1 24,486 581 > 5,0555 0,00062 659,1 25,350 555 „ 534 0,00054 509,1 24,243 534 „ 515 0,00049 323,2 11,747 515 „ 500 0,00050 184,0 12,266 500 „ 486 0,00058 121,0 8,643 486 „ 472 0,00038 46,2 3,300 472 „ 458 0,00051 19,9 1,421 458 „ 447 0,00049 142 1,290 47 „ 427 0,00035 7,0 0,650 427 „ 417 0,00016 1,6 0,160 417 „ 409 0,00019 1,3 ‚0,162 409 „ 402 0,000085 0,1 0,014 In vorstehender Tabelle enthalten Col. 2 und 3 die unveränderten Zahlen Vierordt’s, Col. 1 die Vierordt’schen Spectralbezirke um- gerechnet auf die Scala der Wellenlängen. Zieht man nun in Betracht, dass die Zahlen der Ool. 1 ın fast jeder Querreihe verschieden grosse Differenzen zeigen — die Differenz (= dem Spectralbezirk in Einheiten der Wellenlängenscala) in der ersten Reihe beträgt beispielsweise 42, die in der letzten nur 7 Scalatheile! — so kommt man zu dem Er- gebniss, dass die Vierordt’s Spectralbezirken entsprechenden Licht- mengen auch bei einer Reduction auf Wellenlängen nicht direct ver- gleichbar sind. Ich musste, um diese Vergleichbarkeit zu erreichen, eine weitere Reduction vornehmen. Das Ergebniss dieser Rechnung ist in Ool. 4 der Tabelle enthalten, deren Werthe die mittlere Licht- stärke innerhalb der Vierordt’schen Spectralbezirke bezeichnen. Die Zahlen wurden erhalten mittelst Division der absoluten Lichtstärken durch die auf den Spectralbezirk entfallende Anzahl von Einheiten der Wellenlängen-Scala. Um diese Werthe graphisch in einer unserer Absorptionscurven (S. 399) entsprechenden Weise darzustellen, kann man die Zahlen der Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 417 Col. 4 auf eine Decimale abrunden und von 100 subtrahiren, die so erhaltenen Differenzen aber als Ordinaten auf der Wellenlängenscala als Abscissenaxe. auftragen; die Maxima der Öurve sind dann Maxima der Absorption. In Bezug auf die so erhaltene Curve ist zu bemerken, dass sie ein Maximum zwischen B und © zeigt, aber kaum eine er- hebliche Abnahme zwischen a und B erkennen lässt; die Curve fällt dann von Ö äusserst steil ab nach D und erreicht ihr absolutes Mini- mum (= Maximum der Lichtstärke) im Grün zwischen D und E, aber näher an D als die von mir bestimmte Absorptionscurve; Andeutungen der Absorptionsbänder II und III treten nicht hervor. Die Ourve steigt jetzt rapide bis zwischen E und b, fällt dann wieder ein klein wenig gegen F, steigt nochmals rapide bis hinter F und dann langsamer gegen G und h; das zwischen diesen beiden Linien liegende Maximum ist etwas bedeutender als das zwischen B und Ü. Diese Curve stimmt, da sie das Roth zwischen a und B nabezu ebenso stark verdunkelt zeigt als zwischen B und Ö, viel weniger mit der durch “Vergleichung verschiedener Blätterlagen erhaltenen und Seite 399 abgebildeten Curven überein, als die Ourve, welche Wol- koff!) durch Messung der Lichtstärke des Absorptionsspectrums einer alkoholischen Chlorophylllösung erhielt. Ob übrigens die von Wolkoff beobachteten Lichtstärken wirklich genaue Werthe für Chlorophyll oder mit Chlorophyll gemengtes Chlorophyllan und andere nicht trennbare Farbstoffe liefert, ıst darum noch nicht zu entscheiden, weil die Ab- sorption des Flintglases nicht berücksichtigt ist, was wünschenswerth erscheint, da nach Vierordt”) durch Flintglas die Strahlen im vio- letten Ende des Spectrums recht bedeutend absorbirt werden; es ist deshalb nicht undenkbar, dass die von Wolkoff gefundene stärkere Absorption im Violett, gegenüber derjenigen zwischen B und Ü, wenig- stens theilweise mit durch diesen Umstand herbeigeführt wurde. Ich vermag zunächst noch nicht zu glauben, dass gerade die quan- tative ÖOurve der Absorption, wie sie das Spectrum der Blätter giebt, besonders geeignet wäre, um mit der ÖOurve der Assimilations- intensität verglichen zu werden, ich denke, dass hierzu die qualitative, aus Vergleich verschieden dicker Schichten nach unmittelbarer Gesichts- wahrnehmung gezeichnete Ourve ausreicht, ja, dass sie die geeignetere ist. Ich bin der Meinung, dass vor der Hand nichts darauf ankommt, zu wissen, ob die Absorption des Chlorophylls zwischen B und Ö schwächer oder stärker ıst, als diejenige bei G; denn das erstere vor- ausgesetzt, so giebt sich zwischen dem absoluten Absorptionsmaximum bei G und der Assimilationscurve gewiss keine Beziehung zu erkennen, weil sicher feststeht, dass die Assimilation bei G eine sehr geringe ist. 1) Die Lichtabsorption in den Chlorophylllösungen. Heidelberg 1876. 2) Spectralanalyse, S. 113 ff. 27 D.Botan.Ges.1l 418 | J. Reinke: Unter der Voraussetzung, dass wir die Gasausscheidung von Elodea canadensis als Ausdruck der Assimilations-Intensität ansehen dürfen, liegt, wie ich gezeigt habe!), das Maximum der Assimilation zwischen B und C, um von dort gegen die weniger brechbare Spectralhälfte hinabzufallen. Zu unserem Holzschnitt S. 399 ist unter xy die Curve der relativen Assımilations-Intensität eingetragen; als Ordinaten dienten mir die pro- centischen Assimilationswerthe für die einzelnen Spectralregionen, der Maximalwerth = 100 gesetzt. Diese Ourve zeigt deutliche Beziehungen zum Verlauf der Absorptionscurve in der weniger brechbaren Spectral- hälfte. Die Assimilationscurve läuft sogar fast vollständig diesem Theile der Absorptionscurve parallel, wenn wir die beiden kleineren Absorp- tionsmaxima der Bänder Il und III nur als accessorische Anhängsel der letzteren Curve gelten lassen. Meine Untersuchungen haben keine Be- ziehung der Assimilation zu diesen Bändern erkennen lassen, dieselben scheinen demnach für die Zersetzung der Kohlensäure so wenig in Be- tracht zu kommen, wie die Absorption im Violett. Sieht man daher von diesen beiden unwesentlichen Bändern ab, so erscheint die ganze Absorption in der weniger brechbaren Spectralhälfte als eine mit zu- nehmender Schichtendicke wachsende Verbreiterung von Band], das in dünnerer Schicht nur den Raum zwischen B und © einnimmt; diese Auffassung befindet sich auch in vollem Einklange mit den Zahlen Vierordt’s. Wir gelangen nunmehr zu dem folgenden Ergebnisse: Die Assımilation stellt sich durch den übereinstimmen- den Verlauf der Gurven dar als eine Function der Absorp- tion in derjenigen Atomgruppe, welche im Chlarophyll wie auch in allen näheren Zersetzungsproducten desselben die Strahlen zwischen B und C lebhaft absorbirt, und im ge- lösten Zustande Strahlen der gleichen Wellenlänge als Fluo- rescenzlicht emittirt. Dieser Zusammenhang kann unmöglich für einen zufälligen erklärt werden; es erscheint mir daher nicht unerspriesslich, den Versuch zu machen, unter Zuhilfenahme der oben ausführlich citirten Sätze aus der theoretischen Optik in den Zusammenhang dieser Erscheinungen tiefer einzudringen; denselben aufzuklären wird einer vielleicht noch fernen Zukunft vorbehalten sein. Die betreffende Atomgruppe des Chlorophylis, von deren Thätig- keit offenbar die Zersetzung der Kohlensäure abhängt, möge im Folgen- den der Kürze halber als Gruppe y bezeichnet werden. Ihre Atome be- sitzen die grösste Neigung, mit der Geschwindigkeit von 440 bis 450 Billionen Schwingungen pro Secunde zu oscilliren, d.h. mit den 1) Vgl. diese Berichte S.XV. Eine eingehende Begründung wird demnächst an anderer Stelle erscheinen. Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 419 Schwingungszahlen der rothen Strahlen zwischen B und Ct); von Strahlen dieser Wellenlänge und Brechbarkeit werden sie daher am leichtesten in Bewegung gesetzt. Weniger leicht schwingen die Atome von y mit den nächst höheren Schwingungszahlen, wobei dahingestellt bleiben mag, ob die secundären, den Streifen II und III entsprechenden Schwingungsmaxima ebenderselben oder einer anderen Atomgruppe des Chlorophylimoleküls angehören. Die Fähigkeit, mit noch höheren Ge- schwindigkeiten zu schwingen, sinkt dann rasch, um mit der Schwin- gungszahl 540 bereits sehr gering zu werden; ebenso nimmt die Fähig- keit, mit geringerer Geschwindigkeit als 440 zu oscilliren rasch ab, dei 410 ist sie bereits minimal. Dieses eigenthümliche Schwingungsvermögen der Atome in der Gruppe ’ können wir mit Sicherheit aus der Absorption des Lichtes in dieser Gruppe erschliessen; wir können daher auch sagen, die Assimilation ist eine Function des Schwingungsvermögens der Atome in der Atomgruppe y des CGhlorophyllimoleküls. Wenn aber die Zersetzung der Kohlensäure direct abhängt von der speciflschen Bewegungsart einer bestimmten Atomgruppe im Chloro- phylimolekül, so folgt für mich daraus, dass dieser Reductions- process durch die chemische Thätigkeit jener Atomgruppe bedingt sein muss. Die Assimilation stellt sich dadurch als eine directe Function der Molecularstructur des Chlorophylis, beziehungsweise der intramolecularen Bewegung der Atomgruppe y dar, dass sie nach weislich eine Function ist der Lichtstrahlen von derjenigen Schwingungszahl, welche jene Atomgruppe mehr oder weniger leicht in Bewegung zu setzen vermögen; die Umsetzung der Energie der Wellenbewegung des Lichts in die Energie der Atomschwingungen der Gruppe 7 dokumentirt sich für unser Auge durch das Verschwinden, d. h. die Absorption der betreffen- den Strahlen. Das Chlorophyll assimilirt die lebendige Kraft des Lichtes, indem es dieselbe umwandelt in Atomschwingungen, von deren Energie die Zerspaltung der Kohlensäure abhängt; die mechanische Arbeit des Reductionsprocesses wird nur mittelbar durch das Licht geleistet. Man braucht nun keineswegs anzunehmen, dass die pendelartigen Schwingungen der Atome innerhalb der Gruppe y, welche die Kohlen- 1) In dem Holzschnitte S. 399 sind am oberen Rande die Schwingungszahlen eingetragen. — Es ist zu wünschen, dass man in der Pflanzenphysiologie sich über eine conforme Definition und Bezeichnung der Strahlengattungen einige, als deren Function die verschiedenartigsten physiologischen Processe uns erscheinen. Hierfür empfehlen sich am meisten die Schwingungszahlen, weil sie das einzige constante Kriterium der Strahlen sind. Denn die Farbe ist eine rein sub- jective Empfindung und lässt sich in Zahlen schwer ausdrücken; die Brechbarkeit ist abhängig vom Medium und wechselt mit diesem; die Wellenlänge ändert sich ebenfalls mit dem Medium, sie ist eine andere im Wasser als in der Luft. Nur die Schwingungsdauer ist vollkommen unabhängig von allen äusseren Einflüssen. 420 | J. Reinke: säurezersetzung hervorrufen, erst durch das Licht erzeugt werden, im Gegentheil, es ist wahrscheinlicher, dass sie auch im Dunkeln existiren, dass aber ihre Schwingungsamplitude, mithin ihre lebendige Kraft nicht gross genug ist, um die Assimilationsarbeit zu leisten. Die Wirkung des Lichtes besteht in einer Vergrösserung der Amplitude dieser Atomschwingungen, indem eine gewisse Weite derselben Bedingung selbst minimaler Kohlensäurezersetzung ist. Die Ausgiebigkeit des chemischen Processes wächst dann proportional der Steigerung der Lichtintensität bis zu einem Maximalwerthe der Schwingungsamplitude, welcher durch noch stärkere Beleuchtung nicht weiter erhöht werden kann. Dies würde die einfachste und ungezwungenste Erklärung sein für die von mir nachgewiesene eigenthümliche Abhängigkeit der Sauer- stoffausscheidung von der Concentration des Lichtes!). Durch die hier entwickelte Vorstellung wird der Frage nicht prä- judieirt, ob die chemische Wirkung der Gruppe y im Assimilations- process eine unmittelbare ist oder nicht?); es ist dies aber eine Frage, die wir bei einer theoretischen Untersuchung um so weniger ausser Acht lassen dürfen, als wir durch die Untersuchungen von Becquerel?) mit einer höchst interessanten mittelbaren Wirkung des Chlorophylis bekannt gemacht worden sind. Bekanntlich wird Chlorsilber für sich allein nur durch die sogenannten photographischen Strahlen des Sonnen- lichts zersetzt, weil es nur Strahlen dieser hohen Schwingungszahlen genügend absorbirt. Als nun Becquerel Chlorsilber mit Chlorophyll gemischt auf einem Schirm dem Sonnenspectrum aussetzte, zeigte sich eine Metallabscheidung auch an den Stellen des Spectrums, welche den Absorptionsbändern des Chlorophylis entsprechen. Das Absorptions- vermögen des Öhlorophylis hatte also das mangelhafte Absorptions- vermögen des Silbersalzes ergänzt und Strahlen der weniger brech- baren Spectralhälfte für den Zersetzungsprocess nutzbar gemacht. Wir können uns den Vorgang so vorstellen, dass die Chloropbylimoleküle unter dem Einfluss der von ibnen absorbirten Lichtstrahlen zu erzittern begannen und ihre Vibrationen auf die Moleküle des Chlorsilbers über- trugen, wie eine angeschlagene Saite ihre Schwingungen an den Reso- nanzboden abzugeben vermag. Die Berührung dieser Frage veranlasst mich auch der einzigen erheblichen Differenz zu gedenken, welche sich zwischen den Ergeb- nissen meiner Untersuchungen und derjenigen Engelmann’s über den Verlauf der Assimilationscurve im Spectrum findet. Der Letztere hat 1) Vgl. diese Berichte S. XV und Bot. Zeit. 1883, Nr. 42 bis 44. 2) Als unmittelbare chemische Wirkungen würden Affinitäts- und katalytische Wirkungen zusammenzufassen sein; als mittelbar wäre sensibilatorische Erregung zu bezeichnen. 3) Comptes rendus. 79. S. 185. Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 421 nämlich ein zweites Maximum der Curve bei F angegeben!), von dem ich nichts wahrgenommen habe. Es ist wahrscheinlich, dass nur einer von uns, Engelmann oder ich, Recht hat. Nehmen wir zuerst an, die von mir gewonnene Öurve sei die richtige, so würde ich mir danach vorstellen, die Absorption der Gruppe y des Chlorophylimoleküls sinke von dem bei der Wellen- länge 550 auftretenden Minimum im Blattspectrum langsam bis zur Linie H, wo sie ungefähr den Nullpunkt erreicht; die starke Absorption im Blau und Violett gehöre dagegen einer anderen Atomgruppe an, die mit der Wirkung von y direct nichts zu thun habe. Dass sie nicht sensi- bilatorisch wirkt, wie Chlorophyll auf Chlorsilber, folgt aus meiner Beob- achtung; sie könnte aber auch die assimilirende Wirkung des Lichtes schwächen, indem sie Strahlen absorbirt, die, wenn auch in geringerem Grade, immerhin noch zur Erregung der Gruppe y zu dienen ver- möchten. Hat dagegen Engelmann Recht, so könnte entweder die Absorp- tion bei F noch eine Eigenschaft von y sein, oder sie ist Eigenschaft einer anderen Gruppe, die sensibilatorisch auf y wirkt, oder, falls die Wirkung von y ebenfalls nur eine sensibilatorische ist, die Wirkung von y verstärkt. Dann bleibt jedoch immer noch die Absorption im Violett, welchekeinenfalls sensibilatorische Effecte hervorzubringen scheint. Uebrigens lässt sich gegen die von Engelmann aus seinen Beob- achtungen gezogenen Schlüsse noch der Einwand erheben, dass Engel- mann es unterlassen hat, festzustellen, ob und wieweit gewisse Strah- len an sich bewegungserregend auf Bacterien wirken, analog ihrer Wirkung auf Schwärmsporen. Dass sensibilatorische Wirkungen der Pflanzenpigmente vorkommen, dürfte nach den Beobachtungen Engelmann’s über die Variationen der Assimilationscurve bei blaugrünen, braunen und rothen Algen wohl ziemlich zweifellos sein. Wir haben in dem bisherigen Gange unserer theoretischen Unter- suchung ausschliesslich die eine Seite der optischen Eigenschaften des Chlorophylis berücksichtigt, nämlich seine Absorption; es erübrigt da- her noch die Frage zu erörtern, ob auch Beziehungen existiren zwischen der Funktion, d. h. der Assimilation, und der anderen optischen Haupt- eigenschaft des Chlorophylis, seiner Fluorescenz. Man könnte versucht sein, diese Frage durch den Nachweis für erledigt zu halten, dass das Chlorophyll in dem Zustande, in welchem es in den Blättern enthalten ist, überhaupt nicht fluorescirt; allein eine genauere Ueberlegung zeigt, dass darum doch nicht jede Beziehung zwischen Assimilation und Fluorescenz zu fehlen braucht. 1) Ueber Sauerstoffausscheidung von Pflanzenzellen im Mikrospeetrum. Botan. Zeit. 1882. S. 426. 422 | J. Reinke: Die Fluorescenz ist ein Vorgang des Selbstleuchtens; wie ein Stück Eisen durch Zufuhr von Wärme veranlasst werden kann, rothes Licht auszusenden, indem seine Theilchen durch ihre gesteigerten Vibrationen Aetherwellen von immer zunehmender Schwingungszahl erregen, so wird eine Ohlorophylllösung durch Lichtstrahlen, welche sie absorbirt, veranlasst, eigenes rothes Licht zu emittiren, welches im Wesentlichen nur Strahlen von der Schwingungsdauer des Roth zwischen B und C enthält. Dabei wirken alle sichtbaren Strahlen als Erreger dieses Fluores- cenzlichtes; allein das Maximum der Wirkung kommt demjenigen Spectralbezirke des einfallenden Lichtes zu, dessen Strahlen die gleichen Schwingungszahlen besitzen, wie das emittirte Licht. Da die Atomgruppe y nach unserer Vorstellung auch noch im Chlorophyllan und anderen Zersetzungsproducten des Chlorophylis ent- halten ist, so liefert auch die Fluorescenz den Beweis, dass die Atome von y vermöge ihrer eigenthümlichen Verkettung am leichtesten mit den Schwingungszahlen der Wellenlängen zwischen B und C vibriren; sie erregen sogar ausschliesslich Lichtwellen von dieser Schwingungsdauer. Dass eine solche merkwürdige Eigenschaft der Gruppe y ohne Be- ziehung zu der nicht minder merkwürdigen Function derselben sein sollte, erscheint wenig wahrscheinlich; ich glaube auch, dass sich der Versuch wagen lässt, eine solche Beziehung aufzudeckeu, wie dies bereits andeutungsweise in der oben citirten Aeusserung Hoppe-Seylers ge- schehen ist. Indem das Chlorophylimolekül Lichtstrahlen verschluckt, wird ein grosser Theil der absorbirten Energie unzweifelhaft in Wärme ver- wandelt; allein dem Chlorophyll eignet die bemerkenswerthe Fähigkeit, nicht unter allen Umständen alle zugestrahlte Energie in Wärme zu verwandeln sondern einen Theil derselben schon bei niedriger Temperatur in eine andere Energieform umsetzen zu können; so erzeugt im gelösten Chlorophyll der nicht in Wärme verwandelte Theil der zugestrahlten Energie das rothe Fluorescenzlicht, welches doch auch nur eine besondere Energieform darstellt, in welche die Energieform des zugestrahlten Lichtes umgesetzt worden ist. Die Fluorescenz kommt aber nur zu Stande bei einem besonders beweglichen Zustande der Chlorophylimole- küle, wie er in einer Lösung gegeben ist. Hört diese Beweglichkeit auf, wie in dem durch Verdampfen einer Öhlorophylllösung gewonnenen festen Rückstande, oder im Chlorophyli der Pflanzenzelle, so kann das Molekül den Energierest, mit dessen Hülfe es gelöst fluorescirte, jetzt zur Leistung von Arbeit verwerthen, und diese Arbeit besteht in den lebenden Zellen in der Reduction von Kohlensäure. Steht der Zelle keine reducirbare Kohlensäure zur Verfügung oder ist sie abgestorben, so wird natürlich der sonst für die gedachte Arbeitsleistung verwendbare, aus dem zugestrahlten Licht stammende Energierest sich ebenfalls in Wärmeschwingungen verwandeln. Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. 423 Somit sind Assimilation und Fluorescenz reciproke, oder, wenn man will, vicarirende Phänomene; es ist leicht möglich, dass beide einander ausschliessen, dass die grüne Zelle nicht assimiliren würde, wenn ihr Chlorophyll fluorescirte. Es kommt darauf an, in welcher Richtung die zugestrahlte Energie sich mit grösserer Leichtigkeit umsetzt. Der Umstand, dass das Fluorescenzlicht ausschliesslich aus Roth der Spectralregion B bis © besteht, ist vielleicht auch ein Fingerzeig dafür, dass den mit der Geschwindigkeit von 440 bis 450 Billionen pro Secunde stattfindenden Vibrationen der Atomgruppe y eine ganz specielle Bedeutung für die Zersetzung der Kohlensäure zukommt; denn es ist leicht vorstellbar, dass, wie im gelösten Chlorophyll alles Licht diese Schwingungen hervorruft, im festen Chlorophyll das Gleiche geschieht, dass hier nur ein Hinderniss besteht, um diese Atomschwin- gungen in der Weise auf den Aether zu übertragen, dass sie durch denselben als Fluorescenzlicht fortgeleitet werden. Beziehungen der Assimilationscurve zur Vertheilung der Wärme- wirkung und Helligkeitserregung im Sonnenspectrum existiren nicht; auf das einwirkende Licht bezogen, ist die Assimilation, wenn wir gleiche Dichtigkeit der Bestrahlung voraussetzen, aus- schliesslich eine Function der Amplitude und gewisser Schwingungszahlen der Lichtwellen. Die lebendige Kraft dieser Lichtwellen überträgt sich durch Absorption auf die Atomschwingungen der Gruppe y und durch diese weiter auf die zu zerlegende Kohlen- säure. Es kommt dabei nicht auf die Vertheilung der lebendigen Kraft im Sonnenspectrum an, sondern auf die lebendige Kraft derjenigen Strahlen, die durch die wirksame Atomgruppe absorbirt werden. Auf einen Umstand muss ıch zum Schlusse noch hinweisen, der mir beachtenswerth und bisher nicht genügend berücksichtigt zu sein scheint: es ist das die fast genaue Coincidenz derjenigen Strahlen, welche unsere Gesichtsempfindung erregen und welche in der Pflanze die Kohlensäure zersetzen. Um dieses merkwürdige Verhältniss richtig zu würdigen, sei es mir gestattet, ein bereits oben herangezogenes Beispiel noch etwas weiter auszuführen. Wenn ich ein Stück Metall erwärme, so gerathen seine Atome in Schwingungen, die sich den umgebenden Aethertheilchen mittheilen. Diese Schwingungen erfolgen anfänglich mit einer wenn auch steigenden, doch immer noch relativ langsamen Geschwindigkeit, so dass wir ihre Fortpflanzung auf den Aether wohl thermometrisch erkennen, nicht aber durch die percipirenden Elemente unserer Netzhaut wahrnehmen können; ebensowenig wirken diese ultrarothen Strahlen auf die assimilirende Tbätigkeit der Pflanzenzelle.. Bei weiterer Zufuhr von Wärme wächst die Geschwindigkeit der Vibrationen, bis sie, nach Erreichung einer gewissen Schwingungszahl pro Secrınde gleichzeitig in unserem Auge die Empfindung des dunklen Roth zwischen den Fraunhofer’schen Linien 424 J. Reinke: Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe etc. A und a hervorrufen und Kohlensäure in der Pflanze zerlegen. Mit weıterer Zunahme der Schwingungszahl steigern sich beide Wirkungen; die Wirkung auf das Auge nimmt zu mit Entstehung des Roth zwischen B und(, die Wirkung auf die Pflanze erreicht hier sogar ihr Maximum. Erwärme ich noch mehr, so gesellen sich dem Roth die Lichttöne des Orange, Gelb und Grün !), die in immer steigender Helligkeit das Auge afficiren, während die Wirkung dieser rascheren Schwingungen des Aethers auf die Pflanze wieder eine geringere wird; mit dem Auftreten der dunkleres Grün erregenden Vibrationen hat die Wirkung auf das Auge aber auch ihr Maximum überschritten nnd beide Wirkungen nehmen ab gexenüber den durch gesteigerte Erwärmung des Metalls immer rascher werdenden Schwingungen, deren Eindruck unser Auge als Blau und Violett definirt. Jetzt wächst die Vibrationsgeschwindigkeit der Metallatome noch weiter, aber sie vermag weder ın unserem Auge deut- liche Helligkeitsempfindung wach zu rufen, noch Kohlensäure zu zer- setzen, beide Wirkungen erlöschen zugleich bei einer Tonhöhe der Strahlung, die ein gewisses Maximum überschreitet; und doch macht das Ultraviolett einen grossen Theil?) im Spectrum des weissglühenden Metallstückes aus und äussert verschiedene mechanische Wirkungen, es erregt Fluorescenz, es zersetzt Chlorsilber u. s. w. Diese Coincidenz in der Wirkung gewisser Schwingungstöne der Aetherstrahlung auf unser Auge und auf die Pflanze kann doch gewiss keine bloss zufällige sein, dafür geht die Uebereinstimmung zu weit, wobei der Umstand wenig in Betracht kommt, dass das Maximum der Assimilationswirkung ım Roth, das Maximum der Helligkeitserregung im Gelbgrün liegt; denn die Lage dieser Maxima ist offenbar abhängig von den specifischen Eigenschaften des absorbirenden Pigmentes. Und doch scheinen die beiden soeben verglichenen Lichtwirkungen so heterogen, so unvergleichbar wie möglich! Dort fungiren als perci- pirendes Organ die Chlorophylikörner, hier gewisse Elemente der Netz- haut, und Beziehungen zwischen den Endwirkungen des Processes exi- stiren gewiss nicht. Trotz alledem müssen wir uns daran erinnern, dass die durch das Chlorophyll vermittelte Kohlenstoffassimilation geknüpft ist an die protoplasmatische Grundlage der Chlorophylikörner und dass die licht- empfindlichen Elemente der Retina ebenfalls aus Protoplasma gebildet worden sind. Wenn überhaupt dieser übereinstimmenden Function des Lichtes eine physiologische Analogie entspricht, so kann dieselbe nur in dem Umstande gesucht werden, dass in beiden Fällen das Licht auf Protoplasma einwirkt. 1) Im Normalspeetrum dürfte wohl das Maximum der Helligkeit im Gelb- grün gelegen sein. 2) Die leuchtenden bilden kaum den vierten Theil der Strahlen, welche die Sonne aussendet. T. F. Hanausek: Ueber Blüthendurchwachsungen an Picris hieracioides L. 425 Wir gehen wohl nicht zu weit, wenn wir generalisirend den Satz formuliren: Lebendige Materie (Protoplasma)ist unter gewissen Umständen befähigt, auf Aetherwellen von der Schwingungs- dauer 400 biszurSchwingungsdauer 800 in besonderer Weise zu reagiren und dieselben in specifische Energieformen um- zusetzen'). Ich bin weit entfernt, in der durch diesen Satz ausgedrückten Be- ziehung eine Art von Naturgesetz erblicken zu wollen — derselbe ist nichts weiter als der Ausdruck eines Räthsels, auf welches unsere Be- trachtung uns geführt hat. Auch soll dieser Satz keineswegs behaupten, dass Strahlen geringerer oder höherer Schwingungsdauer das Proto- plasma überhaupt nicht zu afficiren vermögen; dass dies in verschiedener Weise geschieht, ist ja bekannt genug! 55. T.F.Hanausek: Ueber Blüthendurchwachsungen an Picris hieracioides L. Eingegangen am 25. October 1883. Im Vorjahre ?) beschrieb ich eine proliferirende Inflorescenz eines Exemplares von Crepis virens L., ohne weitere Bemerkungen daran zu knüpfen. Heuer ist es mir gelungen eine Blüthendurchwachsung an Pieris hieracioides aufzufinden, deren Ausbildung schon insofern Inter- esse erregen dürfte, als sich an derselben einige entwicklungsgeschicht- Fragen erörtern lassen — Beide Durchwachsungsfälle zeigen viel Aehn- lichkeit miteinander, wie das ja begreiflich erscheinen muss, wenn es sich um so nahe verwandte Pflanzen handelt. Doch ist die Durch- wachsung an dem Picris-Individuum viel energischer, durchgreifender, ich möchte sagen methodischer vor sich gegangen, während die tera- tologischen Veränderungen an dem Crepis-Individuum mehr den Cha- rakter einer Missbildung als den der Antholysis zeigten. An der ge- nannten Crepis war jede einzelne Blüthe so sehr verlängert, dass sie wie auf einem langen Stiele zu sitzen schien. Thatsächlich ist die Kronröhre bis zu der Stelle, wo die verkümmerte, unscheinbare und nur schwach gelbliche Zunge beginnt, oft bis 3 cm lang, einzelne 1) Eine genaue Bestimmung der Grenzen für die Assimilation existirt noch nicht und habe ich mir die Ermittelung derselben vorbehalten. 2) Oesterr. bot. Zeitschr. 1883, p. 283—284. 426 | T. F. Hanausek: Blüthen ragen über das Köpfchen heraus und erinnern, wenn ein solcher Vergleich erlaubt ist, an die verschieden lang gestielten Blüthen ge- wisser Alliwm-Arten. Statt des Pappus sind einige wenige, grünliche, mässig feine, geschlitzte, faserartige Gebilde vorhanden, die fast die- selbe Länge, wie die Zunge besitzen. Die Kronröhre ist fadenartig dünn und stark behaart. Die Griffelschenkel messen 5 —7 mm, der Fruchtknoten ist ganz verkümmert, daher eine Fruchtbildung an den verblühten Köpfchen nicht wahrzunehmen !). — Auch an der monströsen Pieris waren die meisten Blüthenstände keine einfachen Köpfchen, sondern zu wahren Dolden (Fig. 1) umgewandelt und zeigten sonach dieselbe Ausbildung, wie sie schon an Cichorium Intybus?), an Bellis perennis?), an Pericallis cruenta*) und an Crepis beobachtet worden ist. Zugleich sei bemerkt, dass das Pieris-Exemplar eine ausserordent- lich kräftige, reichästige und normal behaarte Pflenze ist. Was nun die Details dieser Doldenköpfehen von Picris betrifft, so ergiebt die Beobachtung Folgendes: Die Schuppen des Involucrums sind wohl dachig angeordnet, aber ihre Insertionstellen ziemlich weit von einander entfernt und viele Schuppen sind zurückgekrümmt; der im Längsschnitte dreieckige Blüthenboden trägt zahlreiche 2—3 cm und darüber lange Axen. Diese besitzen im ersten (untersten) Drittel ent- weder einen deutlich entwickelten Blattkreis, der wohl als ein fünftheiliger Kelch (Fig. 2, k) aufzufassen ist, oder einen ziemlich normal ausgebideten Pappus (Fig. 3, p) — oder endlich Phyllom- und Trichom-Gebilde, die alle Uebergänge von reinem Kelch zum Pappus darzustellen scheinen. Innerhalb dieses Sepalenkreises resp. Haarkranzes entspringt eine kurze gelbliche Kronröhre mit kleiner, wenig deutlicher Zunge (Fig. 2, 3, z), aus der fünf freie, fädige, verkümmerte (d. h. keine deutlichen Antheren zeigende) Staub- gefässe (Fig. 2, 3, a) hervorragen. Freie Compositen-Antheren sind bekanntlich schon ziemlich häufig beobachtet worden, z. B. an Bellis silvestris5), an Hieracium brachiatum®) u.a. — Statt des Gynaeceums findet sich nun eine Fortsetzung der Axe, ein Axenstück von gleicher Stärke, wie sie der untere Axentheil besitzt. Dieselbe trägt nun meistens ein Paar gegenüberstehender ziemlich starker Schuppen — nur sehr selten ist noch ein zweites höher stehendes Paar’) vorhanden — und 1) 1. c. p. 284. 2) Beketoff, Sur quelques monstrouosites de la Chicoree. Bull. Soc. Botan. Franc. 1877. p. 142. 3) Banning, Verh. d. naturh. Ver. d. preuss. Rheinlande u. Westf. 1877. Corr.- Bl. p. 64. 4) Magnus, Verh. d. bot. Ver. d. Prov. Brandenb. 1878, p. 60. 5) Savi, nach Just, bot. Jahresber. 1874, p. 568. 6) Buchenau, nach Just, bot. Jahresber. 1874, p. 568. 7) Dessen Schuppen aber nicht gegenständig sind, sondern neben- oder über- nander stehen. Ueber Blüthendurchwachsungen an Picris hieracioides L. 427 endet in ein pfeffer- bis erbsengrosses Köpfchen, welches aus ganz verkümmerten. grösstentheils verblatteten, von einer Schuppenreihe be- deckten Blüthchen zusammengesetzt ist. Die umstehenden Skizzen erläutern wohl zur Genüge die Beschreibung; nur mögen die unter der ersten Blüthe befindlichen Axenstücke länger angenommen werden, als die Zeichnung sie darstellt. An der beschriebenen Blüthen-Anomalie ist wohl die Entwicklung des Sepalen- und Trichomkreises am auffälligsten. Der Uebergang von schmalen echten Blättchen bis zu trichomatischen Schuppen lässt, wie schon Beketoff'!) nach ähnlichen Missbildungen an Cichorium an- genommen, die Deutung zu, dass der Pappus der Oompositen gewisser- massen der Rest, oder das Rudiment eines Kelches ist, der selbst, als für die Blüthe von keinem oder nur geringem Werthe, nnterdrückt worden ist, während seine ersten Anlagen, die haartragenden Schüpp- chen, und die für die Verbreitung der Frucht und mithin für die Selbst- aussäung der Pflanze höchst wichtigen Haare immer stärker sich entwickel- ten, bis ein dichter Haarkranz — der Pappus — daraus entstanden. Beketoff hat die Pappusformen der Compositen folgender Weise ge- deutet: 1. Bei der Ausbildung des Kelches der Compositen verbleiben die Theile desselben im ersten Stadium ihrer Anlage als Warzen oder Höckerchen, mit welchen die Ausbildung vieler Blätter beginnt; Beispiel: Lampsana. 2. oder diese Höckerchen entwickeln sich weiter in der Weise, dass a) die Zellen des Dermatogens sich in Haare verlängern; 5) oder die Zellen die Formen von Schüppchen annehmen; c) oder endlich, dass sowohl die Zellen des Dermatogens als auch das subepidermale Gewebe ihre normale Ausbildung erlangen und ein wirklicher Kelch, aus Blättchen mit Nerven bestehend, auftritt. Lässt man diesen letzten Fall als den ursprünglichen normalen Typus gelten, so mussten Uebergänge von den übrigen Fällen zu diesem Normaltypus gefunden werden, um dessen Giltigkeit zu erweisen; solche Uebergänge, resp. Rückschläge sind von Beketoff und anderen von dem Falle 1 und 2, 5) aufgefunden worden. Für den Fall a) ist nun die Pieris-Anomalie als ein ausgezeichnetes Beispiel anzuführen. Wie diese Beobachtungen und Annahmen mit den Folgerungen in Ueber- einstimmung zu bringen sind, die sich aus den gründlichen Unter- suchungen von Eugen Warming über „die Blüthen der Oompositen?) ergeben haben, muss ich berufeneren Kräften überlassen. 1) Nach Just, bot. Jahresb. 1878, p. 135. 2) Bot. Abhandl. herausgegeb. v. Hanstein, III. Bd., H. 2, p. 130—140. 428 T.F. Hanausek: Ueber Blüthendurchwachsungen an Picris hieracioides L. Erklärung der Abbildungen. —— Fig. 1. Monströse Dolde von Picris hieracioides; es sind nur einige wenige Köpf- chen gezeichnet. Fig. 2. Axenköpfchen mit deutlichem Kelche; k Kelch, z Kronröhre mit Zunge, a freie Antheren, i Schuppenpaar, ca secundäres Köpfchen. Fig. 3. Axenköpfchen mit Pappus. M. Fünfstück: Zur Frage nach der activen Krümmung d. Knospenstiele etc. 429 56. M. Fünfstück: Zur Frage nach der aktiven Krümmung der Knospenstiele der Papaveraceen. Eingegangen am 25. October 1883. — Bekanntlich krümmen sich die Knospenstiele der Papaveraceen (soweit mir bekannt mit alleiniger Ausnahme von Papaver bracteatum) in einem bestimmten Stadium der Entwickelung nach abwärts, eine Erscheinung, die in neuester Zeit wieder Gegenstand zahlreicher Unter- suchungen gewesen ist, ohne dass über die Natur dieser Abwärtskrüm- mung einwandsfreie Resultate zu Tage gefördert werden konnten, Auf Grund seiner Untersuchungen spricht zum ersten Male Frank!) die Ansicht aus, dass jene temporäre Abwärtskrümmung auf positivem Geotropismus beruhe, also activer Art sei. Den Anschauungen Frank’s tritt H. de Vries?) entgegen, wobei er sich hauptsächlich auf zwei Versuche stützt, mit denen er den positiven Geotropismus beseitigt zu haben glaubt. Das eine Mal schnitt er von bereits gekrümmten Stielen an Versuchsobjecten in normaler Lage die Knospen ab, worauf sich die so entlasteten Knospenstiele bereits in wenigen Stunden aufrichte- ten. Das andere Mal brachte er ebenfalls bereits gekrümmte, decapi- tırte Blüthenstiele in senkrecht abwärts gerichtete Lage, ın welcher Lage sich die Krümmungen an den biegsamen Stellen nicht aus- glichen, sondern eher noch schärfer wurden. Aus diesen beiden Ver- suchen schloss H. de Vries, dass die fragliche Krümmung lediglich eine passive Wachsthumserscheinung sei, veranlasst durch das Eigen- gewicht der Knospe. Auch Sachs?) ist der Ansicht, dass jene Krüm- mung nur deshalb zu Stande komme, weil die vorhandene Gewebe- spannung in dem weichen Stiele gegenüber der Belastung durch die Knospe zu gering sei, um eine Abwärtskrümmung verhindern zu können. | Es ist ohne Weiteres einleuchtend, dass die Folgerungen, die H. de Vries aus den angeführten Versuchen zieht, keine Berechtigung haben, denn wenn sich auch der Stiel nach der Entfernung der Knospe aufrichtet, so ist damit noch nicht bewiesen, dass es das Gewicht der Knospe allein war, das die Krümmung zu Stande brachte, sondern es können auch durch die Trennung der Knospe vom Stiel Kräfte, die an 1) A. B. Frank, Beiträge zur Pflanzenphysiologie. Leipzig 1868, p. 49 ff. 2) H. de Vries, Ueber einige Ursachen bilateral-symetrischer Pflanzentheile. Arbeiten des botan. Instituts in Würzburg. I. p. 229. 3) J. Sachs, Lehrb. der Botanik. 4. Aufl, Leipzig 1874, p. 815 u. 816. 430 M. Fünfstück: (der fraglichen Krümmung betheiligt sind, ausser Wirkung gesetzt wor- den sein. Die Schlussfolgerungen von H. de Vries waren es hauptsächlich, die Vöchting!) Veranlassung gaben, vorliegendem Gegenstande neuer- dings sorgfältige und umfangreiche Untersuchungen zu widmen. Um zu zeigen, dass die fragliche Krümmung des Stieles nicht lediglich durch das Eigengewicht der Knospe herbeigeführt werde, schnitt Vöchting?) die Knospe am bereits abwärts gekrümmten Stiel zwar auch ab, aber befestigte sie wieder mit einem feinen Coconfaden an dem decapitirten Stiel, worauf sich der Stiel ebenfalls trotz dieser Be- lastung gerade streckte, sich also genau so verhielt, als wenn die Knospe überhaupt entfernt worden wäre. Der Versuch ergab so- gar noch dasselbe Resultat, wenn gleichzeitig drei Knospen in derselben Weise an einem gekrümmten Stiel befestigt waren. Durch diesen Ver- such meint Vöchting H. de Vries hinlänglich widerlegt und die active Natur der Krümmung dargethan zu haben, was aber keineswegs der Fall ist, denn gegen seinen Versuch gelten dieselben Einwände, die gegen die früheren Versuche von H. de Vries erhoben werden können. So lange wir nicht tiefer ım die Mechanik des Wachsthums ein- gedrungen sind, liefern Versuche, wie die vorstehenden unzuverlässige Resultate, jedenfalls dürfen die letzteren nicht als endgiltige Beweise betrachtet werden. Vöchting selbst sagt darüber wörtlich®): „durch die Amputation des Fruchtknotens wird im Wachsthum des Stiels eine Störung verursacht, die, wie es scheint, um so bedeutender ist, in je früherem Alter die Operation vollzogen wird u. s. w.“ und an einer anderen Stelle*): „Im isolirten Zustande besitzt der letztere (Stiel) an- dere Eigenschaften als im System. Es erscheint daher durchaus un- statthaft, von dem Verhalten eines Organs ım isolirten Zustande Schlüsse auf seine Rolle im System zu ziehen, sobald es sich um Wachsthums- erscheinungen handelt.“ Vöchting verfällt demnach bei seinem Ver- suche in denselben Fehler, den er H. de Vries zur Last legt. Um einen weiteren Beweis für die active Natur jener Krümmung beizubringen führt aber Vöchting noch ein anderes, ungleich wich- tigeres Experiment aus°’), das allein schon genügt hätte, die schwebende Frage zu entscheiden, wenn nicht aus rein zufälligen Gründen dem Versuche seine schwerwiegende Bedeutung genommen worden wäre; zudem ist dieser wichtige Versuch, durch Contrebalancirung des Gewichts der Knospe über die Art der Stielkrümmung, ob activ oder passiv, in's 1) H. Vöchting, Die Bewegungen der Blüthen u. Früchte. Bonn 1882. 2) l. ce. p. 103. 3) l. ce. p. 112. 4) Le. p. 19. 5) l. c. p. 100 u. 101. Zur Frage nach der activen Krümung der Knospenstiele etc. 431 Klare zu kommen, nur ein einziges Mal angestellt worden. Auf An- regung des Herrn Prof. Dr. Schwendener beschloss ich deshalb, zur Lösung der Frage diesen, von Vöchting zuletzt eingeschlagenen Weg zu betreten und theile im Folgenden die Resultate meiner Versuche mit. Rollen, wie sie Schwendener!) bei seinen Versuchen „über das Winden der Pflanzen“ anwendete, wurden an einem dünnen Faden senkrecht über den Versuchsobjecten in angemessener Höhe befestigt. Als Versuchsobjecte wurden Knospen ausgewählt, deren Stiele sich eben zu krümmen begannen. Der Reibungswiderstand der Rollen betrug bei den ausgeführten Versuchen ca. 0,005 g, eine Grösse, die ohne Beden- ken vernachlässigt werden konnte. Um die Knospe wurde ein Üocon- faden geschlungen, der letztere über die Rolle geführt und an seinem freien Ende durch angehängte Gewichte so beschwert, dass die Be- lastung anfangs ungefähr dem 3—4fachen, approximativ bestimmten Gewichte der Knospe gleichkam. Eine verhältnissmässig so hohe Be- lastung musste deshalb gewählt werden, weil das Gewicht der Knospe sich sehr rasch vergrössert und weil selbstverständlich das angehängte Gewicht bei Beendigung des Versuches unter allen Umständen grösser sein muss, als dasjenige der Knospe, wenn das Experiment ein brauch- bares Resultat ergeben soll. Dass das angewendete Uebergewicht auf den Vorgang der Stielkrümmung keinen, oder doch nur sehr geringen Einfluss hat, weist Vöchting experimentell nach?). Nachdem der Stiel die Krümmung ausgeführt hatte, wurde er an der Krümmungs- stelle abgeschnitten und gewogen, die später angegebenen Gewichte beziehen sich also auf die Knospe mit gekrümmtem Stiel. Sämmtliche Versuche wurden unter grossen Glasglocken im Freien ausgeführt, als Material zu denselben stand mir Papaver somniferum und P. Rhoeas zur Verfügung. Die Ergebnisse waren folgende: I. Versuche mit Papaver somniferum. 1. Angehängtes Gewicht = 0,44 g Gewicht der Knospe = 0,23 „; dasvonderKnospe beider Krümmung überwundene Uebergewicht demnach = 0,21g 2. Angehängtes Gewicht = 0,33 g Gewicht der Knospe = 0,23 „ Ueberw. Uebergewicht = 0,10 9 3. Angehängtes Gewicht = 0,53 y Gewicht der Knospe = 0,24 „ Ueberw. Uebergewicht = 0,299 4. Angehängtes Gewicht = 0,69 g Gewicht der Knospe = 0,32 , Ueberw. Uebergewicht = 0,37 g 1) S. Schwendener, Ueber das Winden der Pflanzen. Monatsber. d. königl. Acad. d. Wiss. zu Berlin. December 1881, p. 109. 2) H. Vöchting, Die Bewegungen der Blüthen u. Früchte. Bonn 1882, p. 79. 432 M. Fünfstück: Zur Frage nach der activen Krümmung d. Knospenstiele etc. ll. Versuche mit Papaver Rhoeas. 1. Angehängtes Gewicht = 0,45 g Gewicht der Knospe = 0,18, Ueberw. Uebergewicht = 0,27 g 2. Angehängtes Gewicht = 0,44g Gewicht der Knospe 0,32 „ Ueberw. Uebergewicht = 0,12 g 3. Angehängtes Gewicht = 0,78 g Gewicht der Knospe = 0,21, Ueberw. Uebergewicht = 0,57 g 4. Angehängtes Gewicht = 0,62 9 Gewicht der Knospe = 0,46 „ Ueberw. Uebergewicht = 0,16 g 1 1 Die Werthe für das überwundene Uebergewicht schwanken also in vorstehenden Versuchen annähernd zwischen 4 und 24 des Gewichts der Knospe + gekrümmten Stiel, im Mittel betragen sie ca. 1, d.h. beı der Abwärtskrümmung des Stieles war eine Kraft thä- tig, die durchschnittlich das doppelte Gewicht der Knospe fortzuwegen im Stande war. Bedenkt man noch, dass die erhalte- nen Werthe sich aller Wahrscheinlichkeit nach noch erhöht hätten, wenn die angehängten Gewichte noch grösser gewählt worden wären, und dass die Spannung im Stiele der Abwärtskrümmung einen, wenn auch vielleicht geringen Widerstand entgegensetzt, so beweisen die mit- getheilten Versuche zur Evidenz, dass die temporäre Abwärts- krümmung der Knospenstiele bei den Papaveraceen keine passive Wachsthuimserscheinung ist, hervorgerufen durch das Eigengewicht der Knospe, das der weiche Stiel nicht zu tragen vermag, sondern dass. sie zweifellos eine Er- scheinung activer Natur ist, der innere Ursachen zu Grunde liegen. | Klarzulegen, welcher Art diese inneren Ursachen sind, ob der Fruchtknoten dabei eine wesentliche Rolle spielt, wie Vöchting nach- zuweisen sucht!), ob dieser räthselhafte Zusammenhang zwischen Knospe und Stiel ähnlich oder gar identisch ist mit den Reizesscheinungen, wie sie neuerdings Krabbe?) an der Wurzelspitze beobachtet hat, liegt nicht innerhalb der Grenzen vorstehender Untersuchung. Berlin, Botanisches Institut. HLrecPp 10855 2) G Krabbe: Zur Frage nach der Function der Wurzelspitze. Ber. d. deut- schen botan. Gesellsch. Bd. I, Heft 5. E. Heinricher: Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea. 433 57. E. Heinricher: Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea. Eingegangen am 25. October 1883. ‘(Mit Tafel XII.) Cohn hat uns schon 1855 in seiner Abhandlung „Ueber die Ent- wicklung und Fortpflanzung der Sphaeroplea annulina“!) ein detaillirtes Bild dieser interessanten Algengattung geschaffen, und damit alle Mit- theilungen seiner Vorgänger?) belanglos gemacht. Ihren besonderen Werth erhielt die Cohn’sche Abhandlung dadurch, dass mit ihr die wenigen bekannten Fälle über die Geschlechtlichkeit der Algen (Chura, Fucaceen, Vaucheria) vermehrt erschienen und überhaupt der ganze Zeugungskreislauf der Sphaeroplea klar gelegt war. Seit Cohn’s Mittheilung wird nun bald das dritte Decennium ver- strichen sein, und da sich die wissenschaftliche Fragestellung in einem solchen Zeitraume bedeutend ändert, ergeben sich heute noch eine Menge neuer Fragen über Bau- und Vegetationsverhältnisse der Sphaeroplea und früher gestellte werden von anderem Standpunkte aus betrachtet. Die lange Pause in der Sphaeroplea-Literatur dürfte aber darin ihren Grund haben, dass die Alge, nach allen Berichten, so sporadisch und wechselnd auftritt. Im vorjährigen Sommer hatten wir Grazer Botaniker das Vergnügen, sie ım Bassin des Auerspergs-Brunnens (von der Stadtgemeinde Graz dem Andenken Anastasius Grün’s gewidmet) in üppiger und augen- scheinlich wohler Vegetation zu treffen. Das Interesse, das die Pflanze an sich fordert, gab Veranlassung zu einigen Beobachtungen, die zum Theil Neues, zum Theil eine Erweiterung oder Modification des früher Bekannten enthalten und die deshalb bier mitgetheilt seien. Dazu ge- sellen sich Beobachtungen, die an aus vorjährigen Dauersporen, heuer gezogenen Culturen gemacht worden sind. Wenn sich trotzdem noch manche Lücke in dem Mitgetheilten findet, möge dies durch meine viel- fache Beschäftigung mit anderen Untersuchungen, die mir zum Studium der Sphaeroplea nur nebenbei einige Stunden gewährten, Entschuldigung finden. 1) Monatsber. der kgl. Academie d. Wiss. Berlin 1855. Dieselbe Abhandlung vervollständigt durch die Beigabe zweier Tafeln 1856 in „Ann. des Sciences Na- turelles.“ 2) Braun, „Verjüngung in der Natur ete.“ 1854. (An mehreren Stellen.) G. Fresenius, „Ueber Sphaeroplea annulina.“ Bot. Ztg. 1851 Nr. 13. Cienkowski, Bot. Ztg. 1855 pag. 777 u. ff. 28 D. Botan.Ges.1 434 E. Heinricher: Morphologische und vegetative Verhältnisse. Die beobachteten Erscheinungen sollen in der Reihenfolge wie sie gemacht wurden angeführt werden und soll deshalb mit jenen, die an der ın voller Vegetation ihrem Standorte im Freien entnommenen Pflanze angestellt wurden, begonnen werden. Da fiel denn zunächst auf, dass die Querwände der vorliegenden Sphaeroplea sehr häufig und bei man- chen Fäden ganz regelmässig eine Bildung zeigten, die von den früheren Beobachtern nirgends erwähnt und abgebildet wird. Vor allem waren sie viel massiver, meist zeigte sich indess in der Mitte der Querwand (entweder beiderseits oder auch nur nach dem Lumen der einen Zelle hin) noch ein Cellulose-Zapfen gebildet, der bald schmal war, bald in die Breite ging und sich zu einem kleinen Hügel in der Mitte der Quer- wand erhob, sich an der Spitze wohl auch in 2 Höcker theilte. Die Figuren 1 (a, b, c) mögen diese Cellulosezapfen veranschaulichen. Die Bezeichnung derselben als Cellulosezapfen rechtfertigt die Reaction mit Chlorzinkjod; sie nehmen damit eine hellrothviolette Färbung an,!) bei längerem Liegen im Reagens geht sie in's Dunkelviolette über. Die Neigung Cellulosezapfen, — Leisten und Ringe — zu bilden gehört überhaupt zu den charakteristischen Eigenthümlichkeiten unserer Alge.?) Oft werden solche Zäpfchen, Streifen oder Ringe auch an den Längswänden der Zellen, in grösserer Zahl gebildet (Fig. 2), sie haben indess dann mit der normalen Zelltheilung nichts zu thun, wennschon diese in ganz ähnlicher Weise eingeleitet wird. Wie nämlich bei der Zelltheilung der Cladophora die Querwand- bildung als Ring beginnt, der nach Innen zu wachsend, durch Zu- sammenstossen in der Mitte sich zur Scheibe schliesst, so geschieht die Theilung auch bei Sphaeroplea. In vielen Eällen nun bleiben solche Theilungen auf unvollendeter Stufe stehen. So finden sich anstatt durch- gehender Querwände nur mehr oder minder mächtige Zellstoffringe, die allerdings bei oberflächlicher Betrachtung den Eindruck normaler Scheide- wände bieten. Fig. 1 (d) zeigt einen solchen Zellstoffring von der Fläche gesehen. — Auclı kann die Wandbildung von mehreren Punkten der Faden- peripherie ausgehen, die nicht sämmtlich in einer und derselben, zur Fadenaxe senkrechten Ebene liegen. Trotzdem kommt es indess in der Regel doch zu einem Verschluss, indem die einzelnen Wandtheile in 1) Diese Cellulosezapfen beschreibt auch Rauvenhoff in einer kleinen Mit- theilung der kgl. Akad. d. Wissensch. zu Amsterdam (Zitting van 26. Mai 1883) Rauvenhoff hat die Sphaeroplea aus Grazer Sporenmaterial gezogen. 2) Da sich an unserer Sphaeroplea auch noch andere, zwar unbedeutendere Un- terschiede von der bekannten Sphaeroplea annulina Ag. finden, die eigenthümliche Gestaltung der Querwand indess das in die augenspringendste Merkmal abgibt, wollen wir die neu aufzustellende Varietät darnach als Sphaeroplea annulina Ag. Var. crassisepta bezeichnen. Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea. 435 der Mitte der Zellen verwachsen respective verklebt werden; allerdings geschieht hierbei dem ästhetischen Eindruck etwas Abbruch. — Kommt die Alge aus günstigen Vegetationsbedingungen in ihr wenig zusagende, wie sie ein Aquarium im Freien erwachsenen Pflanzen bietet dann steigert sich die Neigung zur Zapfenbildung immermehr und nimmt schliesslich so überhand, dass die Alge ein völlig monströses Aussehen erhält. Anfänglich fanden wir in den Fäden die kleinen Cellulose-Zäpf- chen, -Riefen und -Ringe wie sie in Fig. 2 dargestellt sind, bald aber treten riesige Oellulose-Pfropfen auf, welche die Zellen auf grosse Strecken hin erfüllen. Die Pfropfenbildung erfolgt vorwiegend an den Querwänden und erscheint dann hier gleichsam als Steigerung der Cellulosezapfen ; allein auch in der Mitte der Zellen treten solche, das Lumen theilende mächtige Pfropfen auf. Die Pfropten (Fig. 3) geben ebenfalls Cellulose- Reaction, während die Längswände der Zellen in Chlorzinkjod mächtig quellen und eine schöne Schichtung erkennen lassen. Das Protoplasma ın dem von der Cellulosewucherung freigebliebenen Zellenraum hat seine grossen Vakuolen alle eingebüsst und erscheint als eine dem Normal- verhalten gegenüber desorganisirte Masse in derChlorzinkjod keine grossen Amylumherde, nur hie und da blaue Wölkchen nachweist; die Stärke scheint demnach wesentlich zur Bildung der Cellulose-Pfropten verwendet zu werden. Ob diese Üellulose-Pfropfen eine biologische Bedeutung haben? Ohne dass eine eigentliche Einkapselung von Protoplasmatheilen durch diese Pfropfenbildung eintritt, erscheint immerhin doch möglich, dass auf solche Weise ähnliche Rubezustände erreicht werden, wie sie unter ungünstigen Verhältnissen die Vaucheria geninata!) in dem sogenannten Gongrosira-Zustand eingeht. Ich wage aber diese Frage umsoweniger zu entscheiden, als ich keine Versuche gemacht habe, aus solchen Fäden neue Algenpflanzen zu ziehen. Eine biologische Bedeutung wird aber wohl den mächtig verdickten (Querwänden mit den ihnen aufsitzenden Zäpfchen zuzuschreiben sein. Sie zeigen nichts von dem Charakter einer abnormen Bildung und treten bei sichtlich voller und üppiger Vegetation auf. Cohn?) bemerkt von den zarten, haarspitzenähnlichen Enden. die der junge Keimling zeigt: „Aber auch am längsten, vielzelligen Faden kann man noch, was bisher übersehen worden, die in die feinen Haar- spitzen sich verlängernden Enden beobachten.“ Dies war wohl heuer an den in engen Grefässen gezogenen Pflanzen der Fall, aber an den üppigen Exemplaren, die im Freien aufgewachsen waren, nicht; trotz specieller Rücksicht darauf gelang es mir unter Hunderten von Präpa- 1) „Ueber die Ruhezustände der Vaucheria geminata“ v. E. Stahl. Bot. Ztg. 1879 Nr. 9. 2) 1. ce. pag. 7. 436 | E. Heinricher: raten nur einmal ein solches von der Keimung herrührendes Fadenende zu finden. Die Sphaeroplea besitzt, wie schon Cohn hervorhebt und wie es bald zu beobachten möglich ist, interkalares Wachsthum; jede einzelne Zelle bleibt, so lange sie sich nicht sexuell differenzirt, theilungs- fähig, die Endzellen sind dabei keineswegs bevorzugt. In Folge dessen kann sich die Pflanze auch durch Abgliederung von Zellfadenstücken vegetativ bedeutend vermehren. Wenigstens zeigte die Grazer Pflanze diese Eigenthümlichkeit in ausgeprägter Weise und es erscheint mit Berücksichtigung dessen wohl möglich, dass der Standort die Veranlas- sung hierzu geboten habe, respective von besonders förderndem Einflusse gewesen sei. Wie Eingangs erwähnt, hatte die Alge das Bassin eines Springbrunnens occupirt, dessen rückfallende Wasserstrahlen stetige Stösse auf die Wasserfläche und die auf ihr flottirenden Algenfäden ausübten und so wohl der Abgliederung von Fadenstücken Vorschub leisten mussten. | Dabei erscheinen nun die starken Querwände nicht ohne Bedeutung; durch das Aneinanderliegen einer versieiften Partie und einer solchen die weit schwächer ist, muss bei einem Stosse an der Grenzstelle eine Abknickung erfolgen — an dieser Stelle muss der Stoss des niederfal- lenden Wassers eine maximale Wirkung erzielen. Auch durch Schieben oder seitliche Stösse an das Deckglas waren Abgliederungen der Fäden zu erreichen. Dabei wird aber ın der Regel keine Zelle zerrissen, son- dern die Abgliederung erfolgt in der Weise, dass an einem Fadentheil die feste verdickte Querwand verbleibt (wenigstens anfänglich, später dürfte sie auch hier abgeworfen und der Verschluss der Zelle nur durch die innerste Membranlamelle bewerkstelligt werden), während dem andern eine dünne Membranlamelle, die als innerste Schicht nach seiner Seite zu, die Querwand (und eventuell den ihr aufsitzenden Zapfen) über- kleidet, als Verschluss mitgegeben wird.!) Fig. 4 zeigt eine solche Abgliederung, die hier allerdings durch starkes Quellen der Querwand in Ohlorzinkjod künstlich eingeleitet wurde; aber auch an frischen Fäden fand ich solche nicht völlig voll- zogene Abgliederungen. Fig. 5 (au.b) zeigt Enden abgegliederter . Fadenstücke. In a ist die verschliessende, dünne Membran concar ein- wärts gewölbt, noch in der Lage, in welcher sie den Oellulosezapfen 1) Strasburger (Zelltheilung, II. Aufl Jena 1876, pag. 57 u. ff.) erwähnt einer ganz ähnlichen vegetativen Vermehrungsweise für Spiroyyra orthospira Nur giebt hier das Abrundungsbestreben der aneinandergrenzenden Zellen den wesentlichen Impuls zur Abgliederung, während bei unserer Sphaeroplea die Turgorwirkung der Zellen eine nebensächliche Rolle spielt, dafür aber die eigenthümliche Ausbildung der Querwände als specielle Anpassung für diesen Zweck vorhanden ist. Uebrigens besitzt die Alge auch die Fähigkeit, sich, ähnlich wie die Vaucheria, an Bruchstellen gegen den beschädigten Theil, unter Rückziehung des Protoplasmas, durch Wandbildung abzuschliessen. Diesen Vorgang beobachtete ich an einem, noch durch keine Theilungswand gegliedertem Keimling. Vergl. Fig. 6 der Tafel XII. Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea. 437 der Querwand als innerste Iamelle umgab. Diese concave Einstülpung wird nun offenbar durch wachsenden Turgor der Zelle später convex auswärts getrieben; so erklären sich dann die Fadenenden, wie eines Fig. 5b abgebildet und welche öfters gefunden werden. Die auf solchem Wege erfolgende vegetative Vermehrung kann eine ganz colossale sein. So wurde das grosse Bassın des Springbrun- nens, in welchem die Alge 1882 spontan, das erstemal, auftrat, wieder- holt von ihr vollends erfüllt, trotzdem, dass die Stadtvertretung mehr- mals dasselbe räumen und ganze Wagenladungen der Alge wegschaf- fen liess. Die verdickten Querwände dürften also als eine Anpassung, die zur Beförderung der Abgliederung von Zellfadenstücken und somit zu ve- getativer Vermehrung beizutragen im Stande ist, aufzufassen sein. Ein genauerer Einblick in diese Anpassung fehlt uns aber noch in Bezug auf die Frage, ob sie längerer Zeiträume zur Schaffung bedürfe, oder durch locale Standortsbedingungen ziemlich rasch zu entstehen vermag. Kulturen der Alge in relativ ruhigem Wasrer, in bewegterem, wie es etwa mit einem Strome in Verbindung stehende Inundationsarme böten, und in Bassins von Springbrunnen, könnten möglicher Weise ganz in- teressante Resultate ergeben. Erwähnen muss ich noch, dass sich die Eigenschaft, an den Quer- wänden Üellulosezapfen zu bilden, vererbt. An heuer aus den Dauer- sporen der Grazer Pflanzen in irdenen Schüsselchen gezogenen Kulturen, waren Zapfenbildungen oft zu beobachten, obgleich sie nicht in gleicher Häufigkeit und Stärke wie im Vorjahre vorhanden waren.') Indessen waren auch die Pflänzchen selbst viel schwächer und unter weit un- günstigeren Bedingungen aufgewachsen. Auch über den Werth dieser Vererbung vermöchten erst die oben angedeuteten Kulturversuche Auf- schluss zu geben. Zellkerne. Eine Frage, die mich sofort interessirte, war die, wie es sich mit den Zellkernen bei der Sphaeroplea verhielte.. Die ersten Tinktionsver- suche zeigten nun, dass wir auch in ihr einen Thallophyten mit viel- kernigen Zellen besitzen, indem die Kerne ob der lockeren Gruppirung der Plasmapartieen besonders leicht sichtbar zu machen sınd. Als ich die schönen Untersuchungen von Schmitz?) über die Zellkerne der Thallophyten zur Hand nahm, sah ich denn auch, dass dieser schon wiederholt vermäthungsweise für Sphaeroplea die Vielkernigkeit in Aus- sicht gestellt hatte. 1) Diese Vererbung zeigten auch andere mit Grazer Saatmaterial angestellte Kulturen. Solches ersieht man aus Rauvenhoffs citirter Mittheilung, und solches berichtete mir auch Herr Prof. Kny aus Berlin. — 2) Sitzb. der niederrhein. Gesellschaft in Bonn 1880 1. c. pag. 130. 438 | E. Heinricher: Sowohl an Alkoholmaterial, als an mit 1 pCt. Osmiumsäure, oder mit Pikrinsäure (nach dem Verfahren von Schmitz) behandeltem, lassen sich durch Hämatoxilin oder Pıkrokarmın gute Kerntinktionen erhalten. Die Fig. 7 zeigt ein Stück einer Sphaeroplea-Zelle mit 3 Plasmaringen und den darin enthaltenen Kernen.) Auf den Plasmaring kommen 1—4 Kerne, im Durchschnitt 2. ° Die Zahl der Plasmaringe schwankt etwa zwischen 9—30 ın der Zelle, ım Durchschnitt sind es meist 20; damit schwankt auch die Zahl der Kerne zwischen 18—60 pro Zelle und sind es durchschnittlich bei 40. Ich habe auch das Verhalten der Kerne zu den Sexualzellen beachtet und finde meine Resultate mit den von Schmitz für Thallophyten gewonnenen übereinstimmend. In den weiblichen Zellen ist je ein Kern das Oentrum, um den sich eine Plasmapartie zur Bildung einer Oosphaere gruppirt (Fig. 8a). Die Anzahl der Eier in einer Zelle schwankt desshalb nach Zählungen zwischen denselben Werthen wie jene der Zellkerne. Auch in dem befruchteten, mit Membran umgebenen (Fig. 8b) ist der Zellkern leicht sichtbar zu machen; wie es sich in den mit faltigem Exospor um- kleideten Dauersporen mit ihm verhält, gelang mir nicht nachzuweisen, doch ist zu erwarten, dass dieser eine Kern bis zum Zeitpunkt der Schwärmsporenbildung persistirt. Es wird schon von Cohn erwähnt, dass die Grösse der Dauer- sporen ziemlichen Schwankungen unterliegt und der Durchmesser von einem Mittelwerthe von 0,021 mn, in gewissen als Ausnahme erscheinen- den Fällen, bis auf 0,054 mm, ja bis auf 0,181 mm steigen kann. Es ist nun sehr wahrscheinlich, dass mit der grossen Menge von Proto- 1) Herr Rauwenhoff sagt zwar in seiner citirten Mittheilung: „In den Zellen von Sphaeroplea werden keine Zellkerne, dagegen viele Ohromatophoren mit Amylum- kugeln gefunden * Meine obigen Sätze stehen mit dem also in Widerspruch. Doch glaube ich meiner Deutung sicher zu sein. Es wird allerdings in manchen Fällen Schwierigkeit bieten, die Pyrenoide der Chromatophoren von den kleineren Zellkernen vielkerniger Zellen zu unterscheiden; ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden liegt eben nur darin, dass das Pyrenoid aus einem Chromatinkorn allein besteht, während beim Zellkern dieses erst dem Nucleus eingebettet liegt. Diese beiden Theile, Nucleus und Nucleolus, glaube ich nun öfter deutlich unterschieden zu haben. Auch sind meine Kerne nicht die Centra von Amylumherden; solche scheinen aber auch bei Sphaeroplea wohl zu existiren, obwohl ich auf sie wie auf die Chromatophoren nicht besonders achtete. (Die Schmitz’sche Arbeit „Die Chromatophoren der Algen‘ war im Voxjahre, als ich diese Untersuchungen anstellte, noch nicht erschienen.) Bei Anwendung von Chlorzinkjod erscheinen die Amylumherde einfach als blaue Kugeln, weil die Stärkehülle ja auch in Form einer Hohlkugel um das Pyrenoid an- geordnet ist. An mit Pikrinsäure gehärteten und gefärbten Präparaten hebt sich auch das durch Lichtbrechung verschiedene Pyrenoid ziemlich gut ab. Die Stärke- hülle um dasselbe erscheint bei der mir zur Verfügung gestandenen stärksten Ver- grösserung (Zeiss, Imm. 2), meist noch als homogener Kreis, nur manchmal bietet sie den Eindruck. als sei sie aus einzelnen, eng aneinanderliegenden Körnchen gebildet. — Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea. 439 plasma die zur Bildung solcher „Monstresporen“ verwendet wird, auch mehrere Kerne eintreten. Ich habe solche Riesensporen auf ihre Kerne nicht geprüft — als Regel kann immerhin die Einkernigkeit der Sphaeroplea-Eizellen gelten. ‚Auch bei der Bildung der Spermatozoiden sind die Kerne jeden- falls wesentlich betheiligt. Jeder Plasmaring einer männlichen Zelle wird zur Bildungsstätte für ein Heer von Spermatozoiden; alle diese Bildungsstätten bleiben bis zum Beginn des Schwärmens der Sper- matozoen und auch dann noch kurze Zeit, durch die Vacuolen, welche sonst die gewöhnlichen Plasmaringe trennen, von einander gesondert. Je ein Plasmaring mit seinen (durchschnittlich 2) Zellkernen stellt also das ursprüngliche Bildungsmaterial für eine grosse Zahl — bis hundert — Spermatozoiden dar. Ich habe zwar zum genauen Verfolgen der Spermatozoenbildung nicht die nöthige Musse gehabt, immerhin scheinen einige beobachtete, entwicklungsgeschichtliche Stadien dafür zu sprechen, dass sie von einer grossen und raschen Vermehrung der Zellkerne begleitet sei, so dass schliesslich jedes Spermatozoid Kernsubstanz enthält. Da die Sper- matozoenbildung nicht stets in allen Plasmaringen einer Zelle gleich- zeitig eingeleitet wird, kann man neben vorgeschritteneren Bildungs- herden (die über den Charakter der Zelle als einer männlichen keinen Zweifel mehr zulassen) auch solche, welche die ersten im Plasmaring eintretenden Veränderungen zeigen, erhalten. Derartige Stufen sind in Fig. 11 dargestellt. Fig. 11a war die einer Scheidewand nächste Plasmaportion; sie bildete hier keinen Ring, sondern einen kleinen Klumpen, in dem 4 Kerne durch Tinktion hervor- traten. Die nächste Plasmaportion (Fig. 11b) war in Ringform an- geordnet, durch leichten Druck aufs Deckgläschen erhielt ich sie ın schiefer Ansicht, in der sie die Figur zeigt. Der Ring enthält hier 8 Kerne. Diese und ähnliche beobachtete Bildungsstadien sind nun mit dem Bilde, das vorgeschrittenere gewähren, in Combination zu ziehen. Denn man sieht dann (Fig. 10), wie die ganze Protoplasma- masse der Ringe von Körperchen erfüllt ist, die das Hämat&in- Ammoniak, ın der charakteristischen Weise wie es Zellkerne thun, aufgenommen haben. Jedes solche tingirte, in einer feinkörnigen Protoplasmamasse eingebettete Körperchen, wird zu einem Spermatozoid. Dem ent- sprechend zeichnet sich auch das formvollendete, fertige Spermatozoid durch ein hervorragendes Aufspeicherungsvermögen für Farbstoffe aus, wie es gelungene Präparate, die durch Fixirung mit 1 procentiger Ösmiumsäure und nachheriger Tinction gewonnen wurden, deutlich zeigen. Der Gestalt und Structur nach weichen übrigens die von mir beobachteten Spermatozoiden nicht unwesentlich von den durch Colin abgebildeten ab. So erschien das cilientragende Ende nie so lang, hals- 440 E. Heinricher: artig ausgezogen, wie es die Cohn’sche Abbildung zeigt; auch ist dieses Vorderende der Tinktion ebenso zugänglich wie das hintere, wohl aber markiri sich, sowohl an tingirten als an untingirten Präparaten, eine helle, farblose Partie, in Form eines Kragens, etwa nach dem ersten Drittel vom Kopfende des Spermatozoids aus (Fig. 9). Uebri- gens herrschen zwischen den einzelnen Spermatozoiden kleine Form- und Grösseverschiedenheiten, wie solches aus unserer Figur unmittelbar hervorgeht !). Ich habe früher betont, dass das Verhalten der Zellkerne der Sphaeropleazellen während und bei der Bildung der Sexualzellen, mit den Angaben von Schmitz über die Rolle der Zellkerne bei der Ent- stehung der Sexualzellen anderer Thallophyten harmonire. Ich will diesfalls auf einige von Schmitz angeführte Fälle hinweisen. Schmitz weist nach, dass die Sexualzellen aller Algen und Pilze Kerne enthalten. Er sagt ferner?): „In Pflanzen mit vielkernigen vegetativen Zellen sind dabei die Fortpflanzungszellen einkernig ,* womit wieder die Beobachtungen bei Sphaeroplea stimmen. Nach Schmitz machen nur die jungen Oogonien der Coeloblasten ( Vaucheria, Saprolegnia) eine Ausnahme, sie enthalten viele kleine Kerne. Merk- würdiger Weise enthält aber auch hier die befruchtete Eizelle nur einen Kern, der durch Verschmelzung der vielen des Oogoniums resultirt?). Und was eine ähnlich rasche Kernvermehrung, wie sie bei der Bildung der Spermatozoen von Sphaeroplea eintreten muss, betrifft, so giebt es unter den Thallophyten mehrfach analoge Fälle. Schmitz) erwähnt z. B. dieses Vorganges bei der Sporenbildung von Phyllosiphun. „Vor der Sporenbildung vermehren sich diese Zellkerne sehr reichlich und alsdann zertheilt sich der Protoplasmakörper in zahllose kleine läng- liche Körperchen, die Sporen, die je einen einzelnen Zellkern enthalten.“ Ueber den Befruchtungsvorgang kann ich nichts Neues hinzufügen. Das reizende Spiel der durch die Zellwandöffnungen aus- und ein- schlüpfenden Spermatozoen, ihre Tänze um die Eizellen, die passiven Rotationen 5) dieser hat Oohn vorzüglich geschildert. Für die Frage, 1) In Uebereinstimmung mit Schmitz’ Angabe (Chromatophoren der Algen, pag. 123 und fl.), dass in den männlichen Sexualzellen die Abgrenzung der Chromato- phoren oder diese selbst verloren gingen, besitzen ohne Zweifel auch die Sperma- tozoiden von Sphaeropleu keine Chromatophoren. 2) 1. c. pag. 187. 3) Ein ähnlicher Vorgang wäre vielleicht bei den grossen „Monstresporen“ der Sphaeroplea zu constatiren. 4) 1. c. pag. 194. 5) Rotationen befruchteter oder unbefruchteterEizellen werden öfter (besonders bei Aquarium-Kultur) auch durch eine schmale, farblos erscheinende Oscillaria her- vorgerufen; wenn die Bewegung durch einen einzelnen Oscillariafaden verursacht wird und die Sporen dicht stehen, ist der Bewegungserreger leicht zu übersehen, und die Erscheinung erhält dann etwas Verblüffendes. Dasselbe Schauspiel bot sich Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea. 441 wie die Aufnahme der Spermatozoiden-Substanz in die der Eizelle vor sich geht, welche sicher einer weiteren Aufklärung zuführbar wäre, habe ich leider keine Beobachtungen gemacht !!). Keimung der Dauersporen. Wir wenden uns nun den, an Culturen aus vorjährigen Dauer- sporen, heuer gewonnenen Resultaten und den dabei in Betracht ge- zogenen Fragen zu. Sphaeroplea - Dauersporen wurden auch im Dunkelschrank zur Keimung ausgesetzt. Wir wissen durch Borodin?), dass die Sporen vieler Farne und die von Polytrichum im Dunkeln nicht keimen; ein gleiches durch Leitgeb) auch von den Sporen der Lebermoosgattun- gen Preissia und Duwvallia. Ueber den Einfluss der Beleuchtung auf Dauersporen von Algen liegen, meines Wissens, bisher keine Beob- achtung vor, weshalb mir ein Versuch mit Sphaeroplea in dieser Be- ziehung nicht uninteressant erschien. Die Sphaeroplea-Sporen keimten auch im Dunkeln völlig normal, d. h. sie bildeten die Schwärmsporen und diese wuchsen zu Keimlingen heran. Diese Sporen verhalten sich also so wie die Sporen von Equi- setum (nach Sadebeck); aber so wie bei diesen die Entwicklung des Prothalliums ohne Licht nicht stattfindet, ebenso entwickeln sich auch die, aus im Dunkeln gebildeten Schwärmsporen, entstandenen Keim- linge obne Licht nur wenig und ist baldiges Zugrundegehen ihr Loos. Ich werde später auf die Vermehrungsweise des einen Kerns, den jeder Schwärmer, und zunächst jeder Keimling besitzt, eingehen; hier sei nur erwähnt, dass bei Dunkelcultur die Kerntheilung nur einmal erfolgt und alle Keimlinge auf einer zweikernigen Entwicklungsstufe verbleiben. Das Zurückbleiben der Keimlinge bei Dunkelcultur mögen folgende offenbar auch Cienkowski, indem er l. c. schreibt: „Zwischen den jungen noch glatten Sporen bemerkt man oft lange Spiralfäden, welche durch leise Bewegung den Sporen schwache Oscillationen mittheilen. Ich habe einen ganzen Knäuel solcher sehr langer Fäden in unverletzten Gliedern beobachtet, konnte aberüber ihre Entwicklung und ihre Bedeutung nichts ermitteln.“ Ueber die Frage, wie das Eindringen der Oscillaria geschieht, sind wohl heute keine Aufklärungen mehr nöthig. 1) l.c. sagt Rauwenhoff, dass auch eine parthenogenetische Entwicklung un- befruchtet bleibender Oosphären wahrscheinlich sei. Ich habe nichts gefunden, was auf eine solche Parthenogenese hindeuten würde. Hingegen habe auch ich einzellige Pflänzchen beobachtet, die sich zur Bildung von Geschlechtszellen anschickten. Auf solche Weise entstehende Diöcie ist übrigens nur das Produkt sehr ungünstiger Vegetationsbedingungen, bei denen schon sozusagen die Keimlinge möglichst rasch zur Bildung der Geschlechtszellen hinstreben. Die ganze Erscheinung ist dem „Na- nismus“ Phanerogamer Pflanzen analog, nur dass dieser hier noch mit diöcischer Ausbildung verknüpft sein kann. 2) Bullet. d. l’Akad. de St. Petersbourg 1862, Bd. 13 pag. 432. 3) „Die Keimung der Lebermoossporen, in ihrer Beziehung zum Lichte“. Be- richte der Wiener Akad. 1876. 442 E. Heinricher: Angaben aus dem angestellten Versuche illustriren. Die Cultur wurde am 26. IV. bei 14° R. angesetzt, nach 36 Stunden fanden sich schon reichlich Keimlinge, die das normale Aussehen im Lichte entstandener boten. Die Oultur wurde in den Dunkelschrank zurückgestellt, nur eine Probe davon wurde auf einem Öbjektträger unter Deckglas in einer Feuchtkammer ans Licht gesetzt. Am 30.1V. waren die Keimlinge in der Dunkelcultur noch ganz normal mit grünem Protoplasma erfüllt, doch waren.sie nicht gewachsen, während jene Keimlinge, welche am 28. der Dunkelcultur entnommen und unter Deckglas am Lichte cultivirt wurden, sämmtlich mehr als die doppelte Länge der grössten aus der Dunkelcultur erreicht hatten. Am 1. V. wurde dann die Hälfte der Dunkelcultur in einer Schale an einem Südfenster ans Licht gebracht — die andere Hälfte verblieb im Dunkelschrank. Am 3. V. wurden die Keimlinge beider Culturen verglichen. Jene der Dunkelcultur waren im Durchschnitt 0,36 mm lang, während jene, die am 1. V. ans Licht gesetzt worden waren, eine durchschnittliche Länge von 0,79 mm erreicht hatten; in 2 Tagen hatten also die ans Licht gesetzten Keimlinge jene der Dunkelcultur um mehr als das Doppelte im Wachsthum überholt. Die Keimlinge der Dunkelcultur hatten aber schon am 30.1V. eine Durchschnittslänge von 0,36 mm, woraus hervorgeht, dass sie in der Zeit bis zum 3. V. ın der That nicht weiter gewachsen sind. Auch am 9. V. zeigten diese Keimlinge noch die gleiche Grösse, während jene die am 1. V. ans Licht gesetzt worden waren, schon bei 6 mm lange Fäden bildeten und mehrere Theilungen besassen. Die Fähigkeit der Sphaeroplea-Sporen im Dunkeln zu keimen, mag in der vom Lichte nicht abhängigen Wirkung des in ihnen die Reactivirung der Reservestoffe bewirkenden Fermentes liegen!). Wie schon erwähnt, sind aber auch die im Dunkeln entstehenden Schwärmer und ersten Stadien des Keimlings vollkommen normal und enthalten wie die am Lichtekeimenden Chlorophyll. Die Thatsache, dass die Chlorophylibildung hier auch im Dunkeln erfolgt, drängt uns zur Annahme, dass in dem röthlichen, öligen Inhalt der Dauersporen der Chlorophylifarbstoff schon in irgend einer Modification (vielleicht in einer feinen Durchmischung mit dem rothen Oele, Haematochrom Gohn’s) vorhanden ist, die zur Ueberführung in Chlorophyll (oder Sonderung des letzteren) eines. vom Lichte unabhängigen Impulses bedarf. Die enge Beziehung des Hae- matochroms zum Chlorophyll hat auch Cohn hervorgehoben und auch 1) Bekanntlich fasst Sachs (Vorlesungen über Experimentalphysiologie pag. 425) die Ruheperioden, mögen es nun Sporen oder ruhende Knospen sein, so auf, dass es sich dabei wahrscheinlich um die langsame Bildung eines Fermentes handle, wel- ches die Reactivirung der Reservestoffe vorzunehmen vermag. Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea. 443 betont, dass die Dauersporen in concentrirter H,SO, eine blaugrüne Färbung annehmen, welche Reaction die Schwefelsäure auch auf das Chlorophyll ausübt. Dieses Verhältniss tritt auch aus dem Processe, wie er sich in einer Richtung in den reifenden Dauersporen und in der entgegengesetzten vor der Keimung und Bildung der Schwärmsporen abspielt, scharf hervor. Was nun das Zurückbleiben der im Dunkeln cultivirten Keimlinge im Wachsthum betrifft, so resultirt dieses offenbar vor allem aus dem Mangel von Assimilation und dem raschen Verbrauch des dem Schwär- mer aus der Dauerspore überkommenen plastischen Stoffvorrathes. Dies ‘zeigte ein einfacher Vergleich der Inhaltsbeschaffenheit, einerseits der Keimlinge der Dunkelcultur und andererseits jener, welche dieser ent- nommen, 2 Tage am Licht gestanden waren. Nachdem die Frage entschieden war, dass die Sphaeroplea-Sporen auch im Dunkeln keimen, war a priore auf einen bedeutenderen Ein- fluss des Lichtes, nach seiner Zusammensetzung aus Strahlen ver- schiedener Brechbarkeit, wie er von Borodin auf die Keimung der Farnsporen nachgewiesen worden ist, nicht zu denken. In der That keimten die in Blechkästen mit seitlich einfallendem rothem (Rubin- glasscheibe) oder blauem (Üobaltglasscheibe) Licht, angesetzten Dauer- sporen; in beiden waren nach 15 Stunden schon ziemlich viele Keim- linge vorhanden. Diese Oulturen waren zu dem Zwecke angestellt, um auch den Einfluss des rothen und des blauen Lichtes auf das Wachsthum zu prüfen. Nach, mit entstärkter Spirogyra, vorgenommenen Versuchen waren, in Bezug auf Assimilation, die durch die rothe Scheibe durch- gelassenen Strahlen jenen gegenüber, welche durch die blaue gehen mussten, in ihrer Wirksamkeit wesentlich gleich. Der Versuch kann, ob ungünstiger Vegetationsbedingungen, welche die Culturen bald ein- gehen liessen, zwar nicht als entscheidend angesehen werden, immerhin scheinen aber die gleich anfangs gefundenen Werthe deutlich im Sinne der Resultate der anderen Forscher (Sachs, G. Kraus, Brefeld, Vines) zu sprechen, dass die Strahlen der blauen Spectralhälfte die für das Wachsthum wirksameren sind. Denn die Keimlinge im, hinter der rothen Scheibe stehenden Culturgefäss hatten nach 7 Tagen eine durchschnittliche Länge von 0,172 mm erreicht, während die hinter der blauen Scheibe schon eine Länge von 0,25 mm zeigten. Bildung und Austritt der Schwärmsporen. Da Cohn den Austritt der Sphaeroplea-Schwärmsporen nicht beob- achtet hatte, richtete ich auch auf diesen Punkt mein Augenmerk und trachtete nebstbei die Vorgänge der Schwärmsporenbildung zu verfolgen. Das letztere ist eine schwierige Aufgabe. Hindernd tritt uns vor allem das röthliche Oel, welches in grösseren oder kleineren Ballen den 444 E. Heinricher: ganzen Innenraum der reifen Sporen erfüllt, entgegen!). So deutliche Theilungszustände der Inhaltsmasse der Dauerspore, wie sie Cohn in Fig. 1 (b, c, d) giebt, habe ich nie gesehen. Wohl kommen ähn- liche Bilder, oft schon im Jahre in dem die Dauersporen gebildet wurden, durch die Gruppirung der Oelmassen in wenige grössere oder zahlreichere kleinere Ballen zu Stande, aber dieser Vorgang hat mit der Schwärmsporenbildung nichts gemein. Das Wenige, was ich über die Schwärmsporenbildung weiss, möchte ich nun im Folgenden zusammenfassen. Die Vorbereitung dazu wird wesentlich durch die Veränderung der Färbung der Dauer- sporen, und damit in der Substanz- und Formänderung ihres Inhaltes bemerkbar. Die immer ziemlich grossen Oelkugeln werden ın viele kleinere zertheilt, gleichzeitig wohl auch im Ganzen vermindert, wäh- rend andererseits Chlorophyll in den Sporen sichtbar wird. Die mennig- rothe Farbe der Dauersporen bekommt dabei einen grünlichen Schimmer (erst später scheinen auch grüne Körner aufzutreten). Man findet nun Dauersporen solcher Färbung, in welchen, nicht scharf gegebene, Grenz- linien Plasmapartien von einander zu scheiden scheinen, wie etwa bei a ın Fig. 12; deutlich aber ist die Bildung der Schwärmsporen erst dann erkennbar, wenn sie in der Mutterzelle sich zu bewegen beginnen. Auch dann ist die Begrenzung der einzelnen und die Zahl der vor- handenen nicht immer leicht zu bestimmen. Die Zahl der aus je einer Dauerspore hervorgehenden Schwärmer ist, wie schon Cohn bemerkt, schwankend, doch sah ich nie über 4. Einen sicheren Fall mit 2 Schwärmern giebt Fig. 12 bei 5; als die Schwärmer sich in der Spore zu bewegen begannen, war es leicht zu constatiren, dass nur 2 Schwärmer die Spore erfüllten. Auch kommt es vor, dass ein einziger Schwärmer den Raum einer Spore erfüllt, also wohl aus dem gesammten Inhalt einer Spore hervorgeht. Diese Beobachtungen sind an einem Material gemacht, welches die Dauersporen noch in den Sphaeropleazellen eingeschlossen enthält, indem es bald nach dem Eintrocknen der Fäden aus dem Freien genommen und an einem trockenen Orte aufbewahrt wurde. Ein grosser Theil der Dauersporen ist offenbar in Folge dieser Behandlung, nicht zur vollen Reife gelangt und kommt so nicht zur Schwärmsporenbildung. Andererseits keimen doch etliche und da in der Regel solche, eine ganze Reihe bildend, nebeneinander liegen, oft eine ganze Sphaeropleazelle um- fassen, hat man gleich eine Serie von Bildungsstufen nebeneinander. Der Umstand, dass sich die Stufen der Schwärmsporenbildung wenig scharf sondern, geht daraus hervor, dass man von einer Abgrenzung 1) Die Extraction desselben (um etwa den Zeitpunkt der Entstehung der Kerne für die einzelnen Schwärmsporen, aus dem ursprünglich einem Kern der Dauerspore zu erfahren) ist geradezu nicht durchführbar. Einmonatliches Liegen der Sporen in Aether hatte noch zu keinem Erfolg geführt. Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea. 445 von Plasmapartien in dem Inhalte einer Spore (die etwa neben einer, die bereits ausgebildete Schwärmsporen enthielt, lag), vor kurzem nichts oder nur undeutliche Conturen sah, während doch auch in ihr sich bald Schwärmer drängend herumbewegen. Andererseits ist dieses fädige Material zur Beobachtung des Aus- trittes der Schwärmsporen nicht besonders geeignet. Bei dem engen Raum, der in den Zellfäden zwischen den Sporen übrig bleibt, ist es schwer zu verfolgen, wie die Schwärmsporen aus der Mutterzelle hervortreten, und selbst die ausgeschlüpften gelangen nicht weit, ja oft finden sie nicht einmal Raum genug, die Spore zu verlassen. um, wie es gewöhnlich geschieht, in die zwischen den einzelnen Sporen befind- lichen Zwischenräume und Winkel zu gelangen. Doch erzielt man bei etwas Ausdauer ein Resultat durch feines Zerschneiden des „fädigen“ Materials, an Kulturen, die im feuchten Raum unter Deckglas ange- stellt werden. An Sporen, die an der Schnittfläche eines Fadens liegen, oder, herausgefallen, ganz frei liegen, kann dann der Austritt der Schwärmer ins umgebende Wasser verfolgt werden. In allen Fällen, wo ich Schwärmer in den Sporen sah, war das faltige Exospor noch vorhanden), Von besonderem Interesse ist es zu beobachten, welche Form- änderungen die Schwärmer, welche in den Fäden zwischen die Sporen ausgetreten sind, vollführen. In aller möglichen Weise suchen sie sich einen Ausweg zu schaffen, doch wohl beinahe ausnahmslos ohne Er- folg, der Durchmesser der Dauersporen ist im Verhältniss zu dem des Fadenquerschnittes zu gross, um den Schwärmern ein Durchzwängen zu gestatten, obgleich diese von der Gestalt eines kugligen Klümpchens zu der eines Wurmes, die gegenüber dem Durchmesser der früheren Kugelgestalt die 2—3fache Länge besitzt, sich umzugestalten vermögen. Oft nehmen die Schwärmer die sonderbarsten Formen, ganz angepasst dem Raume, den sie eben finden, an. Es scheint mir ferner ziemlich sicher zu sein, dass die Vertheilung der röthlichen, öligen Substanz im Schwärmer doch keine unbestimmte ist, wie es Cohn annimmt. Immer fand ich sie an einem Ende vor- zugsweise gesammelt, das als vorderes bezeichnet werden kann (vgl. Fig. 12). In der Regel ist dieses auch bedeutend schmäler ausgezogen und an seiner Spitze findet sich immer ein heller Fleck?). In diesem 1) Cohn giebt an, die Schwärmsporenbildung öfter auch an Sporen, welche ihr faltiges Exospor abgeworfen hatten, beobachtet zu haben. Seine Abbildungen der Theilungsvorgänge in der Dauerspore sind auch sämmtlich solchen Exosporfreien Dauersporen entnommen. 2) Wie es an mit Jod getödteten freien Schwärmern ersichtlich, ist dies der Ort der Insertion zweier äusserst zarter Flimmerfäden. — Das Sichtbarmachen dieser gelang mir schwer, während die Flimmerfädrn der soviel kleineren Spormatozoiden leicht zu erkennen sind. 446 | E. Heinricher: Vorderende liegt augenscheinlich das Maximum an Bewegungsenergie. Dieses ist der grössten Verschmälerung fähig, alle Versuche sich irgendwo einzuzwängen gehen von ihm aus und wird auch das Hinterende, wie später zu beschreiben sein wird, sehr energisch bewegt. so scheint doch diese Bewegung von dem röthlich gefärbten Theile auszugehen. Diese Beobachtungen führten mich unwillkürlich zu dem Gedanken, dass die röthlichen, öligen Massen den Energiequell für alle Bewegungs- äusserungen bilden möchten und da das Oel eine stark oxydable Sub- stanz ist, erscheint die Idee vielleicht nicht ganz unberechtigt. Den Austritt der Schwärmsporen konnte ich einmal genau ver- folgen; eine eingehendere Schilderung desselben dürfte berechtigt sein. An einem Stücke eines Sphaeropleafadens war eine Zelle so abge- schnitten, dass eine Spore in dem Faden noch völlig geborgen lag, während eine vordere nur mehr zur Hälfte darin steckte. Beide Sporen waren zur Schwärmsporenbildung geschritten; die innere zuerst, ihre Schwärmer waren ausgekrochen und in den engen Raum zwischen der Hülle ihrer Mutterzelle und der vorderen Spore gelangt, wo sie ziemlich enge aneinander gepresst lagen und nur geringe Bewegungen ausführen konnten (Fig. 12, ec). Zu gieicher Zeit war auch in der vorderen Spore die Bildung der Schwärmer vor sich gegangen; Zuckungen im Innern der Spore ver- riethen dies, die Zahl der gebildeten Schwärmer konnte aber vorläufig nicht festgestellt werden. Endlich wurde an der freiliegenden Seite der Dauerspore ein kleines, helles, protoplasmaarmes und sich langsam vorschiebendes Stück eines Schwärmers sichtbar, das offenbar nur mit Schwierigkeit durch eine zu enge ÖOeffnnng durchgezwängt wurde. Nach und nach kam mehr zum Vorschein, ° der herraussen befindliche Theil wurde mit Protoplasma erfüllt und nach 2 Stunden war der erste Schwärmer in Freiheit. Die Bewegung während des Austrittes bot den Eindruck, als ob sie durch das Stemmen eines im Innern thätigen Theiles zu Stande käme. Das zunächst vorgetretene Ende war das hintere. Kaum im Freien, blieb der Schwärmer träge an Ort und Stelle liegen und rundeten sich zur Kugel ab. Er erschien ganz entkräftet, nur hie und da waren Zuckungen an ihm bemerkbar. Was schliesslich aus ihm geschah, weiss ich nicht, da er, bei Zufuhr eines Wassertropfens unter das Deckglas, weggeschwemmt wurde. Unmittelbar nach dem Austritt dieses Schwärmers wurde ein zwei- ter an der Austrittsstelle bemerkbar, der nun rasch hervortrat. Wieder schritt das hintere Ende voran, zunächst wurde es bohrend bewegt, nachdem aber ein ziemliches Stück aus der Spore vorgeschoben war, wurde die Bewegung sehr energisch und eigenthümlich. Der Schwär- mer hatte nun die Gestalt einer Keule; das hintere, breite Ende war bereits im Freien, das schmälere, vordere noch in der Spore. Das Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea. 447 dickere Ende wurde nun äusserst rasch von rechts nach links und dann im umgekehrten Sinne gedreht. Dies wiederholte sich einigemal. Die Bewegung schien wieder im Vorderende ihren Sitz zu haben, sie war vergleichbar der einer Keule, die, am schmalen Ende von einer Hand gefasst, zunächst nach einer und dann nach entgegengesetzter Richtung so geschwungen wird, dass die Keule im Kreisen die Mantelfläche eines Kegels beschreibt. — So hatte sich der Schwärmer in 4-5 Minuten die Freiheit gewonnen und schwärmte rasch, das vordere, rothe Ende voran, davon. In der Dauerspore verblieben noch zwei Plasmaportionen, von denen die eine bald in eine krümelige Masse zeıfiel, während die an- dere nach einiger Zeit die Schwärmbewegung aufnahm. Zunächst suchte der Schwärmer die Austrittsspalte, (die immer erst während des Aus- trittes bemerkbar wurde) fand sie endlich und hatte sich unter vieler Mühe in 4 Stunde durchgebohrt. Seine Bewegungen hierbei waren nicht so lebhaft wie die seines Vorgängers, doch immerhin intensiv. Dass wirklich drehend-bohrende Bewegungen erfolgen, konnte beim Austritt des Schwärmers direkt constatirt werden, da sein schmäleres, zuletzt in's Freie gelangtes Vorderende eine korkzieherartige Win- dung erhalten hatte, die nach dem Austritt nicht, wenigstens nicht gleich anfänglich, ausgeglichen werden konnte. In Folge dessen bot der Schwärmer während der, die fortschreitende Bewegung begleitenden Rotation um die eigene Achse, bald eine dünnere bald eine breitere Seite des Vorderendes dem Beschauer. Nun fanden auch die Schwärmer der rückwärtigen Spore, Gelegen- heit auszutreten. Dabei beobachtete ich wieder, dass einer der Schwär- mer, bevor er in’s Freie gelangen konnte, in eine krümmelige Masse zerfiel. Es mag dies einer Erschöpfung der Kräfte während der lang- wierigen Versuche in’s Freie zu gelangen, zuzuschreiben sein!). An einem anderen Schwärmer interessirte mich die Beobachtung, dass seine Gestalt nicht mehr jener Formveränderungen fähig war, die anfänglich dem Schwärmer in so bedeutendem Grade. zukommt. Aller- dings waren seit dem Beginn der Beobachtung, und da waren diese Schwärmer schon ausserhalb der Mutterzelle, auch drei volle Stunden vergangen?). 1) Cohn erwähnt pag. 5: „Häufig findet man die leeren Membranen (Dauer- sporen), in denen höchstens ein Rest unverbrauchten Inhalts zurückblieb. Es er- scheint nach obigem fraglich, ob dies bei der Sporenbildung unverbrauchte Proto- plasmareste oder solche, die vom Zerfall bereits gebildeter Schwärmsporen her- rühren, sind. 2) Ein Auswachsen der Sphaeropleasporen innerhalb der Sphaeropleazellen habe ich nur einmal beobachtet. Interessant war dabei die sich geltend machende Ein- wirkung des begrenzten Raumes auf die Gestalt der Keimlinge. Drei von vieren konnten ihre normalen haarspitzartigen Enden nicht ausbilden, nur kleine Zäpfchen 448 E. Heinricher: Kernvermehrung im Keimling; Auftreten der ersten Theilungswand. Ich habe schon früher erwähnt, dass die befruchtete Eizelle einen Zellkern enthält und dass auch jede Schwärmspore und der Keimling, im ersten Jugendstadium, je einen Kern besitzen. Der eine Kern der Dauerspore muss sonach zur Bildung der Kerne der Schwärmsporen sich theilen. Den Zeitpunkt wann dies geschieht konnte ich nicht fest- stellen, wahrscheinlich fallen wohl Kerntheiluong und Schwärmsporen- bildung zusammen. Der junge, einkernige Keimling (Fig. 14a) bleibt nur kurze Zeit auf dieser Stufe; mit seinem Wachsthum schreitet die Vermehrung der Zellkerne gleichzeitig vor. So durchläuft er zunächst die in den Fi- guren 14(a—d) enthaltenen Stufen mit 2, 4 und 8 Kernen. Es ist offen- bar, dass der primäre Kern sich in zwei theilt und, dass die jeweilig vorhandenen Kerne nach bestimmten Intervallen denselben Vorgang wiederholen. Dabei treten, wenigstens anfänglich, die vorhandenen Kerne gleichzeitig die Theilung an, weshalb die Keimlinge nach Ueber- schreitung des einkernigen Zustandes immer eine gerade Anzahl von Zellkerner besitzen, also 2, 4 oder 81). Ob diese Regelmässigkeit noch längere Zeit andauert ist fraglich, denn mit der Vergrösserung der Zellen wird es auch schwieriger die Kernzählungen sicher durchzuführen. 16 kernige Keimlinge konnte ich noch wiederholt beobachten, indessen scheint es mir, dass dauernd die gleichzeitige Theilung aller Kerne nicht gilt, dass bald ein oder der andere Kern, während die übrigen Kerne sich theilen, seinerseits un- getheilt bleibt. Jedenfalls würde das Gesetz, dass die Sphaeropleazelle eine gerade Anzahl von Kernen hat, nur bis zur eintretenden Gliede- rung in Zellen gelten. waren als eine rudimentäre Andeutung derselben vorhanden. Dafür aber waren die Keimlinge bis unter diese Zäpfchen, in welche sie beinahe unvermittelt übergingen, relativ um so breiter. Einen der Keimlinge stellt Fig. 13 dar. Er zeigt die mehr oder minder unterdrückte Ausbildung der haarspitzenartigen Enden und überdies eine Gabelung an der einen Seite. Das Wachsthumsbestreben und der in der Zelle herrschende Turgor haben offenbar gleich unter der am weiteren Wachsthum ver- hinderten Spitze eine Ausstülpung getrieben, die beinahe das Ansehen des primären Endes selbst gewonnen hatte und so den Eindruck eines Dedoublements bietet. 1) Die Theilung der Zellkerne habe ich zwar nicht beobachtet, doch fand ich Stadien, in denen je 2 Kerne unmittelbar neben einander lagen, während später die Kerne in ungefähr gleichen Abständen von einander stehen; und zwar befinden sich solche nebeneinander liegende Kerne immer in Keimlingen, deren Kernzahl im Ver- hältniss zur Grösse des Keimlings gross erscheint. Dies, sowie die regelmässige, progressionsweise Zunahme der Kerne spricht dafür, dass die Kernvermehrung durch Kerntheilung erfolgt, wie dies ja auch allgemein gilt. Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea. 449 Bei der Zelltheilung sind die Kerne, wie dies Schmitz auch für andere vielkernige Thallophyten nachgewiesen hat, nicht betheiligt. Was das Auftreten der ersten Zelltheilung im Keimling anbelangt, so erfolgt diese ziemlich spät und zwar in der Regel um so später, je üppiger der Keimling. Keimlinge von 3,5 mm Länge besassen meist „och keine Theilung. Der Ort, wo die erste Querwand auftritt, ist durchaus nicht bestimmt; sie kann nahe der Mitte stehen, aber auch dem einen Ende sehr genähert, so dass sie das eine Drittel der Gre- sammtlänge von den übrigen zweien theilt, und ich habe Fälle ge- sehen, wo die zweite Theilwand dann in dem kleineren der so vor- nandenen Fadenabschnitte aufırat (Fig. 15d). Bei ungünstigen Vege- tationsbedingungen kann auch ein relativ kleiner Keimling schon meh- rere Theilungen haben. So ist es bei dem Keimling / der Fig. 15, der in einer Recklinghausen’schen Kammer gezogen worden war. Die Fig. 15 soll das Schwankende im Auftreten der ersten Theilungs- wände des Keimlings veranschaulichen; die Keimlinge sind in den Linien in 10facher Längenvergrösserung dargestellt. Varietätscharakter. Am Schlusse sollen noch einige Merkmale unserer Sphaeroplea, die sie noch ausser der charakteristischen Querwand- und Balkenbildung von der Sphaeroplea annulina Ag. unterscheiden, hervorgehoben werden. Ein solches ist die weit hellere, hell mennigrothe Färbung der Dauer- sporen, die bei der Cohn’schen Sph. annulina zinnoberroth erscheint. Ferner giebt Cohn für die Sphaeroplea annulina an, dass zur Zeit da in den Zellen die eigenthümlichen Oeffnungen zum Aus- und Eintritte der Spermatozoiden entstehen, eine eigenthümliche Umänderung der Substanz der Zellwand sich geltend mache, der zufolge sie nicht mehr Cellulose-, sondern Amyloid-Reaction gebe, sich also mit Jod allein schon purpurroth oder violett färbe. Diese Reactionsänderung zeigten die Zellwandungen unserer Sphaeroplea, auch zur Zeit, da sie schon reife Dauersporen enthielt, nicht!). Möglicherweise sind auch Unterschiede in der Gestalt der Sper- matozoiden vorhanden (vergl. S. 439). Alle diese Momente würden jedoch zur Begründung einer Varietät nicht ausreichen, wohl aber scheint die eigenthümliche Gestaltung der Querwände und die Neigung zur Bildung von Cellulosezapfen im Zu- sammenhang mit der damit verbundenen Art der vegetativen Ver- mehrung, eine auf dem Wege der Variation entstandene Eigenthümlich- keit zu sein, und wir sehen es daher für zweckmässig an, unsere 1) Uebrigens dürfte das Cohn’sche Reactionsresultat wohl darin seine Erklärung finden, dass eine ältere Jodauflösung benützt worden war, in der sich Jodwasser- stoffsäure gebildet hatte, welche bekanntlich auf Cellulosemembranen wie ein Ge- menge von Jod und Schwefelsäure einwirkt. 29 D.Botan.Ges.1 450 E. Heinricher: Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea. Sphaeroplea als Sph. annulina Ag. Var. crassisepta mihi, zu bezeichnen. Der Rabenhorst’schen!) Genus-Diagnose wäre die Varietäts-Diagnose beizufügen: Septis crassis, quorum in medio crebro coni vel colliculi prominent; saepius et aliis locis in cellula annuli, aut coni, aut striae cellulosae materiae excrescunt. Fila facile articulatim dilabuntur, quo modo egregia vegetativa propagatio evenit. Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Figuren wurden mit der Camera lucida entworfen. Fig. 1. (a—c.) Gestalt der Querwände und die ihnen aufsitzenden Zapfenbildungen (310), d eine auf dem Stadium eines Celluloseringes verbliebene Zell- theilung von der Fläche gesehen (480). Fig. 2. Stück eines Zellfadens mit abnormer Ausbildung von Cellulose-Riefen und Zäpfchen (310).. Fig. 3. Stück eines Zellfadens, mit an die Querwand beiderseits anschliessendem Cellulosepfropf. Die Längswände sind ob Behandlung mit Reagentien ge- quollen und zeigten schöne Schichtung (480). Fig. 4. Eine unvollständige Abgliederung von Fadenstücken an einer Theilungs- wand (480). Fig.5 (a, b). Successive Stadien abgegliederter Fadenenden (310). Fig. 6. Stück eines Keimlings mit einer Bruchstelle; die Theile rechts und links | von letzterer schliessen sich durch Membranbildung ab (310). Fig. 7. Stück eines Sphaeropleafadens, welehes die Anordnung des Zellinhaltes und die durch Haematoxylinfärbung hervortretenden Zellkerne zeigt. A= - lumkugeln (480). Fig. 8. Unbefruchtete und befruchtete Oosphaeren mit tingirtem Zellkern (310). Fig.9. Mit Hämatöin-Ammoniak gefärbte Spermatozoiden (620). Fig. 10. Zellfadenstück mit Spermatozoiden-Bildungsherden; Präparat tingirt mit Hämatein-Ammoniak (310). Fig. 11. Beginn der Kernvermehrung in den Plasmaringen männlicher Zellen (310). Fig. 12. Stück eines Sphaeropleafadens mit keimenden Dauersporen. Bei a undeut- liche Abgrenzung der Plasmaportionen der einzelnen Schwärmer, bei b eine Dauerspore in welcher 2 Schwärmer gebildet wurden, bei c, Austritt des ersten Schwärmers der vorderen Spore — die Schwärmer der rück- wärtigen sind bereits in die Zwischenräume im Zellfaden ausgetreten (480). Fig. 13. Innerhalb des Zellfadens ausgewachsener Keimling mit, ob der Raum-Be- schränkung, monströser Ausbildung (220). Fig. 14 (a—d). Keimlinge, auf einander folgender Altersstufen, welche die succes- sive, progressionsweise Zellkernvermehrung zeigen (310). Fig. 15. Schematische Darstellung des Auftretens der ersten Theilungswände im Keimling. Die Keimlinge sind durch die Linien in 10facher Längenver- grösserung gegeben Fig. 16. Reife Dauerspore (310). Fig. 17. Schwärmspore (480). 1) Flora Europaea Algarunı, Sectio III., Lipsiae 1868 pag, 318. Sitzung vom 30. November 1883. 451 Sitzung vom 30. November 1883. Vorsitzender: Herr S. Schwendener. Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren: Dr. Krätzschmar in Göttingen (durch Reinke und Schwendener). Dr. Hentze in Göttingen (durch Reinke und Schwendener). Dr. Oscar Schmidt, Berlin N., Schwedterstr. 35a (durch Schwendener und Westermaier). Herr Tschirch legt der Gesellschaft eine Anzahl Chlorophylipräpa- rate (Reinchlorophyll und Derivate desselben) vor. Herr 0. Müller demonstrirt das Drahtmodell eines Chromatophors von Pleurosigma angulatum Sm. Mitglieder-Liste. (Schluss)*). Askenasy, Dr. Eugen, ausserordentl. Professor der Botanik in Heidelberg, Bergheimerstr. 18. Athenstädt, Dr. W., Assistent am pflanzenphysiologischen Institut in Göt- tingen. Heiligenstadt, C. stud. phil. in Berlin N., Kesselstr. 24 1. Kohl, Dr. F. G. in Marburg, Ketzerbach. *) Dem letzten Hefte dieses Bandes wird eine vollständige von den Mitgliedern selbst revidirte Mitgliederliste beigegeben werden. 452 A. Winkler: Mittheilungen. 58. A. Winkler: Bemerkungen über die Keimpflanze und die Keimfähigkeit des Samens von Tithymalus Cyparissias Scop. Eingegangen am 26. October 1883. In den Abhandlungen des nawırw. Vereins zu Bremen, Bd.5, 1877, habe ich bereits einige Mittheilungen über die Keimpflanze des T'ithy- malus Cyparissias Scop. gemacht. Weitere Beobachtungen veranlassen mich diese Mittheilungen wieder aufzunehmen und zu vervollständigen. Eine genaue Beschreibung des Keimlings hat Th. Irmisch (Ueber die Keimung und die Ergänzungsweise von Convolvulus sepium u. S. W., in Bot. Ztg. Bd. 15, 1857, Sp. 470) gegeben. Die verkehrt-eilanzettlichen oder schmal-elliptischen Keimblätter haben keinen deutlich abgesetzten Stiel, sind aber breiter und mindestens ebenso lang, als die nachfol- genden Laubblätter. Während sie sich in ihren Dimensionen ziemlich gleich bleiben, varıren die Laubblätter in Hinsicht auf ihre Breite, wie dies ja auch bei blühbaren Exemplaren der Fall ist. Im Herbste 1872 erhielt ich frisch gesammelten Samen aus der Umgegend von Potsdam, und säte ihn im Frühjahr 1873 in einem Topfe aus. Da er bis zum Spätherbste nicht aufgegangen war, liess ich den Topf den Winter über kalt und trocken stehen und säte dann im Frühjahr 1874 Potentilla argentea L. dazu, 1875 Centaurea Cyanus L., 1876 Fragaria elatior Ehrh., 1877 Hieracium umbellatum L. — Bei allen diesen Aussaaten kam es mir nur auf die Beobachtung der Keimpflanzen an, und dieser Zweck war bis zum Herbste eines jeden Jahres erreicht. Mit dem Hieracium umbellatum L. (1877) zugleich, also erst nach 4 Jahren, gingen die ersten 5 Körner des Tithymalus auf. Unter ihnen fand sich, beiläufig, auch ein tricotyles Exemplar, welches ich in den Bremener Abhandlungen, Taf. 11, abgebildet habe. Die Hauptmasse keimte indessen erst im Jahre 1830, nachdem ich inswischen 1878 Nasturtium offieinale R. Br., 1879 Erigeron acer L. ge- zogen, und 1880 Cardamine chelidonia L. dazu ausgesät hatte. Die Letztere interessirte mich, als nicht dem Koch’schen Florengebiete an- gehörig, und da ihre Keimlinge etwas Besonderes nicht boten, weniger; Bemerkungen über Keimpflanze u. Keimfähigkeit von Tithymal. Cypariss. Scop. 453 ich zog also die aufgegangenen Exemplare aus, sobald dazwischen Tithymalus in grösserer Anzahl erschien, und liess diesen zur vollen Entwickelung kommen. Seitdem sind aber noch im Jahre 1883 ein- zelne Exemplare zur Keimung gelangt, und ob dieses nachträgliche Keimen hiermit seinen Abschluss erreicht haben wird, ist zudem fraglich. Ich habe leider versäumt, die Körner bei der Aussaat zu zählen.!) An den zuerst (1877) aufgegangenen Exemplaren bemerkte ich, dass die Spitze der epicotylen Achse nach dem Auftreten der ersten Laub- blätter nicht aufrecht stand, sondern sich in einem fast spitzen Winkel zur Seite bog.) Im Laufe des weiteren Wachsthums_ streckte sich die Achse, während die Spitze immer gebogen blieb. Der ursprünglich spitze Winkel ging aber allmählich in einen rechten, später in einen stumpfen über, bis er sich am Schlusse der Vegetationsperiode ganz verlor, und die Pflanze durchweg gerade aufrecht stand. Bei den später aufgegangenen und bei wild gewachsenen Exemplaren habe ich diese eigenthümliche Erscheinung, deren Grund ich übrigens nicht zu erklären vermag, nicht wahrgenommen. Hierbei bemerke ich, dass ich immer dieselben Töpfe benütze, die Erde niemals wechsle oder auffrische, und dass die Töpfe in jedem Winter kalt und trocken stehen, so dass der darin zurückgebliebene Same höchstens in seiner Lage verändert wird. Es ist dies eine Öultur- Methode, welche wohl kaum anderwärts zur Anwendung kommt, welche aber zur Beurtheilung der Keimfähigkeit des Samens und seines Ver- haltens nach der Aussaat von wesentlichem Nutzen ist. — Der Hinzu- tritt jüngeren Samens, wie er bei der Aussaat im freien Lande oder in der freien Natur, namentlich in einer Reihe von Jahren immerhin stattfinden kann, ist hier völlig ausgeschlossen. Bei dieser Methode habe ich die alte Erfahrung bestätigt gefunden, dass der Same der perennirenden Leguminosen oft mehrere Jahre in der Erde liegt, bevor er keimt, und dass dies sogar nur mit einem ganz geringen Procentsatze geschieht, dass also der grösste Theil — zuweilen die gauze Aussaat — zu Grunde geht, oder überhaupt keine Keimfähigkeit erlangt hat. Es liegt dies nicht an der Oulturmethode, sondern trıfft auch ebenso ın der freien Natur zu. An Orten, an denen beispielsweise Astragalus glyeyphyllos L., Genista tinctoria L., Trifolium medium L. u. A. massenhaft wuchsen, habe ich doch äusserst selten eine Keimpflanze gefunden. Von Lathyrus silvester L. nie. 1) Euphorbia exigua L. ist übrigens, unter denselben Verhältnissen, erst nach 9 Jahren aufgegangen, was freilich bei Acker-Unkräutern keine seltene Erscheinung ist. Eine Nachkeimung hat dann nicht stattgefunden 2) Dieses Verhalten zeigte sich auch bei dem, in der allegirten Tafel dargestell- ten tricotylen Exemplare. 454 A. Winkler: Andere Pflanzen keimen wieder nicht gleichzeitig, d.h. nicht sämmt- lich in demselben Jahre, in welchem sie ausgesät worden, sondern immer nur mit einem aliquoten Theile, in einer Reihe auf einander folgender Jahre. Hierher gehören z. B. Reseda lutea L., Dianthus Ar- meria L., Malva moschata L. u. A. Freilich kann auch der Fall vorkommen, dass zwei gleichzeitig aufgegangene, in verschiedenen Jahren eingesäte Samen eines verschie- denen Feuchtigkeits-Grades zu ihrer weiteren Entwickelung bedürfen, wıe Chenopodium polyspermum L. und Alyssum saxatile L. Dann muss natürlich eines der beiden Keimlinge, welches zur Zeit das geringere Interesse bietet, dem andern weichen. Was nun das Verhalten der im freien Zustande gewachsenen Keim- pflanzen betrifft, so ist es im Wesentlichen mit dem der gezogenen gleich. Ich fand solche Exemplare zuerst, sparsam, um Kösen, später auch an anderen Orten Thüringens (Lobenstein, Liebenstein). Nirgends aber standen die Keimlinge in unmittelbarer Nähe der alten Stöcke, sondern nur auf lockerem Boden, in einer kleinen Vertiefung desselben, am Rande eines frisch aufgeworfenen Grabens u. s. w. Am Auffallend- sten trat dies bei Lobenstein hervor. Hier wächst der Tithymalus Cyparissias auf dem trockenen, steinigen Gipfel des Gallenberges reich- lich, ohne dass ich indessen während dreier Sommer auch nur eine einzige Keimpflanze gefunden hätte. Von dort war aber im letzten Sommer Erde und Gerölle abgenommen und zur Anlegung eines neuen Promenaden-Weges wenige Schritte tiefer gekarrt worden. Auf dieser immerhin noch lockeren und durch einen vorhergegangenen Regen er- weicht gewesenen Aufschüttung, in deren nächster Nähe sich kein alter Stock befand, waren gegen hundert Pflanzen aufgegangen und befanden sich in allen Entwickelungsstufen. Bei meiner Abreise hatte sogar der grösste Theil seinen erstjährigen Vegetations-Process bereits beendet. Dass der Wind den Samen dorthin zusammengeweht hätte, ist bei der ziemlichen Schwere der Körner, und da ihnen jeder Flug-Apparat fehlt, nicht denkbar. Es lässt sich also nur annehmen, dass der Boden um die alten Stöcke, wie bei Kösen und Liebenstein, zu fest und trocken war, um den Regen durchzulassen und den ausgefallenen Samen zur Keimung zu bringen. Ein wesentliches Erforderniss scheint allerdings eine tief in lockeren Boden dringende Feuchtigkeit zu sein, aber es würde dies immer noch nicht erklären, weshalb bei der Cultur das eine Exemplar in diesem Jahre, das andere erst nach 2, 3 und 4 Jahren aufging, obgleich die Bedingungen für alle Exemplare dieselben waren. Das Eine ist nur mit Sicherheit anzunehmen, dass der Same eine Reihe von Jahren seine Keimfähigkeit behält, wenn er im Boden liegt, wenn er auch dabei langen Perioden von Trockenheit und Feuchtigkeit ausgesetzt ist. Wie lange er keimfähig bleibt, wenn er unausgesetzt trocken aufbewahrt wird, muss ich unentschieden lassen. Bemerkungen über Keimpflanze u. Keimfähigkeit von Tithymal. Cypariss. Scop. 455 Nach der Menge zu urtheilen, war bei Lobenstein ohne Zweifel der Same mehrerer Generationen aufgegangen. Für die Erhaltung der Art liegt hierin ein grosser Vortheil, worauf schon Haberlandt!) auf- merksam gemacht hat. Der Same behält seine Keimfähigkeit so lange, bis ihm die nothwendigen Bedingungen zur Keimung gegeben werden. Wenn Irmisch am Schlusse seiner Notiz über Tithymalus angiebt, dass auf der hypocotylen, meist roth überlaufenen Achse, besonders da, wo sie dem Boden nahe ist oder in ıhn eintritt, und selbst auf der Hauptwurzel Adventivknospen erscheinen, welche indessen im ersten Sommer nicht auswachsen, so fand ich dies bei einem grossen Theile der gezogenen sowohl als der im Freien beobachteten Fxemplare be- stätigt. Von den oberirdischen bypocotylen Knospen brachten es nur wenige bis zu einem kurzen Spross mit zwei Paaren unbedeutender schuppiger Niederblätter; die übrigen blieben bei einem Paare stehen. Leider verhinderte mich meine Abreise von Lobenstein im Spätherbste, zu beobachten, ob die Pflanze gegen den Winter hin bis auf den Boden abstirbt, so dass ihre Erhaltung nur durch die Wurzelknospen erfolgt, oder ob auch die höher hinauf stehenden Adventivknospen erhalten bleiben und im Frühjäbre die zurückgebliebene Vegetation fortsetzen. Jedenfalls aber gehört Tithymalus Uyparissias zu den Tithymalus- Arten, welche hypocotyle Sprosse bilden. 59. F. Hildebrand: Ueber einige Bestäubungs- einrichtungen. (Mit Tafel XIII, Fig. 1-9.) Eingegangen am 27. October 1883. 1. Salvia carduacea. (Tafel XIII, Fig. 1 und 2.) Von den in Pringsheim’s Jahrbüchern, Band 1V, S. 451, vor längerer Zeit beschriebenen Bestäubungeinrichtungen bei Arten von Salvia hat sich seitdem bei anderen Arten dieser grossen Gattung nichts besonders neues abweichendes gefunden, obgleich seitdem noch eine Reihe anderer Salvien untersucht wurden. Es dürfte daher von Inte- resse sein, auf eine neue Einführung, nämlich die Salvia carduacea auf- 1) Die Schutz-Einrichtungen in der Entwickelung der Keimpflanze. Eine biolo- gische Studie. Wien 1877. 456 F. Hildebrand: merksam zu machen, welche eine von anderen Salviaarten abweichende Einrichtung in Bezug auf Form, Stellung und Beweglichkeit der Staub- gefässe zeigt. Die hellviolettblauen Blüthen dieser wegen ihres distelartigen An- sehens mit Recht Salvia carduacea genannten Art, sitzen zuerst in einem halbkugeligen Köpfchen, welches aber später durch Weiterent- wickelung der im Öentrum dieses Köpfchens befindlichen Hauptachse durchwachsen wird; am Ende der letzteren steht dann ein neues Köpf- chen, welches seinerseits noch wieder bei kräftiger Vegetation der Pflanzen durchwachsen werden kann. Die Kelche der dicht gedrängt stehenden Blüthen sind zottig be- haart, wodurch alle Blüthen an ihrer Basıs eine Verfilzung unterein- ander zeigen, aus welcher hintereinander die zu verschiedenen Zeiten sich entfaltenden Blumenkronen hervortreten. Die Oberlippe dieser ist hier nicht helmförmig, sondern ziemlich flach ausgebreitet, am oberen Rande gefranzt und in dessen Mitte etwas getheilt. Die Unterlippe hat 2 seitliche kurze zugespitzte Zipfel und einen mittleren verbreiterten welcher, am Rande tief gefranzt, nach oben umgeschlagen ıst. An der Basis der 2 seitlichen Lappen dieser Unterlippe sitzen die 2 ausgebil- deten Staubgefässe. Die Rudimente der 2 abortirten sind nur ganz schwach, als kleine wenig hervortretende Knöpfchen ausgebildet, sie liegen unterhalb der Mitte, wo die Oberlippe der Blumenkrone sich an die Unterlippe anschliesst, bei der Seitenansicht werden sie von dem kleinen Schenkel der ausgebildeten Antheren versteckt, sind also in Fig. 2 nicht zu sehen. Der vordere etwa 12 mm lange Schenkel der ausgebildeten Staubgefässe steht weit aus der Blüthe hervor, und der an seiner Spitze befindliche Antherentheil ist mit seinem Riss der Mittel- linie der Blumenkrone zugekehrt. Dicht über der Basis dieses langen Schenkels entspringt ungefähr unter einem rechten Winkel der andere kürzere mit dem ersteren und dem unteren Theile des Staubgefässes fest verbunden; er ist nur 4 mm lang, seine Anthere etwa nur 4 so gross wie die des längeren Schenkels und derartig mit ihrem Risse gerichtet, dass der austretende, wie bei der Anthere des längeren Schenkels mennigrothe Pollen sich gerade dicht über dem Eingang in die mit einem schiefen Haarring verschlossene Blumenkronröhre befindet. Das von vielen anderen Salviaarten abweichende liegt hier in der Unbeweg- lichkeit der Staubgefässe; dieselben nehmen dafür eine für die Be- stäubung sehr günstige Lage ein: die einen, weit vorliegenden Antheren- theile streichen ihren Pollen den an der Blüthe anlangenden Bestäubern rechts und links an, während die über dem Eingang in die Blumen- kronröhre liegenden denselben ihren Pollen von oben her aufstäuben. Beim Aufgehen der Blüthe, welches bei dem im Freiburger botanischen Garten kultivirten Exemplaren gegen Abend stattfand und wobei die Antheren sogleich aufplatzten, liegt der Griffel mit ungespaltener Spitze Ueber einige Bestäubungseinrichtungen. 457 nahe an der Oberlippe der Blumenkrone. Erst später neigt sich der Griffel nach vorne über, und nun spalten sich nach rechts und links, nicht wie sonst nach oben und unten, die Narbenlappen auseinander, liegen jedoch so, dass der Pollen von den aus den Blüthen hervor- ‘ tretenden Antherentheilen nicht von selbst auf sie gelangen kann. An Blüthen, welche Mitte Juni gegen Abend sich öffneten, waren erst am zweiten Morgen die Narbenlappen entfaltet und an die zur Bestäubung geeignete Stelle getreten. Die Biüthen der Salvia carduacea sınd also ausgesprochen vormännlich. Auch die Blattstellungsverhältnisse dieser Salveaart sind bemerkens- werth, sowohl an den vegetativen Theilen wie am Blüthenstande. Auf die 2 Cotyledonen folgen 6 wie in einen Wirtel gestellte schrotsägige Laubblätter, aus 3 Paaren opponirter Blätter gebildet, von denen das dritte Paar nicht über dem ersten steht, wie bei anderen Labiaten. Es hängt dies offenbar damit zusammen, dass diese Blätter ohne Streckung der Stengelglieder dicht aufeinander folgen und so eine andere Stellung einnehmen müssen, um gehörig beleuchtet zu werden. Nach den sechs Laubblättern verlängert sich die Achse und nun folgt ein Wirtel von 6 dornig gezähnten, rückwärts gebogenen, ober- und unterseits wollig behaarten Hochblättern, in deren Achseln die stiellosen Blüthen dicht gedrängt stehen; nun eine weitere kurze Streckung der Achse, und dann ein zweiter Wirtel von 6 Hochblättern, dessen Glieder gerade über denen des vorhergehenden Wirtels stehen. Bei kräftigen Pflanzen folgt dann, wie schon oben angedeutet, noch ein dritter 6 zähliger Hochblattwirtel und wohl gar auch noch ein vierter. Solche kräftigen Pflanzen zeigen ausserdem auch noch an ihrer Basis aus der Achsel zweier opponirter Blätter hervortretende Seitensprossen, welche auch ihrerseits nach Streckung ihrer Achse mit einem Blüthenstande ab- schliessen. 2. Sarracenia purpurea. (Taf. XIII, Fig. 3—6.) Zwar findet man an verschiedenen Orten, wo von den bekannten Blattschläuchen der Sarracenia purpurea die Rede ist, auch deren Blüthen abgebildet, diese Abbildungen sind aber sehr mangelhaft, theilweise stellen sie sogar Blüthen in verwelktem oder verzogenem Zustand ihrer Blätter dar, jedenfalls kann man aus diesen Abbildungen, die allerdings von der complicirt gebauten Blüthe schwierig zu geben sind, keine Er- kenntniss von den Bestäubungseinrichtungen erlangen; diese müssen an den frischen Blüthen untersucht werden, was, soviel sich übersehen lässt, bis dahin noch nicht geschehen, so dass eine Beschreibung dieser Verhältnisse nicht überflüssig sein dürfte. Die an langem, aufrechtem, oben umgebogenem Stiele überhängende, mit ihrem Gipfel also nach unten gekehrte Blüthe, hat 3 kleine Vorblätter, Fig. 5b, an welche sich unmittelbar die 5 Kelchblätter anschliessen; diese haben eine ungefähr 458 F. Hildebrand: rhombische Gestalt, von ihrer Basıs her steht die untere Hälfte hori- zontal vom Blüthenstiel ab, während sie von der Mitte her senkrecht abwärts gebogen sind; aussen sind sie dunkelpurpurn gefärbt. Die 5 abwechselnd mit ihnen stehenden Blüthenblätter, haben einen unteren bauchigen Theil, welcher hellgelb gefärbt ist und die halbkugelig zu- sammengestellten Antheren umgiebt, Fig. 5, während ihr oberer Theil etwas verbreitert ist, an seiner Spitze eine Abrundung zeigt und eine purpurne Färbung hat, sowohl innen wie aussen, welche etwas heller ist, als die der Klechblätter. Dieser obere Theil schliesst an den unteren mit einer derartigen Umbiegung an, dass seine abgerundeten Spitzen sowohl sich gegenseitig überdecken, als auch eine Decke über das schirmartige Ende des Griffels bilden. Durch diese Deckungsverhält- nisse kommt es, dass die Blüthe, wenn sie vollständig entfaltet ist, den Eindruck macht, als ob sie sich noch im Kospenzustande befände, Fig. 3 und 4, und hierdurch wird es vielleicht erklärlich, dass in einigen Ab- bildungen die verwelkenden Blüthen, bei denen die Blüthenblätter schlaf herunterhängen und in dieser Weise mehr das Innere der Blüthe sehen lassen, als Blüthen, auf der Höhe der Entwickelung stehend, darge- stellt werden. Von dem unteren Theil der Blüthenblätter wird nun, wie schon gesagt, ein halbkugliger Hohlraum gebildet, welcher die zahlreichen Staubgefässe, deren Filamente ganz kurz sind, umschliessen, während diese ihrerseits die untere Hälfte des kugligen Fruchtknotens verdecken. Der cylindrische Griffel dieses letzteren geht an seiner Spitze in eine gelblichgrün gefärbte Ausbreitung aus, Fig. 4 und 5 st, welche am besten mit einem umgekehrten fünfsprossigen Regenschirm verglichen werden kann. Die 5 Zipfel dieses Schirmes gehen aber nicht in Spitzen aus, sondern zeigen im Gegentheil eine kleine Ausrandung; sie stehen den Zipfeln des Kelches gerade gegenüber, wie in Fig. 4 durch die punk- tirte Linie angedeutet ist. Innerhalb dieses Schirmes befindet sich nun unterhalb jeder seiner ausgerundeten Spitzen ein kleines vorspringendes Zäpfchen, Fig. 6, welches an der Oberseite nach seiner Spitze zu die Narbenpapillen trägt, auf welche nun, wie ein Blick auf die Fig. 5 lehren wird, kein Pollen aus den Antheren von selbst gelangen kann, weder direkt, noch dann,- wenn er aus den Antheren in den Narbenschirm hinuntergefallen. | Die gegenseitige Stellung der Blütbentheile ist nun eine derartige, dass, wenn die Antheren schon geöffnet sind, der Pollen aus ihnen in den Schirm gefallen ist und auch schon die Narbenpapillen entwickelt sind, die Blüthe noch nicht vollständig geöffnet erscheint, denn man sieht nur 5 kleine ziemlich verborgene Oeffnungen als Eingänge in ihr Inneres führen. Diese Eingänge liegen zwischen je 2 Blüthenblättern, einem Kelchblatt und einem Zipfel des Narbenschirms derartig, dass, wenn ein Bestäuber in die Blüthe durch einen derselben eindringt, er Ueber einige Bestäubungseinrichtungen. 459 die ihm oberseits am Zäpfchen der Schirmsprosse entgegenstehende Narbenfläche berührt und auf ihr so den etwa mitgebrachten Pollen lassen kann; erst beim weiteren Eintritt in den Narbenschirm gelangt der Bestäuber in den Grund desselben, wo der Blüthenstaub angehäuft liegt; wenn nun der Rückweg durch eine der beschriebenen Oeffnungen angetreten wird, so ist es nicht durchaus nothwendig, im Gegentheil unwahrscheinlich. dass der dem Bestäuber nun anhaftende Pollen auf die Narbe derselben Blüthe gelange, indem der Bestäuber seitwärts von dem ihnen entgegenstehenden Zäpfchen hinauskriechen und so die an der Oberseite dieses Zäpfchens befindlichen Narbenpapillen nicht be- rühren wird. Hiernach gehört Sarracenia purpurea zu denjenigen Pflanzen, bei denen Pollen und Narbe zu gleicher Zeit in einer und derselben Blüthe entwickelt sind, aber nicht ohne fremde Beihülfe der Pollen auf die Narbe gelangen kann, welche Hülfe bei der Configuration der Blüthen- theile vorzugsweise so stattfinden wird, dass dabei die Narbe der einen Blüthe mit dem Pollen einer anderen bestäubt wird. Heteranthera reniformis. (Tafel XIII, Fig. 7—)9.) Eigenthümliche Verschiedenheiten in der Bestäubung zeigen tie Blüthen von Heteranthera reniformis, weiche in ähnlicher Weise ım Freiburger botanischen Garten beobachtet wurden, wie dies schon von Fritz Müller ın Brasilien geschehen, von welchem auch die Samen zu den hier beobachteten Pflanzen herrühren. Die Blüthe hat ein unten röhriges, leicht mit einem Blüthenstiel zu verwechselndes Perigon, welches, in der Röhre den Fruchtknoten einschliessend, oben in 6 Zipfel aus- geht, 3 äussere und 3 innere, alle Zipfel sind hellblau gefärbt, nur der obere von den drei inneren trägt ein Saftmal in der Weise, dass er an seiner Basis gelb gefärbt ist, woran sich nach oben ein dunkel- violetter halbkreisförmiger Fleck anschliesst. Abwechselnd mit den 3 inneren Zipfeln des Perigons sind an der Basis jener 3 Staubgefässe eingefügt, die 2 oberen mit kleinen gelben Antheren, die 1 untere mit doppelt so langer blauer Anthere. In der Mitte steht der Griffel mit schwach dreispaltiger Narbe. Schon ehe die Blüthe ganz aufgeht, öffnen sich die Antheren, aber schon vorher hat sich die grosse von dem früher ihr anliegenden Griffel so nach rechts hin entfernt, während dieser beim Aufblühen sich nach links biegt, Fig. 8, dass der Pollen nicht direkt auf die Narbe gelangen kann. Wenn dann durch voll- ständiges Oeffnen der Blüthe Narbe und Antheren den Bestäubern zu- gänglich werden, so werden diese im gewöhnlichen Lauf der Dinge die Bestäubung theils mit dem eigenen Pollen der Blüthe, jedenfalls auch mit dem aus einer benachbarten Blüthe mitgebrachten vollziehen. Ausser diesem Verhältniss, bei welchem die Fremdbestäubung begünstigt, die Selbstbestäubung vermieden erscheint, finden sich nun aber in sehr 460 j °F. Hildebrand: interessanter Weise verschiedene Arten von Selbstbestäubung: 1. Es wird unfehlbar beim Schliessen der Blüthe der Pollen aus der grossen blauen Anthere, wenn solche noch vorhanden, auf die Narbe gebracht durch einfaches Anlegen beider Organe an einander. 2. Noch vor dem Schliessen der Blüthe biegen sich manchmal grosse Anthere und Narbe gegeneinander und der Pollen gelangt so auf letztere. 3. Manchmal, besonders bei trübem Wetter, bleiben die unteren Blüthen des ährigen Blüthenstandes ın der dieser ursprünglich einhüllenden Scheide stecken und die lange Anthere biegt sich zicht von der Narbe ab, so dass der Pollen, wenn sie sich öffnet, direkt auf letztere gelangt. 4. Der Griffel bleibt in einzelnen seltenen, von Dr. A. Franke beobachteten Fällen so kurz, dass, wenn die Blüthen sich nicht öffnen, der Staub aus den gelben Antheren auf die Narbe gelangt. Es findet also unausbleiblich und zwar in sehr verschiedener Weise Selbstbestäubung statt und die Folge davon ist auch, dass jede Blüthe Frucht ansetzt. Nach der Be- stäubung biegen sich die Blüthenstände, welche sich zum Behufe des Aufblühens am Morgen über die Wasserfläche erhoben haben, wieder unter diese zurück in das schützende Wasser hinein, am unteren Theil von der häutige Scheide eingehüllt. Wenn die Früchte dann reif sind, so* sprengen sie ganz regelmässig an der der Blüthenstandsaxe zuge- kehrten Seite die sie bis dahin umgebende Perigonröhre auf, und es gewinnt in dieser Weise täuschend das Ansehen, als ob sie in der Achsel eines Deckblattes ständen, während sie vorher, als sie von den Resten der 6 Perigonzipfel gekrönt waren, den Eindruck unterständiger Fruchtknoten machten. Die Keimpfianzen von Heteranthera reniformis zeigen, wie schon Fritz Müller nach einer brieflichen Mittheilung beobachtete, die ähn- lichen Verhältnisse, wie diejenigen, welche sich bei der Keimung von Samen und Knollen bei den Sagittariaarten zeigen, indem die ersten untergetauchten Blätter grasartig lineal sind und erst die späteren durch allmälige Uebergänge die nierenförmige Gestalt annehmen, wie wir sie an den schwimmenden oder über das Wasser sich erhebenden Blättern der erwachsenen Pflanze sehen. Ueber die Samen von Acacia Melanoxylon. 461 60. F. Hildebrand: Ueber die Samen von Acacia Melanoxylon. (Mit Tafel XIII, Fig. 10—13). Eingegangen am 27. October 1883. Es ist bekannt, dass an den Samen die Flugeinrichtungen in sehr verschiedener Weise zu Wege kommen, aber ein Fall, wo eine Be- flügelung durch den Funiculus hervorgebracht wird, dürfte noch nicht zur allgemeinen Kenntniss gekommen sein. Es geschieht dies bei der Acacia Melanozylon, deren Samen Professor Langerhans, weil sie ihm sehr auffielen, aus Madeira sandte. Beim ersten Anblick glaubt man, dass der scharfe Rand des eiförmigen, plattgedrückten, etwa 4 mm langen, nicht ganz 3 mm breiten, glänzend schwarzen Samens in einen dunkel fleischfarbenen Flügel ausgelie, welche Art der Beflügelung ja bei sehr vielen Samen, z. B. bei einer Reihe von Üruciferen und Liliaceen sich findet; bei näherer Untersuchung zeigt sich aber, dass der Nabelstrang, an welchem der Samen sitzt, sich in ganz merkwür- diger Weise, wie dies die Figuren 10—13 (Taf. XI!I)zeigen, um den Samen hin und her gekrümmt hat, nur dass der Gipfel des letzteren ziemlich frei geblieben ist, so dass es beinahe aussieht, als ob der Same in einer Art von Arıllus stecke. Dieser Funiculus, der zur Reifezeit des Samens von schwammig aufgetriebener Natur und daher sehr leicht ist, zeigt, wenn man ihn auseinanderzieht, die ungewöhnliche Länge von etwa 5cm. Wie derselbe sich allmälıg zu dieser Länge und Lagerung aus- bildet, muss späteren Untersuchungen überlassen bleiben, und es möge genügen, einstweilen auf diese merkwürdige Erscheinung aufmerksam gemacht zu haben. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1 und 2. Salvia carduacea: Blüthe, sogleich nach dem Aufgehen von vorne und von der Seite im Aufriss gesehen. Natürliche Grösse. Fig. 3—6. Sarracenia purpurea: Blüthen; b Brakteen, c Kelchblätter, p Blumen- blätter, st Narbenkopf. Fig. 3: Blüthe von der Seite. Fig. 4: dieselbe etwas gedreht, die punktirte Linie deutet die Umrisse des theilweise ver- 462 A. Tschirch: deckten Narbenkopfes an. Fig. 5: Blüthen im Längsschnitt; die punktirten Linien deuten den Ein- und Austritt der Bestäuber an. Fig. 6: Längs- schnitt durch einen Lappen des Narbenkopfes mit der an der Oberseite des vorspringenden Zäpfchens befindlichen Narbenfläche. Nur letztere Fi- gur vergrössert. Fig. 7—9. Heteranthera reniformis: Blüthen in verschieden Stadien des Aufgehens von vorne gesehen i etwa 6facher Vergrösserung. Fig. 10—13. Acacia Melanozylon: Samen von der Seite gesehen. Fig. 10 in natür- licher Grösse. 61. A. Tschirceh: Untersuchungen über das Chlorophyll. (V.) (Mit Tafel XIV.) Eingegangen am 10. November 1883. In einer ın diesen Berichten veröffentlichten Arbeit') theilte ich mit, dass ich im Spectrum fast aller gelben Blüthenfarbstoffe den Chlo- rophylistreifen I und auch II bis IV mehr oder weniger deutlich ge- funden habe und dass ich somit die Annahme Pringsheim’s, dass auch diese Farbstoffe die Ohlorophylicharaktere trügen?), bestätigen könne. Diese meine Behauptung stützte ich einmal auf die sehr sorg- fältig ausgeführte anatomische und mikrochemische?) Unter- suchung des auf's Peinlichste ausgewählten Materials, die niemals auch nur die geringsten Spuren von Öhlorophyll erkennen liess und sodann auf einen Versuch, den ich in obiger Mittheilung zwar nicht mitgetheilt, den ich aber s. Z. auf der diesjährigen Naturforscherversammlung aus- führlich besprochen habe. Ausgehend von der Thatsache, dass Chlorophyll durch Behandlung mit Kalilauge in Aether unlöslich wird*?), glaubte ich den gelben Farb- stoffen, welche bei gleicher Behandlung wenigstens zum grösseren Theil in Aether gelöst bleiben, etwa beigemengtes Chlorophyll mit grösster Leichtigkeit abtrennen zu können, indem ich die concentrirte alcoholische Farbstofflösung mit Kalilauge und Aether schüttelte. Die überstehende 1) Band I, Heft 3 u. 4 2) Die Absorptionsspektra der Chlorophylifarbstoffe. Sitzber. der Berlin. Acad. October 1874, p. 12. 3) Mikrochemisch pflege ich Chlorophyll durch die Hypochlorinreaction mit Eis- essig nachzuweisen. 4) Siehe meine oben eitirte Mittheilung. S. 173. Untersuchungen über das Chlorophyll. 463 gelbe Aetherlösung durfte, wenn Chlorophyll vorhanden war, nun keines mehr enthalten, sondern musste dasselbe vollständig an die Kalilauge abgegeben haben. Die so erhaltenen ätherischen Lösungen zeigten aber nun, ebenso wie die ursprünglichen Farbstofflösungen, vor der Kalı- behandlung bei spektroskopischer Untersuchung den Streifen I des Chlorophylis und deutliche Fluorenscenz und so schloss ich denn, dass das Vorhandensein der Ohlorophylimerkmale bei den gelben Farbstoffen nicht von einer Beimengung von Chlorophyll herrühre, sondern eine diesen selbst eigenthümliche Eigenschaft sei. Eine weitere Verfolgung der Frage, gelegentlich der Reindarstellung der gelben Farbstoffe unternommen, hat mir jedoch gezeigt, dass das Auftreten der Chlorophylicharaktere bei den gelben Farbstoffen dennoch seinen Grund in dem gleichzeitigen Vorhandensein von sehr geringen Mengen von Chlorophyll, die der anatomischen Auffindung sich völlig entziehen, seinen Grund hat. Behandelt man nämlich nicht eine Lösung, sondern den Ver- dampfungsrückstand von Auszügen gelber Farbstoffe, nachdem man dieselben zuvor unter Zusatz von Zinkstaub im Wasserbade erwärmt hat, mit verdünnter Kalilauge!) und schüttelt das Ganze alsdann mit Aether, so erhält man eine gelbe alkalische Lösung mit deutlichen Chlorophylicharakteren (Band 1 natürlich gegen blau verschoben, wie stets in alkalischen Lösungen, vergl. Taf. XIV) und darüber eine gelbe ätherische ohne eine Spur von Band I, nur mit den Bändern in der blauen Spectralhälfte. Diese veränderte Versuchsanstellung basirte auf folgender Erwägung. Es wäre nicht unmöglich, dass ın den Lösungen des gelben Farb- stoffs, ja ın der Pflanze selbst schon das ursprünglich vorhandene Chlo- rophyll in Ohlorophyllan übergeführt und wegen der gelben Farbe des letzteren übersehen werden könne, denn künstlich hergestellte Ge- mische von reinen gelben Farbstoffen und Ühlorophyllan zeigten, selbst wenn letzteres schon einen ziemlich beträchtlichen Bruchtheil des Gemisches ausmachte, doch noch einen rein gelben, durchaus nicht in’s Grüne spielenden Farbenton. Die Dunkelheit von Band II?) und die relative Mattheit von Band III, die ich oft bei gelben Farbstofflösun- gen von Blüthenblättern beobachtet hatte, schienen gleichfalls mehr auf 1) Man kann auch die concentrirte Farbstofflösung mit Zinkoxyd und Kalilauge erwärmen. (Filhol). 2) Die Chlorophylibänder in der schwächer brechbaren Spectrumshälfte treten übrigens, wie Pringsheim (a. a. O. 8.12 d. Sep.) schon hervorhob, und wie ich in umfassendster Weise bestätigen kann, bei den einzelnen gelben Blüthenfarbstoffen in ausserordentlich verschiedener Stärke auf. Einige zeigen dieselben schon in ganz dünner Schicht, bei anderen treten dieselben erst bei Schichten von 400—500 ınm in schwachen Andeutungen hervor. Ich sehe darin einen weiteren Beleg dafür, dass sie von verschieden grossen Mengen beigemischten Chlorophylis herrühren. 464 A. Tschirch: Chlorophyllan!) als auf Chlorophyll zu deuten. Zudem war mir durch meine früheren Untersuchungen bekannt, dass das Chlorophyll äusserst leicht — schon bei Herstellung der alkoholischen Lösungen — in Chlorophyllan übergeführt wird. War dies letztere aber in den Lösun- gen vorhanden, so wurde es, in Kalilauge so gut wie völlig unlöslich?), nicht in die letztere aufgenommen, ging daher bei nachherigem Zusatz von Aether ın diesen über und konnte so der Grund des Auftretens des Chlorophylistreifens werden, den ich bei meiner früheren Versuchs- anstellung stets beobachtet hatte. Daher war vorherige Reduktion des event. vorhandenen Ohlorophyllans mit Zinkstaub im Wasserbade jeden- falls der Sicherheit wegen geboten Wurde nun in der oben an- gegebenen Weise die reduzirte Lösung, die nun, wenn Ohlorophyllan vorhanden war, sicher Chlorophyll enthalten musste, nach Verjagung des grössten Theils des Lösungsmitiels mit Kalilauge und Aether be- handelt, so erhielt ich stets nur in der alkalischen Lösung, nie in der ätherischen das Band I des Chlorophylis. Diese alkalische Lösung fluorescirt auch deutlich, die ätherische dagegen nicht. Die Farbe der ersteren ist gelb. Man könnte daher vielleicht noch im Entfernten daran denken, dass der gelbe Farb- . stoff durch Kalilauge in einen in Aether löslichen Farbstofl, dem die Chlorophylicharaktere fehlen und einen in Kalilauge löslichen, der die- selben besitzt, gespalten werde, doch ist die ungezwungenste Erklärung des Versuches sicher die, dass die Kalilauge neben dem Chlorophyll auch einen Theil des gelben Farbstoffes aufgenommen bebe und ich stehe nicht an, die von Dippel?), Timirjareff*), Vogel’) und Hansen®) ausgesprochene Behauptung, dass das Auftreten der Chlorophyli- bänder des rothen Endes bei den gelben Blüthenfarben, ebenso wie bei dem Xanthophyll normaler und herbstlich gelb gefärbter Blätter auf geringe Mengen beigemengten Chlorophylis zu schieben sei, die sich 1) Gelegentlich dieser Beobachtung möchte ich darauf hinweisen, dass die Ver- änderungen die des Chlorophylispectrum beim Uebergange in das des Chlorophyllans erleidet nicht nur, wie Reinke meint (diese Berichte, ‘Bd. I, p. 404) quantitativer Na- tur sind, sondern dass auch qualitative Aenderungen: Verrücken der Streifen und Auftreten eines neuen (IVb) vor sich gehen, worauf ich bereits früher (diese Be- richte p. 143) aufmerksam gemacht habe. (Siehe auch Taf. XIV). 2) Chlorophyllan wird erst nach längerem Kochen mit Kalilauge — nach Ueber- führung in die Chlorophyllansäure (Hoppe Seyler) — unter Bildung chlorophyllan- saurer Salze in dieser löslich. 3) Einige Bemerkungen über die Gemengtheile des Chlorophylis. Flora 1878. p.25. 4) Widerlegung der Untersuchungen von Pringsheim über die gelben Pflan- zenpigmente. Arbeit. der St. Petersburger Gesellsch. der Naturforscher VI. (1875) p. XLV (in Just, Jahresber. 1875, p 885). 5) Practische Spectralanalyse. Nördlingen 1877, S. 282. 6) Ueber die Farbstoffe des Chlorophylikorms. Sitzungsberichte d. Würzburger phys.-medic. Ges. 1883. Untersuchungen über das Chlorophyll. 465 zwar, weil wahrscheinlich schon zu gelben Ühlorophyllan oxydirt, der direkten makro- und mikroskopischen Wahrnehmung entziehen, die sich jedoch durch das ausserordentlich feine Reagenz der Spectralanalyse mit deren Hülfe wir ja schon so viele bisher übersehene Körper auf- gefunden haben, verrathen — durch oben mitgetheilten Versuch als be- stätigt zu erachten. Nichtsdestoweniger bestehen zwischen den gelben Farbstoffen und dem Chlorophyll sicher Beziehungen. Sehen wir doch beim Entwickeln der Blüthen und Reifen der Früchte die Ohlorophylikörper direkt in gelbe Chromatophoren übergehen. Aber auch durch chemische Ein- griffe. lassen sich gelbe Farbstoffe aus dem Reinchlorophyll abspalten. Behandelt man nämlich eine alkoholische Lösung des nach meiner Me- thode durch Reduction mit Zinkstaub erhaltenen Reinchlorophylis!) mit Barytbydrat im Wasserbade so fällt ein smaragdgrüner Niederschlag aus und die überstehende Flüssigkeit wird nahezu farblos. Behandelt man den erhaltenen Niederschlag mit Alcohol, so löst derselbe (neben kleinen Mengen grünen Farbstoffes) vornehmlich den abgespaltenen gelben Farb- stoff mit tief orangegelber Farbe auf. Der auf dem Filter zurück- bleibende grüne Farbstoff — vielleicht ein Barytsalz — löst sich mit schön smaragdgrüner Farbe leicht in Aether, sehr schwer in Alkohol und Benzin. Sein Spectrum werde ich demnächst beschreiben. Es ist dem des Chlorophylis sehr ähnlich. Mit verdünnter Salzsäure und Aether geschüttelt giebt er an letzteren einen blaugrünen Körper ab, der den Charakter einer Säure trägt. Ebenso wie bei Behandeln des Reinchlorophylis mit Barythydrat so sehen wir auch bei Anwenduug von Kaliumhydrat, dass ein gelber Farbstoff sich abspaltet, den man, wie ich früher zeigte, in Aether auf- nehmen kann. Demnach sprechen sowohl morphologische als chemische Gründe für eine genetische Beziehung gelber Farbstoffe zum Chlorophyll, wenn- schon aus den spectralanalytischen Eigenschaften eine solche Be- ziehung sich nicht erschliessen lässt. Ich stehe nicht an auch den bei dem mittelst Kalilauge aus dem Roh-Ohlorophyll abtrennbaren gelben Farbstoffe ( -Xanthophyll), sowie bei dem Erythrophyll beobachteten Streifen in der rothen Spectrums- hälfte auf zwar auf keine Weise sichtbare aber dennoch wahrscheinlich vorhandene anhängende Spuren von Uhlorophyll zurückzuführen. Bei dem Etiolin und dem Xylind&in rühren jedoch die Chlo- rophylicharaktere nicht von beigemengtem Chlorophyll her, worauf die Unlöslichkeit des letzteren in Alcohol und die Spaltung von Band II beim Etiolin, die Chlorophyll niemals besitzt, deutet. 1) Nur Versuche mit Reinchlorophyll sind für die Frage, ob wirklich Abspal- tung stattfindet, entscheidend, da Kyanophyll (G. Kraus) stets gelbe Farbstoffe ausser Chlorophyll erhält. 30 D.Botan.Ges.1 466 A. Tschirch: Die oben angegebene Methode kleine Mengen von Chlorophyll von grossen Mengen gelber Farbstoffe zu trennen wird jetzt von mir zur Reindarstellung der letzteren benutzt. Da das von mır dargestellte Reinchlorophyll Bänder ın der stärker brechbaren Spectrumshälfte nicht, sondern nur eine continuirliche Ab- sorption des blauen Endes besitzt (vergl. Taf. XIV), so rühren die beiden Bänder der Chlorophylitinetur im Blau nur von den gelben Farbstoffen (Xanthophyll) her, deren Identität mit den gelben Blüthenfarbstoffen zwar nicht erwiesen aber auch nicht unwahrscheinlich ist2). Sonach kämen wir wieder auf die alte, schon so oft behauptete und so oft bestrittene Auffassung von G. Kraus zurück, dass das Blattspectrum durch Uebereinanderlagerung zweier Spectren entsteht, wennschon die Kraus’sche Auffassung dahin berichtigt werden muss, dass das Kyanophyll?) keine Bänder im Blau besitzt, sondern diese von beigemengtem Xanthophyll herrühren*) und dass andererseits das von Pringsheim am Xanthophyll herbstlich gefärbter Blätter beob- achtete Band I in beigemengtem Chlorophyll bezw. Chlorophyllan seinen Grund hat. Dass man im Blattspectrum nicht immer alle Xanthophyl1- bänder sieht glaube ich mit Recht auf die Verdunkelung des an sich schon dunkelen Blau durch die übergreifende Endabsorption des Reinchloro- phylis erklären zu können, durch welche Band VI (2 des Xanthophyll- spectrums) gewissermassen „verschlungen“ wird’). Band V der Ohlo- rophylitinetur (1 des Xanthophylispectrums) habe ich jedoch — ebenso wie Kraus®) und Reinke?’) — im Blattspectrum stets deutlich ge- sehen (vergl. Taf. XIV und Generalversammlungsbericht 1883). Hagen- bach sah auch Bd. VI.®) Die Frage, welche Ursachen es sind, welche die gleichsinnige Ver- schiebung aller Streifen gegen Roth beim Blatte bewirken, hat mich 1) Von einem dritten Bande, als welches die Endabsorption bezeichnet wurde, kann man nicht wohl reden. 2) G. Kraus hält sie aus spektroskopischen Gründen für identisch. Ich habe sie durch die griechischen Buchstaben unterschieden. (Generalversammlungsbericht 1883). 3) Ganz unberechtigt ist der Ausdruck Kyanophyli nicht, da mein Reinchloro- phyll einen deutlichen, wennschon sehr geringen Stich ins Blaugrüne besitzt 4) Man muss sich überhaupt stets gegenwärtig halten, dass, wie Pringsheim, Sachsse u. and. hervorhoben, quantitative Trennungen mit der Kraus’schen Ben- zinscheidungsmethode unmöglich sind. 5) Auf diese Uebereinanderlagerung der Endabsorption des Chlorophylis und der Xanthophylibänder ist es zurückzuführen, dass, wie Vierordt und Wolkoff (die Lichtabsorption in den Chlorophylllösungen, Heidelberg 1876) fanden, dieser Theil des Spectrums noch stärker absorbirt wird als der dem Bande I entsprechende. 6) Zur Kenntniss der Chlorophyllfarbstoffe. Taf. I, Fig. 5. 7) Die optischen Eigenschaften der grünen Gewiabe Ber. d deutsch. bot. Ges. Bd. I, p. 399. 8) Versuche über Fluorescenz. Pogg. Annal. 146. (1872.) S. 520. Untersuchungen über das Chlorophyll. 467 auch neuerdings beschäftigt. Ich habe schon neulich mitgetheilt, dass ich bei in Glasschalen eingedampftem Reinchlorophyll, sogen. „festem“ Chlorophyl), eine geringe Verschiebung der Streifen gegen Roth beob- achtet habe!). Eine gleiche Verschiebung findet, — wie Reinke zeigte (a. a. O., S. 407) auch bei in Paraffin gelösten und in diesem erstarrten Chloropbyll statt. — Allein weder bei diesem Paraffinchlorophyll noch bei dem sog. festen ging — und dies muss ich Reinke und Kraus gegenüber hervorheben — die Verschiebung so weit, dass die Bänder an der gleichen Stelle wie im Blatte lagen. Zur Vergleichung eignet sich Band I, obgleich es das Dunkelste ist, nicht, da es sich nach Roth zu bei steigender Schichtendicke ohnedies stark verbreitert (vergl. Taf. XIV; Reinchlorophyll) man also, um sichere Vergleiche anstellen zu können, ganz gleiche Schichtendicken anwenden müsste. Viel besser eig- net sich Band III des Reinchlorophylis. An diesem habe ich denn auch meine Messungen gemacht und bei einer nach allen Richtungen variir- ten Versuchsanstellung stets das gleiche Resultat erhalten: dass so- wohl bei festem als Paraffinchlorophyll stets zwar eine deut- liche Verschiebung der Streifen gegen Roth gegenüber einer alkoholischen Lösung zu konstatiren ist, dass jedoch die Verschiebung niemals soweit geht wie wir sie im Blatte be- merken. (Vergl. Taf. XIV.) Der Aggregatzustand des Chlorophylis kann also dieselbe allein sicher nicht bedingen. Wodurch entsteht also diese starke Verschiebung? Es ist eine bekannte physikalische Thatsache, dass Gemenge zweier Farbstoffe die beide Absorptionsbänder besitzen („Mischungen absorbirender Medien“) bisweilen gegenseitig ihr Spectrum modifiziren resp. Verschiebungen der Streifen hervorrufen?). Nun haben wir im Chlorophylikorn that- sächlich ein solches Gemenge zweier Farbstoffe von denen jeder ein charakteristisches Absorptionsspectrum besitzt, es fragte sich daher, ob zur Trockne eingedampfte Gemenge von Reinchlorophyll und Xantho- phyll etwa eine Verschiebung der Streifen gegen Roth in der Stärke erkennen liessen, wie man sie ım Blatte beobachtet. Zahlreiche von mir mit solchen Gemengen, die Farbennüancen von smaragdgrün bis stark gelbgrün besassen, angestellte Versuche zeigten jedoch, dass eine derartige Verschiebung der Chlorophylibänder gegen Roth durch das das Chlorophyll im Korn begleitende Xanthophyll nicht hervorgerufen werden könne. 1) Es widerspricht dies einer Notiz Vogel’s (Ueber die Verschiedenheit der Absorptionsspectra eines und desselben Stoffes Ber. der deutsch. chem. Ges. 1878. p. 1367) und Timirjazeff’s (Ber. d. deutsch. Chem. 1873, p. 329), welche das Spec- trum von gelöstem und festem Chlorophyll als völlig identisch bezeichnen. 2) Vgl.F. Melde, Ueber Absorption des Lichtes durch Gemische farbiger Flüs- sigkeiten. Poggend. Ann. 124 (1865) p. 91. Auch Kundt, Poggend. Annal, (1874) Jubelband, p. 622. 468 A. Tschirch: Da, wie wir gesehen haben, das feste Chlorophyll (gegenüber einer alkoholischen Lösung) zwar deutlich eine Verschiebung der Streifen gegen Roth erkennen lässt, dieselbe aber nicht so weit geht, wie man sie am lebenden Blatte beobachtet, so fragte es sich, ob denn wirklich das Chlorophyll im Korn als festes Chlorophyll und nicht vielmehr als Lösung oder doch wenigstens mit einem anderen Körper gemischt — eine Vorstellung, die von vornherein schon viel für sich hatte — vor- handen sei. Lommel!) hat die Ansicht, dass das Chlorophyll im Blatte ın fester Form vorhanden sein müsse, da es keine Fluorescenz besitze, zuerst — wennschon, ebenso wie Hagenbach, unter Verkennung der anatomischen Thatsachen — ausgesprochen. Ihm schliesst sich in aller- neuester Zeit Reinke?) an, der gleichfalls an lebenden Blättern keine Fluorescenzerscheinungen wahrnehmen konnte. Nun besitzt aber das lebende Chlorophyll, wie Hagenbach, seine frühere Ansicht darüber berichtigend, neuerdings gezeigt hat?), eine zwar schwache, aber doch so deutliche Fluorescenz, dass es ihm sogar möglich war das Fluores- cenzspektrum zu bestimmen. Er fand, dass auch das Maximum des Fluorescenzspektrums nach dem rothen Ende gerückt sei. Durch diese Beobachtung Hagenbach’s fällt die Hauptstütze, die Lommel und Reinke für die Vorstellung, dass das Chlorophyll im Korn in fester Form sich finden müsse, beibringen, und wir müssen noth- gedrungen wieder zu der Vorstellung zurückkehren, die ich schon in meiner ersten Mittheilung (diese Berichte, Bd. I, Heft 3) ausgesprochen habe, dass nämlich ein Körper von hohem Dispersionsvermögen und, da die Körper von hohem Dispersionsvermögen auch meist eine grosse Dichtigkeit besitzen, wahrscheinlich auch von hohem specifischen Ge- wichte neben Reinchlorophyll und Xanthophyll im Korn vorhanden sein müsse. Diese Vorstellung fusst auf dem Kundt’schen Gesetz *) gegen das zwar in neuerer Zeit einige Bedenken laut geworden sind,>) das jedoch im Allgemeinen noch als giltig betrachtet werden muss. 1) Ueber das Verhalten des Chlorophylis zum Licht. Poggend. Annalen (1871) 143. p. 578. '2) a. a. O. p. 405. Dort findet man auch die Literaturangaben diesen Punkt betreffend. 3) Fernere Versuche über Fluorescenz. Pogg. Annalen 1874 (Jubelband) p. 304. Auch Simmler und N. I. C. Müller wollen Fluorescenz gesehen haben. 4) Ueber einige Beziehungen zwischen der Dispersion und Absorption des Lich- tes. Pogg. Annal. 1874 (Jubelband) p. 622. Dies Gesetz, auf das ich wiederholt zu sprechen gekommen bin, lautet: „Mischt man zu einer absorbirenden Substanz andere nicht absorbirende Medien, so rückt ein Absorptionsstreifen, welcher sich im Bereiche Aı bis A2 der Spectrums befindet, um so mehr nach dem rothen Ende des Spectrums je grösser die Constante B ist, welche in dem Bereich Aı bis A» die Dispersion des zugesetzten, nicht absorbirenden Mediums darstellt.“ 5) H. W. Vogel, Ueber die Verschiedenheit der Absorptionsspektren eines und Untersuchungen über das Chlorophyll. 469 Auf der beiliegenden Tafel XIV habe ich eine Darstellung einiger - wichtiger Spectren der Chlorophyligruppe gegeben, die zugleich als Erläuterung für meine frühere Mittheilungen (diese Berichte, Bd.I, Heft 3 und 4 und Generalversammlungsbericht) dienen können. Als Reinchlorophyll bezeichne ich das durch Reduction des Chlorophyllans mittelst Zinkstaub erhaltene Produkt. Auf welche Weise dasselbe bei Herstellung der Chlorophylitinctur verändert wird ergiebt sich am besten — da die Veränderung durch Chlorophyllanbildung ge- schieht — durch Vergleich mit dem nebenstehenden Chlorophyllan- spectrum, welch’ letzteres zugleich auch das der Phyllocyaninsäure ist.!) Ferner habe ich, um die Veränderungen, welche das Ohlorophyll durch Kalı erleidet, vor Augen zu führen, das Spectrum des Kali- chlorophylls (chlorophyllinsauren Kalis) dargestellt. Die Abspaltung -des accidentellen Streifens im Roth, die Ohautard zuerst beobachtete?) tritt klar hervor. Die Spaltung des Bandes I in der von mir früher erwähnten Weise ist hier nicht zu sehen.?) Die Verschiebung aller Streifen und das Abblassen von II—-IV*) treten deutlich hervor. Band IV ist jedoch, wie ersichtlich, dunkler als beim Reinchlorophylil.>) Da Band I bei allen von mir bisher untersuchten Körpern der Chlorophyligruppe von allen Bändern das beständigste ist, während die Veränderungen des Spectrums bei chemischen Eingriffen sich vornehm- lich an den Bändern II—IV vollziehen hier aber, was Intensitäts- und Ortswechsel sowie Neigung zu Spaltungen betrifft, eine geradezu ins Unendliche gehende Mannigfaltigkeit an den Tag tritt, deren Gesetz- mässigkeit zu erforschen ich augenblicklich beschäftigt bin — so habe ich den Chlorophylistreifen I das „stabile Band“, die anderen die „labilen Bänder“ genannt. Während, wie wir gesehen haben, nach geringen Modifikationen, die sich nur durch Intensitäts- und Ortsände- rungen der „labilen“ Bänder manifestiren unter Umständen eine Re- generation des Reinchlorophylis möglich ist — z. B. durch Reduktion des Chlorophyllans — ist mir stets, wenn der stabile Band (die bande desselben Stoffes (Ber. d. deutsch. chem. Ges. 1878, p. 913 und 1363). F. von Le- pel, Ueber die Aenderungen der Absorptionsspektra einiger Farbstoffe in verschiede- nen Lösungsmitteln (Ber. d. deutsch. chem. Ges. 1878, p. 1146.) 1) Diese Berichte, Band I, Heft 3. 2) Compt. rend. 76, 2 (1873) p. 1273. 3) Diese Berichte, Band I, pag. 113. An dieser Stelle ist ein sinnstörender Druckfehler stehen geblieben, es muss natürlich auf Zeile 3 heissen: Band Ia von A=66 bis A=65 Huhu, 2 a4 ei 4) Diese Berichte, Band I, S.XVII, Zeile 24 muss es heissen: Streifen I—IV. 5) Russell und Lapraik, die gleichfalls die Einwirkung der Alkalien auf Chlorophyll studirt haben (On a spectroscopie study of Chlorophyll; Chemical So- ciety, June 1882, Pharmaceutical Journal and Transactions, Vol. XII, p. 1026), sprechen irrthümlicherweise von einem völligen Verschwinden der mittleren Bänder. 470 A. Tschirch: Untersuchungen über das Chlorophyll. specifique des Ohautard) alterirt war, eine Regeneration des Reinchloro- phylis bisher unmöglich gewesen. Auf Taf. XIV habe ich auch eine Darstellung des Spectrums le- bender Blätter gegeben um dasselbe. direkt mit dem Spectrum meines Reinchlorophylis vergleichen zu können. Band 1II sehe ich, wie ich schon früher erwähnte!), stets breiter als Il, während Reinke in dünnen Schichten beide gleich breit zeichnet.?) Die Spaltung von III, die ich früher beschrieb, ist keine dem Bande selbst eigenthümliche, sondern rührt wahrscheinlich daher, dass während auf die Ränder des Bandes eine grosse Zahl dicht stehender Natron-, Kalk-, Kupfer- und Barytlinien im Sonnenspektrum fallen,?) die Mitte desselben gerade eine der wenigen Stellen des Sonnenspektrums ist, wo fast keine Linie liegt. Daher erscheint dieselbe ausserordentlich hell gegenüber den beiden Nachbardistrikten. Dass dem thatsächlich so ist, habe ich mich durch Beobachtung mittelst Drumond’schen Kalklıchtes und elek- trischen Lichtes, besonders deutlich bei Anwendung des letzteren, über- zeugt. Hier konnte ich niemals eine Spaltung von III beobachten, aber auch hier trat es auf's deutlichste hervor, dass II schmäler ist als III. Es war gleichsiltig, ob ich nach der Methode von Valentin und Reinke injicirte oder uninjicirte Blätter zur Beobachtung ver- wendete. Noch erwähnen möchte ich, dass Band IV bei Anwendung elek- trischen Lichtes vıel klarer hervortritt, als bei Sonnenlicht. Diese an blauen Strahlen so reiche Lichtquelle erscheint mir überhaupt zum Stu- dium der Absorptionen in der brechbareren Spectrumshälfte z. B. zur Untersuchung der gelben Farbstoffe, viel geeigneter als Sonnenlicht. Schliesslich habe ich noch auf der Tafel die Verschiebung dar- gestellt, welche die Streifen erleiden, einmal beim sogenannten festen Chlorophyll und dann bei dem in Paraffin gelösten und fest gewordenen Chlorophyllan. Letzteres eignet sich zum Studium der betreffenden Erscheinung besser als Chlorophyll, da es im hellsten Theil des Spek- trums selbst in dünnen Schichten noch deutlich hervortretende Bänder besitzt. Wie aus den Zeichnungen ersichtlich, erreicht die Verschiebung der Bänder gegen Roth beim festen Chlorophyll nicht den Grad, den wir beim Chlorophyll des lebenden Blattes, dessen Spectrum darüber dargestellt ist, beobachten. 1) Diese Berichte, September 1883. 2) Diese Berichte, Band I, p. 399. Kraus zeichnet (a.a O. Taf. I) Band III sogar schmäler als II! die Breite von III ist aber gerade ein sehr charakteristisches Merkmal des Reinchlorophylis. 3) Vergl. das spectre normale des Angström (Recherches sur le spectre solaire. Upsala 1868) und Kirchhoff, Untersuchungen über das Sonnenspektrum. Abhandl. d. Berl. Akad. 1861. E. F. v. Homeyer: Bemerkungen über die düngenda Wirkung etc. 471 Das Spectrum der gelben Farbstoffe zu geben habe ich verzichtet, da dasselbe bereits mehrfach!) abgebildet ist. Bei der Darstellung der Spectren habe ich mich der combinirten Methode von Pringsheim und Kraus bedient: Ich habe verschieden dicke Schichten des Spectrums übereinander dargestellt und auch die Abschattirung der einzelnen Bänder zum Ausdruck gebracht, da dies bei den difficilen spektroskopischen Unterschieden, die zwischen zahl- reichen Körper der Chlorophyligruppe bestehen nicht ohne Werth zu sein schien. Aus den gegebenen Werthen ist die Absorptionsspektral- linie leicht zu construiren. | Pflanzenphysiolog. Institut der landwirthschaftl. Hochschule in Berlin. 62. E. F. von Homeyer: Bemerkungen über die düngende Wirkung des aus den Baumkronen nieder- träufelnden Wassers. Eingegangen am 17. November 1883. In Heft 2 p. 108 d. Ber. wird über obigen Gegenstand eingehend. gesprochen und möchte ich fast alles was dort gesagt wird unterschrei- ben, nur einen Zweifel kann ich nicht unterdrücken, nämlich, dass die Wirkung verschiedener Arten der Laubhölzer eine sehr ungleiche ist. Während z.B. Linde, Buche, Ahorn etc. die erwähnte günstige Wirkung auf den unter einer hohen Krone eines einzeln stehenden Baumes befindlichen Rasen haben, ist es bei der Birke umgekehrt. So- weit der Tropfenfall dieses Baumes reicht, ist die Wirkung eine ent- schieden ungünstige, bei allen Gramineen. Auch bei Pappeln und vielleicht bei Weiden zeigt sich die Wirkung weniger günstig, als bei den oben erwähnten Bäumen. Es würde sich dies auch wohl durch den mehr oder minder für die Vegetation ungünstigen Lehmgehalt erklären. Jedenfalls erscheint die Anregung Buchenau’s sehr dankenswerth. 1) So bei Kraus, Sachsse, Dippel u. and. 472 P. Korschelt: 63. Paul Korschelt: Zur Frage über das Scheitel- wachsthum bei den Phanerogamen. (Vorläufige Mittheilung.) (Mit Tafel XV.) Eingegangen am 18. November 1883. Die letzte Publikation, welche sich mit dem Scheitelwachsthum phanerogamer Pflanzen befasst, ist die ım vorigen Jahre erschienene Arbeit „Ueber das Scheitelwachsthum des Gymnospermenstammes“ von Hermann Dingler. Der Verfasser nimmt einen Standpunkt ein, von welchem aus er den Unterschied zwischen dem Scheitelwachsthum der Cryptogamen und dem der Phanerogamen, wie er beziehentlich in der Existenz und dem Fehlen einer Scheitelzelle gewöhnlich angenommen zu. werden pflegt, nicht gelten lassen will. Um Belege für seine An- schauung zu erhalten, wählt er zur Untersuchung die den Gefässerypto- gamen zunächst stehende Klasse der Gymnospermen. Er untersucht Vertreter aus allen drei Familien derselben und gelangt bei einer An- zahl zu einem ganz einheitlichen Resultate, nämlich zur Feststellung der Existenz einer tetraedrischen Scheitelzelle, welche durch Abschneiden von Tochterzellen den Aufbau des Vegetations- kegels bewirkt. Diese Feststellung gelang ihm bei Ceratozamıa sp., Abies balsamea, Picea ewcelsa, Pinus sylvestris, Pinus Laricio, Pinus inops., Cupressus pyramidalis, Ephedra monostachya. Er bildet eine grössere Anzahl von Scheiteln sowohl von Keimlingen wie von erwachsenen Exemplaren ab, die ın ihrer grossen Uebereinstimmung bezüglich der Zellgruppirung keinen Zweifel über die Art des Scheitelwachsthums übrig lassen können, vielmehr das Vorhandensein einer grossen, die Mitte des Scheitels einnehmenden Zelle von ganz charakteristischer Ge- stalt und die Abstammung der umgebenden Zellen aus dieser Scheitel- zelle deutlich erweisen. | Auf Grund dieses einen Resultates, das sich für so verschiedene Familien ergab, glaubt der Verfasser berechtigt zu sein, für die ganze Klasse der Gymnospermen Scheitelwachsthum mittelst einer einzigen tetraedrischen Scheitelzelle anzunehmen. Um die Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit dieser Annahme zu erhöhen, die Dingler’schen Er- gebnisse noch mehr zu vervollständigen, und um ferner die Frage nach dem Scheitelzellwachsthum möglicherweise auch in der Klasse der Zur Frage über das Scheitelwachsthum bei den Phanerogamen 473 Angiospermen !) einer Lösung zuzuführen, begann ich im vorigen Win- ter eine Untersuchung der Vegetationsscheitel zahlreicher gymnospermer wie angiospermer Pflanzen. Im Folgenden sind die Ergebnisse derselben kurz aufgeführt. A. Gymnospermen. Während Dingler seine Beobachtungen zum grössten Theile an den Scheiteln junger Keimlinge machte, beziehen sich meine Unter- suchungen auf die Knospenscheitel mehrjähriger Exemplare; die Resul- tate derselben stimmen mit den Dingler’schen im allgemeinen ganz überein. I. Coniferen. 1. Abietineen. Pinus Abies L. (Picea excelsa Lk.) Dingler constatirt bei jungen Keimpflanzen das Vorhandensein einer tetraedrischen Scheitelzelle und deren vollkommen gesetzmässige Segmentirung, er giebt Bilder sowohl des Längsschnittes wie des Zell- netzes der Oberfläche. — Ich fand an den Endknospen mehrgipfliger Stämmchen, sowie an Zweigknospen ebenfalls in der Mitte des flach gewölbten Vegetationskegels eine wenn auch nicht durch besondere Grösse, so doch durch ihre charakteristische Gestalt auffallende Zelle. Dieser letztere Umstand und die Lage an einem ganz bestimmten Ort, sowie hauptsächlich die leicht zu deutende Gruppirung ihrer Nachbar- zellen liessen gar nicht bezweifeln, dass dieser Zelle eine hervorragende Bedeutung, eine wichtige Funktion beizumessen sei. Von oben her betrachtet (Fig. 1.) gewährte sie das Bild eines Dreiecks, dessen Seiten nicht von ganz gleicher Länge sind; die beiden von ihr zuletzt abgeschnit- tenen Segmente (Fig. 1.s, und s,, s,, s,,) sind unverkennbar; das jüngste ist noch ganz ungetheilt, das vorletzte dagegen bereits in drei Zellen zerlegt. — Das Vorhandensein der Scheitelzelle konnte ich ferner auch durch den Längsschnitt bestätigen; dieser zeigte eine in der Mitte des Scheitels gelegene grosse Zelle, die mit steilen, gegen einander gerich- teten Wänden in’s Innere des Gewebes vorsprang und auch das zuletzt gebildete, noch ungetheilte Segment erkennen liess, ganz analog dem erhaltenen Oberflächenbilde. Pinus orientalis UL. Die Vegetationskegel zeigen, von oben her betrachtet, ganz ähnliche Zellenanordnung wie die von Pinus Abies. Die Scheitelzelle fand ich 1) Vereinzelte Angaben mehrerer Botaniker über das Vorhandensein einer Scheitelzelle an Wurzeln und Stammscheiteln einiger Angiospermen sind in der Dingler’schen Abhandlung aufgeführt. 474 P. Korschelt: immer von ganz besonderer Grösse und ziemlich genau gleichseitig- dreieckiger Gestalt, die Mitte des wenig erhobenen Kegels einnehmend; ihre Umgebung bilden kleine Zellen, über deren Ursprung ein genaueres Studium fast immer Aufschluss giebt: die beiden zuletzt gebildeten Segmente ergeben sich in den meisten Fällen ohne Mühe; das dritt- letzte liingegen lässt sich schon weniger leicht in seinen Umgrenzungs- linien auffinden. Auch hier gelang es mir, das Oberflächenbild durch den Längs- schnitt zu ergänzen; zwei Scheitelhälften, die ich durch einen genau median geführten Längsschnitt erhalten, liessen sofort, nachdem sie in Kalilauge gebracht waren, die grosse, zwar nicht genau in der Mitte des Scheitels gelegene, aber durch Form und Grösse vorzüglich aus- gezeichnete Scheitelzelle erkennen. Dieselbe ragte tief in das Gewebe des Vegetationskegels hinein, und so erschien mir gerade dieser Fall als ein recht drastisches Beispiel gegen das Vorhandensein einer den Vegetationskegel in continuirlichem Zuge überkleidenden Dermatogen- schicht im Hanstein’schen Sinne. Pinus canadensis. An mehreren Scheiteln, die sich indessen wegen ihrer Kleinheit weniger gut zur Untersuchung eignen, wurden Scheitelzellen von sehr regelmässiger Ausbildung beobachtet. 2%. Cupressineen. Tazxzodium distichum. Untersucht wurde eine grosse Anzahl von Scheiteln der überwin- ternden Seitensprosse; sie ergaben dasselbe Resultat, das Dingler bei den Keimlingen einer Cypresse (Oupressus pyramidalis Targ. Tozz.) er- hielt, von denen er ein Oberflächenzellnetz abbildet (Taf. II. Fig. 5 und 7), das in unzweifelhafter Weise das Scheitelzellwachsthum erweist. Taxo- dium wächst ebenfalls mit einer Scheitelzelle, welche die übrigen Zellen des Scheitels an Grösse übertrifft und deren Gestalt der bei den Ooni- feren beschriebenen gleicht;. sowohl in der Oberflächenansicht wie im Längsschnitt ist sie aufzufinden und aus der Anordnung der in ihrer nächsten Umgebung befindlichen Zellen als Mutterzelle des Scheitel- gewebes zu erkennen. ll. Gnetaceen. Von Gnetaceen untersuchte Dingler Ephedra monostachya O. A. Meyer mit für die Scheitelzelltheorie günstigem Erfolg; er constatirt für sie ein Scheitelwachsthum, das wie bei den Ooniferen mittelst einer tretraedrischen Scheitelzelle vor sich geht und bildet eine dementspre- chende Oberflächenansicht ab. — Ich fand in den frischen Laubknospen von Ephedra vulgaris ein vorzügliches Untersuchungsmaterial; die Zur Frage über das Scheitelwachsthum bei den Phanerogamen. 475 Vegetationskegel sind sehr zart und deshalb die Zellanordnung ihrer Scheitel oft schon ohne Behandlung mit Kalilauge leicht zu erkennen. Auch hier stimmen meine Resultate mit denen Dingler’s überein. Die Scheitelzelle, die im Quer- wie Längsschnitt mit gleicher Sicher- heit zu beobachten war, ist, wie in allen vorher beschriebenen Fällen, von tedraedrischer Gestalt und ganz auffallender Grösse; ihre nach aussen gelegene Wand (die Basis des Tetraeders) bildet zumeist ein ungefähr gleichseitiges Dreieck. Die Gruppirung der übrigen Zellen, die das Oberflächenzellnetz erkennen lässt, bekundet eine in der üb- lichen Weise stattfindende gesetzmässige Segmentbildung (Fig. 2). B. Angiospermen. Dingler hat in seiner Abhandlung die vereinzelten Angaben ver- schiedener Autoren über Scheitelzellwachsthum bei angiospermen Pflan- zen, die bis dahin bekannt geworden, zusammengestellt; dieselben beziehen sich sowohl auf embryonale Zustände wie auf Spross- und Wurzel- scheitel; sie sind nur in spärlicher Anzahl vorhanden und liefern ganz sichere Resultate nur zum Theil. Um für meine Arbeit geeignetes Material zu gewinnen, wurden im Frühjahr sehr zahlreiche Pflanzen aus den verschiedensten Familien der Mono- und Dicotyledonen bezüglich der Grössen- und Formenverhält- nisse ihrer Sprossscheitel untersucht, und, von dem naheliegenden Ge- danken ausgehend, dass die etwa vorhandene Scheitelzelle am ehesten an solchen Vegetationsspitzen aufzufinden sein müsste, deren Scheitel einen möglichst kleinen Raum darbieten, wurden zunächst diejenigen Formen zur Untersuchung gewählt, die einen recht schlanken Vegeta- tionskegel aufzuweisen hatten. Diesen Vorzug besitzt, wie bekannt, eine Anzahl von Wasserpflanzen, wie Elodea, Hippuris, Ceratophyllum u.s. w. Es ist aber trotzdem keineswegs leicht, bei diesen Pflanzen Aufschluss über die Zelltheilungsvorgänge am Scheitel zu erhalten; die Anfertigung brauchbarer, median geführter Längsschnitte scheitert zu- meist an der geringen Grösse des Durchmessers und der Zartheit der Vegetationsspitzen; feine Querschnitte sind bei der Kleinheit der Objekte ebenfalls schwer zu beschaffen; man muss sich vielmehr darauf be- schränken, die Scheitel in mässiger Dicke horizontal abzuschneiden und in reichlicher Menge aufhellender Flüssigkeit unter dem Deckglas zu betrachten — ein Mittel, zu dem auch Dingler bei seinen Unter- suchungen greifen musste. Elodea canadensis Rich. (Anacharis Alsinastrum Bap.), deren Vegetationskegel besonders schlank und spitz ist, ergab eine Anzahl von Schnitten, die mit grösster Sicherheit für Wachsthum mittelst Scheitel- zelle sprachen. Sowohl Öberflächenzellnetz wie Längsansicht boten zu wiederholten Malen den deutlichen Beweis für die Existenz einer ganz ähn- 476 P. Korschelt: lich wie bei den Gymnospermen gestalteten Scheitelzelle, ‚welche ent- sprechend den drei Seitenflächen des Tetraeders Segmente abschneidet. Scheitel, die in ziemlicher Dicke horizontal abgeschnitten wurden, liessen sich mit einiger Mühe in vertikaler Stellung fixiren; dann zeigte sich, dass ganz wie bei den Gymnospermen die Scheitelmitte von einer drei- eckig gestalteten Zelle eingenommen wird, welche, je nachdem die letzte Theilung vor längerer oder kürzerer Zeit stattgefunden, ihre Nachbar- zellen mehr oder weniger an Grösse übertrifft. Die drei in die Tiefe des Gewebes verlaufenden Tetraederkanten sind, wenn das Präparat genügend aufgehellt ist, bis zu ihrem Vereinigungspunkte, der Spitze des Tetraeders, zu verfolgen. Segmente konnten bei der Betrachtung von oben her mit Sicherheit drei festgestellt werden (Fig. 3). Ein dick abgeschnittener Scheitel, der beim Verschieben des Deckglases aus der vertikalen Stellung sich umlegte, liess die Scheitelzelle, die vorher in der Oberflächenansicht bereits gezeichnet war, auch in der Seitenansicht als solche erkennen und auch die zwei zuletzt abgeglie- derten Segmente in ihrer Umgrenzung und Theilung verfolgen (Fig. 4). Lemna minor, deren junge, noch nicht zu dem später flächen- förmigen Organ ausgewachsene Tochtersprosseebenfalls rücksichtlich ihrer Wachsthumvorgänge untersucht wurden, zeigt in der Oberflächenansicht eine Form der Scheitelzelle, welche von den bisher beobachteten einiger- massen abweicht; die Scheitelzelle ist zwar ebenfalls deutlich dreiseitig, aber der Unterschied in der Wandlänge tritt auffälliger als sonst hervor, die Zelle erscheint mehr in die Länge gezogen; indessen ist diesem Umstand eine wesentliche Bedeutung wohl kaum beizulegen. Die Seg- mentbildung erfolgt nach dem, was der Zellwandverlauf in der nächsten Umgebung der Scheitelzelle und die ganze Anordnung des Oberflächen- zellnetzes ergiebt, in einer den früheren Fällen entsprechenden Weise. (Fig. 5.) Ceratophyllum submersum folgt wieder dem gewöhnlichen Ty- pus der Scheitelzellform. Der Vegetationskegel ragt ähnlich wie bei Elodea weit über die jüngsten Blattanlagen hinaus. Die Betrachtung desselben im optischen Längsschnitt lässt deutlich und oft genug in der Scheitelmitte eine spitz nach innen zulaufende, zumeist auch durch Grösse etwas ausgezeichnete Zelle erkennen, über deren Umge- bung ich mir indessen keinen sicheren Aufschluss zu verschaffen ver- mochte — ausgenommen über das letzte Segment, das als schmale Zelle durch eine antikline Wand abgegrenzt erschien; der Eindruck des Ganzen ist ungefähr der, den man bei Zlodea erhält. Das Studium der Scheitel von oben her liefert beweiskräftigere Resultate, die Existenz der Scheitelzelle wird zweifellos; sie nimmt hier immer die Mitte des Schei- tels ein; bei höchster Einstellung lässt sich ihre nach aussen grenzende Fläche oft als ganz regelmässig gleichseitiges Dreieck erkennen, und ihre tetraedrische Natur, die ja schon ihr Bild in der Längsansicht mit Zur Frage über das Scheitelwachsthum bei den Phanerogamen. 477 documentirt, wird durch das allmählige Verschwinden dieser Dreiecks- contur bei immer niedrigerer Einstellung erwiesen. Das Zellnetz der Oberfläche veranschaulicht ferner noch die Theilungen dieser Scheitel- zelle.. Eine jüngst abgeschnittene Tochterzelle, ein letztes Segment, oft durch spätere Wachsthumsvorgänge schon einigermassen verzerrt, ist immer aufzufinden; und in der Regel auch ein zweites, in dem schon mehrfache Theilungen stattgefunden haben; auch die Umgrenzung eines der dritten Tetraederfläche entsprechenden Segmentes kann man zu- weilen verfolgen, indessen hat man nicht immer die Gewähr für deren Richtigkeit. Myriophyllum verticillatum. Der Vegetationskegel ist viel kürzer und bedeutend breiter, als bei Ceratophyllum. Längsschnitte er- gaben keine günstigen Resultate. Diese wurden aber an Scheiteln, die mehrere Tage der Einwirkung von Kalilauge ausgesetzt gewesen und dann von oben her studirt wurden, erhalten. Die zumeist polygonal gestalteten Zellen des Oberflächenzellnetzes gruppiren sich um eine in der Mitte des ziemlich stark gewölbten Kegels gelegenen Zelle von deutlich dreiseitiger Gestalt, und bekunden durch ihre Anordnung die Abstammung aus einer Mutterzelle.. Die beiden letzten Segmente tre- ten sehr scharf hervor; ein drittletztes konnte einmal mit ziemlicher Sicherheit verfolgt werden (Fig. 6). Ganz vorzügliches Untersuchungsmaterial fand ich ferner in einer Anzahl von Gramineen; bei Saccharum officinarum, Kulalia japonica, Festuca rubra und capillifolia, Panicum plicatum tritt das Wachsthum mittelst Scheitelzelle in fast noch prägnanterer Weise hervor als in den vorstehenden Fällen; Raummangel verbietet mir hier näher auf diese Formen einzugehen. Eine umfassendere Arbeit über den hier in Kürze behandelten Gegenstand soll in einiger Zeit an anderer Stelle veröffentlicht werden. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Pinus Adies. Oberflächenansicht eines Vegetationsscheitels. Vergr. 300. Ephedra vulgaris. Dasselbe Vergr. 560. Elndea canadensis. Dasselbe. Die Scheitelzelle und ihre drei letzten Seg- mente sind der grösseren Deutlichkeit wegen stark conturirt. Vergr 560. Fig. 4. Elodea canadensis. Längsansicht der Scheitelzelle und ihrer Segmente. Vergr. 560. Fig. 5. Lemna minor. Junger Tochterspross von oben gesehen. Vergr. 960. Myriophyllum vertieillatum. Vegetationskegel in der Ansicht von oben. Die Scheitelzelle und die Segmente sind durch stärkere Umgrenzungslinien hervorgehoben. Vergr. 880. Be 3 dR [s VE No) er 08 [er) Leipzig, botan. Institut. 478 O. Müller: 64. Otto Müller: Die Chromatophoren mariner Ba- eillariaceen aus den Gattungen Pleurosigma und Nitzschia. (Vorläufige Mittheilung.) Eingegangen am 20. November 1883. Die Chromatophoren von Pleurosigma angulatum Sm. und P. elon- gatum Sm., wahrscheinlich auch einiger anderer formverwandter Arten, sind in sehr eigenthümlicher, von allen übrigen Arten wesentlich ab- weichender Weise gestaltet. Soviel mir bekannt, besitzen wir nur eine Beschreibung und Abbildung der primordialen Zelle von P. angulatum und zwar von Max Schultze!) in seinem bekannten Aufsatze über die Bewegung der Diatomeen. E. Pfitzer?) erkennt die Max Schultze’sche Fig. 2 als diejenige an, welche dem gewöhnlichen Vorkommen ent- spricht, wonach P. angulatum „vielfach lappig zerschnittene, stellenweise sogar durch Löcher unterbrochene Endochromplatten“ besitzt, während er die schlingenartige Anordnung, welche M. Schultze in als 1 dar- stellt, als Anomalie zu betrachten geneigt ist. Die nachfolgend mitgetheilten Beobachtungen stützen sich auf ge- härtetes und gefärbtes Material, welches von der Insel Sylt stammt und nach der von Pfitzer?) eingeführten Nigrosin-Picrinsäure-Methode behandelt worden ist. Das Studium vieler, in jeder Beziehung wohl erhaltener und tief gefärbter Zellen, ergiebt nun, dass keine der beiden von M. Schultze gezeichneten Abbildungen den wirklichen Verhält- nissen völlig entspricht, Fig. 2 noch weniger als Fig. 1. Beide Fi- guren können erst nach Trennung der Bilder von zwei Einstellungen richtiger aufgefasst werden; sie sind offenbar unrichtig combinirt und ohne Berücksichtigung der Gürtelbandseiten entstanden. Soweit mir die lebende Zelle in Erinnerung ist und zufolge der ohne Zweifel zu- verlässigen Dimensionen der Schultze’schen Figuren, nehme ich an, dass durch die Einwirkung der Picrinsäure das Ohromatophor eine geringe ÖOontraction in Richtung der Breite erfahren hat, da die ge- 1) Arch. f. mikrosk Anatomie v. M. Schultze. Bd I, p. 376 ff. Taf. XXIII. Fig 1—4. 2) Pfitzer, E. Bau und Entwickelung der Bacillariaceen. Bonn 1871. p. 58. 3) Pfitzer, E. Ueber ein Härtung und Färbung vereinigendes Verfahren f. d. Untersuchung des plasmatischen Zellleibes. Diese Berichte, Bd I, p. 44. Die Chromatophoren mariner Bacillariaceen etc. 479 härteten Bänder im allgemeinen den Durchmesser der in M. Schultze’s Fig. 1 gezeichneten besitzen, von denen der Autor selbst angiebt sie seien besonders schmal, die in Fig. 2 dargestellten Verhältnisse seien die herrschenden. Die Chromatophoren von P. angnlatum bestehen aus zwei sehr langen, den Längendurchmesser der Zelle um das doppelte und mehr übertreffenden, verhältnissmässig schmalen, am Rande vielfach gelappten und gezackten, aber niemals durchlöcherten Bändern, welche auf jeder Seite der Zelle gleichartig angeordnet sind. Diese Bänder liegen während des ganzen Verlaufes mit ihrer Fläche der Zellwand an, von der sie nur durch eine dünne Plasmaschicht getrennt sind. Ein mittlerer Ab- schnitt eines jeden Bandes, ungefähr der dritte Theil der Gesammtlänge, verläuft ungetrennt an der Innenfläche der oberen!) Schale, zwei Stücke, zusammen etwa von der Länge jenes Mittelstückes, liegen ge- trennt der unteren Schale an, während die in die Zellspitzen drin- genden Enden sich der Gürtelbandfläche der Zellwand zuwenden, an welcher dann auch die Verbindungen der an der oberen und unteren Schalenfläche orientirten Stücke zu suchen sind. Die functionirende Gesammtfläche des Uhromatophors ist daher in beiden Seitentheilen des plasmatischen Zellleibes mit grosser Gleichmässigkeit vertheilt. Die Mediane des Chromatophors fällt, ganz entsprechend der von Pfitzer?) gegebenen Diagnose für die Naviculeen, mit der Mediane der Gürtelbandfläche zusammen; die auf die benachbarten Schalen hinüber greifenden Theile des Chromatophors sind aber, wie noch näher gezeigt werden soll, in Bezug auf die Theilungsebene unsymmetrisch angeordnet. Jedes der an der oberen Schale, zu beiden Seiten der Raphe ge- legenen Mittelstücke der beiden Ohromatophoren umfasst in typischer Anordnung zunächst den im ÜOentrum befindlichen Zellkern mit einem nach innen offenen Halbkreise, der centralen Ausbuchtung, und zieht sich dann in Richtung der Raphe, diese aber freilassend, zu zwei langen, mit den zugespitzten Scheiteln den Schalenspitzen zustrebenden Schleifen aus. Die an dem Schalenrande rücklaufenden kürzeren Schenkel dieser beiden Schleifen verlassen in der Nähe der centralen Ausbuchtung die Horizontalebene der oberen Schale gehen, in stumpfem Winkel nach unten biegend, auf die Verticalebene der Gürtelbandfläche über, welche sie in etwas schiefer Richtung quer durchziehen und treten dann mit scharfer Biegung auf die Horizontalebene der unteren Schale. Auch auf dieser bilden sie zwei Schleifen, deren Scheitel indess, im Gegen- satz zu den oberen Schleifen, dem Zellkern zugewendet sind. Ihre längeren inneren Schenkel laufen in gleicher Richtung wie die ent- 1) Die Bezeichnung „obere“ ist willkürlich, aber in dieser Mittheilung stets für die den Mitteltheil des Chromatophors aufnehmende Schale der Zelle beibehalten. 2) 1. c. p. 32. 480 O0. Müller: sprechenden Schenkel der oberen Schleifen, bis sie, über die Scheitel jener hinaus fortschreitend, nach aussen biegend, den Rand der Schale wiederum erreichen; dies geschieht an zwei Punkten die etwa 4 des Längendurchmessers der Zelle von deren Spitzen entfernt sind. Hier begeben sie sich aus der Horizontalebene der unteren Schale auf die Verticalebene der Gürtelbandfläche zurück, bilden zunächst je zwei kleine Schleifen in deren Ebene und enden endlich, in der Mediane verlaufend, unter kleinen spiralen Windungen, in den Zellspitzen. Die beiden durch die centrale Ausbuchtung zusammenhängen- den Schleifen eines jeden Ohromatophors an der oberen und die an 2. b. C. Schema des Verlaufs der Mittellinien der Chromatophoren von Pleurosigma angulatum. a an der oberen, b an der unteren Schale, ce Combination beider. der unteren Schale getrennt verlaufenden beiden Schleifen, decken sich daher theilweise bei Betrachtung von der Schalenseite aus und da ihre Scheitel opponirt sind, wird bei einer mittleren Einstellung sehr leicht die Täuschung hervorgerufen, als handle es sich um zwei durch- löcherte elliptische Platten mit bandförmigen Anhängen, deren Löcher etwa die Gestalt einer Feige aufweisen, weil die inneren Schenkel der unteren Schleifen in der Regel eine kleine Biegung nach aussen ein- gehen. Die Chromatophoren mariner Bacillariaceen etc. 481 Die Theilung betreffend, sind in den mir vorliegenden, zeitlich an- einander zu knüpfenden Zuständen leider noch einige Lücken. Ich kann zunächst nur mittheilen, dass der Zerfall in zweı Hälften durch einen Querriss der centralen Ausbuchtung erfolgt und dass sich un- mittelbar nach vollendeter Zelltheilung die vier Chromatophoren der noch zusammenhängenden Tochterzellen lediglich auf den alten Schalen be- finden, während die jungen Schalen völlig frei sind. Die den Rändern der alten Schalen anliegenden CUhromatophoren sind merklich dicker, wurstartig, haben glatte Ränder, verlaufen nahezu gestreckt, nur wenig verbogen. Etwas später zeigen sich an zwei in gleichen Abständen vom Öentrum gelegenen Stellen eines jeden Chromatophors kleine Ein- faltungen nach der Raphe zu, wodurch sich an dem Ohromatophor deutlich ein mittlerer Theil und zwei seitliche markiren; diese Falten ver- grössern sich, werden unter theilweisem Uebergang auf die jungen Schalen zu einfachen Schlingen und bilden sich endlich zu den oben beschriebenen typischen Schleifen aus. Ueber die Vorgänge von der Trennung des Chromatophors in zwei Hälften bis zur Zeit der Zelltheilung fehlen mir noch die Unterlagen Ich halte es jedoch für wahrscheinlich, dass die durch den Querriss der centralen Ausbuchtung neu entstande- nen inneren Enden über, bezw. unter einander vorbei wandern, indem jedes Ende derjenigen Zellspitze zustrebt, auf welche es gerichtet ist. Dadurch würden die Schleifen ausgezogen, die Bänder gestreckt und die beiden Hälf- ten den alten Schalen angelegt. Ueber ‚die feinere Structur der Chromatophoren- Substanz, das Vorkommen von zum Theil scharf be- grenzten hellen Stellen in derselben, die Beziehungen zu dem von der mittleren, den Kern umschliessenden Plasmaanhäufung ausstrahlenden Netze plasmodialer Fäden etc., ebenso über die von der typischen Form mannigfach abweichenden Ausgestaltungen, behalte ich mir vor anderen Ortes ausführlicher zu berichten. Die Zelle von Pleurosigma balticum Sm. enthält eben- falls zwei Chromatophoren, deren Mediane mit der Me- diane der Gürtelbänder zusammenfällt und welche jeder- seits auf die Schalen übergreifen. Diese Chromatophoren aber sind nicht bandförmig und vielfach verschlungen, wie bei P. angulatum, sondern Platten, wenngleich auch diese Platten keineswegs so einfach gestaltet sind, wie nach der M. Schultze’schen Fig. 5 vermuthet werden muss. ‘Die Ränder der Platten sind durch mehr oder Bros v. 4» Bal & i ticum, flach aus- weniger tiefe, schräge, dem Mittelknoten zugeneigte Ein- gebreitet. schnitte zerklüftet und die grösseren der dadurch ent- 31 D.Botan.Ges.1 Schema eines Chro- A832 O. Müller: standenen Lappen wiederum auf das mannigfachste zersägt und ge- zackt. Die Grundsubstanz der Lappen selbst ist undurchbrochen und ebenso ein schmaler Streifen, welcher längs des ganzen Randes verläuft. Der Mitteltheil der Platten bietet jedoch ein ganz eigenthümliches Bild. Derselbe zeigt helle und dunkle schräge Streifen, welche in regelmässiger Abwechslung und gleicher Breite nahezu die ganze Längenausdehnung der Platte einnehmen und dem Mitteltheile etwa das Aussehen einer Leiter mit schiefen Sprossen geben. Die dunkeln Streifen oder Balken sind in der Regel scharf berandet und gerade gestreckt; nicht alle aber laufen von Rand zu Rand, manche derselben erreichen den gegenüber liegenden Rand nicht ganz, zwischen beiden bleibt eine schmale, helle Spalte, so dass alsdann ein dunkler Zacken auf drei Seiten von einem hellen Hofe umgeben erscheint. Dass die hellen Streifen in der That Substanzlücken sınd, beweist schon der Umstand, dass die soeben be- schriebenen Zacken oft aus ihrer Richtung verschoben werden. Bei einer Platte, welche ich durch Druck isolirt hatte, war sogar ein Zacken nach oben verbogen, d.h. aus der Ebene des Mitteltheiles der Platte mit dem freien Ende hervorgetreten. In den hellen Lücken erkennt man deutlich ein Netzwerk von Plasmafäden, welche der das Chromatophor einhüllenden Plasmaschicht angehören. Der Mitteltheil des Chromatophors der anderen Gürtelbandseite der Zelle hat entgegen- gesetzt gerichtete dunkle Streifen; da dieselben noch theilweise auf die Schalen übergreifen, so bieten die Ohromatophoren der Zelle von der Schalenseite aus ein Bild, ähnlich der Seitenwand eines Schilderhauses. Aehnlich gestaltete COhromatophoren besitzt Pleurosigma Hippo- campus Sm. Dieselben sind jedoch schmäler als bei P. balticum und haben schwach gelappte Ränder, welche nur einen schmalen Randtheil der benachbarten Schalen bedecken; auch ist ihre Fläche von der Schalenseite aus im Profil gesehen, in der Nähe des Zellkerns, oft etwas wellig verbogen. Nicht immer ist die gitterföormige Durchbrechung des Mitteltheils der Platten so deutlich wahrnehmbar wie bei der vorigen Art, die hellen Zwischenräume sind alsdann nur durch schmale helle Linien angedeutet; ältere Zellen aber zeigten den typischen Aufbau. Bisher ist mir nur ein einziges Individuum zu Gesicht gekommen, welches deutliche Spuren beginnender Theilung des Ohromatophors zeigte. Nach diesem zu urtheilen erfolgt die Theilung ähnlich der von Pfitzer!) beschriebenen der Süsswasserformen. Während der Wan- derung und Schrägstellung der Platten indess scheint der eine Rand mehr vorzurücken als der andere, wodurch die schrägen Balken des Mitteltheils eine Knickung erfahren; die Trennung erfolgt dann im Scheitel der Winkel. Gleichzeitig scheint die Grundsubstanz des Ohro- matophors eine Lockerung und Verschiebung zu erleiden, indem kleine 1) Pfitzer, Bacillariaceen, p. 58. Die Chromatophoren mariner Bacillariaceen etc. 483 Theile derselben die Lücken schliessen und zu einem neuen Rand- streifen zusammentreten. Diese Verschiedenheit der Ohromatophoren bei verschiedenen ma- rinen Species von Pleurosigma bietet einen weiteren Beleg für die von Fr. Schmitz!) erwähnte Thatsache, dass die Structur der Chromato- phoren bei den Arten derselben Gattung keineswegs immer die gleiche ist. Der Unterschied betrifft hier nicht allein die marinen und die Süsswasserformen derselben Gattung, sondern bereits die marinen für sich. Der Gattung Nitzschia Hass. kommt nach E. Pfitzer?) ein ein- zıges Chromatophor zu, welches aber in dem Falle von Nitzschia Sigma Sm. durch den Zellkern vollständig unterbrochen wird; bei anderen der Gruppe der Sigmata angehörenden Arten, var. lineata Grun., scheint diese Unterbrechung nicht vollkommen. Das in zwei Hälften getheilte Chromatophor von Nitzschia Sigma Sm. ist ebenfalls plattenförmig und liegt demjenigen Gürtelbande an, welches sich den beiden Kielpunkten gegenüber befindet, die schwach gelappten Ränder nach den Schalen zu umschlagend. In der Nähe der Ränder bemerkt man vielfach linsen- förmige Eindrücke, welche vielleicht von grösseren die Zelle erfüllenden Oeltropfen herrühren. In der Mediane dieses Cbromatophors auf jeder der beiden Hälften liegen fünf und mehr, runde oder längsovale Pyrenoide. In der Profil- ansicht des Chromatophors, von der Schalenseite aus gesehen, treten diese Pyrenoide als rundliche, linsenförmige Erhebungen aus der Fläche des Chromatophors in den Zellraum hervor. Das Vorkommen von Pyrenoiden bei den Bacillariaceen ist zwar keineswegs ungewöhnlich; Fr. Schmitz?) erkennt diese kernartigen Gebilde der Chromatophoren einer grossen Zahl mariner Bacillariaceen zu und E. Pfitzer*) dehnt ihr Vorkommen auch auf die Süsswasser- formen aus. Fr. Schmitz aber hat immer nur die einfachsten For- men jener Körper bei den Bacillariaceen gesehen, sogenannte nackte Pyrenoide. In unserem Falle dagegen erscheinen die durch Nigrosin mehr oder weniger dunkel gefärbten Pyrenoide von einem hellen Hofe umgeben, der bei stärkeren Vergrösserungen (!/,'' Zeiss Oelimmersion) sogar eine Differenzirung in kleine helle Punkte erkennen lässt, ein Bild also, ganz ähnlich den Amylumheerden der Chlorophyceen. Eine grössere Zahl ähnlicher Punkte und scharf begrenzter Flecken von grösserem Umfange liegen ausserdem in der Chromatophorensubstanz zerstreut zwischen je zwei benachbarten Pyrenoiden. Bei der Betrach- 1) Schmitz, Fr. Die Chromatophoren der Algen. Bonn 1882, p. 38, Anm. 2) Pfitzer, Bacillariaceen, p. %6. 3) l.c.p 37. 4) Diese Berichte, p. 47. 484 OÖ. Müller: Die Chromatophoren mariner Bacillariaceen etc. tung mit weniger vorzüglichen optischen Hilfsmitteln als die Oelimmersion und bei schwächerer Vergrösserung, würde man über die Deutung als Amylumheerde und Stärkekörner kaum im Zweifel sein können, wenn nicht der bisher allgemein anerkannte Umstand!), dass die Bildung von ächter Stärke bei allen Algen mit braun oder roth gefärbten Chromatopheren unterbleibt, jene Deutung von vornherein unwahrscheinlich erscheinen liesse. Unter Zuhilfenahme der stärksten Vergrösserungen erkennt man denn auch, dass die grösseren hellen Flecke eine sehr unregel- mässige Gestalt und vielfach gezackte Ränder haben, so dass man nunmehr den Eindruck gewinnt, als sei die schwammig poröse Grundmasse des Chromatophors in Form eines relativ el grobmaschigen Netzwerkes mit breiten substanziellen Balken an- Mittlerer geordnet. Es liesse sich nun wohl denken, dass auch der das Theil des Pyrenoid umgebende hell punktirte Hof nur durch Öontraction any des Pyrenoids entstanden, indem bei der Contraetion die Sub- Nitzschia stanz des Pyrenoids mit der Substanz des umgebenden Chroma- SigmaSM.tophors an einzelnen Stellen durch Fibrillen in Zusammenhang geblieben ist und ich muss die Möglichkeit dieser Auffassung zunächst offen halten. Indessen sprechen auch wieder Gründe gegen solche An- nahme. An besonders gut gehärteten und erhaltenen Ohromatophoren habe ıch über den Pyrenoiden ein Netzwerk erkannt, welches, in Ver- bindung mit den hellen Punkten des Hofes, die Deutung einer das Pyrenoid umgebenden hohlkugligen Körnerschicht wohl zulassen würde. Nun hat Fr. Schmitz bei den Nemalieen?) und Euglenen?) eigenthümliche Bildungen beschrieben, welche, ohne ächte Stärke zu führen, das Bild der Amylumheerde vortäuschen, er nennt sie Pseudo- Amylumheerde. Die Körner der Florideenstärke bei den Nemalieen und die Paramylonkörner der Euglenen liegen aber stets ausserhalb des Körpers des sternförmigen Ohromatophors. Der negative Ausfall der Jodreaction (allerdings an gehärtetem Material, welches allein zur Verfügung stand) würde vielleicht auf Phaeophyceenstärke hinweisen, welche nach Fr. Schmitz!) durch Jod gar nicht gefärbt wird; aber auch von diesen Körnern giebt Fr. Schmitz an, dass sie stets im Plasma ausserhalb der Ohromatophoren gebildet werden, während die in Rede stehenden hellen Punkte jedenfalls in deren Substanz liegen. Ich muss daher die Frage nach der Bedeutung der beschriebenen Bilder offen lassen, bis das Studium lebenden Materials vielleicht eine Entscheidung ermöglichen wird. 1) Pfitzer, Bacillariaceen, p. 34; Schmitz, Chromatophoren, p. 145. 2yl,ve.p 5).L@.p. 41. F. Temme: Ueber das Chlorophyll der Cuseuta. 485 65. F. Temme: Ueber das Chlorophyll und die Assi- milation der Cuscuta europaea. (Vorläufige Mittheilung.) Eingegangen am 27. November 1883. Gelegentlich einer Untersuchung über das Eindringen der Hausto- rien der Cuscuta europaea in die Nährpflanze, welche ich im vergange- nen Sommer ausführte, machte ich die Wahrnehmung, dass das Plasma in den Zellen des Schmarotzers, welcher seither für chlorophylifrei und für einen echten Parasiten gehalten worden, eine grünliche Färbung be- sitzt. Da Wiesner?) bereits in einigen früher ebenfalls für chloro- phylifrei gehaltenen Orobanchen, sowie in Neottia Nidus avis das Vor- handensein von Chlorophyllfarbstoff constatirt hat, kam ich auf die Ver- muthung, dass vielleicht auch die Cuscuta nicht vollständig des Blatt- grüns entbehre. Ich prüfte sie deshalb eingehender und meine Ver- muthung bestätigte sich, indem besagter Farbstoff als mit dem Chloro- pbyll identisch sich erwies. Die zunächst ausgeführte mikroskopische Untersuchung ergab den Befund, dass der grüne Farbstoff theils in Form ergrünten Plasma’s, theils an individualisirte Plasmamassen, an Piasmakörner, gebunden, in der Cuscuta auftritt. In letzterer Form fand ich ihn namentlich in den Blüthenköpfchen, in ersterer in den übrigen Theilen. Nunmehr versuchte ich an einem alkoholischen Auszuge, bei dessen Herstellung auf sorgfältige Entfernung jeglicher der Nährpflanze angehörigen Theile Bedacht genommen worden war, eine spektroskopische Prüfung. Das Resultat erwies sich als positiv, indem die Absorptionsstreifen im Spek- tram sich vollkommen mit denen des Öhlorophylifarbstoffes deckten. Sie unterschieden sich nur dadurch, dass sie eine etwas geringere In- tensität besassen. Ein mittelst eines Heliostaten auf die Flüssigkeit geworfener Lichtkegel nahm ferner eine röthliche Farbe an; es zeigte sich eine Fluorescenzerscheinung, wie sie eben dem Ohlorophyll charak- teristisch ist. Durch Schütteln des weingeistigen Extractes mit Aether und Salzsäure erhielt ich in der unten stehenden Salzsäure einen blau- grünen, in der oben stehenden Aetherschicht einen gelben Farbstoff, so I) kresp. dal 2) Wiesner, Untersuchungen über die Farbstoffe einiger für chlorophylifrei gehaltenen Phanerogamen. Pringsheim’s Jahrb. Bd. VIIL, 1872, p. 575. 486 F. Temme: Ueber das Chlorophyll der Cuscuta. dass auch hierdurch das Vorhandensein von Chlorophyll nachgewiesen wurde. Schliesslich prüfte ich die Cuscuta auch noch nach physiologischer Seite hin, indem ich einen Assımilationsversuch mit ihr machte. Ich erhielt auch hier ein positives Resultat — Der Versuch wurde in fol- gender Weise angestellt: Ein mit zwei seitlichen Oeffnungen versehenes Glasgefäss, in welches die von fremden Theilen sorgfältig gereinigte Cuscuta gebracht worden war, wurde einerseits mit einem continuirlichen Kohlensäure- und Wasserstoff- Entwicklungsapparate, anderseits mit einem Cylinder, in welchem über einer niedrigen Wasserschicht eine Stange Phosphor hing, luftdicht verbunden. Behufs Absorption etwa mitgerissener Salzsäure war zwischen dem Kohlensäure-Entwickelungsapparat und dem die Cuscuta enthaltenden Gefäss noch ein Cylinder mit Wasser, sowie zwischen dem Wasserstoff-Entwickelungsapparat und dem Cuscuta- Gefäss ein solcher mit Kalilauge eingeschaltet, um etwa entstehenden Arsen- und Schwefelwasserstoff zu binden. Nun wurde die Cuscuta in dem Gefässe verdunkelt und so lange ein Strom von Wasserstoff und Kohlensäure durch den Apparat geleitet, bis keine Oxydation des Phos- phors mehr erfolgte. Hierauf wurde mittelst eines Hahnes die zur Phosphorstange führende Glasröhre geschlossen und die Cuscuta eine Zeit lang dem Sonnenlichte ausgesetzt. Nach circa 10 Minuten wurde der Hahn wiederum geöffnet und es traten nun an dem Phosphor weisse, von phosphoriger Säure herrührende Dämpfe auf, zum Beweise, dass Abscheidung von Sauerstoff von der Zerlegung von Kohlensäure durch die Cuscuta herrührend, stattgefunden hat. ' Noch bemerke ich, dass meine Untersuchungen sich nur auf die Cuscuta europaea beziehen. Indessen lässt sich nun wohl mit ziemlicher "Sicherheit annehmen, dass auch die übrigen Arten nicht chlorophy]Ifrei sind. Pflanzenphysiolog. Institut der königl. landwirthschaftl. Hochschule in Berlin. Fr. Buchenau: Eine verkannte deutsche Phanerogame. 487 66. Franz Buchenau: Eine verkannte deutsche Phanerogame. Eingegangen am 23. November 1883. Die Dünenthäler der ostfriesischen Inseln (vielleicht auch die der nordfriesischen Inseln, von denen ich aber noch keine besuchen konnte) werden bewohnt von einer sehr eigenthümlichen Juncus-Form aus der Untergattung: Junci septati, einer Form, welche zunächst verwandt ist mit J. lampocarpus, alpinus und acutiflorus.. Während die älteren Botaniker, welche die Inseln besuchten (z. B. Mertens und selbst noch Lantzius-Beninga und Wessel in seiner Flora Östfrieslands), sie einfach als J. alpinus Vill. (bezw. J. fusco-ater Schreb.) ansehen, führte G. F. W. Meyer sie schon in der Chloris hannoverana, 1836, p. 566 als „J. fusco-ater Schreber, Spielart @ coarctatus; engspirrige braunschwarze Simse“ auf, behält aber ın der Flora hannoverana ex- cursoria, 1849. die Varietät nicht bei. — Ich selbst bin wohl der Erste gewesen, welcher (in der Schrift: Kritisches Verzeichniss aller bis jetzt beschriebenen Juncaceen, 1880, p. 98—100 und dann wieder in der Flora der ostfriesischen Inseln, 1881, p. 137) hervorgehoben hat, dass die Pflanze von Juncus alpinus als Art zu trennen ist. Ich führte sie als J. atricapillus Drejer auf (mit welchem sie zweifellos identisch ist), besprach aber auch ihre nahe Verwandtschaft mit dem mir damals noch zweifelhaften Juncus anceps Lah. Unter diesen Umständen musste es mir besonders lieb sein, unter den Juncaceen des Reichsherbariums zu Leiden, welche mir im August und September d. J. zur Revision vorlagen, ein Original-Exemplar des Juncus anceps von Jean de Laharpe zu finden. Es ist dies eine fruchttragende Pflanze aus den Dünen von Bayonne; die Beleg-Exem- plare bildeten früher einen Theil des Persoon’schen Herbariums; aus einer beiliegenden von van Hall geschriebenen Etikette geht hervor, dass de Laharpe ihr ursprünglich einen anderen nicht publicirien Artnamen gegeben hatte. — Bis dahin hatte mir nur ein von Gay bei le Mans gesammeltes Exemplar vorgelegen, welches auch als Original- Exemplar zu betrachten ist, da Laharpe diesen Standort ausdrücklich aufführt, welches aber nur junge Blüten, keine entwickelten Früchte, besitzt. — Die Untersuchung des fruchttragenden Exemplares von Bayonne gestattete mir nun, Klarheit über Juncus anceps und über seine Beziehung zu unserer deutschen Pflanze zu erlangen, und erlaube ich mir daher, hierüber an dieser Stelle Mittheilung zu machen. Unsere deutsche Dünenpflanze ist durch folgende Kennzeichen von 488 Fr. Buchenan: Juncus alpinus Vill. verschieden. Die horizontale Grundachse ist lang (nämlich sowohl ziemlich langgliedrig, als auch von längerer, d. i. mehr- jähriger Dauer) und trägt mehrere, abwechselnd rechts und links ste- hende Triebe; die Stengel sind meistens flachgedrückt, jedoch selten (und dann nur am Grunde) bis zum Zweischneidigen, die Lamina ist gleichfalls meistens von der Seite her flachgedrückt, zuweilen auf dem fücken gekielt, wo sich dann dieser Kiel mehr oder weniger weit auf den Rücken der Scheide fortsetzt. Der Blüthenstand ist sehr reich- köpfig und ungemein zusammengezogen; die Aeste sind (ebenso wie bei J. alpinus Vill.) steilaufgerichtet; dabei sind aber die Internodien viel kürzer als bei J. alpinus, und es erscheinen daher die zahlreichen Köpfchen weit gedrängter als sowohl bei dem ächten (wenigköpfigen) J. alpinus Vill., wie bei seiner reichköpfigen Form der Ebene, welche Fig. 1. Fig. 2. br 10 10 Juncus BIReRR Drej. Borkum. Juncus alpinus Vill. Ba: alpin. Vill.Cogne. Schreber unter dem Namen J. fusco-ater beschrieben hat. Die Blü- then sind meistens noch kleiner als bei J. alyıinus; die äusseren Peri- gontheile sind stumpflich und dabei undeutlich stachelspitzig,!) die in- neren stumpf (bei J. alpinus sind jene stumpf mit deutlich rückenstän- diger Stachelspitze, die inneren abgerundet-stumpf). Die Frucht ist elliptisch-dreikantig, in eine kurze Spitze verschmälert und ragt kaum mit dieser Spitze über das Perigon hervor, während sie bei J. alpinus fast prismatisch-dreikantig, abgerundet-stumpf mit aufgesetzter Stachel- 1) Die äusseren Perigonblätter sind weit weniger stumpf als bei J. alpinus und die Stachelspitze ist weniger deutlich abgesetzt und weit kürzer als bei dieser Art. Gehen nun die zarten Hautränder verloren, so erscheinen die äusseren Perigon- blätter spitz. An meinen Pflanzen aus Etrurien scheint aber der zarte Hautrand wirklich zu fehlen. Ich darf bei dieser Gelegenheit wohl darauf hinweisen, wie grosse Vorsicht überhaupt bei Benutzung von älterem Herbariumsmaterial von Jun- cus-Arten nöthig ist, wenn es auf die zarten Hautränder der Perigonblätter ankommt. Bücherläuse, Schimmel und die mechanische Reibung beim Gebrauche des Herba- riums arbeiten gleichzeitig an der Zerstörung derselben, so dass sie zuweilen aus- gezackt erscheinen, manchmal aber auch ganz zerstört sind. Eine verkannte deutsche Phanerogame 489 spitze ist und das Perigon um die Hälfte seiner Länge und oft noch mehr überragt. Diese Pflanze ist auch in den Dünenthälern von Jütland unfern des Oap Skagen nicht selten. Sie wurde zuerst von 8. T. N. Drejer in seinem Aufsatz: Bidrag til den danske Flora (Kroyer’s Tidsskrift, 1838, II, p. 182) unter der Bezeichnung: J. atricapillus erwähnt; die damals zugesagte Diagnose bezw. Beschreibung ist aber nie erschienen. Erst 1851 gab Lange in der ersten Auflage seines Handbuches der dänischen Flora eine Diagnose, und 1869 veröffentlichte derselbe Ge- lehrte in der Flora danica, Band 16, auf Taf. 2771 eine vortreffliche Abbildung nebst Beschreibung. Reichenbach’s inzwischen veröffent- lichte Abbildung: Deutschlands Flora, Taf. 407, Fig. 911 ist höchstens als Habitusbild brauchbar, die Analysenzeichnungen sind ganz ungenau, und der Text!) ist mit dem Texte zu Fig 909 und 910 derselben Tafel (J. atratus Krocker) ın einer Weise durch einander gemischt, dass man nicht weiss, welche Angabe zu der einen, welche zu der anderen Pflanze gehören soll. Dieselbe Pflanze kommt auch auf der schwedischen Seite des Kat- tegat in der Landschaft Halland vor, woher Fries sie im Herb. norm. X1,68?) ausgegeben und in den Novitiae florae suecicae, Mantissa III, 1842, pag. 23 unter dem Namen: J.atratus beschrieben hat; daselbst wird auch naclı Nyman’s Angabe Gothland als Fundort genannt. Fries erwähnt, dass er wegen dieser Form längere Zeit hindurch über den Unterschied von J. acutiflorus und articulatus unsicher gewesen sei, dass sie sich aber bei genauerer Prüfung als eine gut verschiedene Art erweise. ; Wenden wir uns nun zu J.anceps Lah. In seinem vortrefflichen Essai d’une monographie des -vraies Joncees (Memoires de la societe d’histoire naturelle de Paris, 1825, Bd. IV) beschreibt Jean de La- harpe pag. 126 diese Pflanze von Le Mans, Bayonne und Montpellier und characterisirt sie: J. culmo erecto, bası subancıpiti, apice tereti; foliis subancipitibus; vaginis dorso carinatis, panicula decomposita, erecta; spieis 4—6 floris; perigonii foliolis subaequalibus, exterioribus acute mucronatis, interio- ribus obtusis, capsula ovoideo-ellipsoidea triquetra rostrata vix bre- vioribus. Diese im Ganzen vortreffliche Diagnose wurde aber abgeschwächt durch den Zusatz: J. anceps a le port du J. ucutiflorus et du J. ustula- tus Hoppe (i. e. J. alpinus Vill.), le perigone de ce dernier et la capsule de certaines varietes du premier, quoique un peu plus courte; ses feuil- les et ses tiges comprimees et marquees de deux angles plus ou moins 1) Die Pflanze ist überdies irrthümlich mit dem Namen J. nigricuns Drejer be- zeichnet. 2) Ich selbst sah diese Pflanze noch nicht. 490 Fr. Buchenau: saillans, la distinguent de toutes les especes voisines. — Bei J. ustula- tus findet sich überdies der verwirrende Zusatz: Le J. anceps en differe par le bec qui termine sa capsule. Diese Zusätze haben viel Verwirrung gestiftet und namentlich auch die richtige Deutung unserer deutschen Pflanze erschwert. So führt z.B. James Lloyd in seiner flore de l’ouest de la France, 1854, pag. 468 den J. anceps nur ın einer Anmerkung nach J. acutiflorus an, mit dem er doch, abgesehen von einer habituellen allgemeinen Aehnlichkeit, nur wenig gemein hat. Ebenso nennt Saint-Lager, Catalogue de la flore du basin du Rhöne (Ann. Soc. Bot. Lyon, 1882, pag. 749) die Pflanze: intermediaire entre le J.lamprocarpus auquel elle ressemble par les fruits et le J. acutiflorus dont elle a le port (eine habituelle Aehnlich- keit mit J. acutiflorus ist übrigens auch bei unserer deutschen Pflanze unverkennbar). — Grenier und Godron dagegen (Flore de France, 1855-1856, III, pag. 347) charakterisiren ıhn vortrefflich und geben als Standort an: Lieux humides et marecageux; la Nievre, le Cher; Loir- et Cher; la Sartbe, Maine et Loire; Montpellier (Laharpe); ähnlich sind die Angaben bei A. Boreau, flore du Centre de la France, 1857, Il. pag. 608. Die älteste Abbildung von J. anceps gab Aug. Mutel in seiner flore francaise, 1836, Tab. 75, Fig. 565; ich konnte dieselbe, da die Tafeln auf der Göttinger Bibliothek fehlen, leider nicht einsehen, in- dessen ist sie nach Duval-Jouve nur wenig befriedigend. Gut sind dagegen die Abbildungen, welche J. Duval-Jouve in seiner Arbeit: De quelques Juncus & feuilles cloisonnees (Revue des sciences naturelles, 1872, pag. 117— 150) giebt. Er bildet auf Taf. V eine Blüthe mit Frucht, sowie einen Querschnitt der Grundachse, ferner auf Taf. VI Querschnitte von einem Stengel und einem Laubblatte ab. Jene Ab- bildung der Blüthe (Taf. V, Fig. 9) zeigt, da sie unmittelbar neben der Abbildung einer Blüthe von J. acutiflorus steht, den enormen Unter- schied beider Arten auf das Deutlichste, so dass von näherer Verwandt- schaft nicht die Rede sein kann. — Duval-Jouve führt, pag. 145, als Standorte des Juncus anceps an: Algier, Arles, den Strand des He- rault u.s. w. Dazu kommt dann noch, um das hier sogleich zu er- wähnen (zuerst bei Parlatore, flora italiana, 1852, II, pag. 338) die westliche Küste von Italien, anscheinend von Etrurien bis ın die Ge- gend von Rom, sowie die Meeresküste bei Triest, so dass J. anceps als eine westeuropäische, bis in das Centrum von Frankreich vordrin- gende Pflanze, erscheint. Sehr auffallend ist es dabei, dass sie in Spanien (Willkomm und Lange), auf den Balearen (P. Mares et Gn. Vigineix, Catalogue raisonne), auf Corsika und Sardinien, in Grossbrittanien und Irland, in der Normandie (Brebisson) fehlt, wäh- rend sie für die Bretagne (Aug. Liegard, flore de Bretagne, 1879, pag. 201) als sehr selten angegeben wird. Eine verkannte deutsche Phanerogame. 491 Fig. 3. 70 Juncus anceps Lah. Bayonne. Die Vergleichung der deutschen Dünenpflanze (J. atricapillus) mit J. anceps zeigt nun, dass beide im Blüthenbau übereinstimmen. Sie haben kleine Blüthen, welche lange Zeit so eng geschlossen sind, dass oft noch zur Fruchtreifezeit die inneren Blüthentheile von den äusseren fast ganz umschlossen werden, und die Blüthen daher den Eindruck von Knospen machen. (Vergl. besonders die Abbildung der Blüthe von Borkum; die Blüthe des Exemplares von Bayonne zeigt dies viel we- niger deutlich, z.B. wohl deshalb, weil das Exemplar schon circa 80 Jahre lang im Herbarium!) liegt; da sie aber die einzige Blüthe mit erhaltenen Hauträndern war, so habe ich sie meinem Grundsatze getreu genau so abgebildet, wie sie nach dem Aufweichen vorlag.) Das Peri- gon stimmt in seinem Bau überein. Die zugespitzte Frucht ragt ent- weder nur mit ihrer Spitze oder doch nur mit ihrem oberen Theile über das Perigon hervor. Wie anders bei J. alpinus, wo die äusseren Perigontheile die inneren Blüthentheile nicht verdecken, und die stumpfe, stachelspitzige Frucht weit über das Perigon hervorragt! Der Unter- schied ist so deutlich, dass man bei Pflanzen mit wohl entwickelten Früchten nicht leicht über ihre Zugehörigkeit in Zweifel sein kann. — J. anceps und atrrcapillus zeigen im Uebrigen aber auch manche Ver- schiedenheiten. J. anceps hat einen weniger zusammengesetzten und weniger gedrängten Blüthenstand als unser J.atricapillus. Am merk- würdigsten jedoch ist die Verschiedenheit im Baue des Stengels und der Laubblätter. Während die westeuropäische Pflanze nach den Ver- sicherungen aller Beobachter, darunter des so genauen Duval-Jouve, stets caules basi ancipites und lamina a latere compressa, vagına dorso carinata hat, ist dies bei der Pflanze unserer Inseln durchaus nicht immer und auch nicht so ausgeprägt der Fall. Pflanzen mit runden Stengeln, runder Lamina und gerundetem Rücken der Blattscheide sind auf Borkum, Norderney, Langeoog, sowie in Jütland durchaus nicht 1) An trockenen Herbariums-Exemplaren tritt überhaupt, wie leicht einzusehen ist, dieses Kennzeichen viel weniger deutlich hervor als an frischen oder aufge- weichten. 492 Fr. Buchenau: selten. Auch der J. alpinus verhält sich hierin verschieden, wie ich bereits früher (Kritisches Verzeichniss pag. 99) hervorgehoben habe, ein Umstand, der mich früher immer an der Art-Berechtigung von J.anceps irre machte. Häufig sind allerdings bei J. alpinus zusammen- gedrückte Stengel und Blätter, und nicht selten sind sogar die Blatt- scheiden auf dem Rücken gekielt, daneben findet man aber auch stiel- runde Stengel und Blätter und auf dem Rücken gerundete Blattscheiden. Selbst J. /amprocarpus, welcher meistens runde Stengel und Blätter be- sitzt, zeigt zuweilen — namentlich an schräg-aufsteigenden Pflanzen — stark zusammengedrückte.e Darum erscheint mir dieses Kennzeichen zu einer specifischen Trennung nicht genügend. Ich komme also zu dem Schlusse, dass J. anceps und atricapillus von Juncus alpinus zu trennen, dass sie aber am zweckmässigsten als zwei geograplische Rassen Einer Species zu betrachten sind, welche dann den Laharpe’schen Namen führen muss, obwohl derselbe freilich für die deutsche Pflanze nicht immer passt. Uebrigens ist auch der Name „atricapillus“ keineswegs glücklich gewählt, denn von schwarzen Haaren ist an der Pflanze keine Spur zu finden; vielleicht hat der Blüthenstand der gedrängtesten Formen mit einem Knäuel ausgekämmter schwarzer Haare verglichen werden sollen. — Interessant wird es sein, die geographische Verbreitung beider Rassen genauer zu vergleichen. Unser atricapillus besitzt das Oentrum seiner Verbreitung auf den: ostfriesischen Inseln. Häufig ıst er auch auf fast allen westfriesischen (holländischen) Inseln; denn offenbar be- zieht sich auf ihn die Angabe von Fr. EHolkema, de Plantengroei der Nederlandsche Nordzee-Eilanden, 1870, pag 118: „Nr. 1073. J. alpinus Vill. — Ziemlich der häufigste Juncus auf unsern Inseln; abgesehen von Rottum kommt er auf den übrigen Inseln ın fast allen Dünenthälern und nicht immer auf schlammigem Boden vor. Exemplare von 5—8 dm Höhe fand ich nicht selten, welche ich mehrfach mit J. sölvaticus verwechseln sah, weil die innern Perigon- blätter oft einen umgeschlagenen Rand haben und dadurch spitz aus- sehen... .“ Wahrscheinlich kommt er auch in den Dünenthälern der belgischen Küste vor, für welche B. Du Mortier in seinem Bouquet du littoral belge, 1869, pag. 50, den J. fusco-ater Schreb. angiebt. Weiter naclı Westen hin habe ich ihn aber nicht verfolgen können. In A.de Bre- bisson, flore de laNormandie, 5. Aufl., 1880, ist weder J: alpinus Vill. noch J. anceps erwähnt. — Nach der anderen Seite hin sind Jütland, der schwedische Küstenstrich Halland am Kattegat und Gothland als Standorte erwähnt; dagegen scheint die Pflanze an den übrigen Küsten der Ostsee zu fehlen. Ihr Verbreitungsbezirk ist also nur ein sehr beschränkter. Der ächte J. «nceps kommt zunächst in der Bretagne vor, ist ın Eine verkannte deutsche Phanerogame. 493 West-, Süd- und Mittelfrankreich weit verbreitet, greift nach Algier!) hinüber und findet sich an der Westküste Italiens. Endlich besitze ich aber auch Exemplare aus Triest, welche Biasoletto („in mariti- mis, m. Julio 1824) sammelte, und welche ıch nach dem Baue des Perigones und der Frucht, sowie nach dem entschieden zweischneidigen Stengel hierher ziehen muss. Dieses Verbreitungsareal ist zwar grösser als das unserer deutschen Form, aber immerhin noch beschränkt ge- nug. — In Grossbrittanien scheinen beide Pflanzen zu fehlen. Beide Formen wären nun folgendermassen zu charakterisiren: Juncus anceps Lah. — Aff. Junco .alpino. Rhizoma horizontale longum. ÜCaules erecti, stıieti, 20—50 cm altı (rarius ultra) Inflores- centia decomposita, multicapitata; ramis erectis. Capitula parva, 3—6 (rarıus usque 8) flora. Flores parvi. Tepala aequilonga, oblongo-ovata, externa obtusiuscula et indistincte mucronata sive acutiuscula, interna obtusa. Fructus elliptico-trigonus, breviter acuminatus, unilocularis, perigonium vix vel paullo superans. @ genuinus. ÜCaulis bası anceps, apice teres. Vagina folii com- pressa, dorso carınata, Jamina a latere ancipite-compressa. Inflorescentia decomposita, ramulis capitula pluries superantibus. Duval-Jouve (l. c. pag. 117) weist darauf hin, dass zwei Formen vorkommen (zuweilen, v. pag. 139, auf derselben Pflanze) mit stärker verzweigter Inflorescenz und kleinen Köpfchen und mit zusammengezo- gener Inflorescenz und grösseren Köpfchen. ß atricupillus Drejer (qua spec.). Üaulis basi teres vel compres- sus. Vagina folii subeompressa, dorso rotundata vel subcarinata, la- mina teres vel a latere compressa. Inflorescentia supradecomposita plerumque densa, capitulis permultis, ramuli plerumque capitulis paullo longiores. J. Lange unterscheidet in der Flora danica 3 Formen dieser Pflanze: 1. typicus (Tab. 2771, Fig. 1). 2. sparsiflorus Lge. (Fig. 2), gracilior, glomerulis remotis, pau- cifloris. 3. congestus Lge. (Fig. 3), humilior, eyma ob ramulos abbre- viatos contracta, glomerulis multifloris. (Ich fand auf Bor- kum eine hierher gehörige Pflanze mit völlig geknäueltem Blüthenstande, bei der aber die einzelnen dicht an einander gedrängten Köpfchen doch nur wenigblüthig waren). Bemerkung: Die Figuren sind sämmtlich in zehnfacher Vergrösserung ge- zeichnet. Von der Borkumer Pflanze sind zwei etwas verschieden gestaltete Früchte abgebildet. —- Die Blüthe des Exemplars von Cogne in Piemont ist mit ihrem Deckblatte (br) gezeichnet. 1) E. Cosson et Durieu de Maissonneuve, Explor. scientif. de l’Algerie, Botan., 1854—67, II, p. 266, führen den J. anceps Lah. als „J. sylvaticus Reich. var. anceps auf; dies ist wohl nur erklärlich, wenn ihnen entweder Exemplare mit unentwickel- ten Blüthen oder eine ganz andere Pflanze vorgelegen hat. 494 Fr. Thomas: 67. Fr. Thomas: Synchytrium pilificum n. sp. Eingegangen am 23. November 1883. Die Cecidien der Pflanzen werden wie bekannt, durch pflanzliche und thierische Parasiten sehr verschiedener Art erzeugt, ohne dass die äussere Erscheinung der pathologischen Neubildung in allen Fällen einen sicheren Rückschluss auf die systematische Stellung des Urhebers ge- stattet. Missdeutungen der Natur der Pflanzenauswüchse sind deshalb naheliegend, und ganz besonders ist die Geschichte der Kenntniss der Phytoptocecidien reich an solchen Irrungen. Während die Erineum-Bil- dungen noch in den ersten Decennien unseres Jahrhunderts für Pilze gehalten wurden, sind später wiederholt Gebilde, die in der That Pilze zu ihren Urhebern haben bezw. selbst Pilze sind, als Milbengallen be- schrieben worden. Auch die durch Synchytrium erzeugten Cecidien sind z. Th. dazu angethan, den Entomologen, der nur ausnahmsweise einen Pflanzenauswuchs anatomisch untersuchen wird, irrezuleiten. Als mir vor Jahren von einem schottischen Entomologen eine auf Mercu- rialis perennis bei Glasgow gemeine Milbengalle signalisirt wurde, konnte ich getrost und ohne das Object gesehen zu haben dem Schrei- ben antworten: er werde Synchytrium mercurialis vor sich haben. Dem zeitweisen Vorkommen vagirender Gallmilben in Cecidien anderen Ur- sprungs möchte es zuzuschreiben sein, dass kürzlich einer unserer tüch- tigsten Gallenforscher zu einer ähnlichen Missdeutung verleitet wurde. Das Object, um welches es sich in diesem Falle handelt, sah ich zuerst in demjenigen Theile von Alex. Braun’s Herbar, der mir 1869 zur Durchsuchung auf Milbengallen vorlag. Es war ein kleines Exem- plar von Potentilla Tormentilla Sıbth., von G. Engelmann im Bruch am Forsthause bei Frankfurt a. M. 1825 oder 1826 gesammelt, welches zierliche, hellgelbliche, strahlenförmige Haarbüschelchen vereinzelt auf den Blättern und fast bürstenartig, aber doch nicht continuirlich, am Stengel besass. Die Stellung der Haare in einzelne quasi individuelle Büschel entspricht nicht der Natur der durch PAytopius erzeugten Eri- neum-Bildungen im engeren Sinne, die immer den ÖOharakter von klei- nen Rasen tragen, welche höchstens durch angrenzende Nerven (wie in den Nervenwinkeln) eine regelmässige Begrenzung erfahren. Die Tor- mentilla-Haarbüschel würden unter den Milbengallen daher nur jenen Trichomen zu vergleichen gewesen sein, welche die Mündung der von Bremi Cepaloneon und Ceratoneon genannten Blattgallen zuweilen krö- nen, zZ. B. bei Prunus, Ulmus, Betula. Eine solche Ausstülpungsgalle Synchytrium pilificum n. sp. 495 fehlte hier; ich bezweifelte deshalb die Urheberschaft des Phytoptus und schloss jene Tormentilla von der Bearbeitung aus. Ein ebenfalls dürftiges Exemplar vom gleichen Fundort ist durch Tausch an Bremi gelangt. Im Herb“ des letzteren zu Zürich ist es mit dem Zusatz versehen: „Nicht . a Larven. Phylleriacei. Chaetotrichum? Rabh.“ Gelegenheit zur Untersuchung frischen Materials erhielt ich im Herbst 1830 durch Auffindung des Cecidiums in der Nähe von Ohr- druf, wo es auf einer sehr kleinen Stelle einer tief gelegenen, im Früh- jahr zuweilen überschwemmten Wiese nicht gar weit vom Waldrande vorkam. Die wenigen damals eingelegten Exemplare und angefertigten Präparate sind leider das einzige Material, das mir jetzt zur Verfügung steht. Die bald nach jener Zeit erfolgte Umackerung eines angrenzen- den Wiesentheils scheint das Verschwinden des Parasiten an jener Stelle zur Folge gehabt zu haben. Die erwähnten Haarbüschel finden sich an meinen Exemplaren an Stengeln, Blüthenstielen, Wurzel-, Stengel-, Kelch- und Blumenblättern, am häufigsten auf den Laubblättern und zwar auf deren Oberseite etwas häufiger als auf der Unterseite, am Blattrand sowohl wie auf der Fläche, häufiger auf den Blattnerven als neben denselben. Jeder- zeit bilden sie nur die Krone einer nicht sehr auffälligen cylindrischen Warze von 0,34 bis 0,39 mm Querdurchmesser, welche sich auf den Blättern 0,11 bis 0,27 mm hoch über die umgebende Fläche erhebt. Auch das Parenchym der Blattstelle, welche den Auswuchs trägt, nimmt an der Wucherung Theil, und die Gesammtdicke der Lamina inel. Auswuchs (wie vorher bis zum Grund der freien Haare gemessen) beträgt 0,3 bis 0,43 mm. Die Zahl der Haare eines Büschels schwankt beträchtlich, liegt aber in der Regel zwischen 20 und 35. Die trichom- freie Basis der Warzen ist an den getrockneten Exemplaren bald von gelblichgrüner, bald von einer rothvioletten Farbe. Auf der dem Ce- eidium gegenüberliegenden Blattfläche ist an getrocknetem Material die betreffende Stelle in der Regel durch einen nur wenig dunkleren, kreis- förmigen, schwach convexen Fleck von ca. 0,35 mm Durchmesser ge- kennzeichnet. Zartere Stengel, wie die Blüthenstiele, erfahren zuweilen durch die Auswüchse eine Verkrümmung mit dem Cecidium auf der concaven Seite. An den Kelchblättern sieht man den Auswuchs häufig, an Blumen- blättern fand ich ihn nur einmal in einer sehr stark befallenen Blüthe. Er sass sehr nahe der Basis des Blumenblattes, dessen Abgliederung er verhindert hatte, während die drei übrigen Petala wohl schon lange vorher abgefallen waren, — eine Wirkung, die auch von anderen Öe- eidienbildungen bekannt ist und z. B. die durch Aphiden deformirten Ulmenblätter an den entlaubten Bäumen zurückhält. Dass jene Tor- mentilla-Blüthe trotzdem drei normale Früchte enthielt, kann als Beweis für die relative Unschädlichkeit dieser Gallenbildung gelten. Auch die 496 Fr. Thomas: Laubblätter scheinen durch dieselbe nicht zu leiden. Zwar sah ich ein Wurzelblatt von bleichgelber Farbe mit vielen grünen Flecken, die den zahlreichen Oecidien entsprechen, aber ich weiss nicht, ob das chlo- rotische Aussehen schon im Sommer bestanden und auf Rechnung der Nahrungsentziehung durch den Parasiten zu setzen ist. Dass Blatt- gallen im Herbst länger grün bleiben können als das umgebende nor- male Parenchym, ist: eine bekannte Erscheinung. Im centralen Durchschnitt erkennt man gleichsam als Kern jeder solchen haarbüscheltragenden Warze eine grosse braune Zelle, die ich nur für die in ihrer Nährzelle noch eingeschlossene und letztere ganz ausfüllende Dauerspore eines Synchytrium halten kann, in welcher Beurtheilung mir Herr P. Magnus, dem ich das Präparat vorlegte, beistimmt. Seiner Ansicht nach steht die Art dem Leucochytrium mer- curialis am nächsten. Die Dauerspore ist in den Blattwarzen kurz- elliptisch oder sphäroidisch geformt, oben zuweilen etwas abgeplattet und mit ihrem kurzen Durchmesser von 0,08 bis 0,13 mm senkrecht zur Blattfläche gelegen; letzterer parallel hat sie 0,126 bis 0,14 mm Durchmesser. Das Verhältniss beider Durchmesser zu einander schwankt zwischen 1:1,1 und 1: 1,64 und beträgt im Durchschnitt 1:1,3. Andere Dauersporen, die ich durch Erwärmen mit Kalilauge befreite, waren, obgleich auch aus den Blattceeidien stammend, genau kugelig oder höchstens von einem Durchmesserverhältnisse 1: 1,2. Sie zeigten zwei Membranen, eine äussere starke und eine jene nicht ganz ausfüllende Innenhaut, sowie einen grossen Fettiropfen. Obwohl die Nährzelle ziemlich tief in den Auswuchs eingesenkt erscheint, halte ich sie doch für eine Epidermiszelle, die nur durch starke Fiypertrophie des angrenzenden Gewebes und haarförmiges Aus- wachsen der benachbarten stark gehobenen Epidermiszellen trotz ihrer eigenen enormen Vergrösserung derart überwuchert worden ıst, dass sie den Charakter des Scheitels der ganzen Warzenbildung nur in be- sonders gelungenen Schnitten noch wahrnehmen lässt, Da bisher Trichombildung durch Synehytrium noch nicht bekannt war, habe ich der Art den Namen pelficum gegeben. Die Haare, welche Potentilla Tormentilla normal am Stengel und angedrückt an den Rändern sowie auf den Nerven des Blattes, spärlich auf der Oberseite, reichlich an der Unterseite, trägt, sind einzellig, in eine scharfe Spitze allmählich verjüngt und in ihren Wänden stark verdickt. Die Trichome der Cecidien sind gleichfalls einzellig, aber bei einer Maximallänge von meist 0,4 bis 0,65 mm (l mm nie er- reichend!) kürzer gespitzt, dicker, selbst sackförmig (nicht selten 0,035, in einzelnen Fällen bis gegen 0,055 mm dick) und lıaben nur dünne Wände. Gewöhnlich sind diese gegensätzlichen Eigenschaften in der Mitte des Haarbüschels am stärksten ausgeprägt. Etwa beigemischte normale Haare sah ich nur im peripherischen Theil des Büschels. In Synchytrium pilificum n. sp. 497 Folge seiner Dünnwandigkeit fällt das Cecidienhaar später zusammen, wird bandförmig und zeigt dann häufig ähnliche Drehungen wie das Baumwollenhaar. Ich zählte 14 bis 2, einigemal sogar 24 Windungen. In Wasser oder in feuchte Luft gebracht, verliert sich die Drehung sehr schnell (in Wasser in etwa einer Minute), um sich in der trockenen Zimmerluft nach kurzer Zeit wieder herzustellen. Ob diese hygrosko- pischen Drehungen dazu beitragen können, die durch Fäulniss des Blattes frei gewordenen Üecidien zu fixiren (einzubohren) und somit vor dem Verwehen durch Wind nach vorausgegangener Trockenheit zu bewahren, könnte vielleicht durch Versuche entschieden werden. Die Dünnwandigkeit der Haare macht es aber zweifelhaft, dass sie der Fäulniss viel länger widerstehen sollten, als das Blattgewebe. Die Weiterentwicklung der Dauerspore und die Neubildung der Cecidien durch einwandernde Schwärmsporen geschieht vermutblieh wie bei den verwandten Synchytrium-Arten ım Frühjahr. Unter Umständen können deshalb Knospenlage und Grad der Blattentfaltung auf die Stellung der Synchytrium-Cecidien von Einfluss sein. Eine Bevor- zugung der Blattnerven könnte dadurch Erklärung finden, dass in den vertieften Rinnen derselben das Wasser häufiger und länger sich ver- halten wird, dass die Blattfalten der Knospenlage somit zu Schwimm- gräben für die Schwärmsporen werden. Eine ganz regellose Ver- theilung hingegen über beide Seiten der Spreite, die ich an den Wurzel- blättern der Tormentilla gewöhnlich fand, dürfte auf gleichmässige Be- netzung oder Untertauchung des Blattes zur Zeit der Einwanderung des Parasiten hindeuten. Die Unvollständigkeit der vorstehenden Beobachtungen, besonders in Bezug auf die Entwicklungsgeschichte des Pilzes, würde mich, wie bisher, von ihrer Publication abgebalten haben, wenn nicht das in Rede stehende Oecidium neuerdings von Fr. Löw als ein „ganz eigen- artıges Phytoptocecidium“ bezeichnet worden wäre (Verh. zool. bot. Ges. Wien XXXIIl, 1883, 8. 133). Löw’s Beschreibung ist in Bezug auf äussere Meıkmale so zutreffend, dass für mich ein Zweifel über die Identität beider Objecte nicht besteht. Wenn er die Länge der Cecidienhaare zu 1-2 mm (nach Kirchner, s. u., sogar 3'') angiebt, so stimmt dies zwar nicht mit meinen Beobachtungen, betrifft aber ein zu unwesentliches, möglicherweise schwaukendes Merkmal und könnte auch auf mangelnder Unterscheidung der pathologischen von den zu- weilen den Büscheln eingemischten normalen Haaren beruhen. Gall- milben habe ıch in meinem Material nie finden können. Löw’s Pflanzen stammen aus dem südlichen Böhmen, wo sie der verstorbene L. Kirchner gesammelt, so dass hiermit das Vorkommen des Synchytrium pilificum für Frankfurt a. M., Kaplıtz in Böhmen und Öbrdruf in Thüringen constatiırt wäre. Löw hat das Verdienst, die sehr unvollkommene Be- schreibung, welche Kirchner selbst (Lotos 1863 S. 43) gegeben, ver- 32 D.Botan.Ges.1 498 P. Ascherson: bessert und ergänzt und dadurch die Deutung der Kirchner’schen Galle gesichert zu haben. Es wäre ein dankenswerthes Unternehmen, aus Kirchner’s Nachlass auch die von ihm gesammelten Cecidien anderer Gruppen kritisch zu sichten. Vielleicht gelänge es, einige räthselbafte Objecte seiner Aufzählung der Gallen des budweiser Kreises ‚(Lotos 1855) zu entziffern. | Eine andere, in ihrem Ursprung mir noch unbekannte, aber höchst wahrscheinlich einem Pilz zuzuschreibende hypertrophische Deformation der Potentilla Tormentilla, welche ıch ım Juli 1874 im hinteren Rain- thal bei Partenkirchen beobachtete, mag hier noch kurze Erwähnung finden. Der obere Theil des Stengels und die von ihm entspringenden Blätter (letztere oft nur in ihrer basalen Hälfte mit scharfer Abgren- zung gegen den normalen Spitzentheil der Spreite) sind von wachs- artigem Aussehen, gelblich grün, im getrockneten Zustande dunkel- braun, der Stengel zugleich deutlich verdickt. Die Deformation er- innert einigermassen an die durch Exobasidium hervorgerufenen Ver- änderungen anderer Pflanzen. 68. P. Äscherson: Bemerkungen über das Vor- kommen gefärbter Wurzeln bei den Pontederiaceen, Haemodoraceen und einigen Cyperaceen. Eingegangen am 26. November 1883. Die Mittheilungen des Herrn F. Hildebrand!) über gefärbte Wur- zeln bei Eichhornia crassipes und Wachendorfa thyrsiflora veranlassten mich, an dem mir zu Gebote stehenden Material und in der Litteratur mich umzusehen, ob diese auffallende Eigenthümlichkeit nicht in den betreffenden Verwandtschaftskreisen weiter verbreitet sei und erlaube ich mir dass Ergebniss der Gesellschaft vorzulegen. Die Familie der Pontederiaceen hat erst kürzlich durch Herrn H. Grafen zu Solms-Laubach eine sorgfältige, auch die morphologischen und anatomischen Verhältnisse eingehend erörternde Bearbeitung”) er- 1) Berichte der deutsch. botan Ges. 1883. XXVII. 2) Alph. u. Cas. de Candolle, Suites au Prodromus Systematis Naturalis Regni Vegetabilis. Monographiae Phanerogamarum etc. IV. 1883. 501 ff. Bemerkungen über Vorkommen gefärbt. Wurzeln bei Pontederiaceen etc. 499 fahren. Wenn die uns. beschäftigende Erscheinung, so frappant sie auch an den von Herrn Hildebrand in Freiburg vorgelegten Bei- spielen auftrat, in dieser Arbeit, sowie überhaupt in der bisherigen Literatur (auch Seitens derjenigen Botaniker, die die Pflanzen in ihrem Vaterlande zu beobachten Gelegenheit hatten) keine Erwähnung ge- funden hat, so sollte man wohl glauben, dass es sich um eine ganz ausnabmsweise Erscheinung handele. Und doch reichen die nachfolgen- den Bemerkungen, so unvollständig sie auch sind, aus, um darzuthun, dass hier wahrscheinlich eine bisher übersehene normale Eigenthümlich- keit dieser Gruppe meist tropischer Wasser- und Sumpfpflanzen von der sich ja mehrere Arten seit längerer Zeit in unseren botanischen Gärten in Cultur befinden, vorliegt. | Heteranthera reniformis R. et Pav. (Wärmeres Amerika). Die Wurzeln dieser im Königl. botanischen Garten zu Berlin cultivirten Wasserpflanze, welche sich innerhalb des Bodens befinden, zeigten Mitte November stellenweise deutlich eine helllila Färbung. H. Kotschyana Fenzl. (Tropisches Afrika). Exemplare von Schweinfurth aus dem Bongolande (No. 2239, Königl. botanisches Museum) zeigen an der reichlich vorhandenen, augenscheinlich frei ins Wasser hineinragenden Wurzeln dieselbe etwas metallisch schimmernde dunkelblaue Färbung, welche sich an den Herbar-Exemplaren der beiden folgenden Arten bemerken lässt. Eichhornia crassipes (Mart.) Schldl.!). Exemplare im Königl. bo- 1) Bemerkungen über Pontederia azurea Smitz und der Familien-Verwandten. Abhandl. d. Naturforsch. Ges. zu Halle, Bd VI (1861) S. 177, wo durch einen offen- baren Schreibfehler E. crassicaulis steht. Ich möchte bei dieser Gelegenheit ein von den früheren Schriftstellern verschieden gedeutetes Synonym aufklären. Ponte- deria tumida „Willd. herb No. 6369“ wird von Schlechtendal zuerst in Roemer et Schult., Syst Veget. VII 1140 zu Pontederia azurea Sw., später aber (in der eitirten Abhandlung $S. 158) zu P. crassipes Mart. gezogen. Kunth adoptirt (Enumer. IV., 129) die erstere Ansicht, setzt aber vorsichtig hinzu: „(excl. folio?)“. Der wahre Sachverhalt ist folgender: Humboldt und Bonpland sammelten bei Buga am Cauca, im heutigen Columbien, beide im tropischen Südamerika weit verbreitete Arten. Als Willdenow ihre Ausbeute in Paris durchging, unterschied er anfangs, wie in seinem Herbar befindliche, offenbar in Paris gemachte Skizzen beweisen, beide Arten und nannte die durch die aufgeblasenen Blattstiele gekennzeichnete Form (crassipes) P. tumida, während er der anderen (azurea) einen anderen Namen gab. Später besann er sich eines — Schlimmeren und bezeichnete letztere Form als P. tumidae var. Im Herb. Willd. findet sich heute als P. tumida nur Eich- hornia azurea, während sich unter den aus den Kunth’schen Herbar stammenden Humboldt’schen Exemplaren neben einem Blüthenstande der E. azurea ein Blatt der E. crassipes vorfindet. Für die Nomenclatur ist dieser Befund ohne Belang, da der Name P. tumida nur in einer kaum als Publication zu betrachtender Weise (bei Roemer u Schultes l. c.) und zwar später als die Publication der P. crassipes in der Litteratur erwaunt ist. Der Fall ist aber insofern lehrreich, als er zeigt, wie ein Botaniker dazu kommen kann, in seinem Herbar unrichtige Exemplare einer von ihm selbst aufgestellten Art aufzubewahren. 500 P. Ascherson: tanischen Garten zeigten Mitte November an den Wurzeln nur noch hie und da eine schwache Spur der blauen Färbung, die an den Frei- burger Pflanzen zwei Monate früher so auffällig auftrat; sie waren meist geschwärzt und funktionirten jedenfalls kaum mehr, während die Blätter noch frisch und grün waren. Dagegen zeigten Herbar- Exemplare (Botan. Mus.) aus Argentinien (Lorentz Flora Entreriana No. 1588), Brasilien (Sello) und Britisch Guyana (Rich. Schomburgk) eine schwarzblaue Färbung, die ohne Zweifel im Leben mit der der Freiburger Gartenpflanze übereinstimmte. E. azurea (Sw.) Kth. Die lebenden Exemplare des Königl. bota- nischen Gartens verhielten sich ebenso wie die der vorigen Art; die blaue Farbe war aber an Herbar-Exemplaren des Botan. Museums aus Brasilien (Sello) ebenso deutlich als bei E. crassöpes. Pontederia cordata L. An ausgetopften Exemplaren des Königl. botanischen Gartens war eine helllila Färbung namentlich an den älte- ren, im Innern des Ballens befindlichen Wurzeltheilen zu bemerken, während die an der Aussenseite derselben befindlichen jüngeren Theile fast ungefärbt erschienen. Herbarexemplare der forına brasiliensis Solms. (Botan. Museum) von Entre-Rios (Lorentz) und Brasilien (Sello 3560) lassen deutlich eine violette Färbung erkennen. Aus diesen Thatsachen geht hervor, dass, wie Hildebrand begeits angiebt, die Färbung der Wurzeln bei den Pontederiaceen erst im vor- gerückten Alter eintritt und vor dem völligen Absterben wieder un- kenntlich wird, was vielleicht erklärt, dass sie so lange unbeachtet blieb. Der Umstand indess, dass sich diese Färbung bei den im Boden befestigten Wurzeln der Heteranthera reniformis nnd Pontederia cordata ebensowohl findet, als bei den frei fluthenden der Heteranthera Kot- schyana und der beiden Eichhornia-Arten, scheint mir für Hildebrand’s biologische Deutung, auf welche dieser Forscher allerdings selbst nicht allzuviel Gewicht zu legen scheint, nicht günstig. Es ist ja auch auf- fallend, dass die jungen Wurzeln, welche eines Schutzmittels gegen Beschädigung durch Thiere wohl eher bedürfen möchten, als die aus- gewachsenen, eines solchen entbehren; ferner würde die Färbung die Sichtbarkeit der fraglichen Wurzeln zwar bei auffallendem Lichte auf dem meist dunkeln Grunde des Wassers zwar vermindern, bei durchfallendem aber vermehren. Was nun die Familie der Haemodoraceae!) betrifft, so dürftenwohl der Mehrzahl der ‚hierher gestellten Gattungen durch ein scharlach- bis 1) Dieselbe wird hier in dem Umfange verstanden, wie sie in Endlicher’s Ge- nera plantarum 170 ff. aufgeführt ist; also mit Ausschluss der von Bentham und Hooker (Gen. plant. III. 739) unter die Amaryllidaceae versetzten Vellozieae, sowie der von Bentham und Hooker (l. c. 678, 679) zu den Haemodoraceen gezogenen Ophiopogoneae und Conanthereae, deren nähere Verwandtschaft mit den ech- ten Haemodoreae dem Verf. noch fraglicher erscheint, als die der Vellozieae. Bemerkungen über Vorkommen gefärbt. Wurzeln bei Pontederiaceen etc. 501 dunkelblutrothes Pigment gefärbte Wurzeln zukommen. Was ich hier- über ermittelte ist Folgendes: Haemodorum Sm. (Neuholland). Radicee tuberibus..... coccineis Endl. Gen. pl. 171. the fibrous roots sometimes very thick and often red Bentham Fl. Austr. VI, 418. Keine Wurzeln gesehen. Wachendorfia L. (Süd-Afrika.) Hoots of our genera [ausser Wachendorfia noch Dilatris und Lanaria] yıelding & brilliant blood red juice which might probably be used in dying. Harvey Gen. South Afr. Plants 1838. 335. W. thyrsifiora L. Rhizoma carnosum fibris cras- siusculis coccineis. Sims in Botan. Mag. tab. 614, 1. Jan. 1803. Die scharlachrothen Wurzeln dieser Art sah ich wiederholt an lebenden Exemplaren. An den übrigen Arten konnte ich keine Färbung sehen. Schieckia Meisn. (Trop. Südamerika.) Die gefärbten Wurzeln der einzigen Art, S. orinocensis (H. B. Kth.) Meisn. an Herbar-Exemplaren (Botan. Museum) gesehen. Hagenbachia Nees et Mart. (Brasilien.) Nicht gesehen. Dilatris Berg. (Südafrika.) Radicibus rubris Endl. l.c. Vgl. Harvey l.c. Die gefärbten Wurzeln an Exemplaren von D. corymbosa Thunb. und D. viscosa Thunb. (Botan. Mus.) gesehen. Lachnanthes Ell. (Nerdamerika). Radice fibrosa, rubr. Endl. 1. ce. L. tinctoria El. colorem largitur, Rubiae similem, sed parum tenacem ideo inutilem Endl. Enchir. bot. 101. Die gefärbten Wurzeln dieser (der einzigen) Art (Botan. Mus.) gesehen. Barberetta Harv. (Südafrika). Nicht gesehen. Xiphidium Aubl. (Trop. Amerika). DBlutroth gefärbte Wurzeln an lebenden Exemplaren der einzigen Art X. foribundum Sw. gesehen. Lanaria Ait. (Südafrika). Vgl. Harvey l.c. Die gefärbten Wurzeln der einzigen Art L. plumosa Aıt. (Bot. Mus.) gesehen. Phlebocarya R. Br. (S.W.-Australien). Keine wohlerhaltenen Wurzeln gesehen. Tribonanthes Endl. (S.W.-Australien). Wie vorige. Conostylis R. Br. (Neuholland). Gefärbte Wurzeln an folgenden Arten (Bot. Mus.) gesehen: C. vaginata Endl., setosa Lindl., setigera R. Br., Psyllium Endl., involuerata Endl., candiecans Endl., deallata Lindl., Preissii Endl., bracteata Endl., aculeata R. Br., serrulata R. Br., cari- cina Lindl., Androstemma F. Müll. Blancoa Lindl. (S.W.-Australien). Keine Wurzeln gesehen. Anigozanthos Labill. (S.W.-Australien). Gefärbte Wurzeln an folgenden Arten (Bot. Mus.) gesehen: A. Preissii Endl. humilhis Lindl., viridis Endl., Manglesiw D. Donn, bicolor Endl. Die einzige lebend zur Verfügung stehende Art, A. flavida Red. zeigte die Rindenschicht der Wurzeln schmutzig gelbröthlich gefärbt; eine tiefere, an alternden Wur- zeln durch Abstossung des äusseren Gewebes entblösst werdende Schicht zeigt eine lebhaft dunkelrothe Färbung. 502 P.Ascherson: Bemerkungen üb. Vorkommen gef. Wurzeln b. Pontederiaceen etc. Macropidia Drumm. (S.W.-Australien). Nicht gesehen. Lophiola Ker. (Nordamerika). Nur diese einzige monotypische Gattung scheint des in der Familie so verbreiteten Wurzelfarbstoffs völlig zu entbehren. Aletris L. (Nordamerika, Ost- und Süd-Asien). An den Wurzeln der beiden nordamerikanischen Arten A. farinosa L. und A. aurea Walt. sowie der A. japonica Lmk. ist die gefärbte Schicht, ähnlich wie bei Anigozanthos flavida, unter dem dicken, schwammigen weissen Rinden- parenchym versteckt, und kommt erst nach Zerstörung desselben zum Vorschein. Gefärbte Wurzeln finden sich ferner auch bei manchen Oyperaceen. Ich nenne als mir gerade zur Hand befindliche Beispiele den einheimi- schen Cyperus fuscus L., dessen lebhaft purpurn gefärbte Wurzeln mehr- fach in der Litteratur erwähnt sınd (ob früher als in Bertoloni Fl. Ital. I, 264, der sie nicht gerade bezeichnend rufescentes nennt, habe ich nicht festgestellt), ©. diformis L., dessen ebenso gefärbte Wurzeln mir bei einer Herbarisation in den Reisfeldern bei Mailand im October d. J. auffielen; ©. glaber L., dessen Herbarexemplare (Bot. Mus.) die- selbe Färbung der Wurzeln zeigen als die des ©. fuscus; endlich der westafrikanische Rhynchospora ochrocephala Boeckeler, welche ich in den Verhandl. des Botan. Vereins Brandenb. 1878. XXXVII irrthümlich als Ascolepis protea Welw. erwähnt habe!), und deren Wurzeln von Boeckeler (Flora 1879, 568) treffend atropurpureae genannt wurden. Der genannte Schriftsteller hat in der citirten Abhandlung auf die Färbung der Wurzeln auch noch bei mehreren andern Arten auf- merksam gemacht. 1) Der von Boeckeler a. a. O0. wegen der unrichtigen Bestimmung gegen den verstorbenen Welwitsch ausgesprochene Tadel trifft nur mich, da ich beide ha- bituell allerdings erstaunlich ähnliche, aber verschiedenen Tribus angehörige Arten ohne genauen Vergleich für identisch gehalten hatte. Sitzung vom 28. Dezember 1883. 503 Sitzung vom 28. Dezember 1883. Vorsitzender: Herr S. Schwendener. Zu ordentlichen Mitgliedern werden proklamirt die Herren: de Bary, Professor Dr. in Strassburg ı. Els. Hildebrand, Professor Dr. in Freiburg i. Baden. C. Heiligenstadt, stud. phil. in Berlin N., Kesselstr. 24, 1. Zu ausserordentlichen Mitgliedern werden proklamirt die Herren: W. Laux, Pharmaceut in Berlin C., Prenzlauerstr. 45a. Krah, Dr. phil. ın Berlin SW., Pionierstr. 4, II. Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren: Professor Dr. L. Celakovsky ın Prag, Korngasse 45 (durch Ascherson und Magnus). Dr. $Schinz in Zürich (durch Ascherson und Eichler). Dr. Jean Dufour in Lausanne, Avenue de Rumine z. Z. in Berlin (durch Schwendener und Pringsheim). Dr. Theodor Schuchardt, Chemische Fabrik in Görlitz (durch Schwen- dener und Pringsheim). Ferner: Das Kgl. pomologische Institut in Proskau (durch Pringsheim und Schwendener). Als ausserordentliches Mitglied ist vorgeschlagen: Herr Dr. Savastano, Scuola superiora di Agricoltura in Portici presso Napolı (durch Wittmack und Ross). Der Vorsitzende theilt mit, dass die Herren Cr&pin und Beccari für ihre Wahl zu correspondirenden Mitgliedern ihren Dank ausgesprochen haben. Herr Wittmack besprach unter Vorlegung der betr. Pläne das neue botanische Institut in Lüttich und den botanischen Garten daselbst. 504 OÖ. Schmidt: Mittheilungen. 69. Oscar Schmidt: Das Zustandekommen der fixen Lichtlage blattartiger Organe durch Torsion. Eingegangen am 4. Dezember 1883. In der Zeit vom April 1882 bis zum Sommer 1883 stellte ich unter Leitung des Herrn Professor Schwendener im botanischen Institut der Berliner Universität Untersuchungen an, welche mir über die Natur der heliotropischen Bewegungen der Pflanzentheile und über das Zu- standekommen der fixen Lichtlage blatiartiger Organe näheren Auf- schluss geben sollten. Bevor ich die Resultate meiner Beobachtungen mittheile, sei es mir gestattet, in Kürze auf die wichtigeren neueren Ansichten über die Mechanik des Heliotropismus kritisirend einzugehen. Frank!), welcher zuerst das Zustandekommen der Lichtlage der Blätter zum Gegenstand eines eingehenden Studiums gemacht hat, ge- langte behufs Erklärung desselben zur Annahme einer Polarität der Zellmembranen. Er ging von der falschen Voraussetzung aus, das Zustandekommen der transversalen Lage der Blätter sei ganz allgemein als Wirkung einer einzigen Kraft (des Lichtes) aufzufassen, obgleich es a priori nicht entschieden war, ‘ob die übrigen das Wachsthum der Pflanzen beeinflussenden Kräfte, deren Wirkungen an transversalhelio- tropischen nicht minder als an anderen Organen zur Geltung kommen, nicht etwa an dem Hervorbringen der Lichtlage betheiligt sind. Frank nahm ferner an, dass die sog. heliotropischen Drehungen durch eine direkte Einwirkung des Lichtes auf die sich tordirenden Theile zu Stande kommen. Den näheren Grund für diese Bewegungen glaubte er in einer durch das Licht bewirkten Begünstigung des Wachs- thums der peripherischen Schichten zu erblicken, während er gleich- zeitig ein vermindertes Wachsthum in dem centralen Theile und ein intermediäres Verhalten der dazwischen liegenden Gewebspartien an- nahm. Die Richtigkeit dieser Voraussetzungen zugestanden, würde die Erklärung vom mechanischen Standpunkte aus als berechtigt bezeichnet 1) Die natürliche wagerechte Richtung von Pflanzentheilen und ihre Abhängig- keit vom Lichte und von der Gravitation. Leipzig 1870. Das Zustandekommen der fixen Lichtlage der Blätter. 505 werden müssen; jedenfalls aber hätte Frank, wenn seine Vorstellung auf den Werth einer mechanischen Erklärung Anspruch machen sollte, den experimentellen Nachweis für die Richtigkeit seiner Voraussetzungen beibringen müssen. Angesichts der Thatsache aber, dass die heliotro- . pischen Krümmungen in einem begünstigten Längenwachsthum der Schattenseite einseitig beleuchteter Organe ihren Grund haben, muss die Frank’sche Voraussetzung, dass das Licht das Wachsthum der verschiedenen concentrischen Schichten eines cylindrischen Pflanzen- organs in ungleichem Grade beeinflusse, als unbegründet bezeichnet werden. Die Möglichkeit, dass auch die sog. heliotropischen Torsionen durch eine infolge unsymmetrischer Ausbildung herbeigeführte ungleiche Belastung der Organe hervorgerufen werden könnten, hat Frank nicht erörtert. Der von Frank gemachte Versuch einer Erklärung des transversal- heliotropischen Verhaltens der Blattorgane wurde von Hugo De Vries!) einer eingehenden Kritik unterworfen. Es wird Frank der Vorwurf gemacht, dass er die Erscheinungen der Epinastie und Hyponastie bei seinen Versuchen nicht berücksichtigt und dass er den Einfluss ein- seitiger Beleuchtung, sowie die durch Belastungsverhältnisse bedingten Veränderungen einer experimentellen Prüfung nicht unterzogen habe. Die Unrichtigkeit der Frank’schen Voraussetzungen beruhe auf den unberechtigten Annahmen, dass „jedesmal nur eine äussere Kraft aus- schliesslich die zu erreichende Richtung bestimmt“ ?), und dass überall diese äussere Kraft direkt auf die sich krümmenden oder tordirenden Theile einwirke. De Vries weist darauf hin, dass das Gewicht der Blattspreite häufig Krümmungen der Stiele und, im Falle ungleicher Belastung beider Seiten, Torsionen hervorzurufen im Stande sei; er be- tont, dass wır ın vielen Fällen die Torsionen der Pflanzenorgane alleın als eine Wirkung des Eigengewichts aufzufassen haben und ist geneigt, die an transversalheliotropischen Organen gelegentlich vorkommenden Drehungen auf Rechnung der Belastungsverhältnisse zu setzen. Eine experimentelle Begründung dieser Ansicht brachte er jedoch nicht bei. Die Torsionen der Internodien von Pflanzen mit decussirter Blattstellung, welche Frank durch die Annahme einer direkten Einwirkung der Schwere auf die Internodien zu erklären versuchte, führte De Vries unzweifelhaft auf die Wirkung des Eigengewichts der Blätter zurück. Die Frage nach dem Zustandekommen der fixen Lichtlage hat De Vries behufs experimenteller Untersuchung sich nicht vorgelegt. Ueber- haupt schreibt dieser Autor dem Lichte bei Erreichung der Lichtlage nur einen geringen Einfluss zu und sucht die Thatsache einer mathe- 1) Ueber einige Ursachen der Richtung bilateral-symmetrischer Pflanzentheile in Sachs’ Arbeiten des bot. Inst. zu Würzburg, I, p. 223 (1871). 2) p. 237, 506 OÖ. Schmidt: matisch genau bestimmten Abhängigkeit der Lage der Blattorgane von der Einfallsrichtung des Lichtes in Abrede zu stellen. Lasse man den Transversalheliotropismus gelten, so könne man mit demselben Recht auch von einem 45°-Heliotropismus und dergleichen sprechen. Gegenüber diesen Behauptungen braucht man nur auf die zahl- reichen von Frank angeführten Fälle einer genau senkrechten Ein- stellung der Flächenorgane gegen das einfallende Licht zu verweisen. Wenn De Vries hinsichtlich des von Frank constatirten abweichenden Verhaltens von Polygonum aviculare und Lysimachia Nummularia be- hauptet, dass wir zur Erklärung der ausgesprochenen Lichtlage von Polygonum keiner besonderen Kraft bedürfen, dass wir es vielmehr in beiden Fällen nur mit einer Erscheinung des negativen Heliotropismus zu thun haben und dass der Grund, weshalb die eine Pflanze in der günstigen Lichtlage verharre, die Blätter der andern aber unter Um- ständen diese Lage überschreiten, allein auf ungleicher Biegungsfähig- keit der Stengel beider Pflanzen beruhe, — so giebt er hiermit eine Erklärung, die jeder experimentellen Begründung entbehrt. De Vries zeigt nur, wie die Blätter unter dem Einfluss aller auf dieselben wir- kenden Kräfte plagiotrop werden. Eine Erklärung, weshalb ihnen durch das Licht eine ganz bestimmte Lage aufgenöthigt wird, vermag er uns nicht zu geben. Es mag erwähnt werden, dass Leitgeb in seinen Untersuchungen über die Keimung der Lebermoossporen!) auf das streng transversal- heliotropische Verhalten der Keimscheibe derselben aufmerksam macht. Sachs, welcher sich mit der Frage nach dem Zustandekommen der fixen Lichtlage der Laubblätter zwar nicht beschäftigt, dagegen die Beziehungen zwischen dem Plagiotropismus?) der Marchantiasprosse und der Richtung des einfallenden Lichtes klarzulegen versucht hat, spricht auf Grund seiner Beobachtungen die Meinung aus, dass man dem Lichte beim Erreichen der fixen Lage der Laubsprosse von Mar- chantia polymorpha keinen massgeblichen Einfluss einräumen dürfe. Vielmehr nimmt er an, dass die verschiedenen Richtungen derselben ein Ausdruck seien für die Lagen, in welchen die betreffenden Organe unter dem Einfluss aller äusseren Kräfte sich im Grleichgewicht befinden. Auch dies ist eine Annahme, die eines experimentellen Beweises nicht fähig sein dürfte. Durch zahlreiche Beobachtungen an Öulturen von Marchantiaceen, welche ich bei einseitiger Beleuchtung erzog, habe ich die Ueberzeugung gewonnen, dass die senkrechte Einstellung der Thalluslappen gegen das 1) Die Keimung der Lebermoossporen in ihrer Beziehung zum Lichte, Separat- abdruck aus den Sitzb. der k. Acad. d. Wiss. zu Wien, 1876. 2) Ueber orthotrope und plagiotrope Pflanzentheile, in „Arb. des bot. Inst. in Würzburg“, Bd. II. Das Zustandekommen der fixen Lichtlage der Blätter. 507 Licht regelmässig erfolgte. Neigte ich — nachdem die fixe Lichtlage erreicht war — die Schalen, welche die Culturen trugen, unter be- stimmten Winkeln gegen die Quelle einseitiger Beleuchtung, so konnte ich nach Verlauf einiger Tage beobachten, dass die Sprosse sich wie- derum genau transversal zum einfallenden Lichte gestellt hatten. Bei genügender Vergrösserung des Neigungswinkels hatten die fortwachsen- den Enden der Thalluslappen sich vollständig vom Substrat abgehoben, sodass die negativ heliotropischen Würzelchen frei in den Raum hinaus- ragten. Die Thatsache, dass nach Sachs die Laubsprosse von Mar- chantia bei einer geringeren Lichtintensität eine ausgesprochene Licht- lage nicht annehmen, berechtigt uns nicht zu der Behauptung, dass dieselben auch unter den gewöhnlichen, normalen Vegetationsbedingungen keine bestimmte fixe Lage zum Licht erreichen. Aus Sachs’ Be- merkung, dass die Marchantia-Sprosse, als sie dieses abnorme Verhalten zeigten, weit hinter ihrer normalen Entwicklung zurückblieben, geht hervor, dass die Vegetationsbedingungen für diese Pflanze in dem be- treffenden Versuche offenbar nicht normal waren. Es erübrigt schliesslich noch eine nähere Erörterung der von Wiesner in seinem 1878 erschienenen Werke!) entwickelten Vor- stellung von dem Zustandekommen der heliotropischen Bewegungen und der fixen Lichtlage der Blätter. Während Wiesner im Allgemeinen mit der De Vries’schen Widerlegung des Transversalheliotropismus sich einverstanden erklärt und während er zugiebt, dass man einen Theil der an Pflanzenorganen vorkommenden Drehungen als Wirkungen des Eigengewichts anzusehen habe, hebt er ausdrücklich hervor, dass man in vielleicht ebenso vielen Fällen für das Zustandekommen von Torsionen die Wirkung des Lichtes in Anspruch nehmen müsse. In seinen Bemerkungen über „heliotropische Torsionen der Stengel“ heisst es: „Auf heliotropische Bewegungen sind die Drehungen einseitig be- leuchteter Campanula-Stengel (C. Trachelium, rapunculoides, persicifolia u. A.) zurückzuführen. Die Internodien der heliotropisch vorgeneigten Stengel werden hier durch das Gewicht der nach dem Lichte strebenden Blätter gedreht. Auch an einseitig beleuchteten Laubtrieben (z.B. bei Cornus mas) werden die Internodien nicht nur durch die von den Blät- tern ausgehende Belastung, sondern häufig genug durch heliotropische Ortsveränderungen der Blätter gedreht.“?) Hinsichtlich des Zustandekommens der fixen Lichtlage der Blätter erkennt Wiesner die Unzulänglichkeit aller bisher beigebrachten Er- klärungsversuche an und entwickelt in geistreicher Weise seine eigene Vorstellung über die Mechanik dieses Problems. Er gelangt zu dem Resultat: „Das anfänglich geotropisch aufstrebende Blatt kommt durch 1) Die heliotropischen Erscheinungen im Pflanzenreiche, Wien 1878. 2) II, p. 38. 508 O. Schmidt: negativen Heliotropismus in die günstigste Lichtlage und wird in dieser festgehalten, weil bei der nunmehr herrschenden stärksten Beleuchtung die Bedingungen für die negativ geotropische (und vielleicht auch für die diese letztere unterstützende positiv heliotropische) Aufrichtung die möglichst ungünstigsten sind.“1) Ausdrücklich aber hebt der Verfasser hervor, dass das Gewicht des Blattes und der positive Heliotropismus beim Zustandekommen der fixen Lichtlage nur eine untergeordnete Rolle spielen. Abgesehen davon, dass die Fälle, an denen Wiesner seine Vor- stellung über das Zustandekommen der Lichtlage entwickelt, zu einfach sind, als dass die an denselben angestellten Betrachtungen sich auf alle andern in der Natur vorkommenden Stellungs- und Beleuchtungs-Ver- hältnisse übertragen liessen, so entbehrt diese Hypothese doch jeder experimentellen Begründung nnd steht mit wenigen sogleich zu betrach- tenden Thatsachen in offenbarem Widerspruch. Ich gehe zur Mittheilung meiner eigenen Beobachtungen über. Ausgehend von der Ueberlegung, dass die Wirkung des Lichtes sich in einer Begünstigung des longitudinalen Wachsthums der Schatten- seite einseitig beleuchteter Organe äussert, schien es eine einfache For- derung der Mechanik zu sein, dass man dem Lichte die Fähigkeit zu- schreibe, Krümmungen der Organe, nicht aber Torsionen derselben hervorzurufen. Von diesem Gesichtspunkte aus durfte dann auch die Annahme, dass auch die sog. heliotropischen Torsionen sich auf die Wirkung von Drehungsmomenten, also auf Belastungsverhältnisse werden zurückführen lassen, für wahrscheinlich gehalten werden. Da es sich darum handelte, zu ermitteln, welche Bewegungen allein durch das Licht hervorgerufen werden, so war es nöthig, zur Vermei- dung jedes Missverständnisses bei der Beurtheilung der Bewegungen, das Eigengewicht und den Geotropismus zu eliminiren. Dieser Zweck wurde dadurch erreicht, dass ich die Versuchsobjekte auf einem, nach der Angabe Pfeffers construirten Klinostaten um die horizontale Achse rotiren liess. Da die Klinostaten mit einer Tragkraft von mehreren Kilogramm ausgerüstet waren, so konnte ich die Versuchspflanzen mit den Töpfen, in welchen sie erwachsen waren, auf die Apparate bringen. Dadurch war es möglich, die Pflanzen während der häufig langwierigen Versuche frisch zu erhalten. Sämmtliche Versuche wurden in der Dunkelkammer des Instituts, und zwar ausschliesslich bei einseitiger Beleuchtung ausgeführt.) War die Annahme, dass die sog. heliotropischen Torsionen un- abhängig vom Lichte und allein infolge von ungleicher Belastung zu 1) II, p. 58. 2) In Bezug auf die nähere Beschreibung der Versuche, sowie der Vorsichts- massregeln, welche beobachtet wurden, muss ich auf meine Inaugural-Dissertation verweisen. Das Zustandekommen der fixen Lichtlage der Blätter. 509 Stande kommen, richtig, so durfte an den Pflanzen, welche auf dem Klinostaten der Wirkung der Schwerkraft entzogen waren, keine Drehungen entstehen. Um ein Mittel zu gewinnen, etwaige Torsionen bequem und deutlich wahrzunehmen, wählte ich Pflanzen, deren Blätter mit möglichst langen Stielen versehen waren. In dieser Hinsicht be- ‚währte’sich am meisten Phaseolus multiflorus, und deshalb habe ich den weitaus grössten Theil meiner Versuche mit dieser Pflanze angestellt. Zwar sind die Blattstiele und Stengel derselben nur in sehr geringem Grade für Lichtreize empfindlich; in um so grösserem Maasse sind aber die unteren und oberen Blattpolster mit dieser Fähigkeit ausgestattet. Da Phas. multiflor. als Keimpflanze opponirte Blätter besitzt, und ich fast ausschliesslich mit Keimpflanzen experimentirte, an denen noch nicht mehr als die beiden ersten Blätter entwickelt waren, so war es leicht, die Pflanze in bestimmter Weise gegen das einseitig auffallende Licht einzustellen. Die Stellung, in welcher die Insertionsebene der Blätter der Einfallsrichtung der Lichtstrahlen parallel verlief, mag als Flanken- stellung bezeichnet werden, als Normalstellung dagegen diejenige Art der Einstellung, bei welcher die Insertionsebene von den Lichtstrahlen in normaler Richtung getroffen wurde. Zu Anfang jedes Versuches wurde die dem Lichte zugekehrte Seite der Stengel und Blattstiele in Entfernungen von etwa 10 zu 10 mm mit Tusche markirt. Etwaige Torsionen mussten sich durch Abweichen einzelner Punkte von der Geraden oder durch Uebergehen der letzteren in eine Spirale zu er- kennen geben. Die Klinostaten waren von Anfang bis zu Ende des Versuchs ununterbrochen im Gange. Gleichzeitig mit jedem auf dem Klinostaten angestellten Versuch wurde behufs Vergleichung ein gleichalteriges Exemplar von Phase. multiflor., welches hinsichtlich seiner Grösse und äusseren Entwicklung dem ersten möglichst contorm war, unter denselben physikalischen Bedingungen frei exponirt, so dass Eigengewicht und Geotropismus unbehindert ihren Einfluss auf dasselbe geltend machen konnten. Das Resultat dieser Versuche kann kurz in folgender Weise ausgedrückt werden: Während an den frei exponirten Exemplaren in fast jedem einzelnen Falle Torsionen der Blattstiele wahrgenommen wurden, wurde an den durch Rotation der Wirkung der Schwere entzogenen Pflanzen in keinem Falle eine Drehung der Blattstiele beobachtet. Da, abge- sehen von Belastung und Geotropismus, die äusseren Bedingungen für die frei exponirten und rotirenden Pflanzen genau die nämlichen waren, so konnte das Ausbleiben der Torsionen auf dem Klinostaten nur in dem Fehlen der Schwerewirkung seinen Grund haben. Hinsichtlich der an den frei exponirten Pflanzen beobachteten Drehungen mag bemerkt werden, dass dieselben ın jedem einzelnen Falle durch die herrschenden Belastungsverhältnisse sich erklären liessen. Von diesem Gesichtspunkte aus findet auch die von Frank betonte 510 0. Schmidt: „unerklärliche Fähigkeit, dass ein und dasselbe Glied je nach Bedürf- niss hier rechts-, dort linksum, nämlich auf dem kürzesten Wege, sich um seine Achse drehen kann“!), ihre Erklärung. Da nämlich die beiden opponirten Blätter von Phas. multiflor. in den meisten Fällen voll- kommen symmetrisch entwickelt sind, so dass das eine fast genau das Spiegelbild des andern darstellt, so wird, wenn z. B. bei einer in Normalstellung befindlichen Pflanze die vordere Hälfte des linken Blattes stärker entwickelt ist, als die hintere Hälfte, auch bei dem opponirten Blatte die entsprechende, also ebenfalls vordere Hälfte kräftiger ent- wickelt sein. Da nun die durch die ungleiche Entwicklung beider Blatthälften gebotene Ungleichheit der Belastung massgebend ist für die Drehungsrichtung, so muss nothwendigerweise das an der rechten Seite des Stengels inserirte Blalt sich rechtsum, das opponirte Blatt aber linksum drehen. Dieselben Resultate erhielt ich auch mit Phas. vulgaris, Vieia Faba, mit jungen Keimpflanzen und Laubsprossen von Aesculus hippocastenum und Acer platanoides. Es darf somit als experimentell erwiesen betrachtet werden, dass das Licht nur Krümmungen, nicht aber Drehungen der Pflanzenorgane bewirken kann, und dass die sog. heliotropischen Torsionen wie viele andere in der Pflanzenwelt auftretende Torsionserscheinungen in Be- lastungsverhältnissen ihren Grund haben. Diese Thatsache ist hinsichtlich des Zustandekommens der Licht- lage von durchgreifender Bedeutung und, wie sogleich gezeigt werden soll, müssen wir vielmehr — entgegen der Meinung Wiesners — gerade in den Belastungsverhältnissen eine der wesentlichsten Kräfte erblicken, welche der Pflanze zum Erreichen einer möglichst günstigen Lichtlage zur Verfügung stehen. Aus den Beobachtungen, welche bei einseitiger Beleuchtung an frei exponirten und auf dem Klinostaten rotirenden Pflanzen gewonnen wurden, ging hervor, dass zum Zustandekommen der günstigen fixen Lichtlage der Blätter unter gewissen Beleuchtungsverhältnissen (Normal- stellung) die Wirkung von Drehungsmomenten unbedingt erforderlich ist. Dagegen lehrten die Versuche, dass in allen Fällen, in welchen die günstige Lichtlage allein durch Krümmungen der Organe zu Stande kommen konnte (Flankenstellung), auch auf dem Klinostaten unter Ausschluss der Schwerewirkung diese Lage erzielt wurde. Während daher bei den in Normalstellung rotirenden Pflanzen die günstige fixe Lichtlage sich niemals herausbildete, war es bei den frei exponirten Pflanzen für das Zustandekommen der günstigen Lage ohne Bedeutung, ob dieselben in der Flanken- oder Normalstellung dem einseitigen Lichte ausgesetzt waren. In beiden Fällen stand ihnen die Schwerkraft zu Gebote, und mit ihrer Hülfe erlangten denn auch die Blätter allemal eine günstige fixe Lichtlage. 1) p. 72. Das Zustandekommen der fixen Lichtlage der Blätter. 511 Angesichts dieser Thatsache sind wir genöthigt, der Wirkung des Eigengewichtes hinsichtlich des Zustandekommens der günstigen Licht- lage der Laubblätter eine grössere Bedeutung einzuräumen, als dies bisher bei den verschiedenen Erklärungsversuchen geschehen ist. Wiesner’s Ansicht, nach welcher die fixe Lichtlage der Blätter fast ausschliesslich infolge der Gegenwirkung von negativem Heliotropismus und negativem Geotropismus zu Stande komme, während der Wirkung des Eigengewichts nur eine untergeordnete Rolle hierbei zufalle, dürfte bei genügender Würdigung der Belastungsverhältnisse sich als unhalt- bar erweisen. Auch dem positiven Heliotropismus legt Wiesner beim Erlangen der Lichtlage nur eine untergeordnete Bedeutung bei, und doch erreichen die an sich heliotropisch wenig empfindlichen Blattstiele von Phaseolus, Aesculus u. A. allein infolge von positiv heliotropischer Einwirkung des Lichtes auf die unteren Gelenkpolster eine zur Einfalls- richtung der Lichtstrahlen parallele Stellung. Wenn auch die Ansicht über die Bedeutung der einzelnen Kräfte beim Zustandekommen der Lichtlage durch die mitgetheilten Thatsachen eine Berichtigung gefunden hat, so bleibt darum das Problem einer mechanischen Erklärung der Lichtlage in Bezug auf seinen wichtigsten Punkt noch ungelöst. Weshalb werden die Bewegungen sistirt, sobald das Blatt in dieser bestimmten Weise sich gegen das Licht orientirt hat? Weshalb wirken die Drehungsmomente nicht weiter und bringen dasselbe nicht vielmehr in eine lothrechte Lage? Die Beobachtung, dass im Verlauf der Bewegungen der Hebelarm häufig eine Verkürzung erfährt, wodurch nothwendig die Wirkung des Drehungsmomentes beeinträchtigt werden muss, und die Ueberlegung, dass die inneren Widerstände eines tordirten Organes der Torsionskraft entgegenwirken, lassen es uns im einzelnen Falle oft wohl begreiflich erscheinen, dass dem Fortschreiten der Bewegungen eine Grenze gesetzt wird. Die Thatsache aber, dass das Sistiren der Bewegungen jedesmal zu einem Zeitpunkt erfolgt, wo die Oberfläche der Blätter zur Einfallsrichtung des Lichtes in einer geometrisch bestimmten Beziehung steht, nöthigt uns offenbar, dem Lichte irgend einen noch unbekannten und zwar massgeblichen Einfluss beim Erreichen der fixen Lichtlage zuzuschreiben. 512 B Jönsson: 70. Bengt Jönsson: Der richtende Einfluss strömenden Wassers auf wachsende Pflanzen und Pflanzentheile (Rheotropismus). (Vorläufige Mittheilung.) Eingegangen am 4. Dezember 1883. Einer der characteristischsten Züge in den Lebensäusserungen der Schleimpilze liegt in der Eigenthümlichkeit dieser Pflanzenformen während ihres Plasmodiumstadiums von einem Orte zum anderen zu wandern. Die Bewegung an und für sich ist beachtungswerth und giebt uns ein Beispiel eines freien, und stets formändernden locomotorischen Ver- mögens, welches in letzter Instanz auf einer Wechselwirkung äusserer Kräfte und der Lebensthätigkeit innerhalb des nackten und der Form nach unbestimmten Protoplasmakörpers beruht. Nicht weniger be- merkenswerth ist die Ortsveränderung, wenn man die Richtung in Be- tracht zieht, welche jedesınal für dieselbe bestimmend ist. Manchmal kommt sie nämlich ganz willkürlich vor und nimmt augenscheinlich einen ungleichen Verlauf, trotzdem die äusseren Umstände in den ver- schiedenen Fällen gleichartig zu sein scheinen. Bei meinen Studien!) über die Verhältnisse der Myxomyceten zu äusserlich einwirkenden Agentien, war meine Aufmerksamkeit vorzugs- weise auf diese Frage gerichtet. Sie schien mir eine genauere Unter- suchung zu fordern und bietet in der That Gesichtspunkte, die als neu zu betrachten sind und in physiologischer Hinsicht von besonderem Interesse sein dürften. Folgende Mittheilung bezweckt keineswegs den Gegenstand ausführlich zu behandeln, sondern wird sich hauptsächlich darauf beschränken in Kürze einige Erscheinungen hervorzuheben, welche für die Hauptfrage von grösserer Bedeutung und daneben von all- gemeiner Wichtigkeit auch für andere Gebiete des Pflanzenreiches sind und dort ähnliche Verhältnisse voraussetzen. Wir sehen von vornherein von solchen localen Wanderungen ab, welche mit der Einwirkung des Lichtes in Verbindung stehen oder durch Mangel an der erforderlichen Sauerstoffmenge oder der- gleichen mehr hervorgerufen werden; diese sind ihrer Natur nach ver- 1) Die Untersuchungen sind zum Theil in De Bary’s botanischen Laboratorium in Strassburg, zum Theil in Frank’s pflanzenphysiologischen Institut in Berlin und (in letzter Zeit) in Lund ausgeführt worden. Rheotropismus. 513 hältnissmässig mehr bekannt und dürften im Allgemeinen als Wirkungen eingetretener Störungen im normalen Leben des Plasmakörpers an- gesehen werden. Die Ortsveränderungen aber, deren Ursachen mit dem Wassergehalt oder der Strömung des umgebenden Mediums zu- sammenhängen, gehören mehr zu den normalen Funktionen des Orga- nismus. Wir haben auch zunächst diese Seite der Sache im Auge, wenn es sich um die locomotorischen Bewegungen, welche die Plas- modien kennzeichnen, handelt. Nach Hofmeister’s Annahme hängt in den meisten Fällen so- wohl die Form als auch die Richtung, kurzum der ganze Habitus der Bewegung von der Schwerkraft ab, deren Einfluss auf den Verlauf der Ortsveränderung um so kräftiger ist, je dünnflüssiger die Plasmodium- masse ist!). Rosanoff hat das Verhältniss der Schwerkraft zu den Plasmodien genauer characterisirtt und bezeichnet es als „negativen Geotropismus?)“. Aus den Angaben von Strasburger geht in- dessen hervor, dass der Geotropismus bei der Plasmodienbewegung keine Rolle spielt, da Plasmodien, welche auf vertical gestellten und vor Licht geschützten Recipienten angepflanzt wurden, sich in jeder beliebigen Richtung bewegten); ebenso sprechen Pfeffer’s Versuche mit Aethalium septicum gegen eine solche Auffassung*). Die ersten orientirenden Experimente zeigen auch bald, dass die Schwerkraft in keinem Falle als wirkende Ursache hingestellt werden kann. Das Plas- modium bewegt sich ebenso gut und auf dieselbe Weise, gleichviel ob die betreffende Kraft wirksam war oder nicht. Beim Entfernen aller störenden Einwirkungen breitet sich der Plasmodienkörper auf der in mehr oder weniger zur Horizontalen schrägen Winkel belegenen Unter- lage aus, ohne irgendwie Lust zu bezeigen eine bestimmte Haupt- richtung einzuschlagen. Hätte Rosanoff seine Versuche mit grösserer Sorgfalt und schärferer Kritik ausgeführt, würde er auch ohne Zweifel das, was er damals als secundär wirksam betrachtete, als Hauptursache hingestellt haben. Er würde alsdann den negativen Geotropismus als untergeordnet, dagegen die capillare Wasserbewegung als wirksam auf- gefasst haben, welche in Folge der Art und Weise, wie die Versuche an- gestellt wurden, durch das dem Versuchsobject als Unterlage dienende Fliesspapier stattfand, und welche, obgleich schwach, doch hinreichend war um das Steigen in die Höhe zu bewirken, welches Rosanoff als eine Folge des negativen Geotropismus deutete). 1) Hofmeister, Die Pflanzenzelle. 1867. p. 20. 2) Rosanoff, influence de l’attraction terrestre des Plasmodes des Myxomycetes (Mem. de la Soc. des sciences nat. de Cherbourg 1868) p. 155, 166. 3) Strasburger, Wirkung des Lichtes und der Wärme auf Schwärmsporen. 1878, p. 70. 4) Pfeffer, Pflanzenphysiologie 1881, p. 388. 5) Rosanoff, 1 c. p. 169. 33 D.Botan.Ges.1 54 B. Jönsson: Man hat andererseits, weil man annahm, dass das Plasmodium gegen einseitige Befeuchtung empfindlich sei, die treibende Ursache der orts- verändernden Bewegungen während der Entwickelungsperiode der Myxo- myceten, welche wir mit Plasmodium bezeichnen, in dem Streben finden wollen, dorthin zu wandern, wo ein grösserer Feuchtigkeitsgrad geboten wird. Die Bewegung sei in der Feuchtigkeitsdifferenz, welche in zwei einander entgegengesetzten Seiten eines Plasmodiums existire, begründet und lasse sich möglicherweise auf das, was man mit dem Ausdrucke(positiven odernegativen) Hydrotropismus bezeichnete, zurückführen. Das Vorhandensein einer solchen Bewegung, welche ın den angeführten Verhältnissen ihren Grund hat, ergiebt sich auf den ersten Blick, ebenso sicher wie es in der Natur der Sache liegt, dass jeder Pflanzenorganismus oder jedes Pflanzenorgan ein bestimmtes Quantum Wasser heischt um eine regelmässige Lebersthätigkeit zu entfalten. Befindet sich der Plasmodiumkörper nicht in dieser Lage, sondern macht sich ein Mangel in dieser Beziehung geltend, und es bietet sich die Gelegenheit, diesem Mangel abzuhelfen, so scheint eine derartige Orts- veränderung ebenso natürlich als selbstverständlich. Verschiedene Ver- suche haben erwiesen, dass das Plasmodium, wenn man es an einen Ort bringt, welcher ausserhalb der Grenze des Feuchtigkeitsoptimums liegt, dasselbe einem benachbarten Orte zufliesst, wo ihm eine grössere Menge belebender Feuchtigkeit zu Gebote steht. Durch angemessene Variation beim Experimentiren kann man sich leicht davon überzeugen, dass die Plasmodien ein Feuchtigkeitsoptimum besitzen. Ist das Plas- modium einmal auf diesen Optimumpunkt angelangt, so findet man, dass es sich ziemlich gleichmässig nach allen Seiten entwickelt und erst dann einen bestimmten Weg einschlägt, wenn das Minimum oder das Maximum überschritten wird; es kehrt dann zur Optimumsgrenze zurück. Dergleichen Localveränderungen lassen sich indessen leicht neu- tralisiren. Sie sind im grossen Ganzen von geringerer Bedeutung, wenn wir weitläufige Ortsbewegungen erklären wollen, und kommen wenig in Betracht, wenn es sich darum handelt, die citirten Versuche Rosanoff’s und Strasburger’s zu deuten. Ebenso wenig kann ein anderes Bewegungsphänomen, welches ebenfalls den Plasmodien zukommt und von der Einwirkung des Wassers beeinflusst wird, den bezweckten Bewegungserscheinungen gleichgestellt werden, auch wenn es sich auf irgend eine Weise an die Bewegungsart, welche ich hier hervorzuheben wünsche, anschliessen dürfte. Diese Er- scheinung erinnert zunächst an die Biegungen von und nach dem Wasser, welche junge Maiswurzeln ausführen, wenn sie an die Ober- 1) Hier wie überall in dieser Mittheilung wird in erster Reihe das Plasmodium von Aethalium septicum berücksichtigt. Rheotropismus. 919 fläche des Wassers, parallel mit derselben gebracht werden!). Das Plasmodium zieht sich nach der ersten Berührung mit dem Wasser zurück, kommt aber nach einer Weile wieder, um dieselbe Rück- bewegung zu wiederholen. Dies stete Hin und Her kann unter günstigen Umständen monatelang dauern. Die Bewegung wird, wie es scheint, durch eine Art Ueberreizung hervorgerufen, welche zu bestimmter Zeit verschwindet, da das Plasmodium aus irgend einer Ursache, je nachdem die äusseren Umstände sich gestalten, zurückgeführt wird, um auf's Neue derselben vorübergehenden Reizung ausgesetzt zu werden. Die Kraftentwickelung, welche sich bei den mehr in’s Auge fallenden Dislocationen der Plasmodien geltend macht, ist von einer dauerhafteren und intensiveren Natur. Hier ist es möglich, die Ortsbewegungen voll- ständig zu beherrschen, wie schon Strasburger angedeutet hat?), und in beliebige Bahnen zu lenken, wie das aus ein Paar unten kurz an- geführten Versuchen, welche ıch, um vorliegende Frage zubeleuchten, angestellt, hervorgehen dürfte. Bringt man nämlich ein in voller Lebenskraft befindliches Plas- modium auf eine Unterlage von Filtrirpapier, welches zu einem schmäleren oder breiteren Streifen zusammengefaltet ist, hängt letzteren über den Rand eines mit etwas Wasser gefüllten Glasgefässes so auf, dass das eine Ende desselben das Wasser im Gefäss berührt oder in dasselbe eintaucht, während das andere Ende frei aus dem Gefäss heraus hängt. Ordnet man ferner den ganzen Versuchsapparat so an, dass eine Strömung des Wassers von dem Gefäss durch die Unterlage ermöglicht wird?) und im Uebrigen für das Vorhandensein normaler Lebensbedingungen gesorgt ist, so bewegt sich das Plasmodium, gleichviel auf welcher Stelle des Papierstreifens es sich befindet, der Wasserquelle zu und erreicht endlich den Rand des Wassers. Derselbe Versuch mit demselben Ma- terial ausgeführt, ergiebt das gleiche Resultat, auch wenn man den Streifen umkehrt; das Plasmodium wandert denselben Weg, den es ge- kommen ist, zurück um bei den Uebergang der Unterlage in's Wasser Halt zu machen. Werden bei einem und demselben Versuche mehrere Plasmodien angewendet und auf verschiedene Puncte des Streifens ver- theilt, so treffen sie unter allen Umständen am Wasserniveau zusammen, falls sie nicht unterwegs schon zusammengeflossen sind. Werden unter ähnlichen äusseren Bedingungen ein oder mehrere Plasmodien auf eine mit Filtrirpapier überzogene und horizontal ge- 1) Ciesielsky, Untersuchungen über die Abwärtskrüm. der Wurzeln. (Cohn, Beitr. zur Biologie der Pflanzen 1. 2). 2) Strasburger, 1. c.p. 71. 3) Die Schnelligkeit des Stroms muss eine begrenzte sein, da sie natürlich zu einen Punkt gesteigert werden kann, wo der Versuchsobjekt gehemmt und sogar von der in diesem Falle allein wirkenden mechanischen Triebkraft des Wassers zu- rückgeführt werden kann. 56 - B. Jönsson: stellte Glasscheibe gebracht und wird auf ähnliche Weise Wasser in und durch das Papier geleitet, so arbeitet sich das Plasmodium (oder wenn es mehrere sind die Plasmodien) allmählich in den Strom hinein, zieht demselben entgegen und erreicht schliesslich die Stelle des Randes der Glasscheibe, wo das Wasser in das die Scheibe bedeckende Papier eingeleitet wird. Versuche, die ebenfalls mit Plasmodien nach derselben Methode, nur mit dem Unterschiede, dass die Wasserströmung ausgeschlossen war, angestellt wurden, ergaben, dass oben genannte Bewegung aus- blieb; die Objecte breiteten sich in diesem Falle von dem ihnen ur- sprünglich gegebenen Platze nach allen Seiten hin aus und wir erhalten eine Wiederholung dessen, was wir schon beim Besprechen der Be- deutung der Schwerkraft kennen gelernt haben. Stellen wir die beiden Versuchsreihen zusammen und vergleichen dieselben mit anderen früheren derartigen Untersuchungen, so finden wir leicht, dass wir bei der Erforschung des Wesens dieser Plasmodien- bewegung allein auf das Wasser, welches durch die Unterlage gegen die Plasmodienkörper zu und an denselben vorbei durchsickert, ange- wiesen sind. Der Wasserstrom ist die Ursache der Bewegung. Dasselbe Schlussresultat tritt uns entgegen, was Rosanoff theilweise erkannt und Strasburger deutlich hervorgehoben hat. Wir müssen aber andererseits, wenn wir einen solchen allgemeinen Ausspruch bil- ligen, bei näherer Betrachtung des Sachverhaltes bemerken, dass, wenn es gilt, das Hauptmoment des Bewegungsphänomenes zu erklären, der Verschiedenheit an Wasser oder Feuchtigkeitsmenge jede Bedeutung abgesprochen werden muss. Feuchtigkeitsdifferenz existirt ebenso wenig wie in diesem Falle von anomalen Verhältnissen die Rede sein kann. Der Feuchtigkeitsgrad ist im Verlaufe des Experimentes vollständig gleichmässig um das Plasmodium vertheilt und Wasser ist in gleicher Menge, sowohl vor als nach demselben vorhanden. Das Plasmodium befindet sich unter äusseren Bedingungen, welche alle seine mit dem Wasser in Berührung stehenden Theile in Bezug auf Wasserzufuhr vollständig gleichstellen. Wir müssen daher ın der Wasserströmung die Kraft suchen, welche die verschiedenen Theile des Plasmodiums veranlasst, sich nach der Seite, wo der Wasserstrom das Plas- modium trifft, hin zu bewegen, und zu derselben hinüber zu fliessen. Die Eigenschaft des Wassers zu irritiren einerseits und das Reagiren dagegen andererseits erzeugt die Plasmodienbewegung gegen eine ein- geleitete und fortdauernde Wasserströmung. Die Wassermoleecüle werden mit grösserer oder geringerer Kraft gegen die Protoplasma- masse geführt und zwingen sozusagen die letztere zu den einwirken- den Wassertheilchen ın ein bestimmtes Verhältniss zu treten. Vergleichen wir die vorliegende Empfindlichkeit gegen den Ein- fluss Niessenden Wassers und den bei höher stehenden Pflanzen con- Rheotropismus. 517 statirten positiven Hydrotropismus überhaupt, so sind wir keines- wegs berechtigt, beide Phaenomene gleich zu stellen, in so fern man den Begriff des Hydrotropismus nur soweit fasst, als es der Name selbst ausspricht. Die oben besprochene Erscheinung beruht nicht auf einer Eigenschaft des Pflanzenorganismus zu Folge Vorhandenseins verschiedener Feuchtigkeitprocente an den einander diametral entgegen- gesetzten Seiten sich einer feuchten Fläche zu nähern oder sich von denselben abzuwenden. Bedenken wir aber, dass die beiden Erschei- nungen durch dieselbe zu Grunde liegende Irritabilität characterisirt werden könnten, so liesse sich vielleicht die Verschiedenheit beider, abgesehen von einem höheren oder geringeren Grade von Empfindlich- keit, durch die ungleiche Wirkungskraft der Wassertheilchen erklären und eine wirkliche principielle Uebereinstimmung wäre alsdann vor- handen. In erster Linie kann man sich zu einer solchen Annahme durch die schon bei den Myxomyceten gewonnenen Erfahrungen veranlasst sehen. Die Analogien, welche sich auf anderen Gebieten der Pflanzen- physiologie vorfinden, bestärken uns ebenfalls in unserer Meinung. Wir verweisen dabei nur auf Müller’s bekannte Beobachtungen über die Correlation des Lichtes und der Pflanzen und auf Wortmann'’s Bestimmungen des Einflusses der Wärmestrahlen auf wachsende Pflan- zentheile!). Einen wesentlichen Stützpunkt für obige Annahme finden wir schliesslich in den Thatsachen, welche uns begegnen, wenn wir unsere Untersuchungen über die Bedeutung der Wasserströmung auf andere Pflanzenformen ausdehnen. Die angestellten Versuche haben gezeigt, dass die Plasmodien in dieser Beziehung sicher Berührungs- punkte mit anderen Repräsentanten des Pflanzenreiches besitzen. Die Vermuthung lag nahe, dass die Reactionsfähigkeit des Proto- plasmas, wenn dieselbe sich auch ausserhalb der Gruppe der Myxo- myceten nachweisen lassen sollte, dies bei Pflanzen am deutlichsten her- vortreten müsse, welche zu den Schimmelpilzen gehören oder denselben nicht allzu fern stehen. Als Untersuchungsmaterial wurden also zunächst den Schimmelpilzen angehörende Repräsentanten und zwar vorzugsweise solche ausgewählt, bei welchen die Mycelfäden eine hinlänglich rasche Entwicklung versprachen, um den vielen Störungen, welche hier beson- ders leicht eintreten können, vorzubeugen und möglichst klare und evidente Resultate zu garantiren. Die Art der Versuchsanstellung war dem Prin- cipe nach dieselbe wie bei den Myxomyceten; nur war in diesem Falle eine Flüssigkeit erforderlich, die den ausgesäten Sporen als Irri- tationsmittel zu dienen und denselben gleichzeitig hinreichende Nah- rung darzubieten im Stande war. Sporen von Phycomyces und Mucor wurden demnach unter einem markirten Strich auf Filtrirpapierunter- 1) Müller, Flora 1876, p. 65, 885; Wortmann, Bot. Zeit. 1883, p. 459, 475. a B. Jönsson: lage ausgesät und einem durchlaufenden Strom der Nährflüssigkeit ausgesetzt. Die Sporen keimten bald und wuchsen rasch zu einem kräftigen Mycelium heran. Die Hyphen reagirten immer, aber anstatt gegen den Strom zu gehen, wuchsen sie stets mit demselben. Die vorliegenden Organe verhielten sich also gegenüber dem positiven Ver- halten der Plasmodien, negativ. Botrytis cinerea, welche Pilzform gleichfalls als Object benutzt wurde, gab Anfangs einander widersprechende Resultate, sie hat jedoch später, als die Versuche in einer veränderten Form fortgesetzt wur- den, im Ganzen Hesultate geliefert, welche überwiegend ein posi- tives Reagiren dieser Pflanze anzeigen. | Die Schimmelpilze stehen also, was die Empfänglichkeit für die Strömungseinwirkung betrifft, auf gleicher Stufe mit den Plasmodien. Die Entwickelung einiger in der Strömungsrichtung des Wassers, die, wie wir oben sahen, stattfindet, hat nichts Auffallendes, da uns ein entsprechender Antagonismus auch bei dem sog. Hydrotropismus be- reits bekannt ist und wir, was Phycomyces und Mucor betrifft, eine alte auf einem anderen Wege gewonnene Beobachtung dadurch bestätigt finden!). Jedenfalls ist diese Eigenthümlichkeit von besonderem Interesse und bietet eine für Vergleichungen bessere Grundlage. In seiner Arbeit über die Ablenkung der Wurzeln von der nor- malen Wachsthumsrichtung hat Sachs, wie bekannt, die grundlegende Auseinandersetzung der Relation der Wurzeln und feuchter Körper ge- geben ?). Die Wurzeln sind auf irgend eine Weise dem Einfluss einer feuchten Fläche unterworfen und krümmen sich derselben entgegen; sie sind positiv hydrotropisch. In Erkenntniss dieser Eigenschaft der Wurzeln und mit Berücksichtigung der schon gewonnenen Erfahrungen liess sich erwarten, dass auch hier dieselbe Empfindlichkeit, welche wir bei den Plasmodien kennen gelerni und bei den Mycelien der Schimmelpilze wieder angetroffen hatten, nachzuweisen sei. Die Ver- suche, welche ich zu diesem Zwecke angestellt, bestätigen das Richtige einer solchen Voraussetzung und will ich weiter unten in kurzen Um- rissen den Weg angeben, auf welchem man zu bestimmt beweisenden Resultaten in dieser Frage kommt. Da es sich hier vor allen Dingen darum handelte, die bewussten Organe einer länger dauernden und ungestörten Flüssigkeitsströmung zu unterwerfen, wobei gleichzeitig den Versuchspflanzen Gelegenheit geboten wurde, sich normal zu entwickeln, wurde in erster Linie ein constant fortlaufender Wasserstrom hergestellt, indem eine Wanne mit der Wasserleitung in Verbindung gesetzt wurde. Durch verschiedene 1) Wortmann, Botan. Zeit. 1881, p. 368: Molisch, Botan. Centralbl. 1883, No. 36. 2) Sachs, Arb. d. bot. Inst. in Würzburg. I. 1874. p. 209. Rheotropismus. 519 Stellung des Wasserhahnes war man im Stande, die Schnelligkeit des Stromes, der bei jedem Versuche zur Anwendung kam, zu moderiren., Versuchsmaterial lieferten Keimlinge verschiedener Pflanzen, vorzugs- weise aber junge Keimpflanzen von Mais und von unsern gewöhnlichen Getreidearten. Von den auf verschiedene Weise zum Keimen ge- brachten Samen wurden nur solche Exemplare ausgewählt, welche in gutem Wachsthum begriffen waren und ausserdem eine oder mehrere gut ausgebildete und vollständig gerade gewachsene Wurzeln besassen. Die ausgelesenen Exemplare wurden entweder auf sehr feine Insecten- nadeln aufgespiesst oder wurden, was am häufigsten geschah, zwischen mit Filtrirpapier inwendig überzogene Korkleisten eingeklemmt. Auf diese Weise wurde eine Anzahl von Keimlingen so neben einander gelegt, dass jeder genügenden Platz hatte, seine Wurzel oder sein Wurzelsystem zu entwickeln, ohne seine Nachbarn zu stören oder von denselben gestört zu werden. Hierauf wurden die so beschickten Kork- leisten zwischen Glasscheiben eingeklemmt, deren Aufgabe es war, die Versuchsobjecte so festzustellen, dass die Wurzeln frei ins Wasser hingen. Um das Ganze zusammen zu halten und die Keimlinge genau ın ihrer Lage zu befestigen, wurden um das Ganze feste Gummiringe herumgelegt. Beim Anheften mit Nadeln wurden diese an Korkscheiben, welche auf angemessene Weise an die Wände der Wanne angeheftet waren, festgesteckt. Uebrigens sind die Versuche nach verschiedenen Richtungen hin variirt worden. Die Versuchspflänzchen wurden in- dessen so tief in das die Wanne durchströmende Wasser, welches immer hinlänglich tief sein und eine einigermaassen bestimmte Strömungs- schnelligkeit besitzen muss, gestellt, dass die Wurzeln ganz frei wachsen konnten und keinerlei äusseren Störungen ausgesetzt waren. Das Resultat der so vorbereiteten Versuche mit Keimpflanzen von Zea Mays ergab sich bald, indem sämmtliche Wurzeln bereits nach einer Zwischenzeit von einigen Stunden eine Krümmungsbewegung an- deuteten, welche Krümmung stets in der Region der Wurzeln stattfand, wo die Zuwachszone lag. Nach ungefähr 20 Stunden (die Zeit variirte bei den einzelnen Individuen) hatten die gekrümmten Wurzelspitzen eine Biegung, die einem rechten Winkel entsprach, beschrieben und wuchsen nunmehr mit der Wasserfläche parallel und gegen den Strom, während sie bei Beginn des Versuches vertical in den Strom tauchten, also senkrecht zur Strömungsrichtung standen Werden diese Pflänzchen mit ihren rechtwinkelig gekrümmten Wurzeln jetzt so in das Wasser gestellt, dass ihre Wurzelspitzen nicht mehr gegen, sondern umgekehrt in der Richtung des Stromes stehen, so machen die äusseren Enden der Wurzeln während ihres weiteren Zuwachses bogenförmige Bewegungen nach der einen oder anderen Seite und stellen sich schliesslich wieder gerade gegen den Strom. 520 B. Jönsson: Rheotropismus. Dadurch erhalten die Wurzeln zwei einander diagonal gegenüber stehende Biegungen. Placirt man Maiskeimlinge so im Wasserstrom, dass ihre Wurzeln parallel zum Niveau des Wassers liegen und die Wurzelspitzen dem einströmenden Wasser entgegen gerichtet sind, so wachsen die Wur- zeln, vom Greotropismus gänzlich unberührt, in derselben Richtung fort, bis sie endlich infolge ihrer Länge mechanisch aus der eingeschlagenen Wachsthumsrichtung abgelenkt werden. Liegen sie dagegen vom An- fang an parallel mit dem Wasserniveau, aber in der Strömungsrichtung, so suchen sie von der einen oder anderen Seite in die Lage gegen den Strom zu kommen; ganz so verhält es sich, wenn die Wurzeln in gleicher Stellung zur Wasserfläche von der Seite vom Strom getroffen werden. Ebenso deutlich tritt dies Krümmungsphänomen bei Wurzeln höherer Ordnung derselben Versuchspflanze, welche in dieser Beziehung besonders empfindlich und ein dankbares Versuchsmaterial ist, auf. Besonders evident ist dieselbe Erscheinung auch bei den Getreide- arten, und unter ihnen vorzugsweise beim Roggen und Weizen. Die Stromstärke muss jedoch hier etwas herabgestimmt werden, da die Wurzeln dieser Pflanzen schwächer gebaut sind, die Irritation also leichter eliminirt und das Wurzelsystem mit dem Strom fortgezogen werden kann. Unter Beobachtung gleicher Vorsichtsmassregeln kann man die- selben Versuche mit gleich glücklichem Resultat an Repräsentanten anderer Pflanzenfamilien wiederholen und in grösserem Massstabe durch- führen, wobei stets die gleichen Ftesultate erlangt wurden, die sämmt- lich darauf hinweisen, dass die Wurzeln sich gegen strömendes Wasser entwickeln und demselben gegenüber sozusagen positiv reizbar sind. Wir haben also auch hier wieder Beispiele für unser Bewegungs: phänomen, welches wir beiden Myxomyceten kennen gelernt haben. Die Wurzeln wenden sich mit einer gewissen Energie gegen, und zwar in gerader Linie zu der Strömungsrichtung des Wassers, eine Energie, welche jedoch nur unter der Bedingung richtende Kraft besitzt, wenn die Empfindlichkeit stark genug ist, um den Geotropismus aufzuheben. Obgleich es sich bis jetzt nicht mit Bestimmtheit feststellen lässt, inwiefern diese Bewegungserscheinung innerhalb des Pflanzenreichs auf grössere Gültigkeit Anspruch machen kann, da die bisher ange- stellten Untersuchungen offenbar zu einer erschöpfenden Behandlung der Frage nicht ausreichen können, so beweisen doch die klargestellten Thatsachen wenigstens so viel, dass wir es hier mit einer bis jetzt noch nicht beobachteten Eigenschaft des Pflanzenorganismus zu thun haben, deren richtige Würdigung uns einen besseren Einblick in die wech- selnde Art und Weise, auf welche die Pflanzen gegen Feuchtigkeit reagiren, gestatten und besonders unsere Auffassung von der Natur der P. Magnus: Ueber eine geogr. Varietät der Najas graminea Del. 521 hydrotropischen Erscheinungen klar stellen wird. Ebenfalls ist es klar, dass diese Eigenschaft nicht unter dem Begriff des Hydrotropismus eingeordnet werden kann, da die characteristischen Kennzeichen des- selben sich mit denen der oben dargelegten Erscheinung nicht mehr decken. Will man das Wesentliche dieser Erscheinung besser hervor- heben, so bezeichnet man diese Reizerscheinung der Pflanzen am besten mit dem Ausdruck Rheotropismus!). Die Fortsetzung meiner Beobachtungen, die auf den in dieser vorläufigen Mittheilung angedeuteten Versuchen basirend, die Sache weiter verfolgen werden, wird die Berechtigung des Rheotropismus als eine selbstständige Erscheinung nachzuweisen und die Beziehungen desselben zu verwandten Erscheinungen näher zu beleuchten haben. 71. P. Magnus: Ueber eine besondere geographische Varietät der Najas graminea Del. und deren Auftreten in England. Eingegangen am 11. Dezember 1883. Von Herrn Arth. Bennett ın London erhielt ich eine Najas, die bei Ashton bei Lancashire in England gesammelt war und sich zu meiner grossen Ueberraschung als Najas graminea Del. herausstellte. Der nördlichste und in Europa westlichste bisher bekannte Standort dieser Art sind die Gräben bei einigen Reisfeldern in der Lombardischen Ebene und dorthin ist sie nur durch Verschleppung mit den Reissamen aus den tropischen Reisländern eingewandert, wie einige mit ihr in Gesell- schaft bei diesen Reisfeldern auftretende Arten, wie Rotala fAiliformis (Bellard) Hiern., Fimbristylis squarrosa, Isoetes Malinverniana u. a. beweisen. Sonst ist Najas graminea nur in Nord- und Oentral-Afrika, Aegypten und dem wärmeren Asien verbreitet. Auch in England wurde sie durch Herrn Ridley vom British Museum als Najas graminea Del. erkannt und berichtet Herr Charles Bailey in der diesjährigen September-Sitzung der British-Association über ihr Auftreten bei Ashton. Sie wurde durch Herrn James Lee in dem warmen Wasser eines Grabens gefunden, in den das warme Wasser aus der Dampfmaschine einer Baumwollenspinnerei abfliesst. Herr Bailey entwickelt l. c., dass sie wahrscheinlich mit der 1) von dew = fliessen. 522 P. Magnus: Baumwolle aus Aegypten eingeführt ıst. Hierin wird man noch dadurch bestärkt, dass an derselben Localıtät Chara Braunü Gmel. entdeckt wurde, die in England sonst nicht auftritt und in Südeuropa und Nord- afrıka weit verbreitet ist. Die englische Ch. Braunü schliesst sich nach OÖ. Nordstedt an die afrikanische Form an, was auch deren egyptische Herkunft beweist. ist so die aegyptische Abstammung der englischen N. graminea Del. äusserst wahrscheinlich gemacht worden, so gab es für mich noch eine andere Untersuchung auszuführen. In meiner Schrift „Beiträge zur Kenntniss der Gattung Najas“ (Berlin 1870) habe ich S. 51 u. 52 beschrieben, wie die Blätter von N. gra- minea Del. dadurch ausgezeichnet sind, dass sie jederseits dicht unter dem Rande, sowie über und unter der Mittelrippe in der äussersten Zellschicht ein- bis dreireihige Stränge von gegabelten Bastzellen (Libri- form) führen. Ich habe ferner 1. c. S. 52 darauf hingewiesen, dass diese Bastnerven an den von Eihrenberg bei Damiette und von Schweinfurth bei Oairo gesammelten Pflanzen fehlen, während sie an den Pflanzen aus Oordofan und Djur, sowie an der algerischen und italienischen N. graminea Del. wohl ausgebildet sind. Ich habe seit- dem die von Delile ın den Reisfeldern bei Rosette, sowie die von Schweinfurth bei Benha-el-assl im Nil-Delta gesammelte Najas gra- minea Del. untersucht und beide ebenfalls ohne Bastnerven gefunden. — Ebenfalls entbehrt der Bastnerven eine von Gaillardet bei Saida in Syrien gesammelte Pflanze, die mir Herr Boissier gütigst mittheilte. Ferner konnte ich durch die gefällige Mittheilung des Herrn Professor Ascherson von ihm auf seiner Reise in die libysche Wüste in der Oase Dachl, sowie von ıhm und Schweinfurth in der Grossen Oase (Chargeh) gesammelte Najas graminea Del. untersuchen. Dabei zeigte sich, dass die Najas graminea Del. aus einem Bache in Ain-Scherif bei Kasr Dachl, sowie die von Ascherson bei El Chargeh gesammelte ebenfalls Blätter ohne Libriformzellen haben, wie die Pflanzen von Unteraegypten, während hingegen die von Ascherson in demselben Graben in Ain-Scherif einige Wochen später sowie aus einem warmen Quellgraben in Kasr Dachl, sowie die von Schweinfurth bei Chargeh gesammelte N. graminea Blätter mit wohl ausgebildeten Bastnerven, wie die Pflanzen aus Cordofan, Djur, Algier, Celebes u. s. w. haben. Die Untersuchung der englischen Exemplare zeigte nun, dass deren Blättern ebenfalls die Libriformfasern gänzlich fehlen, dass sie also da- rin mit der Form aus Unteraegypten vollständig übereinstimmen. Ich gelange demnach dazu eine in Unteraegypten und Syrien auftretende Varietät der Najas graminea zu unterscheiden, die ich var. Delilei nenne, und die durch den Mangel der Bastnerven in den Blättern scharf charakterisirt ist, Das Fehlen dieser Bastnerven bei einer Varietät der Najas graminea ist um so merkwürdiger, als die durch den Bau Ueher eine geogr. Varietät der Najas graminea Del. 523 der männlichen Blüthe sich von N. graminea Del. sehr scharf unter- scheidende N. tenuifolia R. Br. aus Australien noch genau dieselben Bastnerven aus genau ebenso gestalteten Libriformfasern an den Blät- tern hat, diese Bastnerven also sogar den Charakter einer Gruppe ver- wandter Arten darstellen, und dennoch an einer Varietät einer Art dieser Gruppe fehlen. Die englischen Exemplare gehören demnach zur var. Delilei und zeigen unzweideutig ihre Herkunft aus Aegypten. Ich habe oben angegeben, dass die einen Exemplare aus Kasr- Dachl und Chargeh Blätter ohne Bastnerven, die anderen Blätter mit Bastnerven haben, d. h., dass die einen Exemplare zur var. Delllei ge- hören, die anderen mit der in Cordofan, Djur, Algier u. s. w. auftretenden Form übereinstimmen. Dies scheint mir recht deutlich zu zeigen, dass die Oasen der libyschen Wüste ihre Flora sowohl aus Aegypten, als aus Oentral-Afrıka empfangen haben. Es stimmt dies mit dem Re- sultate der Ausführungen, die Ascherson in der Bot. Ztg. 1874, pag. 641—644 im Allgemeinen gegeben hat, überein. Diesen Ausführungen scheint zunächst zu widersprechen, dass die englischen Exemplare durch die grosse Länge ihrer Blätter sich sehr auszeichnen, während die Blätter der N. graminea aus Cairo und Da- miette sehr kurz sind. Aber genaue Vergleichung der Formen lehrt, dass man auf die Länge der Blätter auch hier, wie bei den meisten Wasserpflanzen, keinen Werth zu legen hat und dass die Länge der Blätter durch dıe äusseren Einflüsse des Standorts, wıe Tiefe, Unter- grund, Temperatur oder Bewegung des Wassers unmittelbar bestimmt wird. So zeigen von den in der Oase Dachl von Herrn Prof. Ascherson gesammelten Exemplare die Pflanzen vom tieferen (4 Meter tiefen) Standort die längeren Blätter, und haben dieselben die Bastnerven, und doch haben die englischen Exemplare noch längere Blätter ohne Bastnerven, und die egyptischen Exemplare kürzere Blätter ohne Bast- nerven. So hat die in den flachen Gräben der Reisfelder der lombar- dischen Ebene wachsende N. granıinea Del. kurze Blätter mit Bastnerven, und die Najas graminea aus Üelebes sehr lange Blätter mit Bast- nerven. Kurz, wir sehen, dass die Länge und Kürze des Blattes Nichts mit der Varietätenbildung der Art, und speciell Nichts mit der histio- logischen Ausbildung des Blattgewebes zu thun hat. Wohl aber ist es möglich, dass sich die der mechanischen Bast- zellen entledigte var. Delilei in den ruhigen stagnirenden Gewässern der Nilüberschwemmungen ausgebildet hat, weil in diesen stagnirenden Ge- wässern die mechanischen Zellen functionslos geworden. So theilte Schwendener in seinem grundlegenden Werke „Das mechanische Princip im anatomischen Bau der Monocotylen (Leipzig 1874)“ pag. 122 die analoge hierhin gehörige Beobachtung mit, dass Potamogeton flui- tans an seinen gewöhnlichen Standorten in strömendem Wasser ein 524 ; W. Pfeffer: entwickeltes System von Rindenbündeln hat, während die Varietät £ stagnatilis Koch, welche in stehendem Welke wächst, derselben voll- ständig öhtbehit Die in den stagnirenden Gewässern der Nilüberschwemmungen ent- wickelte var. Delilei hat daselbst schon eine grosse Constanz, wie die in einem Zeitraume von etwa 100 Jahren von Delile, Eihrenibthe und Schweinfurth aus Unteregypten gesammelten Exemplare auf’s Un- zweideutigste bezeugen. Auch ihr unverändertes Auftreten in England und den Oasen zeigt ihre Constanz und unmittelbare Unabhängigkeit vom Standorte an, wiewohl ihre Bildung wahrscheinlich durch dieselben veranlasst wurde. 72. W. Pfeffer: Locomotorische Richtungs- bewegungen durch chemische Reize. Eingegangen am 17. Dezember 1883. — Unter den zu freier Ortsbewegung befähigten Organısmen führen bekanntlich Schwärmsporen u. s. w. phototaktische Bewegungen aus und die Folge einer einseitig überwiegenden Reizwirkung ist es auch, dass Spaltpilze sich nach dem sauerstoffreichen Wasser hin bewegen. In Folgendem sollen nun weitere chemische Reizwirkungen mitgetheilt werden, welche dazu dienen locomotorische Organismen an die zu ihrem Wirken und ihrem Fortkommen geeigneten Stätten zu führen. Für die Samenfäden der Farne ist Aepfelsäure das specifische Reizmittel, welches diese Organismen in die geöffneten Archegonien lockt. Ebenso werden bei ungleicher Vertheilung dieses Stoffes im Wasser die Samenfäden von Selaginella derart gereizt, dass sie nach der concentrirten Apfelsäure hinsteuern. In gleichem Sinne ist Rohr- zucker das specifische Reizmittel der Spermatozoen der Laubmoose. Dagegen gelang es nicht die offenbar zu den wenig verbreiteten Pflanzen- stoffen gehörigen Körper zu ermitteln, vermöge welcher der entleerte Inhalt des Halskanals des Archegoniums von Marsilia, Lebermoosen und Chara anziehende Reizwirkung auf die Samenfäden der bezüglichen Pflanze ausübt. Nicht ein einzelner Körper, sondern jeder gute Nährstoff ist, bei ungleicher Vertheilung in der Lösung, ein Reizmittel der schwärmenden Spaltpilze, welche, zwischen einem Mehr und Weniger der Nahrung unterscheidend, zu der reichlicheren, resp. der besseren Nahrung hin- wandern. Ferner habe ich Lösung von Fleischextrakt als Lockmittel Locomotorische Richtungsbewegungen durch chemische Reize. 525 für die Schwärmsporen von Saprolegnia und für Trepomonas agilis, einen Organismus der Flagellaten, kennen gelernt. Es handelt sich in diesen Fällen übereinstimmend um chemische Reize, durch welche, bei ungleicher Vertheilung des auslösenden Agens, der frei bewegliche Organismus veranlasst wird, mit der ihm ohnehin zu Gebote stehenden Bewegungsthätigkeit, nach dem concentrirten Me- dium, also entgegen der Diffusionsrichtung sich zu bewegen. Bei der Operation mit Flüssigkeiten wurde ein wenig von diesen in enge, einseitig zugeschmolzene Glascapillaren gefüllt und diese zu den zu prüfenden Objekten geschoben. Bringt man eine so beschickte Glascapillare, deren Inhalisflüssigkeit 0,01 bis 0,1 pOt. Apfelsäure, an irgend eine Basis gebunden, enthält, zu herumschwärmenden Samen- fäden von Farnen, so ändern die dem’ Capillarmunde nahen sofort ihre . Bewegungsrichtung und eilen nach der Oeffnung der Capillare, in welche sie direkt oder nach einigem Herumschiessen vor derselben ein- dringen. Bald ist durch Diffussion der Capillarflüssigkeit die An- ziehungssphäre erweitert und indem fortwährend Samenfäden herbei- gelockt werden, können im Laufe einer Minute mehr als hundert dieser in der Capillare vereint sein, in welcher sich mit der Zeit förmliche Pfropfen von Samenfäden ansammeln. Bei Verwendung verdünnter Lösung von Aepfelsäure ist die An- zıehung auf die Samenfäden schwächer, eben merklich aber ist sie noch, wenn die Öapillarflüssıgkeit 0,001 pÜt. Aepfelsäure enthält; mit dieser Concentration ist für die Spermatozoen der meisten der untersuchten Arten von Farnkräutern (Adiantum cuneatum, Blechnum frazxineum, Pteris serrulata) die Reizschwelle erreicht. Bei dieser verringerten Reiz- wirkung ist die Anziehung natürlich schwach und häufiger als bei stärkerem Reize enteilen die Samenfäden wieder der Diffussionssphäre der Aepfelsäure und aus der Oapillare, in welchen deshalb nur eine geringe Zahl von Spermatozoen sich ansammelt. Eine wie winzige Menge von Aepfelsäure nöthig ist, mag daraus erhellen, dass in einem concreten Falle die in der Oapillare befindliche, 0,001 procentige Lösung insgesammt nur den 36 millionsten Theil eines Milligramms an Aepfelsäure enthielt, von der doch nur ein kleiner Bruchtheil direkt ın Oontakt mit einem Samenfaden kam. Dennoch ist diese geringe Menge nicht verschwindend gering gegenüber dem winzigen Samenfaden, dessen Gewicht weniger als den viermillionsten Theil eines Milligramms ausmacht und solches relatives Maass muss natürlich in diesem, wie in jedem anderen Falle angelegt worden. In verdünnten Lösungen ist die Reizwirkung der Aepfelsäure gleich der ihrer Salze; mit höherer Concentration tritt aber ein Unterschied deshalb ein, weil die stärker saure, ebenso aber auch die alkalische Beschaffenheit der Flüssigkeit eine abstossende Reizwirkung auf die Samenfäden der Farne ausübt. Diese abstossende Wirkung ist eine 526 W. Pfeffer: allgemeine Eigenschaft freier Säuren und kommt z. B. dann auch zur Geltung, wenn die Capillarflüssigkeit 0,01 pCt. Aepfelsäure und 0,2 pOt. Citronensäure enthält. Von der Aepfelsäure angelockt steuern die Samenfäden reichlich nach der Capillare, prallen aber nahe an der Mündung zumeist zurück, während sie reichlichst in eine Capillare schwärmen, welche 0,01 procentige Aepfelsäure, ohne den Zusatz von Citronensäure enthält. Eine abstossende Wirkung übt ferner hohe Ooncentration, auch indifferenter Stoffe, vermöge der osmotischen Leistung aus. Deshalb schrecken z. B. die meisten der Samenfäden zurück, welche gegen eine Uapillare steuern, deren Inhalt, neben 0,01 pCt. Aepfelsäure (als Natron- salz), 10 pÜt. Kalisalpeter aufzuweisen hat. Die äpfelsauren Salze üben ausserdem in höherer Concentration eine spezifisch abweisende Reiz- wirkung aus, die sich schon recht merklich macht, wenn (als neutrales Na- tronsalz) 5 pCt. Aepfelsäure in der Öapillarflüssigkeit enthalten sind. Dagegen wirken dickflüssige, aber in geringem Grade osmotisch leistungsfähige Schleime nicht abstossend auf die Samenfäden der Farne, welche demgemäss in den mit Aepfelsäure versetzten Traganthschleim eindringen, wenn sie sich auch nur mit sehr verlangsamter Bewegung fortzuarbeiten vermögen. Ebenso gelang es den Samenfäden der Farne sich in eine mit Zusatz von etwas Aepfelsäure bereitete, 0,7 procentige, nach dem Erkalten sehr weiche Gelatine einzubohren, während sie solches vergeblich versuchten, wenn die Gelatine etwas consistenter war. Bei soichem Hineinarbeiten in Traganthschleem und Gelatine be- wahren die Samenfäden gewöhnlich ihre Körperform, während sie sich zu steileren Spiralen strecken, wenn sie gezwungen sind, durch enge Spalten sich durchzuarbeiten. Auch zieht sich der Samenfaden wohl zu steilerer Schraube aus, wenn die am hinteren Ende mitgeschleppte Blase festklebt und das Vorwärtsstreben des Samenfadens als mecha- nischer Zug auf die hinteren Windungen des Körpers wirkt. So weit die Ooncentration der Aepfelsäure nicht störend eingreift, ist das für die Beziehung zwischen Reizgrösse und den in uns erweckten Empfindungen ermittelte sog. Weber’sche oder Psychophysische Gesetz auch der Ausdruck für das Verhältniss von Reiz und Reaction der Samenfäden der Farne. Demgemäss muss zur Erzielung eben merk- licher Empfindung der Zuwachs des Reizes stets in demselben Ver- hältniss stehen zu der Reizgrösse, zu welcher er hinzukommt und dieser Forderung entsprechend fielen in der That die empirischen Erfahrungen aus. Diese wurden gewonnen, indem die Spermatozoen, statt in Wasser, in eine Lösung mit bekanntem Gehalt an Aepfelsäure gebracht und dann bestimmt wurde, welcher Gehalt an Aepfelsäure !) in der Capillar- 1) Die Aptelsäure kam in meinen Versuchen, wenn nicht anders bemerkt, immer als neutrales Natronsalz zur Verwendung. T,oeomotorisohe Riehtungsbewegungen durch chemische Reize. 597 flüssigkeit nöthig war, um eine eben merkliche Reaction zu erzielen. Diese immer gleiche Grösse, die Unterschiedsschwelle des Reizes war erreicht, wenn die Uapillarflüssıgkeit ungefähr 30 mal concentrirter war, als die Aussenflüssigkeit, gleichviel ob diese 0,0005 oder bis 0,05 pCt. Apfelsäure enthielt. Aus diesen empirischen Grundlagen ergeben sich dann auch weitere Formulirungen und Folgerungen, die insbesondere von Fechner durch- geführt wurden!). Ohne hierauf an dieser Stelle näher einzugehen, soll doch dessen gedacht werden, dass, während der Reiz (hier der Concentration des Aepfelsäure) in geometrischer Progression zunimmt, die Reaction der Samenfäden (die Empfindung) nur in arithmetischer Pro- gression wächst. Da die gleiche Beziehung zwischen den Grundzahlen und den zu ihnen gehörigen Logarıthmen besteht, so lässt sich das W eber’sche Gesetz auch dahin formuliren: die Reaction (Empfindung) ist gleich dem Logarithmus des Reizes. Aus den eben angezogenen Beziehungen ersieht man sogleich, wie mit steigendem Reize die Reaction (Empfindung) langsamer und lang- samer zunimmt. Uebrigens lehrt auch die directe empirische Erfahrung, dass zur Erreichung der Reizschwelle die Concentration der Oapillar- flüssigkeit absolut um so mehr gesteigert werden muss, je reicher die Aussenflüssigkeit an Aepfelsäure ist. Denn enthielt letztere 0,0005 pCt. Aepfelsäure, so trat eben merkliche Reaction ein, sobald sich 0,015 pCt. Aepfelsäure in der Öapillarflüssigkeit befanden und zu gleicher Reaction bedurfte es eines Gehaltes von 1,5 pOt. Aepfelsäure in der Oapillar- flüssigkeit, wenn die Aussenflüssigkeit 0,05 pÜt. Aepfelsäure enthielt. In homogener Lösung von Aepfelsäure (nicht aber ın Lösung in- differenter Stoffe) werden die Samenfäden der Farne also absolut un- empfindlicher gegen die durch einseitigen Angriff der Aepfelsäure erzielte Reizwirkung und aus dieser mit dem Aepfelsäuregehalt steigen- den und fallenden Stimmungsänderung ergiebt sich, dass die Aepfel- säure auch in gleichförmiger Vertheilung einen Reiz auf die Samen- fäden ausübt. Hierbei kommt eine Richtungsbewegung, die eben vom einseitigen Angriff der Aepfelsäure abhängt, nicht zu Wege und die verdünnte, homogene Aepfelsäurelösung hat auch keinen Einfluss auf Lebensdauer und Bewegungsthätigkeit der Samenfäden. Die Unterschiedsempfindlichkeit der Samenfäden der Laubmoose gegenüber ihrem specifischen Reizmittel, dem Rohrzucker, und der Spaltpilze gegenüber anlockenden Nährlösungen dürfte sich gleichfalls den im Weber’schen Gesetz ausgedrückten Beziehungen anschliessen. Wie weit solches für andere Reizwirkungen gilt, lässt sich aus der Literatur nicht entnehmen, doch habe ich einigen Grund zu glauben, 1) Elemente der Psychophysik 1860 und Revision der Hauptpunkte der Psycho- physik 1882. Bo W. Pfeffer: dass u. A. in heliotropischen, phototactischen, geotropischen Bewegungen das im Weber’schen Gesetz ausgesprochene Verhältniss zwischen Reiz und Reaction zutrifft, natürlich nur in so weit. als eine störend eingreifende Reizgrösse nicht erreicht ist. Da das Weber ’sche Gesetz also nicht allein für die Beziehungen zwischen Reiz und den in uns erweckten Empfindungen gilt, so sind die an Samenfäden gewonnenen Erfahrungen zugleich eine Stütze der physiologischen gegenüber der psychophysischen Ansicht. Letztere, von Fechner!) vertreten, sieht in dem Weber’schen Gesetz ein Grund- gesetz allgemeiner Gültigkeit für die Beziehungen zwischen Nerven- process und Seele, das, soweit es die psychischen Funktionen betrifft, der physiologischen Forschung entzogen ist, während nach der von G. E. Müller?) vertretenen physiologischen Ansicht das Weber’sche Gesetz ein Erfahrungssatz ist, dessen physiologische Ursachen in den Eigenschaften der in der Reizbewegung betheiligten Organe be- gründet ist. An dieser Stelle verzichte ich darauf, den methodischen Gang der Untersuchung darzulegen, welcher mich die Aepfelsäure als specifisches Reizmittel der Samenfäden der Farne erkennen liess. Erwähnen will ich nur, dass kein anderer der verbreiteten Pflanzenstoffe als anlocken- der Reiz auf diese Samenfäden wirkte, die sich auch indifferent gegen alle weniger verbreitete Pflanzenstoffe verhielten, welche zur Prüfung kamen. Ueberhaupt fand ich nur ın der Maleinsäure einen die Samen- fäden analog wie die Aepfelsäure, aber schwächer reizenden Körper, während sich diese Organismen indifferent verhielten gegen die neben Maleinsäure bei der trockenen Destillation der Aepfelsäure entstehende Fumarsäure und gegen Asparagin, das Amid der Aepfelsäure. Da die Samenfäden der Farne auch gegen verletzte Zellen, Ge- webeschnitte u. s. w. hinwandern, sofern Aepfelsäure austritt, so kann man jene als physiologisches Reagens auf diesen Körper anwenden. In der That gelang es mir, so die im Pflanzenreich verhreitete Aepfel- säure in jeder geprüften Pflanze nachzuweisen und zu constatiren, dass sie sich sowohl in den Zellen des Urmeristems als auch der Dauer- gewebe findet. Auch eine annähernd quantitative Bestimmung der Aepfelsäure ist möglich, indem man ermittelt, welche Ooncentration eine Apfelsäure- lösung haben muss, damit die anziehende Wirkung eingelegter Pflanzen- schnitte auf Samenfäden bis auf eine eben merkliche Grösse herabge- drückt wird, denn dieses trifft zu, sofern ın der Aussenflüssigkeit 30 mal weniger Aepfelsäure enthalten ist, als in den verletzten Zellen. Auf diesem Wege ermittelte ich, dass der Aepfelsäuregehalt in der aus dem 1). 1.:e, 2) Zur Grundlegung der Psychophysik 1878. Loeomotorische Richtungsbewegungen durch chemische Reize. 529 Halskanal des Archegonimus an Adiantum capillus veneris entleert werdenden Masse ungefähr 0,3 pÜt. beträgt. Die Aepfelsäure haben wir nun auch als das HReizmittel anzu- sprechen, welches das Anlocken und das Einschwärmen der Samen- fäden der Farne in das Archegonium dieser Pflanzen veranlasst, ein Vorgang, der sich in der von Strasburgert) beschriebenen Weise ab- spielt. Die Aepfelsäure ist in dem entleerten Schleime enthalten, welcher selbst nicht anziehend wirkt, aber nützt, indem er das Weg- spülen der Aepfelsäure durch Wasserströme erschwert und indem er die Bewegungen der Samenfäden verlangsamt, wodurch erreicht wird, dass diese präciser einschwärmen als stürmisch heraneilende, welche aurch das Anprallen an den engen Hals des Archegoniums leicht von ihrer Bahn abgelenkt werden. Auch das Eindringen der Samenfäden in die Eizelle dürfte durch Ausgabe von Aepfelsäure aus dem Empfäng- nissfleck veranlasst werden; jedenfalls dringen in diesen die Samen- fäden in analoger Weise ein, wie in weiche Gelatine, die unter Zusatz von etwas Aepfelsäure bereitet wurde. Da das specifische Reizmittel dasselbe für alle Farne ist (ebenso ist es bei den Laubmoosen), ist durch jenes der Fremdbefruchtung nicht vorgebeugt, und in der That dringen, wenigstens bis an die Ei- zelle, auch Samenfäden anderer Arten in das Archegonium eines Farn- krautes. Dagegen gelangen in dieses die von Aepfelsäure gleichfalls angelockten Samenfäden von Selaginella nicht, weil sie den mechanischen Widerstand des Schleimes nicht zu überwinden vermögen. Uebrigens sind die Samenfäden von Selaginella erythropus gegen Aepfelsäure ebenso empfindlich wie die der Farne. Die Aepfelsäure ist aber nicht das specifische Reizmittel der Samen- fäden aller Gefässkryptogamen, denn unempfindlich gegen jenes Agens sind die Samenfäden von Marsilia. Diese werden durch die aus dem Archegonium von Marselia, nicht aber durch die aus dem Archegonium der Farne entleerte Masse angelockt, den wirksamen, löslichen Körper aber, welcher zu den wenig verarbeiteten Pflanzenstoffen gehören muss, habe ich nicht aufgedeckt. Wie immer dient das specifische Reizmittel nur dazu, die ohnehin in die Nähe des Archegoniums kommenden Samenfäden anzulocken, und bei Marsilia ıst durch die weiche Gallerthülle der Makrospore dafür gesorgt, dass beim Oeffnen des Archegoniums, nicht fern von diesem, Samenfäden sich befinden. Diese Gallerthülle übt übrigens keine direkte Anziehung auf die Samenfäden, welche sich nur deshalb ın der- selben häufen, weil die zufällig anstossenden festgehalten werden. Aus gleichem Grunde sammelt sich u. a. auch Pandorina morum als grüner Saum in dem aus einem Quittensamen hervorquellenden Schleime. 1) Jahrbücher f. wiss. Bot. 1869—70, Bd. 7, p. 390. 34 D. Botan.Ges.1 530 W. Pfeffer: Für die Laubmoose ist das specifische Reizmittel Rohrzucker und zwar dürfte es dieser für alle echten Laubmoose sein, da ausser der specieller untersuchten Funaria auch die Samenfäden einiger anderen Arten ein gleiches Resultat ergaben. Diese Samenfäden sind ebenfalls gegen ihr specifisches Reizmittel sehr empfindlich, denn auch für sie genügt eine 0,001 procentige Lösung, um eine eben merkliche Anziehung zu bewirken. Ausser Rohrzucker übte kein anderer der geprüften Stoffe eine anziehende Reizwirkung auf die Samenfäden von Funaria aus. Die Samenfäden der Lebermoose (es wurden die von Marchantia und Radula complanata benutzt) verhielten sich gegen jeden geprüften Körper indifferent, doch werden sie, wie durch Strasburger!) für Marchantia polymorpha bekannt, durch den aus dem Archegonium dieser Pflanze entleerten Inhalt angezogen. Das noch festzustellende spe- cifische Reizmittel fehlt bei Laubmoosen und Farnen in dem Archego- nium, da nach dessen Oeffnen die Samenfäden von Marchantia in- different, wie zuvor, vorbeisteuern. Analog wie bei Marsilia und Marchantia liegt die Sache bei Chara?), auf deren Samenfäden der aus der Eiknospe dieser Pflanze ausgeschiedene Stoff übrigens eine relativ nur geringe anziehende Reizwirkung ausübt. Dagegen üben die Gameten von Chlamidomonas pulvisculus und Dlothriwe zonata keine Fernwirkung aufeinander und bei diesen das Wasser schnell durcheilenden Organismen muss es ja auch unwahr- scheinlich dünken, dass ein in das Wasser ausgeschiedenes lösliches Reizmittel die Sexualzellen vortheilhaft zu einander zuführen vermag. In denjenigen Fällen hingegen, in welchen es sich darum handelt, bewegliche männliche Sexualzeilen zu der ruhenden Eizelle zu führen, dürften zur Anlockung jener chemische Reizmittel allgemein oder wenigstens sehr gewöhnlich dienen. Ist auch bisher auf diesen Punkt kaum Rücksicht genommen, so sind doch beiläufige Beobachtungen ge- macht, welche auf solche Reizwirkungen entschieden deuten. Ich ver- weise u. a. auf Fucus, dessen Eizelle nach Thuret?) sehr energisch die Samenfäden dieser Pflanze anlockt. Auch die Beobachtungen Pringsheim’s*) an Vaucheria und die Cohn’s’) an Sphaeroplea deuten entschieden auf solche Anlockung der Samenfäden hin. Eine solche Anlockung übt auch nach Berthold®) die Eizelle von Eeto- carpus siliculosus, nach Reinke?) und Falkenberg?°) die von Cutleria 1) Jahrb. f. wiss. Bot. 1869--70, Bd.7, p. 418. 2) Vgl. de Bary, Monatsb. d. Berl. Akad. 1871, p. 233. 3) Annal. d. scienc. naturell. 1854, IV ser., Bd. 2, p. 210. 4) Befruchtung und Keimung der Algen 1855, p. 8. 5) Annal. d. scienc. naturell. 1856, IV ser., Bd. 5, p. 202. 6) Mitth. d. zool. Station zu Neapel 1881, Bd. 2, p. 405. 7) Nova Acta d. Leopold. Akad. 1878, Bd. XI, p. 6%. 8) Mitth. d. zool. Station zu Neapel, Bd I, p 420. TLocomotorische Richtungsbewegungen durch chemische Reize. 531 auf die bezüglichen Samenfäden aus. Entsprechende anziehende Reiz- wirkungen aus dem Thierreiche sind mir nicht bekannt, doch fehlen sie auch sicherlich in diesem nicht. Für die Spaltpilze hat ihre Empfindlichkeit gegen ungleiche Ver- theilung der Nährstoffe, den Zweck, die schwärmenden Organismen nach der reichlicheren, resp. besseren Nahrung zu führen, und dem ent- sprechend veranlassen alle besseren organischen Nährstoffe unter den besagten Bedingungen eine einseitige Richtungsbewegung. Näher untersucht wurden Bacterium termo, das gewöhnliche Fäul- nissbakterium, und Sperillum undula!), die beide sogleich in reichstem Maasse ın eine Öapillare einschwärmen, die z. B. einprocentige Lösung von Fleischextrakt oder von Asparagin enthält. Dieses trifft übrigens nur zu, wenn die Aussenflüssigkeit nicht zu reich an einem Nähr- materiale ist, denn die Unterschiedsempfindung dieser Organismen stimmt jedenfalls im wesentlichen zu dem früher besprochenen Weber’schen Gesetze. Des unvermeidlichen Vorhandenseins einer kleinen Menge von Nähr- material in der Aussenflüssigkeit und noch anderer Umstände halber, ist es schwer, die Reizschwelle dieser Spaltpilze näher zu bestimmen, auf die aber auch schon eine minimale Menge der besten Nährstoffe bei einseitigem Angriff als Richtungsreiz wirkt. Doch sind in dieser Hinsicht die Bakterien nach Engelmann’s Beobachtungen empfind- licher gegen Sauerstoff, und auch die absolute Empfindlichkeit der Samenfäden gegen ihre specifischen Reizmittel wird im Allgemeinen nicht erreicht. Das Wandern der Spaltpilze nach dem sauerstoffreicheren Medium hin, hat auch Einfluss auf die Art der Anhäufung derselben in der Oapillare, worauf indess an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden soll. Gegen höhere Öoncentration ist Spirellum ungleich empfindlicher als Bacterium termo, denn jenes wird schon abgestossen wenn 1lprocen- tiger Fleischextractlösung 2 pCt. Kalisalpeter zugesetzt sind, während nach Zusatz von 25 Procent Salpeter Bacterium termo noch reichlich in die Glascapillare einschwärmt. Mit dieser Empfindlichkeit hängt auch das Verhalten gegen Fleischstückchen zusammen, welche unter Deckglas zu diesen Organismen gebracht sind. Beide eilen sogleich nach dem anlockenden Bissen, während aber Bacterium termo bis an denselben dringt, macht Spirillum in einiger Entfernung von den Fleisch- stückchen Halt, weil sich um diese eine Lösung genügender Concen- tration bildete, um abstossend auf Spirillum zu wirken. Allmählich rückt dann auch Spirillum bis an das Fleisch vor, und dieses geschieht 1) Nach Abbildung und Beschreibung bei Cohn, Beiträge zur Biologie der Pflanzen, 1872, Bd. I, Heft 2, p. 142. 2) Pflüger’s Archiv f. Physiologie 1881, Bd. 26, p. 541; Bot. Zeit. 1883, p. 4. 532 W. Pfeffer: Locomotorische Riehtungsbewegungen durch chemische Reize. sogleich, wenn man zuvor die Stückchen genügend mit Wasser ab- wäscht !). Mit dieser abstossenden Reizwirkung hängt es auch zusammen, dass schlechtere Nährstoffe überhaupt Sperillum nicht anlocken, weil diese Reizwirkung erst bei höherer Ooncentration beginnen würde, die schon überwiegend abstossende Wirkung erzielt. (tenau parallel geht übrigens die anlockende Reizwirkung nicht mit dem Nährwerth eines Stoffes. Denn während Pepton mit Zucker (und anorganischen Stoffen) ein besseres Nährmaterial für Bacterium termo ist als Asparagin?), lockt letzteres diesen Spaltpilz energischer in eine Capillare. Durch Asparagin wird aber auch im höheren Grade die Bewegung schwimmender Spaltpilze beschleunigt, und je ansehn- licher diese Beschleunigung, um so intensiver scheint, nach den bis- herigen Erfahrungen, die anlockende Reizwirkung eines Stoffes zu sein. Indess muss die Bewegungsbeschleunigung, welche auch in homogener Lösung durch Nahrungszufuhr bewirkt wird, von der richtenden Reiz- wirkung bei einseitigem Angriff getrennt gehalten werden. Denn diese tritt noch ein, wenn die Bacterien bereits durch genügenden Nahrungs- vorrath die maximale Bewegungsschnelligkeit erreichten, und die Bac- terien schwärmen auch in Capillaren noch dann, wenn die Bewegungs- thätigkeit der eintretenden Organismen durch die Beschaffenheit der Capillarflüssigkeit herabgedrückt wird. Analog wie bei Samenfäden erzielt der einseitige Angriff des aus- lösenden Agens eine bestimmte Achsenrichtung der Bacterien und bewirkt zugleich ın diesen hin- und hergehenden Organismen, dass die nach dem Reizmittel hinzielenden Bewegungsphasen relativ gefördert werden. Sicherlich werden noch in vielen Fällen Organismen durch chemische Reize an den ihnen Nahrung bietenden Ort geführt. Das ist u. A. der Fall bei den Schwärmsporen von Saprolegnia, auf die Fleischextract einen Richtungsreiz ausübt und die deshalb auch nach den in dem Wasser befindlichen Fliegen steuern. Voraussichtlich werden durch specifische Reizmittel öfters die Schwärmer von Parasiten zu ihren Nährpflanzen gelockt, und das mag wohl u. A. zutreffen für die Para- siten der Saprolegnien, welche sich nach A. Fischer’) nur an ihre specifischen Nährpflanzen festsetzen. Durch chemische Reize werden aber auch bei den nicht zu freier Ortsbewegung befähigten Pflanzen Krümmungsbewegungen veranlasst, 1) Hinsichtlich der von Ehrenberg u. a. beobachteten Anhäufung von Spalt- pilzen um Bissen ist nicht zu sagen, ob ein Zusammenwandern oder eine Vermeh- rung an Ort und Stelle die Ursache der Ansammlung wurde. 2) Nägeli, Ernährung der niederen Pilze in Sitzungsb. der Bayrischen Akad. 1879, p. 287. 3) Jahrb. f. wiss. Bot, 1883, Bd. 13, p. 303, A. Zimmermann: Molecular-physicalische Untersuchungen. 533 von denen die bei einer Anzahl fleischverdauenden Pflanzen vorkom- menden bekannt sind. Ohne Zweifel ist auch in manchen Fällen der einseitige Angriff eines chemischen Agens die äussere Ursache für zweckentsprechende Krümmungsbewegung. Solches dürfte wohl der Fall sein bei der Ablenkung der Antheridien bildenden Nebenäste nach dem Oogonium von Saprolegnia!) und der Krümmung der Keimschläuche von Isaria farinosa nach der Spore von Melanospora parasitica?), SO- wie in andern Fällen, die bisher einer Untersuchung in dieser Richtung nicht unterzogen wurden. 73. A. Zimmermann; Molecular-physicalische Unter- suchungen ()). Eingegangen am 23. Dezember 1883. 1. Ueber den Zusammenhang zwischen Quellungsfähigkeit und Doppelbrechung. Um die verschiedenen Erscheinungen, die man an pflanzlichen und thierischen Membranen mit Hülfe des Polarısationsmikroskopes beob- achten kann, zu erklären, wurde bekanntlich von Naegeli?) die Theorie aufgestellt, dass diese organischen Gebilde aus Molecülcomplexen, sog. Micellen, aufgebaut seien, die ebenso wie nicht reguläre Krystalle doppel- brechend wirken. Diese Theorie, die durch viele Thatsachen wahrscheinlich gemacht war, wurde bis vor Kurzem fast allgemein anerkannt. Nur wenige Anhänger hatte dagegen die zuerst von Schulze*) aufgestellte Theorie, die alle Erscheinungen im polarisirten Lichte auf moleculare Spannungen, wie man sie an erhitzten oder gezogenen Glasfäden, Ge- latinestreifen oder dergl. beobachtet, zurückzuführen sucht. Nur N. I. C. Müller’) ist bereits 1875 entschieden für dieselbe eingetreten, ın 1) De Bary, Beiträge zur Physiologie und Morphol: d. Pilze 1881, IV. Reihe, p- 85 und 90. 2) Kihlmann, Zur Entwicklungsgeschichte der Ascomyceten 1883, p. 12 (Sepa- ratahzug aus Acta Soc. Scient. Fenn. Bd. XIII). 3) cf. Naegeli und Schwendener, das Mikroskop. 2 Aufl., p. 354 ff. 4) Müller’s Archiv für Anat. und Physiol. 1861, p. 204. 5) Botan. Untersuchungen I. p. 134. 7: A. Ziramermann: neuerer Zeit haben dagegen auch von Höhnel!), Wiesner?) und Strasburger?) sich für dieselbe erklärt. Ohne mich nun vorläufig weder der einen noch der anderen Theorie anschliessen zu wollen, möchte ich mir erlauben, im Folgenden eine Reihe von Thatsachen anzuführen, die schon an und für sich einiges Interessante bieten dürften, deren theoretische Verwerthung ich mir aber vorbehalten muss, bis ich noch verschiedene andere Fragen, über die in der Literatur die widersprechendsten Angaben vorliegen, genau geprüft habe. In der Nomenclatur werde ich mich der grösseren Anschaulichkeit halber N. I. C. Müller anschliessen und alle Zellen mit expandirten oder comprimirten Glasröhren oder Gelatinestreifen von gleicher opti- scher Reaction vergleichen. Um diese Vergleichung durchführen zu können, verfuhr ich gauz nach den Angaben des genannten Autors. Bei gekreuzten Nicols und mit Gypsplättchen Roth I?) in Diagonal- stellung wurde ein noch nicht vollkommen ausgetrockneter Gelatine- streifen in der Längsrichtung unter dem Polarisations-Mikroskop gezogen und dann das Fadenkreuz des Oculars auf die beiden Richtungen ein- gestellt, welche die höchsten Additions- resp. Subtractionsfarben gaben. Indem ich die zu untersuchenden Objecte in die Richtung der beiden Arme des Fadenkreuzes brachte, konnte ich nun, je nachdem dieselben in derselben Richtung wie der Gelatinestreifen Additionsfarbe gaben oder in einer senkrecht darauf stehenden, leicht constatiren, ob die Orientirung der Elasticitätsellipse im denselben einem in der Längs- richtung expandirten oder comprimirten Gelatinestreifen entspricht. Dass keine Verschiebungen am Apparate stattgefunden hatien, wurde, wenn dies nöthig erschien, durch Vergleichung mit einem Ge- latinestreifen, der im gezogenen Zustande vollständig ausgetrocknet war, die Interferenzfarben aber noch vollkommen erhalten hatte, constatırt. Uebrigens können auch dünne Kautschukstreifen oder Glasröhren mit demselbn Erfolge zu diesem Zwecke verwandt werden. Um etwaigen Missverständnissen vorzubeugen, bemerke ıch jedoch. ausdrücklich noch einmal, dass ich diese Vergleichung nur der grösse- ‘ren Anschaulichkeit wegen gewählt habe, und dass ich es unentschieden lassen möchte, ob wir bei den organischen Membranen wirklich Druck- und Zugspannungen als die Ursache ihres optischen Verhaltens anzu- sehen haben, oder ob das Zusammentreffen der optischen Reaction nicht ein rein zufälliges ist. 1) Bot. Zeit. 1882, No. 86 u. 8%. 2) Elemente der Anatomie und Phys. 1881, p. 260, Anm. zu 17. 3) Ueber Bau und Wachsthum der Zellhäute, 1882, p. 208 ff. 4) Nur in wenigen Fällen, wo mir die Farben bei dieser Combination unsicher erschienen, benntzte ich das Gypsplättchen Roth II oder G@limmerplättchen von '/, bis !/, A. Molecular-physicalische Untersuchungen. 535 Die Frage, welche ich in dieser Mittheilung entscheiden möchte, bezieht sich auf den Zusammenhang zwischen Quellungsfähigkeit und Doppelbrechung; ich glaube nach meinen Untersuchungen den Satz aufstellen zu können, dass alle nıcht euticularisirten Zellmem- branen eine solche optische Reaction geben, wie wenn sie in der Richtung der stärksten Quellungsfähigkeit, die natür- lich auch mit der Richtung der stärksten Schrumpfung beim Austrocknen zusammenfällt, comprimirt wären. In der Literatur liegt eine Untersuchung über diese Frage nicht vor. Nur von Höhnel wäre hier zu nennen; dieser Autor macht nämlich in seiner als vorläufige Mittheilung betitelten Arbeit!), in der er Quellung und Doppelbrechung auf dieselben molecularen Spannungen zurückführt, vollkommen dieselbe Annahme, ohne jedoch andere Be- weise dafür zu bringen, als dass die Zellmembranen in der Radialrich- tung am stärksten quellen und dass sie in dieser Richtung zusammen- gedrückt erscheinen, während in der Longitudinalrichtung das Umge- kehrte der Fall ist. Ich werde jedoch im Folgenden zeigen, dass längs- gestreckte Zellen auch in der Longitudinalrichtung comprimirt erscheinen können, ja dass selbst die beiden Seiten ein und derselben Zelle ent- gegengesetzte Reaction geben können. Diese Zellen zeigen dann aber auch stets ein abweichendes Verhalten bezüglich ihrer Quellungsfähig- keit und zwar in der Weise, dass sie insgesammt den oben aufgestell- ten Satz bestätigen. Das Material zu meinen Untersuchungen lieferten mir verschiedene hygroscopische Objecte, deren Mechanik, da sie mit der Ausstreuung und Verbreitung der Samen im Zusammenhang steht, schon mehrfach beschrieben wurde. Es stand zu erwarten, dass, wenn überhaupt ein Zusammenhang zwischen Quellungsfähigkeit und Doppelbrechung be- steht, derselbe sich bei diesen am besten würde auffinden lassen; und in der That wurden meine Erwartungen nicht getäuscht. Ich gehe nun zur Besprechung meiner Untersuchungen über. 1. Geranium sanguineum. Die Theilfruchtschnäbel oder Grannen dieser Pflanze krümmen sich bekanntlich beim Austrocknen in Folge einer stärkeren Schrumpfung der im ganzen Fruchtschnabel nach Aussen gelegenen Zellen; und zwar wird diese Krümmung nicht etwa durch Kreuzung der beiden ver- schieden stark quellbaren Zellcomplexe bewirkt, wie dies so häufig bei aufspringenden Früchten der Fall ist?), vielmehr laufen alle in Betracht kommenden Zellen parallel, und es wird die Krümmung durch ungleiche 1) Bot. Zeit. 1882, p. 597 ft. 2) cf. Steinbrink: Untersuchungen über die anatom. Ursachen des Aufspringens der Früchte, Bonn 1873 und Botan. Zeit. 1878, Nr. 36—39. 536 A. Zimmermann: Contraction der äusseren und inneren Zellen in longitudinaler Richtung herbeigeführt. Diese ungleiche Quellungsfähigkeit geht nun nicht nur mit anatomischen Differenzen Hand ın Hand, wie dies schon früher constatirt wurde!), sondern es zeigen diese Zellen auch ein ganz ver- schiedenes optisches Verhalten. Betrachtet man nämlich zunächst isolirte Zellen aus der Granne unter dem Polarisations-Mikroskope, an dem die einzelnen Theile in der oben angegebenen Weise orientirt sind, so findet man, dass in der Richtung, wo ein gezogener Glasfaden Additionsfarbe geben würde — diese Richtung soll in Folgendem der Kürze wegen als Zugrichtung bezeichnet werden —, die Zellen sowohl in der Profilansicht als auch in der Flächenansicht theils Subtractions-, theils Additionsfarben geben. Die Zellen erscheinen mithin in longitudinaler Richtung theils compri- mirt, theils expandirt. Die gleiche Erscheinung beobachtet man auch an Längsschnitten, die parallel dem kürzeren Durchmesser der im Quer- schnitte etwa wurstförmigen Granne geführt sind. Diese Schnitte krüm- men sich beim Austrocknen in der Schnittebene und müssen folglich auf der einen Hälfte die stark contractionsfähigen Zellen enthalten, während die andere Hälfte von den weniger stark contractionsfähigen Zellen eingenommen wird. Ganz dem entsprechend zeigt nun auch in der That in der Zugrichtung unter dem Polarisations-Mikroskop die eine Hälfte des Schnittes Additions-, die andere Subtractions-Farben, die sich natürlich je nach der Dicke des Schnittes mehr oder weniger weit von dem Roth der ersten Ordnung in der Newton’schen Skala entfernen. Es liess sich nun aber ferner auch leicht constatiren, dass die Zellen, welche bei der Krümmung durch Schrumpfung die concave Seite einnehmen — diese Zellen sind übrigens auf angefeuchteten Schnitten an den quergestellten Poren leicht zu erkennen — in der Zugrichtung Subtractionsfarben geben. Hieraus geht nun hervor, dass diese Zellen in longitudinaler Richtung comprimirt erscheinen, während die anderen Zellen, wie die meisten übrigen, die Reaction von in lon- gitudinaler Richtung gedehnten Glasfäden geben. Es reagirt eine solche ausgetrocknete Granne also ganz wie ein gekrümmter Cylinder, den die durch die Biegung hervorgerufenen elastischen Kräfte wieder gerade zu strecken streben. Mit Bezugnahme auf den oben ausgesprochenen Satz, lässt sich das gewonnene Resultat auch so ausdrücken, dass die den Mechanismus der Krümmung bewirkende stärkere Oontraction der äusseren Zellen der Granne in der Weise mit der optischen Reaction dieser Zellen im Zusammenhang steht, dass diese Zellen in der Richtung, in der diese Contraction stattfindet, zusammengedrückt erscheinen. 1) cf. Steinbrinck, Bot. Zeit. 1878, p. 577 u. Zimmermann, Pringsh. Jahrb. Bd. 12, p 568 ff. Molecular physicalische Untersuchungen. 537 Bevor ich G@eranium verlasse, bemerke ich noch, dass diese Reac- tionen sowohl an angefeuchteten, als auch an ausgetrockneten Schnitten hervortreten — letztere wurden in Oel beobachtet. Ich muss mir je- doch ausführlichere Mittheilungen über den Einfluss der Quellung auf die Doppelbrechung vorbehalten. 2. Erodium gruinum, Die Grannen von Erodium gruinum werden bekanntlich beim Aus- trocknen schraubenförmig aufgedreht. Ohne mich nun auf den Mecha- nismus dieser Formveränderungen !) weiter einzulassen, bemerke ich nur, dass hier die optische Reaction der parallel laufenden stark ver- dickten Zellen vollkommen der von @Geranium entspricht. Auch hier geben die bei der Krümmung die concave Seite einnehmenden Zellen, die also in der Längsrichtung stark contractionsfähig sind, in der Zug- richtung des Polarisationsmikroskopes eine Subtractionsfarbe. Sie er- scheinen folglich in dieser Richtung zusammengedrückt. Die anderen weniger stark contractionsfähigen Zellen geben hingegen auch hier die umgekehrte Reaction: sie erscheinen longitudinal gedehnt. 3. Caragana arborescens. Die meisten Schoten der Papilionaceen zeigen bekanntlich beim Aufspringen ein schraubenförmiges Aufdrehen. Bewirkt wird dieser Mechanismus?) zum Theil dadurch, dass die Zellen der meist sehr dick- wandigen Epidermis, die auch häufig, wie z. B. gerade bei Caragana noch mechanische Verstärkungen besitzen kann, und die Zellen der Hartschicht in zwei senkrecht aufeinander verlaufenden Richtungen gestreckt sind. Diese Richtungen bilden ferner mit der Längsaxe der Hülsenklappen einen schiefen Winkel, aber so, dass die Zellen der Hartschicht der Drehungsaxe der aufgesprungenen Hülsenklappen pa- rallel laufen. Daraus jedoch, dass auch die isolirte Hartschicht noch starke schraubenförmige Krümmungen zeigt, geht aber hervor, dass auch in dieser Verschiedenheiten in der Öontractionsfähigkeit vorhanden sein müssen. Und zwar wird diese Krümmung nicht wie bei @era- nium und Erodium durch ungleiche Contraction in der Längsrichtung der Zellen bewirkt, sondern es findet hier vielmehr eine Krümmung in der Querschnittsebene der Hartschnitt statt. Wir sind also gezwun- gen, eine ungleiche Quellungsfähigkeit der inneren und äusseren Zellen der Hartschicht ın der Querrichtung anzunehmen, und es war zu unter- suchen, ob sich auch hier optische Differenzen zeigen würden. In der That war dies der Fall, und zwar ın der Weise, dass die bei der 1) ef. Steinbrinck, 1. c. p. 595; Zimmermann, 1. ce. p. 570 £. 2) cf. Steinbrinck, Diss. p. 11 ff, Zimmermann, 1. c. p. 562 ff. und Stein- brinck, Diese Berichte, Bd. I, p. 270 ff. Ba A. Zimmermann: Krümmung die concave Seite einnehmenden Zellen, die also die stärkere Contractionsfähigkeit in der Querrichtung besitzen in dieser Richtung comprimirt erscheinen, während die in dieser Richtung weniger con- tractionsfähigen äussersten Zellen der Hartschicht die Reaction auf longitudinale Compression geben. Es lässt sich diese Thatsache sowohl an isolirten Zellen der Hart- schicht als auch auf Schichten, die parallel zu dieser geführt sınd leicht constatiren. Bei letzteren erhielt man in der Zugrichtung unter dem Polarisationsmikroskop an den innersten Schichten Additionsfarben; nur die beiden äussersten oder auch stellenweise nur die äusserste Zellschicht der Hartschicht, die unmittelbar an das dünnwandige Parenchym grenzt, das den Raum zwischen der Hartschicht und der äusseren Epidermis einnimmt, zeigte Subtractionsfarbe. Dass hier ın der Zugrichtung die stärker contractionsfähigen Zellen Additionsfarben geben, während bei Geranium und Erodium das um- gekehrte der Fall war, kann natürlich nicht auffallen, denn bei diesen ist es ja die stärkere Contraction in der Längsrichtung, welche die Krümmung bewirkt, während bei Caragana hingegen die Stärke der Schrumpfung in der Querrichtung der Zellen in Betracht kommt. Ebenso wie Caragana verhält sich auch Lotus corniculatus. Ich gehe nun zur Besprechung der hygroscopischen Einrichtungen über, die sich an verschiedenen Samenhaaren befinden und die alle den Zweck haben, diese Haare, die in der geschlossenen Frucht dicht aneinander liegen, von einander abzubiegen um so dem Winde eine grössere Angriffsfläche zu liefern. Der erste der auf diese Erscheinun- gen aufmerksam gemacht hat, ist Hildebrand!). Der genannte Autor hat nicht nur den Mechanismus dieser Krümmungen bereits richtig be- schrieben, sondern auch bereits die Entwickelungsgeschichte einer An- zahl dieser Haare untersucht. Ich kann mich daher unter Verweisung auf die Arbeiten Hildebrand’s darauf beschränken, die optischen Eigenschaften dieser Gebilde eingehender zu besprechen, über die bis jetzt in der Literatur — soviel mir bekannt — keine Angaben vor- liegen. Leider war es mir jedoch zur Zeit noch nicht möglich alle von Hildebrand angeführten Species zu untersuchen, doch stimmen die an den wenigen (6) Arten gewonnenen Resultate sowohl unter sich, als auch mit den bereits mitgetheilten so vollkommen überein, dass mir die daraus gezogenen Schlüsse nicht voreilig erscheinen. 4. Tillandsia fasciculata. Die Samenhaare dieser Pflanze bestehen aus zwei Zellreihen, von denen die Zellen der einen Reihe bedeutend schmäler sind als die der anderen. Am unteren Theile des Haares findet beim Austrocknen eine 1) Bot Zeit. 1872, p. 233. Molecular-physicalische Untersuchungen. 539 derartige Krümmung statt, dass die weiteren Zellen auf die concave Seite zu liegen kommen. Mit Hülfe des Polarısationsmikroskopes lassen sich nun folgende Thatsachen constatiren: Die schmäleren Zellen rea- giren sämmtlich wie in der Längsrichtung gezogene Gelatinestreifen, während die weiteren Zellen im unteren Theile des Haares sowohl ın der Profil- wie in der Flächenansicht Subtractionsfarben geben. Rücken wir jedoch das Haar unter dem Polarisationsmikroskop von der Ansatz- stelle weiter nach der Spitze zu, so geht zuerst in der Profilansicht die Subtractionsfarbe in die Additionsfarbe über, erst weiter nach der Spitze zu verschwindet jedoch auch in der Flächenansicht die Sub- tractionsfarbe, um einer allerdings immer sehr niedrigen Additionsfarbe Platz zu machen. Wir haben also auch hier, wie bei G@eranium eine ungleiche Oontraction in der Längsrichtung der Zellen, und es geben hier ebenfalls die in der Längsrichtung sich stärker contrahirenden Zellen dieselbe Reaction wie comprimirtes Glas. 5. Epilobium parviflorum. Die Samenhaare von Epelobium unterscheiden sich von den soeben betrachteten nur dadurch, dass sie anstatt aus zwei Zellreihen aus einer einzigen Zelle bestehen. Der Mechanismus ist sonst vollkommen der- selbe; denn auch hier krümmt sich der untere Theil des Haares ganz bedeutend, so dass er mindestens eine ganze Kreiswindung im völlig ausgetrockneten Zustande beschreibt. Hier sind also die bezüglich ihrer Quellungsfähigkeit resp. Schrumpfung verschiedenen Theile auf die beiden Seiten ein und derselben Zelle vertheilt. Dasselbe ist nun auch mit den optischen Eigenschaften der Fall. Und zwar reagirt auch hier die bei dem durch Austrocknen gekrümmten Haare nach innen zu gebogene Seite, die also auch stärker quellungsfähig ist, wie in der Längsrichtung comprimirtes, die äussere wie expandirtes Glas, so dass diese Haare unter dem Polarisationsmikroskop vollkommen das Bild von einer gebogenen Glas-Capillare gewähren. 6. Asclepias Douglasii. Die Haare der untersuchten Asclepias unterscheiden sich nur durch etwas bedeutendere Grösse von denen von Epilobium und stimmen auch in ihren hygroscopischen und optischen Eigenschaften mit denen von der genannten Species vollkommen überein. 7—9. Cirsium oleraceum. Cirsium acaule. Carlina vulgaris, Die drei untersuchten Species verhalten sich bezüglich der hier zu besprechenden Punkte vollkommen gleich, so dass sie hier zusammen besprochen werden können. Es findet sich bei allen Species am Grunde der einzelligen Fieder- 540 O. Kirchner: haare, an der Stelle, wo sie von der Hauptfieder des Pappus abbiegen, eine hygroscopische Stelle, die bewirkt, dass sich die Fiederhaare beim Austrocknen senkrecht abbiegen. Man sieht nun leicht unter dem Polarisationsmikroskop dass diese Stelle dieselbe optische Reaction giebt, wie der unterste Theil der Samenhaare von Epilobium. Auch hier giebt der untere Theil des Fiederhaares auf der bei der Krüm- mung die concave Seite einnehmenden Wand die Reaction wie in der Längsrichtung comprimirtes Glas, während die concave Seite ebenso wie der ganze obere Theil der Fiederhaare die Reaction auf longitudi- nale Expansion giebt. Das Gesagte lässt sich kurz in folgender Weise zusammenfassen: Die Untersuchungen an verschiedenen hygroscopischen Gebilden haben allgemein den Satz bestätigt, dass eine Zellmembran in derjenigen Richtung, in der sie die stärkste Schrumpfung resp. Quellung zeigt, comprimirt erscheint. Ob jedoch diese Compression wirklich in den genannten Gebilden vorhanden ist, oder ob die optische Reaction nicht durch ganz andere Umstände bewirkt wird, lasse ich unentschieden und bemerke nur noch, dass der constatirte Zusammenhang zwischen Quellungsfähigkeit und Doppelbrechung ebenso gut wie in molecularen Spannungen auch in der Gestalt und Lagerung der Micellen seine Ur- sachen haben kann. Botan. Institut der königl. landwirthschaftl. Hochschule ın Berlin. 74. Oskar Kirchner: Zum Wachsthum decapitirter Wurzeln, Eingegangen am 23. Dezember 1883. Zu der Mittheilung von H. Molisch im 8. Heft der Ber. d. deut- schen bot. Ges. (S. 362—.366), welche den Zweck hat, die von mir!) angefochtene Ansicht Wiesner’s (Bewegungsvermögen der Pflanzen. S. 10i—105) aufrecht zu erhalten, dass nämlich ihres Vegetationspunktes beraubte Wurzeln weniger in die Länge wachsen, als intact gebliebene unter den gleichen Vegetationsbedingungen, möchte ich im Folgenden einige berichtigende Bemerkungen machen, die sich zunächst auf den 1) Ueber die Empfindlichkeit der Wurzelspitze für die Einwirkung der Schwer- kraft. Stuttgart 1882. 8. 15—23. Zum Wachsthum devagitirter Wurzeln. 541 Punkt III der von Molisch am Schluss seines Aufsatzes zusammen- gefassten Resultate beziehen, im Zusammenhange damit aber auch den Punkt I zu alteriren geeignet sein dürften. Der Widerspruch zwischen Wiesner und mir liegt nicht ın der Deutung von Beobachtungen, sondern in den Beobachtungen selbst; es frägt sich also, ob unsere entsprechenden Versuche nach so ver- schiedenen Methoden vorgenommen wurden, dass daraus die Abweichun- gen sich erklären lassen. Dies nimmt Molisch an, indem er mir ausserdem den Vorwurf macht, dass meine Art der Versuchsanstellung fehlerhaft, meine Schlussfolgerung also unhaltbar sei. Seine Einwände sınd folgende: 1. Die von mir angewandten Temperaturen sollen zu niedere ge- wesen sein. Molisch giebt an, dass bei den früher von Wiesner mitgetheilten Versuchen (die zum grössten Theil von Molisch selbst ausgeführt worden sind) die Temperatur gewöhnlich 22° C., bei den meinigen in der Regel 14--19° C. betrug. Zugegeben, obwohl in dem Wiesner- schen Buche über den ersten Theil dieser Angabe nichts steht, und der zweite nicht ganz genau ist. Welche Folgen soll nun dieser Unter- schied gehabt haben? Nach Molisch zeigten in seinen neuerdings mit etwa 400 Keimlingen angestellten Versuchen stets die geköpften Wurzeln, „mochten sie bei günstiger oder ungünstiger Temperatur cul- tivirt werden, ein geringeres Längenwachsthum als die intacten“, und dasselbe geht auch aus seinen Tabellen hervor; also hätte ich doch auch bei den vo mir angewendeten Temperaturen caeteris parıbus die- sen Unterschied finden müssen. Der Punkt 1 trägt demnach zur Auf- klärung des vorhandenen Widerspruches gar nichts bei. 2. Ich soll bei der Decapitation in der Regel weniger als 1 mm, mitunter nur 5 mm entfernt haben. Die Beziehung zwischen der Länge des amputirten Wurzelendes und der Grösse des Zuwachses kannte ich sehr wohl, wie aus S. 28 und 29 meiner Arbeit erhellt!), und eben deshalb hielt ich es für nöthig, in jedem einzelnen Falle diese Länge genau anzugeben. Bei den von mir angeführten Versuchen mit Erbsenkeimlingen betrug die Länge des abgeschnittenen Stückes der Wurzelspitze im Mittel aus 22 Einzelfällen 0,84 mm, darunter 6 mal 1,0—1,2 mm und nur einmal?) 0,5 mm; bei den 10 Versuchen mit Keimlingen von Vicia Faba war das abgeschnittene Stück im Mittel 0,98 mm, 6 mal 1,0—1,1 mm, mindestens 0,7 mm lang. Molisch versichert, bei seinen neuen Versuchen jedesmal genau 1 mm abgeschnitten zu haben, was ich für sehr schwer ausführbar halte. 1) Wiesner hat nicht, wie Molisch ($. 363) angiebt, diese Relation nach- gewiesen, sondern nur eine darauf bezügliche gelegentliche Bemerkung gemacht (Bew. Verm. S. 104). 2) nicht „mitunter“, wie zweimal gedruckt steht. 542 O. Kirchner: Aber sicherlich ist der thatsächliche Unterschied in unseren Manipula- tionen, die ich nur genauer beschrieben zu haben glaube, von keiner grossen Bedeutung; denn Molisch wird zugeben, dass die Länge der von mir amputirten Stücke gross genug war, um die Wurzeln ihres Vegetationspunktes zu berauben, und darum allein handelt es sich bei diesen Versuchen. 3. Ich soll die in Folge individueller Besonderheiten der Keimlinge auftretenden Fehler nur zum Theil ausgeschlossen haben, da ich bei mehreren meiner Versuche nur je 3 Wurzeln verglich. In der That habe ich mehrere Versuche mit nur 3 Wurzelpaaren ausgeführt, insbesondere bei Vicia Faba; aber sehr fern hat es mir gelegen, was man aus den Worten von Molisch schliessen könnte, einen Schluss aus einem einzigen derartigen Versuche zu ziehen. Nur weil die Versuche mit verschiedenen Sätzen von Keimlingen angestellt wurden, habe ich sie in meiner Darstellung auseinander gehalten, hätte aber bei Vrcia Faba (8. 21—23 meiner Arbeit) die von mir angeführten 3 Versuche mit je 4, 3 und 3 Keimlingspaaren getrost zu einer Tabelle von 10 Paaren zusammenziehen können, da in allen 3 Versuchen Alter und Behandlung der Keimlinge, Temperatur und Versuchsdauer völlig gleich waren. Ebenso steht es mit dem an 3 Keimlingspaaren von Pisum durchgeführten Versuch (S. 19 meiner Arbeit), er wird durch den darauf folgenden mit 6 Paaren ausgeführten hinreichend ergänzt. Bei der Uebereinstimmung der Resultate sämmtlicher Versuche und bei der Geringfügigkeit der Unterschiede ın den Versuchsbedingungen kann man ohne irgend erheblichen Fehler die sämmtlichen von mir be- schriebenen bezüglichen Versuche in 2 Reihen zusammenfassen, deren eine sich auf Pisum bezieht, mit 22 Keimlingspaaren angestellt wurde und in ca. 24 Stunden einen Zuwachs von durchschnittlich 13,92 mm für die gekappten, von durchschnittlich 12,96 mm für die intacten Wurzeln ergab. Bei den Versuchen mit 10 Keimlingspaaren von Vicia Faba betrug der Zuwachs bei den gekappten Wurzeln durchschnittlich 19,32 mm, bei den intacten durchschnittlich 20,56 mm. Auch im einzelnen betrachtet, widerspricht nicht ein einziges Wurzelpaar dem von mir gezogenen Schlusse, dass kein nennenswerther Unterschied im Wachsthum der unversehrten und der gekappten Wurzeln zu finden sei. Wenn das Zufall wäre, dann müsste ich doch das Opfer einer merkwürdigen Schicksalstücke geworden sein! Ueberdies habe ich als Anhaltspunkt für die Beurtheilung der Individualität der Keimlinge jedesmal die Länge der Zone angegeben, die während des Versuches sich als streckungsfähig erwies, etwas was Molisch zu thun unter- lassen hat. Endlich darf ich mich wohl darauf berufen, dass das Resultat meiner Versuche in Uebereinstimmung steht mit demjenigen, welches Ciesielski, Sachs und Darwin erhielten; auch die Notiz von Krabbe Zum Wachsthum decapitirter Wurzeln. 543 im 5. Hefte der Deutschen Bot. Ges. (S. 229), von der Molisch meint, dass sie nicht im wesentlichen Wiesner’s Ansicht widerspreche, con- statirt diesen Widerspruch ganz ausdrücklich. Sonach kann ich den von Molisch ın dem Punkte III seiner Zu- sammenfassung ausgesprochenen Sätzen keinerlei Berechtigung zuerkennen, und muss demgemäss auch seiner als Punkt I aufgestellten Behauptung in dieser Allgemeinheit auf das bestimmteste widersprechen. Nun wird sich das botanische Publikum, soweit es an der vor- liegenden Streitfrage Antheil nimmt, sicherlich weit weniger für diesen meinen Widerspruch, als dafür interessiren, auf wessen Seite in der Sache das Recht ist, und um dieses Urtheil zu ermöglichen, glaube ich, lediglich mit Bezug auf bereits’gedruckt vorliegende Daten, darauf auf- merksam machen zu dürfen, dass die von Molisch mitgetheilten Zahlen- reihen durchaus nicht etwa eine pure Bestätigung der früher von Wiesner in Gemeinschaft mit ihm angestellten Versuche enthalten. Durch die verschiedenartige Berechnungsweise des Zuwachses inner- halb 24 Stunden wird diese Thatsache verdeckt, aber nicht unkenntlich gemacht. Wiesner drückt in seinem Buche den Zuwachs in Procenten der Anfangslänge der Wurzeln aus, Molisch aber, der die Anfangs- längen überhaupt nicht angiebt (ebenso wenig wie das Alter seiner Versuchspflänzchen), in Procenten des streckungsfähigen Wurzelendes, dessen Länge er ziemlich summarisch zu lO mm annımmt!). Rechnet man für Zea Mays und Pisum sativum, über die allein vergleichbare Angaben vorliegen, die Wiesner’schen Zahlen (Bew. Verm., S. 102f.) auf die Berechnungsweise von Molisch um, so ergiebt sich für den 24stündigen Zuwachs nach Molisch nach Wiesner bei Zea Mays a) geköpfte Wurzeln 204 pCt. bei 25°C. 94 pCt. dr card, b) intacte Wurzeln 306 „ „2 „ 19Ayıe, 2) MP ER bei Pisum sativum a) geköpfte Wurzeln 168 pCt. bei 25—27°C. 26,5 pCt. BIP, rn a b) intacte Wurzeln 270 „ „ 25-27 „ 114,5 „ 9, ,» { Hieraus ist zu ersehen: erstens, dass bei den früheren Versuchen von Wiesner resp. Molisch die intacten Wurzeln bei einer Tem- peratur von 22° ©. einen geringeren Zuwachs aufwiesen, als in den neuen Versuchen von Molisch bei 15°; zweitens, dass bei den neuen 1) In den Tabellen von Molisch ist bei den fett gedruckten Mittelzahlen durch- gängig das Komma zu streichen. DA G. Schweinfurth: Versuchen von Molisch die decapitirten Wurzeln ein weit ausgiebigeres Wachsthum zeigten, als bei den früheren Versuchen von Wiesner resp. M olisch. Lassen sich diese Widersprüche anders erklären, als dadurch, dass in den früheren Versuchen irgendwelche Behandlung der Keimlinge deren Wachsthum überhaupt, und zumal das der geköpften Wurzeln, in abnormer Weise hemmte? Und ist es sicher, dass bei den neuen Untersuchungen desselben Versuchsanstellers eine ähnliche Beeinträchti- gung des Wachsthums der geköpften Wurzeln vermieden wurde? Sind diese Versuche von Molisch richtig, so müsste es mir bei den meinigen gelungen sein, das Wachsthum geköpfter Wurzeln den unversehrten gegenüber unter ganz gleichen äusseren Bedingungen abnorm zu fördern, und das ist unmöglich; sind meine Versuche richtig, so hat Molisch das Wachsthum der geköpften Wurzeln abnorm herabgesetzt, und das ist nicht unmöglich. 75. G. Schweinfurth: Neue Beiträge zur Flora des alten Aegyptens. (Briefliche Mittheilung an Herrn P. Ascherson.) Eingegangen am 28. Dezember 1883. Mein letzter Besuch im Museum zu Bulaq hat mir wieder manches Neue eingetragen. 1. Pinus Pinea L. Zwei wohlerhaltene Zapfen finden sich, ohne Angabe des Fundortes, im Museum unter den Todtenspeisen. Nach MasPEROo sind diese Zapfen auf Wandgemälden unter den „offrandes“ zu er- kennen. Die Pflanzen im alten Aegypten. Sıtzb. Wien. Akad. XXXVII, Fig. 27—33, 36, 37? [Ueber der Geschichte der Pinie bei den älteren Griechen hat Herman (Kulturpfl. und Hausthiere 3. Ausg. 255 ff.) nichts Bestimmtes ermittelt; es ist aber höchst wahrscheinlich, dass dieser Baum, dessen Heimath jedenfalls in den östlichen Mittelmeerländern zu suchen ist, auch schon im 2. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung, wie heute, mindestens angepflanzt in Syrien vorkam. Die von HEHN a. a. O. geäusserten Zweifel an dem häufigen Vorkommen der Pinien- samen als Marktwaare im heutigen Griechenland werden durch die An- gaben von v.HELDREICH (Nutzpfl. Griechenlands 13, 14) widerlegt. A.] 2. Triticum vulgare Vill. Weizenkörner, von einer sehr kleinen Art, dem heutigen Behera-Weizen ähnlich. Vgl. Unger, a. a. O. p. 97. A. Braun, Ueber Pflanzenreste aus altägypt. Gräbern. Zeitschrift für Neue Beiträge zur Flora des alten Aegyptens. 545 Ethnologie, Berlin IX 295, aber auch WıTTmack, Verhandl. bot. Vereins Brandenb. 1881, VI. 3. Hordeum vulgare L. Gerstenkörner. Vgl. UnGER a. a. 0. 99 (H. hezastichon). A. BRaun a.a.0. 4. Cyperus esculentus L. Einige wohlerhaltene Knöllchen (klein, rundoval) unter den Todtenspeisen von Dra Abu Negga, Theben (XII Dy- nastie). Vgl. BRaun a a. O. 296. | 5. Hyphaene Thebaica (L.) Mart. Dumpalmen-Früchte. Wie vorige. Vgl. Unger a. a. O. 106 (H. Cacifera). A. BRaun a. a. O. 297. 6. Medemia Argun P. W. v. Württ. Argunpalmen-Früchte, wie vorige. Vgl. UnGER a. a. O0. 107. A. Braun a. a. OÖ. (Hyphaene Argun.) 7. Ficus Carica L. Feigen. Vgl. UnGer a. a. O0. 110. A. Braun a. a. O. 300. 8. Ceruana pratensis Forsk. Besen, wie der in British Museum. Vgl. AscHErson, Sitz.-Ber. Ges. naturf. Freunde 1880, 69. Verhandl. bot. Verein Brand. 1880 XVII. 9. Olea europaea L. An der schönen Mumie aus griechisch- römischer Epoche, die MaAsrERO 1882 in einem neueren Schachte des alten Grabes von NOFERT-SEKHERU (XVIII Dynastie) bei Schech Abu Gurna, Theben auffand, constatirte ich einen Stirnkranz von Oel- baum-Blättern, die Blattspitzen nach oben gestellt, während der ganze Körper, d. h. die äussere Mumienfläche die Cartons etc. von zahlreichen Gewinden von oben bis unten umhüllt ist, die ausschliesslich aus Blät- tern von Mimusops Schimperi Hochst. ohne weitere Anhängsel bestehn. Vgl. Unger a. a. O. 111. A. Braun a. a. O. 298. ASCHERSON bei A. Braun a. a. O. 301, 302. PreYre, Nederl. Kruidk. Archief 2 Ser. 4 Deel, 1 Stuk. 1882, p. 43 sq. 10. Mimusops Schimperi Hochst. Steinkerne. Unter den Todten- speisen von Dra Abu Negga, Theben (XII Dyn.) Vgl. Unger a. a0. 113 (Cordia crenata) und 114 (Diospyros Lotus). A. Braun a.a. O. 301 (Mimusops Kummel!). “11. Sinapis arvensis L. var. Allionii (Jacq.) Aschs. et Schwf.!). Unter den Leinkapseln von Dra Abu Negga lagen 7 Schoten von Sinapis, kurz und dick, gerade wie die der heutigen Varietäten $. Allionü Jacq. und S. turgida Del. Da diese letzten Formen an der Frucht nicht zu unter- scheiden sind, heut aber in allen Leinfeldern Mittel-Egyptens der erst- genannte (mit zerschlitzten Blättern) vorwaltet, wogegen S. turgida mehr auf Getreidefeldern auftritt, so ist wohl die Vermuthung nicht unberech- tigt, dass auch der Senf der Leinfelder der XII. Dynastie ebenfalls der var. Allionüi angehörte. 1) Wir haben uns bereits im Januar und Februar 1880 an reichlich zu Gebot stehendem lebendem Material aus der Umgegend von Cairo überzeugt, dass Sinapis Allionii Jacg. nebst $. turgida Del. von S. arvensis L., mit der sie durch Uebergänge verbunden sind, nicht als Art getrennt werden kann. A. 35 D. Botan.Ges.1 546 G. Schweinfurth: Neue Beiträge zur Flora des alten Aegyptens. 12. Balanites aegyptiaca Del. Früchte unter den Todtenspeisen von Dra Abu Negga. Vgl. UnGer a. a. O. 125. A.Braun a. a. O. 305. 13. Linum humile Mill. Von einem älteren Funde MARIETTE’sS (be- zeugt von dem ebenfalls persönlich an demselben betheiligten E. BRuGscH) aus Dra Abu Negga, Theben (XII. Dyn.) etwa eine reichliche Hand voll. Die Kapseln sind mit Stiel wohlerhalten, aussen wie neu und von den jetzigen nicht zu unterscheiden. Die ganz gebräunten und wie verseiften Kotyledonen verrathen aber das Alter. Die Kapseln messen in der Länge (incl. Spitze) 8 mm, in der Breite 6,75 mm. Die Samen sind 5 mm lang, an der Spitze verschmälert. Die Haare an der Innen- seite der Scheidewände sind stark entwickelt und sehr lang, und diese Bekleidung von der kein Haar zu fehlen scheint, ist reichlicher als an der heutigen Pflanze. Vgl. über Flachs im alten Aegypten u. a. UnGER a. a. O. 128 u. IV. 46 (L. usitatissimum). A. Braun a. a. O. 289—291. Der letztgenannte Forscher wurde durch die von O. HEER aufgeworfene Frage nach der Herkunft des Pfahlbauten-Leins überhaupt veranlasst, sich mit den botanischen Gräberfunden des alten Aegyptens zu beschäftigen. 14. Punica Granatum L. Granatäpfel. Klein, wie die heutigen vom Sinai. Vgl. UnGER a. a. 0.130. A. Braun a. a. ©. 307. 15. Lens esculenta Mnch. Unter den Opfergaben von Dra Abu Negga (XII. Dyn.) fand sich auch ein etwa faustgrosser Ballen Linsenbrei, ‘dessen einzelne Bestandtheile gesäubert, gewaschen und mit feinem Schrot abgespült deutlich den einzelnen Samen zu erkennen geben, an Grösse und Gestalt von den heutigen nicht zu unterscheiden. Diese Linsen haben 4A mm ım Durchmesser, und so kleine sind noch heute in Aegypten nicht ungewöhnlich. Vgl. Unger a.a. O. 132 (Ervum Lens). Nachschrift. Am 15. Oct. d. J. besuchte ich mit dem Herrn G. SCHWEINFURTH das Museo civico in Mailand, in dessen kleiner botanischer Abtheilung sich einige altägygtische Gräber-Pflanzen, aus den Funden der letzten Jahre von Herrn MasprERO an den verstorbenen Direktor der Samm- lung, CORNALIA, mitgetheilt, vorfinden. Unter diesen uns von Herrn Custos Prof. SORDELLI mit grösster Freundlichkeit vorgewiesenen Gegen- ständen findet sich eine Blume, die Herr SCHWEINFURTH sofort als die eines Jasminum erkannte. Eine nur wenige Tage später im Herbarium des Polytechnikums in Zürich mit gütiger Bewilligung des Herrn Custos JÄGGI vorgenommene Durchsicht der Gattung ergab, dass diese Blüthe die grösste Aehnlichkeit mit dem noch heut in Aegypten all- gemein cultivirten J. Sambac L. (arab. full oder fell) besitzt. Obwohl es sehr auffällig ist, dass Herrn SCHWEINFURTH, durch dessen Hände doch der grösste Theil der neueren Gräberfunde von Pflanzen gegangen sein dürfte, dies Objekt nicht vorgekommen ist, so scheint es doch nicht unangemessen, die Aufmerksamkeit auch auf diese Art zu lenken. A. Protocoll. Protocoli der ersten General-Versammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft am 17. September 1883 in Freiburg in Baden. Als Vorsitzender fungirt der Präsident der Gesellschaft, Herr Pringsheim, als Schriftführer die Herren Tschirch und Urban; als Scrutatoren die Herren Pfitzer und Vöchting. Anwesend sind die Herren: Andre&e-Münder. Ascherson-Berlin. Focke-Bremen. Goll-Boetzingen. Haussknecht- Weimar. Hesse- Marburg. Holzner-Weihenstephan. Just- Carlsruhe. Kirchner-Hohenheim. ©. Kraus-Triesdorf. Marsson-Greifswald. Arthur Meyer-Strassburg. Mülberger-Herrenalb. Nöldeke-Celle. Prantl-Aschaffenburg. Pfitzer-Heidelberg. Pringsheim-Berlin. Reinke-Göttingen. Ross-Berlin. Schwendener-Berlin. Tschirch-Berlin. Uhlworm-Cassel. Urban-Berlin. Vöchting-Basel. Waldner- Wasselnheim. II Protocoll der General-Versammlung. Als Gäste sınd anwesend die Herren: Hildebrand-Freiburg. Schneyder. Der Vorsitzende eröffnet die Versammlung um 101 Uhr mit einer warmen Begrüssung der Anwesenden und erstattet den Jahres- bericht. Er konstatirt das erfreuliche Gedeihen der Gesellschaft, die nach dreivierteljährigem Bestehen bereits 288 Mitglieder zählt, hebt mit Befriedigung die lebhafte und allseitige Betheiligung an den wissen- schaftlichen Aufgaben der Gesellschaft hervor, die sich schon in der kurzen Zeit ihres Bestehens in ihren Publicationen und in den Ver- handlungen der Commissionen ausspricht, und dankt schliesslich der Geschäftsführung, insbesondere den Herren Schwendener, Frank und Tschirch, für ihre Mühewaltung, durch welche die rasche und regelmässige Veröffentlichung der Sitzungsberichte, ungeachtet ihres be- deutenden Umfanges und ihrer reichhaltigen Ausstattung, rechtzeitig er- möglicht worden ist. Herr Schwendener verliest alsdann den von dem Schatzmeister Herrn Müller schriftlich erstatteten und von den Herren Eichler und Kny geprüften und richtig befundenen Rechnungsabschluss und Etat (Anlage I). Die Versammlung ertheilt dem Schatzmeister De- charge und genehmigt den pro 1884 aufgestellten Etat. Alsdann gelangen die eingelaufenen, bereits gedruckt vorliegenden Anträge zur Berathung: 1. Antrag des Vorstandes auf Genehmigung des von demselben im Auftrage der constituirenden Versammlung entworfenen Reglements für die Geschäftsführung (S. 17 bis 22 der Berichte), nach welchem bisher verfahren worden ist. Dieser Antrag wird einstimmig angenommen, das Reglement ist somit en bloc genehmigt. Auf Antrag des Vorsitzenden wird hierauf beschlossen, über die folgenden vier Anträge, die aufeinander Bezug nehmen und sich theil- weise gegenseitig ausschliessen, gemeinsam zu berathen. Diese sind: A. Antrag des Vorstandes, die Gesellschaft wolle beschliessen, weder eine Bibliothek, noch Sammlungen anzulegen. B. Antrag der Herren Buchenau und v. Uechtritz: Die deutsche botanische Gesellschaft wolle ein Oentralherbarıum der deutschen Flora und eine dazu gehörige Bibliothek als Gesellschafts - Eigen- thum anlegen. C. Antrag des Herrn Ascherson, den nachfolgenden Statuten-Ent- wurf der Generalversammlung zur Genehmigung vorzulegen: Protocoll der General-Versammlung. III © Statut der Commission für die Flora von Deutschland. . Unter „Flora von Deutschland“ soll verstanden werden die Flora a) des Deutschen Reiches, b) der österreichischen Kronländer in dem Umfange, in welchem sie in Koch’s Synopsis berücksichtigt sind, c) der Schweiz, d) des Grossherzogthums Luxemburg. . Die Commission besteht aus fünf Mitgliedern, von welchen min- ‚destens eins in Berlin seinen Wohnsitz haben muss und welche jährlich in der Generalversammlung gewählt werden. Die Leitung der Geschäfte übernimmt ein von den Mitgliedern gewählter Ob- mann. . Der Commission treten eine grössere Anzahl (etwa 16—25) Mit- arbeiter zur Seite, bei deren Auswahl auf thunlichste Vertretung der Einzelgebiete zu achten ist. Die Gesammtheit der Mitarbeiter, welche zunächst auf fünf Jahre von den in Freiburg zu wählenden fünf Mitgliedern („engere Oommission“) cooptirt werden, mit Ein- schluss der engeren Commission, führt die Bezeichnung „Erweiterte Commission“. . Die Commission betrachtet es als ihre nächste Aufgabe, eine kri- tische Aufzählung der deutschen Flora mit Angabe der wichtigsten Fundorte, etwa nach Art von Nyman’s „Conspectus Florae Eu- ropaeae“, herzustellen. . Als unerlässliche Vorarbeiten für diese Aufzählung sind in Angriff zu nehmen: a) Ein Repertorium aller auf die deutsche Flora bezüglichen Schriften, in dreifacher Anordnung «) nach den alphabetisch geordneten Namen der Schriftsteller, $) nach den geographisch geordneten Gebieten, y) nach den systematisch geordneten Pflanzenarten. b) Die Herausgabe eines Werkes, in welchem, nach Art von Neilreich’s Nachträgen zu Maly’s „Enumeratio Florae austriacae“, alle wichtigen Thatsachen, die nicht a) ın der 14. Auflage von Garcke’s „Flora von Deutschland“ oder $) in der zweiten Auflage von Willkomm’s „Führer in’s Reich der Pflanzen Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz“ oder IV Protocoll der General-Versammlung. y) ın der Ed. Il von Koch’s „Synopsis Florae Germanicae et Helveticae“ oder 0) in Neilreich’s oben citirten Nachträgen aufgeführt sind, in systematischer Anordnung zu verzeichnen sind. 6. Die Mitglieder der erweiterten Commission übernehmen es, für die bezeichneten Aufgaben das auf ihr Gebiet bezügliche Material zu sammeln. Für die Anordnung und Redaction desselben durch geeignete Kräfte hat die engere Üommission Sorge zu tragen. 7. Der Obmann der Commission ist der Gesellschaft für die Ver- wendung der aus Gesellschafts-Mitteln bewilligten Geldbeträge ver- antwortlich. : D. Antrag von A. Engler: Die deutsche botanische Gesellschaft wolle diejenigen Botaniker, welche es unternehmen, die deutschen Arten einer grösseren Familie kritisch zu bearbeiten, mit Geldmitteln zur Beschaffung von Studienmaterial, sowie auch anderweitig zu unter- stützen, sobald nach dem Urtheil des Ausschusses von den be- treffenden Botanikern eine wissenschaftliche Lösung ihrer Aufgabe zu erwarten ist. In der Diskussion über diese Anträge erstattet Herr Ascherson zunächst Bericht über die Thätigkeit der Commission für die Flora von Deutschland, begründet seinen Antrag und schliesst sich der Ansicht des Vorstandes an, dass zunächst Mittel zur Gründung eines Centralherbars nicht vorhanden seien, spricht aber den Wunsch aus, dass ausdrücklich erklärt werden möge, dass dem Antrage Buchenau- Uechtritz, den derselbe nebst den ausführlichen Motiven verliest, später wenigstens entsprochen werde. Er bezeichnet es ferner als noth- wendig, dass der Commission für die Flora von Deutschland ein öster- reichisches Mitglied beigegeben werde. Für Ablehnung des Antrages Buchenau-Uechtritz sprechen sich alsdann die Herren Pringsheim, Nöldeke, Pfitzer, Reinke aus, welche jedoch alle mehr oder weniger die Frage nach der Noth- wendigkeit der Gründung eines Öentralherbars principiell bejahen. Zu dem Antrage des Vorstandes (A) gehen während der Verhandlun- gen noch folgende Amendements ein: 1. Amendement Uechtritz-Ascherson-Nöldeke. Man wolle den Antrag des Vorstandes folgendermaassen fassen: „Die Gesellschaft legt vorläufig weder eine Bibliothek noch Sammlungen an“. 2. Amendement Holzner. Man wolle den Antrag folgendermaassen fassen: „Der Vorstand wird die Bestrebungen zur Beschaffung eines Uentralherbariums Protocoll der General-Versammlung. V der deutschen Flora und einer dazu gehörigen Bibliothek als Gesellschaftseigenthum unterstützen, sobald und soweit es die Mittel des Vereines ermöglichen“. 3. Ein von Herrn Andree folgendermassen formulirter Antrag: „Der Vorstand wolle die deutsche Reichsregierung ersuchen, der Deutschen Botanischen Gesellschaft Mittel zu bewilligen, welche zur Errichtung eines Herbariums als Grundlage der von der Gesellschaft ‚herauszugebenden Flora von Deutschland dienen sollen“. Nach Schluss der Debatte, an welcher sich die Herren Pfitzer, Nöldeke, Reinke, Focke, Schwendener, Pringsheim, Ascher- son betheiligten, wurde der Antrag des Vorstandes in der von Uechtritz- Ascherson-Nöldeke vorgeschlagenen Fassung (Amendement 1) mit grosser Majorität angenommen. Damit sind die Anträge Buchenau- Uechtritz (B) und Andree, ferner der Antrag des Vorstandes in seiner ursprünglichen Fassung (A) und das Amendement Holzner abgelehnt. Alsdann tritt die Versammlung in die Specialdebatte des Antrages Ascherson über das Statut der Commission für die Flora von Deutsch- land ein. Herr Prantl stellt den Zusatzantrag: „Man möge im Antrage Ascherson Abschnitt 5a (des Statuts der Commission für die Flora von Deutschland) zwischen die Worte „„aller auf die deutsche Flora*“ — und „„bezüg- lichen Schriften““ die Worte „„sowohl der Phanerogamen als der Kryptogamen““ einschieben.“ Nach kurzer Debatte wird der Antrag Ascherson mit dem Prantl- schen Zusatze en bloc einstimmig angenommen. Hierauf tritt die Versammlung in die Specialdebatte über den An- trag Engler. Auf Antrag von Herrn Nöldeke wird derselbe zur Beschluss- fassung in zwei Theile zerlegt: 1. „Soll die Gesellschaft monographische Bearbeitungen einzelner Genera unterstützen?“ — wird mit grosser Majorität bejaht. 2. „Wem soll die Begutachtung der Themata, sowie die Wahl der Bearbeiter zufallen?“ Nach einer lebhaf!_n Discussion hierüber wird unter Ablehnung des Antrages Ascherson, dass dies der Commission für die Flora von Deutschland und des Antrages Engler, dass dies dem Ausschuss zufallen solle, auf Antrag von Herın Pringsheim dahin entschieden, dass die Begutachtung und Wahl von Vorstand und Ausschuss vor- zunehmen sei. Der Antrag Engler (D) ist daher mit der auf Antrag Prings- heim vorgenommenen Aenderung angenommen. VI Protocoll der General-Versammlung. Der fernere Antrag Ascherson „im Antrage Engler vor dem Worte „„Arten““ das Wort „„deutschen““ zu streichen“ wird abgelehnt. Zum nächstjährigen Versammlungsort wird Magdeburg, der Ort der 57. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, als Zeit der Tag vor Beginn dieser Versammlung der 17. September 1884 gewählt. Auf Antrag des Vorsitzenden beschliesst die Versammlung, die an- gekündigten Vorträge in der botanischen Sektion der Naturforscher- versammlung zu halten, womit sich der anwesende Sektionsführer ein- verstanden erklärt. Die Versammlung schreitet nunmehr, nachdem der Vorsitzende die Beschlussfähigkeit der Versammlung constatirt, zu dem Wahlgeschäfte. Als Scrutatoren fungiren die Herren Pfitzer und Vöchting. Die in einem schriftlich eingebrachten, statutarisch motivirten An- trage zu Eihrenmitgliedern und correspondirenden Mitgliedern vorge- schlagenen ausländischen Botaniker werden sämmtlich mit grosser Ma- jorität gewählt. Hiernach sind erwählt als Ehrenmitglieder die Herren: Agardh-Lund. Bentham-London. Boussingault-Paris. Alph. de Candolle-Genf. Hooker-London. Tulasne-Hyeres. Als correspondirende Mitglieder die Herren: l. Bayley Balfour-Glasgow. Beccari-Florenz. Caruel-Florenz. Cienkowski-Charkow. Crepin-Brüssel. Delpino-Genua. Famintzin-St. Petersburg. Maximowicz-St. Petersburg. Millardet-Bordeaux. Schübeler-Ohristiania. Suringar-Leiden Treub-Buitenzorg, Java. Warming-Stockholm. Wittrock-Stockholm. Woronin-St. Petersburg. Es wird gleichzeitig beschlossen, die Diplome für die Ehren- und correspondirenden Mitglieder in der gleichen Weise wie die für die Mitglieder herstellen zu lassen. Bei der nun folgenden Wahl des Präsidenten wird Herr Prings- Protocoll der General-Versammlung. vIiI heim (Berlin), bei der Wahl des Vicepräsidenten Herr Leitgeb (Graz) wiedergewählt. Zu Ausschussmitgliedern werden dann folgende 15 Herren wiedergewählt: Engler-Kiel, Strasburger-Bonn, Pfeffer-Tübingen, Pfitzer-Heidelberg, Nöldeke-Celle, Buchenau-Bremen, Goeppert- Breslau, Willkomm -Prag, Stahl-Jena, Cohn-Breslau, Wiesner-Wien, Cramer-Zürich, Graf Solms-Göttingen, Drude-Dresden, Reinke-Göttingen, Diejenigen von den Gewählten, welche in der Versammlung an- wesend sınd, erklären sıch zur Annahme der Wahl bereit. In die Commission für die Flora von Deutschland wurden hierauf folgende 5 Herren gewählt: Ascherson-Berlın, Buchenau-Bremen, v. Uechtritz-Breslau, Freyn-Prag, Haussknecht-Weimar. Um 124 Uhr schliesst alsdann der Vorsitzende die erste General- versammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Der Präsident: Pringsheim. Die Schriftführer: Tschirch. Urban. 1 Rechnungsablage. Anlage Il. Rechnungsablage und Etat. I. Rechnungsablage. Beiträge-Conto. Von December 1882 bis 1. Juli 1883 zahlten ihre Beiträge: 44 Berliner Ordentliche & 20,00 = 880 M 170 Auswärt. Ordentliche ä 15,00 = 2550 „ 65 Ausserordentliche a 10,00 = 650 „ Diverse kleine Mehrbeträge } Pro 1884 und 1885 voraus bezahlt . Berichte-Conto. Für die Hefte I—V, 14 Bogen und 6 Tafeln, wo- von 2 doppelt, vorbehaltlich Schlussabrechnung Drucksachen-Conto. Für Formulare, Einladungen, Gründung der Ge- sellschaft betreffend, Statuten-Entwurf, Statuten, Diplome Für Drucksachen, ers ek Ber bogen, Streifbänder . Kosten-Conto. Porti: Gründung betreffend . . . . 49,10M für. Diplome ., ; un Sad, für Quittungen und RE denz. .'. ; ; .. al für Varenii > von \ Heft Ia, I bis V der Berichte. . . . 148, 86 „ Honorar für den Secretair I. Seinester i Entschädigung der Instituts-Diener . Kalligr. Herstellung der Diplome . Geschäftsbücher etec.. j Morren, correspond. botanique ; Zusammenstellung. Beiträge-Conto . Berichte-Conto . Drucksachen-Conto . Kosten-Conto Baarvorrath am 1. ar im ebene ; Depot auf der Kur- und Neumärk. Bitterschafli, Darlehnskasse im Uebertrag . Einnahme M Pf. 4080 = 1 63 51 — 4132 63 4132 4132 63 | Ausgabe M 834 Pf. 90 35 25 Etat. IX Il. Etat. Einnahme Ausgabe Voranschlag pro 1884. Einnahme für 45 Berliner Ordentliche & 20,00 900 M 180 Auswärt. Ordentliche a 15,00 = 2700 „ 75 Ausserordentliche 210.00,= 0 , 300 Exempl. der Berichte 364 . . . 1800 M fürUeberdruck, Holzschnitte u. Tafeln 600 „ Porto für Versendung von 11 Hef- ten & 30,00 I Drucksachen . Porti a a Honorar für den Sekretair . Pro Diverse . Der Schatzmeister: Otto Müller. X A. Engler: Mittheilungen. 1. A. Engler: Ueber die pelagischen Diatomaceen der Ostsee. Ein Beitrag zur deutschen Flora. Eingegangen am 20. August 1883. So sehr auch die Ostsee im Vergleich mit anderen Meeren hin- sichtlich des Reichthums an pflanzlichen und thierischen Organismen zurücksteht, so bietet dieselbe doch immer noch etwas Neues dar; in den letzten zwei Jahren richtete ich meine Aufmerksamkeit hauptsäch- lich auf die pelagischen Diatomaceen, welche zu gewissen Jahreszeiten oft in ausserordentlicher Menge die oberen Schichten des Wassers er- füllen und dann bei der Ernährung der Seethiere!) eine nicht unwesent- liche Rolle spielen. Da ich selbst mich mit dem Studium der Dia- tomaceen noch nicht lange genug beschäftigt habe, um für meine Be- stimmungen rückhaltlose Anerkennung zu erwarten, so sandte ich die von mir gesammelten Materialien dem bewährten Diatomeenkenner, Herrn Grunow, der in neuerer Zeit durch seine hervorragende Be- theiligung an dem von van Heurck herausgegebenen Diatomaceen- Atlas sich ein ganz besonderes Verdienst um die Kenntniss dieser Algen erworben hat. Die pelagischen Diatomaceen wechseln in der Kieler Bucht, je nach der Jahreszeite. Ende März erscheint schon das Oberflächenwasser ge- trübt; dasselbe enthielt in geringer Menge Biddulphia aurita Breb. und Rhizosolenia setigera var. subtilissima Grunow, sowie auch die noch nicht lange von Cleve beschriebene, arktische T’halassiosira Nordenskiöldw?). Ganz vereinzelt wurden gefunden: Rhizosolenia alata Brightw. var. tenuis Grun. und Stietodiscus Rotula var. balticus Grunow, von welcher Gattung bisher noch kein Vertreter an europäischen Küsten bekannt 1) Man hat diese pelagischen Diatomaceen nebst anderen in verschiedenen See- thieren, namentlich in Holothurien und Ascidien angetroffen. 2) Cleve: On Diatoms from the aretie sea. — Bihang till K. Sv Vet. Akad. Handl. Band 1, Nr. 13 (1873). — Thalassiosira Nordenskiöldüi tritt nach Cleve in enorm grossen Massen auf der Oberfläche des Meeres schwimmend auf und färbt dasselbe oft meilenweit, sie wurde aber bis jetzt nur beobachtet an der Davisstrasse unter 61° 25' bis 63° 30' n. Br. Ueber die pelagischen Diatomaceen der Ostsee. XI ist. Weitaus die grösste Menge Diatomeen, welche Ende März oder Anfang April, namentlich bei sonnigem Wetter die oberen Schichten des Wassers in der ganzen Kieler Bucht erfüllen, besteht aus Arten von Chaetoceros, jener eigenthümlichen mit Melosira und Biddulphia ver- wandten Gattung, bei welcher jedes Individuum den cylindrischen Theil der Zelle 5—20mal an Länge übertreffende Hörner oder Borsten be- sitzt, deren Inhalt mit dem des cylindrischen Mittelleibes communicirt. Auch diese Chaetoceros waren bisher von der Ostsee und dem atlantischen Ocean nur zum geringen Theil bekannt, dagegen sind schon recht viele Arten in den arktischen Meeren und im stillen Ocean, be- sonders bei Hongkong und Java gefunden worden. Als für die Kieler Bucht sichergestellt kann man folgende Arten ansehen: 1. Ch.boreale Bailey var. baltica Grun., ausgezeichnet durch schwächer bestachelte Hörner; diese Art ist eine der verbreitetsten, sie wurde auch von Schumann!) in der Ostsee bei Königsberg beobachtet, findet sich aber nicht wie auch die anderen hier erwähnten Diatomaceen in dem 1882 erschienenen Verzeichniss der Ostsee-Diatomeen von H. Juhlin- Dannfelt?) angegeben. 2. Ch. paradowum Cleve var. Lüdersü Engl., sehr nahestehend der var. subsecunda Grun.?). Diese findet sich im April häufig mit Sporen, welche dem Syndendrium Diadema Ehrbg. ähnlich; aber doch nicht mit demselben identisch sind, da die mit den wiederholt dichotomischen Stacheln versehene Sporenhälfte halbkugelig und nicht verkehrt-schüssel- förmig ist. Ch. paradoxum Cleve ist bisher von Java, die var. sub- secunda von Japan bekannt. 3. Ch. compressum Lauder var. Selten; Herr Grunow fand in dem zugesandten Material Sporen, ich habe solche nicht gesehen. Die Art, von welcher unsere Pflanze eine Varietät sein soll, wurde bei Hong- kong gefunden. 4. Ch. Wighamii Brightwell var. intermedia Grun., an den End- hörnern etwas stärker punktirt als die an der englischen Küste gefun- dene Pflanze. | d. Ch. concretum Grun. (Ch. [decipiens Cleve var.?] concretum Grun., Oleve et Möller Diat. Nr. 118). Bisher von den arktischen Küsten be- kannt. 6. Ch Grunowiü Engl. mit Sporen, die denen von Ch. Wighamii etwas ähnlich, aber doch erheblich verschieden sind. Sie sind linsen- 1) Schumann: Preussische Diatomeen, II. Nachtrag p. 60, Taf. I, Fig. 26. — Schriften der phys. ökon. Gesellsch. zu Königsberg 1867. 2) Juhlin-Dannfelt: On the diatoms of the baltie sea, with 4 plates. — Bi- hang till K. Svenska Vet. Akad. Handlingar. Band 6, Nr. 21 (1882). 3) In van Heurck Synopsis Tab. LXXXII B. Fig. 6 abgebildet; aber in Folge eines Schreibfehlers als Varietät von Ch. distans Cleve bezeichnet. I. A. Engler: förmig, mit sehr schmalem Mittelband, an der einen gewölbten Fläche mit grossen unverzweigten Borsten versehen, an der anderen glatt. Solche Sporen fanden sich auch ganz vereinzelt in der einen, der langen Hörner beraubten Schalenhälften, im Schlamm der Kieler Bucht während des Sommers. Ausser den hier angeführten Arten von Chaetoceros kommen wahr- scheinlich noch einige Arten in der Kieler Bucht vor, die aber noch nicht genügend sicher gestellt sind. | Von grossem Interesse sind die biologischen Verhältnisse dieser pelagischen Diatomaceen, die zum Theil noch weiterer Aufklärung be- dürfen. Nur in den Monaten März und April und zwar bei ruhigem, sonnigen Wetter treten die Chaetoceros mit Rhizosolenia in grosser Menge auf, woraus sich auch erklärt, weshalb gerade diese auffallenden Formen in der Ostsee so wenig beobachtet wurden. Auffallend ist, dass bei Kiel gerade so wie bei Hongkong!) im Februar Coscinodiscus, in den beiden folgenden Monaten Chaetoceros nnd Rhizosolenid erscheinen. Es ist für mich ausser Zweifel, aber doch noch durch weitere Beobachtung zu beweisen, dass die Sporen, welche namentlich im April, also am Ende der pelagischen Existenz von Chaetoceros sich bilden, Ruhesporen sind, vermöge deren diese Pflanzen den grössten Theil des Jahres auf dem Grunde des Wassers existiren. Am Anfang der Vegetationsperiode findet man sehr häufig wenigzellige Colonien, deren beide Endindividuen an ihren freien Schalenhälften die stets etwas kräftigeren und auch durch ihre Membranstructur von den Hörnern der mittleren Individuen und ebenso den Hörnern der der Mitte der Colonie zugekehrten Schalen- hälften verschiedene Hörner (auch Borsten genannt) besitzen. Es sind also die beiden Endindividuen ungleichseitig, die mittleren Individuen, welche man später entstehen sieht?), anfangs ungleichseitig, nach dem Auswachsen der Hörner aber gleichseitig. Nun sind die Sporen immer ungleichseitig, stets ist die eine Seite mit stärkeren Borsten oder Stacheln versehen, die andere entweder kahl oder nur mit schwachen Borsten ausgerüstet. Stets finden wir die Sporen einer Oolonie so orientirt, dass immer die in gleicher Weise ausgebildeten Hälften einander zugekehrt sind; es ist mir wahrscheinlich, dass dann später je zwei Nachbar- 1) Vergl. Lauder, H. Se.: Remarks on the marine Diatomaceae found at Hong- kong. — Transactions of the microscop. soc. of London XII. (1864) p 75. 2) Die Theilung geht ähnlich, wie bei anderen Diatomaceen vor sich, die Hör- ner sind Anfangs nur angedeutet und durchbrechen dann die Membran der Mutter- zelle, um dann rasch heranzuwachsen; stets liegt das eine Horn des neugebildeten Individuums a’ unter dem anstossenden des Individuums a", das zweite Horn von a' aber über dem zweiten von a‘, so dass auf diese Weise die Individuen mit ein- ander in Verbindung bleiben, auch wenn die Membran der Mutterzelle durchbrochen ist. Bei Ch. concretum Grun. verwachsen die Hörner am Grunde auf eine kleine Strecke hin. Ueber die pelagischen Diamotaceen der Ostsee. XI sporen zusammen einer neuen Öolonie die Entstehung geben. So viel ist sicher, dass diese Sporen etwas Anderes sind, als die Auxosporen. Wenn die Chaetoceros verschwunden sind, dann finden wir im Kieler Hafen in ausserordentlicher Menge Sceletonema costatum (Grev.) Grun. und zwar wird dasselbe bis in den Herbst hinein schwimmend angetroffen; Sporenbildung habe ich bei dieser in der Grösse ihrer. Zellen ausserordentlich varıirenden Art noch nicht gesehen. Diese aus der Ostsee schon bekannte, aber auch bei Japan und im Guano vor- kommende Art wird von Juhlin-Dannfelt ebenfalls nicht erwähnt. Ende Mai dieses Jahres sammelte auch der Assistent des botanischen Instituts, Herr Dittmann im Kieler Botshafen Atheia decora var. minutissima Grun., welche im Verein mit Nitzschia Closterium Sm. das Wasser ganz braun färbie. Diese Pflanze war bisher Herrn Grunow nur von Triest bekannt. Es ist auffallend, dass im westlichen Theil der Ostsee eine ganze Anzahl der Diatomaceen auftreten, welche bisher nur aus nördlichen Meeren bekannt waren, neben solchen, welche in südlichen Meeren beobachtet wurden. Für arktische galten bisher folgende von mir gesammelte Arten: Thalassiosira Nordenskiöldii Cleve, Chaetoceros concretum Grun., Rhizo- solenra setigera var. subtilissima Grun., Rhoicosigma arcticum Cleve (auf Steinen von Fehmarn zwischen Florideen). Auch Dicladia Mitra Bailey, die von Möller in der Kieler Bucht gesammelt wurde, ist eine arktische Art. Ausser den bereits oben genannten Arten finde ich noch folgende in der Ostsee aufgefundene Diatomaceen nicht im Verzeichniss von Juhlin-Dannfelt: Amphora Proteus, A. acutiuscula Kg., Schizonema crucigerum Smith, Sch. Grevillei Ag., Navicula aspera, N. complanata, Pleurosigma delicatulum, Berkeleya Dillwyni (Ag.) Grun., Striatella uni- punctata Ag., Rhabdonema adriaticum Kg., Stephanodiscus exilis Grun., Melosira granulata (Ehrb.) Ralfs var. baltica Grun. XIV J. Schmalhausen: Vaceinium macrocarpum Ait. etc. 2. J. Schmalhausen: Vaceinium macrocarpum Ait., ein neuer Bürger der Flora Deutschlands. Eingegangen am 17. September 1883. Die Flora Deutschlands gilt mit Recht als musterhaft erforscht. Dessenungeachtet giebt es in Deutschland noch Flecken, welche, von Gymnasien und Hochschulen etwas entfernt, nur selten von Naturfor- schern besucht werden und bis jetzt in floristischer Hinsicht ungenügend durchsucht sind. Zu solchen Gegenden gehört die Umgegend des „Stein- huder Meeres“ und Rehburgs, über deren Flora Fr. Buchenau!) einige Artikel veröffentlicht hat. Diese Gegend birgt gewiss noch manche daselbst noch nicht gefundene Art. Ich will z.B. nur Scirpus Taber- naemontani und Sc. setaceus für das Seeufer nennen, welche von mir gefunden, aber unter den von Buchenau aufgezählten Pflanzen nicht zu finden sind; ferner Aphanes arvensis, welche daselbst auf Ackerland gemein ist. Am meisten war ich jedoch überrascht längs einem Torf- wege an der südlichen Seite des Sees zwischen Hagenburg und Winz- lar, wo in nächster Nähe auch Scheuchzeria palustris und Malazis palu- dosa wachsen, das Vaccinium macrocarpum Ait. anzutreffen. Es wächst und fruchtet hier reichlich in einer Gegend wo an die Pflanze betreffende Culturversuche nicht gedacht werden kann. An anderen Stellen fand ich dasselbe Vaccinium weniger reichlich und nicht so schön fruchttragend. Aus glaubwürdiger Quelle kann ich hinzufügen, dass die Früchte dieses Vaccinium in jener Gegend bereits vor 15 Jahren, als V. macro- carpum noch keine ÜCulturpflanze war, zum Einmachen gesammelt wurden. — 1) Abhandlungen herausgegeben vom naturwissenschaftl. Vereine zu Bremen. 5. Bd, 1. Heft, p. 139; 3. Heft, p 481. J. Reinke: Einfluss des Sonnenlichts auf d. Gasausscheidung. XV 3. J. Reinke: Der Einfluss des Sonnenlichts auf die Gasblasenausscheidung von Elodea canadensis. Vorläufige Mittheilung. Eingegangen am 17. September 1883. Die Frage nach der Function des Chlorophylis führte mich zu einer Reihe von Untersuchungen über die unter verschiedenen Bedingungen der Lichiwirkung stattfindende Gasausscheidung von /tlodea. Es ergab sich zunächst, in Uebereinstimmung mit den Beobach-- tungen von Wolkoff, dass gemischtes weisses Licht, dessen Intensität erheblich geringer ist, als volles Sonnenlicht, im Allgemeinen eine der Lichtstärke proportionale Zahl von Gasblasen in der Zeiteinheit entbin- det. Diese Proportionalität hört aber auf bei Anwendung eines Lichtes, dessen Stärke derjenigen des Sonnenlichts nahe kommt; jede weitere Erhöhung der Lichtstärke hat keine Steigerung der Gasausscheidung zur Folge, aber auch keine Verminderung. Selbst wenn man das Sonnen- licht auf mehr als das Hundertfache concentrirt, scheidet ein Klodea- Spross die gleiche Zahl von Gasblasen aus, als im einfachen Sonnenlicht. Die Lebhaftigkeit der Gasausscheidung ist aber nicht nur eine Function der Intensität des Lichtes sondern auch der Schwingungszahl seiner einzelnen Strahlen. Nur bei Anwendung einer Beleuchtungsin- tensität, deren Wirkung hinreichend unterhalb der maximalen liegt, lässt sich die viel ventilirte Frage entscheiden, in welchem Verhältniss die Strahlen der weniger brechbaren Hälfte des Spectrums die Gasblasen- ausscheidung bedingen. Um aber ein wirklich brauchbares Ergebniss in Bezug auf die Wirk- samkeit der einzelnen Bestandtheile des Spectrums zu gewinnen, war es nöthig, eine andere Methode in Anwendung zu bringen, als bisher geschehen ist. Es galt insbesondere, die in der Dispersion durch das Prisma gegebene Fehlerquelle zu vermeiden, ferner bei reinem Spectrum eine hinreichende Lichtstärke der einzelnen Farben zu erzielen. Dies geschah dadurch, dass einem vom Heliostat in das Dunkelzimmer ent- sandten horizontalen Lichtbündel diejenigen Strahlen durch Absorption entzogen wurden, deren Wirkung in den einzelnen Versuchen auszu- schliessen war; bei der von mir angewandten Methode war einerseits die Absorption eine totale, andererseits erfuhr das durchgelassene Licht 36 D.Botan.Ges.1 XVI 79. Reinke: Einfluss des Sonnenlichts auf d. Gasausscheidung. nicht die geringste Schwächung und ich hatte es vollständig in der Ge- walt, jede beliebige Combination von Wellenlängen des weissen Lichtes auszulöschen. Mein Verfahren bestand darin, dass ich ein reines Sonnenspectrum auf der Oberfläche einer grossen, mehr als 30cm im Durchmesser hal- tenden Convexlinse entwarf, dıe den Strahlenfächer zu einer kleinen weissen Bildfläche vereinigte, welcher der Elodea-Spross (von etwa 10 mm Länge) unter möglichst günstiger Bestrahlung seiner Blattflächen exponirt wurde. Dicht vor der Linse, dem Prisma zugekehri, befand sich auf einer horizontalen Leiste eine An gström ’sche Scala der Wellen- längen, welche genau auf die Frauenhofer’schen Linien des Spectrums eingestellt wurde, und jetzt war es möglich, durch längs der Scala ver- schiebbare Schirme aus Holz die auszuschliessenden Strahlen des Spec- trums aufzufangen, bevor sie auf die Linse fielen und diese passirten. So gelang es, das Pflänzchen, dessen Stellung hierbei nicht wechselte, nach einander mit rothem, gelbem, grünem u. s. w. Licht von bekannter Wellenlänge zu beleuchten und dessen Wirkung zu beobachten. Auch konnten durch vorgesetzte schmälere Holzstreifen einzelne Bestandtheile des Spectrums, z. B. die rothen Strahlen zwischen B und Ö, entfernt werden, während alle übrigen combinirt auf das Versuchsobject ein- wirkten. Als Hauptergebniss zahlreicher und vielfach varüirter Versuche mag hervorgehoben sein, dass die von Draper angegebene, von Pfeffer anscheinend bestätigte Curve der Strahlenwirkung unbedingt unrichtig ist, während im Einklang mit den theoretischen Erwägungen von Lommel sowie den Versuchen N. I. ©. Müller’s, Timiriazeff’s, Engelmann’s es sich als zweifellos herausstellte, dass die Lichtwirkung ihr Maximum im Roth zwischen den Fraunhofer’schen Linien B und Ö erreicht — ungefähr hei der Wellenlänge A= 680 — um von da rasch gegen das ultrarothe, langsamer gegen das violette Ende des Spectrums abzufallen. Es entspricht das Maximum der Lichtwirkung dem als erster Ab- sorptionsstreifen des Chlorophylispectrums bekannten Absorptionsmaxi- mum eines lebenden Blattes. Die ausführliche Mittheilung der Versuche wird in der botanischen Zeitung erfolgen. A. Tschirch: Die Reindarstellung des Chlorophylilfarbstoffes. XVII 4. A. Tschirch: Die Reindarstellung des Chloro- phylifarbstoffes. (IV.) Eingegangen am 17. September 1883. Die bisher angewendeten Methoden den grünen Farbstoff der Blätter, das Chlorophyll, rein darzustellen, führten, wie die spektros- kopische Prüfung der erhaltenen Produkte lehrt, nicht zum Ziele. So liefert Behandlung des Chlorophyllextractes mit concentrirter Salzsäure zwar eine schön blaugrüne, der Ohlorophylitinetur freilich in der Farbe entfernt ähnliche Lösung, der gebildete Körper, das Phyllocyanin Fremy’s, ist jedoch sicher ein Zersetzungsprodukt des Farbstoffes. Auch der durch Fällung der Phyllocyaninlösung mittelst Marmor (Mulder) oder durch Zusatz grosser Mengen Wassers (Berzelius, Pfaundler, Harting) zu erhaltende Körper, — die Phyllocyaninsäure Fremy’s, das reine Chlorophyll des Ber- zelius, Mulder, Pfaundler —, ist trotz seines, dem Chlorophyll ähnlichen Spectrums (— es besitzt ein Spectrum, welches dem des Chlorophyllans gleicht —) bestimmt von diesem verschieden, was so- wohl aus seinem chemischen als auch seinem physikalischen Verhalten (Farbe, Spectrum) zur Evidenz hervorgeht. Aber auch die früher von Kromeyer und Öhautard und neuerdings von Hansen vorgeschla- gene Verseifung der Chlorophyllextracte mittelst Kalilauge führt be- stimmt und sicher zu Zersetzungsprodukten, da die spektroskopische Prüfung der Lösungen jener bei der Verseifung entstehenden Körper — ich halte dieselben, wie ich schon in einer früheren Mittheilung (diese Berichte Heft 3 und 4) darlegte, für chlorophyllinsaure Salze — mit aller Bestimmtheit auf eine Zersetzung hinweist: Streifen I ist gespalten, Streifen I—IV stark abgeblasst, alle Streifen gegen blau ver- schoben. Die durch Verseifung zu erhaltenden Körper sind zwar auch von derselben prächtig smaragdgrünen Farbe wie das Chlorophyll, be- sitzen die gleiche dunkelblutrothe Fluorescenz und werden durch Säu- ren gelb etc., die spektroskopische Prüfung der in den verschiedenen Reaktionen aus ihnen entstehenden Körper zeigt jedoch zur Evidenz, dass wir es bestimmt mit Zersetzungsprodukten des reinen Ohlorophyli- farbstoffes zu thun haben und nicht, wie Hansen anzunehmen geneigt scheint, mit dem reinen Farbstoffe selbst. Ein nahezu reines Produkt erhält man durch Fällen einer Kyanophylllösung G. Kraus (Chlo- rophyl! Wiesner) mittelst völlig neutraler Salzlösungen, nachdem zu- XVII A. Tschirch: vor das Benzin abgedunstet und der Rückstand mit Alcohol aufgenom- men worden ist. Löst man die auf diese Weise erhaltenen dunkel- smaragdgrünen Flocken in Alcohol auf, so erhält man eine relativ beständige Lösung, deren spektroskopisches Verhalten völlig dem frisch dargestellter Chlorophylllösungen gleicht. Ich bin jedoch auf Grund neuerer vergleichend spektroskopischer Untersuchungen geneigt an- zunehmen, dass auch dieses gefällte Chlorophyll ebenso wie das frisch aus den Blättern mit Alcohol ausgezogene, schon eine Ver- änderung in der Weise erlitten hat, dass die ersten Anfänge der Chlo- rophyllanbildung — also einer Oxydation — bereits deutlich sichtbar geworden sind. Zu dieser Auffassung hat mich eine Vergleichung des Spektrums lebender Blätter mit dem des so dargestellten oder frisch ausgezogenen COhlorophylis geführt. Das Spectrum des lebenden Blattes zeigt zwar die Bänder I—IV in derselben Lage, wie wir sie auch bei den Lösungen beobachten, allein die relative Intensität der Streifen ist eine durchaus andere. Die Helligkeitsskala der Bänder ist nämlich beim lebenden Blatte, wenn wir vom dunkelsten beginnen: I, I, III, IV; bei der Lösung dagegen ist sie — wie Pringsheim bereits richtig angab — I, II, IV, III. Verstärkung des Bandes IV und Abblassen von III sind aber, neben dem Auftreten von Streifen IVb, die haupt- sächlichen Merkmale, die das Chlorophyllan vom Ohlorophyll des leben- den Blattes (und dies allein kann man doch Reinchlorophyll nennen) unterscheiden. Es ist daher wohl anzunehmen, dass die Oxydation des Chlorophylis schon während der Behandlung der Blätter mit Alcohol anhebt, um schliesslich mit der völligen Ueberführung in Chlorophyllan, die sich durch Gelb- resp. Braunfärben der Lösung manifestirt, ab- zuschliessen. Ich glaubte daher nach einem grünen Körper suchen zu müssen, dessen spektroskopisches Verhalten, sowohl was Lage als Intensität der Streifen betrifft, völlig mit dem des unveränderten Farbstoffes der lebenden Blätter übereinstimmt. Einen solchen habe ich durch Reduktion des leicht in Crystallen, also frei von fremden Beimengun- gen zu erhaltenden Öhlorophyllans (Hoppe Seyler) mit Zinkstaub im Wasserbade erhalten. Bei dieser Behandlungsweise wird die dunkelbraune Lösung in kurzer Zeit dunkelsmaragdgrün. Der auf diese Weise dargestellte Körper war jedoch bisher noch nicht cry- stallisirt zu erhalten. Seine alkoholische Lösung ist beständiger als Chlorophylitinctur, giebt aber mit Säuren und Alcalien behandelt Pro- dukte, welche spektroskopisch völlig denen gleichen, welche man bei den gleichen Operationen aus Kyanophyll (G. Kraus) erhält: er wird durch Säuren in Chlorophyllan übergeführt, durch Alkalien in y-Xanthophyll und chlorophyllinsaure Alkalien gespalten. Die Lösung fluorescirt stark. Das Spectrum derselben ist, abgesehen von der beim Blatte zu beobachtenden gleichsinnigen Verschiebung aller Streifen gegen Die Reindarstellung des Chlorophylilfarbstoffes. XIX Roth und dem den begleitenden gelben Farbstoffen angehörenden Streifen zwischen 5 und F, was Lage und Intensität der Streifen betrifft, völlig mit dem Spectrum frischer grüner Blätter, nicht mit dem der Öhlorophylltinctur, identisch. Die Ver- schiebung der Streifen gegen Roth bei dem lebenden Blatte kann man auf den Einfluss des Lösungsmittels des Chlorophylis im Korn zurück- führen und, wie ich das auch gethan habe, daraus nach dem Kundt- schen Gesetz auf das Vorhandensein eines Körpers von hohem Brechungs- vermögen im Korn neben dem Chlorophyll schliessen — allein ich habe neuerdings eine Erscheinung, die mit einigen gelegentlichen Beob- achtungen von G. Kraus, Hagenbach und Lommel gut übereinstimmt, beobachtet, welche auch eine andere Erklärung als zulässig erscheinen lässt. Prüft man nämlich die öligenTropfen des reducirten Chloro- phylis nach Verjagung des Lösungsmittels spektroskopisch, so erscheinen auch bei diesen die Streifen gegen Roth ein wenig verschoben. Es ist somit nicht ausgeschlossen — mit eingehenderen Untersuchungen bin ich noch beschäftigt —, dass auch der Aggregatzustand des Chloro- phylis auf die absolute Lage der Bänder einigen Einfluss übt, wenn- schon er die relative Lage der Streifen zu einander natürlich nicht zu beeinflussen vermag. Als wesentlichste Uebereinstimmungsmerkmale des natürlichen Chlorophylis und des reducirten betrachte ich die äusserst geringe In- tensität des Streifens IV und die relativ sehr erhebliche Breite und Dunkelheit von III, sowie überhaupt die allgemeine Coincidenz der beiden Helligkeitsskalen der Bänder in der weniger brechbaren Spek- trumshältte. Im Folgenden stelle ich die drei Spektren des Chlorophylis frischer Blätter, der alcoholischen Lösung meines aus Chlorophyllan dargestell- ten Reinchlorophylis und der Chlorophylitinctur neben einander. Bad I II Im EEE a 2 Camelliablätter A = 700-650 630-610 600-570 550-540 520 bis Ende!) 3 EN, Do 550-540 520 bis Ende Streifen IV erscheint sehr matt, Streifen III bisweilen in zwei ge- spalten, es liegen alsdann Band Illa bei A = 600-590 Band IIIb bei A = 585—570 getrennt sind beide durch einen schwachen hellen Streifen. In dickeren Schichten verschwimmen Band I—Ill zu einem Bande, auch dann ist 1: Die Angaben sind nach der Angström’schen Scala in Millionstel Millimetern Wellenlänge gemacht. Bei den Untersuchungen dicker Blattschichten wurde (mit Hilfe eines Doubletts) concentrirtes Sonnenlicht verwendet, dessen dunkle Wärme- strahlen mittelst dreier Zellen mit Alaunlösung weggenommen wurden. RER A. Tschirch: Band IV noch äusserst matt. In sehr dünnen Schichten erscheint Band V zwischen 5 und F' (vergl. G. Kraus, Chlorophylilfarbstoffe, Taf. I). Dasselbe gehört den begleitenden gelben Farbstoffen an, nicht dem Chlorophyll. Band VI der Chlorophylitinctur, ebenfalls nur den, in Alcohol schwerer löslichen, gelben Farbstoffen angehörend, ist ım Blattspektrum durch die übergreifende Endabsorption des Chlorophylis zu stark verdeckt, als dass es bei der geringen Helligkeit das Blau noch gesehen werden könnte. Reinchlorophyll aus Chlorophylian Band I II II en mittlere Schichtendicke A = 680-630 620-595 583—557 540-525 500 bis Ende dicke Schicht PR 685 — 555 540—520 510 bis Ende Streifen IV ıst sehr matt und wird auch bei Erhöhung der Schichten- dicke nicht viel dunkler, selbst dann nicht, wenn schon Band I—IIl zu einem dunklen Bande zusammengeflossen sind. In der bei dicken Schichten bei A = 510 beginnenden Endabsorption sind, eben- sowenig wie bei der Ohlorophyllanlösung, Bänder zu unterscheiden, bei Verminderung der Schicht weicht die Endabsorption allmählich gegen Blau zurück. Chlorophylitinetur Band I II III IV TE kian mittlere Schichtendicke A = 680—655 620-600 585565 550-530 515 bis Ende dicke Schicht = 680 — 9550 550—530 550 bis Ende!) Die Intensitätsskala der Bänder ist vom Dunkelsten beginnend: Bei ‚natürliehem Chlorophyll . . , . . „... IV ıE Bei aus Chlorophyllan reducirten Reinchlorophyll I II III IV Bei Chlorophylitinctur . . . 0 Naar Das Spectrum sehr schnell alas Biere aus säurearmen Blät- tern von Wasserpflanzen hergestellter Chlorophylllösung steht zwischen dem des Reinchlorophylis und dem der Chlorophylitincetur, doch ist auch hier Band IV meist schon relativ dunkel. Schliesslich gebe ich noch im Folgenden einen kleinen vorläufigen Beitrag zur Synonymik einiger Körper der Ohlorophyligruppe: Chlorophyll (Pelletier u. der Autoren)= Rohchlorophyli(Wiesner). Kyanophyll + Xanthophyli (G. Kraus). Kyanophyli (G. Kraus) = Chlorophyll (Wiesner). Blaues Chlorophyll (Sorby). Chlorophyllan (Hoppe Seyler)=modificirtesChlorophyli(Stokes). Acidoxanthin (©. Kraus). 1) Vgl. hierzu die Darstellungen von Hagenbach, Pringsheim, G. Kraus, Reinke, Sachsse u. and. Die Streifen im blauen Ende habe ich weggelassen. Die Reindarstellung des Chlorophylifarbstoffes. XXI Säurechlorophyll der Autoren (ex part.) Filhols Niederschlag. Kristallisirtes Chlorophyll Gautier’s und Ro- galski’s. Reines Chlorophyll Jodin’s. a-Hypochlorin (Hypochlorin Pringsheim’s). Gelbes Chlorophyll (Sorby). ? Chlorophylierystalle Borodin’s. Farbstoff, welcher die natürliche Verfärbung einiger immergrüner Gewächse bedingt (Haberlandt, G. Kraus, Askenasy). Farbstoff, welcher die Missfärbung stark sauerer Blätter beim Verdunkeln bedingt (Frank). Phylloxantliin (Fremy (?), Tschirch) = Xanthophyll (Berze- lius) ex part. ? Chlorophylisäure Liebermanns. Xanthin (C. Kraus) Phylloxanthein (Weiss) =Phyllocyaninsaures Alkali (Tschirch). Etiolin (Fremy). Phyllocyaninsäure (Fremy!) =? Öhlorophyllansäure (Hoppe- Seyler) Reines Chlorophyli(Mulder, Berzelius, Pfaund- ler, Harting). Chlorophyllinsaures Kali(Tschirch)=Chlorinkali (C.Kraus). «-Xanthophyll ?) = Xanthophyll (G. Kraus). Normaler Begleiter des Chlorophylis. ß-Xanthophyli = Gelber Farbstoff der herbstlich gefärbten Blätter (vielleicht identisch mit «) Xanthophyll (Pringsheim). y-Xanthophyli = Durch Kalilauge aus Kyanophyll abgespaltener, in Aether löslicher, gelber Farbstoff. Xanthin (Dippel). Xanthin (C. Kraus) ex part. d-Xanthophyll = Fremy’s durch Ba (OH), aus Kyanophyli ab- gespaltenes Phylloxanthin. e-Xanthophyll = der in der Sachsse’schen Reaktion (Behandeln der Kyanophylllösung mit Natrium) in Benzin ge- löst bleibender gelber Farbstoff (vielleicht identisch mit y). 1) Ich brauche das Wort Phyllocyaninsäure nur für den durch Fällen der Phyllocyaninlösung mit Wasser oder Marmor oder beim Eindampfen derselben ent- stehenden Körper. Derselbe ist mit den Körpern mit denen ihn Fremy identifizirt nicht identisch. 2) Die Xanthophylle sind untereinander vielleicht identisch, bis zur definitiven Feststellung unterscheide ich sie einstweilen durch die griechischen Buchstaben. XXI F. Hildebrand: Xanthophyll (G. Kraus) = Etiolin (G. Kraus). Xanthophyll (Sorby) ex parte. Erythrophyll (Bougarel) = ? Chrysophyli Hartsen. Borodin’s gelbe Crystalle. C-Xanthophyll (Tschirch). Anthoxanthin (Marquardt und Pringsheim) = Xanthophyli (G. Kraus) ex parte. Xanthin und Xanthein (Fremy und Olo£z) Gelbe Blumenfarbstoffe. Eine ausführliche Begründung des im Obigen dargelegten wird eine demnächst erscheinende umfangreichere Publication bringen. Pflanzenphysiolog. Institut der landwirthschaftl. Hochschule in Berlin. 5. F. Hildebrand: Ueber Blattrichtung und Blatt- theilung bei Planera Richardi. | Eingegangen am 1. October 1883. Planera Richardi bildet ın Bezug auf die Richtung drei Arten von- Zweigen aus, nämlich aufrechte, — diese die selteneren — horizontal ab- stehende und ganz zum Erdboden überhängende, so dass diese Pflanze ein interessantes Demonstrationsobject für die Abhängigkeit der Blatt- stellung und Drehung von der Richtung der Achsen abgiebt. An den aufrechten Zweigen sind die Blätter rings um den Stengel angeordnet eine Regelmässigkeit in ıhren Entfernungen von einander und in ihren Stellungen am Stengelumfang ist schwierig herauszufinden. Ihre dunkel- grüne Oberseite ist dem Himmel, die helle mit Spaltöffnungen versehene Unterseite dem Erdboden zugekehrt. An den horizontal abstehenden Zweigen sind die Blätter zweizeilig gestellt, durch Drehung ihrer Stiele liegen ihre Spreiten alle in einer Fläche mit der dunkelgrünen Seite nach oben, der hellgrünen nach unten gekehrt. Solche Verhältnisse kommen ja aber in Menge auch anderweitig vor; interessant sind jedoch hier nament- lich die hängenden Zweige: an diesen sind die Blätter wieder rings um den Stengel vertheilt, wie bei den aufrechten Zweigen; ihre Stiele haben aber eine Drehung um 2 Rechte gemacht, so dass nun ihre durch die Ueber Blattrichtung und Blattheilung bei Planera Richard. XXIII Umkehrung des Zweiges nach unten gerichtete Blattoberseite wieder dem Himmel zugekehrt liegt. Es wurde das Experiment gemacht, solche Zweige welche schon überhingen und die Umwendung der Blätter zeigten in aufrechter Richtung fortwachsen zu lassen, worauf natürlich eine Umwendung der neu gebildeten Blätter nicht stattfand. Weiter wurden an dem im Freiburger botanischen Garten kultivirten Exemplare von Planera Richardi die verschiedensten Grade der Blatt- theilung mehrere Jahre hinter einander beobachtet, von den ganz ein- fachen bis zu zwei vollständig von einander getrennten, je mit einer Achselknospe versehenen. Die erste Stufe ist die, wo die Spitze des eiförmigen Blattes sich in zwei theilt, wobei entweder der Mittelnerv an seinem Ende gespalten erscheint oder einer der Seitennerven im Wachsthum dem Mittelnerv gleichkommt. Ein weiterer Grad ist der, wo die Spreite bis zu ihrer Basis vollständig in 2 Spreiten gespalten ist, von denen jede ungefähr die Grösse eines normalen Blattes hat; zu beiden Seiten gehört aber noch ein gemeinsamer Stiel. Nun kommt die Stufe, wo auch dieser Stiel in zwei getrennt ist, aber zu beiden Stielen gehört nur eine zwischen beiden befindliche Achselknospe. Weiter zeigt nun diese Achselknospe an ihrer Spitze den Beginn der Zweitheilung, und an diesen Fall schliesst sich dann derjenige, wo in der Achsel eines jeden der beiden Blattstiele eine vollkommene Knospe sitzt. In den meisten dieser letzteren Fälle befinden sich die beiden Blattstiele nebst ihren Achselknospen auf gleicher Höhe, es kommen aber auch bisweilen solche Fälle vor, wo das eine Blattan dem Stengel etwas tiefer herabgerückt ist und den Eindruck macht, als ob es ganz unabhängig von dem anderen sich gebildet hätte, und zu diesem in keiner Beziehung stehe. Durch diesen Umstand erscheint die an sich schon wenig regelmässige Blattstellung noch um so unregelmässiger. Die beiden kleinen lanzettlichen hinfälligen Nebenblätter sind bei den einzeln stehenden Blättern rechts und links von der Basis des Blatt- stieles dem Stengel angewachsen; bei den Zwillingsblättern sind oft 4 Nebenblätter vorhanden, doch kommt es auch vor, dass zwischen den beiden Blattstielen sich nur 1 Nebenblatt befindet also an beiden Blättern zusammen nur drei. xXIV F. Hildebrand: 6. F. Hildebrand: Ueber die Verbreitungseinrich- tung an Brutknospen von Gonatanthus sarmentosus, Remusatia vivipara und an Früchten von Pupalia atropurpurea. Eingegangen am 1. October 1883. Man ist gewöhnt, die Verbreitungseinrichtungen, bei denen der Wind oder die Thiere in Wirksamkeit treten, an den Samen oder Früchten der Pflanzen zu finden, um so interessanter dürften daher solche Fälle sein, wo diese Einrichtungen sich an Brutknospen also ungeschlechtlich erzeugten Fortpflanzungskörpern finden. Der eine dieser Fälle zeigt sich bei Gonatanthus sarmentosus. Diese Aroidee treibt nach der Ruheperiode einen endständigen Blattschopf und an der Basis von diesem zahlreiche sich mehr oder weniger stark verzweigende Ausläufer, welche theils in den Boden sich einbohren und dort an ihrer Spitze stark anschwellen, theils rings über den Rand des Topfes, in welchem die Pflanze kultivirt wird, hinüberhangen. In ihrer Heimath wohnt diese Pflanze wahrscheinlich auf und an Bäumen, so dass von diesen herab ihre Ausläufer weit hinunterhängen können und leicht vom Winde hin- und herbewegt werden. An diesen Ausläufern bilden sich nun an ganz unregelmässig weit von einander entfernten Stellen zu zwei und mehreren bei einander stehende Brutknöllchen aus. Dieselben erreichen die Grösse eines mässigen Stecknadelknopfes und bestehen aus einem fleischigen Achsentheil, an welchem einige Schuppenblätter befestigt sind. Von diesen letzteren gehen die oberen an ihrem Gipfel in eine haarfeine lange Spitze aus, und diese Fäden stehen derartig von der Öpitze des Brutknöllchens ab, dass der ganze Körper einer mit haarigem Pappus versehenen Oompositenfrucht sehr ähnlich sieht. Die haarartigen Enden der Schuppenblättchen sind an ihrer Spitze abgestumpft, manch- mal ein wenig umgebogen; in ihrer Mitte werden sie von einem aus dünnwandigen Elementen zusammengesetzten Gefässbündel durchzogen, dann folgen nach aussen etwa 2 Schichten langgestreckter, dünnwandiger, chlorphylihaltiger Zellen, überzogen von der Oberhaut, welche hier und da einige Spaltöffnungen besitzt. Es ist also dieser haarartige Anhang eine fein ausgezogene Blattspitze; anfangs aus saftreichen Zellen be- stehend trocknet dieselbe bei der Reife der Brutknöllchen ab, wird dadurch leichter und daher mehr geeignet als Flugmaschine zu dienen, Ueber Verbreitungseinrichtungen. xXXV wenn nach dem Ausreifen der Knöllchen sich diese vom Winde erfasst an ihrer Basıs loslösen. Eine ganz ähnliche Verbreitungseinrichtung schienen auf den ersten Blick die Brutknöllchen von Remusatia vivipara zu haben, doch lehrte vor kurzem der Zufall, dass hier die Verbreitungseinrichtung nicht auf den Wind, sondern auf Pelzthiere berechnet ist. Beim Vorbeistreifen an dieser Pflanze blieben nämlich die Brutknöllchen massenhaft an dem nicht zu rauhen Wollenzeuge des Rockes haften. Bei näherer Untersuchung ergiebt sich denn auch, dass hier ganz ausgezeichnete Ein- richtungen für genannte Zwecke angetroffen werden, die um so interessanter in ihren Abweichungen von denen des G@onatanthus sarmentosus sind, als jene Pflanzen sonst mit einander in naher Verwandschaft stehen. Beim ersten Anblick fällt es auf, dass die über die Erde tretenden Ausläufer der gleichfalls wie bei Gonatanthus sarmentosus mit einem Blattbüschel endigenden Knolle von Remusatia viwvipara nicht hängen, sondern starr aufrecht wachsen, also schwer oder garnicht vom Winde hin und her bewegt werden können; es hängt dies mit der Abänderung der Brut- knöllchen zusammen. Dort, wo diese Ausläufer sich noch in der Erde befinden, sind sie stark bewurzelt; über der Erde treiben sie Seiten- zweige, welche an Länge von unten nach oben abnehmen. An diesen Seitenzweigen und an dem weiter nach oben gelegenen unverzweigten Theil der Ausläuferachse sitzen nun in unregelmässigen Entfernungen von einander Haufen von dichtgedrängten Brutknöllchen, manchmal über 20 ın einem Haufen beisammen. Diese Brutknöllchen sind länglich eiförmig, sie bestehen aus einer fleischigen Achse, an welcher über 10 Blättchen ansıtzen, deren Basis breit und membranös ist, während ihre abstehende feine aber nicht sehr lange Spitze in eine hakige Ver- längerung ausgeht. Alle diese Haken sind nun nach aussen umge- krümmt, so dass ein vorbeistreifender Körper leicht gegen ihre Spitze stösst, und bewirkt wird, dass die ganzen Brutkörper von ihrer Basis losgerissen und fortgeführt werden. Wie schon angedeutet haften die- selben sehr leicht an Wollenzeug und lassen sich von diesem nicht durch einfaches Reiben wieder ablösen. Endlich sei hier noch der Verbreitungseinrichtung Erwähnung ge- than, welche sich an den Früchten von Jupalia atropurpurea, einer Amarantacee findet. Zur Reifezeit der Samen lösen sich von der Frucht- standachse kuglige Knäuel ab, welche zum grössten Theil aus einem Gewirre von Haken bestehen, zwischen denen 1-3 Früchtchen mit je einem schwarzen glänzenden Samen eingebettet liegen. Durch die Haken haften diese kugligen Knäuel leicht an vorbeistreifenden rauhen Körpern an und werden so durch letztere fortgeführt und verbreitet. Die Ent- wickelung dieser hakigen Knäuel ist nun folgende: xXxXVl F. Hildebrand: Ueber Verbreitungseinrichtungen. a b? b2 d d Dre c Erbe d d b, b, b In der vorstehenden Bezeichnung bedeutet a die Hauptachse, b die Stützblätter, c die Blüthen, d die Hakenbüschel: an der Achse a steht das Stützblatt b, ın der Achsel dieses die Blüthe c; an der Basis dieser befinden sich die weiteren Stützblätter b, und ın der Achsel eines jeden von diesen die Blüthen c, ; am Stiel dieser folgen dann weiter je 2 Stütz- blätter b, und in der Achsel dieser je 1, also im ganzen 4 Hakenbüschel, d. Zur Blüthezeit sind die einzelnen Haken fast bis zu ihrer Basis von einander isolirt und dienen durch ihre leuchtend rothe Farbe bei der Unansehnlichkeit der Blüthen als Anlockungsmittel für die Bestäuber. Später nach der Befruchtung der Blüthen bildet sich jedes Hakenbüschel in 4 durch kurze Stiele von einander entfernte Gruppen von etwa 14 Haken um, und gegen die Samenreife hin zeigt sich, dass die endstän- dige Hakengruppe jedes Büschels sich noch einmal in zwei Gruppen getheilt hat, so dass also 20 Hakengruppen einen wesentlichen Theil des abfallenden kugligen Fruchtkörpers bilden. Nach ihrer Stellung im Blüthenstande könnte man diese 4 Haufen von Hakengruppen als meta- morphosirte Blüthen oder Blüthenstände ansehen, so dass hier die Ver- breitungseinrichtung durch eigenthümliche Veränderungen hervorgebracht ist. An den beobachteten Pflanzen waren die 3 Blüthen eines jeden Knäuels alle vollkommen ausgebildet, es trugen aber meist nur die 2 seitlichen Frucht, die mittlere nicht oder nur selten, während es in der Gattungsdiagnose von De Candolle (Prodromus XIII 2, p. 331) heisst: Flos intermedius fertilis, laterales steriles; dann heisst es weiter von diesen zwei Seitenblüthen: in aristas uncinatas mutati. Jedenfalls ge- schah solche Umwandlung nicht an den beobachteten Exemplaren, wo diese zwei Seitenblüthen meist, gute. Früchte trugen und erst in den Achseln der an ihrer Basıs befindlichen 2 Stützblätter die Hakenbüschel sich zeigten. F. Hildebrand: Ueber einige merkwürdige Färbungen etc. XxXXVI 7. F. Hildebrand: Ueber einige merkwürdige Fär- bungen von Pflanzentheilen. Eingegangen am 1. October 1883. Während die Wurzeln der meisten Pflanzen in ihrer Jugend farb- los sind und dann meistens bei längerer Dauer sich bräunen, so zeigen die ins Wasser hineinhängenden Wurzeln von Pontederia crassipes oft eine sehr hervortretende dunkel violet-blaue Färbung, und zwar sind hier sowohl die Wurzelhauben, als die von diesen freien Theile der Wurzeln gefärbt. Es rührt dies nicht, wie man nach den Verhält- nissen in den Blüthenblättern erwarten sollte, von einer Färbung des Zellsaftes her, sondern von der Färbung der Zellmembranen, wie solches auch schon von den Wurzelhaaren der Fossombronia pusilla bekannt ist. Ausser den Wurzeln sind an der Pontederia crassipes auch sehr oft die Unterseiten der schwimmenden Blätter in gleicher Weise wie jene gefärbt. Diese Unterseiten sind abweichend von denen der meisten Schwimmblätter mit Spaltöffnungen versehen und die Schliesszellen dieser zeigen gerade wie die umgebenden Epidermiszellen dieselbe blaue Färbung ihrer Membran, ganz abweichend von den Schliesszellen an- derer durch Saft gefärbter Oberhäute; aber auf diesen, z. B. bei ver- schiedenen Marantaceen, Aroideen, Acanthaceen, sind nur die Epidermis- zellen mit einem gefärbten Saft erfüllt, der Saft der Schliesszellen, auch wohl der Nebenzellen ist hingegen farblos. Es rührt dies Verhältniss der gleichmässigen Färbung an den mit Spaltöffnungen versehenen Unterseiten der Pontederia-Blätter offenbar daher; dass hier die Mem- branen der Zellen den Farbstoff enthalten, wodurch es kaum möglich erscheint, dass die Grenzmembran zwischen den Schliesszellen und den Epidermiszellen zur Hälfte gefärbt, zur Hälfte farblos sein sollte. Der biologische Werth dieser blauen Färbung ist vielleicht der, dass durch letztere sowohl die Wurzeln als die Unterseite der Blätter den im Wasser lebenden Thieren weniger sichtbar werden und so von ihnen verschont bleiben. An jungen Pontederia-Pflanzen findet man bei der Oultur sehr oft die jungen noch farblosen Wurzeln stark von Thieren beschädigt. Schwieriger einzusehen ist der Nutzen, welchen die brennend rothe Farbe der Wurzeln von Wachendorjia thyrsiflora haben mag. Wenn man diese Pflanze eine Zeit lang im Topfe cultivirt hat, so findet man am Boden desselben eine dichte Lage dicker Wurzelenden deren bren- XXVII F. Hildebrand: Ueber einige merkwürdige Färbungen ete. nend rothe Farbe durch eine entsprechend gefärbte flüssige Substanz, im Innern der Zellen befindlich, hervorgebracht wird. Diese Färbung bildet sich unter vollständigem Abschluss des Lichtes aus. Man könnte meinen, dass dieselbe an einen den Thieren unangenehmen Stoff ge- bunden sei und daher ein Abschreckungsmittel andeute, doch ist zu bedenken, dass ja die Wurzeln ganz im Dunkeln diese Farbe entwickeln, so dass letztere von den in der Erde hausenden Thieren absolut nicht gesehen werden kann. Eigenthümlich ist endlich die hochrothe Färbung der Früchte von Rivina humilis, dadurch hervorgebracht, dass hier, ähnlich wie bei den Hochblättern von Euphorbia fulgens, Zellen übereinander liegen, welche einen verschieden gefärbten Saft enthalten. Die Zellen der äusseren Schicht haben gebuchtete Ränder und enthalten, ebenso auch die in der Umgebung der Gefässbündel liegenden langgestreckten Zellen, einen leuchtend blau-rothen bis violetten Zellsaft, während der Saft der da- runter liegenden Zellschichten gelblich-roth und noch tiefer hinein orange ist. Dieses gelbliche Roth und Orange scheint durch das violette Roth hindurch und bewirkt so den Eindruck des brennenden Roth. Durch Schnitte von verschiedener Dicke kann man leicht die verschieden ge- färbten Zellschichten isolirt unter dem Mikroskop betrachten, nament- lich giebt aber ein Querschnitt duıch die fleischige Fruchtwand den besten Aufschluss. Noch stärker tritt der Gegensatz von zwei Farben in einer von Fritz Müller aus Brasilien gesandten Rivina-Art hervor, wo die äussere Zellschicht des Fruchtfleisches violetten Saft enthält und an diese sich ohne Uebergang Zellschichten mit orange Saft anschliessen. Bei dieser Gelegenheit sei noch auf den Fruchtbau von Rwina aufmerksam gemacht, der in den Diagnosen dieser Gattung unrichtig dargestellt wird. Die reife Frucht ist für ihre Grösse verhältnissmässig sehr leicht, was daher kommt, dass zwischen einer dünnen Fleisch- schicht und einem braunen linsenförmigen Kern, welcher eine sammet- artige Oberfläche hat, ein ziemlich grosser leerer Raum liegt. Der braune Kern ist nun nicht der Sawe allein, sondern dieser ist umgeben von einem Theil der Fruchtknotenwand. Diese Wand hat sich folgender- massen ausgebildet: eine oder mehrere innere Zellschichten sind erhärtet und liegen dem Samen eng an, während die Zellen einer folgenden Schicht sich radial stark gestreckt haben und dabei nach der Peripherie hin, manchmal auch nach dem Centrum der Frucht zu, Verzweigungen der verschiedensten Art zeigen. Ihre Streckung hält aber nicht Schritt mit der Ausdehnung der nun auf sie nach aussen folgenden parenchy- matischen Fleischschicht, so dass bald ein Zeitpunkt eintritt, wo ihre an die Fleischschicht grenzenden Enden von dieser abreissen, worauf dieselbe sich noch weiter und weiter ausdehnt, und so ein Hohlraum zwischen ihr und dem Kern eintritt. Die scheinbaren Haare auf diesem A. Meyer: Ueber das Suberin des Korkes von Quereus Suber. XXIX Kern sind also in Wirklichkeit keine Haare, denn es gehört doch wohl zum Begriff dieser, dass dieselben von Anfang an eine freie Spitze be- sitzen; ım vorliegenden Falle kann man noch deutlich erkennen, wie diese scheinbaren Spitzen früher mit dem Fruchtfleisch in Verbindung gewesen sind. | 8. A. Meyer: Ueber das Suberin des Korkes von Quercus Suber. Eingegangen am 16. October 1883. Herr Kügler hat vor Kurzem eine grössere Arbeit über den Kork von Quercus Suber vollendet, die er im Laboratorium des pharmaceu- tischen Institutes zu Strassburg ausführte. Ich möchte mir erlauben, hier über das wichtigste Resultat dieser Untersuchungen eine kurze Mittheilung zu machen, da die betreffende Abhandlung in einer den meisten Botanikern schwer zugänglichen Zeitschrift veröffentlicht werden soll. Durch Höhnel ist bekanntlich in einer sehr guten, in de Bary’s Laboratorium ausgeführten Arbeit gezeigt worden, dass sich alle ver- korkten Zellen durch eine scharf begrenzte Schicht ihrer Wandung auszeichnen, welche Höhnel Suberinlamelle nannte. Diese Lamelle enthält neben Üellulose einen Körper, welcher eigenthümliche mikro- chemische Reactionen aufweist, das Suberin Höhnel’s, über dessen chemische Zusammensetzung bisher nichts Positives bekannt war. Kügler’s Arbeit hat uns nun über die chemische Natur des Suberin ziemliche Klarheit verschafft. Die mikrochemischen Reactionen des Suberin liessen von vorne herein vermuthen, dass diese Substanz den Fetten nahe stehe; es wurde deshalb zuerst der Versuch gemacht, sie durch Lösungsmittel der Fette zu extrahiren. Es wurde vorzüglich siedendes Chloroform angewandt. Die Lösungsmittel extrahirten aber allein das Cerin vollständig, einen schön crystallisirenden Körper, der mit der Verkorkung nichts zu thun hat und nur in geringer Menge vorhanden ist, während sie unter allen Umständen nur 25 pCt. des im Korke enthaltenen Suberin auszogen. Die Soberinmoleküle waren also wahrscheinlich von den Cellulose- molekülen so umhüllt und festgehalten, dass eine völlige Lösung des die Verkorkung bewirkenden Körpers nur erreichbar erschien, wenn XXX A. Meyer: Ueber das Suberin des Korkes von Quercus Suber. derselbe durch das Extractionsmittel zugleich zersetzt wurde. Die Trennung des Suberin von der Üellulose gelang in der That leicht und vollständig bei Behandlung des durch Chloroform und Weingeist sorg- fältıg ausgezogenen Korkes mit weingeistiger Kalilauge. Bei genauer Untersuchung der erhaltenen Verseifungsprodukte stellte sich heraus, dass Suberin ein Fett ist, welches hauptsächlich aus Stearin, (C1°H°>0?°)°’C3H°, und dem Glycerinester einer neuen Säure, der Phellonsäure, O©?°H?203 (Schmelzpunkt + 96° C.) besteht. Es wur- den 40 pCt. des Gremisches der Stearinsäure und Phellonsäure und 2,5 pCt. Glycerin aus dem Korke erhalten. Das Suberin des Korkes schliesst sich also damit an die Talgarten an und steht z. B. dem Japantalge sehr nahe, welcher ausser Palmitin noch den Ester eine höher schmelzenden Säure (+ 95° CO.) enthält. Dieser Talg wird in das Innere der Parenchymzellen der Carpiden von Rhus succedanea durch das Protoplasma abgesondert, und man kann beobachten, dass während diese Ausscheidung vor sich geht, zugleich eine Verkorkung der betreffenden Zellmembranen eintritt. Ich hatte, gestützt auf mikrochemische Reactionen, schon in der kurzen Publication dieser, an Rhus towicodendron gemachten Beobachtung (Archiv der Pharmacie 1879, 12. Bd., $. 514.) ausgesprochen, dass die Substanz, welche die Verkorkung dieser Membranen bewirkt und diejenige, welche vom Protoplasma in die Zelle hinein ausgeschieden wird, wahrscheinlich identisch seien. Durch Kügler’s Resultate hat letztere Annahme, welche bis zu einem gewissen Grade für den Gang der Kügler’schen Unter- suchung des Korkes massgebend war, eine bedeutende Stütze erhalten, so dass ich noch auf ein anderes Verhältniss aufmerksam machen möchte, welches einer Untersuchung werth ist. Wie de Bary zeigte, lassen sich aus der Uuticula verschiedener Pflanzen durch Anwendung von heissem Wasser wachsartige Massen ausschmelzen. Es mögen viel- leicht auch diese Körper identisch mit den COutinen sein und nur den Ueberschuss derselben repräsentiren, welcher nicht molekular fest- gehalten wird. Aehnliches ist für das Verhältniss zwischen den Wachs- überzügen der Epidermen und den Substanzen zu vermuthen, welche der Cuticula ihre charakteristischen Eigenschaften ertheilen. Um über die Natur des Cuticula ins Klare zu kommen, wäre übrigens eine Untersuchung vorzüglich nöthig, nämlich die über den Cellulosegehalt der Outicula. Diese Frage ist jetzt, nach Kügler’s Vorarbeiten, leich- ter zu entscheiden als früher. Man braucht nur die Uuticula mit einer Lösung von Aetzkali in absolutem Alcohol zu kochen und dann den Rückstand durch Chlorzinkjod oder durch Inversion und Zuckerbestim- mung auf Cellulose zu prüfen. Mitgliederliste. XXXl Mitgliederliste. Ehren -Mitglieder. Agardh, J. G., emer. Professor der Botanik, Mitglied der königl. Academie der Wissenschaften in Stockholm, in Lund (Schweden). Bentham, G., Mitglied der Royal Society in London, SW. 25 Wilton-place. Boussingault, M., Mitglied des Institut de France, in Liebfrauenberg, Wörth a. d. Sauer, Elsass. de Candolle, Alphonse, Mitglied des Institut de France, in Genf, Cour St. Pierre 3 und au Vallon. Hooker, Sir Jos. Dalton, Mitglied der Royal Society, Direktor des königl. botan. Gartens in Kew b. London. Tulasne, L. R., Mitglied des Institut de France, ın Hyeres. (Var). Correspondirende Mitglieder. Balfour, 3. Bayley, Professor der Botanik an der Universität in Glasgow, 11 Hillhead Gardens. Beccari, Odoardo, vordem Direktor des Botanischen Gartens und botan. Museums in Florenz, Borgo Tegolaja 48 und Radda di Chianti. Caruel, T., Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens und botanischen Museums in Florenz. Cienkowski, Dr. L., Professor der Botanik an der Universität in Charkow. Cr&pin, Fr., Direktor des botanischen Gartens, Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Brüssel, rue de l’Esplanade 8. Delpino, F., Professor der Botanık an der Universität, Direktor des botanischen Gartens in Genua. Famintzin, A., Professor der Botanik, Mitglied der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg. Maximowicz, C. J. von, Erster Custos am Herbarıum und kaiserlich bo- tanischen Garten, Mitglied der kaiserl. Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg. Millardet, A., Professor an der Faculte des sciences ın Bordeaux, rue Bertrand de Goth 128. Schübeler, Dr. F. C., Professor der Botanık und Direktor des botanischen Gartens in Christiania. Suringar, Dr. W. F. R., Professor der Botanik, Direktor des botanischen Gartens und des Staats-Herbarıums, Mitglied der königl. Akademie der Wissenschaften ın Leiden. xXXXUI Mitgliederliste. Treub, Dr. M., Direktor des botanischen Gartens und der landwirth schaftlichen Akademie in Buitenzorg (Java). Warming, Dr. Eug., Professor der Botanik in Stockholm. Wittrock, Dr. V. B., Professor der Botanik, Direktor des botan. Museums, Mitglied der königl. Akademie der Wissenschaften in Stockholm. Woronin, Dr. M., Professor in St. Petersburg, Kleine italienische Strasse 6. Mitglieder.”) Ambronn, Dr. H., Dozent an der Universität und Assistent am botan. Institut in Leipzig, Botanischer Garten. Andr&e, Ad, Apother in Münder am Deister. Areschoug, Dr. F. W. C., Professor der Botanik und Direktor des bo- tanischen Gartens in Lund (Schweden), Mitglied der königl. Aka- demie der Wissenschaften in Stockholm, ın Lund. Arndt, C., Oberlehrer am Realgymnasium in Bützow i. Mecklenburg. Artzt, A., Königl. sächsischer Vermessungs-Ingenieur in Plauen i. Voigt- lande. Ascherson, Dr. P., Professor der Botanik an der Universität und zweiter Custos am königl. botan. Museum in Berlin SW., Körnerstr. 8. Askenasy, Dr. Eugen, Professor der Botanik an der Universität in Heidel- berg, Bergheimerstr. 18. *Athenstaedt, Dr. W., Assistent am pflanzenphysiologischen Institut der Universität in Göttingen. Bachmann, Dr. E., Realschul-Oberlehrer in Plauen i. Voigtlande, Jäger- strasse 10. *Bachmann, Dr. Fr. in Berlin SW., Gneisenaustr. 100. Bäumler, J. A. in Pressburg, Dürrmanthorgasse 26. *Ballowitz, Emil, cand. med. in Greifswald, Anclamerstr. 64a. Barnewitz, Realgymnasiallehrer in Brandenburg a. Havel. Bartke, R., Cand. phil. in Spandau, Markt 4. de Bary, Dr. A., Professor der Botanik, Direktor des botan. Institutes und botan. Gartens der Universität, Redakteur der botan. Zeitung in Strassburg ı. Els. Beckmann, Apotheker in Bassum (Bremen). Behrens, Dr. W. J., Redacteur des botan. Centralblattes in Göttingen. Beinling, Dr. E. in Karlsruhe i. Baden. Benecke, Dr. F. in Hottingen bei Zürich, Florstr. 13. Berthold, Dr. G. in Göttingen. de Bey, Dr. in Aachen. *Beyer, R., Realgymnasiallehrer in Berlin S., Luisenufer 1a. *Beyse, Dr. G., Realgymnasiallehrer in Wandsbek. *) Die ausserordentlichen Mitglieder sind mit einem * bezeichnet. Mitgliederliste. XXXIN Boeckeler in Varel ı. Oldenburg. Boehm, Dr. Jos., Professor an der Universität und an der Hochschule für Bodenkultur in Wien, Josephstadt, Anitergasse 17. Bornemann, Dr. J. 6. in Eisenach. *Bouch6, J., Königl. Garten-Inspektor in Poppelsdorf b. Bonn. Brandes, Apotheker in Hannover. Braungart, Dr. R., Professor der Bodenkunde, Pflanzenproduktionslehre, Geräthe und Maschienenkunde an der landwirthschaftlichen Oentral- schule in Weihenstephan, Freising i. Bayern. Brehmer, Dr. W. ın Lübeck. Buzhenau, Dr. F., Professor, Direktor der Realschule in Bremen. Büsgen, Dr. M. in Weilburg a. d. Lahn. Burgerstein, Dr. A. in Wien IX., Hörlgasse 15. *Busch, A., Lehrer in Lieberose. Buser, R. in Aarau, Graben 217. Caspary, Dr. Rob., Professor der Botanik, Direktor der botan. Gartens in Königsberg ıi. Pr. Cohn, Dr. Ferd., Professor der Botanik und Direktor des pflanzenphy- siologischen Institutes der Universität, Redakteur der Beiträge zur Biologie der Pflanzen in Breslau. Conwentz, Dr., Direktor des Westpreussischen Provinzial-Museums in Danzig. Cramer, Dr. C., Professor der Botanik, Direktor des botan. Gartens in Zürich, Stadelhofen, Adlerburg. Dammer, Udo, Zweiter Conservator am Kaiserl. Botanischen Garten in St. Petersburg. *Demmler, Ad., Handelsgärtnereibesitzer in Friedrichsfelde b. Berlin. Detmer, Dr. W., Professor der Botanik in Jena. *Diercke, Seminardirektor in Stade. Doms, A., Seminarlehrer in Cöslın. Dreisch, Dr. in Poppelsdorf b. Bonn. *Dresler, E F., Kantor in Löwenberg ı. Schlesien. Droysen, Dr. K. in Geisenheim a. Rhein. Drude, Dr. Oscar, Professor der Botanik am Polytechnikum und Direk- tor des botan. Gartens in Dresden. Dufft, C. in Rudolstadt. Ebeling, Ch. W., Lehrer ın Magdeburg. *Ebermayer, Dr. E., Professor in München. Effner, C. von, Königl. Hof-Gartendirektor in München. *Eggers, Ed., Verlagsbuchhändler in Berlin SW., Wilhelmstr. 122. 37 D.Botan.Ges.1 XXXIV Mitgliederliste. Eichler, Dr. A. W., Professor der Botanik und Direktor des königl bot. Gartens und botan. Museums, Mitglied der Akademie der Wissen- schaften in Berlin W., Potsdamerstr. 75a. *Elstorpff, C. in Thalmühle bei Zoppot. Engelmann, Dr. med., Arzt in St. Louis (Nord-Amerika). Engler, Dr. A., Professor der Botanik, Direktor des botan. Gartens in Kiel, Reventlow Allee 4. Entleutner, Dr. A. F, Professor in Meran, Villa Rosa. *Erfurth, R, Seminarlehrer und Hofkantor in Weimar, Ernst, Dr. A. in Caräcas (Venezuela). *Felsmann, Dr. C., Arzt in Dittmannsdorf, Post Reussendorf (Schlesien). Fischer, Dr. Alfr., Privatdozent der Botanik in Leipzig, Zeitzerstr. 37, II. Focke, Dr. W. 0. in Bremen, Steinern Kreuz 2a. Frank, Dr. B., Professor der Pflanzenphysiologie und Direktor des pflan- zenphysiologischen Institutes der königl. landwirthschaftlichen Hoch- schule in Berlin N., Philippstr. 8. *Frenzel, W., Lehrer an der höheren Töchterschule in Bonn. *Freschke, W., Schlossgärtner in Lübbenau. Freyhold, Dr. Edm. von, Professor in Pforzheim. Freyn, J. in Prag Ill, Karmelitergasse 21. Fünfstück, Moritz, stud. phil. in Berlin NW., Bauhofstr. 2. Garcke, Dr. Aug, Professor der Botanik und erster Custos am königl. botanischen Museum in Berlin SW., Friedrichstr. 227. *Geheeb, A., Apotheker in Geisa. Geisenheyner, L, Gymnasiallehrer in Kreuznach. Geyler, Dr. H. Th, Dozent und Direktor des botanischen Gartens am Senckenberg’schen Institut in Frankfurt a. Main, Friedberger Land- strasse 107. Goeppert, Dr. H. R., Geheimer Medizinalrath, Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens in Breslau. *Golenz, J, Lehrer in Schönfeld p. Mühlbock. *Goll, W., Pfarrer in Bätzingen b. Eichstetten. Griewank, Dr., Medizinalrath in Bützow i. Mecklenburg. Gürke, M., cand. phil. in Görlitz, Moltkestr. 23, 1I. Haberlandt, Dr. G., Professor an der k. k. technischen Hochschule und Privatdozent an der Universität in Graz, Klosterwiesgasse 41. Haenlein, Dr. F. H. in Oassel, Frankfurterstr. 5. Hänsch, Optiker und Mechaniker in Berlin S., Stallschreiberstr. 4. Hallier, Dr. Ernst, Professor der Botanık ın Jena. Mitgliederliste. XXXV Hanausek, Dr. T. F., Professor an der nied.-öster. Landes Ober-Real- und Handels-Schule, Custos des Warenlaboratoriums in Krems a. d. Donau (Nieder-Oesterreich). Hartwich, Apotheker in Tangermünde. *Haskarl,‘ Dr. J. K. in Oleve. Hauck, Dr. F. ın Triest, Via Rossetti 229. *Hausser, Emil, Ordentlicher Lehrer an der Realschule in Barr i. Elsass. Haussknecht, C., Professor in Weimar. *Hechel, Wilh. in Friedrichroda ı. Thüringen. Hegelmaier, Dr. Fr., Professor der Botanik in Tübingen. Heiligenstadt, C., stud. phil. in Berlin N., Kesselstr. 24, 1. Heinricher, Dr. Em., Dozent der Botanik an beiden Hochschulen in Graz, Heinrichstr. 2, 1. Heldreich, Dr. Theodor von, Direktor des botan. Gartens in Athen. Hellriegel, Dr. H, Professor, Direktor der landwirthschaftlichen Versuchs- station in Bernburg Herpell, Gust. in St. Goar. Hesse, Dr. Rud., Direktor der landwirthschaftlichen Winterschule in Marburg, Reg.-Bez. Cassel. "Heyfelder, Herm., Verlagsbuchhändler in Berlin W., Kurfürstenstr. 18. Hildebrand, Dr. F, Professor der Botanik, Direktor des botan. Gartens in Freiburg i. Baden. Hinneberg, Dr. P., Apotheker in Altona, Adler-Apotheke. “Hinrichsen, N., Gymnasiallehrer in Schleswig. “Hoffmann, Ferd., stud. phil. in Charlottenburg, Kanalstr. 14. Höhnel, Dr. Fr. Ritter von, Honorardozent an der technischen Hochschule in Wien IV, Technikerstr. 13. Hohenbühel, genannt Heufler zu Rasen, Baron Ludwig von, in Altenzoll b. Hall (Tirol). Holtz, Ludwig in Greifswald, Langestr. 55. Holzner, Dr. G., Professor an der landwirthschaftlichen Centralschule in Weihenstephan b. Freising i. Bayern. “Horn, Paul, Apotheker in Wären. “Hübner, Prediger in Grünhof vor Stettin. Huth, Dr. E., Lehrer am Realgymnasium in Frankfurt a. O. Jack, J. B., Apotheker in Konstanz. Jacobsthal, E., Professor an der technischen Hochschule zu Berlin in Charlottenburg, Marchstr. 5. | *Jaeger, Grossh. Hofgarteninspektor in Eisenach Jentsch, Dr in Grabow a. Oder. Jönsson, Dr. Bengt, Dozent der Botanik in Lund (Schweden). Johow, Dr. Fr, Assistent am botanischen Institut in Bonn, Schloss Poppelsdorf. XXXVI Mitgliederliste. *Jordan, Karl, cand. phil. in Berlin S., Tempelherrenstr. 3, II. Just, Dr. L., Professor am Polytechnikum, Direktor des botan. Gartens, Redakteur der botan. Zeitung und des botan. Jahresberichtes in Karlsruhe i. Baden. Karaman, Lucas, Lehramts-Kandidat in Spalato (Dalmatien). Karsch, Dr., Medizinalrath und Professor in Münster i. Westfalen. *Kellermann, Dr. in Wunsiedel ı. Baiern. Kienitz-Gerloff, Dr. in Weilburg, Reg.-Bez. Wiesbaden. *Kinzel, W., Pharmaceut in Nimpsch i. Schlesien, Reg.-Bez. Breslau. Kirchner, Dr 0., Professor der Botanık an der landwirthschaftlichen Akademie in Hohenheim b. Stuttgart. *Klatt, Dr. F. W. in Hamburg, Eimsbüttel, Augustastr. 8. Klebahn, H., stud. phil. in Jena, Eichplatz (in den Ferien: Bremen, Taubenstr. 16). Klebs, Dr. Georg, Privatdozent und Assistent am botanischen Institut in Tübingen. Klein, Dr. Jul., Professor am Polytechnikum in Budapest. Kley, Herm., Verwalter in Barmen, Altmarkt 24. Kny, Dr. L., Professor der Botanik, Direktor des pflanzenphysiologischen Institutes der Universität und des botanischen Institutes der königl. landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin W., Keithstr. 8. Koch, Dr. L, Professor der Botanik in Heidelberg, Sophienstr. 9. Koehne, Dr. E., Oberlehrer in Berlin W., Göbenstr. 31. *Koepert, O., stud. rer. nat. zu Halle a. S., Wallstr. 9. Kohl, Dr. F. G. in Marburg, Ketzerbach. Krabbe, Dr. G. in Berlin NW., Botan. Institut (Dorotheenstr. 5, ]). *Krah, Dr. in Berlin SW., Pionierstr. 4, II. *Krasan, Dr. Franz, Professor am II. k. k. Gymnasium in Graz. Kraus, Dr. C. in Triesdorf, Mittelfranken. Krause, Dr. Ernst H. L., Marine-Assistenzarzt II. Cl. in Kiel. Krumbholtz, F., Apotheker in Potsdam. Kühn, Dr. Jul,, Professor und Direktor des landwirthschaftlichen Instituts in Halle a. 8. *Kugler, Dr. Emil, pract. Arzt in Pfronten, Allgäu, Bayern. *Kuhn, Dr. M., Oberlehrer in Berlin NW., Louisenstr. 67. Kuntze, Dr. Otto in Leipzig-Eutritzsch. *Kurth, Dr. H., Unterarzt im Oldenburg. Inf.-Reg. No. 91 z. Z. comman- dirt zum königl. Charite-Krankenhause in Berlin NW. Kurtz, Dr. F., Professor in Cordoba (Argentin. Republik) z. Z. in Ber- lin W., Königin-Augustastr. 50. Lakowitz, Dr. ın Breslau, Botan. Garten. Lauche, W., Königl. Garten-Inspektor in Potsdam, Königl. Gärtner- Lehranstalt. Mitgliederliste. XXXVI *Laux, Walther, Pharmaceut in Berlin ©, Prenzlauerstr. 45a. *Leidolt, Apotheker in Belzig. Leimbach, Dr. G., Professor am fürstlichen Gymnasium und Redakteur der deutschen botan. Monatsschrift in Sondershausen. Leitgeb, Dr. H., Professor der Botanik und Direktor des botan. Gartens in Graz, Neuthorgasse. *Liebeherr, von, General-Major a. D. in Havelberg. Liebenberg, Dr. Ad. von, Professor an der Hochschule für Bodenkultur in Wien VIII, Reitergasse 17. Lindemuth, H., Königl. Universitätsgärtner und Dozent an der landwirth- schaftlichen Hochschule in Berlin NW., Universitätsgarten. Linhart, Dr. Georg, Professor an der königl. ungarischen landwirthschaft- lichen Akademie in Ungar.-Altenburg. Loew, Dr. E., Oberlehrer in Berlin SW., Grossbeerenstr. 1. *Lucas, Carl, Mittelschullehrer in Charlottenburg, Spreestr. 24. Luckenbach, G. W., Apotheker in Berlin NW., Philippstr. 18. Ludwig, Dr. F,, Gymnasial-Oberlehrer in Greiz, Leonhardsberg 138b. Luerssen, Dr. Chr., Privatdozent und Custos am Herbarium der Univer- sität in Leipzig, Braustr. 6b Magnus, Dr. P., Professor der Botanik in Berlin W., Blumeshof 15. Marsson, Dr. Th. in Greifswald. Matz, Dr., Assistenzarzt im Garde-Husaren-Regiment in Potsdam, Hohen- wegstrasse 3. Melsheimer, Marcellus, Oberförster ın Linz a. Rhein. Meyer, Dr. Arthur, Assistent am pharmaceutischen Institut der Univer- sität in Strassburg i. Els. *Meyn, Lithograph in Berlin S., Wasserthorstr. 46. Mikosch, Dr. C., Professor an der Staatsrealschule in Währing b. Wien. *Mildbraed, Hugo, Pharmaceut in Belzig. *Milde, Paul, Maler in Wohlau i. Schlesien. Minks, Dr. Arthur in Stettin, Breitestr. 53/54. Moeller, Dr. Herm. in Berlin N., Invalidenstr. 108, III. Moeller, Dr. Josef, Adjunct der k. k. torstl. Versuchsleitung und Dozent an der technischen Hochschule in Wien, z. Z. in Mariabrunn. *Moeller, J. D., Präparator für Mikroskopie in Wedel i. Holstein. Molisch, Dr. Hans, Assistent am pflanzenphysiologischen Institut in Wien IX., Türkenstr. 3 *Mülberger, Dr. Arthur, Arzt in Herrenalb, Württemberg. Müller, Dr. Carl in Berlin SW., Grossbeerenstr. 53. Müller, Dr. Fritz in Blumenau, Prov. Sta. Catharina (Brasilien). Müller, Dr. Hermann, Professor am Realgymnasium in Lippstadt. Müller, Dr. J., Professor der Botanik und Direktor des botan. Gartens in Genf, Boulev. des Philosophes 8. XXXVINI Mitgliederliste. Müller, Dr. N. I. C., Professor der Botanik an der Forstakademie und Direktor des botan. Gartens ın Haun. Münden. Müller, Otto, Verlagsbuchhändler in Berlin W., Matthäikirchstr. 23, 1. Muencke, Dr. Rob. ın Berlin NW., Luisenstr. 58. Münter, Dr. J., Professor der Botanık und Direktor des botan Gartens ın Greifswald. *Naumann, Dr., prakt. Arzt in Gera, Reuss j. L. *Neumann, Dr. Emil, Gymnasiallehrer in Neu-Ruppin. Nobbe, Dr. F., Professor der Botanik und Direktor des forstakademischen Gartens in Tharand. | Noeldeke, C., Ober-Appellationsgerichts-Rath in Celle *Oder, ee, in Berlin SW., Schützenstr. 6a, 1. Orth, Dr. A., Professor an der landwirthschaftlicheo Hochschule und Direktor des agronomisch-pedologischen Institutes in Berlin W., Wilhelmstr. 43 Paeske, Fr., Referendar ın Berlin W., Lützowstr. 12, IH. Parreidt, H., Apothekenbesitzer in Berlin SW., Bernburgerstr. 3. *Peck, F., Landgerichts-Präsident a. D. in Schweidnitz. *Peckolt, Gust. in Rio de Janeiro. Peckolt, Dr. Theod., Kaiserl. Hofapotheker in Rio de Janeiro. Pentz, C., Oberapotheker in Hamburg, Lindenstr. 20b, 1. Penzig, Dr. Otto, Professor, Director der Agronomischen Station in Modena. Peyritsch, Dr. Joh, Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens ın Innsbruck. Pfeffer, Dr. W., Professor der Botanik und Direktor des bot. Institutes und botan. Gartens in Tübingen. Pfitzer, Dr. E., Professor der Botanık und Direktor des bot. Institutes und botan. Gartens in Heidelberg. *Poläk, Karl in Prag, Wladislawgasse 21. Potonie, H. in Berlin NW , Dorotheenstr. 42. Prantl, Dr. K., Professor der Botanik an der Forstakademie in Aschaffen- burg. Pringsheim, Dr. N., Professor, Mitglied der Akademie der Wissenschaften, Redakteur der Jahrbücher für wissenschaftliche Botanik in Ber- lin W., Bendlerstr. 31. Progel, Dr., Bezirksarzt in Waldmünchen, Oberpfalz. Radlikofer, Dr. L., Professor der Botanik, Mitglied der Akademie der Wissenschaften ın München, Sonnenstr 7, I. Reess, Dr. Max, Professor der Botanik und Direktor des botan. Gartens in Erlangen. Mitgliederliste. XXXIX Reichardt, Dr. H W., Professor der Botanik, Direktor des k. k. botan. Hofkabinets in Wien III, Traungasse 4. Reinhardt, M. Otto, cand. phil. in Berlin NW., Karlstr. 45, 11. Reinke, Dr., Professor der Botanik und Direktor des pflanzenphysiolo- _ gischen Institutes in Göttingen. Reinsch, P. F. in Erlangen. *Rettig, Inspektor des botanischen Gartens in Krakau. *Richter, Lajos in Budapest, Maria Valeria-Gasse 4. *Richter, P., cand. phil. in Lübben ı. Lausitz, am Hainthor. Richter, Paul, Lehrer in Leipzig, Aeussere Hospitalstr. 6. *Ritschl, Rechtsanwalt in Stettin, Kohlmarkt 11. Robel, Dr. E., Realgymnasiallehrer in Berlin W., Körnerstr. 10. Ross, H. in Portici bei Neapel, Oorso Garibaldi 131. *Roth, Dr. Ernst, Hilfsarbeiter am königl. botan. Museum in Berlin W., Potsdamerstr. 113, Villa II. *Russow, Dr. E., Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens ın Dorpat. Ruthe, R., Kreisthierarzt in Swinemünde. Sadebeck, Dr., Honorar Professor und Chef des botanischen Museums und Laboratoriums in Hamburg, Besenbinderhof 48. Salfeld, E., Apotheker in Hannover. *Schaarschmidt, Dr. Jul, Assistent am botan. Institut der Universität in Klausenburg (Ungarn), botan. Garten. "Scharlok, Apotheker in Graudenz. *Schemmann, W., Fachlehrer in Annen ı. Westfalen. Schenk, Dr. Hofrath, Professor der Botanik, Direktor des botanischen Gartens und des botan. Instituts in Leipzig. Schmalhausen, Dr. J., Professor der Botanık und Direktor des botan. Gartens in Kiew (Russland). Schmidt, Dr. Aug., Gymnasiallehrer in Liauenburg ı. Pommern. “Schmidt, Dr. J. A., emer. Professor der Botanik in Ham bei Hamburg, Mittelstrasse 37. Schmitz, Dr. Fr., Professor der Botanik ia Bonn, in Poppelsdorf, Frie- drichstrasse 20. “Schneider, Georg, Pharmaceut in Colbergermünde. Schnetzler, Dr. J. B., Professor der Botanık in Lausanne. Schnuse, W., Lehrer am Gymnasium in Dessau. *Scholz, Lehrer an der Bürgerschule in Jauer. Schrader, Dr. Jul. in Berlin W., Matthäikirchstr. 21. Schröter, Dr. C., Privatdozent der Botanik in Zürich, Fluntern b. Zürich, Plattenstr. 30. Schubert, A., Lehrer an der Victoriaschule in Berlin S., Prinzenstr. 71. *Schütz, Herm., Lehrer in Lenzen a. d. Elbe. *Schulz, Dr. Paul in Berlin SW., Wrangelstr. 46, II. ey Mitgliederliste. Schulze, Max, Apotheker in Jena. Schwarz, Dr. Frank, Privatdozent der Botanik in Breslau, Uferstr. 4/5. Schwendener, Dr. $S, Professor der Botanik und Dillkröt des botan. Institutes der Gniveieitäl, Mitglied der Akademie der Wissenschaften ın Berlin W., Matthäikirchstr. 28. Seehaus, C. A., Conrektor in Stettin, Grünhof, Gartenstr. Ia. Seemen, O0. von, Rittmeister a. D. in Berlin SW., Halleschestr. 28. Senft, Dr., Hofrath in Eisenach. Sennholz, G. in Bockenheim b. Frankfurt a. Main, Schlossstr. 42. Singer, Dr. J, Professor und Direktor der königl. bayrischen botan. Ge- sellschaft, Redakteur der „Flora“ in Regensburg. Sinogowitz, E., Apotheker in Uharlottenburg, Leibnitzstr. 73. Solms-Laubach, Dr. H. Graf zu, Professor der Botanik und Direktor des botan. Gartens in Göttingen. Spieker, Dr. Th., Professor an dem Real-Gymnasium in Potsdam. Spiessen, Freiherr von, Königl. Oberförster in Usingen ı. Nassau. Stahl, Dr. Ernst, Professor der Botanik, Direktor des botan. Gartens in Jena. *Staritz, R., Lehrer ın Pulsnitz. Staub, Dr. Mor., Professor an der Uebungsschule des Seminars für Hoch- schulen in Budapest VII, Tabakgasse 60. *Stein, B., Inspektor am botan. Garten in Breslau. Steinbrinck, Dr., Gymnasiallehrer in Hamm i. Westfalen. Steinvorth, H., Oberlehrer am Realgymnasıum in Lüneburg. Sterzel, Dr. J. T. in Chemnitz, Waisenstr. lc. Stizenberger, Dr. E., Arzt in Konstanz. Stoll, Eugen, Apothekenbesitzer in Herborn, Reg.-Bez. Wiesbaden. Straehler, A., Fürstl. Pless’scher Oberförster in Theerkeute b. Wronke. Strasburger, Dr. Ed., Professor der Botanik und Direktor des botan. Gartens ın Bonn. *Strauss, H. C., Obergehülfe am königl. botan. Garten in Berlin W., Grossgörschenstrasse. Sulzer, Dr. L., Arzt in Berlin W., Lützowstr. 88. Tangl, Dr. Ed., Professor der Botanik und Direktor des botan. Gartens in Özernowitz (Oesterreich). Thomas, Dr. Fr., Professor und Oberlehrer an der herzogl. Realschule ın Ohrdruf. Thüme, Osmar, Oberlehrer ın Dresden. *Timm, C. T. ın Altona, Adolfstr. 42. Toepffer, Ad. in Brandenburg a. Havel. Treichel, A., Rittergutsbesitzer in Hoch-Paleschken bei Alt-Kischau in Westpreussen. Tschirch, Dr. A., Assistent am pflanzenphysiologischen Institut der königl. landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin N., Invalidenstr. 36. Mitgliederliste. XL1 *Uechtritz, R. von, in Breslau, Klosterstr. 84. Uhlworm, Dr., Bibliothekar, Redakteur des botanischen Centralblattes in Cassel. Urban, Dr. Ign., Custos des königl. botan. Gartens in Berlin. Wohnung: Schöneberg b. Berlin, Grunewaldstr. 19. Vatke, W. in Berlin W., Leipzigerstr. 2. Vigener, A., Hof-Apotheker in Biebrich a. Rh. Vöchting, Dr. H., Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens in Basel. *Vogel, Heinr., Lehrer in Markneukirchen i. Sachsen. Vogl, Dr. August E., Professor der Pharmakologie und k. k. Obersanitäts- rath in Wien IX., Petrarkagasse 1. Volkens. Dr. Georg in Berlin N., Friedrichstr. 133. *Voss, Dr. Wilhelm, Professor an der Staats-Ober-Realschule ın Laibach (Oesterreich). Wagner, Dr. W., Dirigirender Arzt des Knappschafts-Lazareth in Stadt- Königshütte, Schlesien. Wahnschaff, Dr. Th. in Hamburg, Rabenstr. 15. *Waldner, H. in Wasselnheim. Weiss, Dr. Ad., Professor der Botanik und Direktor des pflanzenphysiolo- gischen Laboratoriums in Prag. Westermaier, Dr. M., Privatdozent und Assistent am botan. Institut der Universität in Berlin NW., Botan. Institut, Dorotheenstr. 5, I. Wettstein, Richard von, Eleve des pflanzenphysiologischen Institutes der Universität ın Wien I, Helferstorferstr. 13. Wiesenthal, Paul, Fabrikant in Mühlhausen ı. Thüringen. Wiesner, Dr. Jul., Professor der Botanik und Direktor des pflanzen- physiologischen Institutes der Universität, Mitglied der kaiserl. Aka- demie der Wissenschaften in Wien IX., Türkenstr. 3. Wigand, Dr. A, Professor der Botanik und Direktor des botan. Gartens in Marburg. Wilhelm, Dr. K., Privatdozent an der k. k. Hochschule für Bodenkultur in Wien VIII, Reitergasse 17. Willkomm, Dr. M., Professor der Botanik und Direktor des botanischen Gartens ın Prag, Smichow. Winkler, Geheimer Kriegsrath a. D. in Berlin W., Schillstr. 16. Winter, F., Apothekenbesitzer in Gerolstein (Rheinpreussen). Winter, Dr. G. in Leipzig, Lessingstr. 18. Winter, Dr., Stabsarzt in Soest. Wirtgen, Ferd., Apotheker in St. Johann a. d. Saar. Wittmack, Dr. L., Professor der Botanik und Custos des Museums der königl. landwirthschaftlichen Hochschule in Berlin N., Invaliden- strasse 42. XLII Mitgliederliste. Wortmann, Dr. J., Privatdozent und Assistent am botanischen Institut in Strassburg ı. Els. “Wünsche, Dr. Otto, Oberlehrer am Gymnasium in Zwickau ı. Sachsen. Wunschmann, Dr. E., Realgymnasiallehrer in Berlin N., Templinerstr. 10. Zabel, H., Gartenmeister in Hann. Münden. Zacharias, Dr. E., Professor der Botanik in Strassburg ı. Els., Sturmech- staden 2. Zeiss, Professor in Landshut ı. Bayern. Zimmermann, Dr. Albr., Assistent am botan. Institut der königl. land- wirthschaftlichen Hochschule in Berlin NW., Luisenstr. 4, III. Zimmermann, Dr. 0, E. R., Oberlehrer an der Realschule in Chemnitz. Zopf, Dr. W., Privatdozent in Halle a. S, Jägerplatz 3. Verstorben. Lauche, W., Königl. Garten-Inspektor in Wildpark bei Potsdam, starb daselbst am 12. September 1883. Müller, Dr. Hermann, Professor am Realgymnasium in Lippstadt, starb am 25. August in Prad (Tirol). Register. Register zu Band I. l. Geschäftliche Mittheilungen. XLLI Seite Bericht über die Bildung der Deutschen Botanischen Gesellschaft 1 I. Einladung zur constituirenden Versammlung . v AENABSNER I II. Protocoll der constituirenden Versammlung . 5 III. Einladung zur Wahlversammlung in Berlin . ) IV. Protocoll der Wahlversammlung . 9 V. Vorstandsbeschlüsse . . . 10 VI. Statuten der Deutschen Botanischen Gesellschaft 11 VII. Reglement für die Geschäftsführung 17 Sitzung vom 26. Januar 1883 ka 8 Sitzung vom 23. Februar 1883 . 57 Sitzung vom 30 März 1883 . 111 Sitzung vom 27. April 1883 . 163 Sitzung vom 25. Mai 1883 209 Sitzung vom 29. Juni 1883 . 237 Sitzung vom 27. Juli 1883 309 Einladung zur Generalversammlung . j 310 Sitzung vom 26. October 1883 (Wahlversammlung ) 357 Sitzung vom 30. November 1885 . : 451 Sitzung vom 28. Dezember 1883 i 508 Mitgliederlitteen . . . A MD, IR 23, 57, 118, 163, 209, 309, 359, 451 Protocoll der ersten Böteraitenkkntihung der Deriyahe Botanischen Gesell- schaft am 17. September 1883 in Freiburg i. Baden ii Mitgliederliste (geschlossen am 31. Dezember 1883) . XXXI 2. Wissenschaftliche Mittheilungen. a) In der Reihenfolge der Publikation geordnet. I. Sitzungsberichte. 1. B. Frank, Ueber einige neue und weniger bekannte Pflanzenkrankheiten () 29 2. Otto Müller, Das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira (Orthosira) arenaria Moore . 35 3. E. Pfitzer, Ueber ein Härtung u Färbung uns Verfahren hr die Untersuchung des plasmatischen Zellleibs . ? 44 4. 8. Schwendener, Die Schutzscheiden und ihre ee 48 5. I. Urban, Ueber die ERNEUERT bei der Bütinerieengattung Rulingia ; k ; NE TREE Lt a xXLIV Register. . B. Frank, Ueber einige neue und weniger bekannte Pflanzenkrankheiten (II.) . 6. Krabbe, Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Cladoniaceen . ‚N. I. C. Müller (Münden), Polarisations-Erscheinungen ei und künstlicher Colloid-Zellen . Georg Firtsch, Ueber einige mechanische Dinriehhineen im anatomi Bau von Polytrichum juniperinum Willd. (mit Tafel II) . H. Kurth, Ueber Bacterium Zopfi, eine neue Bacterienart (mit Tafel II) . I. Urban, Ueber die Familie der Turneraceen Fr. Buchenau, Die düngende Wirkung des aus den Baulsulın onen nee träufelnden Wassers . Henrich Klebahn, Ueber die Sense Dil a. Winaliän, der Tre sowie über den Ersatz derselben bei einigen lenticellenfreien Holz- gewächsen (mit Tafel IV) . . E. Heinricher, Der abnorme Stengelbau der A . anatomisch siologisch betrachtet (mit Tafel V) . . P. Magnus, Das Auftreten von Aphanizomenon flos re (I Ralts im Eise bei Berlin . . E. Pfitzer, Zur er ne le Gier Monakotylen-ahnlichen Ieryngien . A. Tschirch, en ie, das Ehlosefkyili, (AI. . Hans Molisch, Ueber den mikrochemischen Nachweis von Nitraten nd Nitriten in der Pflanze mittelst Diphenylamin oder Brucin . . K. Prantl, Helminthostachys Wo und ihre Beziehungen zu polen und Botrychium . . E. Hackel, Ueber das Vena von ı Calamayr nn ch giitchteh Ei in Deutschland . . Fritz Müller, Biologische Bor an Bhrihei Südhirasilieris . T. F. Hanausek, Ueber eine neue Form der Rosa collina Jacg . . A. Tschirch, Untersuchungen über das Chlorophyll (III.) (Schluss ) . I. Urban, Trematosperma, novum genus Somalense . . A. Zimmermann, Zur Kritik der Böhm-Hartig’schen heaie en Women. bewegung in der Pflanze . Ludwig Koch, Untersuchungen über de hmnckluie der Orobamehlilh ! . A. Tschirch, Zur Morphologie der Chlorophylikörner (Notiz) . j . C. Kraus, Beiträge zur Kenntniss des Verhaltens der leicht oxydablen Sub- stanzen des Pflanzensaftes . . K. Wilhelm, Die Verdoppelung des ie i . W. Miller, Ueber einen Zahn-Spaltpilz, Zeptothrix gigantea (mit Tafel vn . &. Krabbe, Zur Frage nach der Funktion der Wurzelspitze . M. Kuhn, Ueber Farne und Charen der Insel Socotra (Charen Aue y Nordstedt) . N. Wille, Ueber die ee Sin kin: Bon is Wände Be ar Phyoo chromaceen H. Leitgeb, Ueber Bau el nen en a . I. Urban, Die Medicago-Arten Linne’s . &. Haberlandt, Ueber die ae en ag ee im Laubmoosstämmchen . . H. Willkomm, Umdilicus Winkleri, ein neuer ee 1 rt Flora . Carl Steinbrinck, Ueber den Oeffnungsmechanismus der Hülsen . Alfred Fischer, Das Siebröhrensystem von Cucurbita . 40. 41. Register. XLV K. Prantl, Studien über Wachsthum, Verzweigung und Nervatur der Laub- blätter, insbesondere der Dicotylen N. Pringsheim, Ueber Cellulinkörner, eine Modifikation, He Bellulrse in Körnerform (mit Tafel VII) . I. Urban, Ueber die morphologische Be en Stachels nn Be Aurantieen (mit Tafel VIII) . W. Zopf, Weitere Stützen für meine Theorie von ser, Tneaita Ber Spalt algen (Phycochromaceen) (mit Tafel IX) . K. Wilhelm, Ueber eine Eigenthümlichkeit der ale bei Conifer en . Hermann Ross, Beiträge zur Anatomie abnormer ee (Musaceen, Bambusaceen) (mit Tafel X). . Steinbrineck, Ueber einige Fruchtgehäuse, die ihre N a von Be netzung freilegen (mit Tafel XT) . K. Prantl, Systematische Uebersicht der Orhisnlpasdn A ‘ . Steinbrinck, Berichtigung zu der Mittheilung: Ueber einige Fruchtgehänse, die ihre Samen infolge von Benetzung freilegen . . Dammer, Ueber einige Formen von Picea excelsa Lk. in a okbene St. Petersburgs . . H. Molisch, Ueber das in helfen Sekönftar uni MR SE War la . Alfred Burgerstein, Ueber die Aufnahme von Wasser durch die Blüthen- köpfe einiger Compositen . M. Westermaier, Zur Kenntniss der unse Leistensen a8 ee Parenchyms . . A. Zimmermann, Ueber an Fall? ohe Kette . J. Reinke, Die optischen Eigenschaften der grünen er =; > Ber ziehungen zur Assimilation des Kohlenstoffs . T. F. Hanausek, Ueber Blüthendurchwachsungen von Piecris kierkeiiken Bo . M. Fünfstück, Zur Frage nach der aktiven Krümmung der Knospenstiele der Papaveraceen . . E. Heinricher, Zur Kenntniss der Atsenäkne Sinne ht Taf. x . A. Winkler, Bemerkungen über die Keimpflanze und die Keimfähigkeit des Samens von Tithymalus Cyparrissias Scop. 59. F. Hildebrand, Ueber einige Bestäubungseinrichtungen mit Tafel XI, Fig. 1—9) . . — Ueber die Samen von Abdeti elemidegten (mit Tafel XIIT, Fig. 10_ 13) A. Tschirch, Untersuchungen über das Chlorophyll (V.) (mit Tafel XIV) . Ee F. von Homeyer, Bemerkungen über die düngende Wirkung des aus den Baumkronen niederträufelnden Wassers . P. Korschelt, Zur Frage über das Scheitelwachsthum der Phonerogamen (mil, Tafel XV IRA. MmB.; R . O0. Müller, Die Chromatophoren mariner Backlarareih aus den Gattungen Pleurosigma und Nitzschia . . F. Temme, Ueber das Chlorophyll und = Ansitihlakih vs re den . Franz Buchenau, Eine verkannte deutsche Phanerogame . Fr. Thomas, Synchytrium pilificum n. sp. : . P. Ascherson, Bemerkungen über das en Bekichten an Mei den Pontederiaceen, Haemodoraceen und einigen Cyperaceen . . Oscar Schmidt, Das Zustandekommen der fixen Lichtlage blattartiger ni gane durch Torsion . Bengt Jönsson, Der richtende Ba ee walls BE eRher Pflanzen und Pflanzentheile (Rheotropismus) . Seite 230 288 313 319 325 33l 339 348 XEUE Register. Seite ‘1. P. Magnus, Ueber eine besondere geographische Varietät der Vajas gra- minea Del. und deren Auftreten in England a 521 12. W. Pfeffer, Locomotorische Richtungsbewegungen durch chemie Et 524 73. A. Zimmermann, Molekular-physikalische Untersuchungen (T) über den Zu- sammenhang zwischen Quellung und Doppelbrechung . 5835 74. Oscar Kirchner, Zum Wachsthum dekapitirter Wurzeln 540 75. &. Schweinfurth, Neue Beiträge zur Flora des alten Aegyvptens, hie Mittheilung an Herrn P. Ascherson) SH Il. Generalversammlungsbericht. 1. A. Engler, Ueber die pelagischen Diatomaceen der Ostsee . x 2. J. Schmalhausen, Vaccinium macrocarpum Ait., ein neuer Bürger De Flora Deutschlands ß XIV 8. J. Reinke, Der Einfluss (des Seneon En ir Gashlasenausscheidung von Elodea canadensis XV 4. A. Tschirch, Die Reindarstellung ver Enrörhylfferkstokee AV). XV 5. F. Hildebrand, Ueber Blattrichtung und Blatttheilung bei Planera Ri- chardi XXI 6. — Ueber die en an ner von aaa sarmentosus, Remusatia vivipara und an den Früchten von Pupalia atropurpurea. . . u Verena WEN nn = b) Alphabetisch nach den Autoren geordnet. Ascherson, P., Bemerkungen über das Vorkonımen gefärbter Wurzeln bei den Pontederiaceen, Haemodoraceen und einigen Cyperaceen : Buchenau, Fr., Die düngende Wirkung des aus den Baumkronen ode träufelnden Wassers — Eine verkannte deutsche et Her 9 Holen‘ 5 Burgerstein, Alfred, Ueber die Aufnahme von Wasser durch die Blüthen- köpfe einiger Compositen \ Dammer, Ueber einige Formen von Picea en) Lk. in den Umgebung st. Petersburgs Engler, A., Ueber die ea ee de Deiash, ein Bohr zur deutschen Flora Firtsch, Georg, Ueber einige Be ee Rlingenei im en Bau von Polytrichum juniperinum Willd. (mit Tafel II) q Fischer, Alfred, Das Siebröhrensystem von Cucurbita, vorläufige Mittheilung Frank, B., Ueber einige neue und weniger bekannte Pflanzenkrankheiten (I.) Fusicladium tremulae n. sp. Gloeosporium Lindemuthianum Sacc. und Magnus, vorläufige Mittheilung . f — Dasselbe (II.) Polystigma rubrum Tul , Erdeeknbs ER n. ER vorlänfige Mittheilung i Fünfstück, M., Zur Frage Au u run ae da Koch ran der Papaveraceen Haberlandt, G., Ueber die NSERLTENR Bedautnne ie Gent iRklankeee im Laubmoosstämmchen, vorläufige Mittheilung { Hackel, E., Ueber das Vorkommen von Calamagrostis BE RETEN Hari in Deutschland . SUN. . — Ueber einige ee Falbnnzeh von en EN . A. Meyer, Ueber das Suberin des Korkes von Quercus Suber. . . . XXIX 29 58 429 263 161 Register. XLVII Seite Hanausek, T. F., Ueber eine neue Form der Rosa collina Jacqg. . - 170 — Ueber Blüthendurchwachsungen von Picris hieracioides L. (mit 3 Holzichn) 425 Heinricher, E., Der abnorme Stengelbau der Centaureen, anatomisch physiolo gisch betrachtet (mit Tafel V)) . . . re, 10% 122 — Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea (mit Tafel x). WM. ...A38 Hildebrand, F., Ueber einige Bestäubungseinrichtungen — Salvia carduacea, Sarracenia purpurea, Heteranthera reniformis (mit Taf. XIII, Fig. 1—9) 455 — Ueber die Samen von Acacia Melanoxylon (mit Tafel XIII, Fig. 10—13) . 461 — Ueber Blattrichtung und Blatttheilung von Planera Richard . . . . XXU — Ueber die Verbreitungseinrichtung an Brutknospen von Gonatanthus sarmen- tosus, Remusatia vivipara und an Früchten von Pupalia atropurpurea XXIV Homeyer, E. F. von, Bemerkungen über die düngende Wirkung des aus den Baumkronen niederträufelnden Wassers . . . 471 Jönsson, Bengt, Der richtende Einfluss strömenden Haas: ib Hesende Pflanzen und Pflanzentheile (Rheotropismus), vorläufige a 512 Kirchner, Oskar, Zum Wachsthum dekapitirter Wurzeln . . . 540 Klebahn, Henrich, Ueber die Structur und die Funktion der Kofitiosilen sowie über den Ersatz derselben bei einigen lenticellenfreien ı. vorläufige Mittheilung (mit Tafel IV). . . . . 113 Koch, Ludwig, Untersuchungen über die Entwicklung der Orobancten, vor- läufige Mittheilung . . 188 Korschelt, P., Zur Frage über das Bei euch 1 Ehiänerekaudett, vor- läufige Mittheilung (mit Tafel XV) . . 472 Krabbe, G., Morphologie und Dee des iledinronuehn vor- läufige Mittheilung . . FE RER TIGE — Zur Frage nach der Funktion = en Br, 226 Kraus, C., Beiträge zur Kenntniss des Verhaltens der N ee So stanzen des Pflanzensaftes . . . 211 Kuhn, M., Ueber Farne und Charen der Insel (Brote KOharen But 0. Werd stedt) (mit 7 Holzschnitten) . . - 238 Kurth, H., Ueber Bacterium Zopfü, eine neue Baähtenärt, vorläufige Mit- theilung (mit Tafel III) . WR $ 73 run Leitgeb, H., Ueber Bau und Entwicklung a Ä 246 Magnus, P., Das Auftreten von Aphanizomenon flos aguae (L.) Heil im ride bei Berlin. . . - 129 — Ueber eine besondere Ehe Varietät a ie enerie Del. . deren Auftreten in England . . . . Marta 52 Meyer, Arthur, Ueber das Suberin des Korkes von nei ‚Buker N ERRER, Miller, W., Ueber einen Zahn-Spaltpilz Leptothrix gigantea (mit Tafel VI) . 221 Molisch, Hans, Ueber den mikrochemischen Nachweis von Nitraten und Ni- triten in der Pflanze mittelst Diphenylamin oder Bruein.. . . . . 150 — Ueber das Längenwachsthum geköpfter und unverletzter Wurzeln. . . 362 Müller, Fritz, Biologische Beobachtungen an Blumen Südbrasiliens ursalie Herb.) mitgetheilt von Hermann Müller aus Briefen des Autors (mit 3 Holzschnitten). . . 165 Müller, N.I.C., a planzliche ee ee Beloid- zellen . . .. 77 Müller, Otto, Das Bosse) der Ellkhedlnipsiäles von uliefnsien ee are- naria Moore (mit Tafel I und 2 Holzschnitten) . . . 3 — Die Chromatophoren mariner Bacillariaceen aus den Gattungen Dieiposiäng und Nitzschia, vorläufige Mittheilung (mit 5 Holzschnitten) . . . 478 Nordstedt, O., Charen der Insel Socotra (siehe M. Kuhn), (mit 7 Holzselin) 241 XLVIOI Register. Pfeffer, W., Lokomotorische Richtungsbewegungen durch chemische Reize Pfitzer, E., Ueber ein Härtung und Färbung vereinigendes Verfahren für die Untersuchung des plasmatischen Zellleibs k — Zur Morphologie und Anatomie der Monocotylen-ähnlichen Brungien, Vor- läufige Mittheilung } Prantl, K., Helminthostachys zeylanica on ahıre Biziee zu Ophioglossum und Botrychium, vorläufige Mittheilung . — Studien über Wachsthum, Verzweigung und Nervatur den Laubblätter, ins- besondere der Eee t — Systematische Uebersicht der Da Pringsheim, N., Ueber Cellulinkörner, eine Modifikation der Belkin in a nerform (mit Tafel VII) Reinke, J., Der Einfluss des Sonnenlichts au = Gasblasenausscheidung \ von Elodea canadensis, vorläufige Mittheilung — Die optischen Eigenschaften der grünen Gewebe un) ne Borichikeen zur Assimilation des Kohlenstoffs (mit einem Holzschnitt) Ross, Hermann, Beiträge zur Anatomie abnormer a 5 (Musa- ceen, Bambucaceen) (mit Tafel X). , Schmalhausen, Je, Vaccinium macrocarpum Ait., ein neuer Br u Flora Schmidt, Oscar, Das Zustandekommen der fixen a blattartiger Organe durch Torsion ; Schweinfurtli, G., Neue Baiteh zur "Flora ie Kalbe Aegptens Critiche Mittheilung an Herrn P. Ascherson) Schwendener, S., Die Schutzscheiden und ihre ee Steinbrinck, Carl, Ueber den Oeffnungsmechanismus der Hülsen . : — Ueber einige Fruchtgehäuse, die ihre Samen in Folge von Benetzung frei- legen (mit Tafel XI). 3 — Berichtigung zu der Mittheilung: Tee Fruchtgehänse, er te Samen infolge von Benetzung freilegen . . - 4 Temme, F., Ueber das Chlorophyll und die are der ci en vorläufige Mittheilung . Thomas, Fr., Synchytrium pilificum n. sp. Tschirch, A., Untersuchungen über das am. ) — Untersuchungen über das Chlorophyll (III) (Schluss.) . — Zur Morphologie der Chlorophylikörner (Notiz.) — Die Reindarstellung des Chlorophylifarbstoffes (IV.). JR — Untersuchungen über das Chlorophyll (V.) (mit Tafel XIV) . Urban, I, Ueber die Bestäubungseinrichtungen bei der Büttnerien-Gattung Rulingia (mit zwei Holzschnitten) — Ueber die Familie der Turneraceen . — Trematosperma novum genus Somalense — Die Medicago-Arten Linne's . E — Ueber die morphologische Ben der Sinchein De den Aurantidön Kai Tafel VIII) Westermaier, M., Zur ara se a Osmolischen Teich des lebenden parenchyms (mit einem Holzschnitt) r Wilhelm, K., Die Verdoppelung des Jahresringes, N Mittheilung . — Ueber eine Eigenthümlichkeit der Spaltöffnungen bei Coniferen, vorläufige Mittheilung (mit 4 Holzschnitten) . Wille, N., Ueber die Zellkerne und die Poren der Wände ei aka ‚Biyosdirei maceen (mit 4 Holzschnitten) Willkomm, H., Uhnbilicus Winkleri, ein neuer uber de europe, Flora 494 137 171 202 xvı 462 UBS 100 182 256 313 371 216 329 243 268 Register. XLIX Seite Winkler, A., Bemerkungen über die Keimpflanze und die Keimfähigkeit des Samens von Tithymalus Cyparissias Scop. . . 452 Zimmermann, A., Zur Kritik der Böhm-Hartig’schen Thebne a Wasser, bewegung in der Pflanze (mit einem Holzschnitt) . . . . ....18 — Ueber die Jamin’sche Kette. . . 384 — Molekular-physikalische Ende a) Te el en zwischen Quellungsfähigkeit und Doppelbrechung . . . 533 Zopf, W., Weitere Stützen für meine Theorie von der Inconstanz 1 a algen (Phycochromaceen) Tolypothrix amphibica Zopf. (mit Tafel IX) 319 Verzeichniss der Tafeln. Tafel I zu Otto Müller, Das Gesetz der Zelltheilungsfolge von Melosira (Orthosira) arenaria Moore. Erklärung im Text. Tafel II zu Georg Firtsch, Ueber einige mechanische Einrichtungen im anatomischen Bau von Polytrichum juniperinum Willd. Erklärung auf Seite 96. Tafel III zu H. Kurth, Ueber Bacterium Zopfü. Erklärung auf Seite 99. Tafel IV zu Henrich Klebahn, Ueber die Struktur und die Funktion der Lenti- cellen etc. Erklärung auf Seite 121. Tafel V zu E. Heinricher, Der abnorme Stengelbau der Centaureen etc. Erklärung auf Seite 129. Tafel VI zu W. Miller, Ueber einen Zahn-Spaltpilz Zeptothrix gigantea. Erklärung auf Seite 224. Tafel VII zu N. Pringsheim, Ueber Cellulinkörner, eine Modifikation der Cellulose in Körnerform. Erklärung auf Seite 307. Tafel VIII zu I. Urban, Ueber die morphologische Bedeutung der Stacheln bei den Aurantieen Erklärung auf Seite 319. Tafel IX zu W. Zopf, Weitere Stützen für meine Theorie von der Inconstanz der Spaltalgen. Erklärung auf Seite 324. Tafel X zu H. Ross, Beiträge zur Anatomie abnormer Monocotylenwurzeln. Er- klärung auf Seite 338. Tafel XI zu Steinbrinck, Ueber einige Fruchtgehäuse, die ihre Samen infolge von Benetzung freilegen. Erklärung auf Seite 347. Tafel XI zu E. Heinricher, Zur Kenntniss der Algengattung Sphaeroplea. Erklärung auf Seite 450. Tafel XIII, Fig. 1—9 zu F. Hildebrand, Ueber einige Bestäubungseinrichtungen. Fig. 10—13 zu F. Hildebrand, Ueber den Samen von Acacia Melanozylon. Erklärung auf Seite 461. Tafel XIV zu A. Tschirch, Untersuchungen über das Chlorophyll (III, IV und V). Erklärung im Text auf Seite 469-471. Tafel XV zu P. Korschelt, Zur Frage über das Scheitelwachsthum bei den Phane- rogamen. Erklärung auf Seite 477. Verzeichniss der Holzschnitte. Otto Müller, Schalen von Melosira arenaria Moore . ». .» 2 2 22 20....86 I. Urban, Blüthen von Aulingia pannosa R. Br. . . . a a N RE da Fritz Müller, Blüthe und Blüthentheile von Cypella Herb, uk N, A. Zimmermann, Schema einer Jamin’schen Kette, aus Tracheen gehilde: . 184 L | Register. Seite 0. Nordstedt, Chara socotrensis n. sp. Fig. 1—3 Stipularkränze mit Stücken von Stengeln und Blättern. Fig. 4-5 Fertile Blattgelenke. Fig. 6 Oberer Theil eines Blattes. Fig. 7 Kern des Sporangiums . . . . 242 N. Wille, Stigonema compactum Ag. u. Bene al ne K. Wilhelm, Spaltöffnungen der Weisstanne . . 330 M. Westermaier, Schema zur Veranschaulichung der ee im Mer 374 J. Reinke, Absorptionsspektrum und Assimilationskurve lebender Blätter dar- über das Spektrum von alkohol. Chlorophylitinetur . . . 399 T. F. Hanausek, Monströse Dolde von Picris hierucioides (Fig. 1) en mit deutlichem Kelche (Fig. 2) und Axenköpfchen mit Pappus (Fig. 3) 428 0. Müller, Drei Schemata zur Veranschaulichung der Form der ge von Pleurosigma ungulatum . . . { ! 480 0. Müller, Chromatophor von Pleurosigma Bunedenche al. u RL 0. Müller, Mittlerer Theil des Chromatophors von Nitzschia Sen a ... 484 F. Buchenau, Blüthe und Früchte von Juncus alpinus Drej.-Borkum (Fig. 1). 488 F. Buchenau, Blüthen von Juncus alpinus Vill. von Bern und Cogne (Fig. 2). 488 F. Buchenau, Blüthen, Blüthentheile und Frucht von Juncus anceps Lah. — Bayonne (Pig... ln NN I Se u 7-(0l-9) +(1 +%) (919%) + (9-9) EITIR -g) L -n%) -9%) +1r(90-9) ge 48 9%) + (99%) em —L EIER > m ST TzBR MI, Dez: Zi | ni un 3 ln 0 un Weraxsappan assoup | wanewurpan seem | weneworpop mug | wenrerpageusg | — = Berichte d. Dautschen Bot. Gesellsch. Ball. 1 or (3 h ink f y ne Ür ante, har, N lem. i e" PETE UO VERBOT: EUR AORSLAHREG M N Bl A EEE SEE Ar a nt BR ot. OT 5. Me . | Be. - r) 5 2 5 ee N er en ae Ära ee [6 Berichte d. Dautschen Bot. 0esell.s C Laute Üith. 0. Firtsch del. Berichte d. Deutschen Bot. besellsch. Bd. J. ER 7 © SAH: 06 oe 0,00, 2 a5 jo‘ KR j MAUER ee Wlan SARRRRENT. ui) T 1 “ ia), AR h ah! Yo ® en N Ks men 2 Er ZZ = ee un Pe } tn Mn en A. BE (MEERE "VER ee zer Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. I. > > XL ve Sael ARTE > wo ons er a voss bir OS S, & H.Kurth ad nat. del. C.Laue Lth. Kar a. A | «u. IV. 7 Gesedlsch. Bd I. Berichte d. Deutschen Bot. 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Steinbrinck gex. DurEE a Da Ca u a, EN N a End Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. 1. Fig. la. sa3r DER RR, es Heinricher ‚gex. C. Laue lith. Rh u ee 1? 6 nee ee erregen Mre Pe, v R er Yu % P} worhn aba a nn an Ann a ae Be a ra He | | Ai N ar ne sm el ee te ee . \ DE Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Ba.l. Taf: AIT. 7ig.2. FE Hildebrand ad nat.del. C Zaue lith. hen Beh 5 Bu RE ER Rs. | Kur hi PT zZ Berichte d. Deutschen Bor besellsch Bil J. ıb Schrohten, dicke: rm mm 3 yaum ir Rein chlorop hvll. r ya Ba | ymın 77 yym zp mer: gm mn 1082 b 136mm azorını mm H Aus ya 2a ll) NIE agmım \ | | | am I | am IR N N, ale jggmmm | ll 205 mm aaymm 60; Se ATschirch. del G h 4 In | durchfüllendem Lichte tüurbtos ad? ‚yelb 722, ‚geolbgrin hellgrün d? ‚grün rathyrim rolhbraun wath Farblos mallyelb 1 Blatt ‚gelb 2 Blätter ao 3Blätter de 4. Blätter ‚gelbgrün > Blätter \\ hellgrün 6 Blälter smanagdgrün 2 Y Blätter d? braungrün zoll - (hloyophyllan. - braun roth. ! 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